Be a N Er de Seen un, EEE EN EEE in SE es ande. "urn = A ER ne SE Te te am rn es ir BER BERTENE NE %, BET 3 PR # 1 Gag ; = 1% ie Ar | \ | | | || ih | \ 5 Z ER ne SE SE Ss Ina 27 ) a | & — ae Gate en 7 N £ PR ac Ep Or ih Krer N Or en Be) BR ae EN 2 r 2. NS % | al Minnie So ib | | " i | ! | ll Aal FR N or Ä | EEE, LE IN TA, EN) y: : 2% = 5 u“ nn R >: en A I N IE N n a = an, hN ı BN % . My EN = A N: ar gr ® s "0, Se S >= 677) 2 bin oo t Bu Ed ER, N a a? ae 2 arg: ae ER Do, Sr PEN a RURREr Ang. h, “ 0% “. il oo „il N > nn 5 jr ur a. h | 2 I 78 il ,. N „Ss ED , RS N, I} f N M Au £ R ® 2 Sn) Ai“ a, “U; r“ DH n. ' 2 o | k on vo ı) | 177 1 & A IM ., N) |\ ar N \\ N =”; 3% Sud 24 er a. 92 x 2 g =e or el i| 2 3, | 20 N 5% x 3 I Ss S A . Ne) h 178 i an EN NN SEA Ä ) er 2 SS sr 2 9, INC, DEE ar br u Klin N Hl | ji ze lm > , n u i ER “> MM ii 1,4% n @) SD anna ik | I u er | | : h M. | A a en, = > Te Da “ es n K FE = Era, z : ) z 5 il MS h JO i u Al 7 h\ . - g KLEE -_ SS gi Ya h; ’ sg 33 FE DEE: HR NN SE ZUEINER, NEU we HB A) no zZ Hey; N 7 IE BuulR 7 PL a) ; 7 Zu, 06 5 ‘Vs 9377 SH, Stuttgarter Beiträge zur Naturkunde aus dem Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart Ne, Bl) Festschrift zum 60. Geburtstag von Professor Dr. Ernst Schüz Schriftleiter: Karl Wilhelm Harde Stuttgart 1961 Die Herausgabe dieses Bandes wurde ermöglicht durch die Gesellschaft der Freunde und Mitarbeiter des Staatlichen Museums für Naturkunde in Stuttgart. Das Kultusministerium Baden-Württemberg leistete einen Druckkostenzuschuß. [d*) Inhalt Nr. 61—79 E. Linpner: Afrikanische Asilidae (Dipt.). 13 S. ©. PrLuGrELDER: Beeinflussung der Federentwicklung durch ultraviolette Strahlen. 8 S. K. ©. A. ParscH: Einige Serpuliden (Chaetopoda) aus dem Jura von Alberta, Kanada. 6 S. K. Baur: Von der jüngsten Ausbreitung der Tanne im Gebiet der Ostalb. 4 S. B. Herring: Beiträge zur Kenntnis der europäischen Raupenfliegen (Dipt., Tachinidae). 12 S. O. Linck: Lebens-Spuren niederer Tiere (Evertebraten) aus dem württembergischen Stubensandstein (Trias, Mittlerer Keuper 4) verglichen mit anderen Ichnocoenosen des Keupers. 29 S. R. Lınnavuorı und F. HEııer: Beitrag zur Cicadelliden-Fauna von Peru. 14 S. E. Linpner: Äthiopische Stratiomyiiden (Diptera) V. 13 S. H. WaLter: Über die Bedeutung des Großwilds für die Ausbildung der Pflanzendecke. 6 S. H. Janus: Die Typen und Typoide südafrikanischer Meeresmollusken im Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart I. Gastropoda. 19 S. E. Mönn: Eine neue paläarktische Oligotrophidi-Gattung (Diptera, Itonididae). 7 S. H. v. FABer: Über die hormonale Beeinflussung des Syrinx bei der Haus- und Moschusente und ihren Bastarden. 4 S. H. SCHÖNNAMSGRUBER: Waldgesellschaften des Kaukasus. 17 S. K. StaeschHe: Beobachtungen am Panzer von Testudo graeca und Testudo hermanni. 16 S. O. FeucHt: Vom alten Naturalienkabinett in Stuttgart. 5 S. W. RıcHter: Reisebericht über eine Reise in den Südwest- und Südost-Iran 1956. 13 S. K. W. Harpe: Untersuchungen über Körperproportionierung bei Cerambyx scopolii Füssl. und Cerambyx cerdo L. (Col., Ceramb.). 19 S. K. D. Anpam: Die Bedeutung der pleistozänen Säugetier-Faunen Mitteleuropas für die Geschichte des Eiszeitalters. 34 S. A. Kıeinschmipt: Über die Große mongolische Kropfgazelle, Procapra gutturosa PAarıas 1777. 24 S. Zoologie Insecta Homoptera Cicadellidae (Peru) Coleoptera Cerambycidae (Proportionen) . . Diptera Itonididae (Paläarktis) Stratiomyiidae (Afrika) Asilidae (Afrika) Tachinidae (Europa) Mollusca Gastropoden-Typen (Südafrika) . Reptilia Schildkröten (Panzer) Anatomie Federentwicklung . . Syrinx (Enten) . . . Kropfgazelle (mongolische) Paläontologie Serpuliden (Jura) Ichnocoenosen (Trias) Säuger (Pleistozän) Botanik Tanne (Ausbreitung Ostalb) Pflanzendecke und Großwild Waldgesellschaften (Kaukasus) Verschiedenes Reisebericht (Iran) I Naturalienkabinett (Stuttgart) . Nach dem Stoff 22... R. Linnavuori und F. HELLER . . . . . W. HarDeE . Möhn E. Linpner . LINDNER . HERrTING H. Janus K. STAESCHE . ©. PFLUGFELDER .v. FABER . A. KLEINSCHMIDT K ©. Linck K. D. Apam . Baur . WALTER . SCHÖNNAMSGRUBER W. RicHTER ©. Feucht ei heiiy.iein ei ajıe .©. A. PırscH . . Professor Dr. Ernst Schüz 60 Jahre Was soll man einem Mann wie Professor Ernst Schüz zum 60. Geburtstag dar- bringen, um ihm eine Freude zu machen — einem Mann von solchen Verdiensten, einem so unermüdlichen und ernsten Arbeiter? Eine Anzahl seiner Freunde und ihm duıch ihre Arbeit Verbundener hat sich in dieser Festschrift vereinigt und hofft, damit eine Dankesschuld abzutragen für so vieles, was Professor Schüz ihnen wissenschaft- lich, als Vorgesetzter und persönlich bisher gegeben hat. Der Wunsch aller ist es, daß ihm diese Sammlung auf dem kommenden Weg manchmal wertvoll sein wird, als Zeichen der Anerkennung weitester Kreise für seine Tätigkeit. Die hier zusammen- geschlossenen Freunde und Mitarbeiter betrachten es als einen besonderen Vorzug, dal es ihnen vergönnt ist, gewissermaßen symbolisch damit die Gefühle zum Ausdruck zu bringen, die so viele anläßlich dieses Tages hegen — Fachkollegen in der ganzen Welt, die große Familie der Ornithologen in erster Reihe, dazu seine Mitarbeiter am „Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart“, so viele, die mit ihm wissenschaft- lich oder persönlich Kontakt gewannen, in Stuttgart, in Rossitten, in Radolfzell, irgend- wo in der Heimat oder in der weiten Welt. Wie so mancher bedeutende Schwabe ist Schüz aus einem Pfarrhaus hervorge- gangen. Er wurde am 24. Oktober 1901 in Markgröningen geboren, wuchs in Stutt- gart auf, wo er das Karls-Gymnasium absolvierte. Sein Studium der Naturwissen- schaften schloß er in Tübingen mit der Promotion ab. Schon damals betätigte er sich als eifriger Feldornithologe. In Königsberg erfolgte die Habilitation, später in Stutt- gart seine Ernennung zum Honorarprofessor an der Technischen Hochschule. Von 1925 bis 1929 arbeitete er als Assistent an den Naturkundemuseen in Hannover und in Dresden. Schon früh beschäftigte er sich mit dem Vogelzug (wiederholt z. B. auf Helgo- land). 1929 wurde er als Kustos an die Vogelwarte Rossitten der Kaiser-Wilhelm- Gesellschaft berufen; 1936 übernahm er ihre Leitung. Hier machte er sich verdient um die Neuorganisation des Mitarbeiternetzes der Beobachtungs- und Beringungsarbeit. Dazu kam die Bearbeitung verschiedener Themen der Vogel-Ökologie und besonders der Vogelzugkunde. 1931 erschien ein „Atlas des Vogelzugs“ von E. Scuüz und H. Weıcorv, 1952 ein „Grundriß der Vogelzugkunde“. 1930 war ScHüz einer der Mitbegründer von „Der Vogelzug“, seit 1948 „Die Vogelwarte“, einer wissenschaft- lichen Zeitschrift, die ihre Weltgeltung nicht zuletzt Schüz’ Arbeit als Herausgeber verdankt. Reisen zu naturwissenschaftlichen Kongressen führten ScHüz in viele Länder und boten Gelegenheit zu fıuchtbarer, internationaler wissenschaftlicher Zusammen- arbeit. Als Ergebnis einer Forschungsreise nach dem Iran erschien 1959 ein Buch über „Die Vogelwelt des südkaspischen Tieflandes“. Seine Arbeiten beschäftigten sich mit dem Zug einzelner Arten, den Unterschieden im Zugverhalten innerhalb der Arten in verschiedenen Gebieten, mit den ökologischen Besonderheiten der geographischen Rassen, mit dem Studium der Lebensgeschichte des Stars und des Weißen Storches. Regelmäßige Bestandsaufnahmen des Weißstorchs (1936 und 1958 auf internationaler Basis) sind der Initiative von Schüz zu verdanken. Alle diese Arbeiten fanden durch den unglücklichen Krieg ein Ende. Es gelang Schüz, das weithin verstreute Forschungs- gut der Vogelwarte — soweit es den Krieg überstand — in Schloß Möggingen bei Radolfzell wieder zusammenzuführen. Hier werden die Arbeiten von Rossitten in der „Vogelwarte Radolfzell, vormals Vogelwarte Rossitten“ seit 1946 mit einem großen Stab von Mitarbeitern erfolgreich fortgesetzt. Schüz hatte die Leitung dieser neuen Vogelwarte nebenamtlich bis 1959. Seitdem ist diese Forschungsstätte unter der Leitung von Dr. R. Kunk dem Max-Planck-Institut für Verhaltensphysiologie in Seewiesen (Abt. Professor Lorenz) angegliedert. 1946 wurde Professor Schüz kommissarischer Landesbeauftragter für Naturschutz und Landschaftspflege in Nordwürttemberg. Ein Mann von dem weiten Gesichtskreis eines Ernst Schüz mußte immer schon mit dem Herzen sich für das wertvollste Gut des Kulturmenschen, für die Natur und ihren Schutz einstellen. Das tut er auch heute noch, wo es mit der Zunahme des Materialis- mus ein immer dringenderes Gebot geworden ist. 1949 wurde Professor ScHüz mit der Direktion des „Staatlichen Museums für Naturkunde in Stuttgart“ betraut. Wer den kläglichen Zusammenbruch miterlebt hat, die Zerstörung des Museumsgebäudes in der Neckarstraße, und heute das Schloß Rosenstein besucht, der kann wohl nicht genug staunen, was in diesen 12 Jahren geleistet wurde. Gewiß haben viele fleißige Hände und Köpfe zusammengewirkt, das neue Museum für Naturkunde zu einem der an- sprechendsten und schönsten Museen zu gestalten, aber der Geist, der es zu einem kulturellen Schatzhaus werden ließ, ist der von Ernst Schüz. Daß die ornithologische Schausammlung ein besonders sorgfältiges Werk wurde, versteht sich von selbst. Aber vom ersten bis zum letzten Saal bietet sich das Ganze als Einheit dar, durch die betonte Berücksichtigung der naturgegebenen Folge der Stammesgeschichte — eine Stätte der Forschung und Belehrung. Mit dem Dank an ihren Initiator verbinden wir den Wunsch, 7 daß es ihm gelingen möge, noch während seiner Dienstjahre auch die drei Abteilungen des Museums in einem würdigen Gebäude unterzubringen, für welche leider im „Schloß Rosenstein“ kein Platz mehr zur Verfügung war: die Geologisch-Paläontologische, die Entomologische und die Botanische. Unser Land mit seinem erdgeschichtlich so viel- seitigen Aufbau hat kostbarste Schätze seit Jahrmillionen in seinem Schoß geborgen — es sei nur an Holzmaden erinnert —, von welchen das Museum noch herrliche Exem- plare besitzt in einer einmaligen Folge von Funden. Vor allem sie wieder neu erstehen zu lassen, das ist, dessen sind wir gewiß, der heißeste Wunsch von Professor ScHüz. Möge ihm das Land dazu recht bald die Mittel geben und die Vorsehung darüber hinaus noch lange die Kraft. Erwin Lindner DR 106 [4 Bar 73 YA Stuttgarter Beiträge zur Naturkunde aus dem Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart Stuttgart 24. Oktober 1961 Nr. 61 Afrikanische Asilidae (Dipt.) (Ergebnisse der Forschungsreise Lindner 1958/59 — Nr. 8) Von Erwin Lindner, Stuttgart Mit 3 Abbildungen Im Jahre 1955 hatte ich versucht, meine Asiliden-Ausbeute von der DZOAE 1951/52 (Jh. Ver. vaterl. Naturk. Württ., Jahrg. 110, S. 23) zu bearbeiten. Es war das bei dem Umfang der Familie und bei der Schwierigkeit, die so verstreute Literatur darüber kennenzulernen, ein gewagtes Unternehmen, und ich war mir der Unvoll- kommenheit meiner Arbeit bewußt. So mußte ich die Gelegenheit begrüßen, nicht nur ein zweites Mal in Afrika be- obachten und sammeln, sondern auch wieder die Asiliden- Ausbeute selbst bearbeiten und damit ein paar Fehler ausmerzen zu können. Auch dieses Mal wäre mir die Arbeit unmöglich gewesen, hätte ich mich nicht der Hilfe meines Kollegen am British Museum in London, Mr. H. OLproyD, erfreuen dürfen, der einige der im folgenden aufgeführ- ten Tiere vorbestimmte und dem ich auch an dieser Stelle meinen aufrichtigsten Dank aussprechen möchte. Entsprechend dem Reiseweg um das Kap, mit einem längeren Aufenthalt auf der Kap-Halbinsel, besteht die Ausbeute der Reise 1958/59 nicht nur aus ostafrikanischen, sondern auch aus südafrikanischen Arten, die im Leben kennenzulernen mir nicht unwichtig war. Unter den 13 von Südafrika (Kap-Halbinsel, Johannesburg, Living- stone) mitgebrachten Arten ragt die Gruppe der Lophopeltis- und Neolophonotus- Arten mit ihrer Mähnenentwicklung auf dem Thorax und ihren oft bizarr gestalteten Hypopygien hervor. Von den 38 Arten der DZOAE wurden 17 wiedergefunden. Diesmal wurden für Ostafrika 29 Arten festgestellt, einschließlich 2 Arten aus Portugiesisch-Ostafrika. Unter den 42 Arten der Gesamtausbeute befanden sich 5 species nova und 1 sub- species nova. In Ostafrika waren es die Landschaftsformen des Hochgebirges (Kilimandjaro), der Steppe (Mbugve) und des marinen Sandstrandes (Dar-es-Salaam), die, spezifische Biotope, ihre eigene Fauna auch an Asiliden aufweisen. In der Einleitung zu meiner Arbeit 1955 glaubte ich in Ommatius chiastoneurus Speis. die am Kilimandjaro am höchsten emporgehende Asilide sehen zu dürfen. Ich übersah damals Speisers Feststellung von Dysmachus porcellus Speis. aus etwa 2000—3500 m und fand auf meiner zweiten Reise selbst diese Art in dieser Höhe, dazu Machimus schuezi n.sp. aus derselben Region. Die Mbugve-Steppe am Östafrikanischen Graben, westlich von Arusha, er- reichten wir gerade zu Beginn der Regenzeit; während die Steppe wenige Tage vorher dürr und ohne Lebewesen schien, setzte mit den ersten Regenfällen in der letzten Märzdekade ein überaus reiches Tierleben ein, wobei besonders Froschlurche, Ortho- pteren, ein paar Tabaniden, Tsetsefliegen, Anophelen und auch Asiliden sich bemerk- bar machten. Die häufigste Art dieser Familie war die durch ihren Geschlechtsdimor- phismus ausgezeichnete Laphriine Dasythrix brachyptera Loew, die sich mit Vorliebe 2 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 61 auf die vegetationslosen Stellen zwischen den Grasbülten setzte, wo die schwarzen && und noch mehr die braunen 22 schwer sichtbar waren. Ich stellte außerdem in der Steppe folgende Arten fest: Hoplistomerus auriventris Loew, Laxenecera albicincta Loew, Promachus aurulans Lind., Scylaticus engeli n.sp., Ommatius haemorrhoidalis Lind. und Ommatius variabilis Engel. Der heiße Strand von Dar-es-Salaam, von welchem ich 1955 den Neomochtherus litoralis beschreiben konnte, erwies sich auch bei meinem zweiten Be- such als ein entomologisch interessanter Biotop. Neomochtherus fehlte zwar diesmal, als typischer Strandbewohner erwies sich aber Clinopogon nicobarensis (Schin.), und Stichopogon punctum Loew trat hier ebenso auf wie auf den Sandbänken der Flüsse im Inneren des Landes. Dazu kamen Microstylum acutirostre Loew, Storthingomerus minor Lind. und ein neuer Ancylorhynchus oldroydi n.sp. Schließlich verdient noch vermerkt zu werden, daß der erstaunliche Reichtum an Insekten, besonders Dipteren aller Art, welchen ein starker Befall einer Gartenrose durch eine Aleyrodide in Marangu verursacht hatte, auch ein paar Asiliden, neben anderen räuberisch lebenden Dipteren, anzog. Es waren Laxenecera scopifera Speis., von welcher fast täglich ein oder ein paar Stücke erschienen, und ein Machimus ?ugandiensis Ric. Die folgende Liste gibt eine Gegenüberstellung der Ostafrikanischen Arten der beiden Ausbeuten der Deutschen Zoologischen Ost-Afrika-Expedition (DZOAE) 1951/52 und der Reise 1958/59. DZOAE 1951/52 Leptogaster masaica n. sp. Euscelidia rapax Westw. Euscelidia artaphernes (Speis.) Euscelidia oldroydi n. sp. Neolaparus ophion Speis. Stichopogon punctum Loew Heteropogon holcocephaloides n. sp. Holcocephala caligata Speis. Holcocephala caffra (Macq.) Damalis pollinosa Herm. Gonioscelis submaculatus Speis. Microstylum acutirostre Loew Hoynirhynchus zebra n. gen., n. sp. Hoplistomerus auriventris Loew Lamyra gulo Loew Hyperechia bifasciata Grünb. Laxenecera albieincta Loew Laxenecera scopifera Speis. Laxenecera dasypoda Speis. Storthingomerus minor n. sp. Dasythrix brachyptera Loew Aleimus tristrigatus Loew Heligmoneura ornata n. sp. Äntilophonotus maculipennis n.gen., n. sp. Machimus ugandiensis Ric. Machimus penicillatus Speis. Promachus breviventris Ric. Promachus aurulans n. sp. Astochia armata (Beck.) Neomochtherus signatipes n. sp. Neomochtherus litoralis n. sp. Ommatius aff. canicoxa Speis. Ommatius macroscelis Bezzi Ommatius chiastoneurus Speis. Ommatius haemorrhoidalis n. sp. Ommatius longipennis n. sp. Ommatius ? fallax Big. Ommatius variabilis Engel Reise 1958/59 Neolaparus ophion Speis. Stichopogon punctum Loew Ancylorhynchus oldroydi n. sp. Scylaticus engeli n. sp. Microstylum acutirostre Loew Clinopogon nicobarensis Schin. Damalis pollinosa Herm. Proagonistes rufibarbis (Fabr.) Laxenecera albicincta Loew Laxenecera scopifera Speis. Storthingomerus minor Lind. Dasythrix brachyptera Loew Hyperechia bifasciata elmari n.ssp. Hoplistomerus zeliminis Speis. Heligmoneura penicillata (Speis.) Heligmoneura modesta Big. Baectria aurulans Lind. Bactria erythroscelis Hobby Bactria snowi Hobby Machimus schuezi n. sp. Machimus ? ugandiensis Ric. Machimus keniaensis n. sp. Neolophonotus parvus Ric. Dysmachus porcellus Speis. Philodicus cinerascens (Ric.) Alcimus tristrigatus Loew Ommatius chiastoneurus Speis. Ommatius haemorrhoidalis Lind. Ommatius variabilis Engel 1961 LINDNER, AFRIKANISCHE ASILIDAE Nr. 61/3 Dasypogoninae Neolaparus ophion Speis., 1910 (Wiss. Ergebn. d. Schwed. Zool. Exp. nach d. Kilimandjaro, d. Meru usw., 1905—1906 (Sjösteor), Bd. II, S. 86) 1 2 von Makoa, 14.1.1959, und 1 $ von Makoa, 3. IV. 1959. Beide Stücke dürften zu dieser Art gehören, obgleich das eine größer ist (14 mm gegen 11 mm), die Flügel ziemlich gebräunt sind und von den grauen Stellen auf dem glänzenden Abdomen nichts festzustellen ist. Das Exemplar vom 3. IV. scheint aber auch im Vergleich mit den Stücken meiner Serie von 1952 besonders klein und schwach zu sein. Die einzelnen Färbungselemente sind offenbar trotz ihrer Einfachheit einer ziemlichen Variabilität unterworfen. SpEIsER gibt die Größe mit 14—16 mm an. Stichopogon punctum Loew, 1851 (Progr. d. Realsch. Meseritz, S. 15) 3 68, 6 2% von Dar-es-Salaam, 20.-23. X11. 1958, und von Johannesburg Hartebeestpoort, 9. XI. 1958. 1952 wurde von der Art eine Serie von Ngaruka mitgebracht, wo sie in Menge auf dem sandigen Ufer des Flusses vorkam. Bei Dar-es-Salaam gehörte diese Art zur Biozönose des marinen Sandstrandes. Ancylorhynchus oldroydi.n.sp. (Abb. 1) 1 ö von Dar-es-Salaam, 18. X11. 1958-5. 1. 1959. SPEISER hat von Sjöstepts Expedition 2 Arten aus Ostafrika beschrieben: A. hylaeiformis und A. nyukinus. Die neue Art steht beiden wohl nahe, ist aber doch durch ihre sehr auffallende Färbung sehr verschieden davon. Das ganze Tier ist schwarz, mit Ausnahme des orangeroten Abdomens. Abb. 1. Ancylorhynchus oldroydi n. sp. Hypopyg. ö (Typus): Kopf schwarz, mit leichter grauer Bestäubung der Stirn, weißer, ab- stehender Behaarung der Stirn und dichtem, silberweißem, nach unten gerichtetem Bart auf dem Gesicht. Auf dem mehr braungelb bestäubten Hinterkopf geht ein Band schwarzer Borsten quer von einem Auge zum anderen und setzt sich nach unten in einer dichten Reihe von Okzipitalborsten fort. 1. Fühlerglied braun, etwas glänzend, unten mit langen schwarzen Borsten, oben nur in der Mitte mit einigen kurzen Härchen. 2. Glied hellbraun, nackt; 3. Glied schwaız. Taster schwarz beborstet. Collare braun, grau bereift und schwarz beborstet. Thorax und Schildchen schwarz, etwas grau be- reift, ohne deutliche Zeichnung. Die Postalarcallen etwas braun. Das Mesonotum vor der Queınaht mit wenig auffallender, weißer Bereifung. Die Beborstung vor und auf dem Schildchen sowie die Borsten über der Notopleuralnaht schwarz. Weiße Be- haarung findet sich auch auf den Pleuren und besonders dicht auf den grau bereiften Hüften. p braun, mit weißer Behaarung und schwarzer Beborstung, teilweise auch 4 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 61 weißer Beborstung, so z. B. in einer ventralen Reihe an den t,. Flügel fast einheitlich schwach rauchgrau, etwas stärker an r, und bis zur Mitte der 1. Basalzelle. Der Rest dieser und die darunterliegende Basalhälfte des Flügels sind farblos. Das Abdomen ist orangerot, mit weißer Behaarung. Schwarz sind nur das 1. Segment, etwas grau- schwarz das 2. Sternit und der außerdem mit glänzenden Plättchen belegte Vorder- randwinkel des 2. Tergits. Schmal braun gesäumt ist der Hinterrand hinter einem weißen Staubfleck im Hinterrandwinkel des 2. Tergits. Ein ähnlicher weißer Staubfleck liegt auch im Hinterrandwinkel des 3. Tergits und eine Andeutung davon am 4. Tergit; die Ränder sind aber nur dunkler orangerot. Das ganze Abdomen, auch das 1. Tergit, ist weiß behaait, ebenso der Genitalapparat, mit Ausnahme von 3—6 schwarzen Borstenhaaren am Distalende der Forzepszangen. Die Grundfarbe des Hypopygs ist ventral mehr bräunlich bis braun. Am Hinterrand der Basallamelle des Hypopygs reicht ein Saum von dichten, seitlich längeren, silberweißen Haaren nach hinten. Länge 11 mm. Der Typus hat leider auf dem Transport durch den Fraß von Tribolium castaneum Herbst (Col.) etwas gelitten; das Abdomen wurde ausgefressen, wobei das Hypopyg unzerstört blieb. Scylaticus engeli n.sp.* (Abb. 2) 1 8,2 22 aus der Mbugve-Steppe, 22.-30. III. 1959. Das eine der beiden 7 ist wesentlich größer (11 mm) als die beiden anderen Stücke (7 mm), unterscheidet sich auch sonst in einigen Punkten von diesen. Ich halte es aber für dieselbe Art. Abb. 2. Scylaticus engeli n. sp. Kopfprofil & (Typus). ö (Typus): Kopf schwarz, graugelblich bestäubt und mit gelblichweißer Behaarung und Beborstung. Der Bart geht bis zur Fühlerbasis empor und ist sehr dicht. Fühler schwarz. 1. und 2. Glied zusammen etwas kürzer als das 3. Dieses ist pfriemenförmig, am Ende mit einem kurzen, spitzen Griffel. Das 1. Glied ist ungefähr doppelt so lang * Ich widme diese Art dem Andenken an Dr. E. ©. Enceı, den verdienten Münchner Diptero- logen, der in bitterer Not am 11. Februar 1944 starb. (Siehe Nachruf des Verfassers in den „Mitt. d. Münchner Entom. Ges.“, 34. Jahrg., 1944.) 1961 LINDNER, AFRIKANISCHE ASILIDAE Nr. 61/5 wie das 2. Stirn fast quadratisch, oben etwas breiter. Thorax schwarz, mit grauer Be- stäubung. Auf dem Mesonotum 2 etwas glänzende, schwarze Längsstreifen, die sich von vorne nach hinten verbreitern und durch einen schmalen, grauen Streifen vonein- ander getrennt sind. Dieser ist in der Mitte durch einen linienartigen, schwarzen “Längsstreif geteilt und verschmilzt vor dem Schildchen allmählich mit den Seiten- flecken. Die Fläche des Schildchens ist grau wie die ganze breite Umrandung des Mesonotums vom Collare, über die Schultern bis zum Schildchen. Schildchenrand mit zahlreichen, langen, aufwärts gebogenen, weißen Haaren. Behaarung und Beborstung überall gelblichweiß, besonders lang an den Hüften. p schwarz, die t außen, besonders proximal, hell bräunlich. Alle p weiß behaart und beborstet. Nur an den Tarsen sind die Borsten schwarz, und ein Teil der Borsten der t, ist verdunkelt bis dunkelbraun. Flügel durchsichtig farblos, die Adern an der Basis bräunlichgelb, distal schwarz; alle Randzellen offen. Schwinger hellgelb; der Stiel an der Basis braun. Abdomen schwarz, mit deutlich hellgrauen Hinterrändern der Tergite; sie sind an den vorderen Tergiten in der Mitte unterbrochen und zu je 2 keilförmigen Flecken reduziert. Erst vom 4. Tergit an berühren sich die beiden Keile mit ihren Spitzen in der Mitte. Am 2. Tergit befindet sich am Vorderrand ein ähnlicher heller Rand. Das Hypopyg ist kolbig, schwarz mit weißen Haaren, besonders unten und an den Seiten, in gleicher Weise wie die übrigen Segmente. ?: Dem 3 entsprechend, doch ist das Grau bei dem größeren Exemplar an Kopf und Mesonotum etwas mehr gelblich; die Beborstung ist auch an den p, überall gelb- lich, und das 7. Tergit ist fast ganz grau bestäubt, bis auf einen schmalen, in der Mitte verschmälerten, schwarzen Saum am Vorderrand und die Andeutung eines schwarzen Mittellängsstreifens. Die Genitalsegmente sind glänzend schwarz; die Be- haarung an den Seiten und ventral ist nicht so lang wie beim 3. Microstylum dispar Loew, 1958 (Öfvers. Kongl. Vetensk. Akad. Förhandl. XIV, S.348, Jahrg. 1857) (OLproyo det.) 1ö von Rustenberg bei Johannesburg, 23. XI. 1958. Microstylum acutirostre Loew, 1852 (Ber. über die Verhandl. d. Kgl. Preuß. Akad. Wiss. Berlin, S. 658) 1 © von Dar-es-Salaam, 27. X11. 1958. 1951 fing ich ebenfalls bei Dar-es-Salaam 1 3, 2 92. Gonioscelis setosus (Wied.), 1824 (Analecta Entomol. 26.24) (OLproyp det. „sensu RıcARDo nec sensu ENGEL“) 2 29 von Kapstadt, Kloof Neck-Signal Hill, 17. und 30. X. 1958. Gonioscelis ventralis Schin., 1867 (Verh. Zool.-bot. Ges. Wien XVII, S. 363.17) (OLprovD det.) 1 3 von Hartebeestpoort bei Johannesburg, 9. XI. 1958. Nach Enceı scheint diese Art in Ostafrika weit verbreitet bis nach Transvaal im Süden vorzukommen. Clinopogon nicobarensis Schin., 1868 (Novara-Reise, Dipt. S. 161.6) (OLDRoYD det.) 2 48,22 von Dar-es-Salaam, 29. X11. 1958. Die Art gehört zur Fauna des marinen Sandstrandes. Damalis pollinosa Herm. in litt. 1 d, 722 von Makoa, 1.-10. IV. 1959. Die ganze Serie wurde am Licht gefangen. 1951 wurde nur 1 ? bei Dar-es-Salaam erbeutet. Die neue Serie läßt eine beträchtliche Variabilität erkennen. Die p (be- 6 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 61 sonders die t) sind fast ganz hellrot bis fast schwarz; die Größe schwankt von 7—13 mm. Ich verweise auf die Ausführungen in meiner Arbeit 1955 über die Asiliden der DZOA-Exp. 1951/52. Damalis heterocerus (Wied.), 1821 (Dipt. exot., S. 182) Syn. anomalus Wied., capensis Wied. 6 563, 3 22 von der Kap-Halbinsel, 23. X.-2.X1. 1958 (Kalk Bay, Hout Bay, Lion Head). Heteropogon capensis n.sp. (Abb. 3) 1 56,2 22 von Kapstadt (Kloof Neck-Lionhead), 29. XI. 1958. 5 (Typus): Kopf breiter als hoch und breiter als der Thorax. Stirn und Gesicht etwa gleichbreit. Der Ozellenhöcker auf dem tief eingesattelten Scheitel überragt die Verbindungslinie der oberen Augenecken nicht. Der Gesichtshöcker ist nur sehr schwach entwickelt; er ist niedriger als das fast runde, kleine 2. Fühlerglied. 1. Fühlerglied kaum länger als das 2., das 3. ist wesentlich länger als die beiden ersten zusammen, schmal, am Ende mit einem 2gliedrigen Griffel, der etwa '/, so lang ist wie das 3. Glied und der eine kurze Endborste trägt. Die Basalglieder sind lang beborstet, so lang wie die beiden Glieder zusammen sind, und ebenso lang und schwarz wie Stirn und Ozellenhöcker. Der Bart des Gesichts läßt unter den Fühlern eine Strecke frei, die so lang wie das 1. Fühlerglied ist. Seine schwarze Beborstung ist reich, fast so lang wie die Fühler ohne Griffel, schwarz, unten am Mundrand weißlich. Nur die Seiten des Gesichts sind etwas glänzend, graugelb bestäubt. Hinterkopf schwarz, am Rande grau bestäubt, mit gelblichen Okzipitalbörstchen und ebensolchem Bart auf der Unterhälfte. Auch die schwarzen Taster und der Rüssel sind gelblich beborstet. Collare oben gelblich beborstet, unten behaart. Abb. 3. Heteropogon capensis n.sp. Kopfprofil d (Typus). Thorax blauschwarz glänzend mit auf Strukturunterschieden beruhender Streifen- zeichnung und spärlicher, gelbgrauer Bereifung auf 2 schmalen Streifen, die erst an der Quernaht beginnen und sich gegen das Schildchen etwas verbreitern. Auf ihnen ist auch die lange, schüttere, gelbliche Behaarung etwas reicher und am längsten. Die 1961 LINDNER, AFRIKANISCHE ASILIDAE Nr. 61/7 Bereifung findet sich auch vor und hinter der Schulterbeule und über der Noto- pleuralnaht. Die Beborstung hebt sich kaum von der Behaarung ab, höchstens mit den 2 schwarzen Notopleuralborsten. Die Pleura und Sterna einschließlich Hüften sind graugelb bestäubt und behaart. Auch der Haarschirm vor dem Schwinger ist gelb. Schildchen glänzend schwarz, in der Mitte ohne Behaarung, mit scharf abgegrenzter grauer Bereifung an den Seiten und zahlreichen, aufwärts gebogenen Randborsten, die größtenteils schwarz sind. p schwarz mit gelbroten t. Nur t, apikal etwas verdunkelt. Bedornung schwarz, Behaarung gelblich, besonders auf der Unterseite der f. f, nur mit teilweise gelben Apikalborsten. t; ist unterseits am Ende filzartig behaart und verdickt, wie der Meta- tarsus, der so lang wie die folgenden Glieder ist. Pulvillen vorhanden. Flügel kurz, glasklar, in der Mitte mit einer braunen Wolke. Adeın braun; Schwinger orangegelb. Abdomen blauschwarz, glänzend, an den Seitenrändern der hinteren Segmente grau bereift und an den Seiten und unten lang, gelblich behaart, auf den Sterniten büschelig. Die glänzenden Dorsalflächen der Tergite sind kurz schwarz behaart. Das Hypopygium ist schwarz behaart. @: Die Wölkung des Flügels tritt kaum hervor. Der Ovipositor ist kurz, auf der Unterseite braunrot, mit starken, griffelförmigen Dornen. Länge 10 mm. Von der in den südlichen Ländern verbreiteten Gattung Feteropogon ist, soweit ich feststellen kann, aus Südafrika nur H. waltli Meig. bekannt. Die neue Art hat das für diese Gattung typische, ventral gedrehte Hypopyg, das flache Gesicht mit nur ganz wenig vorstehendem Höcker und die eigenartige Behaarung, ohne ausgespro- chene Entwicklung von dc, ganz ähnlich wie z.B. H. nubilus. Auch Fühlerbildung und Flügelgeäder erlauben, das Insekt in die Gattung Heteropogon einzureihen. Laphriinae Proagonistes rufibarbis (Fabr.), 1805 (Systema Antliat., S. 157) 1 2 von Makoa, 17.11. 1959. Ich traf nur dieses eine Stück dieser ansehnlichen Art, die aus Guinea und dem Kongo gemeldet ist. Es saß an einem Baumstamm und flog mir von ihm an die Brust. Laxenecera albicincta Loew. 1852 (Ber. über d. Verh. d. Kgl. Preuß. Akad. Wiss. Berlin, S. 659) 1 3 von Dar-es-Salaam, 18. XII. 1958-5.1.1959, 1 $ von der Mbugve-Steppe, 28. III. 1959. Laxenecera scopifera Speis., 1910 (Wiss. Ergebn. d. Schwed. Zool. Exp. nach d. Kilimandjaro, dem Meru usw., 1905—1906 |Sjöstepr]|, S. 95) 4 68,4 ?? von Marangu, 2.-18. 111. 1959. In der Aleyrodiden-Biozönose konnten fast täglich 1—2 Stück beobachtet werden, die sich zu räuberischer Tätigkeit daselbst eingefunden hatten. Storthingomerus minor Lind., 1955 (Jh. Ver. vaterl. Naturk. Württ. 110 Jahrg. S.35) 1 2 von Dar-es-Salaam, 25. XII. 1958. Dasythrix brachyptera Loew, 1851 (Progr. Realsch. Meseritz, S. 21) ? Syn. stenura Loew 7 38,3 @% von der Mbugve-Steppe, 22.-30. I1l. 1959 (OrLprovop det.). Diese durch ihren Geschlechtsdimorphismus bemerkenswerte Asilide war in der Steppe sehr häufig; sie setzte sich vorwiegend zwischen den Grasbülten auf vegetations- lose Stellen des Bodens. 8 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 61 Hoplistomerus zeliminis Speis., 1910 (Wiss. Ergebn. d. Schwed. Zool. Exp. zum Kilimandjaro, dem Meru usw., 1905—1906 [Sjösteor], II., 10, S. 92) 2 Öd aus der Mbugve-Steppe. Auch die während der Expedition 1952 weiter nördlich am Ostafrikanischen Gra- ben (Ngaruka) häufiger beobachteten Stücke gehören zu dieser Art, nicht zu auri- ventris Loew. Hyperechia bifasciata elmari.n.ssp. 3 8& vom Rande der Mbugve-Steppe, 22.-30. III. 1959. Diese Stücke weichen von der Beschreibung der Art durch Grüngerc (1907, Deutsche Ent. Zeitschr., 5.519) und dem Befund derjenigen, die ich in verschiedenen Museen gesehen habe, durch die weiße Behaarung am Hinterrand des Thorax, auf dem Schildchen und auf der Basis des Abdomens ab, die bei der Stammform gelb ist. Sie wurden von meinem Sohn auf dem Gipfel einer der stehengebliebenen Quarzit- sandsteinschollen am östlichen Rande des Ostafrikanischen Grabenbruchs gefangen. Es fiel dabei auf, daß sie sich daselbst mit der prachtvollen Anthophora nubica Lep., die ähnlich schwarz-weiß behaart ist, tummelten. GRÜNBERGs Material stammte aus der Küstengegend Tanganyikas (von Dar-es- Salaam und Tanga). Das von mir 1951 bei Dar-es-Salaam erbeutete ? trägt gelbe Behaarung. Asilinae Heligmoneura penicillata (Speis.) (Machimus), 1910 (Wiss. Ergebn. d. Schwed. Zoolog. Exp. zum Kilimandjaro, dem Meru usw., 1902—1905 [Sjöstepr], S.100) (Heligmoneura teste OLDROYD) 1 2 vom Tsavo-Park-Okameni, 25.-28. 11. 1959. Ich habe das Stück genau nach der Beschreibung von Machimus penicillatus Speis. verglichen und finde volle Übereinstimmung. Der Typus stammt von der Steppe nahe dem Meru, wo ganz ähnliche geographische Verhältnisse vorliegen wie östlich des Kilimandjaro. Das Tier ist durch die roten Basen der f und t leicht kenntlich. Heligmoneura modesta Big., 1858 (in Thoms.: Arch. Entom. Il. 357, 662) 1 2 von Dar-es-Salaam, 18. XII. 1958-5.1.1959; es ist ein noch unreifes Stück (OLprovo det.). Bactria (Promachus) aurulans (Lind.), 1955 (Jh. Ver. vaterl. Naturk. Württ., 110. Jahrg., S. 40) 3 88, 2.22 von der Mbugve-Steppe, 22.-30. 111. 1959. Der Typus (2) stammt von Mugango am Victoria-See. Bactria (Promachus) amastrus (Walk.), 1849 (List Dipt. Brit. Mus. II, 394) 1 ? von Roberts Farm bei Johannesburg, 12. XI. 1958 (OLorovo det.). Bactria (Promachus) erythroscelis Hobby (?subsp.), 1936 (The Entom. Monthly Magaz. LXXII, 3. ser., p. 241) 1 ? von Okameni-Tsavo, 25.-28. 11. 1959. Das Stück paßt am besten auf die Beschreibung von erythroscelis, wenn auch einige Unterschiede vorhanden sind, die es möglich erscheinen lassen, daß eine noch unbeschriebene Form vorliegt. Diese Frage könnte nur bei Vorliegen größeren Mate- rials geklärt werden. Hozey beschrieb seine Art nach Tieren vom Kongo, von Uganda bis nördlich des Victoria-Sees. Ihre Länge wird mit 20—21 mm angegeben, während das vorliegende 2 22 mm mißt. 1961 LINDNER, AFRIKANISCHE ASILIDAE Nr. 61/9 Die Behaarung des Kopfes ist weiß, die der Stirn schwarz. Der Bart ist ganz gelblichweiß, bis auf eine große schwarze Borste am oberen Rand; die Okzipital- borsten sind ganz gelb, ohne schwarze (!); bei der Stammform sind sie nach Hossr gewöhnlich schwarz, manchmal mit einigen wenigen gelben. Basalglieder der Fühler mit schwarzer, unten vorwiegend weißer Beborstung. Taster größtenteils schwarz be- borstet, an der Basis und lateral mit gelblichen Borsten. Pronotum weißlich behaart, Mesonotum schwarz behaart, nur ganz vorne, an den Seiten und vor dem Schildchen weißlich. Mittellängsstreifen und Seitenstreifen braun, ersterer in der Mitte durch einen ziemlich breiten, hellen Längsstreifen geteilt. Alle Borsten und Haare der Pleuren, Sterna und Hüften weißlich und gelblich. Schildchen nur mit hellen Haaren und Randborsten. p: f und t braunrot, mit größtenteils weißlicher Behaarung und schwarzen und hellen Dornen. Nur f, ad schwarz behaart. Alle f auf der Unterseite mit einem breiten, schwarzen Streifen, die t unterseits nur apikal schwarz. Flügel fast glasklar, in R, ein sehr schmaler, grauer Streifen. Abdomen: Am Vorderrand der Tergite große, schwarze Sattelflecken, die im all- gemeinen breiter sind als der graue Hinterrand der Tergite und die den Seitenrand nicht erreichen; ihre Hinterecken sind abgerundet. Die ersten 3 Segmente an den Seiten und ventral mit weißlicher, längerer, büschelförmiger Behaarung, die an den folgenden Segmenten abnimmt und an den Seiten unscheinbarer, borstenartiger Be- haarung weicht. Auf den schwarzen Flecken sind die kurzen Haare schwarz. Lege- röhre glänzend schwarz; oben schwarz, unten weißlich behaart. Für eine Zugehörigkeit zu erythroscelis sprechen der wenig entwickelte Gesichts- höcker, die gelbe Behaarung des Pronotums und des Schildchens beim $, die über- einstimmende Behaarung und Beborstung des Tasters, die schwarzen Hüften u.a. Bactria (Promachus) snowi Hobby, 1940 (The Entom. Monthly Magaz. 76, p. 139) \ 1 ö von Beira, Portugiesisch-Ostafrika, 14. X11. 1958 (OLprovp det.). Das Stück wurde bei schlechtem Wetter mittags an Bord des Schiffes mit der Hand gefangen. Bactria (Promachus) vagator (Wied.), 1828 (Aussereur. zweifl. Ins. I, s. 492) 1 2 von Livingstone, Rhodesia, 16. XI. 1958 (OLprovp det.). Machimus schuezi .n.sp.” 1 8 vom Kilimandjaro-SW (2000 m), 5.11.1959, 2 22 vom Weg Marangu— Bismarckhütte (2640 m), 14. III. 1959. Die Art steht nahe M. ugandiensis Ricardo 1919, unterscheidet sich aber in einer Reihe von Merkmalen, die für eine Artberechtigung sprechen. ö (Typus): Das Gesicht ist goldgelb bestäubt. Der Bart auf dem großen Gesichts- höcker besteht aus schwarzen Borsten und um den Mundrand aus zahlreichen schwä- cheren gelben (wie bei ugandiensis). Taster schwarz und mit wenig blaßgelber Be- haarung. Bart gelbweiß. Rüssel auf seiner Unterseite mit blaßgelber Behaarung. Füh- ler schwarz. Die ersten zwei Glieder mit schwarzen Haaren und Borsten. Das 2. ist halb so lang wie das 1. (bei ugandiensis °/,). Das 3. ist so lang wie die 2 ersten zu- sammen, mit einer Endborste, die reichlich so lang wie es selbst ist. Stirn von der * Ich widme diese Art meinem Freunde Professor Dr. Ernst Schüz, dem derzeitigen Direktor des Staatlichen Museums für Naturkunde in Stuttgart, dem das Zustandekommen meiner beiden Forschungsreisen nach Afrika zu danken ist und der selbst als Teilnehmer am Internationalen Komitee für Vogelschutz in Bulawayo 1957 sowie am Pan-Afrikanischen Ornithologen-Kongreß in Livingstone 1957 auf einem anschließenden Besuch in Tanganyika den Urwaldpfad zur Bismarckhütte gewan- delt ist. 10 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 61 Farbe des Gesichts, mit schwarzen Haaren. Okzipitalbörstchen schwarz, kräftig, ihre Enden nach voıne gebogen. Collare oben schwarz bedornt, unten gelblich behaart. Thorax mit einem Mittel- und Seitenstreifen von tiefschwarzer Färbung. Der Mittelstreifen ist aber durch einen ziemlich breiten, grauen Längsstreifen bis weit hinter die Quernaht gespalten. Der Rest des Dorsums ist nicht goldgelb (ugandiensis) bestäubt, sondern mehr grau, mit ganz wenig Goldgelb, und hat schwarze Behaarung. Wahrscheinlich sind 3 präsuturale dc; 2 Supraalarborsten, 3 Postalarborsten. Die de sind zahlreich, erreichen die Quernaht, sind alle stark und schwarz, mit kleineren, feineren dazwischen. Schildchen schwärzlich, etwas glänzend, mit aufrechter, ziemlich langer Behaarung und zahlreichen schwarzen Randborsten sowie einer Reihe kürzerer davor, nur an den Rändern mit derselben Bestäubung wie das Mesonotum (ugandiensis: „Wie der Thorax goldgelb bestäubt oder etwas blasser, mit kurzer, schwarzer Be- haarung und mit 4 sehr starken, schwarzen Dornen am Außenrand‘). p tiefschwarz, mit schwaizen Dornen. Hüften und f, unten mit glänzender, weicher, gelblicher und langer Behaarung; die f, mit mehr reduzierter gelber Behaarung und wenigen starken, schwarzen av Dornen. f, nur mit fast anliegender, kurzer, gelber Behaarung und einigen Reihen starker, schwarzer Dornen. t, nur auf der Außenseite mit wenigen gelben, abstehenden Haaren und ein paar langen und kıäftigen Dornen (bei ugandiensis die Dornen teilweise gelb!). t, neben der fast anliegenden, gelben mit schwarzer Behaarung und einigen Reihen schwarzer Borsten und Dornen. t, ähn- Jich mit längeren Dornen. Ein rostfarbener Filz kurzer Härchen bekleidet die Unter- seite der t, und des Metatarsus sowie die Posteroventralseite der t, und des Meta- tarsus. Die Tarsen tragen schwarze Haare und Borsten. Flügel hell, grau an Apex und Hinterrand; nur die Basis und die Mitte des Flügels sind hell; kleine Querader distal der Mitte der D. Schwinger orangegelb. Abdomen schwärzlich, mit Spuren von gelblicher, grauer oder brauner Bereifung, mit schwarzen, an den Seiten gelblichen Präapikalborsten der Tergite und halb an- liegender, gelb glänzender Behaarung, die auf den ersten Segmenten und besonders an den Seitenrändern auch der anderen Segmente in helle, lange, abstehende Be- haarung übergeht. Nur in der Mitte der Tergite befinden sich ganz kurze, schwarze Härchen. Auch die gelbgrau bestäubte Unterseite des Abdomens ist lang, abstehend, gelb behaart. Hypopyg nicht auffallend groß, mit vorwiegend schwarzer Behaarung, schwarz glänzend. Das letzte Sternit nur mit einem kurzen, gerundeten Vorsprung, der einige dünne Borsten trägt (ugandiensis: „Fingerähnlicher, starker Fortsatz, mit star- ken, schwarzen Haaren am Ende ...“). ?: Bart auf dem Gesichtshöcker fast ohne gelbe, nur mit schwarzen Haaren. Der gelbe Bart der Unterseite geht wie beim ö rund um den Kopf. Ovipositor ziemlich lang. Länge 13,5 mm (8)—16,5 mm ($). Machimus (Tolmerus) keniaensis n.sp. 1 8 von Okameni-Tsavo, 23. 11. 1959. ö (Typus): Stirn und Gesicht goldgelb bestäubt. Gesichtshöcker in der oberen Hälfte mit schwarzen, unten mit gelblichweißen Borsten. Behaarung der Stirn schwarz. Hinterkopf grau mit weißlichgelber Bestäubung, oben schwarzen Okzipitalbörstchen, an den Seiten und unten weißlicher Behaarung. 1. Fühlerglied fast doppelt so lang wie das 2. Beide zusammen etwas länger als das 3. Fühlerborste wenig kürzer als das 3. Glied. Dieses ist dunkelbraun, das 1. und 2. hellbraun bestäubt. Schwarze Be- borstung auf der Unterseite des 1. Glieds fast so lang wie beide Glieder zusammen. Behaarung des Rüssels weiß, der Taster schwarz. Mesonotum mit breitem, schwarz- braunem, in der Mitte durch eine gelbliche Längslinie geteilten Längsstreifen zwi- schen den dc. Die Seitenflecken sind mehr grau und treten bei Ansicht von vorne nicht sehr hervor, mehr in seitlicher Ansicht. Sie sind durch die Quernaht geteilt. Die 1961 LINDNER, AFRIKANISCHE ASILIDAE Nr. 61/11 Ränder des Mesonotums und die Zwischenräume zwischen den Flecken sowie das Schildchen sind goldgelb bestäubt. Beborstung schwarz; die beiden Randborsten des Schildchens gelb, seine Behaarung hell. Die übrige Behaarung des Thorax einschließ- lich der der Hüften ist hell. p schwarz mit rotgelben Basen der t und ebensolcher Fär- bung an der Außenseite der t, fast bis zu ihren Enden. Auch die Metatarsen, be- sonders die der p,, sind fast ganz rotgelb. Bedornung der p schwarz. Hell ist nur die ventrale und posteroventrale Beborstung und Behaarung der Unterseite der f, wobei auf f, nur an der Basis sich helle Borsten befinden. Flügel an der Basis glashell, apikal und am Rande grau. Schwinger gelb. Abdomen grau mit goldgelber Bestäubung und dunkelbraunen Dorsalflecken der Tergite. Diese Flecken sind je nach dem Licht- einfall an den Vorderrändern ausgedehnt oder nur zu ovalen Kernen dieser Flecken reduziert, wobei sich die ersten Tergite in der Längslinie nicht berühren. Seiten- und Ventralborsten des Abdomens hell, ebenso die Behaarung mit Ausnahme der dunklen Teile. Genitalapparat schwarz, mit heller Behaaiung und Beborstung. Nur an der Basis dorsal mit schwarzen Börstchen. Länge 13,5 mm. Nach Mr. OıLproyp steht diese Art nahe bei hirsutus Ricardo (1922) aus der Masai Reserve in Britisch-Ostafrika. Die Übereinstimmung bezieht sich besonders auf Färbung und Behaarung der p; doch sind bei hirsutus die Dornen an p, haupt- sächlich weiß, an p, und p, schwarz und weiß. Der Gesichtshöcker hat nur einige weiße Haare unter den schwaızen. Der Genitalapparat trägt bei hirsutus am unteren Rand des unteren Forcepspaares kleine, schwarze Borsten. Auch Tolmerus pammelas Speis. (1910) scheint der neuen Art nahezustehen. Doch ist bei pammelas der ganze Genitalapparat schwarz behaart und beborstet, und die übrige düstere Färbung charakterisiert das Tier als Gebirgstier. Es wurde von Sıöstepr am Meru in 3000 m Höhe in 2 3 und 1 ® erbeutet. Machimus ?ugandiensis Ric., 1919 (Ann. & Magaz. Nat. Hist., Ser. 9, VolSull, p.56) 1 2 von Marangu, 11. III. 1959. Dieses ? stimmt in fast allen Merkmalen mit der Darstellung durch Miss G. Rıcarvo überein. Der breite, samtschwaıze Mittellängsstreifen des Thorax ist aber in der Mitte durch einen deutlichen braunen Streifen geteilt. Er mag bei anderen Stücken weniger deutlich entwickelt sein. Die p sind tiefschwarz, mit schwarzen Dor- nen und vorwiegend schwarzen Borsten. Die f, tragen aber pv eine Reihe von einigen braunroten Borsten, eine Reihe, die schon auf der Innenseite der Trochanteren mit je 2 solchen beginnt. Im übrigen sind alle f und die t größtenteils von einer feinen, fast anliegenden, gelblichen Behaarung bekleidet. Die t, und der Metatarsus der p. tragen auf der Innenseite filzartige, rostrote Behaarung; an den t, und dem Meta- tarsus ist sie schwächer, an den p, gar nicht entwickelt. Miss Rıcarpo erwähnt nur an den p, „reddish or yellowish fringes of short hairs below on each apical border“. Ich fing nur dieses eine Stück, das sich an dem gedeckten Tisch der Biozönose zu- gesellte, die durch den Aleyrodidenbefall einer Gartenrose zustande gekommen war. Megadrillus brevipennis (Macq.), 1838 (Dipt. exot. I. 2., p. 130) Syn. elachipterus Loew, teste RıcARDO 1 8, 2 22 von Kirstenbosch bei Kapstadt, 28. XI. 1958. Über die Synonymie hat Encer 1927/28 geschrieben. Lophopeltis comata (Wied.), 1821 (Aussereur. Zweifl. Insekt. I, S. 449) Syn. erythracantha Herm. 3 88,3 22 von der Kap-Halbinsel (Kalk Bay 23. X. 1958, Hout Bay 27. X. 1958 und von Kapstadt Lionhead 2. XI. 1958). 12 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 61 Neolophonotus (Lophopeltis) parvus Ricardo, 1920 (Ann. & Magaz. Nat. Hist., Ser. 9, Vol. V, p. 386) 1 2 von der Mbugve-Steppe, 22.-30. III. 1959 (Orprovo det.). Neolophonotus cupreus (Loew), 1858 (Öfvers. Kongl. Vet. Akad. För- handl. XIV, 1857, 364.74) 1 S von Kapstadt, 3. XI. 1958. Neolophonotus chalcogaster Wied., 1819 (Aussereur. Zweifl. Insekt. I, S. 442) Syn. auribarbis Macq. 1838 Die Synonymie wurde von Enceı festgestellt. Eine größere Serie von der Kap-Halbinsel (Kloof Neck-Signal Hill 30. X. 1958, Lion Head 5. XI. 1958 und Kirstenbosch 28. XI. 1958). Dasophrys hypselopterus Engel, 1929 (Ann. Transvaal Mus. XIII, 2, p2155) 1 2 von Johannesburg, 23. XI. 1958. Ich stelle dieses ? zu der von Enceı beschriebenen Art aus S-Rhodesien. Außer der beträchtlicheren Größe von 21 mm statt 16—-19 sind kaum wesentliche Unterschiede festzustellen. Es sei denn, daß das „Gold Toment“ weniger in Er- scheinung tritt, als es von EnGEL hervorgehoben wird, besonders in dem Dreieck vor dem Schildchen. Und die Basen der t sind sehr schmal rötlich. Außerdem sind an den t, und besonders den t, die meisten Dornen nicht schwarz, sondern gelbrot. Aber das mag eine individuelle Abweichung sein. Die Form des Ovipositors stimmt genau mit der Zeichnung Enceıs überein. Es könnte nur noch hervorgehoben werden, daß sein äußerstes dorsales Ende einen Kranz von weißlich glänzenden, mikroskopischen Här- chen trägt. Astochia armata Beck., 1910 (Voyage de M. Maurice DE RorkscHip en Ethiopie et dans l’Afrique or., Dipteres nouveaux. Ann. Soc. ent. France 79, p. 22) 1 2 von Johannesburg-Hartebeestpoort, 9. XI. 1958 (OLprovp det.). Dysmachus porcellus Speis., 1910 (Wiss. Ergebn. d. Schwed. Zool. Exp. nach d. Kilimandjaro, dem Meru usw., 1905—1906 [Sjösteor], 10, S. 102) 1 $ aus etwa 2200 m vom Kilimandjaro SW, 5.11.1959, 1 ö aus etwa 2000 m vom Weg Marangu—Bismarckhütte, Kilimandjaro, 14. III. 1959. Das Material SpEisers stammte vom Kilimandjaro aus 2000—3500 m. SPEISER bezeichnet die Art als ausgesprochenes Höhentier. Am Kilimandjaro dürfte sie die Asilide sein, die die größte Höhe erreicht. Philodicus cinerascens (Rkic.), 1900 (Ann. & Mag. Nat. Hist. Ser. 7, VI, p. 177 (Alcimus) Syn. umbripennis Ric. (1921) 1 2 von Beira, Portugiesisch-Ostafrika, 13. XII. 1958 (OLorovo det.). Alcimus tristrigatus Loew, 1860 (Dipt. Fauna Süd-Afrikas I, S. 134, T. 1, Fig. 51) 1 ö von Okameni-Tsavo, 25.-28. 11. 1959. Lorw hat eine so ausgezeichnete, alle Einzelheiten erfassende Beschreibung ge- geben, daß die Art danach mit Sicherheit zu bestimmen ist. Auch nach der Bestim- mungstabelle von Miss G. Rıcarpo kommt man auf A. tristrigatus. Dies scheint in der Tat die Art der ostafrikanischen Steppe rings um den Kilimandjaro zu sein, die auch SPpEISER aus dem Gebiet anführt und die außerdem von verschiedenen Punkten Britisch-Ostafrikas und auch von Südafrika erwähnt wird. A. tigris Karsch von 1961 LINDNER, AFRIKANISCHE ASILIDAE Nr. 61/13 Usambara kann eine Art sein; vielleicht ist es aber auch ein Synonym zu tristrigatus. Miss RıcArvo läßt in ihrer Arbeit über die Alcimus-Arten 1922 A. tigris Karsch un- gedeutet. Auch die von mir aus Tanganyika 1955 erwähnten Stücke von tigris Karsch ge- hören zu A. tristrigatus. Ommatius variabilis Engel, 1929 (Ann. Transvaal Mus. XIII, p. 158) — ? flavipes Loew (teste EncEL) 3 86,2 %2 von der Mbugve-Steppe am Östafrikanischen Graben, Tanganyika, 22.-30. III. 1959. Ommatius haemorrhoidalis Lind., 1955 (Jh. Ver. vaterl. Naturk. Württ., 110. Jahrg., S. 44) 1 2 von der Mbugve-Steppe am Ostafrikanischen Graben, Tanganyika, 22.-30. II. 1959. Ich konnte 1955 das 5 beschreiben. Das $ entspricht in seinen morphologischen Merkmalen dem 5. Auch der Ovipositor zeigt die Rotfärbung. Ommatius chiastoneurus Speis., 1910 (Wiss. Ergebn. d. Schwed. Zool. Exp. nach d. Kilimandjaro, dem Meru usw., 1905—1906 [Sjösteor], 10, S. 105) 1 3 von Okameni-Tsavo, 25.-29. 11. 1959. Das Stück ist etwas größer als die Tiere der kleinen Serie, die ich 1952 bei Machame gefangen habe. Besonders scheinen die schwarzen Dornen der Unterseite des f, und die größtenteils schwarzen Dornen an seiner Vorder- und Hinterseite ver- hältnismäßig stärker. Anschrift des Verfassers: Professor Dr. Erwin Lindner, Stuttgart OÖ, Archivstraße 4 BUELL, us L6c#3 7277 >/ Stuttgarter Beiträge zur Naturkunde aus dem Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart Stuttgart 24. Oktober 1961 Nr. 62 Beeinflussung der Federentwicklung durch ultraviolette Strahlen Von Otto Pflugfelder, Stuttgart-Hohenheim (Mit 5 Abbildungen) Wachstum, Farbe und Form der Feder können durch die verschiedenartigsten Faktoren beeinflußt werden: Durch Anhängen von Bleigewichten an die sich in Ent- wicklung befindenden Schwanzfedeın des Phoenix-Hahns erreicht man in Ostasien eine Federlänge bis zu 3 m. Durch Kastration, Sexualhormone, aber auch durch Füt- terung können Federfarbe und -form beeinflußt werden. Mangel an Schilddrüsen- hormon hemmt das Federwachstum. Wenig bekannt sind Veränderungen der Feder durch ultraviolettes Licht. Da die fertige Feder ein totes Horngebilde ist, sind Wir- kungen der UV-Strahlen nur bei Entwicklungsstadien der Feder zu erwarten. Diese Federanlagen aber sind bereits beim Küken durch die Dunen und bei der Mauser älterer Vögel durch die Konturfedern wirksam gegen UV-Strahlen geschützt. Nur nach Beseitigung dieses wirksamen Strahlenschutzes sind die Federanlagen experimentell beeinflußbar. Wir wählten für unsere Versuche die Federanlagen der Augenlider, die so weit auseinanderstehen, daß das UV-Licht vom Schlüpfen der Küken bis zum Alter von 2 Monaten ungehindert einwirken konnte. Bau und Ent- wicklung der unbeeinflußten Lid-Feder entsprechen im übrigen durchaus der Norm ‚von Konturfedern der Körperoberfläche, abgesehen davon, daß die Zahl der Rami viel geringer ist als bei letzteren. Das Verständnis der experimentell erzeugten Ab- änderungen setzt die Kenntnis der Norm voraus: Den normalen Bau der Lid-Feder veranschaulichen Abb. 1 und 2. Der Längsschnitt (Abb. 1 oben) zeigt eine Feder, deren Spule unten noch nicht geschlossen ist. Die Coriumpapille (Cp, und Cp;) reicht noch weit in die Federanlage hinein und läßt deutlich zwei Abschnitte unterscheiden: Der distale Teil (Cp,) bildet ein lockeres Maschenwerk von Zellen, die sich färberisch sehr deutlich von den Zellen des proxima- len Teils (Cp,) abheben. Während der distale Teil der Papille völlig frei von Blut- kapillaren ist, ist der proximale Teil sehr gut durchblutet (K). Die mangelhafte Er- nährung des distalen Teils dürfte die Ursache für das bekannte Einschrumpfen der distalen Papillenpartie sein. Dieser Rückzug der Coriumpapille erfolgt etappenweise, gefolgt von der die Coriumpapille bedeckenden Papillenepidermis (PEp). Letztere bildet genau wie die Epidermis (Ep) der Körperoberfläche, mit der sie ja, wie Abb. 1 zeigt, in kontinuierlichem Zusammenhang steht, eine Hornschicht aus. Wenn sich die Papillenepidermis mit der darunterliegenden Coriumpapille zurückzieht, bleibt die konvex nach außen gebogene Hornschicht (H) an der Stelle ihrer Entstehung zu- rück. H,—H, kennzeichnen somit die Rückzugsstadien der Federpapille und entspre- chen durchaus den Hornschichten, die später bei Bildung der Spule von dieser ein- geschlossen werden und als Federseele bezeichnet werden. Der Querschnitt der Abb. 1 (unten) ist durch die mit «— X gekennzeichnete Ebene geführt. Einen Querschnitt durch die Anlage einer Federfahne bringt Abb.2. Im 2 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 62 Gegensatz zu dem Schnitt der Abb. 1, wo die Papillenepidermis (PEp) einen ein- fachen Hohlzylinder darstellt, zeigt die Epidermis im Bereich der Fahne eine reiche Gliederung. Ihre äußerste Schicht (Epä) bildet die Federscheide (Fs), ihre innerste Partie eine verhältnismäßig dünne Zone, welche die Coriumpapille (Cp) umschließt. Beim Rückzug der Coriumpapille (Cp) bildet diese innere Epidermisschicht (Epi) Ver- hornungen, die ganz denjenigen der Seele der Federspule entsprechen. Nach der Ab- stoßung der Federscheide (Fs) und der Entfaltung der Feder gehen diese schutzlos zutage liegenden, am besten als Fahnenseele zu bezeichnenden Hornteile verloren, während die geschützte Spulen-Federseele erhalten bleibt. Durch Einwirkung ultravioletter Strahlen wird die Entwicklung der Feder stark gestört. Die Verhornung der Epidermis des Federkeims wird in einem Maße be- schleunigt, daß eine Differenzierung in Schaft, Rami und Radii völlig unterbleibt. Statt einer Federfahne entsteht ein kolbenförmiges Horngebilde (Abb. 3). Längs- und Querschnitte lassen eine klare Schichtung erkennen. Dichte und lockere Hornteile wechseln miteinander ab. Dieser Rhythmus wird durch die sich etappenweise zurück- ziehende Coriumpapille bedingt. Letztere ist außerdem stark in die Länge gestreckt und läßt eine klare Gliederung in 3 hintereinanderliegende Zonen erkennen (Cp,, Cp>, Cp3). Im Gegensatz zu den benachbarten oberflächlichen Epidermisteilen (Ep.deg) zeigt die Epidermis der Federanlage, ebenso wie die Coriumpapille, histologisch keine Schädigung, wenn nicht eben schon die starke Hornbildung als Folge einer Schä- digung anzusprechen ist. Jedenfalls aber schützt das Horn die darunterliegenden lebenden Hautteile, so daß (wie in Abb.4) unter der Hornmasse der Federmiß- bildung sich eine Ersatzfeder-Anlage (Ef) bilden kann. Aber auch diese neigt zu rascher, sehr intensiver Verhornung, und die Differenzierung einer Fahne unterbleibt. Eine noch stärkere Schädigung erfuhr der Federkeim bei dem in Abb. 5 darge- stellten Fall. Die Anlage wurde zwar in die Tiefe versenkt; die Coriumpapille aber zeigt schwere Strahlenschädigungen. Eine normale Hornbildung durch die Epidermis der Federanlage unterbleibt. Die Epidermispartien, welche an die Federanlage an- schließen und den Übergang zur Körperoberfläche bilden, aber liefern offensichtlich überstürzt ungeformte Hornmassen, die keulenartig über die Oberfläche hinaus- ragen (K). Mit Recht darf man wohl annehmen, daß es die Schädigungen der Zellen der Coriumpapillen sind, welche die Federbildung unmöglich machen. Die Epidermis des Federkeims scheint weniger empfindlich gegen die UV-Strahlen zu sein, denn in ihr findet man ganz normal erscheinende Zellteilungen. Allein in dem in Abb.5 dar- gestellten Schnitt sind 3 Teilungsspindeln getroffen. Nach neuerer Auffassung beruht die schädigende Wirkung des ultravioletten Lichtes darin, daß es die Pyrimidine der Nucleinsäuren verändert, insbesondere be- wirkt es die Vereinigung zweier Thyminmoleküle der Desoxyribonucleinsäure (DNS) unter Ausbildung eines Cyclobutanringes (WAcKER, DELLwEG und LopDEMAnN 1961). Die Ribonucleinsäure (RNS) aber wird durch UV-Licht dadurch verändert, daß das Uracil sich gleichfalls zu einer dimeren Verbindung umsetzt. Dadurch gehen in der DNS wie in der RNS die Wuchsstoffeigenschaften der Monomeren verloren und die Proteinsynthese ist empfindlich gestört, und zwar vermutlich im Ektoderm wie in der Coriumpapille des Federkeims. Unerklärlich ist bislang, weshalb die ektodermalen Zellen offensichtlich weniger geschädigt werden als die Zellen der Coriumpapille. Da aus der Normalentwicklung der Feder bekannt ist, daß dem Mesoderm die entschei- dende Funktion bei der Aufteilung des Epidermiszylinders in Schaft, Rami und Radii zukommt, aber leuchtet es ohne weiteres ein, daß durch eine Schädigung des Meso- derms eine normale Federbildung unmöglich gemacht wird. 1961 PFLUGFELDER, FEDERENTWICKLUNG Nr. 62/3 Zusammenfassung Durch UV-Bestrahlung werden die Federkeime der Augenlider des Haushuhnes stark geschädigt, so daß mannigfache Federmißbildungen, ja sogar völlige Unter- drückung der Federbildung die Folge davon sind. Die Schädigung der Zellen der Coriumpapille ist wesentlich stärker als die der Epidermiszellen, welche sich trotz UV-Bestrahlung lebhaft mitotisch teilen. Diese lebhafte Zellvermehrung aber führt lediglich zu undifferenzierten Hornmassen. Literatur BEukeErs, R., und W. Berenos: Biochim. Biophys. — Acta 41, 550 (1960). WACKER, A., L. TRÄGER und D. Weınsrum: Ebenda 73, 65 (1961). Anschrift des Verfassers: Professor Dr. Otto Pflugfelder, Stuttgart-Hohenheim, Zoologisches Institut der Landwirtschaftlichen Hochschule STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 62 11 = Kl A: 7 (a DS af „a \ AS ON \ 1,12 AS) [c} ” Abb. 1. 1961 PFLUGFELDER, FEDERENTWICKLUNG Nr. 62/5 Abb. 2. Querschnitt durch einen normalen Federkeim in Höhe der Federfahne. Cp Coriumpapille Ep eingesenkte Epidermis HEp deren Hornschicht Epä äußere Epidermisschicht des Federkeims ? Epi - innere Epidermisschicht des Federkeims Fs Federscheide R Rami Sch Schaft Abb. 1. Längs- und Querschnitt durch eine normale Federanlage des Augenlids des Haushuhns. Bg Bindegewebe Cp, Cpı, Cpgs Coriumpapille Ep Epidermis der Körperoberfläche Es Federscheide ala Hornschichten, welche die Rückzugsstadien der Coriumpapille kennzeichnen PEp Papillenepidermis R Rami der Feder Sp Spule der Feder EUR Schnittebene des unten dargestellten Querschnitts STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 62 Abb. 3. Federmißbildung nach UV-Bestrahlung. Statt einer Federfahne entstand nur eine Keule aus konzentrisch geschichteten Hornmassen. Rechts daneben eine solche Hornkeule im Querschnitt. Cpı--Cpz drei Zonen der Coriumpapillen, welche zeitlich nacheinander de- generieren und so den Rückzug von Papille und Papillenepidermis bedingen Epdeg degenerierende oberflächliche Epidermis (Strahlenschädigung) 1961 PFLUGFELDER, FEDERENTWICKLUNG er, as VIER ORT Ber ‘© S 8 2 S\ CT ® Fo Ye a nn _ —_ Abb. 4. Durch UV-Bestrahlung stark mißgebildete Embryonaldune (Ed), einer gleichfalls deformierten Ersatzfederanlage (Ef) aufsitzend. Die Dune zeigt zwar noch einige kurze Rami (R), die basalen Teile aber bilden nur eine geschichtete Hornmasse. Die Ersatzfederanlage bildet lediglich einen dicken Hornmantel ohne jegliche Gliederung. Nr. 62/7 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 62 Abb. 5. Unterdrückung der Federbildung durch UV-Bestrahlung. Der Federkeim hat sich zwar eingesenkt, ist aber nicht zur Hornbildung befähigt. Dafür liefern die den Übergang zur Oberflächenepidermis bildenden Epithelteile eine mächtige, in der Photo- graphie dunkle unstrukturierte Hornmasse (K), welche in das geschichtete Stratum corneum der Oberfläche übergeht. Die Coriumpapille zeigt zahlreiche degenerierte Zellen. Zoe #3 Stuttgarter Beiträge zur Naturkunde aus dem Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart Stuttgart 24. Oktober 1961 Nr. 63 Einige Serpuliden (Chaetopoda) aus dem Jura von Alberta, Kanada VonKarlO.A.Parsch, Stuttgart Gegenüber dem europäischen Jura mit seinen 59 Ammonitenzonen und einer Maximalmächtigkeit von ungefähr 1050 m erreicht der Jura des kanadischen Felsen- gebirges eine Mächtigkeit von nur 360 m. Die jurassischen Sedimente der Rocky | ROCKY MOUNTAINS SOUTHERN en mon & ALTA- FOOTHILLS en ALBERTA | Kootenay Sand | | PORTLANDIAN Wj Passage beds MORRISON z | KIMMERIDGIAN & uf | Morrison 2 | ? FORDIA a A en | er N OSFORDIEN = Green beds \ a 5) | emcovan | ALIDIIIEENN ELLE SNTNTTTTTTTTTTTETT | Grey beds RIERDON w SP RIERDON BATHONIAN & PIPER & BAJOCIAN tn TOARCIAN ee IM Nordegg | — 1] Tabelle 1. Korrelation der jurassischen Sedimente in Alberta und Montana. Nach H. Fresoıo 1957. | FERNIE MIDDLE LOWER JURASSIC JURASSIC UPPER JURASSIC = 2 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 63 Mountains und des Vorgebirges werden in der sogenannten „Fernie group“ und dem unteren Kootenay-Sandstein zusammengefaßt (siehe Tabelle) und treten in einem etwa 100 km breiten Streifen, der sich vom 49. Breitengrad (US-Grenze) bis zum Peace River (1110 km) erstreckt, an die Oberfläche. Auf Grund der Ammonitenfauna wird der Jura dieses Gebietes in neun Zonen gegliedert und kann mit den gleichaltrigen Schichten des Yukon Territory, der kana- dischen Arktis, Britisch-Kolumbiens und der westkanadischen Prärie in Alberta, Saskatchewan und Manitoba korreliert werden. Im Bereich der Kordillere wurden bis- her nur Sedimente des Sinemurien, Toarcien, des mittleren Bajocien, des unteren Callovien, Oxfordien und oberen Portland nachgewiesen. Während Hettangien, Pliensbachien, unteres und oberes Bathonien und oberes Callovien bisher nicht nach- weisbar sind, sind Schichten des Bathonien, Kimmeridge und unteren Portland höchst- wahrscheinlich zugegen, ihr Vorhandensein konnte jedoch noch nicht eindeutig belegt werden (FresorLp 1957). In Alberta und Montana (USA) ruhen jurassische Schich- ten meistens diskordant auf palaeozoischen, selten auf triassischen Ablagerungen. Im Südosten Albertas ist der Lias überhaupt nicht, der Dogger und Malm nur teilweise entwickelt. Die beigegebene Tabelle gibt die Gliederung des Jura in Alberta und Montana wieder. Bei der mikropaläontologischen Bearbeitung von zwei Aufschlußprofilen und vier Bohrungen (siehe Karte) wurde unter anderem auch das Vorkommen von Serpuliden festgestellt. Die Röhrenwürmer sind hier nicht so häufig wie im südwestdeutschen Jura, und ihr Formenreichtum ist bei weitem nicht so groß wie bei ihren schwäbischen Artgenossen. Das bisher untersuchte Fossilmaterial ist für eine Aussage über das zeitliche Auftreten der Arten nicht ausreichend. Die im folgenden beschriebenen und abgebildeten Serpuliden wurden durchweg Proben aus dem unteren Callovien des Felsengebirges (Fernie group, Grey beds) bzw. der gleichaltrigen Rierdon Forma- tion von Südost-Alberta entnommen. Die Gesteinsproben stammen von folgenden Lokalitäten (siehe Karte): 1. Blairmore 4. Bohrung Admiral No. 2 2. Oldman River 5. Bohrung Chin Coulee 3. Bohrung Admira! No.1 6. Bohrung Sunalta Klasse: Chaetopoda Blainville 1815 Ordnung: Polychaeta Grube 1850 Unterordnung: Tubicola Cuvier (= Sedentaria) Familie: Serpulidae Burmeister 1837 Gattung: Ser pula Linne 1758 Untergattung: Cycloserpula Parsch 1956 Serpula (Cycloserpula) flaccida Goldfuss 1831 1831 Serpula flaccida. Gowpruss, S. 234, Taf. 69, Fig. 1. 1831 Serpula filaria. Gowpruss, S. 235, Taf. 69, Fig. 11. 1831 Serpula gordialis (pars.). Gowpruss, S. 240, Taf. 71, Fig. 4. 1836 Serpula flaccida. RoEMER, S. 34. 1848 Serpula filaria. Bronn, S. 1136. 1848 Serpula flaccida. Bronn, S. 1136. 1858 Serpula raricostati. Quensteot, S. 111, Taf. 13, Fig. 18. 1858 Serpula gordialis. Quensteot, S. 393. ?1865 Galeolaria solitaria. TERoUEM & Pıerte, S. 116, Taf. 14, Fig. 8. 1865 Serpula flaccida. TEerRouem & PıETtE, S. 117. ?1876 Serpula medusida. LorıoL, S. 10, Taf. 9, Fig. 9-10. 1908 Serpula raricostati. Ense, S. 230. 1908 Serpula flaccida. Enceı, S. 314, 321, 328 und 362. 1908 Serpula filaria. Ense, S. 314. 1956 Serpula flaccida. ParscH, S. 214, Taf. 20, Fig. 19. Nr. 63/3 1961 PARSCH, SERPULIDEN AUS DEM JURA VON ALBERTA % 149.0 1300 0021 Fell \ TER ; esasuaTooN \ 50° eresınA „00 Ortsverzeichnis: 1. Blairmore, 2. Oldman River, 3. Admiral 1, 4. Admiral 2, 5. Chin Coulee, 6. Sunalta 4 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 63 Die Wurmiöhre ist glatt und besitzt einen runden Querschnitt. Sie liegt lang aus- gestreckt oder unregelmäßig hin- und hergebogen, teilweise in unregelmäßigen Schlei- fen übereinanderliegend. Das Lumen der Röhre ist oft, wie auch bei anderen Arten, mit Pyrit oder Kalkspat ausgefüllt. Verbreitung: Rierdon. Abbildung: Taf. 1, Fig. 1. Untergattung Dorsoserpula Parsch 1956 Serpula (Dorsoserpula) delphinula Goldfuss 1831 1831 Serpula delphinula. Gowpruss, S. 228, Taf. 67, Fig. 16. 1848 Serpula delphinula. Bronn, S. 1136. 1858 Serpula delphinula. Quensteot, S. 663, Taf. 81, Fig. 49—51. 1867 Serpula delphinula. MoeschH, S. 191. 1874 Serpula delphinula. Moesch, S. 56. 1876 Serpula delphinula. Lorıoı, S. 11, Taf. 1, Fig. 13. 1908 Serpula delphinula. EnceL, S. 430. 1956 Serpula delphinula. ParscH, S. 218, Taf. 20, Fig. 7. Dieser Wurmtubus wird bis 5 mm dick, ist stellenweise mit Anwachsstreifen bedeckt und trägt einen stumpfen Dorsalkamm. Verbreitung: Grey beds und Rierdon. Abbildung: Taf. 1, Fig. 2. Serpula (Dorsoserpula) albertensis n.sp. Derivatio nominis: Die erste aus dem Jura von Alberta beschriebene Art. Typus: Bruchstück, Staatliches Museum für Naturkunde in Stuttgart, Inv. Nr. 20 278. Stratum typicum: Rierdon Formation, Unteres Callovien. Locus typicus: Bohrung Sunalta, Südost- Alberta. Diagnose: Die glatte Röhre besitzt zwei Kiele, die beiderseits im oberen Drittel der Seiten angebracht sind. Die Bruchstücke sind etwa 4 mm lang und 2 mm im Durchmesser. Verbreitung: Rierdon. Beziehungen: Die Röhre unterscheidet sich von Serpula triferulata Parsch 1956 du:ch das Fehlen eines Dorsalkammes und durch die unterschiedliche Lage der nicht zur Anheftung dienenden Kiele. Zahl der untersuchten Stücke: 5. Abbildung: Taf. 1, Fig. 3. Serpula (Dorsoserpula) rockymontanan.sp. Derivatio nominis: Die erste aus dem Felsengebirge beschriebene Art. Typus: Bruchstück, Staatliches Museum für Naturkunde in Stuttgart, Inv. N##20279% Stratum typicum: Grey beds, Fernie, Unteres Callovien. Locus typicus: Blairmore, Alberta. Diagnose: Die Röhre dieser Spezies hat eine glatte Oberfläche und ist im Quer- schnitt fast halbrund. Sie ist auf der Unterlage fixiert und bildet stellenweise eine breitere Basis aus. Verbreitung: Grey beds, Fernie, Unteres Callovien. Beziehungen: Unterscheidet sich von Serpula unicarinata Parsch 1956 nur durch das Fehlen des Dorsalkammes. Zahl der untersuchten Stücke: 10. Abbildung: Taf. 1, Fig. 4. 1961 PARSCH, SERPULIDEN AUS DEM JURA VON ALBERTA Nr. 63/5 2: Serpula flaccida GOLDFUSS 1831 Serpula delphinula GOLDFUSS 1831 T ,. 4. Serpula albertensis n- sp: Serpula rockymontana n sp: Serpula tetragona SOWERBY 1829 Serpula quadrisulcata PARSCH 1956 Tafel 1. Einige Serpuliden aus dem Jura von Alberta. 6 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 63 Untergattung Tetraserpula Parsch 1956 Serpula (Tetraserpula) tetragona Sowerby 1829 1829 Serpula tetragona. SowERBY, S. 203, Fig. 599. 1848 Serpula tetragona. Bronn, S. 1140. 1858 Serpula tetragona. Quenstept, S.393, Taf. 53, Fig. 17—18. 1858 Serpula tetragona. Quensteot, S.493, Taf. 38, Fig. 18. 1908 Serpula tetragona. Enceı, S. 227 und 341. 1956 Serpula tetragona. ParscH, S. 223, Taf. 21, Fig. 14. Die Röhre besitzt einen stumpf viereckigen Querschnitt. Über jede der ab und zu eingeschnürten, leicht wulstig erscheinenden Seitenflächen läuft eine Längsrinne. Die Kanten sind abgerundet. Der ältere Teil der Röhre ist oft evolviert und auf eine Unterlage geheftet. Meistens werden gerade Bruchstücke gefunden. Verbreitung: Grey beds (Fernie) und Rierdon. Abbildung: Taf. 1, Fig.5. Serpula (Tetraserpula) quadrisulcata Parsch 1956 1956 Serpula quadrisulcata. PArsch, S. 227, Taf. 21, Fig. 15. Ein Wurmgehäuse viereckigen Querschnitts. Die Kanten der Röhre sind scharf und die Seitenflächen median gefurcht. Verbreitung: Grey beds (Fernie). Abbildung: Taf. 1, Fig. 6. Schriftenverzeichnis Fresorp, H.: Correlation of the Jurassic Formations of Canada. — Bull. Geol. Soc. America, 64, S. 1229-1246. 1953. — The Jurassic Fernie Group in the Canadian Rocky Mountains and Foothills. — Mem. Geol. Survey Canada, 287. 1957. Pırscn, K. ©. A.: Das zeitliche Auftreten der Serpuliden (Tubicole Anneliden). — Notizbl. Hess. Landesamt, 83. 1955. — Die Serpuliden-Fauna des südwestdeutschen Jura. — Palaeontographica, 107, Abt. A. 1956. Anschrift des Verfassers: Dr. Karl ©. A. Parsch, Stuttgart, Archivstraße 3 Bo 7 u Stuttgarter Beiträge zur Naturkunde aus dem Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart Stuttgaıt 24. Oktober 1961 Nr. 64 Von der jüngsten Ausbreitung der Tanne im Gebiet der Ostalb Von Karl Baur, Leonberg Unsere Vegetation ist ständig im Fluß, mindestens das Mengenverhältnis der Arten ist starken Schwankungen ausgesetzt. Einmal wirken die verschiedenen äuße- ren Bedingungen ein, wobei in der Neuzeit der Mensch selbst in ganz großem Maß- stab umgestaltend beteiligt ist. Aber mehr und mehr setzt sich die Erkenntnis durch, daß nicht die Faktoren der Außenwelt allein die Zusammensetzung der Vegetation entscheiden, sondern daß auch die gegenseitige Konkurrenz der Arten das Gesamt- gefüge immer wieder verändert. Seitdem der Mensch diese Veränderungen genau feststellt, ist zum Beispiel das Neuauftreten von Adventivpflanzen in vielen Fällen sogar jahreszahlenmäßig ver- folgt worden. Durch die Methode der Pollenanalyse andererseits besteht die Mög- lichkeit, die Waldgeschichte der Nacheiszeit mit hinreichender Genauigkeit festzu- legen. Verhältnismäßig am schwierigsten aufzuhellen sind die Veränderungen, die zwar in historischer Zeit vor sich gingen, über welche wir jedoch nicht ohne genaues Studium und ohne Anwendung kombinierter Methoden zur völligen Klarheit kommen können. Dafür soll hier ein Beispiel gegeben werden. Es ist die Rede von der Verbreitung der Tanne auf der Schwäbischen Alb. GRADMANN erwähnt, dabei Tscherning folgend, zwei Albgebiete, in die das Nadelholz vermutlich auf natürliche Weise eingedrungen ist, nämlich die Gegend um Aalen und die Südwestalb mit dem Zentrum in den Balinger Bergen. Mit dem letzteren Vor- kommen hat sich LoHrMAnn später eingehend beschäftigt und kam dabei zu dem Er- gebnis, daß die Nadelhölzer auf der Südwestalb (Tanne, Fichte und in geringerem Ausmaß sogar die Forche) am Ende der Völkerwanderungszeit bereits da waren. Anders ist es im Gebiet um Aalen. Dafür liegt von JänıcHEn eine sehr wertvolle Studie vor. Er konnte durch geschichtlich-archivalische Studien (Orts- und Flurnamen sowie genaue Beachtung des Lauchbaumbildes) nachweisen, daß, vom Virngrund aus- gehend, ein Tannenvorstoß um 1500 zur Entfaltung kam, und belegt dies mit einer ganzen Reihe von waldgeschichtlichen Karten. Seine sehr verdienstvollen Untersuchun- gen sollen an dieser Stelle nach der arealkundlichen und vegetationskundlichen Seite hin noch untermauert werden. Arealkundlich läßt sich der Wanderungsweg der Tanne mit Hilfe des beigegebenen Kärtchens unschwer verfolgen. Es ist dabei zu sagen, daß die Tanne — neben den von JÄnıcHEn angeführten Gebieten — auch noch im Kocher- tal zwischen Abtsgmünd und Hüttlingen eine zweifellos natürliche Verbreitung be- sitzt. Dasselbe gilt von den Flächen und Höhen des braunen Jura. Hingegen fällt auf, daß die Tanne auf dem Langert (südlich Aalen) gar keine Rolle spielt — von weni- gen künstlichen Einbringungen abgesehen, die wenig erfolgreich waren, wahrschein- lich deshalb, weil die Niederschläge auf dem Langert geringer sind als in der Um- gegend Lauchheim/Oberalfingen, wo die von Westen kommenden Regenwolken ge- zwungen sind, unmittelbar aufzusteigen und sich abzuregnen. Die Karte zeigt hin- 2 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 64 A B7r5s Cs D77 E78 F73 G80o H81 |82 Kea L84 M85 N 86 0 abcdabcdabcedabcdabcdabcdabcdabcedabcdabcedabcdabedobcdabcd ACTITTLITLT TE TLTELTT IT TIEITITTTeI III III II II II II ET 0 I 2 FELL FREE ESFERSFRRERFELEEEHEESEFFSEFFSEEHerEEEFEEER SEECERZE ERBE ZUu EOEDOCEO EEE EEE DEE HEDE EHE 18 + I11Ile III SOHSsaeSssbaceagannaa BRERECHEREOEBEEEEBERENER HH HHHeH HH HERE EEE rter Ester EFF I 2 III III III Tele ET TI RN [TI1T1 el fe = af] je Ko] anf en] ma] am fanfoo Jon [|| nis Kal un no [ea] ef | m onen] JE [ez| |eefe [a] oe] ae] Jr] Ten nf | 1m HRS ESS9=arE Sean asenacaneiasssnaeeasanas B2zaıaaoa 2 Va fa Pa ff Ja en | a oa m fo af FT a PR Te Je rm a Fa a aa oa a I UI FTTI TIefleiele | I I SEIT TI TI I II HT II 111] | EEEE nun REN ENEEHREEERREOODORHNEEREBEEENEREBEUNNE. 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Verbreitung der Tanne, Abies alba, im Gebiet des Meßtischblattes Aalen (Württemberg). Ausgezogene Linie: Albrand östlich Aalen. gegen recht deutlich, wie die Tanne bei Oberalfingen die Alb erobert haben mul, und dort wirft sie auch die ganze uns sonst gewohnte Soziologie der Albwälder über den Haufen. Kunn hatte die Buchentannenwälder der Südwestalb als Fagetum abietosum in sein System eingereiht und schließt sich der Ansicht von LoHRMANN an, der die Frost- gefährdung der Tanne dafür verantwortlich machte, wenn sie die Hochfläche der Alb „fast sklavisch“ meide. Buck-FeucHt und ÖBERDORFER schließen sich dieser Nomen- klatur an, letzterer unter der Bezeichnung „Abieti-Fagetum jurassicum“ für die Süd- westalb. Wie haben wir nun das Gebiet des jüngsten Tanneneinbruchs bei Aalen vegeta- tionskundlich einzureihen? Wir wissen durch HoızarrL, in welcher Weise sich die Tanne im mittelfränkischen Keupergebiet ausgebreitet hat. Seine Feststellung, daß in den Randgebieten des Vorkommens die Exposition vielfach ausschlaggebend sein muß, trifft für den angenommenen Wanderweg durchaus zu, besiedelt die Tanne doch einen fast genau nordexponierten Hang bzw. ist sie über diesen Hang „hochgeklet- tert“ (ähnlich betonte auch Kunn ihre Vorliebe für Nordexposition). Oben traf sie dann allerdings nur noch einen schmalen Streifen kalkreichen Weißjuragesteins an und geriet sehr bald in die Zone der Feuersteinlehme, die den Flächen der Ostalb ihr besonderes Gepräge geben. 1961 BAUR, DIE TANNE IM GEBIET DER OSTALB Nr. 64/3 Tanneneinbruch Feuerstein- Nordexposition Nordexposition boden Albrand bei Essingen Albrand bei Oberalfingen | 1 km entfernt (ohne Tanne) 620 m 700 m | Ä | | Ä | AR A NR 2 2 2 atencampestre .....2....2.20.0... ; Blcer platanoides ............... | Acer pseudoplatanus ............ M@orpinus betulus ............... | Crataegus oxyacantha ............ e Iiosusesilvatiea aaa. 1 Bretmüusmexcelsion "one neenenene. | Lonicera xylosteum .............. iiceasexeelsat wen. ae de. Quercus TODUT En eeline Brmbizens miera nen. Suyling. At NN st +++: D+tm+. +- 0) 20 +: ++: 00 +» +. + ++: E= . Actaea SDICALNI SER EEE. Seele . ai ä o Anemone nemorosa „2.222222... Ar ; £ Ar > | Asarum europaeum .....22222::. ; ß £ ß 1 ‚Asperula SET or 1 1 + 2 1 | Aspidium TILCHTaSEE Te + | Brachypodium silvaticum ......... Daphne TNEZELEUT ER: + Dryopteri GUStHaCO Er Elymus EUNOPUEUSEN Te: Euphorbia amygdaloides ......... IBestuea silvatica ................ | Fragen Daemon Fealumasilvatıeuma a. IGeranium robertianum ........... ++: ++: eedera el hl: ‚Helleborus foetidus .............. Iepaticantriloban 2.2.2... Poctucasmunaisa neun Lamium galeobdolon ............ Morhyrus vernus 2... 2022. neece. liummartagon a i uzula TEINOTOSaR Se } ; ann lelicaanuians nn nn... y KMercunialis perennis .2.......... 3 Üiunwejnusums Ohrmpragtunenvian nn: j N t oxalisı acetosella,.......2..2..... Su l + Phyteuma spicatum ............. an Brmülaselationa sense. Kanu Onjicimalisur . +. +4. +4: +4: +. +: + ++: ++: [JE] ++: anunculus auricomus anunculus lanuginosus or 10100. 44 4 4em4e 444 44 ++ Dr Er Er Dbuswidaeuserus se Banicnlareuropaea ........ne.... een fan nodosan Bye +: ++: 4. . .. enecio fuchsii + + -F RıchaySWSsilvarca ee SF + + DELETE Er ErErErErErErrr ++: Vaceinium myrtillus ‚Vicia sepium Wiola silvestris Dar ur Er rar rer EDaeE Bar Zr Bar ur Ber er Eee rer + ++: + DReE Kar Tr Br ar Tr er Se ee er ) ' nienzahlae ae Een. 24 20 13 24 28 4 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 64 So entstanden auf einer Fläche von wenigen Quadratkilometern Vegetationsbil- der, die zwar in starkem Gegensatz stehen zu dem üblichen Bild, die aber heute — nach etwa 500 Jahren — durchaus als natürliche Waldgesellschaft angesprochen wer- den dürfen. Die beigegebene Tabelle zeigt, daß der nordexponierte Buchentannenwald fast ebenso artenreich ist wie ein nordexponierter Albhang ohne Tanne, daß aber der heidelbeerreiche, etwa 1 km vom Albrand entfernte, auf Feuersteinlehm stockende Buchentannenwald ausgesprochen artenarm ist, wenn er auch noch immer gute Wüch- sigkeit zeigt. Von forstlicher Seite (F. M. Vırınger, Lauchheim) wurde daher der Tanne in dem fraglichen Gebiet auch heute noch eine entsprechende Berücksichtigung zugestanden. In seinem Beitrag zur Standortskartierung F. A. Karrengurc 1950 schreibt er: Den verarmten Feuerstein-Schuttböden des Myrtillus-Schreberi-Typs ver- mag die Tanne einen höheren Zuwachs abzuringen als die hier zur Zeit noch häufige Fichtenbestockung. Vergleichen wir den nordexponierten Buchentannenwald bei Oberalfingen mit einem Nordhang der Alb ohne Tanne bei Essingen (ebenfalls noch auf Meßtischblatt Aalen), so zeigt sich, daß die Ulme und alle drei Ahornarten im Gebiet des Tannen- einbruchs fehlen, daß hingegen Actaea, Senecio fuchsii und Brachypodium silvaticum vorhanden sind, so daß sich ein deutlicher Unterschied: herausheben läßt. Man kann also auch bei Oberalfingen von einem „Fagetum abietosum“ sprechen, wenn es auch weniger artenreich ist als auf der Südwestalb. Schließlich ist noch zu erwähnen, daß diese Jüngsteinwanderung recht gut über- einstimmt mit der Lage des Buchengipfels bei Berısch (S.55). Es ist also nicht zu bezweifeln, daß die Gesichtspunkte, die von der Geschichte, der Pollenanalyse, der Vegetationskunde und der Arealkunde zusammengetragen wurden, ein gut zusammen- stimmendes Gesamtbild ergeben. Es hat sich ja auch in anderen Fällen gezeigt, daß erst die Kombination (HoızarrL) verschiedener Methoden zu einem völlig befriedi- genden Endergebnis führen kann. Schrifttum Baur, Karı: Waldvegetationsgrenzen im Lein-Rems-Gebiet und Limesverlauf. — Jahreshefte Ver. vat. Naturkunde (115) 1960. BertscH, Kar: Geschichte des deutschen Waldes. 4. Auflage, S. 55. 1953. Se Die Waldgesellschaften in Württemberg. — Jahreshefte Ver. vat. Naturkunde (93) Ü. GRADMANN, ROBERT: Das Pflanzenleben der Schwäb. Alb. 3. Auflage, S. 48 ff. 1936. Hoızaprı, ROBERT: Ein Beitrag zur fränk. Waldgeschichte und Siedlungskunde, gewonnen aus Pollen- analyse, Ortsnamen- und Urkundenforschung. — Fürther Heimatblätter 1960, Nr. 3. — Die natürliche und künstliche Verbreitung der Weißtanne im mittelfränkischen Keupergebiet. — Forstwissenschaftliches Zentralblatt (79) 1960. JAnıcHhen, Hans: Waldgeschichtliche Untersuchungen im nördlichen Härdtsfeld. — Mitt. Ver. forstl. Standortkartierung Nr. 1. Stuttgart 1951. Kocn, H., und E. v. GAıisBerG: Die standörtlichen und forstlichen Verhältnisse des Naturschutz- gebietes Untereck. — Vom Naturschutz in Württemberg, Heft 14. Stuttgart 1938. — Neue Beobachtungen im Naturschutzgebiet Untereck. — Naturschutz in Württemberg, Heft 15. Kunn, Karı: Die Pflanzengesellschaften im Neckargebiet der Schwäbischen Alb. S. 294 ff. 1937. LOHRMANN, RicHARD: Die Ausdehnung des natürlichen Nadelwaldgebiets auf der Südwestalb. — Vom Naturschutz in Württemberg, Heft 14. Stuttgart 1933. ÖBERDORFER, ErıcH: Süddeutsche Pflanzengesellschaften. 1957. SCHAAF, Gustav: Der obergermanische Limes und seine Beziehungen zur Laubnadelwaldgrenze. — Jahreshefte Ver. vat. Naturkunde (87) 1931. — Blütenstaubzählungen an Hohenloher Mooren. — Vom Naturschutz in Württemberg, Heft 8. 1931: TscHERNING, F. A.: Beiträge zur Forstgeschichte Württembergs. Programm 1854. Anschrift des Verfassers: Karl Baur, Leonberg, Obere Burghalde 19 L vCe43 7 ‚Stuttgarter Beiträge zur Naturkunde aus dem Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart . Stuttgart 24. Oktober 1961 Nr. 65 Beiträge zur Kenntnis der europäischen Raupenfliegen (Dipt., Tachinidae) Von Benno Herting, Münster (Westfalen) Die Beiträge Nr. I (Neue Arten aus der Sammlung des Wiener Naturhistorischen Museums) und II (Die europäischen Arten der Gattung Lydella R. D.) sind unter dem Titel „Revision einiger europäischer Raupenfliegen (Dipt., Tachinidae)“ in den Annalen des Wiener Naturhistorischen Museums, Bd. 63, S. 423—429 (1959), ver- öffentlicht worden. Die Fortsetzung dieser Studien wurde mir ermöglicht durch Leih- gaben von Tachinen-Material, darunter Typen aus verschiedenen Museen und In- stituten. Ich bin den Herren Dr. M. Bier, Wien, Professor Dr. E. LinDner, Stuttgart, Professor Dr. F. Prus, Berlin, Dr. J. p’Acuıar, Versailles, Mr. H. Anpersson, Lund, Mr.R.W.Crosskey, London, und Dr. S.L. Tuxen, Kopenhagen, sehr dankbar für die Auswahl und Übersendung des Materials. Herr Professor L. P. Mezsnır, Delemont, gab mir Gelegenheit, die Ergebnisse mit ihm zu besprechen und Material seiner Samm- lung zu vergleichen. Ihm möchte ich auch an dieser Stelle herzlich danken. IM. Die mitteleuropäischen Arten von Phebellia R.D. Die Gattung Phebellia R.D., wie sie von Mesnır (in Linpner, S.453 f.) umrissen worden ist, stellt eine Teilgruppe der alten, heterogenen Großgattung Exorista auct. (nec Meigen 1803) dar. Die zugehörigen Arten unterscheiden sich in äußeren Merk- malen oft nur geringfügig voneinander und wurden deshalb von den älteren Autoren teilweise nicht erkannt und mit anderen vermengt. Erst die Untersuchung des männ- lichen Genitalapparates durch WAınwRIGHT (1940) und die sorgfältige Auswertung der übrigen Merkmale durch Mesnır. erbrachte eine wesentlich bessere Kenntnis dieser schwierigen Gattung. Die Revision des mir vorliegenden Materials gab Anlaß zu einigen ergänzenden Feststellungen, die im folgenden kurz dargelegt sind: 1. Es existiert in Mitteleuropa noch eine bisher unbekannte Phebellia-Art, welche nach den bisherigen Bestimmungsschlüsseln nicht von Ph. glauca Meig. zu trennen ist, aber im männlichen Genitalapparat stark abweicht. Sie ist bereits in der Tachinen- fauna Westfalens und des Emslandes (Herrıns 1957, S.14, Nr. 54) beiläufig er- wähnt worden, doch nahm ich zunächst eine Übereinstimmung mit Ph. glirina Rond. an, deren Cerci als sehr lang und sensenförmig beschrieben sind. Ein späterer Ver- gleich mit dem Hypopyg von glirina, das ich damals noch nicht aus eigener An- schauung kannte, bestätigte diese Annahme nicht. Es handelt sich bei den fraglichen Fliegen zweifellos um eine selbständige Art, zumal auch die äußeren Merkmale von glirina abweichen. Ich gebe ihr den Namen Phebellia glaucoides n.sp. Im Habitus dunkler als glauca und glirina. Schwarze Längslinie des Abdomens etwas breiter, bei Betrachtung von oben größere dunkle Einbuchtungen in der hellen Be- 2 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 65 reifung des 3. und 4. Segments. Die seitlichen dunklen Längsstreifen vor der Quer- naht des Mesonotums gehen (ähnlich wie bei glirina) bis zum Pronotum durch (bei glauca enden sie keilförmig neben der starken Posthumeralborste). Kopfproportionen sehr ähnlich wie bei glauca, die Stirn jedoch meist ein wenig breiter und etwas reichlicher mikroskopisch behaart. Chaetotaxie wie bei glauca. Im Flügelgeäder ist die Spitzenquerader etwas weiter vom Flügelrand entfernt, als es bei glauca zumeist der Fall ist. Die Art ist eindeutig charakterisiert durch den männlichen Genitalapparat (Abb. 1). Cerci sehr lang und schmal, bis zur Basis getrennt und in den apikalen ?/5 ein wenig abwärts geknickt. Bei glirina (Abb. 2) sind sie in der basalen Hälfte dach- förmig zusammengeschlossen und nur distal davon getrennt, bei glauca (Abb. 3) viel kürzer und an der Spitze etwas aufgebogen. Körperlänge 9—12 mm. Typus (3) in der Sammlung des Wiener Naturhistorischen Museums, von R. v. Stein in Chodau (Böhmen) am 16.8.1879 gefangen, ebendort ein zugehöriges Weibchen vom gleichen Fundort und Datum. Die Art wurde auch in Westfalen ge- funden (Geisheide bei Lavesum, 20.6. 1956, und Rüster Mark bei Dorsten, 23.6. 1956, je ein 8, Hohe Ward, 1.6.1960, und Rüster Mark, 15.6.1961, je ein 2). In den Sammlungen von STEın und RıEDEL ist sie nicht vertreten. IT jvoy Abb. 1—5. Männliche Terminalia von Phebellia glaucoides n.sp. (1), Ph. glirina Rond. (2), Ph. glauca Meig. (3), Ph. stulta Zett. (4), Ph. clavellariae (5). Oben: Cerci und Paraloben von der Seite. Unten: Cerci von der Fläche. 2. Nach Stein (1924) und Rıncpanı (1945) soll Tachina stulta Zett. ein Synonym von Phebellia glauca Meig. sein. Die Überprüfung der Type (1 3 von der Insel Got- land) ergab, daß sie in Wirklichkeit mit Ph. quadriseta Vill. identisch ist. Um sicher zu gehen, habe ich auch das Hypopyg präpariert, dessen Merkmale (Abb. 4) eine 1961 HERTING, EUROPÄISCHE RAUPENFLIEGEN Nr. 65 / 3 leichte und sichere Trennung von glauca ermöglichen. Der Name stulta Zett. hat die Priorität und damit Gültigkeit (Synonyme: quadriseta Vill., cotei Grilat). 