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in een
ITHE NEW YORK PUBLIC LIBRARY
Hebbel. Sämtliche Werke.
Friedrich Hebbel.
Sämtlide Werlke.
Hiſtoriſch⸗kritiſche Ausgabe bejorgt von
Richard Maria Werner.
— .
9
Friedrich Hebbel. Sämtlide Werke.
Zweiter Band.
Dramen IE (1844—1851). r Maria Magdalene. — Ein Tranerfpiel in Sicilien. — — Julia. — Herodes nnd Mariamne.
Berlin 1901. _ . B. Behr’s Verlag (E. Bol). Stegligerftr. 4.
zu
LEnOX AND -OUNDATION® 1901
Alle Reäte vorbehalten.
Seite
Einleitung des Herausgebers........ ... VII
IV. Maria Magdalene. 2 2 22 ne VII
V. und VI. Ein Trauerſpiel in Sicilien und Sulia.. XXI
VO. Herodes und Dariamne . . . 2. 2 2 2... XXXVII Maria Magdalene. Ein bürgerliches Trauerſpiel in drei Acten
EA) ...... . .. ... ... . .... 1
Ein Trauerfpielin Sicilien. Tragicomödie in einem Act (1851) 73
Julia Ein Zrauerfpiel- in drei Ucten (1851). . -. ..... 123
Herodes und Mariamne. Eine Tragödie in fünf Acten (1850) 195
AUndang : >: 2: me 367
1. Späne aus Maria Magdalene. . . . 2 2 222.0. 367
2. Zu Heroded und Mariamne. . . . 2 368
tesarten und Anmerkungen. . .. . 2.22 2200 . 369
Maria Magdalene . . ». > 2 Er. 371
Ein Trauerfpiel in Sicilien - - - >: 22200 nen 377
Juliaaa.. 392
Herodes und Mariamnmne.. 413
Anhang... .. 475
Einleitung des Herausgebers.
IV. Maria Magdalene.
Den lebendigen Ameifenhaufen, der in den Ritzen der Welt und des Staats nijtet, hatte Hebbel im Diamant darzuftellen beabjichtigt (Nachleſe I S. 221), mit den Mitteln der Komödie eine Aufgabe von ähnlicher Bedeutung wie jene der Tragödie zu löſen gefucht. Kaum aber war das Luſtſpiel fertig, als er neuerlich flagte (Tgb. I S. 250): „Nun ftehen mir wieder abſcheuliche Tage bevor . .... Ein need Werk (obgleich ſowohl Moloch, wie das bürgerfihe Trauerſpiel Klara ſtark in mir rumoren) läßt ſich wohl nicht jogleid;) wieder anfangen”... . Zwei Stoffe nennt er aljo, die ihn fchon lebhaft beichäftigten. Der Moloch ſollte die Wege verfolgen, die Hebbel mit der Judith und der Genoveva beichritten Hatte; war dort Judentum und Paganismus, hier der Gegenſatz im Chriftentum behandelt worden, fo follte jetzt das Weſen der Religion, die über das Individuum hinauswachſende Macht des pofitiven Glaubens in ihrem Werden zur Darjtellung gelangen, gleichſam die {dee jeder Religion jchlechthin. Aber Hebbel fürdhtete fih noch vor einer Vertiefung in dieje Drama, das fein Hauptwerk werden follte, in der Mitte zwiſchen antifer und moderner Dichtung gehalten; das Werk jollte entjcheiden, ob er eine große Tragödie dichten und der Zukunft einen Eckſtein liefern könne, darum wollte er e8 auch in ruhiger, ungejtörter Gemütdlage dichten (Tgb. I ©. 263). Nad) wie vor blieb feine
vım Einleitung. „Maria Magdalene.‘
Lage unficher, vol Wirrfal und inneren Kämpfen. So feierte er feinen 29. Geburtötag, mußte ſich aber geftehen, daß er eigentlich erft jeit ſieben Jahren, feit feinem Weggang au? Dithmarjchen, in der Welt fei; was er in diefer Zeit als Künſtler geleiftet habe, übertreffe bei Weitem Alles, was er jemald zu hoffen wagte; es reiche an dad Maß jeiner Erkenntnis, und weiter fünne der Menſch nicht (Tgb. I S. 269).
Nun tauchte der Plan auf, in Kiel eine Profejfur zu erlangen, was die Reife nach Kopenhagen nötig machte. Am 12. November 1842 verließ Hebbel Hamburg, mit Empfehlungsbriefen für Kiel wie Kopenhagen, mit Geld durch Roufjeau und Campe verfehen, hoffend und doch zmweifelnd, bejonder8 nach den Außfünften, die ihm Brof. Olshauſen in Kiel gegeben hatte, ohne Zuverſicht. Die Profeffur, die jpäter Klaus Groth nach einem ähnlichen Bildungs- gang wie Hebbel zum Entjegen Karl Müllenhoffs in Kiel er- langte, ergab fich für Hebbel bald als Utopie. Krankheit gefellte ji Hinzu, um Hebbeld Stimmung noch zu verdüftern, und nur die Güte des edlen Oehlenſchläger hielt ihn aufredt. Zum Arbeiten fam er in dem Wirbel beitändiger Aufregungen nicht, doch bildete er den Stoff zu zwei Tragödien in ich au, zu „Fiat justitia et pereat mundus‘‘, von der wir größere Frag⸗ mente bejiten, und zum „Struenjee” (vgl. Bw. I ©. 112); er tröftete jich mit dem Gedanken: „ein Werk weniger — eine Gelegen- heit weniger, gemißhandelt zu werden.“
Als Hebbel nun aber am Freitag den 10. März; 1843 den Arzt rufen mußte, und die von ihm verordneten Tropfen im Leibe Hatte, da fing fein jo lange trodnes Gehirn Funken zu ſprühen an: hätte er einen Sefretär bei ſich gehabt, jo hätte er den ganzen erſten Act feiner Maria Magdalene dictieren können. Doc) hielt er das Meiſte feit und jchrieb e& am 11. und 12. März auch zum Zeil fhon auf. „Mir geht es“, fett Hebbel im Brief an Elife (Bm. I ©. 127) hinzu, „wie Du weißt, immer jo, da mein inneres Leben in frankhaften Zuftänden nicht abnimmt,
Außere Geſchichte der Entfiehung. IX
jondern ji jteigert.” Am 15. fann er melden: „Ich ftede jetzt voll Poeſie, des Morgend im Bett fchreib’ ich regelmäßig an meiner Tragödie fort und fie nimmt zu, aber nur nach und nad, wie eine magere Kuh fett wird“. Und bald darauf meint er: „Höchſt gefpannt bin ich, wie jid) mein Meifter Anton im Trauer» jpiel weiter entwideln wird, bis jet iſt's ein prächtiger Kerl. Die Poeſie regt fich bei mir doch immer wieder.” Sonntag den 26. März kann er berichten: „Der erite Act [der Klara] ift fait fertig und mir gelungen, wie je etwa. Der Meifter Anton, ein Held im Kamiſol, der, wie er fagt, die „Mühliteine a8 Halskrauſen trägt, jtatt damit ins Waſſer zu gehen“, gehört vielleicht zu meinen höchſten Geſtalten. Es wird wieder eine neue Welt, fein Pinfelitrich erinnert an die vorher von mir geihafienen beiden Stüde; ganz Bild, nirgends Gedanke, aber in legter Wirkung, wenn mid) nicht Alles trügt, von niederihdmetternder Gewalt, bei alledem fogar voll von Verjöhnung, aber freilich nicht zur Befriedigung des fritifchen Pöbels. Mic ſelbſt erjchüttert dieſe Klara gewaltig, wie jie aus der Welt heraus gedrängt wird”. (Bmw. IS. 132). Hatte Hebbel aud) den Tag, an dem er dreißig Jahr alt wurde, forgen- voll verbracht, bald kamen frodere Nachrichten, die frohfte brachte am 4. April Nachmittags „der alte herrliche Oehlenſchläger“, die Gewißheit, daß der König für zwei Jahre das Keifeftipendium mit 600 Rthlen. bewilligt habe. Neuer Mut zog in die Seele des einſamen Dulderd, er hatte den Hammer in die Hand be- fommen, um ſich das Daſein zurecht zu ſchmieden; zwei ſorgen— freie Jahre ſtanden ihm bevor, vielleicht ſogar noch ein drittes, wie Dehlenfchläger meinte. Er dachte an Paris und Stalien, zunächſt freilich an Berlin. E3 Hang ihm wie ein Märchen: „Friedrich Hebbel und 1200 rthl., wer hätte gedacht, daß fie mals zujammen kommen könnten? Es ijt ein größeres Wunder, wie mit Mahomet und dem Berge” (14. April 1843 an Efife, ungedrudt). Er hätte fo glücklich jein fönnen, der Rheumatismus
X Einleitung. „Maria Magbalene.“
forgte für den Wermut, und arbeiten konnte er nicht, dazu war er infolge der Krankheit zu ſchwach.
Am 27. April verließ Hebbel Kopenhagen, war am 28. Abends in Hamburg, am 1. Mai jchloß er den eriten Act von „bürgerlichen Trauerſpiel“ (gb. I ©. 318). Nun Hören wir längere Zeit nicht8 von dem Drama. Hebbel fchrieb feine Er- widerung gegen Profeſſor Heiberg, die er am 31. Juli beendigte; ber Sommer erwies fich wie immer ungünjtig. Anfangs September reilte der Dichter nach Franfreih und verlor zuerit in Saint Germain en Laye Beit, Geld und Stimmung, ohne zur Arbeit zu fommen. Endlid am 28. September zog er nad Paris, und jofort begann ſich fein geiſtiges Leben zu regen; er ſchloß eine ſchon in Hamburg begonnene Scene der Maria Magdalene, wie er da8 Stück jebt nennt (Bw. I S. 174), vollendet am 17. October den zweiten Act, dichtet weiter, während in Hamburg fein Söhnchen mit dem Tode rang. Der ahnungslofe Vater erfuhr erſt am 22. October, daß am 2. October, dem Todes⸗ tage jeined Freundes Emil Roufjeau, fein Max geftorben fei. Hebbel3 Schmerz überftieg alles Maß; zum Glüd aber war das bürgerliche Zrauerjpiel bis auf zwei Scenen bereit3 fertig, ſo daß Hebbel feinen Einfall doch nicht ausführen und dad Werk als Todtenopfer für fein Kind unvollendet lafjfen konnte Woher auch „gleich ein neues Werk nehmen, und für die Eriftenz muß etwas gefchehen, man muß fchmieden an der Kette, jo lange man fie trägt.” Das Stüd ſchien ihm jehr gelungen, zu einer Höhe gejteigert, die er kaum ahnte, als er anfing. Dabei durdaus theatraliich. „Wenn fie dad nicht aufführen, jo weiß ich nicht!“ (Bmw. 16.181). Auch am 6. November Hatte er den Weg zu feiner Tragödie noch nicht zurüd gefunden, obwohl die einzige fehlende Scene im Kopf längſt ausgearbeitet war, doch beſchloß er „mit dieſem Stüd nun alle mögliche Verjuche zu machen, zunächſt in Berlin“. Er ſchrieb an Kijting, gab aber Auftrag, wenn ſich die Erelinger durchaus fühl und ablehnend verhalte,
Außere Gefchichte der Entftehung. XI
ihr feinen Brief nicht zu zeigen (an Elife 6. November 1843 ungedrudt),. Schon am 25. November kam die Antivort, daß Madame Crelinger dem Trauerſpiel mit Verlangen entgegen- jehe; „nun muß es denn fertig werden !" (Tgb. IT S. 37). Er nahm ſich mit Gewalt zufammen, fein Geiſt gab die lebte Scene heraus, und am 4. Dezember 1843 ſchloß er fein viertes Drama „Ein bürgerliche Trauerfpiel“ und las es am Abend desfelben Tages aus einer wunderfchönen Abjchrift, auf Poſtpapier von feiner Hand gefchrieben, Dr. Bamberg dor, der gleich in den innerften Mittelpunct eindrang und den Dichter durch feine Be- mertungen erfreute. Am 12. Dezember ging dad Manufcript nad Berlin ab mit einem furzen, aber vieljagenden Empfehlungs- brief an Augujte Erelinger verſehen (Bw. I ©. 159f.). Diefe jedoch äußerte fofort ihre Bedenken, Die Hebbel in feinem Schreiben vom 23. Januar 1844 (Tgb. II ©. 68 ff.) zu zeritreuen fuchte; eine Zeit ſchien es, als ob das Drama doc aufgeführt werden fönnte, am 16. Mai gab ihm ein Brief der Erelinger und eine lithographierte Zufchrift der Intendanz die Gewißheit, daß es wieder nichts ſei. Darum entſchloß er fich zur Drucklegung und verhandelte mit Campe, nachdem Cotta höflich abgelehnt hatte. Er fhrieb die Vorrede zu dem Stüd, die Campe ein Manifeit nannte, machte in Kopenhagen die nötigen Schritte, weil er das Werk dem König widmen wollte, fo verzögerte fich der Abſchluß immer wieder. life mußte verfchiedene Änderungen und bie Scemeneinteilung beforgen, vom Vorwort befam Hebbel die Correctur nach Paris, neue Verzögerung. Zür die Abfaffung der Dedication blieben nur wenige Tage, fo daß fie „metaphyfiich, alſo jhlecht“ (Bw. I ©. 242) ausfiel, endlih Sonntag den 22. September 1844 erhielt Hebbel in Paris das gedrudte Stid; am 26. trat er die Reife nad) Italien an und fuhr am 3. October, Abends zwilchen 8 und 9 Uhr, in Rom ein.
In Kopenhagen begonnen, in Paris geendet und, wie wir binzufegen können, in München erfunden, fo international ijt das
XII Einleitung. „Maria Magdalene.“
Stück entſtanden, das wie fein anderes von Hebbel in die engſte Verhältniſſe des deutſchen Bürgerſtandes hineinführt. Se Münchner Königsgarten „dort unterm Tannenbaume ſah i den Tiſchlerſohn“ (Ein Geburtstag auf der Reiſe), die eri Spur begegnet im Tagebuch Ende Februar 1839 (1 S. 1537. 2 „Durch Dulden Thun: dee des Weibed. — Klara dramatiid- Diefe Nachricht kommt etwas überrajchend, da ſich nichts Vorher: gehendes, weder im Tagebuche noch in den Briefen an Eliie darauf beziehen läßt; man möchte vermuten, daß Hebbel an eine Novelle „Klara“ gedacht habe, von der wir aber nichts wifjen. Über die Fabel des Stückes fchreibt Hebbel am 23. Februar 1863 Engländer (Bmw. II ©. 188): „Der Marin Magdalena... liegt ein Vorfall zu Grunde, den ih in München ſelbſt erlebte, als ich bei einem Zijchlermeijter, der mit Vornamen ſogar Anton hieß, wohnte. Sch jah, wie daS ganze ehrbare Bürgerhaus id verfiniterte, ald die Gensd'armen den leichtiinnigen Sohn ab⸗ führten, es erjchütterte mich tief, als ich die Tochter, die mid) bediente, ordentlid wieder aufathmen ſah, wie ich mit ihr im alten Ton jcherzte und Poſſen trieb.“
Ende September 1838 war Hebbel zum Zijchlermeijter Anton Schwarz in der Lerchenjtraße Nr. 45 gezogen, hatte jedoch ihon lange vorher daß Herz der naivſinnlichen Beppi gervonnen. Ihren Namen zeichnete fie in Dezember 1836 an einer Stelle jeined Tagebuches ein, doch begegnet einer ihrer hübjchen Aus— ſprüche ſchon im September (Tgb. I S. 34 ungedr.). Gegen Schluß des Jahres Hatte fie ihm Gejtändnijje gemacht, deren Inhalt ihn nur ihre große Aufrichtigfeit vergeſſen machen konnte (Zgb. vom 1. Xanuar 1838 ungedr.). Wir erfahren am 9. Januar (ungedr.) Näheres, wenn Hebbel von Beppi jchreibt: „Sa wohl, Du armed Kind, bit Du zum Unglüd geboren! Erſt mußt Du an den geraten und nun... An jenem Sonntag-Abend |25. De- zember 1837], wo Du mir die Gejtändniffe machteſt, war es wohl menjchliher Kraft unmöglich, jedes bittre Gefühl auf
Innere Geſchichte der Entitehung. XIII
einmal zu unterdrücken und Deine aus dem tiefſten Herzen tommende Bitte: „ach Gott, verzeih's mir“, zu gewähren. Da in der größten Aufregung geht fie zu Haufe und trinkt, glühend in jeder Ader, den falten Tod herunter; „mit und — glaubt’ ich — iſt's ja doch vorbei, mir ift fein Glück beitimmt, fo will ih denn auch nicht länger leben!“ Heut jagt ſie mir, fie fpeie Blut.” Ä
Da Hätten wir nun zwei Sauptmotive des bürgerlichen Trauerſpiels beifammen: die Verhaftung des Sohnes, die Ver—⸗ führung der Tochter und den, freilich nur verfuchten, Selbitmord des Mädchens, da fie feine Verzeihung vom Geliebten erhält. Auch Ihon aus der Münchner Zeit, vom März oder April 1837, tammt der Satz (Tgb. I ©. 57): „ES giebt feinen ärgern Tyrannen, als den gemeinen Mann im häuslichen Kreiſe“; und darin erfennt man leicht den Grundriß zum Meifter Anton. Es wäre nicht unmöglich, daß Hebbels geplanter Roman „Der Bhilitter“ eine Vorjtufe zu unferem Drama geweſen fei. „Geno— veva*, „Diamant“ und „Maria Magdalene” hätten demnad) fo yemlih zur felben Zeit ihren Anfang genommen. Wenn wir der Münchner Gedichte „Verſöhnung“ und „An eine Ge- tallene* gedenken, fo ergiebt fich, daß jich Hebbel mit der Sühne für den Fall des Weibed, mit der Mutterjchaft, poetifch beichäftigte. Vie Erlebnifje der Hamburger Zeit kamen Hinzu; die Lage Eliſens, die mehrere ungedrudte Tagebuchitellen in ihrer ganzen ergreitenden Traurigkeit zeigen, mochte das alte Motiv wieder in den Vordergrund rüden. Zür feine „Dithmarjchen“ plante hebbel al Nebenmotiv das Verhältnis eined Mädchens zu ihrem Verführer, der fie verlafjen will; unter den Notizen zum Roman reift e&8 eine Bemerkung, ausführlicher ift feiner auf der Rüd- leite eine® Vorworts zur Gefchichte des Dreißigjährigen Kriegs gedaht. Aber einmal noch der Unterjchied zwiichen Klara und dem anderen Mädchen, daß diefe Schweiter der Jungfrau von Hohenwörder ihren Verführer geliebt hat, und dann, daß fie zur
XIV Einleitung. „Maria Magdalene.“
Strafe für ihren Fall unter dem Eife ertränkt werden joll, was fie im Plan zum Drama als Sühne für die Schande ihrer Liebe freimillig hinnimmt. Noch eine Spur ded Stoffe begegnet uns bei Hebbel, ehe er an die wirkliche Bewältigung jchritt, in jeiner Kritik des Romans „Ernſt Maltraverd" (Tgb. IS. 241). Hebbel jkizziert eine Ausführung, an die Bulwer „al® Mann von Perjiand“ gar nicht dachte: „ALS Alice aus der Hütte jlieht, vertrieben durch die Mißhandlungen ihre® Vaters und die ärgeren eine? anderen Menſchen, müßte fie Durch den letzteren bereit3 entehrt worden jeyn und ein Rind empfangen haben. Nun das Verhältniß der erjten Liebe zu Ernſt und von Ernit zu ihr; dazwiſchen die fortrüdende Schwangerichaft, die ihn am Ende in der Unglücklichſten die Vermorfenite ihres Gefchlechts erblicken läßt.“ Deutlich Liegt diefer Skizze zu Grunde, mas Hebbel dann in „Maria Magdalene“ und in „Julia“ geftaltet Hat.
So weit gelingt e3, die Elemente aufzuzeigen, die zu unjerem Drama gehören; vielleicht müßte man noch des Lenzifchen „Hof⸗ meijter8“ gedenken; (Tgb. I S. 138 ff.), denn 9. 2. Wagners „KRindesmörderin“ fcheint Hebbel nicht gefannt zu haben, was betont werden muß, weil ihn „ein Berliner Kunftrichter, Namen Voigt, in der Voſſiſchen Zeitung” (vgl. Nachleſe 1 ©. 215) de Plagiat3 an Wagner zieh und Gutzkow (Dionyjiud Longinu S. 75) diefen Vorwurf wiederholte. Wohl aber kannte Hebbes die Emilia Galotti genau und hatte fie in München eingehen» analytiert (Tgb. I S. 147— 152); er fannte ferner „Kabale un® Liebe”, jo daß auch diejer litterariichen Keime gedacht werden muß.
Aber Alles dieſer Art vergißt man, wenn ſich Hebbels bürgerliches Trauerſpiel, Maria Magdalene“ mit ſeinem mächtigen, wie für die Ewigkeit gefügten Bau vor uns erhebt. Ein Stück Menjchenleben, ein gewordenes, fein erjonnenes, jehen wir, ein Schickſal von einfachjter Alltäglichkeit, aber der zivingenditen Tragif. Nirgendwo bleibt eine Lücke, alle Maujelöcher jind
Aufbau. XV
verftopft, wie ſich Hebbel außdrüdt, mit unübertrefilicher Con- iequenz folgt eines aus dem anderen, dad Edidjal aus den Umjtänden, die ſcheinbar zufälligen Verhältniſſe aus den Soarchuren und dad Weſen der Perſonen au ihrer Natur, ihrer Umgedung, ihrer Entwidelung, alle® aber aus einem Urgrund, den not= werdigen Bedingungen des fleinbürgerlichen Familien- und Staats⸗ lebend. Alltagstragif, aber Tragik von einer Großartigkeit, die ih getroft neben die Erhabenheit der Antike jtellen darf) Hebbel hat jich in den engiten Verhäftniffen gehalten, dad Er- drüdende dieſer Enge gezeigt, aus ihr die tragifchen Momente berausgeholt, aber zugleid ein typiſches Ganze gejchaffen, das ih von einem bedeutſamen Hintergrunde mächtig abhebt, ohne daß darauf im Werke felbit auch nur mit einem Worte hin= gedeutet würde. Der Dichter ſtammte ſelbſt aus den Gefellichaftd- \hihten, in Die er uns einführt, er hatte wohl fein eigenes Vaterhaus und das Heine Weffelburen vor Augen, da er die Belt feiner Figuren zeichnete. Die Erinnerung an die Münchner Verhältniffe verlieh dem norddeutichen proteftantifchen Weſen einen wärmeren Schimmer, jodaß jein Werk gerade in Eübd- deutfhlend, vor allem in Wien, eine Wirkung erzielte, wie fonjt nirgendwo, vecht zum Zeichen, wie wenig provinziell, wie deutjch, wie menfchlich die Conflicte jeined Dramas find.
Hebbel felbft wäre jedoch unzufrieden, wenn fein Werf nur von der- jtofflichen Seite betrachtet würde, war er jid) doc) be= wuht, daß er’ mehr darin geboten habe. Friedrich Viſcher be- tonte fhon 1847 in den Tübinger Jahrbüchern die „analytische“ Technik dieſes Dramas. Man erinnert ji) aus den Briefen an Goethe, wie ſehr Schiller den Bau des Sophocleifchen König Dedipus bewunderte and fi) um einen Stoff bemühte, der ihm ein ähnliches Vorgehen ermöglicht hätte; fchließlich gab er «8 mit der Bemerkung auf, jene® Drama fei feine eigene Gattung, es gebe wohl feine zweite Specied davon; „am allerwenigiten
mirde man aus weniger fabelhajten Zeiten ein Gegenſtück dazu
rgehende Wirkung beginnt. Hebbel bedarf fein an einer Stelle fommt eine Heine Beichte, aus Andeutungen, blidt und geheimnisvoll-F ı der Menſchen an, Vieles müſſen wir erı n, doch geht e8 aus den Reden der Auftret prungmweije die logiſchen Übergänge zwar verje notwendig ſich entwideln. So erfjcheint Hebbel ter für die Verfuche, die erſt ein Menjchenalt n und feinen Nachfolgern angeftellt wurden. „Maria Magdalene” iſt das knappſte S dem enthält es einen Reichtum an Stoff, Üfte Ausnutzung des Raums ein foldyes 2 iven möglid“ machte. Mit geradezu verbi ungenheit wird alle® an jeinen Plaß gejtellt Boraudfegungen leicht und ficher vorbereitet vor allem die Krankheit der Mutter, ihren er der Geneſung, womit das Stüd anhebt. Ung ih daraus die Erpofition der Lage im Haufı ter, ungeziwungen folgt daraus eine weichere ( auch Meifter Anton einmal etwas aus ſich he einer offenen Ausſprache mit Leonhard fon idender wirkt dann die Nachricht vom Diebf fihe Tod der Mutter ericheint nicht mehr theatn
Analytiſche Technik. XVII
Verwickelungen. Naturgemäß wird Leonhards Benehmen mit jeiner Bewerbung um den Caſſiererpoſten motiviert, woraus ſich aber zugleidh die weitere Wendung feiner inneren Gemeinheit ergiebt. Alles Hat fo feinen triftigen Grund in der Vergangenheit und greift darum mühelos ein, wo es nötig iſt. Nur Ein Bunft wird auh von Bewunderern des Stüde® ald gezivungen und unnatürlid) getadelt, obwohl er der wahre Kernpunkt des Ganzen genannt werden muß: Klaras Fall. Man behauptet einfach, Hebbels Neigung, „aus der Liebe ein Problem zu machen“, trage Schuld an dem „unheilbaren” und „unentſchuldbaren led“ des Stüdes (Bulthaupt, Dramaturgie III S. 1277). Sehen wir, wie die Sache wirklich liegt.
Klara war mit Friedrich aufgewachſen, Hatte zu ihm eine tiefe Neigung gefaßt, die er zu .erwidern ſchien. Nun bezog er die Univerjität und blieb Jahre lang fern, ohne weiter von ich Hören zu laſſen. Er rüdte durch fein Studium aus der Sphäre Klaras hinaus und ging in eine höhere Gefellichaits- IHihte über. An Nedereien und Sticheleien fehlt es der armen Nlara nicht, man fpottet ihrer, daß fie die Kinderei ernſt ge- nommen, die Mutter gejellt jich mit ihren gut gemeinten haus badenen Weisheitslehren Hinzu, ein beachtenswerter Freier Leonhard jtellt jich ein und wird von der Mutter begünftigt, während der Vater eine geheime Abneigung nicht überwinden kann. In Klara Kreifen gilt als Ziel der Mädchen die Ver- jergung durch eine möglichjt vorteilhafte Ehe; daß dabei die Liebe nicht immer eine Rolle jpielt, läßt ich nicht beitreiten. So erideint auch für Klara die Verlobung mit Leonhard als die Erfüllung ihres weiblichen Berufes. Sie hat nicht darnad) geitrebt, fie erleidet vielmehr die Verlobung, wie fie Die Ehe erleiden würde, wenn nicht alle8 anders käme. Allerdings trägt fie die Liebe zu Friedrich) im Herzen, aber doch nur im Unter- grund; die Zeit, der Schmerz, daß fie der Jugendgeliebte vergaß,
heben jie mürbe und dadurd) den Wünſchen der Mutter und Hebbel, Werte II. Il
r hält jich ihr ferne, da fie Braut it. Muß n aß nun alles aus jei, muß jie nicht Die derzen wieder auffeimende Liebe unterdrüden väre, noch zu Hoffen? Doppelte Empörung ınmer Öeliebten, wie gegen ſich jelbit, die no et fie in Verwirrung. Da naht Leonhar tlara wird die Seine, nicht weil ſie ihm liebt, larem Bewußtjein, vielmehr in einem uf Sinneövermwirrung, eigentlich in einer Art Will iebt ſich nicht Hin, jie erleidet nur das Weib eine Heldin, jondern cin Mädchen aus dem me ausgeklügelte Spipfindigfeit de3 nach Ung hauenden Hebbel zu erbliden, fcheint mir eı aben durchaus nicht3 Ungewöhnliches daran, in in jolche® VBorwegnehmen der ehelichen Recht: zuten vor der Vermählung zu den gebräudjlich] n Leben de3 niederen Wolfe. /Es iſt eine & ebbel jich ausdrüdt (Bw. IC. 157), ein Mint lara nennt er (Tgb. ILS. 69) ein unglüd! ht jowohl vom geraden Wege abweicht, als rausgedrängt und geitogen wird. Daran läßt! a3 Leonhard von ihr verlangt, ijt nach dem eltenden keinesweas unerhört: er ſtand mar i
Klara. XIX
Strafbare® in ihrem Verhalten; verläßt er ſie aber, dann ijt ſie eine Gefallene, eine Entehrte, wenigſtens in den Augen der Menſchen, die am Herfümmlichen hangen. ®
Nun ändern jich aber plößlich die Verhältniſſe vollitändig:
Karl wird des Diebjtahl® geziehen, fein eigener Vater ijt der ertte, der einen Verdacht gegen ihn äußert; die Mutter ſinkt als Yeihe um, Leonhard benußt den Vorfall als Vorwand zur Rüdnahme ſeines Wortes, nachdem ihn der Verluit von Klaras geringer Mitgift Ichon früher wankend gemacht Hatte. Meiſter Anton aber tritt vor Klara mit jeiner eifigen Drohung. Sa, und darin jcheint er mir nach Klaras Worten bei Empfang des Abjagebrief von Leonhard vollitändig Recht zu haben, er äußert ſogar einen directen Verdacht an Klara Unſchuld. Faſt wahn- innig jtürzt Klara bei der Toten nieder und leijtet einen Shwur, der zwar nicht dem vom Water geforderten entipricht, diefen aber beruhigt. „Ich ſchwöre Dir, daß ic Dir nie Schande machen will!” Damit beruhigt ſich Klara für den Augenblid ielbit, wenn jie auch noch nicht flar weiß, was ſie will.
Dad Leben neben dem fi) immer mehr verhärtenden, ich und fie quälenden Vater ijt eine fortwährende heimliche Anklage fir Mara. Der Alte leiſtet feinerjeitd einen Schwur, den er gewiß halten wird, woran auch Klara nicht zweifeln kann: er will ji felbit töten, wenn ihm Sara Schande machen jollte. La betet die arme Verlaſſene zu Gott, er möge fie jterben Lafjen, aus Erharmen mit dem alten Mann. Kaufmann Wolfram bringt die Nahricht von Karla Unſchuld, Klara follte ſich freuen, aber Ne fann nichts denken als: „nun bift Du's allein! Und dod it mir zu Mut, als müſſe mir gleich etwas einfallen, das Alles wieder gut macht!” Eine Wendung zum Guten jcheint ſich mit dem Eriheinen des Sekretärs vorzubereiten. Dem Geſpräch folgt Klara zuerjt nur mit halbem Anteil, weil fie in jich hinein laufcht;
plöglih) weiß fie, was jie thun muß: jie muß zu Leonhard; nun fie nit mehr die Schweiter eine Diebs ijt, muß Leonhard, II*
XX Einleitung. „Maria Magdalene.“
wenn er nur kein Teufel iſt, alles wieder ins Alte bringe Allerdings wird ihr beim Anblick Friedrichs klar, daß fie nur die) liebe, fie geiteht es auch voll leidenfchaftliher Erregung, un Friedrich wirbt um fie. Da jprubdelt fie in wahnfinniger Ang heraus, was ihre Seele belaftet, ohne daß fie es bisher jemande gejtehen konnte. „Darüber kann fein Mann weg!“ lautet di harte Urteil des Mannes, das er freilich jofort für ſich corrigieren beginnt. Aber in Klaras Seele zittert e8 nach un findet ein veritärftes Echo; ſie ſelbſt kann nicht darüber hinwe ihre Schuld bindet jie an den Menichen, fie muß fein Me werden. Darum fleht fie ihn an; darum bettelt jie vor ih „beirate mich”, jegt freilich Hinzu: „nachher Dring mich um, i will Dir für das Eine noch dankbarer fein, wie für das Andere Aufrichtig auch hier, macht fie fein Hehl aus ihrem Gefühl, | hat nur den einen Wunfch: mac)’ mich ehrlich! Leonhard blei mit einem gewiſſen Recht bei feinem Nein, da taucht neuerli der Selbjtmordgedanfe in Klaras Seele auf. Der Tod ſchi ihr ohnehin begehrenswerter, al3 die Verbindung mit dem ve haßten Leonhard, aber erſt jeßt glaubt fie ein Recht auf Di Selbitmord zu haben; lieber will ſie fich dem Urteil des himn liſchen Vaters jtellen, al3 ihren irdiichen Bater zum SHaltı jeineg Schwurs zwingen. Meiſter Anton foll nicht von ihr Schuld erfahren, darum muß jie aus der Welt.
So folgt ein Schritt nad) dem andern und aus dem andeı mit einer vernichtenden Gonjequenz; aud) das Ende ergiebt ji mit gleicher Notwendigfeit: eine Magd hat es gejehen, daß Kla in den Brunnen nicht gefallen, jondern hineingeiprungen i Sie wollte jid) für ihren Water opfern, aber vergebend. W er's nicht wert; daß ihre That gelang, oder — fie, wie Meift Anton, 613 zum Schluß ich ſelbſt getreu, Lehauptet? Darüb waltet fein Zweifel!
Die Hormel für das Wejen jeined® Dramas hat Hebt jelbjt gefunden, wenn er an Elije jchreibt (Bw. IS. 190): aus d
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Das bürgerlihe Trauerfpiel. XXI
bloßen jpröden Einfeitigfeit, ohne Beimifchung des pojitiv-Böfen iſt die Schuld abgeleitet, alle Berfonen, fogar Leonhard, find im Necht, die Tragik erwächſt nur daraus, daß diefe Perjonen unter jolchen Verhältnifjen zuſammentreffen. Eine Tragödie abfoluter Motwendigkeit iſt entitanden, die allerding3 alles übertrifft, was big dahin im bürgerlichen Trauerfpiel erjchienen war. : ch jtehe nicht an, die Maria Magdalene jogar über „Kabale und Liebe“ zu itellen, weil Hebbel ohne jo unmahrjcheinliche Erfindungen, wie Luiſes Brief außreiht. Eloeſſer Hat in einem hübfchen Bude („Daß bürgerlihde Drama“ Berlin 1898) mit glüdlicher Hervorhebung des Wefentlichen den Hintergrund gezeichnet, von dem ſich Hebbels Wert abhebt, und dargetdan, wie ſich hier dag bürgerlihe Drama, einjt ein Organ des Emanzipationsfampfes, gegen dad Bürgertum jelbjt fehrt. Die Gebundenheit des Dajeins, von der Hebbel in feinem fo vielfach mißverjtandenen Vorwort zur „Marin Magdalene” jpricht, hält alle Perjonen gefangen. die Mächte des Lebens, wie es jich entwicelt hat, bezwingen die Menjchen, die Verhältniſſe jind jtärfer als die Individuen und nötigen ihnen einen Kampf auf, an dem jie äußerlich oder irnnerlich zu Grunde gehen. Nur die Coslöfung von diefen Ver— hältnifien kann vielleicht eine neue Freiheit mit einer neuen | Eriftenz gewähren, das will Karl erproben. So wird Hebbel bei feiner Dichtung, in der er viele SSugendeindrüde verwertete, nicht durch eine Tendenz geleitet, aber unwillkürlich knüpfen wir ie an Xdeen an. „EB iſt das Glied einer großen Kette von Tragödien, in welchen ich den Welt- und Menſchen-Zuſtand in ſeinem Verhältniß zu der Natur und dem Sittengejeß, dem wahren wie dem faljchen, außzufprechen gedenke. Speziell hatte ih) bei diefem Stüd noch die Abficht, das bürgerliche Trauerjpiel einnal aus den dem bürgerlichen Kreife urjprünglich eigenen Elementen, die nach meiner Anficht einzig und allein in einem tiefen, gefunden und darum jo leicht verleßlichen Gefühl und einem durch keinerlei Art von Dialectit und faum durd) das
XXI Cinleitung „Ein Trauerfpiel in Eicilien“ und „Julia.“
Schickſal jelbit zu durchbrechenden Ideenkreis beitehen, aufzubauen - Wenn dies Stüd daher, abgejehen von der größeren Kette, in der es ein nothivendiges Glied bildet, ein partielles Verdienit hat, ſo dürfte es darin liegen, daß Hier das Tragiſche nicht aus dent Zufammenjtoß der bürgerlichen Welt mit der vornehmen, worau= freilich in den meijten Fällen auch nur ein gehaltlojes Traurige- hervorgeht, abgeleitet ijt, jondern ganz einfach aus der bürger— lichen Welt felbit, aus ihrem zähen und in jich jelbit begründeten. Beharren auf den überlieferten patriarchaliichen Anſchauungen und ihrer Unfähigkeit, ſich in verwidelten Lagen zu helfen.‘“ (Bm. IS. 159).
Auf die Ähnlichkeit zwifchen dem Weſen Karls und dex Mutter, zwiichen Klara und Meiſter Anton wird man aufmerfjam es wurde darin ſchon eine Ahnung des Vererbungsprinzips ge= jehen. Und an einem Punkt, dort wo Meifter Anton (II 1 von der Verantwortung jpricht, es jei chriftlicher Hochmut, hab« der Pfarrer gemeint, auch noch für den Sohn auffommen zu wollen, greift auch das religiöje Problem, diesmal innerhalb de= Protejtantismus, ins Stück ein. >
V. und VL Ein Zraueripiel in Sicilien und Julia.
Eine Kette von Tragödien Hatte Hebbel vor Augen, da ex „Maria Magdalene” Ddichtete, wir erfahren auch, daß.er jchor! vor ihr jeine „Julia,“ wenigitens, was die Hauptpuncte betrifft. ausgearbeitet, d. h. wohl erjonnen habe, daß er aber die rein tragische Scite des Verhältniſſes vor der anderen, der Ver— jöhnung zugänglichen hHervortreten laſſen mußte (Nachleje I S. 255). Wir willen nod) von dem Kopenhagener Plan zu einer Tragödie Fiat Justitia et pereat Mundus; wahrſcheinlich gehören dazu einige Fragmente in fünffüßigen Samben, in denen bon einem Mordverjuc, einer Ginrichtung die Rede it. Wir
Eine Kette von Tragödien. XXIII
beiipen nur den Weit eined® Geſprächs zwifchen Podeſta und Sekretär, werden aber erinnert an das „Trauerſpiel in Sicilien“ und vielleicht an die „Sulia.” Bon dem gleihjalld in Kopen- hagen audgebildeten Plan zum „Struenjee” giebt ung Hebbels ſpäter ausgeführte „Betrachtung über den Stoff“ Kunde; darnach hätte dag Stüd ein Bild des Abjolutismus werden ſollen, der ch jelbit durch jeine Schranfenlojigfeit vernichtet und noch mehr Weh über jein eigened Haupt bringt, wie über die Welt. Die- ihaudernde Menſchheit jollte jehen, „welch ein Außerjtes in der Relt möglich ijt, jo lange fie unbedingt von der unumſchränkten Villtür eines einzelnen, jeder menjchlihen Schwäche unter: morfenen und nicht einmal gegen Wahn» und Blödjinn ge- Hügten Individuums abhängt.” Auch an einen Karl V. dachte öebbel, von dem wir aber gar nichts Näheres erfahren. Während jeines Pariſer Aufenthalt kam er nur dazu, die „Karin Magdalene” zu vollenden, aber in dem leider nur zum Tal gedrudten Briefe vom 29. März 1844 an Charlotte Rufeau (Bw. I ©. 156) erfahren wir Weiteres über jeine wetausihauenden Pläne. „Nun werde ich zunächſt den Moloch das furchtbarſſe meiner Stüde ausführen ... Tann den Chriſus. Damit wäre die erjte Abtheilung de3 großen Dramas, dis ich beabjichtige und von dem die einzelnen Stücke gewiſſer— maßen nur Acte find, gejchlofien, und von der Komödie der Vergangenheit fünnte ich zur Komödie der Gegenwart über: gehen. Dieje wird in drei Stüden abgethan und dann gehe ic) in der Tragödie „Zu irgend einer Zeit!“ auf die Komödie der Juunft über. Ich denke nämlich nicht Theater- oder Leſe— Sutter zu Tiefern, jondern in einem einzigen großen Gedicht, deſen Held nicht mehr dieſes oder jenes Individuum, fondern die Menihheit felbjt ijt, und deſſen Rahmen nicht einzelne Anefdoten und Vorfälle, jondern die ganze Geſchichte umſchließt, den Grundſtein zu einem ganz neuen, bis jetzt noch nicht dageweſenen Drama zu legen” ... Was ihm vorſchwebte, hat
XXIV Einleitung. „Ein Zrauerfpiel in Eicilien“ und „Julia.“
Hebbel im Vorwort zu „Maria Magdalene” mehr im allgemeiner ausgeſprochen. Darnach joll die moderne dramatifche Kunſt ir großen gewaltigen Bildern zeigen, wie die Elemente durch— einander fluten und jich gegenjeitig befämpfen, die nicht durch— aus in einem lebendigen Organismus gefättigt aufgingen, jondern zum Teil nur in einem Scheinförper eritarrt waren und durch die lebte große Gejchicht3-Bewegung entjeffelt wurden. Die dramatische Kunſt fol in großen gewaltigen Bildern die neue Form der Menjchheit erzeugen, in welcher alle® wieder an feine Stelle treten, in welcher da® Weib dem Mann wieder gegenüber jtehen wird, wie dieſer der Gejchichte, und wie die Ge: ihichte der dee. Auf Bedenkliches und Bedenklichited muß jie ji) einlaflen, denn das Brechen der Weltzujtände kann ja nur in der Gebrochenheit der individuellen Zuſtände erjcheinen. Aber das Neben darf nicht bloß in jeiner Gebrochenheit hervor- treten, jondern zugleih muß die verlorene Einheit — Hebbel nennt e8 „das Moment der dee” — ſich wieder finden. Nicht die Gejundheit in der Krankheit ift aufzuzeigen, wohl aber der Übergang zur Gefundheit. Das waren Hebbel3 Abjichten für jeine weiteren Arbeiten, aber während der nächiten Zeit fam er leider überhaupt nicht zu wirklicher dramatifcher Production. Weder der Moloch, den er in Rom zu fürdern gedachte, noch der Chrijtus, weder Modernes wie Fiat Justitia, noch Antikes, wie „Achill,“ werden nächſt Vergangenes, gleich Struenfee, oder Bufünftige3, gleich dem rätjelhaften „Märchen“ oder „Zu irgend einer Zeit” gewann bei ihm Geſtalt. Über Hebbels italienischen Aufenthalt jind wir verhältnismäßig am fchlechtejten unterrichtet: eine Hauptquelle feiner Biographie, die Briefe nad) Hamburg an Elife, fließt einmal wegen des Hohen Portos, dann wegen der unbewußt wachſenden Verſtimmung (vgl. jetzt Nachleje IS. 169 bis 178) ſehr jpärlich, das Tagebuch ijt merkwürdig abgeriſſen, andere Mitteilungen jtehen nur recht ungleihmäßig zur Ver— fügung.
Stalien. XXV
Am 3. Oktober 1844 fuhr Hebbel in Rom ein, am 29. Oftober 1845 verließ er, nad) Norden ziehend, die ewige Stadt; vom 19. uni bis 8. Oktober 1845 war er in Neapel geweien. Wenn wir die Ausbeute dieſes Jahres an fertigen Verfen überichlagen wollen, dann allerdings Hat es den Anjchein, als jei Hebbels gejtaltendes Vermögen geſchwunden. Im Jahres— abſchluß am 31. Dezember 1844 (Tgb. II S. 115) verzeichnet er nur 16 Gedichte und das Vorwort zu Maria Magdalene; „ich habe alfo im rechten Verſtande, da diefe Dinge wenig bedeuten wollen, Nichts gearbeitet.” Für das Jahr 1845 ſah er jogar von einer ſolchen Rechenſchaft völlig ab, er Hätte diesmal wieder eine größere Zahl lyriſcher Gedichte und Epigramme, dazu noch den eriten Act des „Moloch“ verzeichnen fünnen. Der jhlehte Winter, feine Krankheit, die fortwährende Eorge, wie jih feine Zufunft gejtalten werde, die grinjende Not, die ihn zu einem Leben, wie in München, nötigte, dann jpäter Die Die während des Neapolitanischen Aufenthalts, wohl auch der ſich dorbereitende Umſchwung im Verhältniffe zu Elife, ließen ihn niht zu äußerer Arbeit kommen. Dafür fanıı aber die innere niht gering geweſen fein. Wir jehen einen Reifeprozeß, der allerdings vorerjt nur der Lyrif zu gute fam. Wenn auch Hebbel, ander? vorbereitet ald Goethe, zu wenig Stalienreif gewejen fein mag, er konnte ſich troßdem dem Einfluſſe des unbejc;reiblid) blauen Himmels, der großen Linien in der Natur, der mächtigen Kunſteindrücke nicht entziehen; wir jehen eine leichte Veränderung jeiner Ziele, wir hören aus jeinen Verjen jtärfer als früher den Ruf „Schönheit“. Schon am 10. Januar 1845 Klingt e& wie en Ehwur (Eine Pflicht): „Drum ein ungetrübter Cpiegel, Schönheit, werd’ ich jtet3 Dir jein!” In den Sonetten, in den größeren lyriſchen Gebilden fehrt dieſes Betonen der Schönheit wieder. Aber feine dramatifchen Pläne folgen noch den alten Principien. Am „Diamant“ wird gebefjert, in Neapel entiteht der erite Act des „Moloch“, während die Tragödie „Giulietta“,
xXXVI Einleitung. „Ein Traueripiel in Sicilien” und „Julia *
die er jich für Neapel vorgejegt hatte (Bw. IS. 370 und 372, gar nicht begonnen wurde (ebenda S. 379), oder es wenigiten: nicht über kümmerliche Anfänge brachte. In Neapel hörte cr von einem aus Sicilien zurüdfehrenden deutichen Kaufmann in Hettners Geſellſchaft eine Gejchichte, die ihn „nicht zu frappieren ihien“, die er aber gleichwohl in jeinem Tagebuch verzeichnete und jpäter in jeiner Tragicomödie verivertete.
Aus Rüdlicht auf jeine jehr jchmale, nur durch Gurlitts Güte gefüllte Reijefajle, fuhr Hebbel nicht über Florenz und Venedig, jondern über Ancona und Trieit, in Wien wollte er jih nur furz aufhalten, Hauptjächlich, um sich Kleider zu faujen (an Eliſe 24. Oktober 1845 3. T. ungedr.). Er fam am 4. November 1845 in Wien an, bald wurde die Tffentlichkeit auf ihn hingewieſen; „Herr Hebbel, der geiitvolle Dichter... befindet ich jeit einigen Tagen in Wien“, „der geniale Hebbel arbeitet an zwei neuen Dramen, Moloh und Julia‘, je und ähnlih lauten damalige Wiener Zeitungdnotizen. Hebbel arbeitete wohl daran, aber er kam nicht zum Abjchluß. Am 21. September 1846 klagt er im Tagebud) (II S. 180): „Pauſen jind dem Geiſt zu günnen, aber wenn dad ganze Leben Pauſe wird, ijt es doch jchlimm. In meinem alten Tagebuch blätternd, jehe ich, daß ich den Diamant ſchon am 10. December 1841, aljo vor bald 5 Jahren, und die Maria Magdalene am 4. Te= cember 1843, alio vor bald 3 Jahren, geendigt Habe. Seitdem ijt Nichts mehr entitanden.”
Nicht weit Hinter diejer Stlage jteht die Bemerkung vom 26. September 1846: „Ein tolle® Ting: Ein Trauerjpiel in Sicilien! habe ich vor 14 Tagen angefangen, wobei mir etwas Seltſames vorſchwebte, aber e3 fonnte nur in einem Zug und ohne daß der Geiſt gezwungen war, ſich Nechenjchaft über ſein Vorhaben zu geben, gelingen, und es ijt mir wie dem Nacht— wandler gegangen, ich bin angerufen worden. ch befam die Grippe, Fonnte nicht fortfchreiben, wie ich anfing, gerieth aljo ins
Abfaſſung. XXVII
Reflectieren hinein und werde nun ſchwerlich fortfahren können.“ Am 3. Januar 1847 las er das Vollendete wieder durch, fuhr aber in der Arbeit erſt am 7. fort, da es auf ſeine Frau wirkte: am 9. ſchloß er es ab, am 15. beendigte er die Abjchrift, ſchon am 24. Januar meldete der „Wiener Bote“, die Beilage zu Frankls Sonntagsblättern (VI S. 29): „Friedrich Hebbel hat eine neue emactige Tragödie unter dem Titel: Ein Trauerjpiel in Sicilien vollendet; auch jein Trauerſpiel Julia jchreitet rajch vorwärts.“
In der That Freuzte ſich die Arbeit an beiden Stüden, die nicht nur durch den italienischen Schaupla näher zufammen gehören. Die „Julia“, behauptet Hebbel, wie wir ſahen, jchon vor der „Maria Magdalene“ geplant zu haben; eine Spur be— gegnet allerdings vielleicht jchon am 6. Auguſt 1836 (Tgb. 1 &. 27 ungedr.): „Der Sohn. des Räubers“ und im No- vember 1836 (Tgb. I. ©. 35). In Neapel wollte er eine „Binlietta“ dichten, Fam aber nicht dazu. Bald nad) feinem Ein- treffen in Wien jchriebd er „eine jehr bedeutende Scene“ dieſes Stücks, das wieder in Form und Gehalt etwas ganz Neues werde; nicht wie bisher bei ihm Act nach Act, ſondern Scene nach Scene würde eine Natajtrophe bringen, jo jchreibt er am 19. November 1845 an Eliſe (Bw. IS. 390). Erjt ein Jahr jpäter, am 20. November 1846, ichloß er den zweiten Act, um 29. den dritten; „das Stück breitet jich weiter aus, ala id) gedacht hatte, und nimmt ſehr viel in jich auf, was in mir fertig war! (Tgb. II S. 193). In dem Jahresabſchluß 1846 ver- zeichnet Hebbel (II S. 204 ungedr.) „das Trauerſpiel Julia, das bis auf einige Scenen vollendet ijt... und die Hälfte eines ſeltjamen Stücks: ein Trauerſpiel in Sicilien, das liegen ge— blieben iſt und wahrſcheinlich auch ferner liegen bleiben wird.“ Er deutet auch ſchon auf dramatiſche Werke, die vielleicht einen ganz anderen Character tragen würden, als jeine bisherigen; am 7. Dezember 1846 verzeichnete er einen Stoff dazu: „Herodes und Mariamne“ (Tgb. ITS. 197), und begann, nach Abſchluß
XXVIII Einleitung. „Ein Zraueripiel in Sicilien? und „Julia“.
der Tragicomödie, am 23. Februar dieſen Stoff zu geitalten (Tgb. II Z. 239), jo daß er am 24. März den eriten Act jertig hatte (I1 =. 253). Die Sommerpauſe unterbrad) dieje Arbeit, im Herbſt wurde nun zuerjt die „Julia“ wieder vorgenommen und am Sonnabend den 23. Tftober 1847 „endlid vollendet“. Er fühlte jelbit, daß „Julia“ jchon ganz lIbergangsproduft jei: „id trete nun — jo jchreibt er an Röticher (Nachleje I S. 236) — in eine neue Sphäre ein und Habe in derjenigen, die ic) hinter mir zurüdlafje, Nichts mehr zu juchen, ja ich lebte eigentlich, während ich die legten Acte der Julia ausführte, jchon in der neuen und fühlte mich, als jie fertig war, von einer wahren Laſt befreit.” Aus der neuen Sphäre ging dann „Herodes und Mariamne” hervor.
Ein bezeichnendes Wort jchrieb Hebbel über das „Trauer— ipiel in Sicihien“ an Bamberg (Bw. J S. 279), e8 bewege lich „in der Sphäre des Abjcheulichen”, da3 könnte man auch auf die „Julia“ anwenden. Hebbel jtieg wirklich immer tiefer im die Abgründe, die ihn während jeiner Jugendepoche ludten, er begnügt ſich nicht mehr mit dem niederdrüdend ZFurchtbaren, jondern zeigt das jchlechthin Entiegliche al& Ausflug der modernen Zuſtände.
Den Stoff zu ſeiner ſpäteren Tragicomödie verzeichnet Hebbe im Tgb. II S. 154 f.; „Ein Mädchen Hat ſich mit ihrem Ge: liebten verabredet, aus dem elterlichen Hauſe zu entfliehen, um den Eltern dadurch die beſtändig verſagte Einwilligung zu ihre Heirath abzunöthigen. Sie thut es eines Abends, und trifft vr den Thoren der Stadt zwei Gensdarmen, die ſie befragen, woht ! ie will. Sie nennt den Ort und eilt weiter, aber in de: Kerlen jteigt ein böjes Gelüſte auf, fie verfolgen die Unglücklich« thun ihr Gewalt an und tüdten fie zulegt, da jie willen, daß de Bräutigam bald folgen wird, und da fie ohnedieß durch de Anblid von allerlei Schmuck und Noftbarkeiten, die dad Mädche bei fi führt, gereizt werden. Nun barren jie, bis der Bräutiga n
Bedenkliches und Bedenflichites. XXIX
kommt, ergreifen ihn, beflecken ihn mit Blut, führen ihn zum Richter und klagen ihn des Mordes an. Aber der Zufall will, daß ein Obſtdieb in der Nähe war, der von einem Baum aus das Ganze angeſehen hat. Dieſer begiebt ſich ebenfalls zum Richter, erzählt, daß die Elenden die Säbel in ihren Hemden abgewiſcht und den Schmuck in ihren Stiefeln verborgen haben und deckt ſo den Frevel auf eine Weiſe, die den Beweis un— mittelbar mit ſich führte, auf.“
Es iſt intereſſant zu ſehen, was Hebbel aus dieſem Material machte, weshalb ſeine Inhaltsangabe (Bw. I S. 280) gegenüber geitellt werden mag. „Ein Mord, der bloß deswegen gejchieht, weil ein paar Poltrone, die jih, ihrer Feigheit wegen, vor ein- ander jhämen, von Mordthaten reden und fich, da die Gelegenheit ii darbietet, gegenfeitig imponieren wollen; ein Menſch, dem auf diefe Weife die Geliebte Hingejchlachtet und der Hinterdrein der blutigen That von den Buben, die fie begangen haben, jelbit bezüchtigt wird; ein wahnjinniger Schmerz in ihm, der einen jolhen Höhepunct erreicht, daß er, um nur des Lebens los zu werden, jich zu der ihm aufgebürdeten That wirklich befennt: nun in dem einen Buben die Ueberzeugung, daß ein Menſch, der eine ſolche Beſchuldigung ohne Tortur bejahe, verrüdt in müffe, und die Gewiſſensbiſſe, Angjt vor der aus der eriten entipringenden zweiten, in jeinen Augen ungleich größeren Miffethat, einen Verrückten dem Henfer in die Hände zu liefern; derſuch, ihn auch den Richtern als verrüdt darzujtellen, dadurd) Verwirrung, und als er nicht weiter fann, Selbjt-Entlarvung und Befenntniß; im Mittelpunct reine, aber gedrücdte und be— Khränfte Menjchheit in einem Mädchen-Character,.... und ala milderndes Grund-Element der Humor, der das Schredliche jo mit dem Bizarren verjeßt, daß Eins, wie das Andere, nur noch gemößigt wirkt.“
Ver Umbildungsprozeß wurde jo vollzogen, daß aus der „Whredlichen Geſchichte“, die Hebbel von einem Kaufmann im
XXX Einleitung. „Ein Trauerfpiel in Eicilien” und „Julia“.
Cafe di Europa zu Neapel hörte, ein Bild der jocialen Un neheuerlichfeit geworden iſt, daß Sich Anſchauungen, Ideen de mannigfaltigiten Art an das thatjählihe Factum anſchloſſer Die Folgen des Polizeiſtaates werden gezeigt, defien Werkzeug ſich umbiegen, die fchneidenden Gegenfäte der wirtjchaftliche: Ungleichheit werden lebendig; die jurdhtbare Gefahr des einjeiti anwadjenden Reichtums und der dadurd) geiteigerten Armu wird zu Gejtalten und Gonflicten verdichtet. Die Heinlichite Urfachen führen zu den traurigiten Gonfequenzen, „man möcht dor Öraujen erjtarren, doch die Lachmuskeln zuden zugleid man möchte ſich durd; ein Gelächter von dem ganzen unheimliche Eindrud befreien, doch ein Fröſteln bejchleicht ung wieder, e) uns das gelingt.” Zur Komödie kann der Conflict nicht führe denn mit ihr vertragen ih Wunden und Blut nidit, Zı Tragödie fann er ſich nicht erheben, dem widerftreitet die baroc Erjheinung des Furchtbaren. Auf Bamberg: Nat nannt Sebbel fein Werk daher eine „ZTragicomödie” und überliej Rötſcher die unfruditbare Aufgabe, daS Wejen diejer Zwitter gattung fejtzuitellen. Er hatte gedacht, daß Shakeſpeare bereit! ein ſolches Werk gejchaffen habe, als er jedoh das Stück „Eir Irauerjpiel in Norkigire” wirflih zu Geſicht befam, Jah er da: Inbegründete jeiner Anficht (Bw. I S. 279.) und ſchuf deshal! jein Trama (Nachleſe IS. 205). Cs bleibt jomohl Hinter de’ Mirfung einer Komödie zurüd und vermag ed nicht einmal mit dem „Diamant“ zu wetteifern, wie es unter der Wirkun einer Tragödie bleibt, es vereinigt widerjtreitende Elemente un läßt deshalb Feines ungebrochen hervortreten. In Ton un Färbung widerjpricht jeder Vers, vom eriten bis zum letzten allerdings der Tragödie es könnte mit ſeinen zum Teil vo trefflichen Einfällen, feinen witzigen Pointen und jeiner jcharfe Charakterijtif der beiden Gauner ergöglichen Eindruck made wenn e3 jich um etwas anderes al3 einen Mord handelte Tr es aber vorliegt, fann es nur als eine Probe für den äjthetijdk
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Der Stoff. XXXI
Irrtum eines hochbegabten Dichters, als ein verunglücktes Er- periment angeſehen werden. Die Motive bedrängen ſich auf dem engen Raum; der Character des Podeſta Gregoriv joll zwar de Verzerrung des Reichtum daritellen, die in unjeren Ber- hältnifjen möglich iit, aber er muß fich in Reden jelbit erponieren, weil der Zufammenhang ein Entfalten durch Handlung unmöglid) machte. Das gilt nod) mehr von der Armut, die bei Sebajtiano ulerdings den Character fejtigt und verflärt, vom Armwerden, das Anſelmo verwirrt, aber auch jie ſtecken unentwidelt in der ie. „Angiolina ... jteht da wie der Menſch im Baradiefe wihen den wilden Thieren” (Tgb. I S. 332), als die reine Venihlichkeit, deren Entfaltung von den Verhältniffen bejchräntt wird. Ambrojio und Bartolino heben fich glüdlich von einander
a, jelbit der Bauer befommt eine gewiſſe Phyiiognomie. Aber
alles ijt gleichjam nur im Keim vorhanden und läßt wirkliches Ausgeſtalten vermiſſen. Unmillfürlich muß man bedauern, daß vebbel den Stoff nicht in einer Novelle behandelt hat; dazu wäre er bejjer geeignet. Ein „gräßliches Epigramm“ nannte Kuh (ITS. 299) das Werk wohl mit Recht. Der Lafonismus des „bürgerlichen Trauerſpiels“ ijt noch gejteigert, aber aus den auftretenden Perjonen hört man die Stimme Hebbels, der Tichter it nicht zum Vorteil fein eigener Eouffleur geworden.
Ähnlich die „Julia“, vielleicht jened Drama Hebbels, bei den
' Man am meiſten bedauert, daß Anlage und Ausgeitaltung nicht
Völlig miteinander übereinjtimmen. Wie fein zweites Mal täujchte N der Dichter über feine Schöpfung, wenn er etiwad ganz Neues hervorgebradht zu haben glaubte. Einen zweiten Teil der Marin Magdalene” jollen wir in der „Julia“ jehen, und gewiß find Nhnlichkeiten zwischen beiden Dramen vorhanden. Vahrend jedoch das „bürgerliche Trauerfpiel“ heute noch packt und erihüttert, ftehen wir der „Julia“ fremd gegenüber, woran in erfter Linie der Stoff Schuld träge. Wie in der Tragi- Iomödie werden thatjächliche Verhältniſſe des damaligen Italien
XXXII Einleitung. „Ein Trauerfpiel in Sicilien“ und „Julia“.
behandelt, Verhältniſſe, denen wir nur mit hijtoriicher Verſenkung
noch halbwegs ein Verftändnid abgewinnen fünnen. Man dari
bei der Beurteilung allerdings nicht vergejjen, daß die von Hebbel
geichilderten Zujtände damals durchaus „actuell“ waren; das betonte
Garl Debrois van Bruyd in jeiner „Dramatiihen Studie über
Fr. Hebbels Tragödie Julia“ (Wien 1852) bereit® ein Jahr
nach der Buchausgabe des Werks. Weil aber died Alles für
un? ſchon hiſtoriſch geworden it, wirft es nicht mehr, oder doch nit wie es gemeint war. Für uns it ed faſt unmöglid, die Stimmung der Zeit vor Adhtundvierzig nachzufühlen; und jie bildet einen bedeutfamen Factor im Drama. Hebbels Anſicht, das Drama als die Spige aller Kunjt, jolle den jedesmaligers Melt- und Menſchen-Zuſtand in jeinem Verhältnig zu dem Alles bedingenden fittlicden Centrum veranjchaulichen, zeigte ſich hien wieder wirkſam, doch nahm der Dichter jo viele Zujtände vor= übergehenden Chararter® auf, daß mit ihrem Schwinden aud die Bedeutung feines Traueripiel2 abnimmt. Was find und die italienischen VBerjchivörungen, die jo furchtbar in das Leben den Menſchen wie der Staaten eingriffen, jeßt noch anderes als längy überlebte Vorbereitungsitadien. Was ift uns das Brigantentun« al3 ein etwas zweifelmertiger Reſt der alten Räuberronuantif = Wir müffen und künſtlich in eine Zeit verfeßen, in der alles dieje ein wirklicher Lebensfactor, ein „Welt: und Menicherr- Zuſtand“ war. Auch die „Blaſiertheit“ iſt heute troß der Decadence Feine bedeutend eingreifende Erſcheinung. Dad Ver— sängliche hat Hebbel jeitgehalten, und ſchon darum jein Drama um bleibende Wirfung gebracht. Ohne es zu ahnen, bat Hebbel in der „Julia“, nicht für jeine, aber für die Folgezeit, ein
hiſtoriſches Drama geliefert, ein merkwürdiges, abjonderliche?
Bild eines Zujtandes.
Bielleicht aber würden wir dag nicht jo peinlich empfinden, wenn die Technik ander® geworden wäre; es läßt fich aber nur wiederholen, was Otto Ludwig, der unbewußte Nachahmer
Mängel und Vorziige. XXXII
und der unerbittliche Kritiker Hebbels, in feiner Studie über bie Julia an die Spitze jtellt (Gef. Schriften V S. 358): „Das Epiihe überwiegt durch dad Ganze das Dramatifche”. Der Dialog geht wirklich” immer wieder in Erzählung über, und fo vor- trefflich fie ausfällt, jo fehr ung die moderne Dramatif an daß novelliftiiche Element im Drama gewöhnt hat, bei Hebbel jtellen wir höhere Korderungen, was nicht hindert, daß die „Julia“ bei einer Berliner Aufführung einen tiefen Eindruck gemadıt haben fol. Hebbel, der jih in „Maria Magdalene” als ein ſolcher Meifter der unwillkürlichen indirecten Characteriftif gezeigt Hatte, läßt Hier feine Perjonen ihr eigenes Bild wie ein Moſaik aus kleinen Zügen zujammenfegen, nur in wenigen Puncten dann eine Zeichnung dramatiiher Art — bejonders Tobaldi im zweiten Act —, dann aber fo intim, daß fie im Gegenfage zu der übrigen Characteriftif ſich mehr verjtedt als enthüllt. |
Es ift nicht fchwer, diefe Mängel der „Julia“ zu erkennen, & it aber auch nicht ſchwerer, die bedeutenden Vorzüge diejer „Tragödie“ zu erfaſſen, beſonders jegt, da und die Entwidelung de3 modernen Dramas lehrt, wie viele Züge bei Hebbel zufunft- berfindend waren. Das ganze Gegenbild zur „Maria Magdalene“ verrät eine Genialität der Erfindung, eine Kühnheit der Aus: führung, eine Kraft der Löjung, die ungewöhnlich aber be— wunderungswürdig find; „moderniter Stoff, Shafefpearifche Gharacteriftit und antike Form; größte Concentration der dandlung bei außgeführtefter Characterijtit“, das war nad Otto Ludwigs Anficht das Biel Hebbeld. „Bilder von unnachahm⸗ ler Größe und Schönheit“ muß er troß feinem harten Ge- ſamturtell dem Werke nahrühmen. In der That enthält es einzelne Scenen, zumal im zweiten Act, die von höchſter tragijcher Birtung find; es bietet einen Conflict voll Anfchaulichkeit und Eonfequenz, es führt Menſchen vor, feine Puppen, die zwar Agenartig, aber. in ihrer Zeit begründet jind. Haben in der
debbel, Werte IL IH
XXXIV Einleitung. „Ein Trauerfpiel in Sicilien” und „Julia“.
„Maria Magdalene” alle Perfonen Recht, hier Haben alle Unrecht und Recht zugleich, alle zeigen einen led, durch den fie auf Schäden der Berhältniffe hinweisen, durch den fie aber auch zu einer fittlichen Zäuterung geführt werden. Aus Leiden ſchaft iſt Julia in den Zuftand Klaras verfeßt worden, aud fie fteht ihrem Vater ähnlich gegenüber, fucht den Mann auf, der fie verführte, den fie aber liebt; nur fehlt ihr die Kraft zum Selbftmord, fie möchte Pietro zum Mord reizen, um den Tod zu finden, ohne fich ihn zu geben. Da jtellt fi ein Fremder ein, der anderd als der Sefretär, nicht jagt „darüber fann Fein Mann hinweg“, fondern ihr die Hand zur Rettung bietet. Num tritt fie wieder vor den Vater, doch diefer bleibt unerſchütterlick bei feinem Nein; jo wird fie die Frau des Fremden, weil Die Rechte des fernen Verräterd dadurch nicht einmal getroffen zu werden fcheinen. Aber Antonio taucht auf, rechtfertigt fich, und fo- bringt der lebte Act einen neuen unerwarteten Conflict. Diejer Antonio gehört am ftärkiten in die Tradition der Räuber: romantif; wir werden an Hebbels Augendnovelle „Die Räuber- braut‘ erinnert, in der PVictorin eine Ähnliche Stellung einninmt, wie hier Antonio und fogar feinen Tod findet, weil einer feiner Näuber fich gegen ihn empört; freilich find die Motive zum Handeln Guſtavs andere als in unferem Stüd; ſchon in dieſer Novelle die Entführung eined edlen Mädchens, Emilie, durch einen Räuber, deffen jchredlichen Stand fie freilich nicht Tennt- Auch an das Jugenddrama „Mirandola” werden wir gemahnt, da diefer nach einem zufällig erhaltenen Monolog zum furdt= baren Räuber werben follte Die Gejchichte des Antonio ii eine ftarfe Romantifierung damaliger Zeitverhältniffe, aber dee tiefe Kampf zwifchen Liebe und Rache fpiegelt fi) nur in Er= zählung. Tobaldi, jo lange Revolutionär, ala es Sinn hat, fpätere Erhebungsverfuche Hindernd, weil ſie nutzlos find, ftellt tro der Be⸗ rechtigung jeined Vorgehens den Typus eined Scheingeredjten dar, ähnlich wie Meifter Anton; nicht fchlecht nennt ihn Earl van Bruyd
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Die Charactere. xXXV
(0. 0.0. ©. 67) den einzigen wirklich Unfittlichen des Stüded. In Alberto, jo jehr er nur fkizziert ijt, erhalten wir ein Individuum, das jeine inneren Enttäujchungen verſteckt und Hinter einer kauſtiſchen Außenfeite verbirgt. Auch die Diener ftellen geläufige Typen dar.
Eine ganz neue Gejtalt begegnet im Grafen Bertram, ein Character, den und in feinem Anfangsjtadium ſchon die Skizze zu einer. Novelle (Tgb. I S. 35 vom Herbit 1836) und dann das „Ftagment“ aus einem liegen gebliebenen Roman: „Ein Leiden unjerer Zeit” darjtellt. In ihm hat Hebbel allerdings eine Yäuterung zu ſittlicher Größe verkörpert, deren Bedeutung und Kraft nicht Hätte follen verfannt werden. Der durch eigene Schuld ges brochene Dann, für den Tod ein wahres Labjal wäre, verdammt ih zum Leben, bis er der Welt jür das eine vernichtete In— dividuum ein andered gerettet hat. Er will nicht zum Water der „Seipenfter“ werden, er will nicht auf dem gewöhnlichen Wege der Allgemeinheit nügen, jondern feiner außerordentlichen Schuld gemäß ungewöhnliche Buße thun. Das gelingt ihm, aber anders ald er erwartet hatte, fo daß er auch jebt nicht zur erfehnten Biftole greifen, jondern den Zufall ſuchen muß, der ihn vom Leben befreit. Die Frage ift aufgeworfen worden, ob ein Mann von Bertram® Vergangenheit einer ſolchen ſittlichen Größe fähig ji, wobei man meift vergaß, worin fein Leiden beiteht; er ſcheint doch nach allen Symptomen einen ſchweren Lungendefect und einen melancholifchen Lebensüberdruß infolge ſeines unfinnigen Einſtürmens auf feine Kräfte fi) zugezogen zu haben. Er vermag nicht nur Achtung, fondern Liebe zu weden; er fann daran denken, daß feiner Verbindung mit einem weiblichen Weſen in Sohn entfprofje, der ihm dereinſt auf Biftolen fordern könnte,
; Beil er ſchon zu viel von jeiner Kraft vor der Ehe vergeudet
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bat, er ift alſo fein vollftändiger Auswürfling der Natur, er iſt
/ „auögelernt“, geichwächt, heruntergefummen, aber der Reſt einer
ungewöhnlichen Kraft. Darum kann man immer glauben, er
babe noch eine Seelenjtärke, die ihn zu feinem Thun befähigt, III*
XXXVI Einleitung. „Ein Tranerfpiel in Sicifien“ und „Julia“.
wenn er auch feine phyſiſchen Kräfte zu heftig amge griffen Hat. Und er feldft ift fein ftrengiter Richter.
Wohl aber trifft eines zu: Hebbel war, da er feine Juli zu Ende führte, nicht mehr derjelbe, der fie geplant hatte. Durc die Betrachtung der Weltzuftände fühlte er fich früher gemötig! der modernen Geſellſchaft als „Henker“ entgegen zu treter und fo follte auh die „Julia“ ein Bild ihrer Zeit werder um die Menſchen aufzurütteln. Mehr und mehr vertiefte er ic nun aber in das pigchologiiche Problem; nicht mehr Typen eine beftinmten Zeit drängen im dritten Act einem Abſchluß zi ſondern Menſchen mit einem ganz individuellen Seelenfamp Bor dem Lebten biegt gleichſam dag Schredliche um, weil fit dem Dichter ein neue Ideal erſchloſſen hat: die Schönhei Übrigend wäre die Schlußfituation der „Julia“ noch einme aufgenommen, aber weſentlich verklärt worden, wenn Hebbel fei Drama „Die Schaufpielerin” vollendet hätte Der Klara un der Julia wäre Eugenia gefolgt, deren Fall darum fein geringere gewefen wäre, weil er innerlich, nicht auch äußerlich eintrit auch fie hätte zwilchen zwei Männern gejtanden und den Ede mut des einen Ungeliebten erfannt und belohnt. Der Dicht« ließ das Stück aber unvollendet liegen, nachdem er es 184 begonnen hatte; darin wäre er aljo nody einen Schritt weit: gegangen und hätte das „Abſcheuliche“ durch Verinnerlichun gemildert und eigentlich aufgehoben. Die tiefe Wirkung feine Che, die jegt jeine Briefe an Gurlitt bezeugen, machte ſich aud in feiner Poeſie fühlbar; aus einer furdhtbaren Boheme war er i geordnete, gefeitigte Verhältniffe getreten, an feiner Seite mwaltetı ein Weſen, ausgezeichnet durch körperliche Schönheit, verklär durch künſtleriſche Gaben, noch höher jtehend als Weib wie all Künjtlerin, jo daß Hebbel fie nur abzufchreiben brauchte, um fiche zu jein, das Vortreffliche zu erreichen (Nacjlefe I ©. 233). Bi „Julia“ dagegen war aus jehr trüben perfönlichen Berhältnifje erwadjjen, aber zum Schluß leuchtete auch ihr Chriftinens Sterr
Drama und Geidhichte. XXXVII
VII. Herodes und Mariamme.
die erſte Frucht ſeiner neuen glücklichen Situation wurde das hiſtoriſche Trauerſpiel, deſſen Anfänge die Arbeit am, Trauer— ſpiel in Sicilien“ und an der „Julia“ begleiteten: „Herodes und Mariamne“. Nachdem im Frühjahr 1847 der erſte Act vollendet, der zweite wenigſtens begonnen war, muß Hebbel die Arbeit gleih nad) Abſchluß der „Julia“ fortgeſetzt haben, denn am 22. Dezember 1847 Hatte er die Reinfchrift de zweiten Az fertig, wohl bald darauf auch den dritten Act. Im Juli und Auguft 1848 ftrömte die Poejie in ihm wie zur Beit der Genoveva, jo daß er den vierten Act entitehen ſah. Den fünften dihtete er während der Wiener Schredendtage im Oftober zum großen Teil auf der Straße. Am 14. November Mittag um halb 12 Uhr ſchloß er das Stüd, das am 19. April 1849 auf dem Hofburgtheater gefpielt und Anfangs 1850 durch den Drud verbreitet wurde.
Saft vom Beginn der Arbeit begleitete den Dichter der aufmunternde Anteil Rötſchers, dem Hebbel in Berlin den erften At mitgeteilt hatte. Hebbel felbft ftellt in dem wichtigen Brief an diefen feinen Kritifer (Nachlefe I S. 237 ff.) den merkwürdigen Prozeß dar, der fich in ihm während der Arbeit vollzog. Anfangs ihien ifm der Stoff, den er aus Joſephus Flavius fchöpfte, ton durch Die Geſchichte zur Tragödie abgerundet, jo daß dem Dichter nicht zu thun übrig bleiben könnte; bald aber fah er Schwierigkeiten der pſychologiſchen Motivierung, die feine Liebe zu dem Stoff feuriger machten. Wieder erfennt man aus dem einen Beiſpiel, das Hebbel giebt, worauf es ihm ankommt: was in der Duelle hiſtoriſche Anekdote ift, daS joll im Drama zum Ausdrud notwendigen menschlichen Verhaltens werben; er begnügt fh nicht mit den naheliegenden Erfindungen, um ſich das Be- mältigen des Stoffe leicht zu machen, jondern jteigt in den „unentzifterbaren Urgrund der Berjönlichkeit”, in das Myſterioſe, ja Phontaftifche der Menfchennatur, um den Verhältniffen ihre
XXXVII Einleitung. „SHerodes und Mariamne“.
volle Bedeutung zu leihen. Hebbel behielt die überlieferten That- fachen, die wefentliche Stellung der Hauptperfonen zu einander, alſo die von Joſephus überlieferte Anekdote bei (vgl. Marcus Landau Aufſatz „Die Dramen von Herode und Mariamne” Zeitſchrift für vgl. Litteraturgeſchichte 8, 175 fi., 279ff., 9, 185 ff., der aber nur in der Stofffammlung, nicht in der äjthetijchen Verarbeitung befriedigt), er juchte jedoch den tiefinnerlichen Kern des Conflictes herauszuſchälen und in feinem menſchlichen wie welthiftoriichen Wert darzulegen. Das ſchwebte ihm jedenfalls ion vor, da er zuerit den Stoff in Ausficht nahm, denn er ſchreibt (Tgb. II S. 197): „Heroded und Mariamne. Tragödie, aber natürlich das ganze Leben des Herodes umfaſſend.“ Noch deutlicher ‘geht es aus der Kritik hervor, die Hebbel im Lloyd vom 1.—3. Sanuar 1849 an Deinharditein-Majlingerd „Ludovico“ ausübt. Er jtellt Anfang und Ende des Herode in Gegenfaß und fügt Hinzu: „Hier liegt der Stoff zu einer erjchütternden Tragödie eriten Ranged vor, zu einer ſolchen nämlich, die die menjchlihe Natur an fi in ihrem Abhängigkeits-Verhältnis zu den Schickſals-Mächten darftellt, die alfo nicht einen Kreis im Kreis bejchreibt, ſondern den Kreis felbit, der alle übrigen in ih faßt.” Und er betont: „nur Derjenige wird diefen Schatz heben, der das Ende aus dem Anfang mit überzeugender Not- wendigfeit hervorgehen zu laſſen verjteht,” nur diejenige Kraft, „welche“ — wie es jpäter beißt — „die ſonſt troß ihrer docu⸗ mentariſch nachzumeifenden Richtigkeit unglaublih und unwahr- icheinlich bleibenden jpeciellen Ereignijfe und Handlungen aus den allgemeinen Zuſtänden der Welt, des Volks und der Zeit hervorgehen zu lajjen veriteht, die das Fieber ded Herodes aus der Atmofphäre, in der er athmete, und diefe aus dem dampfenden, vulfanijchen Boden, auf dem er ftand, zu entwideln weiß.“ Alſo menjchlih und zugleich welthiftorifch- bedeutjam muß die Anekdote werden.
Das hat Hebbel wirklich erreicht, wobei er gewiß nur dem
Das Welthiſtoriſche. XXXIX
Joſephus folgte, keine jener Dramatiſierungen, in denen Landau Der Farinelli, dichteriſche Production mit wiſſenſchaftlicher Arbeit perwechfelnd, Vorbilder Hebbels entdedt zu haben glauben. Die Stellung des Herodes in einem der großartigiten Wendepunkte der Gejchichte kommt klar heraus: eine Welt und eine Welt- anſchauung geht zu Grunde, jchon beginnt ſich eine neue zu er- heben. „Die untergehende, ihrem Schickſal no im Erliegen trotzende und Frampfhaft zudende alte Welt“, zeigt fich in voller Anfchaulichkeit, aber jo, daß ihre Vernichtung als notwendig er= fcheint; „die in rührender Hilflofigfeit aufiteigende, noch mark— Loje und ungejtaltete neue” wird in den fie bedingenden Er- Iheinungen vorbereitet. Wenn man eine furze Formel brauchen voolite, jo fönnte man jagen: der Egoismus macht dem chrift- lichen Altruismus Platz. Das erjcheint in mannigfaltigen Ge— ftolten; wir ſehen daS Judentum in feinen ſich befämpfenden Parteien, wir jehen das Heidentum in verjchiedenen Formen, wir jehen bejonder3 die Römer, deren ftrengfter Vertreter Titus nur wie ein teilnahmslofer Beobachter den Kämpfen gegenüber- ſteht. Der Meffiasglaube, in feiner Verzerrung, wie in feiner naiven Gläubigkeit, begegnet. Mariamne und Soemus mit ihrer Betonung der Individualität und ihrer Bedeutung zeigen dad Reim einer neuen Weltanschauung. Die eingreifendfte Änderung bat Hebbel an dem überlieferten Stoff dadurch vorgenommen, daß er Mariamne mit tiefer Liebe zu Herobes erfüllte, wenn ihre Liebe auch anderer Art ift als jene des Königs. Er liebt die Gattin mit den Sinnen, darum erſcheint fie ihm nur als kin koſtlichſtes Beſitztum, das er feinem anderen gönnen Tönnte. Trohdem erwartet er von ihr königliche Gefinnung und ein Verftändnis feines Weſens; was er ihr nicht entgegen bringt, dad begehrt er von ihr. Seine Stellung in der Welt führt keine vollſtändige Vereinfamung mit fich; er ift in einem be- Höndigen Kampf gegen die widerftreitenden Kräfte innerhalb feiner Zamilie, feines Reiches, der Welt verwidelt, fortwährend
XL _ Einleitung. „Herodes und Mariamne.“
genötigt, fi) durch die verjchiedenartigiten Mittel zu behaupter „Um den Thron zu retten, muß er den Arijtobolus töten, diefer Notivendigfeit kann er jich nicht entziehen, wenn er nid alle Errungene wieder verlieren will. Daraus ergeben ſich nır doppelte Folgen: Antonius zieht ihn zur Rechenſchaft, zwiſche Mariamne und ibren Gatten tritt daS blutige Geſpenſt. Un jo wie bier durchſchlingen jich die beiden Richtungen der Actio immerwährend: Familien- und Staat3handlung, Menjchlicdes un Hiſtoriſches find unlögbar mit einander verknüpft, wie es de großen hiſtoriſchen Tragödie entipricht, die nicht bloß eine Au eritehung der Geſchichte geben mill, fondern den Geiſt de Geſchichte.
Es iſt ein genialer Zug Hebbels, daß der Tod dk Ariſtobolus eigentlih gar nicht zwiichen Herode8 und Mariamr jteht, wohl aber die Wirkung auf das Innere des Heroded; fcho in der italienischen Schreibtafel (Tgb. II S. 245) jteht: „Wer Böſt fürchtet, dem trifft Böjed ein. Die Dämonen züchtigen ihn fü feinen Verdacht.” Herodes fühlt jich jchuldig gegen feine rau, wen er den Schwager auch hinwegſchaffen mußte, darum ſchwindet ihı das Vertrauen, und Mariamne, einſam wie er, von dem Wunſd beſeelt, der Gatte möge ſie verſtehen, ihre Zugehörigkeit zu ih erfaſſen, thut nicht nur nichts, ſein Vertrauen zu ſtärken, ſie ſteige ſogar ſein Mißtrauen. Manches andere, die Intriguen Alexandra feine grenzenloſe Liebe, ſeine Vereinſamung kommt dazu, „das Fieben hafte feiner Leidenſchaft“ zu ſteigern und ihn zu einem un geheueren Entſchluß zu veranlaffen: er ftelt Mariamne unter Schwert und giebt feinem Schwäher Sofeph den Blutbefehl; vo jich felbjt rechtfertigt er fi) damit, daß er nun alles thun werde um vor Antonius ji zu retten.
Joſeph Hat den furchtbaren Auftrag und fol ihn zu feine eigenen Rettung ausführen, denn aud ihm droht die Rad) wegen des Ariftobolus, rang er doch im Bade mit dem Hohen priefter. Nun muß er aus den Worten Alerandrad und Mar
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Motivierung. | XLI
amned erfahren, daß ihr Haß wirklich jo weit geht, als Herodes prophezeite; nun dünkt ihn, Herodes’ Geiſt jet über ihm, da er Philo den Befehl giebt, Alerandra gegenüber fo zu verfahren, wie er Marianne gegenüber verfahren fol. Dadurch erregt er aber den Verdacht Marianne, verwidelt ſich durch feine Reden immer mehr, muß ihren Schwur hören, daß fie ſich mit eigener Sand töten wolle, wenn Herodes nicht mwiederfehre; glaubt nun ganz Hug zu Handeln, wenn er mit einem „Ich ſag' nicht, daß es iſt!“ Die Wahrheit andeutet, da Salome bejchuldigt ijt, und entdeckt jo Mariamne, ohne zu wollen, daS Geheimnis. Auf des Königs Rückkehr rechnet er ohnehin nicht mehr — da erſcheint der Totgeglaubte plötzlich in der Burg.
Ohne zu unterſuchen, übergiebt Herodes den ſeiner Anſicht nach ungetreuen Joſeph dem Henker, ſtill Mariamne beſchuldigend, wie es Salome laut thut. Mariamne ſollte zuerſt wenigſtens ſagen: „Er hat mir Nichts verraten, Ich hab’ ihn nur durch— haut" Doc ſtrich Hebbel diefe Verſe fpäter wieder, meil Mariamne will, Heroded folle ihr aus eigener Erfenntniß trauen. Bie nun des Antonius Aufgebot kommt und der König gegen die Araber ind Feld ruft, weil der Enticheidungsfampf der duumbiren um die Welt beginnt, da jubelt Mariamne, denn kt wird fie’3 ſeh'n, ob er im Sieber gereizter Leidenschaft oder in Klarheit, fein Innerſtes verratend, die That beging. Herodes berfteht fie neuerlich falſch und muß fie falfch verjtehen, weil it Jubel kaum einer anderen Deutung fähig if. Darum beihlieht er, dem Soemus denfelben Befehl wie Zofeph zurüd- zulaſen. Die Wiederholung derfelben Situation ftammt be— lanntlich aus der Duelle, Hebbels Eigentum ift nur die bedeutfame Rotivierung, Die er gegeben und in den Worten der Marianne näher erflärt hat: „Ewiger, ... Du mwälzteft das Rad der Zeit zurd: es fteht noch einmal, wie es vorher jtand, laß ihn anders denn jest handeln“ und früher: „Für jeden Menſchen kommt der Augenblic, in dem der Lenfer feines Sterns ihm felbft die
XLII Einleitung. „Herodes und Mariamne.“
Zügel übergiebt.“ Hebbel that fich auf dieſe Motivierung der überlieferten Thatfache, auf diefe Deutung des Hiftorifhen Bugs mit vollem Recht etwas zu gute, troßdem find die Kritiker fo ziemlih darin einig, daß die Wiederholung dad Stück ſchädige und erfältend wirke. Mich will bedünfen, das fei keineswegs der Fall, man folge vielmehr mit ganzer Spannung dem id) vollziehenden Prozeß, nur eine® mag jtören: unfere Auf» merkfamfeit wird geteilt. Auf der einen Seite jteht Mariamne mit ihrer ftarren Zuverſicht, daß nun der entjcheidende Moment günjtige Wirkung Haben müfje; auf der anderen Herodes, der immer tiefer ind Gegenteil verſinkt. Zu gleicher Zeit neben einander die fchneidenditen Gegenſätze, ohne daß fie fich zu einer fünjtlerifchen Einheit zuſammenſchlöſſen. Die beiden Einfamen bleiben auch ohne die unerläßliche Wechjelmirfung und jtehen zwar zugleih auf der Bühne, aber jo, als jeien jie auf weit außeinander liegenden Schaupläßen. Erfältend ſcheint mir viel eher dieſes gegenjeitige Sich-Belauern der beiden zu wirken, deſſen nußlofe Thorheit wir erfahren, deſſen fruchtbare Wirkung wir jehen. Nicht in der Wiederholung, fondern in der Bivie- ſpältigkeit des Eindrucks liegt daS Bedenkliche, denn die Situation wird zwar wiederholt, uns aber doch nur dad eine Mal wirklid dramatifch vorgeführt, dad zweite Mal ganz fur, angedeutet. Darum jet unfere Spannung im vierten Act nicht aus und wächſt bis in den fünften hinein.
Der vierte Act mit feinem reichen Wechjel und feiner jteten Steigerung ift ein technisches Meijterjtüd und wieder deshalb jo interejjant, mweil die jinkende Handlung nicht ermüdend, ſondern erregend wirkt. Geradezu myſterios jteigt daS Feit der Mariamne auf, hier bleibt das ſtaatliche Moment jcheinbar fort und bildet doch den eigentlichen Untergrund. Auf einem Qulcan wird getanzt. Darum gewinnt auch die Epifode mit Artaxerxes eine jo große Bedeutung. In diefem Felt hat Hebbel gezeigt, mie auch feine Zeichnung der Samilientragödie nur ein Symbol des
Familien⸗ und Welttragödie. ILIII
Delthiſtoriſchen Prozeſſes wird. In ihrer Menſchheit find nicht aur Mariamne und Soemus, es jind alle Menfchen beleidigt; >ie Verhältniffe fchaffen Masken und Larven, feiner ahnt, was ‚un anderen vorgeht. Jeder jteht auf ſich allein, oder er wird rwuißbraudt in feinem Weſen. Nicht mit dürren Worten, wie im f nften Act außgejprochen, aber ahnungsvoll angedeutet liegt der Kigmbolifhe Kern vor uns. | Am ftärkften finkt die Handlung in der zweiten Hälfte des Teinften Acts, wenn auch die pfychologifche Richtigkeit nicht zu Pezweifeln ift; Mariamne muß confequent- durch das Wegwerfen De Lebens ihr Vorgehen in feiner Reinheit beglaubigen, und Tre kann e8 durch das Mittel, daS fie wählt, noch beſſer als Durd einen Selbitmord. Die ftoifche Ruhe, mit der fie e8 Titus auseinanderjegt, die furchtbare Faſſung, mit der fie ihren Schmerz in ſich verfchließt, erfüllen ung mit quälendem Gefühl. Wenn auch Mariamne die Rache mit dem eigenen Leben bezahlt, nieder- drüdend wirkt.diefer Schluß auf uns,
Bie nad) der Abfaffung der „Maria Magdalene“ fchrieb er über diefe Tragödie (Nachleſe I S. 258): „Charactere, die alle Recht Haben, die nirgends in’ Böſe auslaufen und deren Schickſal Daraus hervorgeht, Daß fie eben dieſe Menſchen \ind und keine andern, deren Schickſal aber dennod ein furchtbares ift.” Der Fortfchritt von der bürgerlichen zu dieſer hiſtoriſchen Tragödie liegt in dem Poſitiven: es wird daß neue Seal wenigſtens in der Ferne gezeigt: dad Chriftentum mit feiner vollftändig anderen Bewertung ded Individuums erſcheint als die duhmft, wenn auch die Gegenwart untergeht. Mit einem „Ich berftehe die Welt nicht mehr” fchließt Meifter Anton, mit der Ankündigung eines Kampfes bis aufs äußerfte, Herobes; aber wir fehen fein Werkzeug, Joab felbft, zweifelt nicht an dem Sieg des Neuen. Eine Tragödie tiefiter Liebe ſchuf num Hebbel; feine Judith, die über die Schranken des Weibes hinübergreift, keine Genoveva, bie chriftlich demütig leidet, feine Klara, die von
XLIV Einleitung. Herodes und Mariammne.“
einem Heinlichen Geſchick zerqueticht wird, feine Julia, deren Gefühl in Verwirrung gerät: eine Mariamne fteht im Mittels punft, ein Weib, defjen Liebe grenzenlos ift, defjen Rache furchtbar ift, dad und aber zum erfienmal bei Hebbel die ſchöne „mäze“ zeigt.
„Herodes und Mariamne” deutet die Wendung in Hebbel nur an, „Gyges“ zeigt und dann den Höhepunkt diejer neuen Richtung. Der Dichter hat allmählich die finfteren Mächte feines Innern zu bannen gelernt. In feiner Eleinen, wie in der großen Welt war ein Umſchwung eingetreten. Das Revolutionsjahr Hat jeine Tragödie gereift, es bat auch dem Dichter feine Feſtigkeit gegeben. Mariamne aber ftellt und, wie in Marmor gemeißelt, das Weſen Ehrijtinend dar, jo bat Hebbel felbft gejagt.
—
Maria Magdalene,
Ein bürgerliche Zrauerjpiel in drei Acten.
1844.
Heäbel, Werte I. 1
dem
König Christian dem Achten,
von Dänemark,
in tiefjter Ehrfurcht gewidmet.
—
Dem Dichter ift es an= und eingeboren,
Daß er ſich lange in jich felbit verjentt, Und, in das inn’ve- Labyrinth verloren,
Des äußeren der Welt erjt ſpät gedentt; Und dennod hat ihn die Natur erforen,
Zu zeigen, wie lich dieß mit dem verfchränft, Und e3 in Harem Bilde darzuitellen, Wie Beide ji) ergänzen und erhellen.
Denn nicht, wie wohl ein ird'ſcher Künſtler, fpielend, Wenn er zurüd von jeiner Tafel trat,
Dem Lieblingskind, das, lüſtern darnach fchielend, Schon längit ihn ſtill um feinen Griffel bat,
Ihn freundlich darreicht, auf nicht? And'res zielend, Als daß ed, träumend von gewalt’ger That,
Sein Meilterftüd in todten, groben Zügen
Nachbilde, wie es kann, ſich zu vergnügen;
Nur, weil jie felbit, in’3 Einzelite zerfließend, Sid, endlich auch doch concentriren muß, Und, in dem Theil als Ganzes jich geniekend, Den Anfang wieder finden in dem Schluß,
Der, jih mit der dee zufammen jchließend, Ihr erſt verfchafft den höchſten Selbitgenuß,
Den alle unter'n Stufen ihr verneinen:
Rein, ganz und unverworren zu erjcheinen;
Nur darum hat Sie, jtatt ihm zu zerbrechen, Dem Menſchen ihren Zauberjtab vertraut,
6
Maria Magdalene. Widmun
Als ſie, bereit, ihr: es iſt gut! zu ſprechen, Zum letzten Mal das Weltall überſchaut, Und dieſer ſtellt nun, das Geſetz zu rächen Am plumpen Stoff, dem ewig davor graut, In den geſchloßnen erſten Kreis den zweiten, Wo ſie nur noch harmoniſch ſich beſtreiten.
Und, Anfangs ſchauernd vor der hohen Gabe, Wird ſich der fromme Künſtler bald bewußt,
Daß er zum Dank ſich ſelbſt zu opfern habe, Und ſteigt nun tief hinab in feine Bruſt:
Er fragt nicht, ob ihn auch die Nacht begrabe, Er gebt, jo weit er fann, in banger Aut,
Und führt fein Narr im Wappen die Verjöhnung,
Er Hofft nur faum auf fie, wie auf die Krönung!
Doch, wenn er lange fo den rothen Faden Aus jich hervor fpinnt, der ihn führen kann, Co wird er plötzlich durch den Geift geladen: Nun lege ihn in der Gefchichte an! Dieß ijt ein wahrer Ruf von Gotte8 Gnaden, Und wer nicht folgt, der zeigt, daß er zerrann! Ich babe vorlängjt diefen Ruf vernommen, Da hab’ ich nicht gejäumt, ich bin gefommen.
Und wie mein Blick ſich lenkte in das Weite, War mir aud flugs die Sehnjucht eingeflößt, Die äuß're Welt zu ſchau'n in ihrer Breite, Allein der Mittel ſah ich mic, entblößt. Doc gleich jtand mir ein Genius zur Seite, Und von der Scholle ward mein Fuß gelöft, Und was dieß hieß, das kann ich jetzt erit wägen, Wo ſich zur Frucht verdichten will der Segen.
y
Vidmung. Maria Magdalene.
Du warſt es, Herr und Fürſt! Laß Dir's gefallen, Daß ich zum Danke jetzt dies kleine Bild, Vielleicht das einfach-ſchlichteſte von allen, Worin ſich mir das Welt-Geſchick enthüllt, Dir bringe, und, wenn ſich's für Königs-Hallen Auch ſchlecht nur eignet, ſei ihm dennoch mild! Es iſt des neuen Frühlings erſtes Zeichen, Und als das erſte durfte ich's Dir reichen!
Meiſter Anton, ein Tifchler. Seine Frau. Klara, feine Tochter.
> Karl, fein Sohn. Keonhard. Ein Secretair. Wolfram, ein Kauimann. Adam, ein Gerichtsdiener.
10 Ein zweiter Gerichtsdiener. Ein Knabe. Eine Magd.
Ort: eine ntittlere Stadt.
Erfler Art. Zimmer im Haufe des Tijchlermeifters.
Erſte Bcene. Klara. Die Mutter.
5 Klara. Dein Hochzeits-Kleid? Ei, wie es Dir jteht! Es ift, ald 06’3 zu heut’ gemacht märe! |
Mutter. Ja, Kind, die Mode läuft jo lange vormwärts, bis fie nicht weiter Tann, und umkehren muß. Dies Kleid war Ihon zehn Mal aus der Mode, und falı immer wieder hinein.
10 Klara. Diesmal doc nicht ganz, liebe Mutter! Die Aermel jind zu weil. Es muß Dich nicht verdrießen!
Mutter (achelnd). Dann müßt ih Du fein!
Klara. So haft Du aljo ausgeſehen! Aber einen Kranz trugſt Du doch aud, nicht wahr?
15 Mutter. Will's hoffen! Wozu hätt’ ich fonjt den Myrthen- baum Jahre lang im Scherben gepflegt!
Klara. Sch Hab’ Di) jo oft gebeten, und Du haſt es nie angezogen, Du jagtejt immer: mein Brautkleid iſt's nicht mehr, es iſt num mein Leichenfleid, und damit joll man nicht
» ipielen. Ich mogt’ es zuleßt gar nicht mehr jehen, weil es mid), wenn e3 jo weiß da hing, immer an Deinen Tod und an den Tag erinnerte, wo die alten Weiber es Dir über den
Kopf ziehen würden. — Warum denn heut’?
Mutter. Wenn man jo jchwer frank liegt, wie ich, und
25 nicht weiß, ob man wieder gefund wird, da geht Einem gar Manded im Kopf herum. Der Tod ijt fchredlicher, als man
el, und man fieht viel, fehr viel, wa8 man ih bin mir eben nichts Böſes bewußt, ich Begen gegangen, ich habe im Haufe geichafft, h Habe Dih und Deinen Bruder in der 9 ufgezogen und den jauren Schweiß Eures % wehalten, ich habe aber immer auch einen PBfennü u erübrigen gewußt, und wenn ich zuweilen € ch gerade verdrießlich war, oder weil zu Viele 3 fein Unglüd für ihn, denn ih rief ihn ge ınd gab ihm doppelt. Ad), was iſt dad Alle och vor der legten StAnde, wenn jte herein dri ich, wie ein Wurm, man fleht zu Gott um's Diener den Herrn anflebt, die ſchlecht gemachte nal verrichten zu dürfen, um am Lohntag nicht zu
Klara. Hör’ davon auf, liebe Mutter,
Mutter. Nein, Kind, mir thut’3 wohl! iicht gefund und Fräftig wieder da? Nat der loß gerufen, damit ich erfennen mögte, daß me licht fleckenlos und rein it, und hat er mid) ni es Grabes wieder umfchren lafjen, und mir Fr u jhmüden für die himmlische Hochzeit? So r gegen jene jieben Jungfrauen im Evangeliu ‚ejtern Abend vorlefen mußtejt, nicht! Darun
I2 Maria Magdalene. 13
Bweite Bcene.
Karl ii aun. Guten Morgen, Mutter! Nun, Klara, mögteſt Du mich leiden, wenn ich nicht Dein Bruder wäre? Klara. ine goldene Kette? Woher Haft Du die? ⸗ Karl. Wofür ſchwitz' ich? Warum arbeit' ich Abends zwei Stunden länger, als die Anderen? Du biſt impertinent! Mutter. Zank am Sonntag-Morgen? Schäme Dich, Karl! Karl. Mutter, haſt Du nicht einen Gulden für mich? Mutter. Ich habe kein Geld, als was zur Haushaltung v ge hört. Karl. Gieb nur immer davon her! Ich will nicht murren, wenn Du die Eierkuchen vierzehn Tage lang etwas magerer bädi. So haft Du's ſchon oft gemacht! Ach weiß das wohl! Als für Klarad weißes Kleid gejpart wurde, da fam Monate slang nichts Leckeres auf den Tiſch. Ich drüdte die Augen zu, aber ih wußte recht gut, daß ein neuer Kopfpuß, oder ein anderes Ssahnenftüd auf dem Wege war. Laß mid) denn auch einmal davon profitiren! Mutter. Du biſt unverjchämt ! zu Sarl. Ich hab’ nur feine Zeit, ſouſt — (Er wit gehen.) Mutter. Wohin gehit Du? Karl. Ich will's Dir nicht jagen, dann kannt Du, wenn der alte Brummbär nach mir fragt, ohne roth zu werden, ant- worten, daß Du's nicht weißt. Uebrigens brauch’ id) Deinen 3 Gulden gar nicht, es iſt das Beſte, daß nicht alles Wafjer aus Einem Brunnen gejchöpft werden joll. «für ſich Hier im Haufe glauden fie von mir ja doc, immer das Schlimmite; wie ſollt' es mi nicht freuen, fte in der Angst zu erhalten? Warum toll? ich's jagen, daß ich, da ich den Gulden nicht bekomme,
„nun jhon in die Kirche gehen muß, wenn mir nicht ein Be- fonnter aus der Berlegenheit hilft? (ab)
14 Maria Magdalene.
Britte Scene.
Klara. Was ſoll daS heißen?
Mutter. Ach, er macht mir Herzeleid! Ja, ja, der ! hat recht, das jind Die Folgen! So allerliebft, wie er Eleiner Lockenkopf um das Stüd Zucker bat, jo troßig fr er jebt den Gulden! Ob er den Gulden wirklich nicht fo würde, wenn ih ihm das Stüd Zuder abgeichlagen E Das peinigt mich oft! Und ich glaube, er liebt mid) einmal. Haft Du ihn ein einziged Mal weinen jehen wä meiner Krankheit ?
Klara. Ich jah ihn ja nur jelten, fajt nicht anders bei Tiih. Mehr Appetit Hatte er, als ich!
Mutter (chnell). Dad war natürlid), er mußte die fd Arbeit verrichten !
Kara. Freilich! Und wie die Männer find! Pie fe jich ihrer Thränen mehr, als ihrer Sünden! ) Eine geballte ; warum die nicht zeigen, aber ein mweinendes® Auge? ud Vater! Schluchzte er nicht den Nachmittag, wo Dir zur gelafjen wurde, und fein Blut kommen wollte, an jeiner F bank, daß mir’! durd die Seele ging! Uber als ih m ihm trat, und ihm über die Baden jtrid, was ſagte er? ſuch' dod, ob Du mir den verfludhten Span nicht aus Auge heraus bringen kannſt, [man hat jo viel zu tun fommt nit vom Sled! !
Mutter (lächelnd). Sa, ja! Ich fehe den Leonhard je nit mehr. Wie fommt da? ?
Klara. Mag er weg bleiben!
Mutter. Ich will nicht hoffen, daß Du ihn ande jtehit, al3 Hier im Haufe!
Klara. Bleib’ ich etwa zu lange weg, wenn ich Al zum Brunnen gehe, daß Du Grund zum Verdacht Hajt ?
Mutter. Nein, das nicht! Aber nur darum had’ id Erlaubniß gegeben, daß er zu und kommen darf, damit ei
13 Maria Magdalene. 15
nicht bei Nebel und Nacht aufpafjen Jul. Das hat meine Mutter auch nicht gelitten!
Klara. Ich ſeh' ihn nicht!
Mutter. Schmollt Zhr mit einander ? Ich mag ihn fonjt wohl leiden, er ilt jo gefegt! Wenn er nur erft Etwa wäre! Zu meiner Zeit hätt’ er nicht lange warten dürfen, da riffen die Herren fi) um einen geſchickten Schreiber, wie die Yahmen um die Krüde, denn fie waren felten. Auch wir geringeren Leute konnten ihn brauchen. Heute feßte er dem Sohn einen Neujahrswunſch für den Vater auf, und erhielt allein für den vergoldeten Anfangsbuchſtaben jo viel, daß man einem Kinde eine Dode dafür hätte Faufen können. Morgen gab ihm der Vater einen Wink und Tieß ſich den Wunſch vorleſen, heimlich, bei verjchloffenen Thüren, um nicht überrajcht zu werden und die Unwiſſenheit aufgededt zu jeher. Das gab doppelte Be- zahlung. Da waren die Schreiber oben auf und machten das Bier theuer. Set iſt's anders, jetzt müfjen wir Alten, die wir und nicht auf3 Leſen und Schreiben verftehen, und von neunjährigen Buben ausſpotten lafjen! Die Welt wird immer flüger, vielleiht kommt noch einmal die Zeit, wo Einer ſich Ihämen muß, wenn er nicht auf dem Zeil tanzen fann!
Klara. 3 läutet! Ä
Mutter. Nun, Kind, ic will für Dich beten! Und was Deinen Leonhard betrifft, jo liebe ihn, wie er Gott liebt, nicht mehr, nicht weniger. Co fprady meine alte Mutter zu mir, als jie aus der Welt ging, und mir den Segen gab, ich habe ihn lange genug behalten, hier Haft Du ihn wieder!
Klara (reiht ihr einen Strauß). Da!
Mutter. Der kommt gewiß von Start!
Klara (nidt; dann bet Seite. Ich wollt’, e& wäre jo! Was ihr eine rechte Freude machen jol, dag muß von ihm fommen! Mutter. D, cr ift gut und Hat mich lieb! (av)
16 Maria Dlagdalene. 14
Klara (ſeht ihr durch's Fenſter nach. Da geht ſie! Drei Mal träumt’ ich, fie läge im Sarg, und nun — o die boshaften Träume, ſie Eleiden fi in unjere Furcht, um unſ're Hoffnung zu erſchrecken! Ich will mid) niemald wieder an einen Traum fehren, ich will mich über einen guten nicht wieder freue damit ich mich über den böjen, der ihm folgt, nicht wieder 3 ängitigen brauche! Wie fie fejt und jicher ausjchreitet! Schw y it fie dem Kirchhof nah” — wer wohl der Erite ijt, der iKy begegnet? Es ſoll Nicht bedeuten, nein, ich meine nur — (erihroden zufanmen fahren) Der Todtengräber! Er hat eben etı Grab gemadt und jteigt daraus hervor, fie grüßt ihn und blick lächelnd in die düjtre Grube hinab, nun wirft jie den Blumen: jtrauß Hinunter und tritt in die Kirche. (Man Hört einen Chorar.' Sie fingen: Nun danfet Alle Gott! (Sie faltet die Hände.) Ja! Ja! Wenn meine Mutter gejtorben wäre, nie wär’ ich wieder ruhig geworden, denn — — (mit einem Blid gen Himmel) Aber Du biſt gnädig, Du bift barmherzig! Sch wollt‘, ich hätt’ einen Slauben, wie die Katholiihen, daß ih Dir Etwas jchenfen dürfte! Meine ganze Sparbüchſe wollt’ ich Teeren, und Dir ein ſchönes vergoldetes Herz kaufen, und es mit Roſen ummindert. ! Unſer Pfarrer jagt, vor Dir feien die Opfer Nichts, denn Alle jei Dein, und man müßte Dir das, was Du ſchon hajt, nicht erft geben wollen! Aber Alles, was im Hauſe ift, gehört meinem Vater doch auch, und dennod) jieht er's gar gern, wen Fl ih ihm für fein eignes Geld ein Tuch Faufe, und es fateT jtide, und ihm zum Geburtötag auf den Teller lege. Ja, ET thut mir die Ehre an und trägt's nur an den höchſten Feier“ tagen, zu Weihnaht oder zu Pfingiten! Einmal ſah ic et ganz kleines katholiſches Mädchen, das jeine Kirihen zum Altca! trug. Wie gefiel mir das! Es waren die erjten im Jahr, pt das Kind befam, ich jah, wie c& brannte, fie zu efjen! Dennod befämpfte es jeine unjchuldige Begierde, e& warf fie, um ne=S der Verfuchung ein Ende zu machen, raſch hin, der Meßpfa F'
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der eben den Kelch erhob, fchaute finfter drein, und das Kind eilte erjchrect von dannen, aber die Maria über dem Altar lächelte jo mild, als wünfchte fie aus ihrem Rahmen heraus zu treten, un dem Kind nadjzueilen und es zu küſſen. Ach stHat3 für fie! Da fommt Leonhard! Ach!
Pierte Scene.
Leonhard (vor der Thür). Angezogen? Klara. Warum jo zart, fo rüdjiht2vol? Ich bin nod) | immer feine Princeſſin. | m Leonhard tritt ein). Sch glaubte, Du wärft nicht allein! Im Borübergehen kam es mir vor, als ob Nachbars Bärbchen am Fenſter ſtände! Klara. Alſo darum! Leonhard. Du biſt immer verdrießlich! Man kann vier— “zn Tage weg geblieben fein, Regen und Sonnenſchein können ſih am Himmel zehn Mal abgelöft haben, in Deinem Geſicht Ieht, wenn man endlich wieder kommt, immer noch die alte Volke! Klara. Es gab andere Zeiten! ” Leonhard. Wahrhaftig! Hätteft Du immer ausgeſehen, wie jetzt, wir wären niemals gut Freund geworden! | Klara. Was lag daran? Leonhard. So frei fühlit Du Dich von mir? Mir lenn's recht fein! Darm (mit Besiepung hat Dein Zahnweh von q2 neulich Nichts zu bedeuten gehabt! | Mara. D Leonhard, ed war nicht recht von Dir! Leonhard. Nicht recht, daß ich mein höchſtes Gut, denn das bit Du, auch durch das lebte Band an mich feit zu knüpfen juhte? Und in dem Augenblid, wo ich in Gefahr ſtand, e3 zu „a so verlieren? Meinſt Du, ich jah die jtillen Blicke nicht, die Du Gebet, Werte II. 2-
18 Maria Magdalene.
mit dem Secretair wechſelteſt? Das war ein ſchöner Fr tag für mih! Ich führe Di zum Tanz, und —
Sara. Du börft nicht auf, mich zu Fränfen! Ich ſa Secretair an, warum jollt’ ich's läugnen? Aber nur des Echnurrbart3, den er fi auf der Academie Hat ıı lafjen, und der ihm — Gie Hält inne.)
Leonhard. So gut jteht, nicht wahr? Das wollt: doch jagen? O ihr Neiber! ud) gefällt das Soldaten- noch in der ärgiten Carricatur! Mir fam da3 Heine, läch runde Geſicht des Gecken, ich bin erbittert auf ihn, ich ve e3 nicht, er Hat mir lauge genug bei Dir im Wege geit: mit dem Walde von Haaren, der es in der Mitte durdhjch wie ein weißes Naninchen vor, das Sich hinter den verfriecht.
Slara. Ic habe ihn noch nicht gelobt, Du braud) nicht herab zu jeßen.
Leonhard. Du jcheinft noch immer warmen Anth ihm zu nehmen!
Klara. Wir haben als Kinder zujanınıen gejpielt naher — Du weißt recht gut!
Leonhard. O ja, ich weiß! Aber eben darım!
Klara. Da war e3 wohl natürlich, daß ich, nun i jeit jo langer Zeit zum erjten Mal wieder erblicte, ihn und mic) veriunderte, wie groß und — (Sie unterbricht fid
Leonhard. Warum wurdeit Tu denn voth, als er wieder anjah?
Klara. Ich glaubte, er fähe nad) dem Wärzchen auf ı linfen Bade, 0b da3 aud) größer geworden ſei! Du weiß ih mir dieß alle Mal einbilde, wenn mich Jemand jo betrachtet, und daß ic) dann immer roth werde. Iſt mir’s als ob die Warze wächſ't, jo lange einer darnad) Fuft!
Leonhard. Sei's, wie es jei, mich überlief's, un dachte: noch dieſen Abend jtell’ ich fie auf die Probe! W
14 Maria Magdalene. 19
smıein Weib werden, ſo weiß fie, daß fie Nichts wagt. Sagt fie ein, jo — |
Klara. DO, Tu jpradjit ein böjes, böſes Wort, als ich Did) zurüd ftieß und von der Bank aufiprang. Der Mond, der bid-
s Her zu meinem Beiltand jo fromm in die Laube hinein gefchienen hatte, ertrant kläglich in den naſſen Wolfen, ich wollte forteilen, doch ic fühlte mich zurüdgehalten, ich glaubte erſt, Du wärft es, aber es war der Rofenbujch, der mein Kleid mit feinen Tomen, wie mit Zähnen, feithielt, Du läjterteft mein Herz und
1 traute ihm jelbjt nicht mehr, Du jtand’jt vor mir, wie Einer, der eine Schuld einfordert, id — ad) Gott!
Leonhard. Ich kann's noch nicht bereuen. Ich weiß, daß ich Did mir nur jo erhalten fonnte. Die alte Jugendliebe that die Augen wieder auf, ich konnte ſie nicht fchnell genug
2 judrücken. Nlara. Als id) zu Haufe kam, fand ich meine Mutter krank, todtkrank. Plötzlich dahin geworfen, wie von unfichtbarer Yand, Der Vater hatte nad) mir jchicken wollen, fie hatte es | nicht zugegeben, um mich in meiner Freude nicht zu ftören. Be ward mir zu Muth, als ich's hörte! ch hielt mid) fern, ih wagte nicht, ſie zu berühren, ich zittert. Sie nahm's für lindliche Beſorgniß, und winfte mic) zu fich heran, als id) mid) langſam nahte, zog ſie mich zu ſich nieder und küßte meinen entweihten Mund. Ich verging, ich hätte ihr ein Geſtändniß ch tun, ich hätte ihr zuſchreien mögen, was ich dachte und fühlte: meinetwegen liegit Du jo da! Ich that's, aber Thränen und Shluczen erjticten die Worte, jie griff nach der Hand meines Vaters und jprach mit einem jeligen Blick auf mid: weld) ein -} Semüth! |» Leonhard. Sie ijt wieder gejund. Ic Fam, ihr meinen Glückwunſch abzuftatten, und — was meinjt Du?
Klara. Und? |
Leonhard. Bei Deinem Vater um Dich anzuhalten!
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mit dem Secretair wechſelteſt? Das war ein ſchöner Freuden— tag für mich! Ich führe Dich zum Tanz, und —
Klara. Du hörſt nicht auf, mich zu kränken! Ich ſah den Secretair an, warum ſollt' ich's läugnen? Aber nur wegen des Schnurrbarts, den er ſich auf der Academie hat wachſen laſſen, und der ihm — (&ie Hält inne.)
Leonhard. So gut ſteht, nicht wahr? Das wollteſt Du doch ſagen? O ihr Weiber! Euch gefällt das Soldaten-Zeichen noch in der ärgſten Carricatur! Mir kam das kleine, lächerlich— runde Geſicht des Gecken, ich bin erbittert auf ihn, ich verhehle es nicht, er hat mir lange genug bei Dir im Wege geſtanden, mit dem Walde von Haaren, der es in der Mitte durchſchneidet, wie ein weißes Kaninchen vor, das ſich hinter den Buſch verkriecht.
Klara. Ich habe ihn noch nicht gelobt, Du brauchſt ihn nicht herab zu ſetzen.
Leonhard. Du ſcheinſt noch immer warmen Antheil an ihm zu nehmen!
Klara. Wir haben als Kinder zuſammen geſpielt, und nachher — Du weißt recht gut!
Leonhard. O ja, ich weiß! Aber eben darum!
Klara. Da war es wohl natürlich, daß ich, nun ich ihn \eit jo langer Zeit zum eriten Mal wieder erblicte, ihn anfah, und mich veridunderte, wie groß und — (Ste unterbridt fid.)
Leonhard. Warum wurdejt Dur denn voth, al® er Did» wieder anjah?
Klara. Ich glaubte, er fähe nad) dem Wärzchen auf meiner linken Backe, ob das auch größer nemorden jei! Du weißt, daß id) mir dieß alle Mal einbilde, wenn mic) Jemand fo ſtarr betrachtet, und daß ic) dann immer roth werde. St mir's doc, » als ob die Warze wächſ't, jo lange einer darnad) kukt!
Leonhard. Zeig, wie es jei, mich überlief's, und id dachte: noch diejen Abend ftell! ich fie auf die Probe! Will fie
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I4 Maria Magbalene. 21
Leonhard. Den kleinen Zwiſt führte ich ſelbſt liſtig her— bei, damit ich wegbleiben könnte, ohne daß es zu ſehr auffiele.
Klara. Ich verſteh' Dich nicht!
Leonhard. Glaub's. Die Zeit benutzt' ich dazu, der kleinen
5 dudligten Nichte des Bürgermeiſters, die jo viel bei dem Alten gilt, die feine rechte Hand ift, wie der Gericht3diener die linke, den Hof zu machen. Verſteh' mich recht! Ich fagte ihr jelbft nichtz Angenehmes, ausgenommen ein Compliment über ihre Hnare, die bekanntlich roth jind, ich fagte ihr nur Einiges, das
soihr wohl gefiel, über Dich!
