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Hnfiker- Biographien.

Siebenter Band:

Spohr.

Von

Ludwig Nohl.

Leipzig.

Druck und Verlag von Philipp Reclam jun.

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Biographie Spohrs

von

Ludwig Rohl.

Und wenn ſie die Hände ſich reichen Zum Freundſchaftsbund, dann weinen ſie, Sind ſentimentale Eichen.

Heine (Wintermärchen).

Digitized by the Internet Archive in 2010 with funding from University of Toronto

http://www.archive.org/details/spohrnoh00nohl

Am 8. November 1859 ſchrieb von Paris aus Richard Wagner an die Conſtitutionelle Zeitung in Dres⸗ den Folgendes:

„Faſt gleichzeitig ſtarben mir zwei würdige hochverehrte Greiſe. Der Verluſt des einen traf die ganze muſikaliſche Welt, die den Tod Ludwig Spohrs betrauert: ihr über- laſſe ich's zu ermeſſen, welch' reiche Kraft, welch' edle Pro⸗ ductivität mit des Meiſters Hingange aus dem Leben ſchied. Mich gemahnt es kummervoll, wie nun der letzte aus der Reihe jener echten, ernſten Muſiker von uns ging, deren Jugend noch von der ſtrahlenden Sonne Mozarts un⸗ mittelbar beleuchtet ward und die mit rührender Treue das empfangene Licht, wie Veſtalinnen die ihnen anver⸗ traute Flamme, pflegten und gegen alle Stürme und Winde des Lebens auf keuſchem Herde bewahrten. Dieſes ſchöne Amt erhielt den Menſchen in Spohr rein und edel, und wenn es gilt, mit Einem Zuge das zu bezeichnen, was aus Spohr ſo unauslöſchlich eindrucksvoll zu mir ſprach, ſo nenne ich es, wenn ich ſage: er war ein ernſter, red⸗ licher Meiſter ſeiner Kunſt und ſeine ſchönſte Erquickung quoll aus der Kraft ſeines Glaubens. Und dieſer ernſte Glaube machte ihn frei von jeder perſönlichen Kleinheit; was ihm durchaus unverſtändlich blieb, ließ er als ihm fremd abſeits liegen, ohne es anzufeinden und zu ver⸗ folgen: dies war ſeine ihm oft nachgeſagte Kälte und Schroffheit! Was ihm dagegen verſtändlich wurde, und ein tiefes feines Gefühl war dem Schöpfer der Jeſſonda wohl zuzutrauen, das liebte und ſchützte er unum⸗ wunden und eifrig, ſobald er Eines in ihm erkannte:

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Ernſt, Ernſt mit der Kunſt! Und hierin lag das Band, das ihn noch im hohen Alter an das neue Kunſt⸗ ſtreben knüpfte: er konnte ihm endlich fremd werden, nie aber feind. Ehre unſerm Spohr! Verehrung ſeinem Andenken! Treue Pflege ſeinem edlen Beiſpiele!“

So haben wir es diesmal nicht mit einem jener Heroen der Kunſt zu thun, die deren Entwicklung mit einem mächtigen Ruck in weſentlicher Weiſe erweiterten. Sondern in behaglicher und faſt idylliſcher Ruhe breitet ſich in dieſem langen Künſtlerleben der bis dahin gewon⸗ nene Beſtand der Muſik als ein wonnig beglückender Beſitz freundlich zum Mitgenuſſe einladend aus. Darum ſind es nicht eigentlich entſcheidend große Kunſtthaten, was uns diesmal begegnen wird, wohl aber ein durch das Ideale der Kunſt ſchön verklärtes menſchliches Daſein, ſodaß wir hier mehr ein Intermezzo zwiſchen den vorwärts dringen⸗ den Acten einer großen Handlung als ſelbſt ein Drama vor uns ſehen. „Spohr zeigt ſich überall muthvoll, ent⸗ ſchloſſen, tapfer, mit einem Wort echt männlich,“ heißt es in dem Vorworte zu ſeiner Selbſtbiographie von dem faſt ſieben Fuß hohen kräftigen Manne; „Spohr war wie alle edlen Naturen ſtreng ſittlich und von einer faſt mädchen⸗ haften Züchtigkeit; er kannte keinen Neid, ſondern nur die aufrichtigſte Freude über die Erfolge und Leiſtungen Anderer, er hatte daher eigentlich keinen Feind; wir wa⸗ ren oft Zeuge, daß ſtarke Ausdrücke des Beifalls über ſeine Leiſtungen ihn eher drückten und beläſtigten als er⸗ freuten.“ Als er bei ſeinem Jubiläum ſtürmiſch hervor⸗ gerufen wurde, äußerte er, es ſei ihm als ob er auf das Schaffot geführt werde, und als er einſt zum Geburtstage ſeines Kurfürſten in Gala zu erſcheinen hatte, hüllte er ſich bei zwanzig Grad Wärme in einen großen Winter⸗ mantel und antwortete einem theilnehmend nach feier Geſundheit fragenden Freunde, den Mantel zurückſchlagend und die mit Orden bedeckte Bruſt zeigend: „Ich ſchäme

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mich nur, fo über die Straße zu gehen.“ Niemals auch widmete er ohne unabweisbare Aufforderung einem Für⸗ ſten oder Großen eines ſeiner Werke.

Es erklingen alfo hier jo recht alle jene Saiten, die ganz eigens das Gemüth und den Charakter des deutſchen, zumal des norddeutſchen Künſtlers ausmachen, und wir haben dieſelben eben nur als ſolche erklingen zu laſſen, um fühlbarſt in der Nähe und ſogar in dem eigenſten Athemskreiſe dieſes Altmeiſters der ausgehenden claſſiſchen Muſikperiode zu weilen. Wozu uns denn zum Glück dies⸗ mal obendrein ſeine eigenen Lebensaufzeichnungen die leichteſte Brücke ſchlagen, die zugleich gar manches anzie— hende Genre- und Sittenbild bringen und daher auch allgemeineren Antheil erwecken!

1. Die Lehrzeit. (1784—1803.)

„Da ging mir die Herrlichkeit der Mozartſchen Muſik auf.“

Spohr ward am 5. April 1784 zu Braunſchweig als Sohn eines Arztes geboren; doch war väterlicher wie mütterlicherſeits die Familie dem Predigerſtande zugehörig geweſen und ſchon früh wurde der Vater nach Seeſen ver⸗ ſetzt, das am Fuße des geſpenſtigen Brocken liegt. Die Eltern waren muſikaliſch, der Vater blies nach damaliger Neigung Flöte, welche Neigung manchmal ſo groß war, daß das Inſtrument im Spazierſtocke verborgen war, da⸗ mit an landſchaftlich ſchönen Stellen auch die ſentimenta⸗ len Empfindungen ſich nicht gehemmt fanden. Die Mutter war Schülerin deſſelben Kapellmeiſters Schwaneberger, der als Schüler Salieri's bei der Nachricht, daß Mozart ein Opfer des Neides der Italiener geworden ſei, den ſonder⸗ baren Ausruf that: „Narrheit! Er hat nichts gethan, um dieſe Ehre zu verdienen!“ Sie ſang demgemäß die ita⸗ lieniſchen Bravourarien jener Tage, die ſie ſich zum Cla⸗ viere ſehr fertig begleitete. So war Muſik ein Lebens⸗ element des Hauſes und der Knabe durfte ſchon im fünften Jahre in Duetten mit der Mutter an den Abendmuſiken theilnehmen. Zugleich kaufte ihm der Vater nach ſeinem Wunſch auf dem Jahrmarkte eine Geige, auf der er nun die

telodien wiederſuchte, während die Mutter ihm begleitete.

Etwa um 1791 kam nach Seeſen ein Emigrant Dufour, der ein fertiger Dilettant war. Der Knabe war bis zu Thränen gerührt, als er den fremden Mann ſo ſchön ſpielen hörte, und ließ den Eltern keine Ruhe, als bis er

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Unterricht bei ihm erhielt. Dieſer entdeckte trotz ſeines blo⸗ ßen Dilettantismus ſo ſicher des Schülers Begabung, daß er darauf drang, denſelben Muſiker werden zu laſſen. Bald wurden auch bereits Compoſitionsverſuche gemacht, Duetten für zwei Geigen, und ein ſchmucker neuer Anzug war der Lohn. Ja ſogar an ein Singſpiel wagte er ſich, natürlich von Weiße, dem Begründer der Gattung in Deutſchland, und in der Muſik waren Hillers „Jagd“ und „Lottchen am Hofe“ Vorbild, jedoch nur nach dem oft durchgeſunge— nen Clavierauszuge, denn das kleine Seeſen hatte kein Theater. Die Formen und der Ton dieſer deutſchen Werke ſind denn auch zeitlebens für Spohr maßgebend und bannend zugleich geblieben.

Bald kam der Knabe, der nun wirklich Muſiker wer- den ſollte, zur Confirmation zu ſeinem Großvater in das Hildesheimiſche und erhielt dort guten Unterricht. Doch die Muſik mußte in dem nahen Städtchen weiter betrieben werden. Auf dem beſchwerlichen Wege dorthin war er einmal bei Regenguß in einer einſamen Mühle unterge⸗ ſtanden und hatte dabei die Gunſt der Müllerin ſo ſehr gewonnen, daß er von da an ſtets vorſprechen mußte und mit guten Sachen gelabt ward. Zum Dank phantaſirte er ihr dann jedesmal etwas vor und ſetzte ſie einſt durch Variirung des Liedes „Du biſt liederlich“ von Wranitzky, in der all die Kunſtſtückchen vorkamen, durch die ſpäter Paganini die Welt entzückte, ſo außer ſich, daß ſie ihn an dem Tage gar nicht wieder von ſich ließ. So ward die Sprache der Muſik zumal auf ſeiner Geige ſchon früh ſeine Mutterſprache und die Welt weiß, wie viele der edelſten Schüler er in dem langen Laufe ſeines Lebens gerade auf dieſem Inſtrumente zu derſelben herange⸗ bildet hat.

Jetzt kam er nach Braunſchweig, wo der Erbprinz Karl Ferdinand ein beſcheidenes franzöſiſches Theater nebſt Ka⸗ pelle hielt. Sein Lehrer ward ein Mitglied derſelben, der

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Kammermuſikus Kuniſch, dem er viel verdankte, weil derſelbe ſehr gründlich war. Ebenſo war es mit dem Harmonie⸗ unterrichte bei dem Organiſten Hartung, der zwar wenig freundlich war, aber doch die beſte Grundlage legte: denn er blieb der einzige Lehrer, den Spohr je in der Theorie ſei⸗ ner Kunſt gehabt hat. Er half ſich in der Folge mit gedruck⸗ ten Werken und guten Partituren, die ihm Kuniſch aus der Theaterbibliothek verſchaffte. Bald bereiteten ihm ſeine kleinen Compoſitionen denn auch Eintritt in die Concerte der Stadt und er konnte ſeinen Eltern mit Stolz von eigenen Einnahmen melden. Dadurch kam er denn auch in das Theaterorcheſter und hörte viel gute Muſik. Sein Lehrer ward dann der erſte Geiger deſſelben, Concertmei⸗ ſter Maucourt, und dieſer bildete ihn bald zu einem ſo tüch⸗ tigen Soloſpieler heran, daß er ihm vorſchlug, ſein Glück als reiſender Künſtler zu ſuchen. Er ſchickte ihn nach Ham⸗ burg, den Vierzehnjährigen! Daß der Knabe darauf ein⸗ ging, beruhte auf den Ueberlieferungen des Vaters, der nach norddeutſcher Wikingerart im höchſten Grade kühn und unternehmend geweſen war. Um einer Strafe zu entgehen, war derſelbe von der Schule entflohen und hatte ſich dann auf kümmerliche aber immer höchſt ſelbſtſtändige Weiſe zu ſeiner jetzigen ärztlichen Stellung emporgearbeitet. Dieſer fand alſo in dem Unternehmen des Sohnes trotz der Mutter Kopfſchütteln nichts Beſonderes. Er empfahl ihn an einen alten Freund in Hamburg, allein derſelbe empfing ihn mit den Worten: „Ihr Vater iſt doch immer noch der Alte! Welche Tollheit, einen Knaben ſo auf gut Glück in die Welt zu ſenden!“ Dann ſetzte er ihm die Schwie⸗ rigkeit eines Concertes in der großen von Künſtlern über⸗ laufenen Handelsſtadt auseinander. Spohr wußte kaum die Thränen zurückzuhalten und rannte ohne nur die übri⸗ gen Empfehlungsbriefe abzugeben, voller Verzweiflung nach Hauſe. Ja bei ſeiner geringen Baarſchaft ſich, den großen ſchlanken Jungen, ſchon in den Händen jener Seelenver⸗

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käufer ſehend, von denen ihm der Vater ein warnendes Bild entworfen hatte, wanderte er ſpornſtreichs zu Fuße nach Braunſchweig zurück.

In ſeiner Beſchämung, namentlich dem energiſch kühnen Vater gegenüber, ſann und ſann er auf Mittel, auf an⸗ derem Wege zu ſeinem Ziele der entſprechenden Ausbil⸗ dung zu gelangen, und verfiel endlich zu ſeinem Glücke auf den Herzog Ferdinand, der ſelbſt einſt Violine geſpielt hatte. „Er iſt ein ſehr angenehmer ſchöner freundlicher Herr,“ ſchreibt Mozarts Vater nach einer Begegnung in Paris im Jahre 1766 über den damaligen Erbprinzen. Und der Eneyklopädiſt Grimm ſagt in einer Correſpon⸗ denz von dort über den zehnjährigen Knaben: „Das Un⸗ begreiflichſte iſt jene tiefe Kenntnis der Harmonie und ihrer geheimſten Wege, die er im höchſten Grade beſitzt und wo— von der Erbprinz von Braunſchweig, der gültigſte Richter in dieſer Sache ſowie in vielen andern, geſagt hat, daß viele in ihrer Kunſt vollendete Kapellmeiſter ſtürben, ohne das gelernt zu haben, was dieſer Knabe in einem Alter von neun Jahren leiſte.“ (Mozart. Nach den Schilde⸗ rungen der Zeitgenoſſen. Leipzig, 1880). Zu den „anderen Sachen“ gehörten des Prinzen glückliche Unternehmungen des Jahres 1760 gegen dieſelben Franzoſen, deren Ver⸗ ehrer und Nachahmer er ſonſt in faſt allen Dingen war und deren Neigung zur Beſchützung der Kunſt er denn auch theilte. „Hat er dich nur erſt eines deiner Concerte ſpielen gehört, ſo iſt dein Glück gemacht!“ dachte ſich alſo auch unſer junger Künſtler und beendete in heiterſter Stimmung den öden Marſch durch die Lüneburger Haide.

Eine Bittſchrift war bald entworfen. Der Herzog nahm fie auf ſeinem Spaziergange denn auch von dem treuherzigen ſchlanken jungen Menſchen nach ſeiner gewohn⸗ ten Leutſeligkeit entgegen. Nach einigen furchtlos beant⸗ worteten Fragen über Eltern und Lehrer erkundigte ſich der Fürſt nach dem Verfaſſer der Bittſchrift. „Nun wer

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anders als ich? Dazu brauche ich keinen Andern!“ „Nun, komm morgen aufs Schloß, dann wollen wir über dein Geſuch reden!“ ſchloß mit Lächeln und Freude die Unterredung ab. Präcis elf Uhr ſtand er vor dem Kam⸗ merdiener. „Wer iſt Er?“ fuhr dieſer ihn ziemlich un⸗ freundlich an. „Ich bin kein Er. Der Herzog hat mich hierher beſtellt und Er hat mich anzumelden!“ lautete die Antwort der Entrüſtung. Der Kammerdiener ging und ehe die Aufregung ſich gelegt hatte, ſtand der junge deutſche freie Mann vor ſeinem Fürſten. „Durchlaucht, Ihr Kammerdiener nennt mich Er, das muß ich mir ernſtlich verbitten!“ platzte er heraus. Der Herzog lachte laut und ſagte: „Nun, beruhige dich nur, er wirds nicht wieder thun.“ Nach einigen unbefangenen Antworten Spohrs ertheilte er dann den Beſcheid, er habe ſich bei Maucourt nach ihm erkundigt und ſei begierig ihn zu hören, es könne im nächſten Concerte bei der Herzogin geſchehen. Ueberglücklich eilte der junge Künſtler nach Haus, um ſich aufs emſigſte vorzubereiten.

Die nächſte Scene führt uns nun ſo recht in das ancien régime, wo auch die Kunſt, vor allem die Muſik noch die gefällige Magd des Vergnügens war, aus der erſt männlich große Erſcheinungen wie Beethoven, Liszt und Wagner die Muſe, die Prinzeſſin, die Königin gemacht haben. Doch erkennen wir, daß auch unſerem jungen Künſtler das Gefühl dieſer Würde nicht fehlte, die das Innere des Menſchen ſelbſt zu erheben, zu adeln ge⸗ ſchaffen und geeignet iſt.

In den Concerten der Herzogin wurde nämlich Karten geſpielt und um dies nicht zu ſtören, mußte das Orcheſter ohne Pauken und Trompeten und immer piano bleiben, ja es war demſelben noch ein dicker Teppich untergebreitet, ſodaß das „ich ſpiele, ich paſſe“ lauter war als die Muſik. Diesmal waren allerdings Spieltiſche und Teppich ver⸗ ſchwunden und dem Herzog gefiel des jungen Künſtlers

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Talent ſo ſehr, daß er ihn zum Kammermuſikus ernannte. Allein in der Folge trat auch die alte Pein wieder her⸗ vor. Jedoch einmal, als Spohr dort ein neues Concert probirte, vergaß er, ganz erfüllt von ſeinem Werke, das er zum erſtenmal mit Orcheſter hörte, völlig des ſtrengen Verbotes und ſpielte mit aller Kraft und allem Feuer, ſodaß er ſelbſt das Orcheſter mit fortriß. Plötzlich wurde er mitten im Solo von einem Lakai am Arme gefaßt, der ihm zuflüſterte: „Die Frau Herzogin läßt Ihnen ſagen, fie ſollen nicht jo mörderiſch darauf losſtreichen.“ Wüthend über dieſe Störung ſpielte er womöglich nur noch ſtärker, mußte ſich aber dafür einen Verweis vom Hofmarſchall gefallen laſſen.

Der Herzog lachte über den Vorfall, erinnerte ſich da⸗ bei aber ſeines Verſprechens, ihn mit der Zeit zu einem großen Meiſter zu ſenden. Dies ward natürlich jemehr Spohrs Wunſch, je tiefer er in den Geiſt ſeiner Kunſt ein⸗ drang. Zuerſt lernte er nun jene leichten franzöſiſchen Operetten kennen, ſpäter aber auch Cherubinis „Waſſer⸗ träger“. „Ich erinnere mich lebhaft der Abende, als die deux journdes zum erſtenmal gegeben wurden, wie ich ganz trunken von dem gewaltigen Eindruck, den dieſes Werk auf mich gemacht hatte, mir noch am Abend die Partitur geben lies und die ganze Nacht darüber ſaß und wie es hauptſächlich dieſe Oper war, die mir den erſten Impuls zur Compoſition gab,“ ſo erzählt er ſelbſt. Dann kam aber eine deutſche Truppe. „Da ging mir die Herr⸗ lichkeit der Mozartſchen Opernmuſik auf und nun war für meine ganze Lebenszeit Mozart mein Idol und Vorbild,“ ſagt er. „Ich erinnere mich noch deutlich der Wonne- ſchauer und des träumeriſchen Entzückens, mit welchem ich zum erſtenmal Zauberflöte und Don Juan hörte und wie ich nun nicht ruhte, bis ich die Partituren geliehen bekam, über denen ich dann halbe Nächte brütete.“ Dies war um die Wende des Jahrhunderts, als Mozart zuerſt auch in

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weitere Kreiſe drang. Allein nicht lange und es kamen die ſchönen erſten Quartette Beethovens und er ſchwärmte ſogleich für ſie nicht weniger als bisher für diejenigen Haydns und Mozarts. Zugleich hörte er bald darauf den ausgezeichneten Geiger Seidler, für den ſpäter Beethoven das Tripleconcert entwarf, und den außerordentlich fer⸗ tigen Knaben Pixis, der bald in der Welt glänzen ſollte. So erfüllte der Herzog nur einen heißen Wunſch, als er den jungen Kammermuſikus nun auch einen letzten Lehrer wählen lies. Spohr nannte ohne Zaudern Viotti in London, allein dieſer antwortete, er ſei Weinhändler ge⸗ worden und nehme keine Schüler mehr an. Nach ihm war Ferdinand Eck in Paris damals am berühmteſten. Jedoch dieſer hatte ſoeben eine reiche Gräfin entführt und war jetzt ein vornehmer Herr geworden. Er ſchlug aber ſeinen Bruder Franz vor, der gerade Deutſchland bereiſte. Dieſer wurde nun, nachdem er ſich in Braunſchweig hatte hören laſſen, erwählt und nahm im Frühjahr 1802 den acht⸗ zehnjahrigen Jüngling mit ſich auf die Reiſe, die ſogar nach Petersburg gehen ſollte.

Schon in Hamburg begann der Unterricht. „Aber ach wie ſehr wurde ich gedemüthigt! Ich, der ich einer der erſten Virtuoſen Deutſchlands zu ſein geglaubt hatte, konnte ihm nicht einen einzigen Tact zu Dank ſpielen, ſondern mußte jeden wenigſtens zehnmal wiederholen, um nur einigermaßen ſeine Zufriedenheit zu erlangen,“ beginnt das Tagebuch dieſer Reiſe. Allein ein wahrhaft eiſerner Fleiß, der Uebung bis zu zehn Stunden des Tages nicht ſcheute und dem „herkuliſchen Körperbau“ auch zumuthen durfte, ließ ihn bald nicht blos die volle Zufriedenheit des Lehrers erlangen, ſondern allmählich jene ſouveräne Fähigkeit gewinnen, die als Franzoſe ſein Lehrer nicht be⸗ ſaß: jedem Style der Meiſter aller Zeiten und Länder gerecht zu werden. Dazu verhalf ihm eben das An⸗ hören aller möglichen Muſik und verſchiedener anderer

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damals berühmten Geiger, darunter Fränzl, Klavier- ſpieler darunter Field, und Sänger. Es trieb ihn dabei zugleich der Ehrgeiz. Denn die ihm Mißgünſtigen in Braunſchweig hatten geäußert, er werde ſich wohl eben⸗ ſowenig auszeichnen wie die übrigen jungen Leute, die der gütige Herzog bisher bei ihren Studien unterſtützt habe. Inzwiſchen vernachläſſigte er aber weder feine all⸗ gemeine Bildung noch das Componiren, ja ſchon in die⸗ ſem Jahre entſtand ſein Violinconcert Op. 1, und ſeiner reinmenſchlichen Entwickelung half manches kleine Herzens⸗ abenteuer nach, wie ſie die Biographie gar unbefangen und unſchuldsvoll berichtet. Und wie ſehr ihm ſchon jetzt der volle Ernſt in dem Dienſte der heiterſten aller Künſte in Fleiſch und Blut übergegangen war, beweiſt die Aeuße⸗ rung, als in Danzig nach der dumpfen Anſchauung ſolcher Stände in Bezug auf Kunſt eine Dame die Frage hin⸗ warf, ob er nicht doch beſſer gethan haben würde dem Berufe des Vaters zu folgen, zu dem dieſer ihn anfangs beſtimmt hatte. „So hoch der Geiſt über dem Körper ſteht, ſo hoch ſteht auch Der, welcher ſich der Veredlung des Geiſtes widmet, über Dem, der nur den vergänglichen Körper pflegt!“ lautete ſeine Entgegnung.

Die mancherlei kleinen Abenteuer und bunten Bilder, die Spohr ſelbſt von dieſer ruſſiſchen Reiſe berichtet, haben wir hier zu übergehen. Einen weſentlichen Vorſchub lei⸗ ſtete ſeit dem Aufenthalte in Petersburg der Schönheit feines Tones, die ja jo weltberühmt wurde, noch ein Ge— ſchenk: ein „artiger allerliebſter junger Franzoſe,“ der Vio⸗ linſpieler Remi tauſchte in einem Gefühle der liebenden Freundſchaft für Spohr an deſſen Geburtstage mit ihm ſeine Geige aus, ſodaß dieſer eine echte Guarneri erhielt. Sein Entzücken über den „himmliſchen Ton“ war grenzen⸗ los, ſollte aber, wie wir noch hören werden, nicht lange dauern. Am 1. Juni 1803 ging es nach Deutſchland zu⸗ rück. Der Abſchied von Remi war ſehr ſchmerzlich, der

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von dem Lehrer, der in Petersburg blieb, ein ſehr be⸗ trübter. Er ſollte denſelben nicht wiederſehen: Leichtſinn und Liebesleidenſchaft führten ihn in Petersburg zu ſchlimm⸗ ſten Erlebniſſen, er ſtarb nach wenig Jahren im Irrenhauſe. Am 5. Juli war Spohr wieder in Braunſchweig und fand ſich von allen Seiten aufs herzlichſte aufgenommen: die Lehrzeit war überwunden, der fertige Künſtler ſtand da.

2. Erſte Erfolge.

(1803 1806.)

