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TOPOGRAPHIE

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STADT ROM IM ALTERTHÜM

VON

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ERSTER BAND.

ERSTE ABTHEILUNG.

MIT ZWEI TAFELN ABBILDUNGEN.

BERLIN,

WEIDMANNSCHE BÜCHHANDLUNG.

1878.

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WILHELM HENZEN

IN ROM

ZUGEEIGNET.

Vorwort.

Als ich vor mehr als zehn Jahren es unternahm die grundlegende Arbeit Beckers zeitgemäss umzugestalten und zu erweitern, richtete sich meine Aufmerksamkeit haupt- sächlich auf drei Dinge: es musste erstens dem neuen Werke ein anderer Plan zu Grunde gelegt werden, welcher durch die Verbindung geschichtlicher und beschreibender Darstel- lungsweise das Zerreissen zusammengehöriger Dinge ver- hüten sollte; zweitens galt es die sogenannten Urkunden in ihrem Zusammenhange zu untersuchen und kritisch zu be- arbeiten ; drittens den erhaltenen Resten der Stadt und ihrer Bauten die gebührende und von Becker fast ganz vernach- lässigte Berücksichtigung zuzuwenden. Konnte und musste in diesen drei Beziehungen das Beckersche Buch wesentlich umgestaltet werden, so liess sich dagegen eine erhebliche Ergänzung der von ihm gesammelten Zeugnisse aus der alten Litteratur kaum erwarten und unausgesetzte Durchforschung derselben hat diese Erwartung durchaus bestätigt* Der da- mals von mir entworfene Plan nun ist bis ins Einzelne fest- gehalten worden und zur Ausführung gekommen: aber weder übersah ich, dass die Bearbeitung der Urkunden so umfang- reiche Untersuchungen erfordern würde, wie sie inzwischen geführt und im zweiten Bande wie in der Forma urbis ver-

VI VORWORT.

öffentlicht worden sind, noch konnte ich ahnen, dass die Ueberreste der Stadt in solcher Ausdehnung das Tageslicht wieder erblicken wurden, wie es seit dem Jahre 1870 ge- schehen ist. So ist es gekommen, dass die Vollendung des Buches sich über Gebühr verzögert hat und längst ausge- arbeitete Theile desselben immer aufs Neue haben über- arbeitet, einige, wie der dritte Abschnitt dieses ersten Theils, ganz von Frischem in Angriif genommen werden müssen. Ein verhältnissmässig günstiger Zeitpunkt um abzu- schliessen schien mir durch die Sistirung der grossen Aus- grabungen auf dem Forum und dem Esquilin im Jahre 1876 angezeigt zu werden. Die dankenswerthe Gewährung eines halbjährigen Urlaubs seitens des hohen Ministeriums setzte mich in den Stand im Frühjahr dieses Jahres in Rom neben einer allgemeinen Revision der neuen Funde noch genauere Untersuchungen über drei wichtige Hauptfragen anzustellen: über die Steinmetzzeichen auf der servianischen Mauer, über die Inschriften und die Zerstörungsgeschichte des Forums, über den kapitolinischen Tempel. Die Ergebnisse der ersten liegen in diesem Bande, die der zweiten im dritten Bande der Ephemeris epigraphica> die der dritten in dem Jahr- gange 1876 unserer Annali vor. Den Rest der Müsse konnte ich auf die Vollendung des grösseren Theils dieses Bandes verwenden, während des Drucks wurde den letzten drei Abschnitten die Schlussfassnng gegeben. Ich muss aus- drücklich hervorheben, dass, als ich Schönes und Nissens Untersuchungen über Pompeji gegen das Ende der vorigen Herbstferien zu Gesicht bekam, die Arbeit soweit vorge- schritten war, dass es nicht mehr möglich war, den Auf- stellungen dieses Buches eine eingehende Berücksichtigung zuzuwenden; es schien deshalb angemessen etwaige Zustim- mung oder etwaigen Widerspruch einstweilen zurückzuhalten : kaum bedarf es der Hervorhebung, dass ich es besonders bedaure, den ersten Abschnitt der Einleitung ohne Kenntniss dessen, was Schöne über Material und Baotechnik von Pom- peji ermittelt hat, haben ausarbeiten zu müssen.

VORWORT. VII

Dies Buch erscheint in einer Zeit, in welcher die plötz- liche Erfüllung der Hoffnungen, mit denen sich Rafael und seine Freunde trugen, die Fea zu verwirklichen vergeblich bestrebt war, wenig oder gar keinen Eindruck zu machen scheint. Zwar ist es begreiflich, dass die glänzenderen gleichzeitigen Entdeckungen in Olympia für weitere Kreise eine stärkere Anziehungskraft ausüben: kaum begreiflich da- gegen, dass die von den Italiänern in rascher Folge den fremden Mitforschern vorgelegten neuen Thatsachen bei diesen, und besonders bei uns Deutschen, bis jetzt so wenig Beachtung gefunden haben, dass man in unserer breit dahinströmenden wissenschaftlichen Litteratur sich vergebens auch nur nach einem Wiederschein der neuen Kunde umsieht. Und doch sollten gerade wir es freudig und dankbar begrüssen, dass die italiäniscbe Wissenschaft in mächtigem Aufschwünge sich der grossen von ihr selbst gestellten Aufgabe gewachsen zeigt. Dass ich zu wiederholten Malen Gelegenheit gehabt habe in längerem persönUchem Verkehr mit den römischen Fach- genossen die Freude an den frisch aus der Erde steigenden kostbaren Resten der ewigen Stadt zu theilen und ihre Be- lehrung zu gemessen, ist für mich nicht bloss eine unver- gessliche Erinnerung: ich habe auch in diesem Verkehr die- jenige geistige Erfrischung, diejenige ermunternde Theilnahme gefunden, welche auf einem langen und nicht eben dornen- losen Wege kaum entbehrt werden kann und welche in der nordischen Heimath für mich nicht zu finden war. Ich darf nicht unterlassen allen denen, welche, namentlich im Früh- jahr des Jahres 1876 in Rom in zuvorkommendster Weise meinen Wünschen und Fragen entsprochen haben, den herz- lichsten Dank an dieser Stelle zu wiederholen und sie um eine unbefangene Prüfung dessen zu bitten, was ich etwa hie und da im Widerspruch mit ihnen geglaubt habe be- haupten zu müssen. Zu besonderem Dank aber fühle ich mich den Herren Direktor Fiorelli und P. Bruzza und meinem werthen Freunde Rodolfo Lanciani verpflichtet, welche mir bei den oben erwähnten Untersuchungen vielfach hilfreich

VIII VORWORT.

gewesen sind, nicht minder Sr. Excellenz dem Botschafter des deutschen Reiches Herrn von Keudell und den Leitern des deutschen archäologischen Instituts, deren bereitwilliges Entgegenkommen mir die Arbeit über den kapitolinischen Tempel erleichtert hat.

Die zweite Abtheilung dieses Bandes hoffe ich in kurzer Frist nachfolgen lassen zu k&niten: sie wird die bereits in der Einleitung dieser ersten angekündigten Pläne bringen. Einstweilen wird der Leser mit einem der besseren nach 1871 erschienenen Pläne der neuen Stadt, insbesondere dem H. Kieperts, sich genügend zurechtfinden. Nachträge be- halte ich der zweiten Abtheiiung vor: inzwischen mögen einige Druck* und Schreibversehen, die mir beim Durch- laufen des Buches aufgestossen sind, schon hier berichtigt werden.

Königsberg, im Februar 1878.

H. Jordan.

INHALT.

Seite

Einleitung 1 114

§ 1. Die Trümmer und ihre Dentuog 3—36

§ 2. Die Ueberlieferang des Alterthums and die Zer- störung des Mittelalters 37— 74

§ 3. Die topographische Forsehnng seit dem fünfzehnten

Jahrhundert 75—104

Anhang: Die Stadtpläne 105—114

Erster Theil 115—550

§ 1. Lage, Boden, Klima 117—152

§ 2. Die ältesten Ansiedelungen 153—200

§ 3. Beschreibung der servianischen Mauer und ihrer

Thore 201—245

§ 4. Die tarquinischen Bauten und die servianische

Stadt 246—295

§ 5. Die Stadt der XIV Regionen und ihr Wachsthum 296—339 § 6. Beschreibung der aurelianischen Mauer und ihrer

Thore . 340—392

§ 7. Brücken-, Ufer- und Hafenbauten, Kloaken und

Wasserleitung 393—480

§ S. Der innere Ausbau 4SI 550

Tafel I und II zu Theil I § 3.

l

BERICHTIGUNGEN.

S. 7 A. lOZ. 7f. ist das GiUt Herzog bis (<pietra Gabina') za streichen : diese Angabe bezieht sich aaf das Material der dppu

97 A. 39 ist die bibliographische Notiz über Piale aasgefallen :

Dissertazioni, 2 Bde Rom 1832--1834 (-24 Abhandlungen ge< lesen in der Acad. pont. di arch.) und Ausg. des Venuti (A. 34).

107 Z. 10 1. Lafrere.

145 A. 37 Z. 3 1. Ambro seh.

189 A. 63 Z. 6 1. gehören.

196 A. 74 Z. 10 V. unten L certmonia.

232 A. 62 ist (%) zu setzen: das (v) gehört in A. 61 a. E.

241 Z. 7 1. wir halten.

245 A. 82 Z. 5 v. unten 1. = 1, 56 r. Meile.

253 Z. 5 V. unten 1. Streben.

298 Z. 13 1. Kriegsdocks.

305 Z. 2 V. unten streiche: die Vermuthung anderer: es ist

bekanntlich bezeugt Di gg. 1, 15.

336 A. 36: De Rossi hat in der Sitzung des Instituts v. 11. Jan.

1855 darüber gesprochen. Vgl. Arch. Anzeiger 1856, 147*.

453 A. 80 1. Mon. d. inst 1876 T.

460 Z. 6 V. unten streiche ihnen.

509 Z. 2 streiche und.

EINLEITUNG.

4

Jordan, rOmiscbe Topographie. I. 1.

5 1-

DIE TRÜMMER UND IHRE DEUTUNG.

Wie andere Städte Italiens so hat auch Rom sein Bau* material zu Anfang dem Boden entlehnt, den es zu eigen hatte: dem Boden der Stadt und der nächsten Umgebung^) (vgl Th. I § 1). Erst die allmähliche Ausdehnung des Ge^ biets, die steigende Kultur imd die V^roUkommnung der Bauweise gestatteten oder nöthigten aus wdterer Ferne zum Theil geeignetere Stoffe herbeizuschaffen. In der Stadt selbiat und ihrem Weichbilde standen wir sprechen zunächst ?on dem monumentalen Steinbau (saxa quadrata A. 14) der submarine Tuf {tofus) der Hügel in verschiedenen Varietäten

1) Noch in der Zeit des Augustus sagt Vitrav von den Stein- brüchen von Statonia in Etrnrieu (2, 7, 4): quae st prope urbem estent, dig-nttm esset ut ex bis officinis omnia opera perficereniur, cum ergo propter propinquitatem necessitas cogat ex Rubris lapidieinis et Pallensihus et quae sunt urbi proximae eopiis uti si qui vohierit sine vüiis perficere vta erü praepearandum (weiter oben § 1 nennt er als mcXies die lapidicinäe Riäfrae Paüenses Fidenates Albcaiaey vgl. A. 2). Die Abhängigkeit Roms ivie anderer Städte Italiens von dem heimischen Material erörtert am besten Promis Alba Fncense S. 106 fT.; die Wahl des Orts für die *grSkoita- lischen' Ansiedlungen überhaupt lässt Semper (Stil 1, 451) dnrch das vorhandene Gestein bedingt sein. Eine der hier entwickelten ganz iüiiiliche Geschichte des allmählich sich erweiternden Bezngsgebietes des Baumaterials weist Pompeji anf: vgl. Fiorelli Gli scavi di Pompei dal 1861 al 1872, Nap. 1873. Die älteren allgemeinen Besprechungen des Baumaterials der Stadt von Piranesi, Uggeri (Jonrn. pitt. Bd. 3), Corsi (Delle pietre antiche 1828. 1833. 1846) u. a., besonders aber Ton Nibby (b'fters: Foro S. 7 ff. Antichita di Roma \, 1830, Roma BDt 1, 234 ff.) und Bunsen (Beschr. Roms, Bd. 1) sind durch die neueren Entdeckungen antiquirt.

1*

4 EINLEITUNG.

zu Gebote, ein schon von den Alten mit Recht wegen seiner Zersetzbarkeit als schlecht bezeichnetes Material^). Besser waren , wie sie ebenfalls mit Recht bemerkt haben ^), die den Eruptionen des Vulkans der Älbanerberge entstammen- den Lavasorten, wdche sie als lapis Gabinus und lapis Albanus unterschieden (schon bei Isidorus piperinm), noch brauch- barer und besonders schöner der längs der Ufer des Flusses abgelagerte sediipentare, aus dem Apenninepkalk entstammende lapis (auch wohl silex) Tihurtinus, Dazu kam endlich die schwatjsliche Lava (ebenfalls silex genannt), deren StrJ^me bis in die nächste Nähe von Rom reichen und hier vielfach in ihrer natürlichen erstarrten Form zu Tage liegen, wie im L Th. § l weiter gezeigt werden wird*). Vom Marmor und vom Ziegel sehen wir hier noch ab.

>) lieber tofus A. 3 und Th. I. § 1. •>- In dem Abschnitt über die lapidmnae^ welchen sowohl die ^aoM quadrata als die oaemenia «ntnommen werden, bezeichnet Vitruv 2, 7 (s. A. 1), die Rübrae Pallensfss Fidenates Albanae als moUes, die Tiburtinae Amiteminae Soractinae als temperatae, die etrurischen als durae oder siliceae. Da- zwischen spricht er von dem toßis ruber, niger^ ' albus Campaniens, Umbriens und Venetiens, die er zu den molles rechnet. Zu ihren Fehlern gehört, dass sie leicht durch die Witterung aufgelöst werden. Den g;anzen Abschnitt entlehnt in verlt^ürzter Gestalt Plinius 36^ 166, dessen Bemerkung tofus aedißciis inutüis est mortalitate also keinen besonderen Werth hat.

') Tacitus Ann. 15, 43: saxo Gabino AWanove . . quod is lapis ifffiibus inpervius est. Dieselbe Eigenschaft scheint Vitruv 9. 0. nur dem etrurischen harten Gestein beizulegen. Doch müsseo die ßau- meister des Augustusforum wie Tacitus gedacht haben.

^) S. Promis Alba Fuc. S. 95 ff., welcher gezeigt hat, dass in der besten Zeit silex den harten Stein überhaupt, insbesondere den Apen- ninenkalk (s. besonders die Inschrift von Ferentinum CIL 1, 1161 vgl. Gato bei Fest. 2S1: saacis Sabinis^ silicibus repastinandis), den Travertin, die schwarze Basaltlava das gewöhnliche Material der Strassenpflasterung. (Liv. 38, ,21, 3. 41, 27, 5) ja auch den Marmor (unten A. 29) bezeichnet. In dem etruskischen sdlc thufi (und zilachnuce) erkennt daher Corssen Etr. 1, 472 und 663 wohl mit Re<?ht süieem tofium {etc siliee fabricavit ?): es sei der sogenannte Nenfro (S. 6S3 f.). Vgl. A. 7. Man ersieht, hieraus daa schwankende in dem Gebrauch des Wortes tofus.

§ 1.] DIB TRÜMMER. 5

Es ist nun eine noch immer ziemlich allgemein ver- breitete Ansicht, dass die Römer zur Zeit der Könige sich ausschliesslich ihres heimischen Tufs, erst in ^er Zeit der Republik des GalMner und Albaner und erst, gegen Ausgang der repubUkanischen Epoche de^r Tiburtiner Gesteins bedient haben ^). Diese Ansicht ist zum Theil geradezu falsch, zum Theil muss sie in bestimmtere Grenzen eingeschränkt werden. Zunächst aber ist die Frage berechtigt, ob denn die Bezeich- nungen lapis Gobinus und Albanus in der That ausschliesslich die Brüche von Gabii und Alba bezeichnen, während doch die in diesen gefundenen Varietäten, wie Tb. I § 1 ge- zeigt werden soll, keineswegs allein dort, sondern im weiteren Kreise an der nordwestlichen und südöstlichen Ab- dachung des Gebirges gefunden werden. Wenn sich in neuester Zeit ein dem Gabikierstein ganz ähnlicher in einem alten Bruch 1 Kilometer vor porta S. Lorenzo gefunden hat^), wenn andrerseits, wie es scheint, lapis Tihurtmus nicht blos den bei Tivoli gebrochenen, sondern überhaupt den weicheren weissen Kalkstein bezeichnet^), so spricht die Wahrscheinlich- keit dafür, dass die drei Namen nicht die den Römern allein bekannten, sondern die Hauptbezugsquellen bezeichnen. Da- zu kommt, was jede Untersuchung heutzutage erschwert, die Unsicherheit in der Unterscheidung der Tufarten und des Sperone an den erbaltenen Gebäuden: die jahrhundertalte

^) Die verschiedeoen Modifikationen aufzuzählen ist unnütz. In der Hauptsache hat Nibby (s. A. 1) die Ansicht formulirt.

0) Beschreibung bei Lanciani Bull, dell' inst. 1872, 68 f. und mun. 1873, 6, welcher den Stein als *tufa lamellare cinereo' und das. 1874, 48 als ' cappellaccio simile alla Gabina* bezeichnet. Aeholiche schwan« kende Ausdrucke bei demselben Ann. 1871, 54. 57. Die Mineralogen haben ihr Urtheil über diese im J. 1872 gemachte Entdeckung meines Wissens nieht abgegeben: jetzt ist der Bruch wieder verschüttet.

') Schon aus Vitruv 2, 7, 2 (Tiburtina et quae eodem ffenere $unt) lässt sich dies schliessen. Vgl. Promis in der A. 4 angezogenen Stelle. Ob aber der lapis albus damit identisch ist, ist zweifelhaft. Dieser Name ist jetzt von Mommsen auch auf einer früher falsch ge-^ lesenen unteritalis<$h6n Inschrift wi«der hefrgestellf worden (mündliehe Mittheilung desselben).

6 EINLEITUNG.

Verwitterung hindert häufig eine sichere Bestimmung auf ande- rem als auf chemischem Wege und erschwert sie auch auf diesem. Wir sind also bei der Feststellung von Zeitgrenzen von YCMrnherein zur äussersten Vorsicht gemahnt. Endlich ist allzuhaufig übersehen wopden, dass die Einführung eines neuen Materials die weitere Benutzung des alten nicht ans- schiiesst, und dass eine gleichzeitige Benutzung aller zu verschie- denen Zwecken sehr wohl denkbar ist. Trotz dieser Schwierig- keiten dürfen wir hoffen, durch eine Analyse der datirt^i Denkmäler zu einigermaassen sicheren Ergebnissen zu gelangen. Die monumentalen Bauten der Königszeit besteben ia ihren ursprünglichen Theilen in der That, wie es scheint, nur aus dem den römischen Hügeln entnommenen Material und die Bruchstellen desselben sind zum grossen Theil noch nachweisbar^). Aus dem Tuf dieser Hügel sind gebaut die älteste Befestigung des Palatino die sogenannte servianiscfae Mauer, die grosse Kloake, das Tullianum unter dem Kapitel : die aus anderen Gesteinen bestehenden Theile der Wallmauer, der Kloake und des Tullianum werden wir als jüngere Zu- thaten auch aus anderen Gründen nachzuweisen versuchen. Jedoch ist es wahrscheinlich (besonders nach den neuesten Untersuchungen über die Wallmauer), dass auch Steinbrüche der nächsten, damals zum Weichbild gehörigen, Umgebung Roms ihr sehr ähnliches, aber bessere^ Material gleichzeitig geliefert haben (Th. I, § 3.)- Die erste Anwendung des Sperone und Peperin dürfte demnach in die republikanische Zeit fallen: allein den Zeitpunkt näher zu bestimmen, ist unmöglich. Wir haben nur zu fragen, wie lange sich Rom

^) Steinbruch auf dem Palatin: Laneiani and Visconti Giiida del Palatino S. 128 ff.; auf dem Kapitol: Ponzi Ann. 1865, 44; hier und auf anderen Hügeln: Brocchi Dello stato fiaieo del tuolo romano S. 150 ff.; vor porta S. Lorenzo: s. A. 6. Der Name laututniaey welcher an dem Nordostabhange des Kapitels haftet, beweist zwar die Existenz von Steinbrüchen daselhst, gleichzeitig deutet er aber als Fremdwort (neben dem heimischen lapicidinae) auf eine besondere, wahrscheinlich spätere Benutzung desselben nach dem Vorbilde der syrakusanischen Latomien hin (vgl. unten A. 49).

§ 1.] DIE TRÜMMBR. 7

ausschliesslicb dieser drei oder vier Hateriale bedient hat, wie fräh d^ Travertin hinzugekommen ist

Zur Entseheidung dieser Frage reichen die Trdmmer römischer Gebäude aus der republilsaDischen Zeit nioht hin. Sämmtliche erhaltene Tempehreste rühren aus einer. Z^t her, in wdcher ohnehin die Verwendung des Travertins ausser Zweifel ist^). Auch will es nicht viel sagen, dass die einzi- gen erhaltenen Profanbauten der Zeit vor den panischen Kriegen, die beiden ältesten Wasserle^ungen, Appia und Am Yetus (wie noch die Mareia aus dem Anfange des 7. Jahr- hunderts), aus Gabiner- und Albanerstein bestehen, aus Al- baner Stein wohl auch die Pfeiler des eircus Flammm (doch wissen wir nicht, ob sie dem ursprünglichen Bau ge- hören) ^°). Dagegen lehrt uns eine Musterung der erhaltenen

^ Wenn man von den Substractionen des capitolinischen Tempels absieht, welehe ans Gappellaceio, d.h. römischem Taf, bestehen. Denn von dem ursprünglichen Ban des Satnrntempeis ist nichts mehr übrig; dass der Unterbau des Kastortenpels, in welchem Tuf und Travertin verbaut sind, dem Umbau frühestens des Metellus Delmaticus gehört, beweisen schon die darauf gefundenen Steinmetzzeichen (ausserdem andere Umstünde : Th. II) ; alle übrigen Tempel, an denen Travertin verbaut ist (A. 12), sind entweder später gegründet oder später restaurirt als die pnnischen Kriege, wie die Erörterungen im IL Th. lehren werden.

*^) Ueber die j4ppia (noch nicht genügend untersucht vgl. Tb. I § 7) Fabretti i, 14 (s. die Tafel): 4atera ex lapide Albano qnibus rivus aretabatnr', und vielleicht gehört dazu der von Descemet (Ann. 1857, 72) beschriebene Kanal bei S. Sabina mit dem 'mur com- pos^ de prismes rectaagalaires en tuf granulaire verdatre assembles sans ciment, 0,40 X 0,27 '; über den ^nio (dessen Kanal in Villa Ne- groni und specus in Via ^principe Umberto) Herzog Bull, dell' inst. 1861, 13 Cpietra Gabina') und Lanciani Bull. mun. 2, 203 f. 206 ('pietre di tufa e Gabine) ; über die Mareia (specus in Via porta S. Le- renzo) derselbe das. S. 204 ('pietre Gabine e Albane') vgl. Borgnana deir acqna di Quinte Marcio Re e del sno condotto, R. 1861 S. 17 ('pietra Albana; le spond<) di vario gcnere di pietra'). -^ Ueber den eireus Flaminitu s. Forma urbis S. 22. Jetzt kommt aus Cassiano del Pozzo (Lnmbroso in der § 3 gen. Schrift S. 48) die Notiz hinzu, dass gegenüber von S. Gaterina de'Fnnari 'pezzi di trevertino grandissimi' gefnnden wurden: natürlich ist nicht auszumachen, ob sie überhaupt zum Circos und noch weniger, ob sie zu dem ersten Bau gehörten.

g EINLEITUNG.

Inschrifiten, dass das Material derselbe, also haoptslchlicii allerdings das der Grab- und EfarendeiBkinfiler, d^r Altäre und VotiTBteine, aber aueh gröasorer architekträufeher Werke, schwerlich vor der ZerstOrong Karthago« und Korinths der Tibartiner Kalkstein war, dass er s^eit dieser Zeit ab^r* in stetiger Steigerung die MH'igen Materiale yerdrälügte. Es darf daher mit Sicherheit behauptet werden, dass eine in dem Unterbau des <:apltolinisehen Tc^mpels ge^ndene Trävertin- konstruktion dmi Wi^erherstellungsarbeiten firäbesteft^ dbs Catulus angehört ^^). Hierzu stimmt auch die sparsame Weise, mit welcher er ifioch in der Zeit von SuUa and Cäsar an er«* haltenen Bauten ' verwendet ist. Nur die Kunstformen der-^ seflben, wie Kapitelle, Basen, Gebälkgliederungeh , oder Eck* stücke und Bindungen, pflegen in dieser Epoche von Tra- vertin« Cellenwände, Säulenscbäfte, Stylobaten» alle grossen Mauern überhaupt, wie noch die Umfassungsmauer des Au-^

^^) Von den datirten Inschriften vor dem zweiten ptuiischen Krie§^ steht nach deifi bisher bekannten nur liie Weihnog des Bieoleius, jetzt im Musen Caf). des Collegio romano (BalL d«ir i. 1873, 89), wi« mir jetzt auch Dr. DresBel ausdrücklich versichert ^— i6h habe sie nicht gesehen anf Traveetin; nicht die Mareeiliisinscfarift in Neapel CIL 1, 530 deon Garrucci (Syiloge n. 870) wird riohtig 'iapid« Albano' angeben -^, nicht die Inschrift von der Via Ostiensis (Eph. epigr. 1873, ]; Garrucci 567 sagt falsch ^columaa' nad schweigt über das Material) nach dem gewichtigen Urtheil Ponsia, der den Stein für 'eorniculanisch' erklärt. £in leiser Zweifel an der Richtigkeit der Angabe über den Stein des ßicoleius wird also immerhin, gestattet sein. Allft. übrigen In^hriften auf Travertin scheinen dem 7. Jahr- hundert aazugehöreu und zwar sind die ältesten die de» Mommius 60d? CIL 1, 541, wenn sie Original ist (ich zweifle mit £. Q. Visconti Philol 1863, 450 ff.), die Bautenin&cbrift von 639 £ph«m. 1874, j98 ff., die ara sei deo (aaeh 630?), die Inschriften vom Fabierbegen 698 u., s. Die grosse Menge der , archaischen Inschriften steht auf Albfta«r»teia (Scipioneninschriften, Weihung Fediovei pairei^ . Base des M. Fulvios Nobilior aus dem Musentempel u. s. w.). Uaglücklicher Weise aber bietet Ritschl's ,£narratio der Priscae latinitatia monumeata für die Entscheidung der .vorliegenden Frage |^ar kein, Mommaena erster Baa4 ein unzuJIäogliches Material und ich muss daher erwarten,, meine Auf- stellungen berichtigt zu sehen. Ueber den Joppitertempel s. die f. A,

§ 1.] DIB TRUMHBR. 9

gastusforam von Tuf, Sperone oder Peperin gebaut zu wer^ deD, ttad das erste datirte Gebäude, dessen Aussenwand ganz mit Travertin yerUeidet ist, ist das von CSsar begonnene, von Augustus vollendete Tbeaterdes Marcellus^'). Bis dahin hatte man die Mängel, welche der Tnf wie der Peperin, wenn auch in verschiedenem Grade und in verschiedener Art, fQr Kunst«- formen mit sich bringt, durch den Stuckdberzug zu ersetzen gewusst, wie es die bei den Tempelbauten schon früh thätigen

'') Caoina und die ihn ausschreiben schweig^en über das Material der Tempelbauten entweder ganz (z. B. über das der wichtigen Tempel anter S. Nieola Ib Carcer«) oder beriehten ungeaiigead, die älteren sekwanken.oft in ihfen Angaben.. Folgmide. von mir im J, 1867 über die in Betraoht kommenden Tempel gemachten Aufzeichnungen hab« ich Jeider nicht noch einmal nachprüfen können: jonischer T. bei Ponte rotto: Wände und Halbsäulen Tof (ich meine alle, nicht * viele' vfie Corsi Pietre 71 sagt), Säulen der Vorhalle Travertin; Raodumpel bei $. Nicola a'C^sariui: Sttalen Tnf^ ein« Basis im Keller Travertia; T. am Forum hoKtorium (S. NWol» in carcere)} mittlerer: Stylobat Tuf mit Travertin bekleidet, ßebälk Peperin; östlicher: Stylobat Travertin, Säulen Peperin; (westlicher ?); Palatin: sog. T. des Jappiter Victor, Unterbau Tuf und Peperin. Ferner (1872. 1876) Castortempel (oben A. 9.): Stylobat Tuf, äussere Beki^iiBg Travertin; Kapital: Unterbau Tnf, im Kellerraum Tra- vertin (Neubau des Catulus, vgl. Ann. 1876, 167 ff.). Von anderen Gebäuden, von denen keios älter als Sulla ist (denn über ^eh Circus Flaminins s. A. 10) 'Tabularfum' (Bau des Catiilns? jedesfalls dieser Zeit, einstweilen s. Ann. a. O, S. 156 ff.): Tuf (oder Sperone? Corsi S. 70), Gebälk, Kapitelle und BHgen Travertin; Grab des ßibulus (7. Jahrh.): Travertin; pons Fabricius (692, restaurirt 733): Peperin, bekleidet mit Travertin ; wahrscheiulich gleichzeitig die Be- kleidung der Tiberinsel: ebenso (Ann. 1867, 390); wahrscheinlich vob Cäsar gebaut 'TabemeaV der fiasiliea Julia: Taf, Bakstücke and Bogen Travartin (Hermes 7, 290); die Untersucbungen über das Pottfyajuslliaater, iheattum lapidewn, worüber A. 35 (Forma S. 22 ff: OBd Th. n), gettattvn sehwerlich den ursprünglichen Bau von den Ra- staantionen m adterscheidea. Unter Augustus (vgl. unten) erscheint ^r Travertin überall: saepta lulia (Pfeiler, mit Ma^mor bekleidet), ^put Firgo, Crypta Salbt u. s. w. Es ist auffallend, 'dass trotisdem der in dieser Zeit (um 740) sehreibende Vitrnv den Travertin nicht •Is das herrschende Material bezeichnet (oben A. 2.).

10 EINLEITUNG.

griechischen Baumeister gelehrt hatten ^^). Wir sehen also, dass für die Bauten bis auf Augustus das Material gewisse chronologische Kriterien abgiebt.

Auch die Bauweise der königlichen und republikani- schen Zeit hat ihre für die Bestimmung der einzelnen Reste nutzbare Geschichte. Es ist längst bemerkt worden, dass die Abwesenheit des Polygonalbaus in Rom und in der latinischen Ebene mit der Beschaffenheit des ältesten Baumaterials, der vulkanischen Tufe, zusammenhängt ^^). Wie der Apenninen- kalkstein polygonal, so bricht der Tuf in parallelen graden Schichten und verarbeitet sich mit Leichtigkeit zu jenen 6 bis 8 Fuss langen, 2 Fuss hohen und breiten Parallelepipeden {saxa qnadrata), deren man sieh beim Bau aller grossen Steinkonstruktionen bediente. In der ältesten Zeit ffigte man diese Blöcke ohne jedes Bindemittel in dem sogenannten Läufer- und Bindersystem zusammen ^0: in späterer Zeit tritt mit einer Verminderung des Maasses der Blöcke die regel- mässige Schichtung nach der Länge der Blöcke ein; Ver- klammerung mit metallenen Krampen wird bei gewaltigen Massen, Mörtel zum Bestreichen der genauer gearbeiteten Rei- bungsflächen verwandt. Aber wann sind diese Veränderungen eingetreten? Jedes Bindemittel entbehren die palatinisdie

^') Ueber das dealbare columnas Cicero Verr. 1 § 132. 145. 147. Erhaltene Säulen: jonischer Tempel am Tiber und Rundtempel bei S. Nicola a'Cesarini (A. 12); Peperinsäulen auf dem Palatin Laneiaui Guida S. 132. Färbung des Stuck nimmt bekAOBtlich Semper an (1, 488 f.).

1^) Zuerst richtig beurtheilt von Promis Alba Fuc. 110, vgl. Abeken Mittelitalien 138 ff.; neuerdings Semper, Der Stil 2, 35^ f.: ^68 ist gewiss nicht zufällig .. dass der Quaderban io solchen Gegenden seit Urzeiten erblich war in denen vorher blättriges Lagergeateia zum Gebrauche nahe zur Hand lag.' Saußa quadrata (oder Moecum quadra- tufn)f welche Vitruv (oben A. 2) den eaementa entgegensetzt, bilden die Substruction des Capitolium (Liv. 6, 4, 12), eine semita vom cape- niscben Thor nach dem Marstempel (10, 23, 12); ^petfe quadrato ist das Grabmal des Porsena gebaut (Varro bei Pliiir 36, 91) u. s. w.

^^) Vgl. Abeken a. 0. 153 Bötticher Tektonik X\ 191 und unten Tb. I § 5.

{ 1.] DIK TRÜMMER. H

und die sogenannte servianische Mauer, die Kloake und das Tidliaimm denn die Eisenklammern an gewissen Theilen der Wallmauer werden so gut wie der Peperin zu den Merk- zeichen des Restaurationsbaus gehören ^^). Kein Mörtel ist bei der Fdgung der Quadern der Leitung der Apfna und des into Vetus verwandt; sicher dagegen ist die Verwendung eines dem heut sehr ähnlichen Mörtels bei dem -Tabularium', wel- dies man trotz der Zweifel an. der Richtigkeit des Namens in die Zeit des Sulla setzen muss (oben A* 12). Eine Ana- lyse anderer datirter Bauten fehlt, wird aber auch bei der Sparsamkeit der Trümmer aus der Zeit vor Solia schwerlich genauere Zeitgrenzen ergeben. Von untergeordneter Bedeu- tung ist die Frage, ob schon in dieser Periode und wann die sogenannte Bossirung (Rustika-Schnitt) der Werkstücke sich finde. Doch glaube ich auch auf diese Frage wenigstens hin- weisen zu müssen, da sie sich bei der Beurtheilung eines Theils der servianischen Mauer als wichtig erweist (s. Th. I § 4). Ausser an diesem Stück findet sich der Rustika-Schnitt bei- spielsweise sicher an der Aussenseite der Umfassungsmauer des Augustus und an der Ostseite des noch nicht sicher be- nannten rechteckigen Gebäudes, welches später die Basilika der Heiligen Cosmas und Damianus iuxta templum RamuU wurde ^').

^*) fibenso die Klammem ia der Decke des Tullianum: s. Th. I § 5. Verklammerung io altgriechisclien Bauten : Bötticher 1 , 192. Hölzerne Dübel, sog^eiianote' Schwalbenschwänze, sollen die Werkstücke der UmfassuBiTsmaiier des forum Augutti verbinden: aber der sorg* filtige Uggeri Jeorn, pit. 3 S. 23 hat sie nicht gefunden.

") Für die Appia (?) Descemet, für den Anw Fetus Lanciani in den A. 10 citirten Stellen. Die ehemische Analyse des Mörtels in den Fügen des Tabalarium, von Hrn. Laspeyres gemacht, hat mir vor Jahren Hr. R. Schöne mitzutheilen die Güte gehabt Derselbe machte Ball, dell'inst. 1868, 114 darauf aufmerksam, dass das restaurirte Stück der Serviusmauer in Vigna Torlonia (Th. I § 3 «) mit Hilfe von Mörtel, nicht so das ursprüngliche konstruirt ist. Die Untersuchung ist da wo es sich nur um eine ganz dünne Lage scharf auf einander gepasster Blocke bandelt (vgl. Bötticher 1, 12), namentlich wegen der die Fugen der Tufblöcke zusammenklebenden Feuchtigkeit sehr schwer und die

13 EINLEITUNG.

Fär Ak Geschichte der ältesten Bauten Roms wie fär die Baugesehichte überhaupt ist die Frage tber die Zeit der Einführung des voliendeten Keilschnitts des Rundbogens an Stelle des durch Ueberkragung hergestetllefi Spitzbogens in Rom und über die Heiniatii des ersteren ron besonderer Wichtigkeit. Glücklicherweise aber Ifisst sidi die Chronologie der drei Gebäude, um die es sich für Rom eigentlich allein han- delt, des ursprünglich in jener rohen Art gedeckten TullianuBi, des darüberstehenden Baus und der Kloake beide im Keil- schnitt gewölbt -^ auch unabhängig von diesem Problem feststellen und dadurch röckwärts sehr wahrscheinlidi machen, dass erst die Tarquinier den Bogenbau aus Südetrurien nach Rom gebracht haben ^®). Bögen annähernd gleichen Alters wie

bisherigen Angaben darüber sind meist unzuverlässig. Ich habe keine eigenen Beobachtungen beizubringen. ßossirung: bereits 'an syrisch- phönikisehen Substructionen ' beobachtet ' (Semper 2, 358). Rom: vgl. Üggeri 2 T. 45.

^^) Die ganze Frage, welche zu entscheiden weder meine Sache ist, noch überhaupt nach dem heutigen Stande unserer Kenntnisis - ent- schieden werden kann, ist von Canina (Gere antica S. 62 E, Etruria marittima 1, 174 f. 2, 151 ff. u. anderwärts) so formulirt worden oder muss nach seinen oft schwankenden Prämissen so formulirt werden: der untere Theil des 'mamertinisdien Gefängniases' ist,, wie nament- lich Gell erkannt hatte, ursprünglich ein konisch mittels Ueberkxaguog gedeckter Bau, demnach wie die Gebäude gleicher Konstruktion, be- sonders das Brunnenhaus von Tusculum (Ganina Tusculo T. XIV), die Gräber von Gaere (' Regulin!- Galassi', Gere T. IV = Etr. mar. LI), Veji CGampana', £. m. XXXV, 2), Monteroni (das. XL) n. a. älter als der durch die Tarquinier im vollendeten Keilschnitt konstrnirte Bogen der grossen Kloake; jünger als diese müssen alle übrigen erhaltenen in Keilschnitt konstruirten Bögen sein,, also auch der obere Theil des mamertinfsehen Gefängnisses, der Bogen von Neu-Falerii (E. m. X. XI), die Bägen von Tarquinii (E. m. LXXXVII vgl. 2, 35), von Sutri (T. XVIII vgl. Nibby Gontorni 3, 140) u. a. Grade über das Alter der etruskisehen Bogenbauten fehlen abschliessende Untersuchungen: über die Richtigkeit der Bemerkungen von Promis Aosta S. 184 f. kann ich daher nicht urtheilen. Dazu kommt die Be- merkung von Promis Alba Fne. 113 ff., nach welchem dier Bogen- wie der Quaderfoau in Rom durch die Natur des Materials mindestens gefördert worden ist. Anders Semper 1, 488.

1 ] DIB TRÜMMER. 13

die Kloake haben »ich in Rom nicht erhalten ^^). Aber natur- lich lässt weder dieser zufällige Umatai^d weitere Schlüsse zu, noch ist es gestattet, unterirdische Kanäle von vertiältniss« mlu»sig geringer Breite nur deswegen für uralt .?ii halten^ weil sie nicht überwölbt sondern durch horizontal oder dachförmig im Winkel gelegte grosse Steinplatten gedeckt sind^^).

Die mehrfach von Architekten wiederholte allgemeine Be- hauptung, .dass das 'eigentlich nationale Mauerwerk bei den Italem' der Ziegelbau oder genauer der Bau aus ungebrann- ten Ziegeln sei^^), durfte in dieser Allgemeinheit für Rom nicht haltba* sein. Oeffenliicbe Bauten aus Backsteinen hat es nach dem unzweideutigen Zeugniss Vitruvs und dem Be- fand der Trümmer bis in die Epoche des Augustus in Rom nicht gegeben. Bei dem Fehlen von Resten anderer öffent- licher Rauten als der grossen Mauerbauten aus saooum qua- dratum müssen wir es dahin gestellt sein lassen, wie wir uns

^^) NaoMDÜich 19% «szu .tredAu^ro, ddss sich keia Thor der ser- vianisehen Maner oder doch keine Bedaehang eines solohea erhalten hat: Th^I $4*5. Der Bogen des restanrirten Stäcka derselhen (A. 17) kommt wegen seioefi späten Urspcnngs nicht in Betracht.

'°) Der au^ Gabioerstein gebaute Kanal der aqua Marcia von 0,70 1. Weite ist abwechselnd mit horizoqtalen und im spitzen Winkel gegen- einander gestellten Platten gedeckt (fdr die Ap}^ (7) bezeugen Fabretti nod Descemet in der A. 10 oitirten Abhandlung S. 70 ähnliches)^ wahrend die etwaa engeren Kanäle der luUa und TepulHy welche aus opus reticulatnm bestehen, elUptiach überwölbt sind: Laaciani Ball, nun. 2, 204 f. Ein allerdings sehr viel breiterer kanalartiger Gang* welcher unterirdisch yom Forum am Tullianum vorbei nach dem Forum Jnliam führt, ist nach Parker's Darstellung (Archeol. of Borne 1 (PUtcs), eh.. 3 (coDStr. of Walls) T. XXII, eh.. 4 (Suppl.) T. XIX: ich habe nicht hinein gelangen können), nicht überwölbt, sondern durch drei in stampfen Winkeln gegen die senkrechten Wände and gegen einander gelegten Platten gedeckt. Diese Konstruktion hat also eine gewisse Aehnlichkeit mit der wie es scheint aralten des Grabes von Monteroni (Canioa Et m. T. XL). Indessen ist das kein Grund, den Kanal für gleichaltrig mit dem Tullianum zu halten, und Parkers gapze Theorie über das alte ^ Gefaogniss ' ist nichtig.

21) So Semper 1, 487 f., ähnlich Bergau Philol. 24, 470 und andere. Aehnlich verhält es sich mit dem 'nationalrömischen Baustil' (unten A.46).

14 EINLEITUNG.

die nicht in diesem Stil aufgeführten zu denken haben ^^). Was die Privatbauten anlangt, so ist es eine schwer wiegende Thatsache, dass kein einziges der erhaltenen Backsteingraber in die republikanische Epoche hinaufreicht und dass die um- fangreichen Aufdeckungen der republikanischen Nekropole auf dem esquilinischen Felde keine andern als Konstruktionen aus heimischem Haustein zu Tage gef5rdert haben ^*). Die beiden einzigen wohlerhaltenen Privatgebäude aus der Zeit des Uebergangs von der Republik zum Principat, das Wohn- haus auf dem Palatin und das sogenannte ' Auditorium ' am servianischen Wall sind aus würfelförmigen Stücken des -hei-

ss) Richtig bemerkt LancuDi (Gaida del Pal. 131) i3)er die selir alten Bauten auf dem Palatin an der sogenannten Cacasatiege (über Anastasia) : 'e facilissimo avvedersi ch' esse certamente ne riebiamano ai primi tempi di Roma allorche Faso dei marmi peregrini non solo ma anche quello dei mattoni era pressoch^ sconoseiuto '. Der einzige Tempel, dessen Gründängszeit über die obengedacbte Epoche hinauf datirt und an dem Ziegelwerk meines Wissens erhalten ist (abgesehen natürlieh von falschen Benennnngen, wie den ^Tempeln des Dens R«di- culus und des 'Bonos und Virtcis' bei Uggeri Joum. pitt. 2 T. 5 p. 24 f. n. a.), ist der der Juno in der porticus Octaviae: allein sein Ziegelwerk gehört dem 2. oder 3. Jahrhundert n. Chr., also einer Restauration des Tempels an (Forma Urbis S. 33). Vitruv 2, 8, 9: iUtque nonnullis cmtatibiu et publica operaet priDoiaa domosHümi regias e totere structas licet videre, und nun folgt eine Aufzihinng dieser merkwürdigen Ziegelbauten in Griechenland und Kleinasien , da- zwischen als einziges Beispiel in Italien die Mauer von Arezzo (A. 27). Der ganze Zusammenhang zeigt deutlich, dass er in Rom kein öffent- liches oder vornehmes Gebäude aus Ziegeln kennt. Sehr wichtig wäre es, wenn Fabretti Recht hatte, dass uns ein Stück des Bmporium des Aemilius Paulus erhalten sei (opus incertum aus Tuf): aber vgl. Forma urbis S. 44, unten A. 41.

^) Die ältesten Grabstätten aof dem esquilinischen Felde (Aschen- kisten, Sarkophage, Grabkammern) sind sämmtlich aus einheimischem Haustein hergestellt, zu den Grabdenkmälern der sulianischen and der etwas früheren Zeit ist ausserdem Peperin verwendet (s. besonders Lanciani Bull. man. 3, 43 ff.), dieser auch zu zahlreichen anderen Grabdenkmälern, bis Travertin-, Marmor- und Backsteinbau gleichzeitig um die Zeit Caesars die Herrschaft gewinnen: worüber ich imeinzel- uen hier nicht handeln kann.

$ ].] DIB TROMMBR. 15

mischen Gesteins in der Weise des opus mcertum und reti" adatum (s. unten) gebaut'*). Nimmt man hinzu, dass ein und derselbe Bau, die Stadtmauer von Turin, in eben dieser Konstruktion von Cäsar begonnen, im Ziegelbau von Augustus vollendet ist'^), dass in Born die Ziegeistempel nicht über die augusteische Epoche hinaufreichen , ausserhalb Born in Colo- nien und Municipien schwerlich über die Zeit des Sulla '®), so wird man den römischen Backsteinbau schwerlich über- haupt für älter halten dörfen als die letztgenannte Epoche and eine frühe Entwickelung desselben in Italien nur für Etrarien als erwiesen annehmen können. Es stimmt damit überein, dass Vitruv den Ziegelbau als etwas aussergewöhn- Hohes für bestimmte Bauten zweckmässiges empfiehlt'^). Wenn

^ lieber beide Oebünde s. Jahresbericht 1875, 776 ff. 783 ff.; V|fl. unten A. 56 und Th. II.

») Promis Storia deir antiea Torino S. 176 f.

^) Ziegelstempel <s. § 2 A. 27) den Namen des Big^enthümers der Ziegelei enthaltend, ans republikanischer Zeit sind in römischen Kolonien und Municipien gefunden worden (zu CIL 1 S. 203 ff. kommen Bodi M. TuH von Tuscnlum und CaUar vor Nemi, d. h. wahrscheinlich von den Landgütern des Cicero und Cäsar, De Rossi Ann. 1873, 216 f.), ii Rom bis jetzt kein einziger; denn vor dem Brennen mit dem Finger eini^edriickt in einen kreisrunden Ziegel ist das eto C. Antomos Jahresb. 1876, 184. Daraus folgt naturlich nicht, dass es Ziegeleien damals nicht gab (s. die f. A.), wohl aber bleibt das Fehlen der Stempel im Zusammenhang mit den oben erwähnten Thatsachen im höchsten Grade merkwürdig. Die oskischen Ziegelstempel von Pompeji (Mommsen Dial. 175. 185 Bull, degli scavi n. s. 1869, 153) ickeinen nicht viel alter zu sein als die römische Kolonie; die älte- sten Hänser bestehen aus Haustein und opus incertum (Fiorelli Scavi, A. 1.). Aehnlich in Alba Fueense: Promis S. 100.

^) Vitruv 2, 8, 9 videre Ueet . , , in Italia Arreti vetustum mumm ^egie faehtm (oben A. 22) ; sein Ausschreiber Plinins 35, 173: in Italia quoque hderidus murus ArreU ^ eum euagine eft, so nach Detlefsen die Hss. ausser fi. (doch schweigt derselbe Philol. 31, 412 f.); höchst anfallend wäre es, wenn die Bamb. wirklich hätte was in den Texten steht Arreti et Mevaniae, Steckt in jener Lesart egregieJ Ziegel dienen *den sehr alten vejentischen Quader-Mauern als Unterlage' Abeken Mitteilt. S. 153; Gell, Rome and its vic. > 448 f. mit der Ab- bildung auf dem Plan von Veji.

16 SINLEiTUNG.

nichtsdestoweniger Varro die Wohngebäude der Altvordeni als Ziegelbauten, Cicero geradezu die Stadt überhaiipt als einen Bau Won Ziegeln und Bruchsteinen' und Augustus die- selbe, wie er sie vorgefunden, als 'Ziegelatadt' b^eichnet, so bleibt schwerlich eio anderer Ausweg als die Annahme, dass man bis auf Cicero mit ungebranntein Ziegeln (buer^) ' Privathäuser ganz oder theilweiae gebaut und erst seit dieser Epoche den Backstembau gepflegt hat. Aber auch diese An- nahme löst mir die vorhandenen Widerspruche nicht yöUig.^^). Gleichzeitig mit der Aufnahme des Baeksteinbaues ist die des Marmorbaues. Erst Auguatus hat nicht blos Rom» son- dern Italien die Marmorbruche von L^a erschlossen^')^ Bis

'^) Za diesem Resultat scheiot auch Semper 1, 48S gekommen ZQ sein. Für die letzte Zeit der Republik bezeugt Cicero de div. 2, 47, 99: in totere aut in caemento, ex quipus urbs effecta e^t, vgl Suet. Aug. 28: urbem , , marmoream $e reiinqu^e quam latericiam accepitset, und Dio 39, 61, wo die Ueberschwemauag d. J. 700 die QixCai ix TtXtv^fov i^xo6o/nf}fi^vcct wegschwemmt. . Für die ältere Zeit die Hauptstelle bei Varro (bei J\oo. 48, 13): antiqui. nostri in domihus laterieiif paukdum rnodo tuffundatiSf ut htanorpm effugm'ent^ habt- tabant. Zu diesem Häuserbau sind die anU^ui nach der Vorstellung der Gelehrten seiner Zeit durch das \'orbild der Vogelnester gelangt Varro (bei Non. 308, 32): hirundmes virgtUis oblitis hdo tegulas fingebant (so ist wohl zu schreiibea, ingtdims obUU die Hss.) vgl. Vitr. 2, 1, 2: nmnuÜi Mrundinum nidoM ei earum aedißcatümes imitan- tes de luto et virguUs facere loca quae subirent, Lucil. (bei Non. 445, 21): nam laterem qui dudt habet nihil tanpUus umquam quam commune lutum et paleas caenumque aceratum. Von diesen latericiae structurae {later und TiUvSog: Cort Et 279) unterscheidet Vitr. 2, 8, 16 f. die wie es scheint damals neu aufgekommenen testaceae. Die angeblichen Reste von in die Erde gegrabenen Wohnetätten aus der Königszeit (M. de Rossi Buonarotti 1874, 79 ff.) sind problematisch (Jahresber. 1875, 780, 1876, 184). Uebrigens ist auch hierübjor die Revision djsr, Biaiige3chichte von Pompeji abzuwarten.

^) Ueber den Marmor als römisches Baumaterial ist jetzt die grund- legende Arbeit die vod^ Brnzza, Icrizioni dei marml grezzi Ann. 1870, 106 204, daneben bat Gorsi DeUe pletre antiche (oben A. 1) Boch Werth als Katalog der in Rom erhaltenen antiken Säulen. Die äUe- ren Angaben über die Qualität des Marmors römischer Bauten sind nicht immer zuverlässig; wir müssen uns meist begpiügieJi den heutigen

1.] DIE TRÜMMfiR. 17

dahin war Marmor för Bauten ein fremdes, aus dem helle- nischen Osten und Afrika bezogenes Material, in Rom schwer- lich bekannt vor den punischen Kriegen, und seit diesen wohl meist in der Gestalt fertiger Säulen und Werkslücke, welche so gut wie die plastischen Werke den Gebäuden eroberter Städte entrissen wurden, um als Beutestöcke heimgebracht uDd hi^ zum Umbau älterer oder zum Bau neuer Tempel, sehr sdten und schfkchtern bis auf Cäsar zur Ausschmückung von PriTathäusern verwendet zu werden *^). AUer Wahrschein- ücfakeit nach ist der ^Marmortempel' des Metellus Macedbni- CU8 nichts anderes als ein zum Staunen Roms mit solchen geraubten Marmorstücken ausgezieiler Tempel und wird eben wegen der för damalige Zeit ganz alleinstehenden Pracht er- wähnt: um so mehr als noch SuUa bei der Wiederherstellung des capitolinischen Tempels ähnlich verfahren ist (Tb. 11)^^).

Staod der Untersuchuoip zn referireo. Den Marmor von Luna nennt zwar sehen Varro bei Plinins 36, 135 : Hlicem Luniensem serra secari (sUesD ist eben marmor, oben A. 3«), ood er ist sowohl den Etrnskern (Semper 1, 488) als in Rom vor Augnstns wohl bekannt, aber nicht als fian- material. Ueber den Betrieb der Brüche Bruzza a. 0. 166 ff. vgl. Ita- ms Lemniacas' znr Uebersetzung des Ratilius Namatianns (Berlin 1872) S. 199 ff. Schon Strabo 5, 2, 5 unterscheidet die feinere weisse nnd die schlechtere blangrane Qualität, über welche unten AA. 84 ff. Vgl. das Testament des Lingoners (Wilm Exempla 315), welcher sich eine ara . . ex laptde bmenst quam optimo bestellt (1. Jahrb.).

'^) Die bekannten Notizen über die Verwendung des fremden Mar- mors (von Ghios, Karystos, Hymettos, Numidien) vor Augustus treten^ was gewShnlich übersehen wird, lediglich io Verbindung mit der Ge- schichte des Luxus, namentlich der Privath'auser, auf und beziehen sich favt ausschliesslich anf SSulen. So auch Catos Klage über die 'pavi- mmta Poettiea (Pestus 242). S. darüber Bmzza a. O. 140. 163. 149.

*') Die vielberühmte Stelle des rhetorisch stark auftragenden Vel- I^Qs 1, 11 üi>er Q. Metellns Macedonicus: primus aedem ex marmore ifedt) vielleicht die aedes lovü MeteUina des Festus 863 und die a. in p&rHeu MetelU lovü statoris Hermodori des Vitruv 3, 2, 5, worüber Th. Ü w^rd in der Regel gemissbraucht um die frühe Ver- wendmig des fremden Marmors zn beweisen, zugleich mit der noch weniger besagenden Stelle desselben Schriftstellers über die Porticus des Co. Oelavius 2, 1, 2; Sehr auffallen würden auch die Phrygiae cobtmnae der Basilica Aemilia (PHn. 36, 102), wenn diese^ wie Bruzza

Jordan, rOmische Topographie. I. 1. 2

18 EINLEITUNG.

Dass die gewöhnliche Art des Kunstbaus noch nach ' dieser Zeit selbst für Tempel, welche von siegreichen Feldherrn aus der Beute prächtiger wiederhergestellt werden sollten, die alte war und man sich noch immer mit den columnae decUbatae begnügte, beweist zur Genüge die Wiederherstellung des Castor- tempels am Markt an dem doch wahrlich nicht gespart werden durfte und bestätigen die Trümmer aller vor- augustischen Tempel ^2)» In gewissem Sinne also hat das geflügelte Wort des Augustus, er habe eine Ziegelstadt ge- funden, eine Marmorstadt hinterlassen, Recht^^, in der That ist er der erste, der in grossartigem Maassstabe mit Marmor, und zwar wohl grosstentheiis mit dem weissen lunensischen, die öffentlichen Gebäude gebaut oder restaurirt hat* Und zwar war das ganz besonders Staunenswerthe, dass er nicht allein Marmorsäulen verwendete und die Wände mit Marmor inkrustirte, sondern auch mit Marmorquadern baute. Dies ist von seinen Neubauten, den Tempeln des Jupiter Tonans und Apollo, bezeugt und es hat also auch von dieser Seite einige

a. 0. 139. 155 aus Cicero ad Att. 4, 16, 14 {eisdem antiquü cohimnis) schliesst, vou dem Bau vod 575/J 79 herrührten : er übersieht aber, dass nns ein grosser Neubau vor dem J. 700 bekannt ist (Jahresbericht 1875, 741 ff. und Th. II), dem sie angehören können wenn nicht müssen. Die erhaltenen Tempel mit Marmorschmuck gehören sämmtlich nach- weislich der Kaiserzeit an: die Bauten des Augustus (s. die ff. AA.), die Neubauten oder Restaurationsbauten des Tiberius und der folgen- den Kaiser am Forum, der Peripteros am Ponte rotto (aus stilistischen Gründen; parischer Marmor? Corsi 377), die Säulen in S. Maria in Cosmcdin (liberianischer Cerestempel?), der Tempel auf Piazza di Pietra u. a. Wenn die Marmorsäulen bei, Monte di Pieta (Bull. man. 1873, 212 ff.) auch nach Brunns Vermuthong dem Neptunustempel des Co. Domitins gehören sollten (ich kann das nicht als erwiesen an- sehen, Jahresbericht 1876, 188) so ist die Annahme eines Nenbaus nicht ausgeschlossen.

'*) Oben A. 12. 13. Wie Sulla werden eben mehrere verfahren sein und sich nicht mit dem Erlös aus der Beute (de manibüt, s. Forma urbis S. 29) begnügt haben, auch nicht mit der praeda einzelner Kanst- werke wie Marcellus (Hinnad cepit) oder M. Fulvius Nobilior (Ambra- cia cepit), wie schon die Klagen des Cato über letzteren durchblicken lassen.

•3) Suet. Aug. 28; s. oben A. 28

§ 1.] DIE TRÜMMER. 19

Wahrscheinliehkeit, dass die Marmorquadern , auf welche die Triumphal* und Consularfasten eingegraben sind, der im J. 718 von ihm neu aufgeführten Regia angehören. Der Tempel des Mars*l]ltor ist mit Marmor bekleidet und hat marmorne Säu- len, dasselbe darf wohl von dem Tempel des Divus Julius angenommen werden ^^). Vorangegangen waren dem Augustus in dieser Bauweise Cäsar und Pompejus : wir wissen, dass die Saepta luUa ein Marmorgebäude werden sollten und dass der Tempel der Venus Genetrix von Marmor war. Hervorragende Theiie des Theaters des Pompejus, wie die Bühne, müssen eben^ falls mit diesem Material geschmückt gewesen sein: der ganze fiau kann unmöglich eine Marmorbekleidung gehabt haben ^^).

'^) Marmorquadera und lanensiseher. Marmor: vom Apollotempel sa{^ Servius za Aen. 8, 720: de solido marmore quod aüatum /uerat de portu Ltmae, Ganz allgemein bezeugt Strabo 5, 2, 5, dass der Mar- mor der römischen Prachtbauten von Luna komme. Marmorquadern {toUdäB glebae) hatte der Tempel des Jupiter TonaAs (Plin; 56, 50) und ebenso die Regia, wenn die oben erwähnte Hypothese sich' bewährt (be- stritten habe ich sie Hermes 7, 270 nieht, wie behauptet worden, aber sie ist nichts weniger als sicher). Ob die Marmorstufen und ein Stück, des Giebels des Tempels des Divus Julius dem Bau des Augustus oder dem Neubau Hadrians geboren, vermag ich nicht zu sagen : sie schienen mir lunensiach zu sein^ Denselbto Marmor nimmt wohl mit Recht Piale (zu Venuti 1, 136) als Material der Säulen des Mars Ultor am Arco de' pantaoi an: Venuti glaubte pariscfaen zu erkennen, Corsi Pietre 301 thasischen (Greco livido). Die Cellawände dieses Tempels aber bestehen aus Tufquadern und waren nur mit Marmor inkrustirt. Unsicher ist es ob die erhaltenen Säulen der porticus Octaviae, welche schwerlich der Restauration des Severus angehöfen, von parischem Mar- mor sind (so Corsi 33).

*^) Ueber Cäsars «oepto moirmorea Cic. ad Att. 4, 16, 14 (die er- haltenen Travertinpfeiter ehemals mit Marmor inkrustirt? Forma urbis S. 35 f.), über seine Venus Genetrix Palladio 4, 3 (Vi fu trovato una qaantita grandissima di marmo lavorato'). Das Theater des Pom- pejus bezeichnet der Kalender (Amit. 12. Aug.): in theatro marmoreo^ dasselbe als theatttttn läpidetem Vitruv 3, 2, 2. Undenkbar ist es, dass schon zur Zeit des Amit. Kalenders marmoreus für 'steinern' gebraucht werden konnte (vgl. pons lapideusy marmoreus Th. I § 7), ebenso un- denkbar aber^ wie oben gesagt, dass das ganze Theater aus Marmor bestand (vgl. A. 12).

2*

20 EPLEITÜNG.

Dass auch fernerhia die bessere weisse Qualität des kinen* sisefaen Marmors neben den frem4eii Maroiorarten in Ge- brauch blieb, lehren die Monument^^^)....;

Es liegt ausserhalb der Grenzen dieser .Erörterungen, die Verwendung der verschiedenen Marmorarten seit Augustus und die kaiserliche Ver«^:altung . der Steinbrüche, und des Transports im Einzelnen zu. Terfolgen. Die neuesten Ent- deckungen haben gezeigt, eine wie fast unübersehbare Menge von Marmor, Granit und Porphyr aus allen Welttheilen nach Rom strömte und hier am Emporium (s. Tb. I § 7) gelagert wurde. Die durch die amtlichen Vermerke mf den einge- führten Stucken bisher gefundenen chronologisehen Indioien haben die Zeitgrenze von 17 206 n. Chr. und für die Zeit von Domitian bis zu den Antoninen eine besonders grosse Menge von Daten ergeben. Obwohl die Verwendung werth- voUer fremder Marmorarten mit diesem Jahre schwerlich auf- gehört hat, so ist doch das gerade seit diesen Jahren bemerk-- bare Sinken der gesamtnten Kultur, wie es sich in Sprache, Literatur und Kunst merkwürdig scharf bemerklich macht •O, eine Thatsache, die vielleicht zur Erklärung jener anderen dienen kann. Das Sinken der Baukunst in jenen Jahren, der Begierungszeit der rühm- und baulvstigen Kaiser Sevenis und CaracaUa, offenbart sich wie im Stil so im Material am klarsten in deii Ruinen der Kaiserpaläste. Während der Palast des Domitian die ganze reiche Pracht der kostbarsten farbi- gen Marmorarten aller Länder entfaltete ^^), stossen wir in den jüngsten dem 3. Jahrhundert gehörigen Palastrumen auf

^) Nach Corsi bestehen aus diesem Moraior die drei Säiil«n des Castortempels (Pietre 364), die drei des Vespasiaa and Titve (daa.), die vom Forum transitorium (dQ2), vom Teoipel «of Piessa di Pietni (87), die Fokaasäule und zwei gleiche auf dem. Forum geluadene {^64) wozu jetzt eine vierte kommt.

") S. meine Erörterung dieser Thatsache Forma urhis S. 7.

'^) Ich verweise vorläufig auf meine KaiserpalMste Ro^ms {B* 1867) und Lanciaois Guida: in dem kleinen Museum auf dem Falatip (^. Gaida S. 66 ff.) hat Rosa sehr lehrreich die gefundeaeA Arten ^samtiea* gestellt.

f 1] DIE TRÜMM£R. 21

der SMhälfle des Högels auf .die geringere Qaalität des Mar- mor von Luna, d^m auch ffir Fnselrriften in jener Zeit trugt mich mein Gedfichtniss nieht 'flber^iegend, wenn nichft ansschliesslidh, angewandten Materia). Es kommt dazui dass aller Wahrscheihlicdikeit nach damats und damals zuerst ▼OD älteren Monuiaenten weythvoOe ^ SSulen zum Bau neuer eilfertig aufgefOhrter Wkke entnommen wurden. Kaum lassen die Berichte über dai& Sepüzonium eine andere Erklärung zn^*). Dies Septizoniam aber wa» ausser den nur einmal erwähnten Thermen der einzige Neubau des Kaisers: aHefibri-^ gen waren Restaarationdbauteix.

Es ist eben giizeiigt n^orden, dass der Backsteinbau in Rom erst xur Zeit des Augustns Eingang gefunden hat tt^d dass PriTatbauten jener Zeit* in dem sogenannten ojms relieU'- latum constroirt waren, ^itiroviws bezdchn^ diese Konstruk- tion als die zu seiner Zeit allgemiein QMicbe, daneben eine äkere als das opus iticirtum^% Beididn dienen kleine Wurfe! aus heimischem Tuf. Jene ist allg^dn bekannt; ob diese, über deren Wesen gestritten mri, wie man meint, ^ine Ab- art des in Latiumdoch nicht bekanivten Polygonalbaus sei, jene sieh aus dieser kunstmässig entwickelt habe', ist eine Frage, welche die Teohmherbeantiworten mögen ^*). Hier kommt es allein darauf an, die Dauier des Reticniatbaus zu fixiren. Seine schon von Vitruv bepierkte, aus der Keilförmig- keit des Gefüges entstehende ljp)haltbarkeit suchte man, wohl Dicht vor der Zeit des Nero,. durch Einffiigung horizontaler

^) ZttsammeDgrestellt' Forma urbis S. S7 ff. Bestimmt bezeugt ist, dass dit SSnleii Von verscIdedeDeta Matertal waren.

^ VitraV 2, 8, 1: structufürum ^enera sunt kaec, reticulatum, quo nunc omnes iUuntur, et antiqimm quöd incertum dicitur,

*^) Man versiebt jetzt ziemlicb allgemein darnnter den Bau ans kleinen nicht würfeTHirmf^n, sondern unregelmässigen caetnenta, Rosa glaubt diese Honstruktionsweise , wie er uns auf Excursionen (1S62. 1863) m^brmals auseinandersetzte, z. B. in den Sobstmktionsmauern von Terrassen republikanischer Villen bei Tnscuhim nachweisen zu können. Eben dahin rechnete schon' Fabrelti die Matter des %ogenann- ten Etaiporhim des Aemilius Paulas, oben A. 22. Ich muss mich be- giQSen dies anzuführen.

22 ^INiiBlTüNG.

Ziegellagen aufzuheben. Diese Technik erlangte zur Zeit Hadrians eine besondere Vollendung, nach der Regierung dieses Kaisers aber scheint die ganze Bauweise zu verschwinden. Das opus reticulatum diente in allen Häuser- und Zierbauten dem Bewurf als Träger, als Rohbau dürfte es schwerlich anders als etwa in Substruktions- und ähnlichen Bauten be* handelt worden sein**). Mit dem Verschwinden des Reti- culatbaus gelangt neben dem monumentatei Quader- und Marmorbau der B a c k s t e i n b a u zur Alleinherrschaft. Die Eni« Wickelung der Technik der Fabrikation der Backsteine wie der Konstruktion ist für die ganze Chronologie der Bauten der Kaiserzeit also von. grösster Wichtigkeit. Wir besitzen zum Glück in den Fabrikstempeln der Ziegel (s. § 2 A. 26) einen sicheren chronologischen Wegweiser, dazu kommen aber die auch unabhängig von diesen festgestellten Kriterien des Alters, die Dimensionen der Ziegel und, was davon untrenn- bar ist, die Art der Bindung derselben durch Mörtel*^). Die Techniker haben bemerkt, dass die ausgezeichnete Qualität desselben und seine mit d^ Zeit zunehmende Unzerstörbar- keit durch seine Zusammensetzung und durch die klimatischen EinOüsse bedingt wird. .Diese TrelTlichkeit des Mörtels ist der Grund, weshalb man ihn in Rom je länger je mehr nicht blos als Bindemittel, sondern als billiges Baumaterial verwen-

**) Kurze Uebersicht über die Geschichte des opus reticulatum bei Vespigoani Bull. »uo. 2, 147 f. (von Sltereo vgl. Uggeri Journ. pltt. T. 6. 8 f.)- Zu deo ältesten datirteo Beispielen des reinen Retikulat- baus gehören das oben A. 24 angeführte Privathaus anf dem Palatin, der unterirdische Kanal der aqiui lulia, gebaut 719 (ßulL mun. 2, 205), die Villa der Livia bei Prima porta, das Mausoleum des Augustus (vgl. auch die Relazione SuUe scoperte archeol. u. s. w. 1873, S. 73)^ der sogenannte Muro torto am Monte Pincio (honti Dofaitü?), Mischung mit Ziegelbau zeigen schon die Trümmer des ^^oldenen Hauses des Nero, für die Hadrianische Bauweise gahen früher die Trümmer der Villa bei Tivoli, und geben jetzt die vortrefflich erhaltenen datirten Ufer- bauten am Emporium das beste Beispiel (s. Th. I § 7). Kein Reti- culatbau \)nter den Antoninen, z. B. Bull. mun. 2, 229.

*^) Es bedarf kaum der Bemerkung, dass auch über diese Fragen kein eigenes Urtheil beansprucht wird.

1. ] DIE TRÜMMER. 23

det hat, d. h. weshalb die ursprünglich kaum sichtbare Hör- telscbicht im Lauf der Zeit in stetigem Wachsen begriffen ist, bis sie fast der Breite der Ziegel gleichkommt. Auch die Dimensionen der Ziegel selbst verändern sich regelmässig in der Weise, dass sie ursprünglich bei ausserordentlicher Länge und Breite sehr dünn sind, später in jenen Dimensionen ab-, in dieser zunehmen. Der Versuch, diese Veränderungen mit Hilfe der datirten Backsteinbauten geradezu in einer mathe- matischen Progression darzustellen, darf als missglückt be- zeichnet werden und es wird, wo die Daten der Stempel fehlen, kaum möglich, sein, mehr als Hauptepochen zu be- stimmen, diese aber auch mit Sicherheit. In den angegebe- nen Wandelungen treten am deutlichsten hervor die klassische Schon^teit der Bauten der ersten Hälfte des ersten Jahrhun- derts; eine starke Veränderung dürfte die Epoche der An- tonine aufweisen: der Verfall beginnt auch hier mit der Re- gierung des Sevenis und Caracalla und steigert sich nun in schnellem Tempo bis zur constantinischen und nachconstan- tinischen Epoche, deren Ende jene aus Tufstücken, Ziegeln und Mörtel eilfertig aufgeführten Hauern bezeichnend^).

Noch tiefer in die rein technischen Fragen führen die verschiedenen Bauweisen, der Rohbau welcher schon im 1. Jahrhundert trefflich entwickelt und zu Darstellungen von Kunstformen benutzt ist , der Bewurfbau, die Konstruktion der Gewölbe« Wir müssen uns begnügen, auf die chronolo*

**) Ueber die Technik der Ziegelbauten Roms giebt es ausser den bekannten DarsteUangen von Piranesi, Canina, Nibby u. a. keine nm- fassende neaere Untersvehnng. Ich nenne besonders Salsenberg Ann. 1818, 156 ff. ond die neueste. hauptsächlich für den Gewölbebau wichtige Schrift von Choisy, L'art de batir chez ies Romains, Paris 1873. Ur- heber jener mathematischen Scala ist Parker in der Archeology of Rome I Text eh. 3. S. 21: anf den Fass kommen im 1. Jahrhundert 10, im 2tea 8, im 3ten 6, im 4ten 4 Ziegel 'incloded raortar' (Jahresbericht 1875, 792). Seine Abbildungen datirter Ziegelbauten sind nur zum Theil brauchbar, zum Theil sind sie zu klein und zu undeullich. Eine Dar- stellung und gute Erörterung der spätesten Konstruktionsweise bei Fea-Biancotti Cerchi T. XVIIf. Aehnlich die Baureste zwischen dem' Titusbogen und dem Constantinsbogen westlich der Strasse.

24 EINLEITUNG,

gischen Kriterien hinzuweisen , welche nach den Urtheil der Sachkenner auch in diesen Dingen liegen. Die Lösung schwie-* riger Probleme wie die Bestininiung des als ^Minerra Mediea* bekannten -Gebäudes und des ampkUheatrum ccMrmse ist den so sehr von der genauesten tediinschen Analyse des Baus wie Yen der Auslegung der vielleicht darauf bezüglichen Zeug- nisse abhängig ^'^).

Die Geschichte des römischen Baustils ist zwar im Ganzen wie im Einzelnen von Faehmünnern, inbesondere von den französischen Architekten (vgl. § 3) vielfach gründlich behandelt worden^ keineswegs aber in sok&er Weise, dass die chronologischen Merkmale, deren wir für dk Topographie bedürfen» systematisch und überzeugend ermittelt wären. Hat doch über einzelne Denkmäler das Urtheil derselben zwisdien weit auseinanderliegenden Epochen und Jahrhunderten schwan- ken können (A. 55). Es tbäte vor allem Noth, aus den da- tirten Bauten eine umfassende Analyse aller sidieren Verän- deruQgen zu gewinnen und übersichtlich vorzulegen»

Dass der etruskische Stil beim Bau des capitoUniscfaen und des Cerestempels (261 d. St.) zur Anwendung kam, ist bekannt, wahrscheinlich dass die zwischen beide Gründungen fallenden Bauten des Saturn (257), Mercur (259) und Castortempels (270), möglich, dass auch noch die nächstfol- genden (288 Dius Fidiiis 323 Apollo) nach dem etruskisehen Schema erbaut worden sind (Th. 11 u. A. 9 oben). Für diese Möglichkeit geben indessen meines Wissens die Trümmer in Bom keinen Beleg. Freilich ist dabei zu bedeiAen, dass die fortwährenden Neu- und Umbauten leicht die Spuren etruskischer oder sogenannter italischer Tempelformen, wie sie in anderen Städten Italiens erhalten sind, gänzlich ver- wischt haben können: aber auf der andern Seite ist es von

^) S. besonders Choisy a. 0. und die zerstreuten Bemerkungen an- derer Architekten, namentlich von Promis, Caristie (Monuments antiqaes d'Orange), Isabelle (Les edifices circulaires et les domes). (Jeher den Kuppelbau auch Rahn, Ueber den Ursprung und die Entwickelung des christl. Central- und Kuppelbaus, L. 1866.

§ 1.] DIE TRÜMMKE. 25

Gewicht, dass audi sonst, wie z. B. ia dem in neuerer Zeit erst bekannt gewordenen ältesten Gräberbau sich keine Spur von Emwirkung des Etruekiscben gefunden hat. Es seheint, dass der dorüsehe und jonisdi-attische Stil frih nebeneinander ESngang gefunden und auch das Ornament der Grab- und Ehrendenkmäler wie der Altäre beherrscht haben. Erst später wird der korinthische au%enommen worden sein, der seit der Epoche des Augustu9 mehr und mehr zur Alldnherrschaft griangt^^). Dass bei den häufigen Neubauten Umformungen

<») FSr die Behauptung Bergaus (Philol. 26, 90 f. vgl. Arch Z. 1866, 20 ff.), dass es einoD ans dem 'etriiskisclien' efitwickelten ^n'atio- oalea' romischeu Baustil gebe, der voq den Ton Vitrov beselu^iebeaeD UatersebeiduDgeB des dorisciieii, joniscllen, korintlüficheA noch niehts wisse diesem Stil soll sogar das Bibulusdeoknal angehöreii und bei demselben nicht von dorischen Pilastern gesprochen werden dürfen seheinen mir ebenso wie für die damit verknüpfte Annahme des 'natio- aaleii' Ziegelbaos (oben A. 21) die Beweise zu fehlen, ^ne wissen- schaftliche Untersuchung von Fachmännern mnsste sich auf eine um- fassende ÜBtersnchufflg des ThatiiesUndes atüteen nnd an die Bange- schiebte Pom|»eji6 anknüpfen, fw welche bei fiöttieher u. a. vorgearbei- tet ist. Zur Technik des jonisehen Stils vgl. bes. Semper 2. 459 L Einstweilen stelle ieh über die drei Stile zusammen, was mir erreieh*- Ur und, wie es seheint, nirgend zusammengestellt ist. Dorisch: ^TabnlanuiB', unsieherer T. auf dem Palatino östlicher am Forum holi- torium, Rundtempel a».F. boarium (Hercules Victor); Grabdenkmäler dorisch (oder mit dorischen Elementen): O. des Bttulus, neugefundenes auf dem Esquilin, am 4. Meilenstein der Appia (arebaisirend? Canina V. Appia T. 22, 1. 43, 4); jonisoh: Tempel, westl. und mittlerer am Forum helitorium, Pseudoperipteros bei Ponte rotto, des Saturn (s. A. 50), des Neptun Marsfelde (?? Bull. mun. 1. T. VI), des Divus Julius (? Dutert Forum S. 40; die Hermes 9, 353 beschriebene Möttze scheint die Wahl zwischen joniseh und dorisch zu lassen); Ehrendenkmal des C. Minueius auf einer Münze des 7. Jahrb. {? MomnH sea Münzw. S. 649 f. n. 154 Bd. 2, 303 f. n. 109 franz. A.); ^joniseh-doriscli': Fa^de und SarkopÜag des Mfiioaengrabes (?). Fortdauer der Verwendung des dorischen Stils im PorticusstU : Forum (Jahreaber. 1875, 743 Dutert S. 38), Theater des MarceUus u. 8. w. Während die au^eaäblten Denkmäler vorangusteiseh sind oder vorauguateisohe nachbilden, sind die erhaltenen korinthisohen Tempel (vom Castortempel an) wie es steint, sämmtlich Neubauten oder Restaurationsbanfeen der Zeit ven Augustus (Mnrs Ültor) an.

26 EIJVLEITÜNG.

aus dem älteren in den jüngeren Stil in Rom wie in Pom- peji stattgefunden haben, ist erweislich^ andererseits aber auch das Festhalten an dem älteren durch eine Reihe von Neubauten hindurch*^). Die Regel des Vitruv, dass bestimm- ten Gottheiten bestimmte Stile zukommen, erweist sich als eine Theorie^ welche in Rom nicht festgehalten worden ist^^). Wie weit nun der griechische Baustil vor den Zeiten des zweiten punischen Krieges auch den jedesfalls wänig ent^ wickelten Profanbau und Privatbau beherrscht hat, lässt sich bis jetzt nach den vorhandenen Trümmern nicht genügend beurtheilen. Seit dieser Zeit zeigen uns sichere Thatsachen, die Aufnahme der Fremdwörter basilica, tholm, empormmj vielleicht auch lautumiae (älter aber wie alt? camer a, carcer) und die Herbeiholung bewährter griechischer Baumeister zum Behuf der Ausführung von Profanbauten wie früher zum Bau oder zum Dekoriren der Tempel, dass das Wort des Por-

^7) Vgl. A. 49. Die Bau^esckiehte von Pompeji weist Umwand- loog von dorischen in iiorinthische l^ulen naich (v^l. Overbeck ' 460). Es ist deshalb für Rom die Frage^ ob bei Neabanten von Tempeln das-^ selbe gewagt wurde. Auffallend ist, dass der Tempel des Saturn zur Zeit Trajan's (also nach seiner Wiederherstellung durch Plauens), wie die Darstellung der Reliefschranken des Forums zeigt, joniseh war (vgl. Jahresber. 1875 S. 740: die anderweitigen hier angedeuteten Grunde werden gerade durch den Umstand verstärkt, dass die übrigen dargestellten Tempel sämmtlieh korinthischer Ordnung sind) und dass diese Ordnung noch in der spätesten uns erhaltenen Restauration bei- behalten wurde. Dagegen muss für den capitolinischen Jnppitertempel (Domitian) und wahrscheinlich auch fdr die Tempel des Castor (Tibe- rius, Domitian) und der Ceres (S. Maria in Cosmedin, Tiberins?), welche sämmtlieh« korinthisdi sind, eine Verwandlung des Stils ange- nommen werden, lieber diese Tempel s. das NShere Th. 11.

^^) Vitruv 1,2, 5 veriangt für Minerva Mars Hercules dorische, fdr Juno Diana Baccfaus jonisdie^ für Venus Flora Proserpina und die Nymphen korinthische Tempel. Vgl. Betticher P 275. Der T. des Hercules am Circus war nach der von De Rossi in den Ann. 1854 T. 3 publicirten Zeichnung allerdings dorisch (?), der Minerventempel des Nerva aber koriathisoh. Für di« übrigen sind in Rom keine sicheren Beispiele vorhanden. Die überwiegende Anzahl der auf Münzen dar- gestellten römischen Tempel sind korinthischer Ordnung. S. A. 50.

1] DIB TRÜMMBR. 27

dus Licinus, die Muse habe seit jener Zeit mit befiögeltem Sdtritt sich zu dem Krieg^volk des Romuhis begeben, von der Baukunst so gut wie Ton der Litteratur gilt. Aber Wie in der Litteratur nationale Elemente in die griechische For- mensprache übersetzt wurden und diesef umbildeten, so auch hier. Seit derselben Epoche hören wir von einheimischen röoiischen Baumeistern; eine nationale Entwickelung ist in der Konstruktion des üpm mcerhim und dktitpium zu erken- nen; auch nationale Kunstformen hat man Tielieicfat mit Reicht gefanden in dem Bogen- und Gewölbebau ^^).

Wir haben gesehen, dass der Bogen (formsf)^^) als Träger von Lasten seit ältester Zeit in Rom bekannt ist. Die Kloake,

*•) Fremdwörter (vgl. Th. I § 6): hcuiUea, ungewigs . woher, seit Cato; emporium seit 562. 580. Arch. Z. 1868 S. 19 (vgl. Th. I § 7); thohts seit 574 (s. A. 54) ; lautumiae vgl. Th. II und A. Ö, über cflrrcer and camera A. 54 z. E. lieber die Architekten am genanesten, ob- wohl mit zahlreichen Miesverstandnissen, Premi«, Gli.tri^itetti « Tarchi- tettora presso i Romani (Memorie dell' ac di Tor)no 1873, sc. mo- rali, S. 1 181). Ueber den Salaminier Hermodoros (baut in Rom 608 Dod 618 Tempel, vollendet vielleicht 612 die Navalien) Forma urbis S. 45. Aber um dieselbe Zeit baut der civü Romamis CossuHus (Vitr. 7 pro. 15: Promis S. 167 f. hiUt ihn freilich fSr einen griechischen Freigelassenen) in Athen das Olyrapieion (bis 589, vgl. Waehsuiath Athen 1, 643), wie zor Zeit Gicwos Gigas und Marens Slallius das Odeion (Röckh CIG 1,^357 Vitr. 5, 9, 1 vgl. Wachsmutb 667, Pro- mis 163 ff.). Auch sonst überwiegen unter den Architekten Roms seit Marins (Gajns Mucins) die römischen JNameo. Ueber die griechischen Baumeister des Tr^jato und Hadrian vgl. Th. II.

^ fV>mu? (die Znsammen Stellung mit ^oito;, CorsseO) Krit. Beitr. 175 ganz unsicher) auch in Bautenioschriften der Colonien und Muni-, cipien seit dem 7. Jahrhundert nicht selten für lasttragende Bögen: fundamenta fomices CIL 1, 1162 (V erenüiaum) ', aquam .. .fomicesque 1166 (Aletrium); murum ab fornice ad circum et fornicem cistemamque (Brunnenhaus?) 1412 (Assisium); später portas /omic(em) aedificand{a) 2, 1087 (Ilipa) ;/or]mce« Bull, dell' inst. 1873, 86 (Formiae) wahrschein- lich zum Hafenbau gehörig, ebenso wohl : portas et pilas pontis (pontis za streichen?) in Tiberi quibus piUs post aliquot annos^ P. Scipio AJHr canus et L. Mummius censores locaverunt imponendos, Liv. . 40, 51^ 4 Tgl Hermes 4, 258 und Th. I § 7. -r- Damit stimmt aucl\ der jüngere Sprachgebrauch überein: z. B. Liv. 36, 23, 3, 44, 11, 5 und Vitruv.

28 BIWLfilTÜNß;

der Oberkau des Tullianum, die zweite Wasserleitung geben nooh jetzt Zettgni$8 för seine Verwendung, nkht minder sjiie- geit sich die Tradition des röknisehen Bogenbaus in den Bau-< tea der römisohen Colonic» und MunicifHen wieder. Dass im 7. Jahrhundert die stilistische Verwendung desselben im Arkaden- nnd Porticus^Bau gewöhnlich war, dafür beweisen die erhaltene Halle des sogenannten Tabularium (vgl. oben A* 12), die Darstellung ier Villa ftiblica als eines zweistöcki- gen im unteren Stockwerk von Arkaden getragenen Bauwerks auf einer ums J. 700 gesoblageaen lüunze, die Beschreibung des voraugustisdien Circus und die Analogie des ebenfalls voraugostischen Amphitheaters von Pompeji, während anderer- seits die Mänzdarstellung der aemilischen Basilika des sieben- ten Jahrhunderts die Hallen des unteren Stockwerks abwei- chend von de\a späteren Umbau mit gradlinigem Gebälk zeigt* Wenn einer vereinzelten Erwähnung zu trauen ist^ so durften ähnliche Anlagen bereits Sn der Zeit des zweiten punischen Krieges vorhanden gewesen sein. In der That scheint hier, wie die Vergleichung ähnlicher hellenistischer und hellenisi- render Porticusanlagen zeigt, eine selbständige römische Schöpfung erkepnbar zu sein, wenn auch deren Ursprung im Dunkel liegt ^^). Das gleiche gilt vielleicht von der Benutzuii^ des fomix als eines freistehenden über Strassen errichteten, Statuen, Weihgeschenke oder Trophäen tragenden Bogen und dem verwandten oder gleichen ursprunglich wohl als Ein- gangsbogen zu geschlossenen Plätzen dienenden tanus. Auch

") Aemilische Basilica, Bau vor 700, (Jahresbericht 1875, 742) Cohen, Aem. S, T. 1 = Mominseo, Münzw. S. 633 f. ; villa pubUca Bau des Titas Didius (Cons. 656?) auf der Müuze des Publius Fontejus Ca- pito, Coheo, Font. 10, T. XVIII = Mommsen S. 638; voraugustischer Circus, Forma urbis S. 19 f. Zum Jahr 536 erwähnt Livius 22, 36, 8 eine via fomicata quae ad campum erat, doch gewiss mit dem in der Stadtchronik gebrauchten Ausdruck, lieber die ähnlichen aber des ßo- gens entbehrenden Hallenanlagen der hellenistischen Epoche in griechi- schen Städten und in Pompeji vgl. Adler, die Stoa des Königs Attalos zu Athen, Berliner Winkelm. Progr. 1874. Amphitheater von Pompeji: über das Alter Schöne Quaestionum Pomp, specimen 1868; ausser der Ruine vgl. das Wandbild bei Fiorelli Descr. S. 70.

§ ].] Mfi TRÜMMER. 29

dieser Kunstform begegnen wir schon in der Zeit d^ Sei- pienen. Sie ist seitdem ein steter Begleiter des wachsenden Kriegsruhms, ein nationaler Ausdruck des römischen Beamten«^ rahms geblieben. Die lange Reihe der Triumphbogen zeigt eine ininer zunehmende Bereicherung der For^ mit bild-* üchem Schmuck, zu welcher sich seit der Zeit 4es Atrgustus die Pracht des Materials gesellt Sowohl die erhaltenen Bögen vom Dnisusbogen bis zu den dreithorigen, yielleicht von det Entwickelung der Stadtthore beeinflussten d^s Sevenift und GonstantiOf als auch die Beschreibungen der zerstörten, wie des Fabierbogens und des nach der Wiedergewinnung der parthischen Feldzeichen dem Augustus errichtetem, gestatten ans eise genaue Vorstellung von den Verwandlungen dieser Denkmäler zu gewinnen ^^).

In wunderbarer Voltendung tritt mit dem Pantheon des Agrippa die kuppelgedeckte Rotunde scheinbar als eme neue und eig^ithumhch römische Bauform auf. Allein es ist neuerdings die Vermuthung aufgestellt worden, dass die Vor- bilder dieser Form im hellenistischen Osten zu suchen sein

^) lieber die'/ormoe# als Ekren- oder DcdieatfonsbSgpeD und deren ZüsaiBBienhao^ mit den spateren Tfinmplibo^en s. Jetzt fleHri^ Unter- snehuDg^en Über die eamp. Wandmalerei S. 46 f. Bekannt sind zwei anf dem Porom boarlnm, einer im Circns (v. J. 55S de numibiis; trafen signa aurata Liv. 33, 21, 4), einer auf dem Capitol (v. J: 504^ von Scipio ge- baut in Capi^li» tutversu^ vtatn qua in CapäoHum eitmdüur cum signis seiptmi auratU et equig duobus -^ darauf? et tnarmorea duo läbra mUe fomiceni Liv. 37, 3, 7), der Calpurmus ebendaselbst (Oros. 5, 9)^ ebenda andere (?) dargestellt anf den Reliefs des Forums (Jabresb. 1875, 740) und anf dem Stadtplan (Forma fr. 114); der Fühianus anf dem Fomm (8. Ejpb. epigr. 1877 n. Tb. II). Die imi: zn Sinnessa (?) foTunL porticüms tabermstpee vlaudendum et ianos trU faeiendof (580, Liv. 41, 27, 12), drei* iani anf dem Forum in Rom (s. Tb. If); später wie ea sdieiut forfdoee (oder areus) : so die drei iani tu Bbiren des Drusns CIL 6, 911 ; tat iani und der 'ianus gendnu^ Hermes 4, 235'?.; thermae^ tont in Pmteoh? Areb.Zw 1$66, S. 5. Uebersicbt irad^listiscbe Ana- lyse der r^miscben Triampbbügen bei Caristle Mon.' anft. d*Orange T;* XXVltf. Promis Aosta 191 if. lieber den Angnstusbo^en Bpb. ^igr. 1877. Verzeielmiss der stadtrömiseben Bd. 2, 41 1 ff.: dazn Boll. mnn. 1, 103.

30 EINLEITUNG.

mochten ^% Diese Annahme, deren Haltbarkeit breitere For- schung zu priifen haben wird, setzt also den Bau dieses Tempels (denn das ist er) wegen seiner grossen Dimensionen ausser Zusammenhang mit den unzweifelhaft alten römischen Rundtempeln, nicht allein der Vesta, sondern auch des Her- cules und anderer Götter und mit den runden Altären (A. 58). Aber ebensowenig erwiesen sind bis jetzt die Sätze, dass das Bund- und Kuppelgebäude eine nationalitalische Erfindung o,der dass es ein den Italikern wie der ältesten hellenischen Bevölkerung gemeinsames gräkoitalisches Erbstuck sei. Auch haben wir eine sichere Hinweisung auf die Entlehnung wenigstens gewisser kuppelfönniger Gebäude aus Griechen- land in dem Fremdworte tholus, für welches ein lateinisches nicht vorhanden ist, und in dem so benannten kuppelfdrmi- ge^n Schlachthause, wahrscheinlich einem Bau des Jahres 574. Ebenfalls ein. Fremdwort, vielleicht älteren Ursprungs, seheint der technische Ausdruck för gewölbte Räume camera (daher coneameratio) zu sein'^^).

^) F. Adler, Das Pantheon, im Berliner Winkelmannsprogramm 1871, S. 16 ff. Eine Analogie aas späterer Zeit würde der Baa des Trajans- forum naeh dem Master des Ramesseion bilden, wena diese Annahme wirklich haltbar wäre, worüber Th. II. Ganz verkehrt ist alles was der spnst so treffliche Promis Mem. deir ac. di Tarino 1873 (scienze morali cett.) S. 117 ff. darüber bemerkt: er legt za Grande die Interpola- tion der Stelle Plin, 36, 102: non et tectum Pantheon lovi ultori ab j4grippa Jacti, cum theatrum ante texerit Rontae f^alerius Ostiensir archüectus ludis LibonU, während jetzt allein richtig nach der fiam- berger Hs. iecium diribitorü ab A. /. gelesen wird, und lasst nan den Valerias Ostiensis, Erbauer des Pantheon, den GewSlbeban an den Theatern stndiren.

^) Die verschiedenen Ansichten über den Ursprung der römischen Rundbauten (Mommsen R. G. 1^ 479 f., Preaner Vesta 102. U8. 248^ Bötticher Tekt. 1* 173, Bahn Central- und Kuppelbau S. 19 ff. u. a.) entbehren vor allem noch 4es nöthigen Fundaments, einer umfassen- Aufnahme des Thatbestandes. Ganz unkritisch und übereilt Pyl, Die griechischen Rundbauten, Gr^ifsw. 1861. Ob und welcher Zosammen* hang zwischen den griechischen Thesauren, den Nnraghen und den italischen und griechischen Rundtempeln und Tholen besteht, ist noch ganz unklar; wichtig aber, dass für die runden .Grabdenkmäler der

§ l.| DI£ TRÜMMER. 31

Was sonst als Gescliichte des römischen Baustils be*- zeichnct wird, ist <)ie Geschichte (}er Umbildung, zum grossen Theil MissbilduDg der überlieferten griechischen Formen be- sonders des prunkenden korinthischen Stils (oben A. 46. 4S). Diese Geschichte ist von Fachmännern im ganzen auch für unsere Zwecke genügend behandelt: obwohl chronologische Bestimmungen auf Grund stilistischer Beobachtung in einzel« nen Fällen um Jahrhunderte geirrt haben und über einzelne wichtige Veränderungen überhaupt noch keine sicheren Daten gesammelt sind^^). iSamenthch ist es möglich gewefien,

aogiistuvheii und späteren Zeit (Ca dcilia Metella, Mausoleum des Aa> gostas Q. a.) jedenfalls ältere römische Vorbilder bisher niebt ge- funden sind; und doch kennen wir jejtzt eine Reihe ältester und alter römischer Grabkammern: keine einzige ist kreisrund, Ueber den tholus macelli des Varro bei Non. 180, 13 (514), . das Vorbild der kaiserlichen maeella, s. Hermes 2, 93 und Th. II. Wenn Bnnios die Him- melsknppel bezeiehnen will, sa^t er fomiees codi, -^ Für camera oder camara (jenes hie)t Verrius Flaccus für korrekt » dieses ist auf In- schriften, z. B. in den Arvalakten, nicht selten) und conotwieratio kenne ich keine Belege vor der Zeit des Cicero. Die noch dunkele Ge- schichte des nichtattischen Wortes xa/ndga scheint mir auf die Ueber* nähme desselben ans dem hellenischen Osten zu weisen, was hier nicht weiter, verfolgt werden kann. Auch die gewohnliche Ansieht über carcer ist keineswegs unanfechtbar.

^^) In die Zeit der Antonine hat man das Julierdenkmal von St. Remy gesetzt, welches nach der lasobrift sieher in die Epoche Cäsars, spätestens des Augnstus gehört (Ritschi Prise, lat suppl. V. 1864); dem ersten Jahrhundert gehört sicher die Porta Nigra zu Trier, wel- che Kngler bis ins 5. und 6. Jahrhundert herabgerückt hatte (Hübner Monatsber. d. Ak. 1864, 94 ff.); während desselben richtige Meinung über das jetzt zerstörte Frontispizio di Nerone aus .stilistischen Grün- den von Semper (Stil 2, 473) für falsch erklärt und dasselbe gar für ein Rest des goldenen Hauses des Nero (auf dem Qnirinall) ausgegeben wird. Andere Beispiele» Alter des Compositencapitells? Dass der sogenannte Drususbogen diesen Namen in der That mit Recht führt, ist jetzt so gut als gewiss (Jahresber. 1875 S. 778): er hat dasselbe bereits, was als Grand gegen die Benennung angeführt worden ist. lieber den griechischen Ursprung Semper Stil. 2, 474. Wie früh kommt die VernadilÜssigung der Theilung des Gebalks i%' Fries und Architrav vor? Man nimmt an, dass diese Vernaehlässigimg am Vespasianstempel am Clivus dureh die Restauration des Sevema

82 EINLEITUNG.

grössere Epochen, wie die augusteische, die des Domitian, des Trajan und des Hadrian , ihre vom einfachen und blü- henden zum überladenen und gekünstelten fortschreitende Geschmackswandelung scharf zu charakterisiren und den Be- ginn des stilistischen Verfalls in den ersten Jahren des dritten Jahrhunderts als ein jäh hereinbrechendes Ereigniss zu er- kennen. Es ist femer unzweifelhaft, dass die NacbblQthe attischer Kunst, welche Rom in der Zeit des Augustus er- lebte, nicht ohne Einfluss auf die Vervollkommnung der Architektur geblieben ist, dass griechische Baumeister an der- selben auch fernerhin einen hervorragenden Antheil ge- nommen haben (unter Trajan Apollodor, Th. II), dass endlich auf die stilistischen Veränderungen die Wahl des Materials, welche oben erörtert ist, einen wesentlichen und stetigen Einfluss geübt hat. Es ist bisher von dengrossen öiTent- lichen Kunstbauten die Rede gewesen. Wir erwähnen hier noch, dass auch die Entwickelung der Dekoration des Privat- hauses, welche uns vornehmlich die Baugeschichte von Pompeji wenigstens bis zur Zeit Vespasians kennen lehrt, in vielen Fällen für die römische Topographie von Wichtigkeit isf^*). Ebenso muss auf eine Klasse von Denkmälern noch be-

veranlasst sei: Valladier Raccolta 5 S. 11 (äholiohe Frage fir die Porta Borsari in Verona: Mommsen CIL 5, 1, 3329). Aber der Miner> veotempel des Domitian aof dem Fornm transitoriiim ? Forma urbis S. 27 »> T. XXXVI a

^) Beispiele aus der Zeit des Angustns und der kurz vorher- gehenden die beiden A. 24 genannten Gebäude und das Zimmer der Villa der Livia ad Rubra (Prima porta) bei Rom. Man bat in der Landscfaafts- und Vedntenmanier der Wandgemälde dieser beiden (pnblicirt leider nur die des 'Auditorium' Bull. mun. 2 T. XVI f.) die Kunstrichtung des Sextus Tadius (? Plin. 35, 116) erkannt: a. Heibig, Wandgem. S. 385 ff. Camp. Wandmalerei S. 61 f. Spä- tere Beispiele dekorirter Privathäuser: Wand-Dekoration eines Privat- baues spätestens der hadrian. Zeit unter den Thermen des Caraeaila Bull, deir inst 1S67, 109; aus der der ersten Antonine Pinder Buir dell' i. 1863, 256 ff. Visconti Bull. mun. 3, 326 ff. Ausser der be- kannten Litteratar über Pompeji ist besonders die Untersuchung von Mau Bull. d. i. ]S76 hervorzuheben.

§ 1.] DIE TRÜMMBR. 33

sonders hingewiesen werden, deren Kunstformen wesentlich dorch die Zweckmässigkeit bedingt wird, die Befestigungs- bauten. Für diese sind wir in der glöcklichen Lage, auf mustergiltige Untersuchungen verweisen zu können : nur haben sich dieselben leider nicht bis auf die für die Stadt Rom fast allein in Betracht kommende späteste Bauperiode erstreckt und wir werden leider auf diese grosse Lücke aufmerksam machen müssen, wo es sich um die Entscheidung über den Ursprung der erhaltenen Befestigung und ihrer Thore handelt '^^).

Mit dem Material, der Konstruktion und dem Stil der Bauten ist ihre Disposition genannt worden als eins der Mittel der Erkenntniss ihrer ursprünglichen Bestimmungen. Dass im Mittelalter die Kenntniss der fest ausgeprägten Grund- formen der Gebäude gänzlich verloren gegangen war, bezeu- gen die unterschiedslos gebrauchten Namen palatiumj balneum, Aermae u. a. (s. § 2). Aber noch bis in die jüngste Zeit hätte das harte, wenn auch freilich wahre Wort eines Philo- lofgßn gegen ihn selbst gewendet und von einer * unnützen Klügelei um die Gebäudeformen unbekümmerter Philologen' gesprochen werden können. Nicht zum geringsten Theil sind wir jetzt durch die genauere Kenntniss von Pompeji in den Stand gesetzt^ auch die römischen Trümmer aus ihrer eigenen Disposition zu erklären, und der glückliche Umstand, dass die Leiter der römischen Entdeckungen Architekten sind, hat der philologischen Forschung die Aneignung der Resultate der technischen Analyse erleichtert. Aber es ist nur eine Klasse von Gebäuden, auf deren Bestimmung aus ihrem Schema hier noch besonders hinzuweisen ist, die Tempel.

Von den zwei Grundformen, welche der römische Tempel aufweist, der kreisrunden und der rechteckigen Form, wird schon von den alten jene bestimmten Göttern zugetheilt und es wäre demnach möglich, wenigstens negativ unbenannte Rundtempel zu bestimmen. Soweit die noch ungenügende Auf-

*') Ich meine die Arbeitea von C. Promis: AlbA Facense 1836, Storia di Torino 1869, Antichita di Aosta 1862.

Jordan, rOmische Topographie. I. 1. 3

34 EINl-EITülVG.

nähme des Tbatbestaniles es zulässt, soheiut allerdiogs ange- nommeri werden zu dürfen, dass zwei Kategorien von Gott- heiten diese Tempel in Rom und Italien bewohnt haben, der Genius und die ihm verwandten und die unier versfchiedeaen Namen, verehrte fruchtbare Erdgottin. Abier der Grund dieser (Erscheinung bedarf nocli ^r Aufklärung und es scheinen sich fremdartige Elemente spater eingemischt zu haben '^^).

58) Werthvoli aber verdorben ist die SteUe des Serviiis za Aen. 9, 408 (ich gebe Daniels Text) mspendive tholo] . . . älii tholum medium sacrarum dicvnt genus fabricae Vestae et Pcmthere*: (so D., Pantheon bat man verbessert) atii teetum sine pärietibus columnis svbnixum, (Das sind also die < beiden HauptgattüDgen Monopteros und Peripteros.) aedes autem rotunda$ tribus diu dimnt ßeri deberi FeHae Dianae vel Herctdi vel Mercurio. £in Name also muss gest^ficbeo werden. Rundtempel des Hercules (dorischer Peripteros am Forum boarium. De Rossi Ann. 1854 T. 3; vielleicht korinthischer bei S. Nicola a^ Cesa- rini; vgl. Hercules Saxanus zii Tivoli?) und der Vesta (Peripteros, s. Tb. 11) sind bekannt; keinen solchen weiss ich fö» Merour oder Diana nachzuweisen: für Diana beweist nichts die voa Pyl S. 99« 111 aaipesor gene Münze der Gens Claudia Morell. p. 1^38, 24, über den. Tempel von Nemi wissen wir nichts: Bull. d. inst. 1856, 6. An sonstigen sicheren Namen römischer Rundtempel Bude ich (vgl. Jahresber. 1875, 773) Dea Dia (ganz ttbereinstimmend mit ^Portunus' Ostia: Lanciani bei Henzen Scavi nel bosce T. IV), Fermia (Nizzaoo^ dens. Bull. 187<0, 31); Mars ultor auf dem Kapltol; Pantheon; Divus Romulus (yarkfdU von SS. Cosma e Damiano; auch Maxentins am gleichnamigen Circus? aber Quirinus, Divus ftäius und wahrscheinlich auch Divus Augnstus keine Rutidtempel); vielleicht Mater matuta (? Rundt. am Tiber). Die Adnahme, der Penatentempel sei eine Rotunde gewesed, bembt meiqes Wissens, nur auf der Identificlrnng mt SS. Casma e Damtano oder S. Teodoro (beides falsch; S. Teodoro noch nicht bestimmt). Unbestimmbare Rotunde auf dem kapit. Plan fr. 110. Inwiefern sich griechisches mit einheimischem hier vermischt hat, wie wahrscheinlich bei den runden arae {ßei)fijiol otyvnTs Bd. 2, 262 Anm.), ist noch nicht ermittelt. .Weder Pyls unkritische Gompilatian (oben 54) noch Texiers Annahme^ Archit. Byzantloe S. 15. 171 habe* für das RIh mische zu Resultaten geführt. Die sicheren Namen weisen auf einen Zusammenhang der runden Form mit dem Kreise der Erdgottheiten (Hercules-Genius ?) womit auch die Andeutung bei Pestus 236 (rotun- dam) übereinstimmt. Es ist also noch eine offene Frage, «b bei Ser- vius Dianae oder vel Mercuno zu streichen sei.

1] DIE trCmmbr. 35

Für die bei weitem umfangreichste smdere Klasse würden die bildlichen Ausschmückungen nicht, wie es scheint, die Ordnung (oben A. 46 f.)- auch in Rom von grosser Bedeu- tung sein und Schlüsse auf die Gottheit zulassen, wie wir denn beispidsweise von den nicht mehr vorhandenen bezüg« liehen Giebelbildern des grossen capitolinischen Tempels und des Tempels des Jupiter Tonans (Th. II) genau unterrichtet sind : aber mit einer einzigen Ausnahme, dem Schmuck eines Neptunstempels (und doch ist die Zugehörigkeit dieses er« haltenen Bildwerks zu einer Ruine im Marsfeld nicht ausser Zweifel, A. 8^), sind uns meines Wissens an römischen Tempel- ruinen keine verwerthbare Bildwerke erhalten. Um so werth- YoUer würde uns eine Theorie sein, welche aus der Orientirung der Tempel, d, aus der Richtung der Tempelaxen und deren Verhältniss zum Sonnenaufgang, den Namen der Gottheit er- schliessen zu können glaubt, wenn dieselbe sich bewährte. Sie gebt aus von der Beobachtung, dass die * römisch-* italischen' Tempel nach allen Richtungen der Windrose orientirt seien und sucht diese Thatsache zu erklären, indem sie annimmt, dass der Sonnenaufgang am'Gründungstage' des Tempels (Inaugurations- oder Dedicationstag?)'^®) bestim- mend für das Legen der Längs- (oder Queraxe) des Tempels gewesen sei, dass demnach der römische Festkalender in Verbindung mit der Messung der Axenrichtung über die möglichen Benennungen entscheiden müsse; doch bleibt erstens eine Klasse von Tempeln übrig, deren Orientirung ausser aller Beziehung zum Sonnenaufgang steht und daher durch die aufgestellte Hypothese ihre Erklärung nicht findet ; zwei- tens ist zu bedenken, dass die Dur^fuhrung der Theorie, welche dann weiter auf die Orientirung der christlichen Kirchen erstreckt worden ist, sich bisher wenigstens, mit den ausser ihr liegenden sicheren topographischen Thatsachen mehrfach in Widerspruch gesetzt hat. Wir haben demnach guten Grund uns derselben einstweilen nicht als eines Mittels

*») üeber diese vgl. § 2 A. 6.

3*

36 EINLEITUNG.

zur Entscheidung der Fragen nach der Benennung unbe- stimmter Rainen zu bedienen ^°).

^) Nissen, Das Templam L. 1869, 162 V.; die Theorie ans^edehot auf die Kirchen: Rhein. Mas. 28, 513 ff. 29, 369 ff.; vgl. § 2 A. 47. Die von Nissen anf Grund seiner Theorie beanspruchte Entscheidung schwebender Fragen ist irrig ausgefallen: über den Saturn- nod über den Vespasiaotempel (vgl. Forma nrbis S. 27), über den kapitolioiscben (s. Ann. 1876, 145 ff., Jahresber. 1876, 177).' Tbatsäcblich unrichtigp be- merkt der Verf. Rh. Mus. (1873), 28, 536, dass erst seit der ^Reinigrung* der Trümmer vor den 8 Säulen durch die neue Verwaltung (1870) und Trendelenbargs Anwendung des capit. Plans die Benennung der 8 Säu- len als 'Saturn' gesichert sei: der Plan war bereits von Cauina richtig benutzt und die Trümmer vor den 8 Säulen befinden sich beut in demselben Zustande wie im Jahre 1869. Meine 'Bedenkeo* im Hermes 4, 254 ff. richteten sich allein gegen das Umstossen von ander- weitig feststehenden Tbatsachen.

§ 2.

DIE ÜBERLIEFERUNG DES ALTERTHUMS UND DIE ZERSTÖRUNG DES MITTELALTERS.

Der Boden der Stadt Rom und was Menschenhände darauf gebaut haben, weisen ein dreifaches Recht auf, das des Staates, der Burger und der Staatsgötter. Dem locus fuhUcus prwatus sacer entsprechen die aedificia publica frmta sacra. Es mag, was den Boden anlangt, die Abgren- lang des Staats- und Priyateigenthums durch die Limitation derartig vollzogen gewesen sein, dass es ursprünglich schrift- licher Bestimmungen darüber nicht weiter bedurfte: allein voD dieser Epoche geben uns weder Zeugnisse noch erkenn- bare Reste der Eintheilung Kunde (Th. 1 § 2. 4). In dem entwickelten republikanischen Staatswesen sehen wir mehr und mehr den Grenzstreit zwischen dem Staats- und Privat- gebiet entbrennen und eine Schlichtung desselben theils von Fall zu Fall die Entscheidungen der das Staatseigenthum vor dem Eingriff der Privaten schützenden Beamten (Gensoren, Aelilen), theils Gesetze und Senatsschlüsse herbeiführen. Es lässt sich nicht mehr erkennen, wie früh diese Entscheidun- gen zm- Aufstellung von Grenzsteinen an Ort und Stelle ge- fuhrt haben und ob über diese Terminationen, ausser in den Gesetzen, in den Akten der einzelnen Aemter, wie man vermuthen möchte, schriftliche Aufzeichnungen vorhanden waren ^).

*) Aaf die staatsrechtUche Seite der Sache kann hier nicht naher eingegangen werden. Was die Rechte der Censoren und Aedilen (die Abgrenznng beider ist nicht sicher) und das auf dem censorischen be- nihende Recht des Kaisers anlangt, so verweise ich auf Mommsen's

38 EINLEITUNG.

Anders steht es mit der Abgrenzung des heiligen Gebiets, nsot'em bei demselben ausser dem Staat, welcher dasselbe der Gottheit zu eigen giebt und sie allein in dem Besitz desselben schützt, die Priesterschaft in mannigfachen Bezie- hungen zu schriftlichen Aufzeichnungen seit frühester Zeit veranlasst war. Wir werden zu zeigen haben, dass das Templum der Stadt und sein consecrirter Grenzstreifen, das Pomerium, vor der Benutzung durch Private durch Grenzsteine geschützt war, über deren Standorte und Zwischenräunoie das zuständige Priesterkollegium zu wachen hatte. Es ist undenkbar, dass dieses Kollegium nicht in seinen Akten eine

Staatsrecht 2, 416 f. 434 f. 476 f. 930 f. Die durch erhaltene Grenz- steine (CIL 6, 1262 ff.) bekannten Terininationen (sämmtlich ans der Kaiserzeit) bezeugen zum Theil den Ueberg«ng des Privatei^entl&tims in das des Staates durch Kauf, L, Ca^mmms JPiso M, Sahius priae^ tor^) aer{arii) aream ex sfenatusj vfonsultoj ä privaH* publica pecunia redemtam terminaver{uid) (CIL 6, 1265) dahin sind die Ter- ininationen des Tiberufers (Th. I § 7) zu stellen und es ist anzuneh- men, dass auch bei den häufigen Ankäufen in republikanischer Zeit (wie z. ß. vom, Behuf des Baues der basilica Porcia) t^rmioirt worden ist zum Theil die Tuition oder Restäutioa des fitnatseigentbums dvrch censorisch^s Edict, . . [e^J s{enatus) ciansulto) censores loca a pitU et columnis quae a privatis possidebantur causa cognita ex forma (s. unten) in publicum restituerunt (Or, 3133 = CIL 6, 919). Aehalich an Stelle der Censoren die Consuln (Mommsen S. 414, 929 f.) des J. 5 n. C. Utwänarunt locium).pubUeum ab private (CIL 6, 1263), atiderer Art die Termination CIL 6, 826. -^ Eine aJUgefneine lieber Weisung der loca in urbe publica iuris ambigui an die possessores hat nach Sueton Aug. 32 Augustus vorgenommen, worüber Mommsen Staatsr. 2, 929. Es ist ein Zufall, dass uns keine auf die loca publica urbis Romae bezüglichen leges oder senatus consulta ans republikanischer Zeit er- halten sind, welche für jene unter Umständen ebeu scfpit wie beisfkiels^ weise der erhaltene Schiedsspruch der Mioucier v. 637 (CIL l, 199) für die Gebiete befreundeter Gemeinden die Grenzen beschrieben huben werden. Doch enthalt sowohl das Municipalgesetz Cäsars CIL 1, 206 wie das kürzlich gefundene Bruchstück eines Senatsbeschlusse's aus der Zeit der Gracchen (BuU. mun. 3 T. XIX, vgl. Jahresber. 1876, 185) eine Reihe von Bestimmungen über die Handhabung der Strassenpolizei, welche uns einen Einblick in die verwickelten Verhältnisse der wAchsen- deu Stadt gewähren.

§ 2.] DIE ÜEfiRLlBPßRUNG. 39

ßesebreibung des Laufs des Pomerium besessen haben sollte und vielleicht ist uns dieselbe für die erste Ansiedlung im Wesentlichen noch erhalten. Auf dieselbe Quelle führe ich die kurze, aber in ihrer Bestimmtheit bemerkenswerthe Notiz über die Roma quadraia im engeren Sinne zuröek, welche SoUnus aus Yarro erhalten bat (aber beide Th. I § 2). Aach eine Beschreibung der ältesten Grenze des ager roma- mis mu8S es gegeben haben mit Bezeidinung der Punkte, an wekhen die Opfer der Ambarvalien zu vollziehen waren : da-« för bürgt uns allein schon die Analogie der Priestersehriften von Iguvium (s. ebenda). Dagegen ist es eine nicht blos unbegi^ndete , sondern verkehrte Vorstellung, dass in den Akten der Priesterschaften sich eine Beschreibung einer Art 'Roma Sacra' oder eines Analogen unserer Parochialeintfaei- lung gefündeo habe und dass uns diese auszugsweise in den Sacra Argeomm erhalten sei. Eine Eintheilung des Stadt- gebiete in beilige Distrikte mit Centralheiligthumern kennt das romische Altertbum sowenig, wie den Begriff der reügiösen Gemeinde: himmelweit verschieden davon sind die Kultus- stätten an den Strassenkreuzungen, die compita der vici, bei denen es sich lediglich um die Heiligkeit der Wege und Grenzen handelt, und jenes wichtige Bruchstück aus dem Archiv der pontifices ist nichts anderes, als eine för das praktische Bedurfniss jährlich sich wiederholender Prozessio- nen entworfene Beschreibung des Weges zu den 24 Argei genannten saceüa, deren Bedeutung wir weiterhin aufzuklären versuchen wollen (Th. I § 4). Wenn wir uns vergegen- wärtigen, wie gross die Zahl solcher Opförgänge gewesen ist, wie fest begrenzt das Ceremoniell der sacra nls et eis T^erim, so werden wir annehmen müssen, dass die, wie wir wissen, so' weitschichtigen geistlichen Archive an ähnlichen Lokalbe- schreibuiigeii eine Menge enthalten haben ^).

*) 0a8s die Argeeruited^e, welehe Varro de 1. 1. 5, 45 ff. excerpirt litt, aos den i&tn pontißcii staiMat) ist nicht bezeugt, ergiebt sich aber Bit Sieherheit dafatis, «htds sie als Instrnktion für die ptmtißces publici bei der Vollziehung der Argeeropfer diente, dies wiederum

40 EINLEITUNG.

lieber das, was auf dem Boden der Stadi aus offeat* liehen Mittein für Staats- und Beligionszwecke erbaut war» hat es in der Zeit des entwickelten Staatawesens siebrifüiche Aufzeichnungen verschiedener Art gegeben. Eine zusammen- hängende authentische Geschichte der öffentlichen Bauten wurde uns vorliegen, wäre uns die Stadtchronik erhalten. Entstanden aus der von der Priesterschaft geführten Jahres*- tafel, enthielt sie während der Zeit der Republik die Anga- ben über die aus öffentlichen Mitteln bestrittenen Bauten, über die Brände, Ueberschwemmungen, Krankheiten , Prodigien, wie überhaupt die für die Stadt wichtigen Ereignisse. Diese Notizen sind in die Annalen, aus diesen in die uns erhalte- nen Geschichtsbücher übergegangen^). Eine Art von Fort- setzung dieser älteren Stadtchronik dürfen wir in den seit Cäsar publicirten Acta populi^) und der von ihnen verschie- denen Kaiserchronik erblicken, von denen namentlich die letzte eine vollständige Aufzählung der kaiserlichen Bauten anstrebt. Für die Regierung des Augustus besitzen wir die

daraus, dass ihr Grundschema uralt, die eingefügte spezielle Beschrei- bung der sacella, wie die genannten Orte ergeben, jung ist wie dies nach 0. Miiller's Vorgang Bd. 2, 237 ff. ausführlich bewiesen ist. Dazu stimmt die auch in der Sprache bis auf die nicht beseitigten Zahl- adljectiva fttrtioeps . . . sexticepsj durchgeführte Modernisimag. Varro selbst bezeichnet die Schrift als sacra Argewian, wie Bd. 2, 240 gezeigt ist, nach gew^öhnlichem Sprachgebrauch. Dazu Serv. Fold. Aen. 1, 17: autem esse in sacris Tibttrtibus eonsttU übt sie precan^ tur (vergl. Hermes 8, 219). Spengels Polemik Philol. 1873, 92 ff. hat mich in keinem wesentlichen Punkt überzeugt.

*) lieber die Stadtchronik und ihren Inhalt nach anderen Niaaen, Krit. Untersuchungen über die 4. und 5. Dekade des Livius, besonders S. 86 ff., und Nitzsch, Die römische Annalistik S. 189 ff., dessen An- nahme (S. 238 ff.), dass die erhaltene Schrift de prodigiis des Julias Obsequens kein Auszug ans Livius sei, sondern aus den pontificischen Büchern stamme, wir verwerfen müssen (worüber an einem ander^a Ort), lieber den Werth der Prodigien für die physische Geschichte der Stadt Th. I § 1 A. 5. t7. 46. Eine Sammlung der muthsiaasslicb aus der Stadtchronik stammenden Notizen wird noch vermisst

*) S. Hübner De senatos populique romani actis in Fleckeisens Jahrbb. Suppl. 1859, 559 ff.

2.] DIE ÜBfiRLK^BRüJVG. 41

eigene Darstellung des Kaisers in seinem Indeüß rerum gesta'^ mn, für die übrigen Regierungen ist sie uns theiis zerstückt bei den Biographen, theiis in einer amtlicheai Redaktion vom Jahre 3M n. C. erhalten'^). Aber diese Chroniken sind nicht selbst Urkunden, sondern aus . urkundlichem Material gezogen, über dessen grossen Umfapg gelegentliche Erwähnungen und die Betrachtung des Organismus des Staatswesens beldiren, Die in der Stadtchronik bis zu den punischen Kriegen verzeichneten Bauten sind fast ausschliesslich, von da ab bis zum Ausgange der Repmblik überwiegend Tempeibauten, wie dies in c|er Natur der Sache liegt (Tb. I § 2. 4). lieber die atdes saerae hat es zweierlei 'urkundliche Aufzeichnungen gegeben^): in der priesterlichen Jahrestafel und den libri ponüßdi und in den Akten der Staatsbeamten, welchen die Aosfuhrang und Bestreitung des Baus aus Staatsmitteln ob* lag. In jenen müssen ausser den fast ausnahmslos allein in die Stadtchronik übergegangenen Gründungsjahren auch die

') Kaiser Chronik: sogen. Chi^onograpb von 354 (früher Catalogns inp. Vindoboneosis) , heraus^, von Mommsen, Abh. d. K. Sachs. Ges. 2, 349 ff.y aus unbekannter, aber was die Bauten anlangt, sicher offi- zieller Quelle, welche zum Theil auch von Eutrop (aus ihm die Hi- storia miscella) und Hieronymus (aus ihm Gassiodor), seltener bei SaetMi und den öhrigeo Biographen benutzt ist Analyse der Bauten- Verzeichnisse (von Aujpistus bis Maxentius) : Bd. 2, 31 ff. Der Ab- schnitt im Index des Augostus bei Mommsen, Res gestae d. August! S. 51 ff. and dazu meine Bemerkungen Eph. epigr. 1, 236 ff.

*) üeber die Notizen in den Amialen auA der Jahrestafel, welche re^lmäasig das vovere (dureh den Magistrat cum imperio), faciundum kcan (dsgl. oder duovin) und d^iaare (eben so : vgl. Mommsen Staats- recht 1, 199. 2, 578 ff.), lAer nur ausnahmsweise das Datum enthalten, vad die imtaies deorum ss aedtum im Kalender s. fiph. epigr. 1, 232 ff: als natoHs ist zu betrachten der Tag der Dedication (vgl. oben § 1 \. 60); er bleibt auch nach einer refeeUo und neuen dedicatio der- selbe, zweite Feste bei demselben Tempel sind keine natales, sondern aeeeisoriseh (ebend.); die Ortsbezeichnungen im Kalender sind bis auf Qabedeuteade Variationen {in eireo FlanUmo = ad drcum F., in foro s=s od oder apud forum) constant und offioiell (daher in CapüoUo nicht = ad forum), ihre Reihenfolge (nach A. KIngmann's Bemerkung bei Henzen Acta arv. S. 239) alphabetisch (s. Ephem. epigr. 3, 58 ff.).

42 EINLEITimG.

in den Festkalender übergegangenen Gründungstage, genauer die Tage der Dedikation, ausserdem aber die ober Lage, Eigenthum und Ceremoniell festgesetzten leges templerum et ararum enthalten gewesen sein^). Wie man sich nun auch den Gesammtbestand dieser Notizen in der Pontificaltafel und in der Stadtchronik denken mag, klar ist, dass die priester- lichen Arcbivalien der Regia (s. Th. II) für beide die Quelle bildeten.

Wie die urkundlichen Aufzeichnungen des Staats über alle aus Staatsmitt^ hergestellte Bauten, also aach vker die aedes sacrae in lltester Zeit beschaffen waren, ist ntdit mehr zu ermitteln. Seit der Errichtung der Censur müssen sie in den Akten der Censoren> suppl^nentarisch in denen der Aedilen, seit der Kaiserzeit theiis in den Kanzleien der betreffenden Curatoren, theiis in der des Stadiprafekten zu finden gewesen sein (vgl unten). Ueber ihren Inhalt giebt das System des offentJkhen Bauwesens genügenden AufscUuss. Dieses System beruht, wie bekannt, auf der locatio condnctio. Wir wissen, wie die leges locationts beschaffen waren, dass zu allen Zeiten bei der Abnahme des Baus durch die zu- ständigen Beamten eine Prüfung der Erfüllung dieser Bedin- gungen stattfand, und dass dei* Regel nach der Vermerk über Abnahme des Baus durch das facnmdnm curavit idemque

') Die leges templorum et ararum sind ia ihrer Einriciitniig be*^ kaunt besonders dureh die lex aedis lovü Furfone v. J. 096 CIL 1, 603 , die lex arae d. AuguHi von Naj4)o Or. 2489 und die «hnlidie von Salona das. 2490, von denen jene auf die le^es arae Jfwnae Aventtno verweist. Sie werden bei der Dedtkation verlesen und ent- halten die oben kurz erwähnten Hauptpunkte. Ans solehen lege^ stammen also z. B. auch die Nachrichten über die Privileig^en eiozelner Tempel, wie über das Asylrecht der aedes di'vi hdii (Hermes 9, 35S) und anderer, über das Erbrecht des von Angastus wiederherfastelMtou Tempels des* Jnpiter Feretrius (Mommsen Staatir. 2^ 60). Das T«mpel« Statut von Furfo und das Statut der ara Narbenensis zeigen ferner deutlich, dass diese le§^es auf Formulare zurückgehen , welche nur in dem pontificisehen Archiv gelegen haben können (vergl. Hermes 7, 201 ff.).

i 2.] DIE OBERLIEFERUNG. 43

p-dhavü auf den Bau selbst gesetzt wurde ^). Aber nicbt selten ist man fiocb weiter gegangen und hat aus denselben Urkun- den Nachrichten über die Kosten, den Umfang und die tech- nische Beschaffenheit d^s Baus hinzugefügt. Auch darftber be* lehren uns zahlreiche Bauleninschrillen, insbesondere eine kürz- lich gefundene, den Neubau der Via Salaria im J. 639 betreifende, sowie namentlich was die Maassangaben anlanj^, Inschriften von Stadtmauerbauten verschiedener Orte und Zeiten ^). Wir ersehen hieraus, was fireilicb auch ohneZeugnisse klar ist, dass es technisch genaue Beschreibungen dieser Bauten gab und sind bereditigt auf dieses urkundliche Material mittelbar die uns erhaltene genaue Beschreibung des servianiSchen Walls, unmittelbar die dem ^nsiediler Itinerar angehängte noch genai^ere der aureliani- sehen StadtaiAuer zurückzuführen; diese ist sicher bei Ge- Ißgeoheit der Abnahme eines Restaurationsbaus (Tom J. 403 0. C^ jene wahrscheinlich bei einer solchen Gelegenheit ver- fasst werden (Th. I § 3. 5.). Dass uns von diesem urkund-^ liehen Material so wenig erhalten ist, ist begreiflich. Die Römer hatten kein Interesse daran, die Dinge, die sie vor sich sahen, zu beschreiben. Erst die kuiturgeschiditliche Forschung des Varro hat, um den Zeitgenossen das Werden

^) Den genaueßteA Eijililick gewährt di« Geschichte der Wieder- kerstelluDg des Gastortempels in den Verrinen 1, 50 ff. Erhaltene Ur- kunde, wenn auch ans einer römischen Kolonie: lex parieti fadendo von Pnteoli CIL 1, 577 v. J. 649. Vgl. Mommsen Staatsr. 2, 424 ff. Die zahlreichen Prohationsinschriften im CIL brauchen nieht einzeln avfgefSlirt zu werden. Hinzugekommen Ist die in der fg. A. citirte Inschrift von der Via Salaria.

») Die innerhalb der porta Collina (s. Th. I § 3) gefundene leider sehr verstümmelte L von 639 £ph. epigr. 2, 199 gieht wie ea scheint die Akten über die Abnahme des Neubaus der Vi« Salaria mit den Distanzen und Summen in extenso« Kürzere Angaben über die Kosten nicht selten: Mommsen a. 0. S. 200. Maassangaben von Mauer- banten nach Fuss CIL 1, 565 (Capua) 617 (Grumentum) 1161 (Feren- tinnm) 1179 (Arpinum); aus der Kaiserzeit z. B. die I. von Spalato CIL 3, 1, 1979 y. WiQ muri p. DCCC, in his turri* una von einer AbtheiInng Soldaten gebaut ist. Verschieden davon die blossen Auf- zahlungen von Bauten, wie die Inschrift von Alatri.

44 EINLEITUNG.

des Staats aus seinen Anfangen vor Augen zu stellen, sich nicht begnügt mit den in die Chronik übergegangenen Notizen, sondern ist auch für die GescUchte der Stadt und ihrer Denkmäler zu diesen ersten Quellen hinaufgestiegen, wie die Benutzung der Argeerurkunde es an einem glänzenden Bei* spiele beweist.

Mit noch grösserer Bestimmtheit dürfen wir seit der Er- richtung des Principats und der allmählich vollzogenen Ueber- Weisung des öffentlichen Bauwesens an besondere ständige Curatoren ein weitscfaichtiges urkundliches Material über öffent- liche Bauten voraussetzen. Wir dürfen uns für diese Zeit im Wesentlichen auf die Untersuchungen des zweiten Bandes und über den capitolinischen Plan (s. unten) beziehen ^^)^ Es ist dort gezeigt worden (und wir kommen Th. I § 5 darauf zurück), dass die von Agrippa geleitete neue Consti- tuirung der Stadt und ihre Theilung in 14 Polizeibezirke die Herstellung eines Stadtplans (forma) veranlasst haben muss, von welchem uns die Kopie des kapitolinischen Stadtplans eine schwache aber doch lehrreiche Vorstellung giebt; dass der erste Theil der Notitia urhis, die Grenzbeschreibung der 14 Regionen, nichts anderes ist als «ine Abschrift der auf diesem Plan auf der Grenze der Regionen verzeichneten Namen, denen die ebenfalls auf dem Plan eingetragenen Umfangs- ziffem der Regionen am Schluss jeder Region hinzugefügt wurden; dass endlich der zweite Theil des genannten Buchs uns einen Auszug aus dem urkundlichen Material über die loca et opera ^hlica (nicht die aedes sacrae^^)) giebt und

*o) S. Mommsen Staatsrecht 2, 929 und 0. Hirschfelcl Unters, anf dem Gebiet der römischen Verwaltangsgeschichte (B. 1877), welche jedoch g^erade anf die hier in den Vordergrund tretenden Fragen be- treffend das Kanzleiwesen nicht naher eingehen.

1^) Es ist festzuhalten, dass das erhaltene Buch eine nur auf Grund amtlichen Materials für das Publikum entworfene Stadtbe- Schreibung ist, daher eine aktenmässig voUständige Aufzählung aller Klassen der loca et opera pubUea nicht erwartet werden darf, wahrend innerhalb der einzelnen, wie gezeigt wurde, Vollständigkeit beab- sichtigt war und soweit wir folgen können, erreicht worden ist. Ver-

§ 1] DIB UBBRLIAPERUN6. 45

dass diese beiden Theile zusammen einen Abschnitt des zuerst während der Regierung Constantins publicirten Staatshandbuchs gebildet haben.

Wir fassen hier noch kurz die für den Gebrauch dieser beiden wichtigsten und auf dieselbe Quelle zurückgehenden Urkunden zusammen.

Die ältere ist der wegen seines Aufstellungsortes an den Wänden der Treppe des kapitolinischen Museums so genannte kapitolinische Stadtplan"') in den ersten Regierungs- jahren des Severus und Caracalla eingegraben auf die Mar- morbekleidung der Nordwand eines alten Gebäudes hinter der Basilica der HH.- Cosmas und Damianus. Diese Wand stiess an eine mit Marmorplatten gedeckte Area, welche man wahrscheinlich mit Recht für die des vespasianischen Frie* denstempels hält. Hiernach ist es nicht unwahrscheinlich, dass der Plan eine eilfertige neue Kopie des amthchen Stadt- plans an Stelle der durch Brand zerstörten besseren ist, welche Yespasian zur Veranschaulichung seiner Stadtvermes- sung hier dem Publikum und zwar afn der Wand der an den Platz vor dem Friedenstempel anstossenden Stadtpräfektur aosgestellt hatte ^'). Gerade so trug die Aussenwand des

nisst werden 1. die Namen der am Schlass jeder Region gezahlten viei (aedicuiae)y 2, die aedes saerae^ beide wohl, weil sie nach Hnaderten zählten, diese nicht etwa wegen der erfolgten Schliessung (s. nnten) w^eggelassen , denn sie werden nach wie vor durch die eu- TtAoret aediuni saerarutn (und prcujecti urbU) er)ialten und ausge- Mhmuckt. Nicht vernisst werden Stätten des christlichen Kultus (Bd. 2, lOffl), nicht zu den loea et opera publica im eigentlichen Sinne gehören nur die FII montes, sind vielmehr von dem Heraus- geber wahrscheinlich als in einer Stadtbeschreibung unentbehrlich hin- zagefdgt worden.

^1 ») Für die Behauptung 0. Hirschfelds (Verwaltuogsgesch. S. 294), dass der kapitolinische Plan mit einer 'genauen topographischen Auf- ■ahne der ganzen Stadt' durch Severus in Verbindung stehe, fehlt der Beweis.

^) Gesammt* Ausgaben : Fragmenta vestigii veteris Romae ex la- pidibus Parnesianis nunc primum in lucem edita cum notis Jo. Petri Bellorii, Rom 1673, 20 TT. in Kupfer. Wiederholt von Xav. Ganale Ichno- paphia veteris Romae R. 1764 mit Hinzufdgung neuer Stucke aufT. 21—26,

46 EINLEITUNG.

Atrium Libertatis den Situationsplan gewisser zu vertheilen- der campaniseher Aecker. Jenes Gebäude wucde demnach die Stadtpräfektur und diese, seitdem Severus und Caracalla ihre Hauptstadt zur sacra ürhs regionum XIIIl erhoben hatten, templum Urbü (wohl zu unterscheiden von dem fempium Romae) genannt worden sein. Was uns bu der Annahme berechtigte, in diesem Plan eine wenn auch noch so flüch- tige Reproduktion der amtlichen fimna zu erkennen, waren die von jenen Kombinationen unabhängigen Wahrnehmungen : dass sie dui*chweg den Charakter eiiies von jeder Terrain- darstellung oder aufrissähnlichen Vedutenmanier entfernten streng durchgeführten Grun<kisses trägt; dafö sie bei einer Fülle der gröbsten Versehen und Flüchtigkeiten, den Zeichen der Eilfertigkeit des Werks, eine Menge trefflicher und ge*- n^uer Details in den Grundrissen der iilfentlichen Bauten auf- weist, dass endlich wer eine halb{Aantastische Darstellung der Stadt ohne Betrachtung eines detailUrten Originals hätte ent- werfen wollen, sieher nicht jenes Gewirr Ton Plätzen, Strassen, Gassen, Häusern und Häuschen in den Marmor geraeisselt hätte, von denen der am Fuss der Mauer stehende Beobachter nichts erkennen konnte. Die Namen der Gebäude und Strassen waren eingeschrieben. Der Maassstab des Original- plans scheint 1 : 300 gewesen zu sein. Sicher war nicht Norden dem Beschauer oben; einer genauen Orientir^ng nach Osten widersprechen einige Fragmente. Ed ist aber zu be-

von Piranesi, Autich. Rora. 1 T. 2—4 (mit Fortlassung; von nur 7 der Bello^ rischen, zumTheil nach den Steinen reyidirt) und vonCaniaa anf derPiaaU topografica di Roma^ zuerst 1832 (mit Weg^lassung von i^ur 3 Stucke» der . ersten 20 Tafeln). Eine seit Fea Mise. 1, 52 eierte Ausgftbe von Amaduzzi 1771 existirt nicht. Neue Funde vom Juli 1867: Tocco und Henzen AnnaU 1867. JVeue Gesammtausgabe , nach den von mir in den Monatsberichteu d. Berl. Ak. 1S67, 527ir. aufgestelUao Grundsätzen, mit Unterstützung .der Akademie unternommen: Forma urbis Romae regionum XIIII ed. H. Jordan. Berlin 1874 (stuf 33 TT«, ia Farbendruck). Kritischer JBeitrag zur Geschichte der aur noch ia den Handzeichnungen (s. oben) cod. Vat. 3439 erhaltepea Stücke A. Trendelenburg Annali 1872. Vgl. m. Einleitung S. 30*., auf welch» ich überhaupt verweise.

§ 2] DIE ÜfiBRLIEPEBUNG. 47

achten, dass bei dem Mangel grösserer zusammenhängender Stöcke die Grenze der Fehler im lehnen der Winkel^ welche sicher vorhanden waren, unbestimmbar ist. ^^). Die Bruch- stücke des Plans hab^i sich zum grössten Theil zwischen 1561 ubA 1565 unter 4er Regierung Pius IV., eisige im J. 1867 zu Fusfihen der erwähntea Wand gefunden und die Wand be- wahrt n9ch jetzt die Löcher, in welchen die die einzelnen Platten haltenden EisfflostiGte gesessen haben. Die zuffl'st gefundenen Stucke gingen in den Besitz der Famese über, dann in den der Stadt. Läder ist eine Anzahl v^ Stücken vor der Uebersiedelung aus dem palazzo Farnese in das kapi- toUniscbe Museum verloren gegangen. Für diese sind wir auf die in der vatikanischen Bibliothek noch vorhandenen gleich nach d^r Auffindung vielläeht von Giov. Dosi gefertig- ten Zei<^nungen angewiesen, welche für die verlorenen Stücke sämmtlich (?), für die erhaltenen nur noch zürn Theil erhalten sind. Anf diesen Zeichnungen beruht die erste Publikation durch Belloriy welche mit unwesenUichen Veränderungen bis auf die meinige wiederholt worden ist

Die ursprüngliche Natitia urhis regionum XIIIP^) ist unter

>') Was natürHch nicht gleichbedentend ist mit der von Becker od mir zurilckgewieseiMii Behanptang^ von Urlichs, dass der Plan o^hftiipt keine OrientiroBi; . hatte, lieber die von Trendelenbiir^ anf Grand der INissenschen Orieiitiranystheorie behauptete Orieatireng des Plans nach Osten (Osten oben) s. Forma S, 16. Aber Nissen selbst zweifelt jetzt in der Jenaer L.-Ztgf. 1875, 756: 'die Möglichkeit wäre der RTw'igan^ werth ob der Plan am Ende nicht nach dem Solstiz, d. b. OfiO orieetirt gewesen'. Itä habe aaeh dem a. O. gesagten keinen Grund zu weiterer EpwägiMig.

^*) Die Ausgaben vor Preller, Die Regionen der Stadt Rom, Jena 1846, unbrauchbar. Die von ihm beseitigte Menge der Vulgat-Hss. noch einmal bei Urlichs im Codex top. nrbis Romae (vgl. § 3). Im Ansehluss an Preller: auf Grund neuer Vergleichung der von ihm benutzten Hss» ßd. 2, 541^. und die versuchte Rekonstruktion des Originals in m. For^a urbia S. 47 if. Dass In der Kritik des Origi- nals noch weiter gegangen werden kann, ist Jahresbericht 1875, 752 f, angedeutet worden. Zeitbestimmung . im An^ckLoiss an Mommien Abh. d. S, G. 2, 601 ff.: Bd. 2, 3 ff. Form« a. 0., ebepd. und Bd. 2, 299 ff.; zur Geschichte des Texte»: im 15. Jahrhundert tritt der nijassii;

48 RINLEITÜNG.

der Regierung Constantins vor 334 (vielleicbt schon vor 315) yerfasst, wie das Fehlen des in jenem Jahre dedicirten equu» CanstafUim (yielieicht das Fehlen des m diesem dedicirten Triamphbogens) beweist und liegt uns in zwei Redaktionen vor, von denen die ältere durch die Loslösung toh dem grösseren Ganzen den ihr zukommenden Titel Notitia einge- büsst, die jüngere ihn gegen die halbbafrbarische yon dem Schreiber des Archetypus herröhrende Cuiiomm urhis regio- num XIIII vertauscht hat. Jene ist vor, diese nach 357 in welchem der in jener fehlende in dieser erwähnte 6te Obeliric errichtet' wurde , publicirt letztere jedesfiills vor 450, wie das Fehlen des pons Theüäom et VäUntmiani beweist (Th. I § 7), vielleicht vor 403, wie das Fehlen d^ in dem Einsiedler Itinerar erhaltenen Beschreibung der Thore der honorianischen Mauer sehr wahrscheinlich macht. Die jüngere Ausgabe giebt, abgesehen von der obenein noch durch den Schreiber des Archetypus verschlimmerten Vulgärspradie, das Original reiner wieder als die ältere. Diese ist ein glossirtes Exemplar des Originals und die Einreihung der Glossen in den Text hat, wie sich noch diplomatisch sicher nachweisen lässt, Verwir- rung in die Reihenfolge des ursprünglich in zwei Columnen geschriebenen Textes gebracht. Einige Schreibfehler dieses Originaltextes haben sich in beide Ausgaben fortgepflanzt und fordern zu besonders skeptischer Behandlung beider Texte auf. Es giebt eine aus beiden Ausgaben contaminirte Re- cension; der Text der Notitia ist im ganzen Mittelalter stark gelesen, seit dem 15. Jahrhundert massig, durch Poavinius stark interpolirt worden. Die unter den falschen Namen Victor und Rufus verbreiteten interpolirten Texte haben als

ittterpolirte Text als Fietor aaf, man weiss nicht weshalb (Bd. 2, 302), yielieicht unter Mitwirknng des Pomponins Laetns; Stoff zur Inter- polation gaben die um dieselbe Zeit bekannt gewordenen Namen der vici auf der eapitolinisehen Basis. Zur Ueberlieferung dieses 'Victor': das. 305 ff. Unkritischer Wiederabdruck bei Urlicfas a. O. lieber dea von Panvinius gefälschten Searttts Rvfua s. § 3.

§ 2.] DIE ÜBE»UEFB&UNG. 49

echf gegoltaa, bi». diesei durch Preüers dipiomiUifldbe Aus- gabe wieder in ihr Recht «iiigesetzt worden siad.

Während der erste Tbeii , die Grenzbeachreibung der Regionen, für das grosse Publikum voe untergeordnetem In* teresse sein musste, war der aweite Thei) mit seiner massen- weise Toflgenommenen Aufzählung der öffentlichen Orte und Denkmäler ein für den Fremden brauchbares Handbuch. Als solches sdhetat es denn auch losgeUkst von dem ersten Theil and Tielfach termehrt benutzt worden zu sein : es lag wahr- seheiniicb als gesonderter Fährer dnrch Rom schon dem Qlympioder (scbrieb: na^h 425)» dem Polemius Sil?ius (448) und Zacharias (546) vor und wird mit s^nem .Verzeichniss der Stadtthore die Grundlage der ältesten christlichen Pilger- fC^er gd)ild«t haben ^^). Ohne Zweifel hat einem solchen Fremdenführer von jeher ein Orientirungsplan beigel^en, aber wir können, was bei der Geringfügigkeit solcher Pro- duktionen begreiflich ist, kein. Zeugniss darüber beibringend^).

U) Olympiodor Ui Phot. jSd, 27 s. Bd. 2, 173. Des Polemias Silvins enarraüo JaMeta/^tmi urbis «os dem Aohaag des Curiosum mit einem selbst'aiidifieii Zusatx (Bd. 2, 176) gedruckt voo Mommsen Abh. 4. Sachs. 6. d. W. 3, 269 ff. vrgL 8, 694 ff. : «, ßd. 2, 147 ff. Zftckarias, syrisehe UebersetxaDg seiner Kireheogesclilchte: s. Bd. 2, 149 ff. Dft^u gehSrt dann die fiesehreibuog der hoBoriaoischea Mauer im A00&. Eins, worüber Tb. I § B. Hie Zusätze zu den Breviarien ^r Naftitia zusammeogeatellt Bd. 2,. 575 ff. Zu bfripbtigeu ist zu Zacharias d. iO (Bd. 15B) pUtor^ qui apenmtur et vendunt dass wie waaderude Sohlächter auch wauderade Kueheubäcker vorkomme d (Marqoardt Haudh. 5, 2, 29)w

^) Die Existenz voo DAralelluagea der Stadt in jeaer Uberail bfiAei^ptera und Aaayrera wia bei den Griechen, Forma urbis S. 11 f. § 9 iälichen, zwischen Grundriss und Aufriss schwankenden Manier ist meines Wissenl oieiht beaei^t, wird aber um so eher angenommen werden dopten, als ähnliche Darsteilungen fremder Länder in Rom ganz gewöhnlich gewesen zu sein scheinen; ich habe a. 0. yer- sessen Liviua 41, 28y Sff. anzuführen: tabula m aede MtftrU Matutae mm iadiee koe poiita e§t ' T. Semproni . . . hone taMam donum Im dgdit*; Sardima$ insulas forma erast atqiiß in ea simulaera fugnarwn fiä0. Ans der Zeit des Socialkriegs ist dasBruchstüisk einer wie es scheint äbaliehen Darstellung (Fresko) neuerdings aufdem Esquilin gefunden worden.

Jordan, rOmisehe Topographie. I. 1. ^

50 filNL^miNO.

Eine sdiwaehe Spur f Ahrt darauf, da«s scholl früher ähnliche Fremdenhandbucher existirt haben ^0« Gbcafalls kt es mOg.- Ikh, und fast aus der Existenz von iUusfanrten^ ^Souvenirs ^ des Badeortes Baja zu schliessen, das»' es Illustrationen gab, welche die ''Wunder' Roms Cur die zahfaneichen Fremden aller Länder darstellten^®). Wir erwähnen gleich hier am seliicklichsten ^ dass bildliche Darstellungen roaiscber Gd:Niude, wie die Aiünztypen und zahlr^cke arbahene Mar- mörreliefs beweisen, mit grossem Greschidk und rschliger Her- vorhebung des Qiarakteristischen m Rom zu allen Zeiten ver-- fertigt worden sind. Eine kritische «Bearbeitimg diesto ganzen Denkmalerklasse fehlt '^^). .

1') Nefamlidi firklärnngen dep 'siebeu Wander Rotai^ wil der Ur- «Iterthümeir: Bd. 2, 143 fiP.

>"). S. Bd. 2, 144 f., woselbst an ai^dere IllustratiaoeD , wie ao die varronischen imagines erinnert werden durfte.

*®) Miinzbilder: Auswahl der wichtigeren bd Donaldson Archi- tectara numismatica London 1859 nnd in €aninas Edifizi (sehr nnza- verlässig:; falsches nicht ausgeschieden); Brläaterangva xerstreut in dei* numismatisehen und arohitektoniseh^n Littentnt. Die Gontroverse betrifft var allem den Grad der GeAauigkeit der DarstelliiBg. Sie isl meist durch die Grösse des Müozbildes bedingt. Wo diese die Detait- lirung gestattet, pflegt dieselbe masterhaft trea zu seiDy wie z. B. bei der Darstellung des cireus maasinmt (Forma urbis S. 17 S,)^ des bums ^eminus (Hermes 4, 236), der aedes dbd lulü (das. -9, 353 f.). Dass, sei es wegen der Kleinheit, sei es zum Zweck gritsserer Deutlichkeit des Charakteristischen, vielfach UngenauigkeiteB vorkommen, ist «ft, z. B. von Fea Le terme Tauriaae S. 26 betont, aber stark übertrieben worden. Phantasiestücke sind selbstverständlich ausgeschlossen. All« gemein nnd zum Theil veraltet die fienerknngea von 'Stieglitz Archäol. der Baukunst 2, 1, 43 ff. Reliefdarstelluagen häufig, leider «ft wegen des Mangels an kunstgeschichtlichem Interesse nicbt benditet: über die des Forums, der Via sacra, des capitoHuisdien Tempels s. die betr. Abschnitte Th. II. Anderer 'porta Trigemina' Areb. Z. 1S72, T. 6«, 'porta trinmphnlis' Moo. d. inst. 1854, 78; Stück der Trinmphnistrasne am Titusbogen; Tempel der Venns und Roma Mtua. d. last. 8, 1, d«r Faustina (? Sarkophag) Dütschke Ant. Bilder in Obmntalien 2, 180, der Venus und Roma (? Raonl-Roehette Mon. ined. T. VlII, 1 Fea Terme Tanr. S. 23, Lnbbert Jlfem. dell' inst. 2, 154) ; der Fortuna und Roma (??) Arch; Z. 1847 T. 4; fiibliotheca Ulpia (?) Sehö'ae und Reaoderf

§ 2.] DIE ÜBERLIEFBRUN6. 51

Die gelehrte Behandlung der Geschichte der städti* sehen Denkmäler und OertHchkeiten lässt sich fast bis in die Anfange der Annalistik hinauf verfolgen. Sie beschäftigt sich früh mit der ErkUrung merkwärdiger Namen voi Gebäuden und Orten Cato scheint daran besonderen Antheil zu haben und mit der Lokalisirang der erst unlängst in äiren Details in Rom heimisch gewordenen Ursprungslegende^ Manche der harmlosen und werthlosen Versuche dieser Art gewinnen im Laufe der Zeit das Ansehen einer Ton Mund zu Mnnd fortgepflanzten Lokalsage, während doch der Mangel einer echten Sagenbildung kaum irgend so deutlich hervortritt, ab in dem Fehlen aller Lokalheroen^ aller den Berg und den Hmn, die Qnrile und den Fluss als lebendig wirkende Kräfte veranschaulichenden Gottheiten (vgl. Th. I § 1). Ganz fremd- artig nimmt sich in dieser' von dem immer bewegten Sagen- leben Athens so weit verschiedenen Welt die weitüberschätzte Kakusfabel aus und der erborgte mythische Mantel, mit wel- chem Properz und Ovid, ja zum Theil schon Fnnius aus Namen wie Numa und Egeria, Tarpeia und Tatius Lokalliguren der Sage zu schaffen versucht haben ^ hat allmählich aufge-

Ltterm n. 20. 115; stark restaurirtes R^ef in V. Lndovisi (sebmale Wand 1. vom Eiogan;); Fragmetit (Stidtthor ?) Mvseo Chiaramonti B. 469; Prafmeot In J. 1867 voa nir bei Andreoli gesehen (Kaiser und zwei Begrieiter aaf eioer tensa mit den oapitolinisefaen Gottheiten, rechts davon ein Mann durch einen Triam{^bogen reitend). Zn ver- Sleichen sind die narstennnseo der Trajans- nnd Antoninssäule, die Rdtefs von CvpnA (Arch. Z. 1868, 96 ff.), das Wandbild von Pompeji das AmpMtbeater darstellend Gioro. degli scavi n. s. 1869 T. 8 und das daselbst häralieh gefnndene Relief, welches einen Theil des Forums von Pompeji darstellt, die Darstellongen des Hafens von Portns u. a* Aieh hier meist realistische Genauigkeit (bis aaf die Säuleuordaunf, Sänlenzahl etc., abgesehen von Flüchtigkeiten, wie ein faofsäuliger Tempel statt eines seehssSuligeu auf einem der Reliefs am Forum u. a); selten freie €omposition, aber auch diese sehr änsserlich und kenntlich (s. Via sacra). Fast ausnahmslos bilden diese Darstellungen den Hinter« grand zu historischen Scenen und müssen dcüshalb den von Heibig Unters, über die campadische Wandmalerei S. 359 AT. erörterten faisto- riseh-idjINschen Landsehafts-Darstellungen angereiht werden.

4*

52 BINLBttUNCl

hört, den Schein der Lokalsage aufrecht zu erhalten '^). Was an wirklich alter sagenhafter Ueberlieferung über die Denk- mäler der Vorzeit sich erhalten hatte, waren die wenigen Legenden, welche sich an die Tempelgründungen hefteten*^). Um so eifriger war die namentlich in der Epoche des Ban* desgenossenkrieges sich breiter ausdehnende Gelehrsamkeit ^muht, den ganzm Strom der griechischen euhemeristiscben Fabelbucher nach Rom heräberzuleiten und mit den Göttern und Festen auch die Ortsnamen und Denkmäler an der Hand eiper ge- setzlosen Etymologie historisch zu deuten'^). Aus solchen Hän-

^) Wir stehen bei der Beurtheiluog der sogenannteD römischen Lokal- sage im wesentliehen auf dem Standpunkt Sehweglers und verweiaeo für das einzelne auf diesen, auf Merkels Prolegomena zu d«D Pastep und auf die Anmerkungen zu der 3. Ausgabe von Prellers rö'miacber Mythologie, welcher durchweg nach unserer Auffassung darin irrt, dasa er die ovidischen Zuthaten von den überlieferten Thatsachen nicht scheidet. Schon Cato hat das Asyl auf dem Capitol behandelt wie die späteren (Origg. 2, 20 m. A.), yi^Heicht auch den Ursprang der turris MatniUa erzählt (Festus 131 vgl. Or. 2, 24). Vgl» auok m. Proleg. S. XXXIII. JNicht zu überseheD ist, dass aueh an der Lokaliai- rung der Ursprungslegende die Priesterschaft ihren wesentlicben An- theil hat, wofür die aedes RomuU und das palatinische Pomeriom (Th. I § 2) sichere Beweise geben. Auch die bildende Kunst hat aus dem dürftigen und erklügelten Stoff keine fruchtbaren Motive zu gawiaiMta vermocht, wie die wenigen Aeliefdarstellnngen rümiacher Lokalgott- halten (Reifferscheid Mem. dell' inst. 2, 469 ff.) und die aeugefundenen Bilder der Ursprnngslegende (Bricio Pitture e Sepolori seop: aull' £s- quilitto R. 1876) schlagend beweisen.

'^) Tempellegenden, nicht zahlreich : Gastor «ad PoUux (Epiphaoia), Aesoulap auf der Insel (Sehlangenwunder in Rom und Aatiom), Magna Mater (die Veltalin Navisalvia); Juno Regiaa von Veji (Ueberftthraag nach demAventio); Fortuna mnliebris (sprechendes Bild), wo auadrnck- lieh auf die pontificiscken Bücher als Quelle verwiesen wird {ms at jtav UQOfpdvT0)V niQtixovtti ygcttpalf IHonys. 8. 56, vgl. Bph. eptgr, 1, 234). Die Belege s. Th. II am gekörigen Ort

") Wie die Annalisten kurz vor und in dieser Zeit, vor allen Piso und Valerius Antias, willkürUch erfindend auch in die Lokalalter- thümer eingriffen, zeigt das Beispiel der fieus ruminalü (Afommsen, Festgaben für G. Homeyer B. 1871 S. 100), die «Gesebiebte' der KMga- hänser n. a. (Th. I § 2). Der sullanischen Zeit gehören die Gelehrten L. Cornelius Epicadus und L. Maoilius an, deren Methode wir in der

f 2.] DIE CfiBRLIEt^EIIUNG. 53

den empfing denn Varro einen grossen Theil des Stoifes ZQ seinen auch der Orts- und Denkmälerkunde Roms zuge- wandten Fersefaungen: aber er verschmähte es wie oben ge- sagt glücklicherweise nicht, über eine Anzahl von Thatsachen Erhebungen mit Hilfe archivaliscfaer Quellen anzustellen. Dies ergiebt sich fdr die fieiligthümer deutlich aus der mit der Theorie der Priesterschriften eng verbundenen Systematik in dem hierher gebörigea Abschnitt de locis seiner Antiqmtates renim dwinarum; för die Analyse des entsprechenden der humanae fehlt es leider ganz an genugenden Anhaltspunkten. Aber die Methode seiner Forschung und das benutzte Material liegt uns einmal in dem unter ganz anderen Gesichtspunkten grnppirten Abschnitt de locis in seinem späteren Werk de Ungua latina vor, andererseits in den zahlreichen Fragmenten der die Kulturgeschichte des römischen Volks behandelnden Monographie de vita popnli romani, endlich in der mit Verrius Flaccus (Festus) und Solinus' Quelle anhebenden späteren Litteratur, welche auch fdr dieses Kapitel .der Antiquitäten mehr und mehr zu einer blossen Epitomirung des Varro herabsank ^). Ueberall können und müssen wir auf der einen

Argeerfabel genau verfolgen können (Bd. 2, 264). Ihnen nnd ihresglei* (4ett darf man daher gewiss den grössten Theil der sogenannten Lokal- ugen, welche von der Nanendentnng abhängen, tnschreiben, z. B. die Eponymen des maceUum e^a forum cuppedinü: MamuM MaeeÜu* nnd Numefüis Aequitius Cuppes, (die Namen erfunden; die Geschichte wahr Bad ¥on Cato erasählt; s. m. Frg. Samml. S. LIV nnd Hermes 2, 89 f.), nit den ErklSrnngen nach derselben Schablone Aequimeiktm ab aequata MaeU domo, Argüetum a leto Argi (vgL die Argei), CafritoHum a capüe &U ibi vwento und viele andere; anch Felabrum a veUs (oder ve/tendo), auf weldi«r die thSrichte Geschichte von der ehemaligen Ueberflnthnng ^Niederung zwischen den Bergen beruht.

") Die dnrch Ritschi angeregte Forschung über die varronische Sehriftotellerei , deren Abschlnss die längst erwartete Fragment- Mflmliing bringen soll, mnss als bekannt vorausgesetzt werden. Nur föp die A^ diüinae ist durch Merkel genügend vorgearbeitet, die schwierigere Aufgabe, die humanae zu constrairen, ist erst neuerdings Bit Glück in Angriff genommen. Von den beiden Haoptstellen in dem erhaltenen Werk bildet die eine einen Kommentar zu den oben be-

54 KIWLBITIJNI&.

Seite die werthvoUsten Excerpte aus urkimdlicben QußUeo, auf der anderen Seite die w^ertblpse ihm bereite . fast fertig über- lieferte Erklärungsmetbode deutlich unterscheiden: da^ sicbla-^ gendste Beispiel für beides giebt seine BehandJ^ng des Ar- geerdienstes. Nicht mehr deutlich ist es, in wieweit neben Yarro Zeitgenossen wie INepos oder Atticu^s selbsistandige

sprochenen smra Argeormm (abg^dPiiekt.Bd* 2, 59^), die andere (d, 141 ff.) will die aedificia in aJ>8ti^geiider Liaie. (Stadt, Strasae, Hao») erörtern. Die auf diesem Faden aufgereihten topographiseheo Namea werden in freier und von topographischer Ordnung ganz unahbängiger Weise behandelt, wie ich (Hermes 4, 252 f.) nach Becker (De muris S. 58 f. Top. S. 260) gezeigt habe. Dass Varro hier Viele» wieder- holt hatte, was er in jinkiq. kum, L Flll (de hcis} zum Tboil a«s- fUhrlicher und mit anderen Etymologien erzliihit hatte, lehrt die Ver* gleichung der Artikel über Cispius (und Oppius?) de 1. L. 5, 50 mit Festus {septimontium) S. 348 (woselbst das Citat Varro rerum hu- manarum L VIII) und über mucellum und forum cuppedinis (vgl. A. 18) de 1. 1. 5, 146 mit Dbnat. zu Ter. Eun. 2, 2, 25 {Varro kutna-* tkxrum rerum). Indessen ist es jetzt nicht mehr möglich, festtu* stellen, in welchem Umfange hier die Topographie zur Sprache kam.

Die für die Kulturgeschichte wichtigen Epochen der Stadt- geschichte waren in den ßüchern de vita p. R. (frgg. ed. Rettner, Halle, 1863) behandelt; wie wichtiges Material auch diese ent- hielten, zeigen die Fragmente (Alter der Tempel, Köaigshäasar, Forum). Ueher die Benutzung der varronischen Büclfeer bei (h'id . a. Merkel, Proleg. in fastos. Für Verrius Flaeeus and Festas kann,, wie schon Müller sah, kein Zweifel sein, dass |e^6r nieht die Büeber de lingua latina^ sondern die älteren ^ntt^ätates henutzte. Beispielsweise giebt Festus unter Berufung auf Varro (S. 48) uqd ohne diese S. 125 die ia den Anti({aitäten vorkommende, in de 1, 1. fehlende oder ver- kürzte Erklärung > on macellutn ,und /orttm cuppeditHsy des CUpmr uad Oppius (s. A. 22); auch die Erklär uAg von Palatiufn S. 220 ist nicht aus de 1. 1. 5, 53, sondern aus den Antiquitäten entlehnt: wenn die übrigen Erklärungen der Namen der Berge bei Festus (S. 19, 44t 254b, 322^, SIG^) mit dea de 1. 1. 5, 41 ff. gegebenen ühereiastiameD, so beweist dies begreiflicher Weise JNichts gegea die Annahme. Eine vollständige Beweisführung kann natürlich, hier nicht gegeben werden.

Ueher Solin vgl. Mommsens Einleitung und Bd. 2, 142. Daas dejp Katalog der Königshäuser aus Varro entlehnt ist, zeigt die Verglai- ehung von Soliu § 22. 23 mit Varro de vita p, /?. 1. 1 bei Non. 531 (vgl. Th. 1 § 2).

§ 2.] DIE ÜBfiRLISreBtlNG. 55

Stadien a«f diesem Gdiiete angestellt babeH und was das^ wie es scbeiBt, vielgeldsend Buch deserateo» exempJa, m dgenen Sammlungen geipotea bat. ^-. Die Urkiindeüf«rsGhuDg über die römiseke Sitadtgeschiohte aber ist unseres Wissens mit der fipodke desYaDre oderdes Yerrius Fkccua gesehlos* seiir und was uns darüber bei d^ späteren gelegentlich be<« gegnet , habeii wir durchweg ak varroniscb zu betpaehten. Es yerstdit sich, dass es> bei «der Wiedeiigabe varroniscber Lebrentüb«r Uenkmäler und Naiaen, welche nicht mehr . vorr banden waren, sieht ohne die gröbsten Miss Verständnisse. ab^ geht. Die» gilt besonders . von den mit Ausnahme- das Asr eonius ja allein erhabenen späteren Auslegern der hlassisch^a Autoren, wekhe'die in äil^en Kommentaren vorgefundenen No- tizen mit ihrer' eigene Auslegung der vorliegenden Stellen nnglücklieh ^^nermisehen und so Hehac^tungen 2ti Stande brin^ gen, welche den Werth von Zeugnissen nieht haben '^).

Es ist nicht dieses Orts, die sämmtlichen Sehriftäteller, bei denen sich, gelegentliche Aeuss er ungen über den aaigeaiblieklichen/ Zlistadd Roms finden, nach dem mehr oder wenigei^ ihrer Uiiheilsfähigk^ mi klaseyUkiren; doch mnssen wir anf ' den nicht selten begangenen Fehler aufmerksam machen« solche Zeugnisse ,mit jenen über frühere Zustände auf eine Linae >zu.«fitelleni^ £inem in Rom schreibenden Matm^ der sekie fünf Siniie beisanunien hi^, nicht zu- glaube ^. was er von redils und links ^ ven vorhandenen oder nieht vor« handenen Bauten bezeugt, ist iwillkürllch. Fteiilich sind das selbstverständliche Dinge: aber die Topographie scheint mit

^) So die: servtftiiiadiea Kojmiieatare za Virg^il, kioch anehr die Seholien dos Porfirioa und die vM ihm «oh weiientlich. aiieh in den topegrapManliaa JVotiaea ilntienscliciidondeQ «p&teren (sogeiiaontoc Acroo), vpB detnen da« obea foftagpc« in voUem Umfaiife gilt,, wid sohoa öfter U' Jien&atf 4> 249 f...uQd Jahi^asberiolit 1S75, 757) hervorgehoben ist^ |tr oieM za r^den von dem CömiaenMtor Cn^qoMnus. ladessen lassen sich die ßeaMreiiter der Tej»ognl|)hie darüber nicht belehren. £iae rühmliehe .Ausaahaie ««eht wie überall so aaeh hier De Rossi Abo* 1873, 214 f. ' .

56 ' ESNLEITÜNG; '

einer gewiesen Vorliebe die einfachsten Grundsätze nicht allein der Auslegung, sondern auch der Logik zu verlengnen^^)« Zorn Thml zu den gelegentlic^n Erwähnungen, zum Theil zu den oben bespeachenen Urkunden gehdren die In- schriften. Sie kommen hier unter dem Gesichtspunkt ihrer Fundortezur Erörterui^. Nur yerhSltnissmässig wenige befinden sich noch an ihrem alten Aufstellungsort und geben somit ohne Umschweif über die Orte und Denkidller, von denen sie sprechen, Auskunft; manche sind schon im Alter- thum von ihrem Platz entfernt und anderw^ig benutzt wor- den, noch mehre seit den Zerstörungen des 7. und 8. Jahr- hunderts ebenfalls zu baulichen Zwecken» seit dem löten in die Häuser und Museen der Sammler verschleppt worden. Ein lehrreiches Beispiel geben die Akten der Arvalbrüder, von denen sich Stücke bei S. Peter und in den Katakomben vor porta S. Sebastiano gefunden haben. Indessen muss man doch die Verschleppung als die Ausnahme betrachten : in der Regel wird der Fundort des Steins einc^n Sohluss auf den Standort zulassen und diese Annahme* bewährt sieh durch die äberwiegende Mei^e der Fälle. So sind denn die Fund - notizen der Steine, der erhaltenen wie der verlorenen, eine ungemein wichtige Quelle der Topographie und eine topo- graphisch geordnete Sammlung der stadtrömischen Inschriften, deren Provenienzen bekannt sind , wie sie vom 7. bis zum 16. Jahrhundert mit der Stadtbeschreibung veri)unden ge* wesen ist, wird nach Vollendung der Sammlung aller im Cor-

*^) Es verdient erwähnt zu werden, dass zu dem Satze 'jetzt ist hier die novo via^ der gerade Gegensatz nach topographischer Logik nicht lautet 'früher war sie hier nicht', sondern 'früher war sie wo anders' (so Rosa), und dass mit Hilfe dieses Syllogismoa bewieaen worden ist, dass das comitium verlegt worden sei (Jahresbier. 1875^ 747). Selbst Lanciani kommt über diesen Stein deaAnstosses nieht hin- weg: prata Quineüa übi nunc navalia sunt soll beweisen, dass diese navaUa erst seit kurzem bestandein im Gegensatz zu den Siteren am Aventia (Annali 1871, 85). Dass die unbedeutenden W6rtchen ante, postf sub u. s. w. selbst bei späten Scholiaisten etwas zu bedeuten haben, scheint nicht allgemein anerkannt zu werden.

§ 2 ] DIB OfifiRLlBPERUiNG. 57

pus inscriptionum latinaruin dringendes Beduifn»« sein^*). Besonders wichtig sind die Ziegelstempe], welche in Rom erst mit der Kaiserzeit beginnen. Sowohl die durdi die An- gäbe des Gonsulats datirten (nur aus- der kurzen Periode von 110 161 n. G. bekannt) wie diejenigen, deren Zeit mehr oder weniger genau durch die auf denselben genannten Kaiser, Aägehörige der kaiserlichen FamiHe oder Priyatpersonen (der Eigenthömer, Pachter oder Direktoren der Ziegeleien) bestimmt werden kann, gehen für die Zeit der Erbauung (oder Ausbesserung) der Gebäude wenigstens dfie Grenze, 'T«»* der dieselben nicht entstanden sein können: itt wie weit es erlaubt ist, aus den Stempeln auch die Grenze, nach welcher die betreffenden Ziegel nicht verbaut sein können, musß erst die ToUständige Sammlung^ derselben lehren ^^).

*>) De Rossi AoBali 1858, 54 ff. Nkitürlich kommt es auf die jedes* maligeir Umstände der Auffindmig aü. Gaaze Stadtgegendeo, wie das Forum und Um^ebon|p sind in yerschiedenen Zeiten zum Ablagern voa Schutt benutzt worden: hier kommt es also darauf an, zu wissen, oh ein Stein unmittelbar auf dem alten Niveau oder über demselben in der oft bis zu 10* M. hohen Sehuttmasse gefunden ist; vgl. Laodani Bull. man. 4, 49 und meine Sylloge inseriptionum fori romani (Eph. epigr. 1877). Für zahlreiche Inschriften lasst sich die Wanderung von dem Fundort bis ins Museum durch verschiedene Stadion aus den Pro- renienzDOtizen des 15. und 16. Jahrhunderts verfolgen. lieber die Fälschung der Fundnotizen durch Ligorius' s. } 3.

^) Allgemeine Uebersieht bei Marquardt, Privatalterth. 1, 166 f., 2, 256 ff., woselbst die Arbeiten Berghesi's u. a. über die oben er* wähnten Hauptsätze unvollständig verzeichnet sind. Aelter« Haupt- Sammlungen: Fabretti lascr. ant., Marini iscr. doliari im cod. Vat 1271 vielfach benatzt von Preller, Regidnea, u. a. Die Provenienzen in äl- terer Zeit leider- wenig beachtet. Massenhafter Zuwachs der neueren Ausgrabungen: Schriften des Instituts, Bulletino municipale^ (späteste Zeit s. A. 36). Eine Durchsicht der Papiere de« CiL im J. 1867 hat wenig wichtiges ergehen. Keine republikanischen Stempel aus Rom $ i A. 26. ~- Vermuthlifdi hat Marini mit der Behauptung (bei Preller, Regionen, S. 212) *che col solo ajuto delle iscrizioni do-' liari mai si fissa l'epoca di un' edifizio ' die oben berührte Frage über die Zeitgrenze abwärts im Auge gehabt, welche nicht endgiltig gelöst werden kann, ehe die Sammlung der Ziejirelstempe] im CIL erschienen •ein wird. Für die mit der Consuiatsmarke versehenen Ziegel nimmt

58 EINIiBlTüMft-

Aus^erM«^^ deruI>rigeAlnachi'tftei), welche >mcbLt wegien ihres Fundorte, sondern wegen ihres Inhalts für die Topo-« graphie Yon Wichtigkeit sind, begnüge ich mich«, na9h foK gende besonderai hervorzuheben: den Bs^utenkatalog in dem hidex rerum gestarum des Augustus (oben), die iVam^ der vici auf der £hrenbasis des Hadrian (Bd. 2, 29:1 ff. 585 f.) , die Grabschriften der Gescbäftsteufe, welche mit d^ Angabe ihres Gescbalta die Lage ihres . Geschäftslokals ve^bipden^^), die m^kwördigea mit dem, Namen der W^nnng.des Hejrrn be- sefariebenen Sklavenmarkea^^), eadlich die aucU für die Topo- graphie s0 ausgiebigen Akten der Arval^n^^).

man allgemein 'di6 Verwendung in dem angegebenen Jahre an (verg*!. z. B. Laneiani Ball, deir in^t. 1870, 46 f. Aün. 1868; 174 ff.) ^ Uebrigens kann auch 'die BescdiaffeBheil der Bauwerke zur UeutUDg der Stempel beitragen. Ein Beispiel giebt die Controverse über die Basi- licä des Constantin (Ziegel mit OFFSBFDOM» schwcrrlicli T^OHitütnae), hei welcher zum er&teH Mal die Wichtigkeit .der letzteren für die To* pographie ins rechte Licht gerückt werden i$t vgL Xh. 11 und £pb« epig. 1877.

^^) Nicht die Banquierä allein (Marqnardt Staatsverwaltung 1, 64), soDdern die Gescfaäftsleate überhaupt und nur diese (Memorie delV inst. 2, 239) nennen auf ihren Grabsteinen die Stadtgegend ihres Geschäft^ (nicht die augustisehe Region, vgl. Th, I § 5 und die f. A«) was besonders deutlich wird durch die Erwähnung zweier Geschäfte (Heiizea 5080) e pigmentaHo neg^&tianti EsquüUy isdem ad statumn J^land hüu^ noch mit Hinznfügung eines nahen DeiikoMUs (n^otiator pentmß ßt vi^ norum de Feiabro a qt$attuQr searü, Henz; 5087). Die gewöhnliche Verbindung ist die mit a, dßy ad, 'vereinz<^lt sind argentarius maeelli mofftd. (SehÖne-Benndorf Lat. 245) und qui lm]an^ in ^bvrß [m]aiore ad Ninfals] (Marini Arv, 347 a, vgl Or. <2^81)^ . AusfiMwUeh Arch. Z. 1871» 67 ff.

'^) Am vollständigsten jetzt bei D& Aos^i Bull.« d^ Areh« cri»t« 1874, 49 if. VgL.aQch Marqaardt Privatalt, 1, 19;^. Beispielweise! (n. 1 SS Or. 2831): lanuarim dißor, servus sum D^oßtri §s^e€(j^iAris ser naitis qmi manet iti regione quinta in areaJtoarti.: (zugleich unter de^^ 10 bekimntea sämmtlich der Zeit Coastaatin'a d-. Gr. eogeibioyirigen Exr emplaren .das einzigei, welches die augnstiscbe Qegion ^not) Qd^ (n* ^ = Or. 2832): tene rne ne fugiam et revoca tne in foro TmißHiiin pur*- puretica ad Patcasium domifmm metim,

'0) In.HeAzenß die . zahlreichen neaei) F^ade ttprfwsendor Bearbei* tung,. Acta fratrum arvalium, B. 1874=»CIl4 6, 1, 2023 ff«, vgl. des* aelbei« S^avi nel bosco sacro dei fratelli arvali B* 1868* .

t

§ 2.] DIE ÜBERUE^EBUNG. 59

MU Hilfe dieser ansehnlichen RestQ achr^licher lieber- liefemng sind wir ioa Stande, ein Bild von dem Zustande der alten Stadt zu ent werfen, in welchem die vorhandenen Trümmer ihre richtige Stelle eitalten. Aber es ist häufig die Frage au^eworfen oder, sogar stillschweigend bejaht wor- den, ob neben der schriftlichen eine mündliebe U eber- lief er ung 9ttß. dem Alterthum sich durch die Sturme der Jahrhunderte hindurcli^erettethabq. Zwar selten begegnet man in unserem Jahrhundert noch solchen Verirrungen, wie beispiels- weise — um: gerade zwqi um die Topographie unbestritten hochverdiente Männer zu nennen bei Niebuhr und Preller, von denen jener alles Ernstes glaubte, dass die 'schöne Tar- peja' im Mun^e der Bewohner des Kapitols noch fortlebe, ohne die Gelehrigkeit zu beachten, mit weichet* jeder Bettel- knabe noch heut aus dem Munde der Fremdenführer, die ihren Guida auswendig wissen, jedes Wort zu gleich nütz- lichem Gebrauch auffangen: dieser den schon im späteren Alterthum verschollenen Namen des lupiter Feretrms in einer nicht einmal richtig überlieferten Legende des 14. Jahrhun- derts wiederzufinden glaubtf^^): aber scheinbar unverfang^ lieber ist die stillschweigende Voraussetzung, dass. Namen

>>) NieiiQhr in der 2. Ausgabe der K. G, (1827). 1, 2^: 'MädcheA aas den naheo Hänsera führten uns und erzählten dabei: tief im Berge sitae die sebb'ne Taryeja mit Gold oad^Ge^clmieide bedeckt, verzaubert; wer zu ihr va J^Mguueo s«qhe, finde deii Weg ninuDer, ein eiqzigesmal habe der ßrüder der einen sie. gesehen. Die BewQhner dieser Gegend sind Schmiede vnd Bauerwirthe ol^ne einigen, Anflug von jener schein- bar lebf^nden Kenntpiss desAUerthums, die aus den trübsten Quellen trivialer Bücher sua andere Klassen kommt. Durch wahre mündliciie (Jeberliefernng ist Tarpc|)a seit drittehalbtansend Jahren in dem Munde des Volks'. Man lese, wie z. B. Dureau ^t la Malle (1819) in jener Gegend die Häuser durchsucht hat, um den tarpcjischen Felsen zu fin- den (Mem. de Tac. v. d. J.): dass es bei solchem Suchen nicht ohne Erzählen abgeht, wird jeder, in Rem erfahren, gar nicht zu gedenken, dass die Ciceroni mit ihiiem Vasi i^ der Hand damals wie heut thätig waren. In unsero mittelalterlichen Qaellen ist keine Sjrar der Sage vorhanden, und doch knüpfen dieselben an die Höhlen unter dem Kapitel an. Ueber Prellers 'Juppitei: Feretrius' s. Bd. 2, 498.

60 filNLElTÖNG.

von Strassen und Gebäuden sich im Volke erhalten und man- cherlei Nachricht über dieselben sich bis zu uns fortgepflanzt haben können ''). Nach unserer Auffassung beschränkt sich diese ganze Tradition ausschliesslich auf das, was die Kirche und* die Kirchen in ihren Namen und Urkunden aus der letzten Epoche des Alterthums gerettet haben: nicht eine einzige hiervon unabhängige echte Ueberlieferung ist mir in mittelalterlichen Quellen oder gar in der heutigen Volkssage begegnet und was einer solchen ähnlich sieht, ist immer zurückzuführen auf litterarische Versuche mittelalterlicher Schriftsteller, welche mit Hilfe von einem halben Dutzend alter Schriften selten mit Glück, immer mit Phantasie sich in den Ruinen zurecht zu finden versuchen» Ist dies seit dem Erscheinen der Mirabilia, d. h. seit dem 12ten Jahr- hundert mit diplomatischer Genauigkeit zu beweisen, so ist es für die an Beweismitteln arme ältere Zeit wünschenswerth, zuerst den Gang der Zerstörungsgeschichte Roms zu überWicken **).

Die Zerstörung öffentlicher Denkmäler und die Wieder- herstellung zerstörter mögen sich im Alterthum vom Eingang des 3. bis zur Mitte des 6. Jahrhunderts noch die Wage ge- halten haben. Die Zerstörung zum Behuf der neuen Ver- wendung des Materials reicht**) bis zu jener Epoche hinauf,

'^) Sie ist so allgemein verbreitet, dass es keiner Belege bedarf.

**) Ueber die fUr das Mittelalter benutzten Hilfsmittel ist schon Bd. 2 Vorr. gesproeben. Kenner haben mir ausser den von mir be- natzten keine irgendwie erheblichen mittelalterlichen Quellen, welche für die hier erörterten Fragen in Betracht kamen, nachweisen kSn* neu, was ich wegen manches allgemein gehaltenen Tadels hervor- hebe. — Ueber die Mirabilia s. § 3. Es muss hier noch besonders auf die tief einschneidenden Untersuchungen des ersten Kenners des christlichen Roms, De Rossi (vgl. § 3), sowie auf die gelehrten Auf- sStze von C. Corvisieri (im Buonarotti: eine grössere Publikation steht in Aussieht) hingewiesen werden. Unbrauchbar sind auch auf diesem Gebiet die Arbeiten F. Gori's, wenig nützlich die O. Pellegrini's, von dem eine neue Bearbeitung des Nibby erwartet wird.

*^) Von den in allen Zeiten vorgekommenen Zerstörungen dureh Naturereignisse, Ueberschwemmungen, Erdbeben (über beide Th. I § 1)

{ 2.] DIE ÜBERLIEFERUNG. 61

hielt sieb ab^ ia engen Cremen. Die ersten christlichen Kaiser haben zwar dem heidnischen Kultus die Geldmittd entzogen und die Tempel geschlossen, nicht aber diese und die Kjaltusbilder zerstört. Im Gegentheil haben wir urkund- liche Beweise für die Sorge ^ wdche sie im 4. und 5. Jahr- hundert den Tempdb wie allen öffentlichen Gebäuden zu* wendeten: Brandschaden und Zer$torungen durch Feindes Hand werden noch regelmassig durch Restaurationsbauten ausgeglichen, das Forum und die öffentlichen Geb&ude durch Anfstellung von Statuten geschmückt, Neubauten ausgeführt und die Grabstätten früherer Jahrhunderte geschützt ^^). Für die Zeit des Theoderich (seit 500 in Born) und Athalarich (526 534)^^) beweisen neben den Berichten Cagsiodors . die

und Brände sehen wir hier ab. Für das Abbrechen alter Gebäude seit der bezeichneten Epoche geben das Septizonium und der Constantins- bog^en sichere Belege (oben S. 21. Bd. 2, 10).

») lieber die christliche« Kaiser De Rossi Ann. 1858, 69 f. Bull, erist. 1866, 5d* 1868, 69. Basen wiederhergestellter oder zum Schmuck von 6t;bäuden durch die $tadtprä£ekten seit 3:31 aufgestellter Statuen: CIL 6, 1651—1672 (vgl. Forum, Basilica Julia). Herstellungen nach einer barbarica inoursio (der von 455 ?) CIL n. 1663 ; der Stadtpräfekt d. J. 483 (?) simitlarum Mmerbae abolendo incendio tumuÜus civUis igni keto eadente eonfradum. . . . p^ heaUtudine tempori$ rettüuU das. 1664; Herstallung der ConstaDÜnsthermen parvo sumptu o. 1750. Neu- bauten: FL Eurydes Epiiynehmw v. c. prattf, urbi (450) condiior huius fori n. 1662 in mehren Exemplaren (s. die Additi). Grabstätten ge- schont: Th. I § 6.

**) The ode rieh, Berichte über Wiederherstellnogen bei Cassiodor Var. 2, 34 {vm'versa pecuma quae fuemt fabricü deputata Romanis * . . Herum Momams ffioembus 4ippUcäur)y 3, 30 (Kloaken), 7, 6 vgl. 3, $3 (Wasserleitnngea), 4, 51 (Theater); über Theodahat ders. 10,30; 12, 19. Ziegfastempal: Theoderwu rem, Fabretti Inscr. 521, 337 Fea Terme Taoriaae S. «30 (auch auf dem Palatin: Lanciani Goida S. 92); regnante d, «. Theoderieo ConHatäiw v. e. p, «. dic(avit) auf einer Säule in S. Maria Mavicell« CIL 6, 1665, Wiederherstellung einer Statue(?) [rege] Theo- äerieo , , * in tgtr^a Littertatis qtuw veUn [Uäe . . . (das übrige unsicher) aL6, 1794, vgl. m. Forma urbi« S. 31 f. ~ Athalarich: Cassiod. 9, 16; Ziegelstempel -r i^* d. n, Mhal{ancus) . . | Felix Roma De Rossi Bull, erist. 1871, 78 f. (ungenau Gori Buonarotti 1S72, 133) nach dem Vorbilde der FeUdtof eaeevli des Constantio (De Bossi Bull.^mun. 1, 123 ff.).

6^ iSfiVLEItUNO.

Ziegelstempel eiiie rege Bauthätigkeit. V^n den ^rei viel- besprochenen Plund^uQgen Roms hat die erste duroh Alarick (410) Oberhaupt geringen, die zweite durch Geift^rioh (455) grossen Schaden nur an den gi'ossen Metalikunstwerken^^) angerichtet, erst die dritte durch Totiias (546) kann, wie wk gfeich sehen werden, als d^ Anfang der Zerstörung Roms betrachtet werden. Und doch hat auch Tctilas den nach- folgenden Räubern viele werthvolle Beute gelassen. Noch Constans H. (641 668) fand die vergoldeten Rosse ^ auf dem Triumphbogen des grossen Circus, vergoldete Ziegel auf dem capitolinischen Tempel und dem Pantheon (?)'*). Erst im 8. und 9. Jahrhundert wird der letzte Rest dieser Denkmälm* verschwunden sein bis auf den Marc Aurel, welchen sein falscher Name, und wenige andere Bildwerke, welche ein glücklicher Zufall vor der Entführung oder Vernichtung be- wahrt hat^*).

<^) Ueber Alarieh De Rössi BuU. citis«. 1865, 5 ff. U6ber Getserich tt. a. Cassiodor 2. d. J.: per Ginsertcum ümnibu* opänis vaeuata est Roma^

») Fea zu Winckelmana 2, 419 ff. «. Bd. 2, S72 n. 5. V^l. den Abschnitt über das Kapitel.

'*) Daten für die Geschichte der Gold- ood Bronzedenknliler : die jüngere Ausgabe der Notitia (vor 450, vielleicht vor 403) er\('ähiit dei aurei und den Soonenkoloss als vorhanden, das Brevitrdes Zaclui* rias (geschrieben nach der Verwüstang von 546) ausser diesen 37Ctt aenea simulacra regum et dueuni^ jedesfrtls ans einem vor 546 geachrie* benen vollständigerem Curiosnm (Bd. 2, 47. 150). Die Mirabiliea be* weisen nicht allein, dass im 12. Jahrhundert keine £rzbilder ansaer dem Marc Aurel (Bd; 2, 370 f.) vx>rfaaBdeD waren, sondern auch dass zu den Wundern Roms, deren frühmittelalterliche VerMldmisse der Ver» fasser aufnahm, wie Septem areus, ptUatia u. s. w., die Brcbilder «ieht gehörten. Ausser dem Marc Aurel erwähnen mittelalterliehe Qeellen, soviel mir bekannt, nur die irriger Weise dem Senneakoless zugeschrie- benen Stücke einer Kolossalstatue (Kopf und Hand), welche im 13. Jahrb. vor dem Lateran standen, (jetzt im Hof des Conservatorenpalastea (Bd. 2, 372. 510 f.), daher wohl die 'Sammlang von Bronze im Lateran*, Braun Mus. 119. 143* Gerettet ausserdem (abgesehen von kleinen Bron- zen): der Hercules im Yatican aus dem Pompejestheater (durch Umstwrt verletzt, aber sorgfaltig vermauert gefunden G. L. V(isconti) Mnsei V«« ticaoi 1870, Piocl. n. 544 vgl. Bull. 1864, 227 Ann. 1868, 196), der an- dere im Kapitel (vom T. des Hercules Victor?), die Wölfin, der Dor«-

$ 2] DIE ÜBERLIEFERtlNG. 68

Doch die Statuen rind nicht die Stadt; Ue Zerftiöniiig der Stadt darf nwin datiren von der Vepwäslung durch Totilas 546, nicht wegen des Umfangs der damals erfolgten Niederbrennung, der Einstflrte und der Zertrömmernng vielen Sehmucks, sondern wegen der Verödung, Verarmung und Vernichtung der Civilisation , die im Gefolge dieser Schreck^ Bisse sich einfanden *^). Forttfn hört der Wiederaafbüu des Zerstörten auf und der allmaUiebe natürliche Verfall der nidit mehr in Stand enthaltenen Gebäude wächst schnell £s stimmt zu dieser Thatsaehe sehr gut, dass die Verwaiidlung von Tempeln, auch hie und da eines prächtigen Proltsbaus, in christUche Kirchen, sich nicht viel über die Mitte des 6. Jahrhunderts hinauf verfolgen lässt. Wenn die Neueren aber mit der Annähmet dass jede leidlich aite KiiK^be ur- sprdTigUch ein Tempel gewesen sei, sehr freigebig sind , und für bestimmte heidnische Gottheiten bestimmte Heilige als Nachfolger annehmen, so muss gegen diese, bei dem Mangel einer kritischen Geschichte der Kirchen (unten) noch sehr sdilecht begründete Methode gerade für die früheste Zeit Einspruch erhoben und darauf aufmerksam gemacht werden, dass in dieser vielmehr eine Anzahl christlicher Kultusstatten (besonders die Tüuli) aus Privathäuserri hervorgingen; wo- durch «ich aujch erklärt, dass uns als Beinamen der Kirchen eine Reihe aller Strassennamen , aber so gat.wie keine auf die ehemalige heidnisch^ Verehrung (wie super Mmervam) hinweisende erhalten sind. Um dieselbe Zeit wird die Hin- wegnahm^ der werthvoUen Säulen und marmornen Wandbe- kleidungen aus den verlassenen Pracht- und Palfistbs^uten,

•nsziehtP, der 'CaimnaB', Broozri^pfe des ' Brutus* im Kapitel, des Aagastvs ih der vatik. Bibliothek, die Trütnmer vot Thierfig^ien aus Trastibyer*; der Hol#ssalkopf im Kapilol-; in den.weitläafi^euliiui- Ben der esqiiiliuis€ke<A Gärten ist niclit eia eioziges grosses Bronzeweb^L gefnn^lea, von kleineren eine .geringe ZM (Bdll. warn. 3, 34. 252« 4, 822).

^) De Boss! lasor. tht. %,. 516 f., weioher hervorkebt, .weleJies Licht tnf die schwindende Knltnr das AvfhUren der ehristlichen Grab- Schriften seit 546 wirft, üeber Zacbarias Klage. Bd«. 2, 149.

64 £lNL£lTt}N6.

der BniDne&aierratbe wie Maskea , . Schalen und Figure und sovielen anderen iuarmornea Straßsenschmacks, d< Sarkophage und Grabreli^, zum Behuf der Erbauung un Ausstattung der zahireicben n^eu entstehenden Kirchen. häufig« geworden sei ^^) ; aber auch die am Boden liegenden Trürnm« ^on Marmordenkmälern, welche die weiten Parkanlagen Salluste und Licinier, der Lamia und PaUas geziert hattei mussten das Mat^ial zu Haus- und Kirch^bauten her geben ^^). Es ist zu verwundern, da/is unter ^tn tausendoi verstümmelter Harmorwerke^ welche die Museen füllen, docl eins oder das andere durch Zufall oder eine inmitten diese Barbarei seltene Fürsorge fast unversehrt auf uns gekomm^

^1) lieber die Verwaidhug dar Tempel in Kirchen Maraa^oa Delle cote gentileecfae e profape trasportate ad uso delle ehiese (A 1744) S. 2S6ff. Texter et PuUao L'arohiteetnre Byzantiue (Und. 1864;; S. 79 ff. und De Rossi im Ball, crist. Die ältesten mir bekannten sicher datirten UinwaDdlnngen ^ind: btuüica lunü Basti, gebaat 31? (steht iti irgendwelchem Zusammenhang mit deikt Kalt der Plairier)'dett h. Andreas dedicirt unter Simplieiua 4i66 483 (s. die klassiaehe Ar^ heit von De Aoaai BoU. erist. 1871, Iff. 410; onbekaantes Gebäad« (Tempel?) d. dem H. Clemens unter Hormisda £»14 523 (ders. Bull, crist 1870, 129 ff.), Rotunde des Divus Romulus d. den HH. Cosmas und Damianus unter Felix IV 526—530 (ders. a. 0. 1867, 61 ff.); das Pan- theon der Maria im J. 608 (Bd. 2, 366), denen sich wahr sehe toiieh manche andere, wie S. Maria sopra Minerva (ältor ala 7^), S. IVicoIa in Car- cere anreihen lassen werden. Für die bei weitem meisten angeblieh alten Kirchen ateht entweder die Epoche nicht fest (z. B. die Kirchen in den beiden erhaltenen Tempeln am Tiber) oder es ist unsicher ob sie in Tempeln geweiht sind (S. Maria Liberatrice, S. Teodoro, S. Adriano, S. Martina; sicher kein Tempel S. Stefano rotondo). -* Ohne genügenden Beweis werden viele Kirchen für Tempel erklärt: neuerdings von Nissea Rh. M. 28, 548. 29, 407 die Kirche S. Priaea für den Tempel der Diana (vgl. die Ibissen wie es achaint niofaft bekannte Untersuchung von De Rossi über den titidus nsd die Ihtmu AfpnJUu et Priscae im Bull, erist. 1867, 44ff. 186Sy d5f. und dens. über die Entstehung der tätdi avs Privathävaern das. 1S63, 27 f.). <— Ueber die Beraubung der antiken Bauten ein reiches Material bei Marangoni 301 ff. 343 ff. und Corsi delle pietre antiche, was freilieh nach den neueren Ent* deckungen erheblich zu vermehren wäret

^') S. Lanclani im Bull, mnnie. 3, 78 f.

{ 2] DIE ÜBERLIfiFBEUNG. 65

und dass der T^lligen Zerstörung, welche^ wie Wir jetzt issen, schon im 9. Jahrhundert das Foram seines Marmor- i^des beraubt hatte, ein einziges. Werk, die kürzlich ent- ckten mit Reliefs ausd^ Zeit Trajans bedeekten Marmor-^ nken haben entgehen können ^^). Datu kam denn (seit em 8. Jahrhundert?) das Radikalmittel der KalkbrennereL ttf dem JttarmoFfossboden der wohl;. kaum ein Jahrhundert her noch, benutzten Basilica Julia , und dem Pflaster vor lern noch stehenden Faustinentempel haben sieh idie Kalk-> ben mit den Resten der von nah und fern herbeige- leppten Statuen und Grabdenkmaler vorgeCanden, und der ame Caikarmm, welchen seit dem. frühen Mittebltei* beispie]&* weise eine ganze Gegend des an Marmortfümmern überreidr^oi üaisfeldes trägt, giebt Ton der ßegelmassigkeit nnd Aiisdeh- DUDg dieser Yernichtungsweise eine annähernde Vorstellung^*). £ine andere Art der Zerstörung endliefa, welche wir bisher noch nnyollkommen kennen, hat ausser dem Marmor auch den Traveütin betroffen. . Die römische Curie hat ndbmlich &ach«eislich seit dem> Anfang des 15. Jahrhunderts, wahr** Kheiniich schon früher, alte. Gebäude oder Terrains, welche Trümmer zu bergen, schienen, als Steinbruche verpachtet oder selbst ausbetiten lassen.. Auf diese Weise ist bis in die Zeit Sixtus V. (s. unten) eine grosse Masse Yon antikem Baumaterial beseitigt, sind Paläste und Kirchen aus demselben

aufgeführt worden. Schon jet2t lässt sich erkennen, daSS

. ',

^) Die eapiftaliusdie Venils vermaveii; gefunden (io der Sabara), ahnlkh wie der kroezeae Hercales A. 39. Für die Marmorsohreoken des Pornms- ist dieser auffallende Hoistand (über den Zustand des Forams I. Th. li) in dea bisherigen^'S^preeJiaoi^en and aa<A vt>a mir früher über- Mibea. worden. Sollte der äbei^ denselben stellende, leider ror seiner Zerstörung nicbt genauer untersuchte 'mittelalterliche Thurn'-- der Gloekeathurm derRirebe SS. Sergio e Baeche gewesea si^in? S/ jetzt Bph. ep. 1877.

^ KallEgniben^.Pva zu Wlnokelmänn 3,M7ff. Gregorovius 3,365; Aaf dem Foram« Lanciani Bq14. d. i. 18T2, 244; 263 f. vgl. Hermes 7, 270; in circns Flaminins: bezeagt darch den Namen in ctücarioyde catche- forto. Bd. 2, 439 mitNachtr. JS. XVH; auf <d(^ Esquilia: Lanciani Bill. man. 2, 215»

Jordan, rOmisolie Topographie. I. 5

66 BINLSITÜNO.

K. B. ein Theä der Gel^udereste de$ Forums diesen in- dustriellen Unter netimungen zum Opfier gefallen ist;'^^).

Vom 7. bis zum 11. lahrhundert ist diese systetnatisdie und so zu sage^ friedliche Zerstörung mit langsamem Erf dg thätig gewesen. Aber auch von* kriegerischen Verwöstungen wissen wir, welebe diesen Gang stossweise beschleunigt haben. Nur in diesem Sinne dürfen die Fehden des it. Jahrhunderts und die Niederbrennung eines Thmls der noch stehenden alten Denkmiäler durch den Normannen Robert: Guiskard (1084) als epochemachend genannt werden ^^).

