EORSIENEAREO BE | FOR EDVCATION FOR SCIENCE LIBRARY OF THE AMERICAN MUSEUM OF NATURAL HISTORY (EA EEe| ! 2 BR j ana ‚ N EN i L IM | ARTERL EN 17 Ba N z BUN N EN HU IT ÜBER DIE EINHEIMISCHEN SCHLANGEN. ZOOLOGISCHE UND ANATOMISCHE BEMERKUNGEN Dr. F. LEYDIG ıy Bonn. MIT ZWEI TAFELN. (Separatabdruck aus den Abhandlungen der Senckenbergischen naturforschenden Gesellschaft.) FRANKFURT a.M. IN COMMISSION BEI MORITZ DIESTERWEG. 1883. Ueber die einheimischen Schlangen. Zoologische und anatomische Bemerkungen von Dr. F. Leydig in Bonn. Hierzu Tafel I und I. Die Schlangen mögen seit ältester Zeit durch die Gestalt, den eigenthümlichen Blick, durch das geheimnissvolle Etwas im ganzen Wesen den Antheil des Menschen in besonderem Grade erregt haben. Denn das Thier erscheint als Symbol verwendet nicht nur in den rohesten Kunst- anfängen alterthümlicher Mythologie, sondern kehrt fort und fort wieder in den verfeinerten Werken griechischer und römischer Plastik bis in die christliche Kunst herein. Aber auch ganz abgesehen von solchen Beziehungen der Ophidier zur Cultur des Menschen und seinen Vorstellungsweisen, wendet auch der Naturforscher sein Interesse Ge- schöpfen zu, welche, äusserlich und oberflächlich genommen, die Körperform eines grossen Wurmes haben, im Bau aber den höheren Wirbelthieren sich anreihen. Und so wurden auch von mir, als seiner Zeit ich mich mit dem Studium der Amphibien und Reptilien unsres Landes einlässlicher beschäftigte, die einheimischen Schlangen ebenfalls in den Kreis der Untersuchung gezogen. Anstatt nun den dazumal geplantenVorsatz auszuführen, die Schlangen der deutschen Fauna in ähnlichem Sinne zu behandeln, wie ich es bezüglich anderer Gruppen dieser Klasse ver- sucht hatte, brachten es Umstände mit sich, dass ich das in jener Zeit Gewonnene in vier Abhandlungen vertheilte und als solche im Archiv für mikroskopische Anatomie, Jahrgang 1872 und 1873, veröffentlichte. Manches wurde auch aufgenommen in die vor einem Jahr erschie- nene Arbeit über die Fauna fränkischer und rheinischer Gegenden '). Wenn ich mir jetzt erlaube, Mittheilungen, welche aus jener Zeit herrühren, hier als Nachtrag zu dem Früheren zu liefern, so geschieht es aus dem Grunde, weil die anato- 1) Ueber Verbreitung der Thiere im Rhöngebirge und Mainthal mit Hinblick auf Eifel und Rhein- thal. Verhandlungen d. nat. Vereins d. preuss. Rheinlande und Westfalen, 1831. 1 ee mischen Bemerkungen, welche ich vorzulegen habe, noch kaum für veraltet anzusehen sind, sondern immer noch die Geltung von Beiträgen zur Kenntniss des Körperbaues der genannten Thiere haben können. Und auch die zoologischen Bemerkungen scheinen mir noch am Platze zu sein. Wer weiss nicht, dass die richtige Unterscheidung der wenigen einheimischen Schlangenarten keines- wegs für Jedermann eine leichte Sache ist, vielmehr Täuschungen und Verwechslungen so gerne unterlaufen. Wiederholt z. B. sind Sendungen mir eingehändigt worden, welche Vipera berus enthalten sollten. Der behutsam das Packet Lüftende sah aber nicht ohne Lächeln, statt der erwarteten und angekündigten Vipera berus, eine ‚Coronella austriaca aus der Verpackung sich winden. Oder ist es nicht verwunderlich, dass die eben gedachte Coronella austriaca es gewesen ist, welche in nördlichen Strichen Deutschlands gesammelt, von einem namhaften Zoologen für die Aesculapsnatter, Blaphis flavescens, gehalten werden konnte, welcher Irrthum zur Veran- lassung wurde, dass über die Verbreitung dieser südlichen Schlange ganz eigenthümliche An- sichten in Umlauf gekommen sind. So lange es ein Studium der Zoologie geben wird, bleiben daher die Nachforschungen nach den Linien der Ausbreitung einer Thierart von Werth. Und so darf im Augenblicke z. B. die Frage, ob Zamenis viridiflavus, eine ebenfalls südliche Schlange, innerhalb der Grenzen Deutschlands sich findet, unser Interesse in Anspruch nehmen; nicht minder die Frage, ob und wo, ausser der altbekannten Pipera berus, noch eine zweite Giftschlange, die Vipera aspis, auf deutschem Boden heimisch ist. Vielleicht regen gegenwärtige Blätter dazu an, auf die Ophidier unsres Landes noch acht- samer zu sein, als es schon bisher der Fall gewesen ist. Und um das Erkennen zu erleich- tern, habe ich unter Anderem auch die Köpfe der sieben in Betracht kommenden Arten, unter der Lupe gezeichnet, auf einer Tafel übersichtlich zusammengestellt. I. Zoologische Bemerkungen. Familie: Colubrina. Gattung: Tropidonotus, Kuhl. 1. Art: Tropidonotus natrix, L. Ueber die Zähne der Ringelnatter gab ich seiner Zeit ausführlichere Mittheilungen '). Die Gaumenzähne scheint Schneider zuerst gesehen zu haben ?). — Die Sculptur der Schuppen und den Bau der Hautdecke habe ich ebenfalls im Einzelnen verfolgt °). Zu den äusseren Kennzeichen *) gehört: Anwesenheit eines Zügelschildes, ein Praeo- culare, drei Postocularia. Die Stirnschilder hinterwärts merklich gerandet und dadurch über- greifend. Hinterhauptsschilder stark ausgezogen. An jüngeren Thieren sah ich mehrmals zwischen dem Schnauzenschild rechts und dem Stirnschild rechts eine Verbindungsbrücke. Zur Seite der Hinterhauptsschilder noch ein grosses Temporalschild. Alle Schilder sehr glatt. — Zu den individuellen Abänderungen, die ich nicht erwähnt finde, ist auch zu rechnen, dass bei einem Thier die Bauchschienen in der Mittellinie einigemal getheilt waren, an der Stelle, wo man die Spalte für den Dottersack zu suchen hätte. — Länge des Schwanzes bei mittelgrossen Thieren ungefähr 14 cm. Der zu den Abzeichen in der Färbung gehörige gelbe oder gelbweisse Nackenfleck entsteht dadurch, dass das Gelbweiss der Kehlgegend seitlich heraufgreift und so eigentlich nur den grössten von den übrigen gelbweissen Flecken darstellt, welche vom Rande der Ober- kinnlade bis in die Ohrgegend ziehen. Manche Schriften sagen, dass sich die Farbe des hellen Nackenfleckes nach dem Geschlecht richte: Hochgelb zeichne das Männchen aus, Weissgelb das ‘Weibchen. Man wird jedoch beim Vergleichen zahlreicherer Thiere gewahr, dass hierin grosser Wechsel herrscht, so z. B. an einer Anzahl von Thieren aus Oberitalien °), welche ich anatomisch prüfte, war gerade dem Männchen der weisse Nackenfleck eigen. !) Archiv f. mikrosk. Anat. 1872. 2) Leipziger Magazin, 1787, S. 222. ®) Archiv f. mikrosk. Anat. 1873. 4) Vergl. Figur 5. 5) In der Rachenhöhle fast aller Stücke aus oben genannter Gegend fand sich gesellschaftlich ein kleines hübsches Distomum, wahrscheinlich D. colubri, Duges. (Ann. d. sc. nat. 1835.) FE are An einigen recht grossen, daher alten Thieren zeigten sich die Nackenflecken vom Rande her wie verwischt und übergraut; auch ein andermal so überdunkelt, dass sie nur noch in Spuren sichtbar waren. Die schwarze Einfassung des Nackenfleckes bietet ebenfalls Verschieden- heiten dar, welche, soweit meine Erfahrung geht, an den Ort des Vorkommens der Schlange sich hält. Bei Thieren deutscher Gegenden umgreift das Schwarz, welches oft sehr schön und scharf sich abhebt, den hellen Fleck vorn und hinten. An Ringelnattern hingegen von den Ufern der Etsch war das gelbweisse oder auch wohl blassgelbgrünliche Nackenband -— welche Bezeichnung es hier buchstäblich verdiente, da es von rechts und links zusammenfloss — nur rückwärts von dem sattschwarzen Fleck umsäumt. Bei jüngeren 'Thieren erstreckt sich das Schwarz, wenn auch jenseits der Augengegend immer lichter werdend, bis fast zur Schnauze. Bezüglich der dunkeln Flecken auf dem Graubraun oder Olivenbraun des Rückens zähle ich meist vier Reihen, von denen die inneren klein, matt und oft wie verloschen erscheinen, während die äusseren, mehr nach der Seite stehenden, grösser und schärfer sind; dabei senk- recht gestellt, gezacktrandig und oft zierlich gegabelt. Doch werden auch sie nach der Schnauze hin kürzer. Die eigentliche Grundfarbe des Bauches ist ein Weissgelb, welches häufig an der Kehle, bis auf einen dunklen Strich jederseits, rein bleibt; am eigentlichen Bauch wird es durch Schwarz oder Schwarzblau in verschiedenem Grade zurückgedrängt, indem entweder nur soviel Schwarz sich beimischt, dass Zeichnungen des Schachbrettes entstehen, oder es wird der Bauch fast gleichmässig dunkel und nur der Saum bleibt weisslich. Auch habe ich Thiere in Händen gehabt, bei welchen die Bauchfläche fast gleichmässig himmelblau überlaufen war, Die schwarze Abart scheint diesseits der Alpen sehr selten zu sein, und zuerst am Nordabhang der Alpen aufzutreten; wie ich denn auch vor Jahren am Starenberger See des bairischen Hochlandes ein solches Thier gefangen habe. Bereits Wyder !) gedenkt der schwarzen Ringelnatter als schweizerischer Schlange. Jenseits der Alpen scheint sie häufiger zu werden: Jan und de Betta ?) führen sie als var. nigra auf. In wie weit die am Rücken schwarze, an den Seiten blaue var. minax, Schreibers, ebenfalls südlichen Vorkommens, mit gedachter var. nigra zusammenfällt, habe ich keine Erfahrung; noch weniger, in wie weit !) Wyder, Essai sur P'histoire naturelle des serpens de la Suisse, Lausanne, 1823. Ein Vorläufer des Werkchens steht in Oken’s Isis, 1817, Th. II. S. 1049. 2) de Betta, Sui serpenti italiani del genere Tropidonotus. Atti dell’ Istituto veneto, Vol. X, Ser. III, 1865, Rn Tropidonotus ater Eichw., — überall tief schwarz, nur an der Unterfläche des Kopfes und an den Seiten mit vereinzelten hellen Flecken — hierher gehört. !) 4 Die Farbe der Iris wird von dem einen Zoologen als braun, von dem Andern als schwarz bezeichnet. Ich sehe an sehr jungen, vielleicht erst einige Wochen alten Thieren an den vor- gequollenen Augen des noch dicklichen, kurzen Kopfes eine fast ganz schwarze Iris, an deren Pupillenrand nur ein schmaler gelber Ring herumzieht. Auch später bleibt der grösste Theil der Regenbogenhaut dunkel, nur wird gern der zu innerst um die Pupille herumziehende, gelbliche Ring etwas breiter; öfters auch entwickelte sich noch am oberen Rande der Iris ein bogiger» weissgelber Streifen. Das Hell oder Dunkel der Grundfarbe hängt sehr ab von dem Stand der beweglichen Farbzellen oder Chromatophoren. Letztere scheinen in jüngeren Thieren besonders em- pfindlich zu sein: einjährige Ringelnattern, bei rauhem Nordostwinde im Verstecke gefunden, waren von dunklem Aussehen, hellten sich aber auf bei Erwärmung im Sonnenschein; in der Kühle der Nacht konnte sich die lichtgraue Färbung wieder in Stahlgrau umsetzen. Schon früher habe ich auf entsprechende Veränderungen an erwachsenen Thieren hingewiesen ?). Es wird angegeben, dass die Ringelnatter auch bei uns eine Länge von 4 Fuss, ja Gloger°) sagt »bis über 6 Fuss« erreichen könne, während mir selber ein derartig grosses Thier noch nicht vorgekommen ist. Mit Verwunderung habe ich immer die Abbildung von Kopf und Hals eines Riesenexemplars betrachtet, welches Bonaparte ') darstellen liess, nach seinen eigenen Worten: »il capo d’un esemplare vecchio straordinariamente grande.« Ob wohl Blumenbach °) aus eigener Erfahrung sprechen mag, wenn er bemerkt: man hat Ringelnattern von 10 und mehr Fuss gefunden ? Die Eier sind schon zu vielen Hunderten, ja nach einer Schätzung in der Zahl von Dreitausend, nesterweise beisammen getroffen worden °), was beweist, dass die Natter gesell- schaftlich ihre Eier absetzt. Woraus denn auch weiter gefolgert werden darf, dass ein ähn- liches, allgemeines Sichversammeln zum Zwecke der Fortpflanzung, auch bei dieser Schlange !) Ueber Tropidonotus ater Eichw. seheman Strauch, Schlangen des russischen Reiches, Petersburg 1873 2) Die äusseren Bedeckungen einheimischer Schlangen. Archiv f. mikrosk. Anat. 1873, S. 25. ®) Gloger, Schlesiens Wirbelthierfauna, Breslau, 1333. #) Bonaparte, Fauna italica, Tav. Natrix torquata, fig. 2. 5) Blumenbach, Handbuch der Naturgeschichte, 1825. 6) F. Krauss, Beiträge zur Fauna’Württembergs. Jahreshefte d. Vereins f. vaterländische Naturkunde in Württemberg, 1879, S. 316. stattfinden möge, wie es bei Coronella austriaca beobachtet wurde. Doch ist mir nicht bekannt, dass irgend ein Naturfreund Zeuge von derartigen Zusammenkünften bisher gewesen ist. Die Eier werden für gewöhnlich im Sommer, in den Monaten Juli und August abgesetzt. Nach den Wahrnehmungen des französischen Herpetologen Lataste !) verlassen die Jungen das Ei nicht im Herbst, sondern im darauf folgenden Frühjahr, da erst dann die Zeit gekommen ist, wo ihnen die richtige Nahrung — Larven der Batrachier — zu Gebote steht. Diese Er- fahrung macht gewisse andere Angaben verständlich, welche darauf hindeuten, dass auch bei der Ringelnatter die »Oviparität« und die »Viviparität« individuell ineinander übergehen können. Bekanntlich beginnt die Entwickelung des Embryo noch im Ei, welches im Mutterleibe zurück- gehalten ist, und kann hier schon weit vorgeschritten sein, bevor das Ei gelegt wird. Unter Umständen bleiben die Eier bis zur völligen Reife des Embryo im Uterus und das etwa in Gefangenschaft befindliche Thier gebärt lebendige Jungen. Obschon die Ringelnatter, was das Vorkommen anbetrifft, auch in Deutschland eine weit verbreitete Thierart ist, so gibt es doch auch Strecken in denen sie fehlt, oder selten auf- tritt. So bekamen, was ich anderwärts schon erwähnte, z. B. im Rhöngebirge weder Geheeb noch ich selber Tropidonotus natrix je zu Gesichte ?2). Indem ich bei derselben Gelegenheit aussprach, dass die Ringelnatter in früherer Zeit auch an manchen Punkten Frankens sehr häufig war, während sie jetzt nur einzeln sich findet, so dachte ich unter Anderem an Rothen- burg a. d. T. Dort konnte man vor vierzig Jahren und noch später in warmen Stunden des Vormittags ganze Gesellschaften der Natter im »Thurmseelein« beobachten und sich an den schönen Bewegungen des schwimmenden und tauchenden Thieres erfreuen. Stieg die Sonne höher, so sammelten sie sich an der Schattenseite der über das Wasser gespannten alten Stein- brücke. Und jetzt bezeichne ich es mir als eine Merkwürdigkeit, wenn ich in der Umgebung der genannten Stadt wieder einmal ein lebendes oder ein am Wege erschlagenes Thier auf- zuheben in die Lage komme. Auch im Hinblick auf die Umgebung von Tübingen muss ich nach meiner Erfahrung ein Abnehmen im Vorkommen der Ringelnatter aussprechen. In der ersteren Zeit meines dortigen Aufenthaltes — in den 1850er Jahren — war sie gemein und konnte fast auf jeder Excursion gesehen werden, dann wurde sie nach und nach seltener, und in den letzteren Jahren meines dortigen Verweilens — in den 1870er Jahren, verging mancher Sommer, ohne dass mir auch nur ein einziges Thier aufgestossen wäre. Den Mittheilungen über die Verbreitung der Ringelnatter in Franken und rheinischen 1) Lataste, Les oeufs de Couleuvre & collier. Bull. de la Soc, zool. de France, 1877. 2) Verhandl. d, nat, Vereins der Rheinlande und Westfalen, 1881. ST Gegenden füge ich noch bei, dass mir Herr O. Böttger brieflich angibt: »im Taunus und in der Ebene überall, aber vereinzelt, nur bei Mommelsheim häufig.«. Eine Zusammenstellung der bekannt gewordenen Fundorte im Grossen verdankt man Strauch in dessen Schrift: »Die Schlangen des russischen Reiches, 1873.« Da dort der Verfasser bezüglich Dänemarks erwähnt, dass seit der Zeit O. F. Müller’s, der die Art für jenes Land angezeigt hat, keine näheren Nachrichten bekannt geworden seien, so mag auf den »Zoologischen Garten, 1872« verwiesen werden, allwo es heisst, dass Tropidonotus natria die gemeinste Schlange in Dänemark sei. Vonälteren Abbildungen verdienen die nach dem Leben gemalten Figuren des Nürnberger Künstlers Meyer !), dass man sie im Gedenken behält, schon des charakteristischen Hand- colorites wegen, wenn sie auch sonst in den feineren Einzelheiten etwas ungenau erscheinen, z. B. auf den Schuppen des Rückens nirgends der Kiel angegeben wird. Auch ist die Farbe des Nackenfleckes allzusehr sattorange gehalten, wenigstens an dem von mir benutzten Exemplar des Werkes. Das Buch van Lier’s ?) über holländische Schlangen, welches auch die Ringelnatter in farbiger Darstellung vorführt, kennzeichnet die Zeit und vielleicht auch das Land in welchem es erschienen ist. Es blickt aus der ganzen Ausstattung der heitere Formensinn jener Tage, aber die Tafeln, voran das gestochene Titelblatt mit dem Bildniss des Verfassers, haben auch eine Beimischung von kleinlicher, beinahe geschmackloser Zierlichkeit. Eine sehr schöne und naturgetreue farbige Abbildung von Kopf und Hals der Ringel- natter in natürlicher Grösse, ebenso des Kopfes mit aufgesperrtem Rachen, eines Halsstücks von der Unterseite, endlich zweier Eier, Alles gemalt und gestochen von J. Sturm findet sich in der Schrift: Wolf, Abbildung und Beschreibung der Kreuzotter, Nürnberg 1815 °). !) Meyer, Vorstellungen allerley Thiere und ihrer Gerippen. Nürnberg 1748. Tab. XC, Skelet; Tab. LXXXIX, Thier mit schön fleckiger Unterseite, daneben zwei Eier, eines im Durchschnitt; Tab. LXXXVIII, wieder das Skelet; Tab. LXXXVII, ein Thier mit dunklem Bauch. ?2) Van Lier, Verhandeling over de Drentsche Slangen en Adders, Amsterdam 1781. (Der Verfasser nennt sich »Docteur en Droit, Receveur general et Membre de la Cour de Justice du Pays de Drenthe«). ®) Mein vor Jahren antiquarisch erworbenes Exemplar der obigen Schrift scheint das Handexemplar Sturm’s gewesen zu sein. Es enthält die »illuminirte Kupfertafel« nicht nur doppelt, beidemal in vortreff- lichem Colorit, sondern es ist auch noch eingelegt das Blatt der Handzeichnung zu den vier Figuren über die Ringelnatter. Die Umrisse sind mit der Feder in grosser Schärfe und Reinheit gezogen, alles Uebrige ist mit dem Pinsel ausgeführt ; erst der Kupferstich hat manche Farbentöne in Strichlagen umgesetzt. Das Ganze verräth in ansprechender Weise die Schule der früheren Nürnberger Kupferstecher, sowie Erfahrung und Kenntniss des Gegenstandes. 