„Wollen wir ſo fürs Leben miteinander muſiciren?“

Die erſte Probe ſeiner jetzigen Meiſterſchaft ſollte Spohr bald beſtehen. Der damals weltberühmte Rode beſuchte Braunſchweig. „Je öfter ich ihn hörte, deſto mehr wurde ich von ſeinem Spiele hingeriſſen,“ ſagt er ſelbſt. „Ja ich trug kein Bedenken, Rode's Spielweiſe, damals noch ganz der Abglanz der ſeines großen Meiſters Viotti, über die meines Lehrers Eck zu ſtellen und mich eifrigſt zu be⸗ fleißigen, ſie mir durch ſorgfältiges Einüben möglichſt an⸗ zueignen.“ Er wurde ſo unter allen damaligen jungen Geigern die getreueſte Copie von Rode, und ſein erſtes Auftreten war von ſo glänzendem Erfolge, daß dieſer Tag einer der glücklichſten ſeines Lebens blieb.

Bald darauf ging es denn auch auf eine Kunſtreiſe, zu der der treffliche Herzog den Urlaub leicht gewährte. Der Anfang war nach Wunſch, das Ziel ſollte Paris ſein. Allein auf der erſten Station, wo Concert gegeben werden ſollte, fand ſich zu des Künſtlers höchſtem Schrecken der Koffer vom Wagen los geſchnitten und dieſer enthielt das Reiſegeld und was ſchlimmer war, die edle Guarneri⸗Geige. Mit gezogenem Hirſchfänger rannte Spohr wie raſend zum

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Thore hinaus. Vergebens! Der leere Koffer ward am Morgen gefunden, der Violinkaſten daneben, aber er ent⸗ hielt nur den Bogen. Nun blieb nichts übrig als zu⸗ rückzukehren. Erſt im Herbſt 1804 ward dann eine zweite Reiſe unternommen, deren Ziel Leipzig war, das ſchon damals neben Wien einen muſikaliſchen Ruf zu bekommen begann. Allein eine kleine Begebenheit zeigt uns, daß wie wir Nachlebenden es dort mit R. Wagner erfuhren, Spohr es damals mit Beethoven erlebte. Er war zu einer großen Abendgeſellſchaft dieſer reichen Kaufleute ein⸗ geladen und wählte zum Vortrage eines der Quartette Op. 18, mit dem er in Braunſchweig ſo oft entzückt hatte. Allein wenn ſchon ſeine Mitſpieler mit dieſer Muſik noch unbekannt und daher unfähig waren in den Geiſt derſelben einzudringen, ſo blieb die Geſellſchaft dieſen hehren Tönen, die einem Wagner noch in ſpäten Jahren Thränen des wonnigſten Wehs entlocken konnten, ſo taub, daß ſich ſogar eine allgemeine Unterhaltung entſpann, die das Quartett faſt übertönte. Spohr ſprang daher mitten im Spiele auf und eilte zu ſeinem Geigenkaſten. Dies erregte große Bewegung und er entgegnete dem betroffenen Hausherrn: „Ich war bisher gewohnt, daß man meinem Spiele mit Aufmerkſamkeit zuhörte; da dies hier nicht geſchah, ſo glaubte ich der Geſellſchaft gefällig zu ſein, indem ich auf⸗ hörte.“ Der Hausherr bat dann verlegen aber freundlich um etwas, was ihrem Geſchmacke und Faſſungsvermögen angemeſſener wäre, und Spohr fand dann mit einem Rodeſchen Quartett eine lautloſe Zuhörerſchaft, ja mit ſeinem Paradepferd, den Rodeſchen Variationen, volles Entzücken der ſämmtlichen Anweſenden. Und dies war eines derjenigen Quartette Beethovens geweſen, von denen ihr eigener Schöpfer ausrief, man merke ihnen an, daß ſie ein junger Mann von viel Empfindung geſchrieben habe, allerdings in einer Epoche ſeines Schaffens, in der er die höchſten Wunder wirkte, die es in dieſem Style 2

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giebt, ſeine Letzten Quartette! Gerade durch ſeinen verſtändnisvollen Vortrag aber wurden dann hier in Leipzig jene Quartette Op. 18 zu voller Anerkennung ge⸗ bracht und ſo auch Beethoven ſelbſt der Weg zu dem Beutel dieſer „reichen Handelsherren“ beſſer geebnet. Von Spohrs Spiel aber heißt es damals: „Seine Individua⸗ lität neigt ihn am meiſten zum Großen und in ſanfter Wehmuth Schwärmenden; Herr Spohr kann alles, aber durch jenes reißt er am meiſten hin. Die Seele, der Flug der Phantaſie, das Feuer, die Zartheit, die Junigkeit des Gefühles, der feine Geſchmack und nun ſeine Einſicht in den Geiſt der verſchiedenen Compoſitionen und ſeine Kunſt, jede in dieſem ihrem Geiſte darzuſtellen, dies macht ihn zum wahren Künſtler.“ Dieſer Bericht war von Mozarts Verehrer Rochlitz und ſtand in der Allgemeinen muſika⸗ liſchen Zeitung. Damit war alſo Spohrs Ruf in Deutſch⸗ land begründet und das Lebensgeſchick des kaum zwanzig⸗ jährigen Künſtlers entſchieden.

Spohr ward aber auch jetzt ein förmlicher Apoſtel Beethovens, und wie nothwendig ſolch perſönliches Ver⸗ treten dieſer Werke ward, zeigt der ſogleich folgende Vor⸗ fall in Berlin. Es war beim Fürſten Radziwill, der die bekannte Muſik zum Fauſt geſchrieben hat und Beet⸗ hoven aufrichtig verehrte. Es waren unter anderen erſten Künſtlern der Stadt der berühmte Celliſt Bernhard Rom⸗ berg, der mit Beethoven gemeinſam in der Bonner Hof⸗ capelle geſtanden war, und Seidler anweſend. „Ich hatte Romberg noch nicht gehört und war entzückt von ſeinem Spiele,“ erzählt Spohr. „Nun ſelbſt zu einem Vortrage aufgefordert, glaubte ich ſolchen Künſtlern und Kennern nichts Würdigeres bieten zu können als eines meiner Lieb⸗ lingsquartette von Beethoven. Doch abermals mußte ich bemerken, daß ich einen Fehlgriff gethan hatte. Denn die Muſiker Berlius kannten dieſe Quartette ebenſowenig wie die Leipziger und wußten ſie daher auch weder zu ſpielen

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noch zu würdigen. Nachdem ich geendigt, lobten ſie zwar mein Spiel, ſprachen aber ſehr geringſchätzend von dem, was ich vorgetragen hatte. Ja Romberg fragte mich ge- radezu: Aber lieber Spohr, wie können Sie nur jo ba— rockes Zeug ſpielen?“

Hier in Berlin lernte er auch den ſo ſehr muſikaliſchen Prinzen Louis Ferdinand kennen, der allerdings Beet⸗ hoven beſſer verſtand und ſich kurz zuvor auf einem Be—⸗ ſuche bei deſſen Freunde Fürſt Lobkowitz in Böhmen ſogar die damals noch völlig mißverſtandene Eroica hatte drei— mal hintereinander vortragen laſſen. Spohr war aber durch ſeine Erfahrungen „gewitzigt“ und ſpielte nur Compoſitionen, in denen er als Geiger glänzen konnte. Von den Orgien aber, in die ſich des Prinzen Muſikpar⸗ tien aufzulöſen pflegten, war er um ſo weniger erbaut, als er dort von einer jungen italieniſchen Sängerin Roſa Alberghi begleitet war, deren Herz er ſich zugewendet hatte.

Eine weitere Bekanntſchaft war der dreizehnjährige Meyer Beer. „Der talentvolle Knabe erregte ſchon da— mals durch ſeine Virtuoſität auf dem Pianoforte ſolches Aufſehen, daß ſeine Verwandten und Glaubensgenoſſen nur mit Stolz auf ihn blickten,“ berichtet Spohr. „Man erzählte ſich, daß einer von ihnen aus einer Vorleſung über Aſtronomie zurückkehrend den Seinen voll Freude zu⸗ rief: Denkt euch, man hat unſeren Beer ſchon unter die Sterne verſetzt! Der Profeſſor zeigte uns ein Sternbild, das ihm zu Ehren der „kleine Beer“ genannt wird.“ Er war ſo klug, den jungen Virtuoſen zur Mitwirkung in ſeinem Concerte einzuladen, was dem Beſuche deſſelben ſehr zuſtatten kam, denn es war das erſte öffentliche Auf- treten des Knaben und ſeine Glaubensgenoſſen wußten den Augenblick zu würdigen.

Derweilen hatte ſich jene ſüdlich feurige italieniſche Sängerin immer inniger an ihn angeſchloſſen und ihm unverhohlen ihre Zuneigung gezeigt. Er mußte ſich aber

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bei näherer Bekanntſchaft ſagen, daß ſie zu ſeiner Lebens⸗ gefährtin ſich nicht eigne, und hatte daher jede Erklärung ſorgfältig vermieden. Denn ſo liebenswürdig und unver⸗ dorben ſie war, ſo fand er ihre Erziehung zu ſehr ver⸗ nachläſſigt, und was ihn beſonders abſtieß, war die natio⸗ nale Bigotterie, die ſogar den lutheriſchen Ketzer ſelbſt manchmal hatte bekehren wollen. Sie zerfloß beim Ab⸗ ſchied in Thränen und drückte ihm bei der letzten Um⸗ armung ein Andenken von ihrem ſchönen ſchwarzen Haare in die Hand. Ja im nächſten Frühjahr meldete ſie ihre Ankunft in Braunſchweig und war auf echt italieniſche Art in ihrer herzlichen Wiederſehensfreude ſo unbefangen, daß ſie die Erwiderung ihrer Gefühle für zweifellos hielt und auf der Rückreiſe ſich ſogar bei ſeinen Eltern einführte, die ſie denn auch ebenſo unbefangen als ſeine Verlobte umarmten. Spohr war nicht wenig erſchrocken und der Vater wollte einem „ſo herrlichen Mädchen“ gegenüber ſeine Gründe nicht gelten laſſen. Wir werden aber Spohrs Gefühl als wohlberechtigt erkennen. Denn ein verehrtes Mädchen iſt noch lange nicht auch Gefährtin fürs Leben.

Im Sommer 1805 wurde Spohr zum Coneertmeiſter in Gotha erwählt. Sein Alter mußte dabei der Capelle gegenüber um vier bis fünf Jahre erhöht werden. Sein Herzog bewies ſich auch in dieſem Falle als der gleiche gütige Herr, der nur das Wohl der Seinen im Auge hatte. „Mein lieber Spohr!“ entgegnete er auf das Ent⸗ laſſungsſchreiben. „Ich habe mit vieler Theilnahme den Beifall vernommen, welchen Ihr Spiel in Gotha gefun⸗ den hat. Das vortheilhafte Anerbieten iſt von der Art, daß es ganz Ihren Talenten entſpricht, und da ich jeder⸗ zeit vielen Antheil an Ihrem Glück und Wohlergehen ge⸗ nommen habe, ſo kann ich nicht anders als Ihnen Glück zu der Stelle wünſchen, worin Sie unſtreitig mehr Ge⸗ legenheit finden werden Ihre Talente auszuüben.“ Er

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enthielt ſich dabei zum erſtenmale des „wohlwollenden väterlichen Du“ gegen ſeinen Schützling und ſagte beim Abſchied zu dem tiefgerührten jungen Manne: „Sollte es Ihnen, lieber Spohr, in Ihrer neuen Stellung nicht ge⸗ fallen, ſo können Sie jeden Augenblick in meine Dienſte zurückkehren.“ Ein Jahr ſpäter und er erlag bei Jena den anſtürmenden Franzoſenmaſſen als einer der Führer der gleichen Preußen, mit denen er gegen dieſe zuerſt ſei⸗ nen Feldherrnruf erworben hatte.

Das gleiche Schickſal traf bekanntlich den Prinzen Louis Ferdinand, von dem uns Spohr auch noch eine kleine Erinnerung bietet. Es war Manöver bei Magde— burg und Spohr war zu den Muſikpartien geladen. Es wogte ein ſonderbar wild bewegtes Leben um den Prinzen. Oft ſchon um ſechs Uhr wurde er mit deſſen Muſikmeiſter Duſſek aus dem Bette gejagt und im Schlafrock zu dem Prinzen beſchieden, der bei der großen Sommerhitze ſogar in noch leichterem Coſtüme am Clavier ſaß. Nun begann das Probiren für die Abendmuſiken und dauerte oft ſo lange, bis der Saal ſich mit beſternten Offizieren gefüllt hatte. Dieſer ſonderbare Contraſt genirte den Prinzen durchaus nicht. Es mußte erſt alles gut gehen und dann ging's nach einem raſchen Frühſtück an das andere Erer- ciren. Von Honorirung war freilich diesmal nicht die Rede, es war wieder einmal Ebbe in der prinzlichen Kaſſe und ſein baldiger Tod machte das Wiedereinholen des Verſäumten unmöglich.

In Gotha ſtanden tüchtige Künſtler zu ſeiner Ver⸗ fügung und des Herzog Auguſts Muſikliebe iſt ja aus Webers Leben bekannt. Außer dieſer künſtleriſchen Be⸗ friedigung ward Spohr aber auch hier bald die ſeines Herzens zutheil. Die Hofſängerin Frau Scheidler hatte eine achtzehnjährige Tochter Dorette, deren Virtuoſität auf der Harfe ihm ſchon gerühmt worden war. „Ich er- kannte in dieſer reizenden Blondine das Mädchen wieder,

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welches ich bei meinem erften Aufenthalte in Gotha be⸗ reits geſehen und deren freundliche Geſtalt mir ſeitdem oft vorgeſchwebt hatte,“ erzählte er. „Sie ſaß nämlich bei dem Concerte, welches ich damals gab, in der erſten Zuhörerreihe neben einer Freundin, die bei meinem Auf⸗ treten, über eine ſo lange und ſchlanke Geſtalt erſtaunt, wohl lauter als fie es wollte, ausrief: ‚Sieh doch, Dorette, welch eine Hopfenſtange!“ Da ich dies gehört hatte, warf ich einen Blick auf die Mädchen und ſah Dorette verlegen erröthen. Mit einem ſolchen holden Erröthen ſtand ſie jetzt abermals vor mir, wahrſcheinlich ſich jenes Vorfalls erinnernd. Um dieſer für mich peinlichen Lage ein Ende zu machen, bat ich ſie mir etwas vorzuſpielen. Ohne Ziererei erfüllte fie meinen Wunſch.“ Sie ſpielte vortreff⸗ lich, ſodaß Spohr, der das Inſtrument einmal ſelbſt ge⸗ übt hatte, ausruft: „Ich war ſo ergriffen, daß ich kaum die Thränen zurückhalten konnte. Mit einer ſtummen Verbeugung ſchied ich, mein Herz aber blieb zurück.“ Der Verkehr im Hauſe ward dann bald um ſo inniger, als zugleich die holdeſte Muſe die beiden unſchuldsvollen Herzen verband. „Das waren glückliche Stunden!“ ruft er aus, als er für ſie und ſich eine concertirende Sonate geſchrieben und ihr aufs ſorgfältigſte eingeübt hatte. Bald darauf muß er fie im Wagen zu einem Hofconcerte ab⸗ holen. „So zum erſtenmal allein mit dem geliebten Mäd⸗ chen drängte es mich ihr meine Gefühle zu geſtehen,“ er⸗ zählt er, „doch fehlte mir der Muth und der Wagen hielt, bevor ich nur eine Silbe hatte über die Lippen bringen können. Als ich ihr beim Ausſteigen die Hand reichte, fühlte ich an dem Beben der ihrigen, wie bewegt auch ſie war. Dies gab mir neuen Muth und faſt wäre ich noch auf der Treppe mit meinem Geſtändniſſe herausgeplatzt, hätte ſich nicht ſoeben die Thüre zum Geſellſchaftszimmer geöffnet.“ Ebenſo nahe aber ſtand die Eröffnung dieſer Herzen. „Wir ſpielten an dieſem Abende mit einer Be⸗

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geifterung und einem Einklange des Gefühles, die nicht nur uns ſelbſt ganz hinriß, ſondern auch die Geſellſchaft ſo elektriſirte, daß ſie unwillkürlich aufſprangen, uns um⸗ ringten und mit Lobſprüchen überhäuften,“ heißt es wei⸗ ter. „Die Herzogin flüſterte dabei Doretten einige Worte ins Ohr, welche ſie erröthen machten. Ich deutete auch dies zu meinen Gunſten und jo gewann ich auf der Rück- fahrt den Muth zu fragen: ‚Wollen wir jo fürs Leben miteinander muſiciren?“ Mit hervorbrechenden Thränen ſank ſie mir in die Arme: das Band für das Leben war geſchloſſen! Ich führte ſie zur Mutter hinauf, die ſegnend unſere Hände ineinander legte.“

Sein erſter Brief war an die Eltern gerichtet, der zweite an die ſchwarzäugige Roſa. Dieſer aber blieb un— beantwortet und Spohr hörte ſpäter in Dresden, daß ſie nach Italien zurückgekehrt und von ihrer Frömmigkeit ge⸗ trieben in ein Kloſter gegangen ſei. „Ich konute nie ohne tiefe Wehmuth an das liebe Mädchen denken,“ ſchließt er: ſein Herz hatte ihn aber auch hier nicht getäuſcht.

Nach wenig Wochen fand die Trauung ſtatt, der Tauf— ſchein erwies zum Erſtaunen der Betheiligten, daß der Herr Bräutigam in Gotha anſtatt älter um einige Jahre jünger geworden war. Die Trauung fand der dabei in- tereſſirten gütigen Frau Herzogin wegen in der Schloß— kapelle ſtatt. Bei dem heiteren Hochzeitsfeſte fehlte auch die Geſpielin nicht, die den Bräutigam mit einer Hopfen⸗ ſtange verglichen hatte, fie mußte ſich für ſolchen unge- bührlichen Vergleich manche Neckerei gefallen laſſen. Wie beglückend aber dieſe ſeine Ehe auf unſeren Künſtler wirkte, werden wir ſehen: jetzt war ſein Inneres in jeder Weiſe beſeligt erfüllt und dies hat einen Strahl höheren Lichtes über ſein ferneres Daſein als Künſtler wie als Menſch geworfen.

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3. Allerlei Erlebungen. (1806—1812.)

„Unter Muſik verlebte das glückliche Paar auch die Flitterwochen,“ erzählt Spohr. Er hatte jetzt nichts Ei⸗ ligeres zu thun als auch die Natur des Inſtrumentes zu erforſchen, das ſeine geliebte Frau ſo zart und kräftig zu⸗ gleich ſpielte, und brachte es dabei auf ganz neue Wir⸗ kungskräfte deſſelben. Ja um auch in der Kunſt möglichſt gemeinſam mit ſeiner Dorette zu wirken, ſchuf er eigens concertirende Compoſitionen für Violine und Harfe und kam dabei, um beide Inſtrumene thunlichſt ihrer Natur nach erklingen zu laſſen, auf den Gedanken, die Harfe, die am ſchönſten in den B-Tönen klingt, einen halben Ton tiefer als die Violine zu ſtimmen, die am hellſten in den Kreuztönen tönt. Dann wurde eine Nadermannſche Pedalharfe gekauft und ein beſonderer Wagen ausge⸗ dacht, der alles miteinander, Mann und Frau, Harfe und Violine, bequem bergen konnte: denn die Hauptſache war jetzt auf Reiſen Ruhm und Geld zu gewinnen. Da find denn mancherlei Einzelnheiten zu berichten, die aller⸗ dings oft mehr die Culturgeſchichte als die Kunſt an⸗ gehen, aber doch, da ja die letztere in ihrer Geltung und Beachtung nur zu ſehr von dem Stande der all⸗ gemeinen Cultur abhängt, auch hier von einiger Bedeu⸗ tung erſcheinen.

Nach der Geburt eines Töchterchens ging es alſo im nächſten Jahre 1807 auf die Wanderſchaft. „In Weimar ſpielten wir mit großem Beifalle bei Hofe“ erzählt er. „Unter den Zuhörern befanden ſich auch Goethe und Wie- land. Letzterer ſchien von den Vorträgen ganz hingeriſſen zu ſein und äußerte dies in ſeiner lebhaft freundlichen Weiſe. Auch Goethe richtete mit vornehm kalter Miene

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einige lobende Worte an uns.“ Leipzig gab ihm diesmal „im Ton und Ausdruck, in Sicherheit und Fertigkeit“ das Zeugnis einer der erſten der lebenden Violiniſten. Dres⸗ den und Prag waren gleicherweiſe über das ſeltene Künſt⸗ lerpaar entzückt. Von München vernehmen wir etwas über den ſo herzensgütigen erſten König von Bayern, den Ur⸗ großvater des in der Geſchichte unſerer geiſtigen Entwicklung unübertroffen daſtehenden Monarchen, der uns „Bayreuth“ geſchenkt. „Als wir vortraten, fehlte es an einem Stuhle für Dorette,“ erzählt Spohr. „Der König Max, der neben feiner Gemahlin in der erſten Reihe der Zuhörer ſaß, be⸗ merkte es und brachte ſogleich ſeinen eigenen vergoldeten und mit der Königskrone geſchmückten Lehnſeſſel, bevor noch ein Diener das Fehlende herbeiſchaffen konnte. In ſeiner freundlich⸗gutmüthigen Weiſe beſtand er darauf, daß Dorette ſich deſſen bedienen ſolle, und erſt dann, als ich ihm bemerklich machte, daß die Armlehnen beim Spie⸗ len hinderlich ſein würden, geſtattete er, daß ſie den vom Bedienten herbeigebrachten Stuhl annahm. Nach been⸗ detem Spiele ſtellte er ſelbſt uns der Königin und ihrer Umgebung vor, die ſich auf das zuvorkommendſte mit uns unterhielt.“ Wir werden ſogleich die Kehrſeite ſolchen deutſchen Fürſtenweſens von damals kennen lernen. Etwas Charakteriſtiſches hören wir von Peter Winter, dem in Mozarts Briefen nicht eben das ſchönſte Denkmal ſteht. Spohr war oft bei dem Componiſten des „Opfer- feſtes“, der ihn in feiner aufrichtig derben Weiſe feines Bei⸗ falles verſicherte, und ergötzte ſich an deſſen originellem We⸗ ſen, das die ſonderbarſten Widerſprüche in ſich vereinigte. Winter, gleich Spohr von koloſſalem Körperbau und be⸗ gabt mit rieſiger Kraft, war dabei furchtſam wie ein Haſe. Die jüngeren Mitglieder der Hofcapelle neckten ihn denn unaufhörlich und hatten namentlich wegen ſeiner Furcht vor Geiſtern ihm einmal eine höchſt komiſche Spukgeſchichte angethan. Er beſuchte im Sommer öfters einen öffeut—

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lichen Garten vor der Stadt, kehrte aber, da er ſich im Dunkeln fürchtete, ſtets vor anbrechender Nacht zurück. Eines Tages nun hatten ihn die muthwilligen jungen Leute durch allerlei Künſte länger als gewöhnlich aufge⸗ halten, es war ſchon dämmerig, als er den Rückweg au- trat. Da die übrigen Gäſte in guter Ruhe ſitzen blieben, ſo fand er ſeinen Weg, der zwiſchen düſtern Hecken hin⸗ lief, ſchauerlich einſam. Es überfiel ihn daher eine fürch⸗ terliche Angſt und unwillkürlich fing er an zu traben. Kaum war dies geſchehen, ſo fühlte er eine ſchwere Laſt auf ſeinem Rücken und glaubte nun nicht anders, als es ſei ein Kobold auf ihn herabgeſprungen. Da er noch Mehrere hinter ſich her traben hörte, ſo ſchien ihm, als ſei die ganze Hölle auf ſeinen Ferſen, und er rannte nur noch ſtärker. Schweißtriefend keuchend kam er endlich am Thore an. Da ſprang der Kobold von ſeinem Rücken und ſprach mit wohlbekannter Stimme: „Ich danke Ihnen, Herr Capell⸗ meiſter, daß Sie mich getragen haben, denn ich war ſehr müde.“ Ein Kichern der Andern folgte dieſer Rede, wäh⸗ rend der Gefoppte in ſeinen gewohnten unbändigen Zorn ausbrach. Eine andere Neigung theilte Winter mit dem großen Contrabaſſiſten Dragonetti, für den Beethoven die mächtigen Recitative der Neunten Symphonie gewagt hat. Wie dieſer leidenſchaftlich mit Puppen, ſo ſpielte Winter ſtundenlang mit den Figuren des weihnachtlichen Krippen⸗ ſpiels. „Müſſen Sie denn ewig ſpielen? Setzen Sie ſich ſogleich ans Clavier und machen Sie Ihre Arie fertig!“ rief dann wohl ſeine Haushälterin zu.

