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HX64100120 QP121 .G11 Über Apnoe über die

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UEBEE APNOE

UND UEBEE

DIE IN DER LEHRE VON DER

EE&ÜLIRÖIIG DEB ATHEITHAETIGKEIT

ANGEWANDTE

TERMINOLOGIE.

ZWEI VORLESUNGEN

GEHALTEN AN DER KGL. FRIEDRICH- WILHELMS -UNIVERSITÄT ZU BERLIN

VON

DR- MED JOHANNES GAD.

COLUMBIA UNIVERSI'n'

DEPARTMENT OF PHYSICLOGY

College of Physicians and S jf geons

437 WEST FIFTY NINTH STqEtx NEW YORK

WURZBURG.

DRUCK UND VERLAG DER STAHEL'SCHEN BUCH- UND KUNSTHANDLUNG.

1880.

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CoUege of ^ijpöicianö anb ^urgtonö Hibrarp

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ÜEBER APNOE

UND UEBEß

DTE IN DER LEHRE VON DER

REGÜLIßüNG DER ATHEITHAETIGKEI

ANGEWANDTE

TERMINOLOGIE.

ZWEI VORLESUNGEN

GEHALTEN AN DER

KGL. FRIEDRICH -WILHELMS -UNIVERSITÄT ZU BERLIN

VON

DR- IVSED. JOHANNES OAD.

(MIT NACHTEÄGLICHEN BEMEEKUNGEN.)

WÜRZBURG.

DRUCK UND VERLAG DER STAHEL'SCHEN BUCH- UND KUNSTHANDLUNG.

1880.

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SEINEM HOCHVEREHRTEN LEHRER

E. DU BOIS-REYMOND

IN

DANKBARER ZUNEIGUNG

GEWIDMET

VOM

VERFASSER.

Inhalt.

Seite.

1. üeber Apnoe : . . . 1

2. Nachträgliche Bemerkungen hierzu 13

3. lieber die in der Lehre von der Regulirnng der Athemthätigkeit ange-

wandte Terminologie , , , . 22

4. Nachträgliche Bemerkungen hierzu , . < 34

lieber Apnoe,

gelesen vor der medicinischen Facultät der kgl. Friedrich- Wilhelms-UniyeVsität zu Berlin am 22. Juli 1879.

Yon allen, den Athemapparat betreffenden Zuständen, liat merkwürdigerweise derjenige der Apnoe am spätesten die Auf- merksamkeit der Beobackter und Forscker erregt, obgleick er dock wäkrend eines beträcktlichen Lebensabscknittes als der nor- male andauert. In der Tkat kann man den Zustand des Fötus, wenigstens in dem letzten Theil des intrauterinen Lebens, als den der Apnoe bezeicknen, das keisst als einen Zustand, bei dem okne Inansprucknakme des eigenen, dock sckon völlig entwickel- ten Atkemapparates der Gasverkekr des Organismus nack Innen und Aussen normal erfolgt. Aber nickt dieser normale Vorgang ist es gewesen, an dem sick der Begriff der Apnoe zuerst ent- wickelt kat, es bedurfte kierzu eines Experimentes und zwar desjenigen der künstlicken Respiration.

Die Metkode der Ventilation der Lungen des lebenden Tkieres, mit Hilfe eines mit der Trackea in Verbindung gesetzten Blase- balges, ist so alt wie die Transfusion und wie diese kervorge- gangen aus jenem Kreise genialer Männer, welcke in Boyle ikren Mittelpunkt fanden und deren Bestrebungen dem damals Jugend- lieben Institut der royal society scknell unsterblicken Glanz ver- lieken. HooTi war es, der mekr als ein Jakrkundert, eke die Be- standtkeile der atmospkäriscken Luft erkannt wurden und zu

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einer Zeit, in der man, naclidem sicli Harvey^s Entdeckungen in scLLwerem Kampfe Anerkennung errungen hatten, geneigt war, aucli die Atkembewegungen , als im Dienste der Circulation stellend, zu betrachten, die künstliclie Respiration erfand und mit Hilfe derselben zeigte, dass das Wesentliche bei der Athmung die Erneuerung der Luft in den Lungen sei. Das berühmte Ex- periment, welches Hooh im October des Jahres 1667 den Mit- gliedern der royal society vorführte (1), bestand darin, dass er einen Hund, dem er die ßippen resecirt und das Diaphragma entfernt ^hatte, in dem ersten Theil des Versuches dadurch am Leben erhielt, dass er seine Lungen mittelst eines Blasebalges abwechselnd aufblies und wieder zusammenfallen Hess, und in dem zweiten Theil dadurch, dass er einen continuirlichen Strom von Luft durch die oberflächlich vielfach angestochenen Lungen trieb. Man hat nun auf Grrund dieses , seiner Zeit so weit vor- ausgeeilten Versuches Hook auch die Entdeckung der Apnoe zu- schreiben wollen. Keinenfalls war jedoch Hoolc^s künstliche Ven- tilation ausreichend, um einen die Ventilation überdauernden athemfreien Zustand hervorzubringen , denn er gibt ausdrücklich an, dass nach Aufhören des Luftstromes und nach Liegenlassen der Lungen in zusammengefallenem Zustande der Hund sofort in Convulsionen verfiel. Auf den die Ventilation überdauernden apnoischen Zustand zuerst aufmerksam gemacht und ihn von dem ebenfalls athemfreien Zustand, welcher dem letzten Stadium der Erstickung angehört, scharf unterschieden zu haben, ist das unstreitige Verdienst BosenthaVs, (2).

Die die Minstliclie Ventilation der Lunge überdauernde Apnoe ist wohl zu unterscheiden von dem apnoischen Zustande des Fötus, oder demjenigen eines Versuchsthieres, bei dem künstliche Respiration unterhalten ivird, denn für den Gasverkehr des ersteren wird in der Placenta gesorgt, für den des letzteren durch künst- liche Lungenventilation, ohne dass die Thätigkeit des eigenen Athemapparates in Anspruch genommen zu werden brauchte, für den Gasverkehr eines Thieres, bei dem die künstliche Ath- mung unterbrochen ist und welches nun ohne selbst zu athmen daliegt, in einem Zustande, dem man xat sio^'/^u den Namen der Apnoe gegeben hat, geschieht Nichts für die fernere Unterhalt- ung des Gasverkehrs. Diese Apnoe, einmal entdeckt, hat in her- vorragender Weise die Aufmerksamkeit der Forscher erregt, man hat sich vielfach bemüht, sie zu erklären, man hat sich aber auch

verleiten lassen, Schlüsse auf dieselbe zu gründen, nocli ehe eine ausreichende Erklärung gefunden war.

Der Entdecker der Apnoe selbst war energisch, und mit guten Gründen, der damals herrschenden Lehre Traube's entgegen, für die Ansicht eingetreten, dass nicht die im Blute angehäufte Kohlensäure, sondern ein relativer Sauerstoffmangel die normale Anregung für den Athmungsvorgang bedinge (3). Im Anschluss hieran betrachtete er die Unthätigkeit des Athemapparates, wäh- rend der Apnoe als veranlasst durch eine, aus der energischen Ventilation der Lungen hervorgegangene Ueberladung des Blutes mit Sauerstoff, Er stellte sich vor, dass während der künstlichen Respiration das Blut sovielmehr Sauerstoff aufgenommen habe, als während der natürlichen Athmung, dass der Organismus aus dem TJeberschuss seine Oxydationsvorgänge noch geraume Zeit nach Aufhebung der künstlichen Respiration bestreiten könne, ehe der Sauerstoffgehalt des Blutes bis auf den die natürliche Athmung veranlassenden relativen Sauerstoffmangel herabgedrückt würde. Es war die seine Hypothese , die, ohne dass sie durch directe Versuche genügend gestützt worden wäre, fast allgemeine An- erkennung fand und auch noch jetzt, wahrscheinlich wegen ihrer bestechenden Einfachheit, nicht ganz die Herrschaft eingebüsst hat, obgleich seit geraumer Zeit zwingende Gründe bestehen, sie zu verlassen, oder wenigstens, sie stark einzuschränken (4).

Die Ueberladungshypothese hätte wohl nie solche Geltung erlangt, wenn man sie rechtzeitig durch folgenden einfachen Ver- such hätte prüfen können. Legt man bei einem Kaninchen das Herz frei, ohne die Pleuren zu eröffnen, was wegen der Breite des Mittelfellraumes bei diesem Thiere möglich ist, so athmet dasselbe selbstständig und vollkommen ausreichend weiter (5). Bringt man nun durch künstliche Respiration Apnoe hervor, während man die Farbe der beiden Herzohren beobachtet, so sieht man, dass bei wirksamer Ventilation (6) das rechte Herzohr stets venös und das linke verschieden lange Zeit über die Sistirung der Ventilation hinaus arteriell gefärbt bleibt. Von einer Ueber- ladung des Blutes oder gar des ganzen Körpers, wie Einige es aufgefasst haben, mit Sauerstoff, kann hiebei nicht die Rede sein, das Blut kehrt vielmehr, auch während der wirksamen künst- lichen Respiration und während der dieselbe überdauernden Apnoe, venös aus dem grossen Kreislauf zurück und wird auf

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dem Wege durcli die Lungen wieder arteriell, zuerst anscheinend vollkommen, dann gegen Ende der Apnoe weniger u:nd weniger. Letzteres kann natürlich nur auf Kosten des Sauerstoffes der Residualluft gesckeken, deren Zusammensetzung sich nach aus- giebiger künstlicher Ventilation mehr derjenigen der atmosphä- rischen Luft nähern muss , als bei spontanem Athmen. Es ist interessant zu sehen, wie nahe Bosenthal bald nach seinen ersten Veröffentlichungen über den Gegenstand dieser richtigen, wenn auch noch nicht ausreichenden Erklärung des Sachverhaltes ge- wesen ist. In einer Polemik gegen Traube, stellte er nämlich auf Grund der Angaben Holmgren^s über die Sauerstoffspannung des Blutes eine Berechnung auf, aus welcher er schloss, dass das venöse Blut auf dem "Wege durch die Lungen, noch Sauerstoff aufnehmen müsse, wenn die Luft in den Alveolen nur mehr als 1,2^/0 dieses Gases enthalte (7). Trotz dieser im Wesen rich- tigen, numerisch vielleicht nicht mehr ganz zutreffenden Ein- sicht, sollte die Berücksichtigung des Einflusses der Residualluft auf das Phänomen der Apnoe zunächst aus der Discussion noch fern bleiben.

Nachdem Pßüger gefunden hatte , dass das Blut schon bei spontaner Athmung sich in den Lungencapillaren sehr nahezu mit Sauerstoff sättige, machte er gegen die Ueberladungshypo- these geltend, dass durch künstliche Respiration der Sauerstoff- gehalt des arteriellen Blutes nur sehr wenig vermehrt werden könne. „Wenn ferner" so schliesst er weiter „das Blut sonst seinen Sauerstoff in 1/2 bis 1 Minute total verbraucht, wie soll dann plötzlich bei Apnoe dieselbe Menge erst in der 4 8-fachen Zeit verschwinden? (8).

Pßüger versuchte nun, die Apnoe zu erklären mit Hilfe einer Hypothese, welche er aus anderen Gründen aufgestellt hatte und derzufolge nicht der Sauerstoffmangel an sich die Athmung anrege resp. Dyspnoe erzeuge, sondern eine hypothe- tische, leicht oxydirbare Substanz, welche im Körper entstünde und bei Sauerstoffmangel sich in dem Blut anhäufe. Die An- nahme dieser unbekannten Substanz, deren Vorhandensein im Erstickungsblute von Ä. Schmidt und Pßüger wahrscheinlich ge- macht war, schien geeignet, auch die Apnoe dem Verständniss näher zu bringen. Durch die reichliche Sauerstoffzufuhr während der künstlichen Respiration würde der ganze Vorrath dieser

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Substanz im Blut zerstört werden können und nacli Aufhebung der künstliclien Eespiration würde die Apnoe so lange andauern, bis sieb eine genügende Menge der Substanz wieder gebildet, habe, um 'als Eeiz in der MeduUa oblongata zu wirken. Nacb dieser Hypothese müsste während der Apnoe beträchtlich we- niger Sauerstoff im Blut verbraucht werden, als unter ge- wöhnlichen Verhältnissen, das Blut müsste annähernd arteriell zum Herzen zurückkehren. Da es nun aber Pßüger damals nicht gelingen wollte, durch noch solange und energische Luftein- blasungen den Farben-Unterschied zwischen Arterien- und Venen- blut zum Verschwinden zu bringen, da er ferner durch gasana- lytische Untersuchungen za dem Resultat kam, dass der Sauer- stoffverbrauch in der Apnoe weder kleiner noch grösser als in gewöhnlichem Zustand sich erweise (9), so veranlasste er eine erneute gasanalytische Untersuchung des Blutes in der Apnoe.

