l1losen "be 7 Pax Rn L- 1 c lection ol Teinri G ng D Harri Te nn Ueber die Bedeckungen der WIRBELLOSEN TRIERE a + an Fun- jr Von (u 22 1988 AUBRANILS HEINRICH FREY. Pr Ya KL Erste Abhandlun (Mit einer Kupfertafel.) Abgedruckt aus den Göltinger Studien. 1847. Göttingen bei Vandenhoeck und Ruprecht. 1848. n N j a PR. RE VE HERE yr BER Pr ieh ch Te | © fi In r OR 7 ee alte va u \Z 5 ie n Fe ta Ä en a a EEE ar nase Ber wur a daran BILe: Er z ‚kr en Sa ARE eu es air Porn : ' nie Be ri u DER aaa Wr % Ueber die Bedeckungen der wirbellosen Thiere. Von Heinrich Frey. Erste Abhandlung: Bedeckungen der Infusorien, Zoophyten und Würmer. (Mit einer Kupfertafel.) B:im Studium der thierischen Organisation stossen wir auf einen Punkt, welcher seiner Befremdlichkeit und Sonderbar- keit willen unsere Aufmerksamkeit zu beschäftigen verdient. Ich meine die Manchfaltigkeit des Baues und der Structur, mit welcher einzelne Organe in der Thierwelt erscheinen. Diese Manchfaltigkeit ist oftmals eine so beträchtliche, ein Organ erscheint bisweilen fast in jeder Thierklasse, ja fast in jeder Familie in so eigenthümlicher Gestaltung, dass man auf den ersten Blick hier ein müssiges, zweckloses Spiel der Natur vermuthen sollte, eine Meinung, welche jedoch dem wissenschaftlich erkennenden Geiste des Menschen im höchsten Grade widerstreben und daher das Bedürfniss ei- ner anderen Erklärung erwecken muss. In der That gelingt auch eine solche Lösung in manchen Fällen ohne grosse Schwierigkeit. Zergliedert man die ein- 1* 4 zelnen Functionen genauer, so bemerkt man alsbald, wie sehr ein Theil derselben, wenn auch in der Sprache des gewöhn- lichen Lebens und der Wissenschaft mit einem und demselben Ausdrucke bezeichnet, doch innerhalb der Glieder der Thier- welt sehr beträchtliche Verschiedenheiten darbietet. Wählen wir als ein Beispiel den Process der Verdauung! Dient auch dieser überall dazu, aus aufgenommenen Substanzen Bestandtheile abzuscheiden, welche für die Ernährung des Thieres bestimmt sind, wie verschieden muss dieser Process im Einzeln ausfallen. Bedenke man nur die Differenzen der Nahrungsmittel und des individuellen Bedürfnisses. Hier werden thierische Stoffe aufgenommen, welche nur geringer Umwandlungen bedürfen, um die Ernährung zu vermitteln, dort findet man eine Pflanzennahrung , aus welcher nur auf Umwegen Nahrungsstoffe bereitet werden können. Bei dem einen Geschöpfe werden Körper verzehrt, welche nur zu einem kleinen Theile Nahrungsstoffe darstellen, wo öfters erst nach vorhergehenden langwierigen Operationen aus einem Uebermaasse unverdaulicher Massen jene gewon- nen werden können. Die verschiedenen Substanzen des Körpers müssen durch die gleichen Materien regenerirt wer- den. Hierin liegt ein neues Moment für die Vielartigkeit des Verdauungsprocesses. Ein Thier, welches Chitin oder Cel- lulose unter den Bestandtheilen des Körpers führt, bedarf eines andern Ernährungsprocesses als ein Thier, bei wel- chem statt jener Substanzen die gewöhnlicheren Proteinver- bindungen angetroffen werden. | Hiernach werden uns denn die Differenzen mancher Organe begreiflich. Man wird es nicht mehr wunderbar finden, dass eine Actinie, ein Eingeweidewurm, eine Ler- näe, eine Decapode etc. Verdauungswerkzeuge von der grö- ssten Manchfaltigkeit der Form und Structur besitzen. Wenn sich auch solche Beispiele mit Leichtigkeit in beträchtlicher Zahl gewinnen lassen, man würde doch irren, wollte man jede Vielartigkeit körperlicher Theile immer mit 3 einer gleichen , correspondirenden Variabilität der Functionen abfertigen. Auf der anderen Seite könnte freilich der Um- stand dazu verführen, dass da, wo das organische Gesche- hen seiner Natur nach gleichartiger ausfällt, wie z.B. in den Functionen des Sehens und Hörens, auch die Organisation eine augenfällige Monotonie. darbietet, dass überall für die Wahrnehmung der Lichtwellen brechende Medien und ein flächenhaft ausgebreiteter, von Pigment umhüllter Nerv vor- kommen, für die Wahrnehmung der Schallwellen eine mit Flüssigkeit erfüllte Blase, an welcher sich ein Nerv verzweigt. Allein gerade derartige monotone, wenig unter sich abweichende Thätigkeiten sind häufig an sehr wechselnde materielle Substrate gebunden, oder es überflügelt die Manchfaltigkeit des Baues die erkennbaren Differenzen der Function höchst beträchtlich. Lassen wir auch Beispiele zur Seite, wo die vielleicht zu wenig gekannten Functionen ei- nem Zugeständnisse unseres Satzes ungünstig sind, wie manche Drüsen, z. B. Leber und Niere ; wählen wir gerade aus der Classe der Absonderungswerkzeuge ein Paar Bei- spiele, wählen wir die Generationsdrüsen, die Apparate, welche Samen und Ei bereiten. Das Ei sowohl was Form als Mischung betrifft, ebenso die Samenflüssigkeit mit ihren körperlichen Theilen, stellen ziemlich einförmige Producte dar. Warum ist ihre Bildungsstätte, weit entfernt an dieser Ein- fachheit Theil zu nehmen, gerade im Gegentheil die vielar- tigste, welche man sich denken kann ? Solche Verhältnisse, deren Zahl mit Leichtigkeit ver- mehrt werden kann, bedürfen einer anderen Erklärung. Bedenkt man die ungemeine Complication der thierischen Maschine, behält man im Auge, wie der Effect, die Fun- etion eines Organs immer nur das Facit oder der Collectiv- effect unendlich vieler Einzelthätigkeiten der Organtheilchen darstellt, so wird man es möglich und wahrscheinlich fin- den, dass die Natur eine bestimmte Gesammitthätigkeit eines Organes bei Benutzung auch sehr differenter Einzelthätig- 6 keiten zu erzielen vermag. Auf diesem Wege verschwin- det denn das Befremdliche obiger Manchfaltigkeit in beträcht- lichem Grade, man ist wie an andern Orten wenigstens dahin gelangt, einzusehen, wie ein bestimmter Zweck er- reicht werden kann, und man beruhigt sich auch hier bei der teleologischen Erkenntniss. Die Frage nach dem Warum bildet hier so wenig, wie anderwärts, ein Object der em- pirischen Forschung, deren Vorwurf es bleibt, das Vorhan- dene als ein Gegebenes zu betrachten und die Frage nach der Entstehung andern Thätigkeiten des Geistes zu über- weisen. Manches in dieser Beziehung lassen vielleicht in späterer Zeit Entwicklungsgeschichte und Morphologie ahnen, Disciplinen, deren geringe Ausbildung in der Gegenwart noch nicht gestattet, sie für unser Object nutzbar zu ma- chen. Wir haben uns bisher mit dem Gestaltenwechsel von Organen beschäftigt, welche dazu bestimmt waren, nur eine einzige, bestimmte Function in dem Mechanismus des Kör- pers auszuüben. Liess sich schon dort einiges Verständniss gewinnen, so ist die Manchfaltigkeit derjenigen Organe leichter begreiflich, welche dazu bestimmt sind, nicht mehr einem, sondern mehreren Zwecken gleichzeitig zu dienen. Bei einer derartigen Anhäufung der Function stehen die ein- zelnen Thätigkeiten in der Regel in wechselndem Verhält- nisse zu einander. Je nachdem bei dem einen Thiere die Function «@ über die Functionen 5 und c präponderirt, bei dem anderen c in die Rechte von « tritt, wobei noch @ und 5 auf ein Minimum reducirt werden können , müssen Verschiedenheiten des Baues entstehen, welche vielleicht oftmals keines weiteren Nachdenkens bedürfen. Somit lässt sich hier den obigen zwei Erklärungsmomenten noch ein drittes hinzufügen. Unter diesen Organen, welche gleichzeitig mehreren Zwecken dienen, steht die äussere Haut oben an. In der Hauptsache ein Schutzorgan, eine Hülle der Weichgebilde 7 v2 des Körpers, ist sie auch bei den höchsten Organismen, den Wirbelthieren, ein Absonderungswerkzeug und Trägerin der verbreitetsten und unentbehrlichsten Sinnesthätigkeit, der Gefühls- und Tastwahrnehmungen. Schon hiernach , je nachdem es bald der Natur besonders um eine kräftige, feste Decke zu thun war,. oder auch die beiden anderen Functionen unverkümmert neben der ersten fortbestehen sollten, erscheint eine grosse Manchfaltigkeit des gröberen und feineren Baues. Die Bedeckungen sind bei den Wirbel- thieren einer der variabelsten Körpertheile. Bei den wirbellosen Geschöpfen kommen mit der Ver- einfachung der Organisation zu den bisherigen drei Functio- nen der Haut noch mehrere hinzu, welche bei den Verte- braten entweder gar nicht oder nur in Rudimenten (am häufigsten noch in der Embryonalperiode) vorhanden waren. Die Bedeckungen werden auf verschiedenem Wege zu Loco- motionsorganen; an ihnen entstehen Greifwerkzeuge ; sie werden ferner oftmals für die Athmung von Wichtigkeit, ja die einzigen Respirationsorgane; die Ernährung geschieht endlich auf der untersten Stufe der Organisation allein durch sie. Es würde überflüssig sein, schon hier, den nachfolgen- den Betrachtungen vorgreifend,, diese Differenzen weiter zu entwickeln oder in eine genauere Erörterung der ausseror- dentlichen Variabilität des Baues bei unserem Gebilde einzu- gehen. Nur soviel sei bemerkt, dass eine Anzahl von Or- ganisationsverhältnissen übrig bleiben, welche eine Redu- clion auf die Functionsverschiedenheiten nicht gestatten. So zerfallen, um nur ein Beispiel zu erwähnen, die Bedeckun- gen der wirbellosen Thiere in ‘zwei Abtheilungen, in eine Form, welche besonders, bisweilen fast ausschliesslich eine feste Hülle, einen Panzer darstellen, und in andere, welche weich bleiben und den übrigen Thätigkeiten, den vegetati- ven und Sinnesfunctionen grösseren Spielraum gestalten. Diese beiden Gegensätze des Starren und Weichen hätten 8 nun auf dem einfachsten Wege realisirt werden können, und namentlich hätte man bei den festen Bedeckungen , welche keinen lebhafteren Theil an den Functionen des Körpers ha- ben, eine solche Simplieität erwarten sollen. Allein gerade hier tritt uns eine wunderbare Vielartigkeit des Baues ent- gegen. Das einfachste, bei Wirbelthieren häufige Verhältniss, einer thierischen Grundmasse durch Einlagerung anorgani- scher Salze, namentlich Kalksalze, eine hinreichende Festig- keit zu verleihen, ist allerdings auch hier benutzt. Einmal aber besteht die Grundlage oftmals aus ganz eigenthümlichen Körpern, wie Chitin und Holzfaser, und nur seltener wohl aus den verbreiteten Proteinarten, dann sind die anorganischen Massen unter den verschiedensten und sonderbarsten Formen vorhanden, Formen, deren Verfolgung ein interessantes und wichtiges Object microscopischer Forschungen bildet. Die folgenden Blätter sollen dazu dienen, die bisherigen zerstreuten Forschungen und Beobachtungen, namentlich über den feineren Bau der Haut, mit einigen eigenen Un- tersuchungen vermehrt zusammenzustellen, um somit einer genaueren Erkenntniss der Bedeckungen wirbelloser Thiere den Weg zu bahnen und dem Scharfsinne eines Anderen Gelegenheit zu geben, das Vereinzelte zu einem wissen- schaftlichen Ganzen zu verknüpfen. 1. Infusorien. Die Infusionsthierchen haben in den letzten Decennien die verschiedenartigsten Auffassungen erfahren. Einer der ausgezeichnetsten Forscher der Gegenwart, Ehrenberg, hatte seit einer Reihe von Jahren Lebensweise und Bau dieser Wesen mit eisernem Fleisse erforscht und als Resultat sei- ner Studien ausgesprochen : „Die Infusorien , weit entfernt die Anfänge der Thierwelt darzustellen, sind Geschöpfe von einer verhältnissmässig sehr hohen Organisation, mit einem 9 Nervensystem und Sinnesorganen, mit Verdauungswerkzeu- gen und deren Hülfsapparaten und mit Geschlechtsorganen begabt.“ Diese Ergebnisse !), obwohl sie mit einem der Hauptsätze der vergleichenden Anatomie in Widerspruch ge- riethen , wurden von einer Anzahl ausgezeichneter Gelehrten mit Enthusiasmus begrüsst. Auf der anderen Seite hat es nicht an widersprechenden Angaben gefehlt. Nicht nur dass man das Gezwungene und Willkührliche der Ehrenberg’schen Organdeutungen 'hervorhob, man hat die ganze höhere Or- ganisation der betreffenden Classe in Abrede gestellt und den Infusorien wieder die unterste Stufe in der Thierreihe angewiesen. In dieser Hinsicht verdienen besonders die Namen Dujardin 2) und v. Siebold 3) genannt zu werden. Es würde hier zu weit führen, die Resultate letztge- nannter Forscher, welchen ich nach eigenen Beobachtungen meinen Beifall nicht versagen kann, hier weiter auszuführen. Weit entfernt einen Organencomplex darzustellen, ist der Körper eines Infusorium so einfach gebaut, dass er in sei- nen einzelnen Theilen mit dem gewöhnlichsten Formelemente der Organismen, der Zelle, entweder vollständig überein- kommt, oder doch wenigstens so nahe verwandt ist, dass ein Vergleich mit den letzteren mehr als eine bloss ober- flächliche Spielerei darstellt, vielmehr zur Erkenntniss der Infusorien vom allergrössten Belang ist. Bekanntlich ist seit den Arbeiten Schleiden’s und Schwann’s nachgewiesen, dass als integrirende Bestandtheile der Zellen !) Neben zahlreichen in den Berliner Academieschriften enthalte- nen Aufsätzen vergl. man das Prachtwerk: G. Ehrenberg, die Infusi- onsthierchen als vollkommene Organismen. 1838. ?2) Dujardin hat seine Untersuchungen zusammengestellt in der Schrift: Histoire naturelle des Zoophytes, Infusoires. Paris 1841 (einem Theile der Nouvelles suites & Buffon). 3) S. dessen Aufsatz: Parasiten im Physiolog. Wörterbueh von Wagner II. S. 681. und das Lehrbuch der vergl. Anatomie der wir- bellosen Thiere. 10 folgende Theile anzusehen sind: 1) eine die Zelle umschlie- ssende‘ und zusammenhaltende feine Haut, die Zellen- membran, 2) ein bald homogener, bald aus kleinen Kör- perchen bestehender Zelleninhalt und 3) ein bald bläs- chenartiges, bald festes Gebilde, welches entweder mehr centrisch im Zelleninhalte oder peripherisch an der Zellen- wand liegt, der Kern oder Cytoblast, Nucleus, in dessen Innerem dann 4) als letzte Bildung gewöhnlich ein eim- oder mehrfaches punktförmiges Körperchen, das Kernkörper- chen, Nucleolus, wahrgenommen wird. Vergleicht man hiermit den Leib eines Infusorium , so gelingt es ohne Schwierigkeit, die Bestandtheile einer Zelle herauszufinden. Im Innern desselben fällt uns bei den mei- sten Geschöpfen ein heller consistenter Körper auf, welchen Ehrenberg als männliche Geschlechtsdrüse beschrieb, wir aber mit weit grösserem Rechte als den Kern ansehen dürfen. Es könnte freilich auf den ersten Blick der Umstand befremden, dass jener Körper bei den einzelnen Gattungen grosse Differenzen in Zahl und: Form darbietet. Indessen braucht man sich nur an die mehr-, selbst vielfachen Kerne der Samenzellen bei Säugethieren und Vögeln zu erinnern, um ersteres Verhältniss begreiflich zu finden. Schwerer dürften die sehr beträchtlichen Formverschiedenheiten des betreffenden Gebildes mit unserm bisherigen Wissen über Zellenformation in Einklang zu bringen sein. Bei pflanzli- chen Zellen sind mir allerdings keine Facta bekannt, welche für eine Metamorphose des rundlichen oder ovalen Zellen- kernes sprechen. Dagegen bietet uns die animalische Zelle unter Umständen etwas hierher Bezügliches dar. Ohne gro- sses Gewicht auf die Metamorphose der Kerne in manchen Fasergeweben zu den sogenannten Kernfasern legen zu wollen, da dieser Gegenstand neuer Untersuchungen be- dürftig erscheint !), ehe er als Factum in die Gewebebil- ') Diese geistvolle, bekanntlich von Henle (allg. Anatomie. S. 193) 11 dung eingeführt werden kann, erinnere ich nur an eine merkwürdige Gestaltung des Kernes bei Insekten, welche Leuckart und ich !) beobachteten. Im Mastdarme der Rau- pen, z. B. dem des Sphinx ligustri, gewahrt man als Drüsen- schicht grosse, etwa '/s’’' messende, unregelmässig sechs- eckige Zellen, in deren Innerem ein ganz eigenthümlicher, in die Länge gezogener , gewöhnlich vielfach verzweigter Kern enthalten ist. Weniger ausgebildet und mehr an das gewöhnliche Verhältniss erinnernd, fanden wir diese Kerne bei der Raupe von Bombyx Rubi. Eine noch grössere Annäherung zu einem gewöhnlichen Nucleus zeigt sich an demselben Orte bei manchen anderen Insektenlarven, z. B. denen der Phryganeen, Tenthredinen und einzelner Käfer. Kurze Zeit später wurde dieselbe auffallende Bildung von H. Meckel 2) an den Speicheldrüsen der Raupen beschrieben. Nachdem einmal so höchst abweichende, offenbar einer Weiterbildung des Nucleus angehörige Formen beobachtet sind , scheint es wenig mehr gewagt, die obigen Körper des Infusorienleibes als Kerne zu deuten. Die bandförmi- gen, ringartigen, spiraligen, paternosterschnurartigen For- men jenes Gebildes lassen sich gewiss ebenso leicht auf die Primitivform des Nucleus reduciren, als die seltsamen Gestaltungen bei den Insektenlarven. Da wo jenes Gebilde die rundliche oder ovale Form beibehält und oftmals in sei- nem Innern noch ein oder zwei kleinere Körperchen enthält, z. B. bei Chilodon Cucullulus ist die Uebereinstimmung mit Nucleus und Nucleolus aufs Deutlichste ausgeprägt. Als Zellen- inhalt hat man das bald wasserklare, bald aus sehr feinen punctförmigen Molekeln oder den verschiedenartigst gefärbten Körnchen bestehende Contentum des Infusorienkörpers anzu- aufgestellte Theorie hat bisher, soviel ich weiss, nur durch die Be- obachtungen von Zwicky (Metamorphose des Thrombus) eine Bestäti- gung erfahren. !) Wagner’s Zootomie. II. S. 61. ?) Müller’s Archiv. 1846. S. 26. 12 sehen, wo man für beide Fälle an manchen Formen der Epithelialgebilde, an Ganglienkörpern und an den Pigment- zellen der Wirbel- und noch mehr der wirbellosen Thiere Parallelen finden wird. Selbst die lokalen Ansammlungen eines gewöhnlich rothen körnigen Pigmentes bei einer gro- ssen Anzahl von Infusionsthierchen,, welche von Ehrenberg zur Demonstration von Sehwerkzeugen benutzt worden sind, lassen eine Vergleichung mit beschränkten Pigmentanhäufun- gen mancher thierischer Zellen, z. B. der lokalen braunen Pigmentansammlung, welche nicht selten an den Ganglien- körpern des Frosches und auch zuweilen an denen des Men- schen beobachtet wird. Wohl ebenfalls dem Pigmente zu- zurechnen dürften die violetten, bald körnigen, bald flüssi- gen Massen sein, welche einzelne Geschöpfe (Nassula ele- gans und Chilodon ornatus) besitzen, ebenso wohl ein Theil der grünen Körnchenmassen, welche durch den ganzen Körper mancher Infusionsthierchen verbreitet sind. In den beiden letzteren Fällen erinnern die Färbungen gewöhnlich nicht an das körnige Pigment, sondern eher an die gefärb- ten Fettkügelchen, wie sie z.B. in Zellen an den Schnäbeln und Füssen der Vögel angetroffen werden. Manche Eigenthümlichkeiten der Körpersubstanz des ein- zelligen Infusorienorganismus stehen allerdings noch ganz vereinzelt da. Hierher ist wohl vor Allem zu rechnen die aus der chemischen Beschaffenheit der Leibessubstanz resul- tirende Fähigkeit, Hohlräume oder Vacuolen zu bilden, eben- so das Vorkommen pulsirender Räume. Weniger unverständ- lich ist dagegen die Rotation der grünen Kügelchen in ge- schlossenem Strome, welche im Körper von Loxodes Bur- saria beobachtet wird. Die bekannten Saftströmungen der Charen liefern für pflanzliche Zellen ein Analogon, für ani- male hat bereits Kölliker ein paar ähnliche Beobachtungen ge- macht. In den kernlosen Samenzellen von Polyclinum stel- latum bewegte sich die Flüssigkeit in zahlreichen kleinen Strömchen. In Zellen, welche an den keimenden Armen 13 einer Echinodermenlarve (Asterie) vorkamen, verliefen Ström- chen radienförmig vom Kern nach der Peripherie I). Haben wir somit eine Uebereinstimmung zwischen der Körpersubstanz der Infusorien und dem Inhalt thierischer Zellen erlangt, so müssen wir in der Hülle, der Haut dieser Thiere eine Zellenmembran erblicken. Bei der in der Regel so beträchtlichen’ Kleinheit der Infusorien könnte allerdings die Frage aufgeworfen werden: Haben denn jene Thiere wirklich eine besondere Hülle an ihrem einfachen Körper? In der That hat auch ein tüchtiger, um diese Thierklasse hochverdienter Forscher, Dujardin, den Versuch gemacht, ihnen eine solche Haut ganz abzusprechen. Er berief sich hierbei auf das Zusammenfliessen der durch Aus- sackungen und Verlängerungen der Körpermasse gebildeten Anhänge der Rhizopoden. Fände in der That ein solches Zusammenfliessen wirklich statt , so würde man unseren Thieren eine Hülle absprechen müssen. Indessen ist, wie Ehrenberg gewiss mit vollem Rechte eingeworfen hat, eine solche Verschmelzung keine wirkliche , vielmehr nur schein- bar hervorgerufen durch das temporäre Aneinanderlegen solcher Fortsätze. Dujardin ist indessen selbst dem Zuge- ständnisse einer solchen Membran näher, als es auf den er- sten Blick erscheint, indem er zugibt, dass die Oberfläche des Infusorienkörpers in Contact mit der umgebenden Flüs- sigkeit erhärten könne. Der Nachweis einer feinen und zarten Membran gelingt an einer Zelle am leichtesten auf einem zweifachen Wege. Einmal man übt einen mässigen, immer steigenden Druck aus. Dann beobachtet man endlich ein Zerreissen der Hülle, welches sich durch raschen Austritt des Zelleninhaltes an I) Entwickelungsgeschichte der Cephalopoden. S. 136. Bekannt- lich kommen auch die beiden letzteren Bewegungsweisen, die schaum- förmige und radienförmige, in pflanzlichen Zellen nach den Angaben Nägeli’s vor. 14 der verletzten Stelle kund gibt. Hiervon ganz verschieden verhalten sich hüllenlose Kugeln. Bei ihnen breitet sich bei steigender Pression das ganze Gebilde nach allen Seiten aus, was uns jede grössere zähe Masse ebenfalls zeigt. Behan- delt man die Infusorien auf diesem Wege, so entsprechen die Erscheinungen, wenn anders nicht zu beträchtliche Klein- heit der Thiere die Beobachtung trübt, dem ersten und nicht dem letzten Vorgange. Ein zweiter Weg des Nachweises beruht in der isolirten Darstellung der Zellenmembran. Eine solche nach dem Zer- reissen oder Zerpressen eines Infusorium aufzufinden,, ge- lingt nun in der Regel nicht. Höchstens bemerkt man bei grösseren Geschöpfen, z.B. den Stentoren, aber undeutlich, ‚zarte kleine Fetzen an der Oberfläche der Körpermasse, welche vielleicht hierher gehören dürften. Wie dem sei, wir können jedenfalls hieraus eine grosse Feinheit und Zart- heit der umhüllenden Membran entnehmen. Dass an ihr keine Spur weiterer Zusammensetzung wahrnehmbar sei, bedarf wohl kaum der Erwähnung !). Nach dem Vorausgeschickten stellt somit eine einfache Zellenmembran die Integumente auf der untersten Stufe der Thierwelt dar. Bei der ungemeinen Einfachheit der Organisation über- nimmt dieselbe eine Reihe der wichtigsten Verrichtungen. Durch ihre Sensibilität wird sie zum alleinigen Sinneswerk- zeuge, durch ihre Permeabilität bei einem Theile der Thiere, den mundlosen Infusorien , zum Ernährungsorgane, durch die gleich zu erwähnenden Anhänge wird sie Locomotions- werkzeug. Als Secretionsorgan tritt sie gleichfalls nicht sel- I) Andere vereinzelte Fälle sprechen ebenfalls für die Existenz einer distineten Haut, z.B. die oftmals dicht unter derselben befind- lichen Vacuolen, ferner die contractilen Räume bei Actinophrys Sol, welche unmittelbar unter der Körperoberfläche liegend, die Haut öfters wie einen Bauchsack bei ihrer Ausdehnung hervortreiben. (Siebold’s vergl. Anatomie. S. 22). 15 ten auf. Die Panzer der Rhizopoden und einiger ächter In- fusorien sind entweder Secrete der Haut oder fremde Kör- per, welche durch eine derartige thierische Masse zusam- mengehalten werden. Die chemische Beschaffenheit der Haut ist gleich der des ganzen Körpers der Infusorien noch vollkommen unbe- kannt. Ebenso weiss man nicht, welche Substanzen in die weichen Gehäuse dieser Thiere eingehen. Die festen und zierlichen Panzer der Polythalamien enthalten einen beträcht- lichen Reichthum. an Kalksalzen und widerstehen in Folge dessen der Verwesung und dem Feuer. An der Haut erscheinen manchfache, fast nur zur Lo- comotion und zur Nahrungsaufnahme dienende Anhänge. Hierher sind vor allem die Flimmerhärchen zu rechnen, welche eine grosse Verbreitung geniessen. Sie kommen bald über den ganzen Körper, bald nur über einzelne Theile desselben verbreitet vor. Sie scheinen auch hier der Zellen- wand implantirt zu sein, wie dieses fast überall der Fall ist. Von ihnen zu unterscheiden hat man grössere Haare oder Wimpern , welche einer willkührlichen Bewegung fähig sind. Sie werden iheils an der Mundöffnung anhängbar, theils als sogenannte Haken (uneini) zerstreut über den Körper, na- mentlich die untere Fläche desselben gefunden. Ein langer dünner Faden , welcher peitschenähnlich vom Thiere bewegt werden kann, wird namentlich bei einigen Infusorien ohne Mundöffnung bemerkt. Bei den Rhizopoden ersetzen die seltsamen Ausstülpungen der Haut die Stelle der hier fehlen- den besonderen Locomotionswerkzeuge. Um mich keiner Auslassung schuldig zu machen, führe ich als zweifelhaft hierher gehörende Wesen, die merkwür- digen Gregarinen auf. Diese von Leon Dufour aufgestellte, später von Siebold I) und Kölliker 2) genauer untersuchte I) Beiträge zur Kenntniss wirbelloser Thiere. Danzig 1839. 