3. Die seltene und wenig bekannte Form clavellariae B. B. (= laxiceps Pand.) ist von VıLLEneuvE (1907, S.253) und Stein (1924, S.76) als identisch mit glauca Meig. angesehen worden. Mesnır (in Linpner, S.461) erkannte sie nach äußeren Merkmalen als selbständige Art. Die Bestätigung hierfür lieferte die Präparation des Hypopygs. Die Gestalt der Cerci und Paraloben ist in Abb. 5 wiedergegeben, sie weicht von glauca erheblich ab. Eine unverkennbare Ähnlichkeit besteht mit dem Hypopyg der neubeschriebenen Art glaucoides, doch sind die Cerci und Paraloben bei clavellariae kürzer und gedrungener. Zur Biologie der Art ist festzustellen, daß sowohl die Type von clavellariae B. B. (aus Chodau, R. v. Stein leg.) wie auch die Type von laxiceps Pand. (Fundort Danzig) aus der Larve der Blattwespe Pseudo- clavellaria amerinae gezogen ist. In der Sammlung des Wiener Naturhistorischen Museums befinden sich noch mehrere gezogene Exemplare (mit Puparium auf der Nadel), von denen eines die Wirtsangabe „Cimbex variabilis“ ohne weitere Daten trägt. Der Autor dieser Zucht ist unbekannt (jedenfalls nicht R.v. Stein), und es scheint hier eine ungenaue Determination des Wirts vorzuliegen. Nach Mesnir. (. c.) hat Seyrıc die Art aus Cerambycidenlarven (Pyrrhidium sanguineum) gezogen. Dies ist nach dem, was wir über die Fortpflanzungsweise der Phebellien wissen (sie legen die Eier direkt auf den Wirt), kaum möglich. Unter dem Material von Seyrıc befand sich auch die Dexiine Billaea triangulifera Zett., und auf diese dürften sich die bio- logischen Beobachtungen des Züchters in Wirklichkeit beziehen. 4. WAINWRIGHT (1940) hat aus Schottland eine neue Art vicina Wwr. beschrie- ben, welche Phebellia aestivalis R. D. (ingens B. B.) sehr nahe steht. Van EMDEN (1954, S. 93) hat beide Formen nach folgenden Merkmalen getrennt: — Taster spatelförmig, breiter als die schmalste Stelle der Wangen. Stirnborsten in einer mehr oder weniger unregelmäßigen Gruppe auf die Wangen herabstei- gend, letztere unter den Borsten oft völlig nackt. Bereifung ziemlich dünn. All- gemeinfärbung ziemlich bläulich mit etwas undeutlicher Thoraxzeichnung. 3 (nach WAINWRIGHT): Drittes Fühlerglied kürzer als bei der folgenden Art. Anterodorsale Borstenreihe der Hintertibien ausgesprochen kammförmig . . . . ingens B.B. — Taster schmäler als die Wangen. Stirnborsten in einer einzigen Reihe auf die Wangen herabsteigend, unter diesen Borsten noch einige grobe Härchen. Be- reifung und Zeichnung etwas deutlicher, 5. Abdominaltergit auf den basalen ?/5 deutlicher bereift. 3 (nach WaınwricHt): Drittes Fühlerglied 2,2mal so lang wie das zweite. Borstenkamm der Hintertibien weniger regelmäßig . . . vicina Wwr. Nach Untersuchung von 10 38 und 11 ?% aus dem Emsland und Westfalen komme ich zu der Feststellung, daß die zur Trennung der beiden Formen verwendeten Merkmale unabhängig voneinander variieren und offenbar bedeutungslos sind. Die der Form vicina zugeschriebenen Charaktere sind zum Teil (Tasterbreite, Stirnborsten, Bereifung des letzten Abdominalsegments) in meinem Material überwiegend ver- treten. Es liegt hier wohl nur eine einzige Spezies vor, welche heute, nach Wieder- auffindung der RosıneAuschen Type durch Mesnır, mit dem Namen Phebellia aesti- valis R.D. bezeichnet wird. 3. In der „Biologie der westpaläarktischen Raupenfliegen“ (Herring 1960) habe ich die Art agnata Rond. (fuscipennis R. D.) unter dem Gattungsnamen Prooppia T.T. abgetrennt, weil diese Art nach Tuomrson (1926) ovipar ist, das heißt Eier mit hart- schaliger Oberseite in unentwickeltem Zustand ablegt. Die anderen Phebellien, deren Fortpflanzungsweise bis dahin bekannt war — glauca Meig. und aestivalis R. D. —, 4 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 65 sind ovolarvipar (Eihülle dünnhäutig, Larve in schlüpfbereitem Entwicklungszustand). Nun scheint aber die Art glirina Rond. im Eityp mit agnata übereinzustimmen, wie ich an einem weiblichen Sammlungsexemplar, das an seiner Genitalöffnung ein aus- getretenes, noch anhaftendes Ei trägt, feststellen konnte. Es ist wohl richtig, daß glirina Rond. und glauca Meig. nicht so nahe verwandt sind, wie bisher stets ange- nommen wurde, doch ist eine generische Trennung beider durch die morphologischen Unterschiede der Imagines kaum zu rechtfertigen. Da wir ferner den Eityp der übri- gen Phebellia- Arten noch nicht kennen, scheint es ratsam, auf die Unterscheidung von Prooppia und Phebellia vorläufig zu verzichten. 6. Zur Biologie von Phebellia glauca Meig. konnte ich folgendes feststellen: Am 21. Juni 1960 fand ich beim Abklopfen von Birken eine nahezu erwachsene Larve von Cimbex femorata (Hym., Tenthredinidae), welche zwei Tachinen-Eier an sich trug. Die Eihüllen waren bereits leer und infolge ihrer dünnhäutigen Struktur schlaff in sich zusammengefallen, sie klebten dicht neben dem schwarzen Längsstreifen auf dem Rücken der Blattwespenlarve. Die in den Wirt eingedrungenen Tachinenlarven hatten zwei sekundäre Atemöflnungen mit Trichter gebildet, und zwar die eine auf der linken Seite des Mesothorax und die andere auf der rechten Seite des 2. Ab- dominalsegments dicht unter dem dortigen Stigma. Die Cimbex-Larve spann einige Tage später ihren Kokon. Am 4. Juli fanden sich neben dem Kokon in dem bei- gegebenen Torfmull die Puparien der beiden Parasiten. Die Fliegenmaden hatten an einem Pol des Kokons eine Öffnung gebohrt und waren auf diesem Wege ins Freie gelangt. Nach der Überwinterung schlüpften im Frühjahr zwei Phebellia glauca (1 8, 1 2). Da die Körpersubstanz der Cimbex-Larve nur zum Teil verbraucht war, ist an- zunehmen, daß sich noch mehr als zwei dieser Tachinen in einem Wirt entwickeln können. 7. Die bisher nur aus Frankreich (Umgebung von Paris und Zentralplateau) be- kannte Art Phebellia pauciseta Vill. ist von mir in den letzten Jahren auch in West- falen gefunden worden (Hohe Ward bei Münster, Hohe Mark bei Haltern und Rüster Mark bei Dorsten, Funddaten Ende Mai und Anfang Juni). Bestimmungstabelle der mitteleuropäischen Phebellia-Arten 1. Taster völlig tiefschwarz. Apikalborsten des Scutellums normalerweise steil auf- gerichtet (über 45 Grad). Zwischen den beiden mittleren schwarzen Streifen vor der Quernaht des Mesonotums ist oft (vor allem beim 3) noch eine schwarze Mit- tellinie sichtbar. Intraalarborste vor der Naht beim 5 fehlend oder rudimentär. Abdomen mit starken Diskalborsten . . . \ 2... aanaten Rond. — Taster gelb oder braun, zumindest an der ne la Apikalborsten des Scutellums weniger aufgerichtet. Nur zwei dunkle Mittelstreifen vor der Quer- naht"des»Mesonotums. un... el ee ee ee Do 2. Das Stück des Flügelrandes zwischen den Enden der Adern r2+3 und r4+5 ist etwa so lang wie die Entfernung vom Ende von r4+5 zur Flügelspitze. Taster meist bräunlich mit hellerer Spitze. Drittes Abdominalsegment mit sehr kräftigen, ziem- lich weit auseinanderstehenden Marginalborsten. Nicht über 10 mm große Art. 5: Cerci des Hypopygs in der basalen Hälfte dachförmig zusammengeschlossen (N ODE re ee en nee. linie Romdl — Das Flügelrandstück zwischen 12+3 und ra+5 ist länger als die Entfernung von rı+5 zur Flügelspitze. Drittes Abdominalsegment mit weniger kräftigen Marginal- borsten, davon die seitlichen den medianen mehr genähert. d: Cerci bis zur Basisegetrennt, u. onnhk ware. ne ee ae in, Mile 1961 HERTING, EUROPÄISCHE RAUPENFLIEGEN Nr. 65/5 3. Nur drei Paar Dorsozentralborsten hinter der Quernaht. Letztes Abdominalsegment im Gegensatz zu den Segmenten III und IV fast unbereift, glänzendschwarz. 3: Cerci kaum abgeflacht, kürzer als die halbe dorsale Länge des letzten Tergits. triseta Pand. — 4dc hinter der Naht. Cerci mehr oder weniger abgeflacht oder erheblich länger 4 4. Vibrissen mit einigen sehr feinen und kurzen Börstchen oft bis zur Mitte der Ge- sichtsleisten aufsteigend. Unter den Stirnborsten im oberen Teil der Wangen meist noch mehrere Mikrochäten. Bereifung auf Thorax und Abdomen bläulich- grau (beim 3 dunkler, beim 2 heller), auf Wangen und Stirn dagegen gelblich bis goldgelb (selten grauweiß). Letztes Abdominalsegment dorsal auf den vorderen 2/s, an den Seiten bis zu ?/5 bereift, beim 3 manchmal fast ohne jede Bereifung. 3: Hinterschienen anterodorsal ziemlich regelmäßig kammförmig beborstet, mit einer starken»Zwischenborste © 2 SEEN Zee Poestwalis RD: — Vibrissen gehen nicht über das untere !/s oder !/a der Gesichtsleisten hinauf. Unter den Stirnborsten keine herabsteigende Mikrochäten. Bereifung der Wangen nicht auffallend mit der übrigen Körperfärbung kontrastierend. Letztes Abdominal- segment größtenteils hell bereift. Hinterschienen auch beim 3 ungleichborstig 5 5. Wangen wenig verengt, an der schmalsten Stelle noch etwa °/, so breit wie an der Fühlerbasis und mindestens doppelt so breit wie die Taster. Intraalarborste vor der Naht fehlend oder rudimentär. Abdomen ohne Diskalborsten. Stirn beim 3 so breit wie ?/a eines Auges, beim $ etwa von Augenbreite. 3: Cerci abge- flacht, zu einer leicht konkaven Rinne zusammengelegt, die Spitzen ein wenig auf- gebogen. 2: Hinterrand des letzten Abdominaltergits dorsomedian eingekerbt pauciseta Vill. — Wangen an der engsten Stelle ungefähr halb so breit wie an der Fühlerbasis und n'cht viel breiter als die Taster. Präsuturale ia normalerweise vorhanden. 3. und 4. Abdominaltergit mediodorsal mit kurzen, unregelmäßigen Diskalborsten (außer bei stulta 3). Stirn schmäler (außer bei clavellariae). Cerci nicht rinnenförmig zusammenliegend. Letztes Tergit beim $ ganzrandig . . : - ».:2...6 6. Die drei starken Humeralborsten stehen in den Ecken eines annähernd recht- winkligen Dreiecks. Spitzenquerader nur etwa um ihre halbe Länge vom Flügel- hinterrand entfeınt verlaufend. Abdomen sehr ausgedehnt bereift, dunkle Mit- tellinie und Hinterrandbinden wenig deutlich. 3: Cerci etwa so lang wie die halbe dorsale Länge des letzten Segments, nicht aufgebogen. Paraloben vor dem apikalen Drittel noch etwas breiter als an der Basis (Abb. 4). $: Letztes Abdomi- nalsegment etwa 1,3mal so lang wie das vorangehende . . . . . . stulta Zett. — Humeralborsten in einem ausgesprochen stumpfwinkligen Dreieck stehend. Spit- zenquerader über ihre halbe Länge vom Flügelhinterrand entfernt. Dunkle Mit- tellinie und schwarze Hinterrandbinden des Abdomens sehr deutlich (außer bei clavellariae). 8: Cerci entweder an der Spitze etwas aufgebogen oder länger als die halbe dorsale Länge des letzten Segments. Paraloben an der Basis am breite- sten. 2: Letztes Abdominalsegment etwa so lang wie das vorhergehende . . . 7 7. Die beiden seitlichen schwarzen Längsstreifen vor der Quernaht des Mesonotums sind keilförmig und enden neben der starken Posthumeralborste. 8: Cerci nicht länger als die halbe dorsale Länge des 5.Tergits, an der Spitze ein wenig auf- sehosenu Abbe) 03 ee a ee nen glauca, Meig. — Seitliche Längsstreifen vor der Naht bis zum Pronotum durchgehend. 3: Cerci an der Spitze nicht aufgebogen, länger als die halbe Länge des 5. Tergits . . : 8 6 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 65 8. Die beiden mittleren schwarzen Streifen vor der Quernaht des Mesonotums sind höchstens halb so breit wie der hell bestäubte Zwischenraum, der sie von den seitlichen schwarzen Streifen trennt. Abdominalsegmente mit breiten schwarzen Hinterrandbinden, die mehr als 1/a der Segmentlänge einnehmen. Wangen an der Fühlerbasis etwa so breit wie das Peristom. &: Cerci und Paraloben sehr lang Abbe) ae ne ee al Mae eglaucoidesnaspe — Mittlere Längsstreifen vor der Naht des Mesonotums fast so breit wie der Zwi- schenraum. Schwarze Hinterrandsäume des Abdomens sehr schmal (1/5 der Seg- mentlänge oder weniger). Wangen an der Fühlerbasis breiter als das Peristom. 3: Cerci mäßig lang, Paraloben dreieckig (Abb.5) -. - - . . clavellariae B.B. I, Drino vicina Zett., ein Komplex zweier Arten Die beiden Tachinen-Spezies, um die es sich hier handelt, sind bereits von BRAUER und BERGENSTAMM richtig erkannt und getrennt worden. Sie finden sich bei diesen Autoren infolge Überschätzung eines morphologischen Merkmals (der Beborstung der Hintertibien beim Männchen) sogar in verschiedene Gattungen gestellt unter den Namen Hemimasicera gyrovaga Rond. und Argyrophylax galii B. B. In Wirklichkeit sind beide so ähnlich und nahe verwandt, daß VILLENEUVE, STEIN und alle späteren Autoren nur eine einzige Art vor sich zu haben glaubten. Der männliche Genital- apparat ist bei den Drino artlich nur wenig differenziert und gibt in diesem Fall kein Merkmal zur Trennung der beiden Formen ab. Mehrere einigermaßen konstante äußere Merkmale lassen jedoch erkennen, daß hier wohl sicher zwei selbständige Arten vorliegen. Sie unterscheiden sich wie folgt: — Abdominalsegmente III—V von heller Bereifung fast ganz bedeckt. Der schwarze Mittellängsstreifen ist auf den Segmenten IV und V sehr schmal, fast erloschen. Stiin beim 3 deutlich breiter als ein Auge, beim $ fast 1,5mal so breit. Stirn- streifen breit, nach hinten noch mehr verbreitert. Ocellen weit auseinanderstehend. Hintertibia beim 3 mit einem regelmäßigen Kamm von anterodorsalen Borsten galii B.B. — Letztes Abdominalsegment (V) im hinteren Drittel oder bis zur Hälfte schwarz, unbereift, auch die Segmente III und IV mit auffallenden schwarzen Hinterrand- binden, die !/s bis 1/a der Segmentlänge einnehmen. Der schwarze Mittellängs- streifen ist auf allen Segmenten deutlich. Stirn beim 8 kaum so breit wie ein Auge, beim $ wenig breiter. Stirnstreifen nicht ungewöhnlich breit, parallelrandig. Ocellen enger zusammengerückt. Hintertibia mit einer unregelmäßigen, weniger dichten Reihe von ad-Borsten . . . . . . vicina Zett. (Syn.: gyrovaga Rond.) Herrn Dr. S. L. Tuxen, Kopenhagen, bin ich dankbar für die Übersendung der Type von vicina Zett. Ihre Überprüfung war notwendig, um festzustellen, auf welche der beiden Arten sich der Name bezieht. Auch in biologischer Hinsicht besteht ein Unterschied zwischen den beiden Arten. Drino vicina Zett. ist bis zu einem gewissen Grade polyphag. Nach dem mir vor- liegenden Material (Zoologisches Museum Berlin und Wiener Naturhistorisches Museum) wurde sie aus Sphingiden, Noctuiden und Notodontiden gezogen, und zwar aus Metopsilus porcellus (zahlreich), Pterogon proserpina, Mamestra contigua, Cucullia artemisiae und Pheosia tremula. Auch die Exemplare, die RıepeL in einer Aufzucht von Lipara lucens (wahrscheinlich aus einer in Phragmites-Stengeln leben- den Noctuiden-Raupe) erhielt, gehören zu dieser Art. Dagegen ist Drino gali B.B. ein monophager Sphingidenparasit, der häufig in Raupenzuchten von Deilephila galii und (seltener) D. euphorbiae ausgekommen ist. 1961 HERTING, EUROPÄISCHE RAUPENFLIEGEN Nr. 65/7 \%e Zwei neue Carcelia-Arten aus Mitteleuropa Die schwierige Gattung Carcelia R.D. hat in Europa noch zwei bisher unerkannte Arten aufzuweisen, die im folgenden beschrieben sind. Beide zeigen die Gattungs- merkmale von Carcelia s.str.: Peristom viel schmäler als die Wangen an der Fühler- basis. Hinterkopf ohne schwarze Mikrochäten hinter den Postokularzilien. Nur zwei Sternopleuralborsten. Hinterhüften hinten mit einigen Börstchen. Anteroventrale Borste der Mitteltibia vorhanden. Ein auffallendes Merkmal haben die beiden neuen Arten mit der bombylans- Artengruppe gemeinsam, nämlich die ganz gelben Tibien mit nur einer einzigen anterodorsalen Borste an der Mitteltibia. Die Basicosta ist jedoch nicht gelb, sondern schwaızbraun gefärbt, und der männliche Genitalapparat ist von der bombylans-Gruppe recht verschieden, er läßt vielmehr eine nähere Verwandtschaft mit der Art laxifrons Vill. erkennen Carcelia mollis n.sp. Stirn beim Ö etwa so breit wie 3/5 eines Auges, beim % wenig breiter. Ocellen in einem gleichseitigen Dreieck stehend. Die Stirnborsten gehen kaum bis zum Ende des 2. Fühlergliedes auf die Wangen herab. Drittes Fühlerglied etwa 2,5mal so lang wie das zweite. Fühlerborste von der Basis zur Mitte hin allmählich dünner werdend. Humeralcallus in der Grundfärbung größtenteils gelb. Scutellum gelb. Tibien gelb, an der Basis innen nicht geschwärzt. Mitteltibia mit einer einzigen anterodorsalen Borste. Basicosta schwarzbraun. Flügel an der Basis von r4+5 in der Regel nur mit einem einzigen Börstchen. Abdomen in beiden Geschlechtern mit feiner, ziemlich langer und dichter Be- haarung. Diskalborsten fehlen, auch auf dem letzten Segment nur haarförmig ent- wickelt. Graue oder schwach gelbliche Bereifung bedeckt fast das ganze Abdomen, keine deutlichen dunklen Hinterrandbinden auf den Segmenten. Auf dem III. Tergit ist ein kleiner dunkler Mittelfleck, auf dem IV. eine schmale, braun bereifte Längs- linie sichtbar, welche auf dem letzten Segment fehlt (schräg von hinten betrachten!). Cerci des Hypopygs etwas abgeflacht, deutlich kürzer als die halbe dorsale Länge des 5. Tergits. Länge 7”—8 mm. Type (8) im Wiener Naturhistorischen Museum, bei Spitz in der Wachau im Mai 1891 gefangen (BErGENSTAMM). Weitere Fundorte: Hainfeld in Niederösterreich (BERGENSTAMM), Umgebung von Versailles (MesnıL) und bei Dorsten in Westfalen (Rüster Mark, 24.5.1957, ein ?, Verf. leg.). Alle vorliegenden Exemplare wurden im Mai oder Juni gefangen. Biologie unbekannt. Carcelia atricostan.sp. Stirn beim ö kaum so breit wie ?/5 eines Auges, beim $ nur wenig verbreitert. Hintere Ocellen einander genähert. Die Stirnborsten gehen bis zur Höhe der Fühler- borste oder noch etwas tiefer auf die Wangen herab. Drittes Fühlerglied beim ö etwa dreimal so lang wie das zweite, beim $ etwas kürzer. Fühlerborste von der Basis zur Mitte allmählich dünner werdend. Humeralcallus in der Grundfärbung dunkel. Scutellum gelb. Tibien gelb, an der Basis innen nicht geschwärzt. Mitteltibia mit einer einzigen anterodorsalen Borste. Basicosta dunkelbraun. Flügel an der Basis von ra+5 mit 2—-3 Börstchen. Abdomen in beiden Geschlechtern mit gröberer Behaarung, die mediodorsal und auf dem letzten Segment mehr borstig entwickelt ist. Eigentliche Diskalborsten fehlen jedoch. Graue Bereifung bedeckt fast das ganze Abdomen, keine deutlichen dunklen Hinterrandbinden auf den Segmenten. Auf dem III. Tergit ist ein kleiner dunkler Mittelfleck, auf dem IV. und V. eine schmale, braun bereifte Mittellinie sichtbar. 8 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 65 Cerci nicht abgeflacht, schmäler als bei der vorigen Art und so lang oder etwas länger als die halbe dorsale Länge des 5. Tergits. Körperlänge 5—7 mm. Puparium leicht querrissig oder ziemlich glatt. Die Dörnchengürtel sind auch dorsal an den Vorderrändern der abdominalen Segmente deutlich, wenn auch etwas spärlich entwickelt. Vorderstigmen mit 5—7 Knospen. Hinterstigmen um !/s ihrer Breite zylindrisch erhoben, durch ?/3 oder mehr ihrer Breite getrennt, die drei Atem- schlitze sind stark geschlängelt, aber im Gesamtverlauf gerade. Terminalhöcker stark entwickelt, größer als beide Stigmen zusammen. Stigmenhörnchen am 1. Abdominal- segment vorhanden, klein. Type (6) im Wiener Naturhistorischen Museum, von R. v. STEIN aus Orgyia antiqua gezogen (Fundort: Chodau in Böhmen). Weitere Wirte: Orgyia gonostigma (WINTHEM) und angeblich auch Cimbex betulae (R. v. Stein). Im letzteren Fall han- delt es sich wohl, wenn nicht überhaupt ein Fehler vorliegt, um einen abnormen Wirt. Die Art wurde auch in der Umgebung von Paris (Mesnır) und im nördlichen West- falen (Heiliges Meer bei Hopsten, 25.6.1950, 1 $, Verf. leg.) gefunden. Ich hielt die vorliegende Art zunächst für eine individuelle Variante von Carcelia puberula Mesn. mit verdunkelter Basicosta und habe deshalb in der Biologie der westpaläarktischen Raupenfliegen (Herrıns 1960, p.87) die beiden Spezies nicht getrennt. Dies ist zu berichtigen. Für C. puberula Mesn. verbleibt als einziger bisher bekannter Wirt Lymantria monacha, während der Parasit der beiden Orgyia- Arten in Wirklichkeit C. atricosta n. sp. ist. SL, Die Artengruppe Linnaemyia haemorrhoidalıs auet. Das Genus Linnaemyia ist eine der artenreichsten Tachinengattungen, doch sind die Spezies nach äußeren Merkmalen oft schwer zu trennen. Das gilt im besonderen für den Formenkomplex, der noch in dem lange Zeit maßgeblichen Werk von Stein (1924) als eine einzige Art L. haemorrhoidalis Fall. angeführt ist. Bereits Panpeıı£ (1895) hatte hier nicht weniger als vier selbständige Spezies nach Merkmalen des männlichen Genitalapparates trennen können. Weitgehende Klarheit brachte jedoch erst die Arbeit von Zımın (1954), der weitere neue Arten beschrieb, die Genitalmerkmale zeichnerisch gut darstellte und überdies neue äußere Merkmale zur Trennung der Arten in beiden Geschlechtern auffand. Geographisch beschränkt sich diese Arbeit auf das Gebiet der USSR. Es lag nahe, hiernach auch den mittel- und westeuropäischen Artenbestand der Gattung Linnaemyia zu überprüfen. Dabei wurden in dem mir vorgelegenen Mate- rial insgesamt sieben Spezies des haemorrhoidalis-Komplexes aufgefunden. Sie sind im folgenden mit den bisher verfügbaren Daten über ihre geographische Verbreitung angeführt. Ihre morphologischen Unterschiede sind aus der beigefügten Bestimmungs- tabelle zu ersehen. 1. Die eigentliche Linnaemyia haemorrhoidalis Fall. ist eine boreo-montane Art. Sie ist im Alpengebiet weit verbreitet und häufig, außerdem haben mir Exemplare aus der Umgebung von München (Dachau, zahlreich), den Schlesischen Gebirgen (Reinerz, Landeck, Wölfelsgrund), dem Thüringer Wald (Pößneck), dem Schwarzwald (Wutach- schlucht, RöseELer leg.) und aus Schweden vorgelegen. Auf den Britischen Inseln kommt die Art anscheinend nicht vor (vgl. Nr. 2). PaAnpeLı£ kannte die Art nicht, er hat mit dem Namen haemorrhoidalis eine andere Spezies (Nr. 3) bezeichnet. 2. Daneben gibt es noch eine zweite boreo-montane Art, die erst von Zımin er- kannt und unter dem Namen Linnaemyia rossica Zim. beschrieben worden ist. Die Type stammt aus Nord-Kasachstan, doch meldet Zımın die Art auch aus den Ge- bieten von Leningrad und Archangelsk. Ich habe sie mehrmals in den Ostalpen (Ramsau bei Schladming, Kleine Sölk, Triebener Tauernpaß, Packalpe) gefangen und 1961 HERTING, EUROPÄISCHE RAUPENFLIEGEN Nr. 65 /9 sah sie auch aus dem Schwarzwald (Wildbad, Wutachschlucht). Überdies kommt L. rossica als einzige Art des haemorrhoidalis-Komplexes auch auf den Britischen Inseln (Schottland) vor, wie ich an Hand des mir vom Britischen Museum übersandten Materials (etwa 30 Exemplare) feststellen konnte. 3. Die von PAnpeııe (1895, p.350) als Linnaemyia haemorrhoidalis bezeichnete Art ist wiederum etwas anderes. Dies geht schon aus der Beschreibung (Cercus an der Spitze nicht knopfartig verdickt, Hinterrand des 5. Tergits und Postabdomen auch beim Weibchen rot gefärbt) hervor und fand sich bei Überprüfung der Typen be- stätigt. Unter den von Zımın aus dem europäischen Rußland gemeldeten Linnaemyia- Arten befindet sich jedoch keine, die mit dieser Spezies von PAnpeıı£ identisch ist. Auf Grund von Vergleichsexemplaren, die Zımın an Mesnır überlassen hat, konnte ich sicherstellen, daß diese europäische Form und die fernöstliche Linnaemyia media Zim. zur gleichen Art gehören. Die Übereinstimmung betrifft nicht nur das männ- liche Hypopyg, dessen Cercus mehr zugespitzt ist als bei den übrigen Arten des haemorrhoidalis-Komplexes, sondern auch ein von Zımin nicht erwähntes, sehr charak- teristisches Merkmal des Weibchens: die Ausbildung des 6. Tergits, das ungewöhn- lich breit und mediodorsal nicht gespalten ist. L. media scheint mehr auf das wär- mere Europa beschränkt zu sein. Ich habe sie im Wienerwald und im Gebiet des Neu- siedler Sees gefangen und sah außer PAnpeıı£s Exemplaren weitere aus den Pyrenäen (Vernet-les-Bains, DE BEAumont leg.) und Südtirol (Coll. Becker). 4. Die in ihren Genitalmerkmalen (stark aufgebogene Spitze des Cercus) sehr charakteristische Art Linnaemyia retroflexa Pand. ist in den wärmeren Teilen Mit- teleuropas sehr verbreitet und häufig. Nachgewiesene Fundorte: Mark Brandenburg (Frankfurt an der Oder, Buckow), Württemberg (Rotenacker, Markelfingen, Schmell- bachtal), Bayeın (Viechtach), Zürichseegebiet, Wallis (Martigny), Tirol (Jenbach, Terlan), Graz, Wienerwald, Umgebung von Paris. 5. Die Art Linnaemyia fissiglobula Pand. ist an der abgerundeten Spitze des dritten Fühlergliedes und an den sehr breiten Paraloben des Hypopygs zu erkennen. Außer der Type sah ich nur ein Exemplar, das am 30.7.1918 im Dachauer Moos gefangen ist (Coll. EncEL), und ein zweites Stück aus Südeuropa ohne nähere An- gaben (Britisches Museum). Die Beschreibung von PAnpeLı£ ist kurz und ungenau und könnte auch auf L. rossica Zim. zutreffen. Die Revision der Type ergab jedoch, daß Zımin die Art richtig gedeutet hat. 6. Die im Gebiet der USSR weit verbreitete Art Linnaemyia olsufjevi Zimin kommt auch in Mittel- und Westeuropa vor. Ich sah mehrere Exemplare in der Sammlung Stein (Fundort nicht entzifferbar) und ein Pärchen aus dem Wallis (Zermatt, in Coll. BEckER), ferner befindet sich in der Sammlung Panperı£ ein Männchen dieser Art unter der Typenserie von L. fissiglobula Pand. Die Bemerkung „Le bouton terminal du mesolobe est parfois peu renfle“ in der Artbeschreibung von fissiglobula (PANDELLE 1895, p. 350) bezieht sich auf dies in Wirklichkeit zu L. olsufjevi gehörende Exem- plar (Fundort: Hautes-Pyrenees). 7. Von Linnaemyia perinealis Pann. hat mir nur die Type vorgelegen, weitere Funde in Europa sind nicht bekannt. Zımın hat eine sehr ähnliche, aber auch im männlichen Genitalapparat nicht völlig übereinstimmende Form aus Asien mit die- sem Namen bezeichnet und näher beschrieben. Da die Type in Coll. Panpeıı£ bisher nicht revidiert worden ist, gebe ich hier eine ausführlichere Beschreibung: L. perinealis Pand. Typus Ö: Stirn so breit wie ?/3 eines Auges, von oben gesehen. 3. Fühlerglied am Ende schräg abgestutzt mit gerundeten Ecken. Peristom (okzipitale Erweiterung) mit spärlichen Börstchen bedeckt. Fulcrum des Rüssels etwa 3mal so lang wie breit, erheblich länger als der kleine Augendurchmesser (kaum kür- zer als bei L. retroflexa). Humeralcallus außen rotgelb. Tibien dunkel rotgelb, an der Basis innen geschwärzt. Abdomen überwiegend rotgelb, dorsal ein schwarzer Mittel- streifen, der auf dem 3. Segment und an der Basis des 4. kaum halb so breit ist wie 10 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 65 das Scutellum, nach hinten breiter wiıd, aber den Hinterrand des letzten Tergits nicht erreicht. Ventral sind nur die Sternite 1—4 und die Basis und die Zähne des 5. schwarz gefärbt. Die Tergite III und IV tragen mediodorsal 2 Paar Diskalborsten hintereinander, laterale Diskalborsten sind ebenfalls vorhanden. Genitalsegmente rot- gelb, Cercus schwarzbraun. Dieser ist etwas länger als das 5. Tergit (dorsal ge- messen), etwa 3mal so lang wie breit, in den basalen */5 dachförmig, dann flach und progressiv verschmälert (bis auf !/s der größten Breite), die Spitze aber wieder etwas knopfförmig verdickt (Abb. 8). ELLE Abb. 612. Cercus von Linnaemyia retroflexa Pand. (6), L. fissiglobula Pand. (7), L. perinealis Pand. (8), L. haemorrhoidalis Fall. (9), L. rossica Zimin (10), L. media Zimin (11) und L. olsufjevi Zimin (12). Nr. 6 von der Seite, die übrigen in Flächenansicht. Tabelle zur Bestimmung der mitteleuropäischen Linnaemyia-Arten 1. Hintere Querader im Flügel steil und gerade, sie ist etwa um die Hälfte ihrer Länge von der Basis der Spitzenquerader entfernt. Hinterkopf auch lateral mit einer Reihe kräftiger schwarzer Mikrochäten hinter den Postokularzilien. Stirn beim & mit einer starken, zur Seite gebogenen Prävertikalborste außerhalb der Reihe der Stiinborsten. Subgenus: Homoeonychia BB... ...... 2 — Hintere Querader schräg und etwas S-förmig geschwungen, der Basis der Spit- zenquerader sehr genähert. Hinterkopf nur am Scheitel jederseits mit wenigen schwarzen Mikıochäten hinter den Postokularzilien. Auswärts gebogene Prä- vertikalborste beim Männchen fehlend oder sehr schwach . . . .2.2....38 2. Größere Art (8&—10 mm). Stirn beim 6 ohne vorwärts gebogene Orbitalborsten. III. Abdominaltergit beim $ in der Regel ohne Diskalborsten . . frater Rond. — Kleinere Art (6—7 mm). Stirn in beiden Geschlechtern mit Orbitalborsten. III. Tergit auch beim $ mit Diskalen . . . . . . . . lithosiophaga Rond. 3. Pleuren mit heller, gelblicher Behaarung, die hinter der Reihe der Mesopleural- borsten besonders auffallend ist. Entfernung der Basis der Spitzenquerader vom hinteren Flügelrand größer als die Länge der hinteren Querader. Präalarborste schwach, der mittleren Supraalare sehr genähert, zwischen beiden kein weiteres Börstchen»sSubgenus: Linndemyia.s.stu 22! — Pleuren schwarz behaart. Abstand der Spitzenqueraderbasis vom Flügelrand kleiner als die Länge von m—cu. Präalare so lang wie !/s3 bis !/a der mittleren Supraalare, zwischen beiden noch eine schwächere Borste. Subgenus: Bonelli- TyTN En N ae) le 5 le re > 1961 4. 8. 10. 1lıla HERTING, EUROPÄISCHE RAUPENFLIEGEN Nr. 65 / 11 Wangen schmäler als das 3. Fühlerglied (3) oder höchstens ebenso breit (7). Schenkel rotgelb. Stirn beim ö ohne Orbitalborsten . . . . . . vulpina Fall. Wangen sehr breit. Schenkel ganz oder fast ganz schwarz. Stirn auch beim 3 mitsorbrr.n. . „ -compta Ball. (bei der sehr Syhalkehen n, soror Zi aus Sirenen mel Ne hat das Männchen keine orb) . Anfangsabschnitt der Ader ra+5 auf !/s bis */s des Weges zur Querader r—m mit einer Reihe von Börstchen besetzt. Abdomen ventral an der äußersten Basis (1. Sternit und Umgebung) mit weißlicher Behaarung. pudica-Gruppe - . . 6 ra+5 nur an der Basis selbst mit einer kurzen Reihe dicht gestellter Börstchen. Abdomen auch am 1. Sternit schwarz behaart. haemorrhoidalis-Gruppe . . 8 . Schüppchen lehmgelb. In der Regel keine Diskalborsten auf dem 3. Tergit. Ab- domen auch beim Ö ohne helle Seitenflecken. Kleinere Art (”—8 mm) steini Jacentk. (frater Zimin nec Rond.) Schüppchen weißlich. Diskalborsten auch auf dem 3. Tergit vorhanden. Ab- domen beim ö mit mehr oder an deutlichen hellen Seitenflecken. Größe 9—12 mm ... s Eee Ba . Peristom (okzipitale ee) mit ee he nase des letzten Tergits und Genitalien schwarz. Helle Seitenflecke am Abdomen des ö mehr lehmeelbers ne 23 Vrepudiea,Rond: Peristom gröber und ah! Beate Br. een des letzten Tergits und Genitalien rot gefärbt. Helle Seitenflecke des Abdomens (Ö) rötlich gefärbt impudica Rond. Peristom (okzipitale Erweiterung) mit spärlichen Börstchen bedeckt. Hinterkopf ohne vereinzelte dünne schwarze Borsten am oberen Rand der weißen Be- haanımes 20 02: 5 : ; ) Peristom mit ea De ne en au mit 2 4 dün- nen schwarzen Borsten in der Obergrenze der weißen Behaarung . . . . . 11 Peristom sehr dicht borstig behaart. Hinterkopf ohne schwarze Borsten in der Obergrenze der weißen Behaarung. Fulcrum des Rüssels kaum länger als der waagrechte Augendurchmesser im Kopfprofil . . . . . . RL Z . Drittes Fühlerglied am Ende vorn auffallend gerundet. eneilsallu: in der Grundfarbe schwarz. Fulcrum kaum länger als der waagrechte Augendurch- messer im Kopfprofil. Cercus des Hypopyss wie Abb. 7, Paraloben an der Basis auffallend breit . . . 2... fissiglobula Pand. 3. Fühlerglied am Ende ie en al teilweise (außen) rot- gelb. Fulcrum erheblich länger als der kleine Dal Paraloben des Hypopygs schmäler . . . . I RR 0) Abdomen mit einfachen Diellerten Be 3 mit edlen San beim ? in der Grundfarbe ganz schwarz. 5. Tergit schwarz oder am Hinterrand schmal rot gefärbt. Cercus mit stark aufgebogener Spitze (Abb.6) . . retroflexa Pand. Diskalborsten auf den Tergiten III und IV verdoppelt (2 Paar hintereinander). Abdomen des 8 überwiegend rot mit schwarzem Mittelstreifen. Cercus an der Spitze nicht aufgebogen, mit sehr langem Basalabschnitt (Abb.8) perinealis Pand. Diskalborsten auf den Tergiten III und IV nur dorsal vorhanden, an den Seg- mentseiten fehlend. Tibien dunkel rotgelb. Apikalabschnitt des Cercus schmal und kurz (Abb.9) . ee . 2.2.2. haemorrhoidalis Fall. Abdomen mit seitlichen Die rasen en: am III. Segment zwei, am IV. eine auf jeder Seite). Tibien fast tiefschwarz. el des Cercus breiter und länger (Abb. 10) . NE: a SERosstcab/Amin 12 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 65 12. Humeralcallus nur außen mit rotgelbem Fleck. Tibien nur in der Mitte auf- gehellt, an den Enden schwärzlich. ö: Cercus am Ende sehr zugespitzt, nicht längsgefurcht (Abb. 11). 2: 6. Tergit ungewöhnlich breit und nicht dorsal ge- Spalten ee Ra 2 RR ee media Zimin — Humeralcallus ganz oder größtenteils gelb. Tibien durchgehend aufgehellt. &: Cercus bis zur Spitze längsgefurcht (Abb. 12). ?: 6. Tergit wie bei den meisten Arten schmal und dorsal unterbrochen . . . . . . . olsufjevi Zimin Zusammenfassung Drei neue Tachiniden-Arten aus Mitteleuropa werden beschrieben: Phebellia glaucoides n.sp., Carcelia mollis n.sp. und Carcelia atricosta n.sp. (letztere ein Parasit von Orgyia). Phebellia stulta Zett. ist der gültige Name für die bisher als Ph. quadriseta Vill. bezeichnete Art. Näheres über die Biologie von Phebellia glauca Meig. wird mitgeteilt. Drino galii B. B. ist eine von D. vicina Zett. morphologisch und biologisch verschiedene Art. Der Linnaemyia haemorrhoidalis-Komplex ist in Mittel- und Westeuropa durch sieben Spezies vertreten (außer der eigentlichen /. haemorrhoidalis Fall. drei von Panpeıı£ 1895 und drei von Zımin 1954 beschriebene Arten). Es sind verbesserte Bestimmungstabellen beigefügt für die mitteleuropäischen Arten von Phebellia R. D. und Linnaemyia R.D. Summary Three new Tachinid species from Central Europe are described: Phebellia glau- coides n.sp., Carcelia mollis n.sp. and Carcelia atricosta n.sp. (the latter a parasite of Orgyia). Phebellia stulta Zett. is the valid name for Ph. quadriseta Vill. Details about the biology of Phebellia glauca Meig. were observed. Drino galii B. B. is morphologically and biologically distinct from D. vicina Zett. The complex Linnaemyia haemorrhoidalis is represented in Central and Western Europe by seven species (besides the true L. haemorrhoidalis three species of Panperıt 1895 and three species of Zımin 1954). Improved keys for the Central European species of Phebellia R.D. and Linnaemyia R.D. are given. Zitierte Literatur Empen, F. I. van (1954): Handbooks for the Identification of British Insects. Diptera Cyclorrhapha: Calyptrata I. 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Richter) . . . .... 4 Betpligenidiumel.leen tl Sm NEE ER EN. ng EBENEN. 5 Buleliaenidiumicninoidifonmem: sp. 222er 6 BrSSTaenidiunaspaKlemenBorme m re a 6 BiSglaemdiumsduplumanscpe Se ee 7 8 CHCylndricummlinckl9482 Bor re SSCylındnieumserandernıspie a er re g D. Palaeophycus Hall 1847 (sensu Rud. Richter) . ...... 12 D1. Palaeophycus sp. Kleine Form . . . 2.2222... 13 DPBRalgaeophycus sp. Große Kommen nn 13 Auswertung und Vergleich mit anderen Ichnocoenosen des Keupers 15 ZUSamMmentassungsr er Me Re ee ee bee ee 18 SCHEN ee a Re euere 18 Einleitung Die 4. Stufe des Mittleren Keupers, der württembergische „Stubensandstein“, hat gerade im Raum Württembergs für Keuperverhältnisse zahlreiche Zeugnisse ihres einstigen Lebens hinterlassen, vor allem Reste von Süßwasserfischen (Semionotus, Ceratodus) und Skeletteile sowie ganze Skelette verschiedener Panzerlurche und Rep- tilien. Neben Streufunden häuften sich die Funde an einzelnen Orten (Aixheim, Stutt- garter Gegend, Stromberg). Diese Häufung ist nicht nur auf eine stärkere Ausbeu- tung und entsprechende bessere Durchforschung des Stubensandsteins an den ge- nannten Orten zurückzuführen; die reichen Fundstätten liegen vielmehr im Auslauf der großen, vom Vindelizischen Abtragungsgebiet stammenden Sandschüttung, wo sich diese mit der Ton- und Steinmergelfazies der inneren Stubensandstein-Sedimentations- mulde verzahnt (TnüracHs „Mittlere Keuperzone“ 1888/89). Dieses Faziesgebiet des km 4 bildet in Württemberg einen Streifen vom Stromberg bis zum Oberen Neckar. Offenbar konnte die „Randliche Keuperzone“ ThürAcHs mit ihrer überwiegenden Sandschüttung von vornherein weniger Lebenserzeugnisse überliefern, weil in ihr die Lebensbedingungen ungünstiger waren als im Übergang von der Sandfazies zur Ton- fazies des Beckeninnern. Die meisten Wirbeltierreste lieferte der Stubensandstein des 2 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 66 Strombergs, der 4 durch mächtige Tonmergelfolgen getrennte Haupt-Sandsteinhori- zonte enthält („Unterer, Mittlerer, Oberer Stubensandstein und Löwensteiner Sand- stein“ VorırArus [1929], „I, II, III Sandsteinhorizont und Löwensteiner Sandstein“ Lines [1938], je mit zugehörigen Mergelfolgen). Nach einer Zusammenstellung von BErRCKHEMER (1938) fanden sich im Stubensandstein des Strombergs neben Semionoten und an einer Stelle angehäuften Ceratodus-Zähnen (Linck 1936 und 1938) 3 Arten Stegocephalen aus 2 Gattungen und mehr als ein Dutzend Arten von Reptilien, die sich auf 8 Gattungen und 5 größere Gruppen verteilen. Es handelt sich um Wasser- Bewohner (die Fische), Land-Wasser-Bewohner und reine Landtiere, deren Reste nach der ganzen Art der Einbettung und Erhaltung jedenfalls nicht weit verfrachtet wor- den sein können; sie bezeugen einen autochthonen Lebensraum. Im Gesamtprofil des Stromberg-Stubensandsteins fanden sich die meisten Wirbeltierreste im „Mittleren Stubensandstein“, aber auch der „Untere Stubensandstein“ ist keineswegs „nahezu fossilleer“ (Vorırartu 1929a); nur aus dem „Oberen Stubensandstein“ und dem „Löwensteiner Sandstein“ sind keine sicheren Wirbeltierfunde bekannt. Gerade im Unteren und Mittleren Stubensandstein des Strombergraums sind nun zugleich fossile Lebens-Spuren niederer Tiere besonders häufig.! Schon Storı gibt dies 1929, S. 37, für seinen Sandstein sb (der dem Unteren Stubensandstein VOLLRATHs entspricht) aus- drücklich an, während Lanc (1909a, b) und VoLLrATH a. a. OÖ. den Spurenreichtum des Unteren Stubensandsteins im Stromberg nicht erwähnen. Der vielfache Wechsel von Ton- und Sandsteinschichten war im Stromberg für die Erhaltung fossiler Lebens- Spuren besonders günstig, und die in manchen Horizonten zu beobachtende Fülle von Lebens-Spuren niederer Tiere läßt wenigstens zeitweise auf ein reiches Kleintierleben schließen, das in gewissem Maß wohl auch die Voraussetzung für das reiche auto- chthone Großtierleben bildete. An manchen Stellen gab es offenbar Massensiedlungen grabender und wühlender Evertebraten, die sich jedenfalls den kleinen Sauriern (etwa Aetosaurus, Procompsognathus) als Nahrung angeboten haben mögen. Im Stromberg- Stubensandstein kommen auch große Muscheln (Trigonodus d. aut., wahrscheinlich Unio franconicus Dehm, vorläufige Abb. 3 bei Linck 1938) vor; von diesen könnten „Ruhespuren“ erwartet werden. Schließlich weisen „Drift-Marken von Equisetiten“ und „Fossile Wurzelböden“ (Linck 1943 und 1956) darauf hin, daß die wasserreiche Halbwüste der Stubensandsteinzeit im Strombergraum zuweilen örtlich Pflanzen- wuchs getragen hat. Abgesehen von der vorläufigen Veröffentlichung von Evertebraten-Spuren des km 4 in Linck 1938 sind aus dem württembergischen Stubensandstein an fossilen Lebens-Spuren bisher nur zwei Tetrapoden-Fährten beschrieben worden. Im Jahre 1935 beschrieb F. v. Hurne die hier (Taf. 3) wegen einer zusätzlichen Evertebraten- Spur erneut behandelte, im Tübinger Geologisch-Paläontologischen Institut aufbe- wahrte Pseudosuchier-Fährtenplatte aus dem km 4 von Feuerbach; 1941 bearbeitete derselbe Autor Prosauropsiden-Fährten aus dem km 4 von Lustnau (ebenfalls in der Tübinger Instituts-Sammlung). Aus dem Mittleren Stubensandstein von Hohenhaslach besaß nach einer brieflichen Mitteilung der verstorbene Professor SoERGEL (Freiburg) undeutliche Tetrapoden-Fährten. Außerhalb von Württemberg fand Trushem (1937) einen „Phytosaurus-Tritt“ in der Heldburgstufe des fränkischen Keupers (= Mitt- lerer Stubensandstein). Das sind im Hinblick auf den verhältnismäßigen Reichtum an Reptilresten und die guten Erhaltungsmöglichkeiten, zumal im Stromberg, merk- würdig wenig fossile Tetrapoden-Fährten! Das Verhältnis von körperlichen Resten zu Fährten ist geradezu umgekehrt wie im Chirotherien-Sandstein des Buntsandsteins. 1 Die als „ens sui generis“ in den eigentlichen Stubensandstein des Strombergs von Westen her einstrahlende „Ochsenbach-Schicht“ mit ihrer paramarinen Fauna enthält keine fossilen Lebens-Spuren (Linck in W. CAarı£ & ©. Linck 1949). 1961 LINCK, SPUREN NIEDERER TIERE IM STUBENSANDSTEIN Nr. 66/3 Allgemein werden fossile Lebens-Spuren aus dem Stubensandstein und seinen außerwürttembergischen Entsprechungen nur selten in der Literatur genannt. Die wenigen Angaben sind zudem kaum verweıtbar; vielfach sprechen sie auch von „Fähr- ten“, wenn gar keine „Fährten“ im eigentlichen Sinne, also Lauf-Fährten von Repti- lien oder Arthropoden, gemeint sind. So ıeferiert Lang (1909b) für einen km-4- Aufschluß des westlichen Schönbuchs „fossile Tierfährten“, für den Stromberg- Stubensand an einer Stelle „Kriechspuren“, ein andermal gebraucht er für den km 4 von Gündelbach im Stromberg den Ausdruck „anscheinend Fährten“. StorLL erwähnt (1929) „undeutliche Fährten“, die er in einem Bruch bei Sindelfingen fand. Präziser gibt Körr in seiner Dissertation (1925) „senkrecht gestellte Röhren“ aus einer Stein- mergelbank des km 4 von Tübingen (Tiefenbachtal) an. Im Material des Staatlichen Museums für Naturkunde in Stuttgart lag ein Stubensandstein-Handstück von Brühl bei Eßlingen, das „Röhrenausfüllungen mit Bohrgängen von Tubicolen“ enthielt. Außerhalb von Württemberg führt TruskEım (1937) „Wurmgänge“ aus der Held- burgstufe des fränkischen Keupers an; genauer bezeichnet Tuüracn (1889) fossile Lebens-Spuren, die er an einer schwachen Bank seines Oberen Semionoten-Sandsteins (= Unterer Stubensandstein) von Schlechtsart im nördlichen Franken beobachtete, als „ausgefüllte Röhren und rundliche Zapfen (von Sandwürmern herrührend)“. Es ist dies die einzige Erwähnung fossiler Lebens-Spuren in den so sorgfältig aufgenom- menen Profilen TuürAcHs aus den fränkischen Äquivalenten des württembergischen Stubensandsteins. Aus dem Rahmen fallen schließlich zwei Hinweise von ©. Kuhn (1937 a, b) auf „Fährten und Bauten mariner Würmer (Isopodichnus etc.)“ im frän- kischen Semionotensandstein, der dem „Unteren Stubensandstein“ VOLLRATHS ent- sprechen würde. /sopodichnus kommt nach bisheriger Kenntnis jedenfalls im würt- tembergischen Stubensandstein nicht vor. Wenn sich die genannten Angaben der Literatur über fossile Lebens-Spuren des württembergischen Stubensandsteins und seiner außerwürttembergischen Äquivalente im einzelnen auch nicht auswerten lassen, so bezeugen sie doch, daß auf die Tätigkeit niederer Tiere zurückzuführende Ichnofossilien veıschiedentlich im km 4 und nicht nur im Stromberg vorkommen; fossile Lebens-Spuren scheinen aber im km 4 selten zu sein, auch wenn sie bisher vielfach übersehen oder vernachlässigt worden sein mögen. Grundsätzlich bereichern die zu beschreibenden fossilen Lebens-Spuren das Lebensbild der Stubensandsteinzeit, wobei gerade im Sedimentationsraum des km 4 von Bedeutung ist, daß erhaltene Lebens-Spuren ein bodenständiges Kleinleben be- weisen. Freilich erscheint die ganze im folgenden beschriebene, bisher bekannte Spu- renfauna des km 4 als „primitiv“; aber eben dadurch unterscheidet sie sich von den Ichnocoenosen der anderen Keuperstufen, eben dadurch dürfte sie für den über- wiegend kontinentalen Bildungsraum des Stubensandsteins bezeichnend sein. Für die Auswertung und Benützung fossiler Lebens-Spuren ist eine systematische Erfassung und Benennung unerläßlich. Die Beschränkung auf eine beschreibende, offene Namengebung ist zu schwerfällig; daher werden wenigstens die wichtigsten festgestellten Spuren-Formen des km 4 in üblicher Analogie zur zoologischen Nomen- klatur binominal benannt. Nur durch eine solche Benennung können Ichnofossilien prägnant festgelegt und zitatfähig gemacht werden. Nur systematisch eingeordnete, entsprechend beschriebene und nomenklatorisch fixierte Spurenfossilien können palaeo- biologisch, palaeogeographisch, stratigraphisch ausgewertet werden (zur Problematik und Methodik der Deutung, Wertung und Benennung fossiler Lebens-Spuren vgl. vor allem A. SeıracHher 1953). Im Vordergrund der Betrachtung steht dabei nicht die „Deutung“, das heißt die Beziehung der Ichnofossilien auf bestimmte Erzeuger, die für die meisten Evertebraten-Spuren problematisch bleibt, sondern die Wertung, systematische Einreihung und Benennung nach „Bautypen“ (Run. RıcHTEr) oder „Ökotypen“ (A. SEILACHER), wobei die Spuren generell möglichst in große Bau- bzw. Ökotypen-Gattungen eingereiht werden sollten. Formen, die sich innerhalb des Grund- 4 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 66 typs, der „Gattung“, in Einzelheiten unterscheiden, werden spezifisch als „Arten“ ge- führt. Dabei können im besonderen Fall der Ichnofossilien auch „stratigraphische Arten“ zweckmäßig sein; denn gerade Spurenformen niederer Tiere (Würmer!) kön- nen sich in gleichartigen Biotopen konvergent durch die ganze Erdgeschichte wieder- holen. Für die Auswertung einzelner Ichnocoenosen ist es aber unter Umständen von Bedeutung, daß von einem Spurentyp („Gattung“) mehrere Formen („Arten“) be- obachtet werden. Die einzelnen Lebens-Spuren A. Planolites Nicholson 1873 (sensu Rud. Richter) In den tiefsten Schichten des Unteren Stubensandsteins, wenig über der Ober- grenze der Bunten Mergel, liegen im Stromberg feinkörnige, zum Teil verkieselte Sandsteinbänkchen oder Sandsteinlinsen, die von zahlreichen, regellosen „Wurm- gängen“ durchzogen sind. Es gelang nicht, die Wurmspurenbänke oder Wurmspuren- linsen anstehend aufzufinden; die folgenden Beobachtungen stützen sich ausschließ- lich auf Lesestücke, die aus dem genannten Horizont in gleicher Ausbildung an ver- schiedenen Orten des Strombergs gefunden wurden (auf dem Michelsberg bei Clee- bronn, der eine Kappe von Unterem km 4 trägt, auf den Markungen Eibensbach, Pfaffenhofen, Hohenhaslach, Häfnerhaslach). | Die untersuchten Stücke sind von einem dichten Gedränge von Tunneln, Wühl- gängen, vielleicht auch einfachen Schächten durchzogen; wo die ursprüngliche Sedi- mentfüllung, die im Innern des Gesteins meist nur noch schattenhaft zu erkennen ist, verlorenging, erscheint das Gestein mitunter völlig durchlöchert, geradezu zerfressen (Taf. 1, Fig. 1, Blick auf die Oberseite eines Stücks von Eibensbach). Waagrecht ver- laufende Gänge liegen zuweilen als ausgefüllte Vollformen (nicht Reliefs) auf den Schichtflächen der Lesestücke, ohne daß sich feststellen ließe, ob es sich um ursprüng- liche Schichtober- oder -unterseiten handelt; die verhältnismäßig kurzen vollkörper- lichen Tunnelstücke verschwinden ins Gestein hinein mit sedimentgefüllten, zuweilen auch offenen Tunneln. Irgendeine bestimmte Richtung, Bauform oder Gliederung dieser wirren Tunnel ließ sich nicht feststellen, so daß es zunächst nicht möglich ist, diese für den Untersten Stromberg-Stubensandstein bezeichnenden Lebens-Spuren an beschriebene Ichno- Gattungen anzuschließen. Doch hat Rup. Rıcnter (1920, S. 226) vorgeschlagen, der- artige einfache, ohne bestimmte Richtung das Sediment durchziehende Freß- und Wandertunnel generell an Planolites Nicholson 1873 anzuschließen; neuerdings hat auch Howerı (1948) solche unregelmäßig das Gestein du:chsetzende Gänge als Planolites Nich. bezeichnet und sie für kotgefüllte Grabgänge von Würmern gehalten. Planolites vulgaris soll als Genotyp gelten, und „Planolites“ als Formgenus für alle derartigen horizontal oder schräg im Gestein verlaufenden Gänge von 8&—12 mm Durchmesser verwandt werden. Durch diese Sinnänderung (Commutatio sensus) sind diese indifferenten Tunnel so weit festgelegt, daß sie zitiert werden können; ich be- zeichne entsprechend die Tunnelgänge des Untersten Stromberg-Stubensandsteins (ohne Art-Ausscheidung) als Planolites Nich. sp. (sensu Rud. Richter) Belegstück der Planolites-Spuren des km 4 des Strombergs ist das auf Taf.1, Fig.1, abgebildete Handstück von Eibensbach; es wird der Geologischen Abteilung des Staatlichen Museums für Naturkunde in Stuttgart übergeben werden und erhält dort die Nummer 19686. Im einzelnen schwankt der Durchmesser der Planolites-Tunnel aus dem Unteren Stubensandstein des Strombergs von 2—11 mm. Es sind etwa 4 verschiedene Durch- messerstufen, zwischen denen es keine Übergänge gibt; die verschieden starken Durch- messer müssen auf verschiedene Erzeuger zurückgeführt werden, deren Körperdurch- 1961 LINCK, SPUREN NIEDERER TIERE IM STUBENSANDSTEIN Nr. 66 /5 messer nach Run. RıcHtEr dem Durchmesser der heutigen Tunnel bzw. deren Füllungen entsprochen haben muß. Es ist möglich, daß zusätzlich auch einige einfache Vertikal- Schächte das Gewirr der Tunnel durchteufen. Die Wand dieser weiteren Röhren zeigt (ähnlich wie bei MAcperrAu 1932, Taf.5, Fig.3) mitunter eine runzelige Quer- riefung, die auf Muskelkontraktionen des Erzeugers hinweisen könnte; aber die Balanoglossites-Röhre MäÄcpErRAus wurde in verfestigtem Kalkschlamm gegraben, in einem Sand-Sediment können sich nach allgemeiner Ansicht derartige Kontraktions- Spuren kaum erhalten. Auf Sediment-Setzung können aber diese Runzeln auch nicht zurückgeführt werden. Merkwürdig ist schließlich, daß auf fast allen Lesestücken der Planolites-Schicht die weiteren Tunnel, aus denen die Füllung herausgefallen ist, durch freitragende, 2 mm starke Spangen einer späteren Tunnel-Generation duich- kreuzt werden (Taf. 1, Fig. 1). Wahrscheinlich sind die gıößeren, älteren Tunnel zu- nächst vom Hangenden her mit Ton ausgefüllt gewesen; die Erzeuger der 2-mm- Tunnel durchbohrten dann den Tonkern der älteren Tunnel, wobei sie von der Seite den Feinsand in die Durchbohrung der Tonfüllung der älteren Tunnel hineinschafften. Die Füllung der älteren Gänge ist heute herausgefallen, und die verfestigten Stücke der jüngeren kreuzen nun frei den offenen Hohlraum der älteren Tunnel. Eine sichere Beziehung der Planolites-Gänge auf bestimmte Erzeuger ist nicht möglich; am ehesten ist wohl an Würmer zu denken. Wenn auch derartige einfache, sedimentgefüllte Freß- und Wandertunnel allgemein, palaeogeographisch und pal- ökologisch wenig aussagen, so weisen sie jedenfalls in dem sonst lebensarmen Stu- bensandstein auf Zeiten hin, die örtlich und vorübergehend erstaunlich lebensreich waren. Nach ihrem biologischen Umriß können die Erzeuger der Planolites-Gänge nur in durchfeuchtetem Sediment gelebt haben, vermutlich auf dem Grund stehender Wasseransammlungen, die — wie die verschiedenen Generationen der Gänge er- kennen lassen — bei einer gewissen Sedimentationsunterbrechung einige Zeit be- standen haben. B. Taenidium Heer 1877 Im württembergischen Stubensandstein fanden sich bis jetzt 3 Formen geglieder- ter Stopftunnel. Die perlen- oder pillenförmige Segmentierung der Füllung derartiger gestopfter Tunnelgänge kam entweder dadurch zustande, daß die Erzeuger beim Durchtunneln des Sediments das zu beseitigende Material in regelmäßigem Rhythmus nach rückwärts „bergmännisch versetzten“, oder sie waren „Sedimentfresser“, die „durch pulsierende Entleerungen des Darms“ das seines organischen Gehalts beraubte Material in Pfropfen rückwärts schoben (Run. Rıcuter in WıLckens 1947, S.44). Die Füllmasse kann heute herausgefallen sein; dann zeigt die entstandene Hohlform ent- sprechende negative Gliederung durch Grübchen oder Dellen. Fossile Stopftunnel mit im einzelnen abweichender, aber im Bauprinzip gleicher Gliederung sind unter vielen Namen aus den verschiedensten Formationen beschrieben worden. Angeführt seien besonders Taenidium Heer 1877 und 1888, ferner Münsteria Sternberg 1833 (wobei unter „Münsteria“ auch ganz andersartige fossile Spuren laufen), Keckia Glocker 1842, auch Pseudocrinus Anelli 1935; alle mit diesen Gattungsnamen belegten Stopf- tunnel-Formen fanden sich in marinen Sedimenten. Neuerdings hat Brapy (1947) unter dem Gattungsnamen Scolicocoprus 2 analoge Stopftunnel aber auch aus dem kontinentalen triassischen Coconino-Sandstein von Arizona beschrieben, mit den Art- namen cameronensis und arizonensis. Der ähnlich segmentierte Rhizocorallites arti- culare A. H. Müller (1955 und 1956)? aus dem thüringischen Rät ist nach dem Autor ein in der Schichtfläche liegender U-Bau und kein Stopftunnel. 2 Rhizocorallites ist männlich. Da nach Art. 14a der internationalen Regeln der adjektive Art- name grammatisch mit dem Gattungsnamen übereinstimmen muß, ist statt „articulare“ „articularis“ zu setzen. 6 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 66 Ich schließe die Stopftunnel des Stubensandsteins an Taenidium Heer an, für das Wııckens 1947 folgende Diagnose gegeben hat: „Grabgänge, die eine Gliederung auf- weisen, indem die zylindrischen Tunnel regelmäßige Erweiterungen aufweisen, die durch Einschnürungen voneinander getrennt werden. Die Gänge können von einem axialen Gang ausgehen oder einzeln auftreten.“ HEer hatte übrigens alle seine Taeni- dien noch als „Algen“ beschrieben, was in seinen Originaldiagnosen in Erscheinung tritt. Bil. Taenidium crinoidiforme n.sp. Das auf Taf. 1, Fig. 2, abgebildete Taenidium ist ein Unikum. Die feinkörnige Platte, ein einzelnes Lesestück aus dem Mittleren Stubensandstein von Cleebronn im Stromberg, wenig über der Ochsenbach-Schicht, enthält einfache Stopftunnel von 8 mm Durchmesser, deren aus dem Material der Platte bestehende Füllung durch Einschnürungen ziemlich regelmäßig in schmale Stopfpillen gegliedert ist. Die ein- zelnen Pillen stehen etwa wie senkrecht gestellte abgerundete Tabletten hinterein- andergereiht. Die Tunnel ziehen sich leicht geschwungen, ohne scharfe Knicke parallel zur Schichtung, aber auch schräg und senkrecht zu dieser durch das Gestein. Wo die Spur horizontal geschnitten wird, erkennt man, daß die Einschnürungen der Tunnel- füllungen ziemlich tief, etwa bis zu einem Viertel des Gang-Durchmessers, reichen. Ich gebe der beschriebenen Taenidium-Spur, nachdem ich den Namen schon 1942 vorläufig genannt habe, den Artnamen Taenidium crinoidiforme n. sp. mit der Diagnose: Einfache, leicht geschwungene schmal-pillenförmig gegliederte Stopftunnel der Formgattung Taenidium Heer. Fundschicht: Mittlerer Stubensand- stein von Cleebronn im Stromberg. Die Art unterscheidet sich von den meisten ande- ren Taenidien, vor allem aber von den beiden von BrApy aus dem kontinentalen Coconino-Sandstein beschriebenen Scolicocoprus-Arten duich die schmale Form der einzelnen Pillen. Namen nach der äußeren Ähnlichkeit mit gewissen Crinoidenstielen. Das auf Taf. 1, Fig. 2, abgebildete einzige Stück ist das Typusstück; es erhält im Staatlichen msn für Naturkunde in Stuttgart die Nummer 19 687. B2. Taenidium sp. Kleine, büschelige Form In den spurenreichen Schichten des Mittleren Stromberg-Stubensandsteins fanden sich wenig unter der Ochsenbach-Schicht verschiedentlich die auf Taf. 2, Fig. 1, ab- gebildeten, büschelig gehäuften, kurzen Spurenzüge von 2,5 mm Durchmesser. Es sind keine Reliefs ausgefüllter Kriechrinnen, sondern zylindrische Vollkörper, also wiederum Füllungen endogener Tunnelgänge. Wo die Füllung herausgefallen ist, blieben als „negative Reliefs“ offene, flache Rinnen zurück. Wahrscheinlich liegen die Spuren auf einer einstigen Schicht-Unterseite; sie sind innerhalb des Feinsand-Sedi- mentes gezogen worden, auf dessen Schichtfläche sie heute in Erscheinung treten; sie führen an verschiedenen Stellen auch in das Sand-Sediment zurück. Vor allem in den offenen Rinnen, aber auch an manchen Stücken der im allgemeinen stark angewitterten Gangfüllungen zeigt sich wiederum eine regelmäßige Stopfgliederung mit rundlichen Dellen bzw. Pillen. Es liegt auch hier ein Taenidium vor, das sich in G:öße, allgemei- ner Führung, Büschelung und Struktur von dem unter B1 beschriebenen Taenidium crinoidiforme n. sp. unterscheidet. Die Spur wird in offener Namengebung als „Kleine, büschelige Form von Taenidium“ bezeichnet. Im Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart erhält das Belegstück (Taf. 2, Fig. 1) aus dem Mittleren Stubensandstein von Ochsenbach im Stromberg die Nr. 19688. Da die verschiedensten Tiere Stopf- tunnel erzeugen können, muß der Eızeuger dieser kleinen Taenidium-Spur nicht un- bedingt im Kreis der Würmer gesucht werden; denkbar wären auch Insektenlarven (vgl. den bei Linck 1942, Taf. 7, Fig. 19, = selhilelstem Stopfgang einer rezenten Tetanoceren-Larve im Schlamm eines Klärbeckens). Der spurenführende Mittlere Stu- 1961 LINCK, SPUREN NIEDERER TIERE IM STUBENSANDSTEIN Nr. 66/7 bensandstein des Strombergs zeigt verschiedentlich Kristallrelikte von Steinsalz; die Wasseransammlungen der Mittleren Stubensandsteinzeit des Raums müssen salzhaltig gewesen sein. Gerade in salzhaltigen Binnenseen der Gegenwart, z. B. in Nevada, treten heute Insektenlarven so massenhaft auf, daß „die von den Wellen ausgewor- fenen Massen stellenweise einen förmliche Hügel auftürmenden Wall bilden“ (Run. RıcHter 1924, S.139, Zitat nach Bericht von WiırLıston). B3. Taenidium duplum n.sp. Das Geologisch-Paläontologische Institut der Universität Tübingen bewahrt unter Katalognummer 1c 1124 eine große Fährtenplatte aus dem Stubensandstein von Feuerbach, die in gegensätzlicher Eıhaltung mehrere Tetrapoden-Fährten und eine eigentümliche Evertebraten-Spur trägt (Taf. 3, Fig. 1 zeigt einen Ausschnitt der Platte). Die aus Tritten und Schwanz-Schleppspuren zusammengesetzten Tetrapoden-Fährten hat F. v. Huene 1935 bearbeitet und Pseudosuchiern, vielleicht Saltoposuchus, zu- geschrieben. Die Tritte der Saurier erscheinen auf der Platte als Ausgüsse von Ein- tritten in das einstige Liegende der Sandsteinplatte. Wahrscheinlich bestand dieses aus Tonmergeln; über den noch weichen und unbedeckten Ton sind die Reptilien ge- laufen, ihre Eintritte wurden später von Sand eingedeckt. Die Wirbeltierfährten er- scheinen heute entsprechend als „positive exogene Hyporeliefs“ auf der einstigen Unterseite der Feuerbacher Platte. Zusätzlich zieht sich über die Platte als „negatives Hyporelief“ ein Netz eingetiefter gegliederter Rinnen, die zum Teil die Tetrapoden- Tritte schneiden, also zeitlich nach diesen entstanden sind. Dazu schrieb schon F. v. Huerne 1935: „Durch die Fährtenfolge II führt eine später gekrochene Evertebraten- fährte, die die Abdrücke zerstört hat.“ Im einzelnen besteht die Evertebraten-Spur aus einer durchschnittlich 13 mm brei- ten Rinne, in der rechts und links eines „Mittelwulstes“ gegenständige flache Del- len zu erkennen sind. Nach diesen Merkmalen wurde die Evertebraten-Spur schon als „Gastropoden-Kriechspur“ gedeutet. Vor allem erinnert die Tübinger Spur an eine von Rückıın (1932) beschriebene „Gastropoden-Fährte“ aus dem Voltziensandstein des Saarlandes; aber bei der von Rückıin beschriebenen Spur handelt es sich nach den Angaben des Autors um eine auf einer Schicht-Oberseite eingetiefte Kriechspur, also um ein „negatives exogenes Epirelief“ mit entsprechenden Ausgüssen auf der Schicht- Unterseite des zugehörigen Hangenden („Positive Hyporeliefs“). Bei der Evertebraten- Spur aus dem Stubensandstein von Feuerbach sind die stratonomischen Verhältnisse umgekehrt: Die Spur erscheint als „negatives Hyporelief“ auf einer durch die posi- tiven Tetrapoden-Tritte sicher gekennzeichneten Schicht-Unterseite. Die Feuerbacher _ Evertebraten-Spur kann somit keine exogene Kriechspur sein; sie muß als „endogene Innenspur“ entstanden sein, nachdem der Sand der heutigen Sandsteinplatte schon abgelagert war. Im ganzen halten sich Spurenzüge peinlich an die wellige Fläche der Fährtenplatte (deren einstige Unterseite); sie führen nirgends in den Sandstein (nach oben) hinein; sie setzen nirgends aus, auch nicht in den Mulden des Platten- reliefs, die ja im Ausguß Erhöhungen der einstigen Liegend-Schicht wiedergeben und in die sich die Schwanz-Schleppspuren der Reptilien besonders tief eingeschnitten haben. Die Evertebraten-Spur der Tübinger Platte ist also zugleich eine ausgespro- chene „Grenzflächen-Spur“, deren Erzeuger sich genau an die Grenze zwischen dem ' hangenden Sand und dem vermuteten liegenden Ton gehalten hat. | Das eigentliche Relief der Spur ist ziemlich unscharf; es sieht aus wie aufge- weicht, verflossen. Mehrere Abschnitte der Spur sind auch doppelt befahren worden. In den mehrfach befahrenen Abschnitten ist die Form der Spur besonders undeutlich, doch sind hier die Dellen mitunter als länglich-rechteckige, gerundete Gruben auch _ wieder sehr scharf ausgeprägt. Die beiden Dellenreihen bestimmen die Spur; der ver- schwommene Mittelwulst ist & nur die Grenzwand zwischen den gegenständigen | Dellen. Im Ausguß würde die Spur das positive Relief zweier Reihen länglicher Kör- | | J 8 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 66 perchen zeigen, die durch eine seichte Längsfurche und Querfurchen getrennt sind. Nach diesem Befund handelt es sich wieder um einen gegliederten Stopftunnel, aber diesmal mit 2 parallelen Reihen gegenständiger Pillen. Die ursprünglichen Kot- oder Sedimentpfropfen sind aber nicht erhalten; sie sind aufgelöst, herausgefallen oder auf der Liegend-Schicht zurückgeblieben. Diese Erhaltung des einstigen vollkörper- lichen Stopftunnels als negatives Hypo-Grenzrelief entspricht der Erhaltung mancher Teile des „Kleinen, büscheligen Taenidiums“ Akschnitt B2, Taf.2, Fig. 1, bei dem die vollkörperliche Stopfspur zum Teil auch nur als negative Dellenreihe erhalten ge- blieben ist. Ökologisch und strationomisch entspricht die Stubensandstein-Spur weit- gehend den „Zopf-Rinnen“ von Weıss (1940) aus den jurassischen Sandsteinen; auch die Zopf-Rinnen sind negative Hypo- und Grenzreliefs, doch nimmt Weıss an, daß seine Zopf-Rinnen vom liegenden Ton her ausgefüllt waren. Bei der vorliegenden Keuper-Spur ist das unwahrscheinlich; die Pillen bestanden aus Sand und sind ver- mutlich schon kurz nach ihrer Bildung „aufgeweicht“ worden. Daß sich der Erzeuger so streng an die Grenze Sand/Ton hielt, kann seinen Grund darin gehabt haben, daß sich hier Wasser staute, das für den Erzeuger lebensnotwendig war. Da auf der Fährtenplatte Ausgüsse von Trockenrissen fehlen, ist die zu vermutende liegende Ton- schicht, in deren feuchte Oberfläche die Saurierfährten eingetreten worden sind, vor Bedeckung durch den Sand nicht ausgetrocknet gewesen. Sehr merkwürdig ist, daß die zweireihige Stopftunnel-Spur in einigen Abschnit- ten zweimal, das heißt von 2 Individuen nacheinander, befahren worden ist (Taf. 3, Bildmitte). Das ist ungewöhnlich, da tunnelgrabende Tiere im allgemeinen fremde Gänge meiden; zumal als „Sedimentfresser“, für die ja ein Sediment, das schon durch den Darm eines Artgenossen gegangen war, wenig Reiz hatte. Durch diese mehr- fach benützten Strecken kam auch die auffallende netzförmige Raumaufteilung durch die Spur zustande, die an regelmäßige Trockenrisse erinnert. Neuerdings hat A. SeıLAcHErR (1960) bei einer Untersuchung der problematischen sogenannten Perlschnur der Jurasandsteine eine Spur Neonereites biserialis n.g., n.sp. beschrieben, die mit 2 Reihen gegenständiger kugeliger Kotpillen auf den ersten Blick Ähnlichkeit mit der Evertebraten-Spur aus dem km 4 von Feuerbach hat. Für die Gattung Neonereites sind aber nach SeitAcHer zusätzliche „lappige Wühlhöfe“ um die parallelen Kotpillenschnüre kennzeichnend, analog wie bei den palaeozoischen Nereiten. Die Evertebraten-Spur der Tübinger Fährtenplatte zeigt keine „Wühlhöfe“; sie ist ein als negatives Hyporelief erhaltener reiner Stopftunnel mit 2 Pillenreihen, ein „verdoppeltes, einfaches Taenidium“. Ich bezeichne die Spur entsprechend als Taenidium duplum n.sp. mit der Diagnose: Stopftunnel mit zwei parallelen Reihen länglich-rundlicher, gegen- ständiger Kot- oder Sedimentpillen; hier als negatives Hyporelief erhalten. Typus- stück ist die Platte Ic 1124 des Geologisch-Paläontologischen Instituts Tübingen aus dem km 4 von Feuerbach. Taenidium duplum n.sp. ist sonst aus dem Stubensandstein, ja aus dem ganzen Unteren und Mittleren Keuper bis jetzt nicht bekannt. Nach freundlicher brieflicher Mitteilung von Dr. SeıLAcHER (Bagdad) kommen jedoch ähnliche doppelreihige Stopf- tunnel-Spuren im Coconino-Sandstein Arizonas, im deutschen Rotliegenden, Bunt- sandstein und Rät-Sandstein vor; im Coconino-Sandstein und im Rät alternieren zum Teil die Pillen. Als Erzeuger können nur Weichtiere in Betracht kommen. C. Cylindricum Linck 1948 Definition: Nicht verjüngte, halbkugelig endende, einfache Zapfen auf der Unter- seite von Sandsteinbänken. In der Regel mehr oder weniger senkrecht zur Schicht- fläche; als Ausfüllungen der unteren Enden einstiger Vertikalröhren der Sandschicht 1961 LINCK, SPUREN NIEDERER TIERE IM STUBENSANDSTEIN Nr. 66 / 9 gedeutet. Genotypus ist C'ylindricum gregarium Linck; der Name ist aus Prioritäts- gründen zu ersetzen durch C'ylindricum antiguum (Plien.) nach Pıieninser 1845, Mat.2, Eig.5. Ci. Cylindricum grande n.sp. Im Mittleren Stubensandstein von Ochsenbach im Stromberg sind wenig unter der Ochsenbach-Schicht in rote und graue Mergelfolgen, in denen 1936 der nach Berck- HEMER (1938) älteste Plateosaurus gefunden worden ist, feinkörnige, zum Teil ver- kieselte, bis zu 35 cm starke Sandsteinlinsen eingeschaltet, aus deren Unterseite große Cylindricum-Zapfen herausragen (Taf. 4, Fig. 1). Der schönste Aufschluß, der alte Ippichsche Bruch (Bild 7 bei Linck 1938) ist heute weitgehend verschüttet. Nach Lese- stücken scheint der Horizont der „Zapfen- oder Cylindricum-Schichten“ im ganzen Stromberg duichzugehen. Die mehr oder weniger kreisrunden Querschnitte der Zapfen haben einen Durch- messer von 11—16 mm; größere und kleinere Formen sind nicht gemischt. Die Zapfen ragen aus der Unterseite der Sandsteinlinsen meist nur 1—-3 cm weit heraus, längere Zapfen sind an den herabgefallenen Blöcken stets abgebrochen (Taf.4, Fig. 1). An- stehend waren aber auch längere Zapfen zu beobachten, die bis zu 10 cm Länge in den liegenden grauen Tonmergel der Sandsteinlinse eindrangen; diese längeren Zap- fen hatten aber nicht mehr die eigentümliche starre Form der kurzen Zapfen, sie sind mehr oder weniger krumm und knickig (Taf. 4, Fig. 2). Die Formveränderung dürfte nachträglich durch Setzen des Ton-Sediments erzeugt worden sein. Auch die Quer- Runzelung mancher Zapfen könnte diagenetisch entstanden sein; immerhin fällt auf, daß die Zapfen sehr leicht mit stets senkrecht zur Längsachse stehender Fläche ab- brechen. Die Füllung der Zapfen besteht aus feinem, ungeschichtetem Sandstein, offensichtlich dem Material der Sandsteinlinse. Der sandige Kern der Zapfen ist mit- unter in eine von Mergelbröckchen durchsetzte Tonhaut eingehüllt, die diagenetisch entstanden, aber vielleicht auch als Rest einer ursprünglichen Hülle, einer Verfestigung, einer Agglutination der Röhrenwand, gedeutet werden kann. Nach oben, in die verkieselte und geschichtete Sandsteinlinse hinein, setzen sich die meisten Zapfen nicht fort. Es entspricht dies genau den Zäpfchen von C'ylindricum antiquum (Plien.) (= gregarium Linck) aus dem Schilfsandstein, die sich niemals auch nur andeutungsweise in den Sandstein verfolgen lassen. Die Stubensandstein- Zapfen des Strombergs aber zeigen wenigstens zuweilen Fortsetzungen in das Sand-Sediment hinein, als kurze Stücke hohler Röhren, als zylindrische Fragmente oder als schatten- hafte Andeutungen und vertikale Verfärbungsstreifen. Runde Röhrenenden von der Form der Unterseite-Zapfen wurden innerhalb der Sandsteinlinse nicht beobachtet. Sicher setzten sich alle Zapfen der Unterseite ursprünglich als Vertikaliöhren in den Sandstein hinein fort, die das ganze Sediment durchstießen, aber nur ausnahmsweise erhalten blieben. Auf der Obeiseite der zapfentragenden Sandsteinlinse erscheinen die im Sediment verschwundenen Vertikalröhren im Querschnitt wieder als helle Kreisflächen (Taf. 5, Fig. 1); meist in großer Zahl (bis zu 500 auf den Quadratmeter), aber auch in wei- terer Streuung und einzeln. Zweimal fanden sich auf der Schichtoberseite auch waag- recht liegende Röhrenfüllungen, die mit benachbarten Kreisflächen von Vertikalıöhren in Verbindung standen. Die Vertikalschächte hörten aber an der Oberseite der Sand- steinlinse nicht auf. Sie reichten als sandgefüllte, nach oben offene Röhrenstücke, als „obere Zapfen“ der Sandsteinlinse, bis 10 cm weit in die hangenden Ton- und Sand- mergel hinauf (Taf.5, Fig. 2), oder es zeigten im dunklen Ton wenigstens hellere Kreisflächen an, daß sich die Vertikalröhren noch bis in den Ton hinein fortgesetzt 'haben. Die längste Röhre, die sich in verschiedenen Erhaltungen vom Zapfen der Unterseite durch die Sandsteinschicht bis ins Hangende verfolgen ließ, hatte eine Länge von 35 cm; die Kombination mit den Röhrenspuren des Hangenden ergab eine 10 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 66 durchschnittliche Gesamtlänge der Vertikalröhren von etwa 45—50 cm. Die Füll- masse der oberen Röhrenzapfen besteht aus dem Material der Sandsteinlinse; der Sand muß aus dieser nach oben gelangt sein, sei es als beweglicher, wassergetränkter „Schwimmsand“ durch Sedimentdruck, sei es durch aktive Betätigung des Erzeugers. In einem einzigen Fall zeigte ein „oberer Zapfen“ eine spitzwinkelige Gabelung nach oben. Abb. 1 gibt eine schematische Darstellung der verschiedenen Erhaltungsformen der Zapfen und zugehörigen Veıtikalröhren. | IR WE Abb. 1. Schematische Darstellung der Erhaltungsformen des Cylindricum grande n. sp. im km 4 des Strombergs; Zapfen der Unterseite des Sandsteins, angedeutete Vertikal- röhren im Sandstein, Verlängerungen der Vertikalröhren nach oben in den hangenden Tonmergel. Jede anorganismische Deutung der Cylindricum-Zapfen und -röhren (als Stylo- lithen, Gasblasenkanäle, ausgefüllte Hohlräume von Pflanzenwurzeln usw.) wurde von mir 1948, S. 20—27, mit eingehender Begründung abgelehnt; die dortigen Ausfüh- rungen gelten in verstärkiem Maß für die großen Zapfenröhren des Stromberg- Stubensandsteins. Die Vertikalschächte sind sicher organismisch entstanden; sie waren ökotypisch Bauten, Wohnröhren, in denen sessile oder halbsessile Tiere — mit größter Wahr- scheinlichkeit Würmer — gelebt haben. Ob die Erzeuger ihre Wohnröhren dauernd in ganzer Länge bewohnt haben, ob sie etwa nur, um mit einer raschen Sedimentation Schritt zu halten („Tod durch Übersandung“, Rup. Rıcuter 1924), ihre Röhren immer höher, besonders in den hangenden Ton hinein, gebaut haben, wobei etwa die unteren Teile aufgegeben und zugefüllt worden sein könnten, läßt sich nicht fest- stellen. So viel ist aber zu erkennen, daß in dem Sediment der heutigen Sandsteinlinse nicht mehrere Röhren-Generationen neben- bzw. übereinander gestanden sind. Die kreisförmigen Querschnitte auf der Oberseite der Sandsteinbank (Taf.5, Fig. 1) ver- gegenwärtigen daher eine gleichzeitige Siedlungsdichte und kein Nacheinander der Besiedlung. Nur ganz ausnahmsweise sind, wie die wenigen waagrechten Röhren der Schichtoberseite des Sandsteins zeigen, die Bewohner auch aus ihren Röhren heraus- gekrochen, und nur einmal wurde beobachtet, daß ein Bewohner seinen Bau seitlich schräg nach oben verlassen hat, wo sich die Röhre gabelte. Nach Beobachtungen an heutigen Röhrenbewohnern ändert ein gelegentliches Herauskriechen aus den Wohn- bauten, etwa bei Störungen oder vor dem Tode, an der grundsätzlichen Sessilität oder Halbsessilität der Bewohner nichts. Im Gegensatz zu Cylindricum antiquum (Plien.) aus dem Schilfsandstein waren die großen Röhren aus dem Stubensandstein wahr- scheinlich durch Schleimauskleidung, vielleicht auch Agglutination verfestigt; mög- 1961 LINCK, SPUREN NIEDERER TIERE IM STUBENSANDSTEIN Nr. 66 / 11 licherweise spricht auch die Farbe der innerhalb des hellgrauen Sandsteins durch gelbe senkrechte Farbstreifen angedeuteten einstigen Vertikalröhren für eine Wand- verfestigung durch Sekretausscheidungen der Bewohner. Reıs hat 1909 die Farbhöfe um manche Bohrgänge des Muschelkalks auf diese Weise erklärt; Rup. RıcHTEr be- stätigte 1924 die Beobachtungen von Reıs: Gelbe Farbhöfe von der Farbe des tieri- schen Sekrets umgeben die Gänge und Schächte des rezenten Schlickwurms Arenicola (Rup. RıcHter 1924, S. 122). Unerklärlich bleibt freilich, wovon die reiche Population der verhältnismäßig großen Röhrenbewohner des Stubensandsteins gelebt hat. Schlämmanalysen des Tonsediments, in das die Röhren hinaufreichen, ergaben keine Spur von organismischen Resten, nicht einmal pflanzlichen Detritus, der den wenig- sten Keuperschichten fehlt. Dauersiedlungen von Würmern von solcher Dichte und Größe wie im Stubensandstein des Strombergs sind auf Planktonnahrung angewiesen; aber „ein Planktonreichtum, der auf Plankton angewiesene Würmer von solcher Größe und Siedeldichte ernähren kann, ist nach unseren heutigen Kenntnissen im Süßwasser unwahrscheinlich und spricht für meerische Verhältnisse“ (Run. RıcHter 1926, S. 216). Gerade der Stubensandstein des württembergischen Raums aber ist nach allen anderen, insbesondere auch paläontologischen Indizien, in der kontinentalsten Phase der Keu- perzeit entstanden, so daß marines Plankton als Ernährungsgrundlage der Wurm- kolonie ausscheidet. Ökologisch sind nach Rup. RıcHter (1928) solche einfachen Röh- rensiedlungen wie die Zapfenröhren des Strombergs und überhaupt alle Cylindricum- Schächte „wenig anspruchsvoll und meist wenig bedeutsam“. Die parallele senkrechte Richtung der Röhren ist allen Massenvorkommen einfacher Vertikalschächte gemein- sam; sie ist auf die phobotaktische Scheu zurückzuführen, die derartige, in dichten Rasen nebeneinanderlebende Sedimentbewohner vor dem gegenseitigen Anschneiden ihrer Bauten haben. In heutigen tropischen Süßwasserseen kommen verhältnismäßig große, röhrenbewohnende Würmer, meist Tubificiden, vor. Das Wasser, in dem der Sand und Ton der Zapfenschichten des Stromberg-Stubensandsteins abgelagert wor- den ist und in dem die Bewohner der C'ylindricum-Röhren gelebt haben, muß nach gelegentlich vorkommenden Kvristallrelikten von Steinsalz (sogenannte „Steinsalz- Pseudomorphosen“, Linck 1940 und 1946) kontinental-brackisch gewesen sein. Nach I. VoeELcker (1933) sind aus rezenten „Salzseen der Wüste“ Wurmröhren-Kolonien nicht bekannt. Prinzipiell haben die Vertikalschächte aus dem Stromberg-Stubensandstein große Ähnlichkeit mit den von Rückıın 1934 beschriebenen, kleineren „Vertikalröhren und Schichtflächenspuren“ aus dem Voltziensandstein des Saargebiets. Auch die dortigen Röhren treten aus der Unterseite von Sandsteinen „wie die Köpfe von Kuppennägeln“ heraus, auch sie lassen sich im hangenden Mergel-Sediment noch als „matte, kreis- runde Flecken“ verfolgen. Auch die Rückıınschen Röhren sind zunächst einfache Vertikalschächte; viel häufiger aber als bei den Stromberg-Zapfenröhren stehen mit den saarländischen Senkrechtröhren zugehörige Schichtflächenspuren, ausgefüllte Hori- zontalgänge, Auskriechtunnel, in Verbindung. Von dem Genotyp Cylindricum antiquum (Plien.) unterscheiden sich die Vertikal- ıöhren aus dem Stubensandstein des Strombergs vor allem durch ihre Größe, aber auch durch eine gewisse Lockerung der starren Form so sehr, daß eine artliche Abtrennung gerechtfertigt ist. Ich bezeichne die beschriebenen einfachen Vertikalschächte (ein- schließlich ihrer „Zapfen“) als Cylindricum grande n.sp. mit der Diagnose: Eine Art von Cylindricum mit Zapfen und zugehörigen Vertikal- röhren bis zu 50 cm Länge und 16 mm Durchmesser, in leicht gelockerter Form und mit seltenen Auskriechgängen. Fundschicht der beschriebenen und abgebildeten Stücke ist ein Sandsteinlinsen-Horizont im Mittleren Stubensandstein von Ochsenbach im _ Stromberg; der Horizont geht den ganzen Stromberg durch, so daß er für die strati- 12 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 66 graphische Gliederung des dortigen km 4 verwandt werden könnte („Cylindricum- Schichten“ oder „Zapfen-Schichten“). Ein Typus-Stück wird nicht vorgelegt; die große Lebens-Spur läßt sich nur anstehend oder auf großen Blöcken in ihren kenn- zeichnenden Merkmalen übersehen. Es wird auf die Beschreibung, die Abb. 1 und die Fig. der Tafeln 4 und 5 verwiesen. Bemerkenswerterweise fanden sich im 4. Sandsteinhorizont des Strombergs, dem „Löwensteiner Sandstein“, wo er mit dem von Westen einstrahlenden Proto-Rät des Strombergs verzahnt ist, in feinsandigen Plättchen, die Anoplophora postera Deffn. et Fraas führen, noch einmal wohlausgebildete „Zapfen“ und angedeutete zuge- hörige Vertikalröhren des Cylindricum grande n. sp. (Gipfel des Baiselsberges bei Hohenhaslach).” Nach der Beschriftung könnte auch das in der Einleitung erwähnte Handstück des Staatlichen Museums für Naturkunde in Stuttgart, das selbst nicht mehr nachprüfbar ist, mit seinen „Röhrenausfüllungen von Tubicolen“ von Brühl bei Eßlingen dem beschriebenen Cyylindricum grande n.sp. entsprechen; ebenso die von ThürAcH (1889) angeführten „ausgefüllten Röhren und rundlichen Zapfen von Sand- würmern“ aus dem fränkischen Oberen Semionotensandstein. Träfe dies zu, so wäre Cylindricum grande n.sp. ein bezeichnendes Spurenfossil der 4. Stufe des Mittleren Keupers, des württembergischen Stubensandsteins. D. Palaeophycus Hall 1847 (sensu Rud. Richter) Im Stubensandstein des Strombergs fanden sich veischiedentlich fossile Spuren- Anhäufungen, die zu Palaeophycus Hall in der engeren Fassung von Rup. RıcHTER zu stellen sind. Haıı hatte 1847, S.7, seinen Palaeophycus folgendermaßen definiert: „Stamm länglich rund, einfach oder verzweigt, zylindrisch oder subzylindrisch. Ober- fläche beinahe glatt, ohne Ouerkämme. Offenbar hohl.“ Schimper definierte 1890, 5.59, seine Gruppe Palaeophycus als „kräftige, wenig verästelte Algenformen, deren Laubabschnitte entweder stielrund oder etwas abgeplattet“ sind. Zitate nach WILcKENs 1947; beide alte Autoren betrachteten die Gebilde noch als „Algen“. Run. RıcHTEr hat (1924 und 1927) den Begriff „Palaeophycus“, unter dem inzwischen die ver- schiedensten verzweigten Kriechspuren und deren Ausgüsse auf Schichtflächen ge- führt wurden, grundsätzlich in der Richtung eingeengt, daß zu Palaeophycus Hall nur fossile Spuren vom Baustil der „Geflechts- oder Rankensteine“ gestellt werden sollen. So gehört z. B. die von Schinpeworr 1928, S. 38, abgebildete verzweigte „Kriechspur“ aus dem Buntsandstein nicht mehr zu Palaeophycus. Die „Geflechts- oder Ranken- steine“, Palaeophycus im eigentlichen Sinne, sind nach Rup. RıcHter nachträgliche Zusammenhäufungen von Tunneln, Röhren usw., deren ursprüngliche Form nicht be- kannt ist; die Erhaltung als „Geflecht“ setzt dabei eine Verfestigung der ursprüng- lichen Bauten voraus. Nach Rup. Rıcnter können derartige „Geflechts- oder Ranken- steine“, Palaeophycus im eigentlichen Sinne, sowohl aus losgespülten und zusam- mengehäuften sanderfüllten Tunnelgängen wie aus frei über Grund gemauerten Röh- ren entstanden sein (in Wırckens 1947). Charakteristisch für die Palaeophycus-Ge- flechte im engeren Sinne sind vor allem auch zwei Merkmale: Die Geflechte bilden mehr oder weniger flächenhafte Lagen, die mit dem Hangenden und Liegenden in keiner Weise verbunden sind, und durch gegenseitiges Überlagern und Ineinander- fließen der einstigen Tunnelgänge und Röhrenfüllungen entstanden sehr bezeichnende scheinbare „Verzweigungen“. Rezente Beispiele für solche Zusammenspülungen sind mehrfach veröffentlicht worden, so von Rup. Rıcuter (1927) zusammengeschwemmte Wohnschläuche des Terebelliden-Wurmes Lanice, von Reınzck (1960) ein Spülsaum des Goldköcherwurmes Pectinaria koreni. Ein gutes Bild eines Lanice-Röhrengeflechts gibt nach einer Aufnahme von Georc WAGNER auch ©. Ageı 1935 (Abb. 399, S. 475). 3 Neben typischen, halbkugelig aus der Schicht-Unterseite herausragenden „Zapfen“ von 17 mm Durchmesser fanden sich hier auch gleichartig im Sandstein selbst endigende, ausgefüllte Vertikalröhren. 