Diese Zeratörungen haben Schut(anhftufungen und da^^ durch verhältidiSMnässig geringe T^rainveränderungen nach sich gezogen (Th. 1 § 1), fast unberührt dagegen blieben die Richtungen der grossen Hanp^strassen; Umgestidtungen auch in dieser Reziehung veranlassten' erst: aihndhlich und theilweise die seit dem 13. und 14. Jahrhundert begonnenen Aufräumungen und Neubauten,, z. R. auf dem Kapitoi^^), durchgreifend aber, wenigstens für einen ganzen Stadttheil, die Monti, dieRauthätigkeit des, wie schon bemerkt, letzten Zerstörers der alten Denkmäler,' Sixtus Y. Hätten Zeit und Geld ausgereicht, wir würden beut ron den kaum ein Dutzend ausmachenden grösseren Ruinen auch nicht eine mehr be-

^) Die aü^ivaliselioo Qoellea tia^ bialier iipr mgeniif fad «osge«* beutet. Eu^en IV. lä&st 1431 nadi Marmor hu S. A(ifiapo gral^fm (Gre- gorov. i, 559). [Jeber die Verpaehtutf^ des Forum, des Golosseams, der Cremend von S. Nieolo in Carcere wichtif« Aussog» aas den Akten der Curie von 1450>-1$50 bei von Zahn Ball. daU iMt. t867^ 191 ff. MfinlK Revue arch. 1S76 SeptlTOff. S. m. Syllocre inson fori raaiaBi.(fiph. ep. 1S77). Ueber die Verweadung der Warkatücke des Golossenn sani. Bau der Paläste ü Veaaaia, Fariieaa, Ca»e«ller.ia seit Paui II: Nihky fl. a. 2, 418.

:«•) Ueber Bobert Gujiskard Bd» 2, 376. Dev Cireus maximas, da« Septizoninm, das Colosseum, das Forum (Fabierbogeo) gebeu Beispiele für die UmwaudluDg antiker Q^hmda iu<.Fe«Ui|igan and deren Zer- fitöruug durch BrancaleoAe 1257 (6re9»reyia8,.5).i^l$);..<wa8 galegent- licb schon im 2. Bde. barührt ist. Vgl. Th. IL : .

*7) Für das Forum uad das Kapital sinddiar Einzug iKada V. und die Bauten Michelangelos von besonderer Wichtigkeit. S. B4 .2,451»

§ 2.| DIE ÜBERLKFERUNG. 67

sitzen uBd wie die Anlage der Strasse Qnattro Fontane ein neues Profil der Hügel hergestellt und einen Theil der alten Strassenzuge verwischt bat, so würde es der ganzen alten Stadt ergangen sein^^. M«n darf dabei freilich nidit ver- gessen, dass die Zerstörung des Alten einem lebendigen Neuen die nothwendigen Wege bereiten sollte^®) und kann daher die mit gleicher Kühnheit und gleichem Erfolg, aber mit grösserer Schonung und grösserem Nutzen für die Wissen^ Schaft unternommene Vollendung seines Werks seit dem Jahre 1870 die Herstellung einer direkten und bequemen Verbindung des Ausgangspunktes der Eisenbahnen mit dem Berzen der Stadt durch die Via nazionale, den Anbau des Esquflin*®) in der Thsrt ab die Vollendung der Wieder-

- - - 1

^) Die BanteUangen der Regleroof^ Sixtns V bis anf v. Hüboer (Sixte-QuiBt P. 1870) 2, 124ff 405?. enthalten, wie schon Bd. 2, 464 bemerkt worden, noch immer nicht die io viele Fragen der alten Topographie eingreifende, urkondliche Geschichte der Zerstörung alter DenkmKler. Wieviel aus einer nao zu hoffenden systematischea Aus* natzua^ der Akten gewonnen werden wird, habe ich gelernt bei eiier flüchtigen mir durch die Zuvorkommenheit, des Hr. C. Corvisieri ge- statteten Durchsicht der Mandati segreti von 1587 ff. (1872 in dem neuen Arcfalvio governativo auf piazza Migoanelli). Es finden sich dtrin die detailltrtesten Anweisungen an D. Fontana über vorzu- nehmende Zerstörungen antiker Moaameute, deren Material nament- lieh bei den Neubanten in 5^ Maria maggiore und fontaoa Termini verwendet werden sollte. Glücklicherweise wurden nicht alle diese Pläne ausgeführt. So schreibt der Papst über den 'Janus quadrifrons' (Mand. 4. Jan. 1588 f. 41^): cav, Dom, Fontana tiro architetto fara guasiare larco hoario poeto presola fontana di sangiorgio e potra 99nrim diquei marmi per fmr Ü piedutaUo per la gugUa di tan giq, leteraao n. s. w. und ein andermal -iAIand. 1587 f. ,36"^) an denselben, er solle marmo pietre e nmüi dope le irovasti nehmen, besonders eigne sich ein Grab in der Nähe von S. Paolo: vgl. BulL'mun. 1, 78.

^^) Die Absichten des Papstes bezeichnet am besten der grossartige Plan das Colosseum in ein Fabrik- und Wobngebäude für die Armen verwandeln, worüber Fontana Di alcune fabbriche fatte in Roma ed in Napoli, R. 1590, berichtet.

M) Vgl. die Stadtpläne seit 1870 und das Bullettino municipale. Die weitachichtige BrochnreaUtteratar ist für die alte Topographie ohne hteressa.

5*

68 EINLEITUIKG.

aufrichtung der Stadt aus' dem Schutt der Zerstörung be- grussen, wie sie im 12. Jahrbondert der Dichte erhofll hatte:

Roma vetusta fuiy $ed nunc w>i&a Ronui vocabar:

eruta ruderihis culmm ad dUa fero. Der unklaren Vorstellung nun, als ob durch diese un- unterbrochene Reihe von Zerstörungen sich eine mOndliche Ueberlieferung in Namen und Lokalsagen erhalten habe , ist erst die neueste Forschung wenigstens insoweit entg^en ge- treten, als sie an der Hand der mittelalterlichen Stadtbe- schreibungen nachzuweisen versuchte, dass seit dem 14. Jahr- hundert eine willkärliche und von missverstandenen Zeug* nissen beeinflusste Erklärungsweise die bis dahin noch zum grossen Theil an Orten und Strassen haftenden alten Namen verrückt oder beseitigt habe'^). In der That hat uns auch die genauere Untersuchung über die Geschichte der um 1150 verfassten Mirabilien gelehrt, dass, was in der um ein Jahr- hundert jüngeren Ausgabe dieses Buchs an selbständigen Zu- sätzen und Auslegungen enthalten ist, ohne Ausnahme als willkürliche und meist irrige Theorie zu betrachten ist und zum Schaden der Sache bis ins 16. Jahrhundert das Ansehen authentischer Ueberlieferung behauptet hat (unten § 3). Aber dieselbe Untersuchung hat uns gelehrt, dass auch in den echten Mirabihen, wenn man die älteren, zum Theil direkt von schriftlichen Aufzeichnungen des Alterthums abhängigen ßestandtheile dieses Buches und die als Dichtung sich selbst gebende Rekonstruktion der alten Stadt aussondert, eine so grosse Menge von Irrthümern in dem Material übrig bleibt, dass man die Epoche des Abreissens der alten Tradition viel höher hinaufzurücken genöthigt ist. Diese Ansicht, welche wir auch jetzt noch festhalten, darf hier wenigstens von einer Seite her noch schärfer begründet werden **).

^') Dies ist De Rossis Ansiclit, besonders in der Sclirift Le prime raccolte di antiche iscrizioni (s. § 3).

^') Auch dieser Theil meiner Untersiichiin^en über die Mira- bilien (vgl. auch {3 z. A.) hat bisher eine saehknndige Kritik nicht erfahren. Der Kern der Sache wird durch die Bemerkung

§ 2.] DIE ÜBBRL1EFERUN6. 69

Dass, wie oben gfesagt worden, die ganze vermeintliche Volkstradition lediglich eine kirchliche ist, lässt sich, wie ich glaube, beweisen. Es giebt meines Wissens keinen einzigen alten Namen einer Strasse, eines Platzes oder einer Stadt- gegend, der sich anders als durch die Beinamen der ältesten Kirchen bis ins Mittelalter erhalten hätte und es sind deren überhaupt nur wenige: Capitolium (S. Mariae in C. Bd. 2, 366), eaimpus Martius (S. Mariae in c. M.), Suhira (S. Agathae super Suburam; S. Agathae, S. Andreae, S. Petri Marcellini, S. Salvatoris, S. Sergii de Subura; S. Martini in capite Su- burae? Bd. 2, 127 f.), Montts (? S. Martini in montibus), Fe- lahrum (S. Georgii in V.), Horrea (S. Johannis, S. Jacobi in Orreis), maceUtm Lmae (S. Viti in macello). Via lata (S. Mariae, S. MarcelH in v. 1.), via sacra (SS. Cosmae et Da- miani in clivo yiae sacrae u. a. Bd. 2, 482); tnci und clivi (vgl. Bd. 2, 587 if.): capitis Africae (S. Agathae in Africo? Bd. 2, 351), argentarim {clivus: S. Nicolai in clivo argen- tario), locus Orfei (? S. Luciae, S. Martinae in Orfea Bd. 2, 127), Imgus (S. Yitalis in v. 1.), Pallacinae {balneae: S. Lau- rentii, S. Andreae in Pallacinis oder Pallacina, S. Marci iuxta Pallacinis), patricius (S. Potentianae in v. p.), Scauri (clivus: S. Gregorii in clivo Scauri). Dazu kommen einige Namen, welche von alten Monumenten welche ebenfalls Strassen oder Plätzen Namen gegeben haben können herstammen: tkfas {herharius: S. Arcbangeli ad Alapbantum Bd. 2, 447), Minerva (S. Mariae super Minervam), tria faia (S. Martinae, S. Hadriani in tribus fatis, Bd. 2, 482), hwus (Jutumae: S. Silvestri in lacu Bd. 2, 500), mica aurea (S. Johannis und SS. Cosmae et Damiani in m. a., unten A. 55). Die Grün-

y. GieMbrecbts (Oentsclie Gesch. 1 der letzten Ansg, im Anh.) nicht einmtl berührt and das * vielleicht' anderer gelegentlicher Beurtbeiler beweist leider nichts. Ich ninss abwarten ob Kenner der mittelalter- liehen Litteratar mir methodische Fehler nachweisen werden. £8 ver- steht sich dass dies nicht ohne Kenntnis des römischen Alterthnms nSglich ist.

70 BINLEITUNG.

düngen dieser Kirchen gehen sum Tbeil . nachweislich, zum Theil wahrscheinlich in die Zeit des Uebergangs aus der alte« zur mittleren Zeit zurück, in welcher die alten Namen noch in lebendigem Gebrauch waren, und es ist femer zu be- denken, dass, wo einmal ein alter Name durch eine Kirche in die Zeit der Barbarei hinubergerettet war« er sieb bei jüngeren Kirchengrundungen derselben Gegend wiederholte^'). Eine zweite Klasse von aUen Namen ist aus dea authentischen Martyrerakten in die jüngeren Umarbeitungen übergegangen und ist in diesen nicht seken irrig gedeutet worden (Bd. 2, 380 ff.). Dass dies in keiner Weise den Werth der ursprünglichen Angabe schmälert, ist (a. 0.) mehr- fach gezeigt worden, und muss hier noch ehimal an eiiiem wichtigen Beispiel hervorgehoben werden. Es ist durch die Märtyrerakten so gut wie irgend eine Thatsache aus der spä- teren Kaiserzeit bezeugt, dass die Vorführung Angeschuldigter

B*) In Erman gelang einer kritiselen Gesekielite der römise^n Kirchen (Bd. 2 Vorr.) laUasen wir uns sranSchst an iie Vereeiobiuese aus dem 13. und 14. Jahrhundert, besonders an den Turiner bei Papencordt (aus ihm bei Urlichs Cod. top. 170 ff.) halten. Unge- druckt ein anderer des Signorili: s. z. B. De Rossi Bull, crist. 1869, S5. Die gedruckten älteren Urkunden (zu denen auch der Liber pentificalis zählt) habe idi» soweit sie erreichbar waren, bcimtxt nod durchgehends die besten Hilfsmittel^ Martinellis Roma ex ethaica aaera R. 1653) und Zaccagnis Katalog (bei Mai Spicil VIII) yergUche», auch den uQgedruckten Grimaldis (cod. Vat. 6437, s. Hermes 2, 412 ff.) eingesehen, die Goidenlitteratur aber und überhaupt die zahllosen abgeleiteten Quellen ganz hei Seite gelassen. Danach ist das obige Verzeichniss entworfen, welches hei dem jetaigsn Zsst^nde des Ma- terials nicht auf Vollständigkeit Anspruch machen kann. Belege für die mehrfach und in den angeführten Hauptquelleo vorkommenden Namen habe ich nicht gegeben, um so weniger, als sie an den be- treffenden ^Stellen Th. II vorkommen. Doch bemerke ich, daas der Name Montes als alte Bezeichnung, wofür ihn Lanciani (BuU. man. 3, 203) hält, zweifeUiaft ist (Jahreaber. JS76, 1$1), und d«uss der locus Orphd mit Wahrscheinlichkeit zu dea Name« der vici gereebnet werden kann: vgl. locus Fundani, compitum Fakriei (vgl, Plaeidos gl. p. 464 M. 45 D.: FaMd compitum ubi n^unc locus , #. Bueheler Jahrb. f. Ph. 1872, 567) und christl. Grabsehr. v. 375 de regkme FIIJ a lacu cunicli Bull, crist. 1871, 75 f.

§ 2.] DIE ÜftBRLIEFSBUJNG. 71

vor de» Stadtpifalekten m Tdlure geschah und muss dahef schlediterding^ ein Amtdokal der Fräfekten in dieser Gegend angenommen werden. Späler abet ist der Name von der Nord- auf die Södseite des: Forums gewandert und mit den Trammem der nidit mehr genannten Biasilica Julia ideattfi* cirt wofden^^). Es* kann gieieh hier eriniiert werden, dass aucb sonst ein soichea Wandem von Namen vorkommt: der Name des drcus FkttamiuB geht auf das . Stadiwn, spärter auf das Theater des Marcellna über und verschwindet dann; der eofossMs iugm am^hitlmatrum der Martyrerahten wird zum ea- hssm ümphitheatri ioiet c$losaem) unA geht auf das Amphi- thaateir über (a. Bd. 2, &10); die porta Copena wandert mit dem RegioaeABamen nadi der nahen Ostieuäs, die Collina nach der o^en Camdia (Bd. 2, 32a. 339. 383. 580); gewandert endlich sind die Namen htuäim luhä und Ulpia nach dem Lateran (Bd. 2, XYIl 2it 468) «näi, wie es scheint, der Name mica aurea vom Caelius nach dem Janiculum ^'^).

Eine dritte Klasse baden die Namen der alten 14 Regio- n^, welche, w^is sehen Bd. 2^ 315 IT. gezeigt worden ist, sich bis ins 13^ Jahrhundert erbahen haben, abef abgesehen von den über das 7. Jahrhundert hinaufreichenden, also dem Alterüwm gehörigen Zeugnissen sich meines Wissens aus- ssUiesstiek in den Schriften der Cudrie (Liher pentificalis) und in UAimdeii des 10. bis 12. Jahrhunderts, welche den Besitz- stand von Kirchen und Klöstern regeln , vorfinden. Auch

M) JM»2, 881 ilD«l 488 FoFBia uthut p. Q: wenn M ommsea Sta»tfii*. 2, d8(^ tiiQjtstlcidi dieas NschriclitaD al» 'am» saAr tivübeii Qaeileo ga- Ittiaeii^ h^nMimtf «o ist das aorioblig: eine aadcva Fsa^e ist es, wie ißB &Udt|wälaGl daaii lian in. Tettute za litzea.

») Die schon Bd. 2 S. XV angeführte Urkunde das Rag. Farf. 470 ¥. k 909 hei Gelletti (da« kk IMtr niaht wiader ein&ehea kann) nennt 4aa JUnstor SS» G^nrnae et Dämiam quod oti siktm trmut^erim in wma mre«r dasaalbei die UrkL hei Ifarioi Pup. 160. 1«3 Cappi Dias. deir ac. poBt. 15, 217. 225; ebenda seihst Kinche S. hhtmnis in Mica OKora« (Bd 2, 343). Wohtfr die gangbare Meinong stammt) dass der Name ans in tf»M mareo eormtepirt sei (MartinelU Raoia aaera 94), viisft ich.«iohti, Denkbar ist übrigens, daaa sehoik im Altcrthum eine sweits fnimmuretk dart eJEistirte.

72 IZB^LEITUffG»

Uer darf ein WaMernder Namen wenigstens unteF den benachbarten' Regionen angenommen werden:^^);

Nach Abzug dieser drei Klassen bleibt ims nun freilich eine kleine Anzahl von antiken Namen ^brig, deren Zu- sammenhang mit der sohiütlichen kirchlichen Ueberlieferung nur nicht nachweisbar ist: vereinzelt temfhim (=s Iheatrum) M^arcelU (998 Bd. 2, 339), .namnatkio', urbs (oAdTiUmplum c= Castro) Racennaiiumj gallinae albae; ja der ZuM bat es gewollt, dass ein sonst nur aus einer, einzigen alten Dicbter- stelle bekannter Lokalname, ad ptrum, in einer Urkunde Innoeenz III. wiederauftaucht'^^): indessen ausgeschlossen ist bei diesen wenigen und vielleicht noch einigen anderen Na- men der für die meisten nachgewiesene Ursprung nicht und die Annahme, dass ein grosser Theil der aken Namen sich durch die Inschriften der Gebäude fortgej^flanzt habend ent* behrt jeder sicheren Begründung ^^). Nichts kann schlagen*

^) Ich bin gespaniit auf De Rossis BeweisföhniDg für die Richtig- keit der aU^emeiaen von mir bekAmpften Anoahme^ 4aM die erväh.otea Regionen besondere 'kirchliche' seien (De Rossi Bull., crist. 1870,110}. Der von mir früher geführten Untersuchung weiss ich nichts hinzu- zufügen als folgende neue Angaben: iuxta themuu Viocfdianas reffione ^ (b JV) Reg. Honorii a. 0. S. 94. 111 ; ect^siam S, Ciriaci . . in termig DiotMumis et domum moffiorem . . . otnma posita RomoB regimie tertia justa veneräbüem Titidum <S. Stuannae Stück eUe^ vei*n und am Schluss verstümmelten Bulle ungewisser Zeit bei den^s. i^^.O. 1869, 05; de regione FIIH a lacu cunicU christl. Grabschrift y. J. B75 bei dems. a. O. 1871, 75 f. Die letzte Insohrift beweist überhaupt nichts (a. 0. S. 321). Die beiden Bullen Ddaaen sich- widersprechend für denselben Ort statt der alten 6ten eine' die 3te, die'> «Ädere die 4te, was ich nur auf die a. 0. S. 819 angenommeoea Vei^weiclishtngeii zurückfuhren kann.

^') Martial 1, 117; yeii seiner Wobauag auf dem Qairiaal: longtim est, n velit ad Pirwm venire. Einen Ort ad Ptrum aaf dem Qmrinal erwähnt die Bulle Innoeenz III (Reg. 2, 102) vom J, 1199 ^naohgewiesea von mir Arch. Zeitung 1871 S. 71).

^) Man ist -früher mit der Annahme, dass die Inschriften ' die Be- nennungen erhalten haben, sehr freigebig gewesen: aber das ¥olk las sie nicht und die Gelehrten verstanden sie nicht. Der Verf. der Mi* rabilien schreibt mit Hilfe des Regionenbuchs, de* Kaleaders und des

§ 2. DIE Ob'ERLIEPERUJVG. 73

der das Gregentbeii beweisen, als dass die volkstnasisigen Be- nennungen einer Reihe von Gebäuden mit wohl erhaltenen Inschriften nichts mit diesen gemein haben. Aber auch sonst Terleugnet die äheste legendenhafte Ueberlieferüng bis hinauf ins 8. Jahrhundert jeden Zusammenhang mit dem Alterthutn: selten, dass sie wenigstens in erkennbarer Weise, wie es die Slteste Silvesterfabel thut, an eine alte Lokalität erinnert (Bd. 2, 494 ff.). Neubildungen sind die meisten gangbaren Bezeichnungen ffir alte Monumente und Orte*^'), nicht Um- bildungen alter Nafmen durch die Volksetymologie, nicht ein-

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Ovid; nm die noch zahlreich an den Gebäuden vorhandenen Inschriften kümmert er sich gar nicht: zwei Aasnahmen (S. 435. 471), von denen die eine (471) ein ergStzIiehes Seitenstütfk zn Rienzi's Interpretation des fom/äriwn ala patmartum giebt, sind an so attükllender. Ebenso vereinzelt, aber bei der Kürze und VerstäodUehkoit' der Inschriften ibe-* greifiich, locus gut dicüur Opus PraxüeUs (Bd. 2,, .528). Für die mit Inschriften versehenen Gebäude beweisen obige Behauptung die Ab-* schnitte de palatiis uod de arcubus in den Mirabilien, Bd. 2, 401 ff. Dazu kommt z.B. die Area di Noe fiit* den Miner vetatempel des iVerva (wohl sicher älter als das 14. Jahrb.) und MÜdereS. was bitvniebt.atiB« fohrlich behandelt werden kann (vgl. A. 59.). Natürlich ist abzusehen von den in direktem Anschluss an das Regionenbuch u. a. Schriften überlieferten Namen.

^) Master falscher Erklärangen: gaÜuzze »» Gai et Lud (basilica), eraUeula »r crypta ComeUi (Balbi), worüber Bd. 2, 5d4; nicht minder eoUiseum »= coBis Iseum^ trotz der vorhandenen vollständigen Reihe der Namen coloseus ampkäheatri .... coUisaeus, über welche S. 71, (Corvisieri Buonar. 1870, 69) und arcus diburi (Bd. 2, 417), nach der LA. einer Urk. diribi = diribitorium (derselbe); arcus detrasi der Constanstinsbogen (ausser Bd. 2, 411 s. Ürk. s. XIII/XIV bei Crescim- beni St. della eh. di S. Giov. av. p. Lat. S. 213 u. S, SoXv, de areu detrasi im Turiner Kirchen-Katalog) von Thracien (!1) nach Govi (in der § 3 A. 1 z. £. Schrift S. 22), während er doch selbst eine Familie de Trost anführt, von der der Bogen (nicht umgekehrt) benannt sein muss : es wird ein Thurm der Familie dort gestanden haben. Aehnlich der Bogen bei dem Thurm de toseetis (Bd. 2, 416) und, wie ich denke, wohl auch der Bogen trqfoU (s. a. 0.). Genauere Untersuchungen, die idi jetzt nicht anstellen kann, werden gewiss noch eine ganze Reihe von Ynlgärnamen aof Familiennamen zurückführen: vgl. Bd. 2, 310. Bedarf es der Erinnerung, dass die Logik und die Gesetze der Wort- bildnng auch für mittellateinische und romanisehe Wörter gelten?

74

£3NL£ITUN€K

mal Neubildungen mit Hilfe irgend einer antiken Reiniiiiaceiu; bei dem Aufhören alles Verständnisses für die ursprunglictie Bestimmung derselben ^ wofür die allgemeine Bezeichnung pälatium Zeugniss ablegt, gehen sie meist aus von der trünuner-* haften Erscheinung und deren zufälliger Form. Beispiele von Yerdrehui^en alter Namen mit Hilfe der Volksetymoioigie sind selten und die Neigung der Neueren in unverständlichen Yulgärnamen ecbte^ alte Bezeichnungen zu suchen, wie boffeat- lieb genügend bewiesen worden ist, ganz verkehrt.

. Hiernach glaube i^h, dass, von einer lel^eQdigen Forf^ Pflanzung altrömischer Ueberlieferung über die Denkmäler der Stadt ausserhalb des Kreises der kirchlichen Urkunden und der dürftigen schriftstellerischen Benutzung einzelner alter Schriften keine Rede sein kann und dass der tapogra«- phischen Forschung überall da, wo sie in den mittelalter- lichen Quellen neben thatsächüchen Angaben auf geschieht- Uche Reminiscenzen und alte Namen stosst, welche nicht innerhalb jenes Kreises liegen, der Weg der aussersten Skepfli» vorgezeiehnet ist

'. r

§ 3.

DIE TOPOGRAPHISCHE FORSCHUNG SEIT DEM FÜNFZEHNTEN JAHRHUNDERT.

Während dio muBdliehe Kuad« de$ antiken Lebena, so w^t sie ÜB OertUcbkeitea uad Denkmäi^ der Stadt anlangt« im achten Jabiiiund^rt au Grunde gegaingen ist^ ist der dünne Faden schriltUeber Veberiieferung tm der Hand der Kirefaa weitergesponnen worden 2). Aber den mittelalterlich^i P^iegeten ist er in deth Labyrinth verfaHender, ihn fremd anschauender Gebäude und Kunstwerke kein Ariadnefaden gewesen. Wir haben im zweiten Bande zu beweisen gesucht, me \m zum zwölften Jahrhundert dem wissbegierigen Pilger Hod Fremden in Rom HilfsbuciikiB und Wegweiser gedient haben, welche mit mehr oder' weniger Geschick aus den dürftigen Resten des alten Regionenbuches zurecht gemacht waren; dass um die Mitte jenes Jahrhunderts eip poetischer Kopf, begeistert durch die Idee des Wledererst^ens der alten Herrlichkeit Roms in dem Buche Hirabilia den Ver^ such wagte, selbstständig erfindend die damals yorhandene Trämmerwelt zu erklären und diesem Versuch jene älteren Kataloge römischer Denkmäler in systematischer Folge vor* anstellte; dass dieses Buch im lä, und zu Anfang d^ 14. Jahrhunderts in zwei neuen , an wiUkörliehen Zusätzen und Missverständnissen deis urspröhglichen Textes reichen Bearbeitungen weiter verbreitet worden und namentlich in dieser jüngeren Gestalt bjs ins 15. Jahrhundert l^n zu kano- nischem Ansehen gelangt ist^). Wir sehen die ersten Geister

^) Am ipi^iDea Aii^steUm^pen äbejr die h», (rniQdl9|pe nnd Ge$<;]udbit^ deir Uel^erUefi»V«Di^ 4er- Mi;r«MIi<ftny welche eine «lad^^imdige Beurthei- Iqjb^ iil)erMii|>t mch^ oicht e^falirei) llKiilieQ» fiode ich niehts wesent-

76 EIJNLEITÜNG.

Italiens seit dem Ausgange des 13. Jahrhunderts entweder den Versuch eines Verständnisses der Trummerstadt gar nicht wagen so Dante und Petrarca oder in sklavischer Ab- hängigkeit von jenem Buche verharren und aus den Irrgängen der mittelalterlichen Legendenbildung keinen Ausgang finden so Fazio degli überti, Cola Rienzi nach der Mitte des 14. und Nicola Signorili im ersten Viertel des 15. Jahrhun- derts. So gross war diese Abhängigkeit, dass sie selbst nicht gebrochen wurde durch das erwachende Verständniss für die bis dahin seit Jahrhunderten von Gelehrten und Ungelehrten flicht mehr verstandenen Urkundenzeugnisse, die Inschriften : weder Rienzi noch Signorili, welche sie beachteten und sam- melten, haben es vermocht, sie topographisch zu verwerthen^).

Uches ztt äodern. Der Apparat bei Urlichs Cod. top. S. 91 ff. ^t- hält nickt die von mir Bd. 2, 359 vermisste Hs. der Vallicellia.aa ('cuius apographo uti licebat, saec. ut videtur XIV neglegeater scrip- tus' . . 'apogr. a Bunseno acceperam cuias corruptelas referre nihil attioet' warum?); die nach Kellermano und eigener Vergleichang mitgsetheiltea Lesarten der Hs. Golenna-Barberini, welche durch iJVib^y sehr fleissig benutzt war (es «oll, na^b ein ^Vaticaous sine namero olim Golumnensis s. XIII in.' sein^ vgl. a. 0.) ändern so wenig wie die übrigen dort mitgetheilten anderer Hss. den Text. Auch die Er- weiterungen eines von Detlefsen Philol. Anzeiger 3, 544 ausgezogenen cod. Yät. 1959 dgl. in einer diplomatischen Ausgabe zu berücksich- tigen sein werden -^ lehcem für die alte Topographie nichts neues. . Mfirtinus liegt jetzt in. Weiland's Bearbeitung (Mon. G. SS. Bä. 22) vor. Auch aus dieser habe ich zu 2, 387 f. nichts erhebliches nachzn* tragen. Es ist selbstverständlich, dass jüngere Mirabilientexte noch bis ins 16. Jahrhundert hinein für Reisende und Halbgelehrte die Haupt-, ja meist die einsige Autorität sind. Abhängigkeit von ihnen zeigen in vielen Stücken Zi, B.' die jüngst herausgegebene Beaehr. d. Stadt von Nikolaus Muffel (geschr. nach 1452, herausg. von W. Vogt, Pitbl. des Stuttg. litt. Vereins 1876) und die Antiquarie prospettiche romane in Versen (vor 1499, neu herausg. von Govi, Intorno ad un opuscolo ra- rissimo : . . R. 1876, Estr. aus den Atti dell' ac. dei Lincei t. 3), aus denen für alte T. wenig zu lernen ist.

^) Ueber Dante, Petrarca und die von mir 2, 393 besprochene De- scriptio urbis, welche Signorili in das Staatshandbuch der Curie auf- nahm, s. De Rossi in der schon 2 S. XVT citirten Abhandlung Bull, d. i. 1S71, 3 ff., woselbst nachgewiesen wird, dass der Vf. Cola Rienzi

3.] DIB FoaSCHUNC. 77

Erst um die Mitte des 15^ Jahrhunderts') wwen es theils diese Inschriften, theils. die wieder ans Licht gezogenen alten Schriftsteller, unter ihnen, weiin.auch in kläglicher Gestalt (unten A. 7.) das zwar nie .vergessene aher durch die Mira- bilien verdrängte Buch.Notitia Regionum, welche zu einer Pröfupg der mittelalterlichen Tradition und zu den ersten Versuchen ihr gegenüber die. Alten selbst z\un Worte kom? men zu lassen führten. Solche Versuche verdsinken wir Flavius Blondus ausForU (1388—1463), Poggius (138Q— 1459 in Rom 1402—1452), Bernard Rucellai (1449— 1514(?)). Unter den Arbeiten dieser Männer ragt ganz besonders hervor die ^ Roma instaurata' des Blondus, im Vergleich mit der noch damals und später verbreiteten Guidenlitteratur eine gelehrte^ ja die erste mit systematischer Benutzung der SchriftqueUen entworfene Topographie, voll von selbständigen, wenn auch häufig noch g^nz verkehrten Ansichten, welche die folgende^ Arbdten bis auf Marlianis zweite Ausgabe fast ganz beherrscht hat, ja deren Einfluss in vielen Einzelheiten bis in die tra- ditionellen Annahmen der Litteratur des vorigen Jahrhunderts verfolgt werden kann. Des Poggius thatsächliche Angaben

ut (beistimmend Henzeii CIL 6) 1 S. XV). An dem Urtheil nber das Bach und aber SignoriU wird dadurch nicht« geändert. lieber Fazio degli überti Bd. 2, 388 ff* U^ber eine< bis dahin an«;edriickte Be- sebreibang Roms ans dem Ende des 14. Jahrhunderts von Giov. Caval* Uno de Cerroni s. Corvisieri Baenar. 1870 S. 70. Bald darauf ist sie aas G. Friedlanders Papieren von Urlichs Cod. top. 139 ff. gedruokt worden.

?) Verseichniss üer topographischen Litteratur bis 1653 bei Mar- tiaelli Rom« ex etha. sacra S. 406 ff.^ fortgeführt von Bansen,. Besebr. 1 S. XIII ff. (bis 1827) und Cadina Indic. top. 3. A. (bis 1850). Kurze and m<a8t richtige Beortheilnng' der Hauptleistuagen bei Becker De muris (onten), Aufzählung der ältesten bei Panvinius in Mars Spicil. 8/653 ff« Auch für uns ist Mtrtinelli bis 1653 der Führer. Für die Stadt- pläne fehlte es bisher überhaupt an einer sachkundigen Behandlung (s. deo Anhang), für die Abbildaogen wird hier wenigstens der Versuch daes gesichteten Katalogs geitaacfat. —^ Ausser anderen Lücken ist lamentlieh das Fehlen eines systematischen Auszugs aus den älteren romischien Zeitungen und ZeitsehrifleB fiälbar, eine Arbeit, die ich selbst nioht habe ausfuhres können.

78 filNLBmiNG.

ober den Zustand der Ruinen sind an Zahl sehr gering, bei Rucellai fehlen sie ganz^). Aber nicht das Wiederaufleben des Verständnisses der schriflMehen Quellen allein gab den Anstöss zu der Neugröndung dieser Discipiin. Aueh die so lange nicht mehr beachtete Baukunst fand ihre sachkundigen Beurtheiler wieder: Gelehrte und Baumeister gingen Hand in Hand in dem Wiederaufbau der alten Stadt. Im Jiaihre 1 451 gab Leo Baptista Alberti (f 1472?) sein Buch ^ber die Ban- kunst heraus, in welchem er zuerst der Ueberreste des ' agger Tarquinii^ gedenkt: Poggius begleitete dasselbe mit einer schönen an Lorenzo Medici gerichteten Yarrede. In Rom finden wir später Lorenzo mit Alberti und Rucellai zusam- men. Gerade in dieselbeii Jahre (1450—1467) fallt der r^ymische Aufenthalt des Architekten Francesco i\ Giorgio Martini aus Siena (1430 1502), von dessen eifrigen Studien über die römisdien Bauwerke sein jetzt in Turin befindliches Skizzenbuch, die älteste einer langen Reihe unten zu be- sprechender Arbeiten, Zeugniss giebt*^).

*) Blovkdj^»: jRoHii instftoraU, suerst s. «., 1474 n^ ö., da«n » den Opera Basel 1531 S. 21$ ff. (welche A. ich beantze); vgl. GtegQ- rovins 7, 571 ff. Poggias: De fortanae varietate «rbia Aomae et de raina eins dewriptio- in dea Opera Basel 1538 S. 131 ff. ond Hist de var. fort. 1. IV, ex ns. bibl; Ottob. nunc prionHn ed. a Dom. Oeargio Paris 1723 (jetzt wiederholt bei Urliehs Cod. S. 235 f.); ersterea sehr allsemeia i^ehalteo, letzteres mit einis^a wiehtif^ea Details (x. B. Bd. 2, 159). Uebar dielnsohrifteDsamiilaag xn reforiraa ist hier nicht der Ort. S. De Rossi le prime racolte 105 ff. CIL 6, 1 S. XXVIII. Rucellai (Orieellarias), auf deo «Eaerst De Rossi Le prime rac. 21 wieder aafmeriksam gemadit hat: de vrbe Roma im 2. Band« roo Bee* eaeeis Remm It. scriptores, Florenz 1770; mit guter Binlaitang, r^l, Tirab. 6, 2, 9 ff. Ueb^p das Bd. 2 S. XV aad 201 berührte Oerüdit, dass P. VictOTrios lfi37. 39 das vorliegende Bach radigirt habe^ Bwl« ieh CIL 6, 1 S. XUli heine Belehmag. Der Artikel Roma ia den f leidi- zaitigea Comm. granim. des Tortellios (t 14^) ist bis anf das Ver- zeichaiss der Thore werthlos.

^) lieber Alberti Tirab. 7, 614 nnd i. Meyers Allg. KöastieriexikoB 1, 188 ff. In dem zaerst 1485 ia Florena gedraekten Buche <De re aedi> floatoria* findet sieh aussaridar aben gedachten Bamerknag (1. i Bl. 65a) und einer Beschreibung der anrelianischen Maaer nichts för die Topo«

S a.] Dlfi P0R8GHUMG. 79

Diese Bestrebungen stehen unter dem Einfluss der WiederaufriGhtung des Papsttbums in Rom Und der von Ptorenz and Oberitalien ausgehenden hnmattietischen Bewe« fung. Ihrem Impnise verdanken die topographischen Studien den Ailfschwung, den eie in Rom in dem letzten Drittel des 15. Jahrhunderts genommen haben. Es war Pomponiüs Laetus (f 149S) und der Kreis seiner Schüler und Freunde, welche jene ersten Versuche dnrch allseitiges Interesse für die litteraris^^e und epigraphiscbe Forschung fortsletzten und ▼ertieften. Zwar die kleine Schrift ^de Tetustate ütbis*, welche seinen Namen trägt, ist nichts weiter, als ein lUctat über einige Hauptmerkwürdigkeiten der alten Stadt, das. sein» Schuler zum Druck gebracht haben. Weldie Belehrung und Anregung aber von ihm ausgegangen ist, zeigt sich sowohl in den Arbeiten der nächsten Folgezeit, wie auch in den Notizen über die Ausgrabungen in der Nähe des Forums. Seit mehr als einem Jahrhundert hatte die Curie den Boden der ah^n Stadt als einen . eintrigliehen Steinbruch angesehen und banlustigen Unternehmern zur Ausbente verpachtet ($ % A. 45): seit jener Zeit werden Nachgrabungen zwar schwer- lich allein zu wissenschaftlichen Zwecken unternommen« w^hl aber jene indostrieilen Unternehmungen wistfepachaftlich be- obachtet und zum eralenmal die Fundnotieen der Steine topographisch verwerthet'). Es Ist möglich, obwohl' nficht

graphie Wichtiges« üeker aei&ea Vairkekr in Rom B4. 2, 308. -- Fran- cMiso di Oeorglo Martini: C. Promis, ViU di F. 4,G, M., kesondars abgedmekt ava Salmao, Tratitto di arciU.' civile e militare di Praa« eaaaiy G. M. 1841, 2 Bde., vgl. Vaaari ad. Le Moaoiev4, 204 ff: and Crew e. and Cayalaaselie, Oaseh. der it. Mal. 4, 71 fft der . -deatackea Aaagabe. Ans dem y«o- ftamia karz kasprechainaB ZeiekaMgear ist elo^ CUpitoliom*) im finU. maa. 8 T. XVii f. im Faestmile pabjidrt.

•) Uebar Pompaaiaa Laetoa nach Tiraboaehi (6, 2, 996 ff. Mail.) be Rtaai Roma sotterraBea I y§l. dia Notisea bei Gräsaa 2, 8^ 671 ff. Biao geoiicrBBde Mooographia Mit leidar. Das Book dei Laalus sllafat im cadox Marsiaana des Petrna Sabiona hinter daa laaohriften, die Laetoa gaaammelt hatte <€1L 6, 1 XLV). Der älteste mir aad wie aa aeheiot, aaeh Marioi Arv. 54J beUoate Druck (io meinem Besita) tat betitelt ^Pomponina jLaetos do romanae. nvbia vetnatate noviter liipraeaaüs ae

80 . £iNL£ITl]N6. .

erweislich, dass. Ate Entzifferung der Namefii der vid auf der capitoliniscbea Basis Laetus oder d^ch s^ine SäiCiler veraH^ lassten,.. dieselben in ein Exemplar der bereits aus Schrift* &teU^n mterpolirten 'Notitia r^iouum' einzuschalten: jedes- falls ii^t dies noch zu seinen Lßb^^eiten geschehen. Au dem Namen 'Publius Yictor' aber, der diesem unschuldigen Schuler* versuch, wie früher, 'Paulus Diaconus' oder ^Sextus Rufos' : nicht ZU: verwechseln mit der. Fälschung des .Panvinius, von welcher nachher dem nichtinterpolirten Text, gegeben wurde, dürf^ er unschuldig sein.^). Unt^. dem Eiofluss 7-: "T ' ' *

per fifarindni^ de Blancliellis PraeDestioiim emendatus', am Schluss ^im- praesBum Roittä« per lacobnm Ma^oehimi' äüno MBXV ^ie V JNoveAib.'; dUb Aua$»be vin 1510 mit |ple&cb4m TiMl erwüliHt Praller Regr. 47, der Abdruck in. dea MazodiUch^q Anejbares y, J^ 1523 fügt im Tit«l die Worte esc Publio Fictore et Fäbio ei». Der Titel des Drucks VOQ 1515 and die Worte qüat. b* exeundo a domo Pom-ponii zeigen, dass die Fassung nicbt von Pomponius herrührt. Daza kommt, dass dem Bach in der Ausgabe '1'515 (aod 1510) die Regiones antiquae urbi* Vigehängt siol, afo^druckt (wie ich Hermes 2, 414 f. gezeilgt habe) aas der von einem , Schüler ^ /^aetus geschrije))ea«n und^ voa dfaivi ^pjTAe* ceptor Pomponius' durchcorrigirten Hs. <;od. Yat. 3394. £s ^fgiebt sich hieraus, dass das ganze ßUchlein eine Schülerarbeit ist, gemacht nach den Lehrvorträgen des Laetus. Üeber das dazu benutzte Buch obeb I 2 A. 14^ aber den <P. Victor' A. 7, über des Laetus Theil- BI|l|mA^ an. d^n Avsgrabtiagen : meine 8yila|^ insor* fori rimiaai, Bpbfe* merjis epigraphica 1877 (wichtig die Briefe.!« .^fa;15|6 heraaaciege«' benen * Opera').

^) S. Bi» 2, 2.91 ff. Wann jenes A. 5 besiMroobeiie interpaUrU Exemplar eatstanden ist, ist nicht gewiss: es käme darauf an, fest* zustcdleB , wie alt die a. a. 0. S. 309 B. IV besprochen« laterpolatioa des Varro 5, ^54 sacriportus est in ea sie, welche sich in .deo Regio* aen wieierfioidet) ist. t- Dass der Name PubUus Fioior, der um 1495 bei Petras Sabinas^ also im engstem Zasammenhaoge mit Laetvs , aaf- taucht, mögliehei! Weise doch eita paar Jahrzehende älter, ist^ wird oioht bctetritteo werden ; möglieh -^ aber auch nur möglich 1 dass er mit dea NameagebuBgea dar römisehea Akademie zusammeahängt, deaea wahr* aeheialich auch folgende. in den Jahrea 146S~-1476. in Umlauf gesetatt Sehriftea; entstaminen : Eficedian Drusi {i^^^* ^71^^ Mestailai pro* gam.Mugusti (1475^.1477), die GetHa Por$9nao des C. (so) Füimma (1475). und die üütoria PapiHi (1476) (s. Harmes 3, 428). Jedeafalls hat Laetus. hier so wenig wie soast eiae Fälsehaag bagaagea.

13.] DIK FORiSeRüNG. g]^

AesLaetus eitstand des FronceBco degli Albeftini (f 1515 ?)i Stadtbeschreibung (geschrieben 1509) und seine Sammlung der stadtrdmisehen Inschriften, jenes ein zwar nicht gelehrt tes, aber für uns namentlich wegen der Schilderung des damadigen Zustandes der Trümmer und der neuen Stadt nicht an wichtiges Handbuch^); ebenso das erste antiquarisch^topo*^ graphische Werk von Bedeutung, die Antiquitäten des mit Laetus und Albertihi eng verbundenen Andreas Pulvius ▼on Palestrina (1523). Es ist nicht genügend beachtet wor-^ den, dass die fegenden Arbeiten bis auf Ligorius: von Marliani (besodders die erste Ausgabe), Faune, Gannicci u. a. in ihren thatsächlichen Angaben zum grossen Theil von ihm ab«* hangig sind, ja, wenn auch iqpQerhalb gewisser Grenzen, zu ihm in dem Verhältmss von Abschriften zum Archetypen stehen*). Fulvitts ist uns aber ausserdem von besonderem Interesse wegen seines Verhältnisses zu Rafael. Der Gedanke, das alte Rom aus seinen Trümmern wiederherzustellen vielleicht sogar durch systeifiatische Ausgrabungen ~ ist zwischen bei^ den verhandelt worden und hat, wenn er auch mieht zur Aus*- fuhrung gelangte, doch unzweifelhaft dazu beigetragen , jene

*) Francisew SaDctis Jaoobi de Albertiiiis: OpuscaHmi de mihabi- libu Dovae et veterts nrbis Aoauie, Rom hei Mazzochi 15iO (geaebne^ bei 1609), aoeb italienisch Flor. 1610 nach ilehes Praef. ad Amhr. Trav. S. LVII, dann wiederholt ia dem enkorrektea Dmck {v§L &. fiv Bd. 2, 160) .'De Borna prisca et neva varä avctores' bei demaeibeo R*. 1623 (mit dem ^Victor', dem aogeDaaDten Laetus de vetustate erbis aad einigen aaderea jetzt niebt mehr braachbaran Saeheni von mir eitipt, aber die erste Ausgabe verglichen) und Basel 1619 (7), Lyiea- 1520; eine Aasgabe von 1606 scheint nicht zu existiren. . S. Max Jor*' dan zu Oowe and CavaloaaeUe 2, 444 ff. -^ Ueber die bei Mazttochi ohne seiaen Namen gedrnckten Epigranmata ant. arbie (1631) 9/ CIL 6, 1 S. XLVI. Die Vorrede an JnUna II sagt, data Cardinal Galeiotti ihn zQ' dem Buch veranlaaat habe; dem Titel feigen Distiohen dea Fnlmü.

*) Andreas Fulvins ('Pompooii amiciseimoB anditor' aagt Albtfrtini f XLn^): AntilIai^te8 nrbis .Eomne R. 1627 (begonnen ontar Jalias 11 7 A. lO), sehr sehleeht wiederholt 1646. Die ital. Ansgabe .Y«n. 1643 (HartinelU) habe icli nicht gesehen , noch nicht die Yen. ven 1£>88' mit Holzsehn. (Pasanv. Rafael 1, 316).

Jordan, rOmuohe Topog^phie* L 6

82 BmL£lTl»fG.

ktine Epoche eioer lebendigen und allaeitiigeii Beschäftigung mit' der Top<igraphie herbeituführen, welche mit den Namen des Ligorius und Panvinius einerseits, Dosi's und Du Perac's andrerseits abschliesst^^).

Sehr ungieidi im Werth freilich sind zunächst die aati- quarisch^topographischen Büch^ dieser Epoche. Originell ist der aus dem Kreise des Rafael und Fulvius hervorgegangene Rekonstruktionsversucb des Fabius Calvus (1532); die Aus- führung dürftig ^^). Abhängig von Fulvius ist, wie schon ge-* sagt, die erste. Ausgabe von Harlianis 'Topographia' (1534X die zweite durchweg umgearbeitete, bezeichnet (obwohl auch nitht ganz selbständig) doch einen erheblichen Fortschritt. Gesundes Urtheil, richtige Interpretation der Schriftsteller, eine verständige Benutzung der Inschriften, wenige, aber gute, von aller Phantasterei entfernte Grundrisse und Aufrisse und ein für damalige Zeit achtungswerther Plan der alten Stadt ohne phantastische Restauration bilden die i Vorzüge dieses unter den Arbeiten des 16. Jahrhunderts hervorragenden und noch jetzt vor allen wichtigen Buches ^^)» Abhängig von

^^) Berübfliter Brief zuerst dem CMtiptioae, daaii Rafael zagpe- sekrteben^ aogeblich vom 1519 (Passayant Rafael h ^^ ff* ^^^ ^*)f ygh mit dea Worten der Vorrede des Fulvius: 'priscafue loca tum per regiones explorans observavi qoas Raphael Urbinas . . paacis ante die- bbs quam e vita decederet me indioante peniclUo lioxerat'. H. Griaua (Zahn's Zs. f. Knustwiss. 4, 187 1^ 64 ff.) sucbl aaohzuweiseu dass der Brief "unter Julius II von Ai Fulvius geschrieben sei: es sei die Vor*> rede zu einer von Fulvius und Rafael geplanten bildliehfln uud schrift- lichen Restauration des alten Rom. VgL Ranke Päpste 1^(1874), 311 und 11. lieber Ausgrabungen zu Rafaer« Zeit oben A. 6.

^^) Fab. Calvi:' Autiquae- urbis Roma« cum regionibus simnlacmm Rl 1532^, wegen einiger eia|pestreuter Notizen wichtig,., im Ganxen nichts weiter als eine Wiederholung dar iaterpolirten N^itia mit bild- licher Darstellung der alten Regionen. Etwa eine schwache Ausfübrang des A. 10 besprochiefDen Plans?

1*) B. Marliani: Antiquae urbis Romae topogiraphia R. 1554 und gleichzeitig au Lyon (mit einer Vorrede an Jean Bellay^ der die Diocletiansthermen ausgraben liess: Nibby a^ 2, 802) « wiederbolt Basel 1550 u. ö. (accessere Hier. Ferrutii additionee Van. 1588, welche

3J DIte FORSCHUNG. 83

Marüani und Fulvius und trotz seiner starken Verbreitung ganz unbedeutend ist das kurz darauf erschienene Bttch des Lucius Pannus (1549), ebenso in seinem historischen Theil das des ungelehrten Architekten Gamucci (1565): doch wird die ürtheilslosigkeit auf jenem Gebiet durch die Sach- kenntniss in der Beurtheilung der ßautrömmer einigermaassen aufgewogen. Neben diesen immerlrin nicht unwichtigen Hufs- mittehi für das Studium der TrQmmerstadt um die Mitte des 16. Jahrhunderts durften von den zahlreichen Fremdenführern Qüd Beschreibungen der alten und neuen Stadt mit ihren Kunstsammlungen für topographische Zwecke kaum eins und das andere genannt werden obwohl naturlich die ausführlicheren hie und da eine sonst nicht erhaltene Nachricht enthalten. Nur unter diesem Gesichtspunkt mag hier noch die eigentlich nur wegen des angehängten Katalogs Ton Kunstwerken wichtige Beschreibung Roms von Lucio Mauro (1556) erwähnt werden. Dagegen ist es zu bedauern, dass die 'Roma' unseres deutsehen Landsmanns 6. Fabri- cius (1550) nichts weiter sein sollte, als ein kurzer Abriss für seine Freunde. Auch in diesem engen Rahmen enthält das Büchlein eigene Beobachtungen und Urtheile, welche dem- selben neben dem Weriie seines Freundes Marlkni einen selbständigen Werth verleihen^*).

wegeti der Baaten Sixtns V nicht unwichtig sind); g^anz umgearbeitet; Orbis Romae Topographia R. 1544, wozu im J. 1553 ein Nachtrag er- schiea (nnten A. 14).

^') Lucio Fanno: Deir antichita della citta di Roma Yen. 1548«. 1552 (letztere, wie es scheint, etwas verändert, habe ich nicht gesehen), De antiquitatibus nrbis Romae Yen. ]549, mit einem aus- führlichen Nachwort über das Forum (diese Ausg. citire ich). B. Gamucci: LibrI quattro delle antichita della citta di Roma Yen. 1565 (von mir citirt), unkorrekt der Druck von Porcacchi Yen. 1569. Auch sonst noch wiederholt (1580. 1588?) Lucio Mauro: Le ant. della cita di Roma Yen. 1556, dahinter Aldroandi delle statue antiche 1558 (daraus die Ausgrabungsberichte bei Fea Mise' 1 S. CGYI CT.). Auch Yen. 1562. 6. Fabricii Chemnicensis Roma, Basel 1850 (ungleich mit dem Itinernnl 1. unus. 1547 und Antiquitatis monomenta iosignia 1549). In der Yorrede gedenkt er der Anleitung, die ihm

6*

84 EINLEITUNG.

Ganz andere Wege schlug um dieselbe Zeit der Neapoli* tan er Pirrho Ligorio ein. In der Kenntniss der alten Schriftsteller kaum Dilettant, aber ein kundiger Architekt von ungemeiner Beweglichkeit und Leichtigkeit der Auffassung hat er allen monumentalen Resten des alten Rom seine Auf- merksamkeit zugewandt und den Versuch gewagt, den allge- mein verbreiteten Ansichten der römischen historischen Schule neue und originelle gegenüber zu stellen. Es ist längst er- kannt worden, dass er auf dem Gebiet der E^iigraphik wie der Topographie sich zahlloser Fälschungen schuldig gemachl haty nicht minder indessen, dass die diesen Fälschungen als Basis dienenden thatsächlichen Beobachtungen, welche in seinen bändereichen handschriftlichen Sammlungen niederge- legt sind, eine Menge beachtenswerther Angaben enthalten. Für die Topographie sind jene Sammlungen nur ungenügend ausgenutzt und erwarten noch ihren systematischen Kritiker« Das kleine gedruckte Buch, welches, wie es scheint, einen Sturm von Entrüstung seitens der Angegriffenen hervorge*- rufen hat, giebt nur die Quintessenz seiner zum grossen Theil freilich verunglückten Hypothesen ^^). An ihn schliesst

Marliani gegeben nud der Unterluiltangen in Rom bei SaUmioiea (vgL S. 88) ; unrichtig heisst es CIL 6, 1 S. LI S . descrlptioneBi orbis mooa- mentorumque eins ex libris compiUUm ' : F. ist für die DenJ^mäler nioht selten selbständiger und gewissenhafter Zenge. £s genügt, anf das von De Rossi Ann. 1858, 308 und von mir das. 1867, 394 beige- brachte zu verweisen.

^) Ligorius: Uebersicht über die in JVeapel (verf. vor 1566), Turin (nach 1566) und auf der Bodleiana (zum Theil jedesfalls vor 1566) erhaltenen handschr. Arbeiten: CIL 6, 1 S. LI ff. Auf die Wichtigkeit der Berichte und Zeichnungen in dem oben gedachten Sinne hat zuerst Fea (Fasti S. XII), dann besonders De Rossi Ann. 1858, 21 ff. 51 ff. 308 ff., zuletzt Lanciani BulL deU' inst 1871, 268 ff. und munic. 1, 230 (mit Beziehung auf die Hdschr. der Bodle- iana) aufmerksam gemacht. Aus eigener Anschauung kenne ich lei- der nur einen Band der Turiner Sammlung und habe so wenigstena zum Theil mich selbst von der Richtigkeit der Auffassung De Rossi's, was die Topographie anlangt, überzeugt (vergL Forma urbis & 43). Dass neben reiner Erfindung von Fnndnotizen u. s. w. auch wichtiges

§ 3] DIB FORSCmiNG. g5

Sich theilweise Panvinius (1529 156S) an, zunäctet in der FäliciiuDg: denn unzweifelhaft ist ab solche der Ter-* meintlich aus ekier uralteOr Handschrift gezogene ^Sextus Ruf US ' zu bezeichnen; nicht minder eine Reihe, sei es tdh 3un selbst g^lschter, oder von Ligorius übernommener bischer Inschriften, an denen seine 'Imago antiquae urbis* reich ist. Dann aber ist er^ wie Ligorius, ein Mann von umfassender Kenntniss der D<«ikmäler. Seine ebenfalls noch zum groston Theil nicht gedruckten KoUektaneen sind von wenigen für diese Zwecke benutzt worden. Den Dilettanten Ligorius überragt er naturlich durch seine umfassende philo* bgische Gelehrsamkdt^'^).

ud ricbtipeg thatsacliliches Materifll noch «nverwerthet in jenen an»* senhaften Arbeiten steckt, ist durch die genannten Arbeiten ausser Zweifel gestellt und daher der Satz Hn üs quoqne quae de aedificiis SDtiquis rebusque topographicis tradit fide minime dignus est' (CIL a. 0. S. LIII) in dieser Allgemeinheit unrichtig. Hoffentlich wird der Abschnitt der ^falsae* hinter den 'nrbanae' die Ligorianischen Fund«» lotiKea bringen. Die Masse der Zeichnungen ist bis jetst noch ganz onbekaont, soweit sie nicht bei späteren (Boissard u. a») auftauchen. Einige Auskunft bei De Rossi Bull, crist. 1867, 66. Ann. 1854, 28. 1858, 285. Gedruckt: Libro delle antichitä di Roma, nebst Paradosse Yen. 1553. Der oben A. 12 genannte Nachtrag des Marliani ^Topographiae urbis Ronae nuper adiecta' (s. 1. et a. 12 Seiten im Format der Top., S. [9]: 'hoc anno 1553^), auf welchen ich Hermes^ 7, 262 zuerst aufmerksam gemacht habe, bekimpft withend die An- lichten eines '8trepsiades\ der 'arcbitectns' und Verbreiter lügenhafter ffilder (wohl des in demselben J. publioirten Stadtplans des Ligorius^ über wichen unten) genannt wird: ieh wüsste nicht, wer anders als Ugorioa gemeint sein konnte, aber nicbtt alles pas8t> wenigstens auf iM gedruckte Buch. Auch einer der in dem Nachwort des Paunna (eben A. 13) bekSmpften Gelehrten muss Ligorius sein. Vgl. Th. II (den Abschnitt vom Forum). Scharf Verurtheilende Randglossen des Gittadini (t 1627) bei Martiaelli, Roma sacra S. 423 ff.

1!») Panvinius: Antiquae urbis imago Ven. 1558, Paris 1588 (diesA Ausg. benutze ich), worin der Sextus Rufos (über welchen Bd. 2, 301); Fasti vom selben J. u. D., Verr. zu den Antiq. bei Mai, SpiciL VUi u. Die cum grossen Theil ungedruokten Arbeiten des P. hat wiedefo« besonders De Rossi ausgebeutet: y^, (ausser der Uebersicht CIL 6, 1 S. LIII) Ball, crist. 1867 S. 63,

86 EmLEITUNG.

In derselben Epoche gewinnen die rein architektonischea Studien eine immer grössere Ausdehnung. Wir haben hier über die mit wenigen Ausnahmen noch unpid)licirten Skizzen- bucher bis zur Mitte des Jahrhunderts und die ersten Stiche bis auf Du Perac kurz zu berichten. Leider ist es noch un- genügend bekannt, wie weit gerade die ersten Männer ihrer Zeit, Lionardo, Rafad, Bramante, Michelangelo sich an diesen Bestrebungen betheiligten und ich beschränke mich hier, was die Handzeichnungen anlangt, auf eine Erörterung der grosse^ ren von mir eingesehenen oder sonst näher bekannten Sammlungen der übrigen Meister ^^).

Dem oben genannten ältesten bekannten Skizzenbach des Martini folgt das jetzt publicirte des Mailänders Bartolo* meo Suardi, genannt il Bramantino (1455? 1536, in Rom 1499. 1503. 1513), eines Schülers des Lionardo (?) und Genossen des Bramante, welcher jedoch von Zeichnungen nach stadtrömischen Denkmälern wenige und diese vielleicht nur zum Theil nach den Originalen enths^t^^). Ausser- ordentlich reichhaltig dagegen sind die in Florenz, Siena und Rom erhaltenen Sammlungen von Skizzen und ausgeführten Zeichnungen des älteren Giuliano da Sangallo (1443 bis

^) Das i^renig^e allgemein bekannte, aber Rafael nnd Lioaardo (über dessen Schrift von der Malerei s. M. Jordan in Zabn's Jahrb. f. Konst- wlss. 5, 273 ff.) soll hier nicht wiederholt werden. Ueber ^die Samm- lang der Handzeichnaogen ital. Architekten in der Gal. d. Uffizien in Florenz' hat A. Jahn (in v. Zahn's Jahrb. 2, 1869, 142 ff.) berichtet, doch gerade mit Uebergehong der hier in Betracht kommenden Skizzen* büeher. Diese hai>e ich im J. 1872 benatzt^ was ich bemerke wegea der seit 1869 wie es seheint mehrmals vorgenommenen Umordnangea der Blätter (s. Forma arbis S. 27. 39). Inhaltsangabe der Hanptsammlan- gen der Handzeichnangen des 16. Jahrh. bei Canina Edif. 1, 3. A.

^^) ßramantino's Skizzenbach auf der Ambrosiana facsimiiirt in der Ausgabe von Mongeri, Le rovine di Roma al principio del secolo XVI, stadi del Bramantino, Mail. 1875; die top. Erläaternngen angeafigend, wie ich Jahresbericht 1875, 761 ff. gezeigt habe. Weder die Ausgabe noch meine Beartheüang erwähnt > die deutsche Aasgabe von Growe o. CavalcajtöUe 6 (1876), 23 f. -* Die oben, gegebenen Daten ans dem Leben nach Mongeri.

3.] DIE FORSCHUNG. 87

1517, zuerst im Dienst des Lorenzo Medici, dann unter Alexander VI. und Julius II. in Rom), daneben die in Florenz befindlicben des jüngeren Antonio da Sangallo (f 1546; in Rom seit 1512)^^ und die in Florehz, Siena und Rom befindlichen des Baldassare Peri'uzzi^*). Hit diesen Namen ist die Menge der vorhandenen Handzeichnungen diesrer Epoche noch entfernt nicht erschöpft. Abgesehen von Llgöno (oben) and Pailadio (unten) enthalten die vorhandenen Sammlungen ie& Plghius, Ursin US u. a. eine grosse Anzahl anonymer

1«) Ueber die beiden Sangallo: Vasari (ed. le Monn.) 7, 209 ff. 10, Iff. G. Ravioli Notizie sui lavori di architettara militare sui scritti disegni editl ed inediti dei novo Sangalli, fasc. 1 R. 18^. Ueber Antonio: Ricci im Buonar. 1S68, 59 ff. Ginliano: Skizzen-^ kaeh in Siena (nicbt gesdian) korz besehrMen Canioa fidif; 1 S;' 4 Yasari S. 217 f. Mate Gmingw Nachr. 1872 N, 4 S. 45 ff. De9sdh^i| Stadien auf der Bibl, Barberiniana in Rom (cod. 822): Marini Arv. 721 Ravioli S. 7 Canina a. 0. Daraus pnblicirt z. B. im Facsimile ein Blatt bei De Rossi Ball, crist. 1871 T. IIl. IV; ein Orundiiss Veonti-Piale 1. 141. Skizzenbach in den Offizien zu Florenz (ans 4«r Itbreria Strozzi), 1872 (s. A. 16) ia aiaer' Mappe: *dise|^i di Franeesco o meglio di Ginliano da Sangallo Nr. 21 ', in ^% S. 2->-23 riJmiBdie Bauten. -*- Maassan^ben dtrchgängig (? A. 21.) im braceio Fiorentino. Antonio (?), Blätter in den Uffizien^ jetzt ebenfails io Mappen. Verceiehnis 4er ^Stadi d'antiokglie di Roma ed'iritri InogM- bei Vasari S. 46ir.

^) Ueber Perrnzzi: Vasari 8. 219 ff. Crowe n. Cavälcaaelle 4, 402, ebne Notiz über die Zeiobnnngen. Redtenbacher Mittlieilnngett •OS der Sammlung d. arcfa;- Handzr in der G. d. UfUcien zn P. Kärlsr. 1870 gibt einstweilen nnr die Entwürfe zu Neabatiten. -^ Skizzen- Imciiin den Uffizien Mher <cod. 209 deBa MbL annessa aila gaL degli Ufttzi . . ib. cod. 1€4' (Canina a. 0., der ein Veneidmist gibt, Mel^ cbierri App. agli atti e mon.* de fratelli arvali R. JB&5 S. &7,* vgl* Vas. 8, 230. 232. 237), jetzt aufgelöst und in Mappen mit fremdem iQsammen unter P's. Namen. Wichtig Mappe n.' 36 (il3) 70 61. kleine Bleistiitokizzeil mit Maassangaben durebgäogig (? A. 21) nach Palm. Skizzenbueh in Siena Vasari- S.- 2^4. ^ Einige» in der Samm«* taig Orsini im Vatlcian (tgl. A. 20). Faesimiles einiger BUltteh Ann. delllnst. tav. d'ag. G. Mon. dell'i. 1954 T. 3. Anderes bei Serlio (unten). -^ Einiges von dem Sohn, Silvester,' ebenda, vgL Pini La scrittnra degli ärtisti riprod« eon la fotografia Flar. 1809 diip. 3. Benutzt in dem Addendn CIL 6, 1, ^94. 966, <

3g EINLEITÜKGv

Skizzen ^^). leb habe anderwärts an einigen Bdspielen ge- zeigt, dass diese Arbeiten zw^r überall citirt, «ber keineswegs ausgebeutet worden sind. Die genaiaen Darstellungext und Messungen von ganz oder theilweisf^ . zerstörtep Monumenten sind auch topographisch von Wichtigkeit und eine von eineoä Fachmann unternommene Publikation des noch heut wlchtir gen aus diesen Studienbuchern ist ein dringendes Bedürfnisse^)« Marlianis Einfluss mag es zum Theil verdapkt werden, dass seit dem Jahre 1544 eine Reihe von Abbildungen römischer Ruinen und Kunstdenkmäler von Salamanca gestochen und, zuerst ih losen Blättern, dann als Sammlung unter dem Titel 'Spe- cülum romanae ma'gnificehtiae^ von Antonio Lafrerio publicirt worden sind^^). Wir werden weiter unten sehen, dads dieselbe Handlung auch die ersten. StiAdtpläne in Um- lauf setzte. Bald schlössen sich sowohl Yedutensammluügen, als rein architektonische Studien mit erläuterndem Text an. Unter j^nen ist die älteste die des Hieronymus, Eock (1551),

*^) Grosse Summlims yon Handzeieliiiiiogen yersebiedeier Miei8t«r in dem ehemals Orsinischen cod. Vat 3439 b^scbrleben von mir Forma urbis S. 2* Kobnrger Sammhing besehriebea von Matz Gott. I4achr. 1872 Nr. 4 (leider grade mit Uebergebiuig der Architektur), daraus ^wei Bl. Arch. Z. 1872 & 1 »ad 9 (vgl. Jfahreab. 1875, 760 f.). Weniges in der Sammlung desPighius (in Rom 1547^— &5)^ in nerlin (von mir ebgesehen): pict A, 61 f.. 113 (f. (CIL 1 S. L*). Dosi: Gal. d. Uff., s. A. Jahn (A. 16) S. U& a. A. 23.

't) 3. Forma orhis S. 27. 39 ff. Daselbst übtor die verschMenea Maassstäbe und deren Verwendaog, braceio Fiorentino oder Tos^ano (Sadgallo) «^ Q, ^86 gemessen an Labaccos Stuch* (0,291 nach; Soa* motfti)i piede Viceatino (Pall^dio) r^. 0^ 3^0 i^nd der ültere palmo Ho- laano.^:*? 0, 380.. £iAe neuere Untefau^liuag von- einem Saehveratäii- digoo gibt es meioes Wissens nicht.

**) (Jeher die veirseliiedenen GoBamiAtaosgabea des ^eenliim Cerroti im CIL 1 S. 308 vgl. Catalogo. ragionato- dei libri d'arte ed'ant. possed. dal coote Cicogoana,. Pisa 1821 J|4. 2 <N. 3886. Das älteste Blatt dat. vom J. 1544, in. welchem Majpliaais -2« A«sg»be„er- lehien; über den Verkdir der Gelehrt<in, besonders Afarlianis, hei Salamanca- und Tranuesinus eine Andentnng bei Fabricius (oben A* 13.) Ich habe benutzt das Exemplar der Barberin. XI 13, das Dreadener und zwei im Jl^liner Kuasthandel mr y^rg^wim^^^»

S 3.] DIE FORSCHUNG. S9

ungescbicit wiederbolt toq Pjttoni mit einem bia auf weaiges ünbrauohb«ren Text des Ytoeeozo Scamoe^d (1,583); flelbständig, aber sehr docrftig in dcir AusfübruQg die Veduten des Job. Ant Dosi (1569), vortrefiUch diqenigea. des Du Perac (1&7&), kaum nenneas^e^h daneben die kleinen Dkstrationen bei Gamueci (oben)^^). Streng arcbitckto-» niscbe Studien dagegen besitzen wir voji A. Labacco, dem Schüler des Sangatto (t557), Seb. Serlio, dem Schüler des Permzzi, und von Palladio, v^n dem es e^Q^ grosse Anzahl noch nicht publicirter Handzeichnungen giebt^^).

Die bisher genannten Abbildungen und beschreib i^igen Bind um so widitiger, ahk siie uüs die Sti^t ver den Zerstör rangen und DmwälauHgen is^t der Regierungszeit Sixtus 2 A. 48) danstbUen. Nicht allein für die wenigen, abev bedeutenden von ihm' zerstörten Denkmäler das Septi-* Konium« das Forum des Nerva mit dem Minerventempel lind sie für uns die einzigen und, soweit sie yon einander anabhangig sind, gleich wichtigen Quellen ^nd wir werden

**) Hier. Kock; Praecipaa aliquot rom. antiquitatis ruioaram mo- nnmenta, Antw. 155), 59 Bl. nach Nagler 3, 21. Das in meinem Be-* sitz befindliche Exemplar hat 24 BL A X, welche sämmtlich (ver"-. kehrt) von Pittoni in ScitooztiB Diicorsi sopra Tant. di Roma (Yen. 1583) wiederhoilt sind (was schon Biancoai bei Caoina Ind. S. 9 A. 22 richtig bemerkt, vgl. Nagler U, 897). ^ J. A. Dosi (vgl. Förmig S. 3): Urbis Romae aedificiorom illustrinm quae supersunt (gestochen ▼00 J. ß. de Cavaleriis) 1569. Die Originale nach A. Jahn (s. A. 16} S. 149 in der Sammlung der Offizien. Da Perac: I Vestigi dell^ utichiti di Rottra R. 1576 (iber seine Sammlang ligorianiseber In- idurift«n >GU;/ ^ 1 S. LIV)^ , .

^) Labacco: Libro appair^enente all' architettara R.. 1557. Serlio, Architettura libro 1— IV Ven. 1559—1562, benatzt Perrnzzis Zeichnnngen; vgl. Vasari 8, 232. 234 Forma S. 23 § 14. A. Palla- iio: f qnattro libri delF architettara Ven. 1570 and die restaarir- ten Theraea, Le terme dei romaai pnbbl. da 0. B Scamozzi Vicente 1797 (die früheren Ansgaban von Barliogton 1732 «od Cameron 1772 Unn . ich nicht benatzen). Hpindzeichnangen im Besitz des Herzogs von Devonshire: Canina Edif. 1 S. 5 A. 4 vgl. Indic. S. 7. Ganz mbedentend die kleine antiquarische Schrift Le antich. di Röiiia Ven.' 1554 a. o.

90 EINLEITUNG.

die zahllose Menge der nach 1500 ersehienenen Bilder und Beschreibungen jener Denkmäler ganz nnberüisksichtigt lassen müssen; sondern sie enthalten auch über die Terraingestai'* tung, über Kirchen und andere mittelalterliche Bauten, welche für die alte Topographie von Bedeutung sind, ein nicht genug beachtetes, wenn auch nicht reiches Material. Dagegen treten vom Ausgang des 16. bis zum Ausgang des 19. Jahfhunderts ergänzend einmal die regelmässigeren und ausführlicheren Ausgrabutigsberichte, dann später die vervoUkommeteren nr^ chitektoniscfaen Publikationen der noch jetzt erhaltenen Denk* liiäler ein. Namentlich die ersteren entsckädigen uns für die Ebbe, welche in der wissenschaftficheii Behandlung des Gegen** Standes herrscht. Denn in der That hat die Geschichte der topographischen Litteratur von Ligorio tmd Panvinio bis anf Fea im Ganzen und Grossen, was die wissenschaftliehe Be* gründung und fieurtheilung anlangt, und mit Ausnahme einiger wichtiger Specialforschlingen, nur von Stillstand oder Rückschritt zu berichten: eine Brscheinung-, die Niemaiiden verwundern wird, der den gleichen Gang der antiquarisch^ philologischen und epigraphischen Studien in derselben Zeit verfolgt. Für die Topographie aber, lag die besondere Ver- anlassung namentlich in der Wirkung« welche die interpoürtea oder gefälschten Texte des * Victor' und 'Rufus* (oben) und dias Vergessen der echten Notitia ausüben musste. Nichts ist bezeichnender neben dieser Unbekümmertheit um vor- handene Quellen, als dass ein neuer Fund, wie der der Bruchstücke des kapitolinischen Stadtplans (zwischen 15&1 und 1565), volle hundert Jahre für die Wissfenschäftso gut wie verloren gewesen ist und dass selbst nach dessen erster Publikation (1683) wiederum nahezu dieselbe Zeit verstrich, ehe seine Bedeutung richtig erkannt und die Belehrung, die er gewährt, in weiteren Kreisen aufgenommen wurde.

Gleich in der Wende des 16. und 17. Jahrhunderts be- gegnen wir einein die beginnend0 ünproduktivität kenrizeich - nenden, aber über die Grenzen Italiens verbreiteten Buch, der Topographie des J. J. Boissard (1597ff.), welche, ah-

{ 5.] DIB FORSCHUNG. 91

gesehen von dem einfach wieder abgedruckten Marliani und onkritisch benuUien ligorianischen Papieren, 80 gut wie nichts Brauchbares enthalt^ '^). Gleichzeitig beginnt mit Fiaminio Vaccas im Jahre 1594 aufgeschriebenen Erinnerungen über Ausgrabungen und Entdeckungen in Rom die besagte Reihe der noch nicht genügend pubiidrten Berichte^^): ihm fol- gen gegen die Mitte des Jahrhunderts Cassiano del Pozzo, späterhin Bartoli und Ficoroni, Yenuti, Winekelmann und Guattani in den unten zu nennenden Werken. -*- Bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts finden wir, abgesehen von einzehien nicht rein topographischen Arbeiten (denen des Lipsius und Pancirolos), gelehrten und ungelehrten Bearbeitungen des kirch- Men Roms und Guiden dller Art^^), nicht eine einzige nennens-- w^he Schrift ausser des Alexander Donatus (f 1640) Roma Tetos 4C recens (zuerst 1638). Diese überragt die Litteratur des Jahrhunderts unbedingt, was grundliche Gelehrsamkeit^ selbständiges Urtheil und grossentheils richtige Würdigung der Vorgänger anlangt; es ist eine durchweg achtungawertfae und noch jetzt braudibare Leistung'^). Aber sie wurde, in den Schatten gestellt durch die gewandtere und bestechendere Darstellujdg Famiano Nardinis (zuerst 1666)» der mit vollstem

'*) Boissard: Romanae nrbia topoyra^diia Frankf. (a. d. Oder) 1597 (1627) in 3 Theilea; im ersten die Anweisung Rom ia 4 Tagten za sehen, wiederholt in Schott's Itinerarium Italiae, Wesel 1625, S. 350 ff. Aidere Bearbeitungen sind für uns werthlos.

■•) Fiaminio Vacca's (vgl. aber ihn ßuonarotti 1867, 108 ff.) Me- norie, geschrieben 1594, gedruckt zuerst 1794, dann nach zwei hs. Exera- plarea von Fea Mise. 1 S. 52 ff. nicht ohne kleine Ntchbeiserungen ; itellenweise genauer in Nibby's A. des Nai^ini Bd. 4.

**) Lipsius' Admiranda (1599), Pandroli's Ausgaben der Notitit (1602), Severanus Memorie sacre delle sette ohiese di Roma (1630)^ Bosiüs' Roma snbterranea (1632. 1651) u. a. m. Uuter den Guiden aiaehe anonyme, wie Delle maraviglie 4i Roma 1598 (s. Zaccagni bei Mai Spicil. 9, 458), um welche ich mich nicht bemüht habe. Die von ■ir ebgesehenen boten keinen Ertrag (von Deutschen z. B. Lorenz Sehrader, 1592, Bd. 2 S. 256).

*) A. Doaatna Roma vetus ac recens R. 1638. Ich citire die ^editi4 «^' Amsterd. 1695.

92 EmLBITUNG.

Recht als der Urheber aller nan folgenden Verwirrung and als das Verderben der ganzen Topographie bezeichnet worden ist. Nicht zuerst, aber am systematischsten nnd folgerichtig* sten hat er die falschen Texte des Regionenbucbs zur Grnnd^ läge seines phantasierollen Baus gemacht und mit Hilfe der- selben, unbekümmert um die einleuchtendsten Beweisfäh- rangen der klassischen Topographen, ganze Stadtgegenden versetzt (Forum, Subura). Die vor ihm und nach ihm mit Glück geübte Unkritik in der Benutzung alter und mittel- alterlicher Zeugnisse das kühne Hantieren mit verschrie- benen, verdruckten, missdeuteten und erfundenen Namen, das Vermischen aller Zeiten und aller Grade der Glaubwür- digkeit und Unglaubwfirdigkeit bei ihm zur VirtuositSt ausgebildet, hat die unselbständigen Köpfe in einem Grade verblendet, dass es des vereinten Anlaufs der tüchtigsten Forscher unseres Jahrhunderts bedurft hat, um sein Gebäude über den Haufen zu werfen. Es versteht sich, dass ein Mann von dein Geschick und der Loka&enntniss Nardinis in vielen Einzelheiten das Richtige getroffen hat und so ist sein Buch in der Gestalt, die ihm die schüchtern verbessernde Hand Nibbys (unten) gegeben hat, noch heut nicht ent- behrlich*®). — Ungefähr um dieselbe Zeit fanden die ge- legentlichen Ausgrabungen und die Denkmäler der Architektur an dem Turiner Cassiano del Pozzo (f 1657) und den römischen Freunden Pietro Sante Bartoli und Giov. Pietro Bellori eifrige und geschickte Beobachter und Zeichner ^^),

*B) Farn. Nardioi:. Roma antiea R. 1660. 1771, zuletzt vod Niblyy R. 1818 in 4 fiden. (Bd. 4 enthält die Memorie des Vaeea, Nibby delle Vie, Faleonieri über die Pyramide des Cestius.) mit Plänen von De Ro- manis, über welche unten.

^) Del Poxzo: J. Lambroso, Notizie snlla vita di G. d. P., Turin 1875, theilt seine Anfzeichnun|^en über Ans^prabuni^en mit (dürftig); über die Handzeichniingen Matz in der A. 20 angeführten Schrift (vgl. CIL 6, 1 S. LIX). ^ ßartoli: Anfzeiehnnngen bei Fea Mise. 1 & CCXXII ff. Seine Publikationen (z. Th. erläutert von Bellori): beson- ders Gli antichi sepolcri di Roma, Picturae antiquae oryptarnm rom. et sepolcri Nasonum, Golonna Trigana. lieber seine HandseiehnuBgou

( 3.] DIE FORSCHUNG. 93

etnzelne llieile d«r Topographie eiaen wiesenschaftlichen Be* urtheiler ersten Ranges in Rafael Fabretti (seit 1680), dem man noch den ihm eng yerbundenen Franc Biancbini anscbliessen muss^^), endlich die TechnilL der römischen Architektur einen jenem ebenbürtigen Bearbeiter in dem französischen Architekten Anton Desgodetz: seine epoche-» machende Publikation der wichtigsten Baudenkmäler (1682) hat erst zu Anfang dieses Jahrhunderts würdige Nachfotge seitens seiner Landsleute gründen (s. unten) '^). Daneben hat die unermüdlicbe Buchhandlung von G. B. De Bossi ein6 Anzahl Abbildungen in Veduteomanier geliefert, welche zwar für uns nicht mehr von Werth sind, aber zusammen mit den im selben Verlage erschienenen Planen (unten) viel zur Verbreitung der Kenntniss der Stadt beigetragen haben ^).

Noch trostloser ist die Oede vom Ausgang des 17. bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts. Wertbios ist der topo- graphische Abriss bei M in u toll (1689). Die Berichte Fran- cesco Ficoroni's (seit 1709) liefern brauchbares Roh* material» aber ohne jede wissenschaftliche Verarbeitung ^-^ von anderen Berichten aus diesem Jahrhundert ist bis jetzt nur wenig bekannt ; nicht viel höher steht die ToUstandige Stadtf>eschrei]bung des auf anderen Gebieten geschätzten, durch seine Stellung als Commissar der Alterthömer und Haus- antiquar des Cardinal Albani einOussreichen Rid. Venuti (1763). Alberto Cassios Monographie über die Wasserlei-

(worauf mich £. Hiihaer anfmerksam macht) Woodward im Gentelman Magazine 3. Ser. 19, 1866 S. 29 ff. Bellori: Aussähe des Stadt- plans (oben § ^) nnd Veteres .arcas Ao^ustorum.

. '^) Fahr etti: De aquis et aqaaednctibas veteris Romae R. 1.680 (ich benutze die 2. Ausgabe R. 1738), De oolumna Traiana 1683 (mit dem wichtigen Anhang über das Kapitol, s. Th. II) und Inscr. ant. 1702 (vgl. CiL 6, 1 S. LX f.). -p Biancbini, Palazzo de' Gesari op. post Verona 1738 (s. Th. IL).

*') Desgodetz: Les edificos antiques de Roma dessines et mesures tres exactement Paris 1682.

<•) HanptsächHch: I vestigi dell' antichita di Roma 1653 f, und die Ueineren Veduten in dem Ritratto di Roma antica 1654. 8. b. ö.

94 EINLEmiNC.

tungen (1756) ist ifam zum CnglAck u&ter den Händen zo einer toUständigen topographischen Periegese aligeschwollen« in deren wüsten Massen man mit Möhe ein oder das andere brauchbare Korn herausfindet °^). Daneben sind für einzelne Fragen die Arbeiten der Architekten C. Fontana (seit 1694) und Vignoli (1705), der gelehrten Antiquare Montfaucon (seit 1702) und Mabillon (äeit 1723) von Wichtigkeit, and selbst aus der Guidenlitteratar darf ein Name, Yasi, aus def Vedutenlitteratur Overbeke und Barbault angeführt wer- den ^'^). Abseits von diesen mehr oder minder unbedeuten- den, oder doch nur beiläufig in die Topographie eingreifenden Arbeiten stehen die bildlichen und kartographischen Dar- stellungen der Trummerstadt von Giambattista Piranesi (1707 1778) nicht allein, wie allgemein atierkannt, geniale künstlerische Leistungen, sondern auch Werke von hoher Bedeutung für die Wissenschaft. Seit Rafaels Zeit (oben A. 10) ist von Niemandem ein so umfassender Plan zur Veranscbaalichung aller erhaltenen antiken Baureste entwcNrfen, von Niemandem überhaupt, wenn man den einzigen Canina ausnimmt^ ein solcher auch nur annäherungsweise ausgeführt worden. Messungen und Aufnahmen auch -der nicht pittoresk wirkenden und mancher jetzt untergegangener Trümmer, die erste eingehende Beachtung und Würdigung d^s kapitolini- schen Stadtplans, der Versuch, eine kartographische Darstel- lung der Trümnier zu geben, sichern namentlich den beiden Hauptwerken, den 'Antichitä' und dem 'Campo Marzo^ den

^) Miotttöli: Romaoa antiquitas dissertatfonibas historieocriticis ill. R. 1689 (S. 89—171). Ficoroni: Le vesligrie e raritä di Roma antica R. 1744; weniges topographische in anderen Schriften, znsammengeslellt bei Fea Mise. Bd. 1. Venuti: Descrizione topografica R. 1763, brauch- bar in d^r' Ausgabe Piales R, 1824 in 2 Bdn. lieber seine Stellnug Justi Winckelm. 2, 2, 24 f. Cassio: Corso delle acque R. 1756, 2 Bde.

'^) Die Monographien s. am gehörigen Ort. Montfaucon's Dia- rinm Italicum und Mabillon*s Museum Italicum konimen nur für die mittelalterlichen Quellen in Betracht (Bd. 2; 360. 664). Väsis Itine- risirio 1794. Overbeke: Reliquiae antiquae urbis Romae Amst. 1707, 3 Bdef. Barbault: Les plus baux monuments de Röme ancienne R; 1761 f.

{ 3] DIE FOJtSCBiING. %

Werth epoebeoi^cheiider und für alle Zeiten uoentbehrlicbier Arbeiten. Der oft wiederholten Behauptung, dass die Brauch^ barkeit derselben wegen der willkürlichen Ausschmückung des erhaltenen eine sehr zweifelhafte sei, ist. entschieden .zu widersprechen ^')^ Seine Arbeiten aind durch seinen Sohn Francesco (f 1810) ergänzt und neu aufgelegt worden.

Wir haben die Epoche erreicht, in welcher wie in dem ersten Drittel des 16. Jahrhunderts ein n^uer Aufschwung der gesammten Alterthumswissenschaft auch die Topographie aus ihrer Lethargie erweckte. An diesem Aufschwung haben Italiener und Deutsche gleichen Antbeil. Ist es iiafnentlich Gaetano Marinis bekanaten epigrs^hisch- antiquarischen Ar* httten zu verdanken, dass die eingeschrumpfte Kenntmss der urkundlichen Reste der alten Stadt wieder lebendig wurde, inneren Zusammenhang und Umfang gewann, so haben Winckelmann und Niebuhr, indem sie .4^3 Kulturleben der alten Volker in seinem Gesammtorganismus vor unseren Augea wieder .auferstehen liesseu,* der Topographie in. ^ dem grossen Bilde zuerst die richtige Stelle angewiesen und ihr ToUig neue Quellen in dem Kunst- und Staatswesen Roms eröffnet. Es konnte nicht fehlen, dass unter diesem mächti* gen Impulse die Sehnsucht wieder erwachte , was von der alten Stadt unter dem Schutt der Jahrhunderte erhallen wäre, durch umfassende Ausgrabungen wieder aufzudecken. £s ist das Verdienst Carlo Fea 's, diesen Gedanken klar erfasst und die Ausführung desselben so geschickt eingeleitet zu haben, das^ gleich die ersten Spatenstiche in eine der wichtigsten ODd durch die Aftergelehrsamkeit des 17. und 18« Jahrhun-

*•) Giamb. PiranMtt aatiehita Roauaie K. 1756 4 fide. Campa Marzo 1762; aasaeriltei zaUreicke kleiaere Publikationen iuicl..einz^ne Blätter von ihm oad dem Sohoe Fraoceseo, welche gekörigen QrU be^ rSekaiektigl sind (Kgl, Bibl. Berlio. Gesammtauagiibe in 17 fi4en4, vgli Nagler 11, 3S9 f.). In der Regel findet man nur Beortbeünn^eo de* Uiostleriaeken Gkarakters (». besonders Justi Winckelm. 2, 1, dSi^ ff.)*' l^D Weklk setner oft vergessenen oder unterschätzten topograpbiseh- irehitektonisehen Leistungen kkt von JNeneren nammtlich Laaeiaoi wohl erkannt. Vgl. auch Forma urbis S. 34 § 4.

96 filNLBmiNG.

derts ganz verdankelte Frage, dh Fofumsfrage, unefwartetes lidit brachten. Zugleidi gab ihm seine amtliche StdiaDg als comissario delle antichitä Gelegenheit, den erhaltenen Ban^ d^nkmälern wirksanien Schutz gegen fieschfidigenges za gei Währen und sie theilweise von * den Anbauten der Jahrhun«^ derte zu befreien. Nimtiat man dazu die scharfe, oft freilich überscharfe Kritik, wdcher Fea eine Reihe von Eihzelfiragen unterzog, die lebendige Vereinigung phU(riogischen Wissens und richtigen Verständnisses für die Bautrummer, so dari man ihn wohl als einen der Begränder der nevtea wissen* schaftlicheä Topographie, wenn nicht gerade zu als den Be^i grönder derselbe^ bezeichnen'^'). Aber er stand* nicht allein^ Mit sehr verschiedenartiger Begabung , aber mit derselben^ wesentlich' auf die Ausbeutung der erhaltemen Reste gerichteten Methode arbeiteten gleichzeitig bald in engem Verein, bald in scharfem Gegensatz zu ibm Guattani und Uggeri, Nibby und Piale, und noch Bunsen und Canina^ Während die beiden erstgenannten föglich noch der äkeren

'3') f'ea: amtliche Stellang uod Pläne: Mise. 2, Vorred«, Prodrome S. 49, Cenni biografici di G. Fea R. 1836 (ein vollständiges Verzeich* niss seiner Schriften enthaltend)* 'Vertheidignng der Carte: Bei dirittl del prineipato 'ätigli antichi edifizi pnUici sacri «proltDi io öcoasioo# del Panteon 1806, L'iotegrita M Paateoii riveadicata pl prineipato anA CoBclttsione per Tintegrita del Panteon 1807. Hauptschriften topo«', graphischen Inhalts: Uebersetzung des Winckelmann mit Kommentar nnd der Abhandlang Solle rovine di Roma 1783, Mlsceüanea filolo* gica (etrthaltend die Berichte des 16. bis 18. Jahrhunderts) 1, 1796^ Nuebtrag: 2, 1836. -^ Erster Bericht über die Aosgrahnagea 1803: b«i INibbyRoma ant. 1, 484 ff.; 1813—1820: Varietä di notiäe 1820; voa d«]i zahlreichen kleinen Schriften sind noch imnor wichtig: 1811 Lo termc Taiirianc^ 1813 Gas. sidr arenä e aul podio dtll' aofit Fkviild Iscrizioai di moo. poblici, Notizie degli acavi.neir «afit Flavio -e ■41 farc Tri^ano, 1816 Prodrome di nuove osservazioBi, 1819 La basilic« di Costpntino sbandita dalla via sacra (gegen Nibby), 1S20 Nnovi foi dei fasti, 1827 Indicazione del foro romaae (wiederholt im Ball. dellS inst. 1836), 1829 La scoperU dell' aciiiia di Mercurio, 1882 StorUi delle aeqae n. a. m. Botbehiiich iat die fiiieova deaeriziono da Roma 1821. .

^ 3] Dlfi FORSCHCJNG. 97

ule zugezählt werden können ^^) und nur in beschr&nktem asse und in Einzelheiten gefördert haben, verdanken wir n übrigen recht eigentlich die breite Grundlage der Denk- älerforschung. Nibby hat seine ungemeine Kenn tniss aller ten Reste und seine für einen Italiener damaliger Zeit acht-* en Kenntnisse in alter und mittelalterlicher Litteratur uchtbalr zu machen gewusst in grösseren darstellenden Ar-^ iten, welche noch jetzt gute Dienste .leisten, und wiewohl nst ein wenig scharfer und selbständiger Kopf, doch mit lack gegen Fea und die allgemeine Meinung eine Haupte age (über die Basilica Constantins) entschieden. Ungelebrti er mit einer Sicherheit des Blicks, die ihn vor allen gek- annten auszeichnet, hat Piale alle Hauptfrage der Reihe ch geprüft und wie erst die spätere kritische Forschungi bwohl lange nicht genug, anerkannt hat, fast durchgängig Mas Richtige getroffen« Die Arbeiten Bunsen's und Canina'fi endlich führen uns in verschiedenen Richtungen bereits bis en die Mitte des Jahrhundtf ts, in welcher Zeit ein kurzer tillstand eingetreten ist^^). Die Abbildungen aus dieser poche abgesehen von den Arbeiten der französischen Architekten (unten) stehen noch unter dem Einfluss Pi-* ranesi's. Mit Uebergehung der kleineren für uns werthlosen erwähne ich die pittoresken Darstellungen von Rossini und die wissenschaftlich wichtigen von Uggeri^^).

•8) Guattaai: Monnmeiiti antichi 1784—1789 (wichtig der ietste Band); Memorie enoiclopediche 1806—1810. 1816. 1817; Roma de* scritta 1805, 2 Bde. (für den Palatio noch brauchbar). Ueber U8;9eri I. A. 40.

'^) A. Nibby: Del, tempio diella Pace e della basiliea di GoatMi* tbo 1S19, Dei Foro roaano 1820, Le mnra di Roma 1820, Ausg. des Hardini 1828, Delle antichita diRoma 1, 1830 (entbehrlich), Roma neu' tnoo 1838 Parte I antica II moderaa (4 Bde., nadi seinem Tode her- ausgegeben). Auch die Aaalisi dei ditorni kommt hier und da in Betracht.

*») Rossini: Antioh. di Roma 1823, 101 Bl. z. Th. nach Piranesi (vgL Nagler 13, 442 f.). A. Uggeri: Journ^s pittoremfues des edifices de Rome anetenne R. 1800—1814 Bd. 1—3 und Suppl. 1. 2^

Jordan, römische Topographie« Li. <

98 EINLEITUNG.

Die Gründung des zwar der Idee und der Form nach internationalen, thatsächlich aber von Anfang an wesentlich deutschen archäologischen Instituts auf dem Kapitol, des nun* mehrigen Reichsinstituts, greift epochemachend in die topo* graphischen Studien ein. Die von ihm herausgegebenea Schriften sind bis zum Jahre 1872 als Hauptarchiv auch dex römischen Topographie zu betrachtend^). Die Gedanken Nie- buhr's ausführend, angeregt von Fea und mit ihm und den äbrigen römischen Gelehrten in regstem Verkehr, hat B unsen es verstanden, den Deutschen von dem Stande der danaaligen römischen Denkmäler-Studien zuerst ein lebendiges Bild zu geben. Den Fortschritt, den die ^Beschreibung Ronas' in dieser Beziehung in der deutschen Forschung bezeichnet, kann Niemand verkennen. Die Anregung, welche von diesem Kreise ausging, trug bald ihre Früchte: die Arbeiten von Ambrosch, Papencordt und^ Abeken, weiche in die Topographie Roms eingreifen, wären schwerlich ohne dieselbe entstanden. Abgesehen von Uebersetzungen oder Bearbei- tungen fremder Werke, besass die deutsche Litteratur bis dahin nur eine einzige, freilich sehr achtbare und noch jetzt unentbehrliche Arbeit, die Sachsens. Indessen es fehlte dem Verfasser die eigene Anschauung und der Sinn für das Leben der alten Stadt ^^). Auch haben Bunsen und seine Hitar-* heiter und Fortsetzer, Gerhard und L, Urlichs die

«^) vgl. < Bunsen' 1, 338. 347 deutsche Ausg. Annali und Bul- lettini dell' institato di corrisp. arclieologiea seit 1829; seit dem Jahre 1872 fehlen darin regelmässige Berichte über Topographie; es treten dafür die des Ballettioo manicipale ein (unten).

*^) Ambrosch Studien und Andeutungen im Gebiet des altrömischen Bodens und Gultns Breslau 1839. Papencordt Geschichte Roms im Mittelalter. Abeken Mittelitalien vor den Zeiten der römischen Herr* Schaft Stuttg. 1843. Pie deutschen Bearbeitungen des Boissard, Car- din! (Adler Ausf. Beschreibung der Stadt Rom Altona 1781), Burtoa (übers, von Sichler 1823) und die deutschen Reisebeschreibungen dieser Zeit sind werthlos. G. Sachse Geschichte u. Beschreibung der alten Stadt Rom Hannover 1824 2 Bde. (der 2te aus den Papieren des Vf. nach seinem Tode), nicht blos als Chronik unentbehrlich, sondern auch in der Untersuchung einzelner Fragen vorzüglich.

; 3.] DIB FORSCHUNG.

Beiträge der öbrigeu gehen die alte Topographie wenig ai aelbsttfaätig in die wissenschaftliche Beurtheilung topogra^ ._ scher Probleme eingegriffen und deren Lösung gefördert (ich ainnere an das Forum, das Capitoi, das Marsfeld). Leider rafate aber das grosse Werk nicht auf eicherer philologisch- kritischer Grundlage. Weder die zerstreuten Zeugnisse der illen waren geni^end gesammelt, noch die grösseren 'Ur- knnden' metfaodiadi untersucht**). Diese nolhwendige Grund- lage im Wesentlichen wenigstens was die antike Litterrior anlangt für alle Zeilen hergestellt zu hahen, ist das Verdienst Wilhelm Adolph Becker's. Freilich ist es ebenso imbeatreitbar, dass Becker in einseitiger Weise es verschmäht hat, sich mit den Trünimern und der Dcukmälraforschung auch Dur bekannt zu machen, und dass sein verkehrtes Ur- theil über die letztere ihn zu ungerechter Verurtbeilung sei- Der Voi^Dger geführt hat; selbst dass er MissgriRe in der philologischen Behandlung des Gegenslandes gethan hat, muss

**) N i e b Q h r 'a ' Abriss der Geschiehtn des Wicbatbmu and Verfallet itr alten und der Wiederberstellunt; der aeaeo Stadt Rom' 1S23 B«achr. 1, 111 ff. = Kl. Schriften 1, 407 ff. nnd Feas o. a. Diss. solle loviDe entbalteo die Groadliniea des topographisch-historischen Theils itr 'Beschreibnng der Stadt R'. und sind auch fdr den Übrigens lesens- «erthen Aperfo des prioc vicissltudes de la top. de R. von Raoul-itacbette (Revae de Paris IS'iä; auch Deutsch L. 1S34} hestimmend gewesen. Beschreibung der Stadt Rom von Platner, Sunsea, Gerhard, Röstell, Sluttg. 1S29 fr. (fortgesetzt von L. Urlichs) in 6 Bden. mit Bilderheft. Ueber Buuscn's Abhh. über das Forum {Ball. 1836, Ann. 1837) und Gerhard's Abb. della basilica Giulia (Bffem. lett. dl Rania Nov. 1S23) s. den betreffenden Abschnitt Kürzere Fassung in 1 Bde. von Platner a. Urlichs 1843. Zur Entstehungsgeschichte des Werks (Plan von Niebuhr und Braudis 1817—16): Bunsen's Dcnkw. ], 388 f. der Ueberg, -- Dag auf dem Titel versprochene 'Urkuodenbuch von E. Gerhard uad E. Sarti' (s. Gerhard Aicb. Zeitung 1865, 9T) erschien nicht, der Cadei topographicns nrbis Ramae van Urlicbs (Würzb. 1 871) hat einen anderen Plan (vgl. § 2, 14 und oben A. 1). Von demselben Verf. ausser den Streitschrilten (A. 46) und kleineren Beiti'hgen (Rh. M., Arch. Z.): De curia Julia Hem. dell' inst. 2, 77, Das Forum Verh. der 24. Phi- lologeavers. L. 186G, S3 ff., die Brücken Sitiungsber. der Münchener «. (philoB.-hisl. K.) 1870, 459 ff.

100 EINLEITUNG.

zugegeben werden. Aber es galt zunächst und vor Allem in einen sicheren Baugrund die Fundamente tief und fest zu legen und mit den herkömmlichen wie mit neu hinzuge- kommenen Phantasiegebilden gründlich aufzuräumen : dass ihm dies gelungen ist, dafür dürfte der. beste Beweis in dei fast vollständigen Abhängigkeit aller späteren Arbeiten von dem von ihm verarbeiteten Material (besonders der einziges nach ihm erschienenen Gesammtdarstellungen von Hebet und Oyer) und in der auch von Italienern endlich ifam ge- zollten Anerkennung liegen**). Seine Arbeit ist in gluck- lichster Weise und zur rechten Zeit durch L. Preller'fl Begionenbuch ergänzt worden. Auch wies derselbe nament- lich der Darstellung und Gruppirung des Materials neue und richtige Wege, indem er eine Verbindung der periegetischen mit der geschichtlichen Betrachtung als das Ziel der Topo- graphie erkannte und damit auf die von Niebuhr gegebe- nen Andeutungen zurückgriff, und betonte, wie vor ihm schon Ambrosch, nach ihm Bubino die engen Beziehungen zwischen BeUgionsgeschichte und Topographie**). Der Streit, wel- cher sich zwischen Becker, Urlichs und PrelJer entspann, hat zwar sehr zur schärferen Behandlung einer Beihe von Detail- fragen beigetragen, wohl aber auch manchen verdrossen und

**) W. A. Becker: De Romae veteris mnris atque portis L. 1842, HaDdbuch der römischen Alterthümer 1 (Top. der Stadt Rom) L. 1843. Ueber die Streitschriften s. A. 46. Das in m. Besitz befindliche Hand- exemplar Becker's enthält von seiner Hand nur die Nachtrage, welche Handb. 2, 1, 395 fi^. gedruckt sind. Hierher gehört das oben genannte Buch von Reber, Ruinen Roms u. der Campagna L. 1863. Vgl. A. 47. Ueber Dyer unten.

<*) L. Preller, Die Regionen der Stadt Rom, Jena 1846. Von den kleinen Beiträgen zur T. ist ein Theil in die Ausgew. Aufsätze (L. 1864) 47 ff. aufgenommen (hervorzuheben der Aufsatz über das Gapitol), nicht die wichtigen Abhandlungen 'Rom und der Tiber', Ber. der sacbs. Ges. der Wissensch. 1848, 131 ff. 1849, 134 ff Vgl. A. 46. Von Rubino gehört z. Th. hierher das nachgelassene Werk Beiträge zur Vorgeschichte Italiens (1868), in welchem freilich die gröbste Vernach- lässigung der Quellenkritik mit scharfsinnigen Kombinationen verfloch- ten ist.

{ 3.] DIB FORSCHUNG. 101

abgeschreckt^^). Es mag damit zusammenhängen, dass seit den vieraiger Jahren die deutsche Forschung mehr und mehr in's Stocken gerathen ist. Die einzigen umfassenderen Dar- stellungen nach Becke]", die E. Braun's und F. Reber's, sind wesentlich reproduktiv. Nur die Untersuchungen Mommsen's über einige topographische Kardinalfragen haben seitdem noch einen neuen Anstoss gegeben. Die Wirkung desselben zeigt sidi namentlich in den weiteren Behandlungen der Forum- firage bei Detlefsen, Reber u. a.^0*

Wahrend die Franzosen nur durch kartographische und architektonische Spezialuntersuchungen und Abbildungen in der topographischen Forschung dieses Jahrhunderts vertreten sind ich nenne die Arbeiten von Caristie, Valadier, Isabelle, Ghoisy und zuletzt Dutert^^) sind die Engländer an der-

^) Streitschriften : Preller's Rec. Jenaer AUg. L. Z. 1844 N. 121 ff. Dtgegen Becker: Die Wfra. Topographie in Rom, eine Warnung L. 1844 (das ^B m. Besitz befindliche Handexemplar Preller's enthält von seiner Hand einige antikritische Bemerkungen). Urlichs : Römische Topogr. in Leipzig Stuttg. 1845. Becker : Zur röm. Top., Antwort an Hrn. Uriichs. L 1845. Urlichs: Römische Topogr. in Leipzig. U. Antwort an Hm, Becker. Bonn 1845. Vgl. über dies * bellum si dis placet topographicum' Mommsen Ann. 1845, 324.

^^) E. Braun, Aufsätze ans seinem Nachlass. Philol. Suppl. 2, 381 ff. VgL die Ruinen und Museen Roms, Braunschw. 1854, und die Aufsätze in den Beilagen der Augsb. AUg. Ztg. 15. JVov. 1855 bis 13. Okt. 1856. Mommsen: Brückenfrage, Ber. der sächs.. Ges. der Wissensch. 1850 (S, Th. I § 7). De comitio romano curiis Janique templo Ann. 1845, 2SS ff. Ueber die Lage des prätorischen Tribunals Jahrb. des gem. deut- sehen Rechts 6, 389 ff. u. a. m. Detlefsen De comitio Ann. 1860, 128 ff. Reber, Curia Hostilia Münch. 1858, Ruinen 1862 (vgl. A. 44). End- lieh Ziegler Illustr. z. Topogr, d. a. Rom m. yerständigem Text. Stuttg. 1875 ff. VgL Jahresb. 1875, 793.

^) Ampere's Histoire romaiae ä Rome kommt nicht in Betracht. A. Caristie, Plan et coope d'une partie du forum R. Paris 1821. Va- lidier (über sein Leben Giorn. arcad. 1867 Bd. 209 =: 64 NS S. 94 ff) Racolta delle piü insigni fabbriche di Roma antica (1 7) R. 18 jO 1826. Isabelle Les edifices circulaires et les d6mes P. 1855. Parallele das saUe rondes de l'Italie, P. 1863 (vergl. ) 1 A. 44). Choisy l'art de batir chez les Romains. P. 1873 (ebenda A. 44}. Dutert: Palatin

102 EllN LEITUNG.

selben durch eine Anzahl beschreibender und hanptsächlidi der Erklärung der erhaltenen Denkmäler gewidmeten, freilich wenig über den Standpunkt der Guiden erhabenen Bücher betheiligt. Die älteren von Lumisden, Burgess, Gell enthalten kaum einzelnes noch jetzt Brauchbare, von den ' neueren ist Dyer*s Arbeit eine lesbare und nicht urtheilslosa Bearbeitung des Becker'schen Handbuchs, Parker's noch nicht abgeschlossene Archeoiogy ein jeder wissenschaftlichen Grund* läge entbehrendes dilettantisches Buch von unbequemster Form, welches unerwähnt bleiben könnte, wenn es nicht einige sonst nicht oder schwer zu erlangende Abbildungen enthielte ^^).

Seit dem Jahre 1848 haben die Italiener wieder die Führung übernommen. Der erste jetzt lebende Kenner des christlichen Boms, J. B. De Bossi, ist für uns zugleich der Wegweiser durch die urkundliche Geschichte der antiken Bauwerke und hat durch seine epigraphischen und antiqua- rischen Musteruntersuchungen neue Bahnen eröffnet ^°).

(Revue arch. 1873) und Forum (P. 1876): vgl. Jahresber. 1875, 776 f. 1876, 171 ff. Nicht publicirt sind m. W. die Arbeite» der Schüler der franz. Akademie in Rom, aufbewahrt in der Ecole des beaux arts (vgl. Büdinger s Unters, z. röm. Raisergesqhichte 1, 137). Anderes mag mir entgangen sein. lieber Tournon s. unten S. 109.

*^) Lumisden : Remarks on the antiquities of Rome and its environs L. 1797. Rurgess; The top. and antiquities of Rome. L. 1831, 2 Rde. (beide entbehrlich, ebenso fiurton 1821. 1828, mir nur in Sickler's Uebers. bekannt.) Gell: Rome and its vicinity, brauchbar in der 2. Aus- gabe von Bunbury, L. 1846. Dyer: Ancient Rome, L. 1864 (Sep.- Abdr. aus Smith Dict. of Gr. and Rom. Geogr. 1856), dess. Hist. of the city of Rome, L. 1865. Die zahlreiche Menge der neueren illn- strirten und nicht illustrirten Guiden zu denen auch Burn's Rome and the Gampagna (2. A. 1876) gehört übergehe ich. Parker: Ar- cheoiogy of Rome, Vol. I (2 ßde, Text, Plates), Oxf. u. Lond. 1874, dazu Suppl. 1876; Forum Rom., Via sacra (2 Abth.) 1876 (s. Jahresber. 1875, 789. 1876, 169).

^) Die bekannten Hauptwerke Roma sotterranea (1. 2), Inscriptiones christianae (1), Le prime raccolte di antiche iscrizioni (R. 1852, Giorn. arc. Bd. 127. 128) enthalten viele gelegentliche Winke, welche wich' tiger sind als dick» Bucher anderer. Von den rein topographischeo Untersuchungen sind die über die ara maxima, den arcus Fabianns,

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§ 3.] DIE FORSCHUNG. 103

Mit seinem Hauptwerk, den Edifizi di Roma antica, gehört auch L. Canina der neuesten Epoche an. Sein grosses Ver«- dienst besteht hauptsächlich in der nach dem Vorgange Pi- ranesi's unternommenen und energisch ausgeführten bildlichen Darstellung und Restauration der ganzen Stadt und der glücklichen Anwendung des capitolinischen Stadtplans. Die Willküriichkeiten und Fehler, welche die beigegebenen Pläne (S. 112) wie die Abbildungen entstellen, schmälern dies Ver- dienst freilich, müssen bei jeder Benutzung in Betracht ge- sogen werden und hätten besonders vor mechanischer Repro- duktion warnen sollen.* Solche Reproduktionen sind zum Theil die Illustrationen zu Reber's Ruinen (oben A. 44), manche Abbil« düngen der Berliner Baudenkmäler und viele andere: hingegen scheinen die Abbildungen Turconi^s von ihm unabhängig zu sein. Die Indicazione topografica ist in ihrer letzten Gestalt noch immer ein brauchbares Hilfsmittel, von Spezialuntersuchungen erwähnen wir hier das Forum und das Theater des Pompejus*'). Zu seinen Schülern zählen ausser Ravioli, Tocco u. a. (s. das Forum) auch Pietro Rosa, welcher die Pläne Fea's wiederaufgenommen und als Beamter seit 1861 Napoleons, seit 1870 des Königreichs Italien die Trümmer des Palatin und des Forum von ihrem Schutt befreit hat. Dass er diese Aufgabe mit grossem Geschick und Eifer gelöst und damit

die Cohorten der vigiles, den Musentempel (Ann. 1854. 1858. Bnll. 1869) die wichtig^step ; ferner über das templam divi Romali (1867), die Basilica Jnnii Bassi (1870) n. a. in seinem Bull, di archeol. crist (seit 1863).

^^) Ueber Caninas karto^rapbiscbe Arbeiten S. 1 1 1 f. Indicazione topografica di Roma antica R. 1831, 4. Anfl. 1850. Arcbit antica Bd. 3 (a. Romana) 1832. Del foro romano e sne adjacenze 1834. 2. Aufl. 1G45 (mit Atlas). Edifizi di Roma antica R. 1848—1856, 6 Fol. (mit durchlaufender Zäblung der Tafeln in den Tafelbänden 2. 4. 6; 1. 3. 5 Text; 5. 6 Contorni). Das gelehrte Material wiederholt sich überall, und ist 4eshalb durchgängig die letzte Ausgabe der Indicazione allein eitirt worden. Ausserdem vgl. oben § 1 A. 18. Turconi: Fabbriche antiche di Roma Mail. 1857. Denkm. d. Baukunst Lf* 2. 3. Ein^ vollständige Aufzählung wird nicht beabaichti|^.

104 EINLEITUNG.

eadlieh erfüllt hat, ^as Jahrhunderte lang vergebiicli ange- strebt worden ist, hat die Wissenschaft dankbar anzuerkennen. Nur ist zu bedauern, dass derselbe nicht gleichzeitig Beob* achtungen , weldie er allein zu machen Gelegenheit hatte, aufgezeichnet und überhaupt noch bis heut nicht die Resul- tate seiner Arbeiten in wissenschaftlicher Form allgemein zu- gänglich gemacht hat. Auch die in Folge der letzt^i Ver- änderungen in der Verwaltung an die Stelle der Rosa'schen getretenen amtlichen Berichte Fiorelli'$ entsprechen bis jetzt nicht den gehegten Erwartungen'^^). Gerade das Gegentheil gilt von R. Lanciani, dem Sekretär der archäo- logischen Kommission des Municipio. Das Hauptfeld seiner Beobachtungen, die Ausgrabungen auf den Hügeln, hat der- selbe in mustergilt^r Weise und rasch allen Mitforsehern zfugänglich gemacht und die vorliegende Arbeit wird tqd der tiefgebenden Wirkung seiner mannigfaltigen Untersuchungen allerorts Zeagniss ablegen '^^).

'^^) Rosa's und seiner Gehilfen (Pellegrini, Brizio, anfangs aaeh Lanciani) gedrnckte Berichte sind spärlich. Kleine Commnniqne's in dem Bull, dell' inst, fiber den Palatin (seit 18&2, auch photogr. ver- vielfältigter Plan), und das Forum (seit 1870) und der grössere Bericht Sülle scoperte an^heologiche della citta e provincia di Roma, relazione pres. a. S. E. il ministro di pub. istr. dalla R. Sopraintendeoza degli scavi della provincia di Roma. R. 1873. Die mir durch die Güte des Hrn. Fiorelli zur Durchsicht verstatteten hs. Rapporti (settimanali und straordinarii) della R. Sopr. (1872—1876, Lücke 1874) sind, wie in der Ephemeris epigr. 1877 (Inscr« fori) auseinandergesetzt worden ist, sehr mangelhaft redigirt, die darin nach dem Muster der pompcjanischen zu erwartenden genauen Angaben über die Aufdeckung fehlen. Fio- reUi: Notizie degli scavi di antichita communicate alla R. Accademia dei Lincei (gesehen habe ich die Hefte Jan. Sept.) 1876. S. Jahres- ber, 1875, 1876. aa. 00.

^') R. Lanciani: Le mura di Roma Ann. 1871. Guida del Palatino (mit G. L. Visconti) 1873. Berichte und Unterstichungen im Bull, dell' inst. 1871. 1872 und in dem von ihm redigirten Bull, della commissione arch. municipale seit Nov. 1872, 4 Bde. Vgl. Jahresb. a. 0. Ueber seinen Plan von Rom unten.

§ 3.] ANHANG: DIE STADTPLÄNE. 105

ANHANG.

DIE STADTPLÄNE.

Eine kritische Erörterung der neueren Stadtpläne er- schien mir ein um so grösseres Bedürfnisse als die Urtheils- losi$(keit, mit welcher dieselben von den Topographen yon jeher benutzt worden sind, auch dem Laien erkennbar, alle Detailuntersuchung aufs Aeusserste erschwert und beispiels- weise eine genaue Darstellung der Topographie des Forums geradezu unmöglich macht. Die folgende Skizze im Wesentlichen von der Hand eines Sachverständigen, des Herrn H. Matzat wird wenigstens eine genügende Warnung vor der Benutzung werthloser Dutzendarbeiten und eine nützliche Hinweisung auf die alleinigen Quellen unseres heutigen Wissens abgeben. Eine strenge Scheidung derjenigen Pläne, welche die moderne Stadt darstellen und die Trümmer als Beiwerk behandeln und derjenigen, welche letztere und ihre Restauration als Hauptsache oder alleinigen Gegenstand be- handeln, ist nicht durchführbar^^). Ausgeschlossen werden hier Spezialpläne einzelner Stadtgegenden oder Gebäude (wie

^) Die Ujitersnchong hat Hr. Matzat auf meine VeraDlassunffP im J. 1870, damals Stndirender, aaf Grand des auf dea Bibliotheken voo Königsberg und Berlin nnd des in meinem Besitz befindlichen Materials geführt nnd mir jetzt, da er anderweitig durch Amts- geschäfte in Anspruch genommen ist, gestattet seinen damals aafge- schriebenen Bericht nach Gutdünken zu benutzen. Ich habe überall da, wo der Vf. über technische Dinge urtheilt, mögliehst seine Worte in Aafnhrangszeichen gegeben, im übrigen zusammengezogen und meine seit 1870 gesammelten Nachträge eingefügt. Diese besonders zu kenn- zeichnen, erschien mir nicht nöthig. Die Ungleichmässigkeit in der Art der Beschreibung der von mir gesehenen Pläne des 16. Jahrh. Böge man entschnldigen : ich habe sie zu verschiedenen Zeiten in Dres- den, Berlin, Rom flüchtig untersucht. Die älteren Plane verzeichnet Martinelli R. sacra S. 443 ff.

106 EINLEITUNG.

namentlich die des Forums), über welche Th. 11, und die zahl- losen Pläne des alten Rom zu Unterrichtszwecken.

Die Pläne Roms abgesehen von dem antiken capito- linischen (oben S. 45 f.) und den mittelalterlichen (Bd. 2, 333 f.) zerfallen in zwei Hauptgruppen, die älteren mehr oder minder willkürlichen Darstellungen, die jüngeren auf regelrechter Vermessung beruhenden, seit NoUi.

Unter der ersten Gruppe sondern sich wieder als be- sonders wichtig für das 16. Jahrhundert der Plan von Bu- falini (1551), für das 17. der Plan von Falda da Val- duggia (1676) aus. Gemeinsam ist fast allen die von der jetzt üblichen abweichende Orientirung, welche der Tradition der mittelalterlichen folgt (Osten oben '^*) ; selten anders , z. B. Westen: Plan von 1557), ferner den meisten eine schiefe Perspektive halb aus der Vogelschau oder eine Verbindung von Aufriss und Grundriss der Gebäude. Wir zählen sie der Zeit nach auf und beginnen, da Rafael, Fabius Galvus (1532) und Marliani (1544) bereits oben A. 10 ff. besprochen sind, mit

1. Leon. Bufalini, R. 26. Mai 1551, 20 BU. Das ein- zige leider defekte und falsch zusammengeklebte Exemplar auf der barberinischen Bibliothek in Rom. Unschätzbare Darstel- lung der Stadt vor den grossen Umwälzungen seit Sixtus V. In mehreren von einander abhängigen Reduktionen verbreitet *•).

^) Ueber diese wahrscheinlich oicht antike, sondern christliche Orientiranj^ s. Forma nrbis S. 16 § 16.

^) Beschreibung des barberinischen Exemplars (ein Gerücht von einem in England befindlichen hat sich bisher nicht bestätigt) von Bergan in Naumann's Archiv f. d. zeichn. Künste 13 (1867), 151 f. (es fehlen 4 BU. , die übrigen falsch zusammengeklebt). Die eingetragenen alten Namen geben die damals herrschende topographische Theorie wieder. Von mir 1867 benutzt. Reduktionen von NoUi (unten) nnd nach ihm bei Fortia d'Urban Projet d'nne nouvelle bist, romaine (R. 1813, nach Bergan), Adler (A. 42) und v. Reumont G. R. Bd. 3. Fälschlich ist in antiq. Katalogen als Reduktion des Bufallini ein ebenfalls im J. 1551 erschienener kleiner Plan bezeichnet worden, welcher nach Matzats Bemerkung 4m Stile äßs Ligorius' gehalten ist: Situs nrbia Romae . . . Joannes Oporinus typographus BasUiensis exeudebat.

§ 3.] AJ^HANG: DIE STADTPLÄNE. 107

2. Pyrrhus Ligorius, Effigies antiquae Romae ex yestigiis , aedificiorum roinis . . . Michael Tramezinus publ. 1553, mehrfach wiederholt. Restaurationsversuch; als solcher wichtig für das Verständniss seiner noch unvollkommen be- kannten Ansichten über die alte Topographie (A. 14). Oefters wiederholt: bei van Schoel Rom 1602, beim Donat und von dem Altorfer Professor D. Köler Tr XV. der Descriptio orbis antiqni. Ich benutze den Nachstich bei Donat. Yermuthlich auch in dem Plan von P. Merula Descr. urbis Romae 1594. Es folgen

3 7 kleinere Pläne im Verlage von Lafreri (vgl. oben S. 88) und zwar 3. Urbis Romae descriptio ex typis et diligentia Ant. Lafreri . . . Jac. Belga in aes incidebat . . . Ro- mae idib. Novemb. 1555 (m. 0,55x0,89); 4. gleiche Firma 1557, von Franc. Paciotus (047x0,55); 5. Formis Anton. Lafrerii Sequani düigentissime express. an. 1557 (0,35 x 0,46, Westen oben), 6. gezeichnet von J. A. Dosi, Romae Calendis Januarij 1561 Seb. a Regibus Clodiensis in aere incidebat; 7 restaurirter Plan (unter Mitwirkung von Fulvius Ursinus?) von Du Perac, impensa Antoni Lafrery 1573 (0,21 x0,56). Von allen diesen Plänen ist der beste No. 4, wegen sauberer und treuer Detailzeichnung nicht ohne Werth. Die /übrigen bedeuten wenig*').

^^) Diese Plane habe ich in den verschiedenen Exemplaren des Speculam rom. magoificentiae (A. 22) benutzt. N. 6: der Stecher sagt in der Widmaog an Gab. Palaeotius ^expressi iamdudum . . meis aeneis tabellis Jo. Anton. Dosii Floren, mann delineatis Urbem Romam . . et Bt ea in li^cem prodiret audentias tao nomin i dicata exit*. Ueber Dosi oben A. IS. In der Gal. d. Uffizien fand ich 1872 von dem jüngeren Perrazzi (A. 19, Mappe 2) ein Bl. (on^fahr 0,80 X 0,120), den 4. Theil eines grossen Plans (Capitol-Engelsbnrg), der als Pause gedient hat. £inen ähnlichen (ob denselben kann ich nicht sagen) das. beschreibt A. Jahn in der A. 16 a. Abh. S. 145 und er giebt an, es sei 'wahr- scheiDlich' das Original eines von Letarouilly benutzten Stiches von 1555. Noch erwähne ich hier einen von v. H'dbner Sixte-Quint 2, 133 im departement' des estampes in Paris gesehenen Plan von M582' «od die mir ebensowenig wie dieser vorgekommenen Plane von Andreas Vaecarios 1603 und Antonius Tempesta 1606 (Kupferstich) wiederholt von Paulus Maupinus 1625 (Holzschnitt).

108 EINLEITUNG.

8 13. Die seit 1665 in der römischen Officin von Giov. Giac. De Rossi (de Rubeis) publicirten Pläne; (ygL $. 93) und zwar 8. Pianta di Roma 1665; 9. Urbis Romae sciographia ex antiquis monumentis accuratissime delineaia 1674 und die beiden von Giov. Bapt Falda da Valduggia (de Valle Udiae) gezeichneten und gestochenen Pläne, 10« sive pianta et Recentis Romae ichnographia et hypsographia (1 Bl. fol.) facies ad magnificentiam qua sub Älexandro YIL p. m. urbs ipsa directa exculta et decorata est J. B. Falda de Valle Udiae del. et ine. (o. J.) und besonders 11 der grössere in 12 Bl. Nuova pianta et alzata della cittä di Roma . . . dis. et intagl. da G. B. Falda da Valduggia (Inno- cenz XL gewidmet) 1676, in neuer Auflage 1697 und con

Taggiunte delle nove fabbriche sin' alF anno presente

1705, auch in einer kleineren Ausgabe 13 Nuova pianta della cittä di Roma. Der Werth des grossen Plans, welcher bis in's kleinste Detail das Innere der Häusercomplete , Gärten, Villen u. s. w. darstellt, ist für die Kenntniss der Stadt im 17. Jahrhundert ausserordentlich gross. ^Zu Grunde mag diesen Plänen wohl eine Art oberflächlicher, nach und nach ausgedehnter und vervollständigter Aufnahme Falda's liegen, etwa mit Schätzungen nach Schritt oder nach dem Augen- maass'. Auch in Deutschland fand dieser Plan durch Homann und andere in verdienter Weise Verbreitung**).

An der Spitze der zweiten Gruppe steht der bis auf den heutigen Tag die Grundlage aller Stadtpläne bildende, ja in manchen, Details nur genau wiederholte Plan

M) Von d6B genannten Planen benutze ich den von 1705 (in m. Besitz), gesehen habe ich die von 1676 nnd 1679 (Dresden, Kapfer- Stichkabinett), die übrigen verzeichnet Hr. Matzat. Die Widmang der Ausgabe 1705 zählt die zahlreichen Publikationen der Firma auf. Ferner: Urbis Romanae sciographia . . R. 1674 excud. Francisc Villa- moena (Restauration)' und einen andern von Matt. Greg. De Rossi 1680 (modern): beide ohne Werth (Dresden das,}. -^ Die Bearbeitungea von Homann, Urbis Romae veteris ac modernae accurata delineatio, Norimbergae (o. J.) und Veteris et modernae Urbis Romae ichnogra- phia . . cura et sumtu Matthaei Sentteri (o. J. u. 0.) verzeiehnet Hr. M atzat.

§ 3] ANHANG: DIE STADTPLÄNE. 109

14. Ton Gio. Batt. NoUi, Nttova pianta di Roma in 12 grossen Bl. R. 174S, mit beigefugter Reduktion in 1 Bl. und der Reduktion des Bufalini (oben). ' Maassstab ungefähr 1 : 3000, der erste Stadtplan, der auf exakten Messungen beruht*. Von den zahhreichen Wiederholungen oder Bearbeitungen mit und ohne Nennung des Namens Nollfs ist hier nur besonders hervorzuheben ^^)

15. Tournon, Plan de detail de 1a ville de Rome leve sur Fechelle de 13 eentimetres pour 100 m. (ca» 1:7700), 1812 in 17 Bl.; der Vf., Präfekt während der französischen Okku- pation und Leiter der Ausgrabungen (Forum des Trajan u. 8. w.) und Verschonerungsarbeiten » ' will damit glauben machen, er hätte bei diesen Unternehmungen, über die er in einem mit dem Plan zusammengehörigen Buch (Etudes sta- tistiques sur Rome P. 1831, 2 Bde.) berichtet, eigene neue Aufnahmen gemacht, während sein Plan nichts anders als eine noch dazu ziemlich schlechte Reduktion des NoUi ist'.

16. Piranesi's Plan in den Antich. romane, Bd. 1 1784. Er ist auf dem reducirten Plan NoUi's als Mitarbeiter genannt. ^Sein Plan ist ziemlich roh, das Moderne ist nidit dargestellt, dafür aber die antiken Reste in grösserer Voll«' ständigkeit gegeben\ lieber den V^erth seiner Angaben S. 94 f.

17. 'Mit Benutzung Nolli's und Piranesi's, aber auch eigener Specialuntersuchungen an Ort und Stelle*, arbeitete der Architekt Antonio De Romanis einen Stadtplan aus, der (in 14 BL, nach den Regionen, von verschiedenem Maass- stab und einem Gesammtplan) Nibby's Ausgabe des Nardini beigegeben wurde (oben A. 29). 'Die Darstellung des Moder- nen fehlt wie bei Piranesi, die antiken Reste sind in sorg- fältiger, oft minutiöser Darstellung verzeichnet wie bei diesem. Auch auf das Terrain ist viel Sorgfalt verwendet, doch ist es

^) Genauigkeit: vgl. über die aurelianische Mauer Bd. 2, j63. Die kgl. Bibliothek in Berlin besitzt allein 8 verschiedene meist namenlose Reproduktionen in kleinerem Format; allenfalls zu nennen Monaldini R. 1827 (1 : 7000).

1 10 EINLEITUNG.

ganz absonderlich stark markirt behandelt. Die Quelle für die Terraindarstellung ist meist Noili, doch finden sich hin und wieder kleine Abweichungen, welche Berichtigungen nach der Autopsie des Verfassers sein müssen, da sie zu der so* gleich zu erwähnenden neueren offiziellen Quelle stimmen. An eine etwaige Benutzung dieser durch De Romanis ist nicht zu deoken, weil er nicht überall, wo sie von NoUi abweicht, auf ihrer Seite steht'. In veränderter Gestalt mehrmals wiederholt

18. Stier und Knapp, in dem Bilderheft zur Beschr. Roms (1 : 6600), 'gute Reduktion Nollfs mit vermehrter Nomen* klatur, Orientirung nach dem wahren Norden und Randab- theilung nach Minuten und Sekunden'.

Es folgt endlich die neue Aufnahme der modernen Stadt auf der Grundlage von Höhenmessungen (1802) und einer vollständigen Triangulation (1815) durch die Direzione del Censo. Vor der Publikation derselben konnten sie Ca- nina, Melchiorri (1832) und wahrscheinlich Trojani (1835 und vor 1842 ?) benutzen, die amtliche Publikation erfolgte zuerst 1842^°). Im Einzelnen bemerken wir über diese Pläne folgendes:

^) \gl. Posizione geografica de' principali laoghi di Roma e de' siioi cootorni, opuscnlo di Antoaio Conti e Giacomo Rieehebach pro- fessori ed astroaomi del Collegio Romaoo. R. (Stamp. de Romaois) 1824. Darin wird genaa auseinandergesetzt, wie die Triangulation im J. 1815 mit Zugrundelegung der Basis (Strasse Porta Angelica) auf dem rechten Ufer ausgeführt wurde. Wichtig: Verzeichniss der 'elevazione di alcuni segnali sul livello del mare' S. 98 fif. Die Vf. sagen S. 4, dass ihre Resultate für die Konstruktion eines zuverlässigen Plans nutz- bar seien und in der That erwähnt Canina in einer 1833 geschriebe- nen Abhandlung unter denen, welche ihm bei Aufnahme des Pompejus- theaters halfen, die Mitglieder der Direzione del Censo march. Marina Becchio und den canonieo Richebach (Diss. deU* ac. pont. di arch. 18315, 20). Damals also war der Plan offenbar schon entworfen und wurde von C. benutzt. Näheres habe ich in Rom 1872 in dem Bureau des Census nicht ermitteln können. Die von mir 1872 eingesehenen Originalblätter, welche regelmässig fortgeführt werden, haben keine Terrainzeichnung j Maassstab 1 : 1000. Vgl. Forma urbis S. 17 § 2.

§3] ANHANG: DIE StAÜTPLANE. lU

19. L. Canina, Planta topografica di Roma antica, 1832 (zu seiner Indicazione, s. oben) und 1850 (mit Zu- sätzen). 1 : 5000. Das sehr roh behandelte Terrain ist noch das NoUi'sche, dagegen weicht die Darsteüung des Modernen in einer Menge von Spezialitäten von Nolli ab, obwohl Ca- nina nur die Strassen ohne detaillirte Zeichnung des Innern der Häuserquartiere u. s. w. angiebt. lieber die eingetragenen antiken Reste und deren Restauration s. oben.

20. Melchiorri, Planta dl Roma ridotta dalla Dire- zione del Censo con permesso di quel dicastero, im 2. Rde. seiner Guida metodica 1836. *1 : 15000 (nicht 1500, wie auf dem Plan steht). Terrain noch nach Nolli \

21. Fü. Trojani, Planta dl Roma R. 1835 (1 : 20000), ^sehr fein gestochen, im Terrain nach Nolli \ und desselben Planta topografica di Roma verlegt von Cuccionl (o. Jahr, unter Benedict XVI. , 1 : 5000). 'Dieser Plan ist zuerst auch im Terrain entschieden unabhängig von Nolli; wahr- scheinlich hat die Dir. del Censo bis 1832, wo Canina ihre Originalaufnahme benutzte, das Terrain noch gar nicht verzeichnet gehabt und erst später aufnehmen lassen. Auch im Modernen ist hier zuerst die neue Quelle ganz ausge- beutet'.

22. Die amtliche Publikation führt den Titel Planta topografica della Direzione generale del Censo (1:4000), in 4 BL, 1842, zweite fortgeführte und berichtigte Ausgabe (ebenso) 1866. 'Das Terrain auf diesem Plan ist ziemlich hölzern behandelt und nur bei bedeutender Reduktion aus ihm entlehnbar; das Moderne, weit spezieller als bei Nolli, zeigt in den Details massenhafte Abweichungen von diesem, die sich theils durc& grössere Exaktheit der Aufliahme, theils durch zahlreiche im Lauf der Zeit eingetretene wirkliche Ver- änderungen erklären. Für grössere Entfernungen dagegen die kreuz und quer darauf gemessen worden sind, ergeben die beiden Pläne eine recht befriedigende Uebereinstimmung^ die Im Allgemeinen Vertrauen zu beiden Aufnahmen erweckt nur dass eben die NolU'sche von geringerer Exaktheit im

112 EINLEITUNG.

Detail ist'. Von den alten Resten ist in der ersten Ausgabe

dem Zweck des Plans gemäss nur das Wichtigere ein- getragen; 'die Zusätze der zweiten sind meist unbrauchbar': z. B. 'sind die Ausgrabungen Rosa's auf dem Palatin nach der photograpbiscben Reduktion seiner Originalausgabe (Plan des fouilles du« Palais des Cesars R. Juin 1866) zwar hinzu- gefügt, aber falsch eingesetzt'* Die Originalauf nähme (1 : 1000 s. A* 60) ist in diesen Publikationen in einer im Ganzen genauen und sorgfältigen Reduktion wiedergegeben, wie mich namentlich Lanciani nach eigener Untersuchung versichert (1876).

23. Auf dieser Grundlage beruhen ferner die späteren Publikationen Ganina's, besonders der grosse Plan der Parte media di Roma antica (1 : 1000) in 15 Bl., in seinen Ediflzi Bd. 2, 1848 (s. oben). Einzelne Theile des Plans sind älter, z. B. die Darstellung des Capitols und Forums (=:=: Diss. deir ac pontif. di arch.' 8, 1835, T. IV) und des Pompejustheaters (das. 6 zu S. 178). Ebenso der von Rosa ausgeführte Plan der Via Appia Mon. deir inst. 5 (1853), T. 57.

Trotz des grossen Maassstabs ist der erstgenannte Plan

abgesehen von der Nachlässigkeit des Stichs voll von Willkürlichkeiten und Ungenauigkeiten, die Behandlung des Terrains roh, die Benutzung des Censusplans durchweg un- zuverlässig. Auf dem zweitgenannten ist die ursprünglich richtige, später falsch corrigirte Zeichnung der aureiianischen Mauer noch deutlich erkennbar. Sehr mit Unrecht sind daher Spezialpläne z. B. des Forums in neuester Zeit fast ausschliesslich aus Canina wiederholt und ausgezeichnete ältere Originalaufnahmen, von denen seiner Zeit die Rede sein wird, ignorirt worden»

Die neuesten Pläne, soweit sie bisher untersucht worden sind, gehen noch immer auf Nolli zurück, vielleicht mit einziger Ausnahme des zu Foumier's *Rom und die Cam- pagne' gehörigen (L. 1862. 1865), welcher den Censusplan zur Grundlage hat Dies gilt namentlich von dem schönen

§3.] ANHANG: DIE STADTPLÄNE. 113

Stich Letarouiliy's , Plan top. de Rome moderne, P. 1841, dem zwar elegaat aussehenden, aber Uederliobea Fomari's, Pianta della citta di Roma, R. 1864, 1868, der nidit efnmal direkt aus Nolli, sondern aus Tonrnon (oben 15) entlehnt ist und den wiederum auf Fornari beruhenden Plänen zu Reber's 'Ruinen', L. 1862, und zu Bädeker's Rom und Mittelitalien (1866), . weicher letztere H. Kiepert» Namen trägt Unter den Planen, welche die grossen Veränderungen und Ausgrabungen seit 1870 ivenigstens oberflächlich dar* stellen, verdient der bei Löscher 1876 erschienene (yon Carlo M»re) eine Erwähnung.

Die zahlreichen zu Lehrzwecken entworfenen DarsteK lungen der alten Stadt übergehen wir. Ihre Grundlage bil^ den, mehr oder weniger flöchtig benutzt, die bn^er erörterten Pläne, ihre grösser^ oder geringere* Brauchbarkeit hängt von den zur Darstellung kommenden topographischen Ansichteil ab. Nur der Plan Becker's und die Plane der alten und mittelalterlichen Stadt von H. Kiepert mögen genannt weitlea

Nach dem bisher Dargelegten ist der ^npfindlichste Mangel in dem benutzbaren Kartenmaterial der einer den neueren Anforderungen entsprechenden, die Höhenverhältnisse zuverlässig darstellenden TeiTainzeichilung, welche nicht, wie das gewöhnlich geschieht, mit der Linie der aurelianischen Stadtmauer abschliessen durfte. Und doch giebt es zwei trefl'liche Hilfsmittel, welche nur von der alten Topographie verschmäht worden sind: die Carta top. di Roma e dei suoi contomi von unserem Moltke (1845; 1:25000) und der Plan de Rome et des environs ä Fechelle de 1 pour 20000 (links in der Ecke:) leve par les officiers de TEtat Major et publie au Depot de la Guerre en 1856 revu en 1868. Namentlich letzterer gestattet durch eine Reihe von Höhen- angaben eine theilweise Darstellung der Hügel in Isohypsen und muss solange aushelfen, bis die zu erwartende Aufnahme des italienischen Generalstabs erschienen sein wird.

Indessen ist namentlich für die inneren Stadttheile auch damit noch nicht viel gewonnen. Um das alte Terrain,

Jordan, rOmisohe Topographie. I. 1. o

1 14 EINLEITUNG.

welches von einer ungefähr zwischen 1 und 10 Metern Mäch- tigkeit schwankenden Sdrattmasse bedeckt ist, einigermaßen zur Ansohaoung zu bringen, bedürfte es einer systematischen Verwendung der zahllosen Angaben über Ausgrabungen, des amtlichen Materials über die in Betrieb handlichen Wasser- werke, Strassenbauten u. s. w. zum Zwecke der Herstelhing ivon Terrainprofilen und Durchschnitten.

Diese Aufgabe zu lösen, wird nur den römischen Ge- lehrten möglich sein. Wir dürfen hoffen, dass auch sie yon R. Lanciani in Betracht gezogcm werden wird. Einstweilen ist derselbe seit Jahren mit der Eintragung aller neu^en Entdeckungen in einen vergrösserten Censusplan beschäftigt und hat tob dieser die Terratndarstellung zunächst aos- sohliessende Arbeit berehs yiel versprechende Proben gegeben ^^).

Es ergiebt sich aus dieser Uebersicht von selbst, wes- halb in vorliegender Arbeit alle Angaben über Entfernungen, alle Vei^leichungen der heutigen mit der alten Stadt, wo nicht besondere Umstände es anders verlangten, durchgängig dem amtlichen Censusplan entnommen, alle abgeleiteten Quellen unberücksichtigt geblieben sind ; es eiigaben sich au8 der Untersuchung Herrn Matzat die Regeln, welche ihn bei Anfertigung der beizugebenden Ueb^sicktsplane leiten mussten.

^^) S. LanciaDi's BericLt in den Atti dell' ac. dei Lincei 18. Juni 1976. Abschnitte des Plans im Bnllettino municipale.

ERSTER THEIL.

8*

#

§ 1.

LAGE, BODEN, KLIMA:

f

t

Die 'sieben HügeT Roms «Theben sieh wie die Bui^- hügel von FMenä, Antemna, Ardea und anderer alter An-- siedeiungea in mSssiger Höhe aus einer weltenförmigen Tom Tiber und seinen ZvMssön durchschnittenen Eb(»ie) welche in ihrer Breite von dem Fusse der Apcinninen bis zum tyrrhenisofaen Meere, etwa 30 r. Migiien im Mittel, in ihrer Länge von TeorFaema -^ wo das Völskergebirge Ins ins Meer vors{Hringend sie absdiliesst ^-> bis zu den nördlich ober Givita tecchia gleichfalls, wenn auch weniger scharf Grenze bildenden Höhen, w^enig mehr als 100 Migiien ifiisst. Diese ganze Ebene > verdankt, wk die heutige Geologie annimmt ihre Ekitstehui^ einer verhältnissmässig jungen valkaniscfaeri Hebung: ursprungtieh submarin, tauchte sie zu den Pfissen

^) Gniii<|lcigende AcbeH: Bracehi Qrilo stato fisico del stola di R^ni« R. 1820 (vgl. B^schr. 1, 45 ff.); die obife Darstelloag mas^ite sich (zun Theil wörtlich) den AnsfübruDgen des unter den jetzt lebenden ge- Btusten Kenners der "latinischen Geologie, Ponzi, anschliessen: s. hauptsächlich Sallo stato fisico del suolo di Roma, Giorn. Are. 1858 Bd. 155 »9 IVS. S. 28 ff.; S^rU naturale del Lazio, das. Bd. 158 >B 12, 104 ff. (diese u. a. Arbeiten beurtfaeilt azd ergaazi vmi Ratfa, Zs. der deutschen geol. Ges. 1866, 487 ff.); Storia £si^ca dell' italia centrale, Atti della reale acad. dei Lincei 1870/71 Bd. 24, 191 ff., Dci monti Mario e Vaticano, das. 1874/75 JNS. Bd. 2, 545 ff. öeber M. De Rossi's Arbeiten A. 2. 4.: die fibrigen (Fr. degli Abbati, iel soolo fisico di Roaia, Cosenza 1864, kenne ich nicht) scheinen voz PoBzi mehr oder weniger abhängig zu sein: auch P. Mantovani, in dem ZOT Orientimng brauchbaren Buch Desorizione della campagna romana, R. (Löscher) 1876.

118 THEILI.

des Kalksteingebirges der Apenninen auf, in ihren oberen Schichten bestehend aus vulkanischem Tuf, wellenförmig» wie sie heut dem Blick erscheint; nur wenige Steilen ragten über der durchschnittlich gleichmässigen Fläche um kaum 100 Fuss kuppenförmig hervor. Durch diese lockerge- schichtete Masse mussten die aus dem Apennin hervorbre- chenden Wasser, über welche wir unten genauer zu berichten haben, sich den Weg zu der neuen Meeresgrenze suchen. Sie schnitten ihr Bett wenig tief eia und lagerten an den Uferwänden die Gebilde ab, welche sie aus ihrem Ursprungs- gebiete mit sieh gebracht hatten. -^ In einer weiteren EiiOche schufen die vulkanischen Kräfte, gegen die Södgrense jener Ebene hin, die Tufschicht dorchbrechend eifte;n mäch- tigen Krater, dessen Ränder jetat den äussern Riag des Albanergehirges bilden. 'Erst taach dem Zuräcktreten des pliobenischen Meeres entiändete sich der laltinische Yidkaii, welcher ausserhalb der Meeresfluth brannte und seine ganz^ Bildung in der atmosphärischen Luft Vollzog. Wahrend d^ erste feuerspeiende Kegel wuchs, ergossen sich die Quater- narwasser und durchsetzten in ihrem hohen Niv^iu u^iit den Abspülungen der Berge die von dem Vulkan ausgeworfenen Massen. Diese erste Periode des iatinisohen Vulkmismus bildete den Ring der Berge von Tuseulom, Rocca Priora, des Algidus, der Hügel von Genzano, Ariccia, Albano, Marino und Grottaferrata' ^). Innerhalb dieses Kessels bildete sich in einer zweiten Periode ein neuer Krater, der Monte Cavi (954 oi. über dem Meere), in einer dritten eine kraterartige Einsenkung, der jetzige Albanersee (Spiegel 285 m. ü. d. M., Tiefe unge^ fähr 150). Zeugen dieser vulkanisdien Thätigkeit sind ausser der der Bildung des Vesuvs homogenen Kraterbildung die vulkanischen Ablagerungen und Auswurfe, und zwar aus der ersten Periode des sogenannten Sperone, welcher die Haupt- masse des nordöstlichen äusseren Ringes, besonders der Tuskulaner Berge, bildet, aus der zweiten und dritten (?)

>) So M. St. De Rosfti, Am. d«U' inst. 1867, 20, «of wekliea «ndlt Ponzi Atti 1874/75 Bezug Diuimt.

§ J.] LAGE, BOJMSNi KLIMA. 119

fks Peperino, bei dessen Entstekuiig, wie man anniinmt, die gewaltigen vulkanischen Regengüsse luitwirkte&t und welcher den wetüichen und südivestlichen Theil des Gebirges bildet. Die urspröngliohe Ausdehiktiiig :die8flr dem ktinischen Vulkan ent&taniBiendeti Gebilde ist nach nicht nit Sieberheit XU bestimmen. Für den Pcqiorin nimmt man einen Kreis mit dem Radius von. 7 Miglien an, für dtn Sftenone eine noch geringere Verbreitusg. Indessen haben sieh neuerdings in nachstet Nahe von Rom Ablagerungen einer dem Operone ganz ähnlichen Masse über dem Tuf gdunden Ceappellaccio' s. Einl. § 1 A. 6). Endlich kennt man zwei Ströme fester Lava, welche in südwestlicher Richtung bis in die Nähe Roms noch jetzt verfolgt werden können: sie endigen dei* eine beim Grabmal der Cäcilia Metella , der dmkä^e südlicher in der Nähe der via Ardeatina 4 Miglien Vor porta S. Paolo ^). Wir haben bereits gesehen (Einl. § 1 S. 5), dass das rer publikanische Rom sich des Sperpne un4 .Peperino zu seinen öffentlichen Bauten etwa bis in die Zeit der. Zersiöruug von Karthago und Korinth neben den submarinen Tufgebilden seiner nächsten Umgebung bediente erst nach dieser Zeit suchte und fand man in den Travertinablagerungen an der Grenze des vulkanischen Gebiets ein schöneres und besseres Material und dass es aus den mächtigen Lavasteinen seine Strassen gebaut hat.

Sind über die Folge der Hauptepochen der Bildung des römischen Bodens die Geologen einig, so sind sie es nicht über die absolute Zeitbestimmung des Aufbörens der Eruptio- nen des latinischen Vulkans^). Und gerade diese wäre für

*) Hierüber gceaB Tom Rath a. O. S. 533.

*) CoDtroverse zwischen Ponii ud^M. De Hossi^ besonders lebhaft verhaDdelt in dan Sitonngpen das lasfitut« vom J. 1871 (sw Bull. deU' i. 1871 8. 34—^); dan de« letzteren Utttersuchaasen über die palä- «tnologischen Fnnde von Latiu» besonders unter dem Peperin des Albaoerbarses, primo rapporto: Ana. d. i. 1867, 5 ff. aecando: tviorn» •rc. 1866 Bd. 203 » 68 JHS. S. 06 ff., terzo: Corriapondeaza >scien^ tIAca diRoflu, Dee. 1870 (mir anmgänglidi), quarto: Ann. 1871, 239 ff. De Rossi verftdkt die Fortdauer von Eruptionen in bisCorisoher Zeit

120 THBIL l.

/

uns von grosser Wichtigkeit, denn es knüpft sich daran die Fri^, ob auch auf dem Boden der Stadt Rom noch in historischer Zeit vulkanische Erscheinungen beobachtet worden sind. Schwerlich darf, wie neuerdings geschehen ist, der Stein- und Erdregen, welcher in der ZdA zwischen dem zweiten und dritten panischen Kriege auf dem Alhanergebirge und in Rom (aber auch anderwärts , . wie z. B. im Picener- lande) beobachtet und als Prod^inm proeurirt wird, als histortsches Zeugniss für Eruptionen eines Kraters des Albaner- berges gelten ^). Dagegen wurde es von entscheidender Wich-

gegen Poozi. Aber wie es mit seiaeo historischen Beweisen steht, er- giebt sich allein schon daraus, dass er in der weiter unten a. Abhand- lang über den Tiber init der Epoche der Landang des Aeneas als mit einer unverdächligen Ci rosse rechnet. Was die geologisdie Beweis* f üb rang anlangt, so glauben wiir ohne Gefahr Ponzi folgern , zu köanea. ^) Die oft aufgeworfene Frage bat zuletzt M. de fiossi Bull, dell' i. 1871, 50 ff. (vgl. S. 96) in dem oben angedeuteten Sinne beantwortet. Sie muss hier, wenigstens zur Sicherung der Thatsachen, genauer be- handelt werden. Der Steinregen (technisch lapide, lapidüms pluä, nidit Utpidan ; auch lapiäeo imbri phtä 30, 38, 9 und gar imbri Utpidaoü 43, 13, 4) findet sieb in den Büchern 21 45 des Livius^ also in eioera Zeit- raum von 50 Jahren, als Prodigium verzeichnet im Albanergebirge: zu Aricia 22, 36, 7. 35, 9, 4 zu Lanuvium 23, 31, 15. 35, 9, 4 (stre- paus daselbst beim T. der Juno 31, 12 vgl. 29, 14, 4); endlich in j4lhano nwnte biduum contmenter 26, 7, 7; in Rom: auf dem Aveatin (wo die Kakushöhle: A. 10) 22, 36, 7. 35, 9, 4. 38, 36, 4; auf der Seite ge^a den Gircus {in armäustro) 27, 37, 4; auf dem Palatin 30, 38, 9; in agro romano 44y 18, 6; in anderen italischen Gegenden (diese Stellen lasst De Rossi fort): m Piceno 21, 62, 6 CumisSO, 38, 9 (gleichzeitig Erdversenknngen in Velietri); Terraeinae et Jmitemi 37, 37, 3; Reate 43, 13, 4 in agro FeientiAi, 18, 6. Diese Stellen sollen also BrnptieiieA des Monte Cavi zwischen 536 und 586 beweisen? Natürlich findet sieh in der Königszeit das vorbildliche Beispiel für dies prodigium and seine Procuration: 1, 37, und eine Wiederholung desselben nach der Grün- dung des T. der Jano Moneta, p, Hmüe wtusto manUs jifbam predigi» (I) 7, 28, 1, sonst aber in der ersten Dekade kein anderes. Aos der zweiten Dekade hat Zooaras (aus Dio) 8, 12 ein soldies z. J. d. Si. 497 erhalten (in Rom, auf dem Albanerberge und anderwärts). Daza kommt nnn: Erdregen {terra pluü; zu Rom? aUquoties) 34, 45, 6; zu Amiternum 35, 21, 3; zu Aazimom 42, 20, 5; Blutregen {s€tnguifi€ p.) zu Rom auf dem forum boarium 24, 40^ 7, aaf der area Vulcani

{ 1] LAGE, HODEN, KLIMA. 121

tigkeit sein, wenn die Nachrichten sieh als zuverlässig her währteo, dass unter und in der obersten Peperinschicht in der Nähe von Albano und Ariocia, wie alte Grabstatten nebst rohen Th<mgeOissen so eiaige Eiemplare der römischen Libraiasse sich gefunden haben ^). Denn wenn mit Mommsen die Einfuhrung dieser Münze in die Zeit der Decemvirn m setzen ist (viel früher aber kami sie schwerlich angenommen Verden^), so würden die letztes Aschenregen aus einem der albanischen Krater nach dieser Zeit anzunehmen sein: die Akten sind über diese Frage noch nicht geschlossen. Wäre dem so, so würde immerhin, was audi dagegen gesagt wor- den ist, das völlige Schweigen der (Jeberlieferung über ein solches Ereipiiss (wir rechnen, wie gesagt, den Stein- und Erdregen nicht hierher) kaum verstandlich sein, noch auf* fallender, dass, wenn his in die erwähnte Epoche wiederholte Ausbrüche stattgefunden hätten, weder von einer Zerstörung irgend einer der zahlreichen Städte und Ortschaften im Ge- biet des älbanisdien Vulkans jemals die Rede ist, noch in den Religionsvorstellungen und Gebräuchen, soviel wir sehen

(Concordiae) 39, 46, 5. 56, 6. 40, 19^ 2 wie später anf dem co- Butiam oBd der Graecostasis, d. h. ebenda. Obs. 24. 37. 31 ; za Gdes 24, 40, 7; zu Satarnia 42, 20, 5; MilchregeD (lade p.) zn Pri* ▼enutm 27, 11, 5, später auf dem eoraitiom Obs. 43. Es ist öbri- Seas leieht zu sekea, das» in der ganzen ersten Dekade absesdien von so angeBrällis juagev Efflndansen wie 1, 37. 7, 28 eigeiiüiehe pro- ügia wie sie in der 3. 5. Dekade aas gleieh^eitigen Aufzeicbnon- gea überliefert s)ad, nicht vorkoaunen. Vgl. fiinl. § 2 A. 3 und oalea A. 46.

*) Dies veraalasste die A. 4. angegebene Ceatroverse. Den ge- aaaesten Bericht über die einzelnen Funde (von 1819, 1848, 1865. 1868 aas der Gegend von Albano, Ariocia, Genzano, Givita Lavigna) steht bei De Rossi Ann. 1871, 260 ff. Die Aussagen sind unverdächtig, die allgemeia gehaltenen Zweifel Ceseilis Bull. S. 46 unberechtigt: freilich aber ist weder De Rossi noch sonst ein Geologe Augenzeuge gewesen.

^) Mommsen Müazw. S. 174ff. Dass die Münztypen der Librai- asse aus hunsthi^orischen Gründen nicht höher als in das Bnde des & Jahrh. v. Chr. gerückt werden können, hob fielbig Bull. a. 0. S. 38 f. hervor.

122 THEIL L

können, die rttlkanisehen Mächte sich verkörpert haben, wie dies in anderen Gegenden, in denen die Vulkane noch thätig waren, der Fall gewesen ist*). Indessen, wenn auch Eruptionen nicht mehr stattgefiinden haben, so können doch andere vulkanische Enscheinungen , Wie Erderschütteningen, Hervorbrechen heisser und schwefelhaltiger Qndlen, plötdiche Versenkungen und Spaltungen des Erdbodens fortgedauert haben, wie solche noch bis in die neueste Zeit in der Nähe der Stadt vorgekommen sind*). Unleugbare Beweise liefert dafür die Geschichte aller Jahrhunderte, namentlich für die Erderschuttemngen. Auch mögen auf vulkanische Kräfte mit Recht gedeutet werden: der dampfende Schlund des Teren- tum auf dem Marsfelde (nahe dem Fhiss), der feuerspeiende Cacus in der Höhle am Aventin, auf dem römischen Forum die plötzlich entstandene Erdspalte, in welche Curtius sich hineinstürzt; die heisseri Quellen, die aquae lautuloBy in der Tiefe der Subura nahe dem Fofum, welche noch in histo- rischer Zeit vorhanden waren ^% Aber noch einmal ist hier her-

^) So auf deu grriechischen Inseln und in Grossgriecbenland. Der italische Vuhanus und das Fest der Folcanalia haben nichts mit den 'vulkanischen Kräften' zu than. Vgl. die f. A.

*) S. Ponzi Sulla ernzione solforosa u. s. w. in den Atti deU* ae. p«Bt. dei noovi Lineei 1857 (welche Schrift ich nnr ans den Referat von Ratfas a. 0. S. 507 IT. kenne). Am Südabhange des Sorakte stürzte unter Bädh« tigpeu DetonatioBen, Emporschleodera von £rd- und Wassermasaen und Schwefeldunst ein bedeutendes Stück des Bodens ia die Tiefe, also fthn- Hob wie die Prodigien von Velletri beriditen (v. J. 552 Liv. 30, 38, 9): in VeUlemo agro terra ingentibus eaoemis consedit srboretquein j^rojkn^ dum kaustae nnd (556 L. 32, 9, 3): terra Fdäris triam iufferum spatio cavema ingenti desederat, Wohl zu beachten ist dass die Annahme der locus Curtius sei im J. 392 durch eine ähnliehe VeraolassiiDg' ant- standen von Livius selbst als eine Hypothese bezeichnet wird (7, 6 vgl. Tb. IL).

i<^) Beispiele für Erdbeben Liv. 34, 55. 35, 40 Obsequent 68 (12S); Annalen v. J. 443 p. C. (Mommsen Chrooogr. S. 665); im Mittelalter 1349 (Fea Bovine 364) u. s. w. Heisse Quellen: Claasen Aeneaa S. 771 f. lieber das solum fumans des terentnm, die Cacushlfhle am Aventin (aaf dem Aventin regnet es Steine: oben A. 5) and den lamu Curtius s. Mars- feld, Aventin, Forum. Mefitis (auf dem Cespius, Fest. 351, d. h. bei

§ 1.] LAGE, BOMEBN, KLIMA. 123

vorznheben, dass, während der Kultus der QueU- und Wald-^ gött«r auf dem rdmi^chen Boden «in sehr< verleiteter iet, vulkaniaehe Micihte, Feste oder Subnungen zu deren 9e-* steftigung nicht 2um Yorschem kommen.

EntedieideBd und «maassgebend für die Gestaltung des Bodens wie der Knlturentwickelang der alten Stadt ist der Strom mit den ia ihrem Bleich einfaßenden Zuflössen. Wie die Stedt ihn sich durch Kunstbauten aUmflhlich dienstbar 2u machen gewusst'^hat, wird später gezeigt werden: hier haben wir es mit seiner ursprünglichen Naturgewalt zu thun^^)- Der ^Bergstrom' das ist wahrscheinlich die Bedeiitttog des Namens dieses Stroms, Tiberis^^) iritt in der NShe ton OrHelo aus dem Felsengebieit der Apenninen

hervor, nimmt seiftai Weg längs dclr Grenze der vulkanischen

i.iiii I

S. Padenziaoa, s. Th. II, Esquilio) wird wie bakanot an zaklreichea Orten Italiens, wo sich Schwefelquellen finden verehrt (Preller Myth. 522 f.). Mit der Febris hat sie "nichts in tSinn: unten S. 143 ff. (Jeher die aqtuut htuMae einstweilen melee Bemerktini^ett Hermes 4, 233 und M. Be AoMi In Visomitis ond Laaoianis PldatiBo 6. iO.

^1) Bie älteren Schriften über den Tiber verseiehnet PreUer 'Rom und der Tiber', Abh. d. säehs. G. d. W. 1^48, 131 ff. 1849> 134 ff. Fnndamentalwerke : Tonini, 11 Tevere incatenato R. 1668 (darin ein Verzeicbniss der Ueberschwemmungen) und Gamberini und Chiesa, Delle Mgioai e de' #emedj dell« inondaziont del Tevere n. s. w. Fi. 1746. Uebersiefat den 'neuesten I^ltterator im Boonaretti 1^71. Uueire Dar^ Stellung fosst besonders auf Ponzi, Storia (seelogiisa del Tevere« in Giorn. arc. 1859 Bd. 164 c^ NS. 18, 129 ff.; Aubert, Roma e I'inon- dazione de! Tevere, das. 1868 6d. 211 := NS. 66 S. 142 ff. und die Benrtheilnng dieser Schrift von M. de Rossi !n den Atti dell'ac. pont. dei nuofvi Linced 13. Aog. 19T1 (Se^ratabsivg).

*') Daae Tühians wie Tib-ur eineraeits (trotz der verschiedenen Quantität), Tif^rnum und Tif-ata andererseits mit dem von Varro (de re r. 3, 1 6) bezeugten sabinischen Ortsnamen Tebae zusammenhängen, ist sehr wahrscheinlich : nicht so zweifellos dagegen wie Corssen (Krit. Naehtr. 201 f. Ansspr. 1^ 162) annimmt, dass Varros Erklärung tebae=^ coäes daa riehlige triHt. Die Herleitndg von dem etmskisehen Kirnig^ Tkebarü, dem aieiUsdren Tybris, und dem KSbige Tiherinus (s. beson- ders Varro 1. 1. 5, 30 Serv. Aen. 8, 332), können hier enf sich be- ruhen. Das hohe Alter des Namens steht fest: er kam in den Augnral- büchern vor (Cic. de mt. d. 3, 20).

124 THEIL L

Ebene und wendet sich in der NShe des Soracte südwärts, um in einem Lauf von nngefShr 30 Miglien dasselbe zu durchschneiden. Schon in seinem oberen Lauf durch zahi^ reiche Zuflüsse, besonders den aus den toskanischctn Bei^fen herabkomraenden Flüssen Clanis und» Pallia verstirkt, nioimt er auch in der Ebene deren mehre, rechts besonders die Cremerar links die AUia und den Anio, im Gebtete dier Stadt selbst einige kleinere auf den Hohen des AQiaaerge* hirges entspringende Bäche auf (s. unten). Er windet sich jetzt in fortwährender Schlangenlinie durch ein im ACttel etwa 1^^ Miglien breites Thal, dessen meist schroff, oft senk* recht abfallende Ränder sich in ziemlich geradoi LinieD in einer Durcbsdinittshdhe von etwa 30 Metern über dem heu* tigen Flussspieget hinziehen. Erheblich erweitert sich das Thal erst (bis zu 6 und mehr Miglien) einige Miglien unter- halb fiom. Es ist von den Geologen daraus geschlossen worden, dass der aus den Apenni.nen hervorbrechende Strom zuerst in der Breite des heutigen Thals mit reissender Ge- walt seinen Lauf dem Meere zu genommen und Badi Auf- nahme der bedeutenden Wassermassen, welche ihm der Anio aus dem südlicheren Theil des Gebirges, ebenfalls die vul- kanische Ebene durchfurchend zugeführt hatte, mit ver- doppelter Kraft seinen Weg fortgesetzt habe. Einen grossen Kreis bis zu den Füssen des Monte Mario beschreibend, er- weiterte er nun sein Bett bedeutend. Aher zwischen dem Aventin und Janiculum schien die Bahn sich ihm zu ver- engen : so kam es, dass er nach Süden einen Seitenarm ent- sandte, welcher getrennt von dem Hauptstrom seinen Weg suchte. Die Reste der so zerschnittenen Tufmasse ^hlieben wie Inseln im grossen Strome stehen: es sind das Kapitol, der Palatin und der Aventin'^**). Aber diese Breite des Flusses war nicht von Dauer: er trat aus seinem ursprünglichen Bette, dem nunmehrigen Thal in sein heutiges zurück.

Wenn wir die Richtigkeit dieser Ansichten unsrerseits dahin gestellt sein lassen müssen, so ist doch wiederum zu

»<') So Ponzi Atti delP ac. dei Lincei 1874/75 S. 564.

1.] LAGE, BODEJV, KLIMA. 125

bestreiten, daas bei den Bevölkerungen, deren Ansiedelung auf den sieben Hügeln wir zu besprechen haben, sich irgend eine Ueberlieferung, sei es aber jenen uraprungliehen Zustand, sei es über das alloiähliche Zurücktreten des Flusses in sein heutiges Bett erhalten bat Da die entgegengesetzte Au^ fassui^ noch immer einer Missdeutung alter Zeugnisse über die Beschaffenheit der Stadt jw den Tarquiniern als Grund- lage dient, und selbst von der geologischen Forschung zum Zweck der Zeitbestimmung der oben geschilderten Biidungs- epochen yerwendet wird^'), so haben wir dieselbe einer genauen Prüfung zu- unterziehen.

Zunächst sind alle Schlüsse, wdche aus ein^ angeb* ^ liehen, im Lauf der geschichtlichen Jahrhunderte noch er- 'kennbaren grossen Veränderung des Klimas gezogen werden, hinfällig: diese Veränderung selbst ist, wie unten gezeigt werden wird, in dem angenommenen Grade unerweislich, ja unwahrscheinlich. Nicht zum geringsten Theil aber beruht jene Annahme grade wieder auf d«r Meinung, dass uns un- verdächtige älteste Zeugnisse die Natur des Stroms, was Wassennasse, Farbe und Gewalt anlangt, Yöllig anders dar- stellen, als er den Römern der Zeit des Augustus und den heutigen erscheint. Wenn nebmlich in den priesterliphen Ge- beten, deren hohes Aher nicht bezweifelt werden darf, der * Bergstrom' mit den Namen 'Sage' und * Weissstrom' be- zeichnet wird, so wird in jenem ein Zeugniss fQr die Er- innerung an seine thalbildende Natur, in diesem für die Er- ianerung an seine das Schneewasser der.Apeoninen in der Breite des heutigen Thals an der Stadt voruberwälzende Ge- walt erblickt: beide Namen sollen auf den 'gelb' dahin flies- senden Strom nicht passen ^^). Indessen alljährlich 'sägt'

^) Selbst PoDzi, von fiath n. a. Fachmäooer stätaen sieh «af die ta^lieken IristoriedieD ZeopiUwe: am w^testea geht Ib deren oakri- tischen Benatznng M. De Hoasi.

^^) Verg, Aen. 8, 62 ff.: ßg^o sumplaio quem ßumMe eentu strin- gentem ripa» et pmgtda cuUm seeantem, omemlmt Tylni» eaelo gra- Utsimus amnis, dazo Serv.: ^strmffentem ripa^, radentem immimentem, Nam hoc eH Tihetini ßuminü "proprium adeo ut (tb anäquis Rumon

I

126 THEIL I.

der Strom noch heut die bröckeligen Uferränder an, wesn die starken Regengüese ihn piötzlicfa bis zu £Mt. 7 Metern aber seinen mittleren Stand (unten) ansehweilen machen, und seine dann wie Gebirgewasser dahinjagenden Flathen erschei- nen in der That nieht blos gelblich, sondent 'weisslich' wie der Schaum. -^ Viel wiehtiger erscheint auf den ersten Btick die Behauptung der Alten, dass zur Zeit des Romuius das Forum wie das Marsfeld Sämpfe, das Thal des Cireus und die. Tiefe zwischen Kapitel und Palatin Ton (tea Wastem des Flusses bedeckt gewesen und mit Nachen befahren worden seien. Allein diese Vorstellung, welche ja auf sohriftiicher UeberiieferuBg nicht beruhen kann, ist lediglich her^usge- spönnen aus unrichtigen SchlQssen und frischen Etymologien. Der Uh^us Curtius auf dem Forum wurde gegen den un* zweifelhaften Sprachgebrauch des Worts zum 'Teich', das VelaJbmm musste vom Kahnfahren (a veketido^ seil. Uniribui)^ der Germalus von den angespülten Zwillingen (a jjrermanti), der Yertumnus an der Ecke des Velabrum und der Tuskergasse von der dort erfolgten Umkehr des Hochwassers benannt sein^^). Den Anlass zu diesen Etymologien gaben die Thal«^

dicttis Sit quasi ripas rtiminans et exedens . in s actis gtiam Serra di- eebatur . , , in aliqtta etiam urbis parte Terentwn {taiymiuin Dan.) dMtut 90 quod ripaw terai. DtEu käme nook FoMurmts, wenn MoAimseii 4i« FoUmmaUa (27. Aigr« CIL 1 S. 400) richtig gedeutet hätte, was ich hezweifle, (über den ebenfalls höchst zweifelhafleo Rumon s. § 2), aber schwerlich Albula: Verg. 8, 332 amisä verum vetus AÜnda nomen. Dazu Serv.: onHquum hoc nomen a colorehabuü nod so Festns Aqsz. S. 4. Anders Varro I. I. 5, 30 (s. A. 12): stmi qui Tiberim priseum nomm Uitinum Albulam vwUmtwai Utteris prodiderunt. JSs scheint hiernj^h nicht, dass die heiligen ßächer den Hainen enthielten^ sehr möglich aber (A. 30), dass derselbe überhaupt miss verständlich anf den Tiber bezogen worden ist nnd ein Flnss im Stromgebiet des Tiber j4lb€L^ AWuSa hiesB, dessen Personifikation der jttosis {—^ AUi^nsis) pater der Ittsehr. £pb. cp. 2, 198 wäre. Die gewöhnliche Farbe des innerhalb der Stadt immer strndelreichen Flusses ist. allerdings gelhlieh (JUams Tiberis Her. C. 1, 2, 13. 2, 3, 18 vortidbus rapidü el tmuUaJUnms Aarena V. Aen. 7, 31), indessen widerspricht dies sewenig dem aßms wie dem ctfendeus (eben).

") Der Atentin, sagt Varro 5, 43, war von den übrigen Bergen

1.] LAGE, ßODBN, KLIMA. 127

Sachen, dass das Thal des Cireud wi^ die Tiefe zwischen den Hügeln, dem Palatin und Kapitol an kleinen Wasserläufen reich waren, wie sie es noch sind, welche. man durch Kunst* bauten später reguürte, und dass die höchsten Stande des Tiberwassers bis in die Stadt hinein Yerwästungen anrichte* len, wie noch heute. Diese Thatsachen rechtfertigen aber in keiner Weise jene Schlusafolgerung: am wenigsten die auch noch j^tzt vielfach als Grundpfeiler derselben betrachtete Anlage der grossen Kloake; deren Bestimmung vielmehr, wie sich später zeigen wird, nur gewiesen sein kann^ das Centrum der Stadt vor den in diese Tiefe peariodisch von den Bergen zusammenströmenden Flutben und den periodisch steigenden Grundwassern zu schützen. Wenn hinzugefugt wird, dass man ja noch später zum Palatin wie zum Emporimn auf Stufen heraufgestiegen sei, so mag das als ein lehrreiches Beispiel gelten, wie die einmal irre geleitete Phantasie auch die unverfänglichsten Dinge zu missbrauchen verstand. Es Ueiben also nur die falschen JEtymologien und die falsche Schlussfolgerung übrig und jene Zeugnisse der alten Schrift* steller beweisen nichts ^^). Ebensowenig ist es erweislich,

foMi&us dtsditstt» . iUtque eo esv urbe advehebantur raUbus » cutus ves* tif^: quod ea, qua tum aqua, dUsituf Feiabrum (so die Hs. richtig: die Bd. 2, 600 rorg^escklagene Aeiideraof^ ist iiberflüsng), et unde escBndebani ad infimam (ßmam die Hs.) novam viam loetu t sacellitm labrum a ve- hendo (locus saeer . Fdabrum a v. Tnriebas, sehwerlidh richtige, vgl. § 2 A. 40). vekfturam facere eUam rmno dicuniar qui idmereede faciunt (f 2 A. 71). Ders. § 54: Germ^Uum a §^ermatdt Rmnulo-et Remo quod ad ficym. rumtnalem et ii ibi invetitiy quo aqua hiberna eos detulerat, Ders. § 156 {aqum Umhdae, oben S. 122): ab hie (?) paku fuä in minere VMfrO) a quo quod ibi vehebantar Unträms Felebrum ut illud maius de quo supra dictum, I>ers. § 149 (naeb Piso) über den lacus (hrtius: leeum ptdustrem qui tum fuit in foro antequam doacae factae sunt, Nicbte anderes lehren die Späteren (Sehwegler 1, 673 A. 3). Ans Varro slammt die von Ovid F. 6, 403 Prop. 4, 2, 18 überlieferte Ety* molegie Fertumnue a verso amne* Auch die porta Flumentana wird Merhergezogen: § 3 A. 4*

^) lieber den Aufgang zum Palatin s. § 8 ; über den Kloakenban f 4. 7. --' Kaum der £rwiUiBung wertb ist die f€du4 Capreae im Mars- felde: 8. unten A. 30.

128 THfilL f.

dass die noch jetzt alljährlich eintretenden und in grösseren Zwischenräume eine bedeutende Höhe erreichenden lieber* schwemmungen noch bis ins Mittelalter hinein die heulagen höchsten Wasserstände überstiegen, in kleineren Zwischen- räumen sieh wiederholt haben, und auf eine der heutigen ausserordentlich überlegene Wassermasse schliessen lassen. Vielmehr zeigen dieselben bis hinauf in das 6. Jahrhundert der Stadt (aus früherer Zeit besitzen wir überhaupt keine zuverlässigen Beobachtungen) im Wesentlichen dieselben Er- scheinungen wie beute : doch kommen wir auf diesen Beweis weiter unten (A. 25) zurück ^^).

^') Ueberschwemmangen in den Livianischen Annalen: keine io der 1. nnd 2. Dekade (soweit man nach &tü für die Prodigien meist ge- naoen Ansseiireibeiii urtheilen kann ausser der die Ümgebanif von Veji verkeereBdea 4, 49, 2); in der 3. im J. 539 (24, 9, 6 eoanno)-, 552 (30, 38, 10 Circo inundato); 561 (35, 9, 2: Tiberis loca , plana inun^ davü circa portam Flumentanam etiam conlapsa qiiaedam ruinis sunty zum zweitenmal c. 21, 5: infestiore quam priore ifnpetu inlatus utbi duoM pontei, aedißeia muUamaxime circa Flumentanam por- tam evertit); 565 (38, 28,4: T. duodeei0ns campum Martium planaque urbi^ tnundavit). Aus dem 7< iahrh. ist mir keine bekannt. Die folgenden (z. Th. bei Friedlander Darst. 1*, 30): J. 700 Dio 39, 61 m0J€ iv naai fikv rötg mSCui^ lot^ %v t^ ftorrci ov9i loea plana TieXayCaat, Einsturz von Hausern, Umkommen von Menschen. Was Cieero ad Qttiotum fr. 3, 7 berichtet, dass die Gegend vor der porta Capena und pitcina ptMca überschwemmt worden seien, besieht sieh auf das gleichzeitige AosehweUen des ALno: Bd. 2, 106. 710/711 (? nach Caesars Tode, Hör. C. 1, 2 . . ire deieetum mwummUa regit templaque Fegtae^ Franke Fastl Hör. 143 ff.); 727 (Dio 53, 20: n§Xayiaag näaav rriv iv wms mdiots 'Piof^riv)', 732 (Dio 64, 1); 741 (Dio 41, 25: zun Theater des Balbus konnte man nur «uf Kähnen gelMgen); n. Ch. 4 (Dio 55, 22, 3 o T. ti^v n yi<pv^av xat4ov^$ xal nltat^v li^v noUv inX kntä ffin^Qas inoiiiOf)', Anfidius Bassvs [?} Gassiod. Chroa. z. J. 5 {per- dies octo). Auch in der Folgezeit kommen unter jedem Kaiser Ueber- schwemmungen vor (vgl. Friedlaender Darst. a. 0.). Der stehende tech- nische Ausdruck scheint loea plana urbis inundavit zu sein (auch Tac. A. 1, 76). Bemerkenswerth nur J. n, Chr. 69 Tac. Hist. 1, 86 . . proruto ponte sublicio ac strage obstantis molis refUsut nofiimodo iaeenäa {adiacentia Ritter; doch wohl patmtia) ei plana urbig loea *ed etiam secura eius modi casuum implevity und Plut. Otho.4, 5: TioXh fAi^giijs noUtuSj nXetOTov S'iy ej tov inl n^naei diantolovai aXroVy d. h. die porticus

i ].] LAGE, BODEN, KLIMA. 129

,h Wir gelangen also auch von die&er Seite her zu dem tesultat, dass keine Zeugnisse beweisen (Hier auch nur wahr-« ^eiDJich niachen, dass diejenige Bevölkerung« mit deren fsiedlang wir uns beschäftigen, auf den sieben Hügeln den ten Akt jener grossen georgischen Entwickelung mit an* jehen habe, deren Epochen die heutige Naturwissenschaft ']estellt zu haben glaubt. Damit wird nun freilich nicht iugnet, dass in der Zeit, über welche geschichtliche Kunde erhalten hat,: durch kunstmässige Regulirung der Wasser- Jfe Sümpfe in der Niederung trocken gekgt worden sind dass der mittlere Wasserstand des Flusses sidi verändert »en kann. Ist jenes an sich glaublich, so wird dieses um ^wahrscheinlicher, als auch die Kästenbildung an der Mün- l^llg des Flus&es sich in grossem Maassstab verändert hat und mV^ jetzt verändert, dei^es^talt, dass alljährlich eine Xn^ •1^1^ von durchschnittlich 9 Metern stattßndet. Es

tinit Recht bemerkt worden, dass mit dieser Anschwem- ig jedesfalls wieder eine Erhöhung des Flussbettes in '"liibiDdung stehe, welche auf die Veränderung des mittleren ^ Jßserstandes wahrscheinlidi eingewirkt habe^^). Man meint

jncia wie Preller Reg. 168 unzweifelhaft richtig bemerkt, da von " Aerschwemmungen der korrea vor porta Trigemina, an die sonst za ^ Men wäre, nie die Rede ist Es ist hiemaeh iilar, dass wie hevttü^ "ü^ ^^ ^^^ ^^ Mittelalter (genaue Besohreibuogen im Liber pontifi- ^fSs: Hermes 2, 78 f.) regelmässig das Marsfeld überschwemmt wurde '^' 'H die Wasser an den Barrieren des Capitols sich brechen : äusserst '^Jen überflutheten sie Theile der inneren Stadt (552; 710. 711? und die illiogslegende oben A. 15), worüber weiter unten, wo von der Höhe des * bserstandes die Rede ist. Periodisch häufigere Ueberschwemmnngen ^fc; Mittelalter) beweisen keine wesentliche Veränderung des Flusses. 1^1 18^ D^P g^iQ Hafen von Ostia liegt von der heutigen Mündung des '*'Bsse8 fast 4 Miglien, der Hafen des Claadios and Trajtn von der > ^Bidaag der ^fossa Trmam fast 2 Migliea landeinwärts. Wenn M. '^Rossi in der A. 11 a. Abhandlung berechnet, dass bei der Ankunft ^ p Aeneas der Tiber ungefähr 7 Miglien Vioa der heutigen Mündung Meer fiel vnd auch dies zu den Beweisen der damals noeh nicht '^Abschluss gelangten Qnaternarperiode rechnet, so bedarf das keiner ^ Verlegung« Ueber die heutige Durehschnittszifier der Anschwem- ^■Dg Lanciani Ann. 1858, 153 (3, 10 M. bei Fiaaicioo fQt9^ Jordan, rOmiache Topogr»phie. I. 1. v

130 THEIL I.

aber för das Steigen des Wasserstandes sichere Beweise zu haben. Einmal nämlich scheinen die Uferbauten am Empo- rium, welche der Zeit Hadrians angehören, auf einen um 1 Meter unter dem heutigen stehenden mittleren Wasser- stand berechnet zu sein, ferner hat man bemerkt, dass die sämmtlichen kleinen Quellenläufe, auf die man bei Ausgra- bungen und ßauten häufig stosst, höher liegen als das Niveau der alten Strassen; endlich hat man schon früher darauf auf- merksam gemacht, dass der älteste Bau, die grosse Kloake auf einen viel niedrigeren Stand des Tibers, als der heutige ist, berechnet war^^). Die Richtigkeit dieser Behauptungen zugegeben, wird sich ein sicheres Urtheil Aber die angebliche Veränderung erst fällen lassen, wenn wir, soweit dies nach dem beutigen Stande der Forschung möglich ist, die hypso- metrische Gestalt des alten Stadtbodens selbst an der Hand sicherer Thatsachen erörtert haben werden.

Die Veränderungen, welche mit dem alten Boden seit dem Ausgang des Alterthums, ja zum Theil im Alterthum selbst vorgegangen sind und welche daher bei jeder topogra- phischen Frage in Betracht gezogen werden müssen, sind an einzelnen Stellen nicht unerheblich. Nicht allein ist es be- zeugt, dass im Alterthum durch Brände und Neubauten der Boden aufgehöht worden ist, und einige Funde übereinander liegender alter Pflasterungen bestätigen dies^^), sondern die Trümmer lehren auch , dass seit dem Ende der Republik durch ausgedehnte Bauten kleinere Einsenkungen der Hügel überbrückt, künstliche Terrassirungen an den Hügelrändern

Traiani, 9, 02 an der Flassmündung). Vgl. Gaoevari in der unten a. Relazione S. 43 ff.

^^) Ueber das Emporiom Brozza bei M. De Rossi a. 0., vgl. § 7, über die Quellen Aubert in der A. 11 a. Abhandlung; über die Kloake unten und § 7.

'°) Frontin. de aquis 1, 18: nam et colles sensim (so Bücheler: colUsi sint die H.) propter frequentiam ineendioruni excreverunt rudere, Erhöhung der Area am Tempel des Divus Julius um M. 0,50: Jahres- bericht 1876, 175. Das Pflaster des Macellum Liviae liegt erheblicli Über dem älteren Strassen pflaster.

S 1.] LAGE, BODEN, KLIMA. 131

hergestellt, hinderliche Höhenzüge durchbrochen oder abge- tragen worden sind^^). Dazu kamen nun die Zerstörungen des Mittelalters besonders seit dem 10. Jahrhundert (Einl. § 2) : ganze ' Berge ^ in deir Ebene gegen den Fluss, wie der Monte Giordano und Monte Citorio, verdanken ihre Ent- stehung nur dem Zusammensturz antiker Gebäude, wie der Monte Testaccio der Anhäufung von Gefässscherben aus den nahen Magazinen des Emporium; die von der Höhe der Hügel herabstürzenden Trümmer begruben die Abhänge der Hügel unter mächtigen Schuttbergen, welche dann die jahr- hundertalte Vegetation in grüne, scheinbar natürliche Berg- lehnen verwandelte. Allein alle diese Veränderungen sind natürlich nicht im Stande gewesen, die Physiognomie des Terrains der Stadt wesentlich zu verändern. Wer heut auf dem Dache des deutschen Hauses auf dem Kapitol, also un- mittelbar vor der Front des einstigen Jupitertempels seinen Standpunkt nimmt, dem liegen gegen Osten und Süden die dort allmählich in langen Linien ansteigenden, hier durch scharf geschnittene Thäler getrennten sieben Hügel wesentlich in denselben Profilen zu Füssen, wie dem Beschauer zur Zeit des Augustus; und gegen Westen schliesst sich das Bild heut wie damals durch die burgartig ansteigende, mäch- tigere Erhebung des Janiculum. Besser als jede Beschreibung es vermag, werden folgende Zahlen die Gestaltung des Terrains veranschaulichen **),

*i) Gemeint sind die Ueberbrückang der Einsattelung des Palatin, eine ähnliche des Qmrinal und die an den meisten Hügeln, z. B. am Vininal noch jetzt erkennbaren Untermaoemngen , welche Gärten und HÜQser getragen haben, worüber Th. II.

>*) In Ermangelnng einer den heutigen Anfordernngen ganz ent- sprechenden kartographischen Darstellnng, stützen wir uns, was die hypsometrischen Messungen anlangt, hauptsächlich auf die im § 3 beur- tbeilte franzSsische Generalstabskarte (1856), und die zu dem Atlas der Relazione Canerari (1874, vgl. unten) gehörige Terrainkarte der Cam- pa^aa (fol. 6). Dazu kommen die älteren Messungen von Shokburg, Sehonw und Calandreili (entlehnt aus Brocdu Stato fisico S. 211), Conti und Ricchebach (in der S. 1 10 A. 60 a. Schrift) und einige wenige

9*

132

THE1L I.

1. Erhebungen des linken und rechten Ufers.

Meter Über d. Meere

nach d. franz. Plan

(*) u. a.

Quirinal. . . PörU Salara 66*

' Servianische ' Mauer in den Gärten des Sallust 69*

Plateau der Diocletiansthermen, wahrscheinUch ursprünglich 60 + 7 67 Canevari

Alte Strasse bei denselben . . 60

Wasserbehälter an der Sud- seite 57

Hof des Kgl. Palastes (wahr- scheinlich wenig über dem

alten Niveau) 48 Calandrelli

Viminal. . Terrassenniveau nahe der Strasse

Quattro Fontane 54*

Esquilin . . Serviuswall in Villa Negroni . 67 Schouw

Fussboden der Kirche S. Maria Maggiore 54

Niveau der Wasserleitungen Anio vetus Anio nova (s. § 7) 45,68 65,0

Altes Pflaster unter Porta S. Lorenzo (s. § 7) 47,80

Platz vor S. Pietro in vincoli (?) 46* Caelius . . . Platz vor S. Stefano rotondo 48 Calandrelli Aventin. . . Sudliche Höhe bei S. Saba . . 37*

Nördliche Höhe bei S. Alessio 46*

Beaere bei Gelegenheit der Nenbaoten «nf dem Esqvilin gemachte (Ca- nevari io den Atti della r. ac. dei Lincei S. 2 VoL 2. 1874/75 S. 419). -^ Uebrigens will ich nicht verhehlen, dass die anf der fhiazosischea Karte eingetragenen abgernndeten Zahlen (in Meter) wie mir scheint, zum Theil nicht anf eigenen Messaogen berahen, sondern ans dea Siteren (in Par. Fass mit Decimaleo) übernemmen sind. Ueber den Fhus 8. A. 23.

§1.]

LAGE, BOD£N, KLIMA.

133

PaJatin . . .

Kapitol . . .

Höchster Punkt, Nordseite des

sog. Palastes des Domitian . 52*

Höhe von S. Bonaventura ... 52 Calandrelli

Westliche Ecke der Rupe Tarpea 46 Shukburg

Boden der Kirche Araceli. . . 49 Calandrelli

Janiculum . . Höhe von Porta S. Pancrazio . 84* Yatican ... Bei Porta Pertusa 62*

2. Thäler, Niveau M. über dem Meere.

heutiges.

Platz bei S. Anastasia (ebenso Strasse S. Paolo unter S. Saba, nur 2 3 M. niedriger Ebene am Monte Testaccio , Via della Salara) 21

altes.

Strasse längs des Circus 54 Palm unter der Kirche, also ca. 2 1 12 (BulLdeiri. 1863, 113) 9

Pflaster des VJaous qua- drifrons' (Scaccia) . .11,7

Forum an der Phokas- Säule 11,8

'Pflasterhöhe' desBasa- ments des Rundtempels am Tiber (Scaccia) . 13,2

Tullianum (s. § 7) . . 16

Piscina publica 3 A. 60) 17 ,

Area des Colosseum: höchster Punkt des C. 71,18 u. d.M. (Conti u. Ricchebach), Gebäude 50,54 (Desgodetz) . . 20,64

Summa sacravia(Titus- bogen) 28,99

134

THEIL I.

Piazza di Venezia (= mitt- lere Höhe des Corso nach Shukburg's Mes- sung) 15 *

Pflaster in der Gegend der Minerva Via S. Ig- nazio 6 M. unter heu- tigem Boden (hs. Rap- porti della Sopraint. 22 Aug. 73), also etwa 15 6

Pantheon: Kuppelhöhe nach Conti u. Ricche- bach 62,0 ü. M., über dem Fussboden (Des- godetz)44,2.Unterbau, 6 Stufen? Also Platz vor dem Pantheon 62,0 bis 44,2— X . . l7,8-x

3. Der Fluss"). Wasserstand des Jahres 1871/72.

üeber Meereshöhe.

0 des Pegels bei Ripetta 0,97

Jahresdurchschnitt :

niedrigster Stand des Wassers über 0 . . 5,68 6,65

*') Ausser den ältereo Arbeiten (A. 11: leider kano ich jetzt die- jenige Liootte's im 2. ßde. des Giorn. arcadico nicht mehr einsehen) vgl. die Beobachtungen bei Canevari (A. 32) S. 137 ff. und die neuesten von BetocchiAtti dell' ac. dei Lincei 1874/75 serie Bd. 2, 532ffl Da mir zuverlässige und reichhaltige Beobachtuagen einer grösseren Periode nicht erreichbar sind, so habe ich es vorgezogen, oben die Beobachtungen eines Jahres nach Canevari beispielsweise zu geben. Uebrigens differiren davon die hie und da vorkommenden Angaben über den durchschnittlichen mittleren und höchsten Stand, deren Ge- nauigkeit ich nicht beurtheilen kann, kaum um 1 Meter. Die Höhe des Pegels von Ripetta entnehme ich Ganevari's Bericht in den Atti deir ac. dei Lincei 1874/75 S. 418, die ältere Angabe über das Ge- fäll in der Stadt stimmt mit neueren (z. B. M. De Rossi). Natürlich können hiernach die obigen Aufstellungen nur als relativ brauchbar be- zeichnet werden.

§ 1] LAGE, BODBN, KLIMA. 135

mittlerer 6,39 7,36

höchster 13,35 14,35

Dieselben Wasserstande an Ponte rotto,1 . , . , , „^ Differenz 20 ( Calandrelli ) - U^Z^^T tu

^.^r'«"' ^""'^""^ '^ ^'^^" '"höchster 12;40 1,925 M. j

Aker Wasserstand: zur Zeit Hadrians, mittlerer um ca. 1 M. niedri- ger, also bei Ponte rotto ehemals 4,44

höchster (vorausgesetzt, dass er bis zu derselben

Höbe wie heut stieg) 11,40

'Verschüttungsboiden' der Cloaca maxima bei ihrem

Ausfluss (Linötte) 4,84

Höhe von 12 UeberschwemmuDgen Ton 1495 bis 1805:

berechnet nach den Beschr. Roms 1,39 wie- derholten Anzeichnungen an der Ripetta und S.

Maria sopra Minerya, niedrigste (1702) 14,21

höchste 1598 (?) 18,37

Es ergiebt sich aus der vorstehenden Tafel für die Er- hebungen des Terrains, dass die Burg des Janiculum die Hügel des linken Ufers bedeutend überhöht, dass diese selbst mit Einscbluss des Kapitols fast alle genau die gleiche Höhe erreichen, und dass nur die östliche Hügelkette, die eigent- lichen colles Quirinal und Viminal, um ein geringes den Durch- schnitt der höchsten Punkte der montes der Stadt überragt ^^). Dieser Umstand wird sich später als wichtig für die Ge- schichte der ähesten Befestigung herausstellen: hier mag darauf verwiesen werden, dass er auch der Anschauung der augusteischen Zeit über den * windigen Wall ' 3) entspricht. Für die Niederung ergiebt sich, dass der Boden derselben in der Kaiserzeit durchweg das Marsfeld ebenso wie die

**) lieber diese Nomenkiatnr § 2: dass der heutige Name Monti in seiner aneh die eolles begreifenden Ausdehnung schwerlich alt ist, ist schon EinL § 2 A. 53 bemerkt worden.

136 THBIL 1.

zwisehen dem Kapitol, Palatin und Aventin eingesebnittenen Thäler, etwa 9 11 M. über dem Meere, also durchschoittlich 4% 6^^ M. über dem muthmaasslichen mittleren Wasserstand lag, dass es regelmässig von den nach der Analogie der heutigen Natur des Flusses vorauszusetzenden jährlich wieder- kehrenden höchsten Wasserständen erreicht und von den periodisch damals wie heut sich wiederholenden ausserge- wöhnlichen Ueberschwemmungen um 6 7 Bt überfluthet wurde. Auch dass eine Hochfiluth des Almo (dessen Ufer vor p. Sebastiano die Höhe von 16 M. hat) die Niederung des fiscina publica überschwemmen musste (A. 17), ist da- durch erwiesen ^'*). Es ergiebt sich ferner, dass die Un- bequemlichkeit des Verkehrs, welche heutzutage die Ungleich- heit des Terrains verursacht und erst seit Sixtus V. zu durch- greifenden Abhilfemaassregeln geführt hat, in alter Zeit er- heblich grösser, das Erklimmen der damals um ruüd 10 Meter mehr über die Thäler ansteigenden Hügeln auf Strassen von stärkerer Steigung bedeutend schwieriger gewesen sein nouss. Es bleibt uns übrig, die Beschaffenheit der einzelnen Hügel und die Zuflüsse des Tiber in den Thälern genauer zu betrachten.

3^) Hiernach vermag ich nicht einzusehen, wie M. De Rossi in der A. 17 a. Abhandlung S. 18 dazu kommt zu behaupten, dass die Ueber- scbwemmungen im alten Rom 'spessissimo' die Höhe von IS 20 M. er- reichten und ganz regelmässig, was in der neneren Zeit kaum drei oder viermal vorgekommen sei, die Niederung zwischen Aventin und Kapitol erreicht hätten. Denn wir habeu vielmehr oben A. 17 gezeigt, das« mit ebenfalls äusserst seltenen Ausnahmen (die noch nicht einmal beisouders gut bezeugt sind) im Alterthum dasselbe Gebiet wie heut überschwemmt wurde. Ausserdem aber wäre es an sich nicht verwunderlich, wenn diese Ausnahmen häufiger gewesen wären. Debn was der Vf. als sicher annimmt, dass die Barriere zwischen dem Kapitol und dem Flu9s, an welcher sich heut die Ueberschwemmuug zu brechen pflegt, auch früher vorhanden war, ist falsch. Vielmehr ist doch auch auf dieser Strecke das Terrain durch Schuttanhäufungen erheblich hoher geworden. End- lich kommt die von ihm hervorgehobene Differenz des alten und des heutigen mittleren Wasserstandes von 1 M. nicht in Betrachts

i 1.] LAGE, BODEN, KLIMA. 137

Nicht allein durch ihre Hohe, sondern auch durch ihre geologische Struktur unterscheiden sich die Erhebungen des rechten Ufers wesentlich von denen des linken. ' Der Hügel- zug des Janiculura besteht in seiner unteren grösseren Hälfte aus fast horizontalen Bänken von gelbem Sande und von verkitteter Muschelbreocia, weldie, wie am Monte Mario, von einer wenig mächtigen Schicht vulkanischen Tufs bedeckt werden*. Aehnlich der Vaticanische Hügel nördlich und der Monte verde südlich. Anders die Erhebungen des linken Ufers, welche ausschliesslich aus Tnf und zwar in ihrer Hauptmasse aus gelblichem oder grünlich grauem bröcke- ligen, zum Theil aus röthlichem sogenannten Steintuf be- stehen'^). Ihrer Entstehung gemäss haben diese isolirteh Tufcylinder ursprünglich mehr oder minder schroff abfallende Seitenflächen gehabt, welche durch Kunst ebenso leicht in senkrechte Wände zu verwandeln 3), wie schwer durch Strassenaufgänge (cUvi) zugänglich zu machen waren. Erst die Bauten und Zerstörungen der Jahrhunderte haben diese Burgen in meist sanft aosteigende Hügel umgeschaffen und ihre Höhe vermindert. Ihre von Natur plateanartigen Ober- flächen hat man sich noch bis gegen das Ende der Re- publik zum Their bewaldet zu denken (unten). Die Zer- setzbarkeit des Gesteins brachte es mit sich, dass die ein- sickernde Feuchtigkeit sich leicht im Innern der Hügel in Gängen und Höhlen ansammelte und senkrechte Absprengun- gen nach aussen verursachte, welche in alter wie in neuer Zeit die Umfange der Hügel vermindert und die Ansiedlun- gen in der Tiefe gefährdet haben (vgl. z. B. Th. H, Kapitel). Es ist schon Einl. § 2 gezeigt worden, dass diese Hügel für die ältesten städtischen Bauten das Material lieferten. Es fehlte auch nicht an der für die Ziegel- und Mörtelbereitung Qöthigen Materialen, der Mergel- und Thonerde und der Puzzolatierde: reiche Schichten jener besitzt der vaticanische

^) Die aogeführten Worte siod die vom Rath's (s. A. 1.) S. 495. In öbiigen s. die Arbeiteo PoDsi's. Ein oäheres £iAgehen auf das Miaeralogiaebe liegt uaa fera.