Einige Jahre früher hatte schon Paul Hering in Dorpat Untersuchungen über den Gasgehalt des Blutes in der Apnoe angestellt (10), doch erschienen die Resultate, zu denen er ge- langt war, zum Theil nicht ausreichend zur Erklärung der Apnoe, zum Theil bei dem damaligen Stande der Kenntnisse geradezu paradox. Man konnte sich wohl denken , dass die von Hering bei raschem Lufteinblasen nachgewiesene Abnahme der Kohlen- säure im Blute die Apnoe begünstige, vollkommen erklären konnte sie dieselbe nicht und die die Apnoe begleitende Abnahme des Sauerstoffs im Blute des arteriellen Stromgebietes, wie sie aus Hering' s Versuchen erschlossen war, erschien so unverständlich, dass Pflüger dieses Ergebniss, als durch fehlerhafte Methoden gewonnen, zurückweisen zu müssen glaubte (11).

Die unter Pflüger's Leitung von August Ewald ausgeführten gasanalytischen Untersuchungen,^ des Apnoeblutes (12) ergaben nun eine exacte Bestätigung des, wie oben gezeigt, aus directer Inspection zu schliessenden Resultates, dass nämlich das Blut in der Apnoe, was den Sauerstoffgehalt betrifft, vollkommen venös aus dem grossen Kreislauf zum Herzen zurückkehrt. Ja der Sauer Stoff g ehalt des venösen Blutes zeigte sich sogar in Folge tvirJc- samer künstlicher Mespiration verringert. Die von P. Hering gefundene Abnahme des Kohlensäuregehaltes im Blute bestätigte Etvald den Sauerstoffgehalt des Blutes im arteriellen Stromgebiet dagegen fand er im Anfangstheil der die künstliche Respiration überdauernden

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Ä.pnoe etwas gesteigert und er schloss hieraus unter Hinzuzieliung der bekannten, durcli künstliclie Respiration liervorgerufenen Ab- nalime des arteriellen Druckes, dass das venöse Blut bei den verlangsamten Strömen durcL. die Lungencapillaren (13) Gelegen- beit fände, aus der sauerstoffreicberen Residualluft (14) sicli an- näliernd und sogar in böberem Maass als unter normalen Ver- hältnissen mit Sauerstoff zu sättigen. Im besten Fall ist bier- iurcb aber nur erklärt, weshalb nach Unterbrechung der künst- lichen Respiration nicht ebensoschnell wie nach Aufhebung der spontanen Athmung Dyspnoe eintritt, dagegen ist nicht erklärt, iveshalb der Wiederbeginn der spontanen Athmung nach IJnter- jrechung der künstlichen so lange auf sich warten lässt. Bei lem Phaenomen, der die künstliche Lungenventilation überdauern- ien Apnoe ist offenbar zweierlei zu erklären, und zwar erstens, veshalb der Sauerstoffgehalt des arteriellen Blutes nach Unter- brechung der künstlichen Athmung langsamer abnimmt, als nach Unterbrechung der spontanen und zweitens, weshalb bei einem ^auerstoffgehalt des arteriellen Blutes, welcher den normalen mfänglich sehr 'wenig oder gar nicht übersteigt, später sogar licht erreicht, die spontane Athmung nicht beginnt. Dass der jrrund für das langsame Sinken des. Sauerstoffgehaltes des 31utes der arteriellen Strombahn nicht in einer ^^Ueberarteriali- drung'^ des gesammten Blutes liegt, ergibt sich aus der In- spection der Farbe der Herzohren bei und nach wirksamer künst- icher Respiration. Diese Inspection lehrt, dass die Arteriali- drung ebenso wie bei spontaner Athmung während jedesmaligen Passirens der Lungen erfolgt, dass der Sauerstoffvorrath also in 1er Residualluft und nicht ein für allemal im Blut angehäuft st. Ä, Eivald/s Verdienst ist, für das aus blosser Inspection zu ?chliessende Belege beigebracht zu haben, die mit exacten Me- ;hoden gewonnen sind. Die Antwort auf die Frage nach der i^rklärung des zweiten Theiles des Problemes ist aber auch Eivald schuldig geblieben. Selbst wenn der geringe Werth der 5auerstoffvermehrung im arteriellen Blut, welchen Eicald ge- bunden hat, die Fehlergrenzen überschreitet, was Hoppe-Seyler )ezweifelt, so würde aus dieser Vermehrung allein kaum die Ipnoe zu erklären sein, da mindestens ebenso grosse Vermehr- mg bei Athmen in reinem Sauerstoff eintreten dürfte, welches )ekanntlich nicht zu Apnoe führt. Zudem wird die Vermehrung lur während eines Bruchtheils der Apnoe die künstliche Re-

spiration überdauern und bald einer Verminderung Platz machen. Nach Eivald's Berecbnung würde allerdings der gesammte, in dem Blute und in der Residualluft bei Unterbrechung der künst- lichen Respiration vorhandene Sauerstoif ausreichen, den Bedarf des Thieres für eine Minute zu decken. Wie viel früher müsst© aber das Blut so arm an Sauerstoff geworden sein, dass es nicht nur normale, sondern sogar dyspnoische Athmung unter gewöhn- lichen Verhältnissen .anregen würde ! Auf Grund der in EtvalcVs Berechnung benutzten Zahlen und unter Benutzung des neuer- dings von Herter gefundenen Werthes für die Sauerstoifspannung im normalen arteriellen Blute kommt man zu der Einsicht, dass schon nach 1/4 Minute der Sauerstoff der Residualluft nicht mehr ausreichen würde, um eine normale Arterialisirung des Blutes in den Lungen zu ermöglichen (15). Hierauf kommt es an und nicht auf die von Ewald discutirte Frage, wie lange es dauert, bis der Sauerstoffvorrath in Residualluft, Blut und Geweben vollkommen verzehrt ist.

Dass durch die von P. Hering gefundene und von Ä. Etvald bestätigte Verminderung des Kohlensauregehaltes des Blute» nach künstlicher Respiration das lange Ausbleiben der spontanen Athmung wesentlich bedingt sein solle, erscheint nicht als wahr- scheinlich, da aus Untersuchungen von Pßüger hervorgeht, einen, wie bedeutend höheren Grad von Widerstands - Fähigkeit der Körper gegen Kohlensäureanhäufung als gegen Sauerstoffmangel besitzt.

In neuester Zeit hat sich Hoppe-Seyler in folgender Weise über die bisherigen, die Apnoe betreffenden Versuche geäussert (16) : ;,Ich habe aus ihnen nicht die Ueberzeugung gewinnen können^, dass es sich um etwas Anderes als Ermüdung der Respirations- organe bei geringer Anregung der Thätigkeit derselben durch die sensiblen Nerven handelt. Die Apnoe wird vorzüglich herbei- geführt, wenn bei sogenannter künstlicher Respiration die Re- spirationsorgane eines Thieres mit dem Blasebalge recht gründ- lich gemisshandelt werden." Abgesehen davon, dass man nicht versteht, wie das Respirationsorgan ermüden soll, da es weder während der künstlichen Respiration narkotisirter Thiere nock nachher Zeichen der Thätigkeit von sich gibt (17) und dass man^ im Unklaren darüber gelassen wird, warum die Anregung durch die sensiblen Nerven verringert ist, kann wohl kein Zweifel

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darüber bestehen, dass diese, durcli keinen directen Versucli flB) gestützte „Ueberzenguug^'' nicbt . wie Hoj^j^e-Sei/Iet' will, als 7,Er- klärnng der Apnoe''' angenommen werden kann. Und dock liegt der citirten und in dieser Form nicht anzuerkennenden Aeusser- ung etwas AYakres zu Grunde. Zunäckst muss beachtet werden, dass es bei Kanincken in der Ckloral-Narkose, wenn auck nickt constant, so dock käufig gelingt, Apnoe zu erzielen, wenn man mit einem wenig geräumigen Gummiballen, an dessen Verbindung mit der Trackea des Tkieres keine seitlicke OefFnung ist, die- selbe Luft zwiscken Lunge und Ballon kin und kertreibt. Durck diese Erfakrung wird man fast mit J^otkwendigkeit darauf ge- fükrt, der meckaniscken Manipulation der Aufblasung der Lungen ein Erklärungsmoment zu entnehmen.

Hering und Breuer haben auf Grund sehr mannigfaltig und sinnreich modificirter Versuche die Existenz von Vagusfasern behauptet (19), deren Endigung in der Lunge, durch Ausdehnung der letzteren gereizt,, die Inspiration hemmen und bei stärkerem Grade der Erregung active Exspiration auslösen sollen. Den Versuchen der genannten Forscher haftete eine zweifelerregende TJnvoUkommenkeit an, nämlick die, von ihnen selbst als solche an- erkannte, schlechte Morphium- resp. Opium-Narkose. Derselbe Einwurf konnte gegen die bestätigenden Versucke von Lochen- herg (20) erkoben werden. Es ist H. MunJc's Verdienst, kierauf auf- merksam gemackt und Controlversucke mit dem inzwiscken für diese Untersuckungen als geeigneter erkannten Narkoticum, dem Ckloralkydrat veranlasst zu kaben. P. Guttmann übernakm die Ausfükrung dieser Versucke, auf Grund deren er, obgleick sie ikm keine entsckeidenden Resultate geliefert katten, die Deutung, welcke die frükeren Autoren ikren Versucken gegeben katten, in Zweifel zog (21). Es lässt sick aber auf überzeugende Weise dartkun, dass die die exspiratoriscken Vagusfasern be- treifenden Versucksergebnisse von Hering, Breuer und LocTzenherg auck bei Anwendung guter Narkosen sick vollkommen bestätigen lassen (22). Nun katte sckon Fiele gelegentlick der Wieder- kolung der Hering - Breuer' bq^qu Versucke beobacktet, dass die, eine künstlicke Lungenventilation überdauernde Apnoe länger ankalte, wenn die Trackea bei aufgeblasener, als wenn sie bei zusammengefallener Lunge verschlossen worden war, und LocJcen- herg katte diese Beobacktung durck Zeitmessungen bestätigt.

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"Wenn nun aiicli bei diesen Versuchen der Sauerstoffgelialt der Lungenluft und die Stromgescliwindigkeit in den Lungencapillaren verschieden gewesen sein musste und auf die Dauer der Apnoe von Einfluss gewesen sein konnte, so legten dieselben doch schon die Vermuthung nahe, dass der Erregungszustand der inspirations- heramenden Vagusfasern bei der Apnoe eine nicht zu vernach- lässigende Rolle spielen möchte. Ereilich pflegt man bei Ver- suchen über Apnoe nach Sistirung der Lufteinblasungen den Thorax absichtlich nicht in aufgeblasenem Zustande festzuhalten, unabsichtlich mag dies aber doch oft geschehen, wenn man, wie manche Forsöher es angeben, die Trachea bei Beendigung der Ventilation verschliesst. Was aber wichtiger ist als diese Ver- muthung, es lässt sich durch Experimente beweisen, dass die inspirationshemmenden Vagusfasern nicht nur während der Auf- blasung in Erregung sich befinden, sondern dass häufige, den gewöhn- lichen Umfang überschreitende Ausdehnungen der Lunge, welche, ohne dass man sie eine Misshandlung des Thieres zu nennen braucht, bei der künstlichen E-espiration hervorgebracht zu werden pflegen, eine cumulirende Wirkung haben und als Nach- wirkung auch nach Wegfall des Reizes eine Erregung zu- rücklassen.

Macht man ein Kaninchen apnoisch und hebt unmittelbar nach Sistirung der Lufteinblasungen die Leitung in beiden Vagis auf, was man ohne zu reizen dadurch erzielt, dass man auf die freipräparirten Vagusstämme eine Temperatur von unter O'' ein- wirken lässt, so wird die Apnoe meist sofort, jedenfalls früher als nach den sonstigen Versuchsbedingungen zu erwarten war, dadurch unterbrochen, dass der Thorax eine beträchtlich tiefere Inspirationsstellung einnimmt und um diese neue Mittellage periodische Schwankungen auszuführen beginnt (23). Es folgt hieraus, dass schon während der Apnoe ein Inspirationsreiz auf das Centrum wirkte, dessen Einfluss aber durch eine im Vagus geleitete Erregung compensirt wurde. Hiermit im Einklang steht, dass es nach Aufhebung der Leitung in beiden Vagis, lange ehe die, den tödtlichen Ausgang verkündende Dyspnoe ein- getreten ist, oft nicht gelingen will, Apnoe zu erzielen.

Diese Erfahrungen scheinen auch geeignet, das Paradoxe in den Resultaten von Paul Hering zu erklären. Es ist nicht mehr unverständlich, wie Apnoe bestehen kann, wenn der Sauerstofi"-

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gehalt des Blutes im arteriellen System scIloh nacliweislicli unter die Norm gesunken ist, ja man ist bereclitigt anzunehmen, dass dies im späteren Theil einer längerdauernden Apnoe meist der Fall sein wird.

