Jiib^ \ m^^^ -^ m: 'k-w: i;i«;ii# :-i,^ '-''*■ 'W ■^^^^^ Mdi..ia4af^ lieber die Entwickelung der Schildkröten. H n t e r s u c li u n g e n Heinrich Rathke, Doctor der Philosophie, Rlcdicin und Chirurgie, Königlich Preussischem Medicinalralhe und Professor, Direclor des zoologischen Museums und der anatomischen Anstalt zu Königsberg, Ritler des Annen-, des Wladimir- und des rothen Adler -Ordens. ^ Mit zehn S t e i n tl r u c k t a f e 1 ii. % Braunschweig, nr\i(k und Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn 18 4 8. U eb e r die Entwickelung der Schildkröten. Ue b e r die Entwickeluiig der Schildkröten. Untersuchungen Ton Heinrich Rathke, Doctor der Philosoßhie , Medicin und Chirurgie, Königl. Preussischem Medicinalrathe und Professor, Director des zoologischen Museums und der anatomischen Anstalt zu Königsberg , Ritter des Annen- , des Wiadimir- nnd des rothen Adler- Ordens. Mit zehn Steindrucktafeln. Braunschweig, Druck und Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn. 1848. £ i u 1 e i t u u g. Obgleich bereits nicht wenige Naturforscher ihre Aufmerksamkeit auf die Ent- wickclung der Thiere gerichtet haben, sind doch bis jetzt die Schildkröten auf ihre Ent- wickelung nur wehig untersucht worden. Der Grund davon lag ohne Zweifel in den grossen Schwierigkeiten, Eier mit Embryonen und Junge dieser Amphibien erlangen zu können. Denn die Aussicht, durch Forschungen an denselben über die fremd- artige, von dem Typus der übrigen Wirbelthiere so überaus abweichende Bildung der Erwachsenen eine Aufklärung geben zu können, würde für Manchen wohl ein zu mächtiger Reiz gewesen sein, als dass er eine Gelegenheit dazu, wenn sich ihm eine solche dargeboten hätte, unbenutzt gelassen haben würde. Den ersten Beitrag zu einer Entwickeliuigsgeschichte der Schildkröten gab Tiedemann 1). Es betrifft derselbe zwei Eier von Emys amazonica, die beinahe reife Embryonen enthielten, und handelt hauptsächlich von den Fruchthüllen derselben. Es waren diese Embryonen nebst wenigem Fruchtwasser von einem gefässlosen Am- nion umgeben, besassen eine ziemlich grosse, aus 2 Lamellen bestehende Allantois, von denen die äussere mit zahlreichen Verzweigungen der Nabelgerässe versehen war, und Hessen unter dem Bauche noch einen ziemlich grossen, ovalen und ge- fässreichen Dottersack bemerken. Die Allantois ging durch eine weite und kurze, an der Nabelöffnung von dem Amnion gebildete Scheide zur Harnblase, und die Aj-terien, die sich in ihr verzweigten, kamen her von den Arterienstämmen des Beckens. Durch eben dieselbe Scheide des Amnions und die noch weite Nabelöff- nung ging auch der Hals des Dottersackes, um sich mit dem mittlem Theile des Dünndarms zu verbinden: die Verbindungstelle aber war nur sehr dünn und nicht im Innern hohl, also eine Höhlengemeinschaft zwischen Dottersack und Darm nicht mehr vorhanden. Die Botallischen Gänge waren doppelt. Das Gehirn war im Ver- hältniss zur Masse des ganzen Körpers ungemein gross. — Das Skelet und die Eingeweide sind nicht beschrieben worden. Nach den gegebenen Abbildungen zu 1) Zu Sam. Thom. von Soemmeriogs Jubelfeier. ' Heidelberg und Leipzig, 1828. IV urtheilen, hatte sowohl das Gehirn, als auch der Körper in seinem Aeussern eine ähnliche Form, wie bei den Erwachsenen. Desgleichen war die Hautbedeckung am Rücken und Bauche schon durch Furchen in eben solche Felder abgetheilt, wie sie bei erwachsenen Schildkröten vorzukommen pflegen. Einige Bemerkungen über die weiblichen Geschlechts Werkzeuge zweier jungen Seeschildkröten, wie auch über die in diesen gefundenen Ueberreste Wolff'scher Körper wurden später von mir veröffentlicht *). Von Baer machte darauf Beobachtungen bekannt, die er an dem Ei und ei- nem sehr jungen Embryo von Emys europaea angestellt hatte ^). Nach ihm liegt in dem Eierstocke dieser Schildkröte der Dotter, umgeben von einer einfachen Dotter- haut, innerhalb einer aus 2 Häuten bestehenden Kapsel, die nachher, wenn sie hat den Dotter heraustreten lassen, einen gestielten Kelch, wie in den Vögeln, darstellt. Wenn die Eier durch die Eierleiter hindurchgegangen sind, ist der Dotter zwar von einem Eiweiss umgeben, doch von einer viel geringern Menge desselben, als in den Vogeleiern : auch ist die Kalkschale , die jetzt an den Eiern vorkommt und auf einer Schalenhaut abgelagert ist, viel poröser, als an denen der Vögel. Hagel- schnüre aber fehlen. Ein Embryo war in den frisch gelegten Eiern nicht vorhan- den : doch erschien der Keim lange nicht so bestimmt ausgebildet, als in Vogeleiern. Aber einige Tage später Hess sich in ihnen ein Embryo auffinden, doch war an diesem sechs Tage nach dem Legen der Rücken noch nicht geschlossen, sondern erst am achten Tage, Der Embryo bildet sich, indem sich der Keim in ein anima- lisches und ein vegetatives Blatt spaltet, und es entwickeln sich aus dem erstem zwei Rückenwülste und zwei Bauchplatten. Das Lagerungsverhältniss dieser Theile ist jedoch insofern von dem bei andern Wirbelthieren bemerkten verschieden, als sich die Rückenwülste beim Schliessen so sehr nach unten drängen, dass die Wirbel- saite tief unter die Ebene der Bauchplatten zu liegen kommt. Damit hängt zu- sammen, dass die sehr breiten Bauchplatten, wenigstens im Rumpftheile, nahe an der Schlusslinie der überaus schmalen Rückenwülste angefügt sind. Dieses Verhält- niss scheint das Bedingende für die Verschiedenheit zwischen Vogel und Schildkröte zu sein. Das Fundamentalorgan für die Entwickelung der Extremitäten löst sich nicht von der obern [äussern], sondern von der untern [Innern] Fläche des Keimes ab. Untersuchungen, angestellt an jungen Schildkröten, um die Entwickelung des Rücken- ^) Abhandlungea zur Bildungs- uod Entwickelnngs-Geschichte des Meuscheo und der Thiere. Theil I (Leipzig 1832), Seite 43 und 44. ') Job. Miiller's Archiv : Jahrgang fiir 1834 (Seite 544 — 550), und über Entwickelangs-Geschichte Beobachtung und ReHexion, Thei) II (Königsberg 1837), Seite 155 und 15(). Schildes, des Baiiclischildes und die Bedeulun^^ der einzelnen Tlieile beider zu er- uiiüeln, theilte Peters mit '). Ms das Endresultat dieser Untersuchungen glaubte derselbe angeben zu können, dass nicht blos die sogenannten Randplatten des Rücken- schildes dem Hautskelete angehören, sondern dass auch auf den Wirbeln des Rumpfes und den Rippen unter der Haulbedeckung besondre Knochenplatten entstehen, die sich diesen Thcilen des Skeletcs nachher anschliessen und damit verwachsen, und dass ebenfalls dergleichen dem Hautskelete beizuzählende Knochenplatten an der Brust- seite entstehen, mit den Knochen des Brustbeins verwachsen und mit ihnen zusam- men das Baucbschild zusammensetzen. Diesen verschiednen Bruchstücken einer Entwickelungsgeschichte der Schildkröten will ich nun auf den folgenden Blättern zwei andre hinzufügen. Zuvor aber mö- gen einige Bemerkungen angeführt sein, die sich auf die Entstehung derselben und die zu ihnen benutzten Materialien beziehen. Als ich im Jahre 1835, bald nach meinem Umzüge von Dorpat nach Königs- berg, erfahren hatte, dass einige von den vielen Landseen, die in den südlichem Theilen von Ostpreussen gelegen sind, Schildkröten in Menge enthalten, fasste ich den Vorsatz, Versuche zu machen, mir Eier dieser Thiere zu verschaffen, um sie zu Untersuchungen auf ihre Entwickelung benutzen zu können. Ich wandte mich daher an mehrere Personen, die an jenen Seen wohnen, reiste auch zweimal zur Sommerzeit nach einigen jener Seen hin, und setzte 26 aus ihnen erhaltene er- wachsene Exemplare der Emys europaea, von denen einige männlichen, andere weib- lichen Geschlechts waren, in einen ziemlich grossen versumpften Teich, der sich in dem Garten der anatomischen Anstalt zu Königsberg beflndet. Meine beiden Reisen aber hatten keinen unmittelbaren Erfolg, indem auf ihnen kein einziges Ei erhalten wurde. Auch gewährten mir die Schildkröten, die ich zu Königsberg eingehegt halte, nicht denjenigen Nutzen , den ich von ihnen erwartete : denn die wenigen Eier, die sie bald nach ihrer Uebersiedclung gelegt hatten, wurden in einem durch Nässe völlig verdorbenen Zustande aufgefunden, und nachher legten sie im Verlaufe ven 8 Jahren gar keine Eier mehr, obgleich sie sich in ihrem Teiche sehr wohl zu befinden schienen und auch immer die Freiheit hatten, das Wasser verlassen und auf das Land geben zu können. Indessen wurden mir aus einigen entfernteren Ortschaften mehrmals Eier zugesendet, im Ganzen ungefähr 100 an der Zahl. Die meisten aber waren frisch gelegt und enthielten keine Spur von einem Embryo. Andere enthielten zwar einen solchen, doch nur höchstens einen so weit entwickelten, *) Observationes ad anatomiam Cheloniorum, diss. ioauguralis. Berolini 1838. Pag. 17 — 22. VI dass seine Beine zehenlose Stummel darstellten, und alle Versuche, die angestellt wurden, sie zu einer weiteren Entwickelung zu bringen , schlugen an ihnen gleich- falls, wie an jenen erstem, fehl, weil wahrscheinlich durch das Rütteln der Wagen, auf denen mir die Eier zugesendet wurden, das Leben derselben vernichtet worden war. Der Umstand aber, dass mir nur solche Eier zugingen, in denen entweder noch gar kein Embryo, oder nur ein wenig entwickelter befindlich war, lässt sich hauptsächlich daraus erklären, dass die Personen, welche für mich die Eier auf- suchten, sich nach der Spur richteten, welche die Schildkröte, wenn sie aufs Land geht, um ihre Eier zu legen, in einem lockern sandigen Erdboden hinter sich zu- rücklässt, diese Spur aber, die sich als eine breite und flache Furche darstellt, durch Regen und Wind in kurzer Zeit vertilgt wird i). Die Holfnung, auch noch viel weiter entwickelte Eier der Emys europaea er- langen zu können, musste ich endlich nach so manchen vergeblichen Versuchen aufgeben; nachdem ich aber an den mir zugegangenen gefunden hatte, dass der Bildung auch der Schildkröten ursprünglich ein ähnlicher Plan zum Grunde liegt, wie der Bildung der übrigen und insbesondere derjenigen Wirbelthiere, welche mit 4 paarigen Gliedmassen versehen sind, versuchte ich, mir Eier und Junge auslän- discher Schildkröten zu verschaffen, um wo möglich an solchen ermitteln zu können, durch welche Vorgänge die seltsame und höchst wunderbare Abweichung bewirkt wird, welche die erwachsenen Schildkröten von allen übrigen Wirbelthieren beson- ders in der Form und Zusammensetzung ihrer Rumpfwandung, wie in der Lagerung ihres Schulter- und Beckengerüstes, bemerken lassen. Allein, obgleich mir von be- freundeten Gelehrten und einem Naturalienhändler mehrere Eier zugesendet wurden, befand sich in keinem ein Embryo. Dafür aber war ich so glücklich, zwei beinahe reife Embryonen und mehrere junge Schildkröten zu erhalten, die zusammen eine Reihe ausmachten, an der ich insbesondre die Entwickelung des Rücken- und Bauch- schildes vollständig verfolgen konnte. Auch glaube ich durch die Untersuchungen an ihnen dahin gelangt zu sein, eine befriedigende Auskunft über die abweichende Lagerung geben zu können, welche hei den Schildkröten das Schultergerüst, das Becken und verschiedne Muskeln darbieten. Hierüber werde ich nun das Nähere in der zweiten Abtheilung dieser Schrift angeben. Ueber den Schädel, verschiedne Eingeweide und das Gefässsystem werde ich zwar ebendaselbst anführen, was mir daran bei reifern Embryonen und Jungen besonders beachtungswerth zu sein schien, ^) Nach den Angaben, die mir in Gegenden , wo Sumpfschildkröten vorkommen, gemacht worden sind, legen diese Thiere ihre Eier am liebsten in einen sandigen Boden und in geraumer Entfernung (etwa 00 Schritt und drüber) von dem Gewässer, in welchem sie sich aufhalten. vn doch werden die Bcmerkunf^en darüber zusamnienn[enorameii nur einen kleinen Theil des Ganzen ausmachen. Das jNervensystem aber bin ich ganz überp^angen , weil selbst das Gehirn bei reifern Embryonen eine solche Gestalt halte, wie bei Erwach- senen, und sich nur allein dadurch auszeichnete, dass es im Vcrhältniss zu der Masse des ganzen Körpers, wie schon Tiedemann gefunden halle, bedeutend grösser, als bei den Erwachsenen war. Die Exemplare in einer vorgeschrittenen Entwickelung begriffener Schildkröten, welche zu zergliedern ich Gelegenheit hatte, waren, ihrem Alter nach in einer Reihen- folge aufgeführt, nachstehend benannte: 1. Ein Embryo von Testudo graeca oder einer nahe verwandten Art (Tab. III, Fig. 9, 10 und 15). In seiner Entwickelung war er ungefähr eben so weit gediehen, wie der Embryo von Emys amazonica, von welchem Tiedemann eine Abbildung gegeben hat. Sein Rumpf hatte eine Länge von 12% und in der Mitte eine Breite von 12 Linien (des alten Pariser Masses): die grösste Dicke oder Höhe des Rumpfes betrug 8Vo Linie, Der Schwanz war nur 2 Linien lang, aber verhältnissmässig sehr dick, und sprang mit seinem stumpf abgerundeten Ende, selbst wenn er ganz gerade nach hinten gerichtet worden war, nur wenig über den Saum oder die Falte vor, die sich aus der Hautbedeckung auf der Grenze zwischen der Rückenseite und der Bauchseite gebildet hatte. War auch der Hals gerade gestreckt worden', so betrug die ganze Länge des Embryo's, gemessen von der Nasenspitze bis an das Ende des Schwanzes, 15%"'. Die Nabelöffnung hatte eine Länge von 3'" und eine Breite von 2%"'. Von dem Dottersacke, der dicht unter dieser Oeff- nung lag, aber ganz nach der linken Seite gewendet war, und eine ovale Form hatte, betrug der Längendurchmesser 7 Vo'". Die Allantois und das Amnion waren dicht am Leibe abgeschnitten. Die schon erwähnte Ringfalte der Hautbedeckung des Rumpfes war ziemlich breit, doch noch nicht so breit, dass sich unter ihr die Beine und der Kopf hätten völlig verbergen können, vielmehr waren von ihr die verhältnissmässig sehr dicken, plumpen und an den Leib dicht angezogenen Beine nur zur Hälfte, und der Kopf, der nach der rechten Seite gebogen war, wie ihn auch Tiedemann bei einem Embryo von Emys amazonica fand, nur zu einem kleinen Theile bedeckt. Der Hals war in den Rumpf zum Theil hineingezogen. Die VorderRisse hatten eine Richtung nach hinten, die Hinterfüsse nach vorne. An der Bauchseite sprang die Hautbcdeckung faltenartig zwar etwas, doch erst so wenig rechts und links vor, dass von unten her die Beine und der Kopf fast gar nicht bedeckt waren. Der Rücken war ziemlich stark gewölbt, nicht aber so bedeutend, wie bei erwachsenen Exemplaren von Testudo graeca, und erschien von oben vni betrachtet scheibenförmig rund. Die Epidermis bildete am Rumpfe schon ziemlich dicke Schilder, die sich von der Lederhaut leicht ablösen Hessen und eine horn- gelbe Farbe hatten. Die Schilder des Rückens waren an ihrer äussern Fläche durch kleine unregelmässig warzenförmige Erhöhungen sehr uneben gemacht, so dass sie ein körniges Aussehen hatten. — Die meisten Organisations - Verhältnisse, die Du- meril und Ribron als Kennzeichen der Testudo graeca aufgeführt haben '), fan- den sich auch bei diesem Embryo : namentlich kamen an der Rauchseite seines Rumpfes 12 Hautschilder vor, und Nichts deutete darauf hin, dass der hintere klei- nere Theil des knöchernen Rauchscbildes einmal beweglich mit dem vordem ver- bunden sein würde; ferner befand sich unter den Randschildern des Rückens vorne ein unpaariges kleines Nackenschild, hinten ein Paar den Schwanz bedeckende Schil- der : die Schilder aber, welche den mittlem Theil des Rückens bedeckten, waren nicht stark gewölbt, sondern sehr flach. Dagegen war der Schwanz nicht ansehnlich lang, wie es bei erwachsenen Exemplaren von Testudo graeca der Fall ist, sondern gegen- theils sehr kurz, und besass keinen Nagel an seinem Ende ; ferner waren die Nägel der Hinterfüsse nicht länger, sondern gegentheils merklich kürzer, als die der Vorder- füsse : auch schien mir der Embryo zu gross für Testudo graeca, deren Eier nur die Grösse von Taubeneiern haben sollen. Ich muss daher vermuthen, dass der Embryo, von dem mir Herr Professor Rischoff zu Giessen, dessen Güte ich den- selben verdanke, nicht das Vaterland anzugeben vermochte, zwar einer mit Testudo graeca verwandten Art, doch nicht dieser Art selbst angehörte. 2. Ein Embryo von Chelonia Mi das (Tab. IV, Fig. 1 und 2), der von der Nasenspitze bis an das Ende des Schwanzes 2" 5'" lang war, und von dessen Rumpf die Länge 1" G'", die grösste Rreite 1" 3'", und die grösste Dicke (oder Höhe) 9'" betrug. Die Hautbedeckung seines Rumpfes war durch Furchen schon in eben so viele und ähnlich geformte Felder abgetheilt, wie bei den Erwachsenen vorkommen, und seine Epidermis bildete auf diesen Feldern , besonders am Rücken, schon ziemlich dicke und harte Platten, die sich von dem lederartig-festen und noch dickern Corium leicht ablösen Hessen. — In der äussern Form war dieser Embryo den erwachsenen Exemplaren von Chelonia Midas zwar im Ganzen ähnlich , unter- schied sich aber dadurch von ihnen auffidlend, dass er am Rücken weit stärker ge- wölbt war. Er wich also, wenn er wirklich zu der oben genannten Art gehörte, in Hinsicht der Dimensionsverbältnisse des Rumpfes von seiner frühern Gestalt, in der er doch wahrscheinlich den von den Seiten sehr abgeplatteten Jüngern Embryonen >) Erpi'tologie generale ou Hist. nat. des Reptiles. Tom. 11. (Paris 1835.) IX der Emys europaea, wie ich sie in den Eiern voro;efunden hatte, ähnlich gewesen war. noch nicht so sehr, wie die Erwachsenen, ab. Die Grenze zwischen dem Rücken und dem übrigen Theilc der Wandung des Rumpfes war schon durch eine Falte der Hautbedeckung bezeichnet, die gleichermassen , wie bei den Erwachsenen, seitwärts am schmälsten, hinten dagegen am breitesten war. Am Bauche befand sich eine herzförmige, 2'" lange und ein wenig über 2"' breite Nabelöffnung, die ihre Lage hauptsächlich zwischen den am Bauche vorhandnen Hornplatten des fünften Paares hatte. Die Fruchthäute fand ich nicht mehr vor, weil sie schon früher ab- geschnitten worden waren. — Dass dieser Embryo entweder zu Chelonia Midas, oder doch zu einer verwandten Art gehörte, Hess sich daraus entnehmen, dass der mittlere Theil oder der Diskus des Rückens nur mit 13 Schildern bekleidet war, dass diese nicht dachziegeirörmig einander zum Theil deckten, dass diejenigen von ihnen, welche die mittlere Reihe zusammensetzten, wenigstens eben so breit, als lang waren, und dass an jedem Beine von den Zehen nur eine einzige mit einem Nagel bewaffnet war. 3. Junges von Emys europaea. Die Länge seines Rückenschildes betrug 11 V4, die grösste Breite dieses Schildes 10^/4 Linien. Am Bauche befand sich noch eine etwas rauhe und rautenförmige Narbe von einer Nabelöffnung, deien Länge 2V2, und deren grösste Breite 1'" betrug. Ihre Lage hatte diese Narbe zwischen den am Bauche vorhandnen Hornplatten des vierten und fünften Paares. In der Rumpfhöble befand sich noch ein kugelrunder Dottersack, dessen Achse 2%"' lang war. Von den Erwachsenen wich dieses Junge in seiner Organisation auch ausser- dem noch mehrfach ab. Mit Ausnahme der Marginalplatten waren alle übrige oder grössere Hornplatten seines Rückens nicht glatt, sondern waren durch eine Menge ziemlich dicht stehender kleiner Erhöhungen, die ungefähr die Form von Halbkugeln hatten, sehr uneben gemacht. Das Rückenschild war nicht länglich-oval, sondern beinahe scheibenförmig-rund. Der ganze Limbus des Rückenscbildes , der von den Marginalplatten gebildet wurde , war verhältnissmässig etwa nur halb so breit, als bei den Erwachsenen. Das Bauchschild war im Verhältniss zu dem Rückenschilde lange nicht so gross, und die Beine wurden von ihm, wenn sie dicht an den Leib herangezogen waren, nicht vollständig bedeckt: auch war es nicht ellipsoidiscb, son- dern vorn viel breiter, als hinten, und im Ganzen unregelmässig oval. Zwischen beiden Schildern befanden sich vor und hinter den Flügeln desselben sehr viel höhere gruhenförmige Zwischenräume zum Verbergen der Beine, wie denn überhaupt der Rumpf im Verhältniss zu seiner Länge viel höher war. Der Schwanz hatte eine verhältnissmässig sehr viel grössere Länge, als bei den Erwachsenen, und war sehr b bei dem Alten 58 : 76 72 : 76 44 : 76 7 : 76 7 : 76 38 : 76 dünn, wie er überhaupt eine grosse Aehnliclikelt mit dem Schwänze von Emys lu- taria halte. Zur bessern Erkenntniss der ^'erschiedcnheit in den Proportionen gebe ich einige Maassverhältnisse von diesem Jungen und einem erwachsenen weiblichen Exemplar derselben Art. Es verhielten sich zu der Länge des Rückenschildes bei dem Jungen die grösste Breite des Rückenschildes = 43 : 47 die Länge des Bauchschildes = 42 : 47 die grösste Breite desselben = 31 : 47 die Höhe des vordem Zwischenraumes zwischen Rüeken- und Bauchschild = 16 : 47 die Höhe des hintern Zwischenraumes zwischen Rücken- und Bauchschiid = 8 : 47 die Länge des Schwanzes = 1:1 4. Junges von Chelonia imbricata. Die Länge des Rumpfes oder viel- mehr des Rückenschildes betrug 1" 10'", die grösste Breite 1" 41/2'", die grösste Dicke oder Hohe 10"'. Der ganze Körper war 2" 9'" lang. Am Bauche befand sich eine fast rautenförmige Narbe der Nabelöffuung. Dieselbe war 5'" lang, in der Mitte fast 2V2'" breit, und hatte ihre Lage hauptsächlich zwischen den am Bauche befindlichen Hornplatten des fünften Paares, reichte aber mit ihren Enden massig weit zwischen die Platten des vierten und sechsten Paares hinein. Die grössern Hornplatten des Rückens griffen zwar dachziegelförmig über einander her- über, doch nur wenig, und hatten sämnitlich einen von vorne nach hinten verlau- fenden Kiel, so dass der Rücken drei etwas unterbrochene Kanten bemerken Hess. 5. Junges von Chelonia Midas. Aller Wahrscheinlichkeit nach gehörte es zu der genannten Art: mit Bestimmtheit Hess sich darüber freilich Nichts ent- scheiden, weil die noch sehr jungen Exemplare der Gattung Chelonia der Form nach in mancher Hinsicht von ihren Eltern nicht wenig abweichen. Am Bauche kam bei diesem Exemplar noch eine 31/2'" lange und in der Mitte 1'" breite Narbe von einer Nabelöffnung vor. Die Länge des ganzen Thieres, gemessen von der Schnauze bis an das Ende des Schwanzes, der über das Rückenschild ein wenig hinaus- reichte, betrug 3" 3'", die Länge des Rückenschildes selbst 2" 1'", die grösste Breite dieses Schildes 1" 9"'. 6. Sphargis coriacea, bei der sich ebenfalls noch eine massig grosse Narbe von der Nabelöffnung befand. (Tab. IV, Fig. 3, 4 und 5.) Geraessen von der Schnauze bis an das Schwanzende oder auch das hintere Ende des Rückenschildes war dieses Junge 3" 7'" lane;. Von seinem Rückenschilde belrus die Länge 2" 2'/2'", XI die g:rösslc Breite 1" 8"'. Auf den *\varzenartigen und in g:rosscr Zahl vorhanflnen Erliöliunjjcii der Haut des Rückens war die Epidermis viel dicker, als in den Fur- chen zwischen denselben: von vielen dieser Erliöhungen löste sie sich bei einer nur etwas starken Berührung ab, und die abgefallenen Stücke hatten eine Aehnlich- keit mit sehr gewölbten Ührgläscrn. 7. Von einem zweiten Exemplar der Sphargis coriacea , das nach der An- gabe eines Naturalienhändlers, der es mir zusandte, im indischen Ozean gefangen war, betrug die Länge des Rückens 2" 6'", die grösste Breite desselben 1" 8'/o"'. Von einer JNarbe der NabelüH'iiung war bei ihm kaum noch eine Spur zu erkennen. Ich habe es nur zur Untersuchung der Eingeweide und des Bauchschildes benutzt. Was also in dieser Schrift über die übrigen Theile des Skeletes der Sphargis angegeben ist, bezieht sich nur auf das erstere Exemplar. Beiläufig will ich indess bemerken, dass bei diesem zweiten die Rippen nicht merklich weiter, als bei jenem erstem entwickelt waren. 8. Chelonia virgata, Dumeril et Bibron. (Tab. V, Fig. 1.) Von der Nabelöffnung war weder bei diesem Jungen , noch auch bei den folgenden eine Narbe mehr vorhanden. Die Länge des ganzen Thieres, gemessen von der Schnauze bis an das Ende des Rückenschildes, das den Schwanz ein wenig überragte, betrug 3" 3'", die Länge des Rückenschildcs selbst 2" SVa'", die grösste Breite des- selben 1" 9'". — Diese Seeschildkröte gehörte mit den unter Nr. 2 und 4 auf- geführten zu einer und derselben Unterabtheilung der Gattung Chelonia, oder zu denjenigen Schildkröten, welche von Dumeril und Bibron Cheloniens franches genannt worden sind. Von jenem Embryo aber war sie der Art nach bestimmt verschieden: denn es hatten die Schilder ihres Rückens etwas andre Formen, und es war überdies, was ich ganz besonders hervorheben möchte, von den Randplatten des. künftigen knöchernen Rückenschildes die unpaarige vordere, welche den hintern Theil des Halses bedeckt (die Nackenplatte), verhältnissmässig viel kleiner und auch ganz anders geformt, als bei jenem Embryo. Von dem Exemplar aber, das unter Nr. 4 aufgeführt worden ist, unterschied sich dieses hauptsächlich dadurch, dass sein Schwanz über das Rückenschild nicht hinausragte, dass seine Nackenplatte klei- ner und etwas anders geformt war, dass sein Rücken eine etwas stärkere Wölbung hatte, und dass die Hornplatten seines Rückens etwas andere Formen besassen. 9. Trionyx aegyptiacus. Die Länge ihres Rückenschildes betrug 2", die grösste Breite desselben 1" OVi'". Die Haut des Rückens war durch eine grosse Anzahl kleiner warzenförmiger Erhöhungen, die meistens spitz ausliefen, sehr b' XII uneben gemacht. Uebrigens war der Rumpf überaus stark von oben und unten abgeplattet, weil mehr, als bei den Jungen andrer Arten von dieser Galtung. 10. Trionyx gangeticus. (Tab. V, Fig. 13 und 14.) Die Länge des Rückenschildes betrug 1" O'/z'", die grösste Breite desselben \" 7'", die Länge des ganzen Körpers bei ausgestrecktem Halse, gemessen von der Schnauze bis an das Ende des Rückcnsrhildes, von dem der Schwanz überragt wurde, 2" 10'". 11. Emys 1 Utaria. Die Länge des ganzen Rückenschildes dieser Schild- kröte, die ich in der Krimm gefangen hatte, betrug 1" 1'", die grösste Breite desselben 11'", die Länge des ganzen Körpers bei ausgestrecktem Halse 2" 3'", die Länge des Schwanzes 9%'". 12. Emys europaea. Die Länge des Rückenschildes betrug 1" 2'", die grösste Breite desselben 1" 1'", die Länge des ganzen Körpers, von der Schnauze bis an das Ende des Schwanzes 2 ". In der Gestalt wich dieses junge Exemplar, wie das noch jüngere (Nr. 3), hauptsächlich dadurch von den Erwachsenen ab, dass sein Rumpf, von oben oder unten betrachtet, sich mehr scheibenförmig rund, als ellipsoidisch darstellte. Der Schwanz war verhältnissmässig etwas kürzer, und die Hornplatten des Rückenschildes waren nicht völlig so stark granulirt , als bei dem noch Jüngern Exemplar. 13. Terrapene Iricarinata Merrem [oder Cinosternum scorpioides Wag- ler]. (Tab. V, Fig. 3.) Länge des Rückenschildes 1" 4V2'", grösste Breite desselben 1" V/i'"- Länge des ganzen Körpers von der Schnauze bis an das Ende des Schwanzes l" 10'". 14. Trionyx ocellatus Hardwick. (Tab. V, Fig. 2.) Länge des Rückenschildes 2" 6'", grösste Breite desselben 2" 5'", Länge des ganzen Körpers bei ausgestrecktem Halse, gemessen von der Schnauze bis an das Ende des Rücken- schildes, das den Schwanz etwas überragte, 3" 11"'. 15. Platemys Spixii Dumdril et Bibron oder Emys depressa Spix. (Tab. V, Fig. 4 und 5.) Länge des ganzen Körpers von der Schnauze bis an das Ende des Schwanzes 3" 2'"; Länge des Rückenschildes 2" 472"', grösste Breite desselben 1" 2"'. 16. Terrapene pensylvanica Merrem. [Cinosternum pensylvanicum Wagler.] Länge des ganzen Körpers 3" 2'", Länge des Rückenschildes 2" 4'". 17. Pentoiiyx capcnsis Dumeril et Bibroii. [Tosludo galeata Schoepf, Pelomedusa galeata Waj;:ler.] Länge des ganzen Körpers 3" 7"'; Länge des Riicken- schildes 2" 3'"; grösste Breite desselben 2". Mehrere von diesen Schildkröten -Exemplaren waren mir von meinen geehiten Collegen und Freunden, den Herren Berthold, Th. L. W. Bischoff, Esch- richt, Gravenhorst, Grube und Job. Müller gütigst geschenkt worden, wofür ich denselben nochmals meinen verbindlichsten Dank sage. Königsberg, den 20. Mai 1847. H. Rathke. XIV Als von diesem Werke schon mehrere Bogen gedruckt worden waren, bot sich mir wider alles Erwarten noch eine Gelegenheit dar, zwei Embryonen von Emys europaea, die beinahe die Mitte des Fruchtlebens erreicht hatten, oder doch wenigstens über das erste Drittel desselben hinausgelangt waren, untersuchen zu können. Durch eine Beschreibung von ihnen hoffte ich eine nicht geringe Lücke, die sich in mei- nen schon zum Drucke abgegebenen Bemerkungen über die Entwickelung der Schild- kröten befand, zum Theil ausfüllen zu können, und ich habe deshalb hier eine Be- schreibung dieser Embryonen noch nachträglich jenen Bemerkungen folgen lassen. Es bildet dieselbe jetzt die dritte Abtheilung des vorliegenden Werkes und enthält unter andern auch eine Bestätigung einiger Aeusserungen, die ich über die Entste- hung des Rücken- und Bauchschildes in der zweiten Abtheilung nur hatte verniuthungs- weise aussprechen können. Königsberg, am 5. Januar 1848. Dei- V^erfasser. Inhalts-Verzeichniss. Erste Abtheilung'. Seile lieber die Besch.iffenheit des Eies und die frühesten Entwickelungszustände von Emys europaea 1 bis 2 Erstes Kapitel. Von dem Ei vor der Entstehung des Embryo's .... 3 — 9 Zweites Kapitel. Von dem Embryo aus der ersteren Hälfte des Fruchtlebens 10 — 45 Zweite Abtlieilung. Ueber die späteren Entwickelungszustände verschiedener Arten von Schildkröten . 47 — 48 Erstes Kapitel. Von dem Skelete 49 — 142 Zweites Kapitel. Von den Hautbedeckungen 143 — 154 Drittes Kapitel. Von den Rücken-, Brust- und Bauch-Muskeln 154 — 170 Viertes Kapitel. Allgemeinere Bemerkungen über die Zusammensetzung der Rumpfwandung und die Lagerung des Schulter- und Beckengerüstes . 177 — 188 Fünftes Kapitel. Von den Verdauungswerkzeugen i. . . 189 — 195 Sechstes Kapitel. Vou den Athmungswerkzeugen 196 — 198 Siebentes Kapitel. Von den Harn- und Gescblechtswerkzeugen . . . . 198 — 204 Achtes Kapitel. Von eigenthümlichen drUsenartigen Organen der Rumpfhöhle 205 — 210 Neuntes Kapitel. Von dem Gefässsystera 510 — 215 Schlussbemerkungen. Ueber den Gehörlabyrinlh 215 — 218 XVI Dritte Ahtheilung. Seite Beschreibung zweier Embryonen von Emys europaea ungefiihr aus der Mitte des Fruchtlebens 219 — 220 Erstes Kapitel. Beschreibung der Eihäute, sowie der Lage und der äusseren Beschaffenheit der Embryonen 221—228 Zweites Kapitel. Beschreibung der innern Beschaffenheit der Embryonen . 229 — 253 Erklärung der Abbildungen 255 — 267 Erste Abtheilung. Ueber die Beschaffenheit des Eies und die frühesten Entwiclielungzn stände der Emys europaea. Erstes Kapitel. Von dem Eie vor der Entstehung des Embryo's. §. 1. Das schon gelegte Ei von Emys europaea ist oval und hat eine Länge von 10 Linien. — Die Theile, aus denen es zusammengesetzt ist, stimmen sowohl der Zahl, als auch der Art nach mit denen der Vogeleier iiberein. Die Schale hesteht aus einer häutigen Grundlage oder Schalenhaut , und aus kohlensaurem Kalk. Der letztere ist auf und unter der Oberfläche der erstem ab- gelagert, doch in einer verhältnissmässig viel geringeren Menge, als an den Eiern der Vögel, hingegen in einer grössern, als an den Eiern der Natter. Jene häutige Grundlage aber ist zusammengesetzt aus schichtweise über einander liegenden Fasern, die ziemlich starr, nur sehr dünn, massig lang, ein wenig geschlängelt und meistens einfach, selten gabelförmig gespalten sind. Mit einander erscheinen diese Fasern gleichsam verfilzt, indem die meisten unter sehr verschiedenen Winkeln über ein- ander hinweg, nur wenige in einander übergehn, theils dadurch aber, theils auch, und hauptsächlich durch ein festes homogenes Bindemittel, das die sehr kleinen zwi- schen ihnen befindlichen Zwischenräume ausrüllt, mit einander innigst vereinigt wer- den. Durch Essigsäure wird das Bindemittel dui'chsichtiger gemacht und etwas er- weicht; die Fasern aber erfahren dadurch keine Veränderung. — Eben so zusam- mengesetzt und beschaffen fand ich auch die Schale der Eier von Seeschildkröten und von amerikanischen Süsswasserschildkröten , und es ist danach wahrscheinlich, dass die Eier der Schildkröten überhaupt in der Beschaffenheit ihrer Schalenhaut mit einander ganz übereinstimmen. Aehnlich verhält sich aber auch in ihrem Gewebe die Schalenhaut der Vogeleier, dagegen ist die gleichnamige Haut der Eier von Coluber Natrix und Lacerta agilis in ihrem Gewebe, das ich an einem an- dern Orte ausführlich beschrieben habe •), gar sehr verschieden. Gewissermassen das Mittel zwischen der Eischalenhaut dieser letztern Amphibien und derjenigen der Schildkröten und Vögel hält die Eischalenhaut der Krokodile. Diese besteht näm- ') EntwickeluDgsgescbicfale der Malter. Königsbeig 1839, Seile 3 bis i. r 4 lieh der Hauptsache nach aus sehr langen Fäden; es sind aber dieselben nicht ein- fach, lockenartig geschlängelt und in vielen Spiraltouren um die innern Theile des Eies herumgewickelt, sondern spalten sich sehr häufig in zwei oder sogar in meh- rere von einem Punkte ausgehende Aeste, sind nur wenig gekrümmt und gebogen, verlaufen nach verschiednen Richtungen, und kreuzen sich dabei unter sehr ver- schiednen Winkeln, oder gehen auch durch ihre Aeste schlingenartig in einander über*). Ein Luftraum, wie er in den Eiern der Vögel, nachdem sie gelegt wor- den sind, zwischen den Faserschichten der Schalenhaut vorkommt, bildet sich eben so wenig in den Eiern der Schildkröten, wie in denen der Schlangen und Eidechsen. üas Eiweiss der Eier von Emys europaea ist ganz klar und farblos, durchweg viel consistenter, als in den Eiern der Hühner, und in so beträchtlicher Menge vorhanden, dass es der Menge des Dotters nicht sehr nachsteht. Die Dotterhaut ist nur zart, völlig gleichartig und ohne besondere zellige Textur. Eine hautartige Bekleidung mit zwei Hagelschnüren (Chalazae), wie man sie in den Eiern der Vögel findet, kommt an ihr nicht vor. — Der durchweg goldgelb gePärbte Dotter hat eine ziemlich grosse Consistenz, und diese ist in der Mitte desselben nicht merklich geringer, als an der Oberfläche. Auch zeigen die Dotterkörperchen , oder die Formelemente des Dotters, in der Mitte desselben nicht eine andere Beschaffenheit, als an der Oberfläche. Diese Bestandtheile nun aber sind zcllenartige Gebilde (Tab. 1. Fig. 1.), die einen Durchmesser von 0,0006 bis 0,003 Zoll haben, und deren ziemlich dicke und recht feste häutige Wandung zweierlei verschiedene Dinge einschliesst. Sie umgiebt nämlich : a) eine klare, dickliche und gelbliche Flüssigkeit, die durch Weingeist, Säuren und selbst durch reines Wasser zum Gerinnen gebracht wird, und b) eine oder mehrere kleine Blasen, die aus einer ziemlich dicken häutigen Wandung und einem von dieser Wandung umschlossenen, klaren, farblosen und flüssigen Fette bestehen. Meistens findet man zwei solche Blasen gleichsam als ') Ich habe nur ein Krokodile!, das übrigens einige Jahre im Weingeist gelegen halte, auf das Ge- webe seiner Schalenhaut untersuchen können. Als ich seine dicke Kalkschale der Einwirkung einer ver- dünnten Salzsäure ausgesetzt halle, blieb ein dünnes Häutchen übrig, das die oben angegebene Zusammen- setzung und zwischen seineu Fäden ziemlich grosse Zwischenräume zeigte , die von einer homogenen albn- min'ösen Substanz ausgefüllt waren. Der unter der Kalkschale gelegene und ziemlich dicke Theil der Schalen- haul war sehr dicht, schien aus einigen Schichten zusammengesetzt zu sein, und bestand ebenfalls aus Fäden, die durch ein formloses Biudemillel fest zusammengehallen wurden, aber nur sehr kleine Zwischen- räume bemerken liessen. Ob auch die Fäden dieses letzlern Thciles sich öfters spalteten, konnte ich we- gen der Festigkeit und Undurchsichtigkeit ihres Bindemittels, das durch Essigsäure kaum etwas vetändert wurde, nicht ergründen. Kerne in einer Dotterzelle, selten nur eine, und noch seltener drei oder gar meh- rere. Von einem derartigen Kernkörper aher, wie er in den Primilivzeilen der Thiere innerhalb ihres Kerns vorkommt, findet man weder innerhalb jener mit Fett erfiilltcn Kerne, noch auch an der Wandung derselben in den Dotterzellen der Schildkröten die mindeste Spur '). Die Zwischenräume zwischen den Dotterzellen, sowie z\\ischcn ihnen und der Dotterhaut , werden von einer klaren und farb- losen eiweissarligen Flüssigkeit ausgefiillt. Doch ist dieselbe in einer nur geringen Menge vorhanden , und es liegen daher die Dotterzellen so gedrängt beisammen, dass sie sich gegeneinander mehrfach abplatten, mithin auch eine eckige und kantige Form annehmen müssen. Und diese Form, in der aber keine bestimmte Regel- mässigkeit waltet, behalten sie meistens noch bei, wenn sie mit Weingeist, Was- ser oder verdünnter Chromsäure in Berührung gebracht worden sind: dagegen runden sie sich allmählig ab und werden kugelförmig, wenn man sie in Eiweiss, das aus Hühnereiern genommen ist, gelegt hat, und sie in ihm sich haben trennen können. Aber auch die Kerne, oder die mit Fett gefüllten Blasen, die in den Dot- terzellen enthalten sind, erscheinen in ihrem natürlichen Zustande als eckige Körper, und dies ist selbst in denjenigen Dotterzellen der Fall, in welchen nur ein einziger solcher Kern enthalten ist. Doch abweichend von den Dotterzellen runden sie sich in diesen nicht zu, wenn dieselben, in Eiweiss gelegt, die Form von Kugeln anneh- men, sondern bleiben auch dann noch eckig. Der Keim erscheint an der Oberfläche des Dotters als eine massig grosse und mehr oder weniger weissliche Stelle, die entweder rundlich oder ellipsoidisch ist, und keine scharfe, sondern sehr verwischte Begrenzung hat. Er besteht aus einer dünnen Schichte einer Substanz, die einen nur schwachen Zusammenhang hat, und theils aus zellenartigen Körpern, theils aus einem dicklichen und gleichartigen, doch nur in geringer Masse vorhandenem Bindemittel zusammengesetzt ist. Die Zellen (Tab. 1. Fig. 2.), die besonders in der Mitte des Keimes in einigen über- einander liegenden Schichten vorkommen, fand ich in mehreren Eiern, aus denen *) Aebalich beschalfeae Dotterzelleo hat Job. Müller in den Eiern der Rochen und Haifische ge- Tanden. (Siehe dessen Abhandlung über den glatten Hai des Aristoteles. Berlin 1842, S. 37 und 38.) Der Dotter vieler Thiere, wie namentlich der Vögel, beschuppten Amphibien, Fische, Spinnen, Insecten, der meisten Crustaceen und einiger Würmer, besteht grüsstentheils aus häutigen Blasen, die je nach den verschiedenen Arten jener Thiere einen sehr verschiedenen Inhalt haben. Ob man diese Blasen aber mit dem Namen der Zellen belegen darf, obschon in den meisten niemals ein solcher mit dem Namen eines Kerns belegter Theil, wie er in den Zellen der Leibessubstanz der Thiere vorkommt, sich kund giebt, darüber werde ich mich später einmal in einem Werke, das ich über das Ei und die Entstehung des Em- bryo's der Thiere bekannt zn machen gedenke, näher aussprechen. ich sie untersuchte, und in denen sie einen Durchmesser von 0,0006 bis 0,0016 Z,, selten so^ar von 0,002 Z. halten, von den Zellen der eig:entlichen Dottersubstanz gar sehr verschieden, und zwar durch folgende Eigenschaften: 1) In ihrem natür- lichen Zustande waren sie, einzeln beobachtet, fast so klar, wie eine farblose Glas- masse; auch behielten sie, wenn sie mit reinem Wasser in Berührung gebracht worden waren, ihre Klarheit beinahe unverändert bei; denn es bildeten sich dann in ihnen, indem ihr dünnflüssiger Inhalt gerann, meistens nur wenige und zerstreut liegende Molekularkörperchen, die eine nur sehr geringe Grösse und weissliche Farbe hatten. In einigen aber kamen nicht einmal dergleichen Körperchen zum Vorschein, sondern sie blieben immerfort ganz klar. 2) Ihre Wandung zerplatzte bei einem weit geringeren Drucke, als die der Dotterzellen; auch war sie augenscheinlich viel zarter, und Hess sich nach dem Zerplatzen für sich allein gewöhnlich gar nicht mehr erkennen. 3) Sie hatten lange nicht ein solches eckiges und kantiges Aus- sehn, wie die Dotterzellen, sondern waren, auch wenn sie neben einander dicht ge- drängt lagen, mehr rundlich oder oval. 4) Sie enthielten ein bis drei und mit- unter sogar, wiewohl nur selten, vier im Verhältniss zu ihnen recht grosse blasen- förmige Körper oder Kerne, die eine nur zarte Wandung besassen, eine klare und gerinnbare Flüssigkeit zum Inhalt hatten, und mit der sie einschliessenden Zellenhaut nicht verwachsen waren, sondern lose in ihr lagen. Einen Kernkörper habe ich in diesen Blasen oder Kernen nicht bemerken können, wenn ich sie mit Wasser, oder auch mit Eiweiss aus Hühnereiern, unter das Mikroskop gebracht hatte. Leider aber habe ich unterlassen, sie auch noch mit demjenigen Mittel, welches die Kerne und Kernkörper thierischer Zellen, wenn sie sonst nicht sichtbar sind, zum Vor- schein zu bringen pflegt, nämlich mit Essigsäure, in Berührung zu bringen. Unter dem Keim hatte die Substanz des Dotters dieselbe Beschaffenheil und insbesondere dieselbe Consistenz, wie an andern Stellen der Oberfläche des Dotters. Auch Hess sich der Keim , eben deshalb , weil unter ihm der Dotter sehr dicklich und klebrig war, von diesem nicht vollständig, sondern nur theilweise abheben. — Von einer Durchfurchung habe ich an dem Keime der Schildkröten niemals irgend ein Anzeichen bemerken können, doch will ich nicht behaupten, dass sie an ihm niemals vorkomme. §. 2. Nachdem ich in dem Obigen die Zusammensetzung frischgelegter Eier beschrieben habe, will ich auch angeben, wie sie beschaffen sind, wenn sie noch in den Eierstöcken liegen. An Eiern von 1 bis 6 Linien im Durchmesser war die Dotterhaut aus zwei verschiedenen Platten zusammengesetzt. Die äussere Hess keine besondere Textur bemerken, sondern war nur durehweg- sehr fein granulirt. Die innere aber, die dünner als jene war, bestand aus einer einzigen Schichte von Zellen , die alle sehr abgeplattet, beinahe krystallhell, dicht zusammengedrängt und daher auch gegenein- ander abgeplattet waren, so dass sie sämmtlich ein eckiges Aussehen hatten. Unter einander und mit der äussern Platte hingen sie nicht sonderlich fest zusammen, son- dern Hessen sich ziemlich leicht trennen. Ihr Durchmesser betrug in den kleineren Eiern höchstens 0,0004, in den grösseren 0,0006 Z. Sie enthielten einen kleinen Kern, der aber nur dann erst deutlich sichtbar wurde, wenn Wasser oder Essig- säure auf sie eingewirkt hatte: ihr übriger Inhalt war eine gauz klare Flüssigkeit. Auch wo der Keim lag, waren die beschriebenen Zellen zu bemerken ; demnach kam an der inneren Platte der Dotterhaut über dem Keime keine Lücke vor. — Eine eben solche Zusammensetzung der Dotterhaut ist zuerst von Schwann '), beim Huhn, nachher auch von mir bei den Eidechsen , Fröschen , mehreren Fischen und vielen wirbellosen Thieren an den Eiern der Eierstöcke bemerkt worden, und sie scheint also in dem Thierreiche sehr allgemein vorzukommen. Gegen den Zeitpunkt aber, da das Ei die Stätte, wo es entstanden war, verlassen will, geht die aus Zellen bestehende innere Platte der Dotterhaut spurlos verloren. In Eiern von 1 Linie im Durchmesser erschienen die Formelemente des Dot- ters, der nur schwach okergelb war, der Mehrzahl nach als runde Molekularkörper, von denen insbesondere die grösseren, die 0,0001 Z. oder nur wenig darüber im Durchmesser hielten, ganz das Aussehn von Fettkügelchen hatten. Andere Form- elemente aber erschienen als rundliche Zellen von 0,0002 bis 0,0006 Z. im Durch- messer. Eine Wandung war an ihnen deutlich zu erkennen, und ihr Inhalt bestand einestheils aus einem, seltener aus zwei an Grösse ungleichen Tröpfchen eines flüs- sigen Fettes, andernlheils aus einer klaren eiweissartigen Flüssigkeit. Zwischen den Formelementen war kaum eine Flüssigkeit vorhanden, und daher der Dotter sehr zähe. — In den grösseren Eiern halten diejenigen Formelemente des Dotters, welche nicht zunächst der Dotterhaut lagen, eine eben solche Beschaffenheit, wie in den frischgelegten Eiern, aber nur einen Durchmesser von höchstens 0,0014 Z. Dagegen erschienen diejenigen, welche zunächst der Dotterhaut, oder auch dicht un- ter dem Keime lagen, und einen Durchmesser von höchstens 0,0004 Z. hatten, der Mehrzahl nach als rundliche und ganz einfache Fettkugeln. Einige von den grösse- ren aber Hessen schon ganz deutlich eine den Fetttropfen knapp einschliessende 1) Mikroskopische L'ntersachungen über die Uebeicinstimmung in der Struclur und dem Waclisthuni der Thiere und Pflanzen. Berlin 1839, Seite 63. Hülle oder Zellenmembran erkennen. Von diesen aus konnte dann ein allmähliger Uebergang zu den tiefer gelegenen oder grösseren und zusammengesetzten Form- elementen, deren ich schon gedacht habe, verfolgt werden. An einigen nämlich war die Zellenmembran schon weiter, und zwischen ihr und dem Fetttropfen befand sich eine gerinnbare, eiweissartige Flüssigkeit ; auch halte in ihnen der Fetttropfen häufig schon eine besondere häutige Hülle und war auch etwas eckig. In noch etwas o-rösseren befand sich nicht selten schon ein zweiter Fetttropfen, der aber viel klei- ner als der andere war, und mitunter kaum 0,0001 Z. im Durchmesser hatte. — Dem Angeführten zu Folge geht also die Entwickelung der Formelemente des Dot- ters so vor sich, dass zuerst ein kleiner Fetttropfen entsteht, demnächst um diesen eine häutige Hülle, dann zwischen beiden eine eiweissartige Flüssigkeit, und endlich, während alle diese Theile an Umfang und Masse zunehmen, in jener Flüssigkeit häufig noch ein zweiter, ja selbst ein dritter Fetttropfen, von denen jeder seine be- sondere häutige Hülle oder Zellenmembran erhält. Einen Keim konnte ich in Eiern, welche erst eine bis beinahe 3 Linien im Durchmesser hatten, noch nicht bemerken. Kaum war er erst in solchen aufzufin- den, deren Durchmesser schon 4 Linien betrug. In Eiern aber, die einen Durch- messer von ungefähr 6 Linien hatten, stellte er eine runde, am Rande etwas ver- wischte und in der Mitte nur massig dicke Scheibe dar, deren Durchmesser kaum 1 Vi Linien betrug, und die durch ihre weissliche Farbe sich von dem Dotter , des- sen Oberfläche sie zum Theil bedeckte, sehr unterschied. Zusammengesetzt war er aus lauter höchst kleinen rimdlichen Körperchen, die durch ein dickliches und etwas zähes Bindemittel so zusammengehalten wurden, dass der Keim beinahe so, wie eine Haut, sich dehnen Hess. Diejenigen von diesen Körperchen, welche der Dotterhaut zunächst lagen, waren am kleinsten und von einem so geringen Umfange, dass selbst die grössten von ihnen nicht viel über 0,0001 Z. im Durchmesser hatten. Je wei- ter sie aber nach dem Dotter hin lagen, einen um desto grösseren Umfang be- sassen sie: doch betrug von den grössten der Durchmesser nicht völlig 0,0004 Z. Auch waren sie noch insofern von einander verschieden, als die grösseren deutlich eine Zellenmembran besassen, indess den kleineren eine solche noch ganz zu fehlen schien. Dagegen hatten alle, abgesehen von der Zellenmembran, ganz das Aus- sehen von einfachen Fettkügelchen , und wurden weder durch Wasser noch durch Chromsäure in ihrem Aussehn verändert. Demnach war ihre Beschaffenheit und ihr Verhalten ganz von der Art, wie das der Formelemente des Dotters, wenn sich diese noch in ihrer ersten Entwickelung befinden. — Das Bindemittel der Formele- mente des Keimes war diesen Theilen an Masse beinahe gleich, hatte eine um 9 so geringere Consistenz, je näher nach dem Dotter hin, und verlor, wenn es mit Wasser oder Chromsäure in Berührung gebracht wurde, seine Durchsichtigkeit. Das Keimbläschen ist äusserst zarthäutig und leicht zerstörbar. In den grösseren Eiern des Eierstocks fand ich es ganz so, wie etwa das der Vögel in einem niedrigen und überhaupt nur kleinen Hügel (Cumulus) eingeschlossen, der von der Mitte des Keims ausging, gegen das Ceiitrum des Eies gerichtet war, und aus eben solchen Formelementen bestand, wie die tiefere Partie des Keimes. Die in der klaren, etwas dicklichen und gerinnbaren Flüssigkeit des Keimbläschens ent- haltenen Keimfleeke waren, wie in reiferen Froscheiern, überaus zahlreich (ungefähr 200) und hatten alle eine rundliche Form, obgleich ihre Grösse sehr verschieden war: denn die grössten hatten einen Durchmesser von beinahe 0,0004, indess die kleinsten nur als Molekularkörper erschienen. An den grösseren erkannte ich deut- lich eine Zellenwand, in ihrem klaren Inhalte aber 2 bis 3 kleine runde Körper- chen, die ebenfalls mit einer gerinnbaren Flüssigkeit erfüllte Bläschen zu sein schie- nen, und wahrscheinlich eine Brut der Keimflecke waren. §. 3. Wie in dem Obigen gezeigt worden ist, haben die Formelemente des Keimes und des Dotters anfangs eine gleiche Beschaffenheit, sind aber später, wenn sie ihre völlige Ausbildimg erlangt haben, von einander in ihrer Beschaffenheit be- deutend verschieden. Es müssen also die Formelemenle des Keimes später einen ganz anderen Entwickelungsgang nehmen, als die des Dotters. Indess betrifft die Abweichung fast nur allein die chemische Zusammensetzung derselben: denn in Hin- sicht der physischen Zusammensetzung erlangen die Formelemente des Keims eine ähnliche Ausbildung, wie die des Dotters, da sie zuletzt eben so, wie diese, aus einer häutigen, wenn gleich viel zarteren Blase bestehen, die nebst einer tropfbaren Flüssigkeit noch eine bis vier kleinere häutige und ebenfalls mit einer tropfbaren Flüssigkeit gefüllte Blasen einschliesst. Eine andere Veränderung, die in dem Keime vorgeht, betrifft das Bindemittel der Formelemenle desselben: denn dieses verliert gegen die Zeit hin, da das Ei gelegt werden soll, bedeutend an Consistenz und wird flüssiger, so dass später jene Elemente einen viel geringeren Zusammenhang, als früher, bemerken lassen. 10 Zweites Kapitel. Von dem Embryo aus der ersteren Hälfte des Fruclitlebens. §. 4. Wie schon angeführt worden, habe ich in mehreren Eiern, die schon gelegt waren, nur einen Keim, nicht aber einen Embryo gefunden. Die Bildung des Embryo's beginnt also erst ausserhalb des Mutterleibes, und es verhalten sich demnach die Eier der Schildkröten anders, als die der Natter und der Lacerta agilis. Die Zeit, da in Ostpreussen die Schildkröten anfangen ihre Eier zu legen, ist die erstere Hälfte des Junimonates, die Zeit aber, welche für die nöthige Entwicke- lung der Frucht im Ei erforderlich ist, scheint ungefähr 3 Monate zu betragen, denn nur erst am Ende des August's oder zu Anfang des Septembers findet man, wie mir gesagt worden, junge Schildkröten l). Manche Junge aber mögen weit später im Jahre ihre Eier verlassen, sei es weil diese erst spät im Sommer gelegt worden waren, oder weil die Witterung ihrer Entwickelung nicht besonders günstig war, und dann bald nachher in den Winterschlaf verfallen, der übrigens von den Schildkröten der Gattung Emys im Wasser gehalten wird. Denn das in der Em- leitung unter Nr. 3. aufgeführte Junge, bei dem sich noch eine grosse Narbe von einer NabelöfFnung und in der Bauchhöhle ein ziemlich grosser Dottersack befanden, ging mir im lebenden Zustande am 28. Mai zu, drei oder vier Tage später, als es gefangen worden war. Auch fing ich ungefähr um dieselbe Zeit des Jahres in der Krimm das nicht viel weiter entwickelte Junge von Emys lutaria, das unter Nr. 11 aufgeführt worden ist. Nicht glaublich aber kann es vorkommen, dass diese Jungen erst im Frühlinge ihre Eier verlassen, diese also den Winter hindurch in der Erde ausgedauert und sich weiter entwickelt hätten. §. 5. In einem scheinbaren Widerspruche mit der oben gemachten Angabe, dass die Bildung des Embryo's der Schildkröten erst ausserhalb des Mutterleibes be- ginnt, stand eine Wahrnehmung, die ich in dem letzten Jahre meiner Untersuchungen *) Auch von andern Schildkröten bedürfen die Embryonen viele Wochen , ehe sie so weit entwickelt sind, dass sie aus dem Ei auskriechen können. Ein Näheres hierüber findet man in Tiedemanns Schrift über den Embryo der Schildkröte und in einem Aufsatze von Georg Ord über die Lebensweise der Cistudo Carolina in den Transaclions of the Linnean Society vom Jahr 1842 (ausgezogen in 0 k e n s Isis, Jahrgang von 1845, S. 704 und 705). 11 über die Schildkröten machte. In zwei Eiern nämlich, die ich mit der Angabe, dass sie aus den Eierleitern einer Emys europaea entnommen seien, erhalten hatte, befand sich bereits ein im Entstehen begrilfener Embryo. Diese Eier aber waren schon etwa 8 oder 10 Tage aultevvahrt worden, ehe ich sie öffnen konnte, und es ist mir daher sehr wahrscheinlich, dass in ihnen die Bildung des Embryo's erst später, als sie aus den Eierleitern ausgeschnitten worden waren, begonnen hatte. Beide Eier boten in Hinsicht auf die Entstehung des Embryo's Erscheinungen ähidicher Art dar, wie man sie in Hühnereiern in der zweiten Hälfte des ersten Brütungstages anzutreffen pflegt. Der Keim hatte sich in einen durchsichtigen und undurchsichtigen Fruchthof geschieden. Der erstere war scheibenPörmig rund, hatte nicht völlig eine Linie im Durchmesser, und Hess zum grossen Theil den Dotter klar hindurchscheinen. In seiner Mitte aber war er undurchsichtig und von weiss- licher Fai'be. Dieser undurchsichtige Tbeil, dessen grösster Durchmesser kaum mehr, als eine halbe Linie betrug, bestand zunächst aus zwei einander beinahe parallelen und beinahe geraden hervorragenden Streifen, den sogenannten Rückenplatten der Frucht, die eine massig breite, wenig tiefe, und in ihrem Grunde aus einer durchsichtigen Sub- stanz bestehende Rinne, die Rückenfurche, zwischen sich hatten. (Tab. ÜI. Fig. 1 a.) Jene Streifen waren auf dem Querdurchschnitte dreiseitig, an ihrer Firste beinahe scharf, und so gestellt, dass diejenige Seite von ihnen, welche der Rinne zugekehrt war, beinahe senkrecht stand, die äussere Seite aber, oder diejenige, welche der Rinne abgekehrt war, eine sehr schräge Stellung hatte und sich unmerklich in den übri- gen Theil des Fruchthofes verlor. Ferner waren sie an ihrem einen Ende ein we- nig breiter, als an dem andern, und gingen an dem breiteren, oder dem künftigen Kopfende der Frucht, unter einem Bogen in einander über, indess sie an dem schmä- leren Ende unter einander in keiner Berührung standen. Die erwähnte Rinne war zwischen dem breiteren Theü der Streifen ebenfalls am breitesten, wurde gegen ihre Mitte hin allmählig schmäler, und nahm dann gegen das andere Ende, obgleich nur sehr wenig, wieder an Breite zu. — Dicht vor demjenigen Ende der beschriebenen Längsstreifen, oder der Rückenplatten, befand sich ein gleichfalls aus einer weiss- lichen Substanz bestehender Querstreifen (Tab. HI. Fig. 1, b.), der bogenförmig stark zusammengekrümmt war, in seiner Mitte eine massig grosse Breite hatte, ge- gen seine Enden spitz auslief, seinen konkaven Rand der Rückenfurche zukehrte, das breitere Ende der Rückenplatten massig weit umfasste, und an seinem konka- ven Rande am dicksten, an seinem andern Rande aber ganz verwischt war. Nach der Analogie mit der Entwickelung des Hühnchens zu schliessen, bezeichnete der Querstreifen eine Kopfkappe oder überhaupt ein Amnion in der ersten Entstehung. 12 Auch waren, danach zu urtheilen, die Rückenplatten sammt der Rückenfurche nicht mehr in einer der Oberfläche des Dotters entsprechenden Ebne ausgebreitet, sondern in der Nähe jenes Querstreifens, oder vielmehr wohl jener Falte, schon stärker ge- gen den Dotter hingebogen. — Ob sich unter der Rückenfurche schon eine Anlage für die Chorda dorsalis befand , konnte ich nicht erkennen , theils wegen der Kleinheit des Ganzen, theils und hauptsächlich, weil sich die beiden Fruchthöfe nicht ganz unversehrt von dem ihnen anklebenden und sehr zähen Dotter abheben Hessen. — Der undurchsichtige Fruchthof verlor sich nach aussen ohne bestimmte Grenzen^ zeigte also noch keine Anlage zu einem Sinus terminalis, Hess auch keine Höfe (Halones) bemerken, und war selbst in der Nähe des durchsichtigen Frucht- hofes nicht so dick, wie die drei Streifen, welche die Rückenplatte und die Kopf- kappe bezeichneten. Die Substanz der ganzen Fruchtanlage bestand aus Zellen, die meistens 0,0010 bis 0,0013, seltener 0,0007 Z. im Durchmesser hatten, rundlich oder ellipsoidisch waren, durch eine nur geringe Masse einer formlosen Substanz (Intercellular- Sub- stanz) zusammengehalten wTirden, und ziemlich viele sehr kleine Molekularkörper- chen enthielten. Im frischen Zustande Hessen sie sich von einander nur schwer unterscheiden, und ein Kern war in ihnen dann gar nicht zu erkennen. Als ich aber verdünnte Essigsäure auf sie angebracht hatte, wodurch die in ihnen einge- schlossenen Molekularkörper der Mehrzahl nach langsam aufgelöst wurden, Hessen sie sich besser unterscheiden und es ward dann auch ein Kern in ihnen bemerklich. (Tab. IJI, Fig. 2, 3 und 4.) Dieser nun hatte meistens eine rundliche, seltener ellipsoidische Form und war im Verhällniss zu seiner ZeHe von verschiedener Grösse: doch massen selbst die grössten nicht vöHig 0,0003 Z. Sein äusserer Theil steUte sich als ein ganz klarer und massig breiter Saum dar, sein innerer grösserer Theil aber bestand aus einem verhältnissmässig sehr kleinen einfachen und rundlichen Kernkörper und einer äusserst zarten, kaum merklichen Granulation. In einigen wenigen Kernen bemerkte ich zwei diskrete Kernkörper (Tab. III, Fig. 5), und in einigen sehr wenigen ZeUen (im Ganzen 4, von denen übrigens 2 ganz iso- lirt, die andern ziemlich frei lagen) 2 Kerne. Diese doppelten Kerne aber deuteten auf eine Vermehrung der ZeHen durch Rrutbildung hin, indem sich wahrscheinlich um sie herum zwei junge ZeUea ausgebildet haben, die Hülle ihrer MutterzeHe aber durch Auflösung verloren gegangen sein würden. §. 6. In Eiern, die schon etwas weiter, als die oben erwähnten, ausgebildet waren, halten die schon deutHch als solche erkennbaren Embryonen eine Länge von 1 '4 Linie des Pariser Maasses, und nahmen die Mitte eines scheibenförmig runden 13 Fruchthofes ein, dessen Durchmesser nicht völlig 2 Linien betrug (Tab. I, Fig. 5 bis 8). An dem Fruchthofe, der sich, wie in den Vogeleiern, auf der Oberfläche des Dotters in der Mitte der Länge des Eies befand, waren zu unterscheiden ein durchsichtiger Hof, ein Gefasshof und ein sehr schmaler Dotterhof. Derjenige Theil der Keimhaut, welcher die beiden letztern darstellte (Fig. 5 f.), war dicker und un- durchsichtiger, als der andere Theil mit Ausnahme des Embryonaikörpers, der die Mitte desselben ausmachte, (Fig 5, e.) und hing mit dem Dotter so innig zusam- men, dass er sich von diesem nicht entfernen Hess, ohne zu zerreissen: dagegen besass der innere Hof eine grosse Durchsichtigkeit und lag dem Dotter nur lose auf, weil zwischen beiden wahrscheinlich eine kleine Quantität von einer eiweiss- artigen Flüssigkeit vorhanden war. — In dem Gerässhofe befanden sich viele ßlut- punkte, und an dem Umkreise desselben Hess sich stellweise eine zarte rothe Linie bemerken, die ein Segment eines Kreises darstellte. Danach zu urtheilen war an dem Umkreise wahrscheinlich schon ein Sinus terminalis vorhanden, hatte sich aber theilweise seines Blutes entleert, noch ehe das Ei, das schon unter- wegs abgestorben war, geöffnet wurde. Und aus eben derselben Ursache war auch wahrscheinlich in dem Gefässhofe nicht ein Netzwerk von Blutgefässen, sondern nur eine Menge von Blutpunkten zu sehen. Der durchsichtige Fruchthof hatte eine lang- gestreckte, aber etwas unregelmässig ellipsoidische Form, und war im Verhältniss zu dem Embryo massig breit. Der Embryo hatte in seiner Gestalt viele Aehnlichkeit mit einem sehr jungen Embryo der Eidechsen oder auch der Säugelhiere, wie denn überhaupt die Schild- kröte und die eben genannten Thiere in der frühesten Zeit ihrer Entwickelung ein- ander auffallend ähnlich sind. — Von allen Theilen des Körpers waren der Kopf und der Hals am meisten ausgebildet. Auch waren sie beide schon etwas abwärts gekrümmt und ein wenig in den Dotter hineingedrückt (Fig. 5, a.), doch befand sich zwischen ihnen und diesem ein Theil des durchsichtigen Fruchthofes, der namentlich durch den Kopf ziemlich stark gegen den Dotter ausgebuchtet worden war, als eine Scheidewand. — Was von dem Amnion schon angedeutet war, bildete nebst der künftigen serösen HüUe eine schmale Falte, die sich um den Kopf und Hals in ei- ner parabolischen Krümmung herumzog und diese Körpertheile nur erst in so weit einhüllte, dass noch der ganze Nacken und der Hinterkopf bloss lagen. (Fig. 5, d.) An dem hinteren Theile des Körpers aber Hess sich von dem Amnion noch keine Spur auffinden. Der Kopf war so zusammengebogen , dass die sogenannte Kopfteuge etwas mehr, als einen rechten Winkel betrug. (Fig. 7.) Von den Seiten war er stark 14 abgeplattet, grade an der Stelle, wo sich die Augen befanden, am dicksten, am Scheitel und vorne abgerundet, und im Ganzen erst sehr wenig ausgebildet. Der Hals hatte eine weit grössere Breite, als der Kopf, von dem er nicht durch einen besonderen Nackenhöcker abgegrenzt war, und zeigte sich noch etwas stärker nach unten (nach der Bauchseite hin), wo das Herz lag, als seitwärts ausgeweitet, so dass seine Höhe sogar ein wenig mehr betrug, als die Breite. Doch bildete seine untere Wand nicht etwa einen stark hervorragenden Sack, in dem sich das Herz befand, sondern im Ganzen eine nur schwach von vorn nach hinten gehende Krüm- mung. Uebrigens waren die Seitenwände des Halses, wie die untere Wand dessel- ben, sehr dünn und einer serösen Haut ähnlich. — Der Rumpf war im Verhältniss zu jenen ersteren Abschnitten des Körpers nur kurz, schmäler als der Hals, auch im Verhältniss zu seiner eigenen Länge nicht auffallend breit, und in seiner Mitte etwas eingezogen oder am schmälsten. (Fig. 5.) Bis an das Ende des Embryo's, an dem ein Schwanz noch gar nicht angedeutet war, stand er weit offen, indem eine Visceralhöhle nur erst im Halse gebildet war und von dem sogenannten vor- dem Eingange in diese Höhle, die sich an dem Ende des Halses befand, oder der Fovea cardiaca (nach Wolff), bis an das hintere Ende des Körpers die un- tern Ränder der Bauchplatten noch weit auseinander lagen. Die untere oder die dem Dotter zugekehrte Fläche der noch offenen Wandung des Rumpfes war nur wenig concav, und überhaupt hatte der Rumpf nur erst die Form einer sehr flachen Mulde. Die Seitentheile des Rumpfes, oder die hintere Hälfte der Bauchplatten, die in ihrer ganzen Breite, wie die Seitenwände des Halses, noch höchst zart waren, Hessen sich von dem peripherischen Theile des serösen Blattes nur hauptsächlich durch ihre Wölbung und eine etwas geringere Durchsichtigkeit unterscheiden. Ihre Dicke war nur wenig grösser, als die des äusseren oder peripherischen Theiles des serösen Blattes. (Fig. 6.) Von Gliedmassen fehlte noch eine jede Andeutung. Die Rückenplatten waren schon der ganzen Läjige nach verwachsen: eine milchweisse zarte Linie aber, die über den Hals und ganzen Rumpf sich hinzog, bezeichnete gleichsam die Naht oder die Stelle, wo die Rückenplatten unlängst verwachsen waren. An der hinteren Hälfte des Halses kamen im Innern der Rückenplatten 3 Paar weisslicher, beinahe quadratförmiger, dünner und überhaupt nur sehr kleiner Täfel- chen vor (Fig. 5 und 7.), die aus einer weniger durchsichtigen Substanz, als die übrige Masse dieser Platten bestanden. Sie lagen nicht sowohl zu beiden Seiten der Chorda dorsal is, als vielmehr dicht über dieser zu beiden Seiten der Me- duUarröhre, standen paarweise sowohl oben, wie unten, weit auseinander, und ent- 15 sprachen denjenigen in sehr jungen Embryonen anderer Wirbelthiere bemerkten Thei- len, welche man gewöhnlich für die ersten Anlagen der Wirbelbeine gehalten hat, die aber nach Untersuchungen, die Remak an dem Hühnchen angestellt hat, von demselben fiir die Keime der Cerebrospinalnerven ausgegeben worden sind '). Das vorderste Paar lag etwas hinter der Mitte des Halses. Dicht hinter ihnen sah ich unter dem Mikroskope noch 2 bis 3 Paar trüber Stellen von ähnlicher Form, die eben solche , aber noch weit weniger ausgebildete Körpertheile bezeichneten. — Eine Rückensaite war schon vorhanden, doch hatte sie noch eine grosse Zartheit und Hess sich nur schwer erkennen. Sie reichte beinahe von dem einen bis zu dem anderen Ende des Embryo's, lag aber nirgend so überaus tief unter der Gegend oder der Ebne, in der die Bauchplatten und Rückenplatten zusammenstiessen, wie von Baer bei einem sechstägigen Embiyo der Schildkröte bemerkt haben will 2), son- dern bildete mit ihrer nächsten Umgebung nur eine sehr massig hohe, aber recht breite wullstartige Erhöhung der inneren Fläche der Rückenwandung. Das Gehirn und Rückenmark , die beide durch die Rückenplatten deutlich hindurchschimmerten, bestanden in einem zarten und dünnwandigen Rohre, das nach hinten massig ver- jüngt auslief, vor seinem Ende aber wieder etwas angeschwollen war. Auch das Gehirn war im Verhältniss zu seiner Länge, wie das Rückenmark, zwar im Gan- zen nur sehr enge, doch an drei aufeinander folgenden Stellen, wiewohl nur um ein Geringes, breiter, als zwischen denselben. Von diesen drei Stellen war die vorderste am kürzesten, und hatte, von oben angesehen, beinahe die Form einer Ellipse, zeigte also noch keine Theilung in zwei Seitenhälften. Die mittlere war sehr viel länger, aber in ihrer Mitte nur ungefähr eben so breit, als die erste in ihrer Mitte. Die dritte war die längste von allen, aber in ihrer Mitte kaum so breit, als die beiden anderen, und ging ohne bestimmte Grenze in das Rückenmark über. Die durch eine leichte Einschnürung bezeichnete Grenze zwischen der ersten und zwei- ten Hirnzelle lag, wenn von oben auf sie gesehen wurde, ziemlich genau über den Augen, hingegen die ebenso beschaffene Grenze zwischen der zweiten und dritten Hirnzelle eine sehr kleine Strecke hinter der sogenannten Kopfbeuge, oder dem Uebergange des Vorderkopfes in den Hinterkopf. Von der Seite betrachtet stellte die vordere Hirnzelle und die vordere Hälfte der mittleren Zelle zusammengenommen ein massig hohes Dreieck dar, das mit seiner gradlinigen Basis auf der Grundfläche der künftigen Hirnschale ruhte und dicht vor dem vordem Ende der Chorda dor- ') F. Müllers Archiv, Jahrgang von 1843. *) Müllers Archiv, Jahrgang von 1834, und die Schritt: Zur EatwickeluDgs- Geschichte der Thiere Beobachtung und Reflexion, Theil II. S. 155. 