In Stuttgart lernen wir einen ſolchen gekrönten Her⸗ kules kennen, der ja auch in Webers Leben eine Rolle ſpielt, den unmäßig dicken König Karl. „Meine Auf⸗ merkſamkeit wurde beſonders auf den Spieltiſch des Königs gelenkt, an welchem, um es der Majeſtät bei ihrer Cor⸗ pulenz bequemer zu machen, ein halbrunder Ausſchnitt an⸗ gebracht war, in welchen der Bauch des Königs genau

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hineinpaßte,“ erzählt Spohr. „Der große Umfang des— ſelben und der kleine des Königreiches haben bekanntlich Veranlaſſung zu der hübſchen Carricatur gegeben, auf welcher der König im Krönungsornate, die Landkarte ſeines Reiches auf dem Hoſenblatte, in die Worte ausbricht: Ich kann meine Staaten nicht überblicken.“ Derſelbe Poten⸗ tat, von Napoleon I. le grand cochon genannt, hatte übrigens einen Charakter, der ſeiner gemüthlichen Erſchei⸗ nung durchaus nicht entſprach. „Würtemberg ſeufzte da⸗ mals unter einer Deſpotie, wie fie das übrige Deutſch⸗ land wohl nie gekannt hat,“ ſchreibt Spohr. „So mußte, um einiges anzuführen, jeder, der den Schloßhof betrat, den Weg vom Thore bis zum Portale, es mochte regnen oder ſchneien, mit entblößtem Haupt zurücklegen, weil Se. Majeſtät nach dieſer Seite hin wohnte. Ferner war jeder Civiliſt auf Allerhöchſten Befehl gehalten, vor den Schildwachen den Hut abzuziehen, ohne daß dieſe ihm die Honneurs zu machen brauchten. Im Theater war es durch Anſchlag ſtrenge verboten Beifall zu klatſchen, bevor nicht der König damit begonnen hatte. Die Majeſtät ſteckte aber ihre Hände wegen der ſtrengen Winterkälte in einen großen Muff und brachte ſie nur heraus, wenn Höchſtdie⸗ ſelben das Bedürfnis fühlten eine Priſe zu nehmen. War dies geſchehen, dann wurde unbekümmert um das, was gerade auf dem Theater geſchah, auch geklatſcht. Der Kammerherr, welcher hinter dem Könige ſtand, fiel ſogleich ein und gab dadurch dem loyalen Volke das Zeichen, nun auch ſeinerſeits Beifall zu ſpenden. So wurden denn faſt immer die intereſſanteſten Scenen und beſten Stücke der Oper durch einen heilloſen Lärm geſtört und unterbrochen.“

Bei ſolcher Tyrannei der königlichen Launen war es den Stuttgartern daher ein großes Erſtaunen, als ſie hörten, was nach ſeiner königlich freien deutſchen Art Spohr bei ſeinem Auftreten im Hofconcerte ſich ausbe— dungen und bewilligt erhalten hatte. Gleich der Herzogin

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von Braunſchweig ließ König Karl nur während des Spieles Concert ſein. Spohr nahm ſich die Freiheit, für ſich und ſeine Frau zu erbitten, während ihres Spie⸗ les das Kartenſchlagen aufzuheben. „Wie? Sie wollen meinem gnädigſten Herren Vorſchriften machen? Nie werde ich es wagen, Ihm dies vorzutragen!“ rief einen ganzen Schritt zurücktretend der erſchrockene Hofmarſchall. „Dann muß ich auf die Ehre verzichten bei Hofe gehört zu werden,“ entgegnete einfach der Künſtler. Wie es nun angefangen ward, dem hohen Herren, deſſen Heftigkeit auch C. M. von Weber zu erfahren hatte, ſolch Unerhörtes vor⸗ zutragen, vernehmen wir nicht. Nur hörte Spohr, Se. Majeſtät werde die hohe Gnade haben, nur müßten die Muſikſtücke der Beiden einander ſogleich folgen, damit Se. Wohlbeleibtheit nicht öfter incommodirt würde.

So geſchah es denn auch. Während der Ouverture und der Arie liefen die Bedienten geräuſchvoll hin und her, um Erfriſchungen anzubieten und die Kartenſpieler riefen ihr „Ich ſpiele! Ich paſſe!“ ſo laut, daß von der Muſik und dem Geſange nichts Zuſammenhängendes zu hören war. Dann kam der Hofmarſchall, um Spohr anzu⸗ kündigen, daß er ſich bereit halten ſolle. Zugleich benach⸗ richtigte er den König. Alsbald erhob ſich dieſer und mit ihm alle Uebrigen. Die Bedienten ſtellten zwei Stuhl⸗ reihen auf, der Hof ließ ſich nieder. „Unſerem Spiele wurde in großer Stille und mit Theilnahme zugehört,“ heißt es weiter. „Doch wagte niemand ein Zeichen des Beifalles laut werden zu laſſen, da der König damit nicht voranging. Seine eigene Theilnahme an den Vorträgen zeigte ſich nur am Schluſſe derſelben durch ein gnädiges Kopfnicken, und kaum waren ſie vorüber, ſo eilte alles wieder zu den Spieltiſchen und der frühere Lärm begann von neuem.“ So wie dann der König das Spiel beendet hatte und den Stuhl rückte, wurde das Concert mitten in einer Arie abgebrochen, ſodaß der Sängerin die letzten

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Töne förmlich im Halſe ſtecken blieben. Die Muſiker, an ſolchen Vandalismus gewöhnt, packten ruhig ihre Inſtru⸗ mente in die Kaſten. „Ich war im Innerſten empört über eine ſolche Entwürdigung der Kunſt,“ endigt Spohr, und wir wiſſen, daß im Jahre 1814 in Wien Beethoven und im Jahre 1876 in Bayreuth Wagner Kaiſer und Könige zu Gäſten hatten. Spohr aber war ihnen ein würdiger Vorgänger geweſen.

„In Stuttgart lernte ich auch zuerſt den ſo berühmt gewordenen Carl Maria von Weber kennen, mit dem ich dann bis zu ſeinem Tode ſtets in freundſchaftlicher Verbindung blieb,“ erzählt Spohr weiter. „Ich erinnere mich noch ſehr gut damals einige Nummern aus der Oper ‚Der Beherrſcher der Geiſter“ bei ihm gehört zu haben. Dieſe kamen mir aber, da ich gewohnt war, bei drama—⸗ tiſchen Arbeiten ſtets Mozart als Maßſtab anzulegen, ſo unbedeutend und dilettantenmäßig vor, daß ich nicht im entfernteſten ahnte, es werde Weber einſt gelingen können, mit irgend einer Oper Aufſehen zu erregen,“ ein neuer Beweis, wie ſchwer es iſt, eines Menſchen beſondere Be⸗ gabung zu erkennen.

Die Rückkehr nach Gotha brachte die beiden Künſtler wieder in gewohnte Verhältniſſe. Dorette hatte von Hei⸗ delberg das Zeugnis bekommen, ſie ſpiele „mit einer Zart⸗ heit, Leichtigkeit und Anmuth, mit einer Sicherheit und Stärke, mit einem Ausdruck, der hinreißend ſei,“ und ſo war es nur natürlich, daß ſobald wie thunlichſt wieder Concertreiſen ſtattfanden. Dieſe und das Dirigiren von Muſikfeſten erweiterten Spohrs Ruf immer mehr. Das zwiſchen aber unterbrach er auch ſeine Compoſitionsthätig⸗ keit nicht. Ein paar Opern und das „jüngſte Gericht“ entſtanden in dieſer Zeit bis zum Jahre 1812. Die erſten hatten wohl den Beifall der Zuhörer, aber behielten ihn ſowenig wie das Oratorium bei dem Componiſten ſelbſt, und dies, obwohl er dazu vorerſt die nöthigen Vor⸗

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ſtudien in Marpurgs „Kunſt der Fuge“ gemacht hatte. Doch für einige Chöre und Fugen des Werkes ſowie für die Partie des Satanas behielt er eine ſolche Vorliebe, daß er ſie faſt für das Großartigſte erklärte, was er je zu Stande gebracht. In den Chören des „Fauſt“ und in der Geſtalt des Mephiſtopheles ſollte beides mehr für die Dauer wiedererſcheinen.

Endlich im Herbſt 1812 führte ihn ein wohlbegreif⸗ liches Sehnen auch nach Wien. Er fühlte ſein Herz klopfen, als er über die Donaubrücke fuhr. Denn zu gleicher Zeit war der „größte Geiger der Zeit“, Rode aus Rußland zurückgekehrt und concertirte in Wien. Die Aufnahme entſprach aber auch hier ſeinem edlen Können, ja ward entſcheidend für ſein ferneres Daſein. „Spohr iſt unſtreitig im Angenehmen und Zarten die Nachtigall unter allen jetzt lebenden Violinſpielern,“ ſagte die Muſik⸗ zeitung. Dagegen vermißte man bei Rode das „was alle Herzen elektriſirt, den Zauber der alles entzückt und be⸗ geiſtert.“ Er ſelbſt fand Rode, den auch Beethoven da⸗ mals kennen lernte und beim Zuſammenſpiel als „wenig muſikaliſch“ erkannte, „ſehr zurückgegangen“ und ſpielte ihm eines Tages, ſowie einſt Liſzt es mit Chopin gethan, eine ſeiner eigenen Compoſitionen genau in der Weiſe vor, wie er ſie zehn Jahre zuvor ſo oft von ihm gehört hatte, die aber jetzt zu einer Manier verſchliſſen war, die nahe an Carricatur grenzte. „Nach beendetem Spiele brach die Geſellſchaft in großen Jubel aus und ſo mußte mir denn auch Rode Schicklichkeitshalber ein Bravo zu⸗ rufen,“ erzählt er. „Doch ſah man deutlich, daß er ſich durch meine Indelikateſſe verletzt fühlte. Und dies mit vollem Recht. Ich ſchämte mich bald derſelben und er⸗ wähne des Vorfalles nur, um zu zeigen, wie ſehr ich mich damals als Geiger fühlte.“

In dem Augenblicke nun, als er „in hohem Grade mit Wien zufrieden“ weiter reiſen wollte, trug ihm Graf Palffy,

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aus Beethovens Leben bekannt genug, die Stelle als Ca⸗ pellmeiſter ſeines Theaters an der Wien auf drei Jahre an. Da nun nicht bloß fein Gehalt dadurch ſich ver— doppelte, ſondern auch die beſten Kräfte an das Theater gezogen waren und Spohr ſelbſt das Orcheſter herſtellen ſollte, ſo ſchlug er ein und ſah ſich bald an der Spitze einer der erſten Capellen Deutſchlands, deren Mitglied eben damals auch ſein Schüler Moritz Hauptmann ward. Die Trennung von Gotha war ſchwer, beſonders die Frau Herzogin wollte es nicht begreifen, daß das ſo aufrichtig geliebte Künſtlerpaar ſie dauernd verließ. Doch das ſichere Gefühl in größeren Verhältniſſen auch ſelbſt zu wachſen, ließ ihn alle Schwierigkeiten überwinden, und man darf ruhig ſagen, ohne Wien wäre wohl Spohr, der große Geiger, aber nicht der Spohr erſtanden, der auch außerhalb der Grenzen ſeines Inſtrumentes etwas gilt. Zudem ward jene Zeit von 1812— 15 auch in der Muſik noch einmal Wiens große Zeit: die Kriege und der Wiener Congreß gaben Anlaß zu ſehr hervorragenden öffentlichen Kundge— bungen auch in der Muſik und dieſe fanden zu ihrer wür⸗ digen Erfüllung den richtigen Mann, Beethoven.

4. In Wien.

(1813—1815.)

Die Berufung nach Wien wäre für unſeren Künſt⸗ ler nahezu eine vergebliche geweſen. Beim Mittags⸗ tiſch auf der Rückreiſe nach Gotha geſchah ihm der Unfall, daß er beim Abſchneiden des Schwarzbrodes auf einen Stein gerieth: das ſcharfe Meſſer ſprang ab, fuhr in die Kuppe ſeines linken Zeigefingers und ſchnitt ein bedeuten⸗ des Stück Fleiſch ab, das auf dem Teller vor ihm nieder⸗ fiel. „Dieſer Anblick oder vielmehr der Gedanke, daß es

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nun mit meinem Violinſpiele zu Ende ſei und ich nicht mehr im Stande ſein werde, mich und die Meinigen zu ernähren, erſchreckte mich ſo, daß ich bewußtlos vom Stuhle niederſank,“ erzählt der Mann von dem „herkuliſchen Kör⸗ perbau“. Als er nach etwa zehn Minuten die Beſinnung wiedergewann, ſah er die ganze Geſellſchaft in Aufruhr und um ihm beſchäftigt. Sein erſter Blick fiel auf den Finger, den er mit einem großen Stück engliſchen Pflaſters umwickelt fand. Es hatte ſich feſt in die Vertiefung hinein⸗ gelegt. Denn wenn auch nicht die ganze Kuppe, ſo war doch faſt die Hälfte derſelben mit einem großen Stück Nagel fort. Der Arzt ließ zum Glück alles unberührt und ſo war bei der Rückkunft nach Wien die Wunde faſt geheilt. „Zu meinem Erſtaunen und noch viel mehr zu dem der Wundärzte,“ erzählt er jedoch, „war unter dem engliſchen Pflaſter neues Fleiſch gewachſen und hatte ſich bis zu dem früheren Umfange ausgedehnt. Auch das fehlende Stück Nagel war nachgewachſen, jedoch nur noth⸗ dürftig mit dem übrigen Nagel verbunden, ſodaß eine Ver⸗ tiefung zurückblieb.“ Jedoch konnte er mit Hilfe eines Lederüberzuges den Finger wieder gebrauchen und war ſo auch der eigentlichen Lebensſorge bald baar.

Er führte nun ein ſehr thätiges, im Genuſſe des Fa⸗ milienglückes auch höchſt zufriedenes Leben und der Um⸗ gang mit Wiens Künſtlern, überhaupt die ganze gerade in ſeiner Geiſtesſphäre höchſt angeregte Kaiſerſtadt ſchwellte ihm die Segel ſo, daß er wohl kaum je wieder in ſolcher frohen und ergiebigen Schaffenslaune ſich befunden hat. „Der frühe Morgen fand mich ſchon am Clavier oder am Schreibtiſche,“ erzählt er, „und auch jede andere Zeit, die mir der Orcheſterdienſt und mein Unterrichtgeben frei ließen, wurde der Compoſition gewidmet. Ja mein Kopf gährte und arbeitete ſo unaufhörlich, daß ich ſelbſt auf dem Weg zu meinen Schülern, ſowie auf Spaziergängen fortwährend componirte und dadurch bald die Fähigkeit gewann, lange

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Perioden, ja ganze Muſikſtücke im Kopfe völlig auszu⸗ arbeiten, die dann ohne weitere Nachhilfe niedergeſchrieben werden konnten. Sobald dies geſchehen, waren ſie in

meinem Gedächtniſſe wie ausgelöſcht und ich hatte wieder Raum für neue Combinationen. Dorette ſchmälte oft auf unſeren Spaziergängen über dieſes unaufhörliche Den⸗ ken und war froh, wenn das Geplauder der Kinder mich davon abzuziehen vermochte. War dies einmal geſchehen, ſo gab ich mich gern den äußeren Eindrücken hin; nur durfte man mich nicht in mein Grübeln zurückfallen laſſen, was Dorette auch ſtets mit großer Gewandtheit zu ver- hüten wußte.“

Sie vergnügten ſich mit ihren Kindern an all dem lebendigen Leben in und um Wien, am Prater, in Schöun⸗ brunn, bei der „Spinnerin am Kreuz“, in Laxenburg, Ba⸗ den und der Brühl und er bekennt nur das ganze innige Gemüthsleben ſeiner deutſchen Natur, wenn er noch in dieſen ſpäten Jahren der Aufzeichnung ſagt: „Ich und meine Frau, im Gemüthe ſelbſt noch halbe Kinder, nahmen an der Freude unſerer Lieblinge bei dieſen Carouſſels, Puppen⸗ und Hundecomödien und anderen Herrlichkeiten den innigſten Antheil. Es war eine ſchöne, frohe und ſorgenloſe Zeit.“

Sie zeugte denn auch Spohrs umfangreichſtes drama— tiſches Werk, den „Fauſt“. Doch ſtammtdie heutige Form der Partitur aus dem Jahre 1852.

Schon vor der Reiſe nach Gotha hatte er einen Opern⸗ ſtoff im Auge, den der damals ſo gefeierte Theodor Körner ihm bearbeiten ſollte, der auch mit Beethoven wegen eines Operntextes verkehrte. Doch der Tod riß den liebenswürdigen Jüngling bald hinweg. Seine Freunde hatten ihm den Entſchluß für die Befreiung feines Bater- landes zu kämpfen auszureden getrachtet. Doch nicht allein dieſe Begeiſterung war es, was ihn forttrieb, ſondern zu- gleich eine unerwiderte Neigung zu der ſchönen Toni Adam⸗

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berger, für die kurz zuvor Beethoven Clärchens Lieder im Egmont geſchrieben hatte. Da trat denn ein anderer Freund Beethovens, der Dichter Carl Bernard ein, der das Volksbuch des Fauſt zu einem buntgemiſchten Opern⸗ text bearbeitet hatte. Spohr erzählt darüber:

„Aus dem Verzeichnis meiner Compoſitionen erſehe ich, daß ich dieſe Oper in weniger als vier Monaten, von Ende Mai bis Mitte Septembers, geſchrieben habe. Noch jetzt iſt mir erinnerlich, mit welcher Begeiſterung und Aus⸗ dauer ich daran arbeitete. Hatte ich einige Nummern vollendet, ſo eilte ich damit zu Meyerbeer, der ſich da⸗ mals in Wien aufhielt, und bat ihn, ſie mir aus der Partitur vorzuſpielen, worin dieſer ſehr excellirte. Ich übernahm dann die Singſtimme und trug ſie in ihren verſchiedenen Charakteren mit großer Begeiſterung vor. Reichte meine Kehlfertigkeit nicht aus, ſo half ich mir mit Pfeifen, worin ich ſehr geübt war. Meyerbeer nahm großes Intereſſe an dieſer Arbeit, welches ſich bis in die neueſte Zeit erhalten zu haben ſcheint, da er ſie während ſeiner Lei⸗ tung der Berliner Oper von neuem in Scene ſetzte und mit großer Sorgfalt ſelbſt einübte.“

Meyerbeer wußte wohl, was er mit der Einſtudirung des „Fauſt“ that. Hielt er ſo den damaligen Berliner oder eigentlich deutſchen Geſchmack auf ſeiner Bahn, ſo hemmte er den Strom des Neuen, der mit Richard Wagner ihm ſelbſt wie allen „deutſchen Kapellmeiſtern“ mit vernichten⸗ dem Vergeſſen drohte. Denn Spohrs „Fauſt“ iſt, man ge⸗ denke nur ſeines eigenen Wortes „Nummern“, eben eine Oper alten Schlages, gute „deutſche Kapellmeiſtermuſik“, wie Wagners Ausdruck lautete. Allein während in echt effecthaſchender Weiſe Meyerbeer Himmel und Hölle auf⸗ bietet, um auch den ſo geſuchten rein äußerlichen Erfolg zu erreichen, irrt Spohr unbefangen naiv. Schon ſein Textbuch iſt kein Drama, ſondern eben ein Opernbuch. Contraſtirende Scenen, aber keine ſtetige Handlung, die

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auch ohne Muſik durch ihren einfach ſicheren Gang unſeren Antheil erweckte! Und jo hat auch der Componiſt einzelne „Nummern“ aus dem Werke gemacht, das in jedem der drei Acte ebenſo der regelrechten „Finales“ nicht ermangelt. Es ſind eben die herrſchende Compoſitionsform der Arie und was aus ihr gebildet worden, wie andererſeits die ſogenannte thematiſche Arbeit, dieſes „ewige Wiederkäuen des Themas in allen Stimmen und Tonlagen“, wie ein Wiener Blatt von Spohrs Weiſe ſagte, vor allem hier über den lebendig flutenden Inhalt geworfen, der doch auch dem verfehlteſten Operntext als Naturart innewohnt, und darin iſt hier in der dramatiſch-muſikaliſchen Kunſt ſelbſt nicht entfernt ein Fortſchritt gemacht oder nur etwas dem Mozartſchen und Beethovenſchen Ideal Ebenbürtiges geſchaffen worden.

Dagegen hat Spohr wohl Grund, von „verſchiedenen Charakteren“ in dem Werke zu ſprechen. Denn wenn auch nicht entfernt in der Schärfe Wagners oder nur Webers iſt innerhalb jener gegebenen feſten Formen den einzelnen Gefühlszuſtänden und in beſchränktem Maße ſogar den einzelnen Perſonen eine gewiſſe eigene Phyſiognomie ver⸗ liehen worden, die von der ernſten inneren Theilnahme des Autors und von ſeiner daher rührenden ſchöpferiſchen Kraft zeugt. Vor allem die Gemüthsſaite der einzelnen Perſonen iſt, wenn auch mit etwas ſentimentaler Fär ung, doch voll- tönend zur Geltung gebracht und erklingt in Lauten, wie ſie außer Weber damals wenig Muſiker der Welt beherrſchten. Aber den norddeutſchen Romantiker, dem das ſtille Weben der Natur eine ſtets erneuende Quelle eben dieſes Ge⸗ müthslebens iſt, verräth vor allem, was ſich in Fauſts Berührung mit dem Elementarweſen der Hexen und anderer Naturgeiſter darſtellt: der Hexenchor ſchlägt neue Laute in der Muſik an, die durch Weber erſtarkt, erſt in Wagner ihr volles Ertönen finden. Und wenn auch überall noch zünftig hergebracht, es iſt doch Innigkeit und Ernſt, was

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den Charakter dieſer Muſik ausmacht, nicht entfernt der Hautgout franzöſiſcher Geiſtreichigkeit oder gar die fade und doch ebenſowenig reine Weichheit italieniſcher Ton⸗ ſchwelgerei jener Tage.

Es beſtätigt darum auch nur Wagners Wort über Spohrs redlichen Ernſt in ſeinem künſtleriſchen Beſtreben, wenn Weber eben aus Wien damals über Meyerbeer ſchreibt: „Mit Beer iſt es ſo eine Sache, ich kam ihm mit der alten Liebe und Herzlichkeit entgegen und erwähnte nichts, auch er hat bis jetzt kein Wort von unſerer Span⸗ nung geſprochen, es ſieht ſo aus, als ob wir die alten wären, aber mein reines Vertrauen iſt dahin. Sein Stolz und ſeine unſägliche Eitelkeit und Empfindlichkeit ſind gleich groß und werden ewig jeden zurückſtoßen.“ Und von ihrem gemeinſchaftlichen Lehrer Abbé Vogler meldet er, daß er ebenfalls fortwährend über feinen Schüler klage, wobei denn das charakteriſtiſche Wort fällt: „S'iſt doch ein nachläſſiger Hund, der keine Verhältniſſe ehrt“ (Muſiker⸗ briefe 1873 S. 229). Während er ſelbſt ſeine Verecundia, die Schopenhauer dem geſammten ju diſchen Volke abſpricht, und ebenſo die unverbrüchliche Treue gegen die zu ihm Gehörigen mit einer Nachricht an Gäusbacher bekundet, die vom Sommer 1816 aus Prag herrührt: „Spohrs Fauſt brachte ich noch auf die Bühne und er gefiel. Leider war es mir bis jetzt unmöglich etwas darüber öffentlich zu ſagen, ja ihm ſelbſt konnte ich noch nicht einmal dieſen glücklichen Erfolg anzeigen, da ich nicht weiß, wo er jetzt ſteckt.“ Meyerbeer warf ſich zunächſt der italieniſchen Opern⸗ muſe in die Arme, die allerdings noch mehr bloße Scha⸗ blonenfiguren hatte als die deutſche, und fand ſpäter ſeine Gloriole in dem Potpourri der franzöſiſchen großen Oper. Beide, Spohr wie Meyerbeer, das reine Licht wie das Blendfeuerwerk, ſind dann freilich vor dem Stern der Wag⸗ nerſchen Kunſt erblichen, aber erſte Spuren des Wagner⸗ ſchen Herzensklanges findet man immer noch in Spohrs

Biographie Spohrs. 37

Fauſt, bei Meyerbeer nicht. Doch hat auch Spohr von der Bedeutung der Bühne in Betreff der Oper keine rechte Vorſtellung gehabt. Wie er einmal, wenn auch nicht in unſerem Sinne, von ſeinem „harmloſen Componiren“ ſpricht, ſo ertrug er es auch „mit großer Gemüthsruhe“, daß ſein Fauſt in der Bibliothek des Wiener Theaters aus einem rein zufälligen Grunde Jahre lang ungenützt ruhte. Einen größeren Gegenſatz gegen die Rieſenenergie Wagners, ſich und nur ſich auf dieſen „Brettern die die Welt bedeuten“ zur Geltung zu bringen, kann es kaum geben. Aber wer dieſe Bühne kennt, weiß, daß dies noth⸗ wendig iſt, um die Braut davon zu tragen. Gluck hat es ebenfalls gewußt.