138 THEIL I.

Hfigel und der Name Argihtum weist sie auch in der Tiefe zwischen den ^Hügeln ^ nach; diese findet sich, wie neuere Untersuchungen gezeigt haben, in verschiedenen Tiefen zwi- schen den Tufbänken der 'HügeP gelagert und ist dort schon in alter Zeit gegraben worden ^^). .

Unter den zahlreichen Zuflüssen des Tiber, welebe das Stadtgebiet berühren, ist der bedeutendste der Almo^ der heutige Acquataccio, dessen Quellen in der Nähe von Marino gesucht werden und welcher vor der porta Appia der Stadt so nahe kommt, dass er bei starken Anschwelhingen die Ebene unter dem Aventin und die Piscina Publica über- schwemmen konnte ^^). Ein zweites Flüsschen tritt jetzt und trat schon im späteren Alterthum bei der Porta Metrovia in die Stadt und rinnt durch das Circusthal in den Tiber. Es ist jetzt unter dem Namen Marana (Sumpfwasser, von mara) bekannt. Da die Alten das Circusthal als ursprünglich unter Wasser stehend betrachteten, so ist es möglich, dass ein Gewässer hier in ältester Zeit vorhanden war, auch deuten darauf die in der ganzen Umgegend dieses Thals noch jetzt nachweisbaren Quellen (S. 139 f.). Indessen scheinen durch

^^) tJeber die 'marna argilosa' des Vatikaa s. Poozi, v^. Man- tovani S. 34 f. Die bis zu einer Tiefe von mehr als 30 M. gelangte Untersuchung des Terrains zwischen den Diocletiansthermen und dem Serviuswall ergab nachCanevari (in den Atti 1874/75 S. 419) welcher genau über die Puzzolangruben handelt (die Zahlen bedeuten Höhe über dem Meere): banchi di tufo 58, 80 cave di pozzolana 54, 60 banchi di tufo 61, 40 cave di pozzolana 48, 40 terra tufacea 47, 35 lapilli 45, 40 u. s. f.

^) S. Nibby Dintorai 1, 135 ff. und Bd. 2> 112: die dort ver- sprochene Widerlegung Forchhammers, welcher (Gründung Roms S. 37) den Almo durch das Thal des Circos ffiessen lässt, scheint mir jetzt nach abermaliger Erwägung des von Nibby, Visconti und mir a. 0, ge- sagten entbehrlich. Vgl. Th. IL Der Name Acqoataccio wird neuer- dings mit porta Appia y im M. A. poria d'Aecia, aber gewiss mit Un- recht zusammengebracht, in der überaus gelehrten Abhandlung Corvi- sieris über die mittelalterliche j4qua Toeia, Baanarotti 1870, 42. 66. 177. 207 ff, welche sich über die verschiedenen Wasseriäufe der Süd- seite der Stadt und die mittelalterlichen Benennungen verbreitet.

1.] LAGE, fiODEN, KLIMA. 139

die Anlage der Wasserleitungen in der Kaiserzeit auch an- dere Wasser kunstlich hierher geleitet zu sein und es bleibt zweifelhaft, mit welchem Recht man mit dem beschriebenen Flusschen die aqua Crabra identificirt hat» welche sich in den A^io ergoss^^). Endlich wird ein Bach auf dem Harsfelde, die Pßtnmia amnüj genannt: andere Namen, welche in den Gebeten der Augurn standen, lassen sich nicht mehr identi- fidren ^^). Ausserdem ist das Gebiet der alten Stadt reich an Quellen, welche zum Theil noch jetzt fiiessen oder kürzlich wiederentdeckt sind. Bis zur Anlegung der Wasserleitung haben dieselben die Stadt und die Burg mit Trinkwasser versorgt und sind, wie später gezeigt werden wird 7), sorgfältig geschützt worden. Es ist schon bemerkt worden, dass, während die Tulkanischen Kräfte in dem stadtrömischen Kultus gar keine Rolle spielen, die Quellgottheiten eine alte und weitverzweigte Verehrung gemessen. Das beweisen das

**) Die ganze Frage ist noch nicht genügend aufgeklart and lässt sieh am wenigsten so kurzweg beantworten, wie es Forchhammer (Grondung Roms S. 33 f.) gethan hat. Eine spätere Ableitung der Crabra in das Circusthal wird angenommen (z. B. von Nibby Dintorni 1, 527 f. Westphal Kampagne S. 22). Diese versorgte die, wie jetzt festgestellt ist, niedrig gelegene Tuskulaner Villa des Cicero und an- dere mit Wasser (Gic de lege agr. 3, 2 epist. fam. 16. IS pro Balbo 26 FroBiin 1, 9). De Rossi (Ann. d. i. 1873, 209) weist nach, dass der alte Piame noch im 11. Jahrb. (aqua eapra) vorkommt. Vgl. § 7. Gorvisieri a. 0. S. 193 ff. glaubt die aqua Maranae von der vom Caelins herabkommenden im M. A. aqua circuli benannten Quelle unter^ scheiden zu können und meint, dass jene aus den Wasseransammlungen zwischen portaLatina und Metrovia (wann?) sich gebildet habe. Aber alle seine Gombinationen scheinen mir die Sache nicht endgiltig zu entscheiden.

^) Ueber die Petronia amnis (und den Catifans) möglich, dass damit die paluM Caprae zusammenhängt s. Th. 11, Marsfeld. Gicero de n. d. 3, 20, 52: in augurum precatione Tiberinumy Spinonem, Mmonem (so Ursinus: anemonem die Hss.; antenem die Leidener von 2 Hd.), Nodmung, aha propinquorum fluminum nomina videmus. Dahin gehört wohl der Name des Plnssgottes (Krztäfelchen aus Rom oder Umgegend): Albsi patre (£ph. epigr. 2, 198 n. 296), den Henzen Alb(en)si auflöst, nod den ich schon oben A. 14 mit JlbulOf Alba zusammengestellt habe.

140 THEIL I.

zum Cyclus der ältesten Feste gehörige Fest der Fontinalia (13. Oktober), die Kulte des Föns auf dem Caelius, der /«- turna (oder Diuturna) am Fusse des Palatin und auf dem Marsfelde, hier neben den heimischen Lumpae, der Camenae und der Egeria gegen den Almo hin, endlich einer später unter den Schutz des Mercur gestellten heiligen Quelle. Um so auffallender wäre es, wenn sich an das alte Quellhaus der Burg, das Tullianum, kein Kultus geknüpft hätte. Indessen glauben wir in der Tfaat die Spuren eines solchen in der benachbarten Verehrung des Janus zu erkennen. Hiernach ist es begreiflich, dass in der Zeit, in welcher die griechische Kultur in Rom heimisch geworden war, die dieser angehöri- gen Formen der Verehrung der Nymphen leicht mit der alt- überlieferten Verehrung der städtischen Quellgottheiten ver- schmolzen wurden'^).

Die dürftigen und durch subjektive Auffassung oft ent- stellten Nachrichten über das Klima des alten Rom müssen an den exakten Beobachtungen des heutigen geprüft ii^rden ^^).

^^) lieber die noch jetzt oder jetzt wieder keaotliclieii alten QuelleB- läufe (wichtig besonders die Juturaa am Palatin) s. im allgemeinen. Fea Storia delle acqoe u. s. w. (1832) S. 1 fi& vgl. Scoperta deir autica aoqua di Mercurio, besonders aber Corvisieri in der A. 28 a. Abh. lieber Foutas: Henzen Acta arv. S. 146 m. Forma urbis S. 43; Jnturna und die INymphen auf dem Marsfelde: Mommsen Eph. epigr. 1872, 86 {Lumpae, osk. Diumpai, zuerst von Mommsen Dial. 256 richtig als italisch erkannt und mit limpidus ver^lichea.: vgl. deos. zu CIL 4, 815 und Ritschi Opp. 2, 490); Janus als Gatte der Juturna: Arnobius 3, 29 vgl. § 4; über fons Mercurü Bd. 2, 520. Vgl. überhaupt Th. II. lieber Nymphen und Nympfaäen vgl. Bd. 2, 380. Jahn Beitr. 62 ff. u. a.

^^) Für die Temperatur- und klimatischen Verhältnisse Roms ist wie natürlich besonders Brocchi Stato fisico S. 215 ff. Secehi, Clima di Roma Gioru. arc. 1864 Bd. 187 ==42 NS. S. 113ff. und 191 ^ 46S. 222ff. (dem die obigen Zahlen entlehnt sind) benutzt worden, durch welche die ältere Litteratur (vgl. Beschr. d. St. R. 1, 88) wenigsteaa für unsere Zwecke überflüssig geworden ist. Dazu kommen die grossen den Gesammtzustand der Campagna untersuchenden Arbeiten von Cane- vari Cenoi suUe Condizioni altimetriche ed' idrauliche dell' agro ro- mano (Ann. del ministem di agricoltura ind. e com. Bd. 71, Rom 1874

§ 1.] LAGE, BODEN, KLIMA. 141

Diese ergeben, dass Rom jetzt ein für seinen Breitengrad sehr mildes, hauptsäcblich durch die Nähe der See tempe- rirtes Klima besitzt. Seine mittlere Temperatur + 15^ 2 cent. ist um 2^ höher als die Durchsehnittstemperatur seiner Breite (41^ 54 n. R). Die Hitze ste^t höchsten« bis + 42^ die Kälte fällt nicht bis unter 7^, die mittleren Zahlen der höchsten Wärme und der höchsten Kälte sind + 32° und V. Daher der Schnee in Hom und apaf den Albaner- bergen zwar eine gewöhnliche, das Liegenbleiben desselben aber eine seltene Erscheinung ist. Schneebedeckt sehen im Winter dau^nd die fernen Abruzzen, zum Theii auch die Haupter der Sabinerberge, selten der Soracte herüber. Regen- tage besitzt Rom 95 (besond^s Mai, Oktober), wolkenlose (besonders Ende Juni bis Ende August constant) 155, die ährigen gelten als bedeckte (88) oder wolkige (trübe; 122). Diese Beobachtungen stellen wir den Beobachtungen über das Klima Athens gegenüber, eine Vergleichung , die in vieler BeaehuBg lehrreich ist°^):

Rom. Athen.

Mittlere höchste Temperatur + 32« + SO^»

Mittlere niedrigste Temperatur V +4«

Regentage 95 95,25

wolkenlose 155 192,50

bedeckte 88 148,75

trübe (wolkige) 122 23,75

mit Atlas), von Pareto Rel. snlle cond. agrarie ed igieniche della campagna diRom« (iD dens. Ann. Florenz 1872) und dess. Saggio di stndi meteor. sdI clima di Roma v. s. w. Atti della r. Ac. dei Liacei 1874 75 (2 Ser. Yol. 2) S. 659 ff. lieber die ärztUclie Litteratur s. A. 35.

^) S. die bei Wachsmuth (Athen 1, 108) wieder abgedruckte TabeUe Schmidts, deren 5 fache Abstufung ('klare, halbklare, trübe, bedeckte, Re- gentage') sich für unsere Zwecke wohl auf die vierfache Seechis (pioggia; sereai, nnvolosi, coperti) rednciren Hess. Die Beobaehtoogen umfassen forAthea 12, färRom llJalire (1850-^1860). Die vollstäDdige Tabelle 4er RaroiDeter- und Thermemeterstände s. beiSecchi a. O.fid. 42 zuS. 128, vgl. dens. Sulla pioggia oss. al ColiegioRom. dal 1825 al 1874 in den Atti deU' ac. pontif. dei naavi Linoei Bd. 28 (1874/5) S. 115 ff. and Pareto S. 29/^2. Das Detail zu* erörter« ist natürlieh nicht uasere Sache,

142 THEIL I.

Man sieht, dass der Himmel Athens den römischen an Klarheit und Wärme erheblich übertrifft. Die Lage Roms in ungefähr gleichem Abstand nördlich von dem hohen Wall der Apenninen, südlich von dem Meere und die Natur der Winde bedingen und modificiren diese an sich gemässigten Temperaturverhältnisse in einer für die Gesund- heit des Menschen günstigen Weise. Zwar der afrikanische Scirocco bringt flussaufwärts mit hoher Temperatur brennende, drückende , trübe Luft , welche zugleich erregend und be- schwerend auf den Menschen einwirkt, die Tramontana im Winter über die schneebedeckten Apenninen mit blendender Klarheit auch eisig scharfe Luft: aber in Rom wirkt weder jener so versengend wie in Sicilien und Neapel, noch diese so rauh wie die tobende Bora in Triest und Venedig. Das Verhältniss des Nord- zum Südwind im Jahre wird auf 288,4:274,8 angegeben®*). Im Sommer pflegt ein täglicher Wechsel der Luftströmung, oft freilich kaum merklich am Tage Südwest, Morgens und Nachts Nordost die Hitze zu mildern.

Nicht minder günstig sind wenigstens theilweise die Be- dingungen des Bodens und des Wassers. Ein Theil der Stadt erhebt sich, wie wir sahen, auf Hügeln bis zu einer nicht unbedeutenden Höhe über dem Flussthal; namentlich die östlichen Höhen sind den kuhleren Luftströmungen frei ausgesetzt. Bei einer allgemeinen Entwaldung der Campagna besitzt Rom ausgedehnte mit Bäumen bestandene waldähn- liche Parkanlagen. Es besitzt noch immer eine leidlich grosse Anzahl von Quellen, welche gesundes Wasser spenden: dazu kommt die ungeheure Masse des Gebirgswassers, welche ihr, durch Leitungen zugeführt, nicht allein kaltes Trinkwasser bester Art liefert, sondern auch durch zahlreiche und um- fangreiche Springbrunnen in der heissen Zeit Kühlung ver- breitet und in Verbindung mit dem Kloakensystem eine gründliche Reinigung der Strassen erleichtert®*). Es ist da*

««) Winde: nach Secchi a. 0. Bd. 46 S. 229ff., vgl. A. 36.

'*) Ueber die in Aktivität befindüchen alten' und neuen Leitungen das

§ 1 ] LAGE, BODEN, KLIMA. 143

her nicht zu verwundern, dass, wie die Sterblichkeitsziflem beweisen (es wird jetzt 22,6 auf 1000 Einwohner für Rom, 30,5 für Florenz, 35 für Neapel angegeben), Rom im Ganzen zu den gesunden Städten gehört, trotzdem ein auf lokale Ursachen zurückzuführendes Uebel, die Malaria- Fieber, Rom wie die ganze römische Campagna in verschiedenen Graden der Intensität alljährlich heimsucht. Dieselben treten mit grosser Regelmässigkeit mit Ausgang Juni ein, steigern sich bis zum August und verschwinden um Mitte Oktober. Die mittlere Temperatur schwankt in dieser Zeit zwischen 25 und 20^, die vorherrschende Windrichtung ist Süd, Südwest, West (259,8 : 168,1 der übrigen Winde). Man will beobachtet haben, dass die verschiedenen Stadttheile in verschiedenem Maasse von ihnen befallen werden, am stärksten die verödeten in der Peripherie gelegenen, die dem Fluss nahen tief gele- genen häufig weniger als die an den Rändern der Hügel an- steigenden. Es scheint unter den einsichtigen Fachmännern Uebereinstimmung darüber zu herrschen, dass mehre Ursachen bei der Erzeugung des Uebels thätig sind. Das in der Regel plötzliche Auftreten der Krankheit zu Ende Juni, d. h. zu einer Zeit, wo nach den häufigen Regengüssen des Mai und dem damit verbundenen hohen Stande des Tiber und der zahlreichen kleinen z. Th. unterirdischen Wasserlänfe die Sommerhitze mächtig hereinbricht und der Wasserstand jäh sinkt, führt zu der Annahme, dass namentlich das Verdunsten der zurückbleibenden stagnirenden Lachen sein Theil an dem Entstehen hat. Als weniger sicher gilt es, dass die Miasmen, welche um dieselbe Zeit in dem niedrigen und sumpfigen, die Wasserläufe der Ebene träge, oft gar nicht abführenden Küstensaum der Campagna entstehen, und diesen selbst fast unbewohnbar machen, durch den um diese Zeit vorherrschen-

amtliehe Werk von Fea Storia delle acqne anticbe sorgenti in Roma Q. 8. w. R. 18S2, 4^ äb«r daft heutige Trinkwasser (Leitnngs- nnd Qnell- wasser) and dessen chemische Analyse Cavalieri San Bartolo Sülle acqne (lella mod. Roma, Giorn. arc. 1858, 140 ff. Tocco im Bnonarotti 1872, 182 ff. Ceselli dat. 1873, 102 ff. n. a. m.

144: THEIL L

den Sud- und Sudwestwind der Stadt zugetragen werden; end- lich dass in äbnlidiier Weise die Miasmen der ganzen so gut wie unbewohnten und unbebauten Campagna auf die Stadt zurückwirken®^).

Vergleicht man diese Thatsachen mit dem, was, wie ge- sagt, ganz sporadisch und oft in der unzuverlässigsten Form aus dem Älterthum über das Riima überliefert ist, so steht zunächst die Frage zur Beantwortung, ob eine wesentUebe Veränderung der Temperaturverhältnisse nachweisbar ist»

Dass von direkten Beweisen für oder gegen eine Ver- änderung der mittleren Temperatur kaum die Bede sein kann, wo exakte Beobachtungen über die alte Zeit fehlen, ist einleuchtend. Doch würden allenfalls sichere Schlüsse aus den gleichzeitigen Aufzeichnungen der Pontifices über aussergewöhnlichen Schneefall, Frost, Dürre u. s. w. zu ziehen sein, wenn diese nur in einiger Vollständigkeit vorlägen. Nun haben wir aber aus dem 4., 5. und 6. Jahrhundert nur je einen Bericht über einen ungewöhnlich strengen Winter und dürfen annehmen, dass wenigstens aus dem 6. kein wichtiges ähnliches Ereigniss unbekannt geblieben ist. Die Erscheinungen dieser Winterfröste vöUiges Zufrieren . des Tiber, 40tägiger Schnee auf dem Forum, Vernichtung der Vegetation werden allerdings schon von den Berichter- stattern im Anfang des 1. und im Ausgang des 4. Jahrhun- derts n. C. als in dieser Zeit ganz unerhört bezeichnet, und es wird dadurch zugleich den Uebertreibungen oder

B>) Temperatur und Winde der ungesandea Zeit: Pareto a. O. S. 32. Statistik der römischen Fieber nach den Beobachtmififen in den französischen Militärhospitälern (1849) von Jacquotot Gazette medicale de Paris 1849 n. 47 p. 903, 48, 917. 51. 977, in den grossen römi- schen (S. Spirito n. a.) von Morecchini (1842) und Balley (1863), resn- mirt und beurtheilt von Valentiner, Die Krankenhospitäler in Rom, Berl. klin. Wochenschrift 1870 N. 27 ff. vgl. Pareto a. O. S. 149ff. För die Verbreitung in der Stadt sind die aas langjähriger Praxis ge- schöpften Beobachtungen römischer Aerzte wie Tanssig (Le dimat romain R. 1870 vgl. Baonar. 1871, 142ff.), Baleiftra (L'igiene nella campagna e citta dl Roma B. 1875) u. a. nicht unwichtig. Vgl. A. 45«

§1] LAGE, BODEN, KLIMA. 145

poetischen Mater^ien einzetner Scbrift^eller (terd^bea Zeiten ihre richtige Stalte angewiesen'^); über dM Mittekiter wie die neäere Zeit kennt wenigstens einzeln«, wenn nic^ht gleiche, doch ähnliche Beispiele, und es bl^t d^ninaefa auf alle Fl^le höchst mis^Iieh, tmS dieee 'dürftigen Beweise hin anzunehmen, dliss ^ie mittlere niedl*igste Temperatur vor der Zdt 4es Augustns niedriger gewesen sei, als (Me 4er heutigen ( 4^, emzeln 70)»8^.' x]\^ üebrige, was dafür angefahrt wirdj

^). Liyim n^ J. 355 ^5, 13) :. mi^,)?ur ojnm^ ,hi9m^ gelfda «c Hwosa ft(U adeo lU viae ckmsae, T^berü innavigabiUs fuerit- Geoauer DiopysFr. Am^ brosch 12, 8: der Sclmee sei, wo er am dünost^a lag, 7 F. hoch gewesen; Häaser verschbeiten, Menschen kamen um u. s.w.: tovto t6 nad-oi oijti iTQOTBQov noTi yevofievov iV löro^fag y^(f^ m^ invra -i^ j(u^la naQHXti^fA^ ca^* ßßu^ Im« tavTiad-* Tjfiäs xgovov ufa^ip yi ttvi fo^e^miqa tov fi^üfWi mut^ aop vnkQ Id^vwf y^y^ofAßPov «ff' '^Xlrfa" novtov.naQuXXrjXov' TOT€ dh.n qb)jov xal fiovov ^^^ßfi J^S sitoy d-viag xQttffstos t] tov neQi^/ovtog tiJvJ« rijfv y^v (pvaig. Aber (wie schon Becker S. $6 bemerkt) ähbliches wird von AugosUn. C. 0. 8, 17^am J. 464 berichtet (JedeAftiÜs ants Li^ltisl. 15) t\ . . quiü ki&ms Ula' mtmorabäiäJaiK mcreäihiU ünm9»äai0 i^emma, yl nivihu$\ h^r^ rmida aUitudif^ ef^ißm im- fora per dies J(.L manen^ilfus fiber^s quoque glacie duraretur. si nostris temporibus accidissety quae ütietquanta iüe^sentJ Aehniieh (Kiäne and Felder fiigeo auGi^uAde) Zanartis 8, 7 S. 192 Diiid. QeriAgfngIfier 675>Liv. 40, 45, 1: hietM eo.anmmm taemx ei.tnnm iempetttttum g^eneri ßtäf arbores quae »bn6a>iaej¥ig:(nibu* Munf daissärateunolm et^a tum aUpumto tftum aÜas lottgiarßtä, Htiraa 1, d {jKides ut aka^ er spHeht poetiseh vao eioem hartes Wiotejr» J^e-, Mögt aber nicht das Znfricfreii des Tiber) ünA der ÜieselieisBapfoQ bei Marlial 4, 18 befweü^ii utarnicj^ts. <

'^y Weaa NfeMir H. G. d, fi55^8«irt,. eaf sei dtem Winter d«s J. 484 in den: seitdem Teiflossenen 2000 Jahren, .heiiier ^Itfichgiakjommen und. {d*c« bemerlLtc 'die .Mast so dürftif^en Ghronikeii nwl pübatiieheft Biogmfkhiea der fiastercB Zdte» erwähnte jgefade von NatareaUmitUteii so viel, dws ihr Stiii8ckiv«icpej& V4»lULMniDtoit xureieht, dieses za beiK«ise&',. so ist daipegen ' doch die Biographie SrergiMs ILlo. 5 zu erianerit. lo ■caiester Zeit iat utoalgstens tügeAän^e» Liegeabieiben. des SolineeB auf dem Foi^nm, GefiriercR 4er Fotttöa« aal Piastza Barberiai u. ä. vofffer kemmeu. ladassen 'V.^rmaig ichl üb.ar die mittlere nail.aeaere Zeit ibein vWlstäadiflie« Material zm bi^en. Ueislgevs fiücpt Niebuiu^: .selbst Q. biaza: 'dass das nittlare Klima Wafmßt gew^ardea sei, ist aber ganz falsch.' ...

Jordan, rOmische Topographie. L 1. 1^

146 THBIL I.

sind Schlussfolgerungen noch viel unsicherer Art Es ist richtig, dass in den Jahrhunderten vor unserer Zeitrechnung der vorschreitende Anbau des Landes die Walder zurückge- drängt und dass die Verminderung der Waldflache hier wie anderwärts eine Veränderung der periodischen feuchten Nieder- schläge herbeigeführt haben muss. Im letzte Jahrhundert der Republik bestanden noch aahkeiche luai auf den Hügeln Roms, nothdürftig geschützt durch den Kultus ^ aber immer mehr eingeengt durch die Kultur'^). Damit stimmt überein die Rolle, welche in den ältesten Zeiten der Wolf in der Religion Roms wie Italiens spielt, eine Rolle, welche nur verständlich ist, wenn man sich Wälder in nächster Nähe der Ansiedlun- gen denkt: nicht minder, dass schon im 6. Jahrhundert das Erscheinen eines Wolfs in der Stadt ein Prodigium ist^®). Es ist ferner richtig, dass auch die Jahrhunderte des Verfalls Veränderungen in der physischen Reschaffenheit des Landes herbeigeführt haben. Wir wissen, dass die latinische Ebene, einst reich an Ackerbau treibenden Städten, seit dem 4. Jahr- hundert mehr und mehr verödet; die südwärts führenden Strassen verfallen, die Thore schliessen sich (Rd. 2, 233);

'9) Varro de 1. 1. 5, ÖO (v^n den biet der Melitis and Lucina): quo" Tum angtuU fine»; mm mirmti: iam diu enim lote AvaHUae numen est (auariUa un^eS F: 8. Bd. 2, 601). Das. 152: laurdum ...ab nUra Umrm quod ea ün excUa est aedifieatus vtciM, üt inter saermn. viam et moeaUtcm edüum Cameta a ^oomiM quae abseütae loco reHquerunt notnen (aas Varro Plinias 16, 37). Diese Stellen, sowie die hier nicht weiter zu hehao- dekde Bedeatun^ von lucus widerlegen genügend die hingeworfene Ver- mothnng (Pareto S. 114 a. A.), dass diese tuet ana wenigen an die Tempel aogepBanste» BSamen bestanden haben. Naoien von luet (die besternten aof dem rechten Ufer): aeseuletumy *j4thiemarum, Camema^ rwny *Dette Diae, Etqinlmtu^fagvtal, *Furrinarum^ lauretmn^ Laver nacy Läritinaej Lucmae, Meßtis, PeteUmiu, PoeteUue^ qu/eredum^ Feetme; duo tuet anf dem Capitol and aaf dem Caelias (? Becker A* 1053).

^) Wölfe im Koitus: es braoeht für die Stadt Rom aar an die Utperüi and die ürspningslegende erinnert tm werden. Wölfe in der Stadt ein Prodigiam: Liv. 32, 29, 2. 41, 9, 6. Ihr Brseheinen in der NKbe der Stadt mag seit den Zeitoa der Verödung der Campagna wie* der höoilger geworden sein. Noeh im J^ 1580 missen Preise auf das Erlegen derselben ausgesetzt werden (Gregorovios 6, 605 A.).

S 1.1 LAGE, BODEN, KLIMA. 147

die Regulirung der Tiberniündung wird vernachlässigt, die Häfen yerfiiUen ; im 6. und 7. Jahrhundert vollendet sich die Verödung : das Volk flieht vor den plündernden Barbaren- zfigen, endlich vor den Seeräubern in die schützenden Mau^n der Stadt So gelangten die durch die Natur des Bodens von jeher gegebenen, von der Kultur mit Glück bekämpften schädliehen Elemente zur Herrschaft und die Miasmen der entvölkerten und schlecht entwässerten Ebene dringen bis in die Stadt, wie sie es noch heut thun. Es ist endlich richtig, dass di« Vegetation, vielleicht sogar die Thierwelt Roms wenigstens die Ra^en der Hausthiere sich wesentlich ver- ändert haben ^^). Allein alle diese Thatsachen beweisen, wie auch neuerdii^ von den mristen Sachverständigen anerkannt wird, durchaus nidit eine Veränderung der mittleren Tempe- ratur: am allerwenigsten wird dieselbe aus der ganz hypo- thetischen Annahme >iner Verminderung der Wassermasse des Tiber gefolg wt werden dürfen^*). Wenn andrerseits der Festkalender der ältesten und der landwirthsdiaftliche Kalender der historischen Zeit, wie es scheint, in allen wesentlichen Punkten eine Uebereinstimmung des Charakters der Jahreszeiten von ehemals und heute nachweisen, so wird natärlich abgesehen von der prähistorischen Zeit, die uns nichts angeht die Annahme einer Veränderung der mitt- leren Temperatur als unerweislich, ja höchst unwahrscheinlich zurückgevriesen werden müssen ^^).

^*) leh wiederkole nicht, was am» HonuBtens €»«8chichte vad Hebi^ Raltnrpaanzea allsenein bekaaat itl des letaterea Baeb eathalt ibrifCBs aMaebe sehr bestreitbare Bebaaptaag -*-, verweise aasserdem aber, aamentlich far die Thierra9eD aaf die freilich aach aieht ab» sAUesseBde Darstrilaag voa Fireto a. O. S. 74 f.

^ Seeehi, Pareto aad die maistea der a. aeoerea SebriftsteUer konaieB za dem obea aagesebeaea Resaltat: aaders M. Oe Rossi ia der § 1 A. 11. eitinea Schrift.

tt) Fiir dea Fest-Kaleader verweise ich aaf Mommseas aad HascULsa bekaaate Uatersachaasea. Für die Vergleichans des . altea ludwirthsekafUiehea Kaleaders, wie er aaneatlicb bei Varro de re mstica 1, 36 aad Virsil vorliest, mit dem beatigea fehlt es meines

10*

148* TIfEIL T.

I>9igejgen kt ^ eebr wohl m^Hchj dass di« b^t'edt^ am- g^gebeiieit Vei^nrdeimtige» der Bödenk-dtur das KliiAa' der Sttfd« ifa seiner Einwirkung auf di« Gesundheit derMefischen tertod^rt hat; Aber''^ii(sh Iti dieser Beziehvtng uiiahnt eine geiMiue^ Betracktftiyg del* alt^' Zeugnisse zur grössten Vorsieht und .211 TolIsUndfgem Ablieben von jenen vereinzelten sob-» jekti^ier und' mbmentsln^r i^timmung ent^rungen^n Aeiisse- rungeb; tfelch^ ohne jede Beweisktäft sind. Die Frage Ist abet* hier zunähst iso stellen i hat das aHe Rom di« heutigen öndemieohen' MalamaOeber oder ihnen ver^andtb gehabt unfd* welcher Art sind die? von den altdn Ms pBi^ntia be^eichTieten Epidemien gewesen, 'welche' in grösseren Zwi^ dcheRrä*fnnen Stadt und Ihngebtkng heimsuehieii?

' Die Alten klagen darnbbr ; d^ss Rotii im - itetbet uhge* snnd'sei-uiid dass 'dais Fieber' in dieser Zeit' wülhe.':2iiP Zeit des Horaz gUt dies bffenha^ als eine re^elmlssig Urieder^ kbhrendo-Plag^, vor der, we^'s-verihag/ sich beiw^hrt; ibdem er d^h Auft^thah in idbn Bergen isiit der Stadt vebtaüscht ^^>< Ebenso ausgemacht ist es^ d^s'die: Üuft.Ronis fitterhaupt äki ungesund ^attt ausdröeklich ivird gesagt,. dass^effetdiä WaisB«r'* leittfngen d^ Oebel lerHeblich gesMiept hätMn^ tidd die Geschieht^phitosophen; wekhen- die Aufgdbe a^el, 'diu i Weis-

' tt I ' 11

Wissen«' wmA «AjOiaer gMaujen .Ui^tek'iHcäaQg. pocih ist die ,klLV>«4a-i rische Identität aller für Charakteristik der Jahreszeiten weseotlicher Handlangen ausser Zweifel: Abweichungen wie die der Erntezeiten (Hea jetzt Anfang Mai, Pareto S. 103, nach Varro gegen Ende Juni; Korn'jetst ita'd^r MMstwig D^-hM) ilmii, in de^ fiodMlMBiifc 20.' Jani bü« :&. Juiiv Pafieto :S. 51, 120, ntrah :Vai>M -30. ifrai ^i^ d4. Jult). #er- d>eil sehwerlteh'föp eine VeHjl«diiThng:'<ioa Kltinag''ver#«rtbet^'Viierd«o klteneb. = ' " »• \v- .•-.■• . ,' ■•! .,

^) Darauf beziekeii ^icll di^ Steilen flon Bpiattü^'Tv^Slff.^ ^hmi fMta pf^&tm 'MÜfrque diisignalofn^ ä^^^nd- HtS^rUm» atHs} dtun-ptufif ümnis fiibeT'elmike^hulh paM^ aßMoM^Ue seduHiag M opSUa^fWensiradthieÜ Febres et testamenta resig-nat, Sat. 2, 6, 18 ff. i.nat nt4xim trae ianUUio *petd# two plHmbeuBiAüstänaiäämToiwtpm ^fpavuiidbUüla^ qubesia^ aeBf#a0i*Aehn- lich'Carii. 14, 1& f. J4iv: ft. 4^ 56: imnJetiJ^ro ümikniapruMk miktttmAj iam ^uattmriam spkrdUUbwfi'aegris («roti iler- Züeaddnti^dt fftt «Mh^ weir^g qFi/<»t^ftafr» <»t^tk zu lüerfamden). « .

§ 1.] LAGE, BOBm, KLIMA. 1^9

Mt de« Sladigrui^erß .aueb'iaiis der Wdbl des. pits v^cbzMi weiseiir.pir^yiNeQ .otf^obar 'etwAa .koJi^tliicb Ropis Hügel .'a)s itterki«rurdig g^»und iiuautt^p eiptr iiogeAupdeo G«^g)wl?)^ ^. kdosL jiibmfk^fik Yf4h\ lum Zweifel, j^^in, do«s miadjest^Ofi äboUcJbfq ^edioguiieefi,. me eae^.bfpitidie ft^nl^iiafiaberin d^r olmebia in^ Mdliphei^ KUm«^ beaoful^^. /gefabrlicben .Perilod^ dßß Hocttsoiaiiißfs jm)id.Herbsle6,.er9i9Hge|i, j^ixch ^i. aller i Zeit r^Qlmäs&ig ^Vltlerl^plffQDde Fieber, w^ettgt 'lieben: ^ob ebpft g^Aai^ die jßtot herrs^heodevi ..wbßd.idich i^^bt att&mdchen las^eQ,;.d^ }^ifffi. exakte Bßacbr^ib^sig, 4^. altfm vctrbj^&dett iirt. Dofoh li^iiid jg^i^ auf meinen Ua^tfii^. a^foierHsam, gf^t^cbt werdep,. weW^jr..d^;..V«>rband/ei>sei^. dei; par^ldOl^ Fjorw de» Malwiafeber^ ift alter. Zei4 direkt :f,\K h^mimk\^^mL Nicht jsebr gPQC^s G^iobt J^ge ich acif .dea JJiQttus der Feim; die JMf/?li> i#t, wif^ oben, gß^^eigt- wurden, ^ur diirqb. eio Mi^^vfi^tändniss .in. diefi« Fü^^n^oeipge^pgePI worden ^^). Der Benennung nach verschieden von diesen

~r r- ... .1

«B) F4roiiti»n;s ^g;t in der jiQch moht sicher g^bjeüte^ Stella de «mj. 88; die sglubrüat^firbi»: Zierde dureji JXervas Vejpmehruug der Wafi$.er^erke fewiüQ^: «e per&mteA, guidetn aquaeotiQsae (ptio die Hs<) sunt: alia (jidftf B.) mtofdUinrum facißx^ jmrior tpiritus, et.e^ußQfgr^oHs cßelji ^ipMs gfud^ veteres t 4e mbi wfqmU wir fuü esf rej^Qtus. ßüchele^: {wteres urkü i. a. fssunt rmnotaef pline rechte Wahrscheiolichkc^it. I)as^e.l^p blickt durch bei CUtero de rep. 2, & locumque d^egU et fontpv^f ^!^un- iaxtem et» in l^ßgjifine pestilmH s^luhr^ : cpUes en^im sunt^ jjui cu^ per- ßoHUtri^tup^iulfcrmtMwJ^^ Dj^e^ep bat mit dem.KUo^^

juchtd 2U thuDj^ .K^'a9 ^Ixal^o 5) % 2 3,* 229 ,& £. voa den ZlwiUinf ea sf^^,:

xfiv Inttrid^loi^f yiie au8 4ew ^<))|p^iidea he^vor^ej^t niid .n^nieii^lich.iuis der ^it Cicero- we^otlich libereio^tivun^den Ben^erkiuiff § ^ .S* 231 a]p«<xa ^' ioTly (die laiiaische Küste) .^vdaifuav xoil T^afd^ifOQp^ ^kifp

Ter Tfulv Idgisaxwv u. s. w.

M) Viel uafiriifihtVarfs Hia- t^id Qerredeu in alfer und neuer. Zeit: ,Yqn älteren & B. bei De JStfatth^is (jlulto de^la dea Febbre.;.Difis. ^p\V ^iq. r«»u,4i:arch. 182;! (1, 1). Vgl.! auch JReygk, Z. f.. d^AJl^rdu-W. 1849 IL.3. 1856, \^% Hirsch .(Handhuch dar. J^torisch- ^gr^liiflc)ie|?i Pa- tholqgie 1, 18., 48 t). entscheidet nichts. Die ßes^hreibungen der /ebris ffioiidüma tertiana ^arUtua bei Celsus u. a. werden mit Unrecht immeir

150 THEIL I.

Fiebern ist die pestäeniia, deren in langen Zwisclienräumen sich wiederholendes epidemisches Auftreten von den Pontifices verzeichnet worden ist. Fast regelmässig wird dieselbe ab eine Krankheit geschildert, welche ungeheure Massen von Menschen in kurzer Zeit hinrafft und Entsetzen verbreitet; auch sie tritt wenigstens soweit die Jahreszeit genannt wird^ im Sommer und Herbst auf, wie es scheint regel- mässig zuerst als Viehseuche, erst dann als Menschenseuche; aussergewöhnliche Naturerscheinungen, oft vulkanischer Art, auBsergewöhnliche Menschenanhäufungen erscheinen als Ur- sachen oder beseitende Umstände. Es scheint bisher unbe- achtet geblieben zu seiü, dass ein einzigesmat der Verlauf der Krankheit durch zwei wichtige Thatsachen angedeutet wird: Eintreten des Todes in der Regel spätestens am sie- benten Tag, bei denen» die die Krankheit bestehen, häufig im Gefolge ein Quartanfieber^'). Diese Beschreäung sdieint

als Beschreibnogen des römischeo Fiebers angefdlirt: sie sind ja den grieehischen Quellen entlehnte Erörterungen dieser überall vorkommen- den Rrankheitsformen. Ueber die MefitU oben A. 10 . Die nach Cicero (Legg. 2, 11, 28. De nat d. 3, 25, 63) nnd PTinins (N. h. 2, 16) aaf dem Palatin verehrte Fehru (von der Verehrung anf dem Esqnilin spricht nur Valerius Maximt|s 2, 5, 6: s. Bd. 2, 520) ist uralt; ob ihre Deutung als Fiebergöttin zur Zeit Ciceros richtig und sie sieht vielmehr die Göttin der heissen Zeit sei, lasse ich hier dahingestellt: die Etymologie steht nicht sicher (fervere vglt. Corssen A. 1*, 102, fp^ßofiai, 'beben' Fick W; B. t<, 690 MnllenhofT bei Curtius Et. « 300) und es fehlt an Analogien ahnlicher Kulte {Orhona und Mda Fortuna welche Cicero anführt, sind keine solche). Aueh im Mittelalter dauern Fieberepidemien (ob alljährlich?) fort. Bekannt sind aus den 11. Jahrhundert die Verse des Petrus Damianus (in denen es heisst: Romanae febres dabäi nmt iure fideles, s. Beschr. d. St R. 1, 103), eine grosse Fieberepidemie vom August d. J. 1167 (Gregoroviua 4, 450) u. a. m.

*^) Pestü ~ ohne Zweifel mit Corssen Rrit. Beitr. 396 Beitr. z, ital. S^r. 334 nach Pott's Vorgänge von perdo^ * perd-tis, abzuleiten bezeichnet ursprünglich, synonym mit lues, jedes die animalische und vegetabilische Welt ergreifende, zerstörende Uebel, Gegensatz Mthu (terra pestem teneto, salus hie maneio fieschwörungsvers bei Varro r. r. 1, 2, 27). Davon petHlensj pestilentia (vgl. Celsus 1, 2. 10). Chronik

J

§ 1.] LAGE, IK)DEN, KLIMA. 151

< den G«daDken, dass es sich auch bei dieser Krankheit um eine Form der Malariafieber handle, nicht auß^uschliessen^^). Es nass dahingestellt bleiben, ob dieser Fall mit den übrigen aus dem 6. Jahrhundert berichteten gleichartig sei. Ohne genügenden Grund hat man die pesUlentiae Roms älterer Zeit für Fälle der orientalischen Beulenpest oder für Blattern ausgegeben. Die Einschleppung orientalischer Krankheiten wäre an sich bei dem regen Handelsverkehr, den beispiels- weise in sehr froher Zeit die sädetrurisdien Städte mit der

•»

der 'PestütBzeii' naeh Livins: lo der ersten Dekade 3, 6. 32. i, 20. 21. 5, 13. 6, 20. 7, 27; in der 3. ~ 5. nur 27, 23. 38, 44. 40, 19, 6. 41, 21, später v. J. 589 Obsq. 13, v. J. 612 Gros. 5, 4. lieber spätere A. 48. Jahreszeit: August (3, 6), Sommer (5, 13). Verlauf: 580 4t, 21 : qtä inciderant, haud facüe sepHmum diem supenUfonty qiä supertxvarant Umginquo, tnaapime quartanae, impUeabantur morbo.

**) lieber die Besebreibuog des Livius (41, 21) theilt mir auf meine Bitte aneiu Kollege Naunyn folgendes mit: 'Es handelt sich bei dieser Krankheit, ifvohl aller Wahrscheinlichkeit nach, um das Uebergehen eines continuirlichen Malariafiebers in die gewöhnliche intermittirende Form desselben. Das dauernde Herrschen der Malaria in Rom kann ja nicht zweifelhaft sein und dass namentlich an solchen Orten wo Malaria herrscht, Einflüsse vorübergehender Art diese Krankheit in pernicioseren Formen auftreten machen, ist sicher. Selbst wenn man die Identität der von Livius hier erwähnten quartana mit der gewöhn- lichen Malaria intermitt(^ns festhält, wäre freilich immer noch möglich, dass es sich um eine typhusartige Efkrankung bei jenem continuirlichen Fieber gehandelt habe. Die neueren Erfahrungen (vgl. z. fi. Riess Beob. über Febris recurrens Berl. klin. Wochenschrift 1869 N. 31 Se- nator ebend. 1871 N. 32) zeigen wie eine entschieden den Typhoiden- krankkeiten angehörige Krankheitsform Intermittens im Gefolge hat.* Die Pest bei Livius 4, 21 wird mit der gleichzeitigen athenischen in Zusaoimenhang gebracht (Niebnhr 2', 573. Häser, Handb. d. Gesch. der Medicin 3', 6, der S. 3 die Berechtigung unter pestilenäa eine be- stimmte Krankheit zu verstehen leugnet). Ansichten älterer Aerzte welche die römischen pestilentiae mit der Bubonenpest identificirten bei Schwegler R. G. 2, 61 7 ff. Jedoch meint man jetzt dass letztere erst unter Justinian im J. 542 (so Hirsch in dem A. 45 citirten Handb. 1, 142. 213) oder schon zur Zeit Cyprians 251 266 (so Häser in dem a. Handbuch 3', 3) nach Europa gelangt sei. Die Epidemien der

152

THBIL l

Levante itiiterhielteiü, sehr. denkbar: indessen scheint es soii^t an jedem sicheren [Anhalt lur <liQse Annahme . zu fehlen und nameütlicb ist das Auftretem der Beul^npest in Europ;^ vor Jitötinian im bdohsteo Grade unwahi*scheialioh.

frühereu Kaiserzeit (z. B. die unter Nero, Suet. Nero 39) sind kaum bestimmbar; die grosse *Pcst' unter Marcos (Capitol; Marcus 15, Veras 8) gfilt jetzt (Häser a. 0. S. Q4]f.) als ein« Gomplicirdii^ ver- uchiodener Hraoih^teN» oaineotliclL di«r ^t^rn ü^A de^ Ru]|r«

1 . f

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:• §.2. . .

ME ÄLTESTEN MfflEDELÜNGEN.

Dass ' die goi^enaiiliite Geschidite der sieben Könige in äireNi weseatücheli The)], der VerfassungsgiBSchichte, eine Kette wohl odef -^h«]' er^tinener Erfiridungen, Rücfcseldüsse «nd Wortef ((lärungen sei, diese Ansicht büdet ffir uns ^ie Voraus- setzung fardie l£ritik dtr in dieselbe verwebten Gesebichte der siädtiseben Bafut^ und der ätadferweilerung. Wir könn- ten eme selche also< Mer^ wo wir es mit den geschichtlichen Spuren der alteVi- Ansiedelungen m tbun haben, föglich bei Seite lassen» wenn wjr nicht glaubten, auch unsererseits durch die Analyse- dAeses topographisehen Theils zur Begründung jener Auffassung beitragen zu können; ausserdem aber fussen noch immer. Hypothesen, über die wichtigsten Fragen der Topographie so zuversichtlich auf die traditioDelle Entste- hujBigsga^hicJbte der Stadt» dass wir auicb. aus diesem Grunde nicht vemmden können, ^unseren Sitandpunkt klar zu be- zdchfien.'

Die sogenannte Geschichte der Erweiterung der Stadt vor der Üinmauerung der sieben Hügel ist so unzertrennlich von dien Ang^beA über die Wohnungen der Könige, dass ein gemeiissa'mer Ui'sp^ung nitbht zu verkennen ist. Jene ist be- reits hn 2. Bande analysirt und (das. 'S. 206 ff.) gezeigt wor- den, dass die Vereiiiigung der sieben Hügel Roms nach der Vorstellung itj^r römischen Annalisten durch Servius.TuUius

154: THEIL I.

io der Weise vollendet worden ist, dass derselbe den Esqai- lin (und Yiminal) zur Stadt zog und durch den Wailbau die Ringmauer schloss ; dass es in den besten Quellen nicht oain- der fest stand, dass zu Anfang nach der Besiegung des Titus Tatius wie das Kapitol so der Quirinal zu der Niederlassung der geeinigten Palatiner und Sabiner gehörten worauf wir unten zurückkommen , dass einstimmig die Hinzuziehung des Aventin dem Ancus Marcius zugeschrieben wurde, und dass eine wesentliche Verschiedenheit der Ueberlieferung nur den Caelius betrifft, so nehmlich, dass die einen ihn unter Tullus, andere unter Ancus, noch andere unter dem ersten Tarquinius colonisiren liessen^). Dass dieser ganzen Er- weiterungsgeschichte allerdings die Kunde einer doppelten Ansiedelung zu Grunde liegte wird «ich weiterhin zeigen; so- weit sie aber an die Namen der einzelnen Könige anknäpflt, verdient sie nicht mehr Glauben als die flbrigen an diese Namen geknüpften geschichtlichen Notizen und ^ muss von vornherein als eine offene Frage betrachtet werden, ob die mit der Hinzuziehung der Esquilien zur Stadt unlöslich ver- knüpfte Nachricht von der späteren Voll^dung, der Befesti- gung durch Servius Tullius ') für mehr zu halten sei, als

^) Die dort gegebenen Nachweisnngea wiederkole ieh oicht. Die bei Livius alleia 1, 44 (aus ilim Viri ilL 7, 6) auftreteode Beiift«p- lang, dass der Quirinal .durch Servius zur StadI gezogen sei» ist weiter nichts als der Ausdruck der Ueberlegong, dass der aervianische Wall ja auch den Quirinal umspannt und fiigt sich der übrigen Ueberliefe- rung nlcbt Ob man die Neuerung dem Piso, Valerius oder wem sonst zuschreiben will, ist gleichgiltig. Ebenso vereinzelt und wahracheia- lieh irrthiimlich aberliefert ist die Aosiedlnng der.SAbuMr ^nrch R«;- mulus auf dem Aventin (A. 53). Von dem dem unsrigen entgegeng«- setzten Standpunkt aus behandeln mehr oder weniger aUe Topographea die sogenannte Erweiterungsgeschichte; am eingehendsten (ausser Am- brosch und RuMno, Binl. § 3) Piale Del tempio di Giano (1819), Della foadatione di Roma und Del sesondo recinto fatto da Romolo (1822), Orioli Settimonzio Giorn. Are. 1853 Rd. 133, DeUe tre prime triba romane Diss. dell' ac. Rom. di arch. 13 (1855), 153 ff. 215 ff. aad Zinzow Das älteste Rom oder das Septimontium, Progr. des Gymn. von Py- ritz 1866. Eine Widerlegung im einzelnen yerbietet sich für ans von selbst.

*) Ebenso wie der servianische Wall nimmt der Bsquilia, wie

S 2.] DIE ÄLTESTEN ANSIEDELUNGEN. 155

ein Glied jener Kette von Schlussfolgeruqgen, welche gerade durch ihre Gleichartigkeit ond scheinbare Folgerichtigkeit ihren späten Ursprung verrathen« Zu einem gleichen Ergebniss fährt die Betrachtung der KönigabSuser. *) Der Vollender des Synökismos wohnt natürlich auf seinem Esqailin, ebenda sein Schwiegersohn und Nachfolger, der letzte K5nig : an den guten König mochte die Strasse der 'Gfltigen^ (tncus cuprim)^ an den ^übermüthigen* und seine unmenschliche Gattin die 'Verbrecherstrasse' erinnern *). Von dem Gründer Roms gab

anten weiter gezeigt werden soll, eiae Sonderstellao^^ io der Ueber- liefemDg ein.

*) VerzeidiBiss der RSoi^shaaser bei Solia. 1, 18. 21 IT. aus Varro ie vita populi R. (yfL Non. S. 581), wie schon Einl. $ 2 bemerkt worden. Die N^neren haben die systenatisehe Erfindung niebt genii- send erkannt: Ambroicb Stadien S. 37. 39 f. Rubino Beiträge S. 229 IT. aber dessen Verirrungen A. 9. Auf die einzelnen Ortsangaben komme ich im Tb. II zurück.

*) Solin 25: Servius TuUius Esquüinus (Var. esquiUnis) supra cU- man UtHum. Es mag sein, dass (was Bd. 2, 244 bestritten wurde) dies dureh die Cognoauna Cnfiitolimu, Antitinentii u. a. (über welche unten) and das folgende (26) Tarquinnu Superbus ei ipse Espalinus (Var. quilvmuy esquiUnü) geschützt wird; dennoch erscheint mir die Verbesserung EsquilHs wegen der Analogie der übrigen Notizen vorzu- ziehen. Ueber Tarquinius Superbus Solin a. 0. : Btquäimu eupra eüoum PwBium ad ftigetalem laeum (vielmehr ÜMCtim), also wahrscheinlich auf der HSke von S. Pietro in vineoli (Bd. 2, 254 f.). D«r Grund die- ser Ansetzang seheint mir kein anderer als die historische Erklärung des cnteKs eeeterahu itictue a TuUüt Supei^ tueare (Varro 5, 159), der nnmittelbar zur Wohnung 6ee Servius, der Ja den Esquilin bewohnen musste, also auch des Tarquinius führte, wie aus der kritisch schwie- rigen Stelle des Livius 1, 48 hervorgeht (vgl. Th. II). Dass der Name vteiw seeleratus (ähnlich vicui sobrüti?) sehr alt sei, ist zu bezweifeln: 8. § 8. Für den vieus eyprius (so Liv. Varro Dionys.) liegt zwar nur die Deutung des Varro 0. vor a eypro quod iHSaltim cives additi ecn" aederunt^ qtd a bono omine id appeÜmnad: nam eyprum Sabina bonum, indessen wissen wir ja, dass Varro selbst an verschiedenen Stellen verschiedene Ableitungen gab und da uns das Wort jetzt auch aus dem Umbrischen bekannt ist: Ckbrar nudrer = Cuprae matria (Gorss. Zs. f. vgl. Spr. 20, 81), so ist die Annahme durchaus zulässig, dass von einer soldieo Gi^ttin die Strasse benannt war (vgl. unten A. 56) und dass diese Benennung auf den 'guten* König führte.

156 THBIL. Li '

es zwei WpbnuDgen« wi^lohe, wi« er reihst unter die Götter versetzt war , als ä)B8ecrirte HoibgthuiQer «rhalten tvurded^ auf dem Pulatio, wo.^yr erzogen wocdeci und. die iecsftejSla4t gegründet bette und auf dem Ka^ilol, dem iAtabftJlitldpnnkt der neuen Doppetetadt £])eu4ai auf darArx, wobnt statuTr lieb auch TiJUus Taltiuft'^),! JS^ü 4en . übrigen K^igda halte es die Erfindung nicbt* s^ .lekbt: doel^ war e«. giiboteiw dua Erfinder der Staatsreligiont 4eni Sabiner Nqoia« zuer&t. auf dem sabiniaeben Quirbial M'obneo upd däua dk geietUobe regia beziehen zu lassen ^). Konnte man dann sein Gegen- stück, deü friedfertigen Ancus, recHt gut in odef bei der damus regi$ bei dem Larentempel unterbringe^ , so mochte schon die An^log^e diesem Tei^pele, yielleicbt auch der StoJ^e des Königs bereehtigen^ den TuUus auf der Höhe ;dep Velia der noch später g'efürebteten Feste - beim i^eilateiäleitvpel wohnen zu lassen; freilich mussten diejenigen, nach welchen er den Caelius der Stadt einverleibt hatte, ihn dann ^ut die- sen Berg ül^ersiedeln ^)4 So bleibt der erste Ts^quipius über; iich weisd nicht beatimmt anzugebeB, weshalb man idieaen m

^) j[lajnuljDs iKo^Qt nach Solm 1, 18 i|ii tugurium FMustutf. auf dev Germalos: dies ist die cßßa^ später ,<»h^ Rwmdif .üi^fr w«lQhe £4. 2, 208 f.> abe/r. auch, auf 4aiq Kapital ^i^^bt. es. Jiae)^ Vitruv. % $ eii\e R/ftmuli (Mua: die nothwendige Folge der £U*o|ieruii|p des Kapitols (v^l. Tb. II): aus ähQÜcben GirüiideD.&iekea J>(iHaa «jwi Tarjiiunius um. (qnt«n). Beide casae siod die eQQ§eerirtea. W^ibohäpaer des l^tadtgrUa^i^i^y .wfs Preller Avfg. Ayfs^ S. 486 uict^ ei:kaiutt liait. üeber< d^a .Jf^]|i$«r Feretriua Tb. IL i. . .

^) Solia 21 : Numa in coll^primum QuiritiaUs iifiinde.prop^ aedßm Featae in regia quae.ß^Auc ita ßpp^fatur* \gl,.^*\9*

7) Solia 22 f.: TulUu^.Mos^iJUuSy tibi pa$tea thvm Pe^ß^um Oddes facta est , , . Ancus Mwcim^ in summa, aacm v.ia ubi aedfis Itotrum ^^ Es moss . ann^aoimneQ «w^rde», ^a^s die. Quelle Varre ist; iiej^a al#o aus diesem citirt wird (Neu« 531) Tullum HosiUiufß in f^eiOs, ,ulbi mtftc est aedis dcum Penatitun , ^incum in Palatio ad portam MugUmis sub sinzstra, so kann die zweite Notiz aucb.nur di? ]\ähe .^es J[fareiuteiii- pels bedeuten. TaUus auf dem.C^^iAs: Pioays. d, \f l<4vias.i, 30: ibique dein de habitavit. Diese Wobnaag wii*4 nut il^D,/»^st iurcb Blitzschlag vernichtet (das. 31). -r- Ueber die drohende Yelia A- 65.

$ 2.] DIE ÄLTESTEN ANSIfeDELUNGEN. 157

äflinhtelbariftter Nähe des Ancirs untjergebracht hat ^). Es ist Dar, dads die AngelpUDkta cKes^t* Erfitldütigen die zwi«fach«n K^nigskluser regia und d&mu» rtgH {%* Tb. 11) sind und dass in dem Register der J^ourstigeii Thtfteti d^r Könige, wie in der De«ituiig eines Namens i^dtus Melemlti^), das 'ewar dilrflige aber doch ebön ofusrefiehende Material tur DunMlihrung de(^ Sjrstemßittk gegeben war. Wie selbst kritische and sonst m% der Art' der Quelkin vertraute Gelehrte in diesen der albani- schen .Königstafel an A^rmlk^eit gleichen Erfindang m% Unkehfraos der !ri<^htigeli Sthkrisfolgeruhg eine Yolksträdition über die ältesten 'Hei^tbdmer haben finden können, bleibt mir uderkMrlioh ^). . . . » v

üisMfioh- bestellt ist' es mit der ßescMoMe de^ könig-^ liehen u t enL« K^r 'efne Thatsacbe liegt' d^selben wiederum, im^ wir zeigen werdien, zu Grunde: die Ei^lfinerung an die Banthiltigkeit ein^s emgewandeHen Herr8^hferg«sdilechts; alles ahier, m^ daröber hidausgeht, h^t nicht den mindesten Wertli und ist mit ähnlichen Mitteln und nach ähnlichem Master wie die Sta^dterweitungsgeschlchte und itir' Anhängsel, das Verieichjllss der feöni^shäuser, zusanlmengeleinft worden. Der erste Eroberer nach dei; Gründung. de^ Staats, der 'reiche' ToUh» muss aucih das erste Beispiel der. naehnalig. so ge-

9)''So}iD;24:' Tanqßätm» PHtotu ad Mwtgoniam 'pottäm tuppa sum'- mmn noMun trimti Livi«i 1^ 4I( «tf Statardt und zwar tnit 'des oberen FeMtera naoh d«r vüp^va\ dies sdietnt ebeii«»- lehr auf die Identilüt nit der W^h&tmgdes. Abcut (A, f) aktimit d<ft> d«s Soperbos (A. 4) M 4ea«e». Letetere* .taimml SeliWds^M' {i^ 779) nod wobi schon An- Biiif PetiallB bei Plioi 34^ 13 an, dd er di« Slat«e der GIoeHa corMra hm» Stmorii aetUmin v^HUkth SuperbiOmius erwähnt; Dio Fräs« i^M, •dhwieri; and wird Tk« tt in aideretn ZesniihieikhtfÄsr erHrtert werden«

^ Beai A«8gitDg8{tanict, die ngim^ hat Anbrosoh' inef'st riehtif^ beaKtheilt; im öhrigeA ist e^ nwht mt KIkrfaett gekonimteD. Auch nit der Akribie ist es nicht weit btrj so sagt er S.d7, die 'Süge' habie dte Nonia im-Tbapel des QnirMns, in cei'la Qumntdi wohnen lasden^ idc witus nicht lvkl«nnl: m^ soi/e Iß. steht bw fiolin (A. %) \i^ den Bm. und bei -S«liiiasius.s.w*:. Bio Myaticisnen>ilnbino's^ Welche die ge- falseb^ GHate dar OHge gieatis roaiaMie Anrid-ften Victor und Rofas znr Basis haben (vgl. Bd. 2, 5 IG), zu widerlegen, ist unmöglich.

158 THEILI*

wohnlichen Bauten aus dem Beuteertrag {de nuadbiis) geben : noch in spater Zeit trug die Curie seinen Namen {cwrta Ho$tüia). Unausweichlich war dann der Schluss» dass das Comitium, ihr Yorplatjs, von demselben Könige eii^efriedigt wurde ^^). ' Der Schöpfer des Yerfassungsstaates baut das Staatsgefangniss, das fortan seinen Namen tragt (TMianium)\ nur dass es Leute gab, die denn doch die Uebelthäter auch vor dieser Zeit in sicheres Gewahrsam gebracht wissen woll- ten und so den Ancos vorher wSbsaa den earcer erbauen liessen "). In die Geschichte des Mauerbaues werden natürlich die Könige von Ancus an der Reihe nach, wie sie die Stadt erweitern, hineingezogen. Aber ein beach- tenswerther Rest editer Kunde lässt des Geschlecht der Tarquinier zuerst den monumentalen Steinbau einfahren, die grosse Stadtmauer, die Kloake, den Juppitertempel und den Circus bauen: nur mischt sich hier gleich wieder, an- gehängt an eine falsche Etymologie {YMbnm a vdü), die

10) Der dives TuUus des Horaz C. 4, 7, 75 (riehtig verstanilen von Schwegler 1, 577 A. 3) fecä et gaepsü de mamtbüs eomüwm et eurieon (Cic. de rep. 2, 17, 31, yg^I. Varro 5, 155); die gangbare Brklärang ist nm nichts besser beglaubigt wie die allgemein aufgegebene des TulUanum und die nor bei Vopiseus (Anrel. 41 Tac. 3) yorkonmettde Bezeichnung für den damaligen * Senat', curia PomjriUanay kann mnt keine Weise als Zengniss fnr das kSniglicbe Alter betraehtet werden : vermathlich ist er eine voräbergehend beliebte feierliehe BenenniiBi^, welche an die eecurüa* temporis Pompilian»\ Amm. 14, 6, 6, erinnern soll. Ich bin auch jetit noch der Meinung (Hermes 8, 218), dass der Name von dem Neubau eines Hostilieri herrührt: ton diesem im 6. und 7. Jahrb. sehr mächtigen und sich selbst für uralt haltenden ple- bejischen Geschlecht (vgl. Mommsen Forsch. 1, 104) konnte sehr wohl der Ruhm eines solchen Baues mit Recht oder mit Unrecht beanspraeht werden. Soll man ernstlich glauben, dass vor dem 6. Jahrhundert die Curie am Gomitium auf den Namen des dritten Königs getauft worden Ist? Mir erscheint das widersinnig.

") Festus S. 356: TulUanum . . Servmm TuUium regem aedißcasee aiuntf daher bei Varro 5, 151 : ideo quod additum a Tuüio beiBubehal-* ten, nicht a TuUo zu sehreiben ist, wie Schwegler 1, 668 a. 1 richtig bemerkt. Ancus als Erbauer des eareer: Livius 1, 38, 8. Vgl. f 4 und Th. n.

I 2.] DIE ALTESTEIN ANSIEDELUNGEN. 159

lediglidi auf falschen Schlussfolgeruogen beruhende Erlaute-* rang ein, dass der Kloakenbau erst das Forum trocken ge« legt (worüber § 1) und so dem Comitium diesen grösseren lor den Markiverkehr bestimmten Raum beigegeben habe ^^). Die Vertheüung dieser Bauten zwischen dem ersten und zweiten Tarquinius, die, wie sich zeigen wird, unhaltbare VervoUständigung der Geschichte durch die Erfindung der Befestigung auf dem reehten Ufer, die ebenfölk höchst be- denklidie Rolle, die der römische Theseus, Servius, als Wall*- erbauer spielt, zeigen die Hand eines oder mehrerer jüngerer Schriftstellar, welche die sieben Könige möglichst gleichmässig mit Thaten ausstatten zu müssen glaubten. Aber noch mehr. Drei falsche Etymologien und jenes * erste BeispieP eines staatsrechtlichen Akts, des Baues de manibiiB, dem sich vidlkommen gleichartig die römischen Stiftungen der Heilig- thümer des Juppiter Feretrius und Stator als vorbildliche Beispiele, jenes der spoUa opima, dieses der G^lobung eines Tempels durch den Feldherrn vor dem Feinde, anreihen ^^), weisen deutli<^ auf eine Zeit sammelnder und klügelnder

u) Die StoUea über den Miuerbaa { 9 z. A. Uelirigeos ist die IVaditioB bis auf Nebendinge ziemlich fest. Den Aocns schreibt die Qaelle des Livios (vgl. A. II) die Befestigung auf dem Janicolam, die Tiberbrücke, den caroer, die Hafenanlagen von Ostia za (so schon En- Bivs bei Festos 258. 142 s:= Ann. 145 V.), also ausser dem offenbar später eingesehfvSrztea earegr eigentlich keine der stadtischen Bauten. Der ernte Tarqninias moss dann nach der livianischen ErzShlnng den Tempel fundameatiren, den Girens anlegen^ die Entwässerung durch die Kloake vornehmen (L. 1, 35, 8. 37, 6, 7), der zweite die prächtigere AvfflUimng des Tempeis planen, den Circns ausbauen, die Hauptkloake anl^^n (1, 53. 56).

**) Tempel in Schlachten gelobt und de mambiu gebaut sind hiiiAg: vgl. Forma nrbis S. 28 (wo noch Vitr. 5, 5, 8 biozugefdgt und tnf Mommsen Hermes 1, 176 verwiesen werden konnte); die Cnrie und das Comitium sind templä. Dass auch die Weihung des Heiligthums des Jappiter Stator dahin gehört, bedarf keines Beweises ; über das des Feretrius A. 15. Dass die Etymologien des relabnan, TulUanum^ der curia HogüHa älter seien, als die graechisdie Zeit, ist nicht zu er- weisen.

160 THEILl.

Gelehrsamkeit bitiy dieselbe Zdt^ in der man cbs^ erste .Bei*^ spiel* eines Perdueltions-- und eines ProV^kolkvisprözesfies der Geschichte <einf4gte und mit Mfe «iner fälschen iEtymo-* iQgie das Fetialenrecht von .den ^biUigdenkendett^ A/equieolet-n herüberkommen liess^^). Es iit bemibiieaA'^^hin^i dass die EHindang sich nieht in gleicher Weise ym. an^ik Prdfan- bauten so an die. heiligen gewagt, oder. doch nur schuditern die Thatsache bestritten bat, dass dier tanffiinificfae Temitelbau in den Akten des Pontificaloollegiums als der erste ver- zeichnet stand, von. dessen VoUendüng zugleich die Vec-* ehrung von Götterbildern 'datirte. Zu der Kategfä»e der sttceUa fana und dle^tcbra (Bd. 2^ 271 ff«), gehörten also die Heiligthfimer des römischen Urstaats« das Vcstär, Lar^o- und Penatenheiligthum und die wenigen^» angebiicb. vbn dea.Koiii- gen vor den Tarquiniern gegründeten Kultnsstiäfftpn.V). Wenn sieh daneben die Notiz findet, dass ein odeir ^et andere König doch* ein froheres fanum schon in eine eigenttiehe aeies wer^ wandelt ^^), und Servius seiner Patironiki der Fortuna «UeiA mindestens drei Heiligthumer und den Teni|!>el dbr . Diana

1^ Das inane studmni ditßendi qßae friimu quisqae ete Rumumis duei^Hs feeisBet (Seaeea de brev. vitae 13) eraoaifie tarn -^ iieveits z«r Zeit Ctcero's aasgebildetes -^ System vba Ges6hie}|l^älsdMiligpeiL üebcr die Prosesse Mommseb Hermes. 4) 22.i •' ..?

") Varro de tfita.p. f!\oa. 494)r: Aoeo aediSf qMme:ntmc esi^ muUü anms pest faoia f tM .(xm£ P) «119110. (nrnnia .(ontttonc.P) r^giis temporiöus ddubra pmna fewsta (ich vocAutlM JauiMäX ^y^mvBm% r.i s.-w.}. Damit stiniiit liberein, dass die roflMUisokeiiiHaiiil^tUimer y^t ihrer NengrÜDdunig durch Aagnsttos als kleine KapeUen'JbaaaifchDot.wer* den, das Heiligthum der Fides als soOraHum (Liv. U 29), die.daa Pavor nod Pallor (Liv. 1, 21, 7) wie die auf dem Kapitol durch Tac^|«i« exangarirten (Cato bei Festas S. 162 aater fM^tüfum) als/BRir. Eben- falls stimmt, dass nach Vavrb (Anguslan. - de eiv. 4^ äi a. A.) liie fi^taaer 170 Jahre lang kdine Bilder hatten, yenniathliirf» aisU najoh üim. Tar* qninias der ältere liaerBt ein sadches imlcapitolintaahMktTaaip^l.wcikte« S. Kdtner VarroniafSbe Stadien (ttalle 1865) &5Jf..And Detlefsea De arte Ronu anti^vissisM <Progir. GliiekMGadt 1867) S..3 f.;

>>) 80 heisst es vtBA Aacas •h«l >Liv.. 1, 33, B^ t^gte^pie rebus hello gestis aedis lovU Feretrii amplificata. . ,

§ 2J DIE ÄLTESTEN ANSIEDELUNGEN. 161

weiht ^^, so sehen wir auch hier die nachbessernde schrift- stellerische Hand, welche Dinge, die in offenem Widerspruche mit der besten Ueberlieferung stehen, zu bestimmten Zwecken eiDschwarzt. Es leidet kaum einen Zweifel, dass auch fdr diese Dinge Valerius Antias wenigstens die später allgemein giltige Formulirung des Details gefunden und dass schon Varro gerade wie Cicero ihn jeder für seine Zwecke ausge- nutzt hat, obwohl dieser ihn gar nicht, jener nur flüchtig erwähnt, yermuthlich als einen in jedermanns Händen befind- lichen, wenn auch nicht sonderlich angesehenisn Schrifsteller ^^).

*^) lieber die Tempelbauteo oder Grund uogen des Servius haben aagenscheialich sehr verschiedene Ansichten und bei den jüng^eren An- nalisten sehr willkürliche Hypothesen bestanden. Allgemein wird ihm der Tempel der Diana aaf dem Aventin (13. Aogast) zugeschrieben, iass er auch den der Laoa daselbst (28. März) gestiftet habe (Tac. Add. 15, 41), scheint Ovid (F. 3, 883) nicht zu wissen. Von For- tanentempeln schweigt Livius ganz, zwei kennt Dionys. 4, 27: tov fikv iv ayoQ^ ry xalov/^^vy ßoaqCtj^, jov 6h Hsqov ln\ laig Tjiöai tov Tiß^Qtog, rjv avS^eiav nQosfjyoQevaev, tag xal vvv vno 'PcofictfoiV xaXeZrai. Ersterer ist der bei Livius mehrfach genannte fin foro boario 33, 27 inira portam Carmentalem 25, 7: seinen Dedicationstag kennen wir nicht), der zweite' ist, wie längst bemerkt worden ist (Becker 478 f.), das von Varro 6, 17 dem Servias beigelegte fanuM Fortis (!) Fortunae secundum Tfberim extra ttrbeniy dessen populärer natalis (ders. bei Non. 8. 144) der 24. Juni ist. Schwierigkeit macht der amit. Kai. z. d. T.: Fortt Forhmae trans Ttber{im) ad müliar{ium) prifn(um) et sext(um); und ad seoetum sind die alten Dedicationen an die Fors Fortuna geifunden worden (CIL 6, 1, 167 169). Also zwei servianische Heiligl^ümer trans Tiberttn? Danibdr s. Th. IL Endlich erwähnt Plinius 36, 163 aedem Fortunae quam Sieiam appeU lant a Servio rege sacratam, welche Nero in das goldene Haus ein- sebloss. So nehmlich mnss geschrieben werden {si iam die Leidener Hs., setoTu mit der Bamb. die übrigen, S&iam Vulg.), wenn die Insehr. Or. IS V. J. 12 n. C, welche durch Smetius' Abschrift (29, 6) bekannt ist, richtig gelesen worden ist: . . Sieiae (so) Fortunae . . . mag. vici tandaliari reg, IUI. Apokryph ist natürlich auch der Dius Fidios des letzten Tarqninius (Dionys. 9, 60).

SS) Für die Details der Geschichte des kapitolinischen Tempelbanes ist Valerius Hauptquelle 3 A. 17 O; Th. 11). Dass er stark in der oben bezeichneten Methode der 'ersten Beispiele* gearbeitet hat, ist aach sonst nachweislich und von Mommsen bei Gelegenheit der 'ei>sten^

Jordan, rOmisehe Topographie. I. 1. 11

162 THEIL I.

« MüsseD wir dem Dach die traditionelle Entwickeluags- geschichte der Stadt von Romulus bis zu den Tarqaixiiera bei Seite legen., i^o besitzen wir dagegien von der Gründung der Stadt auf dem Palati um Nachrichten, welche zum.Tbeil mit dem Befund der Trümmer in merkwürdiger Weise üb^- einstimmen. Freilich kann nun beispielsweise über die An- zahl der Thore der Romulusstadt eben so wenig eine schrift*- liche Überlieferung auf uns gekommen sein, wie über die erste Anlage des Comitium. Aber wir haben es hier mit einer Gruppe von üeberlieferungen zu thun, welche mit den bisher behandelten gar keinen Zusammenhang haben: den Üeberlieferungen des ältesten Kultus. Unschätzbar ist für uns die Nachricht, dass am 15. Februar, dem Luperkalienfest, die Gilde der luperci in Thierfelle gekleidet einen Umlauf um die 'alte palatinische Stadt' hielt. Diese an den sogenannten Kalender des Numa geknüpfte Nachricht ^cfst so gut wie alle ihres gleichen und wie das Ceremoniell selbst in das höchste Alterthum zurück^®). Es ist kein Zweifel, dass dieser Umlauf

Prozesse X-^' 1^) liervorgehobea worden. Dasselbe gilt von der. Ge- ßdiichte des Ursprunges der Beredsamkeit in Cicero's Brutns (Hermes ß, 209 if.). Damit wäre vereinbar, wenn Piso des Livins HauptqueU« für die Königs^rescMchte wäre. Indessen haben die bisherigen Unter;- sachangen die Sache noch nicht ins Reine gebracht*

^^) Aelias Tubero bei Dionys. 1, 80 lässt die Hirten des Nnmitor den Romalas und Remus Überfallen; als sie das arkadische Fest feierten: ^vixa ix^V'^ ''ovg nagl to IlalkdvTiov oixovvras roiv v^wv ix tov ^vxniiov Jsd-vxQtag nsQiaX^alv iriv X(pf4>i]v yvfjiyovg *. tovto Sk Xftd-OQfAov Tiva Tpv xojfXfflAv TidzQiQV l^vvaiOf Qjf xal vvv Mt$ öqatav, Varro 6, 34 (vom Lupercalientage, dies februatus quod tum februaiur populus^ id est kipercis nudü lustratur miiiquum oppidum Palatinum gregibus humanis cinctum (unten^ vgl^ . 5 , 165 antiqutim oppidum), Plut. Rom. 21: xal ydq aQ^of^-^vris Trjg 7i€QidQOft^g tovg Aovniqxovs o^to/biev ivrev^ev onov tov '^Piof^vXov ixT€d^vat Jt^- yovmv, Dass %m Caesars Zeit auch 4a andere Theile der Stadt' ge- laufen wurde (Marquardt Handb. 4, 404), sagt Plut. Gaes. %\ nicht: ^taO-iovai iivd tijv noXiv yvfivoC: sie musstenja gerade den Mittel- punkt der Stadt, die sacva via, darchlaufen. Mommsen vermuthete CIL 1 S. 364 in der; Stelle des Varro: a regibus ßomanis moenibus cinctum und wiederholt dies gegen meinen Widerspruch (Bd. 2, 269) neuerdings im

§ 2.] DIE ÄLTESTEN AWIIDELUNGEN. 163

die Lustration der Stadt bedeutete, ausgehend vom Lupercal and zu ihm zurückkehrend. Ich habe sehon Bd. 2, 269 darauf aufmerksam gemacht, dass der Weg, den die< luperei bei diesem Umlauf zur Zeit Caesars einschlogeo, >ftie 'mitten durch die St«dt\ d. b. über die sacra. viO' fährte (A* 19) und da&s dieser Weg kein anderer war als das Pomerin'm der palatinischen Stadt, dessen Lauf. zur Zeit Caesars erkennbar, durch Grenzsteine gesichert war, wie der Lauf des Pomerium der servianischen Stadt. Das bezeugt Tacitui^ ausdrücklich, wahrscheinlich gestützt auf die Avgiifaihilcher des M. Valerius Messalla : . wie die Sorge für das servianisthe Pomerium den Augurn nach Ausweis der noch erhalteiten Steine desselben oblag, so auch die des palatinisdien. Es ist aber nöthig , ehe wir von der Bedeutung dieses Pomerivm weiter handeln, die taciteifiche Beaohreibung desselben zu prüfen ^^). Messalla, auf welchen wir a. 0. die Beschrei-

Beraies 10, 49. leli mus« dabei bleibeo, dass es unmöglich ist anzo- nehmen, dass Varro an den Mauern des Palatium mehrere 'römisehe K«oige' bauen lässt (welcher alte Schriftsteller weiss davon?) ui^dhikin nicht zugeben dass. in g^e^es humani als Bezeichnung der mit Thier- feilen geschürzten midibiperci etwas 'Skurriles' liegt.

*°) Tacitns Ann. 12, 24 (wo er von den Erweitehingen des Poine- riua spricht, s. § b)t sed iidtium oondendi et qaod primum pomerinm Ramulus posuerit mscere haud absvstd^tm reor. 4igitur a foro boario^ «^t aereum tauri smulacrum atpidmus, quiaidgenuM m^imaliumariärotiibr däur, sulcus designandi oppidi coeptus ut magnam Herculis aram amplec- teretur. inde certis spatiisinteriecUlapides per imamontisPalatiniaaariam Comi, ni$x eurias veteret, tum ad saeellwm Latum fotumque Aomanum: et Cttpüolium non a Romulo sed a Tito Tatio additum urbi eredidere. So die Hs., nnr dass sie conaü und krum de f&nanque romamuA hat, aber de hat schon der Korrektor gestrichep. Qaiiil iat depn. Sinma genügt, wie ßecker (De muris S. 14 Top. S. 101 f«).iwMt vor ihm Mancher (wie es. scheint auch Niebubr 1?, 298) bemerkt faal. Für .4ie .Beaehreibutgt.dfis. Pomerium kommt Weissenborns Aenderong (von Pfipperdey aofgeiiom- meo) Lamm, inde f^rum Romanum; f^rumqtte auf dassalbe hinaus; ieh; halte sie aber fiir unrichtig, weil diA Bemerkung über die Stadterweite^ rong schwerlich etwas Anderes als einen ,der.»Mi»tea betecffioB Jconnteä^ Kltter'a Lamm; dein forumque R. et CßpitMmi u, ^w» Jboraubt uns des BotliweiMiigea Endpunktes, Orelti'e Ltfrundae Jofumqite R, ist, wdn»

11*

164 TKBIL I.

bung des Tacitus zuräckfuhrten und aus dem wir ihn er- gänzen dörfen, bezeugt, dass das palatinische Pomerium in der Tiefe den palatinischen Berg umz«og^^). In der Zeit, in welcher er schrieb, und später ferstand man unter dem 'palatinischen Berge' die Erhebung in derjenigen Aus- dehnung, welche nachmals die Kaiserbauten bis zum dritten Jahrhundert eingenjommen haben, d.h. von der Ecke über dem Vestatempel bis zum Septizonittm , von der Cacusstiege über dem Eingänge zum Cireus bis gegen S. Bonaventura hin : bis hieher reichte der Bezirk des Apollotempels, welcher in PäUuio lag. Von dem Berge hatte die 10. augustische Region ihren Namen; sie begriff ab^r auch die umgrenzenden Tiefen, wie die in fast allen Punkten yerständliche Grenz- bescbreibung beweist (Th. II). Es steht also zunächst mit dem Sprachgebrauch der klassischen Zeit in Widerspruch,

wenn man angenommen bat, dass von den beiden durch eine Einsattelung^^) geschiedenen Erhebungen des Palatium nur

die nördliche das alte Palatium sei und . dass die Linie des Pomerium bei Tacitüs nur dieses umlaufen könne. Die ganze Hypothese wird durch die Reste der Befestigung viel- mehr widerlegt als gestützt (s. unten) und die zum Beweise herbeigezogenen Zeugnisse bes^gßn nicht, was sie soUep. Vor allen Dingen aber spricht Tacitus selbst dagegen. Er be* schreibt das Pomerium folgc^adermaassen (A. 20): bei der Gründung der Stadt habe man wie üblich (s, unten) die Furche vom Forum boarium aus zu zietien begonnen, um die ara maxima des Hercules einzuschlies^l&ii: 'von da' (also von der

dftlHdi «a Laremtia gedacht ist,' ufimb'glicb, w«iia damit gar das allbe- kanote LareDheiltgthiun- beaeiehnet seie seil, widersinnig. Die entge- genstehenden Ansicliten (Bmi^en 1, IdSff., Piale Snlla fondazione di Roma 1822) zu Wideriegeo, scheint hiernach iiberflä^sig.

SA) Messaik (nehmliish M. Valerhis Messalla Corvians Consul TOI dessen Bücher d^ auspiom mehpfach citirt werden: Bd. 2, 208) bei GeUins 18, 14, 2: imii^äsnmum autem pomerium quoda Romulo insH- tutum est Pälatiard m&Ntis radicibuB term^nabatur {dltrüber mehr unten).

s*) lieber diese s. tatiten Th. 11. Rosa^s Annahme verwirft mit B>eeht Lanciani Annali d'. J. 1871, 42 ff. nnd Guida del Pafatino S.29. 77 1

§ 2.] DIE ÄLTESTEN ANSIEDELUNGEN. 165

Front des Circas maximus, etwa zwischen S. Maria in Cos- medin und S. Anastaaia), ^gtelien in bestimmten Zwischen- räumen Steine längs des Fusses des paiatinischen Berges bis zum Altar des Consus' (an der ersten Metä des Circus) ^weiter bis Zu den alten Corien' (in der Nähe des späteren Septizonium), *dann zum Larenheiligthum* (auf der oberen sacra via) 'und zum römischen Forum ' (d* h. dem Anfang desselben am Fa- bierbogen, bei der regia und dem Yestatempel). Dass von hier aus die Linie zum Anfangspunkt zurückkehrte und hier nkht anders laulen konnte, als längs des Berges in beträchtKcher Tiefe unter dem heutigen Boden (wie S. Teodoro zeigt), ist selbstverständlich, dass der Yestatempel und das Yelahrum ausgeschlossen blieben, ausdrücklich bezeugt ***). Mit den einzelnen Punkten steht es so: sicher ist zunächst die Lage der ara maxima, weiter kann man zweifeln Ober die Lage der ara*Consi und curiae veteres: ist jene wirklich mit den frimae metae (worüber unten) bei den carceres und nicht am entgegengesetzten Ende des Circus anzusetzen, so ist es geradezu unmöglich, die Curien gansj nahe denselben südlich von S. Anastasia anzunehmen, denn es würde keinen Sinn gehabt haben, drei so nahe liegende Punkte zur Be- zeichnung der Liilie zu wählen. Ausserdem verweisen die Notitia und das Verzeichniss der vici der Region sie deutlich in die Nähe des Septizonium, und zwar zwischen dieses und die Larenkapelle, welche auf der sacra via stand. Ist also die bis jetzt noch nicht topographisch untersuchte Höhe von S. Bonaventura ein Theil des paiatinischen Berges, so wird kaum etwas anderes übrig bleiben, als die Curien unter dieser in der Nähe des Constantinbogen zu suchen ^*). Es ist hier-

'*•) Dioayst 2, 65 führt als Beweis daför^ dass der Yestatempel seinerzeit aieht eine GründuDg des Romalüs sei, an ou t^s ter^aytififov xaXovfUnis *P(6fifig . . ixroc haxtv. Die genaue BestiniBiiDg der Lage desselben ist noeb nieht selansen (Tb. 11 ; Inser. fori rom. Eph. ep. 1877> -- Vdabrwni A. 40.

*>) Dahin versetsen sie nneb PreUer, Laneiani n. a. loh begaüse mich hier hervorzuhebeD, dass die Pfetitia curiam vetterem^ Foriunam

IQQ THEIL I.

bei unsicher, ob das Thal des Circus mk- oder ob es ausge- scbiossen bliebe schwerlich entcheidet für da» letztere, dass Augustus* den Circus als eigene Region konstituirt hat. Niffimt man als Eckpunkte S. Anastasia-Septizonium-Ecke bei S. Bonaventura -S. Maria Liberatrice an und misst längs der Strassen die direkten Abstände, so erhält man mit Ausschluss des Circus eisen Um&ng ron etwa 1700 M. == 4930 r. F., mit Einscfaluss des Grcus von gegen 500 F. mehr. Wenn die augustjsche lOte Region 11510 F. maass, so ist schon Bd. 2, 08 bemerkt worden, dass dieses wie die übrigen Umfaugsmaasse so hoch ist, weil als Grenzen der Region die Linien der vici mit ihren . Winkeln und Krüm- muogen gemessen wurden ^^).

Tacitus selbst bezeichnet das pomerium als die Grenze der Stadt, welche der Grunder durch den Pflug zog. Eine Reihe von Zeugnissen, weldie eine undurchbrechUche Phalanx zu bilden scheinen, erläutern diesen Gebrauch als einen etrus- jkiscben und altlatinischen. Varro und nicht anders soll schon Cato erzählt hab^ lässt jede Stadt in Latium, genauer die Colonien, nach ^etruskisch^n. Ritus ^ gegründet werden. Dieser Ritus bestand darin,. dass das Areal der Stadt durch den Pflug bezeichnet wurde. Der Grunder spannte vor denselben Stier und Kuh; nach rechts hinwendend, um- furchte er die künftige Stadt; die 'ürfurche' (sukus ptmi-

respicientem, septizonium Severi bat (wahrscheinlich vom Forum her be- schreibend) die kapitolinische Basis vico curiarum, Fortunae respicientU, **) Es handelt sich hier garnieht um den Umfang des ßerges, dessen Umriss wegen der aufliegendoD Sehottmassen , angelehnten Ge- bäude und Torspringeaden Terrassen aiuch jetzt nach schwer beslimBi- bar ist, sondern um das Pomerium in der TiefCi Wenn der Umfang des * Berges' von Lumisden (Rome S. 156) auf 5550' engl. = 1692 J5 M., von Lanciani (Guida S. 9) auf 1744 M., der Umfang der Region von Bnnsen (s. Bd. 2, 98) auf 7875' angegeben wird, so sind das natürifeh Resultate von Messungen an flollis und dem Censusplan, die jeder naefa- mäehen kann und die verschieden ausfallen. Die ersten beiden Maasse sind nicht unerheblich zu gross, wenn man die wahren Högelrander missi^. Geoanere Angaben^ als die eben gemachten ^för das Pomerium), können keinen Anspruch auf Trene haben.

§ 2] DIE ÄLTESTBN ANSIEDELUNGEN. lQ^

gemis) bezeichnete den Graben^ die nach innen faHende Scholle den Wall; die Thore Hess er frei und 'trug^ an ihrer Stelle den Pflug (daher pürta). Ihre Zahl war nach ' etruskischem Ritus' drei. Was 'hinter der Mauer' lag, nannte man po$(ty maerium oder pomerium; es war dies ein Raum, durch Grenz- sleine bestimmt, welcher nicht bebaut werden durftei Wäh^ rend ansiserhatb der Mauer der ager effatm beginnt, umschliesst das pomerium innen den Raum der städtischen Auspicien ^^; Dieise Linie bildete ein Qnadrat (Roma quadr&ta), das Tem«< plam der Stadt« Die 'Regionen' des Templums waren mit dem Augurnstab bezdcfanÄ und nach den Himmelsgegenden gerichtet worden, wie man das Stadtgebiet der €olonie und den Lagerraum abzustecken pflegte. Es gehörte danii endlich aedidazo«, dass im Mittdpunkte des Q«»drats eine Grube

^) leli gebe zonräcbst was Varro 5, 143 aber das Ceremoniell

lehrt: oppida eondebant in Lotio Etrusco ritu mulii (ufmuUa Aug.), id est

iunctis bobus tauro et vacca interiore, aratro circuma^-ebänt sulcum. hoc

faciebant reügianis causa die auspicato ut fossa et mute essent munifi.

terrmn unde eoBCülpserant fossttm vocabant et tnircrsus iactam (so M.,

feetam F) tnurum : postea qui ßebat orbis urbis principium (natttr-

lieh hinter dem WaÜ^ nicht dranssen, wo die urbs ja nicht sein

konnte, v^l. A. 27). Eben so schon 'Cato' b. Serv. Aen. 5, 755 (ftt)i-

lieh ist hier und sohst bei S^rviüs das Citizen ans €ato nicht ubb^

denktich, wie Proleg. S. XX VIR untf Hermes a, 417 gezei^ worden ist),

wdeher auch die obige Erklärung der poHae giebt: aber qua in oppi^

dum pcrtareni Varro § 142. Die Furche prifnigefäus suleus (Festtis

AiMz. 296). ^- Varro fährt flort: (orbis) qui quod erat p^st mumm post*

tnoerium äietum', boque (so schreibe ich: i^usqueF, eiusque ambitu Vnlg.,

ew« qtio Tora.) auspicta urbttna fhnuntur. cippi pomerii staiit ei

dfcum t arifclam {Ardeam Tarn., Arieiam Sciop.) et circum Romom.

quäte et oppida qtiOe prius eranf circumducta aratro ab uf%e (orbc

Vnlg«) et urvo nrbes et ideo cotoniae ut urbes conduntar quod intra pome*

rhm poHuntHT (». A. 32).^ Di« Etymologie aosV. Pestns S. 250*20 veltäi

pstmo({rium] (und LMn« 1, 44, 4): anders Antistins Labeo beiFestas

249: quan promoerium (so die Hs. nach Keil) . . . id est proaimumi

iwro (so der Anaang). -^ Etymologie nnd Definition stammt ans der

Aogapalwissenaehaft. Mesaalla (A..21): pomerium est toeus intra agrum

(vgl. -Varro 6, 53) effatum per tdtius urbis eireuüwn pone muros regi-

«Nitii certis ddermOuitus qui facit fihem nrbam smspiciif über die

Grenzsteine des palatinischen Roms ob^n S. 163* Vgl: A.' 27.

168 THEIL L

gegraben und in dieselbe die Erstlinge der Feldfrucht gelegt wurden« der mundus der Stadt Es ist begreifiicb, dass zur Erklärung des Wortes urbs der 2um Quadrat im graden Ge- gensatz stehende Kreis {arbis) dennoch herangezogen wurde: die Gestalt des Ringes des servianischen Pomeriutn rechtfer- tigte einigermaassen dies etymologische Kunststück 4)^^). . Mit welchem Rechte diese Ueberlieferung die Vorschriften über die Anlage von Colonien und Lager auf die Stadt Rom anwendet, und mit welchem Rechte sie diese Vorschriften als etruskisch betrachtet, kann einstweilen auf sich beruhen« Hier ist es unsere Aufgabe, den Regriff des Pomeriums in- soweit ins Auge zu fassen, als derselbe für die Frage nach der palatinischen Stadtbefestigung entscheidend ist. Schon die Gelehrten der augusteischen Zeit haben zuwider dem. klaren

3*) Varro bei Solin 1, 17 f. (vgl. oben S. 39): Romam condidit Rmnulus , . . dictaque primum est Roma quadrata quod ad aequäibrium foret posüa (d. h. wie man die Colonie und das Lager mit dem MessiDstrument orientirte) ; ea ineipä a süva quae est in area j4poüinif et ad superciUum scalarum Cad habet terminum, ibi Romulus mansi- tavit qui auspicato murorum fundamenta iecit u. s. w. Wenn diese Silva in der sog. Villa Mills zu suchen ist (vgl. Th. II), so ist mit beiden Punkten der nw. und so. Endpunkt des ganzen von der Burg- mauer umscfalossenen Berges bezeichnet. (Im dies mit dem unten erörterten Pomerium und der Auffassung des Diooys 1, 88: TieQiy^afpet raT^dyaovov oxijf^ct r^ Xoffxpy in Einklang zu bringen, ist es unum- gänglich nothw endige anzunehmen, dass der Ausdruck Roma quadrata technisch in doppeltem Sinne gebraucht wurde: einmal zur BezeichnuBg der Linie des Pomeriums, zweitens der parallelen Linie der Befesti- gung der Arx. Darauf geht wohl auch Dio Fr. 4, 15, welcher eine Ikeqa noXig tfTQuymfos von der des Romulus unterscheidet. Der Utuus des Romulus, mit dem er die Regionen bezeiehnet hatte, lag in der curia saliorum auf dem Palatin (Cic. de div. 1 , 17. 30). Missverständlich Festus 258: quadrata Roma in Palatio ante temphan j4poüinis didtur, ubi reposita sunt quae solent boni ominis gratia in urbe condenda adhiheriy quia saxo munüus est iniHo in speciem qua- dratam, eius loci Enmus numiinit : et i quis e erat Roniae regnare quadratae (schwerlich doch Servius, wie Hertz ihn sagen lässt: qui sextus erat; se sperat Seal.) u. s. w. Dies ist der nmndus^ über dessen Einrichtung Festus 157, Ovid F. 4, 821 ff., ygl. Bücheier Ind. lect. von Greifswald 1868/69 S. 5 ff. u. Th. IL

§ 2] DIE ÄLTESTEN ANSIEDELUNGEN« 169

SinD des geschilderten Ceremoniells wie der von den ältesten Quellen gegebenen und wahrscheinlich nicht si^r richtigen Etymologie postmaerium, das Pomeriam *zu beiden Seiten der Mauer oder des Walles, die neueren auch wohl das ^hinter' der Mauer ausschiesslich ausserhalb derselben gesucht ^^). Die- ser Yorstellong widersprechen ausserdem die Analogie des Intervallum des römischen Lagers und des unbebauten Strei- fen Landes innerhalb der Mauer in Pompeji*^, vor allem aber ist sie unvereinbar mit dem sicher erweislichen Lauf

'^) Schreibung: pomerium ohne Ausnahme die Steine des kaiser- lichen Pomerium, die Lex regia Fespasiam CIL 6, 1, 930 z. 14^ die gute 1u. Ueberliefernng (so die Hs. des Licinian S. 11 Bonn); griechisch nwftri^&ov. Etymologie: Ritschi Op. 551 f. geht aas von Festns AiMz. 248 posimermm pontificale potnoertum am poH als Compositum po$-te zu erweisen; nach 'aasreichenden Analogien' könne angenommen werden , dass die amtlich feststehende Schreibung pomerium durch vnlgäre Aussprache aus potmoerium entstanden sei* Aber die von Gorssen Ausspr. 1', 707 yorglicbenen sämmtlich spätlateinisehen Bei- spiele {obedire u, dgl.) beweisen nichts und andere giebt es nicht. Wenn Mommsen (Hermes 10, 41) wegen des < hohen Alters der Bildung' trotz der von ihm anerkannten Irregularität der Umlautung an der Etymologie festhält, so thut er recht daran. Es wäre denkbar, dass in dem merum der Argeerurkunde (Varro 5, 50) und dem vielleicht ans aequimerium entstandenen aequimeiium (unten A. 69) sich Reste der ältesten Aassprache erhalten hätten und auch der Uebergang von Sucusa in Subura findet in unserem Altlatein keine, in verwandten italischen Mundarten aasreichende Erklärung (A. 56). Dass die Augural- disciplin seihst unter poH murum 'innerhalb' verstanden, ergiebt sich in schlagender Weise aus Varro's Worten (A. 25). Aber anders Li- vius 1, 44: pomerium verhi vün solam intuenies postmoerium interpre- tanhir esse (A. 26), est mdem magit cireamoerium locus quem in eonr dettdis urbütus quonäam EtrusH qua murum dueturi eratd eertis circa termmis inmtgurato conseerabant, ut neque iuteriore parte aedificia moembus amtinuarentury quaemmc vulgo etütm eoniungunt (s. unten § 3), et extrinsecus pttri aUquid ab humano euUu pateret sah, hoc spaUum^ guod neque habüari neque arari fas erat, non magis quod post murum esset quam quod murus post idj pomerium Romani appeUarunt. Die richtige Erklärung von post murum hat Mommsen, 'der Begriff des Pomeriam' Hermes 10, 40, entwickelt. Eben so hatte ich die Sache in dem vor lahren entworfenen Abschnitt behandelt.

**) *War die ältere Anlage der Städte und Roms selbst der Lager-

170 THEIL I.

des servjanischen Pomerium und dessen Vorschiebung durch Sulla, d. h. dar Freigebung des bis dahin noch geschützten Streifen consecrirten* Landes hinter der servianischen Mauer (s. § 4. 5). Freilich hat es auch ausserhalb der Maoer und, wo ein solcher vorhanden war, des Grabens wenig- stens in späterer Zeit, einen Streifen Landes gegeben, welcher nicht bebaut werden durfte, eine Art Glacis^®). Indessen hat die Freihaltung desselben mit der Auspidengrenze nichts zu thun, beruhte vielmehr nur auf gesetzlichen oder polia^i- liehen Bestimmungen zum Schutz der Vertheidigungsfähigkeit der Mauer. Es ist möglich, dass diese Bestimmungen das Ueberschreiten der 'geheiligten' Mauer geradezu als ferdmlUo bezeichneten und dass der Tod des Remus eine Exemplifi- kation dieses Rechtssatzes ist *®). Endlich lassen sich mit der hier gebilligten Anschauung sehr wohl die nicht zahl- reichen Fälle vereinigen, in denen der Begriff des Pomerium in geschichtticher Zeit sich in seiner Anwendung auf die realen Verhältnisse des Staatslebens zeigt. Sie myogen gleich hier kurz erörtert werden. Die Grenze dfer städtischen Auspi- cien ist zugleich die Grenze des bürgerlichen und des krie- gerischen Regiments; ausserhalb des Pomerium also schon auf der Mauer beginnt die unbeschränkte Macht des Kriegs-

form aaalog, so erklärt sich auch der nrsprÜDgliehe Siso von Poneriiun genau durch das IntervaUum im Lager, das bei befestigten Städtea den* s elben Grund und dieselbe Veranlassung finden musste, als im Lager*. Klenze Philol. Abh. S. 157, der überhaupt die Analogien zwisefaea dem Lager und der Stadt (Colonie) zuerst erkannt hat (vgl. § 4. 5): «ber das Pomerium von Pompeji, Nissen, Templum S. 73 f.

29) Die Existenz eines solchen ausserhalb der servianischen Be- festigung wird § 4 nachgewiesen werden und es leuehtet ein, dass ein ^solcher «xistiren musste. fir findet sich auch, ausserhalb der Befesti* gnng griechischer Städte.

^) Viri ilL 1, 4: {Romulus) edixit ne quis vaäum iraasiUrei. Aehnlich schon Ennius: Sehwegler 1 , 389. 43S. 2u den stmetae rea gehören nach späterem Redit muri, portae (Gajus 2, 8. Digg. 43, 6> 2, vgl. Lübbert Q. pont. S. 48.) Die Auffassung des PigUus (Ann. 1, 17^ welcher jenes ^Edict' ^m Romulus als Lex perdueliiotiis bezeidmet, scheint mir im Sinne der Quellen richtig zu sein.

i 2.] DIE ÄLTESTEN ANSIEDELUNGEN. 171

reckte ^^). Nur ausserhalb des Pomerium dfirfen die ftemd- landiscfaen Götter, wie ursprünglich die Gesandten fremder Staaten ihr^i Wohnsitz aufechlagen, durften wohl auch ur* sprünglich die Todten bestattet werden ^^). Die Befugniss des Fddherrn, nach siegreichem Vordringen diese Grenze weiter hinauszurAcken, müss^ wir hier noch uner6rtert lassen: wir werden sehen, dass dies vermeintlich durch alle Zeiten zwar nicht ausgeübte, aber doch virtuell bestehende Recht sdne Entstehung einer sehr jungen Theorie verdankt 5). Wenn sich nun spiUer herausstellen wird, dass für die 8«rvianiscfae Stadt die Linie des Pomeriums und die Mauer an einer Seite auseinander fallen, so ist doch nach dem oben aus den Auguralbuchera entwickdten kein Zweifel, dass das Zusammenfalten beider als der ideelle ursprungliche Zu* stand galt und wir müssen demnach im Sinne der Augum Pomerium und Wall der ^ alten palatinischen Stadt' (oben A. 19) als räumlich verbunden betrachten, die Hauer oder den Wall demnach mit ihren Thoren in der Tiefe des Thaies suchen. Hier aber gerathen wir in einen scheinbaren Wider* Spruch mit den monumentalen Thatsacfaen. Denn durch die

'^) Für die staatsrechtliche Seite der Sache ist hauptsächlich aaf M«BBi8eiis Behandlmiir io der A. 27 eitirtea Abhamiloog nnä Staatsr. P, 61 IT. zn verweiseo. Auf die topegraphisehen Folgertugen und Streitfragen müssen wir § 4. 5. eiogehen.

*') Ueber dieGi>tter eastra pomerium: Amhrosch Stad. S. 190 ff. vgl. Bannes 6, 316 ff. Daaa der Gmadsatz der 12 Tafieln hominem mor- (Wim in urhe ne sepMo neve nrüo (10, 1 Scholl) das Pomerinm ui Aage hat, scUiesst Monunaon richtig Eph. epigr. 3, 110 aus der Lex eoL Genetivaec 73: ne qins mtra fines oppidi eoUmfiae)vey qua aru" trufn ^ireumduatum erit, hominem mortuom inferto nern ihi hu" mato neve hominis monimentwn ihi aedifieato und der Erkläraag der Juristen (Paulas Rec. 1, 21, 2 n. A.) ne fimesteutur taera civitatii, Biese Vorschrift gilt jedenfalls für die servianiaehe Stadt von Anfang an (§4 A. 29): sie wird bestätigt durch die ausnahmsweise gestattete Beerdigung in der Stadt (unten A. 6&> und nicht widerlegt durch die Theorie der Grammatiker (Serv.n. 5,64. 6,152) welche aus dem Dienste der Laren auf die BeAtattung im Hause schlössen (s. PreUer R. M. 486>

172 THEIL I.

Ausgrabungen der Jahre 1851 und 1861 ff. sind eine Anzahl Reste einer gewaltigen Quadermauer zu Tage gefördert wor- den, welche nach der Analogie der Mauern anderer latinischer Städte unzweifelhaft als Reste der paiatinischen Befestigung anzusehen sind, welche sich aber nicht auf der Linie des Pomerium im Thale, sondern auf halber Höhe an den Rän- dern des Berges finden. Der fragmentarische Zustand dersel- ben rührt daher, dass durch die Kaiserbauten ein Theil der Mauer fortgenommen, ein anderer als Unterbau benutzt wurde. Das Material ist der Tuf des Hügels selbst, die Steinbrüche sind noch nachweisbar. Die Wichtigkeit dieser Reste ver- langt eine genaue Beschreibung derselben ^^). Geht man auf der Seite Forum -S.Anastasia auf dem etwa auf halber Höhe des Berges laufenden zum Circus fuhrenden modernen Wege, so findet man schon (1) über S. Teodoro dnzelne grosse Tuf blocke in den kaiserlichen Backsleinbauten steckend; (2) an der Ecke über dem Yelabrum ein grosses Stuck von 7 Lagen, welche auf dem natürlichen Felsen aufliegen, wdter (3) 3 Lagen unter Casino Nussiner, (4) 7 Lagen: eines Stdcks, welches senkreckt gegen den Hugelrand stdsst, unterhalb der sogenannten Akademie, (5) etwa 60 M. weiter 3 Lagen an der Grenze der Villa Mills. Endlich (6) Gndet sich ein Rest zur Rechten der von der via sacra aus ansteigenden Strasse unmittelbar vor der Front des domitianischen Palastes und

^) Am genauesten Lanciani; Annali 1871, 44 ff. Gniäa del Pal. S. 77 f., dessen Angaben ich an Ort nnd Stelle geprüft habe. Nur das Stück an der Grenze der villa Mills (5) habe ich trotz wiederholter Versocfae nicht gefunden. Die Btöcke (1) bei S. Teodoro erwähnt Laaciani nicht. Konstruktion : Läufer und Binder. Maasse (nach Lan- ciani): Höhe durchweg durchschn. 0>59 (doch maaiss ich an dem Stuck am Velabram auch 0,56), Länge der Läufer ],34 bis 1^62, Dicke der Mauer am Velabrum 1,41. lieber die Steinbrüche unter dem T. de < Jupiter Victor' 's. Guida del Pal. S. 129. Sie sind später als Cister- Ben benutzt worden. Auch der hinter dem Stuck am Velabrum in den Berg getriebene Stollen, in welchen man jg^ebnekt hinangehen kann, scheint ein soldier Steinbruch zu seia. Darüber unten Th. IL Unbrauch- bar die Abbildungen bei Parker Bd. 1 (Plates), ungenau die des Stückes 2 in den Mon. dell' inst. 5 J. XXXIX vgl. Ann. 1852, 325. BuU. 1859, 139.

$ 2.] DIE ÄLTESTEN ANSIEDELUNGEN. 173

uDgefahr parallel mit dieser. Vor der Entdeckung des Stückes

5 konnte dieses * als ein Rest der die nördliche Hälfte des

Berges gegen die Einsattelung tun abschliessenden Befesti-

gang gelten und so allenfalls die oben verworfene Hypothese

über die Einschränkung des alten Palatium auf jene Hälfte

stötzen. JetfiSt ist das nicht mehr möglich; ferner sieht man

deutlieh, wenigstens an einer Stellö (2), dass die Mauer

«st in bedeutender Höhe auf den Felsen aufsetzte ^ gerade

so, wie man es an der Burgmauer von Ardea, aber auch an

der alten Mauer des Quirinals sieht. Lassen wir die Frage

hier noch bei Seite, ob die fibrigen Hügel Roms ehemals

eben so viel selbständige Burgen uüd Gemeinden bildeten,

so ist das eine klar, dass, während die Quirinalmauer für

einen Theil der servianischen Befestigung gelten kann, dies

unmöglicb ist bei der Palatinmauer. Im Zusammenhang mit

den Traditionen über das Pomerium und den zu erörternden

Nachrichten über die Thore des Palatium betrachtet, könnten

die erwähnten Reste auch von dem hartnäckigsten Zweifler

für Nichts anderes als Reste einer torservianisohen Befestigung

des Palatium gehalten werden, obwohl die Schichtungsweise

und die Maasse ihrer Werkstücke nicht erheblich von den

sicheren servianischen Mauerresten abweicht, was immerbin

hervorgehoben werden muss ^^) t «e sind ohne Bindemittel

im Läufer- und Bindersystem geschichtet, die Höhe der Blöcke

beträgt durchschnittlich 2 r. F., die Länge ist verschieden.

Haken wir nun fest, dass die Befestigung^ deren Trüm- mer ehalten sind, die der palatinischen Burg ist, während zu Füssen derselben« 'die Urftirche' gezogen und das Pome- rium abgegrenzt war, So müssen wir noth wendig die Nach- richten, welche uns über die Thore der *alten palatinischen Stadt' (fippidum) erhalten sind, in d(ßr oben be;»chriebenen Linie im Thal, suchen. Allein hier zeigt sichs deutlich, dass die Berichterstatter, denen einerseits die Burgmauer, anderer-

^) Dass 4as StKidc über dem Velabram einen viel roheren Eindruck mteht, als die servianischen R^ste, will nicht viel sagen. Die Blöcke siad hier zum Theil aos den Fugen gegangen und sehr stark verwittert.

174 THEIL I.

seits die Linie des Pomerium mit ihren Steinen, nicht aber Reste des Walls und der Thore desselben vor Augen waren, bei dem Bestreben, nicht allein die Theorie mit den Th«t- Sachen, sondern auch die von beiden ganz unabhängige Ge- schichte der Stadterweitening mit ihnen in Einklang zu setzen, in Verwirrung geriethen, und die Neueren haben diese Ver- wirrung, statt sie auf ihre naturliche Ursache zurückzuführen, durch künstliche Mittel zu beseitigen versucht. Zwei Dinge standen* zunächst fest: einmal, dass die romuliscbe Stadt, nach ' etruskischem Ritus' gegründet (oben), nadi demselben auch drei Thore gehabt haben müsse ^'^), zweitens, dass auf der Hdhe der Burg ^das alte palattnische Thor' yiel- leicht bedeutet dasselbe der zweite Name mugionia (A. 36) noch zu sehen war und der Sprachgebrauch wies damit deut- lich auf die Thatsache hin, dass der palat&nische Berg noch zu der Zeit, als Augustus sich auf demselben als zweite Romulus niederliess, nur einen natürlichen Aufgang und ein Thor hatte, während er von der Seite des Forum boarium wie von der des Vestatempels her ftuf Treppen erstiegen werden musste^^). --^ Ob damals ein zweiter ^Aufgang, d«f

") Plinius 3, 66 (Qaelle? vgl. Bd. 2, 142): urbem tres portas ha- buntem Htumulus reliquä, ut phinmas tradentibus credamus, Deha so verbessert Detlefsen richtig: 4ie Hss. aut ut mit offenbarer InterpolatieB, nur die 2te Hd. in VH schiebt ausserdem //// nach credamus ein, um die Lesart verständlich zu machen. Dass man in der Regel der Stadt nnr ein Thor zuschrieb, ist so gut wie bezeugt (A. 36. 39), als zweites konnte man fnglich die Romanttla rechhen : von einem vierten glebt es keine Andeatung. Entscheidend ist der Aussprach i»r prudentet Ettuteoe ducipUnae bei Servius Fold. zu Ae. t, 4lb: apvd eonditores Etru»- earum urHum non putattu iuttas urbes fuiss% in, qußus notn tres portae essent dedtcatae et votivae et (doch wohl et vota?) tot templa, levis lu- nonis Minervae.

••) Die Sabiner werdet ad veterem portam Palatt geschlagen (Liv. 1, 12), der nachmaligen poHa Palaä (Ov. Trist. 3, 1, 21), d. h. der nvkai Mvxojvides (Dionys. 2, 50). Heber Aufgang und Tiior dnatw^ilen Lanciani Guida S. 110. - Der zweite Name: bei Varro 5, 164 steht tnudomsj bei Nonius S. 531 misgioneSf bei Solin 1, 2A.mugoniit^ bei Festus Ausz. 144 mugUnäa (?), bei Diooys. 2, 50 nctqii «atc /«v- TLUJvlai nvXa$c {fivQOiviai Chis., fwvQmvitH Urb.); Varro leitet offen-

§ 2] DIE ÄLTESTEN ANSIEDELUNGEN. 175

dms Yietmae, wirkücli bis zur Höbe der Burg führte, ist angewiss, und wenn dies der Fall, ungewias, wann derselbe gebaut ißt; gewißs, da&s siich bis jetzt im : ganzen. Umfang des Beiges mit Ausnahme eines einzigen clivus, des Th. II näher zu beschreibenden zum 'palatinischen Thc»*^ fuhrenden er stßigt von der sacra via abbiegend hinauf kein zweiter gefunden k&L Denn die Pfla3terstras8e, welche unmittelbair lunter S. Maria Liberatrice unter den Bogengängen der Kaiser- paläste hinauffuhrt und welche bereits zur Zeit der Flavier Torhanden gewesen sein mag, wird mit Unrecht als ein uralter Aufgang betrachtet und mit deui clivus Victoriae identificirt ^^). Diese Annahme eine$ Burgaufganges aber wird ferner unterstützt durch die Analogie alier antiken, speäell der noch jetzt in ihren ursprünglichen Formen kenntlichen . latinischen Bargbauten. Ausser dem ebenfalls nur auf einem cUvm zu- gänglichen Kapitol und den Burgen von Fidenae und Antemna muss hier besonders auf Ardea und das umbrische Iguvium verwiesen werden, auf Ardea wegen seiner Burg mit ihrem einzigen Aufgang auf der Südseite und der auf den Felsen angesetzten Burgmauer und den Besten seiner uralten Um- wallung gegen Norden, auf Iguvium wegen der um den Burg- högel laufenden vierseitigen Grenze mit drei Thoren, welche der 'etruskischen' Stadtanlage genau entspricht ^^).

bar (wie Nonius) a mugüu, Festus a Mugio quodam qui eidem tuendae praeerat ab. Ich vermuthe, dass p. mug-onia oder mMg-ionia, vielleicht vuig-onüf zu mm-eo steht, wie eol-onus m col-o uod (wie muo-idä) verschimmelt, alt bedeutete. Treppen: die scalae Caci über S, Aaa- sUsia und die 'Stafen' zur porta Momanula unten A. 40.

^) Die Bestimmung des clivus Fictoriae (A. 40) häng;t mit der £r- UäniQg eines Stjickes des kapitoiinischen Stadtplans zusammen (Forma f'r- 37), welche auch die neuesten Versuche (s. Th. IT) nicht ins Reine gebracht haben.

^) Ueber Ardea Gell. Rome » 95 ff. Nibby Dintorni 1, 241 f. Pro- vas Alba Fuc. S. 184. Abeken Mitteilt. S. 16a, Die zweite Umwallung ^•g, wie Nibby meint, einer späteren Erweiterung der Stadt gehören, Aus- graboogen fehlen. Ueber Iguvium s. Aufrecht und Kirchhoff, U. Sprachd. ^>124 Breal Tabl. Eng. 53 u. unten. Dass jede axqa oder arx o«r einen Aufgang hatte, ist bekannt und lÄsst sich für die latinischen

176 THEIL I.

Die Verwirrung nun zeigt sich deutlich in der Behand- lung der Thore des Palatium bei Varro. Nach der Erörte- rung der merkwürdigen Namen servianischer Stadtthore be- merkt derselbe, auch innerhalb der Ringmauer gebe es partae : erstens auf dem Palatium das mucionische Tbor, aus welchem man das Vieh aus der alten Stadt auf die Weide getrieben habe mit Hinweisung auf die andererwärts bestimmter ge* gebene Etymologie porta mngionia a mugüu, während andere den Namen von dem Thorhuter Mueio ableiteten ; zweitens die Romanula von Roma benannt, welches eine Treppe nach der Nova via und dem Heiligthum der Volupia hat; das dritte sei die lanualis, welche ausdrücklich als der Janus des Numa auf der Nordseite des Marktes bezeichnet wird *•). Von diesen drei Thoren also ist das erste das Burgthor auf der Höhe, das zweite soll am Fuss des divm Victwiae ge- standen haben ^°), kann also nicht in der Burgmauer, sondern

Burghügel noch nachweisen. Auf Rosas mündlichen Mittheilungen (1861 f.) beruht, was fiergau Philol. 25, 661 f. darüber sagt.

^) Varro 5, 164: praeter ea intra muros dici video porUu: in Palatio Mudonis a muffitu, quod ea pecus in buceta eireum fbucita circum Müller, budtatum F; bucetatum exigebat Seal.) antiquum oppidum exigebant; alferam Romcmulam [Romuleamt A. 41) o^ Roma dictam, quae habet gradui in Nova via (so Seal.: noualia F) tertia est loTtuaUs dicta ab lanOy et ideo ibi positum lani nmulacrum et tos instituluinj ut scribit in armaUbus Piso, ut sit aperta nisi quotn beüum Sit nusquam,

*^) Ausser Varro (A. 39) nur Festus S. 262: fiomanam poriam vulffus appeliat übi ex epistyUo defluä aqua, qui locus ab anHquis appellari soUtus est statuae Cinciaey quod in eo fuit sepulcrum famiUae (vermuthlich auch das Haus : A. 4S). sed porta Romana instituta est a Romulo infimo cUvo Fictoriae ^ qui locus gradibus in quadram for^ malus est, appeÜata atäem Romana a Sabinis praecipue quod ea proxi- mus adiius erat Romam., Diese Angaben werden erst verständlich durch Vergleichung der Stellen des Varro 5, 164 (s. A. 39): quae habet gradus in nova via, und 6,24 (Felabrum, sepulcrum Accaeji qui uterque locus extra urbem antiquam fuit non longo a porta Roma-' mda; endlich 5, 43: . . Felabrum et unde eseendebant ad infmam novam viarrt locus sacer (s. § 1 A. 15). Der zweite Artikel des Festus S. 269 wird wohl so zu ergänzen sein: Romanam portam ante

§ 2.] DIE ÄLTESTEN ÄNSIEDLUNGEN. 177

nur in der Wallmauer gesucht werden; das dritte, der Janus Geminus, weder in der einen noch in der anderen: denn es stand auf der Nordseite des Forum (Th. II), Hier drängt sich die Erweiterungsgeschichte ein. Trotz der Burgmauer und des Pomerium 'zu Füssen des Palatium' muss der kapi- tolinische Hügel wegen der falschen Erklärung des Asyls inter dnos lucos schon im Besitz des Stadtgründers sein**): dadurch wird die höchst schüchtern ausgesprochene Behaup- tung veranlasst, Romulus habe die palatinische Stadt erweitert und dieser Behauptung dient zur Bestätigung die falsche Er- klärung der porta belli, des Janus Geminus, als eines Stadt- thors sammt der vor demselben aufsprudelnden heissen Quellen, welche den Feind in das sonderbarer Weise offen- stehende Thor nicht eindringen lassen *^). Mit den beiden falschen Erklärungen steht und fällt die sogenannte Geschichte der Stadterweiterung durch Romulus oder ist vielmehr aus ihnen herausgesponnen wie die Geschichte von der Ueber- schwemmung der Tiefe zwischen den Bergen aus der Erklä- rung von lacus Curtius, Velabrum, Vertumnus. Wie aber der im Volksmunde übliche Name des Janus Geminus * Kriegs- thor' falsch gedeutet wurde, so auch der des Burgthors nmgonia (vielleicht *das verwitterte') und des angeblichen Stadtthors romana: unzweifelhaft ist auch dieser aus derEnt-

[Romuleam voci\tatam ferunt , quae fuerit [ab Romulo appeUata], nicht antea Roimilam. Jedesfalls ist bezeugt, dass 'pwrta Romana (nicht wie bei Varro überliefert ist Romanulä) die übliche Benennang ist.

^') Dass die Auknüpfnog des griechischen, den Römern unbekann- ten Asylrechts (vgl. Hermes 9, 348. 358) an die Statte inter duos lu- cos^ wo der deus lucans, der rächende Vejovis, thront, eine reine In- terpretation ist, die dann weiter mit dem Weiberraub verbunden, den Ursprung der gens Romuli erklären muss (vgl. Schwegler 1, 466 ff.), be- darf heut keiner näheren Begründung. Vgl. Th. II.

*^) Den Ausdruck porta lanuaUs gebraucht nur Varro; über den Janustempel, seine Benennungen {portae heilig iantts Quirini) und Lage, sowie über die von Ovid. F. 1, 259 ff. Met. 14, 778 ff. und Macrobius S. 1, 9, 17 (aus Varro?) erzählte und an die aquae latitolae (oben § 1 A. 10) anknüpfende Geschichte s. jetzt Hermes 4, 229 ff. vgl. Th. II.

Jordan, rOmiache Topographie. I. 1. 12

178 THEIL I.

Stellung eines Volksausdrucks für einen Wasserleitungsbogen hervorgegangen *^).

Während also alles, was über die drei Thore der Ro- mulusstadt, deren Namen und Lage, über eine ursprüngliche palatinische und eine nachmalige das Kapitol umfassende Stadt, überliefert ist zu den völlig gleichgiltigen Erfindungen von dem Schlage der zu Anfang dieses Abschnitts erörterten gehört, bleibt die Thatsache bestehen, dass der palatinische Hügel eine ummauerte Arx mit einem Burgthor gev^esen ist, welche nach allen Analogien eine Ansiedelung zu ihrea Füssen voraussetzt, und dass eine von Jenen Erfindungen ganz unabhängige üeberlieferung das Fest der Luperealien und die priesterliche Bestimmung des palatinischen Pomerium für das Vorhandensein einer solchen Zeugniss ablegt. Man pflegte sie als die 'alte palatinische Stadt' zu bezeich- nen: aber die Klügelei der Gelehrten legte ihr den Namen der Siebenhügelstadt Roma bei und gab ihr den Eponymen Romulm (s. unten).

Zwischen der Gründung dieser Ansiedelung und der Gründung der durch die Mauer auch räumUch sich kennzeich- nenden Siebenhügelstadt liegt die Kluft einer zeitlich nicht messbaren, nicht einmal in ihren Haupterscheinungen be- kannten Entwickelungsgeschichte. Wir haben zu Anfang die- ses Abschnitts gesehen, wie leichten Schrittes die römischen Gelehrten darüber hinweggekommen sind: es ist nicht unsere Sache, denselben oder ähnliche Pfade einzuschlagen, sondern

**) Da das *Thor' ein Wasserleitungsbogen war und vernünftiger Weise doch der Name mit der palatinischen Stadt nichts zu thun ha- ben kann, so denke ich an einen Volksausdruck wie die späteren porta pluens, arcus stillans, meta sudans, aqua fervens (Bd. 2, 19): etwa ru- minula oder runiimia neben rumina? Jedesfalls kann der wohl nur mittelalterliche Name arcus Ronianus aus den Märtyrerakten (Bd. 2, 382, wo Acta SS. 18. Jan. S. 549 hinzuzufügen ist) nicht zur Erklä- rung herangezogen werden. Möglich bleibt es aber immer, dass die statuae Cinciae in irgend einer Weise die Benennung ^römisches' Thor veranlasst haben. lieber inuffoina A. 36.

§ 2.] DIE ÄLTESTEN ANSIEDLÜJNGEN. 179

zu fragen, ob jene Eutwickelung auf dem Boden der Stadt irgend welche Spuren zurückgelassen hat.

Es kann kein Zweifel sein, dass die schroff ansteigenden Höhen um das Palatium herum wie dieses Ansiedelungen trugen. Sogar Reste von Befestigungen ahnlich den beschrie- benen der palatinischen glaubt man am Caelius, Viminalis und Kapitol zu besitzen: allein wir werden sehen 3 A. 11), dass diese Reste bis jetzt wenigstens nicht gestatten , mit Sicherheit von anderen 'Hugelburgen' zu sprechen. Verrathen die Namen ursprünglich gesonderte Niederlassungen? Alle Deutungsversuche müssen von der Zergliederung der Bildungs- form ausgehen und den wichtigen Satz im Auge behalten, dass auch vermeintlich uralte Namen (und mit dieser Be- zeichnung ist man meist schnell bei der Hand), ihre Entste- hung weit auseinander liegenden Zeiten verdanken können. Wir gehen nun von der Beobachtung aus, dass von den 'Bergen' (nwntes) des linken Ufers, der AverUinus, Pdatinus, Capüolinm, Esquilinus, dazu vielleicht Cermalmsis, Ceronienm einerseits, der Oppius, Cispim, Caelius andererseits augen- scheinlich gleiche oder ähnliche Bildungsformen haben und dass beiden gegenüber ein ursprunglich, wie es scheint, namenloser collis mit seinen fünf Erhebungen Yminalis, Qm- rmalis, Salutarts, Mucialis, Latiaris, erscheint, deren Namen unter einander gleiche, von denen der montes abweichende Bildung haben. Von diesen Namen waren zur Zeit des Cicero die der montes Oppius, Cispms, Ceroniensis sicher, vielleicht auch der des Cermalensis (Cermalus) ausser Gebrauch gekommen **). Ein hohes Alter aller verbürgt die Argeerurkunde :

M) Für Oppius and Cüpius hat dies schon Becker richtige bemerkt (S. 534); es mag hinzugefügt werden, dass auch die uns vorliegende Redaktion des Kalenders nur noch in Exquiliis, in Carirüs kennt (Prän. 1. März, 13. Dec.) Plutarch freilich sagt ausdrücklich (Rom. 3, 5): X^i^lov . . o vvv KfQfjLaXov xaXovat, nakai Sk FiQfiavov und in der Erzählung eines Prodigiums v. J. 558 Livius 33, 26, 9: Tusco vieo aique ind» Cermalo; sonst aber scheint in der klassischen Zeit der Name nicht geläufig zu sein. Unsicher die Vulgate bei Cicero ad Att. 4, 3, 3 Milo^ nis domuin earn quae est in Cemialo für das hs. meatnque ceramio.

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180 THEIL L

aber freilich wird zu fragen sein, ein wie hohes. Die technische Terminologie des pontificischen Kalenders nennt den Quirinal überwiegend mit dem allgemeinen Namen collis, selten collts Quirinalis: da nun neben der regio Esquilina und porta Esqui- lina die regio und porta Collina (über die salii collini unten) stehen und das Argeerfragment den collis Quirinalis als einen der colles der collinischen Region nennt, so ist wohl kein Zweifel, dass in der Zeit des servianischen Synökismos der collis einen Individualnamen noch nicht oder nicht mehr führte. Die Behauptung alter Grammatiker, der nachmalige Quirinal habe ursprünglich collis Agonius geheissen, ist nichts als ein falscher Schluss und gehört in dieselbe Reihe mit den ebenfalls erklügelten älteren Namen des Kapitols {Satur- nius, dann Tarpeius) und Aventin {Murcus): für den Caelius scheint es dem Scharfsinn der Gelehrten nicht gelungen zu sein, einen Urnamen zu konstruiren*^). Eben so ist es mir un- zweifelhaft, dass das Capitolium, 'Hauptberg', diesen sonst unerklärlichen Namen erst erhalten hat, als er der Sitz der Schutzgottheiten der Siebenhugelstadt geworden war. Dies besagt auch die Tradition: was dieselbe aber von früheren Namen zu erzählen weiss, beruht, wie gesagt, auf Schluss- folgerungen **).

Als gleichartige Bildungen erkennt man auf den ersten Blick die Namen des mons Palatinus und Aventinm. Schon einigen oder einem der klassischen Grammatiker ist die frei-

") Festus 254: Quirinalis collis y qui nunc dicitur, olim ^g^nius (egonus die Hs.) appelläbatur , antequam in eum contmigrareni fere (?) Sabini {sahinis Hs.) Curibus venientes post foedus inter Romulum et Tatium ictum. a quo hanc appellationem sortitus est. Der Auszug^ S. j 0 giebt auch für die poria Collina den sonst nirgend vorkommenden Na- men j4gonensis an. Vgl. Mommsen R. G. I, 54; über Murcus A. 70.

^) Capitolium setzt capitöHs voraus: dass dieses zu eapit-alis steht wie prini-öris zu prim-äris, prim^ärius, ist schon Hermes 4, 246 gesagt worden: vgl. Corss. A. 2^, 84. Auf die falsche Etymologie a capite OU ihi invento der Alten kommen wir Th. H zurück, lieber die saturnische Stadt auf dem mons Saturnius mit ihrem Bargthor s. Varro 5, 42 (Bd. 2, 599).

§ 2.] DIE ÄLTESTEN ANSIEDLUNGEN. 181

lieh unabweisbare Analogie der Gau- und Landschaftsnamen oder der aus diesen entstandenen Namen der ländlichen Tri- bus nicht entgangen ^^). Die tribus Stellatma und der Päla- tmns, die OuferUma, Trümeniina nebst dem pagus AmetUinus und der Aventinus haben in ihrer Bildung eine schwerlich zufallige Aehnlichkeit Für die Oufentina können wir die Entstehung aus dem Flussnamen Oufens und auch die Be- deutung dieses Namens nachweisen: ob in gleicher Weise die Tromentina von einem Tromens herkommt, muss bezwei- felt werden ^^), zumal noch andere Ortsnamen zur Vergleichung. heranzuziehen sind, welche mit Flüssen schwerUch zu thun haben. Die latinischen Städtenamen Carventum Laurmtum Namentum und das römische terentum werden wohl mit Recht mit dem römischen lauretnm (vgl. aesculetum, querce- tum, argiletum) und der tribus Teretina auf ein Bildungsgesetz zurückgeführt*^). So ergiebt sich für den Aventinm mens und

*'"') Varro de gente p. R. (anders als de 1. 1., A. 52) bei Serv. A. 7, 657: Satnnos a Romulo suseeptos ütum accepisse montem quem ab Avente fluvio provineiae suae appeüaverunt j4ventinum, ders. 1. 1. 5, 53 PtdaHum . . quod ^borigines ex c^o Reatino, qui appeUaiur Peledium, ibi consederunt. Damit ist natürlich weder die Existenz des Flusses Avens noch einer Ortschaft PaUüium im Sabinerlande erwiesen, zudem wahrscheinlich die erste Notiz noch durch Schuld des Servius verwirrt (oben A. 1 und Schwegler 1, 491 f.).

^) Die alten Etymologien für die angeführten Tribus bei Festus 194. 343. 367. Vgl. Mommsen Fors«^. 1, 106, Grotefend Imp. rom. tributim descr. S. 1 ff. Dass Vf-ens und Auf-idus vgl. ub^er ovd^^Q zu yndh-y fruchtbar, zu stellen sind, ist wahrscheinlich (Gorssen Ausspr. 1', 151. 353). Den pagus Amentinus bei Rom nennt nur die Inschrift Or. 3796.

^) Dass Laurentum zu laureUan loretttm (in Rom auf dem Aven- tio, vgl. quercetum pinetum hartindinetum u. a.) einerseits, zu Carven- tum u. s. w. (welche ich an die Stelle des apulischen Feretitum setze) andererseits gehört, nehme ich mit Corssen Krit. Beitr. 174. 470 an. lieber argüetum von argiUa oben § 1. Dass der Lorbeer erst mit dem grie> ehisdien Apollokultus nach Italien gekommen sei (Hehn, Kulturpflanzen ' 197 ff.), ist nicht erwiesen. lieber die tribus Teretina (von 2Ve#, Teretinates) s. Grotefend a. S. 4. Die Ableitung von terentum von terere (Servius z. A. 8, 63. Festus 351<^ 11 f.?) und von terra (Fest. Augz. 350) spricht für diese Form und gegen tarentum trotz

182 THEIL I.

fogus die Möglichkeit der Ableitung von einem Flusseben Ävens und wer wollte behaupten, dass dies nicht der später verschollene Name eines in den Tiber einfallenden Wasser- laufs gewesen sei, z. B. des sonst nicht benannten im Thale des Circus (oben § 1 S. 138) oder von einem Ort Avenium oder Avetum? Für den Palatimis besitzen wir den Ortsnamen Palatium, Ob derselbe im Sabinischen vorhanden war, oder ob auch dies nur eine historisch-etymologische Hypothese ist, muss dahingestellt bleiben ^^). Mag Avens oder AverUum mit Ovis und Palatium mit Eile$ und pa-scere zusammenhängen oder nicht ich sehe kein Mittel, dies festzustellen *^) , so

der Fabel. Wahrscheinlich triflft erstere das richtige, aber nicht in dem Sinne des Servius (a. 0. quod Tiberis ripets teral\ sondern es ist eine Erdhöhle, eine vulkanische Spalte (vgl. oben § 1 und Curtius Et. 222), wie der Fluss Teres 'Riss' sein mag.

^) Die ältesten bekannten Etymologien des Aventinus und Pakt- tinusy die des JNaevius (b. Varro 5, 43. 54), lassen jenen ab avibusy quod eo se ferrent ab Tiberi aves (?), diesen vom balare der Heerden benannt sein (an das palare derselben dachte Verrius Flaccus Fest. 220). Wahrscheinlich sind die übrigen aa. 00. erwähnten Versuche sämmt- lieh jünger, sicher die meisten nicht viel alter als die Philologen- Schule des Aelius Stilo : der Aventin ab adventu der Latiner oder vom albanischen Könige gleichen Namens oder ab advectu, nam olim palu- dibus mons erat ab reUquis düclusus (von Varro gebilligt); der Palatin von dem arkadischen Pallaution oder was davon nicht wesentlich ver- schieden ist von der Pallantia, der Tochter Euanders (vgl. Bd. 2, 603 zu Z. 2, Schwegler 1,443 f.), oder von einem Palatium der Aboriginer: s* A. 53.

'^) Die alte Herleitung des Aventin von einem Fluss Avens (A. 47) beruht freilich nicht auf Ueberlieferung. Eben so misslich ist es, wie schon 0. Müller bemerkt hat, die Glosse amilas agnus recentts parius (Fest. Ausz. 14) als Beweis für erhaltenes a in ovis otg gelten zu lassen (Curt. Et. 392) und ich muss daher meinen Vorschlag (Kaiserpaläste S. 31) av(t}-entum mit Ohrj zusammenzustellen zurücknehmen. Die Ableitung des Palatin a Pale pastarali dea (Solin 1, 15) und die Deu- tung 'Weideplatz' ist denkbar (Pälätium Päles): die Deutung Corsseus (Ausspr. 1, 426 ff.): der Göttin als 'nährende, hütende', des Orts als 'geschützter Platz', schiebt der Bedeutung der Wurzel {pa-, nähren = schützen) etwas fremdes unter und das antiquum oppidum PalaHnum (oben A. 39 f.), wenn es überhaupt diesen Namen führte, ist ja nicht

§ 2.] DIE ÄLTESTEN ANSIEDLUNGEN. 188

haben wir doch so viel gewonnen, dass wir beide Högel mit Sicherheit als zwei uralte latinische Gaunamen betrachten dürfen. Dass das Palatium eine Ansiedelung getragen hat, ist oben gezeigt worden. Die alte Besiedelung des Aventin durch eine latinische Gemeinde hat in der Rivalität zwischen beiden Bergen bei der Gründung der Stadt Romn, in der Gründung des Dianenheiligthums und in der noch spät fort- dauernden Sonderstellung des 'plebejischen' Berges einen deutlichen Ausdruck gefunden **), und alles dies wird duirch die junge annalistische Erfindung, nach welcher der Berg bis zUr Secession mit Urwald bedeckt und unbewohnt gewesen sei, nicht widerlegt. Der Gauname Palatium ist dann auf eine der vier städtischen Regionen übergegangen: der Ämntinns, welcher, wie das Captolium, ausserhalb der VierregiüiienBtadt blieb, hat noch in der augustischen Regioneneintheilung seine Sonderstellung bewahrt.

Wie Aventin und Palatium, so sind auch Esquiliae und Subura alte Gaunamen ^^). Die jetzt herrschende Ansicht, dass Esquiliae dies, nicht Exquiliae ist die altherkömm- liche Schreibung die 'Vorstadt' bedeute und in inquilinus sein Gegenbild habe, steht sprachlich und sachlich auf schwa-

die arar, Ob mau den flamen PäUttualis des Eonins übexiiaupt richtig hierherzieht, ist unsicher und kann auf sich beruhen.

52) lieber die SondersteUung des Aventins Schwegler 2, 598 ffl onteii § 4 und Th. IL

^) Die Inschriften kennen, soviel mir bekannt ist, nur die Form Esquiliae (so die Fasten im Cognomen EsqmlirmSj Esquiliae Henz. 5080, die Tribus regelmässig Esq, Or. 2621, 3091) mit einziger Ausnahme des Prän. Kalenders (1. März Exquiliis): aber Mommsen hat (CIL 1 S. 387) richtig bemerkt, dass dies eine gelehrte Schreibart ist: dasselbe gilt von dem lunoni Curriti des Arvalkalenders (Herrn. 8, 219) und von Suceusanus (A. 56). Die Hss. schwanken (schon die ältesten: s Cic. de rep. 2, 5, 11 Veron. Liy. 3, 66, x ders. zweimal das. 67. 6§) zwi- schen s und X. Dies beweist also das Gegentheil von dem was Schweg* Icr 1, 727 Corssen Ausspr. 2*, 1023 f. wollen: die Schreibart mit s ist, wie namentlich die Abkürzung der Tribus (man denke an Suc. und Ouf.) zeigt, wenigstens die altherkömmliche und die Schreibart Exquiliae in Hss. hat denselben Werth wie die nicht seltene j4dventinus (vgl. A. 50).

184 THEIL 1.

chen Füssen ^^) und man thut jedesfalls wohl daran, die Möglichkeit offen zu lassen, dass darin der Name einer Stadt oder doch einer selbständigen Niederlassung, Esqu-iliae wie Urb'iliae, Cut-iliae, steckt. Dass der Name syntaktisch noch in der klassischen Zeit wie die Städtenamen behandelt wird und dieser allein von allen römischen Ortsnamen weist jedenfalls auch auf das ursprüngliche Bestehen einer geson- derten Niederlassung hin: eben so erkläre ich mir den auf- fallenden Namen des pagus montanus = Esquüinm ^^). Dieser pagus EsquiUnus hat einer servianiscben Region den Namen gegeben. Es hätte auffallen sollen, dass während die Namen der esquilinischen, collinischen und palatinischen Region mit natürlichen Terraingliederungen, an welchen auch später noch diese Namen hafteten, übereinstimmen, dies bei der subu-

^) Es kann ja ein alter Uebergang von x zu s vorliegen: allein das oft verglichene sescentis beweist garnichts. Wo ist sonst in alter Zeit ex vor c (g) in es übergegangen? Daher kann anch mqtälmus, 'Binwohner', nichts für die Ableitung von ex und colefe beweisen und das von Huschke angenommene exquilinus 'der Bürger, der ausser- halb Roms mit einem niederen Bürgerrecht wohnte' (Serv. S. 60) existirt, wenn überhaupt, nur bei Solin (oben A. 4). Die alten Etymologien ab excubiis, quod excuUae sint a reg^e TuUio (Varro 5, 49) bedürfen keiner Widerlegung, eine dritte von aesculus (s. Bd. 2, 243) ist wegen des ae und wegen der Ableitungssilbe bedenklich. Ich halte also daran fest, dass die Ableitung von excolere eben so wenig feststeht, wie die der f^dia von €los>

^^) Madvig in seiner Ausg. des Livius (Bd. 1, 1 S. XIV) bemerkt, dass Esquilias (nicht in E,) ire gesagt wird, ebenso (Cic. de legg. 2, 11, 28 de nat. d. 3, 25, 63) in Palatio Esquiiüs und giebt Kl. Schrif- ten S.. 299 (wo er ahnliche Erscheinungen in neueren Sprachen erörtert) als Grund an, dass es ein Dorf gewesen sei. Freilich die Gegenfrage: warum dann nicht auch Palatium, Palati? würde unberechtigt sein. Aber ganz klar ist die Sache nicht. Unter den Pfamen der Stadt- römischen pag;i (unten) ist der kürzlich durch eine Inschrift etwa der sullanischen Zeit bekannt gewordene pa^us rmmtanus auf dem Es- quilin der einzige ohne Individualnamen. Dass montanus schwerlich mit den heutigen 'Monti' zu thun hat, ist schon S. 70 bemerkt worden. Möglich erscheint die Annahme, dass der Esquilinus als mons im Ge- gensatz zum QuirinaUs als coUis gedacht wurde, wo es sich um die Benennung eines pagus in jener Gegend handelte.

§ 2.] DIE ÄLTESTEN ANSIEDLÜNGEN. 185

ranischen nicht der Fall ist. Denn in historischer Zeit ist Subura der Namen des Stadttbeils, welcher von den Abhängen des coUis und der Esquiliae eingeschlossen wird, während den bei weitem grössten Theil der Region der mons Caelius aus- macht. Dass dieser oder seine Umgebung ebenfalls noch in historischer Zeit Sttbura oder Subura maior genannt worden sei, ist eine schon in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts aufgekommene falsche Theorie (s. Th. II). Aber freilich ist es kaum glaublich, dass ursprünglich der Name Subura an jener schmalen Thalmulde gehaftet und trotzdem als Be- nennung der Region gedient habe, ja gradezu unmöglich, wenn die Nachricht über das Fest der * Sieben Berge', unter denen die Subura ist, einen Sinn haben soll (unten). Es haben also die alten wie die neueren Etymologen geirrt, wenn sie das Wort als ein mit sub zusammengesetztes be- trachteten. Auch hier empfiehlt sichs statt die Wurzel durch ein verzweifeltes Kunststück biosiegen zu wollen, die Bildung zu analysiren. Nichts kann nun sicherer sein, als dass die jüngere Form Sub-üra aus der uralten Suc-üsa, pagus Su^- usanus, deren Suffix Analogien genug hat, einem zwar italischen, vielleicht aber nicht latinischen Gaunamen, durch Lautwandelung entstanden ist. Schwerlich wird die Wurzel desselben ein Thal bedeuten ^^). Es muss aber beachtet wer*

^) Für die oben ausgesprochene Ansicht muss wenigstens die Be» weisführung angedeutet werden: ich komme an einem passenderen Ort darauf zurück. Varro 5, 48: eidem regiowi {Stiburanae) attribtäa Su- Jmra [quod sub muro terreo Carinarum], in ea est Argeorum saeemhü sextum. Suburam {subura F) lunius scribä ab eo quod fuerit sub antiqua urbe, cui testimonio potesf esse quod subest ei hco qui terreus tnurus voeatur. sed a pag^o potius Succusano diefam puto Succusam^ nunc swibitur (nehmlich die Sucusa »» Subura als Tribusname) tertia HUera e non b pagus Suecusanus quod suocurrit Carints, So lese ich jetzt mit F (abweichend von Bd. 2, 601); der in { ] gesetzte Satz ist als ein offenbar aus dem Schluss des Ganzen entlehnter, an jener Stelle ganz ungehöriger Zusatz su beseitigen. Varro's Ansicht yariirt Ver- rius bei Fest. 309 {. . a stativo praesidio quod solitutn sit succurrere Exquüis infestantibus eam urMs partem Gabims; eine andere Etymo- logie in dem zerstörten Artikel 302, succtsanam?) Die Inschrif-*

186 THEIL l

den, dass die Terraingestaltung der suburanischen Region durch die Anlage des goldenen Hauses und seines stagnum, dessen Tiefe dann das flavische Amphitheater aufnahm und durch die späteren Bauten westlich von diesem so wesentlich verändert worden ist, dass es heut unmöglich ist ihren ursprünglichen Zustand sich zu veranschaulichen.

Sollte demnach der Caelins mens dies ist die allein verbürgte Schreibung des Namens *^) seinen Namen erst

ten bestätigeQ, dass die Tribus Suc. abgekürzt wird (CIL 6,1, ]97ff,), ausgeschrieben heisst sie sowohl auf loschriften als bei Schriftstellern (z ß. IRN 6808 Liv. epit. 20. Varro 5, 56) Suburana, örtlich fallen Su- bura und der angebliche j^^^t/« zusammen. Trotzdem Sucusa und Sübura nicht für identisch zu halten, ist unmöglich, ebenso unmöglich mit Corssen Ausspr. 1', 355 suc-cttsanus mit cus-ia, cu-ria (Haus) zusam- men zu bringen, wobei Subura unberücksichtigt bleibt. Man hat nur die Wahl, ob man Sub-üra aus Suc-usa (oder Suq-usa) oder aus Sug-usa (die Abkürzung würde dann vor der Einfuhrung des c festge- setzt worden sein) ableiten will. (Augenscheinlich ist Succusaniis nur etymologische Schreibart, vgl. A. 53.) Ersteres ist nur durch die Mittelstufe *Sup'Usa möglich, wenn t) Wechsel von p und h (oder q), 2) Sinken von p zu b beides ist im Italischen nachweisbar, im Altlateiaischen noch zweifelhaft , 3) Schwächung des f zu r in dem Suffix -ü-sa, -üra (vgl. fig-ura^ nat-ura u. a. m.) als gesetzmassige Lautwaudelungen gelten. Abermalige Schwächungen sind die spaten Vulgärformen Sibura, Sebura: Bd. 2, 17, vgl. CTG 6447. Vgl. un- ten S. 198. »Was nun aber die in suq-üsa = süp-üsa = sub-üra stek- kende Wurzel iup =■ suk heisst, wage ich nicht zu vermuthen.

^^) Dass die Schreibart CaehW die allein riehtige ist, beweist, ob- wohl der Name in republikanischen Urkunden aicl^t vorkommt, der Beiname der Verginier Caeliomontanus (kapit. Fasten), die Lyoner Rede des Kaisers Claudius (Col. 1 : rmmteni CaeUum . . a Ca»lio\ die von Smetius gesehene Inschrift aus dem ]. Jahrh. Or. 2617 {de campo Caelemontano) und die Inschrift v. J. 201 CIL 6, 1, 1259, deren Ueber- lieferung nur zwischen areus Caelimontanos und Caelenumtanos (nicht Coe/., wie noch Borghesi Fasti 1, 61 glaubte) schwankt. Ebenso die gute hs. Ueberlieferung z. B. bei lliceFo de rep. 2, 18, bei Var^o ub4 Livius durchgänig, und noch, wie ich hier nach abermaliger Ein- sicht meiner Kollationen konstatire, in den Scriptores Historiae Augu- stae (P überall Caelius, auch Marcus c. 1, B, wie es scheint, ebenso regelmässig Celius) und im Regienenbuch R. II. Iin Fronto von Mai V. J. 1823 S. 54 steht zwar Caelius, aber in der A. von 1346 S. 41

§ 2] DIE ÄLTESTEN ANSIEDLÜINGEN. 187

in verhältnissmässig später Zeit erhalten haben oder ein Theil des alten pagus Sumsanus diesen Namen geführt haben, wie Theile des Esquilinus die Namen Oppius^ Cispiu$ ? Wir stellen zunächst die Thatsache fest, dass die Namen dieser drei Berge, welche sämmtHch schon die Argeerurkunde nennt, mit den Namen von drei plebejischen Gentes identisch sind, und dass der Name des saxum Tarpeium (vielleicht des mom Tarpems) mit einem patricischen freilich nicht ganz sicheren Gentil- namen zusammenfällt. Die Alten leiten nun die Namen der Berge von den eingewanderten Stammvätern dieser Familien her, und zwar den des Caelius von dem Etrusker Caeles Vibenna^^), die des Oppius und Cispius von gleichnamigen Geschlechtshäuptern aus Anagnia und Tusculum, welche unter den Königen gleichviel unter welchen Jener als Feind, diese als Freunde die später nach ihnen benannten Höhen besetzt hielten ^®). Das Adelsgeschlecht der Tarpeii kommt in eiüem Consulat des J. 300 der Stadt vor; die Existenz des- selben kann schwerlich bezweifelt werden. Sein £ponym gilt ab der Burgvogt des Titus Tatius®^). Dass nun jene Er-

(= Naber S. 31) Caelius i freilich ohne ßemerkuog. Ein auch nur leid- liches hs. Zeugniss für die Schreibung mit oe Isienne ich nicht, die mit e beweist bekanntlich nichts für oe.

^) Ueber diesen s. nnten. In geschichtlicher Zeit giebt es so- wohl Caeiü als CoeUi: zu jenen gehören, wie jetzt fe&tsteht (Benzen CIL 1 S. 475 Acta Arv. S. 179), die Aufi, zu diesen die Finiciani (CIL ], 641) und Caldi (Borghesi Dec. 6, 9. 10); auf den Aschenkisten von S. Gesario finden sich Caelü,

^^) Die Geschichte von dem Anagniner Cispius und dem Tuscu* IftDer Oppius, die die Berge besetzen, während TuUas gegen Veji im Felde steht, erzählt Varro bei Festus 348 (oben S. 54). Die Oppü blühen im 6. Jahrhundert d. St., Cispii kennen wir im 7. Jahrb. (CIL 1, 631 ; <lergelbe oder ein Verwandter ist 697 Voikstribun: Or. Onom. u. d. W.). Die örtliche Znsammengehörigkeit beider 'Berge' zwingt dazu auch in dem Cespius der Argeerurkunde nur die ältere Schreibung des Gentilnameos zu sehen und nicht etwa an ein Appellativum zu denken.

^) Die CoBsuln des J. 300 heissen Sf. Tarpmiu, A. Atemius, ^it der Authentioität des Namens der Lex Atemia Tarpeia sieht es «twas übel aus (Mommsen Münzw. S. 175 f.) und die mythische virgo Vestalis des JNamens beweist natürlich nichts; wohl aber für die IVa-

188 THEILI.

klarungen bestenfalls aus den Familienchroniken jener Gentes stammen und demnach die Existenz der Eponymen oder gar die Richtigkeit der an sie geknüpften Thaten nicht beweisen, bedarf keiner Erörterung. Wer dagegen leugnet, dass die genannten 'Berge' ihre Namen von den Gentes haben, hat nur die Wahl zwischen zwei wie mir scheint gleich unmög- lichen Annahmen: entweder muss er den Gentilnamen von den Namen römischer Stadtgegenden ableiten, wofür es weder Analogie noch Erklärung giebt^^), oder er muss annehmen» dass das Zusammenfallen der Namen ein zufälliges ist. Und was spräche wohl für eine solche Annahme? Ich muss also die auch an sich bedenklichen Versuche die Namen des Caelius und Tarpems Ton Appellativen herzuleiten an den Oppius und Cispius hat sich meines Wissens Memand gewagt und mit den echten Ortsnamen in eine Reihe zu stellen für methodisch verfehlt ansehen. Dass eine Göttin Tarpeia existirt hat ist nicht richtig, ein luppiter Caelius als Lokal- gott widerspricht unserer Auffassung nicht ^^).

Ist diese Auffassung richtig und ist es ferner nicht denk- bar, dass jene * Berge' von einzelnen Mitgliedern der Gentes benannt worden sind (denn die Ueberlieferung über die Eponymen beweist nichts und es liegt auf der Hand, ja es ist bezeugt, dass die Benennung von vici und clivi^ wie der Puhlidm^ Cosconius u. a., nach ihren Erbauern nicht verglichen werden kann, §8), so folgt daraus, dass ganze

menbildoog der Vergleich des Cog^nomen Tarpa und der zahlraichea Gentünamen auf -eius. lieber die Etymologie von Tarpa weiss man nichts (auch in Gurtius' Stud. 5, 382 wird kein AofschloBS gegeben) vgl. unten A. 62.

^^) Keine Analogie bieten die Cognomina Sacramentis^ Tuscivi- canusy Esqtälinusy CapüoHnus, Montanus (?), u. a., über welehe S. 192, und die Gentilnamen, welche von ausserrömischen Ortsnamen her- kommen (vgl. Hühner Eph. epigr. 1878, 83 ff.).

•*) Caelius y von caedere^ der *Hau', Bücheier Rh. M. 18, 447. Tarpeius hat Orioli mit Tarquinius identificirt (Diss. dell' ac. di arch. 13, 241). Vielleicht gehört zu terp-, Tarp-at Tarp-eius auch Turp- enus, ein Flussname, CIL 1, 1541. Die ^Göttin' Tarpeia ist eine Deutung des Piso : Diooys. 2, 40 Ueber luppüer Caelius Bd. 2, 259.

§ 2.] DIE ÄLTESTEN ANSIEDLüNGEN. 189

plebejische Geschlechter geschlossene dorfartige Ansiedlun- gen auf jenen Höhen gehabt haben. Vergegenwärtigt man sich aber den Zustand der Höhen in der ältesten Zeit wir sahen dass sie zum Theil bewaldet waren l S. 146) so erscheint es ganz natürlich, dass die aus zugewanderten oder gewaltsam übersiedelten latinischen Gemeinden sich bildende oder doch ergänzende Plebs allmählich die Höhen besetzte, während die Niederung längst dicht bevölkert war. Dass nun in der Zeit des Ständekampfs und der ersten sozialen Umwälzungen die hoch gelegenen Wohnungen mächtiger ple- bejischer Geschlechter eine Drohung werden konnten, ist nicht Mos ein nahe liegender Gedanke, sondern es haben sich wie es scheint auch Ueberlieferungen darüber erhalten, welche zum Theil an das Raubritterthum und Fehdewesen des Mittel- alters erinnern. Die Hochverrathsprocesse gegen die ple- bejischen Demagogen Spurius Cassius und Spurius Maelius und ihren patricischen Nacheiferer Manlius Capitolinus endeten mit ihrem Tode und der Niederreissung ihrer auf dem Esqui- lin, am Abbang und auf der Höhe des Kapitols gelegenen Häuser; ein gleiches Schicksal hatte der Landesverräther Marcus Vaccus auf dem Palatin*'); zwei ungenannte, aber durch die Legende zu Eponymen des ehemaligen auf der Höhe über der Subura erbauten Macellum, ein gewisser Mancinus, später auf dem Palatin Fulvius Flaccus und Cicero. Zwar die Strafe selbst ist von der Lage des Hauses unabhängig; dass indessen

"") Ueber alle vier Cicero de domo 38, 101, über den Fuadaner M. Vitrnvins, Vaccus Livias 8, 19. Die drei erstea und der vierte PaU liegen, was das Verbrechen anlan^, verschieden; jene behandelt Mommsen Hermes 5, 228 ff. und zeigt (S. 240), dass gerade die Haus- schleifangen zu den ursprünglichen Theilen der Geschichte des Cassius gehört. Die Lage des Hauses des Cassius, auf dessen Area der Tellus- tempel errichtet wurde, ist übrigens nicht ganz sicher: s. Th. II. Ueber aequimelivm unten A. 72. Manius Macellus und /feqtätius Cuppes oben S. 53 A. 22 (das macelhmi lag hoch, Th. II). Die verwirrten JVo- tizen im Auszug des Festus S. 131: Mancini tiftäa appellabantur quod Mancinus hahuü domum quae puhUcata est eo interfecto und 366: Ti* fata iUeeta, Romae autem curia Tifata, werden wohl mit Unrecht auf dasselbe Gebäude bezogen. Mancinus einer der Hostilii?

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die hohe Lage der Wohnungen derjenigen, welche nach der Tyrannis getrachtet haben sollten, als ein wichtiges Moment betrachtet wurde, hat die Ueberlieferung deutlich in der Ge- schichte von PopHcola ausgedrückt, der den Verdacht des gleichen Verbrechens zerstreute, indem er sein Haus von der Höhe der Velia an den Fuss derselben verlegte^^). Gab es also etwa burgartig befestigte Häuser? Ich wusste keine an- dere Erklärung für den ^Mamilierthurm' in der Subura, da wir die Ansicht einer vorservianischen Befestigung des er- weiterten Palatium haben verwerfen müssen ^^). Ich weiss wohl, dass namentlich, was das Kapitel mit seinen patricischen Bewohnern anlangt, noch ganz andere Motive in die Ueber- Heferang hineinspielen (vgl. § 4. 5): indessen ganz von der

^) Die Nachrichteu über das Haus der Valerier sind auch durch Mommsea CIL 1 S. 285 Doch nicht ganz aufgeklärt. Es stand fest, dass einer Reihe von Männern mrtutis causa für sie und ihre Nach- kommen die Bestattung am Forum durch Volksschluss bewilligt war: zu ihoen gehörten die Valerier, derea Ehrendenkmäler sich dort Doch zur Zeit des Augustns befanden (Gic. de. legg. 2, 23, 58. Plut. Q. rom. 79, nach Varro; Inschr. zweier Valerii Messallae Vater und Sohn, Consuln 723 und 693. 699 , wahrscheinlich vom Forum stam- mend : Lanciani Bull. mun. 4, 4S ff. vgl. £ph. ep. 3, 1 ff.). Anderer- seits lässt Valerius Antias dem Dictator M. Valerins v. J. 260 ein Haus 171 Palatio auf Staatskosten bauen, nach dem lückenhaften and auch in der neuesten Ausgabe nicht ins Reine gebrachten Bericht des Asconius zu Pison. § 52, andere Quellen (dass es nur jüngere waren, steht keineswegs fest; mir seheint bei Asc. der Name des Annalisten hinter de viris daris ausgefallen zu sein) berichteten dasselbe vom . Valerins Poplicola, nennen aber das Haus die einen sübFeliü (so Asc.) die an- dern in Felia (Gic. har. resp. 8, 16). Ganz anders Livius 2,. 7, wo Valerins aeiUfieabat in FeUa und dann wegen der Befürchtung des Volks das Haus inira f^eÜam infimo eUvo errichten lässt. Freilich steht nur so viel fest, dass die Valerier unten am Forum Haus und Grabdenk- mäler hatten, ebenso wie die Gincier: denn ihr Grab infimo cHvo f^ic' toriae (oben A. 40) setzt das Wohnhaos voraus.

^) An der Mamifia iurns intra Suhurae regionem (Fest* 131) hefteten die siegreichen Suburaner den Kopf des Oktoberpferdes an (ders. 178): den Namen scheint schon Gato von dem Freunde desTar- qninius hergeleitet zu haben (m. Proleg. S. XXXV)*

§ 2.] DIE ÄLTESTEN ANSIEDLUNGEN. 191

Hand zu weisen scheint der Zusammenhang dieser Nachrich- ten mit den plebejisch benannten Bergen nicht zu sein.

Was hingegen die ursprüngliche städtische Ansiedelung zu Füssen der palatinischen Burg und später auf der in un- gefähr gleichem Niveau zwischen dem Kapitol und Palatin, dem 'Huger, dem Esquilin und der Yelia ausgebreiteten Nie- derung anlangt^ ist von einer räumlichen Eintheiiung dersel- ben nach den Geschlechtern, Curien und Stammtribus, nicht allein gar kein Rest vorhanden, sondern es sprechen, wenn ich nicht irre, deutliche Beweise dafür, dass, wenn eine solche jemals vorhanden gewesen wäre, sie doch spurlos und zwar bereits in frühester Zeit zu Grunde gegangen sein müsste. Hätte nämlich eine Auftheilung unter die drei Tribus und ihre Glieder stattgefunden, so würde man doch erwarten* dass grade die Kultusstätten der Curien an die räumliche Drittelung gebunden gewesen wären und die Ueberfluthung durch spätere Ortseintheilungen überdauert hätte. Allein die üeberlieferung der klassischen Zeit bezeugt unzweideutig, dass damals die Kultushandlungen von 23 Curien in einem viel- leicht in der Nähe der porta Capena gelegenen Gebäude voll- zogen wurden, welches die 'Neuen Curien' hiess, die der 7 übrigen in einem die * alten Curien' benannten Gebäude auf der Velia, und der Grund dafür sollte sein, dass bei der üebersiedlung der sacra aus diesem von Romulus gebauten Hause, in jenes, dessen Erbauer nicht bekannt war, für die sieben Curien die Exauguration nicht voUziebbar war, wie für den Terminus bei der Erbauung des capitojinischen Tempels. Das also steht fest, dass die Grammatiker der Zeit Ciceros und Varros keine anderen über die Stadt vertheilten 'Curien' als Kultusstätten der so benannten GUeder der Geschlechts« tribus kannten, und es sind daher einzelne ctenae (Versamm- luDgshäuser), die uns an verschiedenen Stellen der Stadt genannt ^Verden, mit jenen nicht zu verwechseln ^^). Es steht hiermit

^) Festns 174: Novae curiae proxime cotnpüum Fabi*icium dieses noch spät genannt (oben S. 70 A. 53 £.), ob im vicus Fa^ bricii der 1. Region, ist unsiclier aedificatae sunt quod parum

192 ThEIL I.

nicht im Widerspruch, dass einzelne gentihcische Kultusstätten in verschiedenen Zeiten an verschiedenen Stellen der Stadt ge« nannt werden*^), im vollsten Einklang aber, dass eine geringe Anzahl consularischer Familien des 3. Jahrhunderts Cogno- mina von einer beschränkten Zahl von Stadtgegenden oder Strassen entlehnen: Capitolmm (Maehi Manlii Quinctii Sestii Tarpeii), Esquilinus (Lioinii Minucii Sergii Verginii), Vaticanus (Romilii Sestii), AverUinensis (Genucii), Fontinalis (Aternii), Sacraviensimsis (f), Caeliomontanus (Verginii), wozu vereinzelt aus dem 6. Jahrhundert Tmcivicanus kommt. Sind jene Co- gnomina des 3. Jahrhunderts glaubwürdig, so beweisen sie, dass diese Gentes nicht allein im 3. Jahrhundert, sondern viel früher in bestimmen Stadtgegenden gesonderte Wohnsitze nicht hatten denn wie hätte eine Familie, z. B. der Quinctii, dazu kommen sollen sich Capitolini zu nennen, wenn die ganze Gens den ßerg bewohnt hätte, von den Vaticani

amplae ei*ant v et er es a Romulo factae ebenfalls noch spät ge- nannt (beim Constantinsbogen? S. 165) üheis populum in partis XXX distrihuerat, ut in ea sacra curarent, quae cum ex veteribus in novas eüocarentur, septent cttriarum per religionet evocari non potuerunt, itaque Foriensü Raptae Feliensis (so August.: uellensis die Hs.) yeUiiae res divinae fiunt in veteribus curiis : freilich nur 4 , aber ich deake eher an Ausfall als an Aeaderang von septem. Die Täia erwähnt ders. 367, die Faucia Livias 9, 38 ('anscheinend gentilicisch* Mommsen RG. 1 », 67 vgl. dens. über die Tribusnamen R. F. 1, 106). Die An- sieht der Alten (vgl. Becker Handb. 2, 1, 32), dass die NamcB von den Sabinerinnen herkämen, hängt gewiss allein an der unerklärten Rapta, Da curia überhaupt 'Versammlungshaus' heisst (Corssen Ausspr. 1', 354, Curtius Et. 15S, Hermes 8, 217 £F.), so konnten neben diesen 'neuen und 'alten' Curien sehr wohl einzelne alte curiae nach Ge- schlechtern benannt bestehen, wie die ^cculeia (Varro 6, 23), die c. Maneini (A. 63); etwa auch die Hostilia? Doch s. A. 10.

^^) So das sacrißduiri statum in Quirinali coUe g'enti Fahiae (Liv. 5, 46) denn das wird mit den luperci FaMani zusammenhängen , die Sacra der Gornelii Pisones (plebejisch) in Caeliculo (Cic. de har. resp. 15, 32), womit Marquardt Handb. 4, 144 irrig die aedes Herculis AemiUana und das Isium Metellinum zusammenwirft: diese (auch die aedes lovis Metellina) und die wenigen nach Gentes benannten vici der vicus Corneliorum fallt weg (Bd. 2, 265 f.) haben ihre Namen von den Erbauern: s. § 8. ,

§ 2.] DIE ÄLTESTEN ANSIEDLüNGEiM. 193

gar nicht zu reden? sind sie es nicht und allerdings unterliegt ihre Authenticität zum grössten Theil ernsten Be- denken— ^"so beweisen sie aber auch, dass gewisse Familien oder gar Individuen aus besonderen Veranlassungen sich von ihrem Wohnort benannten und damit ebenfalls, dass von einem Wohnen nach Gentes kein M eiisch etwas wusste. •^) Sonst aber giebt es meines Wissens auch keine noch so schwache Andeutung, welche uns berechtigte eine nach Stäm- men und Geschlechtern erfolgte Auftheilung des stadtischen Bodens anzunehmen: die 24 Argeerkapellen haben damit nichts zu thun^®). Wie in geschichtlich heller Zeit die Bärger der Stadt gewohnt haben wird weiterhin § 8 gezeigt werden.

Die Abhänge di^ ^Berge' und die Thäler zwischen ihnen haben von Alters her besondere Namen. Man wird von vornherein vermuthen, dass die Form oder die Eigen- schaften des Terrains ihrer Bildung zu Grunde liegen. Doch der Nachweis lässt sich nur in wenigen Fällen mit einiger Wahrscheinlichkeit fuhren. Wir haben schon früher argiktmn

^) Diese Beinamen finden sich nur in den Consula/fasten in den JJ. 252 391 d. St., der Praetor d. J. 587 P, Terentius Tusciveicanus (so die Hs., corrigirt -vic-) bei Livius 45, 17. Einzelne Erfin« dangen, wie Sp, Tarpeius Montanus CapäoHrmg Consnl 300 (der decb etwas zu viel des Gnten von seinem Berge angenommen hat) und das ganze Consnlat 381 Sacraviense et CaeHmontano { man kennt keine Gens mit dem Cognomen Saeraviensis) sind augenfällig und es ist im allgemeinen v»a Mommsen bekanntlich nachgewiesen, dass und wie die Fastenredak- toren die nur zweinamigen älteren Gensain dreiaamig gemacht haben. Eine genauere Darlegung kann hier nicht gegeben werden.

^^) Der Versuch Nissens (Tempi. 145) die Ramnes in der Mitte (Palatiom), die Tities östlich (sablniseher Quirinal), die Lnceres westlich (auf dem Aventin) wohnen zu lassen wird von ihm selbst nur als elfte vorläufige Vermnthung bezeichnet. Für . die Annahme indessen , von welcher sie ausgeht, dass der Kultus des Juppiter, der Juno und der Minerva als Staatsgattheiten der drei Tribus ursprünglich sei un4 dem Joppiter der Ramnes auf dem Kapitol die Minerva der Luceres auf dem Aventin und die Juno der Tities auf dem Quirinal entsprechen, scheint mir jeder Beweis zu fehlen, lieber die drei Gatter § 4. Ueber die Orte der sacra gentiUcia A. 67. ^

JorduB, römische Topographie. Li. - IB

194 TOBIL L

und terentwm als solche Namen bezeichnet. Ebendahia dürfte die vaUis murda, das Hodte' oder 'sumpfige' Thal gehören, Ton welchem die dort verehrte Venus ihren Beinamen ent- lehnte, nicht umgekehrt ^^). Es ist oben ($1) die Ansidit der Alten verworfen worden, dass das Yelabnim ehemals unter Wasser gestanden habe und dass der Name vom Fah- ren mit Kähnen herkomme. Ob die Entstehung dieses Namens überhaupt ufaer die Zeit hinaufreicht, in wekher die ganze Gegend zwischen Palatin, Kapitol, Forum und Fluss als eine dicht bebaute zu denken ist, d. h. um eine sidiere Epodie zu nennen, über die Zeit, in welcher der kapitolinische Tem- pel entstand 4) , ist eine offene Frage. Unsere Nachrich- ten bezeichnen seit dem Beginn der Litteratur den Ort als eine Strasse oder einen Platz, auf welchem Esswaareb feil waren; die pompa circensis passirte dassdbe (s. Th. II). Dass ein solcher Platz nur von den einmal im Jahr oder «bei ausserordentlichen Gelegenheiten ausgespannten veU$ benaant sei, wird niemand für wahrscheinlich halten, an die vela an- legender Schiffe ist, da der Platz gar nicht an den Tiber stiess, ebenfalls nicht zu denken. Die unmittelbare Nachbar- schaft des Forum boarium und die Nähe des holitörium legt es dagegen nahe, die varroniscfae Etymologie, nach welcher das Wort mit velatura zusammenhängt, festzuhalten, aber in

'^) Maa glaubt gemeinhin ausgehen zu müssen von der Stelle ies Varro 5, 154: intutnus circus ad murcim, aber ich halte sie für yersdirie* ben; schwerlidi sagt Varro etwas anderes als Livins t, S^ md Mureum. Dass nun die Fenus Murcia von der vaUi$ Murcia, wie die Chaeina ron der doaca benannt ist, seheint mir einleuchtend. Wir erfshnen ven eineni Worte mttreiduB t= desidiöms, segms , bei Gelegenheit der Erklfirnng &tr.dea Murdda (Arnob. 4, 9 Aug. CD. 4, 16); aber auch in derplan- tlnisdien Glosse mntricidum: ignavutn stuUum bei Fiastus Anas. 125 scheint dasselbe zu stecken (vgl. L0we Prodromus corp. glossar. S. 282 f). Ich möchte daher mur - e - ius mit mar ^e ^ eo, mor ^ iar (vgl Curt. Et. 333)^ zusammenstellen (wegen des Vokals vgl. t^ffOy tngU" Hum u. a.). Zweifelhafter steht es mit murcus (s. LSwe a. O.) das auch als Cognomen voricommt. Vgl. iltib*er N. Jahrbb. 77, 843. 79, 473. . .

I 2] DIE ÄLTESTEN AN81EDLÜNGEN. 195

«Dem andern Sinne als er selbst annimmt: es k5note der Hatz der 'Fuhrleute' sein. Indessen auch dies hat sprach«^ h'che und sachliche Bedenken: keine dagegen, so viel ich sehe, die Annahme, dass das Wort Schwinge, Mulde be^ deute, was die Form des Terrains passend bezeichnen wurde. Dann wäre der Name sehr alt^^). Ist dies richtig, so wird auch das in nächster Nähe befindliche hochgelegene aequimdium vermuthlich seinen Namen von der Beschaffen heit des Terrains erhalten haben ^^). Drei * Berge' oder richtiger Bei^gabhänge erscheinen in der Argeerurkunde in der Form ihrer Derivate mit dem Suffix -ensis gebildet flermalensis, Veliensis, Ceroniemis'^^)', der letzte Name ist.

") Varro 5, 44 (s. oben § 1 A, 15): f^elabrum a vehendo: vela- turam J'acere etiam nunc dicuntur qui id mercede faciunU Ders. de r> r. ], 2, 14: die Bauern sagen vea und vella statt via und viüa^ beides kommt von vehi: item dicunt qui vecturis vivunt vellaturam (?) /flcere. Dass vectura von der 'Fuhre' zu Wasser wie zu Lande ge- brancht wird ist bekannt: wenn auch velatura für die letztere gebraucht wurde, so ist vollends die Ableitung von velum von vehi (s. Curtius Et. 192) erwiesen. Nissen Temp. 84 identilicirt die Fahr- oder Fähr- leute mit den 'Kaufleuten', diese mit den veUteSy was ich nicht verstehe. Die Glosse bei Festus Ausz. 77: evelatum eventilatum, unde vela- ^rüy qutbus Jrumenta ventilantur (wo Müller mit Recht des Salmasins ^endening evdUalum e, unde valli verwirft); also für ve/i^t/ia^rz/m sagte nao auch velabrum. Ob und wie evelare und dieses velabrum mit velum und vehi zusammenhängt, brauchen wir hier nicht zu untersuchen. Hier- mit wäre zugleich die Schwierigkeit in der Erklärung des Suffixes weggefallen: denn weder curia calabra noch Fenafrum beweisen, was Corssen will (Krit. Beitr. S. 351 ff.), dass -brum auch den Ort, wo etwas geschieht, bezeichnen könne: alle Bildungen mit diesem Suffix be- deuten das Instrument.

^^) Die Lage am Abhang des Kapitel (? super aequimelium die Sub- stractioD des Tempels Liv. 38, 28 s. Th. II.) Hesse an eine Umwandlung aus aequi - mer - ium, vgl. po - mer - tum (A. 27) denken. Ebenso ^^riUa PaliUat Eine ähnliche Volksmythologie liegt vielleicht in dem ^amen der porUi Romanula (ruminula?) vor.

^') In der Argeerurkunde stand möglicherweise (vgl. Bd. 2 , 245. ^W) ursprünglich CeroUensis mons Sucusanus mons Germcdensis «iwif FeUen$is mons. Irgend eine Veränderung hat Varro jedesfalls beim Aasschreiben der Urkunde vorgenommen. Das Suffix -ensis wird

13*

196 THEIL I. i

wie oben gesagt, sicher, vielleicht aach der erste in vor- klassischer Zeit, ausser Gebrauch gekommen. Wie dem Palatinus und Aventinus ein Palatium und Aventumj so liegt diesen Bildungen ein Germalm, Yelia (später Veliae)^ Cm- nmm zu Grunde. Die Wurzel aller drei Ortsbezeichnungea aber ist bis jetzt nicht ermittelt, ausdrücklich als falsch bezeichnen die geläufige Deutung von Velia als Sumpf oder buschige, feuchte Niederung^*).

Auf dem rechten Ufer finden wur endlich die alten fOf^ laniculmsis und (mms) Vaticanus ungewisser ßedeutung.

vorwiegend an Städtenamen angehängt zur Bezeichnung des Aufenthalte oder Ursprungs (Corssen Krit. Beiträge 414. 481 Hühner Eph. epigr. 1873, 90 f)

''*) FeUa (so Cicero, der amit. Kalender 25. Mai, Augustes im In- dex, VeUae bei Varro JNonius 531 Ascon. zur Pis. § 53) ist einer der alten sieben montes (unten), nach Dionys 5, 19 sogar ein X6(pog vniQxslfjievoi r^S äyoqäg vxpriXog ImeixoSs oeal nsgCto/biog (vgl. A. 64), also weder 'Sumpf noch 'Niederung' (vgl. 'iXog) wie noch immer wiederholt wird (Nissen Temp. 84). Cermalus a germanis Varro 5, 54 {bei Festus 55 unter c, ebenso geschrieben bei Varro, Fest. 340. 348 n. dea A. 44 aa.); die Bildung ist mir unklar (-älus als diminuirendes iSuffix nicht lateinisch; zu vgl. Hort - altis? Cent - um - alus?), die Wor- zel möglicherweise dieselbe wie in germen (also auch mit germanw verwandt Corss. Nachtr. 236): Fick Wß. 1», 522. Die berüchtigte Stelle des Varrö (5, 47) über Ceroniensis und Carinae jenes allein aus der Argeerurkunde bekannt schreibe ich jetzt so: cum Caelio coniundae Carinae et inter eas (inter Carinas heisst in Carinis) quem locum Ceroniensem {cerolensem F) appellatum apparetf quod primae regionis quartum sacrarium ^scriptum sie est: 'Ceroniensis {cerolienses F) quarti- ceps circa Mtnervium qua in Caeliommitem (celio monte F) itur, in TahemdUi esV, Ceroniensis {cerulensis F) a Carinarum iunctu dictus; Carinae pole a caerimonia {postea cerioniaF, cmmoma schon Becker) quod hinc oritur Caput sacrae viae ab Streniae sacello [q[uae pertinet in arcem] qua sacra quot- quot mensibusferunturin arcem et per quam augures ex arce profecti söhnt inaugurare. Das in [] gesetzte ist ungehörig; eine zweite ähnliche Glosse findet sich bald darauf (oben A. 56). Ein pagus Ceronius wie ein Le- monvus? Ob das Wort mit cerus zusammenhängt ist nicht zu ent- scheiden. Von den alten Erklärungen der Carinae bei Servius Aen.S, 361 : Carinae sunt ojedificia, facta in carinarum modum quae erant drca templum TeUuris oder Carinas monteni nominatum quod ager suburha- nus Carüs (??) oder vom carinare der Säbini nobiles kann die erste

§ 2.] DIE ÄLTESTEN AUSSIEDLUNGEN. 197

Analogien latinischer Ortsnamen, für jenen z. B. Comiculunif ^Sur diesen Satricum können angeführt werden").

Wir haben gesehen, dass der Strom, der diese Hügel- grappe durchströmt, seinen Namen Tiberis vielleicht von einem nur noch in dem samnitischen Mundarten erhaltenen Worte, jder 'Berg' (?) bedeutet, erhalten hat. Die 'alte Stadt' auf dem Palatium lässt die Legende von einem Eponymen Roma be- nennen. Auch die Deutung dieses Namens ist unsicher; doch deutet die tribus Romilia darauf hin, dass auch er zu den latinischen Gaunamen gehört ^^).

richtig sein; wir wissen es nicht. Es steht fest, dass die Carinae auf der Höhe la^en (Th. II): von unten gesehen erschienen sie wie ein Krdwall: Suhura quod sub muro terreo Carinarum, was wnnderlich ^enog als ein Erdwall auf den Carinen gefasst worden ist.

'5) laniculum, nicht laniculus (Becker S. 653). Eine Form la- nuculum setzen die griechischen Schreibungen IdvoxXov Plut. Nnma 22, 2 'lävovxXov ders. Mar. 42, 2 und der vicus lanuclentis auf der Basis voraus (Mem. dell' inst. 2, 232) neben lanicolensis CIL 1 S. 205. Die vereinzelte Ansicht (Pestus Ausz. 104) , dass der Name zur Zeit der Siebenhügelstadt 'Ausfallthor' bedeute, stützt sich auf die § 3 ver- worfene Hypothese der Befestigung auf dem rechten Ufer. Die gewöhn* liehe Meinung sah darin die Stadt des Janus (die Stellen bei Schwegler 1, 242 A)» Vatieamis cottü (oder montes Faticani^ jenes bei Festns 379, dieses bei Cicero ad. Att. 13, 33, 4) ein etruskischer d^'er, der vatum responso von den Römern erobert wird (Festus Ausz. 379 : Varro leitete von Fagitanus deus ab, Gell. 16, 17). Beides verräth wenig- stens Gefühl für die oben bezeichnete Bildung. Sehr möglich, dass ein alter Januskultus den Namen jenes pagus veranlasst hat, die Wurzel Aieses ist unklar.

^^) Nach dem bisher erörterten wird man den alten Distriktsna- men, der also einen ager RomiliuSf dieser ein Roma voraussetzt^ zu- erst heranziehen. Die neuere Theorie (die alte , welche von Romuhu oder ^(o/Lifi ausgeht, ist hinfällig, Schwegler 1, 419 f.) halt sich entweder an ruma Brust {dtva Ruminaf ficu$ ruminalis) und Rumoriy den ver- meintlich älteren Namen des Tiber (Serv. A. 8, 63. 90) und führt diese Bildungen auf }/srü fliessen, griech. ^i/-, ^i&t (s. Curtius Et. 354) zurück: Ru-ma, Rö-ma soll also 'Stromstadt' heissen (so Gorssen Zs. f. vgl. Spr. 10, 18, Krit. Beitr. 427, Ausspr. 1», 364. 1012) oder ^üpft an Ram - nes an (Mommsen R. G. 1, 43). Sprachlich ist beides möglich, erwiesen weder das eine noch das andere.

198 THEILl. i

i

Diese Umschau unter den ältesten Ortsnamen der Si9* benhugelstadt bat ergeben, dass die Bildung derselben ded lateinischen Sprachgebiet angehört. Nur ganz vereinzelte Spuren scheinen über dasselbe hinaus in die nächstverwandteft Mundarten oder doch in eine in dem uns vorliegenden Altlatc»* nisch verschollene Lautgestaltung zu führen: der angeblicb sabinische und umbrische cnprius vicus^ die Lautwandlang 5ti- eusa, Subura; pomoeHum,p(miermm{aequimelium?); unerklärt bleibt die Bildung Cermalus, Der grössere Theil der diesen Bil* düngen zu Grunde liegenden Wurzeln ist uns dunkel, nicht weil die Möglichkeit verschlossen wäre sie innerhalb des La- teins zu finden, aber weil uns meistentheils die Kriterien der im Gebrauch ausgeprägten Bedeutung fehlen um mit Wahr- scheinlichkeit die richtigen zu ermitteln. Auf dem ganzen Gebiete der Stadt aber finden wir, mit Ausnahme der näch- sten Umgebung des kapitolinischen Tempels {viciLs tuscus; favisa?) und eines einzigen unerklärten Thornamens {Ra- tutnenna?) keine Spur von Namen, welche die Merkmale der fremdartigen etruskischen Mundart trugen (s. § 4). Die Namen der 'Berge' Palatium, Sucusa, Esquiliae, Aventinus sind Gaunamen. In merkwürdigem Gegensatz zu ihnen steht einerseits der namenlose 'Hüger mit seinen von Gottheiten benannten einzelnen Erhebungen, andrerseits der ^ Hauptberg', das Rapitol; in jenem Gegensatz spiegelt sich die ursprüng- liche Zweiheit der Ansiedlungen, in diesem die erfolgte Ver- einigung beider unter den beide beherrschenden Göttern. In eine jüngere Periode der Besiedelung führen uns einige Högelnamen, welche mit den Namen zugewanderter Geschlech- ter zusammenfallen. Wir stellen diesen Thatsachen die wenigen sacralen Traditionen gegenüber, welche, wie man meint, die Brücke von dem ältesten palatinischen Gau zur Stadt Rom bilden oder doch bilden sollen.

Wie die Palatiner mit den gegenüber wohnenden Suca- sanern in Fehde gestanden, darüber meint man in dem all- jährlichen Kampf der Sacravienser und Suburaner um das

§ 2.] DIE ÄLTESTEN ANSIEDLÜNGEN. 199

Octoberrofls eine Ueberlieferung zu haben ^^). Dann nnusftte eine Zeit gekommen sein, in welcher die Sucusa mit dem Ka|»tol^ dem Oppius und Ci&pius bereits mit dem Palatium, dem Certialus <ind der Velia zu einer Gaugemeinde ver- einigt war: das Fest S^timentium, an welchen die Bewohner dieser ^ Berge' feierten, gab davon Zeugniss^^). In dieser Zeit waren ilie Leute auf dem 'HugeP, obwohl den 'Berg- leuten ' stammverwandt, noch aelbstündig oder feindlich. Jene wie diese hatten ihren italischen Marskaltus, jene wie diese zu Ehre des Gattes den Umlauf der luperdy den Waffentanz dar salif^). Die doppelte Niederlassung auf dem colUa und dem Palatitm und deren Vereinigung wird schwerlich geleugnet werden können. Allein das Fest Septimontium als Erinneruiig an eine aus jenen Bergen bestehende Stadtge- meinde zu fassen, das scheint mir äusserst gewagt. Mit der Ueberlieferung über das Fest sieht es nicht zum besten aus (Bd. 2, 211); unter den Bergen finden sich zwei Namen (Oppius, Cispius)y welche schwerlich in die Urzeit der Gau- bildnsgen hinaufireiehen. Der spätere Gegensatz der montani und pagani ist mit Unrecht hierher gezogen worden 4).

'^) Festas 178: October equus appeüatur qui in campo Martio mense Octobri immoUrtur quodannis (so) Marti higarum victrioum dex- terior, de mius capite non levis contentie solebat esse inter Subura- nenses et Sacravienses, ut hi in regiae pariete Uli ad turrim Mami- Ham^ id figerent. Sind dean Sacravienses die Palatiner? Setzeo denn aU§ sacralen Kollegien selbständige GemeindeiL voraus?

7^.) Das wesentliche hat Niehuhr richtig erkannt. Es muss hier wledüerliolt werden (Bd. 2, 210 f.), dass der eiozige Zeuge dieser Nach- richt Antistins Labeo ist (Festus 348 vgl. 340. 341) und dass wie wei- ter (§ 4) zu zeigen sein wird mindestens eine Umdeutuog des Festes auf die servianischen 7 Berge alter ist als Antistins. Die Sucusa scheint hier noch in der älteren Ausdehnung des Namens zu stehen, jedenfalls als monsj nicht als die enge Schlucht zwischen dem coUis 'und den fisquilien.

'^^) lieber die Salier und Luperker Mommsen R. G. 1^, 54; es bleibt Q&erklärt, weshalb der eoUis keinen Individualnamen hatte oder warum derselbe unterging: Niebuhrs 'Quirium' ist aus diesem richtigen Gefühl entstanden, aber völlig unhaltbar.

200 THEIL 1.

Gegen die Verwerthung der Opferung des Octoberrosses müssen wir uns prinzipiell erklären. So weit wir sehen können setzen die ältesten Festfeiern des Kalenders des König IVuina die ummauerte Siebenhugelstadt, den gesicherten. Flussüber- gang, den Besitz des rechten Stromufers voraus und wir werden daher auf sie bei der Erörterung der servianischen Stadt zurückkommen. Jeder Schritt, den wir weiter zurück thun auf dem Wege der Analyse der sacra scheint uns in das Labyrinth jener Versuche der Alten zurück zu führen, die Epochen der Stadterweiterung bis auf Servius und die Tar- quinier zu bestimmen. Der Name Roma haftet an keinem der sieben Hügel; festen Boden gewinnen wir unter den Füssen erst mit der Voraussetzung der so benannten um- mauerten Siebenhügelstadt. Wie dieselbe und wann dieselbe diesen Namen erhalten hat, auf diese Frage scheint uns die wunderbare Versetzung des ruminalischen Feigenbaums von der Stelle, wo die Zwillinge gelandet waren, auf das Gomi- tium unter dem Kapitol, von der alten palatinischen in das Herz der servianischen Stadt, die richtige Antwort zu geben ^^).

^) Wean, wie Mommsen vermutbet hat (Eiol. § 2 A. 22), die ur- spriingUche Legende die ficus ruminaUs nur auf dem nachmaligen Comitium kannte , wo sie in einem saeptum wie nns jetzt die Reliefs vom Forum deutlich zeigen von den sacerdoies' pubHei verehrt wurde (Plin. 15, 77. Tac. Ann. 13, 58. Jahresbericht 1875, 755), so würde dies ein Beweis dafür sein, dass das PontificatcoUe- gium unbekümmert um die palatinische Zwiliingslegende das Comi- tium mit Rom zugleich entstehen Hess (vgl. Eph. epigr. 1 , 240). Eine junge Erfindung aber ist die Versetzung durch Attns Navius schwerlich, so wenig wie der Glaube an die palatinische ßcu* (Schweg- ler 1, 393): vgl. Th. 11.

§3.

BESCHREIBUNG DER SERVIANISCHEN MAUER UND

IHRER THORE.

Um die Zeit des Untergangs der Republik besass Rom noch eine grossen Theils wohl erhaltene Ringmauer. Als Erbauer derselben bezeichnete die übereinstimmende Ueber- Keferung die Könige: nur ob einem oder mehren und wel- chen das staunenswerthe Werk zuzuschreiben sei schien frag- lich^). Denn während die einen den Ancus Marcius nicht

^) Die älteste Traditioa lässt den Caelius und Aventin von Ancus zor Stadt ziehen. Demselben KSnige wird die Befestifping des Jsni- calum and die Anlage der ersten Brücke über die Insel , endlich die Anlage von Ostia und der fossae Quiritium bei Ostia, nicht bei Rom (Schwegler 1, 601 und, besonders über die fossae Qutrüütm, Preller, Ber. d. sachs. Ges. 1849, 5 ff.) beigelegt. Wenn vir. ill. 3 von Ancns gesagt wird nova tnoenia oppido eircumdedity Flor. 1, 1, 14 muro moe- nia eampleants est, so kommt das gegen die übrige Tradition nicht in Betracht. Von Tarqninins Priscas, dem nicht die Hinznnahme neuer Hügel zugeschrieben wird, Collen der Bau der Kloaken, die Anlage des Forum, de^ Jupitertempel herrühren (oben § 2 A. 12): ferner, muro lapideo eirüumdare urbem parabat (Liv« 1, 36, ebenso viri ill. 4, onr Hreumdedit), ntxrj t^s noXitog aytoaxi^itt xal (pavla Tals Iqyaalaig ovta nqßtog iSoiir^tfaio (? so der Urbinas, iSoitlfiaae die übrigen: (pxo^o/iiri<fccro Bücheier) XK^oig afxa^iaCoig siQyaö- fiivois nQos xavova (Dionys. 3, 67). So föllt dem Servius nur das Schliessen der Linie durch Befestigung des von ihm hinzugezogenen Hügels durch Wall und Graben zu: Strabon 5, 3, 6 S. 234 sagt, indem er von Tarquinins schweig^, von Ancus: ot^re okov ixnlriQfacfai r^y

204 TBEIL I.

Den Umfang der Mauer schätzte man dem der athenischen gleich, also auf 43 Stadien, nach römischer Rechnung 5% Meilen^). Diese Angaben können wir heut an den Trümmern sel- ber prüfen. Während in früheren Jahrhunderten wenig mehr als die schuttbedeckte Linie des 'Walls' bekannt war^), haben die Ausgrabungen der letzten 15 Jahre nicht allein diesen in seiner ganzen Ausdehnung biosgelegt, sondern auch so zahl-

serviaDischen Maaerlioi«, nicht etwa -r> so Preller Jeo. L. Zeit. 1844, 488 Reg. 75 an Thore zu den einzelnen 'Hägelburgen' (s. §2 S. 179) gedacht werden kann, mag die Zahl auch unbeqnem gross erscheinen, worüber am Schlnss. Die portae XXXFII sind merkwürdiger Weise noch in dem zweiten Anhang der Notitia erwähnt (schwerlich wie Prel- ler meint aus Plinius interpolirt: ßd. 2, 89). Eine Vergleichang des verstümmelten Artikels bei Varro de 1. 1. 5, 163 mit den 18 bezügli- chen Artikeln des Festus macht es wahrscheinlich, dass Varro auch in den Antiquitäten oder , wo er sonst etwa ausführlich über die Thore sprach (Einl. § 2 A. 23) nicht alle vorhandenen, sondern die irgend wie merkwürdigen, und ausser den Stadtthoren auch die poi'tae in- tra urbem (oben S. 176) behandelte. Die Artikel bei Festus sind: 1 CoUatia (?) 2 Catularia 3 Flumentana * 4 FontinaUs * 5 Lavemalis 6 Minutia* (= trigemina?) 7 Muffionia 8 Naevia* 9 Novalis 10 Pem.- dana 11 Querqueiularia 12 Quirinalis * (:» Collinä) 13 Romana 14 Ro- duscfüana * 15 Ratmnena * 16 Salutaris * 17 seelerata * (= Carmen'- talis) 18 Fiminalis "" (wozu kaum die stercoraria S. 344 gehört) d. b. von den servianischen Thoren nur die mit dem Stern bezeichneten 10 (resp. deren verschiedene Benennungen), die übrigen 8 grossen theils ^Thore' im uneigentlichen Sinn.

') Dionys 4, 13 vgl. Thuc. 2, 13. Dass dieses Maass von der Be- festigung auf dem linken Ufer verstanden wurde und für diese zutrifft wird unten A. 82 gezeigt werden.

«) Schon B. Alberti de re aedificatoria (1485) Bl. 65& (und nach ihm Rucellai de urbe 880) sagt 'Vitruvii quoque ratio placet quam Vi- deo Bomae passim a veteribus architectis ac praesertim in Tarquinii aggere observatum ut anterides substituerentur'. Er meint Vitr. 6, 11, 6. Doch ist es kaum möglich, dass damals ein Theil der Wallmauer mit ihren Strebepfeilern blos lag und Alberti wird daher spätere Anbauten wie die jetzt wieder entdeckten Bull. mun. 4 T. XX gesehen haben. Nur wenige Reste der 'Königsmauer' wurden im 17. Jabrh. bemerkt (unten); im ganzen war die Kenntniss des Mauerlaufs so gering, dass die Namen der servianischen und der aurelianischen Thore fortwäh- rend verwechselt wurden. S. § 5.

§ 3.] DIE SERVIANISCHE MAUER. 205

reiche Stucke der Mauer zu Tage gefordert, dass wir über den Lauf derselben nur an einer grösseren Stelle, freilich gerade der wichtigsten, zweifelhaft sein können. Ausbesserun- gen der Mauer sind noch an mehren Stellen (Aventin, Wall?), die Spuren aller Zerstörung und der Anbauten vom 1. Jahr- hundert der Raiserzeit an fast überall, besonders deutlich an dem Wall erhalten. Wir wollen nun zunächst diesen Lauf und die erhaltenen Reste beschreiben und die Lage der Thore bestimmen, unbekümmert um die Frage nach dem Ursprung des Werks und werden daher auch die Erörterung der Bauweise wie aller übrigen Merkmale des Alters, unter denen als das wichtigste die auf den Steinen erhaltenen Stein- metzzeichen gelten, im nächsten Abschnitt vornehmen ^). Zu* vor jedoch haben wir die angeblichen Ueberreste von Um- mauerungen der einzelnen Hügel, ausser den palatinischen, zu erörtern.

Dass das Capitolium mit seiner Arx als selbständig ver- theidigungsfähige Burg sich halten konnte nach der Einnahme der Stadt, beweist die Geschichte der Einnahme der Stadt durch die Gallier und beweisen noch später die Tumultscenen der Gracchischen und der vitellianischen Zeit. Sowohl auf der Seite der Arx wie auf der des Jupitertempels haben sich Untermauerungen des Berges nach der Südseite erhalten, welche wahrscheinlich den Berg auch nach dieser Seite hin vertheidigungsfähig machten: wie alle alten Burgen (s. § 2), so hatte auch die capitolinische ursprünglich nur einen Auf-

^) Was vor allem Noth that , die aach hier sich eiodräoj^eiidea falsch geleseoen oder gedeuteten Namen aoszamerzen und die Nachrichteo der Alten vollständig und genau zu gehen hat Becker de muris und Top. S. 129 ff. geleistet. Beachtenswerth noch immer die 4 Diss. Pia- le's: Delle porte . . nella parte Orientale, settentrionali, mendionali, del m. Aventino. Entdeckuogen: am Aventin 1852; am Wall 1861; wei* tere hier nnd im ganzen Umkreis der Mauer seit 1870. Veraltet und in dem litterarischen Theil ungenügend : Bergau Philo]. 25(J867),637flf. Grund- legend: R. Lanciani SuUe mura e porte di Servio, Ann. 1871, 40 85 (m. Tafel Mon. 9. T. XXXVII) citirt Ann. nehst den Naehträgea im Boll. mun. 1, 85 f. 138 ff. 2, 199. 3,45. 4, 29ff. 127ff. zu dessen dnreh-

206 THEIL I.

gang, den capitolinischen Clivus^^). Aber auch auf dem Caelius und auf dem Viminalis haben sich ähnliche mächtige Unter* mauerungen an Stellen gefunden, welche ausser Zusammen- hang mit der Stadtbefestigung, nach dem Innern der Stadt gerichtet sind, dort das riesenhafte Stück einer Quadermauer zwischen der Kapelle S. Silvia und S. Gregorio, hier an dem Nordabhange gegenüber von S. Vitale. Es ist nicht mit Sicherheit zu sagen, ob diese ihrer Konstruktion nach der Stadtmau^ der capitolinischen und der alten palatinischen Mauer gleichartigen Reste ursprünglich selbständigen Befesti- gungen jener Berge angehören oder gleichzeitig mit der Ring- mauer lediglich zum Schutz der bröckelnden Hügelabhänge aufgeführt worden sind^^).

Wir verfolgen nun die Mauer von der Westecke des Kapitols beginnend zunächst gegen Norden und kehren schliess- lich zu dem Ausgangspunkte zurück.