16 salis seine Lage hatte. Dieser nach unten ausgeweitete Theil des Gehirns war etwa noch einmal so hoch, als die beiden vorderen Hirnzellen in ihrer Mitte breit waren, und hatte eine nur sehr schmale Basis. Wie die Untersuchung älterer Em- bryonen lehrte, war die vorderste Hirnzelle und die vordere Hälfte der zweiten Hirnzelle für die Bildung des Vorder- und des Zwischenhirns, also überhaupt für die des grossen Gehirns, die hintere Hälfte der mittleren Zelle für das Mittelhirn, und die hinterste Zelle für das kleine Gehirn und das verlängerte Mark bestimmt. Es war also das Mittelhirn nicht als eine besondere Zelle zu unterscheiden. Diese Bemerkung steht aber nicht im Einklänge mit den Erfahrungen, die man bei andern Wirbelthieren über die Entwickelung des Hirns gemacht hat, und ich verrauthe daher, dass bei dem Embryo, welchen ich jetzt beschreibe, zwar allerdings bereits ein Mittel- hirn als ein besonderer Theil des Nervenrohres vorbanden gewesen ist, dass aber, weil der Embryo unter Wasser untersucht wurde, eine schwache Einschnürung, die zwischen dem Mittelhirn und dem Zwischenhirn vorgekommen sein mag, durch Auf- nahme von Wasser in das Gehirn aufgehoben und verstrichen worden war, ehe ich dieses Organ näher betrachtete und den Embryo abbildete. — Oeffnungen waren an der obern Seite des Hirns und des Rückenmarkes nirgends zu bemerken, und es war mithin die Masse, woraus die Körpertheile, welche ich vorläufig mit jenen Namen belegt habe, bestanden, oder die sogenannte Medullarröhre, wohl nicht allein für das Hirn und Rückenmark, sondern auch für die Hüllen derselben bestimmt. Von den Seitenwänden der vordersten Hirnzelle, nahe an der Grenze der zweiten Zelle und in der Nähe der Grundfläche von beiden, gingen zwei massig grosse, ungefähr birnförmige, und auch an Grösse einander gleiche Fortsätze ab, die sich für Ausstülpungen dieser Wände halten liessen, ganz die Beschaffenheit dersel- ben besassen, im Innern hohl waren, und die Augen bezeichneten. (Fig. 8, b. b.) Sie waren mit dem breiten abgerundeten Ende schräge nach aussen, oben und et- was nach hinten gerichtet (Fig. 7.), ganz so, wie von Baer sie in seiner Epi- stola de hominis et mammalium genesi von einem sehr jungen Hunde -Embryo ab- gebildet hat. Ihre Höhle ging an dem dünnen Ende durch eine massig weite Oeff- nung in die Höhle der zweiten Hirnzelle über, und ihre Wandung war nur wenig dünner, als die Seitenwände dieser Zelle. Von einer Linse, wie überhaupt von den einzelnen Theilen eines ausgebildeten Auges, Hess sich an ihnen keine Spur auffinden. Auch war es mir nicht möglich, an dem dickern oder freien Ende dieser Organe eine Grube oder Einsackung zu bemerken, die auf eine solche Bildungsweise der Linsenkapsel hingedeutet hätte, wie sie nach H u s c h k e bei den verschiedenen Wirbelthieren vorkommen soll. Indess muss ich wegen der Gestalt, welche die 17 Augen schon erlanget halten, vernuithen, dass eine Linsenkapsel und Linse schon enlslanden waren, dass sie sich aber ihrer Zartheit und Kleinheit wegen noch nicht gehörig erkennen Hessen. Auch die Gehörorgane waren schon angedeutet, doch nur erst in ihrem wesentlichsten Theile, nämlich in dem häutigen Gehörlabyrinthe (Fig. 7, e). Es erschien derselbe als ein äusserst kleines, rundliches, einfaches und durchsichtiges Bläschen neben der dritten Hirnzelle, und Hess sich nur erst unter dem Mikroskop gehörig erkennen. Nasengruben, als die ersten Andeutungen des Geruchsorganes, waren noch nicht gebildet worden. Eine Mundspalte war schon vorhanden, doch nur sehr klein, und lag ziemlich weit vom vorderen Ende des Kopfes entfernt. Hinter ihr hatte sich die Substanz des Kopfes ein wenig aufgewulstet (Fig. 7, f. und Fig. 8, d.J, und der sehr kleine, kaum erkennbare Wulst bezeichnete die Anlage für das vorderste Paar der soge- nannten Kiemenbogen oder Schhindbogen, also fiir den Unterkiefer imd seine Beklei- dung. Doch waren weder Kiemenspalten, noch auch Furchen als Zeichen von einer Einleitung zur Bildung derselben irgendwo bemerkbar. Durch die Leibeswand hindurch Hess sich in dem Halse ein kurzer und ganz einfacher, aber ziemlich weiter Kanal erkennen, der an dem Munde begann und in einem schwachen Bogen, dessen convexe Seite dem Hirn und Rückenmarke zuge- kehrt war, unter der Chorda dorsalis erst nach oben und hinten, und dann grades- weges nach hinten verlief. Dieser bis an die Fovea cardiaca reichende Kanal war der Munddarm, also Speiseröhre und Magen zusammen. Dagegen konnte der übrige Theil des Darmkanals nicht als ein besonderer Theil des Schleimblattes der Keimhaut unterschieden werden, indem dieses Blatt, wo es der unteren Fläche der noch weit offenen Rumpfwandung anlag, nur die Form einer flachen Rinne hatte (Fig. 6.), auch von seinem übrigen oder peripherischen Theil in der Dicke und dem Gefüge keine merkliche Verschiedenheit zeigte. Von einem Gekröse Hess sich noch keine Spur bemerken, sondern die Darmrinne lag in der Mittellinie des Körpers der Rumpf- wandung noch dicht an. Unter dem Munddarme lag in dem weiten Halse das Herz. (Fig. 7, g. und Fig. 8, e.) Es erschien dasselbe als ein massig langer Kanal, der fast in seiner ganzen Länge Blut enthielt, und mit seinem mittleren Theile eine vollständige Spi- ralwindung beschrieb. Sein hinteres Ende nahm, wie überhaupt das Herz bei jün- geren Embryonen anderer Wirbelthiere , zwei im Verhältniss zu ihm recht weite, aber nur kurze GePässstämme , die Dottervenen, auf, die von rechts und links aus dem Gefässhofe kamen, und von denen ein jeder in zwei Aeste, einen vorderen und einen hinteren, getheilt war. (Fig. 8, f und g.) Von seinem hinteren Ende ging 3 18 der Herzkanal , indem er ein wenig an Weite zunahm , eine nur massig grosse Strecke, und zwar ziemlich in der Mittelebne des Körpers, fast gradesweges nach vorne, bog sich dann erst links hin, darauf nach unten und rechts, zuletzt aber nach vorne um, und lief nun wieder gradesweges nach vorne fort. Die Spirale, die das Herz be- schrieb, war also eine links gewendete, und verhielt sich ganz so , wie bei Jüngern Embryonen der Säugethiere, Vögel, Schlangen und Eidechsen. Der von der letzten Umbiegung des Herzkanals nach vorn gehende Theil verengte sich zwar nur all- mählich, doch im Ganzen recht stark, erstreckte sich beinahe bis zu der Mundspalte, und tbeilte sich hinter ihi- in zwei Aeste, die in den Seitenwänden des Halses oder vielmehr des Kopfes nach oben aufstiegen. Dieser vordere gerade und engere Theil des Herzkanals bezeichnete die künftige Kiemenarterie, und ihre beiden Aeste gaben sich als das künftige vorderste Paar der Kiemengefässbogen kund. Doch waren sie nicht ganz vollständig zu sehen, wahrscheinlich aber nur deshalb nicht, weil die Em- bryonen schon vor der Untersuchung abgestorben waren. Noch andere Gelasse Hes- sen sich, wahrscheinlich aus eben demselben Grunde, nicht auffinden. — Wolffsche Körper waren noch nicht vorhanden, und eben so wenig eine Allantols. Abgesehen von dem Blute und von der Flüssigkeit, welche in dem Gehirne und Rückenmarke enthalten war, bestand die Substanz des ganzen Körpers der beiden Embryonen aus Zellen, die nur einen Durchmesser von höchstens 0,0004 Z. hatten, dicht zusammengedrängt lagen, und dieserhalb gegen einander mehrfach abgeplattet, doch übrigens von sehr verschiedenen Formen waren. In ihrer Beschaffenheit zeig- ten alle eine grosse Uebereinstimmung unter einander. Sie besassen einen im Ver- hältniss zu ihrem Umfange recht grossen Kern (Cytoblastus), der sich aber, weil die Wandung der Zellen ziemlich dick zu sein schien, auch der neben dem Kern befind- liche Inhalt der Zellen nicht ganz klar war, etwas schwierig erkennen Hess. (Fig. 3.) Einen Kernkörper aber konnte ich so wenig, wie in dem übrigen Inhalte der Zellen scharf umschriebene Molekularkörper, wahrnehmen, wenn ich die Zellen in Wasser oder Eiweiss untersuchte. Essigsäure hingegen liess in ihnen einen kleinen rundli- chen Kernkörper zum Vorschein kommen. — Aus eben solchen Zellen, wie der Körper des Embryo's, bestanden auch der äussere Theil des durchsichtigen Hofes und der Gefass-Hof. Doch hatten viele von diesen eine etwas bedeutendere Grösse als jene, nämlich einen Durchmesser von 0,0005 Z. Auch lagen sie stellenweise nicht so dicht gedrängt beisammen, sondern hatten eine ziemlich grosse Masse von Intercellularsubstanz zwischen sich. Aber weder in den Zellen der Höfe, noch in denen des Embryonalkörpers, konnte ich eine Brut (junge Zellen) bemerken. Nach dem, was ich so eben über die Grösse der Zellen angefiihrt habe, waren dieselben 19 viel kleiner, als die Zellen des Keimes in frisch gelegten Eiern. Dies aber ist eine Erscheinung, die ich auch in den Eiern vieler andern Thiere, und in manchen der- selben, wie namentlich in denen der Crustaceen, in einem noch weit höheren Grade bemerkt habe. Auch hatten sie eine ganz andere BeschafFenheit, und es mussten demnach die Zellen des Keimes, indem sich der Embryo aus diesen zu bilden ange- fangen hatte, eine bedeutende Veränderung erfahren haben *). §. 7. In den Eiern einer anderen Sendung hatten die Embryonen eine Länge von 1% Linie, und der Durchmesser ihres Fruchthofes betrug beinahe 3 Linien (Tab. I, Fig.* 9 bis 11). Ihre Ausbildung war nur wenig weiter vorgeschritten, als bei den eben beschriebenen, weshalb ich hier hauptsächlich nur diejenigen Ver- hältnisse angeben werde, durch welche sie von jenen erstem sich verschieden zeigten. Die Krümmung des Leibes war etwas grösser, und der Kopf, der sich in den Dotter etwas mehr hineingedrückt hatte, besonders an der Stelle, wo sich die Augen befanden, ein wenig dicker geworden. Der Hals hatte sich an seiner unteren Seite noch etwas mehr ausgeweitet. Nachdem ich die Embryonen in Weingeist erhärtet und darauf mit einer scharfen Scheere Querdurchschnitte des Halses gemacht hatte, fand ich, dass die Wandung des in demselben enthaltenen Munddarms (Schlundkopf und Speiseröhre) wenigstens dreimal dicker war, als die untere Wand und die Sei- tenwände des Halses, und dass sie mit der oberen Wand und zum Theil auch mit den Seitenwänden des Halses ziemlich fest zusammenhing, oder mit ihnen gleichsam verklebt erschien. Von Dotter war so wenig bei diesen , wie bei den schon be- schriebenen Embryonen, irgend eine Spur im Munddarm zu finden. Die Wandung des Herzens war selbst an ihrer hintern oder weitern Hälfte ein wenig dünner, als die des Munddarms. Von Kiemenspalten Hess sich noch keine Andeutung bemerken, sondern die Seitenwände des Halses waren noch ganz glatt und eben. Gleich hinter der Mundspalte , also da , wo sich später der Unterkiefer bilden sollte , schienen die Seitenwände des Halses ein wenig stärker aufgewulstet zu sein: in ihrem übrigen Theile aber waren sie, wie die untere Wand, noch sehr dünne. Der kräftige Rumpf war nicht völlig zweimal länger, als Kopf und Hals zu- sammengenommen, und stellte zwar noch, wie in den jüngeren Embryonen, eine lange und schmale Mulde dar, war jedoch von unten her betrachtet schon etwas mehr con- cav. Ausserdem aber war er in seiner Mitte von den Seiten her ein wenig einge- •) Ueber die Eatstebang des Embryo's der Thiere im Allgemeinen, worüber ich seit mehreren Jahren aasnihrliche Cnlersnchungen aogesteUt habe, ein Näheres an einem andern Orte. 3* 20 zogen , so dass er vorn und hinten eine grössere Breite , als in der Mitte hatte. (Fig. 11.) Sein hinteres abgerimdetes Ende, an dem noch keine Spur von einem Schwänze vorhanden war, hatte sich über die Ebene des Fruchthofes etwas mehr erhoben, und auch schon angefangen, sich von diesem abzuschnüren. Die Fortsetzung des Munddarmes, oder derjenige Theil des Schleimblattes der Keimhaut, welcher sich zum Darm ausbilden sollte, war im Ganzen dünner, als die Wandung jenes Kanals, entsprach in seiner Form der des Rumpfes, dessen Wandung er in seiner Mittellinie noch dicht anlag, und war also in seiner ganzen Länge noch weit offen. — Schwanz und Gliedmassen waren noch nicht angedeut^. Die Mckenplatten Hessen an der Stelle ihrer Vereinigung nirgend mehr eine weisse Linie als eine Naht wahrnehmen : doch trennten sie sich am Kopfe von selbst und klafften weit auseinander, als ich den einen Embryo etwa eine Viertelstunde hatte im Wasser liegen lassen. — Die Form des Gehirns und des Rückenmarkes verhielt sich, wie in den beschriebenen jüngeren Embryonen, ausgenommen, dass schon das Mittelhirn, das ich in den jüngsten Embryonen nicht bemerkt hatte, als eine besondere Abtheilung des Nervenrohres angedeutet war. Doch besajs dasselbe eine nur sehr geringe Breite, hatte überhaupt eine nur geringe Grösse und war nur durch eine sehr schwache Einschnürung von dem Zwischenhirn geschieden. Das Rückenmark erschien an seinem hinteren Ende noch ein wenig dicker und weiter, als in einiger Entfernung von demselben. (Fig. 11, e. e.) Die Rückensaite (Fig. 9, e und f. Fig. 11, d. ) Hess sich, als die Embryonen mit Wasser befeuchtet worden waren, nur als ein dunkeler Streifen in der Rückenwand des Leibes erken- nen, war sehr dünn, zeigte eine Zusammensetzung aus ähnUchen Zellen, wie die übrigen Körpertheile , und ging ebenfalls, wie diese, bei einem angewandten Drucke, leicht auseinander. Nachdem ich aber den einen Embryo durch Weingeist erhärtet, darauf einen ausgeschnittenen Theil der Rückenwand zwischen Glastäfelchen gepresst, und diese Täfelchen etwas an einander hin und hergeschoben hatte, löste sich das in demselben enthaltene Stück der Rückensaite von der übrigen Masse los, und ver- hielt sich jetzt bei fortgesetztem Verschieben der Glastäfelchen heinahe wie ein dün- ner Streifen von Gummi elasticum, zeigte nämlich eine ziemlich grosse Zähigkeit und Elasticität, und erhielt sich einige Zeit unter dem Drucke, ehe es zerging. Nach hinten erstreckte sich die Rückensaite nicht völlig so weit, wie das Rücken- mark, und vorne reichte sie nur bis zwischen die Gehörbläschen, also lange nicht so weit hin, als das Gehirn. Rechts und links von dem Rückenmarke hatten sich die kleinen oblongen Täfelchen, die schon bei jüngeren Embrj'onen bemerkbar wa- ren, sehr vermehrt. Auch ragten die mittleren von ihnen, oder die grösseren, schon 21 so weit nach unlen herab, dass sie mit ihrer unteren kleineren Hälfte zu heiden Seiten der Chorda dorsalis lagen. Das vorderste Paar befand sich an dem Anfange des Halses, das hinterste beinahe an dem Ende des Rumpfes. (Fig. 9 u. 11.) Demnach hatten sich sowohl vor, als auch hinter dem zuerst aufgetretenen Täfelchen neue gebildet. Die Zalil ihrer Paare entsprach genau der Zahl der Hals- und Rumpf- wirbel. Sie alle bestanden aus ähnlichen Zellen, wie die übrigen Körpertheile , nur waren diese Zellen etwas weniger klar. Wolf f sehe Körper konnte ich nicht auffinden, und eine AUantois war bestimmt noch nicht vorhanden. Das Amnion hatte sich zwar erst am Kopfe und Halse ge- bildet, hüllte jedoch sie beide schon vollständig ein und lag ihnen so knapp an, dass zwischen ihm und den eben genannten Theilen nur erst an wenigen Stellen ein klei- ner Zwischenraum vorkam. (Fig. 9, b.) Genauer angegeben bestand diese den Kopf und Hals einhüllende Kappe, wie ich gewahr wurde, nachdem ich einen Embryo nebst seinem Fruchthofe in Weingeist gelegt hatte, eigentlich aus einer Falte, die von ei- nem kleinen Theile des äusseren Blattes der Keimhaut gebildet wurde, und deren beide Platten gleichmässig zart und durchsichtig waren. Der Rand dieser Falte, der sich um den hintern Theil des Halses herumzog und von demselben oben uud seit- wärts massig weit abstand, war sehr scharf: von ihm aber aus gingen die beiden Platten der Falte immer weiter auseinander, bis die äussere, nachdem sie den Ge- fösshof erreicht hatte, sich dem andern Blatte der Keimhaut wieder dicht anschloss. (Fig. 9 u. 10.) Demnach bildet sich bei der Schildkröte zugleich mit dem Amnion auch eine seröse Hülle, und zwar auf eben dieselbe Weise, wie bei den Vögeln und Säugelbieren. Denn dass die äussere Platte der oben angegebenen Falte zu einem Theile einer solchen HüUe, die innere hingegen zu einem Theile des Amnions ge- worden wäre, darüber dürfte , wenn man dasjenige , was ich über die Beschaffenheit jener Falte angeführt habe, mit den Mittheilungen zusammenstellt, welche durch von Baer und Bisch off über die Entstehung des Amnions imd der serösen Hülle der Vögel und Säugethiere gemacht worden sind, wohl kein Zweifel erhoben wer- den können. [Den Eingang in die Höhle der von der beschriebenen Falte gebildeten Kappe, welcher Eingang sich ungefähr auf der Grenze zwischen dem Halse und dem Rumpfe des Embryo's befand, habe ich auf Tab. I. in Fig. 10 abgebildet.] Der Gefässhof war so wenig fest und hing mit dem sehr consistenten Dotter so innig zusammen, dass er von diesem nur in kleinen Stücken abgelöst werden konnte. Dagegen Hess sich der durchsichtige Hof, der noch eine ungefähr eben so grosse Breite hatte, wie bei den jüngeren Embryonen, und unter dem sich deutlich eine eiweissartige und klebrige Flüssigkeit befand, von dem Dotter leicht und voll- 22 ständig abheben. — Blutgefässe waren weder in den Embryonen selbst, noch auch in dem Gefasshofe zu erkennen. §. 8. Einige ältere Embryonen (Tab. II, Fig. 1 bis 12) waren noch weit mehr, als die zuletzt beschriebenen, zusammengekrümmt. An ihrer convexen oder oberen Seite gemessen , waren sie vom Scheitel bis zum Nackenhöcker 1 ^ , von diesem bis an das Ende des Schwanzes 2*/^, im Ganzen also vom Scheitel bis an das Schwanzende beinahe 3^ Linie lang. Ihre auf dem Dotter ausgebreitete Keim- haut, die eine ziemlich runde regelmässige Scheibe darstellte, hatte 5 Linien im Durchmesser. Der Kopf war nur in der Gegend der Augen ziemlich dick (Fig. 2.), im Ue- brigen aber, wie der Hals, von den Seiten noch stark abgeplattet. Der Scheitel trat unter der Form eines kleinen niedrigen Hügels hervor. Vorder- und Hinterkopf machten eine Biegung, die ungefähr einen rechten Winkel bildete. Die Augen la- gen absolut und relativ nicht völlig so weit nach vorn, wie bei den jüngeren Em- bryonen: denn der vor ihnen befindliche Theil des Kopfes hatte schon etwas mehr an Länge zugenommen. Die Mundöffnung aber, die eine massig lange und nur we- nig breite Querspalte war, lag noch ganz hinter den Augen. — Der Hals war nach unten beutelartig ausgeweitet, und in diesem massig stark vortretenden und noch sehr dünnwandigen Theile lag das Herz. (Fig 1, a. a.) Am Kopfe und der vordem kleinern Hälfte des Halses befanden sich jederseit 3 senkrechte Spalten, von denen die erste am längsten, die dritte am kürzesten war, und hinter ihnen ein sehr kleines rundliches Loch. Derjenige Theil der Wandung des Halses, in welchem sich diese verschiedenen und bis zu der Schlundhöhle durchdringenden Oeffnungen gebildet hatten, war schon bedeutend verdickt, und zwar in der Art, dass der zwi- schen der ersten Spalte imd der Mundöffnung gelegene Bogen, in welchem sich der Unterkiefer hätte bilden sollen, die grösste Dicke hatte, nächst ihm aber der zweite Bogen am dicksten war. Von dem oberen Elnde des ersten Bogens ging unter ei- nem spitzen Winkel ein eben solcher Fortsatz ab , wie ich ihn bei Schlangen und höheren Wirbelthieren zu einer gewissen Zeit der Entwickelung gefimden und unter dem Namen des Oberkieferfortsatzes beschrieben habe. Er reichte aber noch lange nicht bis zu dem Auge hin, und war auch nur sehr schmal und an seinem Ende abgerundet. (Fig 1, f.) Der Hals ging unter einem starken Bogen, welcher den Nackenhöcker bezeich- nete, in den Rumpf über. Dieser war im Verhältniss zu seiner Länge nur sehr schmal, verhältnissmässig schmäler sogar, als bei den jüngeren Embryonen, an der künftigen Bauchseite von dem Halse bis heinahe an sein Ende nocii weit offen, und 23 im Ganzen beinahe wie ein flacher Kahn g:eformt. Seine Seitemvände (oder die hintere Hälfte der sogenannten Bauchplatten) hatten eine nur geringe Dicke und eine nur sehr massig grosse Breite, gingen von dem mittleren oder demjenigen Theiie, welcher das Rückenmark und die Rückensaite umschloss, mehr nach aussen, als nach unten hin, und setzten sich ohne scharfe Abgrenzung in das noch dünnere Amnion fort. (Fig 1, b und Fig. 5, d. ) Die Rückenplatten des Rumpfes stiegen ziemlich steil in die Höhe (Fig. 5 und 6), so dass der Körpertheil, welcher von ihnen ge- bildet war, nicht weniger über die Ebne der Bauchplatten hervorragte, als bei Säuge- thieren, Vögehi und Schlangen, wenn sie in ihrer Entwickelung nur erst so weit gediehen sind, wie diese Embryonen der Schildkröten. — Dicht unter den Rücken- platten befanden sich an der äusseren Seite der Bauchplatten des Rumpfes, also nicht eigentlich auf der Grenze zwischen den Bauch- und Rückenplalten , schon Anlagen zu den Beinen. Dieselben befanden sich sonach, was ich besonders hervorheben muss, in eben solchen Lagerungsverhältnissen, wie die Gliedmassen der Eidechsen, Vögel und Säugethiere, wenn sie erst unlängst entstanden sind. Die Anlagen der vorderen Beine waren etwas grösser, als die der hinteren. Jene aber und diese er- schienen, wie bei den Vögeln und Säugethieren zu einer gewissen Zeit des Frucht- lebens, als ziemlich langgestreckte Hügel, die von ihrer Mitte aus gegen die Enden allmählich immer schmäler und niedriger wurden, bis sie in der Ebene der Bauch- platten sich ganz verloren. (Fig. 1, d. d. und Fig. 6, g. ) Auch ein Schwanz war schon vorhanden, hatte aber eine nur massig grosse Länge und eine niu" geringe Dicke. Er lief beinahe spitz aus und zeigte sich von rechts und links zwar deutlich, doch nicht gar stark abgeplattet. Dicht vor dem Schwänze, in dem hinteren Theiie des auf eine nur erst kurze Strecke geschlosse- nen Rumpfes, befand sich schon ein After als eine runde, sehr kleine und von kei- nem Wulste umgebene Oeffnung. Die Rückensaite, deren vorderes Ende zwischen den Ohrbläschen lag, erstreckte sich von dem Kopfe bis an das Ende des Schwanzes, war verhältnissmässig sehr dünn, und ragte nirgend an der unteren Fläche der Rückenwand herv^or, sondern lag massig tief in der übrigen Substanz dieser Wandung versteckt. (Fig. 5 u. 6 b. ) Nach vorne verjüngte sie sich schon von dem Nackenhöcker aus, und endete vorne mit einer Spitze (Fig. 4, f.), ihr hinteres Ende aber war etwas keulenförmig an- geschwollen. Einem Drucke widerstand sie schon stark, selbst ohne im Weingeist erhärtet zu sein, und liess sich zwischen Glastäfelchen, wie ein Streifen Gummi ela- sticum, hin und herrollcn. Deutlich konnte ich an ihr schon eine Scheide und einen Kern unterscheiden. Die erstere, ein bei jüngeren Embryonen noch nicht bemerktes. 24 also wohl ganz neues Gebilde, erschien als eine glasartig durchsichtige und nur massig dicke Haut, die aus einem völlig gleichartigen Stoffe bestand, also weder Primitiv -Zellen, noch auch Fasern enthielt. Dagegen bestand der Kern aus lauter Primitiv -Zellen, die dicht zusammengedrängt waren, untereinander fest zusammen- hingen und sich aus der zerstückelten Scheide nicht herausdrücken Hessen. Dieses letzteren Umstandes wegen blieb es mir auch ungewiss, ob sie einen Kern (Cyto- blast) besassen, oder vielmehr ganz einfach waren. Diejenigen, welche durch die Scheide hindurchschimmerten, hatten unregelmässig rundliche Formen und einen Durch- messer von 0,001 bis 0,0015 Z., waren also sehr viel grösser, als in den be- schriebenen jüngeren Embryonen. Auch waren sie viel grösser, als die in der Um- gebung der Rückensaite befindlichen Zellen, indem diese höchstens einen Durchmesser von 0,0004 Z. hatten. Zunächst um die Scheide der Rückensaite sah ich ganz deutlich in dem Halse und der vordem Hälfte des Rumpfes, weniger deutlich in der hintern Hälfte des Rumpfes, eine Substanz abgelagert, die sich von der Substanz jener Scheide, wie auch von der Substanz ihrer eignen Umgebung merklich verschieden zeigte, und die besonders die Ursache war, dass die Rückensaite an der inneren Fläche der Rücken- wandung des Leibes nicht etwa leistenartig hervorragte. Sie bildete für die Rücken- saite eine scheidenartige Umhüllung, war namentlich in dem Halsstücke noch dick- wandiger, als die eigentliche Scheide der Rückensaite , und entsprach einem Körper- theile, welchen ich schon früher bei andern Wirbelthieren gefunden hatte und die Belegungsmasse der Rückensaite genannt habe '). Vor der Substanz anderer Körper- theile zeichnete sie sich dadurch aus, dass sie, zumal wenn der Embryo einige Zeit in Wasser, oder einige Augenblicke in Weingeist gelegen hatte, weit durchsichtiger erschien. Auch war sie viel fester und schwoll im Wasser nicht so leicht auf. Doch hatte sie nicht etwa eine so grosse Festigkeit, wie die Knorpel älterer Embryonen der Wirbelthiere, sondern eine viel geringere. — Ob sich die Belegungsmasse der Rückensaite bis an das Ende des Schwanzes erstreckte, konnte ich wegen der Klein- heit des Gegenstandes nicht ausfindig machen. Nach vorn aber reichte sie weit über die Rückensaite hinaus, indess ihr Gewebe sich allenthalben gleich blieb. Vom Halse aus nahm ihre Masse nach vorn hin, besonders rechts und links von der Rücken- saite, immer mehr zu, so dass sie unterhalb der hintersten oder derjenigen Abthei- lung des Gehirns, welche für das kleine Gehirn und das verlängerte Mark bestimmt ') Vierter Jahresbericht des aaturwissenschaftlicheD Seminars zu Könissberg (Königsberg 1839) unii Entwickelungs- Geschichte der Natter (Königsberg 1839). 25 war, bei der Betrachtung von oben oder von unten her rechts und links von der Rückensaite einen massig breiten und ziemlich dicken Streifen, überhaupt aber eine längliche und ziemlich dicke Tafel bildete, in deren hintere Hälfte das vordere Ende der Rückensaite gleichsam als eine Achse eingeschlossen lag. (Fig, 3, b.) Nach vorne lief dann diese Tafel in 3 solche streifenartige Fortsätze oder Balken aus, wie ich sie schon früher bei andern Wirbelthieren gefunden hatte. Ganz so, wie bei den Schlangen, Eidechsen und Vögeln, war der mittlere oder unpaarige Schädel- balken (Fig. 4, g.) ziemlich lang, massig breit, und im Verhältniss zu seiner Breite beträchtlich dick, hatte sich mit seinem Ende etwas aufwärts gebogen, und füllte die kleine Krümmung, welche von der unteren Seite des Gehirns gebildet wurde, ganz aus. Dagegen hatten die beiden andern oder paarigen Balken, die noch etwas län- ger, als jener erstere waren, die Form von massig breiten und nur wenig dicken Streifen (Fig. 3, c. c), lagen unter der vorderen Hälfte des Gehirns innerhalb der Basis der das Hirn umgebenden Kopfwandung, von welcher auch sie einen Theil ausmachten, waren auf die beiden Seitenhälften des Kopfes vertheilt, standen nur massig weit von einander ab, und reichten bis an das vordere Ende des Kopfes hin. Zwischen den beiden letzteren Balken, und zwar von dem vorderen bis beinahe zu dem hinteren Ende desselben, war die Basis der Kopfwandung nur sehr dünne: ganz hinten aber befand sieb zwischen ihnen in der Kopfwandung eine kleine OelTnung, durch die ein Körpertheil hindurchging, über den ich das Nähere erst weiterhin an- geben werde. Uebrigens hatten alle 3 Schädelbalken dasselbe Gefüge, wie die Be- legungsmasse der Rückensaite in dem Halse und Rumpfe , und unterschieden sich dadurch ebenfalls, von ihrer Nachbarschaft. Die schon bei jüngeren Embryonen in den Rückenplatten bemerkten Täfelchen, die sich durch eine etwas geringere Durchsichtigkeit von ihrer Umgebung auszeich- neten, hatten sich nicht blos vergrössert, sondern auch vermehrt, indem die von ih- nen zusammengesetzten beiden Reihen von dem Kopfe bis in den Schwanz reichten. Im Allgemeinen hatten sie die Form von Quadraten, waren aber an den Ecken ein wenig abgerundet. (Fig. 11, c. c.) In jeder Reihe folgten sie so dicht auf einan- der , dass je zweie nur durch einen linienfo'rmigen , also nur sehr schmalen durch- sichtigen Zwischenraum geschieden waren. Mit ihrem oberen Ende standen sie paar- weise noch weit von einander ab, und Hessen zwischen sich das Rückenmark durch die über ihnen noch sehr dünne Wandung des Kanals, welcher hauptsächlich von den Rückenplatlen gebildet war, deutlich hindurchschimmern. Mit ihrer unteren Hälfte, die über die Rückenplatten nach unten hinausreichte, lagen sie seitwärts der Bele- gungsmasse der Rückensaite, aus welcher Masse sie sich herausgebildet hatten, dicht 26 an, oder waren vielmehr mit ihr verschmolzen, umfassten sie aber imten nicht gänz- lich, sondern standen vielmehr auch unten paarweise ziemlich weit von einander ab. Abgesehen davon, dass die einzelnen Täfelchen von oben nach unten um das Rücken- mark und die Rückensaite bogenförmig gekrümmt waren, zeigte sich ihre innere, oder ihre den eben genannten Körperthcilen zugekehrte Fläche ganz platt, indess ihre andere oder äussere Fläche von vorne nach hinten ein wenig convex erschien. Denn was diese letztere Fläche anbelangt, so sah ich bei dem Drehen des Embryo's um seine Achse, dass die Oberfläche der Rückenplatten an jeder Stelle, wo sich ein solches Täfelchen befand, ein wenig wulstartig hervorgetrieben war, und dass zwi- schen je 2 dergleichen wulstartigen Erhöhungen eine sehr seichte und wenig breite senkrechte Furche vorkam. Der geringere Grad von Durchsichtigkeit aber, wodurch sich die Täfelchen von ihrer Nachbarschaft unterschieden, schien mir darin zu liegen, dass die Zellen, aus denen sie bestanden, etwas weniger klar waren, als die Zellen der Umgebung. Denn in der Grösse und Form stimmten sie mit diesen völlig über- ein. Auch waren sie nicht etwa dichter zusammengedrängt, als die Zellen der nach aussen von den Täfelchen gelegenen Substanz, sondern standen gegentheils von ein- ander etwas ab, indess jene Zellen möglichst dicht beisamraenlagen *). 1) Später habe ich am HühncheD Uotersuchungen über die Beschaffenheit und Enlwickelung dieser Platten, angesteUt. Die Ergebnisse davon waren, kurz bezeichnet, folgende. Die weisslichen Täfelcheo, die man au den ersten Tagen der Bebrütuog bemerkt, sind in der That die Anlagen der Wirbelbeine, ausser- dem aber auch die Anlagen der Rückenmuskeln und vermuthlich auch der Spinalgaoglieo. Denn ob aus ihnen diese Ganglien ihren Ursprung nehmen, vermag ich nicht mit Sicherheit anzugeben: gewiss aber sind sie nicht, wie Remak geäussert hat, fiir dieselben nur allein bestimmt. Anfangs nun bestehen sie aus eben solihen Zellen und einer die Zellen zusammenballenden Substanz (Intercellular^bstanz), wie die sie umgebende Masse des Embryo's. IVach einiger Zeit aber, und während sieh verschiedene Gewebe aus der ursprünglich indifferenten Masse des Embryo's zu entwickeln beginnen, verlieren die in Rede stehenden Täfelchen ihre weissliche Farbe, die, wie es mir vorkam, nicht sowohl den Zellen, als vielmehr der Inter- cellularsubstanz derselben angehürt, und es nimmt ein ansehnlich grosser Theil eines jeden solchen Täfel- uhens allmählig, doch nur ziemlich langsam, die Beschaffenheit eines Knorpels an. Dies geschieht, indem in einem Theile desselben die Zellen, wie überhaupt, wo sich ein Knorpel entwickeln soll, eine schwach gelb- liche Farbe erlangen, an der Oberfläche fesler, dagegen im Innern weicher und flüssig werden, und auch im Innern einige wenige Molekularkörperchen zum Vorschein kommen lassen. Das Bindemittel dieser Zellen aber, oder die Intercellularsubstanz , hellt sich indessen allmählig auf, und wird ziemlich durchsichtig, ge- winnt ein immer festeres und starreres Gefuge, nimmt auch an Quantität zu, und bildet um jede einzelne Zelle des in der Entwickelung begriffenen Wirbels eine besondere sie knapp umschliessendc Hülle oder Kapsel, deren Wandung eine massig grosse Dicke, jedenfalls aber eine viel grössere Dicke hat, als die von ihr eingeschlossene und sehr zarthäulige Knorpelzelle. Alle diese Kapseln liegen so dicht gedrängt beisam- men, dass durch das Auge eine sie vereinigende Substanz nicht besonders wahrgenommen werden kann, las- sen sich aber durch die Schatten und Reflexe, die sie werfen, von einander deutlich unterscheiden. Auch hängen sie so fest zusammen, dass sie sich nicht einzeln, ohne eine Zerreissung ihrer Wandung zu erfahren, von einander trennen lassen. Weil sie etwas grösser sind, als die in ihnen enthaltenen Zellen, gewährt jetzt der Knorpel ein mehr grobkörniges Aussehen, als früherhin. Noch später nehmen die erwähnten 27 Das Gehirn, dessen Höhle im Vergleich zur Wandung noch sehr gross war, halte im Allgemeinen, wie auch im Verhältniss zu seiner eigenen Länge, allenthal- ben eine grössere Breite, als in den jüngeren Embryonen, besonders aber an seiner vordersten Abiheilung oder dem Vorderhirn. (Fig. 2, c.) Das Millelhirn, das schon einen ziemlich grossen Scheilelhöcker zu Wege gebracht hatte, gab sich als eine kurze, ganz einfache, mehr nach oben als nach unten aufgetriebene Abtheilung des Nervenrohres zu erkennen, die in ihrer Mitte beinahe eine eben so grosse Breite hatte, als ihre Länge betrug. (Fig 1, und Fig. 2, a.) Das Zwischenhirn, das in den jüngeren Embryonen ungefähr in seiner Mitte die grösste Breite hatte, erschien bei diesen älteren Embryonen um so breiter, je weiter nach vorne hin, so dass es an seinem vorderen Ende beinahe noch einmal so breit war, als an dem hinteren. (Fig. 2, b.) Noch weit grösser waren die Querdurchmesser des Vorderhirns, das von oben, oder auch von vorn betrachtet, beinahe die Form eines kurzen Ellipsoids darbot, und mit seiner Achse quergelagert war. Doch war an ihm noch keine durch eine Längsfurche bewirkte Theilung in 2 Seitenhälften, oder in die beiden Hemi- sphären, angekündigt. (Fig. 2, c.) Als der Kopf des einen Embryo's der Länge nach halbirt worden war, zeigten das Vorderhirn und Zwischenhirn über ihrer Ba- sis 3 auf einander folgende Kammern (Fig. 4.), von denen die vorderste für die Hemisphären des grossen Gehirns bestimmt war, die mittlere und kleinste jederseits eine sehr kleine Oeffnung hatte (Fig. 4, c), die in die Höhle des Auges führte, die hinterste und grösste die Anlage fiir den Hirntrichter bezeichnete. Das Mittelhirn erschien als die kürzeste Abtheilung des Hirns. Von der hintersten Abtheilung, die von allen die längste war, auch besonders in ihrer Mitte eine ansehnliche Weite hatte, besass die obere Wandung eine nur höchst geringe Dicke und eine grosse Durchsichtigkeit (Fig. 1, e.), war aber nirgend durchbrochen. Doch bestand diese Wan- dimg grösstentheils wohl nur aus einem Theile der künftigen Hirnhäute, die sich noch nirgend als besondere und von dem Gehirn geschiedene Gebilde erkennen Messen. Die Augen hatten noch die Form eines langgestreckten Ovales, oder vielmehr die Form einer Birne, desgleichen noch eine eben solche Stellung, wie bei den jün- geren Embryonen. (Fig. 1.) An dem nach aussen und oben gekehrten dickern Ende Kapseln an Weite so zu, dass zwischen ihnea nnd den von ihnen eingeschlossenen Zellen nicht seilen kleine Zwischenränme entstehen, wobei jedoch ihre Wandung- nicht dünner wird. Auch rücken sie nunmehr all- mählig auseinander, indem zwischen ihnen in massig grosser Quantität eine Substanz abgelagert wird, die ihnen in ihrer ganzen Beschaffenheit zwar ahnlich, doch etwas weniger hell und nicht völlig so fest ist. Die beschriebenen Kapseln der Knorpelzellen und die Substanz, durch die sie mit einander wie verschmol- zen sind, machen jetzt zasammen denjenigen Theil des Knorpels ans, welchen man die Grundsubstanz des Knorpels zu nennen pSegt. 4* 28 war ihre Wandung, oder die künftige Hornhaut, nur wenig gewölbt, Hess aber in ihrer Mitte keine grubenartige Vertiefung bemerken. Eine Linse war schon vor- handen, Hess sich besonders, wenn einige Zeit der Embryo im Wasser oder Wein- geist gelegen hatte, nach ihrer dadurch bewirkten Trübung ganz deutlich erkennen, hatte eine massige Grösse, und war völlig kugelrund. Mit der Hornhaut hing sie ziemlich fest zusammen. Dieser Umstand aber deutete eigentlich wohl nur darauf hin, dass auch schon eine Linsenkapsel vorhanden, und dass dieselbe eben so, wie es bei jüngeren Embryonen anderer Thiere der Fall ist, mit der Hornhaut verwachsen war '). Die Netzhaut hatte eine beträchtliche Dicke und reichte deutHch bis zu der Linse, die von dem Rande derselben knapp umfasst wurde. Dagegen war die Ader- haut nur sehr dünne: doch zeichneten sich in ihr schon einzelne Zellen durch eine schwärzliche oder selbst wohl schwarze Farbe aus. Insbesondere aber kamen solche Pigmentzellen an dem Rande der Aderhaut vor, wo sie bei einigen Embryonen einen nebelgrauen, bei andern einen schwärzlichen offenen Ring oder Saum zusammensetz- ten, der um die Linse herum gelagert und mit seiner Oeffnung nach unten gekehrt war, in seiner Mitte die grösste Breite hatte, gegen die Enden spitz auslief, und an seinem inneren oder kleineren Rande wie verwischt erschien. Die Aderhaut und Netzhaut waren nach der Länge des Auges, an ihrem nach aussen und unten ge- kehrten Theile, faltenarlig, doch nicht tief, gegen die Höhle des Auges eingebuchtet, und diese Falte, die von aussen angesehen den Anschein einer Spalte bot, verlief und verlor sich allmähHch nach dem äusseren Rande der beiden Häute hin. Ein Blutgefäss, das in die Höhle des Auges eindrang, Hef an der erwähnten Falte der Aderhaut gegen die Linse hin, und' theilte sich in 2 Aeste, die in dem Pupillarrande dieser Haut einen Kreis bildeten. Eine Iris war wohl, wie es allen Anschein hatte, noch nicht vorhanden. Einen Glaskörper habe ich zwar nicht unterscheiden können, doch möchte ich wegen des nur geringen Umfanges, den die Linse im Verhältniss zu dem ziemlich grossen Auge hatte, vermuthen, dass derselbe nicht ganz fehlte. Die Ohrbläschen, die ihre Lage, der für die Wirbelthiere geltenden Norm ge- mäss, über dem zweiten Paar der schon vorhandenen Kiemenbogen (Schlundbogen, Visceralbogen) hatten, waren noch sehr dünnhäutig, und besassen eine unregelmässig ovale Form. (Fig. 1, e.) Nach oben ging von jedem ein solcher kleiner, keulen- förmiger und durch eine Aussackung des Bläschens entstandener Fortsatz ab , wie ich ihn aus der Natter beschrieben 2)^ aber auch bei Embryonen der Eidechsen ge- ') Eotwickelungsgeschichte der Natter, S. 41, 82 und 138. ") Ebendaselbst, S. 38. 29 funden habe '). Von der Höhle des Hiiiterliirns, oder des künftigen verlängerten Markes, Hihrte, wie es allen Anschein hatte, eine kleine Oeifnung in jedes Ohrbläs- chen. (Fig. 4, d.) — Von den Geruchsorganen und von der Zunge war noch kein Anzeichen vorhanden. An der Decke der Mundhöhle befand sich ganz hinten in der Mittellinie des Kopfes eine sehr kleine Querspalte, die in ein kleines dünnhäutiges und ovales Säck- chen führte, das eigentlich nur eine Ausstülpung der Mundhaut war, durch die schon er- wähnte kleine Oeffnung, die sich in der künftigen Basis cranii zwischen den beiden paarigen Schädelbalken befand, in die Schädelhöhle hineindrang, und hier zwischen dem künftigen Hirntrichter und dem unpaarigen oder mittleren Schädelbal- ken, zwischen welchen Theilen es gleichsam eingeklemmt und dadurch von vorne und hinten etwas zusammengedrückt worden war, seine Lage halte (Fig. 4,c.) •]. Der Darmkanal war in seinem mittleren längeren Theile völlig rinnenförmig, an den beiden Endtheilen aber röhrenförmig. Der vordere röhrenförmige Theil reichte schon über den Hals, obgleich nur eine kleine Strecke, in den Rumpf hinein, hatte aber nicht bei allen Embryonen eine gleiche Form. Zwar war er bei allen in dem grössten Theile seiner Länge ziemlich weit und verengte sich gegen sein hinteres Ende, mit dem er in die rinnenförmige Abtheilung überging, gleichsam wie ein Trichter, ziemlich stark. Bei einigen aber zeigte er nirgend eine Einschnürung, in- dess er bei andern zwei Einschnürungen besass, von denen die eine ungefähr in der Mitte, die andere in geringer Entfernung von dem hinteren Ende desselben vorkam. (Fig. 7.) Von den verschiedenen Stücken, in die dadurch bei diesen letztern Em- bryonen die vordere Abtheilung des Darmkanals gesondert worden war, bezeichnete das erste (a) die Speiseröhre, das zweite (b) den Magen, das dritte (c) den Anfang des Darmes. Die hintere röhrenförmige Abtheilung des Darmkanals, oder der künftige 1) Nach einer von Bisch off in seiner Entwickelungsgeschichte des Kaninchen -Eies gegebenen Ab- bildung. (Tab. XV, Fig. 66.) hat es den Anschein, als wenn ein solcher Fortsatz des Ohrbläschens auch bei den Säugethieren zu einer gewissen Zeit des Fruchtlebens vorkommt. ') Das angegebene, von der Schleimhaut der Mundhöhle gebildete Säckchen, das ich auch bei Embryo- nen von Sehlangen, Eidechsen, Vögeln und Säugethieren gefunden habe, ist von mir früher Tür die Anlage zur Glandula pituitaria ausgegeben worden. Nachdem mir aber durch Bourgery's Untersuchungen über das System der sympathischen Nerven (Comptes rendus de l'Acad. des sciences de Paris, Jahrgang von 1845, S. 1014 — 1020) erwiesen zu sein schien, dass die Glandula pituitaria eigentlich ein unpaariges Ganglion dieser Nerven ist, stellte ich über jene Aussackung der Mundhaut aufs Neue, und zwar am Hühnchen, Un- tersuchungen an. Diese nun aber führten zu dem Resultat, dass die erwähnte Drüse nicht durch eine Ab- schnürung und Umwandlung jener Aussackung entsteht, sondern au der nach hinten gekehrten Wand der- selben, zwischen ihr und der Belegungsmasse der Rückensaite, wo diese Masse in die 3 Balken des Schä- dels auseinanderrährt, ihre Entstehung nimmt. Die Aussackung selbst verschwindet wieder später. Ein Mehreres hierüber werde ich an einem andern Orte mittheilen. 30 Dickdarm, war nicht blos viel kürzer, als die vordere, sondern, auch viel en^er, als jene in ihrer grösseren Hälfte. Die mittlere oder rinnenförmige Abtheilung (Fig. 5, f. 6, f. Fig. 7 und 8, d.) war die längste von allen, mit Ausnahme ihrer Enden al- lenthalben gleich breit, und nur in gleicher Weise , wie der Rumpf, gekrümmt, nicht aber etwa Tür sich allein irgendwo erheblich ausgebogen. Ihre Ränder, die in den peripherischen Theil des Schleimblattes der Keimhaut übergingen, standen noch ziem- lich weit von einander ab, und ihre Wandung war dünner, als namentlich die der Speiseröhre und des Magens. — Ein Gekröse war zwar bemerkbar, doch allenthal- ben nur äusserst schmal. (Fig. 6.) Ob zwischen den beiden Rlättern desselben, die im Verhältniss zu ihrer Breite ziemlich dick waren, eine Höhle vorkam, konnte ich nicht ausflndig machen. — Von einer Leber und einer Bauchspeicheldrüse Hess sich eben so wenig, wie von den Lungen und der Luftröhre, eine Andeutung auffinden. W elf f 'sehe Körper oder Urnieren waren schon vorhanden. Sie erstreckten sich durch die ganze Länge des Rumpfes, hatten aber, im Verhältniss zu ihrer bedeuten- den Länge, eine nur geringe Breite und Dicke, und waren, wie bei andern Thieren, ihrer ganzen Länge nach der Rückenwand des Leibes angeheftet. (Fig. 5 und 6, e.) Sowohl ihre Breite als auch ihre Dicke blieb sich allenthalben ziemlich gleich. Der Hauptsache nach bestand ein jedes dieser Organe aus einer Reihe dicht auf einander folgender Abtheilungen, die alle beinahe die Form gewöhnlicher Ziegelsteine hatten, indem sie oblonge und im Verhältniss zu ihrer eigenen Länge beträchtlich dicke, jedoch an den Ecken schwach abgerundete Körper darstellten, die beinahe noch ein- mal so lang, als breit waren. (Fig. 12, aa.) Mit ihrem grössten Durchmesser lagen sie quer in den Organen : im Innern waren sie bestimmt noch nicht hohl , und zu- sammengesetzt zeigten sie sich aus eben solchen und dicht zusammengedrängten Pri- mitiv - Zellen, wie etwa die Leibesvvand. Verbunden waren diese Abtheilungen unter einander durch einen Stoff, der beinahe nur aus Intercellularsubstanz bestand und nur wenige Primitiv-Zellen enthielt: äusserlich aber waren sie durch schwache Quer- furchen von einander abgegrenzt. Ein zweiter Theil, der mit jenen oblongen Kör- perchen und ihrem Bindemittel den Wolf f 'sehen Körper zusammensetzte (Fig. 12, b.), war ein verhältnissmässig recht dicker und breiter Streifen, der durchweg aus dicht gedrängt beisammenliegenden Primitiv-Zellen bestand, den ganzen äussern Rand des Organes ausmachte, sich von dem einen bis zu dem andern Ende desselben erstreckte, und den künftigen Ausfuhrungsgang des Organes bezeichnete , aber im Innern noch nicht hohl war. — Auch eine AUantois war schon zugegen (Fig. 1, c), hatte aber eine sehr geringe Grösse, erschien relativ viel kleiner, als bei eben so weit entwickel- ten Embryonen der Natter, ragte nur wenig aus der Rumpfhöhle hervor, und stellte 31 ein birnförmiges, massige dickwandiges und ziemlich blutreiches Bläschen dar, das mit dem Ende des künftigen Dickdarmes zusammenhing. Das Herz lag im Halse zum grösseren Theil hinler, zum kleineren Theil unter den Kiemenbogen, oder Schlundbogen, war noch ein ziemlich langer Kanal, und he- sass im Ganzen eine nur massig grosse Weite. (Fig. 1, a. a. Fig. 9 und Fig. 10.) Hinten fing dieser Kanal weit an, vorne lief er in ein viel engeres und nur kurzes Endstück aus, welches als der Stamm der schon vorhandenen Kiemengefiissbogen an- gesehen werden konnte. Zwischen seinem Ende war er an 3 Stellen ringförmig et- was eingeschnürt, so dass er 4 verschiedene Abtheilungen bemerken Hess. Die hin- terste Abtheilung war, wie die weitere Entwickelung lehrte, für die Vorhöfe be- stimmt; aus der zweiten von hinten, die ungefähr eine eben so grosse Länge, als jene erstere hatte, sollten sich die Herzkammern bilden; die dritte viel kürzere und viel engere entsprach in Hinsicht ihrer Lage und Form einigermassen dem Aorten- wulsle der Fische, und die vierte, welche die geringste Länge und Weite hatte, war die Fortsetzung dieses Wulstes, oder die vordere Hälfte des Stammes der Kie- mengerässbogen. Zusammengekrümmt war der ganze Kanal noch, auf eine ähnliche Weise, wie bei den jüngeren Embryonen, so nämlich, dass er in seiner Mitte eine Spiralwindung beschrieb, vorne aber und hinten fast ganz gerade gestreckt erschien. Der Kiemengefässbogen kamen jederseits wenigstens 3 vor, und diese verliefen durch den zweiten, dritten und vierten Kiemenbogen. Ein viertes, aber viel kleine- res GePäss der Art schien hinter der letzten oder kleinsten Kiemenöffnung aufzu- steigen : doch konnte ich darüber nicht zur Gewissheit kommen, weil das Blut, wenn der Embryo aus dem Eie herausgenommen worden war, seine kleineren Gefässe sehr schnell verliess. Alle Kiemengerässbogen einer jeden Seitenhälfte traten, gemäss der für die jüngeren Embryonen der Wirbelthiere geltenden Norm, zu einer besondern Aortenwurzel zusammen. An welcher Stelle des Körpers aber sich die beiden Wur- zeln zu einem Stamm vereinigten, konnte ich zwar nicht genau ermitteln, doch fand ich, dass ihre Vereinigung schon vor den Vorderbeinen stattfand. Denn nachdem ich an drei Embryonen, die im Weingeist erhärtet worden waren, mehrere Querschnitte durch den vorderen Theil des Rumpfes gemacht hatte, bemerkte ich ganz deutlich, dass zwischen den Vorderbeinen und auch schon etwas vor denselben in der Mittel- linie des Körpers, und zwar dicht an der unteren Fläche der Rückenwand, zwischen den beiden Wolff'schen Körpern, ein einfaches, aber ziemlich grosses Gefäss vor- kam, dessen Höhle immer offen stand, und das nach seiner Lage, Grösse und Be- schaffenheit nichts anders, als nur der Stamm der Aorte sein konnte. Nach hinten setzte sich dieses Gefäss als Arteria caudalis bis tief in den Schwanz fort. — An 32 der untern Seite des Schwanzes sah ich zwar schon eine Vena caudalis, doch schien sie mir ganz einfach, nicht aber netzartig geformt zu sein. — Am vorderen Ende des Schwanzes theiite sich die eben genannte Vene unter einem spitzen Winkel in zwei andere, die als Venae cardinales zwischen den Wolff'schen Körpern und der Rückenwand des Rumpfes bis an das vordere Ende dieser Leibesabtheilung hinliefen, von hinten nach vorn an Weite immer mehr zunahmen, und im Ganzen eine ziem- lich grosse Weite hatten. Entgegen kamen ihnen von vorne her zwei Jugularvenen, die viel kürzer und etwas enger, als jene hinteren Venen waren. Sie entsprangen aus der vordem Hälfte des Gehirns, drangen, wie bei der Natter und den höheren Wirbelthieren, vor den Ohrbläschen aus der Schädelhöhle heraus, und verliefen dann unter diesen Rläschen weiter nach hinten. Noch unterschied ich jederseits einen massig starken Ast, der von der hintern Hälfte des Gehirns kam, hinter dem Ohr- bläseben, nachdem er die Wandung des Kopfes durchbohrt hatte, in die Jugularvene überging, und als der zweite Hauptast dieses Gefässstammes angesehen werden konnte. Eine jede Jugularvene floss endlich mit der Cardinalvene ihrer Seite zu einem Ductus Cuvieri zusammen: die beiden so entstandenen Gänge aber, die ziemlich weit und massig lang waren, nahmen, abwärts verlaufend, den Darmkanal zwischen sich und gingen in das hintere Ende des Herzens über. Das Amnion war schon völlig geschlossen, umgab den ganzen Rücken der Em- bryonen, ujid hüllte scheidenartig vorne den Kopf und Hals, hinten den Schwanz und die Reckengegend, vollständig, jedoch nur sehr enge ein. (Fig. 5 und 6, d. ) In die Seitenwände und die imtere Wandung der Rumpfhöhle, die an ihren Rändern gleichfalls noch sehr dünn waren, ging das Amnion ohne scharfe Abgrenzung über. Die seröse Hülle, oder das falsche Amnion, hing noch mit dem eigentlichen Amnion zusammen, und verhielt sich, in Hinsicht seiner Lage und seines Verlaufes, ganz so, wie bei den höheren Wirbelthieren. In dem Gefässhofe war ein engmaschiges zartes Netzwerk von RlutgePässen vorhanden, das sich im Ganzen ebenso verhielt, wie in den Eiern der Säugethiere, Vögel und Schlangen, wenn sich in ihnen der Embryo so weit entwickelt hat, wie die jetzt in Rede stehenden Embryonen der Schildkröte. Dieserhalb habe ich auch unterlassen, von ihm eine Abbildung zu geben, da Abbildungen des erwähnten Ge- fässnetzes aus den Eiern der oben genannten Tbiere schon von Rischoff, P an- der und mir gegeben worden sind. Eingeschlossen war es von einem Sinus ter- minalis, der vor dem Kopfe des Embryo's etwas eingebogen und nur sehr dünn war, in seinem grösseren Theile aber eine recht grosse Weite hatte. Linkerseits vom Embrvo kam aus dem Adernetze des Gefässhofes eine sehr starke V^ene, die von 33 hinten nach vorn verlief, und dann sich zu dem Herzen hinbeg-ab. Ganz in der Nähe des Herzens schlössen sich ihr 2 um Vieles kleinere Venen an, die von vorne aus dem Adernetze herkamen, und von denen die eine links, die andere rechts vom Kopie des Embryo's ihre Lage hatte. Auch schien sich an sie, und zwar ebenfalls in der Nähe des Herzens, noch eine dritte kleine Vene anzuschliessen, die von hin- ten her kam und rechts vom Embryo ihren Verlauf machte. Alle diese Gefässe gingen dann verbunden zu einem kurzen, aber weiten Stamm (der künftigen Nabel- gekrösvene) gradesweges in den hinteren Theil des Herzens über. Auf der Grenze zwischen diesem Stamme und dem Herzkanale, der etwas, doch nicht um Vieles, weiter war, gingen die beiden Cuvier'schen Gänge, die eine viel geringere Weite hatten, in den Herzkanal über. — Wie sich der Zusammenhang zwischen dem Adernetze des Gerasshofes und den Arterien des Embryo's verhielt, konnte ich nicht ermitteln. Ein durchsichtiger Fruchthof war natürlich nicht mehr zu unterscheiden. Die Zellen, aus denen die Leibeswände der Embryonen bestanden, waren sehr eckig und von verschiedenen Formen. Mit Ausnahme derjenigen, welche den Kern der Rückensaite zusammensetzten, hatten die grössten höchstens 0,0004 Z. im Durch- messer. Alle aber besassen einen Kern mit einem höchst kleinen einfachen Kern- körper, und in der Umgebung des Kerns mehrere, doch im Ganzen nur sehr we- nige Molekularkörperchen, weshalb denn auch im Allgemeinen diese Zellen sehr klar waren. Zusammengehalten wurden sie durch eine Intercellularsubstanz , die in der Belegungsmasse der Rückensaite sehr reichlich, dagegen in den übrigen Theilen nur sehr sparsam vorkam. Vom Wasser , das sie begierig in sich aufnahmen , wurden sie stark angeschwellt und nach einiger Zeit ganz aufgelöst, wobei nun zwischen den Zellen frei daliegende Molekularkörperchen sichtbar wurden, doch an einer Stelle nur sehr sparsam, an einer andern hingegen in ziemlich grosser Zahl. Was ich so eben von dem Gefüge der Leibeswand im Allgemeinen angegeben habe , lässt sich auch von dem Gehirn, dem Rückenmarke, dem Herzen, dem Darmkanale und den Wol ff 'sehen Körpern sagen. Der Unterschied, den ich in dem Gefilge dieser ver- schiedenen Körpertbeile aufzufinden im Stande war, bestand lediglich darin, dass in dem einen Theil die Zellen weicher waren und lockerer zusammenhingen, in einem anderen aber eine grössere Festigkeit und einen stärkeren Zusammenhang hatten. Das erstere Verhalten war namentlich an dem Gehirn, dem Rückenmarke, den Au- gen, so wie auch, obgleich schon weniger, an den Wol ff 'sehen Körpern zu bemer- ken, das letzlere hingegen besonders an dem Herzen, weniger an dem Darmkanale. — Wie sich die Rückensaite beschaffen zeigte, habe ich schon früher angegeben. — War der Embryo auf kurze Zeit in verdünnten Weingeist gelegt worden, so Hess 5 34 sich von seinen äusseren Körpertheilen eine sehr zarte Haut in kleinen Lappen ab- ziehen, die schon eine Epidermis bezeichnete, und die aus eben solchen Zellen zu- sammengesetzt war, wie fast alle übrigen Theile der Leibeswände. Das Amnion bestand aus mehreren Lagen sehr platter Zellen, die zwar viel grösser, als die des Körpers des Embryo's waren, doch höchstens nur 0,0009 Z. als grössten Durchmesser hatten. Sie besassen einen verhältnissmässig nur kleinen Kern nebst Kernkörper, enthielten auch nur wenige Molekularkörperchen in ihrem Nahrungsinhalte, und waren daher im Ganzen sehr klar. — Von den Blättern des durchsichtigen Hofes und des Gefässhofes war das äussere dicker, als das innere, weniger dehnbar, überhaupt ziemlich fest, und beinahe glasartig durchsichtig. Zu- sammengesetzt war dasselbe aus sehr abgeplatteten eckigen (meistens unregelmässig fünfeckigen oder sechseckigen) Zellen, die wie ein Getäfel dicht an einander gefügt waren, fest zusammenhingen und in der Nähe des Embryo's nur in 2 Lagen vor- zukommen schienen, weiterhin aber bestimmt in mehreren Lagen vorkamen. Die meisten von ihnen hatten einen Durchmesser von 0,0012 bis 0,0015 Z. , indess andere wieder viel kleiner waren. Alle aber enthielten einen platten Kern von schei- benförmig runder oder ellipsoidischer Gestalt, und dieser hatte meistens einen Durch- messer von 0,0009 bis 0,0012 Z. Der kleine in ihm enthaltene Kernkörper war in der Regel wegen des etwas grobkörnigen, wenn gleich nicht völlig undurchsichti- gen Nahrungsinhaltes, der in der Zelle vorkam, nicht zu sehen. Das innere Blatt der Keimhaut Hess sich beinahe wie ein zusammengeballtes Spinnengewebe dehnen, und war überhaupt sehr nachgiebig. Seine Zellen waren nicht so plattgedrückt, wie die des andern Blattes, sondern linsenförmig, doch ebenfalls, weil auch sie sehr dicht beisammen lagen, gegen einander abgeplattet. Sie kamen gleichfalls in zwei und mehreren Lagen vor, waren aber nicht so regelmässig geordnet, wie die Zellen des äusseren Blattes, sondern lagen gegentheils sehr unregelmässig durcheinander. Ihr Durchmesser betrug bis 0,0018 Z., mitunter sogar, doch nur selten, noch mehr. Ihre Wandung war noch dünner, als die der Zellen des äusseren Blattes, und über- haupt äusserst zart. Einige von ihnen enthielten Nichts weiter, als eine ganz klare Flüssigkeit, andere eine solche Flüssigkeit und einen so schwach ausgeprägten Kern, dass derselbe wie ein leichter, jedoch scharf umschriebener Nebel erschien, die mei- sten aber einen viel weniger durchsichtigen [dickwandigem?] und mit einem sehr klei- nen Kernkörper versehenen Kern, der einen Durchmesser von 0,0006 bis 0,0012 Z. hatte, und um diesen Kern einen feinkörnigen Nahrungsinhalt. — Das Gefüge des Darmkanals, das dem schon früher Angeführten zufolge sich bedeutend von dem Ge- füge unterschied, welches der auf dem Dotter ausgebreitete Theil des Schleimblattes 35 der Keimhaut bemerken liess, änderte an der Stelle, wo jener Kanal und dieser Theil der Keimliaut in einander überginjcen, so allmälilicli sein Aussehn, dass aurh in Hin- sicht des Gefügfes sich keine scharlc Grenze zwischen dem Darmkanale und dem angeji;ebenen Theile der Keimhaut auilinden liess. Eben dasselbe war auch der Fall da, wo die Leibeswand des Embryo's in den auf dem Dotter ausgebreiteten Theil des serösen Blattes der Keimhaut überging. — Die beschriebenen beiden Blätter des durchsichtigen Hofes und des Geftisshofes Hessen sich leicht von einander trennen. Ein besonderes zwischen ihnen gelegenes oder drittes Blatt ( GePäss-Blatt ) habe ich nicht unterscheiden können. — Die Körner des Blutes, welches in Strömen zwi- schen jenen Blättern floss, waren einfache rundliche oder ovale Zellen, die meistens 0,0004 bis 0,0006 Z., selten noch etwas mehr zum Durchmesser hatten, und eine ähnliche Zusammensetzung bemerken Hessen , wie die Zellen der Leibeswand. Eine Brut konnte ich nirgend in den ZeHen bemerken, und ich muss daher glauben, dass in den Embryonen und den mit ihnen zusammenhängenden Eihäuten die Zellen, welche sich zuletzt gebildet hatten, zwischen den älteren entstanden wa- ren. — Auffallend war es übrigens, dass das Herz, obgleich es schon sehr starke Bewegungen machte, dennoch nur aus Zellen und deren Bindemittel bestand. Die Zellen des Dotters hatten noch ganz die Beschaffenheit, wie in frisch ge- legten Eiern, und besassen im Vergleich zu den Zellen des Embryo's und seiner Häute ein ganz rohes, grobes Aussehn. Von der Keimhaut Hessen sie sich mittelst eines feinen Pinsels leicht entfernen, und im Wasser gingen sie, wenn ein Theil des Dotters in dasselbe hineingelegt worden war, nach einiger Zeit, wie Sandkörner, auseinander. Blosse Fetttropfen, als Ueberreste aufgelöster Zellen des Dotters, habe ich weder dicht unter der Keimhaut, noch entfernt von ihr im Dotter auffinden können. §. 