Ein Hauptintereſſe dieſes Wiener Aufenthaltes bietet dann Spohr und uns Nachlebenden ſeine Bekanntſchaft mit Beethoven. Er erzählt darüber Folgendes:

„Nach meiner Ankunft in Wien ſuchte ich Beethoven ſogleich auf, fand ihn aber nicht und ließ deshalb meine Karte zurück. Ich hoffte nun, ihn in irgend einer der mu⸗ ſikaliſchen Geſellſchaften zu finden, zu denen ich häufig ein⸗ geladen wurde, erfuhr aber bald, Beethoven habe ſich, feit- dem ſeine Taubheit ſo zugenommen, daß er Muſik nicht mehr deutlich und im Zuſammenhange hören könne, von allen Muſikpartien zurückgezogen und ſei überhaupt ſehr menſchenſcheu geworden. Ich verſuchte es daher nochmals mit einem Beſuche, doch wieder vergebens. Endlich traf ich ihn ganz unerwartet in einem Speiſehauſe, wohin ich jeden Mittag mit meiner Frau zu gehen pflegte. Ich hatte nun ſchon Concert gegeben und zweimal mein Oratorium ‚Das jüngſte Gericht‘ aufgeführt. Die Wiener Blätter hatten günſtig darüber berichtet. Beethoven wußte daher von mir, als ich mich ihm vorſtellte, und begrüßte mich ungewöhnlich freundlich. Wir ſetzten uns zuſammen an einen Tiſch und Beethoven wurde ſehr geſprächig, was die Tiſchgeſellſchaft ſehr verwunderte, da er gewöhnlich düſter

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und wortkarg vor ſich hinſchaute. Es war aber eine ſaure Arbeit ſich ihm verſtändlich zu machen, da man ſo laut ſchreien mußte, daß es im dritten Zimmer gehört werden konnte. Beethoven kam nun öfter in dieſes Speiſehaus und beſuchte mich auch in meiner Wohnung. So wurden wir bald gute Bekannte. Beethoven war ein wenig derb, um nicht zu ſagen roh. Doch blickte ein ehrliches Auge unter den buſchigen Augenbrauen hervor.“

„Nach meiner Rückkehr aus Gotha traf ich ihn dann und wann im Theater an der Wien dicht hinterm Orcheſter, wo ihm Graf Palffy einen Freiplatz gegeben. Nach der

Oper begleitete er mich gewöhnlich nach meinem Hauſe

und verbrachte den Reſt des Abends bei mir. Dann konnte er auch gegen Dorette und die Kinder ſehr freundlich ſein. Von Muſik ſprach er höchſt ſelten. Geſchah es, dann waren ſeine Urtheile ſehr ſtreng und ſo entſchieden, als könne gar kein Widerſpruch dagegen ſtattfinden. Für die Arbeiten Anderer nahm er nicht das geringſte Intereſſe, ich hatte deshalb auch nicht den Muth ihm die meinigen zu zeigen. Sein Lieblingsgeſpräch in jener Zeit war eine ſcharfe Kritik der beiden Theaterverwaltungen des Fürſten Lobkowitz und des Grafen Palffy. Auf Letzteren ſchimpfte er oft ſchon überlaut, wenn wir noch innerhalb des Theaters waren,

ſodaß es nicht nur das ausſtrömende Publikum, ſondern

auch der Graf ſelbſt in ſeinem Bureau hören konnte. Dies ſetzte mich ſehr in Verlegenheit und ich war im⸗ mer bemüht, das Geſpräch auf andere Gegenſtände zu lenken.“

„Das ſchroffe, ſelbſt abſtoßende Weſen Beethovens in jener Zeit rührte theils von ſeiner Taubheit her, die er noch nicht mit Ergebung zu tragen gelernt hatte, theils war es Folge ſeiner zerrütteten Vermögensverhältniſſe. Er war kein guter Wirth und hatte noch das Unglück, von ſeiner Umgebung beſtohlen zu werden. So fehlte es oft am Nöthigſten. In der erſten Zeit unſerer Bekanntſchaft

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fragte ich ihn einmal, nachdem er mehrere Tage nicht ins Speiſehaus gekommen war: „Sie waren doch nicht krank?“ Mein Stiefel war's, und da ich nur das eine Paar beſitze, hatte ich Hausarreft‘, war die Antwort.“

„Aus dieſer drückenden Lage wurde er aber nach einiger Zeit durch die Bemühungen ſeiner Freunde herausgeriſſen. Sein Fidelio, der 1805 und 1806 einen ſehr geringen Erfolg gehabt hatte, wurde jetzt (1814) von den Regiſſeuren des Kärntnerthortheaters wieder hervorgeſucht und zu ihrem Benefize in Scene geſetzt. Beethoven hatte ſich be- wegen laſſen mit dem Werke Abänderungen vorzunehmen. In dieſer neuen Geſtalt machte nun die Oper großes Glück und erlebte eine lange Reihe zahlreich beſuchter Auf- führungen. Der Componiſt wurde am erſten Abend meh- reremale herausgerufen und war nun wieder der Gegen- ſtand allgemeiner Aufmerkſamkeit.“

Das jetzt Folgende iſt zwar hiſtoriſch inſofern unrichtig, als die Aufführung der neueſten Compoſitionen Beethovens vor der des Fidelio geſchah und gerade auf denſelben wie— der aufmerkſam gemacht hatte, enthält aber ſonſt nur Wahrheitsgetreues.

„Alles was geigen, blaſen und ſingen konnte, wurde zur Mitwirkung eingeladen,“ erzählt Spohr von dem Con⸗ certe zum Beſten der Invaliden im December 1813 im großen Redoutenſaale, „und es fehlte von den bedeuten⸗ deren Künſtlern Wiens auch nicht einer. Ich und mein Orcheſter hatten uns natürlich auch angeſchloſſen und ich ſah Beethoven zum erſtenmale dirigiren. Obgleich mir ſchon viel davon erzählt war, ſo überraſchte es mich doch in hohem Grade. Beethoven hatte ſich angewöhnt, dem Orcheſter die Ausdruckszeichen durch allerlei ſonderbare Körperbewegungen anzudeuten. So oft ein Sforzando vorkam, riß er beide Arme, die er vorher auf der Bruſt kreuzte, auseinander. Bei dem Piano bückte er ſich nieder, und um ſo tiefer, je ſchwächer er es haben wollte. Trat

dann ein Crescendo ein, jo richtete er fih nach und nach wieder auf und ſprang beim Eintritte des Forte hoch in die Höhe. Auch ſchrie er manchmal, um das Forte noch zu verſtärken, ohne es zu wiſſen, mit hinein! Das Con⸗ cert ſelbſt hatte den glänzendſten Erfolg. Die neuen Com⸗ poſitionen gefielen außerordentlich, beſonders die Sym⸗ phonie in Adur. Der wundervolle zweite Satz wurde dacapo verlangt, er machte auch auf mich einen tiefen nachhaltigen Eindruck.“

Ueber das eigene Spiel des Meiſters giebt er folgenden wehmuthvoll ſtimmenden Bericht: „Da Beethoven zu der Zeit, wo ich ſeine Bekanntſchaft machte, bereits aufgehört hatte, ſowohl öffentlich wie in Privatgeſellſchaften zu ſpielen, ſo habe ich nur ein einziges Mal Gelegenheit gefunden ihn zu hören, als ich zufällig zu der Probe eines neuen Trios (Ddur ¼ Tact) in Beethovens Wohnung kam. Ein Genuß war's nicht. Denn erſtlich ſtimmte das Pianoforte ſehr ſchlecht, was Beethoven wenig kümmerte, da er nichts davon hörte, zweitens war von der früher ſo bewunderten Virtuoſität des Künſtlers in Folge dieſer Taubheit faſt gar nichts übrig geblieben. Im Forte ſchlug der arme Taube ſo darauf, daß die Saiten klirrten, im Piano ſpielte er wieder ſo zart, daß ganze Tongruppen ausblieben, ſodaß man das Verſtändnis verlor, wenn man nicht zugleich in die Klavierſtimme blickte. Ueber ein ſo hartes Geſchick fühlte ich mich von tiefer Wehmuth ergriffen. Iſt es ſchon für jedermann ein großes Unglück taub zu ſein, wie ſoll es ein Muſiker ertragen, ohne zu verzweifeln! Beethovens faft fortwährender Trübſinn war mir nun kein Räthſel mehr.“

Der gleiche ſo tief bedauernswerthe „Trübſinn“ war aber zugleich die Quelle unendlich ſchöner Ergießungen ſeines Gemüthes: die Muſik mußte ihm zugleich Tröſterin ſein und ſo hieß er ſie reden. Dieſer hohen Geiſtes⸗ freiheit der Kunſt vermochte aber der an hergebrachte

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Formen gefeſſelte Spohr nicht mehr ganz zu folgen. Die nachſtehende Stelle aus ſeiner Selbſtbiographie beſtimmt genau den Stand ſeiner eigenen künſtleriſchen Entwicklung. „Bis zu dieſem Zeitpunkte war eine Abnahme der Beet⸗ hovenſchen Schöpferkraft nicht zu bemerken,“ ſchreibt er. „Da er aber von nun an bei immer zunehmender Taub⸗ heit gar keine Muſik mehr hören konnte, ſo mußte dies lähmend auf ſeine Phantaſie zurückwirken. Sein ſtetes Streben originell zu ſein und neue Bahnen zu brechen, konnte nicht mehr wie früher vor Irrwegen bewahrt wer- den. War es daher zu verwundern, daß ſeine Arbeiten immer barocker, unzuſammenhängender und unverſtändlicher wurden? Zwar giebt es Leute, die ſich einbilden, ſie zu verſtehen und in ihrer Freude darüber ſie weit über ſeine früheren Meiſterwerke erheben. Ich gehöre aber nicht dazu und geſtehe frei, daß ich den letzten Arbeiten Beethovens nie habe Geſchmack abgewinnen können. Ja ſchon die viel bewunderte Neunte Symphonie muß ich zu dieſen rechnen, deren drei erſte Sätze mir trotz einzelner Genieblitze ſchlechter vorkommen als ſämmtliche der acht früheren Symphonien, deren vierter Satz mir aber ſo monſtrös und geſchmacklos und in ſeiner Auffaſſung der Schillerſchen Ode (An die Freude) ſo trivial erſcheint, daß ich immer noch nicht begreifen kann, wie ihn ein Genius wie der Beethovenſche niederſchreiben konnte. Ich finde darin einen neuen Beleg zu dem, was ich ſchon in Wien bemerkte, daß es Beethoven an äſthetiſcher Bildung und an Schönheits⸗ ſinn fehle.“

Spohr nimmt in der Kunſt einen Rang ein wie Rafaels Nachbildner Giulio Romano. Wie hätte er den Michel⸗ angelo der Tonkunſt da begreifen ſollen, wo er ſich erſt ganz als ſolchen zeigt? Und doch ſollte gerade er unter den Zunftmeiſtern derſelben zuerſt Denjenigen verſtehen, der allein dieſe Bahnen Beethovens fortgeſchritten iſt und ſo— gar erweitert hat, Richard Wagner! Jedenfalls hatte

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ihm ſelbſt dieſer Aufenthalt in Wien den wahren Maßſtab in ſeiner Kunſt in die Hand gegeben. Er ſchied von der Kaiſerſtadt, nachdem ihm Beethoven in ſein Album den Canon „Kurz iſt der Schmerz, und ewig währt die Freude“ mit folgenden Abſchiedsworten geſchrieben hatte:

„Möchten Sie doch, lieber Spohr, überall, wo Sie wahre Kunſt und wahre Künſtler finden, gerne meiner gedenken, Ihres Freundes

Wien, am 3. März 1815. Ludwig van Beethoven.“

5. In Italien. 1815-1817.

„Er fragte uns unter anderem, wie wir mit unſerer Reiſe in Italien zufrieden ſeien,“ erzählt Spohr bei der Rückkehr von einem deutſchen Bekannten. „Ich klagte ihm darauf, daß wir ſo manches nicht den Erwartungen gemäß gefunden hätten, die von früheren Reiſenden in uns rege gemacht geweſen. Er fand dies ſehr natürlich und meinte, das komme daher, weil keiner der Reiſenden nach der Rück⸗ kehr geſtehen wolle, daß er gleichſam in den April ge⸗ ſchickt worden ſei.“ Dieſes ungerechte Urtheil des Künſt⸗ lers beruht gewiß zum größten Theile darauf, daß er als ſolcher weder mit feiner Kunſt noch auch in feinen pecu⸗ niären Erfolgen ſich recht befriedigt geſehen hatte. Wenn wir nun dennoch ſeine Mittheilungen, ſoweit dieſelben die Muſik betreffen, in dieſe biographiſche Darſtellung einreihen, ſo geſchieht dies eben wegen des hiſtoriſchen Intereſſes, welches dieſelben haben. Und dann iſt es doppelt bedeut⸗ ſam zu ſehen, wie dieſes hochbegabte Volk, das als ſolches ſeit einem Menſchenalter ſich wieder zu ſich ſelbſt zu er⸗ heben begonnen hat, ſelbſt aus ſo un- und untergeordneten muſikaliſchen Zuſtänden zur Aufnahme der ernſten deutſchen

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Muſik, ſogar bis zum Lohengrin und Nibelungenringe em⸗ porzuſchwingen vermochte.

Zum Gebrauche für die bevorſtehende Reiſe hatte Spohr in Wien, nachdem ſeine Stellung am Wiedner Theater durch Schuld des Grafen Palffy gelöſt war, ſich fein ſchönſtes Concert, das in Emoll, geſchrieben. „Eine herrliche gediegene Compoſition, ſchöner fließender Geſang, überraſchende Modulationen, voll kühner canoniſchen Imi⸗ tationen, eine immer neue reizende glücklich berechnete Inſtrumentirung! Vorzüglich hinreichend iſt das ſchmel— zende Adagio,“ berichtet die Muſikzeitung nach der erſten Aufführung in Wien. Dieſes Werk und die berühmte Ge⸗ ſangsſcene, die er ein Jahr ſpäter in der Schweiz compo⸗ ponirte, waren gewichtige Hilfstruppen für den Feldzug, den der damalige „General der Geiger“ jetzt nach Süd⸗ deutſchland, der Schweiz und Italien antrat.

Allerdings nahm er von der deutſchen Inſtrumental⸗ muſik noch zuletzt einen ſehr tiefgehenden Eindruck mit: er hörte ein Concert der „muſikaliſchen Akademie“ in München. „Da die Münchener Kapelle noch immer ihren Ruf als eine der erſten der Welt behauptet, ſo war meine Er⸗ wartung ſehr geſpannt,“ ſchreibt er am 12. December 1815. „Dennoch wurde fie durch die Aufführung der Beethoven⸗ ſchen Symphonie in Cmoll noch weit übertroffen.“ Es war dies die gleiche Kapelle, die im Jahre 1778 Carl Theodor unter Cannabichs Leitung von Mannheim nach München mitgebracht hatte und der mehrfach auch Mozarts Inſpiration zutheil geworden war. „Es iſt wohl kaum möglich, daß ſie mit mehr Feuer, mehr Kraft und dabei größerer Zartheit, ſowie überhaupt genauerer Beobachtung aller Nüancen von Stärke und Schwäche ausgeführt wer— den kann!“ ruft Spohr von jener Symphonie aus. Um ſo unbegreiflicher iſt ſein Urtheil, das Werk bilde kein claſſiſches Ganze. Von neuem ein Beiſpiel, wie langſam gerade in der Muſik das Verſtändnis für wahrhaft Neues

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und Geiſtiges ſich bildet! Doch blieb ihm dieſer Zauber⸗ reichthum unſerer Inſtrumentalmuſik allzuſehr in Herz und Ohr, als daß er nicht die damalige Muſik anderer Lande arm und unbeholfen hätte finden ſollen.

Bereits aus der Schweiz meldet er: „Die guten Leute hier ergötzen ſich noch an Compoſitionen, die man in Deutſchland ſchon zur Zeit der Pleyelſchen Epoche unge⸗ nießbar fand. Mozart, Haydn und Beethoven kennen die Meiſten kaum dem Namen nach. Aber Freude haben ſie an der Muſik und das Beſte iſt, ſie ſind leicht zu befrie⸗ digen. Denn ſo ſchlecht auch alle Orcheſterſätze executirt wurden, die Leute waren doch zufrieden und fanden, das Orcheſter habe ſich diesmal beſonders ausgezeichnet. Selbſt eine Bravourarie von Wenzel Müller, die ein Dilettant jämmerlich herausquälte, fanden ſie köſtlich.“ Dieſes Mül⸗ lers „Donauweibchen“ hatte aber dennoch einſt noch eine Rivalin der „Zauberflöte“ ſein können. „Bei der Probe brachte ich es durch unzähliges Wiederholen der ſchwierig⸗ ſten Stellen zwar dahin, daß es wie Muſik klang, am Abend aber war das Orcheſter ſo conſternirt, daß es alles wieder über den Haufen warf,“ erzählt er von einer an⸗ deren Stadt, kann aber wieder hinzufügen: „Zum Glück ſchien das Auditorium nichts davon zu merken, denn es äußerte ſeine große Zufriedenheit über alles was es hörte.“ Zuletzt von Bern: „Das Orcheſter iſt hier womöglich noch ſchlechter als in Baſel und Zürich und das Publikum noch ungebildeter, mit Ausnahme ſehr Weniger.“ Daß Richard Wagner den größten Theil ſeiner Verbannungszeit in der Schweiz zubringen mußte, iſt dort der Muſik ebenſo zugute gekommen wie den bildenden Künſten der Aufenthalt ſeines Exilgenoſſen Gottfried Semper. Heute würde Spohr zu⸗ friedener ſein.

Sogleich vom Scala- Theater in Mailand empfing Spohr den Eindruck, daß Muſik oder doch wenigſtens die Oper in Italien mehr dem geſelligen Leben als dem Be⸗

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dürfniſſe des Idealen im menſchlichen Weſen angehörte. „Die kleinen unbedeutenden Cantabiles waren es heute allein, was mit Aufmerkſamkeit angehört wurde,“ berichtet er. „Während der kräftigen Ouverture, mehreren ſehr ausdrucksvoll begleiteten Recitativen und allen Enſemble⸗ ſtücken war ein Lärm, daß man kaum etwas von der Muſik hörte. In den meiſten Logen wurde Karten geſpielt und im ganzen Hauſe überlaut geſprochen. Es läßt ſich für einen Fremden, der gern aufmerkſam zuhören möchte, nichts Unausſtehlicheres denken als dieſer infame Lärm. Indeſſen iſt von ſolchen, die dieſelbe Oper vielleicht dreißig⸗ bis vierzigmal ſehen und das Theater nur der Geſellſchaft wegen beſuchen, keine Aufmerkſamkeit zu erwarten. Zu⸗ gleich kenne ich aber auch nichts Undankbareres als für ein ſolches Publikum zu ſchreiben. Nach dem erſten Acte wurde ein großes ernſtes Ballet gegeben. Da daſſelbe beinahe eine Stunde dauerte, ſo hatte man die erſte Hälfte der Oper ganz vergeſſen. Nach dem zweiten Acte wurde noch ein nicht viel kürzeres komiſches Ballet gegeben, ſodaß die ganze Vorſtellung von acht bis zwölf Uhr dauerte. Welche Arbeit für die armen Muſiker!“ Es iſt wohlbegreiflich, daß auf dieſem Wege die Oper dort zu jener Armſeligkeit und Stätigkeit bloßer Geſangseffecte herabſank, aus der ſie ſich endlich heute langſam zu erkräftigen beginnt. „Alles wurde auf dieſelbe Art und mit den ſchon tauſendmal ge⸗ hörten Verzierungen verbrämt vorgetragen, mochte es ko⸗ miſch oder ernſt ſein,“ ſagt er noch von dem Concerte einer Muſikgeſellſchaft.

Gerade dieſe Vorliebe für alles Geſangsmäßige machte es aber, daß ſeine „Geſangsſcene“ mit großem Enthuſias⸗ mus aufgenommen wurde, jedoch ebenfalls vorwiegend in den Geſangsſtellen, ſodaß Spohr klagt: „Dieſer lärmende Beifall, ſo erfreulich und aufmunternd er für den Spieler iſt, bleibt doch für den Componiſten ein gewaltiges Aer⸗

gernis.“ Ja bald nennt er das Land „wo die Citronen

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blühen“ in Bezug auf Muſik ein „Sibirien der Kunſt“. In Venedig hatte er in einem Dilettantenconcert zuerſt eine „uralte Symphonie“ von Krommer, dann eine von Andreas Romberg, dem Componiſten von Schillers „Glocke“ gehört und dann ſelbſt Beethovens Ddur-Symphonie zu dirigiren. „Ich hatte meine liebe Noth,“ ſchreibt er. „Denn man war ganz andere Tempi gewöhnt als ich nahm und ſchien gar nicht zu wiſſen, daß es Nüancen von Stärke und Schwäche in der Muſik giebt: alles arbeitete, ſtrich und blies beſtändig aus Leibeskräften, ſodaß mir noch die

ganze Nacht von dem hölliſchen Lärm die Ohren wehe

thaten. Das Gute hat es indeſſen, daß die Muſikfreunde unſere Inſtrumentalcompoſitionen zu hören bekommen und wenn auch nur dunkel fühlen lernen, daß die Deutſchen in dieſer Gattung ihnen ungeheuer überlegen ſind. Sie ſagen dies zwar ſelbſt, aber nur um nachher um ſo ungenirter ihre Ueberlegenheit im Geſange herausſtreichen zu können. Die Selbſtzufriedenheit der Italiener bei ihrer Geiſtesar⸗ muth iſt überhaupt unerträglich. Habe ich ihnen etwas vorgeſpielt, ſo glauben ſie mich nicht glücklicher machen zu können, als wenn ſie mir verſichern, es ſei im echt ita⸗ lieniſchen Geſchmack.“ In demſelben Venedig führte im December 1882 Wagner zum letztenmal eines ſeiner Werke, die Jugendſymphonie in Cdur auf, und war von der Tüch⸗ tigkeit der Inſtrumentaliſten des Liceo Benedetto Marcello ſehr befriedigt.

Nun begegnet er, der Rode beſiegt hatte, dem einzigen lebenden Rivalen, Paganini. „So wie er hat noch nie

ein Inſtrumentaliſt die Italiener entzückt,“ heißt es da.

„Erkundigt man ſich nun näher, ſo hört man von den Nichtmuſikaliſchen die übertriebenſten Lobſprüche, daß er Töne hervorbringe, die man früher nie gehört habe. Die Kenner hingegen meinen, daß ihm zwar eine große Ge⸗ wandtheit in der linken Hand, in Doppelgriffen und allen Arten von Paſſagen nicht abzuſprechen ſei, daß ihn aber

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gerade das, was den großen Haufen entzücke, zum Char- latan erniedrige und für ſeine Mängel, einen großen Ton, einen langen Bogenſtrich und einen geſchmackvollen Vortrag des Geſanges, nicht zu entſchädigen vermöge. Dasjenige aber, wodurch er den Namen des Unerreichbaren, den man ſogar unter ſein Porträt ſetzt, beſteht nach genauer Erkun⸗ digung in einer Reihe von Herrlichkeiten, welche in den Zeiten des guten Geſchmackes der weiland ſo berühmte Scheller zum Beſten gab, nämlich in Flageolettönen, in Variationen auf Einer Saite, in einer gewiſſen Art Pizzi⸗ cato der linken Hand ohne Hilfe der rechten oder des Bo⸗ gens und in manchen der Geige unnatürlichen Tönen, als Fagott⸗Ton, Stimme eines alten Weibes und der⸗ gleichen mehr.“ So ſagte er denn auch ſelbſt zu Spohr, als er ihn gehört hatte, ſeine Spielart ſei für das große Publikum berechnet und verfehle bei dieſem nie ſeine Wir⸗ kung. Wenn er aber ihm etwas vorſpielen ſolle, ſo müſſe er auf eine andere Art ſpielen und dazu ſei er jetzt viel zu wenig im Zuge, ſie würden einander aber wahrſcheinlich in Rom oder Neapel treffen. Dazu kam es aber nicht und Spohr blieb damals ohne Kenntnis des „Wunder- mannes“. Muß er nun ebenfalls Paganinis „ungefälliges und unartiges Betragen“ gegen die Muſikfreunde Venedigs beſtätigen, das zweifellos wieder in feinem Geldgeize wur— zelte, ſo iſt nicht zu vergeſſen, daß derſelbe Künſtler, der durch Paganinis egoiſtiſches Weſen zu dem Ausrufe „Génie oblige!“ getrieben wurde, andererſeits nichts Beſſeres zu thun hatte, als ſich dieſelbe bis dahin unerhörte Virtuoſität durch ſorgſamſtes Studium anzueignen und ſie ſo auch für das Klavier der ganzen Nachwelt zu überliefern. Spohr ſelbſt aber erhielt in Venedig das öffentliche Zeugnis, daß er die italieniſche Lieblichkeit mit der Tiefe des Studiums ſeiner Nation verbinde und daß man ihm unter den le⸗ benden Geigern den erſten Rang einräumen müſſe.