Als wesentlicliste Erklärungsmomente für die die Luftein- blasungen überdauernde Apnoe werden wir also ' anzusehen haben : die veränderte Zusammensetzung der Residualluft, die verlangsamte Stromgeschwindigkeit in den Lungencapillaren und die den Reiz überdauernde Erregung der Endigungen der inspirationshemmenden Vagusfasern in den Lungen. Die durch ausgiebige künstliche Ventilation der Lungen veränderte Zu- sammensetzung der E-esidualluft macht es verständlich, weshalb nach Aufhebung einer solchen Ventilation der SauerstofPgehalt des arteriellen Blutes weit langsamer sinkt als nach Unterbrechung- der spontanen Athmung (24). Die Berücksichtigung der ver- langsamten Stromgeschwindigkeit des Blutes in den Lungen- capillaren unterstützt dieses Verständniss. Dass aber der Be- ginn der spontanen Athmung bei einem SaiierstofFgehalt des Blutes, welcher denjenigen, wie er sich bei Athmen in reiner SauerstoiFatmosphäre einstellen muss, wahrscheinlich nie, viel- leicht und höchstens nur in den ersten Momenten erreicht, so lange auf sich warten lässt, erscheint zunächst nur verständ- lich, wenn man berücksichtigt, dass durch die mechanische Mani- pulation der Lungenaufblasungen in den Vagusendigungen der Lunge ein Eeiz gesetzt ist, dessen Nachwirkung inspirations- hemmend wirkt.

Die Lungenausdehnung wirkt inspirationshemmend wahr- scheinlich dadurch, dass durch Vermittelung der Vagi die Er- regbarkeit des Inspirationscentrums für den Athemreiz herab- gesetzt wird. Dass auch durch andersartig erzielte Herabsetzung der Erregbarkeit dieses Centrums bei beträchtlicher Grösse des Athemreizes Apnoe zu erzielen ist, geht aus folgendem Versuche hervor: Unterbindet man bei einem chloralisirten Kaninchen beide Carotiden und die arteria vertebralis der einen Seite, während man die Athmung mit dem Aeroplethysmographen con- trolirt, so sieht man, dass ;die Athmung ganz ungeändert ver- läuft. Comprimirt man nun aber die Art. vertebralis der anderen Seite allmälig bis zu vollständigem Verschluss, so bildet sick massige Beschleunigung und Vertiefung der Athemzüge aus..

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Diese Ausbildung erfolgt um so langsamer und hält sich auf einer um so niedrigeren Stufe, je allmäliger die Absperrung des Blutzuflusses zur Medulla oblongata erfolgte. Gibt man dann, noch ehe das Thier in die von Kussmaul und Tenner beschriebenen Krämpfe verfällt, den Blutstrom in der comprimirten Art. verte- bralis plötzlich wieder frei, so tritt Apnoe ein, nach deren kür- zerer oder längerer Dauer die Athmung mit flachen seltenen Zügen wieder beginnt, um dann allmälig in den normalen Typus überzugehen (25). Die einfachste Deutung dieses Versuchsergeb- nisses scheint folgende zu sein- Der Athemreiz in der Medulla oblongata wächst bei Compression der zweiten Art. vertebralis zu hohem Werth an. Die jeweilige Erregbarkeit der Medulla oblongata ist aber Function der voraufgegangenen Sauerstoff- zehrung. Letztere hat bei der allmäligen Beschränkung des Blutzuflusses abgenommen und mit ihr die Erregbarkeit, so dass es trotz des gleichzeitig wachsenden Athemreizes zu keiner be- deutenden Dyspnoe kommt. Wird nun plötzlich der Blutzufluss freigegeben, so wird die Intensität des Athemreizes zwar sinken, aber nicht unter den, unter gewöhnlichen Bedingungen, die Ath- mung anregenden "Werth. Dass nichtsdestoweniger die Athmung, mit diesem Moment anfangend, ganz aussetzt, ist Folge davon, dass die Erregbarkeit nicht ebensoschnell gestiegen ist, wie der Athemreiz gefallen. Erst nachdem die Sauerstoffzehrung einige Zeit in ausreichender Weise erfolgte, ist die Erregbarkeit wieder so weit gestiegen, dass der gerade vorhandene, während der Apnoe gestiegene Athemreiz die erste Inspirationsbewegung auslöst.

Um das ganze G-ewicht der hervorgehobenen Erklärungs- momente würdigen zu können , waren gasanalytische , kymogra- phische und pneumatographische Untersuchungen erforderlich. Das Wesen des Sachverhaltes lässt sich aber viel einfacher auf überzeugende Weise zur Anschauung bringen. Verschliesst man einem Kaninchen, dessen Herz ohne Eröffnung der Pleurahöhlen freigelegt ist, die Trachea in irgend einer Respirationsphase bei spontaner Athmung, so sieht man, dass die Farbe des linken Herzohrs sehr bald, meist schon wenige Pulsschläge nach Her- stellung der Verschliessung venös wird. Erfolgte der Schluss dagegen, nachdem künstliche Respiration unmittelbar vorherge- gangen war, so dauert es viel länger, meist bis zum Beginn der spontanen Athmung, ehe eine deutliche Aenderung in der Farbe

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des linken Yorliofes eintritt. Da das Blut des rechten Herzokrs in beiden Fällen stets venös bleibt , so muss nacb künstliclier Eespiration die Eesidualluft längere Zeit die Fälligkeit bewahren, venöses Blut arteriell zu färben , als nach spontaner Athmung, dies kann sie aber nur kraft eines anfänglick grösseren Grekaltes an Sauerstoff (2ßj. Dieses Experiment ist geeignet zu zeigen, dass die Aenderuug der Zusammensetzung der ßesidualluft an. dem Phänomen der die künstliche Respiration überdauernden Apnoe betheiligt ist. ^"ie weit der Sauerstoffgehalt der Eesi- dualluft nach künstlicher Eespiration reicht, um das Eintreten eines relativen Sauerstoffmangels in der j\Iedulla oblongata zu verhindern, lässt sich durch einfachen Augenschein nicht erken- nen. Dass aber auch bei venöser Färbung des Blutes im arte- riellen Sj'stem durch mechanische Heizung von Vagusendigungen in der Lunge die Athmung hintangehalten werden kann, zeigt man durch folgende Modification der Her ing-B reiner sehen Versuche. Die Trachea eines wie beim vorigen Versuch hergerichteten Kaninchens bringt man in luftdichte Verbindung mit einem Gummiballon vom ungefähren Volumen der Lungencapacität des Thieres. Durch Hin- und Hertreiben der Luft zwischen Ballon und Lunge, verschlechtert man dieselbe soweit^ dass sie zur Arte- rialisirung des Blutes in den Lungen nicht mehr genügt. Wenn die Farbe des linken Herzohrs deutlich venös geworden ist, hält man die Lungen in aufgeblasenem Zustand fest und erreicht da- durch einen längeren Respir^tionsstillstand. Dieser Versuch ge- lingt ausnahmlos. Der Erfolg bleibt aus, wenn die Vagi durch- schnitten sind. Ist das Thier chloralisirt , so kann es (bei er- haltenen Vagis) auch vorkommen, dass nachdem die Lungen durch dieselbe Luft lythmisch gedehnt waren, Eespirationsstillstand auch bei nicht gedehntem Zustand der Lungen zur Beobachtung kommt. In solchen Fällen ist es dann gelungen, auch die Folge der Nachwirkung der mechanischen Reizung der Vagusendig- ungen in der Lunge zu demonstriren , zu deren exactem Nach- weis pneumatographische Versuche erforderlich gewesen sind.

Wir dürfen wohl sagen, dass ein guter Theil des Dunkel, von dem umhüllt nach dem ersten trügerischen Lichtstrahl sich das Wesen der Apnoe gezeigt hatte, gelichtet ist. Manche an die Apnoe geknüpfte Erscheinung lässt sich durch die angeführ- ten Momente erklären, andere bedürfen noch ausführlicherer Er-

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örterungen oder besonderer Experimentaluntersuclmngen , so namentlich die Apnoe nach durchschnittenen Vagis. Auch die Art, wie nach primären Einwirkungen auf den Circulationsappa- rat die verschiedenen Formen von Apnoe zu Stande kommen, die S. Mayer (27) , Filehne (28) und Langendorff (29) beschrieben haben und der Grund, weshalb Aether, Chloroform und Chloral- hydrat, sowie vorhergegangene starke Blutverluste (30) die Er- zielung einer langdauernden Apnoe in so hohem Grade unter- stützen, müssen noch besonders discutirt werden. Ebenso die Herabsetzung der Reflexerregbarkeit in Folge künstlicher Respi- ration. Das Wesen der Apnoe ist jedenfalls ein noch verwickel- teres als wie wir es schon erkannt haben und die grösste Vor- sicht scheint geboten, wenn wir Schlüsse auf das Phänomen, wo immer es uns entgegentritt, gründen wollen. In um so höherem Grade wird es aber auch fernerhin unser Interesse erregen, so- wohl wegen seiner Beziehungen zu Erscheinungen am gesunden und kranken Menschen ich erinnere an die Taucher einerseits und das Cheyne-Stolces^ sehe Phänomen andererseits als auch wegen seiner innigen Beziehungen zu den Fragen über die Re- gulirung der Athemthätigkeit , welche sich am deutlichsten im apnoischen Zustand des Fötus zu erkennen gibt.

Nachträgliche Bemerkungen.

1) Die Originalbeschreibung dieses Experiments, welche nicht leicht zugänglich ist, lautet:

„1 caused at the last meeting the same experiment to be schewn in the presence of this noble Company, and with the same success, as it had been made by me at first ; the Dog being kept alive by the reciprocal blowing up his Lungs with bellows, and they sufPered to subside, for the space of an hour or more, after his Thorax had been so displayd (by cutting away of the ribs and diaphragme and after the pericardium of the heart also was taken, off) and his Aspera arteria cut off just below the epiglot- tis and bound on upon the nose of the bellows. ^'^

„And because some eminent physicians had affirmed, that the motion of the lungs was necessary to life upon the account

2*

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of promoting the circulation of the blood, and tliat it was con- ceived, the animal would immediately be suffocated as soon as the lungs scbould cease to be moved, I did (the better to fortifie my own hypothesis of tbis matter, and to be tbe better able to judge of several otbers) make tbe following additional experi- ment. viz.

Tbe dog baving been kept alive (as I bave now mentioned) for above an bour, in whicb time tbe Trial batb often been repeated, in suffering tbe dog to fall into convulsive motions by ceasing to blow tbe bellows, and permitting tbe lungs to subside and lye still, and of suddenly reviving him again by renewing tbe blast and consequently tbe motion of tbe lungs : Tbis, I say, baving been done, and tbe judicions spectators fuUy satisfied of tbe reality of tbe former experiment; I caused anotber pair of bellows to be immediately joyned to tbe first, by a contrivance, I bad prepared, and pricking all tbe outercoat of tbe Lungs witb tbe slender point of a very sbarp penknive , tbe second pair of bellows was moved very quick, wbereby tbe first pair was always kept füll and always blowing into tbe lungs; by wbicb means tbe lungs also were always kept very füll, and witbout any motion, tbere being a continual blast of air foreed into tbe lungs by tbe first pair of bellows, supplying it as fast, as it could find its way quite tbrougb tbe coat of tbe lungs by tbe small boles picked in it, as was said before. This being continued for a pretty wile, the dog, as J expected, lay still, as before, bis eyes being all tbe time very quick, and bis beart beating very regu- larly: hut upon ceasing this blast and sufi'ering tbe lungs to fall and lie still, the dog would immediately/ fall into düng convulsive fits; but be as soon revived again by tbe renewing tbe fulness of bis lungs witb tbe constant blast of fresb air.

Towards tbe latter end of tbis experiment a piece of tbe lungs was cut quite off; wbere it was observable, tbat tbe blood did freely circulate, and pass tbrougb tbe lungs, not only wben tbe lungs were kept tbus constantly extended, but also wben tbey were suffered to subside and lay still. Wbicb seem to be arguments, tbat as tbe bare motion of tbe lungs witbout fresh air contributes notbing to tbe life of tbe animal, be being found to survive as well wben tbey were not moved, as wben tbey were ; so it was not tbe subsiding or movelessness of tbe lungs

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-tliat was the immediate cause of deatli, or the stopping the cir- culation of the blood through the lungs but the want of a suf- ficient siipply of fresh air.

I schall further try, wether the suffering the blood to cir- culate through a vessel, so as it may be openly exposed to the fresh air, will not suffice for the life of an animal; and make «ome other experiments Philosophical Transactions Vol II Jio. 28, 21. October 1667.

2) J. Bosenthal: Studien über Athembewegungen^^ B. Beicherfs und K du Bois-Bet/mond's Archiv 1864, Seite 467.

3) Die einschlägige Literatur ist vollständig citirt bei Bßüger („lieber die Ursache der Athembewegungen, sowie der Dyspnoe und Apnoe") in seinem Archiv I, Seite 83.

4) Als Stütze für die Lehre BosenthaVs von der Ursache der Apnoe wurde angeführt, dass es gelingen solle, durch ener- gische Ventilation der Lungen eines Thieres den Farbenunter- schied des Blutes im arteriellen und venösen System zum Ver- schwinden zu bringen, oder wenigstens das venöse Blut arte- rieller zu färben als unter gewöhnlichen Verhältnissen. Auch wenn diese Behauptung sich allgemeiner Bestätigung zu erfreuen gehabt hätte (siehe Anmerkung 6), so wäre immer zu zeigen übrig geblieben, dass Apnoe nicht ohne Erreichung dieser Aender- ung der Farbe des venösen Blutes bestehen könne und dass bei spontanem Athmen in sauerstoifreicher Atmosphäre, bei dem, wie -seit Lavoisier bekannt war, Apnoe nicht eintritt, auch die Aender- ung der Farbe des venösen Blutes ausblieb, welche theoretisch zu erwarten war. In jüngster Zeit ist von W. Füehne („Zur Spektroskopie am lebenden Menschen^^ Sitzber. der physik.-med. Soc. zu Erlangen, August 1879) die schon von Vierordt gefundene Thatsache , der verlängerten SauerstofFzehrung im umschnürten Finger nach willkürlich beschleunigter und vertiefter Respira- tion bestätigt und als Beweis für die Abhängigkeit der Arteriali- sation des Blutes von dem Respirationsmodus benutzt worden. "Wenn Füehne^ s Deutung dieser Thatsache richtig ist, so bleibt für BosenthaVs Lehre immer noch das Bedenken bestehen, wel- ches sich auf das Ausbleiben der Apnoe bei Athmung in reiner Sauerstoffatmosphäre stützt.