2) Die Lehre von der thierischen Zelle in Schleiden’s u. Nägeli’s Zeitschrift für Botanik. 1845. 16 Gattung, welche im Inneren verschiedener wirbelloser Thiere lebt, besteht aus vollkommen einzelligen Wesen. Im Allge- meinen kommen sie alle bei verschiedener Form und Grösse darin überein, dass ein centraler Kern von bläschenartigem Aussehen mit einem deutlichen, wohl ebenfalls vesiculären Nucleolus vorkommt, ferner ein gewöhnlich moleculäres Zellencontentum und eine Zellenmembran, welche vollkom- men structurlos, aber von verschiedener Dicke und Festig- keit erscheint. Die Bewegungen dieser Wesen geschehen bei einem Theile durch deutliche Contractionen der Zellen- membran , vermöge welcher man bisweilen den Zelleninhalt hin und hergetrieben werden sieht, eine Lebensthätigkeit der Zellen, welche bisher nur noch an den Dotterzellen der Planarien von Siebold !) und Kölliker 2) bemerkt worden ist. Andere Gregarinen lassen diese Beweglichkeit ihrer Hülle nicht erkennen. So bemerkte ich es neben anderen in verschiedenen Würmern der Nordsee vorkommenden Gre- sarinen besonders an zwei kleinen Formen dieser Thiere, welche im Darmkanale von Gammarus pulex und Julus ter- restris sehr bäufig sind. Hier hat die den ovalen Körper umschliessende Zellenmembran eine gewisse Dicke. Die Be- wegungen geschehen in Form eines ganz eigenthümlichen geraden Fortgleitens, vollkommen eben so wie bei den Na- vicularien. : Die Triebfeder blieb mir gänzlich verborgen. Die Zellenmembran erschien immer ganz starre und unver- änderlich. — Die Fortpflanzung dieser Geschöpfe soll nach den Beobachtungen Kölliker’s auf dem Wege endogener Zel- lenbildung stattfinden, während die der Infusorien besonders durch Einschnürung und Theilung von Kern und Zelle er- folgt. I) S. Bericht der Berliner Academieverhandlungen von 1841. 2) Wiegmann’s Archiv 18147. 1. 17 2. Cölenteraten!) a) Polypen. Steigen wir jetzt eine Stufe höher in der Thierreihe zu den Polypen (welche ich auf die Ehrenbergischen Anthozoen beschränke), so tritt uns hier, wenn anders die vorhande- nen spärlichen Untersuchungen schon zu einem allgemeine- ren Ausspruch berechtigen können, eine viel höhere Orga- nisation der Bedeckungen entgegen. Ein ausgezeichneter französischer Zootom, A. de Qua- trefages,, hat vor einigen Jahren eine den Actinien nahe ver- wandte Anthozoengattung Edwardsia an der Nordküste von Frankreich entdeckt und zum Gegenstande einer sehr ge- nauen Monographie gemacht 2). Wir können dieses Ge- schöpf, da seine Bedeckungen unter allen Polypen am ge- nauesten gekannt sind, zuerst betrachten. Bei diesem lang- gestreckten wurmförmigen Thiere, welches nicht wie die übrigen Anthozoen festsitzt, sondern sich mit dem hinteren Theile des Körpers nach Art mancher Würmer in den Sand eingräbt, sind Anfang- und Endstück des Körpers von gro- sser Durchsichtigkeit, der mittlere Theil desselben ist dage- gen opak, Differenzen, welche auf einer verschiedenen Dicke und Ausbildung der Haut beruhen. Diese besteht überall aus zwei Lagen oder Schichten, einer oberen und unteren (für welche Quatrefages die nicht ganz passenden Benennungen von Epiderme und Derme vor- schlägt). Die obere dieser Schichten lässt sich am leichte- sten am mittleren, opaken Theil des Körpers präpariren, während sie an den übrigen Stellen viel feiner, selbst bis zu 0,002’ und nur durch Maceration darzustellen ist. Sie I) Ueber diese von Leuckart und mir gewählte Bezeichnung vergl. man die Beiträge zur Kenntniss wirbelloser Thiere. Braun- schweig 1847. 2) Annales des Sciences naturelles. IIe Serie. Tome XVIN. p. 79. 2 18 erscheint als eine homogene, structurlose Membran, an den Endtheilen farblos, an der mittleren Partie des Körpers von ‚einem Farbestoffe gleichmässig durchtränkt und mit einzelnen Elementarkörnchen versehen. Einen ähnlichen Bau zeigt auch die tiefere ae der Haut, in deren homogener Masse feine Molekeln eingebettet liegen. Die verwandte, bekannte Gattung Actinia ist hinsichtlich ihrer Bedeckungen leider noch viel zu wenig untersucht, als dass man über die» Structur derselben etwas Genaueres wüsste. Vermuthlich kommen auch hier zwei Lagen vor. Die sonderbaren Lucernarien zeigen dieselbe Duplieität der Hautschiehten wahrscheinlich über den ganzen Körper. Beide Lagen bestehen ebenfalls aus einer homogenen Grund- substanz, enthalten jedoch zahlreiche gekernte Zellen einge- sprengt. In der untersten Lage trifft man ausserdem noch einzelne gewundene feine Fibrillen, manchen Formen von elastischen Fasern nicht unähnlich !). Bei den übrigen An- thozoen werden vermuthlich ähnliche homogene Membranen als Bestandtheile der Integumente, bei kleineren Formen vielleicht auch nur in einfacher Lage getroffen. Bei den von Milne Edwards 2) so meisterlich untersuchten Gattungen Al- eyonidium und Lobularia bestehen die zarten Bedeckungen des Körpers aus zwei sehr feinen Häuten, eine Duplicität, welche sich bis herunter in den Polypenstock erhält. In der Regel grenzt sich der Polypenkörper mit der eben beschriebenen obersten Hautschicht nach oben ab. Bisweilen jedoch sind einzelne Theile noch mit einem Ueber- zuge von Platten- oder Wimperepithelien bekleidet (wodurch denn auch die Quatrefages’sche Benennung der obersten Lage als „Epiderme“ unrichtig erscheint). Ein solches Epi- ı) Frey und Leuckart, Beiträge. S. 9. 2) Annales des Sciences naturelles. Ile Serie. Tome IV. 19 thelium hat zuerst Erdl !) an den Fangarmen und Tastläpp- chen von Veretillum und Actinia beobachtet. Die chemische Beschaffenheit der Polypenhaut ist noch völlig unbekannt. Ebensowenig wissen wir etwas über ihre Entstehung. Sie kann möglicherweise eine doppelte sein. Einmal könnte die Haut von den oberflächlichen Furchungs- kugeln des Embryo als eine structurlose Masse secernirt werden (nach Art der Ascidien) und die in ihr vorkommen- den Gewebetheile, als Kerne, Zellen, Fasern, könnten erst nachträglich entstehen ; oder zweitens die oberflächlichen Furchungszellen würden mit einander verschmelzen und so die Integumente darstellen. Letztere Entstehung könnte vielleicht den Vorzug einer grösseren Frequenz in der Thier- welt für sich geltend machen, wie denn auch die Verschmel- zung von Zellen zu structurlosen Membranen nicht ohne Analogie dastehen dürfte. Nur ein kleiner Theil der Anthozoen und zwar nur ein- zelne grössere Thiere dieser Gruppe, beispielsweise die Actinien, Eleutherien, Fungien und Cyathinen führen ein vereinzeltes Dasein, indem sie entweder frei leben oder an fremden Körpern aufsitzen. Der bei weitem grössere Theil der Polypen lebt dagegen in Colonieen, oder Thierstöcken, in Vereinen, welche im Verhältniss zur Masse des Einzel- thieres oftmals von riesenhaften Dimensionen sind. Die Bildung solcher Thierstöcke 2) findet ihre Erklärung in der Vermehrungsart. Einmal pflanzen sich die Anthozoen in der gewöhnlichen Weise durch Eibildung fort. Die Em- I) Müller’s Archiv 1842. 2) Ein richtiges Verständniss des Polypenstockes verdankt man zuerst den schönen Untersuchungen von Ehrenberg (über die Corallen- thiere des rothen Meeres. Berliner Academieschriften von 1832). Die nachfolgenden Zeilen sind im Grunde nur eine Paraphrase jener treffli- chen Abhandlung des hoch verehrten Forschers. DE 20 bryonen vermögen sich auf-diesem Wege vom Mutterthiere entfernt festzusetzen und werden so zu Gründern einer Colonie. Hat sich einmal ein Polyp auf diesem Wege fixirt, so vermag er ohne weiteren Geschlechtseinfluss sich ferner zu vermehren. Er kann sich theilen, wahrscheinlich jedoch nur der Länge nach. Aus einem Thiere werden sonach zwei, welche, je nachdem die Theilung vollkommener oder unvollständiger war, in verschiedenem Grade .mit einander zusammenhängen. Die beiden Geschöpfe vermögen ein je- des für sich denselben Prozess aufs Neue durchzumachen. Auf diesem Wege entwickelt sich mit dem Factor zwei eine Colonie. Ein Beispiel eines solchen Polypenstockes bietet die Gattung Caryophyllea dar. N Demnach entstehen durch denselben Theilungsprozess, wie wir ihn bei den Infusorien anführten, Polypenvereine. Nur tritt eine vollkommene Trennung mit Ablösung, wie sie den meisten Infusorien eigen ist, hier niemals ein. Die Polypenstöcke können, wie es Ehrenberg that, mit den Colonien der Vorticellinen verglichen werden. Eine zweite ungleich häufiger vorkommende Propaga- tionsmethode ist die Knospenbildung. An den verschieden- sten Stellen erhebt sich die Leibeswandung in einer war- zenartigen Ausstülpung, welche immer weiter und weiter wächst, zuletzt an ihrer Spitze Fühler erhält und sich mit einer Mundöffnung versieht. Es entsteht so an dem Stamm- thier ein neuer Sprössling, welcher zwar eine gewisse Selbstständigkeit erlangen kann (indem die Leibeshöhle von der des Muttergeschöpfes sich zu trennen vermag), niemals jedoch von seinem Boden sich ablöst, um sich an einem andern Orte festzusetzen. Man begreift leicht, wie auf diesem zweifachen Wege, sei es nun auf einem allein oder beiden vereinigt, die Natur die verschiedenartigsten Thierstöcke zu erzielen vermag. Die Form der Polypencolonieen ist daher nur von sehr un- 21 tergeordneter Bedeutung und keineswegs von einer characle- ristischen, wie man früher annahm. Eine und dieselbe Polypengattung kann nach den Umständen ganz differente Stöcke hervorbringen. In der That würde auch der Polypenstock nicht zu so vielen Controversen und Irrthümern Veranlassung gegeben haben, wäre er weich geblieben. Dadurch aber, dass die Bedeekungen und Körperwände der Einzelthiere erhärten und oftmals in einem hohen Grade, ist ein Verständniss schwie- riger. Bedenkt man die Kleinheit der meisten Thiere, die ungenaue Kenntniss ihrer Organisation, welche erst seit zwei Decennien einer besseren Einsicht Platz gemacht, so darf es kein Wunder nehmen, dass der Polypenstock noch so ungenügend gekannt und oftmals so irrig gedeutet ist. Die Bedeckungen durch Einlagerung anorganischer, na- mentlich Kalkmassen zu erhärten, ist, wie schon in der Einleitung unseres Aufsatzes bemerkt und wie sich später noch vielfach ergeben wird, ein sehr gewöhnliches, fast in allen Classen wirbelloser Thiere angewandtes Mittel, dass es uns nicht Wunder nehmen darf, bei den Polypen eben- falls darauf zu stossen. Eine solche Induration wird hier zur Erhaltung eines oftmals in langer Zeit entstandenen mächtigen Thiervereines im höchsten Grade nothwendig. Es ist gleichfalls schon oben bemerkt worden, dass eine derartige Solidification in mehrfacher Weise realisirt werden kann. Die anorganische Substanz kann chemisch an die Haut gebunden sein, wie an den Knochenknorpel ein Theil der Kalksalze, oder sie kann in bestimmten Kör- pern vorkommen , Kalkkörpern,, oft von der sonderbarsten Gestaltung. Solche werden wir später in grosser Ausdeh- nung, namentlich auch bei den Echinodermen antreffen. Diese beiden Erhärtungsweisen finden wir auch bei den Polypen angewandt. Während erstere mehr da vor- kommt, wo steinharte Polypenstöcke gebildet werden sollen, stösst man auf letztere schon bei noch ganz weichen flei- 22 schigen Thiervereinen und in noch höherem Grade bei Stö- cken, welche eine mehr lederartige. Consistenz besitzen. Betrachten wir daher zuerst die letztere Erhärtungsweise. Eine solche kommt besonders, vielleicht ausschliesslich den Familien der Alcyoninen, Pennatulinen und Gorgoninen zu 1). ö Für die Alcyonien hat schon vor einer Reihe von Jahren ein ausgezeichneter Forscher , Milne Edwards 2), classische Untersuchungen angestellt, die erste Arbeit, in welcher genau und gründlich das Verhältniss der Einzelthiere zum Polypenstock mit dem Mieroscope studirt ist. Sie bildet die Grundlage für weitere Beobachtungen und wir gehen daher von ihr aus. Der Polypenstock der Gattung Alcyonidium zeigt einen oberen weichen Theil, an welchem die Mundscheiben der Thiere sitzen, und einen unteren Theil von grösserer Con- sistenz. Bei genauer Beobachtung bemerkt man, wie die einzelnen Polypen die ganze Länge des Stockes einnehmen, in Form langer senkrecht oder parallel neben einander ste- hender, auf dem Wege der Knospe gebildeter Röhren, wel- che theilweise an der Basis ineinander übergehen oder auch atrophiren. Man bemerkt die schon oben erwähnte Dupli- cität der Bedeckungen an unseren Thieren. Der obere Theil einer jeden Röhre bleibt nun ganz weich, erst beim Eintritt in den Stiel des Stockes fangen die einzelnen peripherischen I) Es ist dem Verfasser aus Mangel an Materialien leider nicht möglich gewesen, hier eine Abgrenzung genau stecken zu können. Die untersuchten Thiere (Spiritusexemplare) sind im Texte erwähnt. Möge ein anderer Forscher in günstigerer Lage diesem für Zoologie wichtigen Gegenstande seine Aufmerksamkeit zuwenden. Derartige nach der Verwesung der Thiere freigewordene Kalkkörper hat Ehren- berg in den Abhandlungen der Berliner Academie von 1841 (Ueber Verbreitung und Einfluss des microscopischen Lebens in Amerika) unter den Namen Spongolithis und Lithostylidium beschrieben und ab- gebildet. ?2) Annales des Sciences naturelles Zoologie. Serie II. Tome IV. 23 Röhren an zu verkalken. Es lagern sich nämlich in die Bedeckungen eigenthümliche braune Körperchen von spin- delförmiger Gestalt mit zackiger Oberfläche ein. Sie beste- hen aus einer organischen Grundlage und kohlensaurem Kalke. Hiernach wird ein jedes Thier aus einem unteren Theile von grösserer Consistenz und einem oberen weiche- ren Theile gebildet. In den ersteren kann sich nun der letztere einstülpen, oder um den gewöhnlichen Ausdruck zu gebrauchen, der Polyp kann sich in seine Zelle zu- rückziehen. Diese Zelle ist aber ein Theil des Thieres selbst, eine verhärtete Bedeckung, nicht eine von der Haut abgesonderte todte Masse, welche dem Thiere zum Gehäuse dient. ' Wenn der Thierverein bei Alcyonidium in seiner An- ordnung sehr deutlich erscheint, so ist es etwas schwieri- ger, die Polypenstöcke der Gattung Aleyonium oder Lobula- ria zu verstehen. Hier scheinen auf den ersten Blick an der Oberfläche des Stockes wahre Zellen vorzukommen. In- dessen überzeugt man sich, dass der Bau wesentlich der- selbe bleibt. Die Röhren stehen, nur mehr radial, gehen eine innigere Vereinigung mit einander ein, welche die Substanz des Stockes darstellt, und die Grenze des weichen und harten Theiles der Polypenröhre ist scharf markirt. Man bemerkt an: dem oberen weichen Theile des Thieres die zwei Schichten der Bedeckungen. Eine Strecke weit von der Mundscheibe herunter kommen die Kalkspindeln ganz ähnlich denen des Alcyonidium, aber farblos, in acht Längs- reihen vor, welche nach unten schief auseinander weichen und zuletzt mit einigen quergelagerten Kalkkörpern schliessen. Bei Alcyonium digitatum massen die grössten derselben 0,150 — 0,130°°, die mittleren 0,100 — 0,080‘, die kleinsten nur 0,030 — 0,025‘. Die Zahl der Zacken war an den grösse- ren sehr beträchtlich ), an den kleineren viel sparsamer !) Sie sind getreu in der Abhandlung von Milne Edwards abge- bildet. 24 und hier gewöhnlich in Form von zwei Quergürteln vor- handen. Beim Uebergang in den Polypenstock entfernt sich die äussere Lamelle der Haut von der inneren, wird: viel dicker und schwammartig. In ihr trifft man an der Rinde des Stockes eine Unmasse kleiner unregelmässiger zackiger Kalk- körperchen eingelagert, im Innern dagegen sparsamere, oft- mals verästelte Spindeln von sehr wechselnder Form. Eine ähnliche Anordnung der Polypen kommt im Stocke der Gattung Veretillum vor. Die eingelagerten Kalkkörper erscheinen dagegen in einer ganz anderen, eigenthümlichen Gestalt. Sie sind von Huschke !) bei Veretillum Cynomorium entdeckt, in ihrer Bedeutung aber verkannt und den Otoli- then zugerechnet worden. „Sie haben ein regelmässiges, ziemlich gleich grosses, nicht krystallinisches Ansehen und kommen in den Aussentheilen (der Hülle) des Stieles vor. Sie sehen aus wie Waizenkör- ner, sind also länglich, etwas plattgedrückt und mit abge- rundeten Rändern versehen. Mit Salzsäure brausen sie auf, verlieren dabei ihre weisse Farbe, werden durchsichtig und gelblich, behalten aber vollkommen ihre Gestalt und ent- halten also eine festere thierische Grundlage neben dem kohlensauren Kalke“, dieses sind ungefähr die Worte des Verfassers. Diese Körper (fig.1.) haben im Allgemeinen eine ovale, etwas plattgedrückte Form (fig. 1. c. von der Seite) bei einer ziemlich wechselnden Breite. Die Contouren sind scharf und dunkel, das Innere ist wasserhell, von sehr feinen concen- trischen Linien durchzogen. Ein Theil von ihnen (fig. 1. d) ist über die Mitte mit einer Querlinie versehen, ein anderer Theil hat noch eine jene unter rechtem Winkel kreuzende Längslinie (fig. 1.e). Diese Linien, welche auch schief gelegt sein können, sind bisweilen fein und zart, öfter aber scharf, ') Sömmerring’s Anatomie, Neue Auflage, Band V. S. 880. Note, 25 dunkel und etwas unregelmässig, so dass man sie von Bruchflächen kaum unterscheiden kann. Die Grösse fand ich im Gegensatze zu Huschke beträchtlich schwankend (fig, 1.a.undb.), in der Länge von 0,042 durch 0,035 u. 0,028‘ bis herunter zu 0,012’ und weniger, in der Breite von 0,030 — 0,01‘. Die organische Grundlage erscheint nach der Extraction der Kalkmassen zarthäutig und fein granulirt. Die Lagerung der Körper wird auf Querschnitten durch Be- handlung mit Kali deutlich. Man findet, dass sie alsdann ‘ am Stiele durch die ganze Dicke die Polypenröhren in gro- sser Menge umgeben. Der Stamm des Stockes und die einzelnen Polypen bleiben von Kalkkörpern vollkommen frei. Eine dritte Form der Kalkkörper trifft man bei Penna- tula (phosphorea). Da meine Exemplare die weichen Theile der Thiere verloren hatten, so liess sich leider die Beobach- tung nur ungenügend anstellen. Sämmtliche Kalkkörper haben die Form langer unver- ästelter Stäbe. Ein Theil von ihnen stellt ganz regelmässige, an beiden Enden zugespitzte Nadeln von rother Farbe dar. Die Länge ist oft eine sehr ansehnliche bis zu 1‘, kleinere messen 0,25 — 0,16‘. Die Dicke beträgt im Mittel 0,055 — 0,030‘. Bei Behandlung mit Säuren löst sich die anorgani- sche Masse unter Aufbrausen und der Farbestoff geht ver- loren. Die organische Grundlage besteht aus mehreren structurlosen Lamellen. Auffallend ist es, dass häufig nur ein Theil einer Nadel gefärbt, der übrige dagegen farblos erscheint. Andere Nadeln sind ganz farblos, 0,15 — 0,5’ lang, an den Enden etwas kolbig angeschwollen oder mehr abgeflacht, bisweilen um ihre Achse gedreht und häufig von Längslinien durchzogen. Kleinere Nadeln, oftmals so- gar nur 0,033 in der Länge und 0,006‘ in der Breite und weniger messend trifft man ebenfalls häufig. Sie sind fast immer farblos. Die Haut besteht auch hier wahrschein- lich überall aus zwei Lagen, einer oberen farblosen feinen ‘Schicht, welche sich falten und zerfasern lässt, und einer 26 unteren dickeren Lage von gelblichem Colorit, die durch das Messer in Längsbalken zerlegt wird. An einzelnen Stellen trifft man in der oberen Lage ovale verlängerte Kerne und dunkle, den elastischen ähnliche Fasern eingebettet. Von Interesse ist es, die Anordnung der Kalknadeln am Polypenstocke zu verfolgen. An den einzelnen neben einander stehenden Polypenröhren bemerkt man die grossen rothen Nadeln in Längsreihen gruppir. An dem freien Rande der erhärteten Haut springt eine Anzahl dieser Längs- nadeln frei vor und bewirkt hier die schon dem blossen Auge sichtbaren rothen Spitzen. Zwischen diesen Längs- reihen der grossen rothen Nadeln findet man zahlreiche kleinere, meist farblose, entweder ersteren parallel liegend oder mehr oder minder schief angeordnet, wodurch bis- weilen sehr zierliche Gruppirungen entstehen. - An dem oberen, Polypenröhren tragenden Theile des Stammes hat die Haut auf der einen Seite ein rauhes höckeriges Ansehen. Dieses hängt von einer ganz anderen Anordnung der Kalk- körper ab. Es stehen nämlich theils colorirte, theils farb- lose Nadeln büschelförmig mehr oder minder senkrecht auf den Bedeckungen. An dem federlosen Theile des Stieles trifft man breite farblose Nadeln, meistens in longitudinaler Anordnung, welche nach abwärts immer sparsamer werden, so dass zuletzt die organische Masse der Haut ganz frei zu Tage tritt. Bei den Gorgoninen kommen, wie schon Ehrenberg früher bemerkte, die Kalkmassen der Haut in Form spin- delartiger Körper vor. Ich habe nur alte getrocknete Exemplare untersuchen können. Bei Gorgonia flabellum haben die Spindeln (fig. 23) eine Mittelgrösse von 0,046 — 0,032‘ bei einer Dicke von 0,003, 0,004 — 0,008‘. Die Spindeln haben eine ziemlich reguläre Form, laufen an den Enden spitz zu und sind in der Mitte am dicksten. Eigen- thümlich sind Quergürtel rundlicher, warzen- oder knopflör- niger Vorsprünge, deren Zahl zwei bis vier Paare beträgt. 