Klara. Ueber mich?
Leonhard. Warum follt’ ich's verjchweigen? Geſchah es doh in der beiten Abjicht! Als ob e3 mir nie im Ernft um Ch zu thun gewejen wäre, als ob — Genug! Das dauerte
0 lange bis ich dieß in Händen hatte, und wie's gemeint war, wird die leichtgläubige, manntolle Thörin erfahren, jobald fie uns in der Kirche aufbieten hört!
Klara. Leonhard!
Leonhard. Kind! Kind! Cei Du ohne Falſch, wie Die
» Taube, ich will Hug, wie die Schlange fein, dann genügen wir, da Mann und Weib dody nur Eins find, dem Evangelienſpruch volltommen. cast) Es kam auch nicht ganz von jelbit, daß der junge Herrmann in dem wichtigften Augenblid feines Lebens betrunfen war. Du Haft gewiß nicht gehört, daß der Menjd)
sh auf3 Trinken verlegt!
Klara. Kein Wort.
Leonhard. Um jo leichter glüdte mein Plan. Mit drei Släfern war’3 gethan. Ein Paar Kameraden von mir mußten hm auf den Leib rüden. „Darf man gratuliren?“ Noc) nicht!
0, das ijt ja abgemadt! Dein Onfel —“ Und nun: trinf, mein Brüderlein, trinf! Als ich heute Morgen zu Dir ging, and er am Fluß, und kukte, über's Brückengeländer ſich lehnend, ſchwermüthig hinein. Ich grüßte ihn ſpöttiſch und fragte, ob
20 Maria Magdalene. I&
Klara. Ad!
Leonhard. Iſt Dir's nicht recht?
Klara. Nicht vet? Mein Tod wär’d, wenn id nidk bald Dein Weib würde, aber Du fennjt meinen Bater nicht ? Er weiß nit, warum wir Eile haben, er kann's nicht willen, und wir können's ihm nicht jagen, und er hat hundert Mal er= tlärt, daß er feine Tochter nur dem giebt, der, wie er ed nennt, nicht bloß Liebe im Herzen, fondern aud) Brot im Schrank für ſie Hat. Er wird fprechen: wart’ noch ein Jahr, mein Eohra, oder zwei, und was willit Du antworten?
Leonhard. Närrin, der Bunct iſt ja gerade bejeitigt! Ich habe die Stelle, ich bin Gaffirer!
Klara. Du biſt Eajjirer? Und der andere Sandidat, der Neffe vom Baitor?
Leonhard. War betrunken, ald er zum Examen fam, ver: beugte jich gegen den Dfen, jtatt gegen den Bürgermeijter, und jtieß, als er ſich niederfegte, drei Tafjen vom Tiih. Du weißt wie Higig der Alte iſt. Herr! fuhr er auf, doch noch befämprte er jich und biß ſich auf die Lippen, aber feine Augen bligtern durch die Brille, wie ein Baar Schlangen, die fpringen wollert, und jede feiner Mienen jpannte ſich. Nun ging's an's Nechnert, und, ba! Ha! mein Mitbewerber recjnete nad) einem jelbft = erfundenen Ein mal Eins, da3 ganz neue Nefultate lieferte, de? verredjnet ſich! ſprach der Bürgermeijter, und reichte mir mt! einem Blid, in dem ſchon die Bejtallung lag, die Hand, die (HI obgleid) jie nad) Tabak roch, demüthig an die Lippen führt € bier iſt fie ſelbſt, unterſchrieben und bejiegelt!
Klara. Das fommt —
Leonhard. Unermartet, nit wahr? Nun, e8 konz auch nicht fo ganz von ungefähr. Warum ließ ich mich vierzel Tage lang bei Euch nicht jehen?
Slara. Was weiß ih? Sch denke, weil wir ud de legten Sonntag erzürnten!
14 Maria Magdalene. 21
Leonhard. Den kleinen Zwiſt führte ich ſelbſt liſtig her— bei, damit ich wegbleiben könnte, ohne daß es zu ſehr auffiele. Klara. Ich verſteh' Dich nicht!
Leonhard. Glaub's. Die Zeit benutzt' ich dazu, der kleinen
s buckligten Nichte des Bürgermeiſters, die fo viel bei dem Alten
gilt, die feine rechte Hand ift, wie der Gericht3diener die linke,
den Hof zu machen. Verſteh' mich recht! Ich ſagte ihr felbft
nichtz Angenehmes, audgenommen ein Compliment über ihre
Haare, die befanntlich roth find, ich fagte ihr nur Einiges, dag ihr wohl gefiel, über Dich!
Klara. Leber mid?
Leonhard. Warum jollt! ich's verjchweigen? Geſchah es do in der beiten Abficht! Als ob ed mir nie im Ernſt um Ti zu thun geweſen wäre, ald ob — Genug! Das dauerte
}0 ange bis ich dieß in Händen hatte, und wie's gemeint war, wird die leichtgläubige, manntolle Thörin erfahren, ſobald ſie uns in der Kirche aufbieten hört!
Klara. Leonhard!
Leonhard. Kind! Kind! Sei Du ohne Falſch, wie die * Taube, ich will Hug, wie die Schlange fein, dann genügen wir, da Mann und Weib doch nur Eins find, dem Evangelienjprud) voll fommen. code Es kam auch nicht ganz von jelbft, daß der junge Herrmann in dem wichtigiten Augenblid feines Lebens betrunken war. Du haft gewiß nicht gehört, daß der Menfd) SCH auf's Trinken verlegt!
Klara. Nein Wort.
Leonhard. m jo leichter glüdte mein Plan. Mit drei Glaäſern war’ gethan. Ein Paar Kameraden von mir mußten ihm auf den Leib rücken. „Darf man gratuliren?“ Noch nicht! X, das iſt ja abgemadt! Dein Onfel —“ Und nun: trint,
mein Brüderlein, trinf! Als ich heute Morgen zu Dir ging, ander am Fluß, und kukte, über’3 Brüdengeländer ſich lehnend, ſchwermüthig hinein. Sch grüßte ihn ſpöttiſch und fragte, ob
22 Maria Magdalene. I!
ihm Etwas in's Waſſer gefallen ſei? „Ja wohl — jagte er ohne aufzujehen — und e3 ijt vielleiht gut, wenn ich jelb} nachſpringe.“
Klara. Unwürdiger! Mir aus den Augen!
Leonhard. Ja? (madt, als wollt' er geben
Klara. O mein Gott, an dieſen Menſchen bin ich gekette!
Leonhard. Zei fein Kind! Und num noch ein Wort ia Vertrauen. Hat Dein Vater die taufend Thaler noch immer i der Apotheke jtehen?
Klara. Ich weiß Nichts davon.
Leonhard. Nichts über einen jo wichtigen Punct?
Klara. Da kommt mein Vater.
Leonhard. Verſteh mid)! Der Apotheker joll nah Aa Coneurs fein, darum fragt ich!
Slara. Ich muß in die Küche! can
Leonhard cattein. Nun müßte hier NichtS zu holen jetı Ich kann es mir zwar nicht denfen, denu der Meijter Ante ijt der Art, daß er, wenn man ihm aus Verſehen aud) nu einen Buchltaben zu viel auf den Grabjtein ſetzte, gewiß al Geiſt jo lange umginge, bi3 er wieder ausgefragt wäre, den er würde es fir unredlich halten, jich mehr vom Alphabe anzueignen, als ihm zufäme! |
Fünfte Scene.
Der Bater, Meijter Anton ctritt em. Guten Morgen Herr Caſſirer! ‚Er nimmt ſeinen Hut ab und jept eine wollene Mütze auf Iſt's einem alten Manne erlaubt, jein Haupt zu bedecken?
Leonhard. Er weiß aljo —
Meijter Anton. Schon geitern Abend. Ic) hörte, als te in der Dämmerung zum todten Müller ging, un dem Mare das Maaß zur legten Behaujung zu nehmen, ein Baar ve Seinen guten Freunden auf Ihn jchimpfen. Da Dachte 14
5 Maria Magdalene, 23
gleich: der Leonhard hat gewiß den Hals nicht gebrochen. Am Sterbehauje hörte ich daS Nähere vom Küſter, der eben vor mir gefommen var, um die Wittiwe zu tröften und nebenbei fi ſelbſt zu betrinfen. 5 Reonhard. Und Klara mußte e& erit von mir erfahren ? | Meifter Anton. Wenn e8 Shn nicht trieb, der Dirne die greude zu machen, wie jollt' ed mich treiben? Ich jtede in meinem Haufe feine Kerzen an, als die mir jelbjt gehören. Dann weiß ich, daß Niemand fommen fann, der jie wieder aus— o bläjt, wenn wir eben unſ're beſte Luſt daran haben! Leonhard. Er konnte doch von mir nicht denfen — Meifter Anton. Denfen? Ueber Ihn? Ueber irgend | Einen ? Ich hoble mir die Bretter wohl zurecht mit meinen | Eiſen, aber nie die Menfchen mit meinen Gedanken. Ueber die u Thorheit bin ich fängft hinaus. Wenn ich einen Baum grünen | ſehe, ſo dent’ ich wohl: nun wird er bald blühen! Und wenn er blüht: nun wird er Früchte bringen! Darin fehe ich mic) Mh nicht getäufcht, darum geb’ ic) die alte Gewohnheit nicht auf. Aber über Menſchen denfe ich Nichte, gar Nicht, nichts ” Schlimmes, nichts Gutes, dann brauch’ ich nicht abwechjelnd, wenn Ne bald meine Furcht, bald meine Hoffnung täufchen, roth oder blaß zu werden. Ich made bloß Erfahrungen über ſie, und Nehme mir ein Beilpiel an meinen beiden Augen, die auch nicht deuken, ſondern nur ſehen. Ueber Ihn glaubte ich ſchon eine "ganze Erfahrung gemacht zu haben, nun finde ich Ihn hier, und muß befennen, daß es doch nur eine halbe geweſen iſt! Leonhard. Meilter Anton, Er macht e8 ganz verkehrt. ter Daum hängt von Wind und Wetter ab, der Menſch hat in ſich Geſetz und Regel! Meiſter Anton. Meint Er? Ja, wir Alten ſind dem Tod vielen Dank ſchuldig, daß er uns noch ſo lange unter Euch Jungen herumlaufen läßt, und uns Gelegenheit giebt, uns zu bilden. Früher glaubte die dumme Welt, der Vater ſei dazu
24 Maria Magdalene. 15
da, um den Sohn zu erziehen. Umgefehrt, der Sohn foll dem Vater die legte Politur geben, damit der arme einfältige Dann fih im Grabe nit vor den Würmern zu jchämen braudt. Gott Lob, ih habe in meinem Karl einen braven Lehrer, der rückſichtslos und, ohne das alte Kind durch Nachſicht zu ver=- s zärteln, gegen meine Vorurtheile zu Felde zieht. So hat er mir nod heute Morgen zwei neue Lehren gegeben, und auf die gejchictejte Weife, ohne auch nur den Mund aufzuthun, ohne ji bei mir ſehen zu lafjen, ja, eben dadurd. Erſtlich hat er mir gezeigt, daß man fein Wort nicht zu halten braucht, ziveiteng, wo daß e3 überflüffig ift, in die Kirche zu gehen, und Gottes Gebote in ſich aufzufriichen. Gejtern Abend verfprach er mir, es zu tdun, und ich verließ mich darauf, daß er fommen würde, denn ich dachte: er wird dem gütigen Schöpfer doch für die Wieder:
beritellung jeiner Mutter danken wollen. Uber er war nidt =
da, ich hatte es in meinem Etuhl, der freilidy für zwei Perjonen ein wenig eng ilt, ganz bequem. Ob es ihm wohl ganz redt wäre, wenn ich mir die neue Lehre gleich zu eigen machte, und ihm aud) mein Wort nicht hielte? Ich Habe ihm zu feinem
Geburtötag einen neuen Anzug verfprochen, und hätte aljo Ge- m
legenheit, jeine Freude über meine Gelehrigkeit zu prüfen. Aber das PVorurtheil, dad VBorurtheil! Sch werde e& nicht thun!
Leonhard. Bielleiht war er unwohl —
Meijter Anton. Möglich, ic) brauche meine Frau nur zu fragen, dann hör’ ich ganz gewiß, daß er frank ilt. Dem iiber Alles in der Welt jagt ſie mir die Wahrheit, nur nit über den Sungen. Und wenn auch nicht krank — aud) da— hat die juyge Welt vor und Alten voraus, daß ſie allenthalbers ihre Erbauung findet, Daß fie bei'nı VBogelfangen, bei'm Spagieren— gehen, ja im Wirthshaus ihre Andacht halten kann. „Vater unfer, der Du bift im Himmel!“ — Guten Tag, Peter, jied € man Did beim Abendtanz? — „Öeheiligt werde Dein « Name!" — a, lad’ nur, Nathrine, es findet jih! — „Teim 4
I5 Maria Magdalene. 25
Wille geichehe!" — Hol’ mich der Teufel, ih bin noch nicht ralirt! — Und fo zu Ende, und den Segen giebt man jid) jelbft, denn man iſt ja ein Menſch, fo-gut, wie der Prediger, und die Kraft, die vom ſchwarzen Nod ausgeht, itedt gewiß s auch im blauen. Ich Habe auch Nicht? dagegen, und wollt Ihr jogar zwijchen die ſieben Bitten jieben Gläſer einfchalten, was thut's, ich kann's Keinem beweijen, daß Bier und Religion Sid) nicht mit einander vertragen, und vielleicht kommt's noch einmal als eine neue Art, dad Nbendmahl zu nehmen, in die Liturgie. Ih alter Sünder freilich, ich bin nicht ftark genug, um die _ Mode mitzumaden, ich kann die Andacht nicht, wie einen Maifäfer, auf der Straße einfangen, bei mir fann das Ge— ziwiticher der Spaten und Schwalben die Stelle der Orgel nicht vertreten, wenn ich mein Herz erhoben fühlen foll, jo muß id) 15 erſt die jchiveren eifernen Kirchthüren hinter mir zufchlagen Hören, und mir einbilden, ed jeien die Thore der Welt geweſen, die düſtern hohen Mauern mit den fchmalen Fenſtern, die das helle freche Welt-Licht nur verdunfelt durdhlajlen, al3 ob fie es jichteten, müßten ji um mid) zufammen drängen, und in 20 der Ferne muß ich das Beinhaus mit dem eingemauerten Todtenkopf jehen fünnen. Nun — beſſer iſt befjer! Leonhard. Er nimmt’3 aud) zu genau. Meiſter Anton. Gewiß! Ganz gewiß! Und heute, als ehrliher Mann muß ich's geftehen, trifft's nicht einmal zu, in 5 der Kirche verlor ich die Andacht, denn der offene Plap neben mir verdroß mich, und draußen, unter dem Birnbaum in meinem Garten, fand ich fie wieder. Er wundert jih? Sieh Er, ih ging betrübt und niedergeſchlagen zu Haufe, wie Einer, dem die Ernte verhagelt ijt, denn Kinder jind wie Aeder, man Yät fein gutes Korn hinein, und dann geht Unkraut auf. Unter dem Birnbaum, den die Raupen abgefreijen haben, ſtand id) til. „Sa — dacht’ ich — der unge ift, wie diefer da, leer und kahl!“ Da fam es mir auf einmal vor, als ob ich jehr
26 Maria Dlagdalcne.
durſtig wäre, und durchaus in's Wirthöhaus müßte. Se trog mic ſelbſt, mir war nicht um ein Glas Bier zu nur darum, den Burjchen aufzufuchen und auszuſchmähler Wirthshaus, dad wußte ich, hätte ic) ihn ganz gewiß gefu Eben wollt’ ich gehen, da ließ der alte, vernünftige Baum jaftige Birne zu meinen Füßen niederfallen, al$ wollt' er | die ijt für den Turjt, und weil du mich durch den Bei mit deinem Schlingel verichimpfirt hatt! Ich beſann mid hinein und ging in's Haus.
Leonhard. Wei Er, daß der Mpothefer nah’ am eurs tjt?
Meijter Anton. Was kümmert's mid) !
Leonhard. So gar Nidts ?
Meiiter Anton. Doh! Ich bin ein Ehrift. Der | hat viele Kinder!
Leonhard. Und noch mehr Gläubiger. Auch die $ jind eine Art von Gläubigern.
Meifter Anton. Wohl dem, der Keins von Beide
Leonhard. Ich glaubte, Er ſelbſt —
Meiſter Anton. Das iſt längſt abgemacht.
Leonhard. Er iſt ein vorſichtiger Mann. Er ha— Geld gewiß gleich eingefordert, als er ſah, daß es mit Kräuterhändler rückwärts ging!
Meiſter Anton. Ja, ich brauche nicht mehr zu zi daß ich e3 verliere, denn ich habe es längſt verloren.
Leonhard. Spaß!
Meiiter Anton. Grit!
Klara (ieht in die Thivd. Rief Er, Water?
Meifter Anton. Klingen Div ſchon die Ihren? Dir war die Rede noch nicht!
Klara. Das Wochenblatt! io,
Leonhard. Er iſt ein Philoſoph!
Meiſter Anton. Was heißt das?
I5 Maria Magbdalene. 2
=]
Leonhard. Er weiß ſich zu faſſen!
Meifter Anton. Sch trage einen Mühlſtein wohl zu— weilen als Halskrauſe, jtatt damit in's Waſſer zu gehen — das giebt einen Jteifen Rücken!
3Leonhard. Wer’! fan, machts nad!
Meifter Anton. Wer einen fo wadern Mitträger findet, als ich in Ihm zu finden jcheine, der muß unter der Laſt jogar tanzen können. Er iſt ja ordentlich blaß geworden! Das nenn’ ih Theilnahme!
» Leonhard. Er wird mich nicht verkennen!
Meiiter Anton. Gewiß nicht! (Er trommelt auf einer Conmode.), Daß das Holz nicht durchlichtig iſt, wie?
Leonhard. Ich veriteh” Ihn nicht!
Meifter Anton. Wie einfältig war unjer Großvater Adam,
5 dab er die Eva nahm, ob ſie gleid; nadt und bloß war, und nicht einmal das Feigenblatt mitbrachte. Wir Beide, Er und ich, Hätten fie als Landſtreicherin aus dem Paradies heraus gepeijcht! Was meint Er? Leonhard. Er ijt ärgerlich auf Seinen Sohn. Ich Fam, “ihn um Seine Tochter —
Meiiter Anton. Halt! Er ein! Vielleicht ſag' ich nicht Nein!
Leonhard. Das hoff ich! Und ich will Ihm meine Meinung jagen! Sogar die Heiligen Erzväter verichmähten nicht den Mahlſchatz ihrer Weiber, Jacob liebte die Rahel und warb
®sliehen Jahre um jie, aber er freute ſich auch über die fetten Wider und Schaafe, die er in ihres Vaters Dienſt gewann. | Ich denfe, es gereicht ihm nicht zur Schande, und ihn übertreffen, heißt, ihn roth machen. Ich hätte es gern geſehen, wenn Seine Tochter mir ein Baar hundert Thaler zugebracht hätte, und das "Mar natürlich, denn um fo bejjer würde fie jelbit es bei mir gehabt haben, wenn ein Mädchen das Bett im Ntoffer mitbringt, ſo braucht jie nicht erit Wolle zu fragen und Garn zu jpinnen. Es iſt nie der Fall — was thut's? Wir machen aus der
— —
38 Maria Magdalene. )
Faſten-Speiſe unſer Sonntags-Eſſen, und aus dem Sonntag2- Braten unjern Weihnaht2-Schmaud! So geht’ aud!
Meifter Anton (reiöt ihm die Hand). Er fpricht brav, und unjer Herr Gott nidt zu feinen Worten, nun — ic will’3 ver- gefien, daß meine Tochter vierzehn Tage lang des Abends ver: : geblih beim Theetrinfen eine Taſſe für Ihn auf den Tiſch ge- jtellt Hat. Und nun Er mein Schwiegerjfohn wird, will ich Ihm auch jagen, wo die taufend Thaler geblieben find!
Leonhard (ver Seite). Alſo doch weg! Nun, jo brauch’ ich mir don dem alten Wärwolf aud) Nicht gefallen zu laſſen, z< wenn er mein Schwiegervater ijt!
Meifter Anton. Mir ging’ in jungen Jahren ſchlecht. sch bin fo wenig, wie Er, ald ein borjtiger gel zur Welt ge: fommen, aber id bin nad) und nach einer geworden. Grit waren all’ die Stacheln bei mir nach innen gerichtet, da kniffen = und drückten jie Alle zu ihrem Spaß auf meiner nachgiebigen glatten Haut herum, und freuten jich, wenn ich zufammen fuhr, weil die Spigen mir in Herz und Eingeweide drangen. Aber da3 Ding gefiel mir nicht, id) kehrte nieine Haut um, nun fuhren ihnen, die Borjten in die Finger, und ich hatte Frieden. =
Leonhard (für ſich. Bor dem Teufel ſelbſt, glaub’ ich!
Meiiter Anton. Mein Vater arbeitete ſich, weil er ſich Tag und Nacht Teine Ruhe gönnte, jchon in feinem dreizigften ‚Jahre zu Tode, meine arme Mutter ernährte ſich mit Spinnen, jo gut es ging, ich wuchs auf, ohne Etwas zu lernen, ich hätte # mir, als ich größer wurde, und doch noch immer Nichtö ver: ‚dienen konnte, wenigitend gern das Eijen abgewöhnt, aber wenn ih mid) auch des Mittags zumeilen frank ftellte und den Teller zurüdichob, was wollte e& bedeuten? am Abend zwang mid) der Magen, nich wieder für gejund zu erklären. Meine größte» ein war, daB ich jo ungejchict blieb, ich Fonnte darüber mit mir felbjt hadern, als ob's meine eigene Schuld wäre, als ob ih mich im Mutterleide nur mit Freßzähnen verjehen, und alle
15 Maria Magdalene. 29
nüglihen Eigenschaften und Fertigfeiten, wie abfichtlih, darin zurüd gelajjen hätte, ich) konnte rot werden, wenn mid) die Sonne befchien. Gleich nach) meiner Confirmation trat der Mann, den fie geftern begraben haben, der Meijter Gebhard, zu ung sin die Stube. Er rungelte die Stirn und verzog dad Geficht, wie er immer that, wenn er etwas Gutes beabjichtigte, dann ſagte er zu meiner Mutter: hat Sie Ihren Jungen in die Welt geſetzt, daß er Ihr Naje und Ohren vom Kopfe freſſen joll? Ih ſchämte mich, und legte daS Brot, von dem id) mir gerade men Stück abfchneiden wollte, jchnell wieder in den Schrant, meine Mutter ärgerte fich über daS wohlgemeinte Wort, fie hielt ihr Rad an und verjegte hikig, ihr Sohn fei brav und gut. Nun, dad wollen wir fehen, fagte der Meifter, wenn er Luſt hat, fann er gleich, wie er da fteht, mit mir in die Werkitatt 15 gehen, Lehrgeld verlang’ ich nicht, die Koſt befommt er, für Kleider will ich auch forgen, und wenn er früh aufitehen und ipät zu Bette gehen will, fo ſoll's ihm an Gelegenheit, hin und wieder ein gutes Trinkgeld für feine alte Mutter zu verdienen, niht fehlen. Meine Mutter fing zu meinen an, ich zu tanzen, a5 wir endlich zu Worte kamen, hielt der Meijter fich Die Ohren zu, fchritt hinaus und winfte mir. Den Hut braucht‘ ich nicht aufzufeßen, denn ich hatte feinen, ohne der Mutter uch nur Adjes zu jagen, folgt’ ich ihm, und als ich am nädjiten
. Sonntag zum erjten Mal auf ein Stündchen zu ihr zurück
! »durste, gab er mir einen halben Schiufen für fie mit. Gottes
Segen in de3 braven Monned Gruft! Noch Hör’ ich jein Halb- jorniged: Tonerl, unter die ade damit, daß meine Frau es nicht ſieht!
Leonhard. Kann Er aud) weinen?
7 Meifter Anton (tronet fi die Augen). Ja, Daran darf id) nicht denfen, jo gut der Thränendbrunnen auch in mir verjtopft ift, daS giebt jedes Mal wieder einen Riß. Nun, auch gut; wenn ih einmal waſſerſüchtig werde, ſo brauche ich mir wenigſtens
30 Maria Magbdalene. -
dieje Tropfen nicht mit abzapfen zu laffen. (mit einer plögtic Wendung) Was meint Er? Wenn Er den Mann, dem Er AL verdanfte, einmal an einem Sonntag-Nadmittag auf eine Pie Tabak befuchen wollte, und Er träfe ihn verwirrt und verjtc ein Meſſer in der Hand, daſſelbe Mefjer, womit er ihm tauje Mal fein Vesperbrot abgefchnitten, blutig am Halfe, und 2 - Tuch ängſtlich bis an's Kinn binaufziehend — — .
Leonhard. So ging der alte Gebhard bis an fein En
Meiſter Anton. Der Narbe wegen. Und Er füme rn eben zur vechten Zeit, Er fönnte vetten und helfen, aber ni bloß dadurd, daß Er ihm das Meſſer aus der Hand rifje ui die Wunde dverbände, Jondern Er müßte auch Tumpige tauje Thaler, die Er erjpart Hätte, hergeben, und das müßte joga um den franfen Mann nur zur Annahme zu bewegen, ganz | der Stille gefchehen, ıwa® würde er thın?
Leonhard. Ledig und log, wie ich bin, ohne Weib ur Kind, würde id) daS Geld opfern.
Meijter Anton. Und wenn Er zehn Weiber hätle, w die Türken, und fo viel Kinder, als dem Vater Abraham ve \prochen waren, und Er könnte Sich auch nur einen Mugenbl bedenfen, jo wär” Er — num, Er wird mein Schwiegerſoh ‚sept weiß Er, wo daß Geld geblieben iſt, heute konnt’ ich Ihm jagen, denn mein alter Meijter iſt begraben, vor eine Monat hätt ich's noch auf dem Sterbebett bei mir behalte Tie Verſchreibung Hab’ id dem Todten, bevor fie den Ca junagelten, unter den Kopf gejchoben, wenn ich fchreiben fünn! hätt’ ich vorher ein: Ehrlid) bezahlt! darunter gefeßt, unwiſſer wie ich bin, blieb mir Nichts übrig, als der Länge nad) ein Riß in's Papier zu machen. Nun wird er ruhig fchlafen, u ich hoffe, ich auch, wenn ich mich einjt neben ihn hinjtrede.
I6 Maria Magdalene. 31
Schste Scene.
Die Mutter (trut ſchnell ei). Kennſt mich noch? Meifter Anton (auf das Hochzeitskleid deutend)). Den Rahmen, | ja wohl, der hat fich gehalten, das Bild nicht recht. Es ſcheint sd viel Epinnweb darauf gefegt zu haben, nun, die Zeit war fang genug dazu!
Mutter. Hab’ ich nicht einen aufrichtigen Mann ? Doch,
ich brauch” ihn nicht apart zu loben, Aufrichtigkeit ijt die Tugend- 1 der Ehemänner. 5» Meifter Anton. Thut's Dir leid, daß Du mit 20 Jahren J beſſer vergoldet warjt, als mit 50?
Mutter. Gewiß nicht! Wär's anders, jo müßt' ich mid)
ja für Dich und mich ſchämen!
Meifter Anton. So giebit Du mir einen Kuß! Ich bin sstalirt, und beijer, wie gewöhnlich!
Mutter. Ich ſage Ka, bloß um zu prüfen, od Tu Did;
noch auf die Kunjt verjtehit. Das fiel Dir fange nicht mehr ein!
Meifter Anton. Gute Hausmutter! Sch will nicht ver:
langen, daß Du mir die Augen zudrücken ſollſt, es iſt ein »ſchweres Stüd, ich will's für Di) übernehmen, ih will Dir den legten Liebesdienjt erweilen, aber Zeit mußt Du mir lafjen, Dirt Du, daß ich mich jtähle und vorbereite, und nicht als— Stümper bejtehe. Noch war’3 viel zu früh! - Mutter. Gott jei Dank, wir bleiben noch eine Weile beiſammen. 1° Meifter Anton. Ich hoff's auch, Du Haft ja ordentlid). wieder rothe Baden!
Mutter. Ein pojjirlicher Menſch, ımjer neuer Todtengräber.. Er madte ein Grab, als ich heute Morgen über den Kirchhof ging, ih fragte ihn, für wen es je. „Für wen Gott will,
„ſagte er, vielleicht für mich jelbit, e& Fanıı mir gehen, ipie meinem
(Sroßvater, der auch nal eins auf den Vorrat gemacht hatte,
und in der Nacht, al$ er aus dem Wirtshaus zu Hauſe kam,—
hinein fiel und ſich den Hals brad).“
32 Maria Dlagdalene. —_
Leonhard (der bisher Im Wochenblatt gelefen Bat). Der Kerl nicht von hier, er kann und vorlügen, was ihm gefällt !
Mutter. Sch fragte ihn, warum wartet Er denn nid bis man die Gräber bei Ihm bejtellt? Sch bin heute auf em Hochzeit gebeten, ſprach er, und da bin ich Prophet genug, um ; wilfen, daß ich's morgen noch im Kopf fpüren werde. Nun DH: mir aber gewiß Jemand den Tort angethan und iſt gejtorben Da müßt’ ich morgen bei Zeiten heraus und könnte nicht aus: ichlafen.
Meifter Anton. Hans Wurjt, hätt’ ich gejagt, wenn das Grab nun nit paßt?
Mutter. Sch fagte es aud), aber der fchüttelt die ſpitzen Antworten aus dem Wermel, wie der Teufel die Flöhe. Ich habe das Maaß nah dem Weber Veit genommen, fagte er, dei ragt, wie König Saul, um einen, Kopf über und Alle hinaus, nun mag fommen, wer will, er wird fein Haus nicht zu klein finden, und wenn's zu groß iſt, fo ſchadet's Steinem, als mir, denn als ehrliher Mann laſſ' id) mir feinen Fuß über dic Sarglänge bezahlen. Sch warf meine Blumen hinein und jprad): nun iſt's beſetzt!
Meiſter Anton. Ich denke, der Kerl hat bloß geſpaßt und das iſt ſchon ſündlich genug. Gräber im Voraus machen hieße vorwitzig die Falle des Todes aufſtellen; den Hallunken der es thäte, ſollte man vom Dienſt jagen. (u dem leſende Leonhard) Was Neues? Sucht ein Menſchenfreund eine arm Wittwe, die ein Paar hundert Thaler brauchen kann? Ode umgefehrt die arme Wittwe den Menichenfreund, der ſi geben will?
Leonhard. Die Bolizei macht einen Sumelen-Diebita £ befannt. Wunderbar genug. Man fieht daraus, daß troß de ichlechten Zeiten noch immer Leute unter und leben, die Juwele beſitzen.
Meiſter Anton. Ein Juwelen-Diebſtahl? Bei wem?
16 Maria Magdalene. 33
Leonhard. Bei'm Kaufmann Wolfram! Meiſter Anton. Bei — Unmöglich! Da Hat mein Karl vor ein Raar Tagen einen Secretair polirt! Zeonhard. Aus dem Secretair verjchwunden, richtig! 5 Mutter cm Meifter Anton). Vergebe Dir Gott dies Wort! Meifter Anton. Du haſt recht, es war ein nichtswürdiger Gedanke! Mutter. Gegen Deinen Sohn, das muß ich Dir ſagen, bit Du nur ein halber Vater. 0 Neiſter Anton. Frau, wir wollen heute nicht darüber | Iprechen! | \ Mutter. Er iſt anders, als Du, muß er darum gleich | ihleht jein ? | Meifter Anton. Wo bleibt er denn jetzt? Die Mittags- u gloce hat längft gefchlagen, ich wette, daß das Eſſen draußen Ä berfocht und verbrät, weil Klara heimliche Ordre Hat, den Tiſch niht zu decken, bevor er da ift. ' Mutter. Wo ſollt' er bleiben? Höchſtens wird er Stegel | ſchieben, und da muß er ja die entferntejte Bahn aufjuchen, da- * somit Du ihm nicht entdedit. Dann ift der Rückweg natürlich „Ma Ich weiß auch nicht, was Du gegen das unſchuldige | Spiel haft. ; - Meifter Anton. Gegen das Spiel? Gar Nichts! Vor— nehme Herren müſſen einen Seitvertreib haben. Ohne den * Karten-Rönig hätte der wahre König gewiß oft Sangeweile, md wenn die Kegel nicht erfunden wären, wer weiß, ob Fürjten und Barone nicht mit unfern Köpfen boffeln würden! Aber ein dandwerksmann fann nicht ärger freveln, als wenn er feinen ſauer verdienten Lohn auf's Spiel ſetzt. Der Menſch muß, was > PC mit ſchwerer Mühe im Schweiß feine Angeſichts erwirbt, p ebten, es hoch und werth Halten, wenn er nicht an ſich felbit irre werden, wenn er nicht ſein ganzes Thun und Treiben ver—
uͤchtlih finden fol. Wie können ſich alle meine Nerven ſpannen debbel, Werte 11. 3
DIEUDENIE DLENE,
Gerichtsdiener Adam und noch ein Gerich
Ham (zu Meifter Anton). Nun geh’ (Fr zahl’ Er Seine Wette! Leute im rothen 9 Auffchlägen (Die betont er ftart.) follten Ihn fommen ? Hier find wir unf’rer mei! (sum zwei Warum behält Er Seinen Hut nicht auf, wi Umjtände machen, wenn er bei jeine® Gleiche
Meifter Anton. Bei Deines Gleichen,
Adam. Er hat recht, wir find nicht be Schelme und Diebe find nicht unjerd Gleich: Kommode) Aufgeſchloſſen! Und dann drei Sd er nicht3 herauspracticirt!
Meiiter Anton. Wa3? Mas?
Stlara (tritt mit Tiſchzeug ein). Soll ich —
Adam Geigt ein Papier). Kann Er geſchriel
Meifter Anton. Soll ich können, was Schulmeiſter konnte?
Adam. Co hör' Er! Sein Sohn hat‘ Den Dieb haben wir ſchon. Nun wollen halten!
Mutter. Jeſus! (änt um und ftirht)
17 Varia Magdalene. 35
Leonhard. Es ijt doch vielleicht — — (abgehend) Schred- lͤch! Aber gut für mid! (eo Meiſter Anton (zieht ein Schlüſſelbund hervor und wirft es von N, Da! Schließt auf! Kaſten nad Kaſten! Ein Beil Her! s der Echlüfjel zum Koffer ift verloren! Hei, Schelmen und Diebe! Mr kehrt fi die Taſchen um.) Hier find’ ih Nichts! ’ Zweiter Gerichtödiener. Meiſter Anton, fall’ Er Sid! — Jeder weiß, daß Er der ehrlichſte Mann in der Stadt iſt. WMeiſter Anton. So? So? (achty a, ic) hab’ die Ehr— »lihfeit in der Familie allein verbraudht! Der arme Zunge! Es blieb Nichts für ihn. übrig! Die da — (Er zeigt auf die Todte.) mar auch viel zu jittfam! Wer weiß, ob die Tochter nicht — ‘plöglich zu Alara) Was meinft Du, mein unjchuldiges Kind? Klara. Bater! 15 Zweiter Gerichtödiener (gu Adam). Fühlt Er fein Mitleid ? Adam. Kein Mitleid? Wühl' ich dem alten Kerl in den Taſchen? Zwing' ih ihn, die Strümpfe auszuziehen und Die Stiefel umzufehren? Damit wollt’ ich anfangen, denn ich haffe ihn, wie ich nur haſſen fann, ſeit er im Wirthshaus jein Glas so — Er fennt die Geſchichte, und Er müßte Sid) auch beleidigt fühlen, wenn Er Ehre im Leibe hätte. (su Klara) Wo ijt Die Kammer ded Bruders? Klara Geist fid. Hinten! Beide Gerichtsdiener (ao). 25 Klara. Vater, er ift unfchuldig! Er muß unfchuldig fein! Er iſt ja Dein Sohn, er iſt ja mein Bruder! Meifter Anton. Unjchuldig, und ein Mutter-Mörder ? (tagt) Eine Magd (tritt ein mit einem Brief, zu Klara). Von Herrn Gajfirer Leonhard! (av) 30 Meifter Anton. Du braucht ihn nicht zu lejen! Er fagt jih von Dir los! (chlägt in die Hände) Bravo, Lump! Klara (Hat gelefen). Ra! Ra! O mein Gott! Meifter Anton. Laß ihn!
3°
Zweiter Gerichtsdiener zu Adam. Wa Traf’3 denn heute zu ? Adam. Halt Er's Maul! (Beide ad) Meijter Anton. Er iſt unichuldig, um Klara. Bater, Er it fchredlid)! Meister Anton (aßt fie hei der Hand, fehr fanf der Karl iſt doch nur ein Stümper, er bat gebradjt, was will's heißen? Der Vater blieb ihm zu Hülfe, Du kannſt nicht verlangen, de thun fol, gieb Du mir den Reit, der alte ! fo fnorrig aus, nicht wahr, aber er wackelt fi nicht zu viel Mühe koſten, ihn zu fällen! & nach der Art zu greifen, Du haft ein Hübjche: Dich noch nie gelobt, aber heute will ich's Dir Muth und Vertrauen befommit, Augen, Nafe gewiß Beifall, werde — Tu verjtehlt mic) wı es fommt mir jo vor, daß Du's ſchon bift! Klara (fat wahnfinnig, ſtürzt der Todten mit < Füßen und ruft, wie ein Kind). Mutter! Mutter! Meifter Anton. Faſſ' die Hand der Tı mir, daß Du bit, was Du fein follt! Klara. Sch — ſchwöre — Dir — da nie — Schande — mahen — mill!
I Maria Magdalene. 37
Bweiter Art. Zimmer im Haufe des Tifchlermeifterd.
Erſte Scene.
Meifter Anton (ſeht vom Tiſch auf).
5 Klara (wit apräumen).
Meifter Anton. Willit Du wieder nicht ejjen?
Klara. Bater, id bin fatt.
Meifter Anton. Bon Nichts?
Klara. Sch ab jchon in der Küche.
» Meifter Anton. Wer feinen Appetit Bat, der hat fein gut Gewiſſen! Nun, Alles wird fich finden! Oder war Gift inder Suppe, wie ich geſtern träumte? Ciniger wilder Echierling, aus Verſehen beim Pflücken in’3 Sträuterbündel hinein gerathen? Dann thatjt Du Hug!
5 Klara. Allmächtiger Gott!
Meifter Anton. Vergieb mir, ich, — Geh zum Teufel mit Deiner blaffen Leidensmiene, die Du der Mutter des Heilands geitohlen haft! Roth fol man außfehen, wenn man jung ift! Kur Einer darf Staat machen mit einem ſolchen Gejicht, und
der thut's nicht! Hei! Jedem eine Ohrfeige, der noch Au jagt, wenn er fi in den Finger gefchnitten Hat! Dazu hat Heiner das echt mehr, denn hier ſteht ein Mann, der — Eigenlob ſtinkt, aber was that ich, als der Nachbar über Deiner Mutter den Sargdedel zunageln wollte?
% Klara. Er riß ihm den Hammer weg und that’3 jelbft, und ſprach: dieß ift mein Meiſterſtück! Der Cantor, der eben mit den Chorknaben vor der Thür das Sterbelied abſang, meinte, Er ſei verrüdt geworden!
Meifter Anton. Verrückt! (aqcht) Verrückt! Ja, ja, das
» ijt ein kluger Kopf, der ſich jelbit köpft, wenn's Zeit it. Der meinige muß dazu zu feit ftehen, ſonſt — Man hodte in der
\ |
38 Marta Magdalene. II
Welt, und glaubte in einer guten Herberge hinter'm Ofen 3 ligen, da wird plößlic Licht auf den Tiſch geftellt, und jieh da, man iſt in einem Näuberlod, nun geht’ piff, paff, vo allen Seiten, aber es fchadet nicht, man hat zum Glück ei ſteinernes Herz!
Klara. a, Vater, jo iſt's!
Meiiter Anton. Was weißt Tu davon? Meinit Di Du haſt ein Recht, mit mir zu fluchen, weil Dein Schreite davon gelaufen ift? Dich wird ein Anderer Sonntags Nad mittagd ſpatzieren führen, ein Anderer wird Dir jagen, da Deine Baden roth find und Deine Augen blau, eim Anden wird Di‘ zum Weibe nehmen, wenn Du's verdienit. Abe wenn Du nun Ddreizig Jahre lang in Yüchten und Ehren d Laſt des Leben? getragen, wenn Du nie gemurrt, jondern Le und Tod und jedes Mißgeichid in Geduld hin genommen ha und dann fommt Dein Sohn, der Dir für Dein Alter e weiches Kopfkiſſen ſtopfen jollte, und überhäuft Dich jo m Schande, daß Du die Erde anrufen mögtejt: verjchlude mi wenn Dich nicht efelt, denn ich bin kothiger, als Du! — daı magſt Du all’ die Flüche, die ich in meiner Brujt zurüdhal ausjprechen, dann magjt Du Dein Haar raufen und Deine Brit‘ zerichlagen, da ſollſt Du vor mir vorau3 haben, denn Du b fein Mann!
Klara. O Karl!
Meifter Anton. Wundern ſoll mich's doch, was id) th werde, wenn ich ihn wieder vor mir jehe, wenn er Abends v Lichtanzünden mit gefchorenem Kopf, denn im Zuchthaus ji die Friſuren nicht erlaubt, in die Stube tritt und einen gut Abend herausſtottert und die Klinke der Thür in der Hand f hält. Thun werd’ ich Etwas, das ift gewiß, aber was? « Zäßnelnieigenn. Und ob ſie ihn zehn Jahre behalten, er wird m finden, ich werde jo fange leben, das weiß ich, merf Dir's, T ih bin von jegt an ein Stein vor Deiner Hippe, lie wird el
II1 Maria Magdalene: 39
zeripringen, als mich aus der Stelle rüden!
Klara (fast feine Sand). Water, Er jollte fich _eine Halbe Stunde niederlegen!
Meifter Anton. Um zu träumen, daß Du in die Wochen sgefommen ſeiſt? Um dann aufzufahren, und Dich zu paden, und mich Hinterdrein zu bejinnen und zu fprechen: liebe Tochter, ih mußte nicht, was ich that! Ich danke. Mein Schlaf hat den Önufler verabichiedet und einen Propheten in Dienjt genommen, der zeigt mir mit feinem Blutfinger häßliche Dinge, und ich »weik nicht, wie's kommt, Alles ſcheint mir jet möglich. Hu, mid ſchaudert's vor der Zukunft, wie vor einem Glas Waſſer, dad man durch's Microdcop — iſt's richtig, Herr Cantor? Er dat mir's oft genug vorbuchftabirt! — betrachtet hat. Ich that's einmal in Nürnberg auf der Mefje, und mogte den ganzen Tag shot mehr trinken! Den lieben Karl jah ich in der letzten Naht mit einer Piſtole in der Hand, als id) den Schügen näher ind Auge faßte, drüdte er ab, ich hörte einen Schrei, aber vor Pulverdampf konnt' ich Nichts fehen, auch als der Dampf ſich verzog, erblicte ich feinen zerjchmetterten Schädel, aber mein » Herr Sohn war inzwifchen ein reicher Mann geworden, er jtand md zählte Golditüde von einer Hand in die andere, und er | hatte ein Geſicht — Hol’ mich der Teufel, man fann’3 nicht iger haben, wenn man den ganzen Tag arbeitete und nun
die Werfitatt Hinter ſich abfchließt. Nun davor fönnte man * aujpaſſen! Man könnte Gericht halten uud jich nachher felbjt vor den höchſten Richter jtellen. ara. Werd’ Er doch wieder ruhig! Meifter Anton. Werd’ Er doch wieder gefund! Warum it Er krank! Ja, Arzt, reich” mir nur den Trank der Genejung! » dein Bruder ift der fchlechtejte Sohn, werde Du die beſte Tochter! Bie ein nichtswürdiger Banquerottirer fteh’ ic) vor dem An— gefiht der Welt, einen braven Mann, der’ in die Stelle Diejes Invaliden treten fünne, war ich ihr jchuldig, mit einem Schelm .
40 Maria Magbalene. IIi
hab’ ich jie betrogen. Werde Du ein Weib, wie Deine Mutter war, dann wird man fprechen: an den Aeltern hat’ nicht gelegen, daß der Bube abjeitd ging, denn die Tochter wandelt den rechten Weg, und ift allen Andern vorauf. it ſchreclicher Kälte) Und id will das Meinige dazu thun, ich will Dir die Sadje leichter machen, ald den Uebrigen. In dem Augenblid, wo id) bemerfe, daß man auch auf Dich mit Fingern zeigt, werd’ ich — (mit einer Bewegung an den Hals) mich rafiren, und dann, das ſchwör' ih Dir zu, raſir' ich den ganzen Kerl weg, Du fannit jagen, es jei aus Schred geichehen, weil auf der Straße ein Pferd durchging, oder weil die Kae anf dem Boden einen Stuhl um— warf, oder weil mir eine Maus an den Beinen hinauflief. Wer mich fennt, wird freilid den Kopf dazu fchütteln, denn ich bin nicht ſonderlich jchredhaft, aber was thut's? Ich kann's in einer Welt nicht aushalten, wo die Leute mitleidig jein müßten, wenn fie nicht vor mir ausſpucken follen.
Klara. Barmherziger Gott, was joll ich thun?
Meifter Anton. Nichts, Nichts, liebes Kind, ich bin zur hart gegen Dich, ich fühl's wohl, Nichts, bleib nur, was Du bit, dann iſt's gut! O, ich Hab’ fo groß Unredt erlitten, daß ich: Unrecht thun muß, um nicht zu erliegen, wenn's mid) jo recht anfabt. Sieh, ich gehe vorhin über die Straße, da fommt der Pocken-Fritz daher, der Gaudieb, den ich vor Sahren in's Lod jtedfen ließ, weil er zum dritten Mal lange Finger bei mir ge- macht hatte. Früher wagte der Hallunfe nicht, mich anzujehen, # jegt trat er fredh auf mich zu und reichte mir die Hand. Ich wollte ihm einen Hinter die Chren geben, aber ich bejann mid) und ſpuckte nicht einmal aus, wir find ja Vettern jeit 8 Tagen, und es iſt billig, daß Verwandte ſich grüßen. Der Pfarrer, der mitleidige Mann, der mich gejtern befuchte, meinte zwar, ein ® Menſch habe Niemanden zu vertreten, als jich ſelbſt, und es je ein unchriſtlicher Hochmuth von mir, daß ich auch nod für meinen Sohn auffommen wolle; jonjt müßte Adam es ſich jo
—
I Maria Magdalene. 41
gut zu Gemüthe ziehen, wie id. Herr, id) glaub’3 gern, daß es den Frieden des Erzvaters im Paradiefe nicht mehr jtört, wenn Einer feiner Ur-Ur-Enkel zu morden oder zu rauben anfängt, aber raufte er fih nicht die Haare über Kain? Nein, sein, e3 ijt zu viel! Ich könnte mich zumeilen nad) meinem Schatten umjehen, ob er nicht ſchwärzer geworden ijt! Denn Mes, Alles kann ich ertragen und hab’3 beiviefen, nur nicht die Schande! Legt mir auf den Naden, was ihr wollt, nur \hneidet nicht den Nerv durch, der mic, zujammen hält!
» Alara. DBater, noch hat Karl ja Nicht3 gejtanden, und fie haben auch Nichts bei ihm gefunden.
Meifter Anton. Was joll mir das? Ach bin in der Stadt herumgegangen und habe mid in den Schenken nad) jeinen Schulden erkundigt, da fam mehr zufammen, al3 er im u nächſten Vierteljahr bei mir verdient Hätte, und wenn er nod) dreimal fo fleißig wäre, als er if. Nun weiß id, warum er immer zwei Stunden fpäter Feier-Abend machte, als ic, und warum er troßdem auch noch vor mir aufitand, aber er ſah ein, daß Died Alles doc, Nichts Half, oder es war ihm zu mühe— ; "doll und dauerte ihm zu lange, da griff er zu, als die Öelegen- beit ſich bot.
Klara. Er glaubt von Karl immer dag Schlimmfte, Er dat es ſtets gethan! Weiß Er wohl no, wie — | Meifter Anton. Du ſprichſt, wie Deine Mutter jprechen .p 8 würde, ich will Dir antworten, wie ich ihr zu antworten pflegte, 7 0 will ſtillſchweigen!
Klara. Und wenn Karl doch frei geiprochen wird? Wenn die Juwelen fich wieder finden?
Meijter Anton. Dann wird’ ich einen Advocaten annehmen, Sund mein letztes Hemd daran feben, um zu erfahren, ob der dirgermeifter den Sohn eines ehrlichen Mannes mit Recht in's I Gejängnig warf, oder nicht. Wär’ es, fo wird’ ich mich beugen, denn was Jedem widerfahren kann, das muß auch id) mir ge-
42 Maria Magdalene. II?
fallen Lafjen, und mußte ich es zu. meinem Unglüd auch taujend Mal theurer bezahle, al3 Andere, es war ein Schidjal, und wenn Gott mich jchlägt, fo falte ich die Hände und ſpreche: Herr, Du weißt warum! Wär’ ed aber nicht, hätte der Mann mit der goldenen Kette um den Hals jich übereilt, weil er an 5 Nichts dachte, als daran, daß der Kaufmann, der die Juwelen vermißt, jein Schwager ijt, jo würde ſich's finden, ob das Geſetz— buch ein Zoch hat, und ob der König, der wohl weiß, daß er jeinen Unterthanen ihre Treu’ und ihren Gehorjam mit Geredhtig- feit bezahlen muß, und der dem Geringjten unter ihnen gewiß > am wenigſten Etwad jchuldig bleiben will, die® Loc) ungejtopft ließe. Aber, das find unnüße Reden! Der Junge wird fo wenig rein aus diefem Proce hervorgehen, wie Deine Mutter febendig aus ihrer Gruft. Von dem kommt mir nun und nimmer ein Troft, darum vergiß Du nicht, was Du mir ſchuldig — bijt, Halte Du Deinen Schwur, damit ich den meinigen nicht zu halten brauche! Er geht, kehrt aber wieder um.) Ich komme Heut‘ Abend erſt ſpät zu Haufe, ich gehe zu dem alten Holzhändler in’® Gebirge. Das ift der einzige Mann, der mir nod, wie jonft, in die Augen jieht, weil er nod) nicht von meiner Schande— weiß. Er ift taub, Steiner kann ihm was erzählen, ohne ji heifer zu schreien, und auch dann hört er Alles verkehrt, darum — erfährt er Nichts. (ab
Bweite Scene.
Klara (auein). O Gott, o Gott! Erbarme Dih! Erbarrem €’ Dich über den alten Mann! Nimm mich zu Dir! Ihm i Fi nicht anders zu helfen! Sieh, der Sonnenjchein liegt jo golde Q auf der Straße, daß die Kinder mit Händen nad ihm greife, die Vögel fliegen Hin und Her, Blumen und Kräuter werde 1 nicht müde, in die Höhe zu wachen. Alles lebt, Alles wi MI leben, Taujend Kranke zittern in diejer Stunde vor Dir, o Tor
' 113 Maria Magdalene. 43
‚ wer Did in der beflommenen Nacht noch rief, weil er feine Schmerzen nicht mehr ertragen Fonnte, der findet jein Lager jeßt wieder ſanft und weich, ich rufe Dich! Verſchone den, deſſen Seele ſich am tiefjten vor Dir wegfrümmt, laß ihm jo
‚Slange Friſt, bis die jchöne Welt wieder grau und öde wird, nimm mich für ihn! Ich will nicht jchaudern, wenn Du mir Teine falte Hand reichſt, ic) will fie muthig fallen und Dir jreudiger folgen, als Dir noch je ein Menfchenfind gefolgt ilt.
| Britte Scene.
» Der Kaufmann Wolfram (tritt ein). Guten Tag, Jungfer Klara, ift Ihr Vater nicht zu Haufe? Klara. Er iit eben fortgegangen. Wolfram. Ich fonıme — — meine Juwelen haben ſich wiedergefunden.
3 (ara. O Vater, wärft Du da! Er hat feine Brille ver- geilen, dort liegt jie! Daß er’3 bemerfte und umfehrte! Wie denn? — Wo? — Bei wen?
Wolfram. Meine rau — Sag Sie mir aufridtig, Jungſer, hat Sie nicht auch jchon etwas Wunderliches über 9 meine Frau gehört ? Klara. Sa! Wolfram. Daß fie — (Er deutet auf die Stirn.) Nicht wahr? Klara. Daß fie nicht recht bei ſich iſt, Freilich! Wolfram (aussregend). ‚Mein Gott! Mein Gott! Alles
Summit! Seinen Dienjtboten, den ich einmal in mein Haus nahm, hab’ ich wieder von mir gelaffen, Jeden Habe ich doppelten Lohn gegeben und zu allen Nadhläjligfeiten Die Mugen zugedrüdt, um mie ihr Stilljchweigen zu erfaufen, dennoch — die faljchen, undankbaren Creaturen! O meine armen Sinder! Bloß Euret-
” wegen juchte ich's zu verbergen!
—
44 Maria Magdalene. II
Klara. Scelt! Er Seine Leute nicht! Die find gewi unſchuldig! Seit das Nachbarhaus abbrannte, und Seine Fra aus dem geöffneten Fenſter dazu lachte und in die Hände Flatjcht ja fogar mit vollen Baden in’d Feuer hinüber blies, als woll: jie e8 noch mehr anfachen, feitdem hatte man nur Die Wah ob man fie für einen Teufel, oder für eine Verrüdte halte wollte. Und das haben Hunderte gefehen.
Wolfram. Es ift wahr. Nun, da die ganze Stadt mei Unglüd fennt, jo wäre e3 thörigt, wenn ich Ihr das Verſpreche abfordern wollte, es zu verjchweigen. Höre Sie denn! Te Diebjtahl, wegen deſſen Ihr Bruder im Gefängnik figt, hat de Wahnfinn begangen!
Stlara. Seine eig’'ne Frau —
Wolfram. Daß fie, die früher die edeljte, mitleidig! Seele von der Welt war, boshaft und ſchadenfroh geworden x daß Sie jauchzt und jubelt, wenn vor ihren Augen ein Ungls gefchieht, wenn die Magd ein Glas zerbricht, oder ſich in d Singer fchneidet, wußte ich längit; daß ſie aber auch Sachen Haufe auf die Seite bringt, Geld veritedt, Papiere zerreißt, O habe ich leider zu jpät erfahren, erjt heute Mittag. Ich ham mid auf Bett gelegt und wollte eben einjchlafen, da bemac ih, daß ſie ſich mir leife näherte und mid) ſcharf betradjt € ob ich Schon jchliefe. Ich ſchloß die Augen feiter, da nahm aus meiner über den Stuhl gehängten Weite den Schlüf‘ öffnete den Secretair, griff nad) einer Goldrolle, ſchloß wie? zu und trug den Schlüffel zurüd. ch entjeßte mich, doch hielt an mid, um jte nicht zu jtören, fie verließ da3 Zimm ich jchlih) ihr auf den Zehen nad. Sie jtieg zum oberſt Boden hinauf und warf die Goldrollfe in eine alte Kite hine die nod) vom Großvater her leer da jteht, dann ſah fie ſi ſcheu nad allen Seiten um und eilte, ohne mich zu bemerke wieder fort. ch zündete einen Wachsſtock an und durdjud; die Kite, da fand id) die Spielpuppe meiner jüngiten Tochte
j II 3 Maria Magdalene. 45
ein Paar Pantoffeln der Magd, ein Handlungsbuch, Briefe und leider, oder Gott Lob, wie ſoll ich ſagen, ganz unten auch die
Juwelen! Klara. O meine arme Mutter! Es iſt doch zu ſchändlich! ⸗ Wolfram. Gott weiß, ich würde den Schmuck darum
geben, könnt' ich ungeſchehen machen, was geſchehen iſt! Aber wich ih bin Schuld! Daß mein Verdacht, Dei aller Achtung DOx Ihrem Bater, auf Ihren Bruder fiel, war natürlich, er Hatte den Secretair polirt, und mit ihm waren die Juwelen »Berxihwunden, ich bemerkte es fait augenblicklich, denn ich) mußte aar3 dem ach, worin fie lagen, Papiere herausnehmen. Dod) eS fiel mir nicht ein, gleich jtrenge Maaßregeln gegen ihn zu ergreifen, ich theilte die Sache nur vorläufig dem Gerichtödiener MU Dan mit und erjuchte ihn, ganz in der Stille Nachforſchungen is a zuſtellen, aber diejer wollte von feiner Schonung wijjen, er errFlärte mir, er müſſe und werde den Fall auf der Stelle an- zeugen, denn Ihr Bruder ſei ein Säufer und Schuldenmacher, szrad er gilt bei dem Bürgermeiſter leider jo viel, daß er durd)- Yeben kann, was er will. Der Mann jcheint bis auf’3 Aeußerſte „gegen Ihren Vater aufgebracht zu fein, ich weiß nicht, warum, eS mar nicht möglich, ihm zu bejchmwichtigen, er hielt ſich die Ohren zu, und rief, als er fortrannte: wenn Gr mir den Schmuck gejchentt hätte, ich wäre nicht fo vergnügt, wie jept' Klara. Der Gericht3diener hat im Wirthshaus einmal
‚1 # \ein Glas neben das meines Vaters auf den Tijch gejtellt und ihm dabei zugenidt, als ob er ihn zum Auſtoßen auffordern wole Da hat mein Vater das ſeinige weggenommen und ge- \agt: Leute im rothen Rod mit blauen Auffchlägen mußten ehemals aus Gläfern mit hölzernen Füßen trinken, auch mußten 4 "Ne draußen vor dem Senjter, oder, wenn’3 regnete, dor der ir jtehen bleiben und bejcheiden den Hut abziehen, wenn der Virth ihnen den Trunk reichte; wenn ſie aber ein Gelüſten ttugen, mit Jemandem anzuſtoßen, ſo warteten ſie, bis der
46 Maria Magdalene. 114.
Gevatter Sallmeifter vorüber fam. Gott! Gott! Was ift Alles möglich auf der Welt! Das hat meine Mutter mit einem jähen Tode bezahlen müljen!
Wolfram. Dan joll Keinen reizen und die Schlimmer am wenigſten! Wo iſt Ihr Vater ?
Klara. Im Gebirg beim Holzhändler.
Wolfram. Ich reite hinaus und juch’ ihn auf. Beim Bürgermeijter war ich jchon, leider traf ich ihn nicht daheim ſonſt würde Ihr Bruder fchon hier jein, aber der Secretair ha jogleih einen Boten abgefertigt, Sie wird ihn noch vor Aben: iehen. (ab)
Bierte Scene.
Klara catein). Nun ſollt' ich mich freuen! Gott, Gotz Und ih kann Nichts denken, als: nun bit Du's allein! U— doch ift mir zu Muth, als müſſe mir gleih Etwas einfallem das Alles wieder gut macht!
Fünfte Scene.
Der Secretair (tritt ein. Guten Tag!
Klara (Hält fih an einen Stuhl, als follte fie umfallen). Dei DO, wenn der nicht zurüdgefommen wäre —
Secretair. Der Bater iſt nicht zu Haufe?
Klara. Nein!
Secretair. Ich bringe eine fröhliche Botſchaft. Ih Bruder — Nein, Klara, ic) kann in diefem Ton nicht mit DI reden, mir däucht, Tische, Stühle, Schränfe, al!’ die alten Be fannten, — Guten Tag, Du! (Er nidt einem Schrante zu.) Wie geht's Tu Haft Di) nicht verändert! — um die wir als Kinder | oft herumgehüpft jind, werden die Köpfe zujammenfteden, un den Narren ausjpotten, wenn id) nicht jchnell einen andere! anſchlage. Sch muß Du zu Dir fagen, wie ehemals, wenn Dir nicht gefällt, fo denfe: der große Junge träumt, ich mi:
II5 Maria Magdalene. 47
ihn aufwerten und vor ihn hintreten und mich (mtt Geberden hoch aufridten, damit er Steht, daß er Fein Kleines Kind mehr vor vih hat, — das war Dein Maaß im elften Jahr! (Er deutet auf einen Schrammſtrich in der Thür.) — jondern ein gehörig erwachſenes
> Mädchen, das den Zuder auch dann erreichen fann, wenn er auf den Schrank geftellt wird. Du weißt doch noch? Das war der Pag, die feite Burg, wo er auch unverfchlofjen vor ung Jiher war. Wir vertrieben uns, wenn er dort jtand, die Zeit gewöhnlich mit Fliegenklatfchen, weil wir den Fliegen, die luftig
» ab= und zuflogen, das unmöglich gönnen konnten, was wir jelbit nicht zu erlangen wußte.
Klara. Ich dächte, man vergäße ſolche Dinge, wenn man
Hundert und taufend Bücher durchjitudiren müßte.
Serruair. Man vergißt’3 auch! Freilich, was vergikt = man nit über Juſtinian und Gajus! Die Knaben, die fich ſo Bartnädig gegen das A. B. C. wehren, wiffen wohl, warum; ſie haben eine Ahnung davon, daß, wenn ſie ſich nur mit der Fibel nicht einlaſſen, ſie mit der Bibel nie Händel bekommen bnnen! Aber ſchändlich genug, man verführt die unſchuldigen
"Seelen, man zeigt ihnen hinten den rothen Hahn mit dem Korb voll Eier, da fagen ſie von jelbjt: Ah! und nun ijt fein Haltens mehr, nun geht's reißend jchnell bergunter biß zum 8., und jo weiter und weiter, bis fie auf einmal mitten im Corpus juris. Ind und mit Graufen inne werden, in welche Wildniß die ver- hs luchten 24 Buchſtaben, die jih Anfangd im luftigen Tanz nur zu 1 Poblihmedenden und mohlriechenden Worten, wie Kirſche und 5 Rofe, zuſammenſtellten, jie hineingeloct haben!
RF
ed Klara. Und wie wird's dann gemacht? (abweſend, ohne allen det Antheil)
n,: % | Seeretair. Darin jind die Teniperamente verjchieden. an Siige arbeiten fich durch. Die kommen gewöhnlich in drei bis we MT Jahren wieder an's Tageslicht, find dann aber etwas mager
und blaß, das muß man ihnen nicht übel nehmen. Zu diejen
48 Maria Magdalene.
gehöre ich. Andere legen fich in der Mitte des Waldes nie jie wollen bloß ausruhen, aber tie jtehen jelten wieder Ich Habe felbft einen Befannten, der nun ſchon drei Jahre Schatten der Lex Julia jein Bier trinkt, er hat jich den P ded Namen? wegen ausgeſucht, dev ruft ihm angenehnte innerungen zurüd. Noch Andere werden desparat und fel um. Die find die Dümmjten, denn man läßt fie nur ur der Bedingung aus dem einen Tidigt heraus, daß jie jich jpc jtreih3 wieder in ein andere hinein begeben. Und da gie Einige, die noch jchredficher find, die gar fein Ende Haben! ih) Was man Alles ſchwätzt, wenn man Etwa auf dem Her hat und es nicht Heraus zu bringen weiß!
Klara. Alles ift heute luſtig und munter, das macht! ſchöne Tag!
Secretair. Da, bei ſolchem Wetter fallen die Eulen « dem Net, die Fledermänfe bringen ſich um, weil fie fühlen, t der Teufel fie gemacht Hat, der Maulwurf bohrt fic jo tief die Erde ein, daß er den Weg zurüd nicht mehr findet ı jammerlich erjtiden ınuß, wenn er fich nicht bis zur ande Seite durchfrißt und in Amerika wieder zum Borjchein om Heute thut jede Korn=Achre einen doppelten Schuß, und | Mohnblume wird noch einmal jo voth, wie fonjt, wenn a nur aus Schaan, daß ſie's noch nicht if. Soll der Ma zurücdbleiben? Soll er den lieben Gott um den einzigen } betrügen, den jeine Welt ihm abwirft, um ein fröhlich Gei und um ein helles Auge, da3 all’ die Herrlichkeit abjpiegelt : verflärt zurüd giebt? Wahrhaftig, wenn ich des Morgens di oder jenen Hoder aus feiner Thür hervorjchleichen ſehe, Stirn in Falten heraufgezogen und den Himmel anglogend, einen Bogen Löjchpapier, dann dent ich oft: e8 giebt g Negen, Gott muß, er kann nicht umhin, den Wolfen-Bort niederlaffen, um ji) nur über die Fratze nit zu ärg Man jollte die Kerls als Hintertreiber von Quftparthieen,
II5 Maria Magdalene. 49
Verderbevr des Erntewetters, vor Gericht belangen können. Vodurch willſt Du denn für das Leben danfen, al? dadurch, da Du lebſt? Jauchze, Vogel, jonft verdient du die Kehle nicht! _
Kara. Ach, das ift jo wahr, fo wahr — ich könnte gleich ' 53u weinen anfangen!
Secretair. Es ift nicht gegen Dich gejagt, daß Du feit aht Tagen ſchwerer athmeit, wie ſonſt, begreif’ ich wohl, ich fenne Deinen Alten. Aber Gott Lob, ih kann Deine Bruft wieder frei machen, und eben darum bin ich bier. Du wirſt deinen Bruder noch heut” Abend wieder ſehen, und nicht auf ihn, fondern auf die Leute, die ihn in's Gefängniß geworfen haben, wird man mit Fingern zeigen. Verdient dag einen Kuß, einen ſchweſterlichen, wenn's denn fein anderer fein darf? Oder wollen wir Blindefuh darum jpielen? Wenn ih Di nicht an zehn Minuten haſche, jo geh ich leer aus, und befomm’ noch einen Backenſtreich obendrein.
Klara (für is. Mir it, als wär’ ich auf einmal taufend Jahr alt geworden, und nun ftünde die Zeit über mir ftill, ich fanı nicht zuriick und auch nicht vorwärts. O, dieſer fejtgenagelte | 2 Sonnenſchein und all’ die Heiterkeit um mich her! | Secretair. Du antworteft mir nicht. Freilich, daS vergaß
ih, Du bilt Braut! O Mädchen, warum haft Du mir dad ge-
tan! Und doch — habe ic ein Recht, mic) zu beklagen? Sie
it, wie alles Liebe und Gute, alled Liebe und Gute hätte mic) sm fie erinnern follen, dennoch war fie Jahre lang für mid,
ie nicht mehr in der Welt. Dafür hat fie — Wär’! nur - Menigitend ein Sterl, vor dem man die Augen niederjchlagen ; müßte! Aber diefer Leonhard — Klara (plögtig, wie fie den Namen Hör. SH muß zu ihm oo — Das ift’3 ja, ich bin nicht mehr die Schweiter eines Diebes — 0 Gott, mad will id denn noch? Leonhard wird und muß — Er braucht ja bloß fein Teufel zu fein, und Alles ift, wie vorher! (cqhaudernd) Wie vorher! (um Secretair) Nimm’ nicht
Hebbel, Werte 11. 4
90 Maria Mogdalene. I
übel, Friedrich! — Warum werden mir die Beine auf einmee jo ſchwer?
Secreteir. Du willit —
Klara. Zu Leonhard, wohin denn font? Nur den eine - Weg hab’ ich auf diefer Welt noch zu machen!
Serretair. So liebſt Du ihn? Dann —
Klara wir. Lieben? Er oder der Tod! Wunder!” wen, daß ich ihn wähle? Ich thät's nicht, dächt' ic) an mia allein!
Secretair. Er oder der Tod? Mädchen, jo fpridht dæ Verzweiflung, oder —
Klara. Mach’ mich nicht rafend! Nenne dad Wort nicam mehr! Dich! Dich lieb’ ih! Da! Da! Ach ruf8 Dir zu, mm ob ich fchon jenſeits des Grabes wandelte, wo Niemand me— roth wird, wo fie Alle nat und frierend an einander vor ichleichen, weil Gottes furchtbar heilige Nähe in Jedem den == danfen an die Anderen biß auf die Wurzel weg gezehrt «
Secretair. Mich? Noch immer mih? Klara, ih dm geahnt, al3 ich Dich draußen im Garten fah!
Slara. Hajt Du? O, der Andere auch! (dumpf, ats ob ji allein wäre) Und er trat vor mich Hin! Er oder Jh! DO, mei Herz, mein verfluchtes Herz! Um ihn, um mir felbjt zu be: weifen, daß es nicht jo fei, oder um's zu eritiden, wenn's je wäre, that ich, was mich jegt — (in Thränen ausbregend) Gott im Himmel, ih würde mich erbarnen, wenn ih Du wäre, und Du ic!
Secretair. Klara, werde mein Weib! IH kam zu Tir, um Dir nod) einmal auf die alte Weile in’3 Auge zu jehen- Hätteft Du den Blick nicht veritanden, ich würde mich, ohne z34 reden, wieder entfernt haben. Seht biet’ id) Dir Alles an, na ich bin, und was ich habe. Es ijt wenig, aber es fann meh* werden. Längſt wäre id) hier gemwejen, doch Deine Mutter wa * frant, dann ftarb fie.
115 Daria DMagdalene. 51
Klara (acht wahnfinnig).
Secretair. Falle Muth, Mädchen. Der Menfch Hat Dein Wort. Das ängftigt Did. Und freilich) iſt's verflucht. Wie fonnteit Du —
5 Klara, O frag’ nody, was Alle? zufammen kommt, um ein armes Mädchen verrüdt zu machen. Spott und Hohn von allen Seiten, ald Du auf die Academie gezogen warjt und Nichts mehr von Dir hören ließeſt. Die denkt noch an den! — Die glaubt, dag Kindereien ernithaft gemeint waren! — Erhält fie
so Briefe? — Und dann die Mutter! Halte Di zu Deines Gleichen! Hochmuth thut nimmer gut! Der Leonhard ift doch recht brav, Alle wundern fi, daß Du ihn über die Achfel an- ſiehſt. Dazu mein eigne& Herz. Hat er Dich vergefjen, zeig’ idm, daß auh Du — o Gott!
15 Secretair. Ich bin Schuld. Sch fühl's. Nun, was ſchwer ft, ift darum nicht unmöglid. Ich ſchaff' Dir Dein Wort zurüd. Bielliht —
Klara. O, mein Wort — da! (Ste wirft ihm Leonhards
| Sriej hin.) R Secretair ciery. Ich als Caſſirer — Dein Bruder — Dieb — fehr leid — aber ih kann nit umhin, aus Rückſicht auf mein Amt — — (su Klara) Das fchrieb er Dir denfelben
Tag, wo Deine Mutter ſtarb? Er bezeugt Dir ja zugleich fein Beileid über ihren jähen Tod! 5 Klara. Ich glaube, ja!
Seeretair. Daß Dih! Lieber Gott, die Katzen, Schlangen und jonftigen Scheujale, die Dir bei der Schöpfung jo zwijchen den Fingern durchgefchlüpft find, haben Beelzebubs Wohlgefallen erregt, er hat fie Dir nachgemacht, aber er hat fie beſſer heraus
». gepuzzt, wie Du, er hat fie in Menjchenhaut gejtedt, und num feben fie mit Deinen Menſchen in Reih' und Glied, und man
erkennt jie erjt, wenn fie fragen und ftechen! (u Kara) Uber 4%
52 Maria Magdalene. lI«
es ift ja gut, es iſt ja vortrefflich! «ar will fie umarmen., Kommt Für ewig! Mit diefem Kuß —
Klara (fintt an ihn). Nein, nicht für ewig, nur daß ic nicht untfalle, aber feinen Kuß!
Secretair. Mädchen, Du liebft ihn nicht, Du Hajt Dei Wort zurüd —
Klara (dumpf, fi wieder aufrichtend. Und ih muß doch — ihm, id muß mic auf Knieen vor ihm niederwerfjen ur- ſtammeln: fieh die weißen Haare meined VBaterd an, nimm mic
Secretair. Unglüdliche, verſieh' ih Dich?
Klara. Ja!
Secretair. Darüber fann fein Mann weg! Bor d Kerl, dem man in's Geſicht jpuden mögte, die Augen nied - ſchlagen müſſen? (Er prekt Klara wird an fih.) Aermſte! Werm
Klara. Geh nun, geh!
Secretair (für fih, brütend. Oder man müßte den Hu: der’3 weiß, aus der Welt wegichießen! Daß er Muth hät Daß er jich jtellte! Daß man ihn zwingen fünnte! Um Treffen wär’ mir nicht bange!
Klara. ch bitte Dich!
Secretair (indem er geht). Wenn's dunkel wird! (&r fe wieder um und faßt Klaras Hand.) Mädchen, Du ftehit vor ır — — (Er wendet fih a6) Tauſende ihres Gejchlecht hätten Hug und liſtig verſchwiegen, und e3 erjt dem Mann in ein Stunde füßer Vergefjenheit in Ohr und Seele gefchmeichel Sch fühle, was ich Dir ſchuldig bin! (av
Beste Bcene.
Klara cauein). Zu! Zu, mein Herz! Quetſch' Dich in Di ein, Daß aud fein Blut3tropfe mehr heraus fann, der in de Adern da3 gefrierende Leben wieder entzünden will! Da hats ji wieder was, wie eine Hoffnung, in Dir aufgethan! Set
UI Maria Magdalene. 93
eritmerf’ich’3! Ich Dachte — (tägeind) Nein, darüber kann fein Mann iveg! Und wenn — Könnteft Du jelbft darüber hinweg? Hätteft Du den Muth, eine Hand zu faflen, die — Nein, nein, Diefen ſchlechten Muth Hätteft Du nit! Du müßteſt Dich ſelbſt ein- riegeln in Deine Hölle, wenn man Dir von außen die Thore öffnen mollte — Du bilt für ewig — O, daß das ausſetzt, daß das nicht immer jo fortbohrt, daß zuweilen ein Aufhören ift! Nur darum dauert’3 lange! Der Gequälte glaubt auszuruhen, weil der Duäler einhalten muß, um Odem zu fchöpfen; es ijt ein © Aufathmen, wie des Ertrinfenden auf den Wellen, wenn der Strudel, der ihn hinunter zieht, ihm noch einmal wieder aus— |peit, um ihn gleich wieder auf's Neue zu faffen, er hat Nichts davon, ald den zwiefachen Todeskampf! Nun, Klara? Sa, Vater, ich gehe, ich gehe! Deine Tochter kwird Dich nicht zum Selbjtmord treiben! Ich bin bald das Weib des Menfchen, oder — Gott, nein! Ich bettle ja nicht um ein Glüd, ich bettle um mein Elend, um mein tiefites Elend — mein Elend wirft Du mir geben! Fort — wo ift der Brief? (Ste nimmt in.) Drei Brunnen triffjt Du auf dem Weg zu ihm — Daß Du mir an einem ftehen bleibſt! Noch haft Du nicht das Recht dazu! (ao)
Dritter Art. Zimmer bei Leonhard.
Erſte Bcene. Leonhard (an einem Tiſch mit Acten, ſchreibend). Das wäre nun r fechdte Bogen nad Tiſch! Wie fühlt fid) der Menfch, wenn jeine Pflicht tHut! Seht könnte mir in die Thür treten, wer
54 Maria Magdalene. III
wollte, und. wenn's der König wäre — ich würde aufitehe aber ich würde nicht in Verlegenheit gerathen! Einen nehn ih aus, das ijt der alte Tifchler! Aber im Grunde kann auı der mir wenig maden! Die arme Klara! Sie dauert mid, i fann nicht ohne Unruhe an jie denfen! Daß der eine verflud) Abend nicht wäre! Es war in mir wirflid) mehr die Eiferjud al3 die Liebe, die mich zum Raſen brachte, und fie ergab fü gewiß nur darein, um meine Vorwürfe zu widerlegen, denn - war kalt gegen mich, wie der Tod. Ihr jtehen böje Tage E vor, nun, aud ich werde noch viel Verdruß haben! Tram Jeder dad GSeinige! Bor allen Dingen die Sade mit D« kleinen Budel nur recht feit gemacht, damit die mir nicht e: geht, wenn das Gewitter ausbricht! Dann Hab’ ich den Bürg meilter auf meiner Seite, und brauche vor Nichts bange zu je
Bweite Bcene.
Klara (tritt eim. Guten Abend, Leonhard!
Leonhard. Klara? (für ih) Das hätt’ id nun nit me erwartet! (aut) Haft Du meinen Brief nicht erhalten? Doch - Du kommſt vielleicht für Deinen Vater und willit die Steu bezahlen! Wie viel iſt ed nur? (in einem Journal blätternd) J ſollte es eigentlich aus dem Kopf wiſſen!
Klara. Sch komme, um Dir Deinen Brief zurück — geben! Hier iſt er! Lies ihn noch einmal!
Leonhard (lieſ't mit großem Ernſt). Es iſt ein ganz dei nünftiger Brief! Wie fann ein Mann, dem die öffentlihe Gelder anvertraut ſind, in eine Yamilie heirathen, zu der ı verihludt ein Wort.) zu der Dein Bruder gehört ?
Klara. Leonhard!
Leonhard. Aber vielleicht hat die ganze Stadt Unredt Dein Bruder fit nit im Gefängnig? Er hat nie im Gefän
II? Maria Magbalene. 55
niß geſeſſen? Du bift nicht die Schmweiter eines — Deines Bruders? Klara. Leonhard, ich bin die Tochter meines Vaters, und nicht als Schweſter eines unſchuldig Verklagten, der ſchon sivteder frei geſprochen iſt, denn das iſt mein Bruder, nicht als Deädden, das vor unverdienter Schande zittert, denn (Halb laut) ich zittre noch) mehr vor Dir, nur ald Tochter des alten Mannes, der mir dad Leben gegeben hat, ftehe ich hier! %eonhard. Und Du mwillit?
0 Alara. Du kannſt fragen? DO, daß ich wieder gehen Ditzfte! Mein Vater jchneidet is, die Kehle ab, wenn id — heirathe mich !
Leonhard. Dein Vater — | Klara. Er hat's geſchworen! SHeirathe mich! | 18 Leonhard. Hand und Hals jind nahe Vettern. Gie *Hun einander Nichts zu Leidel Mad’ Dir feine Gedanken ! Klara... Er hat's gejchworen — heirathe mic, nachher Ting mid um, id will Dir für dag Eine noch dankbarer fein, vie für da3 Andere! \ Leonhard. Liebſt Du mih? Kommſt Du, weil Di Dein “er, treibt? Bin ich der Menjch, ohne den Du nicht leben und den kannt ? Klara. Antworte Dir felbjt! Leonhard. Kannit Du ſchwören, daß Du mid) Tiebjt? a Tu mich fo liebft, wie ein Mädchen den Mann lieben uß, der ſich auf ewig mit ihr verbinden joll? Klara. Nein, dad kann ich nicht ſchwören! Aber dieß n ih fchwören: ob ich Dich Liebe, ob ich Dich nicht liebe, ſollſt Du's erfahren! Ich will Dir dienen, ich will für Dich keiten, und zu eſſen jollft Du mir Nicht geben, ich will mid) M ernähren, ich will bei Nachtzeit nähen und fpinnen für were Leute, ich will hungern, wenn ich Nicht zu thun babe, will fieber in meinen eig’nen Arm hinein beißen, als zu
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56 Maria Magdalene. ni 2
meinem Vater gehen, damit er Nicht merkt. Wenn Du mic — ıc ichlägft, weil Dein Hund nieht bei der Hand ijt, oder weil Tıe —D ihn abgefchafft Haft, jo will ich eher meine Zunge verfchludene sr =; als ein Gejchrei ausſtoßen, dad den Nachbaren verrathen fünntese pe t- was vorfällt. Ich kann nicht verjprechen, daß meine Haut diw pi Striemen Deiner Geißel nicht zeigen foll, denn das hängt nie g, von mir ab, aber ich will lügen, ich will jagen, daß ih m eir dem Kopf gegen den Schranf gefahren, oder daß ich auf der en Eitrih, weil er zu glatt war, außgeglitten bin, ich will's thu m ın, bevor noch Einer fragen kann, woher die blauen Ylede rühren. » Heirathe mi — ich lebe nicht lange. Und wenn’d Dir de—cqh zu lange dauert, und Du die Koften der Scheidung nit ar ıj- wenden magjt, um von mir los zu kommen, fo fauf Gift a —u3 der Apothefe, und ſtell's Hin, als 0b’3 für Deine Ratten wi te, ih will’, ohne daß Tu auch nur zu winken brauchſt, nehm en 1 und im Sterben zu den Nachbaren jagen, ich hätt's für er-
‚ ftoßenen Zuder gehalten!
| Xeonhard. Ein Menſch, von dem Du dies Alles erwarte Vt, überrajcht Did) doch nicht, wenn er Nein jagt ?
Klara. So jchaue Gott mich nicht zu ſchrecklich an, were ih komme, ehe er mich gerufen hat! Wär's um mid, allein ih wollt's ja tragen, ich wollt’ geduldig hinnehmen, ad ver: diente Strafe für, ich weiß nicht was, wenn die Welt miy € meinem Elend mit Füßen träte, ftatt mir beizuftehen, ih wollte mein Kind, und wenn’ auch die Züge dieſes Menjchen trüge, * lieben, ah, und ich wollte vor der armen Unfchuld jo viel weinerz, daß es, wenn's älter und Flüger mwirde, feine Mutter gewi B nicht verachten, noch ihr fluchen ſollte. Aber ich bin's nicht allein, und leichter find’ ich am jüngften Tag noch eine Antwor £ auf des Richter Frage: warum haft Du Did, Selbſt umgebracht? * al3 auf die: warum Haft Du Deinen Vater fo weit getrieben”
Leonhard. Du ſprichſt, als ob Du die Erſte und Lepte wärjt! Taufende haben das vor Dir durchgemacht, und fie er-
XIl3; Maria Magdalene. 57
Gaben fi) darein, Tauſende werden nad) Dir in den Fall kommen zand jih in ihr Schickſal finden: find die alle Nidel, daß Du Dh für Did allein in die Ede ftellen willft? Die hatten aud Väter, die ein Schock neue Flüche erfanden, als ſie's zuerft 3 Börten, und von Mord und Todtichlag jprachen ; nachher ſchämten Tie ji, und thaten Buße für ihre Schwüre und Gottesläfterungen, te jeßten fich hin und wiegten dad Kind, oder wedelten ihm die Fliegen ab! Klara. O, ich glaub’3 gern, daß Du nicht begreifit, wie irgend Einer in der Welt feinen Schwur halten follte!
Britte Scene.
Ein Knabe (tritt ein. Da find Blumen! IH foll nicht gen, wovon. Leonhard. Ei, die lieben Blumen! (chlägt fi vor die Stirn) Teenie! Teufel! Das ift dumm! Ach hätte welche Schicken AL en! Wie hilft man fi) da heraus? Auf jolhe Dinge verjteh’ (di mich schlecht, und die Kleine nimmt's genau, fie hat an nũ CHis Anderes zu denken! (Er nimmt die Blumen.) Alle behalt' ich ſie ober nicht! (zu Klara) Nicht wahr, die da bedeuten Reue KUTLD Schaam? Halt Du mir das nicht einmal gejagt ? Klara (nie). Keonhard (um Knaben). Merk' Dir’d, Junge, die jind für weich ich ftede fie an, ſiehſt Du, hier, wo das Herz ift! Diefe, die dunfelrothen, die wie ein düſteres Feuer brennen, trägit Du
N swurid, Verjtehit Du? Wenn meine Uepfel reif jind, kannſt oh Du Di, melden!
x Knabe. Das ift noch lange Hin! (as)
te“
va Bierte Scene.
* Leonhard. Sa, ſiehſt Du, Klara, Du ſprachſt von Wort-
s halten. Ehen weil ich ein Mann von Wort bin, muß ich Dir anfworten, wie ich Dir geantwortet habe. Dir jchrieb ich vor
58 Maria Magbdalene. III
acht Tagen ab, Du kannſt es nicht läugnen, der Brief liegt d (Er reicht ihr den Brief, fie nimmt ihm mechaniſch. Ich hatte Grun Dein Bruder — Du fagit, er iſt frei geiprochen, e3 freut mid In diefen acht Tagen knüpfte ich ein neues Verhältniß an; i hatte das Necht dazu, denn Du haſt nicht zur rechten Zeit gegm meinen Brief proteftirt, id) war frei in meinem Gefühl, wie v dem Geſetz. Seht kommſt Du, aber ich habe ſchon ein Wort S geben und ein? empfangen, ja — für fit) ih wollt‘, es w« jo — die Andere iſt ſchon mit Dir in gleihem Fall, Du daue nid), (Er ftreiht ihr die Loden zurüd, fie läßt es geliehen, ala ob es gar nicht bemertte.) aber Du wirft einfehen — mit dem Bürg« meiſter ijt nicht zu ſpaßen!
Klara (wie geiſtesabweſend). Nicht zu Tpaßen!
Leonhard. Sieht Du, Du wirft vernünftig! Und wı Deinen Vater betrifft, jo kannſt Du ihm fe in's Geſicht Tage: daß er allein Schuld ift! Starre mid) nicht fo an, ſchüttle nid den Kopf, es ijt jo, Mädchen, es ilt fo! Sag's ihm nur, e wird’3 fchon verjtehen und in ſich gehen, ich bürge Dir dafür für fih) Wer die Ausſteuer feiner Tochter wegſchenkt, der muj fi nicht wundern, daß fie fißen bleibt. Wenn ich daran denke jo jteift fi) mir ordentlich der Rüden, und id) könnte wünſchen der alte Kerl wäre hier, um eine Lection in Empfang zu nehmen Warum muß ich graujam fein? Nur meil er ein Thor war Was auch daraus entfteht, er hat's zu verantworten, das ti far! (u Klara) Oder willft Du, daß ich felbit mit ihm rede Dir zu Liebe will ich ein Dlaued Auge wagen und zu ihm gehen Er fann grob gegen mic) werden, er fann mir den Stiefelknech an den Kopf werfen, aber er wird die Wahrheit, troß de Bauchgrimmens, das fie ihm verurſacht, hinunter knirſchen un Dich in Ruhe laffen müſſen. Verlaß Dich darauf! Sit er zu Haufe‘
Klara (richtet ſich Ho& auf). Sch danfe Dir! mil gehen)
Leonhard. Soll id) Dich hinüber begleiten? ch hab den Muth!
ILL 4 Maria Magdalene. 59
Klara. ch dankte Dir, wie ich einer Schlange danken würde, die mich umfnotet hätte und mich von jelbjt wieder Tieße und fort jpränge, weil eine andere Beute jie lodte. ch weiß, dab ich gebiffen bin, ich weiß, daß fie mich nur läßt, weil e&
sihr nicht der Mühe werth fcheint, mir das Bischen Marf aus den Gebeinen zu faugen, aber ich danke ihr doch, denn nun hab’ ih einen ruhigen Tod. Ja, Menſch, es iſt Fein Hohn, ich danke Tir, mir it, als hätt’ ich durch Deine Brujt bis in den Ab- grund der Hölle Hinunter gejehen, und was auch in der furdt- »» baren Ewigkeit mein Loos fei, mit Dir hab’ ich Nichts mehr zu ihaffen, und das ift ein Troft! Und wie der Unglüdliche, den an Wurm geſtochen hat, nicht geicholten wird, wenn er fi in Schawder und Efel die Adern öffnet, damit das vergiftete Leben ſchnell ausftrömen kann, fo wird die ewige Onade jich vielleicht ' sau mein erbarmen, wenn jie Dich anjieht, und mid), was Du au mir gemacht haft, denn warum könnt' ich's thun, wenn 3 nimmer, nimmer thun dürfte? Nur Eins no: mein Later weiß von Nichtd, er ahnt Nichts, und Damit er nie Etwas erfährt, geh” ich noch heute aus der Welt! Könnt’ ich »odenfen, daß Du — (Sie tut wild einen Schritt auf ihn zu.) Dod), das it Thorheit, Dir kann's ja nur willkommen fein, wenn jie Üe stehen und die Köpfe fchütteln und fi) umfonjt fragen: warum das gefchehen ift!
Leonhard. Es kommen Fälle vor! Was full man thun?
* Nlara!
Klara. ort von hier! Der Menſch kann jprechen! ESie il geben.) |
Leonhard. Meinit Du, daß ich's Dir glaube?
Klara. Nein! 0 Reonhard. Du kannſt Gott Lob nicht Selbjt-Mörderin werden, ohne zugleich Kindes-Mörderin zu werden!
Klara. Beides lieber, ald Vater-Mörderin! O ich weiß, daß man Sünde mit Sünde nicht büßt! Aber was ich jet thu',
60 Maria Magdalene. 111 5.6
das kommt über mich allein! Geb’ ich meinem Water das Meſſer in die Hand, fo trifft's ihn, wie mih! Mich trifite immer! Dieß giebt mir Muth und Kraft in all meiner Angit! Dir wird’3 wohl gehen auf Erden! (ab)
Fünfte Scene. 5
Leonhard (alten). Ich muß! Sch muß fie heirathen! Und warum muß ih? Sie will einen verrüdten Streich begehen, um ihren Vater von einem verrücten Streich abzuhalten; we liegt die Nothivendigfeit, daß ich den ihrigen Durch einen nod) verrüdteren verhindern muß? Ich kann fie nicht zugeben, » wenigitens nicht eher, als biß ich denjenigen vor mir jehe, der mir wieder durch den allerverrücteiten zuvor fommen will, und wenn der eben jo denft, wie ich, jo giebt's fein Ende. Das Elingt ganz geicheut, und doch — Ic muß ihr nah! Da fommt Jemand! Gott jei Dank, Nichts ijt chmählicher, als fich mit ı5 jeinen eigenen Gedanken abzanfen müſſen! Eine Rebellion im Kopf, wo man Wurm nah Wurm gebiert, und Einer den Andern frißt oder in den Schwanz beißt, ilt die jchlimmite von allen!
Sechste Scene.
Secretair (tritt eim. Guten Abend!
Leonhard. Herr Secretair? Was verſchafft mir die Ehre —
Secretair. Du wirſt es gleich ſehen!
Leonhard. Du? Wir find freilich Schulkameraden ges 25 weſen!
Secretair. Und werden vielleicht auch Todeskameraden jein! (ieht Piſtolen Hervor) Verſtehſt Du damit umzugehen?
Leonhard. Ich begreife Sie nicht!
III 6 Maria Magdalene. 61
Secretair (pannt eine). Siehſt Du? So wird’3 gemacht. Tann zielt Tu auf mid, wie ich jeßt auf Dich, und drüdit ab! So!
Leonhard. Was reden Sie?
5 Secretair. Einer von und Beiden muß jterben! Sterben! Und das fogleidh!
Leonhard. Sterben?
Secretair. Du weißt, warum!
Leonhard. Bei Gott nicht!
10 Secretair. Thut Nichts, ed wird Dir in der Todesftunde ihon einfallen!
Leonhard. Auch Feine Ahnung —
Secretair. Beſinne Dih! Sch Fünnte Dich ſonſt für einen tollen Hund halten, der mein Liebjted gebiflen Hat, ohne jelbit
is Etwas davon zu willen, und Dich niederjchießen, wie einen folchen, da ih Did doch noch eine Halbe Stunde lang für meines Gleichen gelten lafjen muß!
Leonhard. Sprehen Sie doch nicht jo laut! Wenn Sie Einer hörte —
0 Sercretair. Könnte mich Einer hören, Tu Hättejt ihn längit gerufen! Nun?
Leonhard. Wenn’ des Mädchens wegen ijt, ich fann ie ja heirathen! Dazu war ich fchon halb und Halb entichlofjen, als Sie felbjt hier war!
25 Secretair. Sie war bier, und fie ijt wieder gegangen, ohne Did) in Reue und Zerknirſchung zu ihren Füßen gejehen zu Haben? Komm! Komm!
Leonhard. Sch bitte Sie — Cie fehen einen Menjchen vor fich, der zu Allem bereit iſt, was Sie vorjchreiben! Noch
so heut’ Abend verlobe ih mich mit ihr!
Sercretair. Dad thu' ich, oder Kleiner. Und wenn die Welt daran Hinge, nicht den Saum ihres Kleides jollit Du wieder berühren! Komm! In den Wald mit mir! Aber wohl
62 Maria Magdalene. UI?
gemerkt, ich falj' Dich unter den Arm, und wenn Du unterwegs nur einen Laut von Dir giebit, jo — (Er ergeht eine Viſtole, Du wirft mir’3 glauben! Ohnehin nehmen wir, damit Du nicht in Verfuhung fommft, den Weg Binten zum Haufe hinaus durch die Gärten! 5
Leonhard. Eine ijt für mich — geben Sie mir die!
Secretair. Damit Du fie wegwerfen, und mid) zwingen fannjt, Dich zu morden, oder Dich laufen zu lafjen, nidht wahr ? Geduld, bis wir- am Platz find, dann theil’ ich ehrlich mit Dir!
Leonhard (gebt und ftößt aus Verſehen fein Trintglas vom Tiich). Soll 1 ich nicht wieder trinfen ?
Secretair. Courage, mein SQunge, vielleicht geht's gut, Gott und Zeufel fcheinen ſich ja beitändig um die Welt zu ichlagen, wer weiß denn, wer gerade Herr ift! (aßt ihn unter den “rm, Beide ab) 15
Zimmer im Haufe des Tiſchlers. Abend. Siebente Bcene.
Karl tritt eim. Kein Menſch daheim! Wüßt' ich das Ratten: (och unter der Thürſchwelle nicht, wo fie den Schlüfjel zu ver- bergen pflegen, wenn fie Alle davon gehen, ich hätte nicht hinein * können. Nun, das hätte Nichts gemacht! Ich könnte jetzt | zwanzig Mal um die Stadt laufen und mir einbilden, e3 gäbe fein größered Vergnügen auf der Welt, als die Beine zu brauchen. | Wir wollen Licht anzünden! (er tuts.) Das Feuerzeug iſt nod) | auf dem alten Plaß, ich wette, denn wir haben bier im Hauſe 3 | zwei Mal zehn Gebote. Der Hut gehört auf den dritten Nagel, nicht auf den vierten! Um Halb zehn Uhr muß man müde | jein! Vor Martini darf man nicht frieren, nad) Martini nit | ſchwitzen! Das fteht in einer Neihe mit: Du ſollſt Gott fürchten und lieben! Ich bin durjtig! um Mutter! Pfui! Ma ob». ich's vergefjen hätte, daß fie da liegt, wo auch des Bierwirtig |
III 8 Maria Magdalene. 63
Knecht jein Nußfnadermaul nit mehr mit einem Ja Herr! aufzureißen braudjt, wenn er gerufen wird! ch Habe nicht ge- meint, ald ich die Zodtenglode in meinem finftern Thurmloch hörte, aber — Rothrod, Du haft mich auf der Kegelbahn nicht sden legten Wurf thun laſſen, obgleich ich die Boßel ſchon in | der Hand hielt, ic) lafje Tir nicht zum letzten Athemzug Zeit, wenn ich Dich allein treffe, und dad Tann heut’ Abend noch ge- jchehen, ich weiß, wo Du um zehn zu finden bil. Nachher zu Schiff! Wo die Klara bleibt? ch bin eben fo hungrig, als so durftig! Heut’ ift Donnerstag, fie haben Kalbfleifh-Suppe ge- gefien. Wär’d Winter, jo hätt’3 Kohl gegeben, vor Faſtnacht weißen, nad) Faltnadjt grünen! Das ſteht jo feit, als daß der 8 Donnerdtag wiederfehren muß, wenn der Mittwoch dagemejen -F it, daß er nicht zum Freitag jagen kann: geh Du fir mid), ‘sic habe wunde Füße!
Ichte Zcene.
Klara (tritt ein).
Karl. Endlih! Du follteit auch nur nicht jo viel füllen! to jich vier rothe Lippen zuſammen baden, da ijt dem Teufel ne Brüde gebaut! Was Haft Du da”?
Klara. Wo? Was?
Sarl. Wo? Was? An der Hand!
Slara. Nichts!
Karl. Nichts? Sind das Geheimnifje? Er entreißt ihr: ngards Brite.) Her damit! Wenn der Vater nidht da iſt, jo
der Bruder Vormund!
Klara. Den Tegen hab’ ich feſt gehalten, und doc, geht r Abendwind fo jtark, daß er die Ziegel von den Dächern rit! WS ich an der Kirche vorbei ging, fiel einer dicht vor r nieder, jo daß ich mir den Fuß daran zeritieß. O Gott,
it' ich, noch einen! und ſtand ftill! Das wäre jo jchün ge=
64 Maria Magdalene IL
wejen, man hätte mic, begraben und gefagt: fie hat ein Ungim- gehabt! Ach hoffte umſonſt auf den zmeiten!
Karl (der den Brief gelefen Hat). Donner und — Kerl, de Arm, der das fchrieb, ſchlag' ih Dir lahm! Hol mir ek Flaſche Wein! Oder ijt Deine Sparbüchſe leer?
Klara. 3 ift noch eine im Haufe. Ich hatte fie hei we ih für den Geburtötag der Mutter gekauft und bei Seite S jtelt. Morgen wäre der Tag — (Cie wendet fid.)
Karl. Gieb fie her!
Klara (dringt den ein).
Karl (trinkt Haftig). Nun fönnten wir denn wieder anfange Hobeln, Sägen, Hämmern, dazwiſchen Effen, Trinken und Schlafe damit wir immer fort hobeln, fügen und hämmern fünne Sonntag3 ein Kniefall obendrein: ich danke Dir, Herr, daß i— hobeln, fägen und hämmern darf! (trintt) Es lebe jeder brak Hund, der an der Fette nicht um ſich beißt! (Er trinkt wie Und noch einmal: er lebe!
Klara. Karl, trin® nicht fo viel! Der Vater fagt, ir Wein fißt der Teufel!
Karl. Und der Priejter jagt, in Wein jitt der Tiebe Got Er trintt. Wir vollen fehen, wer recht hat! “Der Gerichtödiene” ijt hier im Haufe geweſen — wie betrug er ſich?
Klara. Wie in einer Diebsherberge. Die Mutter fie um und war todt, fobald er nur den Mund aufgethan hatte
Karl. Gut! Wenn Du morgen früh hörſt, daß der Ker erichlagen gefunden worden ilt, jo fluche nicht auf den Mörder
Klara. Karl! Du wirft doh nicht —
Karl. Bin ich fein einziger Feind? Hat man ihn nik ſchon oft angefallen? Es dürfte ſchwer halten, aus fo Vieles denen das Stück zuzutrauen wäre, den rechten heraus zu findex wenn dieſer nur nicht Stod oder Hut auf dem Plab zurü läßt. (Er trintt. Wer e& auch fei: auf gute Gelingen!
Klara. Bruder, Du redet —
n
II 8 Maria Magdalene. 65
Karl. Gefällt's Dir nit? Lab gut fein! Du wirft mich nicht lange mehr fehen! nn Klara (sujammen ſchaudernd). Nein! Karl. Nein? Weißt Du's ſchon, daß ich zur See will? sKrieden mir die Gedanken auf der Stirn herum, daß Dur fie lefen kannſt? Oder hat der Alte nad) feiner Art gewüthet, und gedroht, mir das Haus zu verfchließen? Pah! Das wär’ nacht viel anders, als wenn der Gefängnißfnecht mir zugeſchworen hatte: Du ſollſt nicht länger im Gefängniß ſitzen, ich ſtoße Dich s»hurraus in’ Freie! Klara. Du verſtehſt mich nicht! Karl (iingt). Dort bläht ein Schiff die Segel, Friſch fauj’t hinein der Wind!
35 Sa, wahrhaftig, jebt hält mic Nicht mehr an der Hobel- bank feſt! Die Mutter ift todt, ed giebt Keine mehr, die nad) jedem Sturm aufhören würde, Fiſche zu eſſen, und von Jugend auf ward mein Wunſch. Hinaus! Hier gedeih’ ich nicht, oder exit dann, wenn ich's gewiß weiß, daß das Glück dem Muthigen,
der jein Leben auf's Spiel ſetzt, der ihm den Kupfer-Dreier,
den er aus dem großen Schaß empfangen hat, wieder hinwirft, um zu jehen, ob es ihn einſteckt oder ihn vergoldet zurüd giebt, nicht mehr günſtig iſt.
Klara. Und Du willit den Bater allein lajjen? Er it
‚ ſechezig Jahr!
Karl. Allein? Bleibſt Du ihm nicht? Klara. Ich? Karl. Du! Sein Schoopfind! Was wählt Dir für Un-
: traut im Kopf, dag Du fragit! Seine Freude laſſ' ich ihm,
ch und von jeinem ewigen Verdruß wird er befreit, wenn ich gehe,
warum ſollt' ich’S denn nicht thun? Wir paifen ein für alle
Ral nicht zufammen, er kann's nicht eng genug um fid) haben,
er mögte feine Fauſt zumadjen und hinein Frieden, ich mögte
Öchbel, Werte II. HM)
66 Maria Magdalene. 1118
meine Haut abitreifen, wie den Sleinfinderrod, wenn’ nur ginge! (fingt) Der Anker wird gelichtet, Das Steuer flugs gerichtet, Nun fliegt's hinaus geſchwind!
Sag’ jelbjt, Hat er auch nur einen Augenblick an meiner Schuld gezweifelt? Und Hat er in feinem überklugen: Das hab’ ich erwartet! Das Hab’ ich immer gedadyt! Das konnte nicht anderd enden! nicht den gewöhnlichen Troft gefunden? Wärft Du’s gewejen er hätte fi umgebradht! ch mögt ihn ze jehen, wenn Du ein Weiber-Scidjal hätteſt! Es würde ihm jein, als ob er jelbjt in die Wochen kommen jollte! Und mit dem Teufel dazu!
Klara. O, wie dad an mein Herz greift! Ja, ich muß fort, fort! 15
Karl. Was joll das heißen?
Klara. Ih muß in die Küche — was wohl jonjt? (ek: ih an bie Stirn) Sa! Das nod! Darum allein ging ich ja noch wieder zu Haufe! (ad)
Karl. Die fommt mir ganz jonderbar vor! ſſingt 30
Ein fühner Wafjervogel Kreif’t grühend um den Maft!
Klara (tritt wieder ein. Das letzte ijt gethan, des Vaters Abendtrank fteht am Feuer. Als ich die Küchenthür hinter mir anzog, und ich dachte: Du trittſt nun nie wieder hinein! ging = mir ein Schauer durch die Seele. So werd’ ich auch aus Diejer Stube gehen, fo au$ dem Hauje, jo aus der Welt!
Karl (fingt, er geht immer auf und ab, Klara Hält jih im Hintergrund.
Sy
Die Sonne brennt herunter, Manch Fiſchlein, blank und munter, 3” Umgaufelt te den Gaſt! Klara. Warum tu’ ich's denn nicht? Werd’ ich's nimmer tun? Werd’ ich's don Tag zu Tag auffehieben, wie jet von
1118 Maria Magdalene. 67
Minute zu Minute, bi! — Gewiß! Darum fort! — Fort! Und doch bleib’ ich stehen! Iſt's mir nicht, ala ob's in meinem Schooß bittend Hände aufhöbe, ald ob Augen — Sie jept fih auf einen Stuhl.) Was joll da3? Bit Du zu fchwad dazu? So
s frag” Did, ob Du jtarf genug bijt, Deinen Vater mit ab- geichnittener Kehle — Ste ſieht auf) Nein! Nein! — Vater unfer, der Du bilt im Himmel — Geheiliget werde Dein Reich — Öott, Gott, mein armer Kopf — ih kann nicht einmal beten — Bruder! Bruder! — Hilf mir —
16 Karl. Was halt Du?
Klara. Das Baterunfer! (Ste befinnt fi) Mir war, ala ob ich ſchon im Wafjer läge, und unterjänfe, und hätte nod) nicht gebetet! Sch — piöstig) Vergieb uns unfere Schuld, wie wir vergeben unjern Schuldigern! Da iſt's! Ja! Ja! ich
15 vergeb’ ihm gewiß, ih denfe ja nicht mehr an ihn! Gute Nacht, Karl!
Karl. Willſt Du ſchon jo früh jchlafen gehen? Gute Nacht!
Stlara ıwie ein Sind, das fih das Vaterunſer überhört). Ber:
» gieb und —
Karl. Ein Glas Waſſer könntet Du mir noc bringen, aber e3 muß recht frijch fein!
Klara iiänen. Ach will e&& Dir vom Brunnen Holen!
Karl. Nun, wenn Du willit, es ift ja nicht weit!
25 Klara. Dank! Dank! Das war das Lebte, was mid. noch drüdte! Die That ſelbſt mußte mich verrathen! Nun werden jie doch fagen: jie hat ein Unglüd gehabt! Sie iſt hinein geitürzt!
Karl. Nimm Did) aber in Adıt, das Brett iſt wohl nod)
so immer nicht wieder vorgenagelt!
Klara. Es iſt ja Mondichein! — O Gott, ih komme nur, weil jonit mein Water käme! Xergieb mir, wie ih — Sei mir gnädig — gnädig — (ab) ne
68 Maria Magdalene. III9Q.
Heunte Bcene. Karl (fingt). Wär’ gern hinein geiprungen, Da draußen ift mein Reich! Sa! aber vorher — (Er fieht nad der uhr. Wie viel iſt's? Neu Ich bin ja jung von Jahren, Da iſt's mir nur um's Fahren, Wohin? Das gilt mir gleich!
Behnte Zcene.
Meifter Anton tritt ein). Dir hätt! ich Etwas abzubitte aber wenn ich's Dir verzeihe, daß Du heimlich Schulden gemac haft, und ſie noch obendrein für Dich bezahle, fo werd’ id mir eriparen dürfen!
Karl. Das Eine iſt gut, das Andere ijt nicht nöthig, wen ic) meine Sonntags-Kleider verkaufe, fann ich die Leute, die eũ Paar Thaler von mir zu fordern Haben, ſelbſt befriedigen, um da3 werd’ ich glei morgen thun, als Matroſe, (tür ſich da iſt heraus! (aut) brauch' ich jte nicht mehr!
Meiiter Anton. Was jind das wieder für Reden?
Karl. Er hört ſie nicht zum eriten Mal, aber Er ma miv heute darauf antworten, was Er will, mein Entjchlu ſteht feit!
Meifter Anton. Miündig biſt Du, es ift wahr!
Karl. Eben weil ich's bin, troß’ id) nicht darauf. Ab— ich denke, Fiſch und Bogel jollten ſich nicht darüber jtreite ob’3 in der Luft oder im Waller am beiten iſt. Nur Eim Er fieht mid) entweder nie wieder, oder Er wird mich auf ct Schulter Hopfen und jagen: Du hajt recht gethan!
Meifter Anton. Wir wollen's abwarten. Ich brauc den Geſellen, den ich für Dich eingejtellt Habe, nicht wieder a zulohnen, was iſt's denn weiter? |
Karl. Ich dank' Ihm!
Il ıı Maria Magdalene. 69
Meiiter Anton. Sag’ mir, hat der Gericht3-Diener, jtatt Dich auf dem fürzejten Weg zum Bürgermeifter zu führen, Dich wirklich durch die ganze Stadt —
Karl. Straß' auf, Straß' ab, über den Markt, wie den
s Sattnadt3-Ochjen, aber zweifle Er nicht, auch den werd' ich be— zahlen, eh' ich gehe!
Meifter Anton. Das tadle ich nicht, aber ich verbiet' es Dir!
Karl. Ho!
0 Meifter Anton. Ich werde Dih nicht aus den Augen laſſen, und ich jelbft, ich würde dem Kerl beifpringen, wenn du Did an ihm vergreifen wolltejt!
Karl. Ich meinte, Er hätte die Mutter auch lieb gehabt.
| Meiiter Anton. Ich werd’3 beweiſen.
» Elfte Scene.
Der Secretair tritt bleich und wantend herein, er brüdt ein Tuch sogen die Bruſt). Wo iſt Klara? (Er fänt auf einen Stuhl zurüd.) Jeſus! Suter Abend! Gott fei Dank, daß ic) noch her fam! Wo it fie?
20 Karl. Eie ging zum — Wo bleibt jie? Ihre Reden — Mit wird Angjt! (ad)
Serretair. Sie ijt gerät — Der Bube liegt — Aber ug ih bin — Warum das, Gott? — Nun kann ich fie ja nicht —
* Meifter Anton. Was hat Er? Was iſt mit Ihm? Secretair. Es iſt gleih aus! Geb’ Er mir die Hand Maus, daß Er Seine Tochter nicht verjtoßen will — Hört Er, wiht veritoßen, wenn fie — Meifter Anton. Das ijt eine wunderliche Rede. Warum lt ich jie denn — Ha, mir gehen die Augen auf! Hätt' id, hr nicht unrecht gethan ?
70 Maria Magbalene. III 11
Secretair. Geb’ Er mir die Hand!
Meifter Anton. Nein! (ftett beide Hände in die Tafhe) Aber id werde ihr Platz machen, und fie weiß das, ich hab's ihr gejagt!
Secretair centieg). Er Hat ihr — Unglüdliche, jebt erit s verjteh” ich Dich ganz!
Karl (ſürzt Haftig Hereim. Water, Vater, es liegt Jemand im Brunnen! Wenn's nur nicht —
Meifter Anton. Die große Leiter ber! Hafen! Stride! Was ſäumſt Du? Schnell! Und ob's der Gericht2diener wäre! 10
Karl. Alles ijt ſchon da. Die Nachbaren famen vor mir. , Wenn's nur nicht Klara ilt!
Meifter Anton. Klara? (Er Hält fih an einem Tiſch.)
Karl. Zie ging, um Wafjer zu jchöpfen, und man fand ihr Tuch. 15
Secretair. Bube, nun weiß ich, warum Deine Kugel traf. Sie iſt's.
Meifter Anton. Sieh doch zu! (evt fih nieder) Ich kann nicht! (art as) Und Doc)! citent wieder au) Wenn ich Ihn (zum Secretair; recht veritanden habe, jo iſt Alles gut. |
Karl (kommt zurüch. Klara! Todt! Der Kopf gräßlich am Brunnenrand zerjchmettert, al fie, — Bater, fie ijt nicht hinein gejtürzt, jie ijt hinein gejprungen, eine Magd hat's gejehen!
Meifter Anton. Die joll ſich's überlegen, eh’ ſie Spricht! Es iſt nicht Hell genug, daß fie das mit Bejtimmtheit hat = unterjcheiden können!
Secretair. Zweifelt Er? Er mögte wohl, aber Er fann nicht! Denf’ Er nur an dad, was Er ihr gejagt Hat! Er Hat ſie auf den Weg des Todes hinaus gemiefen, ich, ich bin Schuld, daß ie nicht wieder untgefehrt it. Er dachte, al® er ihren » Jammer ahnte, an die Zungen, die Hinter ihm Herzifcheln würden, aber nicht an die Nichtswürdigkeit der Schlangen, denen jie angehören, da jprach Er ein Wort auf, daß fie zur
IILII Maria Magdalene. 71
Verzweiflung trieb; ich, ſtatt ſie, als ihr Herz in namenloſer Angſt vor mir aufſprang, in meine Arme zu ſchließen, dachte an den Buben, der dazu ein Geſicht ziehen könnte, und — nun, ich bezahl's mit dem Leben, daß ich mich von Einem, der s ſchlechter war, als ich, ſo abhängig machte, und auch Er, ſo eiſern Er daſteht, auch Er wird noch einmal ſprechen: Tochter, ich wollte doch, Du hätteſt mir dad Kopfſchütteln und Achſel— zucken der Phariſäer um mid) Her nicht erſpart, es beugt mich doch tiefer, daß Du nit an meinem Sterbebett jißen und mir ıo den Angſtſchweiß abtrodnen kannſt! Meiiter Anton. Sie Hat mir Nichts erjpart — man hat's gejehen! Serretair. Sie hat gethan was jie fonnte — Er war’$ nicht werth, daß ihre That gelang!
15 Meiiter Anton. Oder fie nicht! (Tumult draußen) Karl. Sie kommen mit ihr — (win ab)
Meifter Anton (feft, wie His zu Ende, ruft ihm nad:) In Die Hinteritube, wo die Mutter ſtand! 0 Secretair. Ihr entgegen! (will aufftehen, fänt aber zurid, O! Karl! / Karl (hitft ihm auf und führt ihm ab). Meifter Anton. ch veritehe die Welt nicht mehr! (Er bleibt finnend fteben.) K
Ein
rauerfpiel in Sicilien
Tragicomddie in einem Act.
—— ——
1851.
Heinrich Theodor Rötfcher.
Anjelmo.
Angiolina, jeine Tochter. Sebajtiano. 5 Ambroiio, | Bartolino, J Het Öregorio, Podeſta.
Ein Bauer.
zwei Landſoldaten.
Die Dandfung ereignet ſich bei Palermo.
Ambrofio und Bartolino (halten Wade).
Ambrofio. Nun, Degentpige der Gerechtigkeit? Denn, daß Du's weißt, mit einem Degen wird Tie IThemid abgebildet, und die Spibe Des Degens, den fie trägt, find Du und ich! Du ſiehſt, die Zonne iſt hinab, die Welt Wird grau und fahl, wie eine Fledermaus, Und Hüllt jich gleich in ihren ſchwarzen Rod: Was meinit Tu, geh’n wir bald? Wir haben's weit Zur Stadt und brauchen eine gute Stunde!
Bartolino. Ei, freilih geh'n wir. Längſt ſchon hab’ id) mid) Gewundert, daß Du nicht zum Aufpbruch bliejeit. Allein, Du ftarrtejt nieder in den Sand, Als jähett Du die Nummern dort gefchrieben, Tie man mit Nächitem/ zieh'n wird in Neapel; Und weil ich nun einmal der Ejel bin, Der immerdar ſich für den Zweiten hält, Zeit ih als Solder — denn ich ward als Zwilling Geboren — fam aus meiner Mutter Leib, So ſchaute ich Fir ruhig zu und lieh
80 Ein Traueripiel in Sicilien,
Dir in Gedanken ſchon da3 Geld zum Einſaß, Ich weiß ja doch, daß dieß mein Scidjal tft. Ambrofio. Sc) jah dem Käfer nad, dem ſchwarzen da, Der über'n Weg gekrochen kam, und dachte: Wenn der hinüber fommt, und Du ihn nicht Zertrittit, indem Du mit gefchloßnen Mugen Drei Schritte madjit, jo wirſt Du Korporal Und legſt für diefen Fall Dein Saufen ab.
Bartolino. Da Hätte ich es abgelegt, wie Du; Du weißt, ich thue Nicht allein. Wie ging’&?
Ambrofio.
Wie's ging? Wein Her! Zum Teufel das Gelübde!
Dort liegt der Korporal! Yu Brei zerdrüdt! Ha, wäre ich geblieben in Algier!
Sept wär” ich General, wie Bonaparte — Denn der war ganz ein Lump, wie ih und Tu — Und nebenbei jo reich, daß mir das Yahlen Die größte Freude wäre auf der Welt,
Da es mir jebt die größte Pein doch iſt.
Ic fage Dir, dort ging ed zu — Der Sold War groß genug, bei Gott, für einen Rauſch, Der Morgens anfing und bis Abend währte. Und wenn es doch einmal gebrah — hinaus In's Feld, und Türfenföpfe eingeholt ;
Die wurden Dir vom NAuditeur verjilbert, Du hattejt einen Thaler für den Kopf
Ind mehr, man jcdäßte jte nach ihrem Bart.
Bartolino. Der Taujend!
3°
4 Ein Trauerfpiel in Sicilien. | si
Ambrofio. Sa! Und wenn Du müde warjt — Dean wird’$ von jeder Jagd — fo braudteit Du Dir nicht Dein Geld erit in Perfon zu holen, Du gabit die Köpfe aus, wie jo viel Wechiel, » Man nahm fie an in Schenken und bei Mädchen; Man wußte ja, fie wurden honorirt. Du fperrit dad Maul auf!
Bartolino. vreilih! Haft Du's mir Doch nie erzählt! Wie war's mit Kinderköpfen?
Ambrofio (für fig). Auf Kinderköpfe hätt’ er Jagd gemacht!