All ſolches freundliche Begegnen hindert ihn aber nicht

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in feiner Kunſt klar zu ſehen. Roſſini, der als Com⸗ poniſt damals ebenſo wie Paganini vergöttert zu werden begann, begegnet ihm in Florenz mit ſeiner „L'Italiana in Algeri“. „Erſtlich fehlt ihr, was aller anderer italie⸗ niſchen Muſik fehlt, Reinheit des Styles, Charakteriſtik der Perſonen und vernünftige Berechnung der Länge der Muſik für die Scene“, urtheilt er. „Man iſt ja ſchon ge⸗ wöhnt, hier dieſelbe Perſon bald im tragiſchen, bald im komiſchen Style ſingen und von einer Bäuerin dieſelben pompöſen Geſangsverzierungen zu hören wie von einer Königin, bei der leidenſchaftlichſten Situation eine der Per⸗ ſonen allein viertelſtundenlang ſingen zu hören, während die übrigen im Hintergrunde ſpazieren gehen. Wohl aber habe ich Eigenſchaften erwartet, die Roſſinis Arbeiten aus⸗ zeichnen würden, Neuheit der Ideen, Reinheit der Har⸗ monie u. ſ. w. Aber auch hiervon habe ich nicht viel ge⸗

funden. Was den Italienern neu erſcheint, iſt es uns

nicht, indem es größtentheils ſchon längſt bekannte Ideen und Modulationen ſind.“ Wie lange währte es, daß man ſich davon überzeugte! Mußten doch 1822 und 1823 noch Beethoven und Weber vor dem allerdings unvergleichlich aufgeführten Roſſini in den Schatten treten. Aber freilich heute leben dieſe Meiſter ſowie Roſſinis Hauptſchaffensquelle Mozart noch mit faſt all ihren Werken lebendig wirkend, von Roſſini hört man nur noch den allerdings ſprudelnd le⸗ bendigen „Barbier von Sevilla“ und den „Tell“. Spohrs Ausruf: „Wann werden doch die Deutſchen einmal aufhören, die blinden Bewunderer und Affen der Fremden zu ſein!“ ſcheint endlich weniger Berechtigung erlangen zu wollen.

Aus Rom theilt Spohr die neapolitaniſche Dudelfad-

Melodie mit, die Liſzt dem Hirtengeſang an der Krippe in ſeinem Oratorium „Chriſtus“ zu Grunde gelegt hat. In Neapel erlebte er wunderbare Dinge an dem Opern⸗ componiſten Zingarelli, der das dortige Conſervatorium

leitete. „Bei einem Beſuche ſprach er lange von Haydn

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und einigen anderen unſerer Componiſten ſehr ehrenvoll, ohne auch nur ein einzigesmal Mozarts zu erwähnen,“ heißt es da. „Ich brachte alſo die Rede auf dieſen, wor⸗ auf er äußerte, ja, auch dieſer ſei nicht ohne Anlage ge⸗ weſen, er habe nur zu kurze Zeit gelebt, um ſie gehörig ausbilden zu können; wenn er noch zehn Jahre fortſtudirt hätte, jo würde er wohl einmal etwas Gutes haben ſchrei⸗ ben können.“ Wozu Spohr ein großes Ausrufungszeichen und den Kopf eines Eſels mit recht aufrecht ſtehenden Ohren hinzeichnet!

Von Werth find noch die Bemerkungen über die da- mals weltberühmte Catalani, weil ſie ſo recht illuſtriren, was ſpäter R. Wagner über den kühlen Egoismus ſolcher berühmten Sängerinnen wie der Lind und anderer gegen- über wahrer Hingebung an die Kunſt ausgeſprochen hat. Er traf ſie in Neapel, wo ſie natürlich ebenfalls alle Muſikfreunde in Bewegung ſetzte und daher ſogleich den Eintrittspreis auf das Siebenfache erhöhte. „Sie gewährte durch ihre immer reine Intonation, durch die Vollendung, mit der ſie alle Arten von Verzierungen und Paſſagen macht, und durch ihre eigenthümliche Art zu ſingen großes Vergnügen, das Ideal einer Sängerin erreicht ſie aber nicht,“ ſchreibt er. „Was wir hauptſächlich vermißten, war Seele. Im Recitativ fingt fie ohne Ausdruck und im Adagio läßt ſie kalt. Wir waren auch nicht einmal er⸗ griffen, ſondern hatten nur das Gefühl der Freude, wenn man mechaniſche Schwierigkeiten mit Leichtigkeit beſiegen ſieht.“

So war denn der perſönliche Gewinn, den Spohr von Italien davon trug, nicht gerade groß und nicht entfernt demjenigen zu vergleichen, den der allerdings unvergleich- lich viel geiſtbegabtere Liſzt von dem Umgang mit der bildenden Kunſt der Antike und des Cinquecento hatte. Die italieniſche Muſik arte immer mehr in Ohrenlltzel aus und verlerne immer mehr aufs Herz zu wirken, ſagt

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er; ſowie er denn ohne Uebertreibung behaupten könne, daß er von allen Compoſitionen auch nicht ein einzigesmal ergriffen worden ſei, eine oder zwei Stellen in der „Statua di Bronzo“ von dem aus Beethovens Leben bekannten Soliva abgerechnet. Auch Allegris Miſerere zur Oſter⸗ woche in der Sixtiniſchen Kapelle machte ihm bei den erſten Accorden durch die Quintenfolgen in der Ausführung einen geradezu barbariſchen Eindruck. Dann aber heißt es: „Dieſe einfachen Harmoniefolgen, faſt nur aus Drei⸗ klängen beſtehend, dieſes Miſchen und Tragen der Stimmen, bald zum brauſendſten Forte anwachſend bald im leiſeſten Pianiſſimo verhallend, dieſes ewig lange Aushalten ein⸗ zelner Töne und dann hauptſächlich das zarte Einſetzen eines Accordes, wenn von anderen Stimmen der vorher⸗ gehende noch ſchwach verklingend ausgehalten wird, geben dieſer Muſik bei allen Mängeln etwas ſo Eigenthümliches, daß man ſich unwiderſtehlich davon angezogen fühlt.“ Doch vermißte er bei allem Sinn dieſer neueren Italiener für Melodie mit Recht die Kenntnis der Harmonie und be⸗ ſtätigt dadurch R. Wagners Wort, daß man nach Anhö⸗ rung des Stabat mater von Paleſtrina unmöglich der Meinung bleiben könne, daß die neuere italieniſche Muſik eine legitime Tochter dieſer wundervollen Mutter ſei.

6. In London. (1817—1820.)

Spohrs Aufenthalt in London hat dadurch erhöhten Werth, daß er uns zu vielen Perſonen und Dingen führt, die in dem Leben unſerer größten Künſtler wie Beethoven, Weber, Liſzt, Berlioz, Wagner ebenfalls ihre Rolle ſpielen.

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Die italieniſche Reiſe hatte unſere beiden Künſtler durch die ſchlechten Concerteinnahmen in arge Bedrängnis ge⸗ bracht und das Concertiren in der Schweiz und Weft- deutſchland im nächſten Frühjahr konnte dieſe ebenfalls nicht heben, denn es war die Zeit der ſchrecklichen Hun⸗ gersnoth von 1816—17, die auch aus Beethovens Leben wiederklingt. So ging es denn nach Holland. Allein mitten im beſten Zuge kam ihm der Antrag, die Muſik⸗ directorſtelle am Theater in Frankfurt am Main einzu⸗ nehmen. Hier hat denn Spohr einige Jahre gewirkt. Angeregt durch dieſen Verkehr mit der Oper begann er den „Freiſchütz⸗Stoff“ zu componiren, bis die Schröder⸗ Devrient ihm mittheilte, daß C. M. von Weber den- ſelben bearbeite. Da gab er das Werk auf. „Denn,“ ſo ſagte er ſich, „mit meiner Muſik, die nicht geeignet iſt ins Volk zu dringen und den großen Haufen zu enthuſiasmiren, würde ich nie den beiſpielloſen Erfolg gehabt haben, den der Freiſchütz fand.“ Ebenſo hatte Weber einmal die Tannhäuſerſage vorgelegen. Allein wie Spohrs Muſik für eine Volksoper zu „akademiſch“, ſo war Weber nicht eigentlich für das Tragiſche angelegt. Wie er denn ja auch den tragiſchen Schluß der Freiſchützſage, den Spohrs Text feſthalten wollte, in einen guten Ausgang umgebogen hat! Dagegen entſtand hier im Jahre 1818, angeregt durch den „wahren Beifallsſturm“, den bald darauf Roſ— ſinis „Tanered“ hatte, die Oper „Zemire und Azor“, die denn auch ſoviel Coloraturen enthält. Ein Stück daraus, „Roſe wie biſt du lieblich und mild“, lebt jedoch noch heute in weiteſten Kreiſen.

Bald freilich merkte er, daß die Herrn Actionäre das Theater ebenfalls nur geſchäftsmäßig betreiben wollten: es gab Scenen, bei denen Spohr hören mußte, daß ſie für ihr Inſtitut keines berühmten Künſtlers bedürften, ſondern nur eines tüchtigen Arbeiters, der all ſeine Zeit und Kräfte dem Theater widme, und ſo kündigte er für den Herbſt

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1819, um aufs neue ſeiner Reiſeluſt nachzugehen, wie ſie ja heute auch ſeinen großen Künſtlerenkel Auguſt Wilhelmy ſogar um die Welt getrieben hat. Er beſuchte Norddeutſch⸗ land, wo beſonders Berlin die „Fülle und Zartheit des Tones, welche der fühlende Künſtler aus einem klangreichen Inſtrumente ziehe, und den trefflichen Vortrag des Cantabile“ rühmte, Vorzüge, davon ja auch Wagner die herrlichſte künſtleriſche Verwendung machte, und ging auf Einla⸗ dung derſelben Philharmoniſchen Geſellſchaft, die auch Beethoven ſo gern bei ſich geſehen hätte und wenigſtens ein größtes Erzeugnis ſeines Genius, die Neunte Sym⸗ phonie, durch Beſtellung unmittelbar veranlaßt hat, im Jahre 1820 nach London.

Dieſe Geſellſchaft war nicht lange zuvor von den da⸗ mals berühmteſten Künſtlern Englands wie Clementi, John Cramer, Moſcheles, Potter, Ries, Smart, Stumpff, alle aus Beethovens Leben bekannt, gegründet worden, um im Gegenſatz zu den der alten Muſik gewidmeten Vereinen dem Schaffen der neueren großen Künſtler Raum zu ſchaffen, und Spohrs Aufzeichnungen geben uns nun manches Charakteriſtiſche über London, das zum größeren Theile zwar ebenfalls bereits der Vergangenheit angehört und mehr anekdotiſch iſt, allein doch immerhin von Werth für uns bei einer Stadt und einem Volke bleibt, das auch in der Muſik ſo manchen wirkſamen Anſtoß gegeben und noch kürzlich den großen Tragiker unſerer Kunſt, Richard Wagner, ſo wahrhaft würdig aufgenommen hat.

Er hatte auch eine Empfehlung an Rothſchild. Um den Empfang bei dieſem ganz zu würdigen, holen wir ein bezeichnendes Begegnis aus dem Jahre 1809 in Ham⸗ burg nach. „Ein reicher jüdiſcher Banquier, der mein Quartettſpiel hatte rühmen hören, wollte ſeine Geſellſchaft ebenfalls damit regaliren,“ erzählt Spohr. „Obgleich ich dort eine für ſolch edle Muſik wenig empfängliche Geſell⸗ ſchaft zu finden hatte, ſagte ich doch unter der Bedingung

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zu, daß zu meiner Begleitung die beſten Künſtler Ham⸗ burgs eingeladen würden. Wirklich fand ich auch nicht nur Andreas Romberg anweſend, ſondern auch noch einen andern ausgezeichneten Geiger. Als aber das Quartett beginnen ſollte, kam noch ein vierter Geiger herbei und wir ſahen nun zu unſerem Erſtaunen, was der Haus⸗ herr eingeladen hatte. Als guter Rechner wußte er näm⸗ lich, daß zu einem Quartett Viere gehören, aber nicht daß unter dieſen auch ein Bratſchiſt und Violoncelliſt ſein müſſen.“ Als er aber Abſchied nahm, hieß es unter Vor⸗ reichung von vierzig Speciesthalern: „Ich höre, Sie geben ein zweites Concert, ſchicken Sie mir wieder vierzig Billets; ich habe zwar die andern noch faſt alle, will aber doch wieder neue nehmen.“ Empört über die „Unverſchämtheit des reichen Juden“ ließ er denſelben abermals verlegen und beſchämt vor ſeiner Geſellſchaft ſtehen und kehrte ihm den Rücken zu.

Eine ebenſo ergötzliche Geſchichte alſo erlebte er in London, als er ſeinen Creditbrief und eine Empfehlung des Frankfurter Bruders perſönlich überbrachte. „Nachdem Rothſchild mir beide Briefe abgenommen und flüchtig über⸗ blickt hatte, ſagte er zu mir in herablaſſendem Tone: „Ich leſe eben‘ (auf die Times deutend) ‚daß Sie Ihre Sachen ganz gut gemacht haben. Ich verſtehe aber nichts von Muſik. Meine Muſik iſt dies (auf die Geldtaſche ſchlagend), die verſteht man an der Börjel‘ worauf er feinen Witz laut belachte. Dann rief er ohne mich zum Sitzen zu nöthigen, einen Commis herbei, gab ihm den Creditbrief und ſagte: ‚Zahlen Sie dem Herrn fein Geld aus“ Hier⸗ auf winkte er mit dem Kopfe und die Audienz war zu Ende. Doch als ich bereits in der Thüre war, rief er mir noch nach: ‚Sie können auch einmal zum Eſſen zu mir kommen, draußen auf mein Landgut!“ Einige Tage nachher ſchickte auch wirklich Madame Rothſchild. Ich ging aber nicht hin, obwohl ſie die Aufforderung noch einmal

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wiederholte.“ Der empfehlende Bruder aber war derſelbe, der eine Vorſtellung in Frankfurt in ſeinem Salon mit den Worten ausführte: „Mein Neffe, Herr Oppenheim, Maler, hat's aber nicht nöthig!“

Spohr hatte mit ſeiner Geſangsſcene und einem So⸗ loquartett in der That ſogleich den allgemeinſten Beifall gefunden und zeigt beſondere Freude, daß der alte Viotti, der, von jeher ſein Vorbild, auch ſein Lehrer hatte werden ſollen, ihm viel Lobendes geſagt hatte. So war er in der Rieſenſtadt bald ein geſuchter Mann, ſollte aber in Ernſt und Scherz auch bald den äſthetiſchen wie moraliſchen Bil⸗ dungsgrad der Engländer vor allem ſeiner Kunſt gegen⸗ über kennen lernen. „Die meiſten meiner Schüler waren ohne Talent und Fleiß und ließen ſich nur von mir un⸗ terrichten, um ſagen zu können, ſie ſeien Schüler von Spohr,“ erzählt er. Ein berühmter Arzt wollte ein Ur⸗ theil über ſeine zahlreichen Geigen. Spohr prüfte ſie alle getreulich und fand, daß diejenige, auf die der alte freund⸗ liche Herr die zärtlichſten Blicke warf, auch der Matador der ganzen Sammlung ſei. Beim Abſchiede überreichte der weiße Alte mit tiefem Bücklinge ihm noch eine Fünf- pfundnote. Spohr, anfangs erſtaunt, ſchüttelte dann lä⸗ chelnd mit dem Kopfe, legte das Papier auf den Tiſch und drückte dem Doctor die Hand. Allein dieſer folgte ihm bis auf die Straße und ſprach in ſichtlicher Erregung einige Worte zum Kutſcher. Sie lauteten in der Ueberſetzung: „Da fährſt du einen Deutſchen, der ein echter Gentleman iſt, bring' ihn mir unverſehrt in die Wohnung, das rathe ich dir!“

Von der geringen Schätzung des Künſtlers und gar des „Fiedlers“ in ſozialer Hinſicht, die dieſe beiden Käuze einigermaßen entſchuldigt, weiß man aus Haydns und Webers Leben. Spohr hat aber gerade in London den tonangebenden Kreiſen auch in dieſem Punkte eine Lection ertheilt, die ihn unmittelbar neben Beethoven ſtellt, der ja

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perſönlich erſt dem Künſtler feine volle geſellſchaftliche Ebenbürtigkeit errungen hat.

Er ſah ſich bald auf allen Concertprogrammen der Saiſon figuriren, konnte ſich aber nie entſchließen, auch in Privatgeſellſchaften aufzutreten, da ihm die Aufnahme der Künſtler dort gar zu unwürdig vorkam. Dieſelben wurden nämlich nie zur Geſellſchaft gezogen, ſondern hatten das Zimmer nach dem Vortrage ſogleich wieder zu verlaſſen. Spohr und Frau waren nun zu den Brüdern des Königs

eingeladen, deren einer eine Herzogin von Meiningen hatte.

Als dabei ein Diener ihnen das Zimmer der übrigen Mu⸗ ſiker öffen wollte, übergab er ſeinem Dolmetſcher ſeinen Geigenkaſten und ſchritt, ſeine Frau am Arme, ſogleich die Treppe hinauf. Vor dem Zimmer nannte er dem dortigen Diener ſeinen Namen und als dieſer zu öffnen zögerte, machte er Miene es ſelbſt zu thun. Sogleich riß dieſer die Thüre auf und rief ſeinen Namen hinein. Die Herzogin, deutſcher Sitte eingedenk, erhob ſich ſogleich und führte ſeine Frau zum Damenkreiſe. Auch der Herzog ſtellte ihn ſelbſt nach einigen freundlichen Worten den Herren vom Hofe vor. Doch bald bemerkte er, daß die Dienerſchaft ihn ignorirte. Der Herzog jedoch winkte dem Haushof- meiſter und ſogleich wurde den beiden Künſtlern ebenfalls der Servirte präſentirt.

Als nun das Concert beginnen ſollte, ließ der Haus⸗ hofmeiſter nach dem Programm die Künſtler heraufholen. Sie erſchienen mit Notenblatt oder Inſtrument und grüßten mit einer tiefen Verbeugung, die aber nur von der Herzogin erwidert wurde. Es war die Elite der Künſtler Londons und ihre Leiſtungen faſt alle entzückend ſchön. Dies ſchien die vornehme Geſellſchaft aber nicht zu fühlen, denn die Unterhaltung riß keinen Augenblick ab. Nur als eine ſehr beliebte Sängerin auftrat, wurde es etwas ruhiger

und man hörte einige leiſe Bravos, für die ſie ſich ſogleich durch tiefe Verbeugungen bedankte. „Ich ärgerte mich

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ſehr über dieſe Entwürdigung der Kunſt und noch mehr über die Künſtler, die ſich ſolche Behandlung gefallen ließen und hatte große Luſt gar nicht zu ſpielen,“ erzählt er weiter. „Ich zögerte daher, als die Reihe an mich kam, abſichtlich ſo lange, bis der Herzog, wahrſcheinlich auf einen Wink ſeiner Gemahlin, mich ſelbſt zum Spielen aufforderte. Nun erſt ließ ich durch einen Diener mein Violinkäſtchen heraufholen und begann dann, ohne vorher eine Verbeugung zu machen, meinen Vortrag. Alle dieſe Umſtände mochten die Aufmerkſamkeit der Geſellſchaft er⸗ regt haben, denn es herrſchte während meines Vortrags eine große Stille im Saal. Als ich geendet hatte, ap⸗ plaudirte das herzogliche Paar und die Gäſte ſtimmten mit ein. Nun erſt dankte ich durch eine Verbeugung. Bald darauf ſchloß das Concert und die Muſiker zogen ſich zurück. Hatte es nun ſchon Senſation erregt, daß wir uns der Geſellſchaft angeſchloſſen, ſo ſteigerte ſich dieſe noch um Vieles, als man ſah, daß auch wir zum Souper dablieben und bei demſelben von dem herzoglichen Paare mit großer Auszeichnung behandelt wurden. Wir hatten dieſes Unerhörte wohl dem Umſtande zu verdanken, daß die Herzogin ſchon im elterlichen Hauſe Zeuge der guten Auf⸗ nahme in Meiningen geweſen war. Auch der Herzog von Suſſex zeichnete mich ſehr aus und unterhielt ſich viel mit mir.“ So ward denn auch hier Spohr's echte deutſche Würdigkeit im Gefühl des eigenen Werthes das Zeichen zum Durchbruch einer würdigen geſellſchaftlichen Aufnahme wahrer Künſtler auch in England.

Sein Benefice⸗Concert war, gewiß zum großen Theile auch infolge dieſes männlichen Benehmens eines der glän⸗ zendſten und beſuchteſten der ganzen Saiſon: auch Lindley und Dragonetti, aus Beethovens Leben bekannt, wirkten dabei mit. Er erzählt dann noch von der Unterrichtsme⸗ thode Logier's, der in London eine Lehranſtalt hatte und bewundernswerthe Erfolge gerade in der Harmonielehre

Biographie Spohrs. 57

erzielte: ſein Lehrbuch war das erſte, wodurch wenig Jahre ſpäter Richard Wagner zuerſt in die Geheimniſſe dieſer Kunſt einzudringen verſuchte. Darauf kehrte er mit ſeiner Frau, die mit ihrem Harfenſpiele ebenfalls höchlich bewun⸗ dert worden war aber daſſelbe zu ihrem großen Leidweſen aus Rückſichten auf ihre Geſundheit gänzlich aufgeben mußte, aufs Feſtland zurück.

7. In Paris.

(1820—1821.)

„Während ſich die Pariſer zu ſinnlichen

Genüſſen drängen, muß man ſie zu gei⸗

ſtigen faſt an den Haaren herbeiziehen.“

Spohr.

Die Schilderung der Zuſtände des muſikaliſchen Paris der zwanziger Jahre, die Spohr macht, gewinnt uns um ſo größeren Antheil ab, als ſich gerade an ihnen, freilich auf ſehr verſchieden geartete Weiſe die beiden Genien Liſzt und Wagner zur künſtleriſchen Mannheit erzogen: Liszt nahm die einſeitige aber bis dahin unerhörte Virtuoſität jener Tage auf, um damit auch in geiſtiger Weiſe Uner⸗ hörtes auszudrücken, Wagner ward durch jenen falſchen Glanz und Schimmer erſt völlig auf das einfach Echte und Wahrhaftige in unſerer Kunſt geführt. Es iſt ein Zeichen der innerlich ſicheren Künſtlernatur, daß Spohr von all dieſem Gleißen und Flimmern völlig unberührt blieb und ein tapfrer Deutſcher „ging ſeines Weges Schritt vor Schritt.“ Die volle Naivetät des franzöſiſchen Selbſtbewußtſeins, das ja damals in höchſter Blüte ſtand, hatte Spohr be⸗ reits einige Zeit vorher in Brüſſel kennen gelernt, wo der durch ſeine Aehnlichkeit mit Napoleon bekannte Alexan⸗ der Boucher aus Paris ſich hören ließ. „Er hatte ſich die Haltung des verbannten Kaiſers, feine Art den Hut auf-

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zuſetzen, eine Priſe zu nehmen möglichſt getreu eingeübt,“ erzählt Spohr. „Kam er nun in eine Stadt, wo er noch unbekannt war, ſo präſentirte er ſich ſogleich mit dieſen Künſten auf der Promenade oder im Theater. In Lille hatte er ſogar fein letztes Concert fo angekündigt: ‚Eine unglückliche Aehnlichkeit zwingt mich zur Verbannung, ich werde jedoch, ehe ich mein ſchönes Vaterland verlaſſe, ein Abſchiedsconcert geben.“ Auch andere Charlatanerien hatte jene Ankündigung enthalten, wie ‚Sch werde jenes berühmte Concert in Emoll von Viotti ſpielen, deſſen Ausführung mir in Paris den Namen des Alexander der Violiniſten erworben hat.“ Solche Ruhmredigkeit abgerechnet erwies er ſich aber gegen Spohr ſehr liebenswürdig gefällig und gab ihm einen Empfehlungsbrief nach Lille mit, in dem es nach einer Charakteriſtik des Spieles unſeres Künſtlers hieß: „Genug, wenn ich, wie man behauptet, der Napoleon der Geiger bin, iſt Herr Spohr gewiß der Moreau.“ Recht komiſche Züge ſolcher Naivetät der kindlichen Selbſtgefälligkeit erfuhr Spohr noch in Lille ſelbſt. Ein⸗ mal nämlich hatte der „Napoleon der Geiger“ mitten im Spiele, als ihm ſeiner Meinung nach etwas nicht recht geglückt war, plötzlich aufgehört und ohne auf die Be⸗ gleitenden Rückſicht zu nehmen, die verunglückte Stelle wiederholt, indem er ſich laut zurief: „Das war nicht rich⸗ tig, auf, Boucher, noch einmal!“ Im letzten Concert hatte er als letzte Nummer ein Rondo von ſeiner Compoſition gewählt, welches am Schluß eine improviſirte Cadenz hatte. Bei der Probe bat er die Dilettanten, die ihn begleiteten, nach dem Triller ſeiner Cadenz ja recht kräftig einzuſetzen, er werde ihnen dazu das Zeichen durch Niedertreten geben. Am Concertabend war es nun ſchon recht ſpät, als die Schlußnummer begann und die Herren mochten ſich nach dem Souper ſehnen. Als daher die Cadenz, in der Bou⸗ cher noch einmal all ſeine Kunſtſtücke vorführte, gar nicht enden wollte, legten einige der Herren ihre Inſtrumente

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fort und ſchlichen ſich davon. Dies ward ſo anſteckend, daß binnen wenig Minuten das ganze Orcheſter verſchwun⸗ den war. Boucher, der in der Begeiſterung nichts davon gemerkt hatte, hob ſchon beim Beginn ſeines Schlußtrillers den Fuß auf, um auf das Zeichen vorher aufmerkſam zu machen. Als er es nun am Ende wirklich gab, war er des Erfolges, nämlich des kräftigſten Einſatzes des Or- cheſters und des dadurch hervorgerufenen Beifalles der ent— zückten Zuhörer ganz gewiß. Man denke ſich alſo ſein Erſtaunen, als er außer ſeinem eigenen derben Fußtritte nichts weiter hörte. Erſchreckt ſah er um ſich und entdeckte nun die verlaſſenen Pulte. Das Publikum aber, das dieſen Augenblick hatte kommen ſehen, brach in ſchallendes Ge⸗ lächter aus, in welches Boucher wohl oder übel mit ein⸗ ſtimmte.