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5) Vgl. Verhandlungen der physiologisclien Gesellschaft zit Berlin Jahrg. 76 77, No. 15. Archiv für Physiologie von E. du Bois-Beymond 1878, Seite 596.

6) Unter „wirlcsamer Ventilation" verstehe ich hier eine sol- che, welche nach ihrer Unterbrechung deutliche Apnoe von kür- zerer oder längerer Dauer hinterlässt. In neuester Zeit hat W. Füehne eine ältere Behauptung der Anhänger der BosenthaV sehen Lehre wieder ausgesprochen, dass nämlich ;,in den Venen eines reichlicJi ventilirten Thieres das Blut mit hellrother, arterieller Farbe fliesst^^ W. Füehne, ein Beitrag zur Physiologie der Ath- mung und Vasomotion. Archiv für Physiologie von E. du Bois- Beymond 1879, Seite 243. So „reicJdiclie Ventilation'^ herzustellen ist weder Pflüger in früherer Zeit, noch seinem Schüler August Ewald noch Baul Hering noch mir gelungen, obgleich wir es alle mit „wirksamer Ventilation^' zu thun hatten. In neuerer Zeit freilich hat Pflüger seine Schüler FinMer und Oertmann eine Methode anwenden lassen, um ,, Apnoe mit hellrothem Venenblut ^^ herzustellen. Die hellrothe Farbe des Venenblutes war aber hier nicht hervorgebracht durch künstliche Respiration , sondern be- stand schon vor Einleitung derselben in Folge Einbringen des Thieres in ein warmes Bad.

Wenn sich bei diesen Versuchen das beobachtete Blut in Folge künstlicher Respiration manchmal noch heller färbte als vorher, so ist zu berücksichtigen, dass die Ventilation mit reinem Sauerstoff erfolgte und dass das beobachtete Blut (in der Vena jugularis externa beim Kaninchen) einem beschränkten Grefäss- gebiet mit bekannter Veränderlichkeit seines Querschnittes ent- stammte. In einer grossen Zahl von Fällen, haben übrigens auch FinMer und Oertmann künstliche Respiration überdauernde Apnoe bei dunklem Venenblut zu sehen bekommen. Dass das Venenblut um so dunkler erscheinen werde , je langsamer das Blut die Capillaren des grossen Kreislaufes passirt, ist sehr wahrscheinlich und ich will gleich selbst . hervorheben , dass die Dunkelheit des Venenblutes bei meiner Beobachtungsweise zum Theil durch eine Schwächung der Thätigkeit des biosgelegten Herzens bedingt sein kann. Bei dieser Beobachtungsweise ge- winnt man aber die Ueberzeugung, dass alles zum Herzen zurück- gelangende Blut venös gefärbt sein kann, während Apnoe nichts- destoweniger besteht. Vgl. E. Pflüg er , sowie Dittmar FinMer

17 .

und Ernst Oertmann: ;; lieber den Einflüss der Athemmeclianik auf den StofFwecliseP^ Pfliiger^s Archiv Bd. 14, S. 1 und 38.

7) A. a. 0. Seite 459.

8) Pßüger: „lieber die Ursache der Atbembewegungen , so- Mae der Dyspnoe und Apnoe ^^ Fßüger^s Archiv I, Seite 101. Dieser Einwand Pflüger'' q behält seine ganze Kraft, mag nun Herters Befund der vollkommenen Sättigung des arteriellen Blutes mit Sauerstoff auf grössere Allgemeinheit Anspruch haben, oder derjenige Ilüfner^s , welcher in einem Versuch das Arterienblut zu i*/i5 mit Sauerstoff gesättigt fand. E. Herter: ;, lieber die Spannung des Sauerstoffes im arteriellen Blut'', Zeitschrift für physiologische Chemie III, Seite 98.. G. Hilfner: ;, lieber die Bestimmung des Hämoglobin- und Sauerstoffgehaltes im Blute" ebendaselbst Seite 15. Was die Verhältnisse beim Menschen betrifft, so hat es Spech sehr wahrscheinlich gemacht , dass das arterielle Blut unter normalen Bedingungen sehr nahezu , aber nicht vollständig mit Sauerstoff gesättigt ist. Speck: ;, Heber den Einflüss der Athemmechanik und des Sauerstoffdruckes auf den Sauerstoffverbrauch''. ^ Pflüger'' s, Archiv Bd. 19, Seite 171.

Gegen die Berechtigung, Herter^ s Versuchsergebniss als ge- meingiltig für normale Bedingungen anzusehen, hat W. Filehne in einem Nachtrag zu seinem „Beitrag zur Physiologie der Athmung und der Vasomotion" (Archiv für Physiologie 1879, Seite 240) Bedenken erhoben, über deren Bedeutung ich mir kein Urtheil erlauben will. Ich glaube jedoch hervorheben zu sollen, dass wenn Herter' s Befund allgemeine Griltigkeit hat, d. h. wenn bei normaler Athmung die Sättigung des Blutes mit Sauerstoff in den Lungen vollständig erfolgt, hieraus kein Argument gegen den Theil von RosenthaVs Lehren herzuleiten ist, nach dem ein relativer Sauerstoffmangel in der Medulla ablongata als normaler Athemreiz wirke. Das zur Medulla oblongata strömende Blut kann vollständig mit Sauerstoff gesättigt sein , während zur selben Zeit die Sauerstoffspannung in dem ParencJiym und be- sonders in der unmittelbaren Umgebung der Ganglienzellen sehr gering ist. Die Sauerstoffspannung an letzterem Orte, auf die es allein ankommt, ist nicht nur abhängig von dem jeweiligen Sättigungsgrade des Blutes, sondern auch von der Intensität des Verbrauches durch die Ganglienzellen selbst. Die an sich schon hinfällige Stütze, welche der genannten Lehre RosenthaVs aus

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dem Phänomen der Apnoe erwachsen sollte, würde durch Rerter' s Versuche vollständig beseitigt werden , ohne dass das Wesen dieser Lehre selbst, welche genügend anderweitig gestützt wird, dadurch beeinträchtigt würde.

9) Die diesen Satz beweisenden Versuche Pflügers waren schon Tor der Arbeit von Ä. Ewald angestellt, wurden jedoch erst später, zugleich mit den dasselbe Resultat ergebenden Ver- suchen von FinTder und Oertmann veröffentlicht. S. Anmerk. 6.

10) PaulHering: ;, Einige Untersuchungen über die Zusammen- setzung der Blutgase während der Apnoe. ^ Inaugural-Disserta- tion. Dorpat 1867.

11) Die Erklärung für P. Hering'' s paradoxe Folgerung der Abnahme des Sauerstoffs im arteriellen Blut in Folge künstlicher Respiration sieht Pflüger in Folgendem. ;,,Der Grehalt des Blutes an Sauerstoff ist bei demselben Thier zu verschiedenen Zeiten sehr wenig schwankend , aber bei verschiedenen Individuen der- selben Species ganz ungemein veränderlich. So schwankt der- selbe bei Hunden von 10 20 0^'q und mehr, bezogen auf 1 Meter und 0^ C. also um ca. 10 Vol. %. (Diese Schwankung geht nach Pflüger Hand in Hand mit einer entsprechenden Schwankung des Hämoglobingehaltes, so dass der Grad der Sättigung des Blutes mit Sauerstoff an dieser Schwankung nicht betheiligt ist.) P. Hering hat nun nicht den allein richtigen Weg einge- - schlagen und an demselben Thiere den Gasgehalt des Blutes während des gewöhnlichen und apnoetischen Zustandes verglichen, sondern einfach erst einige Analysen bei normal athmenden Thieren, und dann solche von anderen die apnoetisch waren, angestellt. Wenn man zweimal aus einer kleinen Zahl von sechs Versuchen einen Mittelwerth zieht, so versteht es sich ganz von selbst, dass diese Mittelwerthe nicht übereinstimmen. Zufällig gestaltet sich die Abweichung so , dass die Zahl , welche die grössere sein sollte, die kleinere ist, einfach deshalb, weil hier, der Beobachtungsfehler viel grösser als der Werth ausfällt, um dessen Bestimmung es sich handelt."^ A. a. 0. Seite 100.

12) August Ewald: „Zur Kenntniss der Apnoe ^'. Pflüger'' q Archiv VII, Seite 575.

13) Aus der bei künstlicher Respiration eintretenden Druck- senkung im arteriellen System, wie sie vielfach beobachtet wurde,

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ist auf ein verlangsamtes Strömen in den Lungencapillaren nicht mit Notliwendigkeit zu schliessen. Aus den Yersuclien von G. Quincke und Pfeiffer über den Einfluss der Lungendehnung auf die Stromgeschwindigkeit in den Lungencapillaren (Reichert und du Bois-Reymond Archiv 1871 , Seite 90) geht aber mit grosser "Wahrscheinlichkeit hervor, dass die beobachtete Druckverrainde- rung im arteriellen System veranlasst ist durch verlangsamtes Strömen in den Lungencapillaren.

14) Der Kürze halber behalte ich hier den Ausdruck JEwald's „ßesidualluft^^ bei, obgleich es sich streng genommen um das handelt, was nach Hutschinson^ s massgebender Termino- logie als „Residualluft plus ßeserveluft" bezeichnet werden müsste.

15) Eivald's Berechnung (a. a, 0. Seite 581) ist Folgende: „Ein Hund von 14 Kilo hatte bei apnoischer Ruhestellung des Thorax nach directer Messung 662 Ccm Luft in seinen Lungen mit 119 Ccm Sauerstoff (die apnoische Lungenluft zu 18 pCt. Sauerstoff veranschlagt), was 8,5 Ccm Sauerstoff auf das Kilo Hund ausmacht. Ein Kilo Hund braucht pro Minute 14 Ccm Sauerstoff. Rechnet man die Gesammtblutmenge zu 83 Ccm pro Kilo und den Lihalt des Arteriensystems zu 20 Ccm, so würde dieses 4 Ccm Sauerstoff enthalten. 8,5 Ccm Sauerstoff in der Lunge und 4 Ccm in der Arterie pro Kilo gibt 12,5 Ccm, d. h. ohne Berücksichtigung der Venen nahezu den Werth, welcher für eine Minute ausreicht." Nach JE. Herter^s Bestimmung (Archiv für physiologische Chemie III, Seite 101) hält die Sauerstoff- spannung des arteriellen Blutes unter normalen Verhältnissen der Hälfte des 0-Partiardruckes in der Athmosphäre das Gleich- gewicht. Sobald also der Sauerstoffgehalt der Residualluft auf etwa 10 "/q gesunken ist, kann eine normale Arterialisirung des Blutes in der Lunge nicht mehr erfolgen. Nimmt man mit Ewald an, dass bei Aufhören der künstlichen Respiration die Residualluft, 18 pCt. Sauerstoff enthielt, so müsste nach dem Verbrauch von 7,5 pCt. oder, in EivaMs Beispiel von 49,5 Ccm. Sauerstoff in Summa, resp. von 3,4 Ccm pro Kilo Hund das Blut beginnen, dyspnoische Beschaffenheit anzunehmen. Das Kilo Hund verbraucht aber bei Zugrundelegung von Ewald's ZaM. für die Intensität der Sauerstoffzehrung (14 Ccm pro Kilo und Mi- nute) 3,4 Ccm Sauerstoff in etwa 1/4 Minute.

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16) Hoppe-SeyJer. Pliysiologisclie Chemie III. Tlieil, S. 520.

17) In ausfiihrliclierer Weise, aber mit älinliclien Gründen liat sicli W. Filehne gegen den Aussprucli Hoppe-Seylefs erklärt in dem ^^Beitrag zur Physiologie der Athmung nnd der Yaso- motion^ (Archiv für Physiologie von E. du Bois-Beymond 1879, S. 240.)

18) Die Versuche über die Sauerstoffspannung im normalen arteriellen Blut, auf die sich Hoppe-Seyler beruft, können nur Gründe gegen die Lehre von der Ueberarterialisirung des Blutes in der Apnoe abgeben, bieten aber keine positive Stütze für die von dem genannten Forscher aufgestellte Ansicht.

19) J. Breuer. „Die Selbststeuerung der Athmung durch den „Nervus vagus", vorgelegt von E. Hering. Sitzungsberichte der K. Akademie der Wissenschaften zu Wien 1868, Bd. 58, Seite 909.