9. Unter den Eiern , die ich so eben beschrieben habe , befand sich auch eines, das sich noch etwas weiter, als jene, entwickelt hatte, weshalb ich noch be- sonders die Formveränderungen, welche sich an dem Embryo darboten, angeben will. Der Embryo und die auf dem Dotter ausgebreitete Keimhaut waren nur um ein Geringes grösser, als in jenen andern Eiern. — Die Leiste, welche hei den jün- geren Embryonen von jedem Beine nach vorne und hinten verlief, war kürzer ge- worden und beinahe verschwunden : im Uebrigen aber hatte die Form der Beine sich nicht verändert. Der Schwanz war ein wenig länger und von den Seiten platter geworden. An dem vorderen Ende des Kopfes waren zwei sehr flache und über- haupt sehr kleine Gruben entstanden, die sich in der Form und Lage ganz so ver- hielten, wie die ersten Andeutungen des Geruchorgans bei den Säugethieren, Vögeln, Eidechsen und Schlangen. An der Speiseröhre und dem Magen, deren Form keine 36 nierkJiche Veränderung erfahren hatte, bemerkte ich, als der Embryo etwa 24 Stun- den in schwachem Weingeist gelegen halte, eine Zusammensetzung aus 2 Schichten, die sich leicht trennen Hessen und zum Theil sich schon von selbst, als ich den Darmkanal aus dem Körper herauslöste , getrennt hatten. Die innere Schicht war ungeflihr nur halb so dick, als die äussere, die im Verhältniss zu der nur geringen Länge und Weite des Munddarmes eine beträchtliche Dicke hatte. Die Zellen aber zeigten in beiden Schichten eine gleiche Beschaffenheit. Sie sowohl, als auch die Zellen des Darms verhielten sich ähnlich, wie im Allgemeinen die der Bauch- und Rückenplatten, und wichen von denselben nur dadurch ab, dass einige von ihnen ei- nen Durchmesser von 0,0005 Z. halten, indess von jenen der Durchmesser höch- stens 0,0004 Z. betrug. — Die untere Wand der Speiseröhre Hess an ihrer vor- deren Hälfte 2 sehr schwache, überhaupt nur sehr kleine und auf beide Seitenhälf- ten des Körpers vertheille Ausbuchlungen bemerken, die ziemlich weit auseinander lagen und äusserlich die Form von massig hohen Warzen hatten. Es bezeichneten diese Ausbuchtungen die ersten Anlagen der Lungen. Auch eine Leber war schon angedeutet. Sie erschien als ein halbmondförmiger, aber noch sehr kleiner Körper, der an seinem convexen Rande recht dick, hingegen an seinem concaven Rande nur halb so dick, als an jenem, war. Mit ihrem concaven Rande, zum Theil aber auch mit ihrer einen Seite, umfassle sie die untere Wandung des Magens, an den sie dicht herangezogen und mit dem sie innig verbunden war. Ihre Zellen waren etwas grösser, als die der Bauch- und Rückenplatten, auch waren sie nicht so starr und eckig, wie diese, sondern weicher und runder, enthielten einen mehr granulirten Nah- rungssloff, und hielten viel lockerer zusammen. Zwischen ihnen befanden sich in der sehr weichen Inlercellularsubslanz viele rundliche Molekularkörperchen. — Die Allantois war nur sehr wenig grösser geworden. Der mittlere oder derjenige Theil des Herzkanals, welcher sich bei weilerer Entwickelung zur Herzkammer ausgebildet haben würde, halle eine etwas grössere Weile erlangt, und an der hintersten Ab- theilung des Kanals waren zweipaarige, einander gegenüberliegende und den Herz- ohren der Säugethiere entsprechende Taschen oder Ausbuchtungen entstanden, die im Verhältniss zu der Weite und Länge dieser Abtheilung eine nur sehr geringe Grösse hatten. Nach dem zu urtheilen, was ich bei den Embryonen der Natter, an deren Herzkanal ebenfalls zwei solche Taschen zum Vorschein kamen, über die weitere Entwickelung derselben erfahren habe, würden sie, wenn der Embryo am Leben ge- blieben wäre, sich zu den beiden Vorkammern des Herzens entwickeil haben '). — •) Entwickelungsgeschichte der Natter, S. 98 und 99. 37 Die Wo 1 ff sehen Körper waren in ihrer Mitte etwas breiter und dicker jEjeworden: oh sie aber auch in ihrem inneren Baue weitere Veränderungen erfahren halten, kunnle ich nicht ermittehi, weil ich verhindert wurde, diese Organe, als sie noch frisch waren, gehörig untersuchen zu können. Die Zahl der Täfelchen, die das Rückenmark und die Riickensaite von den Seiten umgahen, hatte im Schwänze sich vergrössert, so dass sich die letzten nur in einer geringen Entfernung von dem Ende des Schwanzes befanden. Paarweise standen sie noch alle sowohl mit ihren obern, als auch mit ihren untern Enden ziemlich weit von einander ab. Von den drei Schädelhalken erschienen die paarigen noch immer als zwei nur massig breite und auch nur wenig dicke Streifen, die ganz hinten zwischen sich das von der Haut der Mundhöhle gebildete Säckchen hindurchgehen Hessen. In ihrem Verlaufe nach vorne divergirten sie nur wenig, indem sie bogenförmig sehr schwach nach aussen ge- krümmt waren. Ihr vorderes abgerundetes Ende, das etwas breiter war, als ihr hinteres Ende oder ihre Wurzel, reichte bis an das vordere Ende des Kopfes. §. 10. Das am weitesten entwickelte Ei der Sumpfschildkröte, welches ich zu untersuchen Gelegenheit hatte, war gerade eines der ersten, die mir in die Hände kamen. Die übrigen, die mit ihm von derselben Schildkröte gelegt worden waren, Hessen sich leider zu einer Untersuchung nicht mehr benutzen, weil sie unterweges zerbrochen und zerstört worden waren. Der Embryo (Tab. 11, Fig. 13 — 18.) hatte in dem Eie eine Querlage, und befand sich von den beiden Enden desselben in gleich grossen Entfernungen. Seine Länge betrug von dem Scheitelhöcker bis zur Schwanzwurzel in einem Bogen über den Rücken gemessen 4 ^3 Linien. Die auf dem Dotter ausgebreitete Keimhaut hatte beinahe eine regelmässig runde Scheibenform, und ihre Durchmesser waren ungefähr der halben Achse des Eies gleich. — Im Verhältniss zu dem in seiner Entwicke- lung schon ziemlich weit vorgeschrittenen Embryo war sie weit kleiner, als in den Eiern der A'ögel. — Der Embryo war nach der Bauchseite hin sehr stark zusam- mengekrümmt [viel stärker, als ich es in der Abbildung angegeben habe], und be- sonders war der Hals sehr stark zusammengebogen. Kopf und Hals waren zusam- mengenommen beinahe so lang als der Rumpf, oder als die Länge des Körpers von dem vorderen Rande der Vorderbeine bis zu dem After. Es hatten also jene Ab- schnitte des Leibes auch im Verhältniss zu dem Rumpfe eine grössere Länge, als bei den jüngeren Embryonen. Gleichfalls war der Schwanz auch im Verhältniss zu dem Rumpfe länger geworden. Unter einander aber den Kopf und Hals verglichen, hatte jener sich mehr, als dieser, vergrössert. Und überhaupt hatte der Kopf im Verhältniss sowohl zum ganzen übrigen Körper, als auch zu dessen einzelnen Ab- 38 theilungen eine viel bedeutendere Grösse, als bei den jüngeren Embryonen und bei den erwachsenen Schildkröten. — V on den Seiten war der ganze Embryo , abge- sehen jedoch vom Schwänze, noch stark abgeplattet. Namentlich galt dieses auch vom Kopfe, der, wie bei Embryonen der Säugethiere, Eidechsen und Schlangen von einer gleichen Entwickelungsstufe , am Scheitel aulfallend schmal war, von da aber sowohl nach vorne, als nach unten (gegen die künftige Grundfläche des Schädels hin) allmählig an Breite zunahm. Der Hals war im Verhältniss zu seiner Breite imd Länge beträchtlich hoch, und in dieser Hinsicht im Verhältniss zu dem Rumpfe auf- fallend stark. Der von der unteren Wandung des Halses gebildete Beutel, in wel- chem sich das Herz befand (Fig. 13 a.), war viel tiefer und überhaupt beträchtlich grösser, als bei den jüngeren Embryonen. Der Rumpf war höher und überhaupt viel gedrungener, als bei jenen Embryonen, obgleich noch immer ähnlich geformt, wie bei gleich weit entwickelten Embryonen von Säugethieren , Vögeln und Eidech- sen, also im Vergleich mit dem Rumpfe erwachsener Schildkröten ausnehmend schmal (Fig. 18). Auch fand ich seine Mitte nur wenig breiter, als seine Enden. An der Bauchseite war er noch beinahe in seiner ganzen Länge offen (Fig. 13), und beide Bauchplatten standen an der Oeffnung noch weit auseinander. Doch hatten die Bauchplatten, soweit sie den Rumpf zusammensetzen halfen, schon eine viel grössere Höhe erlangt , als bei den jüngeren Embryonen , so dass mithin schon eine ziemlich tiefe Rumpfhöhle gebildet war; dagegen war ihre Dicke allenthalben noch sehr ge- ringe. Die Vorder- und Hinterbeine stellten sich als kurze, dicke und stumpf abge- rundete Auswüchse dar, die mehr das Aussehn von stark abgeplatteten Kegeln, als von Tafeln hatten (Fig. 13). Von Zehen Hess sich an ihnen keine Spur bemer- ken. Die Vorderbeine waren ein wenig dicker und breiter, nicht jedoch auch län- ger, als die Hinterbeine. Der spitz auslaufende Schwanz war nur an seiner Wurzel rechts und links ein wenig abgeplattet, in seinem übrigen Theile aber drehrund. Das Amnion hüllte den Embryo noch ziemlich knapp ein. Die seröse Hülle, oder das falsche Amnion, habe ich nicht gehörig beobachtet. Die Augen waren massig gross, ragten nach aussen etwas vor, und hatten nicht mehr die Form von Birnen, sondern von Linsen, indem an ihnen schon eine Scheidung in den Augapfel und den Sehnerven bewirkt worden war, von welchen beiden Theilen sich nun der letztere als ein dünner hohler Stiel darstellte, der von dem nach unten und innen gekehrten Rande des linsenförmigen Augapfels ausging. Die dünne Aderhaut zeigte in der nach oben gekehrten Hälfte des Augapfels einen schwachen Anflug von grauer Farbe, an dem Pupillarrande aber einen schwärzlichen, schmalen und unten noch offenen Ring. Eine Falte Hess sich sowohl an der Ader- 39 haut, als auch an der viel dickern Netzhaut bemerken: doch war dieselbe verhält- nissmässig viel dünner und überhaupt schon kleiner, als bei den Jüngern Embryonen. Eine Iris war noch nicht vorhanden. Auch fehlte noch ein jedes Anzeichen von Augenlidern. — Die Gruben, welche die Anlage zu dem Geruchsorgane bezeich- neten, waren tiefer und überhaupt weit grösser, als bei den zuletzt (§. 9.) beschrie- benen Embryonen. Ferner waren sie nicht mehr rundlich, sondern etwas länglich und im Ganzen muldenförmig. (Fig. 13.) Auch lagen sie nicht mehr an dem vor- dem Ende des Vorderkopfes, sondern in der Nähe dieses Endes an der untern Seite des Vorderkopfs, der wegen des verstärkten Wachsthums des Vorderhirns sich etwas mehr verlängert hatte. Beide Gruben aber lagen ziemlich weit aus einander. Der- jenige Theil der Hautbedeckung, oder eigentlich wohl der Epidermis, welcher sie auskleidete, war etwas dicker und etwas lockerer, als an anderen Stellen des Kör- pers, luid liess sich mittelst eines Pinsels leicht fortwischen, indess an andern Stellen die Epidermis viel fester an dem Körper haftete imd sich, als der Embryo noch frisch war, nicht so leicht entfernen liess. — Die Ohrbläschen, oder die künftigen häutigen Theile der Gehorlabyrinthe, schimmerten über dem zweiten Paar der Kie- menbogen ziemlich deutlich hindurch. Sie waren verhältnissmässig etwas kleiner, als bei gleich weit entwickelten Embryonen der Natter, zeigten an ihrer nach aussen gekehrten Seite die Form eines sphärischen Dreiecks und Hessen einen nach oben gehenden kleinen keulenförmigen Fortsatz bemerken. Kalkkrystalle aber waren in diesem Fortsatz nicht vorhanden. Ein unterer Fortsatz , der fiir eine Andeutung von einer Ohrschnecke hätte angesehen werden können, schien zu fehlen. Auch konnte ich noch keine Andeutung von einer für das Ohrbläschen bestimmten Kapsel, oder von dem künftigen Felsenbeine bemerken, obgleich bei Säugethieren , Vögeln, Eidechsen und Schlangen eine solche Kapsel schon frühe auftritt. Die Oherkieferfortsätze der vordersten Kiemen- oder Schlundbogen waren noch sehr klein, reichten nur bis unter die Augen, lagen also von den Nasengruben noch weit entfernt, und waren an ihrem Ende abgerundet. (Fig. 13.) Den ersten und zweiten Kiemenbogen fand ich viel dicker, wie überhaupt absolut und relativ viel grösser, als bei dem zuletzt beschriebenen Embryo : doch war am zweiten nicht eine den Kiemendeckel der Fische andeutende Klappe gebildet worden. Die Spalte zwi- schen diesen beiden Bogen war schon verwachsen, und an ihrer Stelle befand sich äusserlich nur eine schwache Furche. Hinter dem zweiten Bogen aber kam noch eine lange und durchdringende Spalte vor, und hinter dieser lagen jederseits noch 3 andere Oeffinungen, von denen die hinterste nur ein kleines rundes Loch oder viel- mehr nur einen engen Kanal darstellte, indess die beiden andern die Form von kur- 40 zen Spalten hatten. Es war demnach, während die vorderste Oeffnung sich geschlos- sen hatte, oder doch nur eine kurze Zeit vor diesem Vorgange, noch eine neue entstanden, und es hatten sich also im Ganzen 5 Paar Seitenöffnungen am Halse gehildet, also eben so viele, wie hei dem Hühnchen, und ein Paar mehr, als bei den Säugethieren und der Natter. Auch hatte sich die bei den jüngeren Embryonen bemerkte hinterste, oder vierte, und nur rundliche Oeffnung in eine kleine Spalte umgewandelt. Die zwischen der zweiten und fünften Oeffnung befindlichen Bogen waren zwar viel dicker, als bei den jüngeren Embryonen, doch lange nicht so dick, wie die beiden vordersten. Die dünne Epidermis, welche die angegebenen Oeffnun- gen inwendig umkleidete, löste sich, wie ich auch bei anderen Thieren dies bemerkt habe, leicht ab. Die Rückensaite war im Verhältniss zu dem ganzen Körper auch in diesem Embryo sehr dünn. (Fig. 18, b.) Ihr vorderes Ende reichte bis zwischen die Ohr- bläschen, wie es bei den Wirbelthieren überhaupt der Fall zu sein pflegt, und war massig stark zugespitzt. Gleichfalls war ihr hinteres Ende zugespitzt, und vor dem- selben Hess sich nicht mehr eine schwache Anschwellung bemerken. Die von der Belegungsmasse der Rückensaite gebildeten Schädelbalken verhielten sich im Ganzen so, wie bei den jüngeren Embryonen: nur schien der mittlere absolut und relativ noch etwas dicker und breiter geworden zu sein. Dicht vor demselben war zwi- schen den beiden mittleren Schädelbalken noch sehr deutlich ein Loch in der künfti- gen Grundfläche der Hirnschale zu bemerken, und durch dasselbe ging die Ausstül- pung der Älundhaut hindurch, hinter welcher sich die Glandula pituitaria entwickeln sollte. Auch diese Ausstülpung war sehr deutlich zu erkennen, halte einen noch etwas grösseren Umfang, als bei den jüngeren Embryonen, und stellte ein von zwei Seiten plattgedrücktes ovales Säckchen dar. Die eine Seite dieses Säckchens lag dem mittleren Schädelbalken, die andere, oder nach vorne gekehrte, einem Theile des Ge- hirns an. Ein Eingang Hess sich in dieses Säckchen von der Mundhöhle aus noch deut- lich erkennen, schien aber schon kleiner geworden zu sein, und gab sich als ein kleines rundliches Loch zu erkennen. — Die Täfelchen, welche sich zu beiden Seiten der Rückensaite und des Rückenmarkes befanden, waren mehr in die Länge, als in die Breite, gewachsen, und erschienen daher schmäler, als bei den Jüngern Embryonen, hatten sich aber noch nicht paarweise vereinigt, sondern standen an beiden Enden noch immer ziemlich weit von einander ab, doch über dem Rückenmarke etwas we- niger, als unter der Rückensaite. Auch habe ich nicht bemerken können, dass sie paarweise gleichsam durch eine Brücke von gleicher Substanz, die zwischen dem Rückenmarke mid der Rückensaite hindurchgegangen wäre, unter einander in Ver- 41 bindung gestanden hätten. Doch mag eine solche vielleicht vorhanden gewesen sein, ohne sich deutlich unterscheiden zu lassen. Wie dem aber auch sein mag, jeden- falls bezeichneten jene Täfelcheii zufolge der Erfahrungen, welche über die Entwicke- lung der ihnen entsprechenden Theile anderer Wirbelthiere gemacht worden sind, die Anlagen der Wirbelkörper und Wirbelbogen. Was Remak ') über diese von ihm beim Hühnchen untersuchten Täfelchen in sehr wenigen Worten angegeben hat, scheint mir darauf hinauszugehen, dass man zwei Arten derselben unterscheiden müsse, indem nämlich zuerst dergleichen Täfelchen [oder vielmehr Würfelchen nach Remak] entstehen, die sich zu eben so vielen Cerebrospinalnerven entwickeln sol- len, nachher aber an der äusseren Seite derselben eben so viele Täfelchen, welche die Seitenhälllen der in der Entwickelung begriffenen Wirbelbeine sind. Sind aber die beschriebenen Täfelchen der Schildkröten, wenigstens diejenigen, welche ich in den grösseren der eben aufgeführten Embryonen gesehen habe, Tür die Anlagen der Wirbelbeine zu halten: so entstehen diese Gebilde auch bei den Schildkröten, wie bei den Schlangen, Vögeln und Säugethieren , aus zwei auf beide Seitenhälflen des Körpers vertheilten Stücken, indess sie nach von Baer's Angabe bei einem Kno- chenfische, dem Cyprinus Blicca, aus vier verschiedenen Stücken, nämlich 2 obern und 2 untern, zusammenwachsen 2). — In welcher Art übrigens die histologischen Veränderungen der Belegungsmasse der Rückensaite vor sich gehen, wenn aus der- selben sich die Anlagen der Wirbelbeine, oder die erwähnten Täfelchen hervorbilden, werde ich an einem andern Orte ausführlich angeben. Weder von den Knochen des Kopfes, noch von denen der Gliedmaassen, noch auch von den Rippen war in dem Embryo der Schildkröte, von welchem hier die Rede ist, irgend eine Spur aufzufinden. Das Gehirn war auffallend demjenigen eines Natter - Embryo's ähnlich, welches ich in meiner Entwickelungsgeschichte der Natter auf der sechsten Tafel in den Fi- guren 1, 2 und 3 abgebildet habe, wie denn auch der ganze Kopf dem Kopfe des Natter - Embryo's , nach welchem jene Abbildungen gemacht worden sind, sehr ähn- lich war. Demnach erschien das Gehirn in seiner Entwickelung weit mehr vorge- schritten, als das Gehirn des in §. 9. beschriebenen Embryo's. Naraenthch hatte das Vorderhirn so bedeutend an Breite zugenommen, dass es darin alle übrigen Ab- theilungen des Hirns übertraf: auch war schon in der Mittellinie desselben eine schwache Furche oder Einfaltung entstanden, durch die sich eine Scheidung in zwei ') Joh. Müll er 's Archiv, Jahrgang von 1843, S. 478 — 484. ') Latersuchungen über die Entwickelangsgescbichte der Fische. Leipzig 1835. S. 36. 6 42 Seitenhälften, oder in die künftigen Hemisphären des grossen Gehirns, angekündigt hatte. Doch war das Vorderhirn im Verhältniss zu dem übrigen Hirn im Ganzen immer noch sehr klein zu nennen. Das Zwischenhirn erschien verhältnissmässig kür- zer, als früher, weil es mehr an Breite, als an Länge zugenommen hatte: eine Oeffnung aber war an der oberen Seite desselben eben so wenig schon entstanden, als eine Zirbeldrüse. Das Mittelhirn war noch breiter geworden, als das Zwischen- hirn. An dem hinter dem Mittelhirn gelegenen Theile des Gehirns war die obere Wandung zum grösseren Theile viel dünner, als die übrige Partie: auch Hess sie von dieser sich leicht abheben, und gab sich schon als eine Decke fiir den verhält- nissmässig sehr grossen Sinus rhomboidalis zu erkennen. Ob sich sonst schon Häute für das Hirn und Rückenmark erkennen Hessen, habe ich vergessen zu untersuchen. Von einem kleinen Gehirn war noch keine Spur vorhanden. Das immer noch schlauchförmige Herz war im Ganzen weiter, aber verhältniss- mässig kürzer geworden, und erschien nicht mehr so offenbar spiralförmig gewunden, wie früher, sondern hatte sich dadurch, dass seine Enden einander näher gerückt waren, einigermassen der Form eines Hufeisens angenähert. (Fig. 13. Fig. 14, 15 und 16.) In seinem mittleren oder demjenigen Theile, welcher zu der Kammer werden sollte, war es am dicksten geworden, auch hatte seine Wandung hier die grösste Dicke erreicht. (Fig. 15 und 16, b.) An der hintern oder derjenigen Abtheilung, welche für die Vorkammern bestimmt war, hatten die beiden Taschen, oder Herz- ohren, an Grösse mehr zugenommen. (Fig. 15 und 16, c.) Auch die Aortenzwie- bel war merklich grösser, insbesondere aber dicker geworden. (Fig. 15 und 16, a.) Zwischen den genannten 3 Abtheilungen des Herzens befanden sich als Grenzen nur ringförmige Einschnürungen, nicht aber Verbindungskanäle, also nicht eigentlich ein Canalis auricularis und ein Fretum Halleri. Die Cuvier'schen Gänge, oder diejeni- gen Kanäle, welche dem Herzen das Blut des Embryonalkörpers zuführen, waren bedeutend weiter geworden. (Fig. 13, b. Fig. 14 und 15, d.) Von Blutgefässen konnte ich nur hie und da geringe Spuren erkennen, weil der Embryo schon vor der Untersuchung abgestorben war, und weil das Blut aus seinen Gefässen sich bei- nahe schon ganz verloren hatte : doch erfuhr ich dadurch, dass ich durch den Rumpf, nachdem er in Weingeist erhärtet worden war, Querdurchschnitte machte, dass sich auch in diesem Embryo die Verbindung der Wurzeln der Aorte zu dem Stamme noch vor den Vorderbeinen befand. Die Speiseröhre, der Magen und der Anfang des Dünndarms verhielten sich im Ganzen, wie in dem zuletzt (§. 9.) beschriebenen Embryo, doch mit dem Unter- schiede, dass der Magen (Fig. 14, f.) etwas weiter geworden war, als die Speise- 43 röhre. (Fig. 14, d.) Der Darm hatte sich schon in so weit geschlossen, dass in seiner Mitte nur noch eine massig grosse ellipsoidische Oeffnung, der Darmnabel, vorhanden war. (Fig. 13, e.) Wie bei jungen Embryonen höherer Thiere, hatte sich der Darm in seiner Mitte von der Rückenwand des Leibes massig weit entfernt, so dass er in der Gegend, wo sich der Darmnabel befand, einen sehr stumpfen und abgerundeten Winkel bildete, der von dem Gekröse (Fig. 13, e.) ausgefüllt wurde. — Die Leber hatte sich massig vergrössert, war ungefähr eben so breit, als lang, zeigte die Form eines unregelmässigen Vierecks und besass eine ziemlich grosse Dicke. (Fig. 13, c. Fig. 14, c. und Fig. 15, e.) Fast gänzlich bedeckte sie den Magen und war an ihrer obern Seite, mit welcher sie demselben anlag, schwach concav, an der untern Seite dagegen recht sehr convex. Eine Längsfurche, wodurch sie in zwei Seitenbälften abgetheilt worden wäre, kam an ihrer unteren Seite nicht vor. Ein kurzer und ziemlich dicker Ausführungsgang der Leber Hess sich deutlich erkennen, und es ging derselbe in die linke Seite des angeschwollenen An- fangsstückes des Dünndarms über. (Fig. 15, f.) — Von einer Bauchspeicheldrüse war noch keine Spur vorhanden. Gleich hinter den Kiemenbogen des zweiten Paares befanden sich an dem vor- deren Theile der Speiseröhre zwei sehr kleine taschenartige Aussackungen, die mehr der rechten und linken, als der untern Seite desselben anzugehören schienen, und die Lungen andeuteten. (Fig. 14, e.) Sie waren zwar etwas, doch nur wenig grösser, als bei dem zuletzt beschriebenen Embryo. Von einer Luftröhre aber konnte ich noch keine Andeutung bemerken. Die Wolff sehen Körper gingen vom Herzen bis an das Ende der Rumpfhöhle, imd lagen so dicht hei einander, dass sie nur durch die Aorta geschieden waren. (Fig. 17, a. a. Fig. 18, c. c.) Vorn und hinten waren sie zugespitzt, im Ver- hältniss zu ihrer Länge nur schmal, und von oben, wie von unten, massig stark abgeplattet. Der Hauptsache nach bestand ein jeder aus einer einfachen Reihe klei- ner dickwandiger Bläschen, die in dem mittleren breiteren Theile des Organs kolben- förmig waren und mit ihrer Achse quer lagen , in dem vordem und hintern schmä- leren Theile fast die Form von Kugeln besassen, und sich aus eben so vielen jener dichten Läppchen herausgebildet hatten, aus welchen das Organ bei jüngeren Embryo- nen grösstentheils bestand. Der künftige Ausführungsgang eines jeden Wolf f'schen Körpers lief an diesem ganzen Eingeweide entlang, machte den dicken äusseren Rand desselben aus, und hatte im Verhältniss zu dessen Breite eine ansehnliche Dicke. Ob er schon hohl war, blieb mir ungewiss. 6* 44 Die Allantois lag zum grösseren Theile schon ausserhalb der Rumpfhöhle, war aber nicht um Vieles grösser, als bei dem in dem neunten Paragraphen beschriebe- nen Embryo, und hatte noch eine mehr rundliche, als ovale Form. (Fig. 13, g. und Fig. 17, b.) — Von Geschlechtswerkzeugen war keine Spur aufzufinden. §. 11. Aus den Mittheilungen, die ich in dem Obigen über die Embryonen der Schildkröten gemacht habe, geht hervor, dass diese Thiere in ihrer Entwicke- lung darin mit den Säugethieren, Vögeln, Sauriern und Ophidiern durchaus übereinstim- men, dagegen von den Batrachiern und Fischen bedeutend abweichen, dass sich bei ihnen ein Amnion und eine Allantois bildet, und dass ihr Dottersack, wenigstens einige Zeit hindurch, ausserhalb der Rumpfhöhle liegt. Was aber die Entwickelung ihres Körpers selbst anbelangt, so zeigt dieselbe in der ersten Zeit des Fruchtlebens die meiste Ue- bereinstimmung mit der Entwickelung der Säugethiere und der Eidechsen, zumal der letzteren, so dass man wohl mit vollem Grunde von ihr behaupten kann, dass sie an- fangs nach einem ähnlichen Plane vor sich geht, wie die Entwickelung der eben ge- nannten höhern Thiere, und dass sie nur erst späterhin bedeutend davon abweicht. Ganz unnöthig und überflüssig dürfte es wohl sein, noch ausführlich die grosse Uebereinstimmung auseinander zu setzen, die sich in der Körperform sehr junger Embryonen der Schildkröten und Säugethiere , oder der Schildkröten und Eidechsen darbietet, da sie nach den Beschreibungen und Abbildungen, die ich hier von meh- reren Embryonen der Sumpfschildkröte gegeben habe, einem jeden Sachverständigen einleuchten wird. Wohl aber muss ich zwei Bemerkungen zur Sprache bringen, die von Baer gemacht hat, und nach denen die Entwickelung der Schildkröten gleich von Anfang an nach einem andern Plane, als die Entwickelung der höheren Wirbelthiere, vor sich gehen würde. Bei der Untersuchung eines Eies der Sumpf- schildkröte, das vor 6 Tagen gelegt worden war, fand von Baer ^), dass bei dem kaum erst angedeuteten Embryo die Bauchplatten, die noch gänzlich auf dem Dotter ausgebreitet waren, an den Rückenplatten da ansassen, wo diese sich nach oben , um die Rückenfurche zu schliessen, vereinigt hatten , der Rücken also sehr tief lag ~). Noch tiefer aber erschien der Rücken bei einem Embryo herabgesun- ken, der in einem 2 Tage älteren Eie gefunden wurde. Es bot sich also, diesen Angaben zu Folge, in den ersten Anlagen der Rurapfwandung ein ähnliches Lage- rungsverhältniss dar, wie man es bei erwachsenen Schildkröten an dem Rückenschilde findet. Besteht nun aber wirklich zu Anfange ein solches Verhältniss der Bauch- 1) Job. Müll er's Archiv. Jahrgans von 1834, S. 544 — 550. ^) Einen Querdurchschnitt dieses Erabryo's, wie von Baer ihn abgebildet hat, habe ich auf der Tafel I, in Figur 4, copirt. 45 platten zu den Rückenplattcii, wie mein um die Enlwickelunofsgeschichte der Thierc so hochverdienter Freund gefunden haben will, so ändert sich dasselbe doch bald so um, dass die Rückenplatlen über die Bauchplalten gleichermaassen nach aussen her- vortreten, wie etwa bei den Siiugelhieren und Eidechsen, und dass das Rückenmark nicht mehr, wie in einer von Baer gegebenen Abbildung, tiefer als die Bauchplat- ten liegt, sondern gegentheils höher zu liegen gekommen ist. — Aus den erwähn- ten Lagerungsverhältnissen , welche von Baer an den Bauch- und Rückenplatlen zweier Embryonen der Sumpfschildkröte bemerkte, folgerte derselbe, dass bei den Schildkröten die Grundlage für die Extremitäten sich nicht von der oberen [oder äusseren] Fläche der Bauch- und Rückenplatten ablöst, wie in andern Wirbelthieren, sondern von der unteren [inneren] Fläche. Dass diese Folgerung aber nicht der Wirklichkeit entspricht, geht aus den Beobachtungen, die ich oben über die Lage der Beine bei den Embryonen der Schildkröle gegeben habe, hinreichend hervor. Vielmehr entstehen auch bei diesen Thieren die Beine äusserlich an den Bauchplat- ten und ganz an denselben Stellen, wie bei den Säugelhieren und Eidechsen, so dass ebenfalls in dieser Hinsicht der Enlwickelung der genannten verschiedenen Thiere ein gemeinsamer allgemeiner Plan zum Grunde liegt. Anmerkung. Wenn sich gleich behaupten lässt, dass der Enlwickelung der über den Balrachiern stehenden Thiere ursprünglich derselbe allgemeine Plan zum Grunde liegt, so ist damit natürlich nicht auch ausgesprochen, dass die verschiedenen Arten derselben beim Beginn ihrer Enlwickelung einige Zeil einander in der Gestalt ganz gleich seien. Vielmehr findet man bei den verschiedenen Arten auch in der frühesten Zeit der Enlwickelung mancherlei Formverschiedenheiten, die aber dann im Ganzen nicht von grosser Bedeutung sind. Unter Benutzung der Abbildungen, welche Bischoff von dem Embryo des Kaninchens entworfen hat, will ich hier mit wenigen Worten die erheblichem Verschiedenheiten angeben, welche die Enlwicke- lung dieses Säugelhieres und der Sumpfschildkröte kurz zuvor darbietet, ehe bei ihnen die Allanlois entstanden ist. Bei der Schildkröle ist zu dieser Zeit der Rumpf im Verhällniss zu seiner Länge schmäler, als bei den Kaninchen, und die Täfelchen, die sich zu beiden Seilen des Rückenmarkes gebildet haben, sind weniger zahlreich : auch scheint die Enlwickelung der Kiemenbogen und Kiemenspallen geringere Forlschritte gemacht zu haben. Dagegen ist dann bei der Schildkröte der Kopf verhältnissmässig etwas grösser, das Gehirn länger, und die Abschnürung der Augen von dem Gehirn schon viel bedeutender. Das Herz aber und der Darmkanal scheinen dann bei der Schildkröte dieselbe Form und relative Grösse zu haben, wie bei dem Kaninchen. Zweite Abtheilung. ü e b e r die späteren Entwickelungzu stände Terschiedener Arten von Schildkröten. Erstes Kapitel. Von dem Skelete §. 1. Uer Schädel hat bei den reifem Embryonen der Schildkröten im Gan- zen und in seinen einzelnen Theilen schon eine ähnliche Gestalt, wie bei den Erwachse- nen derselben Arten. Auch fand ich ihn bei solchen Embryonen schon grösstentheils verknöchert. Nur wenige Bemerkungen werden es daher sein können, die ich in dem Folgenden über seine Entwickelung mitzutheilen hätte. Eben dasselbe gilt auch von der Gestalt, welche bei reifern Embryonen die Skeletstücke der Beine darbie- ten, indess in diesen Körpertheilen die Verknöcheriing noch lange nicht so weit, wie bei dem Schädel, vorgeschritten ist. Dagegen haben bei den reifern Embryo- nen fast alle schon vorhandne Skeletstücke , welche zur Zusammensetzung ihres Riunpfes dienen, ganz andre Gestalten, als bei den Erwachsenen, und sind ausserdem in ihrer Verknöcherung nur erst wenig vorgeschritten. Auch sind bei ihnen viele von diesen Skeletstücken des Rumpfes, namentlich die meisten Rippen und die einzel- nen Stücke des Bauchschildes verhältnissmässig viel kleiner, als bei den Erwachse- nen. Manche andre Theile aber, welche bei den meisten Arten der Schildkröten zur Vergrösserung des Rückenschildes beitragen, indem sie an die Rippen und die Wirbelsäule sich anschliessen, fehlen selbst dann noch, wann die Embryonen das Ei verlassen. Dieserhalb werden denn diejenigen Theile des Skeletes, welche dem Rumpfe angehören, in dem Folgenden vorzüglich zu berücksichtigen und deren Ent- wickelung am ausführlichsten zu schildern sein. A. Schädel. §. 2. V^on allen Abtheilungen des Skeletes ist es bei den Schildkröten im iVll- gemeinen der Schädel, in welchem die Verknöcherung am raschesten fortschreitet. Namentlich ist dies der Fall au denjenigen Skeletstücken, welche den Gesichtsantheil des Schädels ausmachen. Bei den reifern Embryonen von Testudo und Chelonia, die ich zu zergliedern Gelegenheit hatte , waren diese Theile nicht blos sämratlich schon vorhanden, sondern hatten sich auch bereits in so weit ausgebildet, dass sie 50 eben solche Formen, wie bei den Erwachsenen, besassen und dass sie mit ihren Rän- dern in eben derselben Weise, wie bei den Erwachsenen, zusammenstiessen. Weni- ger grosse Fortschritte hatte die Verknöcherung der Hirnschale gemacht; denn in dieser kam noch ziemlich viel Knorpel vor, doch Hess sieh eine Fontanelle an der obern Seite der Hirnschale nur bei dem Embryo von Testudo bemerken, wo sie zwischen den Scheitel- und Stirnbeinen vorkani, aber nur noch eine sehr geringe Grösse hatte. Bei der jungen Sphargis fand ich die Verknöcherung des Schädels eben so weit gediehen, wie bei Exemplaren der Gattung Chelonia von ziemlich gleichem Al- ter. Es kann daher nur auf einem Irrthum beruhen, dass Koestlin in seinem sonst trefflichen Werke über den Schädel der Wirbelthiere angegeben hat: »bei Sphargis verknöchert der ganze Kopf nicht, und stellt eine knorplig -häutige Masse dar, welche übrigens in ihrer Gestalt durchaus mit dem Kopfe der eigentlichen Che- lonien übereinstimmt.« §. 3. An dem Hinterhauptbein, das auch bei erwachsenen Schildkröten mei- stens noch eine Zusammensetzung aus 4 verschiedenen Stücken erkennen lässt, be- rührten sich diese Knochenstücke schon bei den reifern Embryonen. Doch stiessen die seitlichen unten nur mit dem Körper zusammen, nicht aber auch schon, wie bei den Erwachsenen, an der Stelle, wo sich der Gelenkkopf befindet, mit einander selbst. Diese Vereinigung der Knochenmassen beider Seitentheile an dem Gelenkkopfe, be- wirkt durch eine gegenseitige Näherung in Folge des fortschreitenden Wachsthums, tritt erst ziemlich spät ein, zumal bei den Seeschildkröten. Bei einer Chelonia im- bricata, deren Rumpf 8^ " lang war, standen beide Theile noch um etwas mehr, als eine Linie, von einander ab. Ueberhaupt aber entwickelt sich der Gelenkkopf nur sehr langsam, und von den drei Höckern, aus denen er zusammenwächst, bildet sich am langsamsten derjenige aus, welcher dem Körper des Hinterhauptbeines ange- hört. Bei den zergliederten Embryonen war von dem letztern noch keine Andeu- tung vorhanden, indess die beiden andern sich schon als massig starke Aufwulstun- gen der untern Ränder der Seitentheile darstellten. — Der Körper des Hinterhaupt- beins enthielt bei den Embryonen von Testudo und Chelonia, desgleichen bei der jungen Sphargis, noch deutlich das vordre zugespitzte Ende der Rückensaite, das sich bis zu dem Keilbeinkörper hin erstreckte. Der Form nach hatte er bei jenen Embryonen eine Aehnlichkeit mit einem Kartenherzen : jedoch war seine Spitze , die an das Hinterhauptloch angrenzte und woraus sich der eine Höcker für den Gelenk- kopf bilden sollte, abgestumpft und mit einem schwachen Ausschnitt versehen. Auch war ein solcher Ausschnitt noch bei den Jungen von Sphargis und Chelonia vorhan- 51 den, doch bei ihnen kaum nur merkbar. Die untere Fläche dieser Knochenlafel bil- dete bei den Embryonen und Jungen, selbst bei denen aus der Galtung Chclonia, in der sie später sehr uneben ist, noch eine ziemlich gerade Ebne. — An der Schuppe des Hinlerhauptbeines befand sich bei dem Embryo von Testudo äusserlich zwar schon eine Längsleiste, doch war sie nur sehr niedrig und überhaupt kaum merkbar: ein Stachel aber, in den sie nach hinten ausgelaufen wäre, fehlte noch gänzlich. Hingegen war bei dem Embryo von Chelonia ein solcher Stachel schon vorhanden, wenngleich nur von einer unbedeutenden Länge: auch war bei ihm die Leiste an der obern Seile der Schuppe schon ziemlich stark ausgewirkt. Die jungen Schildkröten besassen jedenfalls die Leiste und den Stachel, und zwar beide je nach den Arten, denen sie angehörten, um so stärker ausgebildet, je älter sie waren. Zwischen dem Körper des Hinlerhauptheines und dem Körper des Keilbeins befand sich nicht blos bei den beiden Embryonen, sondern auch noch bei den Jungen von Sphargis und Chelonia ein ziemlich grosser Zwischenraum, der mit Knorpelsub- stanz ausgefdllt war, und es lagen also bei ihnen jene Knochenstücke von einander noch ziemlich weit entfernt. Bei andern jungen Schildkröten aber stiessen beide Stücke schon dicht zusammen. Der Keilbeinkörper bildet sich bei den Schildkröten nur in einfacher Zahl : denn selbst bei den reifern Embryonen habe ich nicht das geringste Zeichen auflinden können, dass er ursprünglich aus einem hintern und einem vordem Stücke bestandeu hätte, selbst nicht, nachdem ich die bereits ihm an- gehefteten Flügelbeine entfernt und ihn der Länge nach durchschnitten hatte. Seine Form ist zu der Zeit, da er das Hinterhauptbein noch nicht berührt, die eines mehr oder weniger verlängerten Kartenherzens, seine Lage aber eine solche, dass sein breiteres Ende dem Körper des Hinterhauptbeines zugekehrt erscheint, seine Spitze in die knorplige Scheidewand der Augen- und Nasenhöhlen übergehl. Die breitere, und überhaupt die grössere, oder diejenige Hälfte dieses Knochenstückes, welche hinler dem Hirnanhange [Hypophysis cerebri] ihre Lage hat, bildet sich, wie der Körper des Hinlerhauptbeines, in dem zum Kopfe gehörigen tafelförmigen Tbeile der Belegungsmasse der Rückensaile , die schmälere und dünnere Hälfte aber in der Lücke , w eiche die paarigen Balken des Schädels, wo sie von jenem Theile der Belegungsmasse ausgehen , ursprünglich zwischen sich lassen. Jedoch entsteht die letztere Hälfte später, als die erslere, und zwar, nachdem die angegebene Lücke durch eine dünne Knorpelplatte geschlossen worden ist, deren Masse sowohl mit dem tafelförmigen Theile der Belegungsmasse, als auch mit den beiden paarigen Schädel- balken in einem unmittelbaren Zusammenhange steht, also wohl aus allen diesen drei Theilen hervorgewuchert ist. Dies ergab sich besonders bei den Jungen der Gattung 52 Chelüiiia: denn bei ihnen bestand sie noch in einem nur unvollständig von Knochen- erde durchdrungenen Knorpel, indess die andre oder breitere Hälfte, die übrigens ohne scharfe Grenzen in jene erstere überging, sich als eine vollständig ausgebildete Knochenniasse darstellte. Was die Bedeutung des Keilbeinkörpers bei den Schild- kröten anbelangt, so entspricht er, seiner Entstehungsweise und Lage nach zu ur- theilen, eigentlich nur dem hintern Keilbeinkörper andrer Wirbelthiere, wenngleich er dadurch, dass er nach vorne bis über den Hirnanhang hinausreicht, auch den vor- dem Keilbeinkörper ersetzt. — Die Keilbeinflügel, die bei der Schildkröte nur in einem Paare vorkommen , und denen des hintern Keilbeins andrer Wirbelthiere ent- sprechen, fand ich bei allen darauf untersuchten Jungen von Chelonia und Trionyx, und selbst auch bei den Embryonen von Chelonia und Testudo, schon als kleine Knochenslücke vor. Die Knorpelkapsel, welche sich auch bei den Schildkröten um den häutigen Theil des Obrlabyrinthes bildet und anfangs eine sehr einfache Form und nur sehr dünne Wandung hat, bleibt in ihrer gegen das Gehirn gekehrten Hälfte bei mehre- ren Schildkröten [namentlich in den Gattungen Emys und Chelonia], wenn nicht gar bei allen, zeitlebens knorplig. Ihre äussere und grössere Hälfte hingegen verknöchert allmählig, so jedoch, dass in ihr zwei Knochenstücke entstehen, von denen ein jedes einen Theil des häutigen Ohrlabyrinthes, namentlich Theile der halbzirkelförmigen Kanäle, einschiiesst, und von denen nur das eine mit dem Namen des Felsenbeines belegt, das andere von Cuvier nicht recht passend Os occipitale externum genannt worden ist. Beide Knochenstücke nun , die zusammengenommen eigentlich nichts anderes als das Felsenbein der höhern Thiere vorstellen, waren zwar schon bei den Embryonen von Testudo und Chelonia zu erkennen , hatten jedoch bei beiden nur erst eine sehr geringe Grösse [zumal bei dem letztern Embryo] , so dass sowohl zwischen ihnen selbst, als auch zwischen ihnen und den benachbarten Knochenstücken, noch ziemlich grosse , nur von Knorpel angefüllte Zwischenräume vorkamen. Auch bei den Jungen von Sphargis und Chelonia Hessen sie um sich herum noch ziemlich grosse Lücken bemerken, dagegen waren sie bei den Jiuigen von Land- und SUss- wasserschildkröten, welche ich zergliederte , schon mehr oder weniger vollständig theils an einander selbst, theils auch an die benachbarten Knocbenstücke herange- wachsen, wonach also zu urtheilen jene Knochenstücke sich bei den Seeschildkröten am langsamsten vergrössern. Was aber die Grösse der ganzen theils knorpligen, theils knöchernen Kapsel anbelangt, welche den häutigen Theil des Obrlabyrinthes einschiiesst, so habe ich sie bei jungen Schildkröten im Verbältniss zu dem Um- fange der Hirnschale um so bedeutender gefunden, je weniger dieselben an Alter 53 vorgeschritten \v.iren. — Das Gehörknöchelchen erschien schon bei den reifern Em- bryonen vollständig ausgebildet. Die beiden Seitenhälften des Unterkiefers verschmolzen bei den Schildkröten schon sehr frühe, wie dies bereits von Cuvier bemerkt worden ist, der selbst bei den Jungen zwischen beiden Hälften keine Spur von einer Symphysis auffinden konn- te '). Jedoch geht an dem Kinnwinkel die Verschmelzung der Knochenstücke des Unterkiefers erst etwas später vor sich , als das Junge das Ei verlässt : denn nicht blos bei den Embryonen von Testudo und Chelonia, sondern auch noch bei dem Jungen von Trionyx gangeticus fand ich beide Seitenhälften nur durch eine Sym- physe vereinigt. Gleichfalls kam eine solche bei den Jungen von Chelonia Midas und Trionyx aegyptiacus vor, war aber nur äusserst schmal und kaum noch zu er- kennen. Bei Terrapene tricarinata aber griffen die Knochenstücke an dem Kinnwin- kel mit sehr zackigen Rändern innig in einander, ohne jedoch bereits verwachsen zu sein, indess bei den erstgenannten Schildkröten die einander zugekehrten Ränder der Kinnladenhälften keine Zacken besassen, sondern ziemlich glatt wairen. Die übrigen Knochen des Kopfes verhielten sich nicht allein bei den Jungen, sondern auch schon bei den reifern Embryonen in Hinsicht ihrer Form, relativen Grösse und Verbindung sehr ähnlich, wie bei den Erwachsenen derselben Gattungen, weshalb denn über diese ihre Verhältnisse Nichts weiter anzugeben wäre. Zwischen den Knochen und der Hautbedecknng des Kopfes fehlt bei den jungen Schildkröten, obgleich auch dieser Theil der Hautbedeckung meistens ziemlich grosse Hornplatten trägt, doch eine solche aus sehr verdichtetem Bindegewebe gebildete, ge- wöhnlich aber für knorplig gehaltene Schichte, wie sie bei denselben au dem Rumpfe vorkommt. (§. 36.) Es erfahren daher die Knochen des Kopfes nicht dergleichen son- derbare histologische Veränderungen, wie ich sie nachher von mehrern Knochen des Rumpfes angeben werde, sondern es bleiben ihre Höhlen nur mit Knochenmark erfüllt. §.4. In einigen Knochenstücken des Schädels geht bei den Schildkröten die Verknöcherung von der Oberfläche, in andern von der Tiefe aus. Das erstere ist der Fall, wie bei den Fröschen, an der Schuppe und den Seitentheilen des Hinter- hauptbeines, desgleichen an den Quadratbeinen und den Scheitelbeinen. Namentlich fand ich bei den Jungen von Sphargis und Chelonia, dass bei ihnen diese Theile des Kopfes aus Knorpelmasse bestanden, die von einer nur massig dicken Knochenrinde umgeben waren. (Bei den erwachsenen Schildkröten bestehen auch diese Theile der Hirnschale durchweg aus Knochensubstanz, indess sie bei erwachsenen Fröschen ge- *) Recherclies sur les ossemens fossiles. Quatrieme edition. Tom. IX. Pag. 378. 54 wohnlich in ihrem Innern noch ziemlich grosse Reste von reinem Knorpel bemerken lassen). Dagegen war für den Körper des Hinterhauptbeines und des Keilbeins die Verknöcherung offenbar von der Tiefe der Knorpelmasse, aus welcher sich diese Knochenstücke herausbilden, ausgegangen. Und eben dasselbe schien der Fall auch für die Stirnbeine, die Felsenbeine und alle platten Knochen des Antlitzes der Fall gewesen zu sein. Der Unterkiefer zeigte schon bei den reifern Embryonen eine ähnliche Zusam- mensetzung, wie bei den Erwachsenen derselben Arten: nur waren die 5 einzelnen Knochenslücke, welche in jeder Seitenhälfte desselben den als Achse dienenden Knor- pelstrang wie Schienen umgaben, im Verhältniss zu diesem viel dünner, als bei den Erwachsenen, so dass demnach bei jenen Embryonen dieser Knorpelstrang an der Zusammensetzung des Unterkiefers einen viel grössern Antheil, als bei den Erwach- senen hatte. Auch war bei ihnen aus dem hintern Ende des erwähnten Knorpelstranges, der den Meckei'schen Knorpel der Säugethiere vorstellt, noch nicht durch eine Verknö- cherung derjenige Theil des Unterkiefers entstanden, welcher von Cuvier das Articule genannt worden ist. Ausserdem al)er fehlte dieser Theil sogar noch bei allen Jun- gen der Gattungen Sphargis, Chelonia und Trionyx, welche ich zergliedern konnte: dagegen war er bei den untersuchten Jungen andrer Schildkrölen schon sichtbar. Diese Verschiedenheit aber in der Zeit seines Auftretens steht in Uebereinstimniung damit, dass er bei den Seeschildkröten und in der Gattung Trionyx eine verhältnissraässig nur sehr geringe, bei andern Schildkröten eine viel erheblichere Grösse erlangt. §. 5. Dass die Scheidewand der Augen- und Nasenhöhlen, die bei den Schild- kröten für immer knorplig bleibt, sich aus denjenigen Theilen der Belegungsmasse der Rückensaite, welche ich die paarigen Balken des Schädels genannt habe, durch Verschmelzung und Vergrösserung derselben entwickelt, seheint mir nach der Analo- gie mit andern ^Vlrbelthieren keinem Zweifel zu unterliegen. Ob sich aber die so- genannten vordem Stirnbeine aus dieser Knorpelpartie, oder vielmehr, wie nament- lich die Nasenbeine andrer Thiere, nur auf derselben gebildet hatten, muss ich da- hin gestellt sein lassen. Für die letztere Entstehungsweise spricht jedoch der Um- stand, dass die vordere Hälfle der eben erwähnten Knochenstücke, wie die Nasen- beine andrer Thiere, auf zwei flügelartigen, in dünnen Knorpelplatten bestehenden Ausbreitungen jener Scheidewand liegen, die oben und seitlich die Nasenhöhlen aus- kleiden und nach innen mit der Schleimhaut dieser Hohlen bedeckt sind. - — ■ Sowohl in der Jugend, als auch im spätem Alter der Schildkröten kommen bei denselben zwei auf beide Seitenhälften des Kopfes vertheille, gleich nach aussen von der har- 55 ten Hirnhaut g^elegne, mehr oder weniger breite und unregelmässig geformte Knor- pelslreifeii vor, die zu beiden Seiten des Keilbeinkörpers von der Grundfläche der Hirusciiale ausgehen, dicht vor der Knorpel- und Knochenmasse des innern Ohres, von der sie leicht sich trennen lassen, aufsteigen, und darauf sich an der innern Seite der Scheitelbeine bis in die Gegend der Mittelebne des Kopfes hin erstrecken, nach vorne aber in die knorpligen Wandungen der Augenhöhlen übergehen. Allem Anscheine nach sind auch diese Knorpelstreifen, die übrigens bei den Seeschildkröten die grösste Breite und Dicke erlangen, und von denen ich bisher bei höhern VVirbel- thieren, wie auch bei Fröschen und Kröten, nichts Aehnliches bemerkt habe, Ausläu- fer der Belegungsmasse der Rückensaite. Ob sie in einer frühern Entwickelungszeit zu denjenigen Knorpelpartien, aus welchen sich die Scheitel- und Stirnbeine bilden, in einer nähern Beziehung stehen, würde noch dereinst zu untersuchen sein. Auch von den unpaarigen Balken des Schädels fand ich bei den altern Embryo- nen, und selbst noch bei den Jungen von Seeschildkröten, Spuren vor. Sie bestan- den in einem schmalen und sehr dünnen, wie überhaupt nur kleinen Knorpelstreifen, der in einer massig hohen Querfalte der harten Hirnhaut befindlich war, welche Falte hinter dem Hirnanhange da vorkam, wo namentlich bei den Säugethieren die Lehne des Türkensattels bemerkt wird. Bei erwachsenen Schildkröten aber konnte ich einen solchen Knorpelüberrest nicht auffinden : auch erschien mir bei ihnen die Falte , die ihn bei den Jungen einschloss, verhältnissmässig viel niedriger. B. Wirbelsäule. §. 6. In Hinsicht der Gestalt waren die Hals- und Schwanzwirbel nicht blos bei den untersuchten jungen Schildkröten, sondern auch schon bei den Embryonen der Chelonia imd Testudo, denen erwachsener Exemplare dieser Thiere sehr ähnlich. Namentlich besassen selbst bei jenen Embryonen fast alle Halswirbel an ihrem Kör- per, wie bei den Erwachsenen, eine oder zwei recht grosse Gelenkköpfe, und an ihrem Bogen massig grosse Processus obliqui. Die Körper der Rücken- und Kreuz- wirbel erschienen zwar im Verhältniss zu ihrer Dicke etwas kürzer, als bei den Er- wachsenen, doch hatten alle imgefähr die Form von Rinnen, indem ihre obere Fläche, und zwar am bedeutendsten bei der Sphargis, concav, dagegen die untere in einem noch weit höhern Grade convex war. Auch waren sie an ihren Enden schon et- was dicker, als in der Mitte. Anders hingegen, als bei den Erwachsenen, verhiel- ten sich bei den eben genannten Embryonen die Bogen dieser Wirbel. Nirgend wa- ren sie so breit, dass sich zwei benachbarte berührt hätten; sondern es Hessen je zwei in ihrer ganzen Höhe einen ziemlich grossen Zwischenraum zwischen sich, der 56 von zwei vereinigten fibrösen Häuten ausgerüUt war, nämlich von der harten Haut des Rückenmarks und von einer massig dicken Fascie, die äusserlich von einem Bogen zum andern herüberlief und in die Knochenhaut derselben überging. Indess zeigten die Bogen in ihrer Form schon eine Annäherung in diejenige, welche diese Stücke bei den Erwachsenen darbieten : denn unten, wo sie von den Körpern der Wirbel ausgingen, waren sie schon ziemlich breit, weiter nach oben schmäler, und in ihrem obersten Theile oder der Mitte am breitesten. Ein jeder Bogen ging von dem vor- dem Drittel des Körpers seines Wirbels ab, war aber an allen Wirbeln des Rum- pfes , mit Ausnahme des vordersten , sehr schräge nach vorn gerichtet. Auch war er an eben denselben Wirbeln, während er an seinen Enden an Breite zugenommen hatte, nach vorne über den Körper seines Wirbels eine massig grosse Strecke hin- ausgewachsen, so dass er zum Theil auch auf dem Körper des zunächst vor ihm liegenden Wirbels zu ruhen gekommen war. Noch breiter aber war an dem zwei- ten und den folgenden 12 Rumpfwirbeln der mittlere oder oberste Tbeil des Bogens geworden, und es stellte dieser gleichsam ein kleines Schild dar, das bei der Testudo (Tab. in, Fig. 10.) die Form eines Ovals, bei der Chelonia (Tab. IV, Fig. 1.) die eines Kartenherzens halte, und dessen grösster Durchmesser in der Mittelebene des Leibes lag. Bei näherer Betrachtung ergal) sich indess, dass ein jedes solches Schild eigentlich durch eine nach oben gegangene Wucherung der Substanz des Bogens entstanden war, indem es einen gerade aufsteigenden Fortsatz darstellte, der im Verbältniss zu der Grösse des Wirbelbogens, welchem er angehörte, im Ganzen eine beträchtliche Breite hatte. Dagegen war die Höhe dieser Fortsätze höchst un- bedeutend, selbst an dem zweiten und den sechs folgenden Rumpfwirbeln , an denen sie sich grösser, als an den übrigen, zeigten. Die nach oben gekehrte Fläche die- ser Fortsätze war im Allgemeinen ein wenig convex, die Seitenflächen aber wai'en gerade und ziemlich senkrecht gerichtet. Die Kante, die durch das Zusammentreffen dieser verschiedenen Flächen gebildet wurde, war ein ziemlich rechter Winkel, sprang also seitwärts nicht merklich oder doch nicht erheblich vor. Wie die Untersuchung weiter entwickelter Schildkröten auswies, bleiben an den hintersten Rumpfwirbeln die Andeutungen von Dornfortsätzen in ihrer Entwicke- lung sehr zurück. Dagegen wuchert an dem zweiten und den sechs folgenden Rumpf- wirbeln aus der Mitte der Bogen derselben die Substanz, je später, desto mehr her- vor, und es verhallen sich an ihnen die Bogen in dieser Hinsicht, wie die Bogen vieler Wirbel bei der Mehrzahl der Vertebraten. Allein statt dass bei andern Wir- helthieren der neue Anwuchs zwischen den Rückenmuskeln immer mehr in die Höhe geht, und das im Allgemeinen um so mehr, je dicker die Lagen der Rückenmuskeln 57 werden, in Folge davon aber sich zu einem mehr oder weniger langen Strahl, zu einem wahren Proressus spinosus ausbildet, bietet derselbe bei den Schildkröten grade ein entgegengesetztes \'erlialten dar. Denn bei diesen Amphibien , bei denen sich nur wenige Rückenmuskeln und diese ausserdem nur schwach ausbilden (§. 42.), so dass überhaupt ihre Rüekenmuskelu die Hautbedeckung nicht erheblich von den Bogen der Runipl"« irbel entfernen können, kommt jener neue Auswuchs mehrerer Wirhelhogcn sogleich, wie er entsteht, mit einer dicht unter der Hautbedeckung lie- genden Schichte eines dichten Bindegewebes in Berührung, geht darauf unter dersel- ben und der Hauthedeckung in die Breite, indem er theils nach vorn und hinten, theils auch seitwäi'ts sich ausdehnt, und nimmt die Form einer Platte an, die auf ihrem Wirbelbogen, wie auf einer Unterlage oder einem Fusse, ruht. Ganz richtig hal)en demnach Bojanus, Meckel und Andre diese Platten für Seitenstücke oder analoge Theile der Dornfortsätze andrer Thiere ausgegeben, wenn gleich dieselben, wenn sie ihre Ausbildung erreicht haben , in der Form mit gewöhnlichen Dornfortsätzen gar keine Aehnlicbkeit mehr bemerken lassen. Haben die Dornfortsätze endlich ihre völlige Ausbildiuig erlangt, so sind sie an einander dicht angeschlossen und setzen die Reihe der mittlem oder unpaarigen Platten des Rückenschildes zum grössern Theile , jedoch nicht ganz und gar, zusammen : denn die vorderste Platte und dieje- nigen in der Reihe, welche hinter dem achten Wirbel des Rumpfes liegen, und de- ren Zalil nicht bei allen Schildkröten gleich ist, hal)en, wie ich weiterhin noch näher angeben werde (§. 25.), einen ganz andern Ursprung. — Die Ausbildung der oben bezeichneten 7 vordem und immer grösser werdenden Domfortsätze geht nach der Enthüllung der Embi-yonen nicht besonders rasch vor sich. Unter den jungen Schild- kröten, die ich untersuchte, wai-en sie bei Sphargis (Tab. IV, Fig. 3.) imd Chelo- nia imbricata nicht merklich weiter entwickelt, als bei dem Embryo von Chelonia Midas, hatten ebenfalls noch an der obern Seite die Form eines Kartenherzens, dessen schmäleres Ende nach vorne gerichtet war, und bestanden noch beinahe ganz aus Knorpelsubstanz. Etwas, doch nur wenig weiter waren sie bei den Jungen von Chelonia Midas und Chelonia virgata entwickelt. (Tab. V, Fig, 1.) Auch an diesen ffewährten sie bei der Ansicht von oben noch die Form von Kartenherzen, — welche Form ihnen nur bei den Seeschildkröten zu einer gewissen Zeit eigen zu sein scheint — liefen aber an dem dünnern Ende in eine ziemlich lange, massig breite und stumpf abgerundete Spitze aus, die über den Wirbelbogen, dem ein solcher Fort- satz angehörte, nach vorne ein wenig vorsprang, weshalb die Zwischenräume zwischen den Dornfortsälzen verhältnissmässig kleiner waren, als bei dem Embryo derselben Gattung. Auch waren alle diese Fortsätze, die noch zum grössten Theil aus Knor- 8 58 pel bestanden und nur erst eine sehr dünne Knochenkruste besassen, etwas höher und besonders an ihrem obern Ende etwas breiter geworden , so dass sie an ihrer Basis merklich schmäler, als an ihrer obern Fläche, erschienen. Doch hatten sie nicht alle eine gleiche Höhe, auch nicht an ihrer obern Seite eine absolut und im Ver- hältniss zu ihrer Basis gleiche Breite. (Tab. VI, Fig. 9 und 10.) — Noch etwas mehr hatten sie an Breite bei den Jungen von Trionyx gangeticus (Tab. VI, Fig. 14.), Terrapene tricarinata (Tab. V, Fig. 3.) und Emys europaea gewonnen, so dass sie bei denselben schon mehr, als bei der Chelonia virgata, eine Annäherung an die Form von Platten erkennen Hessen. (Siehe Tab. HI, Fig. 8, wo ein Wirbelbogen und Dornforlsatz des altern Exemplai'es von Emys europaea abgebildet ist.) Von oben angesehen waren sie übrigens entweder oval, oder gestreckt -ellipsoidisch und an den Enden wie quer abgeschnitten. Zwischen ihnen befanden sich noch ziemlich grosse Zwischenräume, besonders bei der Terrapene tricarinata. (Tab. V, Fig. 3.) Aehniich geformt und gleichfidls im Vcrhältniss zu ihrer Länge noch nicht so breit, wie bei den Erwachsenen , waren sie auch bei der jungen Emys lutaria , stiessen aber mit ihren Enden schon dicht an einander. Bei Platemys Spixii, Trionyx ocella- tus, Pentonyx capensis und Terrapene pensylvanica hatten sie schon eine solche Form, wie bei den Erwachsenen derselben Arten erlangt, und waren auch so gross geworden, dass sie dicht an einander stiessen. (Tab. V, Fig. 2. und Fig. 4.) — An dem vordersten Rumpfwirbel zeigt sich bei den Land- und Süsswasserschildkrö- ten entweder gar keine, oder doch nur eine schwache Andeutung von einem Dorn- fortsatze. Bei den Seeschildkröten aber bildet sich an demselben zwar ein ziem- lich hoher und überhaupt ziemlich grosser Dornfortsatz , doch breitet sich dieser nicht, wie die nächstfolgenden, an seinem obern Theile zu einer horizontalen Tafel aus, sondern stellt einen senkrecht stehenden einfachen Auswuchs seines Wirbel- bogens dar, und wird von dem tafelförmigen Theile des nächstfolgenden Dornfort- satzes ganz überwölbt. An dem neunten Rumpfwirbel und den nächstfolgenden bil- det sich bei den Schildkröten im Allgemeinen zwar eine platte Erhöhung auf dem Bogen aus, doch bleibt dieselbe nur sehr niedrig, und behält überhaupt für immer nur ein solches Aussehen, wie sie es schon bei den reifen Embryonen und den Neugebornen hat. Die Bogenschenkel der Rumpfwirbel erlangen, wie bekannt, bei manchen Schild- kröten eine sehr ansehnliche Breite, so dass die grossen Lücken, die sich bei den reifern Embryonen jederseits zwischen ihnen befinden, dadurch bedeutend verkleinert werden. Und dieses starke Wachsthum in die Breite gebt an ihnen, nach der Ent- hüllung d|r Embryonen, ziemlich rasch vor sich: denn bei dem jungen Trionyx 59 g^angeticus und Trionyx occllalus hatten sie schon eine ansehnliche Breite erlanjjft^ dass je zweie nur an der Mille ihrer Höhe noch eine massig grosse Lürke Tiir den Durchgang eines SpiniUnerven und zweier IJiutgelassc zwischen sich liessen, oben und unten al)er zusanimenstiessen. Noch ausgedehnter war ihre Vereinigung bei der jungen Phileniys, indem bei dieser die Lücke zwischen je zwei Bogenschcnkeln nur ein sehr kleines Loch darstellte. Bei andern Schildkröten erlangen die Bogen- schenkel der Rumpfwirbel eine viel weniger grosse Breite, wie z. B. bei Emys europaea, und bei noch andern, wie namentlich bei denen aus der Gattung Tesludo, kann man sie im Verhältniss zu ihren Wirbclkörpern nur schmal nennen. Die Querfortsätze der Kreuzbein- und Schwanzwirbel, die nahe an den Körpern von den Bogenschcnkeln dieser Wirbel abgehen und für immer eine sehr einfache Form behalten, waren an den Embryonen von Chelonia und Testudo in ihrer Ent- wickclung noch sehr zurück, indem selbst die des Kreuzbeins erst eine geringe Länge und überhaupt nur eine geringe Grösse hatten, die des Schwanzes aber der Mehrzahl nach noch fehlten. Bei den andern untersuchten jungen Schildkröten waren sie zwar weiter entwickelt, doch hatten selbst die des Kreuzbeins bei fast allen noch eine verhältnissmässig geringere Länge, als bei den Erwachsenen derselben Arten. §. 