Die ganze Nordseite des kapitolinischen Berges war, wie IL Th. genauer zu zeigen ist, durch senkrechtes Abschroffen des Felsens unzugänglich gemacht. Reste dieser Arbeit sind noch jetzt unter palazzo Caffarelli und dem Kloster Araceli zu sehen. Auf etwa halber Höhe desselben, lief die als Brust- wehr dienende Mauer, von welcher neuerdings tief unter dem

weg genauen Angaben ich bei einer zweimaligen Nachprüfang sämmt- lieber Stücke (1872. 1876) nnr sehr geringfügige Nachträge za geben vermag, welche besonders im § 4 zur Sprache kommen werden. £%eD- daselbst beziehe ich mich anf die im Texte eingefügten Zeichen a .&.. Wo nicht ausdrücklich das Gegeatheil bemerkt ist, habe ich die Stücke selbst gesehen. Meinen Beobachtungen füge ich die Jahreszahl bei.

^^) Genaueres über die Befestigung des Kapitols nach der Stadt- seite 8. Th. 11 und unten § 4.

11) S. Lanciani Ann. S. 46 f. Das Stück bei S. Silvia wurde Bull. d. i. 1869 , 68 der Serviusmauer zugetheilt , was wegen der Richtung un- möglich ist. Erhalten 14 oder 15 Lagen (1872). Viminal: bei den , Resten des falschen 'lavacrum Agrippinae', Nordseite 4 Lagen rother Tuf, h. 0,59, darüber 9 Lagen Mel kleinere' Quadern, ähnlich denen in Vigna Spithöver; ein Stück solcher an der Südwestecke des Hügels. Von mir nicht gesehen, jetzt durch die Anschüttungen verdeckt.

§ 3] DI£ SERVIAJVlSCHe: MAUER. 207

Niveau des Jupilerteinpelg (uaterbalb des Portals zürn palazzö CaSiarelii) einige Stüo((e zum Yarachein gefcommen sind (a)^^). Von der Arx musste sich die Mauer etwas gegen den Nord- dihang des Berges senken. Ein Rest derselben (b) ist im J. 1862 auf dem höchsten Punkte der Via di Harforio, des nur wenig unter dem heutigen Niveau übenden alten elivus vgentarim beim Umbau eines Hauses an der Westseite der Stoasse (etwa 50 Schritt nördlich von der Ecke des vicolo d. ehiavi d'oro) gefunden worden ^^). Dieses StCkik bestimmt also die Lage eines Stadtthors, durch welches hier die alte Strasse, deren Pflaster ebenfalls grfunden wurde,, nach dem Marsfelde fuhren musste. Dies kann keine Midere als die Fiaminia sein, welobe ui.der Richtung des heutigen Corso bis auf Macer de' corvi und dann östlich abbiegend nach dem gedachten Thore hinauflief. Unmittelbar vor demselben ist ihre Richtung identisch mit der heuligen sicher durch die vor diesem wie vor allen Thoren an der Strasse liegenden aoch erhaltenen Gräber, besonders durch das dem hinauf- gehenden zur linken befindliche des G. Poplieius Bibulus aus den letzten Decennien der Republik").

i>) A Plaa und BeseliMtbiinff Laoc. BaU. rauo. 1, 138 ff. T. IV: zwei Stacke neben einaiider 5 irnd 7 Lagen, k. 0,5(9, auf dem Felsen aufliegend. Die Stucke stehen anil der halben Höhe der heutigen Steigung von piazza Araeeli nach inlaaza del Gampidogiio, das Pflaster der enteren liegt etwa 6 M. über dem einer alten Strasse, welehe die porta Carmentalis und Ra- tomena verband. Vgl. § 4. Aussen angelehAt fanden sieh Ziegelbauten^ welche naeh den Stempeln dem 2. Jahrhundert gehören. S. 143 ff.

M) Leider nur ungenügend beschrieben von Pellegrini Bull. i. i. 1870, 11211 und auch von Lanciani (so scheint es) nicht gese-> ben, so wenig wie von min '1862' giebt Lanciani Aon. S. 52 an: in äen Wintern 1861/62 1862/63 Jiabe kh in Rom nichts davon ge- hört. Keine Maasse. Pellegriois Angabe zwischen den Häusern N. 81 A md 81 E ergiebt die obige BestimmiBg (1872).

^*) Ueberdie Strasse einstweilen Forma urMs S. 35 § 5. Ueber die Gräber: «us der Inschrift dos Aibulasgrabes (CIL 1,635) C. Pop" UeiB C, f. B&ndo akU pL himorü vittuHwque oaussa ^miatus conntÜo popifllgifo üusu hoas monumento quo ipw poitnrmqtn eius ii^erreniur piätlioe iatu eit, ist froher irrig geschlossen worden, dass die Ehre

208 THBIL l

Ehe indessen der Name dieses Thors ; besprochen wer- den kann, muss der weitere Lauf der Iraner bis zum Quiri- nal untersucht werden.

Dass zwischen dem Quirinal und dem Kapitol vor dem bereits Yon Caesar beabsichtigen, aber erst von Trajan aus- geführten Durchbruch, welcher das grosse Forum mit dem Marsfelde in bequeme Verbindung bringen sollte , an der Stelle der nachmaligen Tiefe ein Höhenzug strich, wird ans- fuhrlicher im IL Th. gezeigt werden. Die Entdeckungen des J. 187^6 haben nun auf dem Abhang des Quirinals über dem Trajansforum beim Neubau des pal. Antonelli ein Stück der Ringmauer auf halber Höhe des Berges zu Tage gefor- dert und an derselben Stelle muss rin Thor angenommen werden, auf welches die via Magnanapoli stiess. Ein daselbst gefundenes gewölbtes kleines Thor aber ist sicher kein Stadt- thor (c)^'^). Von da aus lässt sich der Lauf der Mauer weiter

in der Bestattaog innerhalb der Stadt bestand. Dagegen schon Becker de moris 69 und Mommsen a. 0. S. f 4. Die Inschrift war ausser längs der erwähnten Strasse auch noch auf der der Stadt zugewandten Südseite des Denkmals wiederholt, an welcher also parallel der Mauer und die A. 12 erwähnte fortsetzend ebenfalls eine Strasse lief. Ab- bildungen: Bramantino, Bovine T. X; Jahresbericht 1B75, 762; fehlen, wie es scheint, im 16. und 17. Jahrhundert; später (bis auf Canina T. CCLXXVII) häufig, aber meist ungeaagend. Gut Piranesi Ant. 2 T. IV. V. Zu der angedeuteten ZeitbestimmuDg (e^ Mommsen) stimmt die einfache dorische Ornamentirung des Denkmals, über welche vgl. Bergau, Philol. 26, 82 ff.; unsinnig Magni in Bnonarotti 1873, 61 ff. Reste von Back- Steingräbern auf der gegenüberliegenden Seite der Strasse. Das grosate gilt ohne genügenden Grund für das der Claudier. (Canioa hid.ll8u. A.): hcumque stbi ad septUitiram mb CapüoUo accepä Suet Tib. 1. Auch zu diesen gehörige Inschriften: lo]cus pubUc[e datus? Pellegrini a. 0. S. 113, und A (?) Qdvus C. l. | . . . , via di Marforio N. 100 (1876: ich weiss nicht, ob publiclrt).

^^) e Erste Entdeckung, besprochen in rümischen Zeitungen, z. B. Fanfnlla 17. Nov. 1875; kurz beschrieben von Lano. Bull. man. 4, 35 f; Grundriss ebenda T. XVI-~XV]1: im Mai 1876 nicht mehr vollständig er- halten. Die Mauer läuft zum Theil parallel mit via del Quirinale, wendet daan aber im stumpfen Winkel und parallel mit via Magnana- poli, so dass ersterea Stück etwa von N.O. nach S. W*, letzteres von W.

§ 3.] DIE SERVIAJVISCHE MAUER. 209

nordwärts immer längs des Hügelrandes verfolgen. Ob nun vor der Tieflegung jenes Bergrückens zwischen dem Thor am Kapitol und dem am Quirinal die Mauer auf der Linie der kürzesten Entfernung zwischen dem Thor am Kapitol und dem am Quirinal lief, d. h. ungefähr die Südfront der basi- lica Ulpia entlang, oder noch weiter nach Süden eingezogen war, das wird sich überhaupt nicht mehr entscheiden lassen, da mit der ehemaligen Höhe auch die Mauerreste verschwun- den sein müssen. Unerklärlich aber ist es mir, wie man sie nach der Entdeckung des Thors am Kapitol hat nördlich von der Trajanssäule bis über piazza SS. Apostoli hat laufen lassen können ^*). Jenen beiden ihrer Lage nach sicheren Thoren werden jetzt allgemein die Namen Ratumena (vielmehr Ratu- mmna) und Fontinalis beigelegt. Von letzterem führte eine Säulenhalle bis nach der ara Martts auf dem Marsfelde, man hält sie für das Thor bei pal. Antonelli. Erstere soU ihren

nach O. steht, kaam 4^ nach N. von der Strassenflucht von v. Magna- napoli abweichend, ^ar letzteres habe ich noch vollständig gesehen: 3 Lagen gelbliche TufblÖcke, gewöhnliche Maasse (auf der mittleren aach pal. Ant. 2 Steinmetzzeichen), Von dem andern im Neubau Reste; das Thor (7 9. Juni, eigene Messung), ursprünglich 2, 11 1. Höhe (jetzt nachdem die unterste Lage der Quadern weggebrochen 2, 67) 1, 95 1. Weite. Der Bogen besteht aus einer andern Art Tuf als die Mauer. Aosserhalb, d. b* nach dem Trajansforum , parallel lauft eine zweite sehr alte Quadermauer (nicht mehr zu sehen), ßathselhaft ist mir, dass wie L. richtig angiebt , auch die Quadermauern selbst auf Beton auf- liegen und doch stimmen Maasse (h. o, 56. 54. 59) Konstruktion (Läufer vnd Binder) und Material (gelblicher Tuf) genau mit dem zweiten Stack überein. Neueste Nachgrabungen haben bei der Kirche S. Caterina di Siena einen alten Begräbnissplatz aufgedeckt und damit die ur- sprüngliche Anlage eines Thors an dieser Stelle noch wahrscheinlicher gemacht (Lanciani Bnll. mun. 4, 123 ff. vgl. A. 17).

^^) So meinte Lanc. Ana. S. 53 um die Mauerlinie mit der Grenze zwischen der 1. und 6. Region in Uebereinstimmung zu bringen und sie dem Standort der 1. Goh. der Vigiles an der Nordseite von p. SS. Apostoli nahe zu rücken. Beides aber ist möglich ohne jene Annahme. S. jetzt Bnll. mun. 4, 35. Freilich steht die Trajanssäule wo ehemals der Berg war (s. Th. H) und das Grab Trajans liegt mtra urbem {Eütr. 8, 6, 8. § 4).

Jordan, rOmisohe Topographie. I. 1. 1^

210 THEIL I.

Namen von einem Vejenter Ratumenna haben, dessen Ge- spann zur Zeit des jüngeren Tarquinius, nach Abwerfung des Führers, wie es scheint, durch eben dieses Thor nach dem kapitolinischen Tempel gelangte. Beide Thore müssen allerdings , da für sie auf der Strecke zwischen Fluss und Kapitol doch schwerlich Raum ist, zwischen Kapitol und Qui- rinal, gesucht werden. Indessen muss doch bedacht werden, dass die Legende über den Ratumenna die Möglichkeit nicht ausschliesst , dass dies 'Thor' kein Thor der Stadtmauer, sondern ein Thor des kapitolinischen Temenos war und es kann daher die Benennung der Ratumenna durchaus nicht als sicher gelten ^^).

*^) üeber die Fontinalis Livius (z. J. 561) 35, 10: porticum al- teram , . . ab porta Fontinali ad Mortis aram qua in Campum iter esset perduxit; Festus Ausz. S. 85: Fontinalia Fontium sacra (oben § 1) unde et Romae Fontinalis porta. Neaerdiogs haben sich, wo das Thor angenommen werden muss, sehr reiche Queliwasseradern ge- funden (Bull. mun. 4, 123). Noch in der Kaiserzeit erhalten, wie der tablarius a porta FonUnal{i) bei Fabr. 712, 332 = Grut. 624, 11 und der [siU?]cariiLs ah [porta F]ontinal(i) bei Or. Henz. 5095 beweisen. Vielleicht gehört dahin auch das Cognomen Fontinalis der Aternii 2 S. 192). Die Ratumenna (so die Ueberlieferung bei Plin. und Fest., auf die auch ruhimannam bei Sol. führt) wird nur bei Gelegenheit der Th. II näher zu erörternden die Gründung des kapitolinischen Tempels begleitenden Prodigien erwähnt Nach Valerius Antias, dem Plutarch Popl. 13 folgt, geben die vejentischen Künstler die für den Tempel be- stellte thönerne quadriga ißiqfJLa) nach Vertreibung des letzten Tarqui- niers erst heraus, nachdem die Rosse eines Vejenters, der in Veji beim Rennen gesiegt hat, mit ihm nach Rom durchgegangen sind a^Qt' ou la KansTfoXCtf} nQogfiC^avreg i^^ßaXov avTov Ivxavd-a naqa ji]V nv- Xrflf ffl/ vvv ^PaxovfjLivav xaXovai. Dieselbe Geschichte (mit einer hier nicht in Betracht kommenden Variante) erzählt nach Verrius Flaccus Festus S. 274: Ratumenna porta a nomine eius appellata est qui ludicro certamine quadrigis Victor Etrusci {clarusci die Hs.) generis iuvenis Feis constematis equis eaecussus Romae periit: qui equi fe- runtur non ante constitisse quam pervenirent in CapüoUum u. s. w. Ebenfalls aus Verrius (den er im Index nennt) hat sie Plioius 8, 161 (aus ihm Solin. 45, 15): . eodem (n. in Capitolium aurigam) pervemsse a Feis cum palmu et Corona effuso Ratumenna qui ibi vicerat: unde postea nomen portae est. Diese Erzähluog zwingt nicht zu der An-

§ 3] DIE SERVIANISCHE MAUER. 211

Sicherer ist der Lauf der Mauer von dem letztgenannten Punkt bis zum coUinischen Thor. In geringen Abständen haben sich hier, stets an dem Rande des Hügels, Reste erhalten, zunächst ein Stück auf der oberen Terrasse des Garten Colonna (d)"), dann ein im J. 1866 bei der Anlage des neuen Aufgangs zum Quirinal bei den sogenannten Ställen des B^nini gefun- denes (e)"), weiterhin, wo die Linie des Hügels fast im rechten Winkel gegen N. 0. wendet, ein anderes 1873 beim Bau der Stalle des Kgl. Palastes gefunden {t)^). Auch hier zeigte sich, dass die Hauerlinie überall den Anbauten der Kaiserzeit als Fundament oder Stütze gedient hat. Von hier au scheint die Linie südlich vom Platz Barberini in der Richtung auf den gleichnamigen Palast gelaufen zu sein, uuter dessen Fundamenten im 17. Jahrhundert ein Stück (g)

nähme, dass die Ratumemm ein Stadttbor sei (v^I. A. 6); ist sie eias, so mnss es allerdings wohl das am Nordabhange des Kapitols befiodliche sein. Ueber die £tymologie des Namens s. § 4 A. 16.

^^) d Garten Colonna, 3te Terrasse von unten. Pittoreske Abbil- dang bei Braun Ann. d. i. 1852 zu 324 ff. Jetzt wegen eines daran ange- brachten Wasebtroges schwer zugänglich, auch von Lanc. Ann. S. 54 nicht gemessen. Die sichtbaren Lagen schienen mir (1872) aus klei- nereo, nicht im Läufer- und Bindersystem geschichteten Blöcken (wie Im zu bestehen. Darauf erhebt sich eine Backsteinmauer.

^^) e 'fra il portone detto della Panatteria e le stalle del Bemini', perpendikulär gegen Nordsüdlinie des Platzes, lang 16, 30 bis zu 3, 55 hoch, 1, 72 dick. Gewöhnliche Schichtung und Maasse, 'tufa simile allo sperone'. Lanc. Ann. S. 54, Abbildung T. n. 1. Von mir nicht mehr gesehen. Vgl. den Bericht des Augenzeugen R. Bergan, PhiloL 25, 653 ^rch. Zeitung 1867 n. 218 S. 22.

^^) f 'nel giardlno annesso al pal. regio del Quirinale tagliaadosi le terra nella parte sovra staute al lavatore commnnale onde erger le scnderie reali e formare la strada per scendere aUa contrada del lava- tore sudd. ... si e rinvenuto un bei tratto del recinto di Servio TuUio ^go m. 14, 37 largo nella fiancata 7, 70' hs. Rapport! settim. della r. sopraint. 6. Sept. 1873 (genauer 'a sin. salendo per la via della Pan- i^etteria sul Quirinale' das. 3. Okt. d. J.). Ueberbaut mit Ziegelbauten. Unzugänglich, wohl zum Theil zerstört. Lanciani Bull. mun. 1, 225 ver- spricht eine Publikation. Es mag weiter noch ein Stück gefunden sein : ^ kürzlich gefunden 'entro i giardini del Quirinale' erwähnt zwei Stücke Lanciani Bull. mun. 1 (Sept. Oct. 1873), 233 f.

14*

212 THEIL I.

zum Vorschein kam; sie wendete dann südwärts bis zur Kreuzung der Via Quattro fontane und der Via del Qiiirinale Venti Settembre (di Porta Pia), woselbst an der Ostseite der Strasse Quattro Fontane unter dem ersten Hause ein Stück 1873 gefunden wurde (h)^^). Hier muss sie wieder fast im rechten Winkel gegen Osten gewendet haben: denn in den Gärten der Kirchen S. Susanna (I) und S. Maria della Vittoria (k)^') finden sich weitere Reste und endlich erheben sich auf ihr die Terrassen der sallustischen (später kaiser- lichen) Gärten, wie man noch heut an drei Stellen in der Villa Spithöyer (früher Vigna Barberini) deutlich erkennen kann (1 m n)^^). An der Südseite der Via di Porta Pia,

>i) s Bartoli mem. 3 t (bei Fea Mise. 1, 229 f.) 'sfogandosi ilterreao attorno al primo piano del palazzo de' signori Barberini fn gnasta parte delle mart fatta dal re . . . | . . . (so F. : lies dai re) le quali appoggia- yano il piano del coUe ad alli piedi di esse mura ove fn fatto 11 fondamento per erigervi la Gaglia ' (die jetzt im vat. Garten befind- liche Bd. 2, 185 Fea Mise. 1; 99 A. 6) '. . v' era un stanzone attiguo apli altri (?) di altezza piu di 30 palmi sieche altri 30 essendo siao aUa sommita del terreno vergine dinotava essere oltre modo precipi- toso aache da quella parte'. Vgl. n. 98 S. 250. Zuerst benutzt von Lanc. S. 56. 1b ^a fior' di terra', Material 'pietra gabina', 2^^ M. lang, Vji breit. Rapport! settim. della r. sopraint. 15. Dec. 1873. Soll noch zn sehen sein.

^) I Bartoli Mem. 98 S. 250 'si rede ilmedesimo mnro' (der < Wall des Tarquinios bei S. Maria maggiore') 'dietro 1' orto di s. Susanna crednto eosi per essere della medesima materia' (sog. cappellaccio) 'ancor che molto piü stretto che non oltrepassa gli S palmi'. Von mir 1867 nicht gefunden , von Lanciani nicht gesehen. l&s.Vennti-Piale 1,157. Abbildung bei Reber Ruinen S. 509. Noch 6 Lagen sichtbar (1867); kleine Blöcke, lang 0,81—0,86, hoch 0,25—0,28. Von Lanc. Ann. a. 0. nicht gesehen.

**) 1 Westecke unter dem neuen Casino, 3 Lagen kleiner Blocke z. B. 0, 79 X 0,29. Die Lagen treten nach oben jedesmal um etwa \^ Cent, zurück, m bei dem Nymphäum, 2 Lagen eben solcher (0,81 X 0,29 messbar)^ auf dem Felsen anfliegend, von Ziegelwerk überbaut (beide gemessen 1867). n an der Nordostecke kleines Stück gefunden 1869 (1872 zum Theil zerstört), aus 9 Lagen ähnlicher Blöcke be- stehend Lanc. Ann. S. 57 T. n. 2, der Im nur er^vdihnt und die

§ 3.] DIE SERVIANISCHB MAUER. 213

welche die Mauer durchbricht, begann dann mit der Piyrta ColUna der Wall.

Auf dem beschriebenen Abschnitt zwischen der porta PimtmtUh (?) und der Collina müssen die beiden Thore San- qualü unA Salutaris gesucht werden ^^). Die Lage des letzte- ren in der Nähe des pal. Barberini, vielleicht an der West- seite der Strasse Quattro Fontane, ist um so wahrschein- licher, als neuerdings inschriftliche Funde die Lage des Tempels der Salm ebendort vermuthen lassen. Der clwus Salutaris führte zu dem Thor hinauf. Sicherer ist die Lage der SanquaUs (und bestimmt dadurch diejenige der aedes Sanct), da unmittelbar unterhalb des Stückes e an der Süd- seite der Via della Dataria ein Grabmal eines C. Sempronius seiner Schwester und Mutter aus dem Ende der republika- nischen Zeit gefunden wurde, jene Strasse also, wie die aus der Ratumena führende, ein über ihr stehendes Thor voraus- setzt ^'^). Schwerlich hat es ausser den bisher genannten Thoren auf der beschriebenen Linie vom Kapitol bis zum Walle noch andere gegeben, es musste denn sein, dass die

Maaer an '5 oder 6' Pankten siclitbar sein llisst. Ueber die späte- ren Bauten s. Th. U.

'^) Ueber die SanquaUs Festas Ausz. S. 345: SanquaUs porta ap- pdlatur proxima aedi Sand (also = Sancalis), über die Salutaris ders. Ausz. 327: Salutaris porta appeUata est ab aede SaluUs quae ei prexima fuit. Daher denn, was gewöhnlich übersehen wird, 485 d. St. aedis Salutis ftdminis ictu dissoluta, pars muri suh eodem loco de caelo ut dicunt tacta est (Gros. 4, 4). Festas S. 326 scheint eine zweite Etymologie, [ob sa]lutaiiofies angeführt zu haben. Der divus Salutis wird von Symmachns £p. 5, 54 (nicht 52: Bd. 2,594» parvas aedes sub divo Salutis) und im Lib. pontif., Innoe. 6 (1 p. 132 Vign.: dotnum in divo Salutis balneatae) genannt.

») Näheres über die Sabitarü s. Bd. 2, 264 und II. Th. (Quirinal), woselbst die von Lanc. Ann. S. 58 nicht verwertheten Ausgrabungen der Via Rasella (Bull. d. i. 1869, 42 ff.) näher zu erörtern sind. Die Sanqualis hatte schon Becker richtig fixirt. Grabmal (Travertin, sehr elegante jonisirende Architektur) mit der Inschrift Cn. Sempronius Cn. /. RomiiUa) Sempronia Cn, /, soror Larda M\ f, mater^ abgebildet bei Bergan Arch. Z. 1866, 20 und Lanciani Bull. mun. 4 T. XII: ist in den Kgl. Ställen verbant und war mir nicht zugänglich.

214 THEIL I.

Anlage des Trajansfornm ein solches zerstört und hier in der Einsattelung der Aufgang zu suchen sei, welcher zum Flora- tempel führte (vgl. Th. II).

Von der porta Collma bis zur Esquilina erstreckte sich, in der Mitte unterbrochen durch die parta Viminalis, der mit Thürmen und Graben bewehrte 'WalT (o). Wahrscheinlich aus älterer, vielleicht amtlicher Quelle, beschreibt ihn Dionys genau: er war 7 Stadien lang und (ohne den Graben) 50 F. breit, nach aussen durch einen 30 F. tiefen, *an der schmäl- sten Stelle' (Sohle?) 100 F. breiten Graben geschützt. Der Wall selbst bestand aus einer Erdaufschüttung, welche auf der Seite des Grabens durch eine starke Mauer gestutzt und gedeckt wurde. Thürme so fügt Strabo hinzu und an- dere bestätigen es bewehrten die Mauer, in der Mitte be- fand sich die porta Vimmalis. Dieser Wall (gemeinhin und noch spät agger genannt) zeigte sich den Zeitgenossen des Augustus noch in seiner ganzen Mächtigkeit und galt ihnen als ein Werk des Servius TuUius, manchen als voUendet von Tarquinius Superbus ^^). Aber schon damals konnte er nicht

^) Diooys. 9, 68: fv Ss /(ogtov c rrjg T^oXstos ^nifiax^i^fOTarov iartVy ano täv AiaxvXivatv xaXovjLcivoiv tivXcSv f^^XQ'' ''^'^ KoXXCvtüV XSigonof^tcDg ioerlv oj^vobv. Jc((fQog te yccQ oQfoqvxtai nqo avrov TiXärog tj ßga^vtarri fj,sCC(ov ixarbv no6wv xal ßdd-og fatlv avrijg rqia^ xovranovv' TeT/og ^h vnsQav^OTtjxe T^g tdipQov x^fiari öwsj^o/uevov %vSod^av v^Xtß xal nXarsT, olov f^rixe XQioTg xouaasffsia&^vai /urire vTioQinro/LiivüJV ttSv d-EfXEXtwv avatQanrjvai. rovto to ;^0)(>^ov ima fiiv iatt fiaXidTa ^nl fjiijxog ara^tcav, TtsvrrixoVTa Sh noötav in\ nXcctog. (Vielleicht nomittelbar aos Varro, mittelbar ans amtlicher Qaelle, vgl. oben A. 4). Strabon 4, 3, 7 S. 234: jaifgov ßa^sTav oQv^avtBg sig to ivSog i^i^avto rrjV yrjv xal l^huvav oaov f|a- axdSiov ;^W/Ma knl t^ ivrog 6(pQii Trjg rdcpQov xal knißaXov isT^og xal nvgyovg dnb t^? KoXXCvag jtvXrjg f^^/Qi Trjg ^EaxvXCvag, vno fjtäaep ^k T^ /(üfittTi TQi'tT] iarl nvXri ofnawuog r^ OvifjLivdXi Xoipq) (unten 41) Vgl. Cicero de rep. 2, 6: cuius {urbis) is est tractus ductusque cum Romuli tum etiam reliquorum regum sapientia finiius ex omni parte arduis praeruptisque m,ontibus, ut unus adiius qui esset tnier Esqui- linum Quirinalemque montem maximx) agiere obiecto fössa cingeretur vastissima. Varro bei Censorin 17, 8 (oben): murus ac turris quae sunt inter portam Collinam, et Esquilinam. Sollte die turris hortorum

§ 3.] DIE SERVIANISCHE MAUER. 215

mehr in seiner ganzen Länge sturmfrei erhalten sein : man hatte begonnen den Graben zu füllen, das breite Po- merium zu bebauen, ja Wall und Mauer zu durjchbrechen, um Gärten und Spaziergänge auf luftiger Höhe zu. schaffen ^^). In der Epoche der Antonine lehnten sich zahlreiche Wohn- und Badehäuser zu beiden Seiten an die Mauer an, allmäh- lieb wurde der ganze mächtige Graben eingeebnet, die drei Thore ganz oder theilweise beseitigt oder durch moderne Bauten ersetzt, wie die Esquüina durch den Ehrenbogen des Gallienus. Bis ins 5. und 6. Jahrhundert folgten zahlreiche Ver- änderungen : neue Bauten ersetzten ganz oder theilweise die alten, christliche Kapellen scheinen sich in die früh-kaiserlichen Privathäuser eingenistet zu haben, bis endlich die Jahrhunderte der Zerstörung eine Einöde schufen, die zu Schuttablagerungen, endlich zu neuen PQanzungen und Gartenanlagen führten. So entstand über den Besten der alten Wallmauer ein Erd-

Caesaris ad portam Collinam (Obseqa. prod. 71, die GarteD sonst un- bekannt) ein Thnrm der Wallmauer sein? Diesen Wall verstärkte Tar- qninins Snperbas. Dionys. 4, 54: trig TtoXstog nQog raßlovg q>iqoih- ra Tov nsQißokov äiä noXvxstg^cts l|(u;|fi;^o£fro tdq>QQv OQv^afjLivog ev" QvriQuv x«l riixog dviyeCqag vijjTjkoteQov xal nvQyoig dialaßdtv to Xoagiov nvxvoiiQoig. Daher Plinins 3, 67 : clauditur ab Oriente aggere Tärquinü Superbi inter prima opere miräbili. namque eum rrmris aequa- vit qtia tnäxime patehat aditu piano. Hierher gehb'rt auch die Definition des Varro 1. L 5, 141 : quod exaggeräbünt aggeres dieti et qui aggerem Qordinepei moerus. Früher hat man fälsohlioh einea agger Servil von einem a. TarqnmU unterschieden, worüber schon Fabretti De aquis 3, 5 richtig urtheilt, neuerdings sogar die Zuthaten des Tarquioius wieder erkennen wollen (A. 33). Der gewöhnliche Name ist agger (s. die f. A.). 37) Ueber die ersten Gartenanlagen des Maecenas und die allmäh- liche Verwandelung des Gebiets süb aggere s. Th. II. Die Ausdrücke des Horaz 3-1, S, 13: aggere in aprico spatiari und Juvenal 8, 43: venioso suh aggere konnte bis vor kurzem jeder an Ort und Stelle verificiren , letzterer wird besonders erläutert durch die Thatsache, dass der Monte di Giustizia der höchste Punkt Roms und der fri- schen Tramontane ausgesetzt war (vgl. § 1 S. 135). Nach der Nähe des agger bezeichnet man die Wohnung : super aggerem Lampr. Heliog. 29, po- marius de aggere Grut 651, 11. Ueber den campus VimvnaHs tub aggere der Notitia R. V. (überliefert mhager) Bd. 2, 129 f. Th. IL

216 THEIL I.

und Schutt wall, welcher durch seine Gestalt die Kunde des Werks fortpflanzte. Sein höchster Punkt trug eine Roma; es war der nun verschwundene Monte della Giustizia. Die Eisenhahnbauten im J. 1861 durchschnitten diese Strasse an einer Stelle, die grossen Neubauten seit 1871 führten dazu, nach Abtragung der Hölle in der ganzen Ausdehnung alles was noch gerettet war wieder ans Licht zu bringen, leider das meiste, um es bald für immer zu zerstören (s. die AA. 28 fl^.). Diese Entdeckungen lassen die Beschreibung des Dionys in allen Theilen genau erscheinen, lehren aber sehr viel mehr als dieser giebt. Die Linie des Walls nähert sich in ihrem Lauf der Gestalt einer flachen gegen Osten aus- biegenden Curve, welche kurz, ehe sie ihren südlichen End- punkt erreicht, durch einen einspringenden stumpfen Winkel unterbrochen wird^^). Die Länge beträgt wenig über 1300 M. = beinahe 7\^ Stadien, d. h. wenig mehr als Dionys angiebt. Strabons 6 Stadien = 1109,4 M. beruhen auf einer Schätzung der kürzesten Entfernung beider Endpunkte ^^). Die Reste lassen sich mit ganz geringen Unterbrechungen auf der ganzen Linie verfolgen. Ich beschreibe in der Richtung von ISordea nach Süden: auf die Zeit und Art der Erbauung komme ich § 4 zurück (vgl. die beigegebenen Tafeln L R).

Im Jahre 1872 hatten die Vorbereitungen zum Bau des Finanzpalastes etwa 30 M. südlich von der Via Venti Settembre und auf der Fortsetzung der Linie, welche wir nördlich von dieser Strasse verlassen haben, eine Schicht von 3 Lagen

'^) Die ersten geoaueo ZeicbDuogen gab Lanciaoi Bull. man. 1, T. 1, 2. T. V. VI. Die Hauptstücke auch auf der Pianta di Roma von Mar^ (R. 1876).

^) Gemessen (unter Vergleichung des Censusplans) an den A. 28 genannten Plänen: dass eine Messung an den älteren Plänen erheb- lich weniger ergeben musste (3900 F. bei Nolli) liegt an der Ober- flächlichkeit der Zeichnung. Schon JVibby aber (Mura 109) behauptet durch Abschreiten längs der damals sichtbaren Erhöhung vom Gallienns- bogen bis nachVigna Barberini dasMaass von 7 Stadien gebau verificirt zu haben. Weshalb Lanciani Bull. mun. 4, 155 an Strabos 6 Stadien fest- hält und ebenda S. 129 richtiger 8 Stadien rechnet, weiss ich nicht.

§ 3.] DIE SERVI ANiSCH£ MAUER. 2 1 7

Quadern zu Tagen gefördert. Es hat sich später gezeigt, dass dies die nördliche Flankenmauer der porta Collina war, die südliche, nebst Resten eines viereckigen Thurms (?) und der Fortsetzung der Mauer nach Süden, fand sich später. Auch die Spuren des Grabens hat man geglaubt in einem 18 M. breiten und 15 M. tiefen ausserhalb längs der Mauer- reste laufenden Streifen des Terrains zu erkennen, welches nur aus Schuttmasse verschiedener Zeiten bestand. Es fanden sich Reste des Pflasters der durch das Thor führenden und einer pa- rallel mit der Mauer innerhalb laufenden Strasse, zahlreiche Ziegelbauten an sie angelehnt Von alle dem ist jetzt nichts mehr zu sehen (o^)^^). Von dem Hof des Finanzpalastes an aber Hessen sich bis zur Ostecke der Diocletiansthermen (Hai-Juni 1876) die Reste der Mauer ununterbrochen, wenn auch in völlig zerrüttetem Zustand, verfolgen. Und zwar zeigte sich eine Aussenmauer von grossen Tufblöcken, der gewöhnlichen Grösse und Konstruktion, und in einer Ent- fernung von 36 Schritt (nach Lancianis Plan 25 M.) inner- halb eine zweite ihr parallele aus kleineren regelmässig ge- schichteten Rlöcken von Capellacio, aber durch quergelegte Blöcke von dem Material und der Grösse der vorderen Mauer in bestimmten Distanzen unterbrochen, und zwar waren beide

^^) o ^ Canevari, Notizie suUe fondazioai dell' edificio pel mioistero delle Finanze in Roma, in deo Atti della r. academia dei Lincei Ser. 2 Vol. II 1874. 75 S. 417 ff. mit 4 Tafelo, von d^nen die 4. deo Grand- riss der gefundenen antiken Reste (ohne Maassstab und Orientirung) giebt. Danach jetzt Bull. mun. 4 T. XIX S. 165 ff. Leider enthalten diehs. Rapporti della Sopraintendenza Jan. Juli 1873 nicht genaueres als der gedruckte Bericht: Sülle scoperte archeologiche u. s. w. 1873 S. 32ff. , aus dem ich heraushebe: östlich vom Thor ein Stück der Mauer 1. 16, 45, weiterhin ein zweites, ein drittes westlich: 'la con- servazione era assai migliore sul lato esterno dell' aggere dove ancora si pote distinguere l'originaria costruzione e disposizione dei blocchi non che constatare la presenza degli addentellati e torrioni (?) che sorgevano ad una distaoza costante di m. 5, 90 fra loro' (hierüber und über das Thor s. § 4). Die Uinea interna' war vollkommen zerstört: von den Resten einer inneren Parallelmauer wie bei o ^ spricht nur Lanc. Bull. 4, 38 ('se la memoria non m'iaganna').

218 THEIL 1.

besonders gut erhalten unmittelbar an dem zuletzt bezeich- neten Punkte (o^)^^). Von der vorderen Mauer war hier ein Stück von 5 Lagen, von der hintern eins von etwa 8 Lagen erhalten; die Blöcke der ersteren trugen Steinmetzzeichen 4). Längs der Ostseite des Gentral- bahnhofs war man damals mit dem Abtragen des Monte della Giustizia beschäftigt: Backsteinbauten der Kaiserzeit und eine Kapelle des 15. Jahrhunderts ragten aus demselben hervor. Inzwischen hat man hier ein grosses Stück von 12 Lagen Quadern gefunden, die unterste ruht auf dem TufTelsen, an- gebaut war ein spätrömisches Privathaus (o *)**). An der Südostecke des Centralbahnhofs wurde im J. 1861 der Wall, wie gesagt, behufs Legung der Bahn schräg durchschnitten. Hier stiess man im März 1862 beim Durchstich des Walls auf ein 25 M. langes Stück der äusseren Wallmauer. Die- selbe ruhte auf einem, von der Sohle des Grabens bis zum Rande desselben, 3,20 hohen und 3,63 breiten Fundament von Tufblöcken, auf diesem stand die Mauer 3,32 breit be- stehend aus 4 Lagen Peperin- und 8 Lagen Tufblöcken,

>^) o * Plao und Beschreibung (uavolUtäadig) des Stücks an der Ecke der Diocletiansthermen bei Laoc. Ball. mun. 4, 24 ff. T. III. In einem ^Thurm' (? Nische?) der inneren Maaer fand sich umgestürzt die a. 0. abgebildete Ära mit der Inschrift Fermino \ A. Postumnts A, f. A. n. Albt(nus) \ duovir lege Plaetoria (Ende 7. Jahrh.). Meine Be- schreibung nach Skizzen vom Mai 1876. Nach Lancianis Plan (Bull. 1 T. I) und einer Notiz (das. S. 234; wohl auch 4, 37) mnss neben diesem Stuck ein zweites etwa gleich grosses gestanden haben, das 1S76 bereits zerstört war.

>*) o ^ Briefliche Mittheilung desP. Bruzza vom 2. Aug. 1876: 'soUo il moDte della Giustizia si e trovato un magoifico tratto di aggere che conserva ancora dodici ordini di massi. essendosi scavato al piede del muro , cominciando dal punto dove il primo ordine di massi poggiava suUa terra vergine, si trovö una stanza dipinta di eta imperiale ch'era stata fabricata nel ibsso ch'era innanzi al muro'. Dies scheint dasselbe Stück zu sein, welches in dem inir erst nach Abschlass des Manuskripts zugegangenen 4. Heft des Bull. mun. (Okt. Dec.) 1876, S. 171 be- schrieben und auf dem Plan T. XVIll c^' verzeichnet ist. Nach diesem maass es in der Länge ungefähr 12 M. und hatte an der Innenseite einen halbkreisförmigen thurmartigen Ausbau, ähnlich wie das Stück o ^

§ 3.] DIE SERVIANISGHE MAUER. 219

erstere 0,75 hoch, letztere 0,59. Die Peperinhlöcke waren durch eiserne Krampen verklammert. Die Höhe des erhaltenen Stücks war gegen 8 M. Die Schichtung war die des Läufer- und Bindersystems. In Abständen von durchschnittlich 5^ M. war die Mauer nach aussen durch Pfeiler von durchschnitt- lich 2 Q.-M. Stärke und derselben Konstruktion wie die Mauer verstärkt. Ein kleines Stuck dieser Mauer war 1876 noch erhalten. An die Mauer lehnte sich der Wall. Der erste Durchstich schien zu ergeben, dass über einer Schicht gelblicher Erde eine graubläuliche lagerte und man hat in letzterer die Ver- stärkung des Walls durch den Tarquinus erkennen wollen. Ge- nauere Untersuchungen haben erwiesen, dass der aus dem Gra- ben ausgehobene und zur Aufschüttung des Walls verwendete Boden deutlich die Schichten desselben in umgekehrter Ord- nung, wie sie gelegen hatten, unterscheiden Hess: zu Un- terst lag eine Schicht * terra vegetale', es folgte Granulartuf (sabbia tufacea), zuoberst lag die in dieser Gegend 8 M. tief liegende schwärzliche Puzzolane. Man berechnete aus der Böhe und Breite des Walls 6,40 X 21,00 (oben 13,00), dass der Graben eine Breite von über 32 M., eine Tiefe von 3,20 M. gehabt haben müsse. Von Thürmen hat sich keine Spur gefunden. Dagegen haben die damaligen und die wei- teren Ausgrabungen 1868 1871 ergeben, dass an die Innen- seite des Walls sich Gebäude seit der Zeit der Antonine an- gelehnt hatten (ein solches mit schönen Malereien hatte sich fast vollständig erhalten) und dass ausserhalb des Walls in einem Abstand von 48,50 eine 4,80 breite Pflasterstrasse demselben parallel lief. Es ist hervorzuheben, dass an dieseih Stück sich keine Steinmetzzeichen gefunden haben (o*)'^^).

^) o ^ Bericht, Pläne nnd Aufrisse von Bergaa und Pinder, Ann. deir i. 1862, 126 ff. t. d'ag§^. IK. Nachträge und Berichtigungen von Lanc. Ann. S. 59 ff. , vgl. dens. Bull. Man. 2, 199 ff., dem ich fast durchweg gefolgt bin. Die Hypothese über die Verstärkung des Walls durch Tarqninius steht bei Bergau und Pinder S. 135, dieselben halten die beschriebenen Pfeiler für die von Tarquinius gebauten Thürme und noch einmal Bergau Philol. a. 0. 649. Diese unmögliche Annahme wies Lanciani Ann. S. 61 BuU. S. 200 zurück. Neuestens (BuH. mun. 4, 130)

220 THEIL I.

Aehnliche Stücke des Walls sind dann seit der Anlage der neuen Strassen auf dem Esquilln von dem erwähnten Punkt bis zum Gallienusbogen mehrfach zum Vorschein ge- kommen und bald dem Erdboden gleich gemacht worden. Aber nirgend hat man bis jetzt die Verstärkung der Mauer durch Pfeiler und wenigstens nicht meines V^issens die Verwendung von Eisenklammern wieder beobachtet^*). Ein weiteres sehr bedeutendes Stück der äusseren Mauer auf Piazza Fanti beGndet sich an dem Punkt, wo dieselbe zur Bildung des einspringenden Winkels in südwestlicher Rich- tung einbiegt. Dadurch entsteht ein nach Osten aussprin- gender stumpfer Winkel von fast 155^. Von den die beiden Schenkel desselben bildenden Mauern waren ursprünglich noch Stücke von je etwa 20 M. Länge erhalten, im Scheitel- punkt des Winkels (oder vielmehr wo der nördliche Schenkel endet) ist nach innen ein thurmartiger halbkreisförmiger Bau von 8,20 Durchmesser derselben Konstruktion augebaut, wie es scheint, um von Innen den ausspringenden Winkel gegen feindliche Minirarheit zu schützen (vgl. A. 32 z. E. und § 4). Das ganze merkwürdige Stück, an welches sich von aussen wiederum Backsteinbauten anlehnen, ist mit Steinmetzzeichen bedeckt (o^)^*). Es folgten nun noch zwei grössere Stucke, welche den Schenkeln des einspringenden Winkels angehör- ten: sie sind bis auf weniges verschwunden (o®)®^). End- lich bezeichnet der Ehrenbogen des Gallienus die Stelle der alten porta Esquilina: die durch sie führende Strasse so wie

scheint auch er in denselben Fehler za verfallen. S. § 4. lieber das Gebäude mit Wandgemälden ausführlich Bergan und Finder Ann. 1863, 256 ff., Köhler das. 450 f. und genauer Visconti im Bull. mun. 3, 226 ff. T. XXII. XXIII. Ueber die Strasse ausserhalb 'des Walls besonders Lanciani Bull. mun. 1, 244. Vgl. § 4.

^) Lanciani Bull. 2, 200, woselbst zwei Durchschnitte abgebil- det sind.

>^) o ^ Lanciani Bull. 2, 201 f. Die mir von Hans Droysen Hermes 10, 461 f. darüber gemachten Mittheiluogen beziehen sich wesentlich auf die Steinmetzzeichen 4), ergänzen aber jene: Dicke der Mauer 4 M., Blöcke 1, 10 1, 48 X 0, 53—0, 56.

^) o 6 Ich habe mir darüber leider nichts genauerea notirt

§ 3.] DIE SERVIANISCHE MAUER. '' 221

Tor dem Thor Grabdenkmäler des 7. Jahrhunderts zu beiden Seiten derselben sind gefunden worden'^).

Bestimmt sind bereits die beiden nach den ausdrück- lichen Zeugnissen der Alten den Wall begrenzenden Thore, die Collina und die Esquilina. Als strategische Grenzpunkte des Walls werden sie auch in der Geschichte der Erstürmung Roms im J. 666 genannt ^^). Es ist begreiflich, dass neben dem gewiss ursprünglichen Namen Collina auch Quirinalis vor- kommt, schwerlich aber ist der ebenfalls damit identische Name Agonemis jemals in der Volkssprache üblich gewesen (oben § 2 A. 45). Zur Bestätigung des über die Lage der ColUna gesagten dient es, dass die Axe der durch das Thor führenden Pflasterstrasse in ihrer Verlängerung genau die Mitte der später geschlossenen porta Nomentana der aurelia- nischen Mauer trifft und dass auch in der Mitte zwischen beiden Thoren in der Via Castelfidardo auf derselben Linie, 80 M. südlich der Axe der Strasse Venti Settembre die Reste derselben Strasse, der via Nomentana gefunden worden sind. Aus demselben Thor aber lief eine zweite Strasse nach Norden die via Salaria, in der Richtung der Via del Macao längs deren Ostseite vier Gräber gefunden worden sind: das eine derselben, das Grab eines Jünglings, steht bereits ausser- halb der porta Salaria, welche in der aurelianischen Mauer der Collina an dieser Seite entsprach ^^). Endlich stimmt es zu

>^) Lage am genauesten mit den letzten Entdeckungen: Lanciani Bull. mun. 3, 191 ff. T. XX.

•«) Bei App. Civ. 1, 58, wo Sulla rag AlaytvKvug nvXag (so ist offenbar für rag KoiXCag zu schreiben) und Pompejus rägKoXXCvag forcirt. Vgl. Florus 2, 9, 6.

8») Strabo 5, 3, 1 S. 228 :- ij ^aXa^ia 666g . . dg ijv xal ri Nay fievravrj avfintnTH ano x^ff avti\g nvXrjg äq^ofAivri tr^g KolXivr\g, lieber die Reste beider Strassen kurz Lanciani Ann. S. 63 Bull. mun. 1, 253, 4, 166; über die innerhalb des Thors (beim ministero delle fi- Danze) gefundene , einen Neubau v. J. 639 betreffende Inschrift Eph. epigr. 2, 199 ff.; über die Gräber C. L. Visconti, U sepolcro di Q. Sul- picio Massimo, R. 1871. Ueber den vicus poriae CoUinae vgl. § 4. Tempel des Honos.: Gic. de legg. 2, 23, 58, die Inschrift (Henzen Bull.

222 THEIL I.

der Lage des Thors, dass in unmittelbarer Nähe desselben vor kurzem eine alte Dedication an den Honos gefunden worden ist, dessen Tempel extra portain Collinam von Cicero erwähnt wird und dass Vespasian die Stellung der ^Vitellianer in den sallustischen Gärten umgeht indem er das coUinische Thor einnimmt. Ein vicus portae Collinae wird in der 3. Re- gion genannt Dass der Ehrenbogen des Gallienus die Stelle der alten Esquilina einnimmt, ist jetzt ebenfalls ausser Zweifel. Nach Strabos ausdrucklichem Zeugniss führten aus dem esquilinischen Thor die via Praenestina und Labicana heraus und auch die Tiburtina kann nur aus dieser, nicht aus der porta Viminalis heraus gefuhrt haben. Die Art ihrer Verzweigung und ihr Verhältniss zu den Thoren der aurelia- nischen Mauer, der Praenestina -Labicana (p. Maggiore) und Tiburtina (p. S. Lorenzo) hat aber Schwierigkeiten, welche noch dadurch erhöht werden, dass die Anlage des Macellum Litnae^ wie die neuesten Funde gezeigt haben, zur Verän- derung des Strassenlaufs gefuhrt haben. Es muss diese Frage im § 6 wieder aufgenommen werden*^). Die porta Viminalis endlich, welche Strabo in 'die Mitte des Walls \ natürlich ohne den Anspruch mathematischer Genauigkeit, versetzt, wird sonst nur noch in Verbindung mit dem colUs Viminalis und mit den drei Wasserleitungen Marcia Tepiüa lulia, welche hier geendet haben sollen, genannt. Die Auffindung des Laufes derselben in unmittelbarer Nähe des jetzigen Bahnhofs , sowie der Reste einer Strasse, welche in gerader Richtung von der Porta chiusa der aurelianischen Mauer auf dem Monte della Giustizia jenseits weiter auf die Nordecke des Bahn- hofs und längs der offenbar n^cb ihr orientirten dreieckigen (jetzt zerstörten) Piscina der Diocletiansthermen weiterlief.

d. i. 1873, 89 ff.) 35 M. vom Wall in via del Macao gefunden. Kampf des Vespasian: Tacitns Bist. 3, 82, erläntert Bd. 2, 123 f.

*^) Strabo 5, 3, 9, S. 237: rj Aaßixavri aQ^of^ivri filv ano Trjg ^HaxvXivrjg nvXrjg a(p* ris xal r Ilqaivsaxlvri u. s, w., s. Lanciani BaU. mun. 2, 43 ff. 3, 305, wodurch seine frühere Besprechung Ann. S. 66 ff. antiquirt ist.

I § 3.] DIE SERVIANISCHE MAUER. 223

Hessen das Thor mit Sicherheit nördlich vom Monte di Giustizia, gegenüber dem östlichen Hauptportal des jetzigen Bahnhofs yermuthen. Die jüngsten Zerstörungsarbeiten schei- nen dies bestätigt zu h^ben. Auch stimmt dazu die muth- maassliche Lage der 3. Cohorte der Vigiles 5 A, 11) und die Nähe des über der aus dem Thor hinausführenden Strasse errichteten ßogens des Gordianus. Die weitere Frage, wie die beschriebene Strasse hiess, ist § 6 zu erörtern. Vor dem Thor ist der campus Viminalis sub aggere zu suchen, welchen nur die JNotitia R. V. nennt, innerhalb der vicus Chilis Viminalis '^^y Ueber die grosse Nekropole s. Th. IL

Von dem esquilinischen Thor herüber nach dem Caelius ist der Lauf der Mauer unsicher. Dass zunächst die ganze Ebene östlich der Via Merulana und die Höhe des Lateran ausgeschlossen blieb, bedarf heut keines Beweises mehr^^). Die Hauer musste auch hier an dem Hügelrande des Esquilin laufen. Indessen ist das auch jetzt noch nicht genügend untersuchte Terrain in seiner ursprünglichen Gestalt kaum erkennbar. Den nächsten Rest der Mauer glaubte man vor

«) Strabo 4, 3, 7, S. 234 (s. A. 26): vno fJiiatp j(p ;fai^«Tt t^Cti] iail nvXri ofxwwfxog rtß Oinfiivdlt X6<pfp. Festns sagt nar, dass bei der porta Fiminalis die ara lovü Fiminei (37(>) and extra portarn V. ein sacellum Naeniae i^estanden habe ( 163 ) , Frontin de aq. 1, 19, die drei vereinigten Leitungen Julia Tepula Marcia ad yimindleTn usque portam deveniunt Die Lage des Thors bestimmten

I nach der Richtung der Strasse vermuthungsweise schon Becker S.

! 173 Lanciani Ann. S. 64, vgl. Rosa ßuU. d'. inst. 1862, 132. Ent- deckung des Laufs der Wasserleitungen und ihres Terminalcippen 1869. 1874. 1876: Visconti BulL d. inst. 1869, 212 ff. Lanciani ßulL man. 2, 204 ff.: der SteUe des Thors: 4, 168 ff., T. XVIIL Ueber die Wasserleitungen s. § 7, über den Bogen des Gordian Bull. mun. 1, 103. 234, über die Reste der Strasse innerhalb des Thors das. 1 f 232. Die Inschrift mit dem JNamen des vicus collis FiminaUs pabl. Bull. mun. 1, 154 ist nach Lanciani das. 2, 199 in den Trüm- mern eines alten Gebäudes Ecke via principessa Margherita und via Gioberti, wie es scheint nicht am alten Fleck gefunden worden.

^') Schon Piale (A. 9) hat dies richtig erkannt. Die Entdeckungen der Gräberstadt und der Gärten Östlich der via Merulana beweisen es jetzt unwiderleglich.

224 THEIL I.

wenigen Jahren an der Via Merulana 45 M. südlich der Ein- munderung der Via di Sette sale zu finden: dies muss in- dessen ein Irrthum sein, denn unzweifelhaft gehört der ser- vianischen Mauer (p) ein im J. 1874 gefundenes Stuck, welches etwa 150 M. südöstlich von jenem und ebenso weit südlich vom Gallienusbogen liegt. Dieses Stück, bestehend aus 5 vollständig erhaltenen Schichten gelblicher TuiTblöcke» welche mit Steinmetzzeichen genau derselben Art wie die Mauern des Walls bedeckt sind, ist unter einem Winkel von etwa 68® durchschnitten durch das unter dem Namen 'Auditorium des Haecenas' berühmt gewordene Gebäude, unci zwar derart, dass dieses zu zwei Dritteln innerhalb zu einem Drittel ausserhalb zu stehen kam^^). Die Richtung dieses Stücks weicht nun freilich auch von der fast genau von Sü- den nach Norden laufenden Linie der kürzesten Entfernung jenes Gebäudes und des Gallienusbogen um etwa 20® östlich ab, so dass man sich zwischen beiden Punkten die Mauer in einer nach Osten gewendeten flachen Curve oder einem aus- springenden Winkel denken muss. Allein da diese Annahme mit der strategischen Anlage der porta Esquüina in bester Uebereinstimmung 4), das beschriebene Stück sicher ser-

^') p Jenes Stück (von mir nicht gesehen) an der Via Mernlana 'costruzione di opera qaadrata di tufa nascosta dal muro di recinto deir örto attigao, la quäle presenta tatti i contrasegni comoni agli altri resti delle mura primitive' Lanc. Ann. S. 71, Abbildung T. n. 7. Nach der Rekapitulation seiner früheren Untersuchung Bull. mun. 4, 29 zu schliessen, scheint er jetzt selbst das Stück aufgegeben zu haben : er erwähnt es nicht, rechnet dagegen hier ein Stück Quader- mauer ' nella vigna che forma angolo tra le yie Labicana e Meru- lana' zur Mauer, welches er Ann. S. 71 als aus 'ein oder zwei Steinen', bestehend , wie mir scheint mit Recht ans dem Spiel ge- lassen hatte. Das Stück beim Auditorium : ungenügend beschrieben und abgebildet bei Vespigniani Bull. mun. 2, 141 T. XI. XII. XIII. Dass auf der Abbildung T. XII. XIII. Steinmetzzeichen zu sehen seien, hatte ich zuerst bemerkt und sie dann nach Dr. De Boors Mitthei- lung publicirt Hermes 10, 126. Die Maasse und Schichtung der Blöcke sind die gewöhnlichen, an einer Stelle (der äussersten südlich) sieht man die Mauer auf dem Tuf des Hügels aufliegen.

§ 3J DIE SERVIANISCHE MAUER. 225

Tianisch ist, so wird jenes Stück in Via Menilana nicht zur Stadtmauer gehören. £benso wenig gehören dazu die grossen Quadermauern, auf denen die Unterkirche von S. demente ruht**) und man fmdet eine sichere Spur der Mauer über- haupt erst wieder auf der Höhe der Kirche SS. Quattro coronati, in deren Unterbau längs der gleichnamigen Strasse man bis vpr kurzem einige offenbar derelben gehörige Blöcke, freilich wohl nicht mehr am alten Platz sah (q)**). Von hier bis zu der Mauer bei porta Capena ist bis jetzt kein Stück der Befestigung zum Vorschein gekommen. Indessen ruhen wahrscheinlich die alten Ziegelkonstruktionen längs der Villa Mattei auf den Resten der Mauer und es kann auch ^egen der Regioneneintheilung nicht gezweifelt werden, dass die Mauer sich am Rande des Hügels hielt. Zwischen SS. Quattro Coronati und der Villa Mattei ist die Linie unsicher **'). Das Hauptthor am Caelius war die porta Caelimontana, ja, wie der Name anzudeuten scheint, das einzige. Auf die Nähe des Caelius einerseits, des Esquilin andrerseits weisen die Notizen über eine porta Querquetulana^"^). Grosse Strassen

**) Richtig De Rossi BüU. crist. 1870, 151 Lanciani Ann. S. 72: Dicht Läufer- und Bindersystem , unzweifelhaft spätrepublikanischen Ursprungs. Vgl. Th. II.

*^) Q Die 'wenigen Steine' in der Vigne gegenüber St. Pietro c Mareellino (s. A. 43) von mir nicht gesehen beweisen nichts. Unter SS. Quattro schienen mir 1872 verbaut zu sein (sehr zer- stört) : untere Lage ein langer Block 0,70, obere ein Binder 0,50 breit, Hohe ungefähr 0,60. 1876 nicht mehr zu finden. Lanciani Ann. S. 73 T. n. 9.

^) Trotz oft wiederholten Suchens in den Vignen zwischen S. Stefano und S. Gregorio ist es Bergau (Philol. 25, 646 ff.) , Lanciani (Ann. S. 75) und mir nicht gelungen einen Stein der Mauer zu entdecken. Indessen ist die Schuttanhäufung unter den antiken Ziegelsubstruk- tionen von Villa Mattei auf denen das kultivirte Gartenland liegt sicher gross und die Mauerreste können sich erst in erheblicher Tiefe finden.

*'') Als benachbart der EsquUina erscheint das Thor bei Cicero in Pis. 23, 55: cum eg^o CaeUmontana introüsse (Pisonem) dixissem, spofuione me ni Esqidlina introüset homo promptus laeessmt u. s. w.

Jordan, rOmiaehe Topographie. Li. 15

226 THßlL I.

führten in alter Zeit nicht nach Süden: wir kennen keine solche ^wischen der Labicana und der Latina. Jedoch be- weisen ein von Severus und Caracalla wiederhergestellter Bogen bei dem Hospital des Laterans, im 12. Jahrhundert arcus Basilis genannt, und Gräberfunde in derselben Gegend (campus Cae- lemmtanus?), dass hier vom Colosseum kommend eine Strasse hinausführte^^). Ihr muss in der aurelianischen Mauer die porta Asinaria entsprochen haben. War dies, wie es in der That den Anschein hat, der Hauptaufgang (ursprünglich der einzige) am Caelius, so ist die porta Caelimantima in der Senkung unterhalb St. Quattro coronati zu suchen und es würde innerhalb des Thors der vicus capitis Äfricae ent-

(s. porta trvumphalis); 25, 61 (Piso wird redend eing^eführt): sie redü {ex Macedoniä) ut ad portam Esquilinam Maoedonicam lauream cor- culcarim, ipse cum kominibus quindecim. male vestitis ad portam Cae- limontanam, ntiens pervenerim. Erwähnt wird sie von Liv. 35, 9, 3 {fulmine icta) und gemeint ist sie vielleicht von dems. 2, 11 {CaM> monte cohortes edttcit), aus welcher Stelle nur hervorgeht, dass sie zwischen der Naevia am Aventin und der CoUina lag. Festns S. 261: Querquetulanae virae putantur si^ificari nymphae praesidentes querqueto virescentij quod genus indicant ßdsse intra portam. quae ab eo dicta sit Querquetularia. Plin. 16, 37: {vrbs) sUvarum dUtinguebatur insignibuSf fagutali love ettamnunc tibi Uicus fageus, porta Querque- tulana. Der Caelius soll ursprünglich mons Querquetulanus geheissen haben (Tac. Ann. 4, 65). Varro 5, 49 rechnet den lucus fagutaUs zu den loca viciniae des Esquilin (Bd. 2, 601); genau aber lässt er sich nicht bestimmen (bei S. Pietro in vinco]i? Bd. 2, 253 f.)

^) Auf den arcus Basilis oder lokannis Basilii (zuerst erwähnt in einer Bulle Innocenz III v. 1211, noch gesehen von Signoriü 'ante hospitale s. Angeli prope Lateranum , iuxta formas antiquas'), welcher ein Strassenbogen der arcus Caelemjontani war, haben zuerst De Rossi Le prime racc. S. 28 ff. Gorvisieri Buonarotti 1S70, 178 f. aufmerksam gemacht. Vgl. Lanc. Ann. S. 74. Im Mittelalter führte diese Strasse, genannt via maior (in der Prozessionsordnuog Benedicts S. 143, d. h. die grosse Strasse, wie pons m, Bd. 2, 331, palatium und templum maius das. 448, porta maior) oder sancta (De Rossi a. 0. S. 30) oder Laleranensis bei S. demente und an der Ostseite des Colosseums vorüber, und ist vielleicht die Fortsetzung der alten via saera (Bd. 2, 448 f. und Th. II). lieber die Gräber vgl. Lan- ciani Ann. 73.

§ 3.] DIE SERVIANISCHE MAUER. 227

sprechen haben, die Qtierquetulana aber müsste weiter öst- lich gelegen haben. Indessen muss bemerkt werden, dass ein zweiter alter Weg auf und über den CaeUus durch den divus Scauri, den Bogen des Dolabella, die Tiefe zwischen S. Stefano rotondo und S. M. in Navicella und die perta Metrovia der aurelianischen Mauer bezeichnet wird. Es bleibt dahingestellt, ob hier ein drittes Thor oder gar die Caeli- montana zu suchen ist'^^).

Die Tiefe zwischen dem Caelius und S. Balbina, wo wir die Mauer wiederfinden, musste befestigt sein und hier lag die porta Capena, aus welcher die 'Königin der Strassen' die via Äppia hinausführte. Die Zeugnisse der alten Schriftsteller weisen ihr unzweideutig ihren Platz am Abhang des Caelius, ein mittelalterliches vor dem Septizonium an^^). Der seit

^) Laue. Ana. S. 73 f. meint die lieutige V. Labicaoa mög« eiJier alten zu diesem Thor führenden Strasse entsprechen.

»>) Richtig bemerkt von Nibby Mara S. ]78 f., dann von Fiale Porte merid. S. 11; zuletzt Lanc. Ann. S. 76 der auf Vacca mem. 119 aofmerk- sam macht. Vgl. Bull. mun. 4, 170. Den Namen der porta Ferentma, entstanden aus der falschen Lesart inl rrjs 'Pe^evtivrjg nvXtis (1. vXtji) bei Plut Rom. 24, hat Becker S. 177 beseitigt.

<^*) Den Namen (s. § 4) leitet Servius zu Aen. 7, 697 von der vejen> tischen Golonie Capena ab : ttnde et porta Capena quae iuxta Camena^ est nomen aceepit. Es ist der lucus Camenarum der 1. Region, welche von dem Thor ihren Namen hat und ausserhalb der Mauer lag (danach auch der vicus Camenarum Bd. 2, 114 u. Th. II). Genauer Frontin de aq. 1, 19: Marcia atUem partim mi post hortos Paüantianos in rioum qiä vocatur Hercfulaneus deicä. ii per Cadium ductus ipsius montis usibus nihil ut inferior subministrans firätur supra portam Cape- nam, und e. 5 (vgl. 22) von der a. Appia; ihre Leitung laufe proasime (?) portam Capenam. Von der Leitung der Marcia also sagt Martial 3, 47: Capena grandi qua plmt gutta , Juvenal 3, 11: svbtUtit ad veteres areus madidamque Capenam , wozu die Scholien : qua supra eam arcus est quem, nunc appettant still antem. Vgl. A. 58. Der Name desselben Thors findet sich in den Märtyrerlegenden und daraus in den Mirabilien c. 10 m. Ausg. (s. Bd. 2, 380. 617 f.): inius portam {Appiam oder S. Sebastiano) areus siillae (= arcus stiUans) ante sep- temsoUum (Septizonium; schlechte Hss. stdlae, stellans), der Katalog der Bauten Domitians (Bd. 2 , 32 n. 5) lasst ihn portam Capenam neu-

15*

228 THEIL I.

den Anfängen der Topographie über die genauere Bestim- mung des Orts geführte Streit wäre nun geschlichtet, wäre es richtig, dass die Ausgrabungen der Jahre 1867 und 1871 Reste des Thors selbst zu Tage gefördert haben. Dies ist freilich ein Irrthum, indessen ist die Lösung der Frage durch dieselben erleichtert worden. Sie haben nehmlich die Reste der Stadtmauer zwischen beiden Hügeln, auf einer die heutige Via dl porta S. Sebastiano rechtwinklig schneidende, vom Abhang des Caelius in der Yigna von S. Gregorio bis jenseits der Strasse gegen den Aventin hinreichenden graden Linie leider nur Torübergehend blosgelegt. Der Schnittpunkt der Mauer und der Strasse liegt auf dieser gemessen 1470 M. von der porta S. Sebastiano entfernt (r)'^^). Angenommen

baneD. Dass das Thor hoch lag, folgt mit grosser Wahrscheialichkeit ans Ovid F. 6, 19: (Marti) quam prospieit ipsa adpositum tectae porta Capena viae, lieber diese auch im Einsiedler Itioerar vorkommende via tecia Bd. 2, 353.

BS) Verwechslung mit der porta Appiai s. nnteo § 5. Seit Auf- findung des Meilensteins sind die Differenzen nicht mehr gross. Unten A. 54.

^^) r Erste Ausgrabung im Sommer 1867, zweite 1S71. Verband- lungen zwischen Rosa und Parker im Institut: Bull. 1868, 113. 1869, 67 ff. Bericht und Plan von Parker : Archeologia or misc. tracts vol. 42 (1869) T. ni (verkleinert Archeology of Rome, Snppl. to the first vol. 1876, T. X. XI; auch vonMarre ia seinen Stadtplan 1876 eingetragen). Ausführ- licher F. Gori imBnonarotti 1872, 80ffv woselbst S. 83 über die erneute AusgrabuDg -von 1871 berichtet wird. De Rossi und Lanciani Augen- zeugen: Lanc. Ann. S. 79. Die Reste bestanden aus Tufblöcken, an 4 5 Stellen aufgedeckt (Maasse fehlen). Nach Lanciani bestand das angebliche Thor der ersten Ausgrabung aus eioer 'interruzione delle mura . . insieme ad alcuni poligoni di siliee', was doch etwas allgemein klingt gegen die bestimmte Behauptung (Gori S. 82) die Strasse sei in einer Breite von 3 M. (im Thor) gefunden worden. Aber freilich thut man gut Goris Zeugnisse bei Seite zu lassen. Dass die 'stipiti di traver- tino' des Thors selbst 1871 gefunden seien, kann in dieser Allgemein- heit auch nichts (a. 0.) beweisen noch weniger 'ein Ziegelstemper aus Domitians Zeit, lieber die Wasserleitung unten. Die Zeichnung bei Parker Arch. T. X ist ungenügend und wir müssen uns begnügen die Linie der Mauer zu kennen bis nochmalige Nachgrabungen das Richtige erweisen.

{ 3.J DIE SERVIANISCHE MAUER. 229

nun, dass diejenigen Trümmer auf dieser Linie , welche in der Vigna östlich der Strasse gefunden wurden, wirklich zu dem Thor gehörten, so wurde die Lage desselben um ein geringes von der anderweitig zu ermittelnden Lage ab- deichen. Da nehmlich der erste Meilenstein der Via Appia^ wie behauptet wird, an seinem ursprünglichen Standort in Yigna Nari vor porta S. Sebastiano gefunden worden ist, so müsste das Thor, von dem aus die Meilen zählten, genau 1 römische Heile von jenem Standort zu finden sein. Hierauf fussend hat namentlich Canina berechnet, dass das Thor un- gefähr in nächster Nähe der Einmündung der Via di S. Bai- bina in die Via Appia über dieser gestanden habe*^^), d. h. etwa 105 M. südhch der gefundenen Mauerlinie, eine Diffe- renz, die auf die Länge von 1481,75 M. (so rechnet Ca- nina die Meile) nicht so gross ist, dass sie nicht aus den etwaigen Abweichungen der alten Via Appia von der heutigen allenfalls erklärt werden könnte. Freilich ist nun die Voraus- setzung Caninas, dass die alte und die heutige Appia sich decken, wie namentlich Rosa gezeigt hat, falsch: die alte lief bereits von den Scipionengräbern an östlich der heutigen in grader Richtung auf die Höhe von S. Gregorio zu'^'^). Wenn nun in Folge dessen das Thor nicht in die Tiefe, sondern auf halbe Höhe des Caelius zu setzen ist^^), so än-

^) Von älteren kamen der riclitig^en Annahme sehr nahe Fabretti de aqais 1^ 12 und Fiale Porte meridionali S. 13 ff. Genauer Canina Via Appia S. 36 Annali 1853, 134f. und sonst. Der Abstand von Vigna Nari von porta S. Sebastiano wird auf 114, 18 M. angegeben.

^) Rosa hat dies oft genug mündlich erläutert (ich habe es 1861 gehört), dann im fiull. 1868 a. 0. Daher Lanciani Ann. u* a. Haupt- beweise: 1) in dem Garten von S. Sisto vecchio haben sich zu Ficoronis Zeit und im Garten von Guidi, welcher anstösst, im J. 1855 4 M. tief die Reste der alten Appia gefunden ; Gräber längs der Strasse sah Fi- coroni; 2) unmittelbar unter dem Abhang des Caelius fand man 1851 Gräber längs der alten ^Strasse die in der Richtung auf S. Gregorio zu- lief. Rosa war Augenzeuge.

^) Was es heissen soll, wenn Bergau das Thor selbst 'unterhalb der Futtermaner von Vigna Mattei' gefunden haben wiU Philol. 25, 662 verstehe ich nicht. Ohne Graben war und ist dort nichts zu finden.

230 THEIL I.

dert, soviel ich sehen kann, dies garnichts an der Berechnung der Entfernung. Lässt man das Thor auf der gefundenen Linie stehen, so bilden die alte und die neue Via Appia die Schenkel eines gleichschenkligen Dreiecks, dessen Spitze bei den Scipioneogräbern liegt, dessen kleine Basis die Mauef zwischen der Via Appia und dem Caelius ist. Wollte man aber gar annehmen es habe nördlich der gefundenen Maaer- linie unter S. Gregorio gestanden, die Mauer habe also vom Thor aus zuerst rechts abbiegend südwärts ihren Lauf ge- nommen, dann westlich gewendet und in grader Linie das Thal überschritten, so würde die Differenz des Maasses noch grösser werden. Da die Ausgrabungen wieder zugeschüttet sind, so ist man darauf angewiesen einfach das, wenn auch nicht sehr bestimmt lautende Urtheil der Sachkundigen, dass das Thor selbst (s. A. 53) nicht gefunden worden sei, einstweilen anzunehmen. Kann nach dem Gesagten es sich schwerlich um eine grössere Differenz, als ein geringes mehr östlich oder westlich auf der kurzen Mauerlinie zwischen Via S. Sebastiano und dem CaeUus handeln und müssen wir danach jene Differenz von 100 M. wohl oder übel irgendwie erklären, so bleibt endlich noch eine Bemerkung zu machen : das Septi- zonium, welches nach einem ausdrucklichen und werthyoUen Zeugniss den auf der Via Appia hereinkommenden Lands- leuten des Septimius Severus 'entgegentreten sollte' "^O» muss demnach wohl mit seiner Hauptaxe zu der porta Capena in Beziehung gesetzt worden sein. Ein ebenfalls nicht zu ver- achtendes mittelalterliches Zeugniss setzt das Thor 'vor das Septizonium' (oben A. 51) und errichtet man auf der Mitte der Front des bekannten Grundrisses des Gebäudes ein Loth gegen Süden, so trifft dies ebenfalls fast senkrecht auf die gefundene Mauer an dem Abhang des Hügels da, wohin mit Wahrscheinlichkeit der Lauf der Via Appia geführt werden muss. Hier also endete auch zu Frontins Zeiten über dem Thore die aqua Marcia, später scheint sie längs und auf der Mauer nach dem Aventin weiter geleitet zu sein. Die

^^) Spartianos Sev. 24: s. Forma nrbis S. 37 § 14.

§ 3.] DIE SERVIANISGHE MAUER. 231

aqua Appia dagegen lief sehr nahe dem Thor nach dem Aventin herüber^®).

Wir finden die Mauer wieder am Abhang des sogenann- ten Aventin zur rechten der Strasse nach S. Balbina unter dem zu dieser Kirche gehörigen Garten. Ein grosses Stück, 11 Lagen hoch, dient hier als Futtermauer des steilen Berg- abhangs (s). Auf der gegenüberliegenden Westseite jenes Gartens ist im J. 1859 ein zweites Stück entdeckt, wie es scheint aber wieder zerstört worden (t)'*'). In den Gärten des Klosters S. Saba und den angrenzenden Vignen sind, sowohl auf der Ostseite (s^), wie auf der Nordseite des Klosters (am Abhang längs der Via di porta S. Paolo, t^) Stücke erhalten. Die Mauer scheint also von S. Balbina nach S. Saba über den Bergrücken und dann im Thal eine Strecke zurückgelaufen sein. Auch die Aedicula der 4. Cohorte der Vigiles hat sich hier gefunden****). Jenseits des Thals findet sie sich wieder

^) Die Stellen des Frontin über den Lauf der Marcia und Appia A. 51. lieber die von Parker gefundenen Reste einer Leitung sebr nnznverläs«iger Bericht von Gori Bnonar. 1872, 81 f. Vgl. Lanciani Ann. 78. 80. ßall. man. 2, 203, nnten § 7.

^^) m Gesehen aber nicht gemessen von Lanciani Ann. S. 80. Schlechte Abbildung bei Parker Arch. 1,2 Primit. fortif. T. XX. Identisch mit dem Stück <near the church of S. Balbina' welches Gell Topogr. 2, 405 » 2. Aufl. S. 494 abbildet: Höhe der Lagen 1. 10' engl. F., Läufer lang 5. 8'. Aber er zeichnet nur 5 Lagen. t ^dove un lato del monistero ri- guarda verso occidente' C. L. Visconti BuU. d. i. 1859, 11, 'visibile anch' ora sulla metä circa del lato occidentale del monastero ora reclu- sorio pei gioyani detenuti' Lanc. Ann. S. 80: von mir nicht gesehen.

^) (m^) Ostseite von Saba? 'nella vigna Cardoni presse il muro di cinta che la divide dal? orto del monastero di S. Saba' Visconti Bull. 1859, 17. Jetzt zerstört und zum Neubau jener Mauer verwendet. Lanc. Ann. 80. (t^) Znerst bemerkt von Braun Ann. 1855, 91: in Vigna Branciaforte gegenüber der Vigna Torlooia haben sich in dem noch erhaltenen Gusswerk, welches den Raum zwischen Mauer und Hügel füllte, die deutlichen Spuren von mindestens 7 Lagen der später weggebrochenen Quadern erhalten: drei Binder gemessen zu ungefähr 0^55 X 0,55 (1867). Die Gesammthöhe giebt Lanc. auf 12,20 an. Auch von Bergan beschrieben Philol. a. 0. 645. Im Som- mer 1870 sollen 7 Lagen erhaltener Blöcke durch Parker anter

232 THEIL 1.

am Südabhang der Yigna Torlonia (früher Maccarani). stützt das grosse etwa noch 25 Lagen hohe Stück (a) wieder den Bergabhang. Die Maasse und Schichtungsweise sind die gewöhnlichen, aber von den übrigen alten Stücken unter- scheidet sich dieses durch seinen scharf ausgebildeten Rustika- schnitt. Ferner ist in die obersten 5 Lagen ein Restau- rationsbau eingesetzt. Derselbe besteht aus einem mächtigen Rundbogen aus Quadern von 2,50 Höhe im Lichten. Zum Behuf der Einfügung dieses Bogens hat man ein grösseres Stück des alten Baus zerstört und dann die Lücken zu beiden Seiten desselben mit kleineren Blöcken (z. Theil 0,43, z. Theil 0,25 0,30 hoch) ausgefüllt. Bei dem Neubau ist Mörtel verwendet. Der Bogen scheint zur Entwässerung des dahinterliegenden Terrains gedient zu haben. Schon 40 Schritt weiter (in derselben Vigna) in nordwestlicher Richtung ündet man ebenfalls am Hügelrande ein kleineres Stück, welches bis zu 11 Lagen blosgelegt ist (v)*^), weiter längs der Yia della Marmorata an dem Bogen S. Lazaro wenige Steine (x)®^), welche auf dem Tuff des Hügels auf- liegen, endlich unter S. Sabina gegenüber dem Flussufer ein

den beschriebenen gefanden worden sein (Lanc. Ann. 81), wonach wir das ursprüngliche Niveau der Strasse Piscina publica auf höchstens 21 4 = 17 M. über dem Meer (s. oben S. 133) schätzen können. Ueber die Cohorte der Vigiles Lanc. 80. Ich hatte sie schon im Jahre 1867 gesehen.

«) (u) Pittoreske Abbildung Mon. dell' inst. 1855 T. XXI— XXV mit Brauns Erläuterung (== Reber Ru. 443). Exakter Lanc. T. n. 11, aber noch immer nicht genügend. Die oben gegebenen Maasse des neuen Stücks, auf welches mich zuerst Hr. R. Schöne aufmerksam machte (Hermes 2,409), ebenfalls nicht ausreichend (1876). Höhe des Bogens nach Lanciani Bull. mun. 4, 37. Auf den Rustikaschnitt der alten Blöcke (ich maass Höhen 0,53 0,56, Längen 1,25—1,58) scheint niemand geachtet zu haben. Den Zwischenraum zwischen der Mauer und den Hügel füllte 'opera a sacco' (Lanc. a. 0. Ueber die die Mauer hier berührenden, zum Theil durchbrechenden kaiserlichen Bauten ders. BuU. d'i. 1870, 55 ff.) Auch das kleine Stück erwähnt Lanc. S. 82.

'') W Von der Strasse aus erkennbar. 4 Lagen. Lanc. S. 82.

I 3.] DIE SERVliVNISCHE MAUER. 233

grösseres Stück derselben Art (y)®*). Die Mauer folgte also nördlich der Einsattelung zwischen S. Saba und Vigna Torlonia dem Rande des Berges zwischen sich und dem Fluss eine Strasse offen lassend, welche ein Thor voraussetzt.

Die Bestimmung der Thöre zwischen der porta Capma und dem Fluss hängt Ton der Bestimmung der Strassen ab. Wir wissen, dass es deren drei gab: die Ostimsis, von wel- cher sich die Laurentina abzweigte, zunächst dem Fluss, dann die Lavmatis, endlich die Ardeatina^^). Nur für die erste wurde, so scheint es, in der aurelianischen Mauer ein Thor bestimmt, die parta Ostimsis oder S. Paolo: die An- nahme, dass auch die letzte ein solches gehabt habe, ist mindestens unsicher 6). Dies erklärt sich, wie schon ßd. 2, 233 gezeigt wurde, zur Genüge aus der Verödung des Küstenstrichs auf dem linken Tiberufer. Dass die Strasse nach Ostia durch die parta Trigemina am Fluss führte, ist sicher (unten), die Strasse nach Layinium müssten wir dem- nach durch das Thor in der Einsattelung zwischen S. Saba und Yigna Torlonia legen und es bliebe für die Strasse nach Ardea ein noch jetzt vorhandener Aufgang an der Westecke der Thermen des Caracalla. Indessen ist gerade der Lauf jener Strassen unmittelbar vor der Stadt nicht vollkommen klar. Andrerseits leuchtet es ein, dass eine grosse Verkehrs- ader das Circusthal und die innere Stadt mit der Vorstadt Piscina publica verbinden musste und zu einem Hauptthor in eben jener Einsenkung Gavinatische Strasse?) führen. Als ein solches Hauptthor wird uns denn in der That die porta Naevia genannt, welche hier mit Sicherheit anzunehmen ist^^).

^) (x) S. Descemet Sur les fouilles executees ä S. Sabina. Paris 1863. 4^^. Gesehen aber nicht gemessen. Aach nicht Lanc. A. 82.

^) S. Rosa, Ann. 1859, 186 ff.

^) Dies schliesse ich daraus, dass während die Raudusculana und Lavemalis nur von Antiquaren erwähnt werden, die Naevia als frequen- tirtes Thor auch sonst vorkommt: bei Liyius 2, 11, wo sie neben der ColHna und Caelimontana als strategisch wichtig bezeichnet wird; bei Obseqnens prod. 44: urbs lustrata capra cormbus ardemtibus per urbem ducta porta Naevia emissa reUctaq^e; man jagte sie zu den lanii

234 TfifEIL I.

Dieses Thor scheint wie der gleichnamige vicm portae Nae- viüB zur 12. Region gehört zu haben, zu derselben gehörte der vicm portae Rttdmcvlcmae und wir müssen daher die porta Raudusculana, welche auch sonst mit jener zusammen genannt wird, wohl auf der Linie S. Saba bis S. Balbina suchen (ardeatinische Strasse?). Indessen bleibt dann für die zwischen ihr und der Capena zu suchende Lavernalü schwerüch Platz. Nicht giuckUcher sind andere Versuche die drei Thore unterzubringen : mir scheint ihre Lage einstweilen nicht sicher bestimmt werden zu können (vgl. § 6)^*).

pisdnenses (s. Th. 11) welche die victimae lieferten; endlich, wie ich aus der Vergleichnng mit Obsequens schliesse, ohne Namen bei Plautus Psend. 326 ff. Worüber Bd. 2, 106 f. Vgl. A. 66.

••) Leider ist Varro 5, 163 verstiimmelt: . . ligionem Porcius de- Signal quom de Ennio soribens dicit eum coluüse Tutämae looa (Ennius wohnte auf dem Aventin: Sueton. reliq. S. 24 Reiffersch.). se- quitur porta Naetna, quod in nemorihus Naeviis (naevius die Hs.)': etenim loca, ubi ea, sie dicta. dein de porta Randusculana {raudus- cula die Hs.; s. unten) quod aerata fuit. aes raudus dictum: ex eo in veteribus mancipiis scriptum ^ raudusculo Ubram fervto\ hine Laver- nalü ab ara Lavemae quod ihi ara eins. Wenn Varro hier vom Aventin ausgehend lokale Ordnung einhält so sind hierdurch die drei Thore bestimmt. Die kapitolinische Basis nennt in der 12. Region nebeneinander (42. 43) vico portae Rudusculanoje, vico porta Naevia (so), die Reihenfolge der vici scheint hier ebenso wie die Grenzbe- Schreibung der 12. Region in der Notitia zu nöthigen beide Thore an die Südwestseite der Region zu setzen (Bd. 2, 107). Ich verstehe daher nicht Lanciani Ann. 83, welcher schliesst: Varro beschreibe die Thore von Osten nach Westen, weil die genannten vici der 12. Region an> gehörten. Und deshalb setzt er die Naevia nach S. Balbina, die Raudusculana nach S. Saba, die Lavernalis in die Tiefe unter S. Saba!

Tomassetti (Bull. mnn. 4, 144) scheint von der Annahme auszu- gehen dass die Lage der Naevia bekannt sei. Für die Raudusculana (so Fest.) oder Rodusculana (so Val. Max.) schwerlich wie bei Varro überliefert ist rauduscula giebt Festus Ausz. 275 neben der varro- nischen Etymologie (vgl. 265 aes infectum raudusculum) eine zweite quod rudis et impolüa Sit relieta, Valerius Maximus 5, 6, 3 eine dritte: sie sei, von der effigies aerea eines Genucius Gipus benannt. S. § 4.

Für die LavemaUs die Ableitung von der Laverna und ihrem lucus obscurus auch bei Festus 117.

§ 3.] DIE SERVIANISCHE MAUER. 235

Bedeutender als alle diese Thore aber war die porta Trigemina. Die alten Zeugnisse versetzen sie an den Fuss des Tom fiyrum boarium auf den Ayentin führenden clivus Publicim, wo die saHnae waren, d. h. die Niederlagen des aus Ostia durch dieses Thor eingeführten Salzes und bei dem Endpunkt der aqua Appia. Diese Angaben fuhren auf den noch heut 'Salara vecchia' benannten Ort unterhalb S. Sabina. Die frühere Annahme, welche das Thor und jenen Clivus an die Westecke des Aventin beim Priorat von Malta versetzte, wird durch die Entdeckung der Mauer unter S. Sa- bina ausgeschlossen, die genauere Bestimmung aber einstweilen noch nicht möglich^^). lieber die Vorstadt extra portam Ttige-

^') Der Nam6 Trig^emina (so die Inschr. Or. 4210 Ubrarius ab extr(a) porta Trigemina Heoz. 5091 meÜar(ius) a port{a) Trigem{ina)\ die hs. Lesart iergemina kommt dagegen nicht in Betracht) kann nur das 'dreifache Thor' bedenten, vermathlich also ein Thor mit einem Hanptdorehgang über der via nnd zwei Seiten dnrchgängen über den temitae (doch s. § 4). Umnöglich ist die Erklärung Piales Delle porte del' Aventino R. (1824) 1S34 S. 13 » tertia gemina, Ueber die Lage Frontin de aqais 1, 5: ductus (aquae Appiae) habet longitudinem a capite usque ad SalinaSy qui locus est ad portam tergeminam p. XI CXC . . incipit distribui imo Publidi clwo ad portam Trigeminam» Solin 1, 8: Caeus habitavit locum cui SaUnae nomen est uhi Trige- mina nunc porta. Endlieh die Geschichte der Flacht des G. Gracchus, welche Becker S. 144 richtig beurtheilt: über diese ausführlicher unten. Ueber den cHvus vgl. Th. U. Reste der Kanäle der aqua Appia glaubt Descemet (Anuali d. J. 1857, 62 ff. und in der A. 63 ange- fdhrten Abhaidlung) unter S. Sabina gefunden zu haben. Hiernach nad wegen des Mauerrests IL ist die Ansicht, dass das Thor an der südwestl. Ecke des Aventins gelegen habe unhaltbar. Richtig setzen sie Piale a. 0. Bunsen 1, 634 Canina u. A. in die Nahe des arco della Salara. Nimmt man mit Rosa a. 0. an, dass die alte via Ostiensis von der Ecke des Aventin zwischen Fluss und Monte testaccio hindurch direkt auf die Basilika S. Paolo zulief, so würde der erste Meilenstein wenig diesseits der aurelianischen Mauer zu stehen kommen, was zu den übrigen Distanceu passt. Unterhalb des Priorats von Malta sucht das Thor auch Westphal, Campagna S. 3. Zuletzt hat mir Lanciani mitgetheilt, dass er in einem Hause bei der Salara Reste des Thors selbst entdeckt zu haben glaube, wovon er freilich Bull. mun. 4,169 noch nichts sagt. Auf einem jetzt verlorenen nur in einer Zeichnung

236 THEIL L

minam s. Th. II, nur muss gleich hier die Vermuthung aus- gesprochen werden, dass das daselbst stehende Denkmal des i Minncius Augurinm vielleicht zu der Benennung einer porta Minueia Anlass gegeben hat die eben die trigemina sein durfte ®®).

So bleibt uns die schwierige Frage nach dem Lauf der Mauer zwischen der porta Trigemina und dem Kapitol, deren definitive Entscheidung wir noch erwarten müssen, ohne jedoch im mindesten an dem AusfaU derselben zweifelhaft zu sein.

Eine aligemeine Erwägung des Systems der sogenannten servianischen Befestigung 4) wird bestätigen was Cicero klar ausspricht, dass das Princip derselben die geschickte Be- nutzung des Terrains war: die einen weiten Kreis natürlicher Bastionen bildenden Hügel durften nur in den kleinen Zwischenräumen durch kurze Mauern geschlossen werden, um eine burgartige Umwallung der Stadt zu bilden. Eine Aus- nahme bildeten zunächst nur die gegen Osten flach verlau- fenden Abdachungen des Quirinal. Diese mussten durch ein grösseres Werk geschützt werden, das die naturlichen Ver- theidigungsmittel durch künstliche zu ersetzen hatte. Eine zweite grosse Lücke freilich weniger als halb so gross wie jene klaffte zwischen Kapitol und Aventin: allein hier schützte ja der breite reissende und selbst in der Zeit des niedrigsten Wasserstandes strudelreiche Fluss und am rech- ten Ufer befand sich die Burg auf dem Janiculum, einen er- sten Anprall der feindlichen Südetrusker auszuhalten wohl geeignet (s. unten). Ausdrücklich wird nun, wenn auch nur

des 36. J. erhalteDen Relief welches ein einbogiges Thor von zwei runden Thürmen flankirt, dahinter einen Tempel darstellt, will der Er- klärer des 16. Jahrh. die porta trigemina und den T. des Hercules er- kennen ; mit ihm £. Schulze Arch. Ztg. 1872, 58 ff. Dass seine Er- klärung ungenügend ist, habe ich Jahresbericht 1875, 760 f gezeigt.

^) Festus 122: Minueia porta Romae ed dicta ab ara Minutiqttem deum putahant, 147 : Minutia porta appellata est m quod proxima est sa- cdloMinum; über das Denkmal des Minucius MommsenMünzw. 541, Th. IL

3.] DIE SER VIANISCHE MAUER. 237

gelegentlich, bezeugt dass ein Theil der Stadt durch den Fhiss, andere Theile durch die Mauern gedeckt waren und dass die Stadt gegen den Fluss hin keine Mauern besass. Mögen dies nun die beiden Gewährs- männer Livius und Dionysios, für ihre Zeit, die Zeit des Augastus, bezeugen oder aus einem und demselben Annali- «ten ausschreiben (sie sprechen von Porsenas Ueberfall)^®) so sehe ich doch keine Möglichkeit die Glaubwürdigkeit eines solchen in Rom geschriebenen klassischen Zeugnisses entwe- der geradezu zu bestreiten oder was schlimmer ist zu um- gehen durch die Annahme, zwar keine Mauer aber doch ir- gend eine Art von Befestigung habe die Stadt gegen den Fluss hin gehabt ^^). Wäre dies dennoch möglich, so würde man römische Schriftsteller der augusteischen oder voraugu- steischen Zeit mit den hallucinirenden Scholiasten des 5. und 6. Jahrhunderts auf eine Linie stellen welche über Namen die sie nicht verstanden und über Denkmäler welche sie nur aus Büchern kannten auf gut Glück ihre Einfälle vorbringen (Einl- § 2). Wenn wir ferner die porta Trigemina richtig angesetzt haben und bedenken dass dieselbe den Weg ver- sperrte nach einer stromaufwärts liegenden Brücke ^^) so ist damit gesagt dass man nicht auf einem Streifen Landes längs des Flusses ausserhalb der Mauer nach dieser Brücke gelangen konnte. Allein es ist die Frage eine wie lange Strecke des Ufers nördlich dieses Thors unbefestigt blieb? Auf der andern Seite steht es fest dass ein Hauptthor,

^) lieber die Geschichte des Porsena vgl. den Abschnitt über die Brücken. Liv. 2, 10 : alia muris alia Tiberi obiedo videbantur tuta, Dionys. 5,23: atelx^atog ovda (^ noXie) ^>f f(ov naqa rov nojafxbv fiegiov QDd ganz ebenso 9, 68 : xal rd fikv Inl Xoipoig xeififva xal nixQaig unoTOfiois vn avtijg (u/vQ(ofj,iva rijg (pvasiog xal oXiyrjg S^ofxiva (pv- Xoix^Sf dk vno tov Tißiquog xejeix'^afiiva norafiov,

70) Becker S. 143 führt als allenfalls mögliche Parallele die Be- festigung des Flusses durch Aurelian an. Aber niemand sagt oder könnte sagen, dass Aurelian die Stadt mit Mauern umgab, dass aber einen Theil derselben der Fluss schütze.

71) Auch hierüber s. den Abschnitt über die Brücken.

238 . THEIL L

die porta CarmentaliSj unter dem Südabhang des Kapitols stand wie unter dem Nordabhang die Ratumena und dass das fo- rum holitoriwn von jeher extra partam Carmentalem, also ausserhalb der Stadtmauer, lag das forum boarium dagegen intra portam; jenes gehörte der 9., dieses der 11. Regioa an^^). Lage und Grenzen beider fora sind uns bekannt Das holitorium bildete ein Rechteck von ungefähr 80 X 130 m. dessen östliche Langseite ungefähr vom Arco de'saponari bis zur Via della Consolazione reichte, derart dass ein Theil der Linie mit der Westseite des Vicolo della bufala zusam- menfällt. Das boarium reichte nördlich von dem areus Cm- stantmi (dem sogenannten Janus Quadrifrons) , wo es die Grenze der 8. Region berührte, bis an ponte rotto, und dehnte sich südlich bis an die Front des Circus aus. Die Hauer muss demnach zwischen den bezeichneten Linien gesucht werden ^^). Die alten Zeugnisse über die Lage ^ev porta Cor- mentalis geben einen ziemlichen Spielraum auf der Linie des südlichen Abhanges des Kapitols ^^).

'') Hauptstellen über die Geschichte der g^rossen Feuersbranst von 539 Livius 24, 47 : solo aequaia omfua tnter SaUnas (oben A. 67) ac portam Capenam cum Aequimelio iugarioqtui vico, in templis Fortunae ac Matris Matutae et Spei extra portam late vagatus ignis sacra pro- fanaque multa absumpsit. 25, 7 (III viri) reficiendis aedihus Fortunae et Matris Matutae intra portam Carmentalem sed et Spei extra por- tam; dazu ders. 33, 21 : fomices in foro boario ante Fortunae aedan et Matris Matutae und 21,62: Spei in foro koUtorio, Da wir die Lage des forum holitorium kenueD, so ist die Frage ob die erhaltenen Tempel unter S. Nicola in carcere, bei ponte rotto und S. Maria in Cosmedin mit den von Livius genannten zum Theil identisch seien von der hier behandelten ganz unabhängig.

^^) lieber die Lage beider fora s. Th. IL Am genauesten ist die Lage des holitorium durch die Auffindung der Umfassungsmauer and des Pflasters bestimmt, worüber ich einstweilen auf Fiale Porte dell' Aventino S. 21 Nibby R. a. 1, 102 Lanciani BulL mun. 3, 173 verweise; die des boarium bis jetzt nur durch Kombinationen. Die oben ge- nannten Punkte sind sicher; über die Grenzbeschreibung der hier zn- sammentrefl^enden 9. 11. 8. Region s. Bd. 2, 98 ff. und was gleichzeitig Lanciani Ann. S. 48 bemerkt (wo er indessen ganz irrig die aedes Ma- tris deum der 11. Reg. für den T. der Mater Matuia hält).

^*) Dionys. 1, 32: ßtofAOvg id'taadfjirjv t^gvfi^vovg KaQfAivti^ filv

I 3.] DIE SERVIANISCHE MAUER. 239

Nähme man nun an, die porta CarmenUüis habe an dem lordwestUchen Abhang des Berges, also an der Nordostsecke es Forum gestanden, so müsste sie längs desselben südlich elaufen und dann irgend wo ziemlich im rechten Winkel echend gegen den Fluss /bis oberhalb ponte rotto gefuhrt ^Verden sein. Da für einen solchen Lauf weder in der Ter- raingestaltung noch sonst ein Grund zu finden sein möchte, so werden wir das Thor an die Südwestecke des Berges pcken. Yon hier aus lässt sich eine das Forum ausschliessende [grade Linie gegen den Fluss ziehen, welche etwas oberhalb ponte rotto denselben treffen würde. Und in der That ist die grade Linie an sich die wahrscheinlichste und wird ausser- dem noch dadurch wahrscheinlicher, dass (wie § 1 gezeigt I wurde) vom Kapitel gegen den Fluss hin eine jetzt nicht I mehr deutlich erkennbare Terrainerhebung strich, welche sich \ zur Befestigung eignete. Nehmen wir an dass auf dieser

: vno T(^ xaXovfiiv(p KanntoXlt^ naga talg KctQfievtiüi nvXms- Solin.

I 1, 13: pars etiam inßma Capitolini montis habäaculum Carmentae fuit, vbi Carmentis mmc fanum est, a qua Carmentali portae 9iomen datum, Voo den Sabineru Livius 2, 49, 8 : infelici via dextro lano portae Car^

\ mentalis profecti, was also heissen muss 'so dass der Janustempel zur Rechten war' (also nicht dextro iano), wenn bei Ovid Fast. 2,201 f.

^ richtig gelesen wird Carmentis portae dextra est via proxima lano, ire per hanc noU, quisquis es: omen habet (Heinsius und ßecker lesen dex- tro e. V. p. iano). Mommsen de comitio (Annali dell' J. 1845) § 16 vermuthet, man habe die porta lanualis mit dem dexter ianus der p. Cor- mentalis verwechselt. Die Späteren haben gemeint, die Fabier seien durch diese gezogen und es sei daher porta scelerata genannt worden: Festus S. 334 Ausz.: scelerata porta quae et Carmentalis dicta ^nd S. 285: relig^ioni est quibusdam Carmentali egredi et in aede laniy quae est extra eam senatum haberi^ quod ea egressi sex et trecenti FabU apud Cremeram, omnes interfecti sunt cum in aede lani s. c. fac- tum esset ut proficiscerentur. So auch Serv. zu Aen. 8, 337. Ueber die ganze Geschichte und den Tempel des Janus m/oro holitorio einst- weilen Hermes 4, 334. Das Forum und das Thor werden durch den uomittelbar unter dem Kapitol laufenden vicus iug-arius verbunden: Liv. 27^ 37; der Ausdruck por/a Carmentalis cum /^equimelioLiv. 24, 47 deutet auf die unmittelbarste IN ähe des letzteren welches unterhalb derSub- straktiou des Kapitols, hart an dem Berge lag (Liv. 38, 28 oben § 2 A. 72).

240 THEIL I.

iim|

Linie nahe dem Fluss ein zweites Thor lag das durch seim Namen die Nähe desselben bekundet, die Flumentana, stimmt mit dieser Annahme alles uberein was uns von Gegend extra portam Flummtanam berichtet wird^^). drittes hier anzunehmen verbietet die Kürze der Entfernu (kaum 200 M.) fär die ursprungliche Anlage unbedin dass in späterer Zeit ein drittes angelegt sei ist an sich m heb, dass es aber die sogenannte porta triumphalis nicht wesen sei halten wir trotz wiederholter entgegengesetzter hauptungen, für vollkommen ausgemacht '^). Noch unbegrei

^^) Festus Ausz. 89: Flumentana porta Romae appellata quod beris partem ea (etwa Tiberim parte ea?) fluonsse afprmant. Dass di^ die uomittelbare Nahe des Lopercal bezeichae, hat Becker mit volU Recht geleugnet: die Legeade iiess die gaoze Niederung bis zum li percal und Velabrum überflathet seia 1). Die Ueberschwemmai ^ gen extra portam Flumentanam {frumentariam nur ein cod. Voss Lij 35, 9. 21) -sind am leichtesten von denen im unteren Marsfelde zu vei stehen (§1), und eben dort können sehr gut eorum aedißcia, qui hA bitant extra portam Flumentanam aut in AendLianü nehmlich el^ gante Villen im Gegensatz zu den rusticae gelegen haben: Varij de rr. 3, 2 vgl. Cic. ad Att 7, 3, 9: cum portam Flumentanam Coeliä occupavit, Marini Arv. 254: aurifex extra port{am) Flument{anam Es war das W^estende, worüber Th. II. Keine Schwierigkeit macl Livius 6, 20, 11 (Process des Manlius): prodieta die in Petdinum U cum extra portam Flumentanam (frumentanam Leid« ], fruTnentariai schlechte), unde conspectus in Capitolium non essety conciUum popuH in dictum est. Wer sagt wie weit vor dem Thor der sonst unbekannt Hain war ? Auf dem Marsfeld etwa bei pal. di Venezia hatte man dai ganze Kapitol unmittelbar vor sicli, in der Gegend der navaUa z. B am Tiber unter Bäumen nicht. Daher die Alternative Mommsens Her mes 5, 252 : entweder sei das Thor anderwärts zu suchen (in der Näh« der Trigemina, wie er will, ist sie nicht unterzubringen) oder extra p F. sei ein schlechter Zusatz späterer Annalisten, zurückzuweisen. Alh Erwähnungen stimmen zu der angegebenen Lage. Beckers Zweifei an der Richtigkeit des Namens erledigen sich durch die gegebenei Varianten.

^>) S. § 6 und das Marsfeld. Schon hier müssen wir aber aus- drücklich hervorheben, dass die einzige Stelle, welche allenfalls be- weisen kb'nnte, dass diese porta eine solche im eigentlichen Sinn und nicht ein fomix gewesen sei, Cicero in Pis. 25, geradezu witzlos ist

3.] DIE SBRVI ANISCHE MAUER. 241

eher ist es wie hier ein viertes gestanden haben soll: alle Grunde it denen man die pwta navalis hier unterbringen will fallen it der wie es scheint un vertilgbaren falschen Navalientheorie^^). ndlich ist es zwar richtig dass die Expansionskraft der Stadt

[erade nach dieser Seite hin sehr leicht zum Niederreissen er Mauer gefuhrt haben kann und dass wenig Hoffnung ist

inen Stein derselben wiederzufinden, halten aber daran fest ass mindestens die Thor^ zur Zeit Ciceros und Caesars noch rhalten waren.

Ist an diesen Thatsachen wenn ich nicht irre nichts zu ndern, so ist es freilich schwierig damit zu vereinigen was ir über die Befestigung des rechten Ufers und die Verbin- ung beider Ufer durch die ursprdnglich eine Brücke wissen, enn nach der § 7 zu begründenden wie uns scheint allein öglichen Auffassung sind beide Ufer bis zum J. 692 d. St., h. bis in die Zeit, in welcher die Mauer zu ver-

'|illen begann, nur durch eine Brücke, den pom sublicms erbunden gewesen und diese führte über die Insel. Sie war Iso ausser Zusammenhang mit der Mauer auf dem linken Ufer, ie Gegner jener Brückentheorie scheinen diese Konsequenz erselben für genügend zu halten um die Theorie zu besei*

ligen. Man braucht nur dagegen zu fragen: 1) wie bat man nn in einer Zeit in welcher die Angriffe streitbarer Völker och immer zu erwarten waren, >^ie Kriegswerft, die navalia^ eit oben im Marsfeld bauen können? Oder soUen diese twa mit der Stadt durch Mauern verbunden gewesen sein? ) Ist denn nicht die Befestigung des lamculum ebenfalls usser Verbindung' mit der Stadt? 3) Ist denn Athen vor

rtpeoD maa die triumpkaUs^ Cselimontana uod EtquiUna dpleichstellt, ge-

hweige dass die Gleichstellung nothwendig sei, wie mit anderen

rn<«nciaiii Ann. S. 49 meint. JXeuerdings scheint er zu meinen, dass die

)eipom forum koUtorittm in der Axe desselben südlich bis S. Galla fdh-

ende alte Strasse durch jenes Thor gefuhrt habe Bull. mua. 3, 173. Das

an sein: aber das Thor stand trotzdem auf dem Marsfelde (s. Th. If).

^0 Nur bei Festns erwhlint Ausz. 179: navalis parta a vicinia

um diday woraus nicht folgt, dass sie ein Sudtthor war. Ueber

t navaUa s. § 7.

Jordan, rOmiBohe Topographie. I. 1. 16

242 THfilL I.

Erbauung der langen Mauern mit seinen) Hafen nicht in der- selben Lage gewesen wie Rom mit seiner Brücke und seinem Brückenkopf? Aber selbst zugegeben jene Theorie wäre falsch und die einzige vorhandene Brücke (denn daran kann freilich nicht gezweifelt werden) führte in die Stadt, da wo später der vermeintliche pon$ Aernüim (Ponte rotte) ge- baut wurde, so wird damit die fortifikatorische Frage nur un- wesentlich verschoben. Denn nach wie vor bleibt diese Brücke nun ausser Zusammenhang mit dem hmeulum auf dem rechten Ufer. Ich komme mit diesen Sätzen auf die mit Unrecht bei Seite gelegte Aufl'assung Niebuhrs zurück ^*). Nichts ist sicherer als dass ganz im Gegensatz zu der auf ganz anderen Voraussetzungen beruhenden aurelianischen Befestigung das rechte Ufer bis auf die einer selbständigen Hügelburg gleichen iirx laniculensis gar nicht befestigt war. Freilich müssen wir hier scheinbar in den oben (Einl. S..55) gerügten Fehler verfallen und einem ausdrücklichen Zeugniss bester Zeit, dem des.Livius, widersprechen. Ehe man indessen dasselbe billigt bedenke man, dass die älteste Tradition das laniculum von der Geschichte des Synökismos und des Mauer- baus der Tarquinier ausschliesst (oben S. 154. )59..200 fl), dass niemals von einem Thor auf dem rechten Ufer die Rede ist, dass wenn wir eine ^servianische' Befestigung des laniculum analog der aurelianischen annehmen wollen, wir nach der Na- tur des Terrains und der durch die Mauern der Stadt auf dem linken Ufer gegebenen Technik nur an einen Quaderbau denken können, der mindestens die doppelte Länge des esqui- hniscken Walls haben müsste (vgl. A. S2), und dass mit dieser Annahme die Thatsache geradezu unvereinbar ist, dass sich auf jenem verhältnissmässig wenig durchfurchten und überbauten

^^) Niebnhr, Rom. G. 1, 439: die Ansichten der nieisten fassen «üf der im Text besprocheneB Livinsstelle. Willkürliche Annthmen wie die Piales (Degli ant arsenali S. 21 Del seeoodo recioto di Roma S. 17) dass die porta ?iavaUs uad fenetteüa, Stadtthore auf dem rechten Ufer gewesen seien, bedürfen keiner Widerle^ang. Lanciani übergeht das rechte Ufer mit Stillschweig^en.

§ 3,] DIE SERVIANISGHE MAUER. 243

Boden kein Stein derselben erhalten haben sollte. Lirius nun sagt folgendes:! *auch das Janicnlum wurde hinzuge^ fügt' (der Stadt), 'nicht aus Mangel an Platz, sondern dass es nicht einmal dem Feinde als Burg dienen könnte. Es beliebte dasselbe nicht allein durch eine^ (oder 'die') 'Mauer sondern auch behufs bequemer Kommunikation durch die erst damals über den Tiber gelegte Holzbrücke mit der Stadt zu verbinden'. Nach unserer Ansicht über die Holzbrücke frei- lich ist die Beweiskraft der Stelle ohnehin gelähmt: denn auch die Brücke war mit der Stadt nicht in fortißkatorischer Verbindung. Aber selbst bei der Annahme, dass diese Brücke in die Stadt führte zwingt nichts jene 'Mauer' als eine, rich- tiger zwei das weit entfernte Janiculum mit dem Fluss ver*^ bindende Mauern aufzufassen. Vielmehr ist es sprachlich ge- rechtfertigt jene 'Verbindung' der ursprünglich fremdefi Nie- derlassung mit Rom in der Befestigung und militärischen Besetzung derselben und in der Anlage des Flussüberganges zu sehen ^^). Und dass dies richtig ist, das ganze Zeugniss also sich auf eine bei Livius nicht ungewöhnliche stilistische Schwäche reducirt, beweisen die aus derselben Quelle stam- menden Worte des Dionys. Ausser dem vermeintlichen Zeugniss des Livius aber giebt es kein einziges direktes oder indirektes für das Vorhandensein einer Verbindung des Jani- eulum mit dem Fluss. Weder die Geschichte des Angriffs des Porsena noch die sehr breit aber wenig klar erzählte Ge- schichte der Einnahme der Stadt durch Marius setzen das- selbe voraus*®). Doch muss ausdrücklich hervorgehoben wer-

'^) Livhis 1, 22: Itmiculum quoque adieeium non inopia locorum^ ied ne quando ea arx h^stium esset i MJ[ non muro scilum sed eliam ob eammodäatem ämeris ponte sübHcio tum primutn in Tiberi facto eoniungi urln plaeuit, Diony». 3, 45: ire^x^^^ *^ xalovfievov */ay/- tokov xal (pQov^ttv taaviffv iy aifitp xatiatijaiv,

^^) Dofis der Bericht Appians b. e. 1, 67 ff. über iie Binnabine Roms durch Marias Cinaa noA Garbo vorsichtig zu benutzea sei, mag; er auch Mg Livius entDommea seio, hat auch ßunsen 1, 622 bemerkt. .Ciana W>crt ipegeBÜber der p. CoUina, Marius holt aus Etrnrien Hilfstruppeu, worauf alle drei ia%QajonäSivo>v inl tqv nojafiQv jpv Tiß^^iog ig

16*

244 THEIL L

deD, dass die Araß auf dem Kapitol mit der Arx des Janicu- lum vielleicht schon von alten Schriftstellern einigemal ver- wechselt worden ist^^). Dagegen glaube ich zwei indirekte Zeugnisse gegen die Existenz einer Befestigung des rechten

TQia ^latQid-ivrig, Ktwaic fikv xnl KdgßtüV avv avx^ xtfi nohti^ avTtx^v (bei p. ColliDa oder traos Tiberim?), ^e^ioigiog ök vnkQ rriv noXtv uvoj xal Magiog TtQog t^ S-akdaay, Der Tiber wird über- brückt und die Zufuhr abgeschnitten, Ostia erobert. Daraof beisst es c. 68: XXavJiov Sk ^Aitniov x^^^^QX^ iHxoqwUtxovina t9\£ 'IHofitig Tov Xofpop tov xttlovfJLtvov 'Ittvovxlov IV noTt na^&vra vtp* iavjw j^g avf^ialag dva/AVriaag 6 Magiog ig triv noUv igijX&iv vnaV" oiyd-ilOfig aviifi nvXrig ntgl £(o xal tov KCvvav eigeSi^aTo, aJU' ovrofr fAhv avxlxa i^etoa&tioav *Oxtaovtov xal Hof^inrjCov aifiaiv InidqafjLotTfov, Erst spater rücken Marins ond Tlie Uebrigen ohoe Schwertstreich ein. Vgl. Livins Epit 80; Cinna et Marius cum Cor- hone et Sertorio lanieulum oppvgnaverimt et fugati ab Octavio coH" fule recetserunt u. s. w. Die Einnahme des Janicalnm erwähnen korx Flor. 2, 9, 13 Plut. Mar. 42, 2. Also zog Marius ungehindert über die Brücke und durch die Stadt und öffnete das collinische Thor von innen? ^*) Es ist die nur bei Dio 37, 27. 28 vorkommende Nachricht, dass von Alters her während der Centuriatcomitien auf dem Marsfelde das vexiUum auf dem Janiculum aufgezogen und daselbst eine Wache auf- gestellt worden sei: xal ht xai vvv oalag tvixa nomtau Dies wäre auffällig und könnte für eiue engere Verbindung mit der Stadt geltend gemacht werden. V^enn nun Livius 39, 15 sagt: cum vexillo in arce posito comitiorum causa exercUus eductus esset und 30 Tage lang das vexillum russi coloris in aree aufge- pflanzt war (Macrob. S. 1, 16, 15, Serv. z. A. 8, 1, Festus Ausz. 103 u. iusti dies), so kann in diesen Stellen unmöglich mit dem Worte arx etwas anderes als die arx (auf dem Kapitol) bezeichnet sein, wie dies auch Lange R. A. 1, 410 richtig erkannt zu haben scheint: das Jaoi- culum verstehen darunter Becker S. 654, Marquardt 2, 8, 90. 93. Noch weniger kann (wie letzterer S. 74 meint) das ianiculnm verstanden wer- den , bei Livius 4, 18: dietäiore arcem Romanam respectante .. ut ab auffuribuSf simuJL aves rite admisissent, ex composito toUeretur Si- gnum, Also Auspicien auf dem Janicnlum? Der Dictator steht am Zu- sammenfluss des Tiber und des Anio , ungefähr bei Castel Giubileo. Dort wird, soviel ich mich erinnere, der Monte Mario durch den Hügel von Antemnae verdeckt, rechts von diesem ist grade noch der Vatican sichtbar. Ob freilich eine Fahne auf dem Kapitol sichtbar sein konnte, weiss ich nicht anzugeben (vgl. das Kapital). (Inwahrschein- lieh ist es mir. Auch vom sogenannten mons sacer beim pons Nomen-

§ 3.] DIB SERVIANISCHE MAUER. 245

Ufers anführen zu können. Einmal wird der Umfang der Mauern Roms dem Athens gleichgesetzt und auf 5% Meilen angegeben. Dies passt auf die Befestigung des linken Ufers und wurde erheblich durch eine Mauerlinie auf dem rechten Ufer überschritten werden **). Zweitens hat noch das erweiterte Pomerium der Kaiserzeit mit dem Fluss abgeschnitten («§ 5), was schwerlich geschehen vyäre wenn eine Mauer auf dem rechten Ufer existirt hätte.

Schliesslich erwähnen wir dass auf falschen Lesarten beruhen die Namen einer porta Ferentina (oben A. 50) und einer Metia, auf einer Confusion die Collatina^^), und dass die X/J portae (oben A. 6, Th. II), die triumphalis (oben A. 76), die navaUs (A. 77), die Minucia (A. 68), piacularis, catularia, fmestella^^) keine Stadtthore waren, um anderer Erfindungen älterer Topographen nicht zu gedenken.

tanns kann man von der ganzen Stadt nnr die zur linken eben über die Hügel hervorragenden Figuren auf dem Lateran sehen.

«s) Ueber die Vergleiehnpg mit Athen A. 7. Nibby (Mura S< 99) berechnete den Umfang der Mauer auf dem linken Ufer auf 7845 Schritt = 39225 Fuss. Allein die von uns beschriebene Linie wird schwerlich die Länge von 2S700 F. 5«^ r. Meilen erheblich übersteigen. Die Messung ist oft wiederholt worden. Nun beträgt die Entfernung der porta S. Pancrazio von der Inselbrücke in der Luftlinie rund 1300 M.: es würden also schon zwei im geringen Abstände von einander von der Insel direkt nach der Höhe des Janiculum geführte Mauern das Maass des Umfangs um 2600 M. = 7800 F. == 0>64 r. Meile erhöhen. Dass eine solche Führung der Mauern möglich sei, wird niemand annehmen : eine weitere Ausdehnung aber, welche die natürlichen Terrainverhältnisse zur Grundlage haben müsste, würde unbedingt einen Ueberschuss von gegen 2 Miglien ergeben.

^) Die MeUa oder Maecia ist von Ritschi (1842) Op. 2, 375 be- seitigt (falsche LA bei Plautus Cas. 2, 6 z. A. Pseud. 331): natürlich ohne Erfolg für Parker u. ä. (s. Bull. d. i. 1868, 113 Jahresber. 1875, 1%). Festns Ausz. S. 37 i Collatia oppidum . . . a qua porta Romae Coüatina: aber die Strasse nach C. fährt ans der p. Esquilina heraus (Becker 179).

^) Die piacularis porta (nur bei Festus 213) offenbar kein Stadt- thor, die Catulariä nur bei dems. 45 schwerlich ein solches (schon wegen des Namens: anders Mommsen CIL 1 S. 392). Ueber die fe- nettella s. Th. IL

§ 4.

DIE TARQUINISCHEN BAUTEN UND DIE SERVIANISCHE

STADT.

*Die Weisheit der Könige' hatte nach der richtigen An- sicht der Alten die Stadtmauer rings auf steil abfallenden Felsen geführt und den einzigen von der Natur nicht be- wehrten Theil der Stadtgrenze durch Wall und Graben ge- deckt (§ 3 A. 26). Diese natürliche Grundlage der Befesti- gung hatten die Quaternarwasser geschaifen: steil abgerissen erhoben sich im Norden und Süden die Hügelburgen (oben S. 124), aber gegen Osten verlief wellenförmig, unberührt von jenem Anprall, die Hochebene. Nur an ihrer nördlich- sten dem Tiber zugewandten Spitze steigt sie jenseits der Linie des Walb von der porta Collina (etwa 69 V, über d. M.: oben S. 132) nach einer muldenartigen Senkung noch einmal bis zu gleicher Höhe (Monte Parioli 70), weiter süd- lich senkt sie sich allenthalben ziemlich gleichmSssig, obwohl nicht stark (50 bis 30 M. über d. M.), in einem Bogen von rund 2000 M. Radius bU zu dem nächsten in westlicher Richtung dem Tiber zueilenden Wasserlauf, dem Anio und seinen von Süden her kommenden Zuflüssen. Wir werden sehen wie der Wallbau dieser natürlichen Terrainbildung sich anschloss. Dass der Plan zu einer solchen Befestigung ein einheitlicher war, wird schwerlich geleugnet werden. Die Analyse des Baus im einzelnen hat nun zunächst festzustel- len, ob wir gezwungen sind die Ausführung auf weit aus einander liegende Zeiträume auszudehnen, ferner ob uns die Trümmer selbst über den Erbauer und die Zeit des Baus Aufschluss geben.

§ 4.] TARQÜINISCHE BAUTEN UiND SERVIANISCHE STADT. 247

Die über die Ebene im Norden und Süden Ursprünge lieh bis za zweihundert Fuss sich erhebenden TufhAgel sind an ihrer Aussenseite in unersteigliche Burgen verwan- delt worden, theils indem man sie bis auf halbe Höhe und mehr kunstlich zu senkrechten Felswänden schnitt, theils in^ dem man den zerrissenen und bröckelnden Abhängen dersel*- ben einen Mantel von Quadern umlegte ixäd die Zwischen^ räume zwischen diesem und dem Berge mit Gusswerk aus- fällte. Jene Weise ist an der Nordseite des Kapitols, wahr^ scheinlicb auch an der Nordseite des Quirinais diese am Aventin zu beiden Seiten des Haupthors (ta) bemerkbar. Es bedurfte keines Grabens um senkrechte Wände von 50 und mehr Fuss zu schätzen, aber ohne Zwdfel hat man das Werk gekrönt durch eine rings umlaufende der Besatzung als Brustwehr dienende Mauer. Es sind die untern Quader^ schichten derselben welche wir hie und da auflagernd auf einem horizontalen Einschnitt in den Felsen finden (adv). Diese Brustwehr müssen wir uns durchschnittlich auf ^/g der Höhe der Berge laufend hinter derselben also nothwendig einen fireien durch jenen Einschnitt gesohalFenen Raum den* ken ^). Die Dicke der den Berg stutzenden Futtermauer be- trug gegen 4 M., die der Brustwehr hat an keiner Stelle mit Sicherheit bestimmt werden können. Die passartigen meist sehr schmalen Einsattelungen zwischen den Hageln bildeten

^) \gh Lftociani Bull. muii. 1, 141: 'la linea della fortificazione era piaatala su d'una risega artificiale delia rupe dne a terzi cirea dalk sua altexza . . al disotto della risega la rupe era scalpellata vertical- meate u. a. w. mit Beziehuns auf die Befestiguns des Kapitols. la ganz ähnlicher Weise sind z. B. die Stadtmauern von Veji (Caoina £lr. mar. T. XXXVI Text 1, 119), von Caere (das« T. XLV, 1. 171) und von Ardea behandelt, lieber letztere s. onten. Das von oben nachstürzende Terrain hat den freien Raum freilich meist verdeckt, aber die Terrainformation bei C scheint ihn noch zv zeigen. Die Schätzung, in welcher Höhe des Berges die Brustwehr lief, ist natürlich wegen der Sohnttanhättfungen vosicher; sicher bei a. Hierdurch wird die Ansicht Caninas, welcher die Mauer auf dem obersten Hügelrand aufsetzt (Edifizi T. 16 n. sonst) medificirt. Unriehtig Bergan Philo!, a< 0. S. 641 und 26, 82.

248 THBIL I.

die üatüriichen Bettungen fär die Anlage der Thore. Wo sie sich tfaalarüg erweiterten und tief senkten, mussten sie durch Mauern verscbiossen werden. Bis jetzt haben sich die Reste einer solchen Mauer in der Ausdehnung von etwa 300 M. nur bei der porta Capena gefunden. Die Bescfareibuag der- selben -*- sie sind jetzt wieder verschüttet lässt nicht er- kennen, ob wie behauptet worden ist (s. unten) die Kon- struktion dieser Mauer der des agger ähnlich war, ob auch hier Wall und Graben die Stadt deckten. Nur dass sie in schnurgrader Richtung vom Caelius zum Aventin lirf scheint sicher zu sein ($ 3 S. 228).

Dass nicht der Wall allein, von dem es ausdrücklich be- zeugt ist, sondern auch die auf der Höhe der Hügel lauf^de Mauer Thürme besass, darf nach den Zeugnissen über alt- italische Städtemauern und deren üeberresten vermuthet wer- den, ja es wird dies geradezu durch das ausserordentliche Amt der Fünfinänner ' zur Wiederherstellung der Mauern und Thürme' doch schwerlich allein des Walls bezeugt. Indessen sind Reste derselben ausser am Wall (unten) bis jetzt nicht gefunden worden^). Die Brustwehr wie die Wallmauer besass unzweifelhaft Zinnen und Scharten. Es scheint dass man ursprünglich die Brustwehren selbst projm- gnacula^ die Zinnen pinnae genannt hat. Erhalten haben sie sich nirgend^). Die Thore waren, so weit wir sehen kön-

s) lieber das erwtÜiBte Amt s. § 3 A. 4. lieber die Thärme alt- italischer Städte vgl. Promis Alba Fac. 135 ff. Abeken, Mittelitaliea S. 160 ff. Zeugnisse z. B. turrigerae Antemnae Virg. A. 7, 631. 160. Serv. zu 9, 350; die Inschrift von Aeclanum: yorias turreis moirot ttareisque aequas quam moiro (CIL 1, 1230). Wie die Römer in der Zeit des zweiten punischen Krieges Thürme bauten zeigt wohl am sichersten das 513 d. St. gebaute Falerii (S. Maria di FaUeri), wo ein Thor zwischen zwei je 11,60 entfernten viereckigen in der Front 5,50 breiten Thürmen erhalten ist (Canina Etr. mar. T. X. XI. 1, 69). Vgl. unten.

^) Diese Unterscheidung habe ich ßd. 2, 168 vgl. Hermes 2, S5 nadizuweisen gesucht. Das Suffix a-culum deutet auf den Ort, wo mtiü propug^mä. Gebrauch: Varro 5, 142. Livius 23, 18, 9. Tac. Hist. 2, 19. 3, 84 Veg. 4, 19. Dazu noch Plautus Bacch. 710: ea halHäa si

§ 4] TARQUINISCH£ BAUTEN UND S£RVIAN1SCH£ STADT. 249

nen, auf den Pässen so angelegt, dass sie durch die zu bei- den Seiten vorspringenden Uugel flankirt waren; der Auf- gang zu ihnen musste von der vorliegenden Ebene aus eine ziemlich starke Neigung haben (vgl. Carmentalis, Raiumma, Citpena^ Caelimontana), Dass sie ausserdem durch Thärme gedeckt waren, beweist zwar nicht die alte Abbildung eines Stadtthores (nach einer ganz unsicheren Vermuthung die Trigemina in Rom), folgt aber wenigstens f£ür die Zeit etwa der punischen Kriege aus der seit jener Zeit üblichen Thor- konstruktion der römischen Colon.ien und darf für die ur- sprüngliche Anlage aus der Analogie anderer italischer Städte geschlossen werden^). Das einzige Thor dessen Reste bisher zum Vorschein gekommen sind, die CoUina, war, so weit die ungenügende Darstellung der jetzt verschwundenen Reste ein Urtbeil zulässt, von zwei im Grun'driss rechteckigen Thürmen flankirt , - deren Längsaxen gegen die Aussenseite der Stadt um ein geringes divergirten, vermuthlich weil unmittelbar vor dem Thore zwei Strassen sich trennten. Die OeiTnung des- selben nach aussen scheint 15 M. betragen zu haben; der ganze Bau aber trug die Spuren späterer Restaurationen'^).

perverlam turrim ei propugnacuhj Mil. 334: deturbabo tarn ego tUum de pugnaeidis (so iat überliefert; das Wort wird sonst nur noch ans Ammian 21, 12, 18. belebt). Die pnmae mttromm: Serv. z. Aen. 9, 168 Acron. zu Hör. Epod. 1, 2 Isid. Orig. 15, 2. Später wird pro- pugnaeula für pinnae gebraucht. Ueber ihre muthmassliche Gestalt § 6.

^) Thor von Enerita : Münze * der gens Garisia bei Cohen T. XI, 16. 17, vgl. Maria T. XXVI, 4. Ueber die Thore der augusteischen Zeit Promis Aosta S. 142 ff. Hübner Monatsber. d. Ak. 1864, 95 ff., über die altitalischen Promis an den A. 2. a. Stellen. '

^) Dass ein gewölbtes Thor am Qnirinal kein Stadthor ist, ist § 3 A. 15 gezeigt worden. Porta CoUina: Grundriss von Canevari, das. A. 30. Dazu der wichtige Bericht der Sopraintendenza , Sulle scoperte archeo- logiehe n. s. w. 1873 S. 33: Ue costruz. di difesa . . consistono in dne grandi avancorpi la cui figura s'approssima a quella d'un quadrato sor- gevano l'uno di rimpetto air nitro, pero non situati su due linee per- fettamente parallele ma piulosto coovergenti fra loro, le qoali si veni- vano restringendo a misura che avvicinavansi presso l'entrata', was ans strategischen Gründen erklärt wird (s. unten) ..'presentavano nna

250 THEIL I.

Auch über die Art der Deckung und des Verschlusses der Thore ist mit Sicherheit nichts zu ermitteln^). Dass es Thore zu zwei und drei Durchgängen gab, schliesst man ohne genügende Sicherheit aus dem Namen der Trigemma, den an> geblichen zwei tani der Carmentalis oder gar aus dem Aus- laufen mehrerer Strassen aus einem Thor wie der EsqniUna: die CoUina hatte nur einen Durchgang, die beiden aus ihr herausführenden Strassen zweigten sich erst vor dem Thore ab. Es wird berichtet, dass die Raudusculana mit einem ge- hörntm Kopf verziert war. Man würde sich denselben nach der Analogie z. B. der Thore von Pompeji und Volaterrae, der Arkaden des Amphiteatres von Capua, ja noch eines wenn auch späten kaiserlichen Thors, der danach benannten Taurina {Tifmrtina) in Rom, als Verzierung des Bogensehlusses denken müssen, wäre nicht in freilich wenig glaubwürdiger Weise bezeugt, dass derselbe ehern war und die Thorflugel zierte. Im Ganzen verhindert auch hier die noch ungenügende Unter- suchung über die altitalischen Befestigungen ein sicheres Ur- theiF) (A. 4).

costruzione differente dell' aggere per essere i loro massi di peperino assai piü piccoli e di forma piuttosto paral- lelepipeda rettangolare che quadrata', also vielleicht Neubau

des Tari|«inius Snperbns! Lanciani, der BulL mno. 4, 35 diesen Bericht unerwähnt lässt, fügt hinzu 4dentico sistema pno cwsere stato segnito nella munizione della porta Fontinale snl culmine di Magnana- poU'. Indessen sind die Reste hier za gering, nin ein sicheres Urtheil za fällen (vgl. § 3 A. 15). Da Gahevaris Plan (wiederholt von Lan- eiani) nicht einmal einen Maassstab hat, so kann die obige Maassangabe nar annähernd richtig sein. Uebrigeas stimmt sie wohl zu der gewöha* Uchen Breite der viae publica» mit ihren semitae,

^) Für die Ueberwölbang der Thore spricht scbon das Material: Promis Alba 130 f. Dass die Thore hölzernen Verschluss hatten und dass die hölzernen Thüren mit Eisen oder Kupfer beschlagen waren, versteht sich; bezeugt ist jenes durch Diodor 14, 115: rtts nvXag i^ inojpav (die Gallier), dieses durch Varro 5, 163: pitrta Runduscnhmä quod aerata fuit (mag nun die Erklärung des Namens richtig sein oder nicht). Indessen fragt es sich, ob diese Art des Verschlusse« die äl- teste war. S. Promis Alba 131 n. 154.

^) Ueber die oben genannten servianlschen Thore s. § 3 AA. 40.67.74,

§ 4.) TARQÜINISCHE BAUTEN ÜJMD SERVIANISCHE STADT. 25 1

Das Material und die Konstruktion der Ursprung* Kchen Theile sind durchweg gleichartig. Verwendet ist der Tuf der Hügel selbst in rechtwinklig geschnittenen Blöcken von durchschnittlich 0,592 Höhe und Breite und einer zwischen etwa 0,70 und 3,00 wechselnden Länge. Das Höhenmaass ist dasselbe an den Tufblöcken der älteren palatinischen Ring- mauer, fast dasselbe an den Mauern sudetrurischer Städte, wie Tarqttinii, Nepi, Sutri, aber auch grösseres (0,70 Caere) oder geringeres (0,40 Ardea) kommt bei ähnlichen Mauern vor. Wo es an der Serviusmauer sich findet (0,75 Peperinblöcke am Wall, 0,25 0,30 am Quirinal und an der Rückwand des Walls), liegt wie wir sehen werden, ohnehin die Ver- muthuDg nahe, dass die betreffenden Stucke einer anderen Zeit angehören. Diese Blöcke sind durchweg im sogenann- ten Läufer- und Bindersystem lothrecht (soweit nicht die eindringende Nässe die Massen aus den Fugen getrieben hat) geschichtet, ohne jedes Bindemittel (die eiserne Verklamme* rung an einem Stück des Walls wird sich wieder als jünger erweisen), fundamentirt auf dem Felsen. Dieselbe Konstruk^ tion finden wir an der Palatinmauer, bei einem Theil der

über die Collina oben A* 5. Bildlicher Schmuck : Val. Max. 5, 6, 3 erzählt von dem dem Prätor Genucins Cipos bei seinem Ansriicken aus der Stadt begegneten Wunder, in capite eins subito veluti cornua erep- serunt und dass diese capitis effi^es aerea (aereüe B) portae qnae excesserat inclusa est dictaque Raudusculana, narrt (nam fehlt B) oHm aeraraudera dieebantur. Ovid scheinbar bestimmter Met. 15, 620: eomuaque aeratis miram referenüa fomiim postibus inseulpunt Ion- grnn mansura per aevum. Mit dem Actaeon vergleicht den Cipus kurz Plin. I], 123. Keiner von diesen Zeugen hat wohl das Bild noch ge- sehea und es bleibt möglich, dass nur die Etymologie des Thornamens veranlasste, daraus ein ehernes zu machen. Bekannt sind z. B. die (nicht ftidier gedeuteten) Köpfe des Nolaner Thors in Pompeji und des Bogen-* tbors von Volterra (vgl. Aheken Mitteilt. 159). Ueber die Taurina i 6y über das Amphithoater von Capua Friedländer Darst. 2', 547. Weleker Art das Bild an der RauduscuUma gewesen sei, lässt die of- feabar ciceronenbafte Deutung desselben (vgl. PreUer Myth. 282} nicht deatlich erkenaen. -*• Sollte etwa die trigemina ihren Namen von einem Bilde haben?

252 THEIL I.

sudetrurischen Städte und in Ardea^). Abweichungen von diesen gemeinsamen Kennzeichen der echten Mauer dürfen ^ir als Spuren jüngerer Restaurationsarbeiten betrachten. Der zum Zweck der Entwässerung in die Futtermauer am Aybo* tin (a) eingezogene Bogen zeigt die Verwendung des Mörtels und die zu beiden Seiten desselben vorgenommenen Ausfül- lungen der grossen Lücke besteht aus Werkstücken von fast der halben Höhe der übrigen und kennzeichnet sich auf den ersten Blick als spatere Arbeit. Aber auch das durch äussere Streben verstärkte Stück des WaUs südlich von der porta Viminalis (o^) und die Thürme der p(n*ta Coüma tra- gen die sicheren Spuren späterer Ausbesserung: in beiden ist der sonst im ganzen Umfang der Befestigung nicht beo- bachtete Peperln verbaut, jenes ausserdem, so viel wir bis jetzt wissen das einzige Stück welches eine Verklammerung der Blöcke aufweist. Die Zeit dieser Ausbesserungen lässt sich nicht feststellen (unten). Abweichend von den übri- gen unzweifelhaft alten Stücken besteht die Untermaue- rung der Nordseite des Quirinals (d?iklnin) aus Blöcken von fast genau der balben Höhe der gewöhnlich ver- wendeten, welche regelmässig mit der langen Seite in der

^) Maasse : nach 'mehr als ] 00 Messungen an verschiedenen Stellen' erhielt Lanciani (Ann. d. i. j871, 54) als mittlere Höhe 0,592 »= 2 r. Fnss zn 0,296 gerechnet. Dagegen kommen allerdings meine weniger zahl- reichen Messungen kaum in Betracht: doch s. unten. Die Peperia- blöcke an der Wallmauer: h. 0,75 (Aon. 1862, 133) während freilieh die darüber liegenden Tuf blocke wieder die gewöhnliche Höhe haben (Ann. 1871, 61). Palatinmauer : das. S. 44. ?Jur nach Caninas Aufrissen in der Etruria maritima Nepi(T.XVI[): 0,60. Sutri (XVIII): 0,60. Tarquinü (LXXVIl): 0,55— 0,60. C^ere (XLVf.) 0,70. Ardea (gemessen 1867): 0,40. -— Konstruktion: Veji: Ganina E. M. 1, 119, ]\epi, Sutri (? nach den aa. TT.), Ardea (1867), Anders Caere , wo sämmtliche 'parallelepipedi' mit den Kopfseiten nach vorn geschichtet sind ('metodo proprio dei tempi piu vetusti* Canina 1, 171), und Tar- quinü (? 'opera approssimativamente quadrata' ders. 2, 34 f.); ganz an- ders Norchia (Contenebra?), wo die ebenfalls rechtwinklich geschnittenea Steine von der verschiedensten Grösse sind und nach Analogie des Poly- gonalbaus geschichtet (T. XCII).

§ 4] TARQÜINISCHE BAUTEN UND SERVIANISCIIfi STADT. 253

Hauerfront liegen. Das Material ist grünlicher Tuf'). Dieser Untermauerung gleicht in Maass und Konstruktion (das Material scheint, obwohl auch Tuf, doch von jenem verschieden zu sein) eine der Wallmauer und wie be- hauptet wird auch anderen Theiien der Befestigung innerhalb derselben parallel laufende Mauer. Es ist von Wichtigkeit festzu- stellen ob die erwähnten Verschiedenheiten nöthigen für die innere und äussere Mauer verschiedene Bauperioden anzunehmen.

Die im § 3 (o) beschriebenen Ueberreste des agger^ welchen die Tradition dem Servius TuUius zuschreibt, zeigen, dass der Schutz der im Osten nicht durch natürliche Mittel festen Stadt in einem Graben von ungeheurer Breite (30 M. breit 4 M. tief) und einem dem entsprechenden Erdwall be- stand. Die Aussenseite des Erdwalls bildete eine 4 M. dicke Quadermauer, welche in Material und Schichtungsweise von den übrigen Stücken der Befestigung sich durch nichts unter- scheidet, abgesehen von dem soeben als restaurirt bezeichne- ten Stück südlich der porta YminaUs, Es ist schon bemerkt worden (oben S. 159), dass die Nachricht von der Erhöhung des Walls und der Vermehrung der Thurme durch Tarqui- nitts nicht um ein Haar glaubwürdiger ist, als die übrigen Nachrichten über die Bauten der einzelnen Könige, und dass der Versuch in dem Durchschnitt des Erdwails die Aufschüt- tung des Tarquinius nachzuweisen, abgesehen von seiner Bo- denlosigkeit, deshalb fehl gegangen ist, weil die vermeintlich spätere oberste Aufschüttung nur die aus dem tiefsten Theil des Grabens stammende von den höheren verschiedene Erd- schicht ist. Es ist unbegreiflich wie man auch neuerdings die oben beschriebenen Strecken an dem restaurirten Stück für die von Tarquinius hinzugefügten Thürme hat halten können, trotzdem die Kleinheit derselben (2X2 M.) und die geringen Abstände (etwa 5 M. i. L.) den Gedanken an Thürme nach den Vorschriften der Alten und dea erhaltenen Resten

•) S. §3 A. IS. 22. 23. Gemessen sind klmit, 0,25—29, worauf zaerst Schone aufmerksam machte (s. Hermes 2, 409), also uogpefahr die Hälfte desMaasses der gewShnlicheD Stöcke, == 1 r. Fass (Hermes 7, 290).

254 THBIL I.

von Festungsthurmen ausschliessen ^^). Wenn uns eigent- liche Thurme, deren Vorhandensein bezeugt ist, nicht erhal- ten "Wären, so würde dies angesichts der Thatsache, dass von der Linie der äusseren Mauer doch nur Bruchstöcke gefunden worden sind, deren keins der Länge eines massigen norma- len Zwischenraums zweier Thürme gleich kommt, nicht zu verwundern sein. Und in der That ist bis jetzt ausser den noch dazu wahrscheinlich in späterer Zeit umgebauten Thürmen der pürta Colltna keiner zum Vorschein gekommen. Doch haben sich zwei thurmähnliche Konstruktionen erhal- ten, welche wegen ihrer sehr eigenthumlichen Beschaffenheit eine nähere Untersuchung verdienen. Die Linie des Walls bildet dem oben geschilderten Terrain folgend von der porta Collma aus zunächst eine der Graden, dann weiter südlidi eine einer flachen nach aussen ausbiegenden Kurve sich nähernde Linie, deren östlichster Vorsprung auf der neuen piazza Fanti liegt; gleich nach diesem wendet sich der Wall mit seinem letzten Stück in einem einspringenden Winkel südwestlich gegen die parta EsqmVna^ so dass die linke Flanke derselben durch jenen Vorsprung Deckung hatte und der Angreifer in seiner Rechten bedroht war^*). Wo jener äusserste Vorsprung nach Osten im stumpfen Winkel bricht, lehnt sich an den nördlichen der beiden Schenkel von innen eine halbkreisförmige Untermauerung mit dem

^^) Lanciani Bull. itauD. 4, 130 nennt die Streben 'speroni o torri' und schliesst aus ihrem Vorkommen auf die Glaubwürdigkeit der Nach- richt des Dionysios 3 A. 33). Was die A. 2 erwähnten, vielfach noch ungenügenden Untersuchungen über die Thürm« sicher gestellt haben, ist dass sie nach Ausweis der Trümmer italischer Mauerbauten sehr sparsam und in ungleichen Abständen angebracht wurden. Wenn die Theoretiker Bogenschussweite vorschreiben, so haben sie diese Regel von der jüngeren Fortifikation abstrahirt.

^^) Dies scheint der Zweck des einspringenden Winkels in der That zu sein, obwohl die Mauer nördlich vom Thor zunäehst etwa 100 M. in der Verlängerung der Axe des Thors läuft, und erst dann im stumpfeo Winkel nach aussen bricht. Auch südlich vom Thor muss sie nach den Resten beim 'Auditorium' zu schliesaen^ vorgesprungea sein. S* Lancianis Plan Bull. mun. 2. T. V. Vi.

§ 4.] TARQÜINISCHE BAUTEN UND SERVIANISCHE STADT. 255

Radius von 4,10 so an, dass das Ende des Bogens in den Scheitelpunkt des Winkels trtift. Der Ausbau ist nicht spä- ter hinzugefugt, sondern gehört zu der ursprünglichen Kon- struktion ^^). Ein ähnlicher aber kleinerer halbrunder Aus- bau nach innen (Radius etwa 3 M.) hat sich kürzlich nörd- lich von der porta \minalis gefunden und zwar an einem etwa 12 M. langen Mauerstück ^^). Diese Ausbauten mussten in der Erdraasse des an die Mauer von innen sich anlehnen- den Walls stecken und scheinen, besonders wenn sie sich noch baufiger wiederholt haben die Widerstandsfähigkeit der Futtermauer erhöht zu haben: ob nur an Stellen wo die Mauer ausspringende Winkel bildete, ist aus den beschrie- benen Beispielen nicht zu entscheiden^^); ebenso wenig ob sie sich über die Oberfläche des Walls erhoben und thurm- artige. Verstärkungen d^ Rrustwehr bildeten.

Innerhalb der Aussenmauer des Walls fanden sich auf einer in einem Abstand von etwas über 25 M. von derselben laufenden Linie von der pwrta Collina bis in die Nähe der Viminalis Reste einer zweiten Mauer, eben der oben erwähnten aus kleineren in der Länge geschichteten Rlöcken von Cappel- laccio. Es war unverkennbar, dass diese Mauer bestimmt war als Contreescarpe der Futtermauer des Walls zu dienen: wie an der ähnlicben Futtermauer des Quirinals lehnte sie sich

^3) Der van mir Hermiss 10, 461 mitgetbeiltea Beschreibung des Stücks von HaDs Droysen (der ich das Maass entnehme: genauer als die Lancianis Bull. mun. 2, 201) habe ich nach eigener Anschauung niehts hinzuzufügen. An der Urspriinglidikeit der Konstruktion kanii kein Zweifel sein, lieber die Steinmetzzeichen unten.

*^) Lanciani Bull. mun. 4, 171 ; das Maass nach seinem Plan T. XVII. Nach meiner Abreise gefunden. Der Plan zeigt das Mauerstück schnür- gerade ; aber im Text sagt er, dieses wie das A. 12 beschriebene Stück entsprächen beide 'ad nn angole nuilto ottuso della oortina' (?).

**) Sonst kommt es vor, dass ausspringende Winkel der Mauer von aussen durch einen vorgelegten runden oder polygonalen Thurm geschitzt werden: jenes findet sich in Alba Fncensis (Promis 153 f.), dies in Ardea (Abeken S. 161); do(^ ist der Thnrm von Ardea jedea- falls in seiner jetzigen Gestalt nicht ursprünglich.

256 THEIL T.

rückwärts in einem Winkel von 5 gegen den Wall, ihre der Stadt zugewandte Seite war sorgßltig behauen, die dem Wall zugewandte nicht: ihr Abstand Ton der Aussenmauo* stimmt auffallend mit der bekannten Breite des Walls uberein. Auch habe ich gegenüber den Diocletiansthermen Spuren Ton riegelartigen im rediten Winkel in den Wall hineinragenden Quer- mauern aus grösseren Blöcken des gewöhnlichen gelblichen Tufs bemerkt ^^).. Eine nach der Stadtseite sich öffnende quadra- tische Nische in welcher die Ära des Verminus gefunden wor- den ist hat man mit Unrecht für einen 'Thurm' und mit freilich immer mehr schwindender Sicherheit die ganze Mauer als eine vorservianische Befestigung ausgegebene^). Die ge- gebene Beschreibung widerlegt dies zur Genüge und es kann nur gefragt werden ob die Anlage der Mauer, welche un- zweifelhaft als Contreescarpe des WaUs gedient hat, dem ur- sprünglichen Bau angehört oder später ist als derselbe. Ohne nun einer sachverständigen Entscheidung vorgreifen zu wollen muss ich doch die Grunde die mir für die letzte Annahme

1^) Vgl. das § 3 Gesagte. Das Maass des Abstaads (an der Ecke | der Diocletiansthermen) nach dem Plan Bull. mun. 4 T. III nnd XV11I (36 Schritt mein Maass; übrigens nicht überall gleich Bull. S. 131). Die Ausdeftang der Maaer Hess sich (4. Mai 1876) von den Diocle- tiansthermen bis an den Finanzpalast {porta Colkna} verfolgen. Qner- maner: damals sichtbar gegenüber den Thermen (ich finde sie bei Lan- ciani nicht ermähnt). Die Blöcke derselben darchschnittlich 0,50 hoch; die der Frontmaner 0,26 (s. § 3). Mir schien kein Zweifel an der Gleichzeitigkeit der Front- und der Quermauer.

i>) Lanciani Ball. mnn. 4, 24 ff. (Januar März), bes. S. 28: <il monomento' (die Ära, §3 A. 31) 'fn rinvenuto io ana torre rettangolare spettante a fortificazione che tatto indnce a credere anteriore allo sta* bilimento deir aggere serviano'. Der Grandriss T. HI, 2 giebt ein Quadrat von 5 X 5 M. Ich habe in jener Gegend im Mai unter den Trümmern dieses Stück nicht gefunden: aber ebend. S. 121 f. 131 heisst es, die Maaer sei als selbstständige Vertheidigangslinie za schwach! und die oben auch von mir wahrgenommenen fiigcnthümlichkeiten j werden richtig beschrieben, S. 172, sie sei gleichzeitig oder heiDahe gleichzeitig mit der Aassenmaner: ohne dass ich za ersehen vermöchte^ ob der Verf. sie noch immer für älter oder jetzt für jünger als dia Aussenmauer hält.

§4.] TARQUMSCHE BAUTEN ÜNÖ SERVIANISCHE STADT. 257

2u sprechen scheinen , angeben : eratens sind Konstruktion und Material voll^ übereinstimmend mit denen einer Anzahl kurzlich gefundener Grabkammern, welche man schwerlidi ober die Zeit der Gracchen hinaufrücken kann^O) zweitens entscheidet üwar das Schweigen des Dionysios über diesen wichtigen Theil des agger nicht gegen dessen Ursprünglich- keit, rnuss aber doch dagegen bedenklich machen; drittens Stehen so yiel mir bekannt ist keine technischen Bedenken der Annahme entgegen, dass man den Erdwall gegen die Stadt hin auf diese Weise erst spater geschützt hat und die Konstruktion der Stadtmauer von Pompeji, bei welcher der Abstand zwischen den beiden das Fällwerk einschliessenden ursprünglichen Mauern etwa ^ der Breite des serrianischen Walls, betjrägt, kann nicht als ein gleichartiges Beispiel zum Beweis herangezogen werden. Mir scheint also mindestens ein absprechendes Urtheil über diesen Punkt nicht gerecht- fertigt zu sein. Es ist nun aber weiter behauptet worden, dass 'jedesmal wenn die Befestigung einen horizontalen oder nur gering geneigten Boden überschritt, sie jedesmal' im Gegensatz zu der oben beschriebenen anf den Felswänden aufgesetzten Brustwehrform 'mit einem Erdwall nebst innerer Futtermauer verbunden war; so zwischen der porta Esquüina und SS, Pietro e Marcellino und bei der porta FinUm(dh' (am Quirinal) 'und CoUina'. Der Abstand beider Manem oder die Dicke des Walls sei freilich an diesen Stellen geringer gewesen : bei der FmJtinalü wird sie auf 6 7 M. angegeben. Allein die Beweise für diese Behauptung sind so unsicher, die angeblichen Beste der zweiten Mauer bei der Fimtmalis und südlieh der Esquäma (das Stück bei der Collma gehört ja zu dem eig^tlichen Wall) so dürftig, dass ich die Richtigkeit der ganzen Annahme zu bezweifeln mich für be-

^^y U«bef 4ie Gt'iber BaU. »ao. 2, 4». 3, 44. 53. 191 f. iabresbe- riebt 1875 ä 7S2. 1S76, 182 f. Die Blocke dnrchschnittlleb 0,26 hoeb, Koastraktioa* ntui Bearbeitiuig der- der inneren Wallnaiier vöUis gleieb; bei bäufin^r Setruelitavf beider tuunitteibar bintereinander scbien mir die Annahme eines grossen Unterschieds in der Zeit unmögilcb. Jordan, römieohe Topographie. I. 1. 17

258 THEIL I.

rechtigt halte ^^). Nach dem bisher gesagten darf also woh) auch das Mauerstäck am Quirinal wie die Contreescarpe des Walls yermuthungsweise als jüngerer Bau betrachtet werden. Für die Zeit welcher die besprochenen Restaurations- bauten zuzuschreiben sind, lässt die Geschichte der Mauer einen weiten Spielraum offen. Wenn wir auch die Verstär- kung des Walls durch den letzten Tarquinier ins Reich der Fabel verweisen mussten (oben A. 2), so lässt sich doch wohl denken, dass jene Reste einer Restauration desselben in sehr früher Zeit entstanden sind. Die Verwendung oder Nicht- verwendung von Kalk mag auch hier noch einmal zu siche- ren Resultaten fuhren. Nichts aber hindert uns noch in der Zeit des Bundesgenossenkrieges Ausbesserungen der Befestigung anzunehmen: tiefer hinabzugehen ist nicht möglich, da mit

^^) S. Lanciani zuletzt Bull. mun. 4, 122 vgl. 3, 45. 4t, 37. Dt ich gegen seioe BeobachtuDgen io diesem Punkte einige Bedeokeo habe und dieselben die Grundlage unserer Kenntnisse bilden, stelle ich sie hier yollstÜBdig zusammen. Hinter dem Stock bei pal: Antonelli (c) waren es (so sagt er 4, 37) 'poche pietre sgretolate', welch« nack ihm zu jener Mauer gehörten, ' a. m. 6, 75 di distanza della fronte in- terna del muro di Servio . . . . ; a partire di questo punto del Quiri- nale fino alla intersezione delle mura Serviane con la via Merulaaa in presso che tutti i luoghi eye quelle mura furono rinvenute sodo apparse tracce di un recinto interiore . . . io ne ho esaminato vestigii nel giardino Antonelli [c], nella villa Spithöver [I Hin], nella piazza del Macao (o^), sotto il Monte di Giustizia [o'j, e presse la via Merolana' (genauer 3, 45: 'un altro fu demolito or sono alcuni mesi per dar Inogo allo stabilimento della piazza triangolare sulla via Merulana*, d.h. pT) 'e se la memoria oon m' inganna ne debbono esser apparse tracce anehe nel recinto del Ministem delle Fioanze (ohne Zweifel: s. § 3 A. 30)'. Sieht man von den zum Wall gehörigen Stücken ab, so bleiben also nur zwei demselben unmittelbar sich anschliessende Mauerstücke übrig: denn ganz unsicher sind doch die Reste bei der porta Fontinalis S| A. 15). Auf dieser Grundlage kann wahrlich die gedachte Hypothese! nicht sicher ruhen. Entscheidend würde das Stüek bei porta Capena sein, | #enn die Beschreibung brauchbar wäre (oben S. 248). Wer das wüste | Durcheinander jener Trümmer aufmerksam beobachtet hat, wird zngebeo) ' dass man sich über die Bestimmung * weniger verschobener Steine' tauschen kann.

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§ 4.] TARQÜINISCHE BAUTEN UND SERVIANISCHE STADT. 259

der Freigebung des Pömerium durch Sulla (§. 5) die Ge^ schichte der Zerstörung der Mauer beginnt.

Wir haben bisher die Steinmetzzeichen auf der Stadtmauer und auf dem Palatin^^) aus dem Spiel gelassen. Eine ausfuhrliche Besprechung derselben scheint mir an die- ser Stelle nicht vermieden werden zu können. Denn es han- delt sich um nichts geringeres, als um die Frage ob diese Zeichen uns über die Nationalität und die Zeit der Erbauer der Befestigung Auskunft geben und ob wir in ihnen eine Schrifturkunde aus der römischen Königszeit besitzen. Sie finden sich fast regelmässig auf den Kopfseiten (nur vereinzelt auf den Laugseiten) der grossen Blöcke des gelblichen aus den römischen Hügeln stammenden Tufs und zwar, soweit wir wissen, an der äusseren Futtermauer des Walls (o^^*^) und an der dieser auch sonst gleichartigen Ringmauer süd- lich von porta Esquüina (p) und bei der Fontinalis am Qui- rinaP^), ausserdem auf den sicher aus den Brüchen des

^^) Die Zeichen auf dem Palatia sind von Lanciani Guida del Pal. 132 erwähnt, von mir zuerst Hermes 7, 482 ff. nach eigener Abschrift publicirt worden, desg]. die der Wallmauer das. 10, 126 ff. 461 ff. nach De Boors und Hans Droysens Abschriften. Im J. 1876 (4. Mai ff., 6. Juni f.) habe ich sammtiiche damals noch erhaltene selbst abgeschrieben. Vorher hatte Bruzza sie gesammelt: diese Sammlung ist jetzt in den Ann. d. inst. 1876 72 ff. (tav. d'agg. IK) gedruckt. Einige der von ihm gesehenen Zeichen waren zur Zeit meiner An- wesenheit nicht mehr vorhanden, manche mögen durch Wetter und Luft gelitten haben: indessen muss bemerkt werden, dass auf den a. 0. gegebenen Abbildungen mindestens einige der Zeichen in einer Schärfe und Eleganz erscheinen, welche sie in der That nicht gehabt haben (vgl. A. 20 f^) und dass die Abbildung weniger Zeichen im BuU. mun. 2 T. XU. XHI eine viel richtigere Vorstellung gewährt. Die von mir gesehenen Matterstücke habe ich nach eigener Zeichnung T. I. II abbilden lassen, um die Vertheilung der Zeichen zu veranschaulichen, was Bmzzas Tafeln nicht ermöglichen: übrigens muss ich auf diese verweisen. Erst während des Druckes erfahre ich von Mau genauer, welche Zeichen das Stück o' hatte (s. A. 23).

^) Von denen bei der Fontinalis sagt Bruzza (S. 76): 'di quelle deUe mura che cingevano il Quirinale due sole ne apparvero (45. 130) sui tufi di Opera quadrata in quella parte ove i lavori di sterro aprono

17*

260 THEIL I.

Palatin slammenden gelblichen Tufbldcken eines auf dem Palatin selbst befindlidien noch nicht bestimmten, gewiss aber altrepubiikanischen Gebäudes ^^). Sie haben sich sonst weder an den übrigen Resten der Stadtmauer gefunden (insbesondere nicht an dem grossen Stück am Aventin), nicht an den aus kleineren Blöcken konstruirten Mauern, der inneren Futter- mauer des Walls und der des Quirinals, nicht (mit Ausnahme eines eineigen zweifelhaften Beispiels'^), auf den Blöcken der Substruktion des kapitolinischen Tempels, nicht auf den

1a naora strada, quasi di faccia alla eh. di S. Caterina: ma. appeva Vedute per isfaldatura dei massi disparvero'. ludessea gt^hn an der erwähnten Stelle befanden sich wenigpstcna noch im Juni 1876 deutlidb sichtbar zwei von den a. 0. abgehildeten verschiedene Zeichen: diese also mUssten, obwohl sie io die Augen fielen, dem Vf. entgangen sein oder er hat dieselben nicht genau wiedergegeben und es ist dann unrichtig, dass sie gleich nach der Auffindung verschwunden sind. Ich gebe die Zeichen T. 11, 1 1 nach meiner Zeichnung. »-~ Die Zeiehei südlich der Esquäina waren sammt der Mauer (am 'Auditorium') noch in demselben Zustande erhalten wie sie gefundeo wurden, von denen der verschiedenen Stücke der Wallmauer mögen einige verloren sein, besonders von dem Stück auf Piazza del Macao (Bruzza S. 94, vgl. T. J, 1. 2).

3^) lieber das Gebäude seihst vgl. Th. II; dass der gelbliche bröckelige Tuf der Werkstücke dem Tuf des Hügels vollkommen gleicht, ist unbestreitbar. Lanciani Guida S. 132 sagt zwar vorsichtig wie inuner von dem Stein 'sembra tratto dalle latomie stesse del colle\* ist es aber glaublich, dass man sich von weither ein schlechtes Bau- material geholt haben wird, während ganz dasselbe zur Stelle war und auch sonst dort verbaut worden ist? Gerade dieser Umstand ist aber wichtig: unten A. 23.

2') Ein nicht tief eingemeisseltes, sondern leicht eingeritztes X (n. 129) 'se ne vide sni massi di cappellaocio che formarano la eostruzione del tempio di Giove Capitolino' Bruzza (S. 76 vgl. 104). Auch De Rossi sah es (Ann. 1876, 14S): 1876 konnte ich es nicht finden. Dass gerade ein solches Zeichen durch eine zufällige Ver- letzung des Steines entstehen konnte, wird Niemand leugnen. That- sache ist, dass auf den zahllosen sowohl im Garten Caffarelli blos- liegenden als auch im Palast verbaut gefundenen Blöcken weder die genannten Herren noch die deutschen Arohitekten noch ich ein zweites Zeichen gefunden haben.

§ 4.] TARQUIINISCHE BAUTEN UND SERVIANISCHE STADT. 261

Mauern des Palatin, Caelias (S. Gregorio) und YiminaL Es ist also unmöglich zu behaupten, dass die Zeichen auf den* jenigen Mauern fehlen, deren Material in der IVahe des Baus gebrochen wurde und dass sie Zeichen der Arbeiter ent- fernt gelegener Bruche seien, bestimmt den Ort des Bruchs zu bezeichnen. Es ist ferner zwar richtig, dass gewisse Zeichen zwar nicht ausschliesslich, doch vorwiegend und massen- haft auf geiiiissen Stücken der Mauer vorkommen: allein es ist unmöglich daraus zu schliessen, dass man das allmähliche Fortschreiten des Baus mit dem nach und nach herange- schafften Material an den Zeichen sdbst beobachten könne ^^). In ganz ähnlicher Weise finden sich die Zeichen auf der Stadtmauer von Pompeji: auch hier kdirt ein und dasselbe Ziehen vielmals an ein und demselben Stück, anderwärts nkbt oder doch vereinzelt wieder, auch hier finden sich ein- zelne Blöcke auf denen die verschiedensten Zeichen bunt durcheinander stehen. Nur ei neu Unterschied in der äusseren Anordnung wüsste ich nach dem mir vorliegenden Material anzugeben: auf den römischen Blöcken habe ich stets nur je ein Zeichen gefunden, auf denen von Pompeji sind je zwei nicht selten, ja es kommen drei auch vier vor. Andere Stadtmauern sind theils nicht vollständig genug erhalten, tbeils nicht genügend untersucht um dasselbe an ihnen kon-

'') Beides behauptet Brnzza S. 78: jenes widerlegt siek durch die oben i^ebenea Tfaatsachen, dieses wird so begründet: 'imperocche 1' A era quasi miicaaieDte iu quelle spazio che e fra la chiesa di S. Ab- tonio e la stazioae ed uiiita col V - dietro alle terme Diocleziane ed Qaa sola relta presse alla via Meralaaa. La E deminava solameate nel centFo fra S. Aataaio e la stazione, il K sotto aU' astica villa Ca- serta fra la via MerulkDa e Tarce di Gallien« e il P in quel tratto che era coperto dal monte dette della Giustizia'. Dies letzte Stück BMI9S o* 3 A. 32) seio: über dasselbe schreibt mir jetzt (s. A. J9) Maas '^ häofigp, ferner ^; <^, das eine finde manchmal mit leiser Krömnuni^; A einmal, wenn ich nicht irre, P ein Paar mal'. Ferner sind H und 1\ nur auf p masseahaft vertreten. Wie kommt es aber, ^s auf «^ E AüT auf dem Rundbau, H/ nur auf der graden Mauer vorkommt? Bruzzas Hypothese erklürt dies nicht.

262 THEIL I.

statiren zu können ^^). Zu welchem Zweck nun und ron wem diese Zeichen eingehauen worden sind, mag dahin gestellt bleiben^*): viel wichtiger ist die Frage ob diese Zeichen einem Alphabet und welchem sie entstammen. Auch diese löst sich in befriegender Weise wenn man die Zeichen in Rom und Pompeji miteinander vergleicht.

Die römischen Zeichen sowohl, auf der Stadtmauer wie auf dem Palatin sind durchgängig tief (bis zu 1 Centim., ja mehr) und regelmässig in den weichen Tuf eingesdinitten und zwar vor dem Versetzen der Blöcke, daher dasselbe Zeichen auf nebeneinander liegenden Stücken in verschiedenen Stellungen vorkommt; eine verschwindend kleine Anzahl von Zeichen ist leicht eingeritzt und es kann nicht nachdrücklich genug hervorgehoben werden, dass die Beurtheilung dieser fast den Graffiti zuzuzählenden Zeichen manchen Schwierig- keiten unterliegt, welche sich aus der weichen und bröckeligen Natur des Gesteins von selbst ergeben. £s ist nun unbe- streitbar, dass nur unter den letztgenannten Zeichen solche bemerkt worden sind, welche gekrümmte Linien von Buch-

2^) Da mit dem von Zangemeister CIL 4, 2550 zusammengestellten Material für idie vorliegende Frage nicht auszukommen ist, so wandte ich mich an Hn. Mau, welcher im August v. J. im Pompeji sammtliche ihm erreichbare Zeichen abzuschreiben und die Stellen, wo sie sich finden, genau zu beschreiben die Güte hatte. Leider ist es an dieser Stelle nicht möglich seinen Bericht vollständig abzudrucken. Ich muss mich begnügen T. II, 13 ein Mauerstück (südwestlich vom Her- culanerthor, pietra di Sarno) und J4 ein Paar als charakteriatiscfa ausgewählte Stücke wiederzugeben, und zwar lediglich um die Ver- theilung der Zeichen auf der Mauer zu veranschaulichen. Zwei Zeichen auf einem Block in Rom sah Bruzza einmal n. 118. Ueber die Zeichen auf der Mauer von Tarraco Hübner Hermes 1, 88 ff. Allerlei von griechischen Mauern bei Bruzza S. 74.

'<^) Dass sie vor dem Versetzen der Blöcke als Anweisung für die Arbeiter auf dieselben geschrieben wurden (wie ich früher vermuthete) wird schwerlich anzunehmen sein; aber ich sehe auch nicht wie die affallende Thatsache, dass sich dieselben Zeichen gruppenweise zusam- menfinden, in Bruzza's Vermuthung, dass sie im Steinbruch eingehaueii wurden, eine Erklärung ßnden soll.

§ 4.] TARQUmiSGH£ BAUTEN WD SERVIAIV1SGHE STADT. 263

Stäben nachzuahmen schienen^^) und dass sämmtliche tiefein- gesclmlttene Zeichen aus Kombinationen grader Striche bestehen; dass unter diesen Kombinationen einige wenige ▼orkommen wekhe mit Zeichen des lateinischen Alphabets zusammenfallen, andere welche weder mit Zeichen des latei- nischen noch eines der sonst in Betracht kommenden über- einstimmen, ja solche bei denen eine Uebereinstimnmng mit ähnlichen Zeichen des Alphabets geflissentlich vermieden zu sein scheint, keiiie welche die Hypothese rechtfertigen, dass wir es mit einer ausgedehnten Anwendung des etruskischen Alphabets zu thun haben. Das äusserste was zugegeben wer- den kann ist dass 4 Zeichen den Buchstaben des latei- nischen Alphabets AEHN oder Z^^) (denn die Stellung

3^) Ich hatte Hermes 10, 463 f. behauptet, dass kein eioziges Zei- chen vorkomme, welches einem der durch Curveo gebildeten Buchstaben CDßOPQR ähnlich sehe, Brnzza bestreitet dies un4 meint G, P ausserdem aber gekröninte Linien an A (Mittelstrioh und Spitze) und dem von ihm für K und x (Zahlzeichen) gehaltenea Zeichen nachweisen zu kön- ■ea. Allein wer seine Abbildangen ansieht wird die oben gemachte Uoterscheidnog der Art der Zeichen gerechtfertigt finden und ich ge- stehe offen, dass ich den wenigen geritzten Exemplaren eines Zeichens mit krummen Linien gegenüber den vielen gehauenen mit graden keine Beweiskraft beilegen kann. Gesehen habe ich selbst übrigens kein ein- ziges, lieber ACKJ. s. A. 27.

*^) Ausser den oben genannten will Brazza die Buchstaben GFIKLP, die Zahlzeichen i 11 III V ? X X (50) nachweisen. Ich muss das be- streiten und zwar auf Grund seiner eigenen Angaben. Ich verweise dabei auf das, was ich A. 26 über die geritzten Zeichen gesagt habe. Das gekrümmte 0 fand sich nach ihm einmal auf dem Palatin, viermal am Wall: es sind sSmmtMch kleine geritzte Zeichen (n. 1. 33. 34. 55. S. 94), die ich nicht gesehen habe. Den zweimal vorkommenden stumpfen Winkel (57. 58) für ein C zu halten , sehe ich also eben so we- nig NÖthigung als den zweimal vorkommenden spitzen (18. 97, denn 95 gehört ja sicher, 96 wahrscheinlich zu dem sogenannten K) für ein V zu halten. Von den 3 Beispielen des F (Palatin) fallt nach Bruzzas eigener Abbildung das einzige recbtsläufige auch von mir gesehene (12) weg, es ist ja deutlich verstümmeltes £; die beiden vermeintlich linkslaufigen (10. 11) gleichzeitig die einzigen angeblich links- IXufig geschriebenen Buchstaben unter den mindestens 100 bnchstabenähnlichen Zeichen, bedürfen also nicht weiterer Wider-

264 THEIL I.

auf den Steinui entscheidet daröber nicht) so ähnJieh sehen dass sie als solche betrachtet werden können, keinesfall« müssen. Dass Zahlzeichen unter ihnen vorkommen beruht auf rein willkürhcher Annahme. >^ Ganz zu demselben Ergd>nis6 füluren die Zeichen von Pompeji (A. 24). Unter den unge- fähr 26 verschiedenen Zeichen ist bei weitem die Mehrzahl so gestaltet, dass sie Buchstaben irgend eines der in Betriieht kommenden Alphabete nicht sein können, Bacfastaben ähnlich sind nur KH E F V ( und die Verbindung >l^: in der letzten könnte man das dem oskischen eigene d finden, die öbri* gen wurd^ ans dem oskischen Alphabet erklärbar sein'^. Bei dem jetzigen Stande der Kenntniss ist es nicht möglidi auch die Zeichen auf den Stadtmauern von Tarraco, Cnmae u. a. Städten heranzuziehen, unzulässig mit den besprochenen Zeichen die späteren und spätrömischen Steinmetzzeichen

leguD^. Dass K nachgewiesen sei, bestreite ieh ^»tsehiedea nod verweise anf Bruzzas n. 78 ff. Alle von mir ^esehetien Formen glieben sich darin , dass der Haiiptstrieh des aDgebhcheo K ganz kurz war^ die beiden darauf im Winkel stehenden Qaerstriche sie zusammen trafen und lang Ovaren. Für P sollen zwei geritzte Zeiehen (93. 94) und ein gescbnittenes (15) gelten (vgL 23), für T ffar oin en- mal yorkommender stumpfer Winkel (92) der oWenhair nur deshalb nicht als C angesehen worden ist, weil ein Schenkel etwa» gescliwiui' gen ist. Mit demselben Reckt hätte ein spitzer Winkel mit einem kurzen Schenkel (16. 17) statt für eine zweite Form des P für L gehalten werden können. lieber die Zaklen Tässt sich gar uicht streiten: nur I II III V ? X und für 50 X oder ^k sollen vorkommeii. Ich kann in ^ so wenig ein Zahlzeicken, wie in £ ein doppeltes E sehen ; die drei Striche sind regelmässig so gestellt, dass zwei oder alle drei convergiren« Das Vorkommen von Zeichen, welche mit Buchstaben nichts zu thun haben , giebt Bruzza selbst zu (S. 95). Der einzige Beweis für den etruskischen Ursprung des vermeiot- licben Alphabets liefert ein mehrmals wiederkehrendes geritztes ge- bogenes A (39. 40. 41 ; nieht 29) neben vielen gradlinigen.

^^^) Griechische, etruskisehe und oskisebe Bucbstaben wollte Ma- zois 1 T. XIII S. 35 erkennen. Die Yergleiehung der Abbildaagen bei Zangemeister und Mazois mit den Zeichnungen Mau's scbeinen mir kaum einen andern Sehluss als den oben gezogenen zu gestatten. In- dessen mag es sein, dass darüber nur die Autopsie entscheiden kann.

§ 4.] TARQ(IfNI$€HE BAUTfilV UfTO SERVIANISCHE STADT. 365

ohne weitereg idemificiren. Kennzeichen fdr die Zeit dei Baus der Stadtmauer und für die Natiomlität der Erbauer gdbea die StenimetKaeiGbeR also nicht ab: ist die Deber-einstioimung einiger derselben mit Buchstaben des lileinischen AlphabeU (denn auf das etruskische führt keine einzige sichere Spur) wirklich m^br »)s eine zufiMige und bei einer mögUehst mamrigf^igen* Kombination grader Striche kaum zu vermeidende ^ so lernen wir leider daraus nichts weiter als was keines Beweises bedarf, dass in der ohnehin nidat um Jahrhunderte sehwankenden Epoche der Erbauung der Mauern in Rom tm Alphabet bekannt war und d^s es mit dem sonst nachwrislichen sdtiateinisehen mindestens vier oder fünf Zeichen gemein hatte. <^ Ebenso wird man die Thatsaclie dass Zeiehen auf dem grössten Theii der Blauer, bisher nicht, dagegen >wohi auf d^ Wallmauer und den ihr nahe gelegenen Theilen der.(|uirinalidchen und esqmlinisGhen Ringmauer gefunden worden sind, scbwerücii als den sicheren Beweis für die Un^ichzeitigkeit dieser Theile - ansehen können. Fr^lkh in Pompeji finden sie sich im ganzen Um- fang der Stadtmauern und zwar ohne Unterschied auf den aus Terschiedenem Material bestehend^oi unteren und oberen Schichten ; zum besten Beweise, dass diese Schichten nicht ver* sdnedenen Epochen angehören. Auffallend Ueibt. also die üngleichmässigkeit der itömisdien Zeichen und kann wie ge« sagt worden ist nicht aus dem irrig behaupteten Umstände hergeleitet werden, dass die Theile, auf denen sie sich finden, aus weithergeholtem, die, an denen sie fehlen, aus nahe zur Hand befindlichem Gestein erbaut sind. Wenn wir indessen den Kreis der Mauer überblicken, auf dem sie fehlen sotten, so steht uns fi eigentlich als Beobachtungsfeld einer sicheren Untersuchung bis jetat nur die Untermauening des Ayentin Dach der Södseite zu Gebote. Ist es so undenkbar, dass diese einer anderen Zeit angehört, wie die Ring- mauer? Man sollte jedaniills diese Frage offen lassen, einmal deswegen, weil dieser Berg eine SondersteUung neben den dbri* gen in der Geschichte einnimml, zweitens weil die Bossage der

266 THEIL I.

Blöcke so viel mir bekannt ist nur an der Mauer des Ayentin vorkommt Vgl. S. 26SL

Wir haben im § 2 gesehen dass das Pomerium «iner latinischen Stadt der innerhalb des Walls oder der Mauer frei bleibende bestimmte Raum, die consecrirte Grenze der Herrschaft der Stadtgötter ist. Da sowohl das Pomerium der palatinischen Stadt wie das erweiterte Pomerium Roms seit Sulla durch Grenzsteine bezeichnet war, so aius- sen wir dasselbe wohl für das servianisohe Pomerium an- nehmen. Was wir über die äussere, räumliche Beschaffenheit desselben erfahren, ist die befremdende That&acfae, dass Mauer und Pomerium wenigstens an einer Stelle sich nicht deckten: der in den Hauerring eingeschlossene Aventin lag extra pomeriwn bis zur Zdt des Kaiser Claudius 5). Da dies als etwas besonders Merkwürdiges erwähnt wird, müssen wir wohl annehmen, dass Mauer und Pomerium im übrigen zusammenfielen.

Dass dies in der That der Fall war, dafür besitzen wir den voUgiltigsten Beweis in der Anlage der Gräber unmittel- bar vor den Stadtthoren im ganzen Umfange der übrigen Stadt vor der Ratnmmna (?) an d^r Nordecke des Kapitols, der FatUmalü, Salutaris, Coüina, Vimmalis, Esquäma^ CaeUmon- tana, Cafena: s. § 3 und wenn auf. der kurzen Strecke vom Kapitol nach dem Fluss, wo der Lauf der Mauer noch nicht ganz sicher festgestdlt ist, alte Gräber nicht gefunden worden sind, so beweist die Thatsache, dass noch zur Zeit des Augustus die Porticus der Octavia ausserhalb des Pomerium lag zwischen ihr und der Mauer aber lag nur das Forum holi- torium und dass wieder Kaiser Claudius es war, welcher das Pomerium auf dieser Seite hinausrüokte 5) , ebenfalls unwiderleglich, dass auch auf diesen Strecken das Pomerium nicht ausserhalb der Mauer lief. Dass die Bestattung der Todten wie die Ansiedlung fremder Gottheiten ausserhalb des Pomerium nicht allein durch uraltes Herkommen, sondern auch durch Gesetze angeordnet und dass in der Zeit der Republik nur durch Volksschluss das Privilegium des Ehren-

1 4.] TARQUmiSCHE BAUTBN UND SERVIANISCHE STADT. 267

begräbnisses innerhalb' der Stadt (am Harkt) ertheilt wurde, ist schon gesagt worden (s. § 2 A. 32. 64). Noch im ersten Jahr* hondert der Kaiserzeit werden beide Vorsdiriften streng be- folgt und die Beisetzung der Asche Trajans auf seinem Forum als ein ganz einzig dastehendes Privilegium bezeichnete^). Wenn daher in der Zeit der Republik auf dem Marsfelde, ungewiss wo, ein Bach oder Fluss, Fßtnma amnis die Grenze zwischen dem Gebiet der städtischen und militärischen Au- spicien bildete, so kann daraus, mag dies erklärt werden wie es wolle, angesichts so unzweideutiger Beweise, wie die bei- gebrachten sind, unter keinen Umständen grfolgert werden, dass schon in jener Zeit ein Theil des Marsfeldes innerhalb des Pomerium lag^^). Wie zwischen der porta Capena und dem Fluss das den Aventin ausschliessende Pomerium geführt war, ist ganz unbekannt (vgl. unten). Zur Zeit Yarros standen die Grenzsteine des Pomerium: es ist kein Wunder, dass keiner sich erhalten hat, da die Linie des

*^) So wenigstens Entrop. 8, 5 : solus omnfwn wdra urbem sepuUus est, nehmlich onter der Saale, wi« es wahrscheinlich von ihm selbst beabsichtigt war (vgl. jedoch Tb. II). Wenn der Ansdrack des Eutrop strenge zu nehmen ist, was ich freilich kaum zu behaupten wage, so würde er auch fär den an dieser Stelle unsicheren Lauf der Stadt- mauer (§ 3 A. 16) entscheidend sein. Die Gewährung eines Begräbnisses anf dem Marsfelde durch Volksbeschluss (Marquardt Privatalt. 1, 362 f.) hat mit dem Pomerium eben so wenig zu schaifen wie die Errichtung des Grabes des Bibulus vor der porta Ratumenna 3 A. 14).

^) Festus 250 : Petroma amnU est in Tiberim perßuens quam ma- ^strafus transeunt cum in eampo quid agere voluid, quod genus ausfiel peremne vocatur. Auch nach Mommsens Erläuterungen (Staatsr. 1', 93 A. 6 und 100 A. 3) ist mir nicht klar, was dieser Bach mit dem jw- merium in der bekannten Geschichte bei Cicero (de n. d. 2, 4, 11, de dir. 1, 17, 34) zu thun hat Gracchus hatte wahrend der Consulwahl anf dem Marsfeld auf kurze Zeit sich nach der Stadt begeben, dann wieder nach dem Marsfelde, ohne, wie er es musste, von neuem bei Ueberschreitung des pomerium Auspicien anzustellen : quod inauspieato pomerium transgressus esset (leider ist die Herstellung der, wie es scheint, etwas abweichenden, von Mommsen übergangenen Darstellung des Licinian p. 10. H Bonn, ganz unsicher). Nach meiner Auffassung kaon der petronische Bach hiermit nichts zu thun haben.

266 TiBIL I.

Pomeriuni durch die Kaiser seit Claudius neu regulirt worden ist. ' Ueber die Breite deg servianischen Pomeriun sind wir nicht unterrichtet. Sehliessen können wir auf dieseUie aus dem Abstände einer inn^balb des Walis laufenden Strasse von diesem. Eine ausserhalb wahrscheinlich alle Thofe mit einander verbindende Ringjstrasse« welche das Bestehen grös- serer Vorstädte voraussetzt, hielt sich wahrscheiulich auf der Grenzlinie des militflrisch nothwendigen Ghcis^^). Es er^ giebt sich also, dass die Linie des Pomeriums wie die Mauer eine Figur beschrieb, welche mit dem für jenes voraus* zusetzende Quadrat nidit die entfernteste Aebnlicfakeit hat (unten).

Von den 9 ^ nachgewiesenen Thoren der servianischen Mauer können wohl einige erst in späterer Zeit abgelegt sein: viele schwm'lich. Wir müssen uns vergegenwärtigen, dass zur Zeit der Anlage der Befestigung Feindesland kaum 10 Millien von den Thoren begann, von Heerstrassen

*^) Bei deoi Unbaii de» Eekkautes Piasza Araeeli und Via Giulio Ronano (friUi«r Padaebi«) fasd man 6 M. tief dag Pflaster der Strasse, weldie diep&ria CarmmUalis asd Ratumeua verband: worass mit Sicher* beit aaf die ^avpiezia deli' aatico ponerio' za sehliessen sei: Laa- oiaai Ball« maa. 1^ 145. Das> Eckhavs mag naob nosetahrer Schätzung vea den besrabeaea Foss des Feise» 40 M. entfernt sein. Vom Wall ders. ebd. 2^ 201: läass des äussere» Randes des noch erkennbarea Grabaas (s. Bull. muo. 1^ 244 «ad § 3) and innerhalb der Maser liefen Stratsea, deren %* erhalteiies Pflaster der späten Kaiser- 2eit aageh&re: aber sie seien ohne Zweifel gleichzeitig mit dem fian des Walles angelegt (?) <aUo scope forse di bea defiaire i liniti del pomerio'. Von der inneren Strasse finde ich bei ihm nur die An- gabe, dass ein Stüeh zwischen den a. 0. T. V. VI. mit 4. 5 bezeich- neten Gebänden laufe dies Stück wird etwa 40 M. von der A.iissen- maoer entfernt setn, al9<^> nach Abzog von etwa 30 M. Wallbreit«, 20 M. Yom Wall dann, dass hinter dem Wall längs der Ostseite der Diecktiansthermen eine Strasse lief, als» wohl parallel der dort erhaltenen inneren Wallmaner, 15 M. nnd mehr entfernt (BolL man. 4 T. ni). Von dieser aber muss sieh eine dem Wall parallele nncb jwrfa CMnm hin abgezweigt haben : sie erscheiat (auf Canevari's Plan, oben 5) nahe dem Thore in einem Abstand von 30 M. von der Mauer. Ist dies die innere]}

I 4.] TARQUINISCH£ BAUTEN UND SERVIANISCHE STADT. 269

nach entfernten, später befreundeten oder unterworfenen Landstrichen und StUdten nicht die Rede ist, und dass die Thore angelegt an den natürlichen Mündungen der die Stadt durchschneidenden Thäler als Endpunkte der mit diesen zusammenfallenden Verkehrswege zu betrachten sind (si. unten). Eine beacbtenswerthe Bestätigung für diese an sich einleuchtende Beobachtung und zugleich ein Zeugniss für das hohe klUx der Thore geben die Namen: kein ein- ziges ist von etwaigen Zielpunkten ausserhalb der Stadt be- nannt (vgL 36), vielmehr sind mit gleich zu besprechenden geringen Ausnahmen die Thore am Kapitel und der Nord- und Westseite des Quirinal nach den unmittelbar bei den- selben belegenen Heiligthumern (Cwrmentalis, JFon^maZi«, San- qndlis, Salutmis), die ost- und südwärts folgenden nach den anlieg4^nden Hügeln <i|er Stadt (CoJUna, YminaU$i Esquilina, Cadimontam, Querquetulana) benannt. Anders geartet sind die Namen am Aventin: zwei Thore führen plebejische Familiennamen (Minucia^ Naevia)^ ein drittes vielleicht den Namen eines man daif wohl sagen plebejischen {ieiligthums (LavernaU$). Es bleibt uns die Flummtanaj die unerklärte Trigemmß (vgl. A^ 7. a. E.), und endlieh die ihrer Bildung nach ebenso eigenthümlich^ Namen Ratumenna und Capena. Keins von aUen diesen Thoren erregt den Verdacht späterer Anlage (vielleteht mit Ausnahme der Vimmaiii) oder späterer Um- nennnng '^). Die früher hervorgehobene Thatsache, dass nur die Gipfel des collis nach Götternamen, die des Esquilin und

"') Was B«rgatt meint, wenn ar sagt, die Aolage des Thores an der Nordecke des Kapitols (das man als Ratumena zu bezeichnen pflegt) widerspreche dem 'Geist der servianischen Befestigongskunst ' (PhiloL 25, 663. 26, 83), weiss ich nicht. Ueber die angeblich späte Beaennaog des Thores A. 34. Auffallend ist, dass die FiminaUt so äusserst selten genannt wird und dass, wie es scheint, keine Haupt- strasse aus ihr hinausführte. Es wäre wohl denkbar, dass sie ent- weder eine Art kleiner Ausfallspforte gewesen oder später gebrochen wäre. Die einzigen Thore, deren Reste gefunden worden sind, die CüUma und FontmaUs (7) sind sicher ursprünglich, wenn auch jene wahr- •cheinlich für das Auslaufen zweier Landstrassen später umgebaut.

270 THEIL T.

anderer montes nach Gentilnamen benannt waren (S. 179 fi.) stimmt in auffaUender Weise mit der Benennung der Thore des Quirinals nach Göttern und der priesterlichen Benennung des colUs als agmius, Opferhügel, eine Spur des hohen Alters einer in der späteren Volkssprache festgehaltenen Eigenthum- lichkeit, der engen Verbindung von Caelius mans (weder mons Caelius noch Caelius ist häufig) bezeugt der Name der pinrta Cdeliommtana^ nicht Caeliana. Wenn demnach kein Grund vorhanden ist, für die so sicher ursprüngliche Capena eine Um- nennung anzunehmen, so ist damit auch zugleich die Mög- lichkeit ausgeschlossen, sie als das einzige nach dem Ziel- punkt einer aus ihr auslaufenden Landstrasse benannte Thor zu betrachten. Am wenigsten wäre dabei an Capua zu denken, welches ganz abgesehen von der grammatischen Schwierigkeit doch erst für eine sehr späte Zeit überhaupt in Betracht käme. Aber auch die schon von alten Gram- matikern wie es scheint vorgeschlagene Annahme eines nah belegenen lucm Capenm ist offenbar ohne jeglichen Anhalt und zieht »den Namen des grade auf der entgegengesetzten Seite der Stadt belegenen etruskischen Capena willkuhrlich hierher ^^). Sollte nun der freilich etruskisch klingende Name der Ratumenna em Fingerzeig sein, auch die Capma für eine etruskische, nicht mehr erklärliche Benennung zu halten? Dies würde einige Aufmerksamkeit verdienen, wenn wir nicht über jenen Namen als den eines Stadtthors schon gegründete

**) Varros Erkläraog; kennea wir nicht, vielleicht hat er den Na- men gar nicht zu erklären versacht (wenigstens fehlt ein entsprechen- der Artikel bei Festus, vgl. Einl. § 2). Servins zur Aen. 10, 697: lucosque Capenos] hos dieit Cato V^eientum condidisse auxilio r^U Propertü qui eos Capenam cum adolevissent miserat: unde et poria Ca- pena quae (etwa quia?) iuxta Capenos est nomen accepU. So Daniel. Dass hinter Feientum etwas ausgefallen ist, sah Niebahr. Die Rede kann nur sein von dem mit Veji engverbandenen Capena; ebenso müssen wir annehmen, das der lucus Capenatis, den Cato im 1. Buch der Origines erwähnte (Fr. ], 26 m. Ausg.), der Hain der Capeoaten in Etrurien ist. Von Capva, Capua hatte doch wohl Capumü werden miissen.

f 4] TARQUINISCHE BAUTEN UND SERVIANISCHE STADT- 271

Zweifel hätten äussern müssen ^^). Dazu kommt, dftss doch die Namen der sämmtlichen übrigen Thore echt lateinisch, die Endung -ewus in der That zwar selt^D aber doch sicher als lateinische, nachweisbar ist. Wir glauben deshalb den Namen Ct^pena zwar nicht sicher erklären, doch aber als lateinisch und nicht von einem Städtenafmen abgeleitet betrachten zu können *'^). Was wir von den Namen anderer italischer Stadtthore wissen von ihrer Zahl wird unten die Rede sein ist so dürftig, dass es zur Yergleichung kaum zu verwerthen ist: nicht zu rechtfertigen ist jedesfails die all- gemein gangbare Vorstellung, dass sie in der Regel von den Zielpunkten der auslaufenden Strassen hergenommen wor* den sind**).

^) Ob6B § 3 A. 17. Die dort belegte Geschichte von dem vejen- tischen Wagealenker Ratumenna (dean darauf führt die beste (Jeher- lieferuDg) ist eio Seitenstück zu der Legende von der thönernen Qua- driga auf dem Kapitol und als historisches Zeugniss für den Ursprung des Namens werthlos. Sie ist aber kaum erklärlich, wenn der Name nicht wirklich Raiumerma lantiBte «nd so aa die etraskisehen Naman PorsennUy Fibenna (vgl. Corssen Etr. 2, 142 f.) erinnerte. Schon aua diesem Grunde halte ich die Vermuthung von Curtius (Comm. in hon. Ritsch. S. 227), dass RatumenOf vgl. rota, 'Wagenthor', T^o/rilatog nvXrj sei, für unwahrscheinlich, obwohl sie für sicher richtig gilt (Corsaen Ausspr. 1, 528 Beckstein in Cnrt. Stud. 8, 391 ; er selbst er- wähnt sie nicht Etym. ' 345): .wie sollte aber ausserdem, da die Wagenlenkergeschichte wegfällt, unter so vielen Thoren gerade dieses zu der Bezeichnung 'Wagenthor' gekommen sein? Die wahre Bedeu- tung des freilich wahrscheinlich lateinischen Wortes (A. 35) war und ist unbekaniit.

^) Die Behandlung des lateinischen Suffixes -enus bei Corssen Ausspr. 1, 305. 2, 303 und L. Meyer vgL Gr. 2, 186 genügt nicht. Es mag hier nur an den lateinischen Eigennamen Rufr-enus und den pränestfnisdien Turp-enus pat^ (CIL 1, 1541 vgl. Bull. d. i. 1863, 12. 1864, 38) erinnert werden. So künnte also auch porta RatumSna =^ Ratumenna lateinisch sein. Seltene, aber lateinische Bildungen sind auch Capit-öli-unt, Sue-üsa (oben § 2).

>•) So z. B. Promis (Torino S. 197. 207), für Rom unter Bezug- nahme auf den längst beseitigten Namen pnrta Ferenthtä 3 A. 50) und die Namen der anrelianischen Mauer. Aus der verhältnissmässig

272 THßlL f.

Die bisherige UatersuchuDg hat ergeben, dass das aus einem Gedanken entsprang^ne System der Befestigung der Stadt in gleicbmässiger Weise ausgeführt worden ist; dass die nachweislich i^der wahrsclreintioh jüngeren Tbeile den Oiarakter des Werks unangetastet gelassen. haben, und dass kein Grund vorhanden ist, den. Wallbau für junger zu halten als die übrige Mauer. -^ Keine sichere JSpur führte uas ferner auf etruskis che Erbauer: ja die alten Thornamen scheinen einen solchen geradezu aoszuschliessen. Wenn die Steinmetzzeicbea die Kenntpiss eines Alphabets vorausaetaen, so ist wenigstens nicht der geringste Griuid vorhanden, das- selbe für das. etrusfciache zu halten; um so weniger, als sie ohne jede wesentliche Verschiedenheit an einem alten Ge- bäude auf dem Palatin wiederkehren, also auf einer Statte, welche selbst die römischen Gelehrten mit ihrer Etruskomanie ganz zu verschonen genöthigt gewesen sind. Ihrzu käme dann, wenn die bisherigen Beobachtungen zuverlässig wären, das wichtige Kriterium des römischen oder vielleicht eines älteren italischen Maasses, welches beim Schnöden der Werk- stücke zur Anwendung gekommen wäre. Indessen sowohl hierüber wie über die Aehnlichkeiten und Verschiedenheiten, welche die Konstruktion mit südetrurischen Bauten aufzuweisen scheint, ist es bei dem jetzigen Stande der Forschung ge- rathen, das Urtheil auszusetzen. Wir bleiben bei dem n^a- tiven Resultat stehen und fragen weiter, eh die mit derselben Einstimmigkeit den Tarquiniern zugeschriebenen Bauten, der

späten Zeit des aussebildeten Strassenbaues rühren gewiss die Beispiele der porta Secusma (Turin), r^rceüwa (Mailand, Mar. Arv. 772), Ro- mana (Turin; aber ein Zeagniss feiilt), yielleicfat einer Rtnnana in Padiia {extra poriam [ro]manmn CIL 5, 1, 2856) her. Dagegen habet wir allerdings in Igavium ein ' Trebulaoer-', in Pompeji eia ^N»laner-' und Sarner-Thor (? für das Stahianer ist wenigstens pünUram Stafut- nam = pantem Stabianum jetzt nicht mehr anzaführea); andererseits in Capua eine poria lovü (Liv. 26, 14, 6) benannt nach Art. eines Theila der römischen Tbore. Die nach den Wegen benannten Atmia and Cimina van Falerii der Inschr. Or. 1303 Qarrneci piss. urch. 36 sind bedenklich. ,

§ 4.] TARQÜINISCHE BAUTEN UND SERVIANISCHE STADT. 273

Tempel and die Kloake, sicherere Spuren ihres Ursprungs an sich tragen als die Stadtmauer ^*^).

Der kapitolinische Tempel (s. Th. II) ist unzweifelhaft etruskischen Ursprungs: das etruskische Schema, der Stil, die ursprungliche Ausschmückung beweisen es. Das einzige, was von dem ursprünglichen Bau erhalten ist oder als ur- sprunglich angesehen werden kann, ein Theil der Substruktion, lägst freilich wegen der ganz yerschiedenartigen Bestimmung, eine Vergleichung mit dem Mauerbau nicht zu. Doch ist es ^eUeicht bemerkenswerth, dass sichere Beispiele von Steinmetz- zeichen auf derselben nicht gefunden worden sind (oben Ä. 22). In vier Worten und Einrichtungen hat ausserdem die von etruskischen Bauleuten ausgeführte Arbeit ihre Spuren deutlich hinterlassen: dem vicus Ttiscus, den favisae, dem triumpuSy der fompa, Dass die römischen Gelehrten über den Ursprung des Namens vicus Tttscus nur Vermuthungen aufgestellt haben, wenn sie denselben bald mit der einen, bald mit der anderen der beiden angeblichen etruskischen Invasionen, der des Galle Vipina und der des Porsenna in Verbindung brach- ten und dass es uns freisteht, eine wahrscheinlichere Er- klärung zu suchen, wird schwerlich bestritten werden. Un- wahrscheinlich sind beide Erklärungen in dem Maasse, wie es

>^*) Dass die Genauigkeit, mit welcher Lancianis Durchschnitts- maass der Höhe der Blöcke dem Maass von 2 römischen Fnss (0,592 es 2x0,296) entspricht; nicht ganz unbedenklich ist, und dass meine freilich nicht gleich zahlreichen Messungen in der Regel (vgl. z. B. § 2 A. 33, § 3 A. 60. 61) weniger (etwa 0,53—0,56) ergeben haben, glaube ich um so mehr hervorheben zu müssen, als sich dasselbe Re- soitat auch für die Messungen der ungefähr 1 F. hohen Blöcke heraus- stellte. Man sieht leicht, dass dies aof die Frage führt, ob der später gangbare römische Fuss oder ein kleinerer zu Grunde liegt: bewahren sich meine Messungen bei genauerer Nachprüfung, so würde ein Fnss von 0,265 0,289, im Mittel von 0,27 angewandt sein, und dies ist der Fnss, welcher dem von den Alten als oskisch und umbrisch bezeichneten Voraus zu Gruude liegt (Holtsch Metrol. S. 288 vgl* Nissen Tempi. S. 95). Ich muss mich auf diese Andeutungen beschränken: die ganze Frage über den Ursprung und die Zeit der fiinführuog des römischen Normalfusses liegt ausserhalb des Kreises meiner Untersuchungen.