(laut) ss Die waren eine Art von Scheidemünze:
Sie galten halb jo viel, wie die der Alten, Man jtedte fie mit ein, wenn man jie fand.
Bartolino. Barum bliebit Du nicht dort?
Ambrofio (für fig). Ich muß doch jeh'n, Wie weit man's treiben darf bei dem! (tan) Sch will's Dir 0 Bertraun! Die Sprade, die die Türfen reden,
War mir zu ſchwer, ich fonnte fie nicht fernen, So gern id wollte.
Bartolino.
Und was madıte das?
Ambrofio. Nun zeigit Tu recht, daß Du ein Efel bit!
Was madte dad? Wenn Du, vom Pferd geworfen, Sebbel, Werte IL 6
Ein Traueripiel in Sicilien.
Pardon! Pardon! rufft, und der Türk verſteht:
Hau' zu! Hau' zu! Was macht das? — Einen Todten! Ja Ihr, die Ihr den Krieg nicht kennt, Ihr glaubt, Daß Alles abgethan iſt mit dem Schultern,
Dem Präſentiren und dem andern Zeug,
Das freilich auch nicht überflüſſig iſt;
Vom Hauptſtück aber wißt Ahr Nichts, und werdet D'rin auch vom Korporal nicht unterwieſen,
Wenn Euch der eig'ne Witz nicht unterweiſ't.
Bartolino. Das Hauptſtück iſt, daß man der Fahne treu bleibt.
Ambrofio. Das Hauptitüd iſt, daß ein Soldat jich übt, In allen Spradien um Pardon zu bitten, Damit ihm nicht au crafiem Mißverſtand Der Kopf zeripalten werde vor der Zeit. Nur, wer am Leben jich erhält, erhält Der Fahne ſich und feiner Fahnenpflicht. Sahjt Du die Todten foınmen, wenn man trommelt ?
Bartolino. Das iſt wohl wahr!
Ambrofio.
Und dieje® Hauptjtüd habe Ich meijterlich gelernt; im Fechten mag Mich Mancher übertreffen, hierin Steiner! Stell’ mi dem groben Deutſchen gegenüber, Der feine Klinge, wie ein Grobſchmied, ſchwingt; Dem plumpen Britten, der nur fidht, weil er Zu viel gegeſſen hat und jchlecht verbaut; Dem eitlen Franzmann, der den Degen braudt,
nz
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115
Ein Trauerſpiel in Eicilien.
Als ob er ſich dabei im Spiegel ſähe;
Tem glatten Ruffen, der, indem er Di Durchſticht, zugleich Dich um Verzeihung bittet; Dem Spanier, der Dich niederſtößt, damit
Er jicht, wie Du im Tod dad Maul verziehſt; Jedwedem, wen Du willit — Du wirft erfennen, Daß ich den Wildejten zu zähmen weiß,
Indem ich ſprech', wie feine Mutter ſprach. Den Türken nehme ich natürlich aus,
Denn diejer jpinnt die Wörter nit aus Luft, Was alle andern Menſchenkinder tun.
Bartolino.
Tie Kunſt iſt gut, wer ſähe es nicht ein, Vie aber haft Du's nur jo weit gebradjt?
Ambrofio (für fie).
Das iſt ein Kerl! Der glaubt mir, wenn ich jage:
der Menſch iſt dazu da, daß er ſich ſchneuzt! (laut)
Wie? Nun, ich ließ mich's allerdings was fojten.
Ich wußte mich in jeder Compagnie
Ten fremden Söldnern angenehm zu madyen
Und überhäufte jie mit Höflichkeit;
Wenn fie alddann zum Dank geſprächig wurden,
Co bat ich meinen Zauberſpruch mir aus.
den Deutſchen jtopfte ih mit Kraut und Würften, '
dem Britten fchnitt ich feine Hühneraugen,
Tem Franzmann trat id) die Geliebte ab,
Tem Rufen bracht ich' Zwiebeln, die id) ſtahl,
Vom Spanier ließ ich mich jelbit bejchenten.
Run bin ich gut befchlagen, wie ein Doctor,
Und jürchte mich nicht mehr vor einer Schlacht. 6*
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Ein Trauerfpiel in Sicilien. 4 Bartolino. Wohl Dir, ich lernte Nichts, ala Händefalten. Ambrofio. Dad würde Dir beim Deutſchen wenig helfen, Es wär, ald ob Du ihm die Zähne zeigtejt! 130
Wenn Du ihn durch Geberden rühren willit, Sp jtrede gegen ihn die Zunge aus,
Dad macht mitunter einen guten Cindrud, Beſonders, wenn er etwas trunfen ijt.
| Bartolino. Berfluchte Beitie, dag!
Ambrofio.
Dem Franzmann zwingft Du 185 Durch einen Purzelbaum fein Mitleid ab, Doch der ijt ſchwer im Augenblid des Todes.
Bartolino. Nun geh mir! Was? Dur einen Purzelbaum ?
Ambrofio. Dur einen Purzelbaum, wie ih Dir jage! Ihr grimm’ger Kaiſer felbit, der Bonaparte, 130 Der fih im Blut der Kinder badete, Hat mehr ald Einen, weiß ic), pardonirt, Der auf den Kopf vor ihn fich hingeſtellt. Nur ließ er fie zuweilen lange jteh'n, Und wehe ihnen, wenn fie niederplumpten! 185
Bartofino.
sh glaube Div. Denn, wenn id) dieß nicht glaubte, So dürft’ ich vieled And’re auch nicht glauben,
Ein Trauerfpiel in Sicilien.
Da3 mir im Kopf fißt, feſt wie's Einmaleing, Weil Du's mit Schwüren angenagelt haft. Biebt’3 heute Mondichein ?
Ambrofio.
Nein, jo viel man ftehtl Die Fiſcher Haben eine gute Nacht!
Bartolino.
So laß uns eilen; denn das böfe Volt, Das wir verfcheuchen jollen —
Ambrofio.
Könnte kommen, Und wenn Dir die Muskete durch ihr Funkeln Sm Sonnenftral den Feind nicht ferne hält, Du prüfit nicht gern, was fie noch jonft vermag.
Bartolino. Sch war no nicht in Algier!
Ambrofio.
St ed wahr, Daß Du einft einer Plünd’rung zugefeh'n Und Dich dabei geitellt, als ob Du jchliefeit ?
Bartolino.
Wie wär’ es denn nicht wahr? Allein, ich lag ſchon Und jtand nur bloß nicht wieder auf. Sch kann Dir Manchen zeigen, der in ſolchem Fall
Noch jtand, wie wir jegt ftehen, und fich legte.
Aud ging es ohne Blutvergießen ab,
Sie machten Keinen alt.
86
Ambrofio. Auch Dich nicht? Bartolino.
Nein, Nur, daß die Gänfehaut mich überlief. Im Liegen grübelt’ ich, ob nidht Gewehre Zu maden jeien, die an hundert Kugeln Berjendeten auf einen einz'gen Drud. Scheint es Dir möglich ?
Ambrofio. Nein! Denn wär’ ed möglich, 100 So würde man fie längit erfunden haben.
Bartolino.
Wohl wahr! Es liegt ja Taufenden daran! Eins mögt’ ih wiſſen!
Ambrofio. Was?
Bartolino. Ob diefe Burjche Sid wirflih Hin und wieder, wie man jagt, In unfre Röde fteden. — Der Gedante 165 Sit mir der jchauderhaftejte von allen, Man dürfte dann dem beiten Kameraden Sa nicht mehr trau'n!
Ambrofio.
Das thun fie allerding?. Du fannft mit Manchen die Polenta ejien, Der — Schaafsgeſicht, was zitterit Du vor mir! 170 Doch trifft man auch Soldaten, die den Räubern
13
In's Handwerk pfufchen, wenn’3 die Stunde giebt, Man bat erjt neulih Einen d’rum geföpft.
Bartolino. So giebt’3 ja wohl nicht eine Mifjethat, Die nit auf Erden fchon begangen wurde?
Ambroiio. Die Erde jteht wohl lang’ genug dazu, Und wenn fi) eine fände, würde Jeder Die Lücke, wie er fie bemerkte, jtopfen, Zum Wenigſten verbürg” ich da3 von mir. Doch jicher giebt's dergleichen Zugenditüde, Kleinode für defecte Himmelskronen, Die Jeder feinem Enkel Hinterläßt. So ließ fi) noch, zum Beijpiel, Kleiner kochen, Damit Sein Nächiter nicht verhungern möge; Und das wär’ doch gewiß ein edled Werk.
Bartolino. Wie jolhen Menjchen wohl zu Muthe iit, Die Räuberei und blut'gen Mord verübten? Ambrofio. Wie Dir und mir! Bartolino. Wie Dir und mir?
Ambrofio. Wie fonjt? Sie fühlen, daß fie fatt find, wenn jie aßen, Und daß fie hungern, wenn die Speije fehlte!
Bartolino, Und da3 Gewiſſen?
89
86 Ein Trauerfpiel in GSicilien. 1
Ambrofio.
_ Diefen Bandwurm treibt _ Man ab, wie jeden andern. Gieb ihm nur - Bu freffen, was ihm widert, und er jtirbt. 7 Ei, ſieh Dich nur in einem Wirthshaus um, ⸗ In einer Kirche, oder wo Du willſt, 196 Da Hat gewiß doch Mancher blut'ge Hände: Bemerkſt Du die? CEchmedt ihnen nicht der Wein Und hören fie mit Andacht nicht die Meſſe? Co fragt’ id mich in jüngern Jahren oft.
Bartolino. Du fcheinft mir äußerft ruchlos von Natur! —*
Ambrofio. Ich glaube, daß ich thun darf, was ich Fann. Ei mad, da3 will ih Dir fo Klar beweijen, Daß Du, ftatt einmal, zehnmal niden follit. Wenn Gott auch nicht jo groß ift, wie man fagt, Und ich auch nicht jo Hein wär’, wie ich bin, 05 Er bleibt noch immer groß genug, um Jeden Bor mir zu jhüßen, den er fchüben will. Wenn er nun aber irgend einen Sünder In meine Hand giebt, zeigt er mir dadurd) Nicht deutlich an, daß ich ihn ftrafen fol, 210 Und troße ich ihm nicht, wenn ich's nicht thu', Sa, werd’ ih nicht dem ſchuft'gen Henker gleich, Der, wenn jein König einen Kopf ihm jchidt, Der abzuhaden ift, fein Schwert nicht zieht? Wer ander? denkt, der ift ein Atheiſt. 215 Biſt Du ein Atheiſt?
Bartolino. Bewahre Gott!
Ambrofio. Du ſagſt nicht Nein!
Bartolino. Ih ſag' ja auch nicht Sal Was ijt ein Atheijt? |
Ambrofio.
Ein Atheiſt? Wie niederträhtig, daß Du das nicht weißt! Ein Jeder iſt's, der fragen kann, wie Du! Pfui! Pfui!
Bartolino.
Ei was, ich weiß es ja recht gut!
Ambrofio. Nun denn! Dort ſteht ein Muttergottesbild, Wir wollen beten, eh' wir heimwärts geh'n. Das merke Dir, ich bete jeden Tag, Es iſt kein Rauſch ſo dick, daß ich's vergeſſe; Den Chriſtus will ich ſeh'n, der ſagen kann, Ich hätt' ihn nicht, ſelbſt auf dem Marſch, gegrüßt. (Sie gehen bei Seite.)
Zweile Scene.
Angiolina (tritt auf). O Gott, wenn Allen fo zu Muthe ift, Die aus dem Haufe ihrer Eltern flieh’n, So haben fie die Strafe in der Sünde. Mir ıjt, als Hätt! ich nicht mein Vaterhaus, Mir ijt, als Hätte ich die Welt verlajjen, Und märe jest, wo Gott nicht mit mir ijt.
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That ich denn Etwad gegen jein Gebot ? D, ganz gewiß! Denn dieje Furcht und Angit, 235 Wie könnt’ ich fie auf einem Weg empfinden, Den er mit feinem Finger mir gezeigt! Die arme Magd, die ung feit Ojtern dient, Hat nicht, wie ich, gebebt, als jie bei Nacht Allein durch jenen diden Wald jich wagte! 3 Sie jagt ia jelbit, fie hat erſt d’ran gedacht, Daß es auf Erden böje Menjchen giebt, Als fie ihr Herz trieb, Gott dafür zu danken, Daß er fie Keinen davon treffen ließ. Ich glaub's! Ich glaub's! Sie that ed, um den Prieſter ss An ihre Vaters Sterbebett zu rufen, Und nit, wie id, um ihm davon zu geh'n! Wie könnte daS auch gut jein, was auf ewig | Dad Kind vom Vater trennt! Und das gejchieht! J Die Flucht vergiebt er nicht! O nein! o nein! E I Er hat's ja noch nicht lange mir verzieh'n, Daß ich fein Knabe bin; erit, feit er weiß, i | Daß er für jeine Tochter einen Sohn J Erhandeln kann, wie er ihm wohl gefällt. | | | Was bin ich ihm, nun ich ihm hierin täufchte! u! Ich war von je ein unglüdjel’ges Sind | u Und hab’ mein arme3 Leben nie geliebt, | Wenn id) den Tod auch fürchtete, wie Alle.
(Ste Sieht ſich um.) Ich fam zu früh, wie's jcheint, Sebajtian Sit noch nicht da. Ich will noch einmal thun, | Pr Was ich als Kind that, will die Augen ſchließen . Und wieder öffnen, und der Gegenitand, Den ic) zuerjt erblide, ob er ſchwarz, Ob bunt iſt, foll auf meine Zukunft geh'n!
(Sie thut's.)
Ein Zrauerjpiel in GSicilien. 91
Eoldaten! Betende! Was die bedeuten,
Steht nit im Traumbud. Nun, es gilt mir gleich!
Die Naht wird immer dunkler. Gott jei Dank!
Wenn man nicht fieht, wird man auch nicht gejeh'n ! (Ste tritt bei Seite.)
Britte Bcene. Ambrofio und Bartolino (kommen zurück).
Ambrofio. Nun kommen wir nicht mehr zu früh' an's Thor. Wenn Du nur Geld haft! Bartolino. Keinen rothen Heller. Sch Habe meinen Schufter heut’ bezahlt, Und da3 für Stiefel vom vergang’nen Jahr! Ambrofio. Sp giebt's noch Zanf. Wenn ich nicht trinfe, zank' ich! Bartolino.
Ei was, wir fönnen wen Dejuchen geh'n.
Ambrofio. Den Brunnen auf dem Markt, ja wohl!
Bartolino.
Warum nicht ?
Dean trifft Dort manche hübſche Magd! Ambrofio.
Die Dirnen
Verſchlechtern ſich, wie alles Uebrige,
Sie geben nur noch Küſſe her, kein Geld.
Wo find’ ih Eine, wie ich Eine Hatte,
Die für mich ftahl, bis fie in’d Zuchthaus mußte, 20 Und noch im Zuchthaud Strümpfe für mid jtridte !
Das that die Laura nicht für den Petrark'.
Der Teufel ſoll mid) holen, wo ich nicht
Noch heute Abend trinfe auf ihr Wohl! Ä Dad war ein Schwur! Sie hat's um mid, verdient! u
Bartolino. Könnt’ ih nur Flöte Spielen! Mit der Flöte Iſt man willlommen, wo es Luft’ge giebt. Man ſollt' es eigentlich als Menſch fchon können, Damit man doch vom Thier ſich — Ambrofio (bemerkt Angiolina). Wer iſt da? | Was horcht man? Was verfrieht man ſich? J Bartolino. Ein Mädchen! ww Ambrofio. Kennt man uns nit? Wir fragen für den König! Reſpect der Uniform! Woher? Wohin? Was fchweigt man ftill? Bartolino. Wie die herausgeputzt ijt!
Angiolina. Ah Gott, ihr Herrn — Ambrofio. Man geht auf böjen Wegen! Wir wiſſen's ſchon! Allein man fommt nicht weit, 25
Es giebt noch manden Schlagbaum vor der Hölle!
Ein Trauerfpiel in Sicilien.
Angiolina. Wie mwird’3 mir gehn? Die bat mein Vater jicher Hieher beitellt! Ambrofio. Sa freilih Hat er das!
Angiolina. Tas iſt doc ſchändlich!
Ambrofio. Schändlich? Angiolina.
Hätt' er mich, Wenn er was merkte, ſtatt mich zu beſchimpfen, Denn nicht im Stillen —
Ambrofio.
Her das gold’ne Kreuz! (reift Ihr das Halskreuz ab)
Angiolina. Sch wußte nit, warum er heut’ fo luſtig, So auödgelafjen war, fo ganz, wie damals, Als ſich Sebajtian den Arm gebrochen, Und e8 im Anfang hieß, e8 fei der Hals. Ich fürchtete — nun ſeh' ic wohl, warum! Du großer Gott, verdien’ ich's —
Ambrofio.
Und den Ring! (zleht ihr den Ring ab) Den Finger audgeitredt! Sonjt thut's ja meh’!
93
94
Angiolina. Ich habe nie geſagt, wie er mich martert, Ich habe mich geſchämt und ſtill geweint, 31
Nun wird man mit dem Finger auf mich zeigen: Dort geht die Schweſter vom verlor'nen Sohn!
Ambrofio (reißt ihr cin Näfthen aus ber Hand). Was steckt in diefem Käjtchen? (su Bartolino) Sieh Di um, Ob Niemand kommt! au Angtolina, Ei, ei, die Silberfpangen! (zu®Bartolino) Kein Menſch? Gu Angiolina) Sie ftehen mit auf unf’rer Lifte! 315 Wo ilt dad baare Geld?
Angioline. Tas baare Geld? So hat mein Vater —
Ambroiio. Nun, wie follt! er nicht? Bis auf den Pienning hat er —
Angiolina. Großer Gott! Konnt' er’? jo ganz vergejien, daß fein Kind Auch Dein Kind ijt? Ambrofio izu Bartolino). Tybaldo, nimm's ihr ab! 300 ceimlich Sprich: Ja, Antonio! Bartolino. Ja, Antonio! (für ſich Das iſt ein — Ja, ob der in Algier war!
Der fönnte auf dem Mond geweſen fein Und einen Stein herabgeworfen haben, Dem größten Potentaten auf da® Haupt!
(zu Angiolina) Die Börſe her!
Angiolina.
Ich Habe feine Börje! Und glaubt, ihr Herrn, mein Vater iſt mein Bater; Tod, wenn er fagt, ich hätt! ihm was genommen, So thut er’d nur, weil er erbittert iſt. Die Kette it von meiner armen Mutter, Sie hing jie auf dem Kranfenbett mir um. Da3 war ein Tag — o Gott, wie weinte ich, Als fie e& that! — e8 war mir ja ein Zeichen, Daß ſie vor Augen ihren Tod jchon ſah. Ten Ring hat mir mein Vater jelbjt gejchentt, Er war mir werth, mie jollt' er es nicht jein! ch durfte denken, wenn ich ihn beichaute: Dein Vater hat Dich auch einmal geliebt! Die Spangen find von meinem Bräutigam, Er hat gedarbt, daß er jie Kaufen fonnte, Wie hätte ich jie wohl zurüdgelafien, Sie find mir Heilig, wie's die Kette ijt!
Ambrofio. Tas hört ſich recht qut an! Angiolina. Nur, weil es wahr ijt! Ihr Herren, jeht mi) an, ich weiß ja jelbit,
Ras ich gethan, als ih — nur fließt nicht d'raus,
Ich jei ein unbejonnensleichtes Mädchen, Bei meiner Mutter Grab, id) bin e3 nicht!
95
96 Ein Trauerfpiel in Sicilien. 3
Mir war von jeher, aus dem Fenſter fchauen,
So viel, wie Ander'n auf die Straße geh’n;
Schließt auf die Qualen d’raus, die ich ertrug, 350 Und auf die größeren, die meiner harrten!
Ambrofio (zu Bartolino).
Wenn Dir’! am Strid fehlt, Einen aufzulnüpfen,
So zupf' ihm aus dem eignen Mund den Hanf.
Sieb Acht, wie man dad macht! qu Angtotina Ich hab’ | ala Menſch
Zwei Ohren, links und rechts, da3 zeigt mir an, 353
Daß ich von links und rechts die Stimmen hören,
Und mit dem Hirn, das in der Mitte liegt,
Sie unpartheiiſch dann vergleichen ſoll.
Erzählt mir mehr denn vom Warum und Wie,
Damit ich fehe, wer gelogen hat, 30
Wer weiß, auf welche Seite ich mich jchlage!
Bartolino.
Den könnt' ich küſſen! Hätte mich der Wind Doch auch — Wer wär’ nicht gern ein Kerl, wie der!
Ambrofio (zu Angioline), Nun? Ohne Furcht!
Angiolina.
So fagt doch jelbit, ihr Herrn, War e8 ein väterlicher Schwur, nich lieber - " 35 Im Würfelipiel den trunfenen Soldaten, Wie’! wohl mit Hund und Lamm gejchieht, zum Preis Zu fegen, als Sebajtian mich zu geben? — Beim ew'gen Gott, es war nicht väterlich!
Ein Zrauerfpiel in Sicilten. 97
Ambrofio.
Die Väter find zuweilen etwas jeltfam, Wie ging’3 mir mit dem meinigen! (m Bartolino) Er ſprach: Kauf mir den Segen ab, verdammter Bube, Damit ih mich einmal betrinfen fann, Sonjt gebe ih Tir meinen Fluch) umjonjt ! gu Anglolina) Nun, der Sebajtian —
Angiolina (peftie).
Wenn hr ihn Eennt, So werdet Ihr nichts Schlimmed von ihm fagen, Mein Bater jelbit, ich zweifle, ob er's thut!
Ambrofio. | Er will ihn aber nicht zum Eidam, will nicht, Daß feine Enkel Nafen tragen jollen, Die an Sebaftiand Nafe ihn erinnern, Er ift nun einmal im Geſchmack curios.
Angiolina. | Er will ihn nicht zum Eidam, weil er arm iſt! Sind wir denn reich? — Und will Sebajtian Denn mehr, als mit)? — Hat er nicht oft gejagt: Gebt mir die Tochter, jeht, zwei Hände hab’ ich, Und fie nur Einen Mund. Daß Uebrige Verſchenkt, wohin Shr wollt. Wenn’d Euch gefällt, Davon der Mutter Gotted einen Altar Zu jtiften, feid gewiß, wir werden kommen, Daran zu beten für Eu’r Seelenheil!
Ambrofio. Ein frommer Burſch! (u Bartoltno) Den unter'n Tiſch zu faufen Und Daun vor eine Kirchenthür zu legen, Hebbel, Werte II. 7
98 Ein Tranerjpiel in Sicilien. 3
Dad müßte eine Götterwolluit fein!
Ich mögte ihn im Kabenjammer ſeh'n,
Beſonders, wenn es jujt Charfreitag wäre! 2686 (u Angiolina)
Und dieſer Vorſchlag, rührte er den Vater?
Angiolina. Die Antwort war ſein fürchterlicher Schwur! Noch mehr! Es kam ein Feuer bei uns aus, Und wäre nicht Sebaſtian geweſen, So läge jetzt in Aſche unſer Haus. 400 Er that das Uebermenſchliche, ich ſah's | Mit Angit und Schaudern, aber auch mit Stolz, J Und reicht' ihm, als er nach vollbrachtem Werk | Mit glüh’nden Wangen und verbrannten Wimpern > An mir vorbei ging, öffentlich die Hand. . 005 | Er faßte fie und fah auf meinen Vater, Der in der Ferne jtand, doch dieſer rief: Wenn da3 zum Abjchied ijt, jo mag es gehn, Sonft aber: wird’3 Herr Gregor Jich verbitten, | Denn diefer wirbt um fie — adj ed iſt wahr, ze Der alte Mann ift plöglich toll geworden! — . | | Und wenn Du Dank von mir verlangt, fo bau' Dir Ein Haus und ruf mich, wenn ed einmal brennt, Ich werde kommen, meine Schuld zu tilgen!
Ambrofio. Sebaftian nun, natürlich, ftad) ihn todt! 415 Dad mußt’ er thun, und wären ihm die Flügel Schon halb heraus, womit er einjt als Engel Mich ſchaamroth machen wird am jüngiten Tag!
Angioline. | Sebajtian wurde bleich, daß mich's entjeßte,
+9
Ein Zraueripiel in Sicilien. 99
Dann jagte er: Du Hörjt! und jah mid an,
Sc nidt ihm zu und flülterte: am Kreuz!
Er jpreizte jieben Finger aud und ging.
Denn Tags zuvor jchon hatt’ er fo geſprochen:
Auf gradem Wege wird ed Nichtd mit. ung,
D’rum laß und nicht mehr vor dem frummen jchaudern; Wenn Du nur millit, fo find mir Mann und Frau, So jchnell ein Pfaff und dazu machen fann,
Ich kenne Einen, der den Dienjt mir leiitet,
Nur kommt er nicht zu mir, ich muß zu ihm.
Bit Du einmal mein Weib, fo fann Dein Vater
Dir Nichts mehr thun, ald Dir die Thür verfchließen, Was jchadet da3? Er jchlägt Dir dann den Arm
Nicht wieder lahm — er that's, doch war's im Raufh! — Da3 iſt fein Unglüd, darum folge mir!
Als er jo ſprach, da ſchüttelt' ich den Kopf,
Doch, al3 mein Vater ihn mit. Füßen trat,
Statt ihn, wie er’3 verdiente, zu umarmen,
Da nidte ih, und nun, nun bin ich hier!
Ambrofio. So fommt er aud)?
Angiolina.
Was jollte ich ſonſt da? Um Sieben wollt’ er fommen, doch jein Herr Hält ihn wohl auf, wie immer!
Ambrofio (zu Bartolino). Hörit Du das?
Bartolino. Ei wohl, und bin begierig, was Du thuft?
100 Ein Traueripiel in Sicilien.
Ambrofio (zu Arglolina). Sind Ring und Spangen und die Kette echt?
Angiolina. Sie ſind's, doch find fie d’rum nicht minder mein!
Ambrofio (su Bartolino). Was meint Du, geben wir's zurüd?
Bartolino. Sit das Die Weisheit aus Algier? Dann wär’ der Spaß Wohl bejjer unterblieben ! Ambrofio. Du haft redit! Wer weiß, ob die nicht dennoch plauderte!
Bartolino. Zu ihrem Bräutigam gewiß, und der Legt’3 ernitgaft aus — Ambrofio. Und wir, wir find zu kennen! Die Schmarre hier — (zeigt auf fein Geſicht) Bartolino. Sie hat Di) einmal fchon Verrathen — denfit Du noch an den Tabad? Das ging vortreffli mit der Smuggelei!
Ambrofio. Wohl! Diefer Schmarre wegen muß fie d’ran! Auch giebt e3 nächſtens eine Mufterung,
3 Ein Trauerfpiel in Sicilien. 101
Da dürfen wir nicht ohne die Medaillen Ericheinen, die wir jüngſt für Wein verjeßt; Woher dad Geld, fie einzulöjfen, nehmen? Bartolino. Berfludt, daß wir und audgezeichnet haben, sr ALS e3 die Diebe einzufangen galt, | Das dringt und jeßt verruchte Thaten ab! Ambrofio. So zieh! Bartolino. Bieh Du! Ambrofio. Ich nicht allein! Angioline. Ihr Herren! Ambrofio. Nun? Müßig Zufeh'n gilt hier nicht! D’rauf los! Den? Dir, fie habe Dieß und Das gethan! Bartolino. “s Hei! Kinderlöpfe und Algier! (Ste durchſtechen Angtolina.) Eine Stimme von draußen. oO! O! Angiolina (Iterbend). Das — iſt — ja fchredlid für Sebaſtian! (ftirbt) -
Bartolino. Iſt das ſchon aus?
102 Ein Traueripiel in Sicilien. 3
Ambrofiv. Was war da für ein DO?
Bernahmft Du's nicht?
Bartolino.
Die Erde hat geſeufzt, Das ſoll ſie, wenn ſie Blut trinkt, immer thun!
Ambrofio. Mir war, ald käm' es aus der Luft!
Bartolino.
So iſt's 470 Ihr Geift geweſen, der noch — armer Geilt!
Ambrofio. Wenn's nur fein Menich war!
Bartolino. Sahit Du einen Menfchen?
Ambrofio. Sort! Hort! Doch nein! Mir fällt was Beſſ'res ein! Bei Seite nur! Wir paſſen, biß der Burſche Ei einjtellt, der Sebajtian, dann —
Bartolino. Man kommt! 475
Ambrofio. Er iſt's! Der Mörder! Wenn ed nur nit Zwei find! Sebt Hintern Baum! Bartolino. Steht die nicht wieder auf? (Beide ab)
Bierte Drene. Sebaftiano (tommt). | Dad war ein Tag, wie zwei. So geht’ mir ſtets, Wenn ich mir meine Freude merken laſſe. Mein Herr verträgt Fein fröhliches Geſicht, Seit ihm die Gicht in beide Beine fuhr. Der alte Bater harrt. So iſt doch Alles Zu Etwas gut auf Erden! Hätte diefer Nicht meiner Schweiter — habe Gott fie felig, Zroß ihres Fluchens auf dem Sterbebett! — Die Abjolution verjagt und jo Den Kopf verrüdt, er thät’ es nimmermehr! Zwei Stunden jind’3 von hier. Das iſt bei Nacht, Was eine halbe wär’ am heißen Tag! — Wenn jie nur kommt! Nur Einen Funken Muth, Nur Einen blafe in ihr an, o Gott, So mandyer wird zu fchlechtem Zweck verſchwendet, Und fie, fie jündigt ficherlich doch eher, Wenn fie fi) einem Vater, wie dem ihren, Nicht mwiderjegt, ald wenn jie endlich ſich Erinnert, daß ſie Menſch it, wie er felbit, Und ihm — (Er erblidt die Zobte.) Unmöglih! Blutend! Todt! (Er fintt an ihr nieder.) Ja, todt! Kann das denn wirklich auf der Welt geicheh’n? Ermordet! Sold ein Kind! O Bube! Bube!
Warum kamſt Du jo fpät! Der Dienft! Was Dienft!
Gab’3 feinen andern mehr? (wüthet gegen fich)
103
104 - Ein Trauerfpiel in Sicilien. 5
Fünfte Bcene. Ambrofio und Bartolino (tommen wieder).
Aubrofio. Pad’ ihn, den Mordhund!
Sebaftiano (pringt aup.
Mit Zähnen, ja. Wo ift er? Wo? Sag' an! Ambrofio (faßt ihn an).
Man Hat ihn fchon!
Sebaftiano. Dan hat —
Ambrofio. Du biſt's ja ſelbſt!
Sebaftiano (tagt.
Ich?
Ambrofio. Dul Wer fonit?
Sebaftiano. Die da war meine Braut! Ambrofio.
So haft Du's wohl aus Eiferfucht gethan? 50
Da ſiehſt Du nun, wie weit die Narrheit führt! Sebaftiano.
Aus Eiferjucht! Ambrofio.
Was kümmert's mid), warum!
Ein Trauerfpiel in Sieilien. 105
Das hat man in Palermo zu ermitteln! (zu Bartolino)
Du, ſuch' den Dolch, er warf ihn in's Gebüſch! Sebaftiano.
Du Tügit!
Ambrofio. Man ſah's!
Sebaftiano.
Du könnteſt nicht fo Lügen, Wenn Du — o Gott, der Teufel that's wohl jelbit! — Wie ſollt' er jonft — — Komm, jhau’ ihr in's Geficht! Kannſt Du's?
Ambrofio. Ich kann's!
Sebaftiano. Ich aber kann es nicht! (fällt wieder an ihr nieder) D Angiolina, das iſt unf’re Hochzeit? Du todt! Sch le! Warum kam id fo jpät! Die Hand nod warm! Es iſt nur kaum gejcheh'n! Berflucht der Quell, bei dem ich ſaß und trank! Bartolino. Ich wollte doch, wir hätten's nicht gethan! Das Bischen Geld, wie bald ijt das verzehrt! Sebaftiano. D, daß ich hier mich felber vor mir hätte,
Mic, der ich fäumte, der ich ging, als Dinge Tie Arbeit eined Jahrs mir an den Füßen,
106 Ein Trauerfpiel in Sicilien. 6
D, daß ich mid) (datt die Zauft gegen fi ſelbſi) — Denn ich bin Schuld daran, Wer fonnt’ e8 thun, wenn ich zur Stelle war! (zu Ambroſio) Leih mir Dein Schwert!
Ambrofio (u Bartolino) Ä Tu hörst doch, was er jagt” 525 Er bettelt um den Tod! (u Sebaftianoo So geht es nicht, Doch in Palermo giebt e8 einen Mann, Der Dich bedient, auch wenn Du's nicht verlangit!
Bartolino. Mich grauf't! Ambrofio. i Gewiſſensbiſſe, He? (ür ſich Der Wicht Sta in die Luft und fühlt doch Mörderangit. 5%
Ya, ja, die inn’re Stimme, die nicht trügt, Der Wurm, der niemals jtirbt! Doch horch'! Man kommt!
Beste Bcene. Der Podeſta, Herr Gregorio, und Anfelmo treten auf, von einigen Soldaten, mit Yadeln zum Theil, gefolgt. Herr Gregorio. Ei was, ei was, man muß die Tochter hüten, Wenn man ein Weib aus ihr zu machen denft;
Denn Leute giebt’3, die Feine Blume pflüden, 585 | Auf der jie eine Spinne figen jah'n, Und And’re giebt es, die fein Mädchen nehmen, |
Das ohne Mutter in die Meſſe gebt.
Anſelmo. Ihr Habt mir das ſchon zwanzig Mal geſagt!
Er
Ein Trauerfpiel in Sicilien. 107
Herr Gregorio. Und öfter noch geden? ich's Euch zu fagen! Sch Bin ein alter Mann, wie meint Ihr wohl, Daß ein Spagiergang mir bei Nacht befommt ? Ich weiß es im Voraus, ich hufte morgen, Und daran iſt doch Keiner Schuld, ald Shr!
Anfelmo. Was zwang Euch, mitzugehen ?
Herr Gregorio. Wa mid) zwang ? Zuerjt, ich bin der Podelta; und dann Muß ich doc ſeh'n, wie man das Püppchen findet, Das id) mir für mein Chebett erfor. / Denn, wenn es mir auch keineswegs mißfällt, Daß ih ein And’rer in dem .Augenblid Vielleicht erhängt, wo ich jie an mich drüde, So will id) doch nicht, daß er jpotten kann: Nimm Du den Stiel, die Kirſche war für mid! Anfelmo.
Herr!
Herr Gregorio.
Nun?
Anielmo. O, das verdammte Kartenſpiel! Die Hölle dem, der es erfunden hat! Herr Gregoriv. Es Hat Euch manchen Abend doch verkürzt! Anfelmo. Es hat um meine Freiheit mich gebracht!
108 Ein Zrauerfpiel in Sicilien. 6
Herr Grogorio. Um Eure freiheit ? Sitzt Ihr ſchon im Thurm? J Ich meine nicht! | u Anſelmo. | Gewiſſermaßen, ja ' : Ich darf nicht fluchen, wenn ich fluchen mögte, m Nicht um mic) hauen, wenn ih — j
Herr Gregorio. i Fluchen! Hauen! | Das find Gelüfte jonderbarer Art! J
Nehmt es nicht zu genau mit mir, Ihr wißt,
Ich war ein Mann, der reichlich leben konnte,
Ich gelte bis zur Stunde noch dafür, 56 Noch heute wollte Einer von mir borgen,
Dem ich wohl ehemals zu helfen pflegte; — Und dennoch — w
Anfelmo. |
Herr Gregorio. |
Nun, es ſteht ja Alles gut, Wenn Eure Tochter wirklich, wie Ihr jagt, Nur fort lief, weil Ihr fie geprügelt habt, 570 | Ich gebe Euch für ihre rothen Baden Den ausgeſtellten Schuldichein ja zurüd; | Das wird genug jein für zwei Sodomd-Xepfel. | Doch freilich, freilich, wenn Ahr mich belogen — Verzeiht — getäuſcht ... |
Anjelmo. | Da? that id, wenn ich jagte, 51 Daß ſie gejubelt, als ih für Euch warb!
&
=
we
Ein Trauerfpiel in Sicilien.
Herr Gregorio, Das fodr’ ich nicht! Gejubelt! Nein, das nicht! Selbit, als ich jünger mar, gefchah das nicht, Ich habe felten Neigungen ermwedt, Und da3 war gut, obgleich es mich verdroß; Denn eben dadurch Fam ich zur Befinnung Und ging den Weg, auf dem man Geld erwirbt. Nun Hab’ ih Geld und kann mir Alles Laufen, Was jich ein Anderer erbetteln muß. Ah Gott, Ihr wißt nicht, wie die Menſchen jind! — Was ſchwatz' ih da! Ahr wißt es ja recht gut, Ahr feid ja felbit ein Hauptbeweis dafür!
Anſelmo. Ja, ja! Herr Gregorio.
Was ſoll das klägliche Geſicht? Mit Mienen, merkt Euch, dringt man mir Nichts ab, Und könnt Ihr mir nicht halten, was Ihr mir Verſprochen habt, ſo wird's Euch ſchlecht ergeh'n; Ich nehm' Euch Alles weg, was Ihr beſitzt, Und geb's Euch nur in Pfenningen zurück, Wenn Ihr als Bettler kommt an meine Thür. Ihr habt geſeh'n, ich warf die Fiſchersleute, Die mir bei Nacht den Weinberg plünderten, In's tiefſte Loch, obgleich ich keine Traube D'rin leſen ließ, ſo lang' ich ihn beſaß. Hei, wenn es mir gefällt, die ganze Ernte Im Halm zu kaufen und ſie ſteh'n zu laſſen
Fäürs Wild und für die Vögel: kümmert's wen?
Ich glaube nicht, wenn ich nur zahlen Tann! Die Küffe bringt man freilich nicht mehr ein, Die man verjäumt hat, und die Jubelnächte;
110 Ein Trauerfpiel in Sicilien.
Ter Saum ijt itumpf, die Lippen find vertrodnet, Das it vorbei, doch dafür hat man Madıt!
Anfelmo. Was joll dies Alles mir?
Herr Gregorio. Es ſoll Euh warnen, Daß Ihr nicht etwa denkt: der Alte da Hat mehr, als er gebraucht, wie jollte er Mir nehmen, was er nicht entbehrt! — Er wird Es thun, ich ſag's aus Freundſchaft Euch voraus, Wenn Zhr ihm feine Pläne kreuzt!
Anfelmo. Wer zweifelt?
Herr Gregorio. Ich will in meinem fiebenzigften Jahr
Das ſchönſte Mädchen noch zur Frau. — Ich will’g!
Sit das genug? — Ich will es, weil ich's will! Da Eure Tochter nun, wie man behauptet, Und wie mir jelber däucht, die Schönite ift, So hab’ ich fie gewählt, und Euch als Preis, Was Ihr im Spiel verloren, vorgefchofjen. Und nun, nun it ſie Euch davon gelaufen — Davon gelaufen! — Aber, jeht Euch vor! Ein Nervenfieber, wenn es tie befiele
Und auf die Bahre lieferte, der Schlag,
Wenn er fie plötzlich rührte, würde nicht
Bei mir genügen, Eure Schuld zu tilgen,
O nein! hr jteht dag Nifico für fie!
Anſelmo. Sie iſt geſund und jung!
—V
6
Herr Gregorio.
Ihr denkt vielleicht:
Was will der Alte au, er wird jich finden,
Wenn fie — er ſchwärmt ja nit für ſie — hr irrt! Er ſchwärmt für das Gefühl, fie jein zu nennen,
Er weiß, daß Viele ihn beneiden werden,
Wenn fie, mit Gold und Perlen überhäuft,
An jeinem Fenſter hinter Blumen fißt,
Und Diejer Neid ergößt ihn. So fauft’ ich mir die beiten Bilder auf
Und binge jie in einem Saal herum,
Den außer mir fein Menfch betreten dürfte; Und wär ich taub, jo jeßt’ ich die Kapelle
Aus allen großen PVirtuojen mir
Zufanmen, die mir täglid) ipielen müßte, Mir ganz allein, und feinen Andern mehr; Dann hätte Raphael nur für mich gemalt
Und Paleſtrina nur für mid) gejegt,
Ja, nit einmal für mich, das wär’ doch pußig;, Und wenn ih all dad Zeug verbrennen ließe,
Die Heiligen Familien und Meſſen,
So wär’3 vorbei mit der Unjterblichkeit! Da ih nur alt bin, nehm’ ich eine Frau!
Anjelmo (tür ſich.
Wär' das nun eine Mifjethat geweſen,
Welt von diejem Teufel zu befrei'n? Eifen wird in Gold verwandelt werden,
dem zum legten Aderlaß verhilft!
3 murmelt hr?
Herr Gregorio.
Wär’ ich blind,
112 Ein Trauerfpiel in Sicilien. 6
Anielmo.
Ich ſprach mein Nachtgebet ! Nur weiter!
Herr Gregorio. Warum links? Sch gehe vechtß!
Anfelmo.
Links kommt ein Kreuz! Und da fie Diefen Weg 655
Gegangen jein joll, wie der Hirt uns fagte,
Der Abends mir das Haus mit Milch verjorgt,
So Hat fie ficher jih zum Kreuz gewandt.
(Sie wenden fi, in demſelvben Augenblid treten ihnen Ambrofio und Bartoltno, die fie längft bemerkt und fi ihnen genäbert haben, entgegen.)
Ambrofio (zu Bartoltno). Nun fei Soldat! (au) Wer da? Herr Gregorio. ' Der Podeſta!
Ambrofio. Der Podeita ? Bartolino. Der Podeſta!
Ambrofio.
Sp ward 6 Der fchaudervolle Mord Euch Ichon bekannt ?
Herr Gregorio. Ein Mord?
Ambrofio. Begangen unter unjern Augen!
Ein Trauerjpiel in Sicilien. 113
Herr Gregorio. Und nit verhindert, he?
Bartolino (u Ambrofto). Da halt Du's ſchon!
Ambrofio. Da3 Auge reicht doch weiter, ald die Hand! Wir famen — Anfelmo (ſeht den Leihnam im Lit einer Zadel). Angiolina! Gott im Himmel!
Herr Gregoriv. ie? Was? Anjelmo. Mein Kind! (cchaudernd) Ich ſehe meine rau!
Ambrofio. Der Mörder liegt dabei! Herr Gregorio. Lebendig ?
Ambrofio. a! Doch ijt er fo von Reu' und Schmerz ergriffen, Daß er ſich ſelbſt den Tod jchon geben wollte, Sch wehrt! ihm daß! Anfelmo (zu dem daliegenden Sebaftlano). Auf, Schurke, auf mit Dir!
Sebaftiano.
Mas giebt ed denn? (teht auf) Ja fo! Hebbel, Werte IL. 8
114 Ein Trauerfpiel in Sicilien. 6
Anfelmo. Du biſt es? Du? Sebaftiano. Ih! Seid Ihr's denn nicht auch? Anjelmo. ı D Böſewicht! Als ich Dir antrug, (Er deutet auf Herrn Gregorio.) dieſen Hund zu tödten,
Da hatt'ſt Du Deine reine Hand zu lieb, Obgleich ic Tir mein Kind dafür verſprach! Und jest, jet halt Du - -
Herr Gregorio. Herr, was jpredt Ihr da? Anfelmo. Nichts, was ich widerrufen werde, Herr!
Herr Gregorio. Ihr hättet —
Anjelıno.
3a, verfluchter Menſchen-Quäler, Wenn diefer Bube Muth befejfen hätte, So war e8 um den Auffauf unf’rer Ernte, 630 Um’5 Bilder-Kabinet und die Kapelle i Und um die Hochzeitönacht zugleich geſcheh'n. Ich ſchlug's denjelben Nachmittag ihm vor, An den Du Deine unverjhämte Abficht Mir offenbartejt und den Grund, warum 635; Du mir das Geld geborgt, ja aufgedrungen: Er wollte nicht, und feit der Stunde haft’ ich Ihn ſelbſt, jonjt Haft’ ich feine Armut) nur!
C> 7]
Herr Gregorio. Ich werd’3 mir merfen. Morgen —
Anfelmo. Kannſt Du thun, Was Dir beliebt, heut’ ſprech' ich, wie ich will, Ich Hab’ genug verjchludt! Herr Gregorio (wendet Anſelmo den Rüden; zu Sebaſtiano). Biſt Du der Mörder?
Sebaſtiano.
Nehmt mich dafür, ſchlagt mir den Kopf herunter, Wer hat denn was dagegen, daß Ihr's thut!
Bartolino. Kein, jo weit darf's nicht geh'n!
Herr Gregorio. Haſt Du's gethan?
Sebaſtiano.
# Hier ſteh' id — und dort liegt ſie; macht nur, macht!
Es wird fchon Alles Kar und offenbar! Unjchuldig bin ich nicht, verfaßt Euch d’rauf.
Bartolino.
Er ift verridt!
Ambrofio. Weil er die Wahrheit jagt?
Bartolino.
Die Wahrheit? Ha! Sinn’ etwas Beſſ'res aus, Ich geb’3 nicht zu, daß man den Zollen Föpft, Bor diejem Frevel jchaudert mir die Haut,
8*
115
116 Ein Trauerjpiel in Sicilien. 6
Den büßte man nicht ab im Fegefeuer, Ein And’re wär’ ed, wenn er Teugnete!
Ambrofio. Du ſchweigſt!
Bartolino. Sch ſchweige nicht! Was meinit Du wohl? Ich Hab’ Reſpect vor Dir! Docd auch vor Gott! 705
Herr Gregorio (wird auf den heimliden Zwieſprach ber Beiden auf: merkſam).
Die zanken ſich wohl gar! — Was haben ſie?
Bartolino (ſehr laut). Der war es nicht!
Ambrofio. Er war's! Kurzſichtig iſt Mein Kamerad und glaubt, der rechte ſei Entſprungen, doch —
Bartolino. Ich ſage noch einmal —
Ambrofio. Zum Teufel! (dringt mit dem Schwert auf Bartolino cin) Bartolino.
| Was? Willſt Du mid) auch eritechen ? 710 Nimm Di in Acht, ich plaud’re Alles aus!
Herr Gregorio. Auch? Auh? Du haſt es ſchon gethan!
715
Ein Trauerfpiel in Sicilien. 117
Bartolino. Was denn Gethan? Ich jagte Nichts!
Ambrofio. O, hätt! id Dich, Auf eine Viertelſtunde noch allein, Zo wär mein legter Wunjch erfüllt!
Bartolino. Was willft Du? sh Ichwöre Alles wieder ab! (au) Er war's, Mid überlam das Mitleid, weil — — (su Ambrofio) Sprid Du! Ambrofio. Ich that's! (ur ſich Wär’ id nur Ring und Kette los!
Herr Gregorio. Soldaten! Seht, ob Ddiejer (deutet auf Sebafttano) blutig ift!
Ein Soldat (ip beleuchtend). | Er iſt ed, auf dem Rüden!
Anfelmo. Auf dem Rüden ? Die Hände hat er aber vorn!
Ambrofio (tür ſich. Berdammt!
Sch wiſchte meine Klinge an ihm ab, Es war zu dunkel, das gejcheidt zu machen!
Anfelmo (su Sebafttano). Menſch, thu den Mund auf! Sprich! E3 geht Dich an!
118 Ein Trauerfpiel in Sicilien.
a)
Sebaftiano. Köpft, wen Ihr wollt, mic, die, was fragt Ihr viel? 725
Anfelmo. Der that es ficher nicht! - Sebaftiano. O, Sicher nicht! Doch, das ijt Alles gleih! Es wird ſich finden! Gebt mir nur erſt mein Theil! Anfelmo. So thaten’3 die! Ambrofio. Beweiß! Beweis! Wir tragen Uniform Und fagen Nein! Biebente Bcene. Ein Bauer (tritt auf mit einem Sorbe). Holla! Beweis genug! 730
Herr Gregorio. Wo kommſt Du ber?
Der Bauer. Aug jenem Baum! Ich ſaß Hoc oben in der Krone!
Ambrofio. Nun iſt's aus! Mir fehlt's am Stein, der unfichtbar mic macht! So fam da3 O von dem!
Ein Trauerjpiel in Sicilien.
Herr Gregorio um Bauer). Nun?
Der Bauer. Zieht dem Langen Die Stiefel ab! Ahr werdet Ring und Kette Des Mädchens darin finden!
| Herr Gregorio. Alſo der?
Der Bauer. Und der, ja wohl! Die Beiden!
Herr Gregorio.
Weiter, weiter! Wie famit Du in den Baum?
Der Bauer.
Du lieber Gott! Ich Hatte mir ein Bischen Obſt geholt Aus einem Garten, der nicht meiner war, Und da id) hier die Wächter ſtehen ſah, So frod) ih, um den vielen Fragereien Mich zu entzieh'n, hinauf. Nun fam dad Mädchen, Und wa3 mit der geichah, das feht hr jelbit! Du arme Kind, ih konnte Dir nicht helfen, Es war fein Menſch zu hören, noch zu jeh'n! Ih wäre fait im erſten Schreck geitürzt, Mein Korb entglitt mir, doch zu meinem Glüd Fing ich ihn wieder auf, font wär’ id} ſelbſt Den Böfewichtern in die Hand gefallen —
Ambrofio. Und wüßteſt jebt, ob Petrus fih raſirt!
119
120 Ein Trauerfpiel in Eicilien. 7
Der Bauer.
Dann ward ich jtarr und fteif und konnte faum Ein Glied noch rühren, ja ich Hatte Mühe, Nicht einzufchlafen, denn mir war zu Muth, Als Hätte ich in meinem ganzen Leibe
Nicht einen Tropfen warmen Blutes mehr!
⸗
Bartolino wu Ambroſio). Du ſiehſt, wenn ich es nicht verrathen hätte —
Ambrofio.
Sch eh’, die That war im Voraus verflucht, Und wa3 verloren ilt, das ift verloren, Sprach Bonaparte auf Sanct Helena! Nun, der hat auch daran gemußt, wie ich, Und mehrmals iſt es mir, wie ihm, geglüdt!
(au Herrn Gregorio und Anfelmo) Ich that's, der Lump hat feinen Theil daran, Ic meine diejen, der hier bei mir jteht, Seht nad, fie kann nur Eine Wunde haben, Die ilt von mir, nun madt, was Euch gefällt! Ich bin Soldat, mir wird ein Tod durch's Schwert, Wie jchnell der kommt, das Jah ich ja (deutet auf die Todter an der!
Sebajtiano (will Ambroſio das Schwert entreißen). Hund! Ambrofio.
Halt! Du bift nicht zünftig! In Palermo! Und da3 mit allem Bomp, der ji) gebührt!
Anjelmo (u Sebafttano). Wie konnteſt Du nur —
>
Ein Traueripiel in Sicilien. 121
Sebaftiano. Weil ich jterben wollte, Und weil jie, wär’ ich früher hier gewejen — — Da liegt's! Da liegt's! Ich trag’ die größte Schuld!
Anfelmo. Tu Darfit nicht jterben!
Sebajtiann. Nicht?
Anjelmo. Ich bin ein Bettler, Und brauche Jemand, der — verjtehft Du mid)? Saft Du mein Kind geliebt, jo zeig’ es jeßt, Indem Du ihre Pflichten übernimmt!
Sebaftiano. Ein Bettler? hr?
Anfelmo. Dem Alten da gehört, — Aus falſcher Schaam hab’ ich's bisher verhehlt — Was id) befite, und er jagt mich morgen, Weil ih ihm nicht die Frau mehr liefern Tann, Aus meinem Haus und madt’3 zum Pferdeitall.
Herr Gregorio. Das thu’ ih! Doc id) glaub’, ich thät' es nicht, Wenn Ihr — Anfelmo.
Schweigt jtill! Hätt' ich die Tochter noch), So wär’ ich nicht verlafjen!
122 Ein Trauerjpiel in GSicilien.
-)
Sebajtiano.
Ganz gewiß nicht! Ihr ſollt's auch jetzt nicht jein, ich werde Leben Und Euch beweifen, daß ich Brot für Zwei Zu fchaffen weiß; eßt es, jo lang Ihr könnt, Es wär' wohl auch für Drei genug geweſen, Doch ſeid gewiß, daß Eure Todesſtunde 790 Auch meine fein wird!
Herr Gregorio (zu den Solbaten).
Auf nun nad) Palermo! — Wie gählings fommt der Tod! (chuttelt ſich)
OK ¶ — —
Ein Trauerſpiel in drei Acten.
1851.
Perfonen:
Zobaldi.
Julia.
Alberto, ein Arzt. 5 Graf Bertram.
Antonio.
Bietro.
ẽ hriſtoph.
Valentino.
Die Handlung ereignet ſich Anfangs in Italien, dann in Deutſchland.
Zimmer im Haufe Tobaldiß. Erſte Scene. Tobaldi un Valentino.
5 Zobaldi. Nun? Nod immer feine Spur ? Valentino. Es iſt unbegreiflich, wo da3 Fräulein — Zobaldi. Wer jpricht vom Fräulein? Kannſt Du es denn
nicht behalten, einfältiger Menjch, daß meine Tochter krank zu Bette liegt und dem Tode nahe iſt? Daß —
10 Balentino. Daß fie feine ihrer Gejpielinnen ſehen fann, weil die geringite Erjcehütterung die fürchterlichſten Folgen haben würde, Daß — — und jo meiter, o ich habe Nichts vergeffen, und weiß, was ich zu antivorten habe, wenn id) über die Straße gehe und gejragt werde. Aber ich dächte, hier, unter uns, mit
8 sonen allein —
| Zobaldi. Und ich jage Dir: Nein und noch einmal Nein!
Tu ſprichſt mit mir, wie mit Anderen, dann macht c3 Nicht,
\ wenn Du einmal mit Anderen fprichit, wie mit mir! — Alſo
vom Papagei feine Spur?
2 Valentino. Nein!
Zobaldi. Das Schickſal trifft mich zu hart! Die Tochter heute und den Papagei morgen — es iſt zu viel für Einen Mann! Du halt befannt gemacht, daß demjenigen, der mir den Vogel wieder Dringt, eine Belohnung von zehn Ducaten ge—
ss wiß ilt?
128 Julia. 11—
Valentino. Bi jetzt nicht!
Zobaldi. Und warum nicht ?
Valentino. Mir däucht, der Schmerz eined Vaters um die Tochter, und aljo aud) die Krankheit der Tochter könnte ver: dächtig werden, wenn der Vater fo viel Angſt um einen ent- flogenen Papagei an den Tag legte!
Zobaldi. Eſel, Du jollteft ausbringen, daß die Kranke in ihren Fieberträumen immer nad) dem Papagei feufze, und dag mir deshalb Alles daran liege, ihn wieder zu befommen- Das jullte den Betrug — die Krankheit mein’ ich, wahrjcheinliger machen. Haft Du mid) jegt veritanden? Fort denn, und dans auf die Apothele wegen der neuen Medicin !
Valentino. Um fie aus dem enter zu gießen, wenn lie da iſt! Gut! (an
Bweite Bcene.
Tobaldi (anein. Wer hätt’ es je gedacht! Entlaufen! Die Tochter einer folhen Mutter entlaufen! Und das zwei Tage vor dem Rojenjejt, wo jie als Marien-Jungfrau — — Gerade, als ob jie e8 aller Welt Hätte fund thun wollen, mit wie viel Recht fie erwählt worden jei. Wer kommt da?
Britte Bcene.
Alberto (tritt ein. Guten Morgen, alter Yreund!
Tobaldi. Guten Morgen, Doctor! Du kommſt früh, frei: lich, freilich, einen gefährlicheren Kiranfen, wie mein armes Kind ‚wirft Du nicht haben, der Tod — Doctor, ich zweifle nicht ar Deiner Kunſt, Du ſiehſt es, ich rufe feinen Deiner College herbei, mein Bertrauen in Did ijt gränzenlo8! — aber dei Tod iſt ihr gewiß, und ich denfe, was meinit Du? er fomm noch heut’, wenn nicht zu Mittag, fo doch wenigjtend zu Abend
13 Julia. 129
Alberto. Tobaldi, ich muß Dich endlich fragen: wie weit
denfit Du's denn eigentlich zu treiben ?
Zobaldi. Wie weit? Nun, wie weit treibt'3 eine Krank— | beit mit einem Menfchen, wenn jie ihn nicht wieder auffommen st Sie macht Miſt aus ihm, oder wenn Du willit, Blumen—
Sutter !
Alberto. Als ich an jenem Morgen zu Dir fan, als id) Dich, wie fejtgenagelt, in Deinem Stuhl jigen jah, als Tu mid) | Anfangs gar nicht zu erfennen ſchienſt, dann aber plötzlich auf- o prangit, mir um den Hals fielſt und mich bejchwurjt, Dir bei-
äuftehen, Die Ehre Deines Hauſes zu retten, da — — Tobaldi. Da benahmſt Du Dich, wie Tu Died immer benommen haſt, jeit wir mit einander Defannt jind. Dar jagteft: ieh mich Doch nur an, id) bin fein Kalender-Heiliger, der fein 45 Runder erſt Dann verrichtet, wenn man jich die Hände wund gerungen und den Hals heijer gebetet hat, ich bin Dein alter Stubenburfch Alberto, der Alles thut, was er kann, jobald er
weiß, was er ſoll!
Alberto. Ich that, was Du verlangtejt, ich — Gott ver-
2 gebe es mir — ich brachte unfern alten Streit, ob das Lügen unter Umjtänden erlaubt jei — Du behauptetejt immer das Gegentheil, Du weißt doch noch? — durch die Praxis auf einmal zu Ende, ich ſchrieb für eine Kranke, die nicht da war, Rerepte, ich fegte mein Geſicht — es war bei jo abgehärteten = Muslkeln feine Kleinigkeit — in theilnahmvolle Falten, ich ging von Haus zu Haus und ſagte — — num, ich jagte meine Lection auf! — Aber — Zobaldi. Aber? dies Aber erjchredt midd — Du fandeit hoffentlih Glauben? Wenigstens hajt Du’s mir verfichert! © Mlberto. Nur zu viel, nur zu viel! Noch eben, da id} u Dir ging — höre, Freund, Du magjt davon denfen, was Tir beliebt, aber ich habe ein Herz, und id) fann dafür jeit fünf Minuten einen befjeren Beweis aujitellen, als die Regel— debbel, Werte IL 9
|
122 Ein Trauerjpiel in Sicilien. 7
Sebaftiano.
Ganz gewiß nicht! Ihr ſollt's auch jetzt nicht ſein, ich werde leben Und Euch beweiſen, daß ich Brot für Zwei Zu ſchaffen weiß; eßt es, ſo lang Ihr könnt, Es wär' wohl auch für Drei genug geweſen, Doch ſeid gewiß, daß Eure Todesſtunde 790 Auch meine fein wird!
Herr Gregorio qu den Soldaten).
Auf nun nad) Palermo! — Wie gählings kommt der Tod! (ſhüttelt fi)
6 nun
Ein Trauerſpiel in drei Aecten.
1851.
13 Julia. 133
glaubt, wenn jie dabei nur großmüthig ein Leben mit auf's Epiel jeßt, da3 ihr zur Bürde geworden ijt, und womit fie Kıhts mehr aufzuftellen weiß. Es giebt Leute, die den Welt- J untergang herbei führen mögten, um ſich den Selbjtmord zu er— sjparen! ALS id) ihm einft auffoderte, blieb er ruhig in jeinem Einfel jigen, denn ihn fejjelte die Alnterfuchung, ob die Küſſe eines MWeibes mit den Jahren an Güßigfeit gewinnen oder ver- lieren; hätt” ich aufitehen fjollen, nın er fam? Der einzige | Moment, in dem Etwas gelingen fonnte, war verjtrichen, denn »Nopoleon hatte zu donnern aufgehört; nur ein Toller fonnte | meinen Plan wieder aufnehmen und erwarten, daß id) ihn unter- fügen würde; nur ein Narr konnte darin, daß ich daS Gegen— theil that, einen Abfall von mir ſelbſt erbliden. Laß die Welt ih häuten, laß eine neue Zeit fommen: mit wadelndem Kopf ; und Ihlotternden Knieen werd’ ich mich unter ihr Banner reihen Aber damals, wo Alles fchlief, wo nicht einmal die Erinnerung mehr wachte, wär's Wahnjinn gemefen! | Alberto. Dennoch hätte ſich wohl ein anderes Mittel ge- | Amden, ihn unjchädlich zu machen, ald das, was Du wählteft! er war nicht nöthig, daß er geächtet, daß er auf Tod und Leben verfolgt wurde. Ohne das wär’ er gewiß nicht fo weit gelommen, unter die Räuber zu gehen und auf dem Schaffot ju enden!
Zobaldi. Und ich, meinit Du, hätte in den Abruzzen den
»lleberfall nicht erlebt, der Dir dad Reiſen an meiner Seite für immer verfeidete, und durch den er mir feinen Danf für eine Sünde abtrug, die ich nie an ihm beging!
Alberto. Die Du nie an ihm begingjt?
Zobaldi. Nein! Ich drohte ihm, al3 er durchaus nicht | "dahin zu bringen war, in jeine Baterftadt und in fein Haus zurück zu fehren, allerdingd mit der Entdedung, aber ich that's nur, um ihn zu zivingen, mir auf den Leib zu rüden und mir Selegenheit zu geben, den fieben Teufen, die ihn plagten, mit
134 Kulia.
einem Dolch in einfacher Nothiwehr irgendwo die Thür zu of ne Während id) nun zuvorfommend viele einfame Spazierg An machte, verrieth ein Schurfe, dem er fi) nad) feiner Art Vor jchnell anvertraut Hatte, ihn wirflih, und er mußte flüchten. Daß er mir das auf die Rechnung fette, war natürlich, Denn Leute, wie er, begreifen’3 nicht, daß ein Mann, der jelbit einmal Branditifter geweſen ilt, Schon deshalb nicht Feuerwächter wird, weil das ausjehen könnte, als wollte er Sich dadurch jeinen Pardon fihern. Daß Du das aber aud) gethan haft, wundert mid)!
Alberto. Ich glaubte, Du müßteſt Dir einer Schuld gegen 1 den Vater bewußt fein, weil Du jo oft Nachforſchungen nad) dem Sohn anjtelltejt!
Tobaldi. Das Mitleid mit dem Sohn eine Räuber it doch wohl auch ohne eine ſolche Schuld erflärlih. Welch einen Schidjal geht er entgegen! Ihn dem Abgrund, um den er [dent ! als Kind herum fpielt, entziehen, heißt mehr thun, als afle zehn Gebote auf einmal erfüllen! Meine Bemühungen ware! umſonſt!
Vierte Scene.
Valentino (tritt ein. Die Medicin, Herr!
Tobaldi. Weg damit! Zum Tiſchler! Beitelle den Sar€ für meine Tochter! Nimm's Maaß nad) dem Bett und bring” 2 ihm! Sag’, fie ſei eben gejtorben. Der Doctor wird der! Todtenfchein gleich ſchreiben! |
Balentino. Ka! Aber —
Zobaldi. Di meinft, man muß auf Alles denken! Richtig! Wenn Jemand davon fpricht, daß er jie jehen will, jo antworte, jte jei bis zur Unfenntlichfeit entftellt und ihr letztes Wort fei gewejen: mein Vater, einen Schleier über mein Gejicht!
Valentino. D! Das wird nicht gefchehen! Sie Taufen: jogar vor mir, felbjt der Apotheker trat drei Schritte zurüd,
i4 Julia. 135
als ih fam, und ſchob jeinen Burjchen vor. Die Angit vor der Anjtedung iſt zu groß. Zobaldi. Alm fo beifer! Geh aud in's Klofter und laß
Seelenmeſſen leſen! Sag, der Arzt — Gu Alberto) Deine
s Reputation erlaubt dad doch? — hätte den tödtlichen Ausgang niht geahnt, wenigſtens nicht jo jchnell, und ich hätte die letzte | Xelung, der Aufregung wegen, To lange verjchoben, bis es zu jpät geweſen fei. Hort! Balentino. Wenn ich’ nur gut mache! cab)
0» Alberto. Du gehit weit! ch glaubte, Du wollteſt Die Jet der vorgeihüßten Krankheit benützen, um Nachforſchungen anzujtellen, und —
Zobaldi. Nachforfchungen? Dit fie mir etwa geraubt? geitohlen? Dit fie, kann ic) daran zweifeln, nicht freiwillig ge= ugangen? Hab’ ich auch nur einen Verdacht, mit wen? Nein, dieſe Heuchelei, dieſe Verſtellung — glaube mir, ſie iſt mir mehr, als todt! can.
Alberto. Hätt' ich's vorher gewußt, ich hätte mich wider— ſeht! Nun iſt's zu ſpät! Aber der hat feine Tochter nie geliebt! Nur das Bild, das er fi von ihr machte! Freilich, wer liebt
anders! Es ift nun einmal das Schiejal des Menfchen, daß
man ihn wegen Eigenjchaften verehrt und anbetet, verabicheut und haft, die er gar nicht bejißt, die ihm von Andern nur geliehen werden! Armed Mädchen! Hätte er Dich nicht für
eine Ausnahme Deines Geſchlechts gehalten, er würde Di
| ſtrenger überwacht, er würde Dir, da Dir die Mutter tun ein=
mal jehlte, ein weibliche® Wejen, dem Du Dich anvertrauen fonntejt, beigegeben und nie Urſache gefunden haben, gegen Dich zu wüthen! Doch Du follit auch jetzt nichte verloren ſein, ich
v weiß, was ich thu'! (folgt Tobaldi)
136 Julia. 15
Wald. Fünfte Bcene. Graf Bertram (tritt auf). Chriſtoph (folgt ihm).
Graf Bertram. Nun, alter Chriftoph, laß mid Eine Stunde allein. Aber ganz allein, hörſt Du? Du weißt, id kann Piſtolen abfchießen, wenn es im Gebüſch um mich He zu raiheln anfängt. Ich habe Stunden, wo ed mid) empört, Daf ih mich nicht vor Gott in irgend einen dunfeljten Winfel der Nacht zurüdziehen kann, wo ich meink Auge jchließe, weil es mid) brennt, als ob von oben eins hinein jchaute! Haft Du ro dad noch gehört ?
Chriſtoph. Ich gehe, Tiiteln zu köpfen. Thäten Cm. Gnaden dafjelbe, ich ginge leichter. Eine Stunde? «sieht ſeine Uhr) Drei! Alſo bis Vier!
Graf Bertram. Tab Du mir die Uhr nicht fchiebit, Alter! 7° Du Haft ed wohl Ichon gethan!
EHriftoph. Und wenn ich's that, jo geſchah's — Gnädiger Herr, id ließ Sie noch nie an jolden Tagen allein, daß Sie des Abends nicht wieder Blut geipieen hätten. Trotzen ſollt' ich Ihnen, ſprechen: ich will nicht gehen! oder etwas Aehnliches, > damit Sie über mich ergrimmten und Ihren finjtern Gedanken entrifjen würden! Und wenn ich’ unterlaffe, jo geſchieht's wahr Haftig nicht, um meinen alten Rüden zu jchonen. Der fann mehr vertragen, als Ihre Brujt!
Graf Bertram. Rah! als ob's ein Unglüd wär’, Blut : zu fpeien! Nur das ift eins, nicht genug zu fpeien! Und Du meinft, dad kommt von finjtern Gedanken? Ei, alter Narr, als ob Du nicht recht gut wüßteit, daß es von Tanzen, Trinfen, Schwärmen, Sagen, genug, von den angenehmiten Dingen der Welt, gefommen ijt! 8
Chriſtoph. Das erite Mat!
=
I5 Julia. 137
Graf Bertram. Nun gut, all diefer genofjenen Herrlich- feiten erinnere ich mich, wenn ich ımter einem alten fräftigen Baum fiege, der ausjieht, als vb er der Erde die Anszehrung zuzichen fönnte, weil er zu jtarf an ihren Brüjten jaugt. Sch gedente des brillanten Balls bei'm Minijter, wo ich gegen Morgen meine Bruſt zum erjten Mal fühlte, und wo ich nur um fo ärger zu rajen anfing, weil ich jie natürlich dafür jtrafen mußte, daß ſie nicht von Eifen war; ich vertiefe mic) in Die Wonnen jenes dreitägigen Commerſches, wo mir zulegt dag helle Blut maus dem Halſe Schoß, und wo ic) noch mit röchelnder Yunge fo ' ange behauptete, es fei der rothe Wein, bis ich ohnmächtig zu—
\emmen janf; ih — — o, Tu weißt nidjt, wie einem Helden zu Muthe it, wenn er auf feine Thaten zurüdjchaut und das kerrlihe Ziel, dem fie ihm entgegen führten, in’3 Auge faßt! ah weiß, wenn ich bis zu diefem Punct fomme, auf einmal wieder, wozu ich nüße bin; hab’ ich denn nicht vortrefflichen Riſt aud mir gemacht? Hab’ ic) den Elementen, die Dich und Ddeines Gleichen gewiß nicht ohne Magenweh verdauen können, nicht wader vorgearbeitet? Wird ein Baum, wie diefer bier, ont vielleicht, wenn ich ihn dünge, noch einen legten Schuß tun, jo übermüthigsfed, daß die Himmelsdecke erjchroden un tauſend Meilen weiter zurüdweicht, damit der jchöne blaue Atlas, womit fie ausgefüttert ijt, nicht Schaden nehme an irgend einem ſharjen Zweig? Denn daß ein folder Baum mir dad Holz s zum Sarg hergeben ſollte, daran ift, obgleich er fein Alter jchon nad Jahrhunderten zählt, nicht zu denken; ich fragte neulich einen, dem ich zu Füßen lag, aber der fing umwillig den Kopf zu jhütteln an und warf mir zur Antwort fein grünites Blatt ind Geſicht! | » OChriftoph. Ja! Sp ſprechen Sie, und ich foll gehen!
Graf Bertram. Nun, fo bleib, alter Narr, aber nimm Tih in Acht, id) werde Dich quälen! Sag’ mir doch, Chriſtoph, wie alt bin ich?
Sam mn
138 Julia. 18
Chriſtoph. Ja, das weiß ich, wie's Kirchenbuch! Es war zu Weihnacht —
Graf Bertram. Ich bin als Weihnachts-Geſchenk geboren, ich weiß. Aber wie alt?
Chriſtoph. Ihre gnädige Frau Mutter — Gott hab’ fie! jelig — |
Graf Bertram. Zur Hölle iit jie wenigſtens nicht ver? dammt, ihren Sohn jieht fie nicht verwejen. Ich weinte, al® fie ftarb — wie lächerlih! Aber noch einmal, wie alt?
Chriftoph. Nun, Tu mein Gott, zivei und dreizig —
Graf Bertram. Jahre oder Jahrhunderte ?
Chriſtoph. Ei, da Sie jo jcherzhaft find, wie Sie wollert gnädiger Herr!
Graf Bertram. Alſo Zahrhunderte! Nun, da kommt’! aus! Iſt mir doc zu Muthe, als wüchſen aus meinem Fleiſch die wülten Diſteln und Brennefjeln fchon heraus, die ſich au meinem Grabe brüften werden — id) brauche mich nur nad Art der Todten auf den Rüden zu legen und die Augen ZU ichließen, jo hab’ ich ein Gefühl, als ob ich ein wucherndes Beet voll Kirchhofunfraut wäre; das neigt und beugt fid gegen einander: auch fchon da, Frau Muhme? und ein falter Wind bläf’t hindurch! Pah, wie ſollt's anders fein! Wer mit Friedrich Barbaroſſa vor Mailand lag, wer mit dem Hunnen-König fänpfte und ihn drei Mal aus dem Sattel hob, der braudt id nicht zu jchämen. Damit vertheidigte ich mich neulich) im Traun gegen Einen, der mir Nafenjtüber gab und mich dabei ausſpottete weil mir der Arm, den ich zur Abwehr gegen ihn erhebet wollte, am Leibe hängen blieb, al3 hätte ich ihn von einer Leichnam geborgt. ch Hielt ihm meinen Antheil an jeder be: rühmten Seldenthat der letzten zwei Jahrtauſende entgegen; id bejchrieb ihm die Wunde, die ich dem Richard Löwenherz im finfen Bein über dem Knie beigebradjt, ganz genau; ich fragt ihn zulegt triumphirend, ob's genug ſei, und ob ich mid) er
15 Julia. 139
ihöpft fühlen dürfe. Er zog ab, wie Einer von einem Todten abziehen mag, an dem er im Rauſch gejrevelt hat, weil er ihn für einen Faulpelz hielt; er war zufrieden gejtellt, ich war es jelbjt und Tegte mich) auf die andere Seite; mir war wirklich, ı Sal ob ich die hungrige Zeit mit meinem dünnen Ich fchon fo viele Sahrhunderte, al3 ich Sahre zähle, gefüttert und ihr doc) noch für den nächſten Tag ein fleined Frühſtück aufgehoben hätte. Und wahrlich, wenn ich dies Alles nicht wirklich gethan habe, jo kann die Emigfeit, und friecht jie ihren Ring bloß ‚ mmeinetwegen nod zehn Mal aus, feine Entfchuldigung dafür ausfinden, daß ich Din, was ich bin!
Chriftoph. Gnädiger Herr, wollen Sie mir nicht zürnen,
wenn ih ein Wort — Sie können ja, jo jchnell Sie wollen: | halts Maul! jagen! 5 Graf Bertram. Du willit Dich für das Zuckerwerk be— zahlt machen, das Du, al3 ich noch ein Bübchen war, für mid) tahljt. Ich erinnere mich, Du kamſt einmal jelbjt in den Ver— daht der Näjcherei, und mußteſt von der Beichließerin eine lange Rede über einen jehr ſchnöden Tert anhören. Dein Geſicht — ter, ſieh noch einmal fo aus, vielleicht werd’ ich auf einen Augenblick wieder Knabe. Nun gut, fprich, ich bin in Deiner Schuld!
Chriſtoph. Die Trine, die! Nun aljo, gnädiger Herr
> das müflige Umberziehen in der Welt thut Ihnen nicht zu Warum — Sie find fo flug, fönnen den ganzen Tag ſprechen, ohne diejelbe Sache zwei Mal zu fagen, reden in jedem neuen Lande mit einer neuen Zunge, bon jour, buon giorno, als ob Sie in Jeruſalem die erſten Pfingſten mit gefeiert hätten — warum — ic weiß ja, wie oft Ihr Herr Onfel onen ein Amt angeboten hat, nod) letztes Neujahr, wenn nicht jeitdem jchon wieder, warum nehmen Sie kein's an? Er nimmt's jo übel, wie Unjer-Einer, wenn wir einen guten Belannten zum Mittag-Efjen einladen und er „Danke!“ fagt, und —
{ f
140 Julia. 18
ja, Ew. Gnaden, das glauben Sie nur, Beſchäftigung — —
Hätte ich nicht immer für Sie zu thun und zu ſorgen gehabt,
ich wär' auch ein Melancholicus geworden, wenn das nicht ein
Hochmuth von mir iſt; denn es ſteckt auch in mir noch ein
andrer Kerl, als bei Sonnenſchein aus dem Fenſter ſieht, — wenn's regnet, kriecht er aus, wie die Würmer, aber dann klopi ich einen Rock aus, und das wirkt, als ob ich mich ſelbſt aus⸗ tlopfte. Ein Amt — —
Graf Bertram. Ic habe ein Amt — id lebe!
Chriftoph. Dies Amt haben wir Wille!
Graf Bertram. Für Euch iſt's eine Freude, ein Spk: für mich ein Gejchäft, das ich nicht aufgeben darf, obgleid ie banquerott Din, weil mir jcheint, daß ich's für frende Redhnume führe! Pad, Du weißt viel davon, was vorgejallen war, BE ih Did jenen Abend von zwei Pijtolen, die auf dem Ti lagen, die eine aus dem Fenſter abfeuern ließ!
ChHriftoph. Das war mein Meiſterſchuß! In Naht us Nebel hinein und doc was getroffen. Der Nabe trappt no jeßt mit zerichoffenem Flügel herum auf dem Hof!
Graf Bertram. Damals fragt’ ih an — für ſich Abe Nein! war die Antwort! D, weld, ein Tag! E3 war der erſc nad) meiner Genefung! Bor dem Weinftod unter meinem Jenite u der mich mit feinen fchwellenden Trauben zu höhnen jchien, vom” der aufblühenden Schönheit des Gärtnerfinde, das mir eine Strauß brachte, vor Allem, was mir friich und lebendig-reizen entgegen trat, fühlte, ich mein Nicht3; wie eine vom Wind auf geblajene Menjchenhaut mit verflebter Mundrige fam ih mie vor. Es war Abend — wozu foll c3 wieder Morgen für Dich werden? dacht' ih und griff zur Piſtole. Aber da durchzuckte mid) ein anderer Gedanfe. Haſt Du nach einem folchen Leben * denn auch dag Recht auf einen jolhen Tod? Und neben die erite mit der Kugel legt' ich die zmeite ohne die Kugel und rief: entjcheidet, ihr dort oben! Nun ein Gang durch's Zimmer,
I5 Julia. 141
ein Griff auf's Gerathewohl, den Hahn aufgezogen, die kalte Metallröhre an die Schläfe geſetzt und abgedrück — — Ha, ich lebe noch (taut) — Chriſtoph, feure die da durch's Fenſter ab! Chriftoph. Längſt geſchehen, gnädiger Herr! 5 Graf Bertram. Sch glaube, immer allein zu jein! Chriſtoph. Könnt id) ihn doc, auf andere Gedanken Bringen! Friſch darauf los! Auch der Nerger wird ihn zer- treuen! — Und wenn’3 denn mit dem Amt Nichts ijt, Ew. Gnaden tönnten auch heirathen! H'raus iſt's, wie der eingerojtete Schuj; aus der Büchſe, die er verdarb!
Graf Bertram. Nicht wahr, Alter, e3 müßte veizender jein, in den Armen eines jchönen Mädchens zu veriwejen, als um Grabe! Für ein jtaubiges Leichenfifjen eine ſchwellende Bruſt, die den Schlummernden wiegte, und milde janfte Augen,
15 Die jtatt falt blinfender Sterne auf ihn herabjchauten, vielleicht gar auch ein Finger, der mit überwundenem Efel den .erjten Wurm zurüdjchnellte — weld) ein Taujch! Aber, wie ich darüber Denfe, fönnteft Du wifjen, Du haft gejehen, mit welchem Entjepen ich floh, al3 jenes unglüdliche Kind — unglaublich ift es mir,
» unglaublich, es heißt ja dod), daß ein Kainszeichen flammt! Und
doch, ich darf nicht hoffen, daß ich mich getäuſcht habe, ſie fand wirklich Gefallen an mir! Genug, ich verdammte mich zur
Ichleunigjten Flucht, als ich's bemerkte, und wir find jetzt zwei—
hundert Meilen von ihr entfernt!
i 3 Chriſftoph. Ja, und fie — ei, was weiß ich alter Eſel
davon, aber dafür bin ich Bürge, wenn ihr die Ohren Klingen, ſo jagt fie jede Mal zu fich felbjt: nun fpricht Einer von mir, und der Eine — Sept geſchah's ja auch!
Graf Bertram. Du meinjt, dies Kind hätte einen Menjchen,
f » wie mich, nicht über den erjten eilig, den man ihr im Frühling
fing, wieder vergejjen ? Chriſtoph. Nein! jo wenig, als den Zeiſig über Cm.
Önaden, wenn ihr einer davon geflogen wäre. Solche alte
142 Julia. 15
finſtere Schlöſſer im Norden, ei, ich bin ja ſelbſt ſo in der Einſamkeit aufgewachſen und weiß, wie die Menſchen da ſind; die pflücken feine Roſe, die nicht nachher in die Bibel gelegt und getrocnet würde, und wenn ein Mädchen — vornehm und gering, ſie jind ſich Alle gleih! Nun, da war eine Grafen= * tochter, und da Ew. Gnaden nun einmal ſolche Scrupel haben — gut, gut! Aber es giebt auch Andere, Arme —
Graf Bertram. Und die, meint Du, darf man ru 8 mit dem goldenen Ring an einen Leichnam fetten, die dam man — — nein, bewahre mich Gott in Gnaden vor einer Grof muth diejer Art; erwede er in mir, wenn er mid) nicht ande—® davor jchüßen kann, noch jet den Ahnenjtolz meine Ur-Ume Großvaters, der einmal als Jüngling, wie er von einer Ma alliance hörte, erklärt haben joll, er werde eher um eine iv oder eine Bärin werben, als um eine Venus aus dem Bürgercc— Itande. ch jchene die Mißheirathen nicht fo jehr, wie er, ab die zwijchen Leben und Tod ſcheue ich allerdings ; denn jie L— die Mutter der Gefpenfter !
Chriſtoph. Um eine Bärin! Dad war der wilde Gem mit der Neiherjeder auf dem Hut, dejjen Nafe man nidyt mez—I jteht, weil die Mäufe fie aus jeinem Portrait herausgefrelie—' haben; natürliche Folge davon, daß man die Kapen zu gut b Ei uns füttert. Ich hab's taufend Mal gejagt, wenn ich hinter de Treppe kukte und die zinnerne Schüffel jtehen jah, die imme * voll war! *
Graf Bertram. Jetzt geh zum Wagen, Alter, ich folge > e3 wird fühl!
CHriftopg. Kühl? (ur ſich Ja wohl, in Gedanken! Ich kann's mir recht lebhaft vorjtellen, wie angenehm e3 jett bei uns zu Yande von den Firnen herweht! Ja, Tyrol, Tyrol!» Aber hier, wo die Gier nur jo lange frifch find, als die Henne te noch nicht gelegt hat — — Bott, Gott, wie glücklich werde ich) mich fühlen, wenn ich feine Orangen und Citronen mehr
I6 Julia. 143
ſehe, außer wo ſie hingehören, am Weihnachts-Abend in der Punſchterrine oder auf der Bratenſchüſſel im Maul eines Eber— kopfs! — Soll Paul näher heran fahren? Ich glaube, daß er's kann!
Graf Bertram. Nein! GEhriſtoph ab)
Secjste Zeene.
Graf Bertram canein. So iſt's, Jammermenſch, fo iſt's! Bilde Dir nit ein, daß Du Dich zu tief herabjegen fannit! u biit fol ein Aber der Menfchheit, daS jie Enirichend hinzu— Tlgt, wenn fie ihre Cäſaren und Napoleone aufgezählt hat. Ha, I Haten! Haft Du nicht einft von Thaten geträumt? Aber Du mi einteſt, dieje Zeit ſei nicht die Zeit der Thaten, al3 ob's nicht aud eine That wäre, jich bereit zu Halten, und nun machteſt us, wie ein jchlechter Soldat, der jich auf jeinem Pojten lang veilt, Du verjpielteft Deine Waffen! Schaud’re! Schaud're! ie jtändeft Du da, wenn Du jebt gerufen mürdejt! Und Dennoh könnt’ es fommen; denn die Erde bebt in ihren Selten,
und es wird jo jchwer jein, jie an Ketten zu legen, al3 in der Donnerwolfe, die finfter und geladen über ihr ſchwebt, die Blike v mit einer Hand-Spritze auszulöſchen. — Und wenn das Auge eins Mädchens jreundlih auf Dich blidt, jo mußt Du das Teinige fchließen und vor ihm zurückweichen; denn nie darfit du eind zum Weibe machen, Dein eigener Sohn würde Dich dereinit dafür auf Piltolen fodern! Was bleibt Dir? Nichts,
‚ 305 die Hoffnung, daß es vielleicht noch irgendwo ein Loch in der Welt giebt, wo ein Kerl, wie Du, der nur noch Ding ilt, hingeſtopft werden kann, wie ein Fetzen in einen Fenſter-Riß; Nichts, als ein Nachſpringen in's Wafjer, wenn ein Trunfenbold hinein fiel, um ihn zu retten, vder, wie's Dir ging, als Du's » thatft und ſelbſt unterjantjt, von ihm gerettet zu werden, Nichts, als — (Man Hört Stimmen.) Menfchen! Ich kann feine jehen! (ab)
144 Julia.
Biebente Scene. Julia und Pietro (treten auf).
Julia. Sit dieß der rechte Weg ?
Pietro. Würdet Ihr mich bezahlen, wenn ich E verfehrten führte ?
Julia. Ich Hoff, er lügt. au) Er it fo ein ob wir ihn erit bahnen jollten!
Pietro. Fürchtet Ihr Eud) vor mir?
Julia. Sch will ihn reizen! aut Vor Dir, der jelbit im legten Dorf vor einem lahmen Hund fürchte
Pietro. Wie war das?
Julia. Und er hatte nicht einmal mehr Zähne ı er biß nur noch in Gedanken!
Vietro. Es iſt hier wirflid einiam. Man thi mich bei guter Laune zu erhalten!
Julia. a?
Pietro. a, und noch einmal Ya!
Julia. Warum?
Pietro (zieht ein Meſſer).
Julia. Du haſt doch auch Aepfel bei Dir?
Pietro. Hohn und Spott? Weib, wenn ich Die jteche, jo Fällt nicht einmal ein Verdacht auf mih! Mi den Näubern mit auf die Rechnung jeßen, die bier 5 Walde haufen. Darum — giebit Du mir, was Du trägt? Drei Mal Haft Du Deine Börje gezogen, ohn nöthig war, ich weiß, ſie iſt jchiver!
Julia. Gute Nacht, Welt! (tan) Wenn ein An jagte, jo — Dir dreh’ ich bloß den Rüden zu! ı Und doch thu' ich's nur, weil mid fchaudert!
Pietro. Ha! (Er dringt mit dem Meſſer auf ſie ein.)
15 Julia. 137
Graf Bertram. Nun gut, all dieſer genoſſenen Herrlich— keiten erinnere ich mich, wenn ich unter einem alten kräftigen Baum liege, der ausſieht, als ob er der Erde die Auszehrung zuziehen könnte, weil er zu ſtark an ihren Brüſten ſaugt. Ich
s gedenke des brillanten Balls bei'm Miniſter, wo ich gegen Morgen meine Bruſt zum erſten Mal fühlte, und wo ich nur um ſo ärger zu raſen anfing, weil ich ſie natürlich dafür ſtrafen mußte, daß ſie nicht von Eiſen war; ich vertiefe mich in die Wonnen jenes dreitägigen Commerſches, wo mir zuletzt das helle Blut
o aus dem Halſe ſchoß, und wo ich noch mit röchelnder Lunge ſo lange behauptete, es ſei der rothe Wein, bis ich ohnmächtig zu— ſammen ſank; ich — — o, Du weißt nicht, wie einem Helden zu Muthe iſt, wenn er auf ſeine Thaten zurückſchaut und das herrliche Ziel, dem ſie ihm entgegen führten, in's Auge faßt!
s Ich weiß, wenn ich bis zu dieſem Punct komme, auf einmal wieder, wozu ich nütze bin; hab' ich denn nicht vortrefflichen Miſt aus mir gemacht? Hab' ich den Elementen, die Dich und Deines Gleichen gewiß nicht ohne Magenweh verdauen können, nicht wacker vorgearbeitet? Wird ein Baum, wie dieſer hier,
o nicht vielleicht, wenn ich ihn dünge, noch einen legten Schuß thun, jo übermüthig-fek, daß die Himmelsdecke erichroden um taufend Meilen weiter zurüchveicht, damit der ſchöne blaue Atlas, womit ſie ausgefüttert ift, nicht Schaden nehme an irgend einem ſcharfen Zweig? Denn daß ein folder Baum mir das Holz
2: zum Sarg hergeben follte, daran ijt, odgleich er fein Alter jchon nah Sahrhunderten zählt, nicht zu denken; ich fragte neulich) einen, dem ich zu Füßen lag, aber der fing unwillig den Kopf zu ſchütteln an und warf mir zur Antwort jein grünjtes Blatt in’3 Geſicht!
v Chriſtoph. Ja! So ſprechen Sie, und ich ſoll gehen!
Graf Bertram. Nun, ſo bleib, alter Narr, aber nimm Dich in Acht, ich werde Dich quälen! Sag' mir doch, Chriſtoph, wie alt bin ich?
138 Julia. 15
Chriſtoph. Ja, das weiß ich, wie's Kirchenbuch! Es war zu Weihnacht — |
Graf Bertram. Ich bin ald Weihnachts-Geſchenk geboren, ich weiß. Aber wie alt? |
Chriſtoph. Ihre gnädige Frau Mutter — Gott Hab” ſie jelig —
Graf Bertram. Zur Hölle iſt fie wenigſtens nicht ver— dammt, ihren Sohn Sieht jie nicht verweſen. Sch meinte, als fie jtarb — wie lächerlich! Aber noch einmal, wie alt?
Chriſtoph. Nun, Du mein Gott, zwei und WW —»
[\
Graf Bertram. Jahre oder Jahrhunderte ?
Chriſtoph. Ei, da Sie fo jcherzhaft jind, wie Sie gnädiger Herr!
Graf Bertram. Alſo Sahrhunderte! Nun, da kommt's aus! Iſt mir doch zu Muthe, als wüchjen aus meinem Fleiſch % die wüſten Diſteln und Brennefjeln ſchon heraus, die ſich auj meinem Grabe brüjten werden — ich brauche mid) nur nad Art der Todten auf den Rüden zu legen und die Mugen zu Ichließen, jo hab’ ich ein Gefühl, als ob ich ein mwucherndes Beet voll Kirhhofunfraut wäre; das neigt und beugt fich gegen * einander: auch fchon da, rau Muhme? und ein kalter Wind bläf’t hindurch! Pah, wie ſollt's anders fein! Wer mit Friedrich Barbarofia vor Mailand lag, wer mit dem Hunnen-König kämpfte und ihn drei Mal aus dem Sattel hob, der braudt ſich nicht zu ſchämen. Damit vertheidigte ich mich neulich im Traum * gegen Einen, der mir Nafenjtüber gab und mich dabei ausjpottete, weil mir der Arm, den ich zur Abwehr gegen ihn erheben wollte, am Leibe hängen blieb, als hätte ich ihn von einem Leichnam geborgt. ch hielt ihm meinen Antheil an jeder be- rühmten Heldenthat der letzten zwei Jahrtaujende entgegen; id » beichrieb ihm die Wunde, die ih dem Richard Löwenherz im linfen Bein über dem Knie beigebracht, ganz genau; ich fragte ihn zuleßt triumphirend, ob's genug fei, und ob ich mich er-
ollen,
I5 Julia. 139
ſchöpft fühlen dürfe. Er zog ab, wie Einer von einem Todten abziehen mag, an dem er im Rauſch gefrevelt hat, weil er ihn für einen Faulpelz hielt; er war zufrieden geſtellt, ich war es ſelbſt und legte mich auf die andere Seite; mir war wirklich, s als ob ich die hungrige Zeit mit meinem dünnen Ich ſchon ſo viele Jahrhunderte, als ich Jahre zähle, gefüttert und ihr doch noch für den nächſten Tag ein kleines Frühſtück aufgehoben hätte. Und wahrlich, wenn ich dies Alles nicht wirklich gethan habe, ſo kann die Ewigkeit, und kriecht ſie ihren Ring bloß
10 meinetwegen noch zehn Mal aus, keine Entſchuldigung dafür ausfinden, daß ich bin, was ich bin!
Chriftoph. Gnädiger Herr, wollen Sie mir nicht zürnen, wenn ich ein Wort — Sie fünnen ja, fo jchnell Sie wollen: Halt’ > Maul! Jagen!
15 Graf Bertram. Du mwillit Dich für das Zuckerwerk bes zahlt machen, das Du, al3 ih noch ein Bübchen war, für mid) jtahlit. Ich erinnere mich, Du kamſt einmal jelbft in den Ver— dacht der Näfcherei, und mußtejt von der Beichliegerin eine lange Rede über einen jehr jchnöden Tert anhören. Dein Geficht —
zo Alter, jieh noch einmal fo aus, vielleicht werd’ ich auf einen Augenblid wieder Knabe. Nun gut, jprich, ich Din in Deiner Schuld!
Chriſtoph. Die Trine, die! Nun aljo, gnädiger Herr — das müfjige Umherziehen in der Welt thut Ihnen nicht
25 gut! Warum — Sie find fo Hug, fünnen den ganzen Tag jprechen, ohne diejelbe Sache zwei Mal zu fagen, reden in jedem neuen Zande mit einer neuen Zunge, bon jour, buon giorno, als ob Sie in Serufalem die erjten Pfingjten mit gefeiert hätten — warum — ih weiß ja, wie ojt Ihr Herr Untel
so Ihnen ein Amt angeboten hat, noch leßtes Neujahr, wenn nicht jeitdem jchon wieder, warum nehmen Sie fein’3 an? Er nimmt’d jo übel, wie Unjer-Einer, wenn wir einen guten Belfannten zum Mittag-Efjen einladen und er „Danke!“ fagt, und —
138 Julia. 15
Chriſtoph. Ja, das weiß ich, wie's Kirchenbuch! Es war zu Weihnacht — |
Graf Bertram. Ich bin als Weihnachts-Geſchenk geboren, ih weiß. Aber wie alt?
Chriſtoph. Ihre gnädige Frau Mutter — Gott hab’ jie 5 jelig — |
Graf Bertram. Zur Hölle it fie wenigſtens nicht ver- dammt, ihren Sohn jieht fie nicht verwejen. Ich weinte, als fie ſtarb — mie lächerlih! Aber noch einmal, wie alt?
Chriſtoph. Nun, Du mein Gott, zivei und Ddreizi — »
Graf Bertram. Jahre oder Jahrhunderte? ]
Chriſtoph. Ei, da Sie fo fcherzhaft find, wie Sie wollen, gnädiger Herr!
Graf Bertram. Alfo Sahrhunderte! Nun, da kommts aus! Sit mir doch zu Muthe, al3 wüchſen aus meinem leid ® die wüjten Dijteln und Brennefjeln jchon heraus, die ſich auf meinem Grabe brüjten werden — id) brauche mich nur nad Art der Todten auf den Rüden zu legen und die Augen zu ichließen, jo hab’ ich ein Gefühl, als ob ich ein mwuchernd« Beet vol Kirchhofunfraut wäre; das neigt und beugt ſich gegen ® einander: aud) fchon da, Frau Muhme? und ein Falter Wind bläf’t hindurch! Pah, wie ſollt's anders fein! Wer mit Friedrid Barbarofja vor Mailand lag, wer mit dem Hunnen-König fännpfte und ihn drei Mal aus dem Sattel hob, der braucht id nicht zu ſchämen. Damit vertheidigte ich mich neulich im Traum # gegen Einen, der mir Najenjtüber gab und mid) dabei ausſpottete, weil mir der Arm, den ich zur Abwehr gegen ihn erheben wollte, am Leibe hängen blieb, als hätte ich ihn von einem Leichnam geborgt. Sch hielt ihm meinen Antheil an jeder be rühmten Seldenthat der leßten zwei SSahrtaujende entgegen; ic» beichrieb ihm die Wunde, die ich dem Richard Löwenherz im linfen Bein über dem SNinie beigebracht, ganz, genau; ich fragte ihn zuleßt triumphirend, ob's genug jei, und ob ich mid) er:
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ſchöpft fühlen dürfe. Er zog ab, wie Einer von einem Todten abziehen mag, an dem er im Raufch gefrevelt Hat, weil er ihn für einen Faulpelz hielt; er war zufrieden geitellt, ich war es jelbjt und legte mich auf die andere Seite; mir war wirklich,
s al ob ich die hungrige Zeit mit meinem dünnen Sch fchon fo viele Jahrhunderte, al3 ich Jahre zähle,. gefüttert und ihr doc) noch für den nädjiten Tag ein Heine Frühſtück aufgehoben hätte. Und wahrlich, wenn ich dies Alles nicht wirklich gethan babe, jo kann die Ewigkeit, und friecht jie ihren Ring bloß
10 meinetivegen noch zehn Mal aus, feine Entſchuldigung dafür ausfinden, daß ich bin, was ich bin!
Chriftoph. Gnädiger Herr, wollen Sie mir nicht zürnen, wenn ich ein Wort — Sie fünnen ja, fo fchnell Sie wollen: Halt’ ® Maul! jagen!
45 Graf Bertram. Du willit Dich für dad Zuckerwerk bes zahlt machen, daS Du, al3 ich noch ein Bübchen war, für mic ſtahlſt. ch erinnere mich, Du famjt einmal jelbit in den Ver- dacht der Näjcherei, und mußteſt von der Bejchliegerin eine lange Rede über einen fehr fchnöden Tert anhören. Dein Geſicht —
Alter, ieh noch einmal fo aus, vielleicht werd' ich auf einen Augenblick wieder Knabe. Nun gut, ſprich, ich bin in Deiner Schuld!
Chriſtoph. Die Trine, die! Nun aljo, gnädiger Herr — das müflige Umbherziehen in der Welt thut Ihnen nicht
gut! Warum — Sie find fo klug, können den ganzen Tag iprechen, ohne dieſelbe Sache zwei Mal zu jagen, reden in jedem neuen Lande mit einer neuen Zunge, bon jour, buon giorno, ale ob Sie in Serufalem die eriten Pfingiten mit gefeiert hätten — warum — id) weiß ja, wie oft Ihr Herr Onkel
30 Ihnen ein Amt angeboten hat, noch letztes Neujahr, wenn nicht jeitdem jchon wieder, warum nehmen Sie fein’! an? Er nimmt's fo übel, wie Unjer-Einer, wenn wir einen guten Bekannten zum Mittag-Efjjen einladen und er „Danke!“ fagt, und —
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fiel, au8 dem Schlummer fajt gewedt hatte, als id, den Schlüj zur Thür in der Hand, harrend auf dem Balcon jtand, da jtel der Mann, dem id; dies größte Opfer zu bringen gedachte, | nicht ein, um es entgegen zu nehmen, da harrte ich umſonſt u hatte ein Gefühl, wie es Diejenige haben mag, die, zum äußerſ Schritt bereit, in einen Eee Hinabjpringt und ihn unter fid) frören findet! Ha! der Mond mag mit Abjcheu auf ein Geſch geblickt haben, das entichloffen war, den alten Vater zu verlaj und dem Geliebten zu folgen, aber die Morgenjonne bat ger nicht ohne Mitleid ein verichmähtes Weib, dag jich erjt jebt e ehrt, geknickt und zertreten fühlte, zurück ſchwanken jehen i Haus!
Graf Bertram. Und Sie hörten Nidht3 weiter von ihı
Julia. Nichts, Nichts. Die Tage verrannen, die Wock die Monate, ich hörte, ich jah Nichts von ihm. Anfang? jtani die Gedanken mir jtill, ich erfuhr, daß man aufhören Tann leben, ohne zu jterben, ich brachte Stunden damit hin, daß meine Pulsichläge zählte. Dann begann es jich unter mein Herzen zu regen, mir war, als ob es lebendig würde in ein Sarg, dad Bemwußtjein fehrte mir zurüd, ih empfand | ſchwerſten Fluch des Weibes, der die Seligkeit, die höchſte Sei feit in Verdammmiß verwandelt, ich fing an, den Menjchen, mir ihm auferlegt hatte, zu Hafen, wie das Böſe ſelbſt. A dieje Zeit ging vorüber; ich dachte an das Schickſal nnd je Tüde, er wird frank fein, rief ich aus, er iſt todt, ſetzte ich Hin al® mir einfiel, daß Kranfe Boten finden Fönnen, und di Gedanke, nicht wahr, es iſt entjeßlich? erhöhte meine Verzw lung nicht, er verringerte fie, er war mir tröſtlich. ber ı löfte eine Dnal die andere ab, ich dachte an meinen Vater, ı dag Herz wollte mir zeripringen! Er ahnte Nichts, ev Nichts, fein Vertrauen in mich war gränzenlog; er juchte, er mid einmal im Meinen überrajchte, den Grund me Thränen in der Furcht vor dem Weltuntergang! Ich fchaut
18 Julia. 151
vor dem Augenblick ſeiner Enttäuſchung, ich ſchauderte noch mehr, als man mich zur Marienjungfrau wählte, als man mich, mich auserkor, am Roſenfeſt allem Volk das heilige Bild vorzutragen, und als ich ſeine verhaltene Freude darüber ſah, ſein erzwungen | sgleihgültiges, mühjam zuſammengehaltenes, und doch vor be= friedigtem Stolz fait zeripringended Geſicht. Sollte ich den turhtbaren Tag abwarten, um zur Sünde den Meineid zu fügen ? Sollte ih vor den Altar treten, das Bild herunter nehmen und feierlich ſchwören: ich berühre Did) mit reiner Hand! um glei)
“darauf zujammen zu brechen und außzurufen: ich habe falich geitmoren? Denn das ijt jchon einmal gefcheh’n, und ein Jahr it darauf gefolgt, in dem jedem Dämon Gewalt über die Venichen gegeben war, meil die Gnadenmutter ihr Antlig zürnend abgemandt hatte. So verjtodt hatte mich die Verzweiflung noch
nit gemacht, ich beichloß, zu fliehen, ic) that. Mein Ge- hiebter Hatte mir einen Namen genannt, eine Stadt, ich begab mi dahin und fand feine Spur von ihm, was blieb mir nod) übrig, al$ den Tod zu juhen? Sie fehen, wie Unrecht Sie hatten, den Mann mit dem Mefjer zu jtören!
”» Graf Bertram. ch fehe, daß eine Pflicht Sie aus der Welt hinausweiſ't, aber auch, daß eine zweite und eine nod) beiligere Cie darin zurüd hält. Es fann Beiden genügt werden. Ih bin bereit, Sie zu heirathen'
Julia. Sie? j
x Graf Bertram. Fragen Sie nicht nach dem Warum. E kann Ihnen gleich fein. Fürchten Sie nicht, daß ic) Liebe von Ihnen fodern werde. sch jelbjt kann Ihnen feine gewähren und werde Ihre Hand nur das eine Mal berühren, wo der Frieiter jie vor dem Altar in die meinige legt. Ich will Nichts,
wals Ihrem Vater einen Schmerz und hnen eine furchtbare Nothwendigkeit erſparen.
JIulia. Ha! Graf Bertram. Ich bin ein vornehmer Herr, ein deutſcher
\
142 Julia. 15
finſtere Schlöſſer im Norden, ei, ich bin ja ſelbſt ſo in der Einſamkeit aufgewachſen und weiß, wie die Menſchen da ſind; die pflücken keine Roſe, die nicht nachher in die Bibel gelegt und getrocknet würde, und wenn ein Mädchen — vornehm und gering, ſie ſind ſich Alle gleich! Nun, das war eine Grafen: tochter, und da Ew. Önaden nun einmal joldde Scrupel haben — gut, gut! Aber e3 giebt auch Andere, Arme —
Graf Bertram. Und die, meint Du, darf man ruhig mit dem goldenen Ring an einen Leichnam fetten, die darf man — — nein, bewahre mich Gott in Önaden vor einer Groß: r muth Ddiejer Art; erwede er in mir, wenn er mid) nicht ander? davor ſchützen Tann, noch jet den Ahnenſtolz meines Ur-Ur—⸗ Großvaters, der einmal als Süngling, wie er von einer Mes— alliance hörte, erklärt haben jol, er werde eher um eine Löwin oder eine Bärin werben, ald um eine Venus aus dem Bürger: ® Itande. Ich ſcheue die Mißheirathen nicht fo jehr, wie er, aber die zwilchen Leben und Tod fcheue ic allerdings; denn ſie iſt die Mutter der Gejpenjter !
Chriſtoph. Um eine Bärin! Das war der wilde Herr mit der Reiherjeder auf dem Hut, dejjen Naſe man nicht mehr © jieht, weil die Mäufe jie aus feinem Portrait herausgefreſſen haben; natürliche Folge davon, daß man die Kagen zu gut bei uns füttert. Ich hab's taufend Mal gejagt, wenn id) Hinter die zreppe fufte und die zinnerne Schüfjel jtehen ſah, die immer voll war! ”
Graf Bertram. Jetzt geh zum Wagen, Alter, ich folge; es wird fühl!
Chriſtoph. Kühl? dur ih) Ja wohl, in Gedanken! Ich kann's mir recht lebhaft vorſtellen, wie angenehm es jetzt bei uns zu Lande von den Firnen herweht! Ja, Tyrol, Tyrol!» Aber hier, wo die Gier nur jo lange friih jind, als die Henne te noch nicht gelegt dat — — Bott, Bott, wie glücklich werde ih) mich Fühlen, wenn ich feine Orangen und Citronen mehr
DL
I6 Julia. 143
ſehe, außer wo ſie hingehören, am Weihnachts-Abend in der Punſchterrine oder auf der Bratenſchüſſel im Maul eines Eber— kopfs! — Soll Paul näher heran fahren? Ich glaube, daß er's kann!
5 Graf Bertram. Nein! (EHrtftop ab)
Zechste Scene.
Graf Bertram (atein. So iſt's, Jammermenſch, fo iſt's!
Bilde Dir nicht ein, daß Du Did, zu tief herabjegen kannſt! Du bijt folch ein Aber der Menjchheit, das fie Enirjchend hinzu— 10 fügt, wenn fie ihre Gäjaren und Napoleone aufgezählt hat. Ha, Thoten! Halt Du nit einjt von Thaten geträumt? Aber Du meintejt, dieje Zeit ſei nicht die Zeit der Thaten, als ob's nicht auch eine That wäre, ſich bereit zu halten, und nun madhtejt Du's, wie ein ſchlechter Soldat, der ſich auf jeinem Poiten lang ıs weilt, Du verjpieltejt Deine Waffen! Schaud’re! Echaud’re! Wie ftändeft Du da, wenn Du jebt gerufen mwürdejt! Und dennoch könnt' es kommen; denn die Erde bebt in ihren Feiten, und e3 wird jo jchwer jein, fie an Stetten zu legen, als in der Donnerwolfe, die finjter und geladen über ihr ſchwebt, die Blibe » mit einer Hand-Sprige auszulöſchen. — Und wenn daS Auge eines Mädchen? freundlich auf Did) blicdt, jo mußt Du das Deinige jchliegen und vor ihm zurüchveichen; denn nie darfit Du eins zum Weibe machen, Dein eigener Sohn würde Dich dereinit dafür auf Piltolen fodern! Was bleibt Dir? Nichts, » als die Hoffnung, daß es vielleicht noch irgendwo ein Loch in der Welt giebt, wo ein Kerl, wie Du, der nur nod Ding ilt, hingeſtopft werden fann, wie ein Fetzen in einen Fenſter-Riß; Nichts, ald ein Nachſpringen in's Waller, wenn ein Trunfenbold hinein fiel, um ihn zu vetten, oder, wie's Dir ging, als Du's 30 thatjt und jelbjt unterfanfit, von ihm gerettet zu werden, Nichts, als — (Man hört Stimmen.) Menjchen! Ich Fann Feine jehen! (ad)
154 Julia. 1?
Valentino. Bortrefflih! Herrlich!
Antonio. Wäre ich noch nicht Dein, ich würde mid Dir | vielleicht ergeben, aber jeßt — wie jtarb das Fräulein?
Valentino, Wie? Nun —
Antonio. Du bift verlegen — Sie nahm Gift? Si’
brauchte — (Er zeigt einen Dolch.) Balentino. Gift? Dolh? Das nit! O nein! PM hätte fie —
Antonio. Freilich, wie hätte fie! dür ſich Willſt —n jie noch im Sarge befleden ? (aut) Sie war jo jung, fo id Fa) io blühend friſch, daß ein natürlicher Tod faſt noch unmöglicc erfcheint, ald ein anderer! Sahſt Du nie eine Roſe, die f \ jelbjt brach, weil jie zu voll war?
Valentino. Nein! Allerdings! will ic fagen — (er — ein Licht aus.) So ging’! (Er zündet's wieder an.) Schnell, ob droben plöglid) ein Engel heiter geiworden wäre, für den das Hofianna fingen jolltee Sagen die Leichenfrauen nicht in ſolchen Fällen ?
Antonio. Aber vorher — vorher — War jie trauriı- Fand man fie zuweilen — — Du bift ja der einzige Bedien 1 im Haufe und mußtejt oft un fie Jen — — fand man fie |
Thränen? Scien fie ji) zu grämen? Du weißt, der T fündigt ſich dod) gewöhnlich auf irgend eine Weife an — Ahnungen jtellen ſich ein, eine Niedergefchlagenheit ohne Gru Til bemächtigt jich de Menjchen — Wa3 bemerfteit Du?
Valentino. Nichte! Gar Nichts! —
Antonio. Nichts?
Valentino. Nichts von dem, was Sie meinten. I war fröhlich, wie immer!
Antonio. Das ijt nicht wahr! Dann müßt’ id) zweiſe £ 1 daß ſie mich — — So! Fröhlid)!
Valentino. Wenn ich jie jah!
Antoniv. Wenn Du fie jahlt. Sa, Ja. Wenn er q!
[2 Julia 155
ih. Sei ruhig, wahnjinniged Herz, das es faſt tröjtlicher zu nden jcheint, fie gemordet zu haben, als ihr gleichgültig ge- 'orden zu fein. | |
Valentino. Aber ich weiß nicht, wie ich dazu fomme —
Antonio. Deffne, öffne den Sarg!
Valentino. Den Sarg?
Antonio. Ich muß fie noch einmal jehen — Schnell! schnell!
Valentino. Noch einmal jehen? Haben Sie jie denn bon gejehen? Sie jind völlig fremd in diefem Haufe, und, te mir däucht, auch in der Stadt.
Antonio. Was fragit Tu viel! Nimm! (iebt ihm eine örie) Und öffne!
Valentino. Der Sarg ijt verichlojjen, und der Vater hat en Schlüſſel. |
Antonio. Führe mid) zu ihm, er wird barmherzig fein, d will ihm dafür Alles, Alles vergeben, was er an meinem zater und durch) den an mir verbrocden hat.
Valentino. Verbrochen? Signor Tobaldi verbrochen ?
Antonio. Ja! Ka! Kit der Name Grimaldi in dieſem Jauje unbefannt? Ich bin jein Sohn, und das Blut wallt nir auf, wern ich — Führ' mich zu ihm!
Valentino. Ich darf ihn nicht jtören!
Antoniv. Was will ih auch! Mit Blumen wird jie die Todes-Wunde bedeckt, mit Lächeln den Schmerz übergüldet haben, m jih erjt in der Nacht, auf die fein Tag mehr folgt, aus— meinen! Sol ih fie jtören, ſoll ich den Verdacht, der jekt ſchläft, wie jie jchläft, weden und — — Mein! Fahre wohl, sulio, fahre wohl, Du milder jhöner Stern! Mein Herz ift der Stein, der fi) dadurch) erwärmte, daß er Deine Stralen in fi fog. Nun wird er, wie jener, der nad) Sonnenuntergang noch dankbar fortglüht und von der Sonne zeugt, noc ein wenig feuchten und dann erlöfchen, wie Du! Er sieht die Piſtole
156 Julia. I?2 <
hervor.) a, ja, wie Du! (u Balentino Wann wird jic begraben und 10?
Valentino. Heute no und auf Sanct Lorenzo.
Antonio. Das ift da, wo die Ulmen jo düſter über dies Mauer jchauen. Dahin! Dahin! Dieſen Alten mögte ih zum. meinem Erben machen, da er mein lebter Wegweiſer iſt, ıd J mögte ihm den Edeljtein jchenfen, der mir jenjeit$ des Welt— meerd das Haus bauen jollte! Doc) nein, das Vermächtniß eine Räubers fönnte fchredliche Folgen für ihn haben! Eines Räuber?’ Du hörſt dies Wort do nit, Todte? Sonſt mögteit Du wieder aufitehen und Dein junges Leben von dem Menjcher mm zurüdfodern, der Di) zwar anders betrog, als Du vielleichr — glaubtejt, der Dich aber doch betrog! Ich will den Stein wegwerfen ar Hebe ihn auf, zu Fluch oder Eegen, wer will. Ein jpielende=: Kind, das nicht weiß, was es findet und den Fund wieder jüm eine Blume hingiebt oder — wu Ratentino Wund’re Dih nid über mich, Wlter! ch Habe Dein Fräulein geliebt, wenn jr = auch Nichts davon gewußt hat, ich habe fie oft in der Kird- = gejehen.
Valentino. Darüber veriwund’re ich mid) gar nicht. C— it hier noch Einer in der Stadt, Anſelmo beißt er, der bez dieſen plöglichen Todesfall vajend geworden iſt. Man bat ihe # mit Striden binden müjjen, damit ev ſich nur nicht aus demsz senfrer ſtürzte. (eierlihh Sein Blut komme nicht über mid), wenn ers Doch thut. für fih) Was red' id) da wieder? unas Antonto) Ich Wollte nämlich nie einen Brief für ihn beitellen, nicht einmal Blumen und Früchte überbringen, obgleidy ich Die Hälfte für mich hätte behalten können.
Antonio. Und mm — (Cr tüht den Sarg.) Heute früh, als id} ankam, tranf ih auf ihr Wohl und wünjchte ihr jo vielem Jahre, als der Sonnenjtral mir Perlen im Wein zeigte. Das war mein legted Glas! Nun, Alles hat ein Ende, und wenn morgen dod, warum nicht heut? Warum aber nicht geftern?
112-4 Julia. 157
könnt' ich auch fragen, könnt' ich eher fragen. Die Wunde hier, die mich für Monate darnieder warf, die mich in dem Augen— blick darnieder warf, wo ich zu ihr eilen wollte, um mit ihr zu entjliehen und in einem neuen Welttheil ein neue Leben » anzufangen, warum mußte jie wieder heilen? Wenn Einem meiner mißtrauifchen Teufel die Macht verliehen war, jie mir in der Stunde der Enticheidung zu verjeßen, warum gebrad) ihm die Kraft, tief genug zu jtoßen, und warum mußte jich ein Anderer aus jchnöder Dankbarkeit zu meinem Bejchüger und 0 Pilger aufiverjen? Gleichviel! Nach. St. Lorenzo (av)
Britte Bcene.
Valentino cafein. Nah Sanıt Lorenzo! Was? Der will doch nicht einen Todtenträger vorjtellen, der fich jelbjt dahin träg? Mir grauj’t! Einer wird wahniinnig, dev Andere — —
ss Nichts joll mich verhindern, gleich morgen zu beichten! Mein dar! Gott Lob, daß er nicht früher fam! Das hätte, des Fremden wegen, was gegeben! Wie er d’rein jchaut! Ned und her, als wären die Steine Ihon unter der Erde! Welche Strafe wohl auf einen folhen Betrug geſetzt ijt!
ww Vierte Bcene.
Zobaldi (tritt auf, einen erbrochenen Brief in der Hand). Du biſt hier? Raſch hinunter! Der Vater des jungen Anſelmo wird gleich Elopjen. Ich Jah ihm über die Straße gehen. Unter feiner Bedingung bin ich zu jprechen !
35 Balentino. Ich werde ihn abweijen. Sein Sohn joll —
Zubaldi. Ich bin fein Irrenarzt. Was geht's mich an? Kennit Du ein Mädchen, das Haare hatte, wie meine Tochter? Schwarz und glänzend, da fein Unterjchted zu bemerfen wäre?
Valentino. Die Mädchen haben Haare von allen Farben.
158 Julia. 115.6.
Tobaldi. Spür' Eine auf. Es hat Zeit bis morgen. Du mußt mir eine Locke jchaffen. Geh! | (Balentino ab)
Fünfte Scene.
Zobaldi. Ya, liebe Schweiter, Dein Wunſch ſoll erfüllt werden, wär’ aud nur zum Dank dafür, daß Du zur rechten: Zeit krank geworden bit! Du hätteſt Dir fonft Dein Recht au den Leichenkuß ſchwerlich nehmen laſſen, und das würde mid) ine Berlegenheit gejeßt haben. Nun ijt’3 bald vorüber! Wenn dieias Lichter niedergebrannt jind, wenn dieſe Holzkijte mit Erde bedeck ijt, Hab’ ich in den Augen der Welt feine Tochter mehr. Wir. leiht das Alles ging!
Sechste Brene.
Alberto tritt ein. Nun?
Zobaldi. Dank Dir für Deinen jchwarzen Rod! I Herren pflegt jonit die Zahl der Raben Hinter einem Sarg nick zu vermehren !