7. Eine Rückensaite [Chorda dorsalis] war bei den Embryonen von Testudo und Chelonia, wie auch bei den Jungen von Sphargis und Chelonia Midas noch sehr deutlich vorhanden, und erstreckte sich bei ihnen noch ohne Un- terbrechung von dem hintersten Schwanzwirbel bis in das Hinterhauptbein. Eben dasselbe war auch der Fall bei dem jungem Exemplar von Emys europaea. Im Verhältniss zu der Dicke der Wirbelkörper, durch die sie hindurch lief, war sie am dicksten bei dem Embrjo von Chelonia und der jungen Sphargis, doch auch bei ihnen im Ganzen nur dünn und dabei so geformt, dass sie von dem mittlem Theile eines jeden Wirbels, wo sie im Verhältniss zu ihm die grösste Dicke hatte, gegen die Enden desselben sich ziemlich stark verjüngte, also auf der Grenze je zweier Wirbel im Allgemeinen am dünnsten war. (Tab. VI, Fig. 8, a.) Ihre beiden we- sentlichen Theile, die Scheide und der Kern, liessen sich bei den angeführten See- schildkröten noch hinreichend deutlich unterscheiden. Auch konnte ich in dem Kern, der beinahe die Festigkeit eines Knorpels hatte und mit der massig dicken häutigen Scheide nur locker zusammenhing, noch deutlich eine Zusammensetzung aus Zellen erkennen. Bei dem Embryo von Testudo hatte die Rückensaite- in den einzelnen Wirbeln allenthalben eine ziemlich gleiche Dicke, schien aber in einigen Gegenden nicht drehrund, sondern von rechts und links ziemlich stark abgeplattet zu sein. Ob ihr Kern noch vorhanden war, oder ob sie nur allein aus ihrer Scheide bestand, 8* 60 Hess sich ihrer grossen Zartheit wegen nicht gehörig ermitteln. Bei mehrern an- dern jungen Schildkröten, die ich auf ihre Rückensaite untersuchte, erstreckte sich dieselbe nicht mehr durch die ganze Wirbelsäule, sondern war von vorne her mehr oder weniger weit nach hinten verschwunden. Bei der jungen Chelonia virgata reichte sie vom hintern Theile des Schwanzes bis auf die Mitte des Halses : zudem war sie in der Mitte der einzelnen Wirbel, namentlich der Wirbel des Rumpfes und Halses, merklich, wenn gleich nur massig, dünner, als an den Enden derselben, und verhielt sich also in dieser Hinsicht umgekehrt, als bei der viel Jüngern Sphar- gis und dem Embryo von Chelonia. Scheide und Kern Hessen sich an ihr noch hinreichend unterscheiden, besonders an den dickern Stellen. Bei dem altern Exem- plar von Emys europaea und der Terrapene tricarinata ging sie von dem Ende des Schwanzes nur bis zu dem Halse, und hei dem Trionyx ocellatus nur bis zu dem Rumpfe hin. Stellenweise war bei ihnen dieser noch vorhandene fadenförmige The'il so überaus zart, dass er kaum noch erkannt werden konnte. Ausserdem aber be- merkte ich bei Trionyx ocellatus noch Reste der Rückensaite, die unter einander nicht mehr im Zusammenhange standen. Sie kamen in dem Rumpfe vor, folgten so in einer Reihe ' auf einander, dass je einer zwischen je zwei Wirbeln inmitten der Knorpelsubstanz, durch welche die bereits verknöcherten Theile der Körper der- selben in einander übergingen, seine Lage hatte, bildeten lauter kurze und an bei- den Enden spitze Doppelkegel, waren mit dem einen Ende nach hinten, mit dem andern nach vorn gerichtet, hatten eine absolut und relativ nur sehr geringe Grösse, und bestanden , allem Anschein nach, nur allein aus einem Theile der Scheide der Rückensaite. Bei der Platemys waren eben so beschatfene Reste der Rückensaite vorhanden, hei ihr aber zwischen den Schwanzwirbeln, innerhalb der faserknorpligen Substanz, durch welche die verknöcherten Theile der Körper derselben zusammen- gehalten wurden, indess im Halse und Rumpfe sogar von solchen Resten jede Spur verschwunden war. — Nach dem Angeführten winl also bei den Schildkröten die Rückensaite nicht so, wie es bei den Gräthenfischen und Plagiostomen der Fall ist, zuerst in der Mitte, sondern an dem Ende der einzelnen Wirbelkörper dünner und gleichsam eingeschnürt: später aber erfährt sie an dem mittlem Theile der einzelnen Wirbelkörper eine stärkere Resorption, als gegen die Enden derselben und zwischen ihnen, in Folge deren sie in den Wirbelkörpern seihst schon früher verschwindet, als zwischen ihnen. Im Ganzen aber wird sie allmählig von vorne nach hinten aufgelöst, so dass sie zuerst im Halse, zuletzt im Schwänze völlig verschwindet. Am dicksten, im Verhältniss zu dem Leibe im Ganzen und zu der Wirbelsäule insbesondere, erscheint die Rückensaite bei den Fischen , nächst ihnen aber bei den 61 Batracliiern. Auch bleibt sie bei diesen Tiiieren am läno^sten bestehen; bei mehrern Knorpeirischen sogar das fi^anze Leben liindiirch. Bei Embryonen des Blennius vi- viparus, die eine Länge von 1 " 5 '" haften und deren Nabelsack beinahe schon verschwunden war, besass sie noch eine bedeutende Dicke, indess die Wirbelkörpcr, die auf iiir aufgereiht und bereits verknöchert waren , nur das Aussehn höchst dün- ner Ringe halten. (Tab. VI, Fig. 1.) Nicht dünner war sie bei Embryonen des- selben Fisches, die zur Geburt schon reif erschienen und eine Länge von l" 7'" hat- ten, obgleich in ihnen die ringförmigen Wirbelkörper schon merklich dicker gewor- den wai'en. Gleichfalls traf ich sie von einer ziemlichen Dicke in jungen Cyprinen an, die schon eine Länge von beiiudie 5 Linien hatten, und von mir zwischen dem Mantel und den Kiemen einiger Anodonten gefunden worden waren '), wie auch bei jungen Exemplaren von Ammodytes lobiaims, deren Länge 9 '" betrug. Nicht dünner im Verhältniss zu den Wirbelkörpern, als bei den oben angegebenen klei- nern Embryonen des Blennius, wohl aber etwas dünner im Verhältniss zu der Dicke der ringförmigen Wirbelkörper, erschien mir die Rückensaite bei Larven der Rana escidenta, deren Vorderbeine zum Durchbrechen nach aussen schon beinahe reif waren. Nur sehr dünn dagegen erscheint die Rückensaite im Verhältniss zu dem ganzen Leibe selbst dann, wann sie relativ am grössten ist, bei den beschupp- ten Amphibien , den Vögeln und den Säugethieren, und zwar am dünnsten bei den Säugethieren. Eben dasselbe gilt auch von ihr, wenn man zu der Zeit, da sie ihre grösste Dicke erlangt hat und bald zu schwinden beginnen will, diese ihre Dicke mit der Dicke vergleicht, welche dann bereits die Wirbelkörper gewonnen haben. In dieser letztem Hinsicht fand ich sie bei den Schlangen, Eidechsen, Schildkröten, Vö- sreln und Säuffethieren um so dünner, je weiter in der Reihe dieser Thiere von den Schlangen ein jedes der übrigen entfernt steht. Ausserdem aber vergeht die Rücken- saite bei allen diesen Thieren früher, als bei den Batrachiern, und zwar am frühe- sten bei den Säugethieren. Doch lässt sie auch bei ihnen sich noch später erken- nen, als man meistens gemeint hat. So sah ich sie noch sehr deutlich bei Schweins- embryonen, die vom Scheitel bis zur Schwanzwurzel eine Länge von einem Zolle und einer oder auch mehreren Linien hatten, bei dem Hähnchen vom ISten Tage der Bebrütung in dem grössern Theile der Wirbelsäule [denn in den vordersten Hals- wirbeln war sie schon verschwunden] , bei einer 5 Tage alten Taube in dem Schwänze, Rumpfe und hintern Theile des Halses, jedoch mit Unterbrechung^en in ') JNach Doellinger's und Oken's Angaben kommen in Süsswassermuscheln mitunter junge Stich- linge vor; dass aber die oben erwähnten Fischchen nicht Slichlinge, sondern Cyprinen waren, ergab sich besonders aus der Form ihrer Schwimmblase. 62 dem mittlem schon verknöcherten Theile der einzelnen Wirbelkörper, bei Embryoneu der Natter und der Lacerta agilis, die schon beschuppt, verschiedentlich gefärbt und überhaupt zur Enthüllung reif waren, und bei Schildkröten auch noch dann, wann sie, wie schon angeführt, das Ei vor längerer Zeil verlassen hatten. §. 8. Die Verknöcherung hatte bei dem Embryo der Chelonia schon in allen Wirbeln begonnen, war aber in dem einen mehr, in dem andern weniger weit vorgeschritten. Auch war sie im Ganzen nur erst wenig weiter bei der jungen Sphargis gelangt. Bei beiden nun aber war in dem Körper der Wirbel die Kno- chensubstanz so abgelagert, dass sie nur in dem mittlem Theile desselben vorkam, indess die beiden Enden eines jeden Wirbclkörpers in einer längern oder kürzern Strecke, die mit der grossem oder geringern Länge desselben eine gewisse Ueber- einstimmung zeigte, noch völlig knorplig waren. (Tab. VI, Fig. 8.) Absolut und relativ am längsten waren die noch knorpligen Endabschnitte an den Rückenwirbeln, am kürzesten hingegen an den Schwanzwirbeln. Der Hauptsache nach bildete die Knoehensubstanz in jedem Wirbelkörper zwei an beiden Enden offene Röhren, die an Weite unter einander sehr luigleich waren, und von denen die kleinere die Rü- ckensaite dicht umschloss und jedenfalls eine nur sehr dünne Wandung hatte, die grössere aber an der Oberfläche des Wirbelkörpers entstanden war und in den ver- schiedenen Wirbeln eine sehr verschiedne Dicke besass. Ungefähr nur eben so dick- wandig, wie jene erstere oder innere Röhre, war die letztere in den Rumpfwirbeln der Chelonia, erheblich dicker hingegen in den gleichnamigen Wirbeln der Sphargis. Nach unten, in der Nähe der convexen Seite der Körper dieser Wirbel, berührten sich beide Röhren, oder waren selbst zum Theil verwachsen. (Tab. VI, Fig. 2 und 4, b und d.) In dem ziemlich weiten Räume aber, der sich zwischen beiden befand, ging die Knorpelsubstanz gleichsam in zwei dicken Strängen, die von einander ziem- lich weit entfernt zu beiden Seiten der Mittelebene lagen (ebendaselbst a.), von dem einen knorpligen Ende des Wirbelkörpers zu dem andern hin und in dasselbe über. Nach aussen lagen beide Stränge mit einer breiten Fläche der grössern oder oberflächlichen Knochenröhre dicht an, und von dieser aus schlug sich eine blattar- tig dünne Fortsetzung über die ganze übrige Fläche eines jeden Stranges unter der Form einer Rinne (c.) so herüber, dass der Strang auch für sich allein von einer knöchernen Scheide völlig und zwar sehr knapp umgeben wurde, nämlich durch ei- nen Theil der äussern Knochenröhre und die erwähnte nach innen gegangene Fort- setzung derselben. Den noch übrigen Raum im Innern des Wirbelkörpers, denjeni- gen, welcher zwischen der äussern Knochenröhre nebst den Scheiden jener Knorpd- stränge und der Knochenröhre der Rückensaite befindlich war (f.), füllte eine massig 63 weiche bröckliclie Masse aus, die eine gelbliche Farbe hatte, eine kaum bemerkbare Menge von Fett cntliioil, und noch deutlich, obgleich die Thiere schon mehrere Jahre im Weingeist gelegen hatten, eine Zusammensetzung aus leicht trennbaren und sehr kleinen Zellen erkennen Hess, Eine eben solche Masse kam aber auch in mehreren kleinen Höhlen vor, die sich bei der Sphargis in der Knochensubstanz der äussern Röhre befanden und eine sehr unregelmässige Form hatten. Zu einer klaren Einsicht in den Ursprung, die weitern Veränderungen und die Bedeutung die- ser bröcklichen Masse konnte ich nur erst durch die Untersuchung der Röhrenknochen einiger andern jungen Schildkröten, die in ihrer Entwickelung schon grössere Fort- schritte gemacht hatten, gelangen. Ein Näheres darüber werde ich daher erst wei- terhin (§. 33.) anführen, hier aber nur das Resultat angeben, dass die erwähnte Masse, die lediglich durch die Einwirkung des Weingeistes eine bröckliche Beschaffen- heit erhalten hatte, durch eine stelhveise Umbildung des Knorpels entstanden war, wobei seine feste Grundsubstanz aufgelöst und zum Theil resorbirt, zum Theil in eine gallertartige Masse aufgelöst wurde, seine weichern Zellen aber übrig blieben und zum Theil an Umfang zunahmen, dass ferner mit der Zeit in diesen Zellen immer mehr Fett abgelagert wird, und dass sie überhaupt die Bildungsstätte des Kno- chenfettes sind. — Ich werde daher im Folgenden die erwähnte bröcklige und et- was gelbliche Masse immer das Knochenmark nennen ^). — Weiter schon, als in den Wirbeln des Rumpfes, war bei dem Embryo von Chelonia und der jungen Sphargis die Verknöcherung in den Hals- und Schwanzwirbeln vorgeschritten. (Tab. VI, Fig. 3. und 5.) Die äussere und die innere Knochenröhre, die in den Körpern auch dieser Wirbel vorhanden waren, und von denen die erstere in den Halswir- beln hoch nach oben [in der Nähe der obern Seite derselben] lag, hatten schon eine dickere Wandung erlangt, indess die beiden Knorpelstränge dünner geworden waren, auch das Knochenmark zwischen den Scheiden dieser Stränge und der knö- chernen Röhre der Rückensaite in verbältnissmässig geringerer Masse vorhanden war. Bei dem Embryo von Chelonia hatten diese Fortschritte der Verknöcherung in den vordem Halswirbeln schon den Erfolg gehabt, dass die in den Körpern derselben vorhandene innere Knochenröhre fast an ihrer ganzen Oberfläche die viel dickwan- digere äussere Knochenröhre nebst den Fortsetzungen , die diese Röhre Tiir die bei- den Knorpelstränge abgegeben hatte, berührte. Auch waren jene Stränge beinahe ganz verdrängt worden, und überhaupt bestanden die Körper der vordem Halswirbel 1) üeber die Beschaffenheit der Knorpel der VVirbelthiere und die Veränderungen, die in ihnen bei der Veriinöcherung vorsieh gehen, habe ich ein Näheres in einer Abhandlung angegeben, die in Johannes Miillel''s Archiv erscheinen wird. 64 in dem mittlem grossem Theil ihrer Länge beinahe ganz aus einer Knochensubstanz, die mehrere kleine mit einer gelblichen bröckligen Masse, oder dem Knochenmark, er- riillte Höhlen einschloss. In den hintern Schwanzwirbeln aber war sowohl bei dem Embryo von Chelonia, als auch bei der jungen Sphargis, von den erwähnten Knor- pelsträngen keine Spur zu bemerken, sondern die Rückensaite war in dem mittlem Theil der Körper dieser Wirbel nur allein von Knochensubstanz umgeben. — Noch wäre in Betreff dieser Schildkröten anzuführen, dass an den Körpern ihrer Rumpf- wirbel die äussere Knochenröhre jederseits eine massig grosse Oeffnung hatte, durch die sich die Substanz des zunächst gelegenen Knorpelstranges hindurch in die Knor- pelsubstanz eines Bogenschenkels fortsetzte, dass aber an den Körpern der Hals- und Schwanzwirbel dergleichen Oeffnungen ganz fehlten, obgleich sie in einer frühern Zeit des Fruchtlebens wahrscheinlich auch hier vorhanden waren. Bei den Jimgen von Emys europaea. Em. lutaria. Terrapene tricarinata, waren die Körper fast aller Wirbel an ihren Enden nicht mehr knorplig, sondern schon in ihrer ganzen Länge verknöchert. Nur allein die Halswirbel besassen an den Enden, wo eine Gelenkfläche vorkam, einen dünnen Ueberzug von Knorpelsubstanz. Dage- gen kamen im Innern der Körper der Rumpfwirbel noch ziemlich grosse üeberreste solcher Knorpelslränge vor, wie ich sie bei den jungem Seeschildkröten gefunden hatte, indess dergleichen in den Wirbeln des Schwanzes und fast allen Wirbeln des Halses fehlten. Die innere und äussere Knochenröhre eines jeden Wirbelkörpers waren an den Flächen, die sie einander zukehrten, allenthalben verschmolzen, Hessen sich aber namentlich bei den Jungen von Emys an ihrer verschiednen Textur noch von einander unterscheiden. Die innere nämlich hatte eine schwammige Beschaffen- heit und ihre kleinen Höhlen waren mit Knochenmark ausgefüllt, dagegen war die äussere merklich fester, doch weniger an den Enden der Wirbelkörper, als in der Mitte, wo sie eine glasartige Beschaffenheit hatte und auch, wenn sie mit Wasser oder Weingeist getränkt worden war, ganz durchsichtig und beinahe farblos erschien. Bei der Terrapene aber, an deren Wirbelkörpern die beiden erwähnten Knochenröh- ren viel dünnwandiger waren, hatten diese ein gleich festes Gefüge. Was die Ge- lenkköpfe anbelangt, die sich bei der Emys und Terrapene an den Körpern fast aller Halswirbel befanden, so zeigte sich ihre Knochenmasse als eine gerade Fortsetzung von derjenigen , aus welcher der übrige Theil der Wirbelkörper bestand. Und da dieses schon bei noch sehr jungen Thieren der Fall war, so glaube ich daraus fol- gern zu dürfen , dass bei den Schildkröten eben so wenig, wie nach meinen Beob- achtungen bei den Schlangen , in den Gelenkköpfen der Wirbel besondre Knochen- kerne entstehen, die bei ihrer Vergrösserung mit der übrigen Knochenmasse der 65 Wirbelkörper zusanimenwüclisen , sondern dass von der Mitte dieser Kiirper aus die Knoehenniasse allniälilig bis in die Gelenkköpfe hineinwächst. Bei Phiteniys Spixii und Trionyx oeellatus waren die Körper aller Wirbel schon durchweg verknöchert, so dass in ihnen keine Reste von Knorpelslrängen mehr be- merkt werden konnten. Ihre Rindensubstanz war sehr fest, ihre Diploe zwar locker, doch weniger, als bei der Eniys europaea, aber ebenfalls in ihren Höhlen mit einer weichen, aus Zellen zusammengesetzten Masse [Knochenmark] ausgefiillt. An die Angaben, die ich in dem Obigen über die Wirbelkörper der Schildkrö- ten gemacht habe, will ich noch einige Bemerkungen anreihen, die sich auf die Ver- knöcherung der ^^'i^belkörper bei den Wirbelthieren überhaupt beziehen. — Soweit meine Erfahrungen reichen, beginnt die Verknöcherung dieser Skeletstücke schon dann, wann noch die Rückensaite vorhanden ist. Die Weise aber, nach der sie vor sich geht, ist bei den verschiedenen Wirbelthieren sehr verschieden und hängt zum Theil, doch keinesweges gänzlich, von dem Verhällniss ab, in welchem zu der Zeit, da in den Wirbelkörpern die Verknöcherung beginnt, diese Körper und die von ih- nen eingeschlossene Rückensaite zu einander in Hinsicht ihrer Dicke stehen. 1) Bei den Gräthenfischen [namentlich bei Blennius viviparus und Cyprinus], wie auch bei den Batrachiern [namentlich bei Rana esculenta und Rana temporaria], ist zu der Zeit, da in ihnen die Verknöcberung der Wirbelkörper beginnt, die Rü- ckensaite im Verhältniss zu dem ganzen Leibe bedeutend dick, dagegen die Substanz Tür die Wirbelkörper und deren Bänder nur in einer so geringen Quantität um sie abgelagert, dass dieselbe ein nur sehr dünnwandiges Rohr darstellt. Die Knochen- substanz, die sich nun in diesem Rohre einstellt, nimmt sogleich die ganze Dicke der Wandung desselben ein, und bildet sehr bald eine Reihe dünner einfacher Ringe, die ganz aus Knochenmasse bestehen. (Tab. VI, Fig. 1, a.) Die weitere Entwickelung der Wirbelkörper aber beruht nur auf der Vergrösserung jener einzelnen Ringe, indem dieselben, unter Absatz neuer Knochensubstanz, theils an Länge, theils auch, so nach innen [gegen ihre Achse] wie nach aussen anschwellend, an Dicke immer mehr zunehmen, wobei die Rückensaite von ihnen allmählich theilweise abgeschnürt und verdrängt wird. 2) Weit dünner ist bei den Schlangen und Eidechsen, wenn in ihnen die Verknö- cherung der Wirbelkörper beginnt, die Rückensaite, hingegen im Verhältniss zu die- ser erheblich dicker das sie einscbliessende und von den Wirbelkörpern und deren Bändern dargestellte Rohr. Wird darauf in den Wirbelkörpern Knochensubstanz ab- gelagert, so erscheint diese anfangs zunächst der Oberfläche derselben, und bildet dann für jeden einen Ring, der nicht, wie in den Gräthenfischen und Batrachiern, sogleich 66 die Rückensaite ganz knapp umgiebt, sondern noch durch einen Zwischenraum von ihr getrennt ist. AUmähiig aber wird auch dieser Zwischenraum, der von dem noch knorpligen Theiie des Wirbelkörpers ausgefüllt ist, von Knochensubstanz durchdrun- gen, indem von dem angegebenen Ringe aus die Knochensubslanz nach innen, gegen die Rückensaite, immer mehr zunimmt, worauf von ihr, wie bei den Gräthenfischen und Batrachiern, zuletzt die Rückensaite eingeschnürt und verdrängt wird. 3) Noch dünner, als bei den Schlangen und Eidechsen, ist die Rückensaite sowohl im Verhältniss zu dem ganzen Leibe, als auch im Verhältniss zu der Dicke der Wirbelkorper, bei den Vögeln, wenn in diesen die Verknöcberung der Wirbel- körper ihren Anfang nimmt. Aber auch in ihnen bildet die Knochensubstanz, die fiir diese Körpertheile bestimmt ist, anfänglich eine Reihe einfacher und sehr dünner Ringe. Jedoch entstehen dieselben nicht zunächst an der äussern Fläche des von den knorpligen Wirbelkörpern gebildeten Rohres, sondern umgekehrt, als bei den Schlan- gen, an der innern Fläche desselben, so dass sie die Rückensaite knapp umgeben und nach aussen von sich einen noch knorplig gebliehnen Theil der Wirbelkörper zur Hülle haben. Die weitere Entwickelung der Wirbelkörper beruht dann darauf, dass von den entstandnen knöchernen Ringen aus, indem sie zugleich an Breite zu- nehmen, die Knochensubstanz nebst ihrem Marke einestheils nach innen vordringt und die Rückensaite verdrängt, anderntheils und hauptsächlich nach aussen den noch knorp- ligen Theil der Wirbelkörper entweder völlig oder beinahe völlig durchdringt. Denn an den Schwanzwirbeln und vielleicht auch an allen Halswirbeln breitet sich die Knochensubstanz jener Ringe allmählig bis zu der Oberfläche der Körper dieser Wir- bel aus ; in den Körpern der Rumpfwirbel aber bildet sich , unabhängig von jenen Ringen [am fünfzehnten Tage] eine breite, jedoch nur dünne Knocbenplatte an der obern und eine zweite an der untern Saite derselben, mit welchen Platten dann die Substanz des Ringes, indem sie sich weiter ausbreitet, sehr bald verschmilzt. 4) Nicht weniger complicirt, als bei den Vögeln, ist die Entwickelung der Wirbelkörper bei den Schildkröten. In der Knorpelmasse, die auch hier um die sehr dünne Rückensaite in einer bedeutend dicken Schichte als Belegung abgesetzt worden ist, entstehen fiir jeden Wirbelkörper [die letzten Schwanzwirbel vielleicht ausgenom- men] zwei knöcherne , sehr dünne Röhren , die eine an der äussern Fläche jener Masse, die andre an der innern Fläche derselben dicht um die Rückensaite herum. Allmählich aber nehmen beide Röhren an Dicke zu, bis sie zuletzt an ihrer ganzen einander zugekehrten Fläche zur gegenseitigen Berührung kommen, worauf sie dann auch allenthalben mit einander verschmelzen. 5) In einer noch andern Weise geht die Verknöcherung der Wirbelkörper 67 bei den Säugethieren vor sich. Bei diesen [namentlich bei dem Schweine und Schaafe, die ich darauf uniersucht habe] wird in je einem Wirbelicörper die Knochensubstanz zunächst um die Rückensaite so abgelagert, dass sie zuvörderst, wie bei den Vögeln, einen schmalen und dünnen Ring bildet. Von diesem aus dringt sie dann theils ge- gen die Oberfläche, theils gegen die Enden der einzelnen Wirbelkörper immer weiter vor, und gelaugt nach einiger Zeit bis an die Oberfläche selbst, niemals aber völ- lig bis an die Enden. Zur Ergänzung entstehen an den letztern für je einen Wir- belkörper 2 besondre Knochenscheiben, die sich nachher dem früher verknöcherten mittlem Theile anschliessen und mit ihm gänzlich verschmelzen. — Aehnliche für die Enden der Wirbelkörper bestimmte Knocbenscheiben kommen, nach den bisheri- gen Beobachtungen zu scbliessen, bei keinem unter den Säugethieren stehenden Wir- beithiere vor. In den Bogen der Wirbel geht bei den Schildkröten die Verknöcherung ganz unabhängig von der Verknöcherung der Wirbelkörper, doch ungefähr um eben die- selbe Zeit vor sich. Bei den Embryonen von Chelonia und Testudo hatte sie schon in allen Wirbelbogen sich eingestellt. Die Knochensubstanz, die an ihnen vorkam, bildete eine überaus dünne Kruste, welche die aus Knorpel bestehende übrige Sub- stanz, wie eine Scheide, einschloss. Diese Scheide aber reichte an allen Wirbeln Dicht bis zu den Körpern derselben herab, sondern endete in einer mehr oder weni- ger grossen Entfernung von ihnen mit einem freien Rande. Auch bei den Jungen von Sphargis und Chelonia bestanden sie noch zum grössten Theil aus Knorpel; denn die Knochenkruste, die an ihnen vorkam und bis ganz in die Nähe der Wir- belkörper berabreichte , war nur wenig dicker, als bei jenen Embryonen. Bei den übrigen jungen Schildkröten aber waren die Wirbelbogen in ihrer ganzen Dicke ver- kuöchert, so dass sie selbst in ihrer Achse keinen freien Knorpel mehr enthielten, sondern nur eine mehr oder weniger schwammige Diploe, die eine sehr geringe Masse von Knochenmark einschloss. Aber auch bei ihnen allen endete an den Rumpfwir- beln die Knochensubstanz der Bogenschenkel in einiger Entfernung von den Körpern dieser Wirbel: denn das untere Ende ihrer Bogenschenkel bestand nur allein aus Knorpelsubstanz. Die Bogenschenkel der Halswirbel, mit Ausnahme der des Atlas, waren zwar der ganzen Länge nach verknöchert, lösten sich jedoch bei Trionyx gangeticus, Terrapene tricarinata und Emys europaea beim Mazeriren von ihren Kör- pern los, und waren überhaupt mit ihren Körpern, wie es bei Chelonia Midas auch im späten Alter der Fall ist, nur durch eine Synchondrose vereinigt. Dagegen waren bei den etwas altern Exemplaren von Trionyx ocellatus und Platemys Spixii an allen Halswirbeln, mit Ausnahme des Atlas, die Körper und Bogenschenkel völlig vcr- 68 schmolzen. An den meisten Schwanzwirbeln waren bei Emys europaea, Platemys, Terrapene tricarinata und Trionyx ocellatus die Bogen mit den Körpern unauflös- lich verwachsen ; au einigen der vordersten aber lösten sie sich nach der Mazeration von den Körpern ab. Die Dornfortsätze der sieben mittlem Rumpfwirbel erscheinen jedenfalls, wie ich schon oben (§. 6.) angegeben habe, durchaus als wirkliche Fortsätze oder Auswüchse der Wirbelbogen, nicht aber etwa, wie einige Anatomen behauptet ha- ben (§. 27), als diesen Bogen angefügte Körpertheile. Bei den Embryonen von Chelonia und Testudo, wie auch bei den Jungen von Chelonia und Sphargis, bestan- den sie in ihrem Innern nur allein aus Knorpelsubstanz, äusserlich aus einer ein- fachen Kruste von dichter Knochensubstanz, und beide Substanzen gingen ohne ir- gend eine Unterbrechung in die gleichen Substanzen der Bogenschenkel über. Die Knochenkruste , die den kleinern Theil der ganzen Masse der Fortsätze ausmachte, war an ihnen bei den genannten Embryonen und der jungen Sphargis allenthalben so überaus dünn, dass sie leicht übersehen werden konnte, imd bildete auf der Grenze zwischen der obern und den senkrechten Seiten derselben einen saumartigen Vorsprung. Bei der jungen Chelonia virgata aber war die Verknöcherung der Dornfortsätze, die alle bei der Ansicht von oben die Form eines Kartenherzens dar- boten, jedoch dem breitern Ende gegenüber in eine ziemlich lange , massig breite und massig dicke Spitze ausliefen, schon etwas weiter gediehen. (Tab. VI, Fig. 11 imd 12.) Die Spitze nämlich, die eine Richtung nach vorne hatte, war schon durch- weg verknöchert; auch hatte an der hintern Seite oder dem breitern und ausge- schweiften Ende der Fortsätze, besonders an der Mitte dieses Endes, die Knochen- kruste eine massig grosse Dicke erreicht, wenngleich an dem einen Fortsatze eine grössere, als an dem andern: an beiden Enden aber ging die Knochensubstanz ohne alle Unterbrechung sowohl in die an der inncrn Seite der Wirbelbogen, als auch in die an der obern Seite der Dornfortsätze befindliche Knochensubstanz über. Da- gegen war die Kruste an der linken und rechten Seite der breitern Hälfte aller Fortsätze noch gar sehr dünn. Auch an der obern Seite eben dieser breitern Hälfte Hessen die Dornfortsätze des siebenten und achten Rumpfwirbels eine ungeßthr nur eben so dünne Knochenkruste bemerken: denn nur an der Mittellinie dieser Seite war sie in einer massig grossen Breite etwas dicker. An den übrigen Dorn- fortsälzcn aber halte sie um die Mittellinie der obern Seite sich stärker und auch in grösserer Breite verdickt, indess sie weiter davon nach links imd rechts noch sehr dünn geblieben war. Es kam daher an der Mitte dieser Seite gleichsam ein mehr oder weniger breiter, doch nicht scharf begrenzter Gürtel vor, der aus einer 69 stärkern Anhäufung von Knochensubslanz bestand, sich von dem vordern bis an das hintere Ende des Doniforlsalzes hinzog, und an dem letztern Ende sich nach unten umbog. An seiner äussern Fläche Hess er sich ein wenig rauh anrdhien, und über- haupt bestand er aus einer etwas lockern, wiewohl nicht deutlich mit Höhlen ver- sehenen Substanz, die auf die dem Knorpel zunächst gelegene glasartig dichte und sehr harte Knochenmasse gleichsam aufgetragen zu sein schien. Jedoch war dieser Gürtel nicht etwa eine besondere Platte, die nur auf dem Dornfortsatze dicht auflag, sondern ein verdickter und weniger fester Theil der Knochenkruste selbst, welche den ganzen Dornfortsatz umgab. Denn es Hess sich weder auf Durchschnitten, selbst bei stärkern Vergrösserungen, ein Zwischenraum zwischen ihm und einer etwa dar- unter liegenden Knochenschichte erkennen, noch liess er sich durch Mazeration von einer etwa unter ihm liegenden Knochenschichte abtrennen. Auch bildete er, als ich aus der Knochenkruste der Dornfortsätze durch Salzsäure die Knochenerde aus- gezogen hatte, mit dem darunter liegenden dichten Theile eine einzige Masse, und liess sich von diesem letztern Theile nur schwer abtrennen, worauf denn beide Theile an ihren Trennungsflächen nirgend ganz glatt, sondern mehr oder weniger uneben erschienen. Ausserdem war der besagte Gürtel unmittelbar von demselben fibrösen Gewebe bedeckt, welches theils für die Dornfortsätze als Beinhaut diente, theils auch die Ligamenta interspinalia bildete, die grade an jener gürtelförmig ver- dickten Stelle an die Beinhaut der Dornfortsätze angeheftet waren. Wo an der breitern Hälfte der Dornfortsätze ihre obere Seite in die linke und rechte Seite überging, also da, wo diese Fortsätze am breitesten waren (§. 6.), bildete die Knochenkruste, indem sie auch hier sich stärker verdickt hatte, einen horizontalen saumarligen Vorsprung, der zwar an dem einen Fortsatze eine grössere Breite , als an einem andern hatte, doch jedenfalls nur sehr schmal und sehr dünn war. Offen- bar deutete dieser Saum darauf hin, dass die Knochenkruste, oder überhaupt die Knochensubstanz, mehrerer Dornforlsätzc schon einen Anfang gemacht hatte, sich dicht unter dem Unterhaut -Bindegewebe tafelförmig auszubreiten. — Bei dem Jün- gern Exemplar von Emys europaea und bei Em. lutaria war an der obern Seite der Dornfortsätze die Knochenkruste zwar verhältnissmässig dicker, als bei den jun- gen Seeschildkröten, und sprang auch seitwärts etwas stärker vor, doch bestanden bei der erstem alle diese Fortsätze und bei der letztern fast aUe zum grössern Theile noch aus Knorpel. — Bei Trionyx gangeticus enthielten einige von den üornforlsätzen, die übrigens alle nur sehr niedrig waren, in ihrer Mitte noch eine kleine Quantität freien Knorpels, indess andre schon durchweg verknöchert waren. Bei den übrigen untersuchten jungen Schildkröten fand ich alle Dornfortsätze schon 70 völlig verknöchert. Die Knoehensubstanz selbst war an der untern Seite dieser Fortsätze, wie viel oder wie wenig sie über die Wirbelbogen seitwärts hinausragen mochte, an dem hinausragenden Tbeile jedenfalls sehr fest, und stellte hier eine nur dünne Tafel dar, die ohne irgend eine Unterbrechung in die Knochenmasse der Wir- belbogenscbenkel überging, und in der sich kleine Höhlen erkennen Hessen, die mehr oder weniger deutlich die Form von Kanälen und eine horizontale Richtung hatten, jedoch nur erst bei starken Vergrösserungen sichtbar waren. Dagegen hatte die übrige ui'ld bei weitem grössere Masse der Knochensubstanz der Dornfortsätze eine schwammartige Beschaffenheit, indem sie lauter unregelmässig rundliche Höhlen oder sogenannte MarkzeUen enthielt. Doch bot diese scbwammartige Masse, je nach den verschiedenen Exemplaren der untersuchten jungen Schildkröten, wie auch bei den meisten , und zwar den altern von ihnen , an verschiedenen Stellen einige nicht un- merkwürdige Verschiedenheiten dar. Bei Trionyx gangeticus und Terrapene tricari- nata waren ihre Höhlen fast sämmtlicb, bei Emys europaea aber in der Mehrzahl nach aussen ganz offen, so dass sie beinahe das Aussehen von glattrandigcn Gehäu- sen mancher Eschara- Arten, oder auch, weil ihre Höhe nur geringe war, das Aus- sehen der Zellenräume in dem Netzmagen der Wiederkäuer hatten, indess die übri- gen auch nach aussen eine aus Knochensubstanz bestehende Wandung erhalten hat- ten, die jedoch nur überaus dünn und von einer mehr oder weniger grossen Oeff- nung durchbrochen war. Bei allen drei Exemplaren aber kamen diese Markzellen nur in einer einfachen Schichte vor. — Bei den noch weiter entwickelten Jungen von Trionyx ocellatus, Platemys Spixii und Terrapene pensylvanica befanden sie sich in zwei und selbst in mehreren Schichten über einander, so jedoch, dass sie nicht durchweg ganz regelmässig gelagert waren, und gingen zum Theil durch klei- ne in ihren Wandungen befindliche Oeffnungen in einander über. Von den ober- flächlichsten Markzellen waren einige nach aussen völlig geschlossen, die meisten aber nur unvollständig, indem ihre äussere Wandung eine Oeffnung hatte, die mehr oder weniger gross war, besonders aber bei Trionyx gangeticus und der Platemys mitunter nur eine sehr geringe Grösse hatte. Absolut und relativ am grössten fand ich die Höhlen der Markzellen, dafür aber am dünnsten die Wandungen derselben, bei Platemys Spixii, am kleinsten dagegen die Höhlen und im Verhältniss zu ihnen am dick- sten ihre Wandungen bei Trionyx ocellatus. Im Allgemeinen aber waren bei allen diesen welter entwickelten Jungen die oberflächlichsten oder am nächsten der Hautbe- deckung gelegenen Markzellen merklich kleiner, als die tiefer gelegenen. Was fer- ner ihre Anordnung anbelangt, so war dieselbe zwar nicht ganz regelmässig, doch in den Fällen, dass sie in mehreren Schichten über einander lagen, von der Art, 71 dass sie nach der Höhe [oder Dicke] der Dornfortsätze mehr oder weniger deutlich Reihen bildeten , von denen die mittlem senkrecht standen , die übrigen gegen die Ränder der Fortsätze mehr oder weniger divergirten und eine verschiedene Länge hatten, so dass die kürzern zwischen die längern gleichsam eingeschoben waren. Angeriilh sind bei den jungen Schildkröten alle Markzellen der Dornfortsätze mit einem lockern Bindegewebe; auch gehen durch sie sehr zarte Verzweigungen von Blulgefiissen hindurch ; niemals aber habe ich in ihnen Knochenmark gefunden. Schon oben ftihrte ich an, dass bei der jungen Chelonia virgata, die ich zer- gliederte, an der breitern Hälfte mehrerer Dornfortsätze auf der Grenze der obern und der rechten und linken Seite derselben die Knochenkruste einen schmalen und dünnen saumartigen Vorsprung bildete. Von diesem Vorsprunge nun bleibt bei sei- ner Vergrösserung, nach den Untersuchungen zu urtheilen, die ich an weiter ent- wickelten jungen Schildkröten anstellte, die unlere Fläche nicht so weit von den Bo- genschenkeln der Wirbelbeine entfernt, wie sie ursprünglich war, sondern rückt dem- selben , zumal mit dem mittlem Drittel ihrer Länge , immer näher , wobei übrigens die Masse dieser Vorsprünge mit der zwischen ihnen gelegenen Knochenmasse im- mer in einem innigen Zusammenhange erscheint, so dass zuletzt der Dornfortsatz nicht eine Knochentafel darstellt, die auf dem ursprünglich senkrechten Theile des- selben wie auf einem massig hohen Fusse ruhte, sondern eine Tafel, die unmittelbar den Bogenschenkeln aufsitzt und mit ihnen selbst verschmolzen ist. Hieraus ergiebt sich, dass weder eine über dem Dornfortsatze entslandne Knochenlafel mit ihm all- mählig verwachsen ist, noch auch die Knochenkruste des Fortsatzes nur allein von der obern Seite desselben linkshin und rechtshin immer mehr hervorgewuchert sein kann , sondern dass auch an der linken und rechten Seite des Dornfortsatzes seine Knochenkruste nach aussen immer mehr an Masse gewonnen hat und immer weiter hervorgewachsen ist. Was die Querfortsätze anbelangt, so fiind ich bei den Embryonen von Che- lonia und Testudo nur die der Ki'euzbeinwirbel ein wenig verknöchert, die der Schwanzwirbel hingegen noch ganz knorplig. Bei den verschiedenen jungen Schild- kröten, die ich zu untersuchen Gelegenheit hatte, war die Verknöcherung auch die- ser Fortsätze zwar weiter gediehen , als hei jenen Embryonen , so dass bei den meisten die Querfortsätze der Kreuzbeinwirbel und der vordersten Schwanzwirbel schon beinahe ihrer ganzen Länge nach von Knochenerde durchdrungen waren: an mehreren andern Schwanzwirbeln aber bestanden sie noch ganz aus Knorpelsubstanz. Die Art und Weise, nach der sie verknöchern, verhält sich wenigstens an den Kreuzbeinwirbeln luid den vordersten Schwanzwirbeln so, dass sich die Knochen- 72 substajiz nicht von den Bogenschenkeln dieser Wirbel in sie hineinverbreitet, son- dern dass sie in ihnen unabhängig von der Knochensubstanz der ßogenschenkel ab. gelagert wird, derselben aber mit ihrer Zunahme sich mehr und mehr annähert. Eine Verschmelzung beider kommt jedoch an den Kreuzbeinwirbeln mancher Schild- kröten nicht zu Staude , sondern es bleibt zeitlebens zwischen der Knochenmasse der Querfortsätze und der gleichen Masse der ßogenschenkel eine dünne Scheibe von Knorpelsubstanz übrig, so dass die spätere Verbindung dieser Theilc in einer Synchondrose besteht. Dies ist namentlich der Fall bei Chelonia Midas und Emys europaea. Eine eben solche Verbindung bleibt aber auch bei Chelonia Midas an mehrern der vordem Schwanzwirbel '), indess bei Emys europaea, und zwar bereits in frü- her Jugend, an eben denselben Wirbeln die Querfortsätze in das Verhältniss von Epiphysen treten. Unbekannt ist mir geblieben , nach welcher Weise die Querfort- sätze der zur hintern Hälfte des Schwanzes gehörigen Wirbel verknöchern. §. 9. An der untern Seite der Rumpfwirbel erwachsener Schildkröten befindet sich eine dicke Schichte fibrösen Gewebes, das die Körper dieser Wirbel nach ih- rer ganzen Breite bekleidet und dem Ligamentum longitudinale anterius an der ^^^ir- belsäule des Menschen entspricht. Seitwärts geht die Schichte, viel dünner werdend, auf die ßogenschenkel der Rumpfwirbel und die untere Seite der Rippen über, klei- det überhaupt, nach aussen von der fibrösen Haut der Runipfliöhle liegend, die ganze obere Wandung dieser Höhle innen aus, und stellt für die untere Seite der Rippen die Knochenhaut derselben dar. Mit einer Fascia superficialis interna ist sie jedoch nicht zu verwechseln, denn eine solche kommt auserdem noch vor. Von dieser Lage fibrösen Gewebes war nun derjenige Theil, welcher die untere Seite der Rumpfwir- bel bedeckt, schon bei den Embryonen von Chelonia und Testudo stark ausgebildet, indem er eine so bedeutende Dicke und Festigkeit hatte, dass er sogar fiir sich al- lein die Rumpfwirbel hätte recht innig zusammenhalten können. Aber auch abgesehen hievon, war bei beiden Embryonen die Verbindung der Körper dieser Wirbel über- aus innig, denn sie gingen völlig in einander über, indem sich zwischen ihnen in der Knorpelsubstanz, aus der sie noch zum grössten Theil bestanden, weder eine Naht, noch ein Gelenk gebildet hatte. Doch war auf der Grenze je zweier Körper — wie ich an mehreren dünnen Platten, die ich aus ihnen durch Längsschnitte erhalten hatte, gewahr wurde — die Substanz etwas stärker durchscheinend, als an andern ') Die obige, sich auf Chelonia Midas beziehende Angabe ist nach einem Exemplare gemacht, dessen Rückensehild eine Länge von 2' 3" hat. An der hintern Haltte des Schwanzes geht bei ihm die Knochen- substanz der Wirbelbogenschcnkel ohne Unterbrechung in die Querforlsätze über. 73 Stellen: auch war sie daselbst etwas weniger fest und liess sich leichter zcrreissen. Ausser der etwas grossem Dtirehseheiiiharkeit aber gewährte sie unter dem Mikro- skop dort ein ähnliches Aussehen, namentlich ähnlich beschaffene Knorpelkiirperchen, wie in der Nachbarschaft. Die einzige Verschiedenheit, die ich an diesen ihren Knor- pelkörperchen auffinden konnte, bestand darin, dass viele oder die meisten von ihnen sowohl auf horizontalen, als auch auf senkrechten Längsdurchschnitten der ^Virbelsäule dünner und gestreckter, im Ganzen aber kleiner waren, als die der Nachbarschaft, dass sie ferner mehr oder weniger ellipsoidisch und noch häufiger spindeltormig er- schienen, fast ohne Ausnahme mit ihrer Achse eine Querlage hatten, und alle zu- sammen einige wenige quergehende, vielfach unterbrochne Linien darstellten. Eigent- lich aber hatten sie die Form flacher Linsen und waren mit der einen Fläche nach vorn, mit der andern nach hinten gekehrt, indess die weiter gegen die Mitte der einzelnen Wirbel gelegenen Knorpelkorperchen eine ovale oder rundliche Form hatten und ganz unregelraässig gelagert waren. Aber auch später, wenn die Kö'rper der Rumpfwirbel gegen ihre Enden immer mehr verknöchern, bleibt bei den Schildkrö- ten zwischen diesen SkeletstUcken, die sich an einander niemals bewegen sollen, die Substanz im Wesentlichen unverändert, und stellt zuletzt zwischen je zweien von ihnen eine nur massig dicke, aus einem ächten, wahren Knorpel bestehende Scheibe dar, die in sofern, als sie die Wirbelkörper innig verbindet, das Ligamentum inter- vertebrale andrer Thiere vertritt. Wenigstens habe ich in dieser Weise die Kör- per der Rumpfwirbel nicht blos bei mehrern specifisch verschiedenen jungen Schild- kröten, sondern auch bei zwei erwachsenen Exemplaren von Emys europaea, die ich 10 Jahre gehegt hatte, und die wenigstens 12 Jahre alt waren, desgleichen bei altern Exemplaren von Chelonia Midas, Ch. imbricata und Trionyx ferox vereinigt gefunden. Nur war bei den meisten jener jungen Schildkröten in den Knorpel- scheiben, die zwischen den schon verknöcherten Theilen der Körper der Rumpfwir- bel vorkamen, die mittlere nicht scharf begrenzte Schichte ihrer Substanz nicht am meisten, wie bei den altern Embryonen, sondern gegentheils am wenigsten durch- scheinend. Dies aber hatte darin seinen Grund, dass daselbst einestheils die Knor- pelkorperchen am dichtesten gedrängt lagen, anderntheils und hauptsächlich die sie verbindende structurlose Masse eine geringere Durchsichtigkeit besass. Auf dieselbe Weise, wie die Körper der Rumpfwirbel, waren bei fast allen in der Entwickelung begriffenen Schildkröten, welche ich zu untersuchen Gelegen- heit hatte, auch die Körper der Schwanzwirbel vereinigt. Es befand sich nämlich zwischen den verknöcherten Theilen je zweier Körper eine mit ihnen fast verschmol- zene Enorpelscheibe , und diese war wiederum verhältnissmässig um so dicker, je 10 74 weniger die Verknöcherung in den Wirbelkörpern vorgeschritten war. In der Mitte einer solchen Scheibe aber, die eigentlich aus den einander zugekehrten und ver- schmolzenen Enden zweier Wirbelkörper bestand, Hess sich sowohl auf senkrechten, als auch auf horizontalen Längsdurchschnitten schon bei schwachen Vergrösserungen eine zarte, quer gerichtete Linie bemerken, die etwas weniger durchscheinend, als die Nachbarschaft war, meistens nicht gerade, sondern in einem schwachen Bogen verlief, und die Grenze zweier Wirbelkörpcr bezeichnete. Bei starken Vergrösse- rungen zeigten sich in dieser Linie , die niemals ganz scharf begrenzt war , die Knorpelkörperchen am dichtesten gedrängt, fast immer in der Mehrzahl von einer ovalen oder ellipsoidischen Form, und mit ihrer Achse in der Richtung der angege- benen Linie gelagert. Wurden dünne Platten, die ich durch Längsdurchschnitte aus den zusammenhängenden Körpern zweier Schwanzwirbel erhalten hatte, nach ihrer Länge stark angezogen, so rissen sie an einer Stelle durch, die nicht in allen Fäl- len der Lage nach gleich war. Meistens jedoch erfolgte der Riss in der ange- gebnen weniger durchsichtigen Mitte des Knorpels. Bei einigen von denjenigen jun- gen Schildkröten aber, w^elche in ihrer Entwickelung schon weit vorgeschritten wa- ren, namentlich bei Emys lutaria, Trionyx ocellatus und Platemys Spixii, Hessen sich in der Mitte der Knorpelsubstanz, durch welche die Körper je zweier Schwanz- wirbel vereinigt waren, mehr oder weniger deutlich auch solche Fasern bemerken, wie sie in den Faserknorpeln vorkommen. Hienach nun und weil ich bei den er- wachsenen Schildkröten, welche ich auf die Verbindung ihrer Schwanzwirbel unter- suchte — namentlich bei Trionyx ferox , Testudo mauritanica , Chelonia imbricata, Cbel. Midas und 3 Exemplaren von Emys europaea — zwischen den Körpern die- ser Wirbel deutlich immer nur einen Faserknorpel, niemals aber eine Gelenkhöhle fand, ist es mir sehr wahrscheinlich, dass sich auch bei den Schildkröten, im Allgemeinen eben so, wie bei den Vögeln und Säugethicren, zwischen den Körpern je zweier Schwanzwir- bel immer nur ein aus Faserknorpel bestehendes Ligamentum intervertebrale ausbildet. Abgesehen von der Verbindung des Atlas mit dem Epistropheus, über die ich weiterhin ein Näheres angeben werde, waren bei dem Embryo von Chelonia, wie auch bei den Jungen von Chelonia und Sphargis, die Körper der Halswirbel unter- einander in ähnlicher Weise verbunden, wie bei eben denselben Exemplaren die Körper der Schwanzwirbel. Die knorpligen Enden je zweier Körper erschienen nämlich mit einander gleichsam verschmolzen, die Stelle aber, welche ihre gemein- schaftliche Grenze andeutete, bot sich auf Längsdurchschnitten, die durch die Hals- wirbel gemacht worden waren, als eine sehr feine, bogenförmig gekrümmte Linie dar. die noch weniger durchsichtig, als die ihr entsprechende Linie zwischen den Schwanz- und Rumpfwirbeln war, und eine mehr oder weniger weisse Farbe hatte, doch ebonlalls nicht eine scharfe Begrenzung zeigte. Auch in ihr kamen Körper- chen vor, die nur Knorpelkörperchcn zu sein schienen, aber in ziemlich grosser Zalil ellipsoidisch und selbst spindelförmig waren , mit ihrem grosstcn Durchmesser sich nach dem Verlauf der Grenzlinie gerichtet hatten, und sehr viel dichter, als die Knorpclkörpei'chen der Nachbarschaft, beisammen lagen. Die weisse Farbe der Grenzlinie hatte theils in dieser Lagerung der Körperchen ihren Grund, theils auch darin, dass die sie zusammenhallende formlose Masse eine nur geringe Durchschein- barkeit besass. Fasern aber von irgend einer Art konnte ich hier nicht bemerken, selbst nicht nach einer längern Einwirkung von Essigsäure '). Auch zeigten, wenn zwei Wirbelkörper in der angegebenen weisslichen Grenze, wo sie ziemlich leicht sich trennen Hessen, auseinander gerissen worden waren, die Rissflächen nicht deut- lich von ihnen ausgehende Fasern , sondern nur ein unebenes Aussehen. — Bei dem Embryo von Testudo und den Jungen von Emys, Platemys, Terrapene und Trionyx befanden sich zwischen den knorpligen Enden der Körper der Halswirbel deutliche, aber sehr enge Spalten oder Gelenkhöhlen. Jedoch Hessen die einander zugekehrten Flächen der Wirbelkörper bei dem Embryo von Testudo noch kein andres Gewebe, als das des Knorpels erkennen, also noch keine Bekleidung von einem aus besondern Zellen bestehenden Epithelium. Dagegen war bei den genann- ten jungen Schildkröten eine solche Bekleidung vorhanden, doch um so dünner und um so schwieriger erkennbar, je jünger sie waren. — Zwischen den schiefen Fort- sätzen der Halswirbel bemerkte ich nicht blos bei jungen Schildkröten, sondern auch schon bei dem Embryo von Testudo, obgleich jene Fortsätze bei ihm nur wenig ausgebildet waren, eine Spalte, durch die eine Gelenkböhle bezeichnet wurde. Nach den gemachten Mittheilungen bestehen bei den Schildkröten, wie bei an- dern Wirbellhieren, die Körper der Wirbelbeine zu einer gewissen Zeit des Frucht- lebens aus lauter bogenRirmigen, um die Rückensaite zum Theil herumgehenden, und aus der Belegungsmasse dieses Körpertheiles herausgebildeten massig dicken Schie- nen, von denen darauf je zwei durch ferneres Wachslhum ihrer untern Hälften sich um die Rückensaile so vereinigen, dass sie um diese zu einem Ringe zusammen- wachsen. (S. Abtheilung I, §• 8 — 10.) Die Ringe aber, wie jene Schienen, ha- ben massig grosse Zwischenräume zwischen sich, die von einer etwas dünnern Lage •) Bei erwaclisenen Exemplaren von Chelonia Midas sind nach M ecket 's Angabe, die ich bestäti- gen Itann, zwischen den Körpern der Halswirbel nicht Gelenkkapseln vorhanden, sondern es heftet eine Knorpelbandmasse die einander gegenüber liegenden Flächen derselben in ihrer ganzen Ausbreitung an ein- ander. (Systeme der vergl. Aoatomie I, 1. Seite 413.) 10* 76 der Belegungsmasse ausgefüllt sind. Später indess findet man an Stelle jener an- räiiglich aus einer feslern gallertartigen Sul)stanz bestehenden Ringe die entweder gänzlich knorpligen, oder zum Theil auch schon verknöcherten Wirbelbeinkörper, diese aber so dicht hinter einander und so mit einander verschmolzen , dass die Knorpelsubstanz des einen in die gleiche Substanz des andern ohne irgend eine Un- terbrechung übergeht. Es wird also um die Zeit, da die erwähnten Ringe verknor- peln und dabei noch immer grösser werden, entweder der zwischen ihnen gelegene dünnere und schmälere Theil der Belegungsmasse der Rückensaite resorbirt, oder gegentheils, was wohl das Wahrscheinlichere sein dürfte, ebenfalls in Knorpel umge- wandelt und zur Zusammensetzung der Wirbelbeinkörper mit benutzt. Jedenfalls aber bilden die künftigen W irhelbeinkörper zu einer gewissen Zeit ein ununterbroche- nes Knorpclrohr, das in seiner Höhle die Rückensaite enthält. Noch später gliedert sich dieses Rohr im Halse und Schwänze, indem sich an ihm daselbst Gelenke bil- den, die im Allgemeinen von zweierlei Art sein können. Entweder nämlich entste-' hen Kapselgelenke, oder hingegen Symphysen. Die erstem bilden sich , indem die Knorpelzellen an einzelnen Stellen ihren Zusammenhang ganz aufgeben, so dass eine spaltforniige Höhle entsteht, demnächst aber sich an der freigewordnen Fläche der Knorpelmasse [sei es aus den Zellen derselben , oder vielmehr an ihnen] und des fibrösen Gewebes, welches alle Wirbelkörper bekleidet, ein Epithelium ausbildet. Es findet hier in der Knorpelsubstanz, welche den auf einander folgenden Wirbel- körpern gemeinschaftlich angehört, derselbe Vorgang statt, wie z. B. in den Extre- mitäten der Frösche , Vögel und Säugethiere , in deren jeder die Masse, aus der sich alle Knochen derselben entwickeln sollen, selbst dann noch, wann sie schon eine mehr oder weniger knorpelartige Beschaffenheit erlangt hat, ohne Unterbrechung durch das Ganze hindurchgeht. Wie die andre Art der Gelenkverbindung an der Wir- belsäule der Schildkröten entsteht, darüber fehlen mir positive Beobachtungen. Nach Untersuchungen aber, die von mir an andern Thieren angestellt worden sind, bilden sich die aus einem Faserknorpel bestehenden Ligamenta intervertebralia, indem sich in einem anfangs ächten Knorpel die Grundsubstanz zum Theil in Fasern auflöst, zum Theil um jede Knorpelzelle zu einer sehr dünnhäutigen Kapsel ausbildet. Die Rückensaite nimmt an der Bildung der Gelenkverbindungen zwischen den Wirbelkörpern eben so wenig bei den Schildkröten, wie bei den ßatrachiern, Vögeln und Säugetbieren , einen wesentlichen Antheil. Durch die Gelenkhöhlen , die sich bei dem Embryo von Testudo zwischen den Körpern der Halswirbel gebildet hatten, lief sie wie ein Faden hindurch, der selbst im Vergleich mit den Querdurchraessern dieser Höhlen nur sehr dünn wav. Dasselbe Verbältniss fand ich auch bei einem // Hülinchcn vom achtzehnten Tage der Bebrüt iinf;; an den Halswirbeln, zwischen deren Körpern sich schon ebenfalls GelenkhölHen bel'aiiden. Gleichfalls bemerkte ich bei Schweinseuibryonen, die vom Scheitel bis zum Schwänze 1 Zoll bis 1 Zoll 3 Li- nien lang waren, dass bei ihnen die Rückensaite durch die schon vorhandenen Anla- gen der Ligamenta intervertebralia geradesweges wie ein zarter Faden bindiu'chlief. Dass aber bei denjenigen jungen Schildkröten , bei welchen zwischen den Körpern der Halswirbel schon so ausgebildete Gelenkhöhlen vorkamen, dass sie von einer se- rösen Haut ausgekleidet waren, Ueberreste von der Scheide der Rückensaite sich erweitert und in diese Haut umgewandelt h;iben sollten, ist nicht glaublich, weil jene Scheide und diese Haut in ihrem Gewebe von einander gar zu sehr verschieden sind. Zudem geht nach Beobachtungen, die von Meckel gemacht worden sind, selbst bei erwachsenen Schildkröten mitunter ein dünner fibrösartiger Faden von einem Wir- belbeinkörper zu dem andern mitten durch eine Gelenkhöhle hindurch ^): nicht un- walirscheinlich aber dürfte es sein, dass ein solcher Faden ein Ueberrest von der Rückensaite ist. §. 10. Eine besondere Berücksichtigung verdienen noch die beiden vor- dersten Wirbel des Rückgraths. — In meiner Entwickelungsgeschichte der Natter hatte ich (Seite 119 und 120) dargethan, dass bei diesem Thiere der Zahnfortsatz des Epistropheus eigentlich der Körper des Atlas ist, derjenige Theil des Atlas aber, welchen man den Körper desselben zu nennen pflegt, ein accessorisches Knochenstück ist, das mit den Bogenschenkeln eben desselben Wirbels zu einem Ringe verwächst. Auch hatte ich dort die Vermuthung aufgestellt, dass hei höhern Thieren der Zahn- fortsatz des Epistropheus ebenfalls nichts Anders", als der Körper des ersten Hals- wirbels sein möge. Später fand ich denn, dass in Betreff der Schildkröten bereits Cuvier in seinem grossartigen und berühmten Werke: Recherches sur les osse- mens fossiles *), sich dahin ausgesprochen hatte, dass der Zahnfortsatz bei den Schild- kröten einen wahren W^irbelkörper darstellt, dass derselbe bei der Matamata- Schild- kröte zwei kleine Querfortsätze besitzt, mit den Knochenstücken des ersten Wirbels verwachsen ist, und mit dem zweiten Wirbel in einer Gelenkverbindung steht, und dass überhaupt bei den Schildkröten der Zahnfortsatz des Epistropheus sich als den eigentlichen Körper des ersten W^irbcls zu erkennen giebt. Diesen Ausspruch Cu- vier's, soweit er auf die Schildkröten im Allgemeinen sich bezieht, kann die Ent- wickelungsgeschichte derselben nur bestätigen, wie ich sogleich darthun werde. Aber •) System der vcrgl. Anatomie I, 1. S. 413. -) Vierte Ausgabe, Theil IX, Seite 409 und 410. 78 auch meine vor mehreren Jahren ausgesprochene Vermuthung, dass gleichfalls« bei den höhern Wirbelthieren der sogenannte Zahnfortsatz der eigentliche Körper des Atlas sein möge, ist jetzt durch Carl Bergmann zur Gevvissheit gebracht worden, und zwar in einer für die Bildung des Skeletes überhaupt sehr lehrreichen Abhaud- lujig unter der Ueberschrift : Einige Beobachtungen und Reflexionen über die Skelet- Systeme der Wirbelthiere ^). Es kann daher wohl keinem Zweifel mehr unterliegen, dass bei allen denjenigen Wirbelthieren, welche einen Processus odontoideus, oder — um die von Bergmann gewählte weit passendere Benennung zu gebrauchen — ein Os odontoideum besitzen, dieses der eigentliche Körper des Atlas, dagegen der sogenannte Körper dieses Wirbels nur ein accessorisches Knochenstück oder morpho- logisches Element, und zwar, wie ich es zuerst filr die Natter dargethan hatte, ein modificirter unterer Dornfortsalz ist. Bei den Embryonen von Testudo und Chelonia, wie auch bei der jungen Spbargis, fand ich den sogenannten Zahnfortsatz, der bei ihnen einen kurzen, an der Spitze stark abgerundeten Kegel darstellte, in eben sol- cher Weise verknöchert, wie den Körper des Epistropheus und wie überhaupt die Körper der Halswirbel bei demselben Individuum. Ferner war er mit dem Körper des Epistropheus eben so durch eine Knorpelscbeibe verbunden, wie bei den genann- ten in der Entwickelung begriffenen Seeschildkröten der Körper dieses Wirbels mit dem des näc^bstfolgenden. Auch ging durch ihn die Rückensaite ganz so, wie durch einen Wirhclkörper hindurch. Dagegen stand er nicht mehr mit zwei Bogenschen- keln in einer unmittelbaren Verbindung, sondern es halten sich die Bogenschenkel, die ursprünglich zu ihm gehörten , und die an ihrem obern Ende noch nicht zusam- mengewachsen, sondern nur durch fibröses Gewebe verbunden waren, von ihm schon ganz abgelöst. DaPiir aber waren diese vordersten Bogenschenkel der Wirbelsäule ganz so, wie ich es schon früher bei Embryonen der Natter gesehen halte, durch 2 von ihren untern Enden abgehende fibröse Bänder mit einem kleinen Skeletstücke [Schlussslück des Atlas], das unter dem Zahnforlsalze lag, in Verbindung gesetzt, und bildeten zusammen mit diesen Theilen schon einen um den Zahnfortsatz geleg- ten weilen Ring, oder den Atlas. Das erwähnte Skeletslück, oder der nacbherige unlere Bogen des Alias, der auch wohl der Körper des Atlas genannt worden ist (Tab. VI, Fig. 6.), war massig gross, an der vordem und hintern Seile dreieckig, mit dem grösslen Durchmesser quer gelagert, und in der Art iheils knöchern, iheils knorplig, dass seine Knochenmasse einen mehr oder weniger grossen Kern innerhalb der Knorpelmasse darstellte. Etwas Analoges von ihm kam an den übrigen Wir- >) Götlinger Studien, 1845. 79 belli nicht vor ') ; bei der Natter aber bilden sich ähnliche Knochenstücke unter den Körpern mehrerer auf den Atlas foljirender Halswirbel, verschmelzen dann mit den- selben, und stellen nun an ihnen untere Dornfortsätze dar. Die beiden Bänder, durch Avclebe bei den Schildkröten die Bogenschenkel des Atlas mit dem erwähnten dreieckigen Scblussstück in Verbindung standen (Tab. VI, Fig. 6, c), liefen zu bei- den Seiten des Zahnfortsatzes herab, und waren bei dem Embryo der Chelonia und der jungen Spbargis ziemlich lang, hingegen al)solut und relativ viel kürzer bei dem Embryo von Testudo. Bei den übrigen jungen Schildkröten , die ich untersuchte, hatten sie sich bereits bedeutend verkürzt, dagegen waren die Bogenscbenkel weit länger geworden, so dass die letztern dem untern accessorischen Knochenstücke oder Schlussslücke entweder sehr nahe lagen oder mit ihm beinahe zusammanstiessen (Tab. VI, Fig. 7, c). Es verhielten sich also bei ihnen diese 3 Knochenstücke schon ähn- lich, w ie bei den Erwachsenen, bei denen sie jederseits durch eine Naht verbunden sind. Demnach werden, indem die Entwickelung des Leibes weiter vorscbreitet, die Bogenscbenkel des Atlas auf Kosten der seitlichen fibrösen Bänder desselben immer länger, bis sie zuletzt das accessorische Knochenstück dieses Wirbels erreicht haben. In dem Ringe des Atlas, welcher zu einer gewissen Zeit aus 5 verschiednen Theilcn , nämlich aus zwei Bogenschenkeln , einem accessorischen Knochenstücke und zwei Bändern, die von jenen zu diesem herablaufen, zusammengesetzt ist, bildet sich sehr frühe ein fibröses Ligamentum transversum, wodurch der Raum, der von dem Ringe umschlossen ist, in eine obere grössere und eine untere kleinere Hälfte ge- thcilt wird. Bei den Embryonen von Chelonia und Testudo war das Querband schon deutlich fibrös, massig dick, und an zwei kleine Fortsätze, die von den untern En- den der Bügenschenkel nach innen gegen einander ausgesendet worden waren, ange- heftet. Bei jungen Schildkröten aber, bei denen die beiden Bänder, welche von den Bogenschenkeln zu dem accessorischen Knoehenstücke des- Atlas gehen , schon sehr verkürzt oder selbst verschwunden waren , reichten die Bogenscbenkel über das Li- gamentum transversum nach unten mehr oder weniger weit hinaus. Es w^achsen also diese beiden Knochenslücke des Atlas , während die von ihnen nach unten ab- gehenden Bänder kürzer werden, über jenes Querband nach unten immer weiter hin- aus. In der untern von den beiden Hälften, in welche der vom Atlas umschlossene 1) Bei den Schildkröten, welche die Gattung Chelonia ausmachen, befinden sich an der untern Seite der auf den Atlas folgenden Halswirbel zwar stark vorspringende, von den Seilen abgeplattete und ziem- lich lange leistenartige Vorsprünge, die man unlere Dornfortsätze nennen kann, doch entstehen sie nach den Wahrnehmungen, die ich darüber habe machen können, nicht aus besondern Knorpelstücken, noch enthalten sie jemals einen besondern Knochenkern, sondern sind Auswüchse der VVirbelkörper selbst, und erscheinen gleich von Anfang an als Apophysen derselben. so Raum durch das Querband geschieden ist, befindet sich bei den Schildkröten eine mit ihren Flächen senkrecht stehende biconcave und in der Mitte durchbrochene Knorpelplatte (Tab. VI, Fig. 6 und 7 d.) , deren ganzer äusserer Rand mit dem Li- sramentum transversum, dem accessorischen Knochenstücke und den beiden seitlichen fibrösen Bändern, oder, wenn diese Bänder schon verschwunden sind, mit den untern kleinen Hälften der Bogenschenkel selbst verwachsen ist. Ihr äusserer oder ange- wachsener Rand ist massig dick, ihr innerer dagegen ganz scharf, und die in ihr vorkommende ziemlich grosse Oeffnung in der Regel zirkelrund, seltner, wie nament- lich bei Sphargis, beinahe ellipsoidisch. Dicht hinter ihr liegt der Zahnfortsatz des Epistropheus (Tab. VI, Fig. 6, e.), welcher Fortsatz nur an seiner vordem Hälfte von dem Ligamentum transversum des Atlas bedeckt und festgehalten wird, dicht vor ihr der Gelenkkopf des Hinterhauptbeines, und durch die Oeffnung selbst geht das Ligamentum Suspensorium des Os odontoideum hindurch. Ihre Ausbildung er- langt die Platte, die man für eine besondere Art von Meniscus ausgeben könnte, schon während des Fruchtlebens der Schildkröten ; denn bei den Embryonen von Che- lonia und Testudo fand ich sie schon vollständig entwickelt. Dass sie al)er bei sehr vielen, wenn nicht gar bei allen Arten der Schildkröten, mit Ausnahme der zur Gat- tung llydromedusa gehörigen, vorkommt, muss ich daraus schliessen, dass ich sie bei allen untersuchten jungen Schildkröten, wie ausserdem auch bei erwachsenen Exem- plaren von Chelonia Midas, Chelonia imbricata, Trionyx ferox, Tr. granosus, Emys europaea und- Terrapene tricarinata gefunden habe. Von dem vordem abgerundeten Ende des Zahnfortsatzes geht ein cylindrischer Strang, der nur sehr kurz und selbst im Verhältniss zu diesem Fortsatze nur mas- sig dick ist, zu dem Hinterhauptbein, namentlich zu dem Gelenkkopf desselben, wenn sich nämlich ein solcher schon ausgebildet hat. Bei den Embryonen von Chelonia und Testudo, wie bei der jungen Sphargis, schien er Nichts weiter zu sein, als der vorderste Theil der Rückensaite, die noch ohne Unterbrechung durch alle Wirbel hindurchlief und in die Schädelgrundfläche eindrang. Bei andern jungen Schild- kröten aber, und bei erwachsenen Exemplaren von Chelonia imbricata , Trionyx fe- rox, Emys europaea und Terrapene tricarinata fand ich, dass er durchweg aus ei- nem Knorpel bestand und im Innern ganz dicht war. Danach zu urtheilen , bildet sich also zwischen dem Zahnfortsatze und dem Hinterhauptbein um die Rückensaitc eine besondre scbeidenartige Hülle, worauf auch dieser Theil der Rückensaite ganz und gar verschwindet, seine neuentstandne Hülle al)er sich in einen dichten Strang umwandelt, der seiner Lage und Verbindung nach dem Ligamentum Suspensorium des Os odontoideum der Säugethiere, Vögel, Eidechsen und Schlangen entspricht. si Li iliiTi" Form iiiul ^'li■binflllllf^■ bieten die beiden ersten Halswirbel bei den Sebildkrölen so bcdeuleiide specifiscbc \'erscbiedeiibeiten dar. wie — soviel bekannt — in keiner andern Ordnunji;' der AMrbeitiiiere, u)id eine näliere Belraeblunn ihnen befindlichen Räume ganz ausliillen müssen. Rreiter zwar, doch im (ianzen ebenfalls von einer nur massig grossen Rreite, waren die Körper der 8 mittlem oder längern Rippen bei dem Embryo von Chelonia und bei den Jungen von Sphargis, Chelonia, Emys und Trionyx aegyptiacus, so dass demnach auch zwischen ihnen sich noch ansehnlich grosse Lücken befanden. Auch hatten bei diesen Exem- plaren nicht mehr alle Rippen bis auf die des zweiten Paares durchweg eine bei- nahe regelmässig cylindrische Form , sondern waren der Mehrzahl nach in einem grossem oder geringern Theile ihrer Länge, wie in verschiedenen Graden, am mei- sten aber zimächst an ihrem Halse in die Rreite ausgewachsen, und erschienen da- her theilweise mehr oder weniger abgeplattet. (Tal). IV, Fig. 1 und 3, Tab. V, Fig. 1, und Tab. VI, Fig. 14.) In Hinsicht der Länge verhalten sich die Rippen schon bei den reifern Em- bryonen ähnlich, wie bei den Erwachsenen. Die vorderste und hinterste sind im Verhältniss zu dem ganzen Rumpfe nur sehr kurz, die übrigen dagegen ansehnlich lanjr, doch am wenisirsten unter diesen die vorletzte. Auch haben sie bei reifem Erabrvonen schon eine ähnliche Richtung, wie bei den Erwachsenen: namentlich ist die vorletzte bei solchen Embryonen schon sehr stark nach hinten gerichtet. §. 