2. Art: Tropidonotus tessellatus, Laur. Ueber Form der Schuppen und deren Sculptur habe ich ebenfalls nähere Nachrichten gegeben und das Verwandtschaftliche sowie Abweichende zu Tropidonotus natrix in Wort und Bild hervorgehoben !). Die Würfelnatter ist ohne Schwierigkeit von T. natrix zu unterscheiden, weniger leicht aber von der dem deutschen Boden fremden und daher hier nicht in Betracht kommenden 7. viperinus ?). Der Kopf °), an sich gestreckter, walzig und schmäler als der flache Kopf von T. natrix erhält noch ein charakteristisches Aussehen durch die stark vorquellenden, lebhaften Augen, ein Punkt, auf den schon Wyder aufmerksam gemacht hat: »Sa tete est beaucoup plus etroite, mais les yeux plus saillants et plus vifs que dans la Couleuvre ä collier.c Bei manchen Individuen erscheint der Kopf ganz besonders verschmälert, was vielleicht mit der geschlecht- lichen Sonderung zusammenhängen mag. Die Zahl der Oberlippenschilder beträgt an den mir durch die Hände gegangenen Thieren acht (bei 7. natrix sieben). Das Praeoculare war bei den einen in der Zahl zwei, bei andern, indem sich unten noch ein kleines abgelöst hatte, in der Zahl drei zugegen. Fünf grössere Schilder zwischen den Supralabialia und den Oceipitalia. Auf dem Wirbelschild und den Hinter- hauptsschildern gerne eine kurze Furche, entweder auf allen drei, oder nur an den Occipitalia. Schwanz bei mittelgrossen Thieren 13 cm lang. Schwanzende mit hornartiger Zuspitzung *). Grundfarbe des Rückens an Thieren, welche ich im frischen Zustande besass, ein Olivengrau mit verwaschenen schwärzlichen Fleckenreihen, oder vielmehr mit, quer unterbrochenen, schrägen Binden; manchmal auch mit Reihen leicht gelblicher, verwaschener Flecken, welche gleichsam von der Bauchseite herauf streichen. In der Hinterhauptsgegend, wo bei der Ringel- natter die zwei grossen scharfgezeichneten schwarzen Flecken stehen, ist bei T7'. tessellatus eine nur sehr schwache Andeutung des dunklen Fleckes zu erkennen. Bauchseite mit mittlerer dunkler (schwärzlicher) Zone; verschieden breit, je nachdem die zwei hellen Seitenfelder aus- gedehnt oder verschmälert sind. Letztere (ob nach dem Geschlecht verschieden?) entweder weiss- 2320: ?) Die Unterschiede der genannten Species sind gut dargestellt in der Abhandlung: de Betta, Sui ser- penti italiani del genere Tropidonotus. Istituto veneto, Vol. X, Ser. III, 1865. 3) Fig. 6. *) Fig. 7. — Diese Bildung ist wohl dasselbe, was Heusinger, System der Histologie S. 223, als »nagel- artige Schuppe des Schwanzes« bezeichnet. ON gelblich oder orangfarbig. Bauchseite des Schwanzes einfach schwärzlich, da sich die helle Seitenzone nur bis zur Afterklappe erstreckt. Iris mit gelbem Pupillarrand und einem zweiten äusseren gelben Ring, da wo Cho-: roidea und Iris ineinander übergehen. Letztere kann auch fast völlig mit dunklem Pigmente übersprenkelt sein. Die Würfelnatter ist ein echtes Wasserthier und wie in der ganzen Tracht schlanker als die Ringelnatter, so auch noch beweglicher. Die bei mir in Gefangenschaft lebenden, ver- zehrten Fische und Larven von Molchen. Auf Fische stiessen sie mit solcher Gier, dass wie- derholt zwei Schlangen an einem Fisch sich verbissen. Die Beute wurde von vorne, am Kopf gepackt; im Freien und unbehindert scheinen sie sich nach Beobachtungen Brehm’s anders zu benehmen '). Gegen Abend wurden sie in dem geräumigen Wassergefäss besonders munter und vielleicht deuten auch die vorgequollenen Augen das Nachtthier an. An warmen Regentagen waren sie auch bei Tage sehr lebendig. Die Würfelnatter zischt wie die Ringelnatter, ohne zu beissen. Vorkommen. Während 7. natrix seit alter Zeit als ein auch in Deutschland weit verbreitetes Thier bekannt ist, wurde 7. fessellatus erst im Jahre 1819 durch C. v. Heyden und zwar im Rheingebiet bei dem Bade Ems nachgewiesen. Der Entdecker war dazumal der Ansicht, dass die Schlange durch die Römer eingeführt sein möge. Unterdessen ist die Schlange im mittleren Rheingebiet noch weiter aufgefunden worden, so von Kirschbaum an der Lahn, durch Noll bei St. Goar am Rhein, von Geisenheyner im Nahethal bei Kreuznach. Die Exemplare von letzterem Fundort sind in der naturhistorischen Sammlung des hiesigen rheinisch- westfälischen Vereins aufgestellt. Im Moselthal und Gegenden der Eifel, wo man das Vorkommen von T. tessellatus 'ebenfalls vermuthen könnte, habe ich bisher, wie anderwärts berichtet wurde, vergeblich nach dem Thiere mich umgesehen ?). ; Die Würfelnatter ist im Allgemeinen als ein dem Mittelmeerbecken zugehöriges Thier anzusprechen, das seine Verbreitung bis zum südlichen Fusse der Alpen ausdehnt, wo ich selber z. B. in der Umgegend Bozens, an den Nebenwassern der Etsch und der Eisack, es häufig antraf, öfters auch ziemlich entfernt vom Wasser. Zu den nördlichen Punkten ihres Vorkommens zählt noch Genf, das mittlere Böhmen, — wo sie schon im Jahre 1805 durch Mikan aus der Umgebung Prags beschrieben wurde —; ferner österreichisch Schlesien und 1) Zool. Garten, 1869, S. 301. ?) Ueber Verbreitung der Thiere im Rhöngebirge und Mainthal, mit Hinblick auf Eifel und Rheinthal. Naturh. Ver. f. Rheinland, Westf. 1881. 2 NND endlich Niederösterreich. Das noch gegenwärtige Vorkommen bei Wien wird in neuerer Zeit bestätigt ). Bemerkenswerth ist, dass sie nicht im Donaugebiet aufwärts gedrungen ist, wo- hin ja bis in die Gegend von Passau, ausser Lacerta viridis, auch die südliche Schlange Elaphis flavescens sich ausgebreitet hat und heimisch geworden ist ?). Gattung: Elaphis, Bibr. Dum. Art: Elaphis flavescens, Gmel. Eine südeuropäische Schlange, deren Verbreitung sich von Spanien durch Frankreich nach Italien, Dalmatien, Ungarn und weiter östlich bis zum kaspischen Meer erstreckt und in diesen Ländern zu den besonders häufigen Arten zu gehören scheint ®). Doch mag sie auch manchen Theilen des Mittelmeergebietes fehlen: sie wird z. B. nicht erwähnt in den Aufzäh- lungen der Reptilien Griechenlands ®); auch nicht unter denen der Insel Corfu. Von Italien geht die Schlange bis in die südlichen Thäler von Tyrol und findet sich auch in der südlichen und westlichen Schweiz °). In Nordtyrol glaubt Gredler °) die gelbliche Natter bloss im Zillerthal beobachtet zu haben, ohne es jedoch keineswegs verbürgen zu wollen. Von Ungarn geht sie die Donau herauf, ist häufig in der Umgegend von Wien und hat ihren Endpunkt bei Passau °). Hier bewohnte sie noch vor zehn Jahren »nicht eben selten die steilen, wal- digen buschigen und felsigen Hänge des linken Donauufers bis hinab nach Oberzell« ®). Auch ins westliche und südwestliche Deutschland ist die Natter vorgedrungen und nur um zum Nachforschen über die Verbreitung in diesen Strichen vielleicht etwas anzuregen, möchte ich in erweiterter Form auf die Mittheilungen zurückkommen, welche ich vor einiger Zeit über die Sache vorlegte. 1) Zool. Garten, Jahrg. 1871. 2) In der Schrift: Das Königreich Württemberg, 1882, lässt der sonst genaue Prof. v. Krauss Tro- pidonotus tessellatus in »Norddeutschland« vorkommen. Hierbei kann es sich doch kaum um andere Oert- lichkeiten handeln als diejenigen sind, welche ich oben bezeichnet habe. °) Bei Verona z. B. »abbondantissimo per ogni dove e nelle stesse campagne affatto attigue alla cittä,« de Betta, Materiali per una Fauna Veronese, 1863. *) Auch die neueste Schrift: v. Bedriaga, die Amphibien und Reptilien Griechenlands, Moskau, 1882 enthält das Thier nicht. 5) Wyder, a. a. O. Seite 20. — Schinz, Naturgeschichte d. Reptilien. 6) Fauna der Kriechthiere und Lurche Tyrols, S. 120. ?) Frühere Mittheilungen über das Vorkommen der Schlange bei Passau geben Reuss und Hahn, letzterer in der Fauna boica; spätere Angaben enthält das Correspondenzblatt des zool. mineralog. Vereins in Regensburg, 1865, dort als C. Aesculapii bezeichnet. (In der Aufzählung der Amphibien und Reptilien von Südbaiern durch Fahrer steht durch einen Schreibfehler: Coluber flavescens s. asclepiadea). 8) Correspondenzblatt d. zool. mineralog. Vereins in Regensburg, 1871, S. 87. BE Nachdem Scopoli !) im Jahre 1767 die Schlange, ohne ihr einen Namen zu geben, kurz charakterisirt hatte, wurde sie von Gmelin als Coluber flavescens in der von ihm be- sorgten 13. Ausgabe von Linn&’s Systema naturae, Lipsiae 1788, eingereiht, doch nur als gefunden »in comitatu Tyrolensi.« Indessen schon vor dem Erscheinen des eben gedachten Werkes ist das Thier in Süddeutschland und zwar im Gebiete des Schwarzwaldes beobachtet, wenn auch nicht systematisch bestimmt worden. Ich verweise nämlich auf Sander’s, Pro- fessor in Carlsruhe, »Nachricht von einer unbekannten Schlangenart in St. Blasien« ?2). Aus dem was dort über zwei Exemplare von »Baumschlangen« gesagt wird, die er im Naturalien- cabinet des Stiftes aufbewahrt findet, geht mit grösster Wahrscheinlichkeit hervor, dass es sich um gegenwärtige Natter handelt. Es wird ausdrücklich erklärt, dass sie auf Bäumen sich auf- halte, was unter den hier in Betracht kommenden Schlangen mit Sicherheit nur E. flavescens thut, welche leicht und mit Vorliebe junge Bäume erklettert °). Wenn sie Sanders »als gar nicht selten auf dem Schwarzwald« bezeichnet, so möchte dies in unserer Zeit schwerlich mehr der Fall sein; ich selber bin auf den Ausflügen, die ich von Tübingen wiederholt auch in die wärmeren Striche des Schwarzwaldes unternommen habe, niemals auf E. flavescens gestossen. Für das wenigstens frühere Vorkommen bei Baden-Baden lässt sich auch ein sicherer Gewährsmann nennen, C. v. Heyden, der sie dort wahrnahm, nachdem er'sie bereits 1817 im Gebiet des Taunus bei Schlangenbad entdeckt hatte *). Darauf hin konnte bereits Merrem . in dem System der Amphibien im Jahre 1820 sagen: »habitat in Germania meridionali.« Dass sich die Schlange im südlichen Baden, wenn schon wie es scheint, als Seltenheit erhalten hat, geht aus der Abhandlung Weber’s über die im Grossherzogthum Baden vorkommenden Schlangen hervor 5). Dort heisst es in einer Anmerkung: »Nach einer mir soeben gewor- denen gütigen Mittheilung des Herrn praktischen Arztes Stocker findet sich die gelbliche !) Annus hist. nat. II. (Iter tyrolense.). 2) Der Naturforscher. Siebzehntes Stück, Halle, 1782. -- Den Aufsatz von ©. Chr. Gmelin im 28. Stück des Naturforschers 1799 kann ich leider nicht vergleichen, da dieser Band meinem Exemplar der Zeitschrift fehlt. ®) In den »Naturhistorischen Heften des Ungarischen Nationalmuseums, 1877, S. 126, wird zwar auch Tropidonotus natrie als Bäume erkletternde Schlange und Plünderer von Vogelnestern beschrieben. Allein es steht zu vermuthen, dass die Schlange, welche in genannter Schrift besprochen wird, ebenfalls EP. flavescens und keineswegs T. natrie war; worauf schon hinweist, dass das als Nesträuber ertappte Thier »von mehr als Meter Länge, dick und überhaupt von ungewöhnlicher Grösse war.« #) Umsonst habe ich mich bemüht die Schrift Nau’s »Nachtrag zur Naturgeschichte der Fische nebst Amphibien und Vögeln des Mainzer Landes, 1788, mir zugänglich zu machen; sie könnte vielleicht etwas auch über die obige Schlange enthalten. 5) Jahresbericht des Mannheimer Vereins für Naturkunde, 1855. SE Natter, Coluber flavescens Gm., auch auf den sonnigen Höhen des juraischen Randengebirges unsres Seekreises.« Die letzte Mittheilung über das Vorkommen der genannten Schlange in Baden rührt ebenfalls von Weber her und lautet: »Im vergangenen Sommer wurde nach Zeitungs- bericht in dem Hofe der Domainenverwaltung in Pforzheim ein grosses Exemplar der im Badischen überhaupt sehr seltenen gelblichen Natter (Coluber flavescens), oder Aeskulapsschlange, erlegt«!). Auch ins Moselthal ist die gedachte Thierart vorgedrungen. In der hiesigen Sammlung des naturhistorischen Vereins der Rheinlande und Westfalen steht ein Exemplar, welches bei Trier erbeutet wurde; es darf mit Zuversicht angenommen werden, dass die Schlange, welche Schäfer in der »Moselfauna« aus den dortigen grossen Gebirgswäldern schon in den 1840er Jahren angezeigt hat, ebenfalls Zlaphis flavescens gewesen ist. Von dem verstorbenen Professor der Zoologie Giebel in Halle ging die höchst auf- fallende Angabe aus, dass sich unsere Natter auch in Thüringen und am Harz vorfände ?). Meinem Misstrauen über die Richtigkeit dieser Mittheilung habe ich in der mehrmals erwähnten Arbeit über die Fauna der Rhön, des Mainthales, der Eifel und des Rheinthales, Ausdruck gegeben. Da ich übrigens in die Richtigkeit der Determinirung keinen Zweifel gesetzt, so hatte ich mir das Vorkommen bei Blankenheim und am Mägdesprung mit der Annahme zu erklären gesucht, dass es sich um Exemplare handeln möge, welche aus der Gefangenschaft entkommen, später im Freien aufgegriffen wurden. Allein die Sache hat sich in einfacherer und etwas über- raschender Weise gelöst, indem mir unterdessen Herr 0. Böttger brieflich mittheilt, dass er in der Halle’schen Sammlung das von Giebel aufgestellte und die Schlangen vom Mägde- sprung enthaltende Glas in Händen gehabt habe. Er durfte aber auf die Etiquette dreist »Coronella austriaca« schreiben! Die irrigen Angaben Giebel’s mögen wohl auch jüngst noch Prof. v. Krauss in Stuttgart in der Bearbeitung des »Thierreiches« für das neue Werk: »Das Königreich Württemberg, 1882«, verleitet haben, obige Schlange unter der Bezeichnung Callopeltis aesculapii in Norddeutschland vorkommen zu lassen. An den Individuen, welche ich besehen — sie stammten aus Südtyrol und von Schlangen- bad im Taunus — lagen die Merkmale des Thieres, besonders im Vergleich zur nächst- folgenden Art, Zamenis viridiflavus, in dem kleinen dicklichen Kopf, welcher von stumpfer Tracht — »capite obtusissimo« — sich wenig vom Leibe absetzt. Eine Rinne am Nasenschild; auf ') E. Weber, Beitrag zur Schlangenfauna des Grossherzogthums Baden, Mannheimer Verein für Natur- kunde, 1871. (Auf diesen mir früher entgangenen und doch besonders im Hinblick auf Vipera aspis wichtigen Aufsatz hatte Herr Dr. Bertkau die Freundlichkeit mich äufmerksam zu machen.) *) Zeitschrift für die gesammten Naturwissenschaften, 1869. a dem Frontale anterius kein Wulst; Superciliare schmal, nicht vorspringend; Wirbelschild breit, besonders nach vorn; ein Zügelschild; ein Praeoculare ; zwei Postocularia; keine Vertiefung vor dem Auge. Alle Kopfschilder sehr glatt '). Form und Sculptur der Rückenschuppen, habe ich seiner Zeit beschrieben ?) und dabei aufmerksam gemacht, dass sich die Schuppen in beiderlei Hinsicht bedeutend von denen der Gattung Tropidonotus entfernen. Bauchseite des Leibes flach, mit scharfer Kante gegen die Seiten, daher Bauchschilder an den Flanken nach oben umgeschlagen. — Schwanz um vieles kürzer (19 cm) als bei Zamenis viridiflavus (31 cm). Die Farbe anbelangend, so war bei einer Anzahl von Thieren aus Schlangenbad, welche ich längere Zeit lebend hielt, die Rückenfarbe bei den jüngeren ein schönes Nussbraun; bei den älteren ging sie in ein Graubraun über; auch das Gelb der Bauchseite hatte bei den jüngeren Thieren einen gesättigteren Ton.. — Die »bandstreifige« Färbung, welche ich selber an einem lebenden Exemplar aus der Bozener Gegend zu sehen Gelegenheit hatte, scheint an den Thieren aus dem Taunus nicht aufzutreten. — Ueber einen interessanten Blendling dieser Schlange: Unterseite wie gewöhnlich strohgelb, Oberseite leicht orangegelb mit weissen Fleckchen, Iris carminroth, Zunge rostroth, hat Erber eine schöne Abbildung veröffentlicht °). Das Thier war in der Gegend von Wien gefangen worden. Es gehört Elaphis flavescens zu den grösseren der europäischen Nattem: nach G. v. Martens »erreicht sie auf den Euganeen und den andern benachbarten Bergen zuweilen eine Länge von 8 Fuss« *). In München sah ich ein lebendes, angeblich aus Italien stammendes und zur Schau ausgestelltes Thier, welches nahezu eine gleiche Länge haben mochte. Die Bewegungen der innerhalb eines geräumigen, mit Strauchwerk versehenen Behälters gepflegten Schlangen schienen mir ganz besonders zierlich zu sein, namentlich ihr Sichaufrichten. Das Naturell ist im Allgemeinen ein friedliches, jedenfalls sehr verschieden von jenem der nächstfolgenden Zamenis viridiflavus var. carbonarius. Indessen möchte ich doch mit Bezug auf die oft gerühmte, milde Gesinnung dieser Schlangenart bemerken, dass Exemplare, welche ich längere Zeit im Zimmer hielt, und aus dem Taunus stammten, zubissen, ohne Veranlassung, und mehrmals so kräftig, dass gleich aus allen Stichen das Blut kam. Nahrung nahmen sie nicht, tranken aber oft und viel. 1) Fig. 3. 2) Archiv f. mikrosk. Anat. 1873, Taf. XXXII, Fig. 13, Fig. 22. 3) Sitzungsber. d. zool. bot. Gesellschaft in Wien 1379. *) Reise nach Venedig, Ulm 1838, Th. 2, S. 406. a Gattung: Zamenis, Wagl. Art: Zamenis viridiflavus, Laur. Ob diese, abermals südliche Schlange der deutschen Fauna wirklich angehört, wie es manchen Angaben zufolge den Anschein haben will, ist erst durch erneute genauere Unter- suchungen festzustellen. Einstweilen darf behauptet werden, dass sie auf deutschem Boden noch nicht nachgewiesen worden ist. y Im südlichen Europa erstreckt sie sich weiter ostwärts als Zlaphis flavescens: so erwähnt sie Ehrhard von den Cykladen, Unger undKotschy von der Insel Cypern; nach Strauch !) kommt sie und zwar in der Form Z. trabalis, Pall. im südlichen Russland, Cis- und Trans- kaukasien vor, ferner in Kleinasien, vielleicht auch in Persien. Von Italien, allwo sie eine der gemeinsten Schlangen ist ?), geht sie in die Südschweiz und nach Südtyrol herein. Man begegnet nun verschiedenen Mittheilungen, wonach auch in Deutschland, westlich und östlich, das Thier heimisch sei oder wenigstens vermuthet werden könne. So deutet Gloger in der Fauna der Wirbelthiere von Schlesien an, dass »C. atrovirens« dort vorkommen möge. Nach Waltl °) käme bei Passau, wo bekanntlich Zacerta viridis und Elaphis flaves- cens vom Donaugebiet herauf sich angesiedeit haben, auch »C. atrovirens« vor. Leunis in der viel verbreiteten »Synopsis des Thierreiches« sagt: »C. atrovirens häufig am Rhein.