So kannte Spohr die guten wie die üblen Seiten dieſer franzöſiſchen Künſtler recht gut und eben der Um⸗ ſtand, daß Paris künſtleriſch in der That damals ſo gut wie die Welt bedeutete, reizte ſeinen deutſchen Muth auch hier den Kampf aufzunehmen: es war in gewiſſer Weiſe ebenfalls ein Kampf mit dem Drachen, nämlich des horn- feſten allgemeinen Vorurtheils.

„Mit klopfendem Herzen fuhr ich durch die Barriere,“ beginnt er ſeine ſchon damals veröffentlichten Reiſeberichte. „Der Gedanke, daß mir nun die Freude zutheil werden würde die Künſtler perſönlich kennen zu lernen, deren Werke mich ſchon in der früheſten Kindheit begeiſtert hatten, erregte dieſe lebhafte Bewegung in mir. Ich verſetzte mich in Gedanken in die Zeit meiner Knabenjahre zurück, als Cherubini mein Idol war. Den Schöpfer des Waſſer— trägers und mehrere andere Männer, deren Werke auf meine Ausbildung als Componiſt und Geiger den ent⸗ ſchiedenſten Einfluß gehabt hatten, ſollte ich nun bald ſehen.“ Von allen dieſen ward er denn auch freundlich empfangen und Cherubini, der ihm als gegen Fremde zu-

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rückhaltend, ja finſter geſchildert worden war, lud ihn ein, ſeinen Beſuch ſo oft er wolle zu wiederholen. Beſonders wurde ihm Derjenige befreundet, den Beethoven im Jahre 1798 in Wien als Begleiter des franzöſiſchen Geſandten Bernadotte kennen gelernt hatte und dem er wenig Jahre ſpäter ſeine berühmte Kreutzer⸗Sonate gewidmet hat, Viotti's Schüler Rudolph Kreutzer, der ebenfalls als Com⸗ poniſt thätig war.

Sogleich der erſte Eindruck einer Oper war aber der denkbar mißlichſte. Man gab in der Grand’ Opera Les mysteres d'Isis, die Zauberflöte. Dabei enthüllte ſich ihm der franzöſiſche Kunſtgeſchmack nach all ſeinen Richtungen. Die Entſtellung des Werkes war der Art, daß die Fran⸗ zoſen ſelbſt dieſe Verballhornung Les miseres d'ici nann⸗ ten. „Man ſchämt ſich, daß es Deutſche ſind, die ſich ſo an dem unſterblichen Meiſter verſündigen,“ ſchreibt er. „Es iſt nichts unangetaſtet geblieben als die Ouvertüre: alles übrige iſt durcheinander geworfen, verändert und verſtümmelt. Die Oper fängt mit dem Schlußchore an, dann folgt der Marſch aus Titus, dann bald dieſes bald jenes Bruchſtück aus anderen Mozartſchen Opern, ſogar auch ein Stückchen einer Haydnuſchen Symphonie, dazwiſchen denn Recitative von des Herrn Lachnith eigener Fabrik. Aerger aber als dies iſt es, daß die Bearbeiter vielen freundlichen, ſelbſt komiſchen Stellen ernſten Text unter⸗ gelegt haben, wodurch die Muſik nun zur Parodie des Textes und der Situation wird. So ſingt Papagena die Arie des Mohren, und das Terzett der drei Knaben ‚Seid uns zum zweitenmal willkommen“ wird von drei Damen geſungen. Aus dem Duett „Bei Männern, welche Liebe fühlen“ ift ein Terzett geworden, und fo giebt es der Ver⸗ ſündigungen mehr. Man muß den Franzoſen die Gerech⸗ tigkeit widerfahren laſſen, daß ſie dieſe vandaliſche Ver⸗ ſtümmelung entſchieden gemißbilligt haben. Aber wie kommt es, daß die mysteres demungeachtet ſeit 18—20

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Jahren ruhig auf dem Repertoire bleiben, da doch hier das Publikum ſo despotiſch im Theater regiert und alles durchzuſetzen weiß was es will?“ Die ernſte Antwort darauf geben die Verſtümmelung wie die Wiederherſtellung des „Freiſchütz“, von der ſeinerzeit R. Wagner berichtet hat, und die rohe Mißhandlung ſeines „Tannhäuſer“ im Jahre 1861.

Er trug auch bald von ſeinen Werken vor: „Die Com⸗ poniſten ſagten mir viel Schönes über meine Compoſition, die Geiger über mein Spiel.“ Es waren Viotti, Kreutzer, Baillot, Lafont, Habeneck, alles Namen von europäiſchem Klang. Allein ſelbſt Cherubini war nicht weit genug vor⸗ geſchritten, er ſagte: „Ihre Muſik wie überhaupt die Form und der Stil dieſer Muſikgattung iſt mir noch ſo fremd, daß ich mich nicht ſogleich hineinfinden und gehörig folgen kann; es würde mir daher ſehr lieb ſein, wenn Sie das ſoeben geſpielte Quartett ſogleich noch einmal ſpielten.“ Er kannte nur erſt Haydns Quartette! Was war da von den bloßen Virtuoſen zu erwarten? Henry Herz gab ſelbſt in der Geſellſchaft von Künſtlern nur „halsbrechende Kunft- ſtücke“ zum Beſten. „Daß bei ſolchem Verfahren der Geiſt getödtet werden muß iſt leicht begreiflich. Man hört daher ſelten oder nie ein ernſtes gediegenes Muſikſtück, etwa ein Quartett von neueren großen Meiſtern, jeder reitet nur ſein Paradepferd vor, da giebt es denn nichts als Airs variées, Rondos favoris, Nocturne und dergleichen Bagatellen mehr, und wenn dies alles auch noch jo incor⸗ rect und fade iſt, es verfehlt ſeine Wirkung nie, wenn es nur recht glatt und ſüß vorgetragen wird,“ erzählt Spohr, wer dächte dabei nicht an die Romanzen der Loiſa Puget, gegen die ein Wagner mit ſeinen Liedern nicht an⸗ kommen konnte? „Ebenſo iſt es in den Theatern; der tonangebende große Haufen weiß durchaus das Schlechteſte nicht vom Beſten zu unterſcheiden; man braucht nicht lange hier zu ſein, um der Meinung beizutreten, daß die Fran⸗

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zoſen ein unmuſikaliſches Volk ſind,“ heißt es kurzab. Im Don Juan blieben die herrlichſten Stücke, das erſte Duett, das Quartett, das große Sextett ohne Eindruck, der Bei⸗ fall zweier Nummern galt mehr den Sängern als dem Componiſten. Spohrs ganzer Bericht iſt eine vortreffliche Erläuterung zu den bekannten Briefen Wagners vom Jahre 1840—41.

Dazu die Anmaßung, dennoch auch in dieſem Punkte die grande nation zu ſein! Spohr giebt auch davon köſtliche Beiſpiele, indem er uns Urtheile über ſein eigenes Concert überliefert.

„In all dieſen Berichten ſpricht ſich die franzöſiſche Eitelkeit recht ſelbſtgefällig aus,“ ſagt er. „Alle fangen damit an, ihre eigenen Künſtler und ihre Kunſtbildung über die aller übrigen Nationen zu erheben; ſie meinen, das Land, welches die Herren Baillot, Lafont, Habeneck beſitzt, brauche kein anderes um ſeine Geiger zu beneiden, und wenn man hier demungeachtet einen Fremden mit Enthuſiasmus aufgenommen habe, ſo ſei dies ein Beweis, wie gaſtfreundlich die Franzoſen überhaupt ſeien. Dieſe Eitelkeit abgerechnet ſind die Berichte aber ſehr widerſpre⸗ chend. Der Eine ſagte: „Spohr ergreift mit unglaublicher Kühnheit die größten Schwierigkeiten und man weiß nicht was mehr erſtaunt, ſeine Kühnheit oder die Sicherheit, mit der dieſe Schwierigkeiten ausgeführt werden.“ Der Andere: „Das vorgeführte Concert iſt durchaus nicht mit Schwie⸗ rigkeiten überladen.“ Seine Compoſitionen fand man gut, ohne indeſſen zu ſagen warum. Ein Blatt aber ſagte: „Das iſt eine Art germaniſchen Harmonie⸗ und Enhar⸗ monie-Gepäds, die als Contrebande, ich weiß nicht aus welcher Gegend Deutſchlands, eingeführt wird.“ Dafür iſt aber Roſſini deſſen Mann: „Dieſer moderne Orpheus hat das Concert mit ſeinem Geſange freigehalten und es genügte dazu eine kleine Arie und ein kleines komiſches Duett.“ Als Geiger fand Spohr jedoch hier mehr Gnade.

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Er ſei ein Mann von Verdienſt, hieß es da, er habe zwei ſeltene und koſtbare Eigenſchaften: „Reinheit und Richtig⸗ keit“. Dann aber kommt folgender Schluß: „Wenn er ei- nige Zeit in Paris bleibt, kann er feinen Geſchmack vervoll⸗ kommnen und zurückgekehrt den der guten Deutſchen bilden.“ „Wenn doch der gute Mann wüßte, was die bons Alle- mands von dem Kunſtgeſchmacke der Franzoſen denken!“ endigt Spohr.

Zum Abſchluſſe geben wir noch einige Urtheile Spohrs über Kunſt und Künſtler des Paris jener Tage, die auf Liſzt, Chopin, Wagner warteten und den genialen Berlioz ſchon halbbekannt in ſich bargen.

Die Sorgfältigkeit der Ausführung in der einmal er⸗ griffenen Aufgabe rühmt Spohr wie Wagner an den Pa⸗ riſer Künſtlern als einen Vorzug vor der deutſchen Ge— wohnheit. Doch vermißt er andererſeits deutſchen Werken gegenüber die Energie und Zartheit, die unſere Muſik zu⸗ gleich erfordere. Das Orcheſter der großen Oper nennt er wegen ſeiner Discretion im Begleiten mit Recht berühmt und ſtellt es darin ſelbſt manchem deutſchen als Muſter hin. Von den Geigern ſetzt er Lafont obenan, nur mangele ihm wie allen Franzoſen in der Muſik wahres tiefes Gefühl und er ſei zu einſeitig in ſeinen Stücken. Auch Baillots nüancenreiches Spiel, das beſonders Beethovens Romanze „jo ſchön fang“, litt unter der ſonſt waltenden Gehaltloſig⸗ keit der Compoſitionen. Im höchſten Grade ausgezeichnet fand er die Bläſer. „Es iſt unmöglich einen ſchöneren Ton zu hören,“ lobt er von dem berühmten Tulou. „Seitdem ich ihn gehört, kommt es mir nicht mehr jo unpaſſend vor, wenn unſere Dichter den Wohllaut einer ſchönen Stimme dem Flötenton vergleichen.“ Auch die vollkom- mene Gleichheit des Tones und des Anſatzes der Oboe, ſo— wie den Vortrag „voll Grazie und Geſchmack“ des Spielers bewundert er, doch weiſt deſſen Name Georg Vogt auf deutſche Herkunft, er war im Elſaß geboren. Man weiß

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heute in höherem Maße durch R. Wagner, was ſolche Ein⸗ zelinſtrumente dem dramatiſchen Componiſten bedeuten.

Von lebenden Componiſten waren dort am bedeutſamſten Reicha und Cherubini. Erſterer, als Freund Beetho⸗ vens und Lehrer Liſzts für immer der Kunſtgeſchichte an⸗ gehörend, war ein geborener Böhme. „Deutſche Gründ⸗ lichkeit und Tüchtigkeit ſind auch dieſes Meiſters ſchönſte Zierden,“ ſagt Spohr. Das Urtheil über Cherubini zeigt uns den Künſtler, dem es um ſeine Kunſt Ernſt iſt. Er bedauert, daß auch dieſer Meiſter ſich vom wahren Kirchen⸗ ſtil entferne und in ſeinen Meſſen oft den Theaterſtil vor⸗ herrſchen laſſe, ſodaß der klug berechnete Effect und ein „ausſchweifender Stil“ den reinen Kunſtgenuß zurückdränge. „Was würde dieſer Mann geleiſtet haben, wenn er anſtatt für Franzoſen immer für Deutſche geſchrieben hätte!“ ſchließt er und erinnert dabei lebhaft an das milde Wort Wagners über den blitzenden Genius Roſſinis, der von dem ſchlaffen Geiſt der Reſtaurationsepoche in die Arme der Sinnenluſt gezogen und ſo in ſeiner beſten Entwick⸗ lung gehemmt wurde.

8. Jeſſonda.

(1822—1823.)

Im Herbſt 1821 zog Spohr nach Dresden. Dort traf er abermals mit Weber zuſammen, der ihn aufs herzlichſte empfing und in alle muſikaliſche Cirkel einführte. Wich⸗ tiger aber als dieſe Neuanregung zur Compoſition von Kammermuſik ward ihm und uns die Aufführung des Freiſchütz, die eben damals in Dresden ſtattfand, denn ſie führte zu der Entſtehung von Spohrs poeſievollſtem Werke, der Jeſſonda.

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„Da ich das Compoſionstalent Webers bis dahin nicht ſehr hoch hatte ſtellen können,“ erzählt er, „ſo war ich begreiflicherweiſe nicht wenig geſpannt, dieſe Oper kennen zu lernen, um zu ergründen, wodurch ſie in den beiden Hauptſtädten Deutſchlands einen fo enthuſtaſtiſchen Erfolg gefunden habe. Die nähere Bekanntſchaft mit dem Werke in den Proben löſte mir das Räthſel ihres ungeheuren Erfolges freilich nicht, es ſei denn, daß ich ihn durch die Gabe Webers für die Faſſungskraft des großen Haufens ſchreiben zu können, erklärt finden wollte. Da mir nun dieſe Gabe von der Natur verſagt war, ſo iſt es ſchwer zu erklären, wie mich demungeachtet eine unbezwingliche Luſt anwandeln konnte, mich von neuem in einer dramatiſchen Compoſition zu verſuchen. Aber es war fol Kaum zu Hauſe angelangt ſuchte ich aus meinem Koffer eine halb⸗ vergeſſene Arbeit hervor, die ich bereits in Paris begonnen hatte. An einem langweiligen Regentage, der in dem kothigen Paris jedes Ausgehen unmöglich macht, bat ich meine Wirthin um Lectüre. Sie brachte mir einen alten ſchon ganz zerleſenen Roman ‚Die Witwe von Malabar“. Ich fand, daß der intereſſante Stoff derſelben ſich recht gut zu einer Oper eignen würde und erſtand das Buch für einige Sous. Ich hatte ſchon einen Scenenentwurf begonnen. Jetzt überarbeitete ich denſelben mit erneutem Eifer, beſtimmte aufs genaueſte, was in jeder Scene ge- ſchehen ſollte, und ſuchte nach einem Dichter. Ich fand ihn in Eduard Gehe. So entſtand die Dichtung der Oper Jeſſonda.“

N Ihr Inhalt iſt ein in ſeiner Einfachheit rührender. Eine

Fremde, die in der Jugend den Portugieſenführer Triſtan kennen und lieben gelernt hat, iſt wider ihren Willen an einen greiſen Rajah verheirathet geweſen und ſoll nun mit ſeinem Leichnam verbrannt werden. Ein Brahmine Nadori, der ihr den Tod verkündigt, wird von ihrer und ihrer Schweſter Amazili Schönheit ſo ſehr ergriffen, daß ſein Herz

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ihnen Theilnahme und Hilfe zuwendet. Triſtan iſt zur Wiedereroberung des indiſchen Gebietes zurückgekehrt und hat während der Verbrennungsfeier Waffenſtillſtand zugeſagt. Bei der vorausgehenden Ceremonie erkennt er Jeſſonda wie⸗ der und iſt nun in Verzweiflung ſie nach dem erneuten Be⸗ ſitze für immer verlieren zu ſollen. Allein ſein Wort bindet ihn. Da verräth der Brahmine, daß die Indier die frem⸗ den Schiffe heimlich anzünden wollen: ſo iſt er frei und rettet Jeſſonda und ihre Schweſter, die des helfenden Brah⸗ minen Gattin wird.

Die Compoſition dieſes zu mancherlei Situationen und Spielen ausgeſponnenen Textes ward freilich zunächſt noch hinausgeſchoben: er erhielt durch den Einfluß Webers die Berufung nach Caſſel, wo heute ſein Denkmal ſteht. Denn wie Mozart zu Wien, Weber zu Dresden, ſo gehört Spohr zu Caſſel, er hat es zeitlebens nicht wieder verlaſſen. Weber hatte nach ſeiner ſchönen Denkungsart nicht ver⸗ geſſen, daß Spohrs höhere techniſche Ausbildung auch ihm einſt zugute gekommen war. Schon an jenem Tage, als die Oper für Wien beſtellt wurde, die ſein Schmerzenskind aber auch das Juwel ſeiner Werke werden ſollte, die Eu⸗ ryanthe, hatte er mit Spohr bei ſchäumendem Wein auf deren Heil angeſtoßen, und wenn auch nicht das „Com⸗ poſitionstalent“, den echten Künſtler in Weber wußte auch Spohr zu erkennen und zu würdigen. Da Weber, an den der Ruf nach Caſſel urſprünglich ergangen war, demſelben nicht folgen wollte, weil er mit ſeiner Stellung in Dres⸗ den zufrieden war, ſo empfahl er Spohr und dieſer ward denn kurz darauf wohlbeſtallter kurfürſtlich heſſiſcher Hof⸗ capellmeiſter auf Lebenszeit.

In dem gleichen Jahre 1822 wurde denn auch in der behaglichen Sicherheit ſeines jetzigen Daſeins die Jeſſonda componirt. „Ich war in der letzten Zeit mit einer neuen Oper ſo eifrig beſchäftigt, daß ich darüber alles Andere ein wenig vernachläſſigt habe,“ ſchreibt er im Januar 1823

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au einen Freund. „Nun iſt ſie fertig und ich bin recht froh, eine ſo bedeutende Arbeit vollendet zu haben. Wenn ich von dieſer Oper mehr erwarte als von den früheren, ſo ſtützt ſich dies auf meine vermehrte Erfahrung und auf die Begeiſterung, mit der das wohlgerathene Buch mich faſt bei jeder Nummer erfüllte. Um nie anders als in Stunden der Weihe an die Arbeit zu gehen, habe ich mir bei dieſer auch mehr Zeit als bei allen früheren gegönnt.“ Die erſte Aufführung fand am 28. Juli zum Geburtstage des Kurfürſten ſtatt. „Sie wünſchen durch mich von der erſten Aufführung der Jeſſonda etwas zu erfahren,“ ſchreibt er weiter. „Dieſer Auftrag will ſich für mich nicht recht ſchicken, denn ich werde ohne es zu wollen doch wohl zu ihrem Lobredner werden müſſen. Der Effect war groß! Es iſt hier Sitte, daß an Geburtstagen nur der Hof mit Applaudiſſement empfangen und dann die Oper ohne laute Aeußerungen des Beifalls angehört wird. Dies hatte dies⸗ mal auch ſo ſein ſollen. Aber ſchon vor Ende des erſten Actes brach ein ſtürmiſcher Beifall los und nun war die Etiquette für den Reſt des Abends vergeſſen. Die Auf- führung war vorzüglich. Chöre und Orcheſter, Scenerie, Tänze, Schaugefechte, Decorationen, Kleider, alles vortreff⸗ lich. Mich hat dieſe Arbeit ſehr glücklich gemacht und ich darf hoffen, daß die Oper auch an anderen Orten ſehr gefallen wird.“

Dies Letztere hat ſich erfüllt: die Jeſſonda lebt noch heute, und zwar trotz all des Bunterleis der Scene, das Spohr da ſelbſt aufzählt und das uns ſo gut wie ſeine Bezeichnungen „Buch“ und „Nummern“ völlig auf den Standpunkt der alten Oper zurückſtellt, ſie lebt durch das aufrichtig warme Gefühl, das dieſe einzelnen Nummern beſeelt, und den Adel der Sprache, den alles in ihr hat. Ja, an einzelnen Stellen wie in dem noch heute ſo be— liebten Duett zwiſchen Amazili und Nadori breitet die ſchönſte Seele völlig ihre Schwingen aus, und in der Tod-

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kündigung Nadoris iſt etwas von der erhabenen Ruhe, mit der bald Wagner ſogar all dieſe Vorbilder von Gluck über Mozart bis zu Spohr im Dramatiſchen übertreffen und die volle Weihe des Antiken wiederherſtellen ſollte. Im ganzen Tone erinnert das Werk ebenſo an Gluck wie an Mozart, hat die gleiche edle Sentimentalität, wenn auch mit Hilfe des Chromatiſchen um ein Bedeutendes ſenti⸗ mentaler, wodurch denn die beſondere Bezeichnung „Spohr⸗ ſches weiches Chroma“ entſtanden iſt. Im übrigen iſt es gerade das größere „Compoſitionstalent“ Spohrs, was dem Werke die entſcheidende Bedeutung vorenthält und die ſtete Fortdauer geraubt hat: es iſt eben eine „Oper“; die Situationen ſind zu muſikaliſchen Einzelbildern zertheilt, die im Grunde nur Muſik ſind und wenn ſie auch geſungen erſt völlig erklingen, dennoch im Grunde ebenſo gut irgend einem Snftrumentalwerfe angehören könnten als fie ge⸗ ſungen werden. Doch hat das Ganze einige gute Fort⸗ ſchritte, die einzelnen „Nummern“ ſind häufig in einander übergeleitet und ſo in das Ganze mehr Fluß gebracht als die hergebrachte Oper hatte. Und in der leiſen Benutzung des „Leitmotives“ zeigt ſich das Beſtreben, auch für das rein ſinnliche Gefühl einen fühlbaren Zuſammenhang herzuſtellen, ſodaß das Werk der Kunſtgeſchichte zweifellos angehört und Spohrs Namen darin für immer aufgeſtellt hat.

Gerade was an „Compoſitionstalent“ dem edlen Weber mangelte, nöthigte und befähigte ihn auf gleiche Weiſe, aus den Grenzen ſeiner Perſönlichkeit herauszutreten und den Dingen, mit denen er da dramatiſch zu thun hatte, näher auf den Leib zu gehen. Während daher Spohrs Geſtalten in einer gewiſſen Paſſivität des bloßen Fühlens verharren und daher einander ſoſehr gleichen, daß der Ein⸗ druck der Monotonie bei ſeinen Opern nicht überwunden wird, blitzt in Webers Partituren, vorab im Freiſchütz und im Oberon oft geradezu blendend der Genius auf, und dies manchmal mit überraſchend geringer Benutzung der uner⸗

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ſchüpfiichen Mittel des Melodiſchen, Rhythmiſchen, Har- moniſchen oder auch blos Inſtrumentalen. Dazu kommt, daß die unausgeſetzte Verwendung der hergebrachten For⸗ men Spohr auch gar zu oft in gewiſſe Wendungen, Re⸗ densarten und Verbrämungen verfallen läßt, die in ihrer ſtehenden Weiſe am allerwenigſten mit dem ſcharf Charaf- teriſirenden und lebhaft Fortſchreitenden des Dramas zu thun haben. Daher gerade er denn auch gleich dem ihm nach dieſer Seite hin höchſt verwandten Händel, dem eben⸗ falls die mechaniſche Cadenzirung ſtets ſo verführeriſch nahe lag, am meiſten dem geiſtreichen Spott ihres doch gewiß auf- richtigen Verehrers Wagner verfällt, man denke nur an die Meiſterſinger! Allein dieſer etwas breit behagliche, gemüth⸗ lich⸗bürgerliche Ton, dieſes Sichhineinweben in die eigene Empfindung, während da draußen die Welt laut toſt und brauſt und ebenſo ewig neu gebiert wie zerſtört, er iſt immer⸗ hin eine Idealiſirung des ewig bedürftigen Tagesdaſeins, wie ſie ſelbſt die der Kunſt Befliſſenen nur ſelten beſitzen, und was uns Wagner an Echtem, Tüchtigem und Erhebendem in ſeinem Hans Sachs zeichnet, Spohr war dies in völli⸗ ger Wirklichkeit. Dieſer verklärende Engel ſeines ganzen Daſeins aber iſt in wahrhaft lieblich holder Erſcheinung ſeine Jeſſonda. Daher ſie uns dauernd geweiht bleibe!

9. Wachſende Erfolge.

(1824 —1840.)

In Caſſel ſollte Spohr während eines Zeitraums von faſt vierzig Jahren unter zwei Regenten die ganzen Wun⸗ der jener Reactionszeit erleben, die jedem freigeborenen Deutſchen ein Gräuel bis in die Seele war. Doch lin— derte ſeinen Widerwillen gegen ſolche Zuſtände die auf⸗

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richtige Kunſtliebe ſeiner Fürſten ſowie deren perſönliche Geſinnung für ihn. Konnte er es zum Beiſpiel nicht durch⸗ ſetzen, daß die Leibgardiſten, die im Theaterorcheſter mit⸗ wirkten, ebenfalls in Civil erſchienen, ſodaß daſſelbe dem Auge ein komiſches Bunterlei zeigte, ſo wurden ſeine An⸗ träge um Vermehrung dieſer Capelle ſelbſt ſämmtlich ge⸗ nehmigt, und er rühmt mit Recht, daß dieſelbe „durch dieſen Zuwachs und ein fleißiges Einüben“ eine der vorzüglichſten in Deutſchland geworden ſei.