20) LocJcenberg. „Ein Beitrag zur Lehre über die Athem- bewegungen.'^ Arbeiten aus dem physiologischen Laboratorium der Würzburger Hochschule. Herausgegeben von Ä. Fick, IL Lieferung. Seite 199.

21) P. Guttmann. „Zur Lehre von den Athembewegungen^^ B. Beicherfs und E. du Bois- Beymond's Archiv 1875, Seite 502.^

22) J. Gad. Die Regulirung der normalen Athmung^', Würz- burger Habilitationsschrift (Seite 22 ff.) erscheint im Archiv für Physiologie, herausgegeben von E. du Bois-Beymond 1880, Heft 1.

23) Die Belege für das mitgetheilte Experiment siehe in meiner soeben citirten Würzburger Habilitationsschrift. Seite 28. Curve 33 und 34.

24) Ob man berechtigt ist, eine Sauerstoffanhäufung in Folge der künstlichen Lungenventilation ausser in der Hesidual- luft auch in dem Blut anzunehmen, lässt sich bei dem augen- blicklichen Stande der Experimentaluntersuchungen nicht leicht entscheiden. Für eine solche Berechtigung spricht die von W. i^i7e/me herangezogene Verlängerung der Dauer der Säuerstoff- zehrung im umschnürten Finger nach willkürlich beschleunigter und vertiefter Athmung (siehe Anmerkung 4), dagegen der Befund von Herter über die absolute Sättigung des normalen arteriellen Blutes mit Sauerstoff (siehe Anmerkung 8). Im Ver-

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liältniss zur erwiesenen Sauerstoffanliäufung in der Residualluft ist aber eine solche im Blut, wenn vorhanden, wohl von geringer Bedeutung für die Langsamkeit des Anwachsens des Athemreizes.

25) Dieser Versuch ist einem bekannten Experiment Füehne's nachgebildet („lieber das Cheyne-Stoke' sehe Athmungsphänomen", Seite 29) unterscheidet sich aber von demselben in einigen nicht unwesentlichen Punkten, Das Experiment von Filehne hätte übrigens von Hoppe - Seyler in seinem Lehrbuch berücksichtigt werden sollen. Er würde durch dasselbe den Schluss, welchen er aus dem negativen Resultat nach Verschluss beider Carotiden zieht (Physiologische Chemie, Theil IIL Seite 544), entkräftet gefunden haben. Dass plötzlicher gleichzeitiger Verschluss beider Carotiden keinen Einfluss auf die Athmung ausübt, ja nicht ein- mal die aeroplethysmographische Athemcurve ändert, habe ich oft constatiren können. Es ist dies aber bei der Stärke der coUateralen, die' MeduUa oblongata versorgenden Gefässe kaum anders zu erwarten. Will man die Athmung durch Beeinträch- tigung oder Aufhebung des Blutzuflusses zur MeduUa oblongata beeinflussen, so muss man natürlich auch die Aa. vertebrales berücksichtigen.

26) Pflüger hat nachgewiesen (in der mehrfach citirten, im ersten Bande seines Archivs erschienenen Arbeit, Seite 80), dass die grössere oder geringere Helligkeit der Blutröthe in dem lebendigen Körper niemals durch die Kohlensäure, sondern aus- schliesslich durch den Sauerstofi'gehalt bedingt ist.

27) Sitzungsberichte der Wiener Akademie der Wissen- schaften IIL Abth., Bd. 69, 1874.

28) lieber das Chepie-Stokes' sehe Athmungsphänomen. S. 29.

29) Mittheilungen aus dem Königsberger physiologischen Laboratorium. Herausgegeben von W. v. Wittich. Königsberg 1878, Seite 78.

30) Bosenhach, „Studien über den Nervus vagus^^ 1877, Seite 132. Ferner:

B. BurJcart, „Studien über die automatische Thätigkeit des Athemcentrums und über die Beziehungen desselben zum Nervus vagus und anderen Athemnerven.^^ Pflüger^s Archiv, Bd. 16, Seite 456.

üeber die in der Lehre von der Regulirnng der Athemthätigkeit angewandte Terminologie,

öfFentlicli gelesen in der Aula der königlichen Friedrich -Wil- helms - Universität zu Berlin am 26. Juli 1879.

Es liegt in der Xatur des mensehlichen Erkenntniss -Yer- mögens begründet, dass bei der geschichtlichen Entwickelnng jedes, nnr durch die vereinigten Bestrebungen vieler Eorscher zu fördernden erfahrungswissenschaftlichen G-ebietes Perioden mit einander abwechseln , in denen einmal die Ansammlung von Thatsachen in immer loser werdender Verknüpfung vorherrscht und dann wieder das Streben nach theoretischer Zusammen- fassung und systematischer Grliederung des angehäuften Er- fahrungsmaterials mit zwingender Xothwendigkeit in seine Rechte tritt. Der Xutzen einer rechtzeitigen Thätigkeit in letzterer Richtung äussert sich nicht nur darin , dass die auf dem einen G-ebiete gemachten Fortschritte für die Speculation auf benach- bartem Gebiet handlicher gemacht werden, sondern vor Allem auch darin, dass die Fragestellung für die experimentelle Be- handlung desselben Gebietes zweckmässiger erfolgen, dass auf dem Gebiete gewissermassen eine Organisation der Arbeit Platz greifen kann. Jeder Versuch, eine, den augenblicklich vorliegen- den Erfahrungen Bechnung tragende Theorie aufzustellen, sollte aber eingeleitet werden durch eine gründliche Revision oder Reformation der Terminologie des betreffenden Gebietes. Denn

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es ist einerseits kaum zu vermeiden, dass durch das an sich gerechtfertigte Streben , Ergebnisse experimenteller Arbeiten kurz darzustellen, manche Laxheit im Ausdruck sich einbürgert^ welche im Einzelfalle Nichts schadet, weil in den mitgetheilten Thatsachen der richtige Commentar liegt, welche aber die G-rup- pirung der einzelnen Thatsachen oft in sehr schädlicher Weise beeinflusst und zu voreiligen und fehlerhaften Schlussfolgerungen verleitet. Andererseits wird eine fruchtbare experimentelle Thätigkeit Keime zu neuen Begriffen gelegt haben, deren strenge Definition vorliegen muss, ehe sie in der ferneren Discussion der Thatsachen nutzbringend angewandt werden können.

Von den angedeuteten Gesichtspunkten aus wollen wir es unternehmen, die in der Theorie von der Regulirung der Athem- thätigkeit verwendbaren Begriffe und die Ausdrücke für die- selben einer kritischen Betrachtung zu unterziehen. Die Theorie von der Regulirung der Athemthätigkeit beschäftigt sich mit der Kenntniss derjenigen Vorrichtungen, mit Hilfe deren die Leistungen des Athemapparates ihrer Form und Grösse nach dem jeweiligen Bedürfniss des Organismus nach Gasverkehr mit der Umgebung angepasst werden. Diese Kenntniss werden wir als vollkommen betrachten dürfen, wenn wir das materielle Sub- strat dieser Vorrichtungen als anatomische Gebilde von bekann- ter Form, Structur, Lage und gegenseitiger Verkettung erkannt und die Bedingungen, Formen und Wirkungen ihrer Thätigkeit durchschaut haben. Die fraglichen Vorrichtungen werden wir als einen integrirenden Theil . des Athemapparates aufzufassen und in seinen nervösen Gebilden zu suchen haben.

Der Athemapparat ist wesentlich ein Bewegungsapparat und als solchem kommen ihm active und passive Bewegungs- organe zu, von denen nur die ersteren, insofern nur bei ihnen von der Regulirung einer Thätigkeit die Rede sein kann in den Kreis unserer Betrachtung fallen. Das einfachste active Be- wegungsorgan ist ein Muskel mit dem zugehörigen motorischen Nerven und dessen peripherem und centralem Endapparat. Als letzteren werden wir uns wohl allgemein eine Gruppe von so- genannten motorischen Ganglienzellen vorstellen dürfen. Die einem bestimmten Muskel entsprechenden Ganglienzellen werden nicht nur wegen ihrer gemeinschaftlichen Zugehörigkeit zu diesem Muskel, sondern auch wegen ihrer räumlichen Anordnung im Centralorgan als Gruppe aufzufassen sein (1).

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!\Iuskeln, welclie bei gemeinsamer Thätigkeit eine bestimmte pliTsiologiscbe Wirkung hervorbringen, werden wir, als zu dem- selben functionellen Xuskelsj^stem gehörig, bezeichnen. Ob die den einzelnen Muskeln eines solchen Systemes entsprechenden Gangliengruppen ausser ihrer functionellen Zusammengehörigkeit auch in räumlicher näherer Beziehung stehen, muss zweifelhaft erscheinen, wahrscheinlich wird aber die functionelle Zusammen- gehörigkeit eine bestimmte anatomische Grundlage haben. Als die einfachste mit den Thatsachen zu vereinigende Vorstellung erscheint die, dass jedem functionellen Muskelsystem eine, auch im räumlichen Sinne als solche aufzufassende Gangliengruppe entspricht, welche mit den Gangliengruppen der Muskeln des Systems in erregungsleitender Verbindung steht und von welcher, sobald das System als solches in Thätigkeit geräth, die Erregung hierzu ausgeht.

Die Inspirationsmuskeln einerseits und die Exspirations- muskeln andererseits sind functionelle Muskelsysteme in dem angegebenen Sinne und es ist hierbei zu bemerken, dass als Kriterium dafür, ob eine Muskel zu den Inspiratoren oder Es- spiratoren zu rechnen sei, nicht genügt, dass seine Contraction im Sinne der In- oder Exspiration wirken könne, sondern dass es auch darauf ankommt, ob er bei der Athmung gleichzeitig mit den übrigen Inspirations- oder Exspirationsmuskeln wirklich in Thätigkeit gesetzt wird. Die Mm. intercostales interni haben zum Beispiel, für sich betrachtet, bei ihrer Contraction nach- weislich exspiratorische Wirkung, und doch geschieht wahr- scheinlich ihre Contraction gleichzeitig mit der der Inspiratoren (2), wo sie dann, in ihrer exspiratorischen Wirkung reichlich über- compensirt. dazu beitragen helfen, die Intercostalräume wider- standsfähiger gegen Druckdifferenzen auf Aussen- und Innen- fläche zu machen.

Das Inspirationscentrum definiren wir als diejenige ana- tomische Anordnung, durch welche die functionelle Zusammen- gehörigkeit der zum Inspirationsmuskelsystem gehörigen Muskeln gewahrt ist. Erfahrungsgemäss existirt eine solche anatomische Anordnung in der MeduUa oblongata und wir stellen die Hypo- these auf, dass dieselbe in einer räumlich zusammengehörigen Gangliengruppe besteht, welche erregungsleitend mit den Ganglien- gruppen der einzelnen Inspirationsmuskeln verbunden ist. Es liegt

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kein Grrund vor, weshalb man niclit mit demselben Rechte und in demselben Sinne von einem Exspirationscentrum reden kann. Ob man dagegen noch ein besonderes Centrum annehmen solle, dem Inspirations- und Exspirationscentrum gemeinschaftlich subordinirt wären und dem man den Namen des Athemcentrums xar' i^o/r); beizulegen hätte, ist eine Frage, über -die man sich erst zu ent- scheiden hat, wenn man sich spezielle Vorstellungen über die Art, wie die Regulirung der Athemthätigkeit zu Stande kommt, auf Grund der bekannten Thatsachen bilden will.

Wir haben den Athemapparat wesentlich als einen Be- wegungsapparat bezeichnet, weil sich seine Thätigkeit haupt- sächlich in Bewegungen zu erkennen gibt. Die Bewegungen, denen eine Thätigkeit des Athemapparates zu Grunde liegt, äussern sich in den activen inspiratorischen und exspiatorischen Formänderungen der Thoraxwandungen (das Zwerchfell ein- geschlossen). Den Thoraxwandungen kommt eine bestimmte Gleichgewichtslage zu, in welche dieselben übergehen, wenn keine Muskelkräfte auf ihre Form einwirken. Die Entfernung des Tborax aus seiner Gleichgewichtslage in der einen Richtung ist die Folge der Thätigkeit des inspiratorischen in der anderen Richtung die des exspiratorischen Muskelsystemes, Nur den Aenderungen dieser Entfernung entsprechen Bewegungen, die letzteren sind also nur der Ausdruck für die Aenderungen der Thätigkeit des einen oder anderen Muskelsystemes in dem einen oder anderen Sinne. Constante Entfernung aus der Gleichgewichtslage erscheint nicht als Bewegung, ist aber nichts- destoweniger an eine entsprechende Thätigkeit des einen oder anderen Systems geknüpft. Eine der Grösse nach constante Entfernung des Thorax aus der Gleichgewichtslage entspricht einem Tetanus des betreifendcn Muskelsystemes von gleich- bleibender Intensität, die Athembewegungen entsprechen te- tanischen Contractionen des einen Systems oder beider Systeme von schwankender Intensität. Constante Entfernungen des Thorax aus der Gleichgewichtslage spielen in der Athmung eine wichtigere Rolle, als man ihnen bisher im Allgemeinen zuer- kannt hat, denn das Meiste, was uns zunächst als Athempause auffällt, erweist sich bei näherer Untersuchung nicht als ein Verharren des Thorax in der Gleichgewichtslage, sondern als eine constant bleibende Entfernung seiner aus derselben und es "ist sehr wahrscheinlich, dass die Höhe der Exspiration bei nor-

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maler Athmung d^r Regel nacli niclit der Grleicligewiclitslage des Thorax, sondern einer inspiratorisclien Entfernung aus der- selben entspriclit (3), so dass bei normaler Athmung einer teta- nischen (4) Contraction der Inspiratoren von constanter Intensi- tät eine andere von schwankender Intensität sich superponirt. Der Nutzen hiervon leuchtet ein. Wäre es anders, so würde der Grad der Lungenentfaltung in umgekehrtem Yerhältniss stehen zu der Füllung des Abdomen und der Gasverkehr würde zu Zeiten, wo er besonders in Anspruch genommen wird während der Verdauung besonders beeinträchtigt sein.