Alberto. Und Du bijt und bleibit entichlofjen ?
Zobaldi. Du fragit wie aus dem achten Jahre herau— und haſt dag Wejterhemdchen doc, wie mir däucht, fchon geraunmm Zeit abgelegt. Als ob ich noch zurüd fünnte! Als ob auch nı- eine Möglichkeit vorhanden wäre! Ich meine nur. Nidt, a ob ich zurüd wollte!
Alberto. Es würde Dir nicht zur Schande gereihen! Em̃ jolder Betrug —
Zobaldi. Gegen die Würmer iſt unverantwortliih! TI hait recht. Ich Hab’3 auch ſchon gedacht. Eine ganze Geſel haft zujammenbitten und eine Schüjjel ohne Braten auf de Tiſch stellen! Mech ein — Aber jei ruhig, fie ſind's ſchon ge
ls Julia. 159
wohnt, es geſchieht nicht zum erſten Mal! Ich wiederhole bloß, was mir längſt ein Anderer vorgemacht hat!
Alberto. Und was alſo nicht geglückt ſein muß, weil Du es ſonſt nicht wiſſen könnteſt! 5 Tobaldi. Was ſo ſehr geglückt iſt, daß man in meiner Geburtsſtadt noch bis zur Stunde nicht weiß, wer der Urheber war, und ſich das Räthſel, das der Kirchhof aufgab, durch den Teufel löſ't.
Alberto. Wenn ich mir denke, daß Dein armes Kind viel-
10 leicht hülflos und verlaffen in der Welt umher irrt —
Zobaldi. So iſt das wahrſcheinlich eben fo richtig, als
Denn der junge Anjelmo ich denkt, daß fie im Sarg liegt und
in Staub zerfällt.
Alberto. Wenn ich mir das denfe, und mich dabei er—
15 Urunere, wie manchen Kuß fie mir vor ihrem jiebenten Jahre ge= geben hat — — id fage Dir, da könnt’ ich auf der Stelle Bun, was der junge Anjelmo thun würde, wenn er wüßte, was ich weiß, ich könnte mich, wie ein irrender Schäfer, aufmachen un) —
20 Tobaldi. Du mürdejt fie jicher nicht finden! Sch biete Die Bette! Du follit jie, am hellen Sonntag Mittag, wenn Alles, Was Beine hat, ſpazieren geht, und Alles, was feine hat, dor der Thür auf der Steinbank jitt, zurücdführen, und id will Dir, ſobald Du den Wink giebjt, demüthig entgegen fommen und
* vor dem Fräulein mit Handfuß auf die Knie fallen! Ich meine,
| wenn Du fie triffit, und wenn fie will!
Alberto. Menſch, meld ein Widerſpruch! Wie fannjt Du
\o gut von ihr denken und jo, wie Du thuft, gegen fie handeln! Tobaldi. Ich denfe nicht gut don ihr, id) denke gut don
J * ui ſelbſt!
Alberto. Ich thäte, was ich ſagte, wenn mir nicht gerade ein Patient im Sterben läge, und ein Goldmacher obend'rein!
Und die Verſicherung geb' ich Dir! Ich ſtöre Dein Vorhaben
160 Julia. ITE
nicht, jeßt nicht mehr! Ich werde ehrbar, wie Du jelbit, hinten dDiefem Sarg einherjchreiten, und mir den Mangel an Thräne vom gaftenden Volk ruhig auf Rechnung eines verftodten Herzen: ſetzen laſſen. Defjen jei aber gewiß, daß ich mich ihrer annehmen werde, wo und wie id) jie finde!
Tobaldi. Ueber Nacht ſah id) ſie unter Brennneſſeln Liegen einen Dolch in der Brujt, und Einer jtand neben mir — viel leicht warſt Du's — und fragte mich: bereuft Du Nichts? Ic jagte: Nein! Was hälit Du von Träumen?
Alberto. Id begreife Deine jtarre Kälte nicht!
Zobaldi. Nein, denn Du begreifit nicht, daB man in de Iochter zum zweiten Mal die Mutter bejiken, und daß man % in ihr alfo auch zum zweiten Mal verlieren fann! Du begrei 1 nicht, daß es Menſchen giebt, die nur einmal lieben, wie jien= einmal leben und jterben, und die, wenn der Tod zwilchen * und den Gegenſtand ihrer Liebe tritt, ihr ganzes Gefühl auf e Bild, das über ihren Schreibtijch hängt, übertragen Fönnen, m viel mehr auf eine Tochter, die — Halten wir der Todten X Xeichenrede, damit wir erfahren, was wir an der Nebendieg hatten! «tritt an den Sam Hier liegt ein Mädchen, das de Vater fchon bei der Geburt theuer verjchuldet ward; denn es fcı als Mutter-Mörderin zur Welt, es jchrieb jih mit Blut ins Bw der Lebendigen ein! Er würde dad Mädchen gehaßt, er wir es wenigſtens mit ausgedörrtem Herzen von ſich entfernt habe wenn der Blick der Sterbenden nicht noch im Erlöjchen auf De Kinde, wie auf dem legten hell gebliebenen Punct der verdunfelt« Erde geruht, wenn jie bei einem zufälligen Laut dejjelben nic noch aus dem Todesfampf heraus jelig gelächelt hätte. Nu mußte er es wohl lieben und an jeiner Seite behalten, er muB jic) dazu zwingen, dem ev mußte zittern, die Entjchlafene dur andere Empfindungen nod) jenfeits de Grabe zu verwunde Was ſiehſt Du mich an, ſieh weg, weg!
Alberto. Ich thus ja.
116 Julia. 161
Zobaldi. Und e3 ging ihm wunderbar, diejem Vater. Anfangs konnte er das Heine Weſen, das fi) in dumpfer Ge- nügjamfeit an eine fremde Brujt jchmiegte und gleichgültigen Lippen die Küſſe aufbrüdte, unter denen die erblaßten mütter- | slihen wieder aufgeblüht fein würden, nicht ohne einen bitteren Schmerz betrachten. Aber jo wie es jich allmälig aus dem eriten
dimmernden Nebel verfchwimmender Umrifje zu bejtimmteren dormen entwidelte, trat eine jolche Aehnlichfeit mit der Hinge— iiedenen hervor, daß ihm nach und nad) ward, als hätte er fie
; 2nidht verloren, al3 hätte fie fih nur aus Laune oder aus Scheu dor ihm wieder in's Kind zurüdgezogen und made nun aus diejer freundlichen Maske heraus gebrochene Erfennungszeichen. Das Mädchen ward größer und der Traum, den ihr ftille8 Leben und Reben dem Vater aufichmeichelte, voller und fchöner; nie #5 fonnte er aufhören, jich bei dem Gedanfen an die Vorangegangene bereinfamt zu fühlen und zu vermifjen, was er jchon befejjen Batte, aber wenn er ſich auch von ihrer Gegenwart ausgeſchloſſen jah, jo durfte er jich einbilden, daß ihm zum Erſatz für jeine
° Kindheit und Jugend, gegönnt fei, und ihm war zuweilen, als ob der Heilige Duft der Blüte, den er einjog, ihn entichädige für den Honig der Frucht. Du haft die Abgefchiedene gefannt — — (tritt vom Sarg weg)
Alberto. ch Habe, Freund, id) habe, und ihretwegen habe , ich dem lieben Gott feinen Rippendiebjtahl halb und halb ver- 1 geien — verzeih, ich kann ja das Baterunfer nicht einmal mehr beten, ohne einen Harlekinsiprung dazwifchen zu madhen — — ader freilich, freilich habe ich ſie gefannt!
Zobaldi. Du hait jie gefannt; ſprich ſelbſt, ob die Tochter °P Snicht geboren fchien, den Lebensfaden der Mutter nur fo wieder J mimehmen und ihn völlig abzufpinnen! Waren e3 denn etwa bloß zufällige Aeußerlichkeiten, die mich täufchten? Die Farbe des Haars und der Augen oder der Ton der Stimme? Sprad)
debbel, Werte I. 11
162 Julia. II6
durch dieſe Augen, durch dieſe Stimme nicht dieſelbe Seele zu mir, die mich einit — — — Wußte id) nicht, wenn id) eine Frage an jie jtellte, was ſie antworten würde, weil ich mid) er= innerte, was die Mutter geantwortet hatte? Und konnte id) fie nicht, al3 jie mid um das Bild der Mutter bat, zum Spiegel führen, ohne ein Narr zu fein, und ſprechen: ieh Hin? Wurde die Nehnlichkeit, wenn noch Etwas fehlte, nicht völlige Gleichheit al3 fie ji), wie die ed an unjerm Hochzeitstage machte, mit ver wirrtem Lächeln abwandte und ihr Geſicht an meiner Bruft zu verbergen ſuchte? Mir war, ala ſäh' ich jie jelbit!
Alberto. Es ijt wahr!
Zobaldi. Mußte ich aljo der LXebenden nicht vertrauer wie ich der Todten vertraut hatte? Und iſt es ein Wunde“ wenn ich's jeßt, da die Eine mic) jo fchredlich getäufcht hat, nid für unmöglich halte, daß auch die Andere mich noch hätte täufche- fünnen, wenn jie länger —
Alberto. Wahnjinniger!
Zobaldi. Wahnjinnig oder nicht, ich ſage Dir, fie hat m ihre Mutter zum zweiten Mal ermordet, fie bat ihr Bild - meinem Herzen verfinitert, und darum joll fie mir fein, al! = fie nicht mehr in der Welt wäre! Dies Leichenbegängniß ilt fo bloßes Poſſenſpiel; was fie mir war, daß begrab’ ih; was vx ihr übrig blieb, dag gilt mir weniger al$ Nichts.
Alberto. Jetzt zum erjten Mal gönne ic fie Dir!
Zobaldi. Wen?
Alberto. Die Todte! Denn jept fehe ih, daß ich D Unrecht that, wenn ic) glaubte, daß Du nur ein halbes Gefiz: für ihren Werth gehabt hättejt!
Zobaldi. Und warum glaubteit Du das?
Alberto. Weil Du Dich gleich, nachdem jie die Teints geworden war, in Dinge einließeit —
Zobaldi. Die mir den Hals hätten fojten können, mei! Du. Ja, ſieh, darin unterjcheidet jich ein Mann, wie id, ve
116-8 Julia. 163
einem Grimaldi. Ich that's, als ich Alles gewonnen, er, als er Alles verloren hatte; ich, um für ein Glück, das ich nur dadurch berdienen zu fönnen glaubte, den Preis zu bezahlen, er, um ſich für jein Unglück zu rächen!
⸗ Biebente Bcene.
Valentino tritt ein. Ein fremder Herr bittet — Zobaldi. Jetzt? Valentino. Ein jehr vornehmer Herr! Alberto. Hat er Dir das gejagt? I Valentino. Er nicht, jein Wagen, vier Pferde und zwei Vediente — Tobaldi. it er dringend? So laß ihn kommen! Und hieher, damit er um fo eher wieder geht! Valentino. Da ijt er jchon!
15 Achte Bcene.
Graf Bertram (tritt ein. Ich Habe die Ehre?
Zobaldi. Verzeihung, daß ich Sie empfange, wo Sie mir angemeldet wurden.
Graf Bertram. Es gilt mir gleid)!
» Tobaldi. Mit einem Leichenbegängniß bejchäftigt, wie ich din, darf ich Sie vieleicht erfuchen, mir gleich zu fagen, was mir das Vergnügen verjchafft —
Graf Bertram. Mit einen Leichenbegängnig ?
Tobaldi. Sie haben mahrjcheinlich die Bahre vor der xThür bemerkt. Oder war ‚fie nod) nicht gebradjt? Hier jteht der Sarg, und bald wird der Geiſtliche mit den Chorknaben erſcheinen.
Graf Bertram. Und wen, wen begraben Sie, wenn ich
ſtagen darf? |
11*
164 Zulia II
Zobadi. Warum niht? Sie werden mir gewiß ein Thräne des Mitleids jchenten! Meine Tochter, meine einzig Tochter! Dahin gerafit, da ſie eben ala Königin des Rojen feſtes — |
Graf Bertram. Ihre — Unmöglih! Unerhört!
Zobaldi. Unerhört? Wie das? Haben Sie meine Tochte gefannt? Und wenn — Haben Sie nod) nie vernommen, da’ der Tod zumeilen ein Mädchen abruft, ehe es jich fatt ge tanzt hat?
Graf Bertram. Nicht dag meine ich, nicht das! Abe unerhört iſt es, ahm in’s Ohr) daß man Jich unterjteht, Menfcheı das Leichenbegängniß zu halten, die noch leben!
Zobaldi. Das käme freilich nicht alle Tage vor!
Graf Bertram. Irren kann ich mich nicht, nit ir Haufe, nicht in Ihrer Perſon; denn Julia felbft hat mich ge leitet, und d’runten fißt jie verjchleiert in meinem Wagen. S— wagt nicht, ohne Ihre Erlaubnig Ihre Schwelle zu überjchreitem
Tobaldi. Verſchleiert! Das gefällt mir. Da wird I Keiner erfennen. Nicht ohne meine Erlaubnig! Das gejüE mir noch mehr!
Graf Bertram. Laſſen Sie und allen mit einande reden!
Tobaldi. Warum allein? «u Doctor Alberto) Träum find Schäume! Das ſchöne Fräulein, wovon wir jo viel ſprache iſt noch weit davon entfernt, ſich durch Wallfahrten auf ung bahıten Wegen bei Hitze und Staub den Teint zu verderbe auch Hat e3 viel zu viel Reſpect vor Gottes Meijterjtüd, u jih mit einem fpißigen Eifen daran zu verjündigen. Es b findet jich in der Obhut dieſes Kavaliers, und es jpricht je auf ein Stindchen bei und vor, weil ed gern wiſſen mög? wie viel Plaiſir der alte ſpaniſche Kaifer empfand, als er ji bei lebendigem Leibe beijeßen jah. Gu Graf Bertram) JH ve muthe da3; denn daß die Dame kommt, weil jie hofft, m“
118 Julia. | 165
ſchon beerben zu fünnen, mögt’ id) nicht gern annehmen. Jeden— falls würde ſie jich irren, der Schmerz um fie hat mid, Sie ſehen es felbjt, noch nicht getödtet. Alberto. Laß mich Iprechen ! 5 Graf Bertram. Sa, mein Herr, helfen Sie mir einen Vater begütigen, der ſich gefräntt fühlen darf, ſchwer gefränft, der aber in Gefahr fteht, ſich an der Unschuld dafür zu rächen! Zobaldi. An der Unjhuld? Sit die Dame vielleicht plöglih mondjüchtig geworden und hat ſich in diefem Zujtand wurrter Räuber verirrt? in berüctigter Wald ijt freilich nah’, aber ich bitte doc) um Beweis!
Graf Bertram. ihre Tochter iſt dor Gott ohne Schuld. =Zie würde e8 aud) vor Ihnen fein, wenn Sie in ihr Herz ge⸗
ſchout hätten!
ss Tobaldi. Und warum ijt denn das, was in Diejem
Dezzen zu leſen jteht, Ihnen jo befannt, wie ein Wirthshausſchild, und mir, dem Bater, fo unbefannt, wie der Inhalt eined Buchs, Das erſt gefchrieben werden foll? Graf Bertram. Alles, was jie zu verklagen jcheint, Fällt “den Mann zur Laſt, der fie in eine Lage verjebte, Die ſo durchtbar war, daß jie entfchuldigt jein muß, wenn fie ihre Pflicht gegen Sie nur nod) durch die Flucht aus Ihrem Haufe erfüllen zu fönnen glaubte. Tobaldi im Doctor Alberto. Du, ijt hier von meiner * Todter die Nede, von dem Mädchen, dad wir Beide Fennen, Oder von einer jüngeren Schweiter der Königin Cleopatra und bon ihren unbefannten Zerhältnifjen mit Cäſar und Antonius? Graf Bertram. Hören Eie mid. Sch bin da, um Wieder gut zu machen, was jchlimm gemadjt ward! Zobaldi. Aeußerſt gnädig! Graf Bertram. Ich bitte Sie um die Hand Ihrer Tochter!
—2
— a.
166 Julia. 1I3
Tobaldi. Schenk' mir dieß, ich hab’ Dir gejtohlen und mögte es gerne rechtmäßig bejigen.
Graf Bertram. Ich bin ein deutjcher Graf, in Tyrol begütert, und der legte Sprofje einer der ältejten Familien. — Berzeiden Sie, daß id) von Dingen zu Ihnen rede, über dies ich jonjt nur meine Bedienten mit Thorfchreibern und Banquiers verhandeln iaſſe. Es kann hier nicht umgangen werden.
Alberto. Kurioſer Mann, der Eie jind! Erjt ein Mädden zu entführen, dann mit ihr zurüczufehren und ehrbar bei ihrem Bater um fie anzuhalten! Gu Tobaldie Mber ich dächte, jebt® läge das Herz Deiner Tochter offen, wie ein Buch, vor Dir da Wenn Du auch nod) nicht weißt, was der Herr Graf anwandte, um jie zur Flucht zu bereden, jo mußt Du doch ſchon wiſſen, was fie aufbot, um ihm zur Umkehr zu bewegen. Mir däuch, ich jehe ihre Thränen, ihre Befchwörungen, und vielleiht W* Graf Bertram) finden Sie es nicht unbillig, und auch das, was vorherging, mitzutheilen; denn Cie begreifen, dag Ihre Han? lungsweiſe in unjeren Augen etwas jeltjam erfcheint!
Graf Bertram. Denken Sie von mir, wie Sie müfl ei daß hier ein Geheimniß obwaltet, fühlen Sie wohl jelbit, Di" ich es nicht aufdeden kann, mögen Sie mir glauben, daß id (zn Tobatdir Ihrer Ehre auf feine Weile zu nah’ getreten Di, und daß Ihre Tochter Ihrer väterlidyen Achtung jo wirdig ji wie jte c3 war, verbürge Ihnen mein Wort!
Alberto- wu Tobaldi. Die Dichter erzählen von König, ® die jih in Schäferinnen verliebten und vor der Erklärung DEN Zepter mit dem Hirtenſtab, den PBurpurmantel mit dem Woll⸗ kittel vertauſchten, um ſicher zu ſein, daß die Liebe auf ſie ſe gt fiele, nicht nebenbei auf die Krone. Vielleicht hat der Herr Graf es eben jo gemacht und zuletzt noch, um ſich zu vergewiſſe Et," daß er das Herz der Gelichten nicht einmal mit dem Ber te! theife, ein Tpfer verlangt, da$ ihr und dem Vater zugleid) po Herz hätte Drechen können.
8 Julia. 167
Graf Bertram. Vielleicht! -su Tobaldiy Meine Bitte be ich angebracht, darf ich —
Zobaldi. . Sie jagen, daß meine Tochter nicht ohne meine claubniß die Schwelle meines Haujes überfchreiten wird. Wohl! ie Erlaubniß gebe ich nicht.
Graf Bertram. Bedenken Sie, was Sie thun, id) be- wöre Sie!
Zobaldi. Sie jagen, daß fie unten im Wagen vor meiner hür hält. Gehen Sie, und verfünden Sie ihr, daß ich ihr be- hle, auf der Stelle umzufehren, die Stadt zu meiden, einen dern Namen anzunehnen und mid nie wieder an ihr ajein zu erinnern. Thut fie das, jo will ich meinen Fluch rüdhalten, wie meinen Segen, und das ijt mehr, als jie ver— ent. Gejällt e3 ihr nicht, jo ijt es ihr ein Leichte, mid) vor ler Welt zu Schanden zu machen, fie braucht nur ihren Schleier rückzuſchlagen und ihr ſchönes Antlitz zu zeigen; dann aber erde ich, ich jelbjit das Haus meiner Väter verlajjen und als ı Bettler von binnen gehen, mag ſie's bewohnen, wenn der liß des Himmels ſie nicht wieder daraus verjagt!
Alberto. Zobaldi! Du weißt nit —
Tobaldi. Ich weiß, was jie gefhan hat! Was gehen mich te Gründe an! Gründe! Much der Bube, der Dir bei Nacht n Dolch ind Herz jtößt, Hat Grimde! Und freili wär's ihn b, wenn Dur fie anhören und ihm im PVerjcheiden noch ver- Hnt Die Hand reichen mögtejt!
Graf Bertram. Und das wäre hr lebtes Wort ?
Zobaldi. Die Nacht bricht ein, die Leichenträger müſſen eih hier fein. Spredyen Sie mit Ihrer Dame; ich muß wijjen, ich eine Tochter zu begraben vder eine Neije anzutreten habe. Bertram ſprechen win) Verzeihen Sie, ich kann Nicht3 weiter hören! (ab
Alberto. Sie müjjen fort! Machen Sie an der Tochter t, was Sie am Vater verbraden! Sie hat in mir einen und, der darüber wachen wird!
168 Julia. 19-1 ı
Aeunte Scene.
Julia cerſchleiert, in Hödfter Aufregung). Eine Bahre wird vc — dent Haufe niedergejegt — Die Wände, die Treppen-Geländume t jind beflort — ein Sarg! Allmächtiger Gott, wer kann da — liegen, al® nein Water! «Ste fällt am Sarge nieder.)
Zehnte Bcene.
Tobaldi (erſcheint im Hintergrunde). Doch!
Alberto. Ja! Weil fie Dich für todt Hält! Laß fie! I kannſt jept einen Blid in ihr Herz thun, wie Gott!
Julia. O Du, der Du nicht mehr fiehjt, nicht mehr hörſt, (aß noch einmal zu Div reden, ald ob Du noch jähejt und hörteit - Ich wäge meine Sünde nad ihrer Strafe und fühle Deine37 Tod, wie einen Mord — — O, daß ich den Brautfranz im Haar trüge, damit ich Dir daS beweifen, damit ich ihn herabreißen und Dir den Menjchen opfern Fünnte, der mir das gethan hat! Jetzt bin ich frei von ihm, ganz frei, jetzt haſſe ic) ihn!
Alberto. Hört Du dieß?
Tobaldi (ehr taut). Was joll’3 mir?
Julia cipring auf. Bin ich wahnſinnig? Wer Tiegt denn da? .o
Zobaldi. Meine Tochter!
Elfte Scene.
Valentino tritt ein. Prieſter und Chorfnaben harren vor der Thür, die Leichenträger ſind im untern Saal verjammelt, ihon zum dritten Mal bradte ich ihnen Wein! 25
Tobaldi. Wurde jie bemerkt, als fie in's Haus ging?
Valentino. Kaum von mir jelbit!
Julia. Oeffne den Sarg! Begraben joll ic) werden? Ich bin bereit, mich hineinzulegen! Oeffne! Ich werde nicht pochen,
II 6 Julia. 159
wohnt, es geſchieht nicht zum erſten Mal! Ich wiederhole bloß,
„wa mir längſt ein Anderer vorgemacht hat!
Alberto. Und was aljo nicht geglüdt fein muß, weil Du es ſonſt nicht wiſſen könnteſt!
5 Zobaldi. Was jo jehr geglüdt ift, daß man in meiner Geburt3ftadt noch bis zur Stunde nicht weiß, wer der Urheber war, und ſich dag Näthjel, das der Kirchhof aufgab, durch den Teufel löſ't.
Alberto. Wenn ich mir denke, daß Dein armes Kind viel-
10 leicht Hülflos und verlafjen in der Welt umher irrt —
Zobaldi. So ijt das wahrſcheinlich eben fo richtig, als wenn der junge Anjelmo jich denkt, daß ſie im Sarg liegt und in Staub zerfällt. |
Alberto. Wenn ich mir das denke, und mid) dabei er=
15 innere, wie manchen Kuß jie mir vor ihrem ftebenten Jahre ge= geben Hat — — ih ſage Dir, da könnt' ih auf der Stelle thun, was der junge Anjelmo thun würde, wenn er wüßte, was ich weiß, ich Fönnte mid), wie ein irrender Schäfer, aufmachen und —
20 Tobaldi. Du würdeſt ſie ſicher nicht finden! Ich biete die Wette! Du ſollſt ſie, am hellen Sonntag Mittag, wenn Alles, was Beine hat, ſpazieren geht, und Alles, was keine hat, vor der Thür auf der Steinbank ſitzt, zurückführen, und ich will Dir, ſobald Du den Wink giebſt, demüthig entgegen kommen und
25 vor dem Fräulein mit Handkuß auf die Knie fallen! Ich meine, wenn Du fie triffit, und wenn fie will!
Alberto. Menſch, wel ein Widerſpruch! Wie kannſt Du jo gut von ihr denken und jo, wie Du thuft, gegen fie handeln! Tobaldi. Ich denfe nicht gut von ihr, ich denfe gut von
so mir jelbjt!
Alberto. Ich thäte, was ich jagte, wenn mir nicht gerade ein Patient im Sterben läge, und ein Goldmacher obend'rein! Und die Verjiherung geb’ ih Dir! Ich jtöre Dein Vorhaben
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160 Julia. II6
nicht, jegt nicht mehr! Ach werde ehrbar, wie Du jelbit, hinter diefem Sarg einherjchreiten, und mir den Mangel an Thränen vom gaffenden Volk ruhig auf Rechnung eines verjtodten Herzens jegen lajjen. Deſſen fei aber gewiß, daß ich mid) ihrer annehmen werde, wo und wie ich jie finde! 5
Zobaldi. Ueber Nacht fah id) fie unter Brennneſſeln Liegen, einen Dolch in der Brujt, und Einer jtand neben mir — viel: leicht warſt Du's — und fragte mid): bereut Du Nichts? Ich jagte: Nein! Was Hälit Du von Träumen?
Alberto. Ich begreife Deine jtarre Kälte nicht! 10
Zobaldi. Nein, denn Du begreifit nicht, daB man in der Tochter zum zweiten Mal die Mutter bejigen, und daß man jie in ihr alſo auch zum zweiten Mat verlieren fann! Du begreifit nicht, daß es Menschen giebt, die nur einmal lieben, wie jie nur einmal leben und jterben, und die, wenn der Tod zwiſchen ſie ss und den Gegenjtand ihrer Liebe tritt, ihr ganzes Gefühl auf ein Bild, das über ihrem Schreibtifch hängt, übertragen können, wie viel mehr auf eine Tochter, die — Halten wir der Todten die Xeichenrede, damit wir erfahren, was wir an der Lebendigen hatten! (tritt an den Sarg Hier liegt ein Mädchen, das dem" Vater ſchon bei der Geburt theuer verjchuldet ward; denn es fam als Mutter-Mörderin zur Welt, es jchrieb jich mit Blut in's Bud der Lebendigen ein! Er würde dad Mädchen gehaßt, er würde es wenigjtens mit ausgedörrtem Herzen von jich entfernt haben, wenn der Blick der Sterbenden nicht noch im Erlöſchen auf dem $ Ntinde, wie auf dem legten hell gebliebenen Punct der verduntelten (Erde geruht, wenn jie bei einem zufälligen Laut deijelben nicht noc) aus dem Todesfampf heraus ſelig gelächelt hätte. Nun mußte er es wohl lieben und au feiner Seite behalten, er mußte ji) dazu zwingen, denn er mußte zittern, die Entjchlafene durd) ® andere Empfindungen noch jenjeits des Grabes zu verwunden. Was ſiehſt Du mich an, ſieh weg, weg!
Alberto. Ich thu's ja.
IIIIAIIII Julia. 171
Zwölfte Scene.
Die Leichenträger (erſcheinen im Hintergrunde).
Valentino (olgt innen. Nun fällt mir der mit der Piſtole wieder ein, der auf dem Kirchhof harrt! Was ſoll ic) machen, 5 wenn der — (Gr madt die Pantomime des Erſchießens.) Soll ich ihn ruhig gewähren laſſen, als ob er unter die Spaten im Kirjd)- baum jchöße, oder foll ih — Gern bliebe ich hier, aber id) muß ja mit hinaus! |
Die Leichenträger (faſſen den Sarg an. Geſang hinter der Scene).
2 Dritter Art.
Erfie Scene.
Graf Bertram. Julia. Alberto (treten auf).
Graf Bertram. Nun wird Ihrem Freunde genug ges ſchehen jein! Die Trauung it vollzogen, Sie felbit find Zeuge 15 geweſen, und bier it das Wittwen-Inſtrument. Leſen und prüfen Sie's! | \ Alberto (thut'ss. Nach Ihrer Großmuth mejje ich Ihre Liebe! Mit Ruhe reife ich zurüd und lafje dies Kind in Ihren Händen! 6Gu Jutiad Danfen Sie Ihrem Gemahl! Er hat Ihnen » für einen Fall, von dem ich hoffe, dal er nicht kommen wird, dies ganze Gut vermadt. Zwar bedurften Sie dejjen nicht, denn aud) id — Doch, das brauchen Sie erſt zu erfahren, wenn ich todt bin!
Graf Bertram. ch beflage nur, daß id) nicht Italiens sewig blauen Himmel darüber ausfpannen lafjen kann. Gu At: derto— Jetzt mögte ich um ein paar einſame Minuten mit meiner Gemahlin bitten! Sie verzeihen mir's gewiß!
162 Julia. Ib
durch diefe Augen, durch diefe Stimme nicht dieſelbe Seele zu mir, die mich einitt — — — Wußte ich nicht, wenn ich eine Trage an jie jtellte, wa3 jie antworten würde, weil ich mid) er: innerte, wa$ die Mutter geantwortet hatte? Und konnte ich ſie nicht, al& jie mih um dad Bild der Mutter bat, zum Spiegel führen, ohne ein Narr zu fein, und ſprechen: jieh Hin? Wurde die Nehnlichkeit, wenn noch Etwas fehlte, nicht völlige Gleichheit, als fie jich, wie die es an unjerm Hochzeitstage madjte, mit ver: wirrtem Lächeln abwandte und ihr Geſicht an meiner Bruſt zu verbergen ſuchte? Mir war, als ſäh' ich ſie felbit! 10
Alberto. Es it wahr!
Zobaldi. Mußte ich alfo der Lebenden nicht vertrauen, wie ich der Todten vertraut hatte? Und ilt e8 ein Wunder, wenn ich's jetzt, da die Eine mic) fo jchredlich getäuscht hat, nicht für unmöglid) halte, daß aud) die Andere mid) noch hätte täuschen 15 fünnen, wenn jie länger —
Alberto. Wahnjinniger!
Zobaldi. Wahnjinnig oder nicht, ich ſage Dir, fie hat mir ihre Mutter zum zweiten Mal ermordet, fie hat ihr Bild in meinem Herzen verfinjtert, und darum foll fie mir fein, als ob» jie nicht mehr in der Welt wäre! Dies Leichenbegängnif ift Fein bloßes Pofjenjpiel; was jie mir war, das begrab’ ich; was von ihr übrig blieb, das gilt mir weniger ald Nichte.
Alberto. Jetzt zum erjten Mal günne ich fie Dir!
Zobaldi. Wen? *
Alberto. Die Todte! Denn jetzt ſehe ich, daß ich Dir Unrecht that, wenn ich glaubte, daß Du nur ein halbes Gefühl fir ihren Werth gehabt Hättejt!
Zobaldi. Und warun glaubteft Du das?
Alberto. Weil Du Dich gleich, nachdem jie die Deinige x geworden war, in Dinge einliegeit —
Tobaldi. Die mir den Hald hätten koſten können, meinit Du. a, tieh, darin unterjcheidet jich ein Mann, wie ic), von
1
116-8 Julia. 163
einem Grimaldi. Ich that's, als ich Alles gewonnen, er, als er Alles verloren Hatte; ich, um für ein Glück, das ich nur dadurch verdienen zu fünnen glaubte, den Preis zu bezahlen, er, um jich für jein Unglüd zu rächen!
5 Biebente Bcene.
Balentino (tritt eim. Ein fremder Herr bittet —
Zobaldi. Jetzt?
Valentino. Ein jehr vornehmer Herr!
Alberto. Hat er Dir das gejagt?
10 Valentino. Er nicht, jein Wagen, vier Pferde und zwei
Bediente —
Zobaldi. Sit er dringend? Co laß ihn kommen! Und hieher, damit er um fo eher wieder geht!
Valentino. Da ijt er fchon!
15 | Achte Bcene.
Graf Bertram (titt ein). Ich Habe die Ehre?
Zobaldi. Verzeihung, daß ich Sie empfange, wo Cie mir angemeldet wurden.
Graf Bertram. €E3 gilt mir gleich!
20 Zobaldi. Mit einem Leichenbegängniß bejchäftigt, wie ich bin, darf ich Sie vielleicht erjuchen, mir gleich zu jagen, was mir das Vergnügen verſchafft —
Graf Bertram. Mit einem Leichenbegängniß ? Tobaldi. Sie haben wahrjcheinlid die Bahre vor der
5 Thür bemerkt. Oder war fie noch nicht gebraht? Hier jteht der Sarg, und bald wird der Geijtliche mit den Chorfnaben erſcheinen.
Graf Bertram. Und wen, wen begraben Sie, wenn id) fragen darf? 11*
164 Julia II8
Zobaldi. Warum nit? Sie werden mir gewiß eine Thräne des Mitleids fchenten! Meine Tochter, meine einzige Tochter! Dahin gerafft, da ſie eben als Königin de Rojen- feſtes — |
Graf Bertram. Ihre — Unmöglih! Unerhört! 5 Tobaldi. Unerhört? Wie das? Haben Sie meine Tochter gefannt? Und wenn — Haben Sie nody nie vernommen, daß
der Tod zuweilen ein Mädchen abruft, ehe es ich fatt ge: tanzt hat?
Graf Bertram. Nicht dad meine ich, nicht das! Aber »o unerhört ijt es, (Hm in’s Ohr) Daß man jich unteriteht, Menjchen da3 NLeichenbegängniß zu halten, die noch leben!
Zobaldi. Das käme freilich nicht alle Tage vor!
Graf Bertram. Irren fann id) mid) nicht, nicht im Haufe, nicht in Ihrer Perſon; denn Julia ſelbſt hat mich ge: = leitet, und d’runten ſitzt fie verjchleiert in meinem Wagen. Sie wagt nit, ohne Ihre Erlaubniß Ihre Schwelle zu überjchreiten.
Zobaldi. Verfchleiert! Das gefällt mir. Da wird fie Keiner erkennen. Nicht ohne meine Erlaubnig! Das gefällt mir noch mehr! v
Graf Bertram. Laſſen Sie uns allein mit einander reden!
Tobaldi. Warum allein? (su Doctor Alberto) Träume jind Schäume! Das jchöne Fräulein, wovon wir fo viel ſprachen, it noch weit davon entfernt, ſich durch Wallfahrten auf unge: bahnten Wegen bei Hite und Staub den Teint zu verderben, auch Hat e3 viel zu viel Reſpect vor Gottes Meijteritüd, um jih mit einem fpitigen Eifen daran zu verjündigen. Es be: findet ji in der Obhut dieſes Kavaliers, und es fpridht jept auf ein Stündchen bei und vor, weil es gern wiſſen mögte, v wie viel Plaiſir der alte ſpaniſche Kaiſer empfand, al® er id bei lebendigem Leibe beiſetzen ſah. Gu Graf Bertram) Ich ver: muthe das; denn da die Dame kommt, weil fie hofft, mid)
118 Julia. 165
ſchon beerben zu fünnen, mögt' ich nicht gern annehmen. Jeden- falls würde jte ji irren, der Schmerz um fie hat mid, Sie jehen es jelbjt, noch nicht getüdtet.
Alberto. Laß mich |prechen !
5 Graf Bertram. Ya, mein Herr, helfen Sie mir einen Vater begütigen, der ſich gefränft fühlen darf, ſchwer gefräntft, der aber in Gefahr jteht, ji) an der Unſchuld dafür zu rächen!
Zobaldi. An der Unjihuld? Iſt die Dame vielleicht plötzlich mondſüchtig geworden und hat jich in diefem Zujtand
10 unter Räuber verirrt? Ein berüdtigter Wald ift freilich nah’, aber ich bitte doc) um Beweis!
Graf Bertram. Ihre Tochter ift vor Gott ohne Schuld. Sie würde ed auch vor Ihnen fein, wenn Sie in ihr Herz ge- ſchaut hätten! 15 Zobaldi. Und warum ijt denn das, was in dieſem Herzen zu leſen jteht, Ihnen jo befannt, wie ein Wirthshausſchild, und mir, dem Vater, jo unbefannt, wie der Inhalt eines Buchs, das erſt gejchrieben werden joll? Graf Bertram. Alles, was fie zu verklagen jcheint, fällt zo dem Mann zur Laft, der fie in eine Lage verjeßte, die ſo furchtbar war, daß fie entichuldigt fein muß, wenn jte ihre Pfliht gegen Sie nur noch durch die Flucht aus Ihrem Haufe erfüllen zu können glaubte. Tobaldi iu Doctor Alberto. Du, ijt Hier von meiner 5 Tochter dic Nede, von dem Mädchen, daS wir Beide Tennen, oder von einer jüngeren Schweiter der Königin Cleopatra und von ihren unbefannten Verhältniffen mit Cäfar und Antonius? Graf Bertram. Hören Sie mid. Ich bin da, um wieder gut zu machen, was jcehlimm gemacht ward! x Zobaldi. Aeußerſt gnädig! Graf Bertram. Ih bitte Sie um die Hand Ihrer Tochter!
166 Julia. Il
Tobaldi. Schenk' mir dieß, ich hab's Dir gejtohlen und mögte es gerne rechtmäßig bejigen.
Graf Bertram. Sch bin ein deuticher Graf, in Tyrol begütert, und der legte Sprofje einer der älteiten Yamilien. — Berzeihen Sie, daß ich von Dingen zu Ihnen rede, über die ich jonjt nur meine Bedienten mit Thorichreibern und Banquiers verhandeln laſſe. Es kann hier nicht umgangen werden.
Alberto. Kurioſer Mann, der Eie jind! Erſt ein Mädchen zu entführen, dann mit ihr zurüdzufehren und ehrbar bei ihrem Bater um fie anzuhalten! Gu Zodardir Aber ich dächte, jetzt zo läge das Herz Deiner Tochter offen, wie ein Bud, vor Dir da! Wenn Du auch noch nicht weißt, was der Herr Graf anıvandte, um jie zur Flucht zu bereden, jo mußt Du dod ſchon willen, was jie aufbot, um ihn zur Umkehr zu bewegen. Mir däudt, ich jehe ihre Thränen, ihre Beihwörungen, und vielleicht au % Graf Bertram) finden Sie es nicht unbillig, und auch das, was vorherging, mitzutheilen; denn Sie begreifen, daß Ihre Hand: lungSweije in unjeren Augen etwas ſeltſam erjcheint!
Graf Bertram. Denken Sie von mir, wie Sie müjjen; day hier ein Geheimniß obwaltet, fühlen Sie wohl jelbit, day ® ich es nicht aufdeden Fan, mügen Sie mir glauben, daß id ist TZobatdi Ihrer Ehre auf feine Weile zu nah’ getreten bin, und daß Ihre Tochter Ihrer väterlichen Achtung jo würdig it, wie ſie es var, verbürge Ihnen mein Wort!
Alberto - su Tobaldie. Die Dichter erzählen von Stönigen, # die ſich in Schäferinnen verliebten und vor der Erklärung den Zepter mit dem Hirtenitab, den Purpurmantel mit dem Woll- fittel vertaujchten, um jicher zu jein, daß die Liebe auf fie jelbit fiele, nicht nebenbei auf die Krone. Miclleiht bat der Herr Graf es eben jo gemacht und zuleßt noch, um jich zu vergewiſſern, so daß er das Herz der Geliebten nicht einmal mit dem Water theile, ein Tpfer verlangt, das ihr und dem Vater zugleich das Herz hätte brechen fünnen.
118 | Julia. 167
Graf Bertram. Vielleicht! -su Tobaldy Meine Bitte habe ich angebradjt, darf ih — |
Zobaldi. . Sie jagen, daß meine Tochter nicht ohne meine Erlaubniß die Schwelle meine Haujes überjchreiten wird. Wohl!
5 Die Erlaubnig gebe ich nicht.
Graf Bertram. Bedenfen Sie, was Sie thun, ich be- ſchwöre Sie!
Zobaldi. Sie jagen, daß fie unten im Wagen vor meiner Thür hält. Gehen Cie, und verkünden Sie ihr, daß ich ihr be—
0 fehle, auf der Stelle umzufehren, die Stadt zu meiden, einen andern Namen anzunehmen und mich nie wieder an ihr Dafein zu erinnern. Thut fie dad, fo will ich meinen Fluch zurüdhalten, wie meinen Segen, und das ijt mehr, als jie ver- dient. Gefällt e& ihr nicht, jo iſt es ihr ein Leichtes, mich vor
15 aller Welt zu Schanden zu machen, jie braucht nur ihren Schleier zurüdzujchlagen und ihr ſchönes Antlitz zu zeigen; dann aber werde ich, ich jelbjt daS Haus meiner Väter verlajjen und als ein Bettler von hinnen gehen, mag ſie's beivohnen, wenn der Blip des Himmel3 ſie nicht wieder daraus verjagt!
20 Alberto. Zobaldi! Du weißt nicht —
Tobaldi. Ich weiß, was jie gefhan hat! Was gehen mic) ihre Gründe an! Gründe! Much der Bube, der Dir bei Nadıt den Dolch ind Herz jtößt, Hat Gründe! Und freilic” wär's ihm lieb, wenn Du fie anhören und ihm im Berjcheiden noch ver-
35 jöhnt die Hand reichen mögtejt!
Graf Bertram. Und das wäre hr lebte Wort?
TIobaldi. Die Nacht bricht ein, die Leichenträger müſſen gleich hier fein. Sprechen Sie mit Ihrer Dame; ich muß wiljen, ob ich eine Tochter zu begraben vder eine Reiſe anzutreten habe.
3 (da Bertram fpregen win) Verzeihen Zie, ic) kann Nichts weiter hören! (ad)
Alberto. Sie müjjen fort! Machen Sie an der Tochter gut, was Sie am Bater verbradien! Sie hat in mir einen Freund, der dariiber wachen wird!
178 Julia. IT
(Srabe, das id — ha, ha, ha! für dag Ihrige halten mußte er wurde durch den alten Diener Ihres Vaters vereitelt, d als ih mid) in die weiche Erde über Ihrem leichnamlo Sarg eben mit halbem Leibe hineingewühlt hatte und nun & Hahn meiner Piſtole aufzog, hinter einem Grabjtein hervorſtür und mir zähnflappernd zujchrie, Sie lebten noch. Bon ein Griff an die Kehle des feigen Plauderers, durch den ich ı jo in Schreden jagte, daß er ſich gegen mich ausjchüttete, | ob ich fein Beichtvater wäre — das Alles veriteht ji x jelbjt, denn wie hätte ich Ihren gräflichen Sig entdeden joll: wenn er mir ihn nicht aus Reſpect vor meiner Piltole v« vathen hätte! Wer wird bei jolchen Alltäglichkeiten vermeile wo es Wunder aufzulöjen giebt! Und Ihr Scheinbegräbni Ihre Auferftehung von den Todten, Ihre Heirath, das ji Wunder, über die ich meinen Verſtand verlieren werde, wen Sie den Ihrigen nicht verloren haben.
Julia. Sie jprechen von einem Rendezvous. Ich ver zeihe Ihnen das. Uber, mas bedeutete e&, dies Rendezvous Warum bemwilligte ich es Ihnen? Wozu war ich bereit?
Antonio. Sie wollten mir folgen!
Julie. Und was, was konnte mich zu einem Schr drängen, der für ein Mädchen jc ungeheuer war, daß Sie jelb ihn im Anfang nit ohne Zittern don mir zu verlange wagten ?
Antonio. Der Wunſch dacht” ich, mir den höchiten B weis Ihrer Liebe zu geben, das Gefühl, mir ihn ſchuldig zu jeiı
Julia. Nein! Das Bemwußtjein, Ihnen ihn ſchon gegeb zu haben!
Antoniv. Die?
Julia. War eS edel, mich jo weit zu bringen, daß n feine Wahl mehr blieb? War es auch nur jtolz ?
Antonio. Julia, das hab’ ich nicht geahnt! Das t Du mir nidt — |
|
und mir!
115 Julia. 179
Julia. Das hättejt Tu ahnen follen! Tag lag in meinem Entihlug! Hätt' ich meinen Vater verlaffen fünnen, wenn ich mir nicht hätte jagen müſſen, daß mein Bleiben ihm ein noch größeres Yeid bereitete, ald meine Flucht? > Antonio, Und wenn — Nichts in der Welt kann mein Weib rechtfertigen, daß fie das Weib eines Andern geworden it. Nichts in der Welt, und das am wenigiten!
Julia. Nichts in der Welt, wenn jie es anders, als zum Schein geworden wäre!
v _ Antoniv. Nie? Verſteh' ich Di? (aßt ihre Sand)
Julia. O nein! Jurüd! Zwiſchen Dir und mir jteht mein Gemahl!
Antonio. Ha!
Julia. Steht mein Gemahl, wie Du. zwifchen ihm
Antonio. Wie ih zwiihen ihm und Dir? . Dann lagit Lu nie an jeiner Brujt! Kannſt Du mir das jchwören ? Julia. Nein! Denn einmal gejchah’s! Aber es war den Abend, als die Grahgefänge, die mir galten, auf der Straße » angeitimmt wurden, als der Flackerſtral der Leichenfackeln grell durh das Fenſter Drang, von dem aus id), die Lebendige, auf das Begräbniß herabjah, das ein unerbittliher Vater mir troß meiner Zurückkunft ausrichten ließ. Wie aus dem Hungrigen uud der Erde herauf ſchien mir dies dumpfe de profundis su dringen, ich dachte, jie werde jich gleich jchütteln und einen ihrer Todten weden, damit er jeine Knochen zufammenleje und flappernd hinter mich trete, um mid) in ihren hungrigen Schlund hinein zu jcheuchen, mir war, als müßte ich aus dem Fenſter Ipringen und dem Zug voran eilen. Ich taumelte, ich ſank um, und mein Gemahl, der edle Mann, der jebt mein Gemahl it, fing mich in jeinen Armen auf! Antoniv. Das hieß, zwiſchen Teinen Kopf und den nächſten Tiich treten, an dem Du Dir ihn jonjt vielleicht zer— 12*
170 - Julia. It
Lode kannſt Du mir zurüdlaffen! Eine oder zwei! Nicht für mih! Meine Schweiter will ein Andenken, und mer weiß, wer
noch ſonſt! Alberto (u Graf Bertram). Ihr Name? Graf Bertram. Graf Bertram. 5
Alberto. Aus Tyrol! Wohl. Gehen Sie! Mich fehen Sie bald!
Graf Bertram und Julia :av.
Zobaldi. So weiß ih nun doch auch, wie mein Eidam heit! Gu Valentino) Die Träger! »
Valentino. Graf Bertram! Daß ich's nur nicht ver: geſſe! Vollſtändige Beichte, volljtändige Abſolution! Aus Tyrol! (ab
Alberto. So ſchickſt Dur jie wirklich ohne Schuß und Bei: jtand mit dem Fremden in’3 ferne Land, und — 16
Zobaldi. Vorhin war Einer da, der auf'3 Gerathewohl ausziehen wollte, jie zu juchen, und nun will er jie nicht einmal begleiten oder ihr folgen? Nun, er thue eg, er unterlajje es, — mir iſt Beides recht!
Alberto. Ich wollte ihn nur verjuchen! Julia, Du hait © gejiegt, obgleich er es Steinen eingejtehen wird, nicht einmal lid jelbjt! Nun, daS muß er mit Deinem Berluft bezahlen! — 4 reife mit. Bei dem Kuß, den ich Deiner Mutter im Sarg auf drüdte! Bei der Liebe, die ich früher für fie fühlte, als Dein Bater, und die ich ihr nie verrieth, weil fie nur Augen für dies ss Muttermahl auf meiner Stirn zu haben fchien. Bei dem Frei— werberamt, das ich fpäter, um ihr Herz noch bejjer zu prüfen, für Deinen Vater übernahm! ch werde Dich nie, nie verlafien!
Tobaldi. Ich will fie nie wieder jchen! Aber — id
fann wieder anders von ihr denken! ”
IIE5 Julia. 181
Nur weil ſie meine Schritte ausgekundſchaftet hatten, weil ſie ahnten, daß ich ein neues Leben in einem neuen Welttheil an— zufangen und nie mehr zu ihnen zurückzukehren dachte, vertraten fie mir in offener Empörung mit dem Dolch in der Fauſt den sWeg und warfen mid) nieder. Julia. Menſch, was redeit Du? Antoniv. Zritt drei Schritte zurüd, ſchrei um Hülfe, ich bin ein Näuberhauptmann aus den Abruzzen! Julia (chnel). Leiſe! Aber weiter, weiter! Denn Du mußt „viel, jehr viel hinzuzufügen haben! Antonio. Ich Habe Nichts hinzuzufügen, denn ich kann nicht jagen, daß ich log. Julia. Und id, ich kann nicht glauben, daß Du raubjt und mordeit, wie Andere jagen und filchen, ich kann nicht glauben, daß ich mich jo ganz in Dir getäufcht habe, ich kann nicht glauben, daß jih ein Menſch jo ganz in dem andern taͤuſchen kann! Antonio. Höre, wie ich's wurde, vielleicht entſchuldigt's, daß ich's bin! Mein Vater war daſſelbe, mein Loos war ent— sihieden, ehe ich meinen erſten Gedanken dachte! Julia. Wehe der Welt, daß das möglich iſt! Antonio. Und wehe dem Menſchen, den es trifft! Doch dauerte es lange, ehe ich mir des Fluchs meiner Geburt bewußt „J Dad, und mein Vater that Alles, um es mir auf immer zu J etbergen, aber es war umfonjt! Er ließ mid) in tiefiter Ein- nmfeit bei einem alten Köhler aufziehen, der Nichts von ihm wußte, als daß er geächtet war und bei den Thieren der Wild- niß die Zuflucht juchen mußte, die er bei den Menjchen verwirkt hatte. Ich wuchs in einem Walde auf, wegen defjen die Land- Straße jelbjt furchtſam einen Umweg macht, und in den jich jogar der Sonnenitraf, dem doc Niemand fein Gold rauben kann, nur jelten hinein verirrt; id) lernte alle Schlangen eher Fennen, ald einen einzigen Schmetterling. Mein Vater ging ab und zu;
182 Nulia. - 1:
ui
zuweilen fam er oft und blieb lange, dann lehrte er mic Schießen und sechten, auch Leſen und Schreiben und Manches mehr; zu weilen verichwand er ganz, dann ſagte der Köhler: nun habe fie ihn wohl erwiſcht, und hielt mich noch fleißiger, wie ſonſt, zur Beten an. So legte ich ein Jahr nad) dem andern zurüd; mei Vater erichien troß der ängjtlichen Zwiſchenpauſen immer wiede verrieth mir aber, auch wie ich größer und größer wurde, nid das Mindeſte von feiner Sandthierung; nur das kommt mir der Erinnerung unheimlich vor, daß er mir einjt jein Mefie aus jeinem gewöhnlichen finiteren Brüten plötzlich auffahren! mit zorniger Heftigfeit entriß, als ich es vom Tiſch, an deme jaß, wegnahm, un eine Melone damit zu zertheilen.
Julia. Ha! Da dämmert's!
Antonio. Dagegen gingen wir nun, wenn er da war, ji jammen auf die Eberjagd, und als ich mid) dabei eines Tage beſonders gut hielt, vief er aus: „Nun ijt der Soldat bald fertig: „Ein Soldat? — jragt’ ich und fah von dem ber, in deſſe Eingeweiden id) wühlte, auf — was ift dag?" „Ein Kerlii bunten Rod — verjeßte ev — der jo auf Menjchen los geh wie Du auf wilde Thiere, und der um jo höher gejchägt mir je ärger er's treibt; willft Du nicht Einer werden?” Gewi hatte er nur darum bei Zeiten einen guten Jäger aus mir Q macht, damit ich mich fpäter um jo beſſer zum Soldaten jdid möge, und vielleicht war der Tag, an dent er mich aus der Cü jamfeit in die Welt entlajjen wollte, jchon nahe genug, al Alles jchlug zum Unheil aus. Einmal war ich allein in d Wald gegangen, und als ich von meiner Streiferei zurückkehr die Büchſe nod) geladen im Arm, und ungeduldig noch auf d Heimweg nad) etwas Hüpfendem und Springendem herumijpähe da3 den gejparten Schuß werth jei, da jah ich die Köhlerhi von Buntröcken umringt, die wirklich jo auf meinen Vater | gingen, wie ich damals auf den Eber. Er wehrte ſich tap aber ihrer waren zu viele, ſie wurden Herr über ihn und war
——r in To — —
15 Julia. 183
ihn zu Boden; ich legte an, ich drückte ab, und ich glaubte zu thun, was Niemand ſchelten könne. Es ſtürzte Einer, und mein Vater erhub ſich wieder; aber er entſetzte ſich, als er mich er- blidte, und gebot mir mit Angſt, ja mit Born und Wuth, zu s fliehen. Ich gehorchte nicht, ich Iud auf’ Neue, doc) ehe ich noch einmal abdrücken fonnte, ward ich hinten von einem ſtarken Arm gepadt und in's Gebüſch geriſſen. Ein häßlicher Menſch von rieſigen Knochenbau hatte mir dieſen unwillkommenen Dienſt erwieſen; kannſt Du nicht zählen? — ſprach er mit heiſ'rer » Stimme — wie wäre der noch zu retten? nur rächen kann man in! Ich kannte den Menichen, er war mir ſchon hin und wieder im Walde begegnet, aber er war mir immer mit jonder- barer Scheu auögewichen und hatte ſich ſogar, als id) ihn ein- mal anredete, taub und ſtumm geitellt.e Ihm und allen feinen someraden war ed, wie ich fpäter .erfuhr, bei Todesftrafe von meinem Vater verboten worden, mich anzujprechen oder mir auch nur Antivort zu geben, und dad rührte mid) tief, denn es be= wies mir, wie ernft e3 ihm darum zu thun gewejen war, mein Shidjal von dem feinigen zu trennen. Jetzt gab der Menſch ah mir ala einen Gefährten meines Vaters fund und berichtete mir mit fchlecht verhehfter Schadenfreude Alles, was ich nicht wußte, und was ich nie hätte erfahren jollen. Ich hörte mit Shaudern von ihm, daß ich nicht cine heilige Pflicht erfüllt, jondern ein todeswürdiges Verbrechen begangen hatte, als ich
; smeinen Vater vertheidigte, dann fuhr er mir frech mit feinen
| j
keifen Singern durch die Haare und rief: diefer Kopf gehört et nicht mehr Dir, und es handelt ſich nur noch darum, ob Lu ihn gleich jetzt höflich hingeben oder wie theuer Du ihn ver- taufen willſt. Ich ſtieß mit dem Fuß nach ihm, als ob er mid) »;zu dem gemacht hätte, was ich jo plößlich geworden war, id) legte die Büchfe auf ihn an. Hei, noch ſeh' ich ihn, wie er vor mir zurüdwid, und wie die magere Schlange, auf Die er trat, als er's that, ji) ihm zifchend und züngelnd um's Bein flocht!
184 Aulia. IIL
Julia. Aber Du jtießejt ihm nicht immer mit dem Fu
Antonio. Wie jollt!' ih! Da ſtand ich — ausgeſtoß aus dem Kreiſe der Menjchheit — jeder Arm gegen mid), d Mörder, bewaffnet — mußt’ ich nicht jchwindeln, wie bei ein« Erdbeben, mußt‘ ich die einzige Hand, die mir geboten ma nicht ergreifen? a, ich hörte zu beten auf, und ich fing e wieder an, als ich Dich zum eriten Mal — Was ſoll's! war ja auch Narrheit!
Julia. Antonio!
Antonio. Auf jenen düjtern Tag folgte ein zweiter! — ah das Haupt meines Vaters fallen! Fühlit Du, was das heif Ihn Hatte ich nie einen Tropfen Bluts vergießen jehen, T jeinige jah ich in diem Stral aus dem fopflojen Rumpf, r aus einem Springbrunnen, faft luſtig himmelan jteigen! | war an einem jchönen Morgen, die Sonne beichien den Henl und jein Opfer hell und freundlich; Du pflückteſt vielleicht u diejelbe Stunde friihe Blumen in Deinem Garten. ch hat mi nicht zu Diejem furchtbaren Schaufpiel gedrängt, ich mi durch ungereimte Woripiegelungen dahin gelodt worden, ma hatte mir von der Möglichkeit einer Befreiung geiprochen, € war lächerlih! Aber was man wirklich beabjichtigt haben mugt dad erreichte man, id) wurde vom Wirbel biß zur Zehe m Wut) und biindem Rachedurſt erfüllt, ich ſchwur — was i leider hielt, was ich jo gut hielt, daß die Teufel um mid) heru' bald vor mir zu zittern anfingen, wie die Welt vor ihnen, u mich zu ihrem Anführer machten.
Julia. ch ſchaud're! Doc, ich faſſe das!
Antonio. Und fallen wirft Du's auch, mit weld Empfindungen ih an Deinen Vater dachte, wenn Du vernimm daß er, er den meinigen jo weit —
Sulia. Nimmermehr!
Antonio. Man jagte mir, daß mein Vater den Nan Tobaldi ſehr oft umd nie ohne Fluch und Zähneknirichen
um Julia. 185
Munde geführt, man wollte Etwas wiſſen von einer verrathenen Verſchwörung und einer darauf erfolgten Aechtung, und immer Hang diefer Name jchredlich und widerwärtig durd).
Yulia. Wie hieß Dein Vater?
3. Antonio. Grimaldi!
Julia. Grimaldi?
Antoniv. Du fennjt den Namen! Du fährit zujammen!
Julie. Ich kennne ihn, mein Vater hat ihn genannt, aber wahrlich nicht in dem Judaston, durch den jich ein verleßtes
odewiiien verrathen mag!
Antonio. Bielleiht war der Haß ungerecht, oder zu ſtark, denn Du, Du bijt die Tochter Tobaldis, doch darnach fragt’ ich
nicht, ich fibernahm ihn, wie eine heilige Erbichaft und —
| Julia. Du ſchwurſt und Rache und Tod!
65 Antonio. ch that’2, ich betrat die Stadt, in der Dein Later lebte, nur um ihn zu verderben, es follte mein leptes Geihäjt fein, es war mir gleich, ob man mid) dabei ergriff. Ich fam, ih jah Di! Ja, Weib, e3 ijt wahr, ich habe unmillfür- ih die Hände gefaltet, als ich Did) erblidte; denn wie Du fo
oeraustratit auf den Balcon, vom Frühlicht umfloffen, die Roje in der Hand und freundlich auf mich herabjehend, da war es mit, al3 fchaute ich zum erſten Mal in den blühenden Garten der Welt hinein, durch ein eiſernes Gitter zwar, das mir den
Eintritt wehrte, aber doch mit hellem Auge, mit erfriichtem Sinn. » Das geichah, ehe ich wußte, wer Du wart!
Julia. Und als Du’3 erfuhrit ?
Antonio. Da habe ich Anfangs ınit meinem Herzen ge- grollt und ihm den Entichluß, Deinen Vater Doc nieder zu jtechen, jobald ich ihn träfe, wieder abgetrotzt, auch hätte ich das gethan, »wenn er mir allein begegnet wäre. Aber Du gingit an feiner Seite, id) ſah, daß jein Blick feuchtete, daß jeine Brust jich jtolz und übermüthig bob, als ich Dich verwirrt und entzüdt betrachtete,
ih jchaute in jeine Seele hinein und entdedte den Punct, wo
186 Julia. IE 35
er am vermwundbariten war. Nun rannen in meiner Bruft mie widerjprechenden Gefühle, die fich biß dahin auf Tod und LeESen befämpft hatten, in einander, ich glaubte, daß dem Haß, den id nicht unterdrüden durfte, und der Liebe, die ich nicht unterdrücken fonnte, zugleich) genügt werden könne; ich jeßte Dich zum Zeidyen, ob Gott und Welt noch zu verjühnen jeien; ic) dachte: wenn Die Dir lächelt, wenn Die Dir folgt und ihn verläßt — — 9a, Du hait mir gelächelt, Tu warſt bereit, mir zu folgen, und nun biſt Du das Weib eine Andern!
Julia. a, aber eine? Mannes, der zwiichen midy und ı den Tod trat, als er Ichon in Geſtalt eines Mordfnedht3 neben mir jtand, den ich jelbft in meiner Verzweiflung jo lange ge = reizt und heraudgefodert hatte, big er in einfamem Walde dern Dolch gegen mid) züdte —
Antonio. Ha!
Julia. Eine® Mannes, dem ich fremd und unbefannt ma we, der Nichts für mich empfand, Nichts von mir verlangte und mir doccz in großmüthigen Mitleid feine ganze Zukunft zum Opfer brachte —
Antonio. Er fah Dich aber doc in dem Augenblid, wer | er's that, nicht wahr?
Julia. Eine Mannes, der mid ernjt, wie ein Engel de = Gerichts, an daS heilige Doppelleben in meinem Schooß mahnt” al& ich zögerte, jein Cpfer anzunehmen, und der — jeßt wi ⸗ Du auf Deine Knie fallen und vor ihm vergehen, wie vor Gott — — der mir Heute zur Strönung jeine® Werkes nad) faum voll zogener Trauung das Verjprechen abdrang, ihm — Doch nein, nein, was mad) id) da, das darf er nie hören oder erjt jpät!
Antonio. Sch brauche nur Ein! noch zu hören. Liebſt Du ihn? Einer von und muß aus der Welt, Er oder ih. Bon Deiner Antivort hängt es aD, wer! 3
Julia. Antonio, wenn Du ahnteft —
Antonio. Sch ahne genug, Du ftodjt, Du umgehit die Antwort! Wenn Tu Nein jagen Fünntejt, jo würdet Du aud)
IL; Julia. 187
Nein ſagen müſſen! Er hat Nichts von Dir verlangt? Daran that er wohl! Das war ja, ich ſeh's, das ſicherſte Mittel, Alles von Dir zu erhalten! Alles! Alles! So viel, daß nicht bloß ih, daß jelbjt Dein Schußheiliger eiferfüchtig auf ihm werden smup. Er hat Nichts für Did) empfunden? Wie, wenn dag deuchelei geweien wäre? Wenn er fich bloß jo gejtellt hätte, ih noch jo jtellte? Der Blitz der Liebe zündet raſch! Das weiß ih, ih. Wie fange Zeit brauchte er denn, um aus meiner Bruſt | eine ganze jtarre Welt von Haß und Rache hinweg zu jchmelzen n Julia. Nicht weiter! Daß die Neue Dich nicht zu tief brenne, wenn Du ihn kennen lernft!
Antonio. Wenn ich ihn — Aber ward denn je ein Mtenid) ſo — Jedes Wort ihres Mundes ift eine Verklärung für ihn! Wenn ich ihm fennen lerne, jo werd’ id) ihm eine frage vor- ss {egen, eine einzige, ic) werde —
Julia. Du wirft nit! Du wirit fchweigen, Du wirjt jeßt gehen, oder noch einmal, und auf ewig verlieren, wa® Du — mas Du vielleicht wieder gewonnen hajt!
Antonio. Auf ewig, was ich wieder — So hab’ id) nod)
» wicht Alles verloren? So millit Du mit mir fliehen? So darf ih Dich Heut’ Abend im Garten erwarten?
Iulia. Nein! Ninmermehr! Darfit Du das denn fodern?
Daft Dur nicht jo gut, wie ich, die Pflicht zu bien? Haſt Du ein Recht auf Glück? > Antonio. Ja! Ja! Wer ſeine Vergangenheit jo ganz hinter jich geworfen hat, wie ich, wer ſich felbjt in dem Augen- blid frei von ihr fühlt, wo ſie ihm die lebte höhniſche Frage ihneidet und die ganze Zukunft hinunter zu knirſchen droht, der mag ſich verirrt haben, wie weit er will, er darf jo. antivorten! » Julia. Er kann das Schiefjal aber nicht zwingen, ihm die Probe zu erlajien! Laß uns tie bejtehen, laß uns jcheiden! Kir müſſen's, und je mehr es uns fojtet, um jo leichter ſollt' es uns werden! |
EPERBERe Se > U Ö >| 224. 2 2. SuSE GE
188 Julia. 1116
Antonio. Was Dir leicht wird, ſollte mir nicht ſchwer fallen! Recht! Recht! Nun, wer weiß, was ich thu', wenn mein Geſchäft hier beendigt iſt! Vielleicht iſt mir der Gedanke doch zu peinlich, daß ich für Dich nur Einer unter Vielen war, während Du für mich die Einzige unter Allen geweſen biſt. Dann geh ich nach Italien zurück und bezahle alte Schulden mit meinem Kopf. Bielleiht — es wird jich finden! Aber vorher muß mein Gejchäft beendigt fein, vorher muß id — Heilige entlarven! Einen gewiß, und wer weiß, ob nicht Zwei! _ Denn, daß fi unter einem fo übermenjchlichen Edelmuth der — feigſte Eigennutz verjtedt, ijt jicher, e8 Fönnte fich aber auch unter einer jo glühenden Verehrung eine zitternde Liebe verbergen, und dag —
Julia. Allmächtiger Bott! Er kommt!
=
Bedjste Brene. 15 Sraf Bertram und Alberto (treten ein).
Antonio (tritt dem Grafen entgegen. Das muß ich wijjest Herr Graf — Nicht wahr, Sie jind doch der Gemahl die ſer Dame —
Graf Bertram. Aber Sie, wer jind Sie? *
Antonio. Ich bin derjenige, auf deſſen Koſten Sie — Sehen Sie Ihre Gemahlin an und Sie werden die Frage niEN wiederholen! Dagegen muß id, id an Sie eine jtellea®- Warum — Ä
Julia tentreifit ihm jeinen Dolch. Ich tüdte mich, wenn Dis ö ihn zwingſt, ſich zu tödten.
Antonio. Wenn id) ihn zwinge, jid) zu tödten? Ich wirkte nicht, wie mir jo viel Macht über ihn kommen jollte.
Alberto. Was geht hier vor?
Graf Bertram au Alberto. Ich ahne ſchon Alles, wenn & ih auch noch nicht Degreife, wie es zujammenhängt. Meine
III 6 Julia. 189
Reue iſt ernſt, darum wird meine Buße nicht verſchmäht! Wenn ich jetzt zwiſchen den zwei Piſtolen zu wählen hätte, ich würde mich nicht wieder vergreifen! Das fühl' ich! Julia, dieſer Mann — Julia. Geht Sie Nichts an, geht mich — Autonio. Auch Nichts an? Weib, wage nicht zu viel! Ich könnte Dich früher, als Dir's lieb wäre, zur Wittwe machen! Nicht durch einen Dolchſtoß um Mitternacht, aber — — (u Srafdertram) Nicht wahr, wenn ich nicht freiwillig abtreten wollte, was mir gehörte, jo würden Sie mir dod) erlauben, ein— mal auf Sie zu ſchießen? Wenigſtens hat man mir gejagt, daß Ihr das fo unter Euch verhaltet, und wer, wie ic, den Habicht im Fluge zu treffen pflegt, der würde nicht fehlen, wenn er — aum Julia) Fürchte Nicht?! Ach will nicht mich, ich will nur nod) die Heiligen rächen, ih will die Glorie um eine Gleißnerſtirn au sSlöſchen, und Dich, Dich zwingen, die Gefühle, die Du im Buſen hegjt, audy mit dem Munde zu befennen! Und alfo — Julia wirft den Doih weg. Sprich! Antonio (su Graf Bertram). Wenn Sie dies Weib wirflid) obloß, wie Sie vorfchüßten, dem Untergang entziehen wollten, Mwarım führten Sie e& nicht zu Ihrer Schweiter oder Ihrer Mutter, warum, wenn Sie das nicht fonnten, nicht in ein \remdesg Haus, warum ſchloſſen Sie mit ihm den einzigen Bund, der unter Menjchen unauflöglich ift, den Bund der Ehe? Und ss wenn Sie es liebten, warum heuchelten Sie, warum juchten Sie en Herz durch. faljche Künſte zu beſtricken, das jonft, ich muß es noch jegt glauben, da Sie Sich doch nicht ohne Noth zu einer Önutelei verjtanden haben werden, wohl nie dag Xhrige ge: ' worden wäre? Was gab Ihnen ein Kecht zu jo unehrlichen » Spiel? Julia (ritt dicht vor Antonio him. Kniee nieder, wühle Dich nod einmal in die Erde hinein und fomm nicht wieder hervor, thu das Gelübde, nie mehr zur Sonne aufzujehen und Die
190 Aulia. III 6
Augen jedes Mal zu Ichliepen, wenn Dein Blid auf eine Blume fällt!
Graf Bertram. Halten Sie ein!
Iulia. Nein! Nein! ch wollte Ihnen das Verjpredgen, dag Sie don mir foderten, nicht geben, weil ich jeine furdtbarc : Bedeutung verjtand, denn ich konnte nicht wiſſen, wie leicht nian mir's machen würde, e& zu halten!
Graf Bertram. Nicht weiter!
Julia. Doh! Doch! Ihre Ahnung trog Sie nicht; der, dem Died Berfprechen galt, iſt erjchienen, aber nicht, um ein Schickſal, das er jelbjt herauf beſchwor, würdig und jtill dahin zu nehmen und ſich im Moment des Scheidens wieder für ewig in meine Seele einzuzeichnen, jondern um roh und gewaltjam den lebten Faden zu zerreißen, der mich, mir ſelbſt unbewußt, im tiefiten Innern noch an ihn Mnüpfte! Ya, jo war's, ih dari ® es jet befennen; denn es ijt vorbei! Als ich ihn wieder ja #9. als er ſich vertheidigte und mich anflagte, als jeine Schuld ſi c in ein ungeheures Unglück zu verwandeln ſchien, da fing ie ſchon an zu fürdten, daß Sie mein Herz bejjer veritande hätten, als ic) jelbjt, und wenn er nun gegangen wäre, wie \ gehen mußte, jo würde ich Ihnen nie, nie verrathen haber —" was ich empfand, aber gewiß hätte ich ihm in mancher Nds heiße Thränen nachgeweint! Doc jetzt — jetzt —
Graf Bertram (eiſe. Auch jeßt verjtehe ich Dein Ha bejjer, als Du jelbft, und danfe dem Himmel für die leiden ſchaftliche Regung, in der e3 ſich mir bloß legt.
Julia zu Antonio. Und nun die Antwort für ihn! Kar er that, was er that, und nicht, was Du gethan hätteft? Wei — er nicht bloß einen Doppelmord verhüten, weil er zugleich Deu Vater die Tochter, dem Weibe die Ehre retten und weil er — jetzt wird's Dir ſein, als ob Du ihn Flügel bekommen jähe” — aus der Welt gehen wollte, wenn Du wiederkehrteſt, ur — Dir die Mutter Deines Kindes zurüczugeben !
II 6 Julia. 191
Graf Bertram. Fügen Sie noch hinzu, daß ich aus— zogen wäre, ihn zu ſuchen!
Antonio. Wenn es einen Menſchen giebt, der einer lchen That fähig iſt, ſo war ich ein eitler Prahler, als ich Elärte, ich ſei des Glücks noch würdig. Das kann ich nicht ſſen und noch viel weniger vollbringen!
Yulia. Darin ſieh Dein Gericht!
Antonio. Und Du meine Entichuldigung! Aber — es [t die Probe!
Julia. Die Probe?
Graf Bertram isn Antonio. Sie meinten, ic würde Ihnen e Erlaubniß ertheilen, auf mich zu jchießen, wenn Sie's ver- ngten! Das werde ich nicht thun, denn es würde jchreefliche IAgen für Sie haben, wenn Sie träfen! Aber ich werde auf ich jelbjt jchießen, jobald Sie wollen!
Antonio. Giebt es ſolche Menjchen auf der Welt? Was m denn ich?
Julia gu Graf Bertram. Sie fühlen doch, daß mein Tod glei auf den Ihrigen folgen wird ?
Antonio (sm Iutia). Fürchten Sie Nichts! Ich gehe, und ie jehen mich niemals wieder! Niemals! Gu Graf Bertram marmen Sie Ihre Gemahlin! Ihre Gelübde gelten nicht mehr, > itoße jie um, ich gebe meine Rechte auf! «u Julia) Alle! Ue! Sogar das Recht auf einen Platz in Ihren Gedächtniß! ergeſſen Sie mich! Und wenn Sie das nicht Fünnen, jo denken ie an mid, wie an einen Menjchen, der ſich durch feiner Yände Arbeit im Schweiß jeined Angeſichts jein Brot erwirbt! denn das werd’ ich thun! Ich werde mit dem nächſten Tage- öhner, den ic auf einem Ader erblide, die Kleider wechjeln und dann die Erde bauen, wie er! Je drüdender das Leben mir wird, je mehr e3 mich anefelt, um jo jorgjamer will ich's dilegen, um jo mühſeliger die Mittel, e& mir zu erhalten, berbeiichaffen. Das foll meine Buße fein! Es it die ſchwerſte!
192 alla. IIIé
Julia. Das iſt der Menſch, den ich liebte!
Graf Bertram (leiſe). Und liebe! Zum Ende! (zu Alberto! Löſen Sie die Verwirrung! Erklären Sie meine That! Ich habe mic Ihnen anvertraut, Sie können's!
Alberto. Sie erwarten zu viel von mir!
Graf Bertram.. Sagen Sie, daß ich der edle Ment ne) nicht bin, fiir den man mich hält!
Alberto. Das kann ich nicht!
Graf Bertram. Nun, fo kann icj’3 ſelbſt!
Antonio u Iutio). Leben Sie wohl!
Julia (itrett ihm die Hand entgegen... Und — Du tötdelt Dir - nicht? Du Fehrit nicht nach Italien zurüd!
Antonio. Nie! Nie! (wit gehen)
Graf Bertram ceiid. Wie fie für ihn zittert! Woh — (tritt Antonio in den Weg) Bleiben Sie! Hören Sie! iu Juli Sie meinen, ic) will auß der Welt gehen, weil die Welt u ichlecht für mich ift? Sie irren fich, es treibt mich fort, we ih zu schlecht für die Welt bin! iu Antonio) Sie halten mi — für den Erjten der Sterblihen? Wie, wenn ich's nur deswege= 7 ichiene, weil ich Ichon einmal der Lehte war, ivenn mein de: wifjen mir die That, die Sie bewundern, als Strafe auferlegg! hätte, als Strafe für eine andere, die Sie verabjcheuen würder« ?
Antonio. Der Gedanke durchzuckte mich ſchon, aber i ch ſchämte mich ſeiner und wies ihn ab!
Graf Bertram. Der Gedanke war der rechte! Erfahre vn Sie, was ich verbrach, und jtellen Sie Sich meiner Buße nie länger entgegen! Ich habe einen Menjchen getödtet —
Julia. Unmöglich!
Graf Bertram. Doch! Mehr als getödtet, ein joe: herrliches Geſchöpf, das nicht alle Tage, ich muß e3 leider jge—-' obgleich es meine Schuld erhöht, jo aus den Händen der Nat 1
Ile Julia. 193
hervorgeht, das vielleicht zu großen Dingen beſtimmt war, und durch mich — Sie ſchaudern ſchon, Sie wenden Sich von mir ab, Sie treten dem Mann ihrer Wahl wieder nah'! Ich halte inne, aber Sie müſſen ſelbſt erkennen, daß es nur ein Mittel sgab, der Welt den Raub, den ich an ihr beging, zu erſetzen, und daß ich dies Mittel ergriff, als ich zwiſchen Sie und den Tod trat! Made denn Keiner meine That zur Thorheit, hind’re mid) Seiner an dem Schritt, den ich vollbringen muß, wenn id) Don heute an nicht fo zwiſchen Ahnen und dem Leben jtehen o ſoll, wie ic) bißher zwiſchen Ihnen und dem Tod ftand, folge mtr Seiner! (wii gehen)
Antonio. ch weiche nicht von Ihrer Seite! Wir Alle, Haben zu büßen, und ich zumeift! «u Jutta) Ich werde über ihn wachen, ald ob er mein Bruder wäre! 15 Yulia. Bergieb mir!
Alberto wu Graf Bertram). Gehen Sie nicht zu weit! Ihre Schuld ift getilgt, ift mehr, ala getilgt! Sie haben der Welt ein Toppelleben erhalten, das ihr ſchon fiher verloren mar, und Sie fönnen doch nimmermehr glauben, daß Julia diefen Mann
weine Hand, die nur durch das furchtbarſte Mittel frei werden fann, reichen, oder daß er fie ergreifen wird! Ihr Blut oder ein Ocean zwiſchen Beiden, ich denke, Beides ijt gleich!
Graf Bertram. Das ijt wahr! ueiid Eben jo wahr, als daß ich jterben muß! Ich werde Gemjen jagen, jo lange > Gemſen jagen, bis ein verunglüdender Sprung mich zwingt, die Tiefe eines Abgrunds zu mejjen, aus dem man nicht einmal
als Reihnam wieder herauf fommt! Steinen Monat ſoll's dauern! Und dann — Ha, es fommt mir doch vor, als ob noch Etwas tolgte, als ob, wer redlich büßte, irgendivo auf einen freund- > lien Empfang rechnen dürfte. iu Alberto) Sie haben Recht! ME Antonio und Julio) Wir bieiden beifammen, jo lange das kchicſal will! Aber wenn ich, fterben jollte, eine natür— Ötbbet, Werte II. 13
1007 : WE se: a Tr J
n Ania) 2
194 Julia. DI6
lichen Todes jterben follte, jo — das veriprehen Sie mir Beide —
Julia. Dann —
Antonio. Dann wollen wir uns fragen, ob wir noch glücklich fein dürfen! 5
Julia. Wir wollen und fragen, ob wir noch glüdlid jein können!
Finis,
Heroes und Marianne,
Eine Tragödie in fünf Aecten.
1850.
Berlonen:
König Herodes. Mariamne, feine Gemahlin. Alerandra, ihre Mutter. s Salome, Scweiter des Königs. Soemu3, Statthalter von Galliläa, Joſeph, Bicelönig in Abweſenheit von Herodes. Sameas, ein Bharijäer. Zitu3, ein römilher Hauptmann. » Joab, ein Bote Sudas, ein jüdifher Hauptmann. Arta xerxes, ein Diener. —— desgleichen, ſo wie noch einige andere Diener. 25 Silo, ein Bürger. Serubabel und fein Sohn Bhilo, } Salliläer. Ein römiider Bote Aaron und fünf andere Rider. 2» Drei Könige aus dem Morgenlande, von ber riftlihen Kirche fpäter die heiligen zubenannt.
ort: Ierufalem. Zeit: Um Chriſti Geburt.
Burg Zion. Großer Audienz: Saal. Joab. Sameas. Serubabel und fein Sohn. Titus. Judas und viele Andere. Herodes tritt ein.
Erſte Fcene.
Joab (tritt dem König entgegen). Ich bin zurück!
Herodes.
Dich ſpreche ich nachher! Das Wichtigſte zuerſt!
Joab (surüdtretend, für fid).
Das Wichtigſte! Ich dächte doch, das wäre, zu erfahren, Ob unfer Kopf noch feit ſitzt oder nicht! Herodes (mintt Judas). 3 Wie jteht ed mit dem Feuer?
Judas.
Mit dem Feuer? So weißt Du jchon, was ich zu melden kam?
Herodes. Um Mitternacht brach's aus. Ich war der Erſte, Der es bemerkte und die Wache rief. Irr' ich mich nicht, ſo weckte ich Dich ſelbſt!
200 Herodes und Mariamne.
Judas. Es ift gelöfcht! (me nd) So iſt es aljo wahr, Daß er verkleidet durd die Gaſſen ſchleicht, Wenn And’re fchlafen! Hüten wir die Zunge, Sie fünnte feinem Ohr einmal begegnen.
Ä Herodes. Sch ſah, als Alles ſchon in Flammen jtand, Ein junge Weib durch's Fenſter eine Hauſes, Das ganz betäubt fchien. Ward died Weib gerettet?
| Indas. Sie wollte nicht!
Herodes. Sie wollte nicht?
Judas. Bei'm Himmel,
Sie wehrte ſich, als man ſie mit Gewalt
Hinweg zu bringen ſuchte, ſchlug mit Händen
Und Füßen um ſich, klammerte am Bett,
Auf dem ſie ſaß, ſich feſt und ſchrie, ſie habe Mit eig'ner Hand ſich eben tödten wollen,
Nun komme ihr ein Tod von ungefähr!
Herodes.
Sie wird verrückt geweſen ſein!
Judas. Wohl möglich, Daß ſie's in ihrem Schmerz geworden iſt! Ihr Mann war Augenblicks zuvor geſtorben, Der Leichnam lag noch warm in ſeinem Bett.
IT16 Julia. 191
Graf Bertram. Fügen Sie noch hinzu, daß ich aus— gezogen wäre, ihn zu ſuchen!
Antonio. Wenn es einen Menſchen giebt, der einer ſolchen That fähig iſt, ſo war ich ein eitler Prahler, als ich
s erklärte, ich ſei des Glücks noch würdig, Das kann ich nicht faſſen und noch viel weniger vollbringen!
Julia. Darin ſieh Dein Gericht!
Antonio. Und Du meine Entſchuldigung! Aber — es gilt die Probe!
* Julia. Die Probe?
Graf Bertram su Antonto). Sie meinten, ich würde Ihnen die Erlaubniß erteilen, auf mich zu Ichießen, wenn Sie's ver- langten! Da3 werde ich nicht thun, denn es würde jchredliche Folgen für Sie haben, wenn Sie träfen! Aber ich werde auf
rs mich ſelbſt jchießen, fobald Sie wollen!
Antonio. Giebt es ſolche Menjchen auf der Welt? Was bin denn id) ? Ä
Julia (zn Graf Bertram). Sie fühlen doch, daß mein Tod ſogleich auf den Ihrigen folgen wird?
27 Antonio gu Juliaqh. Fürchten Sie Nichts! Ich gehe, und Sie jehen mich niemald wieder! Niemals! (u Graf Bertram) Umarmen Sie Ihre Gemahlin! Ihre Gelübde gelten nicht mehr, ic) ſtoße fie um, ich gebe meine Rechte auf! «u Julia) Alle! Alle! Sogar das Recht auf einen Plag in Ihrem Gedächtniß!
>35 Vergeſſen Sie mich! Und wenn Sie da3 nicht Fünnen, jo denken Sie an mid, wie an einen Menjchen, der ſich durch feiner Hände Arbeit im Schweiß jeined Angeſichts jein Brot erwirbt! Denn das werd’ ich thun! ch werde mit dem nächjten Tage— löhner, den id) auf einem Acker erblide, die Kleider wechjeln
3o und dann die Erde bauen, wie er! Se drüdender das Leben mir wird, je mehr e3 mich anefelt, um jo Jorgjamer will ich's prfegen, um jo mühjeliger die Mittel, es mir zu erhalten, herbeiſchaffen. Das foll meine Buße fein! Es iſt die ſchwerſte!
192 Jalia. 1116
Julia. Das it der Menſch, den ich liebte!
Graf Bertram ıteife. Und liebe! Zum Ende! iu Alberte Löſen Sie die Verwirrung! Erklären Sie meine That! Ich habe mich Ihnen anvertraut, Sie künnen’s!
Alberto. Sie erwarten zu viel von mir!
Graf Bertram... Sagen Sie, daß ich der edle Menid nicht bin, fir den man mich hält!
Alberto. Das kann ich nicht!
Graf Bertram. Nun, ſo kann ich's ſelbſt!
Antonio (u Julia). Leben Sie wohl! m
Julia (ftredt ihm die Hand entgegen). Und — Du tötdeit Did nicht? Du kehrſt nicht nach Italien zurüd!
Antonio. ie! Nie! win geben)
Graf Bertram ieiid. Wie fie für ihm zittert! Wohl: (tritt Antonio in den Weg) PRleiben Sie! Hören Sie! (zu Julia Sie meinen, ich will aus der Welt gehen, weil die Welt zu ichlecht für mid) ift? Sie irren ſich, es treibt mich fort, weil: ich zu ſchlecht für die Welt bin! (zu Antonio) Sie halten mich für den Erſten der Sterblichen? Wie, wenn ich's nur deswegen“ ſchiene, weil ich ſchon einmal der Letzte war, wenn mein Ge⸗—* wiſſen mir die That, die Sie bewundern, als Strafe auferlegt hätte, als Strafe für eine andere, die Sie verabſcheuen würden?
Antoniv. Der Gedanfe durchzudte mich jchon, aber ıd ihämte mich ſeiner und wies ihn ab!
Graf Bertram. Der Gedanke war der vechte! Erfahren » Sie, was ich verbrad, und ftellen Sie Sich meiner Buße nid! länger entgegen! Ich habe einen Mtenjchen getödtet —
Julia. Unmöglid!
Graf Bertram. Doch! Mehr al? getödtet, ein ſtolzes, herrliches Geſchöpf, das nicht alle Tage, ih muß e3 leider jagen, s obgleich e& meine Schuld erhöht, jo aus den Händen der Natur
1116 Zulia. 193
hervorgeht, da3 vielleicht zu großen Dingen beitimmt war, und durh mi — Sie ſchaudern ſchon, Sie wenden Sich von mir ab, Sie treten dem Mann ihrer Wahl wieder nah’! Ich halte inne, aber Sie müjjen felbit erfennen, daß es nur ein Mittel gab, der Welt den Raub, den ih an ihr beging, zu erjeßen, und daß ich died Mittel ergriff, als ich zwiſchen Sie und den Tod trat! Mache denn Keiner meine That zur Thorheit, hind’re nic Keiner an dem Schritt, den ich vollbringen muß, wenn id) von beute an nicht jo zwifchen Ihnen und dem Leben ftehen jo, wie ich bißher zwijchen Ihnen und dem Tod ftand, folge mir Seiner! (mil geben)
Antonio. Ich weiche nicht von Ihrer Seite! Wir Alle haben zu büßen, und ich zumeift! «au Jura) Sch werde über ihn wachen, als ob er mein Bruder wäre!
Julia. Vergieb mir!
Alberto wu Graf Bertram). Gehen Sie nicht zu weit! Ihre Schuld ift getilgt, it mehr, als getilgt! Sie haben der Welt ein Doppelleben erhalten, dag ihr ſchon ficher verloren war, und Sie können dod) nimmermehr glauben, daß Julia diefen Mann eine Hand, die nur durch das furdtbarite Mittel frei werden fann, reichen, oder daß er ſie ergreifen wird! Ihr Blut vder . ein Ocean zwiſchen Beiden, ich denke, Beides ijt gleich!
Graf Bertram. Das it wahr! (eiſe) Eben fo wahr, als dag ich jterben muß! ch werde Gemſen jagen, jo lange Gemſen jagen, bis ein verunglüdender Sprung mich zwingt, die Tiefe eined Abgrund zu meſſen, aus den man nicht einmal als Leichnam wieder herauf fommt! Keinen Monat jol’S dauern! Und dann — Ha, es fommt mir doch vor, al& ob noch Etwas folgte, al$ ob, wer redlich büßte, irgendwo auf einen freund- fihen Empfang rechnen dürfte iu Alberto) Sie haben Recht! (zu Antonio und Julia) Wir bleiben beifammen, jo lange das Schickſal will! Aber wenn ich» jterben jollte, eines natür-
Hebbel, Werte I. 13
194 Julia. III6
lichen Todes ſterben ſollte, ſo — das verſprechen Sie mir Beide —
Julia. Dann —
Antonio. Dann wollen wir uns fragen, ob wir noch glücklich fein dürfen! 5
Julia. Wir wollen und fragen, ob wir nod glüdlid jein können!
Finis.
Herodbes und Marianıne. 205
3harifäerpöbel, um jo feder,
h ihn gar nicht ſtrafen fann, wenn ich
aus den Narren Märt’rer machen will;
nen Galliläern etwas Liebe,
eigennüßige Anhänglichkeit,
ch der Popanz bin mit blanfem Schwert,
u3 der Ferne ihr Gejindel jchredt;
— diefer Menſch bringt ſicher ſchlechte Botjchaft, ir zu eilig, mir ſie zu verkünden.
der ſogar, obgleich mein eig'ner Knecht,
gern, was mich verdrießt, wenn er nur weiß, ch mich ſtellen muß, als merkt' ich's nicht!
(zu Joab) eht's in Alexandrien?
Joab. Ich ſprach ius! Herodes. Ein wunderlicher Anfang! rachſt Antonius? Ich bin's gewohnt, neine Boten vorgelaſſen werden; ſt der Erſte, der es nöthig findet, u verſichern, daß ihm das gelang.
Joab. ird mir ſchwer gemacht! Man wies mich ab, ickig ab! Herodes (für fich).
So jteht er mit Octav beifer, alS ich dachte! (aut) Das beweiſ't, Du die vechte Stunde nicht gewählt!
206 Herodes und Mariamne.
Joab. Ich wählte jede von den vierundzwanzig, Woraus der Tag beſteht; wie man auch trieb, Ich wich nicht von der Stelle, nicht einmal, Als die Soldaten mir den Imbiß boten, Und, da ich ihn verſchmähte, ſpotteten: Er ißt nur, was die Katze vorgekoſtet Und was der Hund zerlegt hat mit dem Maul! Am Ende glückte mir —
Herodes. Was einem Klügern Sogleich geglückt wär! —
Joab.
Bei ihm vorzukommen! Doch war's ſchon Nacht, und Anfangs mußt’ ich glau' Er hätt' mich rufen laſſen, um den Spaß Der höhnenden Soldaten fortzuſetzen; Denn, wie ich eintrat, fand ich einen Kreis Von Trinkern vor, die ſich auf Polſtern ſtreckten, Er aber füllte ſelbſt mir einen Becher Und rief mir zu: Den leere auf mein Wohl! Und als ich deß mich höflich weigerte, Da ſprach er: Wenn ich den da tödten wollte, So brauchte ich ihn nur acht Tage lang An meinen Tiſch zu zieh'n und den Tribut, Den Erd' und Meer mir zollen, d'rauf zu ſtellen, Er würde müßig ſitzen und verhungern Und noch im Sterben ſchwören, er ſei ſatt.
Herodes. Ja, ja, ſie kennen uns! Das muß ſich ändern! Was Moſes bloß gebot, um vor dem Rückfall In ſeinen Kälberdienſt dies Volk zu ſchützen,
11 Herodes und Mariamne. 207
Wenn er fein Narr war, das befolgt dies Volk, Als hätt' es einen Zweck an ſich, und gleicht Dem Kranken, der nach der Geneſung noch Das Mittel, das ihn heilte, fort gebraucht, ALS wären Arzenei und Nahrung Eins!
Das jol — Fahr fort!
Joab. Doch überzeugte ich
Dich bald, daß ich mich irrte, denn er that Beim Trinken alle Staatögeichäfte ab, Ernannte Magijtrate, ordnete Dem Zeus dad Opfer an, vernahm Auguren Und ſprach die Boten, wie fie eben famen, Nicht mich allein. Es jah befonderd aus. Ein Sclav' jtand hinter ihm, das Ohr gefpigt, Die Tafel und den Griffel in der Hand, Und zeicynete mit lächerlihem Ernft Das auf, was ihm im trunf'nem Muth entfiel. Die Tafel lieft er dann, wie id) vernahm,
im nächiten Morgen dur) im Katzenjammer Und Hält jo treu an ihren Inhalt fich, Daß er, dieß foll er jüngft geſchworen haben, Sid ielbft mit eig’ner Yaujt‘ erdrofjeln würde, Wenn er Die Welt, die ihm gehört, am Abend Im Rauſch verfchenkt und fi) dabei des Rechts
uf einen Pla darin begeben hätte.
b er dann au im Zickzack geht, wie Nadıts, Benn er fein Lager jucht, ich weiß e3 nicht, Dog däucht mir Eins dem Andern völlig gleich).
Herodes. Du ſiegſt, Octavian! E3 fragt ſich bloß, 6 früher oder jpäter. Nun?
Burg Zion. Großer Audienz: Saal. Joab. Sameas. Serubabel und fein Sohn. Titus. Judas und viele Andere. Herodes tritt ein.
Erſte Bcene.
Joab (tritt dem König entgegen). Ich bin zurück!
Herodes.
Dich ſpreche ich nachher! Das Wichtigſte zuerſt!
Joab (surüdtretend, fir fi).
Das Wichtigſte! Sch dächte doch, dad wäre, zu erfahren, Ob unfer Kopf noch feſt fit oder nicht! Herodes (wintt Jubas).
Wie jteht es mit dem Feuer?
Judas. Mit dem Feuer? So weißt Du ſchon, was ich zu melden kam? Herodes. Um Mitternacht brach's aus. Ich war der Erſte,
Der es bemerkte und die Wache rief. Irr' ich mich nicht, ſo weckte ich Dich ſelbſt!
00 Herodes und Dlariamne.
Judas. Es iſt gelöſcht! (far ſich So iſt es aljo wahr, Daß er verkleidet durch die Gaſſen ſchleicht, Wenn And’re ſchlafen! Hüten wir die Zunge, Sie fünnte feinem Ohr einmal begegnen.
Herodes. Ich ſah, als Alles ſchon in Flammen ſtand, Ein junges Weib durch's Fenſter eines Hauſes, Das ganz betäubt ſchien. Ward dies Weib gerettet?
| Judas. Sie wollte nicht!
Herodes. Sie wollte nicht?
Judas. Bei'm Himmel, Sie wehrte ſich, als man ſie mit Gewalt Hinweg zu bringen ſuchte, ſchlug mit Händen Und Füßen um ſich, klammerte am Bett, Auf dem ſie ſaß, ſich feſt und ſchrie, ſie habe Mit eig'ner Hand ſich eben tödten wollen, Nun komme ihr ein Tod von ungefähr!
Herodes.
Sie wird verrückt geweſen ſein!
Judas. Wohl möglid, : Daß ſie's in ihrem Schmerz geworden ift! ! Ihr Mann war Augenblid3 zuvor geftorben, Der Leichnam lag noch warm in jeinem Bett;
!
Herodes (für fig). 3 will id) Mariamnen doch erzählen > ihr dabei in's Auge ſchau'n! (aut) Dies Weib : wohl fein Kind gehabt! Wär’ es der Fall, forg’ ich für das Kind! Sie felher aber ll reih und Fürſten gleich bejtattet werden, : war vielleicht der Frauen Königin!
Sameas (ctritt zu Herodes). tattet werden ? Geht doch wohl nicht an!
n wenigſten nicht in Jeruſalem! iteht gejchrieben —
Herodes. Kenne ih Dich nicht ?
Sameas.
haſt mid) einmal kennen lernen fünnen; war die Zunge des Synedriums, ‚ ed vor Pir verjtummte!
Herodes.
Sameas, hoffe doch, Du kennſt mich auch! Du haſt ı Sürgling hart verfolgt, Du hätteſt gern t jeinem Kopf dem Henker ein Geſchenk naht; der Mann und König hat vergeflen, 3 Du gethan: Du trägit den Deinen noch!
Sameas.
nn id) ihn darum, weil Du mir ihn Tießeit, ht brauchen joll, jo nimm ihn Hin; da wäre ſchlimmer, als ihn eingebüßt zu haben.
201
202 Herodes und Mariamne.
Herodes.
Weswegen kamſt Du? Niemals ſah ich Dich Bis jetzt in dieſen Mauern.
Sameas.
Deshalb eben Siehſt Du mich heut’! Du haſt vielleicht geglaubt, Daß ich Dich fürchtete! Ich fürcht' Dich nicht! Auch jetzt nicht, wo Dich Mancher fürchten lernte, Der Dich bisher, ich meine bis zum Tode Des Ariſtobolus, nicht fürchtete! Und nun ſich die Gelegenheit mir beut, Dir zu beweiſen, daß ich dankbar bin, Nehm' ich ſie wahr und warne Dich mit Ernſt Vor einer Handlung, die der Herr verdammt. Die Knochen dieſes Weibes find verflucht, Sie hat die Rettung heidniſch abgewehrt, Das iſt, als hätte ſie ſich ſelbſt getödtet, Und da —
Herodes. Ein ander Mal!
(zu Serubabel) Aus Galliläa! Und Serubabel, der mich — Sei gegrüßt! Du ſelbſt biſt Schuld, daß ich Dich jetzt erſt ſah!
Serubabel. Viel Ehre, König, daß Du mich noch kennſt!
(deutet auf ſeinen Mund) Nun freilich, dieſe beiden großen Zähne, Die mich zum Vetter eines Ebers machen —
Herodes. Mein eigenes Geſicht vergeſſ' ich eher,
‚1 Herodes und Marianne. 203
Als das des Mannes, der. mir treu gedient! Du warſt, al® id) bei Euch die Räuber jagte, Mein beiter Spürhund. Was bringit Du mir jept? Serubabel (wintt feinem Sohn). Nicht eben viel! Den Philo, meinen Sohn! Du brauchſt Soldaten, ich, ich brauche Feine, Und diefer ijt ein Römer, au Berjeh'n Durch ein ebräiſch Weib zur Welt gebracht! Herodes. Aus Galliläa fommt mir Nichts, als Gutes! Ich laſſe Dich noch rufen.
Serubabel (ctritt mit feinem Sohn zurüch).
Titus (tritt vor). Ein Betrug, Den ic) entdedte, zwingt mid — Herodes. Deck' ihn auf! Titus. Die Stummen reden! Herodes. Deutlich!
Titus.
Dein Trabant, Der Dir mit einem meiner Centurionen Die letzte Nacht das Schlafgemach bewachte, —
Herodes (für ſich).
Den Alexandra, meine Schwiegermutter, In meinen Dienſt gebracht —
204 Herodes und Mariamne.
Titus. Er iſt nicht ſtumm, Wie alle Welt von ihm zu glauben ſcheint; Er hat im Traum geſprochen, hat geflucht!
Herodes. Im Traum?
Titus.
Er war im Stehen eingeſchlafen, Mein Centurione weckte ihn nicht auf; Er glaubte die Verpflichtung nicht zu haben, Weil er nicht mit in der Cohorte dient, Doch ſah er ſcharf auf ihn, um, wenn er fiele, Ihn aufzufangen, daß er Dich nicht ſtöre, Denn früh noch war es, und Du lagſt im Schlaf. Wie er das thut, fängt dieſer Stumme plötzlich Zu murmeln an, ſpricht Deinen Namen aus Und fügt den fürchterlichſten Fluch hinzu!
Herodes. Der Centurione hat ſich nicht getäuſcht?
Titus. Dann müßt' er ſelber eingeſchlafen ſein Und wär' ein ſchlimm'res Zeichen für die Zukunft Der ew'gen Stadt, als jener Blitz, der jüngſt Die Wölfin auf dem Capitol verſehrt!
Herodes.
Sch danke Dir! Und nun — (Er verabſchiedet Alle bis auf Joab.)
Ja, ja, jo ſteht's! Verrath im eig’'nen Haufe, offner Troß
®
Herodes und Mariamne.
Sm Phariſäerpöbel, um jo Feder,
Als id ihn gar nicht ftrafen kann, wenn id) Jricht aus den Narren Märt’rer machen will; Bei jenen Galliläern etwas Liebe,
Hein, eigennügige Anhänglichkeit,
Beil ich der Popanz bin mit blanfem Schwert, Der aus der Ferne ihr Gejindel fchredt;
Und — diefer Menſch bringt jicher fchlechte Botjchaft, Er mar zu eilig, mir fie zu verkünden.
"Denn der jogar, obgleich mein eig'ner Knecht, Thut gern, was mich verdrießt, wenn er nur wei, DaB ich mid) ftellen muß, als merkt’ ich's nicht!
(gu Joab) Wie ſteht's in Alerandrien?
Joab.
Ich ſprach Antonius!
Herodes.
Ein wunderlicher Anfang! Du ſprachſt Antonius? Ich bin’? gewohnt, Daß meine Boten vorgelajjen werden; Du biſt der Erjte, der ed nöthig findet, Mir zu verfichern, daß ihm das gelang.
Joab. Es ward mir ſchwer gemacht! Man wies mich ab, Hartnäckig ab! Herodes (für fich).
So jteht er mit Octav Rod) bejjer, al3 ich dachte! (aut) Das beweij't, Daß Du die rechte Stunde nicht gemählt!
206 Herodes und Mariamne.
Joab. Ich wählte jede von den vierundzwanzig, Woraus der Tag beſteht; wie man auch trieb, Ich wich nicht von der Stelle, nicht einmal, Als die Soldaten mir den Imbiß boten, Und, da ich ihn verſchmähte, ſpotteten: Er ißt nur, was die Katze vorgekoſtet Und was der Hund zerlegt hat mit dem Maul! Am Ende glückte mir —
Herodes. Was einem Klügern Sogleich geglückt wär! —
Joab.
Bei ihm vorzukommen! Doch war's ſchon Nacht, und Anfangs mußt' ich glau Er hätt’ mich rufen laſſen, um den Spaß Der höhnenden Soldaten fortzujeßen; Denn, wie ich eintrat, fand ich einen reis Bon Trinfern vor, die ji auf Poljtern jtredten, Er aber füllte jelbjt mir einen Becher Und rief mir zu: Den leere auf mein Wohl! Und als id) dei mic) höflich weigerte, Da ſprach er: Wenn ich den da tödten wollte, So braudte id ihn nur acht Tage lang An meinen Tiich zu zieh’n und den Tribut, Ten Erd’ und Meer mir zollen, d'rauf zu ftellen, Er würde müßig fißen und verhungern Und noch im Sterben jchiwören, er fei fatt.
Herodes. Sa, ja, ie fennen ung! Das muß jich ändern! Was Moſes bloß gebot, um vor dem Rückfall In jeinen Kälberdienſt dies Volk zu jchügen,
Wenn er fein Narr war, das befolgt died Volk, Als hätt! es einen Zweck an fich, und gleicht Dem Kranken, der nad) der Genejung noch Tas Mittel, das ihn heilte, fort gebraudit,
ALS wären Arzenei und Nahrung Eins!
Das ſoll — Fahr’ fort!
Joab.
Doch überzeugte ich Mich bald, daß ich mich irrte, denn er that Beim Trinken alle Staatsgeſchäfte ab, Ernannte Magiſtrate, ordnete Dem Zeus das Opfer an, vernahm Auguren Und ſprach die Boten, wie ſie eben kamen, Nicht mich allein. Es ſah beſonders aus. Ein Sclav' ſtand hinter ihm, das Ohr geſpitzt, Die Tafel und den Griffel in der Hand, Und zeichnete mit lächerlichem Ernſt Das auf, was ihm in trunk'nem Muth entfiel. Die Tafel lieſ't er dann, wie ich vernahm, Am nächſten Morgen durch im Katzenjammer Und hält ſo treu an ihren Inhalt ſich, Daß er, dieß ſoll er jüngſt geſchworen haben, Sich ſelbſt mit eig'ner Fauſt' erdroſſeln würde, Wenn er die Welt, die ihm gehört, am Abend Im Rauſch verſchenkt und ſich dabei des Rechts Auf einen Platz darin begeben hätte. Ob er dann auch im Zickzack geht, wie Nachts, Wenn er ſein Lager ſucht, ich weiß es nicht, Doch däucht mir Eins dem Andern völlig gleich.
Herodes. Du ſiegſt, Octavian! Es fragt ſich bloß, Ob früher oder ſpäter. Nun?
207
“wu ALT EL TUN, anſtatt ihn zu ero Berächtlich feinem Schreiber hin um! Ein Bild durch feinen Mundjchent | Soft’ ich betrachten und ihm jagen, Ob ich es ähnlich fände oder nicht.
Herodes. Das war das Bild —
Joab (Hämii).
Des Ariſtol
Des Hohenprieſters, der ſo raſch ert Es war ihm längſt durch Deine Sc Durch Alerandra, die mit ihm verfe Schon zugeſchickt, doch er verichlang' Als hätte er es niemals noch erblid sh ſtand verwirrt und fchweigend | Als er dieß fah: Die Lampen bren Zu düfter hier! und griff nad) Dein Stedt’ ihn in Brand und ließ ihn ! Langſam verfladern, wie ein weißes
Herodes. Kühn! Selbft für ihn! Doch — ei
10
15
U
25
11 Herodes und Mariamne. 1.209
Nun jollt' ich fagen, wie der Hoheprieiter
Geſtorben jei. Und als ich ihm erzählte,
Bei'm Baden hab’ der Schwindel ihn gepadt,
Ta fuhr er d’rein: Gepadt! Sa, ja, das ijt
Das rechte Wort; der Schwindel hatte Fäuſte!
Und id) vernahm — verzeihft Du's, wenn ich's melde? Daß man in Rom nicht glaubt, der Jüngling fei Ertrunlen, ſondern daß man Dich bezüchtigt, Fu habeſt ihn durch Deine Kämmerer Erfticken laſſen in dem tiefen Fluß.
Herodes. Tant, Alerandra, Dank!
Joab.
Jetzt winkt' er mir du gehen, und ich ging. Doch rief er mich Roc einmal um und ſprach: Du bijt die Antwort {uf meine erſte Frage mir nod) fchuldig, < Tum wiederhol' ich jie. leicht dieſes Bild tem Todten? Und al ich gezwungen nidte: Gleicht Mariamne denn auch ihrem Bruder? Gleicht ſie dem Jüngling, der ſo ſchmählich ſtarb? Iſt ſie fo ſchön, daß jedes Weib fie haßt?
Herodes. Ind Zu?
Joab. J. Erſt höre, was die Andern ſagten, die Tih erhoben Hatten und das Bild Dir mir umjtanden. Lachend riefen fie, Zweideubge Mienen mit Antonius wechſelnd: =Prich Ja! wenn Did) der Todte je bejchenfte,
Penner gere II. 14
210 , Heroded und Dlariamne. It
Dann ſiehſt Du ihn auf jeden Fall gerächt!
Ich aber ſprach: ich wüßte Nichts davon,
Denn niemals anders, als verſchleiert, hätt’ ich
Die Königin geſeh'n, und das iſt wahr! Fe
Herodes (für fid).
Ha, Mariamne! Aber — dazu lad ic); Denn davor werd ich mich zu ſchützen miljen, So oder fo, es komme, wie es will! — |
(gu Joab) Und welchen Auftrag gab er Dir für mid?
Joab. Gar keinen! Wenn ich einen Auftrag hätte, Pl So hätt’ ich Dir dies Alles nicht erzählt! | un ſchien's mir nöthig! |
Herodes. Wohl! — Qu gehit fogleid) Zurück nad) Alexandrien mit mir Und darfit die Königsburg nicht mehr verlafjen!
Joab. Ich werd' auch in der Burg mit Keinem reden! 2
Herodes. sh glaub's! Wer jtirbt den Tod am Kreuz auch gern, | Bejonderd, wenn die Feige eben reift! | Mein Stummer wird erwürgt und jollt! er fragen Warum, jo jagt man: Weil Du fragen fannit!
(fix fi) Nun weiß ich's denn, durch wen die alte Schlange 5 Sp oft erfuhr, was ich — Ein böſes Weib!
(zu 3oab) Bejorge das! Ich muß den Kopf nod) feh'n,
12.3 Herode3 und Mariamne. 211
255
Ich will ihn meiner Schwiegermutter fchiden!
(für fid) Sie braudt ein Warnungdzeichen, wie e3 jcheint. Joab. Sogleich! Herodes.
Noch Eins! Der junge Galliläer Tritt für ihn ein, der Sohn des Serubabel. Den will ich auch noch ſprechen, eh' wir zieh'n! Joab (av).
Zweite Scene.
Herodes (allein). Nun gilt's! Noch einmal! hätt' ich bald geſagt, Allein ich ſeh' kein Ende ab. Ich gleiche Dem Mann der Fabel, den der Löwe vorn, Der Tiger hinten packte, dem die Geier Mit Schnäbeln und mit Klau'n von oben drohten, Und der auf einem Schlangenklumpen ſtand. Gleichviel! Ich wehre mich, ſo gut ich kann, Und gegen jeden Feind mit ſeiner Waffe, Das ſei von jetzt mir Regel und Geſetz. Wie lang' es dauern wird, mich ſoll's nicht kümmern, Wenn ich nur bis an's Ende mich behaupte Und Nichts verliere, was ich mein genannt, Dies Ende komme nun, ſobald es will!
Britte Scene.
Ein Diener (tritt ein). Die Königin!
Mariamne (folgt ihm auf dem Fuß). 14*
212 Herodes und Dlariamne.
Herodes (geht ihr entgegen).
Du kommſt mir nur zuvor! Ich wollte —
Mariamne.
Doch nicht in Perſon den Dank Für Deine wunderbaren Perlen holen? Ich wies Dich zweimal ab, es noch einmal Verſuchen, ob ich meinen Sinn gewendet, Das wär' für einen Mann zu viel geweſen Und ganz gewiß zu viel für einen König. O nein, ich kenne meine Pflicht, und da Du Seit meines munt'ren Bruders jähem Tod Mich jeden Tag ſo reich beſchenkſt, als würbeſt Du neu um mich, ſo komme ich auch endlich Und zeige Dir, daß ich erkenntlich bin!
Herodes. Ich ſehe es! Mariamne.
Z3war weiß ich nicht, wie Du Es mit mir meinst. Du jchidjt für mid) den Tau Hinunter in das dunkle Meer, und wenn Sic Steiner findet, der um blanfen Lohn Des Leviathans Ruhe jtören will, So thujt Du Deine Kerfer auf und giebit Dem Näuber den verwirften Kopf zurüd, Damit er Dir die Perlen fijcht für nic.
Herodes.
Und jcheint Dir das verkehrt? Ich ließ wohl aud Den Mörder ſchon vom Kreuz herunternehmen, As es ein Kind aus einer Feuersbrunſt
Zu retten galt, und fagte ihm: Wenn Du's
> Der Mutter wieder bringit, jo gilt mir daß, Als Hätteft Du dem Tod die Schuld bezahlt. Cr ſtürzte auch hinein —
Mariamne.
Und kam er wieder Heraus?
Herodes. Es war zu ſpät! Sonſt hätt' ich ihm Mein Wort gehalten und ihn als Soldat s Nach Nom geichict, wo Tiger nöthig find. Man ſoll nit Allem wuchern, denke id), Barum nicht mit verjall’nem Menfchenleben ? E3 fonmen Zälle, wo man's brauchen kann!
Mariamne (für ſich. O, daß er nicht die blut'gen Hände hätte! Ich ſag' ihm Nichts! Denn, was er auch gethan, Spopricht er davon, fo ſcheint es wohl gethan, Und ſchrecklich wär’ es doch, wenn er mich zwänge, Den Brudermord zu finden, wie dad And’re, Nothwendig, unvermeidlich, wohl gethan!
Herodes. ”“ Du ſchweigſt?
Mariamne. So ſoll ich reden? Wohl von Perlen! Wir ſprachen ja bis jetzt von Perlen nur, on Perlen, die ſo rein ſind und ſo weiß, Daß ſie ſogar in blut'gen Händen nicht Den klaren Glanz verlieren! Nun, Du häufſt
ud S; Sie ſehr bei mir!
213
14 Herodes und Mariamne.
Herodes. Verdrießt es Dich?
Mariamne.
Mich nicht! Du kannſt mir dadurch nimmer eine Schuld Bezahlen wollen, und mir däucht, ich habe Als Weib und Königin ein volles Recht Auf Berlen und Kleinodien. Ich darf Vom Edelſtein, wie Eleopatra, jagen: Er ijt mein Diener, dem ich es verzeihe, Daß er den Stern fo jchlecht bei mir vertritt, Weil er dafür die Blunte übertrifft! Doh haft Du eine Schweiter, Salome —
Herodes. Und diefe —
Mariamne.
Nun, wenn fie mid) morden joll, So fahr‘ nur fort, da$ Meer für mich zu plündern, Sonjt — gieb dem Taucher endlih Ruh’! Ich Itehe Schon hoch genug in ihrer Schuld! Du ſiehſt Mich zmweifelnd an? Doch! Dod! Als ih vorm Jah Im Sterben lag, da hat jie mich gefüßt. E3 war das erite und dad einzge Mal, Ich dachte gleih: Tas iſt Dein Lohn dafür, Daß Du von hinnen gehit! So war e8 aud, Ich aber täufchte fie, denn ich genas. Yun Hab’ ih ihren Kuß umfonjt, und das Vergaß fie nicht. Ich fürchte jehr, fie Fünnte Sich d’ran erinnern, wenn ich fie bejuchte, Die Wunderperlen um den Hals, durch die Du mir zulegt gezeigt, wie Du mid) liebjt!
Herodes (tür fid).
Es fehlt nur noch, daß meine linke Hand Sich gegen meine rechte kehrt!
Mariamne.
Sch würde Zum Wenigjten den Willkommstrunk verjchmäh'n! Und böte fie mir ftatt gewürzten Wein? Auch im Kryftal unſchuld'ges Waſſer dar, Ich ließe jelbit dies Wafjer unberührt! Zwar würde das Nichts heißen! Nein! Es wäre Auch jo natürlich; denn das Waſſer ijt
Mir jegt nicht mehr, was es mir jonjt gemwefen it:
Ein mildes Element, dad Blumen tränft
Und mid) und alle Welt erquidt, es flößt
Mir Schauder ein und füllt mid) mit Entſetzen, Seit e8 den Bruder mir verjchlungen hat,
Sch denfe jtet3: im Tropfen wohnt das Leben, Tod in der Welle wohnt der bitt’re Tod!
Dir muß es noch ganz anders fein!
Herodes.
Warum?
Mariamne.
Weil Du durch einen Fluß verläumdet wirſt, Der feine eig'ne, grauſam-tück'ſche That
Dir aufzubürden wagt! Doch fürcht' ihn nicht, Ich widerſprech' ihm!
Herodes.
In der That?
215
16 Herodes und Mariamne,
Mariamne. Ich kann's! Die Schweſter lieben und den Bruder tödten, Wie wär' das zu vereinen?
Herodes.
Doch vielleicht!
Wenn ſolch ein Bruder ſelbſt auf's Tödten ſinnt, Und man nur dadurch, daß man ihm begegnet, Ja, ihm zuvor kommt, ſich erhalten kann! Wir ſprechen hier vom Möglichen! Und weiter! Wenn er, an ſich zwar arglos, ſich zur Waffe In Feindeshänden machen läßt, zur Waffe, Die tödtlich treffen muß, wenn man ſie nicht Zerbricht, bevor ſie noch geſchwungen wird. Wir ſprechen hier vom Möglichen! Und endlich! Wenn dieſe Waffe nicht ein Einzelhaupt, Nein, wenn ſie eines Volkes Haupt bedroht! Und eins, das dieſem Volk ſo nöthig iſt, Wie irgend einem Rumpf das ſeinige. Wir ſprechen hier vom Möglichen, doch denk' ich, In allen dieſen Fällen wird die Schweſter, Als Weib aus ſchuld'ger Liebe zum Gemahl, Als Tochter ihres Volks aus heil'ger Pflicht, Als Königin aus beiden ſagen müſſen: Es iſt geſcheh'n, was ich nicht ſchelten darf!
(Er faßt Mariamnens Hand.) Wenn eine Ruth mich auch nicht faſſen mag, Wie hätte ſie's gelernt beim Aehrenleſen, Die Maccabäerin wird mich verſteh'n! Du konnteſt mich in Jericho nicht küſſen, Du wirſt es können in Jeruſalem!
(Er kuüßt fie.)
Herodes und Marianıne. 217
Und wenn der Auß Did) doc) gereuen follte, So böre, was Ti‘ mir verſöhnen wird: IH Habe ihn zum Abjchied mir genommen, Und diejer Abjchied kann für ewig fein! Mariamne. Für ewig? Derodes.
sa! Antonius läßt mich rufen, Doch, ob aud wiederfehren, weiß ich nicht!
Mariamne. Dir weißt es nid?
Herodes. Weil ich nicht weiß, wie hart Dich meine — Deine Mutter bei ihm verflagte!
Mariamne (win reden).
Herodes. ——— Ich werd's erfahren. Ein's nur muß ich LS Deinem Munde wiſſen, wiſſen muß ich,
nn Kb dh und wie ich mich vertheid’gen ſoll.