1961 LINCK, SPUREN NIEDERER TIERE IM STUBENSANDSTEIN Nr. 66 / 13 Übersetzt man die rezenten Geflechte ins Fossile, so ergibt sich eine völlige Übereinstimmung mit der fossilen Lebens-Spur Palaeophycus in der Fassung von Run. RıcHTer (wobei selbstverständlich in keiner Weise gemeint ist, daß es sich bei den fossilen Palaeophycus-Geflechten gerade um Lanice-Röhren usw. handelt). Palaeophycus im engeren Sinne ist vielmehr nur eine Erhaltungsform, die nicht mehr auszusagen veımag, als daß in dem Spurenträger oder in dessen Umgebung Sedimentbewohner gelebt haben, die Gänge oder Röhren unbekannter ursprünglicher Form gegraben oder gebaut haben. Palaeophycus dieses Sinnes ist ein sekundärer Spurentyp, der ökologisch kaum etwas aussagt und in die Öko-Kategorien A. SEILACHERS (1953) nicht eingereiht werden kann. Di. Palaeophycus, Kleine Form aus dem km 4 Mehrfach fanden sich im Mittleren Stubensandstein des Strombergs Sandstein- plättchen, die auf einer Seite eine dünne Schicht wirr verschlungener und sich über- kreuzender, 2 mm starker, glatter Wülste tragen (Taf. 1, Fig.3). Die Wülste sind keine Ausgüsse (Positive Reliefs) auf einer einstigen Schichtunterseite, sondern runde, zum Teil auch abgeplattete Vollformen, Füllungen ehemaliger Tunnel oder Röhren, die als „Geflecht“ ohne jedes Zwischensediment kreuz und quer übereinanderliegen. Die Auflagerung liegt durchaus flächenhaft ohne jede Verbindung auf dem Sand- steinplättchen. Mehrfach sind auch die bezeichnenden scheinbaren Verzweigungen an den Überkreuzungen zu beobachten. Eine spezifische Benennung dieses Palaeophycus-Geflechts kommt nicht in Frage. Um es von der unter D2 beschriebenen größeren Form zu unterscheiden, bezeichne ich die kleine Palaeophycus-Spur in offener Namengebung als „Palaeophycus Hall (sensu Rud. Richter), Kleine Form aus dem km 4 des Strombergs“. Das aus dem Mittleren Stubensandstein von Ochsenbach auf Taf. 1, Fig. 3, abgebildete Belegstück erhält in der Geologisch-Paläontologischen Abteilung des Staatlichen Museums für Naturkunde in Stuttgart die Nr. 19 689. Die von ©. Kunn (1937, Fig.5) abgebildete Spurenplatte aus der Acrodus-Bank des Gipskeupers vom Steigerwald dürfte dem Ochsenbacher „Kleinen Palaeophycus“ entsprechen. Es handelt sich auch dort nicht um Ausgüsse von „verzweigten Rinnen“ (positive Hyporeliefs), sondern um übereinanderliegende vollkörperliche Gangfüllun- gen, so daß die von O. Kunn vorgenommene Zuweisung zu Palaeophycus zu Recht bestehen würde. D2. Palaeophycus Hall (sensu Rud. Richter), Große Form aus dem km 4 Am Nordabhang des Strombergs fanden sich auf Markung Eibensbach im Hori- zont der unter C1 beschriebenen Vertikalröhren C'ylindricum grande n.sp. Blöcke einer lokalen feinkörnigen Sandsteinlinse, in die zwei Palaeophycus-Lagen einge- schoben sind. Taf.2, Fig.2, zeigt einen Ausschnitt der Schichtoberseite (?) eines größeren Blocks. Die Spurenlagen bestehen aus einem flachen Gewirr kreisrunder, zum Teil auch flach und kantig zusammengedrückter Tunnel- oder Röhrenfüllungen von ”—12 mm Durchmesser. An mehreren Stellen sind scheinbare Durchkreuzungen und Durchdringungen mit verschiedener Winkelung zu erkennen. Die beiden Spuren- schichten sind gleichmäßig 1 cm mächtig. Die obere liegt wieder flach und ohne jede Verbindung auf einem kieseligen, völlig spurenfreien Sandstein; auf diesen folgt die zweite Spurenlage von genau derselben Ausbildung wie die erste. Unter dieser liegt wieder ein spurenfreier Sandstein. Abb.2 gibt eine schematische Darstellung der großen Palaeophycus-Form aus dem Stubensandstein des Strombergs. Das Blockbild veranschaulicht vor allem die scharfe Abgrenzung der beiden Geflechtslagen P1 und P2 gegen die Sandsteinschichten Si und S2, ferner eine kleine Aufwölbung des Sandsteins S1 über der Geflechtslage P2; hier war offenbar das Geflecht etwas 14 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 66 höher aufgeschichtet. Ob das auf Taf. 2, Fig. 2, abgebildete Geflecht tatsächlich auf einer Schichtoberseite liegt, ist nicht sicher zu entscheiden. Ursprünglich müssen alle Geflechte natürlich einmal oben gelegen sein. Bei nicht orientierten Lesestücken aber können (entgegen einem Einwand von A. RıerH 1932, S. 38) die Geflechte des Palaeo- phycus-Typs heute auch auf einer Unterseite liegen; es kommt nur darauf an, wo getrennt wird. Abb. 2. Blockbild des großen Palaeophycus-Vorkommens im km 4 von Eibensbach mit den beiden scharf von dem spurenfreien Sandstein (S) getrennten Palaeophycus-Lagen (P). Das zweite Geflecht ist in der Mitte etwas höher aufgeschichtet. Der von E. Fraas (1910, Taf. III) beschriebene „Rankenstein“ aus dem Rät- quarzit von Lippe entspricht in Beschreibung und Bild vollkommen dem großen Spu- rengeflecht aus dem km 4 des Strombergs (wenn auch FrAAs seinen „Rankenstein“ noch als Spongien gedeutet hat). Wahrscheinlich gehört auch das von Rırra (1932, Taf.V, Fig.b) abgebildete, ähnliche jurassische „Geflecht“ eher zu der fossilen Lebens-Spur Palaeophycus statt zu den Hornschwämmen, wie RıETH vermutete (eine Deutung, die für das Stubensandstein-Geflecht von vornherein nicht in Frage kommt). Ein besonders interessantes Analogon hat Asrı in „Vorzeitliche Lebensspuren“ 1935, S. 474, abgebildet. Seine Fig. 398 zeigt die Aufsicht auf eine Spurenplatte des ober- silurischen Artrophycus alleghkaniensis (Harlan), auf der ausgefüllte Röhrenfragmente dieses Spurenfossils kreuz und quer übereinanderliegen. Agrı hat das Stück genauso gedeutet, wie es hier nach Rup. RıcHter für Palaeophycus im engeren Sinne ge- schah. Nimmt man den Röhrenfragmenten der Apeıschen Platte die für „Artrophycus“ bezeichnende Querskulptur weg, so sieht die Silur-Spurenplatte genauso aus wie der Palaeophycus Taf.2, Fig.2 (die Röhrenfragmente der Silurplatte sind etwas schär- fer erhalten). Artrophycus alleghaniensis (Harlan) ist aber bei ungestörter Erhal- tung, wie Apeıs Fig. 400 zeigt, ein typischer „Freßbau“ (A. SEILACHER), der aus verti- kal im Sediment dicht nebeneinanderstehenden, büschelförmig angeordneten skulpier- ten Röhren besteht. Der Ichno-Name Artrophycus alleghaniensis kann nur für diesen charakteristischen primären „Freßbau“ gelten. Die Spurenplatte mit den kreuz und quer auf der Schichtfläche liegenden Röhrenfragmenten zeigt aber die eigentlichen Merkmale des Freßbaus Artrophycus nicht; sie entspricht vielmehr dem Baustil „Palaeophycus“, wobei die bezeichnende Skulptur der Röhrenfragmente hier einmal ausnahmsweise verrät, von welcher primären Lebens-Spur die verschwemmten Frag- mente des sekundären Geflechts stammen. Bei den meisten Palaeophycus-Geflechten kann diese Frage nicht beantwortet werden. Das auf Taf.2, Fig. 2, abgebildete Palaeophycus-Geflecht aus dem Stubensand- stein des Strombergs stammt aber aus demselben Horizont, aus dem unter C1 die großen Vertikalröhren C'ylindricum grande n.sp. beschrieben worden sind. Die Röh- renfragmente der beiden Geflechtslagen des Blocks Taf.2, Fig.2, entsprechen mit ihren Durchmessern und ihrer runden Form so sehr den Füllungen der beschrie- 1961 LINCK, SPUREN NIEDERER TIERE IM STUBENSANDSTEIN Nr. 66 / 15 benen großen C'ylindricum-Röhren, daß die zwei Palaeophycus-Lagen wahrscheinlich aus losgelösten und zusammengeschwemmten Vertikalröhren des C'ylindricum grande n.sp. bestehen. Dazu müßte freilich, wie schon in Abschnitt C 1 vermutet wurde, die Wand der Vertikalröhren irgendwie verfestigt gewesen sein, so daß die sandgefüllten Röhrenschläuche transportiert werden konnten. Sicher ist die Frage nicht zu ent- scheiden, da sowohl den Röhrenfragmenten der Geflechte wie den Cylindricum- Schächten selbst Differentialmerkmale wie die Querskulptur des silurischen Artro- phycus fehlen. Auf jeden Fall aber müßte das Geflecht der auf Taf.2, Fig. 2, ab- gebildeten Spurenplatte bei Palaeophycus im engeren Sinne verbleiben. Eine spezifische Benennung der großen Palaeophycus-Spur aus dem Mittleren Stubensandstein von Eibensbach kommt nicht in Frage. Um sie aber von der in Ab- schnitt D1 beschriebenen kleinen Palaeophycus-Spur des km 4 (die sicher von einem anderen Erzeuger stammt) zu unterscheiden, bezeichne ich das auf Taf. 2, Fig. 2, ab- gebildete Geflecht vom Baustil Palaeophycus Hall im engeren Sinne als „Palaeophycus sp. Große Form aus dem km 4 des Strombergs“. Als Belegstück erhält die abgebildete Platte im Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart die Nr. 19690. Es wird für möglich gehalten, daß das große Palaeo- phycus-Geflecht aus Fragmenten des Cylindricum grande n.sp. besteht. Auswertung und Vergleich mit anderen Keuper-Ichnocoenosen Die Gesamtbetrachtung der beschriebenen, bis jetzt bekannten Spuren-Fauna der 4. Stufe des Mittleren Keupers, des württembergischen Stubensandsteins, und — so- weit es sich ermitteln ließ — seiner außerwürttembergischen Äquivalente ergibt zu- nächst, daß Lebens-Spuren von Evertebraten im wesentlichen auf die unteren Hori- zonte dieser Keuperstufe beschränkt sind und dabei Räume bevorzugen, in denen Wirbeltierreste besonders häufig sind (Stromberg). Stratinomisch liegen bis jetzt aus- schließlich „Innen-Spuren“, ökologisch gesehen „Freßbauten“ (Fodinichnia) und „Wohnbauten“ (Domichnia) vor. Es fehlen bis jetzt „Kriechspuren“ (Repichnia), „Ruhespuren“ (Cubichnia) und erst recht „Weidespuren“, die für bathyale Meeres- räume bezeichnend sind (Öko-Kategorien nach SeıLAcHer 1955). Die beschriebenen Innen-Spuren des km 4 verteilen sich zudem auf wenige einfache Formen (Gat- tungen), Freß- und Wandertunnel der Sammelgattung Planolites Nich. (sensu Rud. Richter), 3 Arten Stopftunnel der Gattung Taenidium Heer und 1 Wohnbau (Cylin- dricum Linck. Dazu kommen als nicht weiter auswertbare Sekundär-Spurenformen 2 Geflechte Palaeophycus Hall (sensu Rud. Richter). Die nach den SeıtAcHerschen Öko-Kategorien aufgegliederte Tabelle versucht, die beschriebene Spuren-Fauna des km 4 mit den bis jetzt bekannten Ichnocoenosen der anderen Stufen des Mittleren Keupers und des Räts zu vergleichen und zugleich einen ersten Katalog der bis jetzt bekannten Evertebraten-Spuren des Mittleren und Oberen Keupers zu geben. Die Zusammenstellung kann nur vorläufig und unvollkommen sein, weil bis jetzt nur die Evertebraten-Spurenfauna des Schilfsandsteins systematisch be- arbeitet worden ist (Linck 1948). Für die anderen Stufen des Mittelkeupers konnten neben eigener Kenntnis nur Einzelangaben der Literatur benützt werden; für die Spuren-Fauna des Räts wurde das reiche Material des Tübinger Instituts durch- gesehen. Streng genommen sind die Spalten der Tabelle auch schwer vergleichbar. Die meisten genannten Spuren fanden sich in den sandigen Sedimenten des Keupers; nicht etwa nur, weil die Erzeuger ausnahmslos Sandbewohner gewesen wären, son- dern weil sich erfahrungsgemäß in sandigen Sedimenten, insbesondere beim Wechsel von Sand- und Tonlagen, Lebens-Spuren am ehesten fossil erhalten. In den vielfältigen Mergelfolgen, Kalk- und Dolomitbänkchen des Mittleren Keupers waren die Be- 4 Neue, in der Veröffentlichung von 1948 noch nicht berücksichtigte Funde bereichern das Bild der Spuren-Fauna des Schilfsandsteins im nordwestlichen Württemberg. STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 66 16 '„opejg 12Foyfpgug“ 19p ur ypne upuun], uayordjnysyprsı yru uoumesnz saupıonan :T wy WI smuypıpodos] nZ 'gE6I "M Aa s 'ES6T "N "TIANHAy , '(Pelgy] UOA UfSISpugsussejg Wap sne „usıyoıusjosıqn] pun usındsıpanıy auglpS“) ZE6I "O 'NHANM 9 '8G6T ‘ESEL "V AEHOVIS ce 'TE6T "M Waaltad 7 '2E6T "O NHAN E 'gF6L "O NONIT z 'Zh6L "O SONIT ı (HPU19Y93) UP) :yaızyesnz (ds z sna«ydoanyo snodydoanyp snodyd en snoAydoanpq G 4 Pd 2 y I?d ENHAOSDIDE AIC] „paadsAuyoT 3 zaNLOY90O.AH 179 auau usEay snuyapnjnunT 96 „ds z snuyaıpnjnunT l „usındsapra y “ sapı1o1ydo.0) ı(dS2p101ydo.107) wnp.0902z1y 4 :umuymppMA1aF12IS uunjdnp ‘179 sumuynpmauuy „uomeqsjeIT“ wmpıuaD ], ‘ds & wmpıauan ] wmpıuaD ], 172 (wnmpıuoD L, san]oup]d sanjoun]d sanjoup]d sanunofig en „sonunofig sapjomuaıy am pam ssa11j091Ua. 7 uamequyoM unM.pundk) 9 FUunMıpund) zums1ıpund) wun9l.ipunk) E esnuysıpodısdjad eSONIDLLAISW & zSRUyoMEDS usındsayny“ & snuyoıpodos] e(isnuyoıpodos]) ısnuyoıpodos] „snuysıpodosy g 7snunpıpodos] ä EN 2odnay 11390 ERUBT ru Sau zdnay PIOMMN jr uißjl sıodnay usıoqo pun u91a]JıIlm S>P ıysısıaqn-usınds AAHIVIIAS Ypeu U9LIOZEYEN-OYQ 1961 LINCK, SPUREN NIEDERER TIERE IM STUBENSANDSTEIN Nr. 66 / 17 dingungen für die Bewahrung von Spuren von vornherein ungünstig. Die einzelnen Keuperstufen sind als ausgesprochene Zeitstufen zudem in sich uneinheitlich; so setzt sich die Stufe der Bunten Mergel, der km 3, in Württemberg aus verschiedenen Mer- geln, dolomitischen Bänkchen mit mariner Fauna und dem Kieselsandstein zusammen. Eine sinnvolle Aufteilung müßte diese Faziesbildung berücksichtigen; dazu reicht aber bis jetzt das Material nicht aus. Artnamen sind in der Übersicht weggelassen; außerwürttembergische Spurenvorkommen von Bedeutung wurden in Klammern ge- setzt. Eindringlich veranschaulicht die Tabelle zunächst, daß bis jetzt im km 4 (ohne den nicht weiter auswertbaren Palaeophycus im engeren Sinne) nur einfache Wohn- und Freßbauten gefunden wurden, während die kunstvolleren Wohnbauten Arenicolites und Biformites (Biformites insolitus Linck 1948), die im km 2 und Rät vertreten sind, fehlen, ebenso komplizierte ıhizocorallide Freßbauten, die mit Corophoides vielleicht im km 1 (Reunerr 1953/54) und unverkennbar im Schwäbischen Rät vertreten sind. Die von SEILACHER (1953) enträtselte „Kaffeebohnen-Spur“ Isopodichnus Bo:n.’ ist nach ©. Kunn (1937, Abb. 1) zusätzlich im fiänkischen Oberen Semionotensandstein (= Unterer Stubensandstein Württembergs) festgestellt worden; dies fällt auf, da dieser Ruhespur eines epipsammontischen Arthropoden wahrscheinlich ein ziemlich einheitlicher marin-brackischer Charakter zukommt (Linck 1942). Im württembergi- schen Raum ist /sopodichnus im km 4 noch nie beobachtet worden. Im übrigen sind gerade /sopodichnus und Cylindricum als die Charakter-Spurenfossilien des Mittleren Keupers anzusehen. Selbstverständlich ist es möglich, daß auch einmal im Stuben- sandstein Ruhespuren (etwa von Muscheln Pelycipodichnus Seilacher 1953) oder irgendwelche Kriechspuren (am ehesten wohl von Arthropoden, etwa Apuditen) ge- funden werden; sie dürften aber so selten bleiben, daß sie das von einfachen Wohn- und Freßbauten bestimmte Spuren-Spektium des km 4 nicht wesentlich ändern wür- den. Diese primitive Spuren-Fauna wird für den nach allen anderen Indizien zweifels- frei kontinentalen Bildungsraum des Stubensandsteins bezeichnend bleiben. Im ganzen spiegelt die vergleichende Zusammenstellung der Evertebraten-Spuren des Mittleren und Oberen Keupers das allmähliche Abklingen mariner und postmariner Bildungsverhältnisse bis zum km 4 und das Wiederaufleben vollmariner Bildungs- verhältnisse in der Raetzeit wider. Besondeıs bedeutsam ist dabei der von REHNELT (1953/54), allerdings mit einem Fragezeichen veröffentlichte Fund eines rhicoralliden Spreitenbaus „Ärenicoloides lunaeformis (Blanckenhorn) Kolesch“ im Benker Sand- stein des Bayreuther Gipskeupers. Die Abbildung von REuneLt zeigt „Hühner-Trap- pen“, wie sie ja auch die häufigste Erhaltungsform dieses heute als Corophioides be- zeichneten vertikalen Spreitenbaus im Buntsandstein ist; die Spreite selbst ist aller- dings an dem Stück aus dem Benker Sandstein nicht nachgewiesen. Aber wahrscheinlich handelt es sich um einen Spreitenbau des Typs Corophioides (auch bei den Buntsand- steinvorkommen sind die Spreiten nur selten nachweisbar). Bezeichnend ist im übrigen, daß sich die Spur gerade in einer Sandfazies des km 1 erhalten hat. Die durch ihre Spreiten bestimmten Freßbauten der Familie Rhizocorallidae sind sicher marin. Auch die Ichnocoenose des km 2 (Linck 1948) enthält noch marine Erinnerungen (z.B. Biformites), überhaupt spricht schon die Vielfalt und die Differenziertheit der dort beobachteten Spuren gegen eine rein kontinentale Bildung der Stufe. Die 3. Stufe des Mittelkeupeıs, die „Bunten Mergel Württembergs“, dürften wenigstens zeitweise noch postmarine Spurenfossilien führen, doch sind an Evertebraten-Spuren bis jetzt nur 5 SEILACHER hat 1953 (b) alle bilobaten Ruhespurcn vom „Kaffeebohnen-Typ“ dem Ichnogenus Cruziana d’Orbigny und der Art didyma Salter unterstellt; in ciner späteren Veröffentlichung hat er entsprechend das Ichnogenus Rusophycus Hall verwandt. Einem Vorschlag GıAzssners folgend, hat SEILACHER neuerdings (1960) wieder wenigstens alle durchweg kleineren triassischen Cruzianen bzw. Rusophycen von den größeren paläozoischen Cruzianen abgetrennt, um sie wieder unter dem alten Gattungsnamen /sopodichnus Bornemann zu führen. Es ist dies einfach zweckmäßig. 18 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 66 Cylindricum und Isopodichnus (Isopodichnus eutendorfensis Linck 1942) bekannt und beschrieben. Alle Spuren fanden sich in der Sandfazies der Stufe, dem württem- bergischen Kieselsandstein und seinem Äquivalent, dem fränkischen Blasensandstein, der auch verhältnismäßig viele Tetrapoden-Fährten enthält. Nach der primitiven, rein kontinentalen Spuren-Fauna des Stubensandsteins sind aus der 5. Stufe des Mittleren Keupers, den württembergischen Knollenmergeln, keine Evertebraten-Spuren bekannt (und auch kaum zu erwarten). Im Sandstein des schwäbischen Räts aber setzt eine reiche Spuren-Fauna mit differenzierten Formen, darunter einer größeren Art von Biformites, und rhizocoralliden Spreitenbauten wieder voll marin ein. Zusammenfassung Nach einem Überblick über die in der Literatur erwähnten fossilen Lebens-Spuren von Evertebraten der 4. Stufe des Mittelkeupers, des württembergischen Stubensand- steins, wurden die bis jetzt bekannten Spuren des km 4 beschrieben und ausgewertet. Neu benannt wurden dabei: 1 Art Cylindricum, C. grande n.sp., 2 Aıten Taenidium, T. crinoidiforme n.sp. und T. duplum n.sp.; in offener Namengebung wurden be- schrieben: 1 Art Taenidium, und an Sammeltypen Planolites im engeren Sinne und Palaeophycus im engeren Sinne (dieser mit 2 Formen). Die beschriebene Spurenfauna des Stubensandsteins wurde, aufgegliedert nach den Öko-Kategorien SEILACHERs, mit den Ichnocoenosen der anderen Stufen des Mit- telkeupers und des Räts verglichen. Die „primitive“ Spurengemeinschaft des km 4 wurde als charakteristisch für die kontinentalste Phase der Keuperbildung angesehen; die Evertebraten-Spuren des Stubensandsteins unterscheiden sich eben durch ihre Typenarmut und Einfachheit von den mehr oder weniger marin oder postmarin ge- prägten Ichnocoenosen der übrigen Stufen des Mittelkeupers und des Räts. 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Unterer Stubensandstein von Eibensbach im Stromberg. Staatliches Museum für Naturkunde in Stutt- gart Nr. 19 686. Fig. 2. Taenidium crinoidiforme n. sp. Mittlerer Stubensandstein von Cleebronn im Stromberg. Staat- liches Museum für Naturkunde in Stuttgart Nr. 19 687. Fig. 3. Palaeophycus sp. Kleine Form. Mitttlerer Stubensandstein von Ochsenbach im Stromberg. Staatliches Museum für Naturkunde in Stuttgart Nr. 19 689. Nr. 66 / 21 LINCK, SPUREN NIEDERER TIERE IM STUBENSANDSTEIN 1961 22 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 66 NTarel 2 Fig. 1. Taenidium sp. Kleine, büschelige Form. Mittlerer Stubensandstein von Ochsenbach im Stron- berg. Staatliches Museum für Naturkunde in Stuttgart Nr. 19 688. Fig. 2. Palaeophycus sp. Große Form. Mittlerer Stubensandstein von Eibensbach im Stromberg. Staat- liches Museum für Naturkunde in Stuttgart Nr. 19 690. Nr. 66 / 23 LINCK, SPUREN NIEDERER TIERE IM STUBENSANDSTEIN 1961 24 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 66 Tafel 3. Fig. 1. Taenidium duplum n.sp. auf einer Pseudosuchier-Fährtenplatte aus dem Stubensandstein von Feuerbach. Schichtunterseite, Ausschnitt; etwa 1:3. Geologisch-Paläontologisches Institut Tübingen Nr. 1 c 1124. 1961 LINCK, SPUREN NIEDERER TIERE IM STUBENSANDSTEIN Nr. 66 / 25 26 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 66 Tafel 4. Fig. 1. Cylindricum grande n. sp. Zapfen der Schichtunterseite. Mittlerer Stubensandstein von Ochsen- bach im Stromberg. 1:3. Fig. 2. Cylindricum grande n.sp. Zwei längere Zapfen der Schichtunterseite im Anstehenden. Mitt- lerer Stubensandstein von Ochsenbach im Stromberg. 1:3. 1961 LINCK, SPUREN NIEDERER TIERE IM STUBENSANDSTEIN Nr. 66 / 27 28 Nr. 66 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Tarel 5, Fig. 1. Cylindricum grande n.sp. Schichtoberseiten mit Röhrenquerschnitten. Mittlerer Stubensand- stein von Ochsenbach im Stromberg. 1:8. Fig. 2. Cylindricum grande n.sp. Verlängerungen der Vertikalröhren als „Obere Zapfen“ in die hangenden Mergel. Mittlerer Stubensandstein von Ochsenbach im Stromberg. 1:3. 1961 LINCK, SPUREN NIEDERER TIERE IM STUBENSANDSTEIN Nr. 66 / 29 LocH3 37 Stuttgarter Beiträge zur Naturkunde aus dem Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart Stuttgart 24. Oktober 1961 Nr. 67 Beitrag zur Cicadelliden-Fauna von Peru (Entomologische Ergebnisse der Stuttgarter Anden-Expedition 1957 — Nr. 1) Von Rauno Linnavuori, Finnland, und Friedrich Heller, Stuttgart Mit 7 Abbildungen Das hier vorliegende Material wurde in den Peruanischen Anden von der Stutt- garter Anden-Expedition 1957 für das Staatliche Museum für Naturkunde in Stutt- gart gesammelt. Die Expedition (Anden-Kundfahrt des Deutschen Alpenvereins, Sek- tion Schwaben) trug einen alpinistischen Charakter.‘ Herr Hauser, der Leiter der Expedition, und Herr Hunn, der neben seinen alpinistischen Funktionen das Insekten- sammeln mit übernahm, hatten zuvor noch nie Insekten gesammelt. Kurz vor ihrer Abreise blieben nur noch wenige Stunden, um sie darüber zu unterrichten. Eine pro- visorisch verfaßte, allgemeine Sammelanleitung diente ihnen als Leitfaden. Da in An- betracht dieser Umstände die mitgebrachte Ausbeute alle Erwartungen übertroffen hat, ist es uns eine angenehme Pflicht, Herrn Hauser und besonders Herrn Hunn für ihre Bemühungen herzlich zu danken. Von den hier beschriebenen 32 Arten sind 20 nova species; von den 12 bereits bekannten Tieren konnten 9 als neu für Peru nachgewiesen werden. Die Fundorte des Materials dieser Gruppe verteilen sich auf drei enger begrenzte Gebiete: 1. Peru, Hacienda Mascoitania, 10.-12. IX. 1957, Urwald, 2. Peru, Caras, 2200 m, 3. VI. 1957, 3. Peru, Quincemil, 27. VIII. 1957, Urwald. Die Typen befinden sich im Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart, einige Paratypen und Dubletten in der Collection LinnAvuorı, Raisio. Asalliinae Agallia bicornis.n.sp. 3,5 mm lang, äußerlich wie A. modesta Osb. et Ball. Genitalien: Seitenlappen des Pygophois (Abb. 1, Fig. 2) dreieckig, in eine scharfe, fast im rechten Winkel zur Mitte umgebogene Spitze endigend; am dorsalen Rande des Seitenlappens, nahe der Basis der Afterröhre, entspringt ein langer, nach oben und hinten gerichteter Fortsatz. Penis (Abb. 1, Fig. 1) S-förmig geschwungen, am Schaft wellige, feine Lamellen, die in lateraler Ansicht gut sichtbar sind. An der Penisspitze zwei klauenartige Apicalanhänge. Die anderen Genitalien wie bei A. modesta. Peru, Hda. Mascoitania, Urwald, 10.-12. IX. 1957, Typus 3, Allotypus ? und 4 Paratypen. — Agallia depleta Om. hat das Pygophor mit einem anderen dorsalen Anhang versehen, und der Penis ist einfach. Alle anderen Species der modesta-Gruppe besitzen ein unbewehrtes Pygophor. 1 Günter HAuser, „Ihr Herren Berge“, Stuttgart 1959. 2 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 67 Agalliota insularis Lv. Peru, Hda. Mascoitania, Urwald, 10.-12.1X. 1957, 1 3. Bisher bekannt von | Columbien, Trinidad und Brasilien. Die Species aus Peru ist etwas kräftiger als die typischen Vertreter der Art und anders gefärbt bzw. gezeichnet. Die mediane Figur auf dem Pronotum besteht nur aus einem einfachen braunen Strich. Die Genitalien sind wie die der typischen Species. Jassinae Batrachomorphus (Strangania) minusculus n.sp. 3,5 mm lang, Grundfärbung goldbraun. Gesicht in der Mitte und an den Seiten ein wenig bleicher. Pronotum mit einem grünlichen Anflug. Elytren durchsichtig, gold- bräunlich; der Scutellar- und Commissuralrand vom Clavus und der Apicalrand vom Corium schmal dunkelbraun angeraucht; mit Ausnahme des verbreiterten Apical- saumes sind die Elytren ziemlich dicht punktiert, und jeder Punkt trägt ein dunkles Börstchen. Beine dunkelgoldbraun, Schenkel in der basalen Hälfte bleich. Eine kleine, aber robuste Art; Körper 2,63mal so lang wie breit. Frontoclypeus bemerkenswert flach. Scheitel sehr kurz und breit, 9,67mal so breit wie lang. Pro- notum ebenfalls kurz und breit, 2,35mal so breit wie in der Mitte lang, mit einer dichten und relativ tiefen, quer nadelrissigen Struktur. Genitalien: Seitenlappen des Pygophors sehr kurz und breit, Hinterrand ge- stutzt bzw. fast gerade begrenzt und mit langen, dünnen Haaren, die nach oben ge- richtet sind, besetzt. Genitalplatten sehr schmal, reduziert. Griffel schlank (Abb. 1, Fig. 5), Apophysis relativ dick und gerade, endet in eine scharfe, hakenförmige Spitze, Abb. 1. Agallia bicornis n. sp.: 1. Penis lateral und Spitze ventral; 2. Seitenlappen des Pygophors. Batrachomorphus (Strangania) minusculus n. sp.: 3. Penis ventral; 4. Penis lateral; 5. Griffel. Calliscarta invitta (Nast): 6. Penis ventral; 7. Penis lateral. Calliscarta tartessoides n. sp.: 8. Seitenlappen des Pygophors; 9. Penis lateral; 10. Vorderkörper; 11. Griffel. Orig. Fr. HELLER 1961 LINNAVUORI UND HELLER, CICADEN AUS PERU Nr. 67/3 die im rechten Winkel zur Mitte gerichtet ist. Penis (Abb. 1, Fig. 3 und 4) in Lateral- ansicht dick, fingerähnlich gekrümmt, in Ventralansicht mit einem tiefen, apicalen " Spalt. Peru, Caras, 2200 m, 3. VI. 1957; Typus d. — ? unbekannt. Die Art ist leicht ı zu erkennen an der kleinen Gestalt. Von den zahlreichen Species dieser Gattung ist nur B. nigrifrons (Osb.) noch 3,5 mm lang, jedoch ganz anders gezeichnet bzw. ge- färbt. Neobaliinae Calliscarta invita (Nast) Peru, Hda. Mascoitania, Urwald, 10.-12. IX. 1957, 2 Exemplare. — Bisher nur von Ecuador bekannt. | Die Genitalien dieser Art stimmen gut mit der Originalbeschreibung (Nast, 1952, p.3) überein, nur hat der Penis (Abb. 1, Fig. 6 und 7) ein Paar sehr kleine seitliche Fortsätze. Da die Art nur auf Grund von einem Exemplar beschrieben worden ist, kann nicht entschieden werden, ob die peruanische Species eine geographische Sub- species darstellt oder ob es sich um die gleiche Art handelt. C. tartessoides n.sp. 9,5 mm lang, Grundfärbung bräunlichgelb. Gesicht hellgelb, am oberen Rande des ' Postelypeus eine hell-ockerfarbene, schmale, leicht gebogene Linie, die fast die Ocellen erreicht; eine kurze, gerade Linie von gleicher Farbe in der Mitte am Stirngipfel: ‚seitlich unter den Ocellen ein dunkelbrauner Fleck. Scheitel ebenfalls hellgelb, mit ‚einer ‚rötlich-ockerfarbenen Querbinde, die sich an den Seiten neben den Augen ‚etwas verbreitert. Pronotum am Vorderrand hellgelb, nach hinten unregelmäßig ‚dunkel-ockerfarben marmoriert. Scutellum matt, dunkel-ockerfarben. Elytren durch- \sichtig, an den Rändern und die dünnen Adern bräunlich; Costalrand mit einem läng- ‚lichen dunkelbraunen Anflug in der Mitte. Unterseite hellgelb, Beine bleich-ockergelb, ‚Hinterschienen in der Apicalhälfte an der glatten Innenseite dunkelbraun. | Kopf ein wenig breiter als das Pronotum (Abb. 1, Fig. 10), Gesicht beachtlich (flach. Scheitel stumpfwinkelig vorgezogen, von gleichmäßiger Länge, schwach längs- \gerunzelt. Pronotum mit stark angedeutetem Hinterrand; die Fläche schwach und ‚ unregelmäßig wellig. Elytren wie bei den anderen Arten der Gattung, am Ende weni- ger abgestumpft, am Spitzenrand 4 Apicalzellen. | Genitalien: Seitenlappen des Pygophors (Abb. 1, Fig.8) langgezogen, der apicale Teil ist daher lang zungenförmig; der Ventralrand stumpfwinkelig ausge- schnitten und stark chitinisiert, mit 2 spitzen Zähnen und einem seitlich gerundeten Lappen. Griffel (Abb. 1, Fig. 11) lang und schlank, Spitze stark verjüngt und seitlich ‚gekrümmt, mit einem subapicalen Zahn am Innenrande. Penis (Abb. 1, Fig. 9) ein- fach, fingerartig gekrümmt, flach; in lateraler Ansicht apical schräg begrenzt. 2 un- bekannt. Peru, Hda. Mascoitania, Urwald, 10.-12. IX. 1957; Typus d. Die Art ist leicht zu erkennen an dem herzförmigen Pronotum (wie bei der ‚orientalischen Gattung Tartessus) und an den einfarbigen Elytren. Xestocephalinae ‚Xestocephalus desertorum (Berg) | Peru, Hda. Mascoitania, Urwald, 10.-12. 1X. 1957; 13 Exemplare. Peru, Caras, 2200 m, 3. V1.1957; 1 Exemplar. — Aus Peru bisher nicht bekannt. Eine häufige Art mit einer weiten Verbreitung in der nearktischen und neotropischen Faunenregion. EX. ancorifer |y. | Peru, Hda. Mascoitania, Urwald, 10.-12.1X.1957; 1 Exemplar. — Bisher nur ‚von Columbien, Paraguay und Bolivien bekannt. | | | 4 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE ; Nr. 67 Euseelinae Tribus Neoeoelidiini Coelidiana (Stenocoelidia) flavida n.sp. 7 mm lang, Grundfärbung einheitlich gelb, Unterseite und Beine blasser. Relativ robuste Art. Der Kopf schmäler als das Pronotum (Abb. 2, Fig. 1). Scheitel stumpf- winkelig vorgezogen, von nahezu gleichmäßiger Länge; Vorderrand mit angedeutetem Querkiel. Abb. 2. Fig. 1-5. Coelidiana (Stenocoelidia) flavida n. sp.: 1. Vorderkörper; 2. Seitenlappen des Pygophors; 3. Penis ventral; 4. Penis lateral; 5. Griffel. Fig. 6-10. Coelidiana (Coelidiana) rotundiceps n. sp.: 6. Vorderkörper; 7 Seitenlappen des Pygophors; 8. Griffel; 9. Penis lateral; 10. Penis ventral. Fig. 11—12. Bonamus amabilis n. sp.: 11. Gesamthabitus; 12. Abdomenende 9; Orig. Fr. HELLER Genitalien: Seitenlappen des Pygophors (Abb. 2, Fig. 2) breit, hintere untere Ecke mit scharfer, kurzer Spitze, hinter dieser am Ventralrand eine Ausbuchtung. Der Apicalrand mit kurzen Haaren. Genitalplatten lang und schmal, nach hinten ziemlich zugespitzt, im apicalen Teil kurze Börstchen. Die Platten sind miteinander nicht verwachsen. Griffel (Abb. 2, Fig. 5) verlängert, Apophysis in eine leicht geschwun- gene Spitze endend, Praeapicalecke völlig abgerundet. Penis (Abb. 2, Fig. 3 und 4) mit einem lanzettlichen, scharf zugespitzten Ventralanhang; Schaft kurz und kräftig, auf dem dorsalen Teil des Sockels aufsitzend. Spitze spatelartig transvers verbrei- tert, mit einem kurzen, spitzen Fortsatz, der ventral gerichtet ist. ? unbekannt. Peru, Hda. Mascoitania, Urwald, 10.-12. IX. 1957; Typus 4. C. (Coelidiana) rotundiceps n.sp. 7 mm lang, Grundfarbe hellgelb mit schwarzen Punkten und Flecken. Scheitel (Abb. 2, Fig. 6) am Vorderrande mit 2 runden Punkten, hinter diesen ein dunkel- gelber bis oranger Anflug. Pronotum in der vorderen Hälfte bleich, in den hinteren Seitenecken je ein größerer schwarzer Punkt, der vom Hinterrand meist schräg be- grenzt wird. Vordere Hälfte des Scutellums ebenfalls blaß, ohne Zeichnung. Elytren 1961 LINNAVUORI UND HELLER, CICADEN AUS PERU Nr. 67 /5 durchsichtig, gelblich, Schlußrand im Clavus (an der Scutellumspitze) leicht ange- raucht: die Clavaladern am Schlußrand mit schwarzen Flecken; auf der discalen Fläche des Coriums ein großer ıunder Fleck. (Der Typus trägt auf der linken Flügeldecke hinter diesem großen ıunden Fleck noch einen kleinen.) Beine grünlichgelb, an den Schenkeln bleicher. Kopf schmäler als das Pronotum. Scheitel von fast gleichmäßiger Länge, flach, Scheitelrand ohne Kiel. Genitalien: Seitenlappen des Pygophors (Abb. 2, Fig.7) kurz und hinten gestutzt; hintere obere Ecke hervortretend, hintere untere Ecke tıägt einen langen, scharfspitzigen Anhang, der zur Mitte gerichtet ist. Ungefähr 10 lange Borsten be- finden sich auf der Fläche in der hinteren oberen Ecke. Genitalplatten lang und schmal, nicht miteinander verwachsen; am Außenrande stehen einreihig 8&—9 lange Borsten. Apophysis des Griffels (Abb. 2, Fig. 8) kurz, fingerähnlich, die Praeapical- ecke abgeiundet. Connectiv ziemlich kurz. Penis (Abb. 2, Fig.9 und 10) einfach, Schaft mit sägeartiger Lamelle an jeder Seite; Gonopore apical. ? unbekannt. Peru, Hda. Mascoitania, Uiwald, 10.-12. 1X. 1957; Typus d und 2 Paratypen. — Die neue Art scheint mit C. spina De L. verwandt zu sein, unterscheidet sich aber durch den kurzen Scheitel und andere Zeichnung. Tribus Hecalini Bonamus (?) amabilis n.sp. 4,7 mm lang, Grundfärbung strohgelb mit dunkelbrauner Zeichnung längs der Adern und besonders in den Enden der Zellen (Abb. 2, Fig. 11). Gesicht gleichmäßig hell-ockerfarben, Stirngipfel blasser. Scheitel strohgelb, am Gipfel ein deutlicher dunkelbrauner Fleck, von wo aus nach beiden Seiten gegen die Augen eine zweimal unterbrochene, feine, dunkelbraune Lin:e zieht. Auf der Fläche des Scheitels 3 hell- orange Längsbinden, die mittlere ganz und die beiden seitlichen nur am Hinterrand kräftig gefärbt. Diese Binden setzen sich über das Pronotum und über das Scutellum fort. Die Seitenecken des Pronotums ebenfalls schmal o:ange gefleckt. Elytren durch- scheinend gelblich, Adern weißlich, fein dunkelbraun gesäumt. Die Enden der Claval- zellen und besondeis die der langen Discalzelle kräftiger dunkelbraun; in letzterer, vom Cubitus ausstrahlend, 5—6 weißliche Queraderansätze, zwischen denen braune Punkte stehen. Somit erscheint der Cubitus an dieser Stelle verbreitert und kräftig punktiert. Schlank und graziös. Kopf so breit wie das Pronotum. Gesicht schwach konvex. Scheitel stumpf abgerundet vorgezogen, 1,5mal so breit wie lang, in der Mitte fast doppelt so lang wie neben den Augen; Vorderrand schmal und fein querrunzelig, die übrige Fläche glatt. Elytren kürzer als das Abdomen; ein Drittel der Legeröhrenscheide sichtbar. Bedornung der vorderen Tibien 1 + 4. 7. Sternit (2) (Abb. 2, Fig. 12) mit breitem, vorgezogenem Mittellappen; Legeröhrenscheide sehr lang und schlank, sie überragt weit das Pygophor. Peru, Hda. Mascoitania, Urwald, 10.-12. IX. 1957; Typus 2. — Gesamtposition etwas unsicher, bis Männchen gefunden sind. Tribus Scaphytopiini Scaphytopius (Convelinus) schuezi.n.sp. 4,5 mm lang, in der Gesamterscheinung fast wie S. saginatus Lv., in der Färbung der Oberseite jedoch mit einem Anflug von orangebräunlich und die Elytren mehr blaßgrau. Scheitel 1,29mal so lang wie an der Basis breit, 2,57mal so lang in der Mitte wie an der Seite neben den Augen. Genitalien: Seitenlappen des Pygophors (Abb.3, Fig. 1) kurz und breit, apical stumpf gerundet; der Hinterrand ist mit einem zur Mitte umgebogenen, stärker chitinisierten Lappen versehen, der in eine hakenförmige Spitze ausläuft. Genitalplatten 6 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 67 (Abb. 3, Fig. 2) dreieckig, verlängert, auf der Mitte der Fläche der apicalen Hälfte erheben sich 3 kräftige Borsten, der Apicalrand ist mit kurzen, feinen Härchen be- setzt. Griffel (Abb. 3, Fig. 3) mit Apophysis kurz und verhältnismäßig breit. Penis (Abb. 3, Fig. 4 und 5) lang und schlank, ziemlich gerade, scharfspitzig; ein Paar lange, basal gerichtete Apicalanhänge, von denen der linke einen kurzen Zahn im basalen Drittel trägt. Peru, Caras, 2200 m, 3. V1. 1957; Typus d. Zi N FE Abb. 3. Fig. 1—5. Scaphytopius (Convelinus) schuezi n. sp.: 1. Pygophor mit Afterröhre; 2. Genitalplatten; 3. Griffel; 4. Penis lateral; 5. Penis ventral. Fig. 6—10. Scaphytopius (Convelinus) expansus n. sp.: 6. Penis lateral; 7. Penis ventral; 8. Genitalplatten; 9. Seitenlappen des Pygophors; 10. Griffel. Fig. 11—14. Scaphytopius (Cloanthanus) carasensis n. sp.: 11. Penis ventral; i2. Penis lateral; 13. Genitalplatte; 14. Griffel. Orig. Fr. HELLER Die Art wurde Herrn Professor Dr. E. Schüz, dem Direktor des Staatlichen Museums für Naturkunde in Stuttgart, der durch großes Entgegenkommen und viel Verständnis diese Arbeiten fördert, zum 60. Geburtstag gewidmet. S. (Convelinus) expansus n.sp. Äußerlich S. schuezi sehr ähnlich, aber durch ganz andere Genitalien leicht von dieser zu trennen. Die Seitenlappen des Pygophors (Abb. 3, Fig. 9) mit einer breiten und langen Spitze an der hinteren unteren Ecke. Die Genitalplatten (Abb. 3, Fig. 8) mit mehreren (6) kurzen und kräftigen Borsten entlang dem Außenrande. Griffel mit Apophysis (Abb. 3, Fig. 10) schlank, fast gerade, pfriemenartig und nur die Spitze ein wenig verbreitert und schräg gestutzt. Penis (Abb. 3, Fig. 6 und 7) kurz und kräftig, apical verbreitert, Apex mit 3 kurzen Fortsätzen, die Seiten des verbreiterten apicalen Teils mit einer sägeartigen Lamelle versehen. 2 unbekannt. Peru, Hda. Mascoitania, Urwald, 10.-12.1X.1957; Typus 3. S. (Cloanthanus) carasensis n.sp. 4,50-—-4,75 mm lang. Gesicht graugelb, sehr fein braun gesprenkelt; die obere Partie vom Frontoclypeus mit 2 weißlichen Querbändern, die fein dunkelbraun ge- 1961 LINNAVUORI UND HELLER, CICADEN AUS PERU Nr. 67/7 säumt sind. Scheitel mit einem länglichen, orange bis rötlichbraunen Fleck auf jeder Seite der Coronalnaht und mit einem braunen, unregelmäßigen Apicalfleck. Pronotum fein, braun marmoriert, mit einer Ändeutung von 4 Längsstreifen. Scutellum un- regelmäßig orange und braun gefleckt; basal die Seitenecken und auch die Spitze mehr orange. Elytren bräunlichgelb, dicht und unregelmäßig dunkelbraun marmoriert mit zahlreichen milchigen, ocellenähnlichen Flecken und Punkten; Costalrand mit ungefähr 9 schräg nach hinten gerichteten, dunklen Adern. Scheitel 1,5mal so lang wie breit, 2,14mal so lang in der Mitte wie neben den Augen. Genitalien: Seitenlappen des Pygophors ohne Fortsatz. Genitalplatten (Abb. 3, Fig. 13) kurz und breit, apical stumpf gerundet; große Dornen fehlen, aber eine Gruppe von feinen, steifen Haaren befindet sich am Apicalrande. Griffel mit Apophysis (Abb. 3, Fig. 14) gestutzt, apical einem Fuß ähnlich. Penis (Abb. 3, Fig. 11 und 12) kurz, lamellenartig flach, in lateraler Ansicht hakenförmig, mit 2 dorsal ge- richteten, spitzen Anhängen apical; Pseudogriffel lang und schlank, geweihartig, je durch ein stark chitinisiertes Band mit dem Penissockel verbunden. ? unbekannt. Peru, Caras, 2200 m, 3. V1. 1957; Typus 3 und 2 Paratypen. Tribus Euscelini Amplicephalus (Endria) lepidellus (Stäl) 5 3,2 mm lang, äußerlich wie das $ (Lınnavuorı 1959, p. 100), aber schlanker. Vorderrand des Scheitels mit 4 kleinen dunklen Punkten, dahinter auf gelbem Unter- grund ein bräunlicher Querschatten. Pronotum voll braun, mit 5 schmalen, weißlichen Längslinien. Abb. 4. Fig. 13. Amplicephalus (Endria) lepidellus (Stäl): 1. Genitalplatten mit Griffel; 2. Penis lateral; 3. Penis dorsal. Fig. 4-6. Bahita (Exobahita) pasoensis n. sp.: 4. Penis lateral; 5. Penis vcntral; 6. Pygopkor mit Afterröhre. Fig. 7—9. Parabahita falcata n. sp.: 7. Pcnis lateral; 8. Penis ventral; 9. Seitenlappen dcs Pygophors und Afterröhre. Orig. Fr. HELLER 8 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE i Nr. 67 Genitalien: Genitalplatten (Abb.4, Fig.1) spitz dreieckig mit stark ange- deuteten Seitenrändeın und schuppiger Struktur auf der Fläche. Griffel mit Apo- physis ziemlich kurz, Praeapicalecke deutlich stumpf. Penis (Abb. 4, Fig. 2 und 3) leicht dorsal gebogen, subapical etwas verbreitert mit einem Paar hakenförmigen, nach oben und vorn gekrümmten Zähnen. Peru, Caras, 2200 m, 3. V1.1957; 1 8. — Bisher nur von Brasilien bekannt. Mangels dd wurde die Art bisher in die Untergattung Nanctasus Lv. (op. cit.) ge- stellt. Die Genitalstruktur des Männchens weist jedoch eine klare Verwandtschaft zu der Untergattung Endria auf. Graminella striatella Lv. Peru, Caras, 2200 m, 3. V1. 1957; 1 2. — Die Art ist in Südamerika weit ver- breitet, von Peru jedoch noch nicht gemeldet. Unerus (Mattogrossus) colonoides Lv. Peru, Quincemil, Urwald, 27. VIll. 1957; 1 ö. — Bisher nur von Brasilien und Bolivien bekannt. Deltocephalus (Planicephalus) flavicosta Stäl Peru, Caras, 2200 m, 3. V1.1957; 1 8. — Eine häufige Art von Nord- und Südamerika, aus Peru aber bisher noch nicht gemeldet. Bahita (Exobahita) pasoensis n.sp. 5 mm lang, Grundfarbe graugelb mit kräftiger, dunkelbrauner Zeichnung. Gesicht in der unteren Partie des Anteclypeus und der Zügel schwarzbraun. Frontoclypeus ebenso, in der oberen Hälfte einige Querlinien. Fühlergruben breit schwarz. Scheitel am Vorderrand mit einer tiefschwarzen, in der Mitte verbreiterten und unterbroche- nen Querbinde. Auf der Fläche des Scheitels 2 große, dunkelbraune, dreieckige Flecken, die sehr fein hell punktiert und in der Mitte des Scheitels miteinander ver- bunden sind. Von den Seitenecken dieser Dreiecke ziehen unregelmäßige, braune Streifen schräg nach hinten in die Augenwinkel. Am Hinterrand des Scheitels, den Augen genähert, 2 deutlich alleinstehende, braune Punkte. Pronotum sehr unregel- mäßig dunkelbraun gefleckt. Scutellum an den vorderen Seitenecken, an den Seiten- rändern in der Mitte und an der Spitze hellgelb, auf der Fläche mit unregelmäßigen, dunklen Schatten. Elytren graugelb, Adern dick und schwärzlich, Zellen mit länglichen, dunkelbraunen Schatten; 5 schwärzliche Äderchen in der 5. Apicalzelle, die Brachial- zelle mit transversen dunklen Scheinadern. Clavaladern durch besonders auffallende, dunkle Queradern verbunden. Unterseite und Beine schwärzlich, Vordertibien bleich. Robuste Art. Scheitel von fast gleichmäßiger Länge, 2,2mal so breit wie lang, Vor- derrand mit sehr feiner Struktur und deutlich aufgewölbt. Genitalien: Seitenlappen des Pygophors (Abb. 4, Fig. 6) dreieckig, in einen fast geraden, an der Spitze etwas abgeflachten und mit feinen Zähnchen besetzten Fortsatz endend, der nach hinten oben gerichtet ist. Apophysis des Griffels fast wie bei B. quimilica Lv., aber gerade. Penis (Abb. 4, Fig. 4 und 5) kurz und kräftig, die Unterseite der Länge nach eingekerbt, mit 2 ziemlich kurzen, seitlich gerichteten Apical- anhängen. ? unbekannt. Paraguay, Paso Yobayi, 3. XI. 1951; Typus 6. Ähnlich wie B.clypeata(Osb.),aber robuster und der Penis mit nur einem Paar An- hängen. — Diese Art gehört nicht zur Ausbeute der Anden-Expedition. Sie wurde auf dem Tauschwege mit anderem Material von Fr. HELLER für das Staatliche Museum für Naturkunde in Stuttgart erworben. 1961 LINNAVUORI UND HELLER, CICADEN AUS PERU Nr. 67/9 Parabahita falcata n.sp. 6 mm lang, äußerlich wie P. vezenyi Lv. Genitalien: Seitenlappen des Pygophors (Abb. 4, Fig.9) mit einem langen, sichelförmigen Anhang, der fast im rechten Winkel nach oben gebogen ist. Penis (Abb. 4, Fig. 7 und 8) wie bei P. yungasensis Lv., aber der Schaft stärker dorsal ge- krümmt. Die anderen Genitalmerkmale wie gewöhnlich. Peru, Hda. Mascoitania, Urwald, 10.-12. IX. 1957; Typus 6. Beziehungen zu anderen Arten: P. yunganensis Lv. hat die Anhänge des Pygo- phors viel kürzer, Apophysis des Griffels lang und ziemlich gerade und der Penis weniger dorsal gekrümmt. P. palmirensis Lv. hat ein ähnliches Pygophor, die Anhänge sind jedoch etwas dicker. Penis länger und andeıs gekrümmt, der apicale Teil bildet mit dem geraden, basalen Teil fast ein Rechteck. Taberinha bifurcata In. Peru, Hda. Mascoitania, Urwald, 10.-12. IX. 1957; 1 8. — Die Art war bisher nur von Brasilien und Bolivien bekannt. Yungasia serrata n.sp. 4,5 mm lang, äußerlich wie Y. digitata Lv., aber merklich schmäler und schlanker. Genitalien: Seitenlappen des Pygophors (Abb.5, Fig. 1) apical gleichmäßig abgerundet, Ventralrand mit einem scharfspitzigen Anhang, der einen subapicalen Zahn im medianen Rand trägt. Genitalplatten und Griffel ähnlich wie bei Y. digitata Lv. Penis (Abb.5, Fig.2 und 3) mit fingerähnlichem Schaft, der an den Seitenrändern dicht und grob mit Zähnen besetzt ist. ? unbekannt. Peru, Caras, 2200 m, 3. V1. 1957; Typus 6. Abb. 5. Fig. 1-3. Yungasia serrata n. sp.: 1. Seitenlappen des Pygophors und Afterröhre; 2. Penis ventral; 3. Penis lateral. Fig. 4-6. Yungasia ornata n. sp.: 4. Seitenlappen des Pygophors und Afterröhre; 5. Penis ventral; 6. Penis lateral. Fig. 7—9. Osbornellus vieinus n. sp.: 7. Penis lateral; 8. Penis dorsal; 9. @ 7. Sternit. Orig. Fr. HELLER 10 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 67 Y. ornatan.sp. 5,5 mm lang, Grundfärbung bleich graugelb. Frontoclypeus angeraucht, mit dem Rest eines hellen Mittelstreifens und ein paar hellen Seitenbogen. Fühlergruben, die Nähte vom Anteclypeus und die der Zügel dunkelbraun. Scheitel mit 4 kleinen dunklen Punkten am Vorderrand; am Hinterrand mit 2 großen, fast viereckigen, schwarzen Flecken, die auf der Fläche des Scheitels mit einer ockerfarbenen Querbinde verbunden sind. Pronotum unregelmäßig dunkelbraun gesprenkelt, am Hinterrand heller. Scutum gelblich mit braunen Seitenecken, diese sind dunkelbraun umrahmt. Elytren mit milchig- weißlichgrauer Grundfarbe; Clavus im apicalen Teil gelbbräunlich, in der Mitte fein dunkelbraun gesprenkelt und im basalen Teil von der Grundfarbe mit ockerfarbenen Adern; in der Mitte des Coriums, über der inneren und äußeren Discalzelle, ein großer, schwarzer Fleck. Am Costalrand in der basalen Hälfte 4-6 kleine, schwarze Flecken (Scheinadern), in der apicalen Hälfte 2 größere, die durch dunkle Queradern mit der äußeren Subapicalzelle verbunden sind. Die innere Subapicalzelle unregelmäßig, dunkelbraun gesprenkelt, im apicalen Teil mit heller Ocelle. Die dritte Apicalzelle dunkelbraun mit lichten Stellen. Besonders die Brachialzelle mit zahlreichen, dunklen Queradern. Unterseite orangegelblich, Segmentränder dunkelbraun. Beine bleich; Schenkel mit zwei dunklen Ringen; die hellen Borsten an den Schienen entspringen aus dunklen Punkten. Verhältnismäßig schlanke Art. Scheitel von fast gleichmäßiger Länge mit leicht erhöhter Frontalregion. Genitalien: Seitenlappen des Pygophors (Abb.5, Fig. 4) mit 3 großen, stark chitinisierten Zähnen. Seitenrand der Genitalplatten stark angedeutet und in eine schmale, schwach chitinisierte Spitze endend. Griffel wie bei anderen Arten der Gat- tung. Penis (Abb. 5, Fig. 5 und 6) kurz, abgeflacht, apical mit 2 breiten Lamellen; Unterseite vom Schaft mit schmalen, unregelmäßig gezähnten Lamellen an jeder Seite. Q unbekannt. Peru, Hda. Mascoitania, Urwald, 10.-12.1IX.1957; Typus ö© und 3 Paratypen. Osbornellus vicinus n.sp. 5 mm lang, äußerlich wie O. hyalinus (Osb.). Genitalien: Seitenlappen des Pygophors spitz dreieckig, in der apicalen Hälfte mit zahlreichen langen Borsten besetzt, aber ohne einen apicalen Anhang. Penis (Abb. 5, Fig. 7 und 8) mit Schaft relativ schwach, stark nach oben gebogen, Spitze verbreitert, mit kleiner Lamelle. Anhänge scharfspitzig, fast doppelt so lang wie der Penis; in dorsaler Ansicht gabelförmig, mit stark chitinisierten Innenrändern; an der Basis miteinander verwachsen. Das Weibchen äußerlich wie das Männchen. Das 7. Sternit (2?) (Abb. 5, Fig. 9) in der Mitte breit vorgezogen und gerundet. Peru, Hda. Mascoitania, Urwald, 10.-12. 1X. 1957; Typus ö, Allotypus 2 und eine Paratype. Beziehungen zu anderen Arten: O. hyalinus (Osb.) hat in der Mitte der Penis- anhänge dreieckige, seitliche Ausdehnungen. Bei O. respublicanus (Berg) sind die Penisanhänge kürzer als der Schaft. Bei O. compressus Lv. und O. affinis (Osb.) ist die Penisspitze apical nicht verbreitert. O. spiniloba n.sp. 3,95—6 mm lang, äußerlich wie O. hyalinus (Osb.). Genitalien: Seitenlappen des Pygophors schmal dreieckig, in eine stumpf- winkelige, fast im rechten Winkel nach innen gebogene, scharfe Spitze endend. Penis (Abb. 6, Fig. 1 und 2) mit Schaft kurz, im subapicalen Teil stark gebogen und ver- jüngt; nach der Verjüngung abgeflacht und in 2 dreieckige Seitenlappen auslaufend. Die äußerste Spitze zurückgebogen. In Ventralansicht gleicht das Penisende einer 1961 LINNAVUORI UND HELLER, CICADEN AUS PERU Nr. 67 / 11 Pfeilspitze. Die basalen Anhänge dick und lang, lateral gesehen ziemlich gerade, in Ventralansicht V-förmig divergierend, gegen die Spitzen leicht geschwungen. Der Außenrand der Anhänge fein gezähnt, der Innenrand stärker chitinisiert. $: 7. Sternit (Abb. 6, Fig. 3) in der Mitte vorgezogen und mit flacher Einkerbung. Peru, Hda. Mascoitania, Urwald, 10.-12. 1X. 1957; Typus ö, Allotypus ? und 2 Paratypen. — Die Art ist an der dornigen Spitze des Pygophors leicht erkennbar. Abb. 6. Fig. 13. Osbornellus spiniloba n. sp.: 1. Penis lateral; 2. Penis dorsal; 3. 2 7. Sternit. Fig. 4-6. Brazosa caesarea n. sp.: 4. Penis lateral und Penisspitze (vergr.) ventral; 5. Griffel und Griffelspitze (vergr.); 6. Seitenlappen des Pygophors mit Afterröhre. Fig. 7—9. Brasilanus (Mascoitanus) lateralis n. sp.: 7. Penis lateral; 8. Penis ventral; 9. Genitalplatten und Griffel. Orig. Fr. HELLER Andanus bimaculatus Lv. Peru, Quincemil, Urwald, 27. VI11.1957; 13 Exemplare. — Eine Art der Anden. Brazosa caesarean.sp. 7,2 mm lang, olivgelb mit deutlicher oranger Zeichnung. Orange sind: In der Ocellarregion und auf dem Scheitel über den Ocellen je 2 Flecken, 4 Flecken auf dem Pronotum — die mittleren davon größer und nierenförmig —, 3 auf dem Scutel- lum; ein geschwungener Längsstreifen im Clavus und ein gerader in der Brachialzelle im Corium. Die Seitenecken des Scutellums vorn schwarz. Unterseite gelb, Beine blaß, Schienen und Tarsen ockerfarben. Robust, Scheitel von gleichmäßiger Länge, zum Gesicht vorn abgerundet. Genitalien: Seitenlappen des Pygophors (Abb.6, Fig.6) dreieckig, Apex am Ventralrand mit einer rostbraunen, scharfen und unregelmäßig gezähnten Lamelle. Afterrohr lang und zylindrisch, überragt ein wenig das Ende des Pygophors. Genital- platten sehr lang und schmal, parallelseitig, im basalen Teil miteinander und mit der Genitalklappe verwachsen. Apophysis des Griffels (Abb. 6, Fig. 5) sehr lang, mit hakenförmiger Spitze. Penis (Abb. 6, Fig. 4) lang und schlank, fast gleichmäßig ge- krümmt, apical kaum verbreitert. ? unbekannt. Peru, Hda. Mascoitania, Urwald, 10.-12. IX. 1957; Typus 6. 12 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 67 Copididonus vittulatus (Berg) Peru, Hda. Mascoitania, Urwald, 10.-12. IX. 1957; 2 Exemplare. Brasilanus subgen. Mascoitanus n.subgen. Die neue Untergattung unterscheidet sich von Brasilanus s. str. wie folgt: 1. Körper kürzer und breiter, mehr zusammengedrückt bzw. abgeflacht; 2. Kopf mit Scheitel weniger schräg nach vorn geneigt; 3. Afterröhre häutig und 4. Genitalklappe und Genitalplatten ganz miteinander verwachsen, ohne Borsten. Typus: B. (Mascoi- tanus) lateralis n. sp. B. (Mascoitanus) lateralis n.sp. 5 mm lang, schmutzig olivgrünlich, Oberseite mit bräunlichem Anflug. Elytren durchsichtig, bräunlicholiv; der Costalrand schwach gelblich und fein dunkelbraun ge- säumt: Clavusspitze fein angeraucht. Körper 3,1mal so lang wie breit. Kopf breiter als das Pronotum; Scheitel von fast gleichmäßiger Länge, 3,8mal so breit wie lang, Vorderrand zum Gesicht gerundet, aber nicht so stark wie bei B. flagellaris Lv. Genitalien: Pygophor kurz und breit, konisch, mit einem dorsalen Ausschnitt hinter der Analröhre, die Seiten dieses Ausschnittes dunkelbraun gefärbt. Seiten- lappen des Pygophors breit dreieckig, mit zahlreichen Bo:sten; Dorsalrand mit einem klauenähnlichen Anhang, der nach hinten und zur Mitte gerichtet ist; Ventralrand mit einem breiten, zungenförmigen, chitinisierten Fortsatz, der an der Innenseite mit dem Seitenlappen verwachsen und zur Mitte gerichtet ist. Valve und Genitalplatten (Abb. 6, Fig. 9) völlig miteinander verwachsen; Lateralrand der letztgenannten auf- fallend angedeutet, Apex gestutzt, große Borsten fehlen, aber der Lateralrand ist apical mit kurzen steifen Haaren versehen. Apophysis des Griftels schlank, finger- ähnlich; Praeapicalecke stumpfwinkelig. Connectiv schlank, die beiden Arme nahe bei- einanderliegend. Penis (Abb. 6, Fig. 7 und 8) symmetrisch, mit einem langen, sichel- förmigen basalen Anhang; Schaft S-förmig geschwungen, in der Mitte mit einer Gruppe von 5 nach oben gerichteten Anhängen und mit einem Paar klauenähnlichen, subapicalen Fortsätzen an der Seite, die in ventraler Ansicht deutlich sichtbar werden. Q unbekannt. Peru, Hda. Mascoitania, Urwald, 10.-12.1X.1957; Typus ö und 2 Paratypen. Bandaromimus parvicaudan.sp. 5,5 mm lang, wie B. fulvopictus Lv., aber auf dem Gesicht sehr spärlich dunkel gezeichnet und die Beine ungefleckt. Genitalien: Pygophor relativ kurz, Seitenlappen breit, apical schräg gestutzt, mit einer Gruppe von großen Borsten im dorsalen Teil. Die Afterröhre erreicht fast die Spitze des Pygophors, die dorsale Fläche völlig häutig, die Seiten etwas chitini- siert. Genitalplatten (Abb. 7, Fig. 1) lang, schmal dreieckig, die Spitzen nicht seit- wärts gedreht; kräftige Borsten und sehr lange, dünne Haare befinden sich zahlreich an den Seitenrändern und auf der Fläche der Ventralseite in der apicalen Hälfte. Apophysis des Griffels lang und dünn, gleichmäßig gekrümmt, ähnlich wie bei B. fulvo- pietus Lv. Penis (Abb. 7, Fig. 2 und 3) verhältnismäßig kurz und stark, nach oben gebogen, mit 2 langen, nach unten gerichteten apicalen Anhängen; Gonopore subapical an der dorsalen Seite. $ unbekannt. Peru, Hda. Mascoitania, Urwald, 10.-12. IX. 1957; Typus 6. B. fulvopictus Lv. Peru, Hda. Mascoitania, Urwald, 10.-12.1X.1957; 11 Exemplare. — Eine endemische Art. 1961 LINNAVUORI UND HELLER, CICADEN AUS PERU Nr. 67 / 13 Abb. 7. Fig. 1—3. Bandaromimus parvicauda n. sp.: 1. Genitalplatte mit Griffel; 2. Penis lateral; 3. Penis ventral. Fig. 4—6. Atanus acutus n. sp.: 4. Penis lateral; 5. Penis ventral; 6. Genitalplatten mit Griffel und Connectiv. Fig. 7—8. Caranavia separata n. sp.: 7. Penis lateral; 8. Penis ventral. Orig. Fr. HELLER Atanus acutus n.sp. 4,0 mm lang, plump, schmutzig grünlichgelb. Elytren mit goldbraunem Anflug, Adern goldgelb; Oueradern am Ende der Costalzelle und an der 5. Apicalzelle ver- dunkelt, Apex angeraucht. Oberseite des Abdomens angeraucht. Körper relativ robust. Scheitel stumpfwinkelig vorgezogen, in der Mitte 1,8mal so lang wie neben den Augen. Genitalien: Seitenlappen des Pygophois dreieckig, abgerundet, einfach. Genitalplatten und Griffel (Abb. 7, Fig. 6) ähnlich wie bei A. angustus Lv., aber die Griffelspitze ist deutlich verschieden. Penis (Abb. 7, Fig. 4 und 5) relativ gerade, versehen mit einem Paar Apicalanhängen, die sich auf der dorsalen Seite subapical er- heben und kräftig nach unten und hinten umbiegen. ? unbekannt. Peru, Hda. Mascoitania, Urwald, 10.-12. IX. 1957; Typus 6. — Die Art ist an der Foım des Kopfes leicht zu erkennen. Caranavia separatan.sp. 4,5 mm lang, gleichmäßig hell-orange gefärbt. Gesicht, Vorderrand des Pronotums und die Basis des Scutellums etwas blasser. Elytren goldgelb, hyalin, Adern dünn und von gleicher Farbe, gegen den Apex bleicher. Körper parallelseitig, vorn bemerkens- wert konvex. Scheitel in der Mitte 1,42mal so lang wie neben den Augen, 2,2mal so breit wie lang, deutlich schräg bereits an der Basis. Vorderrand zum Gesicht breit abgerundet. Genitalien: Seitenlappen des Pygophors breit, dreieckig, abgerundet. Geni- talplatten lang und schmal, Seitenrand deutlich hervorgehoben. Apophysis des Griffels relativ dick, fingerähnlich. Penis (Abb. 7, Fig. 7 und 8) abgeflacht, ziemlich gerade, subapical ein wenig nach oben gekrümmt, apical kurz gespalten; mit einem Paar ven- tralen Anhängen, die stark geschwungen aus der Basis des Schaftes herauskommen, im weiteren Verlauf fast gerade sind und seitlich nach hinten zeigen. ? unbekannt. 14 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 67 Peru, Caras, 2200 m, 3. VI. 1957; Typus 6. Die Gattung Caranavia Lv. ist nahe verwandt mit der Gattung Paratanus Young. Sie könnte vielleicht auch ein Subgenus der letztgenannten sein. Sie unterscheidet sich von Paratanus jedoch wie folgt: 1. Durch die verschiedene Färbung (keine Art der Gattung Paratanus zeigt rotes Pigment); 2. der Frontoclypeus ist mehr nach außen gewölbt, der Scheitel gerundet, fast dreieckig vorgezogen, in der Mitte deutlich länger als neben den Augen, auffallend schräg schon an der Basis; die Frontal- und Distal- region ist durch verschiedene Struktur auf der Oberfläche getrennt. Die Erstgenannte besitzt eine feinrunzelige Mikrostruktur und erscheint daher matt, die letztere ist glänzend mit feinen, nadelrissigen Längsfurchen. 3. Der Körper ist bemerkenswert konvex, parallelseitig und etwas gedrungener als bei Paratanus. 4. Das Connectiv ist kurz (wie ungefähr bei der Gattung Atanus) und die Apophysis der Griffel an der Spitze mehr klauenförmig. Literatur Linnavuorıi, R., 1959: Revision of the Neotropical Deltocephalinae and some related subfamilies. — Ann. Zool. Soc. „Vanamo“ 20, 1, p. 1370. Nast, ]J., 1952: Four new species of the genus Idiotettiv Osborn (Homoptera, Jassidae). — Ann. Mus. Zool. Polon. 15, p. 1—6. Anschriften der Verfasser: Rauno Linnavuori, Raisio, Somersoja (Berg), Finnland Friedrich Heller, Stuttgart ©, Archivstraße 3 063 37 Stuttgarter Beiträge zur Naturkunde aus dem Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart Stuttgart 24. Oktober 1961 Nr. 68 Äthiopische Stratiomyiiden (Diptera) V. Von Erwin Lindner, Stuttgart In meiner Arbeit 1958 konnte ich von einigen afrikanischen Stratiomyiiden be- richten, deren Studium mir das Material des Natalmuseums in Pietermaritzburg er- laubte. Neuerdings ging mir von derselben Stelle eine Sammlung von Stratiomyiiden mit bemerkenswerten und neuen Formen zu. Für die Ermöglichung der Bearbeitung bin ich Herrn Kollegen STUCKENBERG zu besonderem Dank verpflichtet. Die Mehrzahl der Tiere war von ihm und seiner Gattin gesammelt. Es war für mich von besonderem Reiz, daß sich unsere Wege in Südafrika durch meine Reise im Jahre 1958 unbewußt gekreuzt hatten, daß wir manchmal an denselben Punkten und zum Teil dieselben Arten gesammelt hatten. Auch diese Sammlung vermehrt unsere Kenntnis von der Verbreitung einzelner Arten der Familie und rundet ihr Gesamtbild in Afrika ab. Es zeigt sich dabei, daß manche Arten eine erstaunlich weite Verbreitung haben, beinahe im ganzen schwarzen Afrika vorkommen. Das gilt z.B. für Ptecticus elongatus Loew, Isomerocera maculi- ventris (Macq.), Gobertina picticornis Big., Microchrysa calopus Big. Aber auch andere Arten, die seither nur aus Westafrika bekannt waren, tauchten nun ebenfalls im Südosten auf; so Tinda nigra Macgq., Diplephippium tessmanni Grünb. Überraschend ist ferner das Bekanntwerden neuer, offenbar stenöker Arten, wie Tindacera quadri- spinosa, Geosargus stuckenbergi, Chrysochroma natalense, Chrysochroma stucken- nn — bergianum, Nemotelus clunipes, Nemotelus flavipes. Und wichtig war das Wieder- auffinden von noch wenig bekannten Arten, wie Oxymyia epacta Kert., Oplodontha pulchriceps Loew, Zulumyia expansa James, Nemotelus dissimilis Loew und Nemotelus dimidiatus Lind. Neu sind folgende Arten: Allognosta stuckenbergae n.sp. Tindacera quadrispinosa n. gen., n. sp. Geosargus stuckenbergi n.sp. Chrysochroma natalense n. sp. Chrysochroma stuckenbergianum n. sp. Nemotelus flavipes n. sp. Hermione stuckenbergi n.sp. Beridinae 1. Allognosta stuckenbergae n.sp. 1 ? von Storms River Pass, Tsitsikama Range, Indigenous Forest, E. Cape, 12./13.X. 1959, B. et P. STUCKENBERG. ENDERLEIN beschrieb 1921 eine Allognosta tessmanni aus Westafrika (Spanisch- Guinea). Die neue südafrikanische Art unterscheidet sich von ihr durch stärkere Behaarung des Thorax, auch dorsal, durch andere p-Färbung und durch die dunkel graubraunen, nicht „hyalinen“ Flügel. 2 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE. Nr. 68 @: Kopf glatt, schwarz. Augen kurz und dicht hell behaart. Stirn am Scheitel fast !/. Kopfbreite, schwarz, mit Grubenpunkten, und über den Fühlern an der schmalsten Stelle etwa ”/- so breit wie am Scheitel und mit einer Querfurche. Der Teil darunter zart grauweiß bereift und die Seitenränder sowie die obere Begrenzung weiß ge- säumt (tomentiert). Stirn überdies grau, aufrecht, kurz behaart. Fühler in der Mitte rötlich braun, an der äußersten Basis des 1. Glieds wie das Ende der Geißel schwarz. Taster schwarz. Thorax und Schildchen etwas glänzend, schwarz, mit aufrechter, grauer Behaarung, die auf dem Schildchen etwas länger ist. Schulterecken, Postalarschwielen und Teile der Pleuren braun, etwas grau bereift. Ein schmutzig gelblicher Längs- streifen verläuft über die Pleuren. Coxen und p gelb, mit braunschwarzen Teilen: t, mit Ausnahme der Basis, die Tarsen von p,, t» und die Tarsalglieder mit Ausnahme des Metatarsus, f, und t, mit Ausnahme von Basis und Knie, das letzte Tarsalglied. Die Flügel sind sehr deutlich braungrau, besonders am Vorderrand; Randmal und Adern braun. Schwinger dunkelbraun mit hellerem Stiel. Abdomen braun, glänzend, mit gelblichen Haaren, besonders an den Seitenrändern, und mit gelblicher Legeröhre. 4,2 mm. Pachygastrinae 2. Gobertina picticornis Big. 1879 (Ann. Soc. ent. France, ser. 5, IX, PS102)) 2 88,1 2 von Gorongoza Mountain, Manica-Sofala Dist., Port. East Afr., 840 m, Gallery Forest, IX. 1957, STUCKENBERG. 1 ö von Livingstone, Victoria Falls Dist., Rhodesia, X. 1957, STUCKENBERG. 1 2? von Luabo, Lower Zambesi River, Port. East Afr., 11.1958, P. J. Usher. 1 8 von Marromeu, Lower Zambesi River, Port. East Afr., XI. 1957, P. J. Usher. 3. Oxymyia epacta Kert. 1916 und 1923 (Ann. Musei Nation. Hungar. IN, 19, 118 a 20% 1 88, 2) 2 8& von Richmond Dist., W. Cape Prov., 18. IX. 1959, STUCKENBERG. Kerteszs Material stammte von Willowmore, Kapland. 4. Neopachygaster congoensis Lind. 1938 (Bull. Mus. roy. d’Hist. nat. de Belgique, XVI, p. 29) 1 2 von Tumbine Mountain, Milange, Port. East Afr., V11. 1957, B. et P. STUCKENBERG. 2 22 von Umzamba Mouth, Bizana Dist., Pondoland, S-Africa, 25. XI. 1960, B. et P. STUCKENBERG. Eine offenbar weit in Zentralafrika verbreitete Art. Sie hat mir von verschiedenen Punkten im Kongo vorgelegen, und ich fing sie selbst in Tanganyika. 5. Tinda nigra (Macq.) 1835 (Mem. Soc. Scient. Lille, 508, tab. V, fig. 16, 1934) (Phyllophora) Syn. Biastes pallipes Big. 2 56,1 von Marrumeu, Lower Zambesi River, Port. East Afr., XI, 1957, P. J. Usher. 6. Isomerocera maculiventris (Macq.) 1838 (Dipt. exot. I, 172 et 1849, Dipt. exot. suppl. 4.43) Syn. Ptilocera natalensis Gerst., Pt. quadrilineata Fabr. 2 ö& von Port St. Johns Dist., Coastal Forest, E. Cape Prov., 16.-17.X. 1959, B. et P. STUCKENBERG. 1961 LINDNER, ÄTHIOPISCHE STRATIOMYIIDEN Nr. 68/3 1 8, 2 2? von Ngoye Forest between Eshowe and Empangeni, Zululand, S.-Afr., II. 1957, STUCKENBERG. 1 3 von Gorongoza Mountain, Manica-Sofala Dist., Port. East Afr., 840 m, Gallery Forest, IX. 1957, STUCKENBERG. 7. Tindacera quadrispinosan.gen.,n.sp. (Abb. 1) 1 2 vom Town Bush, Pietermaritzburg, South Afr., 2.1X. 1960, B. et P. STUCKENBERG. Gehört in die Verwandtschaft der orientalischen Rosapha sowie der zentralameri- kanischen Lophoteles. Von letzterer unterscheidet sie sich im Flügelgeäder dadurch, daß r,,, distal r-m steht. r—m ist deutlich entwickelt. Mit Rosapha stimmt die Gat- tung im Flügelgeäder ungefähr überein, doch gehört Rosapha zu der Gruppe, bei welcher das Abdomen kaum so breit wie der Thorax ist, während das der neuen Gat- tung rundlich, entschieden breiter als der Thorax ist. —J I x Abb. 1. Tindacera quadrispinosa n. gen.,n. sp. Kopfprofil, Schildchen, Flügel. Gattungsbeschreibung: Der Kopf ist rund; die Fühler stehen etwas unter der Mitte; sie sind etwa so lang wie der Kopf. Die Basalglieder stehen an der Basis etwas getrennt voneinander. Das 1. Glied ist schmal, etwa doppelt so lang wie am proximalen Ende breit. 2. Glied halb so lang, becherförmig. Die Spindel des 3. Glieds ist länglich; die Einzelglieder sind schwer zu unterscheiden. Das Endglied ist lamel- lenförmig, spitz endend, etwas länger als 1.—3. Fühlerglied, schmal. Wangen, Backen und Orbiten schmal. Hinterkopf unten etwas vorgewölbt. Ozellenhöcker etwas vor- ragend. Thorax an der breitesten Stelle kaum breiter als der Kopf, vorne schmäler. Quernaht auf dem Thorax tief, in der Mitte nach hinten gebogen, so daß eine Längs- brücke stehenbleibt und die postsuturalen Seiten stark vorgewölbt sind. Flügelgeäder wie oben dargestellt. cu, erreicht den Flügelrand nicht ganz. p einfach. Schildchen mit 4 starken, etwas nach oben gebogenen Dornen. Die mittleren sind 1,5mal so lang wie das Schildchen, die seitlichen etwas küızer als dieses. Schildchen und Dornen stehen in einem Winkel von etwa 45° zum Doısum. Abdomen breit, an der Basis schmäler, etwas vorgewölbt. Tindacera quadrispinosan.sp. Q: Glänzend braun, mit schwarzer Zeichnung. Kopf braun, Hinterkopf schwarz. Gesicht mit schmalen, silberigen Außenrändern. Rüssel braun. Fühler braun, mit schwarzbrauner, schmaler Endlamelle. Thoıax stark gewölbt, braun glänzend, mit 3 breiten, schwarzen Längsstreifen, deren seitliche nur hinter der Naht entwickelt sind. Pleuren bräunlichgelb, mit schwarzer Zeichnung. Schildchen und Dornen gelblich. 4 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 68 p gelblich; nur die t, und die Tarsen gıößtenteils dunkelbraun. Flügel durchsichtig, mit braunen, an der Basis mehr gelblichen Adern, einem dunkelbraunen Randmal und einem schwachen Schatten in der Basalzelle. Schwinger bräunlichgelb. Abdomen bräun- lichgelb, mit breiten, zusammengeflossenen, schwarzen Flecken an den Seiten der ersten zwei Tergite, je einem breiten, schwarzen Querstreifen an den Vorderrändern der beiden folgenden Tergite. Sie füllen diese Tergite gıößtenteils und sind nach hinten diffus begrenzt. Die Seitenränder der letzten drei Tergite bleiben aber schmal gelb; Bauchseite gelblich. Hypopyg hellbraun. 3,5 mm. 8. Hypoceromys australis Lind. 1958 (Jl. Ent. Soc. S. Afr., Vol. 21, p. 124) 2 22 von Dhlinza Forest, Eshowe, Zululand, South Afr., 5.-6. IV. 1960, B. et P. STUCKENBERG. In meiner Arbeit 1934 habe ich H. albisetosa von der Sierra Leone beschrieben. 1958 konnte ich eine neue Art aus Rhodesien bekanntmachen. Sie liegt nun auch aus dem Zululand vor und ist H. albisetosa und Psapharomys salebrosa Grünb. sehr nahe- stehend. Der Kopf und der Fühler sind sehr ähnlich dem von H. albisetosa, jedoch sind beide kürzer und mehr gerundet. Durch die Färbung der p und der Flügel lassen sich die drei Arten sehr leicht voneinander unterscheiden. Ich gebe im folgenden eine etwas ausführlichere Beschreibung: @: Kopf schwarz. Das Auge fast quadratisch, mit abgerundeten Ecken. Das Gesicht kurz, vorne abgestumpft. Der Fühler kaum halb so lang wie der kleine Augendurch- messer. Fühler kurz spindelföimig, das 2. Glied innen mit einem sehr deutlichen, auf das 3. Glied übergreifenden Fingerfortsatz, rotbıaun, an der Spitze mit einem schwarzen Punkt und mit weißlicher Fühlerborste. Stirn und Hinterkopf glänzend- schwaız, mit der für albisetosa geschilderten Struktur. Thorax schwarz, mit kurz an- liegender, wenig auffallender, messinggelber Behaarung. Pleuren und Sterna schwarz, ebenso die Basis der Hüften. p braunrot, die f, und die t aller p an der Vorderseite mehr oder weniger streifenförmig gebräunt. Vordertarsen fast ganz schwarzbraun, Hintertarsen gelblichweiß. Flügel hellgrau gefärbt, an der Basis farblos weiß (R,, die 2. Basalzelle und die proximale Hälfte der Cu). In der 1. Basalzelle vor der D liegt eine dunkle, graubraune Tönung, welche noch die Basis des gelben Randmals und die Adern davor erfaßt. Schwinger weiß, mit rötlichbraunem Stiel. Abdomen glänzend schwarz, mit unscheinbarer, kurzer, glänzender Behaarung. 5—6 mm. Geosarginae 9. Ptecticus elongatus (Fabr.) 1787 (Mantissa Insect., II, p. 348, Musca) 1 ? von Dukuduku between St. Lucia and Matubatuba, Zululand, South Afr., 7-8. IV. 1960, B. et P. STUCKENBERG. 1 2 von Port St. Johns Dist., Coastal Forest, E. Cape Prov., 16.-17.X. 1959, B. et P. STUCKENBERG. 1 2 von Ngoye Forest between Eshowe and Empangeni, Zululand, South Afr., ll. 1957, B. et P. STUCKENBERG. 1 8, 2 22 von Gwalanemi Forest, Ingwavuma Dist., Lebombo, Zululand, South Afr., II. 1957, STUCKENBERG. 2 86 von Oribi Gorge Reserve, Umzimkulwana Valley, Natal, South Afr., 21.-28. X1. 1960, B. et P. STUCKENBERG. 10. Geosargus stuckenbergi.n.sp. 2 86, 1 ? von Marromeu, Lower Zambesi River, Port. East Afr., Salone Forest, Rainy Season 1956, P. J. Usher. 1961 LINDNER, ÄTHIOPISCHE STRATIOMYIIDEN Nr. 68/5 5: Die Augen sind ohne Einteilung in Zonen verschiedener Facettengröße. Sie stoßen über den Fühlern nicht zusammen; die Stirn ist vielmehr so breit wie die Fühler und erweitert sich zum Scheitel beträchtlich. Der Ozellenhöcker bildet ein gleichseitiges Dreieck. r,,, entspringt distal der D. r, ist nicht entwickelt. Die Stirn ist glänzend schwarz, mit einem schwachen, schmalen Querwulst über der Fühlerbasis und mit einem kielartig eıhabenen Mittellängsstreifen, der oben das gleichseitige Dreieck des Ozellenhöckers einschließt. Hinterkopf konkav, schwarz. Ge- sicht glänzend schwarz. Fühler wie der Rüssel chitingelb; auch die Borste bräunlich- gelb. Fühlerbasis heller. Die Basalglieder etwas schwarz behaart. Die übrige Be- haarung des Kopfes ist weißlich, am längsten auf dem Scheitel und unter den Füh- lern. Collare weißlich. Thorax und Schildchen glänzend metallisch grün, auf dem Mesonotum mit aufgerichteter, unscheinbarer, weißlicher Behaarung. Sternopleuren schwarz, glänzend, ebenfalls mit weißlicher Behaarung. Von der Schulter geht zur Flügelbasis eine gelbliche Notopleuralleiste. — Flügel durchsichtig, in der vorderen Basalzelle sowie in allen Randzellen bis zur „an“ etwas grau getrübt. Randmal gelb. Adern dunkelbraun. Schwinger orangegelb. Hüften und p chitingelb, nur die letzten Tarsen etwas verdunkelt. — Abdomen glänzend schwarzviolett mit einem schmalen, unscheinbaren, gelben Seitenrand der Tergite. Behaarung an den Seitenrändern länger, gelblich; dorsal, besonders auf den letzten Tergiten, kürzer und schwarz. © dem & ähnlich. Die Stirn ist vorne etwa dreimal so breit wie beim & und ver- breitert sich zum Scheitel beträchtlich. Die Behaarung ist kürzer. Die p sind heller, fast weißlich. 5,5 mm. 11. Geosargus aurora Lind. 1935 (Deutsche Ent. Zeitschr., Jahrg. 1934, S. 299) 1 2 von Oribi Gorge Reserve, Umzimkulwana Valley, Natal, South Afr., 21.-28. XI. 1960, B. et P. STUCKENBERG. Die Art wurde aus Nyassaland beschrieben. 12. Chrysochroma natalense n.sp. (Abb. 2) 1 2 von Deepdale, Umkomaas Valley, Natal, South Afr., V.1959, B. et P. STUCKENBERG. Eine gelb, braun und schwarz gefärbte Art. Dunkelgrün glänzend ist nur das Post- notum. ?: Kopf schwarz. Die Stirn ist glänzend, mit Grubenpunkten und einem sehr schwachen Längskiel. Stirndreieck gleichseitig, mit dem Hinterrand in der Verbindungs- linie der Augenhinterecken. Stirnbreite wenig mehr als '/, der Kopfbreite. Fühler rot- gelb, an der Basis heller, Borste braun. Über der Fühlerbasis 2 weißliche Querfleckchen. Rüssel gelb. Behaarung sehr kurz, fein und hell; auf dem konkaven Hinterkopf etwas dichter, anliegend. Collare oben weiß, unten braun. Thorax und Schildchen chitingelb, mit schwarzer Zeichnung: Auf dem Mesonotum drei breite, zusammengeflossene Längsstreifen, von welchen die seitlichen den Vorder- rand nicht erreichen. Schildchen in der Mitte etwas verdunkelt. Schulterecken und Notopleuralkante weißlich. Auf den Pleuren ein glänzender, brauner Streifen von der Notopleuralkante abwärts in die fast schwärzliche Sternalregion. Behaarung kurz, hell. Flügel apikal etwas grau. Adern braun. Auch das Randmal fast braun. r, fehlt. rt»... distal vom Ende der D. Schwinger ıötlichgelb. — Hüften und p hellgelb; t und Tarsen leicht verdunkelt. An p; t, und Tarsen schwarzbraun. 6 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 68 Abdomen hell rotbraun, glänzend, mit schwarzen, runden Seitenflecken auf jedem Tergit. Auf dem vordersten und hintersten sind sie zusammengeflossen, so daß sie praktisch das ganze Tergit einnehmen. Alle Tergite mit schmalen, hellen Seiten- ıändeın. 6,5 mm. Abb. 2. Chrysochroma natalense n. sp. Abdomen (9). 13. Chrysochroma stuckenbergianum n.sp. 1 ? vom Town Bush, Pietermaritzburg, South Afr., B. et P. STUcKENBERG. Sehr nahe verwandt mit Chr. natalense. 2: Kopf schwarz. Stirn von '/, Kopfbreite. Fühler und Rüssel rotgelb. Stirn mit einem sehr schmalen Längskiel, glänzend schwarz und mit Grubenpunkten. Über den Fühlern 2 briaunrote Querfleckchen. Behaarung unscheinbar, kurz und hell. Thorax glänzend schwarz, mit unscheinbarer, heller Behaarung. Hell gefärbt sind das Schild- chen mit Ausnahme eines schwarzen Mittelflecks, die Postalarcallen, die weißen Schul- tern und die Notopleuralkante, die Region um die Vorderhüften, der größere Teil der Pteropleuren. Postnotum braun. Flügel leicht grau. Geäder wie bei natalense. — Hüften und p an der Basis sehr hell gelblich; die t und Tarsen distal gebräunt, wobei aber an t, in der Mitte ein heller Ring bleibt. p; in der Distalhälfte gebıäunt; t, in der Mitte mit hellem Ring und schmalem apikalem Ende. Schwinger hell gelblich. Abdomen braunschwarz, glänzend, mit unscheinbarer Behaarung. Das ganze Ab- domen mit sehr schmalem, gelblichem Saum, und die mittleren Tergite mit sehr schma- len, gelblichen Vorderrändern. Bauch bräunlichgelb, basal und apikal entwas ver- dunkelt. > mm. j4. MVerochrysa calopus Bis. 18792 Am: ‘Soc, Ent. Br, ser 33% p. 227) (Chrysonotus) 1 $ von Blantyre, Nyassaland, XII. 1957, B. et P. StuckengErc. 1 3 von Oribi Gorge Reserve, Umzimkulwana Valley, Natal, South Afr., 21.-28. XI. 1960, B. et P. STUCKENBERG. 1 2 von Pietermaritzburg, South Afr., XII. 1960, B. STUcKENBERG. 15. Microchrysa scutellaris Loew 1856 (Öfvers. Kongl. Vet. Akad. Förhandl. XIII, S. 263) et 1860 (Dipt. Fauna Südafr. I, S.7) 1 3 von Marromeu, Lower Zambesi River, Port. East Afr., Salone Forest, Rainy Season 1956, P. J. Usher. 1961 f LINDNER, ÄTHIOPISCHE STRATIOMYIIDEN Nr. 68/7 1 3 von Oribi Gorge Reserve, Umzimkulwana Valley, Natal, South Afr., 21.-28. X]. 1960, B. et P. STUCKENBERG. 16. Microchrysa deannulata Lind. 1935 (D. Ent. Zeitschr., S. 301) 1 3 von Blantyre, Nyassaland, XII. 1957, B. et P. StuckENBERG. 17. Chloromyia bella Loew 1856 (Öfvers. Kongl. Vet. Akad. Förhandl. XIII, S. 263) (Chrysomyia) et 1860 (Dipt. Fauna Südafr. I, S.6 (Chryso- myia) 1 2 von Tabeni River, near Richmond, Natal, South Afr., XII. 1959, B. SruckenßErG. — 1 5 von Nagel Dam., Umgeni River, Natal, South Afr., XII. 1959, B. et P. STUCKENBERG. Stratiomyiinae Oplodontha compar Speiser 1907 (Berlin. Ent. Zeitschr. 52, S. 140) Syn. selinda James 1957 Größeres Material, das mir in den letzten Jahren aus Afrika zugegangen war, gab den Anlaß, mich gründlicher mit den beschriebenen Arten der Gattung zu befas- sen. Vor allem waren es Tiere der Mission DE STAEGER aus dem Congo Belge, eine Serie, die beide Geschlechter vom selben Ort und derselben Fangzeit enthielten, so daß die Zusammengehörigkeit von Ö und $ gesichert war. Dieses Material erlaubte mir die Feststellung, daß die O. selinda James synonym zu compar Speis. ist. Wenn man berücksichtigt, daß Speiser die Beschreibung des ? nach einem Exemplar aus Alkohol gegeben hat, der einen Teil der natürlichen Farbe des Körpers zerstört hatte, wahrscheinlich aber auch der Farbe des Thorakaltoments, so bleibt kaum irgendein Unterschied zwischen selinda und compar übrig. Vor Jahren natte ich geglaubt, O. rubrithorax Macq. aus Bengalen mit Material aus dem Kongo- gebiet identifizieren zu können. Heute halte ich das für völlig unmöglich. Leider ist auch dieser Fehler schon in die Literatur eingegangen. Um welche Art es sich dabei handelte, vermag ich zunächst nicht festzustellen. Daß es compar gewesen sein könnte, dagegen spricht die für O. compar sehr charakteristische Zeichnung der p, die nicht mit der kurzen Darstellung MAcouArTs übereinstimmt. Beide Geschlechter von compar stimmen überein: Im Fehlen der D, in der zeich- nungslosen Grünfärbung des Abdomens, in der Größe und hellen Farbe der Schild- chendorne und in der Färbung der p; alle Hüften, Trochanteren und f, und f, sind schwarz, mit Ausnahme des ıötlichgelben Distalendes dieser letzteren. Außerdem sind die letzten 2—3 Endglieder der Tarsen schwärzlich. Es bleiben somit die Unterschiede von Kopf und Thorax festzustellen. Die Größe beträgt 6,5 mm. ö: Kopf ganz schwarz, mit spärlicher, anliegender, silberweißer Behaarung auf Gesicht und Stirndreieck. Unscheinbar weißliche, aufrechte Haare nur auf dem Schei- tel hinter dem Ozellenhöcker und in der unteren Hälfte der Orbiten sowie auf den Backen. Thorax und Schildchen schwarz. Das Mesonotum mit spärlichen, anliegenden, kurzen Silberhärchen, die besonders in der Mitte mehr golden schimmern. Die Pleuren sind dicht und länger silberweiß behaart. Über der Notopleuralkante hebt sich eine breite Zone dichter, anliegender Silberschuppenhärchen ab, die über die Quernaht bis zum Schildchen verläuft. Ä ?: Gesichtshöcker und die Umgebung bis zum Mundrand größtenteils, glänzend- schwarz, so auch ein zum Teil brauner Streifen, der quer vom Höcker an die Augen verläuft. Im übrigen ist der Kopf gelbrot, besonders auf der Stirn stark ge- port und auf dem Scheitel geradezu granatrot’schimmernd. Eine feine Längsfurche teilt die Stirn, die fast breiter als eim Auge ist. An den Augenrändern finden sich beiderseits je zwei glänzende ‚Schwielen von mehr oder: weniger. schwarzer Färbung. 8 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 68 Das untere Paar liegt auf der Höhe des Fühleransatzes, das obere etwas darüber, wo ein feiner Querwulst über die Stirn geht. Feine, silberige Härchen sind auf Orbiten, Gesicht und, spärlich verstreut, auch auf der Stirn festzustellen. Auf dem Thorax ist die anliegende Behaarung in der Mitte des Mesonotums dich- ter als beim &, mehr goldgelb, in gewisser Beleuchtung sogar kupferrötlich und zu einer Längsstreifenzeichnung geordnet. Zwei breite, fast unbehaarte Streifen ver- laufen in der Mitte neben einem schmalen Mittellängsstreifen von Haaren. Diese Behaarung ist nur bei gut erhaltenen Stücken zu sehen. Im folgenden versuche ich für die wesentlichsten der mir bekannt gewordenen afrikanischen Oplodontha-Arten eine Bestimmungstabelle zusammenzustellen. Artenbestimmungstabelle für die afrikanischen Oplodontha-Arten 0%) Abdomen’ schwarz 2. vereee en > N hdomen, grün eu en 2 Abdomen ganz schwarz. p schwarz; t nur an der Basis und erste Tarsalglieder von p&und-ps gelb. Kongo 2... 0 renenlagleinde — Abdomen schwarz, mit 2 großen, weißen (? grünen) Seitenflecken. p gelb, föschwarz Kongo : 0... 0... 0 2 lanadontmamlkune 3 Abdomen ganz grün, höchstens mit kleinem, basalem Fleck. p gelb, f, und f, mehr oderweniger schwarzfoder braum 2... Dr | — Abdomen mit schwarzer Zeichnung. p gelb; f nur mit braunen Ringen . . . . 5 4 p gelb, f, und f, mit schwachen braunen Malen. Gesicht unbedeutend behaart. Fühler bräunlichgelb. D sehr klein und schmal . . . . . . . stricticella James — p gelb, f, und f, unterseits mit schwachen braunen Malen. Gesicht mit langen, goldglänzenden Haaren. Abdomen mit kleinem schwarzem Basalfleck auf dem Drelersit. Vactoma.Balls -.. . 2.2 2.2. 222... 2 aunibanbatemlemde 5 p gelb, f und t. mit einem dunklen Ring. Abdomen grün mit an den Einschnitten etwas verbreitertem, schwarzem Längsstreifen. Schildchen gelb, an der Basis schwarz glänzend. Gesicht grün mit braunem Mittelfleck. Fühler ziemlich lang pulchriceps Loew — p gelb, f und t mit zum Teil nur angedeuteten braunen Ringen . . . ....6 6 Abdomen grün, mit breitem, schwarzem Mittellängsstreifen. f und t mit zum Teil nur angedeuteten braunen Ringen in der Mitte. Kopf schwarz mit breitem, grü- nem“ Mundrand® Kühler hell. Ostatrika > 2. 2 a 7 pieranlemde — Abdomen grün mit an den Einschnitten verbreitertem, schwarzem Längsstreifen. f auf der Unterseite mit einem braunen Mal. Schildchen schwarz, hell gesäumt circumscripta Bezzi G2 1 Stirn rauh, hellrot (honiggelb) mit glatten Schwielen. Fühler rötlichbraun, 1. Glied schwarz, Schildchen schwarz. Hüften und f, und f, schwarz. Zelle sehr klein. Be- haarung des Mesonotums a oo. bis 3 Ennonail (? „rubrithorax“ ). MWeitsverbreite 0. 2. coniparsSpeis: — 3Stmeglattt.. nun aae « ; ER RR ai ee 2 Stirn rot, glänzend. p gelb, f a mit dns des a Abdomen gelb, mit auf dem 4. Tergit nur wenig verbreitertem Mittellängsstreifen rufula Lind. = 5Stmäschwarzroder schwarzuund. gelb 7 an kenn. ana 1961 LINDNER, ÄTHIOPISCHE STRATIOMYIIDEN Nr. 68/9 3 Stirn schwarz mit Furchen und Schwielen und silberiger, anliegender Behaarung. Abdomen grün mit breitem, auf den letzten Tergiten sehr breitem Längsstreifen. p gelb, f auf der Unterseite mit braunem Mal. Schildchen mit gelbem Rand circumscripta Bezzi e Estimpeelbrundeschwarz#oderöbraun.n, en ee er 4 Stirn gelb mit 2 schwarzen Flecken und einem breiten solchen Querband über dem Ozellenhöcker. Auch das Gesicht mit 2 schwarzen Flecken. p gelb, f und t, mit breiten, braunen Ringen. Abdomen gelb mit breiten, schwarzen Vorderrandstreifen pulchriceps Loew — Stimm gelb mit dunkler Längs- und Querfurche. Letztere in 2 Eindrücken; dazu braune Zeichnung. Abdomen schwarz mit breitem, grünem Saum und Bauch. Füh- lerseelbr. das 3,Glied braung Ostatuikan 2 Zr 72 pieta kind: 18. Oplodontha pulchriceps Loew 1858 (Öfvers. Kongl. Vet. Akad. Förhandl. XV, S.335) (Odontomyia) 2 öd von Luabo, Lower Zambesi River, Port. East Afr., IV.1958, P. ]. USHER. Größeres Material vom Zambesi, vom Kongo, von Johannesburg, von Durban usw. erlaubt die Feststellung einer beträchtlichen Variabilität dieser Art; auch die Form aff. pulchriceps in meiner Arbeit 1958 gehört zu dieser Art. Die Variabilität erstreckt sich auf morphologische und Zeichnungselemente. Die Behaarung, besonders bei den 3 Ö, kann länger oder kürzer sein. Die Stirn der ?% ist bei Stücken von Johannesburg mehr gewölbt als bei solchen vom Kongo. Die Größe schwankt von 4—6 mm. Die Fühler sind schlanker oder plumper, die Basalglieder manchmal ganz hellbraun, manchmal schwarz. Die Flecke auf Stirn und Gesicht können ganz zusammenfließen, die auf der Stiin untereinander und mit dem Querband des Scheitels, so daß an den Augenrändeın nur noch je ein kleines, gelbes Dreieck übrigbleibt und so, daß auf dem Gesicht über dem Höcker ein breites. schwar- zes Band von Auge zu Auge reicht. Die Orbiten des Hinterkopfs können bei den ?? oben ganz schwarz sein, manchmal vom Cerebrale noch durch ein gelbliches Fleckchen getrennt. Die gelbe Fleckenzeichnung auf den Pleuren kann mehr oder weniger aus- gedehnt sein, ebenso wie der gelbe Rand des Schildchens. Natürlich sind auch die hellen Querstreifen an den Hinterrändern der Abdominaltergite der ?? mehr oder weniger entwickelt, sehr oft so gut wie ganz fehlend. Fast konstant scheinen die Fär- bung der Abdominalsternite und die Größe bzw. Form der kleinen D zu sein. Die spärliche Behaarung auf dem Thorax ist in beiden Geschlechtern messingfarben, die aufrechtstehende des Dorsums mehr grau silberig und besonders beim $ sehr spärlich. 19. Oplodontha circumscripta Bezzi 1908 (Ann. de la Soc. Ent. de Belgique, 52, p. 374) 6 36, 3 22 von Luabo, Mozambique, 1.1958 und VI.1958, sowie von Salone Forest, Chupanga, Mozambique, 1. 1956, P. J. Usher. 20. Oplodontha ?stricticella James 1940 (Amer. Mus. Novit. Nr. 1088, p: 2) 1 © von Luabo, Lower Zambesi River, Port. East Afr., VII. 1952, P. J. Usher. James beschrieb seine stricticella 1940 von Nigeria. Schon aus diesem Grunde möchte ich das vom unteren Zambesi stammende Ö trotz der großen Übereinstimmung n:cht für identisch halten. Keinesfalls ist dieses Einzelstück identisch mit der von mir an anderer Stelle (siehe Stuttg. Beiträge, 1960, Nr. 44, S.6) beschriebenen O. auri- barbata von den Victoria Falls. 10 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 68 3: Kopf schwaız; Gesichtshöcker und Mundöffnung hell bräunlich. Fühler kurz, gedrungen (im Vergleich mit auribarbata), hell biäunlich. Behaarung auf dem Scheitel und an den Wangenrändern weißlich bzw. silberig, kurz. Rüssel schwarz. Thorax schwarz, auf dem Dorsum, auch auf dem Schildchen, anliegend, goldfarbig, spä:lich behaart, in der Schulterregion länger und dichter, anliegend silberweiß, auf den Pleuren etwas länger und mehr abstehend. Die beiden Dornen des Schildchens sind klein, etwa halb so lang wie das Schildchen, hell gelblich. p gelb; f, und f, auf der Unterseite mit einem braunen Mal, das mit scharfer Grenze in der Mitte des f be- ginnt und distal verlöscht. Außerdem sind an allen p die letzten Tarsalglieder fast schwarz, die davorliegenden apikal etwas verdunkelt. Flügel mit blaßgelben Adern. Die D fehlt völlig, und die m-Adern sind kaum feststellbar. Schwinger grün; Abdomen grün ohne Zeichnung. 21. Zulumyia expansa James 1957 (Ann. Ent. Soc. Amer. 50, p. 10) 1 8, 1 2 von Villa Paiva d’Andrada, Manica-Sofala Dist., Port. East Afr., Gallery Forest, IX. 1957, STUCKENBERG. Die Typen stammen von Lor. Marquez und Südrhodesien. 1 3 derselben Art liegt mir von Kaapmuiden, Transvaal (leg. OLırr), vor. James hat seine beiden neuen Arten signifera und expansa in meine Gattung Zulumyia (1952) eingereiht. Ich folge ihm da:in in dieser Arbeit mit der von ihm beschriebenen expansa, von der ich das oben angeführte Material kenne, bekenne mich aber nicht zu seinem Vorgehen. Denn hinsichtlich der Fühlerbildung ist meine Z. rugifrons eine ausgesprochene Stratiomyia, ebenso wie expansa durch ihre Fühler, durch die Form des Abdomens usw. eine Eulalia ist. Z. rugifrons lag mir von Bulawayo, 9. XI. 1924, leg. R. H. Stevenson, vor. Bei ihr fehlt m, vollkommen (siehe meine Zeichnung in 1952, Rev. Zool.-Bot. Afr. XLV]), bei den mir bekannt gewor- denen expansa ist immerhin noch eine Ecke sichtbar, welche auf die Reduktion einer m. hindeutet. Clitellariinae 22. Diplephippium tessmanni Grünb. 1915 (Mitt. Zool. Mus. Berlin, MIIIES. 37) 1 2 von Marromeu, Lower Zambesi River, Salone Forest, Rainy Season 1956, P. J. Usher. Es handelt sich bestimmt um diese Art, die GRÜNBERG von Spanisch-Guinea be- schrieben hat (!). James hat zu den beiden bekannten Arten 1949 D. snyderi von Liberia hinzugefügt, eine Art, die nur 6,5 mm Größe aufweist und von den bekann- ten verschieden ist, während das vorliegende Stück höchstens in der Beinfärbung von D. tessmanni abzuweichen scheint, sonst aber dieser Art mindestens nähersteht als den anderen. James hat offenbar nur ein 3 vorgelegen. Das Stück vom unteren Zambesi ist ein . Ich halte es für möglich, daß größeres Material ergeben wird, daß tessmanni, snyderi und das Zambesi-Stück zur selben Art gehören. 23. Nemotelus dissimilis Loew (Öfvers. Kongl. Vet. Akad. Förhandl., XIII, S. 264) 3 2? vom Town Bush, Pietermaritzburg, South Afr., XI. 1959, B. et P. STUCKENBERG. Die Art sieht duich ihre helle Ockerfarbe in der Tat für einen Nemotelus unge- wöhnlich aus. Das ganze Tier ist gleichmäßig gefärbt bis auf die schwarze, äußeıste Spitze des 3. Fühlerglieds, die Fühlerborste, einen Punkt an der Grenze von Hinter- kopf und Wangen, den OÖzellenhöcker, die t und Tarsen, welche alle schwarz sind. Der Autor hat leider über die Färbung der p nichts angegeben. Die Oberseite des Kopfes und Thorax trägt anliegende, silberige bis goldfarbene Behaarung. Auf dem Abdomen findet sich nur auf den ersten Tergiten aufgerichtete, helle Behaarung. 1961 LINDNER, ÄTHIOPISCHE STRATIOMYIIDEN Nr. 68/11 24. Nemotelus dimidiatus Lind. 1935 (Deutsche Ent. Zeitschr., Jahrg. 193458311) 4 Öd von Port St. Johns Dist., Coastal Forest, E. Cape Prov., 16./17.X. 1959. Ich habe diese Art nach einem ? von Umbilo, Durban, Natal, 8. XII. 1926 (A.L. Bevis), beschrieben. Das & unterscheidet sich nur durch die gewöhnlichen sexual- dimorphen Merkmale, wie zusammenstoßende Augen usw. 25. Nemotelus clunipes Lind. 1960 (Stuttgarter Beiträge zur Naturkunde Nr344, 5,5) Eine Serie von 18 Stück von Witsands Dunes, Cape Prov., 25./26. IX. 1959, B. et P. STUCKENBERG. Diese morphologisch so bemerkenswerte Art fand ich selbst am selben Punkt, ungefähr ein Jahr früher. Ich habe darüber in meiner Veröffentlichung berichtet und verweise auch auf die dort gegebene Zeichnung. 26. Nemotelus flavipes n.sp. 1 ö von Storms River Pass, Tsitsikama Range, Indigenovus Forest, E. Cape, 12./13.X.1959, B. et P. STUcKENBERG. Eine schwarze Art mit gelben p. Die Augen sind stark schwarz behaart und stoßen nicht zusammen; an der schmalsten Stelle ist die Stirn etwa so breit wie ein Fühler. Die Behaarung des Kopfes ist schwarz, in der Mundgegend etwas bräunlich. Thorax und Schildchen sind schwarz behaart, ersterer auf der Scheibe lang, aufrecht, braun; auch an den Seiten der ersten Abdominaltergite befindet sich abstehende, braune Be- haarung, in der Mitte kurze, anliegende, schwarze, auf den letzten Tergiten kurze, etwas abstehende, silberige, spärliche Behaarung. — Flügelgeäder samt Randmal gelb. r, entwickelt. Schwinger weißlichgelb mit etwas verdunkeltem Stiel. 5 mm. 1 2 von Bainskloof, Wellington Dist., ca. 2000 ft., W. Cape, 4./5.X. 1959. Ein unzweifelhaftes ?, das in Größe, ungefährer Kopfform, Färbung der p, im Flügelgeäder und vielem mehr mit dem beschriebenen ö übereinstimmt, so daß ich es vorläufig als zugehörig ansehe, obgleich die Herkunft (W. Cape), die Fühlerform und einige andere Punkte nicht völlig zu passen scheinen. Die Stirn ist nur wenig breiter als beim 3; die einzelnen Abschnitte des 3. Fühlerglieds, das länger als beim 6 ist, treten ungewöhnlich hervor, und im ganzen ist das 3. Glied ungefähr so lang wie 1. und 2. zusammen, die beide gleichlang sind. Die Behaarung von Kopf und Augen stimmt mit der des 3 überein, nur daß sie etwas weniger dicht ist. Thorax und Schild- chen sind aufrecht, weißlich behaart, mit etwas silberigen, anliegenden Härchen da- zwischen auf dem Mesonotum. Flügel und p wie beim 3, ebenso die Größe. Schwinger mit verdunkeltem Stiel. Abdomen schwarz, mit gelblichroter Fleckenzeichnung auf dem 3. und 4. Tergit sowie auf den zugehörigen Sterniten. Auf dem 3. Tergit bleibt nur am Vorderrand ein breiter, hinten gerundeter Fleck schwarz. Auf dem 4. Tergit sind die Vorderrandwinkel gelbrot. Die Behaarung des Abdomens ist unscheinbar, kurz, auf den hinteren Tergiten etwas silberig glänzend und abstehend. 27. Hermione zambesina n.sp. (Abb.3) 1 ö von Victoria Falls Dist., Livingstone, Rhodesia, 1957, STUCKENBERG. 5: Augen behaart, Kopf schwarz, obere Facetten durch eine scharfe Grenze von den unteren, kleineren getrennt. Gesicht schwarz, weißlich bereift an den Seiten und weißlich behaart. Fühler hell rötlich. Hinterkopf schwarz, in der unteren Hälfte mit weicher, weißer Behaarung. Thorax schwarz, unter der gelben Notopleuralnaht mit gel- ben Pleuralflecken und mit längerer weißlicher Behaarung an den Propleuren und unter der Flügelbasis. Mesonotum nicht sehr stark, gelblich glänzend, schwach auf- gerichtet behaart. Schildchen rotbraun; die Dorne gelb mit schwarzer Spitze. p ein- 12 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 68 schließlich Hüften gelb, alle t mit Ausnahme der Basis braun bzw. schwarz. Vorder- tarsen schwarz; an den gelblichweißen Tarsen der p, und p; nur die letzten 2 Glieder schwarz. Flügel glashell, ungefärbt. Adern und Randmal größtenteils gelb; r, dunkel- braun, Schwinger weiß mit braunem Stiel. Abdomen schwarz mit rotgelben, runden Abb. 3. Hermione zambesina n. sp. Abdomen (&). Seitenflecken auf den Tergiten 3 und 4. Diese Flecken sind durch einen weißlichen Kern auf dem 4.Tergit ausgezeichnet, der dem Seitenrand anliegt und durch einen gleichgefärbten schmalen Seitensaum mit dem ebenso gefärbten Hinterrand des 5. Ter- gits verbunden ist. Vor dem Hinterrand des 5.Tergits in der Mitte eine rotgelbe Zone bis zum Vorderrand. Bauchseite rotgelb mit schwarzen Querstreifen auf den Sterniten. 