« | Wenn wir die Bemerkung Gloger’s einstweilen auf sich beruhen lassen, so darf bezüg- lich der Angabe Waltl’s wohl angenommen werden, dass eine Verwechslung vorliegt. Schon die Thatsache, dass Z. viridiflavus nicht bis Wien geht, sondern ihre westliche Grenze in Ungarn hat, muss Zweifel erwecken. Auch ist in der Uebersicht der Thiere von Niederbayern gegeben von Fahrer *) für die Passauer Gegend, bloss CO. flavescens, nicht aber C. viridi- flavus aufgeführt. Jäckel in der »Uebersicht der Kriechthiere und Lurche des Königreichs Bayern«°) spricht ebenfalls die Vermuthung aus, dass der Waltl’schen Angabe eine Verwechs- lung mit Elaphis flavescens zu Grunde liege. Und was endlich das von Leunis behauptete »häufige« Vorkommen am Rhein anbelangt, so wird es sich damit auch nur um eine Täuschung handeln: ich selber habe noch keine Spur der Schlange zu entdecken vermocht. 1) a. a. O. Seite 18. 2) »Uno dei piu comuni fra i nostri serpenti« sagt a. a. O. de Betta. °) Correspondenzbl. des zool. mineralog. Vereines in Regensburg, 1865, S. 154. *) Bavaria, Landes- und Volkeskunde d. Königr. Bayern, 1860. °) Correspondenzbl. d, zool. mineral, Vereines in Regensburg, 1871, S. 89, Hingegen möchte einstweilen noch die Vermuthung aufrecht zu halten und in dieser Richtung die Nachforschungen fortzusetzen sein, ob nicht im Moselthal und dem angrenzenden Gebiet der Eifel gedachte Schlange zu den einheimisch gewordenen Thieren zählt. Ich selber zwar sah sie, wie ich schon anderwärts berichtet habe, bis jetzt dort noch nicht; aber das Thier lebt im östlichen Frankreich und könnte also von dort ins Moselthal und in den wärmeren Theil der Eifel, welcher Zacerta muralis und Alytes obstetricans beherbergt, gelangt sein, Was die Kennzeichen anbelangt, so ist der Kopf dieser Schlange gestreckt, nieder- gedrückt, die Schilder sind zwar glatt, doch ziehen leichte Buchten und entsprechende Erhö- hungen darüber weg. Ein schärferer paariger Wulst am Zusammenstoss der Frontalia ante- riora mit Vertiefung zur Seite. Das Nasenschild hat nicht bloss die Furche, welche von der Nasenöffnung abwärts geht und den untern Rand des Schildes einkerbt, sondern zeigt weiter nach vorne noch eine seichtere Furche, ohne dass sie den Rand des Schildes einkerbte. Zwei Praeocularia, ein grosses, oberes und ein kleines, unteres; beide stark eingedrückt, so dass vor dem Auge eine Ringbucht entsteht, die sich auf das vierte und fünfte Labiale erstreckt. Das grosse Praeoculare an den vorspringenden Rand des Supraorbitale sich anschliessend, trägt zur Bildung der vorstehenden Leiste bei. Das Supraorbitale sehr breit, so dass dadurch das Wir- belschild eingeengt und schmal wird. Postocularia zwei, das obere etwas grösser als das untere, Ein Zügelschild. Acht Lippenschilder der Oberkinnlade '). — Schuppen glatt. Voranstehende Charaktere beziehen sich auf Exemplare der Form Z. carbonarius aus Südtyrol; einige Thiere der Stammform, Z. viridiflavus, welche mir aus Italien und Frankreich vorliegen, zeigen folgende Abweichungen: Supraorbitalia weniger breit; vom Praeoculare ist unten kein zweites Stück abgegrenzt; Nasenschild ohne die vordere Rinne; auf den Frontalia anteriora kein Wulst; der Eindruck vor dem Auge geringer; Länge des Schwanzes bei den kleineren Thieren 24 cm; bei stattlichen Exemplaren der Form Z. carbonarius 31 cm. Die Form der Schuppen und ihre Sculptur habe ich sowohl von der Stammform als auch der schwarzen Varietät eingehender erörtert ?). Meine Kenntniss des lebenden Thieres bezieht sich fast nur auf die letztgenannte Va- rietät. Mehrere Autoren heben hervor, dass das lebhafte bunte Kleid, welches die Thiere Süd- italiens tragen, nordwärts, etwa anfangend in der Lombardei, in die dunkele Farbe des Z. carbonarius übergehe, welche Form dann allerdings am Südabhang der Alpen, in Tyrol und 1) Fig. 4. n 2) a. a. O. Tafel XXXII, Fig. 11, Fig. 12, Fig. 20, Fig. 21. (Der komische Druckfehler »Leider ein anderes Bild gewährt Coluber viridiflavus« ist selbstverständlich in »W ieder ein anderes Bild« etc. zu verbessern) en Kärnthen, am verbreitetsten zu sein scheint. Allein man begegnet doch auch in Reiseberichten der gelegentlichen Angabe, dass Z. carbonarius tief unten in Italien nicht minder häufig sei. Es wird z. B. bezüglich der Gegend von Lecco in der Provinz Otranto gemeldet, dass dort »(lie kohlenfarbige Natter in zahlloser Menge an Olivenstämmen sich sonnend gefunden wird.« Bei den südtyrolischen Thieren ist die Farbe des Z. carbonarius ein schönes dunkles Schwarz, das bei schräger Beleuchtung, namentlich gegen die Bauchseite hin, in ein tiefes Schwarzblau schillert. Weiter gegen den Bauch geht es in Schwarzgrau über, das — ähnlich wie an der Sohle von Limax cinereoniger — zwei Seitenbänder bildet; dazwischen ist der Bauch von strohgelber Farbe. Stellenweise greifen auch die schwarzgrauen Flecken in die gelbweisse Zone herein; an der Unterseite des Schwanzes fällt die gelbweisse Mittelbinde ganz aus, in- dem die beiden schwarzgrauen hier zusammenstossen. Um das. Auge herum schliesst sich das Gelbweiss von unten her wie in zwei Halbringen seitlich zusammen, wodurch und durch ferneres Ineinandergreifen von Seiten der dunkeln Rücken- und der hellen Bauchfarbe das Gesicht fleckig erscheint. — Iris gelb. Junge Thiere tragen ein ganz anderes Farbenkleid, so verschieden von dem der alten, dass seiner Zeit, als ich das erste Individuum nach Umwenden eines Steines plötzlich zu Ge- sichte bekam, nicht sofort wusste was ich vor mir habe. Grundfarbe des Rückens ist ein lichtes Grau, jene des Bauches ein gelblich Weiss. Vom Nacken her geht an meinen Exem- plaren eine Anzahl Querbänder über den Hals herüber, dadurch entstehend, dass Schuppen in Reihen schwarz umsäumt sind; weiter nach hinten werden solche schwarzrandige Schuppen immer seltener. Scheitel und Gesicht sind von besonders lebhafter Färbung und Zeichnung. Das Gelbweiss der Oberlippe umgreift das Auge vorn und hinten und indem der hintere Schenkel des Halbbogens sich über den Scheitel fortsetzend, mit dem der andern Seite sich verbindet, entsteht ein weisses, vom Graubraun des Kopfes sich scharf abhebendes Querband. In der Hinterhaupts- gegend ist ein ähnliches, jetzt mehr hufeisenförmiges, gezacktrandiges, gelbweisses Band zugegen und endlich im Nacken selber wiederholt sich gewissermassen diese Zeichnung zum dritten Male. Durch das Naturell zeigt Z. viridiflavus, in der Varietät carbonarius, welches Thier ich län- gere- Zeit im Zimmer hielt, Verwandschaft zu Coronella austriaca und man wird den Gattungsnamen, gebildet von Zauevns, zornig, bissig, für sehr passend finden müssen. Wird die Schlange, zusammengerollt in ihrem Kasten, plötzlich beunruhigt, so faucht sie nicht bloss vernehmlich, sondern fährt mit Hast und weit geöffnetem Rachen gegen die Hand des sich Nahenden. Und dieses bissige Wesen legt sie niemals ab, Dargebotene Nahrung verschmähten sie, nahmen jedoch Wasser oftmals und viel zu sich. Gattung: Coronella Laur. Art: Coronella austriaca, Laur. Von den drei in Europa einheimischen Species der Gattung Coronella ist ©. austriaca die einzige auch in Deutschland vorkommende Art, während die andern auf die Länder des Mittelmeergebietes beschränkt sind. Kopf bald breiter und zusammengezogener, bald schmäler und gestreckter. Soweit bis jetzt meine Erfahrung geht, ist dies Geschlechtsverschiedenheit: die erstere Form kommt den weiblichen Thieren zu, die letztere den Männchen. Nasenschild länglich, vorn höher als hinten; von der Nasenöffnung kann eine Furche nach oben und eine nach unten gehen, wodurch anscheinend eine Zerfällung in zwei Schildchen statt hat. Auch sonst zeigen sich mannigfache individuelle Abänderungen: die mittlere Thei- lungslinie der Kopfplatten kann nach rechts oder links stark ausbiegen, so dass sie wie im Ziekzack geht; ein andermal zieht sie regelrecht gerade; hinter und zur Seite der Hinterhaupts- schilder kann sich noch ein grösseres Schild von der anschliessenden Beschuppung abheben ; ein andermal ist wieder das Schild nicht grösser als die Schuppen der Umgebung. Die Hinter- hauptsschilder sind so gut wie die übrigen Schädelschilder gewöhnlich glatt, erhalten aber bei Iten Individuen eine schrundige Oberfläche, womit sich denn auch buchtige, nicht gerade ver- laufende Seitenränder verbinden '). | Die Rückenschuppen, hinter dem Kopf am kleinsten, werden allmählig grösser und erscheinen bei auffallendem spiegelndem Licht als sechseckige glatte Platten, nach Art riesiger Epithelzellen sich aneinander legend. Ist aber die Beleuchtung eine schräge, so gemahnt das Bild eher an die Oberfläche eines Tannzapfens. Gegen den ‚Schwanz zu verkürzen sich die Schuppen, und werden breiter; noch mehr ist solches am Schwanz selber der Fall, allwo sich denn die Beschuppung oben schon mehr der Betäfelung der untern Seite nähert. Wegen der weniger länglichen Form der Rückenschuppen geschieht der Uebergang zu den breiten Seiten- schuppen ganz allmählig. — Auch über die Sculptur der Schuppen dieser Schlange habe ich seiner Zeit im Näheren gehandelt ?). Die Zuspitzung des Schwanzendes ist individuell stärker oder ‘geringer, erreicht je- doch nicht den Grad wie bei Tropidonotus tessellatus oder jüngeren Exemplaren von T. natri«x. Die Länge des Schwanzes beträgt 10—12 cm. !) Fig. 1. 2) Archiv f. mikrosk. Anat. 1873. Tafel XXXII, Fig. 14, Fig. 23. Die Grundfarbe des Rückens beim erwachsenen Thier, und im warmen Sonnenschein, ist mehr grau als braun und die dunkeln Zeichnungen des Kopfes, sowie die Flecken des Rückens sind von nussbraunem Ton. Der dunkle Fleck der Hinterhauptsgegend hat nach vorne zu ein verwaschenes Aussehen. Mitunter bietet das Schwarzbraun des Kopfes einen bläulichen Schimmer, eine Art Reif, dar, über dessen Ursache ich mich in der Abhandlung über die Haut der Schlangen ausgesprochen habe }), Die Grundfarbe des Bauches ist ein lichtes Grau mit Stich ins Bräunliche, namentlich gegen den Kopf und Schwanz zu. Der lufthohle oder pneumatische Rand der Bauchschienen erzeugt schöne silberglänzende Bänder. Die von mir jenseits der Alpen angetroffenen Exemplare weichen in der Färbung kaum von denen unserer Gegenden ab; nur erschien hin und.wieder die Zeichnung etwas schärfer ausgeprägt, was aber auch nur vorübergehender Zustand sein konnte, bedingt durch die Thä- tigkeit der Chromatophoren bei wärmerer Luftbeschaffenheit. Auf dem Scheitel fand sich immer in gleicher Weise der grosse schwarze, nahezu herzförmige Fleck, davor ein oder zwei bogige schwarze Streifen und eine dunkle Schnauzenkuppe. Ein eben solcher Streifen ging durchs Auge, wodurch die Iris nur oben gelb blieb, die untere Hälfte aber, von dem Strich getroffen, dunkel wurde. — Anstatt der Querbänder kann der Scheitel ziemlich gleichmässig dunkel sein und gegen die Schnauze hin sich aufhellen. Die Flecken des Rückens sind gleichsam die in Punkte aufgelös’ten Fortsetzungen jener Flecken, welche oben und seitlich am Kopf sich finden. An jungen einjährigen Thieren fällt die Bauchfläche durch ein schönes Kupferbraun auf und ich möchte bemerken, dass mir allezeit bei den in Deutschland aufgegriffenen Exemplaren dieser rothbraune Farbenton von grösserer Sättigung erschienen ist, als bei den jenseits der Alpen erbeuteten gleich jungen Thieren. Einige Zeit wollte es mir scheinen, als ob die Geschlechtsverschiedenheit sich auch durch die Färbung kund gebe. Bei einer Anzahl von Stücken deutete das Grau der Grundfarbe des Rückens auf das Männchen, ein brauner Ton hingegen auf das Weibchen; dann hob sich auch die Fleckenzeichnung, gebildet von einem tieferen Braun, weniger ab. Hierzu gesellte sich weiter an der Bauchfläche ein marmorirtes unreines Rothbraun in der Mitte, und zur Seite eine hellere Zone, deren Braun ins gelblich Marmorirte ging. Hals und Kehlgegend gelblich. Selbst die hervorgestreckte Zunge solcher lichtrothbraunen Thiere zeigt denselben Farbenton, !) a. a. 0. Seite 8. ZEN Allein diese Färbung ist als charakteristisch für das Weibchen, wie fortgesetzte Prüfung darthut, doch nicht stichhaltig. Es wurden auch weibliche Thiere gefunden mit grauer Grund- farbe; der Bauch war dann in der Mitte so dunkelbraun, dass man ihn hätte schwarz nennen können, dabei stark opalisirend; neben der dunkeln Bauchzone gelbliche Flecken, nach hinten blasser und kleiner werdend. Die braunen Flecken und Zeichnungen des Rückens können, bei heller Mitte, dunkler eingefasst sein. Die Verbreitung anbelangend, so zieht sich Coronella austriaca wohl über ganz Deutsch- land hin. Ich selber beobachtete sie z. B. im Gebiet der Tauber bei Rothenburg, Wertheim Brombach; im Mainthal an verschiedenen Punkten, z. B. bei Würzburg; im Rheinthal bei Bonn; im Rhöngebirge bei Brückenau und Biberstein; in der Eifel bei Bertrich und Nieder- mendig; im Siebengebirge; in der Umgebung von Tübingen und am Fusse der schwäbischen Alb. Da die Art als vivipares Thier unabhängiger ist als etwa die Ringelnatter, welche zum Absetzen der Eier ganz bestimmter Plätze bedarf, so hat sie sich wie es scheint, auch dort leichter erhalten können, wo die Oertlichkeiten durch Bodencultur verändert worden waren. Für Württemberg würde die eben ausgesprochene Ansicht nicht zutreffend sein, wenn man die »Oberamtsbeschreibungen« durchgeht. Sehen wir nämlich von jenen Berichten ab, welche die Fauna eines Oberamtes nur dürftig behandeln, so dass von den einheimischen Rep- tilien nicht einmal die Rede ist — und diesem Mangel begegnet man bei etwa zwanzig Bear- beitungen — so treffen wir die Ringelnatter aus sechsundzwanzig Oberämtern aufgeführt, wäh- rend die glatte Natter nur aus etwa acht Oberämtern genannt wird. Sonach würde Coronella austriaca in Württemberg im Allgemeinen ein seltenes Thier sein. Allein es. ist wahrscheinlich, dass sie in den gedachten faunistischen Arbeiten hin und wieder unter »Pipera berus« steckt, mit welcher sie so gern verwechselt wird. Ueberdies bezeichnet das neueste Verzeichniss über die Thiere des Königreichs Württemberg, welches Prof. v. Krauss zusammengestellt hat, unsere Coronella als »häufig«, mit dem beachtenswerthen Beisatz: »fehlt in Oberschwaben. « Auch auf dem feuchtkühlen Boden Norddeutschlands scheint das Thier seltener zu sein. So meldet z. B. Brüggemann, dass sie in der Gegend von Bremen »keine besonders häu- fige Erscheinung« sei; in der Mark Brandenburg wurde sie jetzt erst entdeckt; in Vorpommern wurde sie gefunden; für Dänemark wird sie als Seltenheit verzeichnet. Die biologischen Verhältnisse bieten manches Eigenthümliche dar. Bekanntlich ist das Naturell dieser Schlange sehr verschieden von de Ringelnatter. Sie geräth leicht in Zorn, ist bissig und raubgierig.. Von mir gefangene Exemplare würgten Feldmäuse und Spitzmäuse aus; eine andere hatte eine grosse Blindschleiche verschlungen. In einem Terrarium, ONE welches mit jüngeren Thieren von Tyopidonolus tessellatus besetzt war, fanden sich, als eine Coronella über Nacht dahin gebracht worden war, zwei der Würfelnattern am Morgen getödet, unter starken Verwundungen des Kopfes. Am meisten scheint die Schlange den Eidechsen nach- zustellen. Vor den Augen des Beobachters verzehrte ein Individuum im Zwinger drei Lacerta vivipara, wobei sie dieselben vorne am Kopfe packte, so dass der Schwanz noch lange, leise zuckend, aus dem Mund hervorsah. Ebenso war ich Zeuge, dass, nachdem eine einjährige Coronella eine Eidechse am Kopf gefasst hatte, sie schnell den Leib des Opfers in Spirallinien umwickelte, und ihm dadurch den Gebrauch der Vorder- und Hinterbeine unmöglich machte. Schon anderwärts !) habe ich der merkwürdigen Beobachtungen Gen&’s über die geselligen Zusammenkünfte, zum Zwecke der Fortpflanzung, in Kürze gedacht und möchte die Stelle aus der »Storia naturale degli animali, Vol. II., hier wörtlich anführen: »Nel 1819, alla meta di Aprile verso l’ora del mezzodi, mi imbattei per la prima volta in una valicella a vedere appie d’un vecchio ceppo d’albero, una ragunata di oltre a ducento individui del Coluber austriacus, intesi all’ opera della generazione, Or bene, alla metä di Aprile e all’ ora medesima, se il cielo era sereno e l’atmosfera tranquilla, io continuai per otto anni consecutivi, cioe& fino al 1827, a vedere in quel medesimo sito, appie di quello stesso ceppo, la medesima assemblea, che durava sin verso le due ore pomeridiane pel corso di sei o sette giorni di seguito. La singolaritä del fatto, e il diletto che io traeva in contemplarlo mi mosse a visitare attentamente quante valli, quante selve circondavano la mia residenza d’allora; scoprei distanza l’una dell’ altra, quattro altre di codeste riunioni; una del colubro sumentovato, una del Coluber Riceioli e due di saettoni o serpenti uccellatori; e rivedendo per varii anni di seguito quei luoghi rividi gli stessi amori e gli stessi innamorati.« Erinnert mag auch hier werden an die überraschende Brutpflege, welche Settari, Arzt in Meran, an unsrer Ooronella beobachtet hat und welche ich ?) mit höchst auffallenden Zügen aus dem Leben aussereuropäischer Schlangen in Verbindung gebracht habe. Endlich sei noch bemerkt, dass ich gegenwärtige Schlange bis tief in den Herbst hinein, an wärmeren Tagen im Freien angetroffen habe. So beobachtete ich sie z. B. noch am 27. Oktober bei feuchter Wärme, + 12° R. und Südwest. !) Verbreitung der Thiere im Rhöngebirge etc., 1881, S. 130. 