27 Gewöhnlich ist das mittlere Paar am grössten und die äusse- ren Gürtel beträchtlich kleiner. Hierdurch erhöht sich die Dicke einer Spindel oftmals bis gegen 0,020‘. An die Na- deln der Pennatula erinnernd ist auch hier, aber nicht an allen Spindeln, ein Pigment von rother Farbe vorhanden, bisweilen nur über einen Theil des Körperchen verbreitet. Gelbgefärbte Spindeln Kommen ebenfalls nicht selten vor. Die Bildung der Kalkkörper scheint auf dem Wege der Ap- position von kleinen Körperchen aus stattzufinden. Man bemerkt solche von mehr nadelartiger, ziemlich schlanker Form, etwa 0,016‘ in der Länge und 0,002’ in der Breite messend, welche nur zwei Gürtel von je vier stumpf coni- schen Vorsprüngen besitzen. Dann trifft man grössere, wel- che sich an den Enden verlängert haben, wo die Vorsprünge des mittleren Paares stärker entwickelt sind und an den Enden ein neues Gürtelpaar kleinerer Vorsprünge sich an- setzt. Man bemerkt auf diesem Wege alle Uebergangsfor- men zu den grösseren, zuerst beschriebenen Körpern. Interessant ist es, hiermit die Kalkmassen von Gorgonia lepadifera zu vergleichen. Dieselben bestehen theilweise aus flachen unregelmässigen Schuppen von einer im Allge- meinen ansehnlichen,, bisweilen bis zu 1’ steigenden Grösse. Sämmtliche Schuppen sind an der ganzen Oberfläche mit einer Unzahl niedrigerer conischer Vorsprünge besetzt. Neben diesen Schuppen stösst man auf Kalkkörper von allen mög- lichen, ‘oft den sonderbarsten Formen, welche immer die characteristischen Formen zeigen, bis herunter zu wahren Spindeln, welche sich jedoch neben einer gewissen Irre- gularität besonders durch die gezackten Oberflächen von den regelmässigeren Kalkspindeln der Gorgonia flabellum unterscheiden lassen. Ein Colorit haben mir diese Massen bei zwei Polypenstöcken nirgends gezeigt. Von Gorgoninen habe ich ferner Bebryce mollis untersucht. Man trifft hier sowohl in der Haut des Einzelthieres als in der Rindenmasse des Polypenstockes ähnliche Spindeln, wie bei 28 den Aleyonıen , daneben aber noch grössere Kalkmassen von unregelmässiger sternarliger Gestalt mit zackigen Ober- flächen. Die grösseren Spindeln und die Kalksterne gehören besonders dem Ueberzuge des Polypenstockes an und sind hier in grossen Quantitäten eingelagert. An den einzelnen vortretenden Polypen werden die Spindeln kleiner und spar- samer und erscheinen meistens in transversaler Anordnung. Wir haben aus den bisherigen Betrachtungen die Er- härtung der Haut durch Einlagerung der verschiedenartig- sten Kalkkörper kennen gelernt, welche zur Bildung der sogenannten Polypenzellen Veranlassung gibt. Neben dieser Erhärtung findet man noch häufig eine zweite harte Masse, welche nicht aus den verschmolzenen Leibeswandungen ab- zuleiten ist, vielmehr eine eigenthümliche feste Achse dar- stellt, wahrscheinlich als ein Product der gemeinschaftlichen Secretion sämmtlicher Polypen eines Stockes. Man hat ei- nen solchen Körper, welcher wohl eine geringere Rolle in der Oeconomie der Polypencolonie spielen dürfte und nur einen Träger oder eine Stütze dieser darstellt, mit dem Na- men eines Kern- oder Stammgerüstes bezeichnet im Gegensalze zu den erhärteten Bedeckungen, dem sogenann- ten Röhrengerüste. Eine solche Achse kommt unseren bisher betrachteten Polypengattungen in sehr verschiedener Ausbildung zu. Den Aleyonien fehlt sie gänzlich. Bei Veretillum stellt sie ein ganz kleines dünnes Stäbchen im Stiele dar. Grösser und mächtiger besitzen sie Pennatula und Bebryce. Bei den Gorgoninen ist sie endlich in baumartiger Verzweigung so stark vorhanden, dass die Polypen nur als ein dünner Ue- berzug derselben erscheinen. Ihre Structur ist eine ganz andere als die der äusserli- chen harten Massen. Sie besteht überall aus einer organi- schen Grundlage von einem undeutlich faserigen Gefüge oder vielleicht richtiger einer Substanz, welche künstlich in un- regelmässige Balken und Fasern zerlegt werden kann. Da- 29 neben erhält sie durch geringere oder grössere Quantitäten anorganischer Masse, namentlich kohlensauren Kalkes eine verschiedene Festigkeit und Härte. Niemals findet man aber bier die Kalkmasse in jenen eigenthümlichen Körpern abge- lagert, sie liegt immer nur in Form kleiner Molekeln der organischen Grundmasse eingesprengt. Die Farbe des Stieles scheint nur von letzterer abzuhängen. Wir wenden uns schliesslich zur grossen Gruppe der Madreporinen. Bei diesen Geschöpfen hat der Polypenstock wohl die irrigsten Auffassungen erfahren. Man hat nament- lich viel von Kerngerüsten dieser Thiere gesprochen, welche in der That hier nicht existiren. Die unglückliche Meinung von einer durch den Polypen abgesonderten todten Zelle ist die hauptsächlichste Veranlassung zu Täuschungen geworden- Erst im Jahre 1832 hat Ehrenberg geistvoll und scharfsin- nig den Irrthum hervorgehoben. „Man glaubte“, sagt dieser Forscher !), „dass bei manchen Anthozoen die Achse fast hohl, bei sehr vielen zellig ist. Allen diesen Thieren muss man eigentlich einen Mangel der Achse zuschreiben, obwohl die Mehrzahl der Steincorallen , alle Oculinen , Madreporen, Milleporen, Caryophylläen etc. in diesem Falle ist und ob- wohl man gerade bei diesen gewohnt ist, von einer steiner- nen Achse zu sprechen, welche sie nicht besitzen. Das, was in diesen Fällen die Schwierigkeit der Deutung und die Unklarheit der Bildung veranlasst, ist die partielle Kalkab- sonderung (=Verkalkung) des Körpers, welche sich leicht mit der Achsenbildung verwechseln lässt. — — — Bei den Madreporen verschmelzen die abgeschiedenen Kalktheile des Körpers in ein netzförmiges zusammenhängendes Gerüste, — — von dem sich bei den Caryophylläen das Thier all- mählich zurückzieht, indem es sein ehemaliges inneres Kno- chengerüste als Fuss und todten Stiel benutzt.“ Die Polypenstöcke der Madreporinen lassen sich leicht !) Corallenthiere des rothen Meeres a. a. 0. S. 244. 30 verstehen, wenn man von den isolirt lebenden oder den grösseren Thiergattungen ausgeht. Die Zelle einer Cyathina ist nichts weiter, als die erhärtete oder verkalkte Haut mit den Scheidewänden der Leibeshöhle. Eine Fungie hat diese Verkalkung in einem geringeren Grade. Es ist hier bloss der untere Theil der Septa und der Körperwandungen und nicht die über die Septa ausgespannte Haut verkalkt; bei einer Caryophyllea ist es nur der untere Theil der Röhre, welche in eine steinharte Masse erstarrt ist. Die Madrepo- ren sind nichts, als Polypen mit im höchsten Grade ver- kalkten Körperwandungen, in welche sich, wie bei den früheren Ordnungen, der obere weichere Theil des Thieres einstülpen kann. Die Erhärtung erfolgt aber hier auf einem anderen ein- facheren Wege, der Kalk ist chemisch gebunden an die In- tegumente. Von bestimmten Kalkkörpern scheint keine Spur mehr vorzukommen. Ich fand wenigstens bei Oculina, Cya- thina, Caryophyllea eine scheinbar unorganisirte Steinmasse, aus welcher sich durch Anwendung verdünnter Säuren eine, wie es schien, aus zwei structurlosen feinen Lamellen be- stehende weiche Haut darstellen liess. Ob bei anderen Ma- dreporen der Vorgang anders ist, konnte ich nicht untersu- chen, bezweifle es aber sehr. b) Acalephen. Während wir in der vorigen Classe uns hinsichtlich der Bildung der Haut in vollkommener Ungewissheit befanden, kennt man bei den Quallen die Integumente an den merk- würdigen Larvenformen fast genauer als beim erwachsenen Thiere. Jene Larven haben bekanntlich lange Zeit hindurch für Polypen gegolten und unter diesen die Gruppe der Hy- droiden ausgemacht. Es würde uns zu weit führen , woll- ten wir hier die Gründe unserer Annahme erörtern und zei- gen, wie allmählich diese höchst bedeutungsvolle Erkennt- 3l niss durch die Beobachtungen von Siebold, Sars, Beneden, Dujardin u. A. gewonnen wurde. Ich stelle auch hier wieder eine Beobachtung des schon oben erwähnten Forschers, Quatrefages, um ihrer Genauig- keit willen in den Vordergrund. Bei einer solchen polypen- artigen Larvenform , Hydractinia (Synhydra) !), kommt eben- falls eine aus zwei Lagen bestehende Haut vor, eine An- ordnung, welche nicht nur über den ganzen Körper, son- dern auch an dem flächenhaft ausgebreiteten Stocke nach- zuweisen ist. Die oberste Lage ist auch hier eine vollkom- men glashelle, structurlose Membran von grosser Feinheit, ungefähr nur 0,001‘ dick. Die untere Schicht zeichnet sich durch eine viel ansehnlichere, bis etwa 0,006’ betragende Stärke aus und enthält ebenfalls eine homogene Grundsub- stanz. In ihr bilden sich die festeren Partieen des hornarti- gen Stockes, welcher ebenfalls kohlensauren Kalk enthält. An den Fühlern wird diese härtere Lage viel feiner. Eine ähnliche Structur der Haut beobachtete ich ebenfalls an einer derartigen, bisher unbekannten Larvenform , der Hydractinia grisea.. Ebenfalls existirt bei den übrigen Tubularien 2) eine gesonderte Haut, welche durch eine Ausstülpung zu den Bedeckungen der knospenartig hervorwachsenden Aca- lephe wird 3). Auch an den Larvenformen seiner drei Aca- lephengattungen , Cladonema , Sthenyo und GCallichora, hat Dujardin %) ebenfalls eine vom Körperparenchym gesonderte !) Annal. des Sciences naturelles. Ile Serie. Tome XX. 2) Es bedarf wohl kaum einer Erwähnung, wie unwissenschaft- lich es ist, die Larven oftmals ganz differenter Acalephen nach ge- wissen Aehnlichkeiten hin zu Geschlechtern zu vereinigen, eine Me- thode, welche gewiss in der Folge gänzlich aus der Zoologie ver- schwinden wird. 3) Van Beneden, M&m. sur les Tubulaires de la Cöte d’Ostende. Bruxelles 1845. *) Annal. d. Science, nat. Ile Serie. Tom. IV. S. 262. 32 Haut bemerkt, wenn er gleich in dem irrigen Bestreben, den niederen Thieren besondere Integumente abzusprechen. hier in eine gewisse Verlegenheit geräth. Auch bei unsern gewöhnlichen Süsswasserpolypen, der Gattung Hydra, welche freilich beim Mangel einer Verwandlung und manchen andern Eigenthümlichkeiten nicht recht hierher passen will, kommt eine besondere Haut vor, deren Structur noch nicht hinrei- chend gekannt ist. Aus der Uebergangsperiode, wo die knospenarlig er- zeugte Acalephe von ihrem Mutterstocke abgelöst schon frei, aber noch in einer vom erwachsenen Thiere mehr oder minder abweichenden Form umherschwimmt , liegt ebenfalls von Quatrefages eine sehr sorgfältige Untersuchung der Haut vor. Ich glaube nämlich hierher das sonderbare, von die- sem Forscher aufgefundene, Eleutheria benannte Geschöpf !) rechnen zu dürfen. Die Haut ist hier noch wenig verändert, die zwei Schichten sind dieselben geblieben, beide erschei- nen wesentlich als structurlose Membranen , die obere fei- ner, die untere dicker. In letzterer sind Pigmentmassen enthalten. Der bald carminrothe, bald gelbe Farbestoff scheint nach den Beobachtungen des französischen Zootomen in kleinen, 0,003° und weniger messenden, rundlichen, kernlosen Zellen abgelagert zu sein, als eine homogene flüs- sige Masse mit sehr kleinen dunklen Elementarkörnchen, also in einer vom gewöhnlichen körnigen Pigmente der Wir- belthiere bedeutend abweichenden Form , eine Differenz, welche auch im chemischen Verhalten durch die Löslichkeit in Kali zu Tage tritt. Letzterer Umstand kommt nicht allein diesem Farbestoffe, sondern, wie wir sehen werden, fast allen Pigmenten der wirbellosen Thiere zu. Es würde von Interesse sein, durch genaue verglei- chende Untersuchungen darzuthun, ob und wie weit die Bedeckungen der erwachsenen Acalephen mit denen der I) Annal, des Scienc. nat. IIe Serie. Tom. XVII. 33 Larvenformen übereinkommen. Leider fehlt es hier noch sehr an Material, so dass man nur auf Vermuthungen an- gewiesen ist. Die vorliegenden Angaben über die Bedeckun- gen der Acalephen rühren fast alle von Will !) her. Bei den Schirmquallen fand dieser Forscher bei Cephea, dass die Zellen des Körperparenchyms gegen die Peripherie hin etwas gehäufter werden und vermuthlich noch einen Ueber- zug einer feinen amorphen Membran bekommen. Bei Ge- ryonia wurde eine solche structurlose Haut mit Sicherheit bemerkt, eine Beobachtung, welche ich an einer Species der Nordsee zu wiederholen Gelegenheit hatte. Ebenfalls dieselbe Haut in einfacher Lage kommt bei den Rippen- quallen vor. Bei Eucharis ist sie von grosser Feinheit und Durchsichtigkeit, im lebenden Zustande opalisirend. Nach dem Tode wird sie weiss und opak. Bei Bero& ist sie da- gegen stärker, derber und weniger durchsichtig, so dass sie sich leichter von der Körpersubstanz unterscheidet. In ihr kommen zahlreiche kleine, 0,0025 — 0,0033‘'’ messende, granulirte Körper vor, welche vielleicht Zellen sind. Die verschiedenen Pigmente an der Oberfläche der Acalephen scheinen durchaus von Zellen umschlossen zu werden, welche bald rundlich, bald verästelt sind. Runde aggregirte Pigmentzellen beobachtete R. Wagner bei Pelagia 2), verästelte Zellen fand Will bei Cephea und Bero&. Sie ge- hören wohl immer der Körpersubstanz an. Irre ich mich nicht, so entspricht dieses einfache Häut- chen der oberen Lamelle der Hydroiden Hydractinia und Eleutheria. Die tiefere Lamelle scheint dagegen verschwun- den und mit dem zelligen Körperparenchyme verschmolzen zu sein, wofür namentlich noch der Umstand sprechen I) Sie sind enthalten in der Schrift: Horae Tergestinae oder Beschreibung und Anatomie der im Herbst 1843 bei Triest beobach- teten Acalephen. Leipzig 1844. 2) Ueber den Bau der Pelagia noctiluca. Leipzig 1841. 3 34 dürfte, dass die Pigmentzellen , welche bei Eleutl ihr angehörten, in dem oberflächlichen Theile der Kö substanz vorkommen. Bei der grossen Feinheit der H: würde es auch begreiflich sein, dass mein verehrter Lehre Wagner in seinen schönen Untersuchungen der Pelagia eine aus gekernten polyedrischen Zellen bestehende Oberhaut an- gibt und ich selbst solche Zellen äusserlich am Körper von Weingeistexemplaren der Vetella bemerkte !). Die eigentli- che Oberhaut ist hier entweder übersehen oder war bereits zerstört, und die polyedrischen Zellen gehören zum Körper- parenchyme. Am Körper der Acalephen, namentlich an den Anhän- gen desselben, als den Armen, Tentakeln etc. kommt häu- fig ein Flimmerepithelium vor. Eigenthümliche Bildungen stellen die sogen. Schwing- plättchen der Rippenquallen dar, um deren genauere Kenntniss sich besonders Milne Edwards 2) und Will 3) Ver- dienste erworben haben. Bei verschiedener Lagerung am Körper erscheinen diese Apparate, welche wohl Hülfsorgane der Locomotion sind, gebildet aus einer Anzahl kammartig neben einander gestellter Wimpern. Letztere sind von sehr beträchtlicher Grösse, wohl die ansehnlichsten aller bekann- ten Wimperhaare. So fand sie Will bei einem zwei Zoll grossen Exemplare der Eucharis multicornis 0,5‘ lang, bei einer Breite von 0,015° Das Haar erscheint ein wenig breit gedrückt und an den Rändern fein gekerbt. Diese Cilien, welche nur lose mit einander zusammenhängen, sind gleich den meisten Wimpern auf Zellen implantirt. Letztere haben hier eine Grösse von 0,016 — 0,011‘ und einen granulirten Nucleus. { Neben ihrer so beträchtlichen Grösse haben diese Wim- perapparate noch das Eigenthümliche, dass ihre Bewegun- !) Wagner’s Zootomie. II. S. 543. 2) Annales des Sciences naturelles. IIe Serie. Tom. XVI. S. 201. 3) 2.20. S.56. 35 amt und beschleunigt, ebenso auf alle Schwingplatten gedehnt oder nur auf eine Anzahl derselben beschränkt _ werden können. Andererseits erinnert ihre Bewegung, wel- che an abgetrennten Stücken Stunden lang ununterbrochen fortgeht, wieder an die der gewöhnlichen Flimmerzellen. Die Haut unserer beiden Thierclassen, der Polypen und Acalephen, ist mit ganz besonderen mieroscopischen Orga- nen versehen, welche zwar auch noch in höheren Qlassen wirbelloser Thiere angetroffen werden, nirgends jedoch eine solche Verbreitung geniessen , wie gerade hier. Diese Ge- bilde sind die sogenannten Nesselorgane. Die Entdeckung derselben geschah durch R. Wagner und Ehrenberg. Ersterer Forscher !) bemerkte sie im Jahre 1835 bei Actinia rufa und holsatica an gewissen fadenförmigen , in der Leibeshöhle vorkommenden Orga- nen. Da er die letzteren für Geschlechtsdrüsen nahm, so lag der Gedanke sehr nahe, in den ausgestülpten Nessel- werkzeugen die Spermatozoen der Aclinien zu sehen, wie denn auch die Aehnlichkeit derselben mit manchen Formen der Samenfäden eine grosse ist. Ehrenberg ?) erkannte die nämlichen Organe an den Fangarmen der Hydren und war in der Deutung gleich anfangs glücklicher. Im J. 1839 beob- achtete Wagner 3) dieselben Gebilde bei mehreren Acalephen des Mittelmeeres. Er bemerkte jetzt, dass die früher be- schriebenen Gebilde der Actinien auch an der Aussenfläche des Körpers sehr häufig vorkamen. Er berichtigte hiernach den früheren Irrthum und nannte unsere Organe, ihnen das bekannte Nesseln der Thiere zuschreibend,, Nesselwerk- zeuge. Spätere Untersuchungen, an welchen eine grosse !) 'Wiegmann’s Archiv 1835. II. S. 215. 2) Abhandlungen der Berliner Academie von 1839. 3) Wiegmann’s Archiv 1841. I. S. 38. 3% 36 Anzahl von Beobachtern, namentlich Erdl !), Milne Edwards 2), Kölliker 3), Quatrefages 4%), von Siebold 5) und Dujardin 6) Antheil nahmen , zeigten die grosse Verbreitung unserer Nesselorgane bei Anthozoen , bei den Larven und erwach- senen Thieren der Acalephen , und liessen merkwürdige Structurverhältnisse erkennen. Die Nesselorgane, welche bald über den ganzen Kör- per der Thiere zerstreut, bald nur an einzelnen Theilen desselben vorkommen, haben die Gestalt kleiner farbloser Bläschen. mit verhältnissmässig sehr festen Wandungen. Ihre Form ist gewöhnlich eine eiförmige, bisweilen auch durch die Vergrösserung des Längendurchmessers eine cylindrische, seltener eine gurkenartige oder kuglige. Die Grösse ist sehr verschieden, steigt herauf bis zu 0,025‘, kann aber auch bis gegen 0,005‘ und weniger herabsinken. Das Gebilde wird von einer ziemlich dunklen, glatten Contour begrenzt, welcher sich häufig noch eine zweite in- nere und feinere Linie ziemlich enge anschliesst. Der Inhalt des Bläschens erscheint wasserklar, nur in der Achse sieht man gewöhnlich einen stabförmigen Körper, seltener einen enge gewundenen spiraligen Faden. Wird nun auf das Bläschen ein Druck ausgeübt, so_ bemerkt man mit Erstaunen, dass an dem einen Ende ein Faden hervortritt, zuerst in engen spiraligen Windungen das Bläschen verlässt, dann immer mehr und mehr sich auf- wickelt, bis er sich zuletzt nach einigen Minuten ganz gerade streckt und aus seinen bisherigen langsamen und zitternden Bewegungen in den Zustand der Ruhe übergeht. 1) Müller’s Archiv 1841. S. 423. u. 1842. S. 303. 2) Annal. des Science. nat. IIe Serie. Tome XVI. p. 193. 3) Beiträge zur Kenntniss der Samenflüssigkeit. Berlin 1841. *) -In dem oben citirten Aufsatze über Edwardsia. °) Dessen Beiträge etc. und Lehrbuch der vergl. Anatomie der wirbellosen Thiere. 6) Annal. des Sciences naturelles. Ilfe Serie. Tome IV. p. 257. 37 Untersucht man jetzt den Nesselapparat genauer, so bemerkt man, dass das Bläschen seine Form mehr oder weniger verändert , an Breite verloren, dagegen an Länge merklich zugenommen hat. Die zweite oder innere Contour desselben ist verschwunden , ebenso das in der Achse des Bläschens gelegene stabförmige Körperchen. Letzteres hat sich offenbar als Faden aufgerollt. Dieser erscheint von ei- ner ausserordentlichen Feinheit, weniger indessen noch an seinem Anfang als an seinem Ende, , wo er so ungemein dünne wird, dass er sich auch unter einem guten Microscop der Beobachtung entzieht. Die Länge des Fadens ist, ver- glichen mit der Grösse des Bläschens, eine sehr beträchtli- che, und kann bis 0,33’, 0,5, ja selbst bis 1 be- tragen. So verhalten sich die Nesselorgane im Allgemeinen bei Polypen und Acalephen. Im Einzelnen kommen jedoch zahl- reiche Differenzen vor, von welchen wenigstens einige einer näheren Betrachtung werth sind. Bei den häufigeren und einfacheren Nesselwerkzeugen bemerkt man, dass der Faden unmittelbar in das Bläschen oder die Kapsel übergeht, sei es nun gerade oder noch unter einigen weiten Spiralwindungen, so z. B. bei Veretil- lum und Edwardsia. In diesen Fällen ist es schwierig, sich über die Verbindung von Faden und Kapsel eine genügende Vorstellung zu bilden. Nicht immer erscheint jedoch der aus der Kapsel her- vorgeschnellte Faden in einer solchen Einfachheit. Bei meh- reren Thieren, beispielsweise bei Pelagia noctiluca und Al- eyonium exos findet man ihn bandartig abgeplattet und nach Art eines Strickes gedreht. An den Nesselwerkzeugen der Actinia holsatica und rufa hatte Wagner bei seinen ersten Untersuchungen den Basaltheil des Fadens mit höchst feinen Härchen besetzt oder hefiedert angetroffen. An denselben Species der Acti- nia überzeugte sich später Kölliker, dass der unmittelbar 38 dem Bläschen anliegende Theil des Fadens in engen Spira- len gedreht ist, und dass die feinen Härchen erst etwas weiter oben vorkommen. Dieselbe Bildung beobachtete auch Erdl an unserem Thiere, drückt aber auch zugleich sein Erstaunen darüber aus, dass er bei einer früheren Untersu- chung alle Fäden ganz glatt und nackt in die Kapseln über- gehen gesehen habe. Ich selbst traf im Juni 1846 an den Actinien der Nordsee ebenfalls nur den glatten Uebergang, und vermochte an keinem Thiere von Actinia rufa und hol- satica eine Spur der Befiederung und der Spirale zu ent- decken. Es dürfte sonach keinem Zweifel unterliegen, dass die Nesselwerkzeuge eines und desselben Thieres zu ver- schiedenen Zeiten verschieden erscheinen, in einer einfache- ren und einer complicirten Form vorkommen können, eine Differenz, welche, wie Erdl vermuthet, vielleicht mit der Ruhe und Activität der Geschlechtsorgane in Zusammen- hang steht. Bei mehreren Hydroiden und Acalephen findet man noch eine andere Art der Insertion des Fadens in das Bläs- chen. Der Faden läuft nämlich hier dicht vor der Kapsel in einen conischen Sack aus, dessen Contouren unmittel- bar in die ziemlich diekhäutige Wand jener übergehen, mit welcher er auch an Grösse ungefähr gleichkommt. Aus diesem Sacke entspringen mehrere kurze dornige Fortsätze, welche ihre Spitzen zurückkehren. Man kann sich von die- ser Form der Nesselwerkzeuge sehr leicht an unserer ein- heimischen Hydra überzeugen, wo überhaupt eine solche Bil- dung zuerst aufgefunden wurde. Später beobachtete Dujardin dieselbe Formation an seinen drei Acalephen, Sthenyo, Cal- lichora und Cladonema , sowohl im erwachsenen Zustande als bei den Hydroiden derselben !), Kürzlich hat Wagener 2) sie auch bei Tubularia coronata gesehen. ') Nach den Angaben Dujardin’s verhalten sich diese Organe bei Larve und erwachsenem Thiere vollkommen gleich. 2) Müller’s Archiv 1847. S. 195. 39 Dass man diese Bildungen bei Hydra als Angelorgane von den gewöhnlichen Nesselwerkzeugen unterscheiden wollte, scheint mir unstatthaft. Die Differenzen sind nur sehr un- bedeutend schon bei dem vollständigen Apparate, in einem noch höheren Grade aber, wenn die Dornen fehlen, wie es Dujardin häufig bemerkt hat. Man kann die Vermu- thung nicht unterdrücken, dass die gedornten Angelor- gane zu den einfachen Nesselwerkzeugen in demselben Ver- hältnisse stehen möchten, wie die befiederten Nesselorgane der Actinien zu den glatten dieses Thieres. Noch wahr- scheinlicher wird diese Vermuthung durch &ine Beobachtung Erdl’s, welche lehrt, dass bei Hydra viridis neben den ei- gentlichen Angelorganen noch ganz gewöhnliche Nesselfäden vorkommen. Die Bläschen oder Kapseln scheinen freigewordene Ker- ne von Zellen zu sein, welche vorher von letzteren bald einfach , bald in Mehrzahl umschlossen wurden. So beob- achtete es Kölliker bei einer Acalephe, Aequorea Henleana. Hiermit stimmen die Angaben von Siebold über die Nessel- werkzeuge der Planarien ebenfalls. Misslich bleibt es, sich über das Verhältniss des Fadens zur Kapsel, sowie über den Mechanismus eine Vorstellung zu bilden, da die Kleinheit des Objectes eine genaue Beobachtung un- gemein schwierig macht. Wahrscheinlich stülpt sich die Kapsel zuerst an ihrer einen Seite mehr oder weniger mit engem Halse ein und auf dem Grunde der Einstülpung als eine Fortsetzung derselben entwickelt sich dann aus Ver- schmelzung von Elementarkörnchen in spiraliger Form der Faden. Die Emission des ‚Fadens wird wohl durch An- sammlung von Flüssigkeit zwischen äusserer und eingesack- ter Wand der Kapsel vorbereitet und wenigstens in der Regel durch eine entweder spontane oder reflectirte Contra- clion der Haut und des oberflächlichen Körperparenchymes bewirkt. Unter dem Mieroscope kann man sie bekanntlich durch Druck künstlich hervorrufen , wie sie denn auch hier 40 wohl auf dem Wege der Endosmose stattfindet. Ein sol- cher Bau scheint mir namentlich für die sogenannten Angel- organe nach Dujardin’s Beobachtungen höchst wahrscheinlich. Für die gewöhnlichen Nesselwerkzeuge stehen allerdings dieser Annahme, wie ich nicht verkenne, manche Schwie- rigkeiten im Wege, wiewohl jedoch auch hier die Verlän- gerung der Kapsel nach dem Austritt des Fadens für die- selbe Structur sprechen dürfte !). Es würden hiernach zwar Samen- und Nesselfäden darin übereinkommen, dass sie innerhalb bläschenförmiger Kerne entstehen, im Uebrigen jedoch sich ganZ different verhalten. Ob wirklich, wie man gewöhnlich annimmt, diese sonderbaren Apparate die eigenthümliche nesselnde oder brennende Empfindung verursachen, welche man bei der Berührung mancher Polypen und Quallen empfindet, ist noch unentschieden und von manchen Seiten bezweifelt wor- den. Ebenso wenig wissen wir bis jetzt, was den ausge- tretenen Faden befähigt, an fremden Objecten festzukleben (wobei die Kapsel bekanntlich oft von der Haut abgelöst wird), und wie er kleinen Thieren auf diesem Wege tödlich wird. Aus Letzterem geht die Bedeutung der Nesselfäden als Haft- und Greifwerkzeuge hervor. Diese Function theilen die Nesselwerkzeuge mit einer zweiten Classe microscopischer Bildungen , welche ebenfalls ı) Kölliker (Entwicklungsgeschichte der Cephalopoden. Zürich 1844. S. 146) drückt sich über unseren Gegenstand folgendermaassen aus: „Die Bildung des Spiralfadens geschieht wohl unzweifelhaft auf die Weise, dass der Zellen- (Kern-) inhalt an der Innenwand der Zell- (Kern-) membran in spiraliger Richtung sich ansetzt, dann nach voll- endeter Bildung von derselben sich löst und frei in die Zelle (den Kern) zu liegen kommt.