Mariamne. > Du —
Herodes. O Mariamne, frage nicht! Par fennft den Bauber, der mid an Dich fnüpft, ar meißt, daß jeder Tag ihn noch veritärkte, [at mußt e3 ja empfinden, daß id) jeßt acht für mich kämpfen fann, wenn Du mir nicht
Ferien, daß Dein Herz noch für mid) fchlägt! s
w
|
18 Herodes und Marianne.
O, ſag' mir, wie, ob feurig oder kalt,
Dann werde ich Dir ſagen, ob Antonius
Mich Bruder nennen, oder ob er mich
Zum Hungertod im unterird'ſchen Kerker,
In dem Jugurtha ſtarb, verdammen wird!
Du ſchweigſt? O, ſchweige nicht! Ich fühl' es wohl, Daß dies Bekenntniß keinem König ziemt;
Er ſollte nicht dem allgemeinen Loos
Der Menſchheit unterworfen, ſollte nicht
Im Innern an ein Weſen außer ſich,
Er ſollte nur an Gott gebunden ſein!
Ich bin es nicht! Als Du vor einem Jahr
Im Sterben lagſt, da ging ich damit um,
Mich ſelbſt zu tödten, daß ich Deinen Tod
Nur nicht erlebte, und — dieß weißt Du nun, Ein And'res wiſſe auch! Wenn ich einmal,
Ich ſelbſt, im Sterben läge, könnt' ich thun, Was Du von Salome erwarteſt, könnte
Ein Gift Dir miſchen und im Wein Dir reichen, Damit ich Dein im Tod noch ſicher ſei!
Mariamne. Wenn Du das thäteſt, würdeſt Du geneſen!
Herodes. O nein! o nein! Ich theilte ja mit Dir! Du aber fprich: ein Uebermaß von Xiebe, Vie dieſes wäre, fönnteft Du's verzeih'n ?
Mariamne. Nenn ich nad) einem folhen Trunk auch nur Zu einem legten Wort noch dent hätte, So Flucht” ich Dir mit dieſem letzten Wort! (für fi) Sa, um fo eher thät’ ich das, je ſich'rer
13 | Heroded und Mariamne. 219
sch jelbit, wenn Dich der Tod von hinnen riefe, In meinem Schmerz zum Tolche greifen könnte: Das fann man thun, erleiden fann man's nicht!
Herodes. Im Feuer dieſer Nacht hat ſich ein Weib so Mit ihrem todten Mann verbrannt; man wollte Site retten, doch jie jträubte ih. Died Weib Verachteſt Du, nicht wahr?
} Mariamne. -
| Wer jagt Dir das? Sie ließ ja nicht zum Opferthier ſich machen, Ste Hat ich jelbit geopfert, das beweiſ't,
Daß ihr der Todte mehr war, ald die Welt!
Herodes. Und Tu? Und id?
Mariamne.
Wenn Du Dir jagen darfit, Tab Du die Welt mir aufgerwogen hait, Was ſollte mich wohl in der Welt noch halten?
Herodes.
Die Welt! Die Welt hat manchen König noch, Und Keiner iſt darunter, der mit Dir
Den Thron nicht theilte, der nicht Deinetwegen Die Braut verließe und das Weib verſtieße, Und wär's am Morgen nach der Hochzeitsnacht!
Mariamne. Iſt Cleopatra todt, daß Du ſo ſprichſt?
220 Herodes und Mariamne.
Herodes. Du biſt ſo ſchön, daß Jeder, der Dich ſieht, An die Unſterblichkeit faſt glauben muß, Mit welcher ſich die Phariſäer ſchmeicheln, Weil Keiner faßt, daß je in ihm Dein Bild Erlöſchen kann; jo ‚ſihön, daß ich mich nicht Verwundern würde, wenn die Berge plößlic) Ein edlere® Metall, als Gold und Silber, Mir lieferten, um Dich damit zu ſchmücken, Das fie zuritdgehalten, bis Du kamſt; So ſchön, daß — — Ha! Und wiljen, daß Du jtirbi Sobald ein And’rer ſtarb, aus Liebe ftirbit, Um dem, der Dir voranging, nachzueilen, Und Dich in einer Sphäre, wo man iſt Und nicht mehr ift, ich ftell’ mir das fo vor, Als letzter Hauch zum lebten Hauch zu milchen — Das wär’ freimill’gen Todes werth, das hieße Jenſeits des Grabe, mo dad Grauen wohnt, Noch ein Entzücden finden: Mariamne, Darf ich dieß hoffen, oder muß ich fürchten, Daß Du — Antonius hat nad) Dir gefragt! Mariamne. |
Man jtellt auf Thaten feinen Schuldjchein aus, Biel weniger auf Schmerzen und auf Opfer, Wie die Verzweiflung zwar, ich fühl’s, fie bringen, Doch nie die Liebe ſie verlangen fann!
Herodes. Leb' wohl! Mariamne.
Leb' wohl! Ich weiß, Du kehrſt zurück!
Dich tödtet (Sie zeigt gen Himmel) Der allein.
[3 Herodes und Marianıne. 221
Herodes. Co Hein die Augjt? Mariamne. So groß die Zuverſicht! Herodes. Die Liebe zittert! Sie zittert ſelbſt in einer Heldenbrujt! Mariamne. Die meine zittert nicht!
Herodes. Du zitterſt nicht! Mariamne. Nun fang' ich an! Kannſt Du nicht mehr vertrauen, Seit Du den Bruder mir — Dann wehe mir Und wehe Dir! Herodes.
Du hältſt das Wort zurüch, Das ſchlichte Wort, wo ich auf einen Schwur Von Dir gehofft: worauf noch ſoll ich bau'n?
Mariamne. Und leiſtete ich den, was bürgte Dir, Daß ich ihn hielte? Immer nur ich ſelbſt, Mein Weſen, wie Du's kennſt. D'rum denke ich, Du fängſt, da Du mit Hoffnung und Vertrau'n Doch enden mußt, ſogleich mit beiden an! Geh! Geh! Ich kann nicht anders! Heut’ noch nicht! am
29232 Herodes und Mariamne.
Bierte Scene. Herodes.
Heut’ nicht! Doc morgen, oder übermorgen! — Sie will mir nad) dem Tode Gutes thun!
Spricht fo ein Weib? Zwar weiß ich's, daß fie oft, Wenn ich fie ſchön genannt, ihr Augejicht Verzog, Did jie e8 nicht mehr war. Auch weiß ich's, Daß ſie nicht weinen fann, daß Krämpfe ihr,
Was Andern Thränengüfje find! Auch weiß ih'3, Daß fie mit ihrem Bruder kurz vorher,
Eh er im Bad den Tod fand, fich entziweit
Und dann die Unverjöhnliche geipielt,
Ka, obend’rein, als er ſchon Leiche war,
Mod) ein Gejchent von ihm erhalten hat,
Das er beim Gang in's Bad für jie gefauft.
Und doch! Spricht fo ein Weib in dem Moment, Wo fie den, den jie liebt, und wenigiteng
Doch lieben ſoll — — Lie ehrt nicht wieder um, Wie einit, als id — — Eie ließ fein Tuch zurüd, Das ihr als Vorwand — — Mein, jie kann e8 tragen, . Daß id mit diefem Eindrud — — Wohl, es ſei! Nach Alerandria — in’d Grab — Gleichviel!
Dod Eins zuvor! Eins! Erd’ und Himmel hört’s! Mir ſchwurſt Du Nichts, Dir will ih Etwas ſchwören: Ich jtell’ Dich unter's Schwert. Antonius,
Wenn er mich Deinetwegen fallen läßt,
Und Deiner Mutter wegen thut er's nicht!
Soll id) betrügen, ſei's auch zweifelhaft,
Ob mir das Kleid, dad mid) im Sterben deckt,
Mit in die Grube folgt, weil mir ein Dieb
E3 ja noch jtehlen fann, Du jolljt mir folgen!
Das steht nun feit! Wenn ich nicht wiederfehre,
So ftirbft Du! Den Befehl lafj’ ich zurüd! Befehl! Da jtößt ein böjer Punct mir auf: Was ſichert mid, daß man mir nod) gehordt, Wenn man mid) nicht mehr fürchtet? O, e3 wird Sih Einer finden, dent ich, der vor ihr
Zu zittern hat!
Fünfte Scene. Ein Diener, Dein Schwäher! Herodes. Sit willfommen! Das ijt mein Mann! Dem reiche ich mein Schwert Und hetz' ihn dann durch Feigheit in den Muth So tief hinein, biß er es braucht, wie ich! Joſeph iritt em). Ich höre, daß Du gleidy nad) Alerandrien Zu gehen denkt und wollte Abjchied nehmen Serodes. Abſchied! PVielleiht auf Nimmerwiederjeh'n!
Joſeph. Auf Nimmerwiederfeh'n? Herodes. Es könnte jein! Joſeph. Ich ſah Dich nie, wie jetzt!
223
224 Herodbes und Mariamne.
Herodes. Das ſei Dir Bürge, Daß es noch nie ſo mit mir ſtand, wie jetzt!
Joſeph. Wenn Du den Muth verlierſt —
Herodes. Das werd' ich nicht, Denn, was auch kommt, ich trag' es, doch die Hoffnung Verläßt mich, daß was Gutes kommen kann.
Joſeph. So wollte ich, ich wäre blind geweſen Und hätte Alexandras Heimlichkeiten Nie aufgeſpürt!
Herodes. Das glaube ich Dir gern!
Joſeph. Denn hätte ich das Bildniß nicht entdeckt, Das ſie vom Ariſtobolus geheim Für den Antonius malen ließ, und hätt' ich Ihr Botenſenden an Cleopatra | Nicht ausgeipäht, und nod) zulegt den Sarg, Der fie und ihren Sohn verbarg, im Hafen Nicht angehalten und die Flucht verhindert, Die Schon begonnen war —
Herodes. Dann hätte ſie Dir Nichts zu danken, und mit Ruhe könnteſt Du ihre Tochter auf dem Throne ſeh'n, Den ſie, die kühne Maccabäerin,
15 N Gewiß bejteigt, wenn ich nicht wiederfehre, Und wenn vor ihr fein And’rer ihn beſetzt.
Joſeph.
So mein' ich's nicht. Ich meine, Manches wär' 30 Dann unterblieben! |
Heroded und Mariamne
Herodes. Manches! Allerdings! Doch manches And're wär' dafür gekommen. Das gilt nun gleich. — Du zählteſt Vieles auf, Eins haſt Du noch vergeſſen!
Joſeph. Und das wäre?
Herodes. Du warſt doch mit im Bade, als —
Joſeph. Ich war's! Herodes. ss Du rangſt doch auch mit ihm? Joſeph. Im Anfang. Ja. Herodes. Nun denn!
Joſeph. In meinen Armen hat der Schwindel Ihn nicht erfaßt und wäre es geſcheh'n, So hätt' ich ihn gerettet, oder er
Mich mit hinabgezogen in den Grund. HSebbel, Werte IL 15
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26 Herodes und Marianine.
Herodes. Ich zweifle nicht daran. Doch wirſt Tu willen, Daß Keiner, der dabei war, anders jpricht, Und da der böje Zufall will, daß Du Ihn nicht bloß hinbegleitet, jondern auch Mit ihm gerungen haft —
Joſeph. Was hältſt Du ein?
Herodes.
Mein Joſeph, Du und ich, wir alle Beide Sind hart verklagt!
Joſeph. Ich auchꝰ Herodes. Mein Schwäher freilich Nicht bloß, auch mein vertrauter Freund biſt Du!
Joſeph. Deß ſchmeichl' ich mir!
Herodes.
O, wärſt Du's nie geweſen,
Hätt' ich, wie Saul, den Spieß nach Dir geworfen, Könnt'ſt Du durch Todeswunden das beweiſen, Dir wäre beſſer, die Verläumdung hätte Kein gläubig Ohr gefunden, und Du würdeſt Für eine Blutthat, die Du nicht begingſt, Auch nicht enthauptet werden!
Joſeph. Ich? Enthauptet?
Herodes. Das iſt Dein Loos, wenn ich nicht wiederkehre Und Mariamne — Joſeph. Aber ich bin ſchuldlos!
Herodes. Was hilft es Dir? Der Schein iſt gegen Dich! Und ſind denn nicht, geſetzt, daß man Dir glaubte, Die vielen, vielen Dienſte, die Du mir Erwieſen haſt, in Alexandras Augen So viel Verbrechen gegen ſie? Wird ſie Nicht denken: Hätte der mich fliehen laſſen, So lebte noch, der jetzt im Grabe liegt?
Joſeph. Wahr! Wahr! Herodes. Kann ſie denn nicht mit einer Art Bon Recht Dein Leben für ein and'res fodern, Das fie durch Deine Schuld verloren glaubt, Und wird ſie's nicht durch ihre Tochter thun? ” Joſeph. O Salome! Das kommt von jenem Gang Zum Maler! Jahr für Jahr will ſie von mir Ein neues Bild! Herodes. Ich weiß, wie ſie Dich liebt! Joſeph. Ach, wär' es weniger, ſo ſtünd' es beſſer!
Hätt' ich das Bild des Ariſtobolus 15*
228 Herodes und Marianne.
Entdedt, wenn id — Nun kann fie denn ja bald Mein letztes haben, ohne Kopf!
Herodes. Mein Joſeph, Den Kopf vertheidigt man! Joſeph. Wenn Du den Deinen Verloren giebſt? Herodes. Das thu' ich doch nur halb, Ich werd' ihn dadurch noch zu retten ſuchen, Daß ich ihn ſelbſt, freiwillig, in den Rachen Des Löwen ſtecke! Joſeph. Einmal glückt' es Dir! AS Did) die Phariſäer — Herodes. Sept ſteht's jchlimmer, Doch was mit mir auch werde, Dein Gefchid Will ic) in Deine eig’'nen Hände legen: Du warſt jchon ftet3 ein Dann, ſei jegt ein König! Sc hänge Dir den Burpurmantel um Und reihe Dir den Zepter und dad Schwert, Halt's feit und gieb ed nur an mid, zurüd!
Joſeph. Verſteh' ich Dich? Herodes.
Und daß Du den Beſitz Des Throns Dir und mit ihm Dein Leben ſicherſt,
Herodes und Mariamne. | 229
So tödte Mariamme, wenn Du hörſt, Daß ich nicht wiederkehre.
Joſeph. Mariamne?
Herodes. Sie iſt das letzte Band, das Alexandra Noch mit dem Volk verknüpft, ſeit ihr der Fluß Den Sohn erſtickte, iſt der bunte Helmbuſch, Den die Empörung tragen wird, wenn ſie Sich gegen Dich erhebt —
Joſeph. Doch Mariamne!
Herodes. Du ſtaunſt, daß ich — Ich will nicht heucheln, Joſeph! Mein Rath iſt gut, iſt gut für Dich, bedarf's Der Worte noch? Doch geb' ich Dir ihn freilich Nicht Deinetwegen blog — G'rad aus, ih kann's Nicht tragen, daß ſie einem Andern jemals — Das wär' mir bitt'rer, als — Sie iſt zwar ſtolz — Doch nach dem Tod — Und ein Antonius — Und dann vor Allem dieſe Schwiegermutter, Die Todten gegen Todten hetzen wird — — Du mußt mich faſſen!
Joſeph. Aber — Herodes. Hör' mich aus! Sie ließ mich hoffen, daß ſie ſelbſt den Tod Sich geben würde, wenn ich — Eine Schuld
2330 Heroded und Dlariamne.
Darf man doc) einzieh'n lafjen, wie? — Man darf
Selbſt mit Gewalt — Was meinit Tu?
Joſeph.
Nun, ich glaube!
Herodes. Verſprich mir denn, daß Du ſie tödten willſt, Wenn ſie ſich ſelbſt nicht tödtet! Uebereil's nicht, Doch ſäum' auch nicht zu lange! Geh zu ihr, Sobald mein Bote, denn ich ſchicke Einen, Dir meldet, daß es mit mir aus iſt, ſag's ihr Und ſieh, ob ſie zu einem Dolche greift, Ob ſie was And'res thut. Verſprichſt Du's?
Joſeph. Ja!
Herodes. Ich laſſe Dich nicht ſchwören, denn man ließ Noch Keinen ſchwören, daß er eine Schlange Zertreten wolle, die den Tod ihm droht. Er thut's von ſelbſt, wenn er bei Sinnen bleibt, Da er das Eſſen und das Trinken eher Gefahrlos unterlaſſen kann, als dieß.
Joſeph (macht eine Bewegung).
Herodes. Ich kenn' Dich ja! Und dem Antonius Werd' ich Dich als den Einzigen empfehlen, Dem er vertrauen darf. Du wirſt ihm das Dadurch beweiſen, daß die Blutsverwandte Dir nicht zu heilig iſt, um ſie zu opfern, Wenn es Empörung zu erſticken gilt.
15
Denn dieß iſt der Gelichtöpunct für die That,
Aus dem Du ihm fie zeigen mußt. Ihr wird
Ein Straßen-Auflauf folgen, und Tu meldeit
Ihm, dag ein Aufruhr ihr vorher gegangen,
Und nur durch fie beziwungen worden fei.
Was dann das Volk betrifft, jo wird es fchaudern, Wenn es Dein blut'ges Schwert erblickt, und Mancher Wird ſprechen: Dieſen kannt' ich doch nur halb!
Und jetzt —
Joſeph. Ich ſeh' Dich noch! Und nicht bloß heut', Ich weiß gewiß, Du kehrſt, wie ſonſt, zurück.
Herodes.
Unmöglich iſt es nicht, darum noch Eins! — — (lange Pauſe) Ich ſchwur jetzt Etwas in Bezug auf Dich! (Er ſchreibt und ſiegelt.) Hier ſteht's! Nimm dieſes Blatt verſiegelt hin! Du ſiehſt, die Aufſchrift lautet —
Joſeph. An den Henker! Herodes. Sch Halte Dir, was ich Dir d'rin verſprach, Wenn Du vielleicht ein Stück von einem König Erzählen ſollteſt, der —
Joſeph. Dann gieb mir auf, Dies Blatt dem Henker ſelbſt zu überreichen! (ao)
231
232 Herodes und Mariamne. 16.1
Bechste Bcene.
Herodes (allein). Nun lebt fie unter'm Schwert! Das wird mich fpornen, Zu thun, was ich noch nie gethan; zu dulden, Was ich noch nie geduldet, und mic tröjten, Wenn es umijonit geſchieht! Run fort! — (ab)
\ Ta Fr u
SG
1 Bweiter Act.
Burg Zion. Wlerandras Gemächer.
Erſte Scene.
Alexandra und Sameas.
Alexandra. Dieß weißt Du nun!
Sameas. |
Es überraſcht mid nicht! Nein, dom Herodes überraſcht mid, Nichts ! Denn wer als Süngling dem Synedrium Schon Krieg erklärt, wer mit der blanfen Waffe Bor jeinen Richter Hintritt und ihn mahnt, Daß er der Henker iſt, und daß der Henker Kein Todesurtheil an fich ſelbſt vollzieht, Der mag ald Mann — — Ha, ich erblid’ ihn nod), Wie er, dem Hohenpriejter gegenüber, Sih an die Säule lehnte und, umringt Bon feinen Söldnern, die im Räuberfangen Sid) jelbjt in Räuber umgewandelt hatten, Uns Alle überzählte, Kopf für Kopf,
I Heroded und Marianıne. 233
5
Als jtände er vor einem Diitelbeet Und fänne nad, wie ed zu jäubern fei.
Alerandra.
%a, ja, e8 war ein Augenblid für ihn,
An den er ſich mit Stolz erinnern mag!
Ein junger Tollkopf, der die Zwanzig kaum Erreicht, wird vor’? Synedrium gejtellt,
Weil er in frevelhaftem Uebermuth
Sid) einen Angriff auf's Geſetz erlaubt,
Weil er ein Todesurtheil, da3 von Euch
Noc nicht geiprochen ward, vollzogen hat.
Des Todten Wittwe tritt ihm an der Schwelle Mit ihrem Fluch entgegen, d’rinnen ſitzt,
Was alt und grau ift in Jeruſalem.
Toh weil er nit im Sad kommt und mit Ajche Sein Haupt bejtreut, fo wird’3 Euch ſchwach zu Muth; Ihr denkt nicht mehr daran, ihn zu bejtrafen, Ihr denkt nicht einmal d’ran, ihn zu bedräuen, Ihr fagt ihm Nichts, er lacht Euch aus und geht!
Samens. Ich ſprach! Alexandra. Als es zu ſpät war!
Sameas. Hätt' ich's eher Gethan, ſo wäre es zu früh geweſen, Ich ſchwieg aus Ehrfurcht vor dem Hohenprieſter, Dem ſtand das erſte Wort zu, mir das letzte, Er war der Aelteſte, der Jüngſte ich!
234 Herodes und Mariamne. IIi
Alerandra. Gleichviel! Wenn Ihr in jenem Augenblid Den ſchlichten Muth der Pilicht bewieſen hättet, Eo würde jekt fein größ’rer nöthig fein! Doh nun jeht zu, ob Ihr — — Ei was, Euch bleibt zo; Auch wohl ein and’rer Ausweg noch! Wenn hr Mit ihn nicht Fampfen wollt, und in der That, Es wär’ gewagt, ich rath' Euch ab, jo braucht Ihr mit dem Löwen oder mit dem Tiger
Den Kampf nur einzugeh’'n, den er befiehlt! 715 Sameas.
Was redeit Du? Alerandra.
Du kennſt die Fechterjpiele Der Römer doch?
Sameas.
Gott Lob, ich kenn' ſie nicht! Ich halt' es für Gewinn, Nichts von den Heiden Zu wiſſen, als was Moſes uns erzählt; Ich mache jedes Mal die Augen zu, 720 Wenn mir ein römischer Soldat begegnet, | Und ſegne meinen DBater noch im Grabe, Daß er mid ihre Sprache nicht gelehrt.
Alerandra. Co weißt Du nicht, daß fie die wilden Thiere Aus Afrika zu Hunderten nach Rom 725 Hinüber fchaffen? Sameas. Nein, ich weiß es nicht!
Alerandra. Daß fie ſie dort in jteinerner Arena Zujammen treiben, daß fie ihnen Sclaven Entgegen beten, die auf Tod und Leben Mit ihnen kämpfen müfjen, während fie . Im Kreis herum auf hohen Bänfen figen Und jubeln, wenn die Todeswunden Flaffen, Und wenn das rothe Blut den Sand beiprigt?
Samene.
Das hat der wildeite von meinen Träumen Mir nicht gezeigt, Doch freut’3 mich in der Seele, Wenn ſie ed thun, es ſchickt ſich wohl für fie! (mit erhobenen Händen) Herr, Du bit groß! Wenn Du dem Heiden aud) Da3 Leben gönnit, jo muß er Dir dafür Doch einen gräßlichen Tribut bezahlen, Du ftrafit ihn durch die Art, wie er es braudt! Die Spiele mögt’ ich ſeh'n! Alerandra. Der Wunſch wird Dir Erfüllt, ſobald Herodes wiederfehrt, Er denkt fie einzuführen! Sameas.
Nimmermehr!
Alerandra.
Sch jagt es Dir! Warum aud) nit? Wir haben Der Löwen ja genug! Der Berghirt wird
Sich freuen, wenn ji ihre Zahl vermindert,
Er fpart dann mandyes Rind und manded Kalb.
235
236 Herodes und Mariamne.
Sameas. Bon Uebrigen noch abgejeh'n, wo fände Er Kämpfer? Sclaven giebt es nicht bei uns, Die ihm auf Tod und Leben pflidhtig find.
Alerandra. Ten Erſten — jeh ich vor mir!
Sameas. Wie?
Alerandra. Gewiß!
Du wirſt, wie jetzt, Dein Angeſicht verzieh'n, Du wirſt vielleicht ſogar die Fäuſte ballen, Die Augen rollen und die Zähne fletſchen, Wenn Du den großen Tag erlebſt, an dem Er feierlich, wie Salomo den Tempel, Die heidniſche Arena weihen wird. Das wird ihm nicht entgeh'n, und deß zum Lohn Wird er den Wink Dir geben, einzutreten Und allem Volk zu zeigen, was Du kannſt, Wenn Du dem Löwen gegenüber ſtehſt, Der Tage lang vorher gehungert hat. Denn, da es uns an Sclaven fehlt, ſo ſollen Die todeswürdigen Verbrecher ſie Erſetzen, und wer wär' noch todeswürdig, Wenn der nicht, der dem König offen trotzt!
Sameas. Er könnte —
Alexandra. Zweifle nicht! Es wäre ſchlimm, Wenn ihm zu früh der Kopf genommen würde,
[Li Herodes und Mariamne, 237
E3 würden Pläne mit ihm untergeh’n, Die ſelbſt Pompejus, der doch heidenkeck In's Allerheiligite zu treten magte, Vielleiht — . Samen (aussregend). Antonius, wenn Du ihn padit,
So will ih Did) ein Jahr lang nicht verfluchen! Und thuft Du's nicht, jo — — Nun, wir find bereit!
Alerandra.
; Er meint, wenn unfer Volk fi mit den andern Nicht mifchen jollte, würden wir den Erdball Von Gott für uns allein erhalten haben!
Samea?. Meint er?
Alerandra.
Da dem nun aber nicht jo fei, So thu’ ed noth, die Dämme zu durchſtechen,
> Die und, wie einen jteh'nden See vom Meer,
Von allen übrigen noch immer trennten, Und das geichehe dadurch, dag wir uns In Brauch und Sitte ihnen anbequemten. Sameas. | In Braud) und — (gen Himmet) Herr! wenn ich nicht raſen joll,
5 &o zeig’ mir an, wie diefer jterben wird!
Zeig’ mir den Tod, der jedem andern Tod Die Schreden abborgt und verfünde mir, Daß es Herodes ijt, für den er's thut!
Alexandra. Mach' Du den Toded-Engel!
238 Herodes und Mariamne.
Sameas.
Wenn an ihm nicht, So an mir felbit! Ich ſchwör's! Wenn ich den Gräuel Jr Nicht hindern kann, jo will ich meine Ohnmacht Durh Selbitmord jtrafen,
(mit einer Bewegung gegen die Bruft) eh’ der Tag noch kommt,
Den er zum eriten Mal befleden joll! Das it ein Schwur, der eine Miffethat Mir abdringt, wenn ich einer Heldenthat Nicht fähig bin; wer ſchwur nod) Größeres?
Alerandra. Wohl! Nur vergiß nicht: wenn der eigne Arm Nicht ſtark genug iſt, um den Feind zu ftürzen, Co muß man einen fremden nicht verſchmäh'n!
Sameas. Und dieſen fremden?
Alexandra. Waffneſt Du Dir leicht! Sameas. Sprich deutlicher!
Alexandra. Wer ſetzte den Herodes Zum König ein? Sameas. Antonius! Wer jonit?
Alerandra. Weswegen that er's?
Ii Herodes und Marianne, 239
Sameas. Weil er ihm gefiel! Vielleicht auch bloß, weil er und nicht gefiel! Wann Hat ein Heide einen beſſern Grund?
Alerandra. Und weiter! Was erhält ihn auf dem Thron?
Sameas. | Des Volles Segen nicht! Vielleicht fein Fluch! Wer kann e3 jagen?
Alerandra. Ä Sch! Nichts, als der Pfiff, Den Zind, den wir dem Römer zahlen müſſen, Alljährlich vorm Verfalltag einzujchiden Und ihn jogar freiwillig zu verdoppeln, Wenn fi) ein neuer Krieg entzündet hat. Der Römer will nur unſer Gold, nicht mehr, Er läßt und unjern Glauben, unjern Gott, Er würde ihn jogar mit uns verehren, Und neben Jupiter und Ops und Iſis Ihm auf dem Gapitol den Winkel gönnen, Der unbejeßt geblieben ijt bis heut’, Wär er nur aud, wie die, von Stein gemacht.
Sameas. Wenn dem ſo iſt, und leider iſt es ſo, Was haſt Du von Antonius zu hoffen? In dieſem Punct, Du ſelber ſprachſt es aus, Verſäumt Herodes Nichts. Noch jetzt — ich habe Ihn ziehen ſeh'n! Dem einen Maulthier brach Der Rückgrat, eh' es noch das Thor erreichte! Für jeden Tropfen Bluts in ſeinen Adern
240 Herodes und Mariamne.
Bringt er ihm eine Unze Goldes dar: Glaubſt Du, er weiſ't e8 Deinethalb zurüd?
Alerandra. Gewiß nicht, führt ich meine Sache felbjt! Allein das thut Cleopatra für mid), Und Hoffentlich thut's Mariamne aud). Du ftaunft? Verſteh mich recht! Nicht in Perton, Ta ehrt fie ji) wohl eher gegen mid), Nur durch ihr Bild, und nicht einmal durch daß, Nein, durch ein and'res, das ihr freilich gleicht. Denn wie ein wilder Wald nicht bloß den Löwen Beherbergt, aud) den Tiger, jeinen Feind, So nijtet auch in dieſes Nömerd Herzen Ein ganzes Wurmgeſchlecht von Leidenjchaften, Die um die Herrichaft mit einander ringen, Und wenn Herodes auf die erjte baut, Sch baue auf die zweite, und ich glaube, Daß die der andern überlegen: ijt.
Sameas. Du biſt —
Alexandra.
Kein Hirkan, wenn auch ſeine Tochter! Doch, daß Du nicht mißdeuteſt, was ich that: Ich bin aud Marianne nit! Und wenn Antonin den Gemahl, der fie beiigt, Vertilgt, um fi) den Weg zu ihr zu bahnen: Sie bleibt die Herrin ihrer jelbjt und fann Sich hüllen in ein ew'ges Wittwenkfeid. Dep aber halt’ id mid) gewiß, fchon hat er Die Hand an’ Schwert gelegt, und wenn er's noch Nicht zog, fo hielt ihn nur die Rückſicht ab,
Il Herodes und Mariamne. 241
Daß diefer glüdlihe Soldat Herodes
3 Ten Römern für den Ring von Eifen gilt, zer Alles hier bei und zufammen hält. Schafft Du ihm den Beweis des Gegentheilg, Erreg' Empörung, ſtör' den fchlaffen Frieden, So wird er’3 zieh'n!
Sameas. Den ſchaffe ich ihm leicht! Schon ſchlug das Volk ihn in Gedanken todt, Es wird erzählt —
Alexandra. Drüf Du Dein Siegel d’rauf, Und dann eröffnet raſch fein Teitament! Ten Inhalt kennſt Du jeßt, die Yechterjpiele Steh'n obenan, und wenn ein Jeder ſich s Durch feinen Tod um Hundert Ruthenjtreiche Verfürzt glaubt, oder um dad Marterkreuz, So glaubt ein Jeder, was er glauben darf. Senn Dinge itehen Israel bevor, Die manchem Herzen den Verzweiflungswunſch -» Abdringen werden, daß das rothe Meer Tas ganze Volk, die heiligen zwölf Stämme, Verſchlungen hätt’, und Mojes ſelbſt zuerit.
Sameas. Ich geh! Und eh der Mittag kommt —
Alexandra. | Ich weiß, Was Dur vermagit, wenn Du den Sad ergreifit > Und Wehe! rujend, durch die Gaſſen ziehit, - AS wär’ Dein Vorfahr Jonas wicder da. Hebbel, Werte IL 16
242 Herodes und Mariamne.
Es wird ſich zeigen, daß ed nützlich ift, Zuweilen bei dem Fiſcher vorzujprechen,
Und mit dem Herrn Gevatter zu verzehren, Was er Jich felbjt gönnt, weil es Niemand Fäuft.
Sameas. Es wird ſich zeigen, daß wir Phariſäer Die Schmach, die wir erlitten, nicht vergaßen, Wie Du zu meinen ſcheinſt. Vernimm denn jetzt, Was Du erſt durch die That erfahren ſollteſt: Wir ſind ſchon längſt verſchworen gegen ihn, Wir haben ganz Judäa unterwühlt, Und in Serufalem, — damit Du fiehit, Wie jeit wir cuf das Volk zu zählen haben, — Sit jelbjt ein Blinder mit in unſerm Bund!
Alerandra. Was nützt Euch der?
Sameas. Nichts! Und er weiß e3 jelbjt! Doch iſt er jo von Haß und Grimm erfüllt, Daß er das Unternehmen mit und theilen Und lieber jterben, als in diejer Welt, Wenn e3 mißlingt, noch länger leben will. Sch denfe doc, dag dieß ein Zeichen iſt! (ao
Zweite Bcene. Alerandra (alein). Schon ſchlug das Volk ihn in Gedanken todt! Ich weiß! Sch wei! Und daran fann ich jeh'n, Wie jehr man's wünſcht, daß er nicht wiederfehrt. Es traf fich gut, daß ihn der Heuſchreck-Schwarm
II2 Herodes und Marianne. 243
o Be& decdte, ald ex fortzog, denn das gilt
>
„
DLIS Omen, daß man’ nicht vergebens wünſcht. >Lızch iit es möglich, daß er wirklich jept — HDon ohne Kopf — — Das niht! Sprich, wie Du dentft, Dex Bharifäer lauſcht nicht vor der Thür! >Lrz tonius ijt zwar Antonius, | Dog ad ein Römer, und ein Römer fällt Das Urtheil langjam, wie er's ſchnell vollzieht. SS ang'ner mag er jein, wenn er auch nicht SStre Kerker jigt! Und wenn man das benutzt, Rare weiter führen. Darum ijt es gut, Ben jest ein Aufitand kommt, obgleich ich weiß, 323 es an ſich bedeutet, und nicht minder, 35 e für Folgen haben wird, wenn er od noch zurückkehrt. Wenn! Es fann gejcheh'n, Bedenf es wohl! Er jdhidte, al3 er ging, Dir einen abgeſchlag'nen Kopf zum Abſchied, Das zeigt Dir — pfui, ich ſprech' ja, wie mein Vater! Es zeigt mir, daß er rafch ift, wie Tyrannen E3 sind, und auch, daß er mich ſchrecken mögte.
” Das Cine wußt’ ich längſt, das And’re ſoll
Rio 2241 nicht gelingen! Wenn dad Schlimmijte käme, Ver Alles mir mißglüdte, und wenn er, Io jeiner Leidenjchaft für Mariamne,
te eher jteigt, al3 fällt, und die mich ſchützt,
» 0 Gald ſie ſelbſt nur will, das Aergſte wagte —
BAS wärs? Um Race ſetzt' ich Alles ein, Und Rache würde mir im Tode nod), Rache an ihm, der’3 thäte, und an ihr, Ve es gejchehen ließe, nimmer fähe
i 230 Das Bolt, und nimmer Rom, geduldig zu.
Und mas mich felbft betrifft, jo würde ich In diefem blut'gen Fall nur um jo befier 16*
Dritte Bcene. Mariamne (tritt ein).
Alerandra (für fi).
Cie fommt! Ja, wär’ jie von ihm abzuzi Und zu bewegen, mir nah Rom zu folger Dann — Dod, fie haßt und Tiebt ihn jet Wag' ich noch einen legten Sturm? Es j (Ste eilt auf Martamne zu.) Du judit den Troſt, wo er zu finden ijt! Komm an mein Herz!
Marianne. Den Troit?
Alerandra. Braud Dann hab’ ih Did) verfannt! Doc hatt’ Did für ein Weib, wie Du kein's bijt, zu Du warjt bei mir verläumdet!
Marianne. Ich? Be
11 3 Herodes und Mariamne. 245
Mariamne. Nicht ? Alerandra. Nein! Nimmermepr!
Aug mehr al3 einem Grund nicht! Hätteft Du Dem blut’gen Schatten Deine® Bruderd aud) Das jchweiterliche Opfer einer Rache Herzlog entziehen können, die Du nicht Durch Judiths Schwert und nicht durd) Rahabs Nagel, Nein, einzig duch ein Wenden Deines Mundes Und durch ein jtilles Kreuzen Deiner Arme Dir nehmen und dem Todten mweihen follteft: Er jelbjt, der Mörder, hätte nicht gewagt, Sid Dir zu nähern, denn Du gleichſt dem Todten, Du wärjt ihm vorgefomnen, wie der Leichnam Des Ariſtobolus, den man geichminft, Er hätt’ jich jchaudernd von Dir abgemwandt.
Maridmne. Er that das Eine nicht, noch ic) dag And're!
Alerandra. So fei — Doch nein! Bielleiht blieb Dir ein Zweifel An feiner Schuld noch. Willit Du den Beweis ?
Marianne. Ich brauch’ ihn nicht! Alerandra. Du brauchſt —
Marianne. Er gilt mir Nichts!
246 Herodes und Marianıne. 113
Alerandra. Dann — Doch ich halt’ den Fluch auch jet zurück, Es hat Dich ja ein and’rer ſchon getroffen! Du gehſt noch in den Ketten einer Liebe, 90 Die niemald ruhmvoll war — |
Mariamne. Ich dächte doch, Ich hätt' mir den Gemahl nicht ſelbſt gewählt, Ich hätte mich nur in das Loos gefügt, Das Du und Hyrkan über mich, die Tochter Und Enkelin, mit Vorbedacht verhängt. 9;
Alerandra. Ich nicht, mein feiger Vater Schloß den Bund.
Marianne. So that er, wad Dir nicht gefiel?
Alerandra. Das nicht !
Sonſt wäre ih zuvor mit Dir entfloh'n, Mir Itand die Freiltatt in Egypten offen, Ich ſag' nur, der Entſchluß ging aus von ihm, 950 Dem eriten Hohenpriejter ohne Muth, Und ich befämpfte bloß den Widermwillen, Mit dem ich Anfangs ihn vernahm Allein Ich that es, denn ich fand des Feiglings Handel Sn Kurzem gut, und gab für Edoms Schwert 985 Die Perle Zions, al3 er drängte, hin! Ka, wär’ die Schlange, die Cleopatra Um jene Zeit gejtochen, eine gift'ge Geweſen, oder wär’ Antonius Auch nur auf feinem Zug hieher gefommen, Pro Ich hätte Nein gefagt! Nun jagt’ ich Ja!
„Ef
5
B10
Marianne, Und dennoch —
Alexandra.
Sch erwartete von Dir, Daß Du den Kaufpreis nicht vertändeln würdeſt, Und daß Du den Heroded —
Mariamne. D, ich weiß!
Ich Hätte mir von ihm für jeden Kuß Sm Voraus einen Kopf, der Dir mißfiel, Bedingen und zulegt, wenn feiner Dir Miehr trogte, als fein eig’ner, ihn zum Selbſtmord Bewegen, oder auch, wenn das nicht ging, An ihm in jtiler Nacht die Katzenthat Der Judith liſtig wiederholen jollen, Dann hätt'ſt Du mid) mit Stolz Dein Rind genannt!
Alerandra. Mit größerem, als jest, ich läugn' es nicht.
Marianne. Ich 309 es vor, dem Mann ein Weib zu fein, Dem Du mich zugeführt, und über ihn Die Maccabäerin jo zu vergeſſen, Wie er den König über mid) vergaß.
’ Alexandra. Du ſchienſt Dich) doch in Jericho auf jie Noch einmal zu bejinnen, wenigſtens
Warſt Du die Erite, die mit einer Klage
Hervortrat, als ich felbit ie noch zuriüdhielt, Um Did zu prüfen. War's nicht jo?
247
48 Herodes und Mariamne.
Marianne. In Sericho
Berwirrte mich das gräßliche Ereigniß, Es fam zu jchnell, vom Tiſch in’d Bad, vom Bad In's Grab, ein Bruder, ja, mir jchwindelte! Doch, wenn ich meinem König und Gemahl Argwöhniſch und veritoct die Thür verichloß, Bere’ ich's jetzt, und kann's mir nur verzeih'n, Weil es geſcheh'n it, wie in Fiebers Glut!
Alexandra. In Fieberd Glut! Mariamne (Haid für fig). Auch hätt’ ich's nicht gethan, Wär’ er in Trauerfleidern nicht gekommen! Roth, dunfelroth hätt’ ich ihn fehen können, Doch —
Alexandra. Ja, die fand er raſch! Er Hatte fie Voraus beitellt, wie and're Mörder jid), Wo möglich, Wafler jchöpfen, eh’ fie morden — ,
Mariamne. Mutter, vergiß nicht!
Alerandra.
Wa3? Daß Du dad Weib Des Mörder biit? Das biit Du erjt geworden, Und biſt es nur fo lange, als Du willſt, Sa, biſt's vielleicht, wer weiß! ſchon jebt nicht mehr; Des Todten Schweiter aber warjt Dur jtet3 Und wirjt e3 bleiben, wirjt es dann fogar
1015
1020
II3 Herodes und Mariamne. 249
Noch fein, wenn Du — Du jcheinit dazu geneigt — In's Grab ihm nachrufſt: Dir ift recht gejcheh'n!
Mariamne. sch bin Dir Ehrfurcht jchuldig, und ich mögte 35 Sie nit verlegen, darum halte ein! Ich könnte ſonſt —
Alexandra. Was könnteſt Du?
Mariamne. Mich fragen, Wer Schuld iſt an der That, ob der, der ſie Vollbrachte, weil er mußte, oder die, Die ſie ihm abdrang! Laß den Todten ruh'n!
Alexandra. so So ſprich zu Einer, die ihn nicht gebar! Sch trug ihn unter'm Herzen, und id muß SHn rächen, da ich ihn nicht weden Tann, Daß er ſich felber räche!
Marianne. Räch' ihn denn,
Doch räch' ihn an Dir ſelbſt! Du weißt recht gut, 5 Daß es der Hoheprieiter war, der rings
Bom Boll Umjaudhzte, jelbit ſchon Echwindelnde,
Und nidt der Nüngling Ariſtobolus,
Der gegen ſich hervorrief, was gejchah.
Wer trieb den Jüngling nun, das fag mir an, 00 Aus jeiner Selbjtzufriedenheit heraus ?
E3 fehlt! ihm ja an bunten Röcken nicht,
Die Blicke ſchöner Mädchen anzuzieh'n,
Und mehr bedurft’ er nicht zur Seligfeit.
50 Herode3 und Marianne.
Was ſollt' ihm Aarons Prieftermantel noch),
Den Du zum Ueberfluß ihm überhingit?
Ihm Fam von felbit ja fein Gedanfe d'rin,
Als der: wie jteht er mir? Tod And’re hielten Ihn feit dem Nugenblid, daß er ihn trug,
Für's zweite Haupt von Israel, und Dir Gelang es bald, ihn jelbit jo zu bethören,
Daß er ſich für das erite, einz'ge hielt!
Alerandra. Du läſterſt ihn und mid!
Mariamne.
Ich thu' es nicht! Wenn dieſer Jüngling, der geboren ſchien, Der Welt den erſten Glücklichen zu zeigen, Wenn er ſo raſch ein dunkles Ende fand, Und wenn der Mann, der jeden andern Mann, Wie er ſein Schwert nur zieht, zum Weibe macht, Wenn er — ich weiß nicht, ob er's that, doch fürcht Dann tragen Ehrſucht, Herrſchgier, zwar die Schuld, Doch nicht die Ehrſucht, die der Todte hegte, Und nicht die Herrſchgier, die den König plagt! Ich will Dich nicht verklagen, mir geziemt's nicht, Ich will dafür, daß Du uns ein Geſpenſt, Ein blut'ges, in die Ehekammer ſchickteſt, Von Dir nicht eine Reuethräne ſeh'n, Obgleich wir nie jetzt mehr zu Zweien ſind, Und mir der Dritte ſo den Sinn verſtört, Daß ich verſtumme, wenn ich reden ſollte, Und daß ich rede, wenn zu ſchweigen wär'; Ich will nicht einmal Deinen Rachedurſt Erſticken, will nicht fragen, was Du rächſt, Ob Deine Pläne oder Deinen Sohn:
[13 Herodes und Mariamne. 249
Noch fein, wenn Du — Du ſcheinſt dazu geneigt — In's Grab ihm nadhrufit: Dir ift recht gefcheh'n!
Mariamne.
sh bin Dir Ehrfurcht fchuldig, und ich mögte Sie nit verlegen, darum halte ein!
Ich könnte font —
Alerandra. Was könnteſt Du?
Mariamne. Mich fragen, Wer Schuld iſt an der That, ob der, der ſie Vollbrachte, weil er mußte, oder die, Die ſie ihm abdrang! Laß den Todten ruh'n!
Alexandra.
»So ſprich zu Einer, die ihn nicht gebar! Ich trug ihn unter'm Herzen, und ich muß Ihn rächen, da id) ihn nicht weden kann, Daß er ſich ſelber räche!
Mariamne. Räch' ihn denn,
Doch räch' ihn an Dir ſelbſt! Du weißt recht gut, > Daß es der Hoheprieſter war, der rings
Bom Volt Umjauchzte, jelbit ſchon Schwindelnde,
Und nicht der Jüngling Ariftobolug,
Der gegen ſich Hervorrief, was gejchah.
Wer trieb den Süngling nun, das fag mir an, > Aus feiner Selbitzufriedenheit heraus ?
Es fehlt" ihm ja an bunten Nöden nid,
Die Blicke Schöner Mädchen anzuzieh'n,
Und mehr bedurft! er nicht zur Geligfeit.
952 Herodes und Mariamne. II4
Durch Schmeichelei den Sinn und zu bethören, Wie er's im Anfang zu verjuchen jchien. Weißt Du, daß Salome in jener Zeit
Bor Eiferfuht verging?
man.
Mariamne. Sie thut's noch jept! Denn lächelnd und vertraulich jag' ich ihm, 1m | Wenn fie dabei ift, ſtets die ſchlimmſten Dinge, Und da fie jelbjt nicht müde wird, zu fpäh'n, So werde ich nicht müde, fie zu jtrafen Für ihre Thorheit!
Joſeph (tritt ein).
Alerandra (auf Joſephs Waffen deutenb). Siehit Du? |
Mariamne. |
Mag er doc! |
Sein Weib verlangt's, damit fie träumen fann, 115 Cie habe einen Frieg’riichen Gemahl.
Alerandra (su Iofeph). Ich bin nod) da!
Joſeph. Ein ſeltſamer Empfang!
Alexandra. Mein Sohn iſt auch noch da! Er hat, wie einſt, In eine Todtenkiſte ſich verſteckt. Jag' ihn heraus, ich will's dafür verzeih'n, Daß Du das einmal ungeheißen thatſt. Du mußt die Kiſte aber diesmal nicht
Auf einem Schiff, dad nach Egypten jegelt, Du mußt fie juhen in des Kirchhof Baud)!
Joſeph. es Ic bin nicht der, der Todte wecken kann!
Alexandra (mit Hohn gegen Mariamne). Wohl wahr! Eonjt wär'ſt Du jicher mitgezogen, Um Deinen Herrn, wenn ihn fein Knie'n und Fleh'n Bor dem Lictoren=Beil nicht ſchützen ſollte —
Marianne. Er fniet und fleht!
Joſeph zu Mariamne). Ich kann Dir zeigen wie! „Man hat mic, deß gezieh'n!“ Ich räum' es ein. „Deß aber nicht!“ Ich füg' es gleich hinzu, Damit Du Alles weißt! — So wird er's machen.
Alerandra. Prahlſt Du für ihn?
Sojeph. Co hat er's ſchon gemad)t! Ich Itand dabei, da ihn die Pharifäer 35 Verklagen wollten bei'm Antonius. Er hatte es jtatt ihrer jelbit gethan; Vorausgeeilt in's Lager, wie er war, Und jagte, als fie famen, Punct für Punct Die Rechnung wiederhofend und ergänzend: 0, Sprecht, ob ich Etwas ausließ oder nicht! Den Ausfall fennit Du, Mancher von den Klägern Verlor den jtarren Kopf, ala ſie nicht wichen, Er trug des Römerd volle Gunjt davon.
254 Herodes und Mariamne.
Alerandra.
Da waren Beide jünger, wie jie jebt find.
Des Einen Uebermuth gefiel den Andern,
Und um fo mehr, weil er auf fremde Kojten
Geübt ward, nicht auf eig'ne. Kann dem Römer Ter Bharifäer denn was fein, deß Zunge
Beitändig Aufruhr predigt gegen Rom?
Ber dem den Bart rauft, fürzt jein Anſeh'n! dachte Antonius und lachte, doch ich zweifle,
Ob er das auch gejcheh'n läßt an ſich felbit!
Joſeph. Du ſprichſt, als wünſchteſt Du —
Alexandra.
Ob unſ're Wünſche Zuſammengeh'n, ob nicht, was kümmert's Dich? Halt Du den Deinen feſt! Für Dich iſt's wichtig, Daß er zurückkehrt!
Joſeph. Meinſt Du? Wenn für mich, So auch für Dich! Alexandra. Ich wüßte nicht, warum?
Es gab ſchon einmal eine Alexandra, Die eine Krone trug in Israel, Die zugriff, als ſie frei geworden war, Und ſie nicht liegen ließ für einen Dieb. Es ſoll, bei Gott! nicht an der zweiten fehlen, Wenn's wirklich (u Mariamne) Maccabäerinnen giebt, Die kind'ſche Schwüre halten!
Auf einem Schiff, dag nad) Egypten jegelt, Du mußt fie ſuchen in des Kirchhofs Bauch!
| Joſeph. Ich bin nicht der, der Todte wecken kann!
Alexandra (mit Hohn gegen Mariamne). Wohl wahr! Sonſt wär'ſt Du ſicher mitgezogen, Um Deinen Herrn, wenn ihn ſein Knie'n und Fleh'n Vor dem Lictoren-Beil nicht ſchützen ſollte —
Mariamne. Er kniet und fleht!
Joſeph iu Mariamne). | Ich kann Dir zeigen wie! „Man hat mic) der gezieh'n!“ Ich räum' es ein. „Deß aber nicht!“ Ich füg’ es gleich Hinzu, Damit Du Alles weißt! — So wird er's machen.
Alerandra. Prahlſt Du für ihn?
Joſeph.
So hat er's ſchon gemacht! Ich ſtand dabei, da ihn die Phariſäer Verklagen wollten bei'm Antonius. Er hatte es ſtatt ihrer ſelbſt gethan, Vorausgeeilt in's Lager, wie er war, Und ſagte, als ſie kamen, Punct für Punct Die Rechnung wiederholend und ergänzend: Sprecht, ob ich Etwas ausließ oder nicht! Den Ausfall kennſt Du, Mancher von den Klägern Verlor den ſtarren Kopf, als ſie nicht wichen, Er trug des Römers volle Gunſt davon.
53
56 Herodes und Vlariamne. lI5
Wenn ich's vorm Beil des Henkers jichern will.
Hier jtarrt mir eine Welt von Haß entgegen!
Wohlan, fie jprachen ſich das Urtheil jelbit;
Ich Hab’ ſie jeßt zum legten Mal geprüft, 1190 Und wäre nur jein Bote da, ich mürde
Es mitleidslos den Augenblick vollzieh'n!
Jedwede Vorbereitung ijt getroffen.
Fünfte Bcene.
Ein Diener. Der Hauptmann Titus bittet um Gehör!
Joſeph. Sogleich! (will gehen) Alerandra. Warum nicht Hier?
Der Diener. Da iſt er ſchon! 1m
Titus (tritt ein; zu Joſeph, heimlich). Was Du befürdhteteit geichieht, das Wolf Empört Sid!
Joſephh. Thu denn raſch, was ich befahl, Stell' die Cohorte auf und rücke aus!
Titus. Das that ih ſchon. Nun komm' ich, Di zu fragen, Ob Du Gefang’ne oder Todte willjt ? 100 |
Mein Adler part jo gut, als er zerfleijcht, Und Du mußt wiljen, was Dir bejjer fronmt.
P 10
Joſeph. Blut darf nicht fließen!
Titus.
Gut! So hau' ich ein, Eh' ſie die Steinigung begonnen haben, Sonſt thät' ich's ſpäter!
Joſeph. Sahſt Du Sameas? Titus. Den Phariſäer, der ſich einſt die Stirn An meinem Schild faſt einſtieß, weil er ſtets Die Augen ſchließt, ſobald er mich erblickt? Den ſah ich allerdings! Joſeph. Und wie? Sprich laut! Titus. Auf off'nem Markt, von Tauſenden umringt, Herodes laut verfluchend!
Joſeph (zu Alerandra). Samead Ging erit var einer Stunde fort von Dir!
Alerandra. Sahit Du's? Titus (u Jofeph. Erſcheinſt Du jelbit ?
Joſeph.
Sobald ich kann!
Einſtweilen — Hebbel, Werte I.
- 1;
257
"258 Herode3 und Mariamne. II5
(xD
Titus. Wohl! Ich geh'! (will gehen) Alexandra (ruft ihn um).
Ein Wort nod, Hauptmann! Warum entzogit Du und die Wache ?
Mariamne. - Fehlt ſie? 1715 Alexandra. | Seit geitern Nbend. a! Joſeph. Weil ich's gebot! Titus.
Und weil der König, als er ging, mir ſagte: Dieß iſt der Mann, der meinen Willen weiß, Was er gebietet, das gebiet' ich ſelbſt! ciao
Alexandra (u Joſeph). Und Du?
Joſeph. Ich dachte, Judas Maccabäus 12m | Wär! Schup genug für Did) und Deine Tocdter. Im Uebrigen, Du hörſt, wie'3 draußen jteht: Ic brauche die Soldaten! «ür ſich Wenn die Römer So nahe wären, -fünnt' e& mir mißglücken! Heut' ſchickt' ich Galliläer!
Alerandra (gu Mariamne). Meint Du nod), 1825 Mein Argwohn habe feinen Grund?
115 Herodes und Mariamne. 259
Mariamne. | Ich weiß nicht, Doch jegt jtedt er mid an. Dieß find’ ich feltfam! Obgleich — Wenn aus der Wand ein Wurfipieß führe, Es fäme mir nicht unerwarteter!
Alerandra.
2» Zwei Stöße, und der Weg zum Thron ijt frei; Denn, giebt es feine Maccabäer mehr, So fommen die Herodianer d’ran.
Mariamne.
Sch würde Dich noch jetzt verlachen, wäre
Nicht Salome fein Weib! — Bei meinem Bruder, ‚35 hr Kopf ift mein! Sch ſpreche zu Herodes:
Wie Du mid rächſt an ihr, jo liebſt Du mid!
Denn sie, nur fie iſt's! Der da nimmermehr!
Alexandra. Du triumphirft zu früh! Erit gilt’3 zu handeln, Und diefen Aufitand, dächt' ich, nutzten wir! Mariamne.
12 Mit dieſem Auſſtand Hab’ ich Nichts zu Ichaffen, Denn wenn Herodes wiederfehrt, jo bleibt Mir Nichts zu fürdhten, und wenn nicht, jo kommt Der Tod in jeglicher Geftalt mir vedht!
Alerandra. Sch geh’! (wit ab)
Joſeph (vertritt ihr den Weg).
Wohin ? 17°
260 Herodes und Mariamne I
Alerandra. Für's Erſte auf die inne Und dann, wohin ed mir gefallen wird!
Joſeph. Zur Zinne ſteht der Weg Dir frei! Die Burg Iſt abgeſperrt! Alexandra. So wären wir Gefang'ne?
Joſeph. So lange, bis die Ruhe hergeſtellt iſt, Muß ich Dich bitten — Alexaudra. Was erkühnſt Du Dich?
Joſeph. Ein Stein iſt blind, ein röm'ſcher Wurfſpieß auch, Sie treffen Beide oft, was ſie nicht ſollen, D'rum muß man ihnen aus dem Wege geh'n!
Alexandra gu Mariamne). Ich ſteig' hinauf und ſuche meinen Freunden Durch Zeichen kund zu thun, wie's mit uns ſteht. Mariamne.
Durch Zeichen — Deinen Freunden — Mutter, Muitter! Co biſt Du's wirklich ſelbſt und nicht das Volk? Wenn Du Dir ſelbſt nur nicht die Grube gräbſt!
Alexandra (will geben).
Joſeph. Du wirſt geſtatten, daß Dich mein Trabant Begleitet. Philo!
115 Herodes und Mariamne. 259
Mariamne. Ich weiß nicht, Doch jetzt ſteckkt er mich an. Dieß find’ ich ſeltſam! Obgleich — Wenn aus der Wand ein Wurfſpieß führe, Es käme mir nicht unerwarteter!
Alerandra.
Zwei Stöße, und der Weg zum Thron iſt frei; Denn, giebt e& feine Maccabäer mehr, So fommen die Herodianer d’ran.
Mariamne. sh würde Dich noch jeßt verlachen, wäre Nicht Salome fein Weib! — Bei meinem Bruder, hr Kopf ift mein! Ich Ipreche zu Herodes: Wie Du mid rächſt an ihr, fo liebſt Du mid! Denn jie, nur fie ift'3! Der da nimmermehr!
Alerandra. Du triumphirst zu früh! Erſt gilt's zu handeln, Und diefen Aufſtand, dächt' ich, nutzten wir! Mariamne. Mit diefem Aufitand Hab’ ich Nicht zu Schaffen, Denn wenn Herodes wiederfehrt, jo bleibt Mir Nichts zu fürchten, und wenn nicht, jo fommt Der Tod in jeglicher Geitalt mir recht! Alerandra. Ich geh’! (win ad)
Joſeph (vertritt ihr den Weg). Wohin ?
262 Herodes und Marianne. I
Mariamne. Wann ſtarb Herodes? Sofeph. Wann er }tarb? Mariamne.
Und wie? Du mußt e3 willen, da Du fo viel mwagit!
Joſeph. Was wag' ich denn? Du giebſt mir Räthſel auf!
Mariamne. Nichts, wenn Du glaubſt, ich finde keinen Schutz, Sobald die Römer hören, daß mein Leben Bedroht iſt, Alles, wenn Du darin irrſt.
Joſeph. Und wer bedroht Dein Leben?
Mariamne. Fragſt Du noch?
Joſeph. 30? Marianne. Kannſt Du das Gegentheil mir jchwören ? Kannſt Du's bei Deines Kindes Haupt? — Du jchiweigit
Joſeph. Du haſt mir keine Schwüre abzufodern.
| Mariamne. Wer jo verflagt wird, leijtet jie von jelbit.
IL5 Herodes und Mariamne. 261
Alerandra. Alſo off'ner Krieg?
Philo (ritt ein).
Joſeph (vedet mit ihm, Anfangs leiſe, dann laut). » Du haft verjtanden? Philo. Ja! Joſeph. Im ſchlimmſten Fall!
Philo.
Den wart' ich ab, dann —
Joſeph. Und mir bürgt Dein Kopf! (für fi) Mir däucht, Herodes' Geiſt ift über mir! Alerandra (fir ic). Ic gehe doch! Vielleicht iſt der Soldat, Obgleich ein Galliläer, zu gewinnen! 5 Verſuchen will ich es! cab)
Philo (folgt ihr).
Joſeph (für ſich. Ich kann nicht anders, Wie ſehr es mich verdächt'gen mag, der Aufruhr Zwingt mich zu dieſem Schritt, ich darf ſie jetzt Nicht aus den Augen laſſen, wenn ich mir Die That nicht ſelbſt unmöglich machen will, > Denn jede Stunde kann ſein Bote fommen! Ihn felbjt erwarte ich ſchon längjt nicht mehr.
264 Herodes und Mariamne. DE:
Joſeph (tür ic). Wahr, wahr! qu Rartamne, Ich halte Dich beim Wort! Du rächſ Di jo, ganz fo, wie er Dich rächen würde! Das Haft Du mir gelobt! Vergiß es nicht!
Mariamne. So ſpricht der Wahnwig! Daß Herodes mid Mehr liebt, wie ich mich felber lieben fann, Wird Keiner, wird nicht einmal Salome, Dein tück'ſches Weib, bezmeifeln, wenn jie mid) Auc eben darum doppelt haſſen, wenn fie Auch eben darum Dir den Mordgedanfen Rachſüchtig eingegeben haben mag! Daß er von ihr kommt, weiß ich, und ich will Cie treffen, daß ſie's fühlt, ihr Schmerz um Did) Soll meine legte Quft auf Erden fein!
Joſeph. Du irrſt Dich! Doch gleichviel! Ich hab' Dein Wort!
Mariamne. Du wiederholſt es noch einmal? Verruchter, Welch einen Aufruhr nächtlicher Gedanken Weckſt Du mir in der Bruſt und welchen Argwohn! Du ſprichſt, als ob Herodes ſelber mich Zum Opferthier und Dich zum Opferprieſter Erkoren hätte. Iſt es ſo? Bei'm Abſchied Entfiel ihm, mit Entſetzen denk' ich d'ran, Ein dunkles Wort. Gieb Antwort!
Joſeph. Dieſe geb' ich Sobald es nöthig iſt, ſobald ich weiß, Daß er —
II5 Herodes und Mariamne. 263
Dod) weh” Dir, wenn Herodes mwiederfehrt! Ich ſag' ihm YZweierlei vor'm eriten Kuß, Ih ſag' ihm, daß Du ſannſt auf meinen Mord, Ich ſag' ihm, was ih ſchwur: ermiß nun felbft, Welch Schickſal Did) erwartet, wenn er fommt!
wi
Joſeph. Und was — was ſchwurſt Du? Wenn's mich Ichreden ſoll, So muß ich's wiſſen.
Mariamne.
Hör's zu Deinem Fluch! „Daß ich mit eig'ner Hand mid) tödten will, Wenn er — O, hätt! ich das geahnt! Nicht wahr? — Dann hätte ich an einen falten Gruß | Mich nie gekehrt, ich hätte fortgefahren, Wie ich begann, und Alles jtünde wohl! ; Tenn Anfangs warjt Du ein ganz and'rer Mann!
Joſeph. Ich habe Nichts zu fürchten.
Mariamne.
Weil Du meinſt, Es ſei unmöglich, daß er wiederkehrt! Wer weiß! Und wenn! Ich halte meinen Schwur, Doch eher nicht, bis ich an Dir mich rächte, Bis ich an Dir, erzitt're, jo mich rächte, Wie er mich rächen würde! Zieh doch jetzt Sogleich Dein Schwert! Du wagſt es nicht? Ich glaub's! Und wie Du mich auch hüten magſt, ich finde Zum Hauptmann Titus ſicher einen Weg! 5 Verloren iſt Dein Spiel, ſeit ich's durchſchaut.
266 Herode3 und Marianne. JI
Mariamne. Er hat's gejagt! Er hat — Was hat er nicht! T, daß er endlich käme!
Joſeph. Mariamne! — (für fi) Wie hab’ ich mich verjtridt! Zwar that ich Nichts, Als was ih mußte! Doch mich padt ein Grauen, Daß er — ich jeh den Ariftobolus. Verflucht die That, die einen chatten wirft, Eh’ fie in's Leben tritt: Mariamne. So war das mehr, Als eine tolle Blaſe des Gehirns, Wie ſie zuweilen aufiteigt und zerplagt, Sp war's — Bon jept erit fängt mein Yeben au, Bis heute träumt’ ich:
Sechste Scene.
Ein Diener (tritt ein; ihm folgt Salome).
Salome (sun Diener). Ward's Dir unterjagt, Hier ungemeldet Jemand einzulafjen ? Ich nehm's auf mich! Joſeph. Du, Salome? Salome. Wer ſonſt? Kein böſer Geiſt! Dein Weib! Dein armes Weib,
116 Herodes und Mariamne. 267
Um das Du warbjt, wie Jacob warb um Nabel, 5 Und das Du nun — qu Mariamne) Verfluchte, war e& Dir Noch nicht genug, daß Du das Herz des Bruders Mir abgewendet haft? Mußt Du mir jetzt Auch den Gemahl noch rauben? Tag und Nacht Denkt er an Did), als wärejt Du ſchon Wittiwe, 1750 Und ich noch weniger, als das! Bei Tage Folgt er auf Schritt und Tritt Dir nad)! Bei Nacht Zräumt er von Dir, nennt ängitlich Deinen Namen, Fährt aus dem Schlummer auf — (u Joſeph Hielt ih’ 3 Dir nicht Noch diefen Morgen vor? Und heut’ fogar, s Wo ganz Jeruſalem in Aufruhr ilt, Heut’ ift er nicht bei mir, nicht auf dem Markt, Io ich, weil er nicht fam, ihn fuchen lie, Er ift bei Dir, und Ihr — hr feid allein!
Mariamne. Die iſt es jicher nicht! So tft er's jelbit! ‚, Wenn noch ein Zweifel übrig blieb, jo hat Die blöde Eiferfucht ihn jegt eritidt! — Sch war ihm nur ein Ding und weiter Nichts!
Joſeph (zu Salome). Ich ſchwör' Dir — Salome. Daß ich blind bin? Nein! Ich ſehe!
Mariamne.
Der Sterbende, der ſeinen Feigenbaum s Abhauen ließe, weil er ſeine Früchte ad) jeinem Tode feinem Andern günnte, Der Sterbende wär’ ruchlos, und er hätte Den Baum vielleicht doch jelbit gepflanzt und wüßte, Daß er den Dieb, daß er jogar den Mörder
258 Herodes und Mariamne. II6
Erquiden müßte, der ihn fchüttelte. 1 Bei mir fällt Beides weg! Und doch! Und doch! Das ift ein. Frevel, wie's noch feinen gab.
Salome (su Joſeph). Du ſprichſt umfonft! Ein Auftrag! Welch ein Auftrag ?
Mariamne. | Ein Auftrag! Dieß das Siegel! — Wär! ed möglich, Jetzt müßt’ e8 doch am eriten möglich fein! 1
Allein es ift nicht möglich)! Keine Regung Unedler Art befledt mein Innerſtes, Wie e8 auch ftürmt in meiner Brujt! Ich würde Antonius in diefem Augenblid Diejelbe Antwort geben, die ich ihn I An unſ'rem Hochzeitdtag gegeben hätte, Das fühl’ ich, darum trifft'3 mich, wie's mich trifft, Sonjt müßte ich's ertragen, ja verzeih'n! Salome (u Mariamne). Ich Din für Di nicht da, wie's ſcheint?
Marianne. Doh! Doc! Du Haft fogar die größte Wohlthat mir u Erzeigt, ich, die ich blind war, ſehe jetzt, Ich ſehe hell und das allein durch Dich! Salome. Verhöhnſt Du mich? Auch das ſollſt Du mir büßen, Wenn nur mein Bruder wiederkehrt! Ich werde Ihm Alles ſagen — Mariamne. Wa3? Ja fo! Das thu! 1 Und hört er d'rauf — — Warum denn niht ? Was lady’ ih?
11 7—11l1 Herodes und Dariamne. 269
Iſt da3 denn noch unmöglid ? — — Hört er drauf, So nimm mein Wort; ich widerſprech' Dir nicht! Sch Liebe mich nicht mehr genug dazu!
Biebente Bcene. Alerandra (ftürzt herein). 15 Der König! |
Joſeph.
Sin der Stadt?
Alexandra. Schon in der Burg!
Dritter Art. Burg Zion. Alerandras Gemäder.
Erſte Scene.
Alexandra. Joſeph. Salome Herodes (tritt ein. Sein Gefolge. Soemus.
Herodes. Da wär' ich wieder! (zu Soemus) Blutet's noch? Der Stein Hat mir gegolten, und er traf Dich nur, Weil Du gerade kamſt, mir was zu ſagen, Dein Kopf war diesmal Deines Königs Schild! sn Wär'ſt Du geblieben, wo Du warſt —
Soemus. So hätt’ id) Die Wunde nicht, doch auch nicht das PVerdienit,
IV
70 Herodes und Mariamne.
Wenn es ein ſolches iſt. In Galliläa Wird höchſtens der geſteinigt, der es wagt, Sich Dir und mir, der ich Dein Schatten bin, Dein Sprachrohr, oder, was Du immer willſt, Zu widerſetzen.
Herodes. Ja, da ſind ſie treu! Dem eig'nen Vortheil nämlich, und weil dieſer Mit meinem Hand in Hand geht, meinem auch.
Soemus. Wie ſehr, das ſiehſt Du daran, daß Du mich In Deiner Hauptſtadt findeſt.
Herodes.
In der That, Dich hier zu treffen, hätt' ich nicht erwartet; Denn, wenn der König fern iſt, thun die Wächter Den ſtörrigen Provinzen doppelt Noth! Was trieb Dich denn von Deinem Poſten fort? Doch ganz gewiß was And'res, als der Wunſch, Mir zu beweiſen, daß er ungefährdet Verlaſſen werden könne, und die Ahnung, Daß hier ein Steinwurf aufzufangen ſei!
Soemus. Ich kam herüber, um dem Vicekönig Entdeckungen von wunderbarer Art In ſchuld'ger Eile mündlich mitzutheilen. Ich wollt' ihm melden, daß die Phariſäer Sogar den ſtarren Boden Galliläas, Wenn auch umſonſt, zu unterhöhlen ſuchen, Doch meine Warnung kam zu ſpät, ich fand
Fit das denn noch unmöglich? — — Hört er d’rauf, So nimm mein Wort; ic widerſprech' Dir nicht! Ich liebe mich nicht mehr genug dazu!
Biebente Bcene. Alerandra (ſtürzt herein). Der König! |
Joſeph. In der Stadt?
Alexandra. Schon in der Burg!
Dritter Art. Burg Zion. Alerandras Gemäder.
Erſte Dcene.
Alerandra. Joſeph. Salome Herodes (tritt ein). Gefolge Spemus.
Herodes.
Da wär’ ich wieder! au Soemus) Blutet’3 noh? Der Stein
Hat mir gegolten, und er traf Dich nur,
Weil Du gerade famjt, mir was zu jagen,
Dein Kopf war diesmal Deines Königs Schild! » Wär'ſt Du geblieben, wo Du warſt —
Soemus. So hätt' ich Die Wunde nicht, doch auch nicht das Verdienſt,
272 Herodes und Marianıne.
IH ſag' es Dir voraus, bei mir gefcheh'n,
Nun ich Di endlich einmal wieder habe.
Du wirſt mit mir die eigen Ihütteln müſſen, So wie id) dem Antonius die Muränen,
Pfui, Schlemmerei! in Strömen von Falerner Eritiden helfen und für manchen Schwanf
Au unj'rer frühern Zeit ihm das Gedächtniß Auffriichen mußte! Mach‘ Dich nur gefaßt, Mir gleihen Dienit zu leilten. Hab' ich aud) Nom Triumphator nicht genug in mir,
Daß ih Di jo zu mir entboten hätte,
Wie er mich jelbjt zu ſich entbot, zum Schein Auf eine abgejchmadte Klage hörend,
Tie Stirn, wie Cäſar, runzelnd und den Arın ‚Mit Blik und Donnerfeil zugleich bewaffnend, Bloß um gewiß zu fein — dieß war der Grund, Warum er's that — daß ich auch wirklich käme, So mad) ich mir den Zufall, dev Dich heute Mir in die Hände liefert, Doch zu nuß,
Und fprech‘, wie er, wenn Du von Deinem Amt Zu reden anfängit: Führſt Du’, wie Du follit, So braudt es Dich nicht jeden Augenblid!
Du fommit jo jelten, daß es jcheint, als wärſt Du Hier nidyt gern!
Soemus.
Du thuſt mir Unrecht, Herr, Doch hab' ich Urſach', nicht zu oft zu kommen!
Herodes (su Salome). Auch Du bit hier? — Sp lernteſt Du es endlich Dir einzubilden, wenn Tu Mariamnen Begegneit, dag Du in den Spiegel liehit Und Deinen eignen Widerjichein erblickſt?
1111 Herodes und Mariamne. 2
Jeruſalem in Flammen vor und konnte Nur löſchen helfen!
Herodes (reicht ihm die Hand). Und das thatelt Du
Mit Deinem Blut! — Sieh, Joſeph, guten Tag! Di hätt! ich anderswo geſucht! — Schon gut! Seht aber geh und fchaff den Sameas, Den Phariſäer, den der Hauptmann Titus Auf Scythen-Art gefangen Hält, hieher. Der jtarre Römer jchleppt ihn, an den Schweif Des Roſſes, da3 er reitet, fejtgebunden, Mit ſich herum, weil er im heil’gen Eifer Auf offnem Markt nach ihm gejpieen Hat. Nun muß er rennen, wie er niemals noch Gerannt fein mag, wenn er nicht fallen und Hejchleift fein will. Ich hätte ihn ſogleich, Wie ich vorüberfam, erlöjen follen! Verdanke ich's doch jicher ihm allein, Daß ich jetzt alle Schlangen, die bisher Sich ſtill vor mir verfrocdhen, kennen lernte! Nun kann ich jie zertreten, wann ich will!
Joſeph (ad).
Herodes (zn Alerandra). Ich grüße Dich! And vom Antonius Soll ih Dir melden, daß man einen Fluß Nicht vor Gericht ziehn kann, und einen König, In deſſen Yand er fließt, noch weniger, Weil er ihn nicht verjchütten ließ! im Soemun Ich wär Yängit wieder hier gemwejen, doch wenn Freunde Zujfammen fommen, die ich jelten jeh'n, So halten fie ſich feit! Das wird auch Dir,
71
274 Herodes und Dearianıne.
Sp wird fie um fo ficherer gehört, Und um fo fchwerer unterdrüdt!
Herodes. Du ſtellſt Dich zwiſchen mich und ſie? Nimm Dich in Acht, Du kannſt zertreten werden!
Salome. Dies Mal nicht, Obgleich ich weiß, was Dir die Schweſter gilt, Wenn's um die Maccabäerin ſich handelt, Dies Mal —
Herodes. Ich ſag' Dir Eins! Wär' an dem An dem ich ſie zum erſten Mal erblickte, Ein Kläger aufgeſtanden wider ſie, Er hätt' nicht leicht Gehör bei mir gefunden, Doch leichter noch, wie heut’! Das warne Dich! Ich bin ihr jo viel jchuldig, daß jie mir Nichts ſchuldig werden kann, und fühl’ es tief! Salome. So hat fie einen Freibrief? Herodes. Jede Larve Zu tragen, die ihr gut ſcheint, Dich zu täuſchen, Wenn ſie ſich Kurzweil mit Dir machen will! Salome. Dann — Ja, dann muß ich ſchweigen! Wozu jpri Denn, was ich Dir auch jagen mögte, immer Wär' Deine Antwort fertig: Mummerei!
IIl Heroded und Mariamne. 273
Oft rieth ich's Dir, wenn Du ihr grollteit, niemals Gefiel der Rath Dir! Nimm den Scherz nicht krumm! Dean fann nicht? Uebles in der Stunde thun,
Wo man fic wiederjieht! Doc, wo ijt jie?
Man jagte mir, jie jet bei ihrer Mutter,
Drum fam ich her!
Salome.
Sie ging, als jie vernahnı, Daß Du Dich nähertelt!
Herodes.
Sie ging? Unmöglidh! Tod wohl! Sie that es, weil die Einjamfeit Dem Wiederjehen ziemt! — (für fi) Willft Du ihr ziirnen, Statt abzubitten, Herz? — Ich folge ihr, Denn ihr Gefühl hat Ned!
Salome.
Belüg” Did nur, Und leg’ den Schred, Dich auferjteh'n zu jeh'n, Die Schaam, an Deinen Tod geglaubt zu Haben, Die größere, faum Wittwe mehr zu fein, Leg’ ihr das Alles aus, ald wär's die Scheu Des Mägdleins, das noch feinen Mann erfannt, Nicht die Verwirrung einer Sünderin! Sie ging aus Furcht!
Herodes.
Aus Furcht? — Sieh um Dich her, .
Wir jind Hier nicht allein!
Salome. Das ijt mir vedht, Bring’ ich vor Zeugen meine Nlage an, Schbel, Werte II. 18
274 | Herodes und Marianne. III
So wird jie um fo ficherer gehört, Und um fo fchwerer unterdrüdt!
Herodes. Du ſtellſt Dich zwiſchen mich und ſie? Nimm Dich in Acht, Du kannſt zertreten werden!
Salome. Dies Mal nicht, Obgleich ich weiß, was Dir die Schweſter gilt, Wenn's um die Maccabäerin ſich handelt, Dies Mal —
Herodes.
Ich ſag' Dir Eins! Wär' an dem Tag, An dem ich ſie zum erſten Mal erblickte, Ein Kläger aufgeſtanden wider ſie, Er hätt' nicht leicht Gehör bei mir gefunden, Doch leichter noch, wie heut’! Das warne Dich! Ich bin ihr ſo viel ſchuldig, daß ſie mir Nichts ſchuldig werden Tann, und fühl’ es tief!
Salome. So hat jie einen Freibrief?
Herodes. Jede Larve Zu tragen, die ihr gut ſcheint, Dich zu täuſchen, Wenn ſie ſich Kurzweil mit Dir machen will! Salome. Dann — Ja, dann muß ich ſchweigen! Wozu ſpräch ih: Tenn, was id) Dir auch jagen mögte, immer
155
Mär’ Deine Antivort fertig: Mummerei! *
IIII Herodes und Mariamne. 275
u
wi
Nun diefe Mummerei iſt gut geglüdt,
Sie Hat nidht mich allein, fie hat die Welt
Mit mir berüdt und koſtet Dir die Ehre,
Wie mir die Ruh’, ob Du auch ſchwören magit,
Dat Rojeph nur gethan, was er gejollt,
Wenn er — Sieh zu, ob es ein Menſch Dir glaubt!
Herodes. Wenn er — Was unterdrückſt Du? Endige! Doch nein — — Noch nicht!
(zu einem Diener) Ich laſſ' die Königin Erfuchen zu erjcheinen! — Iſt es nicht, Als wär’ die ganze Welt von Spinnen rein, Und alle nijteten in meinem Haufe, Um, wenn einmal für mid) der blaue Himmel Zu jehen it, ihn gleich mir zu verhängen Und Wolfen-Dienjt zu thun? Zwar — jeltfam ijt’s, Daß fie nicht fommt! Sie hätt’ mich küſſen müflen, Der Allgewalt des Augenblicks erliegend, Und dann die Lippen fich zerbeißen mögen, Wenn das Gejpenjt denn noch nicht von ihr wid! (zu Salumei Weißt Du, mas Du gewagt haft? Weit Du's, Weib ? Ich freute mich! Verſtehſt Du das? Und nun — — Tie Erde hat mir einmal einen Becher Mit Wein verjchüttet, als ich durjtig war, Weil fie zu zucken anfing, eh’ ich ihn Noch leerte, ihr verzieh ich, weil ich mußte, An Dir fönnt’ ic) mich rächen!
18*
278 Herodes und Marianne.
Herodes (tür fi).
Kann ſie's denn willen? «u Martamne Komm! (da Mariamne ntdt folgt) Laßt uns (zu Aleranbra) Du wirſt verzeih'n!
Alerandra.
Gewiß! (ab. Alle Undern folgen ihr.) Mariamne. So feig! Herodes.
So feig? Mariamne. Und auch — Wie nenn' ich's nur?
Herodes. | Und auh? — (für ſich Da Entjeglih! Nimmer löſcht' ich’3 in ihr aus! _ Mariamne. Ob ihm fein Weib in's Grab freiwillig folgt. Ob fie des Henkers Hand hinunter jtößt — Ihm gleich, wenn fie nur wirklich jtirbt! Er läßt Zum Opfertod ihr nicht einmal die Zeit!
Herodes. Sie weiß es! Mariamne.
sit Antonius denn ein Menſch, Wie ich bisher geglaubt, ein Menjch, wie Tu,
1112 Herodes und Marianıne. 277
Die Klage angehört, ließ ich Dich bitten, Hieherzufommen, aber wahrlich nicht,
Daß Du Did gegen fie vertheidigteft, Nur, weil ich glaube, daß fie in ſich ſelbſt Erjtiden wird vor Deiner Gegenwart !
Marianne. Um das zu hindern, jollt’ ich wieder gehn!
Herodes. Wie, Mariamne? Nie gehörteſt Du Zu jenen Seelen jammervoller Art, Die, wie ſie eben Antlitz oder Rücken Des Feindes ſeh'n, verzeih'n und wieder grollen, Weil ſie zu ſchwach für einen echten Haß Und auch zu klein für volle Großmuth ſind. Was Hat Did) denn im Tiefſten fo verwandelt, Daß Du Did) ihnen jebt noch zugefellit? Du haft doc, als ich jchied, ein Lebewohl Für mic gehabt; dieß, däucht mir, gab mir Anſpruch Auf Dein Willlommen, und Du weigerjt da3? Du jtehit jo da, als lägen Berg und Thal Noch zwiſchen uns. die ung jo lange trennten? Du trittjt zurüd, wenn ich mich nähern will? So ijt Dir meine Wiederfunft verhaßt ?
Marianne. Wie jollte fie? Sie giebt mir ja dad Leben Zurüd!
Herodes.
Das Leben? Welch ein Wort iſt dieß!
Mariamne. Du wirſt nicht läugnen, daß Du mich verſtehſt!
280 Herodes und Mariamne. Herodes. Ich zeig' Dir gleich, wie ich ihn fragen will! Soemus!
Dritte Scene. Soemus (tritt eim.
Herodes. Iſt mein Schwäher Joſeph draußen?
Soemus. Er harrt mit Sameas.
Herodes.
Führ' ihn hinweg! Ich gab ihm einen Brief! Er ſoll den Brief Alsbald beſtellen! Du begleiteſt ihn Und ſorgſt, daß Alles treu vollzogen wird, - Was dieſer Brief befiehlt!
Soemus. Es ſoll geſcheh'n! (ab)
Herodes. Was Du auch ahnen, denken, wiſſen magſt, Du haſt mich doch mißkannt!
Mariamne.
Dem Brudermord Haſt Du das Siegel der Nothwendigkeit, Dem man ſich beugen muß, wie man auch ſchaudert, Zwar aufgedrückt, doch es gelingt Dir nie, Mit dieſem Siegel auch den Mord an mir Zu ſtempeln, der wird bleiben, was er iſt,
III2 Heroded und Mariamne. 279
Oder ein Dämon, wie Du glauben mußt,
Da Du verzweifelft, ob in meinem Buſen
Nod ein Gefühl von Pflicht, ein Reit von Stolz Ihm wideritehen würde, wenn er triefend
Bon Deinem Blut ald Freier vor mid) träte Und mich bejtürmte, ihm die Zeit zu fürzen, Die die Aegypterin ihm übrig läßt ?
Herodes. Doch wie? Doch wie?
Mariamne.
Er müßte Dich ja doch Getödtet haben, eh' er werben könnte, Und wenn Du ſelbſt Dich denn — ich hätt' es nie Gedacht, allein ich ſeh's! — ſo nichtig fühlſt, Daß Du verzagit, in Deines Weibes Herzen Durd) Deines MännerWerthes VBollgehalt Ihn aufzumägen, wad berechtigt Did), Mich jo gering zu achten, daß Du fürdhteit, sch wieje felbjt den Mörder nicht zurück? O Doppelſchmach!
Herodes (ausbrechend).
Um welchen Preis erfuhrſt Du dies Geheimniß? Wohlfeil war es nicht! Mir ſtand ein Kopf zum Pfand!
Mariamne. O Salome, Du kannteſt Deinen Bruder! — Frage den,
Der mir's verrieth, was er empfangen hat,
Von mir erwarte keine Antwort mehr! (wendet ſich)
282 Herodes und Marianne.
Verläuguen jollte, aber jicher nicht
Verläugnet hätte, wenn — Ich dachte Dein,
Nun knirſcht' ich nicht einmal — und was er aud) Tem Many und König in mir bieten mogte,
Von Ehmaus zu Schmaud mid) jchleppend und den re Mir doch, unheimlich jchweigend, vorenthaltend, Geduldig, wie ein Sclave, nahm ich’2 Hin!
Mariamne. Du ſprichſt umjonjt! Du Hajt in mir die Menſchheit Geſchändet, meinen Schmerz muß Jeder theilen, Der Menſch ijt, wie ich jelbit, er braucht mir nicht Verwandt, er braucht nicht Weib zu jein, wie id). AUS Du durch heimlich-itillen Mord den Bruder Mir raubtejt, fonnten die nur mit mir meinen, Die Brüder haben, alle Andern mogten Noch trocknen Auges auf die Seite treten Und mir ihr Mitleid weigern. Doc ein Leben Hat Jedermann und Keiner will das Leben Sid nehmen lajjen, als von Gott allein, Der es gegeben hat! Solch einen Frevel Verdammt da3 ganze menjchliche Gejchlecht, Verdammt das Schickſal, das ihn zwar beginnen, Doch nicht gelingen ließ, verdammit Du jelbjt! Und wenn der Menſch in mir jo tief durch Dich Gekränkt iſt, jprich, was ſoll dad Weib empfinden, Wie ſteh' ich jeßt zu Dir und Du zu mir?
Yierte Bcene. Salome (ſtürzt herein). Entſetzlicher, was ſinnſt Du? Meinen Gatten Seh' ich von hinnen führen — er beſchwört mich, Dich um Erbarmung anzufleh'n — ich zaud're,
III Herodes und Mariamne. 283
75 Weil ich ihm grolle und ihm nicht verſtehe — Und nun — nun hör’ id) graufe Dinge flüftern — Man ſpricht — Man lügt, nicht wahr?
®.-
Herodes: Dein Gatte jtirbt!
Salome. Eh' er gerichtet wurde? Nimmermehr!
Herodes. Er ij gerichtet durch ſich felbit! Er hatte ° Den Brief, der ihn zum Tod verdammt, in Händen, Eh’ er jich gegen mich verging, er wußte, elch eine Strafe ihn erwartete, nn er e8 that; er unterivarf ich ihr Und that es doch!
Salome.
Herodes, höre mich! Weißt Du das denn gewig? Ich habe ihn Berkfagt, ih glaubte e8 mit Necht zu thun, N Hatte Grund dazu — Daß er jie liebte, 9 at offenbar, er hatte ja für mich
ht einen Blid mehr, feinen Händedruck — | war bei Tage um jie, warın er fonnte, Und Nachts verriethen jeine Träume mir, Die ſehr fie ihn beſchäftigte — Das Alles
Iſt wahr, und mehr — — Doc) folgt aus diefem Allen och nicht, daß ſie ihn wieder lieben mußte, Och weniger, daß jie — O nein! o nein!
Deich riß die Eiferjucht dahin — vergieb' Ergieb aud) Du. Gu Mariamne) Ich Habe Di gehaft! Gott, die Zeit vergeht! Man ſprach — Coll id
284 SHerodes und Mariamne. ]
Di lieben, wie id) Ti) gehaßt? Dann jei Nicht länger ſtumm, fprid, daß er ſchuldlos iſt Und bitt' für ihn um Gnade, wie ich felbit!
Marianne. Er iſt's! Herodes. In ihrem Sinn — in meinem nicht! Mariamne. In Deinem auch! Herodes.
Dann müßteſt Du Nichts wiſſen! Jetzt kann ihn Nichts entſchuldigen! Und wenn ich Den Tod ihm geben laſſe, ohne ihn Vorher zu hören, ſo geſchieht's zwar mit, Weil ich Dir zeigen will, daß ich von Dir Nicht niedrig denke und das raſche Wort, Das mir im erſten Zorn entfiel, bereue, Doch mehr noch, weil ich weiß, daß er mir Nichts Zu ſagen haben kann!
Fünfte Scene.
Soemus. Das blut'ge Werk Iſt abgethan! Doch ganz Jeruſalem Steht ſtarr und fragt, warum der Mann, den Du Zu Deinem Stellvertreter machteſt, als Du Von hinnen zogſt, bei Deiner Wiederkehr Den Kopf verlieren mußte!
Salome (taumelt). Wehe mir!
III; - Herodes und Mariamne 285
Mariamme (mitt fie auffangen).
Salome. dort! ort! (su Herodes) Und Die?
Herodes. Sieb Did, zufrieden, Schmweiter! Dein Gatte hat mid) fürchterlich betrogen —
Salome. Und Die?
Herodes. Nicht ſo, wie Du es meinſt —
Salome. Nicht ſo? Wie denn? Sie willſt Du retten? Wenn mein Gatte Die fürchterlich betrog, jo that ſie's aud),
—enn wahr ijt, was ich fagte, und ein Jeder SoW3 wiſſen, der es noch nicht weiß! Du ſollſt In ihrem Blut Dich) wachen, wie in jeinen, >onjt wirft Du niemal® wieder rein! Nicht fo!
Herodes. Allem, was mir heilig iſt —
Bei
Salome.
Sp nenne Mir fein Verbrechen, wenn e& das nicht war!
Herodes. Bote id e8 nennen, würde ich's vergrößern! Sch Hatt' ihm ein Geheimnig anvertraut, N Dem mein Alles hing, und die Geheimniß at er verrathen, joll aud ich) das thun?
286 Herodes und Mariamne. III 5. 6
Salome. Elende Ausflucht, die mich ſchrecken wird! Meinſt Du, daß Du mich täuſchen kannſt? Du glaubſt An Alles, was ich ſagte, doch Du biſt Zu ſchwach, um Deine Liebe zu erſticken, Und ziehſt es vor, die Schande zu verhüllen, Die Du nicht tilgen magſt. Doch wenn Du mich, Die Schweſter, nicht, wie meinen Gatten tödteſt, So wird Dir das mißlingen! su Rartamne Er iſt todt, Nun fannit Du ſchwören, was Du willſt, er wird Nicht widerjprechen! (ab)
Herodes. Folg' ihr nach, Soemus, Und ſuch' ſie zu begütigen! Du kennſt ſie, Und eh'mals hat ſie gern auf Dich gehört! Soemus. Die Zeiten find vorüber! Doc, ich geh’! (ab)
Mariamne (für fig). Für den, der mid) ermorden wollte, hätt’ ich Wohl nicht gebeten! Dennoch jchaud’re ich, Daß mir nicht einmal Zeit blieb, es zu thun!
Herodes (für ſich. Er mußte doch daran! Im nächſten Krieg Hätt' er den Pla des Urias befommen! Ind dennoch reut mid) diefe Eile jet!
vechste Scene.
Kin Bote (tritt auf). Mich jchidt Antonius!
1:
Ill Herodes und Marianne.
Serodes. So weiß ich auch, Bad Du mir bringit. Ih joll mich fertig machen, Der große Kampf, von dem er fpradh, beginnt!
Bote. Octavianus bat nad) Afrika Sich eingefchifft, ihm eilt Antonius (Entgegen, mit Cleopatra vereint, Um gleich bei Actium ihn zu empfangen —
Herodes. Und ich, Herodes, ſoll der Dritte ſein! Schon gut! Ich zieh' noch heut'! Soemus kann, So ſchlecht es hier auch ſteh'n mag, mich erſetzen. Gut, daß er kam! Mariamne. Er zieht noch einmal fort! Dank, Ew'ger, Dank! Herodes (ſie beobachtend). Ha! Bote. Großer König, nein! Er braucht Dich nicht bei Actium, er will, Daß Du die Araber, die ſich empörten, Verhindern ſollſt, dem Feind ſich anzuſchließen! Das iſt der Dienſt, den er von Dir verlangt. Herodes. Er hat den Platz, wo ich ihm nützen kann, Mir anzuweiſen! Mariamne. Noch einmal! Das löſ't Ja Alles wieder!
287
88 Herodes und Mariamne.
Derodes (wie vorher). Wie mein Weib jich freut! (um Boten‘ Eng’ ihm — Tu weißt's ja ſchon! — (für fi) Tie Stirn entr Die Hände, wie zum Danfgebet, gefaltet — Tas iſt ihr Herz! Bote. Sonit haſt Du Nichts für mid?
Mariamne. Sept werd’ ich's ſeh'n, ob's bloß ein Fieber war, Das Fieber der gereizten Leidenſchaft, Das ihn verwirrte, oder ob ſich mir In klarer That ſein Innerſtes verrieth! Jetzt werd' ich's ſeh'n!
Herodes (zum Boten). Nichts! Nichts!
Bote (ab).
Herodes (su Martamne). Dein Angelicht Hat ſich erheitert! Aber hoffe nicht Zu viel! Man jtirbt nicht jtet& in einem Krieg, Aus manchem kehrt' ich Schon zurück! Mariamne (win reden, unterbricht fi aber). . Nein! Nein! | Herodes. Zwar gilt es dies Mal einen hitz'gern Kampf, Wie jemals, alle andern Kämpfe wurden Um Etwas in der Welt geführt, doch dieſer
Ille Herodes und Mariamne. 287
Herodes. So weiß ich auch, Was Du mir bringſt. Ich ſoll mich fertig machen, Der große Kampf, von dem er ſprach, beginnt!
Bote. Octavianus hat nach Afrika s Sich eingeſchifft, ihm eilt Antonius Entgegen, mit Cleopatra vereint, Um gleich bei Actium ihn zu empfangen —
Herodes. Und ich, Herodes, ſoll der Dritte ſein! Schon gut! Ich zieh' noch Heut’! Soemus kann, o So ſchlecht es hier auch jteh'n mag, mich erjeßen. Gut, daß er fam! Mariamne. Er zieht noch einmal fort! Dank, Ew'ger, Dank! Herodes (ſie beobachtend). Ha! Bote. Großer König, nein! Er braucht Dich nicht bei Actium, er will, Daß Du die Araber, die ſich empörten, 5 Verhindern ſollſt, dem Feind ſich anzuſchließen! Das iſt der Dienſt, den er von Dir verlangt. Herodes. Er hat den Platz, wo ich ihm nützen kann, Mir anzuweiſen! Mariamne. Noch einmal! Das löſ't Ja Alles wieder!
290 Heroded und Marianıne. II
Wie's kam, daß er den Kopf an Dich verſchenkte, Du wirſt es Deiner Menſchheit wegen thun, Du wirſt es thun, weil Du Dich ſelber ehrſt!
Mariamne. Weil ich mid) ſelber ehre, thu' ich's nicht!
Herodes. So weigerſt Du mir ſelbſt, was billig iſt?
Mariamne.
Was billig iſt! So wär' es alſo billig,
Daß ich, auf Knieen vor Dir niederſtürzend,
Dir ſchwüre: Herr, Dein Knecht kam mir nicht nah’! Und daß Du’3 glauben kannſt — denn auf Vertrau'n Hab’ ich fein Recht, wenn ich Dein Weib auh bin — So hör! noch dieß und das! O pfui! pfui!
Herodes, nein! ragt Deine Neugier einit,
Co antwort ich vielleicht! Net bin ich ſtumm!
Herodes.
Mär Deine Liebe groß genug geivejen,
Mir Alles zu verzeih'n, was ich aus Liebe Gethan, ich hätt’ Dich) niemals fo gefragt!
Sept, da id) weiß, wie klein jie ift, jetzt muß id) Die Frage wiederholen, denn die Bürgſchaft,
Die Deine Liebe mir gewährt, kann doc)
Nicht größer fein, wie Deine Liebe jelbit,
Und eine Liebe, die dad Leben höher
Als den Geliebten jchäßt, iſt mir ein Nichts!
Mariamne.
Und dennoch ſchweig' ich!
1870
1575
1835
1x:
II 6 Herodes und Martanıne.
Serodes. So verdamm’ ich mich,
Den Mund, der mir, zu jtolz, nicht ſchwören will, DaB ihn fein And’rer küßte, ſelbſt nicht mehr 31 Züfien, biß er es in Demuth thut; Sa, wenn’ ein Mittel gäbe, die Erinn'rung Arı Did in meinem Herzen auszulöjchen, Wen m ich, indem ich beide Augen mir Durdhitähe und die Spiegel Deiner Schönheit Vertilgte, aud Dein Bild vertilgen Fünnte, In Diejer Stunde noch durchftäch’ ich jie.
Mariamne. derodes, mäß'ge Did! Du hajt vielleicht Gerade jegt Dein Schickſal in den Händen Und kannſt e8 wenden, wie es Dir gefällt! dür jeden Menſchen fommt der NAugenblid, IN dem der Lenker jeines Sterns ihm ſelbſt die Zügel übergiebt. Nur das ift jchlimm, Daß er den Augenblick nicht fennt, daß jeder 6 fein fann, der vorüber rollt! Mir ahnt, Für Dich iſt's dieſer! Darum halte ein! Wie Du Dir heut‘ die Bahn des Lebens zeichneit, Mußt Du vielleicht jie bi® an's Ende wandeln: Willſt Du das thun im wilden Rauic des Zorns?
Herodes. Ich fürchte ſehr, Du ahnſt nur halb das Rechte, Der Wendepunct iſt da, allein für Dich! denn ich, was will ich denn? Doch nur ein Mittel, Somit ich böſe Träume ſcheuchen kann!
Mariamne. SH Will Dich nicht verſteh'n! Ich hab’ Dir Kinder Geboren! Denk an die!
[ir
291
2 Herodes und Mariamne. IT
Herodes.
Wer ſchweigt, wie Du, Weckt den Verdacht, daß er die Wahrheit nicht Zu ſagen wagt und doch nicht lügen will.
Mariamne. Nicht weiter! Herodes. Nein, nicht weiter! Lebe wohl!
Und wenn ich wiederkehre, zürne d'rob Nicht allzuſehr!
Mariamne. Herodes!
Herodes.
Sei gewiß, Ich werde Dir nicht wieder ſo, wie heute, Den Gruß entpreſſen!
Mariamne.
Nein, es wird nicht wieder Vonnöthen fein! (gen Simmeih) Lenk', Ewiger, fein Herz! Ich hatt' ihm ja den Brudermord verzieh'n, Ich war bereit, ihm in den Tod zu folgen, Ich bin es noch, vermag ein Menſch denn mehr? Du thateſt, was Du nie noch thatſt, Du wälzteſt Das Rad der Zeit zurück: es ſteht noch einmal, Wie es vorher ſtand; laß ihn anders denn Jetzt Handeln, jo vergeſſ' ich, was geſcheh'n: Vergeſſ' es ſo, als hätte er im Fieber Mit ſeinem Schwert mir einen Todesſtreich
Verſetzt nnd mich geneſend ſelbſt verbunden. (zu Herodes) Seh' ich Dich noch?
[77
III6 Herodes und Martanıne. 291
Herodes.
So verdamm' ich mich, Den Mund, der mir, zu ſtolz, nicht ſchwören will, Daß ihn kein And'rer küßte, ſelbſt nicht mehr 3n küſſen, bis er es in Demuth thut; Ja, wenn's ein Mittel gäbe, die Erinn'rung An Dich in meinem Herzen auszulöſchen, Wenn ich, indem ich beide Augen mir Durchſtäche und die Spiegel Deiner Schönheit Vertilgte, auch Dein Bild vertilgen könnte, In dieſer Stunde noch durchſtäch' ich ſie.
Mariamne. Herodes, mäß'ge Dich! Du haſt vielleicht Gerade jetzt Dein Schickſal in den Händen Und kannſt es wenden, wie es Dir gefällt! Für jeden Menſchen kommt der Augenblick, In dem der Lenker ſeines Sterns ihm ſelbſt Die Zügel übergiebt. Nur das iſt ſchlimm, Daß er den Augenblick nicht kennt, daß jeder Es ſein kann, der vorüber rollt! Mir ahnt, Für Dich iſt's dieſer! Darum halte ein! Wie Du Dir heut' die Bahn des Lebens zeichneſt, Mußt Du vielleicht ſie bis an's Ende wandeln: Willſt Du das thun im wilden Rauſch des Jorns?
Herodes. Ich fürchte ſehr, Du ahnſt nur halb das Rechte, der Wendepunct iſt da, allein für Dich: Denn ich, was will ich denn? Doch nur ein Mittel, Womit ich böje Träume jcheuchen kann! Mariamne. Ich will Dich nicht veriteh'n! Ich hab' Dir Kinder
Geboren! Denf an die! 19*
294 Herodes und Mariamne.
Nur tödten, nicht die Todten wieder wecken, Er jollte Beides können, oder keins!
Der rächt ſich auch! Er kommt nit! Dennoch ſeh' ich
Ihn vor mir! „Du befiehlit?" — Es ijt unmöglid)!
Ich will’8 nicht glauben! Schweig mir, Salome! Wie e8 auch fam, ſo fam es nicht! Vielleicht Fraß das Geheimniß, wie verjchludtes Feuer,
Bon ſelbſt ſich bei ihm durch. Vielleicht verriet ers,
Weil er mich für verloren hielt und nun
Mit Alerandra ſich verföhnen wollte,
Bevor die Kunde fam. Wir werden jeh'n!
Denn prüfen muß ich jie! Hätt' ich geahnt,
Daß ſie's erfahren könnte, nimmer wär’ id)
So weit gegangen. Seht, da jie es weiß,
Jetzt muß ich weiter geh'n! Denn, nun ſie's weiß,
Nun muß ich das von ihrer Rache fürchten,
Was ich von ihrer Wanfelmüthigfeit
Vielleiht mit Unrecht fürchtete, muß fürchten,
Daß ſie auf meinem Grabe Hochzeit hält!
Soemus fam zur rechten Zeit. Er it
Ein Mann, der, wär ich ſelbſt nicht auf der Welt,
Da jtünde, wo ich jteh. Wie treu er denkt,
Nie eifrig er mir dient, beweij’t jein Stommten.
Ihm geb’ ich jet den Auftrag! Daß ſie Nichts
Aus ihm herauslockt, weiß ich, wenn ſie ihn
Auf Menſchenart verjucht! — Berräth er mid),
So zahlt fie einen Preis, der — Salome,
Dann haft Tu Recht gehabt! — Es gilf die Probe’ (ab)
Ivy Herodes und Marianıne. 295
Bierter Art.
Burg Zion. Mariamnens Gemäder.
Erſte Scene.
Mariamne Alerandra.
Alerandra.
“ Du giebſt mir Räthſel auf. Zuerſt der Schwur: Ich tödte mich, wenn er nicht wiederkehrt! Dann bitt're Kälte, als er kam, ein Trotz, Der thn empören mußte, wie er mid) Erfreute! Nun die tiefite Trauer wieder! Den möge ich ſeh'n, der Dich begreifen fann.
Mariamne.
Wenn das jo ſchwer iſt, warum plagit Du Dich?
Alerandra.
Und dann die widerwilligsherbe Art, Mit der Du den Soemus ferne hältjt! Man ſieht's ihm an, er hat wa auf dem Herzen —
Marianıne. ws Meinſt Du?
Alexandra. Gewiß! Auch mögt' er's uns vertrau'n, Allein er wagt es nicht, er würde ſich, Wenn er Dich in den Jordan ſtürzen ſähe, Vielleicht bedenken, ob er Dich vom Tod Auch retten dürfe, und er hätte Recht, se» Denn maaßlos jchnöde biſt Du gegen ihn!
96 Herodes und Mariamne.
Mariamne. Nicht wahr, Herodes wird nicht ſagen können, Ich hätte ſeinen Freund verſucht, ich hätte Ihm ſein Geheimniß, wenn er eines hat, Mit Schmeicheln abgeliſtet. Nein, ich ſtell's Dem Himmel heim, ob ich's erfahren ſoll! Mir ſagt's mein Herz, ich wage Nichts dabei!
Zweite Scene. Sameas (tritt ein; er trägt Ketten an den Händen). Der Herr iſt groß!
Mariamne. Er iſt's! Alexandra. Du frei und doch In Ketten? Noch ein Räthſel! Sameas. Dieſe Ketten Leg' ich nicht wieder ab! Jeruſalem Soll Tag für Tag daran erinnert werden, Daß Jonas' Enkel im Gefängniß ſaß! Alexandra. Wie kamſt Du denn heraus? Haſt Du die Hüter Beſtochen? Sameas. Ich? Die Hüter? Alexandra.
Zwar, womit! Dein härenes Gewand haſt Du noch an,
v1 Herodes und Marianne. 295
5
u
Bierter Act.
Burg Zion. Mariamnens Gemächer.
Erſte Scene.
Deariamne Mlerandra.
Alerandra. Du giebjt mir Näthiel auf. Zuerſt der Schwur: Ich tödte mich, wenn er nicht wiederfehrt! Dann bitt're Kälte, als er fam, ein Troß, Der ihn empören mußte, wie er mid) Erfreute! Nun die tiefite Trauer wieder! Den mögt’ ich jeh'n, der Dich begreifen fann.
Mariamne.
Nenn das jo Ichwer ilt, warum plagit Du Dich?
Alerandra.
Und dann die widerwilligsherbe Art, Mit der Du den Soemus ferne hältjt! Man ſieht's ihm an, er hat wa3 auf dem Herzen —
Marianıne. Meint Du? | Alerandra.
Gewiß! Auch mögt er's und vertraun, Allein er wagt e& nicht, er würde ſich, Wenn er Dich in den Jordan ftürzen jähe, Vielleicht bedenfen, ob er Did) vom Tod Auch retten dürfe, und er hätte Necht, Denn maaßlos jchnöde biſt Du genen ihn!
293 Herodes und Marianne.
Wir haben das Geſetz. Das ſpricht für ihn! Die Dampf: und Fenerjäule it erlofchen, Durch die er unjern Vätern in der Wüſte Die Pfade zeichnete, und die Propheten Sind ſtumm, wie er!
Alerandra.
Das find fie doch nicht ganz! Es Hat erſt Fürzlid) Einer einen Brand Vorhergejagt, und dieſer traf auch ein!
Marianne. Ya wohl, doch hatt’ er jelbft um Mitternacht Tas Feuer angelegt.
Sameas. Weib! Läſt're nicht!
Mariamne. Ich läſt're nicht, ich ſag' nur, was geſcheh'n! Der Menſch iſt Phariſäer, wie Du ſelbſt, Er ſpricht, wie Du, er raſ't, wie Du, der Brand Hat und beweiſen jollen, daß er wirklich Prophet jei und das Künftige durchſchaue, Doch ein Soldat ertappt” ihn auf der That. Sameas. Ein röm'ſcher? Mariamne. Ja! Sameas. Der log! Er war vielleicht Gedungen! War gedungen vom Herodes, Gedungen von Dir ſelbſt!
Und daß fie jür ein Nejt voll wilder Bienen, Wie Du’s, mit jedem hohlen Baum vertraut, An fie verrathen konnteſt, Dich entließen, Bezmweifle ich, denn Honig giebt’3 genug!
Sameas. Wie fragſt Du nur? Soemus ſelbſt hat mir Die Pforten aufgemacht!
Mariamne.
Er hätt's gewagt?
Sameas. | Was denn? Halt Du es ihm denn nicht geboten?
Mariamne. 30? Sameas. Nein? Mir däucht doch, daß er ſo geſagt! Ich kann mich irren, denn ich ſagte juſt Rückwärts den letzten Pſalm her, als er eintrat, Und hörte nur mit halbem Ohr auf ihn! Nun wohl! So hat's der Herr gethan, und ich Muß in den Tempel gehen, um zu danken, Und habe Nichts in Davids Burg zu thun!
Mariamne. Der Herr!
Sameas. Der Herr! Saß ich mit Recht im Kerker?
Mariamne. Die Zeiten ſind vorbei, worin der Herr Unmittelbar zu ſeinem Volke ſprach.
300 Herodes und Mariamne.
Und müſſ' er und auch Moſis dumme Bud — So ruchlos jprad er — mit Gewalt entreißen; Denn das allein jei Schuld, wenn wir dem Jordan Nicht glichen, unjerm Haren Fluß, der Iuitig
Das Land durchhüpfe, jondern einem Sumpf!
Alexandra.
So ganz warf er die Larve weg?
Sameas. Ja wohl! Doch galt ich ihm, als er es that, vielleicht Für einen Todten ſchon; denn meinen Tod Befahl er gleich nachher.
Mariamne.
Er war gereizt! Er fand den Aufruhr vor!
Sameas.
Dich mahn' ich nun An Deine Pflicht! Sag' Du Dich los von ihm, Wie er ſich losgeſagt von Gott! Du kannſt Ihn dadurch ſtrafen, denn er liebt Dich ſehr! Als mich Soemus frei ließ, mußt' ich glauben, Du hätt'ſt es ſchon gethan. Thuſt Du es nicht, So ſchilt den Blitz, der aus den Wolken fährt, Nicht ungerecht, wenn er Dich trifft, wie ihn! Ich geh' jetzt, um zu opfern!
Alexandra.
Nimm das Opfer Aus meinem Stall!
Mariamne. Vergiß Did) nicht!
Sameas. Du bit jein Weib, Du biſt das Weib des Frevlers, Der fih für den Meſſias hält, Du kannſt Ihn in die Arme jchliegen und ihn küſſen, Drum fannit Du auch was And’res für ihn thun!
Alerandra. Er hielte jest für den Meſſias fi?
Samease. Er thut's, er jagt: es mir in's Angeficht, Als er mich in den Sterfer führen ließ. sch jchrie zum Herrn, ich vief: Sieh auf Dein Volt Und Ichide den Mejliad, den Du uns Verheißen fir die Zeit der höchſten Not, Die höchſte Noth brach ein! Darauf verjeßt” er Mit ſtolzem Hohn: Der ijt ſchon lange da, Ihr aber wiſſ't es nicht! Ich bin es jelbit!
Alerandra. Nun, Marianne?
Sameas.
Mit verruchtem Witz Bewies er dann, wir jei'n ein Volk von Jrren Und er der einzige VBerjtändige, Rir wohnten nicht umjonjt am todten Meer, Dem die Bewegung fehle, Ebb' und Flut, Und das nur darım alle Welt verpeite, Es jei ein treuer Spiegel unſ'rer ſelbſt! Er aber wolle und lebendig machen,
299
302 Herodes und Marianıne.
Soemus.
Mariamne.
Wie fannit Du dem Empörer, den Herodes Gefangen feßen ließ, den Kerker öffnen‘ Iſt er noch König, oder ift er’3 nicht?
Soemus. Die Antwort ijt jo leicht nicht, wie Du glaubjt!
Mariamne.
Fällt fie Dir schwer, jo wirſt Du's büßen müſſen! Spemus.
Du weißt no Nichts von der verlornen Schlacht!
Marianıne. Die Schlacht bei Actium, ſie wär” verloren?
Spemus.
Antonius fiel von jeiner eignen Sand! Cleopatra deögleichen!
Alerandra.
Hätte Die Den Muth gehabt? Sie fonnte jonft ein Schwert Nicht einmal ſeh'n und jchauderte vor jeinem Zurüd, da er es ihr als Spiegel vorhielt!
Soemus.
Dem Hauptmann Titus ward es ſo gemeldet! Octavianus flucht, daß man es nicht Verhindert hat! Ich ſelber las den Brief!
IV3 Herodes und Mariamne. 301
Samen. Ich nehm’, wo man’3 entbehrt! » Das Lamm der Wittme und das Schaf des Armen! Was ſoll Dein Rind dem Herrn! (av) U
Dritte Bcene.
Spemus (tommt). Berzeiht!
Mariamne.
sch wollte Dich eben rufen laſſen! Tritt heran!
Spemus. Das wär zum eriten Mal gefcheh'n!
Mariamne. Ja wohl!
Soemus. Tu wichſt mir aus bisher!
*
Mariamne. Haſt Du mich denn Geſucht, und haſt Du was an mich zu ſuchen? Ich mag's nicht denken!
Yy
Soemus. Wenigſtens das Eine: Sieh mich als Deinen treu'ſten Diener an! Mariamne. Das that ich, doch ich thu's nicht mehr!
304 Herodes und Marianıne.
Marianne. Echt königlich! Soemus. Gewiß! Echt königlich! Nur iſt Octav der Mann nicht, der's bewundert, Und thut Herodes das —
Mariamne. Wer wagt, zu zweifeln?
Soemus. So iſt er auch verloren, oder arg Hat man Octavian beleidigt, als man Die große Schlächterei nach Cäſars Tod Auf ſeine Rechnung ſetzte!
Mariamne. Daß Du feſt
An dieſen Ausgang glaubſt, daß Du Herodes Schon zu den Todten zählſt, iſt klar genug, Sonſt hätt'ſt Du nicht gewagt, was Du gewagt. Auch ſchaudert's mir, ich will es Dir geſteh'n, Vor Deiner Zuverſicht, Du biſt kein Thor, Und wagſt gewiß nicht ohne Grund ſo viel. Doch, wie's auch ſtehen möge, immer bin Ich ſelbſt noch da, und ich, ich will Dir zeigen, Daß ich ihm auch im Tode noch Gehorſam Zu ſchaffen weiß, es ſoll nicht ein Befehl, Den er gegeben, unvollzogen bleiben, Das ſoll ſein Todtenopfer ſein!
Soemus. Nicht einer? Ich zweifle, Königin! — für ii) Jetzt falle, Schlag!
IV 3 Herodes und Mariamne. 308-
Marianıne. Dann Hat der Tod auf lange Zeit jein Theil, Und jedes Haupt jteht feiter, als es jtand, Eh’ da3 geichah!
Spemus. Meinit Du?
Mariamne. Du lächelit ſeltſam!
Soemus. Du kennſt, wie's ſcheint, Octavianus nicht! Der wird den Tod nicht fragen, ob ihn ekle, Er wird ihm aus den Freunden des Antonius Noch eine Mahlzeit richten, und auch die Wird nicht ganz arm an leckern Biſſen ſein!
Mariamne. Gilt das Herodes?
Soemus. Nun, wenn er das hält, Was er ſich vornahm —
Mariamne. Was war das?
Soemus. Er ſprach: Ich liebe den Antonius nicht mehr, Ich haſſe ihn weit eher, doch ich werde Ihm beiſteh'n bis zum letzten Augenblick, Obgleich ich fürchte, daß er fallen muß. Ich bin's mir ſelber ſchuldig, wenn nicht ihm!
306 Herodes und Mariamne.
Alexandra.
Co ſprichſt Du felbit? Mariamne. R O Gott, ih weiß, warum! Alexandra.
Dann wirjt Du willen, was Du thun mußt!
Mariamne.
Sa!
(Ste zudt den Dolch gegen fich.)
Alerandra (fie verhindernd). Wahnjinnige, verdient er das? Merdient er's, Daß Tu den Henker an Dir jelber madjjt?
Mariamne Da3 war verkehrt! Sch danke Dir! Died Amt Erfah er für ſich ſelbſt! (Sie ſchleudert den Dolch weg.) Verſucher, fort! Alexandra. Du wirſt Dich in der Römer Schutz begeben!
Mariamne. Ich werde Keinen, dem an ſich was liegt, Verhindern, das zu thun! — Ich ſelbſt, ich gebe Zur Nacht ein Feſt! Alexandra Ein Feſt? Mariamne.
Und tanze dort! — Ja, ja, das iſt der Weg!
o
175
IV3 Herodes und Mariamne. 307
Alexandra. Zu mweldem Ziel?
Marianıne. He, Diener!
(Diener fommen.)
Schließt die Prunfgemäcdher auf Und ladet Alle ein, was jubeln mag! <tedt alle Kerzen an, die brennen wollen, Pflückt alle Blumen ab, die noch nicht welften, Es iſt nicht nöthig, daß was übrig bleibt! (zu Moſes)
Tu Haft uns einjt die Hochzeit ausgerichtet,
Heut” gilt's ein Feſt, das die noch übertrifft,
N
rum jpare Nichts! (Sie tritt vor.) Herodes zitt’re jetzt! Und wenn Du niemals noch gezittert haſt!
Soemus (tritt zu ihr heran). Ich fühle Deinen Schmerz, wie Du!
Mariamne.
Dein Mitleid
Erlaſſ ich Dir! Du biſt kein Henkersknecht, Ich darf nicht zweifeln, denn Du haſt's gezeigt; Dog) dafür ein Qerräther, und Verräthern
ann ich nicht danfen, noch fie um mich dulden, Bie nützlich fie auch find auf diejer Welt. Denn das verfenn’ id nicht! Wärjt Du der Mann Geweſen, der Du ſchienſt, ſo hätte Gott
Ein Wunder thun, ſo hätte er der Luft
Die Zunge, die ihr mangelt, leihen müſſen,
Das ſah er gleich voraus, als er Dich ſchuf,
D'rum macht' er zu der Heuchler erſtem Dich! 20*
308 Herodes und Wariamne.
. Spemus.
Der bin id) nicht! Ach war Herodes' Freund
Ich war fein Waffenbruder und Gefährte,
Eh’ er den Thron beitieg, ich war fein Diener,
Sein treu'ſter Diener, feit er König ift.
Tod) war ich's nur, fo lange er in mir
Den Mann zu ehren wußte und den Menjchen,
Wie ich in ihm den Helden und den Herrn.
Tas that er, bi er, beucdhleriich die Augen
Zum erjiten Mal unwirrdig niederjchlagend,
Ten Blutbefehl mir gab, durch den er mid) Herzlos, wie Ti, dem jichern Tode weihte,
Durch den er mid der Rache Deines Volks,
Tem Born der Römer und der eignen Tüde
Preid gab, wie Dich der Spige meines Schwert3.