2) a. a. O. S. 130. Familie: Viperina. Gattung: Vipera, Laur. 1. Art: Vipera berus, L. Unter die zu berücksichtigenden Merkmale der Art gehört die Anwesenheit von drei Schildern auf dem Scheitel: ein unpaares Verticale und zwei Occipitalia, während die anderen Species an dieser Stelle keine schuppenähnlichen Schildchen besitzen. Ferner ist die Schnauze einfach zugerundet, — bei der nächstverwandten Yipera aspis erscheint sie aufgestülpt. Endlich zwischen dem Auge und den darunter liegenden Oberlippenschildern zieht sich nur eine einzige Schuppenreihe hin, — bei Vipera aspis sind es zwei Reihen. In der angegebenen Weise verhalten sich die erwachsenen Exemplare, welche ich selber in Händen hatte. Allein Herpetologen, welche ein grosses Material vergleichen können, z. B. Strauch in St. Petersburg, zeigen, dass Unbeständigkeiten in der Beschilderung des Scheitels und in der Zahl der Schuppenreihen zwischen Auge und den Oberlippenschildern bestehen; auch Andere, wie z, B.e Gloger haben sich schon vor langer Zeit über diese Wandelbarkeit ausgesprochen. An einigen neugeborenen Thieren, welche aus dem württembergischen Schwarzwald stammen, kann ich mich ebenfalls von Unregelmässigkeiten oder individuellen Verschiedenheiten in der Beschuppung überzeugen. !) So erscheint an einem Stücke — es ist Var. prester — auf dem Scheitel,‘ ausser dem gewöhnlichen Wirbelschild und den zwei Hinterhauptsschildern, noch ein. unpaariges Schild zugegen, welches vor dem Wirbelschilde liegt. An einem zweiten Exemplar von derselben Fundstelle ist dieser Schild in zwei zerfallen. Bei mehreren Thieren zieht auf den zwei Hinterhauptsschildern eine halbmondförmige, über beide Schilder weggreifende, tiefe Furche hin. Selbst von rechts und links entspricht sich keineswegs immer die Beschuppung. Ich habe seiner Zeit gezeigt, dass die Schuppen bei den drei hier in Betracht kommenden Arten von Pipera eine verschiedene Sculptur besitzen, ?) wodurch sich Vipera berus sowohl von Vipera aspis als auch von Vipera ammodytes abgrenzt. Wenn dieser Sculptur ein gewisser bleibender Charakter zukommt, so hätte sie für uns, gegenüber der Wandelbarkeit der Be- schuppung im Grossen, einen nicht geringen Werth. Ja die Sculptur der deutschen Viper, Vipera berus, ist so abweichend von jener der südlichen Arten: Vipera) aspis und Vipera ) Fig. 10, Fig. 11. 2) Archiv f. mikrosk. Anat. 1373, S. 5, Taf. XXXI, Fig. 15, Fig. 24 (Vipera berus); Fig. 16, Fig. 2 (Vipera aspis); Fig. 17, Fig. 26 (Vipera ammodytes). ee ammodytes, dass dadurch die Ansicht jener Zoologen unterstützt werden könnte, welche Vipera berus zu einer besonderen Gattung, Pelias, erheben wollen. Was die Färbung anbetrifft, so ist die Grundfarbe des Rückens entweder ein Grau oder ein Braun, wovon sich die dunklen Zeichnungen, insbesondere der zackige Rjckenstreif mehr oder minder deutlich abheben. Verfärbung in Schwarz, verschieden abgestuft, Kommt häufig !) vor und gab Anlass zur Aufstellung der Var. prester. Ich besass lebende Thiere, deren ganze Rückenfläche glänzend schwarz war, bei näherem Zusehen aber doch einzelne kupferfarbig bespritzte Schuppen aufwies; die Seiten waren bräunlich, die Kehle und der Schwanz an der Unterfläche dunkelcastanienbraun. Auch die Grundfarbe der ganzen Bauchseite war ein Castanienbraun, aber mit einer solchen Menge von schwarzen Flecken und Sprenkeln, dass das Braun fast überdeckt wurde. — Ein anderes vom Berg Hohenzollern zurückgebrachtes Exemplar war am Rücken gleichmässig schwarz wie Ebenholz; am Bauch ebenfalls schwarz, nur etwas lichter, gegen das Ende der Schwanzspitze mit Spuren von mattem Braun. — Bei einem Exemplar der Var. prester aus der Schweiz (Ufer des Brienzer See’s) zog sich an dem sonst ganz schwarzen Thier an der Bauchseite der Schwanzspitze ein lebhaft gelbrother Streifen hin, erinnernd an die Färbung dieser Stelle bei Vipera ammodyltes. Auch die Farbe der Iris zeigt einen gewissen Wechsel: für gewöhnlich ist sie an der typischen Form in der oberen Hälfte gelbroth, in der unteren Hälfteschwarz. Bei der schwarzen Abart sah ich sie das einemal gleichmässig braunroth, ein andermal ziemlich dunkel bis auf einen zusammenhängenden feuerfarbenen Ring zunächst der Pupille. Hinsichtlich der Farbe bleibt auch wieder zu beachten, dass durch die Thätigkeit der Chromatophoren die Farbentöne sich ändern und in einander übergehen können. Ein mir frisch eingeliefertes männliches Thier zeigte anfänglich ein reines Hellgrau, von dem sich die Rückenzeichnung sehr scharf absetzte.e Nach und nach dunkelte an der eingesperrten Schlange das Hellgrau, auch mischte sich etwas Braun ein. Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch in Erinnerung bringen, dass in einer Schrift welche einzusehen ich leider nicht in der Lage bin, der Farbenwechsel durch Nervenerregung und Chromatophoren bei unserer Viper schon im vorigen Jahrhundert beobachtet wurde. Ich finde nämlich bemerkt, dass Weigel — wie ich vermuthe der den Entomologen wohlbekannte 1) Die schwarze Varietät wird hin und wieder als »sehr seltens bezeichnet, weshalb bemerkt sein mag, dass von den Kreuzottern, welche mir in Süddeutschland in die Hände kamen, die Mehrzahl schwarz ge- färbt war. AN DEI 2 »Pastor Weigelius in Hasselbach prope Schmiedeberg in Silesiae — gesehen habe, wie Vipera berus »im Zorn sogar ihre Farbe, die Röthe, verwandelt.« !) Die merkwürdige abstreichbare Puderfarbe, welche der Arzt und Naturforscher Wagner?) zuweilen am Rücken und den Seiten frischer Kreuzottern beobachtete, habe ich mit dem »wachsartigen Anflug« zusammengestellt, welcher von L. Martin in Stuttgart bei Säugethieren und Vögeln in gewisser Jahreszeit wahrgenommen wurde. Und diese flüchtigen Farben bringe ich ferner mit dem »Reif« und »Duft« am Gehäuse gewisser Arten einheimischer Conchylien in Verbindung. Alle diese Farben: beruhen auf Abscheidungen und mögen den wachsartigen “Stoffen verwandt sein, welche auch der Pflanzenkörper nach aussen absetzt. ®) Die Verschiedenheit des Geschlechts spricht sich sowohl in der Gestalt des Körpers als auch theilweise in der Farbe aus. Zunächst ist es die Kopfbildung, welche wie bei manchen anderen Reptilien, Unterschiede zwischen Männchen und Weibchen darbietet. *) Ich finde, dass der Kopf des Weibchens mehr niedergedrückt, länglicher und feiner ist. Da die schwarze Abart meist Weibchen in sich fasst, so begreift es sich, dass der Vipera prester auch gewöhnlich ein kleinerer und niedrigerer Kopf zugeschrieben wird. — Beim Männchen ist der Kopf dicker, kürzer und das Trotzige in der Gesichtsbildung wird gesteigert durch den mehr als beim Weibchen vorspringenden Rand der Braunenplatte, Zweitens ist es die Schwanzgegend an der sich der Geschlechtsunterschied ankündigt: Beim Männchen ist durch die Zeugungsglieder die Wurzel des Schwanzes auffallend dick, und der ganze Schwanz etwas länger. Beim Weibchen ist der Schwanz kürzer und an gedachter Stelle dünner. In der Färbung drückt sich die Geschlechtsverschiedenheit, nach dem Material welches ich in Händen hatte zu schliessen, darin aus, dass die graue Grundfarbe des Rückens auf das männliche Geschlecht hinweist, während die braune Grundfarbe dem Weibchen eigen ist (Vipera chersea der Autoren). Nach meiner Erfahrung ferner, welche auch mit den Beobachtungen Anderer stimmt, tritt, wie schon angedeutet, die schwarze Färbung (Vipera prester) vorzugs- weise bei Individuen weiblichen Geschlechtes auf, doch keineswegs ausschliesslich. Ich habe t!) Abhandlungen der Halle’schen Naturf. Gesellsch. Bd. I, Leipzig, 1783. 2) Siehe Brandt u. Ratzeburg, Medicinische Zoologie, Berlin, 1829. ®) Vergl. meine Angaben in: Verhandlgn. d. nat. Vereins d. Rheinlande u. Westf. 1881, Bd. VII, S. 136, ff. *) Fig. 8, Fig. 9. mich durch die anatomische Untersuchung überzeugt, dass schwarze Vipern auch Männchen sein können. Manche der früheren Herpetologen haben die schwarzen Kreuzottern als »distinetissima species« bezeichnet, und es mag desshalb daran erinnert sein, dass Beobachtungen vorliegen, wornach schwarze, in der Gefangenschaft gehaltene Kreuzottern junge Thiere von gewöhnlicher grauer oder brauner Färbung geboren haben, und umgekehrt konnte Vipera berus von ge- wöhnlicher Färbung die Mutter von schwarzen Ottern sein. Die Lebensweise betreffend, so wird von Allen, welche Vipera berus in Gefangenschaft hielten, übereinstimmend gemeldet, — und ich hätte mich anzuschliessen — dass die Thiere sich nicht zum Fressen bewegen lassen. Desshalb verdient erwähnt zu werden, dass Erber in Wien, aber auch nur ein einzigesmal, eine Viper überraschte, welche eine in den Käfig ge- setzte sehr junge Maus verspeiste. !) Im Freien wagt sich die Schlange auch an grössere Thiere, wovon ein merkwürdiges Beispiel durch v. Homeyer bekannt geworden ist. °) Er tödete in einem Getreidefeld eine ungewöhnlich dicke Otter, welche geöffnet zwei Wiesel, Mustela vulgaris, ein altes und ein junges, im Innern hatte. Und blicken wir jetzt auf das Vorkommen, so ist Vipera berus als die nördliche Giftschlange Europa’s zu bezeichnen, im Gegensatze zu Vipera aspis, welche die südliche Art vorstellt. Es geht Vipera berus sehr hoch in den Norden hinauf, zugleich mit Zacerta vivipara wohl am weitesten unter allen Reptilien. ) Damit im Einklang sind es in Deutschland vor- zugsweise Strecken mit feuchtkühlem Klima, wo die Schlange heimisch ist. So begegnet man in faunistischen Arbeiten über Norddeutschland der Angabe, dass das Thier auf Moorboden sich finde und dort ziemlich häufig sei. Ich verweise z. B. bezüglich Oldenburgs auf Wiepken und Greve, *) oder für Pommern auf die Mittheilungen Holland’s. 5). Auch in Süddeutschland sind es gerade die oberschwäbischen Torfmoore, wo das Thier sich gern findet. °) Einen feucht- ı) Verhandlen. der zool. botan. Gesellsch. in Wien, 1863. 2) Zoologischer Garten, 1876, S. 201. 3) Man vergleiche z. B. Hofmann, Der nördliche Ural, Bd. II, Petersburg, 1856. 4) Wiepken und Greve, Systematisches Verzeichniss der Wirbelthiere im Herzogthum Olden- burg, 1876. - 5) Holland, Die Wirbelthiere Pommerns, 1871. 6) Jüngst hat auch R. Finkh, Oberamtsarzt in Urach, gelegentlich seiner Mittheilungen über das Vorkommen von Tetrao tetric L. in Württemberg (Jahreshefte d. Vereins f. vaterländische Naturkunde in Württemberg, 1881), auf das geradezu häufige Vorkommen der Kreuzotter im »Eisenharzer Moos« und im »Wurzacher Ried« hingewiesen. In den genannten Gegenden »trifft man bei der Heuernte oft 10—12 Stück bei einander an, wesshalb die dortigen Bauern im Heuen bis über die Knie reichende rindslederne Stiefel tragen und mit ihren Sensen Jagd auf die Kreuzottern machen.« Einem Arzt dortiger Gegend kamen während 9 Jahren 6 Fälle von schweren Erkrankungen durch Kreuzötternbisse in Behandlung. kühlen Aufenthaltsort bieten dann auch rauhere Striche der Gebirge dar. Goldfuss!) ver- zeichnet schon die Art bezüglich des Fichtelgebirges; Geheeb hat sie im Rhöngebirge beobachtet. Nachgewiesen wurde das Thier ferner im württembergischen und badischen Schwarzwald, eben- so im langen Zug des schwäbischen und fränkischen Jura. ?2) Von letzterem hat sie sich auch auf Moorstrecken der Ebene ausgedehnt, z. B. um Gerolzhofen in Unterfranken und ebenso in Waldungen Mittelfrankens, z. B. in den Reichswald bei Nürnberg, wo sie nach Hahn?) in »feuchten, sumpfigen Orten gar nicht selten« ist. Hingegen scheint sie in jenen wärmeren Gegenden Deutschlands, wo der Weinbau gedeiht, im Allgemeinen zu mangeln. Ich habe schon anderwärts berichtet, dass ich die Kreuzotter bis- her weder im Tauber- noch Mainthal kennen gelernt habe: alle mir als Vipera berus über- brachten Thiere waren nicht die Giftotter, sondern Coronella austriaca gewesen, Auch im mittleren und unteren Rheinthal habe ich noch nirgends die Viper zu Gesicht bekommen, und ebenso erklärt mir O. Böttger brieflich, Vipera berus fehle in der Mainebene, im ganzen Taunus und Odenwald’und am ganzen Mittelrhein. Indessen soll nicht unerwähnt gelassen werden, dass Gümbel in Kaiserslautern das Vorkommen der Kreuzotter am Donnersberg in der Rheinpfalz verbürgen will, also entgegen von Medicus, welchem zufolge Vipera berus in der Rheinpfalz nicht zugegen ist; auch bezüglich der Gegend um Mainz bemerkte vor Jahren Römer-Büchner ?), dass Vipera berus nicht selten hinter Weisenau an den Kalkstein- brüchen sich finde. Während es sich empfehlen darf, in den letztbezeichneten Gegenden weitere Nachforschungen anzustellen, so ist ein anderer warmer Punkt Deutschlands zu nennen, wo Vipera berus unbestreitbar lebt, nämlich das Moselthal bei Trier. Die zwei Exemplare, welche von dort Besselich der Sammlung des hiesigen naturhistorischen Vereins einverleibt hat, sind, wie ich bezeugen kann, echte Kreuzottern. Das eine Stück ist von heller Grundfarbe mit scharf sich abhebender Zickzackzeichnung, das andere ist die schwarze Abart, Vipera prester. Man sieht aus dem Voranstehenden, dass die Verbreitung der Kreuzotter durch Deutschland hin noch nicht im Einzelnen in dem Grade festgestellt ist, als es nach der Bedeutung des Thieres für den Arzt und eigentlich für Jedermann, zu sein verdiente. Selbst bezüglich der 2) Goldfuss und Bischof, Beschreibung des Fichtelgebirges, 1817. Da dort nur »Coluber berus« und »Coluber natrix« aufgeführt werden, nicht aber Coronella austriaca, die schwerlich fehlt, so wäre wohl eine neuere Bestätigung für das Vorkommen der Vipera berus im Fichtelgebirge erwünscht. 2?) Vergl. Näheres in meinen Mittheilungen über Verbreitung der Thiere im Rhöngebirge und Mainthal, Verhandlen. d. nat. Vereins d. Rheinlande u. Westf. 1881. ®) Hahn, Fauna boica, Nürnberg, 1832. 4) Römer: Büchner, Steine und Thiere in dem Gebiete der freien Stadt Rrankfart 1827. 4 N‘ kleineren Schweiz sind die Grenzen der Verbreitung, worauf F. Müller !) hinweist, noch keineswegs so bekannt, um darüber ein gutes graphisches Bild entwerfen zu können. Der eben genannte Beobachter bemerkt auch gelegentlich, dass »die Kreuzotter in der Schweiz verhältnissmässig klein bleibt.« Das oben schon bezüglich der Farbe erwähnte Exemplar von Vipera prester, Männchen, das von dem Ufer des Brienzer See’s im Canton Bern stammte, von wo bereits im Jahre 1823 Wyder die schwarze Abart angezeigt hat, war ebenfalls, ob- schon nach andern Merkmalen zu schliessen, ausgewachsen, doch viel kleiner, als die mir aus Norddeutschland, Schwaben, Franken, dem bairischen Hochland und dem Moselthal bekannt gewordenen Thiere. 2. Art: Vipera aspis, L. Es gebührt wohl Schlegel?) das Verdienst die Verschiedenheit zwischen Vipera berus und Pipera aspis zuerst bestimmter erkannt zu haben, während man beide Thiere früher nach dem Vorgang von Latreille, Cuvier, Leach u. A.zu einer Art zusammengeworfen hatte. Obschon nun auch bezüglich der Beschuppung, sowie in der Farbe, Abweichungen zu- gegen sind, so bin ich doch an den mir vorgelegenen Stücken nicht im Zweifel gewesen, welcher Art ich sie zuzutheilen hatte. Schon die Bildung des Kopfes ist charakteristisch, was ich desshalb auch in einer Figur zu veranschaulichen und festzuhalten suchte. 3) Die Schnauzen- spitze nämlich ist aufgeworfen und zeigt dadurch eine entschiedene Hinüberbildung zur Schnauzen- form der Vipera ammodytes. — Bei der Mehrzahl der von mir untersuchten Exemplare ist die Oberseite des Kopfes von kleinen, unregelmässigen Schuppen bedeckt; doch hatte ich auch Thiere in Händen, bei denen wie eine Erinnerung an die Schilder der Vipera berus unver- kennbar war. So besass ein Stück das Wirbelschild und die beiden Hinterhauptsschilder, aller- dings alle drei von geringem Umfang. Bei einem andern Exemplar waren die bezeichneten Schilder nur von der Grösse der Schuppen, doch genau an der Stelle und so gelagert, wie die erwähnten Schilder. Bei einem dritten Thier war ein einziges grösseres Schild an dem Platze, wo die Wirbe!schilder zu liegen hätten. Kurz es zeigt sich auch hier grosser Wechsel in der Bildung und Abgrenzung von Schildern und Schuppen. — Das Nasenschild weicht in der Form stark von jenem der vorigen Art ab; die Nasenöffnung ist weiter nach vorn an die Schnauzenkante gerückt und mehr offen als bei Vipera berus. — Oberlippenschilder.zähle ich !) F. Müller, Mittheilungen aus der herpetologischen Sammlung des Basler Museums, 1877. ?) Schlegel, Physionomie des Serpens. La Haye, 1837. 3) Fig. 12. zehn; Andere geben als die gewöhnliche Zahi neun an. Zwei Reihen von Schuppen zwischen ihnen und dem Auge. Die Grundfarbe des Rückens ist an Weingeistexemplaren ein Braungrau, von welchem dunkle Fleckenreihen sich abheben, deren mittelste der Zeichnung bei Vipera beris theilweise ähnlich werden kann. Bei manchen Stücken beginnen hinter dem Kopf schwache Rauten, deren Rand dunkler als die Mitte ist; weiter nach rückwärts sind die Rauten zu einem schwachen Zickzackstreifen geworden und am Schwanze erscheinen wieder Rauten. Bei andern Exemplaren nimmt die dunkle Zeichnung weder die Form von Rauten, noch die eines Zick- zackstreifens an, sondern sie bildet mehr winkelige oder geknickte Querbänder, in welchem Fall auch die kleineren Seitenflecken bandartig werden. Wieder ein andermal fängt die Zeich- nung hinter dem Kopf in Rautenform an und läuft in die bandartige aus. — Am Kopf zieht ein dunkler Strich, hinter dem Auge beginnend, längs der Wangen her. — Die Schwanzspitze war bei allen Exemplaren durch eine Querbinde ausgezeichnet. Die Grundfarbe der Bauchseite ist weisslich, mit dunkler Besprenkelung, welche so zu- nehmen kann, dass das Weiss fast ganz verdrängt erscheint und der Bauch schwärzlich oder schwarz geworden ist. Bei keinem der neueren Zoologen finde ich eine Angabe davon, dass sich Veränderung der Hautfarbe durch die Thätigkeit der Chromatophoren einstellen könne. Und doch scheint eine solche nicht nur abermals zu bestehen, sondern in noch höherem Grade zugegen zu sein, als ich es z. B. an Tropidonotus natrix und Coronella austriaca beobachtet habe. Denn der alte Arzt Matthiolus !), welcher offenbar vielfach das lebende Thier vor Augen gehabt hat, sagt: »Si Vipera momordit, corpus intumet, vehementer arescit, subalbidumque colorem coneipit.