28. Hermione stuckenbergi.n.sp. (Abb. 4) 2 22 vom Indumeni River, Fynbos consocies, 6300 ft., Cathedral Peak, Forestry Reserve, Natal Drakensberg, III. 1959, B. et P. STUCKENBERG. ?: Schwarz, Augen behaart, Stirn so breit wie ein Auge von vorne gesehen, schwarz glänzend mit 2 gelben Längsstreifen, etwas über den Fühlern, ein wenig brei- ter beginnend, oben sich verschmälernd und das oberste '/, der Stirn freilassend. Orbiten oben, neben dem Scheitel, mit einem gelben Fleckchen, die untere Hälfte N ılul Mc Luna LOUUNT (N Abb. 4. Hermione stuckenbergi n. sp. Kopf, Abdomen (9). ebenfalls gelb. Fühler schwarz, die beiden Basalglieder gelb. Rüssel bräunlichgelb. Behaarung überall abstehend und glänzend. Thorax schwarz mit gelber Zeichnung und langer, aufgerichteter und glänzender Behaarung. Gelb sind 2 schmale Dorsal- streifen, die nur bis zur Quernaht gehen, die Postalarschwielen, die Notopleuralnaht und die Umgebung der Flügelbasis. Das Schildchen ist schwarz, die beiden Dorne sind lang, rotgelb mit schwarzen Enden, stark aufgerichtet und leicht geschwungen. p bräun- lichgelb, mit unscharf begrenzten, braunen, breiten Ringen auf den f und t und apikal gebräunten Tarsen. Die Flügel sind am Vorderrand, an der Spitze und schwächer am Hinterrand breit grau gesäumt. Adern und Randmal braun. Schwinger weiß. Ab- 1961 LINDNER, ÄTHIOPISCHE STRATIOMYIIDEN Nr. 68 / 13 domen schwarz mit kurzer, aufgerichteter Behaarung und einer gelben Zeichnung. Sie besteht aus einem feinen gelben Saum, der nur in den Vorderwinkeln der Tergite fast unterbrochen wird. Die Hinterwinkel sind dagegen auf den Tergiten 1 und 2 von kleinen, gelben Dreiecken, auf dem 3. Tergit von einem größeren Viereck, auf dem 4. von einem gelben Dreieck ausgefüllt. Bauchseite bräunlichgelb mit größeren schwarz- braunen Seitenflecken, besonders auf den letzten Sterniten. 5 mm. 29. Hermioneabyssinica Bezzi 1905 (Bull. della Soc. Ent. Ital. XXXVII, p. 230) 1 3 von Villa Paiva d’Andrada, Manica-Sofala Dist., Port. East Afr., Gallery Forest, IX. 1957, STUCKENBERG. 5: Kopf schwarz, mit der gewöhnlichen weißlichen Bestäubung des Gesichts und der weißßlichen Behaarung der Unterhälfte des Hinterkopfes. Augen behaart; Fühler rötlichgelb, an der Basis heller, apikal dunkler. Thorax ganz schwarz, mit aufge- richteter, weißlicher, in der Mitte des Dorsums und auf dem Schildchen kürzerer, schwarzer Behaarung darunter. Schildchen schwarz, mit aufgerichteten, gelben, an der Spitze schwarzen Dornen. p chitingelb, die t schwarzbraun gezeichnet, die t, am schwächsten, die t, am stärksten. Letztere sind fast schwarz, mit Ausnahme der Basis und eines schmalen gelben Ringes etwas vor der Mitte. An den t, und t, ist in der Haupt- sache die Oberseite dunkelbraun gefärbt, und an der Stelle des Ringes ist ein helles Fenster. Vordertarsen braunschwaız, an den p, und p, nur die 2 letzten Tarsenglieder dunkelbraun. Flügel unter dem braunen Randmal mit einem grauen Schatten; die Zelle R, fast gelblich; die Adern braun. Schwinger gelblichweiß mit braunem Stiel. Ab- domen schwarz, glänzend; das letzte Tergit am Hinterrande gelb. 4,5 mm. Es ist das d, das Bezzı 1905 beschrieben hat, dieselbe Art, die mir 1934 in 2 22 aus Südrhodesien vorgelegen hatte. Damit ist die Verbreitung von Abessynien bis Rhodesien und Mozambique festgestellt. Frühere Arbeiten des Autors über Äthiopische Stratiomyiiden 1935 Aethiopische Stratiomyiiden (Deutsche Ent. Zeitschr., Jahrgang 1934, S. 291-316). 1938 Aethiopische Stratiomyiiden (Mittlgn. d. Deutsch. Ent. Gesellsch., Jahrgang 3, S. 66-73). 1938 Stratiomyiiden aus dem Kongo-Gebiet (Bulletin du Musee royal d’Hist. Natur. de Belgique, BOXIVZEppel- 35): 1939 Stratiomyiidae, Ruwenzori Expedition 1934—1935, Vol. Il, pp. 1—11 (London, Brit. Mus.). 1942 Beiträge zur Kenntnis der Insektenfauna Deutsch-Ostafrikas, insbesondere des Matengo-Hoch- landes, Ergebnisse einer Sammelreise H. Zernys 1935—1936. VI. Diptera: 2. Stratiomyiidae (Ann. d. Naturhist. Mus. in Wien, 53. Bd., 11. T., S. 101—-106). 1943 Zwei neue afrikanische Nemotelus-Arten (Zool. Anz., Bd. 141, S. 176-178). 1952 Aethiopische Stratiomyiiden (Dipt.) III (Revue Zool. Bot. Afr., XLVI, pp. 333—344). 1953 Ostafrikanische Stratiomyiiden (Ergebnisse der deutschen Zoologischen Ostafrika-Expedition 1951—1952, Gruppe Linpner — Stuttgart, Nr. 12) (Jh. Ver. vaterl. Naturk. Württemberg, 108. Jahrgang, S. 18—29). 1955 Contribution ä l’etude de la faune entomologique du Ruanda-Urundi (Mission P. BasıLEwskY, 1953, XXX, Diptera, Stratiomyiidae, Ann. Mus. Congo, Tervuren, Zool., 36, pp. 290—295). 1955 Congo-Stratiomyiidae (Dipt.) (Revue Zool. Bot. Afr., LIl, pp. 241—-245). 1958 Aethiopische Stratiomyiiden (Dipt.) IV. (Jl. Ent. Soc. S. Africa, Vol. 21, p. 121—128). 1958 Stratiomyiidae, in (Parc Nation. de L’Upemba, I. Miss. G. F. pe Wirtz, Fasc. 52, p. 33—38). 1959 Diptera Stratiomyiidae in (South African Animal Life, Vol. VI, p. 373—375). 1960 Afrikanische Stratiomyiiden (Ergebnisse Forschungsreise Linpner 1958/59 — Nr. 2, Stuttg. Beiträge z. Naturkunde Nr. 44, S. 1-8). Anschrift des Verfassers: Professor Dr. Erwin Lindner, Stuttgart ©, Archivstraße 4 Stuttgarter Beiträge zur Naturkunde aus dem Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart Stuttgart 24. Oktober 1961 Nr. 69 Über die Bedeutung des Großwilds für die Ausbildung der Pflanzendecke Von Heinrich Walter, Stuttgart-Hohenheim Die Verbreitung des Großwilds unter natürlichen Verhältnissen hängt, soweit es sich nicht um Raubtiere handelt, ganz von der Pflanzendecke als Weidegrundlage ab. Es fragt sich dabei, ob auch umgekehrt die Vegetation eine merkliche Beeinflussung durch das Großwild erfährt. Es ist bekannt, daß in unseren Wäldern ein hoher Hirsch- bestand nicht nur sehr große Schäden an den Bäumen verursacht, sondern zugleich auch stark auslesend auf den Nachwuchs wirkt. Zum Beispiel kommt auf den Ver- jüngungsflächen des Hochschwarzwaldes in den Forstrevieren mit Hirschen kaum eine Tanne auf. Ein Tannenwald mit einzelnen Fichten muß sich deshalb mit der Zeit ohne Schutz des Jungwuchses durch Eingattern zu einem reinen Fichtenwald entwickeln. Aber das sind keine natürlichen Verhältnisse, weil durch das Fehlen von Raub- wild das natürliche Gleichgewicht in der Natur gestört ist. Die Tatsache, daß vor den Eingriffen des Menschen die Tanne neben der Buche der dominierende Baum war, wie pollenanalytische Untersuchungen beweisen, zeigt, daß die Hirsche unter natür- lichen Bedingungen kein die Vegetation stark beeinflussender Faktor waren. Eine gewisse Beeinflussung wird man nicht abstreiten, wie z.B. die Ausbildung der Läger- flora usw. In natürlichen Wäldern kann das Großwild auch gar keine bedeutende Rolle spielen, weil es nie sehr zahlreich ist. Dagegen wird man einen Einfluß in den Gras- und Savannenlandschaften erwarten, wo die Großwildherden nach Hunderten oder gar Tausenden zählten und sich in schwach besiedelten Gebieten noch bis jetzt halten konnten. Es kann als gesichert gelten, daß der Laubwald in Grenzgebieten der amerika- nischen Prärie heute nicht die Fläche einnimmt, die er dem Klima nach bedecken könnte. Die östlichen Teile der Prärie sind potentielles Waldland. Der Wald rückt auch langsam ständig gegen die Prärie nach Westen vor, sofern der Mensch nicht in diesen natürlichen Ausgleich eingreift. Man nimmt gewöhnlich an, daß die von den Indianern angelegten Waldbrände den Wald gegen Osten zurückgedrängt hatten und er jetzt, nach Aufhören der Brände, das verlorene Gelände wieder zurückerobert (1). Aber es ist nicht ausgeschlossen, daß neben den Waldbränden auch die früheren Bisonherden durch häufiges Weiden an den Waldrändern die Verjüngung dort ver- hinderten und die Ausbreitung des Graslandes auf Kosten des Waldes förderten. Viel deutlicher scheint der Einfluß des Großwildes in den Savannenlandschaften Afrikas südlich des Äquators zu sein. Hier hat sich das Großwild zum Teil noch bis in die Gegenwart hinein in großen Herden gehalten. Der die Vegetation bestimmende Faktor in diesen Gebieten kommt sehr deutlich zum Ausdruck, wenn wir die Savannen Afrikas mit denen des inneren Australiens vergleichen. Wir verstehen dabei unter „Savannen“ nicht eine mosaikartig aus verschiedenen Vegetationstypen aufgebaute Landschaft, z.B. mit Waldinseln und Galeriewäldern in reinem Grasland — das sind Parklandschaften —, sondern eine einheitliche, natürliche Vegetationsformation, die aus einer Gras- 2 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 69 decke mit einzelnen, darin verstreuten Bäumen oder Sträuchern besteht. Holzpflanzen und Gräser stehen hier in einem ökologischen Gleichgewicht, das durch die Nieder- schlagshöhe und den natürlichen Wasserverbrauch der Pflanzen bestimmt wird (2). Vergleicht man die afrikanischen Gras- und Baumsavannen mit denen Australiens, so fällt einem sofort auf, daß in Afrika fast alle Holzgewächse der Savannen, nament- lich in den trockeneren Gebieten, in denen der Holzwuchs schon gehemmt ist, dornig sind. Es sind vor allen Dingen die Acacia-Aıten und andere Mimosaceen, aber auch Vertreter vieler anderer Familien. Dieser Savannentypus wird deshalb häufig als Dornbusch-Savanne bezeichnet. Unter ähnlichen klimatischen Bedingungen fehlt die Dornbusch-Savanne in Australien ganz. Dabei ist die Gattung Acacia in Australien eher stärker vertreten (etwa 500 Arten) als in Afrika. Die australischen Acacia-Arten gehören jedoch zum weitaus größten Teil zur Sect. Phyllodinae, in der die gefiederten Laubblätter nur im Keimlingsstadium vorhanden sind, bald jedoch durch die blattförmig ausgebildeten Blattstiele (Phyllodien) ersetzt werden. Nur wenige Arten haben Phyllodien mit einer stacheligen Spitze, die meisten sind völlig unbewehrt. Es gibt auch in Australien einige dornige Acacia-Aıten mit Fiederblätteın, z.B. Acacia pulchella. Aber diese Art kommt im Waldgebiet von W-Australien auf Waldlichtungen nur dort vor, wo schon Schafweide eine große Rolle spielt. Dieser Unterschied in der Ausbildung der Savannensträucher in Afrika und Australien wird verständlich, wenn man berücksichtigt, daß es in Australien praktisch nur die Känguruhs als weidendes Großwild gibt. Die Zahl derselben war sicher nie- mals sehr groß. Heute sind sie eher zahlreicher, weil sie die Dürrejahre infolge der für die Schafe gebauten Tränkstellen (mit Bohrloch und Windmotor) viel leichter über- stehen. Damit sie nicht zu sehr überhandnehmen, werden sie in bestimmten Gebieten von durch die Regierung bezahlten Jägern unter Kontrolle gehalten. Wir können deshalb sagen, daß die afrikanische Dornbusch-Savanne das Produkt einer durch lange Zeiträume hinduıch fortdauernden Auslese durch das Großwild ist. Man hat im Kampf gegen die teleologischen Deutungen in der Ökologie öfters die Bedeutung der Dornen und Stacheln als Schutz gegen Tierverbiß angezweifelt und darauf hingewiesen, daß z.B. der Esel Disteln frißt und auch sonst das Vieh Blätter von dornigen Pflanzen abweidet. Man übersah dabei jedoch, daß es sich gar nicht um einen absoluten Schutz zu handeln braucht. Es genügt vielmehr eine Be- günstigung im gegenseitigen Wettbewerb der Pflanzen um wenige Prozent. Im Laufe der Generationen wirkt diese sich so aus, daß die begünstigte Art die andere ganz verdrängt. Daß bei Beweidung eine Begünstigung der dornigen Pflanzen im Wett- bewerb stattfindet, kann man nicht abstreiten. Sie werden niemals so stark abgefressen und kommen viel leichter zum Blühen und Fruchten. Ist die Beweidung besonders stark, wie es jetzt häufig auf überstockten Farmen der Fall ist, dann wird aus der Savanne ein wertloses Dornbuschdickicht. Das ist die in den Subtropen eine so große Gefahr für die Farmwirtschaft darstellende Verbuschung (3). In Südamerika übernehmen die Rolle der Dornsträucher zum größten Teil die dornigen und stach- ligen Kakteen. Auf Neuseeland gab es vor der Besiedlung übeıhaupt keine Säugetiere mit Aus- nahme von 2 Fledermaus-Arten. Auch die Maoris hatten nur einen Hund und eine Ratte aus Polynesien mitgebracht. Es ist nun interessant, festzustellen, daß es zu- gleich in Neuseeland kaum dornige oder stachlige Arten gibt. In den dichten Wäldern ist eine Rubus-Liane häufig, die hoch in die Baumwipfel klettert und deren Stämme fast Armdicke erreichen können. Bei ihr dienen die Stacheln nicht als Tierschutz, sondern als Mittel zum Festhaften beim Klettern. Sehr scharfe Blattspitzen besitzt die merkwürdige Yucca-ähnliche Umbellifere Aciphylla. Dornig ist die in den trockensten Gebieten vorkommende Hymenanthera dentata. Ihre Ausbreitung wird durch die heu- tige Schafweide begünstigt. 1961 WALTER, GROSSWILD UND PFLANZENDECKE Nr. 69/3 Wir müssen es uns so vorstellen, daß durch ein trockenes Klima die Verdornung der Sprosse und die Ausbildung von Stachelspitzen physiologisch begünstigt wird (Aus- bildung dickerer Zellwände, Ligninbildung), daß aber diese Arten im direkten Wett- bewerb mit anderen benachteiligt sind. Denn Verdornung bedeutet unproduktiven Veıbrauch an Assimilaten, die für die Ausbildung einer größeren, produktiv photo- synthetisch wirksamen Blattfläche verlorengehen. Erst wenn der Tierverbiß dazu kommt, hat die Verdornung positiven Selektionswert, so daß die dornigen und stach- ligen Arten im Wettbewerb die Oberhand gewinnen können. Der Faktor der weiden- den Tiere muß also hinzukommen. Tatsächlich können wir auf Neuseeland beobachten, daß jetzt, nachdem die ge- rodeten Stellen seit über 100 Jahren durch Schafe beweidet werden, sich der aus Europa zunächst als Heckenstrauch angepflanzte Stechginster, Ulex europaeus, aus- breitet, ebenso auch Rosa rubiginosa. Beide gehen als lästige Weideunkräuter weit in das trockene Otago hinein, erweisen sich also als dürreresistent. Wenn in Europa Ulex europaeus ein extrem atlantisches Florenelement ist, so muß man das auf seine geringe Frostresistenz zurückführen. Nur in dem atlantischen Gebiet ist er keinen stärkeren und längere Zeit anhaltenden Fırösten ausgesetzt. Das feuchte Klima da- gegen braucht er nicht. Das ist ein Beispiel, aus dem deutlich hervorgeht, daß man aus der Verbreitung einer Pflanze nur mit größter Vorsicht Rückschlüsse hinsichtlich ihrer physiologischen Ansprüche ziehen darf. Bei uns gilt Ulex als höhere Feuchtigkeit verlangende Art im Vergleich zu dem in Mitteleuropa noch weit verbreiteten Besenginster (Sarothamnus). Tatsächlich zeigt jedoch sein Verhalten in Neuseeland, daß er dürreresistenter als der Besenginster ist, jedoch empfindlicher gegen Frost. Denn der bei uns subatlantische Sarothamnus scoparius breitet sich nur in den feuchteren Teilen Neuseelands auf den Weiden aus. Dieser Strauch ist zwar dornlos, aber durch bestimmte Inhaltsstoffe vor Verbiß geschützt. Neuseeland ist aber noch in anderer Hinsicht für die Frage der Einwirkung von Großwild auf die Pflanzendecke interessant. Es ist dort ein ungewolltes Experiment durchgeführt worden. Als die Europäer nach Neuseeland kamen, glaubten sie, daß man in einem Lande ohne Wild nicht leben kann. Sie wollten nicht auf die Jagd und das Wildbret verzichten. Deshalb wurden in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts und zu Beginn vom jetzigen aus Europa, und zwar aus England, aber auch aus allen anderen Kon- tinenten Säugetiere eingeführt. Die meisten haben sich eingebürgert (4). Mißerfolge waren hauptsächlich dann zu verzeichnen, wenn es sich um Wild aus warmen und trockenen Gebieten handelte. Zum Beispiel haben sich nicht einbürgern lassen: Zebra, Gnu, das Blauschaf (Pseudois nayaur), verschiedene Beuteltiere, wie Busch-Wallaby (Thylogale sp.), Riesen-Känguruh Macropus (Osphranter) erubescens, Potorous tri- dactylus, Pseudochirus peregrinus, Isoodon sp., Dasyurus sp. Auch dem Lama und dem Alpaca sagte Neuseeland nicht zu, ebenso den Cerviden Odocoilus hemionus und Cariacus spec., sowie unter den Nagern dem Meerschweinchen, dem braunen Kalifor- nischen Eichhörnchen und dem Chipmunk (Tamia striatus) und der Maori-Ratte. Nicht eingebürgert haben sich im Freien auch der europäische Hund und der Maori-Hund sowie unter den Carnivoren der Waschbär Procyon lotor. Dagegen sind von Haustieren verwildert: Ziegen, Schafe, Rinder, Schweine und vereinzelt auch Pferde. Eingebürgert haben sich von den Paaıhufern der Rothirsch (Cervus elaphus), der Damhirsch (C. dama) sowie andere Hirsche (C. axis, C. unicolor, C. canadensis, C. nippon, Odocoileus virginianus), auch die Gemsen (Rupicapra rupicapra) sowie der Himalaya-Tahr (Hemitragus jemlahicus). Von den Nagetieren wären zu nennen unser Hase und das Kaninchen sowie eingeschleppt die Ratten (Rattus rattus, R. norvegicus) und die Hausmaus, von den Carnivoren die Wiesel Mustella nivalis, M. erminea und 4 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 69 M. putorius furo. Dazu kommen der Igel (Erinaceus europaeus) und einige austra- lische Beuteltiere, wie das australische Opossum (Trichosurus vulpecula) und die Klein-Känguruhs Wallabia dorsalis, W. ualabatus, Thylogale eugenii, Petrogale peni- cillata. Von den genannten Tieren sind fünf Arten zu einer ernsten Gefahr ge- worden; vor allen Dingen der Rothirsch und das australische Opossum, aber auch die wilden Ziegen, die Gemsen und das Kaninchen. Letzteres macht sich nur in dem trockeneren Teil, hauptsächlich in Otago, bemerkbar und ist in letzter Zeit mit Er- folg bekämpft worden, vor allen Dingen, nachdem der Verkauf von Kaninchenfellen und -fleisch verboten wurde, so daß es nur noch ein Schädling und keine Nebenein- nahmequelle ist. Auch den Ziegen sagt das feuchte Klima wenig zu. Ihre Bekämpfung wird erschwert, weil dieselbe wilde Ziege zu einem Haustier wird, sobald sie Privat- land betritt und dann nicht mehr abgeschossen werden darf. Die Gemsen sind eine Gefahr im Hochgebirge an der oberen Baumgrenze. Bei zu starker Vermehrung kön- nen sie durch Überweidung eine Bodenerosion einleiten. Da sie für den Jäger in Neuseeland wertlos sind und sich im schwer zugänglichen Gelände der völlig un- besiedelten Gebirge aufhalten, ist es schwer, sie unter Kontrolle zu halten. Viel unangenehmer macht sich das australische Opossum bemerkbar. Zwar wird sein Fell geschätzt, und die Tiere werden in großer Zahl in Fallen gefangen (1946 wurden 800 000 Felle exportiert), aber sie vermehren sich doch noch rascher. Das Opossum hat sich in der Ernährung an eine Reihe von Baumarten angepaßt, die in Australien nicht vorkommen. Auf der Südinsel ist es vor allen Dingen die Myrtacee Metrosideros lucida, die heimgesucht wird. Die Bäume werden bis zum letzten Blatt kahlgefressen und gehen zugrunde. Dia sie aber oft die Baumgrenze im Hochgebirge bilden, besteht die Gefahr, daß diese Bannwälder gelichtet werden und die Boden- erosion große Ausmaße erreicht. Die größte Gefahr droht jedoch vielen neuseeländischen Wäldern von seiten des Rothirsches, der zueiner wahren Pest geworden ist. Bis 1918 hat man die durch die Hirsche verursachten Schäden nicht beachtet; dann wurde jedoch in zunehmendem Maße von forstlicher Seite vor den Hirschen gewarnt. Von 1927 an begann man mit der Bekämpfung. Die Wälder in Neuseeland sind je- doch so schwer zugänglich, daß die Jagd nicht leicht ist. Die abgeschossenen Tiere werden meistens im Walde liegen gelassen. Für die Hirschschwänze wurde eine Prämie bezahlt. Im Jahre 1931 belief sich deren Zahl auf 20 870. Schließlich wurden Jäger, die im Gebirge die Hirsche abschießen sollten, angestellt; sie werden vom Flugzeug aus mit Nahrungsmitteln und Munition versorgt und sind von der übrigen Welt viele Monate ganz isoliert. Aber alle diese Maßnahmen führten zu keinem Er- folg. Der Hirsch hat sich fast über den ganzen bewaldeten Teil der Südinsel aus- gebreitet und ebenso in der südöstlichen Hälfte der Nordinsel (Abb. 1—2). Beson- ders auffallend ist es, daß er die Gebiete bevorzugt, in denen die Südbuchen, also die Nothofagus- Arten, verbreitet sind. Sehr auffallend ist z.B., daß diese Baumarten an der mittleren Westküste der Südinsel fehlen, weil diese während der Eiszeit völlig vergletschert war und die langsam wandernden Nothofagus-Arten in der Postglazial- zeit das Gebiet im Gegensatz zu den Baumarten, deren Samen durch Vögel verbreitet werden, noch nicht erreichen konnten. In diesem Gebiet fehlen zugleich auch die Hirsche. Als Nahrung dient den Hirschen das Laub von sehr verschiedenen Baumarten, die auch durch Schälen und Fegen beschädigt werden. Von Nothofagus sollen ins- besondere die Jungpflanzen vernichtet werden, und das hat zur Folge, daß der Nach- wuchs ausbleibt. Auch sonst leiden die Bodenpflanzen besonders stark, und der Boden wird durch den Tritt verdichtet. Der Wald lichtet sich, und die Bodenerosion setzt ein. Der Wald als solcher ist heute in Neuseeland noch praktisch wertlos. Das Nutz- holz liefern die Aufforstungen mit Pinus radiata, die von der kalifornischen Küste stammt. Der Wert der Wälder besteht jedoch darin, daß sie bei der Steilheit der Nr. 69/5 WALTER, GROSSWILD UND PFLANZENDECKE 1961 (MIIZIOM weu) [ 'qqy Tq ayaıs Sunismellg 2LaM :276I PuepasnoN uoA [osurpioN I9p Ne sawpsıupp sap sunmsrgo\ Aq 2 "QgV “(MOIZao NM eu) Iopaım snan[oyoN, uoA [eaIy Sep Iq13 J9Ig9, SJuuye1ogurd alu] auld Wınp sel] 'Iypnasıaa S1UaM — JIoNyund pl] YOLgan) saJypnasıaA Yaeıs — Ouyund Iypıp :ZF6I puej2o9snaN UOA [OsulpnS I9p ne saypsıry sap Zunypagia‘ lg 'T 'gqV 6 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 69 Berghänge die Bodenerosion verhindern. Vernichtung der Wälder bedeutet deshalb eine große Gefahr für das Farmland in den Flußtälern und Niederungen. Mit Aus- nahme von den trockenen Beckenlandschaften im Windschatten, also östlich von dem Hauptkamm der neuseeländischen Alpen auf der Südinsel, übersteigen die Nieder- schläge fast überall in Neuseeland 1000 mm und können im Gebirge bis zu 7000 mm erreichen. Deshalb ist die Gefahr einer Bodenerosion und die von Hochfluten ge- geben. Es ist aus diesem Grunde verständlich, daß man zu sehr radikalen Mitteln zur Vernichtung der Hirsche greifen will, nämlich zur Ausstreuung von mit Fluorid- präparaten vergifteten Karotten über den von Hirschen verseuchten Wäldern vom Flugzeug aus. Aus den angeführten Beispielen erkennen wir, daß der Mensch das Gleichgewicht der Natur nicht nur durch die Vernichtung der Tierwelt stören kann, sondern auch durch eine durchaus unangebrachte, aber gewollte Bereicherung. Jeder Eingriff in das sehr subtile Gleichgewicht einer Naturlandschaft kann schwere und von vornherein nicht vorauszusehende Folgen nach sich ziehen. Die Gefahr ist besonders groß in wenig besiedelten Gebieten, wo man nur geringe Mittel und keine Arbeitskräfte zur Verfügung hat, um ein neues Gleichgewicht herbeizuführen, wie es sich in alten Kulturlandschaften mit der Zeit einstellt, zu dessen Aufrechterhaltung allerdings eine dauernde Anstrengung notwendig ist. _ Zum Schluß sei nur noch darauf hingewiesen, daß die Viehherden der Farmer und Eingeborenen in den früher wildreichen Gebieten Afrikas nicht etwa vom Stand- punkt der Natur das Wild ersetzen, sondern daß sie eine ganz andere Auswirkung auf die Pflanzendecke haben. Das domestizierte, wenig bewegliche Vieh entfernt sich möglichst wenig von den Wasserstellen. Es vernichtet deswegen die Pflanzendecke um diese herum völlig und läßt die weiter entfernten Teile der natürlichen Weideflächen unberührt. Deshalb machen sich in allen befarmten Graslandschaften bei extensiv betriebener Weide Zer- störung der Pflanzendecke, starke Bodenerosion, ein Einschneiden der Flußbette und dadurch bedingte Grundwassersenkung, unregelmäßige Wasserführung der Flüsse, Hochfluten und Dürreerscheinungen in immer höherem Ausmaß bemerkbar. Meistens versucht der Farmer eine ungünstige Veränderung des Klimas dafür verantwortlich zu machen und nicht die Überstockung der beweideten Flächen mit Vieh. Aber nur der Übergang zu einer rationellen und intensiveren Umtriebsweide mit einer den jeweiligen Verhältnissen angepaßten Rotation und Düngung kann wieder Ordnung in die zerstörte Naturlandschaft bringen und sie in eine Kulturlandschaft umwandeln, die eine dauerhafte, rentable Wirtschaft sichert. Literatur WALTER, H.: Ist die Prärie von Natur aus baumlos? — Geogr. Ztschr. 41, 16—-26, 1935. — Grundlagen der Weidewirtschaft in Südwestafrika (mit einem Bestimmungsschlüssel von ©. H. Voık). — Verlag Eugen Ulmer, 1954. — Die Verbuschung, eine Erscheinung der subtropischen Savannengebiete und ihre ökologischen Ursachen. — Vegetatio 5/6, 6—-10, 1954. Wopzıcki, K. A.: Introduced Mammals of New Zealand. — Dep. of Scient. and Industr. Res., Bulletin No. 98, 1950. Anschrift des Verfassers: Prof. Dr. Heinrich Walter, Stuttgart-Hohenheim, Botanisches Institut der Landwirtschaftlichen Hochschule 4 06#3 37 Stuttgarter Beiträge zur Naturkunde aus dem Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart Stuttgart 24. Oktober 1961 Nr. 70 Die Typen und Typoide südafrikanischer Meeresmollusken im Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart l. Gastropoda Von Horst Janus, Stuttgart Mit 39 Abbildungen auf 4 Tafeln Unter den Molluskenbeständen des Staatlichen Museums für Naturkunde in Stutt- gart haben seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts die Schnecken, Muscheln und Käferschnecken aus Südafrika eine besondere Beachtung gefunden, da viele neue Arten darunter waren. Das Material stammte einmal von dem Baron v. Lupwiıc, einem in Kapstadt ansässigen Württemberger, der dem Königlichen Naturalienkabinett in Stuttgart 1826, 1828 und 1837 reichhaltige Sammlungen aus allen drei Naturreichen übergab. Zum anderen war es der nachmalige Direktor des Naturalienkabinetts, FERDINAND Krauss, der von einer Forschungsreise nach Südafrika in den Jahren 1838 bis 1840 unter anderem auch viel neues und wertvolles Molluskenmaterial mitbrachte. Darüber hinaus wurde Krauss durch die sorgfältige Bearbeitung der gesamten süd- afrikanischen Mollusken in den Stuttgarter Sammlungen, durch die Beschreibung vieler neuer Arten und eine erste Zusammenfassung der geographischen Verbreitung der Weichtiere in Südafrika zum Begründer der südafrikanischen Molluskenkunde. Auch heute gilt er noch als das und wird in Arbeiten über die Mollusken Südafrikas hervor- gehoben. Das Werk, mit dem er diesen Ruhm begründete, sind „Die südafrikani- schen Mollusken“, erschienen 1848 in Stuttgart bei Ebner & Seubert. Leider läßt sich über die Fortdauer des Ruhms der Stuttgarter Sammlungen, eine bedeutende Aufbewahrungsstätte von Originalmaterial südafrikanischer Mollusken zu sein, nichts ähnlich Gutes berichten. Im Gegenteil: Die in der folgenden Zusammen- stellung erwähnten Typen und Paratypoide von Schnecken, dazu 5 Käferschnecken, die später veröffentlicht werden sollen, sind alles, was in Stuttgart noch an Meeres- mollusken-Originalen aus Südafrika vorhanden ist. Erwähnt man dazu noch, daß das gesamte Stuttgarter Originalmaterial der Land- und Süßwassermollusken aus Südafrika verschollen ist, so sind die Ausmaße des Schwundes ganz offenbart. Trotz jahrelanger Bemühungen gelang es nicht, den Verbleib unseres südafrika- nischen Molluskenmaterials zu ermitteln. Als Verf. 1949 die Betreuung der Mollusken- sammlung in Stuttgart übernahm, waren die von den Kriegsverlagerungsorten zu- rückgekehrten Bestände noch unausgepackt. Da keine direkte Vorgänger-Nachfolger- Situation bestand und Aufzeichnungen nicht vorhanden waren, ließ sich nicht fest- stellen, was im kriegszerstörten Gebäude Archivstraße 2 verblieben war, und ob alles aus der Verlagerung zurückgekehrt war. So kamen dann im Laufe des Neuordnens der Molluskensammlung die Lücken auf. Nach Einsicht in die Arbeit von ConnoLLY (1939) schien dieser zu einer Schlüsselfigur zu werden, weil er angab, fast alle Ori- ginale vorliegen gehabt zu haben, und sich bei den Direktoren von Museen, darunter 2 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 70 Stuttgart, dafür bedankte (p. 1). In Stuttgart war nicht festzustellen, ob er die ent- liehenen Originale wieder zurückgegeben hatte, oder ob das etwa, vielleicht durch den Kriegsausbruch verhindert, unterblieben war. ConnoııyY selbst war 1947 gestorben, und so konzentrierte sich das Interesse auf seine hinterlassene Sammlung. Der Ver- mtung, daß mit seiner Sammlung auch das Stuttgarter Material an das Britische Museum in London gekommen sei, wurde vom Britischen Museum nachgegangen, allerdings mit negativem Ergebnis. Vor kurzem erhaltene Auskünfte an den Verf. von den Naturhistorischen Museen in Wien und Stockholm lauten dahingehend, daß Connoııy von dort entliehenes Material zu derselben Arbeit bereits viele Jahre vor dem zweiten Weltkrieg zurückgegeben hat. So liegt denn heute der Schluß nahe, daß der Verlust unseres Materials in Stuttgart selbst im Zusammenhang mit Kriegs- einwirkungen erfolgt ist. Für freundlich gewährte Unterstützung mit Rat und Tat bei der Erstellung der folgenden Liste danke ich herzlich Herrn Dr. A. Zıuch vom Naturmuseum und For- schungsinstitut Senckenberg in Frankfurt am Main; ferner gilt mein Dank für die Ausleihe von Material Herın Dr. R. Kırıas vom Zoologischen Museum in Berlin. Bei meinen Nachforschungen durfte ich mich dankbar der Mithilfe von Frau VAN DER FEEN-vAN BENTHEM Jurrıns (Amsterdam) und der Herren Dr. Pacrr (Wien), Dr. Dance und Dr. GausrAıtH (London), Dr. Forcarr (Basel), Intendant ANDERSSON (Stockholm), Dr. Jarckeı (Berlin) und Dr. Mönn (Stuttgart) bedienen. Klasse: Unterklasse: Ordnung: Oberfamilie: Familie: Unterfamilie: Gattung: Gastropoda Prosobranchia Archaeogastropoda Pleurotomariacea Fissurellidae Diodorinae Diodora Gray 1821 Diodora (D.) crucifera (Pilsbry 1890) Tafel 1, Fig. 1-3 1848 Fissurella cruciata Krauss. — Krauss, Die südafrikanischen Mollusken, S. 67, TabalV a9: Fissurella cruciata Krauss. — REEvE, Conch. Ic., VI, pl. XIII, f. 96. Lucapina cruciata Krauss. — Apams, H..et A., Genera of Recent Mollusca, IE p. 447. Fissurella cruciata Krauss (not cr. Gould). — Sowersy, Thes. Conch., III, p. 201, £.191. Glyphis crucifera Pilsbry. — Pırssry, Man. Conch., XII, p.225f., pl. 32, figs. 27—31. Fissurella cruciata Krauss. — BartscH, Rep. Turton Coll. etc. USNM Bull. 91, p. 239 (Zitat). 1932 Glyphis crucifera Pilsbry. — Turton, Mar. Shells Pt. Alfred, p. 208. 1932 Diodora crucifera (Pilsbry). — Tomuin, Ann. S. A. Mus., XXX, p. 160 (Zitat). Natal. — Krauss leg. 1840 (Lectotypus: Museum Stuttgart MT 111; Paratypoid: Museum Stuttgart MT 1110). 1850 1858 1866 1890 15 Maße (in mm) Paratypoid a Ra 12,9 BR 8,2 N a 4,0 Schalenloch-L ...... 1,3 Schalenloh-B ...... 0,8 Der Name Fissurella cruciata war 1846 von Gouıp bereits für eine andere Art vergeben worden und wurde 1890 von Pırsgry durch Glyphis crucifera ersetzt. 1961 JANUS, TYPEN UND TYPOIDE, GASTROPODA Nr. 70/3 Gattung: Megatebennus Pilsbry 1890 Megatebennus incarnatus (Krauss 1848) Tafel 1, Fig. 4—6 1848 Fissurella incarnata Krauss. — Krauss, Die südafrikanischen Mollusken, S. 65, Tab. IV, Fig. 7. 1866 Fissurellidaea incarnata Krauss. — SoweErßY, Thes. Conch., III, p. 203, f. 199. 1890 Megatebennus incarnata (sic!) Krauss. — Pırssry, Man. Conch., XII, p. 186 f., pl. 35, figs. 4, 5. 1915 Fissurella incarnata Krauss. — BartscH, Rep. Turton Coll. etc. USNM Bull. 91, p.239 (Zitat). 1932 Fissurellidaea incarnata Krauss. — Turron, Mar. Shells Pt. Alfred, p. 206. Cap. — Krauss leg. 1840 (Lectotypus: Museum Stuttgart MT 112; Paratypoid: Museum Stuttgart MT 1120). Maße (in mm) Lectotypus Paratypoid ee 16,1 RER 10,1 Nee 3,9 Schalenloh-L ...... 3,1 Schalenloh-B ...... 2,1 Unterfamilie: Fissurellinae Gattung: Fissurella Bruguiere 1789 Fissurella (Cremides) natalensis Krauss 1848 Tafel 1, Fig. ”—9 1848 Fissurella natalensis Krauss. — Krauss, Die südafrikanischen Mollusken, S.66 f., Tab. IV, Fig. 8. 1849 Fissurella natalensis Krauss. — REEvE, Conch. Ic., VI, pl. III, £. 15. 1858 Fissurella (Cremides) Natalensis Krauss. — Apans, H. et A, Genera of Recent Mollusca, I, p. 446. 1866 Fissurella natalensis Krauss. — SoweErßy, Thes. Conch., III, p. 190, f. 69. 1890 Fissurella natalensis Krauss. — Pırsery, Man. Conch., XII, p.173, pl. 38, figs. 76— 78. 1915 Fissurella natalensis Krauss. — BArtscH, Rep. Turton Coll. etc. USNM Bull. 91, p. 176, 226. 1932 Fissurella natalensis Krauss. — Turton, Mar. Shells Pt. Alfred, p. 204. Natal. — Krauss leg. 1840 (Lectotypus: Museum Stuttgart MT 113; Paratypoide: Museum Stuttgart MT 1130, 1131, 1132, 1133, 1134). Paratypoide 1130” 1131” 1132 1133 25,3 23,3 De 15,4” * 14,3 11,6 NE ER ES 90 7,9 6,5 Schalenloh-L ...... 6,5 5,6 3,9 4,0 3,1 Schalenloh-B ...... 2,6 2,1 17, 1,6 1,2 * Die beiden größten Exemplare schieden bei der Lectotypus-Wahl wegen umfangreicher Korrosion der Oberfläche aus. ** Am rechten Rand bei der größten Breite abgebrochen. Oberfamilie: Patellacea Familie: Patellidae Unterfamilie: Patellinae Gattung: Patella Linne 1758 Patella (Patellidea) argenvillei Krauss 1848 Tafel 2, Fig. 1—3 1848 Patella Argenvillei Kraus. — Krauss, Die südafrikanischen Mollusken, S.49f. 1854 1891 1915 1932 1942 1949 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 70 Patella argenvillii (sic!) Krauss. — Reeve, Conch. Ic., VIII, pl.X, f.20a,b. Patella argenvillei Krauss. — Pıussry, Man. Conch., XIII, p. 95, pl. 22, figs. 15, 16; pl. 58, fig. 44. Patella argenvillei Krauss. — BartscH, Rep. Turton Coll. etc. USNM Bull. 91, p. 143, 226. Patella argenvillei Krauss. — Turton, Mar. Shells Pt. Alfred, p. 167. Patella argenvillei Krauss. — TomLın & STEPHENSoN, Proc. Mal. Soc. London, Pop: Patella argenvillei Krauss. — KocH, Ann. Natal Mus., XI, p. 494 f. Cap. — v. Lupwic ded. 1837 (Lectotypus: Museum Stuttgart MT 114). Maße (in mm) VE ER 72,0 Be 53,3 a ee a ae 39,9 Lectotypus Oberfamilie: Neritacea Familie: Neritidae Unterfamilie: Neritinae Gattung: Nerita Linne 1758 Nerita (Amphinerita) umlaasiana Krauss 1848 Tafel 2, Fig. 4—6 1848 1858 1887 1888 1888 1915 1932 Nerita umlaasiana Krauss. — Krauss, Die südafrikanischen Mollusken, S.89, Tab. V, 25. Nerita Umlaasia (sic!) Krauss. — Apams, H. et A., Genera of Recent Mollusca, I, 80%. Nerita Umlassiana (sic!) Krauss. — Sowerer, Thes. Conch., V, p. 106, Tab. VI, ‚ie, 125. Nerita Umlaasiana Krauss. — v. MArTEns, Conch. Cab. II, 11, S.82, Taf. 13, fig. 1216. Nerita polita var. umlaasiana Krauss. — Tryon, Man. Conch., X, p. 31, pl. 7, fig. 18. Nerita umlaasiana Krauss. — BArTscH, Rep. Turton Coll. etc. USNM Bull. 91, p. 245 (Zitat). Nerita umlaasiana Krauss. — Turrton, Mar. Shells Pt. Alfred, p. 297 (Zitat). Umlaas Fluß, Natalküste. — Krauss leg. 1840 (Lectotypus: Museum Stuttgart MT 115; Paratypoide: Museum Stuttgart MT 1150, 1151, 1152, 1153). ee Maße* (in mm) Paratypoide 1151 AR ; 14,5 Lectotypus* ” 1152 13,1 ER 13,9 14,3 11,4 10,1 10,7 ee 10,3 10,4 7,8 7,3 73 Zahl der Umgänge .. 31/a 31/g 31/8 3 31/8 * Abweichend von allen anderen Fällen wurden die Neriten zur Messung auf die Mündungsseite gelegt. Dann bezeichnet L die größte Längenerstreckung, B die darauf senkrecht stehende Horizontalabmessung, H die Entfernung des höchsten Punktes der Wölbung von der Unterlage. ** Der gewählte Typus lag der Abbildung in Krauss’ Werk zugrunde. — Bei den hier abgehan- delten Arten ist eine solche Übereinstimmung nur selten zu bemerken. Oft hat man den Ein- druck, als seien die Abbildungen idealisiert, d.h. komponiert aus dem Erscheinungsbild mehrerer, für gleich typisch gehaltener Exemplare. *** Dazu ferner 3 juvenile Exemplare unter 10 mm Länge. 1961 JANUS, TYPEN UND TYPOIDE, GASTROPODA Nr. 70/5 Ordnung: Mesogastropoda Oberfamilie: Littorinacea Familie: Littorinidae Gattung: Littorina Ferussac 1821 Littorina (Melaraphe) africana Philippi 1847 Tafel 3, Fig. 1 und 2 1847 Litorina africana Krauss. — PnıLıppi, Beschr. Abb. Conchyl., II, S. 199, Taf. 4, Fig. 10. 1848 Litorina africana Krauss. — Krauss, Die südafrikanischen Mollusken, S. 102. 1853 Littorina africana Krauss. — Küster, Conch. Cab., II, 9, Taf. 4, Fig. 6. 1858 Littorina (Melaraphe) Africana Krauss. — Apams, H. et A., Genera of Recent Mollusca, I, p. 314. 1858 Littorina africana Krauss. — Rerve, Conch. Ic., X, pl. VIII, £.37 a,b. 1882 Litorina africana Krauss. — WeEınkAUFF, Conch. Cab., II, 9, S.37, Taf. 4, SD. 1887 Littorina africana Krauss. — Trvon, Man. Conch., IX, p. 248 f., pl. 44, fig. 66. 1915 Littorina africana Philippi. — Bartsch, Rep. Turton Coll. etc. USNM Bull. 91, Pag 225: 1932 Littorina africana Philippi. — Turton, Mar. Shells Pt. Alfred, p. 132. Algoabai. — Krauss leg. 1840 (Lectotypus: Museum Stuttgart MT 106; Paratypoid: Museum Stuttgart MT 1060). (Maße (in mm) Lectotypus Paratypoid "Zahl der Umgänge . PuıLıppı beschrieb 4 Krauss’sche Littorinen (Litorina africana, L. decollata, L. knysnaensis, L. natalensis) ein Jahr vor Krauss selber nach brieflichen Namen von Krauss. Obwohl PhıLıpeı Krauss als Autor angab, müssen doch nach den heutigen Regeln diese Arten Pnırıppı als Autor führen. Littorina (Melaraphe) decollata Philippi 1847 Tafel 3, Fig. 3 und 4 1847 Litorina decollata Krauss. — PhıLıppı, Beschr. Abb. Conchyl., II, S. 196, Taf.4, Fig. 3. 1848 Litorina decollata Krauss. — Krauss, Die südafrikanischen Mollusken, S. 102. 1853 Litorina decollata Krauss. — Küster, Conch. Cab., II, 9, S.9, Taf. 1, Fig. 14, 15. 1858 Littorina (Melaraphe) decollata Krauss. — Apıams, H. et A., Genera of Recent Mollusca, I, p. 314. 1858 Littorina decollata Kıauss. — REEvE, Conch. Ic., X, pl. XVII, f. 92. 1887 Littorina africana Krauss. — Tryon, Man. Conch., IX, p. 248 f., pl. 44, figs. 66, 67. 1915 Littorina decollata Krauss. — BArTtscH, Rep. Turton Coll. etc. USNM Bull. 91, p. 241 (Zitat). 1932 Littorina decollata Krauss. — Turton, Mar. Shells Pt. Alfred, p. 132. Natal. — Krauss leg. 1840 (Lectotypus: Museum Stuttgart MT 107; Paratypoide: Museum Stuttgart MT 1070— 10725). 6 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 70 Maße (in mm) Paratypoide Va a 5,8 von 6,3—3,4 Bar ee: 4,3 Mir 4,3 Die ersten Umgänge bei allen 26 Exemplaren Mb ee 3,4 mehr oder weniger korrodiert. Zahl der Umgänge .. 3%* 3 Gehäuse mit Deckel. Das Gehäuse des Lectotypus hat einen in die Mündung eingezogenen Deckel. * Die ersten beiden Umgänge sind korrodiert. Nach Vergleichen an umfangreichem Originalmaterial muß ich die Ansicht von Tryon ablehnen, daß L. decollata mit L. africana identisch ist. Mir erscheint nicht ein- mal angängig, L. decollata als Unterart zu L. africana zu stellen. U. a. spricht die einheitliche Ausprägung des Gehäuseanfangs, verglichen mit typischen L. africana, dagegen. Littorina (Melaraphe) knysnaensis Philippi 1847 Tafel 3, Fig. 5 und 6 1847 Litorina knysnaensis Krauss. — Phinippi, Beschr. Abb. Conchyl., II, S. 106, Taf.4, Fig.4. 1848 Litorina knysnaensis Krauss. — Krauss, Die südafrikanischen Mollusken, 5.102. 1858 Littorina (Melaraphe) Knysnaensis Krauss. — Anams, H. et A., Genera of Recent Mollusca, I, p. 314. 1858 Littorina knysnaensis Krauss. — ReEvE, Conch. Ic., X, pl. XIV, £.75. 1882 Litorina knysnaensis Krauss. — WEINKAUFF, Conch. Cab., II, 9, S.71, Taf. 9, jeher, SL ALL, 1887 Littorina africana var. knysnaensis Krauss. — Tryon, Man. Conch., IX, p. 249, pl. 44, figs. 65, 68. 1915 Littorina knysnaensis Krauss. — BartscH, Rep. Turton Coll. etc. USNM Bull. Ip: 1207225. 1932 Littorina knysnaensis Krauss. — Turton, Mar. Shells Pt. Alfred, p. 132. Cap, Ausmündung des Knysna Flusses. — Krauss leg. 1840 (Lectotypus: Museum Stuttgart MT 108; Paratypoide: Museum Stuttgart MT 1080—10829). Maße (in mm) Paratypoide von 11,4--3,9 Zahl der Umgänge .. Gehäuse mit Deckel 7 Gehäuse mit Deckel * Außenrand der Mündung etwas beschädigt. Auch in diesem Fall führen Vergleiche am Originalmaterial dazu, die Ansichten von WEINKAUFF und TrYon, L. knysnaensis sei eine Varietät von L. africana, zu ver- werfen. Das Erscheinungsbild der beiden Arten ist danach ein ganz verschiedenes. Nr. 70/7 1961 JANUS, TYPEN UND TYPOIDE, GASTROPODA Gattung: Tectarius Valenciennes 1833 Tectarius (Nodilittorina) natalensis (Philippi 1847) Tafel 3, Fig.7 und 8 1847 Litorina natalensis Krauss. — PhıLıppi, Beschr. Abb. Conchyl., II, S. 160, Taf. 3, Fig. 4. 1848 Litorina natalensis Krauss. — Krauss, Die südafrikanischen Mollusken, S. 102. 1858 Tectarius Natalensis Krauss. — Apanms, H. et A., Genera of Recent Mollusca, epsSld: 1858 Littorina natalensis Krauss. — REEVvE, Conch. Ic., X, pl. XVIII, f. 102a und b. Littorina natalensis Krauss. — WEINKAUFF, Conch. Cab., II, 9, S.92, Taf. 13, Fig. 6,7. Tectarius nodosus Gray. — Tryon, Man. Conch., IX, p. 259, pl. 47, fiıgs. 65—67; pl. 48, figs. 83, 86. Littorina natalensis Krauss. — BArTSscH, Rep. Turton Coll. etc. USNM Bull. 91, p. 241 (Zitat). 1915 Tectarius natalensis Krauss. — Bartsch, loc. cit., p. 120. Natalküste. — Krauss leg. 1840 (Lectotypus: Museum Stuttgart MT 109; Para- typoide: Museum Stuttgart MT 1090—10912). 1882 1887 1915 Maße (in mm) Paratypoide von 14,1—-6,9 Zahl der Umgänge .. WEINKAUFF und Tryon halten T. natalensis für identisch mit T. nodosus. Offen- sichtlich ist diese Meinung nur über Abbildungsvergleiche zustande gekommen. Die Gegenüberstellung des Originalmaterials von T. natalensis mit Beschreibungen und Abbildungen von T. nodosus bietet keinen Anhaltspunkt für die Identität. Ordnung: Neogastropoda Oberfamilie: Buceinacea Familie: Fasciolariidae Unterfamilie: Faseiolariinae Gattung: Fasciolaria Lamarck 1799 Fasciolaria (Pleuroploca) lugubris Reeve 1847 Tafel 3, Fig. 9 und 10 1847 Fasciolaria lugubris Reeve. — REEvE, Conch. Ic., IV, pl. 1, f.2a,b. 1848 Fasciolaria badia Krauss. — Krauss, Die südafrikanischen Mollusken, S. 110, Tab. VI, Fig. 12. 1881 Fasciolaria lugubris Reeve (= badia Krauss). — Tryon, Man. Conch., III, p. 75, pl. 59, figs. 6,7. Natalküste. — WaAnuserc leg. 1846 (Lectotypus von badia: Museum Stuttgart MT 120). Maße (in mm) Lectotypus (badia)* Mb Zahl der Umgänge ER 8 Das Gehäuse hat einen Deckel. IE re Sr SE En AN ER EEN Lo A 27,1 BB EN N Ren 14,8 * Der gewählte Typus lag höchstwahrscheinlich der Abbildung in Krauss’ Werk zugrunde. 8 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 70 Es liegt folgender handschriftlicher Zettel von Krauss und Phırıppı bei: „Diese im Habitus mit Fus. zelandicus Quoy sehr verwandte Fasciolaria halte ich für neu. badıanKeoa- sichrauch Ph; F. badia wurde erst 1881 von Tryon in die Synonymie mit der ein Jahr älteren F. lugubris verwiesen. Der Grund für das lange Eigenleben von F. badia liegt darin, daß Krauss die Art nach einem großen und sehr schlanken Stück aufgestellt hat. Oberfamilie: Conacea Familie: Conidae Unterfamilie: Coninae Gattung: Conus Linne 1758 Conus (Chelyconus) aurora Lamarck 1810 Tafel 3, Fig. 11 und 12 1810 Conus aurora Lamarck. — LAMARcK, Ann. Mus. H.N. Paris, XV, p. 423. 1848 Conus caffer Krauss. — Krauss, Die südafrikanischen Mollusken, S.131, Tab. VI, Fig. 24. 1866 Conus caffer Krauss. — SowErgßY, Thes. Conch;, III, p. 32, fig. 446, 447. 1884 Conus caffer Krauss. — Tryon, Man. Conch., VI, p. 68, pl. 21, figs. 48—51. 1937 Conus caffer Krauss = aurora Lamarck. — Tomuin, Proc. Mal. Soc. London, 22, p.224. Cap. — v. Lupwıc ded. 1837 (Lectotypus von caffer: Museum Stuttgart MT 121; Paratypoide: Museum Stuttgart MT 1210, 1211). Paratypoide Maße (in mm) Lectotypus (caffer) 1210 1211 FOR erster 37,9 36,4 30,9 BEE A A 19,9 18,6 15,8 Zahl der Umgänge .. 81/2 korrodiert 71/a Die sehr variable Art C. aurora hat eine große Anzahl von Synonymen, unter die auch C. caffer fällt. Ferner gehört hierher C. loveni, dessen Typus in unserer Samm- lung verschollen ist. Der Variabilität ist es wahrscheinlich auch zuzuschreiben, daß die Abbildung in Krauss’ Werk sehr von dem Habitus der 3 Exemplare in unserer Samm- lung abweicht. Unterklasse: Euthyneura Ordnung: Basommatophora Oberfamilie: Siphonariacea Familie: Siphonariidae Gattung: Siphonaria Sowerby 1823 Siphonaria (S.) aspera Krauss 1848 Tafel 4, Fig. 13 1848 Siphonaria aspera Krauss. — Krauss, Die südafrikanischen Mollusken, S. 60 f., RaboRVeaEis@5. 1858 Siphonaria aspera Krauss. — Apams, H. et A., Genera of Recent Mollusca, IR 106 Adalkz 1915 Siphonaria aspera Krauss. — Bartsch, Rep. Turton Coll. etc. USNM Bull. 91, 2. 10), 2211, 1932 Siphonaria aspera Krauss. — Turron, Mar. Shells Pt. Alfred, p. 10. 1946 Siphonaria (S.) aspera Krauss. — Husenpick, Kgl. Sv. Vet. Akad. Handlingar, 3. Ser., Band 23, no.5, p. 60, pl.5, fig. 13—15. 1961 JANUS, TYPEN UND TYPOIDE, GASTROPODA Nr. 70/9 Cap. — v. Lupwıc ded. 1837 (Lectotypus: Museum Stuttgart MT 122; Paratypoide: Museum Stuttgart MT 1220— 12217). Maße (in mm) Lectotypus Paratypoide en 14,6 von 20,7—9,5 Be 2% 10,6 VE ea a RE ER 5,4 Siphonaria (S.) natalensis Krauss 1848 Tafel 4, Fig. 4-6 1848 Siphonaria natalensis Krauss. — Krauss, Die südafrikanischen Mollusken, S. 61,Tab. IV, Fig. 6. 1858 Siphonaria Natalensis Krauss. — Apanms, H. et A., Genera of Recent Mollusca, Il. De Ak 1915 Siphonaria natalensis Krauss. — BARTscH, Rep. Turton Coll. USNM Bull. 91, p. 250 (Zitat). 1932 Siphonaria natalensis Krauss. — Turrton, Mar. Shells Pt. Alfred, p. 10. 1946 Siphonaria (S.) natalensis Krauss. — Husenpick, Kgl. Sv. Vet. Akad. Handlingar, 3. Ser., Band 23, no.5, p. 59, pl.5, fig. 18. Natalküste. — Krauss leg. 1840 (Lectotypus: Museum Stuttgart MT 123; Para- typoide: Museum Stuttgart 1230, 1231). : 5 Paratypoide Maße (in mm) Lectotypus 1230 1231 N 23,9 26,8 22,7 BEN Ned 18,5 15,5 Aloe ouoosoooon ang 6,5 6,7 5,8 * Der gewählte Typus lag der Abbildung in Krauss’ Werk zugrunde. Siphonaria (S.) oculus Krauss 1848 Tafel 4, Fig. ”—9 1848 Siphonaria oculus Krauss. — Krauss, Die südafrikanischen Mollusken, S. 58 f., Tab. IV, Fig.3. 1858 Siphonaria oculus Krauss. — Apams, H. et A., Genera of Recent Mollusca, II, Dil: 1915 Siphonaria oculus Krauss. — BArTscH, Rep. Turton Coll. etc. USNM Bull. 91, plle 1932 Siphonaria oculus Krauss. — Turton, Mar. Shells Pt. Alfred, p. 10. 1946 Siphonaria (S.) oculus Krauss. — HußeEnDick, Kgl. Sv. Vet. Akad. Handlingar, 3.Ser., Band 23, no.5, p.59, pl.5, fig. 7,8. Tafelbai. — Krauss leg. 1840 (Lectotypus: Museum Stuttgart MT 124; Paratypoide: Museum Stuttgart MT 1240—1243). Paratypoide Maße (in mm) 1241 1242 1243 len 20,1 21,2 19,2 17,4 13,1 BE ER 16,3 14,8 13,1 9,9 5 ae a ee 9,9 9,4 6,3 9,4 10 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 70 Siphonaria (S.) concinna Sowerby 1824 Tafel 4, Fig. 10—12 1824 Siphonaria concinna Sowerby. — Sowersy, Genera of Recent and Fossil Shells, pl. 143, fig. 2. 1848 Siphonaria variabilis Krauss. — Krauss, Die südafrikanischen Mollusken, S.59f., Tab. IV, Fig. 4a. 1858 Siphonaria variabilis Krauss. — Apans, H. et A., Genera of Recent Mollusca, U DD, 1874 Siphonaria leucopleura Gmelin (= variabilis Krauss). — v. Martens, Jb. Dt. Mal. Ges., I, S. 127. 1915 Siphonaria variabilis Krauss. — Bartsch, Rep. Turton Coll. etc. USNM Bull. 91, p. 250 (Zitat). 1932 Siphonaria variabilis Krauss. — Turron, Mar. Shells Pt. Alfred, p. 10. 1946 Siphonaria (S.) concinna Sowerby. — Husenpick, Kgl. Sv. Vet. Akad. Handlingar, 3. Ser., Band 23, no.5, p.58, pl.5, fig. 9—12. Cap. — v. Lupwic ded. 1837 (Lectotypus von variabilis: Museum Stuttgart MT 125; Paratypoide: Museum Stuttgart MT 1250—12525). Lectotypus (variabilis) Maße (in mm) Paratypoide von 24,2—12,2 Durch den heutigen Stand der Synonymie wird Krauss’ Vermutung bestätigt, daß seine $. variabilis wahrscheinlich eine längst bekannte Siphonarie ist. Er gab den neuen Namen nur (nach heutigen Regeln unzulässigerweise), um zu verhindern, daß die Art bald als $. leucopleura, bald als S. concinna eingereiht würde. Schrifttum Anpams, H. et A., 1858: The Genera of Recent Mollusca, I—-III. London. BarıscH, P., 1915: Report on the Turton Collection etc. United States National Museum, Bull. 91. Washington. Connoıry, M., 1939: A monographic survey of South African non-marine mollusca. — Ann. S. A. Mus., XXXIIL, p. 1—-660. Kapstadt/Edinburgh. Husenpick, B., 1946: Systematic monograph of the Patelliformia. Kungl. Sv. Vet. Akad. Handlingar, 3. Ser., Band 23, no. 5, p. 1—93. Krauss, F., 1848: Die südafrikanischen Mollusken. Stuttgart. Küster, H. C., 1853: Die Gattung Litorina. In: Marrtını & Chemnitz, Systematisches Conchylien- Cabinet (Neue Folge) II, 9. Nürnberg. LAMARcK, J. B. be, 1810: Ann. Mus. H. N. Paris, XV, p. 423. Paris. MARrTEns, E. v., 1888: Die Gattung Nerita. In: Marrını & Chemnitz, Systematisches Conchylien- Cabinet (Neue Folge) II, 11. Nürnberg. ne E., 1889: Württembergische Forschungsreisende und Geographen des 19. Jahrhunderts. tuttgart. une 1847: Abbildungen und Beschreibungen neuer oder wenig gekannter Conchylien, 11. assel. Pıısery, H. A., 1890: Manual of Conchology, XII. Philadelphia. — 1891: Manual of Conchology, XIII. Philadelphia. REEvE, L. A.: 1847: Conchologia Iconica, IV. London. — 1850: Conchologia Iconica, VI. London. — 1854: Conchologia Iconica, VIII. London. — 1858: Conchologia Iconica, X. London. Sowerpy, G. B., 1866: Thesaurus Conchylorium, IIlI. London. — 1887: Thesaurus Conchylorium, V. London. SOoWERBY, J., 1824: The Genera of Recent and Fossil Sheils. London. 1961 JANUS, TYPEN UND TYPOIDE, GASTROPODA Nr. 70/11 Tomum, J. R., 1932: Reports on the Marine Mollusca in the Collections of the South African Museum. VI— VIII. — Ann. S. A. Mus. XXX, p. 157—169. Kapstadt/Edinburgh. — 1937: Catalogue of Recent and Fossil Cones. Proc. Mal. Soc. London, XXII, p. 205-330. London. Tomum, J. R., & T. A. Sternenson, 1942: South African Patellidae. Proc. Mal. Soc. London, 25, p. 4-9. London. Trvon, G. W., 1881: Manual of Conchology, III. Philadelphia. — 1884: Manual of Conchology, VI. Philadelphia. — 1887: Manual of Conchology, IX. Philadelphia. — 1888: Manual of Conchology, X. Philadelphia. Turron, W. H., 1932: Marine Shells of Port Alfred. Oxford/London. WEINKAUFF, H. C., 1882: Die Gattung Litorina. In: Marrını & Chemnitz, Systematisches Conchylien- Cabinet (Neue Folge) II, 9. Nürnberg. Anschrift des Verfassers: Dr. Horst Janus, Stuttgart O, Schloß Rosenstein, Staatliches Museum für Naturkunde 12 Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Ssıo u STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Tafel Diodora (D.) crucifera (Pilsbry 1890). (Lectotypus Museum Stuttgart MT 111.) Natal. — Draufsicht; 2X nat. Gr. Desgleichen. — Seitenansicht; 2X nat. Gr. Desgleichen. — Unteransicht; 2X nat. Gr. Megatebennus incarnatus (Krauss 1848). (Lectotypus Museum Stuttgart MT 11112,)) Cap. — Draufsicht; 2X nat. Gr. Desgleichen. — Seitenansicht; 2X nat. Gr. Desgleichen. — Unteransicht; 2X nat. Gr. Fissurella (Cremides) natalensis Krauss 1848. (Lectotypus Museum Stuttgart MT 113.) Natal. — Draufsicht; 2X nat. Gr. Desgleichen. — Draufsicht; 2X nat. Gr. Desgleichen. — Unteransicht; 2X nat. Gr. Aufnahmen: G. KusE Nr. 70 1961 JANUS, TYPEN UND TYPOIDE, GASTROPODA Nr. 70/13 14 Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Tafel’2 Patella (Patellidea) argenvillei Krauss 1848. (Lectotypus Museum Stuttgart MT 114.) Cap. — Seitenansicht; nat. Gr. Desgleichen. — Draufsicht; nat. Gr. Desgleichen. — Unteransicht; nat. Gr. Nerita (Amphinerita) umlaasiana Krauss 1848. (Lectotypus Museum Stuttgart MT 115.) Umlaas Fluß, Natalküste. — Draufsicht; 2X nat. Gr. Desgleichen. — Rückansicht; 2X nat. Gr Desgleichen. — Mündungsansicht; 2X nat. Gr. Aufnahmen: G. KußE Nr. 70 1961 JANUS, TYPEN UND TYPOIDE, GASTROPODA Nr. 70/15 16 Fig. 1. Fig. 2. Fig. 3. Fig. 4 Fig. 5 Fig. Fig. 7 Fig. 8 Fig. 9 Fig. 10 Fig. 11 Fig. 12 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Tafel 3 Littorina (Melaraphe) africana Philippi 1847. (Lectotypus Museum Stuttgart MT 106.) Algoabai. — Mündungsansicht; 21/2X nat. Gr. Desgleichen. — Rückansicht; 2%2 X nat. Gr. Littorina (Melaraphe) decollata Philippi 1847. (Lectotypus Museum Stuttgart MT 107.) Natal. — Mündungsansicht; 4X nat. Gr. Desgleichen. — Rückansicht; 4X nat. Gr. Littorina (Melaraphe) knysnaensis Philippi 1847. (Lectotypus Museum Stuttgart MT 108.) Nr. 70 Cap, Ausmündung des Knysna Flusses. — Mündungsansicht; 21/2X nat. Gr. Desgleichen. — Rückansicht; 2% X nat. Gr. Tectarius (Nodilittorina) natalensis (Philippi 1847). (Lectotypus Museum Stuttgart MT 109.) Natalküste. — Mündungsansicht; 21/2X nat. Gr. Desgleichen. — Rückansicht; 2%2 X nat. Gr. Fasciolaria (Pleuroploca) lugubris Reeve 1847. (Lectotypus von Fasciolaria badia; Museum Stuttgart MT 120.) Natalküste. — Mündungsansicht; nat. Gr. Desgleichen. — Rückansicht; nat. Gr. Conus (Chelyconus) aurora Lamarck 1810. (Leetotypus von Conus caffer; Museum Stuttgart MT 121.) Cap. — Mündungsansicht; nat. Gr. Desgleichen. — Rückansicht; nat. Gr. Aufnahmen: G. KuBE 1961 JANUS, TYPEN UND TYPOIDE, GASTROPODA Nr. 70/17 18 Fig. 1. Fig. 2. Fig. 3 Fig. 4 Fig. 5. Fig. Fig. 7 Fig. 8 Fig. 9 Fig. 10 Fig. 11 Fig. 12 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Tafel 4 Siphonaria (S.) aspera Krauss 1848. (Lectotypus Museum Stuttgart MT 122.) Cap. — Draufsicht; 2X nat. Gr. Desgleichen. — Seitenansicht; 2X nat. Gr. Desgleichen. — Unteransicht; 2X nat. Gr. Siphonaria (S.) natalensis Krauss 1848. (Lectotypus Museum Stuttgart MT 123.) Natalküste. — Draufsicht; 2X nat. Gr. Desgleichen. — Seitenansicht; 2X nat. Gr. Desgleichen. — Unteransicht; 2X nat. Gr. Siphonaria (S.) oculus Krauss 1848. (Lectotypus Museum Stuttgart MT 124.) Tafelbai. — Draufsicht; 2X nat. Gr. Desgleichen. — Seitenansicht; 2X nat. Gr. Desgleichen. — Unteransicht; 2X nat. Gr. Siphonaria (S.) concinna Sowerby 1824. (Lectotypus von Siphonaria variabilis; Museum Stuttgart MT 125.) Cap. — Draufsicht; 2X nat. Gr. Desgleichen. — Seitenansicht; 2X nat. Gr. Desgleichen. — Unteransicht; 2X nat. Gr. Aufnahmen: G. KusE Nr. 70 1961 JANUS, TYPEN UND TYPOIDE, GASTROPODA Nr. 70/19 Lic/3 Par 27 un u en _ Stuttgarter Beiträge zur Naturkunde aus dem Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart Stuttgart 24. Oktober 1961 Nr. 71 Aus der Forschungsstelle für Gallmücken an der Entomologischen Abteilung des Staatlichen Museums für Naturkunde in Stuttgart Eine neue paläarktische Oligotrophidi-Gattung (Diptera, Itonididae) Ven Edwin Möhn, Stuttgart Mit 18 Abbildungen Bei der Nachuntersuchung der im Jahre 1939 von Barnes beschriebenen Dasy- neura ? fagicola Barnes stellte es sich heraus, daß für diese Art eine neue Gattung (Schueziella n. gen.) errichtet werden mußte. Das Fragezeichen hinter Dasyneura weist bereits darauf hin, daß Barnes die Art nur provisorisch der Gattung Dasyneura Rondani zugeordnet hat. In der Originalbeschreibung macht Barnes bereits darauf aufmerk- sam, daß diese Art sowohl Merkmale der Gattung Dasyneura als auch Merkmale der Gattung Macrolabis aufweist (1937: 41—42). Sie besitzt das für Macrolabis typische Hypopygium, während die Fühler wie bei Dasyneura gestaltet sind. Die neue, bisher noch monotypische Gattung ist aber, im Gegensatz zu der Auffassung von Barnes, nicht mit Dasyneura, sondern mit der Gattung Macrolabis Kieffer näher verwandt. Die Form des Basalgliedes des Hypopygiums und die inquilinische Lebensweise der Larven weisen vor allem auf diese Verwandtschaft hin. RüßBsAAMEn (in RÜBSAAMEN- Hepıcke 1926— 1939: 83) teilt die Tribus der Dasyneurini in die beiden Subtriben der Dasyneurina und Macrolabina ein. Die d der Dasyneurina besitzen nach RüßsAAMEN gestielte Fühlerglieder, während die d der Macıolabina sitzende, also nicht gestielte Fühlerglieder aufweisen. Schueziella n. gen. gehört aber eindeutig zu den Macrolabina, obwohl die 3 gestielte Fühlerglieder aufweisen. Dieses Meıkmal läßt sich demnach nicht als trennendes Merkmal zwischen Dasyneurina und Macrolabina im Sinne von RüBSAAMEN verwenden. Die Rügsaamensche Einteilung der Dasyneurini erscheint recht künstlich und entspricht wohl nicht den wahren phylogenetischen Zusammenhängen, denn Macrolabis und Schueziella n.gen. (beide Macrolabina) sind z.B. sicher mit Dasyneura näher verwandt als die zu den Dasyneurina gehörende Gattung Dryomyia Kieffer. Schueziella n.gen. Diagnose: Fühler des 3 2+ 13-, die des 2 2 + 14gliedrig. Fühlerglieder des Ö mit mittellangen, die des ? mit sehr kurzen Stielen. Borsten der Fühlerglieder bei 3 und $ in 2 deutlichen Borstengruppen angeordnet. Obere Gruppe mit sehr langen, schwach gekrümmten und wirtelförmig stehenden Borsten. Alle Fühlerglie- der, bei Ö und ®, mit eng anliegenden Flachwirteln. Taster 1 + 4gliedrig, mit deut- lich ausgebildetem Palpiger. Alle Tarsenkrallen, bei d und , mit einem stark ge- krümmten, knapp mittellangen Zahn versehen. Empodium nur knapp länger als Kralle. Die beiden Pulvillen sehr kurz. Basalglied des Hypopygiums stark verdickt wie bei Macrolabis Kieffer. Klauenglied lang und schmal, nur an der Basis mit klei- nem Microtrichenfeld, sonst fein längsgestreift. Obere Lamelle mit abgerundeten Lappen und tiefem, schwach zugespitztem Einschnitt. Die mittlere Lamelle mit nur STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 71 1961 MÖHN, NEUE OLIGOTROPHIDI-GATTUNG Neal, ® kleinem, abgerundetem Einschnitt. Die untere Lamelle etwas länger als die obere Lamelle. Penis lang und schmal, normal gestaltet. Legeröhre lang ausstreckbar, obere Lamelle fast 3X so lang wie die untere Lamelle. Puppe: Hell, ohne Chitinfärbung. Dorsalseite mit isoliert stehenden Spitzen. Von den 6 Dorsalpapillen die Papillen 1 und 6 mit sehr kurzen Borsten, die Papillen 2—5 dagegen alle unbeborstet. Die 2 Dorsalpapillen des 8. Abdominalsegments mit sehr kurzer Borste. Die 2 Pleuralpapillen und die 8 Terminalpapillen ebenfalls mit sehr kurzer Borste. Abdominalsegmente mit je 3, etwas undeutlich angeordneten Schiebedörnchen-Querreihen. Ohne Bohrhörnchen; Fühlerscheiden aber an der Basis mit je 2 bräunlichen Einzelzähnen. Die Scheitelpapillen mit einer unbeborsteten und einer beborsteten Papille. Ventralseite mit isoliert stehenden Spitzen. Prothorakalhörner lang und schmal, mit voll ausgebildeter Trachee. Untere Gesichtspapillen mit je einer sehr kurzen Borste. Die seitlichen Gesichtspapillen setzen sich aus je 2 unbeborsteten und einer, mit einer sehr kurzen Borste versehenen Papille zusammen. Larve: Segmente dorsal und ventral mit rundlichen Gürtelplatten in dichtem Feld. Collarpapillen ohne Borste. Die 6 Dorsalpapillen mit mittellangen Borsten. Die 2 Dorsalpapillen des 8. Abdominalsegmentes ebenfalls mit mittellangen Borsten. Die 2 Pleuralpapillen mit knapp mittellangen Borsten. Von den 8 Terminalpapillen 6 mit mittellangen und 2 mit kurzen Borsten. Brustgräte mit 2 abgerundeten Lappen und abgerundetem Einschnitt. Innere und äußere Lateralpapillen in normaler Zahl und Lage. Sternalpapillen alle ohne Borste. Die inneren Pleuralpapillen des Prothorax ohne Borste, die des Meso- und Metathorax mit knapp mittellanger Borste. Ventral mit 14—16 Dörnchen-Querreihen. Die 4 vorderen Ventralpapillen ohne Borste. Die hinteren Ventralpapillen mit knapp mittellangen, die 4 Ventralpapillen des 8. Abdomi- nalsegmentes dagegen mit kurzen Borsten. Analspalt in normaler Lage. Die 4 Anal- papillen ohne Borste. Lebensweise: Keine Gallenerzeuger, sondern inquilinische Lebensweise. Generotypus: Sch. fagicola (Barnes). Beziehungen: Schueziella n. gen. gehört zu den Dasyneurini (Oligotrophidi) und ist nahe mit der Gattung Macrolabis Kieffer verwandt. Sie unterscheidet sich von Macrolabis vor allem durch die gestielten Fühlerglieder. Die Färbung der 3 ist honig- farben wie bei Macrolabis, die 2 dagegen besitzen kein honigfarbenes, sondern ein rötlich-gelb gefärbtes Abdomen wie bei Dasyneura Rondani. Von Dasyneura unter- scheidet sich Schueziella n.gen. vor allem durch das stark verdickte Basalglied des Hypopygiums. Die neue Gattung ist Herrn Professor Dr. E. Scuüz in Dankbarkeit zu seinem 60. Geburtstag gewidmet. Schueziella fagicola (Barnes 1939) 1939 Dasyneura ? fagicola Barnes, Arb. phys. angew. Entom., 6: 42 ö: Länge etwa 1,3—1,4 mm. Fühler (Abb. 1 und 2) 2 + 13gliedrig, manchmal 12. und 13. Fühlerglied (Abb. 3) miteinander verschmolzen. 1. Basalglied 42—43 u und 2. Basalglied 40—41 u lang. 1. Fühlerglied 54 u, 2. Fühlerglied 50 u, 5. Füh- Abb. 1—14. Schueziella fagicola (Barnes). Hypopygium dorsal 13: Spitze der Legeröhre Fühler total 14: ©, Tarsenkralle (Vorderbein) 1: &, Fühler total 8: 9, 12.—14. Fühlerglied 2: d, 11.—13. Fühlerglied 9: 9, 12.—14. Fühlerglied 3: &, 11.—13. Fühlerglied (Glieder 13 + 14 verschmolzen) (Glieder 12 + 13 verschmolzen) 10: 9, 4. Fühlerglied : &, 9. Fühlerglied 11: 9, Taster &; Taster 12: Q, Legeröhre total d; ’ Re: 4 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 71 lerglied 45 «u und 9.—13. Fühlerglied 42 u, 39 u, 39 u, 38 « und 36 « lang. Die Fühlerglieder nehmen nach der Fühlerspitze zu gleitend schwach an Länge ab. Stiel 1—2 nur 5—6 u lang, Stiel 2—3 dagegen bereits 14—15 u lang. Stiele 5—6 17—18 u, 9—10 15—16 «, 11—12 10—11 u und 12—13 3—4 u lang. Stiele relativ lang und ohne Microtrichen. Fühlerglieder (Abb. 4) mit 2 deutlichen Borstengruppen. Untere Gruppe mit 23—24 u, obere Gruppe dagegen mit bis zu 110—112 u langen Borsten. Alle Fühlerglieder mit dicht anliegenden Flachwirteln. Taster (Abb.5) 1 + 4gliedrig. Palpiger 17”—18 u lang. 1. Tasterglied 27—28 u, 2. Tasterglied 40—42 u, 3.Tasterglied 60 « und 4.Tasterglied 80—81 w lang. Färbung: Thorax und Abdomen einfarbig honigfarben, Thoraxoberseite dagegen dunkelbräunlich. Hypopygium (Abb.6): Wie bei Macrolabis Kieffer gestaltet. Basalglied stark verdickt, Breite in der Mitte etwa 100 w. Die Borsten des Basalgliedes bis zu 100 u lang. Klauenglied lang und schmal, normal geformt. Klauenglied nur an der Basis mit einem kleinen Microtrichenfeld, sonst fein längsgestreift. Borsten des Klauen- gliedes 16—18 u lang. Obere Lamelle mit abgerundeten Lappen und 45—46 u tie- fem, schwach zugespitztem Einschnitt. Borsten der oberen Lamelle 12—13 u lang. Die mittlere Lamelle mit nur kleinem, 9—10 u tiefem, abgerundetem Einschnitt. Die Borsten der mittleren Lamelle 10—11 u lang. Die untere Lamelle (Penisscheide) über- ragt die obere Lamelle um etwa 7—8 u. Penis schmal, normal gestaltet, er überragt die Penisscheide um 5—6 u. Tarsenglieder dicht mit Schuppen bedeckt. Tarsenkrallen alle gezähnt, Zahn stark gekrümmt. Krallen bis zur Krümmungsstelle 17—19 u, Zahn etwa 9—10 u lang. Empodium 21—22 u lang, nur wenig länger als Kralle. Die beiden Pulvillen je 5—6 u lang. ?: Länge etwa 1,8 mm (ohne ausgezogene Legeröhre). Fühler (Abb.7 und 8) 2 -+- 14gliedrig, manchmal 13. und 14. Fühlerglied (Abb. 9) miteinander verschmolzen. 1. Basalglied 45—46 u und 2. Basalglied 37—38 u lang. 1. Fühlerglied 54 u, 2. Fühlerglied 46—47 u, 5. Fühlerglied 41—42 u und 9.—14. Fühlerglied 39—40 u, 38 u, 36 u, 34—35 u, 32—33 u und 39—40 u lang. Auch bei den Weibchen nehmen die Fühlerglieder nach der Spitze zu gleitend an Länge ab, nur das letzte Fühlerglied ist etwas länger als die vorhergehenden Glieder. Die Stiele zwischen den einzelnen Fühlergliedern sind sehr kurz, ihre Längen betragen nur 2—3 u. Stiele, wie bei den Männchen, ohne Microtrichen. Fühlerglieder (Abb. 10), wie auch bei den Männchen, mit 2 deutlichen Borstengruppen. Untere Gruppe mit 28—30 u, obere Gruppe da- gegen mit bis zu 82—84 u langen Borsten. Fühlerglieder mit dicht anliegenden Flachwirteln. Taster (Abb. 11) 1 + 4gliedrig. Palpiger 18—19 u lang. 1. Tasterglied 27—28 u, 2. Tasterglied 43—44 u, 3. Tasterglied 64—65 u und 4A. Tasterglied 93—94 u lang. Färbung: Thorax bräunlich, Abdomen rötlichgelb mit dunklen Binden. Thorax- oberseite dunkelbräunlich. Legeröhre (Abb. 12 und 13) weichhäutig, lang ausstreckbar. Die Länge der aus- gestreckten Legeröhre beträgt etwa 1,3 mm. Legeröhre mit isoliert stehenden, 11—12 u langen Borsten. Die obere Lamelle 104—106 u, die untere Lamelle nur 383—40 u lang. Tarsenglieder dicht mit Schuppen bedeckt. Tarsenkrallen (Abb. 14) alle gezähnt, Zahn stark gekrümmt. Krallen bis zur Krümmungsstelle 17”—19 u, Zahn etwa 10—11 u lang. Empodium 21—22 u lang, nur wenig länger als Kralle. Die beiden Pulvillen je 5—6 u lang. Puppe: Hell, nicht gefärbt. Länge (Ö) etwa 1,7 mm. Dorsalseite mit isoliert stehenden Spitzen. Abdominalsegmente dorsal mit je 3 undeutlich angeordneten, etwas auf Lücke stehenden Schiebedörnchen-Querreihen. Die letzte Querreihe ent- 1961 MÖHN, NEUE OLIGOTROPHIDI-GATTUNG IN 70/25 hält bis zu 16—20 Schiebedörnchen. Die Länge der Schiebedörnchen (ohne Sockel) beträgt etwa 8—9 u. Das 1. Abdominalsegment ohne Schiebedörnchen. Die 6 Dorsal- papillen liegen hinter den Schiebedörnchen-Querreihen. Von den 6 Dorsalpapillen die Papillen 1 und 6 mit je 3—4 4 langen Borsten, die Papillen 2—5 dagegen alle unbeborstet. Die 2 Dorsalpapillen des 8. Abdominalsegmentes mit 3—4 u langen Borsten. Die 2 Pleuralpapillen der Abdominalsegmente ebenfalls mit je 3—4 u langen Borsten. Analsegment dorsal mit isoliert stehenden Spitzen. Von den 8 Ter- minalpapillen 6 mit 1—1,5 « und 2 mit 2—3 u langen Borsten. Stigmen der Ab- dominalsegmente normal gestaltet, etwa 9—10 u lang. Die Prothorakalhörner (Abb. 15) ebenfalls normal gestaltet, lang und schmal. Die Länge der Prothorakal- hörner beträgt etwa 175 wu. Die innen liegende Trachee reicht bis zur Spitze des Hornes. Abb. 15—16. Schueziella fagicola (Barnes). 15: Puppe, Prothorakalhorn 16: Puppe, Vorderteil ventral Die beiden Scheitelpapillen mit einer beborsteten und einer unbeborsteten Papille; beborstete Papille mit 255 « langer Borste. Ventralseite (Abb. 16), wie auch Dorsalseite, mit isoliert stehenden Spitzen. Bohr- hörnchen fehlen; Fühlerscheiden an der Basis aber mit je 2 bräunlich gefärbten Zäh- nen. Oberer, stärker ausgebildeter Zahn etwa 10—12 u, unterer Zahn etwa 7—8 u lang. Ohne Stirnstacheln. Untere Gesichtspapillen mit je einer beborsteten Papille, Borste 3 u lang. Die seitlichen Gesichtspapillen setzen sich aus je 2 unbeborsteten und einer beborsteten Papille zusammen, Borste etwa 5 « lang. Larve (letztes Stadium): Hell orangefarben, Länge etwa 2,2—2,3 mm. Dorsal- seite mit rundlichen, gut abgegrenzten Gürtelplatten in dichtem Feld. Collarpapillen ohne Borste. 2. Fühlerglied 15—16 u lang und 7 « breit. Die 6 Dorsalpapillen alle mit Borste. Von den 6 Dorsalpapillen des Prothorax die Papillen 1 und 6 sowie 2 und 5 mit je 20—22 u langer Borste. Die Papillen 3 und 4 dagegen mit je 19—20 u langer Borste. Die 6 Dorsalpapillen des Metathorax mit je 15—16 « und die der Abdominalsegmente mit je 12—13 u langer Borste. Die 2 Dorsalpapillen des 8. Ab- dominalsegmentes mit je 16—17 u langer Borste. Die 2 Pleuralpapillen mit 8—9 u langer Borste. Die beiden Pleuralpapillen des Prothorax dagegen mit 21—22 u und die des 8. Abdominalsegmentes mit je 15—16 ı: langer Borste. Stigmenzahl und Lage normal. Analsegment dorsal (Abb. 17) mit rundlichen Gürtelplatten in dichtem Feld. Von den 8 Terminalpapillen 6 mit 15—18 u und 2 mit je 8—9 u langer Borste. 6 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 71 Ventralseite ebenfalls mit rundlichen, gut abgegrenzten Gürtelplatten in dichtem Feld. Brustgräte (Abb. 18) mit 2 abgerundeten Lappen und abgerundetem Einschnitt. Brustgrätenmessungen: I: 94—95 u, II: 10 «, Ill: 18 « und IV: 28—29 u. Lateralpapillen in normaler Zahl und Lage. Die beborsteten Lateralpapillen mit 1 « langer Borste. Sternalpapillen alle ohne Borste. Die inneren Pleuralpapillen des Pro- thorax ohne Borste, die des Mesothorax mit 9 « und die des Metathorax mit 10—11 u ya or ©. E27 17 18 Abb. 17—18. Schueziella fagicola (Barnes). 17: Larve, Analsegment dorsal 18: Larve, Brustgräte mit Papillen langer Borste. Ventral mit 14—16 Dörnchen-Querreihen. Die 4 vorderen Ventral- papillen ohne Borste. Sie liegen auf kleinen, rundlichen Hügeln hinter den Dörnchen- Querreihen. Die 2 hinteren Ventralpapillen mit 10—11 z langer Borste. Von den 4 Ventralpapillen des 8. Abdominalsegmentes die inneren Papillen mit 7”—8 u und die äußeren Papillen mit 8—9 u langer Borste. Analsegment ventral mit rundlichen Gürtelplatten in dichtem Feld. Um Anus 4—6 Längsreihen grober Dörnchen. Die 4 Analpapillen ohne Borste, beiderseits des Analspaltes je 2 Analpapillen. Lebensweise: Die Larven von Sch. fagicola (Barnes) leben inquilinisch in den von Contarinia fagi Rübsaamen erzeugten Knospenvergallungen an Fagus sil- vatica L. (Ross-Hepıcke 1927, Nr. 1007). Die Blättchen der vergallten Knospen bleiben klein, sind nach oben zusammengefaltet und schwach verdickt. In vielen Fäl- len trifft man die Larven beider Arten gemeinsam in den Gallen an. Die erwachsenen Larven von Sch. fagicola (Barnes) verlassen zur Verpuppung stets die Gallen. Die Verpuppung findet in der obersten Bodenschicht statt. Sch. fagicola (Barnes) hat meist 3, seltener aber auch 4 Generationen im Jahr. Die Imagines der 1., im Larvenstadium überwinternden Generation erscheinen Ende Mai bis Anfang Juni. Zu diesem Zeitpunkt erfolgt auch die Eiablage. Die er- wachsenen Larven der 2. Generation verlassen Ende Juni bis Anfang Juli die Vergal- lungen von Contarinia fagi, um zur Verpuppung in den Boden zu gehen. Der Schlupf der 2. Generation erfolgt etwa Mitte Juli (13.7.1951 bei Nr. 232). Die Larven der 3.Generation sind Anfang bis Mitte August erwachsen. Der Schlupf der 3., meist letzten Generation erfolgt im letzten Drittel (23.8. 1950 bei Nr. 81) des August. Die Larven der überwinternden (1.) Generation gehen Mitte September zur Überwinte- rung in den Boden. Die Verpuppung erfolgt erst Ende Mai des darauffolgenden Jah- res. Die Puppendauer ist bei allen Generationen sehr kurz und beträgt im Durchschnitt nur 5—6 Tage. In den selteneren Fällen von 4 Generationen im Jahr treten die Imagines der 1. Generation Anfang Juni, die der 2. Generation Anfang Juli, die der 3. Generation Anfang bis Mitte August und die der 4. Generation in der ersten Septemberhälfte auf. Untersuchtes Material: Dauborn (Taunus) 10.8. 1950 (Nr. 81), Dauborn (Taunus) 30.6.1951 (Nr. 232) und Erlangen 29.6. 1954 (alle Sammlung Mönn), sowie Pinne- berg (Schleswig-Holstein) 1937 (Teile des H. Fıscnerschen Originalmaterials, welche sich im Zoologischen Museum Berlin befinden). 1961 MÖHN, NEUE OLIGOTROPHIDI-GATTUNG Nele, Literaturverzeichnis Barnes, H. F. A new gall midge attacking beech buds. — Arb. phys. angew. Entom. Berlin-Dahlem 6: 41—43. 1939. — Gall midges of economic importance. Vol. V: Trees. — Crosby, Lockwood & Son, London. 1951. Fischer, H. Zur Biologie und Bekämpfung von Knospen-Gallmücken an Rotbuchen. — Arb. phys. angew. Entom. Berlin-Dahlem 6: 44-51. 1939. Mönn, E. Beiträge zur Systematik der Larven der Itonididae (= Cecidomyiidae, Diptera). 1. Teil: Porricondylinae und Itonidinae Mitteleuropas. — Zoologica 38: 1—247. 1955. Ross, H., & Hepıcke, H. Die Pflanzengallen (Cecidien) Mittel- und Nordeuropas, ihre Erreger und Biologie und Bestimmungstabellen. 2. Aufl. — G. Fischer, Jena. 1927. Rüssaamen, E. H. Cecidomyiden-Studien VII. — Dtsch. Entom. Z. 1: 33—52. 1921. Rüssaamen, E. H., & Heoicke, H. Die Cecidomyiden (Gallmücken) und ihre Cecidien. — Zoologica 29: 1350. 1926—1938. Anschrift des Verfassers: Dr. E. Möhn, Stuttgart ©, Archivstraße 4 106 #3 7 Stuttgarter Beiträge zur Naturkunde aus dem Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart Stuttgart 24. Oktober 1961 Nr. 72 Aus dem Zoologischen Institut der Landwirtschaftlichen Hochschule Stuttgart-Hohenheim (Direktor: Prof. Dr. Otto PFLuGrFELDER) | Über die hormonale Beeinflussung des Syrinx bei der Haus- und Moschusente und ihren Bastarden Von Hans von Faber, Stuttgart-Hohenheim Seit den grundlegenden Untersuchungen von WoLrr und Worfr weiß man, daß die Ausbildung einer Bulla ossea beim Männchen der Hausente ein asexuelles Merkmal ist (Zusammenfassung bei Woırr 1958). Beim Weibchen wird die Entwicklung einer Bulla durch körpereigene Oestrogene unterdrückt. Dies konnte WoLrr durch Röntgen- kastration von weiblichen Entenembryonen zeigen. Auch durch synthetische Oestrogene ‚läßt sich beim männlichen Embryo die Ausbildung einer Bulla verhindern (Lewis und Domm 1948). Über die Reaktion älterer Tiere auf Oestrogene fehlen Beobachtungen. In der vorliegenden Arbeit wird vor allem die Ausbildung des Syrinx von solchen Enten geschildert, die von der 1. bis 10. Lebenswoche unter der Einwirkung von Stilboestrol standen. Material und Methode | Im Rahmen anderer Arbeiten (FAger 1955—-1961) wurden insgesamt 23 Pekingenten, 47 Moschus- 'enten, 26 Bastarde von Moschuserpel X Pekingente und 23 Bastarde von Pekingerpel X Moschusente untersucht. Ein Teil der Tiere wurde mit 15—-30 mg Diaethylstilboestrol! injiziert und mit 10 Wochen getötet. Unbehandelte Tiere kamen ebenfalls meist mit 10 Wochen, oder aber mit etwa 1 Jahr zur ' Sektion. Von jeder Gruppe wurde 2 Tieren der Syrinx entnommen, in 4%/o Formol fixiert und an- 'schließend frontal in der Mitte aufgeschnitten. Verschiedentlich diente außerdem ein unfixierter Syrinx zur Entnahme des darin enthaltenen Bindegewebes. Dieses wurde dann zur üblichen histologischen Behandlung mit Susa fixiert oder zum Fettnachweis mittels Gefrierschnitten in Formol gebracht. Ergebnisse | A. Weibchen | Bei sämtlichen Weibchen zeigte der Syrinx die gewohnte symmetrische Form (siehe Abb. 1 und 2). Unterschiede waren lediglich in der Größe des Organs festzustellen. Die größeren Pekingenten (etwa 2300 g) und die Weibchen aus der Kreuzung Moschus- .erpel X Pekingente (etwa 2500 g) besaßen auch einen größeren Syrinx als die klei- neren Moschusenten (etwa 1700 g) und die Weibchen aus der reziproken Kreuzung (etwa 1600 g). Bei allen Tieren wies der Syrinx mit 10 Wochen schon eine leichte Verknöcherung auf. Das Bindegewebe im Syrinx, das sich rechts und links von der Einmündung der Bronchien findet, war nur sehr schwach entwickelt und erreichte eine "Dicke von maximal 1 mm. B. Männchen 1. Pekingenten, 10 Wochen Der Syrinx wies bei einer Breite von 33 m und einer Tiefe von 23 mm eine be- reits mächtig entwickelte Bulla ossea auf, deren Form einem Rotationsellipsoid ähnelte. 1 Der Firma Merck, Darmstadt, danke ich für die kostenlose Überlassung ihres Präparates „Sexocretin forte“. 2 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 72 Abb. 1. Ventralansicht des Syrinx. Obere Reihe: Pekingenten. Von links nach rechts: Weibchen, 10 Wochen; Männchen, 10 Wochen (auf- geschnitten und total); Männchen, 1 Jahr; Männchen, 10 Wochen, 25 mg Stilboestrol. Untere Reihe: Moschusenten. Von links nach rechts: Weibchen, 10 Wochen; Männchen, 10 Wochen (aufgeschnitten und total); Männchen, 1 Jahr (seitlich und ventral); Männchen, 10 Wochen, 15 mg Stilboestrol. B = Bulla ossea; Bg = Bindegewebe; Kn = Knöcherne Wandung der Bulla;, M.t. = Musculus tracheolateralis; M.s. = Musculus sternotrachealis. Abb. 2. Ventralansicht des Syrinx. Obere Reihe: Bastarde Moschuserpel X Pekingente. Untere Reihe: Bastarde Pekingerpel X Moschus- ente. Von links nach rechts: Weibchen, 10 Wochen; Männchen, 10 Wochen; Männchen, 1 Jahr; Männchen, 10 Wochen, 15 mg Stilboestrol. Als Wand besaß die Bulla eine bis zu 5 mm dicke Knochenschicht (Abb. 1, Kn). Ferner fand sich an der Einmündung der Bronchien ein auffallendes Gewebe, das eine Dicke bis zu 5 mm erreichte (Abb. 1, Bg). Dieses zunächst knorpelähnlich erscheinende Ge- webe stellte sich bei näherer Untersuchung als kollagenes Bindegewebe heraus. Es besitzt einen eigenartigen Bau, der charakterisiert wird durch kreuz und quer ver- laufende Bündel von kollagenen Fasern, durch plasmaarme Zellen und durch kleinere und größere mit Fett erfüllte Vakuolen (siehe Abb. 3). 1961 - V. FABER, HORMONALE BEEINFLUSSUNG DES SYRINX INT 2N ae N ar > De “ rn En Se a ee Be Abb. 3. Kollagenes Bindegewebe aus dem Syrinx eines 10 Wochen alten Pekingerpels. Susa, 5 u, Azan. Vergröß. 1 : 300. 2. Pekingenten, 1 Jahr Bei einer Breite von 35 mm und einer Tiefe von 23 mm war der Syrinx und die Bulla nur noch unwesentlich angewachsen (Abb. 1). Die knöcherne Wand der Bulla war wieder wesentlich dünner geworden. Bei einer Wanddicke von etwa 0,2 mm hatte sich die Bulla zu einem durchscheinenden Organ entwickelt. Das oben beschriebene Bindegewebe war ebenfalls auf eine Breite von 3 mm zurückgegangen. 3. Pekingenten, 10 Wochen, 25 mg Stilboestrol Der Syrinx war mit einer Breite von 21 mm und einer Tiefe von 17 mm wesent- lich schwächer entwickelt. Die Ausbildung einer Bulla war stark gehemmt (Abb. 1). . Das Organ war verknöchert; das erwähnte Bindegewebe besaß lediglich eine Dicke von etwa 1,5 mm: 4. Moschusenten, 10 Wochen Der Syrinx war wesentlich schwächer entwickelt als bei den gleichalten Peking- enten (Breite 21 mm, Tiefe 12 mm). Die Ausbildung einer Bulla war angedeutet. Das Organ war noch ganz knorpelig. Im Innern fand sich ein entsprechendes Binde- gewebe wie bei den Pekingenten mit einem Durchmesser von etwa 4 mm (Abb. 1). 5. Moschusenten, 1 Jahr Der Syrinx waı zu einer Breite von 35 mm angewachsen und besaß eine gut aus- gebildete Bulla ossea mit einer dünnen, durchscheinenden knöcheınen Wand. Im Gegensatz zu den Pekingenten hatte das Organ die Form einer Scheibe (Abb. 1). 6. Moschusenten, 10 Wochen, 15 mg Stilboestrol Der Syrinx war wesentlich kleiner als bei den Kontrollen (Breite 17 mm, Tiefe 13 mm), die Ausbildung einer Bulla gerade noch angedeutet (Abb. 1). Das Organ war vollständig knorpelig, das Bindegewebe in ihm nur schwach entwickelt (Durchmesser etwa 1,5 mm). 7. Bastarde von Moschuserpel X Pekingente Der Syrinx entsprach in Größe, Verknöcherung, Ausbildung des Bindegewebes und in seiner Reaktion auf Stilboestrol fast völlig dem Verhalten der Pekingenten (siehe Abb. 2, obere Reihe). 8. Bastarde von Pekingerpel X Moschusente Der Syrinx verhielt sich wie bei der reziproken Kreuzung und entsprach damit ebenfalls weitgehend dem Pekingtyp (siehe Abb. 2, untere Reihe). STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 72 Zusammenfassung 1. Bei Pekingenten, Moschusenten und ihren Bastarden wird der Bau und die Reaktion des Syrinx auf Stilboestrol beschrieben. 2. 15 mg Stilboestrol genügen, um die Ausbildung einer Bulla ossea bei den Männ- chen weitgehend zu unterdrücken. 3. Ein eigenartiges, beim Männchen stark entwickeltes, kollagenes Bindegewebe in der Bulla ossea wird beschrieben. Seine Ausbildung wird ebenfalls durch Stilboestrol gehemmt. FABER, Lewis, Literatur H. v.: Über den extremen Geschlechtsdimorphismus im Wachstum der Moschusente Cairina moschata Flemm. I. Die innersekretorischen Organe. — Acta Endocrinol. (Kbh) 20, 1955. II. Vergleichende endokrinologische Untersuchungen an Hausenten. — Acta Endocrinol. (Kbh) 26, 1957. III. Die Bastarde von Moschuserpel X Hausente. — Acta Endocrinol. (Kbh) 26, 1957. IV. Die Bastarde von Hauserpel X Moschusente. — Acta Endocrinol. (Kbh) 31, 1959. Die Entstehung und experimentelle Beeinflussung des extremen Geschlechtsunterschieds im Wachstum der Moschusente, Cairina moschata Flemm. — Roux’ Arch. Entw. Mech. 153, 1961. L. B., and Demm, L. V.: Sexual transformation of the osseus bulla in duck embryos following administration of estrogen. — Phys. Zool. 31, 1948. Worrr, E.: Endocrine function of the gonad in developing vertebrates. — In GorsmAn, A.: Com- parative Endocrinology, New York, 1959. Anschrift des Verfassers: Dr. Dr. Hans von Faber, Stuttgart-Hohenheim, Zoologisches Institut der Landwirtschaftlichen Hochschule IR er ji ö6C#3 7 q Stuttgarter Beiträge zur Naturkunde aus dem Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart Stuttgart 24. Oktober 1961 Nr. 73 Waldgesellschaften des Kaukasus Von Helmut Schönnamsgruber, Stuttgart Während des letzten Krieges hatten viele von uns Gelegenheit, aus eigenem Er- leben einen Teil der Formenfülle Kaukasiens, besonders seine nördlichen und nord- westlichen Gegenden, kennenzulernen. Die Mannigfaltigkeit der Vegetation, der Reichtum der Fauna, die Unterschiede im geologischen Aufbau und in der Gliederung der einzelnen Landschaften, all dies ist sehr dazu angetan, sich näher mit diesem interessanten Gebiet zu beschäftigen. Es soll deshalb, vorwiegend auf Literaturstudien aufbauend, versucht werden, einen Überblick über die verschiedenen Waldgesellschaften des Kaukasus zu geben. Bei der Fülle des vorhandenen Materials muß es zum großen Teil generalisierend geschehen, auch können, da sich die Gliederung an die „Descriptio vegetationis URSS, ad tabulam geobotanicam m. 1 :4 000 000 annotationes“ (in russischer Sprache) hält, Wiederholungen nicht immer ganz vermieden werden. Für den Floristen und Vege- tationskundler wird es bei einer solchen weitgehend referierenden Darstellung auch immer Zweifel geben, ob die ökologisch und pflanzengeographisch kennzeichnenden ' Arten der einzelnen Gesellschaften nicht zu sehr physiognomisch gesehen wurden. Im , Rahmen eines solchen Überblicks über ein so großes Gebiet ist aber eine verein- ‚ fachende Darstellung nicht zu vermeiden. Interessant wäre zweifellos eine gründliche | Untersuchung im Gebiet selbst, in der die Standortseinflüsse besser berücksichtigt | ] würden und damit einen Vergleich mit unseren eigenen Arbeiten im Rahmen der ı Waldstandortskartierung erlaubten. I. Die natürlichen Gegebenheiten Kaukasien ist ein ausgedehntes Gebirgsland, das seine Formen in der alpidischen Faltungszeit erhielt. Sein Relief ist durch eine Vielfalt von Formen gekennzeichnet, ' scharfe Grate, Steilhänge und eine ausgedehnte rezente Vergletscherung (etwa 1400 . Gletscher mit insgesamt 2000 qkm Fläche) wechseln mit ausgesprochenen Mittelgebirgs- zonen ab. Im Norden und Süden sind niedrigere Bergrücken und Vorberge vorgelagert. An geomorphologischen Zonen lassen sich unterscheiden: Kaukasus-Vorland, das durch die Stawropoler Höhen in zwei Teile zerlegt wird, im Westen liegt die Kuban-Asow- Niederung, im Osten die Terek-Kuma-Niederung; Großer Kaukasus mit einem System von Gebirgsketten und einer Längenausdehnung von 1500 km bei einer maximalen Breite (in Höhe des Elbrus) von 180 km; die breitere Nordabdachung mit einer Reihe von parallelen Ketten, die den Charakter von Schichtstufen haben und steil nach Süden abfallen; die transkaukasische Senke, durch das Surami-Gebirge in die Kolchis- Rion-Niederung im Westen und Kura-Arax-Niederung im Osten getrennt; der Kleine Kaukasus als nördliche Außenzone des transkaukasischen Berglandes, dessen innerer Teil fast plateauartig geformt ist und von Kegeln erloschener Vulkane überragt wird. Im Kern des Großen Kaukasus treten präkambrische und paläozoische Granite, Gneise und andere metamorphe Gesteine zutage. Die Randgebiete bestehen aus ge- falteten Jura-, Kreide-, Paläogen- und Neogensedimenten. Das gesamte Gebirge ist etwas nach Süden überkippt und durch SUCRTEN EG ausgezeichnet, es taucht nach Westen und Osten allmählich ab. 2 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 73 Der Kleine Kaukasus ist noch stärker gegliedert, außer paläozoischen, Jura-, Kreide- und paläogenen Gesteinen finden wir besonders vulkanische Schichten. Für die Gebirge Kaukasiens ist eine Gliederung in Höhengürtel kennzeichnend. Sie unterscheiden sich deutlich durch klimatische Besonderheiten, durch die Art der Böden und in der Zusammensetzung ihrer Pflanzen- und Tierwelt. Die unterste Zone wird von der Steppe eingenommen. Nach der Höhe zu folgen annäheınd die Zonen, die sich auch im Noiden des Gesamtgebietes anschließen, also der Waldsteppen- gürtel und der Waldgürtel. Die alpine Höhenstufe wird meist von subalpinen Wiesen und alpinen Matten gebildet, deren Ausdehnung aber vielfach durch menschliche Einflüsse, besonders Beweidung, sta:k gefördert wuide. Das Klima Kaukasiens ist außerordentlich unterschiedlich. Ciskaukasien und der Nordteil des Großen Kaukasus zählen zur temperierten humiden Zone mit ausge- prägter, aber nicht sehr langer kalter Jahreszeit, stellenweise auch zur temperierten ariden Zone mit heißen Sommern und kalten Wintern. Der Nordwestteil des Großen Kaukasus an der Schwarzmeerküste ist ein Winterregengebiet ohne ausgesprochene kalte Jahreszeit, aber mit gelegentlichen Fıösten. Die höheren Teile gehören zur temperierten humiden Zone. Weiter südöstlich, entlang der Meeresküste, folgt die warm temperierte, immerfeuchte Zone mit deutlichem jahreszeitlichem Temperatur- gang und nur gelegentlichen Frösten. Zu ihr gehö:t auch die Kolchis- Niederung. Die Gebirge selbst weisen sehr unteischiedliche Klimaverhältnisse auf. Ganz im Osten Transkaukasiens herischt in den Niederungen temperiertes arides Klima mit heißen Sommern und kalten Winteın, stellenweise auch Winterregen, der eine ausgesprochen kalte Jahreszeit ausschließt. Im Westteil des Großen und Kleinen Kaukasus fallen sehr hohe Niederschlagsmengen (bis 2500, stellenweise sogar 4000 mm im Jahr), im östlichen Ciskaukasien, in der Kura-Arax-Niederung und auf der Apscheron-Halb- insel sind es dagegen weniger als 300, stellenweise sogar unter 200 mm! Große Unterschiede sind auch bezüglich der mittleren Jahrestemperatur zu verzeichnen, so hat z. B. Krasnodar 11,1°C im Mittel, Batum 14,3°, Tiflis 12,6, Kuba 9,9° und Baku 14,1°. Die Böden des Kaukasus umfassen Gebirgswaldböden, die meist grau sind, braune Waldböden, zum Teil podsolig oder podsoliert, Gebirgswiesenböden, in Armenien auch Gebirgsschwarzerden. Im Vorkaukasusgebiet sind es mächtige oder podsolige Schwarzerden im Westen, im Osten dagegen dunkelkastanienfarbene Böden. In der Kolchis sind bescnders alluviale Böden verbreitet, in den höher gelegenen Teilen Gelb- und Roterden, in der Kura-Arax-Niedeiung Serosjeme und Solontshaks. In der Vegetation herrscht eine außerordentliche Vielfalt. Von den etwa 6500 Pflanzenarten Kaukasiens sind 20°/o endemisch. Reliktvorkommen tertiärer Pflanzen treten besonders in den Laubmischwäldeıin der Kolchis und des Talysch-Gebirges auf. Der größte Teil des Kaukasusgebietes, besonders der Große und Kleine Kau- kasus und die Kolchis, ist von Wäldern bedeckt. Die gesamte Waldfläche Kaukasiens wird mit fast 7 Millionen Hektar angegeben, davon ist allerdings nur ein Teil mit geschlossenen Beständen bestockt. Der Gesamtvorrat dieser Wälder beträgt etwa 910 Millionen Festmeter, der Durchschnittsvorrat je Hektar liegt bei 300 Festmeter. Im Nordwestkaukasus finden sich aber auch außerordentlich massenreiche Buchen- Tannenbestände mit Vorräten bis zu 1200 fm/ha. Die Nordmannstanne steht mit 310 Millionen Festmeteın an der Spitze der er- mittelten Vorräte, dann folgt die orientalische Buche mit 300 Millionen Festmeter, Kiefer, Fichte, Hainbuche und Edelkastanie haben zusammen 180 Millionen Fest- meter, der Rest entfällt auf die übrigen Holzarten, besonders die verschiedenen Eichen. Interessant sind Versuche, australische Eucalyptusarten an der Schwarzmeerküste anzubauen. Der Fröste wegen müssen frostharte Arten bevorzugt werden. Die Lei- stungen dieser Anbauten sollen denen in der ursprünglichen Heimat nicht nachstehen. 