Da hatt! ich den Beweis, was ich ihm galt!
Mariamne. Und drüdteit Du ihm Deinen Abjcheu aus?
Spemus.
Tas that ich nicht, weil ih Di Ihüßen wollte! Ich übernahm's zum Schein, ich heuchelte, Wenn Dir's gefällt, damit er feinem Andern Ten Auftrag gäbe und mich niederjtäche;
Ein Oalliläer hätt die That vollbracht!
Marianne. Ich bitt! Dir ab. Du ſtehſt zu ihm, wie ich, Tu bift, wie ich, in Deinem SHeiligften Gekränkt, wie ih, zum Ding herabgeſetzt! Gr iſt ein Freund, wie er ein Gatte ift. Komm auf mein Felt! (ab)
Alexandra. Zu weldem Ziel? Mariamne.
He, Diener! (Diener kommen.) Schließt die Prunkgemächer auf » Und ladet Alles ein, was jubeln mag! Stedt alle Kerzen an, die brennen wollen, Pflückt alle Blumen ab, die noch nicht welften, Es ift nicht nöthig, daß was übrig bleibt! (zu Mojes) Du Haft und einit Die Hochzeit ausgerichtet, 5 Heut’ gilt's ein Feſt, dad die noch übertrifft, . D'rum jpare Nichts! | (Ste tritt vor.) Herodes zitt’re jeßt! Und wenn Du niemals noch gezittert hajt!
Soemus (tritt zu ihr heran). Ich fühle Deinen Schmerz, wie Du!
Mariamne.
Dein Mitleid Erlaſſ' ih) Dir! Du bijt fein Henkersknecht, o Ich darf nicht zweifeln, denn Du haſt's gezeigt; Doch dafür ein Verräther, und Berräthern Kann ich nicht danfen, nod) fie um mid) dulden, Wie nüglich fie auch find auf diefer Welt. Tenn da3 verfenn’ ic nit! Wärſt Du der Mann 5 Gewejen, der Du fchienft, jo hätte Gott Ein Wunder thun, jo hätte er der Luft Tie Zunge, die ihr mangelt, leihen müſſen, Das ſah er gleich voraus, als er Dich chuf, D'rum madt’ er zu der Heuchler erjtem Dich! 20*
307
*
310 Herodes und Mariamne. IV:
Alerandra. Du biſt doch auch ein Mann!
Soemus.
Daß ich das nicht Vergeſſen habe, das beweiſ' ich jetzt! So groß iſt Keiner, daß er mich als Werkzeug Gebrauchen darf! Wer Dienſte von mir fodert, Die mich, vollbracht und nicht vollbracht, wie's kommt, Schmachvoll dem ſichern Untergange weih'n, Der ſpricht mich los von jeder Pflicht, dem muß Ich zeigen, daß es zwiſchen Königen Und Sclaven eine Mittelſtufe giebt, Und daß der Mann auf dieſer ſteht!
Alexandra.
| Mir gilt Es glei, aus welchem Grund: genug, Du trat’jt Zu mir berüber]
Soemus.
Fürchte keinen Kampf mehr,
Er iſt ſo gut, als todt! Octavian Iſt kein Antonius, der ſich das Fleiſch Vom Leibe hacken läßt und es verzeiht, Weil er die Hand bewundert, die das thut! Er ſieht nur auf die Streiche.
Alexandra. Was ſagt Titus? Soemus. Der denkt, wie ich! Ich ließ den Sameas
Nur darum frei, weil ich zur Rechenſchaft Gezogen werden wollte. Konnt' ich doch
Alerandra. So warteteſt Du auch auf Deine Zeit, Wie ich! Soemns. Auf meine Zeit? Wie meinſt Du das?
Alexandra.
Ich ſah es immer mit Verwund'rung an, Wie Du vor dieſem König, der der Laune Des Römers ſeine Hoheit dankt, dem Rauſch
Des Schwelgers, nicht dem Stamm und der Geburt,
Den Rücken bogſt, als hätteſt Du's, wie er, Vergeſſen, daß Du ſeines Gleichen biſt; Doch jetzt durchſchau' ich Dich, Du wollteſt ihn Nur ſicher machen! Soemus.
Darin irrſt Du Dich! Ich ſprach in Allem wahr. Für ſeines Gleichen Halt' ich mich nicht und werd' es niemals thun! Ich weiß, wie manchen Wicht es giebt, der ihm Bloß darum, weil er nicht ſein Enkel iſt, Mit Murren dient; ich weiß, daß And're ihm Die Treu' nur Mariamnens wegen halten: Doch ich gehöre nicht zu dieſer Schaar, Die lieber einem Kinderſchwert gehorcht, Wenn's nur ererbt ward, als dem Heldenſchwert, Das aus dem Feuer erſt geſchmiedet wird. Ich ſah den Höher'n immer ſchon in ihm Und hob dem Waffenbruder ſeinen Schild, Wenn er ihn fallen ließ, ſo willig auf, Wie je dem König ſeinen Herrſcherſtab! Die Krone, wie das erſte Weib: ich gönnte Ihm Beides, denn ich fühlte ſeinen Werth!
309
312 Herodes und Marianne.
Die Zeit nicht mefjen jollit! Wir haben dazu Den Sonnenweifer und den Sand! Du felbit Sollit, wie wir Andern, in der Zeit was thun! Taullenzerei, Nicht weiter!
Artarerres. Laß Dir ſchwören!
Moies.
Schweig! Schweig! Beim Eſſen zählteft Du nod ni Im Uebrigen: man jchwört auch nicht bei ung,
Und (für fid) wär’ der König nicht ein halber Heide, So hätten wir auch den fremden Diener nicht!
Da kommen jchon die Muticanten! Flint! (geht zu den Uebrigen)
Jehu. Du, iſt das wirklich wahr, was man von Dir Erzählt?
Artaxerxes.
Wie ſollt' es denn nicht wahr ſein? Soll ich's vielleicht noch hundert Mal betheuern? Am Hofe des Satrapen war ich Uhr Und hatt? es gut, viel beſſer, wie bei Euch! Nachts ward ich abgelöf't, dann war's mein Bruder, Und aud) bei Tage, wenn’ zum Eſſen ging. Ich dank’ ed wahrlich Eurem König nicht, Daß er mid) mit den andern Striegsgefang’nen Hiehergeſchleppt! Zwar ward mein Dienjt zuleßt Ein wenig fchwer! Id mußte mit in's Feld, Und wenn man links und redht3 die Pfeile fliegen, Die Menjchen fallen Jieht, verzählt man ſich Natürlich leichter ald in einem Saal, «
IV4 Herodes und Mariamne. 311
Nicht anders an die Königin gelangen! Jetzt weiß ſie, was ſie wiſſen muß, und iſt Der Todesbotſchaft, wenn ſie kommt, gewachſen. »Das war mein Zweck! Welch edles Weib! Die ſchlachten! Es wär' um ihre Thränen Schad' geweſen!
Alexandra. Gewiß, ein zärtlicher Gemahl! — Such' ſie Nur zu bereden, daß ſie ſich dem Schutz Der Römer übergiebt und komm auf's Feſt, o Durch das ſie mit Herodes bricht, er mag Nun todt fein oder leben! (ab)
Soemus (ihr folgend). Er iſt todt!
Bierte Scene. Diener treten auf und ordnen das Feſt an.
Moies. Nun, Artaxerxes? Wieder in Gedanken ? Flint! Flint! Du ftellft bei ung die Uhr nicht vor!
Artarerres. Hätt'ſt Du das Jahre lang gethan, wie ic), > &o würd’ es Dir auch ganz fo geh’n, wie mir! Beſonders, wenn Du alle Nächte träumtejt, Du hätt'ſt das alte Amt noch zu verjeh'n! Ich greif ganz unwillkürlich mit der Rechten Mir an den Puls der Linken, zähl' und zähle o Und zähle oft bis ſechszig, eh’ ich mich Belinne, daß ich Feine Uhr mehr bin!
Moſes. Merk' Dir es endlich denn, daß Du bei uns
314 Herodes und Mariamne. v4
Nur einen Tropfen Wafjer trank. Wo Menjchen, Die man mit Hanf ummwidelt und mit Ped) Beträufelt hatte, in den Gärten Nacht3
Als Fackeln brannten —
Moſes. Höre auf! Was hatten Die Menjchen dem Zatrapen denn gethan?
Artarerres. Gethan? Gar Nichts! Bei und ijt ein Begräbnig Biel prächtiger, wie eine Hochzeit hier! æ* Moſes.
Vermuthlich freßt Ihr Eure Todten auf! Es paßte gut zum Uebrigen!
Artaxerxes. Dann iſt's Auch wohl nicht wahr, daß Eure Königin Im Wein einſt eine Perle aufgelöſ't, Koſtbarer, als das ganze Königreich, 2 Und daß ſie dieſen Wein an einen Bettler Gegeben hat, der ihn, wie andern, ſoff?
Moſes. Das iſt es nicht! Gott Lob! Artaxerxes (su Jehu). Du ſagteſt's aber! Jehu. Weil es mir eine Ehre für ſie ſchien, Und weil man's von der Aegypterin erzählt! z
Moſes. Hinweg!
1V4 Herodes und Mariamne. 313.
Wo jie zujammenfommen, um zu tanzen. Ich ſchloß die Augen, denn ich bin fein Held, Wie es mein Vater war. Ten traf ein Pfeil Auf jeinem Poſten — er war Uhr, wie wir, » Ich und mein Bruder, Alle waren Uhren — Er rief die Zahl noch ab und jtarb! Was fagit Tu? Da3 war ein Mann! Dazu gehörte mehr, Als nöthig war, den Pfeil ihm zuzujchieden!
Jehu.
Habt Ihr denn keinen Sand bei Euch zu Hauſe, 5 Daß Ihr das thun müßt? |
Artarerres. Wir? Wir feinen Sand? Genug, um ganz Judäa zu bededen! Es iſt ja nur, weil der Satrap bei uns Es bejjer haben fol, wie's And’re haben! Der Puls des Menſchen geht doch wohl genauer, > Wenn er gejund ijt ıımd Fein Fieber hat, Wie Euer Sand durch jeine Röhre läuft? Und nüßen Euch die Sonnenweijer was, Wenn ed der Sonne nicht gefällt zu ſcheinen? zählt) Eins — 3wei —
Moſes (kommt zurück). Fort! Fort! Die Gäſte kommen ſchon!“
Artaxerxes. 5Das iſt das Feſt? Da ſah ich and're Feſte! Wo keine Frucht gegeſſen ward, die nicht Aus einem fremden Welttheil kam! Wo Strafe, Oft Todesſtrafe, darauf ſtand, wenn Einer
316 Herodes und Mariamne.
Silo.
Da wird denn bald viel Blut vergofjen werden, Die Kerker fteden feit dem Aufruhr vol!
Judas.
Das weiß ich beſſer, als Du's wiſſen kannſt, Ich habe Manchen ſelbſt hineingeſchleppt. Denn dieſer Aufruhr war ſo unvernünftig, Daß Jeder, der nicht eben darauf ſann, Sich ſelbſt zu hängen, ihn bekämpfen mußte. Du weißt, ich liebe den Herodes nicht,
Wie tief ich mich auch immer vor ihm bücke, Doch darin hat er Recht: die Römer ſind Zu mächtig gegen uns, wir ſind nicht mehr, Als ein Inſect iſt in des Löwen Rachen, Das ſoll nicht ſtechen, denn es wird verfchludt!
Silo. Mir thut's nur leid um meines Gärtners Sohn, Der einen Stein nach einem röm'ſchen Adler Geworfen und ihn auch getroffen hat!
Judas. Wie alt iſt der?
Silo.
Wie lange iſt es doch,
Daß ich den Fuß brach? — Da ward er geboren, Denn ſeine Mutter konnte mich nicht pflegen, Ja, richtig — Zwanzig!
Judas.
Da geſchieht ihm Nichts!
(Mariamne und Alexandra erſcheinen.)
Die Königin! (mil gehen)
IV4 Herodes und Mariamne. 315
Artarerres (deutet auf die Roſen, bie Jehu trägt). Wirklihe Rofen! Die find billig,
Bei und find’3 jilberne und goldene!
Die foll man dahin ſchicken, wo die Blumen
So koſtbar find, wie Gold und Silber hier!
(Diener zerftreuen jih. Die Gäjte, unter ihnen Soemus, haben
ſich während der legten Hälfte diefer Scene verjammelt. Mufil. Tanz.
Silo und Judas fondern fih von ben Uebrigen und erjcheinen im Vordergrund.)
Silo. » Was Toll das heißen?
Judas.
Was das heißen ſoll? Der König kehrt zurück! Und das noch heut'!
Silo. Meinſt Du? Judas. Wie kannſt Du fragen! Giebt's denn wohl
Noch einen andern Grund für ſolch ein Feſt? Ueb' Dich auf einen neuen Bückling ein!
Silo. 5 68 hieß ja aber — Judas. Lug und Trug, wie immer,
Wenn's hieß, ihm ſei was Schlimmes widerfahren, Und ganz natürlich, da's ſo Viele giebt, Die ihm das Schlimme wünſchen! Wird getanzt In einem Haus, wo man um Todte klagt?
318 Herodes und Mariamne.
Fünfte Bcene.
Alerandra und Mariamne erfcheinen im Bordergruni
Alerandra. Co willft Du Dich nicht zu den Römern flüchten? Mariamne. Wozu nur? Alerandra.
Um das Leben Dir zu jichern!
Mariamne. Das Leben! Freilih! Dad muß man ſich jichern! Der Schmerz hat feinen Stachel ohne da8!
Alerandra. So gieb der Stunde wenigſtens ihr Recht! Du giebſt ein Felt, fo zeig” auch Deinen Gäjten Ein feſtliches Gelicht, wie ſich's gebührt!
Marianne. Ich bin fein Injtrument und Feine Kerze, Ich joll nicht Klingen, und id) foll nicht Leuchten,
Drum nehmt mich, wie ih bin! Nein! Thut es nid
Treibt mich, das Beil für meinen Hals zu wetzen, Was red’ ich, treibt mich, daß ih mit Euch juble — Soemus, auf! (au Salome, die eben eintritt und ihr entgegenſchreitet) Du, Salome? Willkommen Bor Allen mir, troß Deiner Trauerfleider! Das hätt’ ich faum gehofft!
IV 4 Herodes und Mariamne. 317
Silo. Wie meint Du das? Ein Wort nod)'
Judas.
Wohl! Im Vertrau'n denn! Weil er Zwanzig iſt, Geſchieht ihm Nichts! Doch wenn er neunzehn wär' Und einundzwanzig, ginge es ihm ſchlecht! Im künft'gen Jahr ſteht's anders!
Silo.
Spaße nicht! Judas.
5 ch ſage Dir, jo iſt's! Und willſt Du wiſſen
Warum? Der König jelbjt hat einen Sohn Bon zwanzig Jahren, doc er kennt ihn nicht! Die Mutter hat ihm, als er jie verließ, Das Kind entführt und feierlich geſchworen, Es zu verderben — Silo. Gräuelhaftes Weib! Heidin? Judas. Vermuthlich! Zwar, ich weiß es nicht! — So zu verderben, daß er's tödten müſſe, Verſtehſt Du mich? Ich halt's für Raſerei, Die ſich gelegt hat nach der erſten Wuth, Doch ihn macht's ängſtlich, und kein Todesurtheil Ward je an einem Menſchen noch vollzogen, Der in dem Alter ſeines Sohnes ſtand. Tröſt' Deinen Gärtner! Doch behalt's für Dich!
(verlieren ſich wieder unter die Uebrigen)
jv>»
Salome.
Die Kerzen — Mariamne. Sind ſie nicht zum Leuchten da?
Salome:
Die Cymbeln — Mariamne .
Müſſen flingen, weißt a veide gteibung)-
tet aui gRartamnent
Du's ander
Salome (deu
Die Edelſteine — Mariamne ˖ Stünden Dir war beſſer —
Salome .
Das Alles deutet — Marianne.
Auf ein Freudenjeſt!
IV6 Herodes und Mariamne. | 31% Sechste Bcene.
Salome.
Ich muß ja wohl, Wenn ic) erfahren will, wie's fteht! Ich werde Zu einen Feſt geladen, doch man jagt Mir nicht, warum das Feſt gegeben wird! Zwar kann ich's ahnen, doc ich muß es wifjen! Nicht wahr: Herodes kehrt zurück? Wir werden Ihn heut’ noch ſeh'n? Die Kerzen jagen Sa, Die Iujtige Muſik! Thu Du es auch! Ich frag' nicht meinetwegen! Doch Du weißt — Nein, nein, Du weißt es nicht, Du haſt's vergeſſen, Du haſt vielleicht geträumt, ſie ſei begraben, Sonſt hätt'ſt Du ihr die Kunde nicht verhehlt, Allein Dein Traum hat Dich getäuſcht, ſie ſitzt Noch immer in der Ecke, wo ſie ſaß, Als ſie Dich ſegnete —
Mariamne. Was redeſt Du?
Salome.
Genug! Herodes hat noch eine Mutter,
Die bangt um ihren Sohn und härmt ſich ab. Und ich, ich bitt' Dich: laß ſie das Verbrechen, Daß ſie auch mich gebar, nicht länger büßen, Gieb ihr den Troſt, nad) dem ihr Herz verlangt!
Mariamne. Ich Hab’ für feine Mutter feinen Troſt!
Salome. Du Haft Herodes Heut’ nicht zu erwarten?
322 SHerodes und Mariamne.
Salome.
Died Weib ift nocd) viel jchlechter, Al ich's mir date! Das will Etwas jagen! Drum hat fie auch die bunte Schlangenhaut, Mit der fie Alles Eödert! — Sa, fie tanzt! Nun, wahrlich, jet ijt mein Gewiſſen ruhig, Der kann fein Menſch auf Erden Unrecht thun!
(Ste fieft Mariamnen zu.)
Biebente Bcene.
Alerandra kommt mit Tituß.
Alerandra. Titus, Tu ſiehſt, wie meine Tochter trauert!
Titus. Sie hat wohl neue Botjchaft von Herodes?
Alerandra. Die Botichaft, daß es mit ihm aus ift! Sa!
Titus (fieht nah Mariamnen). Sie tanzt!
Alerandra. Als wäre jie, jtatt Wittwe, Braut! Titus, jie trug bis heute eine Maske, Und, mer! Dir das, ſie that es nicht allein!
Titus. Sehr gut für fie! Dann bleibt fie, wa fie ijt! Gehört jie zu den Feinden des Herodes, So wird ſie nicht mit jeinen Freunden büßen!
Alerandra.
Ulm dos zu zeigen, giebt fie ja dies Seit! (entfernt ih von Titus)
Titus.
Esſchaudert mir vor diefen Weibern doc! Die (ine haut dem Helden, den jie erit —> um ach heuchleriſche Küſſe ſicher machte, Srrr Schlaf den Kopf ab, und die And're tanzt, ll ırax jih nur ja die Krone zu erhalten, j ze rofend, auf dem Grabe des Gemahls!
IL xızw 98 zu jeh’n, ward ich gewiß geladen — m (Er ficht wieder nah Martiamnen.) > ja, id ſeh's und will's in Rom bezeugen — DD > trinte ich hier feinen Tropfen Wein’
Salome. as lagit Du, Titus? Steht es mit dem König > schlecht, dab Die ſchon Alles wagen darf?
_ Zitus. Fey er nicht gleich fi) zum Octavian So Fojiagen und dem Marc Anton vor'm Fall — ru lebten Stoß noch mitgegeben hat, Unn das bezweifle ich, jo ſteht's nicht gut! Salome. > Häatt' er's doch gethan! — Wenn die den Kopf QeB ält, jo weiß ic) nicht, warum der Herr AS Put der üpp’gen Sejabel den Hunden „0 Bux tecken gab!
(verliert ſich unter die Uebrigen)
Titus.
Sie tanzt noch fort! Doch ſcheint's
Ihr nicht ganz leicht zu ſein! Sie müßt' erglühen, 21*
323
324 Herode3 und Marianıne.
Tod) jie erbleicht, al8 ob fie in Gedanken
Was And’red thäte und nur umvillfürlich
Tem Reigen folgte! Nun, auch dieſe Judith Hat wohl nicht ohne Angit ihr Werk vollbracht! Und die da muß den leßten Kuß des Mannes, Ten jte hier jet vor mir fo feierlich Berläugnet, noch auf ihrer Lippe fühlen,
Auch jah fie ihn ja noch nicht todt! — Sie kommt!
Mariamne (erigeint wieder. Alerandra und Soemus folgen ihr
Alerandra (zu Martamne). Ich ſprach mit Titus! .
Mariamne c(erblict dei einer plögliden Wendung ihr Bild im Spiegel
Ha!
Alerandra. Was Halt Du denn?
Mariamne. So hab’ ich mich ja ſchon im Traum geſeh'n! — Das alfo war's, was mich vorhin nicht ruh'n ließ, Bis der verlorene Rubin fi fand, Der jeßt auf meiner Brujt fo düjter glimmt: Das Bild Hätt’ eine Lüce ohne ihn! — Auf dieſes folgt das letzte bald!
Alerandra. Komm zu Dir!
Mariamne. So laß mich doch! — Ein Spiegel, ganz, wie der! Zu Anfang angelaufen, wie vom Hauch Des Athmenden, dann, wie die Bilder, die Er nach einander zeigte, ſanft ſich klärend
IV7 Herodes und Mariamne. 323
Alerandra.
Um das zu zeigen, giebt fie ja dies Feſt!
(entfernt ih von Titus)
Ditus. Es ſchaudert mir vor dieſen Weibern doch! Die Eine haut dem Helden, den ſie erſt Durch heuchleriſche Küſſe ſicher machte, 3 m Schlaf den Kopf ab, und die And’re tanzt,
Um jih nur ja die Krone zu erhalten, Wie vafend, auf dem Grabe des Gemahls! Um das zu jeh’n, ward ich gewiß geladen —
(Er ficht wieder nah Mariamnen.) Sa, ja, ich ſeh's und mwill’3 in Rom bezeugen — o Dod trinke ich hier feinen Tropfen Wein!
Salome. Nas fagit Du, Titus? Steht es mit dem König So ſchlecht, daß die ſchon Alles wagen darf?
Titus. Wenn er nicht gleich ſich zum Octavian Geichlagen und dem Marc Anton vorm Fall 5 Den lebten Stoß noch mitgegeben hat, Und das bezweifle id), jo ſteht's nicht gut!
Salome. D hätt’ er's doch gethan! — Wenn die den Kopf Behält, fo weiß ich nicht, warum der Herr Dad Blut der üpp’gen Jeſabel den Hunden o Zu leden gab! | (verliert fi unter die Uebrigen) Titus. Sie tanzt noch fort! Doch ſcheint's Ihr nicht ganz leicht zu ſein! Sie müßt' erglühen, 21*
326 Herodes und Mariamne. IV
Achte Scene. Herodes tritt ein, kriegeriſch angethan. Joab. Gefolge.
Mariamne.
Der Tod! Der Tod! Der Tod iſt unter uns! Unangemeldet, wie er immer kommt!
Salome. Der Tod für Dich! Ja wohl! So fühlſt Du's ſelbſt? Mein Bruder! (will Herodes umarmen, er drängt fie zurück.)
Herodes. Mariamne! (Er nähert ſich ihr.)
Mariamne (weit ihn mit einer heftigen Geberde zurüch. Zieh das Schwert! Reich' mir den Giftpocal! Du bijt der Tod! Der Tod umarmt und küßt mit Schwert und Gift!
Herodes (kehrt ſich nah Salome um). Was foll das heißen? Taujend Sterzen riefen Mir aus der Ferne durch die Nacht jchon zu: Dein Bote ward nicht von den Arabern Ergriffen, er fam an, Du wirft erwartet, Und jet — | Salome. Die Kerzen haben Dich betrogen, Hier ward gejubelt über Deinen Tod! Dein Bote fam nidht an, und Deine Mutter Zerriß jchon ihr Gewand um Dich!
Herodes (ſieht um ſich, bemerkt Titus und winkt ihm). Titus (tritt heran). So iſt's! Hier war kein Menſch darauf gefaßt, ich ſelbſt
Nicht einmal ganz, daß Du noch vor der Schlacht Bei Actium den Antonius verlaſſen
Und, wie’ die Klugheit freilich rieth, zum Cäſar Hinüber gehen würdeſt! Daß Du's thatelt, Beweiſ't mir Deine Wiederfunft. Nun wohl! IH — wünfd Dir Glück!
Mariamme (tritt Herau.
Und ich beflage Dich, DaB die Gelegenheit ſich Dir nicht bot, derr Marc Anton mit eig'ner Hand zu ſchlachten. Co hätt'ſt Du Deinem neuen Herrn am bejten dezeigt, daß Dir am alten Nicht mehr lag; Du hätt'ſt ihm Deines Freundes Kopf gebradht, Er hätt' ihn mit der Krone Dir bezahlt!
Herodes. ui, Titus, pfui! Auch Du denfit fo von mir? Ich zog hinunter nach Arabien, Wie mir's Antonius geboten hatte, Allein ich fand dort keinen Feind! Nun macht' ich Mich auf nach Actium, und meine Schuld
Var's nicht, wenn ich zu ſpät kam. Hätt' er ſich
Gehalten, wie ich glaubte, daß er's würde,
eo hätt’ ich (gegen Martamne) Die Gelegenheit geſucht,
dm mit dem Kopfe des Octavian
die Krone zu bezahlen! (gu Titus) Er that's nicht! war ſchon todt, al3 ich erfchien. Nun that ihm
der Freund nicht weiter noth, und ich begab
Nich zum Octavian; zwar nicht als König —
Ve Krone legt' ich ab — doch darum auch
Als Bettler nicht. Ich zog mein Schwert und ſprach:
dieß wollt' ich brauchen gegen Dich, ich hätt' es Vielleicht mit Deinem eig'nen Blut gefärbt,
327
328 Herodes und Mariamne.
Wenn's hier noch beſſer jtünde Das ijt aus! Sept jenfe ich’3 vor Dir und leg’ es ab! Erwäge Du nun, weld) ein freund ich war, Nicht, weſſen Freund; der Todte gab mid frei: Ich kann jeßt, wenn Du willſt, der Deine jein! Titus. Und er? Herodes. Er ſprach: Wo haſt Du Deine Krone? Ich ſetz' noch einen Edelſtein hinein, Nimm die Provinz hin, die Dir fehlt bis heute, Du ſollſt es nur an meiner Großmuth fühlen, Daß ich der Sieger bin, nicht Marc Anton, Er hätt' ſie Cleopatren nie genommen, Die ſie bisher beſaß, ich ſchenk' ſie Dir! Titus. Das — hätt' ich nie gedacht. Auch preiſ' ich Nichts, Als Deinen Stern!
Herodes.
Titus! O preiſ' ihn nicht! Ich ward zu ſchwerem Werk geſpart! Soemus!
Soemus (bleibt ſtehen, wo er ſteht und antwortet nicht).
Herodes.
Verriethſt Du mich? Du ſchweigſt! Ich weiß genug! O! O! Hinweg mit ihm!
Spemus (indem er abgeführt wird). Ich läugne Nichts!
Doch, dab ich Dich für todt hielt, magſt Du glauben! Jetzt thu, was Dir gefällt! (as)
257m
255
IV8 Herodes und Mariamne. 327
Nicht einmal ganz, daß Du noch vor der Schlacht Dei Actium den Antonius verlajjen Und, wie’3 die Klugheit freilich rietb, zum Cäſar Hinüber gehen würdeſt! Daß Du's thateft,
5 Beweiſ't mir Deine Wiederfunft. Nun wohl! Ich — mwünfd Dir Glüd!
Mariamne (tritt berzu). Und id) beflage Dich, Daß die Gelegenheit fi Dir nicht bot, Den Marc Anton mit eig'ner Hand zu jchladhten. Co hätt'ſt Du Deinem neuen Herrn am beften ©» Gezeigt, daß Dir am alten Nicht mehr lag;
Du Hätt’jt ihm Deined Freundes Kopf gebradtt, Er hätt’ ihn mit der Krone Dir bezahlt!
Herodes.
Pfui, Titus, pfui! Auch Du denkſt ſo von mir? Ich zog hinunter nach Arabien,
s Wie mir's Antonius geboten Hatte, Allein ich fand dort feinen Feind! Nun macht' ic Mid auf nach Actium, und meine Schuld War's nicht, wenn ich zu ſpät fam. Hätt' er ſich Öehalten, wie ich glaubte, daß er’3 würde,
o So hätt’ ich (gegen Mariamne) die Gelegenheit gejucht, Ihm mit dem Kopfe des Octavian Die Krone zu bezahlen! (su Titus) Er that's nicht! Er war ſchon todt, als ich erjchien. Nun that ihm Der Freund nicht weiter noth, und id) begab
5 Mid, zum DOctavian; zwar nicht ald König — Die Krone legt’ ih ab — doch darum aud) Als Bettler nit. Ich zog mein Schwert und fprad): Dieß wollt’ ich brauchen gegen Did, ich hätt’ es Vielleicht mit Deinem eig’nen Blut gefärbt,
328 Herodes und Mariamne. ]
Wenn's hier noch beijer jtünde. Das ijt aus! Sept ſenke ich's vor Dir und leg’ es ab! Erwäge Du nun, welch ein Freund ich war, Nicht, weſſen Freund; der Todte gab mid) frei: Ich kann jet, wenn Du willit, der Deine fein! Titus. Und er? Herodes. Er ſprach: Wo haſt Du Deine Krone? Ich ſetz' noch einen Edelſtein hinein, Nimm die Provinz hin, die Dir fehlt bis heute, Du ſollſt es nur an meiner Großmuth fühlen, Daß ich der Sieger bin, nicht Marc Anton, Er hätt' ſie Cleopatren nie genommen, Die ſie bisher beſaß, ich ſchenk' ſie Dir!
Titus. Das — hätt' ich nie gedacht. Auch preiſ' ich Nichts, Als Deinen Stern!
Herodes.
Titus! O preif ihn nicht! Ich ward zu fchmerem Werk geipart! Soemus!
Spemus (bleibt ftehen, wo er fteht und antivortet nicht).
Herodes.
Verriethſt Du mich? Du ſchweigſt! Ich weiß genug! O! O! Hinweg mit ihm!
Soemus (indem er abgeführt wird). Ich läugne Nichts!
Doch, daß ich Dich für todt hielt, magſt Du glauben! Jetzt thu, was Dir gefällt! (av)
Ivg Herodes und Mariamne. 329
Herodes. Und nach dem Tode Hört Alles auf, nicht wahr? Ja! Ja! Mein Titus, Hätt'ſt Du den Mann gefannt, wie ih — — Du würdeſt Nicht jo gelajjen, nicht jo ruhig da jteh'n, Wie id) hier ſteh', Du würdeſt ſchäumen, knirſchen Artd wüthend ſprechen: (gegen Martamne Weib, was thatſt Du Alles, a u zuU Den jo weit zu bringen? — Salome, u hattejt vecht, ich muß mich waſchen, wajchen — Blut ber! Sogleich beruf’ ich) ein Gericht! Dar j BR ‚(gegen Nariamıe) | ſchweigſt? Du Hülljt Di noch in Deinen Trotz? Sch weiß warum! Du haſt's noc, nicht vergerjen, * as Du mir warſt! Auch jetzt noch riſſ' ich leichter _ as Herz mir aus der Bruft — Titus, jo iſt's! — SULS (ieer zu Martamne) Did) mir aus dem Herzen! Tod) ich thu's! Mariamne (wendet ſich kurz). Dan > pin Gefang’ne?
Herodes. Ja! Mariamne (zu den Soldaten). So führt mich ab! — (wendet ih. Auf Herodes' Wink folgt ihr Joab mit Soldaten. "oo . . ” RR x Tod fanı mein Gemahl nicht länger fein! can
_ Herodes. ? Ha! Zu der hab’ ich einmal geſprochen: 05 IXD ei Menſchen, bie ſich lieben, wie ſie ſollen, NT SD nuen einander gar nicht überleben, XUDd wenn ich ſelbſt auf fernem Schlachtfeld fiele:
330 Herodes und Marianne.
Man brauchte Dir's durch Boten nicht zu melden, Du fühlteft es fogleich, wie es geicheh'n, Und ftürbeit ohne Wunde mit an meiner! Titus, verlach' mich nicht! So iſt's! So iſt's! Allein die Menjchen lieben fich nicht jo!
(ab)
Sünfter Act.
Großer Audienzjaal, wie im erſten Act. Dan erblidt Thron ı Nichtertafel.
Erfle Scene. Herode3 und Salome,
Herode®. Hör’ auf, hör’ auf! Ich Habe das Gericht Beitellt und werde feinen Spruch vollzieh'n! Sch, der ich fonft vor jedem Fieber bebte, Wenn’3 auch nur ihre Stanımerfrau befiel, Sch ſelbſt beivaffne gegen jie den Tod! Da3 ſei genug! Wenn Did) Dein Eifer nod) Nicht ruhen läßt, wird er fein Ziel verfehlen, Ich werde denfen, daß der Haß allein Aus Deinem Munde jpricht, und Did) als Zeugin Verwerfen, wenn ich jede Kerze auch) Als ſolche gelten laſſe, die geflammt, Und jede Blume, die geduftet hat!
Salome. Herodes! Läugnen will ich’3 nicht, ich habe Nach ihren Fehlern einjt gejpäht und fie
1 Herodes und Marinmne. 331
Vergrößert, wie Du felbft die Tugenden, Die Du an ihr entdedteit. War der Stolz, Womit fie mir und Deiner Mutter immer — Begegnete, war er ein Grund zur Liebe? Sie gab ſich als ein Weſen höh'rer Art, Das niemals einen anderen Gedanken, ALS den, in mir erregte: wozu iſt Das vide Buch, dad von den Heldenthaten * Der Maccabäer und erzählt, nur da? Die trägt ja ſelbſt die Chronik im Geficht! Herodes. Dur willſt mich widerlegen und beſiegelſt Den Spruch, den ich gefällt! Salome. _ Hör’ mid) nur aus! =D yyar'3, ich läugn' es nicht. Doch wenn ich jeßt DEShr jagte, als id weiß und dent und fühle, — wenn ich nicht aus ſchweſterlichem Mitleid te Hälfte deſſen, was ich jagen könnte, Och in der Bruft verichloß, fo joll mein Kind — Ss Liebe es ja wohl? — fo viele Jahre — TIepen, als fein Scheitel Haare zählt, MD jeder Tag ihm fo viel Schmerzen bringen,
IN)
13 er Minuten, ja Secunden bat!
BR Herodes.
Der Schwur iſt fürchterlich! Salome.
Und dennoch fällt er Mir leichter, als das Wort: die Nacht iſt ſchwarz! en ein Auge könnte krank jein, doch unmöglic) Sit mit dem Auge franf zugleich dag Chr,
332 Herodes und Mariamne.
5a, der Inſtinet, da® Gerz und jegliches Organ, dad meine Sinne unterjtüßt!
Und Alle jtimmen dies Mal jo zujammen, Als könnten jie fid) gar nicht widerjprechen. Sa, hätte Gott in jener Feſtes-Nacht
Mir aus des Himmels Höhen zugerufen: Von welchem Uebel joll id; Eure Erde Befrein, Du halt die Wahl, jo hätt” id) nicht Die Peſt, ich hätt! Dein böjes Weib genannt! Mir Ichauderte vor ihr, mir war zu Muth’, Als hätt! id) einem Tämon aus der Hölle sm Finſtern meine Menjchenhand gereicht, Und er verhöhnte mid) dafiir, er träte
In jeiner eignen jchredlichen Gejtalt _ Aus dem geitohl'nen Leib von Fleiſch und Blut Herdor und grinfte mid) durh Flammen an. Auch fchauderte mir nicht allein, dev Römer Sogar, der eh’rne Titus, war entjeßt!
Herodes. Sa wohl, und der wiegt jchwerer, al$ Du felbit, Denn, wie er Keinen liebt, jo haft er Steinen Und ijt gerecht, wie Geiſter ohne Blut. Verlag mich jegt, denn id) erwarte ihn!
Salome. Nein, niemals werd’ ic dieſen Tanz vergefjen, Dei dem jie nad) dem Tacte der Muſik Den Boden trat, ald wühte ſie's gewiß, Daß Du darunter lagjt! Bei Gott, ich wollte, sch müßte das nicht fagen! Denn ich weiß, Wie tief es Dich, der Du ihr Mutter, Schwejter, Und was nicht, opfertejt, empören muß! Allein, jo war es! (nd)
Zweite Icene.
Herodes (allein). Titus jagte mir ämliche! Auch jah ich felbit genug! e bat recht! ch Habe ihr die Schweiter jt die Mutter auch geopfert: wögen ht den Bruder auf, den fie verlor? n Augen nicht!
Dritle Scene. Titus (tritt ein).
Herodes. Nun, Titus, nun?
Soemus?
Titus.
Was Du weißt! Nicht mehr!
Herodes. bon —-
Titus.
O nein! Er fuhr, wie raſend, auf.
von fern nur darauf deutete!
Herodes. inte es erwarten!
Titus.
Niemals hätte eib, wie Dein's, gelebt, und niemals ſei ann des Kleinods, das ihm Gott beſchieden, nig werth geweſen —
333
334 Herodes und Mariamne.
Herodes. Als ich felbjt! Sa, ja! — „Er wußte nicht, was Perlen find, Drum nahm ih ihm fie weg!" Co jprad) der 7 Ich weiß nicht, Half ihm was? Titus. Ihr Herz fei edl Als Gold — Herodes. So fennt er e8? Er iit berauſcht Und fobt den Wein! Sit das nicht ein Beweis, Daß er getrunfen hat? Was fchügte er Denn vor? Warum verrieth er meinen Auftrag An jie? Titus. -Aus Abjcheu, wie er jagt! Herodes. Aus Abſcheu? Und dieſen Abſcheu ſprach er mir nicht aus? Titus. Wär' das ihm wohl befommen? Hätteſt Du Den jtarren Diener leben lajjen fünnen, Der den Befehl einmal von Dir empfing Und ihn zurückwies? 5 Herodes. War's in ſolchem Fall Denn nicht genug, ihn unvollführt zu laſſen? Titus. Gewiß! Doch wenn er weiter ging, ſo that er's
eicht, weil Du ihm ſchon verloren fchienit, weil er nun die Gunſt der Königin Deine Kojten fich erfaufen mollte,
deren Händen feine Zufunft lag.
Herodes. ‚ Zitus, nein! Soemus war der Mann, igener Perſon den Griff zu wagen, uns die fremde Gunſt entbehrlich macht! darum übertrug ich’3 ihm, id) dachte: nt’3 für ji, wenn er's für Did) nicht thut! där’ er ein Gering’ver, als er it, hätt’ er nit in Nom die vielen Freunde, yollt' ich's glauben, aber jegt — Nein, nein! ıb nur Einen Grund!
Titus. Und dennoch räunıt en nicht ein! Herodes.
Er wär’ nit, was er ilt, : er e& thäte, denn er weiß gar wohl,
folgen wird, und hofft nun, durch fein Läugnen
teiner Bruſt noch einen legten Zweifel ecken, der, wenn nicht fein eig'nes Haupt, od da3 ihrige, vorm Tode jchügt!
ı er irrt, dem Zweifel fehlt der Stachel, hätt’ ich Nichts zu jtrafen, was ſie that,
traft' ich, wa fie ward, und was fie ijt! Wär ſie je geweſen, was ſie ſchien:
zätte fo ſich nie verwandeln können, Rache nehm' ich an der Heuchlerin!
Titus, ja, ich ſchwör' es bei dem Schlüſſel
335
336 Heroded und Marianne.
Zum Paradies, den fie in Bänden hält; Ber aller Seligkeit, die fie mir ſchon Gewährte und mir noch gewähren fan; Ya, bei dem Schauder, der mich eben mahnt, Daß ih in ihr mich ſelbſt vernichten werde: sh mad) ein Ende, wie's aud) jtchen mag! Zitus. Es ijt zu jpät, Dir warnend zuzurufen: Sieb den Befehl nicht! und ich kenne jelbit Kein Mittel, das zur Klarheit führen kann, Drum wag' ih nicht zu jagen: halte ein!
Vierle Dcene. Joab (tritt ein).
Derodes. Zind ſie verſammelt? Joab. Längſt! Aus dem Gefängniß Muß ih) Dir melden, was mir wichtig ſcheint! Man kann den Sameas nicht jo weit bringen, Daß er jich ſelbſt entleibt!
Herodes. Ich gab Befehl,
Daß man ihn martern ſoll, bis er es thut!
izu Titus) Der hat geſchworen, hört' ich, ſich zu tödten, Wenn er mich nicht zu ſeines Gleichen machen, Den Heidenſinn in mir, wie er es nennt, Nicht brechen könne. Da ihm das mißlang, So zwinge ich ihn, ſeinen Schwur zu halten, Er hat den Tod wohl tauſendfach verdient!
Zitus. 5b hätte jelbjt auf jeinen Tod gedrungen, rn er hat mich beſchimpft und Rom in mir, D das fann überall verziehen werben, x hier nicht, wo das Volk fo jtörrig it!
Herodes (su Jon bı. au denn! Joab. Man that getreu nach Deinen Worten, ein es half zu Nichts. Der Henker hat x jede Tual ihm angethan, er hat au obendrein, ergrimmt ob feinem Troß, re er für Hohn nahm, Wunden beigebradıt, ch iſt's, als hätt’ er einen Baum gegeißelt, 3 hätte er in Holz hinein gejchnitten: » x te jteht jo da, als fühlt” er Nichts, ſingt, anjtatt zu fchrei'n und nad) dem Mtejjer L greifen, das ihm vorgehalten wird, : ſingt den Pfalm, den die drei Männer einjt rt feur’gen Dfen fangen, er erhebt ei jedem neuen Schmerz die Stimme lauter id, wenn er einhält, prophezeit er gar'
Herodes tür fid). o find fie! Sa! — Und wird fie anders jein?
Joab. ann ruft er aus, als hätt’ er für geheime nd wunderbare Dinge jo viel Augen etommen, als er Wunden zählt, nun ſei te Zeit erfüllt, und in die Krippe lege ie Sungfrau-Mutter aus dem Stamme Davids ’ebber, Werte Il. 22
337
338 Herodes und Mariamne. v5
In dieſem heil'gen Nugenblid ein Kind, 2780 Das Throne jtiirzen, Todte weden, Sterne
Vom Himmel reißen und von Ewigkeit
„Zu Ewigkeit die Welt regieren werde.
Das Volk indeh, zu Taujenden verjammelt,
Harrt draußen vor den Thoren, hört das Alles 2785 Und glaubt, daß ſich Elias’ Flammen-Wagen | Hernieder ſenken wird, um ihn, wie den, Empor zu tragen. Selbſt ein Henkersknecht Erſchrak und hielt, anjtatt ihm neue Wunden Zu jchlagen, ihm die alten zu!
Herodes. Man ſoll 17% Ihn auf der Stelle tüdten, und den Volf Ihn zeigen, wenn er todt it! — Laß dann auch
Die Richter fommen und —
Joab. Die Königin! (cb) Herodes. Du, Titus, wirſt an meiner Seite ſitzen! Auch ihre Mutter habe ich geladen, x795
Damit es ihr nicht an der Zeugin fehlt.
Fünfte Scene. Aaron und die übrigen fünf Richter treten ein. Alexandra und } Salome folgen. Joab erſcheint glei darauf. | Alerandra. Mein König und mein Herr, fei mir gegrüßt!
v5 Herodes und Mariamne. 339
(Er
233)
3810
Herodes.
Ich danke Dir!
ſedt ſich auf ſeinen Thron. Titus fept ſich ihm zur Seite. Die Richter fegen ſich dann auf ſeinen Wink im Halbkreis um dic Tafel.)
Alexandra (während dieß geichteht). Bon Schickſal Mariamnend Scheid' ich das meinige, und jpare mid),
Wie eine Yadel, für die Zukunft auf! (Sie ſetzt fih neben Salome.)
Herodes (su den Richtern). Ihr wißt, warum id) Euch berufen ließ!
Aaron. In tiefſtem Schmerz erſchienen wir vor Dir!
Herodes. Nicht zweifl' ih! Mir und meinem Haufe ſeid Ihr Alle eng befreundet und verwandt, Was mich trifft, trifft Eu mif! Euch wird e3 frewn, Wenn Ihr die Königin, die — Er ſtoctt. Schenkt mir dag! Euch wird es freu’n, wenn Ihr jie nicht verdammen, Kenn Ahr, anjtatt nad) Golgatha hinaus, Zurück mir in das Haus jie ſchicken dürft, Doch werdet Ihr auch vor den Aeußerſten Nicht muthlos zittern, wenn es nöthig wird, Tenn, wie Ihr Glüd und Unglüd mit mir theilt, So theilt Ihr Schmach und Ehre au mit mir. Wohlan denn!
(Er giebt Joab ein Zeihen. Joab geht ab. Dann erſcheint cr wicder mit Mariamne. — Es entſteht cine lange Pauſe.)
Herodes. Aaron!
tö tö ®
340 Herodes und Marianne.
Aaron. Königin! Uns ward Ein ſchweres Amt! Du ftehit vor Deinen Richtern!
Marianne. Vor meinen Richtern, ja, und aud) vor Eud):
Aaron. Erkennt Tu dies Gericht nicht an?
Mariamne.
Ich jehe Kin höh'res hier! Wenn das auf Eure ragen Die Antwort mir gejtattet, werd’ ich reden, Und ſchweigen werd’ ich,. wenn es ſie verbeut! — Mein Auge jieht Euch faum! Denn hinter Euch Steh'n Geilter, die mid jtumm und ernit betrachten, Es find die großen Ahnen meined Stamm?. Dre; Nächte jah ich fie bereit3 im Traum, Nun kommen jie bei Tage aud), und wohl Erfenn’ ich, was es heißt, daß ji) der Reigen Der Todten Schon für mich geöffnet Hat Und dab, was lebt und athmet, mir erbleidht. Dort, hinter jenem Thron, auf dem ein Künig Zu fißen jcheint, jteht Judas Mlaccabäus: Du Held der Helden, blide nicht jo finjter Auf mich herab, Du ſollſt mit mir zufrieden jein!
Alerandra. Sei nicht zu troßig, Mariamne!
Mariamne.
Mutter! Leh' wohl! — (su Aaron) Weswegen bin id) hier verklagt
341
Aaron. Tu habeſt Deinen König und Gemahl
Betr gen — (zu Herodes) Nicht ?
Marianne. . Betrogen? Wie? Unmöglid)! Hat er mic) nicht gefunden, wie er mid) Zu Finden dachte? Nicht bei Tanz und. Spiel? Jog ich, als ich von jeinem Tode hörte, Tie Trauerkleider an? Vergoß ich Thränen? Zerrauft ich mir das Haar? Dann hätt' ich ihn Betrogen, doch ich hab' es nicht gethan Und Kann es darthun. Salome, fprich Du!
\ Herodes.
Ich fand ſie, wie ſie ſagt. Sie braucht ſich nicht ah einem andern Zeugen umzufeh'n.
Toch niemals, niemals hätte ich's gedacht!
. Marianne. ernals gedadht? Und doch verlarbt den Henker cchrt Hinter mich geſtellt? Das kann nicht fein! R ie ich bei'm Sceiden ftand vor feinem Geiſt, >. Hat er mic bei'm Wiederjeh'n gefunden, Turm muß id läugnen, daß id) ihn betrog! 22 Herodes (tn ein wildes Gelächter ausbrechend). Ger Hat mid) nicht betrogen, weil fie Nichts a, dan, ald was das Borgefühl, die Ahnung, Rn preif’ ich jie, die düjt’re Warnerin! ch fürchten ließ — (u Martamne Meib! Weib! Die fteht Dr Dir an! Mi baue nicht zu feit darauf, daß ich rt Glück und Ruhe aud) die Kraft verlor,
342 Herodes und Mariamne.
Mir blieb vielleicht ein Reſt noch für die Rache, Und — ſchon al® Knabe ſchoß ich einem Vogel Stet3 einen Pfeil nad), wenn er mir entilog.
Marianne. Sprich nit von Vorgefühl und Ahnung, ſprich Bon Furcht allein! Tu zitterteft vor dem, Was Du verdienteft! Das iſt Menjchen-Art! Du kannſt der Schweiter nicht mehr traw'n, jeit Du Den Bruder tödtetejt, Du haft daS Wergite Mir zugefügt und glaubjt nun, daß idy’3 Dir Erwiedern, ja, Did) überbieten muß! Wie, oder hajt Du jtetd, wenn Du dem Tod In ehrlich-off'nem Krieg entgegen zogit, Den Henker hinter mic) gejtellt? Du jchweigit! Wohlan denn! Da Du's ſelbſt jo tief empfindeit, Was ſich für mich geziemt, da Deine Furcht Mich über meine Pflicht belehrt, jo will sch endlich dieje heil'ge Pflicht erfüllen, D’rum fcheid’ id) mid) auf ewig von Dir ab!
Herodes. Antwort! Bekennſt Du? Oder thuſt Du's nicht? Mariamne (chweigt).
Herodes (su den Richtern). Ihr ſeht, das Eingeſtändniß fehlt! Und auch Beweiſe Hab’ ich nicht, wie Ihr ſie braucht! Doch Habt Ihr einmal einen Mörder ſchon Zum Tod verdammt, weil des Erſchlag'nen Kleinod, Sid) bei ihm fand. Es Half ihm Nichts, daß er Auf jeine wohl gewaſch'nen Hände wies, Und Nichte, daß er Euch ſchwur, der Todte habe
23%
v5 Herodes und Marianne. 343
Es ihm gejchenft: Ihr ließt den Sprud, vollzieh'n! u Wohlan! So jteht'3 auch Hier! Sie Hat ein Kleinod,
Was mir bezeugt, unwiderjprechlicher,
Wie's irgend eine Menjchenzunge könnte,
Daß fie den Gräul der Gräul an mir beging.
Ein Wunder hätt’ nicht bloß geſcheh'n, es hätte » Sich wiederholen müſſen, wär’ es anders,
Und Wunder wiederholten fid) noch nie!
Mariamne (madt eine Bewegung).
Herodes. Zwar wird ſie ſprechen, wie der Mörder ſprach: Man habe ihr's geſchenkt! Auch darf ſie's wagen, Denn, wie ein Wald, iſt eine Kammer ſtumm. ss Doch, wäret Ihr verſucht, ihr das zu glauben, So ſetz' ih Euch mein innerſtes Gefühl Und die Ergründung aller Möglichkeiten Entgegen, und verlange ihren Tod. Ja, ihren Tod! Ich will den Kelch des Ekels wo Nicht leeren, den der Trotz mir beut, ich will Kiht Tag für Tag mid mit dem Räthjel quälen, Ob ſolch ein Troß dad widermwärtigite Geſicht der Unjchuld, ob die frechſte Larve Der Sünde ijt, ih will mid) aus dem Wirbel os Bon Haß und Liebe, eh’ er mich erjtickt, Erretten, koſt' es, was es koſten mag! Darum hinweg mit ihr! — Ihr zögert noch? Es bleibt dabei! — Wie? Oder traf ich's nicht? Sprecht Ihr! Ich weiß, das Schweigen iſt an mir! 20 Doch ſprecht! Sprecht! Sitzt nicht da, wie Salomo Zwiſchen den Müttern mit den beiden Kindern! Der Fall iſt klar! Ihr braucht nicht mehr zum Spruch, Als was Ihr ſeht! Ein Weib, das daſteh'n kann,
344 Herodes und Mariamne.
Wie fie, verdient den Tod, und wär’ fie rei Von jeder Schuld! Ahr fprecht no immer nid)t? Mollt Ihr vielleicht erjt den Beweis, wie feit
Ich überzeugt bin, daß fie mid) betrog?
Ten geb’ id) Euch durch des Soemus Kopf,
Und das fogleich! (Er geht auf Joad au.)
Titus (erhebt fig). Dieß nenn’ ich fein Gericht! Verzeih! Er will gehen.) Mariamne. Bleib, Römer, ic) erfenn’ e8 an! Wer will's verwerfen, wenn ich felber nicht!
Titus (fest fi wieder). Alerandra (ſeht auf.
Mariamne Uritt zu ihr beran, Halb laut). Du haſt viel Leid mir zugefügt, Du hajt Nach meinem Glück das Deine nie gemeſſen! Soll ich es Dir verzeih'n, ſo ſchweige jetzt! Du änderſt Nichts, mein Eniſchluß iſt gefaßt.
Alerandra (est fih wieder).
Mariamne.
Nun, Richter? Aaron (zu den Uebrigen). Wer von Euch den Spruch des Königs Nicht für gerecht hält, der erhebe ſich! (Alle bleiben ſitzen.)
So habt Ihr Alle auf den Tod erkannt!
(Er ſteht auf.) Du biſt zum Tod verurtheilt, Königin! — Haſt Du noch was zu ſagen?
v5 Herodes und Mariamne. 345
Mariamne. Wenn der Henker Nicht zum Voraus bejtellt it und auf mid) Schon wartet mit dem Beil, jo mögte ich Vor'm Tode noch mit Titus: ein Geſpräch. (zu Herodes) Man pflegt den Sterbenden die leßte Bitte
5 Nicht abzujchlagen. Wenn Du fie gemährit, So jei mein Leben Deinem zugelegt!
Herodes. Der Henker iſt noch nicht beſtellt — ich kann's! Und da Du mir dafür die Ewigkeit Als Lohn verſprichſt, ſo muß und will ich auch! (zu Titus) » it diefed Weib nicht fürchterlich? . Titus. Sie jteht Vor einem Mann, wie Keine ftehen darf! Drum endige!
Salome (tritt heran). D thu 88! Deine Mutter st krank biß auf den Tod! Sie wird gefund, Wenn jie das noch erlebt! Herodes iu Alerandra). Sprachſt Du nicht was?
Alerandra. Nein!
&
Herodes (ſieht Mariamınen lange am).
Mariamne (vleist ſtumm).
346 Herodes und Mariamne.
Herodes. Stirb! (u Joan Ih leg's in Deine Hand! (nel ab. Ihm folgt Salome.)
Alexandra (ihm nachſehend). Je
Noch einen Pfeil fir Dich! czu Mariamne; Du wollte
Mariamne. Ich danfe Dir!
Alerandra (ad).
Aaron (su den Üßrigen Richterm.
Verſuchen wir nicht noch, Shn zu erweichen? Mir ijt dieß entſetzlich! Es iſt die lebte Maccabäerin! 2 Wenn wir nur furzen Aufichub erit erlangten! Seht ging's nicht an, daß wir ihm widerjtrebten, Bald wird er ſelbſt ein And’rer wieder fein. Und möglich iſt's, daß er und dann beitraft, Weil wir ihm heut’ nicht Widerjtand gethan! Ihm nadh!
(ab) Joab (nägert ji Nariamnen). Vergiebſt Du mir? Ich muß gehorden!
Mariamne. Thu, was Dein Herr gebot, und thu es ſchnell! Ich bin bereit, ſobald Du ſelbſt es biſt, Und Königinnen, weißt Du, warten nicht!
Joab (an.
v6 Herodes und Marianne. 347
Svechsſste Brene.
Mariamne tritt zu Titun. Nun noch ein Wort vorm Sclafengeh’n, inder Mein lehter Kämm'rer mir das Bette macht! Du ſtaunſt, id) ſeh' es, daß ich dieſes Wort An Di, und nicht an meine Mutter, richte, Allein fie jteht mir fern und ift mir fremd.
Titus.
Sch jtaune, dag ein Weib mid, lehren fol, Wie ih als Mann dereinft. zu jterben habe! Ya, Königin, unheimlidy it Den Thun Und, ich verhehl's nicht, felbit Dein Weſen mir, Allein ich muß den Heldenjinn verehren, Der Dich vom Leben fcheiden läßt, als ſchiene Die Schöne Welt Dir auf dem lebten Gang Nicht einmal mehr des flücht'gen Umblicks werth, Und diejer Muth verfühnt mich fait mit Dir!
Marianne. Es ijt fein Muth!
Zitus. Zwar hat man mir gejagt Daß Eure finitern Pharifäer lehren, Im Tode geh’ das Leben erſt recht an, Und daß, wer ihnen glaubt, die Welt verachtet, In welder nur die Sonne ewig leuchtet Und alle® Uebrige in Nacht verlijcht!
Mariamne. Ich hörte nie auf fie und glaub’ es nicht!
° O nein, ich weiß, wovon ic) ſcheiden joll!
348 Heroded und Mariamne. V.
Titus. Dann ſtehſt Du da, wie Cäſar ſelber kaum, Als ihm von Brutus' Hand der Dolchſtoß kam, Denn er, zu ſtolz, um ſeinen Schmerz zu zeigen, Und doch nicht ſtark genug, ihn zu erſticken, Verhüllte fallend ſich das Angeſicht; Du aber hältſt ihn in der Bruſt zurück!
Mariamne.
Nicht mehr! Nicht mehr! Es iſt nicht, wie Du denkſt! Ich fühle keinen Schmerz mehr, denn zum Schmerz Gehört noch Leben, und das Leben iſt
In mir erloſchen, ich bin längſt nur noch
Ein Mittelding vom Menſchen und vom Schatten Und faſſ' es kaum, daß ich noch ſterben kann. Vernimm jetzt, was ich Dir vertrauen will,
Doch erſt gelobe mir als Mann und Römer,
Daß Du's verſchweigſt, bis ich hinunter bin,
Und daß Du mich geleiteſt, wenn ich geh'.
Du zögerſt? Fod're ich zu viel von Dir?
Es iſt des Strauchelns wegen nicht! Und ob
Du ſpäter reden, ob Du ſchweigen willſt,
Entſcheide ſelbſt. Ich binde Dich in Nichts
Und halte meinen Wunſch ſogar zurück.
Dich aber hab' ich darum auserwählt,
Weil Du ſchon immer, wie ein eh'rnes Bild
In eine Feuersbrunſt, gelaſſen-kalt
Hinein geſchaut in unſ're Hölle haſt.
Dir muß man glauben, wenn Du Zeugniß giebſt, Wir ſind für Dich ein anderes Geſchlecht,
An das kein Band Dich knüpft, Du ſprichſt von uns, Wie wir von fremden Pflanzen und von Steinen, Partheilos, ohne Liebe, ohne Haß!
Titus. Du gehſt zu weit!
Mariamne.
Verweigerſt Du mir jetzt, Zu ſtarr, Dein Wort, ſo nehm' ich mein Geheimniß Mit mir in's Grab und muß den letzten Troſt Entbehren, den, daß Eines Menſchen Bruſt Mein Bild doch rein und unbefleckt bewahrt, Und daß er, wenn der Haß jein Aergſtes wagt, Den Schleier, der es dedt, aus Pflichtgefühl Und Ehrfurcht vor der Wahrheit heben fann!
Titus. Wohl! Ich gelob' es Dir!
Mariamne. So wiſſe denn, Daß ich Herodes zwar betrog, doch anders, Ganz anders, als er wähnt! Ich war ihm treu,
349
Wie er ſich ſelbſt. Was ſchmäh' ich mich? Viel treuer,
Er iſt ja längſt ein And'rer, als er war. Soll ich das erſt betheuern? Eher noch Entſchließ' ich mich, zu ſchwören, daß ich Augen Und Händ' und Füße habe. Dieſe könnt' ich Verlieren, und ich wär' noch, was ich bin, Doch Herz und Seele nicht! Titus.
| Sch glaube Dir
Und werde — Mariamne.
Halten, was Du mir verjpradjit! Ich zweifle nit! Nun frag Dich, was ich fühlte,
350 Herodes und Mariamne.
Als er zum zweiten Mal, denn einmal hatte Ich's ihm verzieh'n, mich unter's Schwert geitellt, Als ih mir jagen mußte: cher gleicht
Dein Schatten Dir, als dag verzerrte Bild,
Das er im tiefiten Innern don Dir trägt!
Das hielt ic) nicht mehr aus, und konnt' ich's denn? Ich griff zu meinem Dolch, und, abgehalten
Vom raſch verjuchten Selbftmord, jchwur ich ihm: Du willft im Tode meinen Henfer machen?
Tu jolljt mein Henfer werden, doch im Leben! Du fjollit das Weib, das Du erblictejt, tödten Und erſt im Tod mid) fehen, wie id bin! — Du warjt auf meinem Feit. Nun: Eine Larve Hat dort getanzt!
Titus. Ha!
Mariamne.
Eine Larve ſtand Heut' vor Gericht, für eine Larve wird Das Beil geſchliffen, doch es trifft mich ſelbſt!
Titus.
Ich ſteh' erſchüttert, Königin, auch zeih' ich Dich nicht des Unrechts, doch ich muß Dir ſagen: Du haſt mich ſelbſt getäuſcht, Du haſt mich ſo Mit Grau'n und Abſcheu durch Dein Feſt erfüllt, Wie jetzt mit ſchaudernder Bewunderung. Und, wenn das mir geſchah, wie hätte ihm Der Schein Dein Weſen nicht verdunkeln ſollen, Ihm, deſſen Herz, von Leidenſchaft bewegt, So wenig, wie ein aufgewühlter Strom, Die Dinge ſpiegeln konnte, wie ſie ſind,
V6 Herodes und Warianıne. 351
D’rum fühl! ich tiefed Meitleid auch mit ihm Und Deine Rache finde ich zu jtreng!
Mariamne. Auf meine eignen Kojien nehm’ ich fie! Und daß es nicht des Leben! wegen war, Wenn mich der Tod des Opferthierd empörte, Das zeige ich, ich werf' das Leben weg!
Titue. Gieb mir mein Wort zurüd!
Mariamne. | Und wenn Du's brächeſt,
Tu würdejt Nichts mehr ändern. Sterben fann Ein Menſch den andern lafjen; fort zu leben, Zwingt auch) der Mächtigite den Schwächſten nicht. Und ich bin müde, ic) beneide ſchon Den Stein, und wenn’3 der Zweck des Lebens ijt, Tag man e3 hajjen und den em’gen Tod Ihm vorzieh'n lernen fol, jo wurde er In mir erreicht. O, daß man aus Granit, Aus nie zerbrödelndem, den Sarg mir höhlte Und in ded Meeres Abgrund ihn verjentte, Damit jogar mein Staub den Elementen Für alle Emigfeit entzogen fei!
Titus. Wir leben aber in der Welt des Scheins! Mariamne. Das ſeh' ich jetzt, d'rum gehe ich hinaus! Titus. Ich ſelbſt, ich habe gegen Dich gezeugt!
352 Herodes und Mariamne.
Mariamne. Damit Tu’s thätejt, lud ic Dich zum Yeit! Titus. Wenn ich ihm fagte, was Du mir gejagt —
Mariamne.
Sp riefe er mid um, ich zweifle nicht!
Und folgte ich, fo würde mir der Lohn,
Daß ih vor einem Jeden, der mir nahte,
Bon jet an fchaudern und mir jagen müßte: Hab’ Acht, dad kann Dein dritter Henfer fein! Nein, Titus, nein, ich habe nicht gejpielt,
Für mid) giebt’8 feinen Rückweg. Gäb' es den, Glaubſt Tu, ic hätt’ ihm nicht entdedt, al3 id) Bon meinen Kindern ew’gen Abjchied nahm? Wenn Nichts, als Troß mich triebe, wie er meint, Der Schmerz der Unjchuld hätt! den Trotz gebrochen: Sept machte er nur bitt’rer mir den Tod!
Zitus.
O, fühlt” er dad und käm' von felbjt, und würfe Sid Tir zu Füßen!
Mariamne. Ja! Dann hätte er Den Tämon überwunden, und ich könnte Ihm Alles tagen! Denn ich follte nicht Umvürdig mit ihm marften um ein Qeben, Das durch den Preis, um den ich’3 faufen kann, Für mid) den legten Werth verlieren muß, Ich jollte ihn für feinen Sieg belohnen, And, glaube mir, id) könnt' es!
v6 Herodes und Marianıne. 353
©
>
Titus. Ahnſt Du Nichts, Herodes?
Joab (tritt geräuſchlos ein und bleibt ſchweigend ſtehen).
Mariamne. Nein! Du ſiehſt, er ſchickt mir den! (deutet auf Joa d) Titus. Laß mich — Mariamne. Haſt Du mich nicht verſtanden, Titus? Iſt es in Deinen Augen noch der Trotz, Der mir den Mund verſchloß? Kann ich noch leben? Kann ich mit Dem noch leben, der in mir Nicht einmal Gottes Ebenbild mehr ehrt? Und, wenn ich dadurch, daß ich ſchwieg, den Tod Herauf beſchwören und ihn waffnen konnte, Sollt' ich mein Schweigen brechen? Sollt' ich erſt Den einen Dolch vertauſchen mit dem andern? Und wär' es mehr geweſen? Titus. Sie hat recht! Mariamne su Joab). Biſt Du bereit? Ioab (verneigt ſich).
Mariamne (gegen Herodes’ Gemächer).
Herodes, lebe wohl! (gegen die Erbe) Du, Ariſtobolus, jet mir gegrüßt! Gleich bin ih bei Dir in der ew'gen Nacht!
(Sie jhreitet auf die Thür zu. Joab öffnet. Man fieht Bewaffitete, die chrerbietig Reihen bilden. Sie geht hinaus. Titusfolgtihr. Joabſchließt ſichan. Feierliche Pauſe.)
Hebbel, Werke II. 23
354 Herodes und Mariamne. vi
Biebente Bcene.
Salome (tritt ein). Sie ging! Und dennoch jchlägt dad Herz mir nicht! Ein Zeichen mehr, daß jie ihr Loos verdient. So hab’ ich endlid meinen Bruder wieder Und meine Mutter ihren Sohn! Wohl mir, Daß id) nit von ihm wid. Die Richter hätten Ihn ſonſt no umgejtimmt. Nein, Aaron, nein, Nichtd von Gefangenihaft! Im Kerker bliebe Eie feinen Mond. Daß Grab nur hält fie feit, Denn nur zum Grabe bat er feinen Schlüflel.
Adıte Brene.
Ein Diener.
Drei Kön’ge auß dem Morgenland find da, Mit köftlichen Geſchenken reich beladen,
Sie fommen an in diefem Augenblid,
Und nie noch fah man fremdere Gejtalten Und wunderſam're Trachten hier, wie die!
Salome.
Führ' fie herein! (Diener ab) Die meld’ ich ihm fogleich. So lange die bei ihm jind, denft er nicht An fie!. Und bald ijt Alles aud mit ihr!
(Sie geht zu Herodes hinein.)
Der Diener (füprt die drei Könige herein. Sie find frembartig gell
und fo, daß fie fih in Allem von einander unterſcheiden. Kin reiches Geft
von dem baffelbe gilt, begleitet fie. Gold, Weihrauch und Müyrrhen. Hero tritt mit Salome glei nachher ein).
Erſter König. Heil, König, Dir!
Zweiter König. Gefegnet iſt Dein Haus! Dritter König. Gebenedeit in alle Ewigkeit! Herodes. Ich dank' Euch! Doch für dieſe Stunde dünkt Der Gruß mir ſeltſam! Erfter König. Ward Dir nicht ein Sohn Geboren? Herodes. Mir? O nein! Mir ſtarb mein Weib! Eriter König. So ijt bier unſers Bleibens nicht!
Zweiter König.
Ev giebt's Hier einen zweiten König noch! Herodes. Dann gäbe
Es keinen hier.
Dritter König.
So giebt's hier außer Deinem Noch einen zweiten königlichen Stamm! Herodes.
Warum?
Erfter König.
So iſt es!
23*
355
356 Herodes und Marianne. | v8
Zweiter König. Ka, fo muß es jein!
Herodes. Auch davon weiß ich Nichts!
Salome (zu Herodes). In Bethlehem Hat ſich vom Stamme Davids noch ein Zweig Erhalten! Dritter König. David war ein König?
Herodes. Ja! 3145 Erfter König. “ Zo ziehen wir nad) Bethlehem hinab! Salome (ährt fort zu Herodes). Allein er pflanzt ſich nur in Bettlern fort!
Derodes. Tas glaub’ ih! Sonſt —
Salome.
Ich fprad) einjt eine Jungfrau
Aus Davids Haus, Maria, glaub’ ich, hieß fie, Die jand ih ſchön genug für ihre Abkunft, 31% Tod war fie einem Zimmermann verlobt Und fchlug die Augen gegen mich kaum auf, Als ich fie nad) den Namen fragte!
Herodes. Hört Ihr's?
v8 Herodes und Pariamne. 357
3160
3165
| Zweiter König. (Hleichviel! Wir gehn! Herodes.
Ihr werdet mir doch erſt Verkünden, was Euch hergeführt?
Erfter König. Die Ehrfurcht Vor'm König aller Könige!
Zweiter König. Der Wunſch, Ihm nod) vorm Tod in's Angeſicht zu ſchau'n!
Dritter König.
Tie Heil'ge Pflicht, ihm Huldigend zu Füßen Zu legen, wa auf Erden koſtbar ijt!
Herodes. Wer aber ſagte Euch von ihm?
Erfter König.
Sein Stern! Wir zogen nicht zufammen aus, wir wußten Nicht von einander, unſ're Reiche Liegen Sm Oſten und im Weſten, Meere fließen Dazwiſchen, hohe Berge jcheiden fie —
Zweiter König.
Doch hatten wir denjelben Stern gejeh'n, Es hatte und derfelbe Trieb erfaßt,
Wir wandelten denfelben Weg und trafen Zuletzt zujammen an demjelben Ziel — ü
358 Herodes und Mariamne. v8
Dritter König. Und ob des Königs, ob des Bettlerd Sohn, Das Kind, dem diefer Stern in's Leben leuchtet, 3170 Wird hoch erhöhet werden, und auf Erden Kein Menſch mehr athmen, der fi ihm nicht beugt! Herodes (für ſich. So ſpricht das alte Buch ja auch! (aut) Darf id) Nach Bethlehem Euch einen Führer geben? Erfter König (deutet gen Himmel). Wir haben einen! Herodes. Wohl! — Wenn Ihr das Kind 3175 Entdedt, jo werdet Ihr es mir doch melden, Damit ich es, wie Ahr, verehren kann? Eriter König.
Wir werden’3 thun! Nun fort! nad) Bethlehem! (Ale ab)
Herodes. Sie werden's nicht thun!
Joab und Titus (treten auf). Alexandra (folgt ihnen).
Herodes. Ha! Joab. Es iſt vollbracht!
Herodes (Gedect fi) das Geſicht).
3189
310
3195
Ss) gr =)
Titus. Sie ſtarb. Ja wohl. Ich aber habe jekt Ein noch viel fürdhterlicheres Geſchäft, Als der, der Deinen bfut’gen Spruch vollzog: Ich muß Dir fagen, daß fie fchuldlos war.
Herodes. Nein, Titus, nein!
Titus (win ſprechen).
Herodes tritt dit vor ihn Hin).
Denn, wäre das, jo hätteſt Du fie nicht jterben laſſen.
Titus.
Niemand konnte Das hindern, als Du jelbft! — Es thut mir weh’, Daß id) Dir mehr, ald Henker, werden muß, Dod, wenn ed heil’ge Pilicht iſt, einen Zodten, Wer er auch immer fein mag, zu beitatten, Sp ift die Pflicht noch Heil’ger, ihn von Schmad) Zu reinigen, wenn er fie nicht verdient, Und diefe Pflicht gebeut mir jegt allein!
Herodes. Ich ſeh' aus Allem, was Du ſprichſt, nur Eins: Ihr Zauber war ihr ſelbſt im Tode treu! Was groll' ich dem Soemus noch! Wie ſollt' er Der Blendenden im Leben widerſteh'n! Dich hat ſie im Erlöſchen noch entflammt!
Titus. Geht Eiferſucht ſelbſt über's Grab hinaus?
360 Heroded und Mariamne. v8
Herodes. Wenn ich mich täuſchte, wenn aus Deinem Mund Jetzt etwas And'res, als ein Mitleid ſpräche, | 3200
Das viel zu tief ift, um nicht mehr zu jein:
Dann müßt’ ich Dich doch mahnen, daß Dein Zeugniß
Sie mit verdammen half, und daß es Pflicht
Für Dich gewejen wäre, mic) zu warnen,
Eobald Dir nur der Heinjte 3weifel kam! | 35
Titus. Mich hielt mein Wort zurüd und mehr, als dag: Die unerbittlide Nothwendigfeit. Wär ih nur einen Schritt von ihr gewichen, So hätte jie ſich felbit den Tod gegeben,
Sch ſah den Dold auf ihrer Brust verjtedt, 3910 Und mehr als einmal zudte ihre Hand. (Pauſe)
Sie wollte ſterben, und ſie mußte auch! Sie hat ſo viel gelitten und verzieh'n, Als ſie zu leiden, zu verzeih'n vermogte: Ich habe in ihr Innerſtes geſchaut. 3215 Wer mehr verlangt, der had’re nicht mit ihr, Er had're einzig mit den Elementen, Die jih nun einmal jo in ihr gemifcht, Daß ſie nicht weiter konnte. Doc er zeige Mir auch das Weib, daS weiter fanı, als jie! 3230 Herodes (macht eine Bewegung). Titus. Sie wollte ihren Tod von Dir und rief Das wüſte Traumbild Deiner Eiferſucht, Selbſtmörd'riſch gaukelnd und uns Alle täuſchend, Auf ihrem Feſte in ein trüg'riſch Sein.
v8 Herodes und Mariamne. 361
Das fand ich jtreng, nicht ungerecht. Sie trat
Als Larve vor Dich Hin, die Larve jollte
Dich reizen, mit dem Schwert nad ihr zu jtoßen, (Er zeigt auf Joab.)
Tas thateit Tu, und tödtetejt fie jelbit!
Herodes. So ſprach ſie. Doch ſie ſprach aus Rache ſo!
Titus. So war's. Ich Habe gegen ſie gezeugt, Wie gerne mögt' ich zweifeln!
Herodes. Und Soemus?
Titus. Ich bin ihm auf dem Todesweg begegnet, Er trat den ſeinen an, als ſie den ihren Vollendet hatte, und ihm ſchien's ein Troſt, Daß ſich ſein Blut mit ihrem miſchen würde, Wenn auch nur auf dem Block durch Henkers Hand.
Herodes. Ha! Siehſt Du?
Titus.
Was? Vielleicht hat er im Stillen
Für jie geglüht. Doc, wenn dad Sünde war, So war’d die feinige, die ihre nicht. Er rief mir zu: jeßt jterb’ ich, weil ich ſprach, Sonſt müßt’ ich jterben, weil ich fprechen könnte, Denn das war Joſephs Loos! Der ſchwur mir nod) Im Tode, daß er fehuldlos fei, wie ich! Das merkt’ ich mir!
362 Herodes und Mariamne.
Herodes (ausbrechend. Joſeph! Rächt der ſich auch? Thut ſich die Erde auf? Geh'n alle Todten Hervor?
Alexandra (tritt vor ihn Hin). Das thun jie! - - Nein doh! Fürchte Nichts! E3 giebt ſchon Eine, welche d’runten bleibt!
Herodes. Verfluchte! (Er bezwingt fih.) Seid jo! Wenn denn aud) Soemus Nur Ein Verbrechen gegen mich beging — (Er kehrt ſich gegen Salome.) Joſeph, der ihn mit dieſem ſchnöden Argwohn
Erfüllte, Joſeph hat ihn noch im Tode Belogen, nicht? Joſeph — Was ſchweigſt Du jetzt?
Salome. Auf Schritt und Tritt verfolgt' er ſie —
Alexandra (su Herodes). Ja wohl! Doch ſicher nur, um die Gelegenheit Zu finden, Deinen Auftrag zu vollzieh'n Um ſie und mich zu tödten —
Herodes. Iſt das wahr?
(u Salome Und Du? Du? — | Alexandra.
In derſelben Stunde faſt, Wo er die Maske völlig fallen ließ,
3
v8 Heroded und Marianıne. 363
8
Hat Mariamne einen Schwur gethan, Sich felbit, wenn Du nicht wiederkehren ſollteſt, Den Tod zu geben. Ich verhehl' es nicht, Daß ich fie darum haßte! Herodes. Fürchterlich! Und das — das ſagſt Du jetzt erſt?
Alexandra. Ja! Titus. Ich weiß Es auch, es war ihr letztes Wort zu mir,
> Tod) tauſend Jahre hätt’ ich's Dir verſchwiegen,
sh wollte jie nur rein’gen, Dich nicht martern!
Herodes. Dann — ie Stimme verſagt ihm.) Faſſe Dih! Es trifft mich mit!
Herodes. Ja wohl!
Dich — DIE (gegen Salome) — und Jeden, welcher hier, wie ich, Des tück'ſchen Schickſals blindes Werkzeug war, Doch ich allein verlor, was man auf Erden In Ewigkeit nicht wiederſehen wird! Verlor? O! O!
Alexandra.
Ha, Ariſtobolus!
Du biſt gerächt, mein Sohn, und ich in Dir!
Herodes. Du triumphirſt? Du glaubſt, ich werde jetzt
364 Herodes und Mariamne. v8
Zuſammen brechen? Nein, das werd’ ich nicht! 8975 Ich bin ein König, und ich will’3 die Welt (Er madt eine Bewegung, als ob er etwas zerbrädje.) Empfinden lajjen! — Auf jegt, Pharifäer, Empört Euch gegen mich! (su Satome) Und Du, was weicht Tu Schon jeßt vor mir? Nocd Hab’ ich wohl fein and’res Geſicht, allein ſchon morgen kann's gefcheh'n, 3280 Daß meine eigne Mutter ſchwören muß, Ich ſei ihr Sohn nit! — (nah einer Pauſe, dumpf)
Wäre meine Krone Mit allen Sternen, die am Himmel flamnten, Beſetzt: für Mariamne gäbe ich Sie Hin und, hätt’ ich ihn, den Erdball mit. 8885 Ja, könnte id) fie dadurch, daß ich felbit, Lebendig, wie ich bin, in's Grab mich legte, Erlöſen aus dem ihrigen: ich thät's, Ich grübe mich mit eignen Händen ein! Allein ih kann's nit! Darum hab’ ich nod) 3290 Und Halte feit, was ich noch hab’! Das it Nicht viel, doch eine Krone ift darunter, Die jetzt an Weibes Statt mir gelten foll, Und wer nad) der mir greift — — Das thut man ja, Ein Knabe thut das ja, der Wunderfnabe, 3395 Den die Propheten längjt verkündet haben, Und dem jegt gar ein Stern in's Leben leuchtet. Doch, Schickſal, Du verrechneteſt Dich jehr, Wenn Du, indem Du mid) mit eh’rnem Fuß Zertratejt, ihm die Bahn zu ebnen glaubteft, 33 Ich bin Soldat, ic) kämpfe felbjt mit Dir, Und beiß' Did) noch im Liegen in die Ferſe!
(raid) Joab!
As
3310
Joab (tritt heran).
Herodes (verhalten.
Du ziehjt nad) Bethlehem hinab Und jagit dem Hauptmann, welcher dort befiehlt, Er joll den Wunderfnaben — Dod, er findet Ihn nicht heraus, nicht Jeder fieht den Stern, Und diefe Kön'ge jind jo falich, al3 fronım — Er ſoll die Ninder, die im legten Jahr (Heboren wurden, auf der Stelle tödten, Es darf nit ein’? am Leben bleiben!
Joab (tritt zurüch. Wohl! (für ſich) Ich weiß warum! Doch Moſes ward gerettet, Trotz Pharao!
Herodes moch laut und ſtark). Ich ſehe morgen nach! — Heut' muß id) Mariamne — (Er bricht zufammen.) Titus! Titus (füngt ihn auf).
Finis,
Sr
——
Späne aud Maria Magdalene.
Klara. D die Welt! Sie fam mir, wie ein vergoldet Käjtchen vor, voll blanfer Spielfachen, Alles jo jchön, fo bunt durch einander, fich jpiegelnd Ein? im Andern, und ich hielt ; mich jelbit blank und rein, denn ich dachte: unter den Vielen, über die Du Dich freuit, iſt wohl auch Eins, dag jih an Dir erfreut!
Man jol über die Brüde gehen und baut ſich ein Haus darauf.
„Ich ging vor 10 Jahren, als mein Kopf ſich ohne Frijeur zu pudern anfing, eine Wette mit ihm ein. Ich jagte: Du willit Ruhe haben, ich merk's wohl, darum jtülpeft Du mir Die Perücke der Weisheit auf, nun, meinſt Du, muß ich ein Gejicht machen, wie es Dazu paßt, und aus meinen Augen griesgrämlich, wie aus Sirchenfenjtern, auf die Welt und ihre Luſt herab Ihauen. Aber Du verrechnejt Dih! Für jedes Haar, dad Du mir zum Verdruß weiß färbjt, räche ich mich Durch drei neue Ihorheiten! Er Hat ſich nicht einjchüchtern laffen, nun muß auch ich zeigen, daß ich ein Mann von Wort bin, und wenn Einer einmal nachzählen will, jo wird er finden, daß mir das nicht leicht werden fann.“
368 Anhang.
Wenn die Steine aus der Mauer jpringen, muB das Haus doch wohl auf den Kopf fallen? Und was haben fie davon, daß fie fo ftill ſitzen? Nichte, als daß Einer den Anderen drückt.
„Er ſollte ſich ein Paar enge Stiefel machen laſſen!“ 5 Warum ? „Zu lange die ihn drüden, würde er an Gott denken!“ Daun dürfte ich jie ja nicht viel bejchreiten, denn wenn Du Recht hättejt, jo jchritte ich geradezu in die Frömmigkeit hinein! | m
— — — nn —
2. Zu Herodes und Mariamne. „Das kleinſte Thier ijt der Tyrann des größten, Denn dich hat feine Waffen gegen das“. „sh jürdt’, wenn Sonn und Mond zufammen jtoßen, Fühlt's auch der Wurm, der ih im Schlamm verfriecht“. Zo lang’ e& mehr als einen König giebt, giebt'3 feinen. ; Vom fleinen Menjchen wird der große mit Nothwendigkeit
verfannt. Antonius. „Ich kann nicht König ſeyn, doch Kön'ge machen.“
Ein Menſch, der alle Blumen abrupft, die er fieht.
Derodes: ch jah auf dem Schlachtfeld einen Sterbenden, „„ den ein Inſect ſtach. Sein letztes ein Inſectenſtich.
„Und glaube mir, daß es Naturen giebt, Die Jeden täufchen müſſen, welcher ihnen Nicht ganz vertraut, und die nicht in der Probe, mx Kein, durch die Probe jelbjt zu Grunde gehn, Weil jie zu zart, zu edel für jie jind.“
Hedbel, Werke 1.
und Anmerkungen.
ei
Bmw. — Fr. Hebbels Briefwechſel mit Freunden und berühmten Beitgenoffen. Herausgegeben von F. Bamberg. Zwei Bände.
Tgb. — Fr. Hebbels Tagebücher. Herausgegeben von %. Bamberg. Zwei Bände.
Nachleſe — Fr. Hebbels Briefe. Bon R. M. Werner heraud: gegebene Nachleſe. Zwei Bände.
Schwabader £ettern = Gestrichenes. A = Hebbel eigenhändig
Handschrift.
Von diesem Drama hat sich weder das am 4. December 1843 ab: geschlossene Originalmanuscript, noch die Reinschrift erhalten, die Hebbel am 8. December 1843 Morgens endigte (Tgb. II S. 43). Da er den Druck nicht selbst überwachen konnte, musste Elise {vgl. Bw. I S. 234) die Schlussredaction des Stückes vornehmen. Zu diesem Zwecke notierte Hebbel
H zwei Seiten auf einem Octavblatt. Eorrecturen. 1. Das Drama felbit... 2. Der Titel u.f.w. Das Blatt befindet sich jetzt aus Posonyis Sammlung in meinem Besitz, ich gebe die einzelnen Bemerkungen an den einschlägigen Stellen. Elise machte, wofür ihr Hebbel am 7. September 1844 dankte (Bw. I S. 241), die
Anderungen und die Sceneneinteilung mit Genauigkeit. — Das im Archiv des Wiener Hofburgtheaters aufbewahrte Theatermanuscript
weist nur geringfügige Kürzungen, aber keine Spur von Hebbels Hand auf.
Druck.
ERaria Magdalene. — Ein bürgerliches Trauerfpiel | in drei ten. | — | Nebft einem Vorwort, | betreffend | da8 Berhältniß der dramatischen Kunſt zur | Zeit und verwandte Buncte | von | Friedrid debbel. | — | Hamburg, | bei Hoffmann und Campe. | 1844. | 7 Blatt, XLVII und 126 Seiten 8°. Bl. 2-6 steht die Widmung, 8. I-XLVIl
Vorwort, das unter den „Vermischten Schriften“ im X. Bande “um Abdruck kommt. E gedruckt in H. ©. Voigt's Buchdruderei.
Lesarten und Anmerkungen.
f Titel. Der Titel u. ſ. w. Auf den Titel ift über: Ein bürger- iches Trauerſpiel noch mit großen Buchſtaben zu ſchreiben: Maria 24*
372 Lesarten und Unmerlungen. Maria u ge Magdalena. Nur der Theater wegen ließ ich diefen zweiten Titel weg. — Dann find im Mipt. die Scenen abzutheilen: Afte Sc. 2te Sc. u. f. w. jo wie eine neue Perfon auftritt oder eine abgeht; wie in Genoveva; es fieht befier aus. H Den Titel in „Maria Magdalena“ zu ändern, ging nicht an, da der Fehler „Magdalene“ seit dem ersten Druck zu sehr eingewurzelt ist.
Widmung. 17 weil fie] mit fih E. Über diesen Druck- fehler vgl. Brief an Elise vom 24. September 1844 (Bw. I S. 242 f); Hebbel verlangte von Campe vergebens, dass er das Blatt um- drucken oder den Fehler anzeigen lasse.
Erster Act.
Erste Scene. 12,12 vgl. Tgb. vom 16. Januar 1839 (I 8. 136): Borhin wird zwei Mal gellingelt, ich öffne die Thür, ein Bettler fteht davor und hält mir feine Hand entgegen. Ih, ohne ihm zu geben, ihlage verdrießlich die Thür wieder zu. Da fällt es mir fchwer auf’s Herz, daß diefe rührend vorgefchobene Hand verftlimmelt war, ich ziehe einen Kreuzer heraus und öffne abermals die Thür, doch der Menfd, war ſchon fort. So wollte ih geben, nicht um zu geben, ſondern um die Härte meines Abfchlagens wieder gut zu machen. Unſre Tugenden. find meiftens die Baftarde unjrer Sünden. [vgl. dazu Der Diamant I 4 Bd. I S. 328, 25 ff]
Zweite Scene 13,26—51. Act I Wenn Karl, in der 2ten Ecene, abgeht, iſt nach den Worten: „es ift das Beſte, dab nicht alles Wafjer aus einem Brunnen gejhöpft werden fol.“ Nachitehendes hinzu zu fügen:
(für fih) Hier im Haufe... bis... (ab) I
Dritte Scene. 14,4ff vgl. Tgb. vom März 1838 (I S. 88): Eine Mutter freut fi) über jede Unart ihres Kindes, bie ihm gut fteht.
14, 18 ff hier liegt eine Erinnerung an Hebbels eigene Krankheit vor, , vgl. den Brief vom 25. Juli 1839 an Voss (Nachlese IS. 79. — Anfangs kam fein Blut und Aſſing ward... todtenbleid. Ziff. vgl. — _ Minna von Barnhelm V 15. 16,28 ff Dieses Motiv ist angeregt - durch die Schrift „Quodlibet von schönen Verehrungen der heil 24 Jungfrau Maria bei dem Jesuiten Pater Pemble‘‘, aus der sich Hebbe—e . im Februar 1837 Verschiedenes notierte (Tgb. I S. 52 ungedruckt” _—ee so: Die erſten Kirichen, die auf den Tiſch kommen, nicht eſſen u _ U. L. F. opfern. Wie köstlich hat Hebbel dieses Motiv aber gestalte—,,
Daric Magdalene. Lesarten und Anmerfungen. 373 5]
Vierte Scene. 19,6 Häglih] klüglich E. Diese Conjectur ist notwendig; Hebbel schreibt allerdings (Bw. I S. 241): Die erften 3 Bogen vom Stüd babe ich fhon, die Ausftattung ift jehr ſchön und Die Drudtehler unbedeutend, fand also doch Druckfehler.
Fünfte Scene. 23,4 vgl. Tgb. vom 4. Juni 1836 (I S. 23): Wer in der Behaglichkeit, womit die Meiften ſich mit diefen Sachen (freier Wille, daS Ding, Leben, Natur, Zufammenhang mit der Natur] abfinden und fie zu erihöpfen glauben, wieder für eine Unbegreiflichkeit Hält [1], der fehe einen Paſtor bei Tiſch, der über feinen Gott ſpricht und ſich nebenbei betrintt. 24,30 ff Diese Parodie des Vater Unsers zeigt den älteren Typus einer weitverbreiteten Gattung von volks- tümlicher Komik, vgl. Vierteljahrsschrift für Litteraturgeschichte (Weimar 1892) V S.2f, wo ich das Material zusammengestellt habe. 3,17 ff vgl. Trauerspiel in Sicilien zu 481. 27,2ff vgl. den Brief aus Copenhagen, den 26. März 1843 an Elise (Bw. 1 S. 132): Der Meifter Anton, ein Held, ein Kamiſol, der, wie er jagt, die „Mühlfteine als Halskrauſen trägt, ftatt damit in's Waſſer zu gehen“, gehört vielleicht zu meinen höchſten Geſtalten.
Siebente Scene. 34,16 herauspractiſirt! E da Hebbel kaum einen Fremdwörterwitz anbringen wollte, muss es Druckfehler sein.
Zweiter Act.
Erste Scene. 37,30 vgl. den Traum Elisens im Tgb. vom November 1841 (ungedruckt): Sie fieht Einen, der fich felbft köpft, dann Triecht der Rumpf zum Kopf und begräbt ihn. 40,23 Poden- Fritz vgl. Genoveva 2771 Blattern-Drago und die Novelle „Matteo“.
Dritte Scene. 48,10 Act 11. Dem Kaufmann Gold ift der ‚ame Wolfram beizulegen, da der Name Gold undeutich klingt, der Name Gold it daher auszuftreihen und Wolfram dafür zu fegen,
AUG im Perſonen⸗Verzeichniß. H Während der Pariser Zeit ver- änderte sich Hebbels Stellung zum Judentum. 46, 1 Fallmeiiter 30 viel als Abdecker.
Fünfte Scene. 47,26f man vgl. Hebbels wiederholte Be- Merkung, dass ihm gewisse Wörter ein Lustgefühl, andere ein en so grosses Unlustgefühl weckten, z. B. Tulpe. Roſe, dagegen Ippe. vgl. Tgb. I S. 25. 27. 37 etc. II S. 16. 48,24 ff vgl. Gedicht „Frühlingslied“, besonders die letzte Strophe. 32 miederlaſſen hängt von muß ab, er kann nicht umhin ist Zwischen-
374: Lesarten und Anmertungen. Maria Mag
satz. 50,24 ff hier hat Hebbel ein komisches Motiv volk licher Art tiefernst benutzt; es begegnet in Grabschrifte z. B. Moscherosch Philanders Gesichte II S. 239:
Hie fig ih Hank Sclidebrod
Und bitt dich lieber Herre Gott,
Das ewig Leben wolſt geben mir:
Wie ich wolt haben geben dir,
Bann du wäreft Hank Sclidebrod
Und ih wär lieber Herre Gott.
Zusammenstellungen bei C. Schüddekopf „Hans Schlick: Grabschrift“ in dem Privatdruck „Karl Aug. Hugo Burkharı Feier 40jährigen archivalischen Wirkens“ (Weimar) 1899 S. 50, 30 ff In der legten Scene diejes Acts zwifchen Klara und dem Se fteht Hoffentfih nach den Worten des Secretairs: „Sekt biete i Alles an, was ich bin, und was ich babe, es tft wenig, aber ei mehr werden.“ das Nachfolgende:
„Längit wäre ich Bier gewefen, doch Deine Mutter ivar fcant, ſtarb fie.“ Sonft ift es einzufchalten. Z[vgl. das Kirchenlied: Alles, we bin und habe, Guter Gott, ist Deine Gabe.‘“] 51, 26f. vgl. Bramine“.
Sechste Scene 52,29—53, 21 Im Schluß des ck Monolog der Klara, ift nad) den Worten: „— daß auch Fein ! teopfe mehr heraus. kann“ Binzuzufügen, falls e8 noch nicht da
„der in den Adern das gefrierende Neben wieder entzünden
Und ferner (dieß fteht, ich weiß es gewiß, nit im Manu nad den Worten: „Da hatte fi) wieder was, wie eine Hoffnuı Dir aufgethan. Jept erft merk’ ich's! Ich dachte — Nein, darlibe fein Dann weg!” iſt einzufchalten:
Und wenn — Könnteft Du felbit darüber hinweg? Hätteft 7 Muth, eine Hand zu fafien, die — Nein, nein, diejen fchlechten bätteft Du niht! Du müßteft Dich felbit einriegeln in Deine wenn man Dir von außen die Thore öffnen wollte — Du & ewig —
(Dann fährt das Micpt. fort: D, daß das ausſetzt pp) Nah: „Drei Brunnen — Stehen bleibft.“ fteht wohl fchon:
Noch Haft Du nicht das Recht dazu!
Sonft tft e8 einzufchalten. A 53,1 3b dachte — fehlt E 5 Hölle,] Hülle, F Zbore] 2
Dario Magdalene. Lesarten und Anmerkungen. 375 DI 2-8]
Zweite Scene 5,10ff Act III. Gleich in der 2ten Scene, zwischen Klara und Leonhard, nad) Klaras Worten: „Du kannt fragen? O. daß ich wieder gehen dürfte! Mein Vater fchneidet fich die Kehle ab, wenn ich — Heirathe mich!“ ift einzuschalten:
Leon. Dein Vater —
Klara. Er hat's geihworen! Heirathe mid!
Yun fährt das Micpt. fort: „Hand und Hals pp“ H
Vierte Scene. 59,16f vgl. Tgb. vom 21. März 1841 (I S. 241 umgedruckt): Diefe Gebanten hatte ich geitern Nachmittag über Selbft- Mord: Gott gab dem Menichen bie Fähigkeit, die Welt zu verlafien, weil er ihn nicht gegen die Erniedrigung der Welt ſchützen konnte. Hat der wahre Selbitmörder alfo wit Gott zu thun, fo kann er die That Derantworten; bat er nicht mit Gott zu thun, fo wird er überall nicht sur Verantwortung gezogen.
Siebente Scene 63,8f In Karls Monolog fteht nad den Vorten: „wo Du um zehn zu finden bift“ wohl fon:
Nachher zu Schiff!
Sonſt ift ed einzufchalten. H 10ff vgl. das Citat im Tgb. vom Februar 1845 II S. 136: — „Wenn fie Iuftig find, fo jingen fie dag Lied, das der Großvater vor hundert Jahren fang, wenn er Iuftig war; wenn ein Unglüd begegnet, jo fchlagen fie die Bibel auf, wo er fie aufzufchlagen pflegte, und hören auf, wo er aufhörte; fie würden fi Einer vor dem Anderen ſchämen, wenn ihnen die Augen auch nur eine Minute länger naß blieben, wie ihm!” und Hinrich Borkensteins Lustspiel „Der Bookes- beutel“ (Deutsche Litteraturdenkmale No. 56/7 S. 17): Ih will Ihnen wohl vorher fagen, was wir fpeijen werden. Laß fehen, es ift heute Montag, Dienftag, Mittwochen ... NRoden Warmbier und Pllüdtefinten. Wir efien, Jahr aus Jahr ein, einerley.
Achte Scene. 65, 13f Diese und die folgenden Verse ge- hören zu dem Gedichte „Der junge Schiffer“, entstanden am 17. November 1836 zu München, zuerst im Morgenblatt vom -5. Mai 1838 No. 125, dann in den Gedichten von 1842 8. 47 gedruckt. Im Drama kann es ursprünglich nicht vorgekommen sein, denn Hebbel schreibt am 31. October 1843 an Elise (Bw. I S. 181): Eine Ballade, die ber Bruder des Mädchens fingt, ald er aus dem Gefängniß kommt, lege ich Dir bei. Lies fie, wenn auch nur, um
ich zu zerftreuen; das iſt der einzige Zweck, warum ich fie Dir fende.
376 Lesarten und Anmerkungen. Maria WMagdalene
[III 10 —11 Wahrscheinlich handelt es sich um die Ballade ‚’s ist Mitternacht“, die in Paris am 25. September 1843 gedichtet wurde; von ihr hat sich such die Originalhs. erhalten.
Zehnte Scene. 69,5 In der Scene zwifhen dem Bater und Karl iji für Weihnachts-Ochſe Faſtnachts-Ochſe zu ſetzen. A ‘ Elfte Soene. 71,13 ff In der Schluß-Scene, nach den Worten des Secretairs: „Er war's nicht werth, daß ihre That gelang” iteht wohl ſchon:
Meiſter Anton. Oder fie nit! Sonft ift e8 einzufhalten. HZ
Ein Trauerspiel in Sicilien.
Handschriften.
H: in länglichem Octav. Titelblatt: Ein Trauerfpiel in Sicilien. 26 einseitig beschriebene Blätter verschiedenen Papiers. Auf S. 1. Ein Trauerfpiel in Sicilien. von %. Hebbel. Unmittelbar daran schliesst sich der Text, das Personenverzeichnis fehlt. Auf der Rückseite des Titels steht: Waſchen — Gedicht Echo. Abgeschlossen am 9. Januar 1847 (Tgb. II S. 211). Davon ist:
H*® in 4° auf 64 Seiten eine eigenhändige Reinschrift: Ein Trauerfpiel in Sicilien. | Tragicomödie | von JKFriedrich Hebbel. S. 1 Titel, S. 3 Personen. 8. 5—64 Text, beendigt am 15. Januar 1847 (Tgb. IL S. 214).
H® Ein Traueripiel in Sicilien von Friedrih Hebbel. Sechſte Scene. 8 Seiten 8°, eigenhändige Abschrift aus Posonyis Sammlung, jetzt in meinem Besitz.
Drucke.
J Ausgewählte Romane, Novellen, Dramen, Erzählungen und Ge⸗ dichte. Neue Folge: Erfter Band. Leipzig, Verlag von J. 3. Weber 1847. Nr. 162. 4. Band. Leipzig, 4. Auguft 1847. S. 1329—1341.
E Ein | Trauerfpiel in Sicilien. | — | Tragicomödie in einem Act. | Bon | Friedrih Hebbel. | — | Nebft einem Sendihreiben an H. T. Rötſcher.]) [Bignette.) | Leipzig, | Verlag von Carl @eibel. | —
| 1851. | 59 Seiten gr. 8°. Drud von F. A. Brodhaus in Leipzig.
Das Manuscript hatte Geibel am 3. September 1850; ausgegeben am 8. October. Auf 3.2: Den Bühnen gegenüber Cigenthum bes Berfafiers. S. 3 Widmung, S. 5—8 das Sendschreiben, S. 9 Titel, S, 11 Personen, S. 13—59 Text. Das Sendschreiben lautet:
378 Lesarten und Anmerkungen. Ein Trauerſpiel
An Heinrih Theodor Rötſcher.
Ich ſaß zu Neapel im Herbit des Jahres 1845 eines Abends in dem Cafe di Europa.) Diejes Cafe, am Toledo gelegen und bie Ausfiht auf die Piazza reale darbietend, bildet den Sammelplap der feinen Welt und namentlich der ab- und zuſtrömenden Fremden. Schor darum Hat ed aber au eine magiſche Anziehungskraft für das Broletariat; zu Dutzenden lugen die LQazzaroni mit ihren gierigen hungerbleichen Geſichtern durch die blintenden Fenſterſcheiben hinein um zu fehen, wie der Glücliche drinnen genießt, und ſicher haben fiı dort einen guten Theil des unverjöhnlichen Haſſes eingejogen, den fi brauchten, um fpäter jo ingrimmig-laltblütig morden und mwürgen zı tönnen. Nirgend3 tritt die Kluft, die zwiſchen den befigenden und der nichtbefigenden Claſſen der Geſellſchaft beiteht, fo ſchneidend fharf hervor wie an dieſem Ort, jelbit in Paris nicht; denn in's Palais royal wag dad Elend fich erft hinein, nachdem es fi) mit Flittern bebängt bat und dann täufcht es fich über ſich jelbjt und fängt zu lächeln an; hie aber fteht es in nadter Blöße da. Sch brachte nie im Café di Europa eine Stunde zu, ohne mir die Zukunft, die fi aus einer jo zerflüfteten Gegenwart früher oder jpäter mit Nothwendigkeit entwideln mußte,
1) vgl. Tgb. vom 4. August 1845 (II S. 154): Ich hörte geftern Abend zwei fchrediihe Geſchichten, die fi Hier in Neapel, d. h. im Königreich zugetragen Haben. Ein deutjher Kaufmann erzählte fie mir... Noch entfeglicher fast ift die zweite. Ein Mädchen Bat fid mit ihrem ®eliebten verabredet, aus dem elterlihen Haufe zu entfliehen, um den Eltern dadurd die beitändig verjagte Einwilligung zu ihrer Heirath abzunöthigen. Sie thut es eines Abends, und trifft vor den Thoren ber Stadt zwei Sendarmen, die fie befragen, wohin fie will. Sie nennt den Ort und eilt weiter, aber in den Kerlen ſteigt ein böfes Gelüfte auf, fie verfolgen die Unglüdfiche, thun ihr Gewalt an und tödten fie zulegt, da fie willen, daß der Bräutigam bald folgen wird, und da fie ohnedieß durch den Anblid von allerlei Schmud und Koft- barleiten, die das Mädchen bei ſich führt, gereizt werden. Nun barren fie, bi der Bräutigam kommt, ergreifen ihn, befleden ihn mit Blut, führen ihn zum Richter und Magen ihn des Mordes an. Aber der Zufall will, daß ein Objtdieb in der Nähe war, der von einem Baum aus das Ganze angefehen hat. Diejer begiebt ſich ebenfalld zum Richten erzählt, daß die Elenden die Säbel in ihren Hemden abgewiſcht un- den Schmud in ihren Stiefeln verborgen haben und dedt fo ben Greve auf eine Weije, die den Beweis unmittelbar mit fi) führte, auf.
in Eicitien. Lesarten und Anmerkungen. 379
auszumalen; au mogten Wenige im Stande fein, die ungeheuern, wenn auch unbeftimmten Bilder, die ſich der Bhantafie dort gewaltſam aufdrängten, fo leicht, wie läftige Yliegen, zu verſcheuchen. An dem Abend, von dem ich rede, fepte fi ein ficilianticher Kaufmann zu mir, der eben aus Palermo zurüdgelfommen und von einem entjeplichen Vorfall, der ſich dort Kürzlich ereignet Hatte, nod) ganz voll war. Ein Mädchen flieht aus dem Haufe ihres Vaters, um fi) dur einen ſchon geivonnenen Geiftlichen mit ihren Geliebten verbinden zu laffen und fo einer Zwangsehe zu entgehen. Sie erfcheint zu früh auf dem für die Zufammentunft beftimmten Pla und fällt zwei Gensdarmen in die Hände, die ihr erjt den mitgenommenen Schmud rauben und fie danı ermorden. Als der Geliebte nun fommt, werfen fie fich über ign ber, bejtreihen ihn mit Blut, ſchleppen ihn vor den Podeſta und Klagen ihn der Mordthat an. Natürlich finden fie Glauben,- und was am Beweije fehlt, das erfegt ihr Schwur. Aber ein Bauer, der fidh vor ihnen mit geftohlenen Früchten auf einen Baum geflüchtet und Alles mit angejehen Hat, iſt ihnen gefolgt und entlarvt fie. Sch fand dieſen Vorfall fo ſymboliſch, er ſchien mir die fittlihen und felbft die politifden Zuſtände des Landes und Volks jo grauenhaft treu wieder zu fpiegeln und meine durch Forſchen und Beobachten längſt erworbenen Anſchauungen ſo ſchrecklich zu bejtätigen, daß er mir augenblidlidh, wie er mir erzählt wurde, mit allen handelnden und leidenden Berjonen zum dramatifchen Bilde zufammenrann, Aber allerdings gab es keine Form dafür, wie die der Tragicomödie, in deren Wefen es durchaus nicht liegt, daß fie zur Parodie verflaht werden muß, was freilich meiftens geſchieht. Wenn fi die Diener der Gerechtigkeit in Mörder verwandeln und der Berbrecher, der fich zitternd vor ihnen verkroch, ihr Antläger wird, fo tit das eben fo furchtbar ald barod, aber auch eben jo barod als furdtbar. Man mögte vor Graujen erjtarren, doch die Lachmuskeln zuden zugleih; man mögte ſich durd ein Gelächter von dem ganzen unheimlichen Eindrud befreien, doch ein Fröſteln bejchleicht ung wieder, ehe und das gelingt. Nun verträgt fi) die Comödie nicht mit Wunden und Blut und die Tragödie kann das Barode nicht in fih aufnehmen. Da jtellt fi die Tragicomödie ein, denn eine folde ergiebt fi überall, wo ein tragifhes Geſchick in untragifcher Form auftritt, ıwo auf der einen Seite wohl der fämpfende und untergehende Menſch, auf der anberen jedod nicht die berechtigte fittlihe Macht, iondern ein Sumpf von faulen Berhältnijjen vorhanden ift, der Taufende von Opfern Hinunterwürgt, ohne ein einziges zu verdienen. Ich fürchte jehr, manche Proceſſe der Gegenwart können, jo widlig fie find, nur
380 Lesarten und Anmerkungen. Ein Traueripiel
noch in diefer Form dramatisch vorgeführt werden. Tragiſch zu fein, hörten felbft bie bedeutendften auf, feit die Ueberzeugung der einen Barthei nit mehr mit der Ueberzeugung der anderen, fondern nur nod mit ihren Intereſſen zu kämpfen bat. Aber die Träger und Ber: fechter diefer Intereſſen, wie nichtig und erbärmlich fie auch, als Ber: fönlichleiten betradhtet, feien, find der Comödie deßungeachtet noch nicht verfallen, dem es gehen fürchterlihe Wirkungen von ihnen aus. Da bleibt dem Künftler, der ſich nicht begnügen will, die Roſen und Lilien auf dem Felde zu malen, Nichts übrig, als zu der Form der Tragi- comdödie zu greifen. Daß dieſe Form feine reine ift, wird er darum nicht vergeſſen.
So entitand da8 „Zrauerfpiel in GSieilien“. Wenn ich Ihnen, hochverehrter Freund, das Wert jebt zufchreibe, jo geſchieht es natürlich vor Allem, um Shnen einen öffentlichen Beweis meiner unveränderlichen Hohadtung zu geben. Ich Hoffe aber auh, dab es Ahnen vielleicht Gelegenheit bietet, die Theorie der Gattung, der es angehört, feftzuftellen und die Wiffenfchaft der Kunit mit einer neuen Abhandlung zu be— reihern. Als es dor einigen Jahren in der Novellenzeitung zum erſte Mal erfchien, wurde ed, vermutHlich des Titel® wegen, faft überall fie eine Tragödie genommen, obgleich jeder Vers, vom eriten bis zum legten, in Ton und Färbung widerfprad, und nun höchſt feltfame beurtbeilt. Das beweif’t, dab es hier fiir den Kunſtphiloſophen Etwa — zu thun giebt. Friedrich Hebbel.
Lesarten.
Titel. 3f fehlt A!
Widmung. 1f fehlt H HJ
Personen. i1—9 fehlt H' nach 9 folgt Scene: Eingar sg eines Waldes. H* J
Erste Scene. Sceneneinteilung fehlt H! vr 1 nor Ambrofio und Bartolino. H' 7 glei) über bald M7! 8 baum ID über wohl H! 12 in über auf A" 21 doch über fhon ad‘ 22 zuerst Ic jah dem fhwarzen Käfer zu, dem bdiden, Z' Zu de= mM Motiv vgl. Tgb. II S. 91 vom 23. Mai 1844 über einen Besu = des Mont Martre: Ich ſetzte mich auf eine Bank, über den Weg kch ein Maikäfer, er war ſchon etwas beſchädigt, und ich ſah ihm geſpar ⸗ni zu, ob er herüberkommen würde, ohne von den vielen Hin⸗ und O gehenden völlig zertreien zu werden... Als er fi) aber gewaltig am.” ftrengte, kam ein Mann, der ihn nicht fah und ihn zertrat. 7D> ein
ni Sicilien. Lesarten und Anmerkungen. 381 1
über das H! 30 Wein her!) Wein! Wein! HI H*J 34 fehlt H: 37 fehlt H! 43 Auditeur über Commandeur H! 47 jeder über diefer HZ! 52 dgneben 1. [= 50] H' 53 Diese ganze Erzählung hörte Hebbel in Kopenhagen von einem Bekannten aus der Münchner Zeit, Ewers. Er schreibt am 18. December 1842 im Tgb. (ungedruckt), Ewers habe ihn wieder anpumpen wollen: Die 5 Thaler habe ich ihm nicht gegeben, aber den Kaffe hab’ ich für ihn bezahlt — fiir mid) ſchon immer genug, da ich die ganze Woche Nichts als Brot eſſe. Doch bat er diefe Auslage gewiſſermaßen durch einen guten Wi, den er mir von einem jeiner aufjchneideriihen Belannten erzählte, vergütet! Diefer nämlich, der in Algier den Feldzug mitgemadit, erzählt in einer Hamburger Geſellſchaft: dort jey auf jeden Türkentopf ein Preis von 5 Franken gejeßt worden; nun fey man denn der Köpfe wegen Truppweife ausgezogen, wenn man fein Geld mehr gehabt, und babe die Köpfe, im Gürtel befeftigt, heimgebracht; es jey aber zu um: ſtändlich gewejen, fi) dafür erft das Geld auszahlen zu lafjen, man habe vielmehr die Köpfe in Wirths⸗ und Hurenhäufern an Zahlungsitatt auögegeben. Sehr gut! vor 54 (für fi) fehlt ZH! H® J 54 fehlt H H*?J vor 55 (laut) fehlt ZY H*J 58 f (fiir — laut) fehlt AH! H?J 59 will eg ZH! HJ 65 zuerst verftand ZH! 66 Was macht da8? — aus Tas machte H' 79 am über das H'! 80 feiner über jeder ZI! 81 fehlt H' 83 mag über werden 4° 84 über Mancher]) Mandye 4° hierin Keiner. Darüber, zwischen den Zeilen und daneben wenigjtens
Wenn e8 die öfjentlidhen Händel gilt
(Nicht meine eignen, hierin ſchwerlich Einer]
Wozu der einz’ge Held feyn? Hierin Keiner! H° und ebenso, ohne das Gestrichene J y3 niederftößt,) durchbohrt, HZ! H*? J 95 wem] wenn J 103 £ (für — laut) fehlt A! HJ 105 Wie? Nun] Se nun, HY H?J 106 zuerst Sch ſuchte mich in meiner H neben 107 steht 2, [= 100] HA! 105 zuerst Höflichkeiten; 22 ' 116 gut über wohl H\ 118 fernte über fönnte A! 127 Augenblic® darüber Angeſicht Z' 130 zuerst Der grimm’ge Unbold H' 131 später zugesetzt HA? 138f am Rand; im Text Und was ih hab’ im Kopf, ift [darüber fommt darüber ftammt|] von Dir. darüber Das ſich fo feft mir in den Kopf gefegt, ZH! 138 über fejt wie's] wie das HM! 140 heute Mondſchein“ zuerst feinen Mondfchein heut’? dann heut’ nicht Mondfchein? dgnn Lemma H! 141 fehlt H! später zugesetzt HM? 144 dur — Funkeln
382 Lesarten und Anmerkungen. Ein Trauerfpiel 1
hinter nicht mehr bligt Z' 145 zuerst Und duch ihre Funkeln ferne hält den Feind, A! 146 zuerst nur ungern, was fie ſonſt M 155 vor Sie] Erftaun’ 7! 156 zuerst
Bloß etiwad naß!
Ambrojfio. Wie das?
Bartolino. Ich lag im Graſe —
Vielleicht, daß fie mich gar nicht. fahn! Genug!
Du kannſt's erratben, und ich kann's verzeihn. H! 158 hundert über taufend H! neben 158 jteht 3. [= 150] H 159 zuerst Verſendeten, wenn man jie abgedrüdt. H' nach 159 am Rande So daß man Hunderte bedienen könnte. H! 160 zuerst Scheint's Dir unmöglih? HZ! 172 pfufchen [bei Gelegenheit,) Z' 173 geföpft. hinter gehängt. H! 174 zuerst Es giebt wohl keine einz'ge Miffethat, H! 175 ſchon — wurde? gestrichen, darüber irgend wer vollbradjte! HI! 176 wohl über fyon MH! 180 zuerst noch manches Tugendftüd, H! 181 f zuerst
Das ſchon vom erften Dienfchen ber dem legten
Als Himmelsſchlüſſel aufgehoben wird,
Und das vielleicht auch diefer nicht vollbringt. A! 182 Die Sedermann für feinen Enkel fpart. darüber Die Jeglicher für Sohn und Enkel fpart. H' 186 Menſchen] Leuten H'! 194—200 am Rande zugesetzt HM! 194 einem Wirthshaus aus einer Kirhe A! 200
Bartolino. Ich glaube, wäre nicht das Blut ſo roth, Daß es an Roſen mahnt und Kinderwangen, Man würde es viel leichter fließen ſehn.
Ambroſio. Das mag die Katze, die im Dunkeln ſieht, Im Mäuſefangen ſtören, doc dem Menſchen, *5 Der gern um Mitternacht dem Teufel dient, Kann's gleich ſeyn, ob es roth iſt oder weiß.
Bartolino. Du ſcheinſt mir äußerſt ruchlos von Natur! H J *2 zuerst Mädchenwangen MH! *3 So würde man's He
H Sicilien. Lesarten und Anmerkungen. 383
neben 206 ist 4 gestrichen H 208 f zuerst aber eine faul’ge Frucht Kir in bie Hand H! neben 209 steht 4. [= 200] HM! 210 zuerst ich fie brechen fol, H: 212 zuerst Bin ih nicht einem ſchuft'gen H' 213 wenn über als über wenn H! Kopf über Bals MH! ſchickt, aus ſchickte H 214 abzuhacken über ab— zuſch neiden H iſt über war über iſt H! nicht zieht? über zer Pricht? zerbrach? H' 217 Nein!) Ja! HA! [Jal] Rein! H° Ja! Nein! H! [(Xein!| Ja! H* 218—221 später, z. T. am Rande zugesetzt H' 222 Nun denn! über Komm, Sreund, HZ? 223 unter gestrichenem Mein Heil’ger zeuge mir's, ich fah's [erft jet] noch nicht, Ich hätt’ ihm fonft den Rüden nicht gewandt, H! 224 Das — Dir, über Ich fage Dir, H! 227 zuerst ihn nicht gegrüßt, felbft auf dem Marſch. Hi Zweite Scene. 230 So [hat die That, wie fchlimm) H nach 240 wagte, Um an das Sterbebette ihrer Mutter Den Priefter mit dem Sacrament zu rufen, Damit fie eingeh’ in das Paradies. [aus Damit das Paradies ihr fiher feyel] A! 245—247 am Bande zugesetzt H' 245 that es, über ging ja, HA! 246 ihres Vaters aus ihrer Mutter B 247 ich, [ihm heimlich] 7: 252 er weiß] ihm dindte, H! Lemma über ihm dänchte, 7? 254 Erhandeln über Sich kaufen H' kann, über könne, H° zuerst ihm gefält. H? 255 bin] wär H' nach 258 (&ie — um) fehlt H' neben 262 steht 5. [=30] I 264 zuerst fol mir meine Zulunft deuten. A! Dach 268 Sie — zurüd.] Ambrofio und Seb. (tommen zuruch. H! Dritte Scene. 273 zuerst Denn, wer nidht trinkt, der zanft. A 275 auf dem] aufm M' 276 hübſche über junge 7' 27T Mebrige,] in der Welt, H! 278 zuerst geben jegt nur Küfie ber, doc feinen Grofchen. H! 282 später zugesetzt A' 285 Schwur! [Und Schwüre halt’ id} ftets! Bei Gott!) Sie HH 289 Dur Ambrofio H! 296 später zugesetzt H' nach 301 (reißt eg ihr 71 nach 307 (ieft — an fehlt A! 308 zuerst Sonft ſchmerzt [das Abziehn] es ja! H' 309 zuerst daß er mich quälte, 7 312 de3 verlornen Sohns! aus dom verlornen Sohn! HA! neben 312 steht 6. [= 300) HY 312-315, 320-335 alle scenischen Angaben fehlen AZ! 324 f am Rande zugesetzt,
384 Lesarten und Anmerlungen. ', Ein Zrau
gestrichen, aber unterpunctiert H' 334 zuerst fie de bereit8 vor Augen ſah. H! 342 wie's — ift! hinter wi Amulet. H! 344 feht über ſchaut MH! 345 zuerst | daraus, H! 351 zuerst größern, die bevor wir ftanden 352 ff vgl. Tgb. II 8. 136 vom Jahre 1845 über die Conseqt einer Behauptung: Freilich heißt das, auch felbft den Hanf zum hergeben müſſen. neben 364 steht 7. [= 350) A! 366 Bit H H°J den über von HZ! 367f zuerst Wie man e mit Hunden macht, verrwürfeln zu laffen, H' 372ff vgl. Tgb.1 vom Sommer 1839 (ungedruckt): Der Vater, ber feinem Sof dem Fluch droht, wenn er ihm feinen Segen nicht ablaufen 386f Das — wollt. über der Zeile H*! 387 Wenn’s übe mögt. Gefallt es H! 389 wir über ih H*® 393 spät, gesetzt H' 394 ihn [wohl] 7! 396 rührte — Bater‘ rührend, wie er it — H' 397 fein über der 4! 400 f
So läge [jet in Aſche] unſer Haus in Niche jegt! Wir hätten Nicht? gerettet aus der Glut — H!