‘ Es widersetzt sich indessen dieser Annah- me, welche eine vollkommene Identität mit der Genesis der Sper- matozoen ergäbe, der Umstand, dass bei den Nesselorganen Faden und Kapsel mit einander in Verbindung bleiben , bei jenen dagegen der Faden den Kern ganz verlässt. 41 bei Polypen und Quallen sehr verbreitet, namentlich an den Fangarmen vorkommen. Diese, die sogenannten Haft- werkzeuge!), haben ähnlich den Nesselfäden eine kleine derbhäutige Kapsel, aus deren Spitze ein kurzer feiner Sta- chel hervorgeschoben werden kann. Welche histologische Bedeutung unseren Körperchen zukommt, ist noch unbe- kannt, ebenso der Mechanismus, durch welchen der Sta- chel aus der Kapsel vorgeschoben wird. Nach den Beob- achtungen von Quatrefages an Eleutheria, welche jedoch zweifelhaft erscheinen müssen, soll im Grunde der Kapsel eine durchsichtige, drüsenartige Materie vorkommen, welche auf einer warzenförmigen Erhebung den Stachel trägt. An die Basis des Stachels und die Oberfläche der drüsigen Substanz setzen sich zwei andere Bildungen an, welche vom oberen Theile der Kapsel schief herabkommen. Sie sollen contractiler Natur sein und zwei Muskeln zum Her- vorziehen der Stacheln darstellen. Was schliesslich die Function der Haut bei den Cölen- teraten betrifft, so ist dieselbe bei der Simplicität der Or- ganisation eine manchfache. Neben der Bedeutung einer Hülle dient sie als wichtigstes, wenn auch nicht mehr aus- schliessliches Sinnesorgan. Sie dürfte ebenfalls für die Re- spiration von Belang sein. Als Absonderungsorgan scheint sie bei keinem Polypenstocke zu fungiren. Mit Sicherheit übernimmt sie diese Rolle bei den Actinien, welche bekannt- lich an ihrer Körperoberfläche einer reichlichen Schleimse- eretion fähig sind. Die Bedeutung eines Ernährungsorganes kommt ihr dagegen beim erwachsenen Geschöpfe nicht mehr zu, da überall ein besonderer Verdauungsapparat vorhanden ist. Nur die infusorienarligen Embryonen der Schirmqual- len, welchen letzter Apparat noch fehlt, dürften sich durch die Haut ernähren. ') Die Literatur in Siebold’s vergleichender Anatomie. S.36 u. 58. 42 3. Echinodermen. Die Echinodermen, zu den wir jetzt übergehen, stellen eine in vielen Verhältnissen höchst eigenthümliche Thier- classe dar, namentlich die vier Ordnungen derselben, wel- che als Stamm der Classe angesehen werden können, die Holothuriiden, die Echinoiden, die Asteroiden und die Cri- noiden. Bei ihnen ist fast überall ein nach der Fünfzahl gegliederter Körper vorhanden, eine Anordnung, welcher die wichtigsten Organe unterworfen zu sein pflegen, ebenso die Integumente, wenn anders sie eine hinreichende Con- sistenz haben, um einen aus distineten Stücken bestehenden Panzer. darzustellen. Da wo die Bedeckungen weicher sind, fehlt eine solche Gliederung derselben. Die verschiedene Festigkeit der Echinodermenhaut be- ruht darin, dass in eine organische, aus Zellen und Fasern gebildete Grundlage Kalkmassen in sehr variablen Quanti- täten eingebettet sind. Diese, hauptsächlich aus kohlensau- rem Kalke bestehend und in eine thierische Substanz von zartfaseriger oder membranöser Structur eingebettet, zei- gen nach Ordnungen und Geschlechtern die verschiedensten Formen, oftmals von einem so characteristischen Aussehen, dass man sie zur zoologischen Bestimmung nutzbar machen kann. Es erscheinen diese Kalkmassen, welche sich unter dem Microscop durch ihr glashelles Aussehen , sowie durch ihre scharfen, dunklen Contouren kundgeben und sich in Säuren unter Aufbrausen lösen, als Stäbe, bald einfach, bald verästelt, als Platten, welche entweder compact blei- ben oder von Löchern durchsetzt werden, als Netz- oder Gitterwerke von der verschiedensten Ausdehnung und Stär- ke etc. !;, Auch in den Weichtheilen und inneren Organen !) Bei der ungemeinen Manchfaltigkeit der Gestalt wird der Wunsch nach einer bestimmten Terminologie rege, welche denn auch bereits Ehrenberg (Abhandlungen der Academie zu Berlin. 1841. S. 406) versucht hat, 43 des Körpers trifft man solche Kalkkörper oftmals in Men- ge an. Nur eine einzige Ordnung der Echinodermen, die Si- punculiden, welche freilich als Uebergangsformen zu den Anneliden nicht recht hier passen wollen, entziehen sich dieser Aufnahme von Kalkmassen in die Integumente. Am geringsten ist die Ansammlung solcher Kalkmassen in den Bedeckungen der Holothurien. Hier begegnet man niemals Geschöpfen , bei welchen die Haut durch Verkalkung über grosse Strecken zu einem unbeweglichen Hautskelet erstarrt wäre. Gewöhnlich sind die Kalkkörper so klein, dass es einer Vergrösserung bedarf, um sie deutlich zu machen. Während als Regel die Anhäufung derartiger Mas- sen nicht ganz unbeträchtlich ist und die Integumente beim Zerschneiden knirschen, findet man einzelne Genera, wo sie so sparsam vorkommen, dass die Haut vollkommen weich bleibt, und es eines genaueren Nachsuchens mit dem Microscop bedarf, um ihre Existenz zu constatiren. Gerade bei unseren Holothurien erscheinen diese Kalk- körper in einer so grossen Manchfaltigkeit der Gestaltung und oftmals unter so characteristischen, bezeichnenden Formen, dass man zuweilen nicht nur Genus, sondern auch Species darnach bestimmen kann. Somit werden sie zur Auffindung vorweltlicher Holothurien,, da sie nebst dem Kalkring des Mundes die einzigen Theile sind , welche der Zerstörung entgehen, von grösster Wichtigkeit, wie denn auch bereits im Streitberger Kalkmergel die Anker von Synaptinen (s. u.) aufgefunden worden sind I, Es mag daher ein genaueres Eingehen in diese Bildungen , welche überdies noch wenig gekannt sind, hierdurch gerechtfertigt sein. Höchst sonderbare Kalkkörper, sogenannte Anker, besitzt die Familie der Synaptinen. Schon seit längerer !) Man vergl. die Beiträge zur Petrefactenkunde vom Grafen Münster. Heft VI. 1843. 44 Zeit haben sie die Aufmerksamkeit der Naturforscher er- weckt. Aeltere Beschreibungen und Abbildungen derselben finden sich im zoologischen Atlas von Eschscholtz !) und in der Abhandlung von Jäger 2. Neuerdings hat Rathke 3) weitere Angaben gemacht, namentlich aber hat der schon mehrfach erwähnte französische Zootom, Quatrefages 4), die- se Organe bei einer vielleicht neuen Species der Synapten, bei seiner Synapta Duvernaea, sehr genau und sorgfältig beschrieben, sowie durch treffliche Zeichnungen erläutert. Die Haut der Synapten lässt drei verschiedene Lagen unterscheiden. Man findet zu oberst eine sehr feine Schicht vollkommen wasserhell und structurlos, eine zweite unmit- telbar in die ersterern übergehend , welche eine homogene, mit Elementarkörnchen versehene Grundsubstanz zeigt, in der bei Synapta Duvernaea, jedoch nicht an allen Stellen des Körpers, Pigmentmassen , wahrscheinlich als Zellen, eingebettet liegen. Letztere bestehen aus einem carmin- roth gefärbten gleichmässigen Inhalt, in welchem Molekeln enthalten sind. Die Zellen sind sehr klein, höchstens bis zu 0,0044‘, die Körnchen in ihnen, von der allergrö- ssten Feinheit, werden von Quatrefages auf 0,00022‘ ge- schätzt. Bei Synapta inhaerens findet man sehr zahlreiche farblose Kerne- oder Zellen von 0,002 — 0,004’ statt der Pigmente. Unter diesen beiden Lagen, offenbar denselben, wie sie auch bei Polypen, z. B. der Edwardsia, vorkom- men, liegt eine dritte Schicht, bestehend aus einer kör- nigen Grundmasse und in allen Richtungen gekreuzten elastischen, dehnbaren, feinen Fasern. Sie erinnern durch ihre Feinheit an die Primitivfibrillen des Bindegewebes, werden jedoch von verdünnten Säuren nicht verändert. I) Zoolog. Atlas. 1829. Heft U. S. 12. ?2) De Holothuriis dissertatio inaug. Turici 1833. >) Beiträge zur Fauna Norwegens. Nova Act. Leopold. Vol. XIX. !) Annales des Sciences naturelles. Ile Serie. Tome XV. 45 Eine vierte, aus Rings- oder Längsfasern bestehende Schicht gehört nicht mehr der Haut, sondern der Musculatur an. In der Zellenschicht der Haut findet man kleine durchlöcherte Kalkplatten oder Kalkschildchen, auf welche zuerst Quatrefages aufmerksam machte. Sie haben bei Synapta Duvernaea eine unregelmässig ovale oder, richtiger gesagt, eine birnförmige Gestalt und eine Grösse von etwa 0,03°. Bei Synapta inhaerens, wo die Platten rundlicher sind, von 0,06 — 0,08°', bei S. laevis von 0,064 — 0,070°'. Diese Platten, deren Form indessen bei einem und demselben Thiere beträchtlichen Schwankungen unterworfen ist, sind nun von einer Anzahl verschieden grosser Löcher durchbohrt, für welche sich als Regel unter zahlreichen Ausnahmefällen bei Synapta Duvernaea folgende Anordnung ergibt. In der Mitte eines jeden Schildchens ist ein grösse- res Loch gelegen, welches von sechs anderen, gleichfalls ansehnlichen Löchern kreisförmig umgeben wird. Die Rän- der der Löcher sind mit Zähnen versehen, deren man bald nur einige grössere, bald viele und kleine, welche den ganzen Rand einnehmen, antrifit. Der übrige zugespitzte Theil der birnförmigen Platte ist noch von einer Quantität kleinerer Löcher durchsetzt, deren Zahl gewöhnlich neun beträgt und die in drei Querreihen angeordnet sind. In der ersten Reihe steht ein kleineres mittleres und zwei grössere seitliche Löcher. Ersteres ist immer glattrandig , letztere sind bald gezähnelt, bald auch glatt. In der zweiten Reihe, aber nicht in einer Linie, finden sich drei kleinere, fast immer zahnlose Löcher. In der letzten, der Spitze der Platte nächsten Reihe kommen drei glattrandige Löcher vor, zwei runde seitliche und ein ovales Mittelloch. Bei meinem Exemplare der Synapta inhaerens waren besonders die sie- ben grossen Löcher deutlich und regelmässig vorhanden, an den Rändern häufig glatt, selten durchaus gezähnt. Die Löcher waren sehr ansehnlich und gross, die Interstitien der Kalkmasse dünn und schwach. Bei Synapta laevis ka- 46 men die Kalkplatten mehr mit der Beschreibung von Quatre- fages überein, nur waren die Randzähne der Löcher gering entwickelt 1). Neben dieser Hauptform der Platte trifft man bei allen dreien Species zahlreiche Varietäten an. Von besonderem Interesse ist eine derselben, wo die seitlichen Löcher der Platte zum Theil noch nicht geschlossen sind, und die In- terstitien zwischen ihnen als Kalkstäbe erscheinen , welche bald in eine Spitze auslaufen, bald eine Hammerform be- sitzen. Aus letzterer entstehen offenbar durch weitere Ap- position von Kalkmasse die Schlussbogen dieser Löcher 2). Man hat desshalb diese Varietät als die jüngere Form der Kalkplatten anzusehen. Auf diesen Platten befestigt trifft man die früher er- wähnten Bildungen,, welche aus einem zweispitzigen Bogen, einem Stiel und einem breiteren unteren Theil bestehen und daher mit nichts ‘besser als einem Anker verglichen werden können, welchem die Handhabe oder das Quer- holz fehlt. An Grösse übertreffen diese Anker, welche aus concentrischen Kalklamellen bestehen, die Platten um Etwas. Sie messen bei Synapta Duvernaea 0,045‘, bei 8. inhaerens 0,090 — 0,10, bei S. laevis 0,086 — 0,094'''. Bei Synapta Beselii gibt Jäger die Grösse der Anker sogar auf 0,33° an. Der Bogen des Ankers der Synapta Duvernaea ist mehr oder minder gekrümmt, an seiner Convexität mit Zähnen besetzt und an beiden Enden in eine scharfe Spitze ausge- zogen. Der Stiel ist rundlich, in der Mitte am dicksten, ') Die von Ehrenberg (Abhandlungen der Berliner Academie von 1841. S. 323) im Meeresschlamm von Veracruz aufgefundenen Platten kommen nach Fig. 35 fast vollkommen mit denen der Synapta Du- vernaea überein. 2) Abbildungen dieser Platten bei Quatrefages 1. ec. Pl. M. fig. 12 u. 13. 47 dann verdünnt, platt und an seinem dem Kalkschilde zu- gewandten Theile in eine ansehnliche Crista auslaufend. Die Basis des Stieles ist ein kleines bogenartiges, am convexen Rande ebenfalls gezähneltes Stück. Hiermit kommen die Anker der Synapta inhaerens überein, nur erschienen mir die Spitzen und die Zähne weniger scharf. Bei S. laevis fehlten dagegen Zähne und die Crista des Stieles I). Bei S. Beselii bildet Jäger den mittleren Theil des Stieles verdickt ab. Anker auf früheren Stufen wurden von Quatrefages bernerkt. Bei ihnen fehlte der Bogen. Statt seiner war ein ambosartiges kurzes Vorderstück vorhanden. Diese Ankerhaken sind in schiefer Richtung auf der Platte befestigt und zwar so, dass die drei letzten Oeffnun- gen des Kalkschildchens die Crista und die Seiten des bo- genarligen Basalstückes aufnehmen. Die Bewegung soll nach den Angaben von Costa 2) von zwei Muskeln geschehen, durch deren Contractionen die Anker, welche mit ihren Spitzen frei zu Tage treten, aufgerichtet werden können. Der Zweck dieser sonderbaren Bildungen ist nicht voll- kommen klar. Wahrscheinlich stellen sie eine Arl von Haft- werkzeugen dar, vielleicht sind sie auch für die Ortsbewe- gungen der Synapten,, welchen bekanntlich die Ambulacren der übrigen Holothurien abgehen, von Bedeutung. Doch scheint gegen letztere Function die Zerbrechlichkeit der An- ker zu sprechen. Die eigentlichen Holothurien lassen einen ähnlichen Bau in den einzelnen Schichten ihrer Integumente entdecken. Man bemerkt eine deutliche Zellenlage, gewöhnlich aus zahl- reichen Zellen und Kernen gebildet, von welchen ein Theil farblos erscheint, ein anderer Theil gewöhnlich die Pig- mente aufnimmt. Darunter kömmt in einer verschiedenen, !) Einen Anker ebenfalls mit glatten Rändern bildet Ehrenberg a. a. 0. Fig. 36 ab. 2) Annal. des Sciences naturelles. Serie I. Tom. XIX. S. 395. 48 im Allgemeinen jedoch sehr ansehnlichen Entwicklung das Stratum der Fasern. Diese sind von grosser Feinheit, oft- mals zu Bündeln vereinigt, welche an die primären Binde- gewebebündel der Vertebraten erinnern. Die Richtung der Fasern ist eine vollkommen irreguläre, so dass diese zweite Lage eine unordentliche Verfilzung darstellt. Die Grund- substanz zwischen ihnen ist sparsamer, als bei den Synapten vorhanden. Sie erschien mir an Weingeistexemplaren eben- falls feinkörnig. Die Faserhaut, welche sich gewöhnlich schon für das unbewaffnete Auge durch ihr weisses Anse- hen von der Zellenschicht unterscheidet, ist in verdünnten Säuren unlöslich, in Alkalien dagegen quillt sie rasch zu einer vollkommen durchsichtigen Gallerte auf und löst sich bald vollständig. Ob endlich auch als äusserste Lage dieselbe structur- lose Haut regelmässig vorkomme oder nicht, lasse ich da- hin gestellt sein. Doch ist es mir wahrscheinlich, indem es mir namentlich an Dactylota papillosa mehrmals mit der grössten Deutlichkeit gelang, eine oberste vollkommen glas- helle Membran , zwischen 0,0016 und 0,002‘ dick, wahr- zunehmen. Der Umstand, dass ich an mehreren anderen Holothurien sie nicht auffinden konnte, dürfte vielleicht, da die Thiere schon Jahre lang in. Weingeist gelegen, von ge- ringerem Gewichte sein. Bei einer Trepang aus Chili traf ich in der eigentli- chen Körperhaut fast nirgends Kalkmassen an. Nur hier und da erschienen nach der Behandlung mit Kali sehr spär- lich und vereinzelt kleine Stäbchen. Es ist dieses, soweit meine Beobachtungen reichen, die an Kalkkörpern ärmste Holothurie, welche nur an ihren Ambulacren , wie wir spä- ter sehen werden, eine Ausnahme macht. Bei allen übrigen von mir untersuchten Holothurien sind die Kalkkörper und Kalkmassen in einer viel grösseren Menge enthalten. Bei Holothuria elegans kommen in allen Stellen der Haut, ebenso an allen warzenartigen Vorsprüngen derselben 49 Kalkmassen von einer eigenthümlichen Gestaltung vor (fig.9, 10 u.11). Ich weiss sie mit nichts anderem zu vergleichen, als mit rosettenartigen Scheiben, welche nach oben in eine aus vier Stäben bestehende, abgestumpfte Pyramide auslaufen. Diese Kalkkörper sind, was Scheibe und pyramidalen Auf- satz betriflt, von einer gewissen Vielartigkeit der Gestalt, so dass ihr Bau von der Betrachtung der einfachsten Formen aus wohl am deutlichsten wird. Die einfachste Bildung stellen zwei feine, 0,002’ dicke, unter rechtem Winkel gekreuzte Kalkstäbe von ungefähr 0,032‘ Länge dar. Die Enden der Stäbe laufen in zwei kurze, stark auseinander strebende Fort- sätze aus. Diese Ausläufer schliessen sich nun bei anderen Kalkkörpern zu einem vier- oder sechseckigen Loch, wobei sie in eine unpaare, in der Verlängerung der Stäbe des Kreuzes liegende, stumpfe Spitze auslaufen. Jeder dieser vier Ringe schickt an beiden Seiten zwei winkelige längere Stäbe ab, welche sich mit denen der benachbarten Ringe unter einem stumpfen Winkel und unter Bildung eines glei- chen unpaaren Fortsatzes, wie an den vier ersten Ringen, schliessen. Es entsteht somit eine vieleckige, aus acht an- sehnlichen Löchern gebildete Kalkscheibe mit acht Fortsätzen an ihrer Peripherie (fig.9). Die Grösse einer solchen Scheibe misst im Mittel 0,036 — 0,042'. Die vier Löcher, welche den gekreuzten Hauptstäben entsprechen, sind um ein beträchtli- ches kleiner, als die vier in ihren Winkeln gelegenen Ringe. Erstere messen 0,008°, letztere 0,014°. Der pyramidale Aufsatz kommt dadurch zu Stande, dass am Ursprung der Ringe des Stabkreuzes vier andere Stäbe ent- springen, welche nach oben convergirend verlaufen. Etwas über ihrer halben Höhe gehen sie durch dicke starke Quer- stäbe eine erste Verbindung mit einander ein, wobei an jedem Pyramidalstabe bisweilen ein starker, nach aussen gekehrter Dorn oder Stachel vorspringt. Bisweilen kommt auch eine zweite tiefere vor (fig. 11). An der Spitze des Aufsatzes fin- det sich noch eine letzte Verbindung durch vier dünnere und 4 50 natürlich kürzere Querstäbe, welche ein vollkommenes Qua- drat bilden. Hier läuft denn jeder der vier Stäbe der Py- ramide gewöhnlich in drei Stacheln aus, einen mehr senk- rechten mittleren und zwei schief nach aussen gekehrte. Es bestehen mithin unsere Kalkkörper aus einer acht- löcherigen Scheibe, aus vier aufgerichteten Stäben und acht Querbalken derselben. Man findet ausserdem an ihnen 24 Dornen oder Stacheln, von welchen 8 der Scheibe, 12 dem abgestutzten Ende und 4 der Mitte des Aufsatzes angehören. Daneben findet man hauptsächlich durch eine über grössere oder kleinere Strecken eingetretene Unregelmässig- keit der Bildung, namentlich an der Scheibe, zahlreiche Varietäten, welche leicht verständlich sind. Ebenfalls be- merkt man noch eine Vergrösserung der Rosette durch An- bildung je eines neuen Ringes in den Winkeln, welche die acht Hauptringe mit einander machen. Diese neugebildeten Ringe, welche fast immer klein bleiben, erreichen jedoch selten ihre gesetzmässige Zahl, nämlich acht (fig.10). Man trifft vielmehr gewöhnlich nur einen Theil derselben entwickelt, so dass z. B. die Scheibe nur 11 oder 13 Löcher besitzt. Die Grösse solcher complieirteren Scheiben ist etwas an- sehnlicher bis zu 0,046‘. Bei Dactylota papillosa kommen dieselben Körper, für welche wir den Namen der Kalkgestelle wählen wollen, vor (fig.12,13,14). Indessen ist ihr Bau in manchen Punkten und namentlich durch eine viel grössere Einfachheit abweichend. Die Scheibe der gewöhnlicheren Kalkgestelle misst im Mittel 0,026— 0,030‘ und zeigt von feinen, 0,0016—0,0020° dicken Stäben umschlossen nur vier Löcher (fig. 12). Ein einziger kurzer Achsenstab läuft an beiden Enden in einen vier- eckigen Ring aus, welcher an seinem Rande ohne Stachel oder Dorn bleibt. Durch Verbindungsstäbe werden noch zwei seitliche Löcher gebildet von mehr hexagonaler Ge- stalt. Sie sind um die Hälfte und mehr grösser als die bei- Sl den Achsenlöcher, deren Durchmesser 0,008 beträgt. Der Aufsatz (fig. 14) besteht nur aus zwei 0,018 —0,020°‘ langen Stäben, welche am Ursprunge der Achsenringe sich erheben und ohne Querbalken und Dornen sind. Indessen bleibt nicht immer der Bau ein so einfacher, wie wir ihn eben geschildert haben. Durch Anlagerung neuer Ringe in die Ecken der Achsen- und Seitenringe ent- stehen Scheiben mit 5, 6, 7 und 8 Ringen. Mehr als zwei Stäbe des Aufsatzes habe ich bei der Untersuchung zweier Exemplare nirgends bemerken können. Ungleichmässigkei- ten der Ringe, namentlich durch eine schief gelegte Achse, sind auch hier nicht selten und kamen besonders bei dem einen meiner Exemplare häufig vor. Selten bemerkte ich an einem oder beiden Enden des Achsenstabes statt eines einzigen zwei, Ringe (fig. 13). Bei anderen Species der Gattung Holothuria beobachtet man eine abweichende Form der Kalkgestelle, hauptsächlich dadurch characterisirt, dass das Gentrum der Platte nicht von einem oder zwei Achsenstäben,, sondern von einem Ringe gebildet wird. Man könnte diese Form als Kalkge- stelle mit einem Gentralloch bezeichnen, im Gegensatz zu ersterer, den Kalkgestellen mit Achsenstäben. Sehr ausgebildet traf ich diese Form der Gerüste bei einer von der Norwegischen Küste durch Sars geschickten® Holothuria, für welche ich leider den Namen der Species nicht anzugeben vermag. Die Kalkgestelle dieses Geschö- pfes (fig.6,7,8) zeigten einen bisweilen viereckigen, gewöhn- licher runden ansehnlichen Centralring. Um ihn sind in kreisförmiger Anordnung acht andere rundliche Löcher gele- gen, so dass mithin eine vieleckige, von 9 Löchern durch- bohrte Rosette herauskommt. Die acht äusseren Löcher die- ser im Mittel ungefähr 0,030‘ betragenden Scheiben sind oft beträchtlich kleiner als das Gentralloch. So massen sie beispielsweise bei einer 0,028’ grossen Rosette 0,006’, das Gentralloch gegen 0,01”. Diese Platten erfahren eben- 4: 52 falls durch die bekannte Anbildung neuer Ringe in den Ecken der bereits vorhandenen eine Vergrösserung bis zu 0,046 und 0,054°. Die Zahl derselben beträgt wieder acht, so dass eine derartige, vollkommen ausgebildete Scheibe in Allem 17 Löcher besitzen müsste, was indessen auch hier nur selten der Fall ist. Diese letzteren Löcher (fig. 7) sind beträcht- lich kleiner. So betrugen z. B. an einer 15löcherigen, 0,050‘ grossen Rosette die Löcher des ersten Gürtels 0,008 — 0,010’, während die des zweiten Gürtels nur 0,002 — 0,003’‘‘ hatten. Selten schieben sich abermals zwischen die Ringe des äusse- ren Gürtels nochmals je ein oder zwei neue Bogen ein, was ich jedoch niemals über einen grösseren Theil der Peripherie einer Scheibe bemerkt habe, so dass gewöhnlich nur 20 und einige Löcher vorkommen. Der pyramidale Aufsatz (fig. 8), dessen vier Stäbe entweder in den Ecken des Centralloches, wenn dieses vierkantig ist, oder in Abständen von 90°, falls es circulär erscheint, ent- springen, kommt in seinem Bau vollkommen mit dem der Holothuria elegans überein, nur fehlen die vier Stacheln an den unteren Querbalken, und an der Spitze trifft man nur, 8 oder 12 (fig.7) derselben von geringer Ausbildung. Die Höhe des Aufsatzes beträgt ungefähr 0,030°'. Unter zahlreichen anomalen Formen des Gestelles ist «besonders eine von Interesse, nämlich diejenige, wo der Aufsatz ganz fehlt und statt seiner an den gewöhnlichen Stellen des Centralringes nur vier stumpfe und niedrige warzenförmige Vorsprünge bemerkt werden. Die Form kommt indessen selten, zuweilen bei einer sehr ausgebil- deten Scheibe vor. Ebenfalls Kalkgestelle dieser Art, aber ‘von grösserer Einfachheit, traf ich bei Holothuria tubulosa (fig. 16, 17,18, 19). Sie kommen in der Körperhaut in oberflächlicher Lage und dann sehr häufig in den Ambulakren vor. Die Basis bildet hier ein einziger Ring, dessen Durchmesser 0,016 — 0,018’ beträgt. An seiner Peripherie sind entweder acht einzelne 93 Stacheln vorhanden oder in Abständen von etwa 90 Grad, kommt immer ein Paar nach aussen gekehrter Dornen (fig. 16) vor !). Hier nimmt dann der viersäulige Aufsatz seinen Ur- sprung. Er zeigt bei einer Höhe von 0,015 — 0,018’ den ge- wöhnlichen Bau und läuft oben in 8 (fig. 18) oder 12 Stacheln (fig. 19) aus, nur fehlen oftmals die unteren Querbalken. Weitere Ausbildungen dieser Kalkgestelle kommen da- durch zu Stande, dass die Stachelpaare der Peripherie sich zu Ringen (fig. 17) schliessen 2). Ebenso schieben sich zwi- schen die vier Stachelpaare oftmals einige neue Stacheln ein (fig. 16), wodurch eine bis zu zwölf Dornen zeigende Schei- be entsteht. Hiermit nehmen wir Abschied von den merkwürdigen Kalkgestellen, welche wohl ebenfalls gleich den Ankerhaken der Synapten eine Art von Haftwerkzeugen darstellen, und wenden uns zu andern Kalkkörpern. Solche kommen schon sehr zahlreich in der Haut der Röhrenholothurie vor. Die einen dieser Kalkkörper (fig. 20), welche tiefer gelegen sind als die Gestelle, bil- den Scheiben meistens von ovaler Gestalt und einer Grösse, welche im Mittel zwischen 0,020 — 0,036‘ schwankt, bei kleineren nur 0,016‘ ausmacht. Jede dieser Schei- ben besteht aus einem Rahmen und einem in die grosse Achse fallenden Mittelstabe , von welchem zu ersterem zwei Queräste herüberlaufen. Es entstehen hierdurch sechs Löcher. Da die Balken dieser Platten im Gegensatz zu den schlanken feinen Stäben der Kalkgestelle sehr stark sind, so zeichnen sich ihre Löcher durch eine bedeutende Kleinheit aus. An kleineren Platten, deren Form eine mehr rundliche !) Die erstere Form scheint von Ehrenberg als Mesocena beschrie- ben und abgebildet zu sein. Abhandlungen der Berliner Academie von 1841. Taf. I. Ill. fig. 26 u. 27. ?2) Es ist leicht, aus diesem Bau die complicirteren Kalkgestelle der vorhergehenden Holothurie zu entwickeln. zu sein pflegt, kommt nur ein Querstab und mithin bloss vier Löcher vor, oder diese Platten zeigen nur drei (fig. 20) und selbst keine Löcher. An den oberen Partien des Kör- pers, noch mehr an den Ambulakren, stiessen mir nicht selten sehr verlängerte, bis 0,050‘ grosse Platten auf, bei welchen die Zahl der Querstäbe drei und vier betrug, folg- lich die Zahl der Löcher auf acht und zehn gestiegen war. Die Kalkplatten unserer Holothurie haben ein eigen- thümliches Aussehen dadurch, dass ihre Kalkstäbe und Rah- men nicht gleich hoch sind, sondern dass knopfartig aufge- triebene Stellen mit verdünnten und niedrigen abwechseln. Eine Seitenansicht der Platten gibt hierüber einen näheren Aufschluss. Man sieht hierbei, dass diese eine verhältniss- mässig bedeutende Höhe bis zu 0,006‘ haben. Man könnte die Platte als an beiden Enden von abgerundeten Säulchen gebildet betrachten, ‘welche durch Zwischenmasse vereinigt wären. Da diese Säulchen auch eine beträchtlichere Dicke als letztere haben, so springen sie ebenfalls bei einer An- sicht von oben hervor. Die Zahl der verdickten Säulchen beträgt an mittelgrossen Platten zwischen 42 und 20. Untermischt wit diesen eigenthümlichen Scheiben, für welche ich ihrer idealen Zusammensetzung wegen den Na- men der Säulenplatten wähle, kommen an den verschie- denen Hautstellen in sehr wechselnder Menge unregelmässi- ge Kalkkörper vor. Ein Theil hat eine beträchtliche Grösse und Dicke, ist spindel- oder stabförmig, öfter gablig ge- theilt, ein anderer Theil dagegen erscheint viel feiner, ge- wöhnlich in Form eines Stabkreuzes mit gablig getheilten Spitzen. Oefter findet man, dass mehr als vier gablig ge- theilte Fortsätze von einem Mittelpunkte auslaufen. Hier- durch entsteht denn eine gewisse Aehnlichkeit mit verästel- ten Pigmentzellen, z. B. denen des Frosches. Die Bedeckungen von Pentacta pentactes zeigen in grösserer Menge mehr irreguläre Kalkmassen eingebettet. Ein Theil derselben bildet bald gerade, bald mehr oder Hk... SRH weniger gekrümmte Stäbe, deren grössere eine Länge von 0,16‘ und mehr und eine Breite von 0,01’ erreichen. In ihnen ist gewöhnlich eine Anzahl von feinen Löchern ent- halten (fig. 3). Durch eine noch grössere Verbreiterung und durch zahlreichere Löcher gehen diese grossen Kalkstäbe in unregelmässig gestaltete Kalkplatten über. Kleine Stäbe, welche ebenfalls frequent vorkommen, sind in der Regel ohne Löcher. Die Säulenplatten kehren hier ebenfalls wieder und zwar in sehr ähnlicher Gestalt. Die Form ist eine rundliche oder ovale, die Grösse von 0,040 — 0,020’, die Stäbe und Rahmen haben eine ansehnliche Dicke 0,004 — 0,006‘. Die Löcher erscheinen rund und klein, im Mittel etwa 0,003 — 0,004. Man bemerkt hier die gleiche Zusammenfügung aus dickeren Säulchen , welche von oben gesehen ebenfalls als Knöpfe erscheinen, und schmalerer Zwischensubstanz. Bei einer Seitenansicht überzeugt man sich auch hier von der ansehnlicheren Höhe des an beiden Enden abgerundeten Säulchen. Die Höhe der Säulenplatte ist eine beträchtliche, namentlich am Centrum derselben. Die peripherischen Theile bleiben niedriger. Von diesen Säulenplatten, welche in . grosser Menge der Haut eingelagert sind, scheint besonders die nicht unansehnliche Härte und Festigkeit letzterer abzu- hängen. Die Säulenplatten findet man auch bei Pentacta doli- olum. Nur erscheinen sie hier beträchtlich grösser bis her- auf zu 0,14‘ und mehr. Die Säulen sind um ein beträcht- liches höher , nicht abgerundet, sondern zugespitzt. Die in den Platten vorkommenden Löcher sind im Verhältniss zur Stärke der Kalkmassen verschwindend klein und fehlen öfter gänzlich, namentlich an den kleineren Platten. Letztere er- scheinen oftmals mit ganz unregelmässigen Contouren,, wie denn überhaupt die Zierlichkeit der Bildung im Vergleiche mit Pentacta pentactes grösstentheils geschwunden ist und 56 ohne die Kenntniss des letzteren die Kalkkörper unseres Thieres schwer zu begreifen sein dürften. Bei Psolus phantopus kommen fast über den ganzen Körper kleine kuglige steinharte Wärzchen oder Knöpfchen vor. An der Rückenfläche des Thieres bemerkt man noch zahlreiche feste Schuppen, welche der Ventralfläche fehlen. Die microscopische Untersuchung führt uns bei Psolus die Kalkmassen in einer ganz neuen Form vor, nämlich als ein sowohl in der Fläche als Höhe continuirliches Kalknetz. Es werden auf diesem Wege lange Streifen und Platten hergestellt. Ebenso bestehen die kugligen steinharten Knöpf- chen aus einem ganz zusammenhängenden Maschenwerk von Kalkmassen. Solche Kalkmassen, welche dicke starke Balken von 0,006 — 0,01’ und rundliche Löcher zeigen, kommen an der Rückenfläche häufiger als an der Bauchseite vor. Die Schuppen enthalten immer mehrere solcher Streifen, durch weiche Masse von einander geschieden. Diese Kalkmassen, welche, wie weiter unten ersichtlich, an die der Asterien erinnern, kommen in einer grösseren Ausbildung in der Haut der Cuvieria squamata vor. Die ossificirten Schuppen der Rückenfläche bestehen nämlich hier aus einem einzigen Kalknetze von derben dicken Stäben und rundlichen grossen Löchern. Die letzteren haben eben- falls eine ansehnliche Grösse, namentlich in den tieferen Partieen. Nach aussen gegen die Ränder der Schuppen hin werden sie kleiner bis 0,01‘. Die Netze schliessen. hier entweder mit einer aus Querbalken gebildeten, dem Rande parallel laufenden Kalkstreifen,, oder letzterer fehlt und die mehr radial gestellten Längsbalken enden mit stumpfen Spitzen. Das Ganze ist den Skeletbildungen der Echinen, Ophiuren etc. sehr ähnlich (s. u.) und wird nach aussen noch von einer nicht ganz dünnen Zellenschicht überzogen, welche namentlich an den Rändern kleinerer Schuppen deutlich zu Tage tritt. 57 Gegenüber dieser versteinerten Rückenfläche bleibt die weiche Bauchhaut ohne Kalkkörper. Ich konnte hier nur kleine rundliche oder unregelmässige Massen von 0,003 — 0,004‘, welche sich in Salzsäure unter Brausen lösten, deutlich machen. Die Haut der Mundscheibe bleibt sogar auch von den letzteren Bildungen ganz frei. Soweit meine Beobachtungen über die Structur der Holothurienintegumente. Zu einer genaueren und ausgedehn- teren Behandlung des interessanten Gegenstandes fehlte mir leider das Material. Bei den Echiniden, zu welchen wir uns jetzt wenden, z. B. beim gewöhnlichen Seeigel, Echinus !), zeigt das aus zahlreichen einzelnen Kalkplatten bestehende Hauiskelet eine viel ansehnlichere Quantität von Kalkmassen , nämlich über- all ein continuirliches Kalknetz, vermöge dessen auch nach dem Caleiniren die Form der einzelnen Platten erhalten bleibt. Durch diese überwiegende Verkalkung werden in der Zusammensetzung der Bedeckungen einige Modificationen her- vorgebracht. Eine Faserschicht, welche bei den Holothurien eine so grosse Ausbildung zeigt, ist hier, sowohl bei Echi- nus als Spatangus, verschwunden. Die Zellenschicht tritt als ein Ueberzug von verschiedener Dicke an den einzelnen Schalenstücken, noch deutlicher an den später zu erwähnen- den Anhängen zu Tage. In ihr bemerkt man in wechseln- der Anzahl Pigmentzellen eingelagert , welche besonders ) Ueber die Structur des Hautskelets des Seeigels finden sich sehr ausführliche und genaue Angaben in der Arbeit von Valentin, Monographie du genre Echinus, 4e Livraison der Monographie d’Echi- nodermes vivans et fossiles par Ägassiz. Neuchatel 1842, auf welche ich den Leser verweisen muss. — Mehreres enthält auch der Aufsatz von Erdl, über den Bau der Organe, welche an der äusseren Ober- fläche des Seeigels sichtbar sind, in Wiegmann’s Archiv 1842. Th. I. .S. 45. 38 schön bei einem Weingeistexemplare des Spatangus purpu- reus erschienen. Der untere Theil der Zellenhaut scheint in der Bildung der Kalknetze aufgegangen zu sein. Eine Epi- thelialschicht,, theils von Platten-, theils von Wimperepithe- lien, grenzt die Haut nach aussen ab. An denjenigen Stellen, wo ausnahmsweise die Verkal-- kung einen geringeren Grad erreicht hat, vor Allem an der sogenannten Mundhaut des Seeigels ist die Structur der Haut an die der Holothurien erinnernd, indem hier ein deutliches entwickeltes Faserstratum angetroffen wird. Was die Kalkmassen betrifft, so hat man die der Scha- lenstücke und die der weicheren Haut zu unterscheiden. Nach den sehr genauen Untersuchungen Valentin’s am See- igel trifft man in den ersteren ein sowohl der Breite als Höhe nach continuirliches Kalknetz. Es bietet jedoch, was Stärke der Stäbe, Grösse und Form der Löcher oder Ma- schen betrifft, manchfache Differenzen dar. Auch die ver- schiedenen, auf der Aussenfläche vorkommenden Tuberkel des Echinus werden aus denselben Kalknetzen geformt, wel- che sich aus den Knochenplatten ununterbrochen in sie fort- setzen, was man namentlich an senkrechten Durchschnitten bemerkt. Ein solcher verticaler Durchschnitt lehrt denn auch, dass die Form der Netze je in den oberflächlicheren oder tieferen Lagen der Platten und Höckern Differenzen unterliegt. So erscheinen z. B. in den tieferen Lagen der Platten die Maschen ansehnlicher und mehr vertical, wäh- rend sie in den oberen Schichten kleiner und mehr hori- zontal gelegen sind }). Hier bei dieser excessiven Form der Kalknetze, wo sich am leichtesten durch Behandlung mit verdünnten Säuren die Kalkmasse entfernen lässt, erkennt man deutlich, wenn anders der gehörige Concentrationsgrad der Säure getroffen wurde, die organische Grundlage der Netze als ein Gitter- '!) Vergl. Valentin. I. c. Tab. 1l. 59 werk von membranösem oder einem schwachfaserigen Gefüge. Die Schalenstücke des Seeigels bieten ihrer Massenhaf- tigkeit halber auch für die chemische Analyse ein geeignetes Object dar. Man findet, dass die organische Substanz hier sehr zurücktritt und ein Reichthum anorganischer Masse vor- kommt, wie wir ihn nur noch von wenigen thierischen Ge- weben kennen. Nach der Analyse von Brunner, welche uns Valentin in seiner Monographie mittheilt, enthält die Schale des Echinus lividus in 100 Theilen : Kohlensauren Kalk ........ 86,81 Schwefelsauren Kalk ....... 1,38 Kohlensaure Magnesia ...... 0,84 Andere Salze und Verlust .... 1,14 Organische Materie ........ 9,83 Daneben bemerkt man Spuren von Eisenoxyd. Chlorna- trium, welches man bei seinem Vorkommen im Meer- wasser hier hätte erwarten sollen, fehlt; ebenso Phosphor- säure. In der weichen Haut des Mundes kommen getrennte Kalkmassen ziemlich häufig vor. Ein Theil derselben hat die Gestalt von Platten, ein anderer die von kleinen Netz- oder Gitterwerken. Diese letzteren sind an den äusserlichen Partieen der Mundhaut am grössten und werden, je näher man der sog. Laterne des Aristoteles kommt, immer kleiner und einfacher, bis sie zuletzt nur in Gestalt von Ringen oder einfachen Stäben getroffen werden !), vermuthlich den Grundformen, aus welchen durch Apposition das grössere und complicirtere Netzwerk entsteht. Auch in den zehn der Mundhaut angehörenden und mit dem Namen der Kiemen bezeichneten Aussackungen sind derartige Kalknetze enthalten, nach unten ausgedehnter und ') Eine Abbildung derselben bei Valentin, Tab. V. fig. 71. 60 gehäufter, während sie nach oben und bis zur Spitze hin als kleinere Netze und Ringe beobachtet werden !). Bei Spatangus sind die entsprechenden Organe mehr langgestielt. Jeder ihrer bläschen- oder blindsackartigen Endigungen entspricht hier nur ein langer, wenig gekrümm- ter, unverästelter Kalkstab. Schon in einer frühen Periode der Entwicklung treten bei hierher gehörenden Thieren die ersten Kalknetze auf, wie uns die interessanten Beobachtungen von J. Müller leh- ren, und zwar in Form gablig getheilter Stäbe, welche sich dann in Netze ausbilden 2. Die merkwürdige Larve, in welche diese Thiere wie in einen Rahmen angelegt wer- den, hat ebenfalls schon ein Kalkgestell. In der Ordnung der Asteriden kommt bei den Ophiuren die Structur des Hautskelets vollkommen mit dem der vorigen Abtheilung überein. Die einzelnen Skeletstücke bestehen ebenfalls aus vollkommen. continuirlichen Kalk- netzen, welche nach der Behandlung mit verdünnten Säu- ren ein zarlhäutiges organisches Gitterwerk zurücklassen. Bei Ophiolepis ciliata, welche ich etwas ausführlicher unter- suchte, waren die Maschen sehr wechselnd an Grösse und Form. An den Rändern der einzelnen Platten hörten die Kalknetze mit kurzen abgerundeten Vorsprüngen der senk- rechten Stäbe auf. Hier bemerkt man ebenfalls einen Ueberzug einer organischen, vermuthlich aus Zellen beste- henden Membran , deren Dicke ungefähr 0,02 — 0,01‘ betrug. Indessen endeten die Kalknetze in welligen, un- regelmässigen Linien. Ihre Löcher waren noch zahlreich vorhanden, aber beträchtlich klein, 0,004 — 0,005‘ mes- send, während sie in den tieferen und inneren Partieen der Platten viel grösser sind. Die zahnartigen Vorsprünge '!) Die Kalknetze der Kiemen bei Valentin, Tab. VII. fig. 143. und Erdl, Tab. II. fig. 13. » 2) S, dessen Archiv 1847. S. 157 etc. 61 an der Mundöffnung zeigten dieselben Netze, indessen mit vorwiegender Längsrichtung der Stäbe und unansehnlichen Löchern. Die Stäbe endigten hier mit Spitzen, umschlossen von einer organischen (zelligen) Masse. Hier erschien noch eine feine glashelle äusserste Membran, wie sie auch für die Asterien wiederkehrt. An den Armgliedern kreuzten sich die Stäbe des Kalknetzes mehr rechtwinklig. “ Die Asterien dagegen zeigen wieder eine deutliche, be- trächtliche Faserschicht unter dem Zellenbeleg. In ihr kom- men getrennte, wenn auch oft sehr ansehnliche und zahl- reiche Kalkmassen vor. Die Balken und Netze haben hier ebenfalls eine sehr verschiedene Stärke und Form. Soweit meine Beobachtungen reichen , erscheint überall der gleiche Bau, selbst die Madreporenplatte macht keine Ausnahme. Die verschiedenen, an der Haut der Seesterne vorkommenden Körner und Vorsprünge zeigen ebenfalls das nämliche Kalk- netz. Hier kommt dann öfter die bei den Ophiuren erwähnte glashelle Membran zum Vorschein. Die Kalkmassen werden ebenfalls schon frühzeitig an- gelegt. Die merkwürdige, von Müller als Pluteus paradoxus zuerst beschriebene Larve !) zeigt ein Kalkgestell, der in ihrem Inneren entstehende Embryo lässt bald die Kalknetze erkennen. Die Asterien, welche eine abweichende Entwick- lung haben, scheinen erst später solche Kalknetze zu be- kommen, wenigstens bei Echinaster Sarsii 2). Die vierte Ordnung der Echinodermen, die Haarster- ne, zeigen an ihrem stark verkalkten Skelet die gleiche Structur, wie die Echiniden und Ophiuren. Ueberall, wo solche ossificirte Massen vorkommen, an dem Stiele, an den Armen, den Pinnulae und Cirrhen, an dem ventralen Theil der Scheibe, trifft man sowohl bei Comatula als Pen- 1) Müller’s Archiv 1846. S. 101. Tab. VI fig. 1 u. 2. 2) Müller im Archiv von 1847. S. 177. 62 tacrinus !) ein continuirliches Kalknetz, äusserlich überzogen von einer Schicht organischer Masse, der Zellenschicht, wel- cher die Comatulen ihre Färbung verdanken. Der Wachs- thum der Netze, welche ebenfalls nicht überall die gleiche Stärke der Löcher besitzen , findet deutlich durch Appo- sition statt. Es lehrt dieses die Beobachtung von Müller, dass die Kalkstäbe schon bei der gestielten, jugendlichen Comatulis dieselbe Grösse besitzen, als beim erwachsenen ungestielten Thiere. Manche der hier auftretenden Structur- verhältnisse sind jedoch eigenthümlich und bedürfen einer genaueren Betrachtung. Die einzelnen Glieder des Stengels werden bei Penta- erinus neben der organischen Zwischensubstanz noch von fünf besonderen continuirlichen Fasersträngen durchsetzt, de- ren Primitivfibrillen an die des Sehnengewebes der Verte- braten erinnern. Um diese Stränge herum nimmt das Kalk- netz eine veränderte Gestalt an. Es verwandelt sich näm- lich in jenen parallel laufende Längsstäbe, welche‘ durch kurze Querstäbe verbunden sind. Solche Stränge werden an den Cirrhen, Armen und den Pinnulae nicht mehr an- getroffen. Zur Verbindung einzelner Skeletstücke mit einander fin- det man sehr häufig eine Interarticularsubstanz angewandt, welche die Eigenthümlichkeit hat, nach einer seitlichen Aus- dehnung sich wieder zurückzuziehen und nach einer senk- rechten Compression sich wieder aufzurichten oder auszu- dehnen. Bei microseopischer Untersuchung kommt ein Fa- sergewebe von ganz eigener zierlicher Anordnung zum Vor- schein. Man bemerkt nämlich, dass die Masse aus lauter senkrechten Faserbündeln oder Fasersäulen hergestellt wird, welche durch bogenförmige Schlingen, bestehend aus Pri- !) Man vergl. hierzu die classische Monographie des Pentacrinus caput Medusae von J. Müller in den Berliner Academieschriften von 1841. 63 mitivfibrillen von grosser Feinheit, mit einander verbunden werden , welche aus den Fasersäulen auslaufen und in die- selben sich wieder verlieren. Auffallend ist die Anordnung dieser Schlingen. Es kommen nämlich im oberen Theile der Interarticularsubstanz zwischen zwei Säulen deren acht bis zehn vor, die sämmtlich ihre Convexität nach oben kehren. Die gleiche Anzahl der Bögen wird an der unteren Hälfte wahrgenommen. Die Convexitäten derselben sind aber durchaus nach unten gewandt. Es bleibt in der Mitte ein grösserer freier Raum übrig. Das Verhältniss von Fasersäulen und Faserbögen ist durch Beobachtung nicht festzusetzen. Als Hypothesen sind hier drei Annahmen von Müller aufgestellt worden. Einmal können immer ein oberer und unterer Bogen als Theile ei- ner geschlossenen Faserellipse zusammengehören. Es wer- den mithin solcher Faserellipsen selbst soviele an jeder Fa- sersäule vorkommen, als diese Bogen besitzt. 2) Die Bo- genreihe zweier Fasersäulen werden nur durch die Windun- gen einer einzigen Faser bewirkt und 3) die Fasern eines Bogens zweier Säulen biegen in die nächst liegende Säu- lenreihe über, um dort einen neuen Bogen zu bilden. Eine Faser hätte demnach einen langen Verlauf, vermöge dessen sie aus einer Säulenreihe in die andere überspränge,, wo- bei sie natürlich abwechselnd immer einen nach oben und dann wieder einen nach unten gekehrten Bogen bilden müsste }). Wir wenden uns jetzt zu den zahlreichen Anhängen, - welche an der Körperoberfläche der Echinodermen angetrof- fen werden, und betrachten deren Structur, soweit bis jetzt die Materialien vorliegen, indem wir Form, Vorkommen etc. den Lehrbüchern der Zootomie und Zoologie überlassen. !) Zu einer näheren Belehrung verweise ich auf die Müller’sche Arbeit l. c. S. 194. u. Tab. IV. fig. 5. u. Tab. V. fig. 1—6. 64 Was zuerst die Mundtentakel der Holothurien betrifft, so zeigen dieselben einen ähnlichen Bau wie die Körperhaut. Man bemerkt eine Zellen- und Pigmentlage, dann eine Fa- serschicht von muskulöser Natur, bestehend aus äusseren circulären und inneren longitudinalen Bündeln und endlich einem inneren, den Hohlraum unserer Organe auskleidenden Ueberzug. Auch Kalkkörper werden in der Haut der Ten- takeln angetroffen. Doch sind hier zwei Punkte hervorzuhe- ben. Einmal ist die Zahl der Kalkmassen eine geringere, als am Rumpfe; dann werden zweitens die charakteristi- schen Bildungen des letzteren Theiles hier fast immer ver- misst. So sind die Ankerplatten der Synapten, die Kalkge- stelle der Holothurien !) etc. verschwunden und statt ihrer kommen nur stab- und balkenförmige Kalkmassen unter den unregelmössigsten und sonderbarsten Gestalten vor. So sind bei Synapta Duvernaca diese Körper, welche nach der Angabe von Quatrefages unter der Muskelhaut in einem besonderen Stratum liegen sollen, bald cylindrisch, bald mit Spitzen und Höckern bedeckt, bald gekrümmt, was bis zur Bildung eines Ringes fortgehen kann 2). Die Grösse schwankt zwischen 0,06’ bis zu 0,015‘ Linien und steht in directem Verhältniss zur Körpergrösse des Thieres. Mit der letzteren hängt auch die Zahl der Kalkkörper zu- sammen, so dass man bei kleinen Thieren ihrer nur wenige antrifft, während bei grossen Exemplaren sie dicht gedrängt stehen. Bei Dactylota papillosa bemerkt man ebenfalls irreguläre Kalkmassen, bald Stäbe, einfach oder verästelt, bald Kalk- netze mit grossen ansehnlichen Maschen, bald Kalkplatten von einer Menge sehr feiner Löcher durchsetzt. Diese drei Formen können manchfache Verbindungen mit einander ein- !) Eine Ausnahme macht die unbekannte Holothurie, welche hier dieselben Kalkgestelle trägt. 2) Abbildungen derselben bei Qualrefages I. c. Pl. IV. fig. 7—12, 65 gehen, wodurch eme noch grössere Vielartigkeit der Gestal- tung entsteht. Durch: ihr sonderbares Aussehen zeichnen sich Kalkmassen aus, wo ein Stab an seinem Ende mit einem Male in ein Netz zerfällt; ferner diejenigen, welche im Centrum als: ein grossmaschiges Netz, dagegen peri- pherisch als eine sehr feingelöcherte,, siebartige Platte er- scheinen. Die Mundtentakeln der Holothuria tubulosa zeigen Kalk- stäbe mit fein gezähnelten Rändern und den wechselndsten Formen. An den Stämmen unserer Organe sind die Kalk- körper am dicksten und grössten, 0,12’ und mehr; nach oben werden sie kleiner und kleiner, bis gegen 0,026‘. Die Lage dieser Stäbe, welche ziemlich häufig vorkommen, ist eine transversale. An den Spitzen der Mundtentakeln kommen auch vereinzelt sehr kleine, zarte Stäbchen von 0,01’ vor. — Sehr beträchtlich fand ich die Quantität der Kalkmassen an den Mundtentakeln von Pentacta pentactes. Neben Kalknetzen, ähnlich denen der Dactylota papillosa, er- schienen besonders lange, oft durchlöcherte Kalkstäbe (fig. 3), meist in transversaler Richtung und von einer Grösse, welche bei einzelnen 0,20 bis 0,33‘ überschritt. Sehr auffallend erscheint bei Cuvieria, verglichen mit dem Reichthum der Körper an Kalkmassen, die Armuth der Tentakeln. Nur spärlich kommen hier vor Netze mit zierli- chen grossen Maschen und unregelmässige Stäbe , oft von Löchern durchbohrt. An den Mundtentakeln des Psolus phantopus vermisste ich Kalkkörper gänzlich. Es erschienen nur kugelige Con- cretionen kleiner nadelförmiger Crystalle, ebenso kleine Prismen, welche sich beide in Salzsäure unter Aufbrausen lösten. Weniger auffallend ist es, dass bei Dactylota gar keine Kalkmassen zu entdecken sind. Eine zweite Form von Anhängen stellen die sogenann- ten Füsschen oder Ambulacren dar. Sie kommen mit Ausnahme der Synapten allen Echinodermen der vier ersten 5 66 Ordnungen zu und sind bekanntlich die wichtigsten Loco- motionsorgane dieser Thiere. Ihre Gestalt ist im Allgemei- nen die einer geschlossenen Röhre, welche nach unten die Bedeckungen durchbohrt und in ein Säckchen, das Am- bulacralbläschen übergeht. Der Schlauch kommt in seinem feineren Baue mit den Mundtentakeln überein. Man ° bemerkt eine äussere Zellenlage von verschiedener Stärke, welche öfter Pigmentmassen eingebettet enthält (so z. B. bei Echinus), einen inneren, den Canal des Füsschens ausklei- denden Ueberzug und dazwischen eine aus Cirkel- und Längsfasern bestehende Muskelschicht, welche unser Organ zu seinen zahlreichen und fast ununterbrochenen Bewegun- gen befähigt. Nach oben endet die Röhre entweder einfach blindsackig oder sie läuft hier in einen mehr oder weniger ausgebildeten Saugnapf aus, welcher dann noch oft von ei- nem besonderen Skelet gestützt wird. Ganz häutige Apparate scheinen die Füsschen der Ophiu- ren zu sein, indem weder an ihrer Spitze noch an ihren Wandungen eine Spur von Kalkmassen wahrzunehmen: ist }). Ein auffallendes traubiges Ansehen zeigen sie durch eine Menge warzenartiger Vorsprünge, welche als Saugnäpfe wir- ken 2. Bei den Haarsternen, wo die Füsschen ebenfalls keine Kalkmassen aufnehmen, erhalten sie. jedoch durch einen Besatz von kleinen fühlerähnlichen Röhrchen eine seltsame Gestalt 9). Im den einfach röhrigen Ambulacren der Asterien konnte ich ebenfalls bei Solaster, Asteracan- I) Dagegen kommen bei Ophiolepis ciliata in fast allen inneren Weichgebilden eigenthümliche dreistäbige Kalkkörper von ungefähr 0,015° vor, welche an ihren Enden in 2 oder 3 hakenartige Spitzen auslaufen (fig. 2. a). Sie entstehen aus einem kleineren derartigen Gebilde (fig. 2. b), welches kürzere dornenlose Stäbe und eine Grösse von 0,009’ darbietet, auf dem Wege der Apposition. 