« Hinsichtlich der Verbreitung gehört unsere Schlange dem südlichen und südwestlichen Europa an, ob auch dem südöstlichen ist noch zweifelhaft; denn frühere Angaben über das Vorkommen in der Balkanhalbinsel, sowie in Griechenland, werden in neuerer Zeit bestritten ?). Die Menge der Thiere in Frankreich und Italien machte es möglich, sie lange Zeit fort zu ausgedehntem medicinischen Gebrauch den Aerzten und Apothekern einzuliefern, worüber wir z. B. bei Matthiolus °) uns unterrichten können. Auch später und allem Anschein nach ") Matthioli, Commentarius in libros sex Dioscoridis. Venetiis, 1558, p. 768. 2) Man vergleiche v. Bedriaga, die Amphibien und Reptilien Griechenlands, Moskau, 1882. 3) Auf Seite 190 der bezeichneten Ausgabe (Ex offieina Erasmiana, Vincentii Valgrisii) sehen wir einen Holzschnitt, darstellend einen Mann in der Tracht des 15. Jahrhunderts, welcher beschäftigt ist in einer ia 2 jetzt noch ist m den genannten Ländern die Zahl eine sehr grosse: ich verweise in dieser Hin- sicht z. B. auf eine Angabe bei Frivaldszky !), wornach Configliachi bei seinen Untersuchungen 1000 Exemplare des Thieres gebraucht habe. (Die Schlange wird zwar V. berus genannt, war aber wohl V. aspis.) Aus der neueren Zeit erzählt de Betta °): »Comune in tutto il Veneto e Tirolo meridionale, vive forse piü che altrove copiosissima nella provincia di Treviso, ove il Bosco Montello gode specialissima bench& trista rinomanza per la quasi prodigiosa quantita di vi- pere che ne infestano ogni cespuglio, ogni cumulo di pietre, i margini dei fossati, i sentieri e le vie.« — In dem Vorkommen so sehr zahlreicher Individuen dieser Schlange in Italien mag es auch zum Theil begründet sein, dass die ‚Farben des Thieres stark zur Abänderung neigen und darnach italienische Zoologen dreizehn bis vierzehn Varietäten unterscheiden. Es verdient jetzt eine nähere Betrachtung ob und wo das in Rede stehende südliche Thier nach Deutschland vorgedrungen ist. In verschiedenen Schriften erhält sich die, wie es scheint von Bibron und Dumeril herrührende Angabe, dass V. aspis »in mehreren Gegenden Preussens< zu Hause sei. Man darf wohl einfach diese Angabe auf sich beruhen lassen, da wahrscheinlich die Autoren hierbei an- Preussen im engeren Sinn gedacht haben und vermuthlich Verwechslungen mit Yipera berus untergelaufen sind. Keinen Werth kann ich auch auf die Mittheilung legen, welche die Cöln’sche Zeitung vom August 1880 enthält und wonach im Sauerlande, Kreis Meschede, bei Hallenberg eine von der Kreuzotter verschiedene zweite Giftschlange sich vorfände. Die Angaben über die Farbe und im Versteck befindlich gewesene Eier verrathen allzusehr, dass der Berichterstatter ein Kenner von Schlangen nicht ist. Ich erwähne auch den Artikel nur desshalb, weil v. Be- driaga °) mehr Vertrauen in die Angaben setzt und ausspricht, es möge durch diese Anzeige zum erstenmal das Vorkommen der Vipera aspis in Deutschland »constatirt« sein. Wenn wir uns vergegenwärtiger, dass gedachte Schlange in. den Grenzländern Frank- reich und Schweiz lebt, so wird man an das Moselthal und an das obere Rheinthal zu denken felsigen, wenig bebuschten Gegend Vipern zu sammeln. Auf ein Knie niedergelassen, hinter sich auf dem Boden eine grosse Schachtel, in der schon zwei züngelnde Vipern sich befinden, greift er mit der linken Hand einfach nach einem Thier, während er in der rechten schon ein anderes hat und ein drittes sogar seinen Hals umwindet. Kein Naturforscher unserer Tage möchte wohl diese schlichte Fangart nachzumachen sich getrauen, er müsste denn ein Nachkomme der alten Psyller und Marser des Plinius sein. !) Frivaldszky, Monographia serpentum Hungariae. Pestini, 1823. , ?) de Betta, Erpetologia delle provincie venete. Verona, 1857. *) v. Bedriaga, die Amphibien und Reptilien Griechenlands, Moskau, 1582. : ag haben, ob nicht hier Vipera aspis sich findet, da beide Thäler als die Pforten bekannt sind, durch welche verschiedene südliche Thiere auf deutschen Boden einwanderten. Für ein Vorkommen unserer Schlange in der Gegend von Trier und in wärmeren Strichen der Eifel könnte es sprechen, dass Schäfer !) ausser Fipera berus noch Vipera aspis in der »Moselfauna« aufführt. Allein besieht man sich die Mittheilungen des Genannten genauer, so merkt man doch, dass er selber weder die eine, noch die andere Art aus den bezeichneten Gegenden wirklich in Händen gehabt hat. Bezüglich der Y. berus sagt er: »Findet sich in mehreren sumpfigen Schlägen Belgiens (de Selys) und wahrscheinlich auch bei uns.« Das Vorkommen von V, aspis vermuthet er bei Bertrich, weil dort »ein Landmann von einer Schlange gebissen, infolge dessen in kurzer Zeit gestorben ist.« Und er setzt bei: »Vielleicht war es auch ein Individuum der vorigen Art, welches dieses Unglück verursachte.< Wie ich anderwärts berichtet habe, bin ich selber im Moselthal und in der Eifel bisher überhaupt nicht auf eine Giftschlange gestossen, und also ohne eigenes Urtheil; aber durch Besselich ist der Nachweis geliefert worden, dass sich in der Umgebung von Trier Vipera berus in der That findet.. Es ist daher nach dem Vorgebrachten einstweilen noch eine offene Frage, ob Vipera aspis aus der Gegend von Metz und Luxemburg bis nach Trier und in sonnige Strecken der Eifel ihren Verbreitungsbezirk ausdehnt. Hingegen ist im oberen Baden die in Rede stehende südliche Viper in der That als zweite einheimische Giftschlange entdeckt worden. Aus den Angaben F. Müller’s ?) geht schon hervor, dass V. aspis an verschiedenen Oertlichkeiten in der Umgebung von Basel sich findet. Die Basler Sammlung besitze Stücke aus mehr als zwölf Punkten der näheren und ferneren Umgebung dieser Stadt. Aus solchen Mittheilungen, seit ich sie kannte, war mir höchst wahr- scheinlich geworden, dass gleichwie Alytes obstetricans, Lacerta muralis und Lacerta viridis, endlich auch Elaphis flavescens ins obere Rheinthal vorgedrungen sind, auch Vipera aspis wärmeren Punkten dieses Landstriches angehören möge. Ich wusste aber dazumal nicht, dass wirklich schon sechs Jahre vorher gedachte Viper als Glied der Fauna Badens angezeigt wor- den war. Dies ist geschehen durch E. Weber °), der sich um die Schlangenkunde Badens schon früher verdient gemacht hat. Der Entdecker des Thieres ist Apotheker Saul in Thiengen, welcher auch die Art sofort richtig erkannt hat. Die Schlange sei an dem süd- !) Schäfer, Moselfauna, Trier, 1844. 2) F. Müller, Mittheilungen aus der herpetologischen Sammlung des Basler Museums, Basel 1877. 5) E. Weber, Beitrag zur Schlangenfauna des Grossherzogthums Baden. » Mannheimer Verein für Naturkunde, 1871. ET pe lichen Abhang des Schwarzwaldes verbreitet und zwar »nicht schr selten«; während Vipera berus sich mehr innerhalb des westlichen, östlichen und nördlichen Schwarzwaldes aufhalte. Auf solche Weise haben wir den ersten Beleg erhalten, dass im Gebiete von Alt- deutschland, ausser der Kreuzotter, noch eine zweite Giftschlange heimisch ist. In der Literatur über die Ophidier finden sich seit Aldrovandi Fälle beschrieben von zweiköpfigen Schlangen. So spricht z. B. Linne&!') von einem »Coluber bicephalus in collectione Robergie; Bonaparte lässt eine »Vipera aspis juvenis dicephala« abbilden. Ausführlicher handelt in neuerer Zeit ein anderer ita- lienischer Herpetolog, de Betta?), über diesen Gegenstand und zeigt auch später nochmals an, dass er zwei sehr junge Exemplare von Tropidonotus natrix in seiner Sammlung besässe, welche zweiköpfig seien und in Oberitalien gesammelt worden waren.°) Ein anderer Fund dieser Art, welcher die »gemeine Viper« betrifft, wird, auch unter Berücksichtigung der anatomischen Verhältnisse von Dorner vorgeführt. *) Sonach ist van Lier, der Verfasser des Werkes »over de Drentsche Slangen en Adders« im irrthum gewesen, wenn er meint, die zweiköpfigen Schlangen, über welche verschiedene Autoren berichten, »existent uniquement dans l’imagination de ces ecrivains.« Es ist bemerkenswerth, dass es sich bei allen diesen Funden von doppelköpfigen Schlangen um »junge« und »sehr junges Thiere handelt, nicht um Ansgewachsene. Wir schliessen daraus, dass eine solche Körper- bildung das Leben wohl eher verkürzen als verlängern mag. Dass die gleiche Missform auch bei Eidechsen auftritt, obschon gewiss sehr selten, lehrt eine Mit- theilung, °) welche auch über das Gebahren der beiden Köpfe bei der Nahrungsaufnahme manches Interessante enthält, Das von Dorner an zweiköpfigen Nattern ermittelte Verhalten des Nahrungsschlauches kann hierbei zur. Erklärung dienen. Man muss wohl beistimmen, wenn die Ansicht geäussert wird, dass man es in allen solchen Fällen mit einem aus zwei Keimen: zusammengewachsenen Doppelwesen und nicht mit einem theil- weise gedoppelten Einzelwesen zu thun habe. 3. Art: Vipera ammodytes, L. Die Sandviper hat, wasdas Vorkommen anbelangt, ihre eigentliche Heimath in Ländern des Mittelmeerbeckens, ohne jedoch überall sich dort zu finden. %) Im Westen scheint sie durch !) Linn&, Amoenitates academicae, II, p. 87. . 2) de Betta, Sopra un caso di dicefalia in un giovane vipera. Atti del Istituto veneto, Vol. X, Ser. III, 1865. ®) de Betta, Alcune note erpetologiche, Atti del Istituto veneto, 1878. +) Zoologischer Garten, 1873. 5) Zoologischer Garten, 1870, S. 196. 6) Neuere Arbeiten, welche sich mit der Verbreitung der Vipera ammodytes in Südeuropa beschäftigen, sind: de Betta, Sulla Vipera ammodite nell’ Italia, Atti del Istituto Veneto, 1879; Tourneville, Etudes sur les Viperes, Soc. Zool. de France, 1831; von Bedriaga, die Amphibien und Reptilien Griechenlands, 18832. Vipera ammgdytes var. Latastei vertreten zu sein. Die typische Form lebt im Süden und Südosten von Europa: für Griechenland wird sie seit Langem als eine der gemeinsten Schlangen bezeichnet. !) Die Art erstreckt sich ins südliche Ungarn, Kärnthen, Krain, südliches Steiermark, Tirol bis Bozen. Der Thierwelt der deutschen Fauna gehört Vipera ammodytes nicht an, obschon einige Angaben dafür zu sprechen scheinen. [o} So wird die Schlange von Hahn?) in seiner Schrift über die Reptilien Bayerns auf- geführt, mit dem ausdrücklichen Bemerken, dass einige Exemplare bei Rosenheim entdeckt und gefangen worden seien. Die einen Herpetologen weisen diese Mittheilung einfach ab und nehmen eine Verwechslung mit Vipera berus an; Andere deuten die Angabe auf ein Vordringen aus Südtirol in das nördlichere Gebiet. Ich möchte, was schon anderwärts erwähnt wurde, weder der einen noch der anderen Auffassung beistimmen. Aus der dem Werke Hahn’s beigegebenen wenn auch geringen, farbigen Abbildung geht hervor, dass der Genannte die Sandotter wirklich kennt; und gegen die zweite Annahme spricht, dass in dem Zeitraum von nahezu 50 Jahren, welcher zwischen dem Fund bei Rosenheim und der Gegenwart liegt, das Thier in Südbayern, doch höchst wahrscheinlich wieder entdeckt worden wäre, wenn es überhaupt dort jemals zu Hause gewesen wäre. Vielmehr lässt sich annehmen, dass es sich um zufällig aufgegriffene Exemplare handelt, welche während des Transportes entwichen waren. Die Vipern überhaupt wurden ja nicht blos in den vorigen Jahrhunderten lebend aus dem Süden in die deutschen Apotheken geliefert, °) sondern selbst bis in die Jahre, in welchen der Rosenheimer Fund sich ereignete, geschah auf dem uralten Handelswege zwischen Italien und Deutschland, an Rosenheim vorbei, die Ver- sendung solcher lebenden Thiere in die Offiemen. Und dass gerade auch Vipera ammodytes in derartige Lieferungen aufgenommen wurde, ersieht man deutlich z. B. aus Meyer’s Thierbuch, *) wo auf zwei Foliotafeln die Sandviper in natürlicher Grösse, von unten und oben, nach dem Leben gemalt sich findet und eine dritte Tafel das Skelet enthält. Dabei heist es: 1) »Etait fort commun entre ces decombres« sagt z. BB Bory de St. Vincent in der Exp. sc. de la Moree. ®) Hahn, Fauna boica, Nürnberg, 1532. ®) Man vergleiche z. B. die Schriften des Strassburger Professors Spielmann, der im Jahre 1783 davon als von einer gewöhnlichen Sache spricht, oder auch die Werke des bekannten Botanikers Host aus dem Jahre 1790, welcher den Apothekern Winke gibt, wie sie die Thiere zu pflegen hätten, *#) Meyer, Vorstellung allerhand Thiere mit ihren Gerippen. Zweiter Theil, Nürnberg, 1742, Tab. XVI, Tab. XVII, Tab. XVII. »Wenn ich gleich bei der Beschreibung der Schlange — es ist die Ringelnatter gemeint — gemeldet, dass auch in unsern Gegenden Vipern zu finden seyen, so bekommen wir doch wohl ehender die italiänische als einheimische zu sehen, weil diese, wenn wir sie zum Arzneygebrauch haben wollten, mit mehrerer Mühe zusammenzubringen sein würden, als wir solche aus Italien haben können.« Und nun bemerkt er noch ausdrücklich: »Die Viper, wonach ich diese Ab- bildung gemacht, habe ich von einem hiesigen (also Nürnberger) Kaufmann erhalten, welcher solche mit vielen andern aus Italien bekommen.« Die nachstehenden Angaben über die Merkmale beziehen sich auf südtirolische und italienische Exemplare, die einzigen, welche ich zu näherer Untersuchung benutzen konnte, Kopf niedergedrückter, nach hinten breiter und dicklicher als bei Vipera aspis; die Schnauze geht in die bekannte weiche Warze aus. ') Augen sehr klein und tiefliegend. Von dem Auge bis zur Schnauze eine scharfe Kante. Zwei Reihen Schuppen unter dem Auge; neun Lippenschilder. Der Gesichtsausdruck erhält etwas mürrisch-tückisches, nicht blos durch die beschatteten Augen, sondern auch durch Biegung der Mundspalte und Vortreten der Unterlippe. Die Kopfschuppen mögen abermals individuell abändern; auch die einzelne Querreihe besteht unregelmässig aus grösseren und kleineren Plättchen. Eine Art Hinneigung zu den Kopf- schildern der Vipera berus zeigt sich darin, dass bei zwei der vorliegenden Exemplare ein grösseres Schüppchen dort steht, wo man das Wirbelschild zu suchen hätte; weiter rückwärts hebt sich auch ein paariges grösseres Schüppchen ab, das etwa die Stelle der Hinterhaupts- schilder vertreten könnte. Doch auch darin begegnet man wieder Verschiedenheiten: bei zwei Exemplaren von Bozen, und einem aus Italien, ändern diese Spuren von Vertebral- und Ocei- pitalschildern unter sich ab und sind von ziemlich unregelmässiger Form ; bei dem einen hat das Vertebralschild eine Furche, wie wenn es weiter zerfallen sollte und die Occipitalschilder sind nur in ihrem hintern, mehr zipfelartigen Abschnitte vorhanden. — Schnauzenschild Klein oder vielmehr aufgelöst in ein mittleres, seitliches und oberes Stück, letzteres wohl bedingt durch die Umbildung der Schnauzenspitze in das »Hörnchen.«< — Kopfschuppen glatt; ein Kiel beginnt erst auf jenen des Hinterhauptes. Merrem nennt die Kopfschuppen »körnig«, wovon ich nichts sehe. Man erblickt blos die von mir ?) angezeigten Sculpturstreifen und die dichten Wärzchen in den Räumen zwischen den Schuppen; beides ist nur bei starker Vergrösserung 1) Fig. 13. 2) Archiv f. mikrosk. Anat. 1873, Tafel XXXU. a ee sichtbar und kann daher nicht mit den Angaben des genannten Herpetologen in Verbindung gebracht werden. Der Schwanzstachel — »unguiculus caudae apicalise — schneidet sich ganz hart: ein Knochen geht in ihm bis fast zur Spitze. Wenn Linne sagt: »quae de caudae hujus colubri nimia duritie auctores nonnulli tradiderunt, nullius omnino est ponderis«, so möchte ich dem entgegen doch ebenfalls von einer besonderen Härte des Schwanzstachels sprechen. Die Grundfarbe ist bei allen mir vorliegenden Exemplaren ein Hellgrau. Von ihr hebt sich oben am Kopf entweder eine ganz feine, nur mit der Lupe wahrnehmbare dunkle Punktirung ab, oder eine starke dunkle Besprenkelung. Im ersten Fall dann ohne, im andern Fall mit einer dunklen Binde hinter dem Auge, welche sich in eine seitliche Marmorirung oder schwache Netzbildung auflöst. Die Nackenzeichnung beginnt bei den mit weniger dunklem Pigment versehenen Thieren hinter dem Kopf zartnetzig, woraus sich dann ein schwacher Streifen entwickelt, der dunkler wird und eine zackig-rautige Form annimmt. An den Rauten ist die Einfassung dunkler, die Mitte heller. Ebenfalls im Einklang mit der wechselnden Menge des dunklen Pigmentes ist die Kehle entweder ganz hell oder dunkel besprenkelt; die dunkle Marmorirung des Bauches kann sich zu viereckigen Fleckchen verdichten, und indem weissliche Fleckchen dazwischen stehen, so kann eine schachbrettartige Zeichnung zu Stande kommen. Die Bauchseite des Schwanzes ist bei Thieren, welche lange in Weingeist gelegen, von weisslicher Farbe; bei solchen die erst kurze Zeit darin aufbewahrt waren, rothbraun; im Le- ben nach der Angabe Aller, welche frische Thiere beobachteten, blutroth, wie das auch auf der oben angezogenen, nach dem Leben gemalten Abbildung des Nürnberger Kupferstechers Meyer zu sehen ist. Doch mögen auch hierin Abänderungen auftreten. Auf der Tafel bei Bonaparte !) ziehen nur zwei Reihen kleiner rother Punkte an der unteren Fläche des Schwanzes hin; die Worte und Abbildungen bei Host, der offenbar eine Menge Sandvipern zu sehen Gelegenheit hatte, deuten an, dass das Roth sehr blass sein kann ?). — Gedachtes rothes Pigment liegt, wie ich an Längsschnitten des Schwanzstachels wahrnehme, in der Epidermis. Da noch in herpetologischen Schriften der neuesten Zeit die so charakteristische Warze, in welche die Schnauze ausgeht, als »hornartiger Zapfen« bezeichnet wird, ‘so darf ich wohl auf meine Darlegung des histologischen Baues dieses Theiles zurückverweisen ®). Das Gebilde 1) Bonaparte, Fauna italica. 