402 zuerst Mit Schaudern, aber auch mit Stolz und Luft, A!
zuerst mir vorüber fam, beherzt die HM! 408 mag — geh'n ift es gut, H! 409 wird’ — verbitten, über werd’ ich’s mi bitten müffen, H! 410 später zugesetzt H' 411 feh 412 Und über Denn A! 413 und — brennt, über ih fte bei, wenn’s nieder brennt! H! neben 416 steht 8. [= 40 418 über Sid fchwingen wird, wenn die Pofaune ſchallt! A!
hörſt über fiehft H! 422 fpreizte — Finger über fpreite: Sieben H' 440 Sieben [wird er] 7! 441 hinter Wit verjpätet haben! H! 445 steht einen Vers zu tief vor 44 Ambrofio. HM! 445 [Ich denke!) Iſt AZ! 448 nic plauderte! später zugesetzt H' 449 f neben Ei wohl! Uni jie ſelbſt Nicht ıhut, das thut — HI! 451 Scenisches feh 453 fehlt 7! .J später zugesetzt FM? Schmuggelei! E Hebbels Sprachgebrauch. 454 über Sie muß daran! [So «Er thut's ſelbſt.) H! fie [fterben] A! 455—461 fehlen B Rande zugesetzt MH? 457 für — verjegt; über zum Pfande f H® 462 zuerst Ambroſio. So zieh! Bartolino cthur Vie Du! Angiolina H! 463 Nun — nit! über 1 Denkſt Du müßig zuzufehen? HZ! 464 später zugesetz 4501901) O! H"TJE vor 466 (ftirbt) HA! 470 zuer:
Wenn's nur fein Menfch geweſen iſt.
Fr Fe Lesarten und’ Anmerkungen. 385 Bartolino. Ein Menſch? HI 470 Mir war, über Mir fchien, 7! 471 Ihr über Sort! Sort! Der H! der no) über welcher H! 472 Sahſt — Menden? zuerst Sort! Was zögern wir! Sort! Sort! darüber Ein Menfd! darüber Lemma H' 473 über Jal Menſch! — Dod nein! ein! Nein! H! 474 Bei — nur! über Tritt nur bei Seit’! H! Vierte Scene. vor 478 (tommt)] (tritt auf) 7! neben 478 steht 9.
{= 450] H! 481 zuerst
Und ih — wer wird audh an der Himmelsthür
Noch düfter, wie ein Kirchenfenfter feyn,
Das jeden Straf des muntern Lichts verfchludt! dafür am Rand zuerst Seit ihn jein Podagra nicht mehr ver: läßt! HM! vgl. Maria Magdalene 25,17 und „Späne aus Maria Magdalena“ 367, 15. 485 hinter Sie felig die Abfolntion ' 487 verrüdt,] verwirrt, 7! 491 blaje über zünde H? 493— 496 fehlen H! am Rande zugesetzt H*? 497 ihm) hier ZH! über hier H (erblict fie) 7! 500 fpätl Ambrofio A! ſpät! (wüthet H®:J
Fünfte Scene. 503 Dan hat über Ich hab’ A! Dan
Hat über Du haft 7° bift’8 ja über bift es AH! vor 509 Scenisches fehlt H' vor 514 wieder fehlt A! 514 fehlt H' H?J 515 Zodt! Und dur mi! Warum kam ich fo fpät! H' H%J leb’] lebe E 517 fehlt H! H°J 922 mir über ihm HM! 523 Scenisches fehlt HZ! H?J 525—532
Ambrofio.
Negt das Gewifjen ſich? Nun wohl! So gieb der Wahrheit denn die Ehre Und fprich: ich that's! Das ift der Weg zum Tod!
Sebaftiano.
Zum Tod! H! H* J darnach Dein Schwert! Dein Schwert! H!
Sechste Scene. vor 533 (Anjelmo und Gregorio, der Podeſta, treten auf.) H! (Herr Gregorio, ber Podefta, und Anfelmo, der Pater der Angiolina, treten auf. Soldaten mit Fackeln folgen. Wald.) H° 533 ei was, fehlt H! H°H® J Tochter über Töchter H' 534 Wenn — ihr über Sobald man Weiber draus H' 535 Denn — die über ’s giebt Leute, welbe ZH! * 537 giebt — nehmen,
Hebbel,. Werte II. 25
386 Lesarten und Anmerkungen. Ein Trauerfpie [
darüber giebt’s, die ein Mädchen nimmer nehmen, H' neben 54 steht 10. [= 500) H' 545 Was mid) zwang? hinter Die Ehr that's! HM! 546 später zugesetzt HM! 547 [Ih muß] Ru H' 548 mir [auserforen über auserfehen] HZ! 549 mir) mit H® mißfällt,] verdrießt, 7° 550 zuerst fich vielleiht ei Anderer erhängt H! 553 Stiel, über Sweig, H! war übe ıft 4° 956 über Ja wohl, und Dem and, der einft Meffer au‘ gebradht! HY 566 fehlt A! 573 fehlt H? später zugesetz B°® 575 that] hab’ 7! 576 zuerst von Eud fprad. H' A 589 Mit — Eud, aus hr wißt, mit Mienen H! dingt] dring H'‘H?J 590 zuerst Und wenn Ihr mir nicht haltet, H neben 595 steht 11. [= 550) H! 599 ff vgl. Tgb. II S.5 vor Sommer 1843: Rothſchild müßte den Gedanken haben, all fein Geld i Landbeſitz zu fteden und das Land unbebaut liegen zu laſſen. Na dem in der Welt geltenden Eigenthumsrecht könnte er ed thun, wenn auı Millionen darüber verhungerten. Hebbel setzt zu dieser Tagebuchnoti ein doppeltes NB. NB. vgl. Tgb. vom Juli 1843 (TS. 322): Zft e8 ei gerechter Zuftand der Geſellſchaft, in welchem der Einzelne, wenn ih die Verhältniſſe begünjtigen, dad an fi raffen und, wofern es ihı beliebt, behalten, fiir die Gefellichaft unfruchtbar maden kann, was ebeı weil er es befigt, Taufenden fehlt und fie in Noth und Tod hinein treibt 602 glaube über denfe H! 603—606 fehlt ZH! am Rand zı gesetzt H? 603 zuerst Denn ſeht, die Küffe bringt man nit 7* H 604 zuerst verfäumt und nicht die H' H? 607 E3 — warnen, au Euch warnen ſoll's, 2! 609 was hinter wie H! 611 thur [wenn] 4! 620 Euch — gelaufen — über — Aber feht Euch vor H! 621 später zugesetzt H' 626 unter Ich würde ſprechen Tod — — O nein, und noch viel minder ihre Flucht! HZ! 632 fehlt H' 632 mit — überhäuft, über in allen Put der Wel gefaßt, 4°? und so H®J 634 Wär über Würd’ H! 63 fauft? — mir) faufte ih A! 638—647 zuerst ſetzt' ih aus den eriten Der Virtuoſen die Kapelle mir Bufammen, mögt’ es foften, was es wollte,
dann 638—640 geändert, 64] zugesetzt, das Weitere fehlt 4 vor 649 zuerst Anſelmo. Nun weiter! HA! G49—654 ar Rande zugesetzt H' 650 [Don diefem] Die ZZ! Teufel übe Graufopf A! 652 zuerst Das in fein [über das) zähes TFleijc das [über ein] Loch ihm bohrt! A! nach 654 (Nun ftoßen fi auf die Mörder und die Todte.)
in Sicilien Lesarten und Anmerkungen. 387 6
Schlußwort des Stüds: Wie gählings kommt der Tod! (ſchuttelt fih) ® 656 Hirt ung über Schaafhirt ZI 657 fehlt H! aus Der mir dad Haus mit friiher Milch verforgt, H 658 zum — gewandt.) dahin [hinter dem Kreuz] gewendet, Wo fie das Kreuz erblidte! H' das Scenische fehlt Z' 659 f lauten
Ambrojio. Wer ift da?
Gregorio. Der Podeſta!
Ambrofio.
Der Podeſta? So [iit] ward HM! 663—666 alle scenischen Angaben fehlen H! 663 fon! über nun! .H! 666 (ihaudernd) fehlt U H®?J neben 666 steht 12. [600] 7! 667 Zebendig? hinter Der Mörder? H' 670 Schurke, über Böfewicht, auf! auf! I! 671 Was — denn? über Ja, ja, was giebt's? H!. 673 Scenisches fehlt H'! 680 Auffauf über Anfauf A! 682 zugleih über fogar H! 683 —688 am Rand für Er wollte nicht, und darum haft’ ich ihn! H"! 685 offenbarteft] frech entdedteft 7! .J über offenharteft H' offen- barteft über frech entdeckteft 7? 686 ja aufgedrungen:) mir offen- barteſt, 7! 687 feit — ih aus und darum haft’ ich ihn HZ! 688 Ihn — nur!) Ihn noch einmal fo ftarf, wie je zuvor! Z! 690 hier duzt Anselmo, den Podesta in der Aufregung, 784 kehrt er zum „Ihr“ zurück. 691 wendet — Rüden: fehlt 7! 692 Ad Gott, jo fhlagt mir doch den Kopf herunter! ZH! H®? Jin H' aus Ah! Schlagt mir endlich doch usw. 694 jo — geh’n!) Das jol nicht geſcheh'n! 7! 695 madt nur, madt!] was nod weiter? H' H°J 696 f. fehlt ZH! A? J 698 Er] Der I! 699 Beſſ'res] And’res H! 700 köpft, hinter ftraft, ZZ! 702 f. am Rand für Mär’ er nicht toll, fo fpräd’ er Nein, flatt Jal MI 703 Ein — leugnete!] Wär’ ex nicht toll, To ſpräch' er Nein, ftatt Ja! 7: 704-710
Bartolino.
Ich ſchweige nicht!
Gregorio. Was haben die? he
388 | Lesarten und Anmertungen. Ein Trauerfpiel [6
Bartolino. Er war es nicht! |
AUmbrofio. Er war's! Kurzſichtig iſt Mein Kamerad.
Bartolino. Ich ſage noch einmal —
Ambroſio. Zum Teufel! (dringt auf Bartolino ein) A! 704 f Was — Gott! später zugesetzt Fi? 710 auch über wie fie A 712 f 2 Öregorio, Du Haft es ſchon gethan!
Ambrofio. D, hätt’ ih Di, Z'
712 Auch? Auh? fehlt ZI H% J 712f Bad — Nichts!) Was denn getban? Ich jagte Nichte, gar Nichts! A? 716—718 Scenisches fehlt HM! 718 Ich — los!— Wär’ ih nur Ring und Kette los! hinter Geh in’s Gebüfch und wirf H! 719 - 723 fehlen H! 724—730
Anfelmo.
Was iſt das? (su Sebaftiano) Menſch, thu den Mund auf! Sprid ein Hares Wort!
Sebajtiano. Köpft, wen ihr wollt, nur köpft mich mit! Anjelmo.
Der hat Es fiher nicht gethan!
Gebajftiano.
O, fiher nicht! Doch das ift Alles eins!
in en Lesarten und Anmerkungen. 399 6. Anjelmo. So thaten’3 die! AUmbrofio. Beweis! Beweis! A" 727f Es — Theil! fehlt A? I 72If Wir — Nein! fehlt H‘H®J Siebente Scene. 730-737 Zwei ber Soldaten (kommen mit einem Bauern). Holla! Den trafen wir Im Baum verftedt. Hod) oben, in der Krone, Sein lautes Schnarchen Hat ihn uns verrathen, Und da er nicht erwachte, ald wir riefen, *5 So jhüttelten wir ihn herab!
Bauer.
Ih brach Den Arm dabei. Wenn e8 der Hald nun wäre!
Ambrojfio. Wo hatt’ ih meine Augen! (su Sebaftiano) Junger Mann, Ich bitt' Euch um Berzeihung! Diefer war's! Mein Kamerad fah befier, ala ich felbit! »210 Eo löſ't fi jeder Widerfpruh! Ihr ſeyd Ihm in der That biß zur Verwechſelung Auch ähnlich, jeht Eu nur den Menſchen an, Vielleicht iſt's Euer Bruder!
Bauer (erblidt den Leichnam). Kieber Gott, So ift e8 wahr und wirklich Hier geſcheh'n, »is Was ich geträumt zu haben meinte? Ya, Da liegt fie und bier fteh’'n die beiden Mörder! Au weh, mein Arın! In feinen weiten Stiefeln Berbarg der Lange, glaub’ ich, Kett’ und Ring!
vor *1 nur Soldaten mit.. HZ! neben *5 steht 13. [= 650] A! *10 f vor hr] | Wie groß
ft nicht die Aehnlichkeit! Gebt mir die Hand! A! 1518
Was ich zu träumen meinte [über glaubte]? Ja, da liegt fie,
Hier ſteh'n die beiden Mörder — in den Stiefeln A!
390 Ledarten und Anmerkungen. Ein Zrauerfpiel g
Bieht ihm die Stiefel aus, es muß fich zeigen, Sonit liegt auch die nicht da!
Ambrofio. Nun iit’3 vorbei! *o Mir fehlt's am Stein, der unfichtbar mid; macht. Sp kam das O von dem!
Gregorio. Sprid; weiter, Bauer! ZH! H?.J 740 war — — H?.J darnach |
Wo blieb er [e8 J) denn? Wo blieb mein Korb? Berloren'!
Ihr jeht, ih bin beitraft! Dazu der Arm! Hr J 741 bier — Wächter] die Soldaten ZH! H?TJ ſtehen über fommen — H! 743 hinauf, nun ZH! H®?J 146 Es — ſeh'n! Ih war allein und rings fein Menſch zu feh'n! H HM? J 148—756 fehlen, dafür
Und muß zulegt vor Grauen und Entfegen
Sn einen Zodtenfchlaf gefallen jeyn! ZH’ H°TJ zuerst in HM!
Und muß zulegt, ich felbjt begreif's nicht, wie
Bor Angft und Graus in Schlaf gefallen jeyn! 757 e8 nicht über auh Nichts A! 758-762 zuerst
Sch eh’, die That war im Voraus verflucht,
So oder fo, es gilt mir jept gleich viel,
Und was verloren ift, das geb’ ih aufl Z' dies gestrichen, dafür zwischen den Zeilen und am Band, was auch H? J bieten
So fchliefe diefer no in feinem Baum,
Und dächte Nachts, wenn er herunterftiege,
Er habe eine Bifion gehabt!
Er wäre auch vielleicht herab geplumpt
Und hätte das Genid dabei gebrochen. »
Sleichviel, die That war im Voraus verfludht,
*19 Gtiefeln 7! *20 vorbei! über aus! H! *21 über Bartolino. Ja, folbe Chaten werden ftets verrathen. H *4 Wär’ auch vielleiht im Schlaf herabgeplumpt J
in Sicilien. Lesarten und Anmerkungen. 391
Und a8 verloren ift, das iſt verloren, Sprah Bonaparte auf Sanct Helena! H: H?J 765 nad] zu 7 766 gefällt! — H' 167 f später zugesetzt H! 768 Scenisches fehlt H' 769 f Sebajtiano — gebührt! feblt ZI H®?J 771 nur) denn H'H°J 772 früher bier gewejen über früh genug gefommen H'! 773 Ich [trage felbft] HM! 775 Semand, über Einen, 7! — verftehit Du mich ?] mid) unterjtügt. 7! 776f am Rande zugesetzt H' 778 Alten da) alten Mann HM! 779 fehlt 2° 780 und er jagt über er vertreibt 1 781 nidyt die über feine HZ! 182 später zu- ‚gesetzt H'! vgl. Kuhs Biographie I S. 80 die Nachricht von einem unvordenklichen Conferenzrath, der die Kirche zum Pferdestall machen wollte, was bei Hebbel als bleibende Erinnerung haftete. vgl. ferner Tgb. I S. 107 vom Sommer 1838 (ungedruckt): Juden: hochmuth. Herr von Rothſchild in Parid hat Talleyrands Hotel getauft. Als er es befichtigt, fagt er: Das Hotel ift etwas kleinlich, dod will ich fuchen, e8 bewohnbar zu maden. Er wollte früher aus dem Hotel Lafitte eine Wagenremife maden laſſen. 783 Doch ich glaub”, über Aber wißt, H' 785 [Sicher niht!] Ganz H! 187 Und — beweijen, aus Um Euch zu zeigen, 7! 791 f nur bis Schluss:
Gregorio. Auf nun, nad Palermo! — (700) A! nach 792 fit) Finis. H°J oo
*7 dad — verloren, hinter das geb’ ih auf H!
Von diesem Trauerspiel bewahrt das Goethe- und Schiller- Archiv nur eine
Handschrift.
H gross 8° aus 65 Zetteln und Blättern verschiedenen Formats und Papiers bestehend; zum Teil sind es abgeschnittene Brief- bogen, und man sieht, wie Hebbel zu verschiedenen Zeiten an diesem Werk arbeitete. Alle Blätter nur auf einer Seite beschrieben. Das erste Blatt enthält nur den Titel „Julia“; auf dem 2. beginnt der Text mit der Überschrift: Julia. Trauerfpiel in drei Acten von Friedrich Hebbel. 1. Act. In dieser Fassung heisst Alberto bis zum dritten Act Dr. Elias und Vieles in den Reden ist noch anders gestaltet. Eine Abschrift hat sich nicht erhalten.
Drucke.
J Boetiiche Bilder aus der Zeit. Ein Taſchenbuch herausgegeben von Arnold Ruge. II. Leipzig. Berlagsbureau. 1848. ©. 153—170: Eine Scene aus dem Trauerfpiel „Sulia”. Bon Friedrich Hebbel. [Die Scenen I 5 und 6).
E! Julia. | Ein Zrauerfpiel in drei Acten | von | Friedrich Hebbel. | — | AU! Mamufeript für Bühnen. | Eigenthum des Berfaflers. | — | Wien. | Drud von U. Klopf sen. und U. Eurid). | 41 Seiten gr. 8° zweispaltig, obne Jahr [1848]. Hebbel bemerkt in der Jahres- übersicht 1848 (Tgb. 11 8. 309): Druden ließ ich nichts Größeres, nur unnützer Weiſe ald Manufcript die Julia.
E* Julia. | Ein Trauerfpiel in drei Alten | von | Friedrich Hebbel. Nebit einer Vorrede und einer Abhandlung: „Abfertigung | eines äſthetiſchen Kannegießers.“ — | Leipzig, | Berlagsbudhhandlung von
Julia, Resarten und Anmerkungen. 3093
3% Weber. | 1851. | XLIV und 115 Seiten 8°. Dem Druck am 16. October 1850, noch ohne die Vorrede, übergeben, wurde E* am 30. Januar vollendet, aber erst Anfangs April 1851 ausgegeben. — Da die Abfertigung Julian Schmidts — gegen diesen wandte sich Hebbel — ihren Platz unter den Vermischten Schriften im X. Bande finden wird, gehört hierher nur:
Dormort.
Das Trauerfpiel Julta bat fchon eine Geſchichte, die id nicht zurüdhalten darf, weil fie für unfere gegenwärtigen Zuftände nicht ohne Bedeutung ift und diefe wenigfteng characterifiren Hilft.
s 68 wurde im October 1847 vollendet und damald von dem Herrn Brofeffoer Rötſcher, dem ich es mittheilte, aus eigener Bewegung ber Intendanz des Berliner Hoftheaterd eingereicht, von diefer aber nad einigem Zögern und einem auf einem merkwürdigen Ummeg unter: nommenen, übrigens wohlgemeinten, Durchbringungs⸗Verſuch aus Scheu
dor Anſtoß abgelehnt.
Ich Hatte bei den damaligen Berhältnifjen feinen anderen Ausfall erwartet und entfchloß mich auf der Stelle, mein Stüd, wie feine Vor⸗ gänger, der Preſſe zu übergeben, ohne noch ein zweites Theater damit iu behelligen ; denn meine in der Vorrede zur Maria Magdalena aus-
u geſprochene Ueberzeugung, dab ein Drama nur darftellbar zu fein, nicht aber gerade factifch dargeftellt zu werden braucht, ift unerfchütterlich geblieben, weil fie auf unmwiderlegbaren Gründen beruht. Wer mir diefe nothgedrungene Refignation, zu der fich Jeder gezwungen fieht, ber nicht im BolizeisReglement einen Commentar zum Xriftoteles erbliden kann,
wals Gfeichgültigfeit gegen die Bühne auslegt, der thut meinen Worten Gewalt an. Niemand dichtete lieber für den nächften Zweck, die Auf- führung, wie ih, ja Niemand rechnet mit größerer Zuverſicht darauf, dh für alle meine Stüde die Zeit der Aufführung fommen wird, wie Ne für einige bereitS gekommen ift, aber ich fühle mich nicht berechtigt,
» dieſe Zeit durch Opfer zu befchleunigen, welhe zum Gewinn in feinem Verhãlmiß ſtünden, und dies Gefühl, dem der Egoismus wahrlich nicht hen bleiben kann, ſollte die Kritik ehren, anſtatt es auf unwahre Motive zurüch zu führen.
7 vgl. Hebbels Brief an Rötscher vom 22. December 1847. Nachlese I S. 236.
394 Lesarten und Anmerkungen. Julia.
Das Jahr 1848 fam heran und hatte neben jeinen großen aud) die Heine Folge, daß die deutfchen Theater fih un die bis dahin ganz 3 vernadjläffigte Literatur der Gegenwart zu bekümmern anfıngen. Bas fih im legten Decennium mit Recht oder Unrecht bei der Kritik im Anfeh’n zu fegen gewußt hatte, wurde auf die Ecene gebradjt, und namentlich entwidelte Franz von Holbein in Wien, dem die Autoren Ihon früher die Begründung der Tantieme jchuldig geworden waren, 3 bierbei den rühmlichſten Eifer.
Bu den erften Werfen, welhe Herr von Holbein für das damals von jeiner ausfchließlihen Leitung abhängige Hofburg: und National- Theater defignirte, gehörte die Julia. Kaum war das gefchehen, als ih aud von Herm von Küjtner aus Berlin eine Zuſchrift erhielt, worin w er mid um das Stück bat, weil er, wie er ſich ausdrückte, jegt jreieren Richtungen folgen Fünne.
An Wien blieb die Julia einftweilen liegen, da in Uebereinftimmung mit meinen eigenen Wünſchen die Maria Magdalena und bie Judith (erfiere bis jept 12 Dal wiederholt, legtere 22 Mal, was ich bemerle, « weil e3 zeigt, daß meine Dramen fich jehr gut niit der Bühne vertragen ihr voraus gejhidt wurden. In Berlin wurden gleih nad Eingang des Manufcripg, wie die Intendanz mir höflich anzeigte, die Nolten ausgeichrieben und ausgetheilt. Das war aber auch Alles, was bier geſchah. 5
Als ih, nah anderthalb Jahren, im Oct. 1849 den Herrn von Küſtner um definitive Nachricht erſuchte, warn er fein aus eigener B«- wegung gegebened Wort zu löfen und die Julia zur Aufführung zu bringen gedäcdhte, erhielt ich die Antwort, daB „der Geift der Zeit ſich i nzwiſchen wieder verändert hätte, und daß das Etüd ſich zu fehr von ss den gewöhnlihen Formen und hergebraditen Anfichten entfernte, um nicht höheren Orts und bei dem jeßt wieder den Ton angebenden confer: vativen Bublicum Anſtoß zu erregen.” Er bot mir dabei ein Honorar an, was ich zurüd wies, und erklärte fi) dann bereit, anftatt der Julia die Marin Magdalena in Ecene gehen zu lafjen. Ich willigte ein, um o der Sade ein Ende zu maden.
AS ih mid) im Frühling 1850 an den mittlerweile für den Herm von Holbein eingetretenen Herrn Dr. Heinrih Laube um Auskunft wandte, warın die von feinem Vorgänger angenommene Julia zur Aut:
40 f vgl. den Brief an Küstner vom 30. October 1849. Nachlese I 8. 266 f. 64 Am 7. April 1850. vgl. Nachlese I S. 86.
Julia. Lesarten und Anmerkungen: 395
65 führung gelangen würde, erwiederte er mir, daß die Intendanz in ben „aeſthetiſchen und moraliihen Werth“ des Werts Zweifel ſetze und deshalb die Erlaubniß, fie zuerjt auf dem Hofburg: und National-Theater zur Aufführung zu bringen, vermeigere.e Der Handel ijt noch jet in der Schwebe; ich habe nicht replicirt.
0 Dieſe Thatſachen find wichtig; denn fie beweilen, daß fich feit dem Jahr 1848 die Stellung des dramatifchen Dichters in Deutichland durchaus nicht wefentlich verändert hat, dab er nach wie vor von der fchranten- Iofeften Willkür abhängt, und daß, um in dürren Worten die fchredliche Conſequenz zu ziehen, Heinrich von Kleift jept nod) eben fo gut ver:
75 hungern könnte, wie früher. Sch werde die darauf bezüglichen, zum Theil höchſt naiven Actenftüde bei einer andern Gelegenheit veröffentlichen und füge für dies Mal nur Nachſtehendes über den fpeciellen Fall hinzu.
Dem Herrn von Küftner muß ich die Richtigkeit feined Motivs, day mein Stüd fi von den gewöhnlihen Formen und den herkömmlichen
80 Anſichten entferne, unbedingt einräumen, wenn ih den Schluß, den er daraus ableitet, auch nicht zugeben fan. Den Zweifel an den: moraliichen Werth meines Werks will ich zu heben fuchen; der aefthetifche fteht und fällt mit dem meiner übrigen Productionen und it allerdings für Jeden unnadhweisbar, ber e8 in Abrede jtellt, daB das Licht zuweilen durch
s5 den Schatten gentalt werden muß, und der fllr die zweite, größere Hälfte eines Dramas, die nicht durch die Reden der Charactere, fondern durd) ihre Stellung zu einander erplicirt wird, fein Auge hat.
Unftreitig findet fih in meiner Julia viel Unvernünftiged und viel Unfittliheg. Ich behaupte aber, dab gar fein Drama denfbar
Hift, welches nicht in allen feinen Stadien unvernünftig oder unfittlihd wäre. Ganz natürlid, benn in jedem einzelnen Stadium ilberwiegt die Leidenfchaft und mit ihr die Einjeitigfeit oder die Maaßloſigkeit. Vernunft und Eittlichkeit können nur in der Totalität zum Ausdrud fommen und find das Nejultat der Correctur, die den
95 handelnden Characteren durch die Verkettung ihrer Schidjale zu Theil wird. Genau befehen, nimmt der Dichter die unvernünftigen und un: fittlihden Elemente aus der Welt und löſ't fie feinerjeit3 in Vernunft und Sittlichkeit auf, indem er Urfache und Wirkung enger zufanımen rüdt, als es in ber Wirklichkeit zu gefchehen pflegt. Man foll daher nie fragen,
109 von welchem Punct er ausgeht, fondern ftetS, bei welchem Bunct er anlangt, und wenn man mir dieje Gerechtigkeit erweif't, fo wird man gewiß nur ein befriedigendes Reſultat finden.
Ohne Zweifel fteht e8 im jchneidendften Widerſpruch mit den „ges wöhnlichen“ Formen und den „herkömmlichen“ Anfichten, dag ein
396 Lesarten und Anmerkungen. Julia.
us
vornehmer Herr, ber ſich im Uebermuth der Jugend phyſiſch zu Grunde gerichtet bat, den Frevel, der darin liegt, erfennt und Buße dafür tbut. Veit entfernt, der Welt, die er um einen Menſchen betrog, dadurd Erfap zu leiten, daß er ihr einen Menſchen erhält, der fchon ficher verloren war, wie das in meinen: Stüd geichieht, wird er eine ſittliche Niederträchtigleit auf die andere folgen laffen. Er wird, wenn er dem: Bachus und ber Venus nothgedrungen Lebewohl fagen muß, feine „Sarriöre” zu machen ſuchen und fi troß feiner auf Null reducirten Leiftungsfäbigleit in den Etaatsdienft eindrängen, um nad oben zu friehen, nad unten zu tyranntifiren; er wird, nachdem dieß gelang, eine „Verbindung“ fchließen, um die Einnahme zu verdoppeln und für böſe Stunden der Kranfenmwärterin gewiß zu fein; er wird aud wohl nod) einen „Namensträger“ in's Leben rufen, ein unglüdlidies, von vorn herein ohne Schuld zu ewigem Leiden verbammtes Halb- und Zwitter⸗ wejen, und fo die Zukunft vergiften, wie bie Gegenwart verpeften. Dieb iſt gewöhnlich und herkömmlich; dem Bertram bes erften Acts begegnen wir in jeder großen Stadt hundert Dal des Tags auf der Gaſſe; den_ Bertram des legten treffen wir vielleicht in ganz Europa nicht ein Mal an. DaB es aber moraliſchſei, unmoraliſch zu bleiben, und unmoralifh, moralifh zu werden, darf ih mit einiger Hoffnung auf allgemeine Zuftimmung verneinen. Damit ift denn die Moralität meines Haupt-Character8 und die davon dependirende de8 ganzen Dramas, das in ihm angefangen und beichloffen wurde, erwieſen.
Ich könnte mich noch tiefer in die Analyſe der Einzelheiten ein⸗ laſſen, und man würde erſtaunen, wie ſchlagend das Ergebniß wäre, ı Oder iſt es z. B. nicht moraliſch, wenn Antonio in dem Augenblick, wo das Leben allen Werth für ihn verloren hat, und wo er, wenn er nicht wirklich für alle Ewigkeit den ſittlichen Schwerpunct gefunden hätte, zur Piſtole greifen müßte, den Entſchluß faßt, ſich dies verhaßte Leben zur Buße im Schweiß ſeines Angeſichts durch Mühe und Arbeit zu friſten, ja, wenn er ſpäter ſogar gelobt, über den Menſchen, wie ein Bruder, zu wachen, der ſeinem Glück allein im Wege ſteht? Aber ich würde mich dadurch in den lächerlichen Verdacht bringen, als ob ich noch immer an die Ehrlichkeit des mir ſo oft gemachten und eben ſo oft widerlegten Vorwurfs der Unmoralität glaubte, und ſo naiv bin ich nicht mehr. Ich weiß es recht gut, daß mir Nichts widerſtrebt, als das allgemeine Mißbehagen, das gewöhnlich zu entſtehen pflegt, wenn Jemand die wankende Geſellſchaft in ihrem fühen Traum ewiger Dauer zu ſtören und ſie auſ die ihr drohende Gefahr aufmerkſam zu machen wagt. Ihr
145 figt bei einer wohl beftellten Tafel; ich lege den Todtenkopf auf den Tiſch und mahne an’3 Ende. Ihr wollt vom Ende Nichtö wiſſen, Ihr wollt von dem Gebäude, in dem Ihr jubelt und zecht, lieber während des Naufches erichlagen werden, al® feine morſch gewordenen Pfeiler durch neue erjegen, Ihr weif't mir die Thür. Das ift nicht Hug, aber
150 natürlich, und ich kann's begreifen, wenn ich's auch beflagen muß, da
ich mir der reinften Abſicht bewußt bin, und, wohl gemerkt, obendrein bie volle Gefahr mit Euch theile. Hierbei laßt Ahr es jedoch nicht bewenden, Ihr befhuldigt meinen Todtenkopf, er fei troß feines Zähnefletfhens ein Verführer, und wolle Euch
155 zu böfen Dingen verloden. Das iſt abjurd; Eure bleihen Wangen und ftieren Augen ftrafen Eure Zunge Lügen. Trinkt lieber auf Eure Unſterblichkeit!
Wien, im November 1850.
Yriedrih Heb bel.
Lesarten und Anmerkungen.
Berfonen. 128, 1—10 fehlt 7! 4 Alberto] Dr. Elias H bis zum dritten Act.
Erster Act.
Die Sceneneinteilung fehlt H
Erste Scene. 127,12 würde,) fönnte, 7° 17 £ dann — ſprichſt, zuerst damit Du mit Anderen ſprechen kannſt, 7 19 Papagei] Hündchen H 22 Papagei] Spik H 23 Dann, der den Bercules zum Groß:Dater hat. H 24 den Vogel] dad Thierhen H zehn] hundert H 128,5 Vater über Mann H 5f entlaufenen Hund H 7 zuerst fannjt Du nit jagen, dab das Mädchen H 8 Bapapei] Hunde H jeufze, über rufe, H 9—11 daß — vers ftanden? zuerst jo den Preis [über die Summe], die ih auf den Hund [über Köter] fee, zum Beweis meiner Sorge um die Tochter machen. H 9 Alles über fo viel 7 11 jet unter nicht H 13 f wenn — ijt fehlt H
Zweite Scene. 1238, 16-20 Tobaldi. Ber hätt’ e8 je gedacht! Entlaufen! Bier Wochen vorher finne ich alter Narr, was ich dem gnädigen Fräulein zum Geburtstag verehre, ich berathichlage mich mit einem Collegium von alten Weibern, ich Frieche in allen Boutifen herum, um
398 Zesarten und Anmerkungen. Julia 13
Sachen aufzutreiben, von denen Keine ſagen könne: ich hab' fie auch! Und als nun der Tag kommt, als ich mich auf den Socken wohl zehumal
an ihre Kammerihür ſchleiche, um zu horchen, ob fie ſchon wach iſt, als id, da fie gar nicht munter werden will, die Thür endlich öffne, Tod und Zeufel, dba find’ ich ein leered Bett, eine leere Kammer, ein leeres Haus! [Wer kommt da? Und das jeht, jet, wo der Derlobte jeden Augenblid in die Thür treten fann!] Wer fomnıt da? H
Dritte Scene. 128,22 Alberto] Doctor Elias und so immer bis zum dritten Act H 129, 3—6 Nun — Blumen: Futter! zuerst Nun, es ift doch einfach, daB Menſchen, die nicht wieder geneſen fönnen, Sterben müfjen. H 5 Gie] Nicht wahr, fie I ober Blumen: Futter, wenn Du willjit? 7 7 an jenem gestrichen, darüber an H am Morgen [des Rofenfeftes; H 8 Dich — fah, zuerst in Deinen: Stuhl fißen fah, als ob Du hineingenagelt wärft, H 12 immer gegen nıih H 13 zuerst wir ung kennen H 14 zuerst ſieh mir in's Gefiht und die Frage H 15 verrichtet, über thut. 7 Hände) Kniekehlen H 16 gerungen] gelegen A 17 Alberto) Eliad und so immer H 22 Du — noh? über laß Dih dafür — beim Ohr ziehen! H 28 died — mid) über Was heißt dies Aber — H 29 Wenigitens -- verlichert! fehlt 7 31 davon) dazu 32 ih fann über habe H von 32 dafür bis 135,21 anders" ! andere Tinte, Schrift und anderes Papier H 130, 8 nach gehalten F* —] wie's einer Berlobten gezient. A [zuerst gestrichen, dann unterpunctiertf — 15f fo — hätte, später zugesetzt A 19 herbeiriefen! H 2. =) da8 — jest; fehlt, dafür über der Zeile das hab’ id in meinenmurı eignen Haufe erfahren H 31 ſagte ih, eg H Meſſina] Lifjabor on H 32 [unaufhörlihen] Erdftöge H 33 zuerst hätten au jr lie erihredt. So fern lag mir —
Doct. Elias. Weißt Du, wie fie [über daß fie unfre erfiee —n| unferen [erften]) Wucherer [fo] einſchüchterten? Ex ging [nicht bloß] uaeruum fünf Pro⸗Cent herunter, ja er fol fogar den Allmoſenſammler, vor de — em er fonft feine Thür [gern] verfchloß, durch's Fenſier an [über herein] gerufen und ihm mit Tenunciation und Injurienllage gedroht hab— en, falls er fih noch einmal unterftehe, an feinem Haufe vorbei zu geben. Verzeih. dab ih Dich unterbrad).
Zobaldi. So fen fag mir dad... dann gestrichen H 131, 3 einbilden,) einreden, H 7f Die acht Tage — Sie) 68 find bald at Tage — Sie H 11 nach verlafjen,] er würde f e/hft auf der Folter nicht plaudern, und über fommt unter der Bedingung
Julie I 3—5 Lesarten und Anmerkungen. 399 unverbrüchlichen Stillfhweigens in mein Teflament; [darüber hat guten Grund zu fchweigen] H 15—18 Tobaldi. Unmöglich, entftellt, wie fie ift. Ihre lebte Bitte: mein Vater, einen Schleier über mein Gefiht! Noch im Todeskampf Weib, aber der Wunſch der Sterbenden ift mir Heilig! ZH [vgl. 134, 29) 17 fern E! 20 noh immer fehlt A 21 -26 Barum — Madame,] Nein! Das niht! Zwar — was Hab’ id no für ein Recht, gut von ihr zu denten. Aber wenn auch! Madame, würd' ich fagen, wenn fie vor mir zu erjcheinen wagte, H 31 (euft) fehlt A 32 Noch nicht da! fehlt 7 33—134, 18 fehlt A 133, 15 lies reiben.
Vierte Scene. 134, 10-135,9
Valentino (mit Medicin). Gerade komm' ih! [Alle zwei Stunden einen Eßlöffel voll Es ift doch Sünde und Schande, Gottes Gabe jo zu vergeuden! Gern wär’ ich hei dem Eranfen Weber eingetreten nnd hätt’s ihm gebradt!] Die Medicin, Herr!
Tobaldi. Zu fpät! Zu fpät! Weg [über Fort] damit! (wirft die Rdicin aus dem Fenjter) Co jung! Co jung! (rauft fi Haare aus) Eſel, was ftehft Du noch mit trodenen Augen? Du fiehft, ih bin außer mir! Alles vorbei! Alles vorbei! Was ift der Menſch!
Balentino. Herr Doctor —
Zobaldi. Zum Tifchler! Beftelle den Sarg! Nimm's Maaß nad dem Bett und bring’s ihm! Und wie fie ausſieht! Keiner darf fie fehen, denn ihre liebfte Yreundin würde fie nicht wieder erfennen! Fort! Fort! Yu Alem, wad von den Leihen lebt! Doppelte Gebüren für Jeden! ur in Ruhe fol man mich lafjen, nur fommen ſoll man nidt! Ab: Ihiedagrüße an Allee, was ihr theuer [war] geweſen ift! Nun?
Valentino. Der Priefter, der gejtern da war, redete mich auf der Strafe an —
Tobaldi. O ich habe ſchwer gefündigt, daß ich ihn fern hielt. Ich fürchtete die Aufregung! Wer ahnte dieſen Ausgang! Ich werde beichten und büßen! Und hundert Ducaten zu Seelenmefjen! leid;
Zu ihm!
Balentino Ja! (ab) H 134, 28£ entjtelt — Geſicht!] entjtent! 21 135,4 f Deine — erlaubt] Du erlaubft E! 14 kann — zweifeln, fehlt HE 19 nach fpät!] (folgt tm) 1921 > ber — anders! gestrichen H 21—30 Es — Tobaldi) fehlt H -6—28 überwacht und nie E' nach 30 Verwandlung. E!
Fünfte Scene. Von hier wieder anderes Papier, andere Tinte 136, 3 Graf Bertram und Chriftoph, fein Bedienter, treten in
400 Lesarien und Anmerkungen. Sulia 15
einem ®alde auf. HJ Graf] Gr. E! und so immer 19 geipieen über ausgeworfen H 25 wäre J 137,2 jo einem JE! 3 Baum J E! ausfiegt — er über ein Ausfehen hat, als ob er H 4 zuerst fie zu ſtark ausjaugt. H ff vgl. Tgb. vom 23. November 1838 (I S. 129): Man fteht mit fich felbit auf geipanntem Fuß, wenn man krank it, der Geiſt bemitleidet den Körper feineswegs, er haßt und veradhtet ihn. Börnes Bemerkung: „Tinnlide Ausſchweifung ift öÖfterer Folge, als Urfache körperlicher Zerrüttung“ fheint mir Hierin ihren Grund zu haben. Der Geift will nicht den Krankenwärter fpielen, er trogt dem fiechen Gejellen und jpornt ihn zu Dingen an, die er nicht veriragen kann. 10 ſchoß,] flob, J 11 fet roter Wein, J 13 Muth J 16f vgl. Tgb. vom Sep- tember 184N (I S. 224 ungedruckt): Mande Menſchen: wandelnder Mit. 17f vgl. Diamant II 2 (344, 1 ff) 24{ vgl. Tgb. vom 19. October 1859 (II S. 465): Nicht, wie lange ich noch leben foll, mögt’ ich willen, aber wohl, ob der Baum im Walde jchon gefällt ift, der mir zum Sarg dienen wird und ob die ſchon Alle geboren find, die mich zu Grabe tragen werden. 138, 10 zwei und dreizig gestrichen, darnach fünf und zwanzig, dies mit Bleistift gestrichen und die frühere Zahl über der Zeile H fünf und dreißig J 20 wär’, H 139, 1 dürfte. ./ 5 bungrige fehlt 2.J E! 7 aufgehoben über vorzufegen H 21 iprid, [red] I 33 Mittag-Efien] Mitefien J 140, 12 nicht [hole der Teufel) A 21 Antwort! (Da begann) H 25 friih und lebendig-reizend] lebentreibend und lebenverſprechend H lebenbietend und lebenverſprechend J 26 fühlt J Nichts; [wie ein Menfh ohne Mund fam ich mir vor) H vom über mit H 29 durchzudte] padte I J 30 Du [fragt’ ich mich bitter, H 141,1 aufgezogen, [abgedrüdt — — ha, id} lebe noch -- das falte] A 3 die über Du die H Auf der Rückseite bei 129,29 steht: Jullia. Der Character des beutichen Herrn iſt fchon erponirt. Ein Menfh, der fich ſelbſt nur noch als Sache betrachtet, über die dag Echidjal, nicht er felbit, zu verhängen hat. Duell mit fi ſelbſt. Erfchofiener Rabe. H dies Motiv ist im Material zur „Schau- spielerin‘ skizziert. 3 ab! [Und ift's denn nicht recht jo wohl? Mer in feine Perfon hinein wüftet, bis fie zum Ding wird,) H 4 Herr! [Der Rabe — ich denfe, fie werden ihn wohl füttern. Audy frißt er wohl Regenwärmer!] H 8 Und — ift später zugesetzt H 9 Heraus J 9f vgl. Tgb. 1 S 227 vom 13. October 1840: Der Schuß, der in der Flinte fipen bleibt, verdirbt fi. So die Kraft im Menſchen. 17 Wurm, [den frechen Anführer der übrigen) A
Julia I 6—8 Lesarten und Anmerfungen. 401
21-23 habe, — find] habe! Genug, wir find 7 J E! 142,8 die über von denen H 9 [Eine] mit 7 17 f denn — Gefpenfter! später zugesetzt H 20—22 defien — haben; unter aus deffen Portrait von den Mäufen die Naſe herausgefrefien ift Z 30 den dirmen] der See HJ Ja — Tyrol! fehlt HJ Sechste Scene. Anderes Papier H 143, 12 fei — Thaten, ] erlaube keine, FI 13 That fehlt J 15 Schauder! Schauder! J 18 wird über dürfte H 20 nit einer hinauf geleiteten 7 J Sprige J 24 dereinft fehlt HJ E' vgl. Tgb. vom 19. April 1345 (II S. 148): Ein ſchwächlicher Sohn, der feinen Vater zum Duell ſo dert, weil er vor dem ſchon zu viel von feinem, des Sohnes, Eigen- hum vergeudet, d. h. weil er die Säfte, aus denen der Sohn werden !oflte, verſchwendet hat, ehe er ihn zeugte. 27 vgl. zur Judith 64,7 Siebente Scene. 144,4 [Die follt! ih Euch einen andern führen!] Würde H einen aus den H 21 Di [hier] 7 >21f wird’3 ... fegen, zuerst ſetzt's H 23f hier — Walde) in diefent Walde H 35 gezogen, [ich weiß, fie ift [hwer!]] HU und ohne H 29 mid) jegt A nach fhaudert!]) Muß es denn ſeyn? gestrichen, aber wieder unterpunctiert. A Achte Scene. 145,3f Ih — nur! später mit anderer Tinte über der Zeile H 7 später für So jung, fo fchön, und fchon dem Tode verfallen? Es kann nicht feyn! H [vgl. 146, 11 f] 15 f mit anderer Tinte über Wenn ich ihm wieder begegnete, wäre mein leßter Wunfh erfült. H 25 eriparen? wollte Hebbel durch
mit ihrem Blut bezahlen? ersetzen, strich dies aber wieder H 28 nicht — fährt, über feinen See erblidt, H 29 begen, über haben, H 29f der — umwillfürlid zuerst keine Pijtole, ohne ein Zuden
in den Fingern H 31f fih — jede über doch am See vorbei: geht und die Z 32—146,2 Ein — verdienten. später zugesetzt und vielfach corrigiert H 146,3 von hier andere Tinte H mid ſſelbſt]) 7 6 zuerst hab's auch faum gelernt, Schmetterlinge H 9£35 — rufen. hinter Die den Tod nur erleiden kann [darüber Ich kann den Tod rufen und aufjucdhen, aber ich kann] der ihr fih, nur auffuchen. wohl rufen, aber nicht ohne Schauder daran denken Bann, ihm fein finftres Geſchäft felbft abnehmen zu müffen — daß ich ihm fein finftres Geſchäft vielleicht felbft abnehmen muß. H 15 Zweiter über Mann, wie Sie, H 24 Menſch, [auf den man ein größeres) 7 26 fehlt H 33 darauf — mehr! über das hätt’ ich erwarten fönnen! H 147,4 id'3) ih HE! 6f des — trägt!] eines Mannes würdig! H 7 meines Geſchlechts] von Hebbel, Werte IL 26
402 Lesarten und Anmerkungen. Jırlic
ung E! 8 So — Borübergehen über Zum Zeitvertreib H Lohn A 21f an — ward,) die betrogen ward, H 23 f — bätte!] e8 wirde der Treubrüche nicht jo viele geben, die Bı würden jchaudern! H von 26 anderes Papier, andere Scl H 148, 4 ahnen hinter errathen über wiſſen noch H 51 über vielleiht H 6 über Wiſſen — iſt! Kennen Sie die N eines Mädchens? H doch, lachen Sie do! H 7—9I wen! Nofen, am Rande zugesetzt H 9f Blicke — zeigt, über liebften Briefe ſchwört, H 12 zuerst ihre Blicke aus Theilno und H 13 anfängt, über beginnen, um die H 15 ihren f E! 17 weden — Shren über rufe Deinen H 17—19 mit wird, über feinen Dold gebraudt, H A den über feine: in — ift, über die fie umſchloſſen, Z bineingejunfen iſt,) hir taumelte, H mehr [entwindet. Nicht wahr, dafür fann fie 22 Mann, [der zu lieben anfängt,] H 23 thut, [zu lieben anfä weil fie ihn nicht] H 24 wagt, [die ihm gewiß wäre] 7 zuerst hatte mein Herz ſchon zu tief bewegt, H 149,7 —9 ı — antwortete; über ja es ſchien ihm nidyt zu mißfallen, wenn darauf hindentete, er lädhelte bloß und fagte: H I erjt lg, H 10 Har] bel I 10—12 Ih ward es — ward's! fehl 13 Weib über armes Mädchen H 19 Gleichviel] Ich wari 21 zugleidy fehlt dafür als ob ihn H 23—25 Niht — weni dafür, vielfach corrigiert: Nein, verjepte er, nein, obgleih er zu Südlichen gehört, aber fag’ mir an, bin ich der Einzige, der Dich li Und als ich ihm bloß mit einem Blid [der] unwilliger [halb des willens halb] Verwunderung antwortete, fuhr er fort, indem er mich tracdhtete, al® ob id; ein Bild wäre: das kann nicht feyn, fie ift zu fc o, daß ich den jegt vor mir fähe, der am glühendjten für fie ſeufzt, tbaue in meinem Himmel nur ganz auf an feiner Hölle! I 26 über feine H rief aus: über ſprach: H 27 f was — tor fehlt, dafür wie die Menſchen mid — — H 29 murmielte i ſprach H nun [mußt Du] A 150,2 von da anderes Paj anderer Schriftzug H I Morgenjonne über Morgenröthe 14 Wode, E 16f vgl. das Gedicht An Christine (Zukı 1899 VII ©. 201): Die Trennung von der Liebften zeigt mir an, Wenn auch die Heinfte fhon mit Schmerz durchhaucht, Daß man von feinen Leben jcheiden kann, Und doc nicht gleich darum zu fterben braucht! und Agnes Bernauer IV 8: Seht Ihr, Türring, daß man von feiı
Julia 1 8—II 1 Lesarten und Anmerkungen. 403
Leben jheiden fann, und darum doch nicht gleich zu fterben braucht? 22 verwandelt, [und die ganze Natur umfehrt) 7 26 können, [die Sriefe und Grüße für fie beftellen] H 27 entjeglih, über fürchterlih, H 151,4 [Sollte id} das thun] und H 4—6 jein — Geſicht. am Rand zugesetzt H 6 zeripringende® unter berftendes A 8 Bild [ergreifend] H 10 darauf [wie es ſchon einmal Einer gefhehen ift, beim erften Schritt] k 14 einmal [(Einer] H 12 Gewalt über Macht H 15 id (wußte, da mein Dater fih nod eher in ein geheimnißvolles] beſchloß A 16 einen — genannt, über der Zeile 7 Stadt
genannt, A 17 ihm [nidt von dem Kebendigen, nicht von dem Codten] HA 21f und — bheiligere fehlt HE! von 25 anderes Papier H 28 berühren, über faffen, H 30 eine [Miffethat
erfparen.] H 32 [Ift dieß ein Mann?] Ha! A 152,3 mid, lich habe Sie zur Flucht verleitet, Ihre Thränen haben mich be: Dogen, Sie in feine Arme zurüdzuführen!) H 4 Ich — Ent- fü hrer! fehlt MET 5 zuerst Julia. Soll ich da wieder verehren, Do ih Schon verabſcheut Habe und verabfcheuen mußte? A 9—12 Auch — ſehen! am Fuss der Seite für wo ih noch von Jhrem Dafeyn Nichts wufte. Auch ich habe eine Bedingung zu ftellen, derın ich habe eine Ehrenpflict gegen mein Geſchlecht zu erfüllen. darüber Ihnen ftell’ ich feine. Daß ich ein Mann bin, daf ich als lolcher eine Ehrenpflit gegen mein Geſchlecht habe, werden Sie nicht vergeſſen — H 13 e8 Ihnen über Sie — H zujpricht über zu Haben glauben; 7 14 zweifle, [daß es Ja fagen wird!) 7 15 Wenigſtens — nit! fehlt HE! 17 zuerst Julia Mein Vater — ch! — Es jey! (ca) H
Zweiter Act.
Erste Sceue. 1523,22 Man fagt, über Es heißt, H 26 zuerst ob Valentino ich mid) nenne, H 27 mit gestrichen HZ wage [Der alte Tifdler, der den Sarg gemadıt hat, meinte, ich fey Wohl verliebt in’s Sräulein gewefen; wie feltfam muß mein Be: nehmen fepn, daß man’s fo auslegen Fann. Und mer’ ich das denn acht felbft?] H 153,3 fonft über früher H 4f jeden —
Löffel, über jede Senfterfheibe, H 7 niederfegte, [zur Dorficht mahnen mögen —) H 9 nit — Unhold über ein befjerer Mann H Zu dem Motiv vgl. das, was Hebbel über einen Fall in Rom berichtet (Tgb. II S. 113 am 5. November 1); Rabl er-
iX h x
404 Lesarten und Anmerkungen. Julia II 2
zählte ihm von dem Verbrechen eines römischen Totengräbers; im März 1846 sah Hebbel dann diesen Verbrecher, einen Neger. 10 Man [fpridt]) 7 11—13 fo — fabelt. fehlt 7 14 [and] an H 15 Hineingelegt [habe) H 16 womit über mit denen ih H habe, [damit fie nicht Plappern,) H 18-20 Da — Steht? über Menſch, Menſch, Du vergift, daß Du behorcht werden fannft. H Zweite Scene. 153,23 itritt cin IE! 24 Balentino. aus Sebajtiano. geändert und so in dieser Scene immer bis 154, € H 25 Ich hörte — später über Ein alter blinder Bettler, der drunten an der Thür Pauert und anf Keichenfuchen wartet, fagt mir — ſprich, fprib, I 7 das] den EI Jahrszahl H ja faube über deutlih H 30 alt 15 H 154,2 f nit — jetzt — über wie fonft, ja, ja, ich würde es vergeffen, wie oft ih mich Dir fon zugefhworen habe und es noch einmal thun! Jetzt — H 2 Dein, ja, jal I 5 nahm [doch fein) H 6 brauchte [feinen Dold und doch —] H nein! [Ei nein] H 11 zuerst fo jriic, H 12f Sahſt — war? später zugesetzt H 14 Nein — jagen über freilich, freilihb! Und doch AZ fagen. lei viel. H 17 ſingen ſollte fehlt, dafür nur Gedankenstrich HE! zuerst wie die Leichenfrauen in foldhen Fällen wohl zu ſagen pflegen. M wie jagen die Xeichenfrauen in folden Fällen? E1 19 Aber vorher [vor: her -- Komm $reund, nimm! (giebt ihm Geld)]) H 20 and man über Sahit Du H 21 oft — fein — über bemerfen, was zu be: merfen war, H 24 [böfe] Ahnungen H 25 Bemerkteſt Du Nichts davon?) Was 7 nach 26 [Der fommt mir fpionmäßia vor. Alfo, lieber Alles gefagt, als die Wahrheit!) H 30 zuerst Ih müßte dann zweifeln, H 32 von hier an Valentino. H 155,1 Sei — wahnfinniges über Bift Du zufrieden eitles H rubig, [Du feltfames, eitles] H 1—3 das — jein. über Du fannit ' Dir nob immer einbilden, — mir helfen? Ich finde in der Schuld einen Trojt! H 7f Schnell! Schnell!) ſey barmherzig! I I6 ihm, [auf den Knieen werd’ ih ihn —] H 16—22 barmherzig — ihm! fehlt, dafür nur Gedankenstrich 7 16 fein, er muß es jein, 2! 20f it — das] Tas E! 24 auch! [Sahr wohl Julia!) H 27 den über einen fhnöden H 28 [Sahr’ wohl!) Wein: 29 Mein — iſt über Ich bin H 31 fog. über trant. H 33 dann [wieder Palt]) H 156, 4 über die [bemoofte über alte] A 9 Eines Räubers! fehlt 7 16 eine [Kirfhe]) H oder — Blut lebt nicht daran! H 21 [ein gewiffer]) Anfelmo 4 28 bes halten über nehmen neben bei Seite legen H 31 der [rothe.
Julia II 3—6 Lesarten und Anmerkungen. 405
H von 157,1 !önnt’ ein rosa Papier H 7 in — Entſcheidung fehlt IE!
Dritte Scene. 157,18 Erde! [Er allein dürfte fo etwas unternehmen!) H 18f Welche — ift! feblt H
Vierte Scene. 157,20 von da wieder anderes Papier H 29 Valentino. [Dielleiht ließe fih —] Es giebt [viele] Mädchen in allen Farben. H Es gibt Mädchen von allen Farben. E' 158, 1 Spür — auf. über Es hat. Befinne Dih H [un] Du H
Fünfte Scene. 1589 ift’3 aus ift das Meſſerſpiel H
Sechste Scene. 158,14 Alberto.) Doct. Elias. und so immer H 15—17 Ihr — vermehren! später zugesetzt H 22 von eine anderes Papier, andere Schrift 7 29 f fie — gewohnt! fehlt H E! 159,1 Mal! [Ic fenne eine Geſchichte —]) H 3 jein muß, über tft, H 7 daS über was H Kirchhof [mit dem Sarg voll Stein] H 9 dente, [fag’ ih Dir) H 15 vor — Jahre zuerst mir ald Kind H 16 bat, was fie freilich nur that, um meiner tim [über großen Naſe]) näher zu fommen, und das Feuermal zu betradjten, mit dem mich der Echred, den meine Mutter bei'm Eier- kuchenbacken befam, ſchon vor meiner eriten Siinde brandmarfte, und zu betajten H Dir, [wenn ich daran denfe) H ich [mich] H 17 Taufmaden] thun, H 18 mi [aufmachen und] H fie, [wenn Du fie triffft,) H 22 Alles, fehlt H 24 den Wink über das Seihen H 25 zuerst zum Handkuß demüthig H 26 und — will! über Aber, Du follft Etwas H 27 meld] wie H E' 32 von Goldmacher obend’rein [über Dort. Elias.] anderes Papier H 160,4 Iafien. [Ich fehe es ein, Du mußt Deiner Tochter die Rückkehr und die immer noch möglihe NRedtfertiguna durh ein öffentliches Leichenbegängnif, das Du ihr hältft, für ewig ab- ihneiden; es Pönnten fonft Sweifel entftehen, ob Dein Stammbaum wirflid, wie Du behaupteft, im £ivius wurzelt.] H 6—9 fah — Träumen? über riß ich Brennefjeln über ihrem Grabe aus. Was hältft Du von Träumen? Mir traf fhon mander ein! Sollten fie nicht beſſere Spiegel des Menſchen, als er anfuft, fern? Ich fand oft, daß fie helle [über gute] Spiegel des Menfchen feien, wenn auch feine der Zukunft. H 7f — vielleiht — Du's — fehlt H 11 ff vgl. Barbier Zitterlein. 21 von e3 anderes Papier H 22f es — ein! über der Zeile H 161,2f ſich — ſchmiegte, über in thieriſcher, dumpfer Beſchränktheit mit £uft an einer fremden Bruft mit £uft ernährt, H 4 Schmeichel⸗ Erſt⸗ lings⸗) Küſſe 7 die [jeinetwegen)] H 6 betraditen. [Wie
406 Lesarten und Anmerkungen. Julia II 6—S
follte er) H fih [nah und nah) H 7 Unrifje] $ormen H 7 £ beitimmteren Dajeyn H 12 [nedifch] gebrochene H 13 in [den) H 14 auffchmeichelte, über verfette, H 17—19 wenn — Entbehrung über er dürfte ſich einbilden, daß ihm zum Erfatz für fein Ausgefchloffenfeyn von ihrer Gegenwart H 24—28 am Rand zugesetzt H 25f halb — vergeben fehlt H E' 26 einmal fehlt 7 27 einen — maden fehlt H von 29 anderes Papier H jefbit, ob ich zu viel fagte, ob IE! 162, 1 das zweite Durch über und H 2 die — einft — — — über mit der ich mich für ewia vereint fühlte! I 4 über geantwortet hatte?) zu antworten pfleate H 5 nach nicht, über der Zeile ohne ein Narr zu ſeyn H mic [einmal] 7 6-10 Würde — felbjt! später zugesetzt H S die) fie H 9f ihr — ſuchte? fehlt, dafür Gedankenstrich H E! 16 fünnen? Das Weitere fehlt H 19 Bild, ihr reines Bild H 24—163, 4 fehlen H
Siebente Scene. Anderes Papier H 163, 6 (tritt ein) fehlt H E! bittet [aufwarten zu dürfen! —) H 9 Alberto.) Doct. Elias. über Cobaldi. H 10f jein — Bediente — über mein Rüden. Der weiß immer, warum er fih büdt. H 12 it er über Er ıft H
Achte Scene. 163,16 (tritt cin) fehlt H E! 18 wurden. Die Krankheit war nicht anftedend. Dort fteht der Arzt, er wird ei betätigen! H 164, 3f Dahin — Rofenfeited — später zugesetzt H 6 f Haben — wenn — später zugesetzt H 6 Sie [die Todte gefannt]) H 18f Da — erkennen. fehlt H 23 Alberto] Elias H 30 [Diertel] Stündchen H 33—165, 1 denn — annehmen. am Rand für denn daß die Dame fommt, weil fie den Steinblöden den ruhigen Blak in dieſer Kiſte beneidet und ſich an ihrer Statt hinein legen will, wage ich nicht, zu hoffen, fonft bin ich bereit, jogleich wieder anfzufchließen, fie hinein zu paden und den Schlüffel in den Brunnen zu werfen, aus dem fie achtzehn Jahre trank. [vgl. 169, 18 ff] darüber Aber ih muß um ftrengftes Incognito bitten. H 168, 1-3 Jedenfalls — getödtet. fehlt HE! 8f Iſt — fih über Pollen Sie mir vielleicht einreden, daf Wir werden erfahren, daß meine Tochter mondſüchtig ift, und fih H 10 verirrt [hat! Dann bitt' ih um Beweisl] F nah’, über nicht fern, HA 15 diefem über diefem über dem H 16 koſtbaren Herzen [meiner Tochter] H 48 erft über nie A jol? über wird? H 24 Elias) I 166, 2 mögt’3 gen H 3 bin [— verzeihen Sie, daß ib von Din] A Zyrol] Chwaben H 4 den — Familien. später zugesetzt H
Sulia IIl 8-11 Lesarten und Anmerkungen. 407
16 das fehlt Z' E? 18 in — ericheint! über in den Augen des Dates — H 22 bin, [verbürge Ihnen mein Dort] A 23 Achtung [und Liebe] H 24 es [jemals] H 25 von (Königs: jöhnen) H 29 nicht nebenbei über ftatt H 30 Graf [fie nad}: geahmt) H 31 dag über ihr H 167, 1 Vielleicht! [Dielleicht auch nicht!] I 18 wenn über bis H 19 zuerst fie wieder heraus treibt. H 21 bat! [Ste hat mich geopfert! Derftehft Du? Einem fremden Menfchen geopfert!] H geh'n H 24 im Ber: Icheiden über vor dem letzten Odemzug H 27 [Mein lebtes Plingt gewöhnlih, wie mein...) Die 7 Zehnte Scene. 168,9 zuerst jept ihr Herz kennen lernen, H 14 dir — id über der Zeile H 15f Sept — ihn! später zu- gesetzt H 16 ganz frei fehlt 7 von 18 anderes Papier H 13 che laut) fehlt H [Jh hör’ es aber] über [Die Gelübde nehm' ih nicht an! Dal Er fütrt fie dem Gr. Bertr. zu)]) Was H 19 ipringt auf/ fehlt H 21 Meine Tochter!— Du! H Elfte Scene. 168, 26 zuerst Wurde diefe Dame H 27 jelbit! [gewiß nicht von den Bettlern, die fi um die Leichenkuchen Ichlugen. Ich hatte fie eben vertheilt, und ich ließ in der Angft meine Paar Goldſtücke hinter drein fliegen, denn trog der Dämmerung Zttterte ih. — Freilich war es unnöthig, denn es dämmerte ja fchon und ich fammelte fie felbft wieder mit auf.) H 169, 1-4 vom ZWeiten wenn — ijt. über und vielleiht der Eine oder der Andre Iprict: es ift doch Schade um fiel H 1 ichwanfenden E° 4 werde [nicht Plopfen,] H 14 [Schweigen Siel Ich ſprach ſchon! as H 16f wie — Herzen, fehlt H 17 das Wort über den
Sunten H 17 f das — entflammen, über der ein lettes Horn: ewitter in ihm entzünden H 18 zuerst den Schlüjjel zu diejem
Kaſten hervorzuziehen, H 23 fehlt H 27 [Id werde gehen, und ich gehe leichter, als ich Fam!] Gott 7 28-32 am Rande ZUgesetzt H 28 Tann. [Ich werde gehen!) H 29 jagen: Da MRS 1 über darüber verfügen, H 170, 2£ wer — fonft! über Du Rajı noch fo viel Zeit, fie Dir abzufchneiden! (zu Doct) H 6 Tyrol!) Schwaben. H 13 Schwaben! H 18 zuerst Er thue es Oder H 20 3h — verjuden! über So? H verfuchen!] prüfen! 22 Nun — bezahlen! fehlt H 23—28 Bei — verlajjen! fehlt H 29 f über Sie opferte dem Geliebten den Dater mid) dem Geliebten, aber fie wollte mir den Geliebten wieder opfern — ich freue mich, daß ich fie noch einmal fahl Mit ihrem Herzen bin ich verjöhnt! Ich kann wieder etwas anders von ihr denken! H
408 Lesarten und Anmerkungen. Julia II 12-1112 Zwölfte Scene. 171, 1—9 fehlt H es steht nur Todtenträger H Auf der Rückseite des Blattes, aber umgekehrt, steht Dritter Act. Deutfchland.
H 9 fehlt 1
Dritter Act.
Anderes Papier H
Erste Scene. 171,12 [Doctor] Alberto. hier schon durchaus H 17 vor Alberto immer Doct. H
Zweite Scene 172,5f im — Gottes später zugesetzt H 9 Tod! [Das ift wahr! Dank, Dank Ihnen für diefes Wort!) H 11 f Und — al? über Und der Tod kommt zu mir, fobald — H 11 den] dem I rufen,] Beine machen, 7 12 billig ift. fehlt, dafür Gedankenstrich I 18f Was — ſchwer? hinter Ich athme wieder! Jetzt wird mir die Kraft zum lebten Schritt nicht mehr fehlen, wenn ich fie brauche. Das fühl’ ih! Darum athme ich wieder auf! 7 19—21 Poche -- jelbit! feblt 7 173, 2 Die — Sterne! fehlt 7 13 meine heilige Empfindung über mih H 16 Sie mußten ja später zugesetzt H 16f glauben — hätte, fehlt 7 20f
zuerst uns an den Altar entgegen ſchritten A 231 die — herantrat. — —]) die — — E! duch — beranirat. —| mit flehenden Geberden zurüdwies, die — — H 27 die — Gold?)
die — E' zu -- Bold? fehlt, dafür Gedankenstrich H 315 Herz — anfängt. fehlt, dafür Gedankenstrich H einmal - - anfängt. fehlt, dafür Gedankenstrich E! 174,1 denn — beftimmt fehlt HE! 5 ed über mir ausweichen H 8—10 die — ziehen? über mir anmaßen werde, was niemals mein war? H 11 redt ift! über ich’s verdiene! A 12—15 Thun — nit. am Rande für behalten, als ich feiner Andern — Sie wollen es nidht! vorenthalten, was id — Sie wollens’s nit! H 413 madte [die ihr) ZOO 14f ih — bätte fehlt HZ E! 21 er — fünnte. fehlt, dafür Gedanken- strich H E! 22 er zurüdtehrt; fehlt, dafür Gedankenstrich H E' 239 darf — länger zuerst wird nicht mehr H ih — ſei! — später zugesetzt H 175, 2 furdtfam über ängſtlich H 3 Winkel H wovon über aber das war nicht darunter| H 5 vielleiht [nur] H 6 Gleichviel! Wie, wenn es nun auch Menden gäbe, die —] H 7 da$ über alles H 7f fo hoch über mannshoh H 12 zürnend fehlt H 13 daß er über und H 15 fünne — H 17 und wähnen, über und fie würde glauben, H
Julia IIL 3—5 Resarten und Anmerkungen. 409
18 fei, [aber dann würde fie] A 22 e3 faſſen, über erfennen, H 23 Der [Welt] H edlen über reinen H 24 Dafein [felbft] A 2 leuzchtende über die Welt, die dody gewiß ſchön if, H Schönbeit, [die doch gewiß herrlich ift,] H fann, [daß es angeftedtt zu werden fürch ten fann, wie in einem Kazareth und —]) H 29 fich beftreben, über vielleicht verfuchen, H Unglüdlihen [zurüd'zuhalten und] H 33 Der — vertrauen! später zugesetzt H
Vierte Scene. 176,11 [Was] Den 7 13 Ein Fremder? fhlt HE! 18 meinen Raben] den jungen Schimmel H 23f für — nid! feblt H £' 25 Thür! [denn er ftürmte hinter mir dream) H 27f e8 — weil später zugesetzt A 27 wenigſtens fhlt H 30 nad — niederbüdte, über die ich aufheben wollte,
H 31 angebrodyen, über da, H Fünfte Scene 177,5 Antonio (zu Chriſtoph). H If Sie — Tönnen! späterer Zusatz H 11 zuerst Welhe Augen! ini H
Bf die — Hinunterjagt, fehlt H 15f nidt — un! fehlt H VE Weib — Gefiht? gestrichen, dafür Warum wohnt doch gerade die Menſchenſeele in einem fo undurchfichtigen Gehäufe? H 17 nach Beib] Du bift das undurdfichtigite Wejen der Welt! H 19—22 für — hatte! fehlt H 178,1 — ba, ba, ha! fehlt H 2 der, itternd hinter einem Grabſtein hervor ftürzte] H 4 mit — hatte über [wie ein Maulwurf] bededt hatte, hinein zu wühlen fuchte H 6—12 Bon — hätte! fehlt H 12 wird [fib] HZ 30 jo — daß über in meine £age zu verfeen, wo H 179, 16 f zuerst Dann haft Du nie in jeinen Armen geruht und (bei Seite) wenn id Did jegt niederftäche, fo aut) H 21 Feniter [des Zimmers] H If auf dag über die wieder gefehrte Entflohene den Leihen: H 22 f zuerst mir ausrichtete, herabſah. H 24 fchien über die betrogen werden follte, fhien H 25 zuerst jie müfje fich fo lange H 26 zuſammenleſe über zuſammenraffte H 27 ihren geöffneten Schlund über das mir beſtimmte Grab H ihren umſonſt geöffneten Schlund Eı 285 f mir — voran eilen.] ich fühlte den Boden ſchon unter mir drößnen. über ich glaubte, ihn ſchon fommen zu hören, ich tief: ich muß hinunter, mir war, als ob der Boden ſchon unter mir bebte, als als ob die Wände des Simmers fih zu einem Dreied Derjogen, ich taumelte, ſich zu feltfamen Linien verzogen, H 30 edle fehlt H 32 f den nädjiten über einen H 180, 18f zuerst und die Infchriften der neuen Gräber gelejen, denn ic war entichlojien, mid auf dem Deinigen nieder zu jeßen und dort zu verhungern. H 21 zmerst Sch fand Ich fand Dein Grab nidt H 25 zuerst alle
410 Lesarten und Anmerkungen. Qulia III 5
Abende, die auf iin H 33--181,5 Wer — Weg — am Rand zugesetzt H 181,5 Reg — nieder.) Weg — H Reg und — E! 19 ff Das Motiv beschäftigte Hebbel schon in Heidelberg vgl. Tgb. ] S.27 vom 4. August 1836 (ungedruckt): „Der Eohn des Räubers”. 19f mein — entjhieden, über ih war dazu bejtimmt, H 2S zuerst. juchte, H 33 ging über fam A 182, 1 zuerst zuweilen blieb er H 5 zurüd [und ward größer und ſtärker — größer] H 6 zuerst Bater fam zur Verwunderung des Köhler trog H 7 wie über jetzt, obgleih H 8 jeiner Handthierung; über feinem Treiben; und ehe nur ein einziger Sug H 20 der [immer) 7 21 werden?” ſGewiß war es von Anfang an feine Abficht gewefen, mid zum Soldaten zu machen) H 23 fhiden über eignen M if Einjamtfeit [meines Waldes] H 26 flug luns] H 29 und] oder E' 183,8 Dienjt, [der mich den Häfchern entzog] 7 11 zuerst ch Hatte den Menſchen ſchon gefehen, H 13— 19 Hatte — trennen. am Rand zugesetzt H 14 Ihm aus Das war ihm H 16 Bater [geboten gewejen] AH 19 der Menſch über er 7 20) berichtete über erzählte theilte H 21 f Alle® — und über Alles mit, was ich nicht gewußt, was ich nicht einmal geahnt hatte. H 24f als — mit zwerst nur er fuhr mir mit A 28 jeßt jchon H 184, 3f ieder — bewaffnet — über Alles, was Andere fhüßt, was fie hebt und trägt, gegen mid bewaffnet und empört H 14 einem [rothen] 7 15 den [rothen] Z Ib und [feine Knedte]) H 19 ungereinite über falfye H 29 ax — vernimmit, über zuerft den Namen Deines Vaters, als ich vernahnt,
darüber als ich zuerjt von ihnen hörte H 33 zuerst ohne einer Fluch ausgeſprochen hatte, ich H 185,1 geführt hatte, H wollte — wiſſen üher ſprach H 3 zuerst der Name Tobaldi H 6f
fehlt H 8-10 Ich habe den [über Auch diefen) Namen [habe ih] gehört, er [darüber, den N Auch der Name) iſt zwifchen meinen: Vater und feinen Freunde [zuweilen] genannt worden, aber — H 16 nur fehlt 1 17 e8 — ergriff. über dann — man wird des Lebens unterm Beil bald müdel 7 19 die — gefaltet, über gebetet, H Did [zum erften Mal] H 20 zuerst vom Morgenſtral beleuchtet, ZZ 21 zuerst herabjchauend, H 22ff vgl. das Epigramm „Ein Garten‘. 24 [verbot] wehrte, H 186, 4 durfte, über fonnte, H 7 lächelt — Dir fehlt EZ! und — ver: läßt fehlt HE! 12 Verzweiflung [zu der blut] H 23 £ jept — Gott! zuerst auf Deine Knie fiir Dein unwürdiges Wort! — H 27 darf er] darfjt Du Z 32 jtodjt, über 3ögerft, H 33—181,1
Julia IT 5—6 Lesarten und Anmerkungen. 411
Benn — müfjen! über Könnteft Du Nein fagen, Du würdeft gezeigt haben, wie ſchnell das verlegte Gefühl Worte finden Tann! H 2 wohl! über reht! H 3 erhalten! [Er hat Nichts für Dich empfunden?] H 10 Reue über Rade H 18 was — vielleicht später zugesetzt H 20 So [willft bift Du nod. und] HZ 25 ganz über weit H 27 fie über Gegenwart und Zufunft H Wſchneidet [weil fie ihn und ihm Gegenwart und Zukunft hinunter: nuefcht, der) H 29 mag — weit über mag gewefen feyn, was H 188,7 zuerst dem dummen Kopf, der ihn nicht fahren Iafjen wit. Wer weiß! Wer weiß! H 9 und über vielleiht Zwei H 10— 13 Denn — dag — über Denn unter fo viel Derehrung könnte ib Bei Dir fogar etwas Liebe verfteden, und das — H 12 jittercnde] verihämte H Sechste Scene. 188,18 dod [feit heute) H 20 find <ie > fehlt, dafür Gedankenstrich H 21 Ich — Sie — am Rande zugesetzt H 27 zu tödten? über — Wie fann id} das! A 27£ Ih — follte. später zugesetzt H 30 ahne es fchon, H 189,8 Dolchſtoß — aber — über Schuß aus dem Buſch beraus,aber I 15f die — auslöfchen, über diejem, einen Öleißner (iber Betrüger] die Großmuthslarve abreigen H 16f Dich zu den Gefrã hlen, die Du begit, auch zu befennen! H 20 zuerst vom Rtergang retten, H 32 und — hervor, später zugesetzt H 33 — 190,2 nie — fällt! über nie wieder zu einem Menfchen auf: zuſe Hen! Keinem Menſchen mehr in's Angeſicht zu ſchauen H 6 Den, über ahnen, H 10 die über Jhr H 14 jelbft Ifaſt) H 17 zuerst ald das, was ich für feine jheinbare Schuld gehalten hat te, ih H 18 Unglüd verwandelte, da H 22 zuerst jeder Nacht eine I 24 Dein über Jhr 7 >5 Du felbit, über Sie ſelbefr H_ die über diefe A 26 im der Du Dich verrätht! 30 retten über wieder geben H 33 Dir [den Plab an] H 191,1f fehlt 7 Af als ich mic des Glücks für würdig erklärte H 15 zuerst Sie's befehlen H 16 Welt? [u Jul.) KH werde gehen und Sie werden mich nie wieder fehen!] H 18 Nerst Sie vergejjen doch nicht, H 21 Niemals! [Jch gebe mein Recht auf!) Z 24 Gedächtniß!] Herzen! H 27 erwirbt! über ver dient! H 30 drüdender] weniger H 31 wird — anefelt,) iſt. 7 3 ſDadurch, ich fühl's) Das H 192,7 bin, [der ich \Deine) 7 14 Bertram. [Bleiben Sie!) H Wohl! fehlt H 18 Sterbliden? über Menfhen? A 20 war über gewejen wäre, H 20 f zuerst wenn mir A 21f bewundern, al3 Strafe
412 Lesarten und Anmerkungen. Julia IIL6
für H 23 würden, [auferlegt hätte?) H nach 24 Inlia. Tran’ ihm nicht! H 29 auf der Rückseite des hier endenden Blattes stebt Zod. Ruhe. Opfer. A
1%8,4f Selbſt — gab, über 's Selbft fühlen, daß ich H 5 [für] den Raub, H zu erjegen, über Erfatz zu geben, H 8 den ih ſjetzt) H 9 Inicht fo] von A 14 wachen! das Weitere fehlt H 20 durch aus dadurch frei werden fann, Shre H ein furcht⸗ bares Mittel — 21 Ihre — glei! fehlt H 27-30 Keinen — dürfte. fehlt H E? 194,6f Ob wir ed noch jeyn fünnen! HE!
Von diesem Trauerspiel besitzt das Goethe- und Schiller- Archiv zwei
Handschriften.
H'! in gr 8°, bestehend aus 176 einseitig beschriebenen Blättern verschiedener Grösse und Farbe, ist das Concept und führt den Titel: verodes und Mariamne. | Tragödie in fünf | Acten | Das Personen- verzeichnis fehlt, aber auf der Rückseite von Bl. 90 steht:
Marianne. Alerandra. Samen?. Soemus. Salome. Judas. Artaxerxes. Moſes. Jehu. Silo. Beigebunden ist ein Blatt Briefpapier, das von Hebbels Hand die Verse 310 Herodes. Verdriegt es Dih? bis 344 Ein wildes Element u. j. w. [sic] enthält. Es ist mit Aa« bezeichnet. H! ist ganz yon Hebbels eigener Hand geschrieben. Auf der Rückseite Mehrerer Blätter stehen Spuren früherer Fassung, z. B. S 50b und 2b, gie sind im Apparat verzeichnet zu 1305 und 1240, zu denen !e mutmasslich gehören. Von diesem Originalmanuscript wurde in Grossquart eine Abschrift H% angefertigt u. z. von einem Abschreiber und von Hebbels eigener Hand. Vielfach sind Stellen radiert und umgeschrieben,
414 Ledarten und Anmerkungen. Herodes und
Zusätze gemacht etc., so dass H° eine neue Bearbeitung bietet. HA? führt den Titel von Hebbels Hand: Herodes | und | Mariamne. | Eine Tragödie | in | fünf Acten. | Bon | FFriedrih Hebbel. | Auf der Rückseite bemerkte Hebbel: Den Bühnen gegenüber Eigen: thum des Verfafjerd. Auf 8. 5 beginnt der Text. Ganz von Hebbels Hand sind die ersten zwei Acte und die ersten Verse des dritten bis 1422, dann setzt mitten auf der Seite der Abschreiber ein, dessen Copie Hebbel verbessert, was ich: „A in ZH?“ bezeichne. Mitunter sind halbe Seiten ausradiert und von Hebbels Hand über- schrieben. Bei Act 5 beginnt wieder Hebbel selbst auf einer Rück- seite zu schreiben.
Theaterbearbeitung.
Th Handschrift in Quarto von Abschreiberhand mit eigen- händigen Correcturen Hebbels (A in 7%), Regiebuch des Wiener Hofburgtheaters für die Aufführung am 19. April 1849 zum Besten des Regiecollegiums (vgl. Nachlese I S. 285). Diese Fassung steht zwischen H! und H?, zeigt auch Übereinstimmung mit dem ersten Druck J.
S Handschrift in Quarto von Abschreiberhand, Soufflierbuch des Hofburgtheaters, zu berücksichtigen, weil Hebbel in ihr noch weitere Kürzungen vornahm (vgl. 1. Tgb. II S. 309). S ist aus TA abgeschrieben, nachdem Th von Hebbel durchcorrigiert worden war.
Drucke.
J Jahrbücher für dramatische Kunst und Literatur. Redigirt von Professor Dr. H. Th. Rötscher. Jahrgang 1849. Berlin und Frankfurt a/0., Druck und Verlag von Trowitzsch & Sohn. 1849. S. 247—275 u. d. T.: „Herodes und Mariamne. Eine Tragödie in fünf Alten von Friedrich Hebbel. (Manufcript.) Erfter Alt.“ Vor- angestellt ist auf S. 247--249 eine Vorbemerkung von Rötscher, die so sehr an Hebbels Art erinnert, dass ihr wol eine briefliche Mitteilung des Dichters zu Grunde liegt, vgl. aber Bw. IIS. 175. Leider haben sich von Hebbels Briefen an Rötscher bisher nur wenige wieder auffinden lassen, wahrscheinlich sind die meisten beim Brande seines Bureaus 1862 (vgl. Allgem. Deutsche Biographie 29, 8. 331) zu Grunde gegangen, deshalb muss diese Vorbemerkung hier Platz finden; sie lautet:
Warianıne. Lesarten und Anmerkungen. 415
Mein verehrter Freund, Friedrich Hebbel, hat mid ermächtigt, in den Jahrbüchern dein Publikum den erjten Akt feiner neuften Tragüdie: derodes und Mariamme volftändig mitzutheilen. Wir hoffen und dadurch den Dank der Lejer zu verdienen, da das Dargebotene ganz dazu geeignet ift, das Intereſſe an diejer neueiten Schöpfung des Dichters werregen. Das Mitgetheilte reiht hin, um die Schürzung des Knotens, die Anlage der Charaktere zu erkennen und die Kataſtrophe infofern ahnen zu laſſen, als fie, ein weſentlicher Vorzug eines dramatiichen Werles, in der beginnenden Kollijion ſchon im Keime vorgebildet ift, aus den fie in den folgenden Akten nur organisch hervorwächſt. Obgleich wir bier nur den erften Aft der Tragödie geben, fo dürfte es doch nit unangemefjen fein, dem Lefer wenigitens den allgemeinen Gedanken, die geitaltende dee, von der und die Drama getragen erfcheint, mit Benigem auszuſprechen, theild un dadurd die Spannung für das Ganze zu erhöhen, theils um auf den mitgetheilten erften Alt eine Beleuchtung jallen zu laſſen, welche dasjenige ſchon jetzt in ein richtiges Licht jtellt, was dajielbe vollitändig erjt aus der Anſchauung des ganzen Gebäudes npfangen kann.
Hebbel hat in diefer Tragödie den bisherigen Weg feiner drama: tiſchen Thätigkeit infofern verlaſſen, als er nicht mehr die focialen Nonflitte, die aus der Stellung des Menſchen zun Recht der Gewohn— heit und der Sakung der Geſellſchaſt entipringenden Kollifionen zur Angel feiner Poefie gemacht hat. Der tragiihe Konflikt in Herodes und Mariamne ift anderer Art. Er zeigt ung, wie die, wenn gleich) durch die leidenſchaftlichſte Liebe bedingte Selbſtſucht einer hochbegabten deldennatur, wie Herodes, eine zarlorganifirte und tiefe weibliche Ratur, wie Mariamne, zu Grunde richten fann, indem fie, theils durch ein ungerechtes, ıwenn glei aus dem Gefühl einer Schuld des Gatten ftammendes Mißtrauen, theils durch eine felbjtfüchtige Zumuthung des Herodes im tiefften Innern verlegt, ſich demſelben innerlich eit- fremder und endlich) nur in der freiwilligen Vernichtung ihrer felbft, zu deren Werkzeug fie den Herodes mad, die legte Genugthuung für ihr gebrochenes Gemüth empfindet. In Herodes und Marianne reagirt dad Gefühl und das Bewußtſein menjchliher Würde und Hoheit gegen die Zumuthung, zu einem Mittel berabgejegt und der Selbſtſucht, wenn auch einer reichen mächtigen Perfönlichkeit, geopfert zu werden. Es ift das Gefühl der freien Eubjettivität, welche fi ihres unend— liden Werths, und ihres unendlihen Rechts bewuht ijt, das im Umtergange triumphirt, indem es ſich durch einen freiwilligen Untergang für die Herabſetzung rächt, welche es erfahren hat. Ju diefem Rückſchlag,
416 Lesarten und Anmerkungen. Herodes un)
welchen die Selbjtfucht einer großartigen Perſönlichkeit (Herodes), dic auch das geliebtefte Weſen wie ein nur für fie eriftirendes Ding be- handelt, durch Mariamne erfährt, in der tragifhen Sronie, daß Herodes, welder der Gattin, Mariamne, die Gränze ihres Lebens vorzeichnet und fo das innerfte Heiligthum ihrer freien menſchlichen Würde verlegt, felbft zu einem Mittel herabgefegt ıwird, um durch dic Vernichtung der Mariamne fich jelbit zu ftrafen, liegt zugleich auch die verföühnende Kraft diefer Tragödie, wodurch Hebbel entſchieden über feine früheren Zragödien hinausgegangen ift.
Diefen allgemeinen, tiefgefabten menſchlichen Konflikt, der ſich natür: li erft au8 der Belanntfchaft mit dem ganzen Werke, als die Seele deſſelben herausftellen fann, hat der Dichter zugleich in eine großartige biftorifhe Beziehung gebradt. Er führt ung an die Gränzſcheide zweier Welten, der untergehenden alten, und der werdenden, aber noch erit ganz im Keime erijtirenden, neuen Welt. Hebbel hat zu diefem Zwed die Faktoren der Geſchichte in den Kreis der Handlung hinein: gezogen, das römische und jüdifche Reich, lepteres in feiner innern Auflöfung, nur noch durch Herodes bedeutende Perſönlichkeit zujammıen: gehalten; der leßtere jelbjt von vielen Parteien umgeben, mit Verrath im eigenen Haufe, wie mit der Beichränftheit der Selten fänıpfend, durch die Selbfterhaftung und durd das Bewußtſein politiider Noth- wendigfeit zum Mord des Ariftobolus getrieben und dadurch, mic durch feine ganze Stellung über dem Abgrunde, der unter ihm immer _ weiter reißt, in eine fieberhafte Spannung verfeßt, inı Hintergrunde der Entiheidungsfanıpf zwifden Antonius und Octavian, und in der Berfpective endlich die Geburt des Kindes, von dem cin neuer Geiſt über die Welt ausgeht, dies find die Elentente unferer Tragödie. Man wird e8 dem Berfafjer fiher ala ein Berdienft anrechnen, daß, obgleid jeine Tragödie in der Zeit der furdtbarfien europäifchen Kämpfe ent: ſtanden ijt, er doch durd) keine einzige Phraje der Zeititimmung, oder dem Credo einer politiichen Partei gehuldigt hat. Seine Muſe war zu jtolz, um durch fo unorganifche Einſchiebſel um die Gunft der leicht- befriedigten Menge zu bubhlen; fie wollte fih von den ımfünftlerifchen, tur don der Speculation auf die politijche Sympathieen der Zıshürer zehrenden Dichtern ehrenvoll unterfcheiden.
Bas uns Herodes und Marianıne ganz befonder8 bedeutend ericheinen läßt, ijt die Kunft der Motivirung, welche man andy fchon in dem erjten Alt gewahr wird. Sie thut um fo wohler, als man in den dramatiſchen Producten der Gegenwart geftaltenden Kunit: verjtand fat gar nicht mehr antrifft. Bir fünnen, als Mitglied des
Inranme Lesarten und Anmerkungen. 417
dramatiſchen Comit&s in Berlin ein Lied von dieſem Banquerott tünttlerifher Compofition fingen Hebbel Hat in Deroded und Mariamne die Fäden der Entwidelung mit ungemeiner Kunft gejponnen, für die augenblidlihe Wirkung von der Bühne herab vielleicht zu fein, zu verftedt. Aber wir wollen uns freuen, in der gegenwärtigen Tragödie einem Streben zu begegnen welhes mit der Natur in der Gejegmäßigkeit ihre® Ganges, in der Notwendigkeit ihres Prozefies metteifert und feine Ehre darin ſetzt, dem Zufall fo wenig Spielraun als möglich zu laffen. Wer den Stun dafür noch nicht eingebüßt hat, wird auch das in Deroben und Mariamne Geleiftete zu würdigen wifien.
H. Th. Rötſcher.
Ende des Jahres 1849 begann der Druck für die Buchausgabe
E Herodes und Mariamne. | — | Eine Tragödte | in fünf Acten | von | Friedrich Hebbel. | — | Wien. | Berlag von Carl Gerold. | 1850. : 203 Seiten 8°. Eine weitere Ausgabe kam zu Lebzeiten des Dichters nicht mehr zu Stande. E liegt dem folgenden Drucke zu Grunde, doch wurden einzelne Versehen nach den Hss. gebessert und die Grundsätze dieser Gesamtausgabe durchgeführt.
Lesarten und Anmerkungen.
Titel. 2 Eine fehlt MH!
Perſonen. 1—22 fehlt H! 8 Samead, J nach 10 radirt Ein römiſcher Bote. H* 13f fo — Diener. fehlt J 17 Philo fehlt J nach 17 Philo, Soldat. J 18 fehlt J 24 Heiligen J |
Erster Act.
Erste Scene. vor I Erste Scene. Serufalem. König: fihe Burg. Audienz-Saal, worin Viele harren. Herodes tritt heraus. Ihm tritt entgegen: Joab. A! nach 2 {für fid) Er mögte ſich vor Zeugen hören lafjen. TA S vor 5 Juda 8).] einem Offigier) 7A S.J 9 Judas.] Der Offizier. und so immer H' vor Irr']) Wenn H 14—16 am Rande nachgetragen für
Man jah, da Alles fon in Slammen ftand,
Ein Weib im... Glut. Ward fie gerettet? dies verbessert zu
Man ſah, als ſchon das Haus in Flammen ſtand,
Ein Frauenbild [in all der] in der Glut. Ward fie gerettet? H'
Hebbel, Werte II. 27
418 Lesarten und Anmerkungen. Herodes uni [T:
21 Auf dem] Worauf HI! 23 am Rand für Nun aber fey de Tod ihr fo gewiß! H' ein über der A! 28 doch über gleid H‘ 32 und Fürften glei über als wär’ ich's felbft, ZZ! vo 34 Sameas (Rhärifäer). H! zuerst Serubabel. H' 40 hoffe) dent H! 45 zuerst ih Dir daflir, daß Du H! 46 Nicht [länger H‘ 49 diefen Mauern. über meinem Palaftl H' vor 5% (hämiſch) TA S 52-54 fehlen H! H3 lies meine, 5 nun über da H! bietet, A 57 zuerst So nehme id) fie wah und warne Dih H' 58 zuerst die dem Herrn mißfällt! HI 62 (zu einem Dritten) HI! 63 später zugesetzt H nach 6 scenische Angabe fehlt M!.J 66 f später zugesetzt A! 6‘ treu über einft H! 70 f nur Was bringft Du mir? HZ’ 7: Serubabel (fteit ihm einen Züngling vor. H! Den Süngling meinen Sohn! H1J 73—75
Ich kann ihn nicht mehr brauden, hinterm Pflug
Zu gehen, widert ihn, Mufif zu lernen,
Iſt er zu ungeduldig, die Pofaune
Wollt’ ih ihn blafen lehren, doch umſonſt,
Mit guten Fäuſten ift er ausgeftatiet,
Furcht kennt er nicht, nicht einmal Furcht vor mir,
Und da, feit Du die Berge fänberteit,
Sich drin fein Räuber weiter bliden läßt.
Eo dient er uns zu Nichts und wird vielleicht
Der Erite, welcher wieder feitwärt® geht
Und unfern Mädchen ihre Waldluft ftört,
Wenn Da ihn nicht — (zu feinem Sohn) Nun, hau nicht gleid
Es war nicht 668 gemeint, nun wenn der König [Jo finfter
Den Spaß verzeiht, jo kannſt auf Du es thun!
Nicht wahr, Du nimmt ihn, Herr! Ich ſah vorm Thor
Die römische Eohorte, die Dir dient,
Da fhien der Burfche mir hinein zu paflen,
Ich meine, was Geftalt und Art betrifft,
Als Hätte er im Mutterleibe ſchon
Darauf gedacht, ein Loch darin zu ftopfen;
Ich ſchaute mir die ganze Reihe an,
Bei keinen Einz’gen fam’3 mir in den Sinn:
*8 meiter über wieder läßt, über ließ, *12 zuerst Run blidte nicht fo nach *17 Er ſchien gemadt, ein Loch darin 3ı itopfen *19 Als [wär’ er]
Rariamne Lesarten und Anmerkungen. 419
Der hätte auch Sandalen oder Kleider
Zu machen Neigung und Geſchick gehabt,
Doch einem Jeden glaubt’ ich's anzufeh'n, Daß er, fobald fein Hauptmann es beföhle, Ten eignen Bater ruhig fpießen würde,
Und dazu wär’ mein Burſch wohl auch bereit! Je ſchlechter ſonſt, je befler ala Soldat! M'!
7 Titus (tritt vor., Ein römifher Hauptmann. H! und so
78 vor Ded’] Nenn' ihn! H! 80 f Der Dir mit mir das
Schlafgemach bewacht — Hi vor 82 (für fi)] fehlt 7! neben 2 steht 1.[=100] 7° 83 nach gebracht —) (für fig) HI! 84 fehlt Mı 85 zuerst gefprochen und geflucht! ZU! 87 —90
Ich Hatte nicht das Recht, ihn aufzumeden,
Er dient [über fteht] nit unter mir, doch merkt’ ich's mir, Weil es mir Pflicht ſchien, fein Verſeh'n zu melden,
Und fah auf ihn, um, wenn er fallen jollte, ZZ!
88f gestrichen S 92 später zugesetzt H' Denn Morgen war H\ 93—97
Da aber fing er plötzlich an, die Lippen
Zu regen, dann zu murmeln und zu fluchen, Verftehen konnt’ ich Nichts, al8 Deinen Namen Auch kam was vor von Edom, da ijt Alles!
Herodes. Du irrteſt nicht? Hauptmann. Dann hätt' ich ſelbſt geſchlafen A!
101 Joab, der bleibt) 7! 104 zuerst Da ih ihn ſtraflos laſſen muß, wenn ich HZ’ 105 zuerst aus den Sündern Heil’ge H' 106 Bei jenem Meinen Bergvolk etwas H* 106 vor Nein.] Zu wenig Mı 110 Und Rom — der Menſch HA! ſicher über eine
111 zuerst Er hätte H' 112—114 am Rande zugesetzt 112 der fogar,] diefer au, A! 115 m Rom? H' Ich
ſprach Antonius! M! 116 Ein — Unfang! fehlt A! ge- strichen S zugesetzt H° 119f gestrichen S 122 zuerst So oft ih fam! H' 123 No aus Sih H'! 124 Du [Dich auf die Stunde) 7! 125 zuerst Jh fam in jeder A! 127 zuerst IH ging nicht von der Stelle, ruhig harrend, MH! 128 mir —
— — — —
*28 zuerst Burſche auch *29 später zugesetzt 7*
420 Zesarten und Anmerkungen. Herodes m 1
boten,} zuerst mid) zum Imbiß luden dann mir den Imbiß brachten, dann Lemma ZH! 129 zuerst höhniſch riefen: ZI! statt 132 --1062 Herodes (für fid).
Wär's möglih? Hätt’ er die Kleopatra
Bergefien, wär’ von Connenftich genefen
Und ftellte jeßt ein Ehmanndmufter auf?
Dann hätt’ ich mich verrechnet, wie Dctav,
Der ihm die Schweiter fiher nur vermäßlte,
Um: ihm dereinjt für feine Eheſünde
Sein Stückchen Welt ald Buße abzufodern! —
(zu Joab) Was ſchweigſt Du fit?
Joab. Du hörteſt nicht auf mich! Am Ende glückte mir —
Herodes
Was einem Klügern Im Anfang auch” geglüdt wär” — "
Joab. Vorzukommen! 1 Er tafelte — Herodes. Gleichviel! Ich will nicht wiſſen, Womit er juſt den Magen ſich verdarb.
Joab.
Er füllte einen Becher an mit Wein Und rief: den leere auf mein Wohl! Ich ſprach —
Herodes. Ich weiß es ſchon, da ſprecht Ihr Alle gleich! *15 (für ſich) Was Mofes bloß gebot, um vor dem Rüdfall ,
— — — — —
*4 zuerst Dann müßte *6 zuerst Um ihn als Strafe für die Chejünde dann Um ihn ale Schwager für die... dann der Text *7 zuerst Die halbe Welt zur Strafe *13 au über mir *16 zuerst Mofes vorjchrieb, um ſich [darüber fie]
+.
35
20
Lesarten und Anmerkungen.
In feinen KälbersDienft dies Bolt zu ſchützen,
Wenn er kein Narr war, das befolgen fie,
As hätt’ es einen Grund an fich und gleichen
Dem Kranfen, der nad) der Geneſung noch
Das Mittel, das ihn heilte, — fort gebraudit,
Als ob es nähren könnte, wenn man's ihn:
Nicht aus der Hand reißt, bringt ed ihm den Tod! (su Joab)
Was fprah Antonius, als Du den Beweis
Ihm gabit, daß unfre Neſſeln noch — ich meine,
Daß wir den Herrn vor Menfchen nie verläugnen
Und Brot und Wein aus Heidenhand verſchmähn,
Obgleich e8, wenn wir's aus Verſehen nähmen,
Vielleicht nicht ganz fo fchlecht, wie Gift bekäme,
Bas ſprach er, als Du an den Magen griffit,
Dih krümmteſt und —
Joab.
Sagt meinem Kellermeiſter, Er ſoll den Schimpf vergeſſen, den der Syrer Ihm angethan, mir ward ein gleiches Loos!
Herodes. Und dann —
Joab.
Dann ward er luſl'ger, wie vorher, Und ſagte, wenn ich dieſen tödten wollte, So brauchte ich ihn nur acht Tage lang An meinen Tiſch zu zieh'n, und den Tribut, Den Erd' und Meer mir zollen, d'rauf zu ſtellen, Er würde müßig ſitzen und verhungern Und no im Sterben ſchwören, er fei fatt!
*17 zuerst In Euren alten Kälber-Dienft zu
Beil er fie
— * 26 aus wir vor Menſchen nie den Herrn verläugnen
421
218 zuerst
kannte, °22 zuerst ob es Speiſe wäre; *26 zuerst
Daß wir im Angeſicht des Herrn der [Welt] Erde den Herrn des Herrn der Erde [über Welt] nicht verläugnen,
*228 f am
Rande zugesetzt *31 zuerst Bon Leibweh murmelteſt *35 zuerst Und fragte mid, ob, wenn er mich acht Tage
422
Herodes. Ja, ja, ſie kennen uns!
Joab.
Dann winkte er Und ließ ein Bildniß bringen.
Herode s (für fi). Ich verſteh! Joab. Es war das Bild des jungen Hohenprieſters, Der jüngſt ertrank, des Ariſtobolus, Den ganz Jeruſalem —
Herodes. Nicht ſo betrauert, 46 Wie ich, der ich ſein Schwäher war. Joab. Er fragte: Kennſt Du dieß Bild? Herodes. Und Du?
Joab.
Ich ſchaute hin Und ſchüttelte den Kopf!
Herodes. So war's nicht ähnlich?
Joab. Doch! Doch! Denn ſeine Mutter hat's geſchickt. Es wurde mir nur ungewöhnlich ſchwer, 60 Ein Ja herauszubringen. Er verſchlang Das Bild mit Blicken, die mir Nein geboten, Ich ſagte Nein, und mied dabei das Wort.
*41 zuerst fie wiſſen's ſchon! 53 zuerst So jagt’ ich denn
auf kluge Weile Nein,
a anne Lesarten und Anmerkungen. 493 Herodes. Er nun? Joab? Er ſprach, das ſey doch zum Verwundern, Ihm hätte man berichtet — ob ich denn Auch Augen habe, ob ih Der nicht fey, Der jüngjt den Schimmel ehrfurchtsvoll gegrüßt, Weil er ihn für den Conſul Roms gehalten; Ich drauf verjegte: Nein, der bin ich nicht, Ich ſehe wie ein Luchs, ich ſeh's zum Beiſpiel Sehr deutlih, dab Du jept die Stimme runzelft Und eines Blicks mich würdig hältſt, als wär’ ich Ein Mörder mit vom großen Julius!
Herode?. Das war zu fed!
Joab. Ein Löwe darf's nicht wagen,
265 Dem Wurm ſteht's frei! Er lachte auf und rief:
Da hab’ ih Marcus Brutus ſchwer beleidigt, Und werde es im Hades büßen milijen,
Er wird’8 mir nun nicht fagen, was ihm Caffius AL Preis gelobt bat für den VBatermord,
u Und dieß mögt’ ich erfahren, denn die Welt
Bar ohne den ihm ſchon gewiß, e8 muß. Drum mehr no als die Welt gewejen ſeyn!
*55 zuerst Mau babe ibm dann Ihm wär’ ja doch dann der Text *56 zuerst Richt fehen könne, und ob ich’3 nicht fey, neben *57 steht 2. [= 200] *59 zuerst Ich jagte: Nein! *60 wie ein Luchs zuerst jcharf und fchnell dann katzenſcharf »61 daß über wie *64 zuerst war jehr dann find’ ich dann war zu *65 zuerst und ſprach: *66 zuerst [Jch hätte über Da hätt’ hab’] Da hätt‘ ih Marcus Brutus ja beleidigt! darnach
Und dann zu mir: der Hohepriefter ift’s,
Der — Ich nun: In der Chat, er könnt' es ſeyn. — *67 zuerst Und müßte es im Tartaros noch büßen dann Und. werd e3 jiher noch im Hades... dann der Text +69 zuerst Als Preis jür feinen Batermord veriprad, *70 erfahren, über doch wiſſen, °71 zuerst ohne Frevel ihm gewiß,
424 Lesarten und Anmerkungen. Herodes 1 1
Dieß Alles ſprach er nicht zu mir, ih kam Ihm nur jo nebenbei mit in den Sinn,
Nur in den Baufen, wenn fein Becher eben —
Geleert war und kein andrer noch gefüllt, Denn, daß Du's weißt, er hielt ein Trinkgelag Und that daneben die Geſchäfte ab,
Ernannte Magiſtrate, ordnete
Dem Zeus ein Opfer an und hörte mich.
Herode 8 für ſich Du ſiegſt Octavian! Es fragt fi bloß Ob fchnell, ob langſam!
Joab. Seltſam ſah es aus, A!
149—155 gestrichen k in TA S 155
Als ob's noch nähren könnte; wenn man's ihm
Nicht aus der Hand reiht, bringt es ihm den Tod! TIS [vgl. oben *22 f] 162—166 von Es gestrichen S 165 zuerst feierlihem H! 167 —170
Die Tafel lief't er dann am nächſten Morgen
Am Katzenjammer durh und hält fo treu
An ihren Inhalt fi, daB, wie er fagt, 7 167—177 fehlen TA 8 171 Er fih mit H! zuerst Hand durchbohren A! 172 am Abend über im Raufh H: 173 zuerst ſich des Anſpruchs H' 175--177 am Rand zugesetzt H! auf Rasur H?° 175 zuerst wie Abends, HA! 177 mir, Eins wär völlig wie dag Andre, H'J 178—240
Herodes. So ward das Bild vergeſſen?
Joab.
Keineswegs! Verzeihe, König, wenn Dir mein Bericht So vorkommt, wie ein Brief, den ich zerriſſen Dir überreiche, aber wenn ich Dir Nicht melden wollte, was ich ſah und hörte,
*1 Keineswegs! hinter Dody nidyt ganz! *5 zuerst melden fol, wie mir's in Rom erging,
>
Mariamne Lesarten und Anmerknngen. 425 11]
So hätt’ ih Nichts zu melden, denn Antonius
Trug auch fein Wort für Dich mir auf —
Herode3. Natürlich, Ich ſprech' ihn ſelbſt, er weiß es ja. ifür fih) Ih muß! Hätt’ ih nur einen guten Schlangenmwärter, 10 Der mir die Schwiegermutter treu — Sprich weiter! Joab. Er trank auf's Wohl Octavias und naunte Sie aus Verſehn Cleopatra, da rief er: Ich biſſe mir die Zunge ab zur Strafe, Wenn ſie nur wieder wüchſe und ich ſie
15 Nicht nöthig brauchte, der Cleopatra — Er meinte die Octavia — zu ſchwören, Daß ich fie ewig, ewig — — nun verwirrte
Er fi, ſprang ab, griff wieder nach dem Bild, Berficherte, der Hoheprieſter ſey's,
7) Dep jähes Ende ich ihm angezeigt, Und nie noch hab’ er einen Unbekannten Co tief betrauert, ob denn Mariamne — Er fam auf Deine fürftlide Gemahlin! — Den Bruder gliche, dieſe kennt' ich doch,
“95 Ic) möge jprechen !
Herodes.
Und Du ſprachſt?
Joab. Ich hätte Sie niemals ſelbſt erblickt, ich wär' Dein Bote Und ſelten nur daheim, auch wär's bei uns Nicht Sitte, daß die Frauen ihres Rangs Sich unverſchleiert zeigten, — —
*6 zuerst So hab’ *7 zuerst Hat auch fein Wort für Dich mir aufgetragen dafür begann *3 mit Gleichviel! *8 zuerst ihn nächſtens, wie er weiß, ja jelbit! *12 zuerst da ſchwur *16 zuerst Octavia wollt' er ſagen, zu verſichern, 20 zuerst Deß Tod ih ihm gemeldet, todt ſey tobt, *21 zuerst Doch Selten felten hab’ einen [über um] *26 erblict, über gejehn,
426 Lesarten und Anmerkungen. Herodes Fr [|
Herodes (für fi). Diariamne? Ha! Joab. Doch ihr Bild wär' in Egypten mir In Cleopatrens Pallaſt vorgekommen, Dort hinge es — ob er es überſehn! Ob es erſt nach ihm aufgehangen worden, Vermög' ich nicht zu ſagen — gelt' auch gleich! — Verſetzt' er lachend, was dort hange, ſey Des Hängens werth, — denn Cleopatra fürchte Die Nebenbuhlerinnen ſo, als ob Sie welche hätte — Was den Bruder aber Betreffe, fuhr ich fort, den jüngſt im Bade Zu Jericho ertrunknen Hohenprieſter, Den Ariſtobolus, ſo habe Gott Nicht wenig Urſach' neidiſch auf den Maler Zu ſeyn, der ihn ſo völlig übertroffen, Daß man ſein Werk nicht einmal mehr erkenne. Er unterbrach mich, meinte, todt ſey todt, Doch thu's ihm leid, auch werd' er unterſuchen, Ob nicht, ich weiß nicht, welche Ungebühr Im Spiel geweſen und ob bloß der Fluß, Der Jericho beſpült, zu ſtrafen ſey. Nun nickte er mir zu und hieß mich gehn!
Herodes.
Du mußt ſogleich nach Rom mit mir zurück. Und warteſt im Palaſt!
Joab. Ich — red’ mit Keinem! HM!
20
= 1
"6
217
184 dieſes auf Rasur H? da8 ih 7Th 185 zuerst Betrachten und ihm darauf fagen follte, HA? und so TAS 187—193 auf Rasur H?® 183 fo raſch ertranf, A in TRS 188—192 ſo —
erblidt.)
*30 zuerst mir in Afrika +31 Ballaft über Zimmer *32 zuerst ob er’8 benn *33 zuerst Was Nriftobolus beträfe, *36 zuerst Des Seh'ns nicht *37 ob [fie fie] °38 zuerst Sie
fie zu fürchten hätte *48 ob bloß über allein
Fgramne Lesarten und Anmerkungen. 427 zu Jericho
Im Bad ertrank, als Deine Kämmerer
Im Waſſer mit ihm rangen. Wie ich hörte,
War es ihm längſt durch Deine Schwiegermutter
Schon zugeſchickt, doch er verſchlang's mit Gier,
Als ob's erſt eben angekommen wäre. TA aber mit Blei- stift gestrichen k in 7A S 190 fehlt J 201—214 auf Rasur H 201 wil] mu TASJ Das bedeutet's!] Richt's ihm aus! Th S 202 fehlt J 202 — 214
Neben,
Und das durch einen Mund, dem ich die Bitte
Um — feinen Kopfl verſchluckt' er, wie ich glaube —
Kaum weigern kann, durch Cleopatras Mund.
* Nun wintt er mir zu geh’n, doch rief er mih 7A S 222-227 von Erit gestrichen S 228 aber gestrichen 5 234 —240 auf Rasur H? 234— 239
Genug! Du gehft mit mir nach Alerandrien
Zurück und barfft die Burg nicht erft verlafien! 7A S 236 Nun mußt’ ich's thun, wenn id; Dir überall
Was jagen wollte. J
238 Mit mir zurück nad NAlerandrien J 241 aud über denn A! 245252
Beitell’ es!
Joab. Wohl, Herr!
Herodes.
Und der Galliläer Tritt für ihn ein, der Sohn des Serubabel. (für ſich) Wenn dieſer Jüngling mir nicht treu iſt, war's Auch ſeine Mutter ſeinem Vater nicht! 10 Bun Wenigſten ift er's acht Tage lang, Weil er hier Niemand kennt. Das ift fchon etwas!
Joab (ad), HA!
*2—*4 gestrichen k in TR S *10 f später zugesetzt
428 Lesarten und Anmerkungen. deroder und [12.3
Zweite Scene. 256 padte,] anſprang, 7! neben 256 steht
3. (= 300) H! 259 zuerst fo lang H! 264 f gestrichen S
Dritte Scene. vor 266 nur Ein Diener. HY'7TAJ 266 Mariamne tritt ein). Herodes (ip AYTASJ 269 zuerst ab, noch einmal fommen HM! 270 am Rand zugesetzt H' 271 zuerst Wär', däucht mir, ſchon für Zi 280 Hinunter] Tagtäglich H?° 2855 Daß er Dir drunten Berlen Th und so zuerst auch 8 286 ff vgl. Tgb. vom September 1844 (II S. 108): Die Geſell— ihaft tödtet den Verbrecher, um ihn zu verhindern, das Böſe, was er möglicher Weife noch verüben könne, wirkfich zu verüben, und fragt nicht darnach, daß fie fo auf jeden Fall das Gute, das ſich auch doch mög: licher Weife aus ihn noch entwideln könnte, erftidt. 286 nach ver: fehrt ? statt 286— 293
Mariamne. O nein Du ließeft
Den Mörder au von Kreuz berunternehmen, Als einft ein Haus in Flammen ftand, und frugit ihn, Ob er das Kind zu retten fich getraue, Das drinnen fchrie, dann foll’ es feyn, als hätt’ er “ Dem Zod die Schuld bezahft. Er ftürzte ſich Hinein —
Herodes.
Und hatte Unglück, kam nicht wieder
Heraus, es war zu ſpät, ſonſt hätt ih ihm ZI ThkS 288 US es aus wilder Feuersbrunſt ein Kind J 2941—298 ge- strichen S 295 ff vgl. Bertram in der „Julia“ vor 299 (fir fih) fehlt ZZ! 305 Und fol H' Wohl! Von A! 306 —318
Bon Berlen fpraden wir zulegt. Doch Berlen
Eind weiß und Blut ift rotH! Wie fam ich denn
Bon weißen Perlen auf das rothe Blut?
Gleichviel! IH trag’ fie gern, und frag’ nicht lange,
Ob fie der Taucher aud mit Arm und Bein “
Dem fehnappenden Polypen zahlen mußte.
*1—*8 gestrichen S 1% — ließeſt in Nein! Rein! corrigiert S *7 Tod hatt’ er TA S *]1—*3 am Rande zugesetzt *4 zuerst Run ja! Ich
[anne Lesarten und Anmerkungen. 499
Denn, wenn es fein Geichid iſt, fie zu juchen
Und mit den Ungeheuern drum zu kämpfen,
So ift es meins, fie um den Hals zu winden 8 Und mich zum Ziel für jeden Pfeil zu machen,
Den Neid und Mißgunſt ſchnellen, das iſt mehr.
Wer einen Kopf hat, glaubt ſich kronenwürdig,
Ber einen Hals Hat, will auch Perlen d'ran. H'TRS 307—314 auf Rasur H° 310—344 stehen am Schluss von H' auf einem besonderen Briefblatt; diese Hs. bezeichne ich mit Ha 310 Ha setzt mit den Worten des Herodes ein Mich nicht! fehlt. Ha) 311 Mich nicht! Du Hu) nimmer eine] feine H«.J so auch H? zuerst 319 So haft H'H« ThSJ 320—324
Marianne. Nun, ih muB Tidy ernitlich fragen:
St cd Dein Wunſch, daß fie mich morden fol,
Daß fie an mir vollbringen fol, wad Du
An meinem Bruder — Warum fiehit Du mich ”5 So feltfam an? — den Tod vollbringen ſahſt?
Das war ja dody Dein Fall in Jericho?
Dann fahre nur fo fort, wie Du begonnen,
Und häufe die Kleinodien bei mir,
Als wär’ id) unerfätilich, wie fie jelbit.
“10 Das Hilft zum Zwed! As id vor einem Jahr AYTRS 32°—329 gestrichen S 326 erite Mal, ich lächelte Hi Th S 32° Und dachte mir [über ftill A'|: H! TA S Dein über der H' 330— 343
Seit diefen Kuß nun ſteh' ich offenbar Sn ihrer Schuld, und fiher würde fie,
e7f Denn wenn’ fein Roos ijt, mit Gefahr des Lebens Sie in des Meeres Tiefen einzuſammeln, Th S *9 über um — winden] an mir auszuhängen ZZ! *0—*13 über
Und all’ die Neiderinnen zu bejtehn, Die fie mir weden, und das ſcheint [über gilt] mir gleich. . So haft Du eine Schwefter Salome — H" 212 glaubt über fühlt 7! *5 ſeltſam über finfter ZZ! *5 später zugesetzt H' e10 führt zum Biel! TA S *(0 gestrichen S *|f gestrichen S
430 Lesarten und Anmerkungen. Herodes und [13
Wenn ich, die Perlen, die Du gejtern mir
Geſchickt Haft, um den Naden, fie befuchte,
Eid d’ran erinnern, und — — Zum Wenigften
Würd’ ih den Willtomms-Trunt, den fie mir böte,
Verſchmäh'n, und brädte fie mir im Kriftall
Unfchuld’ges Waſſer auch für den Sorbet,
Den fie jo würzig zu bereiten weiß,
Als wär’ fie nicht, was fie doch ift, feit fie
Mid) ihre Schweiter nennen darf, Princeßin,
Ich liege ſelbſt dies Waſſer unberührt!