2) Erdi,a.a,.0. 8.58. .fig.-.LL;a, >») Müller a. a. O. S. 222. Tab. IV. fig. 13 u. 14. 67 thion und Astropecten keine Kalktheile, weder an der Saug- grube, noch in der Wand des Schlauches entdecken. Die Füsschen der Holothurien und Echiniden sind da- gegen mit sehr verschieden gestalteten Kalkmassen bald sparsam, bald sehr reichlich versehen. Zahlreiche Kalkmassen zeigen namentlich die Wände dieser Organe bei manchen Holothurien , wo theils die Kalk- körper des Rumpfes, theils neue Formen vorkommen. So findet man bei Holothuria elegans an den kalkreichen Am- bulacren zu äusserst eine Lage der characteristischen, oben beschriebenen Kalkkörbe, unter welchen indessen sehr zahl- reiche anomale Formen, dabei auch einfache, an den En- den zweispitzige Kreuze auffallen. Darunter kommt eine mächtige, auf Querschnitten bis 0,2' messende Lage von Kalkstäben, die im Allgemeinen von ansehnlicher, wenn auch sehr wechselnder Grösse sind. Ihre Formen sind die verschiedensten, welche man sich denken kann. Bald sind es gerade, an den Rändern zackige Stäbe, bald theilen sie sich gablig (fig. 4), öfter haben sie die Gestalt zierlicher Kreuze (fig. 5) etc. Manche Stäbe haben an den Seiten einzelne grosse, von dünnen Kalkmassen umgebene Ringe, welche an die Handhaben eines Gefässes erinnern. Amorphe, rundliche Kalkmassen kommen ebenfalls hier nicht selten vor. So besitzen denn die Füsschen der Holothuria elegans einen ansehnlichen Kaikreichthum, welcher viel beträchtlicher als der des Rumpfes ist. Aehnlich findet man an den stark verkalkten Füsschen der Röhrenholothurie neben den Kalk- massen des Rumpfes, nämlich den Säulenplatten und den Kalkgestellen, noch die verschiedenartigsten Kalkstäbe vor. An den Füsschen der Dactylota papillosa konnte ich dagegen fast gar keine Stäbe bemerken, sondern nur die Kalkgestelle des Rumpfes. Sie zeigten sich hier in ziemlich regelmässiger Anordnung , die Spitzen nach aussen und unten gekehrt. Bei genauerem Zusehen erschien jedoch die Mehrzahl von ihnen mit anomalen Formen. Die Stäbe sind 5* 68 dicker als an den gewöhnlichen Gestellen, bis zu 0,006’, die Löcher kleiner , oft nur 0,008. Die Platten, welche an der grossen Achse häufig in zwei Spitzen auslaufen, sind nicht flach, sondern ziemlich ansehnlich nach oben gewölbt (fig. 15). L Dagegen kommen bei Pentacta doliolum Bildungen, wie wir sie am Rumpfe getroffen haben, nämlich Säulenplatten in den Wandungen der Füsschen entweder gar nicht oder nur an den unteren Partieen spärlich vor. Hier machen Stäbe vom verschiedenartigsten Aussehen und von sparsamen Löchern durchbohrt , sowie einzelne durchlöcherte flache Platten fast die einzigen Kalkmassen aus. Bei Psolus phantopus kommen in der Wandung des Ambulacralschlauches nur vereinzelte Kalkmassen vor. Sie haben hier das Aussehen der zierlichsten Kalknetze von ei- ner mehr rundlichen Form mit unregelmässigen Rändern und stumpf geendigten Stäben , welche 0,003 — 0,004 an Dicke haben. Die Löcher sind rund, von 0,002 — 0,01 schwankend. Die Grösse der Platten ist ebenfalls wechselnd von 0,04— 0,08‘. Man trifft diesen Differenzen entsprechend Platten mit nur sparsamen und wenigen Löchern, während andere eine Unzahl der letzteren tragen. An den Rändern der Platten gelingt es öfter, die Art des Wachsthums zu beob- achten. Man findet, dass hier die Kalkstäbe bald nur mit kurzen geraden Spitzen aufhören, bald mit längeren Aus- läufern von verschiedener Krümmung. Zwei dieser Ausläu- fer kommen dann einander entgegen zur Bildung eines neuen Ringes. Oft sind ihre Enden einander schon sehr nahe, so dass nur ein schmaler Zwischenraum übrig bleibt; in an- dern Fällen sind sie bereits zusammengestossen , so dass nur noch eine feine Demarcationslinie sichtbar ist: Solcher Grenzlinien findet man indessen hier bei einiger Aufmerk- samkeit ziemlich viele. Dass man sich hüten muss, zer- brochene Ringe für in der Bildung begriffene zu nehmen, bedarf wohl keiner Erwähnung. Die scharfen Bruchstellen 69 sind von den abgerundeten Enden der Stäbe Jeicht zu un- terscheiden. Bei Cuvieria squamata, ebenso bei der oben genannten Trepang bleiben die Wandungen der Ambulacren ganz von Kalkmassen frei. Die als eine Art von Saugnapf auftretende Spitze des Füsschens ist bei einer Anzahl von Holothurien durch ein besonderes sehr zierliches und elegantes Gitterwerk von Kalkmasse gestützt. Von geringer Ausdehnung und auch nicht ganz constant an einem jeden Füsschen erscheint dieses Gitter bei Dacty- lota papillosa, bei Pentacta doliolum und der früher er- wähnten unbekannten Holothuria. Bei letzterem Thiere (fig. 22) erlangt es eine Grösse von etwa 0,12’, die rundlichen oder eckigen Löcher zeigen ei- nen Durchmesser von 0,008 — 0,006’, die Stäbe sind sehr fein, 0,002 — 0,003‘ stark. Ein solches Netz besteht nur aus einer einzigen flächenhaft ausgebreiteten Stabmasse ; es hat mithin nur eine sehr unbedeutende Höhe und ist von grosser Zerbrechlichkeit. Bei Dactylota papillosa hatte das Gitterwerk an einigen Füsschen einen Durchmesser von 0,024‘, die zahlreichen Lö- cher eine Grösse von 0,003 — 0,004‘. Die Stäbe endigten an der Peripherie oft mit langen abgerundeten Ausläufern. Bei einer Seitenansicht des Füsschens überzeugt man sich, dass ein solches Gitterwerk nicht plan, sondern gewölbt ist, und zwar seine convexe Seite nach unten kehrt, mithin eine Excavation des Saugnapfes bewirkt. Ebenfalls feine Stäbe und ansehnliche, bis 0,01‘ betragende Löcher zeigt das ungefähr 0,06‘ grosse Gitterwerk in der Füsschenspitze bei Pentacta doliolum. In einer viel mächtigeren Entwicklung findet man dieses Gitterwerk bei der obigen Trepang und Cuvieria squamala. Bei ersterem Thiere endigen die Ambulacren mit einem ansehnlichen dunklen Knöpfchen. In diesem liegt nun die > 70 ansehnliche flachgewölbte Platte mit nach oben gekehrter Con- vexität. Sie besteht aus einem zierlichen,, vollkommen un- geschichteten Gitterwerk. Aeusserlich sind die Löcher am grössten, 0,008 — 0,01’ messend und mehr eckig. Nach innen gegen das Centrum hin werden sie rundlicher und beträchtlich kleiner. Die Kalkstäbe sind umgekehrt in den peripherischen Partieen am feinsten, 0,002‘, an den cen- tralen Theilen bedeutend stärker, 0,004 — 0,006. Man findet hiermit im Einklange, dass die äusseren Partieen des Kalkgerüstes sehr leicht zerbrechen, die inneren dagegen viel weniger. Noch ausgebildeter ist dieses Kalkgitter bei Cuvieria squamata. An der Spitze der Füsschen bemerkt man hier ein rundliches festes Blättchen, ähnlich dem, welches man bei Echinus schon lange kennt. Dieses Blättchen wird von einem ansehnlichen, durchaus continuirlichen Kalknetze gebildet, welches m seinem Centrum leicht vertieft ist, flach gewölbte Seitenränder besitzt und an diesen sich noch in einen niedrigen, senkrecht nach unten gekehrten Theil fort- setzt, welcher den gleichen Bau wie die Scheibe zeigt. Auch hier findet man äusserlich die grössesten Löcher, deren manche 0,023 — 0,030‘ erreichen. Nach innen wer- den sie gewöhnlich viel kleiner, einzelne bis zu 0,005 — 0,002‘. Doch erhalten sich in einzelnen Fällen grosse Lö- cher auch in den centralen Partieen. Die grössten von ih- nen erreichen eine Dicke von 0,008. Die senkrechten Seitentheile haben weite Maschen. Ungeachtet der grossen Zerbrechlichkeit gelingt es oftmals, dieses Gerüste unver- sehrt und isolirt zur Anschauung zu bekommen, wo man sich dann von der Continuität des Gitters und dem Mangel eines Centralloches aufs Deutlichste überzeugen kann. Die Füsschen des Echinus !) zeigen an ihrer Spitze, !) Ueber den feineren Bau der Ambulacren des Seeigels finden sich genaue Angaben in den mehrfach erwähnten Arbeiten von Erdl und Valentin. 71 äbnlich denen der Cuvieria, ein sehr ausgebreitetes Kalk- netz. Sie tragen bekanntlich auf ihrer Spitze ein rundliches tellerförmiges Blättchen, welches neben den gewöhnlichen Epithelial- und Pigmentlagen noch eine deutliche Faser- schicht enthält und endlich eine Anzahl, gewöhnlich fünf, einzelner Platten, die durch. schmale Zwischenräume ge- trennt, ein centrales Loch ringförmig umgeben, welches jedoch von den Häuten des Blättchens vollkommen aus- gefüllt wird und daher keine Communication zwischen dem Ambulacralschlauch und dem umgebenden Seewasser ver- mitteln kann. Die Platten bestehen aus einem geschichteten Kalknetze mit gewöhnlich runden Maschen , wobei sich je- doch eine Anzahl radienartig gestellter , ziemlich starker (0,007 — 0,01‘ messender) Stäbe herausfinden lässt, welche an der Peripherie mit knopfartiger Verdickung aufhören. Unter diesen Platten liegt noch ein Kalkring, dessen Masse nach dem Centrum zu zahlreiche, 0,004 — 0,01’ grosse Löcher besitzt und daher in Form des gewöhnlichen Ma- schenwerkes auftritt, dagegen nach aussen durch viel spar- samere und kleinere Löcher mehr solide erscheint. An den Ambulacren, welche auf der Mundhaut stehen, fehlt dieser Kalkring. Bei ihnen sind die Platten des tellerförmigen Blättehens weniger entwickelt und oft in geringerer Anzahl vorhanden. Sie erscheinen gewöhnlich weisser im Gegen- satz zu den mehr bläulichen Kalknetzen an den Füsschen der Schale. In der Wand der Ambulacren des Echinus, welche starke Längs- und Querfasern zeigt, triffi man bis- weilen in ziemlicher Menge kleine halbmondförmige Kalk- stäbehen an, dieselben, die auch in den inneren Weichge- bilden des Körpers enthalten sind. Stacheln kommen häufig an der Körperoberfläche von Echiniden und Asteriden vor. Am genauesten gekannt durch die Bemühungen Valentins und Erdl’s sind die Stacheln des Echinus. Sie erscheinen sehr zahlreich mit Ausnahme der Mundhaut an der ganzen Körperoberfläche 72 und sind conische,, an der Spitze abgerundete Gebilde von verschiedener, zwischen 9,5‘ und 0,5‘’' gelegener Grösse, welche mit einer ringförmigen Verdickung in einen auf den Höckern des Hautskelets beweglich inserirten Gelenktheil von 0,5 — 0,25’ übergehen. Die. Oberfläche eines jeden Stachels wird von Längsfurchen durchzogen, zwischen wel- chen die Substanz flach gewölbt hervorspringt, eine Anord- nung, die namentlich an der ringförmigen Verdickung klar zu Tage tritt. Die Zahl der Furchen und Wölbungen wech- selt, beträgt im Mittel 20 bis 25, kann aber auch bis zu 12 herabsinken. Auf Querschnitten gelingt es am besten, die feinere Structur der Stacheln zu studiren. Man bemerkt, dass ein jeder Stachel aus zweierlei Substanzen gebildet wird. Eine weissliche Masse nimmt den Mittelpunkt eines Quer- schnittes ein und entsendet von hier aus divergente Strah- len oder Radien, welche in Zahl und Richtung den Furchen entsprechen, jedoch nicht ganz bis an die Oberfläche des Stachels gelangen. Bei stärkerer Vergrösserung bemerkt man, dass diese Substanz aus den gewöhnlichen characte- ristischen Kalknetzen mit verschieden grossen Stäben und Maschen gebildet wird. Auf senkrechten Durchschnitten überzeugt man sich, dass die Kalknetze sowohl der Achse als der Strahlen ununterbrochen durch die ganze Dicke des Stachels verlaufen, mithin vollkommene Wände oder La- mellen in jenem herstellen. Zwischen den Kalknetzen kommt sowohl auf Längs- als Querschnitten eine homogene structurlose Substanz von ver- schiedenem Colorit zum Vorschein, an welche Kalk chemisch gebunden ist. Dieselbe Duplicität erstreckt sich auch in den Basalring des Stachels herab, nur werden hier an der Peripherie die einzelnen Strahlen abermals zu einem ringförmigen conti- nuirlichen Kalknetze vereinigt. Dagegen besteht der Gelenk- 73 kopf des Stachels durchaus nur aus einem Maschenwerk von Kalkstäben. Die Substanz der Stacheln ergab nach Brunner’s |) Analyse in 100 Theilen: Kohlensauren Kalk ........ 89,40 Schwefelsauren Kalk ...... 1,14 Kohlensaure Magnesia .. .... 0,06 Andere Salze und Verlust .... 181 Organische Materi@ ..... .®... 7,59 daneben noch Spuren von Eisenoxyd. Nach den Angaben Valentin’s, dass nämlich auf Quer- schnitten bisweilen concentrische Ringe bemerkt werden, scheint der Wachsthum der Stacheln durch Auflagerung neuer Schichten stattzufinden. Die Verbindung des Stachels mit den Tuberkeln der Schalenstücke geschieht einmal durch die äussere, weiche Haut, welche ununterbrochen auf die Stacheln übergeht und diese, namentlich die kleineren, überkleidet, dann aber durch ein festes, aus Fasern gewebtes Kapselband ; die Bewegung durch zahlreiche, radienförmige Muskelbündel. Viel weniger genau erforscht ist die Structur der Sta- cheln bei anderen Echinodermen. Die grossen Stacheln der Gattung Cidaris kommen hin- sichtlich des äusseren Ansehens denen des gewöhnlichen Seeigels nahe und zeigen gleich diesen longitudinale Vor- sprünge und dazwischen befindliche, hohlkehlenartig ver- tiefte Stellen. Auf Querschnitten, welche sich leicht durch Schleifen herstellen lassen, trifft man indessen einen ab- weichenden Bau. Der Achsen - oder Centraltheil besteht aus einem Kalknetze mit rundlichen Maschen. Auf ihn folgt eine viel ansehnlichere mittlere Lage, welche den grössten Theil des Stachels ausmacht. Sie wird gebildet von radienförmigen, dicht neben einander stehenden Kalk- I)» Valentin a. a. ©. S. 34. 74 stäben, die durch kurze Querbalken zu länglich runden Maschen mit einander verbunden werden. Die radialen Hauptstäbe verdicken sich gegen die Peripherie hin nicht unbeträchtlich, so dass die Löcher der Maschen nach aussen nicht viel breiter ausfallen als in den mehr centralen Par- tieen. Auf diese mittlere Masse folgt eine viel dünnere Rin- denschicht, bestehend aus einer farblosen homogenen Masse. Sie bildet die Vorsprünge der Längskanten und noch ver- einzelte kleinere. Nur-sehr spärlich findet man sie von Lö- chern durchsetzt, dagegen erstrecken sich in sie herein die Kalknetze der Mittelschicht. Auf Längsschnitten bemerkt man, dass der ganze Stachel sowohl in der Achse als in den mittleren Schichten aus einem ganz zusammenhängen- den Kalknetze besteht. In der mittleren Schicht fallen senk- rechte parallele Kalkstäbe auf , welche die radialen der einzelnen Schichten mit einander verbinden. Die Dicke der drei Lagen verhielt sich an einem Stachel, dessen Diameter 1,37''' betrug so, dass der, Achsentheil einen Durchmesser von 0,25‘ hatte, der ringförmige Mitteltheil jederseits 0,5‘, die Rindenschicht nur 0,06‘. Während bei den Stacheln des Echinus die homogene Substanz zwischen den Kalknetzen in ansehnlicher Menge, bei denen von Cidaris viel sparsamer und nur zwischen den Netzen der innersten und mittleren Lage angetroffen wird, fehlt sie ganz an denen des Spatangus. Diese ebenfalls an ihrer Oberfläche von Längsrippen und Furchen durch- setzt, bestehen gänzlich aus einfacher Kalkmasse , welche von Längsreihen rundlicher Löcher zwischen den Vorsprün- gen durchzogen wird. Das Nähere der Structur konnte ich nicht erforschen, da die Stacheln des Spatangus einem Schleifen durch ihre Sprödigkeit hartnäckig widerstanden. Die Insertion geschieht mit einem ähnlichen Basalstück wie beim Seeigel. Die circulären Muskelbündel werden auch hier nicht vermisst. Der gewöhnliche organische Ueberzug ist häufig an den Stacheln des Spatangus vorhanden und = enthält namentlich an dem Grundtheil zahlreiche Pigment- zellen. Die Stacheln der Asterien und Ophiuren bestehen eben- falls aus ganz zusammenhängender durchlöcherter Kalkmas- se, welche gewöhnlich an der Oberfläche in Spitzen oder Dornen ausläuft, im Uebrigen jedoch, was Grösse der Lö- cher, Stärke der Stäbe und organischen Ueberzug betrifft, manchen Verschiedenheiten unterliegt. An der Körperoberfläche mancher Echinodermen, näm- lich bei Echiniden und Asterien kommen ganz eigenthümli- che Organe vor, welche den Namen der Pedicellarien er- halten haben. Sie bestehen in der Regel aus einem kür- zeren oder längeren Stiele, der durch ein Stabwerk von Kalkmasse gestützt zu werden pflegt, und auf seiner Spitze zwei bis drei löffel- oder zangenartige Klappen trägt. Diese, welche ebenfalls durch Kalkmassen eine ansehnliche Festig- keit erlangen, können nach Willkühr während des Lebens vom Thiere geöffnet oder geschlossen werden. Sonderbarer Weise erhält sich dieses Oeffnen und Schliessen auch bei abgeschnittenen Pedicellarien noch eine beträchtliche Zeit. Die Gattung Echinus, wo die Pedicellarien am meisten durchmustert sind , hat zuerst zur Erkenntniss derselben Veranlassung gegeben. Man verdankt O. F. Müller, dem berühmten Verfasser der Zoologia Danica, die ersten genaue- ren Beobachtungen !). Er unterschied bereits drei Formen derselben, hielt sie aber nicht für Organe des Seeigels, sondern für drei Species einer eigenthümlichen, auf diesem lebenden Polypengattung. Nach manchen Schicksalen , auf welche. wir hier nicht eingehen können, sind die Pedicella- rien, von selbstständigen Wesen zu Greifapparaten degra- dirt, namentlich durch die Bemühungen Erdl’s und Valen- tin’s 2) genau erforscht worden. Letzterer unterscheidet 1) S. dieses Werk Vol. I. S. 16. und Tab. XVI. ?) L. 1. e. c. Am genauesten ist die Valentin’sche Untersuchung, 76 ebenfalls drei Formen derselben, wahrscheinlich entsprechend den Müller’schen, unter dem Namen der Pedicellaires gem- miformes, tridactyles und ophicephales, welche, obwohl Uebergänge darbietend , doch manches Interessante in ihrer Structur erkennen lassen. ” Die Stiele der Pedicellarien werden gleich den übrigen Hautgebilden von der Zellenlage überkleidet, welche äusser- lich ein Wimperepithelium trägt. Unter den Zellen gewahrt man ein aus Rings- und Längsbündeln bestehendes Muskel- stratum. Die Kalkmasse in den Stielen besteht aus feinen, fast parallel laufenden Längsstäben, welche, durch kurze Querbalken mit einander verbunden, ein sehr gestrecktes Maschenwerk herstellen. Nach oben verdickt sich diese Kalksäule beträchtlich, indem hier die Längsstäbe auseinan- derlaufen und durch zahlreichere Querstäbe anastomosiren, so dass ein sehr zierliches, gewölbtes, korbartiges Ge- flechte gebildet wird. So verhalten sich die Stiele aller drei Formen im Wesentlichen vollkommen gleich. Nur in einzelnen unbedeutenderen Punkten differiren sie. Die der p- gemmiformes sind etwas schwächer und kleiner als die der p. tridactyles; bei beiden ragt die Kalksäule weit nach oben bis dicht an die Klappen. Bei den p. ophicephales hört sie weit früher auf, so dass hierdurch ein ansehnli- cher, von Kalkmasse freier Theil unterhalb der Klappen vorkommt. } i Der auf den Stielen befindliche eigentliche Greifapparat variirt weit mehr, sowohl hinsichtlich der äusseren Form als der Formation der von einer ansehnlichen weichen Masse (Zellen und Fasern) umhüllten Kalkmassen. Bei den P. gemmiformes, wo rundliche , linsenartige Arme vorkommen, sind die drei Kalkgerüste von einer complieirten, ohne Ab- bildung kaum verständlichen Gestalt !). Jedes derselben doch leidet sie unglücklicher Weise an einer Unklarheit des Ausdruckes, welche ihre Benutzung erschwert, N Valle. fig. 4. 717 besteht aus einer oberen, fast viereckigen Platte, welche an der Spitze in zwei Paare scharfer, nach innen gekehrter Zähne ausläuft und an ihren Seiten einen aufgewulsteten Rand darbietet. Das obere Stück setzt sich fort in ein breiteres Mittelstück, welches neben den Seitenwülsten noch eine Medianleiste besitzt und durch letztere in zwei Längsfelder abgetheilt wird. An der Basis des letzteren bemerkt man noch einen dritten oder unteren Theil in Form eines stumpfen Höckers. An den beiden ersten Par- tieen ist die Kalksubstanz von zahlreichen kleinen Löchern durchbohrt. Die Klappen der p. tridactyles sind lang und dünn, an ihren Rändern gezähnelt. Die Kalkmassen , ebenfalls sieb- artig durchlöchert, bestehen aus einem oberen langen und schmalen, nach innen concaven, nach aussen gewölbten Theile und einem Grundtheile, der von einem ansehnlichen Loche durchbohrt wird !}). Was endlich die dritte und letzte Form, die p. ophice- phales 2) betrifft, so haben sie breitere und rundliche, aber gleichfalls an den Seiten gezähnte Klappen. Die Kalkmas- sen lassen ein oberes, ein mittleres und ein unteres Stück unterscheiden. Ersteres hat die Form eines Löffels mit ver- dickter Mittellinie und Seitenwülsten , welche durch zahlrei- che transversale Wülste mit einander verbunden werden. Zahlreiche Löcher kommen hier ebenfalls in der Kalkmasse vor, erreichen jedoch die Seitenränder nicht. Das Mittelstück ist nicht unähnlich dem der P. gemmiformes und vielfach durchlöchert. Der Grundtheil besteht aus festen, nach in- nen gekehrten, bogen- oder höckerartigen Vorsprüngen. Ich füge hier einige Beobachtungen an, welche ich über den feineren Bau der Pedicellarien der Spatangen an einem Exemplare von Spatangus purpureus angestellt habe. Von ) 1.c. fie. 8. 2) 1... fig..46 — 54. 