13. Nach der Analogie mit andern Wirbelthieren zu urtheilen, wachsen auch bei den Schildkröten die Rippen aus der Relegungsmasse der Rückensaite, also aus der Masse, welche zunächst für die Wirbel als Grundlage dient, strahlenförmig hervor. Nach der Form aber und der Verbindung zu urtheilen, welche sie bei al- tern Embryonen und auch den Jungen der Schildkröten bemerken lassen, wachsen sie aus den Rogenschenkeln ganz in der Nähe der Körper der Wirbel, also aus denselben sehr tief nach unten hervor. — Rei dem Embryo der Chelonia, wie auch bei den Jungen von Chelonia und Sphargis, bemerkte ich auf Durchschnitten ganz deutlich, dass sich die Knorpelsubstanz der Rogenschcnkel der Rumpfwirbel ohne alle Unterbrechung in die Knorpelsidistanz der Rippen fortsetzte, dass also zwischen die- sen und jenen weder eine Naht, noch ein Gelenk vorkam. Die Rippen befanden sich demnach zu ihren Wirbeln in dem Verhältniss von Querfortsätzen, obgleich sie alle schon eine verhältnissmässig eben so grosse Länge erreicht hatten, wie ih- 86 neu bei den Erwachsenen zukommt. Dieser Zusammenhang nun aber zwischen den Rippen und den Wirbeln befand sich ganz am untern Ende der Bogenschenkel, da wo diese an die Körper ihrer Wirbel angrenzten. Eben daselbst war ferner die Knorpelsubstanz der Rippe nach unten etwas hervorgewuchert, so dass die Rippe an ihrem Anfange ein wenig angeschwollen war oder einen kleinen Kopf zu haben schien. Der hervorgewucherte Theil aber lag, je nach den verschiednen Rippen, entweder nur allein dem Körper desjenigen Wirbels, welchem die Rippe angehörte, oder ausserdem auch noch dem Körper des zunächst vor diesem befindlichen Wir- bels dicht an. Doch befand sich der hervorgewucherte Theil weder in dem einen, noch in dem andern Falle mit der Knorpelsubstanz der Wirbelkörper in einem un- mittelbaren Zusammenhange, sondern war mit ihnen durch eine einfache Naht ver- bunden. Wie bei den erwachsenen Seeschildkröten, standen die vorderste und die drei hintersten Rippen nur mit einem einzigen, die übrigen hingegen je mit zwei Wirbelkörpern in Berührung. Dies letztere Lagerungsverhältniss aber konnte nur darin seinen Grund gehabt haben, dass die Rippe, indem der Bogenschenkel, aus welchem sie hervorgewachsen war, an Breite besonders nach vorne zunahm und zum Theil auf den zunächst vor ihm liegenden Wirbelkörper überging, hierdurch etwas noch vorne gerückt wurde, so dass nunmehr auch sie mit jenem anPänglich vor ihr liegenden Wirbelkörper in Berührung kam. Unter einander fand ich sowohl bei den Embryonen von Chelonia und Testudo, als auch bei den Jungen von Chelonia, Sphargis, Emys, Trionyx aegyptiacus und Trionyx gangeticus sämmtliche Rippen jeder Seite ihrer ganzen Länge nach durch eine fibröse Haut verbunden. Die Schichte fibrösen Gewebes nämlich , welche die Körper der Rumpfwirbel an der untern Seite bekleidet, setzte sich dünner werdend, wie nach oben zwischen die Bogenschenkel der Wirbel, so auch nach aussen zwi- schen die Rippen fort, und stellte jederseits eine massig dicke und recht feste Fa- scie dar, von der alle zwischen den Rippen befindliche Lücken ausgefiillt wurden, und die ich deshalb die Fascia costalis nennen will. Die Beinhaut dieser Ske- letstücke konnte eigentlich nur als ein Theil von ihr betrachtet werden; denn an jeder Rippe war die angegebne Fascie gleichsam in zwei mehr oder weniger ver- dickte Blätter geschieden, welche die Rippe zwischen sich nahmen und knapp ein- hüllten, und von denen übrigens das obere jedenfalls dünner, als das untere war. Dicht auf ihr lag eine Schichte eines sehr festen Unterhaut -Bindegewebes, über die ich weiterhin (§. 36.) ein Näheres angeben werde. Dicht unter ihr, durch ein lockeres Bindegewebe mit ihr verbunden, befand sich eine andre aus fibrösen Fa- sern zusamraengewebte, doch im Allgemeinen weit dünnere Haut, die Fascia super- 87 ficialis intern.! trunci. Zwischen ihr aber und dieser letztern Fascie verHefen, den Räumen entsprechend, welche sich zwischen den Rippen befanden, die langen uad starken Aeste der Spinalnerven des Rumpfes und die Intercostalgerässe. Von Inter- costalmuskeln aber war selbst bei den Embryonen nicht die mindeste Andeutung vorhanden '). Wie bei andern Wirbelthieren, bilden sich auch bei den Schildkröten Rücken- muskeln, die den Rippen aufliegen und sie bedecken, üoch findet man sie nur bei Embryonen und solchen Jungen, die nur erst vor kurzer Zeit das Ei verlassen ha- ben, unmittelbar unter der Hautbedeckung und dem Unterhaut- Rindegewebe. Denn später werden sie, wie es bei andern Wirbelthieren nie der Fall ist, von Theilen des Innern Skeletes [des sogenannten Nervenskeletes] völlig überwölbt und verdeckt. Auch ist ihre Zahl und Ausbreitung sehr viel geringer, als etwa bei den Vögeln und Säugethieren (§. 33). Redeckt durch diese Muskeln der ganzen Länge nach, und dadurch völlig geschieden von der Hautbedeckung, sind selbst bei Embryonen nur die Rippen des ersten und letzten Paares, welche Rippen niemals eine erhebliche Grösse erreichen: von den übrigen aber, die schon frühe eine bedeutende Länge annahmen, sind blos die Hälse durch sie bedeckt. Dagegen sind die Körper dieser letztern oder längern Rippen gleich anfangs, wie späterhin, an ihrer ganzen obern Seite nur allein von dem Unterhaut -Bindegewebe und der Haut bekleidet, und ste- hen mit der Schichte jenes Gewebes, das ihnen dicht aufliegt, nach ihrem ganzen Verlaufe in der innigsten Verbindung. §. 14. Das so höchst bedeutende Wachsthum in die Breite, welches an den 8 mittlem oder längern Rippen einer jeden Seitenhälfte Statt findet, und wodurch diese Rippen endlich zu einer gegenseitigen Rerührung gelangen, um sich durch eine etwas zackige Naht zu vereinigen, beginnt an dem Innern [oder obern] Ende der Körper derselben, und schreitet dann von da aus gegen das äussere Ende fort. Auf diese Weise der fortschreitenden Vergrösserung Hess sich schon aus der Form schliessen, welche die mittlem oder längern Rippen bei den erwachsenen Seeschild- kröten besitzen, da bei ihnen die Körper jener Rippen nur in ihrer Innern [obern] Hälfte so breit sind, dass sie zusammenstossen, in ihrer äussern Hälfte hingegen sich um ein Bedeutendes schmäler zeigen. Eine völlige Gewissheit aber haben darüber- die Beobachtungen gegeben, welche an sehr jungen Land- und Süsswasserschildkrö- 1) Bei andern Wirbelthieren kommen von der oben beschriebenen Fascia coslalis nnr mehr oder we- niger deutliche Spuren vor. Beschränkt oder auch gehemmt ist ihre Ausbildung bei andern Wirbelthieren durch die Eatwickelung der Musculi intercostales worden. SS teil gemacht worden sind. Auch haben diese Beobachtungen ergeben, dass bei den Land- und Süsswasserschildkröten die längern Rippen zu einer gewissen Enlwicke- lungszeit ganz diesellie Form besitzen , welche diese Rippen bei den erwachsenen Seeschildkröten bemerken lassen. Was die hierüber gemachten Walirnehmungen anbelangt, so hatten bei sehr jungen Exemplaren von Emys europaea (Nr. 12 der Einleitung), Terrapene tricarinata und Trionyx gangeticus jederseits von den längern Rippen nur erst die 5 oder 6 vordem dicht an dem Innern Ende ihrer Körper eine solche Breite erlangt, dass sie mit ihren Seitenrändern zusammenstiessen : bei den Jungen aber von Trionyx ocellatus, Platemys Spixii, Terrapene pensylvanica und Pentonyx capensis waren alle längern Rippen zwar schon an der innern Hälfte ih- rer Körper so breit geworden, dass sie sich an einander dicht angeschlossen hatten, hingegen in der äussern Hälfte verhältnissmässig nicht breiter, als etwa die Rippen der meisten Säugethiere. Doch stand bei Trionyx ocellalus die breitere Hälfte der andern noch sehr an Länge nach, indess bei den übrigen oben genannten Schildkrö- ten die schmälere Hälfte die kürzere war. Auch boten die Rippen ähnliche Ver- hältnisse, wie bei den zuletzt genannten Schildkröten, bei einer halb ausgewachsenen Emys europaea dai", die Bojanus in seinem Werke über diese Thierart auf der dritten Tafel in der achten Figur abgebildet hat '). Anfangs übrigens , weiui die längern Rippen sich in die Breite auszudehnen begonnen haben , verhallen sie sich dergestalt, dass ihre Körper, je weiter gegen das äussere Ende hin, ganz allmählig verjüngt erscheinen. Wenn sie aber schon so breit geworden sind, dass je zwei benachbarte theilweise zusammenstossen, ist der breitere Theil gegen den schmälern ziemlich scharf abgesetzt, und dies Verbältniss ändert sich dann nicht weiter, wie sehr der breitere Theil auch immer mehr an Länge das Uebergewicht erbfUlen mag. §. 15. Die Verknöcherung der ursprünglich durchweg knorpligen Rippen beginnt bei den Schildkröten , wie es auch bei den Schlangen , Eidechsen und Vö- geln der Fall ist , an der Oberfläche dieser Körpertheile , so dass an ihnen anfangs nur eine dünne Kruste von Knochensubstanz vorkommt. Schon bei den Embryonen von Testudo und Chelonia bildete die Knochensubstanz um den völlig cylindriscben, massig dicken, allenthalben in Hinsicht der Dicke sich ziemlich gleichlileibenden Knor- pel der Rippen eine vollständige' Scheide, die aber gegen die Wirbelsäule nur bis auf das Köpfchen hinreichte, also nicht bis zu den Bogenschenkeln der Wirbelbeine selbst sich hinerslreckte , und die nach aussen ebenfalls nicht bis an das Ende der Rippen ausgedehnt war, sondern sich in einer massig grossen Entfernung von dem- ') Aiiatome Tesludinis eurupaea. Viliiae 1819. 89 selben fast unmerklich verlor '). An der vordersten und hintersten Rippe war diese Scheide allenthalben nur äusserst düiui. an den übrij2;en Rippen aber war sie nur an dem Koplchen . dem Halse und der äussern [oder untern] Hällle des Körpers unge- fähr eben so dünn, dagegen an der Innern Hälfte des Körpers erheblich dicker, zu- mal bei dem Embryo von Clielonia, doch auch hier an ihrer Oberfläche ganz glatt und eben. Im ^^ergleich mit den Wirbeln war diese letztere Hälfte der längern Rippen in ihrer \'erknöcherung viel weiter vorgeschritten, als namentlich die Bogen- schenkel der Wirbel. Erst nachdem in den Rippen die Verknöcherung begonnen hat, wachsen sie der Mehrzahl nach — nänilich mit Ausnahme der vordersten und der hintersten alle übrigen — merkwürdig stark in die Breite. Dieses ihr Wachsthum aber erfolgt in der Art. dass an dem ursprünglich cylindrischen Körper der Rippen die Knochen- substanz immer mehr an Umfang und Masse zunimmt, und zwar am meisten nach vorne und hinten, weniger nach oben [gegen die Hautbedeckung] und am wenigsten nach unten. Zuvörderst gewinnt der Rippenkörper an Breite, indem die zur Ver- grösserung desselben dienenden StolTe sich so ablagern, dass sie an der vordem und hintern Seite der Knochenscheide der Rippe gleichsam einen Saum darstellen, der gegen seinen freien Rand, wie eine Messerklinge, scharf ausläuft. Die Bildung die- ser Säume beginnt in der Nähe des Rippenhalses und schreitet von da aus gegen das andre Ende der Rippe vor: sie haben daher, während sie in der Bildung be- griffen sind, in der Nähe des Rippenhalses die grösste Breite, erscheinen um so schmäler, je weiter gegen das äussere Ende der Rippe hin, und verlieren sich ge- gen dieses Ende fast unmerklich. Etwas verschieden aber ist ihr Verbalten bei den verschiednen Arten der Schildkröten. Bei den meisten nehmen sie nur sehr lang- sam an Länge zu, und reichen selbst bei solchen Jungen dieser Arten, welche schon weit in ihrer Entwckelung vorgeschritten sind, nur etwa bis zur Mitte der Rippen hin, haben aber gleich anfangs eine ziemlich grosse Dicke, so dass sie da, wo sie noch keine beträchtliche Breite erlangt haben, von ihrer Basis (oder von dem Ach- sentheile der Rippe) gegen ihren freien Rand steil abfallen (Tab. HI, Fig. 15 und Fig. 16 B, Tab. VI, Fig. 17). Auch lassen sie bei den meisten Schildkröten gleich von Anfang an nur wenig Knorpelsubstanz erkennen, sondern bestehen fast nur aus p> ') Auch bei den Jnogen von Sphargis, Chelonia und Trionyx aegyptiacns war das äussere Ende der langem Rippen in einer massig grossen Streclie nur knorplig, obgleich an dem innern Ende der Körper dieser Rippen, zumal der zweiten von vorne, die Knochensclieide bei den Jungen von Chelonia schon ziem- lich dick und breit geworden war. 12 90 Knochensubslanz , und geben sich daher ganz deutlich als Auswüchse oder Wuche- rungen der Knochenscheide der Rippenknorpel kund. Bei denjenigen Schildkröten hingegen, welche zu den Gattungen Sphargis, Chelonia und Trionyx gehören, neh- men die erwähnten Säume sehr rasch an Länge zu, ohne jedoch in der Galtung Chelonia das äussere Ende der Rippen jemals zu erreichen, was hingegen in der Gattung Trionyx, oder doch bei einigen Arten derselben, der Fall ist. Dafür aber nehmen sie bei diesen Schildkröten nur langsam an Dicke zu, weshalb sie bei ihnen eine geraume Zeit als lange und im Ganzen nur sehr dünne Streifen erscheinen, von denen je zwei einen Rippenkörper einfassen (Tab. V, Fig. 2; Tab. VI, Fig. 19 und Tab. IX, Fig. 17). Auch bestehen sie bei diesen letztern Schildkröten eine längere Zeit hindurch zum grössern Theüe aus Knorpelsubstanz. Schwach angedeu- tet fand ich sie bei dem Embryo von Chelonia, mehr ausgebildet bei der jungen Sphargis, und noch stärker entwickelt bei den Jungen von Chelonia, doch auch bei den letztern noch beinahe ganz knorplig. Bei Trionyx gangeticus und Tr. aegy- ptiacus waren sie nur zum Ideinern Theile noch knorplig, bei Tr. ocellatus schon ganz verknöchert. Dass sich aber diese ursprünglich nur knorpligen Streifen nicht etwa unabhängig von den Rippen in der Hautbedeckung oder in dem Unterhaut- Bindegewebe gebildet und dann erst sich den Rippen angeschlossen hatten, ergab sich daraus, dass ich niemals zwischen ihnen und den Rippen irgendwo einen Zwischen- raum bemerken konnte, ferner dass sie innerhalb der fibrösen Haut, welche zwischen den Rippen ausgespannt ist, und auch die Beinhaut für diese darstellt, ihre Entste- hung nehmen, also mit der Rippe, zu welcher je zwei gehören, in einer und der- selben als Beinhaut dienenden Scheide liegen, und dass bei andern Schildkröten die ihnen entsprechenden Säume gleich anfangs beinahe gänzlich aus Knochensubstanz bestehen und sich deutlich als Auswüchse der Rippen darstellen. — Erst nachdem die oben beschriebenen Säume der Rippen entstanden sind, nehmen diese Körpertheile auch an Dicke erheblich zu, und zwar wiederum zunächst da, wo der Rippenkörper an den Rippenhals angrenzt. Die Substanz aber, die dazu verwendet werden soll, wächst aus der obern Seite theils jener Säume, theUs aus der zwischen denselben befindlichen Masse des Rippenkörpers hervor, und es verlieren dadurch jene Säume, auch wenn sie anfänglich in ihrer ganzen Breite nur sehr dünn waren, immer mehr das Aussehen von besondern Fortsätzen oder flügeiförmigen Anhängen des Cylinders, der ursprünglich von der ganzen Rippe dargestellt wurde, so dass sie nach einiger Zeit mit diesem ursprünglich nur allein vorhandnen Theile der Rippe eine einfache dicke Tafel zusammensetzen, die darauf noch immer mehr sowohl an Breite, als auch an Dicke zunimmt. Wo zwei benachbarte Rippen einander mit ihren Seiten- 91 rändern erreicht haben, sind sie bald darauf, nachdem dies geschehen, an den ge- nannten Rändern fast so dick, als in ihrem mittlem oder Achsentheile. Abbildungen, welche die so eben beschriebenen Entwickelungsvorgänge an den Rippen versinnlichen können, habe ich gegeben in Fig. 15. Tab. HI, Fig. 1. Tab. V, und Fig. 19, 20 und 21. Tab. \1. — Wie schon angeführt worden, erreichen die erwähnten Säume bei ihrer Verlängerung in der Regel lange nicht das äussere Ende der Rippen. Ist dann in diesem gewöhnlichem Falle auf der ganzen Strecke, auf der sie hatten sich ausbilden können, der Rippenkörper schon ansehnlich breit luid tafelförmig geworden, so sticht seine äussere kürzere Hälfte durch ihre cylindriscbe Form und geringe Breite sehr auffallend gegen jene andere oder breitere Hälfte ab (Tab. V, Fig. 4.). Gewinnt nachher auch dieser schmälere Theil an Breite und Dicke, so geschieht dies, indem von jener andern Hälfte aus der Rippenkörper allmählig immer weiter gegen sein Ende hin sogleich nach allen Seiten, wenn gleich am meisten nach vorne und nach hinten, anschwillt, ohne auf dieser Strecke an seiner vordem und hintern Seite zuvor erst einen besondern scharfrandigen und langen Saum bemerken zu las- sen. (Tab. Vn, Fig. 1.) Bald nachdem die Jungen das Ei verlassen haben, oder doch nicht lange nach- her, und wenn die benachbarten Rippen noch weite Zwischenräume zwischen sich haben, auch bei denjenigen Arten, bei welchen die Rippen durch zwei dünne Knor- pelstreifen besäumt werden, diese noch nicht sich zu verknöchern angefangen haben, geht in dem Innern der Rippenkörper eine bedeutende Veränderung vor sich, in Folge wovon sie im Allgemeinen massig stark in die Breite und Dicke ausgedehnt Averden. Die Knochensubstanz nämlich , die um den Rippenknorpel anfänglich eine völlig dichte und glasartig feste Scheide bildet, lockert sich in der Art auf, dass kleine Höhlen in ihr entstehen, die mit einem eben solchen gelblichen und aus locker zusammenhängenden rundlichen Zellen bestehenden Knochenmarke gefüllt werden, wie ich es aus den Körpern der Wirbelbeine beschrieben habe. Auch verschwindet gleich- zeitig der Knorpel, nachdem der von ihm gebildete Cylinder immer dünner gewor- den ist, und zwar um so früher, je näher gegen das innere Ende oder das Köpf- chen der Rippe hin. Jene Höhlen aber bilden in den Rippenkörpern der Gattungen Chelonia und Trionyx einige ziemlich gerade nach der Länge der Rippen verlau- fende und nach dem äussern Ende derselben etwas convergirende Kanäle, von denen besonders die mittelsten oder diejenigen, welche zunächst um die imaginäre Achse der Rippen liegen und zum Theil die Stelle des verschwundnen Rippenknorpels ein- nehmen, durch viele kurze Anastomosen in einander übergehen. Im Ganzen bietet dann dieser von den Höhlen durchzogne Theil auf Querdurchschnitten ein ähnliches 92 Aussehen dar, wie eine Binse. (Tab. VI, Fig. 17.) Bei den Jungen von Terra- pene und Platemys haben die beregten Kanäle einen weniger regelmässig nach der Länge der Rippen gehenden Verlauf, sondern sind mehr netzartig verbunden und nehmen der Breite nach einen verhältnissmässig grössern Raum, als bei den zuerst genannten Schildkröten, ein, zumal bei Terrapene tricarinata. (Tab. VI, Fig. 17 und 18.) Nachdem die Bildung der angegebnen Kanäle im Innern begonnen hat, entstehen üusserlich an der obern Seite der Rippenkörper einige nach der Länge derselben verlaufende, einander ziemlich parallele und aus dichter Knochensubstanz bestehende Leisten, wodurch nun diese Seite ein gefurchtes und demjenigen einer cannelirten Säule ähnliches Aussehen erhält. Am stärksten fand ich die Leisten und am tiefsten und breitesten die zwischen ihnen befindlichen Furchen bei Trionyx gan- geticus und Trionyx ocellatus (bei welchem letztern sie auch auf den ursprünglich knorpligen und bereits verknöcherten Säumen der Rippen vorkamen), am zartesten dagegen und dafür am zahlreichsten bei Terrapene tricarinata. Bei der jungen Sphar- gis fehlten sie zwar, doch würden sie sich wahrscheinlich auch bei ihr gebildet ha- ben, wenn dieselbe länger am Leben geblieben wäre, da sie gleichfalls in der ihr verwandten Gattung Chelonia vorkommen, und zwar in dieser bei den Erwachsenen nicht blos an der obern, sondern auch an der untern Seite des schmälern oder äus- sern Endtheiles der Rippenkörper. AUmählig wird darauf eine jede der angegebe- nen Furchen, jedoch die eine früher, die andre etwas später, wie von einem Ge- wölbe durch eine Knochenlamelle bedeckt, die anfangs äusserst zart ist, nachher aber immer dicker wird, und diese Lamelle bildet sich entweder aus zwei einander zuge- kehrten Seitenhälften, die aus den beiden die Furche einschliessenden Leisten hervor- gewachsen sind, oder geht nur blos von einer Leiste aus und wächst von ihr zu einer benachbarten herüber. Gewöhnlich ferner beginnt die Bildung einer solchen Lamelle an dem obern oder dem zum Rippenhalse hingekehrten Ende der Furche, und schreitet von da allmählig gegen das andre Ende vor, mitunter jedoch, wie ich besonders bei den Jungen von Trionyx bemerkt habe, fern von den beiden Enden in dem mittlem Theile einer Furche an einer oder mehrern Stellen. Durch das Hinzukommen dieser Lamellen aber werden aus den Furchen enge Kanäle gebildet, die mit der Zeit in ihrem Innern mehrere, oder selbst ziemlich viele aus Knochen- substanz bestehende und in der Mitte durchbrochne Scheidewände erhalten, auch mitunter, wie es mir geschienen hat, sich unter sehr spitzen Winkeln verzweigen, und hie oder da, doch nur der kleinern Zahl nach, gegen die untere Fläche der Rippe eine Oeffnung erlangen. Ob sie aber ausserdem noch Seitenöffnungen erhal- ten, durch die ihre Höhlen in einander übergehen, ist mir nicht gelungen, mit Sicher- 93 heil ausfindig zu machen. AngePiillt werden übrigens alle diese Kanäle nicht mit Knochenmark , sondern nur allein mit einem lockern Bindegewebe. Ob die so eben beschriebenen Leisten und Kanäle sich bei allen Schildkröten bilden, muss ich dahin gestellt sein lassen. Wohl bei allen aber wird auf den Rip- penkörpern, wo sie schon eine grössere Breite erlangt haben und nun auch eine grössere Dicke gewinnen sollen, der dazu dienliche Stoff an der obern Seite der Rippen so abgesetzt, dass er, wie zu einer gewissen Zeit auf den Dornfortsätzen, eine einlache Schicht von Zellenräumen oder Markzellen bildet, die nur mit einem lockern Bindegewebe angefüllt, gegen die Hautbedeckung anfänglich weit offen, und in der Form den Gehäusen mancher Arten von Eschara ziemlich ähnlich sind. Die- jenigen, welche auf den bereits beschriebenen, mit Bindegewebe angefüllten Längs- kanälen stehen, erhalten, wenn auch vielleicht nicht sämmtlich, so doch einer gros- sen Zahl nach, späterhin an ihrem Boden eine Oeffnung, durch die sie nunmehr mit jenen Kanälen in Höhlengemeinschafl kommen. — Die seillichen Wandungen der in Rede stehenden Zellenräume, oder mit Bindegewebe erfüllten Markzellen, haben zu- erst das Aussehen von niedrigen und netzartig verbundenen Leisten, werden aber immer höher, und bleiben in der Regel undurchlöchert, so dass nur selten die Höh- len zweier neben einander stehender Zellen durch eine Oeffnung in einander über- gehen. Haben sie dann schon eine gewisse Höhe erlangt, so werden die einzelnen von ihnen eingeschlossenen Räume, oder die Höhlen der Markzellen, von Knochen- substanz auch überwölbt, und es bilden sich über ihnen Decken, die anfangs sehr zart und entweder siebartig diu'chlöchert , oder nur an einer Stelle mit einer Oeff- nung versehen sind. Die erstere Beschaffenheit sah ich an vielen Markzellen der Platemys Spixii, niemals dagegen an den viel kleinern Markzellen des Trionyx ocel- latus. Sind mehrere Oeffnungen in der Decke einer Markzelle vorhanden, so schlies- sen sie sich nach einiger Zeit gewöhnlich bis auf eine: kommt gleich anfangs nur eine vor, so verkleinert sie sich allmählig, ohne jedoch in der Regel ganz zu ver- schwinden. Die verschiedenen Enlwickelungsgrade der Markzellen, wie ich sie so eben angegeben habe, kann man bei jungen Schildkröten, deren Rippen sich erst mit ihrer einen Hälfte an einander angeschlossen haben, beisammen auf einer und derselben Rippe da gewahr werden, wo die breitere Hälfte des Rippenkörpers in die schmälere übergeht. — Auf den bereits mehr oder weniger geschlossenen Mark- zellen, also nach aussen von ihnen, habe ich keine neuen in der Bildung angetroffen, sondern vielmehr denjenigen Theil der äussern Fläche der Rippen, der von den Decken derselben zusammengesetzt war, immer glatt und eben gefunden. Dennoch bemerkt man bei jungen Schildkröten, deren Rippen sich bereits in einer grössern 94 Strecke an einander angeschlossen haben, an den Rippenkörpern in einiger Entfer- nung von der schmälern Hälfte derselben, wie es bei solchen Jungen auch an den Dornfortsätzen der Fall ist, stelhvcise zwei und selbst mehrere Markzellen über ein- ander. Diese Erscheinung aber hat nach Beobachtungen, die ich besonders an Trio- nyx ocellatus und Platemys Spixii gemacht habe, ihren Grund darin, dass sowohl an den Rippen, als auch an den Dornfortsätzen, die Decken der zuerst entstandnen und neben einander liegenden Markzellen, obgleich sie anfänglich nur äusserst zart sind, doch immer mehr an Dicke zunehmen, dass darauf die Substanz dieser Decken stellweise aus einander weicht, dass die dadurch in ihr entstandnen Höhlen immer geräumiger werden und theils in die Höhlen jener erstem Zellen , theils auch nach aussen durchbrechen, und dass sich dieser Vorgang dann noch einmal oder selbst mehrmals wiederholt. Einer Vermuthung, dass die Markzellen durch Bildung von Scheidewänden vermehrt würden, steht der Umstand entgegen, dass, wo schon mehr, als eine einzige Schicht von ihnen vorkommt, eine oberflächlichere nicht immer ge- nau über einer einzigen tiefern, sondern mitunter über der gemeinschaftlichen Wan- dung zweier tiefern liegt, und dass einzelne von jenen erstem überaus klein im Verhältniss zu den letztem erscheinen. — Wo bei einer jungen Schildkröte ein Rfppenkörper schon so breit geworden ist, dass er an einen benachbarten sich dicht angeschlossen hat, findet man, bald nachdem dies geschehen, seine Knochensubstanz so beschaffen, dass sie zunächst der untern Fläche des Rippenkörpers eine massig dicke Tafel von grosser Dichtigkeit und Härte darstellt, die nur einige wenige kleine Oeffnungen als Mündungen einiger wenigen Markzellen und Markkanäle bemerken lässt, zum weit grossem Theilc aber eine durchweg schwammige Masse darbietet, die auf jener dichtem Tafel gleichsam abgelagert ist und auf ihr ruht. Denn auch bis an den Rand, mit welchem eine Rippe eine andre dicht berührt, reicht diese schwammige Masse noch anfangs hin, indem von den Markzellen, mit welchen je zwei Rippen sich an einander gefügt haben, die einander zugekehrten und einander berührenden Wandungen dann ebenfalls noch sehr dünn sind. AUmählig aber wer- den diese Wandungen der .an den Seitenrändern der Rippe befindlichen Markzellen bedeutend dick, und bilden nach einiger Zeit eine feste, dichte und mehr oder we- niger dicke Masse, in die sich die erwähnte dichte Tafel der untern Seite der Rippe nach oben ohne Unterbrechung fortsetzt. Im Ganzen stellt dann diese festere Masse an dem breitern Theile des Rippenkörpers ungefähr eine flache und breite Rinne dar, in der die schwammige Masse eingebettet liegt. — Unter den jungen Schild- kröten, die ich untersuchte, waren bei der Chelonia imbricata, Chelonia virgata und Terrapene tricarinata noch keine Markzellen auf den Rippen vorhanden. Bei den 95 Jungen von Trionyx gangetieus, Emys lutaria und Emys europaea kamen sie zwar schon auf dem breitesten Theile der Rippen vor, waren aber nur in einer Schicht gelagert und standen fast sämmtlich noch weit offen. Dagegen kamen sie bei den übrigen Jungen an dem dickern Theil der breitern Rippenhälften in mehr, als nur in einer einzigen Schichte vor, und es waren bei ihnen fast alle diejenigen, welche zunächst nach oben lagen, gegen die Hautbedeckung nur mit einer verhältnissmässig sehr kleinen Oeffnung versehen. Absolut und relativ am grössten, aber dafür auch mit den dünnsten Scheidewänden versehen, fand ich sie bei der Platemys, dagegen am kleinsten und mit den dicksten Scheidewänden versehen bei Trionyx ocellatus. (Tab. VI, Fig. 20 und 21.) Schon aus der Darstellung, die ich in dem Obigen von der Entwickelung der Rippen gegeben habe, geht hervor, dass die so bedeutende Breite, die bei den er- wachsenen Schildkröten diese Körpertheile gewahr werden lassen, ihnen selbst eigen ist, nicht aber etwa darin ihren Grund hat, dass unabhängig von den Rippen ent- standjie Knochentafeln sich denselben anschliessen und damit verwachsen. Indess dürfte es nicht überflüssig sein, noch zu bemerken, dass ich von den verschiednen jungen Schildkröten, welche ich zergliedern konnte, Rippen theils gleich, nachdem sie auspräparirt waren, theils auch, nachdem sie eine längere Zeit mazerirt hatten, oder nachdem aus ihnen durch Salzsäure die Kalkerden ausgezogen worden waren, darauf untersucht habe, ob besondre Knochentafeln ihnen dicht auflagen und mit ih- nen durch ein Bindegewebe vereinigt waren, dass ich aber niemals das geringste Anzeichen von einem solchen Verhältniss entdecken konnte. §. 16. Wie schon angeführt worden, findet man bei reifern Embryonen von Schildkröten gleich unter dem Unterhaut -Bindegewebe des Rückens einige Muskeln, die über die Rippenhälse hinweglaufen, dieselben gänzlich bedecken,, und einigen Rückenmuskeln höherer Thiere entsprechen. Diese Muskeln nun aber werden spä- ter, wenn bereits die Embryonen aus dem Eie ausgeschlüpft sind, auf eine für die Schildkröten ganz eigenthümliche Weise von einigen Theilen des Innern Skeletes, die sich jetzt erst ausbilden, gänzlich überwölbt und dadurch völlig von dem Unter- haut-Bindegewebe geschieden. Einestheils nämlich wachsen die horizontalen Ta- feln, zu denen sich die Dornfortsätze des zweiten bis achten Rumpfwirbels ausbilden, immer weiter über sie herüber. Anderntheils aber sendet eine jede Rippe eben der- selben Wirbel , also eine jede von den längern Rippen , aus dem Winkel oder dem Bogen, unter dem ihr Körper in den Hals übergeht, einen Fortsatz nach oben und innen [gegen die Mittelebene des Rumpfes] aus, der bedeutend breiter, als der Hals der Rippe wird, dem tafelförmig gewordnen Dornfortsatze desselben Wirbels, zu 96 welchem die Rippe gehört, entgegenwächst, und sich zuletzt mit demjenigen Seiten- rande des Dornfortsatzes, welcher ihm zugekehrt ist, durch eine Naht verbindet. So läuft denn später, mit Ausnahme der vordersten und der hintersten Rippe, eine jede von den übrigen nach innen in 2 Schenkel, einen untern schmälern und einen obern breitern, aus, von denen der erstere der früher entstandne oder der sogenannte Rippenhals, der letztere aber ein später entstandner Auswuchs des Rippenkörpers ist. Bei den Embryonen von Chelonia und Testudo, wie auch bei der jungen Sphargis und dem jungen Exemplar von Emys europaea war von dem letztern Schenkel zwar an einigen Rippen schon eine Andeutung unter der Form eines Hügels vorhanden, doch nur so schwach erst ausgebildet, dass sie sehr leicht übersehen werden konnte. (Tab. in, Fig. 12, a.) Etwas erheblicher war sie schon bei den Jungeu von Che- lonia und Emys lutaria, desgleichen bei dem altern Exemplar von Emys europaea, doch auch bei diesen im Ganzen nur geringe und an den hintersten längern Rippen noch gar nicht erkennbar. Bei Trionyx gangeticus war dieser obere Schenkel der fünften Rippe schon mit dem Dornfortsatze in Berührung gerathen, an den übrigen Rippen aber um so weniger ausgebildet, je weiter sie von der fünften nach hinten oder nach vorn entfernt lagen. (Tab. VI, Fig, 14.) Bei der Terrapene tricarinata war nur von der zweiten Rippe der obere Schenkel mit einem Dornfortsatze in Verbindung gekommen. (Tab. V, Fig. 3.) Bei Trionyx ocellatus aber, wie auch bei Pentonyx capensis, Platemys Spixii, Terrapene pensylvanica und Testudo mau- ritanica stiessen schon in derselben Weise, wie bei den Erwachsenen, die obern Schenkel aller längern Rippen mit den Dornfortsätzen zusammen: auch hatten bei diesen letztern jungen Schildkröten die angegebnen Schenkel schon eine solche Breite erlangt, dass je zwei benachbarte, wie die Körper ihrer Rippen, dicht an einander gefügt waren.. Wenn die obern Schenkel der Rippen noch nicht entstanden sind, läuft jeder- seits von der Fascie, welche die Körper und Hälse der Rippen unter einander ver- bindet (§. 9.) da, wo jene in diese übergehen, eine Fortsetzung als ein sehr dün- nes Blatt über die Rückenmuskeln zu den Dornfortsätzen herüber, ist mit den Dorn- fortsätzen sehr innig verwachsen, verbindet sich auf ihnen mit dem gleichen Theile der andern Seitenhälfte, und schwillt in der Verbindungslinie zu den Ligamenta in- terspinalia an. Wenn sich aber später die obern Rippenschenkel entwickeln, auch die Dornfortsätze breiter werden, und alle diese Theile einander immer mehr ent- gegenwachsen, geht der angegebne Theil der Fascie, der in seiner Lagerung und Verbindung dem hintern Blatte der Fascia lumbo - dorsalis des Menschen zu entspre- chen scheint, dem Anscheine nach spurlos verloren. Eigentlich aber wachsen diese 97 Abschnitte des Skcletes in ihn immer weiter hinein, so dass er fiir sie zu einer Knochenhaut wird und für sie auch gleichsam als ein Leitband dient. Zu dem Körper der Rippe steht der obere Schenkel gleich bei seinem Erschei- nen in dem Verhältniss einer Apophysis. Er tritt auf als ein Auswuchs der Kno- chenscheide des Rippenkörpers, an dessen Bildung der von dieser Scheide einge- schlossene Knorpelcylinder keinen unmittelbaren Antheil hat. Was aber die Be- schaffenheit seiner Masse und deren Entwickelung anbelangt, so verhält es sich da- mit, wie mit den beiden seitlichen Dritteln der breitern Rippenkörper. Die für ihn bestimmte Knochenmasse nämlich bildet eine Tafel, die an ihrer untern Seite glatt und eben ist, auf deren obern Seite hingegen Markzellen entstehen, die anfangs in einer einzigen Schichte vorkommen und weit offen sind, dann eine Decke erhalten, und noch später sich dadurch über einander häufen , dass ihre Decke , nachdem sie dicker geworden ist, immer grösser und zahlreicher werdende Lücken erhält. §. 17. Nach den Beobachtungen, die ich in dem Obigen über die Rippen der Schildkröten gemacht habe, würde zunächst die Frage zu beantworten sein, welchen Abschnitten der Rippen andrer Thiere die beiden Schenkel entsprechen, die bei den Schildkröten an dem Innern Ende der längern Rippen vorkommen, insbesondere aber, ob sie mit den beiden Schenkeln gleichbedeutend sind , welche an den Rippen der Vögel gefunden werden. 1) Von jenen beiden Schenkeln an den meisten Rippen der Schildkröten hat man, wie schon angeführt, den untern gewöhnlich für gleichbedeutend mit dem Halse und Kopfe der Vogel- und Säugelbierrippen gebalten. Wenn man aber die Ent- wickelungsgcschichte der Wirbelthiere zu Rathc zieht , so wird man finden , dass diese Deutung unrichtig ist. In gleicher Weise nämlich, wie bei den Säugethieren und Vögeln, wachsen auch bei den Schildkröten die Rippen als einfache Strahlen aus den Bogenschenkeln der Wirbel ganz in der Nähe der Wirbelkörper hervor. Sehr nahe den Stellen aber, wo sie entsprungen sind, senden die Rippen hei den Vögeln und Säugethieren in der Regel einen Fortsatz nach unten und innen ab, der mehr oder weniger an Länge und Dicke zunimmt, an seinem freien Ende etwas anschwillt, und sich mit demselben an einen oder zwei Wirbelkörper unter Vermit- telung einer jetzt sich ausbildenden Gelenkkapsel Innig anschliesst. (Tab. HI, Fig. 13, b. und 14, b.) Dieser Fortsatz nun ist der Rippenhals mit seinem Köpfchen. Bei den Schildkröten hingegen entsteht an den Rippen kein solcher nach unten ge- hender Fortsatz : mithin kann an ihnen auch kein Abschnitt dem Halse und dem Kopfe der Vogel- und Säugethierrippen für völlig gleichbedeutend gehalten werden. Doch kommt bei ihnen allerdings eine geringe Andeutung davon vor : denn für eine 13 98 solche darf man wohl die untere Hälfte der schwachen Anschwellung ansehen, wel- che sich am innern Ende des untern Rippenschenkels befindet, da dieselbe, wie schon angegeben worden, sich als einen Auswuchs dieses Schenkels darstellt, und sich ent- weder nur an einen einzigen Wirbelkörper oder an zwei benachbarte Wirbelkörper anlegt und damit verbindet. Eben so wenig auch entspricht von den beiden Schen- keln, die an den meisten Rippen der Schildkröten vorhanden sind, der untere, ge- nau genommen, dem obern Schenkel an den Rippen der Vögel. Denn es entsteht dieser bei den Vögeln, wie das Tuberculum an den Rippen der Säugethiere, dem er gleichbedeutend ist, indem die Rippe an der Stelle, wo sie von einem Bogen- schenkel sich abgliederte — also nach innen von der ürsprungsstelle des Fortsatzes oder des Halses, den sie nach unten gegen einen Wirbelkörper aussendete — , stär- ker hervorwächst (Tab, III, Fig. 13 und 14, a.), und es unterscheidet sich der obere Rippenschenkel der Vögel von dem Tuberculum der Rippen der Säugethiere hauptsächlich nur dadurch, dass er eine weit grössere Länge erreicht. Bei den Schildkröten hingegen erfolgt nach innen von dem kleinen Vorsprunge, der nach dem Obigen für eine höchst schwache Andeutung des Rippenhalses und Rippenkopfes zu halten ist, niemals eine Verlängerung der Rippe, durch die ein besonderer Fort- satz zu Wege gebracht würde. — Wenn nun aber an den Rippen der Schildkröten der untere Schenkel im Ganzen weder dem Höcker der Säugethierrippen imd dem obern Schenkel der Vogelrippen, noch auch dem Halse und Kopfe der Rippen dieser verschiednen Thiere entspricht, sondern nur die untere Hälfte seines kopfartigen Endes, welche einem oder zwei Wirbelkörpern anliegt, den Hals und Kopf der Vö- gel- und Säugethierrippen vorstellt: so kann jener Schenkel, ungeachtet seiner Dünn- heit, nur für gleichbedeutend mit einem Theile des Rippenkörpers andrer Thiere ausgegeben werden. 2) Der obere Schenkel an den Rippen der Schildkröten ist ein diesen Thie- ren ganz eigenthümlicher Theil. Denn bei keinem andern Wirbelthiere wächst ein ähnlicher Fortsatz aus dem Rippenkörper hervor, um Rückenmuskeln zu überwölben und sich einem Dornfortsatze der Wirbelbeine anzuschliessen. Auch unterscheidet er sich vom obern Schenkel der Vogelrippen, mit dem er noch am ersten vergli- chen werden könnte, in Hinsicht seiner Entstehung dadurch, dass er aus der Rippe fern von der Stelle, wo diese aus ihrem Wirbel entsprang, bervorwächst , dagegen der obere Schenkel der Vogelrippen sich dicht an der Ürsprungsstelle dieser Kör- pertheile bildet. §. 18. Anstatt dass bei andern Wirbelthieren die Rippen sich an den Stel- len, wo sie aus den Wirbeln hervorgewachsen waren, abgliedern, indem daselbst 99 eine Unterbrechung; der Knorpelmasse entsteht und sich Bandmasse ausbildet, erfolgt dort bei den Schildkröten keine solche Unterbrechung oder Abgliederung, sondern es bleiben bei ihnen die Rippen mit den Wirbelbeinen für immer durch einen un- veränderten Theil ihrer ursprünglichen Masse, nämlich durch eine ächte Knorpelsub- stanz in Verbindung. Wenigstens ist dies der Fall bei Emys europaea, Trionyx ferox und Chelonia imbricata, von denen ich auch erwachsene Exemplare darauf un- tersucht hjibe. Merkwürdig ist dabei noch dieser Umstand, dass bei erwachsenen Schildkröten diejenigen Rippen , welche mit ihrem untern Schenkel an zwei Wirbel angrenzen, nicht blos mit dem einen Wirbel, sondern mit beiden durch eine ächte Knorpelsubstanz verbunden sind, obgleich doch eine jede solche Rippe nur aus ei- nem Wirbel eigentlich hervorgewachsen sein konnte, auch in der ersten Jugend die- ser Thiere mit einem zweiten Wirbel nur durch eine Naht verbunden ist. §. 19. Wenn die obern oder nachgewachsenen Schenkel der längern Rippen der Schildkröten eine eben so bedeutende Breite, wie die Körper dieser Rippen, an- genommen haben, und in Folge davon in jeder Seitenhälfte, wie die Körper, von denen sie ausgehen, an ihren Seitenrändern zu einer gegenseitigen Berührung und Vereinigung gelangt sind, setzen jederseits die mittlem oder längern Rippen schon für sich allein eine verhältnissmässig recht grosse Tafel zusammen. Auf eine ganz andre Weise aber, als unter einander, kommen die mittlem Rippen mit der vorder- sten und der hintersten in Berührung. Während sich jene nämlich übermässig ver- grössern, bleiben diese, indem sie weder einen obern Schenkel absenden, noch auch an Dicke , Breite und Länge erheblich zunehmen , in ihrer Entwickelung gar sehr zurück, und werden von denjenigen beiden Rippen, welche ihnen zunächst liegen, völlig überwachsen und überwölbt, so dass die erste unter der zweiten, die letzte unter der vorletzten zu liegen kommt. Nachdem dies aber geschehen ist, gelangen die erste und letzte Rippe, während sie noch etwas sich verlängern, mit ihrem äus- sern Ende an die untere Fläche der zweiten und der vorletzten Rippe, legen sich mit demselben an diese an, und verbinden sich mit ihr entweder durch eine Naht, oder gehen mit ihr noch eine innigere Verbindung durch Verwachsung ein. Mit Ausnahme der vordersten und der hintersten Rippe nehmen die übrigen eine beträchtliche Länge an, krümmen sich aber, verglichen mit den Rippen der Vögel und Säugethiere, nur wenig, so dass sie zuletzt mit ihrem einen Ende weit mehr nach aussen, als nach unten gerichtet erscheinen. Dabei, und wohl eben des- halb, wachsen sie meistens mehr oder weniger über die Leibeshöhle seitwärts hin- aus, und zeigen dadurch ein Verhalten, wie einige Halsrippen der Brillenschlangen und einige Brustrippen der fliegenden Drachen , obgleich freilich in einem geringern 13* 100 Grade, als es bei diesen andern Amphibien der Fall ist. Auch bei einigen Schihl- kröten nämlich reichen die längern Rippen entweder sämmtlich, oder doch der Mehr- zahl nach, in eine Falte der Hautbedeckung hinein, und zwar in die seitlichen Hälf- ten der ringförmigen Rückenialte, wenngleich freilich nur mit einem kleinen Theil ihrer Länge, und nur so weit, dass zwischen ihren Enden und dem äussern Rande der erwähnten Falte noch ein ziemlich grosser Zwischenraum verbleibt. Es kommt dies Verhältniss namentlich bei den Schildkröten aus der Gattung Trionyx vor, bei denen es schon von Cuvier und von Andern bemerkt worden ist. Ausserdem aber habe ich dasselbe bei einem Embryo, bei 3 jungen und bei mehrern erwachsenen Exemplaren verschiedner Arten aus der Gattung Chelonia, ferner bei dem Embryo von Testudo, wie auch bei jungen und erwachsenen Exemplaren von Emys europaea gefunden. Abgesehen indess davon, ob einige Rippen in die ringförmige Falte der Rückenhaut hineinreichen oder nicht , wachsen wohl bei allen Schildkröten einige Rippen durch Zunalime an Länge nicht unbedeutend seitwärts über die Rumpfliöhle hinaus. Ganz besonders gilt dies von dem neunten, weniger schon vom achten Paare, die sich beide ausserdem auch mehr oder weniger stark nach hinten richten. In Folge davon aber wachsen diese Rippen, während sich ihre Körper immer unter der Haut des Rückens halten , über die Oberschenkelknochen und die Muskeln , von welchen jene eingehüllt sind, zum Theil herüber. (Tab. IV, Fig. 4, und Tab. V, Fig. 5.) Noch später, wann die zuletzt erwähnten Rippen besonders bedeutend an Breite zunehmen, also erst nachdem der Embryo das Ei verlassen hat, dehnt sich das vorletzte Paar nach hinten und innen [gegen die Mittelehene des Körpers] , so- gar auch über die Hüftbeine aus, deren obere Enden ursprünglich dicht hinter dem letzten Rippenpaare ihre Lage haben. Durch alle diese Vorgänge aber zusammen- genommen wird über dem Becken und den Oberschenkeln jederseits von den Rippen ein knöchernes Dach gebildet, das ziemlich weit über die Rumpfhöhle vorspringt und einen kleinen Theil des Rückenschildes ausmacht. — Auch die zweite Rippe von vorne wächst hei den Schildkröten ziemlich weit über die Rumpfliöhle hinaus und richtet sich zugleich bei manchen, namentlich bei denen aus den Gattungen Trionyx und Chelonia recht stark nach vorne hin, indess sie bei andern eine sol- che Richtung entweder nur in einem geringern Grade, oder auch fast gar nicht an- nimmt. Wohl bei allen Schildkröten aber dehnen sich die Rippen dieses zweiten Paares, indem sie nach Ablauf des Fruchtlebens sehr bedeutend in die Breite wach- sen, nach vorne nicht blos über die des ersten Paares, sondern auch über die Rumpfhöhle und die obern Enden der Schulterblätter aus, so dass die Schulter- blätter zuletzt, obgleich sie iür immer ihre ursprüngliche Lage vor dem vordersten 101 Rippenpaare beibehalten, dennoch nebst den von ihnen zu den Vorderschenkeln ge- henden Muskeln unter dem zweiten Rippenpaare, wie unter einem mehr oder weni- ger breiten Dache, zu liegen kommen. Durch Wachsthum nach vorne hin fand ich die Rippen des zweiten Paares verhältnissmässig am breitesten geworden, und am weitesten über die Rumpfhöhle nach vorne vorspringend bei Platemys Spixii und Pentonyx capensis. [Auf der siebenten Tafel habe ich in Figur 4 eine Abbildung vom Rückcnschilde der Emys europaea gegeben, an dem durch eine aus Kreuzen zusammengesetzte Linie genau bezeichnet worden ist, wie weit die Rippen über die Rumpfliühle hinausreichen.] D. Allgemeinere Remerkungen über morphologische Verhältnisse der Rumpfwirbel, Rippen und Querfortsätze. §. 20. Weil bei den Schildkröten von allen denjenigen Wirbeln des Rum- pfes, welche zwischen dem Halse und Kreuzbein liegen, seitwärts Skeletstücke ab- gehen, die den Namen der Rippen führen, so hat man deshalb alle diese Wirbel für Brustwirbel ausgegeben, Lendenwirbel aber den Schildkröten, wie aus gleichem Grunde den Schlangen, vielen Sauriern und den Fischen ganz abgesprochen. Allein 1) kann die Gegenwart von Rippen an einem Wirbel nicht ein Bestimmungs- grund sein, ihn jedenfalls für einen Brustwirbel auszugeben, da bei manchen Thie- ren auch offenbar dem Halse angehörige Wirbel mit Rippen versehen sind, wie na- mentlich bei den Schlangen, schlangenartigen Sauriern und Krokodilen; 2) besitzen alle Amphibien, also auch die Schildkröten, eben so gut, wie die Säugethiere, eine Unterleibshöhle, ja sogar noch eine verhältnissmässig grössere, als jene, und bei den Fischen entspricht vollends die ganze hinter den Kiemen ge- legne Rumpfböhle nur allein der Unterleibshöhle der Säugethiere, da bei ihnen die wesentlichsten Organe der Brusthöhle, die Lungen, fehlen; 3) kommen bei den Schildkröten in der hintern Hälfte des Rumpfes einige Muskeln vor, die von den Zootomen mit Recht als gleichbedeutend mit Muskeln an- genommen werden, welche bei den Säugethieren die Wandung der Unterleibshöhle, der sie allein angehören, zusammensetzen helfen, nämlich die Musculi obliqui abdo- minis [in nur einem Paare], die M. transversi abdominis, die M. recti abdominis und die M. quadrati lumborum. Einseitig und unrichtig erscheint mir daher die Ansicht, dass in dem Rumpfe der Schildkröten keine Lendenwirbel, sondern nur Brust- und Kreuzbeinwirbel vorkommen. Wenn man nun aber aus den angeführten Gründen genöthigt ist, den Schild- kröten auch Lendenwirbel zuzugestehen, so wird man für die Bestimmung, welche 102 von ihren Wirbelbeinen dann der Lendengegend angehören, die oben genannten Muskeln als maassgebend betrachten dürfen, und dabei besonders ihre Anheftungs- punkte und ihre Ausbreitung zu berücksichtigen haben. Danach aber werden bei den Schildkröten die 4, wenn nicht gar die 5 zunächst vor dem Kreuzbein liegen- den Wirbel für die Lendenwirbel zu halten sein , da die genannten Muskeln seit- wärts von diesen Wirbeln liegen und die grössten von ihnen, die Musculi transver- si, nach vorne bis auf die Rippen des sechsten, selten, wie namentlich hei Pentonyx capensis, bis auf die des fünften Rumpfwirbels hinreichen. Ist die obige Deutung der 4 oder 5 zunächst vor dem Kreuzbein liegenden Wirbel richtig, so muss man aber auch, ihr gemäss, die Rippen dieser Wirbel für die Stellvertreter derjenigen Querfortsätze halten, welche an den Lendenwirbeln vie- ler Säugethiere vorkommen. Und diese Deutung ist auch insofern der Natur nicht widersprechend, als die Querfortsätze und die Rippen der Wirbelthiere im Allgemei- nen theils [A] ursprünglich ein gleiches Verhalten zeigen, theils auch [B] nach Ab- lauf ihrer Entwickelung eine sehr nahe Verwandtschaft unter einander dadurch be- kunden, dass im Allgemeinen genommen zwischen ihnen hinsichtlich der Länge, der Breite, der Art des Verlaufes, und selbst der Art des Zusammenhanges mit den Wirbeln, sehr grosse Aehnlichkeiten vorkommen, ja in einigen Fällen es sogar zwei- felhaft bleiben dürfte, ob ein von einem Wirbel abgehender seitlicher Strahl mit grösserm Rechte ein Querfortsatz, oder hingegen eine Rippe zu nennen sei *). A. Bei den meisten Wirbelthieren senden , je nach den verschiednen Arten derselben, verschiedentlich viele Wirbel zu einer Zeit, da die Entwickelung der ganzen Frucht erst massig grosse Fortschritte gemacht hat, zwei paarige seitliche Fortsätze ab, die anfänglich als ganz einfache Ausstrahlungen der Wirbel erscheinen, und die alle in ihrem Verhalten dann einander gleich, oder doch höchst ähnlich sind. Dergleichen Fortsätze bilden sich z. B. bei den Schlangen und schlangenartigen Sauriern an fast allen Wirbeln ihres Körpers, hei manchen typischen Sauriern an allen Wirbeln des Rumpfes und vielen Wirbeln des Schwanzes, bei vielen Säuge- thieren an sämratlichen Brust- und Lendenwirbeln. (Fig. 6 der netmten Tafel stellt sie aus einem sehr jungen Schweinsembryo dar.) Bei der weitern Entwickelung nun aber verbleibt ein solcher Strahl entweder in dem ursprünglichen Verhältniss eines Fortsatzes von einem Wirbelbeine, in welchem Falle er ein Querfortsatz ge- nannt wird, oder er gliedert sich dicht an dem W^irbelbeine ab, indem zwischen bei- ^) Man sehe Meckel's Bedenken in Beireff der Rippen der geschwänzten und der Querfortsätze der ongescbwänzteo Batravbier in dessen System der vergl. Anat. 11, 1. Seite 390. 103 den ein Gelenk und zwar gewöhnlich ein aus Faserbandmasse, seltner ein aus einer Synovialkapsel gebildetes entsteht, und heisst dann Rippe, oder er gliedert sich in einiger Entfernung von dem Wirbel ab, in welchem Fall er in eine Rippe und ei- nen Querfortsatz zerrällt, oder er wird zwar ganz und gar durch Abgliederung zu einer Rippe, doch wächst später an der Stelle, wo die Abgliederung erfolgte, aus dem Wirbelbeine noch ein Querfortsatz nach. Als etwas Unwesentliches aber für die anatomische Bedeutung der Rippen darf es angesehen werden, dass bei manchen Thieren die meisten dieser Körpertheile, während sie sich weiter entwickeln , einen Ausläufer oder Schenkel absenden, der sich an einen oder zwei benachbarte Wirbel anschliesst, so dass dann eine solche Rippe durch zwei Schenkel mit der Wirbel- säule in Verbindung steht. B. Wenn man bei den erwachsenen VVirbellhieren die Theile des Skeletes, welche Rippen und Querfortsätze genannt werden, mit einander vergleicht, so zeich- nen sich jene vor diesen in der Regel (a) durch eine grössere Länge, (b) durch eine grössere Breite oder Dicke, (c) durch eine mehr oder weniger grosse Krüm- mung und (d) durch eine bewegliche Verbindung mit den Wirbeln aus. Von die- ser Regel giebt es jedoch mehrere und mitunter sehr bedeutende Ausnahmen, a. Von nur geringer Länge sind sämmtliche Rippen der geschwänzten Batrachier und mancher Fische, wie auch das vorderste und hinterste Rippenpaar der Schildkröten; dagegen haben bei Pipa verrucosa und Rana cornuta mehrere, und bei nicht weni- gen Gräthenfischen das hinterste oder die zwei hintersten Paare der Querfortsätze eine bedeutende Länge, b. Wenn Rippen und Querfortsätze bei einem Thiere bei- sammen vorkommen, so sind die erstem allerdings meistens breiter, als die letztern ; bei einigen Kröten aber, namentlich bei Pelobates fuscus und besonders bei der Pipa verrucosa und Rana cornuta, haben die Querfortsätze des Kreuzbeins eine im Ver- hältniss zu der ganzen Länge des Rumpfes so bedeutende Breite, wie die Rippen sie bei keinem Thiere, selbst nicht bei den Schildkröten darbieten, c. Gerade, wie gewöhnliche Querfortsätze, sind die nur kurzen Rippen der geschwänzten Batrachier, desgleichen die vorderste und die hinterste Rippe der Schildkröten, indess die Quer- fortsätze der hintersten Rumpfwirbel bei manchen Fischen, wenn sie eine bedeuten- dere Länge erreicht haben, stark gekrümmt sind und sogar mitunter, wie die Rip- pen vieler Fische, an ihren den Wirbeln abgekehrten Enden paarweise zusammen- stossen. d. Was die Art der Verbindung anbelangt, die in den meisten Fällen als die hauptsächlichste Richtschnur dienen kann, ob man eine seitliche Ausstrahlung eines Wirbels mit dem Namen der Rippe, oder des Querfortsatzes belegen soll, so sind bei den Schildkröten die Rippen an die \N^irbel ganz unbeweglich befestigt. 104 nicht aber etwa nur, weil der obere oder nacbgewachsene Schenkel, den die mei- sten erhalten, sich durch eine Naht mit den Wirbeln verbunden hat, sondern auch, weil zwischen dem zuerst vorhandnen Schenkel und dem Wirbelbeine nur eine durch wahre Knorpelsubstanz bewirkte Synchondrose , nicht also der Norm gemäss ein wahres Gelenk gebildet worden ist. Andrerseits aber stehen bei vielen, wenn nicht bei allen Schildkröten die Qucrforlsätze des Kreuzbeins, und bei Chelonia Midas auch die Querfortsätze mehrerer Schwanzwirbel gleichfalls nur durch eine dünne Kuorpelscheibe mit denselben in Verbindung '). Bei der so nahen Verwandtschaft, welche dem Obigen zufolge zwischen den Rip- pen und den Querforlsätzen der Wirbelthiere im Allgemeinen stattfindet, dürfte es daher wohl nicht befremden, wenn sich, wie nicht selten an den Halswirbeln, so auch mitunter an den Lendenwirbeln mancher Thiere, Theile entwickelt hätten, die in ihrem ganzen Verhalten nicht sowohl gewöhnlichen Querfortsätzen, als vielmehr den Rippen andrer oder auch derselben Thierarten ähnlich wären. Was aber ins- besondre die Schildkröten anbelangt, so dürften von denjenigen Skeletstücken , wel- che man bei ihnen Rippen nennt, die 4 hintersten Paare insbesondre deshalb, weil man unter ihnen und der Fascie, durch die sie ajifangs mit einander verbunden sind, die Musculi transversi abdominis UJid Musculi obliqui interni abdominis gelagert fin- det, für Querfortsätze von Lendenwirbeln gehalten werden, die der Mehrzahl nach sich ungewöhnlich stai'k verlängert haben und über jene Muskeln herüber gewachsen sind, so wie auch dadurch von gewöhnlichen Querfortsätzen abgewichen sind, dass sie nach oben einen besondern Schenkel gegen die Dornfortsätze abgesendet haben, §. 21. Vergleicht man die Schildkröten mit andern Wirbelthieren in Hin- sicht auf ihre Rippen im Allgemeinen, so wird man finden, dass diese im Ganzen das Mittel zwischen den Querfortsätzen der ungeschwäjizten Batrachier und den Rippen andrer Thiere halten. Denn obschon sie in der Art ihrer Verbindung mit den Wirbeln den Rippen andrer Thiere nicht gleich sind, so nähern sie sich den- selben doch darin au, dass zwischen ihnen und ihren Wirbeln eine Unterbrechung vorkommt, die von einer weichern Masse, als es die Knochensubstanz ist, ausgefüllt 1) Den Umstand , duss bei den Säugethieren und Vögeln an dem Halse Querfortsätze vorkommen, die gegen ihre Wirbel hin, wie so häufig die Rippen, in zwei Schenkel gespalten erscheinen, habe ich nicht als einen Beweisgrund für die nahe Verwandtschaft zwischen QuerfortsUtzen und Rippen im Allgemei- nen anfiihren mögen, weil jene Fortsätze ihre zweischenklige Form auf eine ganz andre Weise, als die Rippen erhalten, nämlich dadurch, dass eigentlich zwei aus einem Wirbel hervor gewachsene Querfortsätze an ihrem einen Ende zusammcnfliessen, dagegen eine Rippe dadurch zweischenklig geworden ist, dass sie, ein anlauglich ganz einfacher Strahl, in der Nähe ihres einen Endes aus sich selbst heraus einen Neben- strahl oder Ausläufer abgesendet hat. 105 wird. Audrcrseits aber haben sie in Hinsicht auf ihre Richtung und schwache Krümmung bei einer meistens bedeutenden Länge mit den Querfortsätzen der Pipa, einiger andern Kröten, und auch einiger Frösche, mit welchen Thieren überhaupt die Schildkröten auch in manchen andern Organisations- Verhältnissen am nächsten verwandt erscheinen, eine grosse Aehiilichkeit. E. Ergänzungsplatten des Rückenschildes. §. 22. Ausser den Rippen und den horizontal liegenden Tafeln, zu welchen sich die Dornfortsätze des zweiten und der sechs folgenden Rückenwirbel ausbilden, dienen bei den erwachsenen Schildkröten zur Zusammensetzung des Rückenschildes noch eine oder mehrere Knochenplatten , die in dem Umkreise jener erstem Skelet- stücke ihre Lage haben und mit denselben, je nach den verschiednen Arten der Schildkröten, mehr oder weniger vollständig vereinigt sind. Ich werde sie, weil sie nur den kleinern Theil des Rückenschildes ausmachen, auch im Allgemeinen später entstehen, als derjenige Theil dieses Schildes, welcher von den Rippen und den Dorn- fortsätzen der Wirbel zusammengesetzt wird, und durch ihr Hinzukommen das Rücken- schild vervollständigen , die Ergänzungsplatten desselben nennen. Bei denjenigen Arten von Trionyx, aus welchen Dumeril und ßibron die Gattung Gymnopus, Wagler die Gattung Aspidonectes gebildet haben, kommt in der Regel nur eine einzige solche Platte vor, und diese hat ihre Lage vor dem Dorn- fortsatze des zweiten Rückenwirbels im Nacken, weshalb sie denn die Nackenplalte genannt werden kann. Schon eine grössere Zahl von solchen Platten findet sich in denjenigen Arten von Trionyx vor, aus welchen Dumeril und Bibron die Gattung Cryptopus zusammengesetzt haben, indem bei diesen, ausser einer Nackenplatte, noch 14 bis 16 paarige Knochenplatten vorkommen, die in der hintern Hälfte des soge- nannten Limbus des Rückens oder der Ringfalle eingeschlossen sind, welche von der Haut des Rückens da, wo sie nach unten auf andre Theile des Körpers übergeht, gebildet wird '), wie auch, wenigstens bei Trionyx granosus, in eben derselben Ringfalte eine kleine unpaarige Knochenplatte vor der grössern im Nacken liegenden. Bei den übrigen Schildkröten aber ist die Zahl der Ergänzungsplatten noch weit grösser, und von ihnen setzen die meisten einen Kreis zusammen, der den Rand des Rückenschildes ausmacht, in dem Limbus des Rückens seine Lage hat, in der Regel ausser einer impaarigen grössern und am meisten nach vorne liegenden Platte, näm- lich der Nackenplatte, aus einer unpaarigen, im hintersten Theil des Rückenschildes 1) C u V i e r Recherches s. I. ossemens foss. Tit. IX. Pag. 400, und Hist. nat. des reptilis par Dumeril et Bibron, T. II, Pag. 500. 14 106 liegenden und 22 paarigen kleinern Platten besteht. Im Allgemeinen pflegt man dieselben die Marginalplatten zu nennen. Die übrigen liegen innerhalb dieses Krei- ses hinter dem tafelförmigen Dornfortsatze des achten Rückenwirbels, kommen zwar in einer verschiedentlich grossen, doch immer nur geringen Zahl vor, und sind mei- stens unpaarig, in welchem Falle sie in einer Linie hinter einander liegen, seltner zum Theil auch paarig. Dem Angeführten zufolge gehören also von denjenigen Platten des Rückenschildes, welche die mittlere Reihe ausmachen und gewöhnlich die Vertebralplatten genannt werden, die vorderste und grösste, oder die Nackenplatte, dem Hautskelete, die 7 folgenden dem Nervenskelete, und die hinter dieser liegenden, wenn sie überhaupt vorhanden sind, wiederum dem Hautskelete an. Die Nackenplatte, die nach den bisherigen Erfahrungen bei keiner Schildkröte fehlt, bildet sich von allen Ergänzungsplatten des Rückenschildes auch am frühesten. Und zwar nimmt sie ihre Entstehung schon lange vor der Enthüllung des Embryo's, wahrscheinlich schon um die Mitte des Fruchtlebens. Die übrigen hingegen bilden sich viel später, nämlich erst nach Ablauf des Fruchtlebens. §. 23. Die Nackenplatte entsteht über dem letzten oder auch dem vor- letzten Halswirbel, wohl jedenfalls aber vor den Rückenwirbeln, den Rippen und den Schulterblättern zwischen der Hautbedeckung und einigen Muskeln, so dass sie an- fangs mit keinem andern Theile des Skeletes in einer unmittelbaren Berührung ist. Die Körpertheile , auf denen sie zunächst ihre Lage hat, sind zwei lange, schmale, und von dem Schwänze bis auf den Hals hingehende Muskeln, die den Muse, sacro- spinales der Säugethiere entsprechen (§. 42.) und die Enden einiger Nackenmus- keln, die man an der untern Fläche der in Rede stehenden Platte angeheftet findet. Ob sie später entsteht, als die Hautfalte, welche den Rücken von den Seiten und dem Nacken abgrenzt, oder vielmehr gleichzeitig mit derselben, ist mir zwar unbe- kannt, doch glaube ich angeben zu können, dass sie nicht in demjenigen Theile die- ser Falte selbst, welcher über den Nacken quer herüberläuft, ihren Ursprung nimmt, sondern dicht hinter ihm. Denn bei der Sphargis fehlt ein solcher Theil der Falte, und dennoch ist bei ihr eine Nackenplatte vorhanden. Dagegen ragt in der Gattung Trionyx weder bei Erwachsenen , noch bei Jungen , obgleich bei ihnen ein solcher Theil der Falte vorkommt, die Nackenplatte in denselben hinein. Demnach dürfte es höchst wahrscheinlich sein, dass diese Platte bei denjenigen Schildkröten, bei wel- chen sie, wann sie ihre Ausbildung erlangt hat, mit ihrer vordem Hälfte einen Theil jener Grenzfalte des Rückens bis zu dem Rande hin ausfiillt, nur erst allmählig, indem sie an Grösse immer mehr zunimmt, in ihn hineinwächst. Doch muss dies schon sehr frühe geschehen, denn bei den Jungen von Chelonia, Terrapene, Emys 107 und Plateniys, und selbst schon bei den Embryonen von Cbelonia und Tesftido, fand ich das Verhältniss beider Tlieile zu einander eben so, wie bei den ErwaehsiMien. Was die oben ji^eniachte Aeusseriing anbelangt, dass die Nackenpiattt^ anfangs mit keinem andern Theile des Skeleles in einer unmittelbaren Berührung steht, so kann ich mich dabei auf den untersuchten Embryo von Testudo und den Embryo und die Jungen von Chelonia berufen, indem bei ihnen jene Platte noch keinen an- dern Theil des Skeletes berührte. (Tab. ffl, Fig. 12. a. und Tab. IV, Fig. 1. a.) Auch war es bei ihnen, wie auch bei der Sphargis und den Jungen von Trionyx, ganz deutlich, dass die Nackenplatte vor den Rückenwirbeln und den Schulterblättern ihre Entstehung genommen hatte. (Tab. IV, Fig. 3. a.) Denn die obern Enden der Schulterblätter lagen bei ihnen allen zwischen jener Platte und den vordersten Rippen : und von den Bogen der vordersten Rückenwirbel stand der hintere Rand der Platte noch mehr oder weniger weit ab. Allmählig aber kommt die Nackenplatte mit den Rippen des zweiten Paares, wie auch in der Regel, ausgenommen nämlich einige Ar- ten von Trionyx '), mit dem Dornfortsatze des zweiten Rückenwirbels nicht blos in Berührung, sondern schliesst sich ihnen auch ganz dicht an, theils indem sie sich nach hinten und den Seiten vergrössert, theils auch indem die Rippen und der Dorn- fortsatz des zweiten Rückenwirbels, an Grösse zunehmend, ihr entgegenwachsen. Bei meinen Jungen von Trionyx und Terrapene tricarinata hatte sie sich bereits an die Rippen, und bei den Jungen von Emys, Platemys, Pentonyx und Testudo auch an den Dornfortsatz des zweiten Rückenwirbels dicht angeschlossen. (Tab. V, Fig. 2, 3 und 4, und Tab. VI, Fig. 14.) — Früher indess, als die Nackenplatte sich den Wirbelbeinen und Rippen anschliesst, steht sie mit ihnen durch fibröses Gewebe in Verbindung. Denn bei den Jungen von Chelonia, Sphargis und Trionyx fand ich ein ziemlich starkes fibröses Band , das von der Mitte des hintern Randes der Na- ckenplatte zu dem Dornfortsatze des zweiten Rumpfwirbels ging , und ausserdem je- derseits eine sehr dünne Fascie, die zwischen der Nackenplattc und der zweiten Rippe ausgespannt war und in die Fascie überging, welche in jeder Seitenhälfte sämmtliche Rippen unter einander vereinigte (§. 