1961 SCHÖNNAMSGRUBER, WALDGESELLSCHAFTEN DES KAUKASUS Nr. 73/3 Während des Höchststandes der letzten Eiszeit waren im Norden des Kaukasus Waldsteppen verbreitet, die sich nach Süden an die artenreichen Wälder der Kolchis und im Westen an die mediterranen Wälder zwischen Novorossijsk und Anapa an- schlossen. Die klimatische Schneegrenze lag damals im Kaukasus etwa 1000 bis 1200 m tiefer als heute, alle Vegetationsgürtel waren also zu dieser Zeit etwas tiefer gelegen. Die damaligen Verhältnisse zeigen sich noch heute in der Ausdehnung sub- alpiner Reliktgesellschaften in der Eichenstufe. Auch in der fossilen Fauna paläolithi- scher Stationen auf den Süd- und Südwesthängen des Kaukasus finden wir Vertreter kühlerer Waldstufen und subalpiner Wiesen. Im Tieflande blieben aber trotz eines kräftigen Vorstoßes der Wälder zu jener Zeit noch Steppen erhalten. Wir können uns deshalb die damalige Vegetation Kaukasiens und Transkaukasiens als der heu- tigen sehr ähnlich vorstellen. Nadelwälder und artenreiche Laubmischwälder (Eichen, Buche, Hainbuche, Birken, Hasel, Kastanie, Pterocarya, Liquidambar, Fichte, Tanne) bedeckten die Hänge des Gebirges, die ihnen zusagende Bedingungen boten. Im Norden des Kaukasus folgte eine Waldsteppe. Einzelne hochalpine Pflanzenarten wuchsen auf den Gipfeln. Ausgedehnte Talgletscher fanden sich besonders im Zen- tralkaukasus. Während der mittleren Wärmezeit war Kaukasien und Transkaukasien stärker be- waldet als heute. Besonders Edellaubhölzer scheinen damals ein wesentlich größeres Areal eingenommen zu haben, aber auch die kolchischen Elemente der Flora breiteten sich stark aus. Der größte Teil Transkaukasiens war stärker bewaldet. Erst unter dem Einfluß des Menschen kam es zur Ausbildung der heute dort zu findenden ausge- dehnten Gebirgssteppen. Allerdings waren einige der jetzigen Wüsten und Steppen nie bewaldet. II. Die einzelnen Waldgesellschaften Von unten nach oben fortschreitend, können wir die folgenden großen Zonen unterscheiden: Waldsteppenzone bzw. Laubmischwaldzone in der Kolchis, Vorberg- zone, die verschiedenen Höhenzonen des Waldgürtels, die Krummholzgürtel. 1. Ciskaukasische Laubwälder, vorwiegend aus Eiche Sie treten in einzelnen geschlossenen Beständen zwischen landwirtschaftlich ge- nutzten Flächen als Reste ehemaliger größerer Waldgebiete auf. Im Norden gehen sie in lichte Wälder der Waldsteppenzone über, die allerdings fast verschwunden sind. Lediglich in den Tälern des Kuban, Terek und der anderen nordkaukasischen Flüsse finden sich geschlossene Eichenwälder. Auf den Höhen dieser Täler ist besonders Quercus petraea, im Westen, im Gebiet höherer Niederschläge, auch Fagus orien- talis dominierend. Auch auf dem Stawropoler Plateau und in den Flußtälern des Elbrus-Gebietes ist die Eiche vorherrschend. Die Eichen- und Eichen-Hainbuchenwälder des Vorkaukasus wachsen meist auf hellgrauen, podsolierten Böden, teilweise auch auf tiefgründigen Schwarzerden. Zwei geomorphologische Stufen sind deutlich unterschieden: a) die kolline, fast ebene Stufe mit Vorherrschen von Ouercus robur, b) die Vorbergzone, ebenfalls mit Ouercus robur, auf Süd- und Westhängen auch mit Ouercus petraea. Außer Eiche kommen in der Baumschicht dieser Wälder Fraxinus excelsior, Tilia caucasica, Ulmus laevis und seltener Fagus orientalis vor. Im Unterstand treffen wir Pyrus caucasica, Cerasus avium, Carpinus caucasica und Ahorn-Arten. Das häufig sehr dichte Unterholz wird von Malus orientalis, Acer laetum, Cornus mas, Thely- crania australis, Crataegus- Arten, Corylus avellana, Sambucus nigra, Evonymus euro- paeus, Kalonymus latifolia und Ligustrum vulgare gebildet. Infolge des dichten Kronenschlusses ist die Krautschicht meist nur schwach ent- wickelt. Auf Kahlschlägen und an lichteren Stellen treten besonders Gräser auf 4 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 73 (Brachypodium silvaticum, Brachypodium pinnatum, Festuca montana und Cala- magrostis arundinacea), an Kräutern finden wir Symphytum grandiflorum, Aego- podium podagraria und Polygonatum multiflorum. Moose wachsen nur an Wurzelanläufen und auf Bruchholz, es handelt sich dabei vor allem um Drepanocladus fluitans, Mnium affıne und Hypnum cupressiforme. Ver- treter der Parmelia-Arten und Peltigera canina finden sich als Flechten auf den Stämmen. An besonders hellen Stellen zwischen den Beständen entwickelten sich krautreiche Gesellschaften mit oft dreigeteilter Krautschicht. Die oberste Etage umfaßt Gräser und höhere Kräuter mit 1 bis 1,5 m hohem Wuchs (Calamagrostis arundinacea, Brachy- podium silvaticum, Brachypodium pinnatum, Molinia coerulea, Pteridium aquilinum, Campanula alliariaefolia, Campanula rapunculoides, Serratula quinquefolia, Dictam- nus caucasicus und Pyrethrum corymbosum). Darunter folgen besonders Carex- Arten (Carex silvatica und Carex michelii) sowie Ptarmica biserrata mit 15 bis 40 cm hohen Pflanzen. Die Bodenschicht wird von Viola-Aıten, Luzula pilosa und Convallaria majalis gebildet. Vor Laubausbruch blühen im Frühjahr Ephemeroiden, wie Scilla sibirica, Ficaria verna, Corydalis- und Anemonen-Arten sowie Dentaria bulbifera. In Abhängigkeit von den Standortsbedingungen können verschiedene Assozia- tionen der Eichenwälder unterschieden werden. In feuchten Senken, auf vernäßten Wasserscheiden und auf den Niederterrassen der Flüsse sind Eschen-Eichen-Hain- buchenwälder typisch. Auf trockeneren und humusreicheren Lehm- und Tonböden in den oberen Teilen der Hänge treffen wir Luzula pilosa-Calamagrostis-Eichenwälder. An noch trockeneren Standorten sind Luzula pilosa-Carex michelii-Eichenwälder ver- breitet. Sie finden sich besonders auf trockenen, flachgründigen, breiten Rücken zwi- schen den Tälern. In der Baumschicht spielt Ouercus petraea die Hauptrolle, dar- unter wachsen Ahoıne und Pyrus caucasica, im Unterholz dominiert der Weißdorn. Auf Lichtungen finden sich auch Vertreter der Wiesensteppen und der lichten Eichen- wälder. Als Folge von Waldbränden, besonders Bodenfeuern, stellt sich häufig eine fast geschlossene Schicht von Calamagrostis epigeios ein. Im Kubangebiet, auf der Ebene im Norden der Kaukasusvoıberge, sind einige Reste niedrigwüchsiger Eichenwälder aus Ouercus robur erhalten geblieben. Auf dem Stawropoler Plateau finden sich auf Hängen mit besserer Durchfeuch- tung und in Schluchten (Balkas) Ouercus robur-Wälder mit Hainbuche und Esche, aber auch unter Beteiligung von Ahorn, Ulmus laevis, Linden, Biın- und Apfel- bäumen. Die Obstartenbeimischung mag zum Teil eine Folge des Auswanderns dieser Kulturarten aus den Gärten zerstörter Dörfer während des Mittelalters sein. Auf den höchsten Erhebungen dieses Gebietes und auf dem Grunde der Schluchten treffen wir auch Eichen-Hainbuchenwälder mit Fagus orientalis- Anteil. In der höher über dem Meere gelegenen Vorbergzone sind Wälder aus Quercus petraea neben solchen aus Ouercus robur vertreten. Sie stehen auf Süd- und West- hängen an der Verbreitungsgrenze der Eichenwälder auf wärmeren, schutthaltigen, flachgründigen Böden. In die Baumschicht teilen sich neben Ouercus petraea Aspe, Birke, Berg- und Feldahorn, stellenweise auch Fagus orientalis und Ouercus robur. Im Unterholz ist nicht selten Rhododendron luteum, in der Krautschicht Brachypodium pinnatum, Brachypodium silvaticum, Festuca montana und Calamagrostis arundinacea zu sehen. In den westlichen Vorbergen des Kaukasus sind Eichen- und Eichen-Hainbuchen- wälder mit Ouercus robur oft außerordentlich vielgestaltig in Aufbau und Struktur. Weiter nach Osten zu, zum Elbrus-Gebiet hin und im Terek-Tal, scheinen sie ein- förmiger, es fehlen ihnen die mediterranen Elemente. Sehr typische Eichenwälder sind in den Tälern der Farsa, Belaja, Kurdshipsa und des Pschech vorhanden. 1961 SCHÖNNAMSGRUBER, WALDGESELLSCHAFTEN DES KAUKASUS Nr. 73/5 Geschlossene Eichenwaldgebiete erreichen auf günstigen Standorten I. bis II. Boni- tät. Zu den Buchenwäldern vermitteln in einer Übergangszone Eichen-Hainbuchen- wälder. In der Vorbergzone begünstigen Durchforstungen und Kahlschläge das Auf- kommen von Linde und Hainbuche, so daß vielfach der menschliche Einfluß für das Zustandekommen „typischer“ Eichen-Hainbuchenwälder veiantwortlich zu machen ist. Ein Anzeichen für Degradationsgesellschaften als Folge menschlicher Eingriffe ist das starke Aufkommen von Haselsträuchern im Unterholz. 2. Mischwälder Transkaukasiens Vor allem in der Vorbergzone und am Gebirgsfuß treten im Bereich des gemäßig- ten, feuchten Klimas im Gebiet der Kolchis im Westen und im Talysch-Gebirge im Osten artenreiche Laubmischwaldgesellschaften auf. Die Böden gehören zum Typ der Rot- und Gelberden (Krasnosjeme und Sheltosjeme). Das Klima ist gemäßigt warm mit milden Wintern und hoher Luft- feuchtigkeit, fast während des ganzen Jahres. Die Temperatur des kältesten Monats liegt zwischen + 5 und + 7°C, es gibt allerdings auch Frosteinbrüche, gelegentlich fällt etwas Schnee, der Strauch- und Krautschicht vor den Einflüssen der tieferen Temperaturen schützt. Die Jahressumme der Niederschläge schwankt zwischen 1500 und 2500 mm, der größte Teil davon fällt während der Wintermonate, an manchen Stellen auch im Herbst. In ihrem Aussehen erinnern diese Wälder an subtropische Waldbilder; sie sind vielschichtig, von Schlingpflanzen überwuchert und haben vielfach einen Unterwuchs aus immergrünen Pflanzen. Zwischen den Wäldern befinden sich landwirtschaftlich genutzte Flächen mit Kulturpflanzen aus den Subtropen, Weinberge, Palmengruppen und Citruspflanzungen. Die kolchischen Laubmischwälder bestehen vor allem aus Fagus orientalis, Castanea sativa, Quercus hartwissiana und Carpinus caucasica. Ihre Hauptverbrei- tung haben sie auf den Vorbergen und in den untersten Hangteilen des Südabfalls des Großen Kaukasus, auf den Hängen des Adsharisch-Imeretiner Gebirges. Sie rei- chen aber auch bis in die Rion-Niederung und an die Küste des Schwarzen Meeres hinab. Ihre Westgrenze verläuft etwa am 44. Breitengrad an der Schwarzmeerküste. Neben den eben genannten Holzarten verdienen noch erwähnt zu werden: Ouercus iberica, Alnus barbata, Ouercus imeritina, Ulmus foliacea und Ulmus elliptica, Diospyros lotus und Tilia multiflora. Die Edelkastanie ist besonders typisch für das ganze Gebiet. Daß Hainbuche und Erle so weit verbreitet sind, hängt meist mit dem Einfluß des Menschen zusammen, der diese Wälder schon früh intensiv nutzte. In feuchten Schluchten sehen wir Taxus baccata, zum Teil in der zweiten Baum- schicht, zum anderen in der Strauchschicht. In schattigen Wäldern spielt Buxus colchica in der Strauchschicht auf feuchteren Standorten eine große Rolle. Baumförmiger Lorbeer (Laurocerasus officinalis) bildet im Malo-Adsharischen Gebirge die zweite Baumschicht, also den Unterstand; neben ihm sind noch Kastanie, Erle, Hainbuche, Linde (Tilia caucasica), Buche (Fagus orientalis), Ulmus elliptica und Acer platanoides vertreten. Die Strauchschicht ist fast überall reich entwickelt. Unter den Immergrünen sind hier besonders Rhododendron ponticum, Laurocerasus, Ilex colchica, Daphne pontica, Ruscus hypophyllum und Ruscus ponticus zu nennen. An laubabwerfenden Sträu- chern finden wir viele Arten, z.B. Rhododendron luteum, Vaccinium arctostaphylos, Crataegus kyrtostyla, Corylus avellana, Frangula alnus, Staphylaea colchica, Phila- delphus caucasicus und Viburnum orientale. Charakteristisch sind Schlingpflanzen und Epiphyten. Hierzu gehören Hedera colchica, Tamus communis, Periploca graeca, Smilax excelsa, Humulus lupulus sowie 6 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 73 in Abchasien Dioscorea caucasica, eine Reliktart. An epiphytischen Pflanzen treffen wir Arten, die sonst auch auf dem Boden vorkommen (Cardamine impatiens, Oxalis corniculata) und Polypodium serratum. Häufig sind Farne (Pteridium tauricum, Dryopteris borreri, Athyrium_ filix femina, Blechnum spicant, Phyllitis scolopendrium, Polystichum woronowii und Pteris cretica), seltener Gräser (Brachypodium silvaticum, Oplismenus undulatifolius) und Kräuter. Der wichtigste Vertreter der Krautpflanzen ist Trachystemon orientale. Meist ist die Krautschicht in diesen dämmerigen Wäldern spärlich entwickelt. Von Meereshöhe reichen die kolchischen Laubmischwälder meist bis etwa 500 bis 600 m ü.d.M. In Abhängigkeit von den Standortsverhältnissen ändert sich auch die Zusammensetzung der Baumschicht. In feuchteren Gebieten sind Buchen-Edelkasta- nienwälder verbreitet, besonders auf nicht kalkhaltigen Böden. In Abchasien, im Ge- biet von Adler und Lasarewsk treten streureiche, artenarme Buchen-Kastanienwälder auf mit Linde, Hainbuche und Bergahorn als Begleitholzarten. In diesen dichten Beständen fehlt die Strauchschicht, und es finden sich nur wenige Kräuter. Wird der Schlußgrad lichter, kann die Krautschicht, die vor allem aus Trachy- stemon orientale besteht, bis auf 40 bis 50°/o des möglichen Deckungsgrades an- steigen. In Gegenden mit etwas geringeren Niederschlägen tritt Quercus hartwissiana, teilweise auch Ouercus iberica hervor. Charakteristisch für solche Eichen-Kastanien- wälder ist Unterholz aus Rhododendron, in der Krautschicht besonders Brachypodium silvaticum. Auf Kalken ist in Imeretien und Megrelien im Unterholz Carpinus orien- talis und Laurus nobilis typisch, die Kastanie fehlt hier. In Tälern und Schluchten sind die kolchischen Laubmischwälder besonders häufig. Die meist nicht ganz geschlossene Baumschicht besteht aus Kastanie, Ulmus elliptica, Fagus orientalis, Tilia caucasica, Hainbuche und Erle. Im Unterwuchs überwiegen immergrüne Arten, besonders Ruscus hypophyllum. Als Folge der menschlichen Eingriffe entstanden in der Kolchis häufig in größerem Umfange Hainbuchen-Erlen-Kastanienbestände, teilweise mit starkem Schlingpflanzen- bewuchs. An lichteren Stellen, die duıch Kahlschläge entstanden sind, treffen wir Rubus hirtus und Rubus caucasicus, vor allem aber Pteridium caucasicum. Bedeutende Flächen einstmaliger Laubmischwälder werden heute von Nutzpflanzen- kulturen eingenommen (Teeplantagen, Citrusgärten, Tungpflanzungen mit zwei Aleurites-Arten). Wiesengesellschaften und auf trockeneren Stellen Borstgrassteppen mit Phrygana-Formationen lösten die ehemaligen Wälder ab. In der Rion-Niederung bilden Bestände aus Ouercus hartwissiana und Quercus imeritina mit Carpinus, Zelkova carpinifolia, Ulmus foliacea, Fagus und Fraxinus geschlossene Komplexe. Bis zur Krone der Bäume klettern Schlingpflanzen. Bei Kahl- schlag macht sich Alnus barbata breit. Strauchschichten aus Rhododendron luteum, Thelycrania australis und Crataegus-Arten begleiten diese Wälder, die Krautschicht besteht aus einer Reihe von Gräsern und Kräutern. Am unteren Hangteil des Talysch-Gebirges treffen wir Mischwälder aus Quercus castaneifolia, Parrotia persica und Carpinus caucasicus. Mildes und niederschlags- reiches Klima verbindet sich hier mit einer etwas größeren Kontinentalität. Die Tem- peraturen des kältesten Monats liegen nicht unter + 3°C, die Lufttemperatur ist im Sommer höher als in der Kolchis. Der größte Teil der Jahresniederschläge, die im Mittel 1500 mm betragen, fällt im Herbst. Bis zu einer Höhe von 500 bis 600 m ü.d.M. reichen diese Wälder. Besonders bemerkenswert ist das Vorkommen des „Eisenbaumes“, Parrotia persica, sowie von Zelkova hyrcana, Albizzia julibrissin, Ficus hyrcana, Diospyros lotus und Acer laetum. 1961 SCHÖNNAMSGRUBER, WALDGESELLSCHAFTEN DES KAUKASUS Nr. 73/7 Fröste im Winter und Mangel an Niederschlägen im Sommer begrenzen das Auf- treten immergrüner Arten. Nur an klimatisch besonders begünstigten Stellen treten Ruscus hyrcanus, Dana racemosa und Ilex hyrcanus auf. Im Unterholz sind sonst meist Crataegus microphylla, Crataegus kyrtostyla und Mespilus germanica ver- treten. Die Krautschicht zeigt eine Reihe typisch girganskischer Arten, dazu Pflanzen, die auch in den Laubwäldein des Kaukasus vorkommen. Die kaukasischen Erlen-, Hainbuchen-Erlen- und Eichen-Erlenwälder mit Schling- rflanzenbewuchs sind besonders in der Rion-Niedeiung auf alluvialen, vernäßten Böden in kleineren Komplexen vertreten. Sie zeichnen sich durch eine artenreiche Baumschicht und typische Nässezeiger in der Bodenflora aus. Carex pseudocyperus, Typha latifolia, Sparganium neglectum und Phragmites communis finden sich neben Sphagnum cuspidatum, Sph. centrale, Sph. gravettiü, Sph. papillosum sowie Osmunda regalis, Oplismenus undulatifolius, Leersia oryzoides, Bidens tripartitus, Scutellaria galericulata, Lycopus europaeus und Lythrum salicaria. Niederungswälder, inmitten von Erlen- und Erlen-Hainbuchenwäldern, werden auch von Quercus longipes gebildet; sie sind vor allem im östlichen Transkaukasien verbreitet. Neben dieser Eiche sind noch Pterocarya pterocarpa, Acer velutinum, Tilia caucasica, Fraxinus excelsior und Ulmus suberosa in der Baumschicht vertreten. An Sträuchern finden sich viele Arten, an Stellen mit freiem Wasser Tamarix laxa, Salix australior, Eleagnus angustifolia, auf tieferen Teilen dieser Täler auch Pistacia mutica in lichten Gehölzen. Das Unterholz besteht sonst meist aus Crataegus pentagyna und C. kyrtostyla sowie Mespilus germanica. Typisch sind auch „Lianen“: Vitis silvestris, Clematis vitalba, Hedera helix und Hedera pastuchovi. In der Sakatalo-Belokansker Niederung treten auch Pappel-Weidenwälder auf, die von Populus hybrida und Salix australior gebildet werden, das Unterholz besteht vor allem aus Eleagnus angustifolia. Flußaufwäıts sind es Ulmen-Eichenwälder mit QOuercus longipes, die früher größere Flächen bedeckten. Neben Ulmus foliacea und Populus hybrida in der Baumschicht finden sich in der Strauchschicht Paliurus spina- christi, Ligustrum vulgare und Thelycrania australis. Die Kırautschicht ist sehr dürftig entwickelt. An Flüssen, die vom Hauptkamm des Kaukasus kommend ins Kaspische Meer fließen, treffen wir ebenfalls Bestände aus Ouercus longipes an, die ein reiches Unter- holz zeigen (Corylus avellana, Crataegus- Arten und Mespilus germanica). 3. Nordkaukasische (Quercus petraea) und transkaukasische (Quercus iberica) Eichen-Gebirgswälder Die untere Stufe der Gebirgswälder wird im Nordkaukasus von Quercus petraea gebildet. Wälder von Ouercus iberica erstrecken sich durch ganz Transkaukasien, sie sind besonders im Ostteil sehr verbreitet. Im Nordkaukasus bedecken Eichenwälder die unterste Hangstufe und den unteren Teil der Mittelgebirgszone. Bis etwa 600 m ü.d.M. reichen sie als geschlossene Be- stände. Darüber folgt die Buchenzone. Nur auf Südhängen geht die Eiche stellen- weise über diese Höhe hinaus, ebenso in etwas trockeneren Gegenden, so z.B. im Nordwestkaukasus westlich der Fischt- und Oschtein-Höhen reichen geschlossene Eichenwälder bis 800 m ü.d.M. An den Unterhängen im Kuban-Tal gehen die Eichen-Bergwälder fast übergangs- los in die Eichenwälder und Eichen-Hainbuchenwälder des Vorkaukasus über. Ihrer Struktur nach und in Abhängigkeit von den ökologischen Bedingungen sind sie aber von diesen kollinen Laubwäldern zu unterscheiden. Auf Steilhängen und Gebirgskämmen treffen wir krautreiche Eichenwälder. Da- neben gibt es als zweite Assoziationsgruppe Eichenwälder mit Rhododendron luteum- 8 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 73 Unterwuchs und spärlicher Krautschicht. Schließlich können typische grasreiche Eichenwälder mit vorherrschendem Calamagrostis arundinacea und Brachypodium sil- vaticum unterschieden werden. Häufig ist auch Pteridium tauricum. In der Baumschicht begegnet uns Carpinus caucasica, ebenso Ouercus robur, westlich des Laba-Tales auch Ouercus hartwissiana als kolchisches Element der Flora. Häufig und typisch sind stellenweise Acer campestre und Pyrus caucasica für diese Gebirgs-Eichenwälder. Außer Rhododendron luteum wachsen Corylus avellana, Cra- taegus kyrtostyla, Thelycrania australis und Cornus mas in der Strauchschicht. Kräuterreiche Eichenwälder auf Steilhängen und geringmächtigen Erosionsböden zeigen meist nur unbefriedigende Leistungen, die Bonitäten liegen etwa bei V. Die Strauchschicht besteht aus einzelnen Ginsterbüschen, vor allem Genista angustifolia. Die Bodenvegetation ist außerordentlich artenreich (Melampyrum arvense, Psoralea bituminosa, Origanum vulgare, Smyrnium perfoliatum, Albovia tripartita, Ptarmica biserrata, Betonica officinalis, Dorycnium graecum, Hypericum perforatum und Coro- nila varia). Grasreiche Eichenwälder erreichen höhere Bonitäten (II.), ihr Schlußgrad ist da- gegen nur mäßig (0,5—0,6). Das Unterholz ist nur spärlich ausgebildet. Neben den erwähnten Gräsern kommt besonders Molinia litoralis vor. Die Krautschicht zeigt vor allem Geranium sanguineum, Ptarmica biserrata, Hieracium umbellatum und Betonica grandiflora, aber nur in wenigen Exemplaren. Eichenwälder mit Rhododendron luteum haben meist Ill. bis IV. Bonität, der Schlußgrad ist dagegen höher (bis 0,8). Den Boden bedeckt eine geschlossene Kraut- schicht, ihre wichtigsten Vertreter sind Calamagrostis arundinacea, Brachypodium pinnatum, Pteridium tauricum, Antitoxicum scandens und Fragaria vesca. Auf Südhängen im Nordkaukasus sind im gesamten Gebiet der Verbreitung der Eichen-Bergwälder auch Kiefern-Eichen-Mischwälder mit Pinus hamata anzutreffen. Sie unterscheiden sich in der Strauch- und Krautschicht nur wenig von reinen Eichen- wäldern. Ebenso finden sich Buchen-Eichenwälder, aber wesentlich seltener. In ihrer Krautschicht gedeihen vor allem schattenliebende Arten (Asperula odorata, Paris in- completa, Euphorbia amygdaloides). Auf den Höhenzügen im Nordwestteil des Großen Kaukasus tragen die Eichen- wälder deutlich xerophile Züge. Dies gilt besonders für das Gebiet von Novorossijsk. Zwischen diesen fast mediterranen Eichenwäldern finden sich Hainbuchengehölze, vor allem im Krummholzgürtel, der hier unter dem Einfluß der kalten Bora (Nordost- sturm) gebildet wird. Stellenweise treten auch Schibljak-Formationen mit QOuercus pubescens auf. Carpinus orientalis, Cotinus coggygria und Paliurus spina-christi sind beigemischt, seltener Jasminum fruticans. An feuchten Stellen treffen wir im Nordkaukasus auch Schwarzerlenwälder, an Steilhängen sporadisch auch reine Kiefernwälder in der Eichenstufe. Im Laba-Tal findet sich an Stellen mit Wasseraustritt die Gesellschaft der Berg-Schwarzerlenwälder mit Alnus glutinosa und Alnus barbata. Typisch für sie sind Straußfarne, Hochstauden und Rhododendron. Besonders nach Kahlschlägen stellen sich Hainbuchenwälder ein, aber auch als Folge von Waldbränden. Diese geschlossenen jungen Bestände verhindern durch ihren sehr massenreichen Laubabfall das Aufkommen jeder Bodenvegetation. Selten finden sich unter ihnen Kleinkräuter, insbesondere Asperula odorata. In den Tälern des Pschech, Psekyps und Kurdships mischen sich Kastanien an den Grenzen des Vorkommens der Eichenwälder in die Bestände. Im Zeze-Tal sind auch Laubmischwälder mit Hainbuche, Buche, Linde, Ahorn und einer zweiten Baum- schicht aus Buchs (Buxus sempervirens) zu sehen. In Transkaukasien werden die Eichenwälder von Ouercus iberica gebildet, einer nahe verwandten Art von Quercus petraea. Im Westen sind deren Flächen ziemlich 1961 SCHÖNNAMSGRUBER, WALDGESELLSCHAFTEN DES KAUKASUS Nr. 73/9 gering, sie liegen zwischen kolchischen Laubmischwäldern und Buchenwäldern, vor allem auf Südhängen mit Kalkgesteinen. Südlich Tuapse verhindert das feuchte Klima der Kolchis eine größere Verbreitung. In Abchasien finden sich krautreiche Eichenwälder auf steileren, trockenen Hängen mit Steinschutt ohne Unterholz oder mit einzelnen Sträuchern. In der Krautschicht sehen wir Hypericum inodorum, Epimedium colchicum, Brachypodium rupestre, Carex grioletti, Clinopodium vulgare und Trachystemon orientale. Zur Baumschicht gehören meist auch Buche und Hainbuche. Auf weniger steilen Hängen und auf tiefgründigen Böden ist Rhododendron pon- ticum zusammen mit anderen Stiäuchern, die dem Nordkaukasus fehlen, charakte- ristisch. Die Krautschicht ist hier weniger dicht, sie besteht aus Hypericum inodorum, Epimedium colchicum, Pteridium tauricum, Campanula rapunculus und Viola alba. Auf schattigen und feuchten Hängen bildet Rhododendron ponticum ein dichtes Unterholz, das eine hohe Luftfeuchtigkeit im Innern der Bestände hervorruft. Die Krautschicht besteht aus einer kleinen Zahl schatten- und feuchtigkeitsliebender Arten. Auf kalkhaltigen, flachgiündigen Gesteinsschuttböden wachsen Eichenwälder mit Carpinus orientalis in der Strauchschicht, häufig von Schlingpflanzen überwuchert. Es gibt aber auch artenreiche Gesellschaften, in denen Gräser (Brachypodium rupestre, Dactylis glomerata, Calamagrostis epigeios und Festuca gigantea) überwiegen. Im östlichen Transkaukasien ist ein richtiger Eichenwaldgürtel ausgebildet, beson- ders in den niedrigen Teilen des Großen Kaukasus und auf den Unterhängen des Kleinen Kaukasus, vor allem in dessen östlichen und südlichen Bezirken. Die Unter- grenze dieses Waldgürtels liegt zwischen 400 und 500 m ü.d.M., die Obergrenze stellenweise bei 1500 m, im Karabach-Gebirgszug bei 1700 m. Die Eiche wird hier stets von der Hainbuche begleitet (Carpinus caucasica). Meist handelt es sich um zimtfarbene Waldböden, zum Teil auch um braune Waldböden und Humuskarbonatböden. In Südossetien handelt es sich um mehr mesophile Eichenwälder, gegen Kachetien zu um trockenere Ausbildungsformen. In mesophilen Assoziationen ist die Kraut- schicht sehr artenreich (Chaerophyllum maculatum, Serratula quinquefolia, Lathyrus roseus, Campanula rapunculoides und Salvia glutinosa sind kennzeichnend). In ökologischer Beziehung stehen dieser Assoziation Eichenwälder mit Poa nemo- ralis, Dactylis glomerata und Lathyrus laxiflorus nahe. In der Übergangszone zu den xerophilen lichten Gehölzen erstrecken sich halb- xerophile Eichenwälder mit Sträuchern (Spiraea hypericifolia, Paliurus spina-christi und Crataegus-Arten). Kahlhiebe brachten die ursprünglich weitverbreiteten Eichen- wälder zum Verschwinden, an ihrer Stelle finden sich Gebüschgruppen oder Hain- buchengehölze mit Gebüschformationen vom Typ des submediterranen Schibljak, stellen- weise auch vom Aussehen der mittelmeerischen Phrygana. Hainbuchen kommen auch sonst nicht selten in der Baumschicht der Eichenwälder vor. In Hainbuchen- und Eichen-Hainbuchenwäldern tritt zum Teil Roegneria cauca- sica auf, die kaukasische Quecke. Im Talatsch-Becken steigen die Eichenwälder, die bis II. Bonität erreichen, aber keine großen Flächen bedecken, bis auf 1200 bis 1300 m ü.d.M. empor. Sie sind durch eine Krautschicht aus Lathyrus roseus, Primula macrocalyx, Ptarmica biserrata, Calamintha officinalis und Cephalanthera longifolia charakterisiert. Im Kischtschai-Becken finden sich Eichen-Dickichte mit Höhen von 3 bis 8 m, den Hauptanteil an diesen Gehölzen hat die Hainbuche. Als Zeichen der Thermophilie treten zahlreiche Kräuter auf (Serratula quinquefolia, Laser trilobum, Anthemis dume- torum, Lithospermum purpureo-coeruleum, Psephellus dealbatus). Auch Eichen-Hain- buchen-Buschwälder mit Carpinus orientalis und verschiedene Eichen-Hainbuchen- 10 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 73 Strauchgesellschaften mit Carpinus caucasica, die von Schlingpflanzen überwuchert sind (Smilax excelsa, Clematis vitalba, Calystegia sepium und Vitis vinifera), sind in diesem Gebiet vertreten. In Nordarmenien reicht die Eichenwaldzone bis in eine Meereshöhe von 1500 m, stellenweise sogar bis 1800 m ü.d.M. Die höchsten Standorte werden von Quercus macranthera, der Hochgebirgseiche, eingenommen, in mittleren Höhenlagen wächst QOuercus iberica, zum Teil auch mit Ouercus macranthera vermischt. Hier können 3 typische Eichenwaldgesellschaften unterschieden werden: a) Carex-Eichenwälder (mit Carex humilis); b) grasreiche Eichenwälder (mit Poa nemoralis, Agrostis capillaris, Phleum phleo- ides und Dactylis glomerata; der Deckungsgrad beträgt bis zu 80°/o); c) krautreiche Eichenwälder, in denen neben hohem Anteil an Gräsern (Calam- agrostis arundinacea, Brachypodium silvaticum, Poa nemoralis und Agrostis capillaris) besonders Trifolium alpestre, Astragalus glycyphylloides, Lathyrus roseus und Galega orientalis vorkommen. Im Sangesur-Gebirge südöstlich des Sewan-Sees kommt neben Quercus iberica die xerophilere Ouercus araxina vor. Auch die Esche ist dort weit verbreitet. Als Unter- holz treten Crataegus-Arten hervor. Auf weniger trockenen Standorten, aber auch an Südhängen, finden sich krautreiche Eichenwälder mit Ouercus iberica, die mesophilen Charakter tragen und Lathyrus roseus, Asperula odorata, Poa nemoralis und Serratula quinquefolia in der Krautschicht zeigen. Im mittleren Teil des Karabach-Gebirges treten Ouercus iberica-Wälder in Höhen von 1400 bis 1500 m auf, ihre Obergrenze reicht bis 1700 mü.d.M. Im Bereich der Eichen-Bergwälder Ost-Transkaukasiens entwickelten sich Hain- buchenwälder eigener Prägung. Festuca montana, Poa nemoralis und Sanicula europaea sind typische Zeiger der einzelnen Assoziationen. Stellenweise finden wir FHedera pastuchovii, im Südosten auch Carpinus schuchaönsis. In Kachetien beginnend und weiter nach Osten sich fortsetzend begegnen uns in den Eichenwäldern girganskische Florenelemente, z.B. Acer velutinum und im Gebiet von Ismail Ouercus castaneifolia. Hier anzuschließen sind noch die Eichenwälder des Talysch-Gebirges, vorwiegend gebildet von Ouercus castaneifolia, die als gisganskische Eichenwälder bezeichnet werden. Oft wächst die kastanienblättrige Eiche auch in Mischwäldern. Eine zusammen- hängende Zone dieser Eichenwälder erstreckt sich von 500 bis 600 bis auf 1200 m Meereshöhe, in einzelnen Fällen auch bis 1600 bis 1800 m. Buchenwälder sind ver- einzelt beigemischt. Neben Ouercus castaneifolia sind auch Ouercus iberica und Ouercus macranthera vertreten. Im Mittelgebirgsstreifen sind Eichen-Hainbuchenwälder häufig. Überwie- gend stehen diese Bestände auf braunen Waldböden, zum Teil mit Anzeichen einer Podsolierung. Acer laetum, Acer campestre, Acer velutinum, Pyrus boisseriana und Pyrus grossheimii sowie Fraxinus excelsior zählen zu den Begleitholzarten. In der Strauchschicht finden sich Crataegus kyrtostyla, Mespilus germanica, Sorbus torminalis, Kalonymus latifolia und Ilex hyrcana. Die Krautschicht ist durch Bergwaldelemente des östlichen Transkaukasiens (Primula heterochroma und Viola sieheana) sowie all- gemeine Laubwaldarten gekennzeichnet, dazu gehören u.a. Brachypodium silvaticum, Dactylis glomerata, Poa nemoralis, Sanicula europaea und Euphorbia amygdaloides. Besonders an Südhängen verhindert der reichliche Blattabfall reiner Bestände ein zusammenhängendes Aufkommen der Bodenvegetation. Auf Steilhängen sind dagegen etwa 40°/o des Bodens mit einer Krautschicht bedeckt. Hier treffen wir insbesondere 1961 SCHÖNNAMSGRUBER, WALDGESELLSCHAFTEN DES KAUKASUS Nr. 73/11 Aristella bromoides, Dactylis glomerata, Lathyrus laxiflorus, Silene bupleuroides, Centaurea hyrcana, Cynosurus echinatus, Clinopodium umbrosum und Kohlrauschia prolifera. Eine besondere Gruppe bilden Eichenwälder mit dichtem Unterholz, die sich z.B. in einer Meereshöhe von 600 m im Lerisker Bezirk finden. Hainbuchen treten zu Quercus castaneifolia in die Baumschicht, Crataegus kyrtostyla, Ilex hyrcana und Mespilus germanica bilden das Unterholz, in der Krautschicht wachsen Carex divulsa, Asperula odorata, Euphorbia amygdaloides und Viola sieheana. Meist haben die Wälder aus Ouercus castaneifolia ausgesprochenen Schutzwald- charakter, sie dienen der Regulierung des Wasserhaushaltes und verhindern die Boden- Erosion. 4. Buchenwälder (Fagus orientalis) Auf den Berghängen des Kaukasus sind Wälder der orientalischen Buche weit ver- breitet. Fagus orientalis steht an der zweiten Stelle im Gesamtvorrat aller kaukasischen Wälder. Buchenwälder sind typisch für die Mittelgebirgszone und vor allem deren feuchtere Teile. Sie wachsen überwiegend auf braunen Waldböden, in den kolchischen Teilen auch auf Gelberden (Sheltosjemen). Im niedrigsten Teil der Gebirge finden sich Buchenwälder auf Standorten mit besserer Wasserversorgung, an Nordhängen und in Schluchten. Im höheren Teil der Mittelgebirgszone sind solche Standorte dagegen meist Nadelhölzern vorbehalten, dort tritt die Buche hauptsächlich auf wärmeren und sonnigeren Standorten auf. Ihre gıößte Verbreitung haben Fagus orientalis-Wälder an den Hängen. An be- sonders steilen, südexponierten Hängen kommen dagegen Eichen dazu. Überall finden sich in mehr oder minder großer Zahl andere Laubhölzer beigemischt, z.B. Tilia caucasica und Carpinus caucasica, sie gehören hier zu den Begleitern der Buche. Die Edelkastanie ist charakteristisch für wäımere, feuchte Gebiete, z.B. in der Kolchis. In den einzelnen Gegenden des Kaukasus treffen wir außerordentlich verschiedene Ausbildungsformen der Buchenwaldgesellschaften. Überall aber liegt eine mächtige Schicht von Bestandesabfall auf dem Boden, Unterholz ist meist nur spärlich vorhanden, zum Teil fehlt die Krautschicht. Solche krautarmen Bestände können in Abhängigkeit von den Standortsbedingungen I.—IIl. Bonität erreichen. Die überwiegende Zahl von Beständen mit Höchstleistungen (I. und Ia-Bonitäten) gehören zu dieser Gruppe. Die Buche entwickelt hier ein derart geschlossenes Wurzelstockwerk, daß, zusammen mit dem außerordentlich intensiven Wasserentzug aus dieser Zone, das Aufkommen tiefer wurzelnder Pflanzen verhindert wird. Auf feuchteren Böden verschlechtern sich die Wachstumsbedingungen für die Buche, hier treffen wir typische Faınbuchenwälder, besonders mit Straußfarn, bei ge- ringerer Feuchtigkeit stellen sich Frauenfarn und Wurmfarn ein. Übergangsgesellschaften zwischen krautarmen und farnreichen Buchenwäldern haben einen hohen Anteil an mesophilen Pflanzen (Asperula odorata, Sanicula euro- paea, Trachystemon orientale und Pachyphragma macrophyllum). Auf trockeneren und hellen Standorten der Oberhänge treten grasreiche Buchen- wälder, besonder mit Festuca montana, auf. Die Qualität des Holzes und die Leistungen der Bestände sind erheblich niedriger. Buchenwälder mit Unterwuchs aus immergrünen Stiäuchern (Rhododendron ponti- cum, Daphne pontica, Laurocerasus officinalis) wachsen besonders an den Unterhängen auf Standorten, an denen der Winter nicht so rauh ist. Dazu gehört eine Schneedecke, die zu Beginn schärferen Frostes den Boden und die Sträucher überzieht. In der Baum- 12 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 73 schicht tritt häufig Castanea vesca auf, die Bodenvegetation zeigt Arten, die auch in den pontischen Laubmischwäldern vorkommen. An manchen Stellen sind auch „Lianen“ charakteristisch. Im höheren Teil des Mittelgebirgsgürtels sind unterwuchsreiche Buchenwälder aus- gebildet, die durch Vaccinium arctostaphylos, die kaukasische Heidelbeere, gekenn- zeichnet sind. Die Buchen haben hier III.—IV. Bonität. Seltener wird die Strauch- schicht aus Rhododendron luteum gebildet. An der Waldgrenze, in Höhen von über 2000 m ü.d.M., tritt ein Buchenkrumm- holzgürtel auf. Die Stämmchen werden durch die Last der Schneemassen niederge- drückt und stark deformiert. Dieser Krummholzgürtel ist typisch für große Teile des Kaukasus. Es treten nur wenige Assoziationen auf, charakteristisch ist Rhododendron caucasicum als Strauch oder in der Bodenschicht. Im Nordkaukasus sind geschlossene Buchenbestände meist in Höhen zwischen 800 und 1200 m verbreitet, im darunterliegenden Eichengürtel ist die Buche häufig in den oberen Teilen beigemischt. Nach oben schließen sich Gebirgsnadelwälder an, in der Übergangszone dazu Mischwälder aus Buche und Tanne. Im subalpinen Gebiet folgt dann der erwähnte Krummholzgürtel. Im trockeneren und mehr kontinentalen Klima Dagestans erreichen die Buchen- wälder auf Nordhängen Meereshöhen von 1800 bis 2100 m. Teilweise haben sie hier schon subalpinen Charakter. Zu den Begleitholzarten gehören Acer trautvetteri, Betula verrucosa und Betula litwinovii, die auch den Krummholzgürtel in diesem Gebiet bilden. In der Krautschicht sind viele subalpine Arten vorhanden. Etwas tiefer wachsen farnreiche, außerdem krautarme Buchenwälder, die durch Oxalis acetosella und Asperula odorata charakterisiert sind. Kiefern sind einzeln bei- gemischt, unter ihnen treten boreale Arten (Deschampsia flexuosa und Vaccinium myrtillus) auf. Im Nordwestkaukasus stehen einzelne Buchenwälder zwischen Eichenwäldern, die von Quercus petraea gebildet werden. Neben Carpinus caucasica und Ulmus scabra gehört hier Tilia caucasica zu den charakteristischen Begleitholzarten. Die Krautschicht besteht aus kolchischen Florenelementen, nicht selten finden sich Schlingpflanzen (Hedera colchica und Smilax excelsa). Im Westen Transkaukasiens reicht die Buche bis zur Küste des Schwarzen Meeres und in die Rion-Niederung herab, sie wächst zwischen Mischwäldern kolchischen Typs. Ihre größte Verbreitung haben hier die Buchenwälder im Mittelgebirgsteil, bis zu Meereshöhen von 600 bis 900 m, meist unter Beteiligung von Castanea vesca. Man kann hier einen pflanzengeographischen Typ der Buchenwälder, den kolchischen, ausscheiden. In der Strauch- und Krautschicht dieser Wälder sind besonders Rhamnus imeritina, Brunnera macrophylla, Pteris cretica, Euphorbia macroceras, in Adsharien und Gurien auch Primula maegaseifolia und Hypericum bupleuroides vertreten. Häufig treten in der Kolchis unter Buchenwäldern Strauchschichten aus Immer- grünen (Laurocerasus officinalis, Rhododendron ponticum, Ilex colchica, Ruscus hypo- phyllum und Ruscus ponticus) auf. In Schluchten finden wir auch Buxus sempervirens. Die Buchenkrummholzgürtel in der Kolchis sind in Höhen von 1800 bis 1900 m ü.d.M. ausgebildet. An ihnen sind immergrüne Arten, besonders Laurocerasus offi- cinalis, beteiligt. Zwischen 200 und 900 m ü.d.M. herrscht vielfach die Kastanie vor, stellenweise treffen wir auch reine Kastanienwälder. Castanea vesca meidet hier Karbonatböden, sie bevorzugt Standorte mit ausgeglichenem Temperaturgang und warmen Herbsten. Rhododendron ponticum findet sich fast stets im Unterwuchs dieser Kastanienwälder, in der Baumschicht spielen Buche und Hainbuche, in geringerem Maße auch Linden eine Rolle. 1961 SCHÖNNAMSGRUBER, WALDGESELLSCHAFTEN DES KAUKASUS Nr. 73/13 Im östlichen Transkaukasien finden sich Buchenwälder vor allem in Süd-Össetien, auf den Kachetiner und Alasano-Avtoransker Höhen des Großen Kaukasus. Hier ver- binden sich hohe Niederschläge mit mäßig warmen Temperaturen. Auch im gegenüber- liegenden Kleinen Kaukasus wachsen Buchenwälder, besonders an Nordhängen. Die bedeutendsten Voıkommen liegen in diesem Teil Transkaukasiens an der Grenze zwischen Grusinien, Armenien und Aserbeidshan, stellenweise als geschlossene Gürtel zwischen 800 und 1800 m Meereshöhe. In Kachetien sind Buchenwälder in der Mittelgebirgszone zwischen 800 und 1600 m Meereshöhe verbreitet, nur spärlich ist Unterholz aus immergrünen Arten vorhanden, teilweise treten girganskische Elemente auf. Im Talysch-Gebirge liegt die Buchenstufe zwischen 700 und 1700 m ü.d.M., vor allem an Nordhängen, auf Südhängen wachsen dagegen Wälder aus Quercus castanei- folia. Neben Hainbuche, Acer velutinum und Acer laetum, findet sich als Begleitholzaıt Diospyros lotus. Auf kleinen Flächen sind auch Unterholzgruppen aus Danaö race- mosa in Schluchten zu sehen. Typisch für kleinere Erhebungen im Mikrorelief ist das Vorkommen von Hedera pastuchovü. Neben Farnen (Phyllitis scolopendrium, Poly- stichum lobatum, Dryopteris filix mas) sind es besonders Oichideen (Cephalanthera caucasica, Cephalanthera rubra, Orchis triphylla, Platanthera chlorantha und Centrostis abortiva), die die Krautschicht bilden. Auf Nordhängen, an Einhängen zu Schluchten und an feuchten Stellen treffen wir auch Ilex hyrcana bis zu 3 m Höhe im Unterholz. Meist sind diese unterholzreichen Wälder sehr krautarm. 5. Gebirgsnadelwälder (Abies nordmanniana und Picea orientalis) Waldgesellschaften aus kaukasischer oder Nordmannstanne (Abies nordmanniana) und orientalischer Fichte (Picea orientalis) bilden den höheren Teil des Waldgürtels. Sie finden sich meist in Höhen zwischen 1200 und 1900 mü.d.M. Hier ist das Klima durch reichliche Niederschläge, gemäßigte Temperaturen, lange Schneebedeckung und geringe Temperaturschwankungen während des Jahres ausgezeichnet. (Januarmittel: — 4 bis —5° C, Julimittel: + 14 bis + 15° C). Es fallen zwischen 1000 und 1500 mm Niederschlag im Jahr, stellenweise auch mehr. Die Luftfeuchtigkeit ist relativ hoch. Die kaukasischen Nadelwälder ziehen sich entweder als geschlossener Gürtel im oberen Teil der Waldzone hin (z.B. im Labatal im Nordkaukasus) oder sie treten nur an nordexponierten, feuchten und schattigen Hängen auf (z.B. in Abchasien). Im Nordwestkaukasus und in einigen anderen Gebieten, in denen das Klima weniger Niederschläge mit zugleich höheren Temperaturen aufweist, treffen wir Nadel- wälder lediglich in tiefen, schattigen Schluchten, sie können hier also nicht mehr als zonaler Gürteltyp der Vegetation gelten. Tannen-Fichtenwälder finden sich vor allem auf braunen Waldböden, die teils nur flachgründig sind und stellenweise Anzeichen einer Podsolierung aufweisen. Auf flach- gründigen Schuttböden haben die Bestände geringere Wuchsleistung und niedrigeren Schlußgrad. I.Bonitäten sind auf tiefgründige Böden bei ausreichenden Nieder- schlägen beschränkt. Die obere Baumschicht solcher Hochleistungsbestände besteht aus Fichte und Tanne oder aus einer dieser Holzarten, im Unterstand dominiert stets die Buche. Sie ist besonders charakteristisch für Waldgesellschaften mit hohem Tannen- anteil. Wo sich die Wachstumsbedingungen für die Tannen-Fichtenwälder verschlechtern, gewinnt die Buche die Überhand. In einigen Teilen Transkaukasiens und im Nord- westkaukasus sind auch Buchen-Tannenwälder anzutreffen. Außer der Buche (Fagus orientalis) kommen in der Baumschicht eine Reihe von Ahornen (Acer platanoides und Acer trautvetteri), Ulmen (Ulmus scabra, Ulmus ellip- tica) sowie die Erle (Alnus barbata) vor. 14 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 73 Der Schlußgrad der kaukasischen Nadelwälder beträgt im Durchschnitt 0,7 bis 0,8, er verringert sich mit zunehmender Meereshöhe. Die Strauchschicht ist meist nicht charakteristisch, nur auf kleinen Flächen finden wir sie gut ausgebildet. In Abhängigkeit von der Bodenentwicklung und der Feuchtigkeitsversorgung bildet sich eine unterschiedliche Krautschicht. Die Mehrzahl der Bodenpflanzen gehört zu den Begleitern von Laubwaldgesellschaften (Asperula odorata, Sanicula europaea, Dryo- pteris filix mas, Athyrium filix femina, Geranium robertianum, Dentaria bulbifera und Circaea lutetiana). Wenn die Tanne vorherrscht, bildet sich keine geschlossene Moosschicht, wohl aber in Fichtenwälde:;n. Unter diesen stellen sich einige Assoziationen von Grünmoosen ein. Am Nordwestabhang des Großen Kaukasus, westlich der Wasserscheiden der Großen Laba und Urupa, herrscht in den Nadelwäldern die Tanne vor, ostwärts davon dominiert die Fichte. Die östliche Grenze von Fichte und Tanne verläuft auf dem Nordabfall des Kaukasus in Balkarien. Auf Schatthängen in Nordexposition und auf gut durchfeuchteten Unterhängen und Hangterrassen erreichen im Großen Labatal im Nordkaukasus Tannenwälder hohe Schlußgrade und beste Bonitäten. Die massenreichen Bestände erreichen Mittelhöhen von 40 bis 45 m, darunter steht überall die Buche. Die Krautschicht bedeckt in diesen Wäldeın etwa 50°/o der Oberfläche des Bodens, in ihr nehmen Farne (Dryopteris fılix mas, Athyrium filix femina) einen breiten Raum ein. Oxalis acetosella, Sanicula europaea, Asperula odorata, Symphytum grandiflorum, Pachyphragma macrophyllum, Trachystemon orientale sind weitere typische Vertreter. Moose kommen an den Stäm- men, Wuıizelanläufen, auf herabgefallenen Ästen und vermoderten Stämmen dieser zum Teil urwaldartig anmutenden Bestände vor. An sumpfigen Stellen, an Hangfüßen mit Wasseraustritt und auf feuchten Ver- ebnungen werden die Bestände lichter, die Mittelhöhe nimmt stark ab. Sträucher (Sambucus nigra, Ribes biebersteinii und Corylus iberica) nehmen zu, die Kraut- schicht ist kräftig entwickelt, Struthiopteris filicastrum, der Straußfarn, herrscht vor. Neben der Tanne tritt die Erle (Alnus barbata) in der Baumschicht auf. Auf Hängen in Süd- und Westexpositon finden sich bei geringeren Niederschlägen Tannenwälder mit Festuca montana. Bei günstigen Bodenverhältnissen treten Oxalis acetosella, Asperula odorata, Vicia crocea, Salvia glutinosa, Calamintha grandiflora, Actaea spicata, Valeriana alliariaefolia und Senecio jaquinianus hinzu. Ostwärts des Tales der Großen Laba dominiert in Tannengesellschaften Luzula silvatica, die auch für Waldgesellschaften Mittel- und Südosteuropas charakteristisch ist. Die Leistungen dieser Bestände sind etwas niedriger. In feuchten, warmen Tälern im Nordwestkaukasus (Laba, Belaja) ist die Buche neben der Tanne fast gleichberechtigt. Die Strauchschicht wird hier von immergrünen Pflanzen gebildet (Laurocerasus officinalis, Rhododendron ponticum, Ilex stenocarpa). Zwischen reinen Tannenwäldeın stehen auch Tannen-Fichten-Mischwälder und reine Fichtenwälder. Auf flachgründigen Gesteinsböden überwiegen Fichtenwälder. Neben Grünmoosen (Hylocomium proliferum, Pleurozium schreberi und Rhytidia- delphus triquetrus) finden sich auch Arten, die für die Taigazone charakteristisch sind (Lycopodium annotinum, Listera cordata, Goodyra repens und Linnaea borealis). Die Ansicht mancher Forscher, daß es sich hier um Vorstöße während der Eiszeit aus dem Norden handelt, ist sehr umstritten, eher sind es Zeugen der damaligen Klimaver- schlechterung und damit der tiefer gelegenen Höhenstufen der Vegetation. In Abchasien sind die Nadelwälder auf feuchte, schattige Hänge beschränkt. Die Tanne herrscht hier vor, teilweise in Verbindung mit Buche. In der Bodenflora domi- nieren Oxalis acetosella, Asperula odorata und Sanicula europaea, aber auch Festuca 1961 SCHÖNNAMSGRUBER, WALDGESELLSCHAFTEN DES KAUKASUS Nil montana tritt in einigen Gesellschaften auf. Ähnlich, wie in den nordkaukasischen Tannenwäldern sehen wir vielfach immergrüne Sträucher (Ilex colchica, Rhododendron ponticum), an feuchteren Stellen Laurocerasus officinalis und Vaccinium arctostaphylos. Buchen-Tannenbestände haben in Tıanskaukasien meist hohe Wuchsleistungen. Die Buche bildet 5 bis 10 m unter den Kronen der Tanne eine zweite Baumschicht, der Schlußgrad, der im allgemeinen bei 0,7 liegt, kann dadurch bis auf 1,0 ansteigen. In Hoch-Swanetien liegen die Hauptgebiete von Tannen- und Tannen-Fichten- Mischwäldern zwischen 800 und 1700 m Meereshöhe. Verschiedene Assoziationen unter Beteiligung von Immergrünen, auf Südhängen besonders mit Festuca montana, sowie mit Farnen auf Terrassen und in feuchten Plateaulagen sind zu beobachten. In Süd-Ossetien ist der Anteil der Fichte erheblich größer als jener der Tanne. Fichten-, Fichten-Tannen- und Fichten-Buchenwälder sind zu sehen. Unter dem Einfluß der Holznutzung werden Fichte und Tanne häufig von Buche und Hainbuche abgelöst. In Adsharien erstrecken sich Tannen-Fichtenwälder in Höhenlagen von 1000 bis 1800 mü.d.M. Die Fichte ist weit verbreitet, sie dominiert an vielen Stellen über die Tanne. Auf manchen Standorten kommt auch die Kastanie in Höhenlagen über 1000 m vor. In vielen Gegenden des Nordkaukasus vergesellschaftet sich die Tanne mit sub- alpiner Vegetation, sie hat dort unbedeutende Schlußgrade. Auf Lichtungen wachsen Hochstauden (Aconitum orientale, Teleckia speciosa, Campanula lactiflora und Sym- phytum asperum). Die Krautschicht ist sehr artenreich, subalpine Vertreter sind Astrantia-Arten, Silene multifida und Senecio caucasicus. Neben Rhododendron dominiert in der Strauchschicht häufig der Wacholder. 6. Kiefernwälder Kiefernwälder aus Pinus hamata sind im Kaukasus weit verbreitet. Auf dem Nord- abhang des Großen Kaukasus sind sie charakteristisch für Teile der Täler des Großen und Kleinen Selentschuk, der Marucha, Teberda, des Kuban, Baksan und Ardon. Sie finden sich auch in den Schluchten Tuschetiens und Dagestans. In Transkaukasien treffen wir Kiefernwälder auf den Kura-Höhen und im Achalizer Gebiet. Im östlichen Transkaukasien sind sie auf dem Kaukasus-Hauptkamm bis zum Sakatalsker Bezirk zu finden. Im westlichen Transkaukasien gibt es nur sporadische Vorkommen von Gelendshik im Westen bis zum Suramsker Kamm im Osten. Im Be- ziık des Hohen Kepas, beim See Gek-Gel, auf sonnigen Hängen im Ingura-Becken, im Tal des Kodor, im Liachwa-Becken und an anderen Stellen finden sich vereinzelte Vorkommen. Ähnliches gilt für Gurien, das Trialetzker Gebirge im Kleinen Kaukasus, für einige Gegenden Armeniens und längs des Adscharis- Zchali-Flusses. Im östlichen Teil des Großen und Kleinen Kaukasus werden Kiefernwälder sehr selten, sie fehlen vollkommen im Karabach, in Südarmenien und im Talysch-Gebirge. Im Westteil des Nordabhanges des Großen Kaukasus reichen Kiefernwälder höher als die Buchenstufe und bilden zum Teil die Waldgrenze in Höhenlagen über 2000 m. Man kann hier einen Kiefern-Krummholz-Gürtel beobachten, der physiognomisch der nördlichsten Taigazone ähnlich ist. Charakteristisch sind Juniperus communis und Juniperus depressa, Rubus idaeus, Lonicera coerulea, teilweise auch Corylus avellana, Viburnum lantana, Tilia-Arten und Acer platanoides. Nach Waldbränden und als Folge von Kahlschlägen stellen sich häufig Birken (Betula verrucosa, Betula litwinovü und Betula raddeana) ein. In der Krautschicht dieser borealen Grünmoos-Kiefern- wälder kommen mesophile Kräuter (Melica nutans, Poa nemoralis, Paris quadrifolius, Geranium robertianum, Oxalis acetosella und Epilobium montanum) neben typischen Vertreteın des Nadelwaldgürtels (Pirola rotundifolia, Pirola minor, Moneses uniflora und Vaccinium myrtillus) vor. 16 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 73 An manchen Standorten dominiert die Heidelbeere (Vaccinium myrtillus), an schat- tigen Plätzen herrschen Farne vor. Flechtenreiche Kiefernwälder auf trockeneren Böden bieten borealen Arten (besonders Vaccinium vitis idaea, Empetrum nigrum, Linnaea borealis) zusagende Lebensbedingungen. Auf trockenen Steinschutthängen beherrschen Arten der Wiesen-Steppe (Bromus riparius, Koeleria luersseni, Festuca sulcata, Carex buschiorum und Trifolium trichocephalum) die Bodenflora. Nahe der Waldgrenze sehen wir auf frischeren Standorten Deschampsia flexuosa, Anthoxanthum odoratum, Vaccinium-Arten neben Vertretern der subalpinen Wiesen (Aster alpinus, Betonica grandiflora und Silene ruprechtü). Laubholzgebüsche aus Acer trautvetteri, Betula litwinovii und Sorbus caucasigena stehen zwischen Bergkiefern- wäldeın auf den Höhen des Großen Kaukasus. Im Innern Dagestans blieben Kiefernwälder lediglich in schwer zugänglichen Gegenden auf Nordhängen erhalten, sie bilden dort einen Höhengürtel zwischen 1400 und 2300 m ü.d.M. Typisch ist eine Kraut- und Moosschicht aus borealen Arten. Unter dem Einfluß der menschlichen Nutzungen tritt zur Kiefer die Birke; Rhodo- dendron caucasicum herrscht im Unterholz vor. Auch die Hochgebirgseiche (Ouercus macranthera) tritt in die Baumschicht. Vaccinium myrtillus, Linnaea borealis, Goodyera repens, Pirola media, Ramischia secunda und Vaccinium vitis idaea bilden die Strauch- und Krautschicht, auch Sorbus caucasigena ist zu sehen. Grasreiche Gesellschaften zeigen Poa nemoralis und Calamagrostis arundinacea. Mischwälder mit Kiefer, Birke und Eberesche, Acer platanoides und Acer traut- vetteri, haben eine Strauchschicht aus Lonicera caucasica, Lonicera xylosteum, Rhamnus und Ribes biebersteini. In der Krautschicht dominieren Oxalis acetosella und Melica nutans. Auf den Südhängen überwiegen wärmeliebende Arten. Juniperus oblonga und Juniperus depressa sind häufig. In Dagestan und Tuschetien traten diese Kiefernwälder erstmals während der letz- ten Eiszeit auf und stellen Relikte eines rauheren Klimas dar. Im westlichen Transkaukasien geht die Untergrenze der Kiefernwälder bis auf 300 bis 400 m ü.d.M. herunter, im östlichen dagegen bis auf 700 bis 800 m. Im Westteil nehmen Kiefernwälder zwischen Eichenwäldern nur eine sehr geringe Fläche ein, stellenweise sind sie auch zwischen Buchenwälder eingestreut. Vor allem auf Süd- hängen finden sich Mischwälder mit Quercus iberica und Quercus petraea. Brachy- podium pinnatum, Molinia litoralis, Calamagrostis arundinacea, Pteridium tauricum, Origanum vulgare und Hypericum perforatum sind charakteristisch für die Bodenflora der Kiefernwälder im westlichen Teil des Belaja-Tales. Rhododendron luteum ist in einer Reihe von Assoziationen im Unterholz vorhanden. Im Kleinen Kaukasus, auf den Hängen des Trialetzker Gebirges und in Adsharien kommen Astragalus microcephalus und Citrus tauricus in den Kiefernwäldern vor, seltener auch Juniperus oblonga. Kleinere Kiefernvorkommen gibt es auch in Nordarmenien mit Trifolium alpestre, Carex humilis, Campanula alliariaefolia und Silene compacta in der Krautschicht. In Dshawachetien haben die Kiefernwälder parkartigen Charakter mit Steppen- pflanzen im Unterwuchs. Pinus pallasiana, die auf der Krim die wichtigste Rolle spielt, tritt auch in den nördlichen Teilen des Schwarzmeergebietes des Kaukasus auf. Auf flachgründigen Böden an Felshängen sehen wir hier einzelne Bestände. Auch Pinus pithyusa ist in geringer Zahl hier vertreten. Im Unterholz wachsen viele Sträucher (Cotynus coggygria, Carpinus orientalis, OQuercus pubescens, Evonymus verrucosa, Ligustrum vulgare, Juni- perus oxycedrus, Sorbus torminalis und Cytisus caucasicus). Brachypodium silvaticum, Dorycnium graecum, Sesleria anatolica, Primula microcalyx und Inula ensifolia bilden die fast geschlossene Krautschicht. 1961 SCHÖNNAMSGRUBER, WALDGESELLSCHAFTEN DES KAUKASUS Nr. 73 / 17 Eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Aufbau dieser Kiefernwälder zeigen Pinus pithyusa-Bestände im Vorgebirge nördlich Tuapse und im Norden Abchasiens. Pinus pithyusa, eine endemische Art des Kaukasus, erinnert in ihrer Kronenform an mittel- meerische Pinien. Im Unterholz gedeihen mediterrane Arten (Cistus tauricus, Ruscus ponticus und Rhus coriaria). Mit 80 bis 100 Jahren erreicht die Pizunda-Kiefer ihre größte Höhe. In Meeresnähe sind es immergrüne Arten, die den Unterwuchs bilden, weiter landeinwärts finden sich besonders Carpinus orientalis und Rubus sanguineus. Hier ist auch, im Gegensatz zur Küste, eine Krautschicht ausgebildet mit Lathyrus laxiflorus, Galium mollugo und Psoralea bituminosa. Pinus pallasiana, Pinus pithyusa und die nur auf der Krim vertretene Pinus stanke- viczii werden häufig als Reste mediterraner Flora an der Ostgrenze des Gesamtareals angesehen. x Die Übersicht über die Waldgesellschaften des Kaukasus ist der erste Teil eines Versuchs einer zusammenfassenden Darstellung der Waldvegetation der Sowjetunion. Die großen Zusammenhänge lassen sich erst nach Abschluß weiterer Veröffentlichungen darstellen. Viele Fragen mußten offenbleiben, weil eigene Beobachtungen nur in ge- ringem Umfange gemacht werden konnten und ein Teil der Aufzeichnungen während des Kriegs verlorenging. Herrn Professor Dr. Heinrich WALTER in Hohenheim und meinem Freunde Dr. Frıtz Reınnorp in Hüfingen habe ich besonders herzlich zu danken für ihre Mit- hilfe bei der Beschaffung der Literatur und für die Übermittlung bisher noch nicht veröffentlichten Materials. Dem Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart danke ich für die Möglichkeit der Veröffentlichung. Literatur 1. Descriptio vegetationis URSS (2 Bände mit einer Vegetationskarte 1:4 Millionen), Verlag der Akademie der Wissenschaften der UdSSR, Moskau-Leningrad 1956 (russisch). 2. Bodenkarte der UdSSR 1:4 Millionen. Dokutschaew-Institut für Bodenkunde der Akademie der Wissenschaften der UdSSR, Moskau 1956 (russisch). 3. Dendroflora des Kaukasus, Band I, Verlag der Akademie der Wissenschaften der Grusinischen SSR, Tiflis 1959 (russisch). 4. Kleine Sowjetische Enzyklopädie, 10 Bände, Moskau 1959/60 (3. Auflage), russisch. 5. Große Sowjetische Enzyklopädie, Band 50 (UdSSR), deutsche Ausgabe, Leipzig 1959. 6. Atlas der UdSSR, 2. Ausgabe, Moskau 1955 (russisch). 7. Buchnoız, E.: Die Waldwirtschaft und Holzindustrie der Sowjetunion, München 1961. 8. Frenzeı, B.: Die Vegetations- und Landschaftszonen Nord-Eurasiens während der letzten Eiszeit und während der postglazialen Wärmezeit. Akademie der Wissenschaften und Literatur, Abh. Math.-Naturw. Klasse, Jahrg. 1959, Nr. 13, und 1960, Nr. 6. Mainz. 9. FrıpLanp, W. M.: Braune Waldböden des Kaukasus. Bodenkunde (russisch), Jahrg. 1953, Nr. 12, S. 28—44, 1953. 10. Majevsku, P. F.: Flora der mittleren Zone des europäischen Teils der UdSSR, Moskau 1954 (russisch). 11. Reınnoıd, F.: Das Waldbild Rußlands. Zeitschr. für Weltforstwirtschaft, IX, H. 10—12, S. 561 bis 646, 1942. 12. Rusßner, K., und Reınnoıo, F.: Das natürliche Waldbild Europas, München 1953. 13. WALTER, H.: Einführung in die Phytologie, Band III, II. Teil, Arealkunde, Stuttgart 1954. 14. WALTER, H.: Die Klima-Diagramme der Waldsteppen- und Steppengebiete in Osteuropa. Stuttgarter Geographische Studien, Band 69, 1957, S. 253—262. 15. WALTER, H., und Lıetu, H.: Klimadiagramm-Weltatlas, Jena 1960. Anschrift des Verfassers: Dr. Helmut Schönnamsgruber, Stuttgart W, Zeppelinstr. 98 N 7 I en GER I7 sr) 14 - Md Stuttgarter Beiträge zur Naturkunde aus dem Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart Stuttgart 24. Oktober 1961 Nr. 74 Beobachtungen am Panzer von Testudo graeca und Testudo hermanni | Von Karl Staesche, Stuttgart Mit 27 Abbildungen Bei’ der Bearbeitung fossiler Schildkröten, der der Verfasser seit nunmehr 35 Jah- ren obliegt, ergab sich oftmals die Notwendigkeit, rezentes Material zum Vergleich heranzuziehen, ohne daß die daran getroffenen Feststellungen mehr als nur kursorisch Erwähnung fanden. Wenn nun heute einmal einige Beobachtungen an rezenten Pan- zeın gesondert vorgelegt werden, so geschieht dies nicht etwa in der Absicht, den Kollegen von der Zoologie ins Handwerk zu pfuschen. In der Tat ist diese Gefahr gering, da die rein formalen Beziehungen, von denen hier die Rede sein wird, nicht auf die Morphologie der rezenten Arten, sondein auf die Bedürfnisse der Paläonto- logie hin ausgewählt sind. Diese verfügt nur selten über hinreichend zahlreiche Exem- plare einer Schildkrötenart, die es gestatten würden, den systematischen Wert der am Einzelpanzer festgestellten Merkmale zu prüfen. Die Durchmusterung von Reihen ver- wandter rezenter Arten kann hier ergänzend einspringen und der paläontologischen Aussage eine festere Grundlage schaffen. Das gewählte Thema steht in Zusammenhang mit der im Gang befindlichen palä- ontologischen Untersuchung einiger Landschildkröten-Reste aus dem süddeutschen Jungtertiär, die der Gruppe der Testudo antiqua Bronn angehören. Diese Art, von H.G. Bronn 1831 aus dem obermiozänen Gips vom Hohenhöwen erstmalig beschrie- ben, wird von GLAEssneR (1933, S.355—367) unter Zuziehung mehrerer, bis dahin als selbständig betrachteter Arten als zeitlich und räumlich weit verbreiteter Rassen- kreis gedeutet und zum unmittelbaren Vorläufer der rezenten Testudo graeca L. und Testudo hermanni Gmelin erklärt. Da nun diese lebenden Arten und ihre geographi- schen Rassen in jüngster Zeit durch Arbeiten von Mertens (1946), WERMUTH (1952, 1956, 1958) und beiden Autoren gemeinsam (1955, 1961) systematisch und nomen- klatorisch neu definiert worden sind, ist es angezeigt, die tertiären Formen unter Berücksichtigung dieser Ergebnisse zu revidieren. Die vorliegende Mitteilung ist das einleitende Kapitel hierzu. Daß es selbständig erscheint, erklärt sich aus der leidigen Tatsache, daß es trotz intensiven Nachsuchens bisher nicht möglich war, die in den immer noch in Kisten verpackten Beständen der paläontologischen Sammlung unseres Stuttgarter Museums befindlichen fossilen Schildkrötenreste vollzählig wieder ans Licht zu bringen. Andererseits jedoch begrüßt der Verfasser die damit sich bietende Gelegenheit, seinem verehrten Museumsdirektor Professor Dr. Ernst ScHüz zum 60. Geburtstag eine Studie über zoologische Objekte zu widmen, die dieser zum Teil auf seiner Persien-Reise 1956 selbst gesammelt hat (Testudo graeca ibera Pallas, bestimmt von MErTEns; Schüz 1959, S.13, 19). Außer den Schildkröten der zoologischen Sammlung des Staatlichen Museums für Naturkunde in Stuttgart (Professor Schüz, Dr. KLeinschMipr) standen zur Verfügung die Bestände des Senckenberg-Museums in Frankfurt am Main (Professor MERTENS, Dr. Kremmer) und des Zoologischen Museums Alexander Koenig in Bonn (Professor 2 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 74 EisEntrAuT, Dr. BuchHoLz). Den genannten Herren sei für die Erlaubnis zur Be- nützung der ihnen unterstehenden Sammlungen verbindlichst gedankt. Die Zahl der untersuchten Panzer betıägt 55, und zwar 29 von Testudo graeca, 26 von Testudo hermanni. Unter diesen befanden sich allerdings nur 10 skelettierte (von den Hornschildern befreite) Exemplare, je 5 von jeder der beiden Arten. Doch ließ sich ein großer Teil der gewünschten Feststellungen auch an den noch mit Horn- bedeckung versehenen Panzern treffen. Einzelbeobachtungen erlaubte zusätzlich das in Alkohol konservierte Material der drei Museen, namentlich das der hieran be- sonders reichen Sammlung des Senckenberg-Museums. Zweck der Untersuchung war nicht, Abnoımitäten festzustellen, die bei Schild- kröten ziemlich häufig vorkommen und als „individuelle Abweichungen“ seit HERMANN von MEyEr (1837 und 1867) immer wieder geschildert worden sind, sondern im Gegenteil ein möglichst klares Bild von der normalen Ausbildung zu gewinnen. Die Ergebnisse wurden in Tabellen zusammengestellt, die einen Überblick über die be- achtliche Variabilität der beiden Arten gewähren und die als Vergleichsgrundlage für die Beurteilung der fossilen Schildkrötenreste gedacht sind. Die hier vorgelegte Dar- stellung ist die textliche Zusammenfassung einiger ausgewählter Abschnitte dieses Arbeitsmaterials, die vielleicht allgemeinerem Interesse begegnen. Wie zu erwarten, prägen sich in einzelnen Merkmalen des Panzers auch Geschlechtsunterschiede aus; doch gehen die folgenden Ausführungen darauf nicht ein, da Dr. BuchHoız in Bonn sich zur Zeit mit dieser Frage befaßt. Seine Veröffentlichung hierüber steht in Bälde bevor. Zur Terminologie des Schildkrötenpanzers (Abb. 1 und 2) Die den Panzer der Schildkröten zusammensetzenden Knochenplatten und die diese bedeckenden Hornschilder sind nicht kongruent; ihre Grenzen fallen nur ge- legentlih und auch dann nur zum Teil zusammen. Zur Vermeidung von Mißver- ständnissen ist daher für die knöchernen und für die hornigen Elemente je eine be- sondere Reihe von Benennungen erforderlich. Man sollte meinen, daß eine solche dop- pelte Terminologie sich längst in allgemein verbindlicher Form herausgebildet hätte. Merkwürdigerweise ist dies jedoch nur für den Bauchpanzer (Plastron) erfolgt. Beim Rückenpanzer (Carapax) herrscht immer noch ein heilloses Durcheinander. Termini, die in einer Veröffentlichung Knochenplatten bezeichnen, findet man in einer anderen als Hornschilder wieder; mitunter verwendet ein Autor den gleichen Ausdruck sowohl für knöcherne wie für hornige Elemente. Fehlt dann noch die bestimmende Angabe (für knöcherne Teile: Platte; plate, bone; plaque; für hornige Teile: Schild, Schuppe, Scutum; shield, scale, scute; &caille, &cusson), so ist, wie CARR in seinem lesenswerten Handbook of Turtles bedauernd schreibt, die Verwechslungsmöglichkeit beträchtlich, und in vielen Fällen ist sie voll ausgenützt worden (CArr 1952, S.34). Auch aus der paläontologischen Literatur ließen sich groteske Beispiele hierfür anführen. Um dieser unerträglichen Situation ein Ende zu bereiten, empfiehlt Carr (1952, S. 35—39) unter Anlehnung an STEJNEGER eine „revidierte Terminologie“. Sie zeichnet sich aus durch konsequente Durchführung des Prinzips, für die Knochenplatten von griechi- schen, für die Hornschilder von lateinischen Wortstämmen abgeleitete Namen zu ver- wenden, wie sich dies bei den Elementen des Plastrons seit langem bewährt hat. Bei diesen ist daher auch keine Änderung des Hergebrachten erforderlich. Beim Carapax werden einige Bezeichnungen fallen gelassen, deren doppelsinniger Gebrauch be- sonders häufig Verwirrung gestiftet hat (wie Costale und Nuchale); sie werden durch eindeutige, großenteils schon früher übliche (Pleurale, Laterale), einige wenige auch durch neugeschaffene (Proneurale, Praecentrale) Termini ersetzt. In Übereinstimmung mit der paläontologischen Literatur wird die Bezeichnung Marginalia auf die Horn- schilder des Randes beschränkt; die entsprechenden Knochenplatten heißen Peri- 1961 STAESCHE, PANZER VON TESTUDO Nr. 74/3 Praecentr. Marg. Postcentr. Abb. 1. Carapax von Testudo (schematisch). Knochenplatten: Pron. = Proneurale, N = Neurale I—VIII, Mn. = Metaneurale I—II, Pyg. = Pygale, Pl. = Pleurale I-VIII, Per. = Peripherale I-XI. Hornschilder: Praecentr. — Praecentrale, Centr. = Centrale 1—-5, Postcentr. = Postcentrale, Lat. = Laterale 1—4, Marg. = Marginale 1—11. pheralia. Für die mediane Schilderreihe des Carapax, deren bisheriger Name Verte- bralia Beziehungen zum Innenskelett vortäuschen könnte, wird der neutrale Ausdruck Centralia eingeführt, wodurch die Parallele zu der schon gebräuchlichen Bezeichnung Lateralia für die Seitenschilder (bisher mitunter noch, wie auch die Pleuralplatten, Costalia genannt) hergestellt wird. Die Vorzüge der CArrschen Terminologie sind so 4 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 74 offenkundig, daß sie sich über kurz oder lang wohl allgemein durchsetzen wird. Ob- gleich der Verfasser in seinen Veröffentlichungen von Anfang an gleichfalls eine doppelte Reihe eindeutiger Bezeichnungen verwendet hat, übernimmt er daher CArrs Vorschlag, allerdings mit einer Ausnahme, in der eine Verbesserung möglich und nützlich erscheint. Diese betrifft die Benennung der (einheitlichen oder mehrteiligen) Knochenplatte zwischen dem letzten Neurale und der hinteren medianen Platte des Gul. Hyopl. ; Pect. Abd. Hypopl. Xiphipl. Abb. 2. Plastron von Testudo (schematisch). Knochenplatten: Epipl. = Epiplastron, Entopl. = Entoplastron, Hyopl. = Hyoplastron, Hypopl. = Hypoplastron. Xiphipl. = Xiphiplastron. Hornschilder: Gul. = Gulare, Hum. = Humerale, Ax. = Axillare, Pect. = Pectorale, Abd. = Abdominale, Ing. = Inguinale, Fem. = Femorale, An. = Anale. Randes, dem Pygale. Das bisher als Suprapygale oder Postneurale bekannte knö- cherne Element wird von Carr (1952, S.36) in Epipygale (mit griechischer Vorsilbe) umbenannt. Aus folgenden Gründen halte ich die Bezeichnung Metaneurale (gleich- falls mit griechischer Vorsilbe) für treffender: Die Beziehungen dieses Knochens zur Neuralen-Reihe sind zweifellos enger als die zum Pygale, das nur eine Randplatte ist und als unpaariger Schlußstein den Kranz der paarigen Peripheralia am hinteren 1961 STAESCHE, PANZER VON TESTUDO Nr. 74/5 Ende des Panzers zusammenfaßt. In der Metaneural-Region tritt dagegen in Son- derfällen noch ein IX. oder gar X. Neurale auf, das mit den Wirbelkörpern in glei- cher Weise verbunden ist, wie die Platten der davor gelegenen Reihe. Das macht doch wohl wahrscheinlich, daß den echten Neuralen homologe Bildungen auch im Normalfall am Aufbau der Metaneuralplatte (bzw. -platten) beteiligt sind. Die Vor- silbe meta ist für dieses Verhältnis besonders angemessen, da sie nicht nur die räum- liche Lage (hinter), sondern auch den Begriff der Umwandlung (wie in Metamorphose) beinhaltet. Wenn sodann für die bisherige Nuchalplatte, die gleichfalls gelegentlich mit 1—2 Wirbeln verbunden ist, der Name Proneurale geprägt wird, so verdient auch aus Gründen terminologischer Symmetrie die Bezeichnung Metaneurale dem be- ziehungslosen Ausdruck Epipygale gegenüber den Vorzug. Und schließlich macht es CARR selbst uns leicht, ihm in diesem einen Punkt nicht zu folgen, indem er zwar im Text (1952, S. 36), sprachlich folgerichtig, die Umbenennung in Epipygale vollzieht, in der Abbildung aber (S.38, Fig. 2C) wieder das alte lateinisch-griechische Misch- wort Suprapygale einsetzt. In den Abbildungen 1 und 2, die schematisch den Panzer einer Testudo darstellen, sind die Bezeichnungen der CArrschen Terminologie unter Berücksichtigung der so- eben begründeten Änderung eingetragen, und zwar finden sich die Namen der (durch gezackte Linie begrenzten) Knochenplatten jeweils in der linken, die der (mit dop- pelten Konturen umrandeten) Hornschilder in der rechten Hälfte der Skizzen. Die eingezeichneten Platten und Schilder können als die Normalausstattung des Schild- krötenpanzers gelten; sie ist bei einigen Gruppen durch Ausfallen gewisser Teile (z.B. der Randplatten bei Trionychiern) vereinfacht, bei anderen durch zusätzliche Elemente kompliziert. Diese letzteren seien der Vollständigkeit halber hier aufge- führt. Bei manchen Formen schiebt sich im Bauchpanzer zwischen die Hyo- und Hypoplastra ein Paar von Knochenplatten ein, die Mesoplastra; sie sind bei rezen- ten Pleurodiren auf die seitliche Region beschränkt, können bei fossilen Arten aber in der Medianlinie aneinanderstoßen. Bei der Trias-Schildkröte Proterochersis sind sogar 2 Paare von Mesoplastren entwickelt. Supramarginalschilder (zwischen Lateral- und Marginalschildern) finden sich bei primitiven fossilen Formen und rezent bei der Chelydriden-Gattung Macroclemys. Inframarginalia (Hornschilder zwischen den Marginalia und den Schildern des Plastrons) treten in geschlossener Reihe bei Meer- schildkröten auf; bei Testudo entsprechen ihnen das Axillar- und Inguinal-Schild am Grund der für die Vorder- und Hinterextremität bestimmten Ausschnitte des Bauch- panzers. Ein unpaares medianes Schild am Vorderende des Plastrons (zwischen den Gularschildern) wird als Intergulare, ein entsprechendes am Hinterende (zwischen den Analschildern) als Interanale bezeichnet. An allgemeinen Begriffen führt CArr für die Hornschilder den Terminus lamina (plur. laminae) ein, nicht ganz folgerichtig, da er für die Knochenplatten bei dem Vulgärwort bone oder bony plate verbleibt, statt die in diesem Fall zur Verfügung stehende Bezeichnung os (plur. ossa) aufzugreifen. Wenn aber schon ein lateinischer Ausdruck für „das Hoınschild“ gewählt werden sollte, dann hätte sich das nament- lich in der älteren Literatur bereits gängige scutum empfohlen, um so mehr, als die speziellen Termini (Laterale, Marginale, Gulare usw.) in der Form des Neutrums ge- bildet sind und somit auch ein Neutrum als Hauptwort voraussetzen. Die Bezeich- nung Sutur ist, in Übereinstimmung mit dem Gebrauch in der Anatomie, für die Grenzlinien der Knochenplatten zu reservieren; im Deutschen haben wir hierfür noch den gleichbedeutenden Ausdruck Naht (Knochennaht). Die Grenzen der Hornschilder hingegen nennt CArR seam (Saum), den Eindruck, den sie auf der Knochenunterlage hinterlassen, sulcus oder furrow. Wir werden wohl im allgemeinen mit dem Wort Schildergrenze auskommen; wenn deren Ausprägung auf dem knöchernen Panzer als solche besonders hervorgehoben werden muß, bieten sich Grenzfurche oder Grenz- eindruck an. 6 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 74 Zum Schluß dieses Abschnitts noch ein Hinweis. Seit Jahrzehnten werden in zahlreichen paläontologischen Schildkröten-Arbeiten (z.B. von von Ammon, HumMEL, voN REINACH, ROGER, SzALAı und dem Verfasser) die Knochenplatten mit römischen, die Hornschilder mit arabischen Zahlen numeriert, also Neurale VII, Peripherale IX, aber Laterale 3, Marginale 11. Umgekehrt wäre es einfacher, da Neural- und Pleural- platten in größerer Zahl entwickelt zu sein pflegen als Central- und Lateralschilder. Die bestehende Übung kommt aber der Rezent-Zoologie entgegen, die es haupt- sächlich mit Hornschildern zu tun hat und sich wohl kaum bereit finden ließe, bei deren Numerierung zu den etwas schwerfälligen römischen Zahlen überzugehen. Es ist zu wünschen, daß auch diese unterschiedliche Bezifferung sich mehr und mehr einbürgert; als mechanisches Hilfsmittel erleichtert sie dem Nichtspezialisten das Ver- trautwerden mit einer notgedrungen etwas komplexen Terminologie. Die Proportionen des Panzers Vorbemerkung. Sämtliche Maße wurden mit der Schublehre ermittelt, und zwar die Länge in der Medianlinie, die Breite in der Mitte des Panzers (Mitte. des 3. Centralschilds), ohne Rücksicht auf weiter ausgreifende Teile wie die hinteren Spitzen des Plastrons oder ein Ausladen des Randes in der hinteren Hälfte des Carapax. Der Grund hierfür liegt darin, daß derartige Vorsprünge offen- sichtlich erheblichen individuellen Schwankungen unterworfen sind, daß daher die in der Mitte ge- nommenen Maße, trotz ebenfalls beachtlicher Variabilität, doch die bessere Vergleichsmöglichkeit bie- ten. Zudem sind an fossilen Panzern die vorragenden Spitzen oftmals ganz oder teilweise abge- brochen; die maximale Länge und Breite lassen sich also in diesen Fällen nicht mit der wünschens- werten Genauigkeit feststellen. Nur unter besonders günstigen Erhaltungsbedingungen finden sich sodann bei fossilem Material Carapax und Plastron in ungestörtem Zusammenhang; wenn sie nicht überhaupt gänzlich voneinander getrennt sind, ist gewöhnlich der Bauchpanzer in den Rückenpanzer hineingequetscht, wobei die Bruchlinie zwischen beiden meist an die Umbiegungsstelle der Brücken- peripheralen (der Carapax und Plastron verbindenden Randplatten III-VII) zu liegen kommt. Das übliche Maß für die Panzerhöhe (von der Unterseite des Plastrons bis zum höchsten Punkt des Carapax) versagt also bei Fossilfunden. Einen Ersatz bietet die Höhe über der Brückenkante, die daher, um vergleichbare Angaben zu erhalten, auch an den rezenten Stücken gemessen wurde. Die im folgenden genannten absoluten und Prozentzahlen beruhen auf in der angegebenen Weise gewonnenen Werten. Es ist bekannt, daß sich die Proportionen des Schildkrötenpanzers im Laufe der individuellen Entwicklung ändern; jugendliche Stücke sind gewöhnlich breiter als er- wachsene. Sowohl innerhalb einer Art wie auch bei verschiedenen Arten dürfen wir daher nur etwa gleichalterige Exemplare miteinander vergleichen. Um den Form- wandel zahlenmäßig zu erfassen, wurden die Panzer nach der Carapaxlänge in vier Größenklassen geordnet: bis 10 cm (juvenil), 10—15 cm (klein), 15—20 cm (groß) und über 20 cm (sehr groß). Dies ist allerdings nur eine schematische und keine natürliche Gruppierung, für die vielmehr organisch bedingte Einschnitte zugrunde zu legen wären. Auch reicht für eine echte variationsstatistische Untersuchung das Material bei weitem nicht aus. Können die Messungen somit auch kein endgültig abgerundetes Bild geben, so spiegeln sie doch in großen Zügen die oben angedeutete Tendenz wider, wobei Überschneidungen bei benachbarten Größenklassen ebenso selbst- verständlich sind wie das Vorkommen einzelner gänzlich aus der Reihe fallender Exemplare. Bei einer Gegenüberstellung der Maße von Testudo hermanni und Testudo graeca sehen wir, daß die erstgenannte Art in sämtlichen Größenklassen verhältnismäßig breiter ist als die letztere, daß der Unterschied sich aber mit zunehmender Größe ver- ringert. Bei jugendlichen und kleinen Exemplaren von T. hermanni beträgt die Breite 78—84,5°/o der Carapaxlänge, bei entsprechenden Stücken von T. graeca 73,5 bis 81,5%o. Bei großen und sehr großen Panzern lauten diese Werte: T. hermanni 71,4—78,4°/o (von einem Extremwert mit 82,40/o abgesehen), T. graeca 68—78,3/o. T. hermanni streckt sich also beim Wachstum in stärkerem Maße als T. graeca. Die relative Höhe (über der Brückenkante) ist bei beiden Arten nicht wesentlich verschieden, wie die folgenden Zahlen zeigen: 1961 STAESCHE, PANZER VON TESTUDO Nr. 74/7 T. hermanni @arapaxlänge, ae dene < 15cm > 15cm < 15 cm > 15cm Höhe in P/o der Länge ............ 38,7—42,6 38,9——44,2 34 —-42,5 37,60—42,7 Höhe in P/o der Breite ............ 47,1—55,4 47,7—59,4 42,9-——55,3 507 —57,1 Unter den jugendlichen und kleinen Exemplaren bis 15 cm Länge sind bei T. graeca flachere Formen vertreten als bei T. hermanni, während die Höchstwerte für beide Arten gleich sind. Bei den großen und sehr großen Panzern über 15 cm Länge sind dagegen für T. graeca keine auffallend geringen Wölbungszahlen mehr zu verzeichnen, doch bleiben die Höchstwerte etwas hinter den an T. hermanni fest- gestellten zurück. Im Durchschnitt ist die Zunahme der relativen Höhe mit wach- sender Panzergröße bei beiden Arten gering; sie ist bei T. graeca etwas deutlicher als bei T. hermanni. Für die Unterscheidung von T. graeca graeca L. und T. graeca ibera Pallas geben die von mir ermittelten Zahlen keine sicheren Anhaltspunkte, da die Werte für die relative Breite wie für die relative Höhe bei beiden Unterarten innerhalb der glei- chen Grenzen liegen. Doch sind unter den breiteren Formen anteilmäßig mehr Exem- plare von T. gr. ibera, unter den stärker gewölbten mehr von T. gr. graeca vertre- ten. Im Durchschnitt ist also T. gr. graeca ein wenig schmaler und höher als T. gr. ibera. Zu der gleichen Feststellung kommt bereits MERTENS in einer eingehenden Ünter- suchung des Formenkreises der T. graeca (1946, S. 112—113). Daß seine Formu- lierung bestimmter lautet als die hier vorgetragene, ist nicht etwa ein Widerspruch, sondern erklärt sich aus den, dem verschiedenen Zweck der Arbeiten entsprechend, ver- schieden gewählten Messungsverfahren (siehe Vorbemerkung). Die Länge des Plastrons im Verhältnis zu der des Carapax zeigt bei vergleich- baren Exemplaren von T. hermanni und T. graeca keine Unterschiede; bei beiden Arten verringert sie sich etwas mit zunehmender Größe. Wesentlich auffälliger sind hier geschlechtsbedingte Divergenzen, auf die aber nicht eingegangen werden soll. Aus diesem Grund wird auch auf Anführung von Zahlen verzichtet. Das Verwachsen der Suturen Das Größenwachstum und die hierbei zu beobachtende Formänderung setzt eine gewisse Plastizität des Schildkrötenpanzers voraus, die durch dessen mosaikartigen Aufbau gegeben ist. Die Vergıößerung der Hornschale erfolgt durch Ablagerung einer neuen Schicht von Hornsubstanz an der Unterseite jedes einzelnen Schildes, die randlich allerseits, aber verschieden weit über die ältere Lage hinausragt. Es entstehen so exzentrische Anwachsstreifen, die wie Baumringe (und mit den auch für diese geltenden Einschränkungen) zur Feststellung des Lebensalters dienen könnten, wenn nicht die ältesten Schichten allmählich abgewetzt würden. Die Schilder verschmelzen also nicht, sondern stoßen entlang den Grenzlinien aneinander oder überdecken sich randlich ein wenig, was bei getrockneten Panzeın infolge Schrumpfens des lebenden Gewebes zwischen Knochenunterlage und Hoındecke noch deutlicher wird. Die Knochenplatten dagegen, soweit sie nicht durch echte Fontanellen getrennt sind, verzahnen sich mit ineinandergreifenden Zacken entlang der Naht, die zu- nächst als offene Sutur noch keine feste Verbindung herstellt, nach Beendigung des Wachstums aber sich schließt und dann nur schwach oder überhaupt nicht mehr sicht- bar ist. Dieses starre Verwachsen erfolgt nun nicht bei allen Nähten gleichzeitig, sondern bei den einen früher, bei anderen später. Das Endstadium, die einheitliche, völlig anchylosierte Knochenkapsel, wird offenbar nur von sehr alten Individuen er- reicht. Gewöhnlich kommen die Tiere schon vorher um, und der Panzer zerfällt bei der Verwitterung entlang den noch nicht geschlossenen Suturen in mehr oder weni- ger große Teilstücke. 