JordaD, römische Topographie. T. 1. 1^

274 THEIL L

die Geschiebte dieser Inyasionen selbst ist'^). Es ist nun merkwürdig genug, dass wie es scheint ein drittes Ereigniss, wekbes sich ungesucht zur Erklärung bietet, der Bau des kapitolinischen Tempels, verschmäht worden ist Wir werden sehen S), dass die Handwerkerzünfte in besonderen Vier- teln und Gassen gewohnt haben und dass die Strassennamea dies bezeugen. Die Herstellung eines Riesenbaus, wie des kapitolinischen Tempels, musste viele Hände lange Zeit be- schäftigen; dass tuskische Bauleute den Tempel gebaut haben, ist uBzweifelhafL Was ist also natürlicher, als dass diese die in der Nähe ihres Bauplatzes gelegene Gasse bezogen haben und dass nach ihnen die Gasse benannt worden ist? Diese Bauleute brachten aus ihrer Heimath die Kunst mit, in den Felsboden, auf dem sie Tempel errichteten, höhlen- artige Baume zur Bergung von Tempelgeräth oder Schätzen einzugraben. Solche fanden sich in Rom allein beim kapi- toUnischen Tempel und hiessen mit einem in Rom allein hi'cr vorkommenden wahrscheinlich etruskischen Namen favisae^^ Mit der Gründung des Dreigötter-

87) Vgl. Schwegler 1, 511 f. 2, 52 ff. Beide Erklärangen sind von Festns 355 aufgenommen worden. Ueber die erste wird A. 56 avsfSlir- licher gesprochen werden: die zweite knüpft an den frenndschaftlichen Abzug des Porsenna an and lässt die vor Aricia geschlagenen Etmsker in Rom bleiben: locus ad habitandum datur, quem deinde Tuscum vicum appellarunt Liv. 2, 14, 9. Ebenso Dionys. 5, 36, verkürzt Festas a, O., verzerrt der sog. Aeron zn Hör. S. 2, 3, 328. Gleiehen Werth hat die Erklärung der Mucia prata als Belohnung des C Mu- cius Scaevola oder Cordus? Liv. 2, 13, 5.

^) Alles was über die favisae oder favüsae gesagt wird (Th. II), Jbe- zieht sich nur auf die Höhlen auf der Area des kapitoltaische» Tempeis, welche mit den zwischen den Grundmauern dieses wie anderer Tempel vorhandenen SJellerräumen nichts gemein haben; solche Höhlen hat schoa 0. Müller Etr. 2, 399 als etroskische erkannt. Das Wort fa- vüüi welches die Alten mit flare zusammenbringen, Neuere (Fröhde Zs. I. vgl. Sprf. 18. 160) mit foveOf x^'^^y ^^ ^^ einem Suffix ge- bildet, welches Corssen (Krit. Beitr. 484 Etr. 1, 204. 2, 138) gans vergeblich bemüht war als altlateinisches nachzuweisen: das von iha übergangene etruskische manUssa ist das einzige genau entsprechende

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tempels kam, wie allgemein zugestanden wird, das CeremonieU der Götterprozessionen an den ludi circemes und der Sieges- prozession des heimkehrenden Feldherrn nach Born; Naoh dem Cincus gew^det war die Front des Tempels. Die Wör- ter iriumpm und pompa haben griechisches Gepräge und die Folgerung da&s sie durch die südetrurischm mit griechisoher Kultur T^^ptvaaten Tarquinier nach Rom gekommen sind, ist unausweichlich. Mir ist es kein Zweifel dass auch die kapitolinische Göttertrias keine einheimisch - latinische odm* gar eine allgemein italische Göttergruppe sondern eiae süd- eCrurische, vielleicht griechischeist, welche erst mit der Aus- dehnung der römischen Herrschaft eine römisch - italische wurde ^^).

Das hohe Alter der Kloake wird mit Unrecht angezweifelt: das Material und die Konstruktion ergeben durchaus keine Bedenken; es ist im höchsten Grade unwahrscheinlich, dass wenn ^ie Ausführung clieses Riesenbaus in d^ fruhrepubli«^ kanischen Epoche erfolgt wäre (im 6. Jahrhundert war er sicher vorhanden) das Stadtbuch uns keine Nachricht darüber bewahrt haben sollte. Der Eindruck den die ßauten des Appius Claudius machten, zeigt wie lange es her war, dass im, Profänbau Grossartiges geleistet worden war. Auf der anderen Seite ist es unmöglich, den Bau für bedeutend älter ids die Ummauerung der Siebenhügelstadt zu halten. ¥er-

AppellativniQ. Aacl^ hierüber wird anderwärts ausführlich gehandelt werden. Iia der, Kürze Aon. 1876 S. 171.

^^) Die Aasicht des Varro .6, 68, dass^ w triumpe (filso auch trium^ fufj sj^ätejT triumpkus) voa ^QCttfißog entlehat sei (vgl. über dieaef Bernhardy Gr. L. G. 2», 1 S. 64»), ist unzweifelhaft richtig (vgl Cwr^aen 2, 163)) das AJter der JBntlehnung zwar nicht durch das triumpe des Apv^i^eagebets (der Schlussraf kann sehr wohl jünger sein als das ^ige), aher durqh die Institution des Triumphzuges yerhji^rgt. Pas- «alhe gilt y>ob der p&mpa, £s ist kaum gli^nUich, dass der GStterzug je aadera. benannt worden sei als zu Plautus' Zeit. Ob auch thetua Fremdwort ist dies^ die durch das Militärdiplom v. J. 60 n. C. n. 2 im CIL 3, 2 verbürgte Schreibung mag dahingestellt bleiben. Göt- tertrias: uAten A. 47.

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276 THEIL I.

anlasst durch das Bedürfniss die dichte Bevölkerung in der Niederung vor pmodisch wiederkehrenden durch Regengüsse und Grundwasser hervorgerufenen Ueberfinthungen zu schützen, setzt sie das aufblühende Leben dieser neuen Stadt unzweifel- haft voraus. Aber dass die Tarquinier sie gebaut haben, lässt sich weder beweisen noch widerlegen. Höchstens kann in der Anwendung des. Bogens ein Wahrscheinlichkeitegmnd für die Ausfuhrung durch südetrurische Bauleute gefunden werden *°).

Von den sogenannten Bauten der Tarquinier wenden wir uns zur servianischen Stadt. Die Ueberlieferung schreibt dem Gründer der reformirten Verfassung wie die Einfuhrung der Yermögensschätzung als Grundlage für die politischen Rechte und militärische Gliederung der Bürgerschaft so die Eintheilung des Gebietes der Stadt, deren Ummauerung er vollendet haben soll, in vier Theile, tribm, zu, deren jede er nach den darin belegenen Hügdn basannt habe^^X Die

*^) Vgl. § 7 nod oben S. 12. -^ Der lateinisciie Name ist keio entBcheideoder Beweis. Das Suffix yob do-äc-a ist lateinisch (Corsaen 1, 195. 590), für die Wurzel führt man Plinius 15, 119 an, welcher die Venys Cltuicina von cltuire, furgare ableitet: sie habe ihr Heilig- thum, wo die Römer und Sabiner Frieden geschlossen hätten. Man vergleicht yXv-tfii u. a. (Curtius 151). Der Beiname der Göttin ist ron dem Ort hergenopimen, wo das saoellum stand. Vielleieht aber gehört hierher noch die fossa chtilia,

") Dionys. 4, 14: eis rixTaqag fioiqag ^lekwv tr^v noXtv xaX &i(ifvog inl rtSv X6(p(ov ratg fioCqtttg rag (Tiixl'riaeig, t^ fjik» HaXa- j£vrjv, T^ 6k Soßoqävriv^ t^ 6k TQtrrji KoVdvriV (die Hs8. xolkatCvrfV), ijf 6k ttta^tr^ Ttov (JLOtQWf 'itfxvUvfjVf tnqdipvlav inoiffas tipf noUv iivai TQ(<pvlov ovaav timg. Livius 1, 43 nach der ReeensSon des Pfi* comachus: quadHfariam enim urbe dwisa regiordbusque {quae M von 1. Hd.) eoüüms qut kaMtabantur partes eas tribus appeUavüi die Lesung anderer Hss. regUmtbus coUibusque ist Konjektur. Allein weder in dieser noch in Mommsens Fassung (Tribus S. 2) regionibusque ^eoüi- busque qta h, ist der Relativsatz verständlich. Wegen der als sehr wahrscheinlich anzunehmenden Uebereinstimmnng mit IMonys schreibe ich: dwisa regümibus, a collibus, quibus habitabantur, u. s. PIvss (N. Schweiz. Mus. 6, 59): regimibus quae tolHbus qtdnque h.; allein damit bürdet er Livius eine Willkürlichkeit in der Zählung der Berge

§ 4.] TARQÜINISCHE BAUTKN UND SERVUNISCHE STADT. 277

Feldmark, über deren Umfang unten zu handeln ist, theilte derselbe m Gaue, pagi ein. Jene bildeten fortan bis in die spätesten Zeiten die tribus urbanae, diese den Stamm zu den allmäbUch mit der Erweiterutig des Staatsgebiets an ZaM wachsenden tribus rustteae^% Dass die städtischen Regionen von Servius in md eingetheilt worden seien ist dne junge Erfindung (unten). Die Namen jener Tribus waren in d^ in geschichtlicher Z^it feststehenden Reihenfolge, welche zu« gleich emen Vorrang der beiden ersten vor den zwei letzten bedingte (Bd; 2, 247) Svburana Palatina Esquäina CoUina. Das Gebiet, wdehes diese 4. Tribus bildete, stellte die Ver^ einigung des ursprünglich gesondert bewohnten colUs mit den alhnählidi an die palatinische Burg angeschlossenen motUes (oben § 2 S. 199) dar und reichte sowdt wir sehen können im ganzen äusseren Umkreise bis an, nicht über die Stadt- mauer. Die Namen der Tribus, die unten zu erörternde Vertheilung der Argeerkapellen und ein ausdrückliches Zeug- niss (s. unten) beweisen» dass von dieser Viertelseintheilung ausgeschlossen blieben das Kapitel und der Aventin. Damit stimmt die Thätsache überein, dass religiöse Genossenschaften

aaf. Die Abweichung ia der Anfsahlaag bei Dioays von der oben «ligegebeneB offiEiellen ist unerheblich, da sie die nach der Rang- ordnung zuaammengehörigen Paare zusammen lässt. Dass die Reihen- folge in der Argeerurkande Suburana EsquiUna Coüinu Palatina nur dem Zweck der Prozession dient und die hier vorkommende Bezeidi- nnog regio nicht eine Verschiedenheit der regicnes und der tribus be^ SHindet, will ich nicht abermals erörtern. Uebrigens nennt Dionys wie Varro und Liyius die Tribus ftoT^i, partes urbis,

*^) Dionys. a. 0. o. 15. Was über diese pagi (von pag^ : Gors- Mn 1, dddy die Alten falsoh, aber mit richtigem Gefühl für das Wesen der Sache, von nify^, Fest; p. 221; quod ccmmuni fmte uterentur) und ibre ZM seit Mommsens Tribus 15 ff. 211 ff. gesagt worden ist (vgl. Marquardt Slaatsverw. 1, 5 f.) berührt die Topographie nicht näher, lieber ihre Nlunen ist § 2 gehandelt worden. Die Aufhebung derselben in Italien durch die cäearisohen Gesetze von 49 und 45 v. C^ hat die sacfalen Yerbände auf dem Lande und gewisse communale in der Stadt, letztere walurscbeinlieh bis auf Augustns, bestehen lassen. VgL De^ lefsen Bull. delV inst. 1861, 48 ff.

278 THEIL 1.

auf dem Kapitol, Aventin und im Thale des Circus nocli in geschichtlicher Zeit diese innerhalb der Ringmauer befind- liehen Gegenden als Gaue, pagi, bezeichnen, wie solche un- mittelbar bei der Stadt ausserhalb der Ringmauer, auf dem Janiculum, dem Esquilin und sonst bestanden. In dem Maasse wie die Organisation der Stadt vorräckte, verwandelte sie vr- sprüngliche ländliche Gaue in städtisches Gebiet Ein Beweis dafür aus vorservianischer Zeit ist der pagus Sucnsawus^ der ursprünglich ein Vorwerk der palatinischen Stadt, nun eins ihrer 4 Viertel war^^). Der Sprachgebrauch bewahrte noch spät die Erinnerung an dieses stets nach aussen sich yer-

^) Folgende stadtische pagi sind bekannt (s. Detlefsen in dem A. 42 a. Aufsatz vgl. Mommsen R. G. 1^, 111 and zu CIL 1,805). 1. Janienlam. CIL 1, 801. 802 «== 6, 2220. 2190 magUtri pagi lamcolengis erbauen porticu(m) [ce]llafn cuUnam aram und , . . . gs. (?) astos et mace[riam] de pagi sente7ii{ia) : die erste Inschrift auf einer Travertinplatte, die zweite im opus signinnm, beide gefunden in Trastevere beim Baa der Tabacksfabrik am Fnss von S. Pietro in montorio , graechisehe Zeit •^ 2. Aventin. Henzen 6010: mag(i8ter) coWfigit) lupere9r(um) et Capi- titlinor(um) et Mercurial(ium) et paganar{um) Aventinimsium) XXVI vir . . . , unvollständige nicht mehr vorhandene Inschrift von Lanuvium aus der Zeit des Augustus, vgl. CIL 1 S. 186. 3. Subura, älter Su- ensa, von pagui Sucusanus. Yarro de 1. 1. 5, 49 (obien S. 185 f.) 4. Esqnllint StUck eines Volkssehlusses (?) aus der Zeit das Sulla BnlL munic. 1875 t. XIX Z. 7: ... quei haee looa ab paag» Montamo . . ., SchlnSB fehlt (oben S. 184). 5. 6. Kapitol und Circus* Cicero ad Qninium fr. 2, 5, 3: M, Furtum Flaocum ; . CapiioUm et Mercuriaies de collegio «ieeerunt. Mitglieder der CapitoUni aus der Zeit des Augustus Henz. 6010 (s. N. 2) und der Republik CIL 1, 805 {Oesipu^ (kgaiaut mag. Capi[toL] mag, luperc. viat, tr,). Das Collegiam angeUioli 364 ge- stiftet (Liv. 5, 50 s. unten A. 46). An die Legend« über die Grün- dung des T. des Mercuriw am Circus knüpften die Annalisten die Stiftung eines coUegivm mercatorum. Ob diese von Cicero und in der N. 2. a. Insdir. genannten Mercuriaies ebenfalls sn einem pague gehör- ten, muss dabiflgestellt bleiben. 7. (?) Ein mag{istet) de duobue pa- geU et vicei Stdpicei CIL 1, 804 »6, 2221, woselbst Ritsehl Pr. lat Suppl. V. t. YD fehlt. Nuove memorie deir i. S. 242 habe ich ver- muthet, dass diese duo pagi unmittelbar vor der porta Capena suchen seien. leb sehe jetat, dass wabrseheinlieh Jhie peigi- wie Septem pagi^zum Eigennamen geworden ist.

§ 4.] TARQÜIISISCHE BAUTEN UND SERVIANISCHE STADT. 279

schiebende VerbältDiss in den Namen der morUam pojimu^^). Femer muss es im Zusammenhange damit stehen, dass der ATentin, wie er niemals den städtischen Tribus mnrerleibt worden ist» so bis 2u der die alte Ordnung durchbrecheaden Nennung des Kaisers Claudius ausserhalb des Pomeriizm ge- legen hat. Wenn die Untersuchung (s. $ 5) ergeben wird dass die Linie des senrianischen Pomeriums bis Sulk längs der Stadtmauer lief und zwar nachweislich von dem Kapilol bis zur pmia Capena, so müssen wir annehmen, dass es um den Aventin auszuschliessen , vom Kapitol südwärts auf der westlichen Seite des Palatium im Circusthal lief. Auf diese Weise deckt sich das Gebiet der 4 Tribus mit dem von dem Pomerium umschlossenen, nur dass das Kapitol wie un- zweifelhaft innerhalb des Pomerium, so unzweifelhaft ausser- halb des Tribusgd)iets lag. Wenn man nun mcht annehmen will, dass die Ringmauer welche den Aventin einschloss, jun- ger ist als die übrige (S. 265), so folgt aus diesen Thatsachen mit Nothwendigkeit dass derjenige König, dessen grosser Gedanke und gewaltige Macht die lose verbundenen Niederlassungen durch Umlegung eines steinernen Ringes für immer in eine Stadt, die Siebenhügelstadt, umschuf, zugleich von der religiösen und bürgerlichen Eintheilung derselben den Aventin und das Kapitol ausschloss. Die Grunde die dazu nöthigten sind unzweideutig bezeugt durch die fernere Geschichte beider Berge.

Zu den unzweifelhaftesten Thatsachen gehört es, dass 4er Diana auf dem Aventin wie am Nemisee latinische Ge- meinden gemeinsam ein Heiligthum weihten. Aber es ist eine irrige Vorstellung der späteren Zeit dass dies in einer

^) Mammsea hat mit Recht (Tribus 212) in den Ansdrückea der tie:c Salpicia (b. Festus 340): mon]tani paganive si{fi9 aquam divi- dunto] aod Ciceros de domo 28, 74: nulium est in hat urbe coUeffium. flt«2)i pag^ani aut montam u. s. w. die Gesammtheit der pld>g urbana crkanot: nur glaube ich nicht, dass diese mon^M mit dea«a des alten *eptmontium etwas za schaffen haben (oben S. 199), aedi weoi^^er mit dea Argeern (untea)«

280 THEIL I.

Ton Menschen nicht hewobnten Waldeinsamkeit aoch auf dem Aventin geschdied sei. Yiehnehr haben wir allen Grund an- zuiehmoi dass dieser sonem Um&ng nach grösste der römischen Hügel Ansiedlungen schutzverwandter Yon dem Stadtgründer nicht in den Organismus der Vierstadt auf- genommener Latiner getragen habe**).

Eine Frage Ton watgreifendoer Bedeutung ist die der Ausschliessung des Kapitels (vgL Th. II.). Die Gründung dnes GoUegiuras Ton Leuten welche ^das Kapitol und die Burg' (d. h. das Kapitol im weiteren Sinne) bewohnen und das bald darauf folgende Verbot £är Patricier dl>eiidaselbst nidit zu wohnen ist mit der Geschichte des Betters und des Hochyenrathers Marcus Manüus und der Erklärung si»nes Bei- namens CapüoUmu verwebt, die Führung dieses Beinamens in anderen patricischen Familien des 4. Jahrhundtfts unter- liegt wie schon hervorgehoben wurde manchen ernsten Be- denken. Nicht minder auffallend wäre es wenn wirklich nach Eriass jenes Verbots Plebejern fortan ges'tattet worden wäre den Berg zu bewohnen. Ich kann vielmehr das angebUch in

^ Die TOB Livios 3, 31 knrx erwütste lex leüia de AvenUno pmbUeaitdo y. J. 298 kaan mmoslich dabin yentuden werden, dass der Berf^ ganz «der xim grossen Theil, wie Dionys sagt (10^ 31 ovx anas tote ^papo^ nnbewokat war. Seine ErziUnng entlüUt die dent- lichsten Sporen, dass seine Quelle spatere Anschannngen eiunisdite (ganz besonders charakteristisch ist der Ban der uuuIob e. 32, ygl. § 8). Sidit Ban auch ganz ab yon den in der Rönigszeit dahin nbersiedeltea Gemeinden, so sprechen der Gannane (oben S. 183) and das Collegium der JvaUmaues (oben A. 43), yor allem aber di« Ilmtsacfae, dass die seryianisehe Befestigiing ihn einschloss, dentUdi für, die yerhaltnisa- massig spate Anlegung einer gepflasterten Fahrstrasse, des eUvus Pu- bUeius^ nicht gegen die Annahme einer alten Ansiedelang. Den Bei- namen AveMtutnuU fahren nur die Genncii in den Gonsnlaten 389 392. Da es mit diesen Ortsbeinamen iberbaopt bedenklieh st^t (oben 192 f.), so A^iiflt anch dieser Beiname der Vorkampfer der Plebs (Mommsen Forsch. 1, 111) als absiehtUche Dlastration zn der jüngeren Version anzosehen sein. Mir seheint, dass das fMkmn des Berges sich mit alten Ansiedelnden verträgt, ohne dass man sich an Dionys so eng anznschliessen brauch^ wie es Schwegler 2^ 598 ff. g^han hat.

§ 4.J TARQÜINISCHE BAUTEN UND SERVIANTSCHE STADT. 281

Folge des Hochverraths des Manlius erlassene Verbot in Ver- bindung mit der nicht zu leugnenden Existenz eines heiligen GoUegiums von Kapitolinem für nichts anderes halten als für die Formulirung der Thatsache dass nach Gründung der ser- vianischen Stadt die ausschliessliche Benutzung der beiden Gipfel des Berges zu religiösen Zwecken- von selbst eine ge- setzliche Regelung des Anbaus des ganzen Berges herbeiführte. Dazu kommt, dass die mit der religiösen Hand in Hand gehende militärische Bestimmung desselben als Citadelle für den Anbau überhaupt schwerüch mehr als die Abhänge unter der Burg- mauer übrig liess und dass die Bebauung derselben so gut me bei griechischen Akropolen nach militärischen Rücksichten eingeschränkt sein musste. Wir haben endlich noch das werthroUe Zeugniss dass im Jahre 666 die 'um das Kapitol* belegenen der Staatspriesterschaft bis dahin überwiesenen öffentlichen Grundstücke vom Staate eingezogen und an Pri- vate für Rechnung der Staatskasse veräussert worden sind (vgl. § 5). Es ist sehr wahrscheinlich dass diese Ueber- weisung in den Beginn der Entwicklung der servianischen Stadt selbst fällt, jedesfalls sehe ich keinen Grund sie erheb- lich tief hinabzurückeh. Alles das genügt vollkommen zur Erklärung der Thatsache, dass das Kapitel ausser der Regionen- eintheilung lag und in jenen Gegensatz zur Stadt trat den noch die klassische Sprache durch die Formel whs et Cafi- tolium bezeichnet *•).

^) Nach dem galUschen Brande 364 wird ein GoUeginm . . ex ns qui in CapüoUo atque arce habitarent gestiftet und ludi Capitoltni ein- gesetzt (Liv. 5, 50), nach der Vernrtheilnng des Manlios Gapitolinas ein Volksschlnss dorehgeb rächt ne qui» patridus in arce aut in CapüoUo habitaret (6, 20 vgl. Mommsen Hermes 5, 245). Jenes GoUeginm wird nach der Zeit des Angastus nicht mehr erwähnt (vgl. A. 43, 5. 6). Den f^vauLmen CapitoHnu» führen in den Fasten des 4. Jahrhunderts ausser den Manliern 4 altpatrieische Gentes (oben S. 176), aber gefälscht ist er offenbar bei den Maelii (354. 358 vgl. aeqiämelium) und F. Sestius (302 softst Capito), Ich weiss nicht, wie alt der Beiname in plebejischen Familien ist (z. B. Petillii, Munzraeister d. J. 711; thörichte Erklärung des Beinamens bei Porph. zu Hör. Sat. 1, 4, 14), Das GoUegium und

282 THEIL L

Dass der Name mans Tarpems der alte Name für den ganzen Berg gewesen sei ist unerweislich: alle Spuren führen darauf dass er eine auf Deutung beruhende Verallgemeinerung des saxum Tarpeium ist (oben S. 187). Der Name cqN^ tolium haftet an dem südlichen Gipfel welcher von dem nordlichen durch eine tiefe Einsattelung getrennt ist, und dieser heisst arx. Der technische besonders scharf im Ka* lender und den übrigen die heiligen Orte angehenden Ur* künden hervortretende Sprachgebrauch kennt nur diese Doppd- bezeichnung, sie liegt den besprochenen die Bewohnerschaft betreffenden Bestimmungen zu Grunde. Es ist natürlich dass a parte potiore daraus und nebenher sich der allgemeine Name mom CapitolinuSf Capäolini entwickelt hat. Wir haben schon angedeutet (oben § 2 S. 180) dass der Name eapüelhim, Hauptberg, weder von der Höhe noch von der Ausdehnung des Berges oder seines südlichen Theils herrühren kann: es ist der Berggipfel der zu Häupten oder als Haupt der Stadt den Sitz der Stadtgötter tragt. Keineswegs ist damit gesagt dass seine Entstehung der Gründung des etruskischen Tempels gleichzeitig ist: wohl aber scheint es unzweifelhaft dass er einerseits mit der ummauerten Stadt andrer- seits mit der arx zusammen eine Schöpfung des Stadt- gründers ist: das angeblich ältere cafüolium des Qui- rinal beweist nichts dagegen ^^). In Wechselbeziehung zu den

die Gog^nomina beweisen, dass nicht der ganze Berg in alter Zeit Tempelgpt war, das Verbot bestätigt» dass mindestens ein grosser Theil der Bebauung entzogen war. Ueber den Anbau nach 666 s. Th. ü. Orosius 5, IS: loca publica quae in jeireuitu CapUolii pontifieibus auguribus decemvirü et flammünu tradäa erant, cogente inopia ven- dUa mnty von Gnaeus Pompejua Proeonsnl 666: zuerst richtig ver- werthet von Ambrosch Studien u. Andeutungen S. 198. 203. Ueber den Zusammenhang dieser Haaasregel mit der Aufhebung des alten Pomerium s. § 5. ürbs et CapitoUumi Caesar Ciy. 1, 6, 7 vgL Hermes S, 88*

^^) Freilieh sagt Varro 5, 158: Capitolium vettu quod ibi saeel^ tum JovU lunmU Minervae et id 4mtiqmu$ quam aedie quae in Capi- toUo facta est und um den Parallelismas vallstäadig zu maehea, findet

§ 4.] TÄRQÜINISCHE BAUTEN UND SERVIANISCHE STADT. 283

Stadtgöttern auf dem södlicben Gipfel steht das Himmels- observatorium der SiebeDhügetstadt auf dem nördlichen. Zwischen beiden wacht wie zwischen dem linken und rechten Ufer auf der heiligen Brücke (unten) der Rficher Vater Ve- jovis. Aber der Name selbst scheint anzudeuten dass ausser dem Himmelsobservatorium der um ein geringes höhere nördliche Gipfel die ^ Wehr ' der Stadt trug. Dies kann nicht so verstanden werden als ob nur dieser Gipfel befestigt ge* Wesen wäre. Trümmer und Geschichte beweisen (vgl. S. 205 f.) zur Genfige dass der ganze Berg mit seinem ursprünglich einzigen yertbeidigungsfähigen Aufgang von der Seite des Forums die für alle Fälle sidiere Festung bildete auf dem

sieh aQeh dw auguraeulufn auf dem Quirinal wie auf der arx (Bd. 2, 264): aber ist deno mit Ambrosch Stadien 172 uod denen, die ihm folgen, diese Altersbestimmung ohne weiteres zu glauben? Sind deno die Gegenüberstelluog des älteren sacellum und der jüngeren aedes (o1)en § 2 A. 15), der durchgeführte Gegensatz der sabinischeo und der palatittiAchen Stadt, das Fehlen eines ladividoalnamens des tollis nicht ebenaoyiele G^gvogründe gegen die Authentieitat der varronischen Da- tirung? Das capüoliwn auf demAveotin ist eine Fiction der Neueren (Eph. epigr. 1, 236 ff.). Ich bestreite ferner, dass das Vorkommen von capitoUa römischer Städte (vgl. Braun, die Rapitolia, Bonn 1849) etwas anderes beweise, als dass mit der wachsenden römischen Herrschaft der Name capitoUum wie die Namen anderer stadtrömisoher Denkmäler, z. B. der ro$tra (Eph. epigr. 1877) oder Stadtgegenden und Strassen (vgl. § 8) in die romanisirten Städte eindrang; was das Ckipütdum ffernicum (hometum die Hss.) bei Plin. 3, 63 dagegen beweisen soll (Schwegler 1, 794 u. A.), verstehe ich nicht; unverdächtige Zeugnisse fSr ein capitoUum einer Dicht romanisirtee Stadt sind mir unbekaont. Endlich ist schon oben die jetxt fast aUgemein gangbare Ansicht, dass die 3 kapitolinischen Gottheiten eine altitalische Trias seien, zurück- gewiesen worden. Es giebt meines Wissens keinen Beweis dafür (denn das § 2 A. 35 angeführte Zeugniss über die drei GStter und drei Thore der Etruskerstätte beweist doch für die in allen etrns- ki sehen Städten verhandenen Tempel dieser 3 Götter genau so wenig wie für die Existenz von 3 Thoren in denselbeo: vgl. A. 49*^); nicht l^estützt wird sie durch die Dreigöttertempel in Städten des römischen Reichs ; gegen dieselbe scheinen mir mythologische Gründe zu sprechen^ welche freilich hier nicht entwickelt werden können.

284 THEIL I.

im Falle räuberiscber Ueberrumpelung der Stadt in tiefini^ Fiieden wie im Falle der Durchbrechung des weit ausgedehn* ten Mauerrings im Kriege die Schätze des Staats sicher ge- borgen waren: unter dem Throne des Juppiter auf dem ca^ pitolmm und später in der Münze auf der arx. Aber die Geschichte lehrt ebenfalls dass der südliche Hügel, auf den der Burgweg fährte und der von der Seite des Flusses und des Marsfeldes her allenfalls zu ersteigen war, der schwache Punkt dieser Burg war; nur gegen diesen richten sich die bekannten glücklichen oder unglücklichen AngriffsTersuchey nicht gegen. die arx. Sollte man ihr nicht den Staatsschatz anvertraut haben ehe der Tempel des Saturn und die Münze entstanden? Als den militärischen Hauptplatz kennzeichnet die arx auch die Kriegsfahne, welche hier weithin sichtbar wehte, während die Hörner von den Mauern herab die Bür- ger zu den Waffen riefen 3 AA. 81 u. 4). Zu Suren Füssen endlich befindet sich nach der jetzt gangbaren Mei- nung der Burgbrunnen, das tvllianum. Indessen muss ein- gestanden werden dass diese namentlich auf der Analogie des Burgbrunnens von Tusculum ruhende Annahme Schwierig- keiten macht. Ist es richtig dass die Konstruktion dieses Gebäudes dasselbe in die Zeit nicht nur vor dem Bau der Kloake sondern auch wahrscheinlich vor dem der Stadtmauer verweist, so ist es also auch älter als die Burg deren Schaf- fung uns unzertrennlich scheint von der der Stadtmaua*. Und welche nachpalatlnische und vorservianische Stadt sollte wenn wir von der hoffentlich genugsam zurückgewiesenen Erweiterungsgeschichte absehen ihre arx auf jenem Gipfel erbaut haben? Dazu kommt nun femer, dass in unmittel- barer Nachbarschaft sich das alte Heiligthum des Janus be- fand, dessen Beziehungen zu den Quellgottheiten schon be- rührt worden sind. Es darf wohl die Frage aufgeworfen werden, ob wir es hier mit einem alten Quellheiligthum zu thun haben. Wir kommen auf die Beurtheilung dieses Bau- werks (§ 7 Theil II) zurück. Doch mag es sich damit verhalten wie es wolle : das eine scheint uns keinem Zweifel zu unter-

§ 4. ] TARQÜINISCHE BAUTEN ÜWD SERVIANISCHE STADT. 285

liegen dass der ganze Burghugel als Göttersitz und Ge- wahrsam des Schatzes desselben Ursprungs ist wie die Stadt- mauer und die Regionenstadt, der Tempel der drei Götter, der ihn voraussetzt, also jünger.

Das Pomerium welches die Stadt der Tier Viertel um- läuft ist ideal als Templum gedacht und soll ein Quadrat sein, dessen Seiten nach den Himmelsgegenden gerichtet sind. Diese Gestalt hatte wie gezeigt wurde nach priesterlicher Festsetzung das Pomerium der ^ alten palatinischen Stadt'; ebenso legten die Römer ihre Kolonien an und die Aehnlich- keit der Grundform des Lagers ist längst bemerkt worden. Aliein das Pomerium der servianischen Stadt hat weder mit einem Quadrat noch mit irgend einer geometrischen Figur eine Aehnlichkeit: gebunden bis auf ein Stück im Westen an die wesentlich der Terrainfonnation angepasste Mauer beschreibt es mit dieser eine ganz unregelmässige bald zungen- förmig ausspringende bald busenförmig eingezogene immer ttndulirende Linie. Diese Tbatsache scheint das grübelnde Gewissen des Kaiser Claudius beschwert zu haben: denn die Figur, welche sein neues von der Mauer losgerissenes Po- merium beschrieb, nähert sich auffallend der quadratischen Form 5). Fehlt es so an allen Kriterien nach denen man gewisse Abschnitte des Pomerkim als die Nord- und Sftd-, die Ost- und Westregion desselben begrenzen könnte, so sieht es auch mit der Lage der vier Viertel des zu den- kenden Quadrats und ihrer Theilung durch eine Nord -Süd- linie (Gardo) und eine Ost-WestHnie (Decumanus) nicht zum besten aus. Als den Decumanus hat man die saera via zu erkennen geglaubt ^^); Und in der That, wenn man der aus den Priest^schriften geschöpften Versicherung folgt, dass die-^ selbe reichte vom saceUum Strmiae in der Gegend südöstlich vom Colosseum bis auf die ara> (oben § 2 A. 74), so blieben auf jeder Seite dieser Linie zwei Regionen , auf der als die südliche zu betrachtenden die Suburana und Palatina^ auf

^) GötUing De sacra via, Progr. Jena 1837, und Staatsverf. S. 202 ; mit ihm Nissen Tempi S. 85^

286 THEIL I.

der Dördiichen die Esqutlina und Coüma, Es musste dann der Cardo gesucht werden. Die sudliche Hälfte schien sich ungezwungen in der Strasse zwischen Gaelius und Palatin zu bieten; allein der nördlichen Fortsetzung, welche in d^ Luft- linie zur porta CoUma fuhrt (unten), entspricht kdlne auch nur annähernd der Graden ähnelnde Hauptstrasse und d«r Gedanke an den späteren Untergang einer solchen ist durch die Terrainbildung ausgeschlossen: erst die gewaltsamen Um- gestaltungen der Strassenläufe seit Sixtus V. haben theilweise die uralten natürlichen Verkehrsadern durchbrochen. Setzt man sich auch über diese Schwierigkeit hinweg^ so ist doch selbst die Sacra via als Decumanus nicht ohne Bedenken. Denn es ist nichts weniger als ausgemacht, dass der Name derselben in der von den Priestern bestimmten Ausdehnung jemals gebraucht worden (s. Th. H) und sicher, dass ihr Westende überhaupt kein Thor erreicht hat. Femer fällt diese Ost-Westlinie mit einer der yier Seiten des pälatinischen Pomerium zusammen : sie bildet dessen Nordseite. Es wurde daraus folgen dass für das palatinische Pomerium als die nach Osten gewandte Front die Seite gegenüber dem Caelius zu betrachten wäre: diese Front hat kein Thor, Bei der vdlligen Unsicherheit über die schneidenden Linien und der Abwesenseit eiaer dem Quadrat ähnlichen Umfangslinie kann auch von vier nach der Analogie des Lagers und der rdmischen Kolonie aufzunehmenden Haupt- thoren unter den mindestens 12 ursprünglichen Stadt- thoren^^) nicht die Rede sein. Selbst zugegeben die viasacra sei der Decumanus und endete, wie dann freilich nothwendig anzunehmen, ist, nicht auf der arx sondern an einem Thor, so konnte dies Thor do^fa nur das unmittelbar an der ars belegene (die sogenannte Rattime$ma) sein, nicht die Carmenr talis, zu welcher von der sacra via abbiegend der viims tu- gurius führte ^^). Als das ent^iprechend^ OsttfafH* wäi^e eben

^) Die 37 der Zeit Vespasians 3 A. 5) Bind natürlieh niebt nrsprüoglieh: auf 12 wird laaD nach dem § 3 gesagUo kommen. Als Normalzahl der Thore der < etruskischen ' Stadt gilt 3: §2 A. 35.

^*) Als sicher bezeichnet Nissen S. die Ei^nsdkaft der Cot' mentalis als porta decumana, als möglidi die der Capena als prind-

§ 4.] TARQÜINISCHE BAUTEN UND SERVIANISCHE STADT. 287

SO nothwendig das Thor am Caelius (Caelimontana?) anzu- sehen , for das Nordthor bliebe die Wahl zwischen den drei Wallthoren, von einem Südthor kann bei der Inkongruenz des Pömeriam und der Uauer nicht gesprochen werden.

Von dem Torausgesetzten Stadttemplum der servianischen Stadt lässt sich also besten Falls behaupten, dass unter gänz- licher Aufgabe der bei der Gründung yon Kolonien nach ausdrücklichen Zeugnissen und den erhaltenen Resten zur Anwendung gekommenen mathematischen Grundform, die Idee des Pomerium als der Auspiciengrenze zur praktischen Anwendung gekommen ist und es kann sein dass auch die vier Viertel als ideale Grundbestandtheile desselben zu be- trachten sind. Einer weiteren Durchführung der Aehnlichkeit des 4ier Kolonie und dem Lager gemeinsamen Grundschema widerstreiten die topographischen Thatsachen: die principielle Richtigkeit der Forderung, dass dieses Grundschema das aller italisdier Städte sei, haben wir nicht zu untersuchen.

D^ Umlauf um das Pomerium der palatinischen Stadt an den Lupercdien galt nach priesterlicher Auffassung der Lustration derselben. Keine Stadt, keine Feldflur entbehrt em solches seine Grenzen weihendes und schützendes Fest. Hat auch die Vierregionenatadt ein solches?

Die Inkongruenz der vier Regionen und der Stadtmauer, welche die sieben Hügel umschloss, haben die Alten nicht zu erklären vermocht. Sie mag auch daran Schuld sein dass man als den Geburtstag der urbs Roma den angd^lichen Tag der Gründung der urhs antiqaa oder des oppidum PdleUinum durch Romulus, <Ue Paräia feierte. Dennoch ist die Grün- dung jener wie (heser in religiösen Formen gefeiert worden : wie das palatinische Pomerium an den LupercaUen umlaufen warde, so haben Fest- und Opferumzuge das Pomerium der servianischen Stadt und die Grenze des servianischen Staats- gebiets gesühnt.

palis dextra: jenes nur weff^en des bösen omen und des Namens porta icderata, worüber sich jeder nach der Beseltaffettheit der JNachrichteii § 3 A. 74 ein Urtheil bilden kann.

288 THEIL I.

Die von Yarro im pontificischen Archiv excerpirte Ur- künde sacra Argeorum lehrt, dass in jedem der 4 'Stadttheile' 6 8€tcella, benannt argeif waren. Zu diesen sacella begab sich am 16. 17. März die Staatspriesterschaft; man weiss nicht was daselbst geschah: nur ist es gewiss dass die Flaminica Trauer hatte. Am 15. Mai wiederholte sich ihr Besuche 24 Binsenpuppen wurden (ebenfalls argei. genannt?) an die Tiberbröcke getragen; im Zuge gingen der Stadtprätor und von der Burgerschaft * die Berechtigten \ Die Puppen wurden nach vorhergegangenem Opfer von der Brücke in den Fluss geworfen. Die Betheiligung des Stadtprätors in Gemeinschaft mit der St'aatspriesterschaft bei diesem Feste wie bei dem Opfer für Hercules Victor, dem Feste der Bona Dea und wenigen anderen, die Vollziehung der Haupthandlung durch die vestalischen Jungfrauen, denen Gebet und Gelübde für das Heil des Staates am Staatsheerde zufallen, bärgen dafür dass der Ausdruck mit welchem das Hauptfest am 15. Mai bezeichnet wird, ^die grösste Sühnfeier', mehr ist als eine bedeutungslose Phrase und dass das Fest ein Sühnfest fiör die Stadt der vier Regionen ist. Ferner ist es sicher dass an dem Hauptfest die genannten Theilnehmer die 24 saceÜa besuchten und bei ihnen opferten; die vier Regionen wurden dabei in Prozession umgangen, die Prozession begann an der Grenze der palatinischen und suburanischen und endete da- selbst. Man muss wohl annehm^i dass von dem Endpunkt über die sacra via zur Tiberbrucke gezogen wurde um das Schluss- und Hauptopfer darzubringen. Weder der Name der argei noch die Zahl ist bis jetzt erklärt worden: die Bedeu- tung des Festes tritt vielleicht in ein heileres Licht wenn wir ein zweites gleich wichtiges aber gleich dunkeles zur Vergleichung heranziehen, die Ambarvalien'^^).

^) Vgl. oben S. 39. Es ist nützlich, noch einmal die berahmte Stelle des Varro 5, 41 ff. in ihrem Znsammenhange herzusetzen: übt nunc est Roma Septimontiwn nominatum (sicher, trotz einer Um- stellung in der Hs.) ah tot montibus quos postea ttrbs muris com- prehendit e quü Capitolium dictum quod . . . Aventinuni aUquod dt causü dicunt . . . reliqua urbis loea oHm disereta, cum Argeorum ta-

§ 4J TARQUINISCHE BAUTEN UND SERVIANISCHE STADT. 289

Der bekannte Bericht des Straban lautet: ^zwischen dem uad Meilenstein von Rom ^ebt es einen Ort Festi (?). Diesen hält man für die Grenze des Stadtgebiets' (zur Zeit der Gründung durch Romulus und Remus). *Die Priester Yollziefaen am selben Tage dort und an vielen anderen Grenzorten das Fest der ambarvia\ Dies geschah am 29. Mai. Auf denselben Tag fällt das Fest im Hain der Dea Dia am 6. Heilenstein von Rom auf dem rechten Ufer des Tibers, an welchem die Ackerbrüder zum Mars beten, dem- selben Gott zu welchem der Gutsherr beim Umzug um die Feldmark betet, jene wie dieser um Abwehr alles Schadens von dem umgangenen Gebiet. Es müsste der wunderlichste Zufall sein, wenn jener räthselhafte Ort nicht eben der Hain der Dea Dia, eine der Opferstätten auf der Grenzlinie des Staatsgebiets wäre: dass uns die Nachricht von den übrigen verloren gegangen ist, ist sehr natürlich, da Augustus, als er aus dem Archiv der Pontifices das unzweifelhaft als sacra fratrum arvalium noch erhaltene Ritual, von dem .uns die igttvinischen Tafeln einen Begriff machen künnen, hervorzog und die nicht mehr in Thätigkeit befindliche Genossenschaft reaktivirte, gewiss einsah dass in der damals ringsum dicht bebauten Campagna der vollständige Opferumzug um die alten

erofria in septem et viginti f artig urbi* sint disposita (so F: doch ist sehon wegen des Folgeoden, wie ich auch jetzt noch überzeugt bin, Dothwendig zo leseo sacraria XXIIII in IUI partis; nicht sturaria in XXII JI partis). j^rgeos dictos , . , e quis (nehmlich von den //// par- tes, aber doch nicht von XXIIII) prima scripta est regio Suburana (folgen die 4 Hegiooen in der oben angegebenen Ordnung) . . . tn Su- burcmae regioms parte princeps (folgten in jeder Region die Argei princeps bis sexticepsy vollständig erhalten in keiner). Dazu vgl. 6, 24 : . dies Septimoniium nominaius ab his septem mmtibus in quihus sita urbs est, Das Argeerfest nennt Piatarch Q. R. 86: o fiiyicjog täv xa- &a^fiwv^ Die Betheiligung des Stadtprätors geht ans dem verallge- nieinernden Satz des Dionys 1, 38: aiQarr^öt re xal ttSv aXJnov no' liTtSv ove naqilvai zaig l^^ovQyCaig d^ifxig wohl hervor. Daher die Steile zu den von Mommsen Staatsr. 2^, 1, 226 vgl. CIL 1 S. 540 zusammen- gestellten nachzutragen ist. Im Uebrigen verweise ieh auf die Unter- suchung im 2. Baude.

Jordan^ rOmiache Topographie. I. 1. 19

290 THKIL I.

€renzorte für die vornehmen H^ren wenn dberiiaapt aus- fuhrbar so doch sehr unbequem werden musste^^). Die An- kn&pfung des Arvalendienstes an Romulus gehört zu dem gleich weiter zu erörternden pontifieischen Zurechtmachungen. Ich glaube also dass der Hain der- Dea Dia zu den alten Grenzorten des Gebiets gehört und so gut wie der der #tir- rinae auf dem rechten Ufer ein nicht eu beseitigendes Zeug- niss dafür ablegt dass der rechte (Jferrand des Tiber Staats- gebiet, nicht Feindesland war^'). Ganz dasselbe folgt aus der

^1) Strabo 5, 3, 2 S. 230 sagt, die nächsten Ortschaften Collatia, Antemnae, Pidenae^ Labicnui liegen anb TQcaxovra 17 fiiXQtp nXeiovwv irjg *Pb}firig araöCtov. fiiTft^v yovv Tov nifAnrov xa\ tov ixrov Kdijv Tcor ra fiCkta Siaar\fiaiv6vt(üV rrg ^Pufirjs xaXinui tonog ^arct, TovTov S'oQiov ttno(f)a£vovai Trjg roT€ 'Pui/naiaiv yijSj ot d'UQOfivijfioiftg S'vaiav initslovöiv ivrav&a xa\ iv äXXoig jonoig nlcioaiv tag 6q(ois av&rifi€Qov riv xaXovai lifdßaQovtav. Freilich lag nur Anteinnae in der angegebenen Entfernung von 30 Stadien, die übrigen viel weiter (5, S, 15 Alillien = 40, 64, 120 Stadien). Dass die 6 bis 6 Meilen mit der Lage des Hains der Dea Dia stimmen nnd dass der Ort aielit mit Nie- bohr laadeiowärts, sondern gegen das Meer hin, wo zur Zeit des Ro- mulus plurimum agri romani lag (Fest. 213 vgl. Mommsen Tribns S. 15. 215), zu suchen ist, hat ausser anderen Rubino Vorgesch. It S. 215 richtig bemerkt und die gegen die Identität der Ambarvien und des Maifestes der Dea Dia immer wieder erhobenen Einwen- dungen scheinen mir auch jetzt (vgl. Bd. 2, 236) ganz hinHillig, wiewohl die letzte Beweisführung für dieselbe (von Henzea Acta arv. S. 46 ff.), wie ich anderwärts zeigen werde, ebenfalls aicht durchweg stichhaltig ist. In derselben Richtung ist auch die Remoria des Dionys

1 , 85 > der Xoipog ov ngoüto tov Ttßiqtog X€(fjievog an^^wv tijg *Pi6/4rig afjKpl rovg TQtaxoma aradlovg (also 3^ M.), zu suchen, w^he auch Festus 276 {Remurinus ager) kennt. Wenn der Vf. der Origo g. Rom. (23, 1) sie auf einen coüü qui aberat a Palatio näUhus quinque (so die Hs.) verlegt, so liegt es nach der Hermes 3, 3891*. nachgewiesenen Quellenbenutzung näher an ein Verseben als an eiae Beziehung auf den Aryalenhain zu denken, um so mehr, als die Remoria nach der Vorstellang der Alten auf dem linken Ufer zu suchen ist: am Etruseorum agrum a Romano Tiberis diseluderet, Pest. 213 vgl. A. 32.

M) Weder trans Tiberim vendere (Gell. 20, 1, 47 Beeker Haadk.

2, ], 107 Hnschke Nexnm S. 86) noch tränt Tiberim relegare (Liv. 3,

§ 4.] TARQÜINISCHE BAUTEN ÜNP SERVIANISCHE STADT. 291

ftolle jdie das Jaiuculum (oben) und die septejn pagi auf- dem etruskischeu Ufer ia ältester Zeit spielten, dasselbe vor allem aus der voja den Pontifices gebaute^ und erhaltenen Tiber- hrücke. Sie führt nicht in Feindesland, sondern bildet, wie ic^sphap öfters jhervoi^^ oben habe, die Verbindung zwischen den gleich alten sacra tds et eis Tiberim, deren Zusammenbang jeden Augenblick d^r Yater Tiberinus zu zerreissen droht* Nicht den schwächsten Be^veis für die Richtigkeit der An- nahme dass diese Brücke über die Insel führte sehe ich in dem uralten Heiligthum des Yater Vejoyis, dessen Stellung iiier eine llhnliche ist wie zwischen capüoUum und arx (S. 283). -~ Die Frage über die Ausdehnung des servianischen Staats- gebiets > .über die £poche der Gründung des Seehafens und qt>er deißsen Veji)indung . mit Rom (vgl. § 7) liegt ausserhalb der Qrenzen der Topographie^^).

Aber, noch ein drittes Fest gehört in diese Reihe, das ^tm(Mitmi (S. 199). Die älteste uns zugängliche Ueber- lieferung Casst dasselbe als Fest der sieben servianischen Berge, e|ne etwas jüngere,, ungewiss ob nach älterem Vorgange, als das Fest der um das Pal^tium gruppiiiien vorservianischen. Es ist wohl möglich dass wir in dem Argeerfest, den Amharviea und dem Septimontium einen ursprünglich zu- sammenhängenden Gyclus von Festen der servianischen Stadt als der ummauerten und der Regionenstadt und ihres Clebiets zu erkennen haben.

Es kann nicht auffallen dass der Zusammenhang und die, ursprüngliche Bedeutung dieser Feste sich verdunkelt hat. Nicht ohne Vorgänger und Anknüpfungspunkte hat Augustus

13. 8,.. 14. 26, 34) beweist, dass Feindesland jenseits der Brücke bc- ISvia f(iid stromabwärts reichte.

**) lieber die septem pagi Schwegler 2, 739 vgl. § 4 A. 43 z. E.; «ber die Mcr« cm et uU Tiberim Varro 5, 83* Gellius 12, 13. üeber dan Umfang des römischen Gebietes nach Vertreibung der Könige: 1^. MiUien (Radius?) Eutrop J, 8 (aus ihm Hieron. zu 1505), 20 Augustin CD. 3,* 15. Vgl. Schwegler 2, 684.

19*

292 THEfL I.

die Romuluslegende zum Staatsdogma gemacht; indem er dem vergötterten Romulus den vergötterten Caesar anreihte, das lupercal als die Landnngsstätte der Zwillinge und den mundm der Romulusstadt neben seinem eigenen Hause kennzeichnete, und das CoUegium der Arvalen als das der Pflegebi^der des Romulus reaktivirte: denn mindestens in die Zeit d^ pu- nischen Kriege zurück reicht sicher die Consecration der dop- pelten aedes (oder casa) Romuli, die Einreihung des Romulw unter die Götter, vielleicht auch die räumliche Feststellung des palatinischen Pomerium und die Erfindung der Hinaus- schiebung desselben durch Romulus nach der Ueberwindang der Sabiner (vgl. § 5). Dass dieses immer stärkere Vor- drängen der Romulusfabel und die Einführung derselben in den Staatsgottesdienst mit frühzeitigen Berathungen und Ent- scheidungen der höchsten priesterlichen Collegien im Zu- sammenhang stehen, und dass diese Collegien ebensowohl bei diesen Entscheidungen wie bei der theologischen Feststellung der Rangklassen der Götter durch die immer tiefer eindringende hellenistische Aufklärung beeinflusst wurden, ist unzweifel- haft. In dieselbe Reihe theoretischer Entscheidungen ge- hört auch die Lehre von dem Geheimnamen Roms*^). Diese Neuerungen können nicht ohne Einfluss auf den Kalender

^) Augustus : über den divus lulius Jf ermes 9, 342 ff., über äifi rdmulischeD firinoeraDgen auf dem PaUtin Th. 11^ über die Arvalen (reorganisirt zwischen 742 und 752, also wahrscheinlich 746, als die 14 Regionen eingerichtet wurden) 0. Hirschfeld Gott. geL Aaz. 1869 (St. 38) S. 1500 f. Frühere Zeit: aedes Romuli und pomerium der palatinischen Stadt oben S. 163 tf. Ueber die Götterklassen kann hier nicht in der Kürze gehandelt werden, wie denn überhaupt eine eingehende Darlegung der hier und A. 55 angedeuteten Ansichten vorbehalten bleibt. Den Geheimnamen Roms erwähne ich hier besonders, weil uns die Geschichte von der frevelhaften Ausplauderung desselben dordi Valerius Soranus wahrscheinlich einen der wenigen chronologischen Anhaltpunkte in der Geschichte der Aufklärung giebt (vgl. Tenffel L. G. § 134, 1): sonst geht er die Topographie nichts an. Vgl. Becker Handb. 2, 1, 14 f. Bernays im Hermes 11, 132. 134 und Riese das. 12, 143 f.

§ 4.] TARQUiJNISCHE BAUTEN UND SERVIAJVISCHE STADT. 293

geblieben sein und längst ist beispielsweise die Begriffs- bestimmang der Tage, welche die Note N und ^P tragen wie diese Dtfierenzirung selbst und manches andere als ein Zeichen jüngerer Redaktion erkannt worden. Allein es scheint mir nicht genügend erwogen worden zu sein, dass die Grundlage dieses Kalenders, welchen die alte Ueberlieferung wie die neuere Kritik als den Kalender des Numa zu bezeichnen pflegt, nicht wohl etwas anderes sein konnte als der Fest^ cydus in der Gestalt, wie ihn nach Gründung der s er yi atti- schen Stadt und des servianischen Staats das geistliche Sachverständigencollegium desselben, die Erbauer und Hüter der beifigen Brücke, die pontifkes festgestellt hatten: ebenso wie das örtüche System aller Hauptheiligthümer die Götter auf der Burg, der Vesta-, der Laren- und Penatentempel an der heiUgen Strasse die Siebenhügelstadt voraussetzt. Dass in einem solch:en Kalender nicht Feste zum Andenken an die GronduBg dieser neuen Stadt, nicht abwehrende und sühnende Opferumzuge um die Stadtgrenze und die Grenze der Feld- mark einen hervorragenden Platz gehabt haben sollten, ist gradezu undenkbar: dass sie wie gezeigt wurde in ihrem Zu- sammenhange nicht mehr klar hervortreten, weiss ich nur durch die dogmatische Entwicklung der vorservianischen Stadtgrundung zu erklären '^'^).

Aus der vorstehenden Untersuchung glauben wir folgen- des Ergebniss zu gewinnen. Der Bau der Ringmauer und die Einrichtung des kapitolinischen Berges als Akropolis sind mit der Uintheilung der Stadt in vier Regionen unlöslich ver- bunden; das Argeeropfer gilt der Gründung der Stadt der

^) Dass Feste and Gebräuche der vorservianischen AnsiedelangeD ia den hier als servianisch bezeiehoetea Kalender aofgenommen wor- <iea sind., «oU nieht beatritten werden : wohl aber glanbe ich, dass die aaaeatUch in der Erkläruag des Systems der Haoptfeste noch so schwankende oder, wo sie durchgreifen will (wie die Huschkes), so fehlgehende Methode grade von dem oben behaupteten Standpunkt aus zu befriedigenderen Resultateii gelangen muss. Vgl A. 54,

294 THEIL I.

vier Regionen. Nichts verräth den etrasUischöir Ursprung dieser, der servianischen Stadt. Alier WahtscheinH(M«il? Badhf war sie längst gegründet; als mit Hilfe sudetruskisohcf fiiaafeul«p der Gottersftz auf dem Kapitol zu einefm mäehtigen DröÄjgöttef- tempel umgestaltet und im Gefolge dieser ümgestaltwog di« altnatidbaleh Rennspiele im Circusthal mit deaf naohmaligeAi fremdländischen Pomp ausgestattet wurden; auch die'Erbaottn^ der die Entwässerung der Unterstadt sichernden iLlo^ke ßih nach der Erbauung des Mauerrittgs und mag ebdn jefcjer in der Kultur vorschreitcnden Epoche angehören, welche den monumentalen Kunsthau einführle.

Die volksth&mliche Ueherlieferung hat nicht alMisi diese letzten Bauten, sondern auch den Mauerbau likiiti eingewan^' derten Königsgeschleeht der Tärcpiinier zugeschrieben; erst die mehr und mehr sich entwickelnde Theorie der Stadt* erweiterung d6n früheren Königen die unbehotfenen An- fänge zu diesem Werke. Aber die Reste deseelben he* lehren uns, wenn es dessen bedürfte, dass diese Theorie grundlos ist. Die Inkongruenz der ummauerten Siebe»- hügelstadt und der mit dem heimischen Verfassufigsorgamsmus aufs engste terbundenen Regionenstadt hat die ahe Theorie mch nicht genügend zu erklären gewusst* Ab^ wie sie ein ähnliches Räthsel, das Entstehen der servianischeh -«us. d(ef palatinischen Stadt durch die symbolische Legende t^q der Ver- setzung des Feigenbaums lösen zu können glaiubte (S. StOO), so hslt sie das Wunder der Erscheinung des Servius TulMns inmitten des Tarquiniergeschlechts erdacht, um die scheinbaren G«g«»* Sätze der tarquimschen Bauten und der servianisehea ätadt miteinander zu versöhnen. Dieses Wunder trat in der volks- mässigen Ueherlieferung mit naiver ünbekümmertheit um Syn- chronismen und Namen auf: erst klügere Zeiten haben» wie den Geburtstag und den Geheimnamen Roms, so den ur^rüBg*- liehen Namen des Servius Tullius in dein eines südetrüskiiichen Bandenföhrers Maißtrna ermittelt und ihre Freude darap ge- habt, in dem .Gefährten desselben Caik Vipim den Eponymen

§ 4.] TARQUINISCHB BAUTEIL UJND SERVIAJVISCHE STADT. 295

eines der sieben Berge und somit wieder ein Stück des etraskischen Drittels des römischen Volks zu entdecken ^^).

^) Die vom Kaiser Claadias ans etraskiseher Lokalsage hervor- gezogene Geschichte vom Mastama, dem nachmaligen Servius Tnllius nod seinem Gefährten Caelius Fivenna (Lyoner Rede, vgl. Ritschi Rh. M. 9, 442) hat zwar scheinbar durch die Entdeckung des mit Bei- schriften versehenen Gemäldes in dem Grabe von Vulci eine erhöhte Bedentung erhalten: ein Caüe Fipinas, den einige Männer gefangen halten darunter ein Cneve Tarchumes Rumach wird von einem Macgtma befreit (Mon. deir inst 6. 7 T. XXXI vgl. Corssen Etr. 1, 331 f. 416. 1005 f.): indessen allermindestens muss doch zuerst gefragt werden, was die Beinrbeiter der Rö'oigsgeschichte berechtigte, mit Be- seitigung der latinischen Geschichte von dem gefangenen Ocriculaner Fürstenkinde eine in äüdelruriea spielende Fehde nach Rem zu ver- setzen. Dass der Beiname des Tarchumes Rumach «== Romanu* (?) dio Richtigkeit der Identificirung nicht beweist, scheint mir schon daraus hervorzugehen, dass die Handluug des Bildes weder mit der bei Clan- dfns überlieferten Mastamafabel noch mit der ans dieser herausge« sponnenan Geschichte vom Ursprung des vicus Ttucus bei Festus 365: [(ptod F'o[\ciente$ fraire^ Codes et Fibenn[a, quos äicunt re§;em] Tar^ qmniutn Romam secum max[ime adduxisse, cum habitäjrint (s. Müller, Etr. 1', 111) auch nur leidlich vereinbar ist. Zudem haben wir den Caelius und ticus Tuscus hoiFentlich richtig auf ganz andere Ursprünge znnlekgefvhrt (& 186 f. 274). Ich stimme wie Schwegler in der BenrtheUfing der Mastarn«*'€resQhichte durehans und nach Auffindung jenes Bildes erst recht mit Niebnhrs Auffassung in der 1. Auflage 529 überein. Uebrigens macht es der jetzige Staod der Etrusker- forschung zur Pflicht, sich so ungläubig wie möglich in diesen Dingen zu verhalten: wenn beispielsweise Deecke mit scharfer Kritik und in der Baoptsac^e wohl richtig die Fremdartigkeit der Etmsker gegenüber den Italikern verficht und uns gleichzeitig zu den etruskisehen Luceres noch einen zweiten etruskisehen Stamm, die Tities, verschalen möchte (zn Müllers Etr. 1, 466. 472), so haben wir allen Grund uns einst- weilen an Thatsachen zu halteo, die, wie der nichtetrnskische Charakter der StadtgründuBg, abseits der sprachwissenschaftlichen Frage stehen.

§ 5. DIE STADT DER XIV REGIONEN UND IHR WAGHSTHUM.

Nicht die Eintheiiüng in vier Regionen hat der Stadt Rom ihr Gepräge gegeben und ihre Weiterentwicklung be- dingt: es waren die Bauten, weiche der Volksglaube der Dynastie der Tarquinier zuschrieb, die Ringmauer und die grosse Kloake. Denn jene mit ihren Thoren wies der Be- völkerung die unverrückbare Grenze ihres Umfangs und die unverrückbaren Hauptrichtungen ihres Verkehrs an, diese sicherte für immer den Anbau des centralen und zugleich des einzigen ebenen Theils, der Tiefe zwischen den sieben Hfigeki und dem Fluss. Jenseits der Hauern oder des Grabens beginnt Feindesland: sturmfrei hegen sie da, innen und aussen von Streifen unbebauten Landes begrenzt. In den Jahr- hunderten in denen Rom mühsam erst zum Vororte Latiums, dann zur beherrschenden Stadt Italiens sich aufschwingt, konnte sich aussen um die Stadtmauer kein Gürtel von Vor- städten bilden. Vor den Thoren finden sich wenige Heilig- thümer und die Gräber (S. 171); der Waffen- und Tummelplatz der Bürgerschaft; wohl erst später der Krautmarkt und strom- abwärts an der Strasse nach Ostia der Landungsplatz für die heraufkommenden Galeeren und was an bescheidenen mer- kantilen Anlagen dafür erforderlich ist. Die * Landgemeinden' oder 'Gaue' (die pagi), welche jenseits der Zone der Hauer hegen, müssen noch in dem letzten Jahrhundert der Re- publik gegenüber den 'Bergen der Stadt' ihren eigenthöm-

§ 5.] DIE STADT DER XIV REGIONEN. 297

liehen Charakter bewahrt haben; erst in den letzten Jahr- zehenden desselben wohnt der Städter ausnahmsweise vor den Tfaoren (s. Th. II), ist der religiöse und rechtliche Schutz der Ringmauer gegen Anbauten aufgehoben worden.

Lange hat es gewährt bis innerhalb des gegebenen Rahmens bei wachsender Bevölkerung, gesteigertem Verkehr mit der Aussenwelt und erweitertem Gesichtskreis die bauliche Entwiekelung der Stadt einen Aufschwung nahm. Während die wahrscheinlich fast roUständig erhaltene Geschichte des Tempelbaus bis zum zweiten punischen Kriege nur dürftige Fortschritte aufweist, schweigt die Stadtchronik beharrlich aber Profanbauten bis zum pyrrhischen Kriege und das Fehlen aller Bautrümmer, welche man ihnen zuweisen könnte, be- stätigt dasselbe. In der That kann in dieser Jahrhunderte umfassenden Periode, in welcher Rom nach aussen seine ge- bieterische Stellung in Italien, im Innern die Kläi*ung seiner standischen Gegensätze erarbeitete, kein einziges Werk ge- schaffen worden sein, das nur entfernt an die Grossartigkeit der Bauten der Tarquinier herangereicht hätte. Erst zur Zeit des pyrrhtschen Krieges begegnen wir Werken von gleicher Kühnheit des Gedankens und gleicher Macht in der Ueber- Windung der physischen Schwierigkeiten: der Bau der ersten Heerstrasse und der ersten Wasserleitung dürfen als epoche« machend fär die Entwiekelung der Stadt bezeichnet werden, und irren wir nicht, so ist der aufgeklärte Geist ihres Er- bauers, des Appius Claudius, wie zu seinen litterarischen Be- strebungen so auch zu diesen Schöpfungen durch griechische Vorbilder angeregt «worden^). Es kam dann die Zeit, in welcher Roms siegreiche Heere in Sictlien, Hellas und im hel-

^) Appias steht an der Spitze der römischen Litteratur mit der ersten g^eschri^benen Rede and dem ersten nicht Rultaszwecken die- tiendea Gedicht. Den Znsammenhaag in den Nachrichten über diese versifieirten Weisheitssprüche and seinen Versuch einer Reform der Orthographie so' wie die Anlehnnng ersterer an Pythogaräisches hat Mommsen in der glänzenden Charakteristik dieses Mannes R. F. 1, 303 erkaADt; vgl. jedoch Hermes 6, 203. lieber die Wasserleitung § 7.

298 THEIL I.

lenischea 0$tea standen. Griechische Muster, sei es avs dem Matterlandc, sei es wül& den Kolonien Süditalien^ und Siciliens^), £anden seit dem zweiten punisdien Kriege bei der vorwärtsstrebenden, iatelligenten, auch 4er griechischen Geistesbildung zugewandten römi&chen Nobilitat volles Yer- standniss, und die gefüllten Staatskassen, die pldtzlich an- geschwollenen Familienreichthumer verlockten da^u , dem Staate wie dem Hause die bciqueBaüerea und schonerea Ein- richtungen der alten hellenischen Kultur zu Gute kommea zu lassen. So entstanden seit jener Epoche nicht alleia in raschester Aufeinanderfolge neue und reichere Tempelbauten, sondern auch es sind die ersten Profanbauten von Be- deutung — der Handelshafen und die Kriegsdoggs 7), die Basilike^n am Markt und die Schlachthalle (ma>cellum)* Mit den griechischen Baumeistern wanderten Schiffsladungen, voll bisher nicht gesehenen fremdländischen Baumaterials» voll fertiger Säulen (oben S. 17) und marmorner wie metallner Kunstwerke, die Beute aus Feindesland, in die nioch schmuck- arme Bauern- und Soidatenstadt Rom herüber. Die Fremd- wörter em^orivm» boBüica, tholm^ vielleicht camera und lau^ tumiae haben in dieser Zeit das Burgerrecht erhalten (EinL

§ 1 A. 49 f.) Allein es blieb immer das alte Rom in engen

Thälern und auf steil zugänglichen Bergen, mit schlechten uud winkligen Strassen ^''), übervölkert in jener Ebene zwischen den Hügeln und dem Fluss, nach allen Seiten je länger je mehr in seiner Expansion gehemmt durch den doppelten Ring des Pomerium und der bewehrten Mauer, besonders empfindlich eingeschnürt, wo die Bewegung immer voller und breiter hinausdrängte, vom Forum nach dem Marsfelde, dem Westende der Stadt. Man vergegenwärtige sich die Verbin-

^) Dass die mit ^f iechisaher Kultur langst kekanutea campanisohei Städte vielfach die Master abgaben, kann wohl kein Zweifel sei». Bei* spielsweise sind wahrscheinlich die Hallen am Forum, TieUeicht die Basiliken dorther, nicht ans Hellas nach Rom verpflanzt wordeip 8). Ueber den älteren Tempelbau S. 24 f.

^) Cic. de lege agr. 2, 35, 96 vgl. § S.

§ 5] DI£ STADT DER XI¥ RBGIOJNEIN. 299

duttjg:ea di&i Stadt mil der Ebene am FliifiS, die über die. WttirscdH des Mapilols Uetlieriidai eogenr Sti^ssen s^u beidea Seiteii des nach NoiJdwesten mit senkt echten Wäipden ebne Zugang sich erhebendien: Kapitels: es* war das in der That längst eJfB uoerträglicheii Zustand« ;

Dil s^ien mr zkeiai SulJa/ den Verbuch maehenr wenigstens ein bedentendee Bautefrain innerhalb der Stadt zu gewinnen durch die Freigebungtd^ lan§0 der Mauer durch das PomeriuA geschötKten Zone (ß, ttnten)v AUein das Durch* brechen dieses inneren Ringes konnte nur vorübergehenden Nate^ haben. Durdigreifender waren, die Pläne Caesars, i/?elcher wenigstens nach der Seite., wo es am meisten J\otb that, gegen das Marafeld, a'ttdh d^p äusseren Ringi die Stadlr matter, zu sprengen unit^rnahm. Es ist klar daas er diesen Gedanken gehabt bat, äds er damit umging, daa Forum mit dem Marsfelde auf der Ni^rdseite des Kafutoto ioi direkte und bequeme Verbindung zu seUen, später sogar das gan^e Mars- ieid zu bebauen und den alten Spiel** und Uebungsplatz des röiidisdien Volks, das 'Feld', w^ter hinaus auf die vaticani* seilen Wiesen verlegen^). Allein auf wenig ist davon atmgeiahri' worden : die Anlage des julischen Forum blieb wie spater die Anlage des auppustisoben ^f halbem Wege stehen u»d eriät Ti'ajcLn bat durch die Niederleguog des Höhenzuges zwischen Kapiftol und Quirinal und den. JBlau< seines Forums den cdesarischen. Gedartiken zur Wahiiieit gemacht. Es ist kaum zu* glauben , dass Caesar die entsprechende Fessel an dep Sädwestseite des Bclrgee, welche die Hauptverkehrsader untärb^nd, mcht eben&Us sollte haben lösen wollen. Und

j_^

^) Schon im J. YOO^ sorllten grosse ßaaten auf dem Marsfelde in Airgriff gefloüin^n werden (€ie* ad^ Alt. 4, 16, 4); itt J. 709 Ist wie- dal'holt voft deh Pjmnen Cäesaiis da migenda urbe die Rede (nd Att. 13, 20. 33» 35; MoipmaeA Staatsr. 2^ 717), ua<i ^V^ (33,.^): ^ ponte Mulvio Tiberim duci secundum montes Faticanos^ campum Martium. coaedificari, iUum autem Fatieanum campum fieri quasi Martium cam^ fumk'^ \^l. Hermea 7^ 276 nod di* Abadbnitt^ über das FoofuBl uad die Kaiserfora, Th. II.

300 THEIL I.

in der That finden wir ihn ja beschäftigt mit der Nieder- reissang von Häusern, ja von Tempehi am carm^talischen Thor. Ein grossartiger Bauplatz sollte hier für das zu er- bauende Theater gewonnen werden^): man kann sich denken genauere Nachrichten fehlen dass die Freilegung des- selben nicht vor sich geben konnte, ohne gleichzeitig die Zu- gänge zur Stadt zu erweitern oder zu y er mehren. Wohl konnte man im Sinne späterer Vorgänge diese Pläne als eine abermalige Erweiterung des Pomerium bezeichnen, wenn eine solche auch in der That von Caesar nicht ausgeführt worden ist (unten). Dass damit weitere organisatorische Maass- regeln zur Umgestaltung der Stadt in Verbindung standen, wird nicht berichtet: aber die tiefeindringende Sorge für das städtische Leben Italiens, welche uns sein Municipalgesetz vergegenwärtigt, macht es wahrscheinlidi. So werden wir denn auch auf diesem Gebiet Augustus als den glücklichen Erben und Testamentsvollstrecker Caesars und die neue augustische Ordnung wesentlich als eine caesarische zu be- trachten haben. Auch darin erkennen wir den caesarischen Gedanken, dass diese Ordnung mit unverkennbarer Tendenz die altrepubiikanische Physiognomie der Stadt verwischte. Hatte schon Caesar in diesem Sinne dem alten Forum eine neue Gestalt gegeben und das Auge von dem Schauplatz der republikanischen Freiheit auf das neue Forum abgelenkt, dessen Centrum der Tempel seiner Ahnfrau Venus bildete, hatte in demselben Gedanken Augustus das alte Forum ge- wissermaassen in einen Vorplatz des Tempels des vergötterten Caesar umgeschafPen und sein eigenes Haus auf dem Palatin zur Seite der Hütte des Stadtgründers zu einem öffentlichen und heiligen Gebäude gemacht, so darf wohl angenommen werden, dass es neben dem praktischen Bedurfniss der po- litische Gedanke war, welcher dazu führte, an die Stelle der republikanischen Ringmauerstadt die neue grössere der 14

«) Die ausdrücklich be^eni^e fi^sekigung des Tempels der Pietas sagt geaug: genaueres Th. iL

§ 5] DIE STADT DER XIV REGIOJVBN. 301

Regionen zu setzen, in deren nnter eider einhdtlichen Po^lizei- Verwaltung eentralisirtem. System die Namen und Grenzen der alten Gaue keine Aufnahme fai^den, die unverwischbarep Ge- nossenschaften ihrer vid aber zu eben so vielen Trägern der Idee des KaiseriCultus omgeschaffen wnrden,

Marcus Ägrippa unternahm es in seiner Aedilität im Jahre 721 für die Gesundheit und Wohnlijßbkeit der Stadt wichtige Einrichtungen, die Wasserabfuhr und die Wasser- zufuhr KU regeln, die vorhanitencin Riesenbauten der Königs^ zeit (die Kloaken) und der Republik (die Wasserleitungen) auszubessern, zu vamehren und die Verwaltung derselben auf diejenige Höhe zu heben, welche den vorgeschrittenen Anforderungen der Zeit entsprach (fid* 2, 58 ff. und § 7). Da nun derselbe Agrippa die Vermessung des romischen Reiches und die scbriftiiehe und bildliche Darstellung der- selben ausführte, so ist es höchst wahrsdieinlich , dass die für jene ädiliciscben Unternehmungen uqerläaslicben Ver- messungen und Erhebungen eben nur einen Theil einer mit der ReichsTermeisaung Hand in Hand gehenden Stadtvermes*- sung bildeten, welche n&thwendig' zu einem Stadtplan wie jene zu einer Reicbskarte fährte (Einl. § 2, S. 44 ff.)- Wir wissen ferner, dass nach dem Scheitern der Reform der Censur im J. 732 < Augustus alimahUch die Verwaltung der Stadt auf anderem Wege umgestaltete und unter Reschrän- kung, zum Theil Beseitigung des von jeher mangelhaften, jetzt vollends ungenügenden Verwaltungsapparats der jähr- lich wechselnden^ Beamten, die Pflege der polizeilichen Sicher- heit, der Gesundheit und Reinlichkeit der Stadt mehr und mehr in die eigene Hand nahm und besonderen kaiserlichen Verwaltungsbeamten ubertfug. So entstanden das besondere Amt der Aufsicht über die Wasserleitungen 743 und die Reorganisation des Feuerlöschdienstes 759 ; es ist nicht sicher bekannt ob dazu schon unter Augustus das Amt der Aufsicht über die öffentlichen Bauten kam, sicher erst unter Tiberius ist die Aufsicht über die Stromregulirung zu einem geson- derten und stehenden Arote gemacht, noch später mit dem-

802 /VilBlL I.

selben die Änfskfat über die Kloaken^ ifereinigt word^D^). Mitten zwischen ütßea grossen JN^ubiidan^en tritt. im 746 plötzlieh, ohne dass unsere iQui^llen jdiesein Emgniss irgend eine Bedeutung beilegten, die Sehöpfirag: det EiniheiluBg der Stadt in 14 Regionen in. Kraft. Wir erfabrien bri dieser Gelegenheit nur noeh dass. zu. dpn resfioms die vki, als Unterbeziriie, in ein bestimantes Verhältniss ge^ota^t wor«- den, und dass der Aufsichisdienst in j«aen al^abrlich durclis Loos unter die gewählten repnblikanisdiea Magistrate. yertbeUt, in diesen jährlich wechselnden ma^istri aus der Mitte der id denselben wohnhaften Leuten Biederen Standes >(wie wir sonst wissen den Freigelassenen, und 2war je vieü^n ia jedem vkm) übertragen wurde uüd dads diese EinriclUiuig n^cb im 'S. Jahrhundert fortbestand. Indessen ist diese letzte ^adi* rieht nicht getiau, denn wir finden schon - im. J. 136 in jed^ Region einen dem Freigelassenenstande angehörig^ curMr mit einem denuntiator zur Seile. Wir wissen f^rnor , dfuss nach mehrfachen wie es- scheint nicht zur Ansföhrmig ge^ kommenen Reorganisatidnsversucllen zur Zeit Constantios des Grossen in jeder Region 2 tmr&twes und 48 momagii^ thätig waren. Unklar ist die fiestnnmnng d«r im erst^ Jahrhundert vorkommenden kaiserlichen Freigelassenen a ttr gionibus und ihres procura$m'^). Dass die erwähnien Aemter

^) Alles dies iat so vallstäa^dig von MomnuieB Staatsrecht 2, 968 ff. ..jBiitwickelt worden, dass ich die Belege für die oben aa. Daten hier nicht zu wiederholen brauche. Das Buch von 0. Hirschfeld Unters, auf dem Gebiete der romischen Verwaltungsgesehichte 1, 1877; bat auch für unseren Gegenstand einzelne Nachtrüge geliefert.. .AM di« Eiiiwea- dnngen, welche der Vf. S. 1^7 gegjeo meine Auffassung der munera in dem Bericht iU>er die Ae4ilität des Agrippa Bd. 2, 63 ff. gemacht hat; komme i<^ § 7 zurück.

®) Suet. Aug. 30: spatium urhis in regiones vicosque divisit insH- tuiUjue tti Ülas annui magistratus sortÜo tuerentur^ kM mägigtn e plebe cuiusque viemiae leeU. Dia 55, 8 z. J. 748: oi &k ^rj errtrourel (lri;:{for) intfiMhjtoiv Tivwv bc tqij dr^fiovy ovg xaX aTevomd^ovg ya-

avjQigjoi^ XfaQloig,(tiV ccv uQ^^cjaiv f^fiiqaig Tioi ^^qr^ad^ai iSo^, ^ u SovXtCtt ri Toig ayoQavo/xoig rdSv ^finifinqttfiivbjv %v&ctt om'ov€fee im-

§ 5.] DFE STADT DBB XIV REGIONEN. 303

der neuen Ordnung wenn auch nicht lediglich so doch über- •wiege^nd einen ^saeralen Charakter' und mit den allgemeinen städtischen Angelegenheiten wenig zu thun gehabt haben, ist zwar ridbitig daraus geschlossen worden, dass wir von ihrem 4ie8cAäflskreis kaum etwas anderes erfahren als dass sie den Bau und die Instanderhaltung der Larenkapellen und bezirks- weise Torzunehmenden Opferhandiungen besorgt haben: allein -die Bezirke selbst, in denen sie funktionirten, sind deshalb nieht derselben geringfügigen Zwecke wegen geschaffen worden (vgl. § 8). Eine Eintheilung, welche auf einer Vermessung der serviaiiischen Altstadt beruht und zu derselben eine bestimmte Anzahl von Vorstädten hinzuschlägt, welche die Grenzen der Bezirke nach den Strassenfluchten der i^tct regnlirt und die- selben mit der Messstange bis auf den halben Fuss bestimmt, ist weder von heut auf Morgen herzu$tellen und wir halten ans daher fdr berechtigt die im J. 746 ins Leben getretene Ordnung als das Resultat langwieriger Vorarbeiten zu be- trachten, noch kann sie etwas anderes bezwecken als für die '^eiehzeitig unternommene Reform der Verwaltungszweige die unentbehrliche topographische Grundlage herzustellen. Es trägt sich ob der Nachweis dafür gefuhrt werden kann^).

Sicher ist es, dass die neue Eintheilung das lokale Grund- schema fdr ddh neuen Sieherheitsdienst abgab, welcher ohne ein solches gar nicht mit Genauigkeit arbeiten konnte. Die

fQanri, xuItol xal ixeivtov xal tc5v drifiA^mv t&v te cft^cctrjycSv näaav triv noliv, ig ^exar^üfff^a f^i^fi V€firi^€t(fav, xXi^Qtp nQOsrax^ivrütv o xal inrv yiyyijai. Vgl. CIL .6, 1, 826 Z. 17. Ans d^n lascbriften der magistfi Vißorutn wissen wir (Marini bei Visconti Mus. Piocl. 4, 343 vgl. Ann. dell' inst. 1862, 321 f.), dass diese, je vier in der Region, jährlich wechsel- ten und das erste 'Amtsjahr mit dem 1. August 746 begonnen hat. Ueber die späterisn Umgestaltungen Bd. 2, 77 f. und jetzt Mommsen Staatsr. 2, 982; über 4li^ Sklavea aad Freigelassenen a regionibus und ihren pro- curaior Hivsehfeld Verwaltnogsgeschichte 1, 151.

^) Mir scheint bei Mommsen Staatsr. 2', 1, 151 (auf den ich iibri- Seos auch für die folgenden allgemeinen Bemerkungen verweise) und bei Hirschfeld die Bedeutung der Regioneneintheilung für den Verwal- tungsdienst nicht in das richtige Licht gesetzt zu sein.

304 THEIL I.

13 Jahr nach dem Inkrafttreten der neuen Ordnung herbei- geführte Reform des Feuerlöschwesens ruht, wie sich zeigea wird, auf der Regioneneintheilung. Dass die 7 Cohorten der 'Wächter', eine Truppe von nicht weniger als 7000 Mann, nicht blos eine Feuerwehr waren, sondern den eigentlicheD poUzeilichen Sicherheitsdienst der Stadt hatten und dass ihr Kommandant sogar eine beschränkte Kriminaljustiz ausübte, steht fest. Das Yerhältniss des Chefs der Vigiles zu dem Stadtpräfekten in Polizeisachen ist in spätrer Zeit das einer niederen zu einer höheren Instanz. Das Amt des letzteren als Centraldirektor der städtischen Polizei ist während der Regierung des Augustus wie bekannt noch nicht zu einem ständigen geworden: man darf daher freilich die Stellung die der Stad^)räfekt in späterer Zeit unzweifelhaft als Polizei- direktor der urhs regionum XIIII hatte und die sich beson- ders deutlich darin zeigt, dass sein Amtsiokal wahrscheinlich mit dem templum Vrhü zusammenfallt in welchem der Ka- tasterplan lag und an dessen Aussenseite eine Kopie desselben für das Publikum aufgehängt war (oben S. 44 ff.), nicht ohne weiteres in die Zeit der Entstehung der Regionen- eintheilung zuruckverlegen. Allein da der Kaiser selbst in dieser Zeit die oberste Instanz bildet^ so wird man nothwen- diger Weise annehmen müssen, dass sowohl 4er Präfekt der Vigiles als auch die Jahresbeamten, denen die Regionen durchs Loos zufallen, an den Kaiser wie später an den Präfekten über die polizeilichen Zustände der Stadt nach den Bezirken berichtet haben und es ist wohl zu bedenken, dass die auf der Eintheilung der Regionen und Quartiere beruhende neue Kultusordnung zwar dem Namen nach eben nur eine solcbe war, der Sache nach aber eine politische Ueberwachung des in diese neue Formen eingezwängten genossenschaftlichen Lebens der gewerbtreibenden Volksklassen, für welches wäh- rend der Zeit der Revolution grade die Quartiere und die wiederkehrenden Feste derselben die immer fertige lokale Organisation abgegeben hatten. Erhellt so die Wichtigkeit der nach Regionen und Quartieren geordneten compüa mit

§ 5.] DIE STADT DER XIV REGIONEN. 305

den Bildern der kaiserlichen Hauslaren und des Genius des Caesar, so werden auch die scheinbar lose neben den grossen Äemtern hergehenden Vorsteher der Regionen und Quar- tiere nicht mehr in dem Lichte harmloser Festordner und fiultasbeamten erscheinen. Es mag endlich darauf hin- gewiesen werden, dass die viä in ihrer neuen Abgrenzung für die Regulirung der Wasservertheilung (vgl. Bd. 2, 51 f.), die Reinigung und Erhaltung der Strassen, für die mit der Leitung dieser Verwaltungszweige betrauten Beamteei gewissermaassen die topographischen Grundeinheiten, für die Geschäftswelt aber die durch Namen und bildliche Merk^ zeichen kenntlichen festen Gliederungen bildeten, nach denen man sich in der immer wachsenden Stadt orientirte. Ge- nügen diese allgemeinen Bemerkungen, um zunächst die Wich- tigkeit der neuen Ordnung zu beweisen und sie im wesent- lichen als eine Bezirkseintheilung zu polizeilichen Zwecken ZQ charakterisiren, so haben wir nun ihr topographisches System zu erörtern^*).

Wir wissen, dass in der Zeit der Republik eine Mann- schaft aus publici bestehend unter dem Befehl der tres viri noetumi 'um die Mauer und die Thore herum' ihre Wacht- häuser hatten. Dass an ihre Stelle auch räumlich dk augusti- schen 7 Wächtercohorten traten, hat bereits De Rossi durck Kombinirung der Ortsangaben der Notitia über die cahortts vigilum mit den Fundorten von Dedicationsinschriften dieser Truppenkörper glänzend erwiesen und spätere Entdeckungen haben seine Ansicht lediglich bestätigt. Es bestätigte sich da- durch zugleich die Vermuthung anderer, dass Je eine WächtOT- abtheilung den Dienst in je zwei Regionen versehen haben

^^) Bei den Juristea spielt die Fragte, was unter urbanus {praediumy tupellex, minüteria u. s. w.) zu verstehen sei, eine Rolle nnd es kommt dabei der Bd. 2, 94 f. erörterte nnd unten weiter tn behanddLad^ Ge- gensatz zwischen urbs und Roma^ dem Raum innerhalb der Mauer und bis zu den continentia aedifida, zur Sprache. Man sollte erwarten, ^ass auch der urbs reffionum XIF gedacht würde: dies i^schieht aber nicht, wofür ich keine genügende Erklärung weiss.

Jordan, römische Topographie. I. 1. 20

306 THEIL I.

muss*). Hierdurch war es nun aber sehr nahe gelegt, an- zunehmen, dass auch für die Regionen selbst die Mauer das Grundschema gewesen ist und ein Theii derselben die nunmehrige Altstadt, ein anderer die aus den Vorstädten entstehende Neustadt gebildet hat; dass mithin, wie richtig von Lanciani hervorgehoben ist®), schwerlich eine und die- selbe Region Theile beider umfasst hat. In der That fallen denn auch ganz in den Mauerring die 2. 3. 4. 6. 8. 10. 11., ganz ausser denselben, wie schon längst allgemein angenom* men wurde, die 1. 7. 9. 14. Region und es muss daher ver- muthet werden, dass auch die 5. nicht blos zum grössten Theil, sondern ganz ausserhalb der Mauer gelegen hat. Eine Ausnahme bilden vielleicht (unten) die 12. und 13. Region, von denen diese sicher, jene vielleicht in späterer Zeit über die Mauer hinausgriff: denn diese Ausdehnung ist offenbar erst durch eine der späteren Grenzregulirungen herbeigeführt worden, über welche unten genauer zu handeln ist. Für die spezielle Bestimmung der Grenzlinie dieser Region ergeben sich dadurch freilich Schwierigkeiten, welche zu lösen noch nicht gelungen ist^°). Die folgende Tabelle veranschaulicht die Lage der Kasernen der Wächtercohorten in den Re- gionen und an den Thoren und giebt in der zweiten Columne die muthraaassliche Yertheilung des Dienstes derselben. Die besternten Regionen liegen ausserhalb der Mauer.

^) Ueber die frühere OrdouDg Mommsea Staatsr. V, 313. Paa- lus Digg. 1, 15, 1: apud vetustiores incendiis arcendis triumviri prae- erant . . . erat autem familia publica circa portas {portam die Hss.) et muros disposita qtiae inde si opus esset euoeabatur. De Rossi, Le stazioni delle sette coorti dei vigili nella citta di Roma, Anoali 1858, 265 ff. 391 f. Auf ihn beziehe ich mich im folgeoden und tra^e die seitdem gemachten Entdeckungea nach. Die Inschriften jetzt CIL 6. 1, 2959 ff. Ueber die Annahme des Dienstes je einer Cohorte io zwei Regpioneo vgl. A. 11.

') Anoali 1871, 48 und später Sfter besonders mit Bezog anf die 5te Region (A. 10).

>o) lieber die 13te Bd. 2, 104, über die 12te and 13te unten beim Pomerium. Ueber die 5te Lanciani a. 0. S. 70 und Bali, mun. 2, 42 f. 3, 200. Es ist richtig, dass von den 10 Namen,

§ 5.]

DIE STADT DER XIV REGIONEN.

307

Käser

oen der Cohorten

Regionen

Cohorten- dienst

nach der Vostitia,

nach den In- schriften

Stadtthore

I

* Porta Ca pena

}v

n

Caelimontiam

1

v

bei S. Stefano ro- tondo

porta Caeli- montana?

in

Isis et Serapis

!")

IV

TemplamPacis

V

* Esqniliae

"'

II

bei S. Easebio oder

porta Esqui-

S. Bibiana?

lina

VI

Alta SemiU

'

HI

SüdosteckederlHo-

porta Vimi-

cleiiaBsthermeQ

nalis

VII

*Via lata

1

I

bei paLMati, Nord- seite von piazza SS. Apostoli

porta San- qnalis

vm

Porom roma-

M

VI

keinelnschrift:

porta Ratn-

num

*

nach der Notitia, zwischen dem Tr^ans- nnd grossen Forum

men«?

IX

* Campas Mar-

1

tins

X

Palatinm

XI

Circns Maxi- mns

[vi

ß

VIl

4

1

XII

Piscina Pa- biica

j,v

IV

bei S. Saba

porta Naevia?

xin

Aventinns

I

XIV

"^TransTiberim

VIl

keinelnschrift:

/*•

exmbäoruun anf

dem Jaaicttlnm

^welche die Notitia nennt, jetKk 8 (oder doeh 7, denn yem Herculeg Suüanus wissen wir niehta) sieher anaserhalb der Mauer fkllen und dasa demnaoh vermnthlieh aneh der erste und letzte^ laetu Orfei und IHs patrida nicht innerhalb der Mauer zu suchen sind. Allehi iek aehe noch nicht, wie man den sidier verbürgten alten Namen der Kirchen S. Lueia nnd 8. Martino in Orfea oder in Offeo (es ist unzu- lässig, in dem crtheo des Eins. Itin. etwas anderes als einen Schreib- fehler zu sehen: Bd. 2, 495 vgl. 127 f.) damit vereinigen will 6nd die

20*

308 THEIL I.

Es ergiebt sich aus den Fundorten der Inschriften, dass die Kasernen 1 6 in der Nahe d«r Thore lagen, am wei- testen von dem Thor die Ite, und zwar im ganzen Umkreis der Mauer; dass die 7te in Trastevere liegen musste, ist ein- leuchtend. Nimmt man an, was schon durch die Zahl 7 und durch die vielleicht erst späteren 14 exeuhitoria bedingt war, dass der Dienst lokal geordnet war, so könaen natürlich nur die 2 einer Kaserne nächst gelegenen Regionen für dieselbe in Betracht kommen. Die Annahmen sind demnach für die 1. 6. Region wohl unzweifelhaft sicher. Für die übrigen ist uns jetzt durch das einzige direkte Zeugniss über den Dienst, welches lehrt, dass dife 7. Cohorte mit der 9. Region zu thun hatte, ein Anhalt gegebien. Die Verbindung der 7. und 9. statt der 7. und 13. Region erscheint noch natür- licher, wenn man uusere Ansicht über die Brücken adoptirt: es gab unterhalb der Insel bis auf Kaiser Probus keine Brücke. Schwerlich ist gegen die Ordnung der übrigen yiel einzu- wenden und man sieht, dass man, soviel als es die Kom- munikationsverhältnisse gestatteten, die Regionen nach der laufenden Nummer paarweise zusammen liess. Dagegen vermag ich für die Numerirung der Cohorten km Prinzip zu entdecken: ihre Nummern laufen weder mit den Zahlen der Regionen noch fügen sie sich sonst, wie man es erwar- ten sollte, einer räumlichen Ordnung ^^). Da übrigens

Isis patricia von dem nahen vieus pätricit^s deshalb losznreissea, weil es aach eine Pudicitia patricia ganz wo anders giebt nnd weil eine ganz vage Nachrieht bei Bartoli von der Entdeckung eines Hempio egizio' bei SS. Pi«tro « MarceUino spricht (Fea Mise. 1, 222) scheint mir ebenfalls seiir ktthti, wi« schon lahresberichte 1875, 786 hervor- gehoben worden ist. Wir kommen im 11. Tb. auf die Frage zaröck.

*^) In der Ha«pts2iclle folg« ich natürlich De Ressi. Qer Fondert einer 4toäicula der Gehorte oder CenCnrie (Geh. 4) oder einer Wethmg an den.^enui« cokorHs (Goh. 4) beweist fiGfaer, der einer Dedicatioa ^or Gehörte an den Kaiser Bit grösster Wthracheinlichkett für dn Lage. Die isäcbriftliehen Hanptheweise (z. Th. nach De Rossie Arbeit gefmdeo) sind leigende 1. Gehort«: Detkn&ler Vea pll. Muti GIL 6, 1, 233 {genio eofu primae) 10ft2 (Ded. v. 241) 1056 <Ded. y. 265i s. De Rossi S. 271). 2. Goh.: n. 1059 <Ded. v. 210), bei S. Bifaiana S.

§ 5.] DIE STADT DER XIV REGIONEN. 309

sammtiicbe erhaltene Ii^chriften der Yigües wohl älter sind, als der ijdfang des 3. Jahrhunderts, die Nothia aber den Zu-^ stand der eonstantinischen Zeit vergegenwärtigt, sa kann es sein, dass wir die ursprüngliche augnstische Yertheilfiiig nicht meinr yoUstandig kennen ^^).

Easebio? Nicht ganz sicher: vgl. Visconti BulL moa, 3, 214 H«nzen

das. 4, 63. 3. Coh. : n. 3761 (D. eines praef, v^gHum] v. 193),.

innerlialh der Diocletiansthermen an der Ecke dem Bahnhof gegenüber

gefonden (BoU. mon. 1, 249), also, irie ieh Bd. 2, 122 TeriMithete, bei^

der j9. Finrnmlü* Ua^iohere Vermnthvngy dass die Kaserne stelbst

am Thor innerhalb des Walls gefnndiea sei: Laaciani Bull. man. 4, 174.

4. Goh.: lange vermisste Inschrift n. 219 bei S. Saba (Bd. 2, 107

Laaciaui Ann. 1871, 80) zwischen Via S. Paolo and Via S. Saba, also

wahrscheinlich uamittelbar nebeii p. Naevia (Inschrift: der Aedicala-

V* J. 130: 1, etae Gentnrle der Goh. aediculam matmoream cum^ vatoU

aereis . . . fecü, 2, der €enturio ceniuriaepaimentum-^trax/^)*"^ Gob. ^;.

n. 1057. 1058 Denkm. vom Gaelias, Villa Mattei. (Ded. v. 210) vgk

Tb, II. Coh. 6: keine Steine; in der Notitia zwischen templum,

Traiani et columna cochUs und hasüica argentaria^ der vascularia des

Aabaogs (Bd. 2, 216). Das führt, wie imiber die basäica zu erUttrea

seta BWigy mit Nethwendif keit zur porta Ratumena auf der Höhe det

Vi« di Marforio (oben § 3). Coh, 7: über das im J. 1867 in Tra^t«-

vere entdeckte excubüorium der 7. Cohorte s. die t. Unter den

Graffiti in diesem Gebäude findet sich einer (n. 55 Henz.), in welchem

die Worte ch{ors) VII vig{ilum\ centttria Faustini, termis Ner{onianis),

wie Benzen S. 116 ff. richtig bemerkt, in Verbiodttng* Ait den yorattf-^

geb«nd«a, e]Qkorifi) Vll vilfft\l(ufn) Neron \ (?) kwm andere Heutmug

als auf den Dieast bei jenen Thermen zulassen. Heuzeu hal; d^halb

richtig R. 7. 9 13. 14 zusammengelegt. Das übrige ergiebt sich

danach von selbst.

^^ Es ist wohl zu beachten, dass die Dedicatianen der Cohorten mit Severus und Caracalla beginnen (193. 210. 243: A. 11), deren Reorgani- satioB der Garnison bekannt ist (vgl. Bd. 2, 70 f.). Unter denselben Kaisern ist das 1^^ ff. auf Monte di Piore bei S. Crisogono in Trastevere ausgegrabene eäicuHtoritanr der 7. Cohorte gebaut und die GraMi aaf den Wänden des Gebäudes enthalten Baten v. 215—239: Henzea A*n. 1874, 124. Ueber den Fnnd s. Bull. d. i. 1867, 8 ff. C. L. Visconti La sta- zione (irrig) della eoorte 7. dei vigili im Giorn. aro. 1865 Bd. 195 50 NS. (2. Ausg. R. 1867, ungenügend: es ist noch nicht einmal ein Gmodriss pnbHcirt; über den Brminen Ann. 1867, 399). Die Graffiti jetzt CIL 6, 1, 2998 ff. vgl. Henzen Ann; 1874, 11 1 ff. Auffallend bleibt es, dass die Notitia nicht die Kasernen, die sonst regehhässig eoHm

310 THEIL L

Je^er weitere Schritt, den wir in der Beurtheilung der 14 neuen Bezirke thun, wird erschwert durch die sich auf- drängende Frage, in wie weit die Grenzbeschreibung der constanÜBischen Notitia und die Statistik dieses Buchs Rück- schlüsse auf die augustische Organisation zulassen» Es steht fest und ist im 2. Bande ausführlich nachgewiesen, dass die- ses Buch durchweg den Zustand der Stadt zur Zeit der Herausgabe desselben darstellt. Es steht fest, dass die Namen, welche die Begionen hier führen, nicht der augustischen Ordnung angehören und dass schon unter Vespasian eine Vermessung der Stadt vorgenommen worden ist, welche un- zweifelhaft mit Veränderungen der Begionengrenzen und einer theilweise. neuen Zutheilung von Quartieren zusammenhängt (unten)* Man wird also Veränderungen nothwendig annehmen müssen und es gilt, die Grösse derselben zu schätzen. Was aber zunächst die Namen anlangt, so ist das späte Aufkommen derselben indirekt bezeugt durch das Fehlen aller urkundlichen Zeugnisse vor der Zeit Constantins und durch die Beschaffenheit einiger Namen selbst: des der 3. Im et Serapis die Errichtung von Heiligthömern dieser Gott- heiten in der Altstadt ist sicher jünger als Augustus, vielleicht nicht älter als das dritte Jahrhundert , der 4. Templum Paci$ denn derselbe ist 75 n. C. gegründet ^ der 6, Mtipsemta denn das ist ein durchaus untechnischer, wie es scheint, der Volkssprache angehöriger nur hier vorkom- mender Ausdruck, an dessen Stelle man zur Zeit des Augustus sicher coUina oder quirinalis gesetzt hätte ^^) , der 7. Via lata

heisren (Bd. 2 a. 0.), sondera cohors I a. s. w. uod im Anlian^ cokartet viffUum VII quorum excuhüoria XIIII nennt. £3 scheint, dass diese ex- CMbitoria nur von kleinen Manascli«ften, die den Dienst hatten^ bezof^en wurden und allerdings ist es nicht denkbar, dass das kleine ewcubiionum in der 14..Re£;ion der ganzen 7. Cohprte als Kaserne gedient hat. £ine Ka^^rne (castra) glaubte man irrig auf dem Caelios gefnoden zu haben (s. Th. 11). Wo stecken sie aber?

^3) Richtig urtheilte Preller , Regionen S. 69. Was über semäa Bd. 2, 121 gesagt ist, ist falsch: s. das. 482. 635. Das Wort muss aber in . dem vora^u^zusetzenden Sinne der Vulgärsprache entlehnt sein, lieber

§ 5.] DIE STADT DER XIV REGIONEN. 311

einer yolksthämlichen Benennung der breit neben der via Flaminia herlaufenden Porticusanlage der Saepta, welche sich vor der Zeit Constantins nicht findet. Die übrigen Namen (unter ihnen der einer servianischen Tribus Esquiliae) sind die altherkömmlichen der natürlichen Gliederungen der Stadt.

Augenscheinlich haben sämmtliche Namen niemals amt- liche Giltigkeit gehabt, sondern sind von dem Herausgeber der aus amtlichen Materialien für das Publikum . zusammen- gestellten Notitia grösserer Anschaulichkeit halber den im Volke zu verschiedenen Zeiten aufgekommenen Sprachgebräuchen entlehnt worden. Auch die den römischen nachgebildeten Regionen Constantinopels werden nur nach den Nummern benannt.

Wie der Grundriss der neuen Bezirkseintheilung die servianische Mauer, so ist die Zahl der Regionen eine Ver- doppelung der Zahl der servianischen sieben Berge, so jedoch, dass weder die Berge in ihrer räumlichen Ausdehnung noch sonst eine frühere Eintheilung der Stadt als bedingend für den Lauf der Grenzen angenommen wurden. Ist die Fest- stellung der Zahl der Wächtercohorten jünger als die der Regionen, so hat sich jene nach dieser gerichtet^*). Die Errichtung von 14 Bezirken, welche zunächst als Grundlage des Sicherheitsdienstes dienen sollen, setzt eine annähernd gleiche Grösse der einzelnen Bezirke voraus: doch können natürlich besondere Rücksichten in einzelnen Fällen auch Un- gleichmassigkeiten bedingt haben. Die constantinische Notitia bestätigt diese Voraussetzung durch die im ganzen richtig

die via lata s. Forma S. 35 § 5. Bis jetzt ist keine unverdächtige In- schrift bekannt, welche den JVamen einer Region enthielte. Aber anch die Bezeichnung mit den Nummern ist in die Volkssprache nicht eiDgedrungen, wie die £inl. § 2 A. 28 f. angeführten Inschriften beweisen. ^*) ^Augusts Regionen, eine ganze praktisch gedachte £intheilang, haben ihre Zahl von der Verdoppelung der ältesten Eintheilung der Stadt'. JXiebuhr R. 0. 1^, 401 : vielmehr von dem servianischen Septi- montium 4). Wie die Zahl der 7 Berge stets als ideale festgehalten Worden ist, ist bei der Analyse der verschiedenen Kataloge der septem montes im 2. Bde. gezeigt worden.

312 THEIL I.

Überlieferten Umfaogsziffera der Regionen. Ich setze den- selben gleich die Zahlen der vici bei, über welche uniea za sprechen sein wird:

R. VIII 14067... 34 IX 32500 ... 35

R.I I221IV2 (12219 N)... 10

II 12200 7

III 12350 12

IV 13000 8

V 15600 15

VI 15700 17

VII 13300 15

X 11500... 20

XI 11500... 21 (19 C, 18 Cb)

XII 12000 ... 17

XIH 18000 ... 18 (17 C, 35 Cb) XIV 33388 ... 78

Die Analyse der Notitia führte uns zu dem Resultat, dass das ganze Buch uns den Zustand Roms in der Zeit Constantins des Grossen darstellt, dann, dass die Be- schreibung der Grenzen von dem auf dem laufenden erhal- tenen amtlichen Plan in der Kanzlei des Stadtpräfekten ab- gelesen sei und wir müssen annehmen, dass auf diesem Plan, wie auf Croquis und Grundrissen auch sonst, die Umfangs- ziffern eingetragen waren ^^). Haben wir demnach die Gren- zen und Umfange der Regionen in der Zeit Constantins vor uns, so ist die Möglichkeit einer theilweisen Veränderung derselben seit Augustus an sich denkbar, ja streng genommen, das Gegentheil nicht denkbar. Man erwäge nur, dass die Anlage der Fora des Augustus, des Nerva und Trajan und des Bezirks des vespasianischen Friedenstempels, wie bezeugt ist und sich von selbst versteht, ganze Stadttheile, d. h. grosse Gruppen von vici beseitigten: und zwar, ohne dass dabei die Regionengrenze berücksichtigt werden konnte. Es ist kaum anders möglich, als dass die Grenzen nach solchen Verän- derungen neu bestimmt worden sind. Ein direkter Beweis für eine Veränderung im Innern der Stadt lässt sich meines Wissens nicht beibringen ; auch für eine Veränderung in der l. Region lässt sich nicht anführen, dass es zur Zeit Constantins in der 2. Region ein antrum (atrium?) Cyclopis gab, während in einer offenbar älteren Inschrift ein vicus ab (so) Cyclopis in der 1. genannt wird (Bd. 2, 294): denn be- greiflicher Weise kann bei zwei aneinander grenzenden Be-

«) S* jetzt Forma urbis S. 10 f. § ff.

§ 5.] DIE STADX DER XIV REGIONEN. 313

zirken ein Denkmal in der einen an der Grenze der andern den Namen einer in dieser laufenden Strasse Teranlasst haben. Dagegen scheint die Vermehrung der vici mit den oben kon- statirten Ungleichmässigkeiten der Regionengrenzen in Zu- sammenhang zu stehen, und wir müssen diese Vermehrung hier zunächst näher ins Auge fassen. Dies ist aber wiederum nicht möglich, ohne schon hier eine kritische Prüfung der Ueberlieferung der Zahlen in der Notitia vorzunehmen, so- weit dieselben durch die Vergleichung der Summe der über- lieferten Einzelansätze mit der überlieferten Summe zu kon- trolliren sind, d. h. mit Ausschluss der nicht summirten Umfangszahlen. Folgendermaassen sind uns also die Zahlen überliefert:

<=Eaxaäaa<<a

n

^=.§=.S=.2a55.«B

5 5 5 5 S

"S-^-|-J-|=.|- 1^:^ f

§ 5.] DIE STADT DER XIV REGIONEN. 315

Abgesehen von einigen falschen Wiederholungen (ich habe dieselben mit dem Stern bezeichnet) erscheint die Ueber- lieferung der Einzelansätze, einmal wegen der weit überwie- genden Uebereinstimmung beider Recensionen, dann wegen der ftSar eine solche Art der Ueberlieferung nicht übermässigen I Abweichang der wirklichen von den überlieferten Summen I im Ganzen glaubwürdig und wir werden daher die Schreib- ^ febler eher in den überlieferten Summen als in den Einzel- ansätzen suchen müssen. Die grösste Difierenz zwischen den ^ überlieferten und den berechneten Summen trifil nun grade I die vici* sie würde auch nicht erheblich gemindert, wenn f wir annähmen, dass die einzige Hs. b (von iV), die noch dazu I nicht die maassgebende ist, das richtige erhalten hätte. Wohl aber haben wir Gründe, welche gegen die Richtigkeit der überlieferten und für die Richtigkeit der berechneten Sum- men sprechen. Diese liegen in der Vergleichung der Summe der zur Zeit Vespasians gezählten vici (comfita Lamm in dem unten A. 33 a. Bericht des Plinius sind die aediculae der No-* titia, in jedem vicm eine: § 8) einerseits und der Ver- hältnisszaUen der vici von 5 Regionen im J. 136 (kapit Basis) mit den entsprechenden der Zeit Constantins andrerseits. In dieseff Regionen befanden sich (Bd. 2, 294):

im J. 136 zur Zeit Constantins

R. 1

9

10

10

6

20

12

12

17

13

17

18 (80 C, 17 iN)

14

22

78

66

143

Man vergleiche

nun

die Summe der viei in den 14 Re-

gionen .

Dordisdinittczalil

zur Zeit Vespasians

265

18,9

zar Zeit Constaotiiii

1

Summe der EiuzelaiuäUe 307 (304)

21,9 (21,7)

Uebcflieferte Summe

423

30,2

316 THEIL I.

in den R^ionen 1. 10. 12. 13. 14: im J. 136 6e 13,2

zur Zeit CooMantins 142 28,2

la den 5 Regionen 1. 10. 12. la 14 iat also in 200 Jahren eine durchgängige Vermehr nng, in d^ 14. Region auf das 3 4 fache eingetreten, falte die Zablea der Notitia rieh- tig sind. Zugleich ist die Zahl 7S doppelt so gross als die der demnächst höchsten Zahlen (in der 8. und 9. R.) i»sm sieht akov dass die Durchschnittszahl 28,2 von nur 5 Re- gionen durchaus nicht für die Richtigkeit der Ourchschnitt»- zahl 30,2 in 14 Regionen spridht, die Gesanuntsumme der vm zur Zeit Constantins Tielmehr aller Wahrscheinüehkeit näher bei 307 (304) als bei d^r überlieferten Zahl 423 zu suchea ist Wenn diese Annahmen, wie ich hoffe, so wahrscheinlich sind, wie es bei solchen unvoUstandigen Daten 2iu erwarten ist, so wird es schwerlich Zufall s^in, dass während die Umr- fangsziffern von 2 Regioneu (9. 14) das Doppelte der Durch- Schnittsziffer von 16236 erreichen (9:32500, 14:33388) alle übrigen nur eine massige Schwankung (11500 15700, nur 13 : 18000) zeigen. Eine allgemeine Erwägung der Ent- Wickelung der Stadt aber (vgl. Tk U) ze^gt , dass grade das Westende (die Regionen 9. 14, deren natürliche ZAam- mengehörigkeit äu^serlich die Ordnung des Sicherheitsdienstes bezeugt: S. 308) in stetigem und rapidem Wachsthum begriffen gewesen ist: und zwar haben sich diesseits und jenseits des Stroms die Grenzea von Prachtbauten (R. 9) oind gewerb- lichen Anlagen (R. 14) immer weiter hinausgeschoben, was das Wachsen der Dichtigkeit der Revölkerung wenigstens jen- seits bedingt hat.

Glauben wir für diese Vorstädte also ein Vorschieben der Regionengrenze nach Augustus, also die Annahme be- gründet zu haben, die ja an sich die nächstUegende ist, dass die äussere Grenze der Polizeidistrikte von Anfang an nur bewohnte Sta^ttheile einschliessen sollte ^^), so stehen uns

^B) Das Gegeatheil scheint Redbertos aBZüDehmen in ctor nicht volIendeteB Arbeit ^Bedeoken ^egea den vo» den Top«gvt^OD ange-

§ 5.] DIE STADT DER XIV REGIONEN. 317

fSr die ubrigefi peripbenschen Stadttbeile Beweismitte] gleichen WeFtfaes mokt zu Geb^e. Wobl wissen wir, dass ^e 13. und yiellercht die 12. Region, weon man der constantinischen Grenzbeschpeibttiig folgt, aber die Mauern hinausgriffen und dies scheint dem ursprünglichen Eintiieilangsprindp zu wider- sprechen. Allein einen sicheren Beweis für eine spätere Ver- schiebung giebt das um so weniger, als es auffallen musste, wenn die alte Vorstadt vor porta Trigemina ausser der Polizei- grenze gelegen hätte (vgl. oben). Anders steht es mit der 5. Region. Es ist nicht ohne Bedeutung, dass das Umfangs- maass derselben sich nicht yon dem Durchschnitssmaass der übrigen entfernt, dass nachweislich (s. Th. II) die Vorstadt vor dem esquilinischen Thor zur Zeit des Augustus ein be- deutendes Leben gehabt hat; und dass die Unmöglichkeit, das Umfangsmaass mit den in der Grenzbeschreibung ge- nannten Grea^unkten in Einklang zu setzen jedesfalls, wenn 8se nicht überhaupt blos eine scheinbare und durch unsere lückenhafte Kennti»sB veranlasste ist, eine andere Erklärung zttiisst, als die Annalnne einer spSteren Ausdehnung der Grenze. Doch wir müssen die Frage über den Umfang der augustisdii» Regionenstadt hier fallen lassen, um zu dem Eintheiiiingsprincip zurückzukehren.

Den festen Gru»driss gab die servianiscfae Stadtmauer ab, die ausserhalb d^selben Hegenden Regionen 1. 5. 7. 9. 14 sind im wesentlichen die PoJizeidistrikte der Vorstädte. Innei^halb der Mauer lagen die 4 servianischen Regionen, das

nommeQeD Tvtkt der «vreinnisciieii Maner' (in HiUebMiads Jahrb. f. NatioaalökoBomie 23 (1874), 1 ff.), wo als Aoalogiea für 4i« erst später za begründende Hypothese S. 22 ein 'polizeilich abgegrena- ter mit Argeerkapelle versehener vieas' (in einer der servianischen Regionen) 'in dem nnr ein einziges Hans steht' (es ist das aedificium ^ohnn tit ifr Argeerarkunde Bd. 2, 288 f.) uad der Bebaacngsplan vaa Berlin auf^efährt werden. EUe Widerlegung im Biozelnen ist schoB wegen des fragmentarischen Charakters der Arbeit aicbt möglich, sehr zu bedauern, dass der Vf. sein eigentliches Ziel, die Beurtheiluog der Hypothesen über die Bevölkerungsstatistik, nicht mehr hat errei- chen können (vgl. § 6. 7).

318 THEIL L

Kapitol und der Aventin, jenes als Akropolis, dieser als ple- bejischer pagus, ursprungiiGh nicht in diese eingeschlossen. Weder die Reibenfolge noch das Gebiet jener Tribus deckt sich mit den inneren Distrikten der augustischen Ordnung, wie schon Bd. 2, 248 ff. gezeigt worden ist.

Die servianischen nach der richtigen und der falschen Ordnung den augustischen Regionen

gegenüber

servianische Regionen

politische Rangfolge angeblich Folge nach der

ArgeeTurkonde

PaJatina 10 Suburana 2. 3.

Suburana 2. 3. 4. Esquilina 5

Esquilina 5 Collina 6

CoUina 6 Palatina 10

Dazu kämen die augustischen Regionen 10 13. Hierdurch kann die aus anderen Gründen zurückgewiesene Behauptung, als sei die in der Argeerurkunde befolgte Reihenfolge die ursprüngliche, nicht bewiesen werden. Dass eine neue Ord- nung gar nicht umhin konnte, im Ganzen und Grossen die der servianischen £intheilung selbst zu Grunde liegende wesentlich durch die Terraingestaltung bedingte Gliederung auch ihrerseits zu Grunde zu legen, ist an sich klar. Dass aber die scheinbar zusammenfallenden Haupttfaeile nicht ganz zusammenfallen, zeigt das Beispiel der 3. augustischen Re- gion, welche theilweise der alten esquilinischen , theilweise der alten suburanischen zugehört (Bd. 2, 253), und zeigt die über die MauerUnie hin und her springende, die Vorstädte und die innere Stadt durcheinander verwerfende Numerirung 1. 2, 5. 6, 7. 8. 9. 10. Da sich endlich auch ihrer Be- stimmung nach die tribiis urbanae und die 14 Polizeidistrikte gar nichts angehen, so ist in der That ein länger^ Verweilen bei der unnöthiger Weise viel besprochenen Frage des Zu- sammenhangs der servianischen und augustischen Regionen überflüssig.

Es versteht sich von selbst, dass die Reviereintheilung

§ 5.] DIE STADT DER XIV REGIONEN. 319

auf das servianische Stadttemplum und sein Pomerium keine Rücksicht nahm: niemals sind unseres Wissens die Re- gionen 1. 14, erst nach Augustus R. 12. 13 und der nörd- liche Theil von 7. 9 in das Pomerium aufgenommen worden. Dennoch sind die Erweiterungen des Pomerium, welche die schriftstellerische Ueberlieferung dem Sulla, Caesar, Augustus, Claudius, Nero, Trajan, Aurelian zuschreibt, als Symptome des Wachsens der Stadt von Wichtigkeit, und der Umstand, dass Augustus unter den Erweiterern erscheint, macht es wün- schenswerth, die Frage an dieser Stelle zu behandeln ^^). Freilich die Ueberlieferung selbst erregt ibchon deshalb Be- denken, weil sie Yespasians gar nicht gedenkt, weil Augustus selbst von der Ausübung dieses doch anscheinend wichtigen

^^) Die schriftstellerischen Nachrichten über die Erweiterung des

Pomerium seit Sulla sind folgende: Messalla der Augur, Gonsul 701

(oben § 2 A. 21), sprach nach Gellius 13, 14 von omnes qui 'pomerium pro-

tulerunt, worauf Gellius, vermuthlich nach ihm, Servius Tullius und

den dwus luUus nennt. Mittelbar aaf Messalla beruht (s. A. 24) die

Darstellung des Tacitus Ann. 12, 24: et pomerium urbis auxü Caesar

(d. h. Claudius im J. 50) more prisco^ quo iis qui protulere Imperium

etiam. terminos urbis propagare datur, nee tarnen duces romani (die

Feldherren der Republik) quamquam magnis nationibus subactis usur-

paverant nisi L. Sulla et divus Augustus. regum in eo ambitio

vel gloria varie vulgata: sed initium condendi et quod pomerium. Ro-

mulus posuerit noscere haud absurdum reor . . . , nun folgt die § 2

A. 15 erörterte Beschreibung des palatinischen Pomerium bis zu den

nicht zum Folgenden zu ziehenden Worten ad sacellum Larum forum-

que romanum. et Capitolium non a Romulo sed a Tito Titio addi-

ium urbi credidere: mox pro fort u na pomerium aucium (nehmHek

von den übrigen Konigen bis auf Servius Tullius, wie deutlich

Dionys 4, 13 sagt: oben S. 202 A. 1). et quos tum Claudius terminos

posuerit facile cognitu et publicis aotibus perscriptum. Hiermit steht

nicht im Widerspruch, dass man zu Senecas Zeit (de brev. vit. 13, 8)

meinte Sullam ultim,um protulisse imperium (s. unten). Dio 43,

50 von Caesar: to 7i(ofii^Qiov ItiI TtXelov iTis^riyays vgl. 44, 49,

von [Augustus (z. J. 746) 55, 6: ta tov n, S^ta infjv^ae. Nur die

Kaiser nennt Vopiscus Aurel. 21: addidit (pomerio) Augustus, addidit

Traianus, addidit Nero sub quo Pontus Pokmomacus et Alpes Cottiae

romuno nomini sunt tributae. Von Vespasian (und Hadrian) wissen

wir nur durch die Steine.

320 THEIL I.

Rechtes schweigt, wo er darüber hätte sprechen können, weil Vespasian als seinen Vorgänger in derselben nicht Augastns, sondern Claudiiis bezeichnete^), und eine urkundliche Bestä- tigung für die Betheiligung des Äugustus an der Erweiterong nicht vorhanden ist. Doch sehen wir zunächst, was jenes Recht überhaupt bedeutet und wie es entstanden ist.

Das Pomerium der palatinischen Stadt war zum Behuf der jährlich vorzunehmenden uralten Lustration derselben durch das AugurenkoUegium in einer nicht bestimmbaren Zeit terminirt worden: liach d^n Tode Sullas bezeugt Yarro, dass auch *um Rom' herum Steine das Pomerium bezeichneten, d. h. das den Aventin ausschliessende servianische. Zwischen der Gründung des palatinischen und des servianischen Roms liegen nach der Vorstellung der römischen Annalisten stufen- weise fortschreitende Erweiterungen der ersten Niederlassung, welche durch Berechnung, ohne jede Grundlage überlieferter Thatsachen^ lange vor Sulia in ein System gebracht waren. Die nothwendige Folge dieser Anschauung war, dass mit jeder Erweiterung der Stadt und ihrer Befestigung bis auf den Vollender derselben, Servius TuUius (oben A. 17), auch das Pomerium, ohne welches ja ideell keine Stadt denkbar ist, vorgerückt werden musste. Wenn nun Sulla seit Servius Tullius der erste sein soll, welcher das Pomerium abermals vorschob und zwar, weil es ein Recht desjenigen, welcher die Grenzsteine des römischen Staatsgebiets vorgeschoben hatte, war, die Grenzsteine des städtischen Pomerium vorzu- schieben, so liegt es auf der Hand, dass ein solches angeb- liches Recht, das von Servius Tullius bis Sulla kein einzige von jenen unzähligen siegreichen Imperatoren geübt hat, während doch ihre Triumphe in den Staatsurkunden ver- zeichnet standen und von manchem die öffentlichen Ehren-

^^) AagpoLstQs schweigt im lodex rerom gestajram; Vespasitn io der soganannten Lex regia CIL 6, 1, 930, wo es heisst (Z. 14 f.): utique ei fines pomerü praferre pramovere, cum ex republica censehü esse, Uceat ita uti ticuit Tu Claudio Caesari Germamoo. Riehtig hebt dies schoo Henzen in der A. 24 citirten Abhaadlaog hervor.

S 5.] DIE STADT DBR XIV REGIONEN. 321

denkmäler stolz yerkündeten : fines tmferii propagamt ^'), in der That nicht edstirt hat. Als es sich aber für Sulla darum handelte, dem Volke eine der königlichen ähnliche Machtstellung annehmbar zu mächen, ^suchte er', wie der Augur Messalla es aus den Akten wusste (A. 20), 'einen Rechtsgrund, das Pomerium vörzusohieben^ und sich damit als ien Nachfolger des Servius Tullius und der Könige dar- zustellen. Er wird sich also an das AugorencoUegium ge- ivendet haben und da sich in deren Archiv feststellen Hess, dass 'die Köhige* die 'Stadterweiterungen,, d. h. damals Ge- bietserweiterungen, durch Pomerienerweiterungen bezeichneten, die Siebenhägelstadt aber durch die Stadtmauer geschlossen war, so glaubte man, das angebliche Königsrecht wieder aufk- leben lassen zu können in der neuen Formulirung, dass das Poonerium der Stadt erweitem dürfe, wer das Gebiet der« selben in Italien erweitert habe: eine Formulirung, in wel-» eher die sullanische Trennung Italiens und der Provinzen zum Ausdruck kommt und welche in späterer Zeit einer weiteren Fassung weichen musste, wenn nicht der Rechts- titel verloren gehen sollte^®); Nur so erklart sichs, dass in der That seit der Königszeit zuerst SuUa das Pomerium er- weiterte und die opportune Wiederentdeckung dieses könig*

^^) Cicero de rep. 2, 15 nach Oetlefseos sicherer Herstellaog: iUa laus in summorüm imperatorum. indsa monimentis ^ßnis imperu propa- gavit ' (vgl. das auctis p. R. finibtu pomerium ampliavü der kaiserlichea Pomeriensteine A. 30), wo doch nnr an Grabdenkmäler auf Staats- kosten mit Inschriften , welche für die Elegien der aagnstischen Zeit die Muster abgegeben haben werden, xn denken sein dürfte. Ein Bei- spiel ist meines Wissens nicht erhalten.

^) Bei Gellins a. 0. (nicht wörtlich) proferendi imperii tUahm quaenviL Dass er es gethan, sagt anch Dio 4S, 50. Die Theorie ober das Recht entwickelt nach Sulla der Angnr Messalla a. 0. (nicht wörtlich): habebal mäem tut proferendi imperii. qui populum romanum agro de hoetihus capto auaperat^ genauer Seneca a. 0. : Stdlam ultimum proUdisse pomerium quod nunquam provindali sed Italiae agro acquisito proferre moris apud antiquos fuit. Also liess man Caesars Erweite- nwg nicht als reehtsgiltig gelten. Zu Anrelians Zeit konnte das Recht der ttben qui agri barbarid aUqua parte rem p. loeupletaverit (Vop. a. (X.).

Jordan, rOmiaölie Topographie. Li« 21

822 TBEIL L

liehen Reehts steht miz^etfelbaft im ZusatnmeBhaog mit jenen froher 3 A. 35) besprochenen aUs dein Kreise und dein Berathttngen der Plriest^rsehaft bertorgegangenän Entochei- dungen, wdchen aum Thni die Remullisfiibel ihre feste Ge- stalt und gewiss auch manckes königliche Recht ihren Ur- sprnng Yerdanken*^). AiKh das ist ausser Zweifel, dass sid SaDa jenen Rechlstitel nicht etwa bat herstellen lasse» ^ nln diejenigen gesetzlichen Bestiinniungeik^ wdche an die Grenze des Pomerium gebunden waren, zu verändern. Denn gerade wo das Pomerium allein noch von praktischer Bedeutung war, am Marsfelde, hat er dasselbe so wenig yerindert wk seine Nachfolger bis auf Claudius. Es ist ausdrücklich be* zeugt, dass das Theater des Pompejud bei seineb Binweifaui^ und die Porticus der Octavia zur Zeit des Augustue ansiserbsIlA des Pomerinm lagen*'). Wenn daher Varro 2 A. 25) sagt, dass Pomeriensteine ^um Rom' standen uud dies die suBänischeB (tou Caesar wird gleich die Rede sein) waren, so bleibt nur tbrig anzunehmen, dass Sulla nach Uebereinkunft mit dem Augnrencollegium die längst verschwundenen alten Ponrerien« steine wiederherstellte und sie, wenn überhaupt, inner- halb der Ringmauer soweit das Pomerium öbeiiiaupt mit ihr lief vorrückte. Erinnert man sich nun^ dass das Pomerium ursprünglich einen breiten unbebauten consecrirten Streifen zwischen der Stadt und der Mauer fi'ei liess, so wird man es bei dem Zustande der Stadt zur 2eit des Sulla sehr begreiflich finden, wenn er die gewiss schon vielfach vorgekommenen Beeinträchtigungen dieser Ordnung durch die zuständige geistliche Behörde unter dem Willkomm »en Vor^

*^) MommseD Sttatsr. 2^ 1^ 716 sAgt: <dd^ Refoht, dem Lauf der Rittginaiier ibzniocUrn od«r it ic «s technioli faeisst, den MaserWAfp top* tMcüÄebtü, ist altes KSaigsreebt'. AHein am die Sfoaer iiandelt «i sieh in Rom nicht und wie kaM dds Reeht, dea 'llaiier^e^' ran^ •ehieben, erloschea seiny Ich kaoa das gfanze 'Recht' mii^ als eise AbstraktioB aas den aoffehliehea küaigliehefe StadterweiteraaseB he- traehteo.

^) Vom Theater DIo 4«^ SO. 41, 3; von der Carie in d* Partie« der Octavia derselbe 5<^ 8.

S 5.] DIB STADT DEA XIV REGIONEN. 323

•nd des königlichen Vorräehis legaHsiren lies«, 4. h. das Pomerittiti bis hart an die MaueiT vorrückte und so die Bebauung der frukei* freigehaltenen Zone frei- st «ib. Trifft diese ErkldriMOig dlis richtige, so darf wdil an- gr^nommen werden, daes die im J. 666 erfolgte Einziehung 4^r Prieateriindereien um das K^pitot (oben S* 282) ein Yoriaofer dieser zugleich staatsrechtlichen und finanziellen Maaasregei gewes^ ist Ausgeführt kann sie aber wohl s4}hwerlioh vor der Dietatur sein und iliag durch ein mit den übrigen organisatorischen Maassregein zusamttieiahai^endes besonderes Gesets zur Ausführung gelungt sein^^*).

Nach den oben b<srvorgehobeoen /schwerwiegenden That- s^ebeni dem Schlveigen des Augu^ttn und des Vespasian, wird es nun vollends anehr als wahrscfaeinlich genannt wer- den dürfen, dass die Nachrichten, welche uns von den Kaiser- biographen über die Pomerienerweiterungen des Caesar und des Augustus dberkommen sind, auf einer Verwechselung be* ruhen« Für Augustus ist dies um so wahrscheinlicher, als seine Pomerienerweiterung in das i, 746 gesetzt wiiid (A« 17), m welchem die neue Regiopeneintboilung in Kraft trat (A. 6)» und auch Caesars Stadter weiter ungspläne (A. 3) werden als Pomerienerweiterung gegolten haben. Vielmehr reihte sich woiü unonttdbar an dea Akt des Sulla, der das alte Pomerium aufhob, der des Claudius an, der in der That es zuerst erweiterte, d.h. jenseits der Mauer yerlegte^^). Die erhaltenen Grenzsteine (s. unten) bezeugen

^^*) Mommsen (Staatsr. 2^, 1, 716) meint, es möge hei Gegelegea- heit des kapitolinischen Tempelbaus geschehen sein: einen Grand dafür finde ich nicht

'') Voa Caesar spricht nur Gellius es ist nicht wahrscheinlich, dass er neben Messalla noch eine andere Quelle benutzte , von Augnstas und nicht von Caesar Tacitus and Vepiscus. Tacitaa ent- lehnt, was er über das Pomerium vor Claudius sagt, mittelbar gewiss ans Messalla, aber seine anmittelbare Qnelle konnte die ^otiz über Aogostas hinzufügen. Die vermeintlichen Terminalcippea des Angoslas sind, wie Benzen Hermes 2, Hl nachgewiesen hat, Fälschungea des Ligorins auf Grund der Terminalcippen des Tiberofe^s.

21*

324 ''^BIL I.

dass er auctis fopüli romani finibm pomertum ampliävit ter^ minavitque. Dasselbe bezeugen van Vespasian und Titas die Steine, wahrend die hadrianischen nur yon einer auf Yer* anlassang dieses Kaisers durch die Augurn vorgenommenen Wiederherstellung sprechen: coüegium augufum auetore imp . . . termmos pomerü restituendos euravü. Die Schriftsteller all^a nennen ausserdem als Erweiterer Nero und Trajan, worauf wir unten zuräckkommen. Da wir nan für die Pomerien- erweiterung des Claudius schwerlich anders geartete Gründe zu suchen haben, als für seine Vervollständigung des latei- nischen Alphabets und seine sonstigen, halb den Stuben- gelehrten, halb den Pfaffen verrathenden LucolH*ationen , so hat es eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass er, eingedenk des auguralen Satzes von der Untrennbarkeit der Stadtmaaer und des Pomerium in Erttiangelung einer neuen Mauer we^ nigstens die Grenze der Stadt der 14 Regionen wieder mit dem Pomerium vereinigen und, wenn möglich, die Gestalt desselben der vorgeschriebenen Quadratform nähern wollte. Damit stimmt, was wir aber die Ausdehnung seines Pome- riums wissen, uberein. Allein es ist nicht möglich, die Daten über die kaiserlichen Pomerienerweiterungen des Claudius, des Vespasian und Titus und über die Wiederherstellung der Steine durch Hadrian, welche uns die erhaltenen Grenzsteine selbst geben, von einander zu trennen und wird sich schliess- lich herausstellen, dass wenigstens die claudische Erweiterung und die hadrianische Wiederiierstellung einer früheren Er- weiterung, soweit wir sehen können, nicht erheblich differiren. Wir erörtern daher die claudische Erweiterung mit Hilfe der Fundorte aller erlialtenen Grenzsteine^*).

Die Schriftsteller berichteii als das wichtigste dieser Er-

^) lieber 4iose s. im Allgemeinen Henzen im Bull. 1857, 8 ff. and jetzt CIL 6, 1, 1281—1233, wo indessen die Provenienzen nicht ganz vollständig gegeben sind. leb ergänze im folgenden ans den von mir friiber eingesehenen tind schon Hermes 4, 407 ff. verwertheten Scheden. Von meiner dortigen Anffassting finde ich nur in unwesentlichen Dingen abzuweichen Veranlassung.

§ 5.] DIE STADT DER XIV REGIONEN. 325

Weiterung nur die Hineinziehung des Aventin in das Po- merium'^). Sie sagen nicht, ob damit die 13. augustische Region allein gemeint ist oder auch die 12. Wir können €8 nicht entscheiden, müssen aber annehmen, dass letzteres der Fall ist und dass die Pomeriengrenze auf dieser Seite fortan mit der Regionengrenze und der Linie der alten Mauer Eusammenfiel«n. Wir besitzen auf dieser Seite der Stadt keinen Grenzstein des Claudius, wohl aber einen des Vespa* sian und Titus, der zwischen porta S. Paolo und Monte testacdo gerade gegenüber dem alten servianischen Stadtthor stand (a)^^). Es kann sein, dass Titus und Vespasian, welche ad extrema tectorum die Stadt vermessen haben und wafarschein- lid> die Regionengrenze demgemäss erweitern Hessen (unten), auf dieser Seite die Vorstädte in das Pomerium und die Re- gionen aufnahmen. Jedesfalls wird dies nach dem oben Be- merkten nicht unter Augustus geschehen sein. Es mag also hierauf zurückzuführen sein, dass die Notitia die Grenze der 13. Region über die Mauer ausdehnt. Dass dieser Stein der 47 te in der vespasianischen Linie war, beweist, wie gezeigt werden, soll, dass er einer der letzten der Linie war und dass die Termination im Marsfeld begann. Wir besitzen ferner

^) Nor di«s wird berichtet rem Gellins mit Berafnngp aaf einen Grammatiker {quod mm pridem ego in t elydü grammaHci veteris ewnmentario offendix [LoBUi] FeÜeu MercUin Jahrb. f. PhiL Sappl. 1S60, 691, lEra]ekdü Hertz Rh. M. 1862, 578 ff.) und von Seneca in der nach Hirschfelds BeweisführnDg Philol. 29, 95 f. im J. 49 oder 50 Yerfassten Schrift de brevitate vitae* Allgemein Vespasian in der Lex regia, oben A. 18.

s«) A «» CIL n. 1232, nicht mehr zu sehen: nach Henzen Bali. a. 0.

nnd bei Mommsen Hermes 10, 50 stand der Stein inneriialb der

Mauer nnweit des 6. Thurms von p. S. Paolo nach dem Flnss. Die

Inschrift befand sieh anf der Ostsoite, 'sah also weder nach der >Stadt

noeh nach nassen'. Allein diese letzte Angabe lasst sich weder mit

dem Censnsplan noch mit der Skizze vereinigen , welche mir durch

M ommsens Gute vorgelegen hat. Nach dieser stand der Stein in einem

modernen der Mauer parallelen Graben derartig im rechten Winkel

gegen die Mauer gerichtet, dass die Hauptseite der Via di pörta S. Paolo,

also der porta Naevia zugewendet gewesen sein muss (s. A. 30 z. £.).

326 THEIL I.

drei dftiidische Steine, welche schwerlieh von ihren urspjrdng- liehen Standorten entfernt gefunden worden sind: einor ist im Harsfeld, wahrscfaeinUeh in den Fondament^i der Kirche S. Ki^o (b), ein zweiter vor porta Salara (e), ein dritter der Mähe der porta khtravia^ südlich vcm S. Stefano auf den Caeli<i9 gefunden <d)*^). Die Umsl^de des Fundes, wenigstens des ersten und dritten, vBif liehen mit der Thatsaehe, dass der zweite und dritte von der servianischen Maner in ähnlicher massiger Distanz gefunden worden sind, wie der vespasianiache, zwingen fast zu der Annahme, dass das daudisohe Pomerima in dem Abschnitt der Stadt von porta CMna his Caelimm^ tana und das vespasianische vor porta Nuema von einander nieht verschieden sind. Es bleib^i zwei (oder drei) Steine der badrianiscben Linie übrig, von denen der eine ungewissen Fundorts ist (e), der andere nodi jetzt in d^n Keller eines Hauses bei Chiesa nuova im Marsfialde steht und der 5te seiner Termination ist (#)^'). Der Fundort des dritten (9) bei

S7) 1^ ^ CIL n. 1231» nach Branfslleftcia ^ne fopdameoU 4i sco Bia^io' (della Pagootta), freilich oach Podager bei Fea Fasti S. 41 (vgl. P. £. Visconti Bull. mua. 2, 4) 'dum cloaca quae est prope aedem d. Luciae iostanraretur ante os ipsius cloacae eflT. lapis hie qnadratas ex marmore Tibartino ab imo in solam defixas olim erat*. Jetzt einge- mauert Via di S. Lacia N. 146 nahe der Via dal Paüegrtao. Dass Branellesehi Recht hat, wird unten die Rechnnag ergeben. *~ e == CIL n. 1231^ 'oelia Salaria vecehia all' estremita della vigna de' Mari rignardante la porta Saiara' Fea Fasti S. 40 nad ähnlidi Ifarangoni. d »: CIL o. 123P 'presse le mura di Roma alle radiei del Celiolo . . 10 palmi ineirea sotto 11 tprreno fangaso' ond zwar bei der 'aoqna Crabra che vi passa' (Ficoroni bei Fea Mise. 2, 180), was als« in die Nähe der porta Metrovia föhrt

») e «» CIL 1233^ giebt Ligorio einmal (Neap.) an: 'tolta daUa chiesa traspontioa' (im Borge novo Bd. 2, 369), einmal (Tanrin. 15) Tor Porta del pepolo, wo nehmUch ein Stein der Termination der Ttbemler gefunden ist, mit Hilfe dessen er die avgostisehen Pomeriensteine faUehte (A. 23). Alle übrigen kenne« ihn nur im pal. Gesi im Borge (Aid. jnn., Wingb., Boiis.), was über die Provenienz oiohts besagt W^^ CIL n. 1232 steht noeh im KtUer des Haases Piazaa Sforza Gesarini 16 <ao 1876) mit der Sehriftseite gegen Chiesa anova, also das Marsfeid g^ wendet: s. Hermes 2, 407 und genauer Jahresberichte 1876 S. 168 L

§ 5.] DIE STADT pEJk ^Y REGIOiNEN. ß27

S. Stefano del Cacoo iel Bach dem unten Gesagten mit der Linie 4f^ PomeriHm im Ijbursfeld nicht zu yereinigen \\ai fPttS9 wohl, wenn es anders mit dem Stein seine Richtigkeit hat, eine Verachleppuqg dahin aus de^i nördlichen Theii de^ Karflfeide^ ^ wie solche YersQ^eppungen ja mehrfach vor* llomiAQp: ohm S. 59 a|igQPQYI^p6p werden^^). Ausdrück- lich l^e^hnep diese St^pe ^ch sds einer Wiederherstellung, Hiebt ErweiterilPg des Poiperium angehörig.

Die Greuj^steine (/enntm) eines zu schutzenden oder zi^ kean^eifchnenden Gehiets sind, wie schon Bd. 2, 81 gezeigt Wiir4e, h^ld iq verschiedenen« ba)d in glejcheQ Abstanden auüBesteUt wordqn; das angewapadte daass ist stets der. Fuss, 9iaht, der Schritt. b^id^ Fallen pflegen dje Abstinde so-* wohl wie auch die Or4puDgs;¥f(hl 4^ Steine auf de^ Steipen selbst vermerkt zu werdep. Upgleiche Abstände haben z. B. im StfÄn^ der Termin^tion des Tiberufers, gleiche und zwar S40 F^ oder 2 aW^i die der Wasserleitungen. Wenp daher de^ badftianische Steip e^^) den Abstand zu 480 F. angiebt,

Schlechte Abbildung bei Parker Archeol. Suppl. to vol. I pl. XX. Umgeben war der Stein, wie es scheint, von Travertiogetäfel.

M) Ficoroni bei Fes Mise. 1, 133: *neU' anno 1735 [so] accanU ai moBastero di s. Stefano del Cacco nei fondamenti dl certe case fu trovata piia ^»«jrjaione d^Tr^jim^, dal)« quäle si rilevav^ che qaest' in^peratore i^ves^e dilatato il pomerlo osia il circ<mdario della citta*. J^ieueFdiogs f^i^ilt i^iir Qoi^il^i^nA m%, dass in den Papieren Anrelio Gamieri's ^ich die I^otiz finde: Ud S. Stepba^nm vulgo di Cacco ^i&aa« 173^ [so] «o; c. ^oUegmm aucfore curai!U'\ die Inschrift ist eia zweites Exemplar des hadrianischen $teins f. -^ Die Notiz l^i Fioproni hatt# ioh Hermes 2, 412 übersehe^. Aber es wird dadurch nichts an dem dovt und hier behaupteten geiindart. In wie weit ein li^weifel an der Gfnf pigk^it der Angabe berechtigt ist dass dies ^emplar «^ s, e, haben s«ll, während das vollständig erhaltene zweite und d«s gut überlieferte dritte e es nicht haben, ist doch höchst selt- HS| mögen die Epigrapluker dpsmacheii.

^) Ipb stelle hier zusammen, was das anasere der Steine anlangt Kur H II fl f (Travertin) sind erhalteq, die erhaltenen z. T. unvoll- ständig: wenigstens f^Ut die oberste Deckplatte i auf welcher wahr- s^i^lie)! regelfuäsaig das nur noch auf b. gelesene potnerium stand. Dann folgte die Bezeichnung der Termination, also entweder imp

328 HTEIL I.

so ist daraus mit Sicherheit zu schliessen, dass dies Maass 4 actm bedeutet und eben deshalb anzunehmen, dass die Steine der hadrianischen Termination des Pomerium wie die der Termination der Wasserleitung gleiche Distanzen hatten. Wenn nun dieser selbe Stein die Ordnungsnummer 5 tragt und an der Nordseite der Stadt dem Tiber nahe steht, der Stein a an der Südseite der Stadt nahe dem Tiber die Num- mer 47 9 zwischen beiden aber ein dritter d auf derselben Seite die Nummer 35 (nicht 15: s. A. 30), so sollte man meinen, dass diese 3 beziehungsweise 4 Zahlen werthvolle Daten für die Feststellung des Laufs des Pomerium sein mussten. Lassen wir deshalb zunächst den Einwand, dass ja alle 3 Steine verschiedenen Terminationen angehdren, bei Seite und sehen, was die Rechnung ergiebt

Nehmen wir an, dass der Stein N. 35 (d) an der Spitze des einspringenden Winkels der aurelianischen Mauer auf Piazza della Ferratella gestanden hat, wozu die Fundnotizen berechtigen (A. 27), so stimmt die kürzeste Entfernung des- selben von dem Stein N. 47 (a), gemessen auf dem Census- plan (wie alles folgende), derartig mit dem geforderten Maass von 12 Distanzen zu 480 F. überein, dass Niemand leugnen

(Clandias, Vespasiaa) . . censar auctU p, r, finünu pomerium ampUavä terminavüque (im Plural Titns und Vespasian) oder coUegium augurum auctore imp . . . (Hadrian) terminos pomerü restituendos euravü {^ Tg: nur 9 setzt ex s. c. vor, A. 29). Gewiss trugen die SeiteoflächeD aller Steine, wie es auch sonst üblieh ist, die Ordnungsnummer and das Maass des Abstandes von Stein zu Stein {cetiis spaüis interieeü lapides, \tfie Tacitus, § 2 A. 20, yom palatinisehen Pomerimn sagt). Aber erhalten sind beide nur an f: links p(edes) CCCCLXXX rechts A^, nur die Ordnungsnummer an a: links XLFII und d: links XXXV nach Como, XF nach Ficoroni. Jenes ergiebt sich aus der Rechnung als das richtige. Der Abstand von 480 F. ist schon von Mommsen CIL 6 S. 256 als das 4fache des aicttu erkannt worden. Bndlieh steht es fest, dass die beiden einzigen an ihrem ursprünglichen Platz gefundenen Steine (fte) mit der Hauptin sehrift gegen die Stadt gewendet standen: ein Umstand, der zu weiterer Bestäti- gung der ohen vertretenen Ansicht über die Lage des Pomeriam inner- halb der Mauer hätte verwendet werden soUen.

§ 5.] DIE STADT DER XIV REGIONEN. 329

wird, dass N. 47 derselben Numerirung wie N. 35 angehört (wie immer rechne ich den altr. Fuss zu 0,296 M.):

Kürzeste Entfernung von d und a 1764 M. 5221,4 F.

12 Distanzen Zwischen N. 35 und N. 47 . . 5760 Man ersieht hieraus also, dass zwischen beiden Punkten die Linie des Pomerium der Graden sehr nahe kam, kleine Brechungen sind selbstverständlich überall nötbig gewesen nnd dass das Pomerium hier den grösseren Theil der 1. Region, wie ihn wenigstens die constantinische Notitia an^ giebt, ausschloss (vgl unten). Stehen nun 35 und 47 trotz des verschiedenen Ursprungs der Termination in Beziehung zu einander, so wird dasselbe von N. 5 und N. 37 gelten und anzunehmen sein, dass die Steine im Norden beim Fluss beginnend*^) und bei ihm im Süden aufhörend durchzählten. Eine ebenso genaue Kontrolle wie für 35 und 47 ist natur- lich für 5 und 37 unmöglich. Nehme ich aber dazu, dass ein Stein c unweit porta Salara gefunden ist, d. h. annähernd soweit vor parta Collina wie d vor porta Caelimontana und a vor porta Naevia, so ist es möglich, dass das kaiserliche Pomerium wenigstens von porta Collina bis p. Naevia sich in einer und derselben Distanz von der Stadtmauer bewegte. Unter dieser Voraussetzung darf die Kirche S. Eusebio vor parta Bsquilina als ein wahrscheinlicher Punkt in der Linie angenommen werden und wir erhalten:

M. r. F.

30 Abstände zwischen N. 5 und N. 35 14400

Kürzeste Entfernungen

zwischen N. 5 und Porta Salara . . . 2860 zwischen Porta Salara und S. Eusebio 1480 zwischen S. Eusebio und N. 35 . . . 1650

5990 20239 Differenz: 5839

'^) Dies konnte nicht verkannt werden nnd ist von Mommsen CIL 6, 1 za 1233 erkannt worden; weitere Konsequenzen hat er nicht gezogen nnd Henzen fügt hinzu: 'mihi non videtur de ea re quidqnam probabiliter statui posse'.

830 TIIE5L l

AUeia augeoaoheialich weM( der Um&tapd, d^^ wir so über 5Q00 F. nicbt, wie bei di^Qr Art )dessi>9g ^u erwartei^ wäre, weniger, sondern mehr Als das gejordorte M^ass er- halten auf die Unrif^htjgHeit dea Ansi^tzes hi|i. Niemand ^agt uns ja auch, d»ss dap Pomeriuin wici im Sqden lu^d Norden auch im Osten weit uher d^Q Mime^ ^jfi^dei^t wa? und wir dürfen auch au« imder» tirupdei^ ^^rap zweifeln, dass es der FaU war. Nehmen wir 911« da/ss d^ Pomerium hier die Mauer nicht oder um eine für die Messung gleiche giltige Distanz uber^britt und ändern danach den Ansatz, so erhalten wiri

M. r.F.

30 Abstände zwifichen Pi. 5 und N. 35 . . ^ . . 14400 Kurzeste Entfernungen zwischen N- ^ und poriß CülUm %740 zwischen p, Collinß und S^qmlwiß , I.30Q zwischen Esquilmß und N, 35 . r ^ 1500

5540 18716 Bifferenz: 431Q Hat sich so die Differenz auch um rund 1500 F. 500 reducirt, so ist sie trotzdem noch so bedeutend, dass sie nicht durch die hlosse Annahme yon massigen Abweicjiim« gen von der Qraden erklärt werden kann. Ist es nun auch roisslich, bei einem Abstand, der ja fost ^ der ganzen Linie beträgt, ohne weitere Anhaltspunkte Vermuthungen aufzu- stellen, so möge man doch folgende ThatsaiQben in Erwägung ziehen: wenige Schritt südlich von der Ecl^e der Via in Lu- cina stand bis zum J. 1662 ober der via lata der Bogep des Kaiser Marcus, welcher nach wabrscheiiilicbfr Vermuthung die Regionengrenze hezeichuete (a. S. 336). INur höchstens 100 M. südlich schneidet die Linie der kürzesten Entfernung de9 Steins IS. 5 von porta Collina die Strasse. Nördlich die- ser oder der durch den Bogen bezeichneten Grenze finden wir kein in der Notitia erwähntes Gebäude: sollte hier nicht die Grenze der Regionen (7. 9) mit der Linie des Pomerium zusammengefallen sein? Es scheint also nichts anderei^ übrig

§ 5] DIE STADT JD£R XIV REGIONEN. 331

2u Ueiben, als a&zuaehmeiL, dass durch die auagedehoieü

bis an und vielleicht hier und da üb^ die Pomerieagreaze

reichendea Praebtanlagea (die Linie N. 5 Bo^ii des Marcus

sehueidel. z. B. das Stadium) auf dieser Seite die Aufstellung

der Steine in regelrechten Abständen ein« Unterbrechung err

litten hat. Dagegen lässt sic^ einwenden, dass in der Nähe

von S. Stefano del Cacco ein badrianiscber Stein gefundea

worden sdn soll (g ) und dass die Kaiser Vespasian und Titus

w^fiig nönäieh von diesem Punkt die Naeht vor dem Triumph

zttbraditieo, was, wenn die alten Formen beobachtet worden

sind, €aflpa pamerium geschehen ist. Indessen hei der Aur

nähme eines Ausbiegens der Linie nach Süden wird jene

UBbeqyeBie Differenz noch grösser; ob die alten Formen

beobachte! worden sind oder ob nicht virimehr, obwohl das

Pomepium durch Claudius hinaosgeruekt worden war, doch

wegen der nicht venröckbareft fortn trtumpbdis 3 A. 76)

jener nun in der That innerhalb des Pomerium belegene Ort

doch in irgend einer Form als Rastort des Heeres vor dem

Einzug beibehalten worden ist, ist nicht zu entscheiden; über

den Stein selbst ist sogar ein Z^vetfel erlaubt ^^). Musste

auch auf die Locke des Beweisverfahrens hingewiesen wer*

den^ so acheint dasselbe doch nicht alleiyi durch das bisher

Gesagte genügend begründet zu sein, sondern auch in der

ifeoeh übrigen Betrachtung des Anfangs und des Endes der

Linie volle Bestätigung zu erhalten.

Mit Sidierheit können wir über den Anfang uiiheilen: Kürzeste Entfemufigen des Steins N. 5 *

von der Frottt von S. Biagio . . . 1 1 IM M. 506,7 F. von der Front von S. Luda . . . . ) 170 574,3

vom Tibmifer 250 844,5

Hieraus folgt also mit grosser Wahrscfaeinhohkeit, dass der

^) Ick. Iiftlt^ i|)to aa der Ifern^s 2, 4U f. fta^^f^ocikeBea Ansieht fest: 4id Auf dßa SXein ^ gej^rüudete Bel^mptmi^ van UrUclis, daas der flaminiäche Circus erst durch Trajaa in das Pomerium hinein^ezogeu sei, ist durch die Auffindung des claudischen Steins bei Ghlesa nuova eÄdgiltig beseitig^.

332 THEIL h

Stein b in der That aus nächster Nähe von S. Biagio stammt, dass er (bei' einer Differenz von 20 F.) als 4 zu bezeich- nen ist und dass die Steine N. 1 3 nicht auf der kürzesten Linie nach dem Fluss gestanden haben können: der nächst vorhergehende Stein N. 3 würde in die Mitte des Flusses zu stehen kommen. Für diese Steine und ihre Distanzen bleibt uns noch ein Maass, entweder von 3 Distanzen »= 1440 F. s=: 426,24 M., oder, nimmt man an, was wahrscbeiH- lieber ist, dass der erste Stein den ersten Abstand von einem bekannten oder anderw«itig b^eichneten Anfangspunkt an- zeigte, von 4 Distanzen ::^ 1920 F. = 572,32 M. übrig. Ist es in vieler Beziehung unglaublich, dass die Linie des Pome- rium sich auf das rechte Ufer erstreckte, so müssen wir diesem Maass stromabwärts gehen. Halten wir uns an d^ Lauf der dem Ufer parallelen Via &iulia» so gelangen wir mit N. 1 fast 200 M. oberhalb von dem Punkt, an welchem die aurelianische Mauer auf dem rechten Ufer ansetzt, mit der nächsten Distanz aber in unmittelbare Nähe desselben (55 M). Ueberschritt die Linie auch unterhalb der Stadt den Fluss nicht, so würde sie nach N. 47 mit weiteren 3 Abständen denselben nicht erreicht haben, wohl aber mit weiteren 4 in gerader Linie längs der Westseite des ^Emporium\ und zwar genau an dem Punkt, an welchem die aurelianisdie Mauer auf dem rechten Ufer ansetzt, in einer Linie, welche auch von der Regionengrenze der fraglichen Zeit nicht überschritten zu sein scheint: es würde dann die Zahl der Steine gerade 50 betragen haben. Ich weiss sehr wohl, dass diese letzten Ansätze keinen Anspruch auf Sicherheit haben. Was aber diese Erwägungen über Anfang und Ende der Linie doch unterstützt, ist Folgendes: war das Pomerium ursprunglich an die Mauer gebunden, so ist es auffallend, dass das kaiserliche Pomerium seit Claudius in geringer Entfernung nördlich des Punktes zu zählen anfangt, wo nach unserer Meinung die alte Mauer den Fluss erreichte: wir mochten also glauben, dass jenes wie das ältere längs der unbefestigten Strecke des Flusses nicht ter-

§ 5.] DIfl STADT DER XIV REGIONEN. 333

minirt war. Verfolgen wir aber endlich die Figur der be- schriebenen Pomerienlinie) so- finden wir, dass dieselbe zwar kein Quadriait, wohl aber ein unregelmässiges Viereck bildet, dessen eine Seite durch die ideelle Linie des Flusses, gebil- det wird. Dass also die Wiederhersteliung des Stadttemplum der Zweck der Termination gewesen ist, leuchtet ein und dass dieses Stadttemplum sich möglichst an die weltliche Stadtgrenze halten sollte, ist schon oben gesagt worden: ein Znsammenfallen beider war nicht erreichbar, da die Regionen- grenze so wenig wie die Stadtmauer nach den Gesichtspunkten der Auguralwissenschaft normirt war.

Hat sich uns also durch Rechnung bestätigt, ras wir bei unbefangener Betrachtung erwarten mussten, dass die lau- fenden Nummern 5 35 47 der erhaltenen Steine derselben Zählung angehören, so werden wir genöthigt, anzunehmen, dass die vespasianische ^Erweiterung' von der claudiscben, von Jener die trajanische oder deren hadrianisdbe Restitution räumlich sehr wenig abweichen: auf der Strecke im Süden N. 37 47 die claudische Ton der vespasianischen gar nicht, vielleicht auf der Strecke von N. 5-- 37 die hadrianische von den froheren auf kleine Distanzen; dass mithin Claudius der Schöpfer des kaiserlichen Pomerium ist, an welchem in der Folgezeit nichts Wesentliches geändert worden ist. Wenn noch Aurelian nach Vollendung des Mauerbaus dasselbe er- weitert haben soll (Bd. 2, 1 72 u. § 6), so kann fuglich nur angenommen werden , dass er es im ganzen Umfang der Stadt mit der Hauerlinie in Einklang setzte.

Wir haben bisher die vespasianische Vermessung der Stadt nur in einem Punkte in Betracht gezogen: wir fanden, dass die Zahl der vici Roms zur Zeit Constantins nicht unbedeutend höher war als zur Zeit Vespasians. Wir haben jetzt die übrigen Daten der Veimessung mit den Angaben über die Grösse Roms zu ver- gleichen und stützen uns dabei auf die Untersuchung Bd. 2, 86 ff. 170 ff. Die Vermessung des Jahres 74 ergab also*'):

*>) Plinius 3, 66. 67 (Bd. 2, 86): (1) moenia eins eoüegere amhitu wiperarUibtu censoribusque Fespasianis anno eonditae DCCCXXFI

334 THEIL L

1 . Umfang der InMitfa .... ISMO Schritt

2. ZM 4er t^' ...... 265

8. Summe der kureesteD Entferöun-

gen der servianischeB Thore Tom

mäkirüim äHrmuH 20500 Scbritt

4. LtegSB der Strassen aller vid bis

Eiir Grenae der bewohnteik Stadt

einscMiesslieb der rmstm proBtoria 20000 Schritt (fisilsch). Die aarbliattische Mauer miast {b. § 6 A. 9) auf dem Unken Ufer iO,5S (Bmiardini) oder 11,13 (NoUi) Miglien. Wir wissen bestimmt, dois die 14. Region zur Zeit €<ni* stantins im Nordiln. das valicatiiache Gebiet umfeeste; dass sie andh im Buden, vieiteicbt im Westen aber die aureiianische Maoer binausgriff, ergiebt ach mit Skhefheii aus dem, wie schon oben gezeigt inrurde, anfi^lleiid grossen Umfang^maass Ton 33000 F. t^ 6,6 Miliiea, vergtichen mit dem Haass der das beutige Trastevere umspannenden z. Th. raittelalterlicbeD« z. Th. modern^i Befestignng 5^5 Miglieti ohne' die Befesti« gung der Engelsburg. Der Umfang der von der äurefianisehett Mauer eingeschlossenen Stadt mit den von derselben ausgesdbloä* senen Abschnitteti Trastäveres der constantiniscfaen Zrit über- steigt also mit 10,8 (oder 11,13) + 6,6 = 16,64 (oder 17,19) MiUien den Umfang der im J. 71 zu 13,2 M* gemessenen om

p, Xllt' CC. conplexä mofiteg Septem ipsa dividitur in reffiones Xlllt (2) cotnpita Lamm (d. li. riet, obenS. 315) CCLXF, (B) eiusdem spä- Uum mentUTM tutrente ä inäiarid in capite R^mmri f&ri dahtt^ ad n«- guUu portas, quae Mwä hodie nanmro JULXFil, üa. ut XII parkte wemd numerentur praetereaaturque ex vetenbuM VU gsoe esse desierunt (so F^ H': duodecim parte reanturgue ex die übrigen; s. § 3 A. 6), ef/icit passuum per directttm XX m. DCCLXP^ (nur F von 1. Hd. XXX M.\ dass CCtXy eine off^stnbare Wiederholung der 2a]il def tompHa Larmn iftt, bitte Bd. 1, 96 noeh b#Miidiiiter b^tdat werde« sollen); (4) ad ßarifema vero Ußtarum euin eaäris pra^ioriis -ak rnnkm miliario per vioos amnium viarum mensura coUiß^it paulo ampliui .XX (unmögliche Zahl, wiederholt aus der vorigen: gewährlos die Vnlgate XL: 8. unten). Die verschiedenartigen Auslegungen der Neueren (be- »onders s. Piala Della grandesza di Roma ai tempo di Plinio, 1833) |u:üfe ieh hier nicht nochmals.

§ 5.] DIE STADT DER XTV REGIONEN. 335

ilind 3^ bis 4. Ddss dieder Umfang (1) die städtisch benvohn- tcA aassefiM^n Vei^tldte nmspsDiite^ also denselben Umkreis^ bis ett vretofaeiti die Strasse jensdts der ^ernaniscfaen Tbore get^^den Würdeti (4)^ soheist mir unleugbar; unsklier dage- gen und im Grunde unerbebliehf ob auf Grund dieser Messung die Region^ngrenze von jenen Kaisern vorgenickt worden ist wie 4&e Pdlneriengrenze. Die Messing 4 ist ferner olfenbar bebafe der H^rtMliung def Strassen iünerbaib des Staditgdiiets toi'gen&Mrnien Worden. Die ZäUung der Meilen der viae pu- iUeme begann voh 4ea Thoren der servianischen Stadt: eine andere Zäbhmg ist nie angeführt worden ooeh hätte eine andere ohne die grössten Verwirrungen eingeführt werden können (Bd. 2^ 8^ unten § 6 A. 54). Die Instanderfaaltung der t?Mto bildete das Amt eigener cier^rforea. Von Rechtswegen iftüssen diese ihre Thätigkeit an den Thoren der Altstadt begönne») haben. Es ist aber die Frage, ob dies bei der Ausdehnung der Polizei- verwaltong liber den Mauerring nieiit Sishwierigkeiten gemacht bat und nidit auf Grund der vespasianischen Vermessung die itinerbalb des Stadtbezirks liegenden Abschnitte der Heer- strassen unter die Verwaltung der städtischen Bauten gestellt worden sind^*). Endlich: so sonderbar auch die Mes- sung 3 sieh ausnimmt und so wenig ihr Zweck klar ist, se ergiebt sich doch die Ricbt^keit unserer Auffassung durdl RecAnung unzweifelhiift^*)-

M) l«h hAe Bd. % 00 ff. wohl Üiit (Jireoht cMRitriiirt mensüPa eol- iigU pst* vitof omnium tiatum ; eft mnsffte 4ad doch fer ifias emkinm vieo* tum heissed. ^er SIbu der Messaog ist naeh dam dMn seiagtea kUr. Die losdirm CIL 6, 1, 981: imp, Caesäti VeäpmnMO ^ffi . . (v. i. 7t) t. e,f fuod vias urbin n^legenHu mtpwi€r(um) i&mp9t^mn) ^ürrupta^ i$t- fmm gua rmfüiolit^ hut schon JPreHer herbe%es6g«!B (Res* 75), aber nicht in dem aog^edeateten Sinne verwerthet. Bise zweite von ihn vf^^Uchenie, W^lsbe dem VefrpebisD die todäks Titi iih i^ 7S eantemdori cdu/Hmo- vnatnm pMcarum H rBstitmioH aetUym ^acrarut» widsien (s. 9S4t F#el- hr mbr« a. 0. statt dles^ di« UgeviMiaebe Dmiblelte an), bat weder der Zeit DOiA der Sacke nai^ mit der Stadtvermeaeunj^ etwas za tb«h lieber die weaigten ves^iaalsefaen Bauten rgL Forma fkkm 8. S $ -2.

^) Die Heebiittiig Bd. 2, SO ist nach ernevten M^nntgea ^ bd<- richtigto «od ta Ter?ollaÜlfidigen. G^aüf^end messbar sind die A'b>>

336 THEIL I.

Noch manche Frage knüpft sich an die Stadtvermessung des J. 74. Wir kennen drei Grenzsteine einer um die Stadt Rom gezogenen Octroilinie von Kaiser Marcus und seinem Sohn: einer ist vor Porta del popolo, einer an der via Salaria, der dritte bei S. Maria maggiore gefunden. Hat diese Grenze mit der Regionesgrenze jener Zeit etwas gemein? Vor den Thoren der servianischen Mauer sind seit Augustus in grösseren und kleineren Abstanden über den Strassen Triumph- bögen erbaut worden 6 A. 20*). Sind diese oder einige von ihnen auf der Regionengrenze errichtet worden? Eine sichere Antwort weiss ich weder auf die eine noch die an- dere Frage zu geben ^^).

Dass über den Umfang der aurelianischen Mauer hinaus die Stadt, abgesehen von Trastevere, nie erheblich gewachsen ist, wird im Einzelnen eine Betrachtung der Vorstädte (Th. 11) ergeben. Eine Stadt oder gar Stadtmauer von 40 oder 50 Millien im Umfang ist also ein Unding: der Radius dieser Kreise wurde uns bis zum 6. oder 8. Meilenstein der Land- strassen fuhren.- Aber auch die in verschiedenen Gestal-

stäade von 10 Thorea vom miUarvuni am Severusbogen : Capena 1100 M., EsquiUna 1430, *Naevia' (Thor zwischen der 12. und 13. R.) 1200, Collina 2000, FinUnaÜs 1700, 'Ratumena' (Th. an der Nordecke des Kapitels) 180, FonÜnaUt 450, SanqualU 750, Salutarü 1200, 'CoA- montana' (Th. unter SS. Qoattro coronati) 1150, zusammen 11160 M., Dnrchschnittsabstand 1116 M. = 767,8 Schritt: Durchschnittsabstand nach Plinins nach der nnzweifelhaft in dem letzten Theil anricbtiipen oder doch unsicheren Zahl 20765: 561,2; hält man 20500 für echt; 554,3. Dürfte man die nur in F überlieferte Zahl 30000 für riehtis halten, so . käme man mit 810,8 dem Durchschnitt der 10 f^emeesenea Abstände ganz nahe, darf man dies nicht, so ist doch die Differenz von 200 nicht genügend, um die Summe der per amfradum lanfenden Strassea als das Object der Messung anzunehmen.

^) Zollgrenze: CIL 6, 1, 1016: (Marcus und Gommodaa) hos Uh pidet eansUtui iuuerunt propter eontroversüu^ quae inter meraUores M maneipes ortae erant^ ut finem demanstrarerU vectigdi f<nicuiarü 0t atuarii promercaUum Mwundum veterem legem temel dumtaxat exigtmdo. Wenn ich nicht irre, hat De Rossi mich einmal gesprächsweise auf die Bezidknng der Oetroigrenze zur Stadtgrenze aufmerksam gemacht: ob er sich sonst darüber geäussert hat^ kann ich augenblicklidi nicht sagen.

§ 5.] DIE STADT DER XIV REGIONEN. 337

ten auftauchende Nachricht, dass Rom einen Umfang Ton 21 oder 22 Millien gehabt habe, ist unglaublich und muss auf Irr- tbam beruhen'®^). Man braucht sich nur zu yergegenwäirtigen, dass ein Radius yon d% M. uns auf der via Affpia bis zum Circus des Maxentius, auf der Flamrnia bis nach dem Ponte molle, auf der Salaria und Nomentana über den Anio hinausfuhren würde: Annahmen, welche mit dem, was wir über die Vor- Städte wissen, in grellem Widerspruch stehen. Denn natürlich kann es sich nicht darum handeln, ob dieser oder jener Vornehme am 5ten oder am lOten Meilenstein einen Land-

*'') Nor der Umfang der Stadtmauer, nicht der Stadt, wird von Vopisens Aur. 89 zu qumquag^inta prape miHa angegeben. Da eine solche Mauer nicht existirt hat 6), so ist die Stelle verdorben oder beruht auf Misaverständniss: fast scheint es doch noch das leichteste anzunehmen, dass Vopiscus die genaue Zahl des Mauerumfangs nach der den Architekten allein geläufigen Zählung in Füssen zu 55000 F. vor- fand und diese sich falsch in Schritt übersetzte (vgl. ßd. 2, 172 ff.). -< Die Nachricht bei Olympiodor (Phot. 63, 23; Bd. 2, 577): ro ralxos fUTQtj&ky na^k ^AfifKovos ytfOfi^iQov . . . (txoiH xal ivo^ fuUov SidatrifjLa ^/oy aneMxO-rj, und damit auffallend übereinstimmend die Angabe der ältesten Redaktion der Mirabilien (c. 3 ßd. 2, 608) : in cir- cuitu vero eins sunt müiaria XXII excepto Transtiberim et civäate Leonina, wogegen weder die Zahl XLII (nicht XIII) der Graphia noch die Zahl XXf^II s. XXIF (so) des Anonymus ia Betracht konmt. Dass Olympiodor nicht die Mauer (t6 thxos), sondern moenia, die Stadt, meine oder moenia falsch übersetzt habe, ist ganz unglaublich. In jener Zeit konnte an der Vermessung des Umfangs der Vorstädte ein G«o- flaeter oder richtiger der Staat (denn zum Vergaügen that das nie^ maad) gar kein Interesse haben; dagegen fällt die, wie ich denke, mit gr«98ter Wahrscheinlichkeit ermittelte Zeit dieser Messung (Bd. 2, 173 f.) mit der Zeit der Dedioation der restaurirten Mauer zusammen und so kann denn kein Zweifel sein, dass diese gemeint ist. Da aber die Notiz in den Mirabilien auf den Umfang der mittelalterlichen Stadt auf dem linken Ufei* gar nicht passt und aller Wahrscheinlichkeit nach aas derselben Quelle geflossen ist wie die des Olympiodor, nehmüch tmn dem von mir naehgewiesenen nicht mehr erhaltenen Anhang der letsten Aasgabe der Notitia, so werden die 21 und die 22 Millien aaf nidits anderem als auf einem Schreibfehler der Quelle XXI, dann XXII statt XI beruhen und der Zusatz der Mirabilien exwpio u. s. w. ist eine unrichtige Erklärung des Redactors.

Jordan, rOmische Topographie. I. 1. ^^

338 THBIL I.

atz gehabt bat: bätte man auf diese Weise den UmfaDg der Stadt bestimmen wollen, so bätten die Berge von Tivoli und Fraseati und die Seebäder ?on Nettano und Fiumictno passend den äussersten Kreis der Grossstadt gebildet. Es bandelt sich vielmehr immer am die * äussersten Häaser' des PliniuSy d. b. für Rom wie für jede andere Stadt um die Grenze zusammenhängender städtischer Bebauung» und diese Grenze lässt sich über den bezeichneten Umkreis von bdcbstens 16 M. nicht erweitern.

Soweit also die Hypothesen über die wachsende Volksmenge Roms auf jene grossen umfange fussen oder sie bestätigen sollen, lassen wir sie ganz aus dem Spiel. Aber so wün- schenswerth es auch sonst wäre, den topographischen Rabmen durch eine einigermaassen sichere Bevölkerungsstatistik^^) zu füllen, so gänzlich missgtückt sind doch alle bisherigen Versuche, eine solche aufzustellen. Wir verzichten daher darauf, die verschiedenen Hypothesen zu erörtern. Auf die einzige annähernd sichere Grundlage, auf der zu wahrschein- liehen Resultaten zu kommen ist, die Zahlen der Häuser und Strassen, müssen wir im | 8 näher eingehen.

Die topographische Entwickelungsgeschichte der Stadt seit Augustus lehrt uns dasselbe wie die politische Geschichte: die netten Formen, welche, vorbereitet durch Sulla und Cae-

^) S. die Uebersiclit übei* die verschtedenea HypotheMo bei Fried- länder Darstell. 1^ 64 ff. Sie scheitern alle an der völligeD Unsicher- hmt des ebien Faktors, der Zahl der Sklaven. Von denk FläehernnhaÜ der angeblichen 50 MiUienstadt wollte RodberUu m der A. 16 a. Ab> handhing ausgehen. Dass auch abgesehen von diesem falscheo Aaa- gangspunkt soweit sich über die nicht veUendele Arbeit «rthei' len lässt sein Verfahren irrig ist, wird § 8 gezeigt werden. Auch eine verwandte Frage, die nach der Zahl der wehrfähiges Hiinisohen Bürger, welche doch anf viel sichereren VorauaaetKangcn be> rnht, hat bis jetst nicht befriedigend gelöst werden können (s. Momn- sen Hermes 11, 49). «— > Direkte Zeugnisse über die Volkszahl der Stadt fehlen ganx; nach allgemeinen firwagungeo kann man nanehmen, dus die Zeit der Fla vier so siemlich den Höhepunkt gebildet hat, der rasche Niedergang wird mit dem Anfang des 3. Jahrhunderts begonnen haben.

§ 5.] DIE STADT DER XIV REGIONEN. 339

sar, praktisch augewendet von Augustus, die alte Ringmauer- Stadt zur frei nach aussen sich entwickelnden Vierzehn- regionenstadt umgeschaflen haben, sind ohne jede wesentliche Veränderung bis zu Anfang des 3. Jahrhundert maassgebend geblieben. Der um diese Zeit eingetretene Abfall von dem in den Formen des Principats fortlebenden Geist des alten römischen Staatswesens kennzeichnet sich für die Stadt Rom wenigstens äusserlich dadurch, dass die Reichshauptstadt, stolz bis dahin in dem Gefühl, das Haupt und der Mittelpunkt des römischen Reichs, das goldene und ewige Rom zu sein, sich nun olficiell darstellt oder dargestellt wird als die grosse Hofburg des Kaisers, die vrbs sacra regtmum Xllin^).

*') Der umbÜicus auf dem Markt neben dem miHarium aureum bezeichnet (gewiss das Centram der Welt: Bd. 2, 454, wo des o/LKpalog zu Atben und besonders desjenigen zu Antiochia hatte gedacht werden müssen (0. Maller De foro Atb. 2 § 5 Aot. Amt. 1 § 22). Ueber Roma aurea (dichterisch: doch vgl. Anson. Ordo nob. urb. S* 95 Seal. und Bd. 2, 374. 425) nnd aetema (seit Iladrian fast technisch) Fried- länder Darstell. 1^ 68; über sacra m. Forma S. 8 § 2.

22*

§ 6.

BESCHREIBUNG DER ÄURELLÄNISGHEN MAUER UND

IHRER THORE.

Es ist bezeugt, dass die servianische Mauer, deren ver- theidignngsfahigeu Zustand wir bis auf Sulla yerfolgt haben, erst durch Aurelian durch eine neue umfangreichere ersetzt worden ist^). Der Bau, welchen die drohenden Einfälle der Barbaren herbeiführten, wird vor das Jahr 272 gesetzt^). Er wurde nicht vollendet: erst Kaiser Probus, der Erbauer der 8ten steinernen Brücke, soll ihn vollendet haben*). Die Mauer erlitt im Lauf der Zeit, wie es scheint, starke Be- schädigungen. Der Versuch des Maxentius, einen Graben zur Yertheidigung der Stadt im J. 354 zu ziehen, mag damit zu- sammenhängen^). Vor allem aber lehrt die Inschrift an drei

*) Zosimas 1, 49: iieix^ad^ ^k tote (von Aureliao) ^ 'Ptof^rj n^o-

*) Vopiscus Aurel. 21 (nach dem Markomannenkrieg^e und vor dem Kriege gegen Zeoobia 272, vgl. Clinton z. d. J. und Tillemont Anrel. Art. 8) : muros urbis dilatavü nee tarnen pomerio addidit eo tempore sed postea und 39 : muros urbis sie ampliavit ut *]- qtänqvaginta milia mu^ rorum eins ambitus teneant. Victor Cnes. 35: muri» quam vaUdissimit laxiore ambitu circumvallat. Die Stadtchronik (Bd. 2, 33: Ghronogr. S. 64S, 8 Mo., Eutr. 9, 15, Gros. 7, 23) nennt den Mauerbau nud den Bau des Sonnentempels zusammen: daher Euseb. Hieron. S. 180 z. J. 275 (aus ihm Cassiodor): templum Solts aedificat et Romam, firmioribus muris vaüta. Vgl. A. 65.

') So allein Zosimus 1, 49: avve7tXr}Q(üdrj ßacftXevovrog ZfQoßov To Tuxog. lieber die Brücke § 7.

*) Chronograph von 354 S. 648, 36: fossatum aperuü sed non per- fedt. Dass in dieser Zeit aber die Stadtmauern überhaupt vorhanden waren, habe ich zum (Jeberfluss Bd. 2, 153 f. aus den gleichzeitigen Schriften De mort. pers. 27, 1 und Panegyr. Const. Aug. d. 18 nachgewiesen.

§ 6.] DIE AURELfAJNISCHE MAUER. 34,1

erhaltenen Sladttboren, dass der- Senat auf Antrag des Sti* licho den Kaisern Arcadius und Honorius an denselben Bild* Bisse aufgestellt hat, weil sie 'der ewigen Stadt die Mauern, Thore und Thürme wiederhergestellt und ungeheure Trümmer beseitigt haben' und dass dies ausgeführt worden ist durch den Stadtpräfekten Flavius Macrobius Longinianus (t 408) im Jahre 403*^). Rom konnte nun, wie es der Dichter mit etwas stark aufgetragenem Lobe seines Herrn ausdrückt, mit seinen 'neuen Mauern' und seinen 'schnell errichteten Thürmen' dem Anprall der Geten ruhig entgegen- sehen^). Wahrscheinlich besitzen wir noch die bei der Ab-

^) Gleiehlautende Inseliriften der Tiburtina, Praenestina, Portuensis (vielleiclit »nch der Ostunsis^ ontea) €IL 6, 1, 11 88 1190: <. p, q. r. impp» €aes9, dd, rm. invütissimis pfindpibus /ircadio et Honoria victorib. ac triumfatorib, semper Augg, \ob instauratos urbiaetemae muros portas ac turres egestis (fnmensis) ruderib. (ex süggesUonje v. c. | et inlustrü com, et mag. utriiisq. miUtiae Stilichonis} ad perpetuitatem nominU eorum \ tfmulacra constituit \ curante Fl. Macrobio Longimano V. c. praef. urb. d, m, q, eorum (die Zeilenabtheiluog ist die der erhaltenen Exemplare: das in O S^etzte fehlt jetzt auf der Tibur-» ttna; Z. 3 ruderibus steht auf der Tiburtina^ Z. 2 victoribus ac trium" fatoribus geben die Abschriften von der Portuensis), Dass diese Thore selbst nicht von Honorius erbaut, sondern nur umgebaut sind, zeigt die Inschrift. Sie sagt ferner nicht ausdrücklich, dass alle Thore wieder- hergestellt worden sind, und es ist nicht wahrscheinlich, dass an sämmtlichen (auch den nicht umgebauten) Thoren die Bilder und mit ihnen die Inschrift angebracht und später zerstört worden sind. Die simuiacra der Kaiser trug auch der im J. 405 errichtete Bogen im Mars- feld: A. 64. Das egestis immensis ruderibus bezieht sieh auf die starke in Folge des Zusammensturzes vieler Theile der ursprünglichen Mauer, aber auch schon durch frühere Bauten verursaehte Schuttanhäu- fang und Aufhöhung hdes Bodens, welche ganz zu beseitigen unmöglic war. Bei Porta S. Lorenzo liegt das Niveau des neuen Thors 1,930 M. über dem alten (Promis Alba Fuc. S. 15); ähnlich bei P. S. Paolo.

') Claudian de sexto cons. Hon. 529: addebant pulcrum noua moe'- nia vuUum audiio perfecta reeens rutnore Getarum . . . erexit subitas turres cinctosque coegit Septem conünuo montes iuvenescere muro, nach der Schlacht bei Pollentia 403: Clinton S. 559, 3. Auf dieselbe Zeit habe ich Bd. 2, 173 Olympiodors Zeugniss über die Vermessung der te^xv ^^r Stadt xa^* ov xai^ov Fotd^ot trjv nqotiqav xat* avtrs ini- dqofiriv inoi^aavTo zu beziehen versucht (s. unten).

342 THSIL I.

nähme des Baus voi^elegte Beschreibung desselhen (S. 346 f.). Auch diese WiedorhersteUnng, deren Umfang die ebenfalls ruhmredige Inschrift offenbar überschätzt, bat nicht lange Yorgehalten. Ein Drittheil soll samrot den Thoren darch die Erstürmung Roms durch Totilas (546) zn Grunde ge- gangen und das Zerstörte durch Belisar ersetzt w<Mrden sein^). Theile dieser wiederhergestellten Mauer sind immer aufs neue zerstört und wieder aufgebaut worden, beson- ders durch die Päpste Hadrian I und Leo IV, weldier die cimtas Lemtina hinzufugte; dann Öfters durch den römischen Senat, seit dem 15. Jahrhundert wieder durch die Päpste, besonders Paul III welcher zuerst Sangallo, dann Michel- angelo die Leitung der Arbeiten übertrug , Gregor Xfll und Urban VIII. Diesen Restaurationen fielen zwei Thore ganz zum Opfer, die Portuensis und die porta S. Pancratü\ zwei andere wurden geschlossen, die Nomentana und Asmaria. Zahlreiche Inschriften und Wappen bezeugen an Ort und Stelle diese Umwälzungen^). Aber noch steht auch von den ältesten Theilen genug, um (wie unten geschehen) die Kon- struktion des ursprünglichen Baus zu erkennen. Die letzte Veränderung führte der 20. September 1870 herbei: die

') Prokop. Goth. 3, 22 S. 370: rov fdv ovv n^ftflolov roaovtw xaB-Hliv oaov is tQiTTifiogiov rov navros fialiaxa und 24 S. 378: ndaae yaq {tag niflag) dtatp&iiqag hv^tv: beides nach Ausweis der Trümmer eine Uebertreiboii^.

^) Haoptrestanratiooen Hadrians I, Liber pont. e. 5 (2 S. 201 Vl^.: muros aique turres Romanae ttrbü, quae dinttae erant et tuque ad fundamenta distructae^ novüer restauravii), Leos IV, c. 38 (3 S. 90: mw ro$, qui longo iam senio atque vetusiate mmia fracti tarn fundüus tidnh bantur . . . XF ab ipso solo turres . . restaurari praeeepäf s. A. 55). Näheres in der Hanptschrift: Le raura di Roma disegnate da Sir W. Gell ill. da A. Nlbby Rom 1820 (der Text nicht voUst&adicf wiederholt Roma antica 1, 114 ff.), Nachträge bis zum Ende des 15. Jahrb. bei Ravioli im Giora. arc. 1868 Bd. 212:«=67NS, S. 20 ff. ~ Piale Delle mura Aureiiane (1822) 1833 nnd im Venati Bd. 1, Bnnsen Beschr. Bd. 1 (vgl. A. 14). Unbrauchbar der 2. Abschnitt in Plirkers Areheol. Vol. i (Text). Ueber die Abbildungen A. 14.

§ 6] DIE AURELIANISCHG MAUER. 34g

Bresche bei Porta Pia zerstörte ein grosses Stück der alten Mauer: dieses hat man wieder ersetst; dagegen ist die bau^ fällige forta Salaria beseitigt worden (s. unten).

£s ist schwer begreiHich, wie mau Angesichts dieser Thatsachen, vor aUesn dem ansdrücklichen Zeugniss an drei der erhaltenen Thore zum Trotz, jemals hat bestreiten k6n«> nen, dass die heutig Mauer, mit Ausnahme weniger leicht erkennbarer kleiner Stflcke, auf den Fundamenten der ur^ sfirunglichen von Aurelian und Probus gebauten, von Ho- jioriiis und Arcadias wiederhergestellten steht. Qiese Ansicht stutzt sich darauf, dass das Haass der erhaltenen Mauer 12 Millien kaum erreicht, während alte Zeugnisse dasselbe auf 21, 30, 40 ja 50 Millien angeben, und sucht die überlieferten Maasse ausserdem durch die rein aus der Luft gegriflene liehaisptnng, dass sie durch die Ausdehnung d^ bewohnten Stadt gerechtfertigt werden, als die allein möglichen nacb- suweistti. Natürlich muss grade im Gegentheil die Kritik jener theils auf Missverständniss beruhenden, theils verschrie- benen Zetignisse von der sicheren Thatsache des Maasses der einzigen seit der Königszeit gebauten Stadtmauer ausgehen (s. § 5) ^). Dazu kommt dass die Annahme, ein Mauerbau

^) Nibby Mura c. 5. stützt seirie Bebauptmog, c^ass die anrelia- aiftcbe Mauer ver^chwundoa sei, aaf die im Text zarückgewieseaen Grande und o^eiot das Zeugniss der Thoriasobriften , ob inataü- ratos urbi aeternae muros, mit folgendem gradezn unglaublichen laterpretatioaskunststück zu beseitigen: ^stava bane il dire tnstau- rare muros il eiogerla di ouovo' (S. 230). Trotz der gründlichen Widerlegung Piales und Buasens (s. A. B) kehrt das Phantom der 50 M^len langea Mauer immer wieder, zuletzt noeh in der § 5 A. 16. 3d. besprochenen Arbeit von Hodbertus 'über den Trakt der aarelianischen Mauer'. Die Messung der erhaltenen Maaer (über die Zeugnisse s. § 5) stellt sich nach dem Bd. 2, 171 Gesagten so: die Länge der Mauer aaf dem Haken Ufer beträgt einschliessUch der Mauer längs des Flusses, aber ohne darechnung der Vorsprünge der 251 quadratischen Thürme (251 X 8 Meter» 1,29 MigUe) nach Ber- nardiai 10,25—1,29 « 8,96 Miglien; nach Nelli, wenn derselbe eben- falls die Vorsprünge nicht mitrechnete, 10,80-^1,29 ^ 9,51 Miglien. Auf dem Censusplan misst sich die Vi»%ß der Mauer des rechten

344 TH81L L

Ten 50, ja selbst 20 Miliien llmfong, sei spnrios Terschwvn- den, schon bei der Festi^eit, ja beinahe Unserstörbarkeit des Materials geradezu widersinnig ist, und dass die Behanp- timg, selbst die ältesten Theile der Mauer Terriethen durch die Technik des Ziegelbaus und des Baustils das 5te, nicht das 3te Jahrhundert, grundlos ist. Es ist endlich unrich- tig, dass die barbarische Zerstörung und Entweihung von Grabdenkmälern zum Besten dieses Mauerbaus die Zeit des Uebergangs ins Mittelalter bekunde. Vielmehr zeigen uns einzelne sichere Beispiele deutlich, dass man Grabdenkmäler, welche in die tradrte Befestigungslinie fielen, um sie zu schonen, in Thürme und Mauer eingeschlossen hat, d. h. mit ihnen gerade so verfahren ist, wie Aogustus und seine Beamten mit den Gräberstätten vor dem esquihnischen Thor. Dass einzelne Ausnahmen von dieser Schonung schon bei dem ursprünglichen Bau voi^ekommen sein mögen, kann kein Ein- wurf sein: zumal mit dem Beginn des 3. Jahrhunderts die Zerstörung öffentlicher Denkmäler zur Gewinnung brauch- baren Materials für Neubauten nachweislich ihren Anfang nimmt ^'^).

Ufers za 2350 M. = 1,62 Miglien, for den ganzen UmfaDg erlialten wir also nach BernardiBi 10,58, Dach Nolli 11,13, oder wenn die Vorspränge der Thürme mitznreehnea sind 11,87 bezw. 12,42 Miglien. Sehr wahr- seheinlieh ist es aber, dass die alte Berechnung die Vorsprang« nicht rechnete.

* ^^) Was den Stil anlangt, so ist man allerdings einem Renner wie Promis gegennber, welcher (Aosta S. 145) die Thore 'tntte ddi' epoca Onoriana o posteriore* nennt, in Verlegenheit. Allein was wird das ist doch nicht wegzodispntiren ans dem intUtttmdi^ muros por- tas turres der Inschrift? Dann aber scheint seine stilistische Analvse der Thore (A. 18) keineswegs jene Behaaptong zu rechtfertigen, ja der Zustand beispielsweise der Ostiensis sie zn widerlegen. Die Grab- denkmäler des Salpicins Quirinins in einem Thorm der Salaria^ des Enrysaces in einem Aet Labieama-PraenesUna^ des Cestius vnd Hadrian in der Enceinte sind wohlerhalten , wie die Graber des Bsqnilin zor Zeit des Aogostns überdeckt, nicht zerstört (Ball. man. 2, 55 f. 3 T. XX Th. n). Wahrscheinlich also ist man bei der ersten Anlage der porta NumentoRa mit dem Grabe des Q. Haterias nicht

§ 6.] DIE AURELIANIBCHE MAUER. 345

Der Plan, die Stadt Rom mit einer neuen Mauer zu umgeben, konnte, gefasst unter dem Eindruck der herauf- ziehenden Wetterwolken der Barbarenangriffe, keinen anderen Zweck haben, als der hauptstädtischen Bevölkerung einen mög- liehst vollständigen Sdiutz zu geben, d. h. soviel als möglich die urbs regianum XIV zu sichern. Allein dieser Zweck konnte nur annähernd erreicht werden: denn einerseits be- dingte die Bodengestaltung Abweichungen von der vorgezeich- neten Linie, andererseits maditen die riesenhaften Verhält- nisse des Werks es wünschenswerth , etwa geeignete Ge- bäude der Befestigung als Theile einzuverleiben. Wir können nachweisen, däss dies der Plan und die Ausführung des Werks gewesen ist. Sicher ausgeschlossen von der Mauer blieben nur wenige Abschnitte der^^urch die constantinische Notitia als zur Regionenstadt gehörig bezeichneten bewohnten Th^e der Stadt: von der 14. Region das vaticanische Ge- biet, von der 1. R. die Strecke bis zum Almo"); eingeschlossen wurden in die Mauer von dem nach derselben Urkunde ausser- halb der Regionengrenze liegenden Theile die nördlich der 7. und 9. R. gelegene Zone, vielleicht die westlich vor der 13. und 14. gelegene, die Ebene des Monte testaccio ^^). Wir haben § 5 gesehen, dass die Differenz zwischen der con- stantinischen Regionengrenze und der Aussenlinie der Vor-

anders verfahren, wiewohl das Geg^entheil vou Cardinali (s. CIL 6, 1, 1426) behauptet wird: 4n qaesto sito come altrove le mura attaali nrbaae, che attriboiscoasi per vecchia tradizione ad Anreliano, sono cos- trutte sopra avvanzi di pia aatica data, frai quali dee porsi certameote il nominato sepolcro che da bell' ornameDto della via Nomeotana fu con- daoDato a servire di fondameoto (?) die una delle torri che difendevaDO la porta'. Mao faod daselbst auch Reste der Bekleidung des Grabes und die der Inschrift Q, Haterius .... o .... | sortit. tr. pL pr. FU [uir, epfäonu]m a . . .

1^) lieber die U Region (Marstempel and die in der Notitia nun folgenden Monumente bis zum Almo) Bd. 2, 109 ff.; über die der 14. und das vaticanische Gebiet oben S. 316 f.; die 5. Region macht noch Schwierigkeiten in ihrer Grenzbestimmung 5 A. 10).

") üeber 7. .9. s. oben S. 330, über 13. 14. S. 317.

346 THßlL. I.

stadjte keine »ekv bedoutende sein kann. So viel wie möglich also schloBs die Mauer die Stadt ein. Aber im Einzduea bestimmte den Lauf die Rucksicht auf die foriifikatorischea Schwierigkeiten. Aus keinem anderen Grunde ist die parta Flaimtua über die Stadtgreoze hinaus nach Norden vor- geschoben worden» als weil sich in der trefiUchen Substrok- tion der Garten des Piocio (Muro torto) ein fertiges unmittel- bar anschliessendes Stück der Befestigung darbot. Von da aus ostwärts war die Richtung nach dem Prätorianerlag«r, einer ebenfalls fertigen Bastion, gegeben, und wieder yoi hier aus boten sich als bequeme und feste Stütze des Werks die Pfeilerreihen und Strassenöbergänge der Wasserleitungen bis hinab zum amphüheairum castrense. Die südliche Linie ist wesentlich durch die Terraingestaltung bedingt Die Mauer steht grossen Theils auf dem Höhenrande, in starker Steigung fuhren die alten Landstrassen bis zu den neuen Thoren (besonders der Äppia und Astnaria) hinauf. Die Anlage grade der Haupt- thore in weit ausspringenden Winkeln (Flamima, iVoenesItiia, Appia) erscheint demnach als ein Nothbehelf, nicht minder die offenbar nur zur Sicberimg des Janiculum gebaute, um die Ausdehnung der bewohnten Stadt sich nicht kümmernde Befestigung des rechten Ufers. Die veränderten Mittel der Kriegführung und die Menge der Stromübergänge endlich zwangen im graden Gegensatz zu der servianischen Befesti- gung, den Strom nicht als Deckung für die Stadt auf dem linken Ufer zu betrachten, sondern durch eine Mauer zu schützen, welche einen freilich ungenügenden Anschluss ao die Befestigung des rechten Ufers hatte (unten).

Wir besitzen eine Beschreibung der Mauer und ihrer Thore (Bd. 2, 578 ff.), welche verbunden mit einer von einem Stadtplan abgelesenen Itinerar und einer Sammlung stadt- römischer Inschriften das berühmte Reisehandbuch der Ein- siedler Handschrift bildet. Dass diese Beschreibung nicht im 9. Jahrhundert entworfen sein kann und dass sie, wenn dies nicht der Fall ist, nothwendig als von dem den Bau leitenden Architekten in;i J. 403 entworfen, den Akten

§ 6.] DiE AUREUAJNISCHE MAUER. 347

der Stadtprafektur einTerleibt, aus diesen in die Ileisehand* böcher obergegangen zn betraebten i^t, glauben wir im Bd. 2, 156 ff. naebgewiesen lu babeo. Aas derselben Quelle stammt das in mebren Exemplaren auf uns gekommene Ver- zeichniss der Tbore (das. 580 ff. ygl. 165 f.) ^^). Die Be- scbreibuDg bestätigt das oben ober die Identität der heuligen und der aurelianiscb-honorianiscben Mauer Gesagte und ist für diejenigen Theüe« welche heut entweder fast ganz Ter- scbwundan oder wesentlich verändert sind, ein sicbrerer Weg« weiser als der zwar ortskundige, aber nicht selten im Aus« druck unklare Prokop. Auch für einige jetzt nicht mehr erhaltene bauliche Einrichtungen ist sie die einzige Quelle: sie giebt von Thor zu Thor die Anzahl der Thurme, Zinnen» grossen und kleinen Fenster, der Aborte und Pförtchen. Wir beschäftigen uns mit dem baulichen Detail nur soweit, als nöthig ist, um die erhaltenen Ruinen und die Beschreibung zu vergleichen. Eine detaillirte technische Analyse der Mauer und eine sichere Unterscheidung der verschiedenen Bauperioden wird ohne Zweifel von berufener Seite gegeben werden ^^). Der ursprüngliche aurelianisch - probianische Bau, auf

^') Ich fiode an der a. 0. gegefoeaea BeweisfdhruDg nichts za ändern und brauche die ohne Bewei» wieder vorgebrachten alten BehanptuDgen Raviolis (io der A. S a. Schrift S. 20. 25 f.) u. A. nicht abermals za widerlegen. Nur zweifle ich jetzt, ob die an der Mauer achlechterdings nicht nachweisbaren und mir noch immer räth- seihaften castella des Benedict und der Mirabilien, welche in der Ein- siedler Hs. fehlen, zu der ursprünglichen Beschreibung gehören (vgl. Bd. 2, 165) und glaube, daas sich die früher unbeantwortet gebliebe- nen Fragen über die Bedeutung der fenestrae minores (A. 16) und die Beschaffenheit der prapug^nacula (A. 17) in einer für meine Ansicht günstigen Weise erledigen. Ueber einige Einwendungen gegen dieselbe s. unten A. 49. 55.

^^) Brauchbar ist neben Nibbys Beschreibung allein die des Archi- tekten Stier bei Bunsen 1, 651, Dazu die gelegentlichen Bemerkungen in den Schriften von C. Promis (Alba Fucense, Antichita di Aosta, Antichita di Torino). Bavioli (A. 8) giebt wenig mehr als was mit Hilfe von INibby und den Stadtplänen jeder ohne Autopsie lernt. Ab-

348 THBIL I.

dessen Fundamenten also die Restaurationen sich erfaobeo, sollte, den Höhenlinien folgend und vorhandene Bauten be- nutzend, eine Enceinte bilden, deren Vertheidigung nidit etwa von der regelmässigen hauptstädtischen Garnison, son* dem von einer grossen Armee, die sich in die Stadt gewor« fen hätte, zu führen wäre. Diesem Zweck entspricht die Einrichtung der Mauer Tollkommen. Aufgesetzt auf die Hugel- ränder präsentirte sie sich nach aussen doppelt so hoch wie nach innen, in einer Höhe ton 52 F., ohne Graben. In regelmässigen Abständen wird sie Ton quadratischen Thürmen unterbrochen, welche über die Mauer sich bedeutend erheben und zwei Stockwerke enthalte; ein mit Tonnengewölben ge- deckter Gang dient längs der ganzen Innenseite der Be- satzung zu sicherer Aufsteilung und freier Bewegung und bil- det zugleich den Fussboden für die hinter den Zinnen auf- zustellenden Vertheidiger. Die Vertheidigung wird nach dem System jener Zeit bewirkt, theils durch den Pfeäschuss, theils durch Schleudern oder Herabsturzen von Steinen ^'^). Jenem dienten die von dem gedeckten Gange aus nach aussen sich öffnenden Schiessscharten (fenestrae), diesem die nicht mehr erhaltenen Zinnen (jproptignacula). Die Scharten sind, wie die Beschreibung übereinstimmend mit der Mauer zeigt, zu je 6^ 7 zwischen je 2 die Wölbung des Ganges tragenden Pfeilern angebracht. Die Thürme scheinen nach aussen ur- sprünglich je 5 kleinere Scharten gehabt zu haben (vielleicht die fenestrae minores der Beschreibung), nach innen in der

bildnogen nageBÜgeod: Overbeke, Piraoesi Ant. 1. T. VIfl, Gell, Uggeri 2 T. 27, Canioa Edif. T. XIX ff. Ueber die Thore A. 18.