9 und 13.). Bei dem Embryo von Chelonia aber, den ich zur Untersuchung hatte, konnte ich nur das erwähnte Band, hingegen keine Spur von einer zwischen Nackenplatte und Rippen ausgespannten fibrösen Haut, •) Bei einigen Arten von Trionyx scheint für immer zwischen der Nacicenplatte, dem Dornfortsatze des zweiten Rückenwirbels und dem zweiten Rippenpaare eine Lücke zu bleiben, die nur von weichen Thei- len ausgefüllt ist. Namentlich scheint dies der Fall zu sein bei Triooyx subplanus nach Cuvier's Angaben (Recherches s. 1. ossemens foss. IX, 599.) und auch nach einer Angabe Meckel's (System der vergl. Anat. Tbl. II, Abtheil. 1. Seite 421.) 14* 108 und bei dem Embryo von Testudo weder diese, noch jenes bemerken. Es ist mir daher sehr wahrscheinlich, dass beide sich viel später, als die zwischen den Rippen selbst ausgespannte Fascie bilden, und zwar dicht unter dem formlosen Bindegewebe, welches unter der Haut des Rückens in einer mehr oder weniger dicken Schichte ausgebreitet ist. Die Form der Nackenplatte, die je nach den Gattungen und Arten der Schild- kröten gar sehr verschieden ist, kommt im Allgemeinen schon frühe derjenigen ziem- lich nahe, die dieser Körpertheil bei jeder Art in seinem ausgebildeten Zustande hat. Eine Beschreibung, wie ich dieselbe bei verschiedenartigen noch in der Entwickelung begriffenen Schildkröten gefunden habe , will ich unterlassen , weil sie mir für die Entwickelungsgeschichte grade nicht von Wichtigkeit zu sein scheint, und weil ich ohnehin auf den Tafeln , die der vorliegenden Schrift hinzugefügt worden sind , von dieser Platte mehrere möglichst treue Abbildungen gegeben habe. [Die Nackenplatte einer jungen Emys europaea ist auf Tab. III, Fig. 6. abgebildet.] Auch die relative Grösse der Nackenplatte ist bei den verschiednen Arten der Schildkröten gar sehr verschieden, und diese ihre Verschiedenheit macht sich eben- falls schon in der frühesten Jugend bemerklich. Am kleinsten fand ich sie bei den Seeschildkröten , insbesondie bei Sphargis , grösser schon bei Trionyx , am grössten hingegen bei Platemys, bei der sie einen höchst bedeutenden Umfang hatte. Je nach der verschiednen Grösse nun aber, die sie bei den verschiednen Arten der Schild- kröten erlangt, trägt sie mehr oder weniger zur Vergrösserung des Rückenschildes bei, und von ihr hängt es, je nachdem sie in der Dimension von hinten nach vorne sich vergrössert hat, hauptsächlich oder nur allein ab, wie weit das Rückenschild auf den Hals hinaufreicht und ihn, wann er vorgestreckt worden ist, bedeckt. Unter al- len Schildkröten , die ich gesehen habe , springt das Rückenschild über die Wirbel- beine des Rumpfes nach vorne am weitesten bei Platemys Spixii vor, und es beträgt bei ihr die Länge der Nackenplatte, die auch beträchtlich breit ist, beinahe ein Drittel von der Länge des ganzen Rückenschildes. (Tab. V, Fig. 4. b.) Anränglich scheint die Nackenplatte aus einem ganz dichten Knorpel zu beste- hen: denn bei dem Embryo von Chelonia und der jungen Sphargis war sie noch ganz dicht, bestand fast ganz aus Knorpel, und enthielt nur in der Mitte etwas Kalk- erde. Schreitet ihre Verknöcherung dann stärker vor, so wird ihr Inneres schwam- mig, indem in ihr lauter mit Knochenmark erPüllte und schichtweise in horizontaler Ebne ausgebreitete Kanäle entstehen, die von dem Mittelpunkte der Platte, wo sie zum Theil zusammenstossen , gegen den Umkreis derselben auseinanderfahren, in ih- rem Verlaufe mitunter einmal oder selbst mehrmals unter spitzen Winkeln verzweigt 109 sind, an ihrem äussern Ende, wo sie am weitesten zu sein pflegen, offen stehen, und in dem Falle, dass die Platte langgestreckt ist, wie namentlich in der Gattung Trio- nyx, in der Mehrzahl eine nicht unbedeutende Länge haben. Die Weite dieser Ka- näle ist verschieden hei den verschiednen Arten der Schildkröten, am grössten aber im Allgemeinen bei den Seeschildkröten. Auch ist die Zahl der Schichten dieser Kanäle verschieden, und zwar je nach der Weite derselben und der Dicke der Na- ckenplatte, doch im Allgemeinen nur geringe. Nur zwei Schichten fand ich bei der jungen Chelonia imbricata, die grösste Anzahl (5 oder 6) bei Trionyx ocellatus. Jedenfalls al)er sind die Kanäle der obersten [der zunächst der Haulbedeckung lie- genden] Schichte die kürzesten, die der untersten Schichte die längsten. — Später, als diese Markkanäle, entstehen an der nach oben gekehrten Seite der Nackenplatte eben solche mit lockerm Bindegewehe angefiillte Markzellen, wie auf den Dornfort- sätzen und Rippen, die anfangs gegen die Hautbedeckung hin weit offen stehen, und die sich in ihrer Entwickelung bei jeder Art von Schildkröten ganz so verhalten, wie bei derselben Art die mit Bindegewebe angefüllten Markzellen der erstgenann- ten Skeletstücke. Bei den beiden untersuchten Embryonen, wie auch bei den Jun- gen von Spbargis, Chelonia, Trionyx und Terrapene tricarinata fand ich von diesen Markzellen noch keine Spur. Dass sie hei den Jungen von Trionyx auf der bezeich- neten Platte noch ganz fehlten, war mir deshalb auffallend, weil bei ihnen derglei- chen Markzellen auf den Rippen und Dornfortsätzen schon längst entstanden waren, zumal bei Trionyx ocellatus. 8. 24. Die übrigen Ergänzungsplatten des Rückenschildes nehmen weit spä- ter, als die Nackenplatte, ihre Entstehung. Denn weder bei den Embryonen von Chelonia und Testudo, noch auch bei den Jungen von Spbargis, Chelonia Midas und Chelonia imbricata Hess sich von ihnen irgend eine Spur auffinden, obgleich bei al- len diesen Exemplaren die Hautbedeckung des Rückens schon in eben so viele Fel- der abgetbeilt war. wie bei den Erwachsenen derselben Species vorkommen. Bei den Jungen von Chelonia virgata und Terrapene tricarinata waren schon einige wenige (6 bis 8) entstanden, hatten aber nur erst eine sehr geringe Grösse, und stellten unregelmässig ellipsoidische, von zwei Seiten etwas abgeplattete Körper dar, die in ihrer Mitte aus einem Knochenkern, in ihrem Umkreise aus einem höchst schmalen Saum von Knorpelsubstanz bestanden. Sie gehörten zu den Marginal- platten und standen zwar von einander ziemlich weit ab, lagen aber sämmtlich in dem hintersten Theile der Hautfalte, welche in Form eines Saumes um den Rumpf herumging. Es entstehen also, abgesehen von der Nackenplatte, von den übrigen Marginalplatten die hintersten zuerst, was in sofern beachlungswerth sein dürfte, als 110 bei denjenigen Arten der Gattung Trionyx, welche ausser der Nackenplatte noch einige andre Marginalplatten besitzen, aber in geringerer Zahl, als die übrigen Schildkröten, diese letztern Platten nur in der hintern Hälfte des Rumpfes vorkom- men. Bei den Jungen von Emys lutaria und E. europaea fand ich die Marginal- platten zwar sämnUlich vor, doch waren sie alle, mit Ausnahme der Nackenplatte, nur erst wenig ausgebildet. Diejenigen, welche bei den Erwachsenen zusammen mit der Nackenplatte den Rand des Rückenscbildes ausmachen, befanden sich inner- halb der Grenzfalte des Rückens in dem Bindegewebe, welches zwischen den beiden Blättern dieser Hautfalte abgelagert war, hatten eine nur so geringe Grösse, dass sie als sehr kleine, längliche, und entweder nur an einem Ende, oder aber an bei- den Enden zugespitzte Kerne erscheinen, befanden sich dicht an dem freien Rande der erwähnten Hautfalte, lagen sowohl von einander selbst, als auch von den Enden der Rippen verhältnissmässlg ziemlich weit entfernt, und bestanden, ungeachtet ihrer geringen Grösse, aus einer schwammigen und in ihren Höhlen mit Bindegewebe aus- gefüllten Knochensubstanz. Diejenigen Ergänzungsplatten aber, welche bei den er- wachsenen Exemplaren von Emys europaea die 2 letzten Rückenwirbel und die bei- den Wirbel des Kreuzbeins bedecken, lagen zwischen jenen Wirbeln und der Haut- bedeckung in der Mitte, stellten kleine und höchst dünne rundliche Scheiben dar, standen unter einander noch in keiner Berührung, und bestanden ebenfalls schon ganz aus Knochensuhstanz. Weit mehr schon waren, ausser der Nackenplatte, auch die übrigen Ergänzungsplatten des Rückenschildes bei der Platemys Spixii ausgebildet. (Tab. V, Fig. 4. a. a. c. d. und Figur 5. c.) Sie waren schon völlig verknöchert und auch schon ziemlich gross. Doch standen fast alle ia der Grenzfalte des Rü- ckens gelegnen Platten, oder die sogenannten Marginalplatten, noch nicht in einer Berührung unter einander, wie denn auch keine von ihnen sich schon in einer Be- rührung mit einer Rippe befand: vielmehr waren zwischen ihnen und den Rippen noch mehr oder weniger grosse Zwischenräume vorbanden. Desgleichen hatte sich ihnen eine ziemlich grosse unpaarige Platte, welche zunächst hinter dem Dornfort- satze des achten Rückenwirbels lag, noch nicht angeschlossen. Uebrigens aber Hes- sen diejenigen, welche zu den Randplatten des Rückenschildes gehörten, an ihrer Lage und Form erkennen, dass sie, wie in der Gattung Emys, ihre Entstehung dicht an dem freien Rande der Grenzfalte des Rückens genonunen hatten. Denn nicht blos erschienefi sie zwischen den beiden Blättern dieser Falle dicht an den äussern Rand derselben herangelagert, sondern es war auch ihr nach aussen gekehrter Rand, ent- sprechend jenem Rande der Falte, nur sehr schwach, dagegen ihr nach innen gekehr- ter sehr stark convex, so dass sich daher vermuthen Hess, dass das Wachsthum 111 dieser Platten in die Breite von aussen nach innen [}?egen die Mittelcbene des Kör- pers] vor sich gegangen war. Ihre Oberfläche war im Ganzen glatt und von ei- nigen wenigen kleinen Oelftiungen dun-hlöcherl , ihr Inneres mit melirern nicht gar kleinen Höhlen versehen, die nur Bindegewebe enthielten. Knocheiifett konnte ich in ihnen nicht bemerken. Bei Terrapene pensylvanica waren die Ergänzuiigsplatten des Rückenschildes schon ziemlich breit und beträchtlich dick: auch stiessen sie alle schon dicht an einander. Ueberhaupt aber hatten sie das Aussehen, als wenn sie in Hinsicht der relativen Grösse schon beinahe vollständig ausgebildet waren, obgleich die Rippen der 8 mittlem Paare noch in einem beinahe eben so grossen Theile ih- rer Länge, wie bei der Platemys Spixii, sehr dünn und cylindrisch waren. Mit den dünnern Enden fast aller dieser Rippen standen die ihnen der Lage nach entspre- chenden Marginalplatten nicht blos in Berührung, sondern hatten sie, wie dies bei den Schildkröten im Allgemeinen zu geschehen pflegt, an der obern Seite auch schon etwas überwachsen. Bei der noch weiter entwickelten Pentonyx capensis waren sie wohl ebenfalls beinahe vollständig ausgebildet. (Tab. Vü, Fig. 1.) §. 25. Die Untersuchungen, die ich bei verschiednen Arten der Schildkröten über das Verhältniss anstellte, in welchem die Ergänzungsplatten des Rückenschildes zu der Hautbedeckung stehen, führten zu dem Ergebniss, dass sich diese Platte nicht innerhalb der Hautbedeckung selbst, sondern in einiger Entfernung von ihr bilden. Weiter nun aber war zu ermitteln, ob sie ihre Entstehung in der gewöhnlich für knorpelartig gehaltnen, eigentlich aber aus einem festen Bindegewebe bestehenden Schichte nehmen, die unmittelbar unter der Hautbedeckung Hegt (§. 36.), oder viel- mehr in einem übrösen Gewebe, (Jas sich etwa mit dem der Wirbel und Rippen in einem unmittelbaren Zusammenhange befände. Denn was den letztern Fall anbelangt, so Hess es sich als möglich denken, dass die fibröse Haut, welche bei den Embryo- nen die Rippen und Wirbel nicht blos bekleidet, sondern auch die Lücken zwischen ihnen ausfüllt, seitwärts über die Rippen, wie nach vorne und nach hinten über die Dornfortsätze der Rumpfwirbel hinaus, in das Unterhaut -Bindegewebe blattartige Fort- sätze abgesendet haben könnte, und dass nachher in diesen Auswüchsen die Ergän- zungsplatten entständen. Die Untersuchungen jedoch, welche zur Lösung dieser Fra- gen unternommen wurden, führten nicht zu einem ganz vollständigen Resultat. Denn da sich die Nackenplatte bei den altern Embryonen, welche ich zergliederte, schon ziemlich weit ausgebildet hatte, so Hess sich nicht erfahren, ob das fibröse Gewebe, durch welches sie mit dem Doriifortsatze des zweiten Rumpfwirbels in Verbindung stand, früher oder später, als sie selber, entstanden war. Dagegen ergab sich für die übrigen Marginalplatten ganz klar und deutlich , dass sie unabhängig von der 112 fibrös-liäutigen Bekleidung der Wirbel und Rippen in dem Bindegewebe, welches die saumartig um den Rumpf herumgehende Hautfalte ausfüllt, ihre Entstehung nehmen. Denn niemals konnte ich hei jungen Schildkröten gewahr werden, dass hinter der Nackenplatte in die erwähnte Hautfaite irgendwo hlaltartige Fortsätze des fibrösen Gewebes hineinreichten. Was endlich noch die hintere Rumpfgegend anbelangt, in der sich innerhalb des von der Hautfalte des Rumpfes dargestellten Ringes noch eine oder einige Ergänzungsplatten bilden, so fand ich hier bei den jungen Seeschildkrö- ten zwar eine Fascie, die zwischen den hintersten Rippen ausgespannt war und die Extensoren des Schwanzes bedeckte , doch kann ich nicht mit Sicherheit angeben, oh sich nachher in derselben oder auf ihr einige Ergänzungsplatten bilden. §. 26. Einige Anatomen, namentlich auch Cuvier 1), sind der Meinung ge- wesen, dass bei den Schildkröten die Randplatten des Rückenschildes, abgesehen von der unpaarigen vordersten oder der Nackenplatte, und der unpaarigen hintersten, die Bedeutung der Rippenknorpel andrer Wirbelthiere haben. Gegen diese Meinung lässt sich indess schon der ümstajid anführen, dass bei den meisten Schildkröten 11 Paar solcher Platten vorkommen, dagegen nur 10 Paar Rippen, und dass diese Platten nicht so gelagert sind, dass die Enden je eines Rippenpaares auch jedenfalls an ein Paar von ihnen anstossen und gleichsam in dasselbe übergehen. Besonders aber lässt sich durch die Entwickelungsgeschichte darthun , dass jene Meiniuig auf einem Irrthum beruht. Die Rippenknorpe! der Säugethiere entstehen nämlich nicht ge- trennt von den Rippen und wachsen nicht erst nachher mit ihnen zusammen, son- dern es hat ein jeder Rippenknorpel mit seiner Rippe einen gemeinsamen Ursprung, indem für beide aus einem Wirbelbeine ein bogenartiger Fortsatz hervorwächst, der nachher in seiner einen Hälfte verknöchert, in der andern aber für gewöhnlich knorp- lig bleibt. Dagegen entstehen bei den Schildkröten die Randplatten des Rückenschil- des fern von den Rippen, und nur späterhin erst, wenn sie au Umfang beträcht- lich zugenommen haben, kommen einige von ihnen den Rippen nahe und schliessen sich an selbige an. Zudem sind die Rippenknorpel der Säugethiere, da sie mit den Rippen aus den Wirheibeinen hervorwachsen, als Theile des Nervenskeletes anzu- sehen: dagegen bilden sich die paarigen Randplatten der Schildkröten, wie schon angegeben worden, unabhängig von den Wirbelbeinen und deren Ausstrahlungen, ganz deutlich für sich allein in einer Falte der Hautbedeckung innerhalb des Binde- gewebes, welches die beiden Blätter dieser Falte unter einander vereinigt, und können ') Recherches sur les ossem. fossil. Tom. IX, P. 397. 113 deshalb nicht dem Nervenskelete, sondern nur, wie dies bereits von Carus l) und Peters '-) f^eschehen ist, dem sog;enannlen Hautskelete beigezählt werden. Dem- nach nehmen die paarigen Marginalplatlcn nicht blos auf eine andre Weise, als die Rippenknorpel der Säugethiere, ihre Entstehung, sondern gehören auch einer ganz andern Art des Skeletes, als diese Knorpel, au. §. 27. Nach einer von Carus aufgestellten Ansicht ^), die von Peters noch weiter ausgelTilirt worden ist ^), sollen sich bei den Schildkröten auch auf den Rippen luul auf den Dornfortsätzen der mittlem [des zweiten bis achten] Rumpf- wirbels Knoclienplatten bilden, die dem Hautskelete angehören, schon frühe aber mit jenen Körpertheilen verwachsen , und nun den Schein gewähren , als käme jenen Theilen eine ungewöhnlich grosse Breite zu. Ausserdem behauptet Peters, dass die obern Schenkel der 8 mittlem Rippenpaare Nichts weiter seien, als Theile von eben denselben Knochenplatten, welche sich auf den Rippen zu deren Bedeckung und Vergrösserung gebildet hätten. Dieser Ansicht aber, die allerdings Viel für sich zu haben scheint, kann ich nicht beistimmen, theils weil meine Wahrnehmungen ihr nichts weniger als günstig sind, theils auch, weil dasjenige, was zu ihrer Be- gründung angeführt worden ist, mir dazu nicht ausreichend erscheint. Denn A) wie schon aus den Mittheilungen, die ich oben (§. 8, 14, 15 u. 16) über das Wachsthum und die Verknöcherung der Rippen und der Dornfortsätze gemacht habe, zu erkennen gewesen ist, habe ich bei keiner jungen Schildkröte bemerken können, dass sich auf den Rippen und auf den Bogen des zweiten bis achten Rumpf- wirbels in oder unter der Hautbedeckung besondre Knochentafeln, selbst nicht ein- mal von einer nur geringen Grösse, gebildet hätten, die dann anfänglich mit jenen Theilen des Skeletes nur in einer losen Verbindung gestanden hätten, nachher aber mit ihnen fest zusammengewachsen wären. Vielmehr Hess die Beschaffenheit der Rippen und der oben bezeichneten Dornfortsätze bei mehreren jungen Schildkröten ganz deutlich erkennen, dass die bedeutende Breite, durch die sich die genannten Theile des Skeletes bei den erwachsenen Schildkröten so auffallend auszeichnen, nur allein in dem Wachsthum dieser Theile selbst ihren Grund hat. Aus dem, was ich darüber schon ausführlich angegeben habe, will ich hier nur Folgendes herausheben und ihm noch einige die Dornfortsätze betreffende Bemerkungen hinzufügen. 1) Von den ürlheilen des Knochen- und Schalengerüstes. Leipzig 1828, S. 150; und Lehrbuch der ver- gleichenden Zootomie. Leipzig 1834, Tbl. 1, S. 164. ^) Observationes ad Analoiniam Cheloniorum, diss. inaiig. Berolini 1838, Pag. 18. ') Lehrbuch der vergleichenden Anatomie, S. 164 und 165. ♦) 1. c. Pag. 19 bis 22. 15 114 a) Dass die Rippenkörper durch Verdickung und Anschwellung ihrer anfänglich nur sehr dünnen Knochenscheide immer breiter werden , ergiebt sich insbesondere daraus, dass die Knochenmasse, welche zur Vergrösserung einer Rippe dienen soll, vom Anfange an, da diese noch knorpelig ist, sich um sie herum immer nur inner- halb der Scheide anhäuft, die eine jede von der Fascie, welche alle Rippen einer jeden Seitenhälfte verbindet, erhalten hat, dass ferner diese Masse sich nicht grade über dem Knorpel der Rippe am stärksten anhäuft und sich daselbst in einer gera- den Ebne ausbreitet, sondern sich am stärksten an dessen vorderem und hinterm Rande al)lagert, und dass, wenn sich dieselbe schon aufgelockert hat, ein Theil ihrer Rindensubstanz, der dicht und fest geblieben ist, unterhalb des Rippenknorpels und später unterhalb der Stelle, wo dieser seine Lage hatte, als eine lange Tafel gefunden wird, deren Breite immer allenthalben eben so gross ist, wie die des gan- zen in der Entwickelung begriffenen Rippenkörpers. b) Die obern Schenkel der 8 mittlem Rippenpaare sind bei altern Embryonen von Testudo an den meisten Rippen schon angedeutet, wann alle Rippen, mit Aus- nahme nur des zweiten Paares, noch sehr dünne und beinahe völlig cylindrisch sind, und es geben sich dann diese ihre Andeutungen offenbar als kleine Fortsätze der noch sehr dünnen Knochenscheiden der Rippenkörper selbst zu erkennen. Auch las- sen sie sich bei Schildkröten, die schon das Ei verlassen haben, öfters noch als Fortsätze einer sehr dünnen Knochenscheide der Rippenknorpel erkennen. c) An den Dornfortsätzen des zweiten bis achten RumpfvNarbels findet man bei jungen Schildkröten, wann diese Fortsätze beinahe noch ganz aus Knorpel bestehen, den knorpligen Theil mitunter an dem obern Ende um ein nicht Geringes breiter, als an der Basis. Wenn aber die Verknöcherung in ihnen schon weiter vorge- schritten ist, findet man öfters die ursprünglich höchst dünne Knochenkruste so be- schaffen, dass sie für sich allein rechts und links einen saumartigen Vorsprung, überhaupt aber an der obern Seite der Dornfortsätze eine an verscbiednen Stellen verschiedentlich dicke Tafel bildet, deren Substanz ohne Unterbrechung in die Kno- chenkruste der Bogenschenkel übergeht. Ferner bildet sich diese ganze Tafel offen- bar unter dem fibrösen Gewebe, welches die einzelnen Dornforlsätze hautartig ein- hüllt und ausserdem die Ligamenta interspinalia , die an der obern Seite der Dorn- fortsätze befestigt sind, zusammensetzt. Auch rückt später die untere Fläche der über den Dornfortsatz seitlich vorspringenden Theile einer jeden solchen Tafel, wäh- rend diese Theile an Breite und auch an Dicke gewinnen, immer weiter nach unten hin, bis sie zuletzt an die Bogenschenkel des Wirbels selbst gelangt ist: dabei aber erscheint die Masse, aus der diese vorspringenden Theile bestehen, und die Masse 115 der Dornfortsätze, welche zwischen ihnen und den Bogenschenkeln liegt, immer als ein einziges uniinlerbrochenes Ganze [§. 8.]. Ausserdem auch sprechen gegen die Behauptung, dass die Dornlbrlsätze eine auffallende Breite dadurch erhielten, dass eine in oder unter der Hautbedeckung entstandene Knochentafel mit ihnen zusammen- wüchse, noch die folgenden Umstände. Die Ligamenta inlerspinalia und die kleinen Muskelpaare, welche von einem Dornfortsatze zu dem andern herübergehen, wenn diese Fortsätze nur erst niedrige platte Hügel darstellen und erst eine dünne Kno- chenkruste besitzen, werden späterhin, wenn sich an eben diesen Fortsätzen die ta- felförmigen Theile immer mehr ausbreiten, nicht etwa von denselben überwölbt, son- dern zeigen sich mit ihren Enden an die Bänder jener Tafeln angeheftet, und wer- den noch später, wann jene Tafeln an Ausbreitung mehr gewinnen, durch Kesorption immer kürzer, bis sie zuletzt sogar verschwinden. Bei keinem andern Wirbelthiere aber, das zum Hautskelete zu zählende Knochenplatten besitzt, kommen Muskeln und Bänder vor, die nur allein auf diese Platten sich bezögen, und einzelne solche Plat- ten nur unter einander selbst verknüpften. B. Carus hat die oben erwähnte Ansicht nur auf den Grund von Unter- suchungen am Skelete erwachsener Schildkröten aufgestellt: solche aber können hier nicht für ausreichend gehalten werden, sondern bedürfen dazu noch einer Bestätigung oder Berichtigung durch die Entwickelungsgeschichte. Indess lässt sich selbst bei Erwachsenen aus der Beschaffenheit der Kippen und der mittlem Vertebralplatten mehr gegen, als für jene Ansicht entnehmen. Auf den ersten Anblick ist zwar al- lerdings, was die Kippen, besonders der Seeschildkröten anbelangt, der Schein sehr für dieselbe. So habe ich das Skelet einer grossen Chelonia Midas vor mir, an welchem der breitere Theil der Kippenkörper zu dem schmälern in einem solchen Verhältniss steht, als wäre das abgerundete äussere Ende des erstem auf den An- fang des letztem heraufgelegt worden und mit ihm verschmolzen ; und ein ähnliches, wenngleich weniger auffallendes Verhältniss findet man auch bei andern Arten aus der Gattung Chelonia. Wenn man aber bei erwachsenen Schildkröten , zumal bei Seeschildkröten, die längern Kippen theils äusserlich, theils auf den Flächen durch sie gemachter Durchschnitte genauer betrachtet, so wird sich Folgendes ergeben. An der untern Fläche dieser Kippen ist ihre Substanz aus lauter langen, geraden, mei- stens unter sehr spitzen Winkeln verzweigten , und mit einander verschmolzenen Knochenröhren zusammengesetzt, die zwar eine sehr verschiedne Kichtung haben, zusammengenommen aber eine massig dicke und recht feste Tafel ausmachen. Ei- nige verlaufen parallel der Achse der Kippe genau nach der Länge derselben, und diese liegen auf der Höhe eines wulstartig hervorgetriebenen Streifens, der sich vom 15' 116 Halse der Rippe bis zu deren äusserm Ende hinerstreckt, an der untern Fläche der Rippe eine schmale mittlere Zone darstellt, und der Stelle entspricht, wo bei den Embryonen und Jungen der dünne cylindrische Rippenknorpel seine Lage hatte. Die meisten Knochenröhren aber haben eine mehr oder weniger schräge Richtung gegen die Seitenränder der Rippe, indem sie aus jenen erstem Röhren als Seitenzweige hervorgehen und dabei so vertheilt sind, dass einige nach dem einen, die andern nach dem andern Seitenrande der Rippe hinlaufen. In Hinsicht ihres Ausganges also verhalten sich diese ebenfalls verzweigten schrägen Röhren so, dass man mit gutem Grunde annehmen darf, sie seien aus den longitudinellen oder denjenigen hervorge- wachsen, welche sich unmittelbar an der untern Seite des Rippeiiknorpels gebildet hatten. Sind sie aber aus jenen hervorgewachsen , so kann die in ihrer ganzen Breite aus einer festen Tafel bestehende untere Seite der Rippe, da diese Tafel nur aus den erwähnten geraden und schrägen Knochenröhren zusammengesetzt ist, sich eben so wenig zum Theil, als im Ganzen, über dem Rippenknorpel in oder unter der Hautbedeckung gebildet haben, sondern muss nach ihrer ganzen Breite und Länge unter dem Rippenknorpel und von ihm aus entstanden sein. Die übrige, an Um- fang überwiegende , der Hautbedeckung nähere und weit schwammigere Masse lässt bei erwachsenen Schildkröten, besonders deutlich bei den Seeschildkröten, eine Zu- sammensetzung aus lauter Knochenzellen bemerken, die selten etwas länger, als breit sind, und deren Höhlen theils in einander, theils auch in die Höhlen der beschriebe- nen und an der untern Seite der Rippen befindlichen Knochenröhren übergehen. We- gen dieser so grossen und vielfachen Höhlenverbindung aber muss man — abgese- hen von dem, was darüber bei der Untersuchung junger Schildkröten gewonnen ist — es für sehr unwahrscheinlich halten, dass ein Knochenstück, was unabhängig von dem Rippenknorpel entstanden wäre, die schwammige Masse für die Rippen geliefert haben und mit dem festern Theile, der von dem Rippenknorpel aus entstanden ist, aufs innigste verschmolzen und so zu einem Ganzen geworden sein sollte, dass die unzähligen Höhlen beider auf der ganzen Vereinigungsfläche in einander über- gingen. C. Peters, der das Skelet einer jungen Chelonia Caouana untersuchte, will an ihm a) auf einem Längsdurcbschnitte durch die Wirbelsäule bemerkt haben, dass die Bogen der Rumpfwirbel sehr kurze Dornfortsätze besassen, und dass über diesen eine Reihe von Knochen [oder eigentlich von Knochenplatten] vorkam, von denen nicht blos die 3 (oder vielmehr die 2) hintersten, wie dies auch bei Erwachsenen der Fall ist, sondern selbst der vierte und fünfte durch einen Zwischenraum von der Wirbelsäule getrennt waren, dass hingegen ein solcher Zwischenraum unter den 117 vordersten fehlte, indem diese mit der Wirbelsäule verwachsen waren '). Sehr wiinschenswerlh musste es mir nun sein, die so eben angrefiihrten Angaben an dem Präparate selbst, das die Veranlassung dazu gegeben hatte, prüfen zu können. Ich ersuchte deshalb den Geheimen -Rath Job. Müller, mir dasselbe, wenn es in dem anatomischen Museum zu Berlin aufbewahrt worden wäre, zur Ansicht zukommen zu lassen. Nachdem durch Herrn Müller' s Güte dies geschehen, ist nicht blos meine vorher gefasste Vernuithung, dass Peters, was er an dem Präparate bemerkte, nicht richtig gedeutet bat, zur Ueberzcugung geworden, sondern es will mir auch scheinen, dass derselbe an dem Präparate Einiges nicht genau genug aufgefasst hat. Um diese Aeusserung aber näher zu begründen, fühle ich mich genötbigt, über das Präparat selbst, das übrigens von einer andern Art Chelonia, als von der Chelonia Caouana zu sein scheint, ein Mehreres anzugeben. — An den Halswirbeln und dem vordersten Rumpfwirbel bemerkt man auf dem Durchschnitte, dass ihre Bogenschen- kel noch zum grössern Theile aus Knorpel, zum kleinern aus einer den Knorpel einschliessenden Knochenkrustie bestanden haben, und dass sich in ihnen der Knorpel, indem er bei dem Trocknen sehr zusammenschrumpfte, von der Schnittfläche in die Tiefe zurückgezogen hat. Zu erwarten war es daher, dass Aehnliches auch an den- jenigen Rumpfvvirbeln , welche mit Dornfortsätzen versehen sind, der Fall gewesen sein mochte. Und in der That kommt auch an jedem von ihnen über dem obern Theile des Wirbelbogens, aus dem der Dornfortsatz hervorgewacbsen ist, auf der Durchschnittsfläche eine vertiefte Stelle vor, in deren Grunde eine eingetrocknete Knorpelsubstanz liegt. Als untere Begrenzung dieser Stelle erscheint eine nur we- nig dicke Tafel fester Knochensubstanz, nämlich der untere oder gegen den Wirbel- kanal gekehrte Tbeil der Knochenkruste des Wirbelbogens, als obere Begrenzung eine weit dickere Tafel schwammiger Knochensubstanz. Vor und hinter dieser Stelle ') Die ganze SteUe lautet folgendermassen : .In sectione longUudinali per columnam vertebralem pulli Cheloniae Caouanae Corpora vertebrarum, in infima parte posita, cellulis niagnis satis distincta esse, et Pro- cessus s. partes annulares cum ipsis alteroantes facile cognoscas. Processus cum iis, qui in altcro latere sunt, canalem vertebralem, in superiore parte processibus spinosis brevissimis clausum constituunt. Prae- terea superßciei processuum spinosorum series illa ossium longitudiaalis adjungitur, quae partera testae dor- salis mediani formant, et a quibusdam pro ipsis processibus spinosis habentur. — Sed haec ossa diversam naturam habere neque e verlebris penderc facile demonstrari potest. In noslro enira animali non solum, quod etiam in adulto invenitnr, inter columnam vertebralem et ossa posteriora tria, verum etiam inter eam et quartaoi atque quintam iotermedium apparet spatium, quod in anterioribus, quum concreta sint, evanescit. Inde sequitur, non modo ossa seriei mediae posteriora, per totam vitam separata , pro partibus vertebrarum solutis non esse habenda, sed etiam ea, quae cum vertebris in unum jam coaluerunt, non ad eas pertinere. Quae res ex diversa qnoqoe structura intelligi potest, qua in puUo eorura Snes demonstrari possunt. Nam baec ossa cutanea (quod proprium est eorum nomen) non sicut vertebrae e substantia corticali solidiori et ineduUari cellulari, sed moUiori externe et interne eadem pornsa constant. « (Pag. 19 et 20.) 118 aber geht als seitliche Begrenzung derselben ein ziemlich breiter Streifen, der eben- falls aus Knochensubstanz besteht, senkrecht von der obern Tafel, von der er sich als eine unmittelbare Fortsetzung zu erkennen giebt, zu der untern herab. Ganz in der Nähe der untern Tafel lässt dann an allen mittlem [dem zweiten bis achten] Rumpfwirbeln ein jeder solcher senkrechter Streifen mehr oder weniger deutlich eine seichte Querfurche bemerken, und diese Querfurchen sind es eben, die Peters mit dem Namen von Zwischenräumen (spatium intermedium) zwischen der Wirbelsäule und einigen sogenannten Vertebralplatten bezeichnet hat. Wenn übrigens Peters sie nur an dem vierten und fünften Runipfwirbel bemerkte, so hat der Grund davon, wie ich aus der von ihm gegebenen Abbildung schliessen muss, wahrscheinlich darin gelegen, dass er das Präparat im frischen Zustande untersuchte, als es noch von Feuchtigkeiten durchdrungen war, indess ich dasselbe im ausgetrockneten Zustande zur Ansicht erhielt. Die angegebenen Furchen also sind es gewesen, die Peters zu der Meinung veranlasst haben, dass die über dem zweiten bis achten Rnmpfwirbel befindlichen Vertebralplatten nicht in die Breite gegangene Processus spinosi, sondern über diesen Wirbeln in der Haut entstandene und nacliher mit ihnen verwachsene Knochenstücke sind. Wohl schwerlich aber würde er diese Meinung ausgesprochen haben , wenn er an jenen Furchen oder Zwischenräumen , wie sie von ihm genannt werden, noch einige Verhältnisse näher berücksichtigt hätte. Erstens nämlich liegen sie nicht in etwas grösserer Höhe, als die Durchschnittsflächen der Knorpelsubstanz der Wirbelbogen, sondern seitwärts von der untern Hälfte dieser Flächen, und ei- nige von ihnen zum Theil sogar noch etwas tiefer. (Tab. IX. Fig. 17, d.) Es hätte also, wäre über dem Bogen und Dornfortsatze je eines mittlem Rumpfwirbels von der Hautbedeckung, oder dem Unterhaut-Bindegewebe, die vorgefundene schwam- mige Knochenmasse ausgeschieden worden, diese an jenen Theilen des Wirbels weit nach unten herabwachsen und sie von oben her einhüllen müssen. Dann aber würde zwischen der schwammigen aufgewachsenen Knochenmasse und dem Knorpel des Wir- belbogens und Dornfortsatzes noch eine dünne festere Schichte von Knochensubstanz, nämlich die Knochenrinde , die an diesen Theilen der Wirbel schon bei reifern Em- bryonen vorkommt, zu sehen gewesen sein. Eine solche fehlt jedoch hier gänzlich, und es liegt vielmehr die schwammige Knochenmasse dem Knorpel jener Theile der Wirbel unmittelbar selbst an. Zweitens gehen die fraglichen Querfurchen an den Knochenstreifen, an welchen sie vorkommen, nicht ganz und gar herüber, sondern immer nur zum Theil: denn eine jede verliert sich, allmählig seichter geworden, schon in einiger Entfernung von dem Knorpel des Wirbelbogens. Drittens besteht der Grund einer jeden solchen Furche nach seiner ganzen Länge in einer dünnen I 119 lind platten, aus dichter und fester Knochenmasse gebildeten Wandung, nicht aber aus einem weichen Gewebe, so dass demnach die Furche keincswcges ein spaltför- migcr Zwischenraum zwischen zwei Knochenstücken ist, noch auch sich etwa wie ein spaltlormigcr Einschnitt an irgend einem Körper verliält. Es müssen demnach jene Furchen eine andre Bedeutung haben, als ihnen von Peters zagcschrieben worden ist. Um diese nun aber angeben zu können, muss ich noch erst einige Bemerkungen voraussenden. Verfolgt man die Entwickelung der auf dem zweiten bis achten Rumpfwirbel vorkommenden Theile , welche von mehrern Zootomen die Donifortsätze genannt worden sind, in Hinsicht auf ihre Form und Grösse, ohne da- bei gerade auf die Art, wie dies geschieht [ob nämlich durch Belegung mit Knochen- masse von der Haut aus, oder nicht], eine besondre Rücksicht zu nehmen, so wird man Gnden, dass sie mit der Breite der Wirbelbogen, auf denen sie ruhen, so an Grösse zunehmen, dass sie zuletzt, in der Mittelebene des Körpers, wie ebendaselbst diese Bogen, bei mehrern, wenn auch nicht bei allen Schildkröten, nach ihrer gan- zen Höhe zusammenstossen l). Nach ihren Querdurchmessern aber vergrössern sie sich dabei dergestalt, dass sie zwar an ihrer obern Fläche allenthalben beinahe eine gleiche Breite erlangen , jedoch weiter nach unten , oder gegen den Wirbelbo- gen hin, viel weniger an ihrem vordem und hintern Ende, als auf der Mitte zwi- schen beiden, überhaupt aber so, dass sie auf einem horizontalen Querdurchschnitte durch ihre Basis ungefähr die Form von Doppelkegeln darbieten. Es Avird also, wenn mau seitwärts von der Mittelebne des Rumpfes in geringer Entfernung von derselben einen senkrechten Längsdurchschnitt gemacht hat, auf demselben — wie ich dies bei einigen erwachsenen Seeschildkröten und der Emys europaea bemerkt habe, — an jedem Dornfortsatze dicht über dem Wirbelbogen eine Stelle vorkom- men müssen, an welcher der Fortsatz nicht von dem Schnitte getroffen worden ist, sondern noch einen Theil seiner wahren Oberfläche zeigt. Es stellt sich diese Stelle als. eine Furche dar, die an dem einen Ende im Verhältniss zu ihrer Länge ziem- lich breit ist, gegen das andre Ende aber immer schmäler und seichter wird. Wo zwei Dornfortsätze sich nach ihrer ganzen Höhe dicht an einander angeschlossen haben, geht die eine Furche des einen in die ihr zugekehrte Furche des andern über, und beide zusammen bilden dann einen vertieften Raum, der in seiner Mitte am breitesten und tiefsten ist, gegen die Enden aber allraählig schmäler und seichter wird. Ganz ein solches Aussehen nun aber, wie mir senkrechte Längsdurchschnitte ^) Bei einem erwachsenen Exemplar von Chelonia Caonana finde ich zwischen den Enden der Dornfort- sätze und deo Wirbelbogen, auf denen sie ruhen, eine Lücke: ob diese aber sich nicht erst in späterer Le- benszeit, als das Thier an Länge bedeutender zunahm, gebildet haben mag, dürfte wohl noch die Frage sein. 120 des Rückenschildes erwachsener Schildkröten dargeboten hatten, fand ich auch an dem von Peters abgebildeten und beschriebenen Präparate einer jungen Chelonia. Namentlich zeigten mir an ihm die mehrmals erwähnten Furchen ganz dieselbe Form, Richtung und Lage, wie bei Er\A'achseuen ; auch gingen je zwei von ihnen, wo zwei Dornfortsätze an einander sticssen, immer ganz in einander über. Und über- dies fand ich sie in ihrer ganzen Ausbreitung von einem scheinbar dünnen Häutchen bekleidet, das sich, als ich es nach geschehener Aufweichung abgetrennt und unter das Mikroskop gebracht hatte, als eine fast nur aus quergestreiften Muskelfasern be- stehende Masse zu erkennen gab. Diesemnach kann ich also die kleinen Furchen, welche an dem Präparate auf dem durch die Wirbelsäule gemachten Längsdurch- schnitte dicht über den Bogen des zweiten bis achten Rumpfwirbels vorkamen , für Nichts weiter ausgeben, als nur für Stellen der Oberfläche der Dornfortsätze, welche Stellen von einem etwas rechts von der Mittelebne des Rückens geführten Schnitte nicht getroffen waren. — b) Was die Rippen anbelangt, so hat Peters seine Ansicht, dass sie von Theilen des Hautskeletes bedeckt werden und damit verwach- sen, auf die Analogie mit den Dornfortsätzen und auf eine Wahrnehmung begründet, die er an dem Rückenschilde einer halb erwachsenen Seeschildkröte gemacht hatte. Erstens nämlich folgert er, dass, weil die auf dem Wirbelbogen ruhenden Knochen- platten unabhängig von diesen entstehen und erst nachher mit ihnen verwachsen, sich wahrscheinlich auch für die Rippen besondere Deckplatten unter der Haut bilden und nachher mit ihnen verwachsen *). Ob aber der Grund, auf welchem diese Folgerung beruht, zuverlässig ist, ergiebt sich hinreichend aus dem, was ich oben über die Dornfortsätze angegeben habe. Zweitens beruft sich Peters auf das Rückenschild einer jiuigen, der Art nach unbestimmten Chelonia, von dem er in sei- ner Schrift (unter Fig. b.) auch eine Abbildung gegeben hat, und an dem deutlich soll erkannt werden können , » » primordiam ossium cutaneorum costalium ossificatio- nem inter extremitates costarum sternales in cartilagine substrata a costis plane se- juncta oriri. «« (Seite 2L) Aber auch an diesem zu Berlin in dem anatomischen Museum (unter Nr. 11076) aufbewahrten Präparate — einem Rückenschilde von 9V3 Zoll Länge, das Herr Johannes Müller mir ebenfalls zur Ansicht zukommen Hess — habe ich etwas Andres gefunden ,, als Peters daran erkannt haben will. ^) Postquam scuteUa media, quibuscum laininae coslaruin extremitatibus vertebralibus sive internis con- juDguntur, non ad columnam verlebralem peitinere, dcmonstravirnus, mullo minus has laminarum extremila- tes esse tubercula costarnra, quam ipsis sculeUis analoges esse verisimile videtur. Ilaque costae sicut ver- tebrae dorsales , sceleti externi ossibiis teetae non in partem dilatatam et bieve capitulum, sed in coslam veram et os cutaneum insuper ei aflixum, dilatatum divideudae sunt. L. c. pag. 20 et 31. 121 Wie bei andern Seeschildkröten, sind aucli bei ihm die Rippen der 8 mittlem Paare an ihrer inncrn (der Wirbelsäide nähern) Hälfte bedeutend breit und dicht an ein- ander angeschlossen, hingcg:cn an ihrer äussern kürzern Hälfte nur schmal und von einander weit entfernt. In den meisten Zwischenräumen zwischen den letztern Rip- penhälften ist eine stellweise Kalkerde in einer höchst dünnen Schichte abgelagert, und diese Ablagerungen, die je nach den verschiedenen Rippen -Zwischenräumen in einer sehr verschiedentlich grossen Ausbreitung vorkommen, sind es gewesen, auf die sich Peters in der oben angeführten Stelle bezieht. Ich meinerseits aber kann sie nur für normwidrige Ablagerungen ähnlicher Art halten, wie sie mitunter auch bei Säugethieren in fibrösen Häuten vorkommen, und muss mich entschieden gegen die Meinung erklären, dass sie dazu bestimmt gewesen wären, einmal zu einer nor- malgeraässen Vergrösserung der Rippen verwendet zu werden. Meine Gründe dafür sind folgende. In den Rippenzwischenräumen befindet sich die abgelagerte Masse nicht innerhalb einer angeblich zwischen den Rippen vorhandenen Knorpelsubstanz oder der darunter gemeinten Schichte eines festen Unterhaut - Bindegewebes , sondern innerhalb der dünnen Fascie, welche unter dem Unterhaut-Bindegewebe des Rückens von einer Rippe zur andern herübergeht und an den Rippen selbst die Beinhaut dar- stellt. Sie bildet weder eine glasartig feste und dichte, mit Knochenkörperchen er- füllte Masse, wie ursprünglich an der ganzen Oberfläche der Rippen, noch auch Röhren oder eine schwammige Masse, wie späterhin an den verschiedenen Stellen der Oberfläche der Rippen, sondern besteht durchweg aus einer Anhäufung sehr kleiner Körner. Auch stellt sie nicht Platten von einer bestimmten Form dar, noch lässt sie in Hinsicht der Stelle, wo sie vorkommt, eine gewisse Regel für ihre La- gerung in den einzelnen Rippenzwischenräumen, also auch nicht eine Symmetrie in ihrer Vertheilung auf die beiden Seitenhälften des Körpers erkennen, sondern bildet Flecke, die, wie in ihrer Grösse, so auch in ihrer Form und ihrer Lagerung die grösste Unregelmässigkeit bemerken lassen. Selbst in denjenigen Zwischenräumen, in welchen sie die grösste Ausbreitung zeigt, so dass sie dieselben beinahe ganz ausfüllt, findet man in der aus ihr bestehenden Masse nicht einen linienfb'rmigen freien Zwischenraum, der sich als eine Fortsetzung der Naht darstellte, welche zwi- schen den breitern Hälften je zweier benachbarten Rippen vorkommt. Dagegen be- merkt man in jedem Rippenzwischenraume, in welchem sie sich vorfindet, mehr oder weniger grosse Lücken zwischen ihr und den Rändern der Rippen, von welchen Körpertheilen es doch bekannt ist, dass ihre Zunahme an Breite, was auch der Grund von dieser sein mag, eine von dem Halse zu dem andern Ende derselben stetig vor- schreitende ist. Ferner reichen die in Rede stehenden Ablagerungen von Kalkerde 16 122 an mehrern Stellen bis an die Marginalplatten des Rückenschildes hin : es hat dies Schild aber einer Schildkröte aus einer Gattung angehört, von welcher die Rippen gegen ihr äusseres Ende in einer mehr oder weniger grossen Strecke niemals so breit werden, dass je zwei von ihnen zu einer gegenseitigen Berührung gelangen, sondern für immer nur schmal bleiben. Endlich ist noch anzuführen, dass an dem Präparate die breitere und dickere Hälfte der einzelnen Rippen, wo sie in die schmä- lere und dünnere übergeht, an ihrer obern Seite gleichsam einen spitzwinkligen Aus- schnitt zeigt, wie man ihn an dieser Stelle auch bei viel grössern Exemplaren man- cher Arten von Chelonia, z. B. bei der Chelonia Caouana, gewahr wird, und dass es mir daher sehr wahrscheinlich ist, dass bei dem Thiere, dessen Rückenschild die obigen Bemerkungen veranlasst hat, das Längenverhältniss zwischen dem breitern und schmälern Theile seiner Rippen so ziemlich dasselbe geblieben wäre, auch wenn es noch ein höheres Alter erreicht hätte *). F. B a u c h s c h i 1 d. §. 28. Am unvollkommensten gebildet und nur schwach angedeutet fand ich das Bauchschild (Plastron) bei dem Jüngern Exemplar von Sphargis. Es bestand dasselbe aus 4 paarigen, bogenförmig gekrümmten und relativ, wie absolut, sehr schmalen Streifen, die fast allenthalben gleich breit und so gelagert waren, dass das vordere Paar von dem hintern weit abstand, und dass die des erstem Paares ein- ander mit ihren vordem Enden berührten, die des andern aber mit ihren hintern Enden einander nur sehr nahe lagen. (Tab. IV, Fig. 5, a und b.) Ein jeder Strei- fen war an seinen beiden Enden knöchern, in der Mitte hingegen auf eine ziemlich grosse Strecke knorplig, so dass demnach im Ganzen 8 paarige Knochenpunkte vor- kamen. Von den vordem Streifen sendete ein jeder in einiger Entfernung von sei- nem hintern Ende nach aussen einen kurzen, einfachen, spitz auslaufenden und hori- zontal gelagerten Ast ab, der eine Andeutung eines sogenannten Flügels des Bauch- schildes bezeichnete. Von einem unpaarigen Stücke konnte ich keine Spur auffin- den. Bei dem etwas altern Exemplar von Sphargis war das Bauchschild beinahe ganz verknöchert; aber auch bei ihm konnte ich kein unpaariges Stück desselben ^) Nicht umhin kann ich, gelegentlich hier noch einer auCTaUenden Erscheinung zu gedenken, die das eben beschriebene Präparat an seiner obern Seite darbietet. Es befindet sich nämlich an ihm zwischen dem sechsten und siebenten Dornfortsatze ein kleines eingeklemmtes Knochenstückchen, das in seinem Aussehen eine grosse Aehnlichkeit mit einem Worm'schen Knochen an dem Schädel eines Menschen hat. Ob es mit einem der Wirbelbogen verwachsen ist, vermag ich nicht anzugeben, weil ich das Präparat unbeschädigt zuriickzuliefern halte. Ist es damit nicht verwachsen, so würde man es nur für eine Ergänzungsplatte aus- geben könneo, die sich ausnahmsweise an einer ganz ungewöhnlichen Stelle gebildet hätte. 123 auffinden. Die 8 Knochenstiickc, aus denen es bestand, waren sämmtlich sehr schmal und dünn. Am breitesten waren die des vordersten Paares, übrig;ens an ihrem hin- tern Rande mit einer Längsfurche versehen, die gegen das der Mittelebne des Kör- pers zugekehrte Ende eines jeden immer tiefer wurde, so dass es einigermassen schien, als lägen hier zwei einzelne Knochenplatten beisammen, und zwar die eine über der andern. Auch sendeten die Knochenstücke des vordersten Paares, wo sie einander berührten, nach vorne zwei divcrgirende platte Fortsätze aus (Tab. IX, Fig. 2), die nur sehr dünn und massig lang, aber im Verhältniss zu ihrer Länge ziemlich breit, wie überhaupt viel grösser, als bei dem Jüngern Exemplare waren, bei dem sie ebenfalls vorkamen. Die Knochenstücke des zweiten Paares lagen von denen des dritten noch weit entfernt '). — In Hinsicht des Grades der Entwicke- lung folgte darauf zunächst das Bauchschild der jungen Chelonia virgata. (Tab. VI, Fig. 22.) Zwar bestand dasselbe schon aus 9 Knochentafeln, die nicht mehr durch eine Knorpelmasse unter einander vereinigt waren, und von denen die des ersten Paares dicht an die des zweiten, die des dritten aber dicht an die des vierten an- grenzten. Dagegen lagen die des zweiten von denen des dritten noch etwas weiter entfernt, als bei der Sphargis. Auch waren die beiden vordersten und die beiden hintersten paarigen Stücke im Ganzen nur sehr schmal, indess ein jedes der 4 mitt- lem an seinem einen Ende unter einem fast rechten Winkel nach aussen [oder seit- wärts] schon einen ziemlich breiten, massig langen, in zwei kleine Schenkel auslau- fenden und horizontal gelagerten Flügel ausgesendet hatte. Das unpaarige Stück war nur sehr klein, insbesondere nur sehr schmal, und hatte seine Lage dicht hinter den Stücken des ersten Paares, wo diese mit ihrem vordem Ende zusamraenstiessen. — Sehr ähnlich diesem Bauchschilde war das einer jungen Chelonia imbricata : nur hatten alle seine einzelnen Stücke eine verhältnissmässig etwas grössere Breite. — Im Ganzen verhältnissmässig grösser war das Baucbschild bei dem Embryo von Chelonia Midas. (Tab. IV, Fig. 2.) Sein unpaariges Stück war relativ viel länger und breiter, hatte die Form eines lang ausgezogenen und nicht ganz regelmässigen Dreiecks, und war mit seiner Spitze nach hinten gerichtet. Die paarigen Stücke waren im Ganzen breiter und dicker, als bei der jungen Chelonia virgata. Doch lagen auch bei diesem Embryo die Stücke des zweiten und dritten Paares weit aus- einander. Die künftigen Flügel des Bauchschildes liefen in 3 bis 4 Zacken oder kurze Strahlen aus. Eben so geformt und gelagert waren die verschiednen Knochen- 1) Ob aach bei den erwachsenen Exemplaren von Sphargis die einzelnen Knochenstücke des Bauch- schildes nnr eine sehr geringe Breite haben, und ob das unpaarige Stüclt fehlt, ist mir nicht bekannt. 16* 124 stücke des Bauchschildes bei der jungen Schildkröte, welche mir ebenfalls zu Chelonia Midas zu gehören schien , nur waren bei ihr die einzelnen Stücke etwas schlanker, als bei dem Embryo. Wie sich aus der Vergleicbung des Bauchschildes dieser Exem- plare von Chelonia mit dem Bauchschilde der Erwachsenen ergab, würde seine wei- tere Entwickelung hauptsächlich noch darin haben bestehen müssen, dass jederseits die einander gegenüber liegenden Stücke des zweiten und dritten Paares einen brei- ten Fortsatz gegen einander hinsendeten, um durch ihn zu einer Verbindung mit einander gelangen und zusammen mit den übrigen paarigen Stücken einen geschlos- senen Ring bilden zu können. Schwach angedeutet schien mir ein solcher Fortsatz schon bei der jungen Chelonia virgata an den Stücken des zweiten Paares. — Un- gefähr dem Grade nach gleich weit entwickelt, wie bei dem Embryo von Chelonia, war das Bauchschild bei dem Embryo von Testudo. (Tab. UI, Fig. 15.) Das un- paarige Stück war von einer ähnlichen Form und ähnlichen relativen Grösse, wie bei jenem: die paarigen Stücke waren ebenfalls im Ganzen nur massig breit, die des ersten und vierten Paares aber etwas schmäler und überhaupt kleiner, als die übrigen. Von diesen letztern, also von den Knochenstücken des zweiten und dritten Paares, setzte sich ein jedes nach aussen in einen massig langen und einfachen Flü- gel fort, der gegen sein Ende immer schmäler wurde, in eine stumpfe Spitze aus- ging, nicht, wie bei den Seeschildkröten, horizontal gelagert, sondern schon, wie bei den Erwachsenen derselben Art, unter einem massig starken Bogen nach oben um- gekrümml war, und mit seinem Ende nach innen von der Ringfalte der Hautbe- deckung, welche die Bauchseite von der Rückenseite des Rumpfes abgrenzte, bis an die Wandung des Rückens hinaufreichte. Uebrigens aber lagen die Knochenstücke des zweiten Paares von denen des dritten viel weiter entfernt, als bei dem Embryo und den Jungen von Chelonia. Auch war der ganze von Bindegewebe ausgefüllte Raum, den alle 9 Knochentafeln des Bauchschildes umgaben und in dessen Mitte sich die weite Nabelöffnung befand, verhältnissmässig viel grösser, als bei jenem Embryo von Chelonia. — Weiter war das Bauchschild bei den übrigen untersuchten jun- gen Schildkröten ausgebildet. Seine paarigen Stücke stiessen sämmtlich, wie sie von vorn nach hinten auf einander folgten, dicht zusammen. Doch waren bei Trio- nyx ocellatus, besonders aber bei Trionyx gangeticus (Tab. VI, Fig. 13.) und Trionyx aegyptiacus die Stücke des zweiten, dritten und vierten Paares noch bei weitem schmäler, als bei erwachsenen ExcQiplaren dieser Gattung, so dass hei ihnen das ganze Bauchschild nur einen schmalen Ring darstellte, der 4 horizontal verlau- fende und nur sehr schmale, aber ziemlich lange Flügel aussendete *). Gleichfalls ^) Eioe \bbilduDg des Bauchschildes von einem erwachsenen Trionyx gangeticus hat Ca vi er in sei- 125 waren bei der Emys europaea (Tab. III, Fig. 15.), der Em. lutaria, der Terrapene tricarinala und wahrscheinlich auch bei der Platemys (Tab. lU, Fig. 23) die paari- gen Stücke dieses Körperlhciles verbältnissmässig schmäler, als bei den Erwachse- nen, so dass das von ihnen zusammengesetzte Schild bei Platemys nur einen breiten Ring darstellte, bei der Emys aber und der Terrapene um die Mittellinie herum noch eine Reihe zusammenhängender und zum Theil sehr ansehnlicher Lücken bemerken Hess. Auch bei Pentonyx capcnsis kamen in dem Bauchschilde noch 3 in einer Reihe auf einander folgende verschiedentlich grosse Lücken vor, doch gingen diese nicht mehr in einander über, sondern waren von einander völlig geschieden. (Tab. Vü, Fig. 2.) Aus den angegebenen Bemerkungen dürfte sich über die Entwickelung des Bauchschildes der Schildkröten im Allgemeinen folgern lassen: 1) dass wahrscheinlich für die paarigen Knochenstücke desselben die Grundlage früher, als für das unpaarige gebildet wird; 2) dass die Grundlagen fiir die paarigen Knochenstücke in 4 auf beide Seiten- hälften des Körpers vertheilten Knorpelstreifen bestehen, in deren jedem sich später aus zwei Knochenpujikten zwei von jenen Stücken entwickeln; 3) dass die Knochenstücke des zweiten und dritten Paares, wie die Knorpel- streifen, aus denen sie ihre Entstehung nehmen, anfangs weit auseinander liegen, und 4) dass an diesen letztern Stücken die Flügel früher entstehen, als die der Längenacbse des Körpers parallelen Fortsätze, mittelst deren sie nachher zusammen- stossen und im Verein mit den übrigen paarigen Stücken einen Ring zusammensetzen. Um den bedeutend grossen und nur von Bindegewebe ausgefüllten Zwischen- raum, welcher wohl bei allen Schildkröten anfänglich zwischen den Knochenstücken des Bauchschildes in der Mitte vorkommt, durch Knochenmasse mehr oder weniger auszufüllen, nehmen bei manchen Schildkröten einige von diesen Stücken gegen den bezeichneten Raum an Breite in der Art zu, dass sie, wie schon Cuvier in sei- nen Rechercbes (Tom. IX, Pag. 403) bemerkt hat, einige Strahlen aussenden, die dann entweder als solche bestehen bleiben, wie namentlich bei den Seeschildkröten, oder hingegen an Breite immer mehr zunehmend, nach ihrer ganzen Länge zusam- menfliessen, bis sie an je einem solchen Stücke eine einzige Tafel zusammensetzen. ]ilehrere dergleichen Strahlen bemerkte ich bei den Jungen von Chelonia an den nen Rechercbes snr les ossem. foss. (Tab. 240, F\$. 46), und von einem erwachsenen Trionyx aegj'ptiacus Mo bring in seiner Dissert. sistens descriplioneni Trinnycbos aegyptiaci (Berolini 1834), gegeben. Von noch andern Arten der Galtung Trionyx hat Geoffroy St. Hilaire das Bauchscbild abgebildet in den Annales du Museum, Vol. XIV. und in seiner Philosophie anatomique. 126 Knochenstücken des dritten, bei der jungen Platemys an denen des zweiten, bei dem jung-en Trionyx ocellatus an denen des zweiten und dritten, bei dem Embryo von Testudo und den Jungen von Emys europaea, Em. lutaria und Terrapene tricarinata, an denen des zweiten, dritten und vierten Paares: auch waren sie bei den zuletzt genannten Jungen an jedem jener Paare am zahlreichsten. Niemals dagegen habe ich sie an den Stücken des ersten Paares und an dem unpaarigen Stücke wahrge- nommen. §. 29. In Hinsicht der Verknöcherung verhalten sich die einzelnen Stücke des Bauchschildes wahrend ihres Wachslhums ähnlich, doch nicht jedenfalls ganz so, wie die Nackcnplatte. Die Verknöcherung beginnt, wie ich bei dem Embryo von Chelonia bemerkt habe , ungefähr in der Mitte eines jeden Stückes , und zwar , wie in den Ergänzungsplatten des Rückenschildes, im Innern, nicht aber an der Ober- fläche des Knorpels, aus dem es anfangs besteht. Ist es dann von Kalkerde schon ganz durchdrungen, so enthält die Knochenmasse lauter Markkanäle, die ungefähr von der Mitte des Stückes divergirend auslaufen , zuweilen sich auch unter spitzen Winkeln verzweigen, mit Knochenmark angefüllt sind, ungefähr in 2 bis 5 Schich- ten über einander liegen, und je nach ihrer Lage und Länge sich entweder an dem Rande oder an der untern [der Hautbedeckung zugekehrten] Fläche des Stückes münden. Die Kanäle der untersten oder der Hautbedeckung nächsten Schichten sind jedenfalls die kürzesten, die der obersten die längsten. Noch später werden darauf an derjenigen Seite der einzehien Stücke, welche nach aussen gegen die Hautbe- deckung gekehrt ist, in derselben Weise, wie an der Nackenplatte und den Rippen, ziemlich senkrecht auf jene Kanäle aufsitzende und anfänglich nach aussen weit of- fene Markzellen gebildet, die nicht mit Kjiochenmark , sondern mit einem lockern Bindegewebe ausgefüllt sind, und deren weitere Entwickelung und Vermehrung sich eben so verhält, wie an jenen Theilen des Skeletes. Ein ganz eigenthümlicher Vor- gang aber Bndet in dem Falle, dass einige Stücke des Bauchschildes mehrere Strah- len ausgesendet haben, namentlich bei Emys und Terrapene, an diesen Strahlen statt. Zwischen je zwei derselben wird von dem Winkel aus, unter dem sie an ihrer Basis in einander übergehen, eine aus Knochensubstanz bestehende Platte gebildet, die zwar anfangs nur überaus zart und nicht selten siebartig durchlöchert ist, doch gleich von ihrem Entstehen eine von jenen Strahlen ausgehende , nicht aber etwa ihnen nur aufgelagerte Masse darstellt. Allmählig werden diese Platten dann dicker, nehmen auch weiter gegen die dünnern Enden der Strahlen an Ausbreitung zu, und füllen die Zwischenräume zwischen denselben immer mehr aus. Indem sie aber an Ausbreitung zunehmen, entstehen auf ihnen und auf den Strahlen, die durch sie ver- 127 bunden werden, an der zur Hautbedeckuiig hingekelirten Seite Markzellen derselben Art und in derselben Weise, wie sieb vorher schon auf den übrigen Theilcn des Bauchsrhildes gebildet hatten. Noch gar keine Markzellen, sondern nur horizontal verlaufende Markkanäle fand ich in dem Bauchschilde der Jungen von Chelonia und Trionyx, obgleich sich bei denen der letztern Gattung dergleichen Krlochenzellen schon in Menge auf den Rippen und Dornfortsiitzen gebildet hatten. §. 30. Die beschriebnen Stücke des Bauchschildes fand ich bei allen noch in der Entnickelung begriffenen Schildkröten fast unmittelbar auf der Hautbedeckung gelagert, und mit ihr innigst durch eine mehr oder weniger dicke Schichte eines sehr dichten und fettlosen Bindegewebes verbunden, die einen Abschnitt des Unter- haut - Bindegewebes ausmachte, von dem interstitiellen Bindegewebe sich durch ihre grosse Dichtigkeit und Festigkeit sehr unterschied, und von demselben auch scharf abgegrenzt war. (§. 36.) Bei einer nähern Untersuchung ergab sich , dass alle Stücke des Bauchschildes in der angegebenen Schichte selbst ihre Entstehung genom- men hatten, diese also für sie das Muttergewebe darstellte. Denn bei den Embryo- nen von Testudo und Chelonia, desgleichen bei den Jungen von Sphargis und Che- lonia, erschienen sie in die Schichte des Unterhaut-Bindegewebes so versenkt und in derselben so eingeschlossen, dass sie auch an ihrer nach oben gekehrten Seite von ei- nem Theile jener Schichte, wie von einem ziemlich dicken Blatte bedeckt waren, und dass die Schlüsselbeine und diejenigen Muskeln, welche bei erwachsenen Schüdkrö- ten an die Knochen des Bauchschildes angeheftet sind, nur mit jenem festen Binde- gewebe vereinigt, durch dasselbe also von dem Bauchschilde völlig geschieden wa- ren. — Je mehr aber die Jungen in ihrer Entwickelung vorgeschritten waren, und je mehr bei ihnen die einzelnen Knochenstücke des Bauchschildes an Dicke zuge- nommen hatten, um desto mehr hatte sich der von oben sie bedeckende Theil des Unterhaut- Bindegewebes vermindert, bis er endlich ganz verdrängt und verschwun- den- war, so dass dann an der obern Seite jener, Knochentafeln auf die Beinhaut unmittelbar das lockere interstitielle Bindegewebe und die Muskelsubstanz folgten. Ferner hatte das Bauchscbild jedenfalls, wie wenig es auch entwickelt sein mochte, im Verbältniss zu der Längendimension des Rumpfes eine ähnliche Lage , wie in dem Zustande seiner völligen Ausbildung, indem sein vordrer Theil sich unter dem Schultergerüste, sein hinterer Theil sich unter dem Becken befand. Gesehen aber auf sein Verbältniss zu der Breite des Rumpfes, so standen die Enden seiner Flü- gel bei dem Embryo von Chelonia Midas, der am Rücken weit stärker gewölbt war, als es bei den Erwachsenen dieser Art der Fall ist, von dem Saume des Rü- ckenschildes, wenngleich sie denselben nicht erreichten, doch lange nicht so weit ab. 129 wie bei einem Jungen und den Erwachsenen derselben Art. Aus diesem Umstände dürfte daher zu schliessen sein, dass bei Chelonia Midas die spätere Abflachung des Rückens hauptsächlich darin ihren Grund hat, dass nach der Enthüllung des Embryo's die Rippen sich allmählig gerader strecken, in Folge davon aber die Seitenränder des Rückens weiter aus einander weichen. — Bei den 3 Exemplaren von Trionyx reichten die fast horizontal liegenden Flügel des Bauchschildes beinahe, jedoch nicht völlig, so weit nach aussen, als die Rippen: unter den übrigen jungen Süsswasser- Schildkröten aber, bei denen allen die Flügel mehr oder weniger senkrecht standen, reichten sie bei Emys lutaria, Em. europaea, Terrapene tricarinata und Pentonyx ca- pensis — was auch hei dem Embryo von Testudo der Fall war — bis an den ringförmigen Saum der Rückenhaut und die äussersten Enden einiger Rippen, indess bei Platemys die Enden der vordem Flügel dicht vor den dünnern Hälften des zwei- ten Rippenpaares, die Enden der hintern Flügel dicht hinter den dünnern Hälften des sechsten Rippenpaares, also überhaupt die Enden der Flügel ungewöhnlich weit nach innen lagen. (Tab. V, Fig. 4. e.e. ) §. 