78 den Greifwerkzeugen dieser Echinoderme,, welche in vielen Punkten mit denen der Echinen übereinkommen, lassen sich zwei Formen unterscheiden, eine grössere und eine kleinere. Der Unterschied beruht jedoch hier weniger in der Länge des Stieles, welche bei ersterer Form sogar häufig geringer als bei letzterer ausfällt, als vielmehr in der Mächtigkeit und Stärke der Klappen. Diese haben im Allge- meinen eine löffelartige Gestalt und kommen hierin am mei- sten noch mit den P. ophicephales des Echinus überein. Was zuerst die kleineren Pedicellarien betrifft, so bestehen diese aus einem Stiele, dessen Länge im Mittel bei meinem Exemplare 0,2 — 0,25‘ betrug. Er besitzt ebenfalls eine Kalksäule mit Längsstäben und Maschen, beide von grosser Feinheit. Die Kalksäule scheint nach unten mit den Kalknetzen der Schalenstücke in einem ununterbroche- nen Zusammenhange zu stehen. Die Dicke der Kalksäule beträgt etwa 0,01‘, der Durchmesser der Stäbe 0,002 — 0,0016‘. Eine Lage organischer Substanz, gebildet aus den theils farblosen, theils pigmentirten Zellen der Haut, überkleidet die Kalksäule. Der Diameter des Stieles der Pedicellarie wird hierdurch auf 0,024’ erhöht. An der Spitze hört, ganz ähnlich den Echinen, die Kalksäule mit einer leichten knopfartigen Erweiterung und unter einem mehr bogenartigen Verlauf der Stäbe auf. Es. folgt jetzt, erinnernd an die P. ophicephales, eine lange, im Mittel 0,08‘ messende Strecke des Stieles, welche von Kalkmassen frei bleibt. Hier erscheint dieselbe Zellenlage, dann aber noch ein starkwandiger Schlauch, dessen Durchmesser dem des Knopfes der Kalksäule gleichkommt. An den Klappen der kleineren Pedicellarien bemerkt man den gleichen zelligen Ueberzug und im Innern das Kalk- gerüste. Dieses hat einen oberen 0,04‘ messenden Theil von elliptischer, löffelföürmiger Gestalt, der nur nach unten an den Seitenrändern einige sparsame kleine Zähnchen trägt, im Uebrigen ganz glatt bleibt. Auch bei Spatangus ist er 79 von sehr zahlreichen rundlichen und ovalen Löchern sieb- artig durehbrochen. Die Grösse der letzteren wechselt sehr, beträgt im Mittel 0,005 — 0,0025’, sinkt jedoch auch unter 0,002° herab. Die Anordnung ist bald ganz irregulär, bald bemerkt man eine Gruppirung der Löcher in mehr radien- artigen Linien. Die Seitentheile bestehen aus ganz compa- cter undurchlöcherter Kalkmasse. Der eben beschriebene obere Theil der Klappe geht unter einem bogenförmigen Einschnitt in einen viel di- ckeren unteren Theil über, welcher von einem Kalknetze mit rundlichen grossen Maschen und dünnen Stäben gebil- det wird. Die grösseren Pedicellarien haben einen ganz gleich gebildeten, nur etwas dickeren Stiel, aber noch unbeträcht- lich abweichende Klappen. Die Form bleibt hier ebenfalls eine ovale, doch bemerkt man häufig nach oben eine an- sehnlichere Zuspitzung des Löffels, welcher an seinem gan- zen Rande bei den grösseren Pedicellarien gezähnt ist. Je- der Löffel, welcher stark gewölbt ist, lässt einen longitudi- nalen Mittelwulst und zwei ähnliche Wülste an den Seiten- rändern erkennen. Die Löcher desselben haben dagegen ganz die gleiche Form und Anordnung wie bei den kleine- ren Greifwerkzeugen. Der Einschnitt, mit welchem der obere Theil in den unteren übergeht, fällt gewöhnlich stär- ker aus, als bei diesen. Die untere Partie ist weniger dick und locker, beträchtlich länger und läuft abwärts in eine stumpfe Spitze aus. Sie besteht durchweg aus einer von sehr kleinen Löchern perforirten Masse und ist an den Sei- tenrändern gleich dem oberen Theile gewulstet, aber ohne die Zähne desselben. Derartige Löffel, welche eine Länge von 0,1” und mehr besitzen können, sind ausserdem noch auf einem Kalkringe beweglich eingelenkt, welche ich an der kleineren Form der Pedicellarien nicht bemerken konnte. Unser Ring besteht aus drei aneinanderstossenden, nach oben schwach s0 conischen Stücken. Sie sind so angeordnet, dass sie in ihren drei Vertiefungen immer die Endspitze des Grundthei- les eines Löffels tragen, so dass mithin einem jeden Ring- segment die Unterränder zweier Löffel aufruhen. “Die Stru- ctur des Ringes kommt mit dem der Löffel überein. Wenden wir uns schliesslich zu den Pedieillarien der Asterien. Diese Bildungen, welche bald mit einem kürzeren weichen Stiel, bald ungestielt erscheinen , lassen sich hier in zwei Formen trennen, in zangenförmige mit langen dün- nen Armen (pedicellariae forcipatae) und in klappenartige (p. valvulatae), welche letzteren immer eines Stieles ent- behren. Im Unterschiede von den Echiniden bestehen die Greifwerkzeuge gewöhnlich aus zwei Klappen; Formen der- selben mit drei Klappen kommen nur selten vor. % Ich habe einige Beobachtungen über den feineren Bau unserer Apparate bei Asteracanthion violaceus angestellt. Der weiche Stiel bietet wenig Auffallendes dar. An den beiden Klappen findet man als äusserste Lage eine structur- lose 0,0014 — 0,002‘ dicke Membran, dann die gewöhnli- che Zellenschicht, deren Dicke von 0,014 — 0,024°'’ schwankt. Das Kalkgerüst der Klappen besteht aus zwei konischen, nach innen hohlkehlenartigen Stücken , deren beide Ränder mit feinen Zähnchen besetzt sind. Gegen die Basis hin be- merkt man. .ansehnlichere 0,04 — 0,025‘'- grosse Löcher, weiter nach oben hin viel kleinere bis zu 0,002‘. Nach aussen gegen die beiden hohlkehlenartigen Vertiefungen hin werden diese kleinen Löcher viel seltener, so dass hier eine glashelle, fast compacte Masse des Gerüstes von. einer 0,01‘ messenden Breite vorkommt. Dieser glashelle Strei- fen verschmälert sich gegen die Spitze beträchtlich und hört mit einem Male ganz auf, so dass diese nur longitudinale Kalkstöbe zeigt. Beide Arme der.Pedicellarie sind auf ei- nem schwach gewölbten dicken Basaltheile beweglich ein- gelenkt, welcher aus Kalkstäben und zahlreichen , ziemlich grossen Löchern besteht. Von dem Grundstücke gehen sl Faserbündel an die Zangen, wahrscheinlich die Muskeln derselben. Eine Bildung von Hautkörpern, welche in den früheren Classen so frequent erschienen, nämlich die sogenannten Nesselwerkzeuge, hatte man anfangs bei den Echinodermen nicht bemerkt. Erst vor einigen Jahren glückte es Quatre- fages I), dieselben bei Synapta Duvernaea aufzufinden, ein Vorkommen, welches wahrscheinlich in der Folge auch an anderen Species dieser Gattung constatirt werden dürfte. Sie liegen hier haufenweise in der Haut als kleine runde oder ovale Zellen , welche einen langen, sehr feinen Faden entsenden 2). Es bleiben uns noch die Bedeckungen einer fünften und letzten Ordnung der Echinodermen übrig, welche wir bis- her, da sie weder Kalkkörper noch die verschiedenen Haut- anhänge darbietet, ganz mit Stillschweigen übergangen ha- ben. Es sind dieses die sog. Sipunculiden, Geschöpfe von langer, wurmähnlicher Gestalt und in vielen Punkten ihrer Organisation vom Typus der Stachelhäuter different. Die Bedeckungen des Echiurus (nach den Beobachtun- gen von Quatrefages an Ech. Gaertneri 3)) können indessen mit Leichtigkeit auf die der echten Echinodermen zurückge- führt werden; indem sie die gleiche Duplieität der Schichten darbieten. Man findet eine ziemlich dicke obere Lage, be- stehend aus homogener Grundsubstanz und sehr: zahlreichen Elementarkörnchen. In ihr kommen ausserdem noch zu Gruppen vereinigte kleine, 0,004 messende Körperchen von unbekannter Natur vor. Die zweite Schicht ist die be- ) a. a. 0. Pl. II. fig. 15. 2) Von Siebold (in seiner vergl. Anatomie S. 80) scheint diese Angaben mit einigem Misstrauen anzusehen , indessen wohl mit Unrecht, da die Beschreibungen von Quatrefages allzugenau sind, um einen Irrthum vermuthen zu lassen. 3) Annales des Sciences naturelles. Serie II. Tome VII. p. 307. 6 82 kannte Faserlage, bestehend aus Bündeln sehr feiner Fi- brillen. Diese kreuzen sich in allen Richtungen und bewir- ken durch ihre Anordnung einen Perlmutterglanz. Dagegen kann ich an Weingeistexemplaren von Priapulus und Sipunculus diese Duplicität der Bedeckungen nicht be- merken. Bei ersterem Thiere besteht die Haut am vorderen Theile des Körpers aus einer structurlosen festen Masse, wel- che sich leicht faltet, aber nur mit Mühe an den Rändern in kurze Fasern zerreissen lässt. An den hinteren Theilen ist die Haut viel derber und fester. Sie besteht aus einer An- zahl über einander gelagerter structurloser Lamellen, welche in ziemlich regelmässigen Abständen (etwa 0,0025‘) zu querlaufenden Fasern oder Balken verdickt sind. Ein Zer- fasern dieses Theiles der Haut gelang mir nicht. Die Stru- ctur der verschiedenen hier vorkommenden Höcker, Warzen etc. ist mir nicht deutlich geworden. Bei Sipunculus umhüllt die feine und dünne, aber feste Haut den Körper ganz lose. Sie erscheint von zahlreichen Quer- und Längsfasern durchzogen, welche sich unter rech- tem Winkel kreuzen und Bündeln feiner Fibrillen ihren Ur- sprung verdanken. Letztere sind dunkel, aber ebenso fein, als die des Bindegewebes, und werden in Essigsäure gleich- falls sehr blass. Durch ihre Anordnung erhält die Haut, wie bei Echiurus, einen Perlmutterglanz. Sie entspricht offenbar der zweiten Hautschicht dieses Thieres. Die Haut der Echinodermen erscheint vorzugsweise als ein Schutzorgan der inneren Weichtheile. Um ein solches herzustellen, war einmal eine grössere Mächtigkeit der La- gen und Schichten nothwendig, dann noch eine feste harte Substanz. Zu letzterer wählte die Natur (wie bei den An- thozoen) die vielbesprochenen Kalkkörper, vermöge deren öfter ein vollkommen starres Hautskelet hergestellt wird. Bei diesem Hauptzwecke nach Festigkeit werden denn auch die übrigen Functionen der Bedeckungen theilweise 83 oder gänzlich aufgeopfert. Die Haut ist daher gewöhnlich nicht mehr ein Sinneswerkzeug, und nur da, wo sie ver- hältnissmässig weich bleibt (Synapten, Holothurien, Sipun- euliden), zu Tastwahrnehmungen in verschiedenem Grade geschickt. Ebenso vermag sie sich nicht mehr bei der Re- spiration zu betheiligen. Ob sie als Secretionswerkzeug auftritt, ist mindestens noch zweifelhaft, indem besondere Hautdrüsen bei keiner Echinoderme mit Sicherheit beob- achtet sind }). Den Ausfall dieser Functionen decken nun die verschie- denen Anhänge der Haut. Als Tastwerkzeuge fungiren die weichen Organe, namentlich Tentakeln und Füsschen, als Re- spirationswerkzeuge die Tentakeln und die sogenannten Kie- men. Greifwerkzeuge stellen die Pedicellarien dar. Für die Locomotion dienen namentlich die Stacheln, die Füsschen. Besondere Heftorgane sind vielleicht die Anker und Kalkge- stelle bei Synapten und Holothurien. Ä 4. Würmer, Wohl die meisten neueren Zoologen dürften darüber einig sein, dass die grosse Classe der Würmer weit davon entfernt ist, eine gegliederte, typische Abtheilung der Thier- welt darzustellen und viel eher einer Rumpelkammer gleicht, in welcher die verschiedensten Geschöpfe blos darum Platz gefunden zu haben scheinen, weil man sie anderwärts nicht gut unterbringen konnte. Wir zerlegen desshalb zu einer bequemeren Behandlung unseres Gegenstandes vorliegende Classe in fünf Abtheilun- gen, nämlich in die Bryozoen, die Rotatorien mit den Tar- digraden, die Turbellarien, die Helminthen und die Anne- ) Als Ernährungsorgan tritt die Haut wahrscheinlich bei den frei umherschwimmenden, infusorienartigen Embryonen der Stachel- häuter auf. 6* 84 liden, ohne jedoch zu glauben, unsere Eintheilung sei etwas mehr als eine provisorische, als ein Nothbehelf in der ge- genwärtigen Verlegenheit der Systematik wirbelloser Thiere. a. Bryozoen. Die Bryozoen wurden bekanntlich bis zu einer nicht lange verflossenen Zeit für Polypen gehalten und mit den Anthozoen untermischt abgehandelt. Gleich diesen haben sie fast immer die Eigenschaft, in Colonien vereinigt zu le- ben und häufig nicht unansehnliche und feste Thierstöcke zu bilden. Bei der Kleinheit der Thiere konnte es kein Wunder nehmen, wenn dieses eine auffallende Merkmal zur Stellung genügte. Sobald man jedoch anfıng, mit dem Mi- eroscop den feineren Bau unserer Thiere zu studiren, musste die grosse Unähnlichkeit zwischen ihnen und den Anthozoen sich bemerkbar machen, da die inneren Organe ganz andere Verhältnisse darbieten. So haben sie denn auch gewiss mit vollem Rechte Ehrenberg und Milne Edwards von den eigentlichen Polypen abgetrennt. Bei den Bryozoen kehrt derselbe Irrthum wieder, wel-. chen wir oben bei den Polypen gerügt haben , der Irrthum von einer todten, durch das Thier abgesonderten Zelle, ob- gleich auch hier schon vor Jahren Milne Edwards !) scharf- sinnig und gründlich das wahre Verhältniss dieses Gehäuses zum Körper kennen gelehrt hat. Am besten thun wir, auch hier wiederum von einfa- cheren Verhältnissen auszugehen. Betrachten wir zuerst die Haut der Gattung Bowerban- kia, welches Thier Farre 2) so meisterlich untersucht hat und ich ebenfalls im lebenden Zustande zu beobachten Ge- legenheit halte. !) Annales des Sciences naturelles. Serie II. Tome VI. (Untersu- chungen über die Gattung Eschara). 2) Philosoph. Transact. for the year 1837. 85 Die Haut des Thieres stellt an den unteren Partieen des Körpers bis gegen das obere Drittheil hin eine fast unbe- wegliche hornige Masse dar, auf welche ein oberer beweg- licher, mit Borsten gekrönter Theil folgt. Letzterer setzt sich fort in eine dünne und zarte Membran, welche sich an die Mundscheibe unterhalb der Tentakel anschliesst und beim Zurückziehen wie eine Scheide die Fühler umgibt. Der untere, sowohl der immobile als bewegliche, hornige Theil erscheint unter dem Microscop als eine ziemlich dicke, schwach gelbliche Haut, welche vollkommen homogen ist und fast nirgends in Fasern zerlegt werden kann. Nur an Schnittflächen scheint bisweilen künstlich etwas dieser Art zu entstehen. Die vordere Partie der Haut ist ganz dünne und durchaus wasserklar und gleich der tieferen, ohne alle Spuren eingelagerter Elementarkörnchen. Nach diesen Angaben wird der Körper der Bowerban- kia von einer structurlosen Haut gebildet, welche an den verschiedenen Zellen ganz verschiedene Dicke und Festigkeit besitzt, unten hart und immobil, in der Mitte beweglicher ist und dann mit einem Male ganz dünne und fein wird und so die vorderen Theile des Körpers überkleidet. Die Thierzelle ist mithin nichts anders, als der verhärtete untere Theil des Körpers, in welchen sich der obere durch beson- dere Muskeln einzustülpen vermag, und das Verhältniss ist im Wesentlichen ganz wie bei den Anthozoen beschaffen. Die feine Structur weicht dagegen ab; die beiden Lamellen der Haut sind hier nicht vorhanden. Farre spricht dagegen dem unteren harten Theile die Bedeutung einer Zelle zu, indem nach seinen Beobachtun- gen derselbe noch von einer feinen zarten Haut, welche die Fortsetzung der oberen weichen Körperhaut sein soll, ausgekleidet wird. Sollte eine solche Membran wirklich hier vorkommen, was sehr wahrscheinlich ist und ich lei- der bei früheren Untersuchungen zu constaliren versäumle, so hätte man in ihr eine Auskleidung der Leibeshöhle zu 86 erblicken und nicht die äussere Haut. Dass diese der hor- nige Theil ist, dafür spricht der unmittelbare Uebergang der oberen weichen Körperhaut in den letzteren. Was dieser isolirte und nur durch hornige Basalausläu- fer mit anderen verbundene Polyp uns hinsichtlich der Be- deckungen zeigte, dasselbe finden wir auch im Wesentlichen bei den anderen Bryozoen wieder, auch bei den zu Stöcken verbundenen Gattungen. | Hier verdienen zuerst Milne Edwards schöne Untersu- chungen der Eschara eine Erwähnung. Der ganze Stock besteht aus dicht neben einander stehenden verkalkten Zellen, welche an ihrer Wölbung eine Oefinung besitzen, die durch ein Deckelchen verschlossen werden kann. Bei microscopischer Beobachtung bemerkt man den Kalk gebun- den an die organische Grundlage der Zelle, gerade so, wie bei den Madreporinen unter den Anthozoen. Nach Behand- lung mit Säure behielt Milne Edwards eine Haut zurück, welche an ihrer Aussenfläche mit zahlreichen, senkrecht stehenden Fäden oder Prismen besetzt war und daher wie filzig erschien. Das Deckelchen stellt einen Vorsprung oder eine Falte dieser Haut dar, welcher ebenfalls indurirt und nur an der Basis zur Bildung eines Charnieres weich bleibt. > Die Zelle ist an ihrer Aussenwand von einer grossen Anzahl sehr feiner Löcher oder Poren durchbohrt. Von ihr entspringt eine dünne weiche Haut, welche sich an die Fühlerkrone anlegt und bei der Retraction des Thieres die- selbe Fühlerscheide bildet, wie bei Bowerbankia. Der ganze Unterschied von letzterem Thiere beruht, ab- gesehen von Differenzen der Form, darin, dass bei Eschara im unteren Theile der Haut eine Verkalkung eingetreten ist und eine Hautfalte ein Deckelchen bildet !), Solche Thiere ') Milne Edwards hat beobachtet, dass die Zellen nach ihrem Alter hinsichtlich der Wölbung variiren. Wie dieses gleich der Knos- 87 dicht neben einander gelagert, aber dabei vollkommen iso- lirt, bilden den Bryozoenstock. Bei Halodactylus diaphanus bestanden die Polypenzel- len aus structurlosen , sehr feinen und geschichteten Mem- branen, von einem schwach gelblichen Colorit. Diese er- schienen vollkommen wasserklar, und nur an den Schnitt- flächen bemerkte man Andeutungen einer feinen Faserung. Das Ganze erinnert an die einfachen Formen des Chitinskelets der Arthropoden. Kohlensaurer Kalk ist hier wohl nur in geringer Menge vorhanden, da bei Anwendung von Säuren unter dem Microscop kein merkliches Aufbrausen entsteht. Bei Flustra foliacea beobachtet man dieselbe gelblich tingirte Haut. Sie enthält jedoch hier chemisch gebunden zahlreiche Kalkmassen und erscheint desshalb bei Druck brüchig und mit dunklen Rändern. Nach der Behandlung mit Salzsäure wird sie unter starkem Aufbrausen heller und biegsam, so dass sie sich leicht faltet. Bei Cellularia avicularis trifft man an den Zellen des Stockes ebenfalls eine vollkommen structurlose Substanz an. Sie hat eine gewisse Härte und Sprödigkeit, bricht daher bei Druck stellenweise wie das Gehäuse einer Schnecke in unregelmässige tafelartige Fragmente mit dunklen zackigen Rändern. Die Haare, welche an den Polypenzellen vorkom- men, erinnern vollkommen an die des Chitinskelets, sind hohl, mit einer doppelten, etwa 0,0012‘ messenden Con- tour. Bei Application von Säuren entsteht ein lebhaftes Auf- brausen, das Gewebe der Zellen wird viel heller, die Haare verlieren ihre doppelte Begrenzung und verwandeln sich zu sehr zarthäutigen, ganz blassen Gebilden. Bei Crisia eburnea hat der Thierstock ein weissliches Ansehen und eine nicht unbeträchtliche Festigkeit. Die Zel- len bestehen aus einer derben, dunkelgeränderten, stark penbildung bei einer indurirten Haut, nicht aber einer secernirten todten Zelle, möglich ist, bedarf wohl keiner weiteren Bemerkung. 88 verkalkten Substanz. Sie wird von feinen Längslinien durch- zogen, welche der optische Ausdruck von 0,004 — 0,005‘ dicken Balken sind. So gebildete Membranen liegen ge- schichtet übereinander und werden durchsetzt von einer grossen Anzahl rundlicher und ovaler Löcher, deren Grösse 0,004 — 0,006°' ‚beträgt. Die Menge der Löcher ist nicht überall gleich stark. Da wo sie am gedrängtesten vorkom- men, stehen sie in Abständen von 0,01. Durch Säuren lässt sich diese gefenstert erscheinende Haut von ihrem Kalke befreien und bildet dann ein homogenes, mit zahlreichen Elementarkörnchen versehenes Gewebe. Die Löcher dersel- ben sind jetzt nur noch undeutlich und mit Mühe wahrzu- nehmen. Als einen auffallenden Umstand hebe ich noch hervor, dass bei unserer Crisia nach Extraction der Kalksalze zwi- schen den einzelnen Polypenzellen des Stockes dicke und starke polyedrische Ringe, zwischen 0,014 — 0,04'' hoch, gebildet aus einer ganz homogenen braunen Masse zum Vor- schein kommen. Ihre Bedeutung ist mir ganz unklar ge- blieben. Die höchst sonderbaren beweglichen, vogelkopfähn- lichen Organe!) der Cellularia avicularis stehen äusserlich an der Basis der Zellen. Man bemerkt ein rundliches, be- weglich eingelenktes Grundstück, bestehend aus einer glas- artig verkalkten Masse. Auf letzterem ist gelegen ein zwei- klappiger Zangenapparat , welcher sich einem Vogelkopfe oder der Scheere eines Krebses vergleichen lässt, mit dem Basalstück einerlei Structur theilt, und aus einem grösseren unbeweglichen und einem kleineren mobilen Theile besteht. Aus’ der Höhle des ersteren setzt sich an die bewegliche Klappe ein Muskel an, durch welchen die Zange geschlossen ') Ueber diese Organe der Bryozoen vergl. man v. Nordmann’s observations sur la faune Pontique 1840 und Krohn in Froriep’s neuen Notizen. N. 533. 89 werden kann. Die zur Bewegung des Basalstückes dienen- den Muskeln sind nicht gekannt. Was stellen diese sonderbaren Werkzeuge, welche auch noch einigen anderen Bryozoen unter verschiedenen Formen zukommen, dar? Wenn man ihre bald klappenden, bald hin und her wiegenden Bewegungen unter dem Microscop betrachtet, so wird man unwillkührlich an die Pedicellarien der Echinodermen, namentlich diejenigen mancher Asterien erinnert, und versucht, in ihnen ähnliche Greifapparate zu erblicken, wenngleich die Stellung derselben wenig passend erscheint. Mit den ‚Pedicellarien theilen sie noch überdies die Eigenschaft, dass ihre Bewegungen einige Zeit nach dem Abtrennen vom Thiere anhalten. b. Rotatorien und Tardigraden. Die, Räderthiere, welche Ehrenberg den Infusorien zu- rechnete, unterscheiden sich von diesen durch eine weit höhere Organisation. Sie sind deshalb von diesen abgetrennt worden. Man rechnet sie jetzt gewöhnlich zur Glasse der Würmer und auch gewiss mit Recht. Eine Meinung von Burmeister, nach welcher sie den Crustaceen zugezählt wer- den müssten, scheitert an manchen Punkten der inneren Organisation, ebenso an der chemischen Beschaffenheit der Integumente. Die Haut der Räderthiere besteht aus einer einfachen, structurlosen, ungeschichteten Membran, deren Dicke bei den einzelnen Gattungen wechselt, im Allgemeinen jedoch nicht unbeträchtlich, verglichen mit der Grösse der Thiere, erscheint. Nur an dem vorderen Kopfende bleiben die Be- deckungen weich und zart, an den übrigen Theilen sind sie ziemlich hart und fest, bisweilen zu einer Art von Haut- skelet erstarrt, namentlich an den mittleren Partieen des Körpers, welche zu einem förmlichen Rückenschild verwan- delt sind (z. B. bei Brachionus), der an die Schalen man- cher Entomostraken erinnert. Die Haut zeigt uns durch 90 Bildung ringartiger Abtheilungen häufig die Spnren einer Gliederung, sei es nun am ganzen Körper (z. B. bei Rotifer) oder bloss am hinteren Ende (Megalotrocha , Lacinularia). Ob bei allen Räderthieren die Haut vollkommen structurlos bleibt, steht noch anhbin. Nach den Abbildungen, welche Ehrenberg in seinem berühmten Werke von Noteus und Anuraea gibt, scheint die Haut dieser Thiere aus verbunde- nen Zellen zu bestehen. Auch bei den Tardigraden scheint dieselbe structurlose feste Membran die Haut des Thieres darzustellen. So beob- achtete ich es wenigstens mit Sicherheit bei Macrobiotus Hufelandi. Als Anhänge der Haut bei vorliegender Gruppe sind die starken Borsten und Stacheln zu erwähnen, welche bald über den ganzen Körper (Philodina aculeata und Chaetono- tus), bald nur an einzelnen Stellen desselben (Emydium) vorkommen. Wimperapparate sind an dem Kopfende der Thiere eine ganz gewöhnliche Erscheinung. Hierher gehören die bekann- ten, vielfach untersuchten Räderorgane, einstülpbare Appa- rate von verschiedener Gestalt, welche mit grossen, der Willkühr der Thiere unterworfenen Wimpern besetzt sind. Interessant ist es, dass nach dem Urtheile neuerer Beob- achter, Rymer Jones !) und Dujardin 2) gegen die frühere Ehrenberg’sche Meinung durchaus kein Muskelapparat be- stimmt zur Bewegung der Haare vorkommt. Von Interesse ist die Anordnung der Wimperapparate bei Stephanocerus. Hier kommen ganz nach Art der Bryozoen Fangarme vor, welche die langen Flimmerhaare tragen. Einzelne Gattungen der Räderthiere sitzen fest und wer- den von Zellen umschlossen, welche hier dasjenige darstel- len, was sie bei den Polypen nach früherer Meinung sein !). Comparative Anatomy. ?) Histoire naturelle des Zoophytes Infusoires. gl sollten, Secrete des Körpers. So kommen derartige gelati- nöse durchsichtige Massen , welche mehrere Thiere zu glei- cher Zeit umschliessen, vor bei Lacinularia, während bei anderen Gattungen die Thiere in isolirten Röhren stecken, z.B. bei Megalotrocha, Floscularia, Stephanoceros. Dasselbe ist der Fall mit den Röhren der Melicerta. Diese bestehen aber nicht aus einer durchsichtigen, sondern einer vollkom- men opaken dunkelbraunen Substanz, welche sich in etwas eckige zellenartige Körperchen zerlegen lässt. Die Natur dieser Bildungen ist nicht bekannt. Ich habe leider vor ei- nigen Jahren, wo mir das Thier häufig in die Hände kam, versäumt, diese Lücke auszufüllen. Seit dieser Zeit konnte ich es aller Mühe ungeachtet nicht mehr auftreiben. - Die Absonderung dieser Zellensubstanzen scheint bei den Rotife- ren durch die Kloakenöffnung zu geschehen. Die Entwicklung der Haut scheint nach einigen Unter- suchungen , welche ich vor längerer Zeit über die Entwick- lung von Rotifer und Philodina angestellt, aus den Kernen der Furchungskugeln, vielleicht auch aus den letzteren selbst, auf dem Wege der Verschmelzung stattzufinden. Die chemische Beschaffenheit der Haut ist unbekannt. Vermuthlich kommt hier eine Proteinverbindung vor. Chitin wird mit Sicherheit nicht angetroffen, indem sich die Be- deekungen von Rotifer in Kali lösen, ein wichtiges Argu- ment gegen die Meinung Burmeisters. c. Turbellarien. In einer ganz anderen Structur treten die Integumente der Turbellarien auf. Die Haut der Planarien hat besonders sorgfältig Quatre- fages untersucht. Bei Eolidiceros Brocchii !) ist nach ihm der Bau folgender. Die sehr zarten Flimmercilien, welche bei allen Planarien den ganzen Körper überkleiden, verdanken !) Annales des Sciences nat. Serie III. Tom. IV. S. 145. 