Er richtete ſich nun bald in einem eigenen Häuschen ein, in dem dann vor allem viel Kammermuſik getrieben wurde, und genoß eines Behagens, um das ihn mancher Künſt⸗ ler beneiden konnte, das große Genien wie Mozart und Beethoven nicht gekannt haben. Auch der Ruf, der ihm als Geiger zutheil geworden, harrte bis in ſeine alten Tage aus und wurde ſogar noch durch den des Componiſten übertroffen. War dies letztere nun auch kurzſichtige Ueber⸗ treibung, da Spohr immer nur, namentlich gegen ſein Vorbild Mozart, wie Goethe den Mond beſingt, die „Schweſter von dem erſten Licht“ bleibt, ſo iſt es gerade für die Geſchichte unſerer Kunſt und ihrer Meiſter von Werth zu ſehen, wie meiſt eben erſt die Nachbildner des Großen dieſem ſelbſt den Weg bahnen: wie Spohr auch im weiteſten Kreiſe erſt den Sinn für ernſtere Muſik, au⸗ ßerhalb des Religiöſen, ſo hat ſpäter Mendelsſohn ins⸗ beſondere für die Auffaſſung von Bach und Beethoven vorbereitet, deren ſoviel ſchwächerer Nachbildner er war. Die Aufnahme Bachs, Mozarts, Beethovens aber hat erſt das Verſtändnis der großen Schöpfungen ermöglicht, die dann wir Heutigen auch auf dem Gebiete des Dramatiſchen erleben, und wir werden ſehen, daß Spohrs ernſte Liebe für ſeine Kunſt auch hier das wirklich Neue und Selbſt⸗ eigene ſogar in ſeinen jugendlichen Anfängen verſtand.

Er ſelbſt blieb immer darauf bedacht, die Grenzen ſeiner Kunſt zu erweitern und ſie namentlich dem freien geiſtigen

Biographie Spohrs. 71

Leben anzunähern. Hatte er früher bereits das Doppel- quartett verſucht, ſo ſchrieb er jetzt eine Symphonie für zwei Orcheſter, und zwar ward er darauf durch ſein Thema geführt, welches lautete: „Irdiſches und Göttliches im Menſchenleben“. Sein unbefangener Sinn leitete ihn alſo zu jener Programm⸗Muſik, die im Grunde ſchon bei Beet⸗ hoven völlig vorhanden, in Berlioz, Liſzt und Wagner herrlichſte muſikaliſche Geiſtesfrüchte tragen ſollte. Seinen ferneren Compoſitionen hängt freilich ein vorwiegend for⸗ males Weſen an, das ſie eben doch auf die Dauer der Vergänglichkeit weiht. Zu dem Oratorium „Die letzten Dinge“, das ihm Hofrath Rochlitz geſchickt hatte, machte er noch „neue Studien des Contrapunktes und des Kirchen- ſtiles“. War aber ſchon ſelbſt ſeine beſte Oper opernhaft geblieben, fo ſchmeckt in dieſen und den folgenden orato⸗ riſchen Werken Spohrs eben alles nach „Kirchenſtil“. Erſt unſere Zeit hat dieſe unverbundene Miſchung des ſtrengen Stiles der Alten mit dem melodiſchen, dem ſogenannten Gala⸗Stile der claſſiſchen Zeit überwunden und in dieſer Hinſicht wirklich Neues und Eigenes erzeugt. Es ſei dafür einzig an Liſzts „Chriſtus“ und den „Parſifal“ erinnert.

Wir laſſen nun ihn ſelbſt und ſeine zweite Gattin die ferneren Begebniſſe weiter erzählen.

Im Jahre 1830 kam Paganini, den er ja in Italien perſönlich ſchon kennen gelernt hatte, und gab zwei Con⸗ certe. „Seine linke Hand ſowie die immer reine Intonation erſchienen mir bewunderungswürdig,“ ſagt er. „In ſeinen Compoſitionen und ſeinem Vortrage aber fand ich eine ſonderbare Miſchung von höchſt Genialem und kindiſch Ge⸗ ſchmackloſem, wodurch man ſich abwechſelnd angezogen und abgeſtoßen fühlte, weshalb der Totaleindruck nach öfterem Hören für mich nicht befriedigend war.“ Es mochte ihm dieſe phänomenale Erſcheinung zugleich ein Antrieb ſein, ſeine Wiolinſchule zu ſchreiben, um fo der Künſtlerſchaft auf ſeinem Inſtrumente eine erneute dauernde Grundlage zu

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72 Biographie Spohrs. geben. Was daraus hervorgegangen, ſehen wir heute in entzückter Bewunderung an A. Wilhelmy, durch Davids Ausbildung ein Zögling der Schule Spohrs zu nennen.

Im Jahre 1832 entſtand feine Symphonie „Die Weihe der Töne“, nach einem Gedichte R. Pfeiffers. „Im erſten Satze hatte ich die Aufgabe, aus den Naturlauten ein har⸗ moniſches Ganze zu bilden,“ ſagt er und fand ſich durch einen ſolchen Preis der eigenen Kunſt höchſt angezogen. Das Werk fand denn auch bald weite Verbreitung. Im Jahre 1835 ſchrieb er ebenfalls auf Rochlitz' Anregung das Paſſionsoratorium „Des Heilands letzte Stunden“. Sein Gemüth war bei dieſer erhabenſten aller Begeben⸗ heiten und Vorſtellungen um ſo tiefer mit betheiligt, als er eben damals ſeine ſo ſehr geliebte Frau verlor. „Heute noch gedenke ich mit tiefer Wehmuth des Momentes, als ich ihrer Stirne den letzten Kuß aufdrückte!“ ſchreibt er und nennt das Werk ſelbſt die „gelungenſte meiner Ar⸗ beiten“.

Dieſe Werke waren es nun, mit denen er, vor allem in England, ſich höchſten Ruhm erwarb und ſo den Höhe⸗

punkt ſeines menſchlichen wie künſtleriſchen Daſeins erlebte.

Er ward fortan ſehr häufig zur eigenen Leitung ſeiner Compoſitionen eingeladen, und dadurch wie durch ſeine

fortgeſetzten Reiſen lernte er die Mehrzahl der mitlebenden

Meiſter ſeiner Kunſt und andere ſchaffende Geiſter kennen. Spontini in Berlin, der mit gewiſſeſtem Selbſtbewußtſein als Heros der muſikaliſch-dramatiſchen Welt von damals dreinſchauende hochtoupirte Pariſer Italiener, hatte ihn ſchon 1825 zur Leitung der Jeſſonda eingeladen, die auch dort ihren Beifall fand. Eine Reiſe ins Seebad führte ihn über Düſſeldorf, wo Immermann und Mendels⸗ ſohn wirkten. Letzterer ſpielte ihm die erſten Nummern des „Paulus“ vor, an denen ihm nur das nicht recht gefallen

wollte, daß ſie zu ſehr dem Händelſchen Stile nachgebildet

waren. Deſtomehr ſchien dem jüngeren Meiſter ein neues

Biographie Spohrs. 73

Concertino zu gefallen, in dem Spohr als „Novität“ ein eigenthümliches Staccato in einem langen Striche ange⸗ bracht hatte. Er begleitete das Stück auf ſehr gewandte Weiſe aus der Partitur, konnte das Staccato nicht oft genug hören und ſagte zu ſeiner Schweſter: „Sieh, das iſt das berühmte Spohrſche Staccato, welches ihm kein Geiger nachmacht.“ Als er von da zu Immermann ging, ſchlug ihm dieſer einen Beſuch bei dem „Sonderling“ Grabbe, dem Dichter von „Fauſt und Don Juan“ vor, wobei etwas recht Drolliges paſſirte. „Als wir bei ihm eintraten und der kleine Menſch mich Koloß zu Geſicht bekam,“ erzählt Spohr, „zog er ſich ſchüchtern in eine Ecke des Zimmers zurück und die erſten Worte, die er ſprach, waren: „Es wäre Ihnen ein Leichtes, mich da zum Fenſter hinauszuwerfen“. Ich antwortete: „Ja ich könnte es wohl, aber darum bin ich nicht hierher gekommen“. Erſt nach dieſer komiſchen Scene ſtellte mich Immermann dem när⸗ riſchen aber intereſſanten Menſchen vor.“ Im übrigen verlebte er in Mendelsſohns wie Immermanns Geſell⸗ ſchaft abwechſelnd angenehme Tage. Man ſieht, der ältere Künſtler ſtand ſtets mit lebhaftem Intereſſe zu den jüngeren.

Im Jahre 1838 machte er auf der Durchreiſe nach Carlsbad in Leipzig die „längſt gewünſchte“ Bekanntſchaft mit Robert Schumann, der, „obgleich im Uebrigen ſehr ſtill und ernſt“ doch mit großer Wärme ſeine Verehrung für ihn an den Tag legte und ihn durch den Vortrag mehrerer ſeiner intereſſanten Phantaſieſtücke erfreute. So erzählt, da Spohr ſelbſt ſeit dieſem Jahre nichts mehr aufzeichnete, ſeine zweite Frau, die Schweſter jenes früh verſtorbenen Dichters Pfeiffer. In demſelben Jahre hatte er den erſt kürzlich geſtorbenen Norweger Ole Bull ge⸗ hört. „Sein vollgriffiges Spiel und die Sicherheit der linken Hand ſind bewundernswerth,“ ſchrieb Spohr einem Freunde, „er opfert aber wie Paganini ſeinen Kunſtſtücken zuviel Anderes des edlen Inſtrumentes. Er ſpielt mit

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vielem Gefühl, doch nicht mit gebildetem Geſchmack.“ Kleine Züge von Charlatanerie, die ſeinem eigenen ein⸗ fachen Weſen ſtets ſo fern gelegen, waren ihm bei Bull nicht entgangen. So erzählte er ſpäter öfters unter gut⸗ müthigem Lächeln zu ſeinem und Anderer Ergötzen, wie derſelbe an einer Stelle, die Gelegenheit bot durch eines ſeiner unübertrefflichen pp. zu glänzen, noch ſecundenlang den Bogen dicht über den Saiten ſchwebend gehalten habe, um das Publikum, welches in athemloſer Stille dem letz⸗ ten Verklingen lauſchte, glauben zu machen, der Ton dauere noch in einem unerhörten ppp. fort.

Im Sommer 1839 ging Spohr auf Einladung zu einem Muſikfeſte nach Norwich. Hier ſollte er ſeinen Ruhm in vollen Zügen trinken. Auf Befehl der Regierung blieb ſein Gepräck unviſitirt, dies war ein deutlicher Vorgeſchmack. Beim Beſuche der Kathedrale, in die ihn der Mayor der Stadt führte, ſtellten ſich am Schluſſe des Gottesdienſtes die Menſchenmaſſen zu beiden Seiten auf, um ſie durchgehen zu laſſen und Spohr wie ein Wunder anzuſtaunen. Selt⸗ ſamerweiſe war die Predigt gegen Spohr und ſein Paſ⸗ ſionsoratorium, das hier aufgeführt werden ſollte, gerichtet geweſen, es galt der pietiſtiſchen Partei für ſündlich einen ſo heiligen Gegenſtand zu einem Kunſtwerke zu benutzen, und die Predigt beſchwor die Andächtigen, ſie möchten nicht ihre Seele für eines Tages Vergnügen dahingeben. „Wir erblicken nun auf der Emporkirche dem fanatiſchen Eiferer gerade gegenüber ſitzend den großen Componiſten mit glück⸗ licherweiſe für Engliſch taubem Ohre, aber in ſo würdi⸗ ger Haltung, mit dem Ausdruck reinen Wohlwollens und ſoviel Demuth und Milde in den Zügen, daß ſein bloßer Anblick wie eine gute Predigt zum Herzen ſpricht,“ ſagte ein engliſches Blatt. „Wir machen unwillkürlich einen Vergleich und können nicht zweifeln, in welchem von beiden der Geiſt der Religion wohnt, die den wahren Chriſten bezeichnet.“ Das Urtheil über das Werk ſelbſt aber muß

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den mehr an formelle Dinge gewöhnten Engländern zugute gehalten werden. Es lautet: „Man kann mit Recht von dieſem Oratorium ſagen, daß ein göttlicher Hauch es durchweht; mehr als irgend ein Werk der neueren Zeit iſt es aus warmem Herzen gequollen und kann nicht ohne Thränen gehört werden.“ Die eigene Herzenswärme hat hier doch nicht die alte Form in Fluß gebracht und zu eigener Geſtaltung weiter geführt. Uebrigens waren die Zuhörer zu Tauſenden herbeigeſtrömt und der Erfolg war ein „wahrer Triumph der Kunſt und ungefälſchter Gottes⸗ empfindung.“ Die engliſchen Kirchenſänger ſind aber auch die rechten Kräfte, um ſolche Werke zur Geltung zu brin⸗ gen: ſie haben „tiefe Andacht und fromme Hingebung“ bei ſolchen Aufführungen. Spohr äußerte dies ſelbſt nach einer Anhörung von Händels „Iſrael in Egypten“.

Ein weiterer Erfolg dieſer Reiſe war der Auftrag eines Oratoriums für das Norwicher Muſikfeſt von 1842: es entſtand dadurch „Der Fall Babylons“. Einen guten Rückſchlag hatte ſolche Aufnahme des Deutſchen in Eng⸗ land: man beſann ſich auch in weiteren Kreiſen gegenüber der damals noch allherrſchenden franzöſiſchen und italieni⸗ ſchen Kunſt dann und wann wieder der eigenen deutſchen. Es ſei davon unter vielen nur das eine Beiſpiel gegeben. Die Hamburger Zeitung ſchreibt 1840: „Am Sonnabend zog die ganze ſangluſtige Geſellſchaft italieniſcher Operiſten fröhlich zum Thore hinaus, am Sonntag nahm der deutſche Meiſter Spohr den Dirigentenſitz ein, um ſeine herrliche Jeſſonda zu leiten. Dort viel Geräuſch, Luſtigkeit, auch etwas Zank und Aufſehen, ſubmiſſe Höflichkeit, hier Ruhe, edle Würde, ehrliche Denkungsart, Anſtand und bleibendes Verdienſt!“ In demſelben Jahre war Wagners „Rienzi“ ſchon vollendet und wurde nicht lange hernach in Hamburg aufgeführt, erſchien aber leider noch als für dieſes Publi⸗ kum „zu hoch gegriffen“. Dennoch haben eben Spohr und Weber dafür geſorgt, daß der Faden einer wahrhaft deut⸗

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ſchen Kunſt wenigſtens niemals völlig abgeriſſen ward. Aber auch ein Beiſpiel jener liebenden Hingebung deutſcher Fürſten an deutſche Kunſt, wie ſie ja in denkbar höchſtem Maße ſpäter R. Wagner erfahren ſollte, erzählt Spohr. Er mußte den Fürſten von Hohenzollern-Hechingen in Donaueſchingen eigens aufſuchen und es hat etwas tief Wohlthuendes zu leſen, wie dieſer ihn empfing. Er konnte ſich nicht mäßigen, hielt Spohr ſtets am Arme oder an der Hand feſt und flüſterte nicht nur ihm ſeine begeiſterten Empfindungen zu, ſondern ließ ſie oft ganz laut werden. In Deutſchland gehören die Fürſten in der That zum Volke, Spohr iſt einer derjenigen Künſtler geweſen, die wenigſtens auf ihrem Gebiete dieſe Empfindung wach er⸗ halten haben. Welch herrliche Früchte ſollte uns dies bringen!

10. Der fliegende Holländer.

(1842—1843.)

„Ich bin der hieſigen Vexationen ſo müde, daß ich mich in meinen alten Tagen noch entſchließen könnte, von hier wegzugehen,“ ſchreibt im Jahre 1843 von Caſſel aus Spohr an ſeinen Schüler und Freund, den ſo hervorra⸗ genden Theoretiker Moritz Hauptmann, welcher Cantor an derſelben Thomaskirche zu Leipzig war, die mehr als zwanzig Jahre der große Sebaſtian Bach mit ſeinem Schaffen erfüllt hatte. „Eine Veranlaſſung böte mir ein Antrag, die durch Dionys Weber erledigte Stelle als Director des Prager Conſervatoriums zu übernehmen. Ein ſolcher Wirkungskreis könnte mir ſchon zuſagen.“ Rück⸗ ſicht auf ſeine Familie veranlaßte ihn jedoch den ehren⸗ vollen Ruf abzulehnen; auch wußte er, daß durch ſeinen Abgang Caſſel eine „muſikaliſche Steppe“ werden würde.

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Um ſo mehr trachtete er daſſelbe ſtets weiter zu jener Oaſe auszubilden, die es für Wahrung des deutſchen Sti⸗ les in der Muſik ſeit Jahrzehnten war. Hatte er zum Beiſpiel auch die Matthäuspaſſion dort eingebürgert, indem er dieſe „großartige, überaus ſchwierige Muſik“ ſo ſicher einſtudirte, daß ſie in würdiger Weiſe vorgeführt werden konnte, ſo achtete er ebenſo aufmerkſam auf jede Regung in der deutſchen Oper. Denn was erzählt Richard Wagner im Gegenſatz zu Hamburg und dem dort nach Dresden zuerſt aufgeführten „Rienzi“? „Hiergegen machte ich wie— der andere Erfahrungen mit dem fliegenden Hollän⸗ der,“ heißt es in den „Drei Operndichtungen“ von 1852. „Bereits hatte der alte Meiſter Spohr dieſe Oper ſchnell zur Aufführung gebracht. Dies war ohne Aufforderung meiner Seits geſchehen. Dennoch fürchtete ich Spohr fremd bleiben zu müſſen, weil ich nicht einzuſehen vermochte, wie meine jugendliche Richtung ſich zu ſeinem Geſchmacke ver⸗ halten könnte. Wie war ich erſtaunt und überraſcht, als dieſer graue, von der modernen Muſikwelt ſchroff und kalt ſich abſcheidende ehrwürdige Meiſter in einem Briefe ſeine volle Sympathie mir kundthat und dieſe einfach durch die innige Freude erklärte, einem jungen Künſtler zu begegnen, dem man es in allem anſehe, daß es ihm um die Kunſt Ernſt ſei! Spohr der Greis blieb der einzige deutſche Kapellmeiſter, der mit warmer Liebe mich aufnahm, meine Arbeiten nach Kräften pflegte und unter allen Umſtänden mir treu und freundlich geſinnt blieb.“

Wir beſitzen zum Glück über dieſes Ereignis und Ber- hältnis die zuverläſſige Aufzeichnung von Spohrs Umge⸗ bung, müſſen uns jedoch vorher einigermaßen deutlich machen, in welchem Verhältnis Spohr zu der damaligen „modernen Kunſt“ ſtand. Auch dazu verhelfen uns ſeine eigenen Thaten und Aeußerungen. Spohr hatte nämlich im Jahre 1839 eine „Hiſtoriſche Symphonie im Stil und Geſchmack vier verſchiedener Zeitabſchnitte“ geſchrieben:

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erſter Satz Bach⸗Händelſche Periode 1720, Adagio Haydn⸗ Mozartſche 1780, Scherzo Beethovenſche 1810, Finale aller⸗ neueſte Periode 1840. Das Werk fand ſehr verſchieden⸗ artige Aufnahme. Am ſchärfſten und geiſtreichſten ſprach ſich Robert Schumann in ſeiner bahnbrechenden „Neuen Zeitſchrift für Muſik“ darüber aus.

„Daß gerade Spohr auf dieſe Idee verfällt,“ ſagt er, „Spohr, der fertig abgeſchloſſene Meiſter, Spohr, der nie etwas über die Lippen gebracht, was nicht ſeinem eigenſten Herzen entſprungen, und der immer beim erſten Klange ſchon zu erkennen, dies muß wohl uns allen intereſſant erſcheinen. So hat er denn ſeine Aufgabe gelöſt, wie wir es faſt erwarteten: er hat ſich in das Aeußere, die Formen verſchiedener Stile zu fügen angeſchickt, im Uebrigen bleibt er der Meiſter, wie wir ihn lange kennen und lieben, ja es hebt gerade die ungewohnte Form ſeine Eigenthümlich⸗ keit noch ſchreiender hervor, wie denn ein irgend von der Natur Ausgezeichneter ſich nirgends leichter verräth, als wenn er ſich maskirt. So ging Napoleon einſtmals auf einen Maskenball und kaum war er einige Augenblicke da, als er ſchon die Arme in einanderſchlang. Wie ein Lauffeuer ging es durch den Saal: ‚Der Kaiſer!“ Aehnlich konnte man bei der Symphonie in jedem Winkel des Saales den Laut ‚Spohrl‘ hören. Am beſten, ſchien es mir, verſtellte er ſich noch in der Mozart-Haydnuſchen Maske. Der Bach⸗-Händelſchen fehlte viel von der nervigen Ge⸗ drungenheit der Originalgeſichter, der Beethovenſchen aber wohl alles. Als völligen Mißgriff möchte ich aber den letzten Satz bezeichnen. Dies mag Lärm ſein, wie wir ihn oft von Auber, Meyerbeer und Aehnlichen hören. Aber es giebt auch Beſſeres, jene Einflüſſe Paralyſirendes genug, daß wir die bittere Abſicht jenes Satzes nicht ein⸗ ſehen. Ja Spohr ſelbſt darf ſich nicht über Nichtaner⸗ kennung beklagen. Wo gute Namen klingen, klingt auch ſeiner, und dies geſchieht täglich an tauſend Stellen.“

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Aehnlich ſchreibt von dieſem letzten Satze Mendelsſohn an Spohr ſelbſt: „Mir iſt dabei immer zu Muthe gewor- den, als wäre die neuere Zeit, gerade weil Sie ſie in Muſik ausdrücken, anders und großartiger hinzuſtellen ge⸗ weſen. Ich dachte, es würde dem Ganzen dadurch die Krone aufgeſetzt werden, wenn nach den drei erſten ein⸗ fachen Sätzen nun ein letzter nach Ihrem eigenen Sinn durchgeführt recht ernſthaft und vielſagend käme, der in ſich ſelbſt den Hauptgedanken der Symphonie ausſpräche.“ In Wien dagegen hatten gerade die „leichte pikante Ma⸗ nier“ und „fröhlichen Rhythmen“ dieſes Satzes am beſten gefallen. Ebenſo begreiflicherweiſe in England, und dadurch erfahren wir Spohrs eigentliche Meinung. „Die Berichte von London laſſen mich hoffen, daß ich die früheſten Pe⸗ rioden, wozu ich förmliche Vorſtudien gemacht hatte, ſowie die beiden mittleren gut charakteriſirt habe, nur über die neueſte war man dort getheilter Meinung. Einige glaubten zu erkennen, daß ich in dieſem Satze die allerneueſte Schule, dort ſpottweiſe die metallene genannt, habe perſifliren wollen, andere aber, Freunde dieſer Schule, fanden, daß dieſer Satz klar darthun ſolle, daß die allerneueſte Muſik in ihrer Wirkung doch alles Frühere übertreffe. Da dieſe Widerſprüche die allerneueſte Muſik am beſten charakteri⸗ ſiren, ſo kann ich auch mit der Wirkung dieſes letzten Satzes wohl zufrieden ſein.“

Daß ihm das an allen Ecken und Enden Geiſt, Aus⸗ druck und Leben Gewordene dieſer ſoeben erblühenden mo⸗ dernen Muſik nicht völlig klar geworden, erſehen wir daraus, daß er es an demjenigen Künſtler nicht erkennt, der zuerſt daſſelbe wenigſtens in der ſinnenhaften Dar⸗ ſtellung in höchſter Vollendung hinſtellte und dadurch fo- gar Wagner wieder ganz neue Aufſchlüſſe über Bach wie über Beethoven gab, an Liſzt, der 1841 auch in Caſſel war. Es verlautet da nur von dem „ſtürmiſchen Beifall des begeiſterten Publikums“, von „großem Genuß“, von

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„unübertroffener Meiſterſchaft“, von der Bewunderung ſeines „Vom Blatt⸗Spielens in höchſter Vollendung“, von dem abſolut Neuen dieſer plaſtiſchen Vortragsweiſe iſt keine Rede, und gar die eigenen Compoſitionen, die Liszt vor⸗ führte, werden keiner näheren Erwähnung würdig gefunden, obwohl darin doch ſogleich ein ganz neuer, höchſt poeti⸗ ſcher Stil ſich ankündigte. Wenn wir nun wiſſen, daß Spohr auch den letzten Werken Beethovens, namentlich der Neunten Symphonie, dem eigentlichen Ausgangspunkte der modernen Epoche, nie hat „Geſchmack abgewinnen können“, ſo iſt die Aufnahme des „Holländers“, der ganz unmittelbar an dieſen Beethoven anknüpft, ebenſo verwun⸗ derns⸗ wie anerkennenswerth: ſie bleibt ein Beweis, daß dieſer Künſtler in der That, wenn es darauf ankam, ſich auch über die Grenze des eigenen Urtheils zu erheben und das Neue freudig gelten zu laſſen wußte.