31. Was die Deutung des Bauchschildes im Ganzen und seinen einzelnen Theilen anbelangt, so sind die meisten Zootomen der Meinung gewesen, dass es ganz und gar das Brustbein höherer Thierc vorstellt, Carus hingegen und Pe- ters haben die Ansicht aufgestellt, dass es nur zum Theil dem Brustbein höherer Thiere gleichbedeutend sei, indem ein anderer Theil desselben zum Hautskelete ge- höre und aus Knochenplatten bestehe, die sich jenem erstem anlagern. Aber weder die eine, noch die andre Ansicht hat sich mir als haltbar erwiesen. Was die letz- tere anlangt, so habe ich bei Embryonen und Jungen von Schildkröten eben so we- nig, wie auf den Rippen, besondere Knochenplatten unter einem etwa früher entstan- denen Theile des Bauchschildes auffinden können, die denselben gedeckt hätten und damit allmählig verwachsen wären. Das Bauchschild der Chelonier, dessen einzelne Stücke neben einander in einer und derselben Ebne entstehen, würde also danach entweder nur für gleichbedeutend dem Brustbein andrer Thiere, mithin nur allein für einen Theil des Nervenskeletes , oder hingegen nur für einen Theil des Haut- skeletes auszugeben sein. Meines Erachtens nun aber lässt sich dasselbe wegen mehrerer Verhältnisse, die ihm eigen sind, auch nicht im Ganzen für gleichbedeu- tend mit dem Brustbein andrer Wirbelthiere , wie überhaupt nicht für einen Theil des Nervenskeletes, sondern nur allein für einen Theil des Hautskeletes halten , und zwar aus folgenden Gründen: 1) Nach den Untersuchungen, die ich über die Enlwickelung des Brustbeins bei Säugethieren , Vögeln und Batrachiern angestellt habe, kann sich dasselbe auf eine 129 zwiefache Weise bilden. Bei den Säiigretliieren und Vögeln tritt es unter der Form zweier sehr schmaler, auf beide Seitenhälften vertheilter und schon frühe aus Knor- pelgewebe bestehender Längsstreifen auf, von denen ein jeder die untern und mit ihm verschmolzenen Enden mehrer Rippen seiner Seitenhälfte , wann sich diese erst durch einen kleinen Theil der Seitenwände des Rumpfes erstrecken, unter einander verbindet, und die beide daher anfänglich weit auseinander liegen. AUmählig aber werden beide Streifen , während die Rippen sich verlängern und mit ihren untern Enden einander paarweise näher kommen , durch dieselben gleichsam einander ent- gegen geschoben, bis sie ihrer ganzen Länge nach einander berühren, worauf sie dann zu einem Ganzen verschmelzen, das sich als das Brustbein kund giebt. Was hingegen die Batrachier anbelangt, so kommen selbst bei denjenigen, welche Rippen besitzen, zu keiner Zeit zwei Knorpelstreifen vor, welche die Rippen unter einan- der verbinden und mit einander selbst zu einem Brustbein zusammenwachsen könn- ten , sondern es entsteht bei einigen von diesen Amphibien , um das Brustbein der höhern Wirbellhiere zu ersetzen, eine einzige Knorpelplatte, bei andern eine Reihe von 2 bis 3 solcher Platten ganz unabhängig von den seitlichen Ausstrahlungen der Wirbelsäule zwischen den Muskeln, welche die Bauchwandung zusammensetzen hel- fen, und zwar zunächst in der Mittellinie dieser Wandung. Auf den ersten Anblick scheint nun das Bauchschild der Chelonier sich in seiner Entwickelung eincstheils, wie das Brustbein der höhern Wirbelthiere, anderntheils aber wie das Brusthein der Batrachier zu verhalten. Denn nach den Verhältnissen zu urtheilen, unter denen ich dasselbe bei verschiedenen noch in der Entwickelung begriffenen Schildkröten angetroffen habe, besteht es ursprünglich zum grössern Theile, wie das Brustbein der höhern Wirbelthiere, aus einigen knorpligen Längsstreifen, die auf beide Seiten- hälften vertheilt sind, zum kleinern Theile, wie das Brustbein mehrerer Kröten, aus einer einfachen , in der Mittellinie der Bauchwand gelegnen Platte : diese verschied- nen Theile aber schliessen sich mit der Zeit an einander an und setzen zuletzt bei vielen Schildkröten, nachdem sich die in ihnen entstandnen Knochenstücke bedeutend vergrössert haben, nur eine einzige Tafel zusammen. Allein bei näherer Ansicht ergiebt es sich , dass diese verschiednen Theile des Bauchschildes der Schildkröten weder dem Brustbein der höbern Wirbelthiere, noch auch dem Brustbein der Batrachier für gleichbedeutend gehalten werden können. Die Seitentheile nämlich , oder die Längsstreifen , hängen so wenig bei den altern Em- hr^onen und den Jungen, wie bei den Erwachsenen, unmittelbar mit den Rippen zu- sammen, sondern stehen vielmehr bei manchen, besonders aber bei den Jungen von Sphargis , allenthalben weit von denselben ab , indess bei andern die sogenannten 17 130 Flügel, mit denen sie den Rippen sich am meisten nähern, offenbar das Aussehen von Fortsätzen darbieten, die sie gegen die Rippen ausgesendet haben. Es unter- liegt daher wohl keinem Zweifel, dass diese Theile fern und unabhängig von den Rippen ihren Ursprung nehmen, also in Hinsicht ihrer Entstehungsvveise sich ganz anders verhalten, als das Brustbein der höheru Wirbelthiere. Ferner bilden sich bei den Schildkröten nach den Wahrnehmungen, die ich an Sphargis und Chelonia ge- macht habe, zwei Paar solcher Längsstreifen, die eine längere Zeit hindurch [bei Sphargis vielleicht für immer] ziemlich weit von einander abstehen, und von denen das eine vor, das andere hinter dem Nabel seine Lage hat, so dass demnach das Bauchschild dieser Thiere nicht etwa von vorne her sich immer weiter nach hinten ausdehnt, sondern aus Thcilen zusammenwächst, von denen einige gleich ursprüng- lich der hintern Hälfte der Bauchwand angehören. Dagegen besieht bei den höhern Wirbelthieren, namentlich bei den Säugethieren und Vögeln, die Grundlage des Brust- beins nur aus einem einzigen Paar von Längsstreifen, und dieses hat seine Lage gänzlich vor dem Nabel. Noch mehr aber spricht gegen eine Verwandtschaft zwi- schen den streifenförmigen Grundlagen des Bauchschildes der Chelonier und denen des Brustbeins höherer Wirbelthiere das Verhältniss, in welchem die beiden vordem zu den Musculi pectorales majores stehen. Bei den Vögeln nämlich und den Säuge- thieren sind diese Muskeln, die ungefähr gleichzeitig mit den beiden Längsstreifen, wel- che die Grundlage des Brustbeins bezeichnen, entstehen, mit ihrem einen Ende an die äussere Seite jener Streifen angeheftet, liegen also mit einem ihrer Theile unter den- selben, stehen auch anfangs, wie jene Streifen selbst, weit von einander ab, und kommen in Gemeinschaft mit ihnen darauf einander immer näher. Dagegen liegen diese Muskeln bei den Schildkröten immer über den in Rede stehenden Streifen, na- mentlich über dem vordem Paare derselben, und zeigen also zu ihnen ein umgekehr- tes Lagerungsvcrhältniss , als bei den höhern Wirbelthieren. Auch sind sie, wenig- stens bei den Seeschildkröten und in der Gattung Trionyx, nicht mit ihrem einen Ende an jene Streifen angeheftet, sondern greifen gegen die MittelHnie des Körpers, je nach den verschiednen Arten dieser Thiere und dem verschiedenen Lebensalter derselben, über jene Streifen mehr oder weniger weit hinaus, und es ist demnach bei den Schildkröten im Allgemeinen die Beziehung der grossen Brustmuskeln auf das Bauchschild nicht eine so innige und so nothwendige, wie bei den höhern Wir- belthieren ihre Beziehung auf das Brustbein. Wie nun aber aus den Gründen, die ich so eben angeführt habe, die ursprünglich streifenförmigen Seitentheile des Bauch- schildes der Chelonier nicht für gleichbedeutend mit denjenigen Skeletstücken gehal- ten werden können, aus denen das Brustbein zusammenwächst, eben so wenig hat 131 das unpaarige Stück des Bauclischildes der Chelonier die Bedeutung des Brustbeins der Batracliier. Denn dieses bildet sich inmitten verscliiedner Muskeln und behält auch immer seine Lage zwischen ihnen bei : jenes dagegen entsteht geschieden von den Muskeln der Nachbarschaft, und wenn es später mit einigen von ihnen in Ver- bindung kommt, so hat es seine Lage nicht zwischen, sondern unter denselben. Ue- berhaupt aber bildet sich das Bauchschild der Chelonier isolirt und unabhängig von allen Muskeln, wie von den Rippen und andern Theilen des Nervenskelelcs. 2) Es entsteht das Bauchschild , wie bereits ausführlich angegeben worden , in dem Unterhaut-Bindegewebe und ist in ihm anränglich völlig verborgen. Denn nach Beobachtungen, die an einer Testudo und an Seeschildkröten gemacht wurden, liegt es ursprünglich und eine längere Zeit hindurch in der Masse der dicken und festen Schichte, die am Rumpfe von dem Unterhaut-Bindegewebe zusammengesetzt wird, so eingeschlossen , dass es an seiner obern , wie an seiner untern Seite und an seinen Rändern, allenthalben von einem Theile dieses Gewebes verdeckt wird. Es nimmt also das Bauchschild seine Entstehung in einem gleichen Boden, als worin sich bei den Schildkröten die Ergänzungsplatten des Rückenschildes, und bei manchen andern Wirbelthieren, Mie namentlich bei den Krokodilen, Stören und Syngnathen die Kno- chenschilder ihres Panzers bilden ^) , indess die Wirbelbeine und die Rippen von der Oberfläche des Leibes weiter entfernt in einem andern Boden entstehen. Aus diesem genetischen Verhältniss aber geht klar hervor, was für eine Bedeutung dem Bauchschilde beizulegen ist. Ihm zufolge lässt sich dieses, wie die Ergänzungsplat- ten des Rückenschildes, nur lediglich für einen Theil des Hautskeletes ausgeben ^). G. Gewebe der Knochen des Rumpfes, wo sie mit dem Unterhaut- Bindegewebe in Berührung gekommen sind, und gegensei- tige Durchdringung dieser beiden Gewebe. §. 32. Eine sehr auffallende und merkwürdige Erscheinung ist es bei den Schildkröten, dass bei ihnen alle diejenigen Skeletstücke des Rumpfes, welche mit der am Rumpfe weit mehr, als an dem übrigen Körper, verdickten Schichte des Unterhaut-Bindegewebes in Berührung gerathen, in histologischer Hinsicht einen ganz ^) Dass die Kaucbenschilder bei den geDaDDten Thieren ebenfaUs in dem Unterhaut- Bindegewebe ent- stehen, kann icb auch nach eigenen Erfahrungen angeben. *) Nach dem Obigen muss ich dafür haUen , dass besonders die Vergleichung , die Geoffroy dei- Aellere, in seiner Philosophie anatomique (Tom. I, Pag. 106), zwischen den einzelnen Stücken des Bauch- schildes der Schildkrölen und den Knochenstücken, aus welchen das Brusthein der Vögel znsamniennächst» angestellt hat, der Natur zuwider und ganz verfehlt ist. 17* 132 andern Entwickelungsgang nehmen, als die übrigen Tlieile des Skeletes. Wie jene, entwickeln sich die meisten von ihnen zwar anfangs, doch nur einige Zeit hindurch, in der Art, dass der Knorpel, der ihnen als Grundlage dient, so sich umwandelt, dass er unter Aufnahme von Kalkerden Höhlenräume erhält, die mit Knochenmark, einer hauptsächlich aus fetthaltigen Zellen zusammengesetzten Masse, ausgefüllt wer- den. Es gilt dies namentlich von den Rippen der acht mittlem Paare, den Dorn- fortsätzen des zweiten bis achten Rückenwirbels, der Nackenplatte und den ver- schiednen Stücken des Bauchsehildes. Unentschieden habe ich es lassen müssen, ob auch in den Knorpelstücken, welche für die übrigen Ergänzungsplatten des Rücken- schildes die Kerne ausmachen, jemals dergleichen mit Knochenmark erfüllte Räume entstehen. Wie es sich aber auch mit letztern verhalten mag, jedenfalls wird auf ihnen und jenen erstgenannten für das Rücken- und Bauchschild bestimmten Theilen an derjenigen Seite, oder überhaupt da, wo sie mit dem dichten Unterhaut- Binde- gewebe des Rumpfes in Berührung stehen, früher oder später ein sehr schwammiges Knochengewebe gebildet, das in seinen Höhlenräumen nicht gewöhnliches Knochen- mark, sondern ein lockeres, von zarten Blutgefiissen durchzogenes und ganz fettlo- ses Bindegewebe einschliesst. Nur an derjenigen Hälfte der Rippenkörper der See- schildkröten, welche im Verhältniss zu der andern Hälfte für immer schmal und dünne bleibt, bildet sich ein solches Knochengewebe nicht aus, obgleich ihr eben- falls das Unterhaut - Bindegewebe dicht aufliegt. Die Höhlenräume dieser letztern Art des Knochengewebes, das bei den Schild- kröten an keinen andern Theilen des Skelets weiter vorkommt, als an den eben an- gegebenen des Rumpfes, haben meistens eine unregelmässig rundliche oder eine et- was längliche Form, seltner die einer ziemlich langen Röhre. Die lang ausgezog- nen oder röhrenförmigen kommen nur an den Rippen vor, gehen der Achse der- selben fast parallel , dienen andern , die nicht so lang werden, als Unterlage, und werden späterhin durch unvollständige, in ihnen entstehende Scheidewände vielfach getheilt. Von denjenigen aber, welche nicht die Form langer Röhren erreichen, setzen auf jedem der oben bezeichneten Knochen des Rumpfes die zuerst entstehen- den eine einfache Schichte zusammen, an die sich dann seitlich neue anreihen, er- langen meistens eine unregelmässige Becherform, sind mit ihrem längsten Durchmes- ser entweder senkrecht oder schräge auf die Fläche, die sie bedecken, aufgesetzt, und stehen gegen die Hautbedeckung einige Zeit weit offen. Die mittlem in je ei- ner Schichte stehen auf ihrer Unterlage gewöhnlich senkrecht, die übrigen aber um so schräger, je näher sie sich den Rändern der Schichte befinden. Allmählig wird darauf die weite Wandung dieser einzelnen Knochenzellen durch eine ebenfalls aus 133 Knochensubstanz bestehende Decke unvollständig geschlossen, so nämlich, dass in der Decke noch eine mehr oder weniger grosse Oelt'nung verbleibt. Auch wird diese Decke immer dicker, und es entsteht darauf in ihr, indem ihre Knochenmasse theil- weise aus einander weicht, eine Höhle oder eine kleine Zahl von Höhlen, die mit der Höhle der Knochenzelle selbst communiciren und durch Erweiterung immer grö's- ser werden. Derselbe Vorgang findet wahrscheinlich auch in der Wandung statt, welche zwei neben einander liegenden Knochenzellen gemeinsam ist, und wiederholt sich in ihr, wie in der Decke, mehrmals. — Jedenfalls nimmt mit der fortschreiten- den Entwickelung des Rücken- und Hauchschildes die Zahl dieser an ihnen befind- lichen, mit Bindegewebe ausgerilUten Knochenzellen in die Breite, wie in die Höhe, sehr bedeutend zu, am meisten aber, zumal der Höhe nach, bei den Seeschildkröten. Dabei bleiben an jedem Knocbenstücke, an welchem sie vorkommen, die oberfläch- lichsten fast sämmtlich gegen die Hautbedeckung offen, und lassen eine um so schrä- gere Stellung erkennen, je näher sie den Rändern des Knochenstücks liegen, wel- chem sie angehören, so dass sie, je nach der Form dieser Knochenstücke, entweder von einem gemeinschaftlichen Mittelpunkte, oder einer gemeinschaftlichen Mittellinie di- vergirend auslaufen. — Die Wandungen der ersten, oder der in einer einfachen Schichte ausgebreiteten Knochenzellen dieser Art sind anfangs im Verhältniss zu den Höhlen, die sie umschliessen , nur dünn. Am zartesten fand ich sie bei den Jungen von Emys europaea und Terrapene Iricarinata, am wenigsten zart schon gleich anfangs bei Trionyx ocellatus. Mit der Zeit aber nehmen sie an Dicke mehr oder weniger zu: auch zeigen die Wandungen der später entstandnen und zusammengehäuften Zellen, je nach dem Alter und den Arten der Schildkröten, eine absolut und relativ gar sehr verschiedne Dicke. W.ohl jedenfalls jedoch dürften, den bis jetzt gemach- ten Wahrnehmungen zufolge, in dem mittlem Jugendaller der Schildkröten die ober- flächlichsten Knocbenzellen der Art, sei es nun in einer oder in mebrern Schichten, viel kleiner als die tiefer gelegenen sein, und im Verhältniss zu ihrer Höhle viel dickere Wandungen, als diese tiefern, besitzen, so dass sie gleichsam eine Rinde zu- sammensetzen, die sich vor der unter ihnen gelegenen Knochenmasse durch eine grössere Dichtigkeit und Festigkeit mehr oder weniger auszeichnet. In dem spätem Lebensalter wird dann bei manchen Schildkröten, wie z. B. bei denen aus den Gat- tungen Emys und Chelonia, in der Masse der KnochenzeUen , welche mit dem Bin- degewebe ausgefüllt sind, eine solche Verschiedenheit noch immer aufl'allender, indem die oberflächlichen Knochenzellen je später, desto dickere Wandungen und desto klei- nere Höhlen besitzen, indess an den tiefern und grössern nicht ein Gleiches bemerkt werden kann. Dagegen nehmen bei andern Schildkröten, wie namentlich bei denen 134 aus der Gattung Testudo, die Wandungen besonders der tiefern mit Bindegewebe erRiliten Knochenzellen an Dicke so sehr zu, dass die Höhlen derselben zuletzt nur kaum noch erkannt werden können, oder sogar wohl völlig verschwinden. So habe ich ein Exemplar von Testudo elephantina [Dumeril et Bibron] vor mir, des- sen Bauchschild, Rippen, Dornfortsätze und Ergänzungsplatten des Rückenschildes fast gar nicht mehr porös, und fast so dicht und noch weit schwerer, als Elfenbein, sind. Bis zu der Zeit hin, da sich auf den Körpern der längern Rippen, den Dorn- fortsätzen des zweiten bis achten Rumpfwirbels, der Nackenplatte und den verschied- nen Stücken des Bauchschildes die beschriebenen, mit Bindegewebe erfüllten Knochen- zellen bilden wollen, sind diese Theile des Skeletes auch an ihrer dem Unterhaut- Bindegewebe zugekehrten Seite, mit einem fibrösen Gewebe, namentlich mit einer Beinhaut, bekleidet. Dann aber geht an der erwähnten Seite die Beinhaut durch Resorption langsam verloren, so dass diese Seite jetzt in eine unmittelbare Berüh- rung mit dem Unterhaut - Bindegew ehe gelangt. Insbesondere erfolgt an den Rippen insofern die Resorption nur sehr langsam, als sie an ihnen sehr allmählig von dem obern, an den Rippenhals angrenzenden Ende der Rippenkörper gegen das andre Ende vorschreitet. Doch ist sie auch an ihnen in der Regel so vollständig, dass sie mit der Zeit sich über die ganze Länge der Rippeukörper erstreckt. Nur bei den Seeschildkröten findet, so weit meine Erfahrungen darüber reichen, eine Aus- nahme davon statt, indem bei ihnen die längern Rippenkörper an derjenigen Hälfte, welche für immer nur schmal bleibt, auch auf der obern Seite die Beinhaut behal- ten 1). Wann und wo aber an den bezeichneten Knochenstücken die Beinhaut auf- gelöst worden ist, geht sogleich auf ihnen die Bildung einer Kruste von Knochen- zellen vor sich, die im Allgemeinen einige Zeit hindurch in ihrer Lagerung, wie in ihrer Form, eine entfernte Aehnlichkeit mit den Gehäusen mancher Arten von Eschara hahen. Gleichzeitig auch, wie diese Knochenzellen, von denen die der er- sten Schichte anfänglich weit ollen stehen, sich bilden, sendet das sie berührende Unterhaut - Bindegewebe in jede von ihnen einen Fortsatz hinein, durch den dann ihre Höhle gleich von Anfang an ganz ausgefüllt wird. Nachher, wann die Zahl dieser Zellenräume immer mehr zunimmt, wobei sie sich auch über einander häufen, wuchert das in sie hineingedrungene Bindegewebe weiter fort, nimmt aber dabei 1) Die öligen Angaben über das Verschwinden eines Theiles der Beinbant mehrerer Skeletstücke be- ruhen auf Untersuchungen an jungen und an erwaclisenen Schildkröten. Die erwachsenen Exemplare gehör- ten zu den Arten: Chelonia imbricata, Trionyx ferox, Emys europaea, Emys punctularia, Terrapene trica- rinata und Testudo graeca. 135 schon frühe eine sehr lockere Beschalfenheit an, und unterscheidet sich dadurch sehr auirallenJ von der Schichte des an dem Rumpfe vorhandnen ünterhaut - Bindegewe- bes, von dem es ausgesendet wurde. Dagegen nimmt diese Schichte selbst an Dicke immer mehr ab, so dass sie mit der Zeit auf den Knocheu des Rücken- und Bauch- schildes ganz unkenntlich wird, und dass in Folge davon bei erwachsenen, wie auch bereits bei halberwachsenen Schildkröten die Hautbedeckimg selber jenen Kno- chen dicht angeschlossen zu sein und mit ihnen unmittelbar zusammenzuhängen scheint. Der Zusammenhang übrigens, der so zwischen der Hautbedeckung und den genann- ten Knochen entstanden ist, zeigt sich als ein höchst inniger und sehr fester, und beruht grösstenlheils darauf, dass das mit der Hautbedeckung fest verschmolzene Unterhaut - Bindegewebe in jene Kuochen durch alle kleine Oeffnungen, welche sich an deren Oberfläche befinden, Forlsätze, wie eben so viele zarte Wurzeln, tief hin- eingesenkt hat. H. Gliedmaassen. §. 33. Die in den Beinen enthaltnen Stücke des Skeletes fand ich nicht blos bei den Jungen , sondern auch bei den reifern Embryonen der Schildkröten schon ähnlich gestaltet, wie bei den Erwachsenen derselben Arten. In Betreff des Gewebes aber bestand bei jenen Embryonen und der jungen ,Sphargis ein jedes sol- ches Stück zum grössern Theile noch aus Knorpel, zum kleinern erst aus Knochen- masse, und diese beiden Theile hatten zu einander ein solches Lagerungsverhältniss, dass der letztere den erstem wie eine Scheide einschloss. Jedoch reichte an den längern und mehr oder weniger cylindrischen Stücken die Scheide, die aus der Knochensubstanz gebildet war und im Verhältniss zu der eingeschlossenen Knorpel- säule eine nur geringe Dicke hatte, lange nicht bis an die Enden dieser Säule hin, so . dass demnach die Enden eines jeden solchen Skeletstückes in zwei verhältniss- mässig ziemlich grossen Strecken nur allein aus Knorpel bestanden. In den Kno- chenscheiden befanden sich sehr zarte, parallele und ziemlich nahe bei einander lie- gende Markkanäle, die nach der Länge derselben verliefen, gegen ihre Enden zu gespitzt ausgingen, und an diesen immer geschlossen waren. Nach Untersuchungen an jungen Schildkröten, die sich schon weiter entwickelt hatten, wird an den cylindrischen, oder überhaupt den langgestreckten Skeletstücken der Beine die entstandne Knochenscheide auf Kosten des Knorpels theils immer dicker, theils auch länger. Eiuestheils also schreitet an ihnen die Verknöcherung von der Oberfläche immer weiter gegen die Achse, anderntheils immer weiter gegen die En- 136 den vor. Dabei finden dann einige Veränderungen statt, die noch besonders beach- tet zu werden verdienen. 1) Die von der Knochenscheide eingeschlossene Knorpelsäule wird ungefähr in der Mitte ihrer Länge ganz undurchsichtig und sehr gefiissreich, nimmt dort eine röthlich-gelbe Farbe an, und wandelt sich in Knochenmark um. Die Grundsubstanz des Knorpels wird dabei völlig aufgelöst, die Knorpelzellen aber werden unter ra- scher Vermehrung zu Zellen des Knochenmarkes. Anfangs ist diese Veränderung nur auf eine kleine Stelle beschränkt, allmählig aber schreitet sie immer weiter ge- gen die Enden vor. 2) Während dies geschieht, wird in einer massig grossen Entfernung von je- dem Ende der längern Skeletstücke (selbst der Phalangen) da, wo sich das Ende ihrer Knochenscheide befindet, aber innerhalb dieser Scheide selbst, in der meistens schon unterbrochnen Knorpelsäule Knochenerde so abgelagert, dass die Knochenscheide an jedem Ende gleichsam durch einen ebenfalls aus Knochensubstanz bestehenden und mit ihr verschmolzenen Pfropfen verschlossen wird. Anränglich hat ein solcher Pfropfen eine nur geringe Dicke, so dass er dann nur eine massig dicke Scheide darstellt. Immer mehr aber nimmt er auf Kosten des Knorpels zu, und zwar zu- nächst am meisten gegen das ihm nähere Ende des Skelctstückes hin, bis er der Ge- lenkfläche desselben, an der sich für immer der Knorpel erhält, sehr nahe gekommen ist. Gleichzeitig wächst auch die Knochenscheide in gleichem Grade immer weiter gegen das Gelenkende hin, so dass deshalb der angegebne Pfropfen, ungeachtet sei- nes Wachsthums , niemals erheblich über die Knochenscheide vorspringen kann. Ist er, entsprechend der ihm nahen Gelenkfläche, an seinem zu dieser Fläche hin ge- kehrten Ende convex, so springt er nur mit der Mitte, niemals aber mit dem Rande, über die Scheide etwas hervor. Später nimmt der Pfropfen stärker gegen die Mitte der Länge seines Skelctstückes an Wachsthum zu, und es wird dabei sein inneres Ende immer unebener, indess sein äusseres für immer eine ebne Fläche behält. 3) Während in den cylindrischen Skeletstücken der Beine die beschriebnen Pfropfen an Länge zunehmen, werden in einem jeden solchen Stücke die zwischen seinen beiden Pfropfen noch vorhandnen Hälften der Knorpelsäule immer mehr in Knochenmark umgewandelt, bis zuletzt die von der Knochensubstanz umschlossene Höhle nur allein von solchem Marke und dessen Gefässen ausgefüllt ist '). §. 34. Das Schultergerüste besteht bei den erwachsenen Schildkröten aus 2 Knochen, von denen der eine unter einem stumpfen oder beinahe rechten •) Im AUgemeinen auf dieselbe Weise eulwickeln sich auch bei andern Amphibien und bei den Vögeln die Röhrenknochen der Gliedraaassen. 137 Winkel zusammenorpbogen , an diesem Winkel zur Aufnahme des Kopfes des Obcr- armknooheiis mit einer Gelenkgrube versehen, und so f!;elan:ert isl, dass der eine Schenkel fast senki-echt steht, der andre aber fast horizontal auf dem vordem Theilc des Bauchsehildes ruht. Der andre Knochen geht von der angegebnen Gelenkgrube des erstem, an deren Zusammensetzung er einen Antheil hat, über dem Bauchschilde nach hinten und gegen die Mittelebne des Leibes, liegt hinter dem horizontalen oder untern Schenkel des erstem , und bildet mit ihm einen spitzen Winkel. Den senk- rechten Schenkel des zuerst erwähnten Knochens hat Cuvier iür den Körper, den zweiten Knochen fiir den Processus coracoideus des Schulterblattes, also für den ent- sprechenden Theil des Hakenschliisselbeines der Vögel ausgegeben, in welche Deu- tung wohl nicht leicht Jemand jetzt noch einen Zweifel setzen wird. Was aber den horizontalen Schenkel des erstem Knochenstückes anbelangt, so hat sich Cuvier in seinen Recherches sur les ossemens fossiles dahin erklärt, dass derselbe die Grä- thenecke (Acromion) des Schulterblattes vorstelle, falls jedoch bei allen Schildkrölen dieser Schenkel mit dem senkrechten ursprünglich nur durch eine Naht verbunden wäre, er als Schlüsselbein werde gedeutet werden müssen. Die erstere Deutung scheint mir indess die richtigere zu sein , ungeachtet ich , wie Cuvier bei einer sehr jungen Seeschildkröte, so auch bei einem Embryo von Chelonia, einem jungen Trionyx gangeticus und einer jungen Terrapene tricarinata beide Schenkel jenes Knochens nur durch Knorpel im Zusammenhange gefunden habe. Denn 1) entspricht das Bauchschild der Schildkröten, womit jener Knochen an seinem einen Ende durch fibröses Gewebe vereinigt ist, nicht dem Brustbein andrer Thiere, sondern ist nur ein Theil des Hautskeletes : bei denjenigen Thieren aber , bei wel- chem das Brustbein fehlt, kommt wahrscheinlich auch kein eigentliches Schlüsselbein vor '); 2) bildet bei den Eidechsen, Vögeln und denjenigen Säugethieren , welche ein vollständiges Schlüsselbein besitzen, dieses zwar anfangs mit dem Schulterblatte eine einzige und allenthalben gleichartig beschaffene Masse, später aber, wenn sich die Masse histologisch weiter entwickelt, wird sie nur zum grössern Theile, nicht also, wie bei den Schildkröten, allenthalben in Knorpel umgewandelt; sondern es bildet sich auf der Grenze zwischen den beiden Hälften dieser Masse ein fibröses Gewebe aus, das hinreichend deutlich eine zwischen beiden entstandene Gliederung bezeichnet und eine Scheidung derselben in zwei besondere Skeletstücke erkennen lässt; 1) Derjenige Theil des Schultergerüstes der Fische, welcher gewöhnlich für das Schlüsselbein gehal- ten wird, dürfte wegen seiner Gelenkverbindang mit der Brustflosse wohl wahrscheinlicher als llakenschlüs- selbein oder als ein Theil des Schullerblattes zu deuten sein. 18 138 3) erhält sich die so entstandne Gliederung jener Theile das ganze Leben hin- durch, wird aber nicht wieder in der Art aufgehoben, dass nach begonnener Ver- knöcherung des Schulterblattes und Schlüsselbeins die Knochenmasse beider zu einem Ganzen verschmilzt; 4) dagegen gliedert sich bei den Eidechsen und denjenigen Säugethieren, wel- che ein Acromion besitzen, dieses niemals von dem Körper des Schulterblattes ab, und wenn bei ihnen die Verknöcherung begonnen hat, findet sich in dem Acromion ein besondrer Knochenkern vor, dessen Masse dann später mit der Knochenmasse des Schulterblattkörpers zu einem Ganzen verschmilzt. Richtiger scheint mir daher die Ansicht zu sein, dass der untere oder hori- zontale Schenkel des vordem Schulterknochens der Schildkröten das Acromion der Säugethiere repräsentirt, das auch bei manchen Säugethieren, wie namentlich bei den meisten Cetaceen und bei Myrmecophaga jubata, selbst dann vorhanden ist, wenn das Schlüsselbein und sogar die Gräthe des Schulterblattes fehlen. Etwas Eigen- thümliches freilich würde es bei dieser Ansicht für die Schildkröten sein, dass bei ihnen das Acromion auch einen Antheil an der Bildung der Grube des Schulterge- lenkes nimmt. Die Form und Proportionen, welche mir die Knochen des Schultergerüstes so- wohl bei den Embryonen von Testudo und Chelonia, als auch bei den imtersuchten jungen Schildkröten darboten, waren schon denjenigen sehr ähnlich, welche ihnen in denselben Arten bei den Erwachsenen zukommen. Auch ging bereits sowohl bei dem Embryo von Chelonia, als auch bei den Jungen von Chelonia und Sphargis der Winkel, den die beiden Schenkel des vordem Knochens bildeten, nach aussen in einen starken Fortsatz über, dessen Ende einen Theil der Gelenkgrube für den Oberarmknochen ausmachte: doch war dieser Fortsatz bei dem Embryo absolut und relativ kürzer, als bei den Jungen. Wie an den einzelnen Skeletstücken der Beine, beginnt auch an den beiden Stücken des Schultergerüstes die Verknöcherung an der Oberfläche, so dass mithin die abgelagerte Knochensubstanz auch an ihnen anfangs eine dünne Scheide bildet. Das hintere Stück, oder das Hakenschlüsselbein, verhält sich in Hinsicht der Ent- wickelung seiner Knochenscheide ganz so, wie ein Skeletstück der Beine selbst. An dem vordem Stücke aber fand ich bei dem Embryo von Chelonia und bei den Jungen von Chelonia imbricata, Trionyx gangeticus und Terrapene tricarinata, dass ein jeder Schenkel eine besondere Knochenscheide hatte, dass diese beiden Scheiden nirgend zusammenstiessen , sondern nur an der einen Seite des Wirbels, den die 139 beiden Schenkel zusammensetzten, einander sehr nahe gekommen waren, indess sie an der äussern Seite des Winkels noch weit von einander abstanden, und dass der ganze von der letztern Seite abgehende und die Gelenkgrube enthaltende Vorsprung nur aus Knorpelmasse bestand. Bei der jungen Sphargis hatten sich die beiden Knochenscheiden zwar schon an der innern Seite des Winkels, den die Schenkel des vordem Schulterstückes bildeten, erreicht und waren hier verschmolzen, halten jedoch die äussere Seite des Winkels und den Gelenkfortsatz noch unbekleidet ge- lassen. Dagegen Hess der ganze Winkel bis zu der Gelenkgrube bei den übrigen jungen Schildkröten, die ich untersuchen konnte, und auch bei dem Embryo von Testudo äusserlich nur Knochensubstanz erkennen. Nach diesen Wahrnehmungen, die an Schildkröten aus verschiednen Familien gemacht worden sind, darf man daher wohl annehmen, dass bei diesen Thieren ganz allgemein, wie Cuvier es zuerst bei einer jungen Chelonia gefunden hatte, in dem vordem Stücke des Schulterge- rüstes die Verknöcherung von zwei Stelleu ausgeht, die auf die beiden Schenkel desselben vertheilt sind, dass aber beide Knochenmassen einander immer mehr ent- gegenwachsen, bis sie mit einander zuletzt verschmelzen. Ausserdem aber ergiebt sich noch aus diesen Wahrnehmungen, dass eine Verschmelzung der beiden Knochen- scheiden des vordem Schulterstückes bei verschiednen Schildkröten zu sehr verschied- nen Zeiten der Entwickelung erfolgt. — Auf Kosten des Knorpels werden die Kno- chenscheiden, die an dem Schultergerüste entstanden sind, nur langsam dicker, nach- dem sich schon sehr frühe in deren Wandung, wie in den Knochen der Beine, zar- te, nach der Länge verlaufende und ziemlich parallele Markkanäle gebildet haben. Sind dann die Knochenscheiden schon massig dick geworden, so wird der einge- schlossene Knorpel sowohl in dem hintern mehr oder Aveniger abgeplatteten Stücke, als auch in jedem Schenkel des vordem Stückes des Schultergerüstes eben so, wie in den cyliudrischen Knochen der Beine, ungefähr auf seiner Mitte ganz in Knochen- mark umgewandelt: und diese Veränderung schreitet hierauf von der Stelle aus, wo sie begann, nach zwei entgegengesetzten Richtungen immer weiter vor. Bei der jungen Chelonia virgata, die ich untersuchte, und bei dem jungem Exemplar von Emys europaea hatte sie nur eben erst begonnen, bei andern Schildkröten, die schon älter waren, war sie in verschiedentlich hohem Grade weiter gediehen. Gleichfalls wird, nachdem der angegebne \organg schon einige Zeit gedauert hat, der in den Knochenscheiden des Schultergerüstes eingeschlossene Knorpel an andern SteHen in Knochenmasse umgewandelt, die Scheiden also im Innern zum Theil mit Knochen- masse ausgeRillt. In jedem Stücke aber geschieht dies nicht, wie in den Knochen der Beine, an zwei Stellen, sondern nur an einer, und zwar in der Nähe der Grube 18' 140 für (las Schultergeleiik, also in dem vordem Stücke an oder in dem Winkel, der von dessen Schenkeln gebildet wird. Wo sich an dem Schultergcrüste der Schildkröten die Gelenkgrube befindet, geht ursprünglich wohl jedenfalls die Knorpelmasse des einen Stücks dieses Gerüstes in die des andern ohne irgend eine Unterbrechung über, so dass die Knorpelmasse des ganzen Gerüstes anfänglich wie aus einem Gusse gebildet erscheint. Aber auch später, wenn die einzelnen Stücke in ihrer Verknöcherung weit vorgeschritten sind, wird ihre Verbindung bei einigen Schildkröten, abgesehen von der fibröshäutigen Bekleidung der beiden Stücke, noch eine längere Zeit durch einen grössern Ueber- rest von Knorpel erhalten, und bei andern, namentlich den Seeschildkröten, ist dies sogar für immer der Fall. Später indess wird bei den Land- und Süsswasserschild- kröten jener die beiden Stücke verbindende Ueberrest des Knorpels fast gänzlich in Knochensubstanz umgewandelt, und es erscheint dann ihre Verbindung als eine Su- lur, die aber im höhern Alter mitunter durch V erwachsung ganz vertilgt wird. Das obere Ende des vordem Stückes oder des Schulterblattes hatte bei den reifern Embryonen und den Jungen , wie bei den Erwachsenen , seine Lage dicht vor der vordersten Rippe. Hier aber stand es bei den Embryonen und ebenfalls auch bei den Jungen von Sphargis, Chelonia, Emys und Trionyx mit der Schichte von dichtem Bindegewebe, welche unter der Haut des Rückens abgelagert war, ent- weder in unmittelbarer, oder durch eine unter derselben schon entstandene Fascie in mittelbarer Berührung und hatte sich durch ein kurzes luid dickes sehniges Band an sie befestigt. (Tab. UI, Fig. 10, b. Tab. IV, Fig. 3, e. Tab. V, Fig. 1, d. und Fig. 2.) Möglich aber war diese Verbindung dadurch geworden, dass sich bei allen jenen in der Entwickelung begriffenen Schildkröten noch jederseits zwischen der Nackenplatte und der zweiten Rippe eine mehr oder weniger grosse Lücke be- fand. Dagegen kam eine solche Lücke nicht mehr bei den Jungen von Terrapene, Platemys und Pentonyx vor, und bei diesen war nun das obere Ende des Schulter- blattes mittelst seines dicken fibrösen Bandes, wie bei den Erwachsenen, an die un- tere Seite der zweiten Rippe befestigt. Durch diese Rippe wird also, während sie an Breite immer mehr zunimmt und nach vorne über die erste Rippe hinüberwächst, jenes Band von der Hautbedeckung gleichsam abgeschnitten, worauf sich nun das- selbe an die Rippe selbst anheftet. — In dem oben erwähnten Bande, in dem man bei erwachsenen Exemplaren von Emys und noch andern Schildkröten ein bis zwei kleine Knochenstückchen findet [Os triquetrum Bojanus], bemerkte ich bei den jungen Exemplaren von Emys, Platemys, Terrapene und Pentonyx schon ein klei- nes Knochenstückchen. — Das untere Ende des vordem Schulterstücks fand ich bei 141 einigen jungen Schildkrölen nur an das Unterhaut -Bindegewebe der Bauchseile, bei andern aber, wie hei den Erwachsenen, durch fibröses Gewehe schon an das un- paai'ige Stück des Bauchschildes angeheftet. Bei der jungen Sphargis, bei der ich ein solches unpaariges Stück vermisste, schien mir das untere Ende des vordem Schulterstückes an das vordere Ende des Knorpelstreifens befestigt zu sein, in wel- chen sich das erste und zweite paarige Knochenstück des Bauchschildes zu bilden be- gonnen hatte. — §. 35. Auch das Becken zeigte bei den reifern Embryonen und den Jungen im Ganzen, wie in seinen einzelnen Theilen, schon eben solche, oder doch sehr ähn- liche Formen, als es in denselben Arten bei den Erwachsenen darbietet. Was aber sein Gewebe anbelangt, so bestand bei dem Embryo von Chelonia eine jede Seiten- hälfte aus einer noch nirgends, also auch nicht an der Gelenkpfanne, unterbrochenen Knorpelmasse, von deren für das Darmbein, Sitzbein und Schambein bestimmten 3 Aasten ein jeder mit einer verhältnissmässig nur sehr dünnwandigen und an ihm noch lange nicht bis an die Enden reichenden Knochenscheide bekleidet war. Ver- hältnissmässig nur wenig dicker zeigten sich diese Scheiden bei den Jungen von Sphargis, Chelonia und Terrapene: auch reichten sie bei denselben nicht völlig bis an die Enden der 3 genannten Tbeile einer jeden Beckenhälfte, so dass demnach an der Gelenkpfanne zwischen ihnen nur eine mehr oder weniger grosse Masse von Knorpelsubstanz bemerkbar war '). Durch Verdickung dieser Knochenscheiden auf Kosten des Knorpels, der von ihnen eingeschlossen wurde, hatte in dem Becken der Jimgen von Emys lutaria und Trionyx gangeticus die Knochensubstanz schon über den Knorpel ein Uebergevvicht erhalten : doch waren an der Gelenkpfanne die Schei- den eben so wenig, wie bei den oben genannten jungen Schildkröten, zu einer ge- genseitigen Berührung gelangt, sondern einander nur sehr nahe. Dagegen waren bei den Jungen von Platemys, Trionyx ocellatus und Pentonyx die verschiednen Stücke, aus denen das Becken zusammengesetzt war, schon durchweg so verknö- chert, dass jedes nur noch eine massig grosse, mit Knochenmark gefüllte Höhle ent- hielt. Auch waren sie bei diesen bis zu der Gelenkpfanne hin verknöchert, so dass sich zwischen ihnen nur die Syncbondrose befand. — Die Schambeine und die Sitz- beine, die man nach Ablauf der Entwickelung bei den Seeschildkröten paarweise durch eine Symphysis vereinigt, bei den Land- und Süsswasser - Schildkröten aber 1) Auch bei den erwachsenen Seeschildkrölen sind das Darmbein, Sitzbein und Schambein nicht ver- schmolzen, sondern durch Synchondrosen mit einander verbunden, indem an der Gelenkpfanne zwischen je zweien von ihnen als üeberrest des Knorpels, aus dem sie ursprünglich ganz und gar bestanden, eine dünne HnorpeUcbeibe vorbanden ist. 142 verschQiülzen findet, standen auch bei den jungen Süsswasserschildkröten , die ich untersuchen konnte, nur durch Knorpelbandmasse in Verbindung. Das obere Ende des Darmbeines fand ich bei den meisten jungen Schildkröten so gelagert, dass es seitwärts von den Querfortsätzen der Kreuzbeinvvirbel und dicht hinter der letzten Rippe lag, doch auch dem hintern Rande der vorletzten Rippe, die sich mehr oder weniger stark nach hinten gerichtet hatte, sehr nahe war. Be- festigt war es nach innen durch fibröses Gewebe an die Querfortsälze der Kreuz- beinwirbel, ausserdem aber stand es nach oben mit dem dichten Unterhaut -Bindege- webe des Rückens in Verbindung. (Tab. III, Fig. 10. e. Tab. IV, Fig. 3. f. Tab. V, Fig. 1. o.) Bei einigen andern Schildkröten, die sich schon weiter ent- wickelt hatten, namentlich bei Pentonyx capensis und Terrapene pensylvanica, be- rührte das Darmbein nach oben nicht mehr das Unterbautbindegewebe, sondern war von diesem durch die vorletzte Rippe geschieden, die sich mit ihrem hintern Rande, während sie an Breite zunahm, zwischen jene Schicht des Bindegewebes und das Darmbein hineingedrängt hatte. Bei der jungen Platemys aber war das Darmbein von oben nicht blos durch die neunte, sondern wider die Regel, nach der sich die Entwickelung der Schildkröten richtet, auch durch die achte Rippe bedeckt, weil ei- nestheils sein oberes Ende sich zu einer ungewöhnlich grossen Fläche ausgebreitet hatte, anderntheils jene Rippen, indem sie immer breiter wurden, über dasselbe her- übergewachsen waren und es von der erwähnten Schichte des Bindegewebes gleich- sam abgeschnitten hatten. — Als bekannt darf ich voraussetzen, dass bei den er- wachsenen Exemplaren der meisten Schildkrötenarten das Darmbein durch die vor- letzte Rippe und nur allein durch sie bedeckt ist. 143 Zweites Kapitel. Von den Hautbedeckungen §. 36. Cuvier ') und nach ihm Andre 2) haben geäussert, dass bei den Schildkröten zu der Zeit, da deren Rippen noch nicht der Länge nach zusammen- stossen, also zwischen denselben sich noch lauge Zwischenräume befinden, diese Räume und auch die etwa noch vorhandncn Lücken des knöchernen Bauchschildes von einer knorpligen Substanz ausgefiillt sind. Um nun zu erfahren, was von die- ser Angabe zu halten sei, unterwarf ich die erwähnte Substanz einer nähern Unter- suchung, nachdem ich schon vorher erfahren hatte, dass sich bei jungen Schildkrö- ten, auch wenn sie eine längere Zeit in Weingeist gelegen haben, doch noch die Zusammensetzung mancher Gewebe, namentlich aber die der Knorpelsubstanz, ganz gut erkennen lässt. Was ich hiebei gefunden, war hauptsächlich Folgendes. Die fragliche Substanz liegt unmittelbar unter der Hautbedeckung des Rumpfes, hängt mit derselben aufs innigste zusammen , und bleibt sich allenthalben, wo sie nui" vorkommt, in ihrem GerUge gleich. Am Rücken geht sie, eine ununterbrochene Schichte bildend, über alle Knochen desselben herüber und hängt mit ihnen fest zu- sammen, bedeckt ferner, 'wenn die Rückenmuskeln noch nicht ein Knochendach er- hallen haben (§. 16.), auch diese Muskeln, senkt sich zwischen den Rippen, wenn und wo sich zwischen ihnen Lücken befinden, bis auf die zwischen ihnen ausge- spannte Fascie (§. 13.) herab, dringt auch zwischen die beiden Blätter der von der Hautbedeckung gebildeten Falte, welchen der Rücken ringsum besäumt, hinein, setzt sich von da aus jederseits in der Gegend, wo sich die Flügel des knöchernen Bauchschiides bilden sollen oder schon in ihrer Entwickelung begriffen sind, auf die Bauchseite fort, bildet auch an dieser Seite zunächst der Hautbedeckung eine unun- terbrochene Schichte, und füllt hier ausserdem die Lücken aus, welche zwischen den verschiednen Theilen des knöchernen Bauchschildes vorkommen. Ueberhaupl also ist sie namentlich bei denjenigen Schildkröten , deren Rumpf mit A^erschiedentlich gros- sen Hornplatten bekleidet wird, in der frühern Jugendzeit allenthalben unter der Haut da vorhanden, wo auf derselben sich dergleichen Platten entwickeln. Doch ist sie ') Recberches sur les ossem. foss. Tom. IX, p. 394. *) Dumeril und Bibron io ihrer Erp^tologie generale. Tom. U, p. 179 et 510. 144 nicht etwa nur diesen Schildkröten eigen, sondern kommt auch bei denjenigen vor, bei welchen niemals dicke Hornplatten entstehen, wie namentlich bei denen aus den Gattungen Sphargis und Trionyx. — Von Knorpelkörperchen liisst sich in der er- wähnten Substanz, selbst wenn sie unter stark vergrössernden Mikroskopen betrach- tet wird, gar keine Spur auffinden, und überhaupt lässt sie nie und nirgend die Zusammensetzung eines Knorpels erkennen. Vielmehr ist sie Nichts anders, als ein Unterhaut -Bindegewebe, das eine ganz ungewöhnliche Dichtigkeit, Festigkeit und Dicke hat, auch jedenfalls bei jungen Schildkröten völlig frei von Fett ist, indess an andern Stellen des Körpers das Bindegewebe, wo es zunächst unter der Haut liegt, eben so locker, wie bei andern Thieren, und auch von einer viel geringern Dicke gefunden wird. Näher angegeben, besteht jene Substanz aus Bündeln von Bindegewebe, die meistens eine ziemlich grosse Länge haben , und häufig gekrümmt oder selbst mehrfach geschlängelt sind. Im Verhältniss zu ihrer Länge sind sie nur sehr dünn, und bestehen aus höchst zarten, aber sehr festen Fasern, die scharf be- grenzt, glatt, etwas glänzend und meistens dicht an einander geschmiegt sind. Spi- ralförmig um die Bündel geschlungene Fasern, wie sie bei Menschen an den Bün- deln des Bindegewebes vorkommen *), und wie ich sie auch an den Bündeln des Unterhautbindegewebes aus dem Beine einer kurz vorher getödteten erwachsenen Erays europaea gefunden Iiatte, habe ich an ihnen eben so wenig, als nach Behand- lung mit Essigsäure stellenweise Einschnürungen bemerken können. Nach Einwir- kung von Essigsäure verlieren die Bündel in kurzer ^eit das fasrige Aussehen und ihren Glanz, werden gallertartig und durchsichtig, und verkürzen sich auch ziemlich stark. Unter einander kreuzen sie sich in sehr verschiednen Richtungen, so dass sie wie verfilzt erscheinen. Dabei aber sind sie an einander so dicht herangezogen, dass nur kaum bemerkbare Zwischenräume zwischen ihnen vorkommen, die übrigens von einer formlosen und durch Essigsäure auflösbaren Substanz ausgefüllt sind. Es bilden daher die Bündel dieses Gewebes eine sehr feste Masse, die man lederartig nennen könnte, und zwar ist die Festigkeit dieser Masse am grössten bei den See- schildkröten und den Trionyx -Arten. Von dem Corium der Hautbedeckung unter- scheidet sich das beschriebne Gewebe schon durch eine weissere Farbe, was seinen Grund vielleicht darin haben mag, dass es nicht so blutreich, wie jenes, ist. Die Schichte des beschriebnen Gewebes hat schon bei den reifern Embryonen eine ziemlich grosse Dicke. Noch dicker aber wird sie in der nächsten Zeit, nach- dem das Junge das Ei verlassen hat, und bildet dann bei vielen Schildkröten, wann •) Henle's Allgemeine Anatomie, Leipzig 1841. Tab. 111, Fig. 6. 145 die Knochen des Rumpfes noch nicht zwei schützende Schilder für die Eingeweide zusaninienselzen, nehst der Haiitbcdeckiing einen ziemlich schwer zu durchdringenden Panzer. Bei der von mir zergliederten jungen Chelonia virgata, bei der ich sie im Ganzen dicker, als bei den Jungen andrer Schildkröten fand, betrug am Rücken ihre grösste Dicke % Linie. Im Allgemeinen aber fand ich sie absolut und relativ am dicksten bei den Seeschildkröten und in der Gattung Trionyx. Während die verschiednen Knochenstücke, die zur Zusammensetzung des Rücken- schildes dienen sollen , namentlich die Dornfortsätze , die Ergänzungsplatten und die längern Rippen, breiter werden und einander immer näher kommen , werden die zwi- schen ihnen liegenden Abiheilungen des dicken und dichten Unterhaut -Bindegewebes scheinbar immer mehr verdrängt und resorbirt, so dass nur die Lücken, die bei den Seeschildkröten und den Trionyx -Arten zwischen den dünnern Hälften der Rippen übrig gelassen werden, von ihm ausgefüllt bleiben. Eben dasselbe geschieht auch an der Bauchseite zwischen den verschiednen Stücken des Bauchschildes, während diese an Ausbreitung gewinnen und einander dadurch näher kommen. Es wird also die Schichte des Unterhaut-Bindegewebes, während sich das Junge weiter entwickeil, stellenweise wieder allmählig verringert. Ausserdem aber wird auch, wann die ver- schiednen Knochenstücke des Rücken- und Bauchschildes an Dicke zunehmen, der zwischen ihnen und der Hautbedeckung befindliche Theil der Bindegewebsschichte im- mer dünner, bis er zuletzt scheinbar gänzlich oder beinahe ganz verschwunden ist. Am dicksten fand ich diesen noch übrig gebliebenen Theil bei einer halberwachsenen Chelonia imbricata, deren Rückenschild eine Länge von beinahe 9 " hatte , indem er bei derselben auf den Rippen noch V4 bis V3 Linie dick war. Kaum nur noch merk- bar aber war er bei den untersuchten Jungen von Platemys Spixii , Terrapene pen- sylvanica und Pentonyx capensis, wie auch bei einem Trionyx ferox, dessen Rücken- schild 8" lang war. Ganz fehlte er bei einem halbausgewachsenen Exemplar von Testudo mauritanica und bei erwachsenen Exemplaren von Erays europaea , Emys punclularia, Tesludo gracca und Terrapene tricarinata, so dass bei diesen die Haut- bedeckung unmittelbar dem knöchernen Rücken- und Bauchschilde allenthalben anlag und innig damit zusammenhing '). Wahrscheinlich wird dasselbe auch bei allen an- dern solchen Schildkröten, bei welchen sich das Rücken- und Bauchschild so voll- ständig, wie bei den ebengenannten, ausbildet, nach Ablauf ihrer Entwicklung der Fall sein. Bei denjenigen Schildkröten hingegen, bei welchen zwischen den Rippen ^) Bei einem Trionyx granosus t'ehlle das ünlerhaut - Bindegewebe nur auf demjenigen Theil des Rü- ckenschildes, der durch kleine Höcker sehr uneben gemacht «orden war. 19 146 und den verschiednen Knochenstücken des Bauchschildes Lücken übrig bleiben, wie namentlich bei den Seeschildkröten, bleibt in diesen Lücken zur AusRillung derselben ein Theil jenes festen und nicht dehnbaren Unterhaut-Bindegewebes nicht blos zurück, sondern nimmt in ihnen auch noch an Dicke zu. Gleichfalls geschieht dasselbe bei der Gattung Trionyx theils in den Lücken der Knochenstücke des Bauchschildes, theils in der Hautfalte, welche den Rücken besäumt, und in welcher sich, ausser der Nackenplatte, noch andre zur Vergrösserung des Rückenschildcs dienende Ergän- zungsplatten entweder gar nicht, oder nur sehr schwach ausbilden. [Bei einem Trionyx ferox fand ich in der angegebnen Hautfalte das Unterhaut-Bindegewebe bis 2y3 Linie dicTc.] Uebrigens aber hat dies Gewebe bei den erwachsenen Exempla- ren der Gattungen Chelonia und Trionyx eine ähnliche Beschaffenheit, wie bei den jungen: nur ist es etwas lockerer und beinahe schwammartig, weil seine Faserbün- del etwas grössere Zwischenräume, als bei den Jungen zwischen sich lassen. Auch fand ich in diesen Räumen des Bindegewebes, wo es bei Trionyx ferox die Haut- falte des Rumpfes ausfüllte [nicht aber auch am Bauche] einzelne bis 0,0015" grosse, im Ganzen aber nur sehr zerstreut liegende und sparsam vorhandene Zellen, die ganz mit Fett angefüllt waren. Wo nun bei einer Schildkröte, während sich ihr Skelet entwickelt, das dichte, lederartige Unterhaut-Bindegewebe des Rückens und Bauches immer dünner wird, schwindet seine Masse anfänglich mehr scheinbar, als wirklich. Denn indem die einzelnen Stücke des Rücken- und Bauchschildes an Ausbreitung und Dicke zuneh- men, wächst es in unzählbare kleine Höhlenräume, die sich in diesen Knochenstücken ausbilden , mehr und mehr hinein ( §. 32. ) , wobei es freilich , wie es in dieselben eindringt, seine Festigkeit verliert und sich sehr auflockert, bis endlich auf jedem solchen Knochenstücke von ihm entweder gar Nichts mehr, oder doch nur Wenig übrig ist. Später indess, nachdem es bereits sich in die Knochen des Rücken- und Bauchschildes hineingesenkt, auch in ihnen an Masse noch zugenommen hat, schwin- det es innerhalb derselben, wenn auch nicht bei allen, so doch bei vielen Schild- kröten wirklich mehr und mehr, indem sich nämlich bei vielen von diesen Thieren, wann sie ihre Reife erlangt haben, die mit Bindegewebe ausgefüllten Höhlenräume der genannten Knochen immer mehr verengern und sogar sich beinahe sämmtlich schliessen. (§. 32.) — Am Halse und den Beinen ist das Unterhaut-Bindegewebe so locker und dehnbar, und überhaupt eben so beschaffen, wie etwa bei den Säuge- thieren. Auch lagert sich hier in ihm mitunter ziemlich viel Fett ab. §. 37. Die Lederhaut oder das eigentliche Corium ist bei sehr jungen Schildkröten zwar allenthalben dünner, als die beschriebene Schichte des so dichten, 147 am Rücken und Bauche vorhandenen Unterhaul-Bindegewebes, doch hat sie auf dieser Schiclite eine grössere Dicke, als an andern Stellen, und besteht auch auf derselben der Hauptsache nach aus etwas dickern Bündeln von Bindegewebe, als an andern Stellen des Körpers. Im Allgemeinen sind diese Bündel bis 0,0004 " dick (na- mentlich bei jungen Exeniplai-en von Trionyx), bestehen aus sehr zarten Fasern, und haben eine solche Lagerung, dass sie in mehreren scharf begrenzten Schichten ausgebreitet sind, in deren jeder die Bündel nur neben einander, nirgend auch über einander vorkommen. Bei Chelonia virgata zählte ich am Rücken und Bauche bis 9, bei Trionyx ocellatus bis 8 solche Schichten. Die Bündel einer jeden haben im Allgemeinen denselben Verlauf, die zweier benachbarter aber kreuzen sich mit ein- ander, so dass demnach in einer bestimmten Folge die Bündel der einen Schichte mit denen der zunächst unter ihr liegenden in der Richtung abwechseln. Ferner verlaufen die Bündel einiger Schichten ziemlich genau nach der Länge des Rumpfes, die der übrigen hingegen quer über denselben. Doch ist nicht jede einzelne Schichte über den ganzen Rücken oder den ganzen Bauch ausgebreitet. Denn einige Mal be- merkte ich bei Chelonia virgata auf senkrechten Durchschnitten der Haut, dass eine einzelne Schiebte zwischen den übrigen endigte, ohne sich in der Nähe wieder fort- zusetzen, und dass in solchen Fällen die beiden Schichten, zwischen denen sich jene befand , an dem Rande derselben zu einer einzigen sich vereinigten. Was noch das ge- genseitige Verhältniss der Bündel in den einzelnen Schichten anbelangt, so verlau- fen sie bei Trionyx, Platemys und Terrapene, bei denen sie eine bedeutende Länge haben, so wie etwa die Wollhaare veredelter Schafe, schwach wellenförmig und pa- rallel neben einander, liegen allenthalben einander sehr nahe und gehen, so viel ich habe bemerken können, nirgend deutlich in einander über. In der Gattung Chelo- nia aber verlaufen sie nicht merklich wellenförmig, und liegen nicht immer regel- mässig parallel neben einander, sondern spalten sich häufig unter sehr spitzen Win- kejn in 2 Aeste, und diese Aeste gehen dann entweder in zunächst benachbarte Bündel derselben Schichte über, oder verbinden sich auch wieder mit einander selbst, so dass zwischen ihnen hie und da langgestreckte Maschen vorkommen. Uebrigens aber sind bei den verschiednen jungen und alten Schildkröten die beschriebnen Schich- ten, einzeln betrachtet, um so dünner, je näher sie der Epidermis liegen. — Auf den beschriebnen Schichten liegt zu oberst und an die Epidermis angrenzend eine noch dünnere, die von einer ganz andern Beschaffenheit ist. Sie besteht nämlich nicht aus Bündeln von Bindegewebe, sondern aus kurzen einzelnen Fasern, die ent- weder einfach, oder auch gabeirdrmig gespalten sind, und theils sich nur an einan- der anlegen, theils auch in einander übergehen, überhaupt aber ein klein-gefenstertes 19* 148 Gewebe zusammensetzen, das sehr ähnlich demjenigen ist, woraus der häutige Theil der Eierschalen der Schildkröten besteht. — Später, wann sich auf den Knochen des Rücken- und Bauchschildes die Schichte des dichten Unterhaut-Bindegewebes ver- liert, kommt die Lederhaut mit ihnen in eine unmittelbare Berührung, und nimmt dann, wo dies geschehen, weniger, als an andern Stellen des Körpers an Dicke zu, sondern bleibt entweder für immer sehr dünn, so namentlich bei den Seeschildkrö- ten , oder verliert sogar noch immer mehr an Dicke , bis sie kaum noch erkannt werden kann, und deshalb die Hornplatten des Rückens und Bauches unmittelbar mit dem Knochen zusammenzuhängen scheinen. Das letztere ist der Fall bei den Land- und Süsswasser-Schildkröten. Wahrscheinlich jedoch bleibt auf den Knochen des Rumpfes, wie ich nach Untersuchungen an einer kurz vorher getödteten Emys eu- ropaea, an einer Testudo mauritanica und einem Trionyx ferox schliessen muss, von der Lederhaut jedenfalls die oberste oder gefensterte Schicht zurück, auch wenn die übrigen oder dickern und aus Bündeln zusammengesetzten verschwinden. Es bestand nämlich bei den beiden erstem Schildkröten auf den erwähnten Knochen der Ueberrest der Lederhaut nicht, wie die Lederhaut am Halse und den Beinen, aus ziemlich dicken Bündeln von Fibrillen, sondern nur allein aus einer äusserst dünnen Lage von massig langen und theils geraden, theils geschlängelten und uragekrümm- ten Fasern, die im Allgemeinen nicht erheblich dicker, als die Fibrillen des Binde- gewebes, und allem Anschein nach ganz einfach, nicht aber aus noch zartern Fasern zusammengesetzt waren. Unter einander waren sie so verflochten, dass sie ein sehr unregelmässiges Netzwerk zusammensetzten, dessen Maschen sehr enge, öfters sogar noch schmäler, als die Fäden dick waren, und eine dickliche Substanz enthielten, in der sparsam kleine rundliche Molekularkörper vorkamen. Essigsäure schwellte sie nur sehr wenig an. Dehnbarkeit besassen sie in einem weit geringern Grade, als die Faserbündel der Lederhaut an andern Stellen des Körpers : denn sie rissen sehr leicht, und es liess sich überhaupt die Lederhaut des Rückens und Bauches (an de- nen sie übrigens nur in sehr kleinen Stücken von den Knochen abgelöst werden konnte) fast gar nicht dehnen. Bei einem Trionyx ferox aber, der halberwachsen war, bestand auf den Knochen des Rücken- und Bauchschildes die Lederhaut stellen- weise, ausser einer gefensterten oder unregelmässig netzartigen Schichte, noch aus einer einfachen Schichte paralleler Faserbündel, indess an andern Stellen solche Bün- del nicht gehörig unterschieden werden konnten. Bei einem Trionyx granosus fehl- ten die Faserbündel der Lederhaut auf den einzelnen kleinen Erhöhungen des Rücken- schildes, waren aber zwischen denselben deutlich vorhanden. Wo bei ebendemselben Exemplar von Trionyx ferox die Lederhaut am Rumpfe 149 keine Knochen bedeckte, war sie beinahe bis ^/^ Linie dick und Hess auf senkrech- ten Durchschnitten ganz deutlich, selbst mit blossen Augen, 6 bis 8 an Dicke ziem- lich gleiche Schichten erkennen, die der Hauptsache nach aus lauter Faserbiindeln bestanden, und durch zarle Furchen von einander geschieden waren. In jeder Schicht der so beschatfnen Lederhaut hatten die einzelnen Bündel eine bedeutende Länge, besassen eine Dicke von 0,0005 bis 0,0008", waren, wie bei Jüngern Exemplaren von Trionyx, massig geschlängelt, lagen parallel dicht neben einander, und kamen in jeder Schiebte nur in einer einzigen Lage vor. Die der einen Schichte aber liefen unter rechten Winkeln über die der zunächst folgenden hinweg, so dass dem- nach die Faserbündel der ersten , dritten und fünften Schichte in derselben Richtung verliefen, dagegen sich mit denen der zweiten, vierten und sechsten kreuzten. Es- sigsäure schwellte sie zwar an, Hess aber keine Einschnürungen an ihnen zum Vor- schein kommen. In den geringen Z\\ischenräumen zwischen den Bündeln lag ein formloser Stoff, der von Essigsäure aufgelöst wurde, und zerstreute, sparsam vor- handne rundliche Körper, die einfache Primitiv -Zellen zu sein schienen, und deren Durchmesser kleiner war, als der Querdurchmesser der einzelnen Bündel. Die Na- tur dieser "Körper Hess sich nicht ermitteln , weil der Weingeist sie zu sehr verän- dert hatte, doch enthielten sie nicht etwa nur Fett. — Bei einer Chelonia imbri- cata, deren Rückenschild fast 9" lang war, und bei der das Unterbaut-Bindegewebe, wie schon erwähnt, selbst auf den Knochenstücken des Rücken- und Bauchscbildes stellenweise eine Dicke von beinahe '/^ Linie hatte, besass die Lederbaut selbst auf diesen Knochenstücken eine Dicke von ungefähr Vß Linie und Hess deutlich 2 bis 3 Schichten von Faserbündeln unterscheiden. Ihre Bündel hatten eine Dicke von 0,0004 bis 0,0009", bestanden im Allgemeinen aus zartern Fibrillen, als bei Trio- nyx ferox, und zeigten in ihrer Lagerung und ihrem Verlaufe ein eben solches Ver- halten, wie ich es früher bei verschiednen jungen Seeschildkröten gefunden hatte. Die Bündel der einzelnen Schichten bildeten nämlich hie und da langgestreckte Ma- schen, die Bündel zweier benachbarter Schichten aber gingen unter ziemlich rechten Winkeln über einander hinweg. — Am Halse, den Beinen und dem Schwänze ist bei den Schildkröten die Haut im Allgemeinen zwar dünner, als am Rumpfe, doch zeigt ebenfalls an ihnen das Corium eine Zusammensetzung aus mehreren Schichten von schwach geschlängelten und ziemlich parallelen Faserbündeln, und es kreuzen sich gleichfalls die Bündel zweier benachbarten Schichten mit einander. Bei Trio- nyx ferox zählte ich am Halse und den Beinen bis 6 solche Schichten. §. 38. Es ist mir nicht bekannt, dass schon aus andern Wirbeltbieren eine solche geschichtete Zusammensetzung der Lederhaut, wie ich sie so eben von den 150 Schildkröten beschrieben habe, angegeben worden ist. Ich untersuchte daher auch noch von andern Thieren die Lederhaut, und erhielt das Ergebniss, dass ihr eine solche Beschaffenheit nicht blos bei den Schildkröten, sondern auch bei andern Am- phibien und bei verschiedenen Fischen zukommt, wie namentlich bei den Krokodilen, bei Lacerta ocellata, Lacerta agilis, Polychrus marmoratus, Basiliscus amboinensis, Pseudopus Pallasii, Coluber natrix, Rana esculenta, Petromyzon fluviatllis, Raja cla- vata , Acanthias vulgaris , Acipenser Sturio , Silurus Glanis , Syngnathus Typhle, Perca fluviatilis, Cyprinus Carpio und Gadus Lota. Die grösste Zahl von Schiebten fand ich bei einem ungefähr 5 Fuss langen Stör, nämlich in der Haut des Rückens bis 30 Schichten, nächst ihm bei einem jungen Alligator Lucius von *l^l%' Länge, und zwar in der Haut des Rückens bis 20. Aber wie gross oder wie klein auch ihre Zahl war, immer hatten die Faserbündel je zweier sich berührender Schichten einen solchen Verlauf, dass die der einen sich mit denen der andern kreuzten. Kamen auf der Haut harte und dachziegelförmig geordnete Schuppen vor, so bestand das Lager, auf dem sie alle ruhten, deutlich aus einer solchen geschichteten Lederhaut : die blattartigen Fortsätze dieses Lagers aber, welche sich zwischen den Schuppen befanden und sie mit einander verbinden halfen, Hessen nur tbeilweise, und auch nicht immer ganz deutlich, eine Schichtung sich kreuzender Faserbündel bemerken. — Nach dem Obigen dürfte es sehr wahrscheinlich sein, dass die beschriebne Beschaf- fenheit der Lederhaut bei den Amphibien und Fischen im Allgemeinen die normge- niässe ist. Bei Vögeln hingegen und Säugethieren habe ich eine derartige Beschaf- fenheit bis jetzt nicht auffinden können ; sondern bei diesen Thieren erschien mir die Lederhaut, wie man die des Menschen beschrieben hat, aus Faserbündeln zusammen- gesetzt, die nach den verschiedensten Richtungen verliefen und sich verschiedentlich so kreuzten, dass sie gleichsam einen Filz zusammensetzten. Dass grade die Schlängelungen der Faserbündel, aus denen die geschichtete Lederhaut der Fische und Amphibien besteht, eine Ausdehnung der Haut nach ver- schiednen Richtungen gestatten , liegt wohl klar am Tage. Ob aber diese Bündel, wenn die Haut durch Contraclion sich thätig erweist, wie nach Web er 's Ent- deckung die Muskelfasern, grade gestreckt erscheinen, und nur erst im Zustande der Ruhe einen geschlängelten Verlauf zeigen, wäre noch zu untersuchen. §. 