2) In Jacquin, Collectanea ad Botanicam, chemiam et hist. nat. spect. Vol. IV. »caudae apicem versus rubello colore suffusa est.« #) Archiv f. mikrosk. Anat. 1873, S. 35. Taf, XXXII, Fig. 6, 7, 8. — 34 — legt in seiner Structur die meiste Verwandtschaft mit den Fleischtrotteln am Kopfe hühner- artiger Vögel an den Tag. . Ueber den Bau der Giftzähne auch dieser Schlange habe ich ebenfalls gehandelt }). Die Sandviper, auch sonst in ihren Lebensgewohnheiten vielfach verschieden von der Kreuzotter, weicht noch darin ab, dass sie in Gefangenschaft Nahrung zu sich nimmt. Ein Pärchen, welches Erber ?) längere Zeit hielt, verzehrte regelmässig in jeder Woche eine Maus. Hierin zeigt sie, wie im Körperbau, nähere Verwandtschaft zu Vipera aspis, welche nach Gredler °) in Gefangenschaft Eidechsen als Nahrung zu sich genommen hat; womit auch, wie nachträglich bemerkt sein mag, die Angabe Wyder’s *), dass V. aspis nur warmblütige Thiere beissen und fressen soll, berichtigt wird. Linn& hat bekanntlich in einem Anhang zu den Surinamensia Grilliana °) die Sand- viper näher besprochen, welche bei Constantinopel von dem schwedischen Gesandten bei der hohen Pforte, Carleson, gefangen worden war, gerade als sie damit beschäftigt war, eine Eidechse zu verschlingen, welche sie auch bereits bis zu den Vorderbeinen hinab gewürgt hatte. Dies muss man im Auge behalten, wenn man auf der Linn&@’schen Abbildung die seltsame, wie eine ganz breite Zunge aus dem Rachen hervorstehende Partie, mit mittlerer Aushöhlung, verstehen will. Ich meine, dass der gezeichnete Theil auf einer Umstülpung des Schlundeinganges beruht. Die älteren bildlichen Veranschaulichungen unserer Schlange sind meist gering, selbst noch z. B. die Figur bei Bonnaterre °). Obschon dort dem Thiere eine gefällige Stellung gegeben ist, so stellt sich, abgesehen von sonstigen Mängeln, das Nasenhörnchen in ganz naturwidriger Weise dar, indem es sowohl in Figur 2 als auch in Figur 3 wie ein Ansatz sich ausnimmt, welcher sich aufs schärfste, etwa wie ein Nagelgebilde, abhebt und obendrein in Figur 3 stumpf dreihöckerig erscheint. Da sind dann freilich die in gleichem Jahre (1790) erschienenen Tafeln Host’s, welche die Sandviper farbig und in Lebensgrösse vorführen, wahre Prachtbilder ”). Einen charakteristischen Zug, um nicht auf Anderes einzugehen, hat !) Archiv f. mikrosk. Anat. 1872. ?) Erber, Verhandlg n. d. zool. botan. Gesellsch. in Wien, 1863. 3) Gredler, Kriechthiere und Lurche Tyrols. Bozen, 1872. 2)52..2..0: 5) Linn6, Amoenitates academicae, Vol. I, Erlangae, 1787, p. 506. 6%) Bonnaterre, Ophiologie, Paris 1790. ?) In Jacquin, Collectanea ad Botanicam, Chemiam et Hist. nat. spect. Vol. IV. an der Künstler doch auch hier ausser Acht gelassen, das ist die ruppige, rauhere Beschaffenheit der Oberfläche; die Zeichnungen geben den Umriss des Körpers so rein und glatt, als ob es sich etwa um eine Coronella austriaca handelte. Vermieden ist hingegen dieser Fehler in der Fauna italica von Bonaparte: die Schuppen springen vor und die Umrisslinie verläuft zackig. Ueberhaupt sind die iconogra- phischen Darstellungen der Schlangen in genanntem Werk von ausgezeichneter Art: man fühlt durch, dass der Künstler in einer Stadt arbeitete, wo die antike und die christliche Kunst Schlangen so oftmals zum plastischen Ausdruck brachte. Noch mag bemerkt sein, dass an dem Kopf der Sandviper, welches uns in dem Werke Schlegel’s begegnet, das Nasenloch vergessen ist !). Ergebniss. Aus den Mittheilungen und Nachweisen, wie sie im Vorangegangenen enthalten sind, lässt sich dem Stand unserer Kenntnisse über das Vorkommen von Schlangen- arten in Deutschland folgende Fassung geben. Mit Sicherheit sind der deutschen Fauna beizuzählen: Tropidonotus natriz ; Tropidonotus tessellatus ; Elaphis flavescens ; Coronella austriaca ; Vipera berus; Vipera aspis. Für zweifelhaft muss erklärt werden das Vorkommen von: Zamenis viridiflavus. Mit Bestimmtheit ist auszuschliessen: Vipera ammodytes. !) Schlegel, Physionomie des Serpens, Pl. XXI. II. Anatomische Bemerkungen. Dem Bau der Organe und Gewebe auch der Ordnung der Ophidier habe ich von lange her Aufmerksamkeit zugewendet. So enthält eine vor dreissig Jahren von mir veröffentlichte Schrift zahlreiche hierher gehörige Mittheilungen ; !) nicht minder gibt das Lehrbuch der Histologie, zwischen den Beobachtungen Anderer, eigene Wahrnehmungen über verschiedene Organsysteme der Schlangen. ?) Aus späterer Zeit rühren her die Studien über Sinnesorgane, Zähne, Integument und Kopfdrüsen. ?) Als eine ergänzende Nachlese hierzu möge das Folgende angesehen werden. 1. Gehirn der Ringelnatter. Viele Organe der Schlangen sind, wie in Anpassung an die walzige Gesammtform des Körpers, ebenfalls von gestreckter Gestalt: es mag erinnert sein an die Form der Zunge, des Magens, der Leber, Luftröhre und Lungen, Hoden und Eierstöcke. Beachtenswerth erscheint es daher, dass das Gehirn *) davon eine Ausnahme macht, indem das Vorderhirn, worauf auch schon Rathke hinwies, merkwürdig breit ist und dadurch gegenüber etwa von den Saurier- Gattungen Anguis und Lacerta einen eigenartigen Charakter erhält. Bedeutend ist auch die Verdickung des verlängerten Markes, wodurch die vierte Hirnhöhle und ihre Oeffnung verkleinert werden. Gerade im Hinblick auf .den letzt angedeuteten Punkt, möchte ich eine mit der Lupe entworfene Abbildung des Gehirns der Ringelnatter von oben geben. Bei G. Carus’) nämlich, welcher wohl zuerst bildliche Darstellungen hiervon geliefert hat, ist das kleine Gehirn in der Mitte zu kurz gehalten und mit einer medianen Einbuchtung versehen. Die Oefinung der vierten Hirnhöhle erscheint dort als weite Querspalte. Ich finde aber, dass im Anschluss an !) Anatomisch-histologische Untersuchungen über Fische und Reptilien, 1853. 2) Histologie des Menschen und der Thiere, 1857. ®) Zur Kenntniss der Sinnesorgane der Schlangen, Archiv f. mikrosk. Anat. 1872. Die Zähne einheimischer Schlangen nach Bau und Entwicklung, Archiv f. mikrosk. Anat. 1372. Die Haut einheimischer Ophidier, Archiv f. mikrosk. Anat. 1373. Ueber die Kopfdrüsen einheimischer Ophidier, Archiv f. mikrosk. Anat. 1873. 4) Fig. 16. 5) G. Carus, Versuch einer Darstellung des Nervensystems und insbesondere des Gehirns. Leipzig 1814, Taf. III, Fig. XIV—XVLU. N u Lacerta und Anguis, das kleine Gehirn von oben eine kapuzenartige und dabei gewölbte Form hat. Dadurch, sowie unter Verdickung des oberen Theiles des verlängerten Markes, bekommt die Oeffnung das Ansehen eines dreiseitigen Spältchens. Kuhl,') welcher das Gehirn der Ringelnatter in natürlicher Grösse von oben, unten und von der Seite veranschaulicht, legt dem kleinen Gehirn auch eine mittlere Einkerbung bei, wie eine Andeutung von Zerlegtsein in zwei Seitenhälften oder Hemisphären. Von vorzüglicher Art sind die bekannten Darstellungen, welche Rathke ?) über das Gehirn unserer Natter gegeben hat und nur bezüglich des Cerebellum und der eigenthümlichen Form desselben hätte ich wieder die Bemerkung zu machen, dass ich dasselbe nicht, wie es bei Genanntem erscheint, als reines, queres, gleich- hohes Markplättchen sehe, sondern mit mittlerer, nach hinten gewölbter Verlängerung. 2. Becherförmige Sinnesorgane. Bereits bei einer andern Gelegenheit hatte ich ‘darauf hingewiesen, dass wohl auch bei den Giftschlangen gedachte Sinneswerkzeuge zugegen sein mögen; insbesondere schien mir bei Trigonöcephalus die auffällige Höckerreihe seitwärts vom Gaumen den Sitz der Sinnesbecher zu bezeichnen. Als ich dann Vipera ammodytes auf den Bau der Zähne untersuchte, zeigte sich in der That, dass der Rand der Tasche oder Scheide für die Giftzähne, mit unsern Organen besetzt sei und dass zu dem von früheren Naturforschern gebrauchten Ausdruck: »callös-ge- kerbter« oder »gezahnter« Saum, diese Sinneswerkzeuge den Anlass gaben. Durch Untersuchung junger Thiere von Vipera berus, var. prester, bin ich im Stande über die Verbreitung gedachter epithelialer Sinnesorgane in der Mundhöhle noch folgendes zu bemerken. Dieselben sind vorhanden: 1) an der Falte für die Zähne der Unterkinnlade ; 2) an der Falte für die Zähne der Oberkinnlade, das heisst, an der Scheide der Giftzähne ; 3) an der Falte für die Gaumenzähne; endlich 4) auf den weiter nach einwärts gelegenen Gaumenfalten im engeren Sinn; hier stehen sie zum Theil in Gruppen beisammen. Es mag nicht überflüssig sein eine Zeichnung beizulegen, welche das Vorkommen und die Verbreitung der Organe am Gaumen versinnlicht. °) 1) Kuhl, Beiträge zur Zoologie und vergleichenden Anatomie, Frankfurt a. M., 1820, Taf. II. Fig. 13 bis 15. — Kaum der Erwähnung werth ist die Figur bei Serres, welche sich übrigens auf »Vipera communes, also wohl Vipera aspis bezieht. Anatomie du cerveau, Paris 1324. 2) Rathke, Entwicklungsgeschichte der Ringelnatter, Königsberg 1839, besonders Taf. VI. 3) Fig. 20. — Im Anschluss an meine Mittheilungen über eine glatte Museulatur in der Conjunctiva 3. Zu den Ligamenten des Skeletes. Allgemein wird in zoologischen Schriften. eines dehnbaren Ligamentes gedacht, welches die beiden, sonst freien und unverwachsenen Hälften des Unterkiefers vorne rn Als ich gelegentlich der Studien über die Kopfdrüsen und Zähne nach dem Bande bei Vipera ammodytes mich umsab, konnte ich auch nicht eine Spur eines eigentlichen Ligamentes wahr- nehmen und ebenso wenig an einem ebenfalls zu diesem Behufe verglichenen Exemplar von Tropidonotus natrix. In. beiden Fällen erblickt man zwischen den freien Enden der Unter- kieferhälften nur gewöhnliches Bindegewebe, dem elastische Fasern der feineren Art reichlich beigemischt sind. Aus den Angaben der Herpetologen glaube ich schliessen zu können, dass Keiner eine histologische Prüfung der bezeichneten Stelle vorgenommen hat. Bei Wagler z. B. heisst es: »Tomia mandibulae in apice ligamento connexa«; ein Anderer spricht von »dehnbar faserigen Sehnen«; ein Dritter sogar von einem »Knorpelband«e. In dem Werke von Brandt und Ratzeburg geschieht im Text keine Erwähnung über Vorkommen und Beschaffenheit frag- lichen Bandes, aber auf der Tafel, Fig. 8, welche den Unterkiefer vorstellt, erblickt man ‚einen scharf gezeichneten, die beiden Kieferhälften im Bogen verbindenden Theil. Ich kann mich kaum der Vermuthung entschlagen, dass es die Unterlippendrüse gewesen sein mag, welche die Beobachter getäuscht hat. Hellen wir nämlich durch Reagentien die vordere Partie der Unterkinnlade auf, so zieht sich von dem einen Kieferende herüber zum andern der bogige Verbindungsstreifen der genannten Drüse, genau an der Stelle, wo die zuletzt angezogene Figur das Band sehen lässt. Hingegen möchte ich jetzt eines ligamentartigen Gebildes gedenken, das sich sehr bemerkbar macht, ohne, wie es scheint, von Andern bisher erwähnt worden zu sein. ') Am frischen Thier nämlich schimmern durch die Schleimhaut des Rachens ein paar graue Körper hindurch, in der Gegend des paarigen Vomer, vorne über den Choanen. Die nähere Untersuchung ergibt, dass es dicke, elastische Bänder oder vielmehr Polster sind, mit denen sich das Palatioum an der Vomer heftet. Auf den feineren Bau geprüft, vielleicht unter Behandlung mit Glycerin, zeigt sich ein dichtes Filzwerk feinster elastischer Fasern, das zwischen sich eine Menge von schleimartiger Substanz aufnimmt. des Auges bei Eidechsen (Die in Deutschland lebenden Arten der Saurier, 1872, S. 81) mag an dieser Stelle bemerkt werden, dass ich auch an Tropidonotus natrix am Unterrand des Auges, gegen das Lacrymale zu, Züge glatter Muskeln angetroffen habe. ı) Möglich, dass Duvernoy in seiner Abhandlung, Annal. d. sc. nat. XXVI, welche mir leider im Augenblicke unzugänglich ist, davon redet. RE re Weiterhin erscheint es mir nun sehr bemerkenswerth, dass die gedachten ligamentösen Polster im histologischen Bau die grösste Verwandtschaft mit einer weichen Ausfüllungs- substanz haben, welche zwischen den die Unterkieferhälften zusammensetzenden Kunochen- stücken sich hinzieht. Eine vom ganzen Unterkiefer genommene Querscheibe gewährt mikros- kopisch einen interessanten Anblick dadurch, dass die einzelnen Knochenstücke weit aus einander gerückt sind und die Zwischenräume in reichlichster Menge von einem ligamentösen Gewebe eingenommen werden. Man sieht auf den ersten Blick, dass es sich um eine Einrichtung handelt, welche, indem sie die den Unterkiefer zusammensetzenden Knochenstücke nur locker verbindet, auf Erhöhung der Beweglichkeit der Unterkinnlade, selbst in ihren einzelnen Stücken, hinzielt. Die verbindende Masse ist kein reines elastisches Gewebe, sondern hat theilweise die Natur weichen Bindegewebes. Dass man auch den durchschnittenen Meckel’schen Knorpel sieht, sowie Nerven und Blutgefässe, sei nur nebenbei erwähnt. Das histologische Gefüge der Knochensubstanz auf solchen Querscheiben des Unterkiefers zeigt manches Eigenthümliche, welches ich aber einstweilen unberührt lasse, da ich darüber noch nicht ganz ins Klare gekommen bin. 4. Zum Bau der Zunge. Von jeher hat die Zunge der Schlangen durch die lang walzenförmige, vorne tief spal- tige und haarfein ausgehende Gestalt, sowie wegen der Schnelligkeit womit sie hervorgestossen und wieder zurückgezogen wird, die Aufmerksamkeit erregt. Unter den Arbeiten, welche dem Bau dieses Organs im Besonderen gewidmet sind, verdienen jene von Duvernoy und Duges hervorgehoben zu werden. Zungenscheide. — Bekanntlich liest die Zunge in einer Scheide verborgen, in welche sie völlig zurückgezogen werden kann. Zur Entstehungsgeschichte dieser Scheide hat Rathke !) eine Erklärung gegeben, der man wohl zustimmen darf. Der Genannte findet nämlich den Grund des Auftretens der Scheide nicht bloss in der Anlage einer queren Falte der Schleimhaut, welche die Zungenwurzel bedeckt und umfasst, sondern es sei das Verhalten der Luftröhre mit im Spiel. Letztere entwickele eine ungewöhnlich grosse Verlängerung, wodurch alsdann jene Falte, sowie der Kehlkopf und ein Theil der Luftröhre, immer, weiter über die Zungenwurzel hinüberwachse und auf solche Weise zur Zungenscheide werde. Ein !) Rathke, Entwickelung der Ringelnatter, S. 146. N A Ausweichen der sehr langen Luftröhre durch Krümmungen zur Seite sei bei der Enge des Leibesraumes nicht wohl möglich. Den feineren Bau der Zungenscheide habe ich bereits bei einer andern Gelegenheit er- örtert !). In der bindegewebigen Grundlage befinden sich quergestreifte Muskelzüge, welche an senkrechten Schnitten förmliche Bogen von unten nach oben beschreiben. Dem habe ich jetzt noch beizusetzen, dass im vordern Abschnitt und in dem mit starker Querfalte sich ab- hebenden Eingang zur Scheile auch eine Ringmusculatur aus glatten Fasern zugegen ist. Die innere wie äussere Fläche der Scheide wird von einem nicht fimmernden Plattenepithel über- zogen. In der unteren Wand liegt eine unpaare Drüse von länglicher Form, welche mit zahl- reichen Oeffnungen einwärts mündet. Noch sei bemerkt, dass der Rand zum Eingang der Zungenscheide stark wulstig, wie drüsig aufgetrieben erscheinen kann und dann auch eine andere Farbe hat als die Schleimhaut welche oben und rückwärts über die Luftröhre hinzieht. An Tropidonotus tessellatus ist mir namentlich dieses Verhalten aufgefallen. Die histologische Prüfung zeigt, dass keine eigent- lichen Drüsen diese Veränderung bewirken, sondern dass Iymphoide Substanz, welche an dieser Stelle das Bindegewebe füllt, die Schwellung erzeuge. Eigentliche Zunge. -- Die im Allgemeinen platte Gestalt der Zunge prägt sich besonders an den Gabelspitzen aus, welche sich durch ihre Form den muschelartigen Hohl- gängen der vordern Unterzungendrüse, in denen sie hin und her spielen, anzupassen haben. ?) Werden die Zungenspitzen vom Epithel entblösst, so erscheint ihr bindegewebiger Theil geradezu bandartig flach. Der Körper der Zunge ist bei Vipera an der Oberfläche mit zarten Querleisten bedeckt, welche sich soweit erstrecken, als die zusammenhängende schwarze Farbe geht. Die Gabel- äste oder die Spitze der Zunge hingegen erscheinen glatt. Bei Tropidonotus, allwo sonst die Verhältnisse ähnlich sind, zieht auf den Gabelästen eine Rinne hin, die sich allmählich seit- wärts wendet. In der Mitte des Zungenkörpers, in der Furche vor der Gabelung erhebt sich ein Längswulst mit schrägen Leistchen. Die queren und schrägen Leisten werden nicht eigentlich in erster Linie von der Schleim- haut erzeugt, denn diese ist an sich glatt, sondern sie rühren her von Gruppirungen der Mus- keln, welchen die überziehende Schleimhaut folgt. Es kann daher die Oberfläche auch in einem Zustande getroffen werden, welcher nichts von Erhöhungen und Vertiefungen darbietet, I) Archiv f. mikrosk. Anat. 1875, S. 609. 