") Prok. Goth. 1, 14 S. 76: (ßelisar) tatfqov afjupt tb rdxog ßad-etav T€ xal Xoyov ä$iay nokkov kj^aas, 'della quale niun vestigio rimaDe' JVibby S. 244. Vgl. A. 4. Die Distanz der Thärme, aof den Pfeilschuss berechnet (vgl. Promis Alba Fnc. S. 135 f.) , beträgt in der Regel 25—30 M., steigt aber Dach Umständen bis 130 (vgl. Trastevere, Flnssbefestigang). Uebrigens ist eine Würdigung des mili- tärisehen Charakters des Bauwerks bei den ganz ungenügenden Vorar- beiten mir wenigstens unmöglich.

§ 6.] DIE AURELIANISCHE MADER. 349

Regel zwei bis drei grosse üb«*wölbte Fenster ^^). Die nicht erhaltenen frapugnaeula bestanden aus je einer Brüstangs- maner, pinna^ mit dem' dazu geh^igen zum Herabwerfen von Steinen u. s. w. geeigneten Einschnitt. Beide zusammen haben, wie die Zählung der prapugnaeUla mit Sicherheit er* giebt, eine Breite von 2i M. oder über 8 Fuss gehabt ^0.

^^) Di6 teoholsolie Beschreibuiig im Gänsen nach Stier bei BttUfen Bd. 1* Aof der Strecke von porta PraeneaUna bis Mmaria ^ebt die Beschreibung: fenestrae maiores forinsecu9 CLXXX minores CL. Auf der wohl erhaltenen Strecke von der ^sinaria bis zum amphithea- trum castrense ergab meine Zählung (1876) 79 Scharten der Mauer; nach demselben Verhältniss würde die ganze Strecke etwa 200 gehabt habea, was zo den maiores stimmt, da das ampkitheatrum selbst ab- zaziehen ist. Jeder Tharm hat ursprünglich, wie es seheint, drei Schar- ten vorn, je eine auf jeder Seite gehabt. Dies wären auf der gedach- ten ganzen Strecke 26 x 5 130, also bei Berücksichtigung von allerlei unkontrol Urbaren Abweichungen, eine für die minores mögliche Zahl. Und wo wären sie anders zu suchen? Denn an die je 2 3 gewölbten Fenster der Thürme nach innen kann wegen der Grösse und wegen der Zahl gar nicht gedacht werden. Usklar bleibt es mir, ob die gleich grossen Fenster der Thorgallerien und der die Thore flankiren- renden Thürme mitgezählt wurden. Die poria Asinaria allein hat (nach meiner Zählung) von diesen in den zwei Gallerien über dem Thor unten 5, oben 6 etwas kleinere, und ursprünglich scheinen in den beiden vorspringenden Mauerwinkeln neben jedem der beiden Thürme naeh vorn 2, seitlich eins gesessen zu haben (erhalten neben dem Ostthnrm): zusammen 17 grosse Fenster nach aussen, wozu dann noch je vier kleine an jedem Thurm kommen. Die zu erwartende detaillirte Analyse der ganzen Mauer wird auch diese Fragen zu lösen haben. «

^^) Ueber pinnae und propugnaeula oben § 4 A* 8. Es kann un- möglich Zttftill sein, dass von den 14 Absohnitten der Maaer in 9 Ab- schnitten die Verhfiltnisszahl zwischen der Zahl der propugnaeula und der Mauerlänge im Mittel 2,51 beträgt (Schwankung zwischen 2,32 und 2,61, und zwar nur zweimal 2,32. 2,37, sonst 2,51—61), d. fa. fdr das propugnaculum (pinna und Einschnitt), selbst bei einer so nage*- nagenden Messung, wie ich sie am Gensusplan vornehmen konnte, die censtante Breite von rund 2,60 M. oder 8 F. ergi^. Die Abweichun- gen der übrigen Abschnitte erklären sieh jedesmal aus der Unsicher- heit des Laufs der ganz zerstörten oder durch neue Werke ersetzten Mauer: 7,5 OstumsU (Flussl ) AureHa\ 1,62 Fluss -— ComeUa, 8,10

850 THWL L

Die Thore, nur 2uin Theil darch späteren Umban veranstal- tet, waren ursprünglich in dem reinen Stil der augusteischen Zeit konstruirt. Gewölbt, mit Ausnahme yon dreien eiobogig, und mit Fallgattern vorsehen, waren sie von je zwei nach aussen halbkreisförmigen Thürmen flankirt^^). lieber dem Thore lief, die Tfaurme verbindend, ein Stockwerk, welches nach aussen in der Regel 4 6 grosse überwölbte Fenster hatte. Auf eine dauernde Aufstellung und Kasemirung von Wachtkomniandos (wahrscheinlich in den mit grossen Fenstern versehenen Thürmen und Thorüberbauten) deuten die neces-

Appfa - OiHenns (Bastion Sanyallo). Nicht erUäriieh ans diesen Gräaden sind mir nur: 3,17 Pinckma - Nomentana, 2,01 Nomeniana - Salaria, wo ja aber aueh die Möglichkeit der Verderbniss der liber^ lieferten Zahlen nicht ausgeschlossen ist. Diese Betrachtung seheint mir, wie oben A. 13 gesagt, wieder für den alten Ursprung der Be- sdireibung zu sprechen: das Maass von 8 F. passt schwerlich auf mittelalterlidie Zinnen, kemmt dagegen dem der Mauer von Povipcji wenigstens nach dem restakrirten Aufriss bei Mazois 1 T. XII, 1 (man misst die Breite zu 8| Pieds ==: 9| r. F.) nahe. Die gefundene Nor- malzahl ist wichtig für die Bestimmung unsicherer TJwre (Metrovia) und Mauerstreeken (z. B. am Flnss).

^^) Thore: die A.hhilduBgen aller ei^alteneu (einzelne s. unten) bei Overbeke, Gell (zu Nibby) und Canina ungenügend: aueh Photo- graphien genügen nicht, noch weniger nach solchen gemachte Zeich- nungen wie bei Reber oder gar bei Parker Vol. I. Was geleistet werden sollte, hat C. Promis gezeigt. Noch immer werden mit alleiniger Rücksicht auf das Zeugniss des Prokop (A. 7) alle Thore für bar|)arischen Ursprungs erklärt Promis zeigt (Torino S. 210 IT.), dass eine oder zwei Gallerien über dem einen oder mehreren Thor- bogen charakteristisch seien für die Konstruktion des 1. Jahrhunderts. Diese Gallerien sind von Pilastern flankirt: so noch die porta Borsari in Verona (doch vgl. Einl. § 1 A. 55): 'tralaseio quelle a Roma di Arcadio e Onorio, dove la sola Asinaria ha una meschina galleria cos fonestrelle, essende totte ad una passata sola' (& 213). Allein das ist unrichtig: die ^^nnaria und nicht sie allein hat eine doppelte, die meisten übrigen Thore eine einfache Gallerie; zwei Dorebgäoge die nraprüngliehe Oaftsjvm, die Portumni und die als ein Thor zu be- trachtende ProBnettimt-Lalrieana (freilich wohl aämmtlich wegen der Boppelatraasen). Thorverscbluss: Nibby S. 245 f.

§ 6.] DIE AURELUmS€HB MAUER. 351

saria (iD »pater Sprache necessariae) oder Aborte, welche die Beschreibung auffuhrt* Nachgewiesen sind m noch nicht (Bd. 2, 168 f.).

Die Benennung der Tfaore, weiche vom J. 403 daiiren mag (die Beschreibung der Eins. Hs. nennt ein erhaltenes aber geschlossenes Thor, die 'Clno^a', gar nicht und nennt die Pmciana schon clausa) weicht ab von dem bei der ser-^ vianischen Mauer befolgten System (S. 269 ff.). Sie heissen nach den aus ihnen hinausfuhrenden Strassen, sind aber schon im 6. Jahrhundert daneben nach den nahen Kirchen benannt worden (A. 66). Es sind folgende vierzehn: 1. Fla^ minia (5. Valmtini), 2. Salaria {S. Silvestri), 3. Bnct'ana, 4. Nimeniana, 5. Tiburtina {S. Lmrmtn), 6. Praenesttna-La- hicana^ 7. Asinaria {S. Johannis), 8. Latina, 10. Appia (S. Se- bastiam), \l. Osiienm {S. Pault\ 12. PartuensiSy Id. Aurelia {S, Pancratii), 14. Cornelia (S. Peiri); um so auffallender ist der noch unerklärte Nanoe 9. Mttrotna. Yolksthämlidiie Bezeichnungen des frühen Mittelalters sind die Doppekiainen : Tawrma (7tftur(a»a), Mmr {Praemsiina-^Ajibicima), Verwechs- lungen mit den nahen servianischen Thornaroisn aus derselben Zeit (vgl. S. 71): Copewa (Osiienst^), CoUiM {CmieUa)^%

£s kann wohl sein, dasß schon Aurelian den 14 Beginnen zu Liebe die Herstellung von 14 Thoren« welche die Beschrei- bung von 403 aufzählt und Prokop kennt, beabsichtigte. Sicher gehörte zu den ursprunglichen Thoren, wie die Trefflichkeit des

^^) Ich habe Bd. 2, 165 f. gezeigt, 4ass die Listen der Thore in dem von Wilhelm von Malmesbury benutzten Pilgerfdhrer ans dem 7. Jahrhundert vad in den Mirabilien mit der Einsiedler Mauerbeschrei- bang genau übereiu stimmen, was weiterhin für die Bestimmuag einiger Thore (besonders Praenestina - Labicofm, Tiburtina, Comdia) von eat- scheidender Wichtigkeit ist. Ueher 4ie einzelnen Namen s. die be- treffenden Absohnitte. Die mit dem JB^ginn der topographischen Sta* dien (vgl. z. B. Tortellis Artikel Roma in den Commentarii grammatici Yen. 1471) aaftretende Coufasion der Namen der k^iglichen qnd der kai^rlichea Stadtmauer ist jetat ohne Interesse und wird hier über- gangen.

352 THEIL I.

Baas und das Entsprechen der servianischen VirnmaUs beweist, das Ton der Beschreibung von 403 übergangene namenlose 'Chiusa' (A. 26), und so möchte man denn die wegen ihres Namens auffallende Metrovia als ein erst später in die Reihe dafür eingetretenes Thor betrachten. ' Ausser den 14 Thoren hatte die Mauer eine Anzahl 'Pf5rtchen\ deren Bestimmung Schwierigkeiten macht '^).

Die Aufgabe, welche wir zu lösen haben, ist die Be- schreibung des Mauerzuges auf Grund einer durchgängigen Yergleichung der erhaltenen Reste mit der Beschreibung des J. 403 und der mit derselben zusammenhängenden in dop- pelter Ueberlieferung vorliegenden Liste der Thore und Stras- sen, deren kritischen Werth wir bereits eingehend geprüft haben. Nur an wenigen Stellen ist durch die Umgestaltungen der späteren Zeit, über deren Ausdehnung und Details noch kein abschliessendes Unheil möglich ist, der Gang der Mauer oder die Lage der ursprünglichen Thore unsicher. Für diese Stellen kommt namentlich der spätere Zustand der viaefu- blicae in Betracht, wie wir ihn an der Hand der Notitia früher (Bd. 2, 230 ff,) dargelegt haben: ausserdem aber ein Umstand, dessen Wichtigkeit zwar nie verkannt, neuerdings aber erst ins rechte Licht gesetzt worden ist. Seit der Zeit des Augustus sind in immer zunehmendem Maasse bald in näherem, bald in fernerem Abstand von den servianischen Thoren über den aus denselben hinausfuhrenden Strassen Triumphbogen errichtet worden. Diese (z. Th. schon im § 3 berücksichtigt) zeigen uns in zweifelhaften Fällen die Richtung der Strassen nach den neuen Thoren *••).

«0) Ppokop Goth. 1, 19 S. 9S, 18: §f« füv rij^ TtoUias 6 nBQtßokoQ ^ hrta nifXag xal nvXCittg xtvag. Der Aasdrnck nvUg ri>ep wird »w- nahmsweise auch der von ihm sonst nvlfi i^enaDiiten Finduna (a. imtea) beigpelegt. Daher die nvXi^es nidit cvsammeDfallen mit den posiemae V des Einsiedler Itinerars, den pottenOae V der Mirabilien, über welehe unten A. 56.

>^) S. besonders Lanciani Boll. mi». 4, 169 f. üeber einzeiae derselben wie über die von der Hfauer berlihrten Oertlichkeitien «nd benutzten Denkmäler ist Th. II zu vergleichen.

§ 6.] DIE AUREUANISCHB: MAUER. 353

Die Porta del Popolo {porta popult)^ von Pius IV 1561 neu erbaut, fuhrt dksen Namen schon im 15. Jahrhundert von der benachbarten Kirche S. Maria del Popolo. Es ist sicher, dass die alte paria Flamnia (im Mittelalter auch p. S. Vaihntim) weiter Östlich am Abhang des Monte Pincio ge- standen hat. Wann sie von dort in die Tiefe versetzt wor- den ist, bleibt unsicher. Die via Slumma, welche aus der ''porta Rat%mmim' auslief 3 S. 207), müsste demnach» während sie in ihrem südlichen Abschnitt (sicher zwischen piazza Sciarra und der Via di S. Lorenzo in Lucina, wo die Triumphbögen des Claudius und Marcus die Richtung an- zeigen) dem heutigen Corso entsprach, in ihrem nördlichen Lauf um einen Winkel von ungefähr 5 ° östlich von der heu- tigen Strasse abgewichen sein. Doch ist meines Wissens bis jetzt diese Frage nicht endgiltig gelöst^^). Die Befestigung bis zur porta Pineiana besteht aus der fast unmittelbar an das Thor sieh anschliessenden aus dem 1. Jahrhundert her- rührenden und schon vor dem Jahrhundert geborstenen Substmktion des Monte Pincio, dem 'muro torto'^^) und d^ sich anschliessenden gewöhnlichen Mauer. Nur geringe Stücke

'^) ^ofte Flaminia (Fiammifiea die f^wöhDÜclie mittelalterlidi« Form): porta S, FaUntini z. B. Urk. von 1071 bei Galletti Primic. 371, ebenso noeh die jüngereii Mirabilien. Porta populi z* & Signorili. Die Kirche des Namens erbaut 1099. Ueber die Triumphbiii^en einst- weilen Bd. 2, 415. 417 f. -— Grab auf Pia^a del Popolo: Vacca Memoria 113. Vgl.. Tb. IL Procop. 1, 23 S. 109: ov firjv oiSk 7tvlf}S

knlv tuTi^oso^os, vf&B auf die Lage in der Ebene aicbt passt. Dass die Verlegung vor dem Jahre 716 geaehehen sei» schliesst Nibby S. 304 gaos mit Unrecht aus der Beachreibung der Ueberaehwemmong dieaea iahres; weiche 'durch das Thor eintrat' (Lib. pont. Gregor U c. 6). Dass die Flnth damals wie unter Hadrian 1 (das* Hadr. I c. 94), wo sie dos Thor a fundamenHt abriss, bis an die Wurzeln des Pincio dringen konnte, ist zweifellos (vgl. Hermes 2, 77 f.). Ob anderweitige Zeugnisse vorliegen, weiss ich nicht.

>') Den mqlßoXog zwischen der nvhi ^la(nivla und der nvl^ ntyxiavtj nannten die Römer tov niglßokov Suqqwyota (Procop. 1, 23 S. 110). Vgl. Einl. § 1 A. 42 u. Th. II.

Jordan, rOmisohe Topographie. I. 1. 23

354 THEIL 1.

des ursprünglichen Baus derselben sind erbalten, von den 24 (29?) Thörmen gelten 7 für honorianisch, zwei für belisarisch.

Die porta Pinciana (geschlossen seit 1808) benannt von der via Ptnciana, einer Deviation der Salaria (Bd. 2, 234), beide von der domv» Pinciana und ihren Gärten auf dem noch heut so benannten ßerge (Bd. 2, 402), ist von zwei runden Thürmen flankirt. Das griechische Kreuz im Bogen- schlüssel und die wie man meint auf dieses Thor zu bezie- hende Benennung 'belisarisches Thor', gelten als Beweise, dass es von Belisar gebaut ist: bis stichhaltigere beigebracht werden, liefert für mich die Einsiedler Beschreibung den Gegen- beweis^^). — Von da bis zur Salaria ist der honorianische Bau (22 Thärme) im Ganzen wohl erhalten.

Die porta Salaria, benannt von der aus der Coüma hinausführenden via Salaria ($ 3 A. 39), war von 2 runden Thürmen flankirt. Eine Gallerie von 3 Fenstern lief über dem Thorbogen. Seit der Erstürmung durch Alarich (409) war sie mehrfach restaurirt worden. Bei der Niederreissung der Thürme im J. 1871 fand man, dass der östliche über dem sorgfältig conservirten Grabdenkmal eines Knaben aus der Zeit des Domitian erbaut war^^). Von dieser alten Mauer bis zur Namentana (10 Thürme?) ist durch die Schliessung dieses

>>) Prokop nennt das Thor (s. Bachner in der A. 49 a. Abh. S. 206) 7 mal nvUs (Goth. 1, 19 S. 96. 23, 109. 24, 131. 2, 2, 150. 9, 181 f.), 5 mal TtvXri oder nvXai (1, 29, 140. 2, 1, 149. 5, 165 f. 10, 186) nnd übergeht es 1, 19, 93 (A. 26). Die Eins. Beschr. v. J. 403 nennt es clausa, die noch ältere Notitia lässt die via Pinciana ans; aber das Thor war zu Prokops Zeit wieder passirbar, die Strasse {via Pinciana Bins. It. 11, 7; cum pervenit ad Salariam, nomen perdit Wilhelm), eine Seitenstrasse derSedaria vetus oder nova (De Rossi R. s. 1, 155. 177), noch später, das Thor noch bis 1808. Ob die nvhj rj BeXiffa^ia tovofxaatai vvv (Prok. 1, 18 S. 89. 22, 106) ein Doppelname der Pinciana oder der Salaria ist (so ßaehoer S. 201 ff., vgl. Th. II, Pinciiu), scheint mir nicht anszamachen. Abb. d. Pinciana Overbeke f . a 2 Gell T. V.

«*) Vgl. Procop. Vandal. 1, 2 S. 315. AbbUdung Gell T. VBI. Grab: Visconti II sepolcro di Q. Sulpicio Massimo R. 1872. Nibby be- zeugt S. 321, die beiden Thärme hätten anf den Fandamenten zweier quadratischer mit Marmor bekleideter älterer Thürme gestanden. j

§ 6.] DIE AURELIANISCHE MAUER. 355

Thors und Anlage der Porta Pia (1564), besonders aber dnrch die Restauration nach der Beschiessung von 1871 nur wenig übrig geblieben.

Die porta Nomentana, benannt von der ebenfalls aus der Collina herausfuhrenden via Nomentana (a. 0.), war von 2 runden Thürmen ilankirt, deren südlicher, wie schon oben A. 10 beschrieben worden ist, auf oder über dem Grabe emes 0- Haterius vielleicht des berühmten Redners erbaut war. Es folgt als Theil der Mauer das Prätorianerlager*'*). Wenig mehr als 100 Meter südlich von demselben befindet sich ein heut Porta chiusa genanntes Thor ohne Thurme, mit einer Gallerie von 4 (?) Fenstern über dem Bogen: die Mauerbeschreibung und die Thorverzeichnisse nennen weder das Tbor noch die in bedeutenden Resten erhaltene Strasse, welche durch dasselbe aus der YminaKs kommend hinaus^ führte und über welcher wahrscheinlich bis zum 15. Jahr- hundert der Bogen des Gordian stand. Dies ist sehr auf- faUend (vgl. S. 352) und muss wohl, da wir namentlich die mae publica^ alle kennen, mit einer Verlegung eines Strassen- laufs (der Cöüatina?) zusammenhängen (vgl unten)**). Die

3^) Eine Abbildung kenne ich nicht.

*•) Abbildung Gell T. XI (Aussen seite), Parker Archeologia or misc. tracts of antiq. 1869 T. 11 (Innenseite; brauchbar). Prok. Goth. 1, 19 S. 93 zählt 5 Thore [nvXai) von der Flaminta bis zor Praenesttna, muss also die Chiusa qnd die Piamana (als nvU^X) qieht mitzäbleh (vgl. A. 23). Auch Lanciani Bull. mun. 4, 174 findet keine Erklärung: über die Meinung^ dass die v. Tiburtina hier gelaufen sei, unten A. 32. Werkstücke des ßogens des Gordian ; welchen Albertini 'non longe a porta Viminali' sah (vgl. Bd. 2, 420), sind ca. 200 M. weit nördlich von der alten Strasse gefunden worden (Vespignani Bull. mun. 1, 103 ff. T. II), aber nicht in situ: sie sind dahin verschleppt (Lanciani S. 235 f.) '■ In der Notitia fehlt die via CoUatina als ausser Gebrauch befindlich (Bd. 2, 234). Ist diese statt wie später «eine Abzweigung der v. Tibur- tina ursprünglich eine von der p. Viminalis ausgehende selbständige Strasse gewesen ? Fabretti (A. 32) Hess sie durch Porta S. Lorenzo aus- laufen, Nibby S. 344 zwischen dem 7. und 8. Thurm südlich der p. Tibur- tina durch ein jetzt vermauertes Thor, welches schon Sigoorili intra p, S. Laurentii et p, Dominae (= magglore) erwähnt: er fugt eine kindliche Erklärung hinzu (Bd. 2, 5S2 z. E.). Der Anfang des Laufes der

23*

356 THEIL I.

Maner yon d«r Chiusa bis zur Tiburtma (die Zahl der vr- sprunglichen Thärme vob der iVotneiUafta bis zu dieser giebt das Einsiedler Itinerar auf 57 an, Reste von 36 oder 39 sind erhalten) ist selo* stark zersiM und in den verschiedensten Epochen restaurirt.

Schwierigkeiten macht der Lauf der Strassen, wekhe aus der alten parta Esquüma^ an deren Stelle der Bogen des Galli^us getreten war, ausUefen und die Lage der sie auf- nehmenden neuen Thore^^).

Die porta T^rtina oder S. Laureniä^ benannt von der wie sich ergeben wird aus der Esquilma herausführenden (s. unten) bei der alten Basilika des h. Laurentius m agro Verona vorbeifährenden Strasse nach Tibur, im Mittehdter auch nach d^n Stierkopf im Bogeüschlässel des Wasser- leitungsbogens an der Innenseite*7(Kttrma benannt, trägt noch jetzt die den Kais^n Honorius und Arcadius gewidmete £hreninscbrift (oben A. 5). Innerhalb des Thors steht über der Strasse der von Vespasian und Severus restaurirte Bogen des Augustus, welcher die drei Wasserleitungen Mta, Tepukt^ Marcia über die Strasse föhrte (v. J. 749). Beide Tfaünoe sind im 15. Jahrhundert neu gebaut, die Travertinsubstruktion des ursprünglichen nördlichen hat sich zum Theii erhalten. Bis zur Praenestina ist die Mauer, wie schon oben bemerkt wurde, zum grossen Theil in die Bogenreihe jener Leitungen hineingebaut, aber wie gewöhnUch mit Thärmen (19? 9 ho- noridDisch ?) versehen ^®).

Collatina ist soviel ich weiss nicht genau bekannt (Nibby Vie S. 9S Westphal Kampagne S. 99).

^) S. Lanciani in der § 3 A. 40 angeführten Abhandlnng. Der schmucklose Bogen (arco di S. Vito) trägt die Inschrift CIL 6, 1, 1106: GaUieno cUmentisHmo principij cuiu* invicta virtus sola pietate superata e$t^ et Saloninae sanctissimae Aug, Aurelius Fictor v, e. dicatissimut nummi maisstatique eorum, Abbild, (dreibogig!): Sangallo cod. Barb. f. 25; in einem Ex. des Speculum r. mago. ohne Jahr und Autor; fehlt in den meisten Publikationep des 16. Jbdts.; auch sonst selten. Gaoiiit Ed. CCLVI. Die beste mir bekannte: Rossini (1820).

'^) Ueber die Benennung des Thors Taurina (so die Mirabilien) i.

§ 6.] DIE AUREUAIHISCHE MAUER. 357

Die zwei neben einander stehenden und architektonisch mit einander verbundenen Thore pwta PramestitM (nördl.) und poria Labkana (südL), daher auch als ein Thor betrach- tet und als solches im Mittelalter 'das grosse* {porta maior, daher noch jetzt Maggiore), auch von der Nähe des räthsei-* haften Sessorium (S. Croce) Sessorimuiy oder bald mit dem einen-, bald mit dem anderen Namen bezeichnet, hatten ihre Namen von den beiden aus der Esquilina hinausführenden viae, der Praenestina und der Lahicana (oben S. 222). Die Labieana trägt noch jetzt die Ehreninschrift des Honorius und Arcadius (oben A. 5) : sie ist jetzt offen, die Praenestina ge- schlossen, frfther war es umgekehrt. Die beiden äusseren Thürme (quadratisch) gelten für mittelalterlich, der zwischen beiden Thoren stehende halbrunde stand, wie schon gesagt (A. 10), als Hülle über dem wohl erhaltenen Grabe des Bäckers M. Vergilius Eurysaces (7. Jahrhundert), welches mit seinen auf das Handwerk bezüglichen Reliefs und seiner in saturnisch^Q Versen abgefassten Inschrift neuerdings wieder zum Vorschein gekommen ist. Sein trapezf5rmiger Grund« riss ist durch die von hier (also schon zu Ende der Republik) divergirenden Strassenläufe bedingt. Innerhalb des Thors steht über denselben Strassen errichtet der die Leitungen der aqua Claudia und Anio novus nach dem Caelius führende Doppelbogen, erbaut von Claudius (im J. 52), hergestellt von Vespasian (71) und Titus (81)").

Bd. 2, 319. 32S. Abbild.: SaogaUo cod. Barb. f. 27'; seit Ltfreri&s (1566) hiiu6g. Besoaders Piraneti Ges. WW. Bd. 9 Fig^. V—Vni osd Rossini (1S20). Schlechte Front- and RückenaDsicht bei GeU T. XII. XIII. -^ lieber den Wasserlei tonfsbogen, seine Inschriften and die Ueberreste der Leitungen s. § 7. Schon Nibby hat genau S. 343 f. die in der Maaer steckenden Reste der älteren Bauten beschrieben, neoerdings vgl. Lan- ciani Bull* mun. 2, 204.

^) Prokop Goth. 1, IS f. und die Einsiedler Besehreibang nennen nur die poria Praenestina; Wilhelm: perta maier ^ oHm Sircurana dicebatur (schlechtere Hss. siracusanai verdorben aus Sosoriana d. h. seswrtana, von dem nahen Sessormtny ygl. A. 32 und Bd. 2, 410) et via Laoieaiut, die MirabiUen: p, Lameaua quae tUeitur maiar. Also

358 THEIL I.

Die Identität der Thore S. Lorenzo s= Tiburtina, Mag- giore s=z H'aenestma - Labieana für die Zeit seit 403 ist also über jeden Zweifel erhaben. Aber es ist auch sicher^ dass in den letzten Decennien der Republik, als das Denkmal des Eurysaces errichtet wurde, die via Praenestina und die Labieana sich erst unmittelbar bei demselben abzweigten and dasB Augustus den mächtigen Strassenbogen der drei Wasser- leitungen nicht über einer unbedeutenden Seitenstrasse, son- dern über einer Hauptstrasse errichtet hat, deren Breite übrigens genau die Breite der die via Tiburtina fortsetzenden Yaleria ist. Dass nun diese Hauptstrasse keine andere als die Tiburtina gewesen sei und dass dieselbe zur Zeit des Augustus ebenfalls von dem esquilinischen Thor ausging, scheint durch die Erzählung des Eintritts der Tiburtiner Flötenspieler in die Stadt 'durch die Esquilien' ebenfalls be- wiesen zu sein^^). Wenn femer zur selben Zeit gesagt wird,

war Praenesimay spater maiorf die gewSluiliche Bezeichaiiag fSr das ganze Thor, wahrscheinlich weil die porta wie die via Labieana wegea ihres Zieles mehr und mehr ausser Gebrauch kam^ daher auch später (wann?) geschlossen wurde. Das mittelalterliche maior heisst hier wie sonst {pons, artus^ via maiori Bd. 2, 166) 'gross' und ist wohl nicht mit Nibby S. 351 von S. Maria maggiore (S. Maria maior schon im Eins. Itin. : Bd. 2, 374) herzuleiten, wohl aber vielleicht der ver- einzelt im 15. Jahrb. vorkommende Name porta Dominae oder della Donna (A. 27). Denkmal des £urysaces mit der Inschrift (CIL 1, 1014. 1015 = 6, 1, 1958): est hoe Tnorämerdum Mareei Fergilei Eury- sacis II pistoris redemptoris: apparet (ganz steht dieselbe auf beiden den beiden Strassen zugewandten Fronten, die erste Hälfte bis |] mit der Variante Marci Feitgüi auf der der Stadt zugewandten Seite) Ann. deir inst 1838, 202 ff. (mit T. J ff.) Ganina Bdif. T. CCXXV (Grnndriss) und GCLXXVIII. Abb. des Thors: Sangallo cod. Barb. f. 5'; seit Lafrerius (1549 vortrefflich) in sammtlichen SammluDgea rämisch«r Bauwerke, interessant nur die noch vor Schliessung der Praenestina und Zerstörung des mittleren Thurmes (1838) gezeidine- ten, Zw B. Dosi T. 69 Dtt Perac 25 Overbeke Bd. 1 f. a7 Gell T. XIV. XV. Jetziger Zustand Ganina Edif. GGXXVI. Die Inschriftea des Wasserleitungsbogens s. § 7*

^^) Auf die der via f^ahria gleiche Breite des angustischen Bogen« (5, 320 M.) hat Promis Alba Fne. S. 14 f. aufmei4sam gemacht. Die

! J

§ 6.] DIE AURELIANISCHE MAUER. 359

die via Labieana gehe wie die Praenestina von der porta Es- quilina aus und lasse diese und das esquilinische Feld links, so widerspricht dies durchaus nicht der Annahme, dass sie beides noch kurz vor, d. h. westlich von dem Denkmal des Eurysaces gethan habe, dass mithin der Lauf der später als die pranestinische erbauten labicanischen Strasse mit dem Lauf jener bis zu jenem Denkmal zusammenfiel^). Damit steht im besten Einklang, dass unzweifelhaft in alter Zeit aus der porta Virntnalis keine Hauptstrasse, also auch nicht die Tihurtina hinausführte, und dass der aus ihr hinausfuhrenden Strasse {CoUatina? oben A. 26) auch in der aurelianischen Mauer nur ein später geschlossenes kleines Thor entsprach. Es bedarf also schwerlich noch einer Widerlegung der vor Entdeckung des Eurysacesdenkmals und einer richtigen Würdigung der Thor- und Strassenverzeichnisse allenfalls ent-

Geschiehte bei Livins 9, 30 ohne Angabe des Orts, bei Oy. F. 6, 677: iamque per Esquäias Romanam intraverat urbem {turba). Es ist na- türlich nur eine Aasflucht, wenn gesagt worden ist^ sie hätten einen Umweg gemacht. Für die Zeit des Ovid ist das Zeugniss jedenfalls beweiskräftig.

'^) Das sehen im § 3 angezogene Zeugniss des Strabo 5, 3, 9 S. 237: in die via Laiina avfjLniniEi xa\ ^ Aaßixavri agxofji^Vfi fihf ano T^; ^HaxvXivrjs nvXrjg a(p' r^ xoX f\ Ügaiv^atCviij iv aqvateq^ 6h ä(p€i<fa xal tavTTjv xal t6 tiMw j6 *Haxv)Xvov nqoeioiv hcl nUiovg xwf ixatov xal Bfxoöt atadimv xal nXrfaidaaaa t^ uiaßtx^ u. s. w. Lan* ciani meint (BoU. mun. 2, 44)^ Strabo müsste, wenn die Abzweigung nicht unmittelbar am Thore stattgefunden hätte, gesagt haben agxouitfil fih ano rffi 'HaxvXivrjg nvhfig nlrjalov ^Poifjirjg wie er es bei der Abzweigung der Latina von der j4ppia thue: das Minks lassen' der Praenestina und des camptes EsquHmus müase vor dem Denkmal des Eurysaces geschehen sein. Für Beides sehe ich nicht die mitadeste Nötbignng. Es muss angenommen werden, dass die Meilcnzahluag der Praenestina wie der Labieana vom Thor begann: dann aber konnte auch, mag niui die Doppelstrasse bis zur Trennung als solche erkenn« bar gewesen sein oder nicht, sehr gut gesagt werden was Strabo sagt. Die Ausdehnung des campus ist ungewiss: ich sehe aber gar keiaett Grund, ihn so einzuengen, dass nicht gesagt werden konnte, die Labi-^ eana habe ihn und die Praenestina links gelassen. Ueber die Schwierig- keiten; welche Lancianis Ansicht macbt,. unten^

360 THEIL I.

schuidbaren Annahmen: dass die Porta Chiusa die Tihurlma, die P. S. Lorenzo die ^Collatina\ die zwischen dieseni Thor nnd Porta Maggiore befindliche kleine Pforte (oben A. 26) die Praenestina sei, oder dass eine Verlegung der Strassen in der Weise stattgefunden habe, dass die via Tiburttna ur- sprunglich Ton der p. Vmmälis nach der Chiusa gelaufen, dann nach P. S. Lorenzo verlegt worden, die via Praeneitina ursprünglich nach P. S. Lorenzo gelaufen, später vor Porta Maggiore von der Labieana abgezweigt worden sei, womit denn ein Wechsel der Thornamen verbanden gewesen sein müsse ^^). Aber auch die neueste Ansicht (A. 3t), dass die via Praenestina und Labieana unmittelbar vor der porta Es- quilina, wie die Salaria und Nomentana vor der p, Coüina, aber in einem ganz unbedeutenden Winkel auseinander ge* laufen seien, um nach einem fast parallelen Lauf von etwa 1200 M. sich wieder zu vereinigen und dann jenseits jenes Denkmals sich abermals zu trennen, geht wenigstens aus von einer falschen Auslegung der oben erwähnten Beschreibung, nach welcher die Labieana die Praenestina und das esquili- nische Feld links liess, und hat an sich wenig Wahrschein- lichkeit^^). Indessen ist nicht zu leugnen, dass sowohl die

*>) Ersteres ist Fabrettis Anskbt (De aquis 3, 4), letzteres Piales (z« Venuti 1, 228 vgl. 218) odcI INiebulirs Besebr. R. 1, 658 ff. 3, ], &71 ff. Im ganzen richtig nrtbeilt darüber Becker S. 201 ff. Alle yermeioftUoben Zeugnisse für diese Aosicfaten fallen weg. Im Liber pontificalis (Silvester c. 27 Bd. 1, 102 Vign.) haben die Hss. (voran der Neap.) omnem agrum a porta Sosoriana (d« i. Se^oriana, vgl. A. 29) viam etinerariam usque ad viam Latinam; statt etinerariam ist Pnu- nettinam gesdirieben worden (s. Becker de maris 122). Ein blosses Versehen enthält eine Urk. v. 1286 (Galletti Primic. S. 346): extra portam maurtmi sive portam heati Laurentii, Das von Urlichs (Top. in Leipz 2, 2) angezogene Zeugoiss Gregor des Gr. über die Lage der Kirche des 0. Jammrias auf der via Praenestina (an p. S, Lau- rentü der Liber pont.) wird jetzt durch das von De Rossi heransge- gebene Verzeichniss der Heiiigengräber, welches ganz richtig jene Kirche an der mVz Tthurtina nennt (R. sott. 1, 1423. 9. 1&2), beseitigt.

<*) Lanciani a. 0, 44, welefaer selbst eingesteht, dass ein von der Labieana getrennter Laaf der Praenestina diesseits von Porta maggiore

§ 6J DIE AUR£LIANfSCHE MAUER. 361

Idder früher sehr schledit beobachteten und ungenau be- schriebenen Funde yon Pllasterstrassen auf dem esquiliniscben Felde als auch die Orientirung der innerhalb der aureliani- sehen Mauer vor der paria EsqtiiUna gefundenen Gräber, so- wie des offenbar an einem bivinm stehenden Monumentes Hrofei di Mario' mancherlei Schwierigkeiten machen und dass eine theilweise Umlegung der Strassenläufe, wie die neuesten Entdeckungen gelehrt haben, sicher durch die Anlagen der augustischen Zeit, die maecenatischen Gärten und das ma- cellttm Lißiae, veranlasst worden ist. Wir wissen jetzt so viel, dass in republikanischer Zeit eine grosse Strasse aus der Esqnüina etwa in der Mitte der jetzt verschwundenen Strassen porta S. Lorenzo und S. Bibiana lief. Ob dies die alte Tt- hurtma war, ist bis jetzt noch ganz ungewiss und müssen weitere Funde abgewartet werden. Aber weder die Benennung der honorianischen Thore, noch die Thatsache, dass durch die p. VimmaUs nie eine Hauptstrasse gelaufen ist, wird da- durch geändert werden ^^). Der Mauerlauf bis zu dem

jetzt wenigstens nicht nachweisbar sei. Doch führt er aus Severano Sette chiese 1, 639 (mir jetzt unzugänglich) die Beschreibung einer alten Strasse an, welche die Richtung Gallieausbogen {p. Esquüinä) trofei di Mario basiliea di Gaio e Lucio (d. h. 'Minerva medica') hatte 'e torciendo se ne viene a la porta (Maggiore)'. Welchen Zweck ein solcher flacher Bogen gehabt haben sollte, ist nicht einzusehen. Wenn dies aber dieselbe Strasse ist, wie Lanciani annimmt, von der ein Stück nach Yacca (Mem. 16) in der Vigna von Francesco d'Aspra gefunden wurde, d. h. nach ßufalinis Plan zwischen 'Minerva medica' und Porta S. Lorenzo, aber näher an dieser, so ist ein solcher -dem Halbkreis sich nähernder Bogen einer grossen Landstrasse auf die kurze Distanz you ca. ^ H>m. Meilen (zwischen porta Esquilina und dem Enrysacesgrabe) doch ganz unglaublich und gegen die Analogie aller bekannten Strassen auslaufe Roms und wir müssen einstweilen bestrei- ten, dass ehne ndrdlich von den Trofei laufende Strasse die PraeneHina sei. Vgl. A. 34.

^) Gt'äber: noch steht das 'Casatonda' genannte Grab ungewisser Benennung, dessen kürzlich aufgedeckter Unterbau ein unregelmässiges Viereck darstellt, dessen Nordseite nach einer Strasse gerichtet zu sein scheint; dann nahe der P. Maggie re in der ehemaligen Villa Magnani (jetzt Grundstück der Societä fondiaria Italiaua) an der Nord-

362 THEIL I.

Scheitelpunkt des stark ausspringenden spitzen Winkels war wieder bedingt durch die Pfeilerreihe der claudischen Wasser- leitung, weiterhin durch das amphüheatrum castreme, von dem die südliche Hälfte der aus einem doppelten Stockwerk offener Arkaden bestehenden Umfassungsmauer durch Vermauern der- selben bequem in ein Stück der Vertheidigungslinie verwan- delt werden konnte und man hatte sich aus diesem Grunde die Vortheile des Terrains, welches erst hinter der Mauer stark ansteigt, entgehen lassen, ja auch die Bewehrung der so hergestellten Mauer mit Zinnen und Thürmen unterlassen. So bot diese Strecke mit dem aussen angebauten Thier- Zwinger (vivarium) dem Feinde ein günstiges Angrü&objekt dar. Erst westlich von dem Amphitheater beginnt wieder die regelmässige Konstruktion und reichte bis zum J. 1574 ununterbrochen bis zur parta Asinaria: in diesem Jahre wurde sie etwa 30 M. östlich von derselben durchbrochen, um durch die neue porta S. Giovanni die Via Appia nuova zu legen und die Asinaria zu schliessen. Die Strecke zwischen Porta S. Giovanni und dem Amphitheater ist eine der wenigen in

Seite der Via di P. Maggiore das Golambariam der libert. et familiae L. Arrunti L. f,, eotdeclit 1736, und ein namenloses (Piranesi Aot 2 T. VII XIX vgl. Boll. mon. 2, 55) ; weiterhin das der Freigelassenen der Statilii Tauri, entdeckt 1872 (s. firizio, Pittare e sepolcri scop« suU' Esquilino dalla soc. fondiaria Italiana, R. 1876, vgl. Bnll. man. 3, 153 Jahresberichte 1876, 186): vgl. über diese Gräber A. 10. Die Benennung und das Alter der Trofei di Mario ist noch unsicher (s. § 7). Entdeckung der Strasse aus p. EsquiUna etwa 3 M. unter dem iViveau der kaiserlichen Anlagen (zur Seite republikanische Gräber): Lanciani Bull. mun. 3, 193 T. XX. Wenn derselbe aber sagt, diese Strasse treffe die aurelianische Mauer Mn un punto distante di circa m. 250 dair arco di Augusto (p. S. Lorenzo)' in diesem Fall würde sie die JVordecke der Trofei berühren so kann ich dies nicht ver- stehen. Die Axe der Strasse weicht nach seinem Plan ca. 6^ nördlich von der Axe der Via (und Kirche) S. Vito ab; verlief sie nun weiter in grader Richtung, so ergiebt dies die oben angegebene Lage: sie berührt dann nicht die Trofei und trifft nicht 250, sondern 170 M. südlich von Porta S. Lorenzo die Mauer (Censusplan). Die Fortsetzung ist nicht gefunden worden.

§ 6.] DIE AUREUANISCHE MAUER. 363

ihrer ursprunglidien Gestalt erhaltenen. Von p. Praenestina bis Äsinaria standen 26 Thürme^'^).

Die sehr wohl erhaltene, ganz aus Backsteinen gebaute jpor^a A$inaria von zwei runden Thännen flankirt, über dem Thorbogen 2 Gallerien bat ihren Namen Yon der zur Zeit der Erbauung des Thors unzweifelhaft noch gangbaren via Ästnariä^ welche aus der p. Caelmöntana der servianischen Hauer hinausführte und die Latina und Appia schneidend in die Ardeatma mündete. Die Richtung d^ Strasse innerhalb des Thors bezeichnet der ehemals vor dem Hospital des Laterans stehende Strassenbogen der claudischen Wasser- leitung (§ 3 A. 48). Wie die Wasserleitung und die Strasse innerhalb des Thors im Mittelalter vom Lateran benannt worden sind {via, forma Lateranensis) , so auch das Thor (p. Lateranensis, S, Johannis). Geschlossen wurde es 1408. Die Mauer zieht sich von da bis zum nächsten Thor in Zick- zack- und Bogenlinien hin: ihr Lauf muss also auch hier durch ältere ihr als Fundamente dienende Bauten bedingt sein. Und in der That erkennt man nodi jetzt die Substruktionen des Caelius vor dem Lateran (über deren Benennung Tb. II) als solche. Die ganze Strecke ist bis ins 12. Jahrhundert stark restaurirt, von den 20 ursprünglichen Thürmen kaum die Hälfte erhalten»«).

*^) S. Prokop Ootb. 1, 22. 23, wo das vivarium (s. Tb. U) genannt wird. AnsdriiekliclL wird hier (c. 23 S. 111) die Vemachlässignng des Bans von Zinnen nnd Thürmen genannt. Ob dies jedoch auf die im J. 403 eingeweihte Maner Bezug hat, ist fraglich, da die Zahl der propugnaeula (504) auf die Strecke von 1300 M. fast genau die A. 17 ermittelte Normalbreite derselben (2,57) ergiebt. Die alte Angabe über die Zahl der Thüme lässt sich als richtig nachweisen (Bd. 2, 164). Die Strecke vom Amphitheater bis P. S. Giovanni habe ich schon A. 16 erörtert.

^) Fta j4sinaria (der Ursprung ihres Namens unbekannt) in der Notitia am Schhiss des Verzeichnisses: Bd. 2, 234. Festns 282: refrt- eibus cum ait Cäto in ea quam scribtit cum edisseftavit Fulvi Nolnlioris censuram, sigmficat aquam eo nomine quae est svpra viam ArdeaÜnam inter lapidem secundum et tertüum, qua inrtgantur horti infra viam ArdeaUnam et j4nnariam usque ad LaUnam, Vgl. Nibby Vie S. 110 f. nnd A. 37 a. B. Das Thor aach bei Prokop Goth. 1, 14 S. 75. 3, 20

364 TREIL I.

Die Uebereinstimmung der Tfaorverzeichnisse beweist, dass das nächste Thor nicht mittelalterlichen Ursprungs ist, sondern mmdestens zu dem honorianischen Bau gehört: dass es, wenn auch nicht in seiner jetzigen Gestalt, zu dem ur- sprüngUchen Bau gehört, ist' deshalb wahrscheinlich, weil eine alte vom Bogen des Dolabella (A* 40) auf dem Caelius herab- kommende Strasse darauf stösst. Ferner stimmt die aus dem 13. Jahrhundert stammende Ortsangabe ubi rivt^ mflmt cwi- tatem genau zu der Stelle, wo noch jeti^ ein kleines Thor in dem einspringenden Winkel bei Piazza della Ferrat^a (ohne Thürme und Gallerie) in der Mauer sich befindet und die Marrana in die Stadt fliesst (S. 138 f.), endlich die Normalzahi der Zinnen zu der Strecke von porta Asmasria bis zu diesem Tfaore* Trotzdem bleibt der rathselbafte nicht einmal sidier überlieferte Name porta Metrovia oder Metroma, der einzige, der nicht Ton einer auslaufenden Strasse her- genommen ist, sehr auffallend und eine grosse Strasse scheint überhaupt aus diesem Thore nicht ausgelaufen zu sein. Die sidi anschliessende Mauer bis znvpwrta Latma (20 Thürme) ist stark restaurirt: sie ist zum Tbeil aus Werkstücken lilterer Gebäude aufgeführte^).

S. 360. 362. Baulicher Zustand: oben AA. 16. 18. Beaeamiog nach dem Lateran seit dem 7. Jahrhundert: S, lohanms bei Wilhelm (aber im Eins. Itinerar ^siuaria); Latwanensis die Mi2^abilieo (vg;i. Nibby S. 361). Ueber die gleichnamige forma und via Bd. 2, 229.. 352, Mauer am Lateran: Gell T. XX.

^^) Die Einsiedler Beschreibung und die Thorverzeichnisse nennen übereinstimmend zwischen der jisinaria und Latina ^t Metrovia: die Schreibung mit v findet sich in der Eins. Hs. (Mauerbeschreibung und Itinerar 8 wiederholt), einer Urkunde von 885 {Mitrobi=^ Märovi: Galletti Primic. S. 96, den ich aber jetzt nicht wieder einsehen kann), der Vita Johanns XVIII (de regione Metrovi nach Watt^richs Text Vitae pont. 1, 69 vgl. Gregorovius 4, 8)^ der Becensiou der Mirabilien bei Albinus (porta Mitrovi), guten Hss. der Briefe Gregors des Gr. 11, 43 nach den Benedictinern (Paris 1705 Bd. 2); dagegen haben n die Mira- bilien bei Romuald {mieront)^ die Graphia (juetronü) und Hss. der Briefe Gregors a. 0., vereinzelt ist bei Wilhelm die Verschreiboi^ metpoH, metr^sa (wie bei demselben sircursnä). Hiernach scheint

§ 6.] DI£ AUR£LUNISCHE MAU£Il. 365

Aus der porta Capena der Eonigsmaaer lief die via Appia, von der sich östlich etwa 700 M. vor dem Thor die Latina (v^!U8 oder not>a? Ä. 37 a. £.) abzweigte. Von den Gräbern vor und nach der Trennung der Strassen wird Th. 11 die Rede sein (vgl. Bd. 2, 114). Hier ist noch zu erwähnen, dass von den drei Bögen des Veriis, Trajan und Drusus, weiche die Notitia am Schluss der 1. Region nennt, der letzt« genannte vielleicht der innerhalb des Thors stehende * Drusus* bogen ^ ist, der Standort der beiden andern ist unbekannt ^^).

Tifeirovia, Metrovi die bessere Üeberlieferung^ zu seio. Aber die Her- leitnng^ des Namens ist uDsicher: *da qnalche Santo' Nibby S. 365 (aber von welchem?); MrixqioCa von der Mttgna mater am Almo Forch* liammer Gründung Roms S. 39 (aber die Marrana ist niisht der Almo, § 1 A. 29). Der Zusatz Martins zu den Mirabilien ubi rivus influit civitatem will nicht den noch jetzt vorhandenen niedrigen Bogen, durch welchen die Marrana fliesst, sondern das daneben befindliche vermauerte Thop (Abbildung Overbeke fol. a 9 Gell T. XXI) bezeichnen. Vgl. BiiDsen 1, 665. Der Stadtplan aus dem 13. Jahrb. (Bd. 2, 3So) ver- wirrt die Thornamen der Nordseite so, dass von W. nach 0. p. Tau- rtna, Pineiana, Metronia, Numentana folgen. Zwischen Pinciana und Metronia fliesst der Tiber in die Stadt! Gregor sagt a. 0., man gelange durch das Thor auf die via Latina vel Appiay das £. Itinerar führt zu dem Thor vom Septizonium aus über den Caelius (verwirrt). Mauer: Gell T. XXII f. Sollte die im 3. Jahrhundert vorkom- mende via Latina vetus et nwa (Eph. epign 1, 133 f.) mit diesem Thor etwas, zu thun haben, die nova durch dasselbe ausgelaufen sein?

•*) Die Notitia schllesst R. I: flumen Mmonis, afcum divi VeH Partkiei et divi fraiani et Drusi (Bd. 2, 114) und die kapit. Basis hat in der 1. Rugion einen vicus Drusianus. Dem Andenken des Drusus werden nach Tacitus A. 4, 9 im J. 23 eadem quae in Germanicttm bewilligt, u. A. arcus Romas (ders. 2, 83 vgl. Dio 55, 2), genauer (von Drusus): marmoreum arcum cum iropaeis Romas in via j4ppia (Suet. Claad. 1). Darstellung auf Münzen: Eckhel 6, 176f. Cohen Bd. 1 S. 134 Morelli Drus. Germ. 14. 15. Nnn sind, wie mir De Rossi mittheilte (s. Jahresb. 1875, 778), die Bruchstücke der beiden SeDatabeschlüsae zu Ehren des Drusus und Germanicus (CIL 6, 1, 911. 912) in der Nfihe des ^Dnususbogens' gefunden worden. Ob diese Mittheilnng nur auf Bianehini sich stützt, nach welchem sie ans dem Familiengrabe des Dmaiifl und ^ermanicns bei jenem Bogen stammen, ist aus den Add. des CIL- S. 841 (welche mir zu Eink § 1 A. 55 noch nicht vorlagen), nidit ersichtlich

366 ™En^ I-

Die ma Laiina fährte in der aurelianischen Mauer durch die von zwei runden Thürmen flankirten mit einer Gallerie yer- Behenen parta Latina, die Appia durch die mächtige von zwei bis zur halben Höhe quadratischen oben nach aussen halb- runden Thürmen flankirten mit einer doppelten Gallerie ver- sehenen porta Appia (im Mittelalter Daccia^ wohl erst seit dem 15. Jahrhundert 5. Sebastiani). Die schwierige Frage, ob bis zu diesem Thore oder aus demselben zum Marstempel eine via tecta führte, ist später (Th. II) wieder aufzunehmen. Das Material zu dem Quaderunterbau der Thurme ist weisser Marmor und stammt jedesfalis von älteren Gebäuden, vielleicht von den damals schon verlassenen Prachtvillen ausserhalb des Thores. Die griechischen christlichen Inschriften an beiden Thoren werden bald für byzantinische Restaurationen, bald för den byzantinischen Ursprung der beiden Gebäude, wie sie jetzt erhalten sind, geltend gemacht. Die Mauer zwischen beiden Thoren (12 Thurme) ist verhältnissmässig gut erhalten*®).

(De Rossi wird oicht erwäbot): ist dem so, so bat natürlich der Fundort wenig Beweiskraft; aber meiner Erinaerung nach berief sich De Rossi nicht auf Bianchini. Stilistische Gründe sprechen für, mindestens aicht gegen die Ricbtigkeit der Benennung (vgL Ein). S. 29, ebenso die a. Münz- bilder) : die Umformung zu einem Strasseobogen «iner Wasserleitung durch Caracalla 7) mag an seiner ursprünglichen Dekoration^ wie schon JNibhy Mura S. 371 ff. verständig auseinandergesetzt hat, Manches geändert haben. Abbildungen zahlreich: gut Rossini (1S20, zweimal); Ganina Edif. CGXLIV. Von dem Bogen des Trigan auf der Appia stammen nach Prellers Vermuthang (Reg. S. 62) die Reliefs an dem ConttantinsbogeB. Der Trjgansbogen wäre also kurz vor 315 zerstört oder doch beraubt worden (Bd. 2, 8 ff.).

'^) Die p, Latina (jetzt geschlossen) hat im Bogenschlüsgel das christliche Monogramm zwischen A und (i) (aussen), die Appia des- gleichen OeOY XAPIC, darunter Afie KCÜNON ARS r6(i)Pn (so Nibby 367. 370). Ein eigenes Urtheil über die Konstruktion dieser Thore habe ich nicht , bezweifle indessen stark, dass der quadratische Unterbau der Thurme der Appia aus dem 6. oder 7. Jahrh. herrührt. Ueber den Namen porta d'Acia (seit dem 12. Jahrh. 7) Corvisieri im Buonarotti 1870 S. 45. Abbildungen der Appia seit dem 16. Jahrb. (alte Erwähnungen beider Thore ausser den Verzeichnissen fehlen) nicht

§ 6.] DIE AURELIANISGHE MAUER. 367

Ziehen der porta Capena und dem Fluss ä^en, wie S. 233 ff. gezeigt wurde, vier servianische Thore, die Naeviaj Raudusculana, LavemaUs und Trigemina; vier Strassen liefen auf dieser Strecke aus und zwar in der Richtung von der Capena nach dem Fluss die Ardeatina, Lavinatis, Laurmtina^ Osttensis, aber die vorletzte von der letzten sich abzweigend: sicher ist nun, dass die Ostienm aus der Trigemina vor welcher der Bogen des Lentulus und Crispinus vom J. 2 n. C. bis zur Zeit des Poggius stand *^) auslief und zwar wahrscheinlich längs des Flusses westlich von Monte testaccio (das. A. 67), wahrscheinlich schien uns, dass die Naevia das nächstwichtige Thor war und am Eingang der Piscina publica lag, wahrscheinlich der Ausgangspunkt der Lavinatis, Andrer- seits stimmten die auf die Urkunde von 403 zurückgebenden Verzeichnisse der honorianischen Thore und das Verzeichniss der mae der constantinischen Notitia darin überein, dass sie auf der Strecke zwischen porta Capena (Appia) und dem Fluss nur noch zwei Strassen, die Ostiensis und Ardeatina kennen, so dass also über die in Folge der Verödung der Gegend eingetretene EntbehrUchkeit der via Lavinatis kein Zweifel sein kann. Die Frage bleibt nur, ob das gänzliche Schweigen nicht bloss der Thorverzeichnisse, sondern aller Quellen über eine zu der via gehörige porta Ardeatina beweist, dass nie eine solche in der kaiserlichen Mauer existirt hat und es wäre ja sehr wohl denkbar, dass man auf die Strasse ausser-

selten (1566 Speculom?), aber da seitdem fast keioe VeräDderangen vor* geDommen siad, ohne Interesse: keine genügend. Z. B. Overbeke 1 f . a 11 Gell. T. XXV. Seltener von der Latina, z. ß. Overbeke das. 10 Gell XXIV.

^) Poggius las 4n arcn iuxta Tiberim ultra acbolam Graecam' (S. Maria in Cosmedin) die Inschrift P, Lenttäus Cn, f. Sdpio T. Quinc" tius Crispinus Falerianus cos. ex s, c. fadundum curavenmt idemque ^obaveruni (CIL 6, 1, 1385). Die Form der loscbrift ist genan die der Inschrift des Bogens des Dolabella und Silanns vom J. 10, über Welchen § 7 (das. 1384): P. Cornelius P. f. Dolabella C, lunius C f. Süanus flamen Martial(is) ex s. c fadundum curaverunt idemque pro^ baverunt.

368 THEIL L

baih derjffismer auf einer Zweigstrasse der Äppia oder O^imsis gelangt wigre oder ob ein Jetzt vermauertes angebliches Tbor an dem öatlichen Ende der Bastion des S. Gallo die Ardeatina ist. Ich weiss zwar diese Frage nicht zu entschei- den, muss aber jedesfalls als erwiesen ansehen, dass das Thor seit 403 als solches nicbt mehr gerechnet wurde ^^). Eine zweite Frage betrifft den Lauf der via Ostiensis. Man nimmt neuerdings eine Verlegung derselben von der Westseite des Monte testaccio auf die Ostseite desselben an. Auch diese Annahme ist nicht ganz sicher. Das Thor selbst ist das einzige unter allen Stadttboren, welches vor dem J. 403 . und zwar an seiner heutigen Stelle erwähnt wird. Wenig spater tritt der Name S. Pauli auf: nach der Basüica des Apostels führte vom Thore aus eine Porticus. Es ist nrsprünglich wie die p. Portuenm zweibogig gewesen; beide Bögen stehen, der ostliche ist vermauert. Da von den 3 zwedbogigen Thor^n der Stadtmauer aus zweien sicher je 2 Strassen führten {PortumsiSy. Labtcana^PraenestiHo), so ist dasselbe auch von dem 3ten zu vermuthen (unten): es führte ursprünglich wie aus de:^ Portueitsis die via Campana und Portuensis^ so aas ^

*^) i* ie Thorverzeieknisse nennen nar die OsHensis, aueh Wilfaelai) aber er^jchiebt (11^) die Bemerkung ein: de via ardeatina* inUsr viam Appiam *: Ostensem est via Ardeatina. Damit stimmen di^ Verzeich- nisse der Märtyrergräber (bei De Rossi R.sott. 1, 180 vgl. Nibby S. 201) überein : sie nennen auch die Strasse, nicht das Thor, Vgl. auch Preller Ber. d. sächs. G. d. Wiss. 1849, 38. lieber die Strassen der Notitia Bd. 2, 233. üeber das geschlosseue Ther Nibby S. 375: 'arco Ute- rizio con ornati della stessa materia e dae mezze colonne di finissimo gusto e di bella costrazione apparteneote a qnalche fabbrica del primo secolo dell' impero ed inserito da Onorio nelle mura, ande servirsene per la porta Ardeatina tagliandone parte per ineastrarvi an grossolano architrave di travertino'. Aber kein einziges Stadtthor der honoria- nischen Mauer ist in dieser Weise hergestellt! Auch ein zweites ver- mauertes Pförtchen giebt es in der Nahe und nun werden gar eine frühere und eine spätere porta Ardeatina angenommen (Nibby R. a. 1, 151 und schon Vennti 2, 15), Poggias Var. fort. 1 S. 23 sagt, dass ^literae' wie an der Ostiensis andeuten, dass Hoaorius und ArcAdius sie gebaut (??).

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i 6.] DIE AURELIAiMISCHE MAUBR. 369

der Ostieniis die Laurentma und Osttmsis? Ausserhalb dieses Ulteren Th<ve8 ist ein von zwei runden Tharmen flan- kirtes einbogiges mit einer (jetzt yermauerten) Gallerie an- gebaut worden. Es mnss wieder dahingestellt bleiben, ob das innere honorianisch ist oder seiner nrsprCinglichen An- lage nach aorehanisch. Es ist bezeugt könnte aber auf Verwechslung mit der Pm^emis beruhen dass auch die- ses Thor die Ehreninschrift des Areadius und HoncMrins (A. 5) trug. Der Name der pwta Capena haftet mindestens bis ins 5. Jahrhundert sicher an dem alten servianischen Thor: im Mittelalter finden wir diesen Namooi auf die porta Ostiemis übergegangen^').

Die Mauer von der parta Latina bis Appia (12 Thfirme) ist im Ganzen wohl erhalten; von da Ms zur Ostiensis ist sie nicht allein durch die über 400 M. lange Bastion Sangallo's ganz unterbrochen und es erklären sich daraus die Differenz zwischen d^ alten Zählung der Thürme und der vorhandenen Zahl (49 : 38) sowie die hier nicht unerheblich zu grosse Verhältnisszahl der Zinnen (3,10 statt 2,50), sondern auch durchweg durch Restaurationen der verschiedensten Zeit ent- stellt. — Für noch stärker restaurirt gilt die Mauei strecke von der Ostiemis bis zum Fluss, bis zu welchem sie ia ziem-

^) Ammiaa 17, 4, 12 (sehrieb vor 403) vom Obelisken ^'^es God- stantios: per portam OsHensem piscmamque publicam circo ihlattis est maximOf-yf^l. Bd. % 106. 154 und Th. II. Kämpfe um die nvXri ri Ilavlov Tov anoaroXov o/utovvfiog lau Prok. Goth. 2, 4 S. 159. 3, 36 S. 433 (man lockt listig die Besatzung an den Tiber; der Weg hinaus führt ■aeh Gentumcellaa). OtUensem portam quae est domni Pauli apostoH der sogen. Aethicus (s. § 7) S. 41 (hinter Gronovs Mola 1696). Die orroo; axQi is tov vmv (des Paulus, 14 Stadien von der Stadtmauer aa 1^ Mil.) ^irixovaa ix rrjg noUfos erwähnt Prokop Goth. 2, 4 S. 160; erhalten im 7. Jahrb. nach dem Eins. hin. 9, 7 ff. : inde ad portam Ostettsü, inde per portieum usque ad ecdesiam Menne et de Merme usque ad S, Paubwi apostobttn. Dieselbe die porUeus ipsius eccksiae bei Gregor d. Gn Epp. 14, 14 (s. Bd. 2, 113)? Abbildung des Thors 2. B. Gell T. XXIX f. vgl. Nibby 377 f. Die Inschrift erwähnt Poggias (s. A. 41) nur an der Ostiensis, aber freilich er allein (nicht erwähnt im CIL). Porta Capena: Bd. 2, 154. 323.

Jordan, römische Topographie. I. 1. "^

370 ™WL I.

lieh gerader Richtuog sO^westiieh läuft, unmittelbar neben dem Tbore die Grabpyramide des Cestius als Tburm be- nutzend ^'). Indessen stehen die Thurme auf dieser Strecke, wie namentlich die regelmlissigen und kleinen Abstände dei^ selben, wie sie z. B. auf der Strecke amfhitheatrum casiretm porta Äsmaria sich finden, zeigen, auf ihren alten Fun- damenten. Da es jetzt 25 an der Zahl sind, die alte Be- schreibung aber *yon fürta OsHenm bis zum Tiber' 35 zählt, so ist zu erwarten, dass die Mauer nicht da, wo sie den Tiber im spitzen Winkel trifft» geendet hat, aondera nord^- wärts längs des Ufers weiter gelaufen sein wird. Diese Ver- muthung wird für die Mauer von 403 zur Yölligen Gewisslieit, sobald man die Yerbältnisszahl der Zinhen in Betracht zieht Es gab deren ^von porta 0$timm bis zum Tiber' 733« Die Strecke bis zum Fluss beträgt 900. Meter, die Strecke von da längs des Flusses bis zu der Stelle, an der auf dem rechten Ufer die Mauer begann, fast genau eh^ so viel. Für eine Mauerstrecke von 1800 M. ^rgiebt sich als Durch- schnittsbreite die der oben gefundenen Normalbreite fast gleiche von 2,44, für eine Strecke von 900 M. also 1,22. Gleich- zeitig abex wird es wahrscheinlich, dass, wenn die Beschrei- bung fehlerlos überliefert ist, die Thurme längs des Flusses in bedeutend grösseren Abständen als auf der Landseite an- gelegt waren. Diese Berechnung ist von entscheidender Wichtigkeit, weil die Mauer am Fluss ebenso wie die Bauten des Emporium stark zerstört, die Reste aber noch ungenügend untersucht sind. Ich muss mich begnügen, anzugeben, dass der zuverlässige Plan von Falda die Mauer noch zu Anfang des 18. Jahrhunderts ununterbrochen, wenn auch offenbar theils restamirt, theils in der Höhe unvollständig bis zu dem

«') losofarifteii (CIL 6, 1, 1374) auf 2 Seiten wiederholt C. CesUtu L. f. Pob, ßpulo pr, tr. pL FH vir epulonum (aaf der Ostaeite darmiter opus apiohUuut ex testmnenio diebus CCCXXX arbitraiu Ponti P. Cla, Melae heredis et Pothi /.)• Beschreibnii^ea : Felconieri bei Nar- dini-JVibby fid. 4; Baosen 3, 1, 435 ff. Akbilduiigea zahlreick: a. be- sonders Piranesi Aot. 3 T. XL ff. Canina Edif. GGLXXX.

% 6.] Dlfi AUREUANISCBE MAUER. 371

der jMxria Porluetuis gegenüberliegenden Punkt fortlaufen und

hier mit einem in den Fiuss vorspringenden ^adratischen

Thurm ibscihliessen lässit, dem auf dem andern Ufer ein

gleicher entspricht. Et^a 4 mebr oder wem^r verstörte

Thürme sind in ungleichen Abstanden auf der ganzen Strecke

sichtbar. Etwas abweichend sehiidert das Ende der Mauer

ein neuetter Bericht: danach schiiesst sie mit einem qua*

dratisdien Thurm kurz vor der Stelle, wo sie drüben sich

fortsetzt; dann folgt ein kiei»^ etwa 5 im Geviert grosser

gepflasteiter Platz, mit Trümmern aniiegender Privatgebäude,

dann ein Stock mittelalterlicher Mauer, welche mit einem

el>enfalls mitteialterliehen runden Thurm gegenüber der Fort-*

Setzung der Mauer atuf dem rechten Ufer abschliesst. Wir

wissen, dass im 9. Jalarfaundert der Fluss und die Stadt

gegen den Angriff 8er Sarazenen zu Schiff durch Ketten^

welche von Thorm tm Thurm gespannt wurden ^ vertheidfgt

wurdev es ist sehr wahrseheinKdi/ dass Aehnliohes die Er-*

bauer der aurehanisdi**honorianischen Mauer beabsichtigten,

annaal wir beim Eintritt des Flusses in die Stadt eine gleiche

Vorriebtung kennen lernen werden ^^).

Der Lauf 4er Mauer auf dem rechten Ufer ist sicher, die Benennung eines Haüptthors macht Schwieri^eiten. Bis Kam J. 1643 stand die porta J^tumsis, welche die Ehrenin- schrift des Honoi'ius und Arcadius (A. 5) trug, 480 M. strom- abwärts vor der heutigen Porta Portese, vom Floss (nach der Einsiedler BeGchreibwag) 4 Thiirme (also bei gewöhnlichem Abstand etwa 100 M»> entfernt. Das Thor selbst haftte zwei

nur durch einen Pilaster getrennte Oeffnungen, zwei runde

.11 I «i^i.*.

t >^)GeiMia'uotersac&t hat dasfiode dtirManer in neuesler &it ouf P. .JBrazzs (1876)) den. kdi'^^liige BMt^rcibaogr rerdaBke. Ich selbst hake in AiB Visnen am Floss niobt. gdangea kSnoen and der holte WasserstoDd (Aürs 1S72) ver&iodeHe mteh die Uatepsadiang de» Ufers so weit über das- BApoffMi Mttaua stromabwärts aussadehaea. Doeh looQiite ich von S. Pietro lo Mantorio ans deiltlieh grosse Stiieke d«r M«uer and eioea oaeb hj^chferageadeR Tbitria erkeaneoi -^ Sperrong des Flvases in <J- 'B4e' gegea die Saraaeneasebiffe: Liber j^antif., Leo iV c. 38 ff. (3 S. 90 Visa.). Vgl. A. 48.

24*

372 THEIL L

Thürme^^). Von da stieg die Häuer mit 29 Tfafrmen, 400 Zinnen bis ztir heutigen Porta S. Pancrasio/ weiche im J. 1644 nur um ein Geringes von der alten (»her d^en Namen wir unten sprechen entfernt ist Die Reste der Mauer, welche man besonders deutlieh von dem neuen Garten bei der Acqua Paola aus sieht, stimmen wohl zu der Beschrei- bung. Es ergiebt sich, dass die Thürme auf dieser Strecke den ziemlich grossen Abstand von 40 H. gehabt haben fas- sen, was sich durch das ansteigende Terrain recfatft»tigt (Reste von 17 Thürmen findet man noch auf dem Plan 1 Falda's, auf dem Censusplan sind sie fatst ganz verschwunden)

und dass die Zinnenbreite mit beinahe 3 M. die Normalbreite

I

um etwas übertrifft. Das Thor steht auf der Höhe des Janiculum (84 M.). Die Mauer führt dann wieder bergab und endet etwa 140 M. stromaufwärts von Ponte Sisto. Der Plan von Falda zeigt deutlich, dass die Hänser auf der Nordseite der Via delle fornaci auf der Linie der Mauer stehen; ein grosses Stück derselben mit 4 Thurmen erstreckt sich von der Porta Settimiana durch den Garten der Farnesina bis za dem bezeichneten Punkt. Die Beschreibung derselben er- giebt mit 24 Thürmen, 327 Zinnen für Jene wie auf der vorigen Strecke den etwas weiten Abstand von über 35 M., für diese die Normalgrösse ypn 2, 60. lieber 4m AnscUuss an das rechte Ufer s. unten. Von dem Thor S. Pan- crazio bis zum Fluss erwähnen weder die Einsiedler Beschrei- bung noch die älteren V^zeichnisse der Thore noch sonst eine alte Quelle ein Thor« Er»l die Mirabilien nenn^i ein

*5) Eotfemung von Porta Poptese Dach NoUi vgl. Nibby R. a. 1, 153. Abbildanir <)es Thors böi Pighras cod. iBeroL f. 118: das Thor besteht hier aus 2 nur dnrdt «inen Pfeilar getrennten gleichoi Bogen, über denen in drei Zeilen die Inschrift läuft; keino Galierieb N«r auf der lioken Seite hat es einen mndei Thorm. Unabli'&Agig von Pighins ist wohl die vor 1643 gezeichnet« AbbilAng Nardinis (S. 36 dar Ausg» 1660 «» ed. Nibfoy.l, 68): sie* zeigt 2 runde Thürme, den Bogea rechts (zunächst dem PIuss?) vermauert uni'ieharaklcrisirt das Thor als Ziegelbau mit Pfeilern und Bögen aas Quadern. Ueber die Strassen s. unten.

§ 6.] DIE AURELIANISCHE MAUER. 373

drittes Tbor von Trastevere und dieses scheint damals (im 12. Jahrhundert) den Namen Septimiana gefüihrt zu haben. Dass es an derselben Stelle die Mauer durchbrach, wo es von Ateiander VI. (1492 156S) *voh Grund auf wieder- bergestelk* wurde und dann im J. 1798 seine heutige Gestalt erhielt, ist unzweifelhaft *•). Da es aber sicher bis zum 6. Jahr- hundert weder als eigentliches Stadtthor noch selbst als ^Pfortcfaen' vorhanden war, so muss wohl die Annahme, dass es ein slier voü Seplimins Severus gebauter Bogen gewesen sei irrthümlich sein und es kann das zwischen dem 6. und 12. Jahrhundert entstandene Thor sehr wohl seinen Namen Yon der damals nach den Bauten dieses Kaisers so benannten Stadtgegend erbalten haben ^0* I^^ss wie beim Austritt des Stromes aus der Stadt so hier beim Eintritt Vorsorge ge- troffen war für die Sperrung desselben durch Ketten von Thurm zu Thurm, ergiebt sich mit Wahrscheinlichkeit aus

^^) Dl« . Mirabilien c. 4: porte Irans Tiberim IUI: p^ria Septi- tniana septe^n Naide* iunete lano (etymologische Deutung im Aoschluss an Ovid Met. 14,785: Bd. 2,. 378), p. JureUa vel aurea^ p, Portuensts. Gleichzeitige Urkunde (1123, Coppi Diss. deU' ac. poiit. 15, 217): S, lohannis prope portam S. Sävestri, iuxta portam Septimianam. Die 1798 beseitigte lasohrift Alexander VI bei Nibby R. a. 1, 154 '. . 06 utiUiatem puhlieam a ftmdameniis restituiV. ISach ihm (1509) schrieb Albertini f. 11^ 'p. Septimiana quae nomen adhuo retinet' und meines Wissens zuerst A. Fulyius (1527) f. XI^ 'quam portam vetustate iam collabeotem Alexander VI ouperrime a fnndamentis instaoravit et in meliorem formam redegit ubi Septimii antea legebatur in- scriptip'. Die^ schreiben ihm ia gewohnter Weise die folgenden As^y^aphen direkt oder indirekt nach (zuerst Marliani 1534 f. 20' 'liffirmant', 1544 f. 17'^ ^aivnt') und ich glaube daher das Zeugniss des Falvins als das einzige, dieses aber als einen aus dem Namen gezogenen Schluss betrachten zu dürfen. Wann das unzweifelhaft früher nicht vorhandene Thor angelegt worden ist, würde sich mit Sicherheit er- mitteln lassen, .^sfenn man. wüsste, wann die Via Loogara ihre heutige Richtung erhaben hat: ich finde darüber nichts Zuverlässiges.

^').üebcr die Sepimiana der Notitia R. XIV and die bekannte Stalle der Vita des Severus c. 19 -* ißnuae. {balmaeT) in Transtiberina regime ad portam. Tiominu stU s. Th. H. .

374 THBIL I.

Prokops Schilderung eines Versuchs, die an Ponte Sisto an« gebraditen Mahlen zu zersti^ren^).

^) Die Behandlang der wUb%eii Stelle des Prok«p Gdtk« 1, 19 S, 95 ff. bei Becker S. 194 f. ist sebr unglöeklich : «r kämmart sieh um die sichereo Reste der Mauer garnichti Prokop schildert xn- nächst die Befestig^ung von Trastevere (S. 194 f.): er meint, man habe den Berg (Xocpos) nnd das gegenüberliegende Ufer (t^v xaj* avtov rov notafiov ox^^) besonders wegen der auf jenem befiudlicheo MiOileii (Th. II) befestigt und damit der Feind von idort Hiebt über den Ploss setzen und die Stadt leicht angreifen könne; (e^iavT^s ovv rairrtf rp y€(pvQ(f Jov TioTafiov ^vvdnxetv t€ zo xelxoQ tSo^av wxX oixüxs av^vag iv X^Q^V ^^ aviiniQag SHfidfxevoi fjiiaov jrjg noUwg t6 Tißi- QiSog n^noCrivtttt qEvfia. Weiter erzählt er, dass die Gothen durch Abbrechen der Wasserleitungen die Miiblen auf dem Janiculum, welche die Stadt mit Brod verssrgten, zum Stehen braehtea und dass Belisar schwimmende Mühlen .an Ponte Sisto und zwar unterhalb deaselb«B konstruirte: ^finQoa^ev jijg yscpvQag, rjg aqji nqbg Tip nsQißoX^ ovcfrjg ifjLV^oS^Vf (Sxoivovg dqxriaag l| kxaHQag rov noiafiov ox^g (bg ttoiata IvTfTttfAivovg, ravtaig te Xifxßovg Svo na^ dlXi\hivg iw^^ €fag, n66ag dvo an* dXXriX(av M^onag, tj fidhara ^ röäv vdartov iniQQori ix rov tijg ysipvq-ag xvQTtafjLaxog axfid^övaa xa- T^€i.. fjLvXag T€ 6vo iv Xä/ußqy ixm^Qfx) iv^-ifjttvog ig tb fjtera^tt rtjv fifjXavriv amxqifiaaiv tj tag /nvXag atqiifeiv eioiS'ei^ inixttva <J? aXXag j€ ttXOLTOvg ixofiivag täv «tl oma&ev xara loyov ^Sitffiiv^ xeti rag fjtfjXttvag TQontp x^ avr$ iTtl TiXiltfrov ivißctXe. Darauf warfen die Gothen grosse Baumstämme in den Fluss, von denen Mie meisten' durch den Strom gegtn die Nachen geschlendert wurden und die Müh- len zerstörten. Dagegen operirt mit Glück Belisar: €tXv€f€ig fjtaxqag atÖTjqäg nQog r^ y^ipvqt^ (doch wohl richtiger ttqo rijg yetpvgag) fJQxvosv i^ixvovfiivag nqog TißeQiv vXov, tclg &r] nqognfTrrovra ^ifinavttt offa 6 natafiog tip^qe ^wioxecto xa xai dvjci^i ig xk ngoato iXfOQH' xavxtt Ti aviXxovteg äil olg th t^ov tovxo inixino ig xrjv ytfv Ifp^QoV. xavra Si inoUt oif x oOovtov xtSv fivXcov 'irexct fj oxi oaov iv&^v^i ie Siog Sk xa\ l^vro&av ijXdi fiTj Xa- ^(oatv axdxois noXXatg oi TioXifjLiot ivtog tijg yt(pvQag xttl iv f^itf^j noXei ytvofiBvoi. ffieraus folgt doeh nothwendig: dass der Standpunkt des Erzählers in der Stadt ist; däss die Mublea unterhalb der Bracke angebracht; die Retten oberhalb hei (rich- tiger vor) der Brücke 'über den ganzen Fluss* gespannt waren; dies setzt eine starke Wider läge voraus, eine solche, aber gabeb die Eck- thürme ab. Wäre dies nicht so und sehloiiseo die Mauern unmittel- bar an die Brücke an (was P. mit keinem' Wort sagt und was that-

§ 6.] DIE AUAEUANISCHE MAUER. 375

Die Beschrabung der Mauer mid das Itinerar der Ein- siedler Handschrift nennen das Thor auf der Höhe des Jani- c^olam porta AureHa, das Verzeichniss der Thore und Strassen bei Wilhelm mit iem Znsatz, es heisse jetzt S. Pancraiii; jene Urkunde das Thor an der £ngelsburg porta S. Petrin diese dasselbe porta Comelü^ mit dem Zusatz 'jetzt iS^. Petri\ Da- gegen nennt Prokop das Thor an der Engelsburg Aurelia, und zwar, wo er es zuerst nennt, mit dem Zusatz 'jetzt naMsh dem Apostelfürston Petrus benannt, welcher in der Nähe begraben liegt' (tergl. A. 61), das Thor auf dem Janiculum Pancratiana oder 'das transtiberinische\ Dass sich Prokop darin nicht irren kann, versteht sich Ton seihst, ebenso sicher aber ist es, dass nur ein gänzlidies Verkennen der Entstehung und des Werths jener beiden Urkunden ihnen eine Ver- wechslung des Namens aufbürden kann. Auch ist mit den Thoren die Sache gar nicht abgethan: es handelt sich um die Strassen ^^), Wie alle übrigen honorianischen Thore (die

süehlich fakch ist), so wäre auch das Aufflscben der Stamme durch die Römer nnmögMcb, die ganze Taktik (s. besonders den Schluss) nn- verstäadlioh.

*®) S. die Titorverzeiclinisse. Im Eins. Itinerar führt der Weg 6 a porta Aurdia usqu€ ad portam PraenesHnam über den pons maior (oAten)» da» Forum n. s. w. Prokop Gotb. 1, 19 S. 93 f.: man bielt die Tbore von jder FlamUna bis zar PraeneHina belagert} errichtete dans auf dem rechten Tibernfer in den neronischen Wiesen eine sie- bente Sdianze und bedrohte durcb diese äkXac ^vo rijs noleatg nvXai . . Ti}j» T€ AvQf\Ueafy fj v(hf IHr^v tov x&v XQiattar xoqvtpalov Sre nov nXfieim^ xHfiivotr inwwfjLog iffn, xal tfjv vnhq rbv narrafjihv. An den übrigen SteUen S. 106 (2mal). 108. 109. 131 wird das Thor ohne Znsata nuA^ M^U» genannt« Da» bier tj vnkq rov notCLfiov genannte zweite Tbor kann natürlich nur Porta S. Pancrazio sein, weldie Pro- kop sonst aasserdem mit ihrem Heiligennamen nennt, und zwar 1, 18 S* 9^1 nilr^ ^ vnk^ n&ia^bif TYßs^iv Hayx^at^ov avd^bg ctylov Into" yufws ovaa nrnd 1, 23 S. 109: ic nvltf» t^v vnk^ notttfiov ^ Hayuqa- ftatfff xaleitaty vgl. 1, 28 S. I32:^^mr6; nvXthf nwyxQtaiavm^ «V ifnkQ Tlßi^v nt^scfivv eUfi, Richtig also sagt z. B. Nibby Mura S. 381 (vgl. 295) im AnscUnss an die Worte und im Sinne Prokops 'la porta Trasti- berina poi isbiamata Pancraziboa': ebenso Becker S. 197 und Bochner in der verständigen Abhandlnng 'über das aarelisdie Tbor' (Zs. f. d- Alter-

376 l'HBIL I.

einzige Metravia macht eine Ausnahme und ist nicht erklärt) so haben auch diese beiden ihre Hauptnamen von den Strassen, welche ihre Lage bedingten, erhalten. Eine via transtiberina giebt es nicht, wohl aber sicher, wenigstens zur Zeit des Antoninus Pius, 2 viae Äureliae, vetus et mwa, und eine mit der TfiumphaUs nahe verbundene (Tomeita*®). Die älteste Ueberlieferung setzt das Grab und den Passionsort des Petras an die via Aurelia^ eine andere wohl jüngere an den 1. Meilen- stein der CoineUa: die Benennung parta Camelia für das Thor an der Engelsburg kann also kein Irrthum sein'^^). Eben-

tfaumswissenschaft 1855, 193 ff.) S. 197; was icb nicht erwähoen würde, wenn nicht G. Gott (Mänchener Diss. porta Anrelia 1877 S. 7 f.) mit seiner Uebersetzung der ersten Stelle des Prokop *das aurelischa und transtiberinische oder das in Trastevere gelegene Thor* etwas Neues zu sagen beanspruchte und behauptete, dass ^omnes adhuc astygraphi' geirrt haben. Auch das ist nicht richtig, dass, wie der Vf. S. S sagt, Prokop vjrkQ rov norafibv immer für die Region trans Tiberim^ ixTos Tov Tißigi^os immer 'de nniversa ulteriore ripa* gebraucht: das Janiculum liegt ihm 1, 19 S. 94 ixros tov Tifi^^iSog^ eben in der Region. -- Dass die ganze Frage nur im Zusammenhang mit der Strassenfrage gelöst werden kann, hat zuerst Fabretti De aquis 1, 17 §t. gezeigt, Becker S. 195 f. u. A. sind ihm wie natürlich gefolgt. Allein die Bedeutung der Einsiedler Beschreibung ist bisher verkannt worden.

^) Die schon Bd. 2, 235 citirte luscbrift eines curator vtarttm j4ureliae veteru et novae, Comeliae et TrirnnphaUs (Gr. Henz. 3307 =■ 6501); die eines inifieliiTrjg 66»v Av^riKas xal T[^aiayjy?]? wohl nicht T[QiovfjupdXris]i vgl. Henz. 5451 bei Marini Arv. 748 gehört nicht hierher. Daher die via Aurelia in terriiofio inumphali (A. 51). Ueber den Lauf der Strassen weiterhin. Vgl. Memmsen Staatsr. 2, 997 Hirschfeld Verw. 1, 113.

B^) Grab des Petrus nach dem Berner Papstkatalog (Lipsios Ghron. der römischen Bischöfe Kiel 1869) S. 271: seputtus est via Au- relia in templo ApoUonis iuxta locum ubi crücifixue est (^iuMta palatium Neronianum in Faticanum in ierräorio triumphale'} das Eingeklammerte wohl glossatorische Erweiterungen , naeh den Griiber- Verzeichnissen bei De Rossi R. sott. 1, 182 f.: iuxta viam Cefmeiiam ad primum müiaritan und via FaUcana. Die an das Petrusgrab sieh knüpfenden Streitfragen berühren wir hier nicht (vgl. Th. II). Nor an das Eine erinnere ich, was ich bei Lipsios, Die Quellen der rön. Petrussage (Kiel 1872) S. 95 ff., nicht erwähnt finde, dass die <Tere-

§ 6.] DIE AUmSLIANISCHfi MAUER. 377

sowenig zu verwerfen sind die Angaben, wiewohl sie nur in kirchlichen Urkunden Torkommen, dass sich die Kirche des h. Pancratius vor dem gleichnamigen Thor und die in der Richtung auf das Thor führende Wasserieitung des Trajan an der via ÄureUa^ erstere am 2. Meilenstein befanden '^^). Da- mit ist allein schon» wenn es dessen noch bedarf, die Be- rechtigung der Benennung ptn^ta Aurelia =s 5. Pancratii nach- gewiesen und es bleibt nur die Frage, ob dies der Ursprung- liehe oder der spätere Name des Thors ist und wann und wie die porta S. Pstri zu dem gleichen Namen gekommen ist. Langst ist eingesehen worden (A. 49), dass die via AureUa vetvs et nova d. h. eine Verlegung der Strasse den Anlass gegeben haben muss. Allein wir k&nnen noch nicht den An- spruch erheben, die Geschichte und topographische Ver- zweigung dieser wie der übrigen vom rechten Ufer aus-

binthe', bei welcher die im 5. Jahrhandert redigirten Acta Petri et Pauli den Leichnam des Petros provisorisch beisetzcD lassen, in nächster Nahe der Engfelsborg zu suchen ist (s. Bd. 2, 430 Nachtr. S. XVII). lo den Acta SS. kommt die via Cornelia auch sonst vor: via Cor- nelia (Jurelia Baronius) miliario XIIl {Xllt) ad Nymphas catabassi (SS. Marii et soc. 19 Jan. S. 580); in silvam in via Cornelia ah urbe Roma milHario decimo in fundo qtti vocatur Büxo (SS. Rnflnae et Se- cQDdae 10 Juli S. 28; v. J. 257?). Ich bemerke aber ausdrücklich, dass icli hier weder für die Vollständigkeit einstehe noch mich auf eine Untersuchung dieser Notizen einlassen kann. Soviel sieht man, dass der Interpolator der Mirabilien mehrerlei Anlass hatte, in dem Kapitel de locis in SS. passionibus (c. 10) einzuschieben: via Cornelia per pahtem Müvium (7) et exit in strata quae dicitur (so die Prager Hs.: stratam ohne q, d. die übrigen) via JdireUa iuata girolum (d. h; Circus des Caligula oder des Hadrian?). ^Wahrscheinlich meii^t er aber den Ort der Passion des Petrus.

^^) Die schon von Fabretti benutzten Acta S. Antonini 22. Aug. S. 498 und die Acta SS. Eusebii Pontiani u. A. 25 Aug. S. 116 vgl. 118: via AureUa iuxta formam Traianam (oder Trai'uni); ähnlich an- dere bei Fabretti, die ich jetzt nicht verificiren kann. Liber pontif. Honor. 5 (1 S. 246 Vign.): fecit basiHcam beato Pancratio via Murelia milUario ab urbe II et ibi canstituit molam in loco Traiani iuxta murum cirntatis et formam, quae ducit aquam a lacu Sabaiino, et sub se formam, quae conducit aquam ad Tiberim,

378 THfilL 1,

gehenden Strassen ins Klare zn bringen. Vor überdHeii Entscheidungen muss man hier um so mehr auf der Hot sein, als mit der ganzen Frage die Brctokenfrage Terwebt ist Ich fasse zusammen was bisher ermittelt worden ist.

Das Verzeichniss der vtae in der constantinisdien No- titia nennt, wie ich im 2. Bande gezeigt habe, alle Haupt- strassen (d. h. die von den Thoren Roms ausgehenden) in richtiger topographischer Folge, mit einziger Ausnahme der zu beiden Seiten des Flusses laufenden Strassen, die um- zustellen sind. Thut man dies, so bleiben in dem hißt* hergehörigen Abschnitt (ich s^ze sämmtliehe Zw^ggtrassen in Klammern) folgende Namen: 9 Flaminia [10 Äennlia 11 CMia 12 Valeria] 13 Äurelia [14 iJampana] 16 P&rtHemU (Fluss) 15 Ostiensis [17 landcuknsi^ es fehlt aus de» oben besprochenen Gründen die Lavinatis [\S Laurentmä\ 19 Ärdeatina (die nächste wäre die Appia^ mit der das Ver- zeichniss beginnt): nun folgen noch ziemlich bunt durchein- ander 10 Namen Ton Zweigstrassen, unter denen für die hier behandelten Fragen in Betracht kommen 25 Cijmelia 26 Triumphalis. Von diesen Strassen liefen, wie jetzt feststeht, die Portuensis und Campana aus der porta Portuensis aus, oder vielmehr zweigte sich jene wahrscheinlich von dieser ab und lief hart am Fluss jene rechts lassend (A. 54), das Netz der übrigen Strassen ist nur bruchstückweise bekannt; dass die laniculensis ein anderer Name für die im Verzeichniss fehlende Vitellia sei, ist unsicher (Bd. 2, 236), eine Zweig- strasse nmss sie sein wie diese. Das Verzeichniss kennt also zwischen porta Flammia und Portuensis nur eine Hauptstr^se, die Aurelia, und zwei anderweitig als hierhergehörig bekannte Zweigstrassen, die Cornelia und Triumphalis. Es steht nun nach den Itinerarien fest, dass diese eine Aurelia, deren Alter- und Erbauer wir nicht kennen, nach Centumcellae und weiter bis nach Genua lief. Es ist deshalb mit Recht an- genommen worden, dass die Bezeichnung vetus et nova nur von dem Auslaufen der Strasse aus der Stadt verstanden werden könne. Der Neubau muss vor Antoninus Pius ge-

^

§ 6.] DIE AURELUNISCBE MAUER. 379

sehehen sein (A. 50). Man nimmt j^tzt ferner, wie eg scheint, allgemein an, die vetm sei Ober das Janiculum ge- lafafen und habe die Errichtung und Benennung der forta Aurdia bedingt, die nova von der Engelsbröcke aus durch Porta Cavallegieri; beide bStten sich jenseits des Janiculum Täreinigt. Es scheint, dass Funde alten Pflasters in den er- wähnten Richtungen den einzigen Anhalt für diese Ansicht bilden, dazu die Erwägung, dass eine Strasse nach Centunir* cellae ursprünglich kaum anders als über das Jadicolüm ge- führt werden konnte, sollte sie sich nicht von der Campana am FIuss abzweigen, und dass nach Erbauung einer der beiden Brücken in der Nähe des Vafticans zur Vermeidung der steilen Steigung üfber den höchsten Punkt des rechts- seitigen Höhenzuges eine zweite Strasse bis jenseits desselben angelegt wurde. Innerhalb der Stadt hat man eine alte Pflasterung in der Richtung von P. S. Pancrazio nach Ponte rotte geftinden: diese hi^ man für die vetas, die also auif dem linken Ufer aus porta Flumentana ausgelaufen sein würde. Indessen müsste dann Ponte rotte nicht, wie wir annehmen, pons Probt sein. Dass in späterer Zeit eine Strasse auch zu dieser Brücke geführt haben muss, versteht sich von selbst: die Awrdia aber konnte über die Insel oder über den pwu Awrüm$ laufen, lieber die Cornelia und Triumphalis unten"). Wie unsicher also auch die topographische Be-

^ Soviel ick weiss, beruhen die Ansiehten der Neuereii (ich kaoB GaniatB Etraria marittina jetzt leider nicht benutzen, indessen hat er seine Ansidit in der Indicaziene 599 f. kurz angegeben) über die Verzweigung dw beidev j4urdiae jenseits des Flusses ledigHch auf Fufaretti (A. 49). < Den Brbaner der Aurdia kennen wir nicht. Fa- bretti S. 43 argnnentirt so: sie sei sehr alt (?), habe also nur über den pen$ siMcius fuhren körnen; diesen hUter für Ponte rotte i *dum htoe rectum tritiimqne in Btrurian maritimaia* iter conspicimus, ut ex^ eavatio inter viUam Marehionis de NobiÜbus et coeniHiiiim S. Petri in Monte anreo et novissima viae sfliee stratae ezinde yersus eeelesiam mosiaiinm SS. Cosmatis et Damiani ipsumqne sublieium tendentis de- teetio aperte doeent.^ Diese Strasse' hätten sehen die Vestalinoen, als sie nach Caere flüchteten, eingeschlagen uod diese Aurelia sei also

380 THEfL L

fttimmung der beiden AureUae ist, so ist es doch unleugbar, dass die Benennung der honorianiscben' parta Äwrelta von der via Äurelia vetus im 5. Jahrhundert die grösste Wahr- scheinlichkeit hat, und dass demnadi, wenn Prokop ina 6. Jahrhundert dieselbe nur mit dem Heiligennanken, die paria S. Petri aber, welche mit der via ComeUa in Verbindung steht, Äurelia nennt, dieser Name in jener Zeit wegen der stärkeren Benutzung der bequemeren via Aurelia nova in Aufnahme gekommen sein muss. Ich mache endlich noch darauf aufmerksam, dass das vorliegende Quellenmaterial noch nicht gestattet zu entscheiden, (d), wie zu erwarten wäre, die über den Tiber führenden Strassen wie alle übrigen von den Thoren der servianischen St^tmaner ihre Meilen gezählt haben ^%

Auf dem Jünken« Ufer muss die Mauer gegenüber dem Ende auf dem rechten wied^ begonnen und sich bis zur parta Flamma fortgesetzt haben. Die Einsiedlef Beschreibung giebt

uralt (Liv. 5, 40 CIL 1 p. 285 Elog. XXV ^ ÖL 6, 1, 1272). Aber die Bestimmung des pons sublicüis ist falsch 7), eine von dem wah- ren pons suhlicius über das Janiculum führende Strasse muss allerdings alt sein. Strasse von Porta S. Pancrazio über Ponte rotte (Forum, Snbnra) nach Porta nuggidre beschrieben iin Eins. hin. tk* 6 (Bd. 2, 193). M) Vgl. oben S. 334« Die Kirehe S^^Pancrazio liegt Hof 4er hen- tigeo Strasse^ mag man sie über Ponte rotte oder über die Insel füh-> ren, etwas über 1"% Miglien vor dem in Betracht kommenden Thore der servianischen Stadt, der Flumentana 3 A. 75): dazu stimmt die Angabe des Liber pootificalis A. 52. litr Arvalenhaio (ia der Vigna Ceccarelli) liegt an der via Campana^ nach. Henzen jenseits des 6. Meilen- steins vor poria Portumuis (idi messe bei Holtke wie anf der fvan- zesischen Generaktabskarte nur 4^ vor poirta Portes«^ 4^ vor der Porttienns).; es müsste also die «. CampemtL ihre Meilen Von dem Punkt der Abzweigung von der b ^üter eh PoHuentis an gezahlt haben, da ja die parta Portuensis zu jenier Zeit nicht existirte und auch später die Meilen stets von den aUen (serviaaisehen). Thoren gezahlt worden sind. Das zweibogige Thor (bben A. 45) würde also an der Stelle der TrennuBg errichtet worden sein. -^ Noeh unsieherer steht es mit der Zählung der ComeUa (unten)* Die jiemiäia zählte als Fortsetzung der Fiaminia die Meilen der letzteren weiter (Mommsen Staatsrecht 2, 997).

§ 6.] DIE AURELIAiNföOHE MAUER. 381

ihr Tom Fluss bis mr Brücke von S. Petor (1200 M.) 9 Thurme 489 Zinnen^ ron ^ »ach der porta Flaminia (1600 M.) 16 Thurme 782 Zinnen. Wir erhalten also ab Durchs schnittsabstand der Thurme auf der ersten Strecke 133, auf der zweiten 100 M^ als Durchschnittsgr^sse der Zinne dort % 4y hier 2, 0: d. h. die Thurme standen auf der ganzen Streck« um das fünf- und vierfache so weit wie gewöhnlich. Die ZiBiienbreite ^ifernt sich auf der zweiten Strecke nicht unbedeutend von der normalen. Prokop beschreibt zwei- mal die Mauer zwischen der Engelsbrucke und der Porta del Popolo fast mit denselben Ausdrucken: man habe sie wegen

des vorbeifiiessenden Stroms für kaum angreifbar gehalten und daher in der Regel schwach besetzt. Aber an der zweiten Stelle fügt er noch bestimmter hinzu: sie sei nachlässig ge- baut gewesen, 'niedrig und ganz von Thurmen entblosst'. Wer nun annimmt, dass .diese Worte buchstäblich richtig ajnd u^d vo9 der Brücke his dahin, wo die Mauer den Fluss verliess, in der Mitte des 6. Jahrhunderts kein Tfaurm stand, hat der Einsiedler B)sschreibung gegenüber die Wahl zwischen zwei Möglichkeiten : ist sie, wie wir annehmen, alten Ursprungs, so. müssen zwischen 403 und der Zeit Prokops 16 Thurme spurlos vensehwunden sein; ist sie mittelalter- lichen Ursprungs, so müssen zwischen dem 6. und der Mitte des" 9. Jahrhunderts 16 Thurme ganz neu erbaut worden sein. Mir scheint das Eine ebenso unmöglich wie das Andere. Wer sollte w(dil gerade . an der 'schwer angreifbaren' Fluss- Seite alle Thurme zerstört haben, so dass von ihrer Existenz keine Kunde blieb? Aber wie ist es andererseits denkbar, dass, während der Restaurationsbau, durch welchen unter Leo IV. 15 Thurme im ganzen Umfange der Stadt wieder heirgesteUt wurdet, .YOi\ den Geschichtsschreibern der Curie wie alle Bauten der Päpfste mit grös&ter Uhiständiich- keit beschrieben wird, der Neubau von 16 Thürmen an der Wasserseite, d. h*. die Herstellung eines ganz neuen Ver- thßidjgungssystems, von ihnen gar nicht erwähnt worden sein sollte? . Noch mehr: sollten wirkUch die Erbauer der Enceinte

382 Tii£'^ I '

eine Strecke yqH' IjßOO H.,ain Fluss guiz ohne Tburme er- baut haben, während sie, die ent^prectieade Sirecke unterhanb der Stadt, mit Thurmen versahen, aber, wie die Natur der Sache es mit sich brachte, die Bistaneen derselben unge- wöhnlich weit nahmen? Diese Grfinde machen es mir un* möglich, die Worte Prokops . als eine buchstäblich richtige Beschreibung der Mauer zwischen der Engelsbrücke und der Porta del Popolo anzusehen« Obwohl ich nun eine .genügende Erklärung des scheinbaren Irrthums nkbt geben, kami, so muss doch hervorgehoben werdem, dass die stilistische Zer- fahrenheit des Prokop wohl geslattejt, eine ungenaue V^all- gemeinerung des nur für einen Tbeil jener Mauerstrecke zu- treffenden Ausdrucks anzunehmen '^^).

^^) Maa betrachte die ganze Geschichte bei Prokop Gotfa* 2, 9 S. 183 im ZusammenhaDge: Vitiges versacht vergeblich die porta Pin- eiOTid ZQ nbermmpeln^ darauf ersinnt er neue List gegeA den n^QfßoXog: 7Ut\ fjv yaq us «vr^ Intfiuxoi fictliara fjtcH^^ tji tov Tfßi^t^o^ 17 ^«^ iatiVf . Inel tccvjti ol nalai 'Puf(LialQi (A« - 65) ^qawhni^, rov vi^fxxos 7^ 6xi'Q(ifi(XTi leT^os änrjfiilijfi^vüßg iöeifunno^ ß^X^ ^^ avro x«l nvQy(ov €Qrj(4.ov TtavTanuai, notriaa/^evoi ^^ov h&ivöe ijXmCs rriv noXiv alqriaeiv. ov^k yoiQ ov^i tl (fvXaxrrJQiov Xoyov a^iov iv- ruvd-a UTvxfjxev elvac. So Diadorfs Text ohne Konstruktioa und Iiter- pnnktion. Vielleicht ist vor ^ifav etwas ansgefaUen. Ob fiQciX^ (niedrig) Tf avxo xal n. L richtig ist, kötq^e auch bezweifelt werden: ist es richtig, so heisst freilich nvQytov i. n, ebenso ^ie av^qwv L n, (S. 28, 8) *ganz leer an'. Weiter wird erzählt: zwei Römer, welche bei S. Peter wohnen, werden bestimmt mit Wein Nachts naqa lovg ixaCvTji (f'^ovQovg zu gehen und in denselben einen Schlaftrunk za thun. Der Feldherr selbst harrt äxctjov^ X&d^(^ iv t^ ir^ip^ ^X^ ^^ Ttt^a'* axiv^ TtoiTjadfievoc um, wenn die WlM^hter schliefen, auf ein Zeidien Svv xXifiafi tov notafjLOV ^vaßaCvQtmag, Tqv l^£&e0iV i^ negtßoXip noii^Gaad-ai. Aber der Plan wird verrathen.' Ganz ähnlich schildert er in der A. 61 erörterten Stelle die Mauer, scbweigt aber über die Thurme. Aber wo wurden die (fiivXttxt^^ta untergebracht? Jeu« Stelle 'besonders' soll aaeh Gott S. 11 (s. A. 49) beweisen, daas die Mauer- beschreibung, mittelalterlich sei: sie könne ja aus den 'päpstlichen Ar- chiven' stammen. Aus diesen Archive;! stammt z. B^ die Nachricht über Leo IV: XF' a solo turresy quas fundäus dirutäs repperU, novis fabri- 6U restaurari praecepit (Liber pont. Leo IV c. 38, 3 S. 90 Vign.) Während es nieht für nöthig befunden worden ist eine der vorliegenden

§ 6.] DIE AURELIANISC^E MAUER. 883

Mauer und Thdrme seheiaen l^jei Galegenheit des Ab- bau^es des Marsfeldea zerstört worden za sem: eine unsichere V^nnuthuQg. bezeicboet 'Tor di Nona' als einen der alten Thorme. WieTid etwa von den allentbaUien längs des Ufers sichtbaren Resten Ton Ziegelmauern d«n Fundamenten der« selben angehört, ist noch nicht genOg^^d uatersucht. Die Einsiedler Bescbreibang zahlt femer auf dem linken Ufer vom Tiber nach der Petersturucke 2, von da nach Flaminia 3 ^Pf Örtchen' (p^st^rulaet mittelalterlich po^emae Bd. 2, 167), welche, also hi Friedenszeiten ilie Kommunikation, mit dem Flass unterhielten. Eine der beiden des ersten Abschnitts scheint bei $S. Faustina e Giovtta zu suchen und hiess im Mittelalter po$tenda de Epmofo^ die zweite hat man bei SS. Giovanni de' Fiorentini vermuihet: jedesfalls hat die neronische Brücke, zu der sie 4aw gefuhrt hätte» im J. 403 langst nicht mehr bestanden ($ 7). Von den drei des zweiten Abschnitts kennt man zwei mit ihren mittelalterlichen Namen, postervfo jSL Agathas und f. a Pifm^ beide unterhalb der beutigen ßipetta, die dritte nicht '^).

Während die übrigen 2!ur Zeit der Anlage der Befestigung

ähnliche ßtschreihvog 4w Mauer der civüat Leonina zu eatwerfen (Bd. 2, 160 f.), sollten bei Gelegenheit einer stellenweisen Restanration der alten Mauer die Zahlen der Zinnen von Thor zu Thor festgestellt worden sein? Die übrigen Beweise muss ich abwarten.

W) Heber die nvlidig Prokops AÄ. 20. 23. lieber die posferula qu€ voeatur de Episcopa {Utk. v. 1^12 Gralletti Primic. 244 vgl. 81) vgl. Nibby IL «. 1, 137, Dnrdk die posterula S. ^gathae drang bei Ueberschwemmungen der Fluas in das Marsfeld und ergoss sieh nach S. Lorenzo in Lucina: Liber pont. Sergius IT c. 22 (3 S. 51), Nicolaus c. 15 (3 S. 178), ßenediet III c. 23 (3 S. 159). D«eseU)e und die p. a Pigna cum ecclesia S- ßfasii nennt die Bulle Agapets v. 955: worüber Nibby a. 0. S. 138. Der Ordo Benedicti nennt auf dem Wege zur Engelsbrücke i^. Trifenem iuxta posterulas (Bd. 2, 665), welche Kirche nach Galletti Priraic. 166 'ora e incorporata nella gran fabhriea di S. Agostino\ Einige wohl erst später gebrochene und dann wieder ver- mauerte Pfdrtchen beschreibt Nibby Mura (S. 320. 341. 344. 356). Uebrigens höre ich, dass von Gorvisieri eine gelehrte Arbeit über die posterulae zu erwarten ist.

3g4 TBBIL 1.

existirenden Flussöbergänge des Stadtgebiets Ponte Sisto, die InselbröckeD' und Ponte rotto innerhalb der beim Eintritt und Austritt des Flusses durch besondere Vor- kehrungen geschätzten Befestigung lagen, führt die Brücke Hadrians ungedeckt auf das rechte Ufer. Aber es bot sich in einer Entfernung von 35 M. von der Brücke, genau in der Axe derselben liegend, das Grabdenkmal des Hadrian mit seinem quadratischen Unterbau von 90 X 90 M. Grundfläche und dem auf demselben stehenden, die Stadtmauer hodi überragenden cy]inderf5rmigen Oberbau, eine fertige Bastion von solidester Konstruktion als natürlicher Brückenkopf dar und wurde, wie andere Grabdenkmäler, ein Theil der Be- festigung. Wie dies geschehen sei, beschreibt Pxokop deut- lich: das 'ausserhalb des aurelischen Thors' stehende, * einen Steinwurf von der Stadtenceinte' (des linken Ufers) entfernte Denkmal wurde mittels zweier 'von der Enceinte bis zu dem- selben reichender Befestigungen' zu einem Theil der Stadt- mauer gemacht und glich so einem hohen '|dem dort befind- lichen Thor vorgelegten Thurme\ Da sich zwischen der Enceinte und dem rechtsseitigen Fort mit seinen beiden Schenkelmauern der Fluss und die Brücke befinden, so muss wohl auch hier durch Eckthürme auf beiden Ufern die Deckung des Flussübergangs und Sperrung des Flusses her- gestellt worden sein. Genaueres erfahren wir durch die Einsiedler Beschreibung. Nach derselben befanden sich wie man auch die Stelle abtheilen mag (unten) 'am Hadrianium 6 Thürme 164 Zinnen* und die entsprechende Anzahl Fenster"). Die normale Zinnenbreite von 2, 50

^) Prokop 1, 22 S. 106: Mqutvov rov ^Pvifiattov avToxQaTOQoc tonfog ?|(ö nvXfjg AvQijlCttg iaxlv anix^v xov niQtßoXov otfov Xt&ov ßolTjv, ^iafitt, Xoyov a^iov. TtiTiodjTai yaq ix Xi9ov UaQlov xa\ ol XiS^oi ig aXXi^Xovg fiefivxccaiv ov&^v SXXo ivrog ^x^vrsg. nXBv^al T€ aifTov Tiaaaqig etotv tffai ttXX^Xatg, ivQog fiiv axs&ov Tt ig Xld-ov ßoXfjv ix dar 71 ?;foi;(ra, firjxog &h VTiho t6 tr^g noXicag reixog. aydXfima dk äv(0 ix Xi&ov etal rov avtov dv&QtSv re xal tnntov Stcv^ fidaia oia, tovtov ^tj tov rdfpov ol ndXai avd-qontoi {(.66x€i yctQ rjf noXii innsCxiOfia elvai) rsix^afiaat dvo ig avtbv an 6 tov nsgiflo-

§ 6.] DIE AURELIANISCHE MAUER. 385

setzt för den hier beschriebenen Abschnitt der Mauer eine Lange Ton 390 H. voraus. Nun war noch im Ausgang des Mittelalters, wie früher ausfuhrlich gezeigt worden ist (Bd. 2, 430 ff.), der quadratische Unterbau des Grabmals mit 4 Eckthürmen und Zinnen versehen. Nimmt man an, dass jene beiden Schenkelmauern in gerader Linie als Verlange« rangen der Ost« und Westseite des Unterbaus bis zum Fluss liefen, so wurde die Befestigungslinie dieses Aussenwerks eine Länge von 340 M. gehabt haben. Die wahrscheinlichere An- nahme, dass sie in ausspringenden Winkeln oder stromauf- und stromabwärts weiter ausgreifend ein grösseres Vorterrain deckten, nähert dieses Maass dem geforderten noch mehr. Waren ferner jene 4 Thärme an den Ecken des Unterbaus, wie es sehr wahrscheinlich ist, ebenfalls alt oder auf alten Fundamenten wieder hergestellt, so bleiben uns noch 2 von den in der Beschreibung aufgeführten 6 Thürmen übrig und wir dürfen sie als Eckthürme gegen den Fluss betrachten. Jede Schenkelmauer wäre also von 2 Thürmen in der nicht ungewöhnlichen Distanz von 35 M. gedeckt worden. Das Bild, welches wir uns aus der Einsiedler Beschreibung von dem Brückenkopf der Engelsbrücke machen können, stimmt also zu der Beschreibung Prokops, wie zu erwarten war, sehr gut. Allein weder die eine noch die andere giebt ein direktes Zeugniss darüber, wo das Stadtthor gestanden hat: wir sagen das Stadtthor, denn allerdings beweisen beide (über die Einsiedler Beschreibung A. 62), dass nur eins an dieser Stelle gewesen ist. Die Schwierigkeit aber besteht darin, dass»

Xov dtfixovai fiäQos elvtti jov x^Cxovg nenoCrp^ai, ^oix€ yovv nvqy^i vy/ijl^ nvXirig jijs ixelvrji nQoßeßXrifi4v(^. Eins. Beschr. 18 (Bd. 2, 580): in Hadrianio sunt (s. A. 62) turreg FI fropugnacula CLXIIl fenettrae u. s. w. Der Ausdruck ot ndXai ävd^^noi eot* scheidet nicht, ob Aurelian, Probns oder Honorius das Vorwerk ange- Ufß hat (A. 66). Kein Grund gegen die Anlage unter Aurelian ist, wie schon Büchner a. Oi S. 198 f. richtig bemerkt, dass das Hadria- nmm ein Grab ist (s. jetzt A. 10): für die ursprüngliche Anlage spricht der hervorgehobene Umstand, dass der Schutz der Flussübergange zu dem Befestigungssystem gehört.

Jordan, rOmiBohe Topogpraphie. I. !• «^

38e THBIL I.

wenn das Thor in der westlichen Sdienkelmauer stand, nicbi allein die Ausdrücke Prokops^ clie Engelsburg stehe ^ausser- halb des aurelischen Thors' und sei 'ein demselben vorge- fegter Thunn' unverstandlich «ind, sondern auch die wunder^- lielie Annahme nothwendig wird, dass der Zugang zur Brücke von der Stadt her der Sache nach ein die Maner durch- brechendes Thor ist, ohne als solches angesehen zu werden ^^). Dann bleibt die Auswahl unter zwei Möglichkeiten: entweder war eben dieses Thor am Eingang der Brücke die portä Awrelia, oder aber es stand am Ausgang der Brocke und die Yerbindungsmauem der Engelsburg hatten Anschluss an seine Thürme^^). Die Angabe Prokops, dass das Grab-

^) Die Ausdrücke Prokops sisd A. 57 «sgefUhrt and von Bachaery welcher das Thor auf das rechte Ufer an den Anfang der Brücke setzt, a. 0. S. 197 richtig beartheilt. Gott, welcher das Thor in der Schenkel- mauer sucht, muss den Ausdruck i^o) nvlrjs uivgrjXiag trotz alles Dre- hens -und Wendens für ^vitios' ^klären.

^) Mit Unrecht sagt Büchner a. 0., dass der Ausdruck des Aethi- eus, (der Plnss) mtrai p6r fortam S. Petriy für das rechte Ufer 'e^t- scheide ' (A. 61), bemerkt dagegen richtig, dass die Annahme, das Thor habe auf dem rechten Ufer an der Brücke gestanden, nicht durch die Gegenüberstellung der nvlri vtiIq tov norafiov (S. Pancratii) bei Pro- kop 1, 23 S. 107 ausgeschlossen wird. Mittelalterliche Zeugnisse: Ordo Benedicti n. 4 (Bd. 2, 664 ff.): transienr onAe S, Trifontm wxU Posterulas usque ad pontem Badrianumy intrat per poniem ei eüpü per portam ColUnam ante templum est castoüum Hadriwii, Diese Stelle würde für das 12. Jahrhundert entscheiden, wenn die durch- gängige UebereiustimmuDg von pseudoantiken Namen in dieser Urkunde und in den Mirabilien , auf welche ich früher nicht gemerkt habe, nicht allerlei Zweifel veranlasste: die Mirabilien nennen die porta CoUina ante castellmn Adriani. Dann die schon Bd. 2, 430 angezogene Urkunde Von 984, in welcher es nach Coppis Druck (Diss. dell' ac. pont. 15, 299) heisst: medietalem de terra sementarida posüam foris porta beatf Petri apostoii .. .. (so) parietinas que appellardur centucellas hco qui vocatur staCnello et intra affines ah uno totere terra de loharmes tJlfft' g-enitori tito et a secund» et tertio vet quarto latere parietinas ahtiquas et via que ducit ad prata Dleronis et ad porta beati Petri ctpostoU. Entscheidend ist die Stelle bicht, ebensowenig, soviel ich sehe, die Geschichte der BelageruDg des Desiderius im Liber pont. Steph. III c. 29 (2 S. 157 Vign.).

§ 6.] DIE AÜRELIANIßCttE MAUER. 3g7

mal ausserhalb das Thors einen Steinwurf von der 'Eneeinte', »also der «linksseitigen Mauer stehe, ist auffallend. Es i^tebt van der finceinte 135 M., während auch die Seile desselben, welche 90 M. lang ist, ^ungefähr einen Stein wurf lang ge« nannt wird. Stand nun das Thor: am linken Ufer, so hätte aUeräings ein korrekt schreibender Sehriftsteller die Ent- fernung von dem eben genannten Thor, nicht von der En- eeinte, angegeben, und so scheint der Ausdruck für die Lage des Tbdrs auf dem rechten Ufer zu sprechen: aber man fragt nun erst recht, warum nicht die Entfernung des Grab- mals von diesem Thor oder vom Flnssufcr bemessen wurde. Ein mittdaUerliches Zeogniss aus dem 12. Jahrhundert giebt die Lage der ^porfa Collina^ unzweideutig auf dem rechten Ufer an. Aber das Zeugniss selbst entscheidet nicht für das 6. Jahrhundert. Beide Annahmen aber versetzen uns in die Lage, einen nicht als Stadtthor geltenden unbenannten Aus- gang in der westlichen Schenkelmauer anzunehmen: denn nur ein Thor wird hier genannt. Ich halte demnach keine der beiden letzten Annahmen für erweislich richtig, die erste för onmoglicfa. Es wird trotzdem nützlich sein, die beiden HttupDquellen noch einer genaueren Analyse zu unterziehen.

Die Belagerangen der Stadt, wekhe Prokop beschreibe^ haben durchgangig das Ziel, die Thore gewaltsam oder durch List zu öffnen. Nur ausnahmsweise glaubt der Belagerer eine besonders schwache oder schwach besetzte Stelle der Enceinte ersteigen zu können. Die Beschretbung des Angnffs gegen das aurelisehe Thor?^ wird durch die bereits erörterte Beschreibung der hier ganz einzigen Vertheidigungswerke ein-

«•) Prokop 1, 22. Auf eine detaillirte Beurthcilnng der abweichen- den Ansickten verzicbte ieh; am klarsten spricht über die selbst weni^ klare Darstellung Becker S. 196 f. Bedenken geg^en den Text zn erhe- ben, ist b^i dem jetzt vorliegeodea Zostand desselben mtsslich, die TOB GÜtt a. O. benatzteo hs. Hilfsmittel ändern an 4er vorliegenden BesebreibiiDg, wie es sdieiot, Nichts. Abskhtlieh unterscheide idi im Fel^eaden ^ennsQfßoloc^l» 'Enoeinte' von den nicht immer in gkieher Bedeutung gdnranehten Wörtern rei^or, ti^tafjut, ^filaner', ^Befestigung'.

25*

388 TBEIL I.

geleitet Dann folgt die Erzählung der Angriffs- uad Vcr- tbeidiguilgsQperationen. •— Bolisar ertheilt zunächst dem Kom-« mandanten der EogelslHirg den Befehl, ' dass er auch d i e sich anschliessende Mauer, welche nur eine schlechte und kaum nennen» werthe Besatzung haite, v^rtheidigen solle. Denn da* auf dieser Seite die Enceinte am wenigsten anp*eff- bar war, weil der Strom daran vorbeifloss',. so hatte er sie er wiederholt sich hier oder der Text ist interpolirt 'nut einer kaum nennenswejrthen Besatzung' versehen. Fast mit dendelben Worten scfaüdert er anderwärts die links- seitige Mauer zwischen der Brücke und dem fla- natinisehen Thor: es ist also sicher,, dass hier der Theil der Enceinte gemeint ist, derv an der Brücke beginnend, sidi stromaufwärts zog^^). Der Kommandant nun hört, der Feind wolle 'einen Flussübergang versuchen' und begiebt sich des- halb scbneU mit einem kleinen Trupp nach dem bedrohten Punkt, die Mehrzahl erhielt den Befehl, 'das Thor und das Grabmal' zu bewache. 'Da greifen die Gothen das aurelische Thor und den Hadriansthurm an, ohne Geschütz aber mit Leitern und einer Menge Bogenschützen', und zwar gedeckt durch ihre riesigen Schilde, 4ind 'die Halle, welche nadi der Peterskirche fuhrt". Sie machen sich daran, die Mauer zu ersteigen: sie beschiessen die Zinnen und greifen das Grab von drei Seiten her an. Aber sie werden zurückgetrieben: denn man hat die Marmorstatuen auf dem Grabmal zer- trümmert und schleudert die Stucke auf die Angreifer herab. In diesem Augenblick erscheint der Kommandant, 'nachdem er diejenigen^ welcbe den Flussübergang versucht, zurück- geschreckt und leicht verjagt hatte, weil dort die Befestigung nicht so vollständig, wie der Feind geglaubt hatfe, unbewacht geblieben war. 3o blieb man beim aureUschen Thor sicher;

' 1 1*11 IM II i4 > I

. ^) 'Das8 die (pvXaxti tau t^ixovg tov i^oftivov (107, 11) sieh aof Aw Mauer stronnnfwärtB bezieht^ beweist die folgeDdefieschreibuiig dieses uixo^f vgL A. 55, mni des versuchte« Btromäbergaiig«^ der in näelister Nähe der Brücke dodi< schwerüob -stiittfiDdeo fconote. Richtete 9t, sioh'gegdn die Brficke, so oniisste diese ärwIAat werden.

6.] DIE AUREL1AMSCHE MAUER. 3g9

der Feind aber wandte sich nach dem Thar jenseits des Flusses, dem pankraziscben\ -^ Es ist also klar, dass die Belagerer in zwei Angriffskolonnen gegen das aürelische Thor vorgehen: die eine versucht dasselbe mit seinem Vor'- i^erk in der Front zu stÖrmen, die andere durch emen Str(Kmübergang oberhalb der Brücke und Ersteigung der links^ zeitigen Hauer in den Rücken desi^elben zu gelangen, um es vo:n innen zu Offnen, wie dies Ihnlieh mit dem ofttiensischen Thore versucht worden ist Die ganze Er- zählung ist a)so mit der Annahme vereinbar, dass das Thor auf dem linken Ufer gestanden hat Doch ist eis auflallend, dass darin der Brücke mit keinem Wort gedacht wird.

Die Einsiedler Beschreibung, deren genaue Angaben über den Zustand des Forts auf dem rechten Ufer wir kennen ge- lernt haben, besehreibt die Enceinte von dem * Petersthor' ausgehend und zu ihm zurackkehrend. Ihr erster Abschnitt ireicht vom Petei^hor nach dem ilaminischen; von da führt sie von Thor zu Thor, zwischen dem ostiensischen and portuensischen wie zwischen dem aurehschen (pankrazi^chen) und ihrem Ausgangspunkt nennt sie den Fiuss. Sie nennt ihn nicht wieder, wo wir es erwarten, sondern beschreibt nach nochmaliger Nennung des Petersthors das Aussenwerk. Spradilich wie sachhch unmöglich ist es, aus der durch di6 Sonderstellung dieses Werks gerechtfertigten besonderen Be- sehreibung die Erwähnung eines ^ Petersthors* und eines * Petersthoi's am Hadrianum' herauszulesen:^^) keine An-

B') Die Us. hat nach dem 1&. Abschnitt a flümine Tiberi usqut ad portam Sei Petri, wie ich Bd. 2, 580 oach Dochmaliger Einsicht von Mommsens CoUation angegeben habe: PORTA SCI PETRI \ (d. hr. Zeilenschluss) IN HADRUNld sunt turres FI ppg. CLXIIII (das Folgende fortlaofend) , was GStt (8. 2. 10 f.) ni<iht gelesen zu haben si^heiiit; d. b. der Schreiber d6r-Hs. selbst theilte so ab, wie ich S. 167 vorschlug r Pwia S. Petri\ in Hadrianio sunt . . . Dass, wenn maii nach Hadrianio interpungirt, iunf tiirres . . (wo denn?) sinnlos ist und dass el»en deshalb PORTA S, PETRI als bcgreiflfche Wieder- holung des Ausgangspunkts (vgl. A. 65) zu betrachteb' fst, habe ich a. 0. gesagt and habe d^m- Nichts hiflzazurdgfin. -^ Die'Uebereinstim-

390 THBIL I.

deutuDg giebt es son»t, welche für ein solcbeft Doppelthor und gar für einen solchen Doppelnamen spräche. Die ans derselben Quelle abgeleiteten ThorT^zeichnisse kennen an derselben Stelle nur ein Thor und bezeugen ausdrucklieb, dass dies Thor bald Cornelia bald 5. Petri hiess ; nur ein» er- wähnt Prokop selbst und nennt es Aurelia und wir dürfen aach dem oben Gesagten an d^ Identität der Ci^meUa-Aurdiüi nicht zweifeln. Wenn aber in der That hier nur ein Thor vorhanden war und dasselbe in der Schenkelmauer nicht gestanden haben kann, so bleibt, soviel ich sehe, wieder nur die Annahme übrig, dass es auf dem linken Ufer stand und diese Annahme scheint die Einsiedler Beschreibung geradeza zu fordern.

Wir haben daher auf die Frage, wie der Ausgang nach dem Yatican zu denken ist, nur zu antworten, dass derselbe als Stadtthor nicht betrachtet wurde und finden eine Be- stätigung dieser Meinung gerade darin, dass der Angriff der Gothen gegen das 'Denkmal und das Thor' gerichtet wird und dass in der Beschreibung des misslungenen Sturms selbst des Thorbaus gar nicht, wohl aber der bis an das Aussenwerk reichenden und die Angreifer deckenden Halle gedacht wird ^'). Auf dem linken Ufer stand unmittelbar an der Brücke^ vielleicht also ähnlich wie der Drususbogen hinter Porta S. Sebastiane^ der Triumphbogen des Gratian Yalentinian und Theodosius, wahrscheinlich nicht weit von ihm der nur zwei Jahre nach der Einweihung der honorianischen Mauer dem Honorius xmd Arcadius geweihte, wie die von ihnen restau- rirten Thore mit ihren Bildnissen geschmückt ^^).

mui^ der Thorverzeichniise ist schon hervorgehoben worden. Ueb#r CoUina s. S. 351.

9*) Prokop S. 108 9 8: vno yoQ j^- m^ x^vnzofievot iXa^opi ^ is tov IHtqov tov anoaxoXov vsmv <f»}}9(&. Dieselbe portious er- wähnt der Ordo Benedicti 4. 5 (Bd. 2, 665). Bachner meint «. 0. S. 197 es habe eine nvX^ hinaasgefilhrt, die porta S, Peiri in Hadriamo. In den von ihm angezogenen Stellen des Prokop 131. 145< 148. 150. 152 finde ich keine Andeutung derselben.

^) Der Anonymus der Einsiedler S«mmlang las (n. 7) <in «rcn

§ 6.] DIE AURELIANISCHE MAUER. 391

Born, die kaiserliche Reflid€nzstadt, das Haupt d«rWeU), bot im 6. Jahrhundert im Ringe seiner Bfsfejstiguiig, welche schon damals als das Werk der 'Alten' bezeichnet wurde, das neue Bild der Hauptstadt der christiiefaen Welt dar^^). Strahlenförmig fihrten aus seinen Thoren die alten Strassen an den verfallenden Gräbern der heidnischen Zeit hinaus zu zu den 'Ruhestätten' und Grabkirdien der Märtyrer, weicli^ den Thoren ihre Namen aufdrängten. Es erschien besonders bedeutsam, dass der Strom in die Stadt trat, wo es zum Grabe des Apostels Petrus, dass er sie verliess wo es zum Grabe des Apostels Paulus hinausging ; auch äusserlich kenn* zeichnete sich dieser Parallelismus durch die Hallen, welche zu jenen Gräbern von den Thoren führten und welche von der Menge der dort verkehrenden Gläubigen Zeugniss ab- legen. Es ist daher kein Wunder, dass, während das Staats-

intus Romae' die Inschrift v. J. 405 (CiL 6, 1, 1196): impjp. clernen- tissimis fdicissimis toto orbe victoribus ddd. nn[n] Arcadio Honorio Theo- dosio Auggg\ ad perenne indicmm triumpho[rum]f quod Getarum natio- nem in omne aevum doc[u]ere exti[ng^i\f arcum simulacris eorum tro^ paeuque dec6rQ\tu'm] s. p, q. r. totius operis splendore . . . und ^io arcu proximo ponte Petri' die andere (das. 1184): imperatores Caesares ddd. nun, Gratianus Falmtimanus et Theodosius Pn FeUces semper Auggg. arcum ad eoncludendum omne opus porticuum maximarum aetemi nornmis sui pecunia propria fieri ornariq{ue) iusserunt. Die Stelle des letzteren ist durch die gleichzeitigen Angaben des Ordo Be- nedict! und der Mirabilien an der Brücke und bei S. Orso (S. Giovanni de Fiorentini) sicher (im CIL findet man statt dessen die Paraphrase der Mirabilien, den Anonymus Magliabecchianus citirt), die Annahme der Stelle des andern in nächster Nähe jenes beruht nur auf einer wahrscheinlichen Kombination von De Rossi Le prime raccolte S. 121. lieber beide das Genauere Bd. 2, 413 f. Zu bedenken ist doch, dass das Eins. Itinerar auf dem Weg von der Bfücke an nur einen Bogen nennt, lieber die porticus maximae Bd. 2, 7 u. Th. IL

^^) Die Erbauer des neQißoXog heissen im Gegensatz zu Belisar ol naXat 'Pio/natoi (Goth. 2, 8 S. 183) oder ot ndXai ävd-Q(onoi (1, 22 S. 107), was dadurch nicht an Bedeutung verliert (wie Buchner S. 198 f. meinte), dass dieselben Ausdrücke auch von den Erbauern des Viva- rium (2, 1 S. 145) und der vaticanischen Vorstadt (2, HS. 187) ge- braucht werden.

892 THEIL L

handbuch aus der Zeit Constantins des Grossen die Heer- Strassen von der ältesten und zugleich der ^Königin der Stras8en\ der appischen, ausgehend, aufzählte, die Beaiiiei- tungen dieses Handbuchs und deren Ausschreiber nach dem Jahre 403 im Hinblick auf das damalige Fremdenpublikom die Aufzählung der Thore und Strassen mit & Peter odor S. Paul begannen, ja dass jenem der Vorrang eingeräumt worden ist**).

^) S. Peter und. S. Paul am Kia- und Austritt des Flusses: der sog. Aethicas S. 41, dessen Ausdruck intrat per poriam S. J*etri übrigeDS mit keiner der Aniiahmen über die Lage des Thors recht ver- einbar ist: etwa per pontem S. Petrin Die Verzeichnisse der Einsiedler Sammlung und bei Wilhelm beginnen mit der parta Cornelia ^=- S, P^ri^ das sonst übereinstimmende der Mirabilien mit der Capena (d. h. Osti- ensü) B= S. PauU, Es zeigt sieh also auch in diesem Punkte (vgl. oben A. 46) die Selbständigkeit des Vf. der Mirabilien. Die Eins. Be- schreibung hebt die porta S, Petri durch die Stellung und die Wieder- holung besonders hervor (A. 62): ob nur letztere oder auch erstere demjenigen verdankt wird, der die Mauerbeschreibuog mit dem Itinerar verband, ist nicht zu entscheiden. (Jeher die Verbindung der christ- lichen Denkmäler mit dem Regionenbuch Bd. 2, 11. 146 f.

§. 7.

BRÜCKEN-, UFER. UND HAFENBAUTEN, KLOAKEN

UND WASSERLEITUNG.

Das Bett des reiasenden Tiberstroms ^) hat jetzt im Bereich deor aurelianischen Stadtmauer eine ziemlich gleichmässige Breite von 100 M., so .jedoch, dass es auf einer ganz kurzen Strecke längs des mittleren Tbeils des Marsfeldes sich bis zu 60, unterhalb am Emporium bis zu 75 M. verengt. Grade

^) Die mehrfach zu benutzende Hauptstelle des Aethicns (hinter

Gronovs Mela v. J. 1696) S. 40 f. lautet: fluvwrum rex puleher Tiberü,

cui prtmatum aeternae urbis Romae singularit tribuit magnitudo, nasci'

tur ex monte Apermino, eurrü miUia CCCC. per urbem sacram

geminatur et facti insulam regioni quartae decimae, übt duo pontes

appellantur. post iterum, tibi urms effectui, per pontem Lepidi,

qui nunc äbutive d plebe lapideus düitur, iuxta forum bearmm,

quem Ca | cum dicunt, iransiens adunatur, gratUsimo sono depictus

verticibtu suorum turbinym et maritimas naves suseipiens et medüer-

raneas adducens y de Etruria velSabiniSy ingressus per domni (so die Hs.

hier und unten: diui der Text) apostcU Petrip&rtam (pontem? § 6 A. 66)

intra Ostiemem portam, quae e$t domni apostoli PauH, et viam Por-

tuensem, quae est sancti FoeUeU mm'tyru, urbem egredäur, qua naves

de Portu urbis ad demmam tottus mundi Jiamam ascendunt. hie iterum

circa Sextum Pfulippif quod praedium missale appeUatur, geminatur et

in duobus ex uno effectus insulam Jäeit inier Por tum (so die Hs.:

portam der Druek) urbis et Osti4»n cim'tatem, uH populus Romanus

cum urbis pra^ecto veL consule Castorum ,celebrandorum cwsa egredir

dar sdlennüate iucunda, insula vero, quam /aeü intra urbis Portum

et OsOam civäatem, tantae viriditaHs amoenäatisque est, ut neque

aestivis mensibus nepte hiemaUbus pasturae admirabiles herbas dekabeatf

Ha autem vemaU tempore rosa vel eaeteris floribus adimpktur ut prae

mmietate odoris et floris insula ipsa elibanus {Libanus draekt Gron.:

verbessert Bd. 2, 425) almae Feneris mmcupetur*

394 THEIL I.

da, wo die nördliche Befestigungslinie der servianischen Stadt von ihren natürlichen Unterbauten, den steilen Hügel- rändern, zum Flusse hinabsteigt, hatte derselbe, als er seinen Lauf gewaltsam brach, an einem Tufhugei, welcher die west- liche Fortsetzung des kapitolinischen zu sein scheint, einen so kräftigen Widerstand gefunden (A. 14. 15.), dass die Wassermassen links und rechts ausweichend sich in zwei Kanälen, hvks bis «u 60, rechts bis zu 45 M. verengt, hin- durchpressten und erst nach einer Strecke von 300 M. unterhalb der so gebildeten Insel in einer strudeLreichen Stromschnelle wiedervereinigen konnten*). Ob und mit welchen Mitteln die Bewohner der Gaue auf dem linken Ufer mit denen auf dem rechten einen regelmässigen Verkehr unterhalten haben, ist natürlich unbekannt. Wenn die anna- listische Stadtgeschichte König Ancus zum Erbauer ^) der ur- sprünglich einzigen Tiberbrücke macht und die gelehrte Erklärung des vermeintlich älteren Argeeropfers folgerecht <lie ersten Binsenpuppen von einer eigens zum Behuf des Opfers errichteten Interimsbrücke stürzen lässt, so hat dies nach unserer Auflassung nicht die geringste Bedeu- tung. Dass hingegen, das lateinische Wort pom^ Brücke (für welches jedesfalls die allgemeinen Bedeutungen Pfad, Steg nicht als die ursprünglichen nachweisbar sind: viel-

') Die Maasse nack den Briicken und nach dem Censasplaa, Etwas gross schätzt Dionys 9, 68 die ßreite auf 4 Plethren »» 120 M. Die Stromschnelle unterhalb d«r Insel ist für die Geschichte des Brüeken- baus von entscheidender Wichtigkeit. Dass grade an dieser Stelle die Sehwierigkeiten auch für eine vorgeschrittene Technik kaum tu tiberwinden sind, ist öfters bei Gelegenheit der projektirten Wieder- herstellung von Poate rotto von fachmännischer Seite (z, B. in dem unten a. Gutachten von P. Lauciani) hervorgehoben worden. Ausser- dem vgl. Preller, Rom u. d. Tiber A. 164 (Berichte d. süclis. Ges. d. W. 1849, 136). Leider kann ich auch für diesen § die Sobrift voo Gamberiri und Ghiesa (s. §«. i. A. 11) nicht wieder einsehen.

') Ueber Aneus als Erbauer der Brücke oben S. 159 : daher das erste Argeebo)[»fer TOB üempom qui nunc gubUcius ücüur^^id temptu instruäus dargebracht ward: Varro b.Maerob.^. 1, 11, 47 vgl. Bd. 2, 199. 282.

§ 7.] BRÜGK&N. 395

leicht hat es ^Hängewerk' bedeutet), sich auch in dein oächsi* verwandten oskischen Dialekt nachweisen lässt, während das Griechische wie andere verwandte Sprachen die Bezeichnung der Brficke von vers4^hiedenen Wurzeln gebildet haben, darf als ein wichtige^ Zeughiss für eine den liahkern eigen* thumfiche Technik des Brückenbaues gelten. Damit steht in Uebereinstimmusg, dass nach einer freilich sehr uBvoUstan-r digea üeherlieferting auch die Benennung der senkrecht in das Flu«sbett eingearammten Hohplahie, von d^en als dem charakteristischen Bestandtheil die Tib^brücke ihren Namen pons suhliems hatte, ja vielleicht dieser Name selbst bei' den Volskern üblich war*). Vor Allem aber wird das hohe Alter

^) Es ist merkwürdig fCAugi dass die nächstverwandteu Sprachen hier auseinaodergeheo: ,vgL yiipvqa uosicherer Ableitung (mit yofxipos zusammenJiäQgend ? Cjortius 173) und die dem Slavischea, Deatschea und Gallischen gemeinsamea die firöcke als 'Braue übßr dem Wasser- ange' bezeichnenden Wörter (so Fick WB. 2, 420). Oskisch: ponttritm Stafianam = pontem Stabianum in der Wegebaninscbrift von Pompeji Fabr. 2785 = Eph. epigr. 2, 166 (vgl. ßücheler Jen. L. Z^1874 n, 567). Die allgemein angenommene Herkunft von pont von ypät, gehen vgl. nazog, durch welche gräkoitalisches panti Weg »= Brücke begründet wird (auch, für yi(fvqa sucht Gurtius 270 eine ähnliche Erklärung: 'Damm', vgl. GQrssen 2, 179 Fi4;k 2, 142 u. A.) kaun wenigstens nicht durch den 'älteren Sprachgebrauch' im Lateinischen gestützt werden. Denn pons, Zugang zu dem Abstimmuugsraum, ist metonymisch aufzufassen und verhältnissmässig spätes Ursprungs. Auch sonst. lässt sich keine Spnr einer ursprünglich allgemeineren Bedeutung nachweisen. Ich schlage daher die Ableitung von pen-d'-eo vor, zu welchem pon-U steht wie zu *min-eo mon-ti und, was den Vokal anlangt 5 zu teg-o tog-a, lieber pon^ sublicius s. den zerstörten Artikel des Festus 293: stibU'' dum pon[tem . . . ptUant] appellatum [a . . . . ? vo]\ oabulo Fohco[rum quo appeUant ügna 1] in latütidinem [externa ...??] ter Formiam . . , u. s. w. (das Folgende scheint nur die Verschiedenheit der Deklina- tion, fiublioes oder sublicae, behandelt zu haben). Dass das Wort sublifia technisch den senkrecht eingerammten tragenden Pfahl, nicbt den Querbalken bedeutet, ergiebt sich wohl mit Sicherheit aus Caesar Gall. 4, 17. 7, 35 und der Glosse sublices xazaTirjyH' Deutlich gezeichnet sind sie auch auf der A. 13 beschriebenen Münze des Antoninus Plus ; sie eracl|«inett hier zu dreien verkoppelt wie. die schräg gestellten Träger an. der Rheinbrücke Caesars. Dionys, der sie sah, sagt 5, 24 z. £, ;

396 THEIL L

das Bolzbrückenbaues in Italien enviesen durch die im rö- mischen Staatskultus festgehaltene Technik desselben. Denn der pms sublicius, welcher Jahrhunderte lang die einzige Brocke Roms gewesen und, auch nachdem steinerne Brücken gebaut worden waren, aus religidsen Gründen erhalten worden ist, war ohne je^ Anwendung von Metall herge- stellt und musste so stets erneuert werden*^): diese Vor- schrift ist unbedenklich ebenso wie das Verbot, sieh eiserner Werkzeuge im Gottesdienst zu bedienen, aus der Unbe^ kanntschaft derjenigen Zeit, aus welcher die ftituaige^etze stammen, mit eisernem Geräth zu erklären^). Dass nun in

nsgl ToXg vnBQsCafxaai rtav aavCStov oxi^o^i^vog 6 ^ovg o^vs r^v xa\ divag inoUt fjieydXag. lieber die Etymologie vgl. Gorssen 1, 499.

^) Der Beweis ist von Piale, Degli aotichi ponti di Roma al tempo del secolo V, R. (1828) 1832 S. 3 ff., und unablia'ngig von ihm voo Becker De mnris S. 78 f. (vgl. Top. S. 693 f.) vollständig geführt wor- den. — Die jedesfalls auf Varro zarückgehenden Zeugnisse (über die Stelle de 1. 1. 5, 83 s. A. 8) sind folgende. Diooys 3, 45: xat rrjv ^uXCvriv y€(f)VQav 7\v avev /alxov xccl cdSriqov d-ifivg vn aurtov StaxQareZadre^ tdiv ^vXwVy txilvog (Ancus Marciiis'\.^7r«^fri/«e Ttp Ttßi' ^€1 Xfyeraif ^växQirov nagovrog dta(f>vXaTTov&lVy iigäv elvat vofxl- tovreg. si di rt novrjtreiev avtijg /nigog, ot legotpavrat ^fQanevovai S-v^Cag rivag InneXovytsg afia t^ xataaxevy narqCovg. Vgl. 5, 24: ivXoipQttxtog (yitpvga) ävev <Si6riQ0v Mefxivri lalg accvlffiv avtalg, ^v xal fi^XQ^S ifjiov toiixvTrjv {pvX^ttovaiv t>l *Pmfi(dot. Plinius 36, 100 berichtet über die Holzkonstraktion des Buleoterion zu Ryrikos $ine ferreo clavo , . , ut eadmantur trabes sine fuUutü et reponantur: quod item Romae relig-iosum est, posteaquam CocUte Horatio defen- dente aegre revuUum est, Plut. Narna. 9 (die hölzerne Brücke unter Obhut der isQsZg): ov yaq &ifiiTov dXX* inctQatov rjysta&ai 'Pta- (laCovg trjv xardXvaiv rrjg ^vXlvrjg yetpvQag. Xfytrai Sk xal t6 nafA- nav av€v aiSijqov xarä Srj rt Xoyiov (fvyy€yofJi(pm(T^at jm roh ^vXiov» rj ik Xtd-lvri u. s. w. (unten A. 21). -- Zerstörung dorck Ueberschwemmung in den JJ. 561 {düos pontes Liv. 35, 21, 5 s. A. 16) 694. 722. 731. 4 n. C. (Dio 37, 58. 50, 8. 53, 33. 55, 22) 69 n. C. (Tac. Bist. 1, 86); Wiederherstellung des Pius (Capitölin. c. Sund die A. 13 beschriebene Münze). Ausserdem bezeugt Seneca de v. betta 25, dass die Bettler am pons subUeius standen, Macrobius, dass sie noch im 5. Jahrhundeii; vorhanden war (A. 3);

^) Bekannt sind das Piacularopfer d^r Arvalen eb ferrum inlatum (vgl. Benzen AcU S. 132), die in das Tempelstatut von Purfo CIL

§ 7.] BRÜCKEN. 397

Rom die Sorge für die Erhaltung der Hotebrucke dem in der biatcmschen Zeh als Leiter des Staatskuhus erscheinenden PrieisteiioSegiani tnßel, Ja dass dasselbe sogar davon seinen Namen fowtifkes, Bruokenmacber , erhielt; ist zwar in aker und neuer Zeit bei oberflächlicher Betrachtung an** sttesig erschienen , ist aber nicht nur bei richtiger Erwä- gung der bisher entwickelten Thatsachen begreiflich , sondern fuhrt eugleich zum Yerstäniniss dts ursprünglichen Charakters der pöw^ßcii. Weim uns nehmlich aus der Menge der Funktionen desseibeb ato hervorragend wichtig und sicher ursprufAg^h die B^obaohtung der Gestirne zum Behuf der Jahreseintbeilung oiiid die Handhabung des Schriltwesens zum Behuf der dauernden und wortKdien Feststellung des bindenden Wortes im Kultus im Gegensatz zur Ueberlieferung von Mund zu Mund entgegentreten , wir mithin in diesem Kollegium, die Trager, wenn man so sagen darf, der wissenschaftlichen Grundbegriffe des Kultus, zu erkennen haben, so gesellt sich zu dieser ihrer Wissenschaft passend die Kenntniss der schwierigen Technik des Brückenbaues; aber nur dann wird die Benennung nach derselben erklärlich, wenn urs^prünglich diese Kenntniss für den Staat von höchster. Bedeutung war. Dies war. sie in der ThatiUi^doppelter Beziehung, in reli*

giöser und militärischer^). •^— Wir glauben gezeigt zu haben,

- i.. .. . *

], 60S) aufldHicklioh 'a«%edoismeii« Bi^lanböiM de» ferro oeH fHr die Reparaturbaiiten, di« Vorsehrlftteii «ber eherne statt eiserner Geräthe für 4ie von den ponitfioes tn vollKieheaden Opfei* (Festes p. 249 b), worüber Bd, 2, 274 -ff. Dazu kommt das ohne ei^enie NSgel gebaute Schiff des Aeaea» den navaHa, worüber unten.

') Die Erklärung Varro's pontificeM a ponte (A. 8) ist, wie auch Mommsen richtig gesehen hat (in der A. 9 a. Abhaadluag S. 9i3), die allein miigliehe,' und Scaeroia'a Oleiehaiss (das.) poniißces a posse et faeere ut päHficei will eben nur ein solches, keinesweges eine etymo- logische Berleitung sein. Wir halten aber hier gemäss der oben S. 293 angedeateten Gruadänschanung daran fest, dasd den pontißces erst in aerviauifeolien Staat und für die servianisdie Stadt jedesfklls ihre liislerisefa bekannte Stellung im o^(/o eaöerdahim, angewiesen wor- den ist. Damit ist dib Möglichkeit der Annähme gegeben, dass 4ies Collegintt Kundiger sich aus einer Zanft von Hrückenbauern entwickelt

398 THBIL I.

dass da8 servianische Rom, welches allein noch eine metbodiscbe Analyse seiner Einrichtungen zuSatsst, das rechte Stromufer beheiTBchle und dass der Arvalendienst ein Rest des dem Schutz der Feldmark dieses Staats geweihten Kultus ist; dasd das Argeeropfer von der Holzbrficke dem immer wankeimülbigen drohenden Strome gilt, welcher all- jährlich seine Opfer fordert und den Zusammenhang zu zer^ reissen droht, der ~ wöltlieh und religiös rr- zwischen den beiden Ufern besteht Wie die servianiscbe Akropolis die weltlichen und heiligen Schatze der Nation schdtat, das Pomeriam ideell den weltlichen und heiligen Schutz der Ringmauer darstellt, so. bildet die Brücke das Band einer* seits der swrn m et ti^a Tükerirny andrerseits der um- mauerten Stadt auf dem linken Ufer mit dem zwar offenen, aber in Zeiten der Gefahr durch den Auszug des Heer* banns auf die schützende Höhe des Janiculum zu deckenden rechten. Sie gebort deshalb au den heiligen Statten, auf welchen die Salier von Alters heir ihren Waffentanz auffuhren^).

h^be, wie sie auch sonst in Italien bestanden haben wird (denn iiacb.- gewieseb ist die nrspriingliclie Existenz von ponfifiees in italischen StSdtea bisher so wenigp wie die' des eapüolium und seiner 3 Götter), derea kasteonüssi; überlieferte Witeentchaft auch frende Einflibse aufnehfteo mochte. Dass die Siffführnng o^r doch anigedeiiDte Ai- wendang des griechischen Alphabets durch sie zuerst und schon ia der Königszeit stattgefunden hat, d^ran ist Dfi9h den Charakter der äHeaten Schriftstücke nicht zu zweifeln; ihre BefeiHuiog zu griechischer oder orientalischer Zeitmeasungskunst lehrt die Geachichte des Kalenderf trotz aller controversen Fragen deutlich genog. Aaf die späterea Be^ Ziehungen zur helleni^eheB Kultur ist obea a. aufmerksam gemacht worden^

^) Die schon S. 291 benutzten Worte Varro*a 5, 83: pöntifieesj itf Seaevola Quinius jHmtitfeof maapumus dieebatf a po$*e et faeere td paü» fices; ego a ponte arbürorj nam ab hi$ subÜeius est fadus prmntm et fut FJ restitutus saepe; cum ideo saera et uU et ei$ Tikerm nw mediocri rüu fiant (syati^Ltisch wie § 90 obMiui/t eb abseidenäoy cum id ideo faeerent . . .). Offeobar wurde in den J^aftifletibüciheni mit dieser Formel die Gesammtheit .4er gaerii nrb^na ioaerhalh das Poaie- rinm und die nicht minder alten und wichtigen Opfer auf dem rechten Ufer zusammengefasst, u«d es sind damit nicht etwa die Piacvlaropfer,

§ 7.] BRÜCKEN. 89^9

Die in massigen Grenzen wechselnde Breite des Flusses ist gegen den Ausgang det repuUikanischen Zeit Ton der heutigen nicht erheblich verschieden gewesen (A. 1.); die in frühere Zeit hinaufreichenden Nachrichten über die Ueber- schwemmungen berechtigen zu der Annahtne, dass überhaupt keine grosse Veränderung der Ufer und des Beittes stattge- funden haben. Wir dürfen also die natürlichen Bedingungen für die Geschichte der Brücken Roms^) nach dem heu- tigen Zustande des Flusses schätzen. Für die Bestimmung der Lage der ältesten Brücke, über welche kein Zeugniss unzweideutige Auskunft giebt^^), kommen nun zweierlei Rück-

welche bei der RestitatioD dtrzttbriogeB wareo^ ^meint (Marquardt 4, 185). Waffentanz der Salier: CatuU 17, 1 ff. wsl, Serv. Fnld. 2, 165. Marqnardt S. 375.

®) Der erste Versuch die erhaltenen und zerstörten Brücken Roms za benennen ist von dem letzten Redaktor der Mirabillen zn Anfang d«s 15. Jahrhunderts gemacht worden und besteht in einer verfehlten Kombinirupg des mittelalterlichea nnd des alten Brüokenverzeichnissea (s. Bd. 2, 202 ff.), von welcher sich die Topographen bis auf Piale und Becker (A. 5) nicht haben losmachen können. Selbständig baben zuerst Preller (Reg. S. 243 ff.) und Mommsen (Berichte d. s'ächs. Ges. d. Wiss, 1850, 203 ff.) die Untersuchung weitergeführt, ohne sich jedoch auf eine Analyse des alten Verzeiehnisses einzulasseo. Dies ist von mir in den Novae ^uaest. top., Königsb. Progr. 1868 und Bd. 2 versucht worden : theila zustimmend, theils ablehnend verhalten sich dazu Urlichs, Sitzungsber. der Münchener Ak. 1870, 459 ff. und Wecklein, Hermes 6, 178 ff. Die hier gegebene Untersachung weicht von der früheren namentlich wegen des seitdem gefundenen' wiehtigen ' chronologischen Zeugnisses über dea pons Aemüius erheblich ab. Da es an einer sachkundigen Analyse der erhaltenen Bauwerke noch fehlt| so kana auch diese nur als ein Ver- snob betrachtet werden. Vgl. A. 19.

10) Kein Zeugniss ist das der Vergilscholien zu Aen. 8, 646, welche dea pons sublieius dem lapideus («= Lepidi = Ponte r.otto ?) gleicl^etzea: die übrigen zweideutigen Anspielungen kommen im Ver- lauf der Darstelliuig zur Erörterung. Dem Mittelalter war selbst der Name abhanden gekommen; zuerst in der jüngsten Bearbeitung der Mirabillen zu Anfang des 15. Jahrhundefts taucht er in der Form Siäpiduf oder Horatü CocU* .wieder auf und wird hier dem pons ma- moreus (der Brücke unter dem Aventin) des Mirabilienverzeichnisses aus unbekannten Gründen beigelegt Wie andere Erfindungen dieses

400 THBIL I.

sichten in Betracht, die Leichtigkeit od^ Ausföhrbarkeit des Baus und das Verhaltniss zur Befestigung der Stadt Denn selbst wenn eine standige Hohbrucke von den Bewohnern der vorservianischen Ortschaften errichtet worden wäre, wurde doch der Erbauer der servianischen Mauer, falls die- selbe seinen Zwecken nicht gedient hätte, Mittel gefunden haben, sie an einen passenden Ort zu Yerlegen. Von dem ersten Gesichtspunkt aus ergiebt sich, nach dem zu Anfang Gesagten, die Wahrscheinlichkeit, dass die Brückenbauer, wie man treffend gesagt liat, den naturlichen Brückenpfeiler, die Insel, sich nicht haben entgehen lassen ^^); und dass sie die Stromschnelle unter der Insel vermieden haben; von dem zweiten aus halten wir an der Auffassung fest, dass der Finss von der Absenkung des Kapitols nach der Insel bis zu der des Aventin die Hauer ersetzte, dass weder das Janiculum , noch die alten Navalien (unten) mit der Stadt in fortifikatoriscber Verbindung standen. Die entgegengesetzte, fast allgemeine Annahme einer regeh^echten Befestigung auf dem rechten Ufer verdankt in der That wohl ihren Ursprung einer unwill- kürlichen Unterschiebung des Bildes ^ welches die aurelia- nische Befestigung abgiebt, und lässt die unseres Erachtens unzweifelhafte Tbatsache ausser Acht, dass die Yertheidigungs- front der servianischen Stadt gegen Norden und Osten gmchtet war und ein Angriff von dem rechten, römischen, Ufer des Tiber her zu den ganz aussergewöhnlichen Gefahren gehörte, und falls er stattfand, nach Maassgabe der dama-

vielgebrtachten Handbnclis hat auch diese BeoennoDip (sie findet sick schoD 1484 bei lafessura als die gaogpbare: Nlbby R. a. 1, 204) bei den Astygraphen des 16. Jahrhanderts Glauben {gefunden und sich seitdem weitergeschleppt. Daneben findet sich die Identifieimn; mit dem pons Aemitius wohl zuerst bei Laetns (daher denn beim falschen Victor R. Xl), wohl nach Anleitangp des Vergilscholions (Bd. 2, 203), nad daraus ist die yon Becker und Piale beseitigte Theorie der an die Stelle der Holzbriicke getreteneu steinernen aemilischen geworden.

") Dies ist der von Mommsen a. 0. zum ersten Mal geltend ge- machte Gesichtspunkt. Seine übrige Beweisführung stützt sieh nament* lieh auf die unten erörterten Inschriften der Brüeke Quattro eapi.

§ 7.] BRÜCKEN. 401

Ugen Angriffsmittel von vornherein als ein aussichtsloses und durch den reissenden Strom genügend verhindertes Wage- stück galt. Zu diesen allgemeinen Erwägungen kommt nun erstens das einzige Zeugniss, welches wenigstens relativ die Lage der Brücke bezeichnet: sie lag nach demselben ^Yor der Stadt'; es ist also gradezu unmöglich, sie zwischen porta Flumentana und Trigemina in die Stadt münden zu lassen, da, wo der Fluss die Vertheidigungslinie derselben statt einer Mauer bildete^'). Das Zeugniss lässt demnach die Wahl zwischen der .auf Grund einer Vermuthung des 15. Jahrhunderts allgemein beliebten Annahme, dass die Brücke vor pbrta Trigemina über den Fluss geführt hat es ist dann eine Nebenfrage, ob sie im 5. Jahrhundert ganz beseitigt und durch die Brücke des Theodosius und Yalentinian ersetzt worden ist, oder in der Nähe derselben bis zu jener Zeit, seit welcher sie verschwindet, bestanden hat oder ob sie die Insel als Brückenpfeiler benutzt hat. In beiden Fällen müssen wir die Heldenthat des Horatius Codes dahin verstehen, dass er verhinderte, dass der Feind mit den fliehenden Römern zugleich in das Thor eindrang, was freilich der ausführlichste Bericht nicht hervortreten

") Polybios 6, 55 («. A. 17): tijs yetfvgag rj xitjai nqb xr^g noleoDSf was lateinisch trotz Becker's Widerspruch (S. 697) nicht anders als ante oder extra urbem wiedergegeben werden kano, wie Mommsen S. 323 richtig bemerkt. Man kann dafür geradezu Iv tf 7iQoaaTSi(p setzen. Man wende nicht ein, dass die Ebene uoter dem Janiculum bei Dionys (s. A. 17) ein riQoxeCfievov ty noXei nediov heisst: sie verhält sich zur Stadt ahnUch wie das Marsfeld. Ware die Mauer längs des Flusses gelaufen und hätte einen Uferrand freige- lassen, so hätte eine hier in die Stadt führende ßrUcke allenfalls 'vor der Stadt' genannt werden köonen, nimmermehr eine Brücke, die grade ins Herz der Stadt hineinführte. Ebenso hat Mommsen bemerkt, dass bei Appian Civ. 1; 58. die Brücke unter den 'Endpunkten' der Stadt vorkommt: Sulla besetzt die porla Esquilina 3 A. 38), Pompejus die CoUina: xal jqCtov (liXog) inl ttjv ^vXCvriv yiq>vqav i/ioQfi xal rhäQtov nqo lüiv reix^v h dia^oj^rjv vn^/jieive' roTg öh vnoXoCnoig b ZvXXag ig trpf noXiv Ix^Q^*- hoch darf man freilich Appian nicht streng beim Wort nehmen 3 A. 80).

Jordan, rOmisclie Topographie. I. 1. ^6

402 THEIL I.

lässt (A. 17). Nun scheint uns aber für die zweite Mög- lichkeit ein sehr gewichtiger Umstand zu sprechen: die alte Kultusstatte des Vejovis auf der Insel. Die gewöhnliche An- nahme, dass die Verbindung der Insel mit beiden Ufern durch 'zw ei. Brücken' erst kurz nach der Gründung des Aesculaptempels (dedicirt 463 d. St.) hergestellt worden sei, ist unhaltbar. Es ist vielmehr unzweifelhaft, dass die beiden einzigen städtischen Kultusstätten des Vejovis, die auf dem Kapitol und die auf der Insel, so alt sind wie irgend eine andere der servianisch^n Stadt, dass also seit ältester Zeit die Insel mindestens mit dem linken Ufer an einer Stelle, wo sich der Strom stark verengt, in anderer Ver- bindung als durch die zeitweilig überhaupt unterbrochene mittels Nachen oder Fähre gestanden hat. Dazu kommt, dass die ursprüngliche Bedeutung des Kultus jenes im Lauf der fortschreitenden Hellenisirung der Staatsreligion mehr und mehr in den Hintergrund gedrängten und an beiden Orten, auf der Insel durch den griechischen Asklepios, auf der Burg durch das griechische Asyl, so zu sagen gebän- digten Gottes, in unzweideutigem Zusammenhange mit dem Ort steht: er erscheint als verderbendrohender Gott dort neben der 'heiligen Brücke* die Insel selbst führt den Namen der * heiligen' vielleicht erst seit der Gründung des alle übrigen Heiligthümer derselben überstrahlenden Aesculap- tempels — , der durch den Strom stets bedrohten Vermittlerin zwischen beiden Ufern, hier auf dem heiligen Burghugel, dem Horte der Staatsgötter und des Staatsschatzes^^). Die traditionelle Geschichte der Tarquinier lässt nun freilich das Marsfeld aus den eingezogenen Domanialäckern derselben und die Insel aus der im Jahre 1 der Republik auf diesen

18) Für den Kultus des Vejovis auf der lasel haben wir nur da* Zeugniss des Praen. Kai. z. 1 Januar: dass indessen an der Urspriiog- lichkeit des Kultus nicht [zu zweifeln ist, habe ich Comment. in hoo. Momms. S. 356 CT. gezeigt. Die datirten Tempel auf der Insel siad jünger als der des Aesculap, aber keineswegs steht dies von allei Kultusstätten daselbst fest. S. Th. If.

§ 7.] BRÜCKEN. 408

geschnittenen und in den Fluss geworfenen Feldfrucht ^t* stehen ^^): und so ist es denn zu verwundern, daas man nicht langst 2ur Bettung der Geschichte die geologische Er- klärung einer späten Eatatehung der Insel durch eine vulka* nische Hebung versucht hat. Da indessen die fachwissen-» schaftlicben Stimmen bisher eine solche Hypothese nicht haben laut werden lassen ^'^), so .müssen wir entweder den zweiten Theil der Geschichte als ein Anhängsel des ersten betrachten, dessen Entstehung aus allerlei (alachen Deutungen der Kultusstätt^ des Marsfeldes auch wir nicht bezweifeln; oder annehmen, dpa eine priesterliche Tradition den Änlass iiur Erfindu^ig gegeben hat und dass in den pontificischra Böchem neben der Einweihung des kapitolischen Tempels eine Wiederainweihung der Inselbrucke gestanden hat. Wie es sich damit auch verhalten möge» das Alter des Yejoviskultus auf der Insel scheint uns ausser Zweifel und der Gedanke r dass sie, die augenfällig dem Strom lauf sein eigenthümlkshes Gepräge gab, ohne Kultusstätten ge*- blieben sein sollte, während es deren in Trastevere nicht wenige gab, nur dann erträglich, wenn mit einiger Wahr-

, t

^) Ueber die lasel Li via« 2, 5: die reife Speltsaat V4m denkönigL Aeker im MarsfeXd wird in Tiberim Imi flueniem^ wpta^ primis calori^ bus solety geworfeo. Was der Floss hioabfUhrte, blieb aqd dort häa* gen: pastea credo additas moles msrmque admtum, ut tarn emhiens area firmaqtte tempUs . quoquß ßc portidbus suUm^is eyr«ai. Qbüz ebeoso erz^t den Ursprung der vijtfos UffxlifTiiov hQci Dlonys 5, 13 (oboe das eredo n, s. w^ des L.)* ^iw junge Version (A. 16) lasst den Ter-* qiunins auf dvir loseL aterben. Ue.ber die 3«deutang d^r Legende von der Entstebui^g. des Marsfeldes urtbeilt Schwegler 2, 46 ricbtig; hier- über spricht er nicht« Von d^r Brücke sagt Dionys (oben A. 5) ts^äv ^h(ti vofi(CovT€S uod ,.es ergiebt.. siich . die Qualität eines /ooaf# soQßr ans den Piacnlaropfera (oben A. 8) ; {derselbe nennt die Insel a. 0. Vfjaos ldaxlt]n4ov hgu, Plotarch Popl. 8 Ic^a* Von irgend welohen Profanbanten oder Wohnhänsern auf derselben ist mir ?Iioht8 bekannt.

^^) Bei Poazi ist mir in den oben § 1 A. 1 a. Schriften eine genauere Ererjter^og der Insel nicht vorgekommen. Allgemein aber scheint an- genoinmea zu werden, dass sie in der oben bezeichneten Weise in der Epoche der Bildung, des Tiberbetts entstanden ist.

26*

404 THEIL 1.

sdieinlkhkeit eine geologisch« Veranlassung dazu gefunden werden könnte.

Die älteste Erwähnung der InselbrQcken findet sich in dem aus der Stadtchronik geflossenen annalistiscben Bericht über die Ueberschwemmung des J. 561 d. St. : dieselbe zer- störte duo$ pmtes und viele Häuser, besonders in der Gegend der porta Flumentana, Da in diesem Jahre eine zweite (steinerne) Brücke sicher noch nicht Torfaanden war, die Insel aber schon nachweislich seit der Zeit der gracchischen Revolution und bis ins Mittelalter hinein mter duos pontes hiess, so scheint mir der angezogene Bericht einen unum- stösslichen, wenn auch indirecten Beweis für die Lage der damals einzigen Brücke abzugeben, man müsste denn an- nehmen , dass dem Wortlaut der Chronik der Sprachgebraudi der späteren Zeit substituirt worden sei^')» und dass die-

^*) Livias 35, 21, 5: der Tiber zerstört duos ponteiy aedifieia multa drca portetm Fktmentanam, ' Damals existirte noch keine Steinbrücke, es bätte also drei Hol zbriicken gegeben: was ancbUrliehs aDzuDehmen scheint (S. 481. 487). Aber sein pons maximus «= sublicius im Gegensatz zn den duo (sublicii?) existirt nicht (A. 16*). Macrobius 3, 16, 14 ff. citirt ans der Rede des Titius fiir das fannische Lnxnsgesetz V. J. 593 die Worte . . . lupum germanum qui tnter duos ponies eaptus fuit und aus Lncilins . . . hunc (ducit) pmtes Ttbermus {iiberinos die Hss.) duo inter eaptus catillo, was Horaz Sat. 2, 2, 31 f. vor Augen hat: unde datum sentis lupus kic Tibermus an alto eaptus hietf pon- Usne inter iactatus an amnis ostia sub Tusci. Die Insel xalilTat (ptovj tüv AaiCvtov fJtiiffi Svolv yetpvq^v (Flut. Popl. 8). Auf dem kapit. Stadtplan faeisst sie inter duos pontes (Fr. 42 m. A.), vgl. die dort an- geführten Stellen des Aethicns (A. 1) : insulam . . . ubi duo pontes appellanttir, des Chronogr. von 354 S. 645 M.: (Tarqoinias, s. A. 14) inter duos pontes a populo Romano fuste niactatus und den alten Bei- namen der Kirche S. Bartolomep inter duo pontes. Diese Zeugnisse setzen es ausser Zweifel, dass duo pontes nnr Me Inselbracken sein kSnnen, wiewohl der Fischfang zwischen den 2 Brücken (also an dem oberen oder unteren Ende der Insel?) seltsam erseheint. An sieh mUglieh ist es, dass der Ausdruck pontes bei Ovid F. 6^ 474 dichterisch fiir das formelhafte duo pontes steht wie bei Prop. 6, 8, 31 Tärpmos inter lueos fdr das in Prosa allein übliche inter duos hieos (Comm. Momms. S. 664; doch s. unten A. 25), nicht möglich also^ dass Fron-

§ 7.] BRÜCKEN. 405

selbe die Verwüstung der Insel duroh Uebetrschwemmung gemeldet habe, von welcher meines Wissens sonst nie die Rede ist. Aber auch diese an sich schon bedenkliche An*- nähme wird dadurch noch niisslicher, dass die mehrfach erwähnte Zerstörung der Holzbrücke (hier der Brücken) und der Gegend am 'Flussthor' offenbar in einem örtlichen Zu- sammenhange stehen. Dieser Kette von Beweisen für die alte Ueberbrückung der Insel stehen nun Thatsachen gegenüber, welche ich zwar mit dieser Annahme nicht voll- ständig zu reimen weiss, welche aber, ehe nicht eine andere Erklärung für jene gefunden wird, nicht ausreichen , auch nur mit 'gleicher Wahrscheinlichkeit eine andere Lage der Brücke zu beweisen. Ich muss mich begnügen, sie hier möglichst objektiv zu beleuchten.

Die Holzbrücke wird regelmässig pons suhlidus im Sin- gular genannt, und es ist, so oft sie auch erwähnt wird, niemals von. der Insel die Rede, was nur ungenügend da- durch erklart wird , dass die Brücke über die Insel ununter- brochen fortgelaufen sei"*). In üebereinstimmung damit zeigt uns die Darstellung der Heldenthat des Horatius Codes auf der Münze des Antoninus Pius eine weite Bogenspannung über den Fluss und zu beiden Seiten kurze horizontale

tio die loselbräcken meint, wenn er sa^t quotiens pontei reficiuntur (De aq. 11).

^*') Vgl. A. 5 aDd die von den Alten wahrseheinlich riefatig er- klärte Redensart sexagenarios de ponte (Bd. 2, 284). Ueber die von Mommsen beseitigte falsche Lesart tectum pontis (lies ptmtifieis) maximi bei Obsequens 75 s. Bd. 2 S. XIV. Richtig hat gegen Mommsen's Er- klärungsversuch (S. 324) Urlichs (S. 485) die Bedentang des Sprach- gebranchs hervorgehoben. Für den Ploral lässt sich kein sicheres Beispiel anführen (A. 16). Andrerseits ist es bemerken swerth, dass die RSmer die Brücke stets pons subUcius nennen (roboreus^ ligneus u. A. ist poetisch oder nnteohnisch), nicht leicht (natürlich ansser im weiteren Verlanf einer Erzählung) blos ponsi bei Varro 5, 180 ist längst richtig ad pontificem {pontem die Hs.) deponebant verbessert worden, wie von Mommsen bei Obseqnens pontificis maanmi für pontis. Ebenso regel- mässig sagen die Griechen y(<pvqa ^vUvri (Dio in den A. 5 a. Stellen mit Ansnahme der letzten, wo |. fehlt).

406 THBIL I.

Stege, keine Andeutnng der Insel, und die ausfuhrliciiste Erzählung des Ereignisses deutet an^ was fireilieh, wie ob^i gezeigt wurde, unubersteigliche Hindemisse bereitet, dass die Brücke in die Stadt fährte, wo sie mauerlos war^^.

>^ Die oft besprochene Münze (Cohen Emp. Bd. 2 S. 326 Pins Sl% von der mir ein Staniolabdruck nach der Sohwefelpaste des Pariser Exemplars im Köoigl. Kabinett zn Berlin vorliegt, (die Abbildung bei Urlichs n. 2 ist ziemlich genau), zeigt die Brücke bestehend aus einem hohen Bogen in der Mitte, dessen Hälfte links aber fehlt, und links und rechts anschliessenden horizontalen Stegen, welche gegen die Landseiten (keine Andeutung des Ufers) abgeschnitten er- scheinen (vermnthlich Andeutung der wegen Raummangels nicht dar- gestellten Fortsetzung). Bogen und Stege ruhen auf 5 aus ja drei nah an einander gestellten (verkoppelten)' Hölzern bestehendeji senk- rechten mhlices (A. 4)^ von denen eine den Scheitel des Bogens unterstützt. Davor nach links schwimmend Cooles, rechts auf der Horizontale 2 Etrusker (einer mit abwärts geschwungenem Speer), links 3 Römer (zwei in ruhiger Haltung, «iner knieend' die Axt fiber dem fehlenden Theil des Bogens schwingend). Piale irrt also, der (lyie es scheint nur nach Sambuco) steinerne Pfeiler erkennen will (S. 5). Sehr auffallend bleibt der Bogen und seine Stütze. Erzählungen (Schwegler 2, 52): nach Polybios 6^ 55 kämpft Codes ^nl r^ xarav- UXQI tijs ysfpvQag niQttxi Tfjg inl tov Tißiqidog, ^ xiitai ttqo Tr^g noliiogy insl nl^&og intiptQOfjtevov elSi tdiv 'ßor\d^vvttov loZg Tcalt^ fitoigy 6i(cavTa firi ßiaadfiivoi naganiccoffiy €ig ztjv nokiVy ßo&v bttatqaifdvta Totg xatomvy <os taxog atw/cft^aennag diaana^ xrpf yä(pvQav . . . Siaanaad-^Camg Sk rrig y^ipvqag ot noXifiiot r% OQfA^g iMtoXv&fiaav 6 ^k Jüixli^g iavwov eig toy norafjiov iv tolg onXoig u. s. w. Nach Dionys 5, 22 ff. besetzen die Römer das Janiculnm und stellen die Hauptmacht in Trastevere auf, kv t^ ngoxatfji^ptp ^g TcoXeatg ntdi(p; Porsenna nimmt das Janieulum; darauf, iTtit^tf nlffüCow 79; yeifvgag iyiv€to xal rovg ^Pmfia^ovg i&edcfctfo n^xad^fiipovgy greift er an und schlagt die Römer; die Fliehenden drängen Big rrfy TioXiv ^la fJLiäg ysifvqag . . . oXiyov t€ n&vv 7\ noXig i^hfOtv dXmytu xaiä x^Tog aT£/j|fi<rTo; oioa ix tüv naga tov noTafÄÖv fAiQfSv, ei avv€i<fineaov eig avr^r afia roig fp£vyova§,v ol ^ifüxovieg, Codes und die beiden Genossen w^ren auf dem reektea Ufer den Nachdringenden, auch diese weichen, man ruft aas der Stadt dem Codes zu (ävuxttXovfjiiviüV uvtov ano itfi noXamg tc5v ttnarmv xal TÖfV aXXtov noXiiäv), er aber antwortet, man solle die Brücke ab- brechen (^1/ (f^ jLtia xax fxiivovg Toifg ^Qovovg ^vXoipquTnog u. s; w. :

§ 7.] BRÜCKEN. 407

Für die Erzählung der Flucht des Gajus Gracchus vom

Aventin nach Trastevere giebt es überhaupt noch keine be<-

friedigende Erklärung, was zum Theii an der noch nicht

gelungenen Bestimmung der Lage des Dianentempels liegt.

Wenn es heisst, Gracchus sei vom Tempel der Diana aus

geflohen und die Freunde hätten den Verfolgern an der

pcrta Trigemina und am pons suhlkms gewehrt, so versetzt

uns diese Angabe fast in die Nothwendigkeit, die Holzbrücke

zwischen pcrta Trigemina und dem nördlichen Ende der

Stadtmauer zu suchen, eine Annahme, die wir oben als

unmöglich bezeichnen mussten*^). Nicht zu verwerthen

endlich ist die Darstellung der Ankunft der Schlange auf

der Insel auf einer Münze des Antoninus Pius (s. A. 25).

Hiermit sind, soviel ich weiss, die Beweismittel für die Lage der Holzbrücke erschöpft (vgl. S. 412). Es hängt aber mit dieser Frage die zweite zusammen, wann Rom die erste steinerne Brücke erhalten und wie sich der Brückenbau weiter entwickelt hat^^). Durften wir die Kunst

oben A. 5): es geschieht n. s. w. Nicht wesentlich weicht der kürzere Bericht des Livins 2, 10 ab, die übrigen besagen nichts von Be- deutong.

1^) Die zuerst von Preller (Aufsätze S. 513 f.) vollständig heran- gezogenen Berichte (Orosiua 5, 12 Viri ill. 65, 5 ss Val. Max. 4, 7, 3 Plnt. C. Gracch. 16 App. Civ. 1, 26) differiren nur in unwesentlichen Punkten. Nnr die Quelle von Val. Max. = Viri ill. erzählt, dass zu- erst in porta Trigemina (Val.) oder apud portam T, (V. i.); dann in ponie sübUeio den Verfolgern gewehrt wurde, die übrigen erwähnen nur die Brücke (Or. kürzt am Schluss willkürlich): woraus sogut wie nichts Sicheres zu schliessen ist. Wir kommen auf den Ursprung der Abweichungen und die für die Topographie des Aventin wichtigen An- deutuDgen Th. II zurück.

^^) Die Entwickelung des Brückenbaus wäre nach Urlichs fol- gende gewesen: die sublicische Brücke lag vor porta Trigemina; seit dem Bau des Aesculaptempels (463 d. St.) wurde die Insel durch die duo pontes (Holzbrücken) mit den Ufern verbunden (ähnlich schon Becker 652), von den so existirenden dreien hiess die sublicische nun pons maximus (unrichtig: A. 16*). Die erste Steinbrücke in der Nähe der Stadt war der pons Mulvius (als solche vor 532 gebaut). Im J. 575 bauten die Censoren einen pons, keine Brücke, sondern eine

408 THEIL L

des Holzbrückenbaus in die frühesten Zeiten hinaiifrücken und als eine den mittelitalischen Stammen gemeinsame an- sehen, so ist es ungewiss, wann der Bau steinerner Brücken in Italien aufgekommen ist. Das wesentliche und sdiwie- rige desselben ist die Einsenkung der steinernen Pfeiler in das Flussbett « nur eine Anwendung einer längst geubtrai Technik die Ueberspannung der Pfeiler mit Bogen. Es ist mindestens noch zweifelhaft, ob diese Kunst zur Zeit des 2. punischen Krieges verbreitet war: der allerdings durch die Anlage der flaminischen Strasse geforderte Bau des potts Mulvins kann sehr wohl ein Holzbau gewesen sein (S. 415), das durch die Chronik bezeugte Abbrechen aller Brücken über den Tiber (ausser einer?) nach der Schlacht am trasimenischen See, lässt schwerlich eine andere Erklärung zu, als dass sie von Holz waren und das Alter der in Italien erhaltenen steinernen Brücken ist mit Sicher- heit bis jetzt nicht zu bestimmen ^^). Unglückliche-

Wasserleitung über den Flnss; im J. 638 der Qua stör Aemilios, identisch mit dem von Frontin de aquis 96 erwähnten curator (tquarumy die erste Stein brücke in der Stadt ^ 'zugleich eine Stutze der Wasser- leitung', wie die Münze es darstelle (A. 27), denpons Aemüius « Ponte rotte ; dann folgte der Fabricius 692 u. s. f. Allein dass man einen alle Requisite einer Steinbrücke vereinigenden Bau hergestellt haben sollte, ohne eine Brücke daraus zu machen, wird schwerlich Beifall finden; über den angeblichen qu'ästorischen Bau s* A. 27. Was Wecklein meint der Bau der ersten Steinbrücke sei von Livius in der 2. Dekade erzählt worden (A. 21): es sei der pon$ Lepidi^ noch spät lapideus genannt (Ponte rotto); die zweite sei pons AemiUus, der Bau d. J. 575, der spätere Neronianus am obern Ende des Marsfeldes an dem dort belegenen portus erledigt sich durch die folgende Dar- stellung von selbst.

^^) Livius 22, 8: ut muros iurresque firmarent et prae$idia dU- ponerent pontesque rescinderent flummum. Daneben hat Zonaras 8, 25 S. 245 Dind. (aus Dio = Livius?): xdg je yetfvQos tou TißiQiSognXriv fiiäs xa^ellov, schwerlich Bedeutung. Es fehlt bis jetzt meines Wissens an jeder zuverlässigen Chronologie der älteren römischen und italischen Steinbrucken. (Jeher pons Mulvius s. unten. Für uralt, weil der cloaca maxima ähnlich (!) gilt der Ponte deila catena zu Cori (Nibby analisi 1, 508 f.), für sehr alt der Ponte di Nono auf der

S 7.) ^ BRÜCKEN. 409

weise nun lehrt das einzige Zeugniss, welches uns über den Bau der ersten Steinbrücke Roms erhalten ist, nur den Namen, nicht die Zeit und die Lage der Brücke kennen: sie soll Yon einem Quästor Aemilius gebaut worden sein^^). Durch die kürzlidi folgte Auffindung eines Stücks des Kalenders von Allifae ist es nun festgestellt, dass enoi pom Aemilim schon vor dem J. 723 bestanden hat^^). Diese Brücke ist also weder von dem Censor des J. 732 noch von dem Consul des J. 733 gebaut und die früher yon Anderen und tou mir aufgestellten Vermuthungen, dass der pons AemUius in diesen Jahren gebaut und ent-

via Gabina (später Praenestina) und der Ponte Salaro (das. 591. 593). Vgl. auch Canina Etr. mar. T. LXXVII (Tarquinü). Aber mit diesen Schätzungen ist so ivenig anzufangen wie mit den allgemeinen Bemer- kungen Abekens Mittelit. 183 ff. Vollends ist der Schluss ans den Wasserleitungen (hier kommt überhaupt nur die unterirdische appische in Betracht) auf eine frühe Entwickelung des Steinbrückenbaus (Weck- lein S. 181), wie jeder sieht, hinfällig«

^^) Plutarch Numa 9 spricht von dem pons sublmus i^vXlvf} yi(fVQa)f der nicht zerstört werden dürfe : ^ 6k lid^Cvt} nolXols varsgov iSiiQyaadti xQovoig vn AlfiiXlov tafiiivovtog. Die verschiedenen An- sichten über die Stelle sind folgende: um sie auf den Bau vom J. 575 (s. unten) zu beziehen, schrieben Nibby und Becker rifjtrjtevovtog (de muris S. 79); ebenso (Leipz. Berichte S. 323) oder vTtarevovrog (CIL) Mommsen, um sie auf die Restauration des pons Fabricius durch die Censoren des J. 732 oder die Consuln des J. 733 (Inschr. der Brücke) zu beziehen; vTrarevovTog auch Wecklein, welcher an einen Bau aus der Periode der 2. Dekade des Livius (Consul d. J. 522?) denkt (S. 181). Nur Urlichs vertheidigt den < Quästor' S. 481 ff. und setzt den Bau ins J. 638 (unten).

>^) Herausg. Eph. epigr. 3, 85 f. Es heisst zum 17. Aug.: feriae Portuno ad pontem AemiUumy lano ad iheatrum MarceUi, Dass der Kalender vor 725 aufgestellt ist, folgt, wie Mommsen CIL 1 S. 294 bemerkt, daraus, dass der 28. August darin noch die Note C bat, während seit 725 an deren Stelle die Note ^ trat. Die bisher be- kannten, übrigens wesentlich gleichlautenden Zeugnisse (AemiU Vall., lano a, t M. fehlt im Amit.) erlaubten bis zum J. 760/7 n. C, nach welchem das Vall. geschrieben ist, herab zu gehen. Den Werth des chronologischen Datums für die Brückenfrage hat Mommsen a. 0. nicht bemerkt.

410 THBIL I.

weder der nachmalige pam Genius, noch spätere Gra- tiani (S. Bartolomeo) , oder der ehemalige pons Fdbrim (Quattro capi) sei (Bd. 2. 198 f.), werden dadurch ausge- schlossen. Da aber femer die dnzige erhaltene Nachricht über die Lage des pons Amiüius mit der Annahme, dass er oberhalb der Insel zu suchen sei, unrereinbar isf ), und an ein spurloses Verschwinden einer antiken Brücke nicht gedacht werden kann, so bleiben uns nur die beiden Brücken unterhalb der Insel zur Auswahl, Ponte rotte und die unter dem Aventin, welche wir als pms Theodom «I Väkntmani aus dem mittelalterlichen Yerzeicbniss nachge- wiesen haben (s. unten). Denn an sich wäre es denkbar, dass diese letzte, welche in dem Verzeichniss der constantinischen Notitia fehlt, darin fehlte, nicht weil sie zu jener Zeit noch nicht, sondern weil sie nicht mehr vorhanden gewesen wäre 9 wie der aus dem letzten Grunde darin fehlende pam Neronianus, und dass die genannten Kaiser die vor langer Zeit zerstörte Brücke wiederhergestellt hätten. Eine sichere

SS) £8 ist die konfuse Beschreibang^ der Sdileifang^ der Leiche des Heliogabal bei Lampridius c. 17: tractus per publicum addüa m- iuria cadaveri, ut in cloacam müites mitterent (nehmlich ans den La^er, wo er getödtet wurde, schleifte man ibn (fiar ndarjs jijg noXsui bis zor Kloake: Herodian 5, 8, 9 Dio 79,21), sed cum tum eepisset cloaca foriuHo, per pontem Aemüium adnexo pondere, ne fluitaretj in Tiberim abiectus est, ne unquam sepüiri passet . tractum est eadaeeir eius etiam per drei spatia priusquam in THberim praedpitareiiir. Dass man die Leiehe vom Circns zur nächsten Brücke gesdileppt haben wird, ist klar; über die Kloake unten. Von derselben Brücke werden nach den Märtyrerakten die Christen gestürzt, nach Lactanzens auf Verwechslung mit dem subUcius beruhender Angabe die Argeer (über Beides Bd. 2, 199) und soll sich nach Jnvenals Rath der Lebens- müde stürzen (Sat. 6, 24), während auffallend genug bei derselben Gelegenheit sein Vorbild Horaz Sat. 2, 3, 36 (geschrieben 721) dea Fabridus nennt (vgl. Bd. 2, 199 f.) Schlüsse ans dem Stillschweigen der Schriftsteller sind trügerisch: immerhin ist es merkwürdig, dass weder Cicero noch Varro die fabricische und aemilische Brücke (dieser, wo er doch Gelegenheit dazu hatte, bei Erwähnung der PortunaUa, vgl. unten) erwähnen.

§ 7.] BRÜCKEN. 411

Entscheidung lässt sieb, soviel ich sehen kann> jetzt nieht

treffeil. Für die herkömmliche Ansidtt, daiss pims AemiUuB

Ponte rotto sei, ist namentlich in neuerer Zeit ein Zeugniss

des 5i Jafaii). n. C. Reitend gemadit wwden, nach welchem

Ponte rotto damals vom Volke pons lapideus genannt worden

sei, eigentlich aber pimi Lepidi geheissen habe. Dies kann

richtig sein: der alte Name der von einem Aemilius Lepidus

erbauten Bracke kann sieh so in einer Zeit erhalten haben,

in welcher sie^ wie wir sehen werden, offieiell nach ihrem

Wiederhersteller pons Probt . hiess. Weniger Wahrscheinhch*

keil schemt mir die Aufiiassnng zu haben, dass jene Volks-

beeeicbnung die Ueberliefernng bewahrt habe, dass dies die

erste steinerne Brücke sei. Dass mindestens 5 Jahrhunderte

lang eine soldie Bezeichnung sich erhalten haben sollte« ist

zwar nicht gradezu unmöglich, aber meines Wissens nicht

durch ein ähnliches Beispiel zu belegen ^^). Allein da es

sehr möglieh ist, dass irgend eine uns unbekannte Ursache

den Namen ' stdneme Brocke^ in später Zeit bat aufkommen

2*) Aethicns (oben A. 1): per pontem Lepidi, qui nunc abusive a plebe lapideus dicäur, Weeklein S. 180 führt als Analogie die Beneninog des Theaters des Pompq'us thuatrum lapideum bei Vitmv an, welche demselben auch nach dem Bau anderer steinern«!* Theater geblieben sei. Allein diese aus Becker A. 1310 und 1474 wiederholte Behauptung ist grundlos. Vitruv schrieb um 740, jedenfalls nicht Jahre nach der Kinweihung der Theater des Baibus und Marcellus; der Ausdruck kommt meines Wissens nur bei ihm vor, was bei der Häufigkeit der BrwähBUBgen noch in später Zeit (vgl. Th. II) von Gewicht ist, and wenn der amiteroische Kalender dasselbe Theater theatrum tnafmor^'m nennt neben dem theatrum Marcelli, so hat das mit dem 'steinernen' keinen Zusammeahang (oben S. 19). -^ Dass keine ausreichende Analogie in dem oft lange Zeit festgehaltenen Gebrauch von novus liegt (Bd. 2, 76), ist einleuchtend: es handelt sich bei diesem Wort um einen Gegensatz zu vetus, der immer seine relative Wahr- heit behält. Eher hätte darauf hingewiesen werden können, dass in manchen deutschen Städten der Name der ersten geptftasterten Haupt- Strasse sich als 'Steinstrasse % 'Steinweg', 'Steindamm' Jahrhunderte lang erhalten hat (vgl. § 8), obwohl das Herbeiziehen moderner Ana- logien immer etwas Missliches hat.

412 ^H^l' I-

lassen und die Deutung 'Brüdce des Lepidus* eben nur eine solche» und zwar eine falsche ist, so muss wohl auch die zweite Möglichkeit, dass der pom AemiUus von Theodosius und Yalentinian wiederhergestellt worden ist, in Betracht gezogen werden. Für diese lasst sieh anführen, dass In diesem Fall das Vorkommen des Namens AemUius in der Notitia befriedigend zu erklären wäre, während bei dem Zusammenfallen mit pons Probi (s= Ponte rotto) für eine Brücke ein Doppelname Tokäme (s. unten), und der aller- dings sehr wichtige Umstand, dass für den Bau einer ersten Steinbrücke die gefährliche Stromschnelle der denkbar unwahr- scheinlichste Ort ist Allein durdischlagend sind diese Gründe nicht. Endlich mag hier die zwar meist in erste Linie ge- stellte,, nach dem bisher Gesagten aber wenig brauchbare dichterische Angabe erwähnt werden, dass das forum boarium den pmtes und dem Circus 'verbunden' sei: ob den Insd- brücken und dem damals schon gebauten pms Aemühu öder dem suibUctus oder beiden letzteren, lässt sidh nicht entscheiden. Ein die Insel und eine Brücke darstellendes Münzbild belehrt eben so wenig. Eine Entscheidung wird nur herbeigeführt werden können durch eine technische Analyse der Reste der Brücken (die bisherigen genügen gar nicht), vor AQem aber durch eine Wiederaufdeckung des, wie wir sahen, noch ganz unklaren ursprünglichen Strassenlaufs von Trastevere^^).

*^) Ovid F. 6, 477 f.: pontibus ei magno iuncia est cekberrinia Circo area, quae posäo de bove nomen habet» (Jeber pontes oben A. 16. Die Darstellung^ der Landan^ der Schlange auf der Insel auf der Münze des Antoninns Pias (Cohen Bd. 2, S. 326 n. 376 Abb. bei Urlichs n. 1 vgl. S. 475: mir liegt ein Abdruck der Schwefelpaste des Pariser Exemplars vor): vorn rechts der Tiber einem ankom- menden Schiff' {rostra deutlich) die Hand entgegenstreckend. Das Schiff führt durch den links stehenden von 2 hohen fiögen einer gewSlbten Brücke durch; hinter dem Tiber Land ansteigend, als Felsen charak- terisirt, darauf ein Baum und eine Gebäudegruppe (Thurm und Tempel, vgl. Glandian 1, 226 ff.); dahin schwingt sich vom Vordertheil des Schiffs aus die Schlange, lieber dem Schiff unter dem Bogen ein kleines nach

§ 7.] BRÜCKEN. 413

Ueber die Zeit des Baus sebweigt das Zeugniss, von dem wir ausgingen (A. 21): der Ausdruck *sebr lange Zeit^ iiach dem Bau der Holzbrücke durch König- Ancus Marciud ist zwar im Munde eines Schriftstellers der Zeit Kaiser Hadrians eher ein Hinweis auf die BIütiieKeit der Republik (und über die Zeit zwischen dem 2ten und 3ten puni^ sehen Kriege wird überhaupt nicht hinaufzugehen sein), als auf die Epoche ihres Untergangs. Aliein mit Sicherheit ist auch das nicht zu behaupten. Die Betheiligung der Aemilier an den öffeuftlidien Bauten Ist famer seit dem punischeh Kriege bis hinab auf den Triumyir Aemilius Lepidus, seinen Bruder Paulus und deren Descendenten eine so grosse, leider aber nicht mehr im Einzelnen nachweisbare**), dass es aussichtslos zu sein scheint , zu untersuchen , welcher

rechts g^ewandtes Männchen, 'le pilote* nach Cohen (ebenso U.): aber H. Droysen schreibt mir, dass * zwischen ihm und dem Schiff festes Land angedetitet ist* und bernft sich auf die gleiche Beobachtung y. Sallets. AufiPallend fflso ist Val. Max. 1, 8, 2: {ang^uisj , . tri ripam Tiheris e^ressis legatis in insulam, übt templum dt- eatttm est, tranavit. Ist dieser Moment dargestellt, so stiegen die Gesandten unterhalb der Insel auf dem rechten Ufer oder auf der Insel ans. Mir ist die Darstellung weder verständlich, wenn die Brücke die aemilische, noch wenn sie, was ich für wahrscheinlicher halte, di0 fabricische sein soll. Die snblicische ist sie sicher nicht; der Ana- chronismus aber ist erträglich.

*") Genaueres wissen wir nur über die zum Monopol der Aemilier gewordene Basilica (Jahresberichte 1875, 741 ff. u. Th. II). Ueber den ludtts j4emiltus ungewisser Lage, welcher nur bei Horaz (Ars po. 32 ff.) erwähnt wird, zur Zeit des Porphyrion , also im 4. Jahrhundert, noch erhalten als balineum Polyeteli, s, Hermes 9, 416, ff. Unverdächtig ist Porphyrions Erklärung /4emilü Lepidi, wenn auch nicht hinzugefügt wird, welcher Lepidus gemeint ist. Unsicher ist die Bestimmung der Fragmente des kapit. Plans 24 [basilica] EmiOla] und 95 portic[us] [ j4e[milia], wie in der Adnot. gezeigt worden ist Hauptstelle über die Aemilier Cicero PhiL 13, 4, 8 (im J. 711): plurifna urbis örna* tnenta ipsius (des Triumvirn), fratris tnaiorumque tnonufnenta, was sehr danach aussieht, als wenn die monumenta (nach bekanntem Sprachgebrauch) nur die von deä früheren Aemiliern und dem Bruder umgebaute und ausgeschmückte Basilica sei. Ueber die Münze die f. A.

4U THKIL I.

Aemilier vor 725 die Brück« gebaut hat. Denn der Versach, jenen Quästor zu retten und ihn den Brückenbau als eicrafar aqmnan im J. 638 vollziehen zu lassen, scheint mir un- haltbar^^), ganz zvireifelhaft die Annahme, an. welche man wohl denken könnte , dass der räthselhafte Bau einer Brücke, welcher durch die Censoren der Jahre 575 und 612 ver- dungen war, nach diesem Jahre durch, einen Aemilier abge- nommen und deshalb unter dam Namen dieses vielleicht ausserordentlichen Beamten benannt worden sei. Dass dieser Bau mindestens anders vcarstanden: werden kann, wird tmten gezeigt werden.