Es ist zweckmässig, das Maass der Thätigkeit des Athem- apparates durch ein besonderes Wort zu bezeichnen und wir folgen dem Vorgang JRosenthaVs (5), indem wir es Athemgrösse nennen. Ist die Athemgrösse aber einmal so deiinirt, so darf man sie nicht auf die Weise, wie Rosenthal es that, bestimmen. Piosenthal setzte die Athemgrösse gleich dem in der Zeiteinheit eingeathmeten Luftvolum, oder was dasselbe ist, gleich dem Product aus Tiefe und Zahl der Respirationen in der Zeiteinheit und , obgleich er selbst einsah, dass die so bestimmte Grösse kein Maass für die Thätigkeit des Athemapparates abgeben kann, so gebrauchte er sie bei seinen Schlüssen, doch in dem ange- gebenen Sinne. Es ist -klar, dass dieselbe Zahl und Tiefe der Athemzüge mit sehr verschiedener Thätigkeit der Athemmuskeln verbunden sein kann und es lässt sich zeigen, dass sie es sehr häufig ist (6). Es kommt hier in Betracht, dass die Intensität des Constanten Tetanus der Inspiratoren und die Form der Schwankung d«s veränderlichen Tetanus ohne Einfiuss auf Zahl und Tiefe der Athmung sind, selbst aber in hervorragender Weise von dem Thätigkeitsgrade der Respirations - Muskeln abhängen.

Die Bestimmung der Athemgrösse in dem definirten Sinne kann dagegen so erfolgen, dass man eine Curve zu gewinnen sucht, welche die Entfernung des Thorax aus seiner Gleich- gewichtslage bezogen auf die Zeit, darstellt. Der der Zeiteinheit entsprechende Elächenraum zwischen der die Gleichgewichtslage darstellenden Abscisse und dieser Curve kann als Ausdruck der Athemgrösse angesehen werden. Allerdings ist die Muskelthätig- keit diesem Flächenraum nicht einfach proportional, denn mit ; der Grösse der Entfernung aus der Gleichgewichtslage wachsen :

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in nnbekannter Weise die auf Ziirückfülirung in dieselbe wir- kenden Kräfte, jedenfalls aber bat die Mnskeltbätigkeit zuge- nommen, wenn der bescbriebene Fläclienraum zugenommen bat und umgekebrt.

Will man die von Bosenthal durcb das Product aus Zabl und Tiefe der Atbemzüge bestimmte Grösse Atbemgrösse nennen, so muss man das Wort anders definiren und zwar als Maass, nickt der Atbemtbätigkeit selbst, sondern als Maass des respira- torischen NutzefEectes der Atbemtbätigkeit. Man muss berück- sicbtigen, dass Bosenthal bei seinen experimentellen Bestimmungen die Atbemgrösse im letzteren Sinne, bei seinen Scblussfolgerungen aber im ersteren Sinne vorgeschwebt hat, wenn man sich ein richtiges Urtheil über seine Theorie von der ßegulirung der Atbemtbätigkeit bilden will.

Was als Maass für die Thätigkeit (7) des respiratorischen Muskelsystemes erkannt ist, wird : auch als Maass für die Thätig- keit der entsprechenden Centren betrachtet werden können, denn den Tbätigkeitsgrad des ersteren stellen v/ir uns vor als durch den Tbätigkeitsgrad des letzeren direct bedingt. Es muss aber hier ausführlich auseinandergesetzt werden, wie wir uns die die Thätigkeit des entsprechenden Muskelsystems bedingende Thätig- keit des Centrums zu denken haben. Die wesentlichsten Theile des Centrums sind Ganglienzellen. Diesen schreiben wir in her- vorragender Weise das zu, was man Erregbarkeit nennt. Sehen wir, dass ein Muskelsystem in Thätigkeit ist, so nehmen wir an, dass sich in den Ganglienzellen des zugehörigen Centrums ein Vorgang abspielt, der die nächste Veranlassung für die Thätig- keit des Muskelsystems ist, wir sagen, das Centrum ist in Er- regung und nennen den Erregungszustand desselben auch schlecht- weg Zustand der Thätigkeit. Es erscheint aber geboten, auf die von Virchow aufgestellte Unterscheidung verschiedener Thätigkeits- formen erregbarer lebender Theile einzugehen. Nachdem VircJwiu die Erregbarkeit definirt hat als die Eigenschaft der lebenden Theile, vermöge welcher sie auf äussere Einwirkungen in Thätig- keit gerathen, hebt er hervor, dass es sich bei der angeregten Thätigkeit entweder um die Verrichtung oder um die Er- haltung oder um die Bildung eines Theiles handele, um Func- tion, Nutrition oder Formation (8). Es wird sich als zweckmäs- sig erweisen, die Unterscheidung verschiedener Thätigkeitsformen auch bei den Ganglienzellen im Auge zu behalten und daran zu

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denken, dass die Thätigkeit derselben, welclie wir als directe Veranlassung der Muskelthätigkeit ansehen , nur einer bestimm- ten Thätigkeitsform derselben entspricbt. "Wir müssen uns in der That vorstellen, dass jede lebende G-anglienzelle stets tbätig ist, dass die ihr gewöhnlich zukommende Thätigkeitsform, etwa nutritive Thätigkeit, sich nicht auf die leitenden ^Nervenbahnen fortpflanzt, dass aber bestimmte äussere Einwirkungen den Ueber- gang in eine andere Thätigkeitsform bedingen, welche , da sie zu gewissen Verrichtungen des Organismus in ursächlicher Bezieh- ung steht, als functionelle Thätigkeit zu bezeichnen ist. Diese functionelle Thätigkeit entspricht dem , was man gewöhnlich als Erregungszustand des Centrums zu bezeichnen pflegt. Diejenigen äusseren Einwirkungen, welche geeignet sind, den TJebergang in diese Thätigkeitsform zu veranlassen sind schlechtweg unter der Bezeichnung der wirksamen Reize zusammengefasst worden, in strenger Weise müsste man aber auch hier ausdrücklich von functionellen Reizen sprechen.

Hat man nur die an überlebenden Nerven über Reiz und Erregbarkeit gesammelten, allerdings sehr umfangreichen, Er- fahrungen im Auge, so kann eine Unterscheidung der functionel- len von anderen Thätigkeitsformen überflüssig erscheinen. Einen überlebenden Nerven kann man in der That, wenn er nicht ge- rade functionell thätig ist, als unthätig bezeichnen. Seine func- tionelle Restitution, welche nach Ermüdung in der Ruhe ein- tritt, braucht nicht Folge einer Lebensthätigkeit zu sein, man kann sie sich mit VircJiow (9) als Rückkehr in einen gestörten Oleichgewichtszustand vorstellen. Von nutritiver Thätigkeit ist bei dem ausgeschnittenen Nerven jedenfalls Nichts vorhanden. Darum lassen uns aber auch die am überlebenden Nerven ge- wonnenen Erfahrungen im Stich, wenn wir sie zur Erklärung von Beobachtungen an lebenden Theilen mit hervorragender nutritiver Thätigkeit anwenden wollen. Zu diesen Theilen gehören zweifel- los die Grangiienz eilen (lOj. Wir kennen viele Substanzen, die mit dem Nerven in Berührung gebracht, denselben reizen, doch keine, deren Mangel als Reiz auf den Nerven wirkt. Dagegen wissen wir, dass relativer Sauerstoffmangel in bestimmter cau- saler Beziehung zur Athemthätigkeit steht. Um diese und nahe- stehende Erfahrungen zu erklären, müssen wir berücksichtigen, was uns über Reiz und Erregung bei lebenden Zellen bekannt

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ist. Die für unseren Zweck brauclibarsten Erkenntnisse liegen auf dem Grebiete der Lelire von den gärungserregenden Orga- nismen vor.

Der ursäcblicbe Zusammenbang zwischen der Grärung und- bestimmten in der gärenden Flüssigkeit vegetirenden Organis- men ist seit Cagniard de Latour und Scliivann (1836 und 37) be- kannt. Durcb den zeitweise übermächtigen Einfluss von Liebig^s Ansiebten wurde dieser Zusammenbang in dem allgemeinen Be- wusstsein soweit verwischt, dass Pasteur denselben zum zweiten- mal entdecken konnte. Aber Pasteur sah irrthümlicherweise die Gärung als eine Begleiterscheinung des Wachsthums der be- treffenden Organismen an, während für die richtige Würdigung der Lebensvorgänge an den gärungserregenden Organismen die Erkenntniss der Gärung und des Wachsthums als zweier in gewissem Gegensatz stehender, wenn auch oft gleichzeitig auf- tretender Thätigkeitsformen der Pflanzenzelle, von entscheidender Bedeutung geworden ist. Schon Liehig konnte aus Pasteur'' s, Ex- perimenten über Alkoholgärung darthun (11), dass Gärung auch ohne Wachsthum der Hefezellen möglich sei, viel entschiedener ist jedoch in neuerer Zeit JBrefeld für den Gegensatz zwischen Gärung und Wachsthum eingetreten. Er hat Bedingungen kennen gelehrt, unter denen die Hefezelle wächst ohne zu gä- ren (12) und er hat einen gärungsfähigen Pilz gefunden (Mucor mucedo) , bei dem zur Zeit der Gärung das Wachsthum stille steht (13). Für den Gang unserer Betrachtung ist nun wichtig, erstens ins Auge zu fassen, dass das Wachsthum eine Thätig- keitsform ist, die ebenso wie Ernährung und Vermehrung nur schwach nach aussen wirkt, während die Gärung das umgebende Medium auf das Lebhafteste afficirt und zweitens dass die Ein- leitung der Gärthätigkeit durch relativen Sauerstoffmangel be- dingt ist. Die gärungsfähige Zelle, solange sie genügenden Sauerstoff findet (und in passender Nährflüssigkeit liegt) ernährt sich, wächst, vermehrt sich und greift die Umgebung nur lang- sam und nicht augenfällig an (14) , sobald ihr aber der Sauer- stoff in nicht genügendem Maass zu Gebote steht, fängt sie an, heftig auf die Umgebung einzuwirken , vorausgesetzt , dass sie vergärbares Material zur Verfügung hat. Ob sie gleichzeitig noch weiter wächst, hängt davon ab, ob sie befähigt ist, die bei der Gärung frei werdenden Spannkräfte als Betriebskräfte für die eigene innere Thätigkeit zu verwenden. Die Hefe ist in

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eser Lage und verdankt dieser Eigenschaft die Mögiiclikeit, so mäclitige "Wirkungen liervorznbringen , lange naclidem sie sich die Möglichkeit der Sauerstofiathmnng selbst abgeschnitten hat. J e mehr die gärungsfähige Zelle zur Bestreitung ihrer inneren Arbeit auf die Sauerstoifathmung angewiesen ist, um so mehr schliessen siel? Wachsthum, Ernährung und Fortpflanzung einer- seits und Gärung andererseits aus. Dies findet schon vollkom- men Statt bei der der Hefe nicht sehr fern stehenden Pilzart Mucor mucedo und von da aufwärts bei den Zellen aller höher stehenden Pflanzen; neuere Untersuchungen haben nämlich er- geben . dass der lebenden Pflanzenzelle ganz allgemein , mag sie . als Hefezelle ein unabhängiges Einzelleben führen , oder in der reifen Frucht die Trennung vom G-esammtorganismus überleben (15), oder der Zellengemeinschaft eines in üppiger Kraft stehen- den höchst orgauisirten Pflanzenstockes angehören (16) , die Fähigkeit zukommt zu gären und dass sie von dieser Fähigkeit Grebrauch macht, sobald sie Mangel an Sauerstoff leidet. Einen nachweislichen Nutzen zieht die Zelle höherorganisirter Pflanzen aus der Grärung nicht. Obgleich sie bei Sauerstoffmangel Trau- benzuckei in Alkohol und Kohlensäure spaltet, kann sie nicht, wie die Hefenzelle, die bei dieser Spaltung frei werdenden Spann- kräfte für ihren Haushalt verwenden, das Wachsthum hört bei Sauerstoö^abschluss sofort auf und das Leben erlischt! bald danach. Aber die directe Yerwerthung der bei der Gärung , frei werdenden Spannkräfte für Bestreitung der eigenen Arbeit, wie sie bei der Hefezelle vorliegt, ist auch nicht die einzige Art, wie die Pflanzenzelle aus der Gärung Nutzen ziehen kann. Es gibt noch eine andere indirecte Art, welche Brefeld in geist- reicher Weise beleuchtet hat. Am deutlichsten kommt diese Art zur Anschauung bei Mucor racemosus, einer Pilzform, welche in ihren Lebensvorgängen der Hefe schon näher steht als Mucor mucedo , insofern bei ihr Wachsthum und Gärung sich nicht vollkommen einander ausschliessen.