2) Vergl. meinen Aufsatz im Archiv f. mikrosk. Anat. 1873 (Kopfdrüsen der Ophidier). Na sondern wobei die Zunge »glatt« ist, und so den herkömmlichen Beschreibungen entspricht. Dass es sich jedoch bezüglich der Leisten um eine feststehende Bildung handelt, lehrt schon die Vertheilung des dunkeln Pigmentes, welches derart in die Schleimhaut abgelagert erscheint, dass es nur in den Leisten sich findet und sonach helle, pigmentfreie Wege dazwischen sich hinziehen. Die Zunge der Schlange gilt als ein Tastwerkzeug in ausgesprochenem Grade; daher habe ich die Endspitzen der Gabel mit Aufmerksamkeit besehen und glaubte anfangs ein statt- liches Tastkörperchen im Ende der Spitzen zu erblicken. Eine helle, anscheinend homogene Partie von eirunder Gestalt hob sich derart ab, dass man, obschon eine Nervenverbindung nicht sichtbar wär, doch an ein Tastkörperchen erinnert werden durfte. Allein fortgesetzte Unter- suchungen führten zu einem völlig andern Ergebniss. Nachdem man durch Reagentien die Zungenspitzen vom Epithel entblösst hat, weisen sie eine leicht kolbige, zuletzt wieder verjüngte Gestalt auf; das Ende ist feinzackig. Lag nun aber die Zunge längere Zeit z. B. in sehr schwacher Essigsäure, so stellt sich jetzt das vermeintliche Tastkörperchen als ein Hohlraum dar, scharf begrenzt von der bindegewebigen Substanz der Zungenspitze; ausserdem erscheinen noch zur Seite ein paar kleinere fast nur spältchengrosse Räume von gleicher Beschaffenheit. Es zeigte sich auch wohl der Hohlraum wie zusammen- gesunken und alsdann wie begrenzt von buchtigen Randwülsten. Der Gipfel der am weitesten vordringenden Blutcapillarschlinge liegt unterhalb der gedachten Räume, was von vorneherein die Meinung ausschliesst, dass man es etwa mit Höhlungen von Blutgefässen zu thun habe. Vielmehr spricht Alles dafür, dass wir Lymphräume vor uns haben, einen grösseren und einige kleinere, welche der Spitze der Zunge angehörend, in verschiedenem Grade der Füllung getroffen werden können !). Während also an gedachter Stelle ein wirkliches Tastkörperchen zwar nicht zugegen ist, fehlen solche Gebilde der Zunge doch nicht ganz. Früher, als ich mit Tastkörperchen ausgestattete Papillen an den Lippenrändern der Ringelnatter aufgefunden hatte 2), schienen sie mir auf die äussere Haut beschränkt zu sein. Allein ich kenne jetzt ihre Gegenwart in der Schleimhaut der Zunge, namentlich in deren vorderen Hälfte, während ich an der hinteren Hälfte jede Spur der Tastkörperchen auch jetzt noch vermisse. Indessen sind die Gebilde so klein und stehen derart vereinzelt, dass auch in der Gegend der Zunge, wo sie vorkommen, keineswegs jeder Schnitt sie zur Ansicht zu bringen geeignet ist. 1) Fig 25, Fig. 26, Fig. 27. *) Zur Kenntniss der Sinnesorgane der Schlangen, Archiv f. mikrosk. Anat. 1872, S. 349. 6 RAW OR Das Innere der Gabelenden der Zunge wird fast ganz von Blutgefässen eingenommen, an deren Netzen man die arterielle und venöse Partie gut zu unterscheiden vermag. Auch ein Nerv, welcher in der Mitte hinzieht, ist sichtbar; er dringt bis gegen die Spitze vor, ohne dass über sein eigentliches Ende etwas in Erfahrung gebracht werden konnte. Die Zunge ist stark. dunkel pigmentirt. Bei Vipera ammodytes bildet das Pigment fürs freie Auge an der hinteren Hälfte eine schwarze Punktirung, an der Vorderhälfte ein zusammenhängendes Schwarz. Bei Vipera berus, var. prester ist die Zunge nicht stärker pigmentirt als bei der Stammform. Auch bei Tropidonotus natrix ist der eigentliche Zungen- körper und zwar an seiner Rückenfläche stark dunkel; an der Seite wird er ziemlich pigment- frei, so dass ein grauer Streifen sich jederseits hinzieht. Die Hauptmasse des Pigmentes liegt, ganz in Uebereinstimmung mit der äusseren Haut, im bindegewebigen Theil der Schleimhaut, und es erscheint daher z. B. bei Tropidonotus, nach Abhub des Epithels, die Zunge erst recht tief schwarz. Ein Theil des Pigmentes ist aber auch im Epithel und zwar in dessen tieferen Lagen, enthalten. Das Epithel selber zerfällt, wie sich besonders gut an den Gabelspitzen, wo es dicker ist als an der übrigen Zunge, wahrnehmen lässt, in drei Hauptschichten, wovon die unterste am mächtigsten und pigmentirtesten ist. Die zweite und dritte Schicht sind dünner und weniger pigmwentirt, dabei aber verhornter; was alles sowie das Grösser- und Flacherwerden der Zellen nach aussen an bekannte Verhältnisse anschliesst. Auch sind wie in anderen Epithel- lagen verästigte Pigmentzellen zwischen den rundlichen vorhanden. Hingegen verdient eine die Zellen der obersten Lagen auszeichnende Sculptur besondere Erwähnung, Man kann am Rande von Epithelstücken eine feine Querstrichelung unterscheiden und die nähere Prüfung ergibt, dass die freie Fläche der Epithelplatten eine Punktirung an sich hat, welche von feinen, die Oberfläche der Zunge rauh machenden Höckerchen oder auf- gesetzten Knöpfchen herrührt. Wenn daher z. B. Duge&s !) ausdrücklich sagt, man sehe an der Schlangenzunge keine Rauhigkeiten, so ist dies richtig für die Besichtigung mit freiem Auge, unter dem Mikroskop aber zeigen sich andere Verhältnisse. Die gedachte Höckerbil- dung, welche der Cuticularschicht der Zelle angehört, bemerke ich an allen den oben genannten Arten 2). !) Dug£&s, Rech. anat. et physiol. sur la deglutition dans les Reptiles. Ann. d. se. nat. 1827. 2) Fig. 28. — Nachträglich gewahre ich, dass auch F. E. Schulze an der äussersten Hornlage der Zunge von Tropidonotus natrix einen Besatz von zahlreichen, dicht nebeneinanderstehenden, kleinen Höckern auf der Aussenfläche erwähnt. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 5, S. 306. er Die Fleischmasse oder das Hauptparenchym der Zunge wird gebildet vom Musculus hyoglossus. Schon Meckel konnte auf Grund der von ihm angewendeten Methode der Unter- suchung angeben, dass der genannte Muskel, indem er durch die ganze Länge der Zunge sich fortsetzt, fast allein die Substanz des Organes bilde. Doch betheiligen sich, wie ich berichten möchte, an der Zusammensetzung des Zungenfleisches noch Rings- und senkrecht aufsteigende Muskeln, worüber Querschnitte am besten belehren können. t) Durchschneiden wir z. B. an Vipera ammodytes den hinteren unpigmentirten Theil des Zungenkörpers, so kann es beim ersten Blick scheinen, als ob der M. hyoglossus (genauer in Anbetracht seines Ursprunges der M. cerato-glossus) durch seine beiden Längszüge allein die Zunge herstelle; doch zeigen sich bereits bei näherem Zusehen eine obere, ebenso eine untere quere Lage, und ferner senkrecht zwischen den beiden Längsmuskeln aufsteigende Bündel. Die Stümpfe von drei Nerven, einem grosseu und zwei Kleinen, liegen anfänglich mehr am Rande oder nach aussen vom M. hyoelossus und gerathen weiter nach vorn in dessen Mitte. Am stark pigmentirten Abschnitt der Zunge hat sich schon eine theilweise andere Gruppirung der Muskeln eingestellt, oder vielleicht richtiger: es sind neue Muskellagen hinzu- gekommen. Die Ringschicht der Rückenseite erscheint fast ganz verdeckt durch das viele Pigment; es folgt eine obere Längsschicht, ein M. longitudinalis superior, aufgelöst in Bündel; der untere Längsmuskel ist der M. hyoglossus. Zwischen diese beide treten die Züge eines queren Muskels, des M. transversus linguae. Endlich sind. wieder die aufsteigenden Züge bemerkbar, welche einerseits in stärkerem Maasse zwischen die M. M. hyoglossi senkrecht ziehen, als auch strahlig nach den Seiten, zwischen den Bündeln des M. longitudinalis superior, sich verbreiten. In dem Raume zwischen dem M. hyoglossus, dem M. transversus und den senkrechten Bündeln liegt, nach aussen nahe dem Zungenrande, eine grössere Vene, ein- wärts eine Arterie, dann mehrere Nerven und auch aus der Substanz des M. hyoglossus blickt der Durchschnitt eines Nervenastes hervor. In den zwei Theilen der Zungengabel erhalten sich nicht minder lange fort Längs-, Rings- und senkrechte Züge; die Vene bleibt am äusseren Rande, die Arterie liegt einwärts, in ihrer Nähe die Nerven. ?2) Ausserdem macht sich der Querschnitt eines derben, scharf abgegrenzten sehnigen Längs- oder Achsenstranges bemerklich. !) Vergl. Fig. 28a, Fig. 29, Fig. 30. 2) Es bedürfte eigens hierauf abzielender Studien, die ich nicht vorgenommen habe, um angeben zu können, welchen Nerven im Besonderen die einzelnen Stümpfe angehören. Bei Hellmann (Tastsinn der Schlangen, Göttingen 1817), ist nicht blos ein »Zungennerv« gezeichnet, der dem N. hypoglossus entspricht, sondern auch ein »Zungennerv« der aus dem Unterkieferknochen (?) hervortritt. Ich habe nur so viel bemerkt, dass jederseits Terug de Von da an, wo die Zungengabel haardünn wird, also in den eigentlichen Endspitzen, sind die Muskeln zurück geblieben; sie gehen etwa so weit als im Bindegewebe der Schleimhaut sich das Pigment erstreckt. Nach Aufhellung einer Zungenspitze im Ganzen lässt sich er- kennen, dass die immer noch aus Längs-, Quer- und senkrechten Bündeln bestehende Fleisch- masse zugespitzt ausläuft. Hierbei bilden die Längsmuskeln, welche am weitesten reichen, das eigentliche Ende, während die queren Lagen schon früher aufgehört haben. Und so scheint, indem wir das Ergebniss zusammenfassen, das muskulöse Parenchym der Schlangenzunge, gleich dem des Menschen aus Fasern zu bestehen, welche Fortsetzungen des M. hyoglossus sind und die Hauptlängszüge vorstellen. Sodann sind aber auch Ausstrahlungen eines M. genioglossus zugegen, wohin die senkrecht aufsteigenden und sich zertheilenden Züge zu rechnen wären. Hingegen möchten die Ringschichten, M. cireularis, ferner die queren Züge, M. transversus, und wahrscheinlich auch der obere Längsmuskel, M. longitudinalis, als solche anzusehen sein, welche in der Zunge entspringen und dort endigen. 5. Mundschleimhaut und Hautdecke. Die vorangegangenen Mittheilungen über den Bau der Schleimhaut der Zunge haben Manches gebracht, was auf die morphologische Uebereinstimmung der Mucosa der Mundhöhle mit der allgemeinen Hautdecke hinwies. Ich möchte an dieser Stelle die eigenen Wahrnehmungen und jene von zwei andern Beobachtern zusammenreihen, um noch deutlicher zu zeigen, dass das Continuitätsverhältniss der beiden Hautlagen, wie es bei der Entwicklung des Wirbel- thieres sich anlegt, in charakteristischen Merkmalen auch für den fertigen Zustand fortbesteht. 1) Vor vielen Jahren hat Rapp‘) zu erwähnen nicht unterlassen, dass bei mehren Sauriern (Arten von Gecko, Seincus, Seps) »auf eine merkwürdige Art die Schuppen- bedeckung des Körpers auf der Oberfläche der Zunge sich wiederhole.« 2) An Selachiern wurde die histologische Gleichheit der Hautknochen mit den Zahn- bildungen der Mundhöhle von mir im Näheren dargethan. 3) Die Hautdecke der Schlangen zeigt eigenthümliche Reliefbildungen, unter anderem auch eine Art von höckeriger Sculptur der Epidermis. Was hier in grösserem Massstab auftritt, wiederholt sich im feinerer Nachbildung als winziger Höckerbesatz auf . dem Epithel der Schleimhaut der Zunge. zwei Nerven an die Zunge gehen: an den vorderen Theil, da wo bei 7. natrie die Pigmentirung beginnt ein Ramus lingualis N. trigemini; dann einer, welcher viel weiter nach hinten einsetzt, der N. hypoglossus. Ob auch Elemente des N. glossopharyngeus zugegen sind, — was wahrscheinlich ist — weiss ich nicht zu sagen. ı) W. Rapp, Verrichtungen des fünften Nervenpaares, Leipzig 1832. a 4) Das dunkle Pigment oder auch andere bestimmte Farbentöne der Hautdecke ver- breiten sich über die Schleimhaut der Zunge. 5) Die Tastkörperchen des Integumentum commune erstrecken sich, wenn auch zarter geworden, auf das Innere der Mundhöhle. 6) Auch die epithelialen Sinnesorgane der äusseren Haut setzen sich bei Fischen, Amphibien und Reptilien, obschon theilweise in starker Abänderung, von aussen nach einwärts in die Schleimhaut der Mundhöhle fort. 7) Durch Fraisse ist bekannt geworden, dass die Zunge des Entenembryo auf der Oberfläche mit Embryonalfedern versehen ist, welche in Follikeln sitzen und sich nicht unterscheiden von jenen die Körperoberfläche bedeckenden Embryonalfedern. !) 8) Auch die Haare der Säugethiere, welche sich als eine sehr bezeichnende Bildung der äusseren Haut darstellen, erstrecken sich bei manchen Nagethieren inselartig in die Schleimhaut der Mundhöhle. 6. Zungenbein. Seit den Zeiten Cuvier’s ist es bekannt, dass das Zungenbein der Ophidier aus ein paar langen, vorne zusammenstossenden, knorpeligen Fäden oder Hörnern bestehe. In Nach- stehendem glaube ich über Form und Bau des gedachten Theils noch einiges Weitere bringen zu können. Was die Gestalt im Allgemeinen anbetrifft, so lässt sich der vorderste bogige, die Hörner verbindende Abschnitt als Körper des Zungenbeins ansprechen, ohne dass sich das Stück von den Hörnern selber abgliedert. Auch ist der Theil, gleichwie es mit den Hörnern der Fall ist, dem Corium der Hautdecke angeheftet und erstreckt sich nicht in die Substanz der Zunge hinein. Nachdem man die Luftröhre und die in ihrer Scheide befindliche Zunge aufgehoben hat, erscheinen die Hörner wie zwei feine Stäbchen und nur ihr hinteres Ende steckt in einem Muskel (M. hyoglossus) ; das Körperstück ist noch verdeckt, da sich an ihn ein vom Unter- kiefer kommender Muskel (M. mylo-hyoideus) ansetzt. Auch darf erwähnt werden, dass das Zungenbein weit nach hinten am Kehlkopf liegt, etwa in gleicher Linie mit dem Ende der Mundspalte, was mit dem Umstande zusammenhängt, dass der Kehlkopf bei der grossen Länge der Luftröhre gar sehr nach vorne sich geschoben hat. !) Fraisse, Embryonalfedern in der Mundhöhle der Vögel, Zoologischer Anzeiger, 1831. A Um über Lage und Form des Zungenbeins übersichtlich sich zu unterrichten, verfährt man am besten in der Weise, dass man an jüngeren Thieren die Kehlhaut im Ganzen aus- schneidet und aufhellt. Die einzelnen von mir untersuchten Arten bieten in der Gestalt des Zungenbeins folgende Unterschiede dar. Bei Coronella austriaca verbinden sich die beiden Hörner vorne in einfachem Bogen, ohne dass eine Hervorragung oder Verdickung zugegen wäre. !) Tropidonotus tessellatus besitzt ebenfalls eine ganz einfache schlingenförmige Verbindung der beiden Hörner. Hingegen entwickelt bei Tropidonotus natrix der Gipfel des Bogens eine vorspringende Anschwellung von stumpf rundlicher Form. ?) Bei Zamenis viridiflavus var. carbonarius erscheint der die Hörner verbindende Bogen lang ausgezogen und die dadurch erzeugte Spitze erinnert an den langen, bei Sauriern sich in die Zunge erstreckenden Fortsatz des Zungenbeins (Os entoglossum). Endlich bei Vipera ammodytes hat sich diese Spitze noch länger ausgezogen. Histologisch betrachtet gehört das Zungenbein zum verkalkten Zellenknorpel. Die Achse verkalkt, während die Rinde knorpelig bleibt; nach aussen folgt eine streifige Grenzschicht, welche näher besehen, von langen schmalen, theilweise auch grösseren Spalten derartig durch- brochen ist, dass man sie auch ein elastisches Netz nennen könnte. Ein lockeres Bindegewebe schliesst das Ganze nach aussen ab. Bei jüngeren Thieren bleibt der verbindende Bogen noch rein knorpelig, indessen die Hörner schon verkalkt sind. Darauf beziehen sich vielleicht die Angaben, dass die beiden Hörner durch ein »Band« vereinigt seien, oder dass der Bogen »de nature presque membra- neuse« sei. — Die Knorpelzellen im spitz auslaufenden Theile sind gegen den Rand hin in Haufen derartig gruppirt, dass sie sammt Grundsubstanz wie Drüsenfollikel in die lichte Rand- zone vorspringen. Sehr bemerkenswerth ist, dass bei der Verkalkung des Knorpels sich derselbe in wirbel- ähnliche Stücke sondert.°) Man darf wohl annehmen, dass der functionelle Grund, welcher das ursprünglich knorpelige Rückenmarksrohr mit dem Auftreten der Kalksalze in Wirbelabschnitte zerlegt, auch für diese Bildung am Zungenbein das Bedingende in gleicher Weise sei. Die 1) Fig. 17. 2) Fig. 19. ®) Fig. 21, Fig. 22, Fig. 23, Fig. 24. ee Bewegungen des so lang ausgezogenen, verkalkten Zungenbeins scheinen es nothwendig zu machen, dass der lange Stab in eine Anzahl von Stücken sich gliedert. Beim ersten Ansichtigwerden der wirbelähnlichen Zertheilung der Zungenbeinhörner hielt ich sie für künstlich hervorgerufen; es schienen Abknickungen des spröden Knorpels zu sein, entstanden durch die Herausnahme des Theiles. Allein es fand sich die Gliederung bei allen untersuchten Individuen nicht nur und unter der vorsichtigsten Behandlung, sondern es zeigten sich auch in der Form der Abgliederung typische Verschiedenheiten. Bei Tropidomotus natrix z. B. geschieht die Zertheilung so, dass im Ganzen die einzelnen Stücke von ziemlich regelmässiger Grösse sind, wobei sich freilich auch etwas umfänglichere einschieben. Aehnlich ist das Bild bei Tropidonotus tessellatus, und die Kalkwürfel, wenn wir sie so nennen wollen, sind im Bogenabschnitt des Zungenbeins so deutlich wie in den Hörnern abgegrenzt. Auch bei Zamenis viridiflavus var. carbonarius zeigt sich der kalkige Achsentheil der vom Bogen vorragenden Spitze gegliedert, so gut wie das Uebrige. Bei Coronella austriaca sind die Kalkwürfel kürzer als bei den anderen genannten Arten und streckenweise noch einmal getheilt, so dass eine im Ganzen buntere oder unregelmässigere Zerfällung sich eingestellt hat. Nach all diesem kann eben doch kaum ein Zweifel darüber bleiben, dass man eine wirk- liche natürliche und keine künstliche Bildung vor sich habe. Die herantretenden oder abgehenden Muskelzüge — vorne eine Art M. mylo-hyoideus, hinten der M. hyoglossus — bestehen sämmtlich aus schmalen Primitivbündeln und hören mit ihrer quergestreiften Substanz sehr scharf für sich auf, während die Sehnenfäden mit der er- wähnten streifigen Grenzschicht des Zungenbeins verfliessen. 