^) Deoar (Momnusen n. 124 =^ 155 d. franz. Ausg.; gute AbUl- dung bei Coheo T. I Aem. 3) geschlagen zwischen 640 nnd 650 (?): ein Reiter auf stehendem Ross, den Speer aufrecht haltend; das Ross steht wie auf einer Basis, welche aus drei, gleich hohen Bögen (% ßo hoch wie die Statue) gebildet wird. ' Die Inschrift (im Umkreis) M^Ae" mUio (in den Bögen) Lep{ido) kann wegen des Dativs, wie Mommsen S. 531 (vgl. Blacas S. 345 f.) bemerkt; wohl nur die Wiederholung der Honorarinschrift eines Monuments jenes Lepidus, vennnthlich eines Vorfahren des nicht genannten IMünzmeisters sein. Den pons Aemüius sahen die Erklärer vor Mommsen in den Bögen; Mommsens Wider- spruch, soweit er sich auf die Annahme stützt, derselbe sei erst 733 gebaut, ist jetzt hinfällig. Er denkt an einen fomixi allein richtig entgegnet Urliohs S. 483, dass ^das Missverhältniss zur Statue uner- träglich und ein Ehrenbogen mit 3 Durchgängen für die republikanische Zeit ungewöhnlich wäre' (ich glaube undenk))ar, Einl. § 1 S. 29; ausser- dem sind die Bögen gleich hoch, keine Andeutung der arcbitektoBischen Gliederung) und vergleicht den die aqua Marcia allerdings ganz i;leich darstellenden Denar (nur 5 statt 3 Bögen, vgL unten); es sei aar pont Aemüius, erbaut von dem Münzmeister, der als Quästor (Plptarcli) im J. 63S die cura aquarum gehabt (s. Frontin, A. 19) und in dieser Eigenschaft die Brücke gebaut und die Wasserleitung herübergeführt habe; also (?) ein analoger Fall, wie der Bau des fons Fäbridus durch einen euraior viarum. Die Statue stelle einen Vorfahren dar. £s genügt jetzt über jene quästorische cura aquarum auf Mosunsea Staatsr. 2^, 558 vgl. 436 und Hirschfeld Verw. 1,162 zu verweisen. Ebensowenig scheint Gavedonis Deutung auf die ro&tra annehmbar (s. Blacas a. 0.). Ein Wasserleitungsbau scheint allerdings darge- stellt zu sein, nichts aber charakterisirt die Brücke. Die Deutung bleibt ungewiss.

§ 7.] BROCKEN. 415

Sicherern Boden haben wir unter den Füssen, wenn wir die weitere Entwickelung des Brückenbaus verfolgen, obwohl auch hier streitige Punkte übrig bleiben und nur durch eine zu hoffende Analyse der Bauten zu erledigen sind. Ein wahrscheinlich mittelbar aus der erweiterten Notitia stammendes mittelalterliches Verzeichniss nennt uns 8 steinerne Brücken, und soviel stehen noch heut oder sind doch in unzweifelhaften Besten erkennbar: wir gdien sie in der Beihenfolge stromabwärts, wie sie das Verzeichniss auf- zahlt, durch.

1. Pom Mulvius (im Anschluss an mittelalterliche Formen jetzt Ponte Atolle) leitet die via Flaminia über den Fluss, und ist vielleicht gleichzeitig mit dieser (534), wenn nicht schon früher, als Holzbau hergestellt, wohl erst im J. 644 von den Censoren als Steinbau verdungen, der Bau von einem unbekannten ausserordentlichen Beamten des Namens später abgenommen worden. Von den 6 Bögen sind nur die mitt- leren 4 antik , wie viel von ihnen (Material Travertin und Peperin) dem Bau v. 644 angehört, ist unsicher. Nach der Herstellung der via Flaminia (438) durch Augustus wurde er mit einem oder zwei Ehrenbögen desselben geschmückt. Die jetzige Gestalt erhielt die Brücke 1808^^).

'^) Die Orthographie (Mulvius) steht darch Mon. Anc. 4, 19 fest. Ebenso die beste hs. UeberlieferuDg (Bentley zu Hör. Serm. 2, 7, 36), daneben in alten Hds. die Vnlgärformen Molvius, Molvi, Molbiy z. B. Cur. Not., Vita Gallien. 18, 5, Lib. pontif. öfters, seltener Milvius, z. B. de mort. pers. 44, 3; mittelalterlich korrumpirt Mole, de Mole u. a. Zuerst erwähnt von Liyius 27, 51 z. J. 547 (sonst häufig; berühmt die Episode der catilinarischen Verschwörung Sali. C. 45, 1 u. A. und die Maxentinsschlacht ; poetisch Mulvius a^^r Statins Silv. 2, 1, 170 f.). Viri ill. 72: (Aemilius Scaurus, 644/110) cmsor viam Aemi- liam stravity pontem Mulvium fecit. Amm. Marc. 27, 3, 9: ad Mulvium pontem quem struxisse superior dieUur Scaurus. Scaurus galt also als Erbauer. Sollte der unbekannte Mulvius (Mulvii kommen vor, z. B. Cic. ad Att. 2, 15, 4 Val. Max. 8, 1 damn. 5), wie Mommsen (zu Mon. Anc. S. 59) meint, ein älterer oder der erste Erbauer, nicht der Vollender sein? Die Erwähnung des Livios beweist nicht das Gegen- theil. Augustus a. 0. : viam Flaminialm ex] ma[nibiis] j4ri[inino tenus

416 THEIL I.

2. Pöns Äeltus (jetzt nach dem Grabmal Ponte S. An- gelo), im gewöhnlichen Sprachgebrauch auch Hadriani, viel- leicht schon im 5. Jahrhundert, wie im früheren Mittel- alter S. Petri, vom Kaiser Hadrian gleichzeitig mit dem Grabmal (dem heutigen Kastell Angelo, s. § 6 A. 57 und Th. II) erbaut (im J. 134), führte die via Aurelia nava (Cornelia?) über den Fluss, wahrscheinlich nach dem Untergang oder Abbruch des pons Neronianus. Sie war nach der gleichzei- tigen Münzdarstellung (?) mit Statuen geschmückt. Zu den 5 alten Bögen ^ welche diese darstellt, ist im 16. Jahrhundert ein sechster gefügt worden. Das Material ist Travertin*').

3. Pons Neronianns heisst in dem mittelalterlichen Ver- teichniss die nächstfolgende Brücke bei S. Spirito in Sassia, deren Reste dort am Ufer noch jetzt sichtbar sind. Der Name ist wahrscheinlich ein volksthümlicher, yielleicht erst mittel- alterlicher. Dass aber die Anlage der Brücke durch die vati- canischen Bauten des Gajus gefordert wurde (zwischen der

Insel und Ponte moUe gab es keine Brücke), ist äugen-

« Pill .

^ in ea pontes] o[mnes] praeter Mu[l]vium et Minu[c]ittm [refeeQ (nacfc dem Griech.). EbreDbb'gen iv zy tov TißiqiSog ye(pvQtf und za Ari- minum dem Aagnstns errichtet: Dio 53, 22 ygl. Claudian. 28, 520 f. MünzbUder: Borg^hesi Oeuvres 2, 361 ff. (welcher zu beweisen sacht, dass zwei oder gar drei Bögen Eingang und Ausgang geziert haben). ^ Baulicher Zustand: Nibby Analisi 2, 580. R. a. 1, 188 f. Eine ge- nugende Abbildung ist mir nicht bekannt: die beste wohl bei Piranesi Camp. M. T. XXXIX.

**) Melius Dio 69, 23 und die Notitia, Hadriani untechnisch, PmdenL perl steph. 12, 49 und das Mittelalter, (z. B. das Verzeichniss und der Ordo Benedicti); S. Petri yielleicht schon bei Aethicus 6 A. 66), im Eins. Itinerar. Spartian Hadr. 19: fecit et sui nominis pontem et sepulcrum iuxta Tiberim, loschr. noch vom An. Eins, 'in poate S. Petri* gelesen (CIL 6, 1, 973) imp. Caesar dioi . . .p. p, (Titulatof d. a. J.) fecit Münze d. J. nach Eckhel 6, 152 höchst verdächtig, das Wiener Ex. unecht. Auch das von Donaldson Arch. num. o. 64 abgöb. Pariser? Baulicher Zustand: Piale 17 f. berichtet, dass beim Bid der Strasse 'che porta al Vaticano sotto il muro del Castello nel sito pre- cisamente, dove questo muro fa un poco di angolo ' die Fortsetzung der Brücke gefunden worden sei. Abbildung und Analyse Piranesi Ant 4 T. IV. V. vgl. Canina Ed. T. CCXXXIX.

.

§ 7.] BRÜCKEN. 417

fällig. Ob die Brücke schan vor Hadrian zerstört wurde, ist unsicher, jedesfalls war sie zur Zeit Constantins nicht mehr im Stande ^0)*

4. Ports Aurelius (jetzt Ponte Sisto nach seinem Wieder- hersteller), im gewohnlichen Sprachgebrauch auch Antonini, bereits zu Anfang des 11. Jahrhunderts halb zerstört, im J. 1475 von Sixtus IV. wiederhergestellt. Wieviel von den 4 grossen Bögen (Material Travertin) noch alt ist, steht nicht fest. Der Name hat mit dem Namen der via Aurdia {vetus et novo) Nichts zu thim 6 A. 53). Da keine der grossen viae über sie führte (vgl. oben S. 375 if.), so kann der Zweck der Brücke nur gewesen sein, die seit dem Ende des 2. Jahrb. wachsenden Anlagen im nördlichen Trastevere mit der Stadt

*^) Die Mirabilien pons Nenmianus, aber sehon die Graphia mit dem Zusatz ad Sassiam (pons ruptus ad S. Spiritum in Sassia der Aaon.): Bd. 2, 192. Dass die noch jetzt vorhandeneD spSrlicbea Reste zwischen S. Giovanni de' Fiorentini und S. Splrito mittelalterlich seien jind garnioht einer Brücke gehörteq, behauptete nach ungenügender Untersuchung Piranesi (Ant. 4 T. XIJI): dagegen Piale zu Yenuti 2, 190 (1824): ^quando circa 12 aoni sono si cereo di togliere gli avanzi del poDte presso S. Spirito ... vi si trovo costruzione di travertini' (Yenuti sagt Travertin und Peperin) ^solidissima e certi avaozi di un ponte. SU quäle ne' tempi bassi si poterono fare le costruzioni rieo- nosciute dal Piranesi '. Piranesi wollte Reste einer Brücke bei Tor di Noaa entdeckt haben (s. unten). Erfunden sind die Namen pons yaticantts und triumphalis (unten). Wie auch die Richtung der Strai^sen im Marsfelde zu denken ist, richtig hat namentlich Piale S. 14 f. gezeigt, dass die Lage der Brücke auf die Anlagen des Gali- gola hinweist und dass Philo aus dem Marsfelde nach den Gärten der Agrippina nnr über diese Brücke gelangt sein kann. Der Name wird, wie Piale u. A. ebenfalls gesehen haben, eine volksthümliche Bezeich- nung sein, wie auch der Circus des Caligala und die Gärten der Agrippina circus und korti Neronis heissen. Wenn Prudentios die Pilger am Peter- u. Paulstage über die Engelsbrücke uaph dem Yaticaa gehen lässt (A. 29), so beweist das schwerlich, dass die neronische damals ni-cht mehr vorbanden war: Prokop aber hätte sie bei den S. 374 erörterten Kämpfen erwähnen müssen, wenn sie es gewesen wäre. Eine Spur ihres Daseins weist die Ordnung in der NotiUa auf (unten). Richtig urtheilt auch Preller Reg. 244.

Jordan, römische Topographie. I. 1, ^ «

418 THEIL I.

direkt zu verbinden und es ist daher wahrscheinlich, dass der Erbauer Caracalla ist'^)«

5. 6. Die steinernen Inselbrücken (über die hölzer- nen S. 404) sind: vom rechten Ufer nach der Insel pom Fabrieius (jetzt nach den 4 antiken am Eingang und Aus- gang befindlichen Hermen Ponte de' quattro capi) gebaut im J. 692 von einem eigens bestellten curcUor viarum L. Fa- brieius, ganz oder theilweise wiederhergestellt im J. 733, auffallender Weise später nicht mehr genannt, im Mittelalter wegen des anliegenden Ghetto pons ludaeorum (und so im Verzeichniss), aus zwei grossen Bogen bestehend, über denen zu beiden Seiten die Inschriften erhalten sind (Bekleidung Travertin)^'); von der Insel nach Trastevere: die noch im

'') Die Identität des Aurelius (so nur die Notitia) mit P. Sisto folgt ans der Reiheofolg« des alten Verzeichnisses mit ziemlicher Oewissheit (unten); mittelalterlich (so anch im Verzeichniss) p, j4n- tonini, z. B. Urk. von 1016. 1123 (Bd. 2, 193, 195), welche zugleieh die Zerstörnog bezeugen. Dahin gehört aneh das Zengniss dor in ihrer Fassung mittelalterlichen Acta SS. Hippolyti et soc. bei Baronius z. J. 259 § 19 (über welche Bd. 2, 119). Im 12. Jahrhundert heisst das in Trümmern liegende Theater des Balbns, welches früh seinen INamen eiogebüsst hat, iheatrum Antonini üucta pontem Antonini (Mirab. e. 9): es kann demnach sehr wohl pons Antonini (wie pons HadHani neben Aelius) die volksthümliche Form des alten Namens sein, braucht es aber nicht (Bd. 2, 436)i Eine von Severns begonnene, von Caracalla vollendete Brücke konnte pons Aurelius heissen: freilich heissen seine Thermen Antomnianae (wie Severianae Aleafondrianae). Die oben angegebene Bestimmung der Brücke hat n. A. Piale S> 19 richtig er- kannt. — Geschichte der Wiederherstellnng durch Sixtns IV. und bau- licher Zustand (4 Travertinbtfgen) : Nibby R. a. 1, 181 fP. Die Abbil- dungen geben keinen Einblick in die antiken Reste.

'^) Zwei Hauptbögen (a zunächst der Stadt, b der Insel), ia der Mitte ein Wasserdnrdiilass (c). Inschrift CIL 1, 600 genauer als 6, 1, 1305: (über a und b gleichlautend auf der Ost- nnd Westseite) Zr. Fabrieius C. f, cur. viar \\ faeiundum eoeravit (über c) eidemque probaveit (so auf der Ostseite, idemque probavU auf der Westseite); in kleineren Buchstaben über a nnter der Hauptinsehrift auf der West- seite: Q, Lepidus M\ (so) f, M, LoUius M. f. cos ex s. c. probavenm (so; die ganze Zeile nach Brunns Entdeckung moderne Restanratiei), auf der Ostseite: M. LoUius M. f, Q, Lepi[dus M, f, c]o* ex s, c. /wo-

§ 7.) BRÜCKEN. 419

mittelalterlichen Verzeichniss richtig pom Gratiani genannte Brücke.' Ihre Identität mit dem pons.Cestius der Notitia (nur hier genannt) ist namentlich durch die im J. 44S ge- schriebene Bearbeitung des Polemius Silvius ausser Zweifel. Der Restaurationsbau Gratians, von welchem die an der Balu- strade erhaltene Inschrift Zeugniss giebt, ist i. J. 370 (?) dedi- cirt. Dass der ursprüngliche Bau nach 692 zu setzen ist, darf als sicher gelten, als höchst wahrscheinlich, dass er vor das J. 727 fällt. Die Familie der Cestii ist in dieser Zeit mit den leitenden Staatsmännern in nahem Verkehr gewesen : welcher von ihnen den Bau, vcrmuthlich auch als curator viarum, ausgeführt hat, ist nicht auszumachen. Von dem ursprünglichen Bau scheint Wenig mehr erhalten'^). Auch der Restaurationsbau (ein grosser und zwei kleine Bögen»

boüerunt, also die Conanla von 738 ; Lepidns ist der Sohn des Triam- vir, M\f. auf der Westseite unrichtig. Dio 37| 45 setst den Bau ins J. 69^ (na<;h der Erwähnung des Skandals am Fest der Bona dea): TOT£ fih Toivta iyävezo xal ^ y4(pvQa ^ Xid-Cvti xazecxevaadti tj is t6 ytiaCdiov t6 h ttp Ttßiq^i ov (piqovaa *PaßQixüic xXiid^itaa (folgeo an- dere Geschichten). Dass die Ueberschwemmung von 732, welche die sublicische Brücke wegriss, die Beschädigung der Brücke und die Aus- besserung des J. 733 veranlasst hat, bemerkt schon Piale S. 11 f. Baulicher Zustand: wie es nach der Stellung der Inschrift von 733 scheint, ist nur der Bogen zunächst der Stadt in diesem Jahr restau- rirt worden; der Zustand aller loschrifteo auf der stromaufwärts sehenden Westseite macht es wahrscheinlich, dass wenigstens die Tra- vertittbekleidung auch über dem Wasserdurchlass, nicht mehr die ursprüngliche ist (etwa vonAugustus ersetzt?). Piranesi . hält nur den vor den Mittelpfeiler vorgesetzten 'sperone' für jüngeren Zusatz, Nibby 1, 175 ff. denkt überhaupt an keine Restauration. Die Balustraden modern, die Hermen nach Nibby vielleicht ehemals Pfeiler eines eisernen Brückengeländers (?). Material Peperin, Travertin. Abbildung und Analyse des Baus: Piranesi Ant. 4 T. XVI—XIX (danach Rossini 1820; die übrigen ohne Belang).

") Gleichlautende Inschriften auf 2 in die Balustraden einge- lassenen Marmortafel a , von denen eine erst 1840 verloren ging (die Titulaturen lasse ich weg) CIL 6, 1, 1175: domini nostri imperaloreg Caesares \ Ft Falentirdanus . . . | FL FaUns . , . \ FL Gratianus . . . | pontem FeUeU nominis Gratiani in utwn senatus ac populi Rom. can- sUtui dedicartq. tusserunt (jäher die Titulatur und das Jahr unten). Nur

27*

420 THEIL f.

Material Tuf, Peperin, Travertin, marmorne Balustraden) hat nicht Stand gehakt und ist im 10. Jahrhundert und im J. 1679 ausgebessert worden. /

7. Ponte rotto, im 5. Jahrhundert vom Volke pons lapideus (Lepidi?) genannt, im frühen Mittelalter pons maior, im späteren pons senatorum oder 5. Mariae, ist wahrscheinlich der ungewiss von wem und wann, sicher vor 725 gebaute pons Aemilius (oben). Auf dem linken Ufer stand, den Eingang in die Stadt bezeich- nend, ein vielleicht das Standbild des Aemilius tragender Bogen,

der Vf. d. Nachträge zu Mazochi las (über den Bögen?) die Inschrift n. 1176: Gra]tiam irüitnfalü principts pontem Aetemitati Augusii no- minU cOMecratum in utum senatus poptiUque Romani ddd. nnn, f^alen- tinianus Valens et Graiianus victores maximi ac perennes incohari per- fid dedicariq[u0 iusterunt. Mindestens sehr auffallend ist bei einem officiellen Aktenstück die Abweichung in der Scblussformel von der erhaltenen Inschrift. Als Jahr der Dedication nimmt Henzen 'ob nn- merum tribuniciae potestatis' 370 an. Allein das scheint doch unsicher. Die Inschrift giebt für Valentinian und Valens trib, pot. FII . . . cos 11^ für Gratian trih. pot. II , , , cos; so Henzen ohne Bemerkung (Druck- fehler?): die Texte vor ihm geben für Gratian trib. pot. III, was auf 369 führt; für Valens und Valentinian aber ipvnrde, wie Wilmanns Kx. 1091 bemerkt, wenn trib. pot. f7/ richtig ist, cos III zu schreiben sein, = 370. Symmachus in der vor 371, vielleicht schon 367 geschrie- benen Lobrede auf Gratian c. 9. spricht von der Rheinbrücke des Va- lentinian und der Tiberbrücke: en noster hicomis cave aequalem te arbitrere Tiberino, quod atnbo principum monumenta gesietis u. s. w. Die Meinung, dass Symmachus der Vater als Prfifekt 364. 365. (CIL 6, 1, 1698) den Bau begonnen habe, beruht soviel ich weiss, nur auf Amm. 27, 3, 3, der von ihm sagt: quo instante urbs saeratissima otio eopäs- quo abundantius solito fruebatttr ^ et ambitioso ponte extdlat atque fir- tnissimo quem con)didit ipse u. s. w. Aber die Hss. haben fruebedur dedit (so) ipse^ die Lücke hat Gelenius ausgefüllt. Cestius nur die Notitia. Seit Nardini wird geltend gemacht, dass nach 727 eine neu gebaute Brücke den Namen des Augustus geführt haben wurde: dass Augnstus im Moo. Anc. die Brücke nicht unter seinen Bauten erwähnt, dürfte auch ins Gewicht fallen (anders steht es mit der ebenfalls nicht erwähnten liqna /üisietitta: s. unten). Man wird also an den Münzmeister L. Cestius (kurz nacii Caesars Tod, Prätor : Mommsen Münzw. S. 658. 742, identisch mit dem Bruder des an der F. S. Paolo begrabenen?) denken können; weniger wahrscheinlich an spätere Cestii. Baulicher Znstand : Nibby S. 173 f., Abbildung tind Analyse: Piranesi Ant. 4 T. XXI. XXII.

§ 7.] BRÜCKEN. 421

welchen (zugleich die Brücke ?) Äugustus (nach 742) wiederherstellte. Zuletzt hat sie^ wie es scheint, Kaiser Prahus, der Vollender der aurelianischen Mauer, wiederher- gestellt. Dieser Neubau scheint trotz der gefährlichen Strom-' schnelle bis ins 13. Jahrhundert bestanden zu haben* Seit- dem haben wiederholte Zerstörungen (bis 1598) mehrfache Restaurationsyersuche herbeigeführt, die sich als fruchtlos erwiesen, und man hat schUesslich die Hälfte durch eine Kettenbrücke ersetzt (wieviel von den Pfeilern der ursprüng- lichen 4 Bögen alt ist, ist nicht sicher ermittelt, Material Traverlin**).

8. Pms Theodosii et YahrUmani (nach der berich- tigten Lesung des mittelalterlichen Verzeichnisses), auch mar" moreus oder in ripa Romaea, in der Nähe der Marmorata : fehlt in der Notitia, weil später (384—392 oder 425--- 450?) gebaut. Schon im 11. Jahrhundert theil weise zerstört, wurde die Brücke im J. 1484 bis auf die noch jetzt sichtbaren

^) AethicQS (s. A. 1): der Tiber strömt unterhalb der Insel per pontem Lepidt qui nunc a plebe abusive lapideus dicitur iuxta forum, boarium (vgl. Ovid in der A. 25. a. Stelle). Pons maior EiosI Itin., oben A. 49; S. Mariae schon in der Urk, von 1018, Senatcrum seit der Errichtung des palatium senatorum auf dem Kapitel (Bd. 2, 244 f.)? lieber die Identität der Brücke mit dem pons Probt der Not. (so nur diese) s. unten, die Identität mit dem Aemüiits ist oben wahrschein- lich gemacht. Äugustus: Signorili las Mn quodam arcu sito in platea pontis S. Mariae' (= An. Magliab., wie Bd. 2, 419 gezeigt, daher der Znsatz 'arcus marmoreus' bedeutungslos), Cyriacus Mb arcnlapideo' (anderwärts 'semifracto lapidis Tiburtini') 'prope domnm Sabellornm' (d. h. dem Palast Savelli in dem nahen Afareellustheater) die Inschrift CIL 6, 1, 878: [imp,] Caesar divi f. j4ugustus pont, max, ex s, c, refeeit (nach 742). Bogen und Brücke hatte De Rossi Le prime racc. S. 57 auf dem von Bellori Vest. vet. Romae S. 1 publicirten antiken (?) Bilde zu erkennen geglaubt, den Irrthum aber selbst später zurückgenommen (s. Bd. 2, 145), was im CIL z. d. J. nicht bemerkt wird. Baulicher Zustand: die Untersuchung von P. Lanciani Del ponte senatorio ora ponte rotte (R. 1826. 4 S. 6f. Grundriss T. I) erstreckt sich hauptsächlich auf die Chronologie der Restaurationen seit dem 13. Jahrb. Nach ihm wären der 1. und 4. Pfeiler alt, der 2. und von Gregor XIII gebaut. Abbildung Canina T. CCXL.

422 'FHKIL I.

Pfeilerstümpfe abgerissen. Die Bögen mit ihren Pfeilern waren mit Travertin bekleidet''^).

Mehr als diese 8 steinernen Brücken hat es allem An* schein nach nie gegeben. Die Behauptung, dass Reste einer 9ten bei Tor di Nona vorhanden wären, ist irrig (A. 30). Seit dem 15. Jahrhundert wurden von den Gelehrten n. 3 pons Vaticanus oder triumphalü^ 4 lanictdensis, 7 Palatimu, 8 sublicms benannt : die letzte Benennung ist falsch (oben A. 10), die übrigen wären an sich möglich, beruhen aber, wie Bd. 2, 203 f. gezeigt worden ist, auf einer Verwirrung der Listen der Brücken und der Berge; der Name triumphalä offenbar auf einer Yerwertfaung des allbekannten ' Triumphal- gebieU' (oben § 6 A. 51).

Es ist oben gezeigt worden, dass der pons Aemilm pnterhalb der Insel zu suchen ist, also nur Ponte rotte oder

>B) Das m. a. Verzeichniss pons marmoreus Theodosn (Theodosü in ripa r(o)maea die Grapfaia) et pons Falmtiniwüy von mir als eine Bracke nachgewiesen Novae qaaestt. S. 12 (darin folgen mir Urlichs S. 466 Wecklein S. 178 f.): marmoreus hat nichts mit der Marmorata, nichts mit einem 'marmornen Brückengeländer' (Urlichs S. 467), wie es auchpofi^ Gratiani hat, zu than, sondern ist lapideus (Bd. 2, 196). Urk. J. 1016: ad ramum fracti pontis; über die Zerstörnng voa 1484 Nibby S. 203 f., über den baulichen ZusUnd (Material Tnf und Peperin, Travertinbekleidang) auch Vennti-Piale 2, 53. Die früher auf den Ban des pons Gratiani irrig bezogenen Briefe des Symmachos

4, 70. 5, 76 nnd desselben amtliche Berichte als Stadtpräfekt (384—386: CIL 6, 1, 1699) an die Kaiser 10,45 f. (= Relat. 25 f. ed. Meyer), in welchen von einem Streit über die Ausgaben für den Bau 'der Brücke und der Basilica ' {super basiUcae atque pontis immodico sumptu Rel. 25), besonders der ersten {novi pontis Rel. 26), die Rede ist, hat P^ibby

5. 172 irrig auf eine Brücke ausserhalb Rom und die Paulskirche, Ur- lichs wohl richtig S. 494 f. auf diese Brücke und den Restanratioosbaii der basilica Itdia (377) bezogen : der Bau, von dem ein kleiner Theil später eingestürzt war, kann frühestens 381 fertiggestellt worden sein, da Symmachus, der als Präfekt die Entscheidung über die Herstellungs» arbeiten herbeiführte, über den Bau berichtet: Cyriades v, c, Jacilem profeetum esse suggessit operis sarcUmdi^ cuius siabHitatem- sicuh assertum est, hiems tertia non resohü.

§ 7.] BRÜCKEN. 423

der nachmalige pms Theodosn et Valentnmni sein kann, ße*- fragen wir nun sehliesslicb das firuckenverzeiohniss der con- stantinisehen Notitia. Es ist dabei festzuhalten, dass dasselbe nachweislich die öffentlichen Bauten vollständig aufzählt (daher den noch im 5. Jahrb. vorhandenen subUcius nennt, den nicht mehr vorhandenen oder doch nicht benutzbaren Nero- nianui nicht), die zur Zeit geltenden officiellen Namen an- giebt (daher keinai pom lapi4em\ und dass, wie sich am klarsten an dem Verzeichniss der mae nachweisen lässt, (nur die Nebenstrassen stehen hier ordnungswidrig, sind also ein- geschoben), die streng durchgeführte topographische Ordnung der Urkunde in den vorliegenden Ausgaben durch Einordnen von Nachträgen unterbrochen oder verschoben worden ist. Nun nennen beide Ausgaben übereinstimmend pontes octo (1) Aelius (2) AemiUus (3) Awrelms (4) Mulvius (ö) mblicius (ß) Fabriciui (7) Cestius et (8) Probu Dies ist also die Liste der Originalurkunde. Die Spuren der ursprünglichen Ord^ Bung treten unveiiiennbar hervor (1. 3. 6, 7 fraglich 5. 8.); von den sicher widersprechenden ist der p. Mubms höchst wahrscheinlich ursprunglich als ausserhalb der Stadt liegend nicht mit aufgeführt gewesen, ist also wohl sicher nachge- tragen. Nähme die zweite Stelle statt des Aemüim der ganz fehlende Neronianus ein, so würden mit Ausnahme des mblicm alle übrigen in richtiger Reihenfolge stehen, denn 8 Probt für Ponte rotto zu halten, ist erlaubt, ja nach dem über den pons Theodosn et Yalentiniani Gesagten, gradezu nothwendig. In diesem Sachverhaltniss scheint mir ein Hin- weis auf die Entstehung der Verwirrung des Verzeichnisses zu liegen: der an falscher SteUe eingeschobene Name Aemüim ist der ältere des nach seinem Wiederhersteller benannten pom Probt, welcher Name in die Volkssprache nie Eingang gefunden hat. Das sonst anstössige Vorkommen eines Doppel- namens in dem Verzeichniss erklärt sich also wohl daher, dass in der amtlichen Liste, welche dem ersten Herausgeber vorlag, der Neronianus noch stand, der Herausgeber aber ihn als nicht mehr existirend strich und ihm, um die Zahl

424 THEIL L

festzuhalten, den AemUus substiiuirte^^). Was end&ch den sublicius anlangt, so sieht Jeder, dass seine Stellung am besten mit der oben erörterten Ansicht, dass er über die Insel führte, übereinstimmt. Viel ist natürlich daraof nicht zu geben.

Das in vielen Punkten noch ganz unsichere Ergebniss dieser Betrachtung darf also so zusammengefasst werden: die Lage der sublicischen Brücke ist zwar nicht sicher erweislich, ihre Führung über die Insel aber wahrscheinlich; die Ver- bindung der Insel mit der Stadt jedesfalls vor dem Bau des Aesculaptempels anzunehmen. Andresfalls gab es mindestens schon im J. 561 drei hölzerne Brücken, die ^sublicische" (wo?) und 2 Inselbrücken. Die erste steinerne Brücke ist die aemilische, sicher vor 725 gebaut; wie lange, ist unsicher; es ist wahrscheinlich Ponte rotte; Kaiser Probus hat sie restaurirt, sie heisst im 5. Jahrhundert die 'steinerne', im Beginn des Mittelalters die 'grosse': ihr alter Name ist früh vergessen worden. Die erste steinerne Brücke nach der Insel ist die fabricische (Quattro capi), gebaut 692, wieder- hergestellt (vielleicht nur ein Bogen) 733. Dann folgte sehr bald die erste steinerne von der Insel nach dem rechten Ufer, die cestische, von Gratian restaurirt; unter Nero die Brücke nach dem Yatican; diese wurde früh zerstört und ihr Wiederaufbau durch die Brücke Hadrians überflüssig. Es folgte die Brücke des Caracalla nach den neugeschaffenen An-

^) Die eben gegebene Liste bat das Coriosom und die eine der beiden aaaassgebeiideii Bss. der Notitia (S), nur die andere (A) lässt Aemüius aus und übersckreibt pantes septe (so), die eoata- minirte (B) lässt die Zabl ans (vgl. Bd. 2 S. XIV. Es ist hiernacb bedenklieb, wenn nicbt an zulässig , anzunebmen, dass die eise Hs. uns das Original darstelle (anders liegt die Sacbe, wenn eine Hs. einen Artikel mehr bat als die Sbrigen, Bd. 2, 23). Andrerseits keMmt in den Absebnitllen 3 10 der Notitia «ater 103 Namen keii Doppelname yor (s. besonders Bd. 2, 216, 227; was das. 236 über die via Cmnpana = Portvensis gesagt ist, ist falsch: s. § 6 A. 54), das Vorkommen eines solchen im Brücken verzeichniss fordert also eine Erklärung, die ich hier (abweicbend von Bd. 2) versacht habe.

§ 7.] BRÜCKEN. 425

lagen in Trastevere, endlich die der Kaiser Theodosius und Yalentinian am Aventin.

Mit den ßrückenbauten stehen die Uferbauten^O ^^ engster Verbindung. Dieselben sind doppelter Art: einmal Quaibauten zur Sicherung der leicht abstürzenden Uferränder gegen die Gewalt des Stroms in der ganzen Länge des städti- schen Gebiets, dann Hafenbauten und die Docks der Kriegs- marine. — Wenn man im 6. Jahrhundert zuerst eine durch Kunstbauten gesicherte Landungsstelle für die Handels- fahrzeuge angelegt (unten A. 46) und sich bis dahin, wenn nicht noch später, mit Holzbrücken begnügt hat, so ist es unzweifelhaft, dass von steinernen Uferschälungen des ganzen Flusslaufs damals noch nicht die Rede war. Rührt also das kleine Stück Quadermauer, welches die Mündung der grossen Kloake einrahmt, wirklich was nicht feststeht aus der Zeit der Könige her und nicht aus der Zeit der Wiederher- stellung des Kloakensystems durch Agrippa oder später (vgl. unten), so ist jedesfalls die Aufmauerung an dieser Stelle nur zum Schutz der Kloakenmündung geschehen. Es ist also auch nicht möglich , die aus Tuf mit Travertinbekleidung bestehende und mit plastischem Schmuck versehene Um- mauerung der Insel, welche dieser das Ansehen des heiligen Schififs des Aesculap geben sollte und ihr den Namen der 'heiligen Insel' yerschafft hat, bald nach der Errichtung des Aescuiaptempels entstehen zu lassen, ja die ausgedehnte An- wendung des Travertin verbietet uns über die Zeit des 3. puniscben Krieges ^^) hinauf zu gehen. Es stehen ferner in

'^) Za dem Folgenden ist die schon mehrfack genannte Unter- suchang von Preller ^Rom und der Tiber' (1: Berichte der sächs. Ges. d. Wiss., 1848, 131 ff., 2. 3: das. 1849, 5 ff. 134 ff.) za ver- gleichen, welche in sehr klarer Weise namentlich für die Kaiserzeit die Hanpterscheinangen der hier nur berührten Schiffahrtsverh'ältnisse * gruppirt. Dazu Marquardt Privatalterth. 2, 10 ff. 20 ff.

^) Reste von Tafsnbstrnktionen befinden sich zu beiden Seiten der Ostspitze der Insel, anf der Nordseite ist ein Stück der Travertin- bekleidung (Blöcke z. B. 0,40 X U^^) erhalten, welche zu dem Vorder- theil des dargestellten Schiffs gehört und als insigne in einer kästen-*

426 ™^IJ^ ^•

der Nähe der Insel noch jetzt auf beiden Ufern einzelne Stücke von Ufermauern aus Quadern ^^), ein anderes au« Ziegelwerk findet sich stromabwärts in der Mähe des pon$ Theodosii et Valentmani, dies letzte ist mit 3 Löwenköpfen spätesten, wenn nicht halbbarbarischen Stils verziert (Bd. 2, 197). Von den Ufermauern des Emporium wird unten die Rede sein. Wir haben endlich aus dem 3. Jahrhundert sichere Zeugnisse über den Bau oder Wiederaufbau der ripat und dieser Ausdruck ist in der späteren Sprache technisch für den Quai^^). Die Ausdrücke für das linke und rechte Ufer ripa Graeca und ripa Rotnaea sind mittelalterlich (Bd. 2, 195. 317 R. I).

förmigen Nische die in der Form der imago behandelte noch deotlieh als bärtige zu erkennende Reliefbüste des Aesonlap, daneben des Schlangenstab trägt. Auch die Form der Schiffswandnng und der vor- springenden TtaQo^og darüber ist erkennbar, darüber, nebea und ia gleicher Höhe mit dem insigne ein Stierkopf: d. h. es ist heat soviel erhalten als im 16. Jahrhundert (die Vervielfältigung des Aesculapkopfes und des Stierkopfs in Zeichnungen des 16. Jahrb. sind willkürlich), wie Annali 1867, 889 ff. gezeigt worden ist. Abbildung der Reste das. Tav. d'agg. K (aber leider stilistisch nicht treu) und sehr gut schon bei Piranesi Ant. 4 T. XV Camp. M. T. XIII. Ligorische Zeichnungen (in der Orsinischen Sammlung cod. Vat. 3439 f. 42), bei Boissard u. sonst, welche die Restauration des ganzen Schiffs geben, haben also keine Gewähr.

^^) S. Ann. a. 0. S. 395. Eine genauere Untersuchnng der Flnsa- ufer giebt es nicht. Ueber die vermeintliche TutXr^ axrrj (Plut, Rom. 20), die noch immer wieder auftaucht (vielmehr die scala Caci) s. Th. II.

^^) Vopisc. Aurel. 47 (Schreiben des Kaisers an den praef. annonae): Uberinas extruxi ripcLs, vadum alvei tumentis effodL Inschrift, im CIL 6, 1, 1242 unrichtig als Terminationscippus behandelt, in Traste- vere gefunden (' ad salinas antiquas ' Gittad.) : (Diocletian und Maximian) ripam per seriem temporum eonlapsam ad pristinum statum restituerunt per pedes CX curante Memio Acüio Balbo Säbino v. e. curat, alvei 7V- berü et riparum et cloaearum saerae urbis. Ohne genugenden Grund * bezieht Preller 1 S. 148 die Stelle des Briefes Aurelians auf die Ufer an der Tibermündung. Die trajanischen auf beiden Ufern gefundenen Terminationssteine besagen ripam (nicht ripas) ierminavä, die übrigen lassen das Wort weg. Ripa ist technisch Quai, auch am Meere (hier im Gegensatz zu Htusy daher in Venedig Riva und Lido), z. B. in Po- teoli: 8. Arch. Zeitung 1868, 94.

§ 7.] BRÜCKE«. 427

Schon im J. 700 d. St. beginnen die Terminationen der Tiberufer^^), d. b. in diesem Jahre haben die Cen* soren auf Veranlassung des Senats die Ufer, welche wie die Strassen der Stadt öffentlich sind, nach Beseitigung der dem öffentlichen Verkehr hinderlichen und der Erhaltung der Uferränder schädlichen Privatbauten die ßreite der als ripae anzusehenden Uferränder bestimmt und, wie das sonst bei Terminationen öffentlicher Anlagen üblich ist, durch Grenz- steine in ungleichen Abständen längs beider Ufer bezeichnet Aller Wahrscheinlichkeit nach ist dies die erste durchgrei- fende Maassregel dieser Art, wenn es auch in der Natur der Sache und des Censorenamts liegt, dass an einzelnen Stellen

^1) S. jetxt CIL 6, 1, 1234—1242 und die Uebersicht S. 266 (wo- durch die früheren Arheiten von Preller a. 0. u. A. überflüssig ge- worden sind). Nach Abzug des irrig zur Termination gezogenen Steins 1242 (A. 40) bleiben Terminationen folgender Jahre übrig: in der Formel at s. c. termin, der JJ. 700 (Gensoren M. Valerius Messalla P. Servilins Isauricus, 11 Steine), 746 (Coasula C. Asiniua Gallua, C. Marcius Censorinus, auf einigen Exemplaren mit dem Zusatz cura-^ tores riparum, qui primi fuerunt, restüuer.<, 11 Steine), 747/8 (Augustus, 10 Steine), zwischen 15 und 24 n. C. (?, 5 curatores)*^ in der Formel ex

auctontate imp eurator alvei e. c. u, terrninavit {terminauit

ripam nur 101) der JJ. 73, 101 (8 Steine), und zwei Restitutionea der triganiseheB Termination, eine durch Hadrian v. J. 121: restäuä secundum praecedentem terminationem (4 Steine), eine zweite durch die Kaiser Marc Aurel und L. Verus im J. 161 (2 Steine): terminos ve- tmtate collapsos exaltavertmt et restüuerunt r. r. proximo termino ped, (in beiden Exemplaren ist aus Nachlässigkeit die Zahl ausgelassen) positos ex auctontate imp, Caesaris Nervae Traiani curante . . . Die Distaocen sind auf den (nicht numerirten) Steinen (.Trayertia) bei der ersten Termination garnicht, bei den übrigen nach Fuss angegeben, r(ecta) r{egione) prox(imo) cippo p . . ,: sie schwanken zwischen (746) 20 und 196, (747) 13»^ und 166*^, (101) 11 und 276^, (121) 43 und 1153f|, was verglichen mit den normirten Distancen der Pomeriensteine 5) und der der Wasserwerke (unten) sich aus den örtlichen Hittder-> nissen längs des un regelmässigen Flusslaufs erklärt. Die Fundorte reidien in allen Terminationen auf beiden Ufern von Ponte Molle bis S. Paolo fuori, ja einer ist 2 Miglien vor Porta Portese im Fluss ge- funden worden (y. J. 746 n. 1235 h.); auf dem alten Standort 1234a und 1240d (Ortsangaben mir nicht klar).

428 THBIL I.

hier wie überall in der Stadt ähnliche 'Schutzhandlungen' schon früher vorgekommen sein mögen, und sie ist zugleich die letzte, welche nach den Normen der republikanischen Verwaltungsgesetze vorgenommen wurde. Nach dem Unter- gang der Censur nahm Augustus Veranlassung, als er das System der neuen Polizeidistrikte Roms in Kraft treten liess, 1 die Termination zu erneuern und wir wissen nicht, auf welchem Wege eine Art Ausbaggerung des Flusslaufi vorzunehmen. Die ständige Sorge für die Stromregulirung wurde nun dem neugeschaffenen Amt der euratores dlvd Tiberis et riparum (später et doacarum) übertragen und die erhaltenen Grenzsteine lehren uns wiederholte Terminationen bis zum J. 121 (161) kennen. Die ripae im technischen Sinne (A. 40) scheinen nach den Fundnotizen der Steine zu urtheilen von S. Paolo fuori le mura bis nach Ponte molle gereicht zu haben; die Breite der beiderseitigen Zone lässt sich nach den 2 noch am alten Platz erhaltenen Steinen schwerlich genau messen. Es leuchtet ein, dass Termi- niren und Quaisbauen nicht dasselbe ist und die Vorstel- lung, dass seit dem J. 700 die Quaibauten vollendet oder vervollständigt worden seien, ist wenigstens durch die urkund- liche Geschichte der Termination nicht bezeugt. Dennoch scheinen der Bau der steinernen Inselbrucken (692 und in den ff. Jahren), die Termination des J. 700, Stil und Technik der Ueberreste der Inselbauten darauf hinzuweisen, dass gegen das Ende des 7. Jahrhunderts steinerne Uferbauten in grösserer Ausdehnung in Angriff genommen worden sind ^^). Die früher 1) erörterte Natur des Stroms, seine Breite und Tiefe gestatteten zwar den Verkehr von Handelsschiffen auf demselben, erschwerten denselben aber erheblich. Die Ufer ferner boten im Bereich der Stadt und seiner nächsten Umgebung keinen für das Anlanden grösserer Schiffe gün-

^) Die entgegengesetzte Ansicht über das hohe Alter der stei- nernen Uferbauten (besonders Preller) stützt sich auf diesen Rest an der Kloakenmündung und zieht ans der Geschichte des EmporlBin grade die den hier angenommenen entgegengesetzten Folgerungen.

§ 7.1 BRÜCKEN. 42d

stigen Platz, noch weniger für das Liegenbleiben einer Handelsflotte. Der Hafen Roms ist daher von Alters her die 20 Millien entfernte ^ Mundungsstadt' Ostia gewesen, nach jder traditionell^] Stadtgeschichte mit ihren Salzwerken eine Gründung des Ancus Marcius. Auch dieser Platz bietet von Natur weder einen gesicherten Ankergrund, noch einen ge- räumigen Hafen. Spätere Jahrhunderte haben ihn mit immer erneuten Anstrengungen zu einem solchen zu machen gesucht, aber nur mit vorübergehendem Erfolg: neben und statt Ostia und Portus haben Puteoli und andere Seeplätze Italiens der Weltstadt als Häfen gedient^^). Nur zum Theil sind diese natürlichen Schwierigkeiten an der sehr späten Entwickelung des römischen Seewesens schuld: wie spät Rom ein see* fahrender Staat geworden, wie fremd ihm ursprunglich das Seewesen gewesen ist, dafür zeugen nicht blos die Entwicke- lung seiner Handels- und Kriegsmarine, sondern auch die Entlehnung der Bezeichnungen für die ausgebildete Technik des Sdiiffswesens von den Griechen, noch deutlicher das Fehlen von Gottheiten, welche sonst bei seefahrenden Völkern die Kräfte, Gefahren und Lockungen des vielgestaltigen Ele^ ments zur Anschauung bringen. Es stimmt hierzu sehr wohl, dass auch das Wort portus, wie es scheint, nur mittels einer Differenzirung der Stammbildung von derselben Wurzel wie porta gebildet ist, dass es ursprünglich ganz ohne Be- ziehung zur See den 'Aufnahme-' oder * Eingangsort' bedeutet

*'^) Die Geschichte und Topog^raphie der HafeDbanteo an der Strommündung ist durch die nenerea Untersuchungen zu einer so um- fangreichen Materie angewachsen, dass es untfaunlich ist, sie anhangs- weise in der römischen Topographie mitzobehandeln. Auch stehen diese Häfen topographisch in einem viel loseren Zusammenhaog mit Rom als die Häfen Athens mit Athen. Nach Prellers a. Arbeit tallt die Aufdeckung von Ostia (seit 1855: neu in Angriff genommen 1871), ober weiche noch kein zusammenfassender Bericht vorliegt (ausser den Schriften des Instituts vgl. Snlle scoperte arch. della citta e prov. dl Roma, relazione della r. sopraintendenza R. 1873 S. 88 ff» und Weniges in den Notizie Fiorellis), über die kaiserlichen Hafen vgl. Lanciani Ann. 1868, 144 ff. 0. Hirschfeld Philol. 29, 75 ff.

430 'l'HEIL !.

xrnd diese Bedeutung noch in geschichtlicher Zeit in den modificirten Gebräuchen 'Magazin, Lager- oder Stapelort' festgehalten hat. Portunus beschützt nicht den Seefahrer, sondern wacht zu Rom und zu Ostia über die Sicherheit der Waarenläger**).

Die Ueberlieferung bringt die Gründung des 'Mundungs- hafens' mit der Anlage der Meersalzteiche an der Mündung und der in das Sabinerland führenden Salzstrasse (ma sa- lariä) in Verbindung, gewiss mit Recht. Die Einfuhr des durch Verdunstung gewonnenen Seesalzes in das Gebirgs- iand darf als die älteste Handelsmission Roms, zugleich hier wie anderwärts eine Mission der Civilisation betrach- tet werden. Es ist topographisch wichtig, dass die 'Saiz- strasse^ nicht in Ostia, sondern in Rom beginnt, und dass in Rom, wo der Fluss aus dem städtischen Gebiete aus- tritt, vor forta Trigeminaf sich das Salzlager (saUnae) be findet. Wir müssen daraus schliessen, dass der Transport des bei Ostia gewonnenen Salzes bis zur Stadt auf dem Wasserwege geschah , dass es hier gelagert und zu Lande weiter transportirt wurde. Das regelmässige Pas-

**) Ausdrücke des Seewesens: ich stimme im Ganzen mehr mit Cnrtins Verh. d. Hamburger Philologenvers. 1855 S. 43 f. als mit Mommsen R. G. 1^, 200 f. überein. Götter: Neptunus der Regen- gott; Salada als Göttin der Salzfluth mehr als bedenklich. Die Seesiege des 5. und 6. Jahrhunderts werden durch Weihungen voo Tempeln des Janus, der Lares permarini (in Ermangelung eines andern Ausdrucks für Seegötter werden die Wegebeschützer des Landes ^Führer zur See'), und die nicht specifisch maritimen TempeHates ge- feiert. Bekannt sind ferner die Bedeutung von poHus in den Zwölf- tafeln (vgl. angiportus) und Portunus als detts portarum (eine freilieh von den alten Mythologen stark zurechtgestutzte Figur): s. Preller Myth. S. 158. Nicht allein in verhältnissmassig später Zeit heisst portus * Magazin', wie Preller bemerkt Reg. S. 103 (dazu kommt die Inschr. bei Garrncci Diss. 1, 41 de portu vinario superiore), sondern das portorium terrestre der Lex Antonia CIL 1, 204 Z. 31 und die Er- hebung des portorium in Capua (Liv. 32, 7, 3: 'unerklärt' Marquardt Staatsverw. 2, 261) weisen deutlich auf die ursprüngliche weitere Be- deutung hin.

§ 7.] BRÜCKEN. 431

siren der Stromschnelkn bei der Insel und der weitere Transport stromaufwärts war in der That kaum möglich**). An derselben Stelle aber haben, wie weiterhin gezeigt werden wird, die von Ostia heraufkommenden Schiffe auch Bauholz, Getreide, Wein und in späterer Zeit Bausteine überseeischen Ursprungs ausgeladen: hier war und blieb der städtische fortus mit seinen horrea, für deren immer grössere räumliche Ausdehnung (vgL Th. II) die weite und der Gewalt der stossweise eintretenden Ueberschwemmungen entrückte Ebene unter den Mauern der Stadt sich eignete, während die ebenfalls von Natur dazu wie geschaffene des Marsfeldes zu ähnlichen Anlagen wegen der einer Sperrung fast gleichkom-^ menden Erschwerung der Durchfahrt bei. der Insel und wegen der Ueberschwemmungen nicht benutzt werden konnte und nie benutzt worden ist (unten).

Wie unvollkommen die ersten baulichen Einrichtungen an dem Stapelplatz gewesen sein müssen, ersehen wir daraus, dass erst in den Jahren 562. 575. 580 unter den Staats-* bauten der portus genannt wird. Das Wesentliche dieses Baus bestand in der Herstellung eines vermuthlich wegen des Eingangszolls mit einem Zaun umfriedigten und ge- pflasterten Lagerplatz, emparium, und einer zum Fluss herab- führenden Steintreppe. Bis dahin also muss das Ufer an der Ausladestelle sich fast im Naturzustande befunden haben: wie vielleicht noch zur Zeit des Augustus das Ufer in Tras-

^) Die via salaria ^alt den Alten ebenso wie die saUnae von Ostia im Einklang mit der Stadtgeschichte als vorservianisch, wie dentlieh aus dem zerrissenen Artikel des Festns S. 326 hervorgeht (die Verwebiing in die Aeneasfabel in der von Preller a. 0. 2, 8 heran- gezogenen Origo g. Rom. 12, wo die noch jetzt nachweisbaren stagna aquae salsae vicina inter se genannt werden, gehört zn den letzten Ans- läofern der Fabelbildang), die Erklärung des Namens quia per eam Sa- hini sal a man deferebant trifft das Richtige. Das hohe Alter der Strasse als Verkehrsweg nach dem Sabinerlande , wenn anch nicht als Knnststrasse, ist ausser Zweifel (über die Kunststrasse JNibby Vie S. 82 ff. und jetzt die § 3 A. 39 a. Wegebauinschrift v. J. 639 CIL 6, 1, 3824). Ueber die Salinen vor porta TrigenUna Th. 11.

432 '^HEIL t.

teyere (A. 57.) Wer den schroff wechselnden Wassersta und die Verschlammung der Uferränder bedenkt, wird geben, dass ein so primitiver Zustand mit einem sehr a gedehnten Schiffsverkehr nicht wohl vereinbar ist. muss dahingestellt bleiben, ob ein mit diesen Bauten zuglei genannter Brückenbau als ein solcher im eigentlichen Sin oder als ein Quaibau aufzufassen ist. Die Einrichtung d Emporium erinnert sachlich und dem Namen nach an Athenf, Gewiss ist es kein zu gewagter Schlnss, dass wie für di< gleichzeitige Erbauung neuer Navalien (unten), des tholtis ma* eelli und der ersten basilica, so für die des Emporium di^ griechischen Einrichtungen Vorbild und Anstoss abgegebei haben^^). Aus ganz unzureichenden Gründen hat man ge-

*») Livius 35, 10, 12 zu 562/192: (die Aedileo bauen) porHcm unam extra portam Trigemmam emporio ad Tiherim adiecto; ders. 40, 5 t za 575/174: (von den Ceusoren M. Aemilins Lepidos uni M. Fulvius Nofoilior verdingt der letztere) portum et pilas pontis in Tiberi (so Madwig, Tiberim die Hss.), quibus pHis fornices post aU- quol annos (? im J. 612) P, Scipio Aßricantis et L. Mummius censoret locaverunt imponendos ,' ders. 41, 27, 8 zu 580/174: (die Censoren) extra portam Trigeminam emporium lapide straveruni stipitibusque sae- pserunt et porticum Aemiliam reficiendam curarunt gradibusque ascenstan ab Tiberi in emporium feeerunt. Dass emporium und portus hier den- selben Bau bezeichnen, wie forum piscatorium (Liv. 26, 27, 2. 40, 51) und macellum (27, 1 1, 76), ist Hennes 2, 90 f. 4, 257 f. gesagt Irrig ist die Meinung (z. B. Wecklein S. 182), dass, wo der portus war, auch das Heiligthum des Portunus gewesen sein müsse. Dieses wird vom Kalender am pons AemiUus, von Fronto (oder seinem Glossator) ad Caes. 1, 6 S. 19 JVa. (Bd. 2, 199) ohne Ortsangabe Portunitm genannt. Mit der Annahme, dass diese Brücke Ponte rotto ist, scheint mir die Bd. 2, 257 vorgeschlagene Aenderung bei Varro 5, 145: secundum Tiberim ad Portunium (adiunium die Hs.) forum piscarium wohl ver- einbar und somit die früher verworfene Aufstellung INissens, dass der Rundtempel am Ponte rotto das Portunium sei, zwar nicht bewiesen, aber möglich (vgl. Th. II). Bekannt ist die Abgrenzung des athe- nischen ifinoQiov durch Grenzsteine und deren Zweck: Böckh Staats- haush. 1, 85 vgl. Wachsmuth Athen 1, 323 f. Das Wort emporium kommt zuerst bei INaevius (Fest. 145) vor: es ist hier vielleicht der Hafen von Panormos. Aehnlich wird das Emporion von Chalkis be schrieben (Dicaearch fr. 59, 29 Müll., vgl. Fuhr S. 358 f.). Dass die

§ 7.] HAFENBAUTEN. 433

Sieint, die Trümmer dieser Bauten in der jetzigen Vigna Torlonia (früher Cesarini), gegenüber der ehemaligen porta Porttiensis, wiederzufinden. Dort sind noch jetzt Reste der Umfassungsmauer eines durch eine Mittelwand in 2 gleiche Hälften getheilten, mit der Langseite dem Ufer parallelen und gegen dasselbe offenen Gebäudes von ungefähr 60 x 300 M. Grösse erhalten, von welchen ehemals in der ganzen Breite desselben Stufen nach dem Fluss liinab führten. Die mit Mörtel aus kleinen Tufsteinen konstruirten Mauern scheinen (wenigstens die der Langseite) von Bogenfenstern durch- brochen gewesen zu sein. Eine in der Nähe gefundene In- schrift der Kaiserzeit sichert den hier einzuführenden für den Gebrauch bestimmten Waaren Zollfreiheit. Ob dies Gebäude das Emporium oder eins . der zahb*eichen horrea der Gegend sei, deren lange Reihe, so weit unsere Kenntniss reicht, in der Zeit der Gracchen beginnt, ist noch nicht zu entscheiden; dass wir es hier nicht mit dem Bau der Jahre 562 ff. zu thun haben, ergiebt sich aus der Beschreibung desselben ^^).

pilae pontU am natüriiclisteD von einer wirklichen Brücke verstanden werden, gebe ichzn: aber die Schwierigkeiten, diesen Bau in die Ge- schichte der römischen Brücken einzureihen, sind schon entwickelt worden, und ich möchte noch jetzt dabei bleiben, dass in dem Ori- ginalbericht von einer Landangsbrücke (an die pilae von Pnteoli habe ich früher erinnert) die Rede war, und dass, sei es Livius, sei es die Abschreiber potUis aus naheliegenden Gründen hinzugefügt haben.

*^) Genaue von einander unabhängige Beschreibungen und Zeich- nungen von Fabretti De aquis 3, 14 S. 154 ff. (daraus bei Piale, unten A. 48) und Piranesi Antich. 1 T. XX, 1. 4 T. XXXVIII, ebenso auf Faldas Plan v. J. 1676, Grundriss bei Nolli; von der Hinter wand steht noch ein Theil mit den Bogenfenstern, wie man von S. Pietro in Mou- torio und dem M. testaccio aus sieht (in die Vigna Torlonia konnte ich nicht gelangen): Arch. Z. 1868 S. 17 ff. Forma S. 44 vgl. Einl. 1 1 A. 22. 41. Im Juni 1876 bestätigte mir Hr. Gins. Tomasetti aus eige- ner Anschauung die Existenz eines 'grande recinto di muro massiccio di tnfa con cemento; di questo muro posto sopra terra esistono tre parti, una delle quali presenta 7 archi;' ohne Ausgrabungen im grossen Stil wird man aber nicht weiter kommen. Die Inschrift Or. 3348 qtäcquid usuarium mvehitur ansarium non debei befand sich nach

Jordan« römische Topographie. I. 1. 28

434 THEIL I.

Von da bis zum Fuss des Aventio, und namentlich an der Marmorata, sind Reste von allen Dfermauern aus ver- schiedenen Zeiten erhalten. Die bedeutendsten kamen im J. 1868 zum Vorschein. Es sind Backsteinmanern aus der Zeit des Hadrian, in der dieser Zeit eigenen Abwechslung von von Reticulatbau und horizontalen Bändern von mehreren Reihen Langziegeln konstruirt (Einl. § 1 A. 42). In verschie- den grossen Abständen springen aus derselben je zwei von einem kleinen Platz von beiden Seiten zum Fluss hinab- führende gemauerte und mit grossen Ziegelplatten belegte schiefe Ebenen hervor, in dem Scheitel des so gebildeten Dreiecks aber ist jedesmal eine kragsteinartig hervorragende und in paralleler Richtung mit der Uferlinie durchbohrte Travertinplatte befestigt. In einer dieser Vorbauten ist eine in Terracotta ausgeführte , eine Amphora darstellende Relief- platte, umrahmt wie das bekannte Ladenschiid in Pompeji, eingelassen. Auf dem versandeten Ufer unter diesen Ufer- bauten fanden sich zahlreiche Blöcke fremden, für die öffent- lichen Bauten bestimmten Marmors. Man hat bemerkt, (^ass die hervorspringenden Steine zur Befestigung der hier anlegenden Schiffe gedient haben müssen, dass ihre Höhe über dem mittleren Tiberspiegel ein Wachsen der Höhe des- selben um 1 M. seit der Zeit Hadrians wahrscheinlich macht, dass hier ausser dem Marmor auch Wein gelagert haben muss, und dass vielleicht mit dem Untergang dieses portus vi- narius (A. 56) die Entstehung des Monte testaccio zusammen- hängt. — Endlich ergänzen uns diese Uferbauten das Bild, welches uns zwei Stücke des kapitolinischen Plans von den ripae mit ihren scälae und den anliegenden horrea geben. Das. noch ungenügend untersuchte Detail dieser Bauten können

Fulvius ^sttb Aventino' und wird von Fabretti S. 156 vermutbvBgs- w eise dem 'Emporium' zagetheilt; dagegea sind in oder bei den Rainen mehre DedicationeQ an die die horrea beschützenden Gottbeitea (CIL 6, 1, 1$S. 58S) und ein ß^efäo contervatori horreontm Galbianorum geweihter Altar (236) gefunden worden (fid. 2, 104. Forma a. 0. u. Th. II).

§ 7.] HAP£NBA(JT£N. 435

wir nicht beurtheilen : auf den Zusammenhang mit der Han- deLsvorstadt kommen wir Th. II zurück**).

Ein ganz anderes Bild bieten die Tlberufer oberhalb der Indek Dass der Tiber oberhalb der Stadt und der Anio mit Barken befahren werden konnte, wie jetzt, ist sicher. Aber die alten Angaben über den auf den Wasserstrassen aufwSrts unterhaltenen HandelsTerkehr zwischen Rom und den Gebirgs- ländern sind sehr dürftig und allgemein gehalten (vgl. A. 57): auf keinen Fall begründen sie die Annahme, dass wie heut unter völlig veränderten Verhältnissen Hipa grande und Ripetta, so ehemals ein porhis oberhalb, einer unterhalb der Insel bestanden habe. Zeugnisse dafür giebt es nicht (s. unten) und die bereits hervorgehobenen in der Natur des Flusses, in den Nachrichten über 'den Hafen' liegenden Gründe sprechen dagegen. Dass dadurch nicht ausgeschlossen wird, dass Barken auch am Marsfelde anlegen konnten, versteht sich von selbst. Aber wo von solchem Anlegen die Rede ist, sind es Kriegsschiffe, die es thun: hier sind die navalia, die Docks der Kriegsmarine^^).

Erst aus der Mitte des 5. Jahrhunderts der StajJt besitzen wir einigermaassen zuverlässige Nachrichten über die Ent- ^iekelung der römischen Kriegsmarine: die Aufstellung einer Flotte erscheint damals als ein aussergewdhnliches Ereigniss. Nicht viel anders ist es bis auf Augustus geworden. Wo immer die Nothwendigkeit eintrat, dem Feinde auf der See die Spitze zu bieten, handelte es sich um den Neubau einer Flotte. Hieraus folgt, dass Rom nicht wie Athen gros»*

*») S. Forma nrbis S. 44f. (fr. 169. 188), woselbst Brnzzas und Pariheys eiosdilageBde Arbeiten besprochen sind. Die erste Abbiidoo; bringt die neue mir während des Draeks zugehende Schrift Brazza's *G]i scavt deir emporio' (ans der Gratalationsschrit zu Pins' IX Jabl- leum): er verspricht Ausfiihrlicheres in den Annali in geben.

' -^ Die ganze Frage ist zoerst von Piale (Degli antidii arsenali detti navalia, hinter Delle mnra Anrdiaae 1822) richtig angegriffen, von Becker (Top. 159 Haodb. 2, 1, 397 R. Top. in Rom S. 19 ff. Zur t^m. Top. S. 15 f.) entschieden worden. Vgl. Preller Reg. 211 ff. Rom Q. d. Tiber 3,. 143 u. m. Forma S. 45.

28*

436 THiSIL I.

art^ angelegter ständiger Werften und Docks bedurfte, welche den Bestand einer regelmässig ergänzten und ver- piehrten Flotte voraussetzen'^^). Es ist also nicht auffallend, dass über den Bau, die Reparatur oder das Aufbewahren der römischen Flotte in den navaUa auf dem Marsfeld (unten) in der Geschichte der Seekriege nie die Rede ist: wir hören, dass darin feindliche Schiffe eingestellt werden, (die der Antiaten im J. 416 d. St., doch nur ein Theil, die übrigen wurden verbrannt; die des Königs Perseus) und Kriegsgefangene untergebracht werden; daneben freilich, dass Staatsschiffe, welche von einer diplomatischen Mission zurück* kehren (so das Schiff, welches die Schlange von £pidauro8 brachte, das Schiff, auf welchem der jüngere Cato von Kypros zurückkehrte), nachdem sie die Gesandten wahr- scheinlich an der porta Flumentana abgesetzt hatten , v^eiter hinauf in die Navalien fuhren, aus denen sie also ausge- gangen sein mussten: und damit steht im Einklänge, dass das Schiff, auf welchem Aeneas nach Italien gelangt sein sollte, ebenfalls in den Navalien aufbewahrt wurde ^^)«

^) Ueber die Eotwickeluo^ der römischen Kriegsmarine vor Angnstns verweise ich besonders auf Mommsen Staatsr* 2\ \, 565 f. Marqoardt Staats verw. 2, 479 ff., welche freilich auf die Frage über die Navalien nicht eingegangen sind. Die Marine seit Aogastos kommt hier nicht in Betracht.

^^) S. Forma S. 45. Zur Zeit des Cincinnatus giebt es noch keine nävalia (weiter besagt die A. 53 a. Stelle des Livins nichts^ vgl. £inl. § 2 A. 25). Livius 8, 14, 12: naves Jntiatixim partim in navaHa Jiomae suhductae pctrtim irusentae u. s. w. 45, 35, 3: Paulus kehrt aof dem Sechzehnrnderer des Königs zum Staunen der Menge zorück; 4^2,; 12:. naves regiae captoe de MacedmUnu (alle?) invisitatae ante magnxhiäinit in campo Martio (s. 53) subduetae nmt. Polybios 3^,. 5. (3), 9: (zuerst benutzt von Preller) die Oeissela der Karthager ^u, Anfang, des 3. punischea Krieges ifaganofita^^vris sts "^v ^Peifirpf

K^^ov die Hss., verbessert von Gronov: vgl. 18, 44 (24) 7 Liv. 33, 3.0, 5),. ~7 Ankunft der Schlange: es ist klar, dass eg^retsis leffoUs (obea A.I25).Vda8^ Schiff da die N&valien fahren soll; ebenso das des. Cato (Plot Gato min; 3.9. Vell. 2, 45 vgl. Drum. 2, 266): die Beamten gehen dem Schiff nqbs ibv noia/^ov (cum per .Tiberim, sukirei) eatgeg^n : er «hier r^

§ 7.] HAFENBAÜTEN. 437

Dazu kommt nun endlich die Nachricht , dass um die- selbe Zeit^ als am unteren Tiber das Emporion nach dem Muster des athenischen gebaut wurde, die Nava-^ lien von dem griechischen Baumeister Hermodoros neu ungerichtet und mit einer aller Wahrscheinlichkeit nach nach demselben Huster eingerichteten Werft versehen wur- den. Vor dieser Zeit also wird man sich schwerlich den Bau jener Flotte von 300 und mehr Kriegsschiffen im Mars- felde zu denken haben, vielmehr wird der Bau nach Maass- gabe der Verhältnisse in einem der latinischen oder sud- italischen Häfen geschehen, in den Navalien zu Rom aber die geringe Anzahl von Schiffen, die man ständig hielt, ausser Dienst gestellt worden sein. Aber auch der Bau des Hermo- doros wird schwerlich sehr grossartige Dimensionen gehabt haben, und vollends ist es sicher, dass seit Augustus |die grossen Flottenstationen auch zugleich die Werften gewesen sind'^^). Die navaUa also haben eine sehr untergeordnete

o^^v 7rttQ€$eXavvoyy iTfl vidtg i^rjQovg ßaaiXixfjg avx avijxe tiqotsqov rj xad^QfiCaai tov aroXov eis ro vewQiov {ad eum hcum tibi erat expo- nenda pecuniä)» Verraathlich war es gpebräQchfich , dass die Staiats- schiffe bei solchen Gele^enheiteD vor dem bezeichneten Thor anlegten; der Grund dafür Hegt nahe: der heimkehrende Feldherr hatte sich von da nach der viüa publica so herben, während er bei dem Einstellen des Schiffes in die Docks Nichts zu thiin hatte. Prokop Gbth: 4, 22 S. 573: unter den Erinnerungen an den Ursprung Roms xal i) vavs Atvitov . x(A eh To^e xeirai d'iafxa navrelcag antarov, vetoaoixov yciQ noitjffdf^evoi iv fiitffi ty noXeinuqä tT(v tov TtßigiSog ox^v. Es folgt die Beschreibung des Schiffs: fiovriQrjg von 120 X^^^-r<^^^^ Bisen gebaut; vermiitblieh eine Cieeronenlüge (vgh' A. 6): es wird eins der genommenen feindlichen Kriegsschiffe gewesen sein.

'*) Cicero de. or. 1, 14, 63: nee si hmc üf. Antonio pro Hermö- doro fuistet de navaUum opere dieepdum. Hermodoros der Salaminier bant in Rom 608. 618 die Tempel des Juppiter und des Mars (Vitr; 3, 2, 6 Nepos b. Prise. 8, 4, 17 vgl. Einl. § 1 A. 49), möglicherweise schon früher die Navalträ. Ueber die vetoQia und die axevo&i^xr] im athenischen Hafen (letztere ein Bau des Philon um 330) s. Böckh Seew. 64 ff. Graser Phtlol. 1872, 62 ff. Wachsmuth Athen 1, 598 f.; 651^ 6^8. Itk habe Forma S. 44 dairauf bezogen finnius h'. Serv. z. Ae. 11, 326: isdem campus habet teättrinum navibus Umgit ^SerVitrs

488 ™KI^ '•

Rolle gespielt und ihre Lage oberhalb der Brücke und ausser- halb der Vertheidigu ngslinien gegenüber dem vatica- nißchen Gebiet eine genauere Bestimmung ist wohl nicht m60ich ^^) liess dies auch von vornherein erwarten. Da wir uns die Navalien als einen auf der Landseite von soliden Mauern umschlossenen .und durch diese -igegen die Gewalt

belegt damit deo Sats, dasB tuttMiHa vmigiUy teapirma ravntfym aeiea.). Indesseo ist die Anoahme niisslich und es kann hier wie bei Naeviiis (Fest. 145): apud emporium in campo hosUum promoene, von einer feind- lichen Stadt die Rede sein (vgl. A. 46). Von den soeben von Moinmsen Eph. epigr. 3, 319 E behandelten zwei Ebreninsehriften des P. Ln- eilias Ganala aoa Ostia (Wilm. £x. 1724 1724*> spricht die eine tob eineio Geldgeschenk desselben ao die Stadt, als diese o6 poüidtatumem belli navalit ihre Graadstücke verkauft hatte , die andere: idem- natfoie a L. Coilio aedificatum extru[en\tibut fere collapsum restituit, was nach Mommsen S. 330 ein navale extruentibus {vnvnrjyia) im Gegen- satz zu einem n. tvbdueenübus {vitoqi«) bedeuten soll. Gamala war PrÜ- fekt des Loeius Aeliua, Sohns des Hadrian: MemmseD hält den See- krieg für den mit den Marcomannen (170 n. C.) geführten. Sachlich und sprachlich halte ich navale extrueniibu* fnr unmöglich. Vgl. A. 56. ^^) Entscheidend sind, wie Becker geseben bat, iavius 3, 26, 8: L. Quinctüis trans Tiberim contra eum tpmm loeum, übt nune navalia^ quaUuor iugerum colebat agrum^ Plinius 18, 20; aranti quattuar sua iugera in Faticano^ quae prata Quitutia appeUrnituTy CüMinnato viaiar aüuUl dißtaiuram^ womit die Angaben A, 51 in campo Martio (Liv.) und fiiojjl Tjl noUi (Prok., man denke an die damalige Auadehnong von Transtiberim) stimmen. Da<)arcb sind die älteren Annahmen (Aventin, Trastevere) ausgeschlossen. Das Verzeicbniss dar Bauten des Censor Fulvius (Liv. 40, &1); basüicam post argentaria» novas ei forum pisca- torium . . et forum ei porticum exh^ portam TrigemMam et aliam post navalia et ad fanum UercuUs et poH Spei ad Tiberim aedem Jpoüinis medici (so die Hss.) springt vom Emporium zu den Navalien, Der letzte Theil nennt Heiltgtbümer am forum hoUtormm: Preller will deshalb die Navalien so nahe wie möglieb an dasaelbe rücken (ßeg. S. 242). Mir scheint die« wegen des geganüberliegeiiden ager Fati- canuSy der soweit nicht ausgedehnt werden kann« unmöglich. Die oflenbar verdorbene Stelle ist noch nicht sicher gebeilt (s. Tb. II). -^ Wie ein grosses Schiff, ohne (d. bi mit niedergelegtem) M«6t durch eine der Brücjien nach den Navalien fährt, zeigt die Münze dea Pü^s A. 25, Die Weite der alten Bögen (uagefäbj^ 20 M.) ist für das gr$SBte der alten Kriegsschiffe mebr «U gesügend..

§ 7.] HAFEWBAÜTEN. 439

der üeberschwemmungen geschätzten Raum zu denken haben (er diente als Einschliessungsort für Gefangene), so ist mit l^ahrsoheinlichkeit die porta navalis als Eingang der Navalien betrachtet worden '^^). Mit dieser Annahme stimmt die Zeich* nung eines im Original nur noch zum kleinen Theil erhal- tenen Stücks des kapitolinischen Plans, dessen verstümmelte Inschrift den spätlateinischen Singular navdle zu enthalten scheint, im Wesentlichen so auffallend überein, dass die alte Annahme, es stelle die Navalien dar, viel Bestechendes hat, zumal auch die aus dem Maassatab des Plans ungefähr zu erschliessende Grösse des dargestellten Gebäudes es würde eine Längsaxe von mindestens 100 M. gehabt haben und die Richtung der Schrift zu dieser Annahme passen '^'^). Nichts* destoweniger ist dieselbe unsicher: denn wie portus, so hat das spätlateinische navaU nachweislich auch, wenn nicht etwa ausschliesslich, die Bedeutung 'Magazin' und es bleibt somit die Möglichkeit, dass wir einen Stapelplatz der Handels- scbiffe unterhalb der Stadt vor uns haben. Dass es im *

^) Der Aiiszt des Festas S. 179: naoaUs porta a vidnia navalium dicta (s^aux unsicher die Brgäazuog des Artikels des Festus S. 178 .. . üem navalis r]egio u, s. w.). Die 'Nähe' schUesst oieht aas, dass es das Thor der Umfassaogsmaaer selbst war, zumal bei der bekaonten Liederlichkeit des Epitomators. Natürlich kano auch an einen nahen formXf z. B. der A. 53 erwähnten parUsus post navaUa gedacht werden, Dicht (wie Becker sah, s. § 3 S. 241) an ein Ther der SUdtmaner.

^B) Forma Fr. 61. 61»: deutlich sieht man einen recbteckigen mindestens von 3 Seiten von Mauern umgebenen Raum, in den in der Mitte ein Thor fuhrt, darin steht navalem fer^, woraus Bellori navaUoy Preller nawüe v{fer[utn]f Saohse navale empar\ium], Becker (zweifelnd) navale merlcat4)rium] gemacht haben (s. die Adnot.). Wahrschein- lich war auf dem Plan die Länge des jetzt verstümmelten Gebäudes 0,80, bei der Annahme des Maassstabs 1 : 300 also in Wirklichkeit 240, möglicherweise aber nach den Forma S. 13 erörterten Schwan- kungen nur (Maassstab 1 : 150) 120 M. Die Längsaxe des sogenannten Emporium (oben) iat 300 M. 1.; nach Grasers Untersuchungen über die athenischen SchUfshäuser (Philol. 1872, 62 ff.) würden die Schiffshäuser für 30 Kriegsschiffe etwa eine Frentläage von 325 engl. F. » 99,08 M. darateUen.

440 THEIL I.

3. Jahrhundert deren mehre, d. h. eine ganze Reihe für die verschiedenen Waaren , dort gegeben hat , scheint schon jetzt durch die oben beschriebenen Entdeckungen an der Marmo- rata bewiesen zu sein. Wenn daher die Herstellung des ver- stümmelten Namens navale infer[iu$] richtig sein sollte, so wurde daraus keineswegs folgen, dass das superius oberhalb der Insel zu suchen ist: vielmehr wurden beide, wie die uns der Lage nach ganz unbekannten Weinmagazine portus vinarius superior und mferior, füglich auf der lang ausge- dehnten Uferstrecke von der alten porta Trigemma bis zu der aurelianischen Mauer untergebracht werden können '^^. Die Dimensionen des Stucks wurden zu denen des oben be- schriebenen, noch in Trümmern erhaltenen 'Empoiiuni' passen.

So unsicher dies nun auch einstweilen bleibt, so halten wir doch an der ausgesprochenen Meinung fest, dass die Natur der Sache, das vollständige Schweigen der Schrift-

^) Becker (oben A. 49) hatte Recht, wenn er das Vorkommen von na- vale für navaUa bestritt, deshalb Prellers Ergänzung verwarf (A. 55) nnd navab'a ausschliesslich als vecigia (welche die vfoiaoixoi enthalten) anf- fasste, und es ist die Frage, ob in älterer Zeit jemals zwischen navoKa und navale wie zwischen v^foqiix und vitoqiov (Böckh Seew. S. 64 F.) geschwankt worden ist. Das Zeugniss der Inschrift des Gamala (oben A. 52) lassen wir einstweilen ans dem Spiel. Aber auf neu entdeckten Ziegeliaschriften von Siscia in Pannonien (Eph. epigr. 2, 434) steht «n Aoc navali in der Bedeutung von 'Ziegelei', woraus sich also ergiebt, dass navale in die allgemeinere Bedeutung von portus übergegangen nnd in dieser Bedeutang in später Volkssprache sitigularisch behandelt worden ist. Daher bei Obseqnens 68 (128) z. J. 710: fulmine navaUa pleraque tacta nicht zu ändern ist: es sind Magazine. Da nun die Aufschriften des Stadtplans stark plebejische Färbung haben (Forma S. 7), so ist navale nicht auffallend, kann aber sowohl die echten navaUa, wie rgend welchen portus bedeuten. Die Hermes 11, .123 aufgeworfene Frage, ob das von Canina Arch. ant. 2, 173 publicirte pompejanische Bild , welches navaUa mit Schiffen darstellen soll, das bei Heibig 1582 aufgeführte ist, mag, da sie noch nicht beantwortet worden ist, hier noch einmal aufgeworfen werden. Die Wichtigkeit des Gegenstandes verdient eine Untersuchung: man könnte an Misenum oder Pnteoli deaken.

§ 7] KLO AREN. 441

Steller, ihr Reden über den Handelshafen am unteren Pluss nicht gestatten, an irgend einen grösseren Stapelplatz im Norden der Stadt, der den Namen portm verdient hätte, zu denken. Es dient als Bestätigung dieser Auflassung, dass der Verkehr, der sich in republikanischer Zeit vor dem Carmen- talischen und dem Fiussthor concentrirte , ehe Caesar und seine Nachfolger (oben S. 299 f.) damit aufräumten, durchaus den Charakter des bäuerlichen, nicht des gewerblichen oder Schiffsverkehrs trägt. Es darf hier einstweilen an den Gemüse- markt und an das Volksleben am flaminischen Circus erinnert i^erden ; vielleicht gehört in diesen Kreis auch die minicische Getreidehalle. Nur der wahrscheinlich ebenfalls hierher ge- hörige Fischmarkt könnte als störend gelten: indessen handelt es sich in ältester Zeit wesentlich um den Verkauf der Fiuss- fische, und die Flussflscher scheinen in Trastevere gewohnt zu haben. Keine einzige gewerbliche oder kaufmännische Anlage wird in älterer Zeit meines Wissens hier genannt und die Luxusbazare der Kaiserzeit beweisen naturlich für einen nahen Hafen sowenig, wie etwa heutzutage ähnliche Etablisse- ments für die Nähe eines Bahnhofs^').

Was uns aus der Stadtchronik über die Geschichte des mit der Flussregulirung zusammenhängenden Kloake n bans

^^) Ueber die Entwickelong dieser Vorstadt nod über die ge- DtniiteD Oertiichkeiten Th. IL Zn fra^^eo ist noch, wo man sich den in dem schmutzigen Gedicht Catal. Verg. 5, 19 ff. geschilderten Vor- gang zu denken hat: non me vocabis spurca per Cotyttia ad feriatos fasdnos, nee te movere lumhubt in caitida (so Ribbeck nnd Haupt) prenHs videbo altaräms flavumque propter Thybrim dentes nauticum voearey übt adpulsae rates stant in vadis caeno retentae sordido macraque luciantet aqua. Man kann an Ostia denken: wahrscheinlicher scheint mir Traatevere, wohin der fremde auch von Horaz Epo. 17, 56 erwähnte Kultus weist. Die allgemeine Bemerkung Strabos 5, 3, 7 S. 235 (vgl. Dionys. 9, 36) über die das Baumatertal nach Rom herabführenden schiffbaren Flüsse, besonders den Tiber, auf welche Preller u. A. grossen Werth legen, beweist weder einen aus- gedehnten Handel auf den Wasserstrassen von oben her, noch die Existenz der von Hafenanlagen oberhalb der InseK

442 THEIL I.

erhalten ist, ist dürftig ^^), Deo Bau der 'Hauptkloake' scfareikt die Tradition den Tarquiniern zu, lässt aber wohlweislidi wegen der damit nicht übereinstimmenden Datining d^ An- lage des Comitinm bereits Ancus Marcius denselben vorbe- reiten (oben S. 159). Bei dem Wiederaufbau der Stadt nack dem gallischen Brande sollen die Kloaken zuerst durch Privat- häuser überbaut worden sein^^). Eine Reinigung derselben sowie eine Erweiterung ihres Systems durch Anlage neuer Zweige auf dem Aventin 'und anderwärts^ wurde in der Censur des J. 570/184 angeordnet Es bleibt unsicher ob es dieselbe Reinigung ist, welche nach Gajus Acilius 24 Mil- lionen Sesterzen kostete ^^). Wie die Unternehmang des J, 570, so erstreckte sich auch die einzige ähnliche, von der sonst berichtet wird,. die des Marcus Agrippa zugleich auf die Regulirung der öffentlichen Brunnen, nur dass seitdem die Zahl der dieselben speisenden Wasserleitungen sich vermehrt hatte ^^). Wir hören sonst noch Yon Schachtoi,

^) Ueber die Rechtsverbältnisse s. Schmidt Zs. f. gesch. Rechtsw. 15, 51 ff. Za eioer erschöpfenden Darstelluns fehlt die nöthige tech- nische Voruntersuchung.

^ Liv. 5, 55 (der Wiederaufbau ohne Rücksicht auf gerade Lioien): ea est causa ut veteres chacae friinum per publicum duetae nunc pri- Vota passim subeant tecta. Vgl. § 8.

^) Liv. 39, 44, 5 : (Cato und Flaccus) locus siemmdüs lapide däer- gendasque qua opus esset oloacas, in Aventino et in aUis partibus qua nondum erant faciendas hcaverunt. In welchem Zusammenhang Cato *oloacale flumen' pro doücarum omnium oonluvie sagte (Festus Ansz. S. 59) wissen wir nicht: doch vgl. A. 71 z. A. Dionys. 3, 67 z. fi. zählt die tarquinischen Kloaken, Ta<pQot, die Wasserleitnngea nnd Strassenbauten auf: sie seien auch wegen der nolviiXsiu zu bewon- dern, tj»^ i$ ivos t^oyov TixfifjQatT* av Tis TcIkw ^AMXior TtoiriadfA^vos Tov f4.iXXovtos X^yiad-ai ßtßataniiVy os <priaiv itfABitj^eiCtSv nots T«y Ta<pQ(üV xal fiTpt^ii 6iaqQ€0fAiv(ov rovs tifAtixag rijv avaxa^QOfv avtup xal TJiv fniax€VTiv x^^^^v fua&mcat taXdvrfov, Unzweifelhaft ist dieser Gajus Acilius der bekannte, welcher eine griechisch geschrieben«, voa Livius in lateinischer Uehersetzung benutzte Geschichte Roms kurs I nach dem 3. punischen Kriege herausgab. Mommsen R. G. 1^, 808 be- zieht daher die Notiz wohl mit Recht auf das J. 570.

01) (Jeher Agrippa die kurze Parenthefte bei Plinius 36, 104 (der

S 7.] KLOAKEN. 443

durch welche die Kloaken mit dem Niveau der Strassen in Verbindung standen und von der Beschädigung derselben durch darüber gewälzte Lasten ^^). Die Instanderhaltung der Kloaken ist so lange es Censoren gab, von diesen regel- mässig verdungen, die polizeiliche Aufsicht wahrscheinlieh mit der Strasseripolizet verbunden gewesen. Seit der Um^ gestaltung der städtischen Verwaltung durch Augustus hat die

tarqoiaisclie.KloakeobAa hatte die Berge nBterhiJblt) urbe pennli mb- terque navigata-M, ^grippae in aedäitate post coiuulatum: das Übrige bezieht sich nicht, wie Fraodseo Agr. S. 63 glaubt, auf den Bau des Agrippa, soAdern auf den tarqninischen (Ä. 71). Die 49, 43: rovg tb -uTTovofiovs i^tHttSfiQi xul ig Tov TXßiQtv 61* avxwp i^^nUvae, lo seiaer Aedilität 721.

^') PUiiius 36, 6 erzahlt vom Transport von Säalen fremden Mar- mors zam Bau des Hauses des Scaurus: satisdari sibi damni injecti coegü redemtor cloacarum cum in Palatüim eae traherentur was doch schwerlich von dem Einsturz der Gewölbe durch die Erschütterung veratajiden werden kcao (vgl. A. 71) und Sneton Gramm. 2 von dem Unfall des Cratos von Mallos in Rom: cum regione PalaJUi prolapsus in cloacae foramen erus fregisset Heiiogahals Leiche versuchte man wahrscheinlich in der Nähe des Gircus in eine Kloake zu werfen (oben Al. 23 und Epit. de Gaes. 39 : cum angiutum foramen eloaoee corpus minime reeiperet). Die Leiche des heiligen Sebastian wird ebenfalls in die Kloake geworfen,. aber mit besserem Erfolg. Die freilieh nickt alten aber mit Benutzung alter Lokalnotizen gemachten Akten (20 Jan. S. 642) erzählen: er wird in medio campo mit Pfeilen beschossen, von der Wittwe des h* Gastulus domum suam in seala ('al. insula^) esKceUa ad Palatium geführt vad geheilt: deseendit et sUms super gradus BeUogtd)ali (das HeUogabaUum auf dem Palatin: Bd. 2, 382 B. 10) venientibus imperatoribus dixü, Dioeletiaa lässt ihn in hippO" dromo Palatü (wahrscheinlich dem jetzt aufgedeckten Stadium auf dem Palatin: Lanciani Guida S. S6ff.) todtprigeln: tunctulerunt corpus eins noete et in clüucam mawimam (so der Text der BoUandisten) miserunt. Er erscheint der h. Lucina dicens m cloaoa iUa quae est iuxta cireum invenies cerptu meum pendens in gompho. Hieraus geht hervor, dass in der That die claoca maxima^ die sich ja in der Nähe des Gircus befindet, gemeint ist, und es ist gleiehgiltig, ob der Verfasser der Mirabilien, der die Akten, wie Bd. % 380 ff. gezeigt wurde, ausschreibt, sich diese Kliiake beim Septizonium denkt oder nicht; denn sicher ist auch das nicht, wie Urlicfas (der nur die Mira- bilien citirt) annimmt (Brücken S. 474); vgl. meinen Text Bd. 2, 616.

444 TBEIL I.

cura chacantm, wie es in der Natur der Sache liegt, zu def cura alvei Tiberis et riparum gehört, wenn auch d^r Name jener in der amtlichen Titulatur erst unter Trajan er- scheint^'). — Die Kloaken verliefen unter ölTentlichea Plätzen und unter Privatgrundstücken; Privatpersonen leiteten auf ihren Grundstucken Kanäle in dieselben: daraus entstanden Rechtsstreitigkeiten, aber deren Behandlung unsere Nachrich- ten bis in die letzten Jahrzehende der Republik hinaus- reichen**). — Noch im 6. Jahrhundert versah das Kloaken- System in bewundernswürdiger Weise seinen Dienst: erst im folgenden wird die Sorge für dasselbe aufgehört und die theilweise gewaltsame Zerstörung begonnen haben *^)..

Das unvollständige Bild, das uns diese Ueberlieferungen gewähren , müssen wir ergänzen durch die Betrachtung der

*') Der redemptor cloacarum: A. 62. Es ist nicht wohl deaklMir dass die Verdinj^ung nur ausnahmsweise gesch^en sei, wie Mommsei Staatsr. 2, 1, 426 L aozanehmen scheint: die besonders hervoi^ebobene VerdinguDg des J. 570 (A. 00) ist ein grossartiger IVeobaa ; das aas- gebildete System der letzten Zeit der Repablik aber hat ua zweifelhaft eine kootinnirliehe Sorge für Rep.%raturarbeitea erfordert. Aof- fallenderweise fehlen in der Lex Jnlia mnnicipalis Bestimmungen aber den Schatz der Kloaken da, wo man sie ei'warten sollte (neben den Bestimmungen über Strassenpolizei). lieber die seit Trajan erscheinende Titulatur Mommsen 2, 2, 976. Hirsehfeld Verw. 1, 153 f.

M) S. Cicero p. Caec. 26, 34: praetor de cloaeU^ de fosHs (vgl. A. 67), de minimü aquarutn iünerumque eontroverms interdicit, und den Titel Digg. 43, 23 de claacis, in welchem u. A. Trebatius citirt wird. Das voo Schmidt (A. 59) behandelte juristische Detail geht uns Nichts an.

^) Prok. Goth. 1, 20 S. 98: 1; ^k rovs vnovofiovg^ dhtSQ ix rijs mletog, eZ ti ov xa&aqbv, ixßallovatv l|o>, ccatfdXsiaif ^ntvoelv ot)d€- filav TjvayxuaTo, in€l ig rov norafjLov Ttßigtv tag Ixßolag ^xavaai OTittVieg xal Siä tovto ovdifiiav. oiov je t^ noket iv&iv6€ nqog teSr nol€(jiC(ov imßovlriv ytvicd^ai, Cassiod. Var. 3, 30: Reparatur der splendidae Romanae eivitaiu doaeae quae tantam vUent^us eonferunt stuporem ut aliarum civitatium miraeula passint superare u. s. w. Notiz über die Reinigung der Kloaken im J. 1230: Nibby R. a. 1, 653. Die Kloake auf dem Forum fand man bei der Anfräamung im J. 1872 mit Bruchstücken von Statuen angefüllt. >.

§ 7.] KLOAREN. 445

Nachbildung der hauptstddtisdien Einrichtungen in den Co^ lonien und Municipien. Wie in Rom so finden wir in Arpi- nuin den Bau der Kloaken mit dem der Brunnen (hier Cisternen) verbünden, in den Städteordnungen der Kaiser- zeit die Aufsicht über die Kloaken mit der über die Strassen* Die zum Theil augustischen Bauten in Aosta und Turin und die vielleicht der suilanischen Colonisation angehörigen in Pompeji beweisen auch für Rom, dass mit den grossen Hauptsträngen ein System von Nebensträngen in Verbindung stand und dass der plötzlichen Ansammlung von Regen- wdsser auf den Strassen durch Abfuhrung desselben in die Kloaken vorgebeugt wurde, wie dies letzte auch für Parma ausdrücklich bezeugt wird**). Als Hauptzweck der doacae (ursprünglich fossae cloacae, Ableitungsgräben? A. 72) tritt hier überall das Abfuhren der im Süden plötzlicher und verheerender als bei uns fallenden Regen wasser hervor; aber es verstand sich von selbst, dass dieselben Kanäle sowohl das Wasser der immer messenden Brunnen als auch di^ flüssigen Abgänge und Auswurfsstoffe der Stadt wegzuschaf- fen hatten. Wie in Pompeji, so ist in Rom das nach- weislich sehr ausgebildete öffentliche Latrinenwesen mit den Kloaken in Verbindung gesetzt worden; ebenso haben wohl überwiegend die Latrinen der Privathäuser mittels Röhren- leitung sich in dieselben entleert^'). Die Abfuhr hat sich

^) In Arpinam banen die AedUea [v]tas ci[ttemas] olovacasy CIL], 1178 nach Brunns Absehrift. Promis Aosta S. 136 ff. Torioo 184 ff. O verbeck Pomp. 357. Kloaken in Parma: Cassiod. Var. 8, 29 f. {an- tiqüos cuniculos sive subtwraneot qm. iungtintur ntarginibus platearum

ep. 30) Lex col. Urson. c. 77 (£ph. ep. 3, 95): nquis vias fossas

cloacas II vir aedil{U)ve pttbliee facere immittere comtnutare aedificare tnunire intra eos fines, qui colon(iae) Iu1{iae) erunt, volet, quot ews ntw imuria privatorttm ßet^ it ü faoere liceto.

*7) lieber die Öffentlichen Latrinen von Pompeji Miebaeiis Arch. Anz. 1860, 115 f. In Rom gab es zur Zeit Constantins 144 latrinae jmblicae, au der im J. 403 dedicirten Stadtmauer 116 neeessaria (n. UBdificia, wie in Ronstantioopel), worüber Bd. 2, 169. Gefunden haben sich in Rom solche Anstalten beispielsweise anf dem Palatin, anf dem fisquilin, in den Titnsthermen (Lanciani Ball. mnn. 1, 243): kein ö'ffeat^

446 TBEIL I.

nur auf den auf den Stras$en und Plätzen, sowie in deo öifentlichen Gebäuden sich täglich ansammelnden, vielleiebt auch wie heute an bestimmten Stellen zur Abfuhr deponirtes Schmutz, namentlich der Kuchen- und Marktwaarenabgäoge erstreckt ^^). Fährte die flauptkloake aus der Altstadt mit dem Regenwasser die Massen des Unraths in den Fluss, so liegt es nahe anzunehmen, dass dadurch naidentlich in der Zeit der grossen Dörre und des niedrigen Wasserslandes beim Scirocco oder auch bei Ueberschwemmungen,. welche den Ausfluss verhioderten, Miasmen sich entwickelten und jene ^Pestilenzen' hervorbrachten, welche wir oben S. 150 f. besprochen haben ^*). Noch eine andere Frage knüpft sich

liehes Gebäade, kein grösserer Platz wird ohae eine solche so dea- ken seio und deshalb sind die bekannten bildlichen Drohungen und schriftlichen Verwünschungen gegen Strassen Verunreinigung (Rom: Or. H. 7302; Saloaae: A. 68; vgl. Jahn zu Fers. 1, 113) weniger barba- risch als bei ans zu Lande. Wie alt diese Anstalten sind, wissen wir nicht: man deutet darauf die Worte des Titius (Macrob. 3, 16): ad oQtnittum eunt . . dum eunt nulla est in angiporto mnphora quam tum implent, quippe qui vesicam plencan vini habeant, Vgl. Fried- länder Darst. 3, 104 und über die Latrinen in den Häusern Becker Gallus 2», 195.

^) Das Geschäft der Strassenreinigung leiten zur Zeit der Republik und wahrscheinlich noch in der Raiserzeit (Mommsen Staatsr. 2*, 1, 688 f.) eigene Beamte viü m urbe purgandU. Offenbar zu ihrer Verin- guog es wird auch hier wie bei den Kloaken an Verdingung zu denken sein stehen die plottra stercoris exportandei eaussa der Lex Julia 66 f. Was hier unter stercus zu verstehen ist, lehrt Varro 6, 32: dies qui vocaiur ^quando stercum delaiumfas* (15. Juni) ab eo appeUa- tusy quod eo die ex aede Festae (nicht ex alrio) stereus everritur et per CapitoUnum cUvum in hcum defertur certum und die Inschrift von Salonae CIL 3, 1, 1966: quisqu{e) in eo vico stereus non posuerii aut wm cacaverit aut non miaverü habtat iUas (die dreifadie Hekate) propitias, si neglexerit viderit; also Abfalle und Müll aUer Art; im- munditiae, 'imnondezzajo'.

*^) Die Aulstaunng durch hohen Wasserstand bezeugt Pliniaa (A. 71). Aehnliches kam natürlich auch anderwärts vor: so in Parma, nach Cassiod* 8, 29 (vgL A. 6H): sordium obieciione tardata reciprocatu uttda vestris aedibus ilUdatur; vielleicht in Kyzikos nach Sallast Bist 3, 26 D.: nam omnia (Aid. doch wohl richtig moema) oppidi stagnabaat

S 7.] KLOAKEN. 447

daran. In der Einsattelung des AveDtin nahe dem Circus lag die Piscina publica; aber nur noch der Name hatte sich um den Anfang unserer Zeitrechnung erhalten. In glaubwürdiger Weise wird uns derselbe als ^ßadeteich' erklärt: und in der That ist es nicht glaublich, dass die Stadt sich den Luxus eines Fischteichs in so £röher Zeit erlaubt haben sollte. Ueberdies scfaliesst, was wir über den Betrieb der Fischerei jener Epoche wissen, diese Annahme wohl geradezu aus. Nun wissen wir ferner, dass nach dem Siege Gelons in Akragas ein grosser Badeteich hergerichtet wurde und dieses, Werk wird mit der Anlage des Kanalisationswerkes in Verbindung gebracht. Sollte wie für die übrigen Wasserl)auten, so auch für die Anlage des Schwimmbassins diese oder eine andere griechische Anlage als Muster gedient haben und die Veran- lassung des Baus wenigstens zum Theil die Verunreinigung des Flusses durch die Kloaken gewesen sein? Das Baden im Fluss ist nach der geschilderten Eigenthumlichkeit desselben obnehin gefährlich, möglich wohl nur unterhalb der Strom- schnelle oder, wo es zur Zeit Giceros und Horazens üblich war, am Marsfeld e'^**). Wir kommen unten darauf zurück.

Das ausgebildete Kloakensystem ist allmählich, zum Theil erst im J. 570 entstanden. Die erste Anlage sollte, wie schon gesagt worden ist, den centralen Theil der Stadt zwischen den Bergen vor üeberfluthung durch die zusam- menströmenden Wasser sichern und dieselbe in den Tiber führen. Die Alten bezeichnen dasselbe als ein System von unterirdischen überwölbten Gräben, welches in einer Haupt- mündung {cloaca maxima) das zusammenströmende Wasser

redundantibuM doaci$ adtforso aestu marft. Aber eine Hindeutnog aof die ao sich sehr wahrscheiolicheo Folgea ist mir nicht bekaDot.

^^) Festus 213: piscinae pubUcae hodieque nomen manet, ipsa tum eoßtat. ad quam ^ natatum et ewerdtatimns ako qui causa veniebat pO' pulut, finde Lueäius ait: pro obtuso ore pugü PiseinmiHs reses. Ueber das JNiveaa der Gegeiid oben S. 133. Vgl. Theil II. -^ Akrag^as, T€i«h {xokvfißif&^a) und Absagskanäle {q>aiwc€g)i Diod. 11, 26 vgl. Sehnbring fliat. Top. von Akragas S. 38, Holm Gesch. Sic. 1, 248. 429. 2 A. T. IX. Baden am Marsfeld«: Marqnardt Privatalterth. 1, 279 A. 52 vgl. Th. II.

448 "THfilL t.

in den Tiber führte. Wir sind noch nicht im Stande, daröber zu urtheilen, wie viel von den jetzt bekannten Strängen der ältesten Anlage wirklich gehören^*). Nur gegen die Ursprung- lichkeit des kolossalen Mündungsbaus (a) selbst (eines etwa 300 Schritt langen und gegen den Fluss sich von etwa 4 M. zu 3,44 Durchmesser verengenden Gewölbes) lassen sich keine gegründeten Bedenken erheben ^^). In denselben

'^) Livias 1, 56 oenot den Bau des Tarqaioias doaeam Tnaanmem receptaculum omnium purgamentorum urhis (vgl. Cato A. 60); daneben hat sein fi^rlich rhetorischer Ausdrack fossas cloacasqtte (1, 59, 9) offenbar nicht die techuische Bedeutung (Haupt- und Nebenkanäle), die man ihm hat beilegen wollen (Abekea Mitteilt. S. 170). Plinius 36, 104 rühmt den servianischen Wall, die Substrnktionen des Kapitols oad die cloacae: permeant conrivOti teptem amnes cursuqtie praeciptUtor- rentium modo rapere atque auferre omnia coacH, insuper imbrium moU concüati vada ac latera quatiunt, aUquando Tiberis retro infusus recipüur (vgl. A. 69) pugnantque diversi aquarum impetus intus et tarnen obnoxia firmüas resütä. trakuntur moles supeme tantae non succumbeniibus com operis (doch vgl. A. 62), pultant mmae sponte praecipäes aut inta^M moendiisj quatüur solum terrae moiihus: durant tarnen a Tarquiniß Prisco . . . ainpUtudineni cavü eam fecisse prodäur^ ut vehemjaeni largt onustafn transmitteret. Die *" siebeo Flüsse ' sind offenbar gelehrte Ad- spieAiDg an die durch Cato und Varro bekannten reinigenden Sep- tem flumina bei Regium (Probns zu Vergl. Buc. 5 S. 3 K. m. Proleg. zu Cato S. XLV). Das Wort c/oaca, clovaoa (A. 66) die Bildaags- form selten und alt ist noch nicht sicher erklärt. Die Paraphrase purgare 4 A. 40) hilft nichts (sie ist abstrahirt, was Curtius Et. 151 verkennt), der Stamm in dieser Bedeutung im Lateinischen sonst nicht nachweisbar, die Vergleichung von xXv-Cot> eben so bedenklich wie die von lu-o (dehibrum).

'') Der bauliche Znstand ist eingehend untersucht von Ficoroni Vest* S. 10 f. Piranesi De Rom. magnif. et arch. 1761 (Werke Bd. 7) T. in f. vgl. Ant. 1, 21 Venuti-Piale 1, 99. 2, 66 Linotte Giorn. arc. 2, 160 f. und am ausführlichsten von Abeken Mitteilt. 169 ff. Die übri- gen mir bekannten Beschreibungen sind unselbständig. Keine genügende Abbildung. Eingang bei S. Giorgio: Ficoroni a. 0.; Mündung: Piranesi a. 0., Uggeri Bd. 2, T. 4, 2. Ueber Material und Bogenkonstruktion vgl. Einl. § 1 A. 18. Th. J S. 276 f. Dass die Kloake von jeher unter dem Wasserspiegel gemündet habe, wird behauptet, ist aber durch das neuerdings ausser Zweifel gesetzte allmähliche Steigen des Wasserstandes (sicher seit Hadrian) wieder zweifelhaft geworden. Die Bohrversnche

§ 7.] RLOAKBN. 449

führte der Hauptstratg (h) wahrscheitilieh von 4er Subara ^kommend quer über das Forum, Tiroselbst er, 2,15 M. breit, unter der bmlica Mia (und zwar unter dem öetliohen Quer- schiff) fortläuft, dann in gerader Linie weiten unter den f Fieniii' und in der Diagonale unter dem sogenannten Janits quadrifrons hindurch^').

In diesen Hauptstrang münden auf dem Forum 2 Nebeor stränge: der eine (c) scheint sich von einem mächtigen, längs des Südabhängs des Kapitels i& der Richtung vom Forum Caears hinter S. Martino nach dem Velabrum au laufen- den Kanal (d) beim tulliaimm abzuzweigen, der andere (e), welcher unter dem Pflaster vor dem Kastortempel gefunden ist, von der Velia herzukommen^^). Ungewiss ist es noch,

haben noch nicht sidier die «rspruag^Uche Sohle des Kanals ermittelt. Bf führt in g^ewundeaer Liniey zuletzt im spitzen Kinkel ^egan den Flnss.

'') Der Lauf des Ilauptttraog^es b Tarn Forum nach der Mfindmig ^ar längst bekannt (JVibby R. a. 1, 654), ist aber bei Gelegenheit dar Auffindung des Stücks unter der fiasilica (Januar 1872, nach den Akten der Sopraint. : Bph. ep. 3, 247) genauer konstatirC worden (obige 'An- gaben nach BrizioBnU. deir L 1872, 226; unvoUständiger die amtliche Belazione della Sopraint. S. 55 f.). lieber den Lauf e ach dem Fonun A* 74. Albertini und Pighias erwihnen einen 'pontieoitn* gegenüber dem gewöhnlich als Best der Brücke des Calignla bezeichneten Gebäude bei S. Maria Liberatrice, d* h. in der Linie der Klaake (vgl. fiph; ep. 3, 241).

^«) cd: Plan und Durchschnitt bei Parker (s.Einl. S. 13 A. 20), Beschreibung von Gori Buonarotti 1868 S. 162 IT.: danach lat der in aüdlicher Bichtang bis in die Nabe der Consolaziotie zu verfolgende Arm von ii 1 M. br., 2,10 hoch; der nördliche lässt- sich bis hinter die Tabernen des Forum luUum verfolgen, beide liegen 'ungefittor' im X^iveau dos UäUanum, ^ etwas' tiefer e (? der Boden des Tailianum liegt 5 AI. über dem Forum, unten), welcher nach einem Lauf von 9 121,25 M.' endet ^sopra un ramo della cliMica massima che riconabbi per la sua costruzziotne originale e per la luoe tramandata dal pertagSo dischiuso presse il Calcidico della basilica Gialia' {2}. Denselben Ka- nal bat ähnlich schon Cancellieri (Not. del oarcere TuU. S. 4 f.) be- schrieben: er giebt die Länge auf 540 Palms: 120,42 an; ich gestehe, dasB mir Gori's Bericht mit seinen 25 Cenftim. wenig Vertrauen eia- flösst. Ueber eine Untersuchung des Kanals bei S. Adriane (1742)

Jordan, xOmiBcIie Topographie. L 1. 29

450 THEIL L

ob und wie die Kloakensysteme der übrigen Stadttheile mit der Hauptkloake communiciren. Das Kloakensystem des Marsfeldes (f) kann nicht der königlichen Anlage gleichzeitig sein (vgl § 8). Wie es scheint, Ter dankt es erst der Epoche der Prachtbauten seit Caesar seinen Ursprung ^^). Ebenso unsicher ist das Alter und der Zweck des Systems in der Tiefe des Colosseums (g)^^). Etwas unterhalb der grossen Kloakenmändung finden sich zwei kleinere (h): ob diese dienten, die Kanäle des A?entin zu entlehren, ob sie mit denen am Colosseum in Verbindung stehen, ist noch nicht ausgemacht, sicher dagegen, dass das reichliche QaeU- wasser des Palatin am Westabhange des Hügels, in einem

Ficoroni Vest. S. 74 f. Üeber e Brizio in dem A. 73 a. Berielit: 0^5 br, 1,70 h. Aasserdem führt ein Kanal aaf dem Niveau des Forams die 6te der quadratischen Basen (von Westen gerechnet) and die Stnfen der Basilica durchbrechend ebenfalls in den Hanptstraog. Mittelalterlich oder modern? Die Kloake in der Subara erwähnt Jävenal Sat. 5, 105: aber der Lauf ist noch nicht ermittelt.

^') ft Bericht über die Wiederherstellung der aitea und den Bm neuer Kloaken im Marsfelde unter Urban VIIl. bei Fea Mise. 2, 229. Aus diesen sehr wichtigen und noch nicht genügend verwertheten Detail- angaben hebe ich hervor, dass die alten Kloaken hier durchschnittlich 25 bis 35 Palm s=s 5,5 bis 7,7 M. unter dem heutigen Niveau liegen. Die wenigen mir zugänglichen Hohenangaben über das Marsfeld (S. 134 f.) genügen nicht, um eine Vorstellung von dem Verhältoiss der Kloaken zu dem alten Niveau und zum Tiberspiegel zu gewinnen. Die Haupt- leitung scheint mit der Anlage des Pantheons zusammeazuhäDgi^n. lieber den alten Mündungspunkt giebt es nur unsichere Vermuthnogeo.

^>) 0 Erste Entdeckung von Kanälen in dieser Gegend: Ficoroni Vest. dB, vgl. Cessio 2, 192 ff. Venuti-Piale 1, 42 f. Der Streit ist seitdem bei (irelegeoheit der Untersuchungen der Unterbauten des Co- losseums (1810 ff. 1870 ff.: verzeichnet zuletzt von Gori, Le Memorie storiche del Colosseo R. 1875, S. 105 ff.) stets wieder aufgenommen aber noch nicht zum Abscfaluss gebracht worden. Er dreht sich um den Zusammenhang der Kanäle, welche vom Esquilin herabkommen mit der meta Sudans und dem Amphitheater und ihre Verzweigong weiter nach dem Caelius und Palatin (vgl. Th. II). Die vom Municipio beab- sichtigte Anlage eines grossen Abzugskanals zwischen Caelius und Pa- latin wird hoffentlich dem resultatlosen Hin- und Herreden ein Ende machen.

§ 7.] KLOAKEN. 451

in den Fels gehaueneu Reservoir (i) über dem Niveau der alten Strasse im Circusthal gesammelt und von dort in die Hauptkloake geleitet worden ist^^).

Für die Beurtbeilung des ältesten Bduis wird eine künf- tige Untersuchung aus der Vergleichung der alten Haupt- kloake Athens Nutzen ziehen. Die neuesten Untersuchungen über diese scheinen als sicheres Resultat ergeben zu haben, dass der Hauptstrang ein gewölbter Quaderbau von 4,20 H. Durchmesser also fast genau den Dimensionen des römi- schen — war , in den Seitenstränge mündeten. Es mag dahingestellt werden, ob, wie behauptet worden ist, die Wölbung erst später aufgesetzt ist und der Kanal ursprünglich ganz oder theilweise unbedeckt war^^). Auch für den römi-

^^) li Am genauesten Abeken Mittelit. S. 176 f., wekher an die Bauten von 570 (A. 60) erinnert: einstweilen schwebt die Vermathnng ganz in der Luft. Auch die von Descemet Ann. 1857 , 63 ff. be- schriebenen Kanäle bei S. Sabina werden zu berücksichtigen sein. f: in den Fels geschnittene Grotten, zu welchen man durch einen Sdiacht vor S. Anastasia gelangt, 3 Gänge, 5 M. breit, der eine 35 M., 4ie andern 20 M. lang mit Stuck überzogen, in welche durch ver- schiedene Löcher QueUwasser einfliesst, welches ven hi«r weiter in die Kloake abfliesst (so Gori, BuU. 1867, 1Q5 f.). Sie liegmi nicht 19 Palm (Gori a. 0., wohl Druckfehler), sondern 33 P. 7,3 il. (Ciconetti, das, S. 158: wohl die Decke, nicht die Sohle) unter dem lieutigen Fnssboden, also (s. oben S. 133) 13,7 M. über dem Meere, d. fa. etwa 4 M. über der nahen alten Strasse längs des Circus, 2 M. über dem Pflaster des 'Janus qnadrifrons'. Aus eigener Anschauung (1867) kann ich hinzufügen, dass man darin nicht aufrecht gehen kann. Mit Recht also hat Ciconetti bestritten, dass dies das Lupercal sei (vgl. Jahresber. 1875, 777) und behauptet dass es eine 'piscina' der sogeaaonten 'aqua Argentina' oder 'di S. Giorgio* ist, einer QueUwasserleitung, über deren alten INamen gestritten wird (vgl. die oben §. 1 A. 28. 31 a. Schriften). Die von Ciconetti nicht beachteten NiveHementsverhält- nisse bedürfen noch der Erklärung, vieHeioht der Berichtigung.

^®) Ziller in der A. 83 a. Abhandlung, S. 117 ff.: er meint, es sei aus einem Graben zuerst, und zwar noeh vor dem Bekanntwerden der Gewölbekonstruktion, eine offene, schliesslich eine gewölbte Kloake ge- worden. Man findet an demselben Bau den Bogen zum Theil im Keil- schnitt, zum Theil durch üeberkragung hergestellt (t. VIII, 15. 16). Die letztgenannte Konstruktion ähnelt der freilieh etwas primitiveren

29*

452 THK^l^ I.

isehen ist es Iraglich, ob eine Wölbung zu einer Zeit, in irelober er zum Tbeil wenigstens nicht unter bebautem Terrain verlaufen mochte (vgl. A. 69) überall vorhanden war. Sichtbar war 'der Kanal' auf dem Forum noch zur Zeit des Plautus und der Name des Heiligthums der Venus cloacina daselbst lässt schwerlich ein^ andere Erklärung zu, als dass es in der N§he der zu Tage liegenden Kloake ge- ktanden hat^^).

Bedurfte es gewaltiger Bauten um den Tiberstrom zn bS<ndigen und die alljährlich herabstürzenden Regengüsse un- schädlich zu machen^ so befand sich andererseits die Stadt in dem glückltehen Besitz vieler und reichlich fliessender trinkbarer Quellet (S. lS9f.): sie war nicht wie and^e Städte des Südens, ausschliesslich oder zum grössten Theil auf das Sammeln des Regenwassers in Cistemen angewie- sen^^). Doch auch diese Quellen erforderten zum Schutz

4m 'Ansfällsthors der Akropolis vota Troja' (Arch. Zeitang 1S64, 261^. Ifebdr die Zeit des Batts lässt sich, wie es scheiot, Sicheres nidit emiCteln.

'^) In der Parabase des plantinischen Carcalio (4,1) wird cwisehen idem wmüiuni und der bcuiUca das Cloaemae sacrum genaont (V. 16) .dann: m nMdio (foro) propter canalem ibi sunt ostentätores meri oad iPestiis Ansz. 45 sagt: eanaUcolae forenset homines pauperes dieii, quod 6iroa canales fori oonsUterent (nnslohere VermatlniD; anriÜator et emta- •Uöola Gell. 4, 20). Sind hier 2 verseliiedene Orte gemeiot, wie «Aza- nehmea ist, so würde von der cloaca eia eanaks za unterscheiden sein, jefte würde in der Nähe der rostra biossgelegen hahen. Aüthselhaft ist bis jetzt die Darstellnng der Cloaein{a?) auf den Münzen des Massi- di«Sy a«f welche wir Tb. II znrnckkoiiiinen.

^^ Cieero de rep. 2, 6 (vgl. § 1 A. 45) rühmt den Romnlas naeb: locimiq^e delegü «t foniibus abundantem o. s. w. Froutin. 1, 4: ab vrhe totndUa per annps qtsadring^ehtos quadraginta unum contenti fuenad Romemi usu aquarum^ quas 4tut ex Tiberi uut ex puteis aut ex f<m- Ailbu»> havriebani. Des Sammeins von Regen wasser in tistemae (sie •stehen im Gegensatz zu den puteiy welche viva aqua haben vgl. Ulpiaa Digg* 43, 22) gescbieht hier nicht einmal Erwähnung; als eines na- geiiiöbolicben INothbehelfs bei Vitruy 5, 9, 8, Varro de rr. 1, ll« 2. tAaf dem Padatin will man unter den Trtimmerii der ältesten £««tea M der Seite des Circas Cisternen gefanden haben, welche ursprünglich

§ 7.] WASSEÄLBITUNG. 453

vor AustrocknuDg, Verunreinigung, Vergchöttung , songCdltige

Ueberwachung und bauliche Einriebtungen. Das auf öffenlM

lichem Grund und Boden quellende und fliessende Wasito^

gehörte dem Staat: seine Nutzung und Vertheilung zu regeln

und zu überwachen y ist Sache der Staatsgewalt gewasen.

Aber mit imx staatlichen ging der religiöse Schutz Hand

Hand : die Organisation der alten Genossenachaften . det

^Quelleamänner* oder 'BrunnenBieister' besveist dies. Voit

den vermuthlich zahlreichen Bauten zum Schutz der Quelleit

vor Anlage der Wasserleitungen ist uns nur eins^ das imht^

erwähnte tuüianum, der angebliche Burgbrunnen (S. 284)

erhalten. Seine Bestimmung als Quellhaus ist durch dem

Namen und die Atehnlichkeit des Quellhauses von Toscuhu»

giesichert, die aus dem Felsen springende QueUe, erhält sich

heut wie vor Jahrtausenden in stets gleicher Hdhe^^). Aber>

die Konstruktion des Baus bietet manche Rältoel» deredi

Lösung noch zu erwarten ist Der Bau wurde in den Tuffelae«

des Berges etwa 16 M. über dem Meeresspiegel , also etwaa

mehr als 5 M. übet* dem Pflaster des kaiserlichen Foruv^ft

bei der Phokassäule eingebettet: diese Höhe wmgatenft

Steinbrüche gewesen seien (Lanciani tt. Visconti Gnida del Pal. S. ]2d):f aber grade an den Rändern des Palatin ist Ueberflusa an QneUwassei» (S. 455). Die compluvia beweisen nickt, dass die Römer ß^g^nwassev. getrunken baben. Ich stimme also mit JNiebohr R. G. 3, 359 nichJj iiberein. Der von ihm beschriebene puteus im Garten der Casa Tar» pea auf dem Kapitel ist Mon. d. inst. 107. XXX*, 4 abgebildet: vgl. Tb. II.

^) Ueber die ooüegia foräanorum Radorff Zf. f. g. Reditsw« I5| 214 ff. vgl. Mommsen bei Rruus Fontes iuris ant ' 226 ff. -rr FesM 352 vgl. 353: tulUos aljü dixerunt esse silanos aUi rivos dlii vehementes proiectumes sanguinis ärcuatim fluentis, quales sunt Tiburi in Aniene, Ennius in Aiace ^animam misso sangui (so Her- mann: aiax misso sanguine die Hs.) tepido tfiUii {tulii die Hs.) effiantes volant\ Aus derselben Quelle Sueton (fr. 157 S, 244 Reiff.); tulU {tollt Hss.) aquarum proiectus, quales sunt in Aniene flumine quam moj xime praecipitL Die Ableitung von diesem später verschollenen tulHus ^Springqueir (die Etymologie ist dunkel: die Alten denken an Tullus oder Servius Tullius, oben § 2 A. 11) hat zuerst Forchhammer Bull, deir inst. 1839, 30 vorgeschlagen und das Gebäude als Quellhaus gedeutet. *

454 TUEIL I.

wird neuerdiogs als Höhe des jetzigen Fussbodens angegeben. Dieser Fussboden aber ist augenscheinlich nur um wenige Zoll über dem alten erhaben. Der Bau besteht aus einer im Rücken gegen den Burgfelsen fast halbkreisförmigen, gegen das Thal die geradlinige Sehne dazu bildenden durch Uebierkragung nach oben sich ringsum wölbenden Mauer von Tufquadern von wenig mehr als 2 M. Perpendikelfaöhe. An dem nördlichen Ende der Sehnenmauer ist deutlich zu erkennen, dass sie auf dem Felsboden aufliegt, gerade so wie die ser- vianische Stadtmauer. Eine alte Pforte führt in den unten 2u besprechenden Kanal, welcher, wenn die Hühenangabe richtig ist, in starker Neigung gegen das Forum herabsteigen muss. Die Decke bildet ein flaches Gewölbe aus Peperinquadern, in welcher ein kreisähnliches Loch angebracht ist lieber diesem Queilhaus steht ein zweites Gemach von verschie- dener Bauart, das Staatsgefängniss (carcer). Man hat nun angenommen, dass das Quellhaus ursprünglich wie das lusculanische konisch abschloss, dass man aber später die Spitze abgerissen und durch das Flachgewölbe ersetzt habe, dessen späterer Ursprung schon durch die in demselben ge- fundenen Eisenklammern bewiesen werde. Es ist aber zu bedenken, dass, wenn nicht weitere bauliche Veränderungen angenommen werden sollen, in diesem Falle das Quellhaus überhaupt unzugänglich gewesen wäre: da, wie es scheint, die Mauer in der Sehne des Kreises mit der der Peripherie gleichzeitig gebaut ist, so ist es kaum glaublich, dass man jemals ;auf anderem Wege als von oben in die Kammer ge- langt ist. Allein der heutige Zustand die Bestimmung für den christlichen Kultus hindert jede eingehendere Unter- suchung — erlaubt nicht ein abschliessendes Urtheil darüber zu fällen*^). Wir wissen, dass noch zur Zeit des Augustus

^') Die Litteratur wird § 8 u. Th. II, wo von dem oberen Gemach die Rede sein wird, erörtert werden. Der Znstand des Gebäudes die nngenügende Erlenehtnn§^, die durcbsickernde and die Quadern inkrusti- rende Nässe hindert selbst über das Material ein sicheres Urtheil zo fallen : dass das Flacbgewölbe aus Peperin besteht, schien auch mir bei wiederholter UntersuchuDg sicher (1867. 1876); die Wände schienen mir

§ 7.] WASSERLEITUNG. 455

im lupercalf der 'Hoble unter dem eisigen Felsen* Quelien rieselten und zwar so reichlich, dass sie durch bedeutende Kunstbauten in die Kloake abgeleitet werden mussten (A. 77). Dass Augustus die ganze Oertlichkeit dekorativ umgestaltete, ist bekannt (Th. 11). Ich vermuthe, dass ursprünglich hier der Burgbrunnen der palatinischen Stadt gestanden hat Ein dritter alter Brunnen scheint beim Juppitertempel auf dem Kapitol erhalten zu sein (A» 80).

Bis in die Mitte des fänften Jahrhunderts ist Rom mit

1867 durchweg aa3 Blöckea des lokalen Tafs zu besteheD, 1876 wurde ich, wenigstens was Theile der Sehnenwand anlangt, daran wieder irre. Das Ablösen von Stücken war nicht gestattet. Eisenklammern in der flachgew81bten Decke, Ficoroni Vest. 65: 'pezzi di peperino collegati per mezzo di «pialche spranga di ferro da ma vedata oell' essersi slogato Qn pezzo di detta pietra' (nur eiserne Nagel sah Abeken, weder 4iMfl noch jene ich) vgl. Einl. § 1 A. 16, § 4 S. 252. Die einzige mir be- kannte Angabe über das Nivellement findet sich in den von E. de Mauro aufgenommenen von Parker publicirten und von Gori erläuterten Grund- rissen und Durchschnitten (A. 74). Die schon von Canina verzeichneten 'Tabernen' des /ortim IvMwn nähmlich (zwischen Via di flfarforio und Vicolo del Ghettarello) liegen nach Gori (S. 157 f.) 17. 16,50. 19, 21 AL über dem Meere. Diese Angaben verglichen mit dem Anfriss und Grnnd- riss bei Parker Vol. 1 Suppl. T. XVIII f. ergeben ungefähr die Höhe von 16 M. für den heutigen Fussboden des Gebäudes. Dieser besteht (seit dem Jahre 1665) aus einer Lage 'mattoni a coltello* von etwa 7 onc. SB 0,13 M. Dicke: er soll früher aus 'gross! peperini insieme nniti' bestanden haben (Cancellieri Notizie del earcere Tall. S. 82. 87 u. T. ni der Ausg. von 1855): sicher entspringt die Quelle aus dem Taf des Hügels und der alte Fussboden kann nieht viel tiefer gelegen haben, da der oben A. 74 besprochene alte Gang das gleiche Niveau hat. Das Wasser der Quelle, modern gefasst, erhält sieh stets in gleicher Hähe. Es hat die Tiefe von 1 palm. 10 onc. ■» 0,25 M., sein Niveau liegt wenige Zoll unter dem Fnssboden. Eine genauere Untersuchung wird grosse Schwierigkeiten haben, falls nicht die Knltusgenossenschaft expropriirt wird. Indessen ist mir eine solche von sachkundiger Seite zugesichert worden und wird hoffentlich Th. II. benutzt werden kännen. Einst- weilen muss ich Behauptungen, wie die Abekens (Mitteilt S. 191), dass der Boden des Gebäudes unterhalb des Pflasters unter dem Severus- bogen liege, nach den vorliegenden Beobachtungen für falsch halten, wenn dieselben auch mit dem Bericht über den von hier ausgehenden unterirdischen Kanal schwierig zu vereinigen sind.

456 ™E1L 1.

seinen Brnnneil und Quellen ausgekommen: da unternabn ed Appius Claudius aus weiter Ferne durch eine nntertrdiscbe Leitung der S4adt einen grösseren Wasservorrath zuzuführen. Aehnliche Werke hesassen damals die Kulturstädte des heHe- oisohen Stulterlandes und der Colonien längst^'). Nafürlidi mussle die Kunde daton naeh Rom gelangen. Es ist daher, lYie & 297 angedeutet wurde, an sich, währscheinlicli , dass Claudius, der Freund hellenischer Kultur, daroh griechiscbe YeffbiLder zu sdnem Weorke angeregt worden ist. Vielleicht lässt sich dafür aber noch ein anderer Grund geltend madien (S. 457). Seine Nachfolger trachteten danach das Wasser in iinmer höherem Spiegel in die Stadt zu führen und so die Bewässerung auch der 50 bis 60 M. über dem Meere liegenden Höhen der ^sieben Hügel' (S. 132 ff.) zu er- mögliefaen. Diesen Zweck erreichte zuerst die dritte mit einem Spiegel ron 55 M. an die Stadt herantretende Leitung, die Marcia; die folgenden überboten sie noch. Es steht da- mit in Zusammenhang, dass^ die beiden ersten Leitungen wie die griechisGhen, ganz unterirdisch, die folgenden (die dritte evst zu y,o) auch überirdisch geführt wurden. Die Alten selbst haben die Frage gestellt , ob die unterirdische, d. h. zugleich niedrige Anlage aus Unkenntniss der Nivellirkunst oder gegen feindliche Zerstörung beliebt worden sei. Wohl hat es den Anaohein, dass jenes regelmässige Steigen des Niveaus der Leitungen seit dem -numantinischeo Kriege

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®') A. 77. Das Verdienst ^en Gegeostand Koerst ins richtige Licht ge- ^etst za haben gebiilirt £. Cnrtius (^üeber städtische Wasseri)aaten der HMleoen' Arch. Z. 1847, 19 ff.); richtig bemerkt er (S. 31): 'uover- kenjibsr sind auch hier die Hellenen vorang^angen , die Römer sind auch hier Schüler gewesen.' Auf den Ursprung der römischen ßauten ist er nicht eivgegangeA. Seitdem sind die Wass^leitungen von Akra- f^ (von Schiihring Hist. Topographie von Akragas S. 38 f.), von Syrakus (you dems. Philol. 22, 61 ff.) und von Athen (von dem Architekten Ziller ia den Mittheilnngeo des ArcL Institutes ia Athen 2, 107 ff,) genau untersuicht worden. Dass diese Werke älter sind als die erste Leitung in Hom Ist ausser Zweifel. Ueher die Leitung voa Pompeji ist die Uatersuchung Ruggiero's .abzuwarten (vgl. 0 verbeck Pomf. ^ 20S ff.). Ueber das Werk v^d Alatri s. A, 84.

§ 7.] WASSERLEITÜING. 457

auf eine VeryollkominnuQg der Technik des Wasserbaue» binweist, mit deren Hilfe es sogar mögUeh wurde ^ nach dem Gesetz der communicirenden Röhren das Wassi^ von Berg zu Berg zu fahren, wie dies zum Staunen der Faehm*lnner der Wasserbaumei&ter von Alfttri mit Ueberwin- ditng bedeutender Schwierigkeiten vm die Zeit der gracchisckcn Revolution ausgeführt hat; es muss dahingestellt bleiben, ob die Kunst der Ableitung des Albanersees durch einen unter- irdischen Emissär von etwa 7500 Fuss Länge mit der Kunst der Herstellung einer bald unterirdischen, bald überirdischen I^eitung von 20 bis 40 Millien richtig in Parallele gesetzt worden ist®*).

Allein mag auch die Uukunde der Baumeister daran Schuld sein, dass Claudius seine Leitung um die Stadt herum nach der porta Gofena niedrig geCöhrt hat: immer wird dadurch noch nicht genügend erklärt, warum er sie weiter an der Südseite des Circus bis vor die porta Trigemma fährte und hier zur Vertheilung gelangen liess. Es drängt sich nun freilieh von selbst die Antwort auf, dass auf diese Weise der in )enm* Gegend siedebiden geweitlicfaen Bevölkerung ein Di^ost hat erwiesen werden s<dlen. Aber dazu kommt, 'dass in unmittel^

**) FroDtio 1, 18: omnes aqtiae diversa in urbem lihra perveniwit.

inde fluunt quaedüm tdtioribus l&ds, at qttaedam ertgi in emihentiora

mint possunt: nam et eoüea sennm propter frepientiam meendiorum

excreverunt rudere. Es folgt die Aufzählung der 5 Wasserleitungen

quarum altitudo in omnem, pariem urbis attollitur: in aufsteigender

Linie sind es Mareia Tepula lulia Claudia j4nio novus, deren ^i-

vellement nach £. De Mauro (bei Parker Aqued. S. 152) 54,78S (über

P. S. Lorenzo). 56,712. 5S,192. 62,336. 65,000 ü. d. Meere ergiebt.

Er fährt fort: sed veteres kunmUore derectura perdturerutdy iive nondutn

ad subtile explorata arte librandif seu quia ex industria infra terram

aquas mergebant, ne facüe ab hostibus interciperentur, cum frequenUa

Mlhuc contra Italieos beUa gererentur. Die älteren sind aufsteigend

Alsküm (redites Ufer!) j4ppia Virgo Anio vetus (45,688 nach De

M«iro). Ueher das Werk von Alatri s. jetzt (vgL Bd. 2, 55 f.) die

überhaupt für die römischen Wasserbauten epoohemacheade Untersuelinng

¥on Secchi: Intorno ad alcane opere idrauUche a»tiehe riBvenoteJ nella

eaApagna di Roma (Estratto der Atti deirac. poot. de'nuovi Liiieei,

R. 1876).

458 ™EIL L

barer Nahe der Leitung am Circus jener alte 'Gemeindeteich' lag, dessen Muster wir oben S. 448 in dem Badeteich ¥on Akragas gefunden zu haben glauben. Dass dieser Teich später eingieng und nur seinen Namen hinterliess, begreift sich besser, wenn man ihn als den ersten kühnen Versuch be- trachtet, dem Volk einen gesicherten Badeplatz zu yerschaffen: er wurde entbehrlich, als der griechische Luxus Aerhalneamit der Zahl der Leitungen zunahm. Ich glaube also mit Wahrscheinlich- keit annehmen zu können, dass der Teich mit der Anlage der appischen Leitung in Verbindung stand und mit ihr gleich- zeitig gebaut worden ist, dass demnach Claudius seine An- regung von Akragas erhalten hat Weitere Untersuchungen werden es im Auge behalten müssen, ob für diese Combina- tionen auch die technischen Details Zeugniss ablegen ^^^).

In den Bauten seiner Nachfolger tritt das Bestreben hervor, möglichst den Bewohnern aller Stadtgegenden reich- liches Trinkwasser zuzuführen (vgl. S.4&6 u. Bd. 2, 294 f.). Dass erst Trajan zur Versorgung des rechten Ufers eine eigene Leitung erbaute, dass frühestefts seit dem Bau der steinernen Brücken zu Ende des 7. Jahrhunderts über diese in Bö^hren das Wasser vom linken Ufer herübergeleitet und nur aushilfeweise, 'so oft die Brücken ausgebessert wurden' (oben A. 16 z. E.), seit Augustus aus der zu anderen Zwecken gebauten Alsietina Wasser zur Benutzung der Bevölkerung abgegeben wurde (vgl. Bd. 2, 294 f.), stimmt sehr wohl zu dem, was vrir von der späten Entwickelung des transtiberinischen Stadttheils wissen (vgl. oben S. 314 ff.).

In welcher Weise das Wasser der ersten Leitung in der Stadt oder dem betreffenden Stadttheil durch den Erbauer vertheilt wurde, ist unbekannt. Eine allgemeinere Versorgung

^*) Der ZasammeahaD^ dieser Baaten unter sieh und mit dem griechiseheo Vorbilde ist meines Wissens bisher übersehen worden. Niebuhr (R. G. 3, 359 ff.), der übrigens wohl der einzige ist der die Frage aufgeworfen hat, erklärt schwerlich richtig den Gang der Lei« tang aus dem Wassermangel der 'Vorstädte am Strom' und stützt seine Ansicht auf die irrige Annahme einer Mauer längs des Flusses, welche zwischen sich und diesem freien Raum gelassen habe.

g 7.] WASSERLEITUING. 459

auch der hocbgelegeneren Stadttheile war, wie gesagt, erst seit dem Bau der dritten Leitung (frlO d. St.) möglich. Wenn also unter den grossen Bauunternehmungen des Jahres 570 neben der kostspieligen Erweiterung des Kloakensystems (oben A. 60) die * Pflasterung der Brunnenbassins. (lactis) mit Stein' aufgeführt wird (Bd. 2, 50 f.) , so darf man wohl schwerlich annehmen^ dass diese Maassregel nur das ans den damals vorhandenen zwei Leitungen * springende Wasser' (aqua sa- liens) betraf, sondern zugleich die gewiss fortbestehenden Becken, in denen das Wasser der zahlreichen Quellen (aqua fontalis) gesammelt wurde, wie der lams lutumae (vgl. Bd. 2, 56 f.). Eine eingehende Darlegung der Technik der Wasser- leitungen und ihrer Verwaltung liegt ausserhalb der Grenzen unserer Darstellung. Wir müssen uns begnügen, die für das Verständniss der Topographie wesentlichsten Thatsachen an- deutungsweise hervorzuheben (vgl. Bd. 2, 47 ff.). Ein Theil der Leitungen wurde in der Nähe der Stadt einem Reinigungs- process (in den piscinae limariae) unterworfen. Die Kanäle (speeus) erreichten theils überirdisch a«f Unterbauten oder Bogenstellungen (suhstructionesy opus areuatum) bei oder in der Stadt ihre Vertheilungshäuser (castelia), von denen aus das Wasser durch ein System von Zweig- und Röhrenleitun- gen in die öffentlichen, wohl grossentheils an den Strassen- kreuzungen ($ 8) angelegten Brunnen (lacus) geführt wurde. Seit Agrippa's Reorganisation des Wasserwesens gaben diese Brunnen mit ihrem bildlichen Schmuck und der verschwen- derischen Fülle ihres immerströmenden Wassers der Stadt eine neue Physiognomie, von der die noch in Thätigkeit be- findlichen ähnlichen Anlagen des päpstlichen Roms, besonders die acqua Paola, die fbntana di Trevi und fontana di Ter- mini, eine lebendigere Vorstellung geben, als die jämmerlich zerstörten Reste einiger der alten, anderer Namen oder Nach- bildungen (Bd. 2, 59 f. unten A. 88. 103). Wer in der heissen Jahreszeit an diesen künstlichen Cascatellen das Volk hat ausruhen und Abends inmitten der Stein- massen, welche die eingesogene Sonnengluth wieder aus-

460 THEIL I.

Strahlen, erfrischende ßerglüft aihmeo sehen» wird den Stolz begreifen, mit dem man unter Nerva sich rühmen konnte, die Ursachen beseitigt zu haben, welche in früherer Zeit die römische Luft su einer bleischweren und verderbenbringen- den gemacht hatten. Fügt man hinzu, dass die bis ins dritt« Jahrhundert stetig sieh vermehrende Wassermasse nicht aUeio in wachsendem. Maasse den Aufenthalt in allen grossen öffent- licheo Anlagen, iitöbesondere den parkSfanliehen Anlagen in der Nähe der Theater und den Thermen (Bd. 2, 220 fif.), zu einer genussreichen Erholung maditen und die stetige Yermehmng der öffentlichen Bader (Bd. 2, 66 f.) veranlasste, so wird man eingestehen, dass die Römer in der Ausbildung und Yerwerthung des städtischen Wasaerversorgungswesens die Griec^n so be- deutend übertreffen haben, tos es erklärlich ersdieint, w^m sie die Leistungen dieser ihrer Lehrmeister auf dieseni Ge- biete gering schätzten, ja das Gefühl, die Schuler zu sein, gänMich verloren hatten. Nur ein Hangel fällt auf: trotz der ungeheuren Masse des Wassers, trotz einer nach Tau- senden zählenden wlitärisch oiganisirten Polizeimannschaft, scheint das Feuerlösohwesen ^ einer sehr niedrigen Stufe der Ausbildung gestanden zu haben. Wenn man Riesen- mauern aus feuerfestem Gestein (Einl. § 1 A. 3) um die grossen öffentlichen Plätze und Complexe von Prunkbauten gegen Feuersgefabr zog, wenn (so viel ich weiss) nie von bedeutenderen Löschversuchen Ai» Rede ist, so muss bei der Bekämpfung der zahbeichen grossen Brände 8) das Wasser eine ganz untergeordnete Rolle gespielt haben. Diese That- Sache erklärt sich ab^ woU zur Genüge daher, dass die Kenntniss beweglicher die Wassermassen empor schleu- dernder Feuerspritzen ganz unbekannt, die Construction der ihnen allerdings bekannten Spritzen, für diesen Zweck un- brauchbar war.

Von dem Getriebe der gesetzlichen und polizeilichen Regulirung des Wasserwesens in der republikanischen Zeit I nach der Einfuhrung der Leitungen . haben wir nur ganz zusammenhangslose Notizen. Und selbst diese geb^n uns

§ 7.] WASSERLEITUNG. 461

Aufschiuss darüber, wie eng das Leitongsw^sen mit dem to- pographischen Strassennetz verknüpft war. Es muss hier dahingestellt bleiben, welchen Beamten die tum aquartm in dieser Zeit (oben A. 27) zufiel. Wir erfahren gelegentlich von einem Gesetz des Servius Sulpicivis (des Consuls von 703 oder eines älteren?), welches die V^theilung ^n Pri- Tate jedenfalls nach Quartiren regelte 4 A. 44), von einem anderen, welches die Verunreinigung des Leitungswassers der Brunnen verbot und von der polizeilichen Aufsicht, wekhe über dieselben in jedem Quartier je zwei Mnwohner dessel- ben auf Gru^nd aedilicischen Befehls ausübten (Bd. 2, 51, vgl § 8). Allgemein bekannt ist der durch Augustus geschaf- fene neue Organismus jener cura (vgl. S. 3Ö1), welcher in raustergiltiger Weise den oben angedeuteten Zweck einer möglichst gleichmässig^ Versorgung der ganzen Stadt mit Wasser zu erreichen strebte.

Von besonderer Wichtigkeit für die Topographie ist die seit Augustus nachweisbare Termination der Wasser- leitungen. In der ganzen Länge des Laufes war jeder Lei- tung zu beiden Seiten ein der Bebauung und Benutzung ent- zogener Streifen Landes von bestimmter Breite zugewiesen und durch Steine, welche von der Quelle nach der Mündung durchzählten, in regelmässigen Abständen kenntlich gemacht. Wo die Leitung in dem Bauterrain der Stadt unterirdisch lief, wird wohl aligemein, wie es för die Marcta Tepula lulia feststeht, durch besondere polizeiliche Warnungen der Lauf derselben dem Publicum gewiesen worden sein.

Ich gebe endlich eine kurze chronologisch geordnete Statistik tler Wasserwerke. Eine topographische Anordnung erschien hier ni<5ht durchführbar. Jede Entscheidung der verwickelten Fragen über das Quellgebiet und den Lauf ausserhalb der Stadt schliesse ich aus^^).

^^} Grundlegend ist noch immer Fabretti de aquis 2. A. 1738 und Polens Kommentar zum Frontiu; dazu kommt Einzelnes bei Piranesi, das Binl. §. 3 charakterisirte Buch von Gassio Corao delle a«qo^, Fea's Storla delle acque, vor Allem aber die trefiflich klaren Artikel

462 THEIL I.

1. Aqua Appia wurde von dem Censor Äppius Claudius Caecus im Jahre 44^12 f. aus den Quellen zwischen dem Anio und der via Praenestina 7 8 Millien vor dem esquili- nischen Thor in einem unterirdischen über 1 1 Millien langen Kanal bis zu den Salinen vor porta Trigemina geleitet. Wir wissen, dass sie von dem Tempel der Spes vetm (etwa 1 Millie vor dem esquilinischen Thor) längs dies Südabhangs des Cae- ]ius geführt war, bei porla Capena (und nur hier) sichtbar wurde und 60 Schritt weit (über die Strasse) auf Pfeilern geleitet wurde^ dann wieder unterirdisch bei 8. Balbina vorbei längs der Südseite des Circus bis zu dem bezeichneten Punkt lief. An drei vielleicht nur an einer Stelle sind Reste gefunden worden: bei Porta Maggiore (?), zwischen S. Hal- bina und S. Prisca und bei S. Sabina (?). Vielleicht speiste die Leitung ursprünglich die piscina publica (oben). Augustus hat sie durch Zufuhrung einer Zweigleitung bei der Spes v&tuA neu in Stand gesetzt ^^).

Nibby's in der ABalisi nod Roma aotica von denen die Neaeren fast durchweg abhängig sind. Leider gilt von dem erst wahrend des Drucks mir zugegangenen 8. Bande von Parkers Archeology (The aqae- ducts 1877) dasselbe was von den früheren (man vgl. nur den erstaun- lichen durch ein Facsimile der Hs. Frontins unterstützten Versach S. 22 ff. statt Spem vderem überall specum wiederherzustellen und die Lehre über die u4!g;entiana und. die Wasserleitung Hadrians): doch siod einige ^ivellirungen £. De Mauro's und Mittheilungen Gori's immeriiin einstweilen nutzbar, auch einiges Wenige über Ausgrabungen die der Vf. hat ausführen lassen. Eine genügende technische Analyse fehlt. ^) Zeugnisse: über die Censur Frontin 1, 5 Livius 9, 29 Diod. 20, 36 (über die Prorogation der Censur Mommsen Staatsr. 2*, 1, 339); Wiederherstellung durch Agrippa Front. 1,9. Latif und Konstruk- tion: die Quellen sind nach Frontins Angaben 1, 5 von Nibby (1825) bei dem casale La Rostica gefunden worden (Analisi 1, 221). Der Lauf ist unsicher bis zu dem Orte ad Gemellos, qui locus est intra {injra Buch.) Spem veterem (Frontin 2, 65), in conßnio hortorum Torquatia- norum (1, 5). Der Tempel lag nach Dionys. 9, 24 1 Meile *vor der Stadt' (d. h. dem esquilinischen Thor), also fast unmittelbar vor Porta Maggiore (vgl. Eph. epigr. 1, 218 und Th. If). Der zweite sichere Punkt: supra terrmn suhstrmtio f et arcuatura proocimum {s. arcuata proonme?) portam Cayenam passttum sexagiräa (oben § 3 A. 51, 58).

§ 7.] WASSERLEITÜJNG. 463

2. Anio (spater Anio vetus) wurde von den Censoren des Jahres 482/272 nach der Besiegung des Pyrrhus aus dem Erlös der Beutegelder verdungen, 484/270 von einem der zur Vollendung des Baues ernannten Duumvirn Fulvius Fiaccus vollendet. Das Wasser wurde aus den Quellen ober- halb Tibur in einem 43 Millien langen Kanal wie die Appia bis in die Nähe der Spes vetus gefuhrt. Hier musste sie 221 Schritt lang überirdisch geleitet werden; lief dann der Höhenlinie folgend unterirdisch in nördlicher Richtung, durch- schnitt den servianischen Wall an der Sudseite des jetzigen

Ende: duatus aus . . a eapüe usque ad SaUnas qui locus est ad portam Trigeminam uod ineipit distribui tmo Publicii clivo ad portam Trigeminam (beides Froatia a. 0.)> Mit diesen Notizen würde 1) genau übereiostimmen die Lage des nach Lanciani Ball, man« 2,203 i. J. 1860 'a m. 450 di distanza dalla Porta Maggiore fra le vie Labicaoa e Prenestina' gefaodenen Kanals. Allein im Januarheft des Bull. dell'iDst. 1861, auf welches er sich beruft, finde ich die Leitung des Anio vetus beschrieben: ist der S. 15 kurz erwähnte 'secondo condotto abbastanza alte per andarvi a dorso curvato' gemeint und identisch mit dem von Parker ebenfalls unter Berufung auf das Bull. arch. beschriebenen und abgebildeten grossen Gebäude Aqued* T. V? Hier muss eine Verwechslung vorliegen, falls nicht die *Civilta cattolica Ser. IV, V, X p. 735', auf welche sich ausserdem Lanciani bezieht (ich kann sie nicht einsehen) Aufklärung giebt. Allein er selbst citirt daraus Bull. man. 2, 207 die Worte, welche Herzog von dem specus des Anio gebraucht als Beschreibung des Anio. 2) Stimmt damit die Entdeckung Fabrettis De aquis 1, 14 überein. Er fand in einer Vigne ^ad angalnm viae quae a cavea Circi ad portam Ostiensem procedit cum alio viatrio per quod laevorsam ad S. Balbinae martyris aedem itur' (d. h. grade in der Mitte zwischen S. Balbina und S. Prisca) einen in den Felsen gearbeiteten Gang von b% F. im Quadrat und in denselben mit Quadern von 'Albanerstein' eingebaut eine Wasser- leitung v<»u unten 1' 4'' oben (die Steine traten stufenförmig zurück) 2' 10'' 1. Weite: die Maasse entsprachen genau der Angabe Frontins, der ad GemeUes . . altitudinem aquae pedum qtUnque, latOudinem pedis unius dodranüs fand« Vielleicht ist bei S. Sabina ein Stück des Endes gefunden worden (Einl. § 1 A. 10, 20). Nivellement nicht genau bekannt (16. M. unter dem Niveau hei Porta maggiore nach Herzog Bull. arch. a. 0. würde etwa 50 16 =: d4 u. d. Meere ergeben. Die Umgebung von casal La Rustiea scheint ca. 40 M. ü. d. M. zu liegen.) Ueber den ramus Attgustae, der mit ihr if^fira Spem veterem vereinigt wurde (Front. 1, 5. 2, 65) weiss ich nichts Sicheres.

464 THBIL L.

Bahnhofsgebäudes, lief dann innerhalb des Walls südwärts bis zur peria EsquiUna, wo sie in ROhrenleitungen vertheilt wurde. Reste der Leitung sind erhalten: in der Nähe des Bahnhofs und bei P&rta Maggiore (hier auch die Tefmii»- tienssteine des Augiistus wid ein Theil .der äberirdischen Substruotionen) ^^). Zw^ lüUien wr dem esquilinischen Thor gab sie einen Theil des Wassers in den sogenannten specus Oetavtaims ab. Diese Nebenleitung gelangte bis in die Gegend Tor porta Capena zu deo hvrti Äsinimi, d. h. wahrscheinlidi dem Teirain, auf welchem später die Tbermen der Caracalla

^) Aktennil ssige Ba«{f«flchichte bei Frontin 1, 6: Verdiogong durch M.' Carius Dentatns und L. Papirias Cursor, e/r manutiis de Pyrrho eaptis; dann actum in ienatu de oonsttfumando eius aquae opere refe- renie (ireferent die H«.) *** norunti *** praetor^ {praetorium die Hs.) tum (in den Lücken der Hs. var iHid nach rumi kann doch sehwerlieh «Cwas Anderes als der Anfang des nomen nnd das £nde des eo^nomen des Prätors sieeken^ das übrige h«t Bücheier riclitig her- gestellt) ea> senatum tonsuUo duumviri aquae perdueendae creäti sunt Curi[tt9 qui eatn] looaverat {loeavani die Hs.) et Fuhrhts Flaeem. Curius mtra quintum diem quam etat d^mmvirum creatus deces»ä; ghriae perductae perünuit ad Fulvium, Waram die Leitang trotzdem nicht aqua Fulvia hiess, wissen wir nicht. <— Lauf nnd Reste: die Qaellen supra Tihur gesehen von Nibby Aoftlisi 1, 163. Der Laaf musste Ha exigmte libramento das Doppelte der kürzesten Bntfemnog messen. (Front 6)? inira seeundum miliarium partem dat in speeum qui vocatur Odmjianwt . . . (s* weiterhin) reetut vero duettts tecundum Spem veniens inJtra portam Esquilinam in altos riwts per urbem, didu- eüur. S. jetzt Lanziani Bull. m«o. 2, 206 ff., dem ich folge. Bei Porta maggiore war 4er specus bis 1S37 'a fior di terra' (Nibby a. O.) za sehen; 1861 wurde 16 M. tief der aus Aeticulattati bestehende Kanal nnd 3 TenBiattion9eippen des Angosttts gefunden (Herzog Bufl. dell'ist. 1861 a. O. CIL 1243 ab und Add.), 1874 Ent^cknng des Kanals (nnd seiner putei) am Wall yon gleicher Konstruktion (h. 1,60 br. 0,42). Dem überirdisehen Stück (221 Schritt) gehörten nach Piranesi die von ihm Ant 1 T. X abgebildeten Reste von Porta maggiore an (so anch Lane.). -^ Auf dem einen der eippi steht übor der Distunzziffer ////, auf dem andern naeh Herzog iT//, was Laae. wohl rickti als Nommer (beginnend vom Thor) anffasst: IFI ^==^ LFI, wie Benzen will, erscheint auch dann anmSglich wenn «tan von der Qaelle aa gezählt haben sollte. Nivellement: A. 84. Es war die Rede davon die Leitung auf das Ka- pitel zu führen: statt dessen wurde die Marcia gebaut (Front. 7).

§ 7.] WASSERLEITUNG. 466

Standen. Als Strassenbogen dieser Leitung hat vielleicht der Bogen des Drusus (oben § 6 A. 38) gedient. Doch ist dies unsicher (vgl. Bd. 2, 227 und Th, II.).

3. Aqua Marcia, wurde vom Prätor Marcius Rex im /. 610/144 begonnen, nachdem er die beiden älteren Leitungen wiederhergestellt hatte, und ihm zur Vollendung der neuen Leitung das Amt auf ein Jahr verlängert. Das Werk scheint aber erst im Jahre 614/140 beendet worden zu sein: die Leitung wurde in diesem Jahre auf das Rapitol gefuhrt. Das Wasser wurde aus den Quellen in der Nähe des 36. Meilen- steins der via Valeria gesammelt, in einer fast 62 Millien langen Leitung nach Rom gefuhrt, welche fast zu Vio unterirdisch war; nur ^/,o lief überirdisch über Bogenstellungen oder Unter-, bauten, von denen der kleinere Theil zur Ueberspannung von Abgründen im Gebirge diente, bei weitem der grössere auf die nächste Umgebung der Stadt kotnmt. Die Bedeutung des Werkes erhellt daraus, dass dem Urheber eine Statue auf dem Gapitol gesetzt wurde. Ihr Lauf war hier seit den Neubauten des Agrippa und des Augustus, der ihr auch neue Quellen in ihrem Ursprungsgebiet zuführte (aqua Augusta) mit dem def Tepula und lulia identisch. Im Jahre 79 wurde ihre Leitung, wiederhergestellt, unter Nerva eine Zweigleitung nach dem Aventin gefuhrt und ihr treffliches Wasser aus- schliesslich zum Trinken bestimmt, im Jahre 212/213 durch Caracalla die Leitung abermals wiederhergestellt und durch Uinzufügung des fons Antminianus verstärkt Ueber diese Herstellungen s. unten ^^).

^) Akteomässige Bao^schichte bei Frontin 1, 9 (noter BerafiiBg auf Feaestella): . . cum Appiae AnionUque ductus vettutate quassati privatomm etiam frandibus intereipereniur, datum est a tenaHu neg;otiutn MareiOy quutum praetor inter cives ius dieebat, eorum ductuum refkienr dorutn ac vMicandorum. et quomam incrementum urhU eoeigere iride- batur amplio9hn modum aquae, eidem mandatum a senatu est ut eu- rarety quatenüi alias aquas quas possety in urbem perduceret : «*«««# pr[iores (es fiblt vielleicht itaque, vielleicht Nichts) ductus relstUuii\ {rei * * * * 4^ 6ie Hs.), tertiam Ulis uberiorem [per]duxit (so sehreibe ich: illiobriorum ******* dixw die Hs.; Buch, hat

Jordan, lOmiaohe Topographie. Li. 30

466 THBIL I.

4. Tepnla, wurde im Jahre 629/125 von den Censoren Cn. Servilius Caepio und L. Casi^ius Longinus Rayiila aus den Quellen im Gebiet der sogenannten Marrana am Abhang des Albanergebirges pahe dem 11. Meilenstein der loTma auf das Eapitol gefuhrt. Sie wurde vereinigt mit der lidia (s. 5).

5. Mia, wurde im Jahre 721/33 von Agrippa in seiner Ädilität aus demselben Quellgebiet zwei Miilien weiter auf- wärts gesammelt und in einem 15^^ Miilien langen, in seiner

Nicbto versucht, Uomögliches seine Vorgänger), cui ab auctore Mardae nomen est Falsch lässt ihn Plinius 36, 121 auch die später gebaute Tepuia wieder herstellen (Nibby Anal. 3, 153 nimmt eine Interpolatioa des Textes an). Die von demselben 31, 41 gebrachte Nachricht: vocabatur haecquondam Aufekt^ Jons autem ipse Püonia woran sich auch die von Strabo 5, 3, 13 S. 240 aus derselben Quelle entlehnte Behauptung anschliesst, dass sie in uUvmU PaeUgnorum montibus entspringe und durch den Fucinersee gehe , printus eam in urbem ducere auspicatus est Ancus Marcius unus e regibus, postea Q. Mar eins Rex in praetura, rursusqve restituü M. Agrippa, ist in ihrem ersten Theil bis jetzt nicht erklärt, der zweite ist eine Probe der wiltkürlichen Behandlung der Biographie in den jüngeren Quellen. Statue auf dem Kapitel: Militärdiplom t. J. 64 CIL 3 S. 846 : in CapüoUo post aedem lovis o. m. in basi Q, Marci Regis. Münze des Marcius Philippus 680 704 (Mommsen n. 290 Cohen T. XXVI Marcia 8): Kopf des Königs Ancus )( 5 Bögen, darin aqua Mar(cia), darüber Reiterstatoe, nach Melchiorri (Appeod. agli atti e mon. de'frat. arv. S. 30 ff.) der mit der Statue geschmückte Brunnea der Leitung auf dem Kapitol, was ich nicht für möglich halte: vgl. oben A. 27. Qaellen ond Lauf: jene sind jetzt in Ueberein- stimmung mit Frontins Angaben via Faleria ad tniliarium XXXFI deverticulo euntibiis ab urbe Roma dextrorsus tniliutn passuum trium genau nachgewiesen von Gori Bull. man. 1866, 68 f. Der 1242te Stein, welcher also 59^ Meilen von Rom stehen musste (CIL 1251 b) ist bei Arsoli gefunden worden. Derselbe bestimmt auch die oach Frootin 800 Schritt ultra fontem Mardae gesammelte Augusta^ welche der Kaiser in supplementum Mareiae, quotiens siccitates egerent {agerent die Hs.) auadUo {vgl. 14. 2, 72), herstellte. Er selbst sagt Mon. Anc. 4, 11 f.: et aqttam quae Marda appeUatur dapUcavi fönte novo in riüum das imtnisso. Die schwülstige Vertheidigung der Angaben des Plinius von Cassio Corso d. a. 1, 92 ff. ist für uns ohne Interesse. Leitung amplo opere a Spe in Aventinum: Frontin 87 vgl. 76. Nivellement: A. 84. Die Pläne zur Wiederherstellung der Leitung (vgl. Borgnana deir acqua di Q. Marzio Re R. 1861) sind 1869 zur Ausführung gelangt.

§ 7.] WASSERLEITUNG. 467

ersten Hälfte unterirdischen, vom 7. Meilenstein auf Bögen geführten Kanal in die Stadt geleitet Dieselben Bögen tragen Yon da ab unter deni Kanal der lulia den der Tepvla, CUber .jenem den der Marcia (s. unten).. Zugleich stellte Agrippa die Appia, den Anio und die Marcia wieder her®*).

lui Jahre 749/50 stellte Augustus sämmtUche Leitungen wieder her und baute bei dieser Gelegenheit den Rogen über der aus der porta Yminalis hinausfuhrenden Strasse, die nachmalige porta Tihurtina, welcher noch jetzt seine Dedi- cationsinschrift trägt: darunter stehen die auf die Herstellun- gen der Marcia bezuglichen Inschriften der Jahre 212 u. 79 *^). lieber diese augustische Wiederherstellung des Anio oben A. 86.

Die neuesten Entdeckungen haben im vollen Umfange

^^) lieber die Tepula: (die Censoreo) ex agro Lueuüano, quem quidam Tusmlanum credunt, Bomani et in CapitoHum adducendam cu- raverunt. Ort: via Latina ad X miliarium n. s. w; die genaue Be- schreibang des Laufs ist im Text des Frontin ausgefallen, lieber die lulia: (Agrippa) ad fmUarium ah urhe XII via Latina . . . atteritts aqua» pro'prias vires coUegü et Tepulae rivum intercepit. adqmsitae aquae ab inventore nomen luliae datum est, ita tarnen divisa erogatione ut ma" neret Tepulae appeüatio. Folgt die Besciireibuog des Laufs und die Besprecbuog dep aqua Crabra welehe, ohwobl sie praeter eaput luliae iransflmt, nicht benutzt wurde. (leber diese oben § 1 A. 20. Das

Yerbältniss beider vor ihrer Vereinigung am 7. Meilenstein ist unklar:

INibby Analisi 3, 155.

^) Senatsbescblttss vom J. 743 (Frontin 125) über Herbeiaciiafiung

von Material zur Herstellung der rivi forniceSf quos augustus Caesar ■se rtfeeturwm impensa sua senatui polUcitus est. Augustus Moa. Anc.

4, 10 f.: rivos aquarum campluribus locis vetustate labenies re/eci. In- schrift desBogens (über welchen oben S. 356. 358) CIL 6, 1, 1244: imp. Caesar . . (749/50) riuos ommum. aquarum re/ccit. (Mommsen zu Resg.

5. 56 bemerkt dass im cod. Redianos und bei Ferrarinus dieselbe In- schrift der <porta Praenestina', im Stosehianus der 'p. Salaria' gegeben werde; jenes aicher^ dies wahrscheinlich eine Verwechslung: im CIL findet sich Nichts darüber); darunter 1245: imp. Caesar . . (Caracalla 212) aquam Marciam variis kasibus impeditam.^ purgato fönte, exdsis et perjbratis montibus, restituta forma, adquisito eüam fönte novo Anto- niniano in sacram urbem suam perducendam curavit; darunter 1246: imp, Titus . . . (79) rivom aquae Marciae vetustate dilapstun refeeit et aqtfam quae in usu esse desierat reduant,

30*

468 THEIL L

be«titigt, was man bisher mit mehr oder minder grosser 'WahrBcheinlichkeit aus der alten Beschreibung des Laufes de<r Tepula luUa Mareia vermulhet hatte ^^). Die alte Be- sthreibung besagt, dade sie von den Piscinen am 7. Meilen- stein nahe der via Latina auf dieselben Bögen geleitet, dann (jedesfalls unterirdisch) auf das Niveau des Virninals gefihrt und bei dem viminalischen Thor wieder zum Vor- schein gekommen sei. Reste der Bogenleitung sind vor der Porta Maggiore vorhanden, stecken von da bis zur Porta S. Lorenzo (dem Strassenbogen des Augustus) in der Stadt- mauer, und liessen sich noch bis vor nicht langer Zeit von da aus in grader Richtung auf den Monte di Giustizia an der Nordseite der Via di S. Lorenzo verfolgen**). In der- selben Linie aber ist neuerdings an der Ecke dieser und der neuen Via Milazzo der unterirdische Lauf kaum 2 300 M. nördlich von den Resten der überirdischen Leitung gefunden worden (A. 95): hier also muss das alte Terrain durch eine starke Steigung die Verwandlung, der überirdischen in die tinterirdische Leitung veranlasst haben *^). Dass ferner die

^1) Frontin 19: hae tres ü pUcinis in eosdem arctts recipütntur, iUfMnus [ew] hu (?) ett luUae^ inferior Tepulae, dein Marda; quae ad Hbram [oolUs Vi\minalis eo[nkmotim infra ierram a]ntea f/b^jmter («eo «•««*«»«* ntea * * * * enies die Hs.) ad yiminalent tisque portatn deveniunt: ibi rursus emergunt. So hat Polenos dem Sioiie nadi yor- treffJkii ergäiiet (ßuentes Bücheier, eurUes Polenad: doch faeisst es rivi ^eunt io deo A. 95 a. Jaselirifteo). Seine £rkliirtiBg ist in allea Stäeken beitätigt worden : auch den Wechsel des JNiveaus hat er richtige er- kannit. ^— Ueber die Reste in der NShe der PisoiaeD Fabretti 1, 8.

®^ S. besonders den CeBsi]8]»lan und die älteren, aameBtliefa Falda's da Vaiduggia: heut ist die ganze Oegead nicht wieder znkenoen, die Reste vnm Thor an scheinen ganz verschwunden zn sein, lieber die unterirdische Leitung Laneraoi Bidl. mun. 2, 204 ff* vgL A. 95.

^^) Die uofteriniisehe Leitung der Martin ist 5, 68 M. unter dem heu- tigen jaeuhergestellteo) Piano der Via S. Lorenzo gefunden. Die Süd- ecke des Prätorianerlagers liegt 55 M. (franz. Gen. St. Plan), das Piano des Anfangs der Via nazionale, da wo sie aas der Exedra der Thermes des Diecledan debouehirt, 52 M. (Lanoianis Mittheitung) über dem Meer«. Wenn nieh airine Erinnerung nicht trügt, so liegt die erwähnte Gegend der Via di S. Lorenzo ungefähr in demselben Niveau. Die Mnnia

§ 7.] WASJjfiRJLJEiTÜNG. 4.69

gemeinsame Leitung am virninalischen Tfaar^ wenigstetis Bach der Wiederherstellung durch Augustus, ihr Ende erreicht hat, beweisen deutlicher als die ^tte Beschreibung die Fundorte der je 240 F. von einander entfernt ^aufgestellten Jeru^ina- tionssteine des Augustus , deren . ejnig.^ . eine> Kantrolle zu- lassen ^^). Wir nehmen dabei an, dass die Leitung ton Perta Maggiore bis zur porta Virntualis rund 1600 M^ «±= 5333 F, lang ist, wozu die vorhandenen Reste berechtigen: so ergiebt sich folgende^ Resultat:

N. 63 gefunden 1% MiJl. vor

Pqrta Maggiore .... 14333 Normalzahl 15120,

liefe also hier vielleicht mit etwa 46 bis 4^, M. ü< d. M. aateL'irdjsci). Auf der Porta San Loreozo lieget die Marcia über dem alt«n P0aster 6, 60, über dem Meer nach E. De Mauro (bei Parker Aq. S. 125) 54, 405. Hieraus würde nach einem freilich sehr nnsfchereir Atfsatz auf ein Ge- fall Yon ^ bis ^ auf 100 Fass geschlossen werden k$niien^ Vitrav 8^ 7, 1 schreibt für die Leitan^ in eanaies stru^tile$ nach der Its. ÜeberUei^ rang ne minus in centeno» pedes semipede vor (die £pit. S. 293 R. pede semis inter centenos vel LX pedes). Mit welchem Recht man jetzt aus Plinias 31, 57 sicilico korrigirt statt umgekehrt, kann ich nicht sagen. Secchi (s. A. 84) S. 17 benutzt die UeberlieferuDg bei Vitrav. HoffeDtlich wird die Pablikation uafassender ]>(ivellirttDgen uda einmal über alle diese Uitöicberheiteii hinweg helfeik,

^) Schon Fabretti 2, 17 f. hat mit den Fundorten gerechnet. Durch den neu entdeckten Stein N. 2 (Lanciani Bull. mun. 4, 134 if. 172 T. XVIII) und die genaueren Angaben im CIL 1249 (doch ist hier Läncl Bdeh nicht berücksichtigt) ist die Aufgabe wesentlich erleiehtert.' -— H. 63 «= CIL 1249 f, N. 25 « b, N. 5 « a, N. 2 «« « (Add,). ' Ueber den Fundort von N. 5 vgl. ausser Lanciani aueh Visconti Bull..l869^ 215^ nach denen die obige Angabe wohl gerechtfertigt, ist. Schwie- rigkeiten bereitet N. 2 (gefunden innerhalb eines kleinen Grebaudes)': Lanciani giebt aa. 00. auf der einen Seite: // 1 ped CBXXX (die 2ehner halb zerstört), auf der andern // 1 [pe]d CBIli Heozen l^st' naoli PeDe-^ grini (aber 'contuli') die Zehner gane lort. Die VenmUhung Lanmni's dass B = DL sei, die Zahl also 480, scheint mir unzuläss%, da B meines Wissens sonst := Z> ist ; auch stimmt die Rückseite nicht. Richtig aber hebt er hervor dass locale Hindernisse die Verdoppelung der Bistanz herbeigeführt haben müssen: ein Steinmetzversehen ist wohl anzunehmen.

470 THEIL L

N. 25 unmittelbar vor P. M. 5333 Normalzahl 6000,

5 in Vigna Rondinini, we- nigstens . 1032 1200,

,, 2 50 M. östlich vom alten

Thor 172 480.

Soweit dies also nach der Beschaffenheit der Fundootizen und der Messung irgendwie zu erwarten, wird durch die Steine 5, 25, 63 die Nachricht bestätigt, dass der Anfang der Zählung am viminalischen Thor gemacht war. Der Stein N. 2 dagegen ist augenscheinlich in die Nähe des Thores verschleppt; aber er zeigt noch eine andere Unregel- mässigkeit: sein Abstand von N. 1 scheint nehmlich das Doppelte des gewöhnlichen betragen zu haben, und es wird also in der regelmässigen Fortzählung hier in ähnlicher Weise durch lokale Hindernisse eine Störung eingetreten sein, wie bei der der Pomeriensteine im Marsfeld (oben S. 329 ff.). Hiermit steht nun in einem bis jetzt noch nicht aufgeklärten Widerspruch, dass innerhalb des Walls unmittelbar an demselben sowohl südlich wie nördlich von dem viminali- schen Thor die Leitung wiedergefunden worden ist, sudlich an der Südostecke des Bahnhofs, nördlich in der Richtung längs der Nordseite der Thermen des Diocletian. An dem erstgenannten Punkt und dicht am viminalischen Thor (nörd- lich der dasselbe passirenden alten Strasse) fanden sich ausser- dem an ihrem ursprünglichen Platz Steine der Wasserbeamlen der Jahre 39 49 n. Chr., welche anzeigen, dass 'hier die drei Wasserleitungen laufen', also doch wohl unterirdisch liefen: also eine Art öffentlicher Anzeige, wie man heut- zutage an den Häusern die Abstände der Gasleitungen von der Strassenflucht angiebt mit dem Zweck, die Aufdeckung für Reparaturzwecke zu erleichtem, möglicherweise auch zum Schutz der wenig unter dem Fussboden laufenden Gewölbe gegen Beschädigung durch Lasten. Der vom Thor nordwärts gehende Strang scheint sich in drei divergirende Stränge zu theilen, der südwäjrts gehende ist leider nicht untersucht

§ 7.] WASSERLEITUNG. 471

worden ^'^). Wohin führten diese Leitungen und wo ist das Kastell, aus dem sie sich abzweigten, geblieben? Diese Fra* gen scheinen bis jetzt nicht beantwortet werden zu kdanen. 6. Vtrgo, wurde von Agrippa auf eigene Kosten gebaut und am 9. Juni 735 dedidrt. Das Wasser wurde aus der wasserreichen Gegend am 8. Meilenstein der via CoUaiina in einem über 14 Millien langen^ fast ganz unterirdischem Kanal geleitet ; nur 1240 Schritt lief sie überirdisch und zwar nur 700 auf Bögen. Diese Bögen werden ausschliesslich auf den letzten städtischen Abschnitt zu rechnen sein: denn die kürzeste Entfernung zwischen den gleich zu beschreibenden Anfang und Ende der Bögen beträgt rund 500 Schritt. Sie durchbrach den Monte Pindo, wo bei Villa Medici ihre Lei- tung sichtbar jst und 2 Terminationssteine der Restauratio- Pen des Tiberius (36/37) und Claudius (44/45) mit der N. 1 gefunden worden sind. Von der Via Gregoriana an lief sie sicher auf Bögen über Foutana Trevi, in deren Nähe sie er- halten sind und eine Inschrift des Claudius vom Jahre 46 tragen. Sie ülierschritt dann die vui lata und endete längs der Front der saepta, wo ihre Reste ebenfalls bei S. Ignazio gefunden worden sind. Ob eine Zweigleitung in der Richtung der Via Condotti alt ist, ist nicht entschieden: die Quellen wissen davon Nichts. Von den Werken, welche sie im Marsfelde bewässerte, ist schon Bd. 2, 65 die Rede gewesen (vgl. Th. II). Die Leitung ist, obwohl schon im 8. Jahrhundert theilweise zerstört, niemals ganz ausser Thä- tigkeit gewesen: seit dem Jahre 1535 ist die Geschichte ihrer V^iederherstellung aktenmässig beglaubigt Ihren neuen Na- men, 'acqua di Trevi' (die fontana di Trevi ist 1762 voll- endet worden) verdankt sie dem mittelalterlichen der regio trivii (s. Bd. 2, 316, 526»«).

^) Hierüber zuerst Visconti Bull. deU'inst 1869, 212 ff, <2 Steiae am Bahnhof), dann Lanciani Bull. mon. 4 a. 0. (Stein am Thor). Die Inschrift lantet (auf allen dreien): hoc rivi agutnium) trium eunt: eippi positt iussu A. Didi GaUi^ T. Rubri Nepotü, M, ComeU Fimä eurah tor{um) aquar(um)', Gallus war (nach Frontia 1()2) eurator aquamm in den JJ. 39-49, die beiden andern seine adiutoret,

M) Dio 54, 11: xo re vStoq to üag^inov xaXovfuvov töis iSloig

472 THEIL I.

7. Älsietma oder Angusta (zu unterscheiden von den gleichnamigen ErgSnzungsleitungen der Appia und Marda) im Jahre 752 von Augustus für Speisung seiner Naumachie in Trastevere angelegt und nur im Nolhbll den Bronnen zugeführt, führte das Wasser daliin aus dem /actis Ahietinus (lago di Martignano) in einem über 22 Millien langen in den Fels- boden geschnittenen Kanal, nur 358 Schritt über Bögen '0*

tiXeaiv Icayaywif Avyovat&if nqo^yhqriai (letzteres, wie schoo Saebse 2, 97 beAerkty falach: Firgo Frontio and die Steine). JVach den Akten FrontiQ 10: (Jahresbestioimung) Virginem quoquß in agro Lucuttitno coUectam Romam perduxiU dies quo primum in urhe {urbem die Hs., 8. Polen.) responderit quintus idus lunias invenitur. Es folgt die Be- sehreibung der wanderbaren Entdeckung durch eine virguneula, welche an der Quelle bildlieh dargesleUt sei (andere Erklänyigeo des Namens bei Plia. 31,42: iuxia est rivus fferctdaneu* quem rtfugiens Virginis nomen optinuü ond Cessio d. Var. 7, 6 : quod nullus sordihus polluatur) und des Laafs. Dazu 22 : arcus Firginis initium kahent suh kortis Luculianis (auf dein Pincio) ßnnmtur in catnpo Martio secundum fron" fem saeptorum; woselbst sie im 17. Jabrh. ond vor Knrzem gefunden sind: Forma S. 36*. Strasienbogen in Via del Nazareno aad V. Della Stamperia mit der Inschrift CiL 6, 1, 1252: Ti. Claudius ... (46 a.C.) arcus ductus aquae Firginis disturhatos per C Caesarem a fundofnentis novos fecit ac reslituü. Abbildung: Piranesi Ant. Terminations- steine (mit der Ueberschrift Firgo)'. die beiden auf dem Pincio ge- fundenen (einer von Tiberias, der andere von Claudius): / p. CCXL^ der dritte bei Muro torto vor P. del Popolo (von Tiberias): HIlp. CCXL, also doch wohl verschleppt? Der Anfang der Leitung kann doch nur westlich von S. Tgnazio angenommen werden: dann würde N. 1 noch westlich vom Corso, N. 4 westlich von Fontana Trevi gestanden haben. Lauf: Nibby Analisi 3, 469 ff. Geschichte: {forma Firgints fraeia das Eins. It., Bd. 2, 382), besonders seit 1535, bei Fea Storia delle acqne S. 9 ff. 63 ff. (daselbst S. 24 f. über die Zweigleitung, deren Anlage er dem Agrippa zuschreibt, die Wiederherstellung den Päpsten) Nibby R. mod. 2, 16 ff. 47 ff.

^) Aus Frontin 11 hebe ich hervor: quae ratio moverä ^ugustum providentissimum principem perdueendi Msi&tinam aquamy quae vo- catur Augusta non satis perspicio . . . njsi forte cum. opus naü- ptackiae adgrederetur, nequid salubrioribus aquis detraherety hone propm opere perduxit, Ders. 22: MsieÜnae daetüs post naumachiam.^ cuius causa mdehir esse f actus, ßnitur. lieber die Naumachie s. Th. 11. ~ Den Lauf fand Nibby im J. 1826 mit der Beschreibung überein stimmeod

§ 7.] WASSERLEITUNG. 473

8. Clandia und 9. Anio nova, von Caligula im Jahre 38 begonnen, von Claudius im Jahre 52 Yoltendet, und am 1. August Jahres eingeweiht, wurden beide aus den Quellen an der via SublaceMis, jene in der Gegend des 38., diese in der des 42. Meilensteins gesammelt, bis zum Aus<- tritt aus dem Gebirge bei Ponte Lupo in getrennten, von da ab in vereinigten Leitungen, jene 46, diese 58 Heilen lang, beide etwa 10 Meilen oberirdisch , nach Rom geführt Die vereinigte Leitung folgte zuerst der im Ptaenestina, über^ schritt sie in südlicher Richtung, erreichte die Laiina, um am 7. Meilenstein, wie die übrigen Leitungen, in Piscinen ge*- reinigt zu werden. Hier wie auf der ganzen Linie haben sich bedeutende Reste der Pfeiler und Bögen aus Quadern von Tuf (Travertin im Bogen) mit den dardberliegenden Ka- nälen erhalten.

Sie erreichte dann wieder die Praenestina, wo die £a6t* cana sich von derselben abzweigt und überschritt sie auf einem mächtigen Doppelbogen, der nachmaligen Porta maggiore

(Analisi 1, 139 f.). Es ist anüalleBd dass Aogafttus zwar die Wieder* herstelluog der früheren Leitaagen erwähnt (oben A. 90) und das naväUs proelii spectaculum irans Tiberim (Mominsen S. 66), nicht aber den Bau der neuen Leitung quae vocatur Augusta. Seine Sorge für Wasser- versorgung nicht blos der juUachen Colonien sondern aueh der Muni* cipien in Italien ist bekannt (Mommsen Zs. f. R. G. 15, 287 ff. Nissen Bull. d. i. 1865, 109 ff. De Boss! Ann. 1873, 170 ff.). Die falsche Lesart algeatina in der einen Hs. B. des Guriosum ist die alleinige Quelle der beim Anon. Magliab. (S. 15 Merckl.) und in anderen Ab- sehriften des 15 Jahrh. verbreiteten Lesart algentiana. Mit dieser operirte nun der anonyme Verf. des 'Victor' weiter, indem er falsch die Namen 9. 11 j4nguitea /4Ui€tma des allen Verxeichoisses identifi- cirte (haUia stve kalsiBtäma que augusta), dagegen als einen besonderen Namen dahinter algmtiana avfaahm. Dies ging in die ^Regionen' des Laetns über (die vatic. Ha. giebt hatsiä i haiHeHna que amguste [so], dann algmiiiana), und hatte endlieh weiter zur Folge, dass Fahretti (3, 13) den falschen Namen auf eine von Tnsculum herabkommende Leitung bezog (ähnlieh Nibby Analisi 1, 122 f.), Cassio l, 181 dieselbe für die Antötriniana »» Alf^Bfäiana erklärte. Natürlich lavcbt sie aueh bei Parker A<f. S. 100 wieder anf. Nicht gaoa genau giebt die Ge* nesis der Fälschung De Ressi Ann. 1872, 177.

474 THEIL I.

und endete hinter den harti PäUantiani auf dem Esquilin, von wo aus sie in Röhrenleilungen ihr Wasser durch die Stadt vertheilten. Die Claudia erhielt die aqua Cciemka und die Curtia und den fims Albudinus als Zuflüsse. Jene beiden wurden Yon Vespasian im Jahre 71 und von Titus im Jahre 81 wiederhergestellt.

Bei der Spes vetus gab sie eine, wie es scheint, erst von Nero hergestellte Zweigleitung ab, welche über den Caelius nach dem Tempel des Claudius führte. Diese Leitung wurde im Jahre 201 wiederhergestellt: auf dem wenige Jahre dar- auf verfertigten kapitolinischen Stadtplan ist dieselbe dar- gestellt. Im Hittelalter hiess sie forma LcUeranensis (Bd. 2). Reste derselben (es ist ein Ziegelbau vollendetster Kon- struktion) stehen mit kurzen Unterbrechungen auf der gan- zen beschriebenen Linie. An zwei Stellen musste auch diese Leitung die aus den Thoren der alten Stadtmauer am Cae- lius hinausfährenden Strassen überschreiten: einmal (vor der porta Caelmontana?) auf dem jetzt nicht .mehr erhaltenen sogenannten 'arcus Basilis' (oben S. 226, 336), ein zweites mal, ungewiss vor welchem Thor, auf dem im Jahre 10 n. Chr. errichteten sogenannten Bogen des Dolabella (S. 364. 367 Ä. 40). Die ursprüngliche Bestimmung desselben ist noch nicht ermittelt (vgl. S. 352). Die Fortsetzung der Leitung sieht man das Thal zwischen Caelius und Palatin überschreiten. Dieser Theil ist später, vielleicht erst zum Behuf der Bewässerung der von Severus auf dem Palatin errichteten Anlagen gebaut ^^).

^) Ausfilhrlich Frontin 13 ff. ans dem ich hervorhebe: Gaitu Caesar . . . duoM duelus inchoavit, quod opus Claudius magnißemtissime consum- tnavit dedicamtque , . . kakndis ^ugustis. BescbreiboDg des Urspmngsgebiets und des Laufs verifieirt besonders von Nibby Analisi 1, 164 ff. 479 ff. 2, 577 ood von F. Gori (s. oben A. 88). Wenn Frontin die Clandia via Sublaemsi ad miUarium XXXf^IIl ans dem /ans Caeruleus und Curtius entstehen lässt und die Länge des Laufs auf m. p, XL^I aufgebt, während Clau- dius selbst (unten) a miÜiario XXXXF {perducendam curamC) sagt, so kann dieser Widersprneh soviel ich sehe nicht mit Henzen durch die Annahme gelöst werden, dass nach Claudius die arcus Nenmiani und

7.] WASSERLEITUNG. 475

10. Die Traianß wurde nach der an der Leitung selbst 10 Müllen vor der Stadt gefundenen Inschrift im Jahre 109/110 aus den), lacus Sabbatinus (lago dl Bracciano; dabeir im Mittelalter auch Sctbbatma) auf die Höhe des Jandculum geleitet, welche sie längs der via Aurdia erreichte* Hier trieb sie die Mühlen und wurde weiter in den damals an Bevollierung stark zunehmenden transtiberinischen Stadt- theil vertbeilt. Sie iM im Jahre 1611 von KarlV als Acqüa Paola wiederhergestellt worden und versieht heut dieselben Dienste wie ehemals. (S. Bd. 2, 225 f. und oben § 6 A. 48). Die Annahme einer den Aventin versorgenden zweiten (oder einer über die Brücken dahin abgezweigten) aqua Tratana

andere Mnzogekoiameii sind: dena Claudias giebt niclit die LSage d«r Leitung sondern den Abstand des Ursprungs von der Stadt nach dem Wegemaass an: die Differenz von 10 Millieo kann nur auf die Ver- längerung dieses im Ursprnngsgebiet geben : wie dies mö'glicb ist, kann ich nicht entscheiden. Terminationssteine fehlen. Inschriften des Strassendeuksuds CIL 6, 1, 1256: Tu Claudius . . . aquas Claudiam ex fontibus qtä vocmifur Caeruhus et Curtias a milUario XXXF, item Anienem novam a milliario LXII süa impensa in urbem perducendas ctaravit; darunter 1257: imp. Caesar Fespasianus . . . aquas Curtiam et Caeruleam perducta» a dwo Claudio et postea intermissas dilapsasque per annos novem sua impensa urbi resUiuiij darunter 1258: vmp, T CaeseBT . . . aquas Curtiam et Caeruleam perductets a divo Claudio et postea a divo Fespasiana patre suo urbi restüutas cum a capite aquarum a solo düapsae essent, nova forma reducendas sua impensa curavit Zweigleitung und Ende nach Frontin 20: finiuntur areus earum post hortos PaUantianos et inde in usum urbis ßstulis deducuntur» partem sui Claudia prius in areus qui vocantur Neroniani ad Spem veterem transfert. hie direcH per Caeliwn montem iuxta iemphim divi Claudii finiuntur, Signorili las Un fomtis . . . ante hospitale S. Angeli prope Lateraanm' die Inschrift 1259 : imp. . . . (Severus und Caracalla 201) areus Caelemontanos plurifariam vetustate eonlapsos et conruptos a soh sua pecunia restiiuerunt. -^ Auf dem Stadtplan (Fr. 45) ist dem Grund- riss aqueductium beigeschrieben: das Fehlen des Namens erklärt sieh daraus dass das Werk eben neu hergestellt war. Bogen des Dola- beila, Abbildubg z. B. Reber Ru. S. 464. Da Frontin 87 sagt, dass bis auf seine Zeit nur die Claudia den Aventin und Caelius bewässerten, so kann er nicht im J. 10 eine Wasserleitung getragen haben (Benzen S. 272 oben). lieber die Leitung nach dem Palatin vgl. Th. 11.

476 *^^^^ '•

beruht meines Wissens alldn auf einer falschen Inschrift (8. Bd. 2, 296. 309«*).

Uefaer die Leitungen nach Trajan sind wir so unvoll- ständig unterrichtel, die technischen Untersuchungen der nictit sicher ben»inten Reste sind trotz breitester Besprechung noch immer so ungenügend, dass ich im Wesentlichen audb jetzt noch bei den Resultaten der im Anscbluss an das Ver- zeichniss der Notitia geführten Untersuchung des 2. Bandes S. 223 ff. stehen bleiben muss. Wir haben keine Nach- rieht von Ldtungsbauten bis auf Severus und Caracalla^^^). Diese stellten die Mareia luUa Tepuia wieder her (oben 3) und lugten denselben den fom AwtonmianuB hinzu. Diese Leitung kann wohl nicht diejenige sein, deren Reste in der Uichtiing auf die Thermen des Caracalla noch auf Ndliis Plan verzeichnet sind und in deren Linie der Drususbogen steht:

^) Ich setze Dvr die -Zeugnisse noeh eiamal her: intp. . . aqoAfn Ttaümam pecunia sua in urbem perdtutit emptis loois per iatihid(inem) p(edes) XXX (Or. Henz. 5097; vgl. Feas Berieht Storia delle aeqne S. 263 ff. » Mise. 2, 199 ff.). Münzen : Cohen Trij. a05 » fickhei 6, 425.— Falsche Inschrift auf einer angeblieh 'in Aventino versus P. S* Paidi' gefundenen Bleiröhre (Panvin. Rom« 212^ 22): aqua Traiana Q, j4fdeuu Q.f. Jnian{ianus) cur. thermarum Varianarum (gemacht mit Hälfe der falschen Lesart ihermas f^arianms statt Surianas Not. R. XIIl; übri- gens lag dort auch die prwata Treianil)* Bass Trigan irgend eine Zweigleitttiig nach dem Aventin geführt haben köane, soll natürlich nicht geleegnet werden.

100^ Frontin spricht c. 88 nnr von einer Ergänzung der bestehen- den Leitungen und der Ausdehnung ihres VertbeilungssysteiBS. Dass Hadrian keine neue Wasserleitung für Rom baute beweist das Sehwei- gen der Qtiel^en, besanders des Spartian, dessen Worte c. 20: nudtas cmtatea Nadrüm&p(di^ appellavit, ut ipsam ßarthaginem et Athenatrum partem* aquafum duotut eHam infiKÜosif) hoc nomine mmatpamt, nur auf die Bauten in den Provinzen bezogen werden können -— ich e^- innere nur an die grosse peleponnesische Wasserleitung (Hertzberg firesch. Gr. 2, 313) und an die athenisdie (CiL 3, 1, 549 Wachsmuth Athen 1, 689) und vollends beweist Nichts die aegeblieh inschrift- lioh bezeugte Erriohtuag ein«r Leitung nach Gabu' (vgl. Nibby Anal. 2) 77). Nur durch grüidlidies Missverständniss dieser Zeugnisse ist Parker zur Annahme einer neuen Leitung liadrians, nach ihm der ge- wöhnlich Meapanärina genannien (unten), gelangt (Aq. 86 ff.).

§ 7.] WASSERLEITUNG. 477

dies, ist vielmehr wahrscheinlich die Nebenleituog des Anio vetus (oben). Elbenso unsich^ ist es, ob wir die

11. Severiana, welche nur das Verzeichniss der Notitia nennt ^^^), als eine Leitung nach den ebenfalls nicht sicher zu bestimmenden Thermen dieses Kaisers, oder eine Zweig- leitung zu betrachten haben und wo sie zu suchen ist. Sieber ist nur, wie der Name es sagt, dass sie nicht die

12. Alexandrina oder Akxandriana ist, die Leitung, welcbe dieser Kaiser nach glaubwürdiger Ueberlieferung mit meinen gleichnamigen Thermen im Marsfelde in Verbindung seta^te. Es bleibt nun von den grossen erhaltenen Haupt- leitungen eine übrig, welcher sicher keiner der Namen 1 bis 10 zukommt: eine zwischen der via Labicana und firaenes- iifun in sehr bedeutenden Resten trefflicher Backsteinbogen erhaltene Leitung, welche sich bis in die Nähe von Porta maggiore verfolgen lässt. Seitdem Sixtus Y. im Jahre 1585 aus derselben Gegend und in fast identischem Lauf seine neue Acqua Feiice zum Tbejl mit Benutzung des alten Mate« rials nach Rom geführt hat, ist ziemlich allgemein angenom- men worden, dass dies eben die Alexandrina sei^^'). Man hat

101^ VoQ den stadtröroischea Neubauten des Severus uod Caracalla ist Form« S. 9. 37 ff. gebaodeU worden. V^I. obeo S. 373. Dass die aqua Severiana uiter denselben nicht genanat wird und nur in der Notitia erscheint» iumn iVeilich Zweifel daran erregen dasa sie eine neue Leitung war- Doch vgl. A. 102.

!<>') Lampridius Alex. Sev. 25: ipse nova mutta eonstitaü, in thermas nominis aui iuxta eas quae Neronianae fuerunt aqua indmta quae AlexanäPiana nunc dicitur. Die Excerpte über die Kaiserbauten nennen nur die Thermen (Bd. 2, 33), die Notitia beide Werke. Von Restan- ratioval^auten werden von dem Biographen das Iseum (c. 26) und die Thermen des Caracalla (c. 25), nicht der Gircus genannt, dessen In- schrift doch erhalten ist (CiL 6; 1, 1083). Ich führe dies an^ weil man daraus ersieht wie lückenhaft und zufallig unsere Kenntniss der spä- teren Kaiserbauten ist. Gegen Fabrettis Identificirung der ^leofan- drvna mit der beschriebenen Leitung (s. Bd. 2, 226 f.) ist so viel ich weiss nichts Stichhaltiges vorgebracht. Denn für Parkers Behauptung, das Ziegelwerk trage den Charakter des 1. oder 2. Jahrhunderts (Aq. S. 88 : daher benennt er die Leitung trajanisch oder hadriaoisch, oben A* 100), werden wir van competenter Seite die Bestätigung abzuwarten

478 THEIL L

dafür auch geltend gemacht, dass in der 5. Region ein nymphaeum Alexandri genannt wird und hat dieses bald in der Ruine ^Minerva medica', bald in der Ruine 'Trofei di Mario' finden wollen (über beide Gebäude s. Bd., 127 ff,, 517 ff.). Die letzte Annahme ist unmöglich, wenn auch eine sichere Benennung des Monuments noch nicht gelungen ist Die Wasserhöhe dieses grossartigen, ehemals mit den jetzt auf der Balustrade des Kapitols stehenden Trophäen verzier- ten Brunnens {locus) ist viel höher als die der sogenannten aqua Akxandrina, unsicher ist es, ob sie der Wasserhdhe der lulia oder des Änio navus entspricht. Bögen der Zweig- leitung, welche das Wasser dem Monument zuffibrten, stan- den noch in diesem Jahrhundert. Das Mauerwerk des Mo- numents wie der Bögen gilt für spät, unter den erwähnten Trophäen soll eine Widmung (?) eines Freigelassenen des Domitian stehen. Ein kaiserlicher Bau ist es unzweifelhaft, errichtet an der Scheide zweier aus dem esquilinischen Thore ausmündenden Strassen (oben S. 361 f.); wie derselbe zu dem Namen 'Cimbrum' und 'trofei di Mario' gelangt ist, wissen wir noch nicht ^^*). Dagegen hat die Identificirung

babeo. Eatscheideo müssen die Stempel: aber den halb zerstörten auf einem 4ater . . arcubas primitivis insertns' mit der Inschrift (im Sasseren Rinjf:) opus doUa [re , . ,]i Aug (im inneren:) ex fig[Unis Caesa]rit n(ostri)j (im Centram schreitender Hnnd) bei Fabretti 1, 5 T. V. S. 13 kann ich nicht verificiren.

^^^) Ein den 'Trofei' allerdings sehr ähnlicher Bau ist aaf der von Lenormant pnblicirten Münze des J. 226 (Revne nnm. 1842 S. 336) dargestellt: indessen ist trotz Visconti (Ball. man. 2, 227) diese Aehn- lichkeit kein Beweis für die Richtigkeit der Benennung nymphaeum j4lexandH\ ist die Alsstandrina die von Fabretti so benannte Leitung, so is^ ihr ^iveaa sicher niedriger als das der Leitung dei* Trofei, mögen nun die französischen Architekten rechthaben, welche imJ. 1822 das der luka mit ihm übereinstimmend fanden (Nibby Roma ant. 1, 358), oder Parkers Architekt, der das des Anio novus und der daudüt überein- stimmend fand (Gori Baooarotti 1871, 126 f. Parker Aq. S. 125 T. XII), was ich nicht entscheiden kann. Zeit des Baus: Das Mauerwerk sowohl der 'Trofei' wie der dazugehörigen Leitungsbögen hielt Nibby a. 0. für severianischc Arbeit. Die wenigen Buchstaben einer kürzlich in den Trofei entdeckten grossen Inschrift . . oma . . | . . to . . lehren

§ 7.] WASSERLEITUNG. 479

des nymphaeum Akxandrt mit der * Minerva Medicd\ einem Gebäude, welches nach der Technik des Ziegelwerks sicher in's 3. Jahrhundert gehört und dessen Bestimmung alsTheil eines grossen Wasserwerks durch die kürzlich erfolgte Auf- deckung der Röhrenleitung ausser Zweifel ist, sehr grosse Wahrscheinlichkeit, wenn auch wegen der weitreichenden Folgerungen, welche diese Annahme für die Topographie der 5. Region haben würde, das Urtheil bis zu der hoffentlich zu erwartenden Beendigung der Ausgrabungen ausgesetzt werden muss. Nach alledem ist es immer noch zweifel- haft, ob die gedachte Leitung die AUxandrina ist, aber ebenso unzweifelhaft, dass ihr ein anderer Name mit Sicher- heit nicht beigelegt werden kann.

Yon spater erbauten neuen X.eitungen oder auch nur von umfangreichen Reparaturen der alten ist uns Nichts be- kannt Zwar giebt das Verzeichniss der Notitia 19 Namen. Allein 4 derselben fallen als Namen uns bekannter Neben- leitungen weg: die drei übrigen sind unerklärt, möglicher- weise ebenfalls Namen von Zweigleitungen, schwerlieh Doppel- namen von anderen. Wenn noch später Prokop 14 Leitun- gen zählt (Bd. 2, 228), so ist es klar, dass er mit Zuhilfe- nahme einer und der anderen Nebenleitung welcher, ist nicht auszumachen und auch gleichgiltig die Zahl auf 14 abrundete, unzweifelhaft den 14 Regionen und 14 Stadt- thoren zu Liebe ^°*).

Nichts (LanciaDi ßuli. comun. 1877, 11). Dagegfn ist die Zeit der Ao- fertigang der durch Sixtus V auf die Balustrade des Kapitols versetzten Marmortrophäea der Seitenoischco sicher (was Bd. 2, 519 übersehen ist). Cittadioi (in den Bandglossen zuLigorius bei Martinelli Roma sacra S. 430): 4o fni il primo che scopersi che quelli trofei erano di Oomitiano de Germanis havendo trovata queila inscrittione sotto uno di essi ancor prima che fossero mossi di lä. cioe imp. Dom. Aug. \ Ger. per. \ Cre. Üb.*: so der Druck, die Hss. nach Bruzza Ann. 1870, 111, der Übrigpens nur die Inschrift selbst wiedergiebt, Chres{tmum) lib{ertum). Demnach wäre weiter zu nntersuchen von welchem der zahlreichen Domitianiscben Bauwerke sie stammen können.