8 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 74 Bei juvenilen Panzern von T. graeca und T. hermanni sind die Platten des Discus (das sind die innerhalb des Kranzes der Peripheralen gelegenen Neural-, Metaneural- und Pleuralplatten) sowie das Proneurale miteinander durch offene Zackensutur verzahnt; das gleiche gilt für die Nähte zwischen den Peripheralplatten und die zwischen diesen und der Proneural- und der Pygalplatte. Die Verbindung der Pleural- platten mit denen des Randes erfolgt dagegen durch die distalen Rippenenden, die über die zugehörigen Platten hinausragen, mit ihren Spitzen in entsprechende Gru- ber. der Randplatten eingesenkt sind und an der Kante der Randplattengrube sich mit kurzen, ihnen entgegenwachsenden Knochenzacken verzahnen. Zwischen diesen Stel- len ist der Distalrand der Pleuralia und der Proximalrand der Peripheralia glatt und zu einer stumpfen Kante zugeschärft, die ziemlich breite Fontanelle (bei drei Exem- plaren von 80, 92 und 136 mm Länge beträgt ihre Breite I—2 mm) mit zähem Liga- ment gefüllt. Erst in einem späteren Stadium greift die Zackenbildung von den freien Rippenenden und den Gruben der Randplatten aus auf die bisher glatten Kanten über und verwandelt die Fontanelle in eine offene Sutur. Dies ist an einem 148 mm langen Panzer von Testudo graeca erfolgt. Es entspricht also nicht ganz den tatsächlichen Verhältnissen, wenn die Insertion freier Rippenenden in Gruben der Peripheral- platten als typisches Merkmal der Emydiden angegeben wird im Gegensatz zu den Testudiniden, bei denen die Verbindung von Rand und Discus umgekehrt durch proximale, in die Pleuralplatten eindringende Vorsprünge der Peripheralplatten ver- mittelt werden soll (GrAzssner 1933, S. 365). Dies kann leicht zu einer Mißdeutung isoliert gefundener jugendlicher Rippen- und Randplatten führen. In Wirklichkeit ist der Unterschied nur graduell und bedingt durch die besonderen Anforderungen, die der stark gewölbte ältere Testudo-Panzer an Festigkeit und Stabilität stellt. Mit zunehmendem Alter verschmelzen je für sich die Suturen in der Mitte (ge- wöhnlich zwischen den II—VI. Pleuralen und den zugehörigen Neuralen) und im hinteren Teil des Discus (das letzte oder die beiden letzten Neuralen, das Meta- neurale und das VII. und VIII., gelegentlich auch schon das VI. Pleuralenpaar), wäh- rend in der Vorderregion (Proneurale, I. Neurale, I. Pleuralen) und im gesamten Rand die Suturen vorerst noch offen bleiben. Diesen Zustand sehen wir an einem 233 mm langen Carapax von T. graeca aus Persien (Sammlung SchHüz), der als Skelett ge- funden wurde und von einem auf natürliche Weise verendeten Tier stammen dürfte. Wann diese zunächst partielle Anchylose einsetzt, läßt sich auf Grund des vorliegen- den Materials nicht feststellen, da nicht alle Zwischengrößen als skelettierte Panzer zur Verfügung stehen. Wir werden wohl, wie beim Wachstum überhaupt, einen ge- wissen individuellen Spielraum in Rechnung setzen müssen, auch was die Grenzen der einzelnen Abschnitte angeht. Doch ist die Annahme naheliegend, daß mit Beginn der Verschmelzung zumindest keine erhebliche Größenzunahme mehr erfolgt, der Panzer also als ausgewachsen betrachtet werden darf. Für die Verschweißung der noch offenen Nähte steht dann die restliche Lebensdauer des Einzelindividuums zur Verfügung. Ein 256 mm langer Panzer, gleichfalls von Professor Schüz in Persien gesammelt, weist keine offenen Suturen mehr auf und dürfte daher wohl einem recht alten Tier angehört haben. Interessant wäre in diesem Zusammenhang ein Einblick in das von Mertens (1946) erwähnte Riesenexemplar aus Bulgarien (Senckenberg- Museum; Carapaxlänge 290 mm), doch können bei diesem einzigartigen Stück die Hornschilder selbstverständlich nicht entfernt werden. Die Regionenbildung als erstes, wahrscheinlich ziemlich lang dauerndes Stadium der Anchylose macht verständlich, weshalb wir in fossilem Material oftmals statt gan- zer Panzer die oben angeführten Teilstücke antreffen. Häufig finden sich einzelne Randplatten, vielfach auch das isolierte Proneurale und das I. Pleurale. Zusammen- hängende Panzerteile dagegen gehören gewöhnlich der Mittel- oder Hinterpartie an. Als Beispiel sei auf das Obermiozän (Sarmat) von Steinheim im Albuch hingewiesen; vom Rückenpanzer der dort vorkommenden Testudo kennen wir außer Einzelplatten 1961 STAESCHE, PANZER VON TESTUDO Nr. 74/9 bisher nur den hinteren Teil, diesen aber in mehreren Exemplaren. Der Zerfall des Panzers entlang vorgezeichneten Linien entspricht somit dem, was die Beobachtungen an rezenten Stücken eıwarten lassen. Das juvenile Plastron von T. graeca und T. hermanni besitzt eine Fontanelle mit glatten, zugeschärften Plattenrändern an der Medianlinie im hinteren Teil der Hyo- und im vorderen Teil der Hypoplastra. Sämtliche anderen Nähte, auch die die Ver- bindung mit den Brückenperipheralen des Carapax herstellenden, sind als offene Zackensuturen ausgebildet. Bei der 148 mm langen T. graeca (Plastronlänge 120 mm) und einer 170 mm langen T. hermanni (Plastronlänge 132 mm) ist die Median- fontanelle bereits in eine zackige Sutur umgewandelt, eine Anchylose ist dagegen noch nicht erfolgt. Das gleiche ist allem Anschein nach auch noch bei dem 233 mm langen persischen Individuum (T. graeca) der Fall. Vom Bauchpanzer fand sich hier aller- dings nur das linke Hyoplastron; dieses ist aber vollständig erhalten und zeigt ringsum die unversehrten Knochenzacken der offenen Suturen. Das Plastron ist also nach dem Tode des Tieres in seine Einzelteile zerfallen. Bei der 256 mm langen T. graeca aus Persien ist dagegen der Bauchpanzer mit Ausnahme der Xiphiplastra zu einer einheitlichen, mit dem Carapax fest verbundenen Knochenplatte verschmol- zen. Die Suturen sind als feine Linien noch zu erkennen; wahrscheinlich sind sie bei der Verwitterung wieder deutlicher herausgearbeitet worden, eine Lockerung des Zu- sammenhalts ist aber dadurch nicht erfolgt. Die Xiphiplastra fehlen; selbst bei die- sem Methusalem waren sie mit den Hypoplastren nur ligamentös verbunden, so daß sie bei der Verwesung abfielen. Das ist nicht von ungefähr geschehen. Wir beobachten nämlich am Hinterrand der Hypoplastra dieses Stückes, daß er von einer gewöhnlichen offenen Sutur in Richtung auf ein echtes Scharniergelenk umgebildet worden ist. Die sich verzahnen- den Zacken, die bei den verwachsenden und verwachsenen Suturen eine besonders feste Verbindung herstellen, fehlen; dafür ist die hintere dorsoventrale Querfläche der Hypoplastra mit schwach vorragenden, dünnen, netzartig anastomosierenden Knochen- lamellen bedeckt. Diese zur Aufnahme eines Ligaments bestimmte Fläche zieht sich lateral an der Hinterseite der Inguinalfortsätze dorsalwärts hinauf und bildet hier die dreieckige Inguinalfläche, die wir in ähnlicher Form, aber anderer Lage bei der fossilen Gattung Ptychogaster kennen. Wird durch Muskelkontraktion der Hinter- lappen des Plastrons angezogen, so wird der ventrale Teil des Ligaments gedehnt, der dorsale Teil, namentlich der zwischen den Inguinalflächen der Hypo- und Xiphi- plastren befindliche, zusammengedrückt. Bei Erschlaffen des Muskelzugs wird infolge der Elastizität des Ligaments der Hinterlappen wieder in die normale Lage gebracht. Umgekehrt ist auch ein Abwärtsdrücken des Xiphiplastrons möglich, etwa beim Durch- gang der Eier, mit nachfolgendem elastischem Zurückschnellen in die Ruhelage. Leider lassen die spärlichen Beobachtungsmöglichkeiten nicht mit Sicherheit ent- scheiden, ob dieses Scharniergelenk bei Testudo graeca, wie es den Anschein hat, eine Erwerbung des älteren weiblichen Tieres ist. Die noch mit Hornschildern ver- sehenen Panzer erlauben im allgemeinen keinen Einblick in diese Verhältnisse, so daß der größte Teil des Materials für ihre Beurteilung ausfällt. Glücklicherweise be- finden sich unter den von Professor Schüz aus Persien mitgebrachten Stücken auch die Panzer zweier noch lebend erbeuteter Tiere, eines Männchens von 224 und eines Weibchens von 234 mm Carapaxlänge, die entlang der Brücke aufgesägt wurden und so die Grenze von Hypo- gegen Xiphiplastron wenigstens an der Innenseite (Dorsal- seite) des Plastrons dem Auge darbieten. Bei dem männlichen Stück stoßen Hypo- und Xiphiplastron längs einer noch nicht ganz geschlossenen, schwach wellig ver- laufenden Naht direkt aneinander, bei dem weiblichen sind sie namentlich in den lateralen Partien durch eine ansehnliche Ligament-Einlagerung getrennt. Bei juve- nilen Panzern und auch noch an dem 148 mm langen Exemplar ist die Naht zwi- schen Hypo- und Xiphiplastron als offene Zackensutur entwickelt. Diese Beobach- 10 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 74 tungen scheinen in die angedeutete Richtung zu weisen, doch stellen sie nur Stich- proben dar, deren Verallgemeinerung nicht zulässig ist. Am jugendlichen Panzer von Testudo hermanni einschließlich eines Exemplars von 136 mm Carapaxlänge ist die Hypo-Xiphiplastral-Naht eine offene Zackensutur, bei den nächstgrößeren Stücken, zwei Panzern von je 170 mm Carapaxlänge, ist sie in beiden Geschlechtern so gut wie geschlossen, aber noch nicht anchylosiert. Eine Ligament- Zwischenlage konnte bei T. hermanni in keinem Fall festgestellt oder wahr- scheinlich gemacht werden. Es ist daher anzunehmen, daß der Plastron-Hinterlappen bei dieser Art unbeweglich ist. Morphologische Einzelheiten Leider erfahren wir aus der Literatur wenig über die Form der einzelnen Elemente des Schildkrötenpanzers, über den Verlauf der Knochensuturen und Hornschilder- grenzen und über deren gegenseitige Lagebeziehungen. Soweit solche Angaben ge- macht werden, sind sie teils nur allgemeiner Natur, teils beruhen sie auf Beobach- tungen an einem oder an wenigen Einzelstücken, deren unwillkürliche Verallgemei- nerung die Gefahr einer Überbewertung des geschilderten Merkmals, damit aber auch eines hiervon abweichenden Sachverhalts mit sich bringt. Bereits 1931 (S.5) wies ich darauf hin, daß die S-förmige Krümmung am vorderen Ende der Grenzfurche zwi- schen dem 5. Central- und dem 4. Lateral-Schild, die von ReınacH (1900, S. 11) als charakteristisch für Testudo marginata (und für seine, mit aus diesem Grund als T. promarginata bezeichnete neue Art aus dem Tertiär des Mainzer Beckens) ansah, auch bei anderen fossilen und rezenten Arten, darunter T. graeca, nicht eben selten anzutreffen sei. Um diese Angabe zu unterbauen, wurde bei den jetzt vorgenom- menen Untersuchungen auch dieses Merkmal registriert. Es ergab sich, daß bei 37 der 55 erfaßten Panzer von T. graeca und T. hermanni die S-förmige Krümmung an beiden Seiten des letzten Centralschildes wohl entwickelt, bei 5 weiteren an einer Seite typisch, an der anderen undeutlich, bei abermals 5 beiderseits unscharf ausgebildet ist; nur bei 8 Exemplaren fehlt jede Andeutung der Krümmung. Diese kleine Statistik zeigt, wie unvollkommen wir selbst unsere verbreitetsten Arten kennen. Die folgenden vier Beispiele sind unter einem entsprechenden Gesichtspunkt aus- gewählt. Sie sollen nicht nur die Variabilität einiger Merkmale von T. graeca und T. hermanni illustrieren, sondern namentlich dartun, daß zum Teil den hier innerhalb einer Art festzustellenden Unterschieden bei morphologischer Beurteilung von Ein- zelexemplaren, wie sie in der Paläontologie vielfach allein möglich ist, durchaus spezi- fischer Rang beigemessen würde. Abb.3 Abb.4 Abb.5 Abb. 3-5. 1. Centralschild von Testudo hermanni. Das 1. Centralschild (Abb. 3—11) ist in der Grundfo:m ein Fünfeck mit vorn gelegener medianer Spitze. Bei T. hermanni ist es, wie auch die übrigen Central- schilder mit Ausnahme des letzten, in der Regel schmaler als bei T. graeca und er- scheint im Umriß fast regelmäßig. Die Abwandlungen sind offenbar gering; sie be- schränken sich bei sämtlichen untersuchten Exemplaren auf eine stärkere oder schwä- chere Krümmung der Seiten und ein weiteres oder weniger weites Vordringen der 1961 STAESCHE, PANZER VON TESTUDO Nr. 74/11 vorderen Spitze (Abb. 3—5). Bei T. graeca ist das Fünfeck gewöhnlich in die Breite gezogen; ragt die Spitze nur schwach vor und sind die Seiten wenig geschwungen, so macht das Schild fast den Eindruck eines Trapezes (Abb. 6). Die Formen Abb. 7 und 8 entwickeln sich hieraus, analog dem für T. hermanni Geschilderten, durch Zu- nehmen der Seitenverbiegung und im Zusammenhang damit ein deutliches Vorschieben ) 8 Abb.6 Abb.7 Abb.8 Abb.9 & ® Abb.10 Abb11 Abb. 6—11. 1. Centralschild von Testudo graeca ibera. der vorderen Spitze. Im Gegensatz hierzu stellen Abb. 10 und 11 einen völlig ab- weichenden Typus dar. Die Breite übertrifft die Länge nur unerheblich; die seit- lichen Schildergrenzen sind, statt flach S-förmig geschwungen, einheitlich nach außen konvex, wodurch die größte Breite von den seitlichen Vorderecken weg rückwärts in oder hinter die Mitte des Schildes verlagert wird. Da diese Form des 1. Centrale immerhin bei 5 von 29 Testudo graeca-Panzern verwirklicht ist, handelt es sich nicht um eine zufällige Abnormität, und es unterliegt keinem Zweifel, daß wir bei Be- arbeitung einer fossilen Population den Exemplaren mit rundlichem 1. Centralschild eine Sonderstellung einräumen würden, wenn nicht durch vermittelnde Formen ein Übergang erweisbar ist. Bei der rezenten T. graeca ist dies nun tatsächlich der Fall: 3 Stücke weisen ein 1. Centrale auf, wie es in Abb.9 dargestellt ist. Im Verhältnis Breite zu Länge schließt es sich an die breite Form an; in der einheitlich konvexen Ausbeulung der seitlichen Grenzen und in der Lage der größten Breite (in der Mitte statt am Vorderende) gleicht es dagegen dem runden Typus. Eine systematische Be- deutung kann dem nur scheinbar grundsätzlichen Unterschied zwischen breitem und rundlichem 1. Centralschild somit nicht zukommen, was weiterhin dadurch bekräftigt wird, daß die Extreme nicht etwa für die Unterarten der rezenten T. graeca charak- teristisch sind. Die Abb. 6—11 stammen sämtlich von Exemplaren der T. graeca ibera. Ein weiteres Rundschild wurde gleichfalls bei dieser Subspecies beobachtet, und je eines bei T. graeca graeca und an einem Panzer, dessen Fundort nicht bekannt ist, der 12 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 74 aber mit großer Wahrscheinlichkeit auch auf T. gr. graeca zu beziehen ist. Von den intermediären Schildern entsprechend Abb. 9 fand sich eines ebenfalls an einer wahr- scheinlichen, eines an einer sicheren T. gr. graeca, bei der im übrigen, wie bei T. gr. ibera, die breite trapezoidische Form mit geschwungenen Seiten vorherrscht. 2 Abb. 12. Metaneural-Region von Testudo hermanni. Die Knochennähte der Metaneural-Region (Abb. 12—17) konnten außer an den skelettierten Panzern noch an 2 weiteren (T. graeca) verfolgt werden, bei denen sie durch die dünne Hornauflage hindurchscheinen. Die Beobachtungsgrundlage, ins- Abb.13 Abb.14 Abb.15 Abb .16 Abb.17 Abb. 13—17. Metaneural-Region von Testudo graeca. 1961 STAESCHE, PANZER VON TESTUDO Nr. 74/13 gesamt 12 Exemplare, ist zwar für eine definitive Aussage zu knapp, doch verdienen die Feststellungen trotzdem ein gewisses Interesse. Bei sämtlichen 5 Panzern von T. hermanni ist eine einheitliche Metaneuralplatte entwickelt, die die Fläche zwischen dem letzten Neurale, dem letzten Pleuralen-Paar und den Randplatten ausfüllt (Abb. 12). Von den 7 Exemplaren von T. graeca zeigen 3 gleichfalls das einheitliche Meta- neurale (Abb. 13). Bei den 4 restlichen ist es dagegen durch Suturen geteilt, wobei zwei verschiedene Wege eingeschlagen werden. An den Stücken Abb. 14 und 15 grenzt eine parabelföımige Sutur die hintere, II. Metaneuralplatte gegen das vordere, I. Meta- neurale ab; dieses umfaßt seitlich die hintere Platte und erstreckt sich bis an den Rand (X1. Peripherale). Die Verbindung mit dem Pygale wird nur durch das II. Metaneurale hergestellt. Die Parabelnaht kann flacher oder stäıker gekrümmt sein. In den in Abb. 16 und 17 dargestellten Fällen ist die Metaneuralregion dagegen durch Quersuturen in zwei bzw. drei Einzelplatten geteilt, von denen nur die hinterste an die Randplatten (Pygale und XI. Peripheralen) grenzt. Auch dieser so heterogenen Gestaltung können wir keine systematische Bedeutng beimessen; 6 von den 7 Testudo-graeca-Exemplaren gehören zur Subspecies ibera, nur das der Abb. 16 zugrundeliegende Stück, dessen Fundort nicht bekannt ist, ist wahrscheinlich als T. gr. graeca zu bestimmen. Es ist anzunehmen, daß das geteilte Metaneurale den ursprünglicheren Zustand darstellt, da wir auch bei der ungeteilten Platte, und zwar sowohl bei T. hermanni wie bei T. graeca, aus der Anordnung der Knochenbälkchen auf zwei getrennte OÖssifikationszentren, ein vorderes und ein hinteres, schließen dürfen. Entsprechendes ist bei einheitlichen Knochen, die in einem phylogenetisch früheren Stadium durch zwei oder mehr selb- ständige Elemente vertreten waren, bekannt. Abb.19 Abb. 18 a b = Abb. 20 a b Abb. 18—-20. Entoplastron von Testudo hermanni. a Unter- (Ventral-) Seite, b Ober- (Dorsal-) Seite. Im Bauchpanzer bietet uns das Entoplastron (Abb. 18—23) ein Beispiel für die labile Gestaltung der Teile des Schildkıötenpanzeıs. Es ist in der Grundform ein auf die Spitze gestelltes Siebeneck (diese Spitze hinten und folglich eine Seite vorn gelegen). Die größte Breite befindet sich zwischen den beiderseitigen Abgangsstellen der Epi-Hyoplastron-Suturen, etwa am Ende des vorderen Drittels der Platte. Durch Abrundung der vorderen Seitenecken kann der Vorderrand zu einem einheitlichen Bogen umgestaltet werden (Abb. 19 a), oder es bildet sich eine vordere mediane Spitze heraus, von der die Suturen geradlinig seitlich rückwärts zur Stelle der größten Breite ziehen (Abb. 23); in diesem Fall wandelt sich das Siebeneck in ein Sechseck um. Das 14 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 74 Verhältnis Länge zu Breite ist recht variabel und läßt, wenigstens an dem zur Ver- fügung stehenden Material, keine artliche Beziehung erkennen; breitere (Abb. 18, 22, 23) wie schmalere Formen (Abb. 19, 20, 21) finden wir sowohl bei T. hermanni wie bei T. graeca. Das in Abb. 20 wiedergegebene, stark in die Länge gezogene Ento- plastron einer T. hermanni dürfte wohl einen Extremfall darstellen. Abb.21 Abb. 22 Abb.23 Abb. 21—23. Entoplastron von Testudo graeca, Unter- (Ventral-) Seite. An zwei Panzern von T. hermanni, bei denen das Plastron vom Carapax gelöst ist, ist auch die Oberseite (Dorsalseite) des Entoplastrons der Beobachtung zugänglich (Abb. 19b, 20b). Der Vorderteil der Platte ist hier beträchtlich verkürzt, dafür läuft das Hinterende in einen langen, fast glatten Dorn aus, der sich median zwischen die Hyoplastra einschiebt. Im übrigen sind die Zacken der das Entoplastron begrenzenden Sutur auf der Dorsalfläche des Bauchpanzers erheblich länger und spitzer als auf der Unterfläche. Unterseite (a) und Oberseite (b) des Entoplastrons bieten also ein völlig verschiedenes Bild, was beiücksichtigt werden muß, wenn bei Fossilfunden nur die Innenseite des Plastrons oder deren Abdruck (Steinkern) untersucht werden kann. Hierauf habe ich bereits bei anderer Gelegenheit hingewiesen (1931, S. 7—8). Übrigens verschieben sich mehr oder weniger auch die anderen Suturen beim Übergang von der Außen- zur Innenseite des Panzers, allerdings nicht in so ausgeprägtem Maße wie die Entoplastron-Naht. Abb.24 Abb.25 Abb. 24—25. Hinterlappen des Plastrons von Testudo hermanni. 1961 STAESCHE, PANZER VON TESTUDO Nr. 74/15 Die Grenze zwischen den Humeral- und Pectoral-Schildern, die bei Testudo gewöhnlich hinter dem Entoplastron verlaufen soll (wie in Abb. 23), hat diese Lage nur bei 3 von den 10 skelettierten Panzern inne (2 T. graeca, 1 T. hermanni); bei den anderen 7 (3 T. graeca, 4 T. hermanni) fällt sie mit der hinteren Sutur des Entoplastrons zusammen (Abb. 18—22). Erfreulicherweise läßt sich das Verhältnis von Humeral-Pectoral-Grenze zum Entoplastron aber auch an der Mehrzahl der hornbedeckten Panzer teils sicher, teils mit Wahrscheinlichkeit erkennen; damit erhalten wir (einschließlich der skelettierten Exemplare) die folgenden Zahlen: Humeral-Pectoral-Grenze T. graeca T. hermanni auf Entoplastron-Naht ................. 9 wahrscheinlich auf Entoplastron-Naht ..... 2 4 hinter Entoplastron-Naht .............. 6 4 wahrscheinlich hinter Entoplastron-Naht ... 4 2 zusammensExemplarer dann. | 20 | 19 micubr festzustellen wann. nee, | 9 | 7 Soweit die Anzahl von 39 beurteilbaren Fällen (von insgesamt 55) eine Aussage er- laubt, finden wir die Humeral-Pectoral-Grenze somit bei T. graeca etwa gleich häufig, bei T. hermanni dagegen doppelt so oft auf der Entoplastron-Naht, wie hinter ihr. Für Abb. 26 Abb. 27 Abb. 26-27. Hinterlappen des Plastrons von Testudo graeca. 16 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 74 das Einzelexemplar ist dieses Lageverhältnis also kein verläßliches Kennzeichen, bei umfangreicherem Material dürfte ihm aber doch eine gewisse statistische Bedeutung zukommen. Zum Schluß noch einige Angaben über den HinterlappendesPlastrons der beiden Arten (Abb. 24—27). Er ist bei T. hermanni (Abb. 24, 25) kürzer und im Verhältnis breiter als bei T. graeca (Abb. 26, 27). Die Vordergrenze der Femoral- schilder ist sodann bei der Erstgenannten seitlich stärker nach vorn geschwungen als bei der Letzteren. Diese Merkmale sind an sämtlichen untersuchten Panzern in gleich- sinniger Weise verwirklicht; es dürfte sich daher um echte Artunterschiede handeln, parallel den in der Literatur gewöhnlich aufgeführten. Dagegen kann die Form des Analausschnitts (der Einbiegung des Hinterrandes zwischen den seitlichen hinteren Spitzen der Xiphiplastra) nicht als spezifisch bewertet werden; wir finden breite (Abb. 24, 26) wie schmale (Abb. 25, 27) Buchten gleichermaßen bei T. hermanni wie bei T. graeca. Die wechselnde Gestaltung dieser Region gehört daher der individuellen Sphäre an. Schrifttum Bou1enGer, G. A.: Catalogue of the Chelonians, Rhynchocephalians, and Crocodiles in the British Museum (Natural History). New edition. — X + 311 S., 6 Taf., 73 Textabb. london 1889. Bronn, H. G.: Testudo antiqua, eine im Süßwasser-Gypse von Hohenhöwen untergegangene Art, — Nova Acta Acad. leop.-carol. Nat. Cur. 15, Teil 2, S. 201—216, 2 Taf. 1831. Carr, A.: Handbook of Turtles. The Turtles of the United States, Canada, and Baja California. — 542 S., 82 Taf., 37 Textabb. Ithaca (N. Y.) 1952. Corte, J.: Indigenat de la tortue grecque en Provence. — Ann. Mus. Hist. nat. Marseille 22, Mem. 4, S.83—-93, 7 Textabb. 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Von den zwei Richtungen führte die eine gegen Norden, zum Herdweg, zu Nırıs Tiergarten, die andere am Schloß vorbei über die Planie in die Neckarstraße, zum Naturalien- kabinett, höchstens daß ein Umweg gemacht wurde durch die Platanenallee in den „Anlagen“ zum Eberhardsdenkmal, um dort das Lied „Preisend mit viel schönen Reden“ anzustimmen und dann — die Schillerstraße war ja noch nicht durchgebro- chen — durch den Botanischen Garten zur Neckarstraße abzuschwenken. Über Mittag aber, zwischen den beiden Wegen, galt es, das Aufziehen der Wachtparade und die Musik auf dem Schloßplatz ja nicht zu versäumen. Aber die genannten Ziele waren auch für uns Stuttgarter Buben die wichtigsten, mindestens für alle, die Tiere liebten und sich an der Natur freuen konnten. Und so war das Naturalienkabinett von allen Museen des Landes unstreitig das beliebteste, nicht nur bei der Jugend, bis zu seiner Zerstörung, auch nachdem es den altver- trauten Namen hatte aufgeben müssen, der aus der Zeit stammte, als es auch ein herzogliches Kunst-, ein Münz- und ein Antiquitätenkabinett gab. Und so kam auch ich, erst an der Hand des Vaters, dann allein oder mit Freunden, immer wieder zu dem Wunderbau in der Neckarstraße. Schon die langgestreckte klassizistische Front mit den zwei gegen die Straße heraustretenden Aufgängen mit ihren Säulen stimmte teierlich. Mit Scheu und Erwartung stieg man die Stufen der östlichen Treppe empor — die westliche führte zum Staatsarchiv — und erwartete das Öffnen der Tür, von der stets der eine Flügel verschlossen blieb. So schritt man im Halbdunkel erwartungsvoll durch die Eingangshalle, hindurch zwischen zwei Reihen schlanker Gesteinszapfen, den Bohrkernen von der Tiefbohrung auf Steinkohle bei Sulz a. N. 1890. Darüber aber hingen schon die ersten Saurierplatten, die sich im Treppenhaus fortsetzten und allerhand ahnen ließen. Vom Eingang des Parterresaales (entlang der Archivstraße) ging der Blick zwischen den seitlichen Kojen und Glasschränken hindurch bis zum er- höhten Aufbau am Ende. Zunächst, gleich beim Eintritt, zog ein alter, aus dem alten Lusthaus stammender Tisch den Blick auf sich, denn auf ihm lagen die berühmten Vogelsaurier (Aetosaurus) von Kaltental, aus dem Stubensand, genauso, wie sie auf- gedeckt worden waren. An den Wänden hingen große Plesiosaurier, Prachtstücke von Holzmaden, und im kleinen Nebensaal zur Linken gab es weitere Saurier, dabei solche von ganz hervorragender Bedeutung, auch für den staunenden Laien! Dazu kamen an der Fensterseite die württembergischen Mineralien. Im Hauptsaal folgten die Funde aus den Schichten des Landes nacheinander, war doch der ganze Saal ein „vaterländischer“, das heißt, er war aus der Sammlung des „Vereins für vaterländische Naturkunde in Württemberg“ hervorgegangen, genauso wie der Saal im zweiten Stock- 2 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 75 werk über ihm! Und der Stolz, daß so viele Funde von einmaliger Bedeutung aus unserem kleinen Lande stammten, zeigte sich deutlich im Besuch durch die Stutt- garter wie durch solche aus dem ganzen Lande. Galt ja doch der Besitz etlicher geo- logischer Kenntnisse damals noch als ganz selbstverständlich für jedermann, keines- wegs nur für einen engeren Kreis von „Gebildeten“! Wurden Neuaufstellungen be- kanntgegeben, so etwa die ersten Saurierplatten mit dem Umriß des ganzen Tieres oder die mit Embryonen im Leibe, mit Belemniten im Magen, so strömten die Be- sucher am Sonntag, und zwar aus allen Kreisen der Bevölkerung! Was alles es im großen Saal zu sehen gab, das sei hier nicht im einzelnen aufgezählt, vom Urgebirge über Trias und Jura bis zum Tertiär und Quartär, mit all den Zeugnissen von Mensch und Tier, die uns aus dem „Rulaman“ so vertraut waren, den wir alle mit Begei- sterung lasen. Die Schau endete mit den Mammutfunden, im größten Glaskasten sah man vor allem die Stoßzahngruppe von Cannstatt, bei deren Aufdeckung 1816 König FRIEDRICH sich die tödliche Erkältung geholt hat; die Gruppe ist den Bomben zum Opfer gefallen. Umgeben war sie von einem Walde von Stoßzähnen, die meist aus der Stuttgarter Gegend stammten. Das große Skelett von Steinheim an der Murr kam freilich erst später hinzu, für dies mußte 1912 ein eigener Anbau gegen den Hof er- richtet werden! Uns Buben, die wir ja selber Versteinerungen sammelten und hinauszogen in die vielerlei Brüche rings um die Stadt und sodann unsere Funde hier zu vergleichen und zu bestimmen suchten, ging der Aufwärter gerne zur Hand, wenn er Zeit hatte. Geheimnisvoll, wenn gerade niemand um den Weg war, öffnete er eine Schublade und hielt uns Stücke vor Augen, die nicht viel wert waren, aber uns doch so be- gehrenswert erschienen, daß wir sie um wenige Pfennige erwarben. Mit der Zeit kamen wir darauf, daß er sie aus der Kiste holte, die im Hof stand, um Abfälle aufzunehmen, die bei der Bearbeitung der Eingänge vom „Kustoden“ ausgeschie- den wurden. Bald hat sich mir auch der Weg zu diesem selbst geöffnet, es geschah durch den Schwager meines Vaters, den Pfarrer Schumann in Bonfeld bei Heil- bronn, der ein eifriger Sammler und Kenner war und dessen Fundstücke aus dem Muschelkalk und Quartär ich mir jedesmal gerne im Saal beschaute. Er wies mich zu EBERHARD FraAs, der mich überaus freundlich aufnahm. Einmal kam ich, als er gerade die vielen Bärenreste im Sybillenloch unter der Teck ausgegraben hatte. Er hielt mir ein Kistchen hin „zum Schnupfen“, und als ich bescheiden zögerte, gab er seinem Assistenten — es war wohl ScHhÜürzE — einen Wink, und dieser stellte mir einen ganzen Zahnsatz des Höhlenbären zusammen. Ihn habe ich heute noch zu- rückbehalten, nachdem ich meine geologische Sammlung abgegeben hatte, dazu einen schönen Ammoniten aus dem Vaihinger Lias und eine gespaltene Achatdruse vom Kniebis, die beide von mir selbst aufgesammelt waren. Aber ehe wir den Unterstock verlassen, noch eine Erinnerung an etwas spätere Zeit! Da brachte die Morgenzeitung, das „Neue Tagblatt“, wieder einmal die Nach- richt von einer ganz ungewöhnlichen Neuerwerbung: Von einem Urvogel (Archaeo- pteryx), in dessen Bauchhöhle sich ein ausgetragenes Ei gefunden habe. Es sei so gut erhalten, daß man es losgelöst und einem Brutofen übergeben habe. Der Versuch verlaufe sehr aussichtsreich — wie dies überhaupt möglich sei, war eingehend dar- gelegt —, und heute sei das Schlüpfen zu erwarten. Das Kabinett sei geöffnet wie immer! Es waren nicht wenige, die sich die Sache nicht entgehen lassen wollten, aber sie hatten nicht auf das Datum geachtet: Es war der 1. April 1909! Und nun das Treppenhaus empor, in dessen Schacht später das Kopfskelett eines Wales eingebaut wurde, zum ersten Stock: Gleich zur Rechten, im Flügel gegen die Archivstraße, über dem unteren Saal, öffnete sich der zoologische. Und wie- derum ein Blickfang ganz am Ende, inmitten anderer Dickhäuter, ein riesiger indischer Elefant mit mächtigen Stoßzähnen, der auf Kinder so anziehend wirkte, daß sie oft, der Begleitung sich entreißend, durch die ganze zweifache Reihe der Tiere auf ihn 1961 FEUCHT, VOM ALTEN NATURALIENKABINETT Nr. 75/3 losstürmten. Es hieß wohl, er stamme aus der Menagerie des Königs FRrıEDrıcH, die nach dessen Tod aufgelöst wurde; der von Lamrerr verfaßte Führer durch die Samm- lung (1906) sagt aber darüber nichts. Neben den zwei Elefanten standen Giraffe, Flußpferd, Wisent, Büffel, Elch, Walroß und andere Riesen. Im übrigen waren alle Tiere möglichst systematisch angeordnet, biologische Gruppen gab es noch nicht, mit solchen wurde erst später im zweiten Stock begonnen. Als wir Zoologie in der Schule hatten, im Realgymnasium Dillmanns, und zwar von KonkAD MiLLer, da ruhte ich nicht, bis ich sämtliche Säugetiere des Museums in ihrer Ordnung in ein Merkbuch eingetragen hatte, das heute im Besitz des Museums ist. Manches war darunter, das aus Nırrs Tiergarten stammte, in dem ich natürlich ebenso Stammgast war. Da fand man die berühmt gewordenen Bastardbären aus der Kreuzung von Eis- und Braun- bär, einfache und doppelte Kreuzungen, und ein jugendliches Stück vom Ameisen- bären, einem der beachtlichsten Zuchterfolge des Nırıschen Gartens, einen Wurf ganz junger Braunbären und anderes mehr. Im rechten Winkel zum Säugersaal stand in der Neckarstraßenfront der lange, untergeteilte Vogelsaal mit einer überreichen Fülle aufgestellter Arten, großen- teils sehr eng zusammengedrängt. Unseren Gästen zeigten wir vor allem den Kasten mit den Kolibris und den größeren mit Fasanen, denn die beiden Gruppen waren besonders reich vertreten, dazu noch die hervorragend schönen Paradiesvögel! Als Kostbarkeit ersten Ranges galt der völlig ausgerottete Riesenalk. Durch die ganze Länge des Saals boten Pultschränke eine reiche Auswahl von Muscheln und Meeres- schnecken, von denen die freiliegenden Riesenmuscheln besondere Beachtung fan- den. Gleichlaufend mit den Vogelreihen boten auf der Hofseite schmälere Säle die Reptilien und Amphibien, zumeist freilich nur „in Spiritus“ in Gläsern, doch konnte man sehr wohl an riesigen frei präparierten Krokodilen, Schlangen und Schildkröten sich erschrecken. In der hintersten Ecke der Säle, im hinteren Treppenhaus, das in der Regel nicht zugänglich war, ragte das Riesenskelett einer von Heucıın mitgebrachten Giraffe aus dem Sudan durch zwei Stockwerke hindurch! Über den Säugern, entlang der Archivstraße, erstreckte sich der „Vaterlän- dische Saal“, in den freilich viele Besucher, ermüdet vom Geschauten, sich nicht mehr hineinwagen mochten, zumal hier die Pult- und Wandschränke mit den Insekten und anderen Kleintieren aus guten Gründen nicht immer Sicht boten. Zur Rechten vom Eingang standen pflanzliche Besonderheiten, Mißbildungen von Bäumen vor allem, Verwachsungen, Stammquerschnitte und anderes mehr, die später anderem Platz machen mußten. Etliche besondere solche Merkwürdigkeiten konnte ich vor 50 Jahren noch im Lichtbild festhalten. Besonders eindringlich in den Glasschränken waren die Beispiele vom großen Nonnenfraß im Oberland, die riesigen Weller aus der Schussen, wie der stattliche Lachs von Heilbronn (das gab es noch!) oder der Sterlet von Ulm! Unter den Vögeln zogen vor allem auch die Irrgäste den Blick auf sich, mit einer Lachmöwenkolonie begannen später die ersten biologischen Gruppen. im Endraum, dessen Mitte die Hirsche einnahmen, fanden sich u.a. der letzte Wolf und der letzte Luchs sowie der letzte Biber aus unserem Lande. Ein Starenkasten, voll von jungen Haselmäusen machte Vergnügen, und ein richtiger „Rattenkönig“ erregte mit den verschlungenen Schwänzen achtungsvolles Grauen. Nun zum Flügel an der Neckarstraße durch den Vorraum, in dem das Skelett eines Riesenhirsches aus Irland, daneben zum Vergleich ein solches vom Damhirsch, bestaunt wurde, dazu Haut- und Haarreste vom Mammut, die PriızEnmAIER aus dem sibirischen Eis gebracht hatte. Der anschließende Ecksaal barg eine allgemeine palä- ontologische Schau, die also nicht auf Württemberg beschränkt war, und manche Kost- barkeit enthielt, daneben auch Minerale, die sich im ersten der schmalen Säle gegen die Neckarstraße fortsetzten. Hier stand auch, besonders gesichert, der große Goldklum- pen, um dessentwillen ein Besucher sich hatte einschließen lassen, um ihn in Ruhe zu entwenden. Zu spät erst merkte er, daß das Gold aus Gips bestand! Die botanische 4 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 75 Schausammlung folgte bis zur anderen Ecke; sie war bescheiden und zeigte Früchte, Zapfen und Samen, Hölzer und allerlei pflanzliche Erzeugnisse bis zu solchen, die eigentlich besser in ein Museum für Völkerkunde gehört hätten, das ja aber damals noch in den ersten Anfängen steckte. Durch drei Säle auf der Hofseite, die mit Skelet- ten erfüllt waren, mit Geweihen und Schädeln, kam der Besucher zum Treppenhaus zurück. Ein Menschenalter später konnte meine ältere Tochter bei der Neuordnung der botanischen Schau unter ALBRECHT FABER mithelfen; es wurden Vererbungsreihen auf- gelegt, der Biologie zum Recht verholfen und auch der jungen Pflanzensoziologie, an- knüpfend an Grapmann, Raum gewährt. Dabei kamen meine Lichtbildaufnahmen aus „Württembergs Pflanzenwelt“ (1912) in Vergrößerungen zur Darstellung, begleitet von Charakterarten und dergleichen. Aber all diese Anfänge sind im Feuer auf- gegangen, denn die botanische Schau mußte beisammen bleiben, als alles andere ver- lagert wurde — nur die Herbarien durften in die von A. FABER vorbereiteten Not- unterkünfte gebracht werden. Das Herbarzimmer befand sich zuerst im kleinen Nebensaal des zweiten Stocks, über den Affen im ersten und den Sauriern darunter. Es war ein feierlicher Tag, an dem sich mir zum erstenmal der geheiligte Raum öffnete: JuLıus EICHLER, der Bota- riker‘, hatte mir erlaubt, das Landesherbar durchzusehen und meine Funde danach zu bestimmen, und ich sehe vor mir noch das Mißtrauen im Gesicht des Hausmeisters, als er mir den Schlüssel aushändigte, nachdem der Vorstand des Kabinetts, Krauss, ausdrücklich zugestimmt hatte. Ich hatte ja durch meinen Onkel in den Vakanzen allerlei gelernt und allerlei zu sammeln begonnen — ich solle ruhig alles sammeln, meinte er, nur nicht Klaviere und Kirchenglocken! Das Hauptgewicht hatte ich auf die Pflanzenwelt gelegt, und ich bin viele Jahre lang von EıcHLer immer sehr freundlich und jederzeit hilfsbereit auf- genommen worden, so daß ich einer seiner Mitarbeiter wurde am Landesherbar, der Grundlage der Landesflora, wie an den „Pflanzengeographischen Untersuchungen“, die er gemeinsam mit GRADMANN und MEIGEN durchführte und veröffentlichte; auch eine Karte mit Standorten der Stuttgarter Umgebung konnte ich ihm übergeben. So machte es sich ganz von selbst, daß ich nach der zweiten Staatsprüfung, solange ich auf Verwendung im Forstdienst warten mußte, mehrere Monate als Volontär an der botanischen Abteilung tätig war. Die Herbare usw. waren inzwischen in EICHLERS Arbeitsraum im Oberstock beim hinteren Treppenhaus übergesiedelt, denn EICHLER war zur Bibliothek im Nebenhaus Archivstraße 4 umgezogen, da er diese zu be- treuen hatte. So hatte ich Raum genug, zu ordnen und durchzuprüfen, nur selten kam EıcHLer herüber. Er war immer beschäftigt und hatte doch für jeden Zeit, zu raten und zu helfen. Er war der ideale Auskunftgeber und Berater für alle Botaniker des Landes und weit darüber hinaus. Das freundschaftliche Verhältnis zu mir Jüngerem blieb und verstärkte sich, als ich meine erste Dienstzeit beim Forstamt Obertal dazu auswertete, der Vegetationsgeschichte des nördlichen Schwarzwaldes nachzugehen und darüber im „Verein für vaterländische Naturkunde“ zu berichten, als mir die Aus- arbeitung des „Schwäbischen Baumbuches“ übertragen wurde und im Anschluß daran Präsident Fr. GRANER mich mit dem Werk „Württembergs Pflanzenwelt“ beauftragte. Mit dem Vorstand des „Kabinetts“, Kurt LAMPERT, kam ich erst 1907 in nähere Fühlung, als er mir das durch Freiherrn von MürLer 1864 begründete Reisestipendium zuwandte, das mich zum Sammeln nach Mallorca und Nordafrika führte. Ich habe auch darüber im genannten Verein berichtet, wie in der besonderen Beilage zum Staats- anzeiger und anderswo. Als Lamrert 1908 begann, eine Sammlung „Naturwissen- schaftliche Wegweiser“ herauszugeben (Verlag Strecker und Schröder), lud er mich ein zu einem Bändchen über unsere Bäume und Sträucher, dem im Jahr darauf ein zweites folgte, „Parkbäume und Ziersträucher“, beide in Zusammenarbeit mit meiner Frau, die alle Federzeichnungen beisteuerte. In diesen Jahren begann auch bei uns der Naturschutz Gestalt anzunehmen, für den ich bei der Forstdirektion eingesetzt 1961 FEUCHT, VOM ALTEN NATURALIENKABINETT Nr. 75/5 war, und das führte erneut zur Zusammenarbeit, zumal während ich 1911/12 die Geschäftsführung des halbamtlichen Landesausschusses für Natur- und Heimatschutz in Vertretung zu übernehmen hatte. Dann, 1912, führte mein Weg mich von Stuttgart fort, wohin ich erst 1926 zu dauerndem Aufenthalt zurückkehrte. Und damit sind auch meine Erinnerungen an das alte Naturalienkabinett zu Ende, denn dieser Name war ihm geblieben, als es schon längst amtlich in „Naturaliensammlung“ umgetauft worden war. Was bleibt noch zu sagen? Der Wunsch, auch der zweite Teil des neuen Museums möchte doch endlich einer Auferstehung in gleicher Schönheit entgegengehen, wie dies dem ersten im Schloß Rosenstein vergönnt war! Und dabei möge auch der Schau der Pflanzenwelt der gebührende Anteil werden und dazu meine eigene Aufsammlung von Hölzern, Zapfen und sonstigen Früchten, von Samen, Gehölzherbarien und anderem den bescheidenen Grundstock abgeben dürfen! Anschrift des Verfassers: Dr. h.c. Otto Feucht, Stuttgart W, Am Kräherwald 185 LEE L3 37 Stuttgarter Beiträge zur Naturkunde aus dem Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart Stuttgart 24. Oktober 1961 Nr. 76 Reisebericht über eine Reise in den Südwest- und Südost-Iran 1956 (Ergebnisse der Entomologischen Reisen Willi Richter, Stuttgart, im Iran 1954 und 1956 — Nr. 41) Von Willi Richter, Stuttgart Die Iranreise 1956 (vom 3. Februar bis zum 29. Mai) war ebenso wie die von 1954 (siehe Reisebericht in Jh. Ver. vaterl. Naturkde. Württemberg, 111, 1956) einer Einladung von Herrn Dr. med. FRIEDRICH SCHÄUFFELE zu verdanken. Zusammen mit Herrn Professor Dr. E. Schüz und Herrn Präparator M. WAcnER, die im kaspischen 48° |; o 50° 52° 22830 = E==22]KASPISCHE$-MEER 3 .-_-_-.-_ en Er GURGaN 2 z N ü SHAHRUD I 36° Alt TEHLRAN DEMAYEnD RAMADAN QUM | Sal asman| IE 34° ISFAHAN resp I2° a — 30° + ATTTTER SCHIRAS un Abb. 1. Raum Irans ornithologische Untersuchungen vornehmen wollten, flog ich am 3./4. Februar von Stuttgart nach Teheran. Zur Erledigung der notwendigen Formali- täten ergaben sich dort unvermeidliche Wartetage. Es bot sich aber Gelegenheit, die weitere Umgebung der Stadt kennenzulernen, denn Herr Dr. Raır BickHArDT, damals als Arzt an einem Teheraner Krankenhaus, stellte seine Freizeit und seinen Wagen in liebenswürdigster Weise zur Verfügung. Am 13. Februar konnte ich weiterreisen. 2 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 76 Abb. 2. Schilfgebiet bei Bross. Iran verfügt nur über wenige Bahnlinien, dafür haben die wichtigsten Landesteile Bus- oder Flugverbindung mit Teheran. Starke wirtschaftliche Bedeutung kommt der Bahnlinie Teheran—Persischer Golf zu. Von Teheran aus führt diese Bahn zunächst am Gebirge entlang südlich nach Qum, wendet dann stärker westlich nach Araq und durchquert die wilde Bergwelt des aus vielen Parallelketten gebildeten Zagros-Ge- birges und der Bakhtiari-Berge. Die Gipfel dieser imposanten Bergwelt erheben sich bis zu 3000 und 4000 m. Nur niedrige Bergkuppen sind begrünt und tragen locke- ren Buschbestand, aber keinen Wald, das übrige ist alles kahler, schroffer Fels. Nach 19 Stunden Fahrtzeit tritt die Bahn bei Andemisk aus dem Hochland durch das alte Toı Asiens in die Ebene. Bis zum Golf hin erstreckt sich eine weite Ebene, das elami- tische Land, das schon vor 5000 Jahren Kulturland war. Diese heute iranische Provinz Khuzistan ist seit der Invasion der Araber um 634 von arabischer Bevölkerung besiedelt. Im Osten wird sie von den Bakhtiari- bergen begrenzt, die sich in südöstlicher Richtung zum Golf hinziehen. Am Gebirgs- fuß liegen die wichtigsten Erdölfördergebiete des Landes. Topographisch gleicht dieser Raum dem östlichen Mesopotamien, dessen Land- schaft durch Euphrat- und Tigris-Anschwemmungen geprägt ist. Khuzistan stellt also die östliche Fortsetzung des Zweistromlandes dar. Die im nördlichen und östlichen Hochland entspringenden Flüsse ergießen sich in den Karun-Fluß, der ebenso wie Euphrat und Tigris in den Schatt-el-Arab und damit in den Golf mündet. Die Land- schaft ist höchst einförmig. Der Wasserreichtum gestattet im Bereich der Flüsse eine dichtere Besiedlung, zahlreiche Bewässerungskanäle ermöglichen ausgedehntere Feldkulturen. Pflanzungen von Dattelpalmen säumen die Wasserläufe auf weite Strecken. Große Flächen bilden aber auch infolge der Anreicherung von Salz völlig kahle Lehmwüsten oder tragen nur vereinzelte Dornsträucher, Artemisien-Stauden oder Tamarisken-Büsche. 1961 RICHTER, REISEBERICHT IRAN 1956 Nr. 76/3 Ba N 2 “ Abb. 3. Shadegan, Nebenarm des Jarrahi. Nachdem die Bahn bei Andemisk das Hochland verlassen hat, führt sie am alten Susa — heute Shush — vorbei und erreicht in einer Fahrtzeit von 4 Stunden Ahwaz. Hier teilt sich die Strecke und führt zu zwei Endpunkten am Golf: nach Khurramshahr bei Abadan und nach Bandar-Shapur. Bei meiner Ankunft in Ahwaz waren die Euphrat-Pappeln schon belaubt, Winden und Rosen blühten bereits. Mein Ziel, Shadegan, lag aber noch etwa 100 km südostwärts. Von Ahwaz führt die Straße zunächst nach Süden, entlang der Ölleitung nach Abadan. Fast ständig täuschten Luftspiegelungen Wasserflächen vor. Die Araber bezeichnen diese häufige Erscheinung als „Serab“. Nach etwa 80 km bog ein Weg nach Osten ab, und über holprige, verkrustete Lehmflächen ging es bis an einen Flußarm zur Fischersiedlung Bıoos (Abb. 2). Hier hat man einen der Zuflüsse des Jarrahi erreicht und damit ein weites Rohr- gebiet mit zahlreichen Wasserrinnen, die ein verzweigtes Verkehrsnetz zum Jarrahi bilden. Dieses Gebiet gehört bereits zum Wattenbereich. Deshalb sind im Frühjahr weite Strecken überflutet und landfeste Gebiete des Südostens ohne Landverbindung. Nach vierstündiger Fahrt auf einem kleinen, schmalen Boot durch den Rohrwald er- reichte ich Shadegan. Das Rohr ist etwa 4 m hoch. Nur zuweilen bietet sich bei Nebenrinnen ein Durch- blick oder bei Buchten eine Übersicht über das Land. An die Rohruferzone schließt sich eine Binsenzone an, die dann in Flächen mit kurzen, harten Grasbüscheln übergeht. Dieses überflutete Gebiet bildet ein Winterquartier für viele Zugvogelarten. Im Rohr trifft man Rohrsänger (Acrocephalus arundinaceus), Laubsänger (Phylloscopus) und andere Bewohner von Dickungen, daneben zahlreiche Würger (Lanius cristatus isabellinus) an, an den freien Uferrändern Weißschwanz-Kiebitze (Chettusia leucura) und Stelzenläufer (Himantopus himantopus). Unter den Eisvögeln sind besonders der Liest (Halcyon smyrnensis), der Graufischer (Ceryle rudis) und der uns vertraute Eisvogel (Alcedo atthis) recht zahlreich. Auf den „watt“-ähnlichen Landflächen waten 4 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 76 = = N Abb. 4. Shadegan, Begräbnishügel. Störche (Ciconia ciconia) und Reiher (Ardea cinerea), weiter entfernt sind unüberseh- bare Scharen von Graugänsen (Anser anser) in Bewegung. Außerdem sieht man Ket- ten von Scharben (Phalacrocorax), und ständig hängt der Ruf der Lappenkiebitze (Lobivanellus indicus) im Raum. Nach Duıichquerung dieses Schilfgebietes erreicht man höher liegendes Land, das weithin überschaubar ist. Hier ähnelt die Wasserrinne einem Kanalbett mit leicht erhöhten Ufern. Einzelne Rohrhütten vereinen sich zu Siedlungen. Am Ufer stehen Wasserbüffel, umgeben von Staren (Sturnus unicolor?), die wie die Kuhreiher (Ardeola ibis) ständig auf oder bei dem Vieh auf Insektensuche sind. Der Wasserweg führt weiter durch Dörfer, deren Lehmhäuser beide Uferseiten säumen; Brücken aus einzelnen Palmstämmen verbinden hüben und drüben; Dattel- palmen begleiten in breiter Front die Ufer weit über die Dorfgrenzen hinaus. Nach langer Bootsfahrt ist Shadegan erreicht, mein Stützpunkt für Wochen. Das Ambulatorium von Herrn Dr. ScHÄUFFELE liegt abseits, am Ortsrande, unweit größe- rer Anpflanzungen von Dattelpalmen, in denen Bülbül (Pycenonotus leucotis), Liest (Halcyon smyrnensis) und Bienenfresser (Merops superciliosus persicus) zu beobach- ten sind. Shadegan selbst wird vom Jarrahi durchflossen. Der größere Teil der Häuser reiht sich entlang dem Fluß. Von Shadegan aus geht eine Fahrstraße in nordöstlicher Richtung nach Gorgar, alle übrigen Wege führen nur zu den umliegenden Dörfern. Diese „Pfade“ sind oft von Bewässerungsgräben unterbrochen (Abb.3), die nur von einem schmalen Steg oder einem einzelnen Stamm überbrückt werden. Unseren Bewegungsmöglichkeiten waren damit Grenzen gesetzt, größere Exkursionen ließen sich nur mit Boot oder Moped durchführen. Der aus einem feinsandigen Lehm bestehende Boden ist schon nach leichtem Regen schwer passierbar. Da er stark salzhaltig ist, bedeckt er sich beim Austrocknen mit einer Salzkruste. Der Grundwasserspiegel ist sehr hoch, einige Spatenstiche tief wird schon 1961 RICHTER, REISEBERICHT IRAN 1956 Nr. 76/5 Abb. 5. Shadegan, neuer Bestattungsbau. formbarer Lehm gefördert, der bequeme und ausschließlich verwendete Baustoff für Häuser und Mauern. Durch ständige Lehmentnahme vom gleichen Platz hat sich am Ortsrande eine lange Reihe von Pfuhlen gebildet. Daneben zieht sich eine Reihe niederer Hügel hin: die früheren Begräbnisplätze des Ortes (Abb. 4). Da man wegen des hohen Gıundwasser- standes keine Gräber ausheben konnte, wurden die Toten in diesen Aufschüttungen übereinander beigesetzt. Jetzt dient zur Beisetzung ein niedriger Ziegelbau mit tiefen Nischen an beiden Längsfronten. In ihnen werden die in Leinen gehüllten Toten auf Holzrosten und Schilfmatten beigesetzt; danach wird die Frontöffnung mit Ziegeln verschlossen (Abb.5). Nach Monaten werden die inzwischen mumifizierten Leichen nach dem Wallfahrtsort der Schiiten, Kerbela, 100 km südwestlich von Bagdad, über- führt und nahe dem Grabe von Hussein in heiliger Erde bestattet. Langgezogene Bestände von Palmen lassen die Lage der einzelnen Dörfer erkennen; die Dattelpalme ist hier wichtigstes Nahrungs- und Handelsprodukt. Wo eine Bewässe- rung möglich ist, erstrecken sich auch größere Getreideflächen. Abseits der Siedlungen sind aber weite Areale ungenutzt. Hier wachsen nur Dornbüsche oder Tamarisken (Temarix serotina Bge., Tamarix cf. pagnocarpa D.C.), die eine weitlückige Busch- landschaft bilden: Weideplätze für Ziegenherden und für die Esel. Infolge des zu kühlen Frühjahrs 1956 war die Ausbeute an Insekten in der näheren Umgebung Shadegans unbefriedigend. So galt das Augenmerk stärker der Avifauna. Am 24. Februar konnte ich nachmittags einen starken Schwarmflug von Termiten beobachten. Nachdem sie sich auf den Boden niedergelassen hatten, warfen sie sofort ihre Flügel ab und waren bestrebt, sich einzugraben. Besonders bevorzugt von den Tieren schien das flache Dach des Gebäudes mit seiner Decke aus Lehm und Häcksel. Zahlreiche Wechselkröten (Bufo viridis arabicus) hatten sich eingefunden — sie wuß- ten diese ergiebige Nahrungsquelle zu nutzen! Am gleichen Tage konnte Herr Dr. SCHÄUFFELE auch in Ahwaz schwärmende Termiten beobachten. 6 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 76 Am 2. März kreisten über Shadegan 8 Störche, am Vortage hatte schon eine größere Gruppe den Ort in beträchtlicher Höhe nordostwärts überflogen. Dies war ein Hinweis darauf, daß der Rückzug der Wintergäste begonnen hatte. Tatsächlich waren am 11. März im Schilfgebiet Störche und Graugänse nur noch in geringer Zahl zu be- obachten. Für die persischen Neujahrstage, die am 21. März beginnen, war eine Fahrt nach Shush (= Susa) vorgesehen. Ich machte mich also am 19. März auf den Weg, wieder ging es durch das Schilfgebiet, dann weiter nach Ahwaz und Shush, wo mich Herr Dr. Heınz FrücheL und Frau gastfrei aufnahmen. Nur noch wenige Überreste künden vom alten Susa, der Hauptstadt des einstigen Elam. Diese Stadt wurde 640 v.Chr. von den Assyrern zerstört, erlebte aber eine nächste Blütezeit unter Darıus I. (522—-486 v.Chr.), als sie eine der 4 Haupt- städte des Landes war. Nach der Schlacht bei Issos (333 v.Chr.) wurde Susa von ALEXANDER D.GR. abermals zerstört; das persische Großreich Darıus’ III. zerfiel. Gegenüber dem „Dermangah“ erhebt sich ein Hügel, auf dessen Hochfläche einst der Palast des Darıvus stand. Heute deuten nur noch einige Überreste von Sockeln und Kapitälen seine einstigen Ausmaße an. Französische Archäologen haben Susa und die weitere Umgebung durchforscht. Viele ihrer Funde beherbergt das Archäologische Museum in Teheran. Das heutige Susa (Shush) besteht aus einer kleineren Ansamm- lung von Lehmhäusern mit der Grabmoschee des Danıer. Während des persischen Neu- jahrsfestes pilgert die Bevölkerung in neuen und farbenreichen Gewändern hierher. Da uns der Volkswagen von Herrn Dr. FRÜCHEL zur Verfügung stand, konnten auch Exkursionen in die weitere Umgebung unternommen werden. Unweit Shush fließt der Karkeh, an dessen Ufer sich weite, offene Buschflächen anschließen. Aus dieser Ebene heraus erheben sich nur einzelne, niedrige Hügel. Eine unserer Exkursionen führte etwa 15 km südöstlich zu den „Sieben Hügeln“ (Haft Tepe), offenbar alte Kulturhügel, wie die reichlichen Tonscherben im Boden vermuten lassen. Eine andere Exkursion ging in ein 30 km entferntes Trockental, wo an windgeschützten Stellen ein reges Insektenleben herrschte. Von diesem Trockental aus ging es noch 10 km weiter zum Fluß Diz. Hier waren die Uferschluchten und Hänge sowie die flachen Buchten mit ihren sehr unterschiedlichen Vegetationsbeständen recht ergiebige Fangplätze. Frankolin (Francolinus francolinus) und Sandhuhn (Ammoperdix griseogularis), die sich mit ihrem Balzruf meldeten, konnten erbeutet werden. Bei der nächtlichen Heim- fahrt erschienen im Lichtkegel des öfteren Schakale und Springmäuse. Am Ortsrande von Shush konnten nicht selten größere Ansammlungen von Milanen (Milvus migrans) beobachtet werden, die hier nach Krähenart die Abfallhaufen um- lagerten. Bei den im Uferbereich weidenden Kühen fanden sich Kuhreiher (Ardeola ibis) als ständige Begleiter. Am 25. März kehrte ich wieder nach Shadegan zurück. Südlich Ahwaz waren auf zwei benachbarten Telegraphenmasten besetzte Horste von Störchen; weitere „Hadschi- klack-klack“, wie sie im Iran genannt werden, waren dort auf Nahrungssuche. („Hadschi“ ist der Ehrentitel für einen jeden, der einmal eine Pilgerfahrt nach Mekka gemacht hat.) Auch in Shush war der Storch Brutvogel, ein besetztes Nest stand auf dem Lüftungskamin eines Hauses am Ortsrand. Die im Schilfgebiet gesichteten Störche kommen wohl teilweise aus den nahegelegenen Bruträumen. Von Shadegan aus wurden noch 4 Tagesexkursionen in das obere Flußgebiet des Jarrahi unternommen; die Ausbeute an Insekten war gut, außerdem konnten ornitho- logische Belegstücke erbeutet werden. Der Fluß ist dort etwa 50 m breit. Sein öst- liches Ufer ist höher als das westliche und auf seiner Böschung locker mit Tamarisken besetzt, die rosa oder weiß blühen. Ein schmaler Schwemmsandgürtel ist an einigen Stellen mit Schilf bewachsen. Vom Boot aus konnten wir wiederholt größere Weich- 1961 RICHTER, REISEBERICHT IRAN 1956 Nr. 76/7 2. Abb. 6. Weichschildkröte, Amygda euphratica. schildkröten auf diesem Sandstreifen beobachten, die sofort im Wasser verschwanden, wenn man sich ihnen näherte. Ihre Köpfe erschienen aber recht bald wieder an der Oberfläche. Es war Amyda euphratica (Abb. 6), deren Vorkommen im Iran bisher noch nicht bekannt war. Zwei Tiere nahm ich mit, sie gingen an den Angelköder, waren recht aggressiv und versuchten zu beißen. Die Uferstreifen wurden weiterhin bevölkert von Flußuferläufern (Actitis hypo- leucus) und Bachstelzen, von allen bereits genannten Eisvogelarten, von Rauchschwalben (Hirundo rustica) und ganz vereinzelt auch Rötelschwalben (Hirundo daurica). Auf der Uferebene und weiter landeinwärts erstreckt sich eine breite, offene Busch- steppe, vor allem mit Tamariskenbüschen. Die mehr sandigen Blößen sind nur spärlich von niederen Gräsern und Dornbüschen bewachsen. In diesem Buschbereich traf man Schwarzkehlchen (Saxicola torquata), Laubsänger (Phylloscopus), Gartenrotschwanz (Phoenicurus phoenicurus) und Fliegenschnäpper (Muscicapa striata neumanni) an. Recht häufig war auch ein Schwirl (Locustella), dessen Gesang täuschend dem von Heu- schrecken ähnelt. Das lebhafte „triep-trip-trip“ der Bienenfresser (Merops super- ciliosus persicus) war ständig zu hören; dazu gesellte sich das markante „tie-tie-tititi“ zahlreicher Lappenkiebitze (Lobivanellus indicus). Viel Geduld erforderte es, den Drosselingen (Turdoides longicauda) nahezukommen; sie waren äußerst scheu. Wegen ihres klagenden Rufes (etwa die chromatische Tonleiter abwärts) nannten wir sie „Jammervögel“. Stets sind sie zu mehreren beieinander, fliegen höhere Büsche an, lassen sich dann aber auf den Boden nieder und laufen dort lebhaft wie Drosseln umher. Am Rande dieses Buschgebietes traf man Frankoline und Ziegenmelker (Caprimulgus aegypticus) an, im anschließenden, offenen Gebiet waren Haubenlerchen (Galerida cristata) häufig. In einem Getreidefeld konnte eine Gruppe von 11 Trielen (Burhinus oedicnemus) beobachtet werden. 8 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 76 Die fortschreitende Jahreszeit und zunehmende Erwärmung lockten nun auch immer mehr Insekten hervor. Reichliches Material wurde auf den täglichen Exkursionen zusammengetragen. Von den Schmetterlingen flogen die ersten Danais. Weißlinge, Fliegen und Wespen waren mannigfach vertreten. Als Imago erschien auch eine marmorierte Gottesanbeterin, Blepharopsis mendica, für die weitaus meisten Heu- schrecken war es aber noch jahreszeitlich zu früh. Ganz besonders reichhaltig war aber nun auch der nächtliche Licht- Anflug der Insekten. Da sich Herr Dr. SchÄurreLe entschieden hatte, Mitte April den Iran zu verlassen, ging mein Aufenthalt in Shadegan dem Ende zu. Dank einer Einladung von Herrn Dr. med. Karı. BArTELMUHs ergab sich aber die Möglichkeit zu einem weiteren Aufent- halt im Südosten Irans. Am 11. April verließ ich Shadegan und fuhr über Abadan—Khurramshar—Ahwaz nach Teheran zurück. Hier war es inzwischen Frühling geworden, die Bäume zeigten ein zartes Grün, die Obstbäume standen in voller Blüte. Eine Besonderheit waren die in den Gärten leuchtend blühenden „Argavan“, die von dunkelvioletten Blüten übersät waren. Es handelt sich dabei um die Meliacee Melia azedarach. Sie sieht unserem Seidelbast ähnlich, ist aber strauch- oder baumförmig. Von Teheran aus mußte ich nun bis Anbar-Abad (Djiroft), wo Herr Dr. BARTHEL- muns ein Ambulatorium des Gesundheitsdienstes führte, etwa 1300 km zurücklegen. Die ersten etwas über 900 km boten keine Schwierigkeit, ich flog von Teheran über Ispahan—Yezd nach Kerman. Diese Fluglinie, die ich schon 1954 bis nach Zahedan benutzt hatte, wird von der iranischen Fluggesellschaft beflogen und verbindet Kerman über Zahedan auch mit Karatschi. eysso =. —E 7 u = md £, en 2 if Pr N ur \ — 28° |AMANT-XUH S Cpl) PUGHIN ) 26° u Se 2 [ni I, I It oyl l MAN= === === = 298” INDISCHER Abb. 7. ılluuehı Recht unklar war es dann aber zunächst, wie die etwa 360 km von Kerman nach Djiroft zu überwinden seien, denn dorthin gab es nur zufällige Fahrtmöglichkeiten. In Kerman wurde dann aber ein iranischer Straßenbau-Unternehmer ausfindig gemacht, der am anderen Tag die Strecke Kerman—Bam—-Sabzewaran kontrollieren wollte. Sabzewaran lag nur 30 km von meinem Ziel entfernt, so fuhr ich in der Frühe des 20. April mit dem Unternehmer im Jeep nach Süden. Zunächst führte der Weg durch einen breiten Talboden, der beiderseits von hohen Bergmassiven flankiert war. Der 1961 RICHTER, REISEBERICHT IRAN 1956 Nr. 76/9 Abb. 8. Kerman, Djemal-Bariz-Massiv. westliche Bergrücken ist der Djemal-Bariz-Kuh (Abb.8), ein östlicher Gebirgszug schirmt gegen die Wüste Lut ab; aber auch hier im Tal ist eine große Dünenfläche zu überqueren. In dem kleinen Ort Mahun lohnte die Besichtigung der schönen Grab- moschee Schah-ne-Ematulla (Abb. 9). Nach 6 Stunden Fahrt erreichten wir Bam. Am Nachmittag ging es wieder ein Stück des Weges zurück, dann nach Westen auf das Djemal-Bariz-Massiv zu. Zwei Pässe muß man überqueren, um zu dem auf seiner Westseite liegenden Talboden und damit zum Gebiet Djiroft zu gelangen. Vor der ersten Paßhöhe liegt die kleine Ansied- lung Deh-Bakri in einer Senke mit reichlicher Vegetation: Pyramidenpappeln, Ge- treidefelder und Gärten. Nach einer Übernachtung wurde die Fahrt am 21. April fort- gesetzt. Zunächst war der Straßenzustand noch erträglich. Längs des Weges blühten weiße Wildhyazinthen; flachere Bergkuppen trugen einen lockeren Bestand von Erica- ceenbüschen. Bald aber wurde die Paßstraße zusehends schlechter, durch Unwetter waren große Teile abgespült und zerstört worden. Die Baukolonnen wurden inspiziert und mit „Material“ versorgt. Wie ich beiläufig erfuhr, enthielten die ausgegebenen Pakete Dynamit für Sprengungen (ich muß gestehen, daß ich erleichtert war, als die letzte Packung aus dem Wagen verschwand!). Der letzte Teil der Paßstraße war dem Unwetter völlig zum Opfer gefallen, einige Kilometer mußten wir nun auf dem Schotter eines Trockenbettes fahren. Dann lag die weite, hufeisenförmig von Bergen umschlossene Talebene vor uns, der Bezirk Djiroft. Auf einzelnen Bergen, die bis 3000 m Höhe ansteigen, lagen noch Schneeflecken. Diese flache Hochebene ist nach Süden hin offen und fällt dort allmählich in das Becken von Jaz-Murian ab. Im Bereich der begrenzenden Berge ist der Boden steinig, kiesig, geht dann aber in Sand über. Auch einige flache, isolierte Dünen trifft man in dieser Ebene an. 10 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE | Nr. 76 SUR 8) \ OO: ROT 7 ) . 05 ACT > 3: Abb. 9. Mahun, Grabmoschee Schah-ne-Ematulla. Aus dem Granitmassiv des Djemal-Bariz entspringen der Hazar und der Lalesar, die sich mit dem Halil vereinigen und nach Süden fließen. Später wendet sich der Halil-Rud nach Osten. Je nach den Regenmengen, die in seinem Einzugsgebiet nieder- gehen, versickert der Halil schon im Unterlauf oder (in wasserreichen Jahren) erst im Becken von Jaz-Murian. In diese Senke fließt von Osten her auch der Bampur und versickert ebenfalls. Die im Oberlauf der Flüsse noch ausreichenden Wassermengen ermöglichen im Gebiet Djiroft einen recht ausgedehnten Feld- und Gartenbau. Kultiviert werden Dattelpalme, Getreide, Reis und Baumwolle; in den Gärten verschiedene Citrusfrüchte, Weinreben, Granatapfel und ganz vereinzelt auch Banane. Weite Flächen sind aber ungenutzt und tragen steppenartigen Charakter mit Zygo- phyllum- und Prosopis-Büschen. Dichte Strauchbestände — besonders längs des öst- lichen Ufergebietes am Halil-Rud — oder auch größere Gehölze bestehen aus Tamarix articulata. Im Flußbereich liegen eine Reihe von Dörfern und Siedlungen; das Verwaltungs- zentrum ist Sabzewaran. Erfreulicherweise hatte sich „mein Unternehmer“ entschlossen, den Umweg über Anbar-Abad zu machen und mich direkt zu Herrn Dr. BARTELMUHS zu bringen, so erreichten wir mein Ziel schon gegen 13 Uhr. Anbar-Abad ist eine kleine Ansiedlung, die nur aus dem Ambulatorium, einem Schulgebäude und wenigen anderen Baulichkeiten besteht. Das Dorf Muhammadabad liegt etwa einen Kilometer weit entfernt, die Poststation, von der auch andere erforder- liche Produkte geholt werden mußten, sogar 30 km nordwestlich. Zweimal wöchentlich wurde dorthin ein Bote geschickt. Gleich zu Anfang meines Aufenthaltes in Anbar-Abad, am 24. April, tobte ein heftiger Sandsturm; noch einige Tage nachher hingen Staubwolken in der Luft und verschleierten die Sonne. Die täglichen Höchsttemperaturen hielten sich noch in früh- sommerlichen Grenzen zwischen 30 und 40 Grad Celsius. 1961 RICHTER, REISEBERICHT IRAN 1956 Nr. 76/11 Über die Witterungsbedingungen während meines Aufenthaltes in Djiroft geben die folgenden Angaben einige Hinweise. Temp. ° Celsius 24h Temp. ° Celsius Schatten 12 h Datum 1956 Witterung sonnig, stark windig 24. IV. 2ile a nachmittags Sandsturm, im Westen starkes Gewitter, einzelne Regentropfen 29. IV. 35 25° zeitweise windig 30. IV. SB 252 sonnig, leicht windig IV: 32° 25° stark windig ENTE 35° 25° sonnig, kaum windig 4. V. 39° 29° | > >» $ DEV 39° 2) ; 6. V. 40° 30° > > 14. V. 41° 2i0S Id, MW. 42° 31° : F Da der Wagen von Herrn Dr. BArTELMUHs in Kerman stand — er hatte ihn dort unlängst zurücklassen müssen, weil die Wege unpassierbar waren —, wurden die Exkursionen mit Pferden, Eseln oder Kamelen durchgeführt. Die einzelnen Biotope erinnerten stark an jene von Iranshar (1954). — Der Anflug von Insekten am Licht war stark und erbrachte gute Fangergebnisse. Auch die Vogelbalgsammlung konnte vermehrt werden. Im Hause hatten Termiten ein großes Zerstörungswerk vollbracht: Die Schranktüren bestanden nur noch aus einer zarten Außenhaut. Die Rückreise von Anbar-Abad nach Kerman wurde mir durch die Freundlichkeit eines Gutsbesitzers erleichtert, der sich erbot, mich mitzunehmen. Am 19. Mai ver- ließen wir in aller Frühe Anbar-Abad und erreichten Kerman noch am gleichen Tage. Bis zum Rückflug nach Teheran, am 23. Mai, durfte ich noch die großzügige Gast- freundschaft des Gutsbesitzers MAsuıp CHAN EBRAHIMI genießen. Von Teheran, wo auch Herr Professor Dr. E. Schüz und Herr M. WAacneRr in- zwischen wieder eingetroffen waren, flog ich mit dem Sammlungsgut am 28. Mai ab und konnte am 29. Mai meine Reise in Stuttgart abschließen. Die Überprüfung der in diesem Reisebericht erwähnten Vogelarten verdanke ich Herrn Studienrat AmHaus. Geographische Lage der im Bericht genannten Orte, an denen gesammelt wurde. SW-Iran (Provinz Khuzistan): Ahwaz, 31° 20° N/48° 40’ E Broos, 30° 45’ N/ 48° 30°’ E Südwestliches Ufergebiet des Jarrahi, 30° 40° N /48° 40° E Shadegan, 30° 40° N/48° 40° E Nordöstliches Ufergebiet des Jarrahi, 30° 45° N /48° 50° E Shush (= Susa), 32° 10° N / 48° 15’ E, etwa 200 m über N.N. Haft-Tepe (= Sieben Hügel), 15 km südöstlich Shush Ufergebiet des Diz, 40 km südöstlich Shush SO-Iran (Provinz Kerman): Kermans30L 15° NS DEE Bam, 29252 N/ 582 257E Anbar-Abad (Gebiet Djiroft), 28° 25° N / 57° 53° E, 900 m über N.N. 12 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 76 Schriftenverzeichnis LOCKHARDT, L., und Costa, A.: Persien. Köln 1957. Verlag M. du Mont Schauberg. Osten, H. H. von ver: Die Welt der Perser. Stuttgart 1956. G. Klipper Verlag. Porow, G.: Investigations of Suspected Outbreak Arcas of the Desert Locust in Iran. Anti-Locust Bull. 14, London 1953. RicHter, W.: Reisebericht — Südost-Iran 1954. Jh. Ver. vaterl. Naturkd. Württemberg, 111. Jahrg, I. Heft, Stuttgart 1956. RıcHTer, W., und Schüz, E.: Zoologische Arbeiten des Stuttgarter Museums über Iran (Bibliographie). Stuttgarter Beiträge zur Naturkunde, Nr. 22, 1959. Anhang Ausführliche Auswertungen der Sammel-Ergebnisse erscheinen durch die verschiedenen Spezialisten in Einzeldarstellungen. Bisher liegen folgende Veröffentlichungen über die Ergebnisse meiner Iran-Reisen 1954 und 1956 vor: Bericht Nr. 1. RıcHter, W.: Reisebericht über die Entomologische Reise in Südost-Iran 1954. Jh. Ver. vaterl. Naturk. Württemberg, 111. Jahrg., 1. H., 1956. „ Nr. 2. Beier, M.: Mantiden aus Iran 1954 (Orthopt.). Ibid. 111, 1956. „ Nr. 3. Bırawskı, R.: Coccinelliden aus Iran 1954 (Coleopt.). Ibid. 111, 1956. „ Nr. 4. Hirınc, E. M.: Bohrfliegen von Iran 1954 (Dipt., Trypetidae). Ibid. 111, 1956. „ Nr. 5. Mertens, R.: Amphibien und Reptilien aus SO-Iran 1954. Ibid. 111, 1956. » Nr. 6. Kaszas, Z.: Neue Meloiden aus Iran 1954 (Coleopt.). Ibid 112, Jahrg., 1957. » Nr. 7. Kaszas, Z.: Neue Tenebrioniden aus Iran 1954 (Coleopt.). Ibid. 112, 1957. „Nr. 8. Seipenstücker, G.: Heteropteren aus Iran 1954, I. Teil Hemiptera — Heteroptera (ohne Fam. Miridae). Ibid. 112, 1957. „Nr. 9. Wacner, E.: Heteropteren aus Iran 1954. Il. Teil Hemiptera — Heteroptera (Fam. Miridae). Ibid. 112, 1957. „ Nr. 10. Hepwıc, K.: Ichneumoniden und Braconiden aus Iran 1954 (Hymenoptera). Ibid, 112, 1957. „ Nr.11. Mertens, R.: Weitere Unterlagen zur Herpetofauna von Iran 1956. Ibid. 112, 1957. „ Nr.12. Beier, M.: Mantiden aus Iran 1856 (Orthopt.). Ibid. 112, 1957. » Nr.13. Ochs, G.: Zur Gyriniden-Fauna des Iran 1954 und 1956 (Coleopt.). Ibid. 112, 1957. „ Nr.14. Bey-Bıenko, G. ]J.: Tettigoniiden aus Iran (Orthoptera). Stuttgarter Beiträge zur Naturkunde Nr. 5, 1958. » Nr. 15. Perkovırz, R.: Beitrag zur Kenntnis der Scarabaeiden-Fauna des Iran (Coleoptera). Ibid. Nr. 8, 1958. » Nr. 16. Oıproyp, H.: Some Asilidae from Iran. Ibid. Nr. 9, 1958. „ Nr.17. Seipenstücker, G.: Heteropteren aus Iran 1956, I. Hemiptera — Heteroptera (ohne Fam. Miridae). Ibid. Nr. 11, 1958. » Nr.18. Wacner, E.: Heteropteren aus Iran 1956, II. Hemiptera — Heteroptera (Fam. Miridae). Ibid. Nr. 12, 1958. » Nr.19. Manopı, K.: Eine Ausbeute an Cicindeliden aus Iran (Coleoptera). Ibid. Nr. 18, 1958. „ Nr.20. Kaszas, Z.: Beiträge zur Kenntnis der Tenebrioniden-Fauna von Iran (Coleoptera). Ibid. Nr. 19, 1959. » Nr.21. Kaszas, Z.: Neue Meloiden aus Iran 1954, 1956 (Coleoptera). Ibid. Nr. 20, 1959. „ Nr.22. Cnorarp, L.: Gryllides d’Iran (Orthopt.). Ibid. Nr. 24, 1959. „ Nr.23. Heyrovskt, L.: Beitrag zur Kenntnis der Cerambycidenfauna Südost-Irans (Col., Ceramb.). Ibid. Nr. 25, 1959. » Nr.24. Voss, E.: Curculioniden aus dem Iran (Col., Curc.). Ibid. Nr. 26, 1959. „ Nr.25. Amseı, H. G.: Microlepidoptera aus Iran. Ibid. Nr. 28, 1959. » Nr.26. Tour, S.: Neue Coleophora-Arten aus Iran (Lepidoptera). Ibid. Nr. 29, 1959. „ Nr.27. Petersen, G.: Zwei neue paläarktische Tineiden aus dem Iran (Lepidoptera). Ibid. Nr. 34, 1960. »„ Nr.28. Bev-Bıenko, G. ].: New Iranian Acridoidea (Orthoptera). Ibid. Nr. 36, 1960. » Nr.29. Bey-Bıenko, G. J., und Rıcuter, W.: Acridoidea aus Iran (Orthoptera). Ibid. Nr. 37, 1960. „ Nr. 30. SEIDENsSTÜCKER, G.: Heteropteren aus Iran 1956 III; Thaumastella aradoides Horv., eine Lygaeide ohne Ovipositor (Hemipt., Heteropt.). Ibid. Nr. 38, 1960. » Nr.31. DiaAsoıa, J.: Iranische Zikaden (Homoptera, Auchenorrhyncha). Ibid. Nr. 41, 1960. » Nr.32. Boursın, Cn.: Eine neue Apamea O. aus Iranisch-Belutschistan (Lepidoptera). Ibid. Nr. 43, 1960. N 733% Laelia richteri, eine neue Lymantriide aus Iran (Lepidoptera). Ibid. Nr. 39, . 40. RICHTER, REISEBERICHT IRAN 1956 Nr. 76/13 Fassarı, M.: Arten der Gattung Bembidion Latr. aus Iran (Col., Carabidae). Ibid. Nr. 47, 1961. Jepuicka, A.: Neue Carabiden aus Iran (Col.). Ibid. Nr. 48, 1961. SCHEERPELTZ, O©.: Die von den Herren W. Rıcnter und Dr. F. ScHÄurreLE in den Jahren 1954 und 1956 in Südiran aufgefundenen Staphyliniden (Col.). Ibid. Nr. 50, 1961. Besucher, C.: Deux Pselaphides nouveaux d’Iran (Coleoptera). Ibid. Nr. 51, 1961. Danıeı, F.: Die Bombyces und Sphinges einer Lepidopteren-Ausbeute aus dem Iran. Ibid. Nr. 53, 1961. Kurt, K.: Beitrag zur Kenntnis der Tachyiini (Coleoptera, Carabidae). Ibid. Nr. 57, 1961. Ronpenporr, B. B.: Studien über südiranische Sarcophagiden (Diptera). Ibid. Nr. 58, 1961. Anschrift des Verfassers: Willi Richter, Stuttgart ©, Archivstraße 4 I 74.6643 Stuttgarter Beiträge zur Naturkunde aus dem Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart Stuttgart 24. Oktober 1961 Nr. 77 Untersuchungen über Körperproportionierung bei Cerambyx scopolii Fuessl. und Cerambyx cerdo L. (Col., Ceramb.) Von Karl Wilhelm Harde, Stuttgart Inhaltsübersicht Seite WeEnleitunge DE a SER RE EL a 1 BeNateriale Sry as a a a a rlarenle: N N ET 2 GRireneglintersuchungeneunusch, Swan IN Eee ee re 2 I. Die Proportionsunterschiede der verschiedenen Körperteile bei den $ & von Cerambyx | Gerdonund-Gerambyx2scopols nun an. ee 2 | II. Die Proportionsunterschiede der verschiedenen Körperteile bei den O2 von Cerambyx eerdogundgG@erambyzerscopoliv Ben. in. Zn a ee 6 Ill. Die Parallelität in der individuellen Variabilität verschiedener Körperteile... . . . 10 IV. Proportionsunterschiede innerhalb der Körperteile... . . . EEE RR 14 | 1. Korrelationen der einzelnen Fühlerglieder zum Gesamtfühler .. . . 2.222... 14 | A)EDienVerhältnisseiberdena gr 0 u ee 14 | DEBieMerhältnisse,beitdene or. So ee 16 2. Korrelationen der einzelnen Beinglieder zur Länge des jeweiligen ganzen Beines .. . 17 DEpNKurzep7usammentassungager an ren a ha Bar 18 A. Einleitung In zwei Studien über allometrische Proportionsverschiebungen bei Cerambyciden (Harpe 1954 und 1957)” habe ich bereits versucht, Tatsachen zusammenzutragen, die weitere Schlüsse über Fragen der innerartlichen und zwischenartlichen Formbildung zulassen. Es wird heute häufig Kritik daran geübt, daß interspezifische Befunde leicht- fertig auf intraspezifische Erscheinungen zurückgeführt werden; zum Teil sind diese Bedenken durchaus berechtigt, zumal gleichlaufenden Allometrien bei verwandten Arten zumeist zahlreiche, sich nicht entsprechende Allometrien gegenüberstehen. Andererseits sind aber gleichlautende Allometrien zu zahlreich, als daß man sie mit Zufalls- erscheinungen erklären könnte. Die weiteren Forschungen über das Problem der Morphogenese müssen einmal nach Faktoren suchen, die eine Änderung der Allometrien bewirken können, zum anderen sollte nicht versäumt werden, die gesamten Formveränderungen zu berück- ‚ sichtigen, um die Folgen von Größenunterschieden (innerartlich und zwischenartlich) gegenüber arttypischen Besonderheiten erkennen zu können. Bei meinen Unter- ; suchungen an Käfern habe ich daher besonderen Wert darauf gelegt, durch möglichst | j viele Maße einen Überblick über die Verhältnisse am Gesamtkörper zu erhalten. * K. W. Harpe, 1954: Korrelationen und Materialkompensation bei Cerambyciden. (Untersuchun- gen an Harpium mordax Deg., Harpium sycophanta Schrnk., Harpium inquisitor L. und Rhagium bifasciatum Fbr.) Z. Morph. u. Ökol. Tiere, 42, 692—718. K. W. Harope, 1957: Die Verschiedenheiten der Körperproportionierung bei Acanthocinus aedilis L. (Col., Ceramb.). Z. Morph. u. Ökol. Tiere, 46, 293—320. 2 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 77 Weiterhin erscheint es mir wichtig, gerade solche Einzelindividuen näher zu prüfen, die innerhalb ihrer Art besondere Abweichungen von der artspezifischen Proportionie- rung zeigen; denn die ermittelten Werte der einzelnen Tiere streuen zum Teil recht erheblich um die errechnete Allometriegerade. Ich halte es daher nicht für zwecklos, meine Untersuchungen an den beiden Cerambyx- Arten, Cerambyx cerdo L. und Cerambyx scopolii Fuessl., zu veröffentlichen, da über Allometrien bei Coleopteren bisher nur wenige Untersuchungen vorliegen (siehe HArpe 1957). Diese beiden nahe verwandten Arten waren für derartige Studien besonders günstig, da die eine (cerdo) grobmorphologisch als doppelt große „Ausgabe“ der kleinen (scopolii) erscheint. B. Material Zu den Untersuchungen standen mir 156 Cerambyx cerdo (79 85, 77 22) und 335 Cerambyx scopolii (172 86, 163 22) zur Verfügung. Von jedem dieser Tiere wurden gemessen: Elytrenlänge, Elytrenbreite, Thoraxlänge, Thoraxbreite, jedes Glied beider Fühler sowie Femur-, Tibia- und Tarsuslänge aller Beine (über Methodik siehe HaArpe 1954 und 1957). Die Hauptmenge der gemessenen Tiere stammt aus der Sammlung des Staatlichen Museums für Naturkunde in Stuttgart, ein Teil auch aus dem Senckenberg-Museum zu Frankfurt und der Zoologischen Staatssammlung zu München. Für die freundliche Bereitstellung des Materials danke ich Fräulein Dr. E. Franz und Herrn Dr. H. FrEUDE verbindlichst. C. Eigene Untersuchungen I. Die Proportionsunterschiede der verschiedenen Körperteile bei den ö ö von Cerambyx cerdo und Cerambyx scopolii In der Tab. 1 sind die absoluten Werte der ausgemessenen Körperabschnitte bei den Männchen der beiden untersuchten Arten zusammengestellt. Die Tabellenwerte wurden (Abb. 1) in ein doppelt logarithmisches Koordinatensystem eingetragen; dies erlaubt eine schnelle Orientierung über die Allometrien. Tabelle 1. Die absoluten Werte der ausgemessenen Körperabschnitte bei den Männchen der unter- suchten Arten (in mm). A. Cerambyx scopolii (Jeweils Durchschnitte von 14—18 Individuen, nach der Elytrenlänge geordnet.) Elytren- | Elytren- | Thorax- Thorax- Vorderbein- | Mittelbein- | Hinterbein- Fühler- länge breite länge breite länge länge länge länge eier 3 A 5 6 7 8 12,6 4,8 3,6 4,2 12,0 13,4 17,0 | 25,9 13,4 Hl 3,8 4,5 12,7 14,6 18,4 28,8 13,8 5,3 3,9 4,7 12,9 14,7 18,8 29,3 14,0 5,4 4,0 4,7 13,5 15,2 19,4 30,4 14,6 5,7 4,1 5,0 14,1 15,6 20,1 32,7 15,0 5,9 4,1 5,1 14,5 16,1 20,4 33,5 a Hg 4,2 2 14,7 16,5 20,7 34,3 lsy,z 6,0 4,2 53 14,8 16,9 21,3 34,8 16,0 6,3 4,5 5,6 15,1 17,6 22,0 36,5 16,4 6,4 4,6 5,7 15,4 17,9 22,7 38,4 17,5 6,9 5,0 6,0 16,8 19,1 24,1 41,4 Durchschnitt 14,9 9,8 4,2 Sl 14,2 16,1 20,4 33,3 1961 HARDE, KÖRPERPROPORTIONEN BEI CERAMBYX INIEw7e7a 3 B. Cerambyx cerdo (Jeweils Durchschnitte von 10 Individuen, nach der Elytrenlänge geordnet.) Elytren- | Elytren- | 'Thorax- Thorax- Vorderbein- | Mittelbein- | Hinterbein- Fühler- länge breite länge breite länge länge länge länge 1 2 3 4 5 6 7 8 23,75 9,53 6,34 8,33 PINS 27,47 32,34 598,16 26,46 10,68 7,21 9,42 26,44 30,96 36,51 66,82 28,26 11,34 7,19 10,08 28,93 34,13 39,92 74,39 29,73 12,16 UstıS) 10,57 30,07 35,18 41,19 79,47 30,78 12,43 8,06 10,65 31,09 36,31 | 42,68 83,23 31,30 12,86 8,24 11,24 31,30 36,54 42,94 84,46 Som] 13,01 8,42 11,23 32,54 37,87 44,39 88,32 33,22 13,47 8,80 NLTZaZ. 33,60 39,47 46,02 92,61 Durchschnitt 29,46 Isar 82 10,41 2 | Tan 405 | 78,43 Wie bei den meisten Cerambyciden ist die absolute Größe der Tiere bei beiden Arten recht verschieden (entsprechend den beiden vorausgegangenen Arbeiten ist auch hier wieder die Elytrenlänge als Maß für die Körpergröße gewählt worden). In den Tabellenweiten (zusammengefaßte Größengıuppen) variiert Cerambyx scopolii von 12,6 bis 17,5 mm (Differenz nahezu 5 mm). Die individuellen Größenunterschiede betrugen bei dem untersuchten Material: kleinstes Tier Elytrenlänge 11,9 mm, größtes Tier 18,8 mm (Differenz nahezu 7 mm). Wesentlich größer sind die Unterschiede bei Cerambyx cerdo: in der Tabelle 23,75 bis 33,22 mm (Differenz nahezu 9,5 mm, also fast das Doppelte wie bei scopolii), individuell 22,1 bis 34,2 mm (Differenz etwa 12 mm). Es bestehen nun zwischen den beiden Arten deutliche Unterschiede in der Ver- teilung der Größengruppen. Dies geht aus der Tabelle insofern hervor, als die jeweils unten angegebenen Durchschnittswerte bei Cerambyx scopolii etwa der mittleren Größe der einzelnen Gıuppen (Elytrenlänge 15,0 mm) entsprechen, bei Cerambyx cerdo fügt sich der Durchschnittswert aber zwischen der 3. und 4. Gıößengruppe ein (Ausnahme nur Thoraxlänge), d.h. er ist hier nach vorn, zu den kleineren Tieren hin, verschoben. Diese Erscheinung beruht darauf, daß die Verteilung der absoluten Giöße der Tiere bei Cerambyx scopolii einer regelmäßigen binominalen Normalverteilungskurve (Gauss- sche Glockenkurve) entspricht, bei Cerambyx cerdo dagegen einer „schiefen Verteilung“ (Poıssonsche Kurve), deren Gipfel bei den größeren Tieren liegt. Bei der größeren Art gibt es also mehr „Zwergmännchen“, offenbar infolge schlechter Larveneinährung. Tabelle und Abbildung zeigen, daß alle Körperteile in enger Korrelation zur Elytrenlänge stehen. Die giaphisch ermittelten Korrelationskoeffizienten sind: Cerambyx scopolii Cerambyx cerdo Elvisenbreiten ns oo nn. nen a = 1,07 AW 47,0° a = 1,07 AW 47,0° iihoraxbreiter er: a a= 1,04 AW 46,0° a= 1,04 AW 46,0° horaxlänger mins, vu... en sen. a= 0,93 AW 43,0° a = 0,93 AW 43,0° Vorderbeinlänge 0: nam. a = 1,00 AW 45,0° a = 1,00 AW 45,0° Mittelbeinlanger 2m Een. «= 1,00 AW 45,0° a = 1,00 AW 45,0° Eiinterbeinlänger Mu ee: a=1,02 AW 45,5° a= 1,02 AW 45,5° Bühlerlänee 235% a= 1,26 AW 51,5° a=1,26 AW 51,5° (AW = Anstiegswinkel der Allometriegeraden) Auffallend ist, daß die allometrische Größenzunahme der Körperteile bei beiden Arten identisch ist. Die Thoraxlänge nimmt als einziger der ausgemessenen Körper- teile negativ allometrisch zu, gıößere Tiere werden also im ganzen relativ kürzer und breiter. Die gleiche Erscheinung konnte (HArpe 1957) bei den Weibchen von Acantho- 4 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 77 cinus aedilis nachgewiesen werden, bei den Männchen dieser Art waren dagegen nur positiv allometrische Zunahmen feststellbar. Bei der Vorderbein- und Mittelbeinlänge der beiden Cerambyx-Arten liegt Isometrie vor, die Hinterbeinlänge ist leicht positiv allometrisch. Letzteres ist dann auch für die Thoraxbreite, für die Elytrenbreite und vor allen Dingen für die Fühlerlänge ersichtlich, letztere wachsen deutlich positiv allo- metrisch. 14 L E.B. 2 ou T.B 12 Ba iu RE 10 „ = " + x (90) 9 a0 Ya N (80) 8 K 4 (70) 7 ö # % a3 60 a (60) 6 & & x et (50) 5 Sc H.B. (40)4 (20) (12) 1 12 22 3 L Abb. 1. Die verschiedenen Körperteile der & $ von Cerambyx scopolü (links) und Cerambyx cerdo (rechts) als Funktion der Elytrenlänge aufgetragen. E.B. Elytrenbreite F.L. Fühlerlänge M.B. Mittelbeinlänge T.B. Thoraxbreite H.B. Hinterbeinlänge V.B. Vorderbeinlänge Abszisse: absolute Elytrenlänge in Millimeter. Ordinate: absolute Länge der Körperteile in Millimeter. Die eingeklammerten Werte gelten für Beine und Fühler. Logarithmische Koordinaten. 1961 HARDE, KÖRPERPROPORTIONEN BEI CERAMBYX Nr. 77/5 In einer ganzen Reihe von Fällen ist nachgewiesen worden, daß positive Allometrie bei den größten Varianten innerhalb einer Art nicht linear fortgesetzt wird, sondern daß solche Organe dann unter der theoretisch zu erwartenden Größe bleiben, als Bei- spiel seien die Fühler von Acanthocinus aedilis (Harpe 1957) erwähnt. Diese Erschei- nung tritt weder bei Cerambyx scopolii noch bei Cerambyx cerdo auf (siehe Abb.). Bei beiden Arten verläuft die Kurve linear bis zu den größten Tieren. Auch eine Prüfung der Einzelindividuen ergab keine Änderung der Allometrie. Bei Acanthocinus wies ich darauf hin, daß diese eigenartige Erscheinung am zwanglosesten durch Materialmangel bzw. -entzug erklärbar ist. Diese Ansicht wird durch die Befunde an den beiden Cerambyx- Arten nicht widerlegt, vielmehr war eine Bestätigung derselben zu erwarten, wenn man folgendes berücksichtigt: 1. die Fühler der Männchen beider Cerambyx-Arten sind zwar recht lang (bei scopolii etwa 2- bis 2,5mal so lang wie die Elytren, bei cerdo sogar 2,5- bis fast 3mal so lang wie die Elytren), bei den Acanthocinus-Männchen erreichen sie aber das 5fache der Elytrenlänge. 2. Das positiv allometrische Wachstum der männlichen Acanthocinus-Fühler ist erheblich stärker als das der Cerambyx- Arten (bei Acanthocinus: a — 2,48, bei Cerambyx: a = 1,26). Allein diese beiden Punkte zeigen, daß die Materialversorgung während der Aus- bildung der extrem langen Fühler bei Acanthocinus erheblich schwieriger sein muß. Die Abbildung zeigt uns noch etwas sehr deutlich: Die Werte für die Elytrenbreite, Thoraxbreite, Fühlerlänge und Hinterbeinlänge beider Cerambyx-Arten liegen auf einer Geraden (ebenso ist es bei der Thoraxlänge, die nicht mit eingezeichnet ist, da sie infolge Überlagerung der Einzelwerte das Bild verwirren würde), d.h. die Aus- bildung dieser Organe ist rein größenabhängig. Diese interspezifische Fortsetzung der Allometrien bedeutet also, daß die Proportionen der meisten Körperteile von Cerambyx cerdo schon in den Wachstumsgradienten von Cerambyx scopolii enthalten sind. Nur Vorder- und Mittelbein verhalten sich anders; der Allometriekoeffizient ist hier zwar auch bei beiden Arten der gleiche, die Allometriegeraden sind jedoch gegeneinander versetzt. Es ist vielfach darauf hingewiesen worden, daß derartige „Transpositionen“ durch „notwendige“ funktionelle Adaptationen zu erklären sind. Diese Frage möchte ich hier nicht diskutieren, weise nur darauf hin, daß solche Umkonstruktionen innerartlich, nämlich zwischen den Geschlechtern, oft erheblich stärker sind als zwischenartlich, zwischen gleichen Geschlechtern nahe verwandter Arten. Nach der Abbildung, in der die Durchschnittswerte jeweils mehrerer Individuen eingetragen sind, erscheinen die Korrelationen sehr eng, d.h. die Werte liegen nahe an den Allometriegeraden. Durch die Zusammenfassung der Werte der einzelnen Tiere wird aber die recht große individuelle Variabilität überdeckt. Zwei Beispiele für die Fühlerlängen bei beiden Arten machen diese individuellen Unterschiede deutlich: Cerambyx scopolü: Fühlerlänge 30,5 mm | J || bei 15,0 mm Elytrenlänge oder Fühlerlänge 2% n- bei 16,2 mm Elytrenlänge Die Fühlerlängendifferenzen betragen in diesen beiden Fällen bei gleicher Elytrenlänge also 5,8 bzw. 4,0 mm. 6 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 77 Cerambyx cerdo: Fühlerlänge a En bei 29,9 mm Elytrenlänge oder Pihlalzınze 0 = bei 32,2 mm Elytrenlänge Hier, bei der größeren Art, sind die Fühlerlängendifferenzen bei gleicher Elytrenlänge mit 16,1 bzw. 12,9 mm noch erheblich giößer als bei der kleineren Art scopolii. Wie bei meinen Untersuchungen an Acanthocinus aedilis zeigt sich also auch hier wieder, daß die individuelle Ausbildung der Fühlerlänge nicht nur durch die Körper- größe (bzw. Elytrenlänge) bestimmt wird. Bei den Männchen von Acanthocinus, deren Elytrenlänge eıheblich unter der von Cerambyx scopolii liegt, während die absolute Füh- lerlänge derjenigen von cerdo nahekommt, waren die individuellen Unterschiede noch erheblich gıößer, die Differenzen betrugen in Extremfällen 23,4 bzw. 25,8 mm! Bei meinen Untersuchungen an Acanthocinus aedilis ergaben sich Hinweise darauf, daß individuelle Abweichungen von der artiypischen Allometrie teilweise auf Umweltein- flüsse zurückzuführen sind. Das mir zur Verfügung stehende Cerambyx-Material erlaubte leider keine Auswertung in dieser Richtung. II. Die Proportionsunterschiede der verschiedenen Körperteile bei den ?2 von Cerambyx cerdo und Cerambyx scopolii In der Tab. 2 und in der Abb. 2 sind die absoluten Werte der ausgemessenen Körperabschnitte bei den Weibchen der beiden untersuchten Arten in gleicher Weise wie bei den Männchen dargestellt. Vergleicht man die Du:chschnittswerte miteinander, dann sieht man deutlich, daß die Weibchen etwas größer sind als die Männchen, d.h. die durchschnittliche Elytrenlänge der beiden Arten ist bei der ersteren etwas größer. Natürlich überschneiden sich die Werte stark. Bei Cerambyx scopolii ist weiterhin auch die Elytıenbreite, Thoraxlänge, Thoraxbreite und Vorderbeinlänge im Durchschnitt bei den Weibchen größer als bei den Männchen. Mittelbein- und Hinterbeinlänge differieren im Du:chschnitt nicht, allein die Fühlerlänge ist bei den Weibchen erheblich geringer als bei den Männchen. In diesem Maß erfolgt auch keine Überschneidung der einzelnen Weite und damit hat man hierin — wie allgemein bekannt — eine gute Unterscheidungsmöglichkeit der Geschlechter. Etwas andeıs verhält sich Cerambyx cerdo. Die Weibchen zeigen in ihrer Elytren- breite, Thoraxlänge und Thoraxbreite etwas höhere absolute Maße als die Männchen, dagegen sind alle Beine und die Fühler du:chschnittlich kürzer. Auch bei dieser größeren Art überschneiden sich nu: die Werte für die Fühlerlängen nicht. Die Variabilität in der Größe der weiblichen Tiere ist ähnlich wie bei den Männ- chen. Bei Cerambyx scopolii erscheint zwischen der Größengruppe der kleinsten und der größten Weibchen (Spalte 1) eine Differenz von 6 mm. Das kleinste Tier in dem mir zur Verfügung stehenden Material maß 12,5 mm, das größte 20,3 mm (Elytren- länge!). Hier betiägt also die Differenz nahezu 8 mm. Bei Cerambyx cerdo erscheint in der Tabelle eine Diffeienz von beinahe 9 mm, die individuellen Größenextreme differieren sogar um fast 14 mm (kleinstes ? mit 22,2 mm, größtes mit 35,9 mm Elytrenlänge). Beim Vergleich der Durchschnittsweite zeigt sich bei den Weibchen, daß hier beide Arten größenmäßig eine gleichmäßige Verteilung aufweisen. Eine Verschiebung des Gipfels — wie sie für die Männchen von Cerambyx cerdo deutlich war — ist für die Weibchen nicht nachweisbar. 1961 HARDE, KÖRPERPROPORTIONEN BEI CERAMBYX Nr. 77/7 Tabelle 2. Die absoluten Werte der ausgemessenen Körperabschnitte bei den Weibchen der unter- suchten Arten (in mm). A. Cerambyxscopolii (Jeweils Durchschnitte von 14—18 Individuen, nach der Elytrenlänge geordnet.) Elytren- länge (Jeweils Durchschnitte von 9—-10 Individuen, nach der Elytrenlänge geordnet.) Elytren- | Thorax- Thorax- Vorderbein- breite länge breite länge 2 ner 5 5,2 3,6 4,5 11,8 5,6 4,0 4,8 12,4 5,8 4,1 yl 13.3 6,1 4,2 5,4 13,8 6,3 4,3 5,5 14,1 6,4 4,5 DI 14,6 6,7 4,7 5,8 14,9 6,8 NZ 5,8 15,0 Aal 5,0 6,1 15,4 7,4 51 6,4 15,9 7,8 52 6,7 17,0 Durchschnitt a8 |: AB 5,7 14,4 Mittelbein- | Hinterbein- Fühler- länge länge länge 6 7 8 131 16,5 2223 14,2 Ihefeze DIR 14,9 18.9 25,1 15,2 19,4 26,0 15,3 19,7 26,4 16,1 20,4 27,5 16,6 21,0 28,1 16,8 21,1 28,1 17,6 22,4 29,5 18,0 22,9 29,8 19,0 24,1 Sl? 16,1 20,4 Dal B. Cerambyxcerdo Elytren- länge 1 26,00 29,70 30,84 31,39 31,95 32,77 33,25 34,67 31,32 | Elytren- | Thorax- Thorax- Vorderbein- | Mittelbein- breite länge breite länge länge 2 3 4 5 6 10,30- 6,90 9.12 23,03 26,10 11673 7,69 10,14 26,44 30,27 12,14 7.92 10,57 27,71 31,79 12,41 7,96 10,57 28.03 31,90 12,79 8,07 10,89 28,49 32,86 13,44 | 8,26 11,48 28.66 33,17 13,36 8,17 ar 28,73 33,03 13,77 | 8,51 11,46 30,87 35,65 Durchschnitt 12,49 | 7,94 | 10,68 27,75 | 31,85 Hinterbein- Fühler- länge länge 7 Ne 32,11 38,51 36,41 44,18 37.3 45,83 38,00 46,83 39,04 47,36 39,56 47,72 39,51 46,90 42,26 50,15 38.08 | 45.94 Die Korrelationskoeffizienten für die einzelnen ausgemessenen Körperteile bei den Weibchen sind folgende: Elytrenbreite Thoraxbreite Thoraxlänge Vorderbeinlänge Mittelbeinlänge Hinterbeinlänge Fühlerlänge . (AW = Anstiegswinkel Cerambyx 1,05 1,11 1,00 @ — (0 04, — Ole (0 a — a= 1,00 1,05 1,00 0,88 scopolii AW 46,5° AW 48,0° AW 45,0° AW 45,0° AW 46,5° AW 45,0° AW 41,5° der Allometriegeraden) Cerambyx cerdo a = 1,05 a —= 0,87 a — 0,70 a = 1,00 o— 1,05 a = 1,00 a —= 0,88 AW 46,5° AW 41,0° AW 35,0° AW 45,0° AW 46,5° AW 45,0° AW 41,5° Aus dieser Zusammenstellung ist ersichtlich, daß die Allometrieverhältnisse bei den Weibchen der beiden Arten ganz anders sind als bei den Männchen, 8 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 77 Positiv allometrisch wachsen bei den Weibchen von scopolii nur die Elytrenbreite, die Thoraxbreite und die Mittelbeinlänge. Thoraxlänge, Vorder- und Hinterbeinlänge nehmen isometrisch zu, während die Fühlerlänge sehr deutlich negativ allometrisch wächst. Die Allometriekoeffizienten der Weibchen von cerdo sind für die meisten aus- gemessenen Körperteile die gleichen wie bei scopolii, deutlich unterschiedlich verhält sich jedoch der Thorax in beiden Maßen (und das kommt auch in der Abknickung der Wert-Folgen in Abb. 2 zum Ausdruck), seine Breite und seine Länge wächst stark negativ allometrisch. 