Zwar würde das Nichts gegen ſie beweiſen,
Es wär' auch ſo natürlich, denn das Waſſer
Iſt mir nicht mehr, was es mir ſonſt geweſen, A' Th 333f Die legten Wunderperlen um den Hals! das Weitere fehlt H«J 344 Element u. f. w. damit bricht A« ab 348 jtet3: über oft: H! 353 wagt!) fudt. 7% .J 359f über Der Schwefter ſich erhalten fann. Und weiter, ZZ! 364 f über Zerſchmettert, eh’ fies thut. Und endlih nod, H! neben 366 steht 4 [= 400] H! 368f gestrichen S 369 Wie, welchem Rumpf es fey, das feinige! über Wie — meinem eignen Rumpf das feinige! feyn fann! H! 370 später zugesetzt H' 373 Als Bürgerin aus einer beil’gen Regung HM! 374 jagen über fpredhen H! nach 375 Hand, fie zieht fie zurüd.) 7! 385 Sa, ih geh’ noch Heut! nah Rom, H' 385 f Za! Ic gehe zum Antonius, Und ob ich wiederfehre, J 386 Und ob ich wiederfehre, A! 388 bei ihm dort HM! auf Rasur H’ nach 388 fpreden. A! 394 noch über mehr HZ! 395 —397 über gestrichenem
Wie folltet Du nicht fühlen, daB ich jept
So Halt, jo feurig für mid, fämpfen werde,
Wie [über Als] kalt, wie [über als] feurig ſchlägt
Dein Herz für mi! A!
*5 gestrichen S *6 böte, über reichte, A! °7f über
gestrichenein
Verſchmäh'n, und böte [über wenn] fie im Kriſtall-Pocal
Mir Statt Sorbet auch Hares Waſſer
Das [über Dieß] würde zwar Nichts heißen, denn das Wafjer H! es jtatt des Sorbets, TR S *9—*14 am Rande zugesetzt H' *9—*11 fehlen TR S "13 zuerst Das wirde zwar Nichte H' *15 zuerst es zuvor mir war, M!
Mariamne Lesarten und Anmerkungen. 431 13)
402 ftarb, über jaß ‚A! 408 über Gebunden, follte frei und jeellos feyn! 7" 412 dies) Dad HM! 423 letzten] einz’gen 7! 425—428 fehlen H' 425 eher) ihrer SJ fih’rer] eher S J 433 zuerst Sie murde nicht zum Opferthier gemadt, H! 438 zu- erst So weißt Du, daß die Welt mid auch, daß mich die Welt nicht hält. darüber Was follte mich wohl halten in der Welt? dann der Text 41 442 Die — verließe in Der — entfagte corrigiert S 146-448 Unfterbli wird, weil nie in ihm Dein Bild HZ! 447 der Bharifäer fchmeichelt, 7 450 ff vgl. Tgb. vom 9. Februar 1847 (II 8. 235 ungedruckt): „Berzeihen ie, daß ich in Gold komme; es it noch fein edlere8 Metall entdedt worden!" (Eine Dame beim Beſuch). 453 später zugesetzt H'! zurüdgehalten bloß für Did; H' 354 Ha, und fterben Dich zu jehn, A! 455
Aus Liebe fterben Dich zu ſeh'n, den Reichthum
Ter Welt zurüd zu ftoßen Dich zu ſeh'n, H' 456 zuerst nachzufolgen, A" 457 Und in der Dämmer-Sphäre, II! 458 it, Dich, Hauch zum Hauch, zu mifchen, ' 459
Und, wie Du mit mir lächeltejt und weinteſt,
Mit mir zugleich in's Nichts auch zu verichweben: A! 460 freiwill'gen über des ſchnellſten HI! 462 zuerst Die Eelig- feit erit dann Des Lebens Höchſtes dann der Text H' 465 — 468
Und fhwör ich's Dir, wo fändeit Du die Bürgichaft,
Daß ich den Schwur auch bielte? Darum dent’ id),
Du fängft, da Du mit Hoffnung und Bertraun
4 Doch enden miülßtejt, gleich mit Beiden an! A!
469 Leb' wohl! (Sie geht, kehrt aber wieder um) Und fehre mir zurüd! (ab) HA! nach 469 folgt
Und glaube mir, daß es Naturen giebt,
Die Jeden täufchen müflen, welcher ihnen
Nicht ganz vertraut, und die nicht in der Probe, Nein, durd, die Probe jelbit zu Grunde gehn, Weil fie zu zart, zu edel für fie find.
Veh’ Dir, wenn Du nicht mehr vertrauen lünnteit, Seit Du — Berzeih! Es iſt das lebte Mal!
Herodes. Leb' wohl!
ff vgl. 479 ff. und auch das Epigramm Der Eid und seine Aus- legung. 4* fändefi Tu über wärenoh 4 zuerst enden mußt, mit
D Bi
432 Lesarten und Anmerkungen. Herodes und Mariamne. Leb’ wohl! Ich weiß, Du kehrt zurüd! 7 [vgl. Anhang 9. 368) 470—484 fehlen HZ! auf Rasur HZ? 471 nach Zuverſicht!] (für fih) Wo ijt ein Mann, Der diefem gleiht? Und der nur darf ihn tödten, Der ihn erſetzen kann. TA 8 [hier gestrichen! J 474 vertraun, J 430 f Immer — kennſt. fehlt J 481 Darım J 484 (ab) feblt 7
Vierte Scene. vor 485 Herodes (allen). H!.J 485f fehlen H' 487—498 daß — doch! gestrichen k in TA S 488 Nannt' ich fie Schön, ihr Angeliht verzog, A! 489 Bis fie H' war — auc weiß ich e3, [über ich's ja,)] Z' 491 ihre Thränen jind! J TIhränen find — aud) weiß ich es, H! daneben 5 [= 500 MH! 493f Hebbel wollte ändern um Nichts Entzweit, nicht aber wieder fich verföhnt, aber wieder getilgt A! 495 Ja, vor Und Hi 496 f
Noch ein Geſchenk, das cr bei'm Gang in's Bad
Für fie gefauft, von ihn: erhalten hat! A! .J darnach
[Und da dieß Alles, Und doch ſpricht ſo ein Weib
in einer Stunde] H!
500 über Doch lieben foll, — auf Xlimmermwiederfehn A! 504 Nah Rom — ins Grab — Gleichviel! Doch Eins zuvor! H! Alerandrien — 7 505 fehlt HA! später zugesetzt HM? 519 fehlt A! 510f zuerst
Colt ſich betrogen finden, wenn mir auch das Kleid,
Das id im Augenblid des Todes trage, H' 512 zuerst Nicht in A! 512f zuerst weil vielleiht Ein Jeder [über Dieb mir] ſtiehlt, Du folljt mir fiher folgen! ZZ! 515—520 am Rande zugesetzt MH! 516 Zwar ijt Hier noch ein Hauptpunct zu erwägen: HM! böfer] garſt'ger ZA SH? 518 O,) Nun, H' 519 zuerst vor mir A!
Fünfte Scene. 520 Dein Schwäher! auf Rasur H° Herr Sojepp — MH! Dein Oheim! J 521 mein über das H! 523 zuerst big er ein Wüthrich wird! ZZ! vor 524 (tritt ein) fehlt H' 594 auf Rasur HZ? Mein König, ih vernahn, dab Tu nad) Rom H! 537 geheim] im Geheimen 7A SH? JE doch zerstört es den Vers und war daher durch die Lesart von H! zu ersetzen 510f. zulept die Kijte, Die A! 548 später zugesetzt M'! 549 wäre H! 552 - 564
Nframne Lesarten und Anmerkungen. 483 Das gilt nun gleich. Sprachſt Du den Hohenprieſter Nicht noch im Bade?
Joſeph. An dem Eingang, ja!
Herodes. So! So! Das thut mir leid!
Joſeph. Es thut Dir leid?
Herodes. Ich wußt' es nicht.
Joſeph. F Er lud ſich für den Abend
Bei mir zu Gaſt! Herodes.
Recht! Recht! Du aber ſcheuteſt Die Koſten der Bewirthung, und —
Joſeph. Du ſchweigſt? I! Schmwäher] Oheim H!J auf Rasur H*? 567 zuerst mein Fall bift Du 7! 568 Wärſt Du es HZ! 569 f über ätt'ſt Du mit mir in Zanf gelebt und Bader H! 570 Du von Odesmwunden Narben zeigen, H! 573 Mordthat 7! 577 Wer Blaupt e8 Dir? Der HI 578f Und find denn nicht die [aus Und Ann: find alle] Dienfte, die Du mir 7 579 zuerst vielen treuen A 580 zuerst in ihren Augen HZ! 583 zuerst jetzt gejtorben {ft? 7ı 584 Sann fie mit rubigem Gewiſſen HI 584-587 &estrichen 8 585 Denn nit Dein H! 590 Bilb [von mir!) Iı 590-593 Bild! Nun kann das Dazwischenliegende fehlt H! estrichen Th 8 593 fie [bald] MH! 599 zuerst lege — H! fehlt, auf Dir! folgt Herodes. Doch HM! 603 zuerst Du Diſt ein Dann, von jept an ſey ein König, H' 604 zuerst Den Bepter reih” ih Dir, den PBurpurmantel H! 605 zuerst Häng’ & Dir um H' 606 zuerst Gieb Nichts davon zurüd, als nur an mid! H! 611 zuerst Sie ift der Faden, Sie ilt der lebte aden, der die Alte H' bei 612 steht 6 = 600 H'! 614 zuerst Sebbel, Werte IL 28
434 Lesarten und Annterfungen. Herodes und I5—IH 1
Den ber Verrath auffteden wird, wenn er H' 617f Di, das braucht Der Worte nicht, doch A! 618 zuerst freilich geb’ ich ihn H 620—625
Nicht tragen, daß fie — — Siehſt Du, Weib ift Weib,
Und — Du verftehft mi! H! 625 Höre mi! Ha 627 zuerst Erwählen würde, 7! 64rf gestrichen TA S 644 Einz’gen F 645 Dem Rom H! wirft ed ihm H' 645—653 von Du gestrichen S 647 vor um] fie nit 4! 648 vor Wenn] Wenn's der H! 648 fl vgl. Hebbels Bericht über die Wiener Schriftsteller —Deputation in Inns- bruck: man fühlte, daß die Excefle, die in Folge der Nbreife ein träten, von dieſer Partei jpäter gar wohl al® von ihr vorhergefehene Urſachen der Abreife geltend gemacht werden könnten... 650 Aus welhem Du fie jeden mußt. H! 653 bewältigt 7! vor 660 (nah einer feierlihen Baufe) MH! 661 verjiegelt hin gestrichen TA $ 662 später zugesetzt H! lautet an den Genfer! H! (Herodes spricht) 663 ih d’rin H* ih darin J 665 f.
Joſeph. Dann tödte mich!
[Herodes. Das muß idy freilih thun, fo fehr es mid Auch ſchmerzen wird, nicht mehr noch thun zu fönnen!] Joſeph can). MH! Sechste Scene. 670 Fort denn nad Rom! H' radiert HM? 692 nach 670 steht: 87 daneben (#92) und (650) gestrichen. Die Ziffern 605 beziehen sich auf die Verszahlen, die. Hebbel durch Streichen er- reichte H'!
Zweiter Act.
Erste Scene. vor 671 nur Alerandra. H! 709 größ’rer über andrer A! 733 Und wenn der Duell des Bluts gen Himniel ſpritzt? A! vor 737 (mit — Händen) fehlt HM! später zugesetzt H? 740 zuerst durch die Freuden, die er liebt! A: 745 - 747 Der — Kalb. gestrichen 8 nach 747 |
Und aud uns Andern wird es nüizlich feyn, Wir werden durch Judäa fürderhin
une Lesarten und Anmerkungen. 435 Bei Nacht auch ohne Sadeln reifen können: Du fiehft, der König weiß wohl, was er thut! H! 762 zuerst Der acht und vierzig Stunden faftete! dann Der mehr als einen Tag gehungert bat, dann der Text H' 768 zu früh auf Rasur 7? in Rom H! 770 - 772 zugesetzt für ursprüngliches Die en — H! neben 770 steht 1. [= 100] H! 770—784 Bompejus — und — gestrichen 8 774 fehlt HY . 779 zuerst So fen es Pflicht, die AZ! 780 zuasst einen See vom Ocean H! 81 zuerst übrigen getrennt erhielten, H! 784 (gen Simmel) fehlt H! später zugesetzt H° 786788 gestrichen Th 8 786 zuerst jedem feiner Brüder H! nach 791 Dadurch beftrafen (mit einer Bewegung gegen die Bruft) H! die scenische Angabe blieb stehn. 793 fol! hinter wird! H! 794—796 gestrichen I TI4L. zuerst Der zwifchen Heldentbat Und Miſſethat mich in die Mitte ftellt. H! 797 zuerst Nur Eins vergik H! 798 zuerst einen Feind zu werfen, M' 799 zuerst man eine8 andern fid) bedienen! 7! 800 zuerst Kannſt Du leicht bewaffnen! ZH! 803 —805 gestrichen S 809 dem Römer zahlen auf Rasur H* nach Rom bezahlen H' 810 zuerst Stets einzufchiden, eh’ er fällig wird, HA! 811 f ge- strichen 8 811 zuerst zu erhöhen, H'! 812 Sobald [über Wenn’s] fih bort ein [nener] Krieg H' 813 Gold, nichts weiter, H' 814—819 am Rande zugesetzt H! fehlen TR S 816 und Gog und Magog HY ,817 den Winkel für fein Plägchen H' 818 Der etwa H' bis heut’, fehlt HM! 819 zuerst Wenn er von Stein und Erz nur wär, wie die. dann Wär er nur aud von Stein und Erz, wie die. H! nach 819 eine grössere ausradierte Stelle, die frei blieb H* dafür vielfach corrigiert 7! Ihm ift die Welt ein Bergwerk, jeden Schadt Erobert er und läßt dann dur das Volt, Dem er ihn abgejagt hat, ihn befahren, Dem Erften dieſes Volkes reicht er aber, 5 Der Andern wegen, die ben Knappendienft Berricyten follen und des Herren bedürfen, | Die Königskrone, und geitattet ihm, mm *2 zuerst und wann er einen König [?] feinem eriten Bergmann, In beffen Hand er liegt, befahren aber ließ, befahren Ernennt, Giebt er, der Knappen wegen, eine Krone, Die fie
*6 zuerst follen, eine Königskrone 28*
436 Lesarten und Anmerfungen. verodes II
Bu thun, was ihm beliebt, wenn er darüber
Nur nicht ded Amtes letzten Zweck vergißt. 822 Du felbft beitätigft es, HZ! 826 f zuerst der in den Adern Ihm fließen mag H' 827 zuerst ihm zum Wenigjten zwei Unzen Gold H' 828 vor Glaubſt) Swei Unzen Goldes H' er — zurüd?] Der Schwelger weil’t [über wird) da8 Bold zurüd? [über verfhmäh’n?]) 7 nach 328
Es wär’ genug, den Läfar zu bezahlen,
Und fhäßt’ er felbft fih ab vorm Tode Dieser zweite Vers über Und ſchätzt' ihn feine eig'ne Waffe [Wage?] ab! Hi 833 fehlt H' 836—843 gestrichen TAS 836 Denn über So H! ein wilder] der tückſche H! 837 vor auch] ſondern HM! feinen Feind,) und die Schlange, H' 838 vor So] Und mandı Gewürm H'! 839 Wurmgeihleht über wildes Heer H! 841 Wenn nun H! 842 zuerst Eo bau’ ih H! ich glaube,] die dritte! 7! 843 fehlt H 844 Tochter! [Begreifit Du, Begreifit Du nun, was — H! 845—850 gestrichen 7A 8 _ 845 Doch] Und H: 847 Gemahl,) Mann, H! 849 f zuerst braucht Ihr Wittwenkleid darum nicht abzulegen! HM! »51 Daß aber in Und defien corrigiert hin Th 8 er gestrichen 7A 8 852 vor Dir] Antonius gestrichen AH! zugesetzt k in 7% 8 und — nod) ge- strichen A in 7A 853 vor Nicht] Und wenn er’s noch H 855 gestrichen, darüber Und wenn er's noch nicht zog, fo ließ er's nur, hin TkS 854—856
Ob nit Herodes doch am Ende fey,
Wofür er lange galt, der Zauberer, “955
Der bier den Sturm auf immerdar befhwur! H! 854 Daß gestrichen, darüber Weil A in TAS 857 Schaff’] Gieb H! 858 Erreg’ — ben zwischen den Zeilen gestrichen H! fchlaffen Frieden fehlt 7! 859— 861
Der wäre bald gegeben,
Schon ſchlug das Volk [ihn in Gedanken todt] den König,
Wie's Keinen liebte, in Gedanken todt, den es liebt,
Schon murmelt man — H! 864 wenn fich jeder Mann H! 868-872 fehlen 7% 8 874 zuerst wenn Du nur ernftlich willft 7! 875 vor Und] Und Dir das
*8 zuerst er nur nicht *9 zuerst Zweck daran verfäumt! *854 zuerst Die Rüdficht ab, ob nicht vielleicht *855 zuerst Doc fey galt über gilt
PRariamne Lesarten und Unmerfungen. 437 111—3)
Baupt H! Gaſſen] Straßen H! 876 zuerst wäre Jonas wieber auferftanden. 7! 877—880 fehlen Th 8 882 Die alte Schmach doch nicht fo ganz vergaßen, H! 886 Durch ganz Judäa zieht ſich unſ're Kette H% 888 Auf wie viel Eifer wir zu zählen haben, 7! 889 zuerst Blinder unter uns.
Ylerandra,
Ein Blinder? H! 890—895 am Rande zugesetzt H'! 891 Allein er iſt von ſolchem Grimm H! 894 zuerst Wenn's mißlingen fann, H! neben 894 steht 232 H' 895 fehlt A: Zweite Scene. (allein) fehlt 7! 899— 901 gestrichen TR S %3 vor Sprid,] Belüg’” 7° 906 vor fällt] fpricht gestrichen, aber unterpunctiert AM! 908 fein! Wenn aud fein Solder, HZ! %9—914 | Dem man [geradezu] den Kerker anweif’t, denn fonft wäre
[Sonft wär’) Er fiber fhon zurüd! [Und das) Und wenn man [das] dieß [Kann weiter führen, wenn man es benugt — Benukt, fo fann es] [Bei Seiten] Geſchickt benupt, fo farın e8 weiter führen! Drum iſt es gut, wenn jegt ein Aufſtand kommt, Obgleich ich weiß, was es an fi) bedeutet Und aud), was e8 für Folgen haben wird, Wenu er zurüdkegrt! Wenn! Es kann geihehn, A! 915 Bedente das! H' 919 zuerst Seyn müſſen und daß H! mögte. über will. HY_ 921 Echlimmfte über Ärgfte HI 922 vor mir] hier H' 924f und — will, am Rande zugesetzt H' ſchützt,] ſichert, 7! 928 Rache H! 928f und — ließe, ge- $trichen, aber unterpunctirt AM! nach ließe, An ihr, wenn fie — id glaub’ es nicht von ihr, Allein, wer weiß — es ftill gefchehen liegel 7! 930 und nimmer] nicht einmal HM!
Dritte Scene. nach 927 folgt sofort 942, das Dazwischen- liegende fehlt MH! (tritt auf) 9 946 vor bei] zu fehr A! Ich? Bei Dir? später für Hal zugesetzt H' 949 Gleich aus Noch H! 951 Hätteft über Wenn H'! 955 zuerst Echwert, durch jenes Weibes Nagel, darüber in Klammer: (der Radibin) H! Die irrtüm- liche Einführung Rahabs statt Jaels scheint Pfarrer Kolbenheyer dem Dichter vorgehalten zu haben, der am 7. Dezember 1854
438 Lesarten und Unmerkungen. Herodes md [
antwortet: Für die Berichtigung in Herodes und Mariamne dante ih Ihnen fehr; mein fonft treues Gebächtni hat mir da einen Streich geipielt (vgl. Nachlese II S. 25). Trotzdem durfte der Fehler nicht durch Einsetzung der ursprünglichen Lesart getilgt werden. 956 Wenden über Weigern H! 963 zuerst Und fjchaudernd hätte er fi abgewandt. 7! 964 no ih aus ih nit ZZ! 965 — 967 gestrichen S 968 Halt’ auch jegt den Fluch zuerst halte meinen Fluch HM 972 erwählt, 7! 977—983 gestrichen S 931 später zugesetzt H' 982 f gestrichen h in Th 983 Anfangs ihn über ihn zuerft A? vernahm. Allein] von ihm vernahm. FM! 984 Allein ih that ed, denn ih fand den Handel H! Ich — fand corrigiert in Doch fanb ich felbft A in 7% 987—991 fehlen Th S 999 Bervegen, über Derleiten, H'! 1000 zuerst In einer jtilen Naht 7! 1001 liſtig fehlt H* E und ist in 7? gestrichen, aber unzweifelhaft nur durch ein Abirren des Auges aus dem vorhergehenden Verse, darum musste das Wort zur Füllung des Verses eingesetzt werden. 1002 zuerst Dann hättft Du mid Dein frommes Kind genannt! darüber Dann hätteft Du mid} gern Dein Kind genannt! dann erst der Text H! 1003 id — nidt. zuerst ich räum’ e8 ein! ich geb’ es zu! HM! 1005 und [ich vergaß] 7! 1006 vor Die] So über ihn 7! 1007 König [Judas] 7! 1009 — 1012 von wenigiten® gestrichen S 1011 am Rande zugesetzt 7! fie — prüfen. auf Rasur 7° un Did zu prüfen Zurüdhielt. 7! 1013 Ereigniß, zuerst Begegniß, ZI! 1015 vor ja] und ein Bruder, dem Ich grollte wegen Nichts gegrollt. — Dodh, wenn id meinen Z71 1016 £ ich ihm verjtocdt [über meinem Herrn] die Thür verfhloß, 7! 1020 — 1023
Mariamne.
Und auch, weil er zu raſch Die Trauerkleider fand!
Alerandra. Er hatte fie 7 1025 für eh’ fie morden — später zugesetzt ehe fie An's Werk gehn, wenn die Hänbe blutig find,') Muß man fie wafchen, oder fie verfteden! 7:
=
1) zuerst An's Wert gehn begeben, da? fie [die Hände] blutig macht!
Mariamne Lesarten und Anmerkungen. 489 I1 3. 4)
1032 zuerst wenn Du, als Sclavin Deines Herrn, H! neben 1037 steht 3. [= 300] H 1041 ich [muß werde] H' 1043 räche! Das ift Pflicht! H' 1043 £.
a Marianne. So räde ihn an Dir! [felbft] Du weißt recht gut, HZ! 1046 Vom [blöden] H' 1053 zuerst nit zu feinem Glück; A 1055 überwarfft! 7! 1056 ja [faum) HM! 1059 Dir) Du, H: 1060 f£ | Du liehſt ihm, was ihm fehlte, um gefährlich Bu fcheinen, und zu werden. E8 war viel! AH! 1067 vor ®ie] Zum Weib H' zieht über 309 HM! 1076 ge- strichen 7A S 1077—10179 fehlen TA 8 1083 später zugesetzt H! 1090 zuerst daß ich des Troſtes A! 1091 —1103 Es — hinein! gestrichen 8 1091 zuerst Bedürftig ſey! O nein! ZH! 1094 dem Mund fon über der Sunge H! 1095 dem Sclaven über den Würmern H! 1097 zuerst wie wir! H! 10981100 fehlen Th 8 1098 zuerst Ich gönne ihnen ihren Troſt! 7! 1099 taufend [Wunden] H'! nach 1099 Auf dem der König um ihn fämpfen muß, H'! Vierte Scene. 1105 fommt. HM! feit — mißlang, fehlt 7 gestrichen Th 8 auf Rasur H? 1106—1114 fehlen HM! gestrichen
Th S zum Teil am Rand zugesetzt H? 1114 Wlerandra Gu Mariamne). H! vor Dlag] Salome H! 3115f fehlen H' gestrichen S dafür Wird’s wünfchen H! vor 1117 (zu Jofepb) |
fehlt 7! vor 1118 Alerandra (mit Beichung). Th SH? 1119 in eine fhmale Kite 7 1120 zuerst
Jag' ihn heraus, ich weiß, dab Du's verftehit,
Und will’s, wenn Du es thuft, dafür verzeih’n, H! 1121 zuerst Du’3 fhon einmal H! vor 1126 nur Alexandra. H' 1126 Du mit nah Rom gereift, H' 1127 Deinen König, wenn fen H' 1128 Ihn vor dem LictorBeil HM! 1129 Sofeph ZH! 1133 O Bralerei! 7! 1133—--1149 von So gestrichen S 1137 am Rande zugesetzt A! 1139 zuerst In ihrer Gegenwart noch wiederholt H! 1140 Spredjt, über Sagt, H! bei 1141 steht 4. [400] MH 1142 zuerst den Kopf, ala fie nicht von ihm ließen, weichen wollten, H' 1143 zuerst deg großen Römers Gunjt HZ! 1144 jünger — find, gestrichen und dafür fajt noch Jünglinge. H! 1145—1149 gestrichen TA 1152 zuerst Ob er das an ſich felbft gefchehen läßt! A! 1160 f
440 Lesarten und Anmerkungen. Herodes und [II 4
gestrichen H! 1163 und 1164 scenische Angabe fehlt H'
1165—1167 gestrichen 8 1166 f über Gestrichenem
Und wenn Du ihrer dentit, jo thuſt Du wohl! Wer bas Beifpiel, das fie aufgeſtellt,
[Dem Beifpiel, das fie aufgeftellt]
Befolgt, der kann ein Ziel, wie fie erreihen! 7! 1170 zuerst Kein Menſch 7! 1172 ih [elend!) ZI" 1173 f um feinem Haß und feiner Liebe Genug zu thun? H!so auch zuerst, dann geändert H? 1174—1184
Genug zu tun? Die Sliegen zu verſcheuchen
Genügt ein Zweig vom eriten beiten Baum!
Joſeph. Sehr wahr! Und Du?
Alerandra.
Sie fah wohl nie im Traum Den Ahnherrn ihre Stamms, den großen Judas, Sonſt hätt’ fie wahrlich feinen Feind geſcheut!. 6
Joſeph.
Der König hat Recht gehabt! Ich muß die That vollbringen, HZ! 1178—1183 stehen vielfach corrigiert und allmählich entstanden am Rand von H!; zuerst 1180—1183, dann 1183 oben noch einmal verändert, dann 1178f zum Teil in die Verse 1184f hinein- geschrieben. 1178 zuerst im Grabe H' 1179 darüber jedem Berzen lebt! H! 1179—1183 gestrichen S 1182 f zuerst Daß ih nicht Inien muß vor Stein und Holz, dann Daß ih noch niederfnieen darf vor Gott Und nicht vor Holz und Stein H! nach 1184 Dollbringen oder fie leiden, muß die Krone H! 1185 fie [an mir] HM! 1186 f zuerst Ergreifen Auf's Haupt mir fegen, um e8 vor dem Beil des Henkers H! 1187 fihern über fhüßen H' 1189 vor 1188 HI 1188 und 1191—1193 am Rande zugesetzt H‘ 1190 fehlt 7! später zugesetzt H? 1190—1193 ge- strichen S
nach *1 Die Fliegen zu verfcheuchen genügt ein Sweig. *3 Sie [fah wohl war vielleidht die Einz’ge In Jfrael, die nie die Chronik las] *4 zuerst Den großen Ahnherrn Judas Maccabäug, *6 zuerst Herodes hatte Recht. vollbringen am Rande
Merlamne Lesarten und Anmerkungen. 441 5]
Fünfte Scene. 119% Diener. H? 1195—1197 später zugesetzt für
Joſeph. Um augenblickliches? Alexandra. [caß ihn) So laß ihn kommen! Titus. Aufruhr! | Iofep.
So ftelle bie Cohorte auf. H' 1195 [Caß' ihn Sprih ihn doch hierl] Barum H! Alexandras Worte gestrichen 8 vor 1196 nur Titus. HM! 1196 bes fürdhteteft,] eriwarteteit, 77 ' 1203 Gut! über Wohl! H' 1205 ipäter! [Solf) 7! 1206—1208 gestrichen 8 1206 zuerst Den alten Bharifäer, der an meinem H'! 1208 ſchließt, [wenn er mid fieht?]) 7! 1209 jeh’ 7 1231 nur Joſeph. HM! 1213
Alerandra. Das that er! Titus. Kommſt Du felbjt? Ha
1214 die scenischen Angaben fehlen 7! 1216 zuerst ich's befahl! H'! nach gebot!] (wintt Citus zu gehen. Da) HY 41217 ging über 309 H! 1219 am Rande zugesetzt H'! 1223—1225
Sch braude die Soldaten!
WUlerandra.
Meinft Du noch, A! ebenso durch
Streichen S
1225 Meinit Du noch, aus Scheint's Dir nidt, HM! 1226 über
Daß der — Hi 1226—1232 von Ich gestrichen 1226-1229 am Rande und zwischen den Zeilen für
Marianne. Ih kann nur fagen, dab ich ftaune! Ich entjege mich! Und wahr iſt's, jterben kann [man audy durdy ihn!) der Waffenloſe Durch einen Jeden, welcher Waffen trägtl] der ein Schwert befigt! dazwischen ist geschrieben
gegorten un Bird dieſe Han t eicht Pal gen v pinden un wartet \ nderb r vor! zeſet W H 1
Mit einem Es röme mit nit [
mid H' 1228 Do zx H' 231 $ am Rande 7
i 123 az Denth Und H' kagtı daß Menſchen ſich ver Ich es nicht, ich wär zu ftol3 dazu — Der mug ein Meiſter ſeyn in dielet unft! H 1234 zuerst n Weib y Eolome! 37T ® nd zu gesetz H' ger del H' ermebt! Ü gie ih nafnete) de Nicht Er! ht Er! 239 zuer® dãchte⸗ zielen yurttand nuß „jelleit vor 950 8 golgen e ei ver® £B g2r w H' Maria n xrame {eidertt, mein! guten it Und MN Era w und den wobel 24 vor pleibł ig ho e 124) 1243 gatrichen gart ® R At mei Agben mit über gor det Mord) ge chert⸗ an nic, So it det ie, wie D eißi. tommel u u v zantit die Roche. Du nohmit Kür ohnd Kerlult m einer oder y (zu Deinen Sohn mi perlutt der Co H' agaa DE gc® ngeb® fehle gürd Eile) Eimit? weiten 6 Det eg ut gimme H 4248 zuerst vis die Stad peru igt iſt, * 1249 Wos Dich? über weni® gas hm D H' 201 zuerst it ypernun ig, e anze it aud), he € oft, ze m t jollen® c wi, you D „Beiden ſicher ſeyit! 1253 und (jpöhel 1 zuer® ch yon w _ DU pürd und ’ dt Rand zugeset? \ it grabttl) Dich n nit kürzlt in eignen Lem gatrichen 9 Krueg? AL muß zuleist noch für Del es peten!) H' 260— 26? \auten ! y, W° Philo (it EM) fehlt: \epd (peiht mat VhUo, zu guexaudto)· n der ind mit einem Cu Soqleiex
Ir sjomne Lesarten und Unmerkungen. 443 Bielleicht zu fpielen anfängt, daß [er’s fchnell] ex ihn Zufammenlegt! [und Dir, weil die Empörer das dieß diefes]
Es fünnte die Empörer
[Betrachten fönnten als Ermnnterung |) Ermuntern und das
Willſt Du doch wohl nit! [über Fönnte, ohne
daß Du’s willft!]
neben diesen nicht gestrichenen Versen steht am Rand mit anderer
Tinte . j
Joſeph. Du haſt verſtanden?
Philo. Ja!
Joſeph. Im ſchlimmſten Fall! [Sonft nicht!) [Philo.] [Ich werde ihn abzuwarten Den wart’ ih ab. Dann rufe ih...) das letzte Wort unleserlich. 7! 1261 f steht auf Rasur, so dass es unverhältnismässig viel Raum einnimmt und lautet M®
Joſeph. Und mir bürgt Dein Kopf! Alerandra (für fi). 1262 fehlt 7A S H° 1263 Vielleicht iſt) Ich denke [über Dielleidht. Wer weiß, ob] H! 1264 Wird zu gewinnen feyn! [über Nicht zu verwirren iftll] 7° 1265 Verfuhen — tie). fehlt A! fr fiß) fehlt 7! 1266 Obgleich es mic) verdädt'gen muß, [fein Bote] H! 1267—1270 am Rand für fein Bote Kann jede Stunde kommen, und wie follt' ich Den [biut’gen] Auftrag auf dein Markt vollzieh’n, wo ſchon Der Aufruhr tobt, der, wenn er nicht durd) fie, Wie ich doch glaube, H! 1270 zuerst Sein Bote kann ja jede Stunde kommen. HM! 1271 feblt H! 1274 über Du — aufl]
444 Lesarten und Anmerkungen. Herodes —F
Mariamne.
Jh traf's! Er ſteht verwirrt! HZ! 1276 Sobald — hören, zuerst Wenn ih den Römern melde, dann Sobald ih Titus dann Lemma Hi 1279 zuerst Du felbſt! Kannit Du dann geändert wie im Text H' 1282 jo über hart H! 1285—1287 davor gestrichen
Ich ſag' ihm, welchen Frevel Du mir fannit,
Ih fag’ ihm auch, was ich geichtworen habe; Ermiß mit Schaubern, was fi) daran knüpft!
Joſeph. Und was — was ſchwurſt Du mir?
Mariamne.
Ich ſchwur Dir Nichts —
Wie ſollt' ich ſeinem Zorn die Gränze ſtecken, e6
Da er mich mehr liebt, als ich ſelbſt mich liebe,
Und Dich darum auch tiefer haſſen wird! —
Ihm aber ſchwur ich — hör's und knirſche dann:
O hätt' ich das gewußt! — ihm ſchwur ich zu,
Daß ich mit eig'ner Hand mich tödten werde, .n
Wenn ihn in Rom fein Tod ereilt! Sa, ja,
Sch Hätte Dir vielleicht dad Schwert entriffen AZ! 1285 jage ihm, auf welde That Du fannft, H! 1286 fage HM! 1286 f was — kommt! über was ih ihm felber fhwur, welchen Schwur ih ihm felbft gethan, abgelegt Ermiß mit Schaudern Mit Schaudern H! 1288 f Wenn's — wiſſen. später zugesetzt HA! 1289 Muß ih ee Th 8 1290 zuerst tödten würde H 1291 geabnt, niht HZ! Wie sich aus dieser Interpunction und aus dem oben mitgetheilten Material *3 f bei 1285—1287 ergiebt, ist dieser Einwurf trotz den vorgebrachten Bedenken in dem Munde Mariamnes
über *1 mit welcher Schandthat *2 am Rande zugesetzt nach *2 Dein Herz fidy trug und wie ich meinen Schwur [?] aud,...
Ich fag’ ihm — Du Did getragen haft und, was id;
*3 zuerst braus folgt für Dich! ſich draus ergiebt für Dich! *) zuerst Das hieße feinem *6 zuerst Da er mein Leben höher ſchätzt, als ich *10 zuerst Daß ich mich tödten will *11 zuerst Venn ihn — er — Du fluhit Dir felbit, nit wahr? — Fa, j— nach *11 Ich hätt’ vielleiht Dein eig’nes Schwert gebraudht!
Mariamne Lesarten und Anmerkungen. 445 J verständlich; ich habe nur nach Hebbels sonstiger Art den Gedanken- strich hinter wahr? eingeschoben nach 1291
Ya, ja, ih hätt’ vielleicht von Dir das Schwert,
Wie Jonathan von feinem Waffenträger,
Mir ausgebeten, das Du trägft 7" 1292 Hätt’ ih an ein ftolzes Angefidt A’ 1293 nie] nit I! 1294 begann und ftünde ſchuldlos da! HM! 1295 fehlt H' ge- strichen S dafür
Joſeph. Wie hab' ich mich verſtrickt! Und dennoch that Ich Nichts, als was der Auftrag nöthig machte, Nun es zur offenen Empörung kam; Wird er es gelten laſſen? Wird er nicht — »5 Wenn die — — Ich den?’ an Xriftobolus! Dan kann ihm nicht mehr traun!
Mariamne. Du ſtehſt entfegt! ZZ! nach 1295 ungestrichen 7% gestrichen S So überhöflich und fo dienftbefliffen, Daß Salome darob in’ Raſen fiel. 1296 meinft,] glaubft, X! TR S 1300 ich, erzitt're, ſo an Dir 7! 1301 mid ſelber [über ſicher) an Dir rächen H! 1301 f Bid — glaub’8! fehlt H! TA S dafür würde, wenn er käme. Du kannſt nicht wagen, mid) zu tüdten, Sa, wenn Du's wagteft, e8 mißlänge leicht, TA 8 1303 Und] Wenn er — denn H! ih finde fehlt ZZ! 1304 Titus find’ ih jhon den Wen, H! 1305 fehlt, dafür am Rand Wenn Du mid nicht, was Du nit wagen darfit Noch diefe Stunde tödtelt, und ſey ficher, Daß ber mid ſchützt, wenn nicht aus Pflidyigefühl, So dod) aus Furt vor dem Antonius, e Bon dem er weiß — — was Du ja auch wohl weißt! HZ!
*3 am Rand über Seit die Empörung ausgebrochen ift! e5 Sch (feh’ den]
vor *4 Und fey gewiß, daß [diefer mich ſchützt,] der mi [hüten wird, *4 zuerst Wenn nicht aus Furcht nur vor
446 Kesarten und Anmerkungen. Herobes und
[IL5.6 vor 1306 gehört wohl die verworfene Stelle auf der Rückseite von Bl. 50 in H!
| Joſeph.
Ach darin hat ſie recht! Ich darf ſie noch | Nicht tödten und — 1306 Joſeph. Bet diefem Wort halt’ ih Dich feft! Du 7! 1307 Di fo, wie Dich Herodes rähen H!TARS 1308 Wenn er — nit anders, das haft Du gelobt! darüber
Wenn er an Pflicht fi und Gewiſſen bändel
Nicht anders! Freilich. H! Wenn er — ganz fo! Das haft Du mir gelobt! 7% 8 1315 Rad} ſüchtig] Den finftern, 7! Ten fchnöden TR S bei 1317 steht 5. [500) 7° 1325 Erlefen 7 1328 zuerst
fobald fein Bote,
D, käm' er doch! erſcheint und mir verlündigt, H! 1330 zuerst ihn ohne Grund ZH! 1332 zuerst Um Dih zu retten und zu HM! 1335 zuerst Die Thür fhon H! 1339 fehlt Hi TA S später zugesetzt H*® 1342 zuerst Es fommt mir vor, als hört’ ic) das ſchon einmal! HM! 1343 fehlt H! 1345 f zuerst
Nur weiter! Weiter! Ich ſelbſt kann Deine Rede endigen:
Joſeph. Als der Gedanke, Dich zurück H! 1351 er wieder kehrte! HM! .1352—1356 fehlen HZ! gestrichen Th 8 1356 f
Mariamne.
So war das mehr, als [über wie] eine tolle Blaſe, 7° 1358 fie im Him wohl auffteigt 7!
Sechste Scene. Salome folgt ihm auf dem Fuß). A! 1361 Semand) Keinen HM! 1364 Jacob über Juda H! 1372 Dir) [ruft Deinen Namen] H' ängftli fehlt A Namen, fährt I! 1373 Aus feinem Schlummer H' 1374 zuerst Niht mehr als einmal vor? HM! Und beute, heute MH! nach 1375 Und wo ich ihn im Kampf begriffen wähnte, H' 1377 ibn zitternd fuchte, A! 1378 und Ihr feid ganz Ai 1394
Moriamne Lesarten und Anmerkungen. 447 II 6]
Mariamne Ein Auftrag! Dieb das Siegel!
Salome. | Wohl der Auftrag, Ihr Herz zu prüfen und fie zu verfuchen, Damit fie lernt, wie Nein zu fagen ijt? Ich kenne meinen Bruder! Einen Auftrag, Der’3 nöthig macht, fie niemals zu verlafien, Gab er Dir nimmermehr!
Mariamne. | Wenn's möglih wäre — H! 1394—1403 von ®är’ gestrichen 7% S 1395--1398 am Band für So mäßt’ es jetzt dody möglich feyn! Wenn ih, Mir felber unbewußt, den Grund ihm gab, An mir zu zweifeln, müßte ih ihn jebt Entdeden! Jrgend eine Regung Unedler Art AM! 1395 doch am erjten fehlt MH! fein! Doc fühle ih, H! 1396 Es ift auch jegt nit A 1398 So fehr es ftürmt MT! 1399 vor in] wenn er in diefer Stunde M' 1400 zuerst Mir nahte ganz H! 1401 am Rand für | Die ih ihm geftern, die ich nad dem Tag Der Hochzeit ihm gegeben haben würde! [Und ob er] H: 1401 An meinem H! 1402 Das weiß A! zuerst mich bis zu Zod! H! 1403 müßte gestrichen, darüber würde 7! ja über und H! 1404 auf der einen Seite 60 von MH! gestrichen
Salome. Ich bin, wie's fcheint, für Dich nicht da! Du darunter nicht gestrichen
4
Salome.
Ihr ſollt es büßen! (zu Mariamne) Du auch, von Herodes auf der nächsten Seite 61 folgt wieder ungestrichen
*2 zuerst Ihr Liebe vorzubeucheln. Rufe Cie *5 am Rand für Der’s nöthig made, ftets um fie zu feyn, darüber Der Did zu einer Art von Bürgen madıte
448 Zesarten und Anmerkungen. . Herodes re
Salome. Ich bin für Dich nicht da, wie's fcheint. und auf der Rückseite 61b Salome. Du Haft mich nicht bemerkt, wie's fcheint! Du ſtehſt So ſtolz und ruhig da, ale 41405—1407 lauten zuerst Doch! Doc! - Ih bin ja Deine Schuldnerin geworden! Denn daß ich [jett fehej heil ſeh', dank’ ih Dir allein! dies gestrichen und am Rand Du Haft fogar die größte Wohlthat mir Erzeigt, die daß ich heil ſeh', dank’ ih Dir! dann der zweite Vers Erzeigt, ich jeh’ jegt hell und nur dur Did! A! 1406 f Erzeigt, ich ſeh' jept hell und nur dur Di! A! 1410—1415
Mariamne. Was? Aa fo! das thu! Und wenn er darauf hört — Was lad’ ih do? ft da8 denn noch unmöglih? — wenn er's thut — So nimm mein Wort, ich widerſprech' Dir nicht!
Salome.
9a!
Er kommt!
Alerandra.
Joſeph Der König?
Alexandra. Plötzlich war er da, Als hätt' er längſt —
e1 fo! [ih weißl nach *1 '
Und ich gelobe Dir, daß ich nicht einmal
Dir widerfprehen will. Das thul vielleicht foll ich *2 zuerst er’8 glaubt — Warum denn nit? Was lach’ ich? *3 am Rand für Wie wär’ denn jett nicht über Jetzt ift ja Alles möglid thut über glaubt *4 zuerst ich verurtbeile Dich... “5 Tommt! [Iſt dal] *5 f zuerst Wie der Dieb Um Mitternacht erfcheint er *5 war über ift *6 hätt’ er über wär’ er
Rariamne 2egarten und Anmertangen. 449 II6--IIL 1]
Salome. Nun zittert!
Joſeph. Naht er ſchon? Alerandra. Der König!
Sofeph In der [Burg] Stadt?
Alerandra [TTein]) Schon in der Burg! AM! 1411 Und wenn er darauf hört — — Was lad’ ih doh? H' 41412 unmöglich? — wenn er's thut — H' 1414 fehlt 7’ Siebente Scene. (ftürst berein) fehlt A!
Dritter Act.
Erste Scene. Die scenischen Angaben fehlen H' 1418 Jagen aus melden, HH nach 1422 Wo ich bis jetzt Dein Stell Deitreter war, H' 1425 zwischen den Zeilen zugesetzt für am Rand Gestrichenes |
Denn Teines leihen hört’ ih auf zu feyn,
Und kann mid faun erinnern, daß ich's war — H! 1325 am Rande zugesetzt H' zuerst gebt, mir, wie ihm! Mı 14291448 bis nachher! gestrichen S 1431 nicht über faum H' 1432 £ zuerst König außer Yandes Noth ift, Thun den Provinzen H! 1435 _ 1438 gestrichen TA 1438 zuerst Steinwurf abzumehren H! nach 11385 Dazu warſt Du zu wader als Soldat! H! ge- Strichen 7A S radiert H® 1439 berüber fehlt A! auf Rasur kind: um Deinem Ohm, dem H' 1440—1447 stehen in erster Fassung auf der Rückseite (= He) 1442 Um ihm zu melden, Wi Ha Th S 1444—1447 lauten in He
Zu unterhöhlen [fuchten, was nun freilich] juchten, daß es aber
[So wenig glüdte, dat ich's gleidy erfuhr.] Nicht glüdte,
wenn auch unter uns Propheten Eritanden find, die das bei Nacht verbrachten, Was fie am Tag vorher gejagt. Hebbel, Werte Il. 29
450 Lesarten und Anmerkungen derobes und
[ l 4445—1448 auf Rasur k in H® 1445—14J47 Und ihn zu warnen, auf der Hut zu ſeyn. H'TRS 1448
Herodes.
Davon nachher! — ſüber Darüber mehr, wenn Du verbunden biſt! —] Sieh, AH! ohne das Gestrichene ThS 1453 ftarre] zorn'ge H! Th S auf Rasur k in H® 1453— 1459 bis will. gestrichen S 1461 auf Rasur h in H* Da id es ihm allein vielleiht verdante, H! TARS 1467 kann über darf H' 1469 Soemus, Alles in Beziehung auf Alergandra) TAS 1474 später zugesetzt, zuerst Nun ih Di fo dur Zufall wieder habe, H'! babe, gestrichen dafür fee, H! fehlt in H*®, da beim Radieren ein Loch ins Papier gerissen wurde 1475 zuerst wirft dies Mal bei mir ZI fchütteln [helfen] A ° 1475—1491 ge- strichen S 1481 corrigiert in Wir jet den gleihen Sreundichafts- Dienft A in TA S 1481—1495 von Hab’ gestrichen ZA 1495— 1497 zugesetzt auf Rasur k in Hꝰ fehlen H! für 1497 Es freut mid, Dich jo aufgeräumt zu fehn! „A! 1510 (für fi) fehlt H! hin H?® 1512 Betrüg’ E übersehener Druckfehler, da hin H* es nach H'! in Belüg’ verbesserte nur [£eg’ ihr den Scred,) H' 1516 zuerst Leg’8 ihr nur aus, als wär’ die find’ihe Scheu dann Leg’ ihr all das nur aus, al® wär's die Scheu dann Text H' 1517 zuerst Wann geküßt, H! zu 1519 ff gehört eine verworfene Stelle, die sich auf der Rückseite von BL 66 in H' befindet; vielleicht lautete der Vers 1519 etwa Sie ging aus Furcht und weil fie zittert daran schliesst Ha . Dir zu begegnen! | Herodes. Zittert? Salome. | BE Weil fie weiß, Daß Du fie fprechen mußt! Herodes Was redeſt Du? Salome. — Ich wiederhol's! Ich wiederhol's vor Allen Die Dich umgeben, ſtrafen mußt Du ſie. Wenn Du Dich felbft noch ehrſt! [über nicht ſelbſt verächt⸗ lich werden millft!]
Are Lesarten und Anmerkungen. 451 Herodes. Und ich, bei Allen Die mich umgeben, warne Dich, die [Sunge) Worte Bu [zägeln] wägen, bie Du braudjft, und nicht zu glauben, Daß ich [jet] fie jebt jo leicht vergefien kann, Als ſonſt wohl, wo ich fie allein vernahm!
Alerandra. Ras wird dad werden?
| Salome. u Weiteres fehlt. 1520 vor Das] Def freu’ ih mih HY 1521—1523 bis unterdrüdt! gestrichen 8 1523—1525 die Worte des Herodes am Rande zugesetzt H?. 1524 zuerst fie? Und in der Stunde Wo ih fie — Salome H? 1528 über Ih — Dir) Sur Warnung H! zuerst Eins! Du bajt mich immer HZ! 1532 zuerst leichter ganz gewiß, wie heute Du! ZT! .1534 zuerst fann, unb fühle das! H' 1535 Jede [Masfe] A: 1537 später zugesetzt HM! vor 1538
Darum bift Du. nur einmal auf der Welt!
©, o, hätt’ jedes Weib doch einen Mann, wie fie, H! 1538 dann über nun H’ fhweigen! [Das ift Mar!) 4: 1539 zuerst melden könnte, HM? 1540 zuerst Maskenſcherz! H' nach 1540 | |
© hätt‘ doc Jede einen Mann, wie fie!
Warum bift Du nur einmal auf der Welt! 7! 1541 zuerst Nun wohl, der Madtenfcherz ift fo A! 1542 am Rand für gestrichenes |
Daß mir, die ich die Koften tragen mußte, [zuerst Daß mir
nicht bloß das Herz zerfpringen wollte]
Nicht bloß das Herz dur ihn gebrochen ward, H' 1543 berüdt über getäufht A? 1544 die Ruh aus den Mann H! 1552—1558 am Band für Um — Seltfam tft es zwar, daß fie nicht kommt! 1552-- 1554 ber — thun? gestrichen 9 1553 auf Rasur A in H? Ein Stüd zu ſehen iſt, mir fchnell die Augen Durch ihre grauen Flöre zu verhängen I! 1554 vgl. Tgb. vom 26. Februar 1847 (II 8. 239): Wenn alle Epinnen Einen Faden ipännen, wäre da8 Gewebe bald fertig, das die Sonne verfinjtern tünntee 1556 fehlt H! zugesetzt k in H*_ 1558 denn — wid! auf Rasur %k in A° ihr vor die Seele trat, Das, wie e NHeint, von
452 Lesarten und Anmerkungen. Herodes und | [IIf 1.2 ihr nicht weihen wil. HZ! . 1563—1565 lauten zuerst [Sie] Weil fie zu zuden anfing, ihr verzeih’ ich, An Die könnt’ ich mid rächen, wenn Du nicht Der Königin, die Du nor fo viel Zeugen Auf rohe Art zu kränken Dich erfübnteft, 7 ' 1564 am Rand unter Noch lernen fonnte, ihr mußt’ ich verzeih’n, H' Zweite Scene. 1567 nidt! [Sonftl] I 1569 zuerst Ich bin — Du ließeft mic) entbieten! Ach bin da! A! 1572 zuerst Du baft mich rufen lafien H' 1573 guerst grüße Dih! Run fann id wieder gehn? A! Werk [ift fhnell] I! 1576 zuerst Did) fommen! H! 1577 später zugesetzt HM! 1578 zuerst Tod) nicht, damit Du Dich vertheidigteft, 7! 1584 zuerst Die, je nach⸗ dem fie H' 1586 einen echten über dauerhaften darüber einen fühnen HM! 1588 f. am Rand für Gefellft Du Dich erft heute ihnen zu? über Willft Du Dich ihnen jetzt noch zugefellen? M' 1593 zuerst lägen al’ bie Städte HM! 1594 jo fange über bis hente H' 1600 auf Rasur k in H* Kann fie — — laßt uns allein! Fort! Laßet 7! 1601 (su — verzeih'n! später zugesetzt H‘ Alerandra — isr.) für ursprüngliches (Alle ab) H 1602 Das wär’ über Entfelidy, H*! 1603 zuerst ®enn fie — — das löſcht' ich nimmer in H' 1606 zuerst Ihm gilt es HZ! 1606 f Er — Zeit! später zugesetzt H' 1608—1610 über gestrichenem Iſt Antonius denn fo groß, Wie ich bisher geglaubt, jo [mächtig und] dämoniſch⸗mächtig, ift er ein Dämon fo übergroß Bie er Dir fcheint, wie er Dir feinen muß, [3] A! 1611 zuerst in meiner Bruft ZZ! 1613 zuerst ihm troßen würde, wenn er vor mid träte. darüber [roth und] [dampfend] H! 1614—16 über Und mich zu werben fuchte, ihm die Seit Hu Fürzen, die Lleopatra, weil fie Doch fihlafen wird, ihm übrig lafjen mag? H' 1 1617 zuerst Ha! Müßt' er Dich denn nicht I! 1618 werben über fommen H! 1619 id — ſeh's gestrichen S 1620 zuerst Geglaubt. 1622 später zugesetzt, zuerst Durch das Gedächtniß H 1626 .zuerst C Schmach! O Schmad'! HA! (ausbrechend) fehlt H' hin H® 1627 Geheimniß? [Er ijt groß gewejen!] 7! bei 1630 steht 2. [200; HM: 1631 mehr! aus drauf! A: 1632 zuerst Wie ich ihn fragen will, beweil' A!
Mariamme Lesarten und Anmerkungen. 458 III 3—5]
Dritte Scene. 1633 Cchwäher) Oheim H! TRSH®° 16361 Alsbald über Sogleich H! 1637 zuerst Alles, was der Brief befiehlt, Bollzogen wird! Getren vollzogen wird! Den Sameas Wirf in’8 Gefängniß! H! 1633 zmerst Beides wird gefcheh’n! M° 1643 zuerst nie gelingt e8 Dir, H! nach 1644 Den tädifchen, den Du befohlen hatteft, ZZ! 1652 zuerst Der höchſte Der Frevel böchiter, den man wiederholen, ZH! 1658 über Du würdeft mich mit Recht fo hart verfiagen, H' 1651 f. am Rand für Ich war's doch nur, weil ich fo viel gewagt über war es, doch ich war's nur weil ich wagtel H! 1657 zuerst in das Kampf:Gewmühl, MH! 1662 zerrifien, über halbflerbend, H' 1669 zuerst Dann hab’ id Angft, ih könnte mich [über ih auch nit) H' 1673 später zugesetzt HY . 1674 meiner — ging? auf Rasur A in H* mid erwartete in Rom? H' 1677 zuerst aber nimmermebr 4! 1679 zuerst Und knirſchte nit einmal — wie viel er au H' nach 1680 Ich nahm es, wie die andern Sclaven hin, als wäre ıch fein Sclavl H! 1681—1683 fehlen H ' 1690 zuerst Die einen Bruder haben, Viele mogten H'
Vierte Scene. 1705 grolle über zürne H! 1712—1714 über Der Meifter feines Schidfals, Was ihn erwartete, wenn er es that, Und unterwarf fi dem H' 1719 zuerst Rein Ange H' Blick [nit eine Stunde) Z' 1720 bei Tage über beftändig MH! 1721 zuerst Bei Naht Mi 1728 Man — id über Soll ıh Did Kieben, H’ 1729 zuerst Wie ih Dich Hafje Z' 1732 nach aud!
Er hat mir Nichts verrathen,
Ich hab’ ihn nur durchſchaut! AH! 1732 Nichts [vor mir) H' 1734—1741 Und — kann! gestrichen TRS 173%—1737 am Rand für gestrichenes
Und wenn ich, eh’ ich ihn gehört, den Tod
Ihm geben laſſe, jo gefchieht e8 zwar,
Um Dir zu zeigen, daß ein rafches Wort,
Das mir entfiel, Dem Mißtrau'n nit, nur meinem Zorn
entiprah. A!
1735 ohne ihn über eh’ ich ihn A! 1738 zuerst und dab ich das Bor, H! 1739 im erften] vorhin in über in rafhem H'
Fünfte Scene. 1743 zuerst [$ragt ſich nmfonft] Iſt ſtarr
und fragt nah dem Warum! H! 1744—1746 am Rand für
*1 f über Gehört, fo thu’ ich’s Zwar zum Theil, weil- ich Dir zeigen will. Zwar
454 Lesarten und Anmerkungen. Herodes und [(II 5.6 Den Du zum Stellvertreter oder König madıteft, als Du gingſt, H' 17465 Wehe mir! später zugesetzt nach verschiedenen Ansätzen: Weh' mir! [wer fteht mir bei?] Den Kopf! — Wer ſteht mir bei! Den Kopfl Dir fhwindelt! 7° 1750 zuerst Willſt Dur fie Z' 1755 — 1771 Nicht — widerjprehen! gestrichen 8 |1755 vor Sonft] Wenn Du HM! 1756 vor Bei] Recht fo MH! 1758 zuerst Wenn id es nennen wollte, H' 1759—1761 am Rande zugesetzt H! 1762 mid) steht A’ HE 1772—1774 Du — geh! gestrichen S 1780 fehlt HH! zugesetzt kh in H° Sechste Scene. 1782 zuerst joll hinunter ziehen HM! 1783 später zugesetzt H' 1784—1786 zuerst Octavianus zog nad) Actium, Untonius, von @leopatra begleitet, Eilt ihm entgegen H'! 1789—1791 zuerst nach heut! Mariamne. Er zieht no einmal! H! 1799 f die scenischen Angaben erst h in H* 1807 zuerst Jetzt wirft Du's ſeh'n! 7" 1812 zuerst andern wurden nur A! 1814—1819 von er gestrichen, dafür und dennod kin TR S 1816—1818 am Band für Ob Cäſars Schweiterfohn, Octavian, 7! 1816 Der [große] Wüftling A! Wüft- und Lüftling A in H* oder ob Octavian über der die Nüchternheit Für einen trunfnen Suftand häft I! 1817 erſchöpft bat, wenn er H! die Änderung Ah in H*®
1820 Iſt's über Wär’s H! 1835 doch [fodre] ih Hoffe. Hi
1841 zuerst Dafür, daB... Zodten fchloß, I! 1842 zuerst und das Räthſel mir A! 1843 über Erflären, Wie Du erfahren konnteſt, was Du weißt, ZI 1844f auf Rasur hin H* 1844 fehlt H'ThS 1847 felbft das Billige? 7! 1847—1855 gestrichen TR S 1849—1855 auf Rasur k in H*® 1849—1854
Herodes! Könnt’ ich mich mit einem Wort
Bom Tode retten, nimmer würd’ id mid
So tief erniebrigen, dies Wort zu fpredhen,
Wenn ich mir jagen diirfte, daß mein Leben,
Dein fledenlofes, ſchon gefprochen hätte,
Ich würde eher fterben, als ein Mißtrau'n
Unedler Art durch ſolch ein Wort erſticken,
Vergiß das nicht! Fragt Deine Neugier einſt, Un TA S 1855 antwort’ über fprehe 4! 1866—1868 auf Rasur A in H! | Den Rund, der diejen ftolzen Ausſpruch that [aus diefes
ftolze Wort geiprochen,] Nicht mehr zu füllen, bis er ſelbſt ihn bricht, H ı
*5 Geſprochen hätte] Mein H!
"5
re Lesarten und Anmerkungen. 455 6 1869 Ja über Und H! 1872 und [Dein Bild ver] 7 1874 zuerst So thäte ihs in H! 1888 zuerst doch für Dich ſelbſt! 7° nach 1890 gestrichen H'! Du weigerit dad. Nun weiß ih denn voraus, Was mich, wenn mich der Tod .ereilen jollte, In meiner legten Stunde quälen wird. Ich jah vor Jahren einen Sterbenden Er ” Auf einem Schlachtfeld, weichen ein Infect | ' Bekroch und ftah. Er zudte noch einmal Und hauchte gleidy darauf den Odem aus! Mir war das gräßlih! Seine Wunden hab’ 2 Ich kaum gejehen, den Anfectenjtih . — — "10 Seh’ ih noch jetzt. So wird's mir felbit agent Das Widerwärtig.Eleldaftefte . Iſt meine letzte Bein! Ich dank's Dir glei!
Mariamne, Nicht weiter! Herodes.
Nein! Nicht weiter! Lebe wohl! 1891—1895 am Rande zugesetzt H' 1891 f. auf Rasur hin H®! 1892 Geboren! Denf an die und frage Did, Was möglich ift, was nit! HZ! TAS
[Herodes) | [ie meinft Du’s denn?. Du fprichft, wie Eine, die nicht lügen will] H!
1893 zuerst Sept fi dem Argwohn aus, M' 1894 zuerst Nicht fagen darf und Lügen auch verfhmäht! ZI! 1896 zuerst züme mir Richt allzufehr darob! HI 18898f zuerst Did... Zum Gruß entbieten lafien! HT 1899 erprefin! S 1900 zuerst Nicht nöthig A! 1904 zuerst nod) nie gefan HY : 1906 auf Rasur h in H®? Wie's ftand, al er nad Rom ging, H! denn fehlt 7} 1907—1910 zuerst
es
*3 über Im letzten Augenblide *4 vgl. Tgb. II 8. 307: Herodes: „Sch fah auf dem Schlachtfeld einen Sterbenden, den ein Inſect ſtach. Sein letztes ein Inſectenſtich.“ *5 f zuerst den ein häßliches Inject mit gift’gem Stachel +11 Das [Efelfte iſt's mir auf) *12 Bein! Dank! Dank dafür!)
esarten und Anmerkungen. erodes und 456 — ns va 0 Jetzt handeln, ald wie er damals handelte, . J.Und ich vergefle, was [er that] geſchah. Im Fieber einen Dolch auf mich gezückt! Bis auf den Tod mich mit dem Schwert verwundet Und wär' geneſen, um es zu bereu'n ſich, geneſend, ſelbſt darob verflucht! H! 1911 corrigiert in Ich ſeh' Dich noch? 8 1914 Du wirft!) Hinweg! H'H?® 1915 f fagte — ſelbſt. auf Rasur rk in H* hab’ ich mir In Rom Schon ſelbſt geiagt. A! 1923—1928 gestrichen 8 1925 zuerst Ih noch bad Band, das fie mit ihrer H' 1926 vor Die] Derfnüpft 7! 1930 zuerst Gewiß ... betrogen hat? ZH! bei 1931 steht 5 [500] H! 1932 aber — zweite über doch der= felbe troß’ge Croz H! zweite [liegt] A* 1933 am Rand für In ihrem Stolze und derfelbe Stolz; H' 1934 zuerst Der jegliche Bertheidigung verihmäht, A! 1935 zuerst ®ird es doch au verſchmäh'n H! 1944—1947 von BVielleicht am Rand für Wir werden’s jeh'ni AH! 1945 er [an meiner Wiederfunft Rückkunft zweifelte] H' nun über fih A! 1947 Bevor — kam. über Dielleiht — Wir mwerden’s ſeh'n! Das bitt!’ ih zum Doraus H! 1949 nimmer [hätt’ ich's] H° 1950 zuerst Befohlen. Aber jegt H' 1951—19h5 über | daß fie's weiß, ft Grund genug das Schlimmfte zu befürdhten, Wenn es nid fchon vorher zu fürchten war. Z' neben 1964 steht 528 HI 1964 Es — Probe! gestrichen, dafür Mißtraun — Argwohn, Ichlangenhanriges Ungeheuer! S
Vierter Act.
Erste Scene. Burg Zion. fehlt H' TRASH? vor Gemädher.] Alesandras H' 1967 bittre Kälte,) Eijesfälte dann herbe Kälte dann Lemma H! 1969 über Trauer] Schmermuth H' 1972 zuerst Und obendrein die widerwill'ge Art, H! 1975 am Rand, zuerst geht die Rede Alexandras gleich weiter: Er mögt’ [Er ift bereit] uns Mandyes an[zujvertrau’n, E! Gewiß — vertrau’n, zuerst Auch mögte er's und gern vertrau'n, HZ! 1977 ftürzen über fallen 4! 1978 f zuerst er Dir die Hand Auch reihen und vom Tod Dich reiten dürfe, H! 1980 Denn über So H' 1984 f zuerst Mit Lächeln abgejhmeichelt. Nein, dem Himmel Seys heims geitellt, ob H! nach 1986 - |
D
Mariamne Lesarten und Anmerkungen. 457 1V 1.2) Wenn ich es wiffen muß, fo wird es mir Auch offenbar! zuerst Wenn’s wichtig ift für mich, fo bleibt es mir Nicht unbekannt! DB! Zweite Scene. vor 1987 ee — Sänte hin H?® fehlt H' 1937 f zuerst | Ä
Mariamne. Er iſt's! Sa, er ift groß!
AUlerandra.
Du frei? Und doch in Ketten? H' 1993—1998 am Rande für
Beftohen? Zwar, womit! Den häcnen Kittel,
Dein einz’ges Eigenthum haft Du noch an —
Sameas. | Die Hüter? Jhp 7"
1995—1998 fehlen TA S 1995 daß über ob H! 1996 zuerst Das Du H'! 1997 zuerst ®ie Du es bilt, an HZ! 1998 zuerst Sit zu bezweifeln! Honig ift nit rar! giebt’3 genug! 7! 2000 zuerst aufgetban! 7! 2001 zuerst ihm nicht felbit 7° 200% ber, über auf, H' 2009— 2067 gestrichen S 2011 zuerst zu und geiprochen bat. H! 2012 später uugesetzt HM! 2015 zuerst Den Pfad erfeuchiete, 7! 216 ff. vgl. zu 1444 fi 2019 f am Rand, während zuerst Alexandra fortfuhr Doch leider hatt’ er jelbft um Mitternacht Ihn angelegt A! 2020 Weib — nit! aus Auch Dan mwillft läftern? Weib, läfterft Du? über Beginnft auch Du zu läftern? H! 2021 zuerst Sie läſtert nicht, ſie ſagt A! 2031 f später für
Der fih Meifias nennt, Du kannſt ihn Füllen, .
Du fannft die Band ihm geben, fannft ihn küſſen, Z' 2034 vor Er] Herodes hält A! 2038 zuerst Meifias! Er verfegt' Darauf mit ftolzem Hohn: ber ift ſchon lange da, H\ 2039 — 2041 am Rande zugesetzt H' 2040 zuerst Sie brady auf ung herein! H! 2043—2055 gestrichen TA 2044 vgl. Tgb. II S. 165 vom 30. Juny 1846: &8 giebt auch Irre unter den Völkern. 2048 zuerst. darum ohne File ſey, H! 2049 zuerst Es jtelle einen treuen Epiegel dar. H 2053 über dem] muntern H! ‚2054 zuerst Nicht glihen, fondern einem faulen Eumpf! HZ! Haren über muntern H'! 2055. Das Land durhhüpfe, auf Rasur A in I/” Wie alle [fpringe] hüpfe, über Mit_ allen raufche, HZ! 2059 f später
458 Lesarten und Anmerkungen. Herodes und [IV 2.3 zugesetzt H'! 2460 Er über Und 4! nach vor!) Seit ver: ließ [?] den Seinden H' zuerst. Di warn’ id nur HZ! 2061 An --— Pflicht! über Did warn’ ih nur H! nach 2063 Weich von ihm, wie man vor dem Ausfag weiht! A! 2064 zuerst fo8 ließ, glaubt’ ih A! 2068 zuerst dag. Thier AH! 2070 Lamm über Huhn H! des Armen! über der Waifen! AV
Dritte Scene. bei 2073 steht 1. [= 1%) HZ! 2077 zuerst Mi anzujeh'n H' 2079. zuerst Du Aufruhritiftern, die HA! 2081 zuerst König oder nidt A 2085 zuerst Bon weldher Schlacht? HA! 2087—2093 von Alerandra gestrichen S 2089 zuerst ſchauderte zurüd A! 2090 tiber
Als er’s ihr einmal vorhielt, fidy zu fpiegeln,
Ich ftand dabei. Die Nachricht ift fehr angenehm [?] Das
2 glaube ih noch nicht! A!
2091 vor Dem) Man fagt's H'! 2092 f am Rand zugesetzt H' 2094 zuerst Dann wahrlich kann der Tod zufrieden feyn, H' 2111 zuerst Er thut's gewiß! H 2117 f fehlen TA S 2119— 2121 gestrichen 7% S nach 2120 ein Vers unleserlich gemacht H' 2121 wagft] fpielft H1 TRS H° viel.] hoch H' TASH* 2123 zuerst da und werde Dir beweifen 4! 2136 vor Das) Dollfommen jey H':. 2138 zuerst Der König gab aud dazu mir Befehl! H! 2142 mir über mehr H' 2144 zuerst Niemald war ein Menſch mir gleih! A! 2146 berichten über erzählen HA! 2148 zuerst Beil ih — Ich weiß A! 2149 —2153 (Sie — fort! fehlen HZ! TRS auf Rasur k in H*® 2155-2159 Mariamne — kommen) auf Rasur A in H? 2157 —2159
Zur Nacht ein Feſt! Ich will dem Bilde gleichen,
Das er im Herzen tragen muß bon mir!
Er jieht mid) immer tanzen, das iſt Har,
Selbſt, wenn ich weine und in Dual vergebe, Drum will ih tanzen — laßt bie Eymbeln jhallen! — Damit er nicht vor mir erröthen darf! | He, Tiener!
. (Diener ommen) HI ThS: 2164—2166 bis Nichts! gestrichen TA S- 2166 —2168 Herodes — heran. auf Rasur A in H*® 2167 fehlt, dafür .
' *#3—*6 gestrichen $ *5 laßt — fhhallen! über Wer will. mit zum Tanz — H! WB
ve Lesarten und Anmerkungen. 459
Du willft im Tode meinen Henter machen?
Du follft mein Henker werden, body tm. Reben,
Und leben bleibft Du fo gewiß, wie Kain!
Du ſollſt dag Weib, das Du erblidteft, tödten,
5 Und erſt im Tod mich jehen, wie ih bin! HZ!
2174—2179 gestrichen S__2187f zuerst falfh und heuchleriſch Zum erftien Mal die Wugen ZH! 2188 Mal unwürdig auf Rasur hin H? Male vor mir A’ 2192 der eignen Tüde auf Rasur hin H* noch ſchlimmer'n Dingen H' Th S 2196—2200 auf ein- geklebten Blättern k in TAh in H*S für
Dann ftünd’ ih nit vor Dir! Dann hätt’ er mid
Getödtet, wie er, wenn er wieder fehrt,
Mid tödten wird und muß, fobald er Tann.
Das lag und liegt in dem Befehl. So wie ich ® Ihn angehört, hatt’ ich nur zwiſchen Tod
Und Leben noch die Wahl und mußte niden,
Mußite den Heuchler machen, wenn Du mwillit,
Obgleich mein Innerftes vor ihm gefror! Hi TR S H* 2204f Er — ab) auf Rasur A in H?, so dags der Rest dieser und die halbe folgende Seite leer blieb, dort hatte gestanden, was statt 2%04f H' Th S bieten:
Soemus.
Er täuſchte mich nicht einen Augenblid, Und um fo weniger, ald Joſephs Tod Mir nicht ein ſolches Räthfel war, wie Allen, Die ihn nicht ſah'n auf feinem legten Gang. ® Der Hatte, ftaun’ und ſchaudre! einen gleichen Befehl erhalten und ward ſtumm gemadt, Damit er Nichts verriethe, wenigitend Dub ich da8 glauben, denn er ſchwur noch fterbend, Er hätt' Nichts Todeswürdiges gethan!
*1—*5 gestrichen 5 nach *3 zugesetzt Dich fügt, wie ihn, die granfe Miffethat, A in 7% S
*5 Ihn [ausgefprochen, blieb mir] 7! *7 später zugesetzt H'!
*3f zuerst nicht fo räthjelhaft geblieben war Wie denen, welche ihn nicht fterben fah'n wie ih. nach *7 Ging er mit diefer Heber- jeugung aus der Welt e8 zuerst ſchwur mir zu,
460 Lesarten und Anmerkungen. derodea und [1V 3
Mariamne. Ich weiß das Alles!
Soemus. Wie?
Alexandra. Und haſt's verziehn? Le
Soemus.
Und haſt ihn noch geprieſen und vertheidigt? Dann war der bloße Vorſatz gegen Dich Ein größ'rer Gräul, als die vollbrachte That An jeder Andern wär'!
Mariamne.
Komm auf mein Fell! (ad) 2214 ducchfchau’ {über begreif’ H' 2216f über für feines Gleichen hielt ih mich noch nie! A! 2225 zuerst Das friſch geſchmiedet wurde aus H! 2226 zuerst ſah jchon ſtets den Höheren in A 2230£. fehlen H! zugesetzt k in H? 2235 —2237 zmerst Wer einen Dienft von mir Berlangt, der mich, vollbradt und nicht vollbradit, So oder So, wie's fommt vernichten muß Dem ſchmachvoll⸗ fihern Untergange weihn, Dem fibern Untergange ſchmachvoll weihn A! 2242 f. zuerst Du ſtehſt Auf meiner Seite jept! A" 2243— 2248 später für Fürchte ihn nicht mehr! Wir fprehen fchon von einem Codten. Sicher Bat er den fchnöden Rath, den ich ıhm gab, Um ihn H?° 2245 f zuerst Iſt nicht der Mann, der ſich das Fleiſch vom Leibe Herunter baden H' 2247 zuerst Weil es gefchidt gemacht wird! H! 2249 zuerst Er dentt, wie th! Ich komm’ gerad’ von ihm. H' neben 2260 steht 3. [= 300] H"'
*10 zuerst Wie? Und haft'8 verziehn? *j1 zuerst geprieien und bewundert *12 zuerst Dann ift der bloße Wil’ und °14 jeder über einer
Mariamne Lesarten und Anmerkungen. 461 1V4.5) ... Vierte Scene. 2262 zuerst Friſch! Zriih! HI 2264 vgl. Tgb. vom Juli 1848 (II 8. 303): Ein Menſch als Ur, die Beit an den Pulsfchlägen zäblend: — EU — eine Minute. etc. zu dieser Stelle zeichnete Hebbel eine Hand 2265 zuerst würde ed Dir ganz H' 2272 zuerst Das bijt Du aber nit! Du ſollſt uns Andern H! bei über für Z' 2280 zuerst So wäre aud tein fremder Diener da! H! Der Vers im Text ist verderbt, lies vielleicht fremde Diener? 2284 später zugesetzt H' 2287 f zuerst war’3 ein And’rer, Ich konnte ſchlafen! Könnt’ ich nur zurüd! H! 2293 Und Jim Betümmel] H' 2294 Die über Die Pfeile fliegen fieht, die ZH! 2300 zuerst wir find Alle Uhren — H' nun strich % wir find und schrieb dafür waren über der Zeile; da er aber wir nicht ganz durchstrich, schrieb der Abschreiber H° wir Alle waren, was h in E stehen liess 2303 für Als zwanzig taufend Menſchen in's Gefecht die Schlacht Zu fhiden, wie es Euer König thut Als nöthig if, um oo. Dfeile H' 2304 zu Lande, HYTRSH? 2305 zuerst das nöthig habt? H' 2308 vor E83] Was Beflers haben H! fol, über will, I! 310—2313 am Band zugesetzt H'! 2314 Die [erften] H' 2317 Wo [Menfhen] H! 2317—2319 Wo — Menjden, am Rande zugesetzt H' 2318 ft auf Rasur k in H! Sa, H! 2320 Hanf über Flachs H' 2321 zuerst batte, ftatt der Fackeln brannten H! 2322 f Höre — getbfan? am Rand für Schweigl Was hatten diefe denn gethan? Was hatten diefe Men H' 2322 zuerst auf und fag mir: H vor 2326 zuerst Mofes (treibt ihm fort). FT! 2327 Uebrigen! [Genug! (treibt ihn fort) A! 2330 f am Band für Die theurer war als viele Königreiche das Weitere unleserlich H' 2333 zuerst ſagteſt das! H' 2335 der Ägypterin über Cleopatra H' durch die Änderung wurde der Vers zerstört, vielleicht soll man weil streichen? 2337 nach goldene!) (alle ab) H! 2344 später zugesetzt H' 2352— 2388 feblen 7A S 2362 zuerst es hilft zu Nichts! H verſchluckt!] zermalmt! H' He 2363 zuerst um einen jungen Menſchen, H! 2368 f später zugesetzt H' 2369 Sa, richtig über Ich glaube HM! 2371 vor Wohl!] Ganz H' 2381 Heidin — nicht! — später zu- gesetzt H' 23,6 ff vgl. zu Judith 7, 11—8, 5} [1 S. 417], wo das Motiv zuerst begegnet 2387 zuerst ſteht! A! 2388 zuerst Behalt's für Dich! Tröſt! A! Fünfte Scene 23% Wozu [dies] H' 2398 zuerst
4692 Lesarten und Anmerkungen. Herodes und IIV5—7 Doch nein, jubl' nit 7. 2401 auf! [Mir find ja fo ein Paari] Ik 2403 zuerst IK hätte faum auf Dich gehöfft! H Sechste Scene. 2411—2424 gestrichen 8 2431 Mariamne. — beſſer -] auf Rasur A in H*® '
Marianne.
Kennit Du's nit, das Wort Vom Ebdelftein, das Bleopatra ſprach, Die königlichfte aller Königinnen? . Er iſt mein Diener, dem ich es verzeibe, Daß er den Stern ſo ſchlecht bei mir vertritt, - hd Weil er dafiir die Blume übertrifft! Nun, foll gerade diefer Diener feiern, Wenn von den andern keiner müßig tft? Hı7TAS. 2440f tiber Mich in des Tanzes muntre Schaar zu milchen, .+[Soemus] Die dort zum Tanz ſich eben ordnen will! HZ? 2446 zuerst Biel fchlechter ift dies Weib, ZI : 2447 Das — fagen! gestrichen S 2450f am Rand zugesetzt H! : 2452 vgl. Tgb. (vom 22. August 1848 (II S. 304 f), wo Hebbel seine Arbeit am vierten Act schilderte: Sonderbar ilt e8, daß ih in einer ſolchen Stimmung immer Melodien höre, und das, was ich ſchreibe, darnach abfinge; fo diek Mal vorzüglich die Stelle: „Titus, Du fiebft, wie meine Tochter trauert!“ '
‘ Siebente Scene. 2453 nene über eine MH! bei 2459 steht 5. [500] 4! 2468 gewiß über hieher Z' 2471— 2489 gestrichen 8 2476 auf Rasur A in H* Was ich bezweifeln muß, [über Woran ich zweifeln muß,) H° 2487 zuerst fie jegt fo feierlich vor mir verläugner H’ 2483 zuerst Ja noch auf ihrer falfhen 71 2497 So — doch! gestrichen Th 8 2507 ‘gar zu jungen über jugendlihem H'1 2511 f. vgl. Tgb. vom 13. April 1847 (ILS. 259):
‚Keine Blume ijt jo Schön, \ Kind, Du barfft fie pflüden! | Auf ein jehr ſchönes Mädchen.
2511 —2513 am Rand für
—
*1 das über Lleopatras AH! *2 [Das Eleopatrafche] Bon H'! *3 gestrichen: 8 nach *7 = Wenn alle andern thun, was möglich ift? - Wenn £idht und Ton und Duft das Ihre thun? HH’ *if gestrichen S *3 müßig [geht} Z'
Marianne Lesarten und Anmerkungen. 463 IV 7. 8) Wenn ſich zwei Menſchen lieben, wie ſie ſollen, So überleben ſie einander nicht, Und wenn ich ſelbſt auf fernem Schlachtfeld fiele: Man brauchte Dir's durch Boten nicht zu melden, Ich weiß, Du würdeſt es ſogleich empfinden Und ohne Wunde fterben!: — Ba — Dann ward’s H! vgl. 2605 ff. 2513 Sp — warb’8 über — Da ſprach er auch H!' 2519 zuerst falb und afhengrau So [über Ward] bla und immer bläfier, todten- fabl, AY 2520 fo [fahl} HI ° 2521 f zuerst As ob ich unter diefen prächt'gen Kleidern Aus allen Adern ſchon gebiutet hätte. A! 2525 Diesen Traum hatte Christine Hebbel vgl. Tgb. vom 3. Juni 1847 (II. 8. 263): Einen himmelſchönen und grauenvollen Traum. hat Zine geitern gehabt. Ihr wird von einer ihrer Colleginnen am Hofburg- theater in einem hoben gewölbten Zimmer ein Spiegel gezeigt, in welchem jie ihr ganzes Leben fehen könne. Sie ſchaut hinein und erblidt ihr eigenes Geſicht, erit tief-jugendlih, von Roſenlicht umflofjen, jo jugendlich- unbeftinmit, daß fie ed erſt bei der dritten oder vierten Verwandlung ertennt, dann ohne Roſenlicht, nur bleicher und immer bleicher, bis fie zulegt mit Entfegen autruft: nun fommt mein Geripp, das will ich nicht jehen! und fi abmwendet. Der Spiegel felbit war Anfangs trübe, wie angelaufen, und wurde nad) und nach heller, wie die Gefichter deut-
licher wurden. 2525 Da — mi — gestrichen Th S Wer ?] Was ift das? H' TA S H* durch die Correctur wurde der Vers unvollständig.
Achte Scene. 2528 zuerst Ra wohl der H' 2529-2531 später zugesetzt MH! zuerst folgte auf (zurück)] Heroded — um). Salome! H' 2530 zuerst Füll’ einen H! 2531 auf Rasur h in H*® Tod kann nein Gemahl nicht länger feyn! H! 2535 zuerst an, und man erwartet 7° 2536 belogen A! 2543 zuerst Und Huger Weife zum Octavian H'! 2545 zuerst Tas jeh’ ich jeßt, Du bift ja wieder da H' 2547 zuerst Tag fih Dir die Gelegenheit nit bot HA! 2548 ſchlachten.) tödten. ZI Th S 1549 zuerst Du hätteit fiher Deinem A' 2550 f zuerst
Nicht beſſer zeigen können, dat Dir Nichts mehr
Am Alten lag. Nun blieb Dir bloß der Schwur! H!' 2551 f. am Rand zugesetzt H! 2551 Teines Freundes über jeines Seindes H! 2552 über Und er .die Krone Dir zurüdigegeben! AM! 2560 zuerst leicht ®elegendeit gefunden 7? 2563 that] war über
en. erodes und
464 Lesarten und Aumerlung voyı braudte H* neben 2563 stebt 6. [600] H! 2564 zuerst Er feine Freunde mehr U? 2568 f zuerst Hätte Ei gem ZH! 2571— 2974 für | j
Nun ſenke ich's. vor Dir. Erwäge Du nun, denn
Was für ein Sreund ich war, nicht weilen Freund!
Was id bis jegt... [Schluss unleserlich] 4 ' 2576 noch über den HM! 2378 f zuerst Und ziehe beim und meine Großmuth fol Dich Sehren, dab Anton das Spiel verlor! A! 2580 Cleopatra A! 2585 jchweigit! Nun weiß ih Alles! HA’ 2600 Bruft [als Di) H' 2601 vor Al] Mir aus dem Berzen H'! 2603 fehlt H! hin H* vgl. zu 2531 2604 zuerst Ich hab’ zu der einmal MH! 2605—2610 vgl. zu 25lif und Tgb. vom 32, Januar 1847 (II S. 220): Einen Bauber follte wahre Liebe ausüben, den, daß zwei Herzen, die in einander aufgeben, nicht getrennt werden, fondern nur zufammen fterben könnten; das follte ihre Probe jeyn und fo fehr, daß auch der Entfernte jtürbe in dem Wugenblid, wo der oder die Andere geitorben wäre. 2605 zuerst ®enn fi zwei Menfchen lieben, H! 2606 zuerst So können fie jih H' 2611 zuerst So ifts geordnet, ift e8 au! A! neben 2612 steht 650. HM!
Fünfter Act.
Man — Richtertafel. fehlt HZ!
Erste Scene. 2623—2639 War — nidit. gestrichen & 2630 kein Grund zum Haß? 7’ 2633 wozu] warum 7! 264 zuerst id; denf’ und als ich fühle, HY 2642 könnte. gestrichen, daft nıögte, A! 2645 zählt, gestrichen, dafür bat, Z' 2647 zueri Als es an jedem Athemzüge thut. 7! hat! gestrichen, dafür zähh M: 2648 Ein fürdterliher Schwur! H' 3654 f gestrich ThS 3661—3667 gestrichen TA S ‚2663 zuerst eine Schwef band MH! 2664 zuerst Und er, um mich zu höhnen, daß ich's * H! 2665 fehlt H' später zugesetzt H*® nach 2666 ; feiner [eigenen Beftalt hervor] eig'nen fchredlichen Geſtalt ZI g zwischen
Hervor und fletichte mich durch düftre Flammen von jid) |
Die ihn beleuchteten, mich grinfend an! H'! bie 2669 war darüber fdien H! 2670 zuerst Er war's H! fein Weib] HT 2676 f
Im Geiſt anftatt des Ejtrih8 mit den Füßen |
Dein Herz zu treten fchien. Bei Bott, ich wollte. 4' 7 2680 was nidht, über Alles H!
rn
”s;
10
Mariamne Lesarten und Anmerkungen. 465 V2.3)
Zweite Scene. 2682 zuerst Dasſelbe faſt! 7! 2684 Und aud die Mutter faft [über auf:] HZ! 2685 nicht den über feinen H! 2686 Nach ihrer Rechnung nidht! 7!
Dritte Scene. 2690-2699 Niemal® — bat? gestrichen TA S 2692 Diann [des Glücks] H! 2696 Allein e8 half ihm Nichts! darnach gestrichen
Er iſt beraufcht Und lobt den Wein! Das tft ein ſichres Zeichen, Daß er getrunfen hat! Soenus H' 2698 Sit das über Das iſt H! fein fichres Zeihen H' Th S 2699— 2744 lautet in H' und obne das Gestrichene in ThSs Daß er getrunken hat!
[Soemus] Titu8. Wenn ihm Dein Arzt Beitätige, daß Du aus Africa Ein Fieber mitgebradht, jo wolle er Den Argwohn ir verzeihn, doch font —
Herode2. So fpridt er, Weil er wohl weiß, was folgen wird und fie Bor meiner Race fihern [aus fiher ftellen] mögte.. Das Begreife ih [über Das faßt ſich leiht!] — Was ſchützte er Weshalb verrieth er mein Geheimniß ihr, denn vor, Was war der Grund?
[Soemus] Titus. Dies Dein Geheimniß felbft! Herodes. Wie war das? Titus.
Dunkel drückte er ſich aus: Du hätt'ſt ihm einen Frevel ſaufgetragen] zugemuthet,
*1—*7 bis ich gestrichen Th S | Hebbel, Werte II. 30
466
Wogegen der, den Tempel in ben Brand Zu fteden, keiner jey —
Herodes. Und er, anſtatt
Ihn unvollführt zu laſſen, was genug Geweſen wäre, um das [zärtlichfte] kitzlichſte "15 Gewiſſen zu befriedigen, er ging Mit meinem Auftrag [auf den Markt und bot) flug zu ihr
und bot [über Und — Ha! So weißt auch Du wohl —] Ihr feil! — Co weißt au Du wohl —
Titus. Nichts! Herodes. Er [hätte) hielt Dir das verborgen, was er ihr erzählte? — [vertraute?] O, hätt’ er's umgelehrt gemacht! Doc, freilich, 2) Dir Hätt’ er ſchenken müflen, was fie ihm Bezahlen konnte! — So vernimm’3 von mir: Ich hatt’ ihm — frag’ mich nit, warum! — Befehl Gegeben, fie zu tödten, falls ich felbft Nicht wiederlehren ſollte. Daß ich's that, 95 Beweif’t [darüber Heigt] Dir, wie ich ihm vertraute! Wahrlich, Ich Hatte Grund dazu, und wenn das Eifen, Voraus der Dann beiteht, in’3 ließen kam, ©o zeigt da3 nur, daß er [in Slammen ftand] im Feuer war!
Titus. Trotz alledenn — das hätt’ ich nicht gethan! 30
Herodes. Wenn ſie mich liebte, wie ich ſie, ſo wäre Nach meinem Tod das Leben ihr verhaßt, Und das, was ihm verhaßt iſt, läßt [fi ein Jeder] der Menſch Dod willig fahren, Keiner hält es feit. Was war denn zu bedenken? Wenn fie mid) *35 Nicht Hintergangen hatte, ftarb fie gern, Und Binterging fie mid), jo [war] hatte fie Für ihre Heuchelei den Tod verdient.
*13_40 von Und gestrichen TA S dafür Genug! Genug! h in ThhinS$S
neben *19 steht I [= 100) M!
Mariamne Lesarten und Anmerkungen. V 3. 4] ngen 467 Den Schritt mag tadeln, wen [aus wer] die Dämm'rung | [liebt,] freut, ·0 Ich zieh' das Licht vor und ich ſeh' jetzt hell, Ich ſehe, wie's mit ihrem Herzen ſteht, Bas kümmert mic das Uebrige, was [fümmert] frag’ ich [Ift noch über Jft auch] Ob fie den Schwur ber ew'gen Liebe mir [zuerst den fie mir abgelegt (über that) mit mir verfnüpft,] Auf dieſe oder jene Weife brach? Gejegt, fie wäre rein, Soemus hätte 4 Den Kopf an ſie verſchenkt — ich kann's nicht glauben, Allein es ſey ſo — [über ih nehm’ es an —) und [Jofeph auch] der Andre aud, Müpt'- ih mid dann in ihren Groll und Troß Ergeben, müßt’ ich's in Geduld ertragen, Daß fie fi in ihr Gegentheil verkehrt?
"0 D nein! O nein! Ich ſchwör' es bei dem Schlüfiel 9734 Zum Paradies, den fie in Händen [hält] hat, 9735 Bei aller Seligfeit, die fie mir ſchon 23736 Gewährte und mir noch gewähren kann: 9737 Dann ftraf’ id, was fie ward [über ift], nicht was fie that!srsay 55 Du fiehft mid) zweifelnd an, Du dentit, id) treffe
In ihre mich felbit? Das thu’ ich, o, das thu’ ich! Wenn's möglich ift, daß man an [über Einer eine] Wunden jtirbt, Die man verjegt und nicht erhält, fo [wirds] wird [über Erhält, und daß der Andre daran ftirbt] Sich's [So wird fichs) jept ereignen, doch das iſt mir recht! [Mir eben recht] 2709 zum Teil auf Rasur H? 2729—2744 auf Raurs, zum Teil am Rande H° Vierte Scene. 2746 zuerst Wird mir gemeldet, was Du wifjen mußt. 7° 2748 zuerst jelber tödte A! Ich [befahl] 7! 1750 Der fol geſchworen haben, ſich MH! 2755 Denn taujendfad hat er den Tod verdient. H! 2756—2760 bis denn! gestrichen 5 2763 zuerst obendrein, ob feinem Hohn ergrimmend MH! 2769
"60
*44— "54 gestrichen, dafür Hab’ ich nicht das zu ftrafen, was fie that, So ftraf’ ich, was fie ward und was fie iſt! hin 7%, auf Rasur S
*45 glaub’ es nicht, TA S 08
468 Lesarten und Anmerkungen. Herodes und
[V 4.5 ift’8 über war’s H! 2767 zuerst Der ftarre Alte ſchien es nicht zu fühlen, 7! 2770—2772 am Rande H'! 2774 Sa! Sie wird nicht anders fein! H'
Fünfte Scene Die Richter, unter ihnen Maron, HM! eriheint — darauf. fehlt AH! 2797 ih grüße Did! H! 2798 Richtertafet.) A! neben 2799 steht 2. [200] 7! 2803 zuerst Das weiß ih! H' 2805—2813 gestrichen TA 8 neben 2808 steht 2 gestrichen [= 200) H’ 2814 wieder und führt Mariamne herein.) H'! Herodes (nah langer Baufe). H! 2816 Richtern und zugleih vor H\ 2820 zuerst ſchweigen, wenn’d die Antivort mir verbeut! 7! 2826 Erkenn' über Derfteh’ 7! 2828 später zugesetzt H' 2830—2832 über
du ſitzen ſcheint, erblidte ich den Erften,
Den großen Judas, ſchau' nicht gar fo düfter
Darein, Du wirft mit mir zufrieden feynl H' 2832 herab fehlt Hi, steht über der Zeile M*, zerstört aber den Vers 2842 f zuerst that es nicht und ich habe Dafür den Zeugen (über Und kann's bemeifen!]) A! 2848 zuerst Zur Seite mir H! 2849 feinem über Deinem HM! 2850 bat er über haft Du 7? 2851 ihn über Did A! 2853 Gethan hat, ald was Vorgefühl und Whnung Ha Th S 2855 ließen — Weib! Die HA! zuerst Was geht's fie no an, Daß die das Schlimmſte warl Weib, Du gefällt mir! Das steht Dir wohl! 7! ließen [in dem Augenblidt Wo fie, wie ich] (su Mariamne) [Weib!] Weib! TR S 2856 —2860 ge- strichen TA S 2857 Ruhe] Frieden MH! 2859 f hab’ ich einen Vogel Erſchoſſen, als er tüdijh mir A 2863 zuerst Das it ber Sünde Fluch! H! 2874 über So will ich redlich meine Pflicht erfüllen, MH’ 2876—2919 lauten in Hi Th S
Herodes. Du thuſt es erſt? Soll das mich überreden, Daß Du's noch nicht gethan? Mariamne (ſhweigt).
Herodes.
Genug! Du weißt, Was Du nicht wiſſen könnteſt, wenn Du nicht Mein Fürchten ſelbſt noch überboten hätteſt,
vaune Lesarten und Anmerkungen. 469 X Denn niemals wiederholt ein Wunder ſich Und dieſes iſt das zweite Mal! Nun denn Bei Deinem ſtarren Trotz, der auf der Erde, Wo Alles wankt, allein beharrlich ſcheint; Bei jedem ſchönen Tag, den ich mit Dir 8 Verlebte und an den ich mich nicht mehr Erinnern darf; bei meiner Zukunft, die Mir keinen ſolchen Tag mehr bringen kann; Ja bei dem Schauder ſelbſt, der dieſen Schwur Noch jetzt erſticken mögte: heut' noch, gleich 16 Will ich es wiſſen, ob mein Leben Eins Mit Deinem iſt und ob mich die Natur Zu Hohn und Spott für ewig an ein Weſen Geknüpft hat, dem ich Nichts bin und das ſich . So rächen, ja nur daſtehn kann wie Du! *20 Hinweg! Ihr zögert? Dieſer Spruch wird nicht Zurückgenommen! Oder traf ich's nicht? (zu den Richtern) Sprecht Ihr! Ich weiß, das Schweigen iſt an mir! Doch ſprecht! Sprecht! Sitzt nicht da, wie Salomo Zwiſchen den Müttern mit den beiden Kindern! =s Der Fall ift Mar. Ihr braucht ja Nichts zum Spruch, Als was Ihr feht und hört. Die Mifjethat, Die Ihr zu richten habt, ward neu verübt Bor Eurem Angefiht! Was wollt Ihr mehr? Ver von Euch weiß, wie er ded Königs Todfeind =. Bu ftrafen hat, der weiß auch — — Ich bin ftumm, Ich beuge mich in Demuth Eurer Weidheit! Sol ic vielleicht — (Er nähert fih Marianıne um einen Schritt und macht die Bewegung des Kntebeugens.) 2921 später zugesetzt MH! vor 2922 gestrichen (mit einem Blick auf ihre Mutter) 7! 2922—292h zugesetzt für Wer will’8 verwerfen,
+5 f später zugesetzt HM! vgl. 2891 *7 beginnt zuerst Nun denn H' ftarren später zugesetzt H' *12 folchen über fchönen HM! *17 zuerst Mit ungerreißbaren] MH! e18 dem — fi) über das fih rächen fann, wie Du! H'! *19 später zugesetzt H' So über Sich MH! nur] fo TAS für fo H' *20 ff vgl. 2907 ft. »25—*28 gestrichen TA S *27 zuerst ward wiederholt HM’ neben *29 steht 3 [= 300] 7!
470 Lesarten und Anmerkungen. Heroded unb [V 5.6 wenn ich's felbft nicht thu? A! 2924 Wenn id H H? ver⸗ zeih'n ſoll H! H* fo fehlt H: H® ſchweigſt Du HZ! vor 2926 nieder) AH! 2933 zuerst Tode ein Geipräh mit Titus noch. H! 2935 f. vgl. Tgb. vom 20. September 1847 (II 8. 283): „Rur den Mord wird’ ich entfchuldigen, der dem Mörder fo viel Jahre zu legte, alS der Gemordete einbüßte“ und II 8. 297 vom 20. Februar 1848: „Sa, würden die Jahre defien, den ich tödtete, meinen zugelegt, dann —” 2941 zuerst Bor ihrem Herrn HM! 2942 (tritt zu ihm heran) 1 2945 ftumm. Lange Baufe) A! 29452947 viel- fach corrigiertin 7’ 2945 Ich habe über Jett hab’ ih U! 2946 Den Pfeil für ihn! 7! 2946 fehlen, datür gestrichen Sept fchweig’ ich noch, Und um Dich tödtlich Bald aber ſpreche ih! Zu treffen, opf’re ich die Tochter auf! (folgt ihm gleichfalls) Jetzt ſchweig' ih no. Doc) bald (folgt ihm gleihfans A! 2951 Sept war’8 unmöglich, ihm zu miderftreben, H' TRS 2953 fehlen H! Th S zugesetzt H* 2955 Gehn wir! (Ulead) HYTAS zuerst wenn ich gehorche! HI! Sechste Scene. nach 2963 am Rand gestrichen Di aber Hab’ ih darum ausermählt, Weil Du von jeher, wie ein ehr'nes Bild Auf eine Feuersbrunft, gleihgültig ruhig Auf unfer Leid berabgejehen halt, [Du bift nicht für mich und nicht wider midy |] Weil Du nicht für mich bift, noch gegen mich! HT! vgl. 3001 ff. 2967 zuerst I ſag's Dir frei und felbft 71 2968 zuerst Doch Deinen Heldenfinn muß ih A! 2970 zuerst jhöne Erde H Dir auf bem über auf Deinem H! 2971 zuerst Für Di nicht einmal mehr deö Umſehns werth, H! Umblid® zuerst Rüd- blid3 A! vgl. das Epigramm „Der Greis“. 2981 ff. vgl. Tgb. vom 26. Juni 1842 (I S. 285): Könnt ich nur wenigſtens meinen Schmerz tief, tief in mid verfchließen, könnt' ich mich vor ihnen verbergen, daß fie nicht mit Fingern auf mich zeigen! Cäfar, als er ermordet wurde, büllte fich in feine Toga ein, Niemand, der den Stolz des Weltüberwinders gejehen Hatte, follte fi berühmen können, fein durch Marter de Todes entftelltes Geficht gejehen zu Haben. Aber auch dieß ift nur einem Cäſar vergönnt! 29582 am Band für das zwischen den Zeilen Gestrichene Als er von jeiner Feinde Dolche jant, :& 2985 fallend über fterbend MH! 2995 bi8 — bin, über bis ih im Grabe bin fo lange ich noch athme bis ih am Ziele bin
rariamne Lesarten und Anmerkungen. 471 6]
H' 3001ff. vgl.zu2963 3003 Standbild HY 3004 In über Auf H! 3005 über Auf unfer £eid herab gefehen haft auf unf’re Qualen! unfer Weh. H! 3006 Dih muß man hören, 7: 3009 zuerst von einer fremden Pflanze Iprechen 7! 3011 f über Wenn Du mir jet zu herb, fireng, Dein Wort verweigerft, nehm’ HM! 3012 ftarr über fireng 4! neben 3021 steht 4 [= 400] A! 3022 Was fag’ ih da? H! 3023 zuerst Denn er ift längft 7! 3026 zuerst denn die könnten über Iſt es doch Natürlih und Natürlicher als dieß! Ha 3027 Verlieren über Mir fehlen, H' 3031 f. datt’ ich’8 Berzieh’n, den Henker hinter mich geftellt, I! TAS 3033 zuerst gleicher ift 7" 3035 zuerst in feinem Herzen H! 3036-3042 Da ſtarb ih, doch das Athemholen ging Noch fort und in Gedanken griff ich fchon Nach einem Dold, lnur H!] denn ich ertrug's nicht [länger | Hi] mehr. Allein [über Da aber fagte mir A!) mein Herz fpradj: wer den erften Streich Dir gab, der ift Dir auch den lebten ſchuldig, | Die Pflicht erkennt fogar der Mörder an! Und, wie [vom Radjegeift H!] von Höh'rer Macht getrieben, stellt” ich In Fleiſch und Blut fein Zerrbild vor ihn bin, Damit er mich in dem [vernichten mögte Hi] vernichtete! H‘ThS 3037 £. unterbrodhen Jm HZ? 3046 geweßt, allein eg Hı 3054-3056 fehlen 7AS__ 3066 zuerst. wiederfpiegelt, I! 3072 fam Rand für Den Sarg mir höhlte und in den Abgrund [über ins tiefe Meer] Des Meers, das Nichts zurüdgiebt, dann verjentte, [über Das Nichts zurüd giebt, ihn verfenfen mögte,] 7! 3078 ich babe über hab’ Zengniß H! 3087 zuerst Hier giebt es H! 3089 zuerst Den legten Abſchied nahm von Hi 3091 zuerst Der Kinder Unfhuld Hält’ ihn ſchnell AI! 3092 Jetzt macht auch der [über fie mir den Eod] nur M 3095 fünnte gestrichen dafür bürfte 7' 3097 vor Urwürdig] Mit ihm marften und A! ein über das H'! in mein corrigiert TR S 3098 f gestrichen Th S 3098 dur die Schwüre, die er von mir [verlangt] fordert, H° 3099 muß in müßte; verbessert H! 3106 f am Rand zugesetzt H! 3109 vor und) Fönnte, follte ih HM! 3110 zuerst Mein Schweigen brechen? Sollte ih [einen Dolh] Hu 3112 Titus (abgewendet). A! 3113 (gegen — Gemächer) fehlt HM!
472 Lesarten und Anmerfungen. Herodes und [V 7.8. Siebente Scene. 3117 zuerst Ein fich’re8 Zeichen, dab fie es verdient! A 3118—3124 gestrichen TR S 3121 f. zuerst Der Greis, der Aaron Sprach von Gefangenſchaft ZH! neben 3123 steht 5[=500) 7! 3124 am Rand zugesetzt HY nach 3124 gestrichen Noch jetzt — ich glaube, durch ein einzig Wort Bermögte fie, ihr Schidfal abzumenden, Denn wenn er auch vertieft [über befhäftigt] ſcheint, [fo ift] l in Gelchäfte, [Sein Blid doc immer auf die Thür gerichtet] So ſchweift fein Blid doch immer nad der Thür, Und Jeden [Diener], der herein tritt, fieht er an, Als müßt er ihm von ihr noch etwas bringen! H' Achte Scene. Ein Diener (tritt ein). 7! 3126 über Auf diefe Stunde wurben fie beſchieden! HM! 3127— 3129 gestrichen Th S 3128 f am Rande zugesetzt H' 3128 niemals ſah ich H! 3129 Trachten, wie die ihren! A! 3131 zuerst lange er mit ihnen redet A! vor 3133 zuerst Könige, von denen ber eine ein Mohr ift, herein. HI! fremd und feltfam MA! fih von H1 unter: fheiden. Einer ift ein Mohr. Reiches Gefolge mit Go Hi tritt gleich nachher Heraus. Ihm folgt Salome) AM! 3134 Geprieſen wird es feyn in Emwigfeit! 7! 3136 f. zuerst heute nit Ein Sohn H! 3137 zuerst Nein, mir ftirbt ein Weib! H! 3140 zuerst Dann giebt’8 hier fiherlih A 3141 über zweiten] andern HM 3142 vor Barum?) Meinft Du? 7! 3148 ſprach einſt über fannte MH! 3149—3153 am Rand zugesetzt H! 3150 zuerst Und war für ihre Abfunft ſchön H! 3153 fie [freundlich] A! nach 3153 Aus diefem Stamm, H! 3157 noch [am Tag] H' nach 3157 Denn wer das that, geht nimmermehr verloren! H' 3159 nach was] (Er deutet auf die Geſchenke) H' 3170 zuerst Stern geleuchtet hat, H! 3171 erhöht und auf der Erde wird 1 3173—3176 So ſpricht das alte Buch ja auch! (su den Königen) Ihr werdet Denn Ihr das Kind entdedt, e8 mir doch melden, H! 3079 nach thun!] Neunte Scene AH! 3182 am Rand für Als der, der Deinen Spruch vollzogen hat an ihr vollzog [über der zitternd fie getödtet hat,) H 3183 war! über war ftarb! H! 3186 Das] Dieß über Sie über Das H! 3186—3205 von Es gestrichen S 3188f am Rand für Gestrichenes Doch, wenn es heil'ge Pflicht ift, einen Todten [Der am Weg — ohne Grab am Weg liegt,] Wenn man ihn grablos findet, zu beftatten, H!
va Lesarten und Anmerkungen. 473 3188 zuerst Doch, wenn bie Pflicht ſchon heilig ift, den Zodten, 7! 3193—3211 gestrichen, dafür Warum ſprichſt Du erſt jet? Warum nicht früher? A in 7%, auf Rasur 8 3194 Zauber blieb ihr bis zum Tode Hi Tod noch treu! 7° 3195 groll' über fchelt’ 7 3198 felbft über noch A! 3204 zuerst mich abzuhalten M! 3205 Wenn Dir au nur HZ! 3215 für Ich babe tief in ihre Bruft geihaut — HY 3216—3220 gestrichen S 3217 ff. vgl. Tgb. vom 11. November 1843 (II S, 22): Die höchſte Form ift der Tod, denn eben indem fie die Elemente zur Gejtalt Triftallifirt, hebt fie das Durcheinanderfluthen, worin da8 Leben befteht, auf. 3218 ge- mifcht,] gefügt, Zı TAS H® 3223f gaufelnd an dem jchlimmen Abend, Wo fie das Felt gab, in ein H! 3228 zuerst Du — nun liegt fie jelbjt im Blut! ZZ! 3233—3239 gestrichen 8 3233 vor Er] den er begann, als H! 3234 und [er freute fih) A' idien’8 über wars H! 3236 später zugesetzt M' 3240 zuerst fagte mir: jegt A! 3244 Du fiehft, ich merkt’ es mir! H! Sofeph! gestrichen HM! später wieder zugesetzt FM? 3246 (tritt dicht zu ihm heran) A! vor Nein] Fürchte nit M! 3250 zuerst mit ungerechtem HM! 3252 zuerst Was ſprichſt Du nit? 7! nach 3252 Dun, die ihn liebte, haft ihn angeflagt! H' 3254 f zuerst Doch nur, um die Gelegenheit zu finden, Sich ſeines Auf- tragd zu entledigen! 7’ 3258 Wo Joſeph feine Maske fallen H! 3265 f gestrichen S Allein ich hätt’ e8 mit in's Grab ge- nommen! [zuerst Allein, ich hätt’s Dir nimmermehr gefagt! Doc taufend Jahre hätt? icy’s Dir verfchwiegen!) H! 3267 — 3272 Titus — O! gestrichen S 3268 f fehlen H! 3270 dieſe Erde HM! 3272f Alexandra. Mein Sohn, Du biſt gerät! H! 2675 brechen ?] fniden? H! 3277— 3282 nach lafjen! die scenische Bemerkung (Er — zerbräche) dann Wäre meine Krone H! 3234 f Bejegt und wären alle Reiche mein, [über für Mariamne gäbe ih und herrſcht' ich über alle Reiche,] Yür Mariamne gäb’ ich fie [über Alles) bin! 7! 3288 über Aus ihrem Srab erlöfen, willig ging ich augenblidlid. Geſchäh' es, ja, ih grübe mir es felbfil ZZ!
3288 zuerst willig thät’ ich's H! 3293 Weibes] Schwerte H'! H* gelten] dienen H' H? 3295 der über ein 7! 3297—3302 Dih! Ich bin Soldat und kämpf' mit Jedem, felbft mit Dir! Ma 3298 corrigiert in Du betrogit Dich allzu jehr, S 3305 Doch,) ei, HI , 3306 nit — Stern, über er foll die Kinder tödten, H! 3307 später zugesetzt H! 3310 zuerst Er foll nicht ein’ am
474 Lesarten und Anmerkungen. Herobes und
[Mariamne V 8 Leben lafien! M 3310—3312 Joab — ®harao! gestrichen TR S 3311 weiß warum! über faſſe Dichl — AH! 3312 scenische Agaben fehlt H'! 3313 Mariamne —] fie erſt — A nach auf). Alerandra. Moſes ward gerettet trog Pharao! A in TAS- nach Finis: (hulb 12 Uhr 14. Nov. 48) (Als ih Tine fagte: ich bin fertig, erwiedert ſie: Zige kriegt fchon wieder einen Zahn.) HZ’ (Tgb. I S. 306.) vgl. Tgb. vom Januar 1849 II S. 309: Wariamne hat 3330 Berfe; Schillers M. Stuart circa 4350; aljo Gott Lob immer noch ein Weberfluß von 1000. Act 1 — 664, Act 2 — 745, Act 3 — 545, Act 4 — 670, Act 5 — 702 zufammen 3326. Für die Dars ftellung in ®ien herausgenommen 108 reſt. 3218 und noch 175 reit. 3043 Berfe.
1. Späne aus Maria Magdalene.
367, 1—368, 10 vgl. Tgb. vom Juli 1844 (II S. 103). 867, 8f. vgl. das Epigranım „Das grösste Hinderniss“ und zur Erklärung Bw. II S. 129: wer mir folgt, muß fi) nicht auf einer der Stufen, die ich längft Hinter mir zurüd ließ, häuslich einrichten und mich zur Umtehr einladen. 15 vgl. Maria Magdalene 25, 17 und Ein Trauerspiel in Sicilien zu 481 düfter, wie ein SKirchenfenfter, . . . Das jeden Stral des muntern Lichts verfchludt!
2. Bu Herodes und Mariamne.
368, 1—11 stehen im Tgb. vom 14. November 1848 (II 8. 306 f). 5 vgl. 3139. 10 f. vgl. zu 1890 12—16 stehen im Tgb. vom Januar 1849 (II S. 309) vgl. zu 469.
Nachträge.
37,6 ff vgl. Barbier Zitterlein 1. Cap.
471,30. Zur Erklärung vgl. Tgb. vom 28. Dezember 1841 (18. 251): Alle menfchlihe Bildung geht den folgenden Gang. Der Menſch erwacht in einem Gefühl des Allgemeinen, welches eben darum, weil er daraus hervor ging, fein Erbtheil feyn mag. Dann bat er Alles, weil er Nichts hat, er glaubt die ganze Welt zu beſitzen, weil fie ihm in allen ihren Realitäten gleich nah’ und gleich fern ſteht, weil feine einzige von allen ihn dadurch, daß fie ihm näher gerüdt ift, belehrt, wie weit von ihm die übrigen entfernt find. Hierauf folgt die Erfennt- niß und das Ergreifen des Befondern, wo der Menſch fi mit unend-
476 Lesarten und Anmerkungen. Anhang
liher Behaglichkeit in das, was er einmal erfaßt und durch Selbſt⸗ thätigkeit zu fi heran gebracht Bat, verjentet. Nur, wenn Alles gut gebt, entjteht der Trieb, dad Beſondere mieder in’3 Allgemeine aufzu= löfen, e8 darauf zurüd zu führen. Die Allermeiften bleiben im erjten Stadium ftehen; dies find die Leerften und Eitelften, aber auch zugleich die Glüdlichften, weil fie fi durch feine individuelle Yorm gebunden fühlen und weil fie natürlich nicht erkennen, dab die Yorm ihnen nur darum fehlt, weil fie dem Nichts überhaupt fehlt. Sehr Viele verharren im zweiten Stadium, bie find unglaublid zäh und fider, ungefähr jo, wie das, wad am menſchlichen Körper Knochen geblieben ift, auch zäh und gegen die meiften Krankheiten gefichert ift. Die Wenigften er- reihen das dritte Stadium, aber nur in diefem fegen Gott und Natur
ihr Geſchäft fort.
138, 15 vgl. Tgb. vom Februar 1845 (II S. 122): Hamlet ift ion Aas vor der Tragödie, und dieje zeigt uns nur die Rofen und Difteln, die aus ihm aufſchießen.
| 71. vgl. Hebbels Brief an Rötscher (Bw. II S. 305) über die unerwartete Milde der Wiener Censur gegenüber der „Maria Magdalene“.
392. Vielleicht haben wir in den folgenden drei Stellen, die Hebbel am 24. October 1847 (Tgb. II 8. 286 z. T. ungedruckt) un- mittelbar nach der Nachricht von der Vollendung der „Julia“ nieder- schrieb, Schnitzel aus diesem Drama zu erkennen; darum seien sie hier noch mitgeteilt:
„Ich bin das legte Unglüd der Heroen, ich erklärte mir das viele Faſten der Heiligen gern aus ihrem fchlechten Magen, den jpröden Joſeph ftellte ich mir immer furzfihtig vor und den frommen Daniel in der Löwengrube als magered Scelett.“
„Fürchten Sie nicht, daß ich den Selbftmord, in dem Sie mid) jtörten, jegt noch ausführen werde! Der Menſch fanı ohnehin Nichts tun, was nicht ſchon ein Underer vor ihm gethan hat, foll er aud) nod) ji felbft wiederholen? Es war von mir bloße Pietät gegen die Stunde, die num vorüber ijt, keine getraut ſich ohne ſolche Sündenfradit in die Ewigkeit hinein, Todſchlag, Ehebruch, Verführung, Alles muß beifammen
Anhang Lesarten und Anmerkungen. 477
geweſen ſeyn und Alles war beiſammen, nur am Selbſtmord fehlte es noch, ich wollte die Lücke füllen, ein Anderer kam mir zuvor, nun iſt's zu ſpät!“
„Einer ſah ſeine Geliebte in Ohnmacht fallen, in todähnliche Ohn⸗ macht. Es fehlte an Waſſer, er öffnete ſich eine Ader, um ſie damit zu beſprengen, ſie erwachte, aber wie ward ihr, als ſie nun ihn bleich dahin ſinken ſah!“
423. Zu *57f. vgl. Tgb. vom 10. November 1846 (II 8. 188 ungedruckt): Komiſcher Kerl. „Eins bereu’ ich tief. Ich kam ein- mal einem vernagelten Kaften vorbei, worin fi) ein Gemälde befand,
und zog den Hut nit ab. Konnte nicht dag Bild eines Potentaten darin ſeyn?“
Soeben erſchien:
die deutihen Süculardichtungen
an der Wende des 18. und 19. Sahrhunderts. Herausgegeben von Auguft Sauer.
Preis: Gehefter M. 8,40, gebunden M. 9,50.
Die fultur= wie litterarhiftorifh glei bedeutfame Sammlung enthält ein unfhägbares Material, das die Beadhtung weitefter Kreiſe verdient. Denn
„Wenn da8 Leben des Menſchen ſich dem Ende nähert, jo treten die Ereigniſſe feiner früheſten Jugend am ftärkiten in feinem Gedächtniſſe hervor. Das Leben der Zeit, den Tag, das Jahr, das Jahrhundert mit dem Leben der Menſchen zu vergleichen jcheint allen Völkern und Kitteraturen von Alters ber eigen zu fein. Co darf aud uns in den letzten Tagen des fterbenden Jahrhunderts die dunkle Frühzeit feines Daſeins in hellerem Glanze er- fheinen und es mag nicht unangebradjt jein, in einer nachdenflichen Dämmerftunde das neugeborene gleichfam in feinen erjten Atemzügen zu belaufchen, die Glockentöne, die zu feiner feierlihen Begrüßung von den Türmen erjchollen, auf ihren Klang zu prüfen, die Lieder, die von unfern Dichtern an feiner Wiege gejungen wurden, auf ihren Ge: halt und ihre Gefinnung zu betrachten. Unfrer eignen Stellung zwifchen zwei Beitaltern eingedent und jelber Eopfenden Herzens in die verhüllte Zukunft blidend, fragen wir, ob unfer Jahrhundert von denen, die es in feinem Urſprunge begrüßen durften, in der Aufgabe, die zu löjen ihm bevorftand, richtig erfaßt wurde oder nicht, ob diejenigen, . die ihm das Horojkop ftellten, fein Schidfal in den Sternen zu leſen verjtanden oder nicht, ob die Weihe des Augenblids den großen Tihtern und Denkern, an denen die damalige Jahrhundertwende in Deutihland reicher war als jede frühere, das Auge fchärfte oder trübte.“ * ze
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