Es heißt alſo in der Biographie weiter: „So war nun Spohr dem auch ihm als zweite Heimat liebgewordenen Caſſel erhalten und er fuhr fort, mit dem gewohnten Eifer ſeinen Berufsgeſchäften obzuliegen. Da galt es denn aber⸗ mals ein ſchwieriges Werk einzuſtudiren, nämlich den flie⸗ genden Holländer‘ von Richard Wagner, den Spohr zur Feſtoper für den zweiten Pfingſttag von 1843 vorgeſchla⸗ gen, nachdem er von Dresden viel Rühmliches darüber vernommen und bei Durchſicht des eingeſchickten Textbuches daſſelbe in jeder Beziehung ſo befriedigend gefunden hatte, daß er es ein kleines Meiſterſtück nannte und bedauerte, nicht zehn Jahre früher ein ähnliches ebenſo gutes zur eigenen Compoſition gefunden zu haben. Als er dann in den Proben die Oper genauer kennen gelernt, ſchrieb er darüber: ‚Dieſes Werk, obwohl es nahe die Grenze der neu⸗romantiſchen Muſik a la Berlioz ſtreift und mir un⸗ erhörte Arbeit wegen ſeiner immenſen Schwierigkeit macht, intereſſirt mich doch im höchſten Grade, da es augenſchein⸗ lich in reiner Begeiſterung geſchrieben iſt und nicht wie ſo

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vieles der modernen Operumuſik in jedem Takte das Be⸗ ſtreben, Aufſehen zu erregen oder gefallen zu wollen, her⸗ aushören läßt. Es iſt viel Phantaſie darin, durchaus edle Erfindung, iſt gut für die Singſtimmen geſchrieben und zwar enorm ſchwer und etwas überladen inſtrumentirt, aber voll neuer Effekte, und wird gewiß, wenn es erſt in den größeren Raum des Theaters kommt, vollkommen klar und verſtändlich werden. Ende dieſer Woche beginnen die Theaterproben, auf die ich beſonders geſpannt bin, um zu ſehen, wie ſich das phantaſtiſche Sujet und die noch phantaſtiſchere Muſik in Scene ausnehmen werden. Inſo⸗ weit glaube ich ſchon mit meinem Urtheil im Klaren zu ſein, daß ich Wagner unter den jetzigen dramatiſchen Componiſten für den begabteſten halte. Wenigſtens iſt ſein Streben in dieſem Werke dem Edlen zugewendet und dies beſticht in jetziger Zeit, wo alles darauf ausgeht, Auf⸗ ſehen zu erregen oder dem gemeinſten Ohrenkitzel zu fröhnen!“

Trotz der faſt unüberſteiglich ſcheinenden Schwierigkei⸗ ten, von denen man noch zwanzig Jahre ſpäter bei der ausgezeichneten Capelle in München unter Wagners eigener Leitung eine Probe hatte, brachte Spohr ſchließlich eine Aufführung zu Stande, die nichts zu wünſchen übrig ließ und auch beim Publikum die günſtigſte Aufnahme fand. Zur wahren Genugthuung gereichte es ihm dann, ſogleich ſelbſt hierüber an Wagner zu berichten, worauf dieſer hochbeglückt Folgendes erwiderte:

„Mein hochverehrter Herr und Meiſter!

Von der Freude, ja von dem Entzücken, das mir Ihr ſo außerordentlich liebenswürdiger Brief bereitete, mußte ich mich wirklich erſt etwas erholen, ehe ich daran gehen konnte, Ihnen zu ſchreiben, und mein dankbares Herz gegen Sie auszuſchüttenn

Um Sie in den Stand zu ſetzen, ſich die außerordent⸗ liche Bewegung erklären zu können, die Ihre Nachrichten

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in mir hervorbrachten, muß ich Ihnen zunächſt kaltblütig auseinanderſetzen, welches meine Erwartungen auf den Erfolg dieſer Oper waren. Bei den großen und unge⸗ wöhnlichen Schwierigkeiten, die ſie darbietet, konnte ich mir nur wenig davon erwarten, ſobald bei einer Bühne, möge ſie auch die beſten muſikaliſchen und dramatiſchen Kräfte aufweiſen können, nicht an der Spitze ein Mann ſtünde, der mit beſonders energiſcher Fähigkeit und gutem Willen ſich von vornherein meines Intereſſes gegen alle Hinderniſſe annähme. Daß Sie, mein hochverehrter Mei⸗ ſter, wie kein anderer die Eigenſchaften zu ſo energiſcher Ueberwachung beſäßen, wußte ich, ob aber meine Arbeit Ihnen würdig erſcheinen konnte, ſich ihrer mit ſolch ent⸗ ſcheidendem Intereſſe anzunehmen, dies war der gewiß ſehr natürliche Zweifel, der, je näher die Zeit der mir angezeigten Vorſtellung rückte, mich immer entmuthigender einnahm, ſodaß ich es geſtehe, wenn ich in meinem Klein⸗ muthe nicht wagte, nach Caſſel zu gehen, um mich nicht perſönlich und zu meiner Beſchämung von der Wahrheit meiner Befürchtungen überzeugen zu müſſen.

Nun ſehe ich aber wohl, daß ein Glücksſtern über mir aufgegangen iſt, da ich die Theilnahme eines Mannes ge⸗ winnen konnte, von dem ſchon eine nachſichtige Beobachtung mir zum Ruhme gereicht hätte: ihn ſelbſt mit der för⸗ derndſten und entſcheidendſten Thätigkeit ſich meiner Sache annehmen zu ſehen, das iſt ein Glück, welches mich gewiß vor Vielen auszeichnet und welches mich denn wirklich zum erſten Male mit einem Gefühle des Stolzes erfüllt, das bis jetzt noch nie, durch kein Zujauchzen des Publi⸗ kums in mir hervorgerufen werden konnte.“

Selbſt die von Spohr gemachten Ausſtellungen, in wel⸗ chen er deſſen „wahre Theilnahme“ erkannte, nahm Wag⸗ ner mit gleicher Dankbarkeit und Freundlichkeit auf, ſowie er ſich in allen feinen fpäteren Briefen ſtets mit der wärm⸗ ſten Anhänglichkeit und Verehrung gegen ihn ausſprach.

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Der wahre „Glücksſtern“ freilich ſollte Wagner erſt zwanzig Jahre ſpäter aufgehen, als ein deutſcher König ſich mit der „förderndſten und entſcheidendſten Thätigkeit“ ſeiner annahm. Und was jedenfalls im Gegenſatz zu unſerer heutigen Auffaſſung Spohr hauptſächlich an dem Werke anzog, war das in demſelben noch waltende opern⸗ geſanghafte Element, um deſſentwillen er das „Phanta⸗ ſtiſche“ und namentlich das ausgeſprochen Dramatiſche gern mit in den Kauf nahm. Ehre aber auch hier ſeinem An⸗ denken, daß er wahrhaft ernſte Beſtrebungen deutſcher Kunſt von Anbeginn thätig unterſtützte!

11. Das Ende des Gerechten. (1844 —1859.)

„Die Muſik war bei ihm eng verbunden mit Glaube, Liebe, Hoffnung!“

Mit den ſteigenden Jahren unſeres Altmeiſters mehrten ſich ſeine Ehren der Zahl wie dem Grade nach. Er genoß ſeines Ruhmes vollſtändig, während Mozart und Beet⸗ hoven mit dem Bewußtſein ihn würdig verdient zu haben ins Grab ſanken. Um ihn bei einer Aufführung ſeines Oratoriums „Der Fall Babylons“ in Norwich zu haben, wandten ſich Lord Aberdeen und der Herzog von Cambridge perſönlich an den eigenſinnigen Kurprinzen von Heſſen, und als dies nichts fruchtete, kam eine Bittſchrift der Reprä⸗ ſentanten der geſammten Grafſchaft Norfolk (100000 Men⸗ ſchen). Es nutzte zwar ebenfalls nichts, aber Spohrs Ruhm ward dadurch nur vergrößert. Bei einer kurz darauf fol⸗ genden Einladung nach London wurde er „gleich einem Fürſten bewillkommt, indem die ganze Verſammlung ſich freiwillig von ihren Sitzen erhob, um ihn zu begrüßen.“ Ebenſo verſammelte bei einem Aufenthalte in Paris Ha⸗

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beneck zu feinen Ehren ſogar während der Ferien das Or- Heſter des Conſervatoriums, um ihm feine Symphonie „Die Weihe der Töne“ vorzuführen. Es iſt begreiflich, daß es in beiden Städten, zumal in London, wo Mendels⸗ ſohn womöglich noch höher gehalten war, ſpäter originalen Geiſtern wie Berlioz und Wagner ſchwer wurde durchzu⸗ dringen: ihre Werke leben aber dafür dauernd.

Eine Folge der Einwirkung des „Fliegenden Holländers“ war die 1844 „mit beſonderer Vorliebe“ componirte Oper „Die Kreuzfahrer“ nach dem Kotzebueſchen Schauspiele. Sie iſt „ganz abweichend von der bisher gebräuchlichen Form ſowie von dem Stil ſeiner früheren Opernmuſik, das Ganze gleichſam als muſikaliſches Drama ohne Textwiederholun⸗ gen und Ausſchmückungen mit immer fortſchreitender Hand⸗ lung durchcomponirt“. Das Oleiche lobte er ſelbſt auch an R. Schumanns „Genoveva“, obgleich er ſonſt an ihm öfter „Wohllaut und melodiſche Harmoniefolgen“ vermißte. Die „Kreuzfahrer“ fanden in Caſſel eine „beiſpiellos glän⸗ zende“ Aufnahme und hatten auch 1845 in Berlin einen „überaus glücklichen Erfolg“, in Berlin, wo das Jahr zuvor der „Fliegende Holländer“ nicht hatte durchdringen können! „Sieglinde ſtarb, doch Siegfried, der genaß!“ heißt es in Wagners Nibelungenring.

Die rückſichtsloſe Zurückſendung der Partitur des Wer⸗ kes von Dresden brachte nun Spohr im Jahre 1846 auch in perſönliche Bekanntſchaft mit dieſem jüngeren Meiſter. Er hatte ihm zu ſeinem Verdruſſe zu melden, daß der Kurprinz die Aufführung des „Tannhäuſers“ abgeſchlagen habe, und macht dabei ausführliche Mittheilung von dem unbegreiflichen Verfahren der Dresdener Intendanz. Wag⸗ ner legte ebenfalls ſeine Entrüſtung darüber in ſcharf be⸗ zeichnenden Ausdrücken an den Tag und ward darauf von Spohr zu einem Rendez-vous nach Leipzig eingeladen. Er ergriff die Idee mit großer Befriedigung und ſo wurde denn die längſt gewünſchte Bekanntſchaft zu gegenſeitiger

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größten Befriedigung gemacht. „Wir verleben hier wonne⸗ volle Tage und ſchwelgen in den ſchönſten muſikaliſchen Genüſſen,“ berichtete Frau Spohr nach Hauſe. Spohr ſpielte mit Mendelsſohn Compoſitionen Beider, ein Diner bei Wagners Schwager Profeſſor Brockhaus, „mit lauter geiſtreichen Menſchen“, darunter H. Laube, lief jehr ver⸗ gnügt ab. „Am beſten gefiel uns Wagner, der mit jedem⸗ mal liebenswürdiger erſcheint und deſſen vielſeitige Bil⸗ dung wir immer mehr bewundern müſſen,“ heißt es dabei. „So äußerte er ſich auch über politiſche Angelegenheiten mit einer Theilnahme und Wärme, die uns wahrhaft überraſchte und umſomehr erfreute, da er in höchſt libera— lem Sinne ſprach.“ Den Abend fand man ſich bei Men⸗ delsſohn wieder zuſammen, der für Spohr „ganz rührend unverkennbare Liebe und Verehrung bezeugte“. Dieſer ſpielte von ſeinen Quartetten, darunter auch das neueſte dreißigſte, bei welchem Mendelsſohn und Wagner „mit entzückten Mienen“ in der Partitur nachlaſen: „Neidlos geb' ihrem Zauber ich mich hin“. Wagner nahm noch am Abend Abſchied, was beiden Theilen ſehr nahe ging. „Doch haben wir auch nach ſeiner Abreiſe uns noch viel mit ihm beſchäftigt, indem er uns einen neu gedichteten Operntext zurückließ, der höchſt eigenthümlich und anziehend iſt,“ heißt es vom Lohengrin. Ein Jahr ſpäter war Men⸗ delsſohn, als deſſen „Reizendſtes“ auch Spohr die Muſik zum Sommernachtstraum pries, todt und drei Jahre ſpäter Wagner in der Verbannung. „Sein Verluſt iſt ſehr zu beklagen, da er der begabteſte unter den jetzt lebenden Componiſten und ſein Kunſtſtreben ein ſehr edles war,“ ſchreibt Spohr von Erſterem. Dem lebenden Meiſter aber bewahrte er die thätige Theilnahme und zwar obwohl er im Grunde die Bedeutung ſeines Schaffens nicht ermaß, er war dazu zuviel „Componiſt“. Wir vernehmen denn auch darüber Spohrs eigene Worte. Er ſchreibt im Jahre 1852 an Moritz Hauptmann:

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„Wir ſtudiren jetzt den Tannhäuſer. Die Oper hat viel Neues und Schönes, aber auch manches ohrzerreißende Unſchöne.“ Und ſpäter: „Die Oper hat durch ihren Ernſt und ihren Inhalt viel Freunde gewonnen, und vergleiche ich ſie mit anderen Erzeugniſſen der letzten Jahre, ſo ge⸗ ſelle ich mich auch zu dieſen. Manches was mir anfangs ſehr zuwider war, bin ich durch das öftere Hören ſchon gewohnt geworden; nur das Rhythmusloſe und der häu⸗ fige Mangel an abgerundeten Perioden iſt mir fortdauernd ſehr ſtörend. Die hieſige Aufführung iſt wirklich eine ſehr ausgezeichnete, man wird wenig ſo präciſe in Deutſchland hören. In den enorm ſchweren Enſembles im zweiten Akt iſt geſtern auch nicht eine Note weggeblieben. Dies hindert freilich nicht, daß ſich dieſe an einigen Stellen zu einer wahrhaft ſchaudervollen Muſik geſtalten, beſonders kurz vor der Stelle, ehe Eliſabeth ſich den auf Tann⸗ häuſer eindringenden Sängern entgegenwirft. Was wür⸗ den Haydn und Mozart für Geſichter machen, müßten ſie einen ſolchen Höllenlärm, den man jetzt für Muſik aus⸗ giebt, mit anhören! Die Chöre der Pilger wurden ſo rein intonirt, daß ich mich zum erſten Male mit den unnatür⸗ lichen Modulationen derſelben einigermaßen verſöhnte. Es iſt merkwürdig, woran ſich das menſchliche Ohr nach und nach gewöhnt!“ Ebenſo ſagt er nach Anhörung des „Ben⸗ venuto Cellini“ in London: „Es geht dem Berlioz, wie den anderen Koryphäen der Zukunftsmuſik: ſie überlaſſen ſich bei der Arbeit nicht ihrem natürlichen Gefühl, ſondern ſpeculiren auf Nochnichtdageweſenes. So geſchieht es, daß dieſe begabten Muſiker ſelten etwas Genießbares zuſtande bringen, beſonders für Leute, die bei Haydn, Mozart und Beethoven groß gezogen ſind.“ Und ein andermal von der Oper ſeines Schülers Jean Bott: „Es iſt mehr gute Muſik, überſichtliche Form und rhythmiſches Geſchick darin als in den Wagnerſchen Opern und doch gehört fie im Stil der ſogenannten Zukunftsmuſik an.“

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Die Pilger⸗Chöre des „Tannhäuſer“ athmen, wie Liſzt es treffend ausgedrückt, eine „gewiſſe Exſtaſe und geheime überſchwängliche Wonne des Reuegefühls“, wie follte da der bloße äußerliche Wohlklang herrſchen! Den „Höllen⸗ lärm“ aber verurſachte und verurſachen noch heute ſo oft in Wagnerſchen Aufführungen die Ungeſchicktheiten der Inſtru⸗ mentaliſten, beſonders der Bläſer, die an ſolchen Ste len wie die des „Tannhäuſer“ Tod und Teufel darauf los⸗ toſen, ſtatt auch hier den Ton geiſtig zu intoniren und ſo⸗ zuſagen ſprechen zu laſſen.

Gleichwohl war Spohr ſehr geſpannt auch den „Lohen⸗ grin“ zu hören. Allein der Kurfürſt verſagte die Geneh⸗ migung und ſo hörte er daraus 1855 nur einige „Num⸗ mern“ in einem Concerte in Hannover. „Auch die Neunte Symphonie Beethovens, ſo abnorm manches darin, na⸗ mentlich der letzte Satz ſein mag, gewährte in dieſer Voll⸗ endung einen wahrhaft hohen Genuß,“ ſchreibt Frau Spohr 1853 von London aus. Woran ſich das menſchliche Ohr doch nicht gewöhnt! Hätte Spohr erſt Werke wie Triſtan und Parſifal hören können!

Während auf ſolche Weiſe auch Spohr der geiſtbeſchrän⸗ kenden Wirkung feiner Zeitepoche verfiel, der ja ſelbſt grö⸗ ßere und ſogar genialiſche Geiſter oft nicht widerſtanden haben, faßte doch der alte Fritz den Genius Goethes nicht und Schopenhauer nicht den geiſtigfreien Dichter in R. Wagner! iſt eine Seite feines Daſeins und Wirkens von dauerndem Gewinn für Kunſt und Leben geblieben: er hat, wohin er kam, der Muſik die weiteſten Kreiſe der Bildung erobert und dem Muſiker die entſprechende Geltung und Stellung in der Geſellſchaft verſchafft. Er ließ der Würde ſeiner Kunſt auch in ſocialer Hinſicht niemals zu nahe treten und wie dem Souverain der Kunſträume imponirte er ſo dem Souverain des Thrones. Konnte doch Friedrich Wilhelm IV. nicht umhin, ihn durch den damals weltbe⸗ rühmten Alexander von Humboldt perfönlich zur königlichen

88 Biographie Spohrs.

Tafel laden zu laſſen und beſuchten die Potentaten, wo er weilte, die Productionen ſeiner Kunſt! Der letzte Grund dieſer Wirkung lag in ſeiner menſchlichen Perſönlichkeit, die ſich durchaus mit ſeiner Kunſt identificirte, weil dieſe eben ganz aus ihr, nicht aus einem angelernten Können ſtammte. Er hielt als Mann ebenſo auf Freiheit und Ehre, wie als Künſtler auf die Reſpectirung alles Idealen. Einige Beiſpiele aus ſeinen letzten Lebenstagen mögen uns dieſe wahrhaft würdige Künſtler- und Manneserſcheinung zum Abſchluß völlig vergegenwärtigen.

Bei der Durchreiſe nach London trafen ſie in Gent ein großes Sängerfeſt. Der Erkennung folgte die Nöthigung in den Feſtſaal einzutreten. „Meine Herren, der große Meiſter Spohr kommt ſoeben in unſere Stadt, da iſt er!“ auf dieſen Aufruf eines Mitgliedes erhob ſich die ganze ungeheure Verſammlung und rief: „Es lebe Spohr, der große Spohr!“ „Die Scene hatte durch das ganz Ueberraſchende etwas ſehr Eigenthümliches und faſt Ueber⸗ wältigendes,“ erzählt ſeine ihn begleitende Gattin. Die Märzrevolution von 1848 fand in Spohr einen lebhaften Vorkämpfer. „Geſchrieben zur Zeit der glänzenden Volks⸗ revolution zur Wiedererweckung der Freiheit, Einheit und Größe Deutſchlands,“ ſteht bei der Eintragung ſeines Sex⸗ tetts Op. 140, und die Schilderung: „reich an lebens⸗ friſchen Melodien und wahrhaft ätheriſchem Wohlklang wie kaum ein anderes Werk Spohrs“ bezeugt die freudige innere Antheilnahme an dieſem erſten Emporblühen poli⸗ tiſchwürdigerer Zuſtände. „Iſt auch die Einheit Deutſch⸗ lands noch nicht geſichert, ſo iſt es die Freiheit ganz gewiß und ich preiſe mich glücklich eine ſolche Zeit noch erlebt zu haben,“ ſchrieb er und wies es ab in einer Stadt wie Breslau zu ſpielen, wo der Belagerungszuſtand pro⸗ clamirt ſei, denn da könne man nicht frei athmen, viel weniger aber muſiciren! „Unſere Lage iſt jetzt eine ver⸗ zweiflungsvolle! In wenig Tagen wird der Kurfürſt zu⸗

Biographie Spohrs. 89

rückkehren, mit ihm Haſſenpflug und ſeine ...!“ ſchrieb er 1850 und ließ von da an ſeine Geige, die er ſonſt ſo gern „zu Freude und Nutzen ſeiner Mitbürger“ hatte er⸗ tönen laſſen, öffentlich ferner nicht erklingen. Der Kurfürſt wußte den renitenten Capellmeiſter durch Urlaubsverweige⸗ rung zu treffen und verhängte, als Spohr dennoch abge- reiſt war, eine bedeutende Geldſtrafe über ihn. Spohr proceſſirte, verlor aber dabei, und ſein einziger Troſt war, daß das Geld an den von ihm geſtifteten Penſionsfonds fiel. Zwar hatte er ihn im Jahre 1847 zu ſeinem fünfund⸗ zwanzigjährigen Capellmeiſterjubiläum zum Generalmuſik⸗ director mit „Hoffähigkeit“ ernannt, aber er vermochte ihn auch nach dem Grundſatze des ancien regime: „Car tel est notre plaisir“ 1857 gegen ſeinen Willen kaltblütigſt zu penſioniren. Spohr jedoch ertrug, obwohl er noch rüſtig genug geweſen wäre, auch dieſen Schlag „mit der ihm ei⸗ genen Seelengröße“.

Ungleich ſchmerzlicher war es ihm, als er wegen man⸗ gelnder Fähigkeit ſeine Ideen zuſammenzufaſſen, vom Com⸗ poniren laſſen mußte, ſogar ein Requiem blieb unvollendet. Ein Armbruch, der den durch ſeine Körperſchwere etwas unbeholfen Gewordenen traf, berührte ihn noch tiefer: der Arm zeigte die erforderliche Kraft und Elaſticität nicht mehr, worauf er dann abermals „um eines feiner köſt⸗ lichſten Lebenselemente ärmer geworden, trauernd die ge⸗ liebte Geige zur Ruhe legte“. Ihr Erbe ward fein ge- liebteſter Schüler, Auguſt Kömpel, Concertmeiſter in Wei⸗ mar. Er weiß denn auch dieſer Straduvari Töne zu entlocken, die uns Nachlebenden Spohrs Seelenweiſe zur erquickenden Empfindung bringen können.

Jetzt war er dieſes Lebens müde, in dem er nichts mehr wirken konnte. Er habe ausgenoſſen, was das Erdenleben eben zu bieten vermöge, ſagte er; er habe namentlich eine ſo weit verbreitete Anerkennung und Liebe für ſeine Muſik erlebt, wie er es kaum je hätte hoffen können, jetzt wünſche

90 Biographie Spohrs.

er ſehnlich ſein Ende herbei. Es ward dem Fünfundſieb⸗ zigjährigen denn auch ohne beſondere Krankheit am 22. Oc⸗ tober 1859 im Kreiſe ſeiner Lieben in vollſter inneren Ruhe zutheil: „mit dem Ausdruck der größten Zufrieden⸗ heit in ſeinen ſchönen edlen Zügen“ lag er auf dem To⸗ desbette.

„Wer in allen unſeren ſocialen Verhältniſſen, nament⸗ lich in den Beziehungen der modernen Künſtler zu einan⸗ der die grenzenlos eigenſüchtige Liebloſigkeit kennt, der muß mehr als erſtaunt, er muß durch und durch entzückt ſein, wenn er von dem Verhalten einer Perjönlichkeit Wahr⸗ nehmungen macht, wie ſie mir ſich von jenem außerordent⸗ lichen Menſchen au fdrängten,“ ſagt Wagner von ſeiner Begegnung mit Liſzt im Jahre 1849. Ebenſo erquickend und troſtreich beglückend iſt es zu ſehen, wie ſich über das ganze Leben dieſes Altmeiſters, des Neſtors der Tonkunſt ſeiner Tage „der uns das Bild des olympiſchen Zeus, mit dem Augenwink alles bewegend vergegenwärtigt“, ein ſchönes Gewebe von Freundſchaft und Liebe gegen alles ihm Begeg⸗ nende verbreitet. Den letzten Grund dieſes ſo reich ſpen⸗ denden Weſens aber giebt uns ſeine Selbſtbiographie an, wenn ſie ſagt, nichts ſei ihm lieber geweſen, als wenn von ſeinen Tonwerken ein Rückſchluß auf ſeine Gemüthsart und Religion gemacht worden ſei: „ſeine Kunſt war ihm ja auch heilig und Muſik bei ihm eng verbunden mit Glaube, Liebe und Hoffnung!“

Ende.

Inhaltsverzeichnis.

F

Die Lehrzeit (1784—1803).

Erſte Erfolge (1803 18060) Allerlei Erlebungen (1806—1812) . In Wien (1813—1815)

In Italien (1815—1817).

In London (1817—1820) .

In Paris (1820—1821)

Jeſſonda (1822—1823) .

Wachſende Erfolge (1824—1840)

Der fliegende Holländer (1842—1843)

Das Ende des Gerechten (1844 1859)

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