15 2 3 2 Abb. 2. Die verschiedenen Körperteile der OP von Cerambyx scopolii und Cerambyx cerdo als Funktion der Elytrenlänge aufgetragen. Erklärung: wie Abb. 1; zusätzlich: T.L. Thoraxlänge. 1961 HARDE, KÖRPERPROPORTIONEN BEI CERAMBYX Nr. 77/9 Wie aus der Abb. 2 weiterhin hervorgeht, werden bei gemeinsamer Betrachtung beider Arten die Allometrien einiger Körperteile der kleineren Art von der größeren direkt fortgesetzt. Dies gilt für die Elytrenbreite sowie für alle 3 Beinpaare. Der Allometriekoeffizient für die Fühler ist zwar der gleiche, aber die Geraden sind gegen- einander versetzt. In der Thoraxlänge und -breite ist — wie schon erwähnt — keine Übereinstimmung der Allometrien bei den Weibchen gegeben. Die Befunde an Männchen und Weibchen sind insofern recht auffallend, als in beiden Geschlechtern zwar einige Allometrien gleichmäßig fortgesetzt werden, mit Ausnahme der Elytrenbreite und der Hinterbeinlänge, aber bei anderen Organen (bei den ö ö: Thoraxbreite, Thoraxlänge und Fühlerlänge; bei den ??: Vorder- und Mittel- beinlänge). Wenn auch — wie aus der Abb. 2 hervorgeht — die Allometrien bei den Weib- chen deutlich erkennbar sind, zeigt sich doch eine gewisse Schwankung der Einzelwerte um die eingezeichneten Ällometriegeraden, und zwar noch etwas stärker als bei den Männchen, besonders bei Cerambyx cerdo. Dies ist auch auf eine individuelle Schwan- kung in den absoluten Werten der Einzeltiere bei gleicher Körpergröße (Elytrenlänge) zurückzuführen. Von jeder der beiden Arten seien dazu wieder 2 Beispiele gebracht: Cerambyx scopolii: Fühlerlänge en a bei 15,0 mm Elytrenlänge oder Fühlerlänge 5 se bei 17,2 mm Elytrenlänge Die Fühlerlängendifferenzen betragen hier also 4,2 bzw. 3,5 mm bei Tieren mit gleichlangen Elytren. Cerambyx cerdo: nee 193 nn I bei 31,3 mm Elytrenlänge oder Pilleleings er nn bei 33,1 mm Elytrenlänge Hier betragen die Differenzen 7,3 bzw. 6,7 mm. Ähnlich wie bei den Männchen sind auch bei den Weibchen der größeren Art die individuellen Differenzen größer. Allgemein sind bei den Weibchen die Differenzen aber nur etwa !/2 so groß wie bei den Männchen. Dem entspricht aber auch etwa, daß die weiblichen Fühler ebenfalls nur ungefähr !/a so groß sind wie die männlichen Fühler. Die Stärke der individuellen Differenzen richtet sich offenbar nicht so sehr nach der absoluten Größe der Tiere (Elytrenlänge), sondern vielmehr nach der absoluten Länge der Organe, in dem aufgezeigten Fall also nach der absoluten Fühlerlänge. Dies zu beweisen ist natürlich nicht ohne weiteres möglich, da es dem Zufall über- lassen bleibt, welche Extremwerte man von einer Größengruppe jeweils im Material vorliegen hatte. Um einen gewissen Ausgleich zu erreichen, habe ich für jedes Ge- schlecht der beiden Arten den Durchschnitt der 4 angegebenen Fühlerlängenmaße genommen und ebenso den Durchschnitt der sich daraus ergebenden Differenzen. Dann ergibt sich: Absolute Individuelle Fühlerlänge Differenz bei 20, Sımmans ee nen ed ee OD von C. scopolii 3bl6ınmer il Be AUG a Re 3d von C. scopolü 46 Ammann A TA0)mamnı. I. vn le ae OP von C. cerdo Sl. Omm ae. 145mm... wer: 35d von C. cerdo 10 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 77 Die Parallelität individueller Differenzen und absoluter Organgröße weist darauf hin, daß der Spielraum, den die Allometrie zuläßt, mitbestimmt wird von der ab- soluten Größe des Organs, wobei wieder an kompensatorische Erscheinungen zu denken ist. Die individuelle Größenfixierung des Organs dürfte recht komplexer Natur sein. Sicher erfolgt eine erbliche Festlegung der Größe des Organs bei seiner Ausbildung. Auch die Allometrien sind wohl erblich fixiert. Dieses erbliche Gefüge läßt aber noch einen gewissen Spielraum zu, so daß die schwer faßbare Material- kompensation sowie Umgebungsfaktoren (vgl. meine Acanthocinus-Arbeit) recht er- hebliche individuelle Unterschiede zustandekommen lassen können. III. Die Parallelität in der individuellen Variabilität verschiedener Körperteile Bei Acanthocinus aedilis (HArpe 1957) konnte ich nachweisen, daß in der in- dividuellen Variabilität verschiedener Körperteile eine gewisse parallellaufende, gleichgerichtete Tendenz erkennbar ist, das heißt daß Tiere, die entsprechend ihrer Elytrenlänge übermäßig lange Fühler haben, auch extrem lange Beine besitzen, In- dividuen mit relativ zu kurzen Fühlern auch „zu kurze“ Beine. In den folgenden Tabellen 3A bis 3D ist von beiden Geschlechtern beider Arten jeweils eine Gruppe von Tieren mit gleichlangen Elytren herausgegriffen worden und bei jedem Indi- viduum die prozentuelle Abweichung jedes Maßes vom Durchschnittswert angegeben. Die Anordnung erfolgte jeweils nach der Stärke der Fühlerlängenabweichung. Tabelle 3. Prozentuelle Abweichungen der Einzelwerte vom Durchschnittswert (geordnet nach Fühler- abweichung). A. Bei 29 46 von Cerambyx scopolii gleicher Elytrenlänge (Elytrenlänge = 15,1 mm). Beine Mittelbein Thorax- Thorax- länge breite Elytren- breite Vorderbein Hinterbein HARDE, KÖRPERPROPORTIONEN BEI CERAMBYX N B. Bei 11 && von Cerambyx cerdo gleicher Elytrenlänge (Elytrenlänge = 31,0 mm). Beine Elytren- Thorax- Thorax- Mittelbein | Hinterbein breite länge breite 1 3 | 4 5 6 7 138 neh Hr 1,38 rl — 0,21 1625 — 3,89 — 3,68 11 + 1,98 ? + 5,86 + 4,81 — 22 + 4,62 — 10 170 1201626 + 1,86 + 2,01 —.( + 3,45 + 7.05 17 0,22 135 Ze 1lsılal + 0,74 + 1,04 F 0,73 0547, — 1,46 5.03 187 20:85 + 0,74 — 0,05 — 0,56 ir Oel — 0,24 — 104118 188 + 0,67 + 0,74 + 0,08 + 0,14 —. 2,2 — 0,24 N) 142 + 0,43 ar el —. 1,70 — 0,21 + 3,45 — 1,46 116,22. 186 — 1,00 Ar su — 2,94 — 9 ar. 1.68) 1.0597 10073 139 — 1,36 — 1,67 — 005 — 02 OB — 2,67 — 2.02 17 — 291 — 1,51 (il) — 0,09 — AR) — 1,46 5168 176 — 9,32 — 5,20 — 3,08 — 2,43 +0,31 — 1,46 71465 C. Bei 22 99? von Cerambyx scopolii gleicher Elytrenlänge (Elytrenlänge = 17,1 mm). 7; Elytren- Thorax- Thorax- u Vorderbein | Mittelbein | Hinterbein breite länge breite 3 4 5 6 7 39 + 6,9 + 0,9 ara + 2,9 + 0,9 + 3,6 0 74 + 4,6 + 0,3 ar 1168) ? — al — 2,8 Sp If 153 343 + 0,6 Ar all + 1,9 17 3,9 + 3,6 er lsd 143 Zr LS) — 0,4 — 0,8 + 0,5 + 2,4 Ar 36) Ar 0%) 102 152310) + 0,3 —— 1loıl 0 + 0,9 + 3,6 0 157 + 2,8 + 1,6 rc 42 ea + 2,4 ar — 1 63 + 1,8 Ar lo) 212358 ar + 2,4 — 0,6 0 123 + 1,4 — 0,4 —.(8) Aral — 0,6 Ar 31.8) Ar od 97 kl 0 — „aß — 1,2 — 0,6 ——= 0:6 Ar od 24 + 0,9 — 0,4 —— (WS) — 2,8 ZIERDRA. + 3,6 278,8) 137 + 0,4 0 —0,2 2 — 0,6 — 0,6 Tl 117 0 + 0,6 + 3,0 7 048) — 2, — 238 — All 75 — (7 11013 + 0,7 0) + 0,9 — 49 0 69 il Sl — 2 — Al — 5,0 — 7,0 0 es Es ? +18 ? ae 2 |, 116 — 1,8 +.0,3 —2,9 0 + 0,9 + 3,6 — ld 136 —-&4) + 0,3 + 0,9 —, (7 — al + 3,6 Sr. 1a 107 —_gal 0 ll + 0,9 — + 3,6 0 78 — AS — nA — 2,0 hl + 0,9 —0,6 = 85) 18 —58 + 0,6 + 2,4 15 2,9 + 2,4 — 2,8 Sl, 29 6,0 X —ıg0) —.2,0) + 0,9 + 3,6 11,7 28 09 0 8,8) — 4,8 — 80) — 7,0 —, Elytren- Thorax- Thorax- Nr Vorderbein | Mittelbein Hinterbein breite länge breite 2 3 4 5 6 7 19 r 27 + 3,22 + 2,62 + 2,91 + 3,92 + 2,67 — 11,1lal 20 + 4,06 + 3,04 + 5,47 + 3,70 + 0,65 + 2,67 + 3,61 134 + 0,88 + 0,51 — 0,54 0 + 0,65 — 1l1lal — 2409 115 + 0,66 — 0,22 — 1,48 — 1,09 Sl —_ illal + 0,76 140 0 — 0,76 170,78) — 0,96 — 1,80 + 0,13 + 2,66 2 — 022 + 0,69 + 3,41 + 3,70 — 1,80 Sr Ad —2409 119 — 0,88 — 0,58 — 1,81 — 1,22 + 0,65 + 0,13 + 0,76 30 — AR) — Syllil — 4,65 —4,95 + 0,65 Ar eh) — ıl1lal 116 HT 0 — 1,64 — 0,69 + 0,65 + 0,13 + 1,71 206 —5:26 — sr li DU, — 1,36 — 67 a alke} — 3,04 12 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 77 Diese Tabellen lassen erkennen, daß im allgemeinen bei positiver Abweichung der Fühlermaße eine ebensolche bei allen 3 Beinpaaren auftritt und bei negativer Füh- lervariation die Abweichungen der Extremitäten ebenfalls negativ sind (Spalte 1-4). Bei den Einzelindividuen herrscht zwar keine völlige Parallelität, aber auch bei den beiden hier untersuchten Cerambyx-Arten läßt sich — wie bei Acanthocinus (HARDE 1957) — als Regel ansehen, daß bei Beinen und Antennen eine gleichgerichtete indi- viduelle Variabilität vorliegt. Abweichungen von dieser Regel sind bei den Weibchen von Cerambyx scopolii am größten. Entsprechend meinen Befunden an Acanthocinus (HArpe 1957) folgen auch bei den Cerambyx-Aıten die Elytrenbreite, die Thoraxlänge und die Thoraxbreite dieser Regel anscheinend nicht. Es muß aber auch hier wieder darauf hingewiesen werden, daß diese Maße absolut verhältnismäßig klein sind, relativ wenig variieren und daß sich Meßfehler dadurch besonders staık auswirken. Um derartige störende Einflüsse auf das allgemeine Gesamtbild möglichst zu mindern, faßte ich jeweils mehrere Tiere zusammen und berechnete den Durchschnitt der Abweichungen. Außer den in der Tabelle 3 aufgenommenen Tieren wurden dabei noch weitere Größengruppen mit anderen Elytrenlängen herangezogen. Tabelle 4. Prozentuelle Abweichungen der Einzelwerte vom Durchschnittswert bei den Männchen jeweils gleicher Elytrenlänge. Jeder Wert: Durchschnitt von mehreren Individuen. (Geordnet nach der Fühlerabweichung.) Beine ivi- en tren- Th e Th e | Eile] va. [hau | mna | See | eo mE bein bein bein anzahl A. Cerambyx scopolii Elytrenlänge 15,1 mm 7 TE +1,38 + 3,3 + 4,4 + 3,2 Sr il Sr al 7 =r 12 — A) — — (7 — 0,8 + 0,2 — al 8 ZA + 0,4 —_ Al) + 0,8 ——_ (8 — (08) |) 7 — 59) —11 —_ al | 0 —. 9) —0,8 Elytrenlänge 14,0 mm 5 + 4,8 +20 2165 + 3,4 = 016 +01 + 0,4 6 + 0,6 = 05 — 2 105 a —Z06 — 0,4 6 —- /1.0) — (2 — (2 =) + 1,2 0 + 0,7 5 — 42 N Yv.e3 —lal 0,9 — 0,4 Elytrenlänge 16,1 mm 6 + 4,9 1 11,2 + 1,6 = il, - 12 + 2,8 25 6 + 1,8 0 2089 1 il, -+-1,7 —0,1 + 2,8 6 — 11,2 0 — (N). + 0,3 — 0,4 + 0,6 lyil 6 —a9) —_.(N)) Ya) — 4 jl Sl) — 8 — 9,2 B. Cerambyx cerdo Elytrenlänge 31,0 mm 3 1338 ar 140 Ar 82 ln: + 0,6 TEE 240 — 0,2 3 20.9 10 + 0,4 12041 — 1,0 — 0,7 —0,2 3 —.0,6 + 0,5 — 1,6 — 0,4 ar 19) —1,1 16 2 — 6,1 — 93,4 \— il — 1,3 — 2,0 — 1,5 — 1,3 Elytrenlänge 32,2 mm 3 no! + 2,4 + 2,4 I a) 10165, 2) 10,7 3 — 0,2 — 0,1 + 0,4 +0,83 —28| x —32 1961 HARDE, KÖRPERPROPORTIONEN BEI CERAMBYX Nez 18 Die Tabellen 4 und 5 zeigen nun solche Zusammenfassungen. Die Verschieden- heit in der Individuenzahl jeder Gruppe resultiert aus dem Material, das mir zu den Untersuchungen zur Verfügung stand, konnten doch zu diesen Auswertungen je- weils nur Tiere gleicher Körpergröße (Elytrenlänge) herangezogen werden. Wenn wir die Tabelle 4, aus der die Verhältnisse bei den Männchen beider Arten ersichtlich sind, genauer ansehen, so stellen wir fest, daß die Parallelität der Ab- weichungen zwischen Fühlern und allen 3 Beinpaaren sehr deutlich zum Ausdruck kommt (Spalte 1—4). Entsprechend dem Gefälle von positiver zu negativer Ab- weichung bei den Fühlern in jeder Gruppe gleicher Elytrenlänge (hiernach erfolgte ja die Anordnung), nehmen auch in den allermeisten Fällen (in 11 von 15) die Ab- weichungen der Beine ab. Unregelmäßigkeiten erscheinen bei Cerambyx scopolii, und zwar bei der Elytrenlänge von 15,1 mm: Vorder- und Hinterbein, sowie bei der Elytrenlänge von 14,0 mm ebenfalls im Vorderbein (hier sind aber nur die beiden Mittelgruppen geringfügig „vertauscht“) und im Hinterbein (hier sind die Werte der beiden letzten Gruppen „vertauscht“: — 1,5 und — 1,4). Die Abweichungen treten also nur bei der kleinen Art scopoli auf, bei der großen Art cerdo nicht. Dies und die Geringfügigkeit der Abweichungen lassen durchaus den Schluß zu, daß allgemein die individuellen Abweichungen in der Länge von Fühlern und Extremitäten parallel auftreten. Anders scheint es bei der Elytrenbreite, der Thoraxlänge und der Thoraxbreite zu sein (Spalte 5—-7). Bei der hier gegebenen Zusammenfassung jeweils mehrerer Tiere wird die parallele Tendenz der Abweichungen nur in wenigen Fällen deutlich. Dabei möchte ich aber auf folgende Punkte hinweisen: 1. Die Zahl der Tiere in jeder Gruppe ist verhältnismäßig klein. 2. Die absoluten Maße von Elytrenbreite, Thoraxlänge und Thoraxbreite der beiden Arten sind recht gering (besonders bei C. scopolii), vgl. Tab. 1. 3. Parallele Abweichungen liegen bei C. cerdo in 3 Fällen vor, bei C. scopolii nur in einem! Auf Grund dieser Punkte möchte ich die Nicht-Übereinstimmung der Parallelität in den 3 angegebenen Maßen nicht als Beweis dafür ansehen, daß in der Regel tat- sächlich keine Parallelität besteht. Die absoluten Unterschiede in diesen Maßen sind so gering, die prozentuell berechnete Differenz (schon bei 0,1 mm) dadurch so hoch, daß das wirkliche Bild durch kleinste Meßfehler verwischt werden kann. Die Tabelle 5 zeigt Zusammenstellungen in gleicher Art für die Weibchen der beiden Arten. Hier liegen die Verhältnisse prinzipiell ähnlich wie bei den Männ- chen. Besonders deutlich kommen die Parallelitäten bei Cerambyx cerdo zum Aus- druck, aber auch in den Fällen, in denen die Parallelität keine vollkommene ist, grup- pieren sich die +- und —-Abweichungen meist entsprechend der Fühlerlängen- abweichungen. In einem Fall läuft allerdings die Tendenz gerade umgekehrt: bei der Elytrenbreite von Cerambyx scopolii in der Gruppe mit einer Elytrenbreite von 16,2 mm: Fühler Elytrenbreite + 5,2 —.0,6 r 02 —.0,6 — 11,8) 0,3 Hl + 0,9 Auch dies halte ich nicht für ein Gegenargument der Regel allgemeiner par- alleler Abweichungen in den Körpermaßen, denn eine absolute Abweichung in der Elytrenbreite von nur 0,1 mm entspricht dem Prozentwert von 0,6! Ich glaube, daß es berechtigt ist, auf Grund der Untersuchungen an den beiden Cerambyx-Arten den Schluß zu ziehen, daß die parallelen individuellen Abweichungen in den Körpermaßen als Regel anzusehen sind, 14 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 77 Tabelle 5. Prozentuelle Abweichungen der Einzelwerte vom Durchschnittswert bei den Weibchen jeweils gleicher Elytrenlänge. Jeder Wert: Durchschnitt von mehreren Individuen. (Geordnet nach der Fühlerabweichung.) Beine Indivi- « : b Elytren- Thorax- Thorax- duen- nı: Vorder. Mittel: Hlinter- breite länge breite bein bein bein anzahl 2 | 3 4 | 5 6 7 A. Cerambyx scopolii Elytrenlänge 17,1 mm 5 > 4.0 + 0,3 + 0,8 3- 11,9 = 12 = 119) 2 1,4 6 1,4 + 0,4 121036 ll 0,9 + 0,8 re 6 — ill — 0,4 0 08 — 8 — 2 —.0,6 5 — 5,2 — (8 — 11.8 — ll — (1) —.0,6 —ilyel Elytrenlänge 16,2 mm 5 3 52 4 1.8 122235 20, —. (0 0 + 1,8 5 102 0 — 18 1.08 1016 hd — Na 5 — (8) —.0,8 — 0,3 — 2) —.0,3 —äl,il + 0,4 J an, = 0,8 — la — |l,il + 0,9 + 0,4 Sr l,al B. Cerambyx cerdo Elytrenlänge 31,0 mm 3 nord 12233 3 2,8 DR 37 | ar ll +01 4 — (Nil — (02 102 108 0 7 08 10,5 3 — 9,9) — 2,1 —2% — 2,9) —%8 | y — 2,0 — 0,8 Elytrenlänge 33,1 mm 3 121316 Azul Al 7 18 122166 [22166 8,8 3 —. (02 —_0,6 — 07 — (118) 0,3 — (I) —0,8 3 — — 11,7 — 1,4 —. 11,2 — 2) — (08 — 2,8) IV. Proportionsunterschiede innerhalb der Körperteile In den vorhergehenden Kapiteln wurden die Allometrien der einzelnen Körper- teile zur Körpergröße behandelt. Es fragte sich nun, inwieweit innerhalb der Organe noch Proportionsverschiebungen nachweisbar sind, das heißt ob die einzelnen Füh- lerglieder und die Beinglieder in verschiedenem Maße an der Gesamtvergrößerung des Organs beteiligt sind. 1. Korrelationen der einzelnen Fühlerglieder zum Gesamtfühler Männchen und Weibchen der beiden Arten müssen hier wieder getrennt bespro- chen werden, da sich erhebliche sexuelle Differenzen bemerkbar machen. a) Die Verhältnisse bei den Männchen In der Tabelle 6 sind — nach der Gesamtfühlerlänge geordnet — die absoluten Längen der einzelnen Glieder zusammengestellt. Außerdem ist unter der Tabelle jeweils die prozentuale Längenzunahme jedes Gliedes — bezogen auf das entspre- chende Glied beim kürzesten Fühler als Ausgangsgröße — angegeben. Letzterer Wert zeigt, daß die einzelnen Glieder nicht gleichmäßig an der Fühler- längenzunahme beteiligt sind. Allgemein nimmt bei beiden Arten die prozentuale Längenzunahme vom 1. zum 11. Glied hin zu. (Völlig aus dem Rahmen fällt dabei das 2. Glied von Cerambyx scopoli, doch kann das seinen Grund in der absolut sehr geringen Größe haben, wodurch Meßfehler kleinsten Ausmaßes sich enoım auswir- 1961 HARDE, KÖRPERPROPORTIONEN BEI CERAMBYX Nr. 77/15 Tabelle 6. Die absoluten Längen der einzelnen Fühlerglieder bei den Männchen der untersuchten Arten (in mm). A. Cerambyx scopolii (Jeweils Durchschnitte von 12—15 Individuen, nach der Fühlerlänge geordnet.) Kühler Längen der einzelnen Fühlerglieder länge | Glied | Glied | Glied Glied Glied | Glied | Glied | Glied | Glied | Glied total | 2 4 5 6 7 8 9 10 11 28,15 | 2,05 0,35 2,01 2,69 3,33 3991.23.1920.24987 72455 10.343 ILS DES 0,37 2,25 2,03 2,69 3,40 3,010 .3.265 10.3.0952 |7.2:652 10.3575 30,25 | 2,16 0,42 2,39 2,10 2,82 3,99 3,890 17.3,384 10.3412, 27 | 3,78 SlRo2a 22421 0,40 2,40 2,18 2,94 3,73 3:982 12.3.0655 12.8:305 02:85 723487 32,70 | 2,28 0,41 2,99 2,24 3,00 3,84 2.042 79501 1037420 072:990 ASIET 33,60 | 2,39 0,42 2,61 2,33 3,07 3,96 4,1195 1073:9220.3:541 0320207220 34,50 | 2,47 0,48 2,66 2,36 3,08 3,99 4,252 1023,97. 3:66, 10.3:082 24543 35,72 | 2,60 0,49 2,77 2,43 3,22 4,10 4,3901, 4508217 3:84: 17.3.1552 ,.470 36,58 | 2,67 0,49 2,76 2,49 3,41 4,29 4,6250 24:14] 03:95 7.:3:222 02:68 37,95 | 2,75 0,52 2,79 2,50 3,33 4,38 4,81 | 4,31 | 404 3,55. | 4,98 39,32 | 2,86 0,54 2,87 2,62 3,62 4,61 4,93 | 443 | 4,12 | 3,63 | 5,10 42,55 | 2,99 0,59 3,01 At 3,80 4,89 5,26 | 4,89 | 4,62 | 4,03 | 5,75 Prozentueller Anstieg 65,8 | 49,8 | 90,5 | 46,6 | 47,9 | 649 | 644 65,4 | 66,7 | 70,9 | 84,0 | 84,8 25,65 | 1,99 0,31 2,05 | 1,87 2,30 2,97 3.185 16.2.930 9270 722190 23501 B. Cerambyx cerdo (Jeweils Durchschnitte von 10 Individuen, nach der Fühlerlänge geordnet.) Fühler- Längen der einzelnen Fühlerglieder länge | Glied | Glied Glied | Glied | Glied | Glied | Glied | Glied | Glied | Glied total 1 2 4 5 6 7 8 9 10 11 57,09 | 3,98 0,97 3,66 | 3,72 4,09 6,27 6,7.23152.6,6721..6:315 25:96 028169 64,98 | 4,47 1,06 4,11 4,12 4,61 7,18 7.69, °027.501|2 7:23110..6:86517. 10:24 12,55 | 4,94 1,15 4,44 4,71 9,20 7,87 8,91217..8,452172.8:06,|027°70)|0 141556 77,88 | 3,10 le 4,67 | 4,81 9,99 8,53 9,19| 918) 873| 8,36 | 12,49 83,02 | 5,36 1,28 4,95 5,26 6,16 9,08 9,931 029,88... 9,25, 8:8220.12:94 &4,92 | 5,32 1,28 4,95 9,16 6,03 Salz 9,99| 10,05 | 9,65 | 9,25| 14,06 88,65 | 5,57 1,36 3,06 9,33 6,18 9,64 | 10,58| 10,70| 10,16) 9,71 14,30 94,71| 5,81 1,39 5,21 9,98 6,48 10,13 | 11,26 | 11,49 | 11,02 | 10,50 | 15,86 Prozentueller Anstieg 50,0 | 58,4 | a | | ee | eye | dee | 82,5 65,9 | 460 | 43,3 | 42,3 | ken können.) Ganz besonders deutlich ist die kontinuierlich stärkere Beteiligung der Einzelglieder distalwärts, bei den letzten Gliedern. Diese zunehmend stärkere Be- teiligung an der Gesamtvergiößerung des Fühlers von proximal nach distal ist un- abhängig von der absoluten Gıiöße der einzelnen Glieder. Bei Cerambyx scopolii, und zwar bei der Gruppe mit kleinster Fühleilänge (25,65 mm), ist z.B. das 10. Glied kleiner (2,19 mm) als das 9. Glied (2,70 mm) und dieses wieder kleiner als das 8.Glied (2,93 mm). Der prozentuelle Anstieg folgt nun nicht der absoluten Größe, sondern der Reihenfolge von pioximal nach distal. Genau so ist es bei Cerambyx cerdo: Bei kleinster Fühlerlänge (57,09 mm) ist das 10. Glied 5,91 mm, das 9. Glied 6,31 mm, das 8. Glied 6,67 mm und das 7. Glied 6,72 mm, der prozentuelle Anstieg erfolgt aber umgekehrt vom 7. zum 10. Glied hin. Im Fühler ist also eine von proximal nach distal zunehmende Wachstumsintensität vorhanden, die von der absoluten Länge der Einzelglieder unabhängig ist. 16 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 77 Diese verschieden starke Beteiligung an der Gesamtvergrößerung des Fühlers kommt auch darin zum Ausdruck, daß mit zunehmender Fühlerlänge bei Cerambyx scopolii die Glieder 1—7 (2. ausgenommen) relativ weniger, die Glieder 8—11 dagegen stärker zunehmen als die Gesamtfühlerlänge. Bei Cerambyx cerdo nehmen 1.—6. Glied weniger, 7.—11. Glied stärker zu. Ähnlich waren auch meine Befunde an Acanthocinus aedilis (HArve 1957). Die ermittelten Allometriekoeffizienten der einzelnen Fühlerglieder zur Ver- größerung des Gesamtfühlers waren folgende: C. scopoliüi C. cerdo :Ghediz.. 2 0. Se 0,84 0,75 3: Glied. ea. er DS 0,78 0,74 4. Glied 0. No 0,67 0,85 Hal@liede.ni ee er: 0,90 0,97 6. Glied Ense ar ae N 0,93 0,97 1:.2Glied x, we Hr ae age 0,93 1,00 8:'Glied. a De EN RE 1,02 tl IaGlied Se lg 1,02 1,11 1O3Chedisr ee 1,19 1,19 IeGleden. 2 a ne Nee: 1,24 1,24 Diese Zusammenstellung zeigt, daß die Allometriekoeffizienten bei den beiden Arten zumeist nicht gleich sind. Nur im 10. und 11. Glied sind sie identisch, hier werden sie auch — wie man zeichnerisch leicht feststellen kann — gleichgerichtet fort- gesetzt. Dieses Ergebnis ist insofern erstaunlich, als die Allometrie der ganzen Füh- ler zur Elytrenlänge nicht nur identisch ist, sondern auch kontinuierlich durchläuft (vgl. Abb. 1). b) Die Verhältnisse bei den Weibchen Wie aus der Tabelle 7 heivorgeht, liegen die Verhältnisse bei den Weibchen ganz anders als bei den Männchen. Den stärksten prozentuellen Anstieg zeigt bei beiden Arten das 5. Fühlerglied. Unverkennbar ist dann die Tendenz (bei cerdo noch deut- Tabelle 7. Die absoluten Längen der einzelnen Fühlerglieder bei den Weibchen der untersuchten Arten (in mm). A. Cerambyxscopolii (Jeweils Durchschnitte von 11—15 Individuen, nach der Fühlerlänge geordnet.) Längen der einzelnen Fühlerglieder Fühler- länge | Glied | Glied Glied | Glied | Glied | Glied | Glied | Glied | Glied total | 1 2 5 6 9 10 11 22.20, 2.01 0,32 2,03 1,81 2,12 2,78 1,96 23102110.2,05 0,37 2,21 eg] 2,28 2,93 1,99 DAN 2A 0,38 2,32 1,99 2,49 3,06 2,08 ZOO L2277, 0,40 DRS 2,03 2,70 3,16 2,13 263221 02:23 0,39 2,49 2,03 2,64 3,22 2,31 26,70 | 2,34 0,44 2eBS 2,05 2,84 3,36 2,25 27,10 | 2,36 0,46 2,55 2,10 2,82 3,30 2,28 27,71| 2,42 0,47 2,62 DAS 2,88 3,42 DON. 28,21 | 2,58 0,49 DNÜ2. 2,118) 2,89 3,49 2,36 28,66 | 2,61 0,48 Ay 2,23 2,94 3,95 239 29,30 | 2,63 0,52 2,75 2625 2,96 3,64 2,45 302210 2,09 0,49 2,81 2,36 3,12 3,83 2,45 31,40 | 2,90 0,57 2,93 2,52 3,24 3,93 2,64 Prozentueller Anstieg 41,4 | 44,0 | 78,8 | 44,2 | 39,0 | 53,0 | 41,3 | 38,7 | 41,7 | 40,8 | 30,3 | 34,5 1961 HARDE, KÖRPERPROPORTIONEN BEI CERAMBYX Nr. 77/17 B. Cerambyxcerdo (Jeweils Durchschnitte von 9—10 Individuen, nach der Fühlerlänge geordnet.) Fühler- Längen der einzelnen Fühlerglieder länge | Glied total Glied 38,18 2,97 4,67 3,23 43,20 3,42 5,39 3,61 45,13 3,61 ; 5,58 3,87 46,44 3,67 4,11 5,90 3,85 47,11 3,82 4,15 5,93 3,83 47,79 3,88 4,23 5,92 3,87 49,10 4,11 3,82 4,42 6,11 4,14 50,53 4,49 4,03 4,59 6,24 4,10 Prozentueller Anstieg 22,30 33,3 | 16,1 | 3alsı u 357 | 39,5 | 33,6 | 32,3 | 311 32,4 | 28,2 | 26,9 licher als bei scopolii) der Abnahme des prozentuellen Anstiegs in den einzelnen Glie- dern nach distal und proximal. — Das 2.Fühlerglied fällt bei beiden Arten wieder aus dem Rahmen. 2. Korrelationen der einzelnen Beinglieder zur Länge des jeweiligen ganzen Beines Aus Platzmangel muß darauf verzichtet werden, die umfangreichen Tabellen der absoluten Längen der einzelnen Beinglieder bei den beiden untersuchten Arten zu bringen. Es ist dies auch insofern gut vertretbar, als — im Gegensatz zu den bisher behandelten Maßen — die Verhältnisse bei den 3 Beinpaaren innerhalb der Arten, zwischen den Geschlechtein und zwischen beiden Arten weitgehend übereinstimmen. Es zeigte sich zunächst, daß die einzelnen Beinglieder (Femur, Tibia und Tarsus) bei einer Längenzunahme des jeweiligen Beines nicht gleichmäßig an der Vergröße- rung beteiligt sind. Genau so wie bei Acanthocinus aedilis (HArpe 1957) nimmt die relative Länge der Tibia stärker zu als die Länge des Gesamtbeins, und zwar bei allen 3 Beinpaaren beider Geschlechter und beider Arten ohne Ausnahme. Demgegenüber ist die Beteiligung von Femur und Tarsus an einer Gesamtvergrößerung im allge- meinen relativ geringer, bezogen auf die Gesamtlängenzunahme. Besonders interessant sind die Allometrieverhältnisse der einzelnen Beinglieder zum jeweiligen ganzen Bein. Als Beispiel sei die Tibia bei den Männchen heraus- gegriffen. In der Abb. 3 ist doppelt logarithmisch die Länge der Tibien (Ordinate) zur Länge des jeweiligen ganzen Beines (Abszisse) eingetragen. Die verschiedenen Zeichen be- treffen die Tibienlängen von Vorder-, Mittel- und Hinterbein der Cerambyx scopolü dd sowie der Cerambyx cerdo 33. Alle diese Werte (jeder entspricht dem Durch- schnitt von 10—13 Tieren bei C. scopolii und von 7 Tieren bei C. cerdo) liegen ein- deutig auf einer einheitlichen Geraden. Würden die entsprechenden Werte, die für die Weibchen beider Arten ermittelt wurden, ebenfalls eingezeichnet sein, wäre er- sichtlich, daß auch sie sich genau an diese Gerade halten. (Technisch war diese Ein- tragung nicht möglich, da das Bild dann infolge der verschiedenen Zeichen und des engen Zusammenliegens zu verwirrend geworden wäre.) Dieser Befund ist sehr interessant, zeigt er doch, daß die Längenzunahme der Tibia — unabhängig von Geschlecht, von der Art und vom Beinpaar — allein nach der Länge des Gesamtbeins erfolgt. Genau so liegen die Verhältnisse bei Femur und Tarsus, nur daß bei diesen beiden Beingliedern der Allometriekoeffizient niedriger ist, 18 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 77 das heißt der Winkel der die einzelnen Werte in einer graphischen Darstellung ver- bindenden Geraden ist kleiner. Dies Ergebnis — gerade bei den Extremitäten — deutet sehr stark auf funktionelle Einflüsse hin. mm 16 14 12 15 20 o = Tibia des Vorderbeins von C. scopolii a = Tibia des Mittelbeins von C. scopolii e -- Tibia des Hinterbeins von C. scopolüi + = Tibia des Vorderbeins von C. cerdo x = Tibia des Mittelbeins von C. cerdo X == Tibia des Hinterbeins von Ü. cerdo Abb. 3. Die Länge der Tibien bei den $ $ von Cerambyx scopolii und Cerambyx cerdo als Funktion der jeweiligen Länge des ganzen Beines aufgetragen. Abszisse: absolute Beinlänge; Ordinate: absolute Tibialänge. Logarithmische Koordinaten. D. Kurze Zusammenfassung Eine eingehende Diskussion der einzelnen Ergebnisse soll im Rahmen dieser Arbeit noch nicht gebracht werden. Sie ist einer zusammenfassenden Darstellung vorbehalten, in der auch verwandte große Arten von Cerambyx wie carinatus, dux, miles, nodu- losus, velutinus berücksichtigt werden sollten. Das notwendige umfangreiche Material konnte bisher noch nicht beschafft werden. 1961 HARDE, KÖRPERPROPORTIONEN BEI CERAMBYX Nr. 77/19 Zusammenfassend möchte ich aber die wichtigsten Ergebnisse noch einmal kurz zusammenstellen: Die generellen Verschiedenheiten in den Proportionen zwischen Körper und Organen entsprechen der absoluten Größe der Tiere und sind durch unterschiedliche Wachstumsallometrien bedingt. Innerartlich sind diese Allometrien zwischen den Ge- schlechtern beider Arten erheblich verschieden. Demgegenüber zeigt ein zwischen- artlicher Vergleich bei gleichem Geschlecht größere Übereinstimmungen. Im männ- lichen Geschlecht ist dies besonders eindrucksvoll, denn alle Allometriekoeffizienten der größeren Art cerdo entsprechen denen der kleineren Art scopoli; ja, in den mei- sten Fällen wird die Allometrie entsprechend der Größe unmittelbar fortgesetzt. Dies gilt auch weitgehend für die Weibchen, allerdings macht hier der Thorax in beiden Maßen (Länge und Breite) eine Ausnahme, denn hierin sind die Koeffizienten bei den beiden Arten verschieden. Hinsichtlich der Körpermaße sind also die Männchen von C. cerdo nahezu nur „vergrößerte Cerambyx scopolii-Männchen“. Bei den Weib- chen machen sich dagegen artliche Sonderheiten stärker bemerkbar. Die allgemein gültigen Allometrien schließen beträchtliche individuelle Abwei- chungen nicht aus. Diese zeigen aber insofern eine Regelhaftigkeit, als sie parallel verlaufen, das heißt Tiere, die ihrer Allometrie nach zu lange Fühler haben, sind auch in den anderen Maßen relativ groß — Tiere mit relativ zu kurzen Fühlern zeigen auch in den anderen Körpermaßen „zu niedrige“ Werte. Es liegt also offen- bar eine Koppelung vor, deren Ursache zu ergründen wäre. Die untersuchten allometrischen Verhältnisse innerhalb der Körperteile (die ein- zelnen Fühler- und Beinglieder) ergaben ebenfalls eindeutige größenabhängige Allo- metrien. Hinsichtlich der Fühler erscheint es wieder von besonderer Bedeutung, daß die Allometrien zwischen den Geschlechtern einer Art erheblich mehr differieren als die interspezifischen Unterschiede bei gleichem Geschlecht. Bei der Untersuchung der Beinglieder konnte ein besonders extremer Fall gleich- gerichteter Allometrien nachgewiesen werden. Femur, Tibia und Tarsus zeigen jeweils zwar andere Allometrien (Tibia positive, Femur und Tarsus negative), erstaunlich ist aber, daß diese Allometrien jedes Gliedes ausschließlich von der Größe des Beines abhängig sind; weder die Lage des Beines am Körper (Vorder-, Mittel- oder Hinter- bein) ‚noch das Geschlecht (3 oder $), noch die Artzugehörigkeit (cerdo oder scopolii) haben einen verändernden Einfluß. Anschrift des Verfassers: Dr. Karl Wilhelm Harde, Stuttgart ©, Archivstraße 4 a x Par LUEn: NET N LvcY3 747 Stuttgarter Beiträge zur Naturkunde aus dem Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart Stuttgart 24. Oktober 1961 Nr. 78 Die Bedeutung der pleistozänen Säugetier-Faunen Mitteleuropas für die Geschichte des Eiszeitalters Von Karl Dietrich Adam, Stuttgart Mit 17 Abbildungen und 6 Tabellen im Text Inhalt 7 c, = # Seite VORWERL ee E | AN. DD N. 1 Teil IV (Abb. 1—7, Ta, 1) A EN Eee Pa. jE 1 INladnseksaı nu EN an Na RE RE EEE IE BR lee © VERA NA IR 19 Nachweisen (Abpsl- iz auTabail or RG N Fu Wal ER 31 Sehuittume QIeslSVr Anm) 0 en. ee er Nr 31 NIE KUND Se I N Be Ne ee ME 19 ke\ertioder Unwert: quartärer. Säugetier-Raunen 0.0 en 19 2. Zur Gliederung des Pleistozäns und über den Begriff der Eiszeit . . 2 2 22 2 2 2 20. 20 3. Archidiskodon meridionalis im älteren Quartär der Schwäbischen Alb. (Abb. IN) ee au 4. Zur artlichen Bestimmung der Nashorn-Funde aus dem Villafranchiano von Tegelen bei VENOBENDBERIID Re re N N RT RE 23 5. Ein vermeintlicher Waldelefant aus den altpleistozänen Kiesen von Süßenborn bei Weimar. Als, TA a a Be a Rs a 24 6. Das Vorkommen von Hippopotamus amphibius antiquus im Altpleistozän Südwestdeutsch- Narcl, (All) See er er ER ae BI Re 2 25 7. Über altpleistozäne Raubtiere und das Ausdauern der Säbelzahnkatze im Quartär Mitteleuropas. (al; eG); as Ti ee Re Ba a ale 26 8. Zum Faunen- und Florenwechsel im Pleistozän von Steinheim an der Murr. (Abb. 17) . . . 30 Vorwort Trotz der gewaltigen Fund- und Wissensmehrung in den letzten Jahrzehnten wird den pleistozänen Säugetieren als Urkunden aus der jüngsten Erdvergangenheit viel- fach nur geringer Wert zugemessen (Anm. 1). Daß solche weit verbreitete Skepsis gegenüber der Aussagekraft der Säugetier-Faunen des Eiszeitalters nicht berechtigt ist, ihnen vielmehr als lebensgeschichtliche Dokumente hervorragende Bedeutung für die erdgeschichtliche Analyse des Pleistozäns zueignet, soll unter tunlicher Beschrän- kung auf Mitteleuropa dargelegt werden (Anm. 2). I. Vorangestellt seien die Elefanten; denn diese haben — wie schon die Masto- donten im jüngeren Tertiäir — auf Grund ihrer weiten Verbreitung und ihres raschen Formenwandels als die Leitfossilien der kontinentalen Pleistozänablagerungen zu gelten. Forschungsgrundlage bildet das Backenzahngebiß, und so ist die resultierende Stammesgeschichte der Elefanten letzthin Molarenphylogenie, gegründet auf gedank- lichem Durchdringen der morphologischen Erfunde an den Backenzähnen der ein- zelnen Arten unter Berücksichtigung ihrer relativen Zeitstellung. Dabei konzentriert sich die Forschung vor allem auf die letzten Molaren, die erst in fortgeschrittenem Alter der Einzelindividuen zur Ausbildung und zum Durchbruch gelangen; denn sie 2 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 78 Abb. 1a (links). Archidiskodon meridionalis aus dem Ältestpleistozän von Antimachia auf Kos (Samm- lung Stuttgart). Hinterwand der neunten Lamelle eines M3 max. (2/3). Lamellenbreite (maximal) 99,0 mm. Abb. 1b (rechts). Palaeoloxodon antiguus aus dem Mittelpleistozän von Steinheim an der Murr (Samm- lung Stuttgart). Hinterwand der dreizehnten Lamelle eines M3 max. (2/3). Lamellenbreite (maximal) 82,5 mm. vermögen weitestgehenden Aufschluß über die phylogenetische Position ihrer Träger zu geben. Diese letzten Molaren sind, wie auch ihre Vorgänger, aus einer mehr oder minder großen Zahl hintereinander stehender, nur an der Basis miteinander verbun- dener Schmelzbüchsen oder Lamellen zusammengesetzt, die von Dentin erfüllt werden, während sich in die Quertäler Zement einlagert und so allmählich die geschlossene Zahneinheit entsteht. Deren Dimensionen, insbesondere die Kronenlänge verglichen mit der Lamellenzahl, noch mehr aber die Formgebung der Einzellamellen, ermög- lichen artliche Bestimmung (Abb. 1—2). Darüber hinaus gestattet reichste Dokumen- tation — allein in den Museen Mitteleuropas ruhen mehrere tausend Molaren — nicht nur die Variationsbreiten der einzelnen Arten zu ermitteln, sondern auch dem all- mählichen Formenwandel nachzuspüren. Ausgehend von dem primitiven, entfaltungsfähigen Archidiskodon meridionalis des Villafranchiano stellen zwei Stammlinien den Elefanten-Bestand Mitteleuropas: die Steppenelefanten mit Mammonteus trogontherii und Mammonteus primigenius sowie die Waldelefanten mit Palaeoloxodon antiquus (Tab. 1). Während sich letzterer 1961 ADAM, PLEISTOZÄNE SÄUGETIER-FAUNEN Nr. 78/3 » hi | 1 { Abb. 2a (links). Mammonteus trogontherii aus dem Altpleistozän von Süßenborn in Thüringen (Samm- lung Stuttgart). Hinterwand der sechsten Lamelle eines M3 max. (2/3). Lamellenbreite (maximal) 93,5 mm. Abb. 2b (rechts). Mammonteus primigenius aus dem jüngeren Pleistozän von Stuttgart-Hofen (Samm- lung Stuttgart). Hinterwand der achten Lamelle eines M3 max. (2/3). Lamellenbreite (maximal) 91,5 mm. im Ablauf des Eiszeitalters mit Ausnahme einer Körpergrößenzunahme und Defensen- verstärkung nur wenig abändert, zeigen die Steppenelefanten im selben Zeitabschnitt tiefgreifende Umbildung. Solcher am Skelet und besonders augenfällig am Backen- zahngebiß erfaßbare Wandel gibt Hinweis auf entsprechende Änderung der Lebens- prozesse, ermöglicht letzthin eine physiologische Deutung des Entwicklungsablaufs. Der rasche morphologische Fortschritt in der Steppenelefanten-Reihe erscheint somit als Ergebnis weitgehender physiologischer Umstellung und zugleich als Ausdruck der korrelaten Umweltänderung. Dementsprechend weist die nur geringe Evolution in der Waldelefanten-Reihe auf mehr oder minder konstante Umweltbedingungen während der Lebenszeit dieser Art hin. Palaeoloxodon antiquus verharrte gleichsam in seinem Biotop, ausgedehnten Waldungen warm-gemäßigter Klimabereiche, und so kenn- zeichnen seine Reste die Ablagerungen der großen Waldzeiten im Pleistozän Mittel- europas, dort die Dokumentation der Steppenelefanten jeweils unterbrechend oder zurückdrängend. Solch wechselweises Auftreten der beiden Elefanten-Gruppen — Ergebnis weit- reichender Wanderungen im Gefolge klimaerzwungener Florenverschiebungen — er- möglicht eine erste Gliederung des mitteleuropäischen Pleistozäns in Waldelefanten- und Steppenelefanten- Zeiten, wobei letztere gemeinhin mit den Eiszeiten gleichge- 4 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 78 Mariinmes Küma IT Yonkimeniales Klıma geringe fögliche und jährliche ausgeprägte tägliche und jährliche Temperaturschwankungen .Temperaturschwankungen £. maximus R ne TREE E.primigenius E. hysudrindieus En E.antigquus £.trogontherii E.hysudricus \ a Zeitablauf > = 5 SL maximale — au E.meridionalis Evolution ee — E.planifrons Umweltänderung Nana non ern steppenformen mit einem zur Aufarbeitung faserarmer und miteinem zur Aufarbeitung faserreicher und saftreicher Nahrung geeigneten Backenzahngebiß saftarmer Nahrung geeignetenBackenzahngebiß Steppenanpassung des Backenzahngebisses (rei. Vergrößerung der Molarenlänge, derMclarenbreite undder Molarenhöhe/abs. Vermehrung der Lamellenzahl ) Wo eo eh NEO ONE mit vorherrschend chemischer mit vorherrschend physikolischer Wärmeregulation und geringer Warmeregulation und ousgeprägter Oberflächenisolation Oberflächenisolation Kälteanpassung des Gesamforganısmus (rel. Verkleinerung der Ohren, der Schwonzlönge und’ der Ex- tremitötenlönge / rel. Vergrößerung der Haarlänge und der Wollhaarzahl [ rel.Verstärkung des Unterhauffellgewebes und begrenzter periodischer Feltstapelung ) * im indischen Raum in mehreren Rassen auftretend *%* aus sibirischen Bodeneisfunden Weichteilorgonisation bekannt Tabelle 1. setzt oder doch diesen zugeordnet werden (Anm. 3). Dies ist berechtigt im jüngeren Pleistozän, wo in Mammonteus primigenius eine an glaziale Klimaverhältnisse an- gepaßte Foım vorliegt, wie besonders eindrucksvoll die Befunde an den Kadavern Sibiriens demonstrieren. Ganz allgemein aber die Steppenelefanten insgesamt als Kaltzeitindikatoren den Waldelefanten als Formen gemäßigten — interglazialen — Klimas gegenüberzustellen, ist keineswegs angängig; denn bei diesem vielfach ge- übten Verfahren wird ein wichtiger, ja ausschlaggebender Punkt übersehen: der Übergang vom ältestpleistozänen Archidiskodon meridionalis warm-gemäßigter Klima- bereiche zur Glazialform des Mammonteus primigenius geht nach Ausweis der ver- 1961 ADAM, PLEISTOZÄNE SÄUGETIER-FAUNEN Nr. 78/5 Gliederung | Waldelefanten-Gruppe \Steppenelefanfen-Gruppe Holozan Würm-/Weichsel- | primigenius- Mitteleuropäische Jung - Eiszeit | Typusformen Mammute PleistozönTaubacher | Taubacher antiquus - Waldzeit ı Waldelefanten Spätformen Riß-Saale - : prim.- Frog.- Steinheimer Mittfel- Eiszeit | c Übergangsf. Steppenelefanten Pleisfozünsteinheimer | Steinheimer antiquus - Waldzeit Il Waldelefanten Typusformen Mindel -/Eister - | : trog.- prim.- Mosbacher Eiszeit 5 Übergangsf. Steppenelefanten Jüngere Steppenzeit trogontherii- Mosbacher Typusformen Steppenelefanten Mauerer Mouerer ontiguus - Waldzeit Waldelefarıten Frühformen Pleistozän Frog.- mer.- Jockgrimer 6 Übergangsf. Steppenelefanten Altere Steppenzeit mer.-trog.- Aalener Übergangst: Südelefanten Ältest -- Villa - a re meridjonalis- Pleistozän franchiano Stammformen ——— im betr. Zeitabschnitt in Mitteleuropa stark vertreten. ----- im betr. Zeitabschnitt in Mitteleuropa schwach vertreten. RE im betr. Zeitabschnitt in Mitteleuropa nicht vertreten. Tabelle 2. gleichend-anatomischen Untersuchung gewissermaßen schrittweise vor sich. Ein erster Schritt ist verwirklicht durch die ökologische Bindung an die Steppe als Lebensraum: Mammonteus trogontherii des Altpleistozäns. Ein zweiter Schritt liegt vor in der klimatischen Eignung für das Leben während der Kaltzeit: Mammonteus primigenius des Mittel- und Jungpleistozäns. Daß dem so ist, folgert allein schon aus der teil- weisen Vergesellschaftung von altpleistozänen Steppen- und Waldelefanten, wie z.B. in der Mittleren Stufe der Mosbacher Sande. Hier ist lediglich eine ökologische Dif- 6 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 78 ferenzierung in die Biotope Steppe und Wald gegeben. Erst mit der Elster-Eiszeit beginnt sich dann bei den Steppenelefanten eine Kälteanpassung abzuzeichnen, die späterhin gesteigert wird und zu einer scharfen Trennung der Vertreter beider Stamm- linien hinsichtlich ihres zeitlich-örtlichen Auftretens führt. Für die Gliederung des Eiszeitalters ergibt sich somit außer dem allbekannten Wechsel von glazialen Mammut-Faunen und interglazialen Waldelefanten-Faunen vom Typus Steinheim — Mittelpleistozän — und Taubach — Jungpleistozän — eine durch Mammonteus trogontherii charakterisierte altpleistozäne, prä-Elster-glaziale Steppenzeit. Diese wird in Südwestdeutschland durch Zwischenschaltung einer Wald- elefanten-Fauna ferner unterteilt in die Jüngere Steppenzeit (z.B. Mittlere Stufe der Sande von Mosbach), zwischengeschaltete Waldzeit (z.B. Waldelefanten-Sande von Mauer), Ältere Steppenzeit (z. B. Untere Stufe der Sande von Mosbach), wobei die Gegenüberstellung von Steppe und Wald selbstredend nur als Schema — Herausstellen des jeweils Typischen — zu werten ist (Tab. 2). 1. Ist derart eine Großgliederung des Pleistozäns durch die Elefanten möglich, so gilt es nun, mittels weiterer Faunenglieder das gewonnene Ergebnis zu stützen und im einzelnen auszubauen. Dabei können selbst Formen eine gewichtige Rolle spielen, deren Phylogenie noch keineswegs abgeklärt ist, wie beispielsweise die dicerorhinen Nashörner. Diese stellen in Dicerorhinus etruscus ein weit verbreitetes Faunenelement des Villafranchiano, doch tritt die nämliche Art in nur geringer Fortentwicklung auch noch im Altpleistozän auf, und zwar gleichermaßen in Steppenelefanten- wie Wald- elefanten-Faunen. Erst in der Jüngeren Steppenzeit findet sie ihr Ende, zugleich aber in Dicerorhinus kirchbergensis eine Folgeform, die späterhin als Begleiter von Palaeo- loxodon antiquus die Steinheimer wie die Taubacher Waldzeit kennzeichnet (Anm. 4). Unbeschadet der noch strittigen stammesgeschichtlichen Stellung beider Arten kann aus deren Zusammenvorkommen in der Jüngeren Steppenzeit, z.B. in der Mitt- leren Stufe der Mosbacher Sande, auf ihren mehr oder minder übereinstimmenden Klimacharakter geschlossen werden. Daß dieser kein glazialer war, bezeugen allein schon das reichliche Vorkommen von Dicerorhinus etruscus während der Mauerer Waldzeit, wie die ausschließliche Bindung des Dicerorhinus kirchbergensis an die Interglaziale des späteren Pleistozäns — Befunde, die es berechtigt erscheinen lassen, diese Arten als Waldnashörner anzusprechen. Darüber hinaus erlaubt ihre altpleisto- zäne Vergesellschaftung mit Steppen- wie Waldelefanten die Umweltansprüche ge- nauer zu fassen. Denn der Wechsel in der Elefanten-Sukzession einerseits, die Kon- tinuität in der Nashoın-Dokumentation des frühen Pleistozäns andererseits, ist wohl nur dadurch zu erklären, daß die Elefanten als weitstreifendes, große Lebensräume benötigendes Wild auf die klimatisch bedingten regionalen Florenänderungen not- wendigerweise viel empfindlicher reagieren mußten als die mehr standortstreuen Nas- hörner, die in den auch während der altpleistozänen Steppenzeiten fortbestehenden Auewäldern zusagende Äsungs- und Lebensbedingungen gefunden haben. Es liegt fer- ner nahe, das Fehlen spezialisierter Steppenformen unter den frühpleistozänen Nas- hörnern dahingehend auszuwerten, daß diese weniger ausschließlich an Waldbiotope gebunden waren als die Waldelefanten, also gleichsam noch keine Notwendigkeit be- stand, in den Lebensraum Steppe eine Sonderform zu entlassen. Der zeitlich-räum- liche Wandel von Wald und Steppe allein hat demnach nicht zur Ausgliederung einer Steppenform aus dem dicerorhinen Hauptstamm geführt; dies vermochte erst die Klimaverschärfung im ausgehenden Altpleistozän mit ihren mannigfachen Einwir- Nr. 78/7 UIOYSDUINDWISIg wnwiıs __—_ UJOYSDUN)9F Ssıoyınbijup Snurmysoysi] mug tıen wWNIJ34YJ0)049) a ne uJoyspunpwzyıdg SWOAg____ sag a er IL. 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Dicerorhinus etruscus aus dem Altpleistozän von Süßenborn in Thüringen (Sammlung Stuttgart). Außen- wand der gering angekauten Krone eines M3 max. (1/1). Kronenlänge (basal) 52,0 mm. Abb. 3b (oben). Dicerorhinus kirchbergensis aus dem Mittel- pleistozän von Kirchberg an der Jagst (Sammlung Stuttgart). Außenwand der gering angekauten Krone eines M3 max. (1/1). Kronenlänge (basal) 65,5 mm. kungen auf das biologische Geschehen. So finden sich denn hier, in der Vor- oder Frühphase der Elster-Eiszeit, erste Reste einer dritten dicerorhinen Nashorn-Art, die dann im Mittel- und Jungpleistozän in reicherer und besserer Dokumentation sich als typische Steppenform ausweist: Dicerorhinus hemitoechus. Solche Aussage wird insbesondere durch eine Analyse des Schädelbaus ermög- licht; denn F. Zeuner (1935) konnte in einer methodisch wertvollen Studie enge Be- ziehungen zwischen Schädelform, Kopfhaltung und Nahrungsaufnahme bei den rezen- ten Nashörnern aufdecken und so gerüstet aus den Schädeln fossiler Arten deren einstige Lebensweise erschließen (Tab. 3). Dicerorhinus etruscus und Dicerorhinus kirchbergensis sind demzufolge nur wenig spezialisierte Formen, die ökologisch dem Diceros bicornis der afrikanischen Buschsteppe nahe stehen und sich wie dieser vor- wiegend von Laub, aber auch von Gräsern nährten. Für die pleistozänen Arten ist 1961 ADAM, PLEISTOZÄNE SÄUGETIER-FAUNEN Nr. 78/9 Abb. 4a (unten). Dicerorhinus etruscus aus dem Altpleisto- zän von Mauer an der Elsenz (Sammlung Karlsruhe). Außenwand der nicht angekauten Krone eines M3 max. (1/1). Kronenlänge (basal) 54,5 mm. Abb. 4b (oben). Dicerorhinus hemitoechus aus dem Mittel- pleistozän des Heppenlochs bei Gutenberg (Sammlung Stutt- gart). Außenwand der nicht angekauten Krone eines M3 max. (1/1). Kronenlänge (basal) 58,0 mm. zudem Beikost von Nadelhölzern — vor allem im Winter — wahrscheinlich. Die Nah- rungsaufnahme erfolgte wohl in gleicher Weise wie beim Spitzmaulnashorn: mit der Greiflippe werden Zweige und Gräser umfaßt und abgepflückt. Dem entspricht eine nur mäßig geneigte mittlere Kopfhaltung im Gegensatz zur starken Senkung des Kopfes bei der am Boden weidenden afrikanischen Steppenform, dem Breitmaulnas- horn. Dessen andersartige Lebensweise findet im Schädelbau dahingehend morpho- logisch faßbaren Ausdruck, daß der Hinterhauptskamm äußerst kräftig entwickelt und weit nach hinter verlagert, die Gaumenebene, bezogen auf die steile Foramenachse, stark nach unten geneigt ist. Ersteres weist auf intensive Zugbeanspruchung der am Hinterhauptskamm inserierenden dorsalen Halsmuskeln hin — häufiges bzw. lang andauerndes Senken des Kopfes bei der Nahrungsaufnahme —, letzteres läßt erken- nen, dal3 der Gesichtsschädel gegenüber dem Hirnschädel erheblich nach unten — 10 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 78 Abb. 5a (unten). Dicerorhinus hemitoechus aus dem Mittel- pleistozän des Heppenlochs bei Gutenberg (Sammlung Stutt- gart). Außenwand der kaum angekauten Krone eines M3 max. (1/1). Kronenlänge (basal) 61,0 mm. Abb. 5b (oben). Tichorhinus antiquitatis aus dem Jung- pleistozän des Göpfelsteins bei Veringenstadt (Sammlung Stuttgart). Außenwand der nicht angekauten Krone eines M3 max. (1/1). Kronenlänge (basal) 49,5 mm. mit dem Maul der Nahrung entgegen — hängt. Den gleichen morphologischen Tat- bestand zeigt auch Dicerorhinus hemitoechus, der folglich als eine vom unspeziali- sierten dicerorhinen Hauptstamm abgegliederte Steppenform zu gelten hat. Dafür sprechen ebenso die feststellbaren Umbildungen im Backenzahngebiß, das sich allein schon durch die fortgeschrittene Hypsodontie als für die Aufarbeitung der härteren Steppennahrung geeignet erweist. Dennoch war es Dicerorhinus hemitoechus aus phy- siologischen Gründen — Wärmehaushalt — nur bedingt möglich, in den weiten gla- zialen Steppengebieten Fuß zu fassen; sein Auftreten fällt vielmehr teilweise noch in die Interglaziale, teilweise in den Beginn der Glaziale. 1961 ADAM, PLEISTOZÄNE SÄUGETIER-FAUNEN Nr. 78/11 Er wird dann in der Saale- wie in der Weichsel-Eiszeit jeweils abgelöst von Tichorhinus antiquitatis, einem der Charaktertiere der Kaltzeiten des jüngeren Pleisto- zäns. Dieser hat eine nicht oder doch kaum bekannte, lange Entwicklung in den Step- pen Asiens hinter sich und erscheint in Europa erst in dem fertig geprägten Typ des Fell- oder Wollnashorns. Aussehen und Lebensweise von Tichorhinus antiqui- tatis sind dank reicher und günstiger Funde hinlänglich bekannt. Hier sei deshalb nur vermeikt, daß dessen Kopf — nach Ausweis der Schädelmorphologie — nicht, oder wenigstens nicht so sehr, gegen den Hals gewinkelt getragen wurde wie bei Cerato- therium simum; die durch den kräftigen, weit nach hinten ausladenden Hinterhaupts- kamm angezeigte starke Neigung des Schädels resultierte vielmehr aus einer Senkung von Kopf und Hals — hier also eine andere konstruktive Lösung der allen Step- pennashörnern eigenen Notwendigkeit, am Boden zu weiden. Diese kurzen, nur weniges aus der Fülle des Stoffes herausgreifenden Ausfüh- rungen über die pleistozänen Nashörner Mitteleuropas sollen insbesondere aufzeigen, wie wichtig neben der chronologischen Durchdringung des Fundgutes dessen öko- logische Ausdeutung, die Erforschung der Lebensweisen und Umweltbeziehungen ist (Abb. 3—5). Zugleich aber mögen sie überleiten zu den mit wachsenden Materialien auftauchenden Fragen der räumlichen Verbreitung einzelner Arten, der Umgrenzung ihrer Areale, welche die Biotope als eigentliche Lebensstätten beinhalten. So ist es sicherlich nicht zufällig, daß beispielsweise in der reichen altpleistozänen Fauna von Süßenborn Palaeoloxodon antiquus wie Dicerorhinus kirchbergensis fehlen, während diese zur nämlichen Zeit in Südwestdeutschland neben den Leitformen Mammonteus trogontherii und Dicerorhinus etruscus vertreten sind (Anm.5). I. Weiteren wertvollen Beitrag zur Frage der räumlichen Gliederung der Tierwelt des Altpleistozäns liefern die Wildpferde, die in der Mittleren Stufe der Mosbacher Sande mit Equus mosbachensis, dem ersten ausgesprochen caballinen Pferd, in den Süßenborner Kiesen mit dem zebrinen Allohippus süssenbornensis zahlreich auftre- ten. Ein solches Zusammentreffen von Verbreitungsgrenzen mehrerer Faunenglieder — Elefanten, Nashörner und Wildpferde — kann kaum anders interpretiert wer- den, als daß hier verschiedene Faunenprovinzen vorliegen. Deren Charakter genauer zu erfassen und zu kennzeichnen ist nur durch umfangreichen Vergleich möglich, der zeigt, daß gegen Osten bzw. Nordosten das Klima kontinentaler wird. Die faunisti- schen Differenzen zwischen Mosbach und Süßenborn sind folglich weniger Ausdruck zeitlicher Verschiedenheit beider Ablagerungen als vielmehr einstiger Zugehörigkeit der Lokalitäten zu gesonderten Faunenprovinzen. Solche Unterschiede bestehen aber wohl nicht nur zur Jüngeren Steppenzeit, sondern ebenso in der vorhergehenden Mauerer Waldzeit; denn es spricht manches dafür, daß in den Süßenborner Kiesen die zeitlichen Äquivalente beider vorliegen, daß aber in dem kontinentaleren Mittel- deutschland der Wald kaum die beherrschende Vegetationsfoım war, wie zeitweise im maritimeren Rheingebiet. Deshalb habe ich die von mir (1952) gegebene Unter- teilung des prä-Elster-glazialen Altpleistozäns — Ältere und Jüngere Steppenzeit sowie zwischengeschaltete Mauerer Waldzeit — bewußt auf Südwestdeutschland be- schränkt. Die klimatische Vorzugsstellung dieses Raumes wird noch unterstrichen durch das nicht seltene Vorkommen von Flußpferden, die sich hier durchgehend von der Älteren bis zur Jüngeren Steppenzeit finden (Anm. 6). Die morphologische Übereinstimmung dieser mit dem heutigen Hippopotamus amphibius berechtigt, die Lebensweise des letzteren einer Beurteilung der ersteren zu Grunde zu legen. Wie das heutige Fluß- pferd, so wird auch sein altpleistozäner Ahn sich durch Ortstreue ausgezeichnet haben; seine Wanderkraft mag gegenüber derjenigen der Elefanten, Nashörner und Wildpferde gering gewesen, seine Ausbreitung mehr oder minder linear, längs der 12 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 78 größeren Flußläufe, erfolgt sein. Vor allem aber ist bedeutsam, daß bei Hippopotamus amphibius entsprechend seiner weitgehenden Eignung für das Wasserleben nicht nur Nahrungsaufnahme und Kotabgabe teilweise im Wasser stattfinden, sondern auch Paarung, Geburt und Säugen dorthin verlegt werden. Angesichts solch enger Bindung an das Wasser — bevorzugt werden seichte Gewässer von wenig über einem Meter Tiefe —, ist ein Fortbestehen von Hippopotamus-Beständen bei dessen längerem winterlichen Zugefrieren heute wie in der Vergangenheit unmöglich. Das Auftreten der an sich wenig kälteempfindlichen Flußpferde im südwestdeutschen Altpleisto- zän bis in die Jüngere Steppenzeit hinein ist somit ein wichtiges Indiz dafür, daß in diesem Zeitabschnitt Rhein, Main und Neckar eisfrei oder höchstens nur kurzfristig vereist waren, da andernfalls die Hippopotamus-Bestände unweigerlich verdrängt oder vernichtet worden wären. IV. Es mag verlohnen, die Vertreter der vorstehend erwähnten Großsäuger-Gruppen aus den wichtigsten altpleistozänen Fundlagern Südwestdeutschlands zusammenfas- send, einen Überblick zu geben (Tab. 4). Bedeutsam ist, daß jeder der herausge- griffenen Gruppen ein durchaus eigener Geschichtsablauf zukommt, was nur in den verschiedenen Umwelten der Einzelformen Erklärung finden kann. So reagieren die Elefanten mit ihrem großen Raumbedürfnis empfindlicher auf die klimatisch be- dingten Änderungen der Vegetationsformen als die mehr standortsgebundenen Nas- hörner, deren Dokumentation sich kontinuierlich durch die Zeit fortsetzt. Ist bei Elefanten und Nashörnern dergestalt unmittelbare Abhängigkeit von der pflanzlichen Ernährungsbasis zu erkennen, so zeigen dagegen die Wildpferde eher eine solche vom jeweiligen, maritimen oder kontinentalen, Klimacharakter. Von Osten dringen in der Älteren Steppenzeit zebrine Pferde bis zum Rheinsystem vor — Goldshöfer Sande bei Aalen und Rosenstein-Schotter in Stuttgart —, während in der Mauerer Waldzeit und besonders in der Jüngeren Steppenzeit der caballine Equus mosbachensis in großer Tabelle 4. Fundlager Mosbach trogontherü” ? (Obere Stufe) Steinheim trogontherü” kirchbergensis cf. mosbachensis (Unterste Stufe) Mosbach trogontherü etruscus mosbachensis (Mittlere Stufe) (antiquus) (kirchbergensis) Heilbronn antiquus etruscus mosbachensis (Frankenbach) (trogontherüi) (kirchbergensis) Jockgrim antiquus —_ mosbachensis (Obere Stufe) Mauer antiquus etruscus mosbachensis (Grafenrain) (trogontherü) Jockgrim (meridionalis) etruscus robustus (Untere Stufe) trogontherü Mosbach meridionalis etruscus ? (Untere Stufe) trogontherü (antiguus) Stuttgart meridionalis etruscus süssenbornensis (Rosenstein) trogontherü Aalen meridionalis —# süssenbornensis (Goldshöfe) (trogontherü) (...) im betreffenden Faunenbestand nur untergeordnet auftretend. * bereits + primigenoide Merkmale im Molarenbau erkennbar. 1961 ADAM, PLEISTOZÄNE SÄUGETIER-FAUNEN Nr. 78/13 Häufigkeit auftritt, gegen Osten aber fernerhin von dem zebrinen Allohippus süssen- bornensis abgelöst wird. Bei der raum-zeitlichen Verbreitung der Flußpferde schließ- lich treten neben die klimatischen Voraussetzungen solche des Lebensraumes — flachere Gewässer — und der Wanderwege — größere Ströme —;; so findet sich Hippopotamus in den altpleistozänen Ablagerungen des Rheins, der Mündungsgebiete von Main und Neckar, nicht aber in der Neckar-aufwärts gelegenen Fauna aus den Frankenbacher Sanden bei Heilbronn. Tabelle 5. Auewald und Fundlager alliktoms Laubwald Grassteppe Mosbach angezeigt durch zurücktretend mit vorherrschend mit (Mittlere Stufe)“ Biber Waldelefant (Hamster) (Trogontherium-Biber) Wildschwein Steppenelefant Flußpferd Edelhirschen Wildpferd Waldnashörner Reh Orthogonoceros-Hirschen Breitstirnelch Waldwisent Rentier Steppenbison Altmoschusochse Wildschaf Zunahme der Steppe Mauer angezeigt durch vorherrschend mit zurücktretend mit (Grafenrain)“ Biber Waldelefant Steppenelefant Trogontherium-Biber Wildschwein Wildpferd Flußpferd Edelhirsch Steppenbison Waldnashorn Reh Breitstirnelch Waldwisent Zunahme des Waldes <= Jockgrim angezeigt durch zurücktretend mit vorherrschend mit (Untere Stufe)" Biber Edelhirsch Steppenelefant Trogontherium-Biber Reh Wildpferd Flußpferd Orthogonoceros-Hirsch Südelefant Steppenbison Waldnashorn Breitstirnelch Zunahme der Steppe nn (...) dem betreffenden Faunenbestand nicht sicher zugehörend. * nur Rodentia (z. T.) — Proboscidea — Perissodactyla — Artiodactyla angeführt. Ermöglichen schon diese wenigen Säugetier-Formen eine Stellungnahme zum Zeitablauf wie zum Wandel von Klima und Flora des südwestdeutschen Altpleisto- zäns, so wird die Sicherheit der Aussagen durch Einbeziehen weiterer Faunenglieder nicht unwesentlich erhöht (Tab. 5). Deutlich zeichnet sich dann der Wechsel von weit- flächiger Versteppung und ausgedehnter Bewaldung ab, nichts aber spricht für die vielfach postulierte wiederholte Folge von Glazialen und Interglazialen bzw. Inter- stadialen. Hier könnte allerdings der Einwand erhoben werden, daß die Faunen zu- nächst nur eine Urteilsbildung über den von ihnen jeweils umspannten Zeitabschnitt erlauben und deshalb sehr wohl mehr oder minder ausgeprägte Glaziale zwischen- gelagert sein könnten. Dagegen sprechen aber der — im Großen gesehen — ein- heitliche Charakter der Fauna des südwestdeutschen Altpleistozäns und insbesondere das Durchlaufen einiger altertümlicher Formen. Eine zwischengeschaltete Vereisung 14 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 78 hätte hier gleichermaßen faunistisch faßbare Spuren hinterlassen müssen wie die herannahende und einsetzende Elster-Eiszeit am Ende des Altpleistozäns, deren tief- greifender Einfluß auf Verbreitung und Entwicklung der Großsäuger kurz skizziert sei. Trogontherium cuvieri ist noch in der Mauerer Waldzeit nachweisbar; Hippo- potamus amphibius wird in der Jüngeren Steppenzeit verdrängt, gleichfalls, wohl etwas später, Dicerorhinus etruscus und Alces latifrons — alles Formen, die aus- sterben oder doch für immer aus dem südwestdeutschen Raum abtreten (Anm. 7). Auch Palaeoloxodon antiquus und Dicerorhinus kirchbergensis vermögen sich nicht zu halten, kehren jedoch später mit der Fauna des Elster-Saale-Interglazials zurück. Diesen ökologisch konservativen Formen, die auf die Umweltänderung durch Aus- sterben oder Abwandern reagieren, stehen die progressiven gegenüber, die sich im alten Raum zu behaupten vermögen, indem sie allmählich in glaziales Milieu hinein- wachsen. Beispiel hierfür gibt der sich im ausgehenden Altpleistozän bereits abzeich- nende Übergang von Mammonteus trogontherii zu Mammonteus primigenius. Hier- her mögen ferner die erstmals im Laufe der Jüngeren Steppenzeit auftauchenden spärlichen Vertreter der Moschusochsen und Rentiere gehören, die dann im jüngeren Pleistozän als typische Repräsentanten der kalten, glazialen Faunen weite Verbrei- tung finden. Zusammenfassend kann über die Säugetiere des südwestdeutschen Altpleistozäns gesagt werden: nach einer langen, nahezu kontinuierlichen Entwicklung findet mit dem Herannahen der Elster-Eiszeit eine erhebliche Verarmung des sich nun wandeln- den Faunenbestandes statt. Diesem faunistischen Geschehen fügt sich — soweit zu überblicken — das floristische zwanglos ein. Hingewiesen sei hier nur auf die Flora von Schwanheim am Main, die nach dem Urteil der Paläobotaniker unverkennbar ober- pliozänen oder doch zumindest ältestpleistozänen Charakter zeigt, deren Einstufung in die Mauerer Waldzeit nach den Untersuchungen von W. Wacner (1950) jedoch als gesichert gelten darf. Also auch hier ein Fortbestehen von alten Elementen, die erst durch die Elster-eiszeitliche Klimaverschlechterung ausgelöscht werden, auch hier kein Hinweis für das Vorhandensein einer unmittelbar vorangehenden sogenannten Günz- Vereisung. Was vielmehr aus der altpleistozänen Fauna und Flora Südwestdeutsch- lands erschlossen werden kann, ist lediglich ein wiederholter Wechsel des Klima- charakters. Dieser mag die zeitweise Ausbildung von mehr oder weniger ausgedehn- ten Gletschern in Fennoskandien und im Alpengebiet ermöglicht, nicht aber zu ähn- lichen Erscheinungen und Auswirkungen geführt haben, wie sie an die Begriffe einer Elster-, Saale- oder Weichsel-Vereisung geknüpft sind. V. Aber nicht nur den Wandel von Einzelfoımen wie Gesamtfaunen in Zeit und Raum aufzuhellen und auszuwerten, ist Aufgabe des Säugetier-Paläontologen, son- dern es gilt auch, den vielfältigen Fragen nachzugehen, welche die vorliegenden Totengesellschaften als Zeugen einstiger Lebensgemeinschaften aufwerfen. Beispiel- haft hierfür sei die berühmte Fossillagerstätte von Steinheim an der Murr heraus- gegriffen. Unter den reichen Säugetier-Resten aus den dortigen Kiesgruben überwiegen weit- aus Zähne (54°/o) und Knochen des Schädels (23%0); mäßig sind Knochen der Glied- maße (16°/o) vertreten, während solche des Rumpfes (7°/o) ganz zurücktreten. Das große, über Jahrzehnte aufgesammelte Material, vor allem aber die Tatsache, daß die Verteilung der Reste auf die Körperteile Schädel, Rumpf, Gliedmaße und deren Unterabschnitte unbeschadet der systematischen Stellung der Tiere im Grundsätz- lichen übereinstimmt, schließt den Zufall als Erklärung dessen aus, läßt vielmehr eine Gesetzmäßigkeit vermuten — eine Gesetzmäßigkeit, die Ergebnis der dynami- schen Vorgänge ist, denen die Tiere post mortem, zwischen Tod und Einbettung, 1961 ADAM, PLEISTOZÄNE SÄUGETIER-FAUNEN Nr. 78/15 # = Ss N . E EN s \ _ _ no a Abb. 6. Homo steinheimensis aus dem Mittelpleistozän von Steinheim an der Murr (Sammlung Stuttgart). Schädel nach der Aufdeckung mit sichtbarer Nasenöffnung und Augenhöhle unter den kräftigen Überaugenwülsten, unterworfen waren. Bei der Vereinzelung der Knochen — größere zusammengehörige Skeletpartien sind selten, und nur von drei Individuen liegen nahezu vollständige Skelete vor — ist es offensichtlich, daß die Kadaver eine Aufbereitung erfahren haben. Das fließende Wasser, an das bei einer fluviatilen Lagerstätte zunächst zu denken wäre, kann jedoch nur sehr bedingt als Aufbereitungsfaktor herangezogen werden: denn mechanische Abnutzungsspuren sind an den meisten Funden nicht nachweisbar. 16 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Abb. 7. Homo steinheimensis aus dem Mittelpleistozän von Steinheim an der Murr (Sammlung Stuttgart). Schädel nach der Freilegung mit erhaltenen Backenzähnen und Kiefergelenkgruben vor der eröffneten Schädelbasis. Zudem hätten zahlreiche Reste einen längeren Wassertransport in mazeriertem Zu- stand — also am Flußgrund zusammen mit der Gesteinsfracht schleifend und rol- lend — gar nicht überstehen können. Auch wäre bei vorwiegend fluviatiler Aufbe- reitung eine Auswahl hinsichtlich der Widerstandsfähigkeit der Skeletelemente zu 1961 ADAM, PLEISTOZÄNE SÄUGETIER-FAUNEN Nr. 78/17 erwarten, was kaum der Fall ist. Die Vereinzelung der Knochen muß folglich das Er- gebnis einer allmählichen Zerstörung der Kadaver vor ihrer Aufnahme durch die Wasser der Murr gewesen sein, und ferner können Todes- und Einbettungsort nicht weit auseinander gelegen haben, mögen bisweilen sogar zusammengefallen sein. Wei- ter erfordert die nicht seltene Erhaltung leicht zerstörbarer Knochengebilde deren rasche Überdeckung, da diese andernfalls vernichtet oder zumindest erheblich be- schädigt worden wären. Alle diese Voraussetzungen — Aufnahme der Reste in be- reits mazeriertem Zustand, kurzer Transport und rasche Sedimentation — vermögen allein Hochwässer zu erfüllen, die mit ihren mitgeführten Schuttmassen den sich tektonisch langsam senkenden Talgrund auffüllten, dabei bald von der Flut erfaßte Tiere einbetteten, bald ganze Kadaver in den mitgeführten Kiesen und Sanden be- gruben, vor allem aber die im Überschwemmungsbereich der Talaue liegenden tieri- schen Reste — Cerviden-Abwürfe, nahezu skeletierte Gerippe und bereits abgetrennte Leichenteile — an Ort und Stelle oder nach kurzer Fracht überschütteten, andere, be- sonders die am längsten zusammenhaltenden Teile der Kadaver, den Rumpf, aus dem eng begrenzten Bildungsbereich der Ablagerungen wegschwemmten und damit der Vernichtung preisgaben. Die Tierreste in den Schottern der unteren Murr sind demnach Zeugen des natür- lichen Abgangs innerhalb eines beschränkten Gebietes. Dafür spricht auch, daß unter den Boviden, Cerviden, Equiden und Rhinocerotiden Alttiere bei weitem vorherr- schen. Gleiches gilt für die Elephantiden, bei denen die prozentuale Verteilung der Einzelzähne auf die verschiedenen Zahnserien durch das starke Überwiegen letzter Molaren eindrucksvoll das im allgemeinen hohe Lebensalter der Steinheimer Ele- fanten demonstriert. Für letztere scheint die Talniederung der unteren Murr geradezu ein Sterbeplatz gewesen zu sein. Es mag noch erwähnt werden, daß in Steinheim trotz der durch den glückhaften Schädelfund verbürgten Anwesenheit des Menschen keine sicheren Anzeichen mensch- licher Jagd vorliegen. Einzige und nicht gerade rühmliche Kunde menschlichen Wir- kens vermag so mangels Werkzeugfunden allein der Schädel selbst zu geben, dessen aufgebrochene Basis die Zeitgenossen des Homo steinheimensis des Kannibalismus verdächtigen läßt (Abb. 6—7). Hier dürfte ein junges Weib eines gewaltsamen Todes gestorben sein. Der vom Rumpf getrennte Kopf wurde nach Entnahme des Gehirns — des Genusses wegen oder aus edleren Motiven muß dahingestellt bleiben — achtlos beiseite geworfen und gelangte dank rascher Einbettung als corpus delicti bis auf unsere Tage. Die angesichts der Bedeutung dieses Fundes für die Menschheitsgeschichte dring- liche Frage nach seiner Altersstellung innerhalb des pleistozänen Geschehensablaufs bietet erneut Gelegenheit, den Wert der Säugetier-Paläontologie unter Beweis zu stellen; denn es muß erwähnt werden, daß allein die Auswertung des reichen Fund- guts zu einer gültigen Aussage führen kann. Offensichtlich ist dabei die interglaziale Stellung der Fundschicht des Menschen-Schädels, die nach dem Vorherrschen des Wald- elefanten als antiquus-Schotter gekennzeichnet werden mag. Für deren mittelpleisto- zänes Alter sprechen außer der Entwicklungshöhe von Palaeoloxodon antiquus und Dicerorhinus hemitoechus vor allem Bos primigenius, Megaceros giganteus antecedens, Cervus elaphus angulatus und Equus steinheimensis — Formen, die hier erstmals auftreten. Zugleich sind der Steinheimer Ur und der dortige Waldriesenhirsch morpho- logisch wohl unterscheidbar von ihren Deszendenten im jüngeren Pleistozän. Weiteren Altershinweis gewährt der Vergleich mit Funden aus den Welslebener Kiesgruben an der Elbe, wo die nämliche Ur-Form mit ihren gewaltigen, weitausladenden Horn- zapfen auftritt und gleich Steinheim ein Wasserbüffel der indischen Formengruppe als seltenes, chorologisch bedeutsames Faunenglied signalisiert werden konnte; denn hier legt der geologische Befund Zugehörigkeit zum Elster-Saale-Interglazial nahe. 18 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE ontiquus -Schoffer Frog. -prim.-Scholter En P antiquus M.trogontherii M.p.froosi = M.primigenius ET) 19E gop!Juoyda,7 o © RIES B. —>murrensis SQ Q (9) B.cf. > schoetensachı M.g. antecedens a. C.e.ongulatus al 3DPINJIT ınd3 E.steinheimensis ERNEST N D. kirchbergensis z D.hemitoechus Den Bee NSI 80P10-1320U1 | OP astoridoe HE aDP! Ce. <> fiber Tabelle 6. Nr. 78 1961 ADAM, PLEISTOZÄNE SÄUGETIER-FAUNEN Nr. 78/19 Schlüssigere Beweisführung gestatten die Steinheimer Steppenelefanten aus den die antiquus-Schotter überlagernden trogontherii-primigenius-Schottern. Diese zeigen eine entsprechende Entwicklungshöhe wie die von W. Rünr (1939) aus Flußschottern Sach- sens bekannt gegebenen Steppenelefanten von — stratigraphisch gesicherter — früh- Saale-glazialer Stellung. Damit ist nicht nur der Beginn der trogontherii-primigenius- Dokumentation Steinheims festgelegt, sondern auch für die unterlagernde Homo- Fundschicht das Mindestalter als Elster-Saale-Interglazial gegeben. Daß dieses zu- gleich als wirkliches Alter zu gelten hat, folgert dann zwangsweise aus dem er- schlossenen mittelpleistozänen Faunencharakter und ferner aus dem Nachweis kon- tinuierlicher Überlieferung und allmählichen faunistischen Übergangs beider Hori- zonte, was besonders bei einer Lager und Häufigkeit berücksichtigenden Darstellung des Foımenbestandes offenbar wird (Tab. 6) (Anm. 8). Nachsat Diese wenigen, aus der Fülle des Materials herausgegriffenen Beispiele lassen erkennen, welch wesentlichen Beitrag die Säugetier-Paläontologie für die Erfor- schung des Pleistozäns zu leisten vermag. Ihre Ergebnisse sind hier nicht minder gültig als diejenigen paläontologischen Forschens in früheren Zeitabschnitten, wo die innige Verflechtung mit geologischen Problemen seit langem zu unlösbarer Gemein- schaft der beiden historischen Grunddisziplinen der Naturwissenschaften geführt hat. Daß solch fruchtbare Zusammenaibeit nicht mit dem Beginn des Quartärs enden darf und kann, ist Inhalt und Sinn der vorgetragenen Forschungsergebnisse. Zugleich aber sollen diese einen lebensgeschichtlichen Beitrag zur Erdgeschichte der durch das Wer- den des Menschen inhaltsschweren Zeit wechselvollen Geschehens geben, die den Namen trägt „Das Eiszeitalter‘. Anmerkungen Die vorstehenden Ausführungen greifen zurück auf einen am 10.12.1954 an- läßlich der Monatsverısammlungen der Deutschen Geologischen Gesellschaft zu Stutt- gart gehaltenen Voitrag über „Die Bedeutung der pleistozänen Säugetiere für die Geschichte des Eiszeitalters“ (Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft, Hannover Bd. 106 (1954) S.556). Die nachfolgenden Anmerkungen sollen das be- handelte Thema ergänzen und erweitern. l. Wert oder Unwert quartärer Säugetier-Faunen Paradigmatisch sei auf die im Jahıbuch der Deutschen Quartäıvereinigung ver- öffentlichten Berichte R. Werzers (1954 S. 106—141; 1957 S. 187—199; 1960 S. 231—-233) über seine langjährigen Grabungen im Lonetal verwiesen und dessen klimatische Deutung der sogenannten violetten Kulturschicht des Bocksteinlochs wie- dergegeben: „Sedimentanalyse und Flora weisen einhellig auf ‚warm‘. Im Bild der Fauna ‚stört‘ dabei der kleine Fuchs, der als ‚Eisfuchs‘ läuft, von dem aber auch Len- MANN betont, daß damit eine unbewiesene aktualistische Schlußfolgerung gezogen wird; wir wissen nicht, ob ‚kleine‘ Füchse damit unbedingt kälteliebende Füchse waren. Wir können diese Überlegung nicht nur auf das Ren übertıagen, das ja in so vielen Schichten mit dem Rothirsch zusammen gefunden wurde, sondern sogar auf das Woll- nashoın, das fast in allen Schichten unseres ‚idealen‘ Bocksteinprofils vorkommt und in keiner einzigen, erscheine sie sonst noch so eindeutig ‚warm‘, durch das Merck’sche Nashoin ersetzt ist. Abgesehen von der alten prinzipiellen Frage nach der Fraglich- keit alles ‚Leitens‘, darf der Zweifel an der Klimabindung des Wollnashorns sogar 20 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 78 auf seine ‚Wolle‘ ausgedehnt werden. Wissen können wir von ihr nur, wo sie uns aus spätesten Phasen des Eiszeitalters in Natur oder im Bild überliefert ist; ob mit der bestimmten Zahnform immer, auch in früheren Eiszeitalterzeiten, die ‚Wolle‘ und damit die Kältebindung verknüpft war, müßte sich erst erweisen. Unsere eigenen Befunde brauchen ja nicht nur am Prokrustesbett früherer Schemata gemessen zu werden — sie sind auch selber neuer Befund und neues Ergebnis. Wenn in der violetten Kultur das ‚Woll‘-Nashorn vorkommt, so müssen wir zur Kenntnis neh- men, daß dieses Tier auch in warmen Laub-Nadelholz-Mischwäldern noch leben konnte.“ (1957 S. 194—195) Fragliche Erfunde und Befunde werden hier über vielfach abgesichertes Wissen gestellt. Unbekümmert wird unter Berufung auf fachliche Assistenz der Klimawert des Eisfuchses, Alopex lagopus, bestritten und eine nicht bestehende Korrelation von kleinwüchsig und kälteliebend angezweifelt. Unverständlich bleibt der Hinweis auf das Ren, und all die Worte um die Behaarung des Wollnashorns vermögen nicht dar- über hinwegzutäuschen, daß Tichorhinus antiquitatis auch in den Ablagerungen des Bocksteins ökologisch gewertet werden kann. Was angeblich erst zu erweisen wäre, ist seit langem bekannt; erwähnt seien nur die F. ZEuner (1934 S.43—53; 1934 S.367—398) zu verdankenden Mitteilungen über die Starunia-Funde und dessen klimatische Beurteilung der Starunia-Zeit, deren vermutlich Saale-glaziales Alter auch durch P. Woıpsteot (1958 S. 262, S.270—271 Tab. 12) anerkannt wird. Doch was vermag schon paläontologische Forschung zu bedeuten, wenn R. WErTzEL jegliche Dis- kussion unterbindend über die fragliche Ablagerung abschließend urteilt: „Wie es auch mit ihrer Fauna sei, die violette Schicht bleibt ‚warm‘“ (1957 S. 195), und dies obwohl wenige Jahre zuvor dieselben Vertreter eine „ohne Zweifel ‚kalte‘ Lebewelt“ (1954 S.128) für die Zeit der Faustkeilkulturen bezeugen sollten. Nach solchen Äußerungen darf es nicht überraschen, jüngst auch noch erfahren zu müssen, „daß wir uns Mammuts an Walnußbäumen äsend vorzustellen haben.“ (1960 S. 233) Es ist hier nicht der Ort, zu ergründen, warum derartige Behauptungen aufge- stellt werden konnten, weshalb der betonten Ablehnung jeder faunistischen Wertung eine der gebotenen Kritik eimangelnde Übernahme der Untersuchungsbefunde von Schichtproben und Pflanzenresten gegenübersteht. Wie sehr gerade die Ergebnisse der Sedimentanalyse einer kritischen Behandlung bedürfen, hat unlängst G. Rırk (1960 S. 98—-99) angedeutet, und die Fraglichkeit pflanzlicher Funde wurde — um ein Beispiel zu nennen — anläßlich der E. Hormann (1955 S. 308—314) übertra- genen Bestimmung von Holzkohlen und Samen aus den Weinberghöhlen bei Mauern durch L. F. Zorz (1955 S. 321—322) eörtert. 2. Zur Gliederung des Pleistozäns und über den Begriff der Eiszeit Vorweggenommen sei, daß bei der Unterteilung des Pleistozäns in ein altes, mitt- leres und junges F. E. Zeuner (1959 S. 219) gefolgt und das seit 1948 meist ein- bezogene Villafranchiano als Ältestpleistozän dem einstigen Diluvium vorangestellt wird. Das derart umrissene Eiszeitalter erhält seine erdgeschichtliche Kennzeichnung duich den bereits in tertiären Zeiten einsetzenden Klimawandel, der dann im Dilu- vium zu den namengebenden Eiszeiten führt. Es mag hier mit R. LAuTErsorn (1934 S.80—89, S.279—282) in Erinnerung gebracht werden, daß Name und Begriff der Eiszeit von dem genialen Naturforscher K. F. ScHimpEr geprägt, erstmals Anfang 1837 in dessen Eiszeitode im Druck be- kanntgegeben wurde, auf welche noch im nämlichen Jahr die wissenschaftliche Be- gründung der Eiszeitlehre an Hand eigener Untersuchungen folgte. Diese umfäng- liche Ode über „Die Eiszeit“, den Freunden anläßlich seines 34. Geburtstages zu- gedacht, haben späterhin B. Corra (1850 S.47—49) und R. LAUTERBoRN (1934 S.82—-84) durch Abdruck allgemein zugänglich werden lassen. 1961 ADAM, PLEISTOZÄNE SÄUGETIER-FAUNEN Nr. 78/21 3. Archidiskodon meridionalis im älteren Quartär der Schwäbischen Alb (Abb. 8—10) Eine frühe Südelefanten-Zeit zu benennen, war bis vor kurzem keine Veranlas- sung gegeben. Wohl wurden Funde von Archidiskodon wiederholt auch aus deutschem Boden gemeldet, doch dessen gesicherter Nachweis innerhalb einer reichen Villa- franchiano-Fauna konnte erst durch U. Lenmann (1957 S.86) anläßlich der Be- arbeitung tierischer Reste aus einem Bohnerzlager nahe dem heutigen Eingang der Erpfinger Karlshöhle erbracht werden. Die mir seinerzeit vorgelegenen Funde sind zwar recht dürftig, doch immerhin ausreichend, um mit einiger Wahrscheinlichkeit Archidiskodon meridionalis zugesprochen zu werden, vorausgesetzt allerdings, daß mit S. ScHauß (1948 S. 109 Anm. 1) und J. Vırer (1954 S. 168) die frühquartären Ele- fanten Europas in dieser Art vereint bleiben. Die gegebene Bestimmung der über- lieferten vier Lamellenfragmente ist folglich nicht in der von U. Leumann (1957 S. 87—-88) vertretenen ÄAusdeutung zeitlich wertbar; dennoch ist ihm mit F. HELLER (1959 S.89 Anm. 2) beizupflichten, wenn er die Erpfinger Fauna, mit jener von Seneze und Tegelen vergleichend, dem jüngeren Ältestpleistozän zurechnet. Abzu- lehnen ist dagegen U. Lenmanns unbewiesene, schon von K. E. Breicn (1960 S.71) angezweifelte Aussage, „daß wir an dieser Fauna und den geologischen Gegeben- heiten ihres Fundortes unmittelbar den Beginn des Eiszeitalters ablesen können.“ (1957 S.89) Diese spärlichen Bohnerzfunde aus den letzten Jahren mögen daran erinnern, daß bereits F. A. Quensteot (1867 S.58; 1872 S. 167, S. 167 Abb.; 1884 S. 167, S. 167 Abb.; 1885 S.72, Taf.4 Fig. 15) vor an die hundert Jahren ein Molarenfragment von Hochberg im Sigmaringischen Archidiskodon meridionalis zugeschrieben hat. Bei H. Ponrıc fand dieser „wohl einzige und kaum als gesichert zu betrachtende deutsche Abb. 8 (links). Archidiskodon meridionalis aus dem Ältestpleistozän der Karlshöhle bei Erpfingen (Sammlung Tübingen). Vorderwand und Querbruch eines basalen Lamellenfragments (1/1). Schmelz- dicke (maximal) 3,2 mm. Abb. 9 (rechts). Archidiskodon meridionalis aus dem älteren Pleistozän von Hochberg in Hohenzollern (Sammlung Tübingen). Kaufläche eines distalen Molarenfragments (1/1). Lamellenbreite (maximal) 78,0 mm. 22 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 78 Erfund“ (1888 S.224) als letzter Backenzahn eines fraglichen Südelefanten kurze Erwähnung, und E. Wüst gedachte des Molaren aus schwäbischem Bohnerz als er „die ersten sicheren Belege für das Vorkommen dieser Elephantenform in Deutsch- land“ (1901 S. 234) aus alten Unstrutkiesen von Wendelstein bekanntgab. Eine Be- schreibung des Hochberger Fundes blieb M. Schrosser (1902 S. 51) vorbehalten, der das aus nur wenigen Lamellen bestehende Fragment mit einem in der Münchener Sammlung verwahrten Molaren aus den Tonen von Jockgrim verglich und beider Abb. 10. Abbildungen F. A. Quenstepts von dem Hochberger Molaren- fragment eines Archidiskodon meridionalis aus schwäbischem Bohnerz. Zuordnung zu Mammonteus trogontheriü vertrat. Unbeschadet dessen, daß offenbar der nämliche Jockgrimer Beleg, samt einigen weiteren Backenzähnen gleicher Her- kunft, auch von W. Freupengers (1922 Taf.9) dieser Art zugerechnet, neuerdings durch W. ©. Dierricn (1958 S.801—-802, S.801 Abb.6) als Archidiskodon meri- dionalis jockgrimensis angesprochen wurde, sollte für den Elefanten von Hochberg die ursprüngliche Bestimmung beibehalten werden. Solches läßt sich hinreichend be- gründen mit der anscheinend geringen Kronenhöhe, der erheblichen Schmelzstärke, der tiefreichenden akralen Lamellengliederung und dem hohen Längen-Lamellen- Quotienten. Es sind dies Merkmale, welche dem beiläufig auch von H. KıpErLEN (1931 S. 220) erwähnten Molaren ein altertümliches Gepräge verleihen, ohne jedoch dessen stratigraphische Position bzw. die Lebenszeit des Hochberger Südelefanten — bereits frühes Altpleistozän oder noch spätes Villafranchiano — erkennen und fest- legen zu lassen. 1961 ADAM, PLEISTOZÄNE SÄUGETIER-FAUNEN Nr. 78/23 4. Zur artlichen Bestimmung der Nashorn-Funde aus dem Villafranchiano von Tegelen bei Venlo (Abb. 11) Anläßlich einer Untersuchung der Nashoın-Reste aus den ältestpleistozänen Tonen von Tegelen glaubte J. J. A. Bernsen (1927 S. 25—-105) nebenDicerorhinus etruscus auch Dicerorhinus kirchbergensis feststellen zu können. Obschon ein so her- vorragender Kenner der quartären Nashorn-Foımen wie E. Wüst — mitgeteilt von M3 max. Dicerorhinus -Skelet Oo in Steyl aus Tegelen - Ton Dicerorhinus kirchbergensis Taubach Kirchberg Dicerorhinus etruscus Mosbach Mauer Erpfingen Abb. 11. Abmessungen der letzten Oberkieferbackenzähne dcs Steyler Dicerorhinus-Skelets aus dem Tegelen-Ton, verglichen mit solchen von Dicerorhinus etruscus und Dicerorhinus kirchbergensis mittel- europäischer Fundoite. E. SchwEsLer (1935 S.83) — diese Bestimmung als sicherlich unrichtig abgelehnt hat, fand sie dennoch in weitverbreiteten Übersichten wie jenen von P. WoLpsTEor (1950 S. 184: 1955 S. 184; 1958 S.60) und F. E. Zeuner (1959 S. 315) Aufnahme. Des weiteren sollte dieses angeblich eiste Auftreten von Dicerorhinus kirchbergensis J. Vırer (1954 S.181, S. 183) veranlassen, für die derart bereicherte Fauna von Tegelen eigens ein oberes, ausgehendes Villafıanchiano auszugliedeın, wohingegen F. E. Zeuner (1959 S. 313, S.314—315) aus demselben vermeintlichen Befund für jene Fauna ein bereits altpleistozänes Alter ableiten wollte. Solche vielfache Berufung auf eine nicht unwidersprochene Bestimmung ließ die Revision der fraglichen Funde erfordeilich werden, deren eıstes Ergebnis H. Loose (1960 S.380—382) jüngst vorlegen konnte. Aus eineuter morphologischer und metrischer Untersuchung der seinerzeit von J. J. A. Bernsen (1927 S.36—38) zu Dicerorhinus kirchbergensis gestellten, stark abgekauten, nahezu vollständigen Ober- kieferbezahnung des in der Sammlung zu Steyl verwahrten Nashoın-Skelets ver- mochte H. Loose zu folgern: „There remains no argument not to attribute the Steyl 24 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 78 dentition to D. etruscus.“ (1960 S. 382) Damit findet die ursprüngliche, von S. RıcHARZz (1921 S.664—-666) vertretene Zuordnung dieses 1920 aufgedeckten Skelets — etliche der überlieferten Wirbel sind mit J. J. A. Bernsen (1927 S. 76—77) einem zweiten Individuum zuzuschreiben — nachträgliche Bestätigung. 5. Ein vermeintlicher Waldelefant aus den altpleistozänen Kiesen von Süßenborn bei Weimar (Abb. 12) Der von H.-D. Kanıke (1956 S.46—-47; 1960 S.84, S.94 Abb.12; 1961 S.499) wiederholt angezeigte, von W. O. Dirrrıch (1958 S.802—803, S.803 Abb. 7—8) bekanntgegebene, auf Palaeoloxodon antiquus bezogene letzte Unterkie- ferbackenzahn aus den unteren Lagen der Kiese von Süßenborn ist infolge sehr weit fortgeschrittener Abkauung nur bedingt wertbar. Solches gilt für die festgestellten Abmessungen wie auch für die vorhandene Lamellenzahl, welche zumindest durch die infolge Abnutzung fehlenden, einst von der vorderen Wurzel getragenen Schmelz- büchsen zu ergänzen ist, um derart eine Lamellenformel zu ergeben, die derjenigen Süßenborner Steppenelefanten — angeführt von E. Wüst (1901 Tab. 1 zu S. 246—251) und von W. SoerceL (1913 Tab. 7) — durchaus vergleichbar wird. Salt Zgfp® (Kar = 8 iS X Do ) IQ N NN NN IS Abb. 12. Aufsicht und Seitensicht des neuerlich einem Waldelefanten zugeschriebenen mandibularen Molaren von Mammonteus trogontherii aus den altpleistozänen Kiesen von Süßenborn mit der Lamellenzählung W. ©. DiErrichs. Wesentlich für die Bestimmung dieses Molaren sind allein die auf der Kaufläche sichtbaren Schmelzfiguren, deren teilweise rhombische Form bedingt ist durch die tiefe Erniedrigung der vorderen Lamellen bis nahe an die mediane Schmelzbrücke. Bereits im mittleren Kronendrittel werden die Querschnitte der Schmelzbüchsen — abgesehen von einer unterschiedlichen zentralen Erweiterung — rechteckig, und die hinteren Lamellen zeigen unverkennbar die Gliederung in ein aufgetriebenes, rund- liches Mittelfeld und von diesem mehr oder minder deutlich abgesetzte, bandförmige Seitenteile; es ist dies ein Hinweis auf eine akrale Pfeilerbildung der Schmelz- büchsen, wie sie bei frühen Angehörigen der Steppenelefanten-Gruppe verbreitet ist. Eine Zuweisung des Molaren zu Mammonteus trogontherii erscheint demnach ge- 1961 ADAM, PLEISTOZÄNE SÄUGETIER-FAUNEN Nr. 78/25 rechtfertigt, zumal die angeblich antiquoiden Merkmale aus der tiefen Abkauung der Krone bzw. dem hohen Alter des Tieres resultieren. Dem neuerlichen vermeint- lichen Nachweis des Waldelefanten in der Fauna von Süßenborn — entsprechende frühere Angaben von E. Wüst (1901 S. 240—265) wurden bereits von W. SOERGEL (1913 S.63—64, S.71) berichtigt — kommt also keine Realität zu, und folglich sind die von H.-D. KAnıke (1960 S.85—86; 1961 S. 493—494, S. 498 —500) aus diesem Beleg gezogenen faunistischen und stratigraphischen Folgerungen hinfällig. Hippopotamus Mosbacher amphibius anliquus su Vorkommen © gesichert o fraglich Nierstein @\® Fessenaue Oppenheim ©) ® Erfelden O Stockstadt Weinheimer O Sande Ludwigs - Mannheim Ne ra U) Mauerer Sande Jockgrimer lonre 6 won ® @© Eggenstein Abb. 13. Verbreitung der gesicherten und fraglichen Reste des altpleistozänen Hippopotamus amphibius antiquus in Südwestdeutschland. 6. Das Vorkommen von Hippopotamus amphibius antiquus im Altpleistozän Südwestdeutschlands (Abb. 13) Längst bekannt und vielgenannt sind die erst vor wenigen Jahren durch S. E. Kuss (1957 S.300—318) zusammengefaßten Hippopotamus-Funde in den Jockgrimer Tonen wie in den Mosbacher Sanden. Als vollständigster Beleg verdient ein von E. Schertz (1939 S.87) signalisierter Unterkiefer samt Bezahnung in der Mainzer 26 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 78 Sammlung gesonderte Erwähnung, zumal er nicht wie seinerzeit behauptet aus den Unteren Schichten der Sande von Mosbach stammt, sondern nach freundlicher Mit- teilung von Herrn Konservator K. SrapeLmann (Mainz, 2.11.1951 und 6. 12. 1951) in den Mittleren Schichten geborgen wurde und somit das Ausdauern des Fluß- pferdes bis in die Jüngere Steppenzeit bezeugt. Aus den Sanden von Mauer konnte W. FREUDENBERG (1922/23 S.74; 1923 S. 483 Anm.1:; 1938 S.16) den ersten Nachweis von Hippopotamus durch einen mandi- bularen Inzisiven erbringen; zwei weitere Unterkieferschneidezähne gleicher Pro- venienz wurden von J. VoELcKkEr (1931 S.3) und von S. E. Kuss (1957 S.306) be- schrieben. Auch in den eine altpleistozäne Fauna führenden Sanden bei Weinheim an der Bergstraße soll nach W. FREUDENBERG (1922/23 S.74; 1931 S.644; 1934 S.426; 1935 S.4) das Flußpferd auftreten, dessen Reste — hervorgehoben wird ein vollständig erhaltenes Oberschenkelbein — zunächst Hippopotamus major zuge- sprochen, sodann in Zweifel gezogen und letztlich mit Hippopotamus liberiensis ver- glichen wurden. Weitere Funde vom Oberrhein zwischen Karlsruhe und Mainz gaben W. von Reichenau (1910 S.120), W. FrEUDENBERG (1911 S.106 Anm.1; 1914 S.117 Anm. 2; 1938 S.50), J. VorLcker (1931 S.5), E. Pırwe (1938 S.42, S.46, S.47), F. Heızer (1938/39 S. 122—124), N. Tutosaıo & F. Fırrıon (1953 S. 182) sowie S. E. Kuss (1957 S.303, S.308, S.311) bekannt. Die wenigen Flußpferd- Reste, darunter ein starker unterer Schneidezahn, aus rheinischen Ablagerungen von Hangenbieten bei Straßburg stellte P. Wernerr (1957 S. 113) zusammen. All diese Funde werden neuerdings von S. E. Kuss (1957 S.318—330) auf Hippopotamus antiquus bezogen, indem er einerseits — trotz erheblicher individueller Größenunterschiede im Gebiß und Skelet — die morphologische Übereinstimmung der fossilen Materialien betont, andererseits gewisse Differenzen im Zahnbau heraus- stellend, die einstigen oberrheinischen von den heutigen afrikanischen Flußpferden artlich scheidet. In ersterem ist ihm beizupflichten, und so darf das von W. FREUDENBERG (1914 S.117) vermutete, bereits von W. SorrceL (1925 S.407—408) bezweifelte Auftreten zweier Hippopotamus-Formen im südwestdeutschen Altpleistozän als wider- legt gelten; in letzterem dagegen scheint eine subspezifische Wertung der aufgezeig- ten Unterschiede hinreichend und das Einbeziehen der oberrheinischen Funde in den Formenkreis des Hippopotamus amphibius gerechtfertigt. 