Mucor racemosus gedeiht ausser in der Luft auf gewissen Nährsubstanzen, auch in zuckerhaltigen Nährflüssigkeiten. Dies ^ geschieht, so lange genügender Sauerstoff" und Nährstoff in der Flüssigkeit ist, am Boden des Gefässes unter Entwickelung eines verfilzten Mycelimus. Sobald Sauerstoff"- und Nahrungsmangel eintritt, wird die vegetative (nutritive und formative) Thätigkeit bedeutend modificirt und erheblich eingeschränkt, es beginnt

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gleiclizeitig mit der morpliologisc]ien , ohne S üb stanz vermelirung einliergelienden , Vorbereitung zur Fructification alkolioliscbe Gärung und die in den Mascben des Mycelimus haftenden KoK- lensäurebläscben bewirken das Aufsteigen desselben an die Ober- fläche , wo unter ' Absorbtion von Sauerstoff aus der Luft die Fructification sich abspielt. Sobald die Pilzmasse aufgetrieben ist und fructificiren kann, hört sie auf zu gären, taucht man sie unter, beginnt die Gärung wieder, welche sie dann von Neuem auftreibt. Jedes Untertauchen ist mit erneuter Gär- ung, die Gärung mit dem Auftreiben und erneuter Fructification verbunden (17).

In diesem Beispiel sehen wir, wie die Zelle, solange ihr Sauerstoff zur Verfügung steht, in Thätigkeitsformen verharrt, die wenig nach Aussen wirken, dass aber bei Sauerstoffmangel •eine Thätigkeitsform auftritt und die übrigen Thätigkeitsformen zurücktreten lässt, deren Effect Freiwerden von Spannkräften in der Umgebung ist. Soweit bietet der Vorgang bei Mucor race- mosus nichts Besonderes, er ist derselbe, wie er, nur mit quan- titativen Unterschieden, allen Pflanzenzellen zukommt. Aber das Beispiel ist darum für uns so lehrreich, weil in demselben die bei der Gärung freiwerdenden Spannkräfte in den Dienst der Sauerstoffathmung treten, denn nur der Auftrieb der bei der Gärung entwickelten Kohlensäure bedingt die Ortsveränderung, welche die Sauerstoffathmung an der Oberfläche aus der Luft möglich macht.

Man kapn nun das Verhalten der Pflanzenzelle überhaupt und der Zelle von Mucor racemosus im Besonderen einerseits und der Ganglienzellen andererseits gegen ralativen Sauerstoff- mangel auf ganz ungezwungene Weise mit einander in Parallele setzen. Wir werden uns dann vorstellen, dass auch die Gan- glienzelle bei genügender Sauerstoffzufuhr in einer Thätigkeits- form verharren kann , die wenig nach aussen wirkt , dass aber, sobald Sauerstoffmangel eintritt, eine Form der Thätigkeit in ihr beginnt, bei der Spannkräfte in der Umgebung frei werden. Diese Spannkräfte können von der Ganglienzelle nicht direct für den eigenen Lebensbetrieb verwerthet werden, wie von der Hefe- zelle, sie gehen aber auch nicht ungenutzt verloren wie wahr- scheinlich bei den höherstehenden Pflanzen, sondern sie kommen der Ganglienzelle und dem Gesammtorganism'us auf indirecte

"Weise zu Gute wie "beiMucos racemosus, sie bestreiten eben die zur Innervation der Atliemmuskeln erforderliclie Arbeit.

So zweckmässig erweist sieb also die Unterscbeidung ver- schiedener, durcb verscbiedene äussere Einwirkungen bedingter Thätigkeitsformen, dass sieb die Erregung der Centren in der MedulJa oblongata durcb relativen Sauerstoffmangel, für welcbe sieb bei Festbalten an dem gebräucblicben Gegensatz zwischen Tbätigkeit und Rübe keine Analogie findet, sofort unter eine im Leben der Zelle weit verbreitete Erscbeinungsreibe subsummiren lässt. Die Analogie liesse sieb nocb weiter verfolgen, denn aucb die Intensität des Gärungsprocesses ist abhängig von der Aus- giebigkeit des SauerstofFverkehrs während der vorhergegangenen Xutrition, sowie im umgekehrten Yerbältniss von der Anhäufung gewisser Producte der Gärung in der Nährflüssigkeit, die gär- ungsfähigen Organismen sind empfindlicher gegen schnelle als gegen langsame Schwankungen in den äusseren Lebensbedingungen und so weiter, aber es ist hier nicht der Ort, tbatsächliches Ma- terial zu einer Athemtheorie zusammenzutragen und zu verar- beiten, es sollte nur gezeigt werden, dass die Unterscheidung zwischen nutritiver und functioneller Tbätigkeit der Ganglienzellen nicht nur dialektischen Werth hat, sondern dass die straffere Terminologie auch in diesem Falle zu einer besseren, das Ver- ständnissvorbereitenden Gruppirung der vorliegenden Erfahrungen führt. Dies wird noch klarer hervortreten, wenn wir bedenken, dass die Athemthätigkelt nicht nur von der Zusammensetzung des der ITeduUa oblongata zufiiessenden Blutes abhängig ist, son- dern auch unter dem Einfluss centripetaler Nerven steht, und dass unter den letzteren nachweislich solche sich befinden, welche hemmend auf die Tbätigkeit des Inspirationsmuskel - Systems wirken.

Dass lebende Theile durch Reizung der zugehörigen Xerven in Thätigkeit versetzt werden können, ist eine geläufige That- sache, dafür aber, dass sie durch Vermittlung der Nervenreizung zur Ruhe gebracht werden könnten, fehlt jede Analogie. Dagegen kennen wir eine grosse Erscheinungsreibe, bei der Zellen als di- recte Folge nervöser Einwirkung, Aenderung ihrer Thätigkeits- form zeigen.

Die morphologischen Unterschiede, welche die specifiscben Zellen der Speicheldrüsen aufweisen, je nachdem man sie nach.

Yorausgegarigener Secretion oder nacli sogenannter ßnlie unter- sucht (18), deuten darauf hin, dass letztere eben nur scheinbare Unthätigkeit ist und dass die Zeit, welche zwischen die Secre- tionsperioden, also zwischen die Perioden functioneller Thätigkeit fällt, ausgefüllt ist durch sehr ausgiebige nutritive Thätigkeit. Durch den berühmten Versuch C Ludwig^ s (19), über den Secre- tionsdruck in den Ausführungsgängen der Speicheldrüsen und durch Heidenhcmi's (20) Arbeiten wissen wir nun, dass der Ueber- gang der Speicheldrüsenzelle aus der nutritiven in die func- tionelle Thätigkeit auf directen Nerveneinfluss hin erfolgt. Hier liegt also ein sicher constatirter Fall vor, in dem die eine Thä- tigkeitsform der Zelle durch Nervenreiz auf Kosten einer anderen Thätigkeitsform unterdrückt, oder wenigstens in ihrer Aeusserung beeinträchtigt wird. Die neuesten Untersuchungen Heidenhain'' s lehren sogar (21), dass auch die functionelle Thätigkeit der Spei- cheldrüsenzelle keine einheitliche ist, sondern dass die functionelle Thätigkeit der Speicheldrüsenzelle zu verschiedenartig zusammen- gesetzten Producten führen kann und dass die verschiedenen, den verschiedenen Producten entsprechenden Prozesse hervorgerufen werden können durch Reizung verschiedener Drüsennerven. Dies weist darauf hin, dass wir die Analogie für die Wirkung der Hemmungsnerven auf die motorischen Centren, bei den Drüsen- zellen und Drüsennerven zu suchen haben und dass wir uns nicht vorzustellen brauchen, dass die motorische Ganglienzelle unter dem Einiluss einer Hemmungsnervenfaser in Ruhe versetzt oder erhalten wird, sondern dass die durch die Hemmungsfaser zuge- leitete Erregung eine bestimmte Thätigkeitsform der Ganglien- zelle auf Kosten der übrigen besonders begünstigt. Die begün- stigte Form kann die Nu.trition selbst sein, oder überhaupt nur eine solche Thätigkeitsform, bei der, wie bei der Nutrition und Formation, keine Erregung von der Ganglienzelle auf die moto- rische Nervenfaser sich fortpflanzt.

"Wenn wir bei Revision unserer Vorstellungen über Thätig- keit oder Erregung der Respiration scentren darauf verzichten mussten, von den an überlebenden Nerven gesammelten Erfahr- ungen Gebrauch zu machen, so werden sich uns diese als nütz- lich erweisen, wenn es sich darum handelt, den Begriff der Erreg- barkeit genauer zu definiren. Die Art wie eine gegebene äussere Bedingung als Reiz die Thätigkeit eines lebenden Theiles beein- flusst, ist abhängig von der Art und Stärke des Reizes einerseits

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und von dem Zustand, in dem er den lebenden Tiieil antrifft, andererseits. Den Zustand, insofern er die ßeizwirkung beein- flusst, bat man scblechtweg Erregba,rkeit genannt. H. MimJc bat aber neuerdings und Ä. Fleh schon vor Jabren darauf aufmerk- sam gemacbt, dass bei dem überlebenden Nerven das Urtneil über seine Erregbarkeit sebr verschieden ausfällt, jenacbdem man als Maass für dieselbe diejenige Stromstärke nimmt, bei der eben Zuckung eintritt, oder die H.ubböbe bei maximalem oder über- maximalem ßeize. Man würde in Rücksiebt hierauf gut thun, die Disposition eines lebenden Theiles, einen Reiz durch Thätig- keitsänderung überhaupt zu beantworten, als seine Reizbarkeit zu bezeichnen, das Maass der Leichtigkeit, mit der infolge des Rßizes die Thätigkeitsform geändert wird, dagegen Anspruchs- fähigkeit zu nennen und das Maass der Intensität einer be- stimmten Thätigkeit, welche einer gegebenen Reizstärke entspricht. Erregbarkeit. Anspruchsfähigkeit und Erregbarkeit wären hier nach der Reizbarkeit subordinirte Begriffe. Wenden wir diese Bezeichnungsweise auf Granglienzellin der respiratorischen Cen- timen an, so werden wir sagen müssen, dass gegebene äussere Be- dingungen für die Thätigkeitsform und Stärke der Zellen da- durch bestimmend sein können, dass sie selbst als Reiz wirken, oder dadurch dass sie die Ansprachsfähigkeit und Erregbarkeit in Bezug auf einen anderen Reiz erhöhen oder verringern.

Im Vorstehenden haben wir die Terminologie skizzirt, welche bei Betrachtungen über die Regulirung der Athemthätigkeit durch Vermittlung centraler Nervenapparate gebraucht werden könnte.

In wie weit dieselbe zweckmässig gewählt ist, wird sich erst völlig beurtheilen lassen, wenn wir den Versuch machen, eine Vorstellung von dem thatsächlichen Vorgang dieser Regu- lation auf Grrund der vorliegenden Erfahrungen zu bilden, wozu sich hoffentlich bald Grelegenheit bieten wird.

Nachträgliche Bemerkungen.

1) Verallgemeinert man die von C. Eckhard vor Jahren ge- fundene Thatsache, dass viele Muskeln des Frosches aus mehreren Rückenmarkwurzeln Nervenfasern erhalten und dass die durch verschiedene Wurzeln aui^tretenden Nervenfasern desselben Mus-

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kels von verschiedenen Stellen des ßückenmarks aus reflectoriscli erregt werden können, so hat man sicli den anatomiscli einkeit- licken Muskel als zusammengesetzt vorzustellen aus mehreren Muskelfasergruppen, deren jede einer Ganglienzellengruppe, von räumlicher Zusammengehörigkeit im Centralorgan , entspricht. Es ist hier nicht der Ort, die Consequenzen des EcMiarcV sehen Befundes weiter auszuführen, welcher für mich den Ausgangs- punkt zu einer eingehenderen, zur Zeit noch nicht ahgeschlossenen Experimental- Untersuchung gebildet hat. Vergleiche C. Eck- hard: ;, lieber Reflexbewegungen der vier letzten Nervenpaare des Frosches" Zeitschrift für rationelle Medizin Bd. VII (1849) Seite 306.