39. Die Hornplatten, mit denen bei den meisten Schildkröten der Rumpf an seiner obern und untern Seite gepanzert ist, bilden sich schon in der letztem Hälfte des Fruchtlebens, kommen bei den Jungen, wenn sie das Ei verlas- sen, in eben so grosser Zahl vor, wie bei den Erwachsenen derselben Art, sind bei ihnen, im Verhältniss zu denen der Erwachsenen, ziemlich dick, und besitzen be- 151 reits die Härte und Festia;keit von Horn. Ihre Entwickelnng ^eht also weit rascher vor sich, als die des Skeletes, und erlolf^t von diesem ganz unabhängi}?. Was ihre Formen anbelanot, so sind sie zwar meistens, doch nicht jedenfalls, aucii darin bei den reifem Embryonen und den Jungen denen der Erwachsenen <ähnlich. So waren bei dem Embryo von Testudo, welchen ich zergliederte, am Bauche die Platten des vierten Paares in der Richtung von vorne nach hinten aulFallend schmal (Tab. III, Fig. 9.), indess sie bei den erwachsenen Exemplaren von Tesludo graeca und ver- wandten Arten, zu denen einer jener Embryonen gehörte, bedeutend breit sind. Da- gegen waren bei der jungen Chelonia imbricata am Bauche die Platten des fünften und sechsten Paares relativ kürzer, als bei den Erwachsenen derselben Art. Diese Verhältnisse aber deuteten darauf hin, dass sich mit fortschreitender Entwickelung die Bauchdecken bei Testudo grade in ihrem mittlem Theile, bei Chelonia in ihrem hintern Theile am meisten hätten verlängern müssen. Ausserdem besitzen bei meh- rern Schildkröten, namentlich bei manchen Arten von Chelonia , besonders aber bei Terrapene tricarinata, die beiden seitlichen Reihen der grössern Hornplatten des Rü- ckens in früher Jugend einen Kiel, der mit der Zeit allraählig ganz verschwindet. — Wenn die Hornplatten des Rückens und Bauches in der Art sich gestalten, dass sie auf ihren beiden Flächen vielfach ein- oder ausgebuchtet, oder gleichsam schwach gefaltet erscheinen, wie dies besonders bei den Schildkröten aus der Gattung Testudo der Fall ist, und dann später, während sich die Knochenstücke des Rücken- und Bauchschildes ausbilden, auf denselben das Unterhaut - Bindegewebe verschwindet und die Lederhaut immer dünner wird, dadurch aber jene Knochenstücke fast in eine unmittelbare Berührung mit den Hornplatten gelangen, formen sich die erwähnten Knochenstücke an ihrer Oberfläche ganz nach diesen Platten, dergestalt, dass auch sie sehr uneben werden imd die an ihnen entstandnen Erhöhungen den Verliefungen, welche die Hornplatten an ihrer Innern Fläche bemerken lassen, entsprechen und sie ausfüllen. Die Textur der Hornplatten des Rückens und Bauches habe ich bei jungen und alten Schildkröten untersucht, und sie bei allen darauf untersuchten Arten im Ganzen immer gleich gefunden. Sie bestehen der Hauptsache nach aus rundlich- eckigen Blättchen, die immer einen scharfen dünnen Rand haben, eine Aehnlichkeit mit den Schuppen mancher Fische besitzen, aber nie gestreift sind, theils neben, theils über einander liegen, so dass eine die andre theilweise deckt, mit der einen Fläche nach aussen, mit der andern nach innen gekehrt sind, und mit einander ohne ein sinnlich wahrnehmbares Verbindungsmittel fest zusammenhängen. Die mehr nach aussen liegenden sind auch in ihrer Mitte nur sehr dünn, diejenigen aber, welche 152 der Lederhaut näher liegen, zeichnen sich durch eine grössere Dicke ihres mittlem Theiles aus, der mitunter gleichsam nabelartig an beiden Seiten vorspringt. Ihren grössten Breitedurchmessern nach betragen sie , namentlich bei Chelonia imbricata, 0,0018 bis 0,0032". In denjenigen, welche der Innern Fläche der Hornplatten näher liegen und bei einer grössern Dicke eine geringere Breite zu haben pflegen, bemerkt man öfters sehr deutlich einen linsenförmigen oder sehr abgeplatteten Zellen- kern von 0,0006" und darüber im Durchmesser, nicht selten auch in diesem ei- nen scharf umschriebenen kleinen Kernkörper. Je weiter sie aber nach aussen lie- gen, um desto uudeutlicher wird in ihnen der Kern, bis er in denjenigen, welche sich noch mehr nach aussen befinden, ganz verschwindet. Es sind also die in Rede stehenden Blättchen oder Schuppen, wie sich das freilich erwarten Hess, wahre Zel- len, die aber, je älter sie werden, desto mehr vertrocknen, sich abplatten und über- haupt ihre Zellennatur ablegen. Ferner enthalten diese Blättchen entweder in ih- rem mittlem Theile ein wenig körniges Pigment, das eine braune, seltner eine schwarze und noch seltner (z. B. bei Pentonyx capensis) eine dunkel - olivengrüne Farbe hat : oder sie sind ganz frei von solchem körnigen Pigmente. Jene und diese aber liegen nie zerstreut durch einander, sondern es halten sich die der einen und die der andern Art auch in solchen Platten, in welchen beiderlei Arten von Blätt- chen vorkommen, immer in grösserer Menge zusammen. Und darauf beruht denn namentlich das geflammte oder gefleckte Aussehen, das manche solche Platten nicht blos in Verbindung mit der übrigen Haut, sondern auch für sich allein gewähren. Die dunkle Farbe einer Hornplatte ist übrigens nach der äussern Fläche derselben in der Regel weniger saturirt, als nach der Innern. Der Grund davon liegt mei- stens darin, dass von den einzelnen mit einem körnigen Pigment versehenen Blätt- chen diejenigen, welche der äussern Fläche näher sind, desselben weniger enthalten, als die der andern Fläche nähern. Mitunter aber hat dies seinen Grund auch aus- serdem noch darin, dass eine Hornplatte zunächst der innern Fläche auch Zellen enthält, die oval, oder kugelförmig, oder sternfö'rmig sind, und zu ihrem Inhalte, ausser einem wahrscheinlich immer vorhandnen Kern, nur ein körniges Pigment ha- ben. Dies ist z. B. der Fall bei Emys europaea, Testudo graeca, Pentonyx capen- sis, Chelonia Midas, Chelonia imbricata, doch am Rumpfe nur allein in denjenigen Hornplatten, welche den Rücken bekleiden. — Die mehr oder weniger gelbe Farbe, die sich häufig an den Hornplatten darbietet, auch wenn sie von dem Leibe abge- trennt worden sind, und die mitunter ein reines Strohgelb ist, wie z. B. an den vom Bau- che genommenen Platten einiger Arten von Chelonia, ist nicht abhängig von einem beson- dern körnigen Pigmente, sondern liegt in der ganzen Substanz der Blättchen dieser Platten. 153 Zwisclicn den am Rücken und Bauche vorhandenen Hornplatten und der Leder- haut befindet sich eine nur wenig dicke Schichte einer weichern Substanz, oder eine sogenannte Malpighi'sche Schleinischichtc, die der Hauptsache nach aus Jüngern und zur Vergrösserung jener Platten bestimmten Zellen besteht. Die kleinern von diesen Zellen haben eine der Kugel, die grössern eine der Linse sich nähernde Form. Ihr Kern ist rundlich, selten oval, und besitzt einen sehr kleinen, aber scharf um- schriebenen Kernkörper. Wo über ihnen eine Hornplatte dunkel gefärbt ist, besitzen auch sie um ihren Kern mehr oder weniger, im Allgemeinen jedoch nie viel von einem dunkelfarbigen körnigen Pigment. Ausserdem aber kommen auf dem Rücken an solchen dunklern Stellen sehr häufig zwischen jenen Zellen noch andre vor, die sich als blosse Pigmentzellen zu erkennen geben, eine nur sehr dünne häutige Wan- dung besitzen, mit einem körnigen Farbenstoffe so stark angefüllt sind, dass in ih- nen höchst selten ein Kern erblickt werden kann, und sehr verschiedne Formen ha- ben. Etliche sind rundlich, andre oval, noch andre bei einer solchen Gestalt mit einem oder zwei strahlenrörniigen Auswüchsen versehen, die meisten aber mit einer sehr viel grössern Zahl von solchen Ausstrahlungen, die übrigens gewöhnlich ge- krümmt oder geschlängelt, und zuweilen auch verzweigt sind. Dergleichen stern- förmige dunkle Pigmentzellen fand ich am Rücken junger Exemplare von Trionyx ocellatus, Trionyx aegyptiacus, Pentonyx capensis und Platemys Spixii, wie auch jüngerer und älterer Exemplare von Chelonia imbricata, Chelonia Midas, Testudo graeca, Emys europaea und Emys punctularia. Am Bauche hingegen habe ich nie- mals deutlich und mit Bestimmtheit besondre Pigmentzellen erkennen können. Weit seltner, als jene dunklen Zellen, kommen bei den Schildkröten auf der Lederhaut des Rumpfes besondre Zellen vor, die mit einem hellen körnigen Pigmente erfüllt sind. Unter den von mir untersuchten Schildkröten habe ich dergleichen nur bei Emys europaea, und zwar am Rücken, gefunden. Sie sind hier meistens sternförmig, haben lange, geschlängelte und mitunter gespaltene Strahlen, hängen sehr fest mit der Lederhaut zusammen, liegen haufenweise bei einander, und setzen kleine gelbe Flecke und Striche zusammen, die durch ganz farblos gebliebne Stellen der Horn- platten des Rückens klar hindurchschimmern. §. 40. An dem Halse, dem Schwänze, den Beinen und der nächsten Umge- bung der letztern ist bei den meisten Schildkröten, wenn sie erwachsen sind, die Lederhaut viel dicker, als auf dem Rücken- und Bauchschilde. Auf ihr kommen ausser jungen Zellen, die für die Epidermis bestimmt sind, häufig und in Menge noch dunkle Pigmentzellen vor, namentlich auch sternförmige, desgleichen bei meh- reren Schildkröten da, wo die Haut lebhaft gelb gefärbt ist, gelbe rundliche und 30 154 sternförmige Pigmenlzellen. Bei Emys punctularia aber fand ich die orangegelben Flecken und Streifen des Kopfes, die nach dem Tode des Thieres gewöhnlich schwe- felgelb werden, nur aus einfachen rundlichen und ovalen Zellen zusammengesetzt, deren Durchmesser nur 0,0004 " betrug. Die Epidermis, die an den genannten Kör- pertheilen eine nur massig grosse Dicke hat, lässt ganz dieselbe Zusammensetzung aus kleinen rundlich - eckigen , und mitunter noch mit einer Spur von einem Zellen- kern versehenen Blättchen gewahr werden, wie die Hornplatten des Rücken- und Bauchschildes, so dass theils deshalb , theils auch , weil in der Gattung Trionyx am Rücken und Bauche ebenfalls nur eine massig dicke Epidermis vorkommt, kein Zwei- fei darüber entstehen kann, dass jene Platten sehr verdickte Stellen der Epidermis sind. Auf den dunkeln Stellen der zuletzt genannten Körpertheile kommen auch in den einzelnen Blältchen der Epidermis häufig einige wenige Körner vor, die eine braune oder olivengrüne Farbe haben: niemals aber habe ich zwischen ihnen an je- nen Körpertheilen besondre Zellen finden können, die mit einem solchen Farbestoif ganz vollgefüllt gewesen wären. — Drüsenbälge habe ich bei keiner Schildkröte in der Haut bemerken können. Drittes Kapitel. Von den Rücken-, Brust- und Bauch -Muskeln. §.41. Wenn bei den Schildkröten, wie ich dargethan habe, das Bauchschild ein Theil ihres Hautskeletes ist, ein Brustbein aber ganz fehlt, so kann der allge- mein geltenden Ansicht nicht weiter Folge gegeben werden, dass von jenen Mus- keln, obgleich hei andern Wirbelthieren die ihnen entsprechenden sämmtlich ausser- halb der Rumpfhöhle liegen, einige zum Theil, und andre sogar gänzlich in der Rumpfhöhle ihre Lage haben. Indess kommen bei den Schildkröten in der Lage- rung und Verbindung auch der genannten Muskeln Verhältnisse vor , die von den- jenigen, welche bei andern Wirbelthieren wahrgenommen werden, mehr oder weni- ger abweichen. Die meisten von diesen Abweichungen sind jedoch nicht so bedeu- tend, wie sie auf den ersten Anblick zu sein scheinen, sondern lassen sich auf den allgemeinen Bildungstypus der Wirbelthiere leicht zurückführen. Einige wenige von jenen Muskeln aber scheinen bei den Schildkröten, wenn man diese mit andern Wir- 155 belthieren vergleicht, völlig versetzt und dem Bildungstypus der übrigen Wirbel- thiere ganz entfremdet zu sein, weil sie entweder zum Theil oder sogar gänzlich nach innen von den Rippen liegen, anstatt dass bei andern Thieren diejenigen Muskeln, mit welchen sie für gleichbedeutend gehalten werden, an der äussern Seite der Rip- pen ihre Lage haben. Ob indess die letztern Muskeln auch mit Recht für gleich- bedeutend mit einigen Muskeln andrer Wirbelthiere zu halten sind, wird sich für jeden von ihnen weiterhin ergeben. §. 42. Die Rückenmuskeln der Wirbelthiere lassen sich, ihrer Befesti- gung und ihrem Zwecke nach, am passendsten in 2 Klassen eintheilen, in solche nämlich, welche zur Bewegung der Wirbelsäule, der Rippen und des Kopfes dienen, und in solche, welche zur Bewegung der Gliedmassen bestimmt sind. Wollte ich mich jedoch im Folgenden an diese Eintheilung halten, so würde ich manche Wie- derholungen machen müssen. Um solche zu vermeiden , werde ich daher die abzu- handelnden Rückenmuskeln der Schildkröten nach den Gegenden eintheilen, in de- nen sie vorkommen. Uebrigens aber werden in dem Folgenden nur diejenigen be- rücksichtigt werden, welche bei den erwachsenen Schildkröten mit dem Rückenschilde in Verbindung stehen. A. Muskeln, die in dem Rückenschilde nach der Länge des- selben verlaufen, oder mittlere Rückenmuskeln. Von solchen kommen bei den Schildkröten nur 2 Arten vor : a) Musculi interspinales. (Tab. lü, Fig. 10. k. Tab. IV, Fig. 3. Tab. V, Fig. 1. h.) Wenn die Dornfortsätze der Rückenwirbel erst im Entstehen begriffen sind, oder sich nur erst in einem solchen Grade ausgebildet haben, dass sie von einander noch abstehen, kann man zwischen dem obern Theil der Bogen je zweier Rücken- und Kreuzbeinwirbel zwei schmale, dünne und überhaupt nur kleine, einander gleiche Muskeln bemerken, die von dem einen Bogen zu dem andern herübergehen, und deren Fasern nach der Länge des Leibes ihren Verlauf machen. Auch befindet sich ein Paar dergleichen Muskeln zwischen dem vordersten Rückenwirbel und dem letz- ten Halswirbel. An denjenigen Wirbehi, welche einen Dornfortsatz besitzen, sind sie dem rechten und linken Rande dieses Fortsatzes angeheftet, an den übrigen ge- nannten Wirbeln aber den Bogen selbst. Nach unten und aussen grenzen sie un- mittelbar an die Fasern der nachher zu beschreibenden, oder grössern Rückenmus- keln an: nach oben aber hängen sie mit einer dünnen Fascie zusammen, die über sie, die übrigen Rückenmuskeln und die Dornfortsätze ausgebreitet ist, und in die Fascia costalis übergeht, von der sie eine Fortsetzung ist. Zwischen je zweien sol- 20* 156 eben Muskeln, welche ein Paar ausmachen, befindet sich ein schmaler Zwischenraum, der von einem nur wenig dicken Streifen eines fibrösen Gewebes ausgefüllt wird. Dieser Streifen aber, der in der Mittelebene des Körpers von einem Wirbel zum andern geht und einem Ligamentum interspinale höherer Thiere entspricht, hängt innig mit der oben angegebenen Fascie zusammen, oder ist vielmehr als ein verdick- ter Theil derselben zu betrachten. — Später verschwinden die beschriebenen Mus- kelbündel gänzlich; und dies geschieht zu einer Zeit, da die Dornfortsätze immer breiter oder überhaupt grösser werden, in Folge davon aber sich an einander dicht anschliessen , auch der vorderste Dornfortsatz zu einer Verbindung mit der Nacken- platte gelangt, und über den hintersten Rumpfwirbeln sich einige andre Ergänzungs- platten des Rückensehildes bilden. Schon bei den untersuchten Jungen von Platemys und Trionyx ocellatus konnte ich so wenig, wie bei einer erwachsenen Emys euro- paea von den beschriebenen Muskelbündeln irgend eine Spur mehr auffinden ; geringe Ueberreste von ihnen aber bemerkte ich noch deutlich bei einer jungen Erays luta- ria und Em. europaea. b) Musculi sacrospinales [J/. longissimi dorsi, nach einer Deutung von Bojanus]. (Tab. ffl, Fig. 10. i. Tab. IV, Fig. 1. e, und Fig. 3. 3. Tab. V, Fig. 1. g. Tab. VII, Fig. 3. h. h. Fig. 6. d. d.) Es sind dies zwei lange und massig breite Muskeln, die von vorne nach hin- ten dünner und schmäler werden, bei noch sehr jungen Schildkröten in der Regel durch die ganze Länge des Rumpfes verlaufen, und bei den Jungen nirgend deut- lich Sehnenfasern bemerken lassen, obgleich in ihnen solche bei den Erwachsenen mitunter (z. B. bei Emys europaea, Trionyx ferox und Chelonia imbricata) stellenweise vorkommen. Sie machen ihren Verlauf über den Hälsen der Rippen, denen sie dicht aufliegen, bedecken auch die Bogenscbenkel der Rumpfwirbel, und grenzen nach in- nen (gegen die Mittelebene des Körpers) an die etwas höher gelegenen Musculi in- terspinales an. Von oben sind sie anränglich, ausser einer dünnen Fascie, nur durch die Haut und die darunter liegende Schichte des dichten Unterhaut-Bindegewebes be- deckt: wenn aber die meisten Rippen einen obern Schenkel gegen die Dornfortsätze der Wirbelbeine aussenden, auch die Dornfortsätze selbst an Breite zunehmen, wer- den sie durch diese verschiedenen Theile, wie durch Brücken, überwölbt. Ganz vorne gehen sie, etwas schmäler werdend, zwischen den obern Enden der Schulter- blätter und dem Dornfortsatze des vordersten Rumpfwirbels zum Nacken hin, laufen unter der Nackenplatte hinweg, und setzen sich unter den an diese Platte angehef- teten und dicht neben einander liegenden Nackenmuskeln zu beiden Seiten des letz- 157 ten oder der zwei letzten Halswirbel an diese Wirbel an. Hinten aber gehen sie meistens deutlich auf die Querfortsätze der Kreuzbeinwirbel und der Schwanzwirbel über, und lassen sich auch wohl am Sch\Aanze, wo sie von den M. M. extensores caudae bedeckt werden , mehr oder weniger weit nach hinten verfolgen. In einer solchen Lagerung, wie ich so eben angegeben habe, und in einer Ausdehnung vom Halse bis wenigstens zu den vordersten Schwanzwirbeln fand ich die in Rede ste- henden Muskeln bei den Jungen von Sphargis, Chelonia, Terrapene tricarinala, Trio- nyx aegyptiacus und Trionyx gangeticus, wie auch bei dem Embryo von Chelonia. Weniger deutlich war dieser ihr Verlauf bei dem Embryo von Testudo, bei dem an den Stellen, wo ich sie bei jenen erst genannten jungen Schildkröten gefunden hatte, nachdem diese Stellen freigelegt worden waren, zunächst zwei lange Fettstrei- fen sichtbar wurden. Denn in dem Fette waren die beiden Muskeln nur an der vordem Hälfte des Rumpfes leicht zu erkennen : ob sie aber sich auch über die hintere Hälfte des Rumpfes erstreckten, blieb mir so lange zweifelhaft, bis ich den hintern Theil der Fettstreifen unter das Mikroskop gebracht hatte, indem nunmehr in ihnen Bündel von Längsfasern sichtbar wurden, die ganz das Aussehen von Mus- kelfasern hatten. — Im Verlauf der weitern Entwickelung der Schildkröten ver- kümmern beide Muskeln bei einigen, oder vielleicht bei allen Arten dieser Thiere von hinten her mehr oder weniger weit: und dies geschieht zu einer Zeit, da sich wenigstens der mittlere Theil des Rückenschildes schon so ausgebildet hat, dass eine willkührliche Krümmung des Rückens nicht mehr möglich sein würde. Denn bei den beiden jungen Exemplaren von Emys europaea, die ich untersuchen konnte, des- gleichen bei den Jungen von Emys lutaria und Platemys Spixii endeten sie hinten ganz deutlich schon am siebenten Wirbel des Rumpfes, und bei dem jungen Pento- nyx capensis konnte ich sie nur bis zu dem sechsten Rumpfwirbel verfolgen. Was aber ihre Länge bei erwachsenen Schildkröten anbelangt, so erstrecken sie sich bei Emys europaea, nach einer von Bojanus gemachten Angabe, die ich bestätigen kann, bis beinahe zu dem achten Rippenpaare, indem ihre hintern Hälften theils an die beiden Schenkel des siebenten und der 4 zunächst davor befindlichen Rippen- paare, theils an die Wirbelbeine, von denen diese Rippen abgehen, angeheftet sind '). Nach Meckel ist eben so auch ihr Verhalten bei Emys serrata: bei Testudo aber sollen sie mit dem einen Ende an die untere Fläche des breiten Dornfortsatzes des ersten ( des zweiten ? ) Brustwirbels , mit dem andern an die Querfortsätze des hin- tersten Halswirbels befestigt, wie überhaupt nur sehr kurz sein, und bei Chelonia ^) Am angeführten Orte, Explicatio tabulae XVH, Fig. 67. 158 will Meckel von ihnen nicht einmal eine Spur mehr aufgefunden haben l). Da- gegen giebt Cuvier an, ohne aber eine besondre Species von Schildkröten nam- haft gemacht zu haben, dass bei den Schildkröten (jederseits) ein Muskel, den Bo- janus den langen Rückenmuskel genannt hat, der aber seiner Lage nach etwas an den Dornmuskel des Rückens erinnert ( ? ) , längs der Wirbelsäule hinläuft , indem er Fasern von allen Wirbeln (des Rumpfes) erhält, durch die zwischen den Köpfen der Rippen und dem Rückenschilde befindlichen Zwischenräume hindurchgeht, und sich vorne an der vordem (untern) Seite des achten Halswirbels endigt ^). Ausser der Emys europaea habe ich auf diese Muskeln noch einige andre er- wachsene Schildkröten untersucht. Bei Trionyx ferox sah ich sie nach hinten bis zu dem siebenten Wirbel des Rumpfes und dessen Rippen verlaufen : wie es aber allen Anschein hatte , reichten sie noch weiter bis zu dem nächstfolgenden Wirbel ; doch konnte ich darüber, ohne das Rückenschild von der obern Seite aufzubrechen, keine Gewissheit erlangen. Bei Chelonia imbricata und Terrapene tricarinata reich- ten sie bis zu dem siebenten Wirbel des Rumpfes, bei Emys punctularia mit dem fleischigen Theile bis zu dem vierten, indess Sehnenfasern von ihnen bis zu dem sie- benten Wirbel hingingen: bei Testudo graeca aber, wie auch bei Testudo maurita- nica endigten sie völlig am hintern Rande des oberen Schenkels des zweiten Rippen- paares, reichten also nur bis zu dem dritten Rumpfwirbel hin. Den Verlauf, den die einzelnen Fasern der M. M. sacrospinales machen, habe ich unter den jungen Schildkröten am besten bei Arten aus den Gattungen Sphar- gis, Chelonia, Emys imd Trionyx erkennen können. Ein jeder bestand bei ihnen aus einem einzigen langen Bündel, von dessen am meisten nach der Mittelebene des Körpers gelegenen Fasern mehrere ohne Unterbrechung von dem vordem bis an das hinterste Ende des Muskels gingen. Von den übrigen aber wurden immer einige an eine von den langem Rippen [den Hais und den zunächst gelegenen Theil des Körpers derselben] abgegeben, wie der Muskel über die Rippen herüberging, so dass das Bündel nach aussen abgestuft erschien, und noch andre, die gleichfalls eine sehr verschiedne Länge hatten, setzten sich gegenüber den Hälsen der Rippen an die Fascie, welche zwischen den Körpern der Rippen und den Dornfortsätzen ausgespannt war und eine Fortsetzung der Fascia costalis darstellte. Im Verlaufe der weiteren Entwickelung nehmen diese beiden Muskeln, wenn vielleicht auch nicht bei allen Schildkröten , so doch bei einigen , wie namentlich in ') System der vergl. Anatomie, Theil III, Seile 114. *) Le^ons d'anatomie comparee. Second edition, Tom. I, pag. 290. 159 der Galtung: Testudo , bedeutend an Länge ab : dagegen nimmt der übrig bleibende Theil eines jeden immer mehr an Dicke zu. In seinem ausgebildeten Zustande er- scheint dann ein jeder solcher Muskel von seinem vordem Ende, das theils fleischig, theils sehnig, im Ganzen nur dünn, und seitwärts an den letzten oder die zwei letz- ten Halswirbel angeheftet ist, um so dicker, je näher dem zweiten Rumpfwirbel, von diesem aber ab wiederum je weiter nach hinten, desto dünner, indem er in seinem Verlaufe theils an den obern , theils an den untern Schenkel einer jeden längern Rippe, durch die er hindurchgebt, Fasern abgiebt, die sich an den beiden Schenkeln dieser Rippen ansetzen. — Was aber die Wirkung der beiden M. M. sacrospinales anbelangt, so besteht sie bei den erwachsenen Schildkröten jedenfalls nur darin, dass sie den hintern Tbeil des Halses, wenn er abwärts gebogen war, wieder aufwärts biegen. Zufolge der Angaben, die ich in dem Obigen über die Muskeln, welche dem Rücken als solchem angehören und sich nach der Länge desselben erstrecken, ge- macht habe, sind dieselben auch bei den Schildkröten von einer ähnlichen Art, wie bei den höhern Wirbelthieren, kommen aber bei jenen in einer weit geringern Zahl vor, als bei diesen. Der Grund hievon liegt ohne Zweifel wohl darin, dass bei den Schildkröten die Entwickelung des Rückens schon frühe dahin gerichtet ist, ein in seinen Theilen unbewegliches knöchernes Schild zu bilden, bei dem dann überhaupt derartige Muskeln, wie sie bei andern Thieren zur Bewegung der Rückenwirbel und der Rippen gebildet werden, ganz unnütz sein würden. Die wenigen Rückenmuskeln aber, die bei den Schildkröten noch entstehen, legen nur ein Zeugniss davon ab, dass der Plan für die Entwickelung dieser Thiere in seinen Grundzügen demjenigen ähnlich ist, nach welchem sich die andern Wirbelthiere in ihrer Entwickelung rich- ten. Denn einen eigentlichen Zweck und Nutzen können jene Muskeln bei den Schildkröten, deren Rumpf durch eine eigentbümliche Verbindung seiner Knochen gajiz steif und unbeweglich gemacht wird, für die Bewegung des Rumpfes selbst nicht haben, weshalb auch später einige von ihnen zum Theil verkümmern, und noch andre wieder ganz verschwinden, wie denn überhaupt hei den Thieren sehr häufig Organe, die sich in einer frühern Lebenszeit gebildet hatten, wenn sie für die Er- reichung der Lebenszwecke überflüssig geworden sind, einer rückschreitenden Meta- morphose anheimfallen *). ') Rathke, über die rückschreitende Metamorphose der Thiere, in dessen Beiträgen zur vergl. Anato- mie und Physiologie, Reisebemerkungen aus Skandinavien, Danzig 1842. Seite 120 bis 154. 160 B. Muskeln, die an den vordem Theil des Rückenschildes be- festigt sind. a) Musculus cucullaris. (Tab. IV, Fig. 3, i. Tab. V, Fig. 1, a.) Für gleichbedeutend mit den Kappenniuskeln der Säugethiere hat J. F. Meckel 2 lange, schmale und nalie bei einander liegende paarige Muskeln der Schildkröten ausgegeben, die gleich unter der Haut des Nackens liegen. Bojanus hat sie mit dem Namen der M. M. splenii capitis belegt. Am dicksten fand ich sie bei den Seeschildkröten, am dünnsten bei Terrapene. Mit ihrem einen Ende sind sie ent- weder an das Hinterhauptbein oder • — ■ namentlich bei Emys europaea, Emys pun- ctularia und Terrapene tricarinata — an das Schläfenbein und die Fascia temporalis befestigt: ihr anderes Ende aber ist an die untere Seite der Nackenplatte angehef- tet. Keine solche Muskeln , die von der Nackenplatte bis zum Kopf gegangen wären, Hessen sich bei Pentonyx capensis und Trionyx auffinden *). b) Mtisculus splenitis capitis, nach Meckel. (Tab. IV, Fig. 3, c. Tab. V, Fig. I, b. b. Tab. VH, Fig. 1, h.) Einen Muskel der Art habe ich nur bei den Seeschildkröten bemerkt. Er liegt seitwärts von dem vorigen und ist mit seinem einen Ende an das Schläfenbein an- geheftet, mit dem andern breitern Ende zum kleinern Theil an die untere Seite der Nackenplatte, zum grössern, namentlich bei der erwachsenen Chelonia imbricata, an eine zwischen der Nackenplatte und der zweiten Rippe ausgespannten Fascie. Den Gattungen Emys und Testudo ist er schon von Meckel abgesprochen worden. c. Musculus spt'nalis cervicis, nach Bojanus und Meckel. (Tab. Vn, Fig. 3, d. Fig. 5, f. und Fig. 6, g.) Es liegen diese ebenfalls paarigen Muskeln an der obern Seite des Halses meistens nahe beisammen, seltner [Trionyx] an ihrem hintern Ende in massig gros- ser Entfernung von einander, und werden, wenn die Kappenmuskeln vorhanden sind, von denselben mehr oder weniger bedeckt, indess sie bei dem Mangel derselben grösstentheils gleich unter der Haut liegen. In dem erstem Falle sind sie bei man- chen Schildkrölen [Emys punctularia und Terrapene tricarinata] an ihrem hintern Ende mit den Kappenmuskeln so vereinigt, dass diese niu" besondre Zipfel von ihnen zu sein scheinen. Ihr hinteres Ende ist immer fleischig, und bei Testudo, Terrapene, Trionyx und Chelonia nur allein an die untere Seite der Nackenplatte , bei Emys und Pentonyx theils an die Nackenplatle , theils an die untere Seite des zweiten ') VoQ erwachseneu Exemplaren der Gattung Trionj'x habe ich auf die Muskeln Trionyx ferox, Tr. subplanus und Tr. granosus untersucht. IGl Paares der Rippen in der Nähe des vordem Randes dieser Rippen befestigt. Ihr vor- deres Ende ist in der Gattung Trionyx nur einfaeh, fast ganz fleischig, und nur allein an den fünllen [Tr. subplanus] oder sechsten Wirbel des Halses (und zwar an den Bogen desselben) befestigt : bei andern Schildkröten aber ist es 2 bis 3 Mal gespal- ten, und steht durch Sehnen mit mehrern ' hintern Halswirbeln in Verbindung. Bei Terrapene tricarinata und verschiednen Arten von Trionyx fand ich dicht unter und auch zum Theil nach aussen von den beiden so eben beschriebnen Mus- keln zwei iiuien im Verlaufe ähnliche [Tab. VII, Fig. 5, g.], die aber kürzer, obgleich ebenfalls recht stark waren. Mit ihrem hintern Ende entsprangen sie ent- weder nur von der Nackenplatte (Trionyx) , oder ausserdem auch von dem vordem Theil der Rippen des zweiten Paares (Terrapene) ; mit ihrem vordem Ende aber waren sie an den Bogen des siebenten Halswirbels angeheftet. Am passendsten las- sen sie sich wohl für besondre abgetrennte Bäuche der beiden vorigen Muskeln aus- geben, mit denen sie an ihrem hintern Theile auch innig zusammenhängen. d) Musculus scalenus p osticus , nach Meckel's Deutung. (Tab. VH, Fig. 3, g. und Fig. 6. i.) Dieser Muskel ist mit dem einen Ende an einige vordere Halswirbel (bei Pen- tonyx, wo er ansehnlich gross ist, an die 4 vordem), mit dem hintern Ende bei verschiedenen Schildkröten an verschiedene Körpertheile befestigt. Bei einigen ist er mit diesem letztern Ende weiter nach aussen, als die vorigen Muskeln, an das Rü- ckenschild angeheftet, und zwar bei Chelonia an die Fascie, welche zwischen der Nackenplatte und der zweiten Rippe ausgespannt ist, bei Pentonyx aber, bei dem die zweite Rippe bis an ihr äusseres Ende beträchtlich breit ist und sich bis dahin an die Nackenplatte angeschlossen hat, an diese zweite Rippe in der Nähe des vor- dem Randes jener Platte. Dagegen reicht bei Trionyx, Terrapene, Emys und Te- studo dieser Muskel gar nicht bis an das Rückenschild hin, sondern ist mit seinem hintern Ende an den sechsten und siebenten Halswirbel befestigt. Nach dem Angegebenen verhalten sich also die bis dahin aufgeführten Nacken- muskeln in Hinsicht ihrer Zahl bei den verschiednen Gattungen der Schildkröten sehr verschieden, und eben dasselbe gilt auch von ihrer Grösse. Alle aber sind mit ih- rem hintern Ende, wenn sie damit das Rückenschild erreicht haben, bei erwachsenen Schildkröten vor der Achse der zweiten Rippe an dieses Schild befestigt, einige von ihnen sogar nur allein an die Nackenplatte. Bei solchen jungen Schild- kröten nun, bei welchen die Rippen noch sehr schmal und cylindrisch sind, findet man die oben beschriebenen Muskeln mit ihrem hintern Ende, je nach ihrer Ver- schiedenheit, entweder nur an die Nackenplatte befestigt, oder hinter dieser an das 21 162 Unterhaut -Bindegewebe des Rückens, oder noch etwas weiter nach hinten an den vordem Rand der zweiten Rippe. Da aber die Nackenplatte wohl ohne Zweifel später, als die genannten Muskeln, entsteht und sich unabhängig von der Wirbel- säule und den Rippen unter der Haut bildet: so besteht die Abweichung, welche jene Muskeln von den gleichnamigen der Säugethiere in Hinsicht ihrer Befestigung darbieten, ursprünglich nur darin, dass die meisten von ihnen [nämlich die unter Litt, a bis c aufgeführten] an ihrem hintern Ende mit der Hautbedeckung in Ver- bindung stehen, anstatt dass sie bei den Säugethieren an die obere Seite einiger Wirbel angeheftet sind. Aber auch bei den erwachsenen Schildkröten ist die Ab- weichung in der Lage und Befestigung ihrer hintern Theile nicht so bedeutend, wie sie auf den ersten Anblick zu sein scheint. Diejenigen, welche an die Nackenplatte angeheftet sind, weichen von den ihnen entsprechenden der Säugethiere nur darin ab, dass sie mit ihrem hintern Tbeile nicht an die Dornfortsätze einiger Wirbelbeine be- festigt sind, sondern an einen über ihnen entstandenen Theil des Hautskeletes , der den Säugethieren fehlt. Was aber die Befestigung einiger dieser Muskeln an die untere Seite der zweiten Rippe anbelangt, so ist sie der Hauptsache nach durch das eigenthümliche und auf eine gegenseitige Durchdringung hinzweckende Verhältniss bedingt, welches zwischen den meisten Rippen und dem Unterhaut-Bindegewebe ein- tritt, und in Folge dessen bei dem Wachsthum der zweiten Rippe in die Breite der neue Anwuchs sich immer dicht an dem Unterhaut-Bindegewebe hält und dabei Alles, was vor ihm liegt, sogar die ganze erste Rippe, zu überwölben strebt. Näher noch angegeben, findet man die hintern Enden derjenigen Nackenmuskeln, welche bei er- wachsenen Schildkröten entweder gänzlich oder nur zum Theil an die untere Seite der zweiten Rippe befestigt sind, anPänglich vor dieser Rippe mit dem Unterhaut- Bindegewebe in Verbindung. Später bildet sich dann zwischen ihnen und diesem Gewebe eine von der zweiten Rippe ziu" Nackenplatte gehende Fascie aus, an die sie nunmehr angeheftet erscheinen. Noch später aber, wenn die Rippen des zwei- ten Paares bedeutend an Breite zunehmen und dabei, nach vorne über die Rumpf- höhle hinaus wachsend , sich besonders nach vorne ausdehnen , schneiden sie in jene Fascien immer mehr ein und spalten sie in ein oberes (nachher vergehendes) und ein unteres (verbleibendes) Blatt, breiten sich also über die Insertionsstellen der Mus- keln, die an jene Fascien angeheftet sind, immer weiter nach vorne aus, bis endlich diese Muskeln mit ihrem einen Ende unter ihnen zu liegen kommen. e) Musculus latissimus colli, nach Bojanus, oder Stellver- treter mehrerer Halsmuskeln der Säugethiere, nach Meckel (Tab. VR, Fig. 5, i.). Es ist dies ein dünner und ziemlich breiter oberflächlicher Muskel, der von un- 163 len her die Luflrölirc und Speiseröhre bedeckt , und dessen Fasern im Allgemeinen eine quere Richtung haben. Vorne setzt er sich mit 2 Zipfehi an die Schläfen- beine au, hinten reicht er bis unter das Rückenschild. Seine hintersten Fasern ge- hen bei den meisten Schildkröten von der Nackenplatte zu dem vordem Theil des Bauchschildes herab, sind an die innere Seite beider befestigt, und kommen dann ge- wöhnlich, wie die übrigen Fasern, nur in einer dünnen Lage vor : bei den Trionyx- Arten aber bilden sie jcderseits ein dickes und überhaupt sehr starkes abgetrenntes Bündel , das einen besondern senkrecht herabgehenden Muskel darstellt, der schmal an der Nackenplattc beginnt und gegen das Bauchschild immer breiter wird. Seltner geht der ganze Muskel hinten in die Aponeurose der Oberarmmuskeln über , und dies ist der Fall bei den Seeschildkröten, als bei welchen das Bauchschild nicht so weit, wie bei den übrigen Schildkröten, nach vorne reicht. — Welchem Muskel der Säugelhiere man den eben beschriebnen auch für gleich- bedeutend halten will , so wird seine gewöhnliche Verbindung mit der Nackenplatte und dem Bauchschilde nicht eine wesentliche Abweichung von dem Typus der Säu- gethierc, namentlich nicht eine theilweise Versetzung in das Innere der Rumpfhöhle bezeichnen können, da sowohl die Nackenplattc, als auch das Bauchschild dem Haut- skelete angehört. f) Musculus latissimus dorst, nach Cuvier, Bojanus und Meckel. (Tab. III, Fig. 10, h. Tab. IV, Fig. 3.7. Tab. V, Fig. 1, e. Tab. VII, Fig. 3, d. Fig. 5, h. und Fig. 6, k. k.) Bei allen Schildkröten steht dieser Muskel dem gleichnamigen der Säugelhiere an Grösse sehr nach, liegt weit nach vorne, geht von der Innern Fläche des Rücken- schildes nach unten und vorn zu dem Oberarraknochen , und läuft auf diesem Wege vor dem Schulterblatte herab. Sein oberes dickeres Ende ist nach Ablauf der Ent- wickelung angeheftet bei Trionyx nur allein an die Nackenplatte, bei Testudo theils an diese Platte, theils an die zweite Rippe vor der Achse derselben, bei Emys, Pen- tonyx und Terrapene nur allein an diesen vordem Theil der zweiten Rippe. Zur Erklärung der Abweichung also, welche dieser Muskel in der Befestigung seines obern Endes von dem gleichnamigen Muskel der Säugethiere darbietet, würde sich für die oben genannten Schildkröten dasselbe anführen lassen, was ich schon in Betreff derjenigen Nackenmuskeln, welche bei ihnen von dem Rückenschilde abgehen, angegeben habe. Etwas anders aber verhält sich die Sache bei den erwachsenen Seeschildkröten. Bei diesen nämlich, wenigstens bei denen aus der Gattung Chelo- nia, bei welchen der in Rede stehende Muskel eine weit grössere Stärke, als bei den Land- und Süsswasser- Schildkröten erlangt, ist er mit seinem obern breitern 21 • 164 Ende von unten her nicht blos an die zweite Rippe, sondern auch an die vordere Hälfte der dritten Rippe [an die vor der Achse dieser Rippe befindliche Hälfte] an- geheftet. Vergleicht man jedoch dieses sein Verhältniss mit demjenigen, in welchem sich der Muskel bei andern Schildkröten zu dem Rückenschilde befindet, so darf man für sehr wahrscheinlich halten, dass er mit seinem obern Ende anfiinglicb auch bei den Seeschildkröten nicht so weit nach hinten reicht, und dass er nur erst bei zu- nehmender Stärke sich unter dem Rückenschilde weiter nach hinten ausbreitet. Dass dem aber wirklich auch so ist, ergiebt die Untersuchung von Seeschildkröten, welche noch in der Entwickelung begriffen sind. Denn bei dem Embryo von Chelonia Mi- das und der jungen Sphargis fand ich, dass sein oberes Ende nur an den vordem Rand der zweiten Rippe und vor dieser an das Unterhaut-Bindegewebe des Rückens angeheftet war. Bei der jungen Chelonia virgata aber war er zum Theil schon an die untere Seite der zweiten Rippe befestigt, und bei den Jungen von Chelonia Mi- das und Chelonia imbricata reichte er zwar schon über die zweite Rippe, die erst eine geringe Breite hatte, ein wenig hinaus, stand jedoch von der dritten Rippe noch weit ab. Es lässt sich demnach im Allgemeinen über das abweichende Ver- halten des M. latissimus dorsi bei den Seeschildkröten Folgendes angeben: Anfangs ist dieser Muskel an den vordem Rand der zweiten Rippe, die über die erste nach aussen weit vorspringt, und vor derselben an das UnLerhaut-Bindegewebe angeheftet. Allmählig aber wächst die zweite Rippe über ihn nach vorne hinüber, und es be- ginnt zugleich eine gegenseitige Durchdringung dieser Rippe und des sie bedecken- den Unterhaut- Bindegewebes. Dadurch wird der Muskel an seinem hintern Ende ausser Verbindung mit dem Unterhaut - Bindegewebe gesetzt. Verlängert er sich darauf noch weiter nach hinten und nimmt an seinem hintern Ende bedeutend an Stärke zu, so ist er genöthigt, sich unter der zweiten Rippe und der Fascie, wel- che dieselbe mit der folgenden Rippe verbindet, auszubreiten. g. Musculus subclavius, nach Bojanus. (Tab. IV, Fig. 3, b. Tab. V, Fig. 2, e. Tab. VU, Fig. 3, f. Fig. 5, c. und Fig. 6, c.) Auch dieser ist bei den Schildkröten ein wahrer Rückenmuskel, in sofern er der Rückenwand des Rumpfes angehört. Er verläuft dicht an der untern Seite des Rückenschildes in der Regel quer von aussen nach innen und zugleich, je nach der Wölbung des Rückens, mehr oder weniger nach oben. Mit seinem äussern Ende ist er in diesem gewöhnlichen Falle an das Rückenschild, entweder in einiger Ent- fernung oder ganz in der Nähe von dem äussern Rande desselben , mit seinem In- nern dünnern Ende aber an das obere Ende des Schulterblattes — welches Knochen- stück von Bojanus für gleichbedeutend mit dem Schlüsselbeine andrer Thiere ge- 165 halten wurde — angeheftet. Ferner ist er in der Regel viel kleiner , als der M. latissi- raus dorsi, hinter dem er gelegen ist, doch bei verschiednen Schildkröten von ver- schiedner Grösse und Form. Bei den Seeschildkröten ist er fast spindelförmig und von nur geringer Grösse, bei andern Schildkröten im Allgemeinen grösser, platt, länglich-dreieckig, und mit seiner abgerundeten Basis nach aussen und unten gerich- tet. Zum Theil je nach der verschiednen Breite dieses seines äussern Endes, theils auch wegen einer etwas verschiednen Lagerung desselben und der verschiednen Breite der zweiten Rippe ist er bei verschiednen Schildkröten an verschiedne Theile des Rückenschildes befestigt. So entspringt er bei Chelonia imbricata dicht hinter dem äussern Ende der zweiten Rippe von der Fascia costalis, bei Trionyx ferox von der untern Seile der dünnern Hälfte ebenderselben Rippe, hinter dieser von der Fascia costalis, und vor ihr von der Nackenplatte, bei Trionyx granosus, bei der er grösser und schräger gelagert ist, als bei Trionyx ferox, von der zweiten und dritten Rippe und der zwischen beiden befindlichen Fascie, bei Pentonyx capensis an der untern Seite der zweiten Rippe von deren Achse bis zum vordem Rande der dritten Rippe, bei Testudo graeca von der untern Seite der zweiten Rippe und der dritten Marginalplatte , bei Emys europaea und Emys lutaria von der untern Seite der zweiten Rippe vor der Achse derselben, bei Terrapene tricarinata und Platemys Spixii, bei denen ich ihn nächst Pentonyx capensis am breitesten gefunden habe, von der untern Seite der zweiten und dritten Rippe und den nach aussen von diesen Rippen gelegnen Marginalplatten. — Eine beachtungswerthe Ausnahme von der Regel zeigt er in seiner Lagerung bei Emys punctularia. (Tab. Vü, Fig. 3, f.) Bei dieser Schildkröte nämlich verläuft er nicht quer von aussen nach innen, son- dern fast parallel der Wirbelsäule und ganz nahe derselben von hinten nach vorne, so dass er völlig hinter dem Schulterblatte liegt, anstatt dass er sich bei andern Schildkröten seitwärts von dem Schultcrblatte befindet. Uebrigens ist er hier ungefähr eben so gross wie bei der Platemys, breiter, als der M. latissimus colli, und unter der dritten iind zweiten Rippe gelagert. — Dass dieser Muskel wegen seiner Verbin- dung mit dem obern Ende des Schulterblattes nicht dem M. subclavius andrer Wir- belthiere gleichbedeutend sein kann, ist schon von Meckel angeführt worden. Aber auch keinem andern Muskel andrer Wirbelthiere entspricht er nur einigermassen, wenn man seine Lagerung und die Befestigung seiner beiden Enden berücksichtigt, und es will mir daher als das Wahrscheinlichste vorkommen, dass er ein ganz ei- genthümlicher Muskel der Schildkröten ist. Zwar meint Dumeril, dass der in Rede stehende Muskel wahrscheinlich ein Ueberbleibsel von dem M. serratus anticus major sei, und dass man dabei nicht vergessen dürfe, dass bei den Schildkröten die 166 Muskeln, wie die Knochen, eine verkehrte Lage haben i). Aber wie es sich hie- mit auch verhalten mag, so spricht gegen jene Deutung das Lagerungsverhältniss zwischen dem fraglichen und einem andern Muskel der Schildkröten, den Dumeril selbst, und das mit Recht, für den M. pectoralis minor ausgegeben hat. Denke man sich, dass man bei einem Säugethier mit schmalen Schulterblättern jederseits die Rippen nach innen von den Inserlionslinien des M. serratus anticus major und M. pectoralis minor durchschnitten, das Brustbein mit den daran hängenden Rippenknor- peln und Rippenstücken entfernt , den Rumpf von oben und unten stark abgeplattet und die Schulterblätter, nachdem nur die genannten Muskeln an ihnen gelassen wor- den wären, so nach vorne, unten und innen gezogen hätte, dass sie mit ihrem obern Ende unter das Wirbelende der Rippen des ersten Paares zu stehen gekommen wä- ren, so würden jene Muskeln, falls sie bis auf die Enden aus ihren Verbindungen gelöst worden wären, und eine hinreichende Dehnbarkeit besässen, zu einander doch immer noch eine solche Lage haben, dass sich der M. serratus anticus major nach aussen von dem M. pectoralis minor befinden würde. Bei den Schildkröten hinge- gen, bei denen der letztere Muskel naturgemäss eine solche Lage hat, wie er sie bei einem Säugethiere erlangt haben würde, wenn sich das, was ich eben als denk- bar angegeben habe, ausfuhren liesse, befindet sich der Muskel, den Dumeril für ein Ueberbleibsel des M. serratus anticus major gehalten hat, nach innen voa dem M. pectoralis minor. Dieserhalb denn aber und weil auch der fragliche Muskel bei manchen Schildkröten weit von den äussern Enden der Rippen an diese angeheftet ist, kann ich Dumeril nicht beipflichten. C. Muskeln, die an den hintern Theil des Rückenschildes an- geheftet sind. a. Die Strecker und einige Seitwärts zte her des Schwanzes. (Tab. m, Fig. 10, 1. Tab. IV, Fig. 3, 8. Tab. V, Fig 1. und Fig. 2, g.) sind bei sehr jungen Schildkröten hauptsächlich hinter den Rippen an das Unterhaut- Bindegewebe des Rückens, manche Fasern der erstem aber an den hintern Rand des hintersten längern Rippenpaares angeheftet. Bilden sich dann später hinter den Rippen Ergänzungsplalten des Rückenschildes, wie dies bei fast allen Schildkrölen geschieht, so kommen die angegebnen Muskeln hauptsächlich mit diesen in Verbindung. Auch werden sie von dem hintersten längern Rippenpaare, während dasselbe an Breite zunimmt und über die Rumpfhöhle hinauswächst, etwas, doch im Ganzen nur sehr wenig überwölbt. Es bieten demnach diese Muskeln in ihrer Lage und Ver- *) Le9ons d'anat. comp, de G. Cuvier, Tom, I, p. 381. 167 bindung noch wenigfer Auffallendes dar, als manche von denjenigen, welche an den vordem Theil des Rückenschildes befestigt sind. b. Musculus glutaeus, nach Bojanus und Meckel. (Tab. VII, Fig. 5, n. und Fig. 6, o.) Ein ziemlich starker Muskel geht theils von dem Hüftbein, theils auch von der untern Seite des Rückenschildes zu dem äussern Trochanter des Oberschenkels. Selten entspringt er nur allein vom HüRbein, so namentlich bei Terrapene. Sein von dem Rückenschilde abgehender Theil ist befestigt bei Pentonyx capensis, bei der er sehr stark ist, in einiger Entfernung von der Wirbelsäule an die sechste und siebente Rippe, bei Trionyx ferox, Tr. ocellatus und Tr. granosus an die Kör- per des achten und neunten Rumpfwirbels und die Hälse der von diesen Wirbeln abgehenden Rippen, bei Chelonia imbricata und Emys punctularia an den neunten und zehnten Rumpfwirbel und in deren Nähe an die Hälse der von ihnen ausgehen- den Rippen, bei Emys europaea nahe diesen Wirbeln nur allein an die beiden letz- ten Rippen. Wahrscheinlich ist er anfangs nach oben nur an das Hüftbein befestigt, vA'ächst dann aber, indem er dicker wird, von diesem auf die angegebnen Theile des Rückenscbildes hinüber, und zwar deshalb nicht auf die äussere, sondern auf die innere Seite derselben, weil die hintern längern Rippen ganz in der Nähe der Hüftbeine liegen, weil sie ferner sich mit ihrem freien Ende theils sehr nach aussen, theils auch sehr nach hinten gerichtet haben , und weil sie an ihrer obern Seite aufs innigste mit dem dichten Unterhaut- Bindegewebe und der Hautbedeckung zu- sammenhängen, so dass der in Rede stehende Muskel bei seiner Verlängerung weder zwischen dem Hüftbein und jenen Rippen nach aussen hindurch, noch zwischen jene Rippen und die Hautbedeckung hineindringen kann. c. Dicht hinter dem vorigen geht bei Trionyx (Tab. VII, Fig. 5, o) ein kur- zer dicker Muskel von dem Körper des zehnten Rumpfwirbels und dessen Rippe zu der vordem Seite des Hüftbeins, das er etwas nach vorne ziehen kann. Bei andern Schildkröten habe ich diesen Muskel, den ich mit keinem der Säugethiere zu ver- gleichen weiss, nicht bemerken können. §. 43. Brustmuskeln sind in 2 Paaren vorhanden. a. Musculus pectoraiis major, nach der Deutung Cuvier's und Meckel's. Es entspringt dieser Muskel mit verschiedenen Bündeln oder Bäuchen theils von der obern Seite des Bauchschildes, theils von dem Schultergerüste, setzt sich an das Tu- berculum majus des Oberarmbeins und ist relativ am grössten bei den Seeschildkrö- ten, immer aber im Verhältniss zu seiner Länge und Breite ansehnlich dick. Seine 168 theihveise Anheftung an die innere Seite des Bauchschildes kann nicht befremden, da dieses, wie gezeigt worden, zu dem Hautskeiete gehört, nicht aber gleichbedeu- tend mit dem Brustbein anderer Thiere ist. b) Musculus pectoralis minor^ nach Dumeril *) [M. serratus anticus major, nach Bojanus und Meckel]. (Tab. VII, Fig. 5, k.k. und Fig. 6, 1. 1.) Dieser bei den Schildkröten immer sehr platte, breite und dünne Muskel ist völlig unter der vordem Hälfte des Rückenschildes versteckt, verläuft im Allgemei- nen von dem Seitenrande desselben nach unten und innen zu dem Hakenschlüssel- bein, also zu demjenigen Theile des Schultergerüstes, welcher dem Processus cora- coideus des Schidterblattes der Säugethiere entspricht, und ist von unten her zum Theil durch den vorigen Muskel, über dem er seine Länge hat, bedeckt. Sein obe- res oder äusseres und breiteres Ende ist in einer ziemlich langen bogenförmigen Li- nie, die von vorn nach hinten geht, jedenfalls nach aussen von den Rippen, jedoch ganz in der Nähe derselben, an die Rückenwand des Leibes angeheftet, und zwar in der Gattung Trionyx an die dicke und feste Schicht des Unterhaut-Bindegewebes in dem Winkel, den die Bauch- und Rückenseite des Rumpfes bilden, also dicht an der Hautfalte, welche den Rücken besäumt, bei andern Schildkröten aber nur in frü- her Jugend in einer gleichen Gegend an das Unterhaut-Bindegewebe, später an einige knöcherne Marginalplatten des Rückenschildes in einiger Entfernung von dem obern (oder Innern) Rande derselben. Es beginnt jene Anheflungsliuie gewöhnlich gegen- über dem äussern Rande der Nackenplatte, seltner ein wenig vor derselben, wie na- mentlich bei Trionyx ferox, und erstreckt sich von da aus bei verschiednen Schild- kröten verschiedentlich weit nach hinten, nämlich entweder nur eine massig grosse Strecke über den vordem Flügel des Bauchschildes hinaus, so z. B. bei Emys eu- ropaea und E. punctularia, oder bis zu dem hintern Flügel dieses Schildes hin. Von der erwähnten Anheftungslinie geht dann der Muskel, indem er schmäler wird und seine hintern Fasern sehr schräge nach vorne verlaufen, nach unten und innen zu dem Hakenschlüsselbein, und liegt auf diesem Wege nach aussen von der Lunge seiner Seite dicht an dem Bauchfelle und derjenigen einen Theil des Bauchfells be- kleidenden, sehr dünnen Muskelschichte, welche man für das Zwerchfell ausgegeben hat. Je weniger platt und dünne eine Schildkröte ist, um desto mehr hat der in Rede stehende Muskel eine Richtung von oben nach unten, und desto weniger von aussen nach innen: auch liegt er dann um desto mehr seitwärts und desto we- ') Le(ODs d'aaatomie comparee de G. Cuvier. Secoud edition, T. I, p. 380. 169 nigcr nach unten von dem Bauchfelle. Haben dabei die Marginalplatten , an die er angeheftet ist, eine beträchllichc Breite und eine starke Neigung nach unten, wie ins- besondre in der Gattung Testudo und Tcrrapene, so läuft der Muskel an ihnen erst eine Strecke herab , ehe er sich nach innen wendet. Dagegen verläuft er bei den sehr abgeplatteten und dünnen Schildkröten aus der Gattung Trionyx nur sehr we- nig nach unten, sondern vorzüglich nach innen, und liegt bei ihnen mit seiner hin. lern grössern Hälfte ganz unterhalb des Bauchfells. Auch ist er bei den letztern von seiner breitern äussern Insertionslinie aus , und das eben wegen seiner starken Richtung nach innen , in einer massig grossen Strecke mit seiner einen Fläche an die Rippen und die Fascia costalis angeheftet, ehe er sich nach unten wendet und zu dem Bauchfell gelangt. Bei solchen Schildkröten aber, welche sehr stark ge- wölbt und mit stai'k nach unten gerichteten Marginalplatten versehen sind, ist er nir- gend mit seiner einen Fläche an die Rippen herangezogen und an sie durch Zell- gewebe befestigt. Mit dem M. serratus anticus major der Säugethiere und anderer Wirbelthiere hat dieser Muskel nur darin eine Aehnlichkeit, dass er breit und platt ist , und dass er zu dem Schultergerüste hingeht : aber in seinem Ursprünge , Ver- laufe und Lager ungsverhältniss, wie auch in Hinsicht der Stelle, wo er sich an das Schultergerüste anheftet, ist er jenem Muskel durchaus unähnlich. Dagegen ist er, wie der Muse, pectoralis minor andrer Wirbelthiere, mit dem einen Ende an die Wandung der Rumpfliöhle, mit dem andern an das Hakenschlüsselbein (den Stell- vertreter des Processus coracoideus) angeheftet, und ich glaube deshalb mit Dume- ril, dass dieser Muskel ein dem M. pectoralis minor der höhern Thiere entspre- chender ist. In Hinsicht der Richtung und Lagerung verhält er sich allerdings ganz anders, als der M. pectoralis minor bei dem Menschen und überhaupt den wenigen Säugethieren, die ihn besitzen. Denn erstens verläuft er von den Rippen aus nicht schräge nach vorn, oben und aussen, wie bei den Säugethieren , sondern umgekehrt schräge nach vorn, unten und innen, so dass er ganz verdreht zu sein scheint, und zweitens liegt er mit seiner einen Seite nicht, wie bei den Säugethieren und Sau- riern, den Rippen, sondern dem Bauchfell an. Allein 1) nicht jedenfalls hat bei andern Wirbelthieren der kleine Brustmuskel eine Richtung von hinten und unten nach vorn und oben, sondern bei den Sauriern mit- unter eine ziemlich gerade von hinten nach vorn, und zwar in dem Fall, dass das Hakenschlüsselbein entweder eine beinahe horizontale Lage hat, oder nur sehr kurz ist, also die vordre Anheftungsstelle des Muskels weit nach unten liegt, wie nament- lich bei den Krokodilen und in der Gattung Scincus. Wenn nun aber die Richtung dieses Muskels in einer senkrechten , von hinten nach vorn gehenden Ebne bei den 22 170 Säugethieren und Sauriern eine sehr verschiedne ist, so darf man wohl annehmen, dass die von hinten und oben nach vorn und unten gehende Richtung, die er bei den Schildkröten bemerken lässt, nur einen noch höhern Grad der Abweichung von seiner bei den Säugethieren vorkommenden Richtung bezeichnet, als schon bei man- chen Sauriern angetroffen wird '). Was hingegen bei den Schildkröten die Rich- tujig dieses Muskels von oben und aussen nach unten und innen anbelangt, so lässt sich diese aus der nur schwachen Krümmung und der beträchtlichen Länge der Rip- pen erklären, neben deren äussern Enden der Muskel an die Rumpfwandung befe- stigt ist. 2) Dass bei den Schildkröten der kleine Brustmuskel nicht der äussern Seite der Rippen, sondern dem Bauchfell anliegt, hat seinen Grund einfach darin, dass bei ihnen nebst dem Brustbein auch solche Theile fehlen, welche den Rippenknorpeln oder Sternalrippen andrer Thiere entsprächen, der in Rede stehende Muskel aber, um von den Rippenenden zu dem Hakenschlüsselbein zu gelangen, von hinten und oben nach vorn und unten seinen Verlauf macht. Gesehen auf die individuelle Entwickelung der Schildkröten , so kommen die Abweichungen , die bei ihnen der M. pectoralis minor von den bei andern Thieren wahrnehmbaren Lagerungsverhältnissen darbietet, folgendermassen zu Stande. Zu einer Zeit, da der Embryo in seiner ganzen Gestalt noch dem Embryo eines Säu- gethieres oder einer Eidechse ähnlich ist und alle seine Rippen noch sehr kurz sind, bildet sich dieser Muskel zwischen den Enden der Rippen, die nie mit einem Brust- bein in Verbindung kommen, und dem sich tief nach unten lagernden Hakenschlüs- selbein, anstatt dass bei den Säugethieren und Sauriern, wenn sich bei ihnen der M. pectoralis minor zu bilden beginnt, sein eines Ende auf den Rippen entsteht. Wenn nachher aber der Rumpf der Schildkröten sich abplattet und die Rippen sich nach aussen richten, auch beinahe alle Rippen bedeutend an Länge zunehmen und dabei diejenigen, welchen der erwähnte Muskel zunächst gelegen ist, mit Ausnahme der vordersten, über die Rumpfliöhle und die Schulterblätter mehr oder weniger hin- auswachsen, wird der ihnen zunächst gelegne oder obere Theil des Muskels dadurch genöthigt, sich ebenfalls nach aussen zu richten, und sich endlich bei einigen Schild- kröten zum Theil sogar der untern Seite jener Rippen anzuschmiegen. Noch bei ') Auch bei den ungescbwäazlea Batrachiern hat derjenige Muskel, welchen Meckel für den M. pe- ctoralis minor angesehen hat, eine Richtung von oben und hinten nach unten und vorn. Jedoch kann ich diese Deutung des Muskels nicht für richtig halten, da derselbe nicht mit dem das Hakenschlüsselbein vor- stellenden Knochenstücke, sondern mit der untern Hälfte des Schulterblattkörpers in Verbindung steht. Mit Cuvier halte ich dafür, dass bei den schwanzlosen Batrachiern der kleine Brustmuskel fehlt. 171 solchen Jiuig^en von Chelonia imbricata und Chelonia Midas, bei welchen die längern Rippen an ihrem Ende noch ziemlich stark nach unten gekrümmt waren, lag der Muskel mit keinen seiner Theile den Rippen an, sondern ging vom Rückenschilde geradesweges nach unten und innen: bei einer halberwachsenen Chelonia imbricata aber, bei der die lungern Rippen an ihren dünnern Hälften ein wenig aufgebogen waren, so dass ihr Rücken einigermassen eine Aehnlichkeit mit einem chinesischen Dache hatte, wai' der Muskel nahe seiner obern Insertionslinie in einer massig gros- sen Strecke durch ein lockeres Zellgewebe, das sich in einer massig dicken Schichte zwischen ihm, den Rippen und der Fascia costalis abgelagert hatte, an diese Körper- theile angeheftet, so dass er erst in einiger Entfernung von seiner Insertionslinie von dem Rückenschilde nach unten abgehen konnte. §. 44. Bauchmuskeln kommen bei den Schildkröten nur in 4 Paaren vor, und diese hat man den M. M. quadrati lumborum, obliqui interni, transversi und recti abdominis der böbern Thiere für gleichbedeutend gehalten. Muskeln, welche den M. M. obliqui externi abdominis der Säugelhiere entsprächen, fehlen. a) Musculus quadratus lumborum, nach Meckel's Deutung. (Tab. IV, Fig. 4, h. Tab. V, Fig. 1, m. m. Tab. VE, Fig. 5, d. und Fig. 6, e. ) Dieser platte, an dem einen Ende breite und abgerundete, an dem andern Ende schmale Muskel, durch den das Becken etwas nach vorn gezogen werden kann, liegt immer dicht unter der hintern Hälfte des Rückens ausserhalb des Bauchfelles, und ist mit seiner einen ganzen Fläche dicht an die untere Seite einiger Rippen angeheftet. Seine Richtung ist mehr oder weniger schräge von vorn und aussen nach hinten und innen gegen das Hüftbein, an dessen oberer Hälfte sein dünneres Ende, das ent- weder nur sehnig, oder zum Theil auch fleischig ist, befestigt gefunden wird. Am meisten schräge von aussen nach innen verläuft er bei den sehr platten und breiten Schildkröten der Gattung Trionyx, nur wenig schräge dagegen bei denen der Gat- tung Chelonia. Auch liegt er bei den erstem fast nach seiner ganzen Länge weit von der Wirbelsäule entfernt, indess er sich bei manchen Schildkröten der Wirbel- säule sehr nahe befindet und bei Emys punctularia sie sogar nach seiner ganzen Länge beinahe berührt. Gleichfalls verhält er sich in Hinsicht der Grösse bei den verschiednen Gattungen der Schildkröten sehr verschieden.- Am grössten, besonders am längsten fand ich ihn bei den Trionyx-Art«n (Tab. VH, Fig. 5, d.), bei denen er unter der dünnern Hälfte der fünften Rippe beginnt, und mit einem grossen Theile seines äussern Randes bis dicht an die Hautfalte hinreicht, welche den Rücken rings- 22* 172 um besäumt i). Weit kürzer ist er in den Gattungen Chelonia, Emys, Platemys und Terrapene (Tai. VII, Fig. 6, e.), in denen allen er nach vorne nur bis un- ter die siebente Rippe reicht. Am kürzesten aber und überhaupt nur von geringer Grösse fand ich ihn in den Gattungen Pentonyx und Testudo, in denen er haupt- sächlich von der neunten und nur mit wenigen Fasern auch von der achten Rippe entspringt. — Mit dem M. quadratus lumborum der Säugethiere hat der beschriebne Muskel darin allerdings eine Aehnlichkeit, dass er sehr platt ist und einerseits mit dem Hüftbein, andrerseits mit den Rippen in Verbindung steht: dagegen weicht er von ihm in sofern bedeutend ab, als er seiner ganzen Länge nach unter den Rippen ver- läuft. Aber einestheils vertreten bei den Schildkröten einige der hintersten Rippen, wie es allen Anschein hat, die bei vielen Säugethieren an den Lendenwirbeln vor- kommenden Querfortsätze, und anderntheils findet man bei solchen Sauriern, welche an mehrern zunächst vor dem Kreuzbein liegenden Wirbeln massig lange Querfort- sätze besitzen, dass bei ihnen ein platter Muskel, der zum Theil, wie bei den Säu- gethieren, unter diesen Fortsätzen liegt, auch hinten an das Hüftbein angeheftet ist, und offenbar den M. quadratus lumborum vorstellt, nach vorne unter die Rippen geht und sich bei vielen von diesen Thieren (z. B. bei Lacerta agilis, Lac. ocellata, Polychrus marmoratus und den Scinci) sogar bis zu dem vordem Theile des Rum- pfes erstreckt 2). b. Musculus transversus abdominis. (Tab. IV, Fig. 4, g. Tab. V, Fig. 1, k. k. und Tab. VH, Fig. 5, 1. 1. und Fig. 6, m.) Er entspringt von der innern Fläche des Rückenschildes, von dem seine Fasern in einer langgestreckten krummen Linie abgehen, deren Convexität in der Regel nach vorn und innen (gegen die Wirbelsäule) gekehrt ist. Es beginnt diese Insertions- linie in der Nähe des äussern Randes des Rückenschildes vor dem hintern Flügel des Bauchschildes, und läuft von da aus zuvörderst in einen schwachen Bogen nach innen. Dieser ihr Theil liegt bei Emys europaea, Terrapene tricarinata und Pen- tonyx capensis unter der fünften, bei Emys punctularia, Testudo graeca, Testudo ^) Man hat angegeben, dass namentlich Trionyx ferox den breiten Hautsaum seines Rückenschildes wiUkührlich, wie eine Flosse, bewegen kann. Ist dies der Fall, so geschieht es durch die Wirkung des oben beschriebnen Muskels, da die Rippen, an welche er angeheftet ist, in ihrer mit ihm fest veibundnen dünnem Hälfte etwas biegsam sind. ^) Unter den Rippen ist dieser bei den Sauriern meistens nur schmale, aber lange Muskel zwar viel- fach unterbrochen, indem seine Fasern, wie die eines M. iutercostalis, von einer Rippe zur andern herüber- gehen: aber auch in seinem hintern, unter den Querforlsälzen (oder bei Lacerta ocellata unter den hinter- sten sehr kurzen Rippen) gelegnen Theile beBnden sich Unterbrechungen , nur sind diese hier durch In- scripliones tendineae hervorgebracht, die von den einzelnen Querfortsätzen in die Muskelmasse eindringen. 173 mauritanica und verschiednen Arten von Chelonia unter der sechsten Rippe. In ei- niger Entfernung von dem Halse der bczciclineten Rippen biegt sich darauf die Linie in einem stärkern Bogen nach hinten um, und verläuft nun an dem innern Rande des M. quadratus lumborum schräge nach hinten und innen bis unter die letzte Rippe, oder doch bis in die Nähe derselben, so dass sie mit ihrem hintersten Theile der Wirbelsäule sehr nahe liegt. Eine Ausnahme von der angegebnen Regel macht die erwähnte Linie in Hinsicht ihrer Länge und ihres Verlaufes in der Gattung Trionyx. (Tab. VE, Fig. 5, 1. 1.) Sie beginnt hier an der dritten Rippe, wo bei erwachsenen Exemplaren die breitere Hälfte dieser Rippe in die schmälere übergeht, verläuft von da in einem massig starken Bogen, dessen Convexität nach aussen ge- richtet ist, an der untern Seite der folgenden Rippen — und zwar, je nach diesen verschiednen Rippen, in einer grössern oder geringern Entfernung von den äussern Enden derselben — , nach hinten, liegt aber mit ihrer hintern Hälfte wieder, wie bei andern Schildkröten, hart am innern Rande des M. quadratus lumborum. Ob- gleich indess die hintere Hälfte dieser Linie in