7. Bauchfell. Ueber das Peritoneum der einheimischen Schlangen habe ich an einem andern Orte nach eigenen Untersuchungen Verschiedenes mitgetheilt, was dazumal neu war, so z. B. dass bei Tropidonotus natriz jener Fortsatz des Bauchfells, welcher als Anheftungsband der Leber dient, von starken Netzen glatter Muskeln durchzogen sei. Jetzt möchte ich bezüglich einer exotischen Schlangenart einige historische Notizen bringen, welche zeigen, dass ein in jüngster Zeit mehrfach besprochenes Verhalten des Bauchfells bei Python früheren Beobachtern keineswegs entgangen war. L ERBE Lataste und Blanchard!) fanden bei Zergliederungen von zwei Exemplaren des genannten Ophidiers, dass kein Sack des Bauchfells in herkömmlichem Sinne zugegen sei, sondern ein lockeres Bindegewebe, welches die Eingeweide unter einander verknüpft. Da unsere Autoren in der von ihnen benutzten Literatur nichts über diesen so abweichenden Punkt angegeben sahen, so halten sie sich für die Ersten, welche diesen Bau des Bauchfells aufgefunden hätten, Allein dem ist nicht so. Schon nahezu zwanzig Jahre vorher hat Hering auf diese Organisation hingewiesen. ?) Der Genannte zergliederte ein frisches Exemplar der Boa constrictor und hebt unter Anderm Folgendes hervor: »Es ist kein Cavum thoracis oder abdominis vor- handen, sondern die sämmtlichen Eingeweide stehen durch lockeres Bindegewebe unter sich und mit den Wänden des Leibes in Verbindung.« Aber auch der Stuttgarter Arzt und Naturforscher ist nicht der erste Entdecker dieser anatomischen Eigenthümlichkeit gewesen, sondern es hat schon nahezu dreissig Jahre vor ihm A. Retzius, der frühere Anatom in Stockholm, die Sache gut gekannt und darüber gehandelt. ®) »Der Magen ist wie der Schlund in Zellgewebe gebettet und solchergestalt ohne Peritonealhaut. Ungefähr in der Mitte der Magenlänge entspringen zwei kleine seröse Canäle, einer in jeder Seite, welche an den Enden geschlossen sind und rückwärts auslaufen, einer in den kleinen Blindsack, welcher ihn umgiebt, der andere sich neben dem Blindsacke endigend.« Ferner: »Der Darmeanal ist auch gleich dem Magen in Zellgewebe gehüllt, mit Ausnahme seines hintersten Theiles, welcher einen serösen Ueberzug hat und mit den Zeugungstheilen in einer und derselben Cavität liegt.« Der Darm bilde kurze, durch Zellgewebe verwachsene Krümmungen. Wir entnehmen auf diese Weise den älteren und neueren Mittheilungen über das Bauch- fell gewisser Arten von Schlangen, dass der sonst vom Bauchfell umschlossene einzige grosse Lymphraum in eine Anzahl kleinerer, unter sich zusammenhängender Lymphräume zerlegt sein kann. Nebenbei sei noch bemerkt, dass auch die vergleichenden Beobachtungen , welche A. Retzius über die einheimischen Schlangen Yipera berus und Coluber natrix gibt, sehr beachtenswerth sind; so insbesondere was er über die Beschaffenheit der Schleimhaut in den verschiedenen Gegenden des Magens sagt, ferner über das Innere des Herzens, die Nebennieren, Analsäcke, Fettlappen. ) F. Lataste et R. Blanchard, Le peritoine du Python de Seba. Soc. zool. de France 1879. — R. Blanchard, Nouvelles Recherches sur la peritoine du Python de Seba. Soc. zool. de France, 1882. ?) Notizen zur Anatomie der Boa constrietor L. von Med. Rath Dr. Hering. Jahreshefte d. Vereins für vaterländische Naturkunde in Württemberg, 1860. °) Andreas Retzius, Anatomische Untersuchungen über verschiedene Theile des Python bivittatus, nebst vergleichenden Bemerkungen. Verhandlungen d. königl. schwedischen Akademie d. Wiss. für das Jahr 1330. Stockholm 1831. (Wiedergegeben ohne die Kupfertafeln in der Ztschrft. Isis von Oken, 1832). Bug 8. Begaltungsorgane. Swammerdam, der sonst so trefiliche Zergliederer, hatte die Begattungsorgane der Schlangen für Gehwerkzeuge erklärt; ) da er »dornige Auswüchse« daran ferner wahr- genommen hat, so vergleicht er die vermeintlichen Füsse dem sogenannten Morgenstern, »das im Kriege gebräuchliche Werkzeug.« Erst unter den Beobachtern einer viel späteren Zeit gab es Manchen, welcher richtiger zu deuten wusste, so z. B. war es Wolf, der Mitarbeiter an Sturm’s Hentsoher Fauna, welcher, obschon eigentlich anatomischen Studien fernstehend — er hatte das Amt eines Inspectors des Schullehrerseminars in Nürnberg — doch die Ruthen der Schlangen als das ansah, was sie wirklich sind. 2) Auch bei Wyder °) werden die Theile im ausgestülpten Zustande dargestellt an Vipera aspis und richtig gedeutet, wie ich aus der Be- merkung' über die geschlechtliche Vereinigung schliesse: »le mäle est tellement attache a la femelle par les parties genitales, qu’ il ne peut s’en separer & volonte, ni la femelle de lui.« Ferner sah Frivaldszky um dieselbe Zeit bereits klar in der Sache. %) Mittbeilungen über den Bau der Organe würde wahrscheinlich das Werk von Brandt und Ratzeburg’) gebracht haben, wenn die Verfasser nicht zu erklären hätten: »Männliche Geschlechtstheile sahen wir nicht, da alle von uns zergliederten Exemplare Weibchen waren.« Da übrigens auch dem wackeren Scopoli in die Schuhe geschoben wird, er habe in seinem »Coluber bipes« die Ruthen für zwei Gliedmassen gehalten, so kann ich nicht umhin zu, bemerken, dass diesmal der Irrthum wohl auf Seite des Tadlers sich befindet. Denn es wird hierzu eitirt: Iter tyrolense im Annus hist. nat. II, p. 39. Dort gebraucht aber Scopoli, um die Länge zu bezeichnen die Ausdrücke: bipedalis, tripedalis und pedalis, ein Coluber bipedalis ist aber doch etwas anders als ein Coluber bipes! — Hingegen hat Sanders‘) und hin und wieder ein Autor auch nach ihm, den gerüsten Irrthum begangen. Er theilt in der Beschreibung der ihm neuen »Baumschlanges, welche er im Naturaliencabinet des Klosters St. Blasien im Schwarzwald, Anfangs der achziger Jahre des vorigen Jahrhunderts, kennen lernte und wir jetzt für Blaphis flavescens ansprechen dürfen, unter Anderm Folgendes mit: »Wenn man von der Spitze des Schwanzes nach dem After zu, etwa eine starke Spanne weit !) Swammerdam, Bibel der Natur, S. 292. ®) J. Sturm, Deutschlands Fauna, 3. Heft, 1802. ®) Wyder, L’hist. nat. des Serpens de la Suisse, 1823. %) Frivaldszky, Monographia serpentum Hungariae, 1323. °) Brandt und Ratzeburg, Medieinische Zoologie oder Darstellung und Beschreibung der in der Arzneimittellehre in Betracht kommenden Thiere, 1829. 6) Der Naturforscher. Siebzehntes Stück, 1782. One fortgeht, so findet man an diesen Schlangen zwei kleine fleischigte Füsse, die ganz deutlich etwa einen halben Zoll lang sind, aus dem Körper herausstehen, an sich dick und stark sind und an ihrem äussersten Rand einen Kranz von mehreren Zacken oder kleinen Stacheln haben, die so fein sind wie Wespenstacheln.« Ich iege eine Zeichnung !) über die Theile im ausgestülpten Zustande vor und zwar genommen von einem Thier, dessen Einsender gerade über diese ihm »fremdartigen Bildungen« Aufschluss begehrt hatte. Ausserdem seien darüber npch folgende Bemerkungen angeschlossen. Die Stacheln der Penes der Schlangen sind wohl zuerst von mir ?) an Tropidonotus natrix histologisch untersucht worden und ich konnte angeben, dass sie nicht, woran man zu- erst denken möchte, zum Horngewebe gehören, sondern in die Kategorie echter Hautknochen. Die Ausstülpung der Begattungsglieder wie sie an der Abbildung erscheint ist wohl eine unvollständige, was zu schliessen ist nach der Figur, welche Bojanus den Theilen an einem Fötus gibt. Er zeichnet dort die »Ruthen aus der Kloake hangend« mit gabeligem Ende °), und auch Rathke stellt sie tief eingeschnitten dar *). Für die Besichtigung mit freiem Auge liessen sich an jeder Ruthe sieben oder acht Stacheln unterscheiden; unter der Lupe kamen noch mehrere vom Aussehen glänzender Spitzchen zum Vorschein; endlich bei der mikroskopischen Untersuchung erblickt man eine überraschende Menge feinster Stacheln. Die ganze Fläche der stark gerunzelten und gefalteten Haut ist voll davon; die grössten bleiben jene, welche das Ende der Ruthe oder die Eichel besetzen. Anbelangend die eigentliche Gestalt der Stacheln, so unterscheidet man nach Aufhellung der Weichtheile, den frei vorragenden Theil und das tiefer liegende Wurzelstück. Dies wieder- holt sich an den kleinsten so gut, wie an den grössten; dabei können beide Abschnitte ent- weder ganz gerade sein oder auch eine schwache Krümmung haben. Histologisch besehen erweisen sich die Stacheln als Verknöcherungen des Bindegewebes °). Die kleinen Lücken des genannten Gewebes sind bei der Verkalkung übergegangen in rund- 1) Fig. 31. ®) Archiv. f. Anat. u. Phys. 1855, S. 590, Anmerkung. ®) Bojanus, Dottergang im Fetus des Coluber berus, Isis 1818, Th. II, S. 2093, Taf. 26. Die sieben Figuren, die Anatomie des Fetus versinnlichend nebst Erklärung, scheinen in völlige Vergessenheit gesunken zu sein, obschon sie, wie Alles, was aus der Hand von Bojanus hervorging, den Stempel der Sauberkeit und Genauigkeit an sich tragen. *) Rathke, Entwickelungsgeschichte der Ringelnatter, 1839, Taf. II, Fig. 18, Fig. 19. — Ein ähnliches Gabelende wird dem Copulationsorgan auch anderer Schlangen beigelegt: Crotalus, Trigonocephalus, Boa, Py- thon u. a. Im Einzelnen mögen wohl mancherlei Verschiedenheiten obwalten, auf welche nur bis jetzt nicht geachtet worden ist. 5) Fig. 32, Fig. 33. liche, längliche, eckige »Knochenkörperchen.< Die kleinen Stacheln haben bis zur Spitze einen: bleibend bindegewebigen Ueberzug, während an den grössten die Kalkspitze frei von solchem ist. Indem man die letztere näher ansieht, zeigt sich die Begrenzung gebildet durch einen hellen Saum, der kappenartig die Spitze umzieht. Anscheinend von homogener Natur lassen sich doch, bei stärkerer Vergrösserung, darin einige helle Lücken in Form feinster Querstriche unterscheiden. Mir dünkt, dass diese Schicht durch Verkalkung jenes bindegewebigen Restes entstanden ist, welcher die kleinsten Stacheln in weicher Form dauernd überdeckt. Das Wurzelstück ist länger als der eigentliche Stachel, seine Oberfläche rauher, dunkler. Es mangelt dem ganzen Gebilde eine innere Höhlung, was ausdrücklich bemerkt sein mag, weil man nach der äusseren Form dieser Knochenstacheln an einen Vergleich mit Zähnen denken könnte, was sich aber durchaus nicht weiter begründen liesse. ‚In physiologischer Hin- sicht mögen die Theile das Gleiche bedeuten, was die von mir *) beschriebenen ceuticular ver- änderten Stachelzellen an der Eichel der Eidechsen sind. Bei letzteren beschränkt sich das Stachelwesen auf ein besonders geartetes Epithel; bei den Schlangen geht es ins Grössere über und ruft gewissermassen verkalkte Papillen hervor. Das Auftreten von Knochenstacheln in der Haut der Ruthen bei Schlangen wird uns desswegen beachtenswerth, weil bis jetzt noch bei keiner Schlange sonst im Bereiche des Inte- gumentes Knochen nachgewiesen worden sind, während bei Sauriern, Schildkröten und manchen Amphibien Verkalkung der Haut in ausgedehntem oder beschränktem Maasse zugegen ist. Man ‘darf annehmen, dass der Mangel der Hautknochen den Schlangen nützlich ist, da die raschen und vielseitigen Biegungen des Körpers dieser Thiere wohl nicht in dem Grade wie sie es sind, möglich sein könnten, wenn die Haut durch Knochentäfelchen bepanzert wäre. Es mag auch an diesem Orte wieder auf den grossen Unterschied hingewiesen sein, welcher sich in der Bewegung der zwar schlangenähnlichen, aber mit Hautknochen gepanzerten Blindschleiche, gegenüber von jener einer Schlange kundgibt. Dort ein wie unbeholfenes sich Aufrollen und Fortschieben, hier bei durchweg weichbleibender Lederhaut ein leichtes, wellenförmiges Dahingleiten! Schliesslich darf auch in Erinnerung gebracht werden, dass nach meinen Wahrnehmungen die Ruthen bei Eidechsen und Blindschleichen als Wucherungen der allgemeinen Hautdecke entstehen, also zuerst papillenartig sich erheben und dann nachträglich eingestülpt werden. ?) Von diesem Gesichtspunkte aus sind abermals die Penisstacheln der Schlangen den Hautknochen des Integumentes anderer Reptilien anzureihen. !) Die in Deutschland lebenden Arten der Saurier, 1872, S. 143. 2) Vergl. a. a. O., S. 153, Taf. IX, Fig. 119 (Embryo von Angwis fragilis). 9. Charion des Eies. Die Oberfläche der kalkhaltigen Schale frisch gelegter Eier von Tropidonotus natrix ist nicht glatt, sondern grubig höckerig. Untersucht man das Chorion, nachdem durch Säure- zusatz ein Theil des Kalkes unter reicher Gasentwickelung entwichen ist, so erscheint der zurückgebliebene Kalk in der Form von pflasterartig aneinander schliessenden Täfelchen. Schon das freie Auge bemerkt ferner an dem einen Pol eine markirte Stelle: einen flachen Knopf, welcher von einem Graben umgeben ist. Unter dem Mikroskop wird daraus eine fünfstrahlige Rosette, deren Einzelstücke nicht allzuregelmässig sind. An einem zweiten Ei, und zwar etwas seitwärts von dessen stumpfem Pol, zeigte sich anstatt der Erhöhung eine Vertiefung, welche von Linien einer rosettenförmigen Figur begrenzt war. Wieder an anderen Eiern war selbst mit Hülfe der Lupe nicht das mindeste von einer solchen Stelle zu entdecken. Man könnte sich geneigt fühlen das Beschriebene auf die Anwesenheit einer Mikropyle zu deuten; allein ich glaube eine solche Auslegung für unrichtig halten zu müssen, ohne frei- lich angeben zu können, welche Bewandniss es eigentlich mit den markirten Stellen haben möge. Trotzdem soll noch erwähnt sein, dass mir die Abbildung eines Schlangeneies bekannt geworden ist, die etwas Aehnliches an sich zu haben scheint, Es ist das gelegte Ei von Elaphis flavescens, welches Host auf einer den »Coluber Aesculapii« versinnlichenden Tafel hat darstellen lassen '). Wir sehen an dem einen Ende dieses Eies ein deutlich abgesetztes Knöpfchen ! Bonn, im März 1883. . !) In dem Werke von Jacquin, Collectanea ad Botanicam, Chemiam et historiam naturalem, spec- tantia. Vol. IV, Vindobonae, 1790. ig. 20. Erklärung der Abbildungen. Tafel I. Alle Figuren mit Ausnahme von Fig. 17, 18, mit der Lupe oder unter dem Mikroskop schwach vergrössert. Kopf von Coronella austriaca. Nasenschild der Coronella austriaca. Kopf von Elaphis flavescens. Kopf von Zamenis viridiflavus. Kopf von Tropidonotus natrix. Kopf von Tropidonotus tessellatus. Schwanzende von Jropidonotus tessellatus. Kopf von Vipera berus, Weibchen. Kopf von Vipera berus, Männchen. Kopfschilder von Vipera berus Var. prester. Kopfschilder von Vipera berus, eines ganz jungen Thieres. Kopf von Vipera aspis. Kopf von Vipera ammodytes von Bozen. Oberseite des Kopfes einer Vipera ammodytes aus Italien. Schwanzspitze von Vipera berus. Gehirn von Tropidonotus natrix. Zungenbein von Coronella austriaca, natürliche Grösse. Zungenbein von Vipera ammodytes, natürliche Grösse. Vorderes Ende des Zungenbeins, gering vergrössert, von Tropidonotus natrix, ganz junges Thier. Tafel II. Gaumenhälfte von Vipera berus, junges Thier. Man sieht die Gruppen der epithelialen ‘Sinnesorgane. Die Reihe der Löcher nahe am Rande sind die Oefinungen von Lippendrüsen. Geringe Ver- grösserung. Vorderes Ende des Zungenbeins von Zamenis viridiflavus var. carbonarius, gering vergrössert. Die von ihm abgehenden Streifen bedeuten Muskelzüge. Vorderes Ernie des Zungenbeins von Vipera ammodytes, gering vergrössert. Stück eines Zungenbeinbogens, um die Abgliederungen der verkalkten Partie zu zeigen. Geringe Vergrösserung. Ein Theil vom Zungenbein bei stärkerer Vergrösserung: verkalkte, in Stücke sich gliedernde Achse; knorpelich bleibende Rinde; bindegewebiger Ueberzug; sich ansetzende Muskeln. Fig. ig. 29. . 30. ig. 31. . 32. . 88. A Eine der Gabelenden der Zunge von Tropidonotus natrix. Am dickeren Theil. die Epithelscheide in ihren Hauptschichten vorhanden, in der untersten Lage viel Pigment; in dem vom Epithel entblössten Theil sieht man mit Pigment erfüllte, Bindegewebsspalten, Muskeln, eine Blutgefäss- schlinge; in der Spitze Lymphräume. Mässige Vergrösserung. Spitze einer Zungengabel für sich mit Lymphräumen. Gleiche Vergrösserung wie vorhin. (T. natrix). Spitze einer anderen Zungengabel mit den Lymphräumen im Innern, stärker vergrössert. (T. natrix). Einige Epithelzellen der Zunge mit feinhöckeriger Seulptur. Ebenfalls von 7. natrix. . Stück eines Querschnittes durch die Zunge von Vipera ammodytes. Das Pigment ist weggelassen. Man sieht die Züge der verschiedenen Muskeln, die Nerven und Blutgefässe. Geringe Ver- grösserung. ö Querschnitt durch die Zungengabel von Vipera ammodytes. Gering vergrössert. Es zeigen sich ausser den verschiedenen Muskelschichten auch die Blutgefässe und Nerven, sowie ein binde- gewebiger fester Strang. Das Pigment ist angedeutet. . Querschnitt aus demselben Organ, aber nahe der Spitze der Gabel. Gleiche geringe Vergrösserung. Halb ausgestülpte Begattungsglieder des Männchen von Vipera berus Var. prester. Lupenvergrösserung. * Freies Ende eines grossen Penisstachels, ziemlich stark vergrössert. Ein ganz kleiner Penisstachel, vollständig, Vergrösserung wie vorhin. Inhalts-Verzeichniss. Seite EIN EIEU AN a RR Gen Rare rer BO re RE BET EEeTn Die Te nk En Der A N ee ıl I. Zoologische Bemerkungen. Gattung: Tropidonotus. ISArE:) VTromdonotustnamaae Il all Re ER KON ee MA N 3 DATE SEITODIAONOLUS: TESSEHANUBN Ne Rn NEHMEN Ser anderen. ke an N eo Serge 8 ‘Gattung: Elaphis. BEESSEIHEDRTSITLAVESCENSH ea al, Seele EN Re EEE te Re as re TO Gattung: Zamenis. ATt. ZaAMEIISRUTTRTAVURE N N er ne en eh er, ur A: Gattung: Coronella. FALHEDCHTONENANAUSITTACHNN EN KO EEE Re ee VE RT Eee a | - Gattung: Vipera. TS ATt SV ineramberuss kant eine ven nike te erraten ee Se one ee ZEDTESEVIDER@AENESNEN URN ELENA Er N SLE, CRERSLER ES BEER EBEN a 220 272 SCREEN 2 BUN TREE NUT On Eon RELATED ae ee ee el) - II. Anatomische Bemerkungen. Gelirnsder. Bingelnalterin.na ass NE ER ER NR an 36 BBECHETLTOrMIFENSINNEBOTEANEN.. a a NE ee ee re NT Wzusdensltramentenvdes: Skeletes. m. 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