92 ihren Ursprung einer ganz homogenen Schicht, deren Dicke kaum messbar ist. ‘Neben den Flimmerhärchen: trifft man bei den Planarien grössere steife Borstenhaare, welche sich nicht bewegen. Sie halten besonders die Ränder des Kör- pers , namentlich an dessen vorderem Theile ein. So beob- achtete Quatrefages es bei Prosthiostomum arctum und bei der Gattung Eolidiceros, welche letztere auch an den Rü- ckenanhängen solche Borsten trägt. Unter dieser homogenen Membran erscheinen, nament- lich deutlich an den Rückenanhängen des Eolidiceros Broc- chii, geschichtete Zellenlagen. Die obersten Zellen sind länglich, an Grösse unter einander ziemlich gleich, 0,018‘ lang, 0,007° breit, die Zellenmembran ist ziemlich stark, beinahe 0,001‘ dick. Der Inhalt der Zellen ist bald farblos, bald von einem gelblichen oder blass. carminrothen Colorit. Aus der Mischung. dieser Zellen rührt die Färbung des Thie- res her, welche sich freilich oftmals weit von diesen Farben entfernt. Ueber die Entstehung dieser obersten. ungeschichteten Zellen geben uns die tieferen Lagen einen schönen Auf- schluss. Schon in der zunächst folgenden werden die Zel- len niedriger, ohne jedoch an Breite merklich einzubüssen, so dass sie mithin sphärisch erscheinen. Die pigmentirten Zellen sind hier schon sparsamer vorhanden. In der näch- sten Schicht stösst man auf ein undeutlich körniges Wesen, wahrscheinlich entstehende Zellen, unter welchen farbige nur hier und da getroffen werden. Als unterste Lamelle be- merkt man eine farblose glashelle Membran ohne alle Spur von Elementarkörnchen. Von Quatrefages wird ihr, aber gewiss mit Unrecht, eine musculöse Natur zugeschrieben. Die grosse Zartheit dieser ganzen Bildung erklärt es, warum bei anderen Thieren aus der Gattung Planaria und Polycelis dieselbe Structur nicht zu beobachten ist. Einen ähnlichen Bau der Integumente zeigen auch die Nemertinen. Alle diese Geschöpfe sind, wie schon Oer- 93 stedt !) richtig angab, später aber v. Sieböld 2) bezweifelte, an ihrer Körperfläche von Flimmerhärchen bedeckt 3). Ein ganz feines, wasserhelles , oberflächliches Häutchen traf Quatrefages an den Bedeckungen von Borlasia Angliae. Darunter erscheint wohl bei allen Planarien eine viel der- bere Schicht, bestehend aus übereinander gebetteten, bald wasserklaren, bald gekernten und granulirten Zellen, wel- che in den tieferen Partieen bei Borlasia rufa der Sitz der Pigmente sind. | Für Borlasia Angliae hat uns Quatrefages eine genaue Beschreibung der Anordnung dieser Zellen geliefert. Nach ihm liegen oberflächlich mehrere Lagen runder oder ovaler, ganz wasserheller Zellen in ziemlichen Abstän- den von einander eingebettet in eine homogene Grundmasse. Dann kommen tiefere Lagen, wo die Zellen mehr verlängert erscheinen und senkrecht neben einander stehen, nur durch geringe Mengen von Grundsubstanz getrennt. Im Uebrigen ist die Form dieser Zellen eine ziemlich irreguläre, wie man namentlich bei Seitenansichten bemerkt. Als unterste Lage kommt bei demselben Thiere eine Faserschicht vor, mit ge- nauem Verlaufe der Fibrillen. Bei den Nemertinengattungen Borlasia und Tetrastemma erscheinen in der Haut eingebettet zahlreiche kleine Schleim- drüschen von flaschenförmiger Gestalt, welche mit einem verengten kurzen Hals ausmünden. In ihnen findet man eine körnige Masse. Bei den Planarien stösst man ganz constant auf Nes- selorgane, welche allen Nemertinen fehlen dürften. Bis- weilen erinnern diese Organe, die häufig etwas aus den !) Entwurf einer systematischen Eintheilung und speciellen Be- schreibung der Plattwürmer. Kopenhagen 1844. 2) Vergl. Anatomie S. 188. 3) Vergl. Quatrefages in den Annal. des Sciences nat. Serie II. Tome VI. S. 229. und die Beiträge von Frey und Leuckart S. 71. 94 Bedeckungen hervorragen , an die früher beschriebenen An- gelorgane,, so bei Microstomum lineare, bisweilen sind sie von ansehnlicher Grösse, so bei Leptoplana, häufiger er- scheinen sie klein, so bei CGonvoluta und Polycelis }). Von grossem Interesse ist die Beobachtung v. Siebold’s, dass die Nesselkapseln früher in Zellen eingeschlossen an- getroffen werden und zwar mehrere zusammen von einer Zelle. Es liegen in einer solchen sechs bis acht dieser Or- gane bald gerade neben einander, bald etwas spiralförmig gebogen. d. Helminthen. Die Gruppe der Helminthen ist gewiss eine unnatürliche und in der Folge aufzuhebende. Da indessen in der jetzi- gen Zeit ein haltbarer Versuch zur Trennung noch kaum gemacht werden kann, so sehen wir uns zum Behufe un- serer Betrachtung genöthigt, diese heterogenen Geschöpfe beisammen zu lassen und stossen demgemäss auch auf sehr heterogene Integumente. Bei den Nematoideen mit Einschluss der Gordiaceen scheint die Haut ganz constant aus zwei verschiedenen La- gen zu bestehen, einer oberen feineren und einer unteren von grösserer Dicke und Festigkeit. Die oberflächlichste dieser Lagen, welche den Körper nach aussen abgrenzt und niemals von weiteren Gewebe- theilen bedeckt erscheint, wollen wir mit dem Namen der Epidermis benennen, ohne hiermit die Epidermis der Wir- belthiere in irgend eine Verbindung zu bringen. Ihre Structur erscheint bei den einzelnen Fadenwür- mern ausserordentlich wechselnd. Bei einigen dieser Thiere ist sie ein ganz feines, vollkommen structurloses Häutchen. I) Vergl. hierüber von Siebold a. a. 0. S. 162. Wagner's Zooto- mie, II. S. 271. und Quatrefages |. c. 95 So fand sie Dujardin !) bei Mermis nigrescens. Ihre Dicke blieb hier unter 0,001’. Ebenfalls vollkommen wasserklar und ohne alle Andeutung einer weiteren Zusammensetzung traf ich sie bei Ascaris nigrovenosa, wo sie ganz lose den Körper umhüllt und in verschiedene feine Spitzen und Sta- cheln ausläuft. Für Falten, wie v. Siebold meint 2), kann ich diese an den Rändern vorkommenden Bildungen nicht erklären, zweifle indessen nicht daran, dass bei anderen Würmern eine derartige gefaltete Epidermis vorkommen mag. Eine ganz andere Oberhaut wurde bei Gordius aquaticus beobachtet. Hier traf sie v. Siebold 3), und wahrscheinlich auch schon früher Berthold, aus polyedrischen gekernten Zellen zusammengesetzt. Viel häufiger fand ich eine dritte Structur der Epider- mis. Am deutlichsten erscheint sie bei Ascaris lumbricoi- des. Man trifft hier nämlich mehrere übereinander gelagerte sehr feine Lamellen, welche in gleich breite ringartige Bal- ken oder Bänder zerfallen. Die Breite derselben misst an allen Stellen des Körpers 0,006’. Die Ränder dieser Bal- ken berühren sich nicht vollkommen, sondern lassen einen sehr feinen Zwischenraum übrig, welchen man bei unge- nauer Einstellung des Focus für eine Faser nehmen könnte. Die Betrachtung der Schnittflächen weist jedoch eine derar- tige Annahme augenblicklich zurück. Die Balken erscheinen nicht vollkommen structurlos, sondern werden von äusserst zarten senkrechten Linien und Strichelchen durchzogen. Weniger ausgebildet, aber doch hinreichend deutlich traf ich dieselbe Formation bei Ascaris triquetra. In der geschichteten Oberhaut liegen ähnliche Bänder, deren Breite dieselbe, wie beim vorigen Thiere ist. '!) Annal. des Scienc. nat. Serie I. Tome XVII. p. 136. 2) Vergl. Anat. S. 114. Anmerkung 2. ?) Müller’s Archiv 1843. S. XLVI. 96 Dagegen sind sie viel zarter und schmaler bei Ascaris osculata. Sie messen hier bei einem Exemplare 0,0025°'', bei einem zweiten sogar nur 0,0012’ !, ‘Wenn ich mich nicht irre, so sind dieselben Bildungen freilich äusserst zart auch bei Strongylus alatus vorhanden, gewissermassen in der Hervorbildung aus der homogenen Grundmasse begriffen. Die zweite Lage der Bedeckungen bei den Fadenwür- mern, welche den Namen eines Corium erhalten mag, ist eine Faserhaut, ähnlich wie wir sie bei den Sipunculiden trafen und wie sie bei den Arthropoden in grosser Verbrei- tung vorkommt. Sie zeigt jedoch bei den einzelnen Thieren beträchtliche Differenzen, was Zahl und Stärke der Fasern, sowie deren Anordnung betrifft. Bei Ascaris nigrovenosa ist die homogene Grundmasse in den geschichteten Lamellen noch sehr vorwiegend. Die Fasern erscheinen sehr fein und verlaufen in ziemlich an- sehnlichen und regelmässigen Abständen. Einigemal glaubte ich noch äusserst feine, viel dichter stehende senkrechte Fibrillen wahrzunehmen. Bei Ascaris osculata ist dagegen das 0,002° dicke Corium fast ganz in Fasern zerfallen und die Grundmasse nur spärlich vorhanden. Erstere sind ziemlich fein und er- scheinen hart und spröde. Dieser Verlauf ist ebenfalls ein transversaler. Mit diesem Corium kommt das des Strongylus alatus überein. Ungemein zierlich erscheint diese Haut in den Bedeckun- gen von Ascaris lumbricoides, ebenso auch bei Ascaris tri- quetra. Die zahlreichen Lamellen sind ganz in blasse, steife Fasern zerfallen, deren Durchmesser 0,0012 — 0,001‘ be- trägt. Sie weichen stellenweise etwas auseinander und bil- den auf diesem Wege spaltförmige schmale Zwischenräume. !) Diese Differenz ist auffallend, da ich bei mehreren Exemplaren der Ascaris lumbricoides die Balken ganz gleichmässig 0,006’ breit bemerkte. 97 Der Verlauf der Fasern ist ein schiefer, doch so, dass in einem Theil der Lamellen alle Fasern schief aufsteigen, in andern schief absteigen. Es entsteht somit eine Durchkreu- zung der Fasern eigenthümlicher Art, wobei die eben er- wähnten Spalten sehr zierliche kleine Rechtecke bilden. Aehnliche Faserverläufe zeigt nach den Beobachtungen von Dujardin das Corium bei Gordius und Mermis. Doch ist nach seinen Abbildungen !) zu schliessen, die Durchkreu- zung eine mehr rechtwinklige als bei unseren beiden Asca- riden 2). Unter den anderen Eingeweidewürmern habe ich einige Beobachtungen an Trematoden angestellt. Bei Pentastomum taenioides besteht die Haut nur aus einer einfachen Membran. Diese wird selbst wieder aus mehreren sehr dünnen und blassen Lamellen gebildet, wel- che fast ganz structurlos erscheinen und nur an den Schnitt- rändern Spuren einer zarten und feinen Faserung darbieten. Unter dieser Lage, wahrscheinlich jedoch nicht mehr als ei- nen Theil der Integumente, traf ich eine Lage grosser grob- körniger Zellen mit rundlichen glatten Kernen und bläschen- ‘förmigen Kernkörperchen. Bei Distoma hepaticum findet sich eine oberflächliche, fast siructurlose Haut und darunter eine zweite, viel stär- kere Schicht, bestehend aus nicht unansebnlichen Längs- und Querfasern, welche sich in rechten Winkeln durchkreu- zen. Hier ist also dieselbe Duplicität der Lagen, wie bei den Fadenwürmern vorhanden. Bei den Cestoden dagegen scheint nach Beobachtungen an Taenia und Botriocephalus die feine, aber doch ver- hältnissmässig feste Haut nur in einfacher Lage vorzukom- men. Sie zeigt eine homogene Grundlage, in welcher sehr Der303.50., PL..VI. ?) Ein faseriges Corium gibt von Siebold ebenfalls für Ascaris mystax und microcephala an. RR: feine und steife Fasern eingebettet liegen, welche mitten im Gewebe als Striche erscheinen, an Schnittflächen dage- gen frei und deutlich zu Tage treten. Unter den Acanthocephalen habe ich die Bedeckungen von Echinorhynchus versicolor untersucht. Die Oberhaut ist eine ziemlich dicke und feste Membran, durch äusserst feine Elementarkörnchen wie gewölkt erscheinend und mit zahl- reichen , rückwärts gerichteten , vollkommen homogenen, bald farblosen, bald bräunlichen Stacheln besetzt, wodurch sie eine grosse Aehnlichkeit mit einer Chitinmembran erhält. Darunter folgen Schichten breiter bandförmiger Rings- und Längsfasern, welche, wenn sie vielleicht nicht muskulöser Natur sind, das Corium darstellen würden. Auch bei Echi- norhynchus acus erscheint, abgesehen von Differenzen der stacheligen Bewaffnung, der nämliche Bau. Die Oberhaut zeichnet sich hier durch eine weit ansehnlichere Dicke (0,002 — 0,003‘) aus. Was endlich die merkwürdigen Blasenwürmer betrifft, welche nach neueren Untersuchungen !) sich immer mehr als hydropisch degenerirte Bandwürmer herausstellen, so gelang es mir bei Cysticercus elongatus, ganz denselben Bau der Integumente wahrzunehmen, wie er oben für die Gestoden beschrieben wurde, eine feine Haut, durchsetzt von .recht- winklig gekreuzten, feinen und steifen Fasern. Dagegen besteht die Mutterblase der Echinococcen aus zahlreichen, über einander gebetteten Schichten einer voll- kommen structurlosen, hyalinen Haut, welche sich nicht durch das anatomische Messer in Fasern zerlegen lässt 2). '!) Man vergl. hierüber besonders Dujardin (Histoire naturelle des Helminthes. Paris 1545. S. 544 u. 633 , sowie den Artikel Parasiten, von Siebold (S. 676) im zweiten Bande des physiol. Handwörterbuches. Einen Beitrag hat neuerdings auch Leuckart geliefert. S. Wiegmann’s Archiv. 1848. I. S. 7. ?) Wie bereits Vogel (pathol. Anatomie S. 434 und dessen lco- nes patholog. Tab. II fig 11. A.) angab. A ne Pet a 99 Hiermit ist allerdings eine sehr beträchtliche Differenz zwi- schen ibr und der Haut der Cestoden gegeben. Die Mutter- blase des Echinococcus scheint eine durch Auflagerung neuer Schichten sehr stark verdichtete Haut darzustellen, bei welcher die ursprünglichen Integumente des Bandwur- mes wahrscheinlich ganz zu Grunde gegangen sind. Die Haut der Helminthen scheint in Uebereinstimmung mit den meisten anderen Würmern von einer ganz eigen- thümlichen Substanz gebildet zu werden. Auf den ersten Blick fällt dieselbe durch ihre Schwerlöslichkeit und theil- weise Unlöslichkeit in kaustischem Kalı auf. Durch Kochen derselben mit Wasser erhielt Dr. Frerichs !) weder Leim, noch mit Salzsäure die bekannte Reaction auf Proteinverbin- dungen. Es wäre von höchstem Interesse, diese Substanz genauer zu studiren. Leider widersetzt sich ihr bedeutender Gehalt an anorganischen Salzen einer Elementaranalyse, zu welcher sonst Echinococceus leicht zu benutzen wäre. Die Mutterblasen des Echinococcus enthalten nach der Bestimmung des obengenannten Chemikers in 100 Theilen getrockneter Masse 28 Theile Asche, in welcher die Salze sich in folgendem Verhältnisse vorfinden. Chlornatrium . . . .. . Phosphorsaures Natron } .... 2,73 Schwefelsaures Natron Kohlensaurer Kalk .. . .... 2,97 Erdphosphate ..... Bram 22;30 Dass manche Acephalocysten ebenfalls degenerirte Gestoden darstellen, dieses lässt sich mit Sicherheit durch ihre Hüllen ermitteln. Da wo sich nur eine einzige Kapsel von leimgebendem Gewebe, von Bindegewebelasern vorfin- ') Wiegmann’s Archiv a. a. 0. S. 24. Hiermit sind jedoch die Angaben anderer Forscher in Widerspruch , so Vogel (a. a. O.) und Scherer (vergl. die Dissertation von Thiel, de Echinococco. Wirceh 1844), welche die Reactionen der Proteinverbindungen erhielten. 100 den, darf über die Natur solcher Bildungen kein Zweifel herrschen. Anders dagegen, wo innerhalb jener noch eine glashelle lamellöse Membran gelegen ist, mit Reactionen ei- genthümlicher Art. Hier wird man gewiss mit dem grössten . Rechte einen hydropisch degenerirten Bandwurm sehen dür- fen. Ein derartiges Beispiel wurde letzter Tage auf dem Göttinger physiologischen Institute an der Leber eines Schwei- nes beobachtet. Es fanden sich Cysten in ungeheuerer Menge, in ihnen Blasen der verschiedensten Grösse mit Wandungen von glashellen feinen Lamellen. Im Innern der Blasen erschien auch bei der angestrengtesten Untersu- chung sehr zahlreicher Exemplare nichts, was an einen Bandwurm hätte erinnern können, weder Kalkkörper noch Häckchen der Hakenkränze. Flimmereilien , welche bei den früheren Ordnungen der Würmer häufig waren, fehlen den ausgebildeten reifen Hel- minthen gänzlich und kommen nur noch selten bei deren Embryonen vor. Die Haut der Eingeweidewürmer bleibt überall weich, so dass von einem eigentlichen Hautskelet nicht die Rede sein kann. Dagegen darf als Analogon eines solchen wohl der Umstand betrachtet werden, dass bei zwei Ordnungen der Helminthen, den Band- und Blasenwürmern, die mehr äusserlichen Partieen der Körpermasse eine Einlagerung von Kalkkörpern erhalten, welche an die der Anthozoen erin- nern. Die Gestalt dieser Körper !) ist eine rundliche, ovale oder mehr scheibenförmige. Ihr Aussehen ist zwar bei den einzelnen Helminthen ein verschiedenes,, denen der Polypen ähnliches, jedoch lange nicht so constantes, als es diese Thiere darbieten. Man trifft scharfe dunkle Randcontouren '!) Ich verweise hier besonders auf v. Siebold’s vergl. Anatomie, S. 114, welcher mehrere Angaben entnommen sind. 101 und viel häufiger ein deutlich concentrisches Gefüge, so dass solche Körper nicht selten scheinbar mit einem Kerne versehen sind. Es lassen sich oftmals mit Deutlichkeit mehrere solcher concentrischen Lamellen unterscheiden. Von Siebold sah bei den vorwiegend scheibenartigen Kalkkör- pern von Cyslicercus cellulosae und pisiformis häufig vier bis sechs derartiger Schichten einen scheinbaren Kern um- geben, bisweilen sogar auch zwei derartiger Kerne in einem einzigen Kalkkörper vorhanden. Eine rundliche oder ovale Form ist die ungleich häu- figere. So z.B. bei der Gattung Botriocephalus. Bei Botrio- cephalus latus fand Eschricht !) die Kalkkörper von unregel- mässig rundlicher Gestalt, flachgedrückt, einen Theil von ovalem Aussehen. Die Grösse dieser Körper betrug in der Länge 0,0075 — 0,0012’, in der Breite 0,007 — 0,001. Concentrischer Linien zeigten manche zwei bis drei, die grössere Mehrzahl zeigte einen inneren Kreis, so dass Eschricht hierin den Ausdruck eines inneren kernartigen Gebildes erblickte und desshalb die Kalkkörper mit dem Namen der Kernkörner belegte. Bei B. punctatus schien ein solcher Kern in der Regel zu fehlen. Die Grösse der ebenfalls irregulären, doch mehr ovalen Körper betrug bei diesem Thiere im breiten Durchmesser 0,006 — 0,001°, in der Länge 0,0075 — 0,0012‘, war mithin ungefähr dieselbe, wie beim vorigen Thiere. Bei Taenia solium sind die Kalk- körper nach meinen Beobachtungen ganz irregulär. Die Form ist bald eine runde, bald eine ovale, bald eine eckige. Die Grösse wechselt im Längendurchmesser von 0,001’ durch 0,006 und 0,004 bis zu 0,01’. Eine concentrische Zusammenselzung ist hier nicht häufig zu erkennen. Bei Taenia cucumerina differiren die ähnlich aussehenden Kör- per von 0,001‘ bis zu 0,004'. ') Vergl. dessen wichtigen Aufsatz in den Nov. Act. Leopold. Vol. XIX. Suppl. II. 102 Die Menge der Kalkkörper ist bei den einzelnen Hel- minthen eine sehr verschiedene Bei den Bandwürmern, z. B. Botriocephalus und Taenia, liegen sie sehr vereinzelt, durch weite Zwischenräume von einander getrennt, in der Körpermasse. Bei den Blasenwürmern sind sie nur bei Echinococcus in gleicher Weise angeordnet. Bei Cysticereus und Coenurus dagegen liegen sie ungemein dicht neben einander und bilden hier eine nicht unansehnliche dicke Lage. Hier kann von einer Art von Hautskelet allerdings die Rede sein, bei den Bandwürmern noch nicht. Die eben beschriebenen Kalkkörper hatten schon seit langer Zeit die Aufmerksamkeit der Naturforscher in An- spruch genommen. So lange man ihren Kalkgehalt nicht kannte, war es begreiflich, dass man in ihnen Eier zu se- hen glaubte. Auch später noch erlitten sie irrige Deutun- gen. Für Eschricht waren es Analoga von Blut- und Lymph- körperchen. e. Anneliden. Die Bedeckungen der Ringelwürmer zeigen eine ge- wisse Einförmigkeit der Structur. Ueberall trifft man eine verhältnissmässig dünne, aber feste Cutis, bestehend aus einer in Alkalien nicht leicht löslichen Substanz. Diese Cutis erscheint bei einem grossen Theile der Würmer als eine homogene structurlose, entweder ganz farblose oder schwach tingirte Membran. Eine solche Haut, welche auch durch das Messer nicht weiter zerlegt werden kann, trifft man bei den Gattungen Serpula, Terebella, Pomatoceros. Bei einem anderen Theile der Anneliden ist die Cutis in Fasern von ansehnlicher Feinheit zerfallen. Diese halten eine doppelte Richtung ein, eine longitudinale und transver- sale, wahrscheinlich verschiedenen Schichten entsprechend. Die Fasern liegen dicht neben einander und erscheinen da- her nur an Schnittflächen deutlich, inmitten der Membran 103 nur als feine Strichelchen , welche häufig an einzelnen Stel- len rechtwinklig gekreuzt in sehr zierlicher Anordnung her- vortreten. Durch die Anordnung dieser Fasern entstehen oftmals als ein Interferenzphänomen die prachtvollen perl- mutterglänzenden Färbungen, welche manche Anneliden dar- bieten, ein Verhältniss, welches an das Tapetum mancher Säugethiere erinnert und schon bereits bei den Sipunculi- den als eine Annäherung zu den Anneliden beobachtet wird (s. 0.). "Bei Lyeoris kommt eine solche Cutis vor, ebenso in der Regel bei den einzelnen Species der Gattung Lumbricus (doch traf ich ausnahmsweise bei Lumbricus agricola eine vollkommen homogene Cutis). Bei Polynoe cirrata treten die Fasern deutlicher hervor. Am schönsten traf ich aber diese Structur an der sehr festen Haut der Eunice gigantea. Die Fibrillen sind hier zwar äusserst fein, aber sehr scharf von einander geschieden und unter Bildung der zierlichsten Git- terwerke sich durchkreuzend, ein Verhältniss, welches sehr an manche Formen des Chitinskelets erinnert. Unter dieser Cutis scheint bei vielen Würmern noch eine zweite oder Zellenlage vorzukommen. Diese Zellen sind jedoch nicht sehr beträchtlich entwickelt und hier und da mit Pigmentmassen erfüllt. So bemerkte ich es z. B. bei Polynoe cirrata sowohl in der Haut der Bauchseite als in den blattförmigen Schuppen, wo man sehr zierliche polyedri- sche Pigmentzellen bei ganz structurloser Grundlage bemerkt. Die Hautanhänge, als Borsten, Stacheln und Haare, welche manche Anneliden besitzen, scheinen aus struclur- loser Substanz hergestellt zu werden. Hautdrüsen scheinen bei den Anneliden nicht selten vorzukommen und die schleimige Beschaffenheit der Haut hervorzurufen. Bei den Blutegeln sind sie durch die Unter- suchungen von Brandt und Ratzeburg !) schon seit Langem !) Mediz. Zoologie. Th. II. S. 244, 104 gekannt. Sie bilden kleine einfache Schläuche, welche dem Muskelschlauche eingelagert sind und der Haut ein warzen- artiges Aussehen geben. Bei Hirudo halten sie Reihen auf der Rücken- und Bauchfläche ein. Auch bei den grösseren Lumbricinen beobachtete von Siebold Gruppen solcher Drü- senfollikel }). Ein Theil der Anneliden steckt in Gehäusen von ver- schiedener Form und Consistenz. Sie sind bald nur leder- artig, bald fest und ganz verkalkt, wie bei den Serpula- ceen, häufig aus Sand, aus Stücken von Schalen anderer Thiere mit einem gemeinschaftlichen organischen Bindemittel hergestellt. Alle diese Gehäuse, deren Untersuchung mir aus Mangel an Materialien leider nicht möglich war, sind Secrete des Körpers ohne allen organischen Zusammenhang mit der Haut, vermuthlich aus Drüsen stammend, welche am vordern Theile des Körpers liegen. Die Functionen der Bedeckungen fallen bei den einzel- nen Gruppen der Würmer sehr verschieden aus. Neben der gewöhnlichen Bedeutung eines Schutzapparates über- nimmt die Haut öfters die Verrichtungen eines Absonde- rungswerkzeuges. Selbst als Ernährungsorgan tritt sie bei einer grossen Anzahl der Helminthen auf und ist zu diesem Zwecke, besonders bei Echinorhynchus, mit grosser Aufsau- gungsfähigkeit versehen. Für die Sinneswahrnehmungen ist sie namentlich bei den Helminthen von Belang. Als wichti- ges Locomotionsorgan erscheint sie durch ihr Flimmerepithe- lium bei den Planarien. 'ı) Vergl. Anatomie S. 220. Druck von E. A. Huth in Göttingen. CAVALLARIS ATELIER. ZU FREY’S ABHANDLUNG. vo uf Pi A wu) . i > ' y r En F f ' N | \ y “ D a el \ m Ab / ’ i { u j f \ r x N, Ar u ß N i e l kn r vb - N y r y vr I \ J x / L . f Y, y k 7 \ " h n Re v 4 1 x I VRR n R Dev,‘ ei ‘ \ u f f \ pay“ ‚ sa { 4% Pr \ J % . I . 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