^^) Die 4 Nebenleitnngen des Verzeichnisses sind: 6 Hereulea 7 Caerulea 9 Auguutea 18 ^ntoniniana {antoniania die Hss.). Un-

480 TUEiL l

Dass in der Mitte des 3. Jahrhunderts der Wasser- leitungsbau plötzlich zum Stehen gekommen ist, ist ein Symptom der grossen Veränderung des Kulturzustandes in dieser Epoche. An vereinzelten Riesenbautai hat es freilich in der unmittelbar folgenden diocletianisch-constantinischen Zeit nicht gefehlt (ich erinnere an die Thermen Diocletiaos, die Basilica und die äbrigen Bauten Constantins) und die Be- wässerung derselben mit den vorhandenen Leitungen wird nicht unterlassen worden sein. Aber das grossartige System derselben die grossartigste Schöpfung der römischen Bau- kunst im Dienste der städtischen Wohlfahrt zu erweitern, fehlten dieser Zeit wohl nicht blos die Mittel, mehr noch der Sinn, der bis dahin noch den Staatsorganismus beseelt hatte.

erklärt bleiben 12 Ciminia 13 j4urelia 14 Damnata, Da Doppelaameo in dem Verzeicbniss so gut wie garnicht nachweisbar sind (oben S. 424), so ist die Annahme Ciminia «» Aurelia «» Traiana (S^bbatioa) von vorahereia unwahrscbeinliefa ; Murdia = Aureiiami ist ganz haltlos ; ob an Interpolation aus den viae (IZ, 29) zu denken ist, bleibt unge- wiss. Ebensowenig weiss ich jetzt Sichreres über die Danmata (= d(h traciana [so] derHs. des Silvias?) zu sagen. Wenn eine Diocletianische Leitung, lovia, existirt hätte (Bd. 2, 228 f.), so wäre sie sicher in dem constantinischen Verzeicbniss aufgeführt worden. Oder ist dotraciami s= Diochtiana? Wiederhersteiinngea von Wasserleitiingen in Lambase dorcb Diocletian sind. bekannt : .Renier 108 f. 117.

§ 8. DER INNERE AUSBAU.

Während die Umrisse des äussern Wachsihums der Stadt in den späteren Bildungen sich unverwischt erhalten haben, wie die Formen yorweltlicher Pflanzen in den Gesteinen späterer Erdbildungsschichten , hat das feinere Geäder des ursprünglichen inneren Organismus den Veränderungen der Jahrhunderte geringeren Widerstand geleistet. Und doch fuhren so manche Spuren darauf, dass wir in dem kaiser- lichen das republikanische, in diesem das königliche Rom noch wiedererkennen dürfen. Nicht allein einzelne Gebäude, wie das Tullianum, stehen noch da als Marksteine zur Orien- tirung, sondern Märkte und Hauptstrassen haben im Wesent- lichen ihre Lage nicht verändert und nicht yerändern kön- nen. — Wir werden zuerst zu untersuchen haben, wie es mit der weitverbreiteten Annahme bestellt ist, dass schon im Alterthum über das Mittelalter ist in der Einleitung be- richtet worden gewaltsame Umgestaltungen, besonders in Folge grösser Brände, eine völlige Neugestaltung der Ursprung- lidien Stadt herbeigeführt haben. Denn um eine solche allein handelt es sich: die zahh^eichen Restaurationsbauten, die Aufhöhung des Strassenplanums durch die Schuttmassen (S. 130. § 7 A. 84) kommen hier nicht in Betracht.^)

^) Noch mehr wie io den frühereo Abschoitteo ist hier auf die AnsfahraDgeii im II. Theil za verweisen. Indessen schien andrerseits für die dort zn gebende Darstellung die übersichtliche Zusammenfassang

Jordan, rOmische Topogpraphie. Li. 31

482 'I'HBIL I.

Yon sieben grösseren Bränden vor Augustus haben sich aus der Stadtchronik mehr oder weniger genaue Nachrichten gerettet. Sieht man von verallgemeinernden und augenschein- lich übertreibenden Phrasen spätester Schriftsteller ab, so ergiebt sich aus ihnen deutlich, dass es zwei Ueerde der Brände gab, die ihrer Natur nach gleichartig waren: das ge- werbliche Viertel längs des Tiber von porta Trigemina bis zu den Wurzeln des Kapitols, und die unmittelbare Umgebung des grossen Forum. Beide enthielten in ihren Läden und Waarenlagem reichlichen Zündstoff, mit dessen Vernichtung auch das Feuer, wenn auch oft erst nach zwei- bis dreitägi- gem Wüthen, aufzuhören pflegte.') Es ist also ein verhält- nissmässig kleiner Theil der servianischen Stadt, welcher in älterer Zeit wiederholt der Vernichtung preisgegeben war. Dass in diesem Theil das Feuer^ einmal ausgebrochen, leicht Tage lang wüthete, ohne zum Stehen gebracht werden zu können, ist bei der Natur des damaligen Baumaterials be- greiflich. — Aber auch die grossen Brände der Kaiserzeit haben ähnliche Ursachen und ähnlich beschränkte Gebiete gehabt. Die Heerde derselben waren ausschliesslich die jetzt

der Hauptthatsachen nicht entbehrt werden zu können. Es mtig hier für die voraognstische Zeit an die; wenn auch kurze, doch scharf ge- zeichnete Skizze in Sachsens vergessenem Buche 1, 657 ff. erinnert werden: fdr die Kaiserzeit an Friedländers ausgefohrteres Bild Darst 1 S 1 ff.

') Brände von den Salinen bis zum Kapitol 541 (Liv. 24, 47), vom Rindermarkt bis zum Tiber 562 (35, 40); in der Umgebung des Fornmä 513 (Oros. 4, 11; nur von dem Vestatempel handeln die von Kempf zu Val. M. 1, 4, 4 ang. St.) 544 (26, 33) 576 (Obseq. 8). Sehr merk^ würdig ist die Ton Orosins zweimal gegebene Beschreibung eines Braa'- des, welcher im J. 700 phtrimam urhis partem . . . Xlf^ vtcos (eiut fügen Hss. an der zweiten Stelle ein) cum vico iugario (6, 14. 7, 2), also wohl wieder die Gegend der Brande von 541. 562, zerstörte. Liegt hier im Ausdruck eine confuse Einmischung der 14 Regionen vor? Er fügt hinzu, Augustus habe restauriren müssen! Obsequens 65 (der das J. 704 angiebt) sagt kurz maxima pars urbisy und es mag danach der Werth des wörtlich gleichen Ausdrucks über den Brand von 643 (Obs. 39, nur bei ihm verzeichnet) bemessen werden.

i 8.] DER INNERfi AUSBAU. 4g3

namemflich llngs des Circus, am Forom ttud der sacra via, den saepta auf dem Marsfelde in eigenen Magaiiinen oder den mit den grossen öffentlichen Bauten verbundenen Läden aufgespeicherten Waaren: so erklärt sich die sich immer wiederholende ßrandbeschädigung öffentlicher Gebäude, die sonst weder durch ihr Material, noch durch ihre Benutzung Anlass zur Entstehung eines Feuers boten. Wenn in der Regel trotz des unzureichenden Feuerlöschwesens der Brand auf seinen Heerd beschränkt bleibt und mit der Vernichtung der Vorräthe sein Ende erreicht, so liegt das daran, dass jene Bauten meist isolirt standen, oder gar durch Umfassungs- mauern gegen die umhegenden Strassen geschützt waren. ^)

Besondere Bedeutung wurd von den Alten selbst dem gallischen und dem neronischen Brande beigelegt: jeder von ihnen soll das alte Rom vernichtet und die Herstellung eines völlig neuen veranlasst haben. Man hat bisher unterlassen zu untersuchen, in wie weit die Beschreibungen beider diese Annahme rechtfertigen. Die Details der Beschreibung des Wiederaufbaus nach dem gallischen Brande sind klaglich zu- sammengebettelt und im WesentUchen nichts weiter als roiss- lungene Erklärungen späterer Zustände, mag nun die Quelle sein, welche sie wolle. Zur Zeit Ciceros konnte man Rom, die auf Bergen und Thälern gelegene, in ansteigenden Stockwerken aufgethürmte Stadt mit den schlechten Strassen

') Die grossen Brande der Kaiserzeit bis zum J. 238 zählt Friedläader Darst. 1^ 27 ff. auf. Spätere: anter Aurelian die Hallen der Thermen des Garacalla (Ghronogr. S. 648, 10), unter Carinus und Numerian die Gebäude zu beiden Seiten des Forum (das. Z. 19 f.), unter Maxeatius der T. der Roma (das. Z. 33). Herstellungen naeh Bränden (?): der Saturntempel (wann?); die basiHca luHa 372; vgl. Einl. § 2 A. 35. lieber das öffentliche Feuerlöschwesen § 7 S. 460. Doch wird nach dem neronischen Brande durch Vermehrung der Brunnen ermöglicht ut . . subsidia reprimendU ignibus in propatulo quisque haberet (Tac. Ann. 15, 43), daher der praef, vig, anordnet ut aquam unus quisque inquäinus in cenactdo habeat (Digg. 1, 15, 4). lieber die Anlage von Läden und Verkaufsständen unter den Hallen des Erdgeschosses fast aller öffentlicher Gebäude, namentlich der Schauspielgebäude, vgl. Forma S. 19. 43 Hermes 9, 421.

31*

484 TBBIL I. .

und engen Gassen, verachten lernen, wenn man an Capna mit seiner bequem in der Ebene entwickeUen Anlage dadite. Es galt diese Unregelmässigkeit der herrschenden Stadt zu erklären^). Wäre fiom in seinen ebenen Tbeilea geradlinig gebaut gewesen, so hatte man aus der angeblichea Thatsache, dass die Stadt dem Erdboden gleichgemacht worden, den Schluss gezogen, dass die Verwischung allex Grenzlinien Ton Staats- und Privateigentbum nun erlaubt habe, nach den Grundsätzen der Limitation die neue Stadt aufzubauen. Da dieser Schluss nicht m^lich war, schien der entgegeiigesetzte zulässig, dass jene Verwischung ein buntes Durcheinander von Häuserbauten, die freie Auswahl der Bauplätze veranlasst habe. Und der geneigte Leser mag sich nun ausdenken, wie es gelungen sein mochte, doch noch die alten Haupt- verkehrswege nach den Thoren und von diesen zu den Märkten wieder herzustellen. Aber auch die alten Hauptver- kehrswege wurden ja nicht wiederhergestellt: denn früher liefen auf oder unter ihnen die Kloaken, nach dem Wiederaufbau durchkreuzten sie Staats- und Privateigentbum nach allen Richtungen. Gewiss ein schülerhafter Versuch, das erst später weiterverzweigte Kloakensystem zu erklären! Aber viel wichtiger noch sind die angeblichen Senatsmaassregeln oder Volksbeschlüsse, nach welchen aus den öffentlichen Ziegeleien den einzelnen Bürgern die Ziegel unt^ der Bedingung ge- liefert wurden, dass jene sich verpflichteten, binnen Jahres- frist den Wiederaufbau zu vollenden. Denn diese Angabe beweist, dass die Bestimmungen, welche die, Städteordnungen der cäsarischen Zeit über das Niederreissen und den Wieder- aufbau von Häusern enthielten, innerhalb gewisser Grenzen auch für Rom galten und dass man nach diesen si^h frisch- weg den Wiederaufbau Roms nach dem Brande gedacht hat *).

*) Cicero de lege agr. 2, 35, 96: Romam in moniibus positani et convaÜibuSy cenaculis sublatam atque suspensarrtj non optimis vm, angustissimis semüisy prae sua Capua planissimo in Logo explicata ac prae Ulis aedibiis irridehunt atque contemnent.

^) Die Quellen (besonders Livius 5, 55 Diodor 14, 116 vgl. Schwedt-

§ 8.] DER INNERE AUSBAU. 485

Es steht also mit der sogenannten Gescbichte desselben un- gefähr wie mit der sogenannten Geschichte der Errichtung des Plebejerqaartiers auf dem Aventin: nicht ein einziger Zug ist in beiden alte Ueberlieferung. Wie man sichs über- haupt denken soll, dass mit der Niederbrennung der Holz- häuser und Lehmziegelhütten zugleich die Strassenzüge ver- schwinden konnten, dass in dem Gedächtniss der auf die Burg gefluchteten Yertheidiger in wenigen Monaten jede Er- innerung an den Besitzstand ausgelöscht worden, während doch nachweislich Verheerungen ganzer wesentlich noch mit demsel- ben Material gebauter Stadttheile in späterer Zeit dies Wunder nicht gewirkt haben, bleibt mir unyerständfich und ich habe deshalb einstweilen (oben S. 274) unbedenklich angenommen, dass der Name und die Lage des vicus Tuscus sich unver- ändert aus der Zeit ihrer Entstehung, der Zeit der Tarqui- nier, über den gallischen Brand hinaus bis in die Zeiten des Plautus, des Cicero und des Martial gerettet haben und die

1er 3, 276 f.) gjtiüQmen in allem Wesentlichen überein : pronU^ee urb* aedifieari eoepta . . . festinatio curam exemit vicos dirigendiy dum omisso sui alienique ^.ücrirnine in vacuo aedificant; Wmxav i^ovaiav xaS-^ oy nQor^qrjfVTai ronov oixtav oixoSofJiitv. Kloaken: nur Livius 1 A. 59). Ziegeleien: teffula publica praebäa est: saxi materiae- que caedeTidaB unde quisque veUet ias faetumy praedibus accepiis 00 anno perfecturos; drifioaias xs^afu^ag ^oq'ifyovv a% fii/Qt jov vvv noXitixal xaXovvtat, Niebohrs (2^ 645 f.) und Schweglers Deutungen dieser Dinge können wir jetzt bei Seite lassen. Die Städte- ordnungen der Zeit Caesars bestimmten (Lex Ursen. § 75): nequis in oppido . . aedificiuM detegito neue demoUto neve disturbatOy nisi si praedes II vir{um) arbüratu dederit se redaedificaturum . . . oder (Lex Malac. § 62): rtoquis in oppido . . . aedifieium . . . (ähn- lich) quod restäurus intra proximum annum non erit. Das in- direkte Zeugniss des Livius also hätte fiiglich benutzt werden können um zu beweisen, dasis ähnliche Bestimmungen schon zur Zeit Caesars und früher, wie^ nachweislich in der Kaiserzeit (M ommsen Stadtr. 480 ff. vgL Eph. epi(^. 3, 111), audi för Rom falten. JNiehts Sicheres vermag ich über die ' Staatsziegeleien ', ^^^'nae/rnddcoe, der Zeit Diedors zu sagen (vgl. Einl. § 2 A. 27). Doch kann an der richtigen oder unrichtigen Rückdatirung bestehender Einrichtungen auch hier nicht gezweifelt werden.

486 THESL I.

weitere Betrachtung der Strassennamen wird die Berechtigung dieser Annahme bestätigen.

Dem gallischen Brande gleich an umgestaltender Wirkung, ja als ein zweiter Brand Jlions, gilt schon den Geschicht- schreibern der flayischen Epoche der neronische: wiederum war durch ihn das 'alte Bom' in Trümmer gesunken, das neue erstanden. Indessen, man lasse sich durch die Rhe- torik nicht täuschen: die Thatsachen widerlegen diese Auf- fassung mit unerbittlicher Sicherheit. Nicht der neronische Brand, sondern die Sprengung des Doppelringes der Mauer und des Pomerinm durch SuUa und Caesar 5) haben die neue Stadt geschaffen und die kaiserliche Munific^z des Augustus das kühn begonnene Unternehmen in so grossem Umfange weitergefördert, dass die späteren, wenn auch nodi so bedeutenden Bauten dagegen geringfügig erscheinen. Verschwunden waren nun die alten Häuserlabyrinthe der Vorstadt am Flussthor einerseits, des Argiletum an der Nord- seite des Forums andrerseits, ersetzt durch die Prachtanla- gen dort des Theaters des Marcellus, hier durch die der beiden fora^ des julischen und des augustiscfaen. Es schlös- sen sich an die Anlagen auf dem Esquilin, die porticus und das macellum der Livia, die Durchbrechung und Umgestal- tung des Walls; Unternehmungen welche sichtlich auf die Erweiterung der Verkehrsadern nach jener Seite gerichtet sind und nachweislich mit der Beseitigung der Enge am esquilinischen Thor die Umlegung der Strassenläufe mit sich geführt haben (oben § 6 S. 361). Aehnlich wird es anderen Thoren ergangen sein nicht allen: denn das coUinische ist nie beseitigt worden (das. A. 30), das capenische noch von Domitian wiederhergestellt : an ihre Stelle traten zum Theil Triumphbögen 6 A. 20 a) und die Anlage oder doch die Veryo]]ständigung grosser Verkehrsstrassen längs der Be- festigungslinie mag in diese ^ Zeit fallen. Dass endlich die riesenhafte Vermehrung und künstlerische Ausschmückung der Brunnen auf den Plätzen und an den Strassenkreuzungen 7), die Aufstellung der Kaiserlaren durch die ganze Stadt

§ 8.] DER INNERE AUSBAU. 487

(anten) nicht ohne vielfache Regulirungen und Erweiterungen dieser wesentlichen Theile des Strassennetzes durchfuhrbar waren, versteht sich von selbst. Betrachten wir nun die Schilderung des Brandes in ihren Einzelheiten. Die Frage, io wie weit derselbe als Brandstiftung zu bezeichnen ist, ist dabei gleichgiltig. Allerdings ist er von allen historisch be-^ kannten der bedeutendste: schon seine neuntägige Dauer zwei bis drei Tage währten sonst wohl die grossesten Brände beweist dies. Ausgekommen in den Läden des Circus fand er wie andere Brände in den Magazinen der elften und der anstossenden achten Region reichliche Nahrung, breitete sich iQber den Palatin und die Läden der sacra via nach der Yelia aus und kam am Fuss des Esquilin nur dadurch zum Stehen, dass man ihm durch Niederreissen ganzer Strassenviertel die Nahrung entzog: so sollen drei Regionen (sicher die 11. und 3., dazu die 4. oder 10.?) ganz zerstört worden, nur vier ganz verschont geblieben sein (sicher die 7. 14,, wohl auch die 2. und 6.): die übrigen sieben seien ^bis auf wenige Häuser' untergegangen^). Aber namenüicb

*) Tacitns Ann. 15, 38: inUium in ea parte drei ortum quae Palatio Cadioque monHbui eontigua eH, uhi per tabemas qtäbus id merdmonium ineraty quo f,amma alitur (oben A. 8), sinuä eoeptus ignü et staäm vaUdus ae vento citus longüudinem drei corripuit. neque enim domtis munimentis saeptae vd iempla muris dncta aut quit( aliud morae tnteriaeebat, impetu pervagatum tncenditm plana urbis (vgl, oben § 1 A. 17), deinde in edUa assurgens et rursus if\feriora popU" lando anie&t remedia ^heüate tnaU et öbnoxia urhe artis üineribut huapte et ükie fleäds atque enormibus vids, quaHs vetus Roma fuit^ Nero kebrt auf die Nachriebt, das Feuer nahe dem ^goldnen Hause', ans Antiam zuriick (39): neque tarnen sisU potuU {igtäs\ quin et Pa^ Uttium et domus et cuneta drcum haurirentur, sed soladum populo exturhato ae profugo eampnm Mortis ae monumenta ^grippae^ hortos quin etiam, iuos . . (40) sexto demum die apud imas Esquilias /(ms ineendio factus prorutis per immensum aedifidis, ut contimiae vielen- Hob campüs et velut vacuum cadum oeeurreret, necdum posito metu (post mdus die Hs.) (flut rediebafy leoius {letfis die 2. Hd., lebis*** die 1.) rursum grassatus ignis patulis magis urbis locis (so möchte ich mit Streichung der Glosse schreiben: das Uebrige haben Andere verbessert) eoque strages homtnum minor, delubra deutn et porücus

488 7HEIL I.

die letzte Angabe halt yor einer genaueren Untersudiinig nicht Stich. Es widerspricht ihr die Schiidening des Laufe des Brandes, sicherer noch die von dieser rhetorisch gefärb- ten Beschreibung unabhängige statistische UeberUefernng über die Zahl der zerstörten Häuser: 4000 imidae 132 domm$. Denn wenn in der Zeit Constantins allein die drei Regionen 3. 4. 11 nach der besten Ueberlieferung 8014 insulae 236 doniu$ enthielten (oben S. 312 ff.), so ist es, selbst wenn man die Verdoppelung der Häuserzahl in denselben während der Zeit von Nero bis auf Constantin annehmen wollte, was nach dem unten Gesagten geradezu unmöglich ist, augen- scheinlich, dass die sieben * bis auf wenige Häuser' zerstörte

amoemUäi dicatae latius procidere : plusque infamiae id incendium habuit, quia in praediis Tigeüini AemilianU proruperat u. s. w. Von den 14 Regionen quattuor itdegrat manebant, tres solo tentu deiectae, Septem rdiquis pauea tectorum vestigia supererant, lacera et semusta, Aas- drncklieh werden als verbrannt gpenannt die Tempel der Lnna und des Hercnles (mit der ara maxima) am Circns, des Jappiter Stator und der Vesta (mit der regia) am Palatin. Bei Dio 62, 17 f. fehlt sonst die ßeschreibnng der Oertlichkeiten, doch sagt er znm Sehluss: ro n yag Halduov j6 oqos Ovfjinav xal t6 ^iaxqov rov Tavgov r^s J€ lotn^s noUtos (fi/o nov fUqtn ixavdfi. Ueber die Lage des im Privatbesitz der Statuier verbliebenen, nach dem Brande von ihnen nicht wieder hergestellten Amphitheaters (s. jetzt Jahresb. 1876, 186) wird gestritten ; jedenfalls scheint es bei dem Wiederansbruch des Brandes in der bis dahin unberührt gebliebenen Gegend der 7. oder 9. Region,, wo die Aemiliana zu suchen sind (Preller Reg. 238 f.; Tb. II), zerstört zu sein. Dauer: übereinstimmend mit T. Sueton Mero 38: per sex dies sep- temque noctes, 'Seneca' (A. 7): f7 dielms; nicht widersprechend die Inschr. des Domitian CIL 6, 1, 826 Z. 10 f. (vg). A. 11): ... qaando urbs per novem dies arsit Neronianis temporibus, Ueber den Gang der Feuersbrunst stimme ich im Ganzen mit Piale (Della grandezza di Roma al tempo di Plioio S. 15) überein, nur dass ich den Brand des Amphitheaters in die letzten Tage setze. Dass ein 'bedeutendes Stück' des Marsfeldes abbrannte (Preller Reg. 165), sagt Tacitus nicht; über die poriicus amoenitati dicatae l'asst sich streiten (s. Th. II). Die hier versuchte Kritik der in der Regel (auch von Schiller, Nero 173 ff. 422 ff.) nicht angezweifelten Schilderung stützt sich wesentlich auf die von BUcheler zuerst herangezogene statistische Angabe (A. 7).

§ 8.] DER IJNN£R£ AUSBAU. 48d

Regionen ganz leer ausgehen würden^). Es kommt hinzu, dass, wenn jene Beschreibung in allen Theilen genau wäre, wir von sehr umfänglichen Wiederherstellungsarbeiten an den öffentlichen Gebäuden hören mussten, wie wir beispiels- weise den Umfang des Brandes unter Titus aus dem Bauten- katalog Domitians (unten) ersehen können. Wenn dies nicht der Fall ist, wenn uns nicht einmal von einem grossen Neu- bau des Circus, dem Heerde des Brandes, etwas bekannt ist, wenn auf dem Palatin das Einl. § 1 besprochene aus der Zeit des Augustus herrährende Privathaus, und trotz der ausdrücklichen Versicherung, es sei mit den ältesten Heilig- thümern um und auf diesem Berge die regia zu Grunde ge* gangen, die Marmorwände derselben nachweislich die nero- niscbe Zeit überdauert haben und überhaupt muss man sich hüten, angeblich ^verbrannte' öffentliche Gebäude für vernichtet zu halten so haben wir Beweise genug, dass das Flammenmeer selbst von den als untergegangen bezeich- neten Gegenden weit mehr verschont hat als es die phan- tastisch aufgeputzte Ueberlieferuug erkennen lässt^).

') In dem untergeschobenen Briefwechsel des Senecaund Paulus heisst es (Ep. 12 Haase): centum triginta duae domus, insulae IUI FI diebus arsercy septimus pausam dedä. So die von mir verglichene alte Wolfenbüt- teler Hs. und die von Bncheler verglichene Strassburger (nur dass hier CXXXII stand), nach welcher zuerst Bücheier das unmögliche insulae quatuor der Ausgaben beseitigt hat (N. Jahrb. f. Philol. 1873, 567). Dass anf 30 insulae 1 domus durchschnittlich kommt, kann nach dem unten Gesagten uur zur Bestätigung der Angabe dienen ; nicht zur Ver- dächtigung derselben, dass Tacitus sie in seiner Quelle nicht fand (domuum et tnsularum et templorum quae amissa sunt numerum inire haud promptum fuerit c. 41), Wir kennen sonst nur noch 2 ähnliche statistische Angaben: incendium quod trecentas quadraginia insulas vel domos (entweder ist et d, zu lesen oder vel d, zu streichen) absumpsit (Capitolin. Pius 9) und die bedenkliche Angabe XIF vicos cum vico iuffario, oben A. 2.

^) Es ist wenigstens im höchsten Grade wahrscheinlich, dass die Marmorquadern, auf denen die Fasten eingegraben waren, die Wände der von Domitius Calvinus.im J. 715 gebauten r«^ia bildeten: auf jeden Fall haben sie zu dem Gebäude und seinen Dependenzen gehört (Eph. epig^r. 3, 267 u. Th. II). Ein anderes Beispiel, die aedes Salutis Claudi

490 THEIL I.

Trotzdem hat der neronisehe Brand unzweifelhaft grössere Lücken in die Häusermassen gmssen^ als irg^id einer der uns bekannten früheren und wird namentlich von der Subura Wenig übrig gelassen haben: die ungeheurea Schuttmassen wurden zu Schiff nach den Sümpfen von Ostia geführt. Dass also, wie berichtet wird, bei dem Wiederauf- bau der eingeäscherten Stadttheile durch das abermalige Ein- greifen der kaiserlichen Munificenz und der kaiserlichen Bau- polizei die Verbreiterung der Strassen, die regelmässig^re Anlage der Yerbindungsgassen, die Vermehrung der freien Plätze, die Einschränkung der Zahl der Stockwerke und des Holzbaus wenigstens in den unteren ermöglicht wurde: mit anderen Worten, dass in diesen Stadttheilen das Strassennetz und der Häuserbau verbessert wurde, ist glaublich; auch war eine Neuerung, dass auf Kosten des Kaisers längs der Strassen- fronten steinerne gedeckte Hallen errichtet wurden, vermuth- lich also die zur Verbreitung der Brände wesentlich beitra- genden Holzvorbiauten verboten wurden. Deutlich erkennbar sind diese Hallen, von welchen etwa die ähnlichen Bauten des heutigen Verona oder Bologna eine Vorstellung geben mögen, auf dem kapitolinischen Stadtplan*). Allein eine

principaiu exuHüy auf deren Wänden sich doch bis auf Plinias 35, 19 die älteren Fresken erhalten hatten, habe ich Comm. in hon. Momms. S. 356 f. besprochen»

^) lieber den Wiederanfbaa Tacitns 43: ceterum urbis quae domui (der aurea) supererant nof/iy ist post GaUUa incmuUa, nulla disUnttione nee passim sed dimensis vieorum ordinibus et latis viartim spatiis eohibüaque aedificiorum aUüudine ae patefactis areii addüisque porti' albus ^ quae frontem insutarum protefferent y Nero sua pecunia ex^ trudurum purgatasfpie areas dominis traditurum pMcitus est. Vgl. Suet. Nero 16: formam aedißeiorum urbis novam excoß^tavU, ut {et ut die Ansg.) ante insulas ac domos porticus essenty de quarum solarns incendia arcerentur easque sumptu suo extruasü, Stadt- plan: Forma S. 46. Taeitns spricht im Folgenden von praemia, Sab- yentionen für die Eigenthümer, nach Maassgabe ihres Vermögens namentlich aber wohl nicht ausschliesslich zur Beschlennigang des Baues. Dass die hölzernen Vorbauten weder in der ganzen Stadt noch für immer verschwanden zeigt Friedländer Darst 1^, 9.

§ 8.] DER INNERE AUSBAU. 491

▼ollige Veränderung der Verkehrsadern, ist unzweifelhaft auch durch diese Neubauten selbst in den wirklich ganz einge- äscfaerten Stadttheilen nicht erzielt worden, und konnte nicht erzielt werden, ohne Vornahme von Terrainveränderungen^ ^wie sie später durchgeführt worden sind.

Auch die späteren Umgestaltungen der Stadt haben nur einzelne Theile derselben betroffen. Allerdings scheint zur Herstellung des Friedenstempels im J. 75 die Niederlegung eines Hügels nothwendig gewesen zu sein, ist ein Theil des Quirinal abgetragen worden, um das Trajansfornm zu bauen, ein andere um für die Thermen des Diocletian eine aus-* reichend grosse und zugängliche Fläche zu gewinnen ^^) ; aller* dings hat nach dem Brande unter Titos Domitian es sich angetegen sein lassen, nicht allein die zahlreichen eingeäscher-« ten oder beschädigten Gebäude wiederherzustellen, sondern auch aufs Neue für die Beseitigung widerrechtlicher Okkupa- tion der öffentlichen Strassen und Plätze Sorge zu tragen eine nicht aus dem Rahmen der gewöhnlichen Sorge für die Stadt heraustretende Thätigkeit, welche die Hofpoeten und Höfhistoriographen über Gebühr gepriesen haben ^^);

^^) Vgl. im Allgemeineii S. 130; über das sogenannte /ort/m PaeU Th. U, über das trajaniscbe einstweilen S. 209. Nach Canevari in dem § 3 A. 30 a. Bericht (S. 432) scheint der Bauplatz für die IMocl^tiansthermen durch Abtragen einer 7 M . hohen Erdschicht, welche gegen den Wall hin abgelagert wurde, gewonnen worden zu sein.

11) Brand v. J. 80: Dio 66, 24; Wiederaufbau: Martial. 5, 7, Bau- tenkatalog Domitians Bd. 2, 31 f. Uebrigens ist ein Theil der im J. 80 beschädigten Bauten erst von Hadrian wiederhergestellt worden: Forma S. 35 § 6. Martial 7, 61 {abstukrat totam temerarius insU-* tor urbem tnqite suo nuÜum Hanne Urnen erat, üusisti tenues, Germamce, cresoere vieos et modo qua fuerat semita facta via est Ui s. w.) spricht nur von der Beseitigung der fliegenden Verkaufs- und Geschäftsstände unter den Strassenhallen (mtlla catenatis pila est praecmcta lagoms) und sonst. Die Erbauung vieler iani arcusque cum insignibus tri" umphorum per regiones urbis (Suet. Dom. 13) mag damit zusammenhän- gen. — Die Inschrift CIL 6, 1, 826 hat mit diesen Maassregeln Nichts zu thun: haeo area intra hone deßnitionem dpporum clausa veribus et ara, quae inferius est, dedicata est ab imp. Caesare Domitiano Aug, Germanieo ex voto suscepto (von wem ?) quod

492 tHEIL I.

endlich wird in gleicher iVeise der Krahd unter Commodus die Veranlassung gewesen sein^ dass Severus sich der Strassen- regnlirung annahm das Missverhältniss zwischen den noch kontröUirbaren Leistungen auf dem Gebiete der öffentlichen Bauten und seiner Ruhmredigkefit ist übrigens Beweis genug, dass es damit nicht weither gewesen sein kann— ^^): allein das alles berechtigt in keiner Weise an eine völlige Neuge- staltung des Strassennetzes der Stadt zu glauben: vielmehr hat die Natur des Bodens der Siebenhögelstadt das zähe Festhalten desselben bedingt und in den Strassenzögen des mittelalterlichen Roms haben sich bis auf die Tage Sixtus V, ja zum Theil noch bis auf die unsrigen, die uralten zum grossen Theile erhalten (Einl. § 2). Selbst auf den zer- rissenen und dürftigen Bruchstücken des kapitolinischen Plans wird man eine Bestätigung dafür finden, dass das Rom des 3. Jahrhunderts an jenen 'engen, hin und her sich winden- den Wegen und unregelmässigen Strassen', so wenig Mangel hatte, als das ^alte Rom' vor dem neronischen Brande (A. 6 z. A.): fast zu gleichen Theilen zeigen uns die Bruch- stucke Ueberreste Igeradlinig, rechtwinklig und unregelinässig gebauter Quartiere und weisen gewiss nicht zufällig eine ganze Scala der verschiedensten Strassenbreiten auf, von den schmälsten an§iportus und semitae bis zu den breitesten viae, plateae und arme, oder um modern zu reden, von den schmälsten Vicoli, Calli oder Chiassi bis zu den breitesten boulevardähnlichen Corsi oder Largi, Strade oder Piazze^^).

diu erat neghetum nee redäUum inoendiarum arcendorum causa quando urbs per novem dies arsit Neroniams temporibus, bac lege dedicaia est: folgeo die Bestimmaiigeo über Freihaltuag der areä und das jülir- lich von dem die Region verwaltenden Prätor an den Volcanalien in bringende Opfer.

IS) Hierüber Forma S. 8 f. und oben S. 45.

^^) Ueber das Strassennetz auf dem Stadtplan vgl. Forma S. 46: fast jede m. Tafeln bietet Belege. Ueber die Breite der Strassen S. 14: sie schwankt ungefähr zwischen 0,018 und 0,060, während dievM nova (A. 14) durch das Maass von 0,124, die Breite des Flusses durch 0;338 ausgezeichnet sind. Uebersetzt man sieh diese Maasse nach dem

§ 8.] DER mmm ausbau. 493

Die Ueberreste der Strassen > selbst reichen nicht aus ein auch nur einigerm^assen anschauliches Bild des Straasennetzes der kaiserlichen Stadt zu geben. Nur ein Stadttheil, die 5. und ein Theil der 6. Region, ist in neuester Zeit bei Ged- iegenheit der Anlage neuer Strassen und Gebäude nach aUen Richtungen hin bis auf den alten Boden durchfurcht worden. Man ist dabei auch auf die alten Strassenläufe gestossen: allein bis auf die bereits hervorgehobene Entdeckung einer doppelten innerhalb und ausserhalb des Walles angelegten vielleicht die Altstadt umkreisenden Bingatrasse, der auf die Thore zu laufenden Haupl^traasen und einiger Bruchstöcke der dieselben schneidenden Querstrassen ist dabei nichts von Bedeutung gefunden worden.^^) Noch weniger geeignet zur Be* grändung eines sicheren Urtheils sind die meist unzuverlässig verzeichneten ; und phaintastisch ergänzten Bruchstücke alter Pflasterungen in der i&brigen Stadt Eben so wenig liegt bis jetzt ein brauchbares Material zur Beurtheilung der Breite der Strassen vor. Wie wenig man bis jetzt überhaupt die- sem Gegenstande Aufmerksamkeit gewidniet bat lehrt eine Vergleichung der Forumspläne, auf denen die Maasse des* l>losgelegten Strassen in ungeheuerlicher Weise differiren. Dazu kommt dass selten gesagt wird ob das gefundene Pflastei* in seiner Breiite vollständig erhalten war, ob Spuren der ur- sprünglichen margmes und semitae vorhanden waren. Es mag

Dnrcbschnitfisipaassstab 1 : 300 in die Wirkliehkeit, so findet man frei- lich, dass der Tiber 10 mal zu breit gerajthen ist (vgl. § 7 z. A.), die grösseren Strassen ungefähr 3 mal; indessen dieses Missverhältniss ist für ein^n Plan , der bestimmt war aof weite Entfernang zu wirken, dorcbaus erklärlich, ja nothwendig, und es verliert die Abstufung der Breiten dadurch nicht ihren Werth. Dass auf modernen Stadtplänen für den Lehr-. oder Orientirungszweck in der Aegel ebenso verfahren wird, ist bekannt.

^^) Ich verweise auf Lanciani's Tafeln im Bull. mun. 1 L 11 2 V. VI. 3 XX. 4 III. XVIII. XIX. Die Einl. § 3 a. Abhandlung dessel- ben stellt eine umfassende Darstellung des Strassennetzes in Aussicht. Die Rekonstruktion Canina's ist nui* mit grossesten Zweifeln zu be- nutzen.

494 THfilL I.

daher wenig bedeuten, wenn ich konstatire dass eine erheb- liche Anzahl von Messungen die Breite yon rund 4,50 5,00 M. = 15,48 17,20 r. F. ergeben^ dass aber die Breite d€ar grösseren Hauptstrassen dieses Maass in der Regel über- trifft und nicht selten 6,50 M. = 22,36 F. zu erreichen scheint, gar nicht zu reden von den späteren boulevardartigen flateae, wie es die via mva vor der forta Capena und die via lata mit ihrer siebenfachen Halle, der Anfang der tna FlammMy war. Dass andrerseits jene Hauptstrassen durch die natur- gemäss bei Neubauten vorrückenden Gebäude an ihrer ur- sprünglichen Breite verloren haben, ist wenigstens auf dem Forum deutlich erkennbar. Es ist dringend zu wünschen, dass diejenigen, denen allein es möglich ist durch lange Be- obachtungen an Ort und Stelle über diese noch ganz unge- nügend bekannten Dinge Licht zu verbreiten, sich der mühe- vollen Arbeit unterziehen möchten« Freilich steht nicht zu hoffen, dass man auf diesem Wege je über die Feststellung der Zustände der mittleren Kaiserzeit hinaus gelangen wird.^^) Hat diese Betrachtung gelehrt dass nicht einmal die zur Umgestaltung jeder Stadt wirksamsten Mittel, die grossen Brände, noch weniger die kostspieligen kaiserlichen Expro-

1^) Beispiele: 4,0 M. in derportaEsquiUnaCtBüll mun. 1875 T. XX); 4, 50 beim Osp. S. Giovanni (Ball* d. i. 1870, 51), bei den castra praetoria (nach dem Plan Ball. man. T. VII); yariirend zwischen 4 n. 6 M. bei S. Antonio (das. S. 74); 4, 8 aasserhalb des Walls (Ann. 1871, 60. Ball. man. 1, 252); 4, 89 anter dem Titasbo^a (Desgodetz, doch ist noch der Sockel abzuziehen); 6,0 cHvus CäpUolinus an der Nordecke des Satarntempels (Caristie Plan et coape); 6, 24 anter dem Severasbogen (Desgodetz) ; 6, 50 sogen, tia sacra and sog. vicus Tuscui am Forum (Darchzeichnang nach Rosa*s Aufnahme; doch variirt die Breite wegen der späteren Umpflasterungen ; vgl. Th. II); 5, 50 -^ x clivus welcher nach der 'porta MugioruB^ fahrt (nicht vollständig er»- halten; Rosa's und Lanciani's Pläne geben 10 M., aber ein solches Stück habe ich nicht gefunden); 6, 15 + ^ Strasse bei der porüeas Liviae (Forma S. 37 § 10); 15,0 + x platea an der Ripetta (Ball, d. i. 1869, 227). Auf eine Vergleichung mit den Strassen von Pom- peji kann ich nicht eingehen. Torin: Schwanken von 4—5 M., Promis Torino 184.

§ 8.] DER IJNNfiRB AUSBAU. 495

priationen, im Stande gewesen sind der Altstadt Roms das Gepräge ihres Jahrhunderte langen naturgemässen Wachs- thums zu nehmen, dass vielmehr die hauptsächlichen Neuge- staltungen jenseits der Peripherie derselben liegen, so dürfen wir die späteren Zeugnisse über die alte und die Zeugnisse über die spätere Stadt in Ermangelung fast jedes Zeugnisses aus der Epoche vor den punischen Kriegen zur Herstellung eines Bildes der Altstadt wohl benutzen. Wir verweisen für die Begründung im Einzelnen auf die Periegese des II. Th. Der zweigipflige Burghügel auf welchem die irdischen und weltlichen Schätze der Stadt geborgen sind oder leicht ge- borgen Werden können, bietet auf seiner Abdachung gegen Südosten einen massigen plattformailigen Platz, auf welchem die YoUbürger der Stadt unter freiem Himmel zur Beschluss- fassung 'zusammenkommen' konnten; zugleich war dieser Platz, comitium, der Vorplatz des 'Hauses', in welchem bei verschlossenen Thüren der höchste Beamte mit seinem Rathe tagte : der cvria. Er war nach den Himmelsregionen als Qua- drat abgegrenzt, leicht hatte man die natürliche Erhöhung durch Kunst zu einem burgartigen Hügel mit steil abfallenden Randern gestalten können. An seiner Ostseite dehnte sich weiter, ursprünglich in gleichem Niveau mit der Tiefe zwi- schen den Tufhügeln und nur durch den Kloakenbau vor periodischer Ueberschwemmung geschützt, später durch Kunst- bauten darüber erhaben, der Markt, das forum (ungewissen Ursprungs). Hier mochte ausser dem Kleinhandel (s« unten) seit der Gründung der freien Verfassung hauptsächlich die nicht förmliche Volksversammlung, die conventio, tagen; an den Markttagen stand man gedrängt um von der Höhe des comitium her Reden und amtliche Meldungen anzuhören und die dort aufgestellten Büi^er, welche sich um öffentliche Aemter bewarben, in Augenschein zu nehmen. Auch wurde von Alters her hierher die Leiche jedes Bürgers getragen welcher Staatsämter bekleidet hatte: der bestellte Redner hielt hier die Lobrede vor der Versammlung, die der Herold ge^ laden, von hier aus ging sie mit dem 'Geehrten' den letzten

496 THiaL I.

Gang, zum Thore hinaus zur Gruft.^®) Mehr als 5 M. lag das comitium über dem forum: von jenem aus führte durch das Burgthor ein einziger Weg zur westlichen Höhe des Burg- bugeis, steil bergan in einem Winkel von 20^; er mündete vor dem Tempel des höchsten Juppiter lAid seiner Bei- sitzerinnen Juno und Minerva , welcher hier in einer Ent- fernung von reichlich 120 M. vom Comitium und 30 H. höher als dasselbe thronte. Sein Angesicht wandte der Gott dem Circus ZU| dem Schauplatz der römischen Spiele: doch sah man vom Comitium aus die Giebel seines Hauses, wohl auch die Ostwand desselben. Am Comitium lagen die Kultusstätten des Vulcan, dessen Zusammenhang mit der Idee der Stadt- grundung im Festcyclus angedeutet ist, des Janus und des Saturn. Wir werden später sehen, wie mit dem Bau eines

^*) Von den Etymologien Varros 5, 155 : comitium ab eo quod coibani eo comitns curiatis et Uüum causa (vgl. A. 21) and forum quo con- ferrent suat eontroversiof aut quae vendere vellent quo ferrent ist jene richtig, diese falsch. Die SpmchwisseDschaft und der Ge- brauch des Worts bieten Unsicheres: zu dem Begriff ^umfriedigter Raum, Hof, Vorhof* will Gorssen Ausspr. 1', 148. 476 von sanskr. dhar-, festigen, J. Schmidt bei Nissen Temp. 141 Fick WB 1, 121. 640.. 2, 117 von lit. kslav. dvaras, dorn (Hof, Vorhans, Baus) gelangen ; wazn dann ^vga, osk. veru (Thor), lat. fores u. A. gehören soll {forum übergeht Curtins £. 258), nach Einigen nicht /ori, foruU (Fick 2, 167 vgl. (pa^ao^y, anders wieder Bngge bei Cu. Stud. 4, 328 ff. Ob von den von Festus Ausz. 84 erörterten Verschiedenen Bedeu- tungen das angebliche forum tepuleri der Zwölftafeln, das Cicero Legg. 2y 24, 61 (oder ein Glostatorf) vestUbulum erklart, als Rest einer alten allgemeineren Bedeutung 'Hof, Vorhof', oder als Metonymie zu betrachten ist, ist gleichfalls zweifelhaft: die Analogie von portus 7 A. 44) und pong (das. A. 4) lässt beide Möglichkeiten offen, ich muss aber die zweite für wahrscheinlicher halten, da der vor- ausgesetzte uraprüngliche Begriff von forum 'Hof, Vorhof' durch altes atrium {atrium publicum in CapOolio^ nU»rium, Libertatis d/ktemum^ Titium, Licinium: A. 61) vertreten, sonst aber gar nicht zu belegen ist. Dass comitium und cu7*ia durch alle Zeiten unlöslich verbunden ge- blieben sind, jenes den Vorplatz dieses bildet, steht jetzt fest (vgl. Jahresb. 1875, 747. Mommsen Eph. epigr. 2, 273. 283. Th. II): comi- tium vesttbuhm curiae Liv. 45, 24, 12.

S 8.] DER INNBRE AUSBAU. 497

Tempels für den letzteren die Reihe der Tetnpelbauten be- §^iQnt uod wahrscbmlich erst spat sich daran die Uebersiie-: cLelung des Schatzliauses von der Burg, auf das Forum an- schlie&st Sonst stehen keine Heiligthümer weder hier noch am Markt: erst am Ostende desselben beginnt eine zwmt« Reihe derselben (unten).^^)

Wohl möglich, dass von der geräumigen, mauerumge- benen Area des Tempels aus, an deren Ostrande wir das ^ Ruferbaus' (evria calabra) zu denken haben, wie allmoaat- lieh der laute gemessene Ruf, der der Stadt den Wechsel der fönf' und siebentägigen Frist bis zu den INonen ver* kündigte, so alljährlich zweimal, im März und im Mai, 4ie Ladung der Bürger zu 'ungebotenem Ding' auf dem Coud- tium erscholP®). Aber in Waffen erschien das Volk zur MuS'terung oder zur bewaffneten Volksversammlung auf den Signalruf des Horns, der vom Ringe der Stadtmauer aus in die Tfaaler erscbaUte, nicht hier. Gegliedert nach Klassen und Centurien zogen die Mansenbewehrten ' Kirger hinaus yors Thjor, wo zwischen dem Fluss und den senkrecht ab- falkaden Felswänden der Burg und der Hügelbefestigung das 'Feld' {caw^us) sich dehnt: weithin sichtbar weht von der Qtadelle die Kriegsfahne. Sie ziehen hinaus zur Muste- ruDg und zur ^;grossen' Versammlung', an bestimmten Festtagen zum ' Spiel' ^^). Das Feld beginnt nicht unmittelbar voardem carmei^talischen Thor: viehnehr durchschreitet man zunächst die 'Wiesen', dann die Grenze des Feldes, einen kieuaen Bach, der aus den reichlichen Wasseradern am Quellgotter- thor sich sammelt und dem Tiber zu eilt. So erreicht man

17) HöheuverbältnUse: Aon. 1876, 154 rgp]. ■§ 7 A. 82. Orieatimag des Tempels: S. 274 f. Auf das Nivellement des Fornms iommen wir Th. n zurück.

iB) Mommsen Ghron. S. 16. 142 f. nnd über den Ort der Tribus- uod CurieDversammluogea Forsch. 1, 189 ff.

1^) LaduDg:. circum moerosx Varro 6, 92; Fahne aof derart: oben S. 244. Campus vgl. xrinog^ Feld oder Hof?7 Curtios £t. 148. Wiesen : prata Flaminia^ Aemüiana, Vgl. antea. Der Bach Petrcma amnUi oben S. 267.

Jordan, rOmisohe Topographie« Li. 32

498 THEIL 1.

den 'Gemeindehof' (villa publica), wo die Heerführer mit ihren Gehilfen sich installiren und die anliegende eiugezäonte 'Hürde* {ovile) oder das 'Gehege' {saepta), der Masterungs- und Abstimmungsplatz des Heerbanns. Weiterhin dehnt sich, wohl ebenfalls gehegt oder doch abgegrenzt, sicher der Nutzung und Beackerung entzogen, der Spielplatz, das eigent- liche 'Feld', mit seinem Mittelpunkt dem Altar des Mars. Der ganze Platz, häufig überschwemmt, eine sumpfige Nie- derung, hat nur durch künstliche Mittel seinem Zweck gemäss, Tornehmlich als Rennbahn für das Wettrennen (eqvirria) zu dienen, eingerichtet werden können. Und auch so noch konnte um die Zeit dieses Festes (27. Februar, 14. März), wenn die Schneemassen im Gebirge plötzlich sich lösten und starke Regengüsse fielen, die Feier an einen anderen Ort verlegt werden müssen. Die flerrichtung einer gesicherten Bahn muss lange vorher geschehen sein, ehe das Marsfeld in dem neuen Gewände steinerner Gebäude und getäfelter Plätze zum Lustort der verweichlichenden und der Wehr- pflicht überdrüssigen Bevölkerung wurde. Hat ein Städtchen wie Alatri, wie wir jetzt hören, um die Zeit der gracchischen Revolution sein 'Feld, wo sie spielen', durch künstliche Dränirung trocken gelegt, so wird ohne Zweifel das römische Marsfeld mindestens durch Abzugsgräben brauchbar gemacht worden sein, mögen die Reste des Kloakensystems auch ganz oder theilweise späterer Zeit angehören. Der campus verhielt sich zu den saepta ähnlich wie das forum zum comitinm^^).

*^) Wenn man das emporium noch im J. 580 mit einem hölzernen Zann einfriedigte (S. 432), so wird man auch das oväe oder die saepta vor Errichtung der marmorea des Cäsar schwerlich anders zu denken haben: and diese Einrichtung deutet jt auch der Name an. Die Schreibung septa, die noch immer wieder auftaucht^ ist bekanntlich falsch, wenn sie auch schon auf dem kapit. Plan vorkommt. Anders das jedesfalls steinerne saeptum des Comitium (de manubiül) in der Stadt, üeber saepta und väla publica Th. II. Der campus ubei- luduni vOi SXtAti dränirt: Secchi in der §7A. 84 a. Abhandlung S. 22 f. Reste von Thonröhren haben sich gefunden Mn un basso' fondo presse

§ 8.] DER nVNERB AUSBAU. 499

Ein zweiter Schauplatz von Rennen war der 'Ring' {circus) zwischen dem Palatin und Aventin; vieUeicht eben- falls ausserhalb des Pomerium gelegen^ (S. 165 f.) und wie das Marsfeld ohne Kunstbauten (wegen seiner sumpfigen Be- schaffenheit) nicht benutzbar, mochte auch der Bau steinerner Sitzreihen einer viel späteren Epoche angehören (th. II). Der Zusammenhang der historisch bekannten Ausstattung der römischen Septemberspiele mit der Gründung des kapitoli- nischen Tempels steht fest, die Ueberlieferung wird daher richtig den Kunstbau den Tarquiniern zuschreiben. Nach seinem Muster durfte die plej)ejische Gemeinde für ihre den römii^chen nachgebildeten plebejischen Spiele ihren eigenen Ring zwischen dem Pomerium und dem 'Felde' erbauen, in den flaminischen Wiesen (ciriMS flamnim). Mit diesen beiden Ringen ist der römische Staat ausgekommen: denn die übrigen spät erbauten lagen entweder ausserhalb der Re- gionen, oder sind, wie der palatinische, wenn überhaupt als solche und nicht als Stadien, als Privatplätze zu betrachten (Bd. 2, 45).

Das comitium ist ursprünglich der alleinige Platz wie für die unbewaffnete Bürgerversammlung, so für das Recht - sprechen des Königs und seiner Rechtsnachfolger, mag auch virtuell der Grundsatz gegolten haben, dass dies zu- lässig ist, wo immer der 'Stuhl' hingesetzt wird wir ver- mögen über das Alter des Grundsatzes nicht zu urtheilen und mag auch später das forum neben dem comtmm oder statt desselben zu diesem Zwecke gedient haben. Die har- renden Parteien werden sich ursprünglich auf dem forum eingefunden haben ^0* An bestimmten Gerichtstagen trafen sich

la fonUna detta di Chiappitto distante daila citta poco pia di mezzo Biiglio '. Dies sei der einzige Platz der sich für einen solchen campus eigne, zugleich aber feucht and ohne natürlichen Abflass ; an Entwässe- rung zam Behuf des Landhaus sei nicht zu denken. An der Richtig- keit der Beobachtung kann nicht gezweifelt werden.

**) Romains errichtet die Gerichtsstelle auf dem eomäium bei den rostra (denn das heisst 2, 29 iv r^ (pavtqonatt^ tijf äyoQ&Sy 1^ 87 kv T^ xQaUattp X^^ naqa joig ifißoXois: ui celdferrimo fori loeOy

32*

506 THEIL I.

hier schon in ältester Zeit die Stadtbewohner und die Bauern aus den Gauen: man hatte die Wochenmärkte so gelegt, dass die letzteren mit den Rechtsgeschäften die Handels- geschäfte verbinden konnten und Schmausereien in der Stadt werden schon früh hier wie allerwärts den Beschluss der Geschäfte gebildet haben ^^). Schon im fünften Jahrhundert der Stadt gab es am Markt Läden der Wechsler neben denen der Fleischer: sie müssen schon damals in langen, nur Yon den wenigen Tempeln, der Curie und den einmündeaden Strassen (unten) unterbrochenen Reihen die Seiten des Forums begrenzt haben.

Sie waren verpachtet und die zeitigen Inhaber nicht aUein verpflichtet, sie zu schliessen, wenn das Forum über- haupt zum Zweck der Versammlung dem Verkehr geschlossen wurde, sondern offenbar auch die Front nicht durch will- kiu'liche Zierrathe zu verändern und die von Staatswegen ihnen überwiesenen daran anzubringen. Tagten die Yer-

Eph. epigr. 3, 254 f.), als GerichtssteJIe schlechthin neoHen dasselbe nicht allein Varro 5, 155 (oben A. 16) Gellius 20, 1, U, sondern auch Plautus Poen. 5, 3, 12 vgl. Cure. 4, 1, 9 und gleichzeitig (593) Titius in der wichtigen Stelle bei Macr. 3, 16, 15: ubi horae deoem sunt, iubent puefutn vocari üt (comitium'^ eat percontatum, quid {com, za str«ickeft; es ist aus dem Folgenden wiederliolt; oder etwa ut fuae- sUuvi bat, quid?) in foro gettum sit, qui suaserifU qiä disruaserint, quot trihus iusserint quot vetuerint. inde ad comitium eunt ne litetn suam faciant o. s. . w. Stand wirklich in dem Originaltext der Zwölftafeln in cötnitio äut foro? Weder der Text der Rhet. Her. 2j 1^, 20 giebt dafür ein voUgiltlges Zeogniss noch die schlechten Witve im €Hr<»lio 30 ff. m me incomitiesJ * Ucetm inforare. ti in-- oomitiare non licet?* u. s. w. Dass rechtlich die Rechtsprechung an die Person, nicht an den Ort gebunden war, wie Mommsen Jahrb. f. d. g#in. deutsehe Recht 6, 392 Staatsr. 1^, 379 aosfulirt, ist damit ver- träglich, sfAwerlich allerdings di« Annahme, dass der Gericbtsherr vom Wageastnhl spradi: aber ich mnss wiederhalen, seUa curuHs «= cur- ruH$ ist nicht erwiesen (Hermes 8) 219 f., wo idi nach Mommsen übersehen haben müsslie, dass Serv. A. 1, 17 schon Bernays Curüit auB cufüi^ hergestellt hat; ater wo?).

>2) Mommseü Chrohol. > 245 ff., «her dio Schmaosereieii' S. 253 50.

§ 8.] DER INNBRB AUSBAU. 5M

Sammlungen und das Gericht aueh auf dem Platz unter freiem Himmel, so versteht es sich dodi bei der Natur des südlichen Klimas von selbst, dass schon damals dea wartenden, Gesdiafte schliessenden Mannern an den Markt* lagen und Gerichtstagen Schatten geboten sein musste. Und in der That dürfen ^ir uns jene Läden nicht anders als in Verbindung mit hallenartigen gedeckten Gängen denke», -welche eine durch Thore {iani} zugängliche Umfriedigung bil- den: hat man doch schon im Jahre 5S6 am Marslelde ku ahnlichem Zwecke eine 'gewölbte Strasse* gehabt (Einl. § 1 A. 51) und schon im Jahre 580 in gleicher Weise den Markt von Sinuessa (?) ausbauen lassen (a. 0., A. 52)^^). Aber diese Hallen werden weder geräumig noch prächtig zu denken sein. Es war ein grosser Fortschritt, dass der angebliche GriecheUf- hasser Cato praktisch und einsichtig genug war, nicht aus der Verachtung der athenischen Aerzte uud heilenisohen Litteraten und deren römischer Nachäffer, seiner politischen Gegner, die Augen verschloss gegen die grossen Vorzuge der hellenischen Civilisation. Er that einen Schritt von ähnlicher Bedeutung wie Appius Claudius, als er die erste Basilikii

2«) Tabernen verpachtet: Marquardt Verw. 2, 146. Es ist ein Beispiel des forum omare bei Triumphen, ut aurata scuta dominis argentariarutn ad forum omandum dividerentur (Liv. 9, 40), also genau so, wie später die Tabernen (die novae wie die veteres) dauernd mit Bildern, und die Langseite der aemilischen Basilica mit Schilden geschmückt wurde, Schliessung: Formular bei Varra 6, 91, vgl. Liv. 9, 7 Cic. in Cat. 4, 8, 17. Dass die Sonne Schutz verlangte, be- darf keines Zeugnisses ; doch vgl. Cicero Acad. priora 2, 22, 70: et ut ii, qui suh novis soUm non non Jerwttj ülem ille cum aestuaret veterum ut maemanorum sie acadeniicorum, umhram, secutus est: d. h. in der Sommerhitze sucht man Schatten in den Loggien der nach Norden sehenden 'alten' Läden der Südseite des Forums, vor der basüica Sempronia. Aehnlich sucht man den Schatten auf dem Marsfelde; Scherz bei Varro de rr. 3, 2, 10: itiibi (?), du7n diribentur inquit (dirimenfur überliefert) suffragia, vis potius villae publicae utamur umbra quam privati candidati tdbeÜa aedificemus nos (s. Forma S. 35: die dort vorgeschlagene Aenderung nehme ich zurück, sie ist grammatisch unmöglich). Vgl. Arch. Zeitung 1871 S. 72 CT. u. Th. II.

502 THBILI.

an der Nordseite des Forums baute, hinter jenen Hallen (570) ; ein Gebäude, gross genug, um die handelnden, harren- den, schwatzenden Marktbesucher, sammt ihrem sauberen und unsauberen Anhang zu bequemerem und angenehmerem Aufenthalt aufzunehmen, und wie der Name es besagt, wie die Wasserwerke des Claudius nach griechischem Muster, ob nach athenischem, steht dahin ^^). Wie dieser Anstoss weiter gewirkt hat und die Basiliken seiner Nachfolger die Läden allmählich zu einem integrirenden Theil ihrer selbst gemacht haben, ist später (Th. II) zu zeigen. Es darf als eine un- mittelbare Folge dieses Schrittes betrachtet werden, dass schon vier Jahre nachher hinter derselben Nordseite des Fo- rums weiter östlich der Viktualienmarkt {macellum) mit sei- nem griechisch benannten Kuppelhause (tholmy^) entstand

^) Ueber die Motive Catos wissen wir leider Nichts: ans der Rede uU basiUca aedißcetur sind nur die Worte antequam U viUcare coepä erhalten (m. Fragm. S. 51). Die bekannten Aensserungen über die griechischen Litteraten und Aerzte (Frg. S. 19. 77) lassen nnr die gegebene Erklärung zn. Das Mährchen vom späten GriechischlerDen ist eine thörichte Deutung der Feindschaft wider die Griechenfreuade Ennius, Fulvius und Genossen. Dass Gato den perikleischen Epltaphios des Thukydides gut kannte, zeigt ine. or. fr. 19 S. 74 vgl. Thuc. 2) 37. So sehr auch die Analogie des emporium auf Athen hinweist, und so wenig wir bis jetzt ausser der athenischen eine ältere hasüica nachweisen können, so ist doch längst (z. B. von Zestermann Basiliken S. 72 ff.) richtig bemerkt worden, dass die vereinzelte Ausdrncksweise des Plato (Charm. z. A.), wo t6 xrjg ßaadix^e tsQov genannt wird, nicht die Herleitung von der ßaaCleios (Stoa beweist. Ausserdem muss das Beispiel des amphäheatrunit dessen Heimath noch immer ge- sucht wird und wohl sicher nicht im hellenischen Mutterlande zu finden ist, vorsichtig machen. Ueber den späteren Begriff von basüica und das Verzeichniss der römischen Basiliken Bd. 2, 216 ff. vgl. De Rossi Bull, crist. 1870, 1 ff., über die Lage derseU>en Th. IL

'^) Der Zusammenhang von mac-ellum und mac-tare (Curt. Et 238) ist ausser Zweifel, ebenfalls, wie Hermes 2, 89 ff. gezeigt worden, die Identität des 542 abgebrannten forum pücatortuniy des 543 wieder- hergestellten maceUum 7 A. 46) und des im J. 574 durch Erbauung eines tholus (Einl. § 1 A. 54) und umgebender Läden neu hergestellten maceÜunif das schon Gato (vor 580) nennt, oder forum cuppedinü (Einl. § 2 A. 22), des Musters für die kaiserlichen macella Liviae und magnum (Forma S. 32 § 15).

§ 8.] DER INNERE AUSBAU. 503

und &Q den eigentlichen Markt entlastete* Dass die kurz vorher und nachher am Handelshafen und den Kriegsdocks Torgenomoienen Neubauten nach athenischem Muster mit diesen das plötzliche Aufblühen des Staats kennzeichnenden Neuerungen in Verbindung stehen, ist schon früher bemerkt worden (S. 298. 432).

Wir werden später (Tb. II) zu zeigen haben, wie das 'Haupt des Forum \ die Rednerbahne auf demComitium, der Ausgangspunkt der künstlerischen Ausschmückung desselben wird und ihr Mittelpunkt bleibt: hierher bringt man die Trophäen der Seesiege, die Schnäbel der antia tischen und puniseben Schüfe, hierher die Sonnenuhr aus Sicilien; hier drängen sich immer dichter bis zum Untergang des Reichs die Ehrendenkmälelr und Statuen, hier stehen die Grund* gesetze und die Zeugen der Gründung der Stadt: es ist der 'glänzendste Ort', ja der 'Nabel' des Erdkreises. Nur all- mählich folgt auch die Area des Forums nach : die einfachen EiHgangsthore verwandeln sich in statuentragende Ehren- und Triumphbögen, immer beengender rücken die Frontlinien neuer oder prächtiger hergestellter Tempel hinein: in dem Forum Theoderichs, das wieder aus der Erde erstanden ist, erkennt man nur unsicher die schattenhaften Umrisse des republikanischen ^%

Im Kalender stehen drei grosse Messen verzeichnet (15—19. Juli, 20—23. Sept., 18—20. Nov.): sie schliessen sich wie die Wochenmärkte den Gerichtstagen, s6 den grossen Spielen an: denen des Apollo, und den beiden gleichartigen, den römischen und den plebejisjchen. Massen von Leuten mussten im 6. Jahrhundert an diesen Messen zusammenströmen. Von jeher scheint der Schauplatz der- selben nicht das Forum, sondern der Rindermarkt {forum

M) Vgl. einstweilen m. Sylloge inscripttonom fori romani Eph. epigr. 3, 237 ff., über die Uhr Ritschi Parergra 207 f. ~ Stand anch eine Kojne der Normalmaasse, welche im Tempel der luno numetä be- wahrt wurden (Hnltsch. Metrol. § 15, 8), am Markt? Nach dem Bei- spiel von Pompeji und der JVatur der Sache sollte man es vermutiien.

504 TREIL I.

bamrium) innerhalb, d^ Krautmarkt {forum hotäotium) ausser- halb der Stadtmauer in der Nähe des cannentaliscfaen Tfaors gewesen zu sein, und es sind durch diese Namen Zugloch die beiden wesentiichen Handeteeweige bezeichnet, weldie die Vei^orgung der Stadt mit Lebensmitteln znr Aufgabe hatten. Wir wiesen schon oben auf den bäuerlichen Charakter dieser Gegend hin. An dem Spielplatz des römischen Volkes ent- wickelt sich der bäuerliche Handel: hier wird für die Er- holung der Bauern durch die Errichtung des flaminischen ^Ring's' gesorgt und das plebejische Hauptfest gefeiert. Die Entstehung der Märkte in jener Gegend ist merkwürdig. Sie haben eine unmittelbare Verbindung mit dem gewerblichen Viertel, welches vom Velabrum über die Salinen bis an die Landungsstelle der aufwärts kommenden Schüfe, dem Em- porium, reicht und sich allmählich zu so grosser Bedeutung entwickelt hat. Auch dass die Sdiläehterzunft in jener Gegend, in der Vorstadt fimna, sitzt, wird nicht zufällig smi'^). <— In der Nähe des Gemüsemarkts müssen die Tiberfischer ihren Fang zu Markte gebracht haben: von hier gelangten die Fische in den Kleinhandel auf das grosse Forum, später auf den Victualienmarkt*®). Wir haben keinen Grund zu zweifeln, dass diese Märkte so alt sind wie die ummauerte Stadt. Kein einziger der sonst bekannten 'Märkte' (Bd. 2, 213 if.) kann auf dieses Alter Anspruch erheben, ja sie sind nachweislich nachaugustisohen Ursprungs mit einziger Aus- nahme des ^esc[uiBnischen^ den wohl später das macettum der

^) lieber die mercatus MonmseD a. d. A. 22 a. Stelle. Die Untere seheidoDg des ^pa&riciscben' Tnereattu auf dem forom bosFimn und der 'plebejischeu' nvndinae vor der Stadt bei Huscbke Jahr 194. 288 ff. häogt mit seiner GruadaoschauuDjf über den Kalender zusammen und kann hier nicht kritisirt werden. lieber die hoUtores (in Metz Cor- poration) vgl. Hühner Rh. Jahrb. 1873, 161 f.; die späten negoiiaxtet boarii CIL 6, 1035; die alten latm Pucitwntes: Bd. 2, 106 f.

>^) Das /orum pisearium seeundum Tikerim ad Portunium {ai ütnium die Hs. : § 7 A. 46) des Varro 5, 14& kann nieht das forttm füeaiorium »= tnaeeÜum (oben A. 25) sein und ein Fisefamarkt am FloBs ist nothwendig anzunehmea.

§ 8.] DER INNERE AUSBAU. 505

LiTia verdrängte, und vielleicht dürfen wir die Existenz eines ähnlichen auf dem Caelias annehmen. Aus der grossen Aus- dehnung der Stadt, der grossen Entfernung namentlich des esquilinischen Viertels von den Märkten am Fluss, lässt glich ja wohl die Annahme dieser Märkte als zweier untergeordneter Sammelpunkte der Leute aus der Sabina und der Campagna rechtfertigen. Aber wie alt sie sind und was dort verhan*- delt worden sein mag, ist nicht zu ermitteln. Einer ver- hältnismässig späten Entwickelung mag auch die Vervielfälti- gung der ^Spielplätze* angehören: als Märkte im eigentlichen Sinne sind sie keinesfalls zu betrachten. Denn der Begriff des Marktes ist ein festbegrenzter : Marktrecht und Marktpolizei sind mit ihm unzertrennlich verbunden ^^).

Doch wir kehren zu dem grossen Forum zurück. In nächster Nähe des comitium und der Curie steht das Staatsgefängniss (career): es ist ein Quaderbau von trapez- förmigem Grundrisö, mit einem Tonnengewölbe gedeckt, er- richtet über dem ßurgbrunnen (tnUlicmum) , welcher zugleich als Exekutionsort dient. Die Zeit des Baus ist ungewiss. Seine jetzige Gestalt erhielt er zur Zeit des Augustus^^).

^®) Die AiaxvUiog äyoqd des Appian Giv. 1, 48, das maceUum Liviae, im J. 243 als forum EsquiUnum restaurirt (Becker A. 1145, P. £. Visconti Bull. man. 1876, 41 ff.), war vielleicht vor Augnstns BchoD forum (vgl. Th. )I). Aocb der eofnpu* Cadimontanus (Bd. 2, 216) kann msprÜB glich ein Markt gewesen selo. Hier feierte man anch die equirria weaa das Marsfeld übefsdiwemmt war. lieber die campt Bd. 2 a. 0.

^) Vgl. § 7 A. 82. Beste BeschreibuDgen und Abbildungen: Can- eellieri Notizie del carcere Tnlliano R. 1783 ^ 1855, Gell. Top. S. 495 f. 2. A. Ich komme Th. II auf den Bau und die Beschreibungen Sallusf s Cat. 55 , der AcU Chrysanthi et Dariae (Bd. 2, 480 f.) u. A. zurück. -- Inschrift (auf Travertin) CIL 6, 1, 1539: C. Fibius C f, Rufinus itf. Cocceius M, f. Nerva cos. ex s. c. (unbekannt, aber augustei- seher Zeit; nicht 22 n. C: s. Benzen); Pestus Ausz. 264: robtu quoque in cofcere dioUur is locus quo praedpitatur maltjicorum genus , quod anie arois robusteis includebatur: aber das wäre das tuWanum*^ es liegt also sicher dne Verwechslung vor. Die AusdrScke in robore et tenebns (Liv. 38, 50)^ robur el saxum (Tac. A. 4, 29) beweisen nur die Existenz des Namens robus neben eafeeTf and da bei Plautuis Cure.

506 THBIL I.

Die Kleinheit des Gefängnisses es bat die Grösse und Höhe eines mittelgrossen Zimmers unserer Wohnhäuser ist nicht auffallend. Denn die Strafe der Freiheitsberaubung oder Einschliessung in modernem Sinne kennen die Römer nicht. Ihr Gefängniss ist ein Zwinger, bestimmt 'unbotmässige^ Bürger einstweilen unschädlich zu machen; den Schuld- pflichtigen oder den ertappten Dieb für den Gläubiger oder Bestohlenen zu sichern, bis er dem einen oder dem andern zur Einsperrung und Fesselung in ihrem eigenen Hause überantwortet wird; den zum Tode Verurtheilten dem Henker. Für Kriegsgefangene, sofern sie nicht sofort verkauft werden, wie für Geissein, auch für Bürger von Rang, pflegt Be- wachung, sei es in Privathäusern, sei es in geeigneten öffent- lichen Gebäuden, wie den Docks der Marine oder dem Schatz- haus angeordnet zu werden. Es erhellt hieraus, dass für Rom ursprünglich so wenig wie für andere latinische Städte, welche auch ihren Zwinger besessen zu haben scheinen, da$ Bedürfniss zu mehr als einem oder zu einem ausgedehnten Gefängniss vorhanden war. Allein mit dem Wachsen des Staats und der Stadt, mit den Kriegen und Siegen mehrten sich die aussergewöhnlichen Fälle in denen die Beamten sich plötzlich vor die Nothwendigkeit gestellt sahen, eine grössere Anzahl von Personen sofort in sicheres Gewahrsam zu nehmen. Am Abhang der Citadelle hinter jenem carcer müssen in den Klüften des Felsens, aus welchem wie aus den Felsen der übrigen Tufhügel Werkstücke zur Herstellung der weni- gen monumentalen Bauten der nächsten Umgebung gebrochen worden waren, angemessene Räumlichkeiten zur Einkerkerung grösserer Massen von Personen hergestellt worden sein. Dieser neue Kerker deutet mit seinem griechischen Namen

632 in robusto careere aagenscheiDli^^ von einem Privatgeföngniss za verstehea ist, so wird jenes rohu9 be^seugen, dass das Staatsgefängniss mit starken EichenboUen verrammelt war: m earcere et robore heisst also ^hinter ScUoss und Riegel'. An eine hölzerne Fütterung des oberen Gemachs ist schwerlich, an eine solche des unteren sicher nicht zu denken (vgl. Ann, d, i. 1876, 168),

§ 8.] DER INNERE AUSBAU. 507

lautumiae unzweideutig auf sein Vorbild in Syrakus. Nichts hindert uns die Einrichtung dieses Kerkers bis in die Zeit des pyrrhischen Krieges hinaufzurücken: in der zweiten Dekade des Livius wird darüber berichtet worden sein^^).

'^) Es liandelt sich hier nur am den Nachweis, dass es in der That in Rom wie in anderen latinischen Städten nur ein Staatsgefangniss gegeben hat. Dass die eigenthümliche Natur der Haft (nicht Gefäng- D issstrafe) die Kleinheit genügend erklärt, hat aach Becker (dem ich in der Hauptsache folge) nicht scharf genug hervorgehoben. Varro 5, 151: carcer a coercendoj quod exire prohibentur. in hoc pars quae mb terra tullianum, ideo quod addüum a Tuüio regei quod SyracusiSy übt t de causa (sicher unrichtig simili de c. oder gar delicti c.) custodiuntur, vocantur latomiae, inde lautumia translatum, quod hie quoque in eo loco lapidvdnae fuerunt (aus Varro Festus Ausz. S. 117). Dass Varro nicht sagt carcer und lautumiae seien identisch, hat Becker erwiesen (Top. 262 fp. Zur R. Top. 19 ff.). Entscheidend ist Seneca Controv. 9, 27, 20 ff. (Julius Sabinus) . . cum introductus est ex carcere in senatum postulaturus ut diaria acciperet. tunc diocü de fame questus . . , et cum diansset f seanianos locupletes in carcere esse: homo inquit adhuc indem- natus ut possim vivere, parriddas panem peto . . . rogavit ut in lautu- ndas transferretur: non est inquit quod quemquam vestrum decipiat nomen ipsum lautumiae: (illae} (zu streichen) minune lauta res est. Vgl. Livius 32,26, 17 z. J.556: triumviri carceris lautumiarum inten- tiorem curam. habere iussi (nothwendig ist carceris lautumiarum, nicht mit Becker 2, 2,230: triumviri carceris zti verbinden). Aber diese lau- tumiae, in welche die aetolischen prineipes im J. 564 eingesperrt wer- den (Liv. 37, 3, 8), ist eine Dependenz des career, welche zur Auf- nahme von Kriegsgefangenen dient, wie früher das Aerar (d^aavQot^ Zon. 8, 3 S. 178 Dind. Niebuhr R. G. 3, 542) und später (im J. 605) die navalia 7 A. 51) zur Detinirung von Geissein. Auch in den latinischen Städten gab es einen carcer publicus (Liv. 32, 26, 18), in Rom jedenfalls keinen zweiten ausserhalb der Stadt (!) an der Stelle des nachmaligen Tempels der Pietas: dass Plinius 7, 121 seine Quelle (Verrius Fest. 209) missverstanden haben muss, zeigt Becker, und der Beiname der vielleicht in den Ruinen des Tempels stehenden Kirche S. Nicola in carcere (Bd. 2, 532 f.), kann, obwohl nicht sicher erklärt, nichts dagegen beweisen. Ueber den schon in den älteren Märtyrer- akten vorkommenden Namen des carcer: custodia oder priuata Mamer- Uni s. Bd. 2, 382. 480 f. Dass das Wort carcer in das sicilische xaq- xagov übergegangen ist, scheint mir keineswegs sicher, die Richtigkeit der Herleitung der latttumiae von den syrakusischen Latomien ist ausser Zweifel.

508 THEIL I.

Der Markt grenzt an der Osts^ite an die 'heilige Strasse' (sacra via). Der Sprachgebrauch kennt sie unter diesem Namen nur in der Ausdehnung vom Markt bis auf die Hdfae der Yelia, wohin sie längs der Abdachung des Palatins in starker Steigung emporklimmt (oben S. 285). An ihrem Anfang unten am Forum wohnt der König in seinem Staats- hause {regia), neben der Vesta des romischen Volks: weiter hinauf stehen die Heiligthumer der Laren und Penaten, am oberen Ende seit dem Sturz des Königthums das Haus des geistlichen Schattenkönigs (domus regis). Denn dass die mehren Königshäuser in verschiedenen Stadttheilen eine litterarische Erfindung sind, glauben wir nachgewiesen zu haben 2). Erst unter diesem Gesichtspunkt tritt die Berechtigung und die Bedeutung des einen königlichen Hauses inmitten der Hausgötter des Staats an der heiligen Strasse in das rechte Licht. Die Gewährung eines eigenen Königshauses an den Opferkönig gehört also mit dem Ehren- platz beim Schmause und dem Opfer am Comitium zu den Scheinvorrechten desselben : die Summe der geistlichen Rechte ist auf den Oberpontifex übergegangen, mit ihnen das alte Königshaus, von jetzt an das geistliche Archiv. Wir glauben annehmen zu dürfen, dass an der heiligen Strasse ausser der königlichen ursprünglich keine Wohnungen standen, kein Privatbesitzthum lag und wir finden dafür noch weitere Be- stätigung in dem Charakter der Strasse, während der repu- blikanischen Zeit. Der Staat hat wiederholt Männern, welche die höchsten Ehren, die obersten Aemter und den Triumph erworben hatten, Grundstücke und Häuser an dieser Strasse geschenkt. Wenn andrerseits berichtet wird, dass Häuser und Grabstätten am Forum und am Palatin solchen Männern geschenkt wurden, so können diese Nachrichten sehr wohl, ja sie müssen eigentlich auf dieselbe Lokalität bezogen wer- den ^^). Eine mindere Auszeichnung, die aber doch gleidi

*>) Auf die g4icra via, die angebiiche grössere AusdehnaBg dersel- ben, und die beiden Köiigshäuser komme idi Tb. 11 zurück. Vor» recbte des rex sacrorum: Marquardt Handb. 4, 262; vg^l. Moramseu

§ 8.] DER INNERE AUSBAU. 509

hier zu erwähnen ist (s. unten), war die von Staatswegen gestattete und oder angeordnete Ausschmäckung der Häuser von Trinmphatoren. Hiermit steht nicht im Widersprach» dass die 'Leute von der heiligen Strasse' mit denen von der Subura seit alter Zeit um den Kopf des Oiitoberrosses strei- ten (S. 199). Denn in der Zeit, aus der dieser Beriebt stammt, war der Name von der Strasse auf den Bezirk über- gegangen und die Bewohner der zahlreichen Nebengassen^ welche von der sacra via nach dem Palatin fährten, konnten nicht anders als sacraviemes genannt werden (s. unten). Noch ist hervorzuheben, dass neben der Vesta sich die Casto- ren niederliessen, am Quell der Juturna : mit dieser Tempel- grändung ist der Kreis der wenigen Kultu^tätten, welche im Osten und im Westen an die Schmalseiten des Marktes sich anreihten geschlossen, die Langseiten haben überhaupt keine aufzuweisen. Es lag also der Markt zwischen zwei der Nutzung und Besiedelung entzogenen Abschnitten des Staats- landes, der heiligen Burg und der heiligen Königsstrasse.

Die ursprünglichen Hauptverkehrsadern der Stadt führen von den Thoren, deren Anlage wiederum hauptsächlich durch die Richtung jener bestimmt wurde (S. 268 ff. 286), nach dem Forum und den westlich und östlich sich anschliessend

Stftatsr. 2', 14. In 4er Stelle des Varro 6, 31 schreibe ich piod eo die rem Mocnfieohu litat ad oomäium {tacrifiowlus diuü ad F), also im Siane Hnackke's (Jahr 162: tacrifieio iustrat); das bloate 'firacheiaen auf den Coaitmm' {ßacrifidohu it ady Mommaea Ghroo. ' 242, iat weder darch die Werte des Aasza^^s aas Festas 259 (^tvüiw redua pevfectU ta comt^uff» venit) gefordert aoeh mir an sich verstäadüch. Die INadirtchten ither die vom Staat deo Ginciern uad Valeriera gewährte« Wobanagen aad BestattttDgea<aur die letztea behaadelt Memmsen Staa^sr. •ly 357) am Foram oder Palatiom (ehen S. 190) verbinde ich mit Pom-^ pon. Digg. 1, 2^ 2, 37: Scipio Nasioa (vielmehr P., Goasalat und Triomph 563: Zimmera 1, 1, 273 f.) . . cui etüim publice domus m säera via data est^ quo facilius consuU pos^et. Ebenso ist das Haoa d6s Vaters des Nero, die domus Domüiana in sacra via (Acta Arv. S. 61. 82 He.)) sicherMch erblich in dieser an Ehrea and Triamphen reichen Familie (Soet* Nero 1) gewesan, and darf daher wohl als ein Staatsgeiahenk tageaehan werden,

510 THEIL I.

den Abschnitten öffentlichen Gebietes: hierher strömten von allen Seiten als zu dem Schauplatz des öffentlichen Lebens und Verkehrs die Stadtbürger wie die Bewohner der Gaue zusammen. Wir können sie durch die Neubauten und Schutthaufen der Jahrhunderte hindurch verfolgen •*). Wer auf der * Salzstrasse' von Norden her kam, betrat durch das Nordthor des Walls (forta Collina) den höchsten Punkt der Stadt. Der Weg führte zunächst über die Höhe des Quirl- nals und hiess im Volksmunde hier wenigstens in später Zeit 'der hohe Pfad' {aUa semit<i)\ er senkte sich dann allmählich nach dem Argiletum und mündete in der Nähe der Curie auf den Markt. Nicht ein Name haftete an der ganzen Aus- dehnung: die vid fOTiae Collinae, longus, Instettis scheinen Theile dieser Strasse zu sein und die Kirchen S. Susanna {v. p. Coüinae) und S. Vitale (t;. limgns) ihre Richtung zu bezeichnen. Ihr letzter Theil muss durch die Anlage des julischen und augustischen Forums Veränderungen erlitten haben: zur Zeit Trajans mündete sie in erheblicher Breite an der Ostseite der Curie**). Von dem Südthor des

**) leh hebe hier die meines Erachteos entscheidenden Kennzeichen des unveränderten Fortbestandes der Hanptwe^ hervor. Der Nach- weis der loiialen Veränderungen wird Th. II gegeben werden.

M) Wegen der noch nicht ganz aufgeklärten ursprünglichen alti- netrischen Verhältnisse des Qnirinals (das heutige Hochplateau der Via del Quirinale Via di Poru Pia :==» Venti Settemhre ist künst- lich hergestellt, s. Th. II) haben diese Annahmen nur relative Wahr- scheinlichkeit. — Zu aka semita musste oben S. 310 noch bemerkt werden, dass ganz ähnlich schon Martial den cUvms über der Snbura aUttm iramütm nennt (10, 19, 4). Die Entstehung des Namens von dem clivus bei S. Agata herzuleiten (Niebnhr 3, 357) sehe ich keinen Grund. Ftau portae CoUinae (Stein bei S. Susanna gefunden CIL 6, 1, 450) wahrscheinlich in der Richtung vom Thor nach Monte Cavallo: Lanciani Bull. mun. 4, 166 (flaakirt von Reticulatbanten und Ziegelwerk des 2. 3. Jahrh.). Der Name vieus longMs (alt) und seine durdi die Kirche S. Vitale bestimmte Riehtung darf indessen wohl als Beweis herangezogen werden: über den Instenu (alt) Bd. 2, 263. Die Via Bonnella zwisehen S. Martina und S. Adriano ut nicht alt, das Relief mit deu Dirstellungen des Form leigt an der Ostseite der Carle (S. AdriuM?) eine breit eiuaüiidwda Strasse (Jahresh. 1875» 7S6).

§ 8.] DER INNERE AUSBAU. 511

Walls gelangt man in starkem Abstieg hinab, me noch heute, in die Subura, von da auf den Markt, wie es scheint, auf dem nehmlichen Wege dessen breitere Oeifnung dem 'Durch- gangsforum' des Nerva verdankt wird. Ein Weg führte über die * Kielhöhe' (camae) atn Tellustempel vorbei, wahrschein- lich auf die heilige Strasse: indessen haben hier die vespa- sianischen und hadrianischen Bauten vermuthlich die ältesten Strassenzüge verändert^*). Noch eine dritte Verbindung gab es vielleicht inmitten dieser beiden: vom viminalischen Thor führte eine Strasse {tncus eollis Viminalis) in die Tiefe in der Richtung ebenfalls auf die Subura: ihr wird sich der vtcns p€Uriems, bezeichnet durch die Kirche S. Pndenziana, zuletzt wahrscheinlich mcus Cuprius angeschlossen haben ^*). Nicht viel besser gelangte man von den Bauernmärkten am carmentalischen Thor auf der gewundenen Jochmacher- strasse {vieus mgarms: s. unten) über die südliche Abdachung des Kapitels kletternd auf den Markt: die Gasse mündete an der Ostseite des Saturntempels. Dagegen von der forta Trigemma über den Rindermarkt, das Velabrum und die Tuskergasse führte die Strasse bequem in der Ebne^^). Bis

. ^) Vielleicht fällt der altus tramßs Suhur^e (A. 34) zum Theil mit dem oberen TheiJ der Via di S. Luoia in selce, welche vor dem Bau der Eisenbahn die Verkehrsader zwischen dem alten esqnilinischen Thore und der Sabura war, zusammen (vgl. Bd. 2, 128). Carinen: oben § 2 A. 74; die Area vor dem Tellnstempel liegt xtna triv inl KaQlvag tpiqovaav oSbv (Oionys. 8, 79).

••) Der [vicus] eoUis Fintmalis der Inschrift Marini Arv. 611 CIL 6, 1, 2227 wird jetzt erst als solcher durch den Stein des maff, vici coli. F'imin, (das. 2228) gesichert. Fandort: in der Nähe des alten Thors am Eisenbahnhof. Vgl. Lanciani Ball. man. 2, 199. Der alte Streit über den vicus Cyprius (vgl. besonders Becker zur rÖm. Top. 76 ff.) muss hier noch auf sich berahen.

^) Man pflegt jetzt die Gasse, welche zwischen dem Saturnus- tempel und der Basilica mündet den vicus iug'arius, die andere, welche zwischen dieser und dem Castorentempel mündet vicus Tuscus zu nen- nen. Es ist aber zu beachten, dass der Bau der Basilica den Lauf der von Süden in das Forum mündenden Strassen verändert haben muss. Ich nehme an, dass der vicus Tuscus ursprünglich ins Forum mündete^ wo später die Basiliea gebaut wurde. S. Th.

512 THEIL !•

zum J. 548 scheint es ganz an einer direkten Verbindang zwischen den Bauernmärkten und der Gegend am ^Gemeinde- teicb' gefehlt zu haben: die Leute welche ihr Vieh zur parta Naevia hereintrieben oder die Ochsenhändler, welche es vom Harkt zu den Schlächtern am Gemeindeteicb (unten) schaffen wollten, waren dadurch .behindert Die Anlage einer Sti^asse Tom Rindermarkt nach ijlem Venustempel am Südende des Circus half dem Uebelstand ab: hier vereinigte sie sich mit der von parta Naevia hereinkommenden und zwischen Pala- tin und Caelius in der Richtui^ auf den Esquitin fortlaufen- den Hauptstrasse. Späteren Ursprungs mag eine körzlick wiederentdeckte Hauptstrasse sein, welche vom Rindermari^t nach dem Flufisthor gefuhrt zu haben scheint In jene Strasse zwischen Palatin und Caelius mündete durch das capenische Thor die appische Strasse. Endlich hat sich wie es scheint der Lauf der Strasse von dem Hauptthor am Caelius nach der Velia nie verändert ^^). Aber die neronischen und vespasianischen Bauten haben von der Gegend des Co- losseum an unzweifeljiaft die weiteren Verzweigungen der ältesten Anlagen very^iscbt Weder der gallische noch der neronische Brand, weder die Neubauten der Kaiser noch der Zusammensturt des Reiches haben also die Sparen der Hauptstrassen des servianischen Roms zu tilgen vermocht

^ Die CeDsoren d. J. 548 viam e foro bovario ad (der Pot et ad) Veneris circa (et circa Aasgabeo) /oros publicos et aedem Matris deum in Palatio Jaciendam locaverunt (Liv. 29, 37, 2); nor so gelesen hat der Bericht eioeo Sina, da der Veonstempel Bothwendig der im J. 459 (Dedicatioostag 19. Aug.) an der Stelle des alten sßcd- lum der Fenus Murcia erbaute ist, dessen Lage an der Rnndung des Circus jetzt feststeht (s. Forma S. 17 § 3). In dem verdorbenen Satz et extra eandem portam. (Trigeminant) f porticum silices straverunt et eo publico ab aede Venerit fecerunt (Liv. 41, 27, 9) kann allenfalU eine Notiz über Verbesserungen jenes Weges stecken ; unmöglich ist, was Perizonius vorschlägt: et porticum clivo Publicio ad aedem V, /. Der Stadtplan (Fr. 38 g) zeigt die erwähnte Abzweigung. Strasse vom Caelius: Richtung durch den ^arcu$ Basilii und den alten Bao unter S. demente bestimmt.

§ 8.] DER IJNNERE AUSBAU. 513

Die Strassen, weiche Ton den Thoren nach dem Markt führten, werden von Anfang an nothdürftig in fahrbaren Zustand versetzt worden oder vielmehr die einzigen meist schlachtenartig zwischen den Höhen sich windenden Wege, welche Laslthiere und .Lastwagen passiren konnten (viae), gewesen sein. Denn das Recht in der Stadt zu fahren ist zwar in älterer Zeit ein Reservatrecht der Götter, der Priester nnd des Königes: nur selten mag in altrepublikanischer Zeit einem hochverdienten Bürger wie eine Wohnung an der heiligen Strasse, so das Recht in die Curie zu fahren ver- liehen worden sein; aber von jeher müssen durch Lastthiere oder auf Wagen Bauholz, Steine und Waaren durch die Strassen bewegt worden sein, und aus dem Stadtgesetz Caesars ersieht man, dass die Beschränkungen, welche es dem Lastwagenverkehr auferlegt, eine neue und durchgreifende Ordnung der Dinge war^®). Trotzdem giebt es unter den Strassennamen Roms nur zwei, welche die Benennung ma, Fahrstrasse, fuhren, und welche zugleich unzweifelhaft in das höchste Alterthum hinaufreichen, die sacra via und die bis-* her noch nicht erörterte nova via: alle übrigen heissen vici. Es fällt auf, dass abweichend von dem gewöhnlichen Sprach* gebrauch die formelhafte, technische Redeweise in diesen Namen unbedingt die Vorsetzung des Adjectivums fordert und also nicht minder, wie die Ableitung eines Ortsadjecti- vums sacravietim auf ein frühes Znsammenwachsen je beider Worte zu einem hindeutet. Mag nun der Grund dieser letzten Erscheinung auch verschieden gedeutet werden kön- nen — aus dem Vorrath stadtrömischer Lokalnamen wussten wir als Analogien nur Caelius mons und das nur halb ähn- liche Tuscioicanm zu nennen die erstgenannte kann un-

*>) S. Mommsen Staatsr. P, 376 ff. (doch vgl über die sella cur- ruUs oben A. 21). Plin. 7, 141 von L. Metellas Gonaul 503. 507: träfuit ei p, R. quod nulli aUi condito aevo fd quoüens m senatum iret curru veheretur in curiam, Monicipalgesetz Z. 56 ff. Dass die Alten (Varro 5, 22) via von vehi richtig ableiten, steht fest (Gorssen 1*^ 98, 460): über den Gebrauch s. unten.

Jordan, rOmisohe Topographie. I. 1. So

514 THEIL I.

möglich zufällig sein und sie Terlangt eine Erklärung. Die Unsicherheit der topographischen Bestimmung der nova via (s. Th. II) erschwert ein^e solche: wenn es aber als sicher zu betrachten ist, dass sie von der sacra via nach dem Ein- gang des Circus und der ara maxima führte, so' schont darin ein Hinweis auf die eigenthümliche Bestimmung der Strasse zu liegen. Ist sie eine Erweiterung der heiligen und Königsstrasse nach dem Schauplatz der römischen Spiele nach der tarquinischen Umgestaltung derselben? Die Alten selbst scheinen den Bau der Strasse dem Servius TuUius zugesehrieben zu haben ^^). Indessen sicheren Boden gewin- nen wir erst durch eine Betrachtung der Individualnamen der Strassen. Es muss hier einstweilen vorausgesetzt wer- den, dass vums im engeren Sinn die Hauptstrasse, im wei- teren die Hauptstrasse mit ihren Seitenstrassen , daneben auch die von Haupt- und Seitenstrassen begrenzten Häuser- viertel bedeutet*^)»

**) Die Thatsachc, dass wir etwa 140 StrasseDnamen kennen, dass diese alle, darnnter die von den Thoren hereinführenden nach diesen benannten HanptstrasiseD, als vici (th«U weise als clivi, uaten) bezeich- net werdea^ nur die sacra vifl un^ nova via, in der Stadt als viae, ist bereits Mem. dell' inst. 2, 237 ff. in ihren Konsequenzen erwogen wor- den. Die Regel erleidet keine Ausnahme: denn ausserhalb der servia- nischea Stadt laufen die via lata (der Anfang der Ftamtnia), tecta (zwei des Namens, Marsfeld und 1. Region), die von Severns gebattte via nava bei den Thermen. Für den technischen Gebrauch von sacra via, nicht via sacra, entscheiden die Inschriften und das Compositum sacraviensis, die überwiegende Zahl der Litteratarzeugnisse fügt sich , wie schon Becker De muris S. 23 vgl. Zur r. Top. S. 16 bemerkt. Für nova via stehen nur die Schriftsteller zu Gebote, bezeugen aber dasselbe. Die Beziehung der nova via zur ara maxima am Circus hat schon Monmsen CIL IS. löO bemerkt, lieber den Lauf Th. IL -^ BeiFestus 174 ist freilich Müllers Ergänzung [nova via structa esse dicitur re- gnante] Servio Tullio u. s. w. unsicher: aber da ein Wort no . . erklärt sein muss und in der folgenden Zeile [cum in ripam? . . ] escenderetur auf das Verhält niss der nova via zum Felahrum. passt, keineswegs so unsicher, wie Becker Top. in Leipzig S. 28 ff. meinte. Wenn Varro 6, 59 sagt noim via quae via iam diu vettts, so giebt das allerdings keinen Anhalt für die Zeitbestimmung (vgl. Bd. 2, 7 f.)

*^) Ich verweise auf meine Abhandlang de vicis urbis R. Mem.

§ 8.] DER INNERE AUSBAU. 515

Unter den etwa 140 Namen stadtrömischer vict sind nicht mehr als 16 nachweislich republikanischen Ursprungs. Unter diesen aber sind Vertreter zweier Klassen von Namen, welche eine besondere Beachtung verdienen und sicher in ziemlich alte Zeit hinaufreichen. Es sind einmal die Benen^ nungen nach Handwerken in einer eigenthümlichen sehr alten sprachlichen Form * unter Töpfern', * unter Sichelschmieden', ' unter Holzhändlern', 'unter Jochmachern *(?), später 'Töpfer- gasse ' u. s. w., denen wir die chronologisch nicht bestimm- ten ' Zwiebelgasse ' , ' Wechslergasse * , * Ochsentreibergasse ', (alte und 'neue'), 'Kornhändler-', 'Riemenschneider-', 'Soh- lenhändler-', 'ßauholzhändler-', 'Glasergasse', vielleicht auch 'Olivenhändler-' und ' Grashändlergasse' anschliessen müssen **). Eine zweite Klasse trägt plebejische Gentilnamen: sicher

deU' inst. 2, 215 ff. und ßd. 2, 291 ff. 585 ff. Nur weniges ist seitdem hinzugekoinmen : Einl. § 2 A. 53. 56. Doch ist es, wie Arch. Z. 1871, 61 ff. auseinandergesetzt worden, wahrscheinlicli, dass eine Anzahl von Namen von vici in untechuischer Form überliefert und als solche nicht erkennbar sind. Wenn z. B. ein Geschäftsmann auf seine Firma setzt a Septem Caesarihus^ so kann leicht ein vicus Septem Caesarum die Veranlassung sein u. s* f.

**) Die Belege s. Bd. 2: int er figulos^ vnter falcarios, (porticus)

tnter lignarios. Die Argeerurkuode hat statt inter fig-ulosi in figulinis^

eine andere Strasse heisst in derselben Urkunde in tabemola (Bd. 2, 255,

vgl. A. 44). üebcr das inter vicos Ciceros s. unten. Fici alliarius = (ülia-

riorum, arg'entarius, bubularius, (und b. novus\ frumentarius, lorarius,

materiarius, sandaliarius, vitrarius, vgl. Hercules oUvarius^ Elephas her-

barius die von einem vicus olivarius, herbarius, wie ApoUo sandaliarius

vom V. sandaliarius benannt sein werden. Hiernach erkläre ich den

vicus iugarius = iugariorum und iugarius als Jochmacher: dass das

Wort sonst in dieser Bedeutung nicht vorkommt, vielleicht überhaupt

nicht weiter (Colum. 1, 1, 6 ist zweifelhaft), ist kein Hioderniss. Die

Nähe des forufn boarium erklärt die Zunftgasse, wie andrerseits auch

der vicus bubularius nahe dabei gewesen sein wird, wenn anders die

capita bubula regione Palatü damit zusammenhängen. Manches bleibt

dunkel: so der vicus pulverarius. Aber man denke an die noch jetzt

starke Verwendung des Suffixes: ein Mann der Vipern sammelt nennt

sich einen viperaro u. dgl. Es ist also gar nicht unglaublich, dass

pulverarii irgend eine Hantierung mit Staub bezeichnet. Noch vgl.

area radicaria^ campus lanatarius {lanariust)^ pecuarius.

33*

516 THfilL I.

republikanisch sind die acilische, cosconische, instejische, publicische, pullische, sulpicische Gasse, Ungewissen Alters die caesetische, fannische, licinische, plotiscbe, racilianische (?' diesseitige' und 'jenseitige'), saufejische. Neben dieser stattlichen Reihe von plebeischen stehen nur zwei patricische Namen, die 'cornelische' und die 'sergische Gasse', und einige wenige Cognomina, welche wir hier noch ausser Spiel lassen (A. 56)*«).

Was die erste Klasse anlangt, so erinnert zunächst die Form 'unter Töpfern' u. s. w. in auffallender und schwer- lich zufälliger Weise an die Benennung der aus ddn langen und regelmässig angelegten Budenreihen der Zünfte hervor- gegangenen Gassen der Städte des deutschen Mittelalters: in Köln z, B. hiess es und heisst es zum Theil noch jetzt 'unter Kästen \ 'unter Kostmengern' u. s. w. Anderwärts, wie in Königsberg, bat sich die Erinnerung an den Ursprung dieser Strassen in dem Festhalten des Begriffs der Tische ^^f Verkäufer, der 'Bänke', fortgepflanzt; die 'Brodbänken-' und 'Fleischhänkenstrasse' sind aus den Buden der Bäcker und Fleischer entstanden **). Wie hoch hinauf das Zunft-

**) Ficus Aciliusy Insteius (= Insteianus) , PubUdus (cKvus)^ Pul" UuSj Sulpicius; Caesetius, FanniuSy Licinianus (= Licmius)^ PloUuSy Racilianus (== Racilius : ulterior, citerior), Saujeius, ComelüiSf Sergius, Dazu ist zu bemerken: überliefert sind die Formen vicus Insteius (Li- vius) und Insteianus (Argeerurk. bei Varro); erstere Form ist wohl gemeint CIL 1, 804 = 6)2221 vicei Sulpicei d. h. vicus Sulpicius; so Publi- citis PuUius Cosconius bei Varro; häufiger^ aber wohl später ist die Verbindung mit dem Genitiv, die auf der kapitolinischen ßasis herrscht, aber wegen des wiederholten Ablativs vico Gonfusion gemacht hat: denn sicher ist wie vico lanuclensis = lanuclensi so vico Sulpici üUe- rioris, citerioris = Sulpicio uUeriore oder = Sulpieio ulteriore. Danach erkläre ich vico Raciliani minor{is), maioris = Raciliano minore = Ra- diu oder Raeilio minore und t;. Lidnianus = Licinius, Im Uebrigen s. A. 46.

^) S. besonders Ennen Geschichte der Stadt Köln 1, 672 ff. Erst im 13. Jahrhundert entstehen in Köln aus den Tabernen', 'Bänken, 'Kästen' der Zünfte, hinter welchen die Häuser der Kaufleute gebaut werden, Gassen. Hiernach ist es nicht möglich anzunehmen^ dass die

§ 8.] DER INNERE AUSBAU. 517

wesen in Rom datirt, ist bekannt: in den Strassennamen finden wir eine der ältesten Zünfte, die Töpferzunft vertreten. Kein Zweifel, dass nur der Zufall uns den Namen der

* Schustergasse' entzogen, den des ' Schusterhofs \ des Ver- einshauses der Innung erhalten hat ; dass in dem Viertel des *' Gemeindeteichs ' die Schlächterzunft sogut ihre Gasse gehabt haben wird, wie am Emporium die 'Holzhändler'. Die

* Töpfergasse' am Circus und die andere auf dem Esquilin, die ^ Jochmacherstrasse' am Rindermarkt, die * Holzhändler- strasse' am Hafen alle zu den älteren, wenn nicht ältesten, Namen gehörig zeigen, dass solche * Reihen' oder 'Zeilen' in yerschiedenen Stadtvierteln entstanden: dass sie am frü- hesten, zahlreichsten und zusammenhängendsten in dem ge-^ werblichen Viertel von den Märkten am carmentalischen Thor bis zum Hafen, und über das Velabrum gegen das Forum zu entstanden, dass vielleicht ursprünglich ein ge- setzlicher oder durch die Statuten der Zünfte bedingter Zwang in bestimmten Vierteln zu wohnen geübt wurde, darf wohl vermuthet, kann aber meiiies Wissens nicht bewiesen werden. Die Zeiten über welche die Litteratur reichlich Auskunft giebt, kennen natürlich solchen Zwang nicht: Handel und Handwerk sind über die ganze Stadt zerstreut, wenn auch altes Herkommen und die moderne Sitte Waaren in grossen Bazaren aufzustapehi , gewisse Centralpunkte für die einzelnen Geschäftszweige bedingen. Wenn hiernach die einzige unter den römischen Strassen, welche einen Völker- namen trägt, die 'Tuskergasse*, in eben diesem Viertel liegt, und zwar in der Nähe des kapitolinischen Tempels denn ihr späteres Einmünden in das Forum am Ostende der ju- Uschen Basilica beweist Nichts dagegen : Ao37 , so glauben wir recht gethan zu haben, sie in die Reihe der Handwerkergassen

in lateinischen und deutschen Urkunden jener Zeit auftauchenden Gas- sennamen 'inter macellos' (vgl, Ennen S. 668), 'unter Kästen' u. a. in histo- rischem Zusammenhang mit den republikanischen, nachher ausser Ge- brauch gekommenen der Stadt Rom stehen.

518 THEIL I.

gestellt und als die Ansiedlung der hier ehemals thätigen etruskischen Bauhandwerker bezeichnet zu haben ^^).

Einen anderen Ursprung haben die Namen der zweiten Klasse. Zwei derselben vicus Insteius und compüum d. h. vicus (s. unten) Acilii, kommen in der Chronik des zweiten puni- sehen Krieges als bereits vorhanden vor, die Entstehung einer dritten Strasse, des clivtis Publicms, fällt ins Jahr 517, die übrigen sind allem Anschein nach sämmtlich, sicher die meisten älter als der Untergang der Republik ^^). Zwei Wege scheinen sich für die Erklärung der Namen zu bieten welche zugleich zur Bestimmung der Zeitgrenze nach rück-

^^) Vgl. Marqnardt Haadb. 4, 152. Die lanü Piscinenses : Bd. 2, 106 f.; atrium sutorium: Hermes 4^232. Für die selbstverständliche Tbatsache, dass die Handwerker in bistorischer Zeit ihre Boden in yer- scbiedenen Tbeilen der Stadt hatten, wird man kaum Zeagoisse ver- langen: z. B. kennt man die Schuster am Castortempel (Plin. 10, 121), bei der Spes vetus (Eph. epigr. 1, 218), im Argiletuin (Martial 2, 17); Beispiele für mehrere Laden eines GeschäftsmanDes in yerschiedenen Stadtgegenden, Benennung verschiedener Geschäfte nach einer Stadt- gegend: Arch. Z. 1871, 68 f. Ausser den Tuskern begegnen nur (Bd. 2, 215) die 'Griechen', als Fremde schlechthin, in der Graecostasis, die Gallier in den busta Gallica am Kapitol, einem Ausdruck, dem die 'Schwedenscbanzen' in Norddeutschland, allenfalls auch die ^Heiden'- und 'Hübnengräber' verglichen werden können; nicht hierher gebort der vicus j4fricus\ die ^Sabinerstrasse' vicus Cuprius ist schon besprochen, ein Judenviertel existirt nicht (s. unten).

M) Der vicus Insteius kommt vor in der Chronik u. d. J. 540 (Liv. 24, 4) und in der wahrscheinlich um diese Zeit redigirten Argeerurkunde (hier Insteianus), der vicus AciUus in der Cbronik u. d. J. 535 (Plin. 29, 12 nach Cassins Heaina, welcher sicher in vico JdHo gesagt hat, statt des von Plinins nach damaligem Gebrauch substituirten in compito AciUi); über den clivus Publidus A. 47. Republikanisch (nach den Zeugnissen): Cosconius, Fabricius, PuUiuSy unsicher CaesetiuSj Fanntus, Licinius (oder Licinianus), Plotius, Sulpicius. Doch sind alle diese Familien im 6. oder 7. Jahrhundert in Aemtern nachweisbar. Plebejische Sulpicier: Mommsen R. F. 1, 119 f. PulHus ist ein anf Inschriften häufiges Gentilicium, ein M. PulHus ist 649 Duovir in Pn- teoli (CIL 1, 577): daher der PulUus, welcher im J. 505 als Volks- tribun den Perdnellionsprozess gegen P. Claudius Pulcher anstrengte (Schol. Bob. Cic. S. 337 Or. Rein, Criroinalr. 482), wohl ohne Grund von JNfiebuhr (Cic. or. fr. S. 70) angefochten worden ist.

§ 8J V DER INNERE AUSBAU, 519

wärts führen müssen : entweder sind diese wie gezeigt wurde fast ausschliesslich Yon Plebejern benannten Gassen Quartiere dieser plebejischen Geschlechter oder sie haben von dem Bau der Strassen durch plebejische Beamte ihre Namen er- halten, oder beide Entstehungsarten gingen nebeneinander her. Wir haben nun ausdrückliche und glaubwürdige Zeugnisse dafür, dass die publiciscbe, cosconische und pul- lische Strasse yon Wegebaubeamten , welche sie angelegt haben, b^annt sind und dazu gesellt ein ebenso glaubhaftes Zeugniss, dass der servilische Brunnen am Forum seinen Namen von dem Erbauer hatte: wir erinnern gleich an zwei andere, welche plebejische Namen führen, den Brunnen des Curtius und den des Fundanius und an den Zusammenhang welchen Strassenbaü und Brunnenanlage haben ^^). Es wird

^^) Varro 5, 158: elwos PuhUcius ab aedäibus plebei PubUdüy qui eum pttblice aedificarunU simiU de causa PuUius et Cosconius, quod ab his viocuris dicuntur aedißcati. Von dem ersten genauer Festus 238 (die Hs. von mir 1867 eingesehen): PuUicius clivus appellatus, quem duo fraires L. M. Publtcü MaÜeoli (publici malteoH Hs.) aedües cur. pecuaris (die Hg.: pe arU; die 1. Hd, hat unter 0= einen Punkt gesetzt und am Rande '.' cec' geschrieheu) condemnaUt ex pecuma quam ceperant coeperat Hs.) munierunt^ ui in Aventinum vehi posset (so schreibe ich: die Hs. uehicuU hei uenire possü [so], entstanden aus dem doppelten Verbesserungsversuch ueh{\culi vel venire). Ganz mit denselben Aus- drücken ^ie van den eUvi spricht Varro über einen tdcus 5, 152: lau- reium . . . absUva laurea quod ea ibi exoüa et aedificatus viius. Doch wird sich ein gewisser Unterschied gleich heraussteUen. Festus 290; Servilius lacus appeÜabatur [ab] eo qui eum facienduin curaverat in principio vici iugari, continens basilicae luliae, in quo loco fuit effigies hydrae posüä a M. Agrippa. Abweichend von der bekannten fabel- haften Ur^prungsgeschichte ^^% lacus Ourttus (Schwegler 1, 484, oben § 1 A. 15) Varro 5, 150: Cornelius et Lutütius seribwtt eum locum esse fulguritum »t ex senatus eonsuUo saeptum esse idque factum esse a Curtio consule cui M, Genucius fuit collega: Curtium, appeUatum (so schreibe ich: id quod und est F, esse schon H). Diese Ueberliefe- ruDg ist gewiss falsch (über den Consul Curtius Chilo v. J. 309 vgl. Mommäen F. 1, 111): vielmehr wird an einen plebejischen Curtier gedacht werden müssen. Auch der Fundanier 6es'lacus Fundanii, nach dem ein vicus benannt war, ist unbekannt. Auch ein lacus PisonisJ Unten A. 56.

520 ™BIL I.

also nothwendigerweise zuerst die Benennung der Strassen Ton den Erbauern in Betracht gezogen werden müssea und diese Betrachtung führt auf die Frage, wie es mit dem An- fang des Strassenbaus, d. h. der Pflasterung der Strassen, in Rom bestellt gewesen ist.

Die oben hervorgehobene grosse Aehnlichkeit der Ent- stehung der römischen und der deutschen Zunftgassen recht- fertigt es, wenn wir hier noch einmal auf die Analogie ein^ ganz ausser geschichtlichen Znsammenhang stehenden Er- scheinung yerweisen. Ungepflastert sind die Strassen der deutschen Städte fast durchweg bis ins 14. Jahrhundert ge- blieben. In dieser Zeit fängt man an die Hauptstrass^ai, welche zum Tbore hinausführen und dort in den Land- Strassen sich fortsetzen zu befestigen und zu pflastern: so entsteht der 'Damm', der * Steindamm \ der 'Steinweg' oder 'hohe Steinweg', Namen welche sich vielfach bis auf unsere Tage, also drei bis vier Jahrhunderte lang gehalten haben *^). Die dürftigen Notizen über den Strassenbau, welche uns aus der Stadtcbronik aufbehalten sind, weisen eine ähnliche Erscheinung für Rom nach. In welchem Zustande die aus den Thoren Roms hinausfuhrenden Landstrassen, wie die uralte 'Salzstrasse', die nach Ostia längs dem Fluss, die in die nahen latiuischen Städte fuhrenden, vor der Mitte des 5. Jahrhunderts der Stadt sich befanden, ist unbekannt Den Bau der Heerstrassen aus festgefügten polygonalen Lava- stücken auf gestampfter Kies- oder Puzzolanschicht , wo es nöthig war über mächtige Quaderunterbauten hinweg, mit steinernen Rändern (margines, crepidines) und Fusssteigen (semitae) zur Seite, datiren die Geschiehtschreiber zwar von Appius Claudius, demselben, der die erste Wasserleitung und wahrscheinlich den Gemeindeteich gebaut hat: er soll in

^) Vgl. Arnold Yerfassnogsgeschickte der Freistädte 2, 219. Der 'Steindamm' in Königsberg lasst sich schon im 14. Jahrhundert nach- weisen : es ist ursprünglich der Anfang der ins Samland führenden Land- strasse. Näher in das Detail dieser Fragen einzugehen ist nicht er- forderlich.

§ 8.] DER INNBRB AUSBAU. 521

dieser Weise wenigstens einen Theil der nach ihm benannten appischen Strasse im J. 442 gebaut haben. Allein wenn die Chronik den Bau eines Fusswegs {semta) aus quadratischen Platten auf derselben Strecke vom Thor nach dem Mars- tempel durch die Aedilen des J. 458, die Pflasterung der Fahrstrasse von da nach Bovillae mit Lava durch die Aedilen des J. 460 geschehen lässt, so sieht man soviel, dass nach 14 Jahren selbst der erste Abschnitt des Riesenwerks noch nicht fertiggestellt war. Vielleicht darf angenommen werden, dass mit dem Bau des Fussweges nach dem Marstempel im Osten ein ähnlicher Bau, der der 'fiberwölbten Strasse' nach dem Marsaltar im Westen in Verbindung stand (oben S. 501). IWenn nur 5 Jahre nach dem Beginn des Baus der appischen Strasse der censorische Bau von Fahrstrassen ^fiber Land' gemeldet wird, so werden wir darunter eine umfassendere Inangriffnahme des Baus grösserer Landstrassen bis zu den nächsten und wichtigsten Zielpunkten, aber auch bei diesen Bauten schwerlich schon an eine durchgängige Pflasterung mit Polygonen, vielmehr an die Herstellung einer Chaussee durch Aufschüttung eines Damms und Festigung desselben durch Kies {glareä) zu denken haben. Erst ein Jahrhundert später beginnt mit dem Bau der flaminischen Strasse (534) die Reihe der ausgedehnten Heerstrassenbauten^ welche wir hier nicht weiter zu verfolgen haben. Ebenfalls lassen wir es dahingestellt, welche Vorbilder für die ersten Bauten maass- gebend gewesen sind^^).

^ Appm €Undias (442) vum munivit (Liv. 9, 29), ro nUXajov fiä^os K&ois aT€Q€otg Tutiiatf^maa itno *Pu^ris f*^X^ Kanvtii (Diod. 20, 36); Bau von 458: semitam saxo quadrato a Capena porta ad Mar^ tu straverunt (Liv. 10, 23, 12); yob 460: via a Martis siUce ad Bo- villas perstrata est (10, 47; beides aas Multgeldern). Bau v. 447: viae per agroe publica ünpetua factae (Liv. 9, 43, 25). Dass grosse Veräoderao§peB später vorsenommea worden siad, leidet keinen Zweifel: die EbnuBCp des cUvus Mortis (UL.0, 1, 1270) beweist aber nicht, wie Nie- bnhr 3, 357 behauptet, die im J. 458 s^bante semita sei eine Art von Cor- donata gewesen. Ueber die Konstruktion der via j4ppia (gestampfte Schickt von Pnzzolane und kleinen Steinen) s. Piraneai Ant. 3 T. 7,

522 THEIL I.

Im ersten Drittel des 6. Jahrhunderts begegnen wir nan den ersten Nachrichten von Strassenbauten innerhalb der Stadt: es ist zuerst der von plebejisch«» Aedilen ausgeführte Bau einer 'Fahrstrasse' von der Gegend der Salinen auf den Aventin, des clitms Puhlicms im J. 517, dann die Anlage einer ' Strasse ' vom Rindermarkt nach dem Ende des Circus im J. 550, d. h. einer direkten Verbindung der Bauern- märkte mit der zum naevischen Thor hinausführenden Haupt- strasse (A. 38. 50). Man sieht leicht, dass diese Strassen- bauten durch den bedeutenden Aufschwung des Verkehrs der Handelsvorstadt veranlasst worden sind. Ob die zweit- genannte Strasse ganz im Thal oder über demselben lief, ist unbekannt. Unter dem 'Bau' kann nicht füglich Aie Plani- rung des unebenen oder fekigen Terrains, eine blosse Erd- arbeit verstanden, es muss an Pflasterung« oder Chaussirung gedacht werden. Wenn in der Zeit zwischen den Jahren 517 und 550 die Chronik zwei vici, den Imteius und den Acilius erwähnt (A. 46), so dürfen wir also nach der hier begründeten Ansicht über die Strassennamen annehmen, dass diese Strassen, von denen jene auch ein clivus gewesen zu sein scheint, kürzere oder längere Zeit vor den Jahren, in denen sie zum erstenmal genannt werden, chaussirt oder gepflastert worden sind. Die Pflasterung städtischer Strassen ist mithin älter als die gleich zu erwähnende Massregel des J. 580. Damals zuerst kam aus der griechischen Komödie das Fremdwort platea für die breitere, vielleicht die gepflasterte Strasse in Umlauf: diese Bedeutung hat es auch in der Conversationssprache der klassischen Zeit und in der Amts- sprache vornehmthuender Provinzialstädte : in die römische hat es niemals Eingang gefunden. In der spätesten Schrift-

liber die der Flaminia derselbe Campo Marzo T. 38 vgl. Bergier Bist, des graods chemios de Tempire R. 2, 2 ff. Uefoer das Alter der erlial- teneu Theile habe ich kein Urtheil. Die Inschrift der via Solana y, 639 (oben § 7 A. 45) : . . via gld\rea sternenda af fn{l[iario . . Breite der Appia zwischen den crepidines nach Canina 4, 15 M., anderer Strassen verscliieden.

§ 8.] DER INNERE AUSBAU. 523

und Volkssprache hat es bald die Bedeutung von Strasse überhaupt, bald bedeutet e& Platz *^*). Diese Bauten, stück- weise und auf verhältnissmässig kurze Strecken vorgenom- men, mochten aus Strafgeldern die Aedilen, aus kärglich angewiesenen Quoten des Budgets die Censoren unternehmen: zur Besserung des bei weitem grössten Tbeils der städtischen Wege genügten so geringe Mittel nicht. Als nach den Schlachten von Kynoskephalae (557) und Magnesia (565) das Geld der Konige Philippos und Antiochus in den Schatz ge- flossen war, konnte man grössere Arbeiten in Angriff nehmen. Im J. 570 ist, nach wahrscheinlicher Vermuthung, auf die Erweiterung des Kloakensystems die Summe von 24 Millio,- nen Sesterzen verwendet worden. Der Löwenantheil scheint wieder auf die Handelsstadt am Aventin gefallen zu sein (S. 442); von den umfassenden Bauten des J. 580 auf die- selbe mindestens ein erheblicher Theil. Der Bericht über diese Bauten führt uns verschiedene Gruppen in leider theils unklarer, theils durch die Lückenhaftigkeit der handschrift-

«»<") Bekannt ist (Mem. dell' inst. 2, 237. 239), dass die Gfieclien viae^ vici mit nlajeTaiy axevtonoC wiedergeben, dass Plautus und Terenz platea aus den griechischen Originalen entlehnen, aber nicht in dem technischen Gegensatz zu vicus gebrauchen, sondern allgemein für Strasse (die Stellen stellen bei Tuchhändler De voc. Gr. in Lat. 1. translatis, Berliner Diss. S. 54), wie deutlich z. B. aus Mil. 609. Cure. 278 zu ersehen ist. Die classische Conversationssprache (Cicero meidet das Wort) betont bald den Gegensatz (z. B. Caes. Civ. 1, 27), bald den oben bezeichneten mo- dischen Begriff (so Catull 15, 7 vgl. Hör. Ep. 2, 2, 71). Bei den Spä- teren (so bei den Scriptores h. Aug. und Gassiod. 8, 30) steht es vor- wiegend für via im AUgemeinea: bei Appuiejus Met. 2, 32 ist prima platea was 3, 2 primus angiporius (vgl. dens. 2, 18. 27). In den Mu- nicipien und Provinzialstädten dagegen, und nur in diesen, erscheint platea (dafür via patula in Cales Wilm. 2032) im amtlichen Sprach- gebrauch wohl als ^breite Strasse', 'Platz' (so sicher in Lambase Renier Alg. 184; in Burdigala bei Auson. Ordo nob. urb. S. 100 Seal.; viel- leicht in den JJ. der Rheiogegend He. 181. 5242. 6611; Saepinum ? ? 6610). Daher in der späten Erklärung des Pariser Glossars (Momms. Hermes 3, 303), auf welche ich unten zurückkomme, plateae viae Uttae a porta in purtam. Bei Antoninus martyr de locis sanctis Palaestinae. (6. Jahrh.) c. 8. 48 scheint es eine Ortschaft (vgl. ^ Mar ret') zu bedeuten.

524 THEIL I.

liehen Ueberlieferung getrübter Darstellung ror. Die Cen- soren dieses Jahres sollen die Pflasterung der städtischen Strassen mit Polygonen von Lava, die Aufschüttung der Heerstrassen mit Kies und die Herstellung von steinernen Rändern an den letzteren (?) zuerst von allen Censoren, auch den Bau Ton Brücken rerdungen haben. Dann folgt die Verdingung der Bauten im Gircus, dann die Pflasterung des ditms nach dem Kapitol und die Errichtung einer ge- deckten Halle längs desselben natürlich mit Fusssteig, wie anderwärts (oben) , die Pflasterung des Emporiums und einer Strasse am Aventin. Da es nach dem bisher Gesagten fest steht, dass der Anfang zur Pflasterung der städtischen Strassen nicht im J. 580 gemacht worden ist, so kann die Maassregel des J. 580 nur in einer systematischen Ausdehnung des Strassenbaus bestanden haben, wie die des J. 570 in einer solchen des Kloakenbaus. Innerhalb welcher Grenzen die im J. 580 yerfügbaren Mittel für die laufende Periode der Censur die Ausführung des grossartigen Unter- nehmens gestatteten, ist unbekannt: dass die Verdingnng der Pflasterui% des clivus auf das Kapitol, wie des Hafens und der Anlagen am Aventin besonders genannt werden, erklärt sich zur Genüge durch die besondere Natur dieser ausser- halb des Bezirks der eigentlichen vrbs liegenden Bauten. Auch ist es ganz unglaublich, dass man bis dahin keine Kunststrasse nach dem Kapitol besessen haben sollte, während man 100 Jahre früher schon für den Bau eines über eine Meile langen getäfelten Ganges nach dem Marstempel gesorgt hatte: vielmehr wird es sich bei der Pflasterung einer solchen wohl nur um eine erhebliche Verbesserung gehandelt haben *^).

^ Livios 41, 27: eenseres vias stemendas Hlice in urbe, giarea extra ttrbem substruendas marginandasque prtmi omnium locaverunt pontesque muliü heis fecerunt et scaenam . . . (folgt der Circnsbaa) et eUvum CapUolinum süiee stemendum curavertmt et portieum ab aede Satumi in Capitolium ad senaculum ac super id euriam et extra por- tam Trigeminam emporifim . . . fecerunt 7 A. 46). et extra eandem . . . fecerunt (oben A. 38). In den bisherigen Benrtheilangen dieses Berichts, auch der letzten von Mommsen Hermes 12, 486 ff., ist die Vor-

J

§ 8.] DER INNERE AUSBAU. 525

Noch eine weitere Frage drängt sich hier auf. Es ist undenkbar, dass man das comiium und das forum nicht in sehr früher Zeit gegen Verschlammung durch Regengusse gesichert und nicht irgend eine Festigung des Bodens, auf dem die Curien und die Trihus zusammentraten, versucht haben sollte. Allein ein neckischer Zufall hat uns die beiden Zeugnisse die wir über die Pflasterung des Forums besitzen, verdorben. Es bleibt immer nur ein Deutungsversuch, wenn ich aus dem einen schliesse, dass zu CatOs Zeit das Forum bereits gepflastert war, aber mit Lava, und eine unsichere Vermuthung, dass Sulla eine Travertintäfelung herstellte, die neuerdings 0,50 M. unter d^r späteren noch jetzt fast ganz erhaltenen vor dem Castorentempel zum Vorschein gekommen isf^^). Ebenso ist es undenkbar, dass wenn man im

geschichte der städtischen Strasseobauten ausser Acht gelassen worden. Auch scheint mir der Zusammenhang der besonders aufgeführten Pflaste- rangen in der oben angedeuteten Weise befriedigend erklärt zu wer- den : nicbt sowohl die Bestimmung d^es kapitolinischen clivtts für den Triumph, wi« Mommsea meint, als vielmehr die Sonderstellung der Burg überhaupt (oben S. 280 f.) giebt den Schlüssel. Möglich ist es übrigens, dass ursprünglich auch der clivus ('Lehne', 'Abhang', Corssen 1, 536) anders behandelt worden ist als die via {vicus) in der Ebene (vgl. A. 49): später, wie die erhaltenen Pflasterungen des palatinischen und kapitolinischen zeigen, nicht.

'^) Plinius 19, 24: das Forum wurde durch Marcellns mit einem vehim überspannt ut salubrius läigantes consistevent ; quantum muiatis morihus Catonis censoriiy qui sternendum quoque forum muricibus cen- suerat^ also damit die Litiganten überhaupt nicht stehen könnten. £s wäre im Geiste Catos, wenn er witzelnd non silidbus sed muricibus g»8agt und damit auf die damadige Pflasterung hingewiesen hätte. Festus 317: Statae mMrxA simiUacrum in foro cokbaiur: poHquam, id t coUastravit, ne lapides igne corrumperentur, qui pluritnus ibi fiebat (so Urs.: plurvniis ibi fiebant die Hs.) noctumo tempore , magna pars populi in suos quique vicos rettulerunt eius deae cuUum.; d. h. die That- Sache, dass die Statu mater an den compita seit Augustus verehrt wurde, wird aus dem Wegräumen der Bilder auf dem Forum erklärt. Huschke schrieb Cotta stravä. Aber ist es wahrscheinlich, dass «iner der AureUi Cottae so kurzweg genannt worden ist? Auch den Buch- staben nach glaube ich wahrscheinlicher <^tt//a «^avt^ zu schreiben : aber es fehlt mir jeder weitere Anhalt ausser einer gewiasen Wahrscheinlich-

526 THEIL I.

6. Jahrhundert begann Strassen auf dem Aventin zu pflastern, die Sacra via und die nova via noch ungepflasterte Feldwege gewesen sein sollten: man wird sie im Gegentheil als die ersten gepflasterten Strassen zu betrachten haben. Die oben hervorgehobene Thatsache, dass sie die einzigen viae Roms sind, darf als ein indirekter Beweis dafür gelten. Diese Namen sind Ueberreste aus einer Zeit, deren Spuren eine spätere gesetzliche Thätigkeit nicht ganz hat verwischen können oder wollen.

Der städtische Strassenbau, lange vor dem J. 580 in Angrifl' genommen, aber nicht über die Befriedigung einiger dringender Bedürfnisse hinaus vervollkommnet und mit unge- nügenden Mitteln ausgestattet, hat durch die grosse Unter- nehmung des J. 580 einen ersten Aufschwung genommen. Es müssen aber nothwendig mit den uns bekannten senato- rischen Anordnungen gesetzliche Regelungen in Verbindung gestanden haben, durch welche der Bau der Heerstrassen (viae) zum erstenmal von dem der städtischen Strassen (von nun ausschhesslich vici) definitiv getrennt, jener den Cen- soren belassen, dieser zunächst so vermuthe ich den eigentlichen Baubeamten, den Aedilen, zugewiesen und ihnen die Heranziehung der Einwohner (vicini) zum Tragen der Kosten und Stellen von Arbeitskräften vorgeschrieben wurde. Allein diese Arbeiten wuchsen lavinenartig: ein glücklicher Zufall lehrt uns ein Gesetz (ungewiss wann, sicher vor 683 beschlossen), die lex Visellia kennen, welches jedesfalls in Berücksichtigung der. wachsenden Arbeitslast die Wahl eigener Beamte für den Strassenbau, d. h. den Neubau der Strassen {viis stemundis) bestimmte, und die Thätigkeit der Aedilen auf die Tuition der bereits gebauten Strassen beschränkte. Wir sahen, dass im J. 570 die Pflasterung der d. h. aller Brunnenbassins verdungen wurde 7 A. 60 und S. 459) und dass drei solcher Brunnen wie die vici plebejische Gentil-

keit, dass SaUa auch io dieser Beziehang Caesar vorangeg^Dgen sein wird, dessen Verbesserung^ des'Fornms bekaaot ist, nnd die semita saxo quadrato v. i. 458 macht mich bedenklich.

§ 8.] DER INNERE AUSBAU. 527

namen führen (A. 47); wenn ferner im J. 580 der Bau *der Brücken^ verdungen wurde und dabei allerdings zunächst an Brücken ausserhalb der Stadt zu denken ist, so mag doch auch der Bau von steinernen Brücken in Aussicht genommen sein und wie die Strassen und die Brunnen finden wir die ersten steinernen Inselbrucken von Wegebaubeamten , die erste steinerne Brücke Roms der Ueberlieferung nach von einem Quästor gebaut und benannt 7). Im J, 709 ist das Municipalgesetz Caesars erlassen. Wir finden hier die Sorge für die * Pflasterung und Ausbesserung' der Strassen der Stadt und des Weichbildes bis zum ersten Meilenstein den Aedilen übertragen. INaturlich geschieht dies wie bei allen öfientlichen Bauten im Wege der Verdingung, aber es sind die Hauseigenthümer heranzuziehen zum Bau von Fuss- wegen (s^mitae) aus 'aneinander schliessenden Steinen' und wie es scheint innerhalb gewisser Grenzen zur Ausbesserung der Hälfte des Fahrdamms oder Beseitigung von Hindernissen auf demselben. Diese Bestimmungen lassen nicht mit Sicher- heit erkennen, ob die Pflasterung damals in Rom bereits vollständig durchgeführt war. Doch wird sich gleich zeigen, dass die Benennung der vici nach Baubeamten von nun an aufgehört zu haben scheint. Wie es mit der Pflasterung in der Kaiserzeit gehalten worden ist, ist merkwürdiger Weise nicht näher bekannt: doch haben wir S. 335 darauf auf- merksam gemacht , dass wahrscheinlich die Instan^erhaltung derjenigen Abschnitte der aus den Stadtthoren hinausführen- den viae publicae, welche innerhalb der Grenze der 14 Re- gionen liefen, den Curatoren der viae abgenommen wor- den ist").

^') Die hier YorgetrageneD Sätze weichen in mancher Beziehung von den Ausflihmngen Mommsens, dem übrigens die Feststellung alles Wesentlichen verdankt wird, ab. Ich kann an dieser Stelle nicht in eine ausführliche Erörterung eintreten. Ueber den Charakter der Aedilen« als der eigentlichen Baubeamten s. Mommsen Staatsr. 1', 675 2, 468 (der nur S. 470 die Ableitung von aedisy Gebäude, als die allein mögliche hätte hinstellen sollen.) Ueber die lex FUelUa ders. 2,650. Die in Folge dieses Gesetzes gewählten euratGre* viü stemundis und

528 THEIL h

Wir haben bisher nun zwei Klassen von Strassen be- trachtet: die nach Zünften und die nach Baubeamten be- nannten. Unter den übrigen wiegen bei weitem Namen jün- geren Ursprungs vor.

Die wenigen sicher republikanischen Namen: die Lang- gasse — eine Hauptstrasse , die Verbrecher-, die Patricier- und die Strasse der Cupra (?), die Strasse des pallacini- scben Bades und des nüchternen Mercurs, mögen in ganz verschiedenen Zeiten entstanden sein und tragen das Ge- präge individueller volksmassiger Benennung*'). Unter den übrigen unterscheidet man wiederum einige Gruppen: einige sind nach alteren Ortsnamen, Thoren und der Nähe von Gebäuden benannt, wie die Lorbergehölz- , die Volksteichs-, Curien-, Lagerstrasse, die nach den Thoren benannten Strassen '^^) ; dann die grosse Menge, welche nach Göttern

viarum scheint mir Varro (s. A. 47) mit den Aedilen zasammen anter dem untechnisclien Worte viocuri (vgl. vieomagistri neben techni- schem magütn vici oder vicorum) zu begreifen. Ueber die Ver- pflichtnngp der Bürgerschaft die Last des munire zn tragen , giebt die lex Ursonensis Auskunft : Mommsen 510. 649 f. Meines Wissens ist bisher nicht bemerkt worden, dass im J. 580 oder bald nachher eine gesetzliche Regnlirung eingetreten sein mnss nnd die lex FiseUia sie nur modificirt haben kann, die Wichtigkeit der Namen ist nicht erkannt worden. Ueber die Eponymität vgl. A. 56. In der Bear- theilaog des Municipalgesetzes bei Mommsen in dem A. 50 a. Aufsatz vermisse ich den zwingenden Beweis, dass die Pflasterung noch nicht durchgeführt sei: als Regel gilt sie offenbar. Schlüsse aus der Pflaste- rung der meisten oder aller Strassen kleiner Manicipien oder Golonien sind unsicher. Ueber das Alter der Pfla«teraog von Pompeji habe ieh kein Urtheil. Ueber die den Quästoren bis auf Claudius obliegende Pflasterung s. Mommsen Staatsr. 2, 522.

'') Viele Anlässe der Benennungen sind natürlich ganz dunkel: über den sceieratus und eiprius oder cuprius oben S. 115. Der patricivs, quod ibi patricii hahitaverunt, iubente Strvio TulHo ui siquid moUrentur adversus ipsum ex locis superiorünu ofprimermtur (Festas Aaaz. 221), kann möglicherweise ziemlich spät von irgend welchen inmitteB stark plebejischer ßevölkerang aaflatlenden Patricierhänsern benannt sein. Ueber den vieus PaUadnae s= balnearum Pallaemarum s. Bd. 2, 592 f.

^) Es sind folgende: armÜHsträj eastrerum, euriarum, lanuchnns,

8.] DER INNERE AUSBAU. 529

oder nach KuDstdenkmälern , unter denen das eaput Afrieae hervorzuheben ist, benannt sind^*), (von jenen ist ein Theil nachweislich nach nahen Tempeln benannt); endlich finden wir eine kleine Anzahl von Cognoroina, welche zwar nicht sicher, aber doch wahrscheinlich von Standbildern der Per- sonen, allenfalls auch von nahen von denselben ausgeführten Bauten benannt sind'^^). Es steht nun fest, dass Augustus

loreti (A. 47), ptscinae publicae; portae CoUinae, Ratidusculanae, Fitni- nalis; stabuli proconsuHs (?), summi choragii, viridiarii. Dahin gehört auch wohl der Drusianus (beim Drususbogeo). Auch (domus) rostrat(a)eJ A. 75.

^) VoD GSttern oder deren Tempeln oder Sacella benannt: j4poUmiSj Bellonao, CamBnamm^ Dianae, Fidetj ForUs Fortunae; For- lunae dübiae, mammosaey obsequentis, respidentis, dazu Huiusque dieij Honoris Firtutis ^ lovis FofftdalU^ Larum alitum und putealium (?), Mamuri (?), Mtnerviusj Mundiciei, Sabitaris (?), SaltUiSy Feneris almae, Fietoriae; von Denkmälern : capitis Afrieae wahrscheinlich eine der Provinz endarstellungen an einem Hause (A. 75); vielleicht alt da- neben Africus (?); capitis canterii, colwnnae Kgneae, compiH pastoris, Cyclopis (?), delfini; lad Fundanüy cunicuU (s. Einl. § 2 A. 56), mUiarii restituii, tedi; Padi (Flussgott?), siiani saiientisy Statae Siccianae, sta- tuae Falerianaey triam . . rum (?).

") Caeseris (?), Censorii, Fortunati , Gemini j Quadrati, Strobili (? Sklavenname); IjOngi Aqtälae (?); Fictoris, wohl auch Triarü. Es ist bekannt, dass Bauten amtlich den Gentilnamen, nicht das Cognomen der Beamten führen: so die Brücken pons AemiUus u. s. w., die Wasser- leitungen aqua Marcta u. s. w., die Basiliken basilica Porcia u. s. w. Ebenfalls Öffentliche nach den Baubeamten benannte Gebäude sind nach meiner Auffassung die curia HostiUa 2 A. 10) und die atria Mae- nium, Titium^ lAdma (unten A. 60). Man muss daher Anstand nehmen in dem cUvus und vicus Scaurt und dem fons Scaurianus (CIL 6, 1, ]63ff.)j dem clivns Cinnae (bei Rom, Wilm. 311), dem facus Pisonis (denn so ist doch bei Cic. ad Qnintom 2, 3, 7 unzweifelhaft statt lueum zu schreiben), technische den clivus Publiciusy locus ServiUus und LoUianus (Forma S. 43), fons Curtius gleichstehende Ausdrücke zu sehen. Ebenso untechnisch ist aedes lovis MeteUina (Fest. 363). Einen Scanrus kennen wir als Erbauer oder Wiederhersteller von Ponte moUe 7 A. 28) und haben die Inschrift (Setia) Scaurus pr{aetor) pro cos. bas{ilieaM): Ritschi PLM T. LXXV A vgl. Detiefgen Philol. 20, 456 f.

Jordan, römische Topographie. I. 1. 34

530 THEIL I.

seinen 14 neuen Polizeibezirken , die bereits vorhandenen vici zutheilte, dass wie schon Agrippa eine grosse Anzahl Kunstwerke an den Brunnen derselben aufgestellt hatte, so Augustus, als er die alten Coropitalien reorganisirte , Kunst- werke aller Art zur Aussdamücküng derselben bestimmte. Die erörterten . Namen scheinen m ho weisen, dass Augustus die ält^eiv volksthumlichen beibehielt, neu« schuf, indem er bisher unbenannte vici nach dem neuen Schmuck derselben benannte: mit einem Worte die Einfuhrung von Namen für alle vici der Stadt scheint eine der Regioneneinrichtung gleichzeitige Maassregel zu sein*^^).

Blicken wir nun zurück auf die geschichtliche Entwicke- lung des Strassenwesens und des Häuserwesens.

Der Pflegvater des Stadtgrunders Faustulus bewohnt als Hirt ein ^Dach' {tugurium), Romulus selbst hält fest an der alten Lebensgewobnheit und bewohnt, als er die Ansiedelung auf dem Palatium gegründet, diese selbige Hütte (casd), ja noch nach dem Siege über die Sabiner eine gleiche, stroh- gedeckte auf dem Kapitol. Nicht anders mochten nach der Vorstellung der Alten die ^Ankömmlinge vom Lande', seine Bürger, wohnen: auch hatten sie ja ihre Heerden auf dem Palatium und trieben sie durch das Burgthor auf die Weiden zu Füssen des Berges hinab. Das war vor Gründung der servianischen ummauerten Stadt^^). In dieser Stadt giebt

67) Oben S. 302 f. Ueber die Scho^kung von Bildern z. B. der Stata luater uad des Volcanus s. Marioi bei Visconti Piocl. 4, 348 A.nn. delV inst. 18Q2, 325. Dionys 4, 14 lasst den Servius TuUius in jeder der 4 Regionen eine bestimmte Anzahl vici (entsprechend den ländlichen pagi) einrichten und die compita derselben mit den Larenbildern schmücken: eine ofifepbare Zurückdatirung des späteren Zastandes, auf keinen Fall ein geschichtliches Zeugniss. Vgl. A. 62.

68) Varro De re r. 3, 1 Vitruvius 2, 1 n. A. lehren : die casae und tug^ria (aus teg-uria oder iog-ui*ia, wie tog^-a^ von teg-o) kenn- zeichne die vUa tvstiea vor Gründung der Stadt mit Mauer nod Thor; sie siod wie die Bauernhütten der nicht zum Städtebau fort- geschrittenen Völker strohgedeckt gewesen : so auch das tugtanum Faustuli und die casa Romuli (oben § 2 A. 5). Diese ganze Theorie

§ 8.] DER INNERE AUSBAU. 531

es nur 'Gebäude^ (aedes), welche dem Bürger mit seinem Hausstände (familia) als * Behausung^ {domm) dienen: schon sehr alt muss der Gegensatz des 'Bauernhofs^ (viUa) der Leute vom Lande sein. Der 'Gemeindehof' (villa publica) auf dem Marsfeld bei der 'Hürde' (saepta) zeigt, wie die Form des Bauernhofs hier vor der Stadt die Bauform für ein Haus abgab, das den Beamten als Amtshaus, Fremden oder Gästen des römischen Volkes als Herberge diente '^®). Neben domus haben die Latiner zwei andere Wörter für Haus aus dem indogermanischen Erbgut mitgebracht: curia und vicus. Aber jenes hat nur in den individuell geprägten Bedeutungen 'Familien- oder Geschlechtsgemeinschaft' und

ist im Grande nichts anders als ein ins Römische übersetztes Kapitel aus Dikäarch, worüber ich an einem andern Orte handeln werde. Eine Spar des Geg^ensatzes zwischen städtischer aedicula und bäuerli- ehern tugurium (in der Bedentung Kapelle) hat sich im Sprachgebrauch erhalten: der Bauer von Ooblino nennt seine aedicula ein tegurium (CIL 5, 1, 5005); dass dies keine individuelle Erfindung ist^ dass viel- mehr diese Bezeichnung in plebejischem Latein allgemein üblich war, ist Hermes 1, 193 ff. nachgewiesen worden.

^*) Wir haben keinen sicheren Beleg für Singul. aedes in der Beden- tung *Haus' (auch die von Nene 1', 451 a. Stelle des Plaut. Asin. 1, 3, 67 aedis nobis areast ist keiner, wie man sieht): die allgemeine Bedeu- tung 'Gebäude', 'Gebautes', welche der älteste und technische Sprach- gebrauch aufweist (Hans, Laden, Bauernhof, Herberge: Zwölftafeln 8, 9 Seh.; Varro 5, 160; aedü po/^/tco« CIL 1, 551), rechtfertigt den Plural und macht mich gegen die allgemein gangbare Zusammenstellung mit al&'(o (= Feuerstelle) ungläubig. Der Singular für 'Gotteshaus' wird eine wenn auch sehr alte conventioneile Differenzirung sein. Bei Plautus wird gefragt quis habiUU in aedibus, das Municipalgesetz vertauscht die generelle Bezeichnung aedes (daher sicher aedäiSy vgl. oben A. 52) mit aedificium. Unklar ist das aedifidum sobmi est der Argeerurkunde. Das von Varro a. 0. irrig für ein Fremdwort gehaltene domus bezeichnet nach bekanntem Sprachgebrauch das Hans als 'Behausung' der familia, im Gegensatz zu allem was foris oder in pubUco ist. Ueber die viüa publica Th. II: die alte Etymologie von villa quo fructus convehebantur (Varro 5, 30) ist eben so falsch wie die parallele forum quo ferebant. Der Zusammenhang mit vißus ist wohl sicher.

34*

532 THEIL I.

^Yersammlungshaus^ Aufnahme gefunden in letzterer trat allmählich an seine Stelle atrmm, die Bezeichnung des ge- meinsamen Raumes der Hausgenossen , dieses in der den meisten anderen Zweigen der Völkerfamilie ebenfalls geläu- figen yerengten Bedeutung * Wohngemeinschaft', 'Dorf% im Gegensatz zu der loseren Verbindung, welche die zerstreut liegenden Gehöfte des Gaus (pagus) mit einander haben. Das Dorf, vielleicht vor der Periode der Städtegründungen in Mittelitalien die höchste Entwickelungsform staatlichen Lebens innerhalb des Stammes und der Stammgemeinde {populus), stellt sich äusserlich dar als Gruppe von Gehöften, welche zu beiden Seiten einer oder mehrer sich treffender Haupt- strassen gelagert das Bild einer einheitlichen Wohnung geben *°). Wir haben gesehen, dass die Strassen Roms von der Aehnlichkeit des Dorfs ihren Namen haben und dass derselbe seit der regelrechten Sorge für das Strassenwesen zur amtlichen Alleinherrschaft gelangt ist Es mag sein dass, wie man neuerdings für Pompeji es hat nachweisen wollen, die Aehnlichkeit des Dorfes in ältester Zeit noch weiter ging: dass das Haus in der Stadt Rom mit Garten und Vorhof von bestimmter Grösse versehen, dem Bauern- gehöfte des Dorfes ähnlich sah, und dass diese Beschaffenheit bei fortschreitender Kultur dazu geführt hat, dass eine Zeit lang wenigstens ein Umgang von geringer Breite (ambitus) jedes Haus umgeben musste. Da indessen dieser Zustand schon zur Zeit der Zwölftafeln der heiTschende war, so müsste die Wandelung in die früheste Zeit hinaufgerückt werden und

^) Ueber curia oben S. § 2 A. 66^ über vicus Captins Et.« 162. Es scheint sowohl das Germanische wie das Keltische mit dem Latei- nischen, das Griechische mit dem Altindischen zu gehen. Der sehr sachkundige Artikel des Festus 371 unterscheidet 1, die Dorfgemeindefl, die uns hier nicht naher angehen, 2, cum id genus aedificiorwn defi- nüur quüie continentia his (vielmehr m) opptdis; quae üineribus regio- nibusque disiributa inter se distant nominibusque dissimiUbus discrimmt causa sunt dispartüai vgl. Varro 5, 145. Die dritte Gattung wird untea erörtert werden. Forma S. 29 § 11, oben A. 56.

§ 8.] DER INNERE AUSBAU. 533

wir haben vom topographischen Standpunkt aus auf weiteres Muthmaassen zu verzichten. Wann auch diese Scheidung aufgegeben und zuerst Haus an Haus gelehnt und mit ge- meinsamen Zwischenwanden gebaut wurde, ist ebenfalls un- bekannt. — Schon in den Dörfern mag die Deckung der Häuser mit Holzschindeln, der Bau der Wände aus Fachwerk und Luftziegeln die herrschende gewesen sein: jene hat sich in Rom bis zum pyrrhischen Kriege, dieser nur dass seit dem Aufkommen des Mörtels daneben auch massiv aus kleinen Tufsteinen gemauert wurde bis in das 7. Jahr- hundert erhalten").

Wir haben gesehen (S. 191fr.), dass jede lokale Spur einer nach Geschlechterstämmen oder Tribus erfolgten Auf- theilung des städtischen Areals, wenn eine solche stattge- funden hat, erloschen ist. Was wir als älteste Gliederung der Stadt innerhalb der vier Viertel erkennen, ist die Wohn- gemeinschaft in t7ict, unter denen eine Reihe von Gewerb- treibenden ihre Namen haben. Von den vom Thor nach dem Markt fuhrenden Fahrstrassen (viae) führten Nebenwege {semitae), auch ehe sich Haus an Haus geschlossen hatte, ab wie im Dorfe. Der städtische vicns umfasst eine Haupt- strasse und Seitengassen, wie in spätester (s. unten) so in ältester Zeit: der Name der Hauptstrasse umfasst in weiterer Bedeutung die namenlosen Seitengassen. Diese Seitenwege

'^) la die Detailuntersncbuiig über den Hansbaa, welcbe durch Nissen neu angeregt ist, kann und braucht hier nicht eingegangen zu werden. Zwolftafeln : ambitus 7, 1 portus 2, 3. Üeber Pompeji Fio- relli Gli scavi di Pompei del 1S61 al 1872, Appendice. Neapel 1873. Der Notiz über die Schindelbedachung bei Plinius 16,36 (ans Nepos) widerstreitet freilich das vermeintliche Zeugoiss über die Staatsziege- leien nach dem gallischen Brande: dass dies indessen keins ist, habe ich oben A. 5 gezeigt. Dem atrium privatum steht das publicum gegenüber, ein Versammlungsort für Körperschaften z. B. sutoriumy auetionarium, oder Beamte {atrium Libertatis) und wie andere öffentliche Gebäude oft nach den Erbauern benannt: so die atria Lidnia^ wohl auch die von Cato gekauften Maenium und Titium^ keinesfalls Wohnhäuser.

534 THEIL I.

mögen sowohl von Strasse zu Strasse bald gerade bald ge- wunden hindurch gefuhrt , bald als Sackgassen oder ' enge Buchten' {angiportus) sich geschlossen haben. Die Strassen- kreuzung zweier oder mehrer sich schneidender oder zusam- mentreffender Strassen {compitunij bivium, trivium, quadrivium) giebt den natürlichen Sammelpunkt und Mittelpunkt für die 'Nachbarn' {vicini, differenzirt von den Dorfge- nossen vicani), die hier wie im Dorfe die pfadbeschötz en- den Laren verehren und, seit es Brunnen giebt, Wasser schöpfen kommen. Tritt die Braut in das Haus des Mannes, so steuert sie einen As dem Manne, den zweiten dem Haus- laren, den dritten den Laren des vicus. Die jüngeren Annalisten lassen den Servius Tullius jede Region in eine Anzahl vici zertheilen : dies kann jedesfalls nur als ein Ruck- schluss aus der republikanischen Zeit gelten (A. 57); im Staats- organismus bilden sie kein selbständiges Glied. Wir wissen Nichts über ihre Entstehung und ihr frühestes Leben. Wo sie zuerst greifbar auftauchen, im siebenten Jahrhundert, hören wir iwir von jener sacralen Gemeinschaft: ihre magistri sind Cultusbeamten. Aber sie sind als räumliche Bezirke da und dienen den Staatsbeamten für einzelne polizei- liche Zwecke als kleinste Einheiten des städtischen Organis- mus. — Ist es erlaubt, diese festere Gliederung und schär- fere räumliche Abgrenzung als eine nothwendige Folge des engeren Zusammenschliessens der Gassen und Häuser anzu- sehen und in den je 6 Argeern jeder Region die Vorstufe dieser vervielfältigten Gliederung zu erkennen ^^)?

^3) Es versteht sich, dass auch der Gebraach all' dieser Ausdrücke stark schillert: wahrend (nm nnr Einiges anzudeuten) in der Chronik z. J. 458 (A. 49) und im Municipalgesetz die semüae zur Seite der viae die Fusssteige sind, sind die angustissimae semüae neben den 7ion optimae viae Roms (oben A. 4) die Seitengassen der Haupt Strassen, ebenfalls (wahrscheinlich) in der Bauteninschrift von Alatri CIL1, 1166 {semitas in oppido omnis) und bildlich in alten sprtichwortlichen Re- densarten (Ennius Trag. 272 R. : qui sibi semitam non sapiunt alteri monstrant viam, Fronto S. 213 Na.: neque viae, quod volgo aiunt, tieque

§ 8.] DER INNERE AUSBAU. 535

Zwischen der Zeit, in welcher die Häuser bereits, in

zusammenhangenden vki, aber noch der Regel nach getrennt

von einander dnrch den Umgang, sich aneinanderreihten

und der Zeit m welcher die Sprengung des Pomerium und

die Auflösung der servianischen Stadt eine Nothwendiglceit

geworden war, liegen Jahrhunderte. Damals lehnten die

Häuser aneinander mit gemeinsamen Zwischenwänden, thurm-

ten sie sich in mehren Stockwerken auf, drängte sich in

denselben bereits eine bunte Bevölkerung von Inquilinen

aller Art in vermietheten Nebenräumen. Natürlich gilt dies

haupti^chlich von der Stadt in der Ebene und in den Thälern:

ganze Hügel, wie das Palatium und die Carinen ha:tten noch

semitae: vgl. Plant. Gare. 2, 3, 8). Daher neben den lares compitales vi€des die semitales (^rarrnoci Diss. arch. 1, 51) oder semüales dei (Ver^. Catai. 8, 21). ^ngiporius heisst bei Plautus Seitengasse^ ivie semita (Most. 1045. Psend. 960. Pers. 443): ebenso bei Cornific, ad Herenn.

4, 51, 64, Cicero Milon. 24, 64 (neben xricus) , Varro 5, 145, in der Inschrift von Cales Wilm. 2032 u. s. f. Die Existenz von magistri vici in Rom wie in Colonien (in Pompeji m. viel et eompiii CIL 1 S. 448) vor der angastiscben Regioneneintheilnnf^ steht jetzt fest (Bd. 2, 51 ff.). Von den gemeiosamen Interessen erfahren wir nur gelegentlich Einiges. Die junge Frau: Non. 531 (nach Varro) tertium . . . compito vicinati solere sacrare {resenare Hss., s. Kettner Varro d. gente p. R.

5. 24). W^asservertheilung : S. 461. Ehreobezengnngen an Verdiente Männer (Solla): CIL 1, 584; besonders aber die Feier Aer compäaliä, der Larenfeste der städtischen viei. Daher bei Plinius 3, 66 compite Lamm metonymisch die vici, eigentlich die Larencapelleji der vici, welche offiziell, sowohl in den Dedicationen derselben wie in der Notitia aediculae heissen (Bd. 2, 96). Die metonymische Bedeutung scheiiit provin- ziell auch technisch gebraneht zn werden: (3 magisiri und 3 ministri zu Verona) compitum refeeerunt, teetüm pcarietes allevarunt, valvas Urnen de sua pecunia Laribus .dant (CIL 5, 1, 3257); (den paganis zu Be- neveot) . . . compitum a solo pecunia sua fecerunt (Wilm. 1873). Ebenso ist wohl das quadrivi(um) circumsaeptum der Koblenzer In- schrift (JNeue Preuss. Z. 20. Juli 1871) zu verstehen. Die Definition der compita Schol. Pers; 4, 28: hca in quadriviis quasi turres, ubi sacrificia finita agri cultura fiebcmt geht auf die aus den Agrimen- soren bekannten Kapellen (Feldm. 302 f. Jahn bei Mommsen Dial. 141). Ein solches Larencompitum ist das den Faii Fatae geweihte tugurium von Doblino (oben A. 58).

536 THEIL I.

l

Raum genug für Bürgerhäuser im alten Stil, jetzt Palast der Vornehmen und Reichen mit Vorhof und Garten oder dessen modernen Ersatz, dem ' Wald ' (A. 64). Chronologisch lassen sich diese Umbildungen bis auf Sulla nicht verfolgen. Nur ein Ereigniss tritt in der langen Zeit bedeutungsYole hervor: die Ueberweisung des ÄTentins an die Plebejer durch den Staat Wir haben schon oben die Ansicht ausgesprochen, dass die angebliche Geschichte dieser Ueberweisung irrig annimmt, der Aventin sei bis dahin eine waldbedeckte men- schenleere Höhe gewesen. Sie sieht ebenso irrig und darin gleicht sie der Geschichte des Wiederaufbaus der Stadt nach dem gallischen Brande das Entstehen mehrstöckiger Miethshäuser als eine Folge der Besiedelung des Hügels an: man erkennt grade hierin die Hand des Geschichtschreibers, der die Zustände des 6. und 7. Jahrhunderts, von denen gleich die Rede sein wird , vor Augen hat. Allein es darf aus der unzweifelhaft richtig überlieferten Thatsache der Errichtung eines Plebejerquartiers auf dem Aventin wohl geschlossen werden, dass die Wohnungsnoth innerhalb des Pomerium durch die wachsende Zahl der Plebejer fühlbar wurde und dass denselben was von dem Staatslande auf jenem Hügel noch frei war, als Eigenthum angewiesen wurde ^^). Dass der Aventin im 6. Jahrhundert eine volkreiche aber noch isolirte Stadt für sich bildete, lehrt der oben erörterte Bau der Strassen an und auf diesem Hügel; dass er niemals den Charakter der Plebejerstadt verloren hat, bezeugt die unten erhärtete Thatsache, dass die 13. Region von allen die geringste Zahl * vornehmer Häuser' besass.

Doch eine genauere Kenntniss der Zustände der Häuser und Strassen besitzen wir erst seit der Zeit des Sulla. In der Hauptstadt, wie in jenen Abbildern derselben, den Coio-

^) S. oben S. 280. Dionys 10, 32 über den Hausbau: eial &* o* avv6vo xal avvt^ug xaX hi nU^ovs awiovres oixiav xar^axtva- Covto fitav, hiqtov fikv xatay^ia Xayxf^v6vJ(»3V , kiäqwv Ji ta

§ 8] DER INNERE AUSBAU. 537

nien tritt uns der Gegensatz zwischen Besitzenden und Pro- letariat, zwischen Palazzo oder Hotel und Miethswohnung plötzlich in aller Schärfe entgegen. Wie das alte eigene Haus zu enge wird, ein Nachbarhaus dazu gekauft und bau* lieh mit demselben rerbunden wird; wie so der Parvenü aus der 'Baracke einen Tempel' macht; wie bei der steigen- den gewerblichen Bevölkerung es nothwendig wird und durch Einträglichkeit lockt, die Zahl der Läden, vermiethbaren Schlaf- und Wohnräume zu vermehren: das Alles hat be- sonders die in den letzten zehn Jahren entstandene Bauge- schichte Pompejis gelehrt ^^). Indessen für uns handelt es sich noch um einen weiteren Schritt: wir wissen, dass viele angesehene Leute in Rom ihr Geld in ländlichem und städ- tischem Grundbesitz angelegt hatten: der Ertrag des Ackers oder Gartens und des Miethshauses bezeichnet das Vermögen der Wohlhabenden. Das Miethshaus heisst 'Insel'. Wie und wann ist der Name aufgekommen®^)?

Das Wort ist in dieser Bedeutung nicht nachweisbar vor Cicero: es wäre ein eigenthumlicher Zufall, wenn es in der

M) Trimalchio bei Petronius der nach Mommsens eiDleuchten- der Beweisfähraog Hermes 13, 106 ff. Camae schildert Sat. 77: Interim aedifieavi hanc donium\ ut scitis casa erat, nunc templum est: habet quattuor cenatumes q. s. w. Die Anfäng^e des städtisehea Luxusbaas geisseit schon Cato in den Reden: dicere possuni qmbus villae atqtie aedes aedipcatae atque expolitae maximo opere citro atque ebore atqtie pavimentü Poenicis Stent (Fr. S. 55), . . . qui stulte spondet, qui eupide aedificai (S. 44). Fiorelli's und Nissen's Untersuchungen über Pompeji haben die Lösung der hier nur be- rührten Fragen überhaupt erst ermöglicht. Ueber die eleganten Häuser des 7. Jahrhunderts s. Th. II (Palatin n. s. w.): charakteristisch für die Wohnungsverhältnisse aach der bessern Stände in Rom sind die Geschichten bei Cornific. ad Her. 4, 51 {se aedis maximas euidam amico ad nuptias commodasse) und Cicero (ad Quint. 2, 3, 7) und die Beschrei- bung der alten domus TamphiUana mit ihrer süva bei Nepos Att. 13, If. vgl. Cic. Verr. 1, 19, 51.

^) Worin ich von den bisherigen Behandlungen der Frage (zu- letzt ausführlich Preller Reg. 86 ff.) abweiche, wird man leicht finden.

538 THEIL I.

Komödie , welche Gelegenheit genug gab , es zu gebrauchen, eben nur zufallig nicht vorkäme. Wäre es, wie die Gelehr- ten der Zeit Ciceros oder doch des Augustus angenommen zu haben scheinen, von dem ältesten mit 'Umgang' ver- sehenen isolirten Hause gebraucht worden, so wäre es sicher- lich in den Zwölftafeln vorgekommen und dann von den Juristen glossirt und definirt worden. Dies ist nicht der Fall. Auch lag in einer Zeit, in welcher jedes Haus tfaat- sächlich eine * Insel' war, keine Veranlassung vor den bild- lichen Ausdruck zu gebrauchen. Ich glaube daher annehmen zu können, dass der Ausdruck nicht lange vor Cicero auf- gekommen ist. Der Sprachgebrauch Ciceros lässt keinen Zweifel darüber, dass es nicht einzelne vermiethbare Räume von Häusern, sondern vermiethbare Häuser, welche auch Läden enthalten, bedeutet**). Aber der Sprachgebrauch ist augenscheinlich noch schwankend, insofern als Cicero für dieselbe Sache auch vicus gebraucht, und gleichzeitig Vitruv mit insula das Häuserviertel bezeichnet. Ebenso klar stellt ein gleichzeitiges oder wenig späteres Dichterwort das 'an- ständige Haus' und die Insel einander gegenüber und ein gleichzeitiger Jurist definirt uns die Insel als ein Gebäude das ein Unternehmer miethet, um einzelne Wohnräume

^^) Cicero OfRc, 3. 16 f. erörtert das dolose Schweigen des Haasverkäofers. In dieser AnseinandersetzuDg wird insula nnd aedes in gleicher Bedeutung gebraucht: qui aedes in Caelio monte häbebat . . 'pro- scripsit insulam u. s. w. Ebenso die insula P. Clodü p. Cael. 7, 17 und Inseln waren offenbar die domus, die Milo in jedem vicus und angiportus gemiethet haben sollte (p. Mil. 24, 64). Von dem Er- trag seiner insnlae spricht er ad Att. 16, 1, 5 vgl. 12, 32, 2 und die tabemae die ihm baufällig wurden (14, 9, 1) sind eben Theile derselben (irrig Drumann 6, 385). Vermögen und Freundschaft sollen Fin. 2, 26, 83 entgegengesetzt werden: jenes heisst fundi et insulae (vgl. A. 68). Hiernach kann die Definition bei Festus Ausz. S. 111: insulae proprie dieuntur quae non iung-untur parietibus cum. vidnis circuituque publica aut privato cingttntur nur als eine missglückte Ab- leitung des Sprachgebrauchs aus dem weit älteren Zustande der fläuser betrachtet werden.

§ 8.] DER INNERE AUSBAU. 539

{cenacula) weiter zu Termiethen*^). Eine glückliche Ent- deckuDg lehrt uns in Pompeji eine solche Insel kennen: es ist die sogenannte Casa di Pansa. Durch Zukauf und Neu- bau ist diese Insel aus zwei älteren Wohnhäusern entstanden und enthält ausser der so entstandenen Hauptwohnung (hier domusT) Läden und Zimmer für 'anständige Herren'. Die Insel ist verpachtet, und der Pächter vermiethet die einzel- nen Theile weiter. Niedrigerer Gattung ist die Insel, die uns Petronius schildert: es ist im Wesentlichen ein Gasthaus mit Dependenzen, welches seinen Verwalter {pi'ocu- rator) hat: in den Rechtsbüchern wird ein solcher zu Rom insularim genannt**).

^^) Natürlich ist auch hier der Sprachgebrauch schillernd: aher genaa was sonst (A. 66) fundi et insulae ist bei Cicero ad Att. 1, 4, 3 supero Crassnm divitiü atque omnium vicos et prata contemno, und was sonst bei ihm vendere insulam, ist Farn. 14, 1, 5 scribis ie vicuia vendüuram. Von Caelius heisst es ad Att. 7 , 3 , 6 : sed quid est quod ei vici Luccei {lucceU der Med.) sunt addtcti, weiter nescio cur, cum portam Fbimentanam Caelius oecuparit^ ego Puteolos non meos Ja- dam; also die Inseln des Luccejus vor dem Plussthor hatte Caelius irgendwie an sich gebracht (wie Boot richtig erklärt). Zweifeln kann man ob ad Att. 4, 3, 4 assequitur hominetn inter vicos Milo (denn so, nicht inter lucos, ist nothwendig zu lesen : § 7 A. 16) hierher gehört. Dies ist also die dritte Klasse der vici bei Festus (oben A. 60): tertio cum, id genus aedifidormn definüur, quae in oppido privi in suo quisque loco proprio ita aedificas, ut in eo aedificio pervium. sä, quo habitatores ad stuzm quisque habitationem habeat accessum.; qui non dicuntur vieani sicut hi qui aut in oppidi vicis out hi qui in agris sunt vieani appeUantur. Catal. Verg. 8, 6: et hoc negat Tryphonis aemuli domum negare noÖilem insulamve CaeruU, Alfenus (Schüler des Snipicius) nach der Epitome des Paulus Digg. 19, 2, 30: es miethet Jemand eine insida und vermiethet die cenacula: der dominus insulae lässt die aedifida wegen Baufalligkeit abreissen. Wie wird die Ent- schädigung für den conductor normirt? Dagegen meint Vitruv 1, 6, 8. 2^ 9, 16 augenscheinlich die von Strassen gebildeten Viertel und ebenso der Vf. der Pariser Glossen (oben A. 49^): vici sunt publieae con- structiones mansionum (die Häuser), insulae qui inter vicos sunt hortL

^) Gemalte Inschrift CIL 4, 138 (nicht mehr vorhanden: insnla Arriana Polliana Cn, AUeii (überliefert Gn, Alifii) Nigidii Mai: |

!

In unserer Ueberlleferung fehlt uns offenbar ein wich- tiges Zeugniss über die Inseln. Es scheint mir ausser Frage, dass der zu Ciceros Zeit noch schwankende Sprachgebrauch seine Fixirung gradeso wie in älterer Zeit der Sprachgebraudi Ton vicus (oben) einer gesetzlichen ßestimmung verdankt, und diese muss vor dem neronischen Brande gegeben sein. Ein negatives Zeugniss sehe ich zunächst darin, dass in dem Municipalgesetz von den Eig^nthümern der Häuser und ihren procuratares, also den insularii (oben), die Rede ist, von den Inseln nicht, die doch schon vorhanden waren. Es werden aber ferner Verordnungen des Severus und Caracalla über die Inseln erwähnt. Um dieselbe Zeit hören wir von Wei- sungen, welche an die Polizeibehörden ergingen, des Inhalts, dass den Verwaltern oder Vicewirthen der Häuser, Sklaven oder Freigelassenen, durch drastische Mittel ihre Verant- wortlichkeit für Feuersgefahr einzuschärfen sei. Zum Ueber- fluss beweist ein drittes gleichzeitiges Zeugniss, dass noch immer 'Insel' kein Theil eines Hauses, sondern ein Haus ist. Der Inhalt der Verordnungen des Severus und Caracalla über die Inseln ist unbekannt. Aber unmöglich ist die Annahme, dass sie den Begriff der Insel neu geschaffen, nothwendig nach Allem was wir über ihre Wiederherstellungen städ- tischer Bauten und über den Stadtplan wissen die An- nahme, dass auch diese Verordnungen nur regulirt oder wiederhergestellt haben, was längst Rechtens war. Daraus

locantur ex k, (i. überl.) luUü* primü tabernae | cum perffulis suis et cenacula (coen, überl.) | equestria et domus; conductor \ convenäo primum Cn, Aüeii (wie oben) | Nigidii Mai ser(vum). Die cenaeula equestria bat mau mit Unrecbt angezweifelt: Preller Reg. S. 92 er- klärt sie riebtig. Aiieb kann insula nicbt als Ablativ erklärt werden und in zn ergänzen (s. Zangem. S. 193) ist überflüssig, wenn man rich- tig interpanktirt. Die Identificirang der inmla mit dem Hause des yPansa', auf dessen Pfeiler die Spuren der Inschrift noch vorhanden zn sein scheinen, rührt von Fiorelli her Descr. dl Pompei S. 105. Die instda bei Petronins c. 95, wie es seheint hospüium; der procurator insulae Bargates (96) ist also nach römischen Begriffen der insulariusj die insuUirü (95) sind hier die Bewohner oder Bedienten.

§ 8.] DER INNERE AUSBAU. 541

folgt, dass schon vor Nero polizeiliche Verordnungen ergan- gen sind, welche die von den Eigenthumern bewohnten und

die von Vicewirthen verwalteten Häuser streng schieden und die Verantwortlichkeit der Vicewirthe und der Eigenthümer der Inseln regulirte. Wem anders könnte eine solche Mass- regel in der gedachten Zeit zugeschrieben werden als Au- gustus? In der That die Einrichtung der 14 Polizeibezirke und der 14 Wäcbtercohorten ist ohne sie nicht wohl denk- bar. Nach wie vor aber bleiben * Inseln' was sie von An- fang waren, Häuser, wenn auch ihre räumlichen Verhältnisse im Laufe der Jahrhunderte sich wesentlich verändert haben mögen. Dies lehrt ein ßlick auf die Statistik des constan- tinischen Handbuchs ^^).

Da es an jedem sicheren Massstab für die Be- stimmung der Durchschnittsgrösse eines Hauses oder einer Insel in der constantinischen Zeit fehlt, so kann nur versuchsweise zunächst der Maassstab von Pompeji angelegt werden ^°). In dieser Stadt scheint nach neue-

^^) Aoicius Paulioas, Präf. 334, cuius Providentia adque utilitas

et integrüas rei publicae corporis corariorum insulas ad pristinum

statum suum secundum leges principum priorum, impieratorum) Fol.

(lies L.) Septimi Severi et M. Aur{dii) Antonini Au^g.^ restaurari

adque adornari pervigilantia sua providit . . (CIL 6, 1, 1682). Re-

script des Sevems und Garacalla an den praef. vig. bei Ulpian Dig^.

1, 15, 4: insularios et eos qui ignem neglegenter apud se hahuerint

potes fustibus vel flageUis eaeaere iübere u. s. w. Papinian Digg.

32, 9], 6 (es ist von Legaten die Rede; in wiefern z. B. unter domus

auch der hortus mitbegriffen sein könne): appellatione domus insukan

quoque iniunctam domus videri, si uno pretio cum domu fuisset com-

parata et utriusque pensiones simiUter accepto latas rationibus osten-

deretur. Alle Stellen anzuführen in denen insulae genannt werden,

ist nutzlos: alle mir bekannten mehrfach ist bei Tacitus und Seneca

von ihnen die Rede sind mit der Bedeutung Haus vereinbar.

^^) Man wolle für das Folgende bedenken, dass es an alF und jeder genauen Aufmessung fehlt und dass die alten Grenzen der Regionen und der Stadt sehr unsicher sind, fis konnte nnr mit Hilfe des Censusplans eine Schätzung unternommen werden : indessen handelt es sich auch nur um die Möglichkeit und Unmöglichkeit der einen oder der andern An-

542 THEIL L

ren Angaben die durchschnittliche Grösse der Grand- fläche eines Hauses (ohne Rücksicht auf die Bauart, die Benutzungsart u. s. w.) 346 IHM. zu betragen. Das ein- zige vollständig erhaltene römische Privathaus, das Haus auf dem Palatin hat einen Flächeninhalt von etwa 800 DM.: es rührt sicher noch aus dem 1. Jahrhundert her^^). Legt man den Maassstab von Pompeji an die 90 domus und 280 insulae der 10 Region in Rom und betrachtet sie wie nöthig als 370 Häuser, so wurden diese eine horizontale Fläche von 130,000 DM. bedecken; für die Region wird man nicht zu knapp den Flächenraum von 200,000 DM. ansetzen: es blieben also für Strassen und öffentliche Bauten 70,000 DM. übrig. Dies ist zu wenig: denn man wird die Strassen mit durchschnittlich y,o in Anrechnung bringen dürfen, von den ausgedehnten Palastanlagen aber bedecken der Palast des Domitian und der des *Caligula' allein 30,000 DM. Es ist also die DurchschnittsziiTer 360 zu hoch, wieder aber nicht um so viel zu hoch, dass wir genöthigt wären insula für einen einzelnen vermiethbaren Raum eines Hauses zu

nähme nnd über diese scheint auch so entschieden werden za können. Von der Vergleichung; des Flächeninhalts mit den Zahlen der Notitia wollte Rodbertus in der § 5 A. 16. 38 a. an vollendeten Abhandlung ausgehen. Allein er hat einen Umfang von 50 Millien zu Grunde gelegt, welcher, wie wir sahen, nie e^istirt hat; hat angenommen, dass die Regionengrenze eine Art Bebauungsplan darstelle, während wir doch wissen, dass die Regionenstadt [soweit reichte als continenti luibitatttr, und hat endlich den Flächeninhalt der Häuser nach modernen Analogien statt nach denen Pompeji's bestimmen wollen. Dass inner- halb des Areals der Stadt, wie in der 5. Region, auch grössere Gartenanlagen sich befanden, ist sicher: im Ganzen aber deckt sich die Regionenstadt und die Häuserwelt.

") Fiorelli Gli scavi di Pompei, App. S. 12 f., nach dessen An- sätzen man zu obigen Resultaten gelangt. Haus in Rom: Forma. T, XXXVI, 7». Die Häusergrundrisse des Stadtplans sind aus den in der Ausgabe dargelegten Gründen für diese Fragen nicht zu ver- werthen. Die Fr. 173 dargestellten, vielleicht domus, würden nach dem Maassstab 1:300 einen Flächenraum jedes von nur 15 X ^]i^- gehabt haben!

§ 8.] DER INNERE AUSBAU. 543

halten: vielmehr scheint dies gradezu anmöglich. Zu einem etwas anderen Resultat fuhrt die Schätzung des Flächen- inhalts der constantinischen Stadt: wenn wir dieselbe mit 9 Millionen DM. eher zu hoch als zu niedrig schätzen und die rund 1800 dmm und 46,000 inmlae der Stadt als 47,800 Häuser von der durchschnittlichen Grundfläche von 350 D M. rechnen, so würden sie eine horizontale Fläche von nur 1,673,000 DM- bedecken und würde man V5 auf öffentliche Bauten und Vio auf die Strassen von der Oberfläche der Stadt abziehen, so blieben noch über 6 Millionen Areal, also fast das 4fache des geforderten, für die Häuser. Allein es ist zu bedenken , dass z. B. in der 9. Region auf einen 2 bis 3 mal so grossen Flächeninhalt, wie in der 10. die un- gefähr gleiche Anzahl von Inseln, wie in dieser kommt und wir wissen auch sonst, dass in den Regionen ausserhalb der Altstadt das Yerhältniss zwischen öffentlichen Gebäuden und Plätzen ein ganz anderes ist, wie innerhalb derselben. Ausser- dem aber siud bei der ganzen Rechnung noch nicht die horrea, balnea, pistrina gerechnet worden, welche einen erheblichen Theil zu den öffentlichen Bauten hinzubringen. Das Resultat der ungefähren Schätzung ist also ein derartiges, dass wir mit Sicherheit sagen können, dass das Areal der Stadt mehr als genügt für die Zahl von etwa 48,000 Häusern von dem Durchschnittsmaass der pompejanischen, dass also die Annahme, die Insehi .seien Häuser durchaus gerechtfer- tigt, eine andere unmöglich erscheint. Doch wir haben noch andere Mittel der Kontrolle.

Wir ersehen, dass bei einer möglichst gleichen Grösse der Polizeibezirke die Schwankung beschränkt sich wie früher gezeigt wurde auf einzelne das Yerhältniss der domm und inmlae in jeder sehr verschieden ist. Kommt durchschnittUch ein 'Haus^ auf 33,3 Inseln, eine Zahl, welche fast genau wiederkehrt in der oben erörterten statistischen Angabe über die Zerstörungen des neronischen Brandes (sie ist dort 30; es wäre begreif heb, wenn die domm bis auf Cpnstantin abgenommen hätten, allein die Angabe lässt

544 THEIL I.

diesen Schluss nicht zu), so schwankt die Zahl in 10 Regio- nen nur zwischen 19 (9te) und 31 (4te), aber in der 3tcn kommt auf 47, in der 14ten auf 50, in der 13ten gar auf 72 'Inseln' nur ein 'Haus', d. h. es haben in diesen Re- gionen viel weniger angesehene oder wohlhabende Leute ge- wohnt als in den übrigen, die meisten in der 9ten. Für die 13. Region mit ihren horrea, der eigentlichen Handels- gegend, für die spät entwickelte und so zu sagen nie kur- fähig gewordene 14. Region bedarf dies keiner Erklärung: bei der 3. ist das auffallende Verhältniss wohl daraus zu er- klären, dass die grossen Rauten das goldene Haus, dann das flavische Amphitheater und die Porticus der Livia den besten Platz einnahmen und die Vornehmen sich fort- gezogen hatten, in ähnlicher Weise wie vom Palatin, dem eleganten Viertel der ciceronischen Zeit: wer irgend konnte hat also später im Westende, der 9. Region, sich seinen Pa- lazzo errichtet, in der Nähe der reich bewässerten Prunk- bauten, in der Nähe des Monte Pincio und seiner Park- anlagen.

Endlich und damit kehren wir von den Häusern zu den vici zurück lesen wir auf dem kapitoli- nischen Plan Namen derselben in mittelbreite Strassen, von denen links und rechts Quergassen abgehen, eingetragen. Die Zahlen des constantinischen Handbuchs beweisen, dass diese Namen nicht diese Strassen, sondern die Strassen mit Seitengassen bezeichnen, oder wenn man will, dass die na- menlosen Seitengassen amtlich zu den Hauptstrassen gerech- net und nach ihnen benannt wurden. Denn wenn auf den vicm durchschnittlich 7 Häuser und 227 Tnseln kommen und man für die Front der Insel auch nur die gewiss nicht grosse Durchschnittslänge von 10 M. zuerkennt, so kommt man damit auf eine Durchschnittslänge der Strasse von über 1000 M., d. h. eine Länge, welche fast in sämmtlichen, sicher in den meisten Regionen die grösstmöglichen Entfer- nungen zwischen je zwei Grenzpunkten erheblich überschrei- ten würde: die Annahme ist also gradezu unmöglich und es

§ 8.] DER mNBRE AUSBAU. 545

4

zeigt sich klar, dass wie in ältester so in jüngster Zeit der Name die Hauptstrasse mit einem lyestimmten Bezirk von Quergassen, also die Hauptstrasse und das Viertel bezeichnet bai. Hierin stellt sich uns im Wesentlichen die oben her- rührte Ordnung des Augustus dar, diese aber hat wiederum' nur konsequent durchgeführt und mit den Polizeihezirken ausgeglichen, was längst geschichtlich geworden war: eine Gliederung der Stadt in kleinste Bezirke. Die topographische Abgrenzung der vtet ist uns natürlich unbekannt: doch wissen wir soviel , dass die älteren campita , die Schnittpunkte der Hauptstrassen, mit den Larenaltären und den Brunnen, zur Abgrenzung in der Weise gedient haben, dass fortan jeder vicMs sein compitum, also eine Hauptkreuzung, als Mittelpunkt und an diesem Orte seine Kapelle hatte, jeder neu ent- stehende eine solche erhielt und so konnten schon früh beide Ausdrücke im Sinne von Viertel mit einander ver-* tauscht werden. Die Kaiserlaren traten nun an die Stelle der demokratischen Volkslaren und bildeten fortan mit' dem Genius des regierenden Kaisers vereint das Wappen des Kaiserhauses, dem in der Residenzstadt prunkvoll auftretende' Viertelsmeister durch religiöse Handlungen Achtung zu ver- schaffen hatten ^^).

'>) Das Wappenwesen ist in Rom wesentlich auf die GesciLleckter oder Familien beschränkt geblieben (s. A. 76): weder für die Betonen nod viel sind Wappen oder wappenartige Abzeichen bekannt, wie sie im Mittelalter seit dem 13. Jahrhundert für jene üblich Wurden (denn unrichtig deutet Dirksen Schriften 1, 222 Lokalnainen wie dd mala punica, ad pirum als Wappen: s. Arch. Z. 1871 S. 71)) noch für die Stadt Rom. Das Sehiff auf den ältesten Kupfermünzen hat sich we- nigstens, wenn es überhaupt als Wappen gelten darf (vgl. Mommsen Mnnzw. S. 184)« nur kurze Zeit als solches gehalten und das Bild der Wölfin mit den Zwillingen ist einerseits überhaupt wie die Sage selbst verhUltnissmSssig jungen Ursprungs andererseits hat es nur als mi- litärisches Abzeichen officielle Geltung erhalten und ist Als solches theils auf die Münzen theils auf die Grabdenkmäler - übergegangen (Baehofea Ann. 1867, 183 ff.). Auch die kaiserlichen Afezeiehen, der Triumphatorenkranz, später die Strahlenkrone {Mommsen Stäatsr. 1','

Jordan, rOzaiBche Topographie. I. 1. 35

546 TBEIL l

i Die centxalisirte Verwaltung der kaiserlichen Residenz '

mit ihrem gewaltigen Beamtenheer hat in dieser topographi- schen GUederung ihre nothwendige Grundlage erhsdten, der Verkehr und das Auffinden der Orte und der Menschen eine dem Wachsen der Stadt angemessene Erleichterung. Ob die Behörden durch Maueranschläge oder sonstige Merkzeichen noch weiter nachhalfen, wissen wir nicht: es ist aber kaum glaublich; sicher ist man nie zur Numerirung der Häuser, ja nicht einmal zur Benennung aller Seitengassen der tnct vorgeschritten^^). Für den Dienst der Behörden war der Stadtplan bestimmt: aber seit dem 3. Jahrhundert mögen, wie ein grosses Abbild desselben öffentlich aufgestellt wurde, so für die Fremden kleinere Pläne und 'Fuhrer' bearbeitet worden sein. Nichts anderes ist im Wesentlichen die Notitia mit ihren Anhängen (Einl. § 2). Doch es entwickelte sich neben der spät und stückweise eingeführten amtlichen eine private Terminologie, welche das Zurechtfinden erleichterte. Die Einförmigkeit der fensterlosen, ungeschmückten Häuser- und Strassenfronten unterbrechen nur die öffent- lichen und heiligen Gebäude und Plätze, die mit Brunnen und Kapellen geschmückten Strassenkreuzungen. Dem Suchenden weist man mühsam zählend die so und sovielste Gasse, den so und sovielsten einer langen, die Läden bilden- den Reihe von gleich aussehenden Pfeilern^*). Wenn um die

412 ff.), haben nie den festen and aUgemein gilti§^en Charakter des Wappens angenommen. Dem gegenübier darf das Laren - GeniosbUd wohl am ehesten als ein solches betrachtet werden , aber nur im Kreise der Stadt.

^^) Höchst bedenklich scheint mir der angebliche Wegweiser in palaUum auf einem Pfeiler der Kaiserpaläste (Biancfaini Pal. de' Cesari S. 194). Ganz anderer Art sind die polizeilichen Weisungen (oben § 7 A. 67. 95), zu denen nach den neuesten Untersuchungen auch die be- rühmte oskische Wandinschrift von Pompeji (Mommsen Dial. 185) za zählen sein wird.

74) Für das Folgende verweise ich auf Ar eh. Zeitung 1871, 65 ff. Zureditweisungen bei Plautns : sextum a porta angiportum, s^imnas a porta aedts, extra portam terUam tabernam (Pseud. 960. 567. 658);

§ 8.] DER nVBIERB AUSBAU. 547

Zeit der punischen Kriege und vereinzelt noch später dem Sieger das Recht verliehen wird, Beutestucke an seiner Thur zu befestigen, so erkennen wir auch hier wieder den Grund- satz des alten Staatswesens, dass öffentlich nur der sich vor den Mitbürgern auszeichnen darf, den sie selber durch Ehren ausgezeichnet haben. So geschmückten Häusern legt die Volkssprache charakteristische Benennungen bei. Das Schiffs« scbnäbelhaus des Pompejus giebt ein Beispiel, ein anderes vielleicht der Strassenname caput Africae: denn leicht geht von dem hervorragenden Hause der Name auf den vicus über^*^). Wir ersehen aber zugleich aus jenem Vorrecht was fireilich auch ohne Zeugniss angenommen werden muss, dass aller Schmuck auf den Aussenseiten der Häuser der polizeilidien Kontrolle unterliegt. Die alten Geschlechter führen ihre Wappen: wir wissen nicht, ob sie sie sichtbar an der Äussenseite der Häuser wie im Innern und öffentlich auf den Münzen angebracht haben ^^). Diejenige Gattung

bei Catall 37, 2: norm a jpüeatis fratribus pila; beiAsconias znrScanr, 45 (S. 23 Seh. u. K.): demonstrasse vobü metmnt me hänc domum in ea parte Palatii esse, quae, cum ab saera via descenderis ei per prosctr tnum vicum qui est a sinUtra parte prodieris, posita est. Vgl, Gorni'- fic. adHerenn. 4, 51, 64: eos simüittidine loci decepios an^porto deer^ rasse,

^^) Die TrinmphatoreB stellten in postibus die Spolien auf (Liv. 3S, 43, vgl. 23, 23) und Cato eifert ne spoUa figereiüur nisi de hoste capta (m. Frgm. S. XCIY f.). Die domus rostrata des Pompejus : . Ca«- pitolin. Gord. 3. Cic. Phil. 2, 28, 68 vgl. Arch. Z. S. 69. Bei Pli-. nins 35, 7 liest Gronov meines Erachtens richtig: aUae foris et circa limina domitarum gentium imagines erant adfixis hostium spoliis quae nee emptort refigere Uceret triumphabantque etiam dominis mutatis domus, die Hss. haben animorymingsntium (die Leidener für animorumi aminorum, der Ghiffletianns min<mim)y was mir sinnlos erscheint. Die Provinzendarstellangen sind bekannt: das caput Africae kann füg- lich ein solcher Provinzenkopf an einem Triomphatorenhause auf dem Caelius gewesen sein (A. 55). In dieselbe Reihe gehört die Ehre, welche dem Augustus erwiesen wurde: laureis postes aedium mearum v[incti sunt publice coronaq]ue c[i\vica super ianuam meam fixa [e]*[f] Resg. 6, 13 mit Mommsens Gomm. S. 102 f.

^*) Ueber die Familienwappen s. Momrasen R. F. 1, 13 f.

35*

548 THBIL l.

voa Hauszeichen, wekhe uns bekannt ist, gehört lediglich dem Kreise der Gejschäftswelt an: der Kaufmann, der Fabri- kant, der Schlächter, der Badehauspächter will durch ein Abzeichen das Publikum anziehen oder orientiren: bald lasst er die Waare eelbst abbilden, bald eiii Symbol hergenommen von einem benachbarten bekannten Kunstwerk, bald witzig, bald ernsthaft. Nach dem Ladeüschilde brennt man nun das Haus: wie die Bezeichnung der Strasse, so gehört der Name des Ladens nun zur Firma, die ihn im Geschäfts- verkehr vor den Berufsgenossen, auf seinem Grabstein vor der Menge auszeichnet '^^).

Das Pomerium uraschlie;dst die Stadtgemetnde, jen- seits in der Feldmark ruhen die Todten. Heimische Götter walten diesseits und jenseits, soweit das Gebiet reicht, fremde Götter halten erst spät ihren Einzug in die Stadt. Auch den fremden Menschen ist der Eintritt oder gar die Niederlassung ursprunglich, wenn überhaupt, nur unter Be-* schränkungen gewährt worden. Die älteste Form mag die des Gastreehts sein. Aber selbst die Gäste des römischen Volks scheinen ursprünglich ausi^erhalb des Pomeriums in ^em Gemeindehof gewohnt zu haben: in historischer Zeit werden sie auch innerhalb desselben untergebracht. Sie er- scheinen auf dem Forum auf einer abgesonderten Buhne, dem ^ Griechenstande \ Erst eine vorgerücktere Civilisation gewährte dem Fremden überhaupt das Becht dauernder Nie- derlassung: aber er muss sicbs gef^allen lassen ausgewiesen zu werden^^. Von einer räumlichen Beschränkung in dieser späteren Epoche wissen wir Nichts: die Tuskergasse ist die einzige uns bekannte Strasse, welche einen Volksnamen fuhrt und die zwangsweise vorgenommene Ansiedlung tus- cischer Ankömmlinge eine auf falscher Deutung beruhende

") Die Beispiele s. in den A. 74 a. Aufsatz. Sehr merkwürdig ist das dort publicirte Marmorrelief, die bekannte Graziengruppe ood daneben eine bekleidete Alte sitzend mit der Unterschrift ad sorores IUI.

78) S. Mommsen R. F.'l, 346 flf. Staatsr. 2«, 131.

§ 8.] DER INNERE AUSBAU. 54g

Fabel. Aus der Ansiedlung der Juden in Trastevere im 7. Jahrhundert folgt nicht, dass man sie wie die fremden Gotter ausserhalb des Pomerium zu wohnen gezwungen hat. Zur Zeit des Cicero und des Horäz haben sie ihre Wohnun- gen und Läden, später auch ihre Synagogen innerhalb der Stadt '»).

Die ältesten Vorstädte Roms sind die Gräbervor- fitädte^). Wie in der Stadt die Häuser und Gassen so dran* gen sich vor der Stadt immer dichter die Grabstätten. Die lieuesten Entdeckungen haben uns die Typen derselben in fast vollständiger Reihe von der Köntgszeit an vorgeführt: wir kennen jetzt die steinerne Lade unter und über der Erde^ dais einfache republikanische Grabhaus mit Umgang, die griediischen Kunstformen desselben, den wie es scheint erst im 7. Jahrhundert aufgekommenen Rundbau und die C^rabpyramide , endlich die Columbarien^^). ,Es scheint ent-^ schieden zu sein, dass die Zeit der Zwölftafeln wie für die Häuser und Gassen, so für die Gräber schon bedeutende Neubildungen der Civilisation aufzuweisen hat. Die Zwölf- tafeln geben genaue Vorschriften für das Verbrennen : dass die Einsenkung des Leichnams in die Erde, wie sie bei einigen altpatricischen Familien Tradition geblieben ist, die ursprünglich alleinige Form der Bestattung war, scheint

7») 8. Friedlander Darst. 3, 509 ff. Uater den durch Inschriften heksLünieü Synagogpen führt nnr eine (CIG 6447) einen Ortsnamen: Si- ßovQtjaüov. Die Forin Sibura für Subura ist auch sonst nachweisbar (Bd. 2, 17).

^) Ueber das stadtrömische Begräbnisswesen s. Marqaardt Privat- alterth. 1, 351 ff. Jedoch bedarf der Gegenstand nach den Entdeckungeq seit dem J. 1871 eiaer darchgreifenden neuen Bearbeitung. Das CIL wird hoffentlich dafür sorgen, dass uns die topographische Verwer- thung der Fundstätten der Grabsohriften erleichtert wird. Uebrigens vgl. Th. IL'

^1) Das Leichenfeld jenseits d«8 Walles ist fast ganz untersucht worden. Ganz unbekannt waren bis dahin die beiden zuerst genannten Gattungen: einstweilen vgl. man mein Resum^ aus Laneiani's Unter« sachuDgen Jahresberichte 1875, 782. 1876, 182 ff.

550 THEIL L

sicher: ob das Verbrennen wesentlich auf griechischen Ein* fluss zurückzuführen ist, ob nicht, ist zweifelhaft, ebenso ob ursprünglich nur eine Nekropole existirte auf dem esquilinischen Felde oder ob von Anfang an vor mehre- ren Thoren gleichzeitig bestattet und verbrannt wurde ^^). Wir erwarten von topographischen Untersuchungen weitere Aufschlüsse darüber, ob der Bestattung auf eigenem Grund und Boden eine Bestattung auf dem Gemeindefelde voraus- gegangen ist. Ebenso überblicken wir die ganze Stufen-^ folge des Ranges der Gräber: wir kennen das Grabmal das der Staat in äusserst seltenen Fällen dem Höchstgeehrten innerhalb des Pomeriums zugleich mit dem Hause an der ^heiligen Strasse' gewährt (oben A. 32), das Ehrenbegräbniss auf Staatskosten und auf öffentlichem Grund und Boden vor dem Thor 3 A. 14), die Gräber aller Klassen von Bürgern auf eigenem Grundstück sei es an der Heerstrasse sei es später in den Villen- und Gartenanlagen, der namenlosen Plebejer ältester und der Juden spätester Zeit^^). Topographische

^') Von den beiden A. 8] erwähn tea ältesten Kategorien der Gra- ber hat die erste nur Behälter für Leichen, die zweite daneben auch Cioerarien. Man hat diese Gräber für die pttäcuU quo proiciuntur ca- davera und diese für die Grabstätten der Armen gehalten. Die oben § 3 A. 16 erwähnten Ausgrabungen bei S. Gaterina di Siena (vor der alten porta Foräinalis) haben nun steinerne in den Boden eingesenkte Laden von ganz gleicher Konstruktion wie die der zweiten Kategorie am Wall zu Tage gefördert. In diesen letzten hat man ßronzegeräth (kein Eisen!), und die sogenannten Vasi italogreci' oder ^stovlglie la- ziali', in jenen Reste von Goldschmuck, eine 'elegantissima anforetta italo-greca' und ein 'balsamario di alabastro' gefunden. Grabschriften fehlen ganz: wahrscheinlich aus einem der esquilinischen Gräber stammt ein Tongefäss mit angeblich altgriechischer Schrift ^I Bruzza Ann. 1876, S. 86 tav. d'agg. L. Die ebenda gefundene einge- kratzte Inschrift eco C. Antonios ist wenigstens sicher keine .Grabschrift (Jahresb. 1876, 184). Man wird einstweilen g^t thun von jeder chro- nologischen Bestimmung abzusehen: wichtig aber ist die Entdeckung zweier unzweifelhaft in die früheste Zeit hinaufreichender Grabstätten vor verschiedenen Thoren.

^) Ein ungemein lehrreiches neues Beispiel eines Columbarinms

§ 8.] DER INNERE AUSBAU. 551

Untersuchungen haben festgestellt, dass die Heilighaltung der Gräber gewährt hat bis ins fünfte Jahrhundert unserer Zeit- rechnung (§ 6 A. 10).

Wir haben schon oben gesehen, wie der letzte der concentrischen Ringe, die uns das Wachsen Roms darstellen, der Ring der honorianischen Mauer, zugleich die Verwand- lung des alten in das christliche Rom veranschaulicht. Die ursprünglich einzigen Vorstädte der servianischen Stadt sind die Grabstätten: die Grabstätten der mittleren Kaiserzeit bergen zugleich die Anfänge des christUchen Lebens der Stadt. Aber die eigenthümlichen Formen dieses neuen Lebens, welche uns erst jüngst durch geniale Forschungen er- schlossen worden sind, liegen zwar nicht der Zeit nach, aber dem Wesen nach ausserhalb der Grenzen desjenigen Organismus, dessen räumliche Entwickelung darzustellen unsere Aufgabe ist

voB Freigelassenen giebt das Colambarium der Statiiii: Jahresb. 1876, 186. Ueber die Judengrabstätten Friedländer a. 0.

Druck Ton W. Pormetter in Berlin.