7. Über altpleistozäne Raubtiere und das Ausdauern der Säbelzahnkatze im Quartär Mitteleuropas (Abb. 14-16) Unter den Raubtieren erreichen so altertümliche Formen wie Hyaena perrieri und Lynx issiodorensis mit offenbar letzten Vertretern die Jüngere Steppenzeit. Gleiches dürfte auch für den von H.-D. Kanıke (1961 S.504—505, Taf.4 Fig.3) aus den Mittleren Schichten der Mosbacher Sande angezeigten Cuon dubius stehlini gelten. Dieser kräftige, primitive Rotwolf scheint hier abgelöst zu werden durch den schwä- cheren, doch progressiveren Cuon alpinus priscus, dessen Mosbacher Nachweis H. Tosıen (1957 S.1—5, Taf. 42) erbracht hat. In diesem frühen Alpenwolf und ebenso in dem weit besser dokumentierten Canis lupus mosbachensis, einem klein- wüchsigen Steppenwolf, dürfen das Altpleistozän kennzeichnende Caniden gesehen werden; denn von beiden konnte ich (1959 S. 1—26, Taf. 1—6) bereits im Elster- Saale-Interglazial Folgeformen feststellen. Abb. 14. Homotherium sp. aus dem Altpleistozän von Hundsheim in Niederösterreich (Sammlung Wien). Außen- und Innenseite eines C max. (1/1). Ausschnitt mit 23 Zähnchen auf 10 mm. 1961 ADAM, PLEISTOZÄNE SÄUGETIER-FAUNEN Nr. 78 / 27 u nn 28 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 78 Abb. 15. Homotherium sp. aus dem Mittelpleistozän von Steinheim an der Murr (Sammlung Apam). Außen- und Innenseite eines C max. (1/1). Ausschnitt mit 21 Zähnchen auf 10 mm. 1961 ADAM, PLEISTOZÄNE SÄUGETIER-FAUNEN Nr. 78/29 Abb. 16. Homotherium sp. aus dem Altp!eistozän ven Süßenborn in Thüringen (Samm- lung SoercEL). Außen- und Innenseite eines P4 max. (1/1). Angebracht erscheint noch ein Hinweis auf die quartären Säbelzahnkatzen, galten doch lange Zeit als deren jüngste mitteleuropäische Dokumente jene aus dem Alt- pleistozän von Hundsheim in Niederösterreich — beschrieben und abgebildet von W. FREUDENBERG (1914 S. 172—183, Taf. 10 Fig. 8, Taf. 14—18) — und die durch L. Rücer (1929 S.3—5, S.4 Abb. 1) bekann:gegebenen Gebißreste, ein oberer Eck- zahn und ein unterer Schneidezahn, von Mauer an der Elsenz. Die weit reicheren Be- lege — Überreste eines Skelets samt mandibularem Canin — aus den Mauerer San- den, die W. FrEeupengerg (1929 S. 291; 1929/30 S.45 Anm. 10: 1938 S.52) nahezu gleichzeitig anzeigen konnte, blieben ebenso unbeachtet wie ein von ihm aus alt- pleistozänen Rheinablagerungen bei Erfelden unweit Darmstadt erwähntes proximales Humerusfragment eines Machairodontiden. Auf ein weiteres Vorkommen hat W. Soercer (1939 S.828) durch Nennen einer Säbelzahnkatze aus den Kiesen von Süßenborn bei Weimar hingewiesen, deren von mir (1956 S. 15) mitgeteilter Beleg, ein oberer Reilszahn, auch in den von H.-D. Kanıke (1960 S.83; 1961 S.496) ge- gebenen Süßenborner Faunenübersichten Erwähnung fand. Die Unrichtigkeit der scheinbar wohlbegründeten Lehrmeinung über das den Machairodontiden mit der Elster-Eiszeit gesetzte Ende sollte ein im Frühjahr 1956 in den mittelpleistozänen Schottern von Steinheim an der Murr aufgedeckter maxillarer Canin mit kennzeichnender Zähnelung der Schmelzkanten erweisen. Der in typischer Steinheim-Erhaltung überlieferte, noch Reste des Oberkieferknochens tragende, ab- gesehen vom frischen Abbruch nahe der Schmelzbasis unversehrte, rechtsseitige Eck- zahn gibt keinen Hinweis auf ehemalige Verlagerung; sein Alter läßt sich folglich mit jenem der Fundschicht gleichsetzen. Diese lag — wie ich (1956 S. 15) seinerzeit bereits berichtet habe — nahe dem Übergang der antiquus-Sande in die trogontherü- primigenius-Kiese, in einer Grenzzone, welche zeitlich ins ausgehende Holstein- Inter- glazial bzw. ins beginnende Saale-Glazial zu stellen ist. Der unerwartete Fund in einer seit Jahrzehnten sorgsam überwachten, gut erschlossenen, fossilreichen Lager- stätte vermag eindrucksvoll aufzuzeigen, wie bedenklich das Heranziehen ausster- bender Formen zur Zeitkennzeichnung ist. Solches an sich alte Wissen neuerlich zu einem Leitsatz geprägt zu haben, ist ein Verdienst von E. Kunn-ScHhnYper: „Nicht das Aussterben älterer Arten, sondern das Auftreten neuer Typen kennzeichnet den Be- ginn einer neuen Zeit.“ (1960 S. 15) 30 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 78 8. Zum Faunen- und Florenwechsel im Pleistozän von Steinheim an der Murr (Abb. 17) Den Wandel der Tierwelt innerhalb des Steinheimer Profils hat W. SoErceL (1940 S.25—-27) in Erwiderung auf A. Penck (1938 S.29—31) besonders herausgestellt, um die sogenannten Mischfaunen der Grenzzonen als du:ch fortdauernde Sedimen- tation überlieferte Grabgesellschaften einstigen Standwildes und winterlicher wie sommerlicher Zuwanderer verschiedenwertiger Lebensgemeinschaften aus Zeiten sich ändernden Klimas deuten zu können. Die Beobachtungen hierfür hat F. BERCKHEMER (1940 S.63—64) in vieljährigem Bemühen gesammelt, festgehalten und gewertet: „Dieser Wechsel der Tiergesellschaften dürfte nur zu verstehen sein, wenn wir einen entsprechenden Wechsel der Vegetationsverhältnisse voraussetzen und annehmen, daß das Auftreten des Waldelefanten und seiner Gesellschaft Hand in Hand ging mit einer Zunahme des Waldbestandes, worauf ein Vorstoß der freieren Landschaft wie- der die Mammutfauna herbeiführte“ (1940 S. 64). I9m Oberfläche 215m NN Bodenbildung LöR I Iı \ Löß 5m Straßensohle 2!Im NN u Ur rLrLY) Fließerde Bodenbildung RR INT RER aa Pa SU EST ea er] 0.000 S ee PR en Löß S a ee S DARIN It Om Abraumsohle 206m NN « Fließerde n '. 'o' 5 ART Mes >] Ei 2.“ ee S KR ag Bes B _S AL g oz ee Kiesfels = GEN oo SoSe = OS o 9 za e- = u oeODoaun7o°o o 00 Q% ash? SEO S ı 9 oDes I gear D8 IQ o = Q.: °o o> Ser ale S eo ara Tai, < saszesn.. in: = SHelelce As 2.0.0 & 2 ee Oo" o% I nee = oe. 208 5 Beta] sS ESS Betula = = Et antiquus - g Sande > Grubensohle. "7:7" 2°. 96m NN zw2" |: Ahern lt Abb. 17. Profil der Ostwand der Kiesgrube Sammet in Steinheim an der Murr mit dem Pollenbild der 1957 angeschnittenen Schlickbank. 1961 ADAM, PLEISTOZÄNE SÄUGETIER-FAUNEN Nr. 78 / 31 Eine Bestätigung dessen, einen möglichen Nachweis des floristischen Übergangs von interglazialer Waldzeit zum Beginn eines Glazials, ließ eine vor wenigen Jah- ren an der Basis der trogontherii-primigenius-Kiese angeschnittene Schlickbank mit möglicher Pollenführung erhoffen. Die Herın Dr. P. GroscHorr (Stuttgart, 17.4 1961 und 13.9.1961) zu verdankende sorgfältige Untersuchung der entnommenen Proben hat allerdings nur eine geringe Ausbeute erbracht. Von den ausgezählten Baumpollen entfallen 57°%/o auf Pinus, 31°/o auf Betula, je 6%/0 auf Salix und Alnus; unter den Nichtbaumpollen, die zumindest 20°%0 der ermittelten Pollenkörner ausmachen, sind Compositen mit Ärtemisia, Gramineen und Cyperaceen, ferner Pollen nicht näher bestimmbarer Wasser- und Sumpfpflanzen sowie Faınsporen festzustellen. Es ist dies ein Pollenbefund, der mit einiger Bestimmtheit annehmen läßt, daß die Um- gebung der unteren Murr damals nur spärlich bewaldet war, der zugleich auch be- kundet, daß bei kühl-trockenem Klima eine offene Landschaft Steppenelefanten, Wild- pferden und Steppenbisonten Lebensraum zu geben vermochte. Damit erledigt sich die von H. Freising (1952 S. 70— 71) vertretene klimatische Deutung der trogontherü- primigenius-Kiese als in ihrer Gesamtheit noch warmzeitliche Flußablagerungen, so- wie die Einordnung des Steinheimer Profils in die von ihm skizzierte Geschehensfolge, welche mit den tiefsten Lagen das Eem-Interglazial nicht unterschreiten soll. Nachweise Abb. 1-5 Aufnahme von G. Kuse (Stuttgart 1961) Abb. 6—7 Aufnahme von R. BortHner (Stuttgart 1933) Abb. 8—9 Aufnahme von G. Kuse (Stuttgart 1961) Abb. 10 Wiedergabe nach F. A. Quensteor (1872 S. 167 Abb.; 1885 Taf. 4 Fig. 15) Abb. 11 Entwurf von K. D. Apam (Stuttgart 1961) Abb. 12 Wiedergabe nach W. ©. Dietrich (1958 S. 803 Abb. 7—-8) Abb. 13 Entwurf von K. D. Anam (Stuttgart 1961) Abb. 14—16 Aufnahme von G. Kus£ (Stuttgart 1961) Abb. 17 Entwurf von K. D. Apam (Stuttgart 1961) Tab. 1 Wiedergabe nach K. D. Anam (1953 S. 361 Tab. 3) Tab. 2 Wiedergabe nach K. D. Anam (1953 S. 358 Tab. 1) Tab. 3 Entwurf nach E. Wüst (1922 S. 642—656, S. 686-688) — F. E. Zeuner (1935 S. 22-67; 1936 S.205—208) — K. Starscne (1°41 S. 101—119, S. 139) — H. Loose (1961 S. 41—-46) Tab. 4 Wiedergabe nach K. D. Anam (1953 S. 360 Tab. 2) Tab. 5 Wiedergabe nach K. D. Anpam (1953 S. 362 Tab. 4) Tab. 6 Wiedergabe nach K. D. Anam (1954 S. 135 Abb. 3) Schrifttum Anam, K. D.: Die altpleistocänen Säugetierfaunen Südwestdeutschlands. 2 Tab. — Neues Jahrbuch für Geologie und Paläontologie, Stuttgart Mh. Jg. 1952, S. 229—236. — Die Bedeutung der altpleistozänen Säugetier-Faunen Südwestdeutschlands für die Gliederung des Eiszeitalters. 2 Abb. 4 Tab. — Geologica Bavarica, München Nr. 19 (1953) S. 357—-363. — Die mittelpleistozänen Faunen von Steinheim an der Murr (Württemberg). 3 Abb. — Quater- naria, Roma Bd. 1 (1954) S. 131—144. — Staatliches Museum für Naturkunde Stuttgart (Deutschland). — Boletin Informativo. Activi- dades Europeas en Paleontologia de Vertebrados, Sabadell (Espana) Nr. 2 (1956) S. 15. —- Mittelpleistozäne Caniden aus dem Heppenloch bei Gutenberg (Württemberg). 6 Taf. 10 Abb. 4 Tab. — Stuttgarter Beiträge zur Naturkunde, Stuttgart Nr. 27 (1959) S. 1—-46. BERCKHEMER, F.: Über die Riesenhirschfunde von Steinheim an der Murr. 15 Abb. 6 Tab. — Jahres- hefte des Vereins für vaterländische Naturkunde in Württemberg, Stuttgart T. IV Jg. 96 (1940) S. 63—88. Bernsen, ]J. J. A.: The Geology of the Teglian Clay and its Fossil Remains of Rhinoceros. — Diss. Univ. Amsterdam 1927. 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Geologischen Landesanstalt zu Darmstadt für das Jahr 1911, Darmstadt, IV. Folge H. 32 (1911) S. 76—149. — Die Säugetiere des älteren Quartärs von Mitteleuropa mit besonderer Berücksichtigung der Fauna von Hundsheim und Deutschaltenburg in Niederösterreich nebst Bemerkungen über verwandte Formen anderer Fundorte. 20 Taf. 69 Abb. — Geologische und Palaeontologische Abhandlungen, Jena Bd. 16 (Neue Folge 12) (1913—1914) S. 453—672. — (= H. 4/5, Bd. 16 (Neue Folge 12) (1914) S. 1—-220.) —. Die Säugetierfauna des Pliocäns und Postpliocäns von Mexiko. II. Teil: Mastodonten und Elefanten. 9 Taf. 28 Abb. — Geologische und Palaeontologische Abhandlungen, Jena Bd. 18 (Neue Folge 14) (1921—1925) S. 101—176. — (= H. 3, Bd. 18 (Neue Folge 14) (1922) S, 119%) — Funde von Mammut im jüngeren Löß und von Rhinoceros Merckı im Lehm einer Spalte im Muschelkalk bei Bretten und ihre geologische Bedeutung. — Verhandlungen des Naturwissen- schaftlichen Vereins in Karlsruhe, Karlsruhe i. B. Bd. 29 (1922/23) S. a — Ätna-Ausbrüche. — Centralblatt für Mineralogie, Geologie und Paläontologie, Stuttgart Jg. 1923, S. 481—-485. — Ein Säbeltiger und ein großer Anthropoide (?) aus den Sanden von Mauer a. d. Elsenz. — Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft, Berlin Bd. 81 (1929) S. 291. — Zur Frage der Rechtshändigkeit des Menschen und der Gliedmaßenasymmetrie der Pri- maten. 1 Taf. 1 Abb. — Zeitschrift für Säugetierkunde, Berlin Bd. 4 (1929/30) S. 36—46. — Der gegenwärtige Stand meiner Untersuchungen an den Primatenresten aus den „Elsenz- schichten“ (nom. nov.) um Heidelberg, insbesondere über Skeletteile gigantischer Primaten. 5 Abb. — Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft, Berlin Bd. 83 (1931) S. 642645. — Die Fundschicht der Tonplastik aus dem Altdiluvium von Lützelsachsen bei Weinheim (Süd) Grube Jörder. Eine Entgegnung. 1 Taf. 2 Abb. — Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft, Berlin Bd. 86 (1934) S. 424-429. — Beiträge zur Natur- und Urgeschichte Westdeutschlands. — Lfg. 1. Worms a. Rhein 1935. 28 S. 6 Abb. — Beiträge zur Natur- und Urgeschichte Westdeutschlands. — Lfg. 2. Heidelberg 1938. 56 S. 13 Abb. Heıter, F.: Über einige Hippopotamus-Zähne aus dem älteren Diluvium des Rheintals. — Badische Geologische Abhandlungen, Karlsruhe i. B. Jg. 10 (1938/39) S. 122—125. — Eine neue altquartäre Wirbeltierfauna von Erpfingen (Schwäbische Alb). 3 Taf. 75 Abb. 3 Tab. — Neues Jahrbuch für Geologie und Paläontologie, Stuttgart Abh. Bd. 107 (1959) S, 11102. Hormann, E.: Die Pflanzenreste aus den Weinberghöhlen. 1 Taf. — In: L. F. Zorz 1955 S. 308—314. Kanıke, H.-D.: Museum für Ur- und Frühgeschichte Thüringens Weimar (Deutschland). — Boletin Informativo. 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E.: Altpleistozäne Reste des Hippopotamus antiguus DrsmAarest vom Oberrhein. 2 Taf. 6 Abb. — Jahreshefte des Geologischen Landesamtes in Baden-Württemberg, Freiburg i. Br. Bd. 2 (1957) S. 299331. 1961 ADAM, PLEISTOZÄNE SÄUGETIER-FAUNEN Nr. 78/33 LAUTERBORN, R.: Der Rhein. Naturgeschichte eines deutschen Stromes. Erster Band: Die erd- und naturkundliche Erforschung des Rheins und der Rheinlande vom Altertum bis zur Gegen- wart. Zweite Hälfte: Die Zeit von 1800-1930. Abteilung I. 1 Taf. — Berichte der Natur- forschenden Gesellschaft zu Freiburg i. Br., Freiburg i. Br. Bd. 33 (1934) S. 3—324. LEHMANN, U.: Weitere Fossilfunde aus dem ältesten Pleistozän der Erpfinger Höhle (Schwäbische Alb). 4 Taf. 32 Abb. — Mitteilungen aus dem Geologischen Staatsinstitut in Hamburg, Hamburg H. 26 (1957) S. 60-99. Loose, H.: Dicerorhinus kirchbergensis in the Tiglian? 1 Tab. — Koninklijke Nederlandse Akademie van Wetenschappen. 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VIII + 982 S. 86 Taf. 183 Abb. — Klar und Wahr. Neue Reihe populärer Vorträge über Geologie. — Tübingen 1872. VIII + 322 S. 1 Titelbild 1 Taf. zahlreiche Abb. — Neue Reihe populärer Vorträge über Geologie. — 2. Ausg. Tübingen 1884. VIII + 322 S. 1 Taf. zahlreiche Abb. — Handbuch der Petrefaktenkunde. — 3. Aufl. Tübingen 1885. VIII + 1239 S. 100 Taf. 443 Abb. REICHENAU, W. von: Revision der Mosbacher Säugetierfauna, zugleich Richtigstellung der Aufstellung in meinen „Beiträgen zur näheren Kenntnis der Carnivoren aus den Sanden von Mauer und Mosbach“. — Notizblatt des Vereins für Erdkunde und der Großh. geologischen Landesanstalt zu Darmstadt für das Jahr 1910, Darmstadt, IV. Folge H. 31 (1910) S. 118—134. RicHARZ, S.: Neue Wirbeltierfunde in den Tonen von Tegelen bei Venlo. — Centralblatt für Minera- logie, Geologie und Paläontologie, Stuttgart Jg. 1921, S. 664—-669. 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Tosıen, H.: Cuon Hopc. und Gulo Frisch (Carnivora, Mammalia) aus den altpleistozänen Sanden von Mosbach bei Wiesbaden. 3 Taf. — Acta Zoologica Cracoviensia, Kraköw Bd. 2 (1957—-1958) SB, (N 1, Bil. 2 (OS) 8, Nil) VIRET, J.: Le loess ä bancs durcis de Saint-Vallier (Dröme) et sa faune de Mammiferes villafranchiens. 33 Taf. 43 Abb. 1 Tab. — Nouvelles Archives du Museum d’Histoire Naturelle de Lyon, Lyon Fasc. 4 (1954) S. 1—200. VOELCKER, J.: Beiträge zum Oberrheinischen Fossilkatalog Nr. 5. Hippopotamus amphibius von Mauer a.d. Elsenz. — Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Berlin & Leipzig, math.-naturwiss. Klasse Jg. 1931, Abh. 3, S. 1—6. Wacner, W.: Diluviale Tektonik im Senkungsbereich des nördlichen Rheintalgrabens und an seinen Rändern. 2 Taf. — Notizblatt des Hessischen Landesamtes für Bodenforschung zu Wiesbaden, Wiesbaden, VI. Folge H. 1 (1950) S. 177—192. 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West, E.: Untersuchungen über das Pliozän und das älteste Pleistozän Thüringens nördlich vom Thüringer Walde und westlich von der Saale. 9 Taf. 2 Abb. 4 Tab. — Abhandlungen der Natur- forschenden Gesellschaft zu Halle, Stuttgart Bd. 23 (1901) S. 17—-368. — (= Abh. 2, Bd. 23 (1901) S. 1—-352.) — Beiträge zur Kenntnis der diluvialen Nashörner Europas. 5 Abb. — Centralblatt für Minera- logie, Geologie und Paläontologie, Stuttgart Jg. 1922, S. 641—656, 680—688. ZEUNER, F. E.: Eine neue Nashornleiche aus dem polnischen Erdölgebiet. 4 Abb. — Aus der Heimat, Stuttgart Jg. 47 (1934) S. 43—53. —. Das Klima des Eisvorlandes in den Glazialzeiten. — Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Paläontologie, Stuttgart Abt. B Beil.-Bd. 72 (1934) S. 367—398. — Die Beziehungen zwischen Schädelform und Lebensweise bei den rezenten und fossilen Nas- hörnern. 22 Abb. — Berichte der Naturforschenden Gesellschaft zu Freiburg i. Br., Freiburg i. Br. Bd. 34 (1935) S. 21—-80. — Palaeobiology and Climate of the Past. 4 Abb. — Problems of Paleontology, Moscow Bd. 1 (1936) S. 199—216. — The Pleistocene Period. Its Climate, Chronology and Faunal Successions. — London 1959. 447 S. 80 Abb. Zorz, L. F.: Das Paläolithikum in den Weinberghöhlen bei Mauern. 15 Taf. 90 Abb. — Quartär- Bibliothek, Bonn Bd. 2 (1955) S. I-VIII + 1--330. Anschrift des Verfassers: Dr. Karl Dietrich Adam, Stuttgart ©, Archivstraße 4 7406 #3 737 | Stuttgarter Beiträge zur Naturkunde aus dem Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart Stuttgart 24. Oktober 1961 Nr. 79 Über die große mongolische Kropfgazelle (Procapra gutturosa Pallas 1777) Von Adolf Kleinschmidt, Stuttgart Mit 13 Abbildungen, 5 Tabellen und einer Übersicht Aus einem Wildimport aus China konnte das Museum für Naturkunde in Stuttgart dank der Initiative von Herrn Professor Schüz Ende des Jahres 1958 von der Geflügel- und Wild-Import AG. in Basel je ein erwachsenes männliches und weibliches Tier sowie ein Jungtier der großen mongolischen Kropfgazelle oder Dseren, Procapra gutturosa Pallas erwerben. Später schenkte uns die genannte Firma für weitere Untersuchungen noch den Kopf eines alten männlichen Tieres mit den Schlund- \ organen. Leider war über Herkunft und Ort der Erlegung der Tiere nichts in Erfah- rung zu bringen. Im Angebot waren sie als „Tibetanische“ Gazellen bezeichnet worden, wobei aber offensichtlich eine anfängliche Fehlbestimmung als „Tibet- Antilope, Tschiru oder Orongo“ (Pantholops hogsoni (Abel)), eine Rolle gespielt hat, da beide Tiere etwa Damhirschgröße besitzen. Abb. 1. Kopf des Bockes der großen Kropfgazelle im Winterkleid, von der Seite und von vorn. Farb- und Haarkleidmaske von Kopf und Hals wird vermutlich beim Imponiergehaben in der Brunst zur Geltung gebracht. Original. 2 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 79 Nach dieser unbestimmten Herkunftsangabe war anzunehmen, daß es sich bei diesen Stücken wohl um die östliche Form der großen Kropfgazelle (Procapra gutturosa guttorosa) handelte, die Parıas 1777 vom oberen Onon (s. Karte) beschrieben hat, wo sie aber nach RAnpe (1862) schon in der Mitte des vorigen Jahrhunderts auf ihren großen Wanderungen, die im Frühwinter beginnen, nicht mehr auftraten. Dieser Autor gibt jedoch noch für ihr nordöstliches Auftreten das Tal des Urulungui an, eines linken Nebenflusses des Argun. Die Gazelle dringt also nie bis zum Westabhang des Chingan und in die Mandschurei vor. Die Gegend um das Tarei-Nor-Gebiet wird noch von RAnpe als bevor- zugter Winteraufenthalt angegeben. Aus der mittleren Mongolei, nördlich von Uljassutai, jenseits der Pässe der Tarbagatai- kette des Changaigebirges liegen von dem Arzt F. Ossenpowskı eine Reihe beachtenswerter Beobach- tungen über die große Kropfgazelle aus dem Gebiet des Adair-Tales im Flußgebiet zwischen Selenga und Orchon auf seinem Reiseweg nach Urga vor. Er schildert dabei ein eigentümliches Fluchtverhalten der Kropfgazelle, das ihre Erlegung begünstigt und auf das ich weiter unten noch näher eingehen werde. Als solchermaßen nicht schwer zu erlegendes Tier dient dieses, wie schon ältere Autoren berichten, den eingeborenen Mongolen bevorzugt als Jagdtier und Fleischlieferant. Die nur den Böcken eigentümlichen Hörner stellen dabei außerdem ein begehrtes Handelsobjekt für die Chinesen dar. Nach einer brieflichen Mitteilung von K. Zimmermann werden heute leider die Kropfgazellen, wie er selbst erlebte, vom Jeep aus gejagt. Ihr oben erwähntes Fluchtverhalten, das sie parallel zur Fahrt- richtung des Wagens mit dahinstürmen läßt, erleichtert dies nicht nur, sondern ermöglicht und erleichtert gleichzeitig die Erlegung von größeren Mengen des Tieres. So dürften auch die in unseren Besitz gelangten Tiere einer solchen Massenerlegung entstammen, die einen Wildfleischexport durch ihren Umfang selbst über größere Entfernungen erst lukrativ erscheinen läßt. Da nach Angabe der Liefer- firma der Bezug über China erfolgte, kann man weiterhin wohl annehmen, daß die Tiere aus dem Bereich der östlichen oder mittleren Mongolei stammen. Auch die an der Basis abgeschlagenen Hörner der Böcke stehen vermutlich mit dem eben erwähnten chinesischen Interesse an diesen im Zusammenhang.! Nun hat Hoıuıster 1913 aus der 1912 von Lyman in der westlichen Mongolei am Süd- rand des russischen Altai in der Suok-Ebene gesammelten Ausbeute eine besondere Form der großen Kropfgazelle als Procapra gutturosa altaica beschrieben. Sie besitzt gegenüber der östlichen Form im Sommerfell auf Rücken und im Gesicht eine intensivere braune und ockerbraune Färbung sowie einen breiteren Schädel und größere Backenzähne. Er nimmt für diese Form als Verbreitungsgebiet die ganze östliche Mongolei an, also nicht nur das abflußlose Gebiet zwischen russischem und mongolischem Altai (dem Ektagh-Altai), sondern auch die südlich anschließende Dsungarei bis zum Tienschan, ein Areal, das dem Verbreitungsgebiet der geographischen Form sairensis Lydekker der kleinen Kropf- gazelle (Gazella subgutturosa Güldenstedt) entspricht. Als Grenze zur östlichen Form vom Procapra nimmt er den Gobi-Altai, die Fortsetzung des Ektagh-Altai, an. Doch ist wohl hier vor allem auch das wesentlich höhere nördlich davon gelegene Changai-Gebirge zu nennen, das die Wasserscheide zum nordöstlichen Selenga- und Orchon-Flußsystem in Richtung auf den Baikalsee darstellt, und an das sich weiter nach Osten das Kerulen-, Onon- und Argun-Flußsystem mit Abfluß zum Amur anschließt. Aus ersteren stammen die Beobachtungen von Össenpowskı, aus letzteren die Angaben von RADDE. ELLERMANN/MOoRRISoN-ScoTT gibt weiter als Verbreitungsgebiet die ganze innere und äußere Mongolei bis zum Südrand, einschließlich von Nord-Kansu, sowie ein vermutlich früheres Vorkommen im Norden der chinesischen Provinz Tchili (= Hope) an. Dies betrifft wohl vor allem die mehr diffuse Verteilung der Tiere während des Sommers. Mit Beginn des Winters treibt die Kälte die Tiere aus dem zentralen Gobi. Im Verlauf der sich dabei ergebenden, hauptsächlich in nördlicher und NE-Richtung erfolgenden Wanderungen (RAppe) kommt es zur Bildung von anfangs losen Verbänden und schließlich zu großen herdenartigen Massierungen. Ossenpowskı berichtet von solchen von mehreren 1000 Stück. Das Gewicht der an das Stuttgarter Museum gelangten Tiere betrug ausgeweidet für den Bock 29,6 kg, die Ziege 25,1 kg, das Jungtier 18,1 kg. Lineare Größenabmes- sungen sind aus Tabelle I zu entnehmen, wobei darauf aufmerksam gemacht wird, daß sich die Angaben auf Maße an den Fellen beziehen, also nur entsprechend bedingt beurteilt werden müssen. 1 Das Fehlen des Kopfschmuckes und der Umstand, daß vor dem Einfrieren Hals und Extremi- täten (wohl aus Raumersparnisgründen für den Transport) eng an den Rumpf geschnürt waren, sowie die starke, die eigentliche Färbung weitgehend verdeckende Verschmutzung, dürfte ein Grund für die erwähnte Fehlbestimmung sein. Sind doch die Pantholops-Gazellen gegenüber den Kropfgazellen weniger bräunlich als vielmehr schmutzig-silbergrau gefärbt und besitzen ebenfalls einen aufgetriebenen Nasenrücken. Nr. 79/3 KLEINSCHMIDT, ÜBER DIE GROSSE MONGOLISCHE KROPFGAZELLE 1961 "ouegeyp UOA JorgaZusjsn/y “Tenssefjp) UOA Jolgan) :T5foduoy-MN — 'nyıeg pun usypny) ‘reuepy :Teıedunsl] I9p pueipng ;Tuey)) pun unsyoL ‘uepan] wn :uopoqure]-AN (q — 'ueyew-epye] uBjoy) uoA ypınsom sıq elıec] -UOWSHUOPS], “OIIEY-ION-GOT “yFer-uiyy Sıq yser-umy :suaypoquue] sap PUBIPNS ‘Gag L-N) JON-unmyy wnz sıg weprez “ION -nyny-M "ga -ueipsuen nsueyy- A (e :9I0Iq59 TrIq '(T68T) NNYWHAT 'O eu ZunargeA uaınzjzeıy2g aJy29ıyU2S myspemszıg sniaf snumopg snppwo) ‘ıepawolg “Juagj-yong — 'dAy '00[ stars] ‘12IsI[[o Pomp psoinm3 nıdvoo4g — uayun sIypa1 peu uago syurp uoy 'g — '(IXaL 'I3A) IISMoaNassQ U0A Prgqasssunnpegoog :UoWpIQ pun eZU[2S USUDSImMZz >flaFg USPpIOq arqy ‘(104 ıyaur Jypru onay 1ory Jwwoy ojjozen) aıp) 2221 SYTıvg 'd4 '90] :uOoUQ UIS[yIUL we story Joqnıec] "Ur sapıqa3sZunnsıgto‘ SEP IN WI usZunıspuey UalpILLJurm 1ap Zunnpry aIp (2981) aaavy peu uaga3 aflofd 9 FIq 'sejfed Psoınynd psoinm3 vıdoooıg — Uayun syur peu uogo sypar vo T UAINFFRA yag aZeıyag :ajjaze3ydo1y "SUAISETENNUSZ, USJOIGSZUSISH) UP UT SIepauIoıl] uUapjIM sap pun oyppze3jdory uagj013 19p ZunyreiggaA "2 '4qV 4 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 79 Tabelle 1. Längenmaße der Tiere. (Am Fell gemessen!) 1. Gesamtlänge (Nase—Schwanzspitze) 5 Be: 129 2. Rumpflänge (Wiederrist—Schwanzspitze) . . . 2... 79,5 SsSchwanzlangene el ee Aa 8 4. Größter sagittaler Ealsdurehnesser (&5r Kehlkopf) 10 5. Großer Leibesumfang I A 70 6. Vorderlaufhöhe ee ine 60 7. Freie Vorderlauflänge allin . . . 2. 2. 2 2 2 22.0. 40 8. Hinterlaufhöhe (Kruppe—Hufspitzen) . ..... 79 9, Freie Hinterlauflänge allein 47 Sämtliche Tiere tragen das winterliche Haarkleid mit Haarlängen bis zu 60 mm. In den einzelnen Körperregionen sind jedoch die Längen zum Teil recht ver- schieden. Eine Übersicht gibt Tabelle II. Nur im Gesicht auf dem unteren Abschnitt des Nasenrückens sowie an den Läufen sind die Haare relativ kurz und nur 5 bis 10 mm lang. Tabelle Il. Größte Haarlängen. Durchschnittsmaße in mm. (Ohne Berücksichtigung der einzelnen besonders langen Grannenhaare speziell an Bauch und Weichen!) juv. 1. an den Halsseiten und Vorderhals über dem ee 20 cm längs des Halses ee ee San 59 —60 40—50 35—45 Zu amW@InterkopfaundaNackene 2 ee 50 50-45 40 3. Backengegend, hinter dem Auge, unterhaib der Ohren (etwa in der Gegend des Unterkieferwinkels). .... . 45 40 30—-35 4. Rumpfseiten LE a A a Re) 45—50 45—50 5. Schwanz (die dunkieren Haare in der Mitte meist etwas Kürze) N ee 50 50 50 6. Rücken: Wiederrist N ee 30—35 30-—-35 35—40 Keruppe Pe N 35—40 35—40 35—40 KSRBauchz Viitteae ner ee re ME ME 30 30 35—40 Elankenn sr DEN N 55—60 50-55 40-45 Ein besonderes Haarmusterzeigt Kopfund VorderhalsdesBockes. Nicht nur, daß hier die Haare sehr verschiedene Länge besitzen, sondern ihre Anord- nung und ihr Haarstrich bilden mit der Färbung zusammen eine sehr eindrucksvolle Farb- und Haarkleidmaskierung, die vermutlich in der Brunst beim Imponiergehaben zur Geltung gebracht wird (Abb. 1). Das weibliche Tier zeigt in abgeschwächter Form ein ähnliches Bild. Beim Bock sind die kurzen Haare auf Lippen und Muffel silbergrau bis weißlich mit schwach gelblichem Ton. Der anfänglich schwächer, im oberen Abschnitt stärker gewölbte Nasenrücken besitzt ein ziemlich dunkles, rötlich-graubraunes Haarkleid, dessen Länge und Verwirbelung zur Stirne hin zunimmt. Auffällig abgesetzt liegt dar- unter vor den Augen ein heller weißgelber Fleck, dessen maskenartige Wirkung durch seine scharfe, geradlinige dunkle Begrenzung verstärkt wird, die vom vorderen Augen- winkel schräg abwärts zur Nasenöffnung streicht. Die strichförmigen schwarzen Lid- ränder und ein brauenartiges schmales dunkles Band vorn über dem Auge unterstreichen diese Wirkung noch mehr. Damit nicht genug: Vor dem Ohr zwischen Hornansatz und 1961 KLEINSCHMIDT, ÜBER DIE GROSSE MONGOLISCHE KROPFGAZELLE Nr. 79/5 Auge bilden 3—4 cm lange hellockergelb-sandfarbige Haare einen rosettenartigen Wirbel, dessen Haare radial nach allen Seiten ausstrahlen: Zum Auge, zum Horn- ansatz und zwischen die Hörner, wo sie sich mit dem vom Nasenrücken her aufwärts streichenden Haarstrom verwirbeln, um in der Schädelmitte und im Nacken eine kammartige Stehmähne zu bilden, die dann über den Hals zur Rückenlinie verstreicht. Die fast reinweißen, relativ kurzen, 10 cm langen Ohren heben sich gegen diese dunk- leren Haare deutlich ab. Direkt in der Richtung der Lidspalte liegen die Haare des rosettenartigen Wirbels glatt an. Unmittelbar darunter aber wölbt sich ein Haar- büschel fast 2,5 cm stark seitlich vor. Sein Haarstrich verläuft in den vorderen Partien schräg über die Wange abwärts, in seinen mittleren und hinteren Partien dagegen aber S-förmig in einem eleganten Bogen nach rückwärts und schwenkt in eine seitliche Halslinie hinter dem Kehlkopf ein. Seine letzten Partien stehen schließlich senkrecht zu dieser Linie. Gegen sie sind die strahlenförmig nach allen Seiten strebenden, bis 60 mm langen hellgelblichgrauen Haare der Kehlkopfregion gerichtet. Sie bilden hier am Vorderhals auf einer Strecke von 20 cm über dem Kehlkopf eine sowohl von der Seite wie von vorn gleichermaßen auffallende wulst- bzw. kropfartige Mähne. Gegen sie stößt außerdem der vom Kinn über die Kehle verlaufende Strich fast reinweißer Haare. Nach den Seiten strahlend und gegenläufig sich an der Kropfmähne auf- richtend, bilden sie hier einen weißen kragenförmigen Kehlschild. Den Ausgangs- punkt für diese auf und zwischen den Unterkieferrändern nach hinten streichenden Haare bilden Wirbel rechts und links neben der Maulspalte. Sie umgreifen die Kinn- spitze, die daraus als rundes Gebilde hervorsteht. Zwei ähnliche kleinere Wirbel, eben- falls nach vorn-unten eindrehend, stehen beiderseits unmittelbar über der Oberlippe und ein wenig rückwärts der Nüstern, so daß gewissermaßen beim Anblick von vorn um das Maul sich drei „Schnauzbärte“ präsentieren. Die Haarmähne über dem Kehlkopf, die an ihrem höchsten Punkt der beiderseits etwa hinter den Unterkieferwinkeln und dem weißen Kehlschild liegt — oben also eine Breite von etwa 18—20 cm hat —, verjüngt sich — von vorn gesehen — von beiden Seiten herzförmig zur Halsmitte. Der soeben beschriebene, besonders eindrucksvolle Winterhaarschmuck von Kopf und Hals dürfte das Brunstkleid darstellen. Fällt doch nach mehreren Autoren (SCHREBER u.a.) die Setzzeit in den Juni, so daß die Brunst durchaus für Anfang des Winters angenommen werden kann. Hierfür spricht auch, daß beim vorliegenden Bock das Scrotum groß und gut ausgebildet ist (Länge 15 cm, Breite am Ende 6—7 cm). Es ist, wie der ganze Unterbauch, im übrigen mit 3—4 cm langen, reinweißen Haaren bedeckt. Nach den Seiten und Flanken zu erhält das Weiß des Bauches sehr bald einen gelblichen Ton und geht immer mehr zum Rücken in ein dunkleres, wenn auch immer noch hell-sandfarbiges „Agouti“ über. Ein Aalstrich in der Rückenmitte ist nicht ausgebildet, sie wirkt lediglich durch leichte Verwirbelung dunkel. Doch erscheint der Abfall der Kruppe im ganzen dunkler gefärbt und als solche deutlich gegen den weißen Spiegel der Hinterseite abgesetzt. Die Mittelpartie der dunklen Kruppe läuft spitz zum Schwanz hin aus, dessen Rücken mit ebenfalls dunklen Haaren besetzt ist, die von den Seiten her von reinweißen Haarbüscheln teilweise bedeckt werden. Zwischen dunkler Kruppe und weißer Spiegelfläche verläuft eine schmale hellbraune Randzone. Die Vorderläufe sind in ihrer ganzen Länge, die Hinterläufe wesent- lich nur im unteren Abschnitt, vorn dunkel gegen die helle Rückseite abgesetzt. Der Halsrücken bzw. Nacken zeigt einen hell-sandfarbigen Ockerton auf seiner ganzen Länge, der gleichzeitig in den dunklen Rücken übergeht und scharf gegen das fahle, etwas ıötliche Blaugrau der Halsseiten abgesetzt ist. Die Haarspitzen der Kehlkopfgegend besitzen den gleichen Farbton, doch leuchtet in diesem Gebiet der helle STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Tabelle III. Schädelmaße. Nr. 79 (Craniometrie nach Ossorn [1912] und Marrın/SALLer [1957], soweit nicht anders angegeben.) 10. 11. 12. 18) 14. 118). 16. ie» 18. . Vertex-Länge Längen in mm rechts links a (Prosthion-Inion) . Basilar-Länge (Prosthion-Basion) . Schnauzen-Länge (Prosthion-Rostro- orbitale (RADDE)* .o.00. . mediale Länge der Nasenbeine . mediale Länge der Stirnbeine . mediale Länge der Scheitelbeine (bis zum Inion) . größter Abstand der Zwischenkiefer (Schnauzenbreite) . Stirnbreite (Abstand der Fronto-lacrimalia RAnppe) . größte orbitale Schädel- Breite (Abstand der Occipito-orbitalia*) Schädel-Breite (unmittel- bar hinter den Orbitae RADDE) größte Hirnkapsel-Breite (Abstand von Euryon zu Euryon) Breite beider Nasenbeine a) ander Basis (Abstand der Fronto-nasalia) . b) maximale Breite Hinterhauptloch-Breite Hinterhauptloch-Höhe (Basion-Opisthion) größte Unterkiefer-Länge (Infradentale-Condylion INEHRKORN/ÖsBORN) Unterkieferkörper-Länge (Infradentale-Gonion) .. größte Unterkiefer- Symphysen-Länge (Infradentale-Gonion)** Unterkieferast-Höhe a) vordere (= muscularis) (Gonion-Coronion).. b) hintere (= Gelenk-Höhe) (Gonion-Condylion) . ad.sen. 52,8 ca.82.(!) (113,5) 68,7 68 34,3 38 19,8 (20,1) 218 208 (!) 34,9 (!) 115 (!) Ra) Museum Stuttgart . 1. dan Do ad. 2. ei 69 107,5 | 103,5 70,6 61 65,6| 63 35,5 27 38 33 (in der Mitte) | Mitte) 20,5 18 119),8 17.3 216 206 216 207 200 201 192 22,4 23 104,5 105 103 73, 74 74 37,9 60,3 90 61,8 62,9 38 32 (in der |(am Beginn des letzten Viertels) 19,1 19 164 91,5 60,5 106 67 66 30 18 19 198 101 nach RAppe 1862 2.4 101 64 66 23 20 191 22 110 30 106 70,5) 66,5 19 18 191 111 4. 106 34 20 2 juv. 61 46 58 88 64 63 25 19 18 153 17 89 1961 KLEINSCHMIDT, ÜBER DIE GROSSE MONGOLISCHE KROPFGAZELLE Nr. 79/7 Farbton der Haarschäfte und Basis durch. Überhaupt ist das Unterhaar überall durch- weg heller und einheitlich in einem gelblichen Grau gehalten mit Ausnahme der rein- weiß behaarten Körperteile. Die Ziege ist im ganzen viel fahler gefärbt, zeigt aber in den einzelnen Körper- abschnitten entsprechend differente Farbwerte wie der Bock. Lediglich die Halstracht ist schlichter und im gesamten Bereich des Halses gleichmäßig hell wie die seitlichen Rückenpartien gefärbt. Das Jungtier ist wieder etwas dunkler und nimmt in seinen Farbwerten etwa die Mitte zwischen Bock und Ziege ein. Ohne einen Vergleich mit anderen Tieren kann auf eine Zugehörigkeit zu einer bestimmten geographischen Form natürlich nicht geschlossen werden. Die Beschrei- bung der westlichen Form altaica von Horwnıster bezieht sich zudem auf das kurz- haarige Sommerkleid, das von ihm im ganzen als dunkler gefärbt angegeben wird. Leider sind die Angaben von Horwnister in seiner Originalbeschreibung von 1913 auch hinsichtlich der Größenangaben am Schädel („Schädel breiter, Backenzähne größer, Hörner weiter gespreizt“) nur allgemein gehalten. Ich stelle daher die von RAppe (1862) mitgeteilten Schädelmaße aus der Ostmongolei denen unserer Tiere in Tabelle III gegenüber. Hiernach sind unsere beiden Böcke (vorzüglich 3 Nr. 1, s. Tabelle III) durch- gehend größer als das größte Stück von RAppe. Wenn auch die Vergleichsbasis viel zu klein ist, zeigen die Breitenmaße aber doch beachtliche Differenzen. Man kann die Stücke als Maxima der östlichen Form ansehen. Nun machte ich oben bei der all- gemeinen Erörterung über die Verbreitung im Gebiet dieser Form darauf aufmerksam, daß die Flußsysteme von Selenga + Orchon einerseits und von Kerulen + Onon + Argun andererseits deutlich getrennte Abwässerungsbereiche darstellen. Falls die Wasserscheide zwischen beiden eine genügende Trennungslinie für die beiderseitigen Gazellenpopulationen darstellt, wäre es denkbar, daß die Tiere aus dem Selenga- Orchon-Bereich hinsichtlich ihrer geographischen Variation eine Mittelstellung zwischen altaica im Westen und gutturosa im Osten einnehmen. Die vorliegenden Stücke könnten hierfür ein Hinweis sein — wenn ihre genaue Herkunft bekannt wäre! Eine Ent- scheidung darüber ist allerdings nur durch genauere Kenntnis umfangreicheren Mate- rials aus den Populationen der drei Hauptgebiete der äußeren Mongolei herbei- zuführen. Eine besondere Aufmerksamkeit verdiente nun aber die die Art kennzeichnende starke Vorwölbung der Kehlkopfgegend, die beim männlichen Tier noch besonders auffällig verstärkt erscheint und die den Eindruck einer strumösen kropfartigen Ge- schwulst macht.? 2 Sie ist um sehr vieles größer als die ähnliche Erscheinung bei der kleinen Kropfgazelle (Gazella subgutturosa Güldenstedt), deren Verbreitungsgebiet sich mit dem der großen Kropfgazelle deckt, aber außerdem darüber hinaus sich bis weit nach Vorderasien erstreckt. Sie bildet im ganzen in diesem Bereich sechs geographische Formen aus, innerhalb der äußeren und inneren Mongolei jedoch nur zwei, die sich, wie oben angedeutet, mit den Gebieten der Form altaica und gutturosa der großen Kropf- gazelle wohl annähernd decken. Anmerkungen zu Tabelle III ® Craniometrische Meßpunkte an der Orbita: a. Rostro-orbitale = vorderer Randpunkt der Orbita; b. Medio-orbitale = tiefster Randpunkt der Orbita (= Orbitale der Anthropologen); c. Occipito- orbitale = hinterster Randpunkt der Orbita: NEHRKORN/Ossorn — Meßpunkt für vordere und hintere Schädellänge! #®= Symphysen-Längen: a. obere — Infradentale-Linguale; b. mittlere = Infradentale-Genion (meist die maximale); c. untere = Infradentale-Gnathion (= Kinnhöhe der Anthropologen). #®= Die beiden Schädel unterscheiden sich nicht nur hinsichtlich des Abnutzungsgrades der Zahn- garnituren, sondern auch durch die Dicke des Schädeldaches: Das Parietale hat in der Mitte bei 1. & 6,0--6,4‘mm, 2. & 3,0—4,5 mm Dicke. 8 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 79 Die Grundlage dieses „Kropfes“ bildet allein der Kehlkopf bzw. in erster Linie dessen mächtig ausgebildeter Schildknorpel. Die Schilddrüse besitzt nur eine unbedeutende Größe. An der abgehäuteten Kopf-Hals-Region ist neben der Kehlkopf- prominenz außerdem noch ein deutliches Hervorragen der Zungenbeingegend fest- zustellen. 2 1 Abb. 3. Kopf und Hals der männlichen großen Kropfgazelle. Abgehäutet, Ansicht von der rechten Seite. KusE phot. 1. Zungenbeinvorwölbung (Prominentia hyoidea). 2. Kehlkopfvorwölbung (Prominentia laryngea). Die freigelegte vordere Halsmuskulatur zeigt gegenüber dem sonst bei Wiederkäuern üblichen Verhalten die Besonderheit, daß ein deutlich ausgeprägter Schildknorpel-Zungenbeinmuskel vorhanden ist, der den Wiederkäuern in der Regel fehlt. Auch bei Procapra bildet der Brustbein-Zungenbeinmuskel mit dem Brustbein- Schildknoıpelmuskel am Brustbein zunächst eine gemeinsame Muskelmasse. Ein Stück 3 4 7 8 1 O2: 5 Abb. 4. Wie Abb. 3. Darstellung der vorderen Halsmuskulatur. Ansicht von der linken Seite. Kuse phot. 1. Schildknorpel (Cart. thyreoidea). 2. Vorwölbung des Ringknorpels (Prom. cricoidea). 3. Brust- bein-Unterkiefermuskel (M. sternomandibularis). 4. Schultermuskel (M. omohyoideus). 5. Ge- meinsame Wurzel von 6. und 7. 6. Brustbein-Schildknorpelmuskel (M. sternothyreoideus). 7. Brustbein-Zungenbeinmuskel (M. sternohyoideus). 8. (!) Schildknorpel-Zungenbeinmuskel (M. thyreohyoideus). 9. Pars thyreoidea der Schlundmuskulatur. 10. Pars cricoidea der Schlund- muskulatur. 11. Proc. jugularis des Schädels. 1961 KLEINSCHMIDT, ÜBER DIE GROSSE MONGOLISCHE KROPFGAZELLE Nr. 79/9 Abb. 5. Wie Abb. 4. Ansicht von vorn unten. Kuse phot. 1. Prominentia hyoidea. 2. Vorwölbung unter dem Epiglottis-Fuß und dem anschließenden cranialsten Teil des Kehlkopfhohlraums (= Fovea centralis) hier sichtbare äußere bindegewebige Verbindung = die Membrana thyreoepiglottica. 3. Schildknorpel (Cartilg. thyreoidea). 4. Ring-Schildknorpelmuskel (M. cricothyreoideus). 5. Luftröhre (Trachea). 6. M. sternomandibularis. 7. M. sternohyoideus. 8 M.thyreohyoideus (!). 9. M. sternothyreoideus. 11. Gemeinsame Wurzel von 8. und 10. vor dem Unterrand des Schildknorpels trennen sich beide. Der Brustbein-Schildknorpel- muskel heftet noimalerweise bei den Wiederkäuern dann breit am Unterrand des Schildknorpels an. Bei Procapra zieht er dorsal noch ein ganzes Stück auf die Fläche der beiderseitigen Knorpelplatten weiter, und zwar zu einer diese von dorso-cranial nach ventro-caudal diagonal überschneidenden Linie, die ganz dem Verlauf der bei den Primaten bekannten Linea obliqua des Schildknorpels entspricht. Die dorsalen Teile des Muskels überdecken dabei einen nicht unwesentlichen Teil des am Schildknorpel. anheftenden Teils der Schlundmuskulatur, wobei offensichtlich auch ein gewisser Faser- austausch zwischen beiden Muskeln stattfindet. Besteht bei den Wiederkäuern weiter nach cranial keinerlei Muskelverbindung zum Zungenbein, nimmt bei Procapra ein regelrechter breitflächiger Schildknorpel-Zungenbeinmuskel von der deutlich duıch sehniges Bindegewebe sich abzeichnenden Linea obliqua seinen Ausgang. Diese Besonderheit steht vermutlich in irgendeinem Zusammenhang mit der enormen Kehlkopf-Schildknorpelgıöße. Doch dürfte es schwer fallen, dafür im einzelnen eine Ursache anzugeben, da wir sowohl einerseits über die Biologie dieses Tieres an sich viel zu wenig, als auch andererseits über die besondere Funktion und Bedeutung des riesigen Kehlkopfs übeıhaupt nichts wissen und somit nur auf Vermutungen an- gewiesen sind. Tabelle IV. Vordere Halsmuskulatur der männlichen Kropfgazelle. Länge Breite größter in cm Durchmesser links rechts links rechts links rechts 1. Brustbein-Unterkiefer- Muskel M. sternomandibularis ........... 55,1 51,5 2,8 2,5 (2,3) (2,4) 2. Halswirbel-Zungenbein-Muskel Meaxomohayadeusi ae en 54,2 61,0 3,0 3,0 (1,3) (1,3) 3. Brustbein-Zungenbein-Muskel M. sternohöyoideus a))SstennalerBontons Pe 35,0 34,0 2,0 2,0 A (az) b)hyardalerPortione Sen en. 2,95 32 1,0 1,3 (0,8) (0,8) 4. Schildknorpel-Zungenbein-Muskel M. thyreohyoideus (!) ............ 14,9 14,2 0,75 1,0 (0,75) | (0,75) 10 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 79 Außer dem Umstand, daß der Schulter-Zungenbeinmuskel seinen Ursprung ledig- lich von den Seitenfortsätzen des 3.—5. Halswirbels nimmt, also eigentlich kein Musc. „omohyoideus“, sondern ein Musc. „cervicohyoideus“ ist, sind keine besonderen Fest- stellungen an der vorderen Halsmuskulatur mehr zu treffen. Über deren Größenver- hältnisse orientiert die Tab. IV. Nach Abtragung der vorderen Halsmuskulatur tritt der Schlundkopf mit dem ihn nach vorn abschließenden übergroßen Kehlkopf eindringlich hervor. Nach Ablösung vom Schädel bietet sich das in Abbildung 6 wiedergegebene Bild. Durch die maximale Streckung des Kopfes im Hinterhauptsgelenk ist der Mundboden weit vor- gezogen und damit auch die Promine'tia hyoidea, der Vorsprung des basalen Zungenbeins. Aboral von ihm etwas höher liegt die deutlich sich abzeichnende Promi- nenz der Kehldeckel-Basis (vgl.hierzu Abb.6,7; Abb.5,2; Abb.9, unter 14 bis 17). Der obere Rand des Schildknorpels liegt 4,5 cm (!) weiter zurück, darüber, schräg nach oben gegen das Cornu hyoideum des Schildknorpels weisend, der große untere Zungenbeinast (Thyreohyoid, Abb.6, 10). Zwischen diesem und dem flachen, steil aufragenden mittleren Zungenbeinast (Stylohyoid, Abb. 6, 9) zieht, sich stark ver- jüngend, der den größten Teil der mittleren rückwärtigen und seitlichen Wand des Schlundkopfs bildende Musc. hyopharyngicus zum untern Zungenbeinast und auf die basale Zungenbeinprominenz zu. Dorso-caudal überdeckt ihn der aborale Anteil des Schlundkopfschnürers: der M. thyreopharyngicus, cricopha- ryngicus und von diesem im Bereich der Trachea noch ausstrahlende Fasern (s. Abb. 6, 12—14). Ihre Größe und topographische Lage ist wieder beeinflußt durch die Größe des Kehlkopfes. Vor dem mittleren Zungenbeinast liegen die wesentlich schwächeren Teile des oralen Schlundkopfschnürers M. palatopharyngicus und M. pterygopharyngicus. Abb. 6. Schlund- und Kehlorgane der männlichen großen Kropfgazelle vom Schädel abgetrennt. Ansicht von außen. Original. 1. Harter Gaumen. 2. Zunge. 3. Kinn-Zungenbeinmuskel (M. geniohyoideus). 4. Maulblase (Bursa faucium). 5. Plica glossopalatina. 6. Prominentia hyoidea. 7. Kehldeckelfuß (Prominentia epiglottica); daran anschließend, zum Schildknorpeloberrand ziehend, die hier stark gedehnte derbe Membrana thyreoepiglottica (vgl. Abb. 5, 2) (unter ihr liegt die fovea centralis, siehe Abb. 9, 17). 8a. Schild- knorpel (Cartilago thyreoidea). 8b. Ringknorpel (Cartilago cricoidea). 9. Mittlerer Zungenbeinast (Styleohyoid). 10. Großer Zungenbeinast (Thyreohyoid). — Zwischen 5. und 9. der orale, vordere Schlundschnürer (Constrictor pharyngis superior) (M. palato- und pterygopharyngicus). 11. Mittlerer Schlundschnürer (M. constrictor pharyngis medius = M. hykopharyngicus). 12.—14. Aboraler hin- terer Schlundschnürer (M. constrictor pharyngis inferior), bestehend aus: a) 12. M. thyreopharyngicus, 13. M. cricopharyngicus, b) 14. „M. tracheopharyngicus“ = Fasern, die zu den oberen Trachearingen ziehen. 15. Speiseröhre (Oesophagus). 16. Luftröhre (Trachea). 17. Sinus tympanicus. (Der Nervus glossopharyngeus ist nach vorn zwischen Zungenkörper und Maulblase geschlagen.) 1961 KLEINSCHMIDT, ÜBER DIE GROSSE MONGOLISCHE KROPFGAZELLE Nr. 79/11 Am höchsten dorsalen Punkt des Pharynx wölbt sich beiderseits als seiltlich-blasiger Anhang (30—30—25 mm groß) ein Diverticulum tympanicum unter dem oberen Teil des mittleren Zungenbeinastes hervor bis zum proc. jugularis des Schädels, sich an dessen ganzer Vorderkante anlegend. Der längs des Hinterrandes des mittleren Zungenbeinastes herabziehende Nervus glossopharyngeus ist in der Abb. 8 nach vorn umgeschlagen dargestellt. Kurz sei hier auch der Schilddrüse Erwähnung getan. Sie fand sich beider- seits rechts und links neben der unteren vorderen Kante des Schildknorpels. Sie hatte beim Bock nur eine Größe von: Länge: r. 3,25/1. 2,95 mm; Breite: r. 16,0/l. 13,5 mm; Dicke: r. 3,0/1. 3,0 mm. Imponierend ist aber ohne Zweifel der gewaltige Kehlkopf. Seine Abmes- sungen im einzelnen gibt die Tabelle V wieder. Die beiden Platten des Schild- knorpels stchen fast parallel. Sie stoßen vorn nicht in einsm spitzen Winkel zu- sammen, sonde:n die ventrale Vorderseite des Knoipels stellt eine 3 cm breite ebene Fläche dar (Abb. 5, 3), deren Seiten in der Mitte eine Einschnürung aufweisen und deren caudaler Hinteriand schwach bogenförmig gegabelt in zwei seitliche Spitzen 4 3 Du Abb. 7. Schädel der männlichen großen Kropfgazelle, Unterkiefer entfernt, Zunge herab- gebogen, damit im Mundspalt 1. de Maulblase (Bursa faucium) besser sichtbar wird. 2. Zunge. 3. Ansatzfläche der an der Innenseite des Unterkiefers an- haftenden Muskulatur. 4. Prominentia laryngea. 5. Schlundkopf (Pharynx). 6. Der vom Ursprung gelöste Musc. stylohyoideus. 7. Mittlerer Zungenbeinast (Stylohyoid). 8. Recessus oder Sinus tympanicus des Schlundkopfes. 9. Processus jugularis des Schädels. 10. Muskulatur der Halswirbelsäule. KusE phot. 12 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 79 Tabelle V. Kehlkopfmaße. (Am zusammenhängenden, noch mit Muskeln und Schleimhäuten versehenen Präparat gemessen!) Tragelaphus scriptus Procapra gutturosa re] A. Abstand vom Zungenbein 1. Prominentia hyoidea — Prominentia (madıw)Bepiglottieas er ee: 13,0 9,5 6,0 — — 2. Ausprägung der Prom. epiglottica .. stark sehr nicht schwach | sehr gut B. Äußere Abmessungen des Kehlkopfes 3. Schildknorpel + Ringknorpel ohne Kehldeckel mediane Gesamtlänge ............ 112,0 82,0 60,0 47,5 48,5 4. Kehldeckel: (Epiglottis) mediane'cranio-caudale Länge ..... 66,0 50,0 40,0 30,0 ca. 27,0 5. Schildknorpel (C. thyreoidea) a) größte ventrale Länge ........ 95,0 63,0 47,5 21,0 47,0 b) größte dorso-ventrale Breite einer Seitenplatte ............ 79,0 50,0 37,0 ca. 39,0 ca. 41,0 6. Ringknorpel (C. cricoidea) a) äußerer dorso-ventraler cranial PB uxchmesser 72,0 44,0 37,0 27,0 42,0 caudal 26,0 b) dorsale Platte cranio-caudale Gesamtlänge .... 81,0 56,0 50,5 35,0 37.0 craniale Hauptplatte allein ..... 56,0 41,0 37,0 28,0 i caudaler Anhang ............ 25,0 15,0 13,5 7,0 fehlt c) ventrale cranio-caudale Länge .... 16,0 12,0 8,5 10,0 10,0 7. Wülste des Gießbeckenknorpels (C. arytdenoidea) a) äußere (dorsale) Länge ........ 34,5 23,5 al) 12,5 17,5 b) innere (ventrale) Länge ....... 51,5 (30,0) 25,5 22,0 26,0 C. Innere Abmessungen des Kehlkopfhohlraumes 8. Länge: Fovea centralis—caudales Ende der Ringknorpelplatte ...... 165,0 91,0 79,0 46,0 48,5 9. maximale dorso-ventrale Höhe a) am caudalen Ende des Kehl- koptemsanges 63,0 45,0 37,0 35,0 39,0 b) am caudalen Ende des Schild- knonpelss an 55,0 37,0 33,5 25,0 22,0 c) craniale Kante der Ringknorpel- platte zur Öffnung des medianen Schildknorpel-Diverticulum ... 55.0 40,0 35,0 — — 10. medianes Schildknorpel-Diverticulum (s. Abb. 9, 20) fehlt fehlt a) Öffnung, Durchmesser ....... 5,0 4,0 3,0 b) cranio-caudale Länge ........ 28,0 10,0 12,5 1961 KLEINSCHMIDT, ÜBER DIE GROSSE MONGOLISCHE KROPFGAZELLE Nr. 79 / 13 ausläuft, die rund 17 mm auseinanderstehen. Über der mittleren Einschnürung sind die Seitenwände des Knorpels, die, wie gesagt sehr steil gestellt sind, tief eingedellt. Aus diesen Vertiefungen verläuft rückwärts der daher an den Kantcn nur 5 mm starken Vorderplatte eine 9 mm tiefe Längsfurche nach hinten. Als beachtliche Überraschung hat das Vorhandensein einer Maulblase (Bursa faucium) in der Mundhöhle der männlichen großen Kropfgazellen zu gelten. Sie besteht in einer häutigen, blasigen Vorwölbung zwischen Gaumendach und Zungengrund vom weichen Gaumen, dem Velum palatinum, her. Der beachtlich weite Zugang liegt oberhalb des Gaumensegelbogens (Arcus veli palatini) im Bereich des Atemrachens des Schlundkopfes (Abb. 9 u. 10). Bisher ist eine derartige Maul-oderSchlundblasenurvom männlichen Kamel bekannt geworden. Und zwar hat man diese nur bei brünstigen älteren Tieren (erste Erwähnung in der Literatur bei A. OuLzArıus 1696) beobachtet, bei denen „eine große rothe Blase aus dem Hals hervorgestoßen wird, die wieder nachgezogen werden kann“, was unter dem beim Kamel üblichen Geröchel und Gebrüll vor sich geht. Offensichtlich findet sich die voll funktionstüchtige Ausbildung nur bei alten Kamelhengsten und wird auch da nur bei ganz bestimmten Situationen so weit aufgebläht, daß sie als rotdurchbluteter, dünnhäutiger Ballon aus dem Maul tritt. Der besten Kennerin der Ethologie der Camelidae, Frau Dr. PıLtErs-GAUTHIER, verdanke ich hierüber vielfach Hinweise. Genauere Vorstellungen über die Funktion der Maulblase bei Kamelen sind nach ihren Angaben zur Zeit noch unvollkommen. Im neueren anatomischen Schrifttum ist das Organ merkwürdigerweise fast unbekannt. Dabei liegt eine sehr eingehende Schilderung in einer lateinischen Dissertation aus Tübingen von Ch. A. GRUNDLER aus dem Jahr 1817 vor, die durch eine ebenfalls lateinische Dissertation von G. R. RıcHTER aus Königsberg (Preußen) von 1824 ergänzt wird.3 Später hat dann noch einmal etwas eingehender A. F. J. C. Mayer 1838 darüber berichtet. Neueres Schrifttum stammt vor allem aus Frankreich (An- gaben zum Teil nach PıLrers-GAuUTHIErR): M. F. Lesgre (1903), CH. CHAauver (1925), G. CuRrAsson (1947), E. J. Fınsert (1947), M. Y. CnuAarnor (1953 u. 1960). Lesgre erwähnt kurz alle wesentlichen Gebilde und stellt auch Erörterungen über die Funktion und die physiologische Bedeutung der Maul- blase im Zusammenhang mit der Brunst und dem Wasserhaushalt des Kamels als Wüstentier an. Bei den übrigen neueren Autoren spielt vor allem das letztere Problem eine Rolle. Frau PıLrers-GAUTHIER bemerkt brieflich, daß beim Kamel das Aufblasen des Kehl- sackes ohne Zweifel in der Brunstzeit zum Imponierverhalten gehört. Aber merkwürdiger- weise kann es bei intensiv sich animponierenden Hengsten fehlen, dagegen bei nur schwach erregten Tieren teilweise vorhanden sein. Es kommt zur Anwendung als Drohgeste zwischen Hengsten, wenn Stuten vorhanden sind, ob auch als Werbungsgeste gegenüber Stuten, ist ungewiß. Die Blase wirkt wohl vor allem optisch durch ihre, infolge intensiver Durchblutung, roten Erscheinung, wobei das ihr Ausstülpen begleitende Kollern und schnatternde Ausblasen von Luft die gleichzeitige akustische Begleitung liefert. Ferner verdienen in diesem Zusammenhang noch eine Reihe anderer Säugerarten genannt zu werden, die im Bereich der Luftwege aufblähbare Organe besitzen und die sie bei Erregung im Zusammenhang mit dem Brunstverhalten als Imponierorgan oder zu anderen Zwecken zum Einsatz bringen. Man kann zwei Gruppen unterscheiden je nach der Zugehörigkeit der betreffenden Organe zu einem bestimmten Abschnitt des Luftweges. Und zwar kommen hierfür einmal der Nasenraum una zum anderen der Hohlraum des Kehlkopfes in Frage. Im Bereich des Schlundkopfes existieren bei verschiedenen Tieren zwar auch eine Reihe von Anhängen, lufterfüllten Hohlräumen, die aber als ständig vorhandene hier nicht in Betracht kommen. Dies sind zum Beispiel die großen Diverticulae der tubae auditivae des Pferdes, die über dem Eingang zur Speiseröhre gelegene Rachentasche der Schweine und schließlich auch die Schleimhautauskleidungen der Hohlräume bestimmter Schädelknochen, des Keilbeins, des Stirnbeins und des Oberkiefers, deren Zugänge zum Teil bereits im Cavum nasi liegen. Zu derersten Gruppe gehören aufblähbare Wülsteaufdem Nasenrücken, der bei diesen Tieren hierfür eine größere Dehnbarkeit besitzt und entsprechende Querfalten im Dehnungsgebiet. Erstreckt sich die Dehnbarkeit auf einen größeren Abschnitt des Nasenrückens, so ist die Apertura nasi, die Nasenöffnung am Schädel, dadurch besonders groß gehalten, so daß die Nasenbeine sehr stark verkürzt sind, wie wir dies bei Rüsselträgern im Extremfall vorfinden. So ver- mögen die Rüsselrobben (Cystophorinae) ihren Nasenrücken zu länglichen, nach vorn aufgebogenen Wülsten aufzublasen. Die Klappmütze oder Blasenrobbe (Cystophora cristata Erxleben) stellt so ihre etwas weniger mächtige „Haube“ auf, während die See-Elefanten (Mirounga leonina L. und angui- rostis Gill) ziemlich große rüsselförmige Gebilde aufblähen können. Ganz ähnlich verfährt die Saiga- 3 Bei SCHREBER/WAGNER (1837, Bd. V, 2 p 1725) findet sich eine fast vollständige, sehr gute Übersetzung der Beschreibung von GRUNDLER und RICHTER. 14 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 79 Antilope (Saiga tartarica L.), die ebenfalls ihren, im Ruhestand schon verdickten, mit Querfalten ver- sehenen Nasenrücken rüsselartig auszuweiten vermag. Die Speke’s-Gazelle (Gazella spekei Blyth) da- gegen vermag dies nur im unteren Abschnitt des Nasenrückens zu tun, den sie zu einem gummiball- großen Gebilde aufblasen kann (WALTER 1958). Gerade die beiden zuletzt genannten Fälle verdienen hier besondere Beachtung. Handelt es sich doch ebenfalls um Gazellen, die in ariden Biotopen vor- kommen: Die Saiga von der Westmongolei bis nach Südrußland, die Speke’s-Gazelle im Innern von Somaliland. Das letztere stellt ein besonders auffälliges Extrem im Zeigen eines Signals unter den Antilopen dar, deren allgemein vielfältiges Kampf- und Paarungsverhalten neuerdings WALTER 1958 aufgezeigt hat. Zur zweiten Gruppe gehören die in sehr vielfältiger Form auftretenden häutigen accesso- rischen Nebenräumeund Ausweitungen des Kehlkopfes, wie sie vor allen Dingen in extremer Form bei Primaten vorkommen. Diese stehen dort in erster Linie im Dienste der Laut- gebung. Vielleicht haben sie aber auch, falls sie im aufgeblasenen Zustand im Äußeren sichtbar werden, auch einen optischen Wert, wie zum Beispiel beim Orang, ähnlich etwa wie die als Drohgeste aufge- blasenen Backentaschen der Hamster. Doch ist bisher hierüber noch nichts bekannt geworden. Ein der Maulblase bei Kamel und großer Kropfgazelle vergleichbares Organ, eine willkürlich nach außen aufblähbare dünnhäutige Blase, kommt meines Wissens nur noch bei der schon oben innerhalb der ersten Gruppe genannten Klappmütze (C'ystophora cristata Erxlb.) vor. Jedoch mit einem Unter- schied: nicht aus der Mundhöhle, sondern aus einem Nasenloch treibt dieses Tier in der Erregung eine derartige rotdurchblutete Blase hervor. Näheres hierüber findet man bei Monr (1952 u. 1956) sowie bei Euzers/Sıerts/Monr (1958). Diese 3 Fälle bilden damit gewissermaßen eine dritte Gruppe der aufblähbaren Organe. Für einen häutigen Sack — ohne feste Wandstützen, die sein Lumen ständig offen halten — ist logischerweise das Einblasen von Luft zum Aufblähen die primäre Voraussetzung für einen in allen Fällen sich dann immer erst sekundär er- gebenden biologischen Wirk- oder Nutzeffekt, gleich ob dieser opti- scher oder akustischer Art ist.‘ Im ersten Fall wird er in der Regel irgendeine Rolle als „Imponierorgan“ spielen, im anderen Fall als Resonator wirken. Die weitere Ver- vollkommnung läuft dann im einen Fall auf demonstrative Gestalt-Veränderungen (übersteigerte Größe oder plötzliches Entfalten von Farbflächen) hinaus, im anderen auf Modifizieren und Steigern von Laut- und Stimmäußerungen. Die Schlundblase ist bei der großen Kropfgazelle schon bei leicht ge- öffnetem Maul in der Tiefe der Mundhöhle über dem Wulst des basalen Zungen- körpers als ein, durch viele kleine Schleimhautfältchen runzliges, rundes Organ von blaugrauer Farbe zu erkennen. An dem in Abb. 7 wiedergegebenen Präparat ist zur besseren Demonstration der Unterkiefer vollständig herausgelöst, so daß von der Seite her die Blase als konischer Wulst zwischen Zunge und Mund- höhlen-Dach sich darbietet. 4 STARK und ScHnEIDER (1960) haben meines Erachtens diese Aufeinanderfolge in ihrer, meinem Empfinden nach nicht ganz sachlichen Kritik an meinen Ausführungen über Entwicklung und Funktion der Pongiden-Kehlsäcke (Kıeınscuhmior 1938a,b; 1959/60) zumindest in nicht genügend erkennbarer Weise beachtet. Ich habe mich durchaus nicht „bedenkenlos einer Ansicht von Fick angeschlossen“, sondern festgestellt, daß an den Kehlsäcken der Pongiden keinerlei Muskulatur oder mechanische Einrichtung nachweisbar ist, die eine aktive selbständige Weitstellung dieser Organe ermöglicht, also ein Ansaugen von Luft erlaube. Eindringen von Inspirationsluft ist mechanisch in die leeren Säcke jedenfalls praktisch nicht möglich — bleibt also nur Exspirationsluft übrig, die zur regelrechten Füllung aller &cessorischen Nebenräume ohne Wandstütze auch in den oberen Luftwegen allein fähig ist: sie werden aufgeblasen! Dort, wo die Wand durch Hartgebilde gestützt ist (z. B. hyoide Recessi), ist natürlich jederzeit auchäneVentilation von Inspirationsluft möglich, da derartige Hohlgebilde ja nicht extra aufgeblasen zu werden brauchen! Erst wenn die Gebilde mehr oder weniger luftgefüllt sind, können sie, wie STARCK und SCHNEIDER richtig bemerken, als Resonator wirken: wenn nämlich mit zunehmender Spannung die Wände steigende Schwingungsmöglichkeiten und damit Eigenfrequenz erhalten. Für die Ausbildung und Entwicklung der weitverzweigten und tief zwischen Brust- und selbst Schultermuskulatur hinabreichenden Organe ist entwicklungsmechanisch die Vorstellung eines Ein- pressens durch Aufblasen zunächst das Naheliegendste. Eine Verengung der natürlichen ‚Außen- öffnungen führt zu einer diesen Vorgang begünstigenden Drucksteigerung (durch „Luftstauung“). Eine selche kann aktiv willkürlich durch irgendwelche Verschlußaktionen (z. B. des Schlingrachens oder durch die Lippen) herbeigeführt werden, wie auch durch morphologische Gegebenheiten an bestimmten Engen gegeben sein. 1961 KLEINSCHMIDT, ÜBER DIE GROSSE MONGOLISCHE KROPFGAZELLE Nr. 79 / 15 Klappt man die Zunge noch weiter herunter, daß sie annähernd mit dem Gaumen in einer Ebene liegt, so bietet sich das Bild der Abb. 8 dar. Man erkennt hier deut- lich das Hervorwölben der Blase aus dem weichen Gaumen und ihre Lage- beziehungen zu den Gaumenbögen von der Mundhöhle her. Mit ihrer Basis auf dem Gaumensegel (Velum palatinum) sitzend, hängt sie gewissermaßen dann außerdem am Gaumendach. So ist aus Abb. 8 zu ersehen, wie aus der Mittel- linie des Gaumendaches eine besondere Schleimhautfalte zum Rücken der Blase herab- zieht. Ebenso sind seitliche Schleimhautfalten aus den oberen Abschnitten des Zungen- gaumenbogens (Arcus glossopalatinus) bzw. der beiderseitigen Zungengaumenfalten (Plicae glossopalatinae) festzustellen, die man wohl alle insgesamt als Plicae burs&a- palatinae bezeichnen kann (Abb. 8, 8). Diese Falten und ihre tiefere gewebliche Grund- lage fixieren das Organ in seiner Lage längs des Gaumens und halten damit die daruntergelegene Mundspalte von ihm frei. In der schmalen Bucht zwischen Gaumen und Blase (dem Sinus retrobursalis) findet sich im hinteren Winkel tonsilläres Gewebe einer Gaumendachmandel (Tonsilla veli palatini impar) (Abb. 11, 2). Ventral nach rückwärts erstreckt sich das Gaumensegel noch auf eine Länge von 2,5 cm bis zum Arcus veli palatine, dem Eingang zum Schlund. Der große Raum zwischen Maul- blase, Velum und Zungengrund ist auffällig. Er ist an den hier dargestellten Prä- paraten zwar bei der Fixierung durch Einführen von Wattetampons um einen ge- wissen Betrag gedehnt worden. Da wir dies hier aber im Museum in gleicher Weise bei fast allen uns vorkommenden Säugetieren vornehmen, besteht eine gute Ver- gleichsmöglichkeit. Die Weite am Zungengrund unter dem Gaumensegel scheint für das männliche Tier von Procapra typisch zu sein (vgl. hierzu auch Abb. 11). Auf die gleiche Weise werden in den Präparaten auch die seitlichen Mandel- buchten (Sinus tonsillares), im Winkel rechts und links neben der Basis der Gaumen- blase, gut sichtbar und darin die Längswülste der Gaumenmandeln (Tonsillae palatinae) mit ihren tiefen eigenen Längs-Sinus (Abb. 8, 9 u. 11). 4 6 7 8 4 | 9 5 3 7 1 3 2 Abb. 8 Maulblase; Zunge und Gaumen ganz weit auseinandergezogen. Zeigt die Aufhängung der Blase am Gaumendach. (Maßstab = 5 cm.) Kuse phot. 1. Maulblase (Bursa faucium veli palatini). 2. Gaumendach. 2a. Oberkiefer-Backenzahnreihen. 3. Linke Zungen-Gaumenfalte (Plica glossopalatina sinistra). — Darüber, mit dieser (in der Abb.) parallel lau- fend, die mittlere Gaumenblasenfalte (Plica bursapalatina medialis). 4. Rechte Zungen- Gaumenfalte (Plica glossopalatina dextra). 5. Zungengrund mit dem darübergelegenen Spalt des Aditus isthmi faucium über der Plica glossopalatina (vgl. die Übersicht auf S. 17). 6. Arcus veli palatini. 7. Rechte und linke Gaumenmandelbucht (Sinus tonsillares). 8 Seitliche Gaumenblasen- falten (Plicae bursae palatinae laterales). 9. Zungenkörper (Corpus linguae). 16 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 79 Die äußere starke Runzelung der Schleimhaut der Maulblase ist ohne Zweifel ein Hinweis auf ihre Dehnungsfähigkeit, die bestimmt noch etwas größer ist, als sie die vorliegenden abgebildeten Präparate zeigt. Ob diese bei Procapra so groß ist, daß sie wie beim Kamel als dünnhäutige Blase aus dem Maulspalt nach außen hervortreten kann, wage ich nicht zu entscheiden. An den beiden mir zur Ver- fügung stehenden Präparaten gelang jedenfalls eine weitere Ausdehnung nicht. Diese mit Gewalt zu erzwingen, wurde aus Gründen der Schonung unterlassen. Die Fixie- rung erfolgte in dem, in den verschiedenen Abbildungen, hier wiedergegebenen Zu- stand. Dabei zeigte sich, daß die innere Schleimhautauskleidung nicht entfernt die starke Fältelung aufwies wie die äußere (vgl. Abb. 9). Dieser Befund könnte auf eine geringere Dehnungsfähigkeit der Blase im ganzen hinweisen. Näheren Aufschluß erbringt vielleicht eine spätere histologische Untersuchung. Ehe ich zur Besprechung der Schlundkopfhöhle übergehe, muß noch der Nasen- raum erwähnt werden. Im Gegensatz zu anderen Antilopen besitzen Pantholops- und große Kropfgazellen? eine sehr starke Wölbung der gesamten Nasenpartie. Das heißt beide haben sie sehr große Nasenräume; es ist dies eine parallele Anpassung beider Tiere an die tiefen Wintertemperaturen des Festlandklimas in den zentralasiatischen Wüstengebieten. Die gleiche Erscheinung, die vermutlich adaptiv eine Bedeutung für Pr ö Nıda I TEE \ 18 19 20 21822 Abb. 9. Median-Sagittal-Schnitt durch die Schlund- und Kehlorgane der männlichen großen Kropf- gazelle (vgl. hierzu auch Abb. 10, 12 und 13). Original. 1. Harter Gaumen. 2. Zunge. 3. Kinn-Zungenbeinmuskel (M. geniohyoideus). 4. Maulblase (B. faucium). 5. Choane (Aditus ducti nasopharyngici). 6. Zugang (Ostium) zum 7. Sinus tympanicus. — Beiderseits vor den Ostia, speziell an den vorderen Abschnitten ihrer lateralen Lippen, vermehrtes Iymphatisches Gewebe = (paarige) Pharynxdach-Mandeln (Tonsillae pharyngicae). 8. Oberer Teil der Schlundkopfhöhle = Atemrachen (Pharynx respiratorius). — Der untere Teil, der Schlingrachen (Pha- rynx digestorius), liegt unterhalb des, über 14. beginnenden zu 9. ziehenden, mittleren und hinteren Ab- schnitts der Plica palatopharyngica. 9. Arcus palatopharyngicus, darunter Öffnung der 10. Speiseröhre (Oesophagus). 11. Plica glossopalatina. 12. Zungengrund. 13. Zugang zur Maulblase. 14. Schlund- enge (Isthmus faucium). 15. Kehldeckel (Epiglottis). 16. Zugang zum Kehlkopf (Aditus laryngis); darin die Schleimhautwülste der Gießbecken- und Körner-Knorpel (Cart. arytaenoidea und corniculata). 17. Fovea centralis. 18. Innerer Kehlkopfhohlraum. 19. Schildknorpel (Cart. thyreoidea), median durchschnittene Vorderkante (bzw. seiner medianen ventralen Platte). 20. Median in dieser Platte ge- legener Hohlraum (Diverticulum oder Ventriculus medialis thyreoideus), dessen kleine runde Öffnung vor der 21. Stimmfalte (Plica vocalis). 22. Ventraler (unterer) und dorsaler (oberer = Dorsalplatte) Durchschnitt durch den Ringknorpel (Cart. cricoidea). 5 Infolge der gewölbten Nase und des besonderen Baues der Keilbeinflügel und des Gaumenbeins und Flügelbeins (©. sphenoides palatinum und pterypoides) wirkt der Schädel der großen Kropfgazelle von der Seite her absolut schaf-ziegenartig (= Pro-,„capra“!). 1961 KLEINSCHMIDT, ÜBER DIE GROSSE MONGOLISCHE KROPFGAZELLE Nr. 79/17 das Vorwärmen der Atemluft hat, findet sich auch bei anderen Säugern in diesem Biotop, zum Beispiel beim Pızewalski-Pferd, dem Kiang und wohl auch bei den zentralasiatischen Hochgebirgsschafen, bei denen diese Eigentümlichkeit aller- dings nicht so in die Augen fällt, da die Ovicaprinae an sich (oder überhaupt) ge- wölbte Nasenpartien haben. Die knöchernen Choanenwandungen sind relativ weit nach hinten gezogen und besitzen auch eine ziemliche Breite (fast 3 cm). Die Verbindung zwischen dem Nasenraum und dem Schlundkopf (Ductus naso- pharyngicus) reicht somit an der Schädelbasis sehr weit nach rückwärts. Hier oben, vor dem ıelativ weiten Eingang (Ostium) zum seitlichen Sinustympanicus liegt auf beiden Seiten eine Anzahl schmaler Längsfalten und Wülste. Sie bilden an den lateralen Lippen der OÖstia, speziell an deren vorderen Abschnitten, zwei ge- trennte Bezirke tonsillaren Gewebes als sogenannte Pharynxdach-Mandeln (Tonsillae pharyngicae s. Abb. 9 bei Ziff. 6/7). Übersicht über die Verbindungen der Mundhöhle (Cavum oris) und der Nasenhöhle (Cavum nasi) einerseits, dem Schlundkopf (Cavum pharyngis) in der Mitte und dem Kehlkopfraum (Cavum laryngis) und der Speiseröhre (Oesophagus) auf der anderen Seite (Ziffer- und Buchstabenbezeichnungen beziehen sich Abb. 13): Von der Mundhöhle her: 1. Arcus glossopalatinus Aditus isthmi faucium über dem Zungengrund b) Plicae glossopalatinae Isthmus faucium Sinus tonsillares Vom Schlundkopf her: dem Atemrachen (Pharynx respiratorius): 2. „Arcus“ fornicis pharyngis | Aditus ducti naso- b) Plicae palatopharyngici, vordere (über den Keilbeinkörper) | pharyngici = Choanae (orgale) aufsteigende Schenkel (über den Keilbeinflügeln und den Flügelbeinen). 3. Arcus bursae faucium Aditus bursae faucium b) aufsteigende Schenkel der Plicae (veli palatini) palatopharyngici, aber in sie ein- getieft die f) Recessus bursae faucium. Vom Schlundkopf her: dem Schlingrachen (Pharynx digestorius): 4. Arcus veli palatini Aditus isthmi faucium wie vorig.: b und f. über der Plica glossoepig:ot- tica freier Epiglottisrandbogen Aditus laryngis von innen nach außen: Arytaenoid-Wülste ]) Recessi laterales e) Plicae laterales h) Recessi piriformes c) Plicae palatopharyngicae, Mittel- teile. g) „Sulci palatopharyngici“ 5. Arcus palatopharyngicus Aditus oesophagei c) Plicae palatopharyngicae, hinterer (aboraler) Abschnitt. Der eigentliche Choamenbogen (siehe hierzu obige Übersicht) („Arcus“ fornicis pharyngis) ist relativ spitzwinkelig. Die Fortsetzung des Bodens der Nasen- höhle endet nun im Arcus bursae faucium und stellt die obere Begrenzung des Ein- gangs in die Maulblase dar. Deren Boden wiederum läuft flach in die Rückwand des Velum palatinum, des Gaumensegels, aus. Die spezielle Schleimhaut der Maulblase zieht dabei ebenfalls ein ganzes Stück auf der Rückseite des Gaumensegels mit herab. 18 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 79 Abb. 10. Einblick in den auf der rechten Seite eröffneten Schlundkopf der männlichen großen Kropf- gazelle schräg von hinten (etwas schematisiert). Original. 1. Zunge. 2a. M. geniohyoideus. 2b. Prominentia hyoidea. 3a. Harter Gaumen. 4. Plica glosso- palatina. 5. Bursa faucium, Eingang (Aditus) unter 4. 6. Aditus isthmi faucium. 7. Arcus bursae faucium. 8. Arcus veli palatini. 9. Arcus palatopharyngicus. 10. Plica glossoepiglottica. 11. Plica palatopharyngica. 12. Plica lateralis. 13. Recessus bursae faucium. 14. Recessus lateralis. 15. Recessus piriformis — hintere Abteilung; die vordere (rechte) Abteilung ist hier in ihrer fast ganzen Ausdehnung unter dem Hinweisstrich von Ziffer 10 unterhalb der Epiglottis zu erkennen. 16. Epiglottis. 17. Pro- minentiae cartilag. arytaenoideae. 18. Oesophagus. 19. Trachea. 20a. Ostium zum 2Ob. Sinus tympanicus. Rechts und links bildet sie deutliche Seitenfalten, an die sich weiter seitlich Vertie- fungen, Recessi bursae faucium, anschließen. Es sind Bildungen, ähnlich wie die Recessi piriformes. Doch stehen sie mit diesen nicht in Verbindung, denn der Arcus veli palatini setzt sich seitlich in den Plicae palatopharyngicae als Abgrenzung zwischen oberem Atemrachen und unterem Schlingrachen fort und riegelt damit die Recessi bursae faucium nach unten hin ab. Ja, es liegen hier über dem Arcus eine Anzahl kräftiger Schleimhautfalten, die in einer leichten Nach-innen-Wölbung der Pharynxwand verstreichen. Auf der Außenseite dieser Wölbung liegt der mittlere Ast des Zungenbeins, das Stylohyale (Abb. 6, 9). (In der Abb. 9 verläuft diese etwa unter dem Hinweisstrich der Ziff. 8.) Diese schwache Einwärtswölbung unterteilt somit den Atemrachen in eine vordere orale und eine ıückwärtige aborale Hälfte. Die Plicapalatopharyngicae bilden am aboralen Ende über dem Ein- gang der Speiseröhre einen flachen Arcus palatopharyngicus. Er liegt vom Arcus veli palatini 10 cm weit entfeint. Bedingt ist die Länge dieser Strecke durch die Größe des Kehlkopfs. Der kleinste Abstand der beiden Falten liegt dicht hinter dem Kehl- deckel und beträgt 3 cm. Diese Maße beziehen sich selbstverständlich auf den hier in der Abb. 9 wiedergegebenen Zustand. Bei einem ganz bestimmten Kontraktionszustand bildet sich hinter den Plicae palatopharyngicae eine leichte Einsenkung zwischen dieser und der Schlundwand. Sie hebt sich dann als flache, deutlich erkennbare Rinne ab. Als Recessus-Bildung kann sie kaum bezeichnet werden. Auch hat sie keine Verbindung mit dem Resessus bursae faucium, gegen den sie nicht nur durch ziemlich derbe Querfalten getrennt ist, sondern neben dem sie auch in seinen unteren Abschnitten ein Stück parallel her- laufen kann (vgl. hierzu Abb. 12,2, und Abb. 13, g). 1961 KLEINSCHMIDT, ÜBER DIE GROSSE MONGOLISCHE KROPFGAZELLE Nr. 79/19 Abb. 11. Mediansagittal-Schnitte durch den Isthmus faucium der großen Kropfgazelle: A. des Bockes, B. der Ziege, C. des Jungtieres. Original. 1. Gaumendach. 2. Sinus retrobursalis zwischen Maulblase und Gaumen mit Gaumendach-Mandel (Tonsilla veli palatini impar). 2a. Bei der Ziege Längssinus im Tonsillargewebe der Gaumendach- Mandel; beim Jungtier an dieser Stelle keine ausgesprochene Mandelbildung, nur schwach entwickeltes Tonsillargewebe. 3. Zugang zur Nasenhöhle. 4. Gaumenblase. 5. Zugang zur Gaumenblase. 6. Zu- gang zur Schlundenge und weiter zum 7. Zungengrund zum hinteren Teil der Mundhöhle. 8. Durch- tritt zum vorderen Teil der Mundhöhle. 9. Gaumenmandel (Tonsilla palatina) in der seitlichen Mandel- bucht (Sinus tonsillaris). 10. Kehldeckelmandel (Tonsilla para-epiglottica). 20 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 79 Aus dem sich so zwischen Arcus velwwa palatini und Arcus palatopharyngicus er- streckenden langgezogenen Oval der Begrenzung des Schlingrachens ragt im vorliegenden Präparat der Kehldeckel in der Atmungsrachen empor (Abb. 9, 10 und 11a). Der Rücken des Kehldeckels läuft median in der Plica glossoepiglottica (s. Abb. 10, 10) in den Isthmus faucium hinab und trägt hier eine Anzahl Querrunzeln, die wie- derum eine Anhäufung Iympatisch-tonsillären Gewebes dasstellen und als „Tonsilla paraepiglottica“ angesprochen werden dürften. Seitlich senkt sich von der Plica glossoepiglottica, also vom „Rücken des Kehl- deckels“, der Recessus piriformis tief hinab (s. Abb. 10, 15), der sich bis zum Eingang der Speiseröhre lang hinzieht und durch eine Schwelle, deren Ursache das seitliche Ausladen des Kehldeckels ist, in eine vordere und hintere Abteilung unterteilt wird. Der hintere Abschnitt reicht seitlich weit zwischen die Innenflächen des Schildknorpels und die Basis des mächtigen Arytaenoidknorpels hinab. Die Länge des vorderen beträgt 27 mm, die des hinteren 60 mm und deren Tiefe 20—22 mm. Mit dieser großen Längsausdehnung speziell im hinteren aboralen Abschnitt geht die Verlängerung der Plicae laterales zwischen Kehldeckel und dem aboralen Endspalt des Kehlkopfeingangs einher. Sie besitzen eine Gesamtlänge von 110 mm. Ihr Verlauf ist dabei nicht ganz gradlinig. Schon gleich am Kehldeckel beschreiben sie eine doppelt gebogene Schlinge, ziehen dann 55 mm gradlinig nach rückwärts, um dann in einer etwa rechtwinkeligen Wendung und nach abermaliger Faltung sich zum Ende des Kehlkopfspalts nach oben zu wölben (s. hierzu Abb. 10, 12, Abb. 12, 6, auch Abb. 13e und Abb. 9, in der diese Falte allerdings nicht näher bezeichnet ist). Ihr Endpunkt liegt noch reichlich 10 mm vor der Öffnung der Speiseröhre. Abb. 12. Topographie der Schlund- und Kehlorgane der männlichen großen Kropfgazelle; Demon- stration der Schleimhautfalten des Pharynx und des Luft- und Speiseweges. Original. A. Luftweg. a) Zugang zum medialen Hohlraum in der Schildknorpel-Vorderwand. b) Zugang zur Maulblase. B. Speiseweg. 1. Seitlicher Recessus bursae faucium. 2. „Sulcus palatopharyngicus“ (siehe Übersicht auf S. 17) = flache rinnenförmige Furche, die sich mehr oder weniger ausgeprägt bei be- stimmtem Kontraktionszustand — speziell des Schlingrachens — zwischen Plica palatopharyngica (= 3) und der Schlundwand bildet. 4. Recessus piriformis. 5. Plica lateralis. 6. Recessus lateralis. 7. Vor- derer, aufsteigender Schenkel der Plica palatopharyngica. 8. Plica glossopalatina. 9. Sinus tympanicus. 10. Processus jugularis. 1961 KLEINSCHMIDT, ÜBER DIE GROSSE MONGOLISCHE KROPFGAZELLE Nr. 79 / 21 Zwischen den Arytaenoid-Wülsten und den Plicae laterales befinden sich aber- mals 15—16 mm tiefe, sich weit unter die Wülste zur Mitte hin ausdehnende Recessi laterales. Abb. 13. Schema der Gewölbe- und Falten verhältnisse in Kehl- und Schlundorganen der männlichen großen Kropfgazelle und des Kamels (Ansicht von oben, siehe auch die Übersicht auf S. 17). Nasenrohr und Maulblase seitlich herausgebogen. Original. Z. Zunge. N. Nasenlöcher. NS. Nasenscheidewand. — 1. Arcus glosso- palatinus. 2. „Arcus“ fornicis pharyngis. 3. Arcus bursae faucium (veli "palatini). 4. Arcus veli palatini. 5. Arcus palatopharyngicus. — a) Plica glossopalatina. b) Plica palatopharyngica, vorderer aufsteigender Schenkel. c) Plica palatopharyngica, Mittel- und Endteil. d) Seitenwand des Schlund- kopfes. e) Plica lateralis. f) Recessus bursae faucium. g) „Sulcus palato- pharyngicus“. h) Recessus piriformis. i) Recessus lateralis. Zusammenfassend kann über dieses etwas verwickelte Schleimhautbild gesagt wer- den, daß seine große Raum-, Längen- und Tiefenausdehnung ohne Zweifel wieder durch die Größe des gesamten Kehlkopfes bestimmt wird. Bei jedem anderen Wieder- käuer sind die relativen Größenverhältnisse, Entfernungen und Ausdehnungen wesentlich „zusammengeschobener“, kürzer und kleiner. Bei Procapra ist anderer- seits alles aber auch viel übersichtlicher. Ich habe versucht, dies in den Abbildungen zum Ausdruck zu bringen. Daß auch der Kehlkopfeingang eine erhebliche Größe besitzt, ist ver- ständlich. Nicht nur der Kehldeckel, sondern auch die beiden mächtigen Arytaenoid- Wülste und die langen Plicae lateralis demonstrieren dies. Letztere sind mit ihren breiten Flächen (ihre äußere seitliche Höhe beträgt maximal fast 4 cm) vollständig in der Lage, die untere Kehlkopföffnung ab- und zuzudecken. An der Basis der Epiglottis liegt zunächst die spitz endende Fovea centralis. Von ihr aus senkt sich der Kehlkopfhohlraum — zunächst mit einer Engevorden Arytaenoid-Knorpeln —, wo die Schleimhaut Längsrunzeln zeigt, in eine nach vorn sich ausweitende große Höhle hinab, der nach außen die oben be- schriebene Abplattung des Schildknorpels entspricht. Im hinteren Abschnitt engt sich der Kehlkopfraum dann wieder stark seitlich ein, da seine Wände spitzwinkelig zu- sammenstoßen. In dieser Rinne befindet sich in der Mitte eine etwa 5 mm große, runde Öffnung, die den Eingang zu einem länglichen Hohlraum in der Wand des Schild- knorpels bildet, und zwar an der Stelle, an welcher die vordere Platte seitlich ein- geengt ist (s. Abb. 9, 20, und Tab. V, 10). Ein derartiger Ventriculuslaryngis medialis ist bisher bei Wiederkäuern nicht bekannt geworden, wohl aber vom Pferd. Erst hinter dieser Öffnung liegen die kräftigen Stimmfalten (Plicae vocales) von etwa 17 mm Länge, denen die des Weibchens an Größe nicht viel nach- stehen. Hinter der Stimmfalte, im Bereich des Ringknorpels, engt sich der Kehlkopf- hohlraum dann merklich bis zur Weite der Luftröhre ein. 22 STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR NATURKUNDE Nr. 79 Wir sehen also, daß Procapra nicht allein einen übergroßen Kehlkopf besitzt, sondern im Zusammenhang mit diesem im Bereich der Schlundorgane bestimmte anatomische Merkmale: Einen Musculusthyreohyoideus,einen sehr wei- ten Schlundkopf mit entsprechender großer rückwärtiger Muskulatur und einem ganz spezifischen Schleimhautbild, vor allem im Bereich des Schlingrachens und des Kehlkopfeingangs. Als zusätzliche Besonderheiten müssen ferner angesehen werden ein Ventriculus medianus in der vorderen Schildknorpelwand und die Aus- bildung relativ weiter Sinus tympanici. Als außergewöhnlich ist das Vorhandensein einer Maulblase zu vermerken, die wiederum eine ganze Anzahl konstruktiver Besonderheiten im vorderen Teil des Schlundkopfs zur Folge hat, da hier nicht nur wie bei anderen Säugetieren zwei, sondern drei Öffnungen bestehen, von denen aller- dings die mittlere blind in einem Sack endet (Abb. 10 und 13). Über die biologische Bedeutung dieser Einrichtungen läßt sich für Pro- capra überhaupt nichts sagen. Hinsichtlich der Maulblase sind wir nur auf Analogien beim Kamel angewiesen, die, wie sich zeigt, auch noch lückenhaft sind. Nach Angaben älterer Autoren soll die Stimme von Procapra unbedeutend und nur selten zu hören sein. Nähere Angaben habe ich nicht gefunden. Aus der Haartracht des Kopfes, von der ich eine eingehende Schilderung gab, ist anzunehmen, daß der Bock in der Brunst damit „imponiert“. Wie er diese Dinge demonstriert und zur Geltung bringt, ist nicht bekannt. Aber eine optische Signalbedeutung dürfte Haar- und Farb- tracht von Kopf und Hals in irgendeiner Weise haben. Dazu sind sie zu auffällig gestaltet. Sei es nur durch allgemeines „Imponieren“ im Herumstelzen oder im spe- ziellen Kampf- und Paarungsverhalten. Daß gerade hier bei Antilopen eine große Viel- heit von Erscheinungsformen besteht, ist neuerdings von WALTER (1958) gezeigt worden. Eine weitere Frage ist, ob diese Dinge, und speziell die Maulblase, irgendwelche Beziehungen zum Biotop haben. Es ist auffällig, daß beide Tiere, von denen bisher ein solches Organ bekannt ist, im gleichen ariden Lebensraum mit extrem tiefen Temperaturen im Winter und hohen im Sommer vorkommen, worauf ich oben schon kurz eingegangen bin. Französische Autoren (CHARNOT, CHAUVET, FINBERT, LESBRE) haben mehrfach beim Kamel die Maulblase mit dem Wasserhaushalt des Tieres in Beziehung gebracht. Sie soll irgendwie zur Feuchterhaltung der inneren Luftwege beitragen. Nach Srrour (1929) decken aber Wüstentiere ihren Wasserbedarf vielfach durch entsprechenden Umsatz aus Fettdepots. Doch ist die Blase immerhin als ein nach außen geschütztes Feuchtigkeitsreservoir gerade an der kritischen Stelle des Isthmus faucium und den darüberliegenden Choanen anzusehen. Biologisch gesehen wäre sie damit eine Anpassungserscheinung an die besonderen klimatischen Bedin- gungen des Lebensraumes, ähnlich wie die großen Luftvorwärmräume der Nasen- höhle. Auffällig ist feıner, daß das Pferd, das vermutlich im gleichen geographischen Raum sein eurasisches Hauptentwicklungszentrum hat, dort nicht nur weite Nasen- räume, sondern überhaupt allgemein einen Ventriculus medialis in der vor- deren Kehlkopfwand besitzt. Es sei auf das eingangs erwähnte eigentümliche Fluchtverhalten von Pro- capra noch einmal eingegangen, das vom Aufscheuchenden nicht abgewendet, sondern dessem Weg parallel gerichtet ist. Das Tier scheint überhaupt an sich wenig scheu zu sein und mischt sich beim Weiden zwischen die Haustiere der Mongolen. Doch kann dieses Fluchtverhalten nicht ohne weiteres mit einer geringeren Scheu erklärt werden. OssEnDowskI berichtet, daß sie „manchmal meilenweit nebenher laufen, um vor die Reitpferde zu kommen und um vor diesen den Weg kreuzen zu können. Dann aber, nachdem dies geschehenk ist, grasen sie ruhig weiter.“ Das Typische tritt noch stär- ker durch den Versuch dieses Autors hervor, der, „um die Antilopen an der Nase zu führen“, sein Reittier dann auch in die umgekehrte Richtung wandte. Die ganze Herde nahm sofort die Herausforderung an und stürmte in paralleler Richtung in der neuen 1961 KLEINSCHMIDT, ÜBER DIE GROSSE MONGOLISCHE KROPFGAZELLE Nr. 79/23 Marschroute weiter, bis sie bequem vor ihm die Straße überqueren konnte. Bei aber- maliger Wendung vollführten die Tiere sogleich noch einmal dasselbe Manöver, was sie zurück auf ihren ersten Weidegrund brachte. Bei einer anderen Gelegenheit gelang ihm bei einer zweiten Herde dieser Trick dreimal. Es liegt auf der Hand, daß ein derartiges Verhalten die Jagd auf die Tiere ungemein erleichtert, und da sie selbst neben großen Lastwagen in gleicher Weise mitlaufen, wie K. ZIMMERMANN uns mit- teilte, sind leider der Massenerlegung und damit der drohenden Vernichtung der Tierart Tür und Tor geöffnet, wenn hier nicht irgendwelche Maßnahmen ergriffen werden. Ob diese allerdings möglich sind, ist fraglich. Ich habe zum Schluß verschiedentlich zu danken: Herrn Professor E. Schüz, durch dessen Initiative diese Tiere, wie eingangs erwähnt, erworben und damit überhaupt untersucht werden konnten. Ihm möchte ich daher diese Darstellung zu seinem 60. Ge- burtstag widmen. — Ferner habe ich in besonderem Maße Frau HırpeE PıLters- GAUTHIER, Salieu, zu danken, die mir weitgehende, liebenswürdige Informationen über das Verhalten des Kamels und die Rolle der Maulblase zukommen ließ. Ebenso hat Herr Dr. Kurzer aus dem Zoophysiologischen Institut der Universität Tübingen mich in dieser Richtung unterstützt. Unserem Mitarbeiter, Herrn Kuse, habe ich für seine guten photographischen Wiedergaben der verschiedenen Präparationsstadien zu danken. Schrifttum Brooke, V.: 1873. On the Antelopes of the Genus Gazella in their distribution. Proc. Zool. Soc. London, S. 535 —554. CHARNOT, M. Y.: 1953. De l’evolution des Came&lides apparition du dromadaire au Maroc. Bullt. Soc. sc. nat. maroc. 33. S. 209—229. — 1960. Repercussion de la deshydration sur la biochimie et l’endocrinologie du dromadaire Trav. Inst. sci. cherif. ser. Zool. Nr. 20. S. 1—-168. CHaAuvEt, Cn.: 1925. Les chameaux. Paris (Bailliere), S. 782. Curasson, G.: 1947. Chameaux. Paris. EHLERS, K./Sıerts, W./ Mohr, E.: 1958. Die Klappmütze, Cystophora cristata Erxl. der Tiergrotten Bremerhaven. Zool. Garten, 24. S. 149. EILERMANN, K./ Morrıson-Scott: 1951. Checklist of palaearctic and india mammals. London, S. 388. 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