2) Dass die inneren Intercostalmusheln sich bei der Athmung gleichzeitig mit den übrigen Inspirationsmuskeln contrahiren und deshalb als dem Inspirationsmushelsystem zugehörig zu betrachten sind, geht aus folgender, von A. W. Volhnann mitgetheilten Be- obachtung des Herrn Professor Freund in Breslau hervor: „Bei einer dreissigjährigen Frau besteht angeborener Mangel des rech- ten m. pectoralis major und ein Defect der dritten und vierten Rippe da, wo Knochen und Knorpel zusammenstossen. In Folge dieses Defectes befindet sich an der vorderen Brustwand eine etwa Kinderhandgrosse Stelle , welche nur von dei sehr ver- dünnten äusseren Haut bedeckt ist. Die Grrenzen dieser Stelle bilden nach oben der gegen das stark gebogene Schlüsselbein steil aufwärts gerichtete Knorpel und Knochen der zweiten Rippe, nach unten die auffallend stark nach unten gekrümmte fünfte Rippe, und zu beiden Seiten, also median- und rückwärts, die Stümpfe der defecten dritten und vierten Rippe. Der Knochen und Knorpeldefect nimmt also die Stelle ein, wo nach "Wegnahme des grossen Brustmuskels beide Lagen der Intercostalmuskeln, innere wie äussere, zu Tage liegen, indem die intercostales externi nicht über die Grenzen der knöchernen Rippen hinausgehen und die weiter nach vorn liegenden interni unbedeckt lassen. Von höchster Wichtigkeit für die Beurtheilung der Muskelfunctionen war nun der Umstand, dass da, wo die Knochen und Knorpel fehlten, die intercostales nicht fehlten; vielmehr sich durch den zwischen der zweiten und fünften Rippe gelegenen offenen Raum in ungewöhnlicher Länge hindurchzogen. Eben diese ungewöhn- liche Länge der intercostalen Fleischfasern, verbunden mit der Dünne der Hautbedeckung hatte zur FolgC; dass die Muskelcon-

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tractionen ins Auge fielen, und äass hei langsamen und tiefen In- spirationen die gleichseitige ThätigJceit der äusseren und inneren In- tercosfahnusJceln direct wahrgenommen iv erden konnte^'. Vergleiche A. W. Volkmann „Ziir Theorie der Intercostalmuskeln" Zeitschrift für Anatomie und Entwickelungsgeschichte von His und Braune. Bd. II S. 192.

3) Mehrfache experimentelle Belege für das Vorkommen von scheinbaren Athempausen, denen in der That constante ex- spiratorische oder inspiratorische Entfernung des Thorax aus der Grleichgewichtslage entspricht sind in meiner Würzburger Habi- litationsschrift ;,Ueber die Regulirung der normalen Athmung" (Archiv für Physiologie 1880 Heft 1) enthalten. Ebendaselbst ist auch der Beweis geführt, dass dauernde Innervation der Inspira- toren auf der Höhe der Exspiration unter zwei Bedingungen und zwar sowohl bei Dyspnoe aus SauerstoiFmangel als auch beim Athmen nach doppelseitiger reizloser Vagusdurchtrennung sicher zu beobachten ist. Dafür, dass auch bei gewöhnlichem Athmen der Regel nach auf der Höhe der Exspiration ein Inervationsrest der Inspiratoren übrig bleibt, kann ich nur Vermuthungen an- führen, die sich auf eine, allerdings nicht kleine, Zahl gelegent- licher Beobachtungen stützen. Systematische Versuchsreihen hierüber habe ich nicht angestellt, weil jeder Versuch die Tödtung eines frischen Thieres (durch Stich in den noend vital während der Aufnahme der aeroplethysmographischen Athemcurve) erfor- dert haben würde, und mir die Mittel für eine so verschwende- rische Behandlung des Materials nicht zur Verfügung standen. TJebrigens ist der Nachweis für das Vorkommen von inspirato- rischen Inervationen auf der Höhe der Exspiration unter gewissen abnormen Bedingungen sicher geführt, und was an der Strenge des Nachweises für die normalen Verhältnisse fehlt, wird wohl durch die im Text gegebene teleologische Betrachtung auf- gewogen.

4) H. Kronecker hat dem Beweise, dass die gewöhnlichen Athembewegungen des Zwerchfelles nicht als ebensoviel einzelne Zuckungen aufzufassen sind, sondern tetanischen Erregungen vom Centrum aus ihren Ursprung verdanken, eine eigene Experimental- Untersuchung gewidmet, die er in Gemeinschaft mit M. 3£ark- ivald ausgeführt hat. (Verhandlungen der physiologischen Gesell- schaft zu Berlin, Sitzung vom 25. Juli 1879. Archiv fürPhy-

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siologie 1879 S. 592). Ich hatte an der tetanischen Natur der Athembewegungen des Zwerclifelles, sowie der übrigen Inspira- toren, nie gezweifelt. Abgesehen von vielen Wabrsclieinliclikeits- gründen, deren einer dem auf der Höhe der Exspiration vorkom- menden, vielleicht normalen, Innervationsrest der Inspiratoren entlehnt war, bestimmte mich die, durch Selbstbeobachtung leicht zu constatirende Thatsache, dass wir im Stande sind, jede spon- tane Einathmung' auf jeder beliebigen Stufe willkührlich zu hemmen, und zwar nicht durch Innervation von Antagonisten, sondern durch directes Festhalten des Zwerchfells in dem ge- rade erreichten Contractionszustand.

5) J. Mosenthal, „die Athembewegungen und ihre Beziehungen zum Nervus vagus'S Berlin 1862. Vgl. Seite 89, 94, 112, 240.

6) Zahlreiche Belege sind in den, meiner Würzburger Habili- tationsschrift beigegebenen Curven enthalten.

7) Ich nehme keinen Anstand^ mit Bosenthal die Ausdrücke „Maass der Thätigkeit des Athemapparates" und ;,Maass der vom Athemapparat geleisteten Arbeit" promiscue zu gebrauchen. Das Wort „Arbeit" entspricht hier im vulgären Sinne dem Begriff einer, mit dem Gefühl von Anstrengung und Ermüdung ver- bundenen Thätigkeit, und ist nicht im strengen Sinne der mechanischen Definition zu nehmen.

8) Die nicht genug zu beherzigende Originalstelle lautet: ;,Wenn man nun weiter analysirt, was man unter Erregbarkeit verstehen soll, so ergibt sich alsbald, dass damit die Eigenschaft der lebenden Theile gemeint ist, vermöge welcher sie auf äussere Einwirkung in Thätigkeit gerathen. Es sind aber die verschie- denen Thätigkeiten, welche auf irgend eine äussere Einwirkung hervorgerufen werden können, wesentlich dreierlei Art; und ich halte es für sehr wichtig, dass man diesen Punkt für die Grrup- pirung physiologischer und pathologischer Vorgänge bestimmt ins Auge fasse , um so mehr, als er gewöhnlich nicht mit be- sonderer Deutlichkeit hervorgehoben zu werden pflegt. Entweder nämlich handelt es sich bei dem Hervorrufen einer bestimmten Thätigkeit um die Verrichtung, oder um die Erhaltung oder um die Bildung eines Theiles : Function, Nutrition, Formation. Danach lassen sich sämmtliche physiologischen und pathologischen Ele- mentar-Vorgänge in drei grosse Gruppen zerlegen; functionelle,

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nutritive (tropliisclie) und formative (plastisclie). Allerdings lässt sicli nicht leugnen, dass an gewissen Punkten die Grenzen' zwischen diesen verschiedenen Vorgängen verschwinden, dass insbesondere zwischen den nutritiven und den formativen Yor- gängen und ebenso zwischen den functionellen und nutritiven Uebergänge bestehen, allein in dem eigentlichen Akt unter- scheiden sie sich doch ganz wesentlich, und die inneren Ver- änderungen, welche der einzelne erregte Theil erleidet , je nach- dem er nur fungirt, oder sich ernährt, oder der Sitz besonderer Bildungsvorgänge wird, sind erheblich verschieden. Das Resul- tat der Erregung, oder wenn man will, der Reizung eines lebenden Theiles kann also je nach Umständen ein bloss functioneller Vorgang sein, oder es kann eine mehr oder weniger starke Er- nährung des Theiles eingeleitet werden, ohne dass nothwendig die Function gleichzeitig erregt wird, oder es'kann endlich ein Bildungsvorgang einsetzen, welcher mehr oder weniger viele neue Elemente schafft. Diese Verschiedenheiten werden in dem Maasse deutlicher, als die einzelnen Grewebe des Körpers mehr geeignet sind, dem einen oder dem anderen Erregungszustande zu entsprechen/'^ Cellularpathologie (4. Auflage), Berlin 1871, Seite 337.

9j A. a. 0. Seite 340.

10) Für die Lebhaftigkeit des Stoffwechsels in den Ganglien- zellen spricht der Gefässreichthum der grauen Substanz und deren lebhafte, von Pßüger nachgewiesene Zersetzung (Säuerung) auch bei C. Vergleiche E. Pflüg er : „lieber die physiolo- gische Verbrennung in den lebendigen Organismen/^ Pflüger' s Archiv Bd. X., Seite 312.

11) Sitzungsberichte der Münchener Akademie 1869, Bd. 2, Seite 323.— Annalen der Chemie und Pharmacie 1870, Bd. 153, Seite 1,

12) Durch reichliche und gleichmässige Sauerstoffzufuhr ist €s möglich, die Hefepilze vegetiren zu lassen, ohne dass sie gleichzeitig Gärung erregen. Diese zuerst von Brefeld gefun- dene Thatsache ist von A, Mayer bestätigt worden. Vergleiche Ländwirthschaftliche Jahrbücher 1874, Bd. III, Seite 18 und 1875 Bd. IV., Seite 969. Es muss hier erwähnt werden, dass schon Pasteur die Behauptung ausgesprochen hatte , dass die

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Hefezellen keine Gärung bewirkten , wenn sie freien Sauerstoif fänden, aber auf Grund eines einzigen Experimentes, welclies C. V. Naegeli einer scliarfen Kritik unterzogen hat. yergleiclle^ C. V. Naegeli: Theorie der Gärung, München 1879. Seite 18.

13) 0. Brefeld: ;,Ueber Gärung. III. ^' Landwirthschaft- liche Jahrbücher 1876, Bd. V., Seite 313.

14) Dass die Einleitung der Gärthätigkeit in gärungs- fähigen Zellen an relativen Sauerstoffmangel geknüpft sei , scheint ein ziemlich sicher begründeter Satz zu sein. Eine grosse Zahl der gärungsfähigen Zellen gärt überhaupt nur bei Sauer- stoffmangel und nach den Erfahrungen von Brefeld und A. Mayer kann ja durch passende SauerstofPzu:fuhr auch die Hefe an der Gärung verhindert werden. Man darf aber den Satz nicht dahin erweitern , dass man sagt , Sauerste fPathmung schlösse Gärung aus. Dass dieselbe Hefezelle gleichzeitig Sauerstoif athmen und gären könne, ist von Pasteur , A. Wlaytr und C V. Naegeli sehr wahrscheinlich gemacht worden, letzterer Forscher hat sogar gefunden , dass Hefe stärker gäre bei Sauerstoff- zutritt als bei Sauerstoffmangel (a. a.- 0. Seite 23 ff.) Es scheint aber kein unlöslicher Widerspruch in der Annahme zu liegen, dass Sauerstoffmangel zur Einleitung des Gärprocesses noth- wendig sei, während der Unterhaltung des einmal eingeleiteten Processes Sauerstoffzutritt unter Umständen (bei der Hefe) nicht hinderlich, vielleicht sogar förderlich sei,

15) G. Lechartier und F. Bellamg haben gefunden, dass Früchte, Blätter und Samen, welche gegen Sauerstoff geschützt sind, Alkohol und Kohlensäure entwickeln und zwar während einer mehr oder weniger langen Zeit, nach welcher sie voll- ständig unthätig werden. Vergleiche Comptes rendus 1869,. Bd. 69, Seite 466, 1872 Bd. 75, S. 1203, 1875 Bd. 81, S. 1127.

16) Alkoholbildung in den beblätterten Zweigen lebender, gesunder und kräftiger Pflanzen der verschiedensten Arten, welche eintrat, wenn die betreffenden Pflanzentheile einer Stick- stoffatmosphäre ausgesetzt wurden, hat A. Münts constatirt. Vergleiche Comptes rendus 1878, Bd. 86, Seite 49.

17) Aeltere Angaben über die Gärfähigkeit von Mucor racemosus siehe bei de Bary „Schimmel und Hefe 1869^',- Bees, ;^ Alkoholgärungspilze ^' 1871; i^i^Ä', Berichte der deutschen che-

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misclieu Gresellscliaft iu Berlin, Jalirg. 1872, Heft 2. In meiner Darstellung des Gräriingsvorganges bei Mucor racemosus bin ich. den Angaben und der Beschreibung Brefeld's gefolgt, der diesen Pilz zum Gregenstand eingehender Untersuchungen gemacht hat. Vergleiche 0. Brefeld „lieber Gärung*^. Landwirthschaft- liche Jahrbücher 1876, Bd. V, Seite 289 u. f.

18) Vergleiche namentlich die Abbildungen zu R. Heiclen- hain^s „Beiträgen zur Kenntniss des Pancreas'^, Pflüger's Archiv Bd. X., Seite 632, Tafel V und zu der Arbeit desselben Forsebers „lieber secretorische und trophische Drüsennerven^, ibid. Band XVII, Seite 67, Tafel I.

19) C. Ludwig : ÜSTeue Versuche über die Beihilfe der Nerven zur Speichelabsonderung. Henle und Pfeuffer''s Zeitschrift für rationelle Medizin N. F. Bd. 1, S. 272.

20) Siehe namentlich: Studien des physiologischen Instituts zu Breslau, Heft 4, S. 34. 1868 und Pßüger's Archiv Bd. 17, Seite 1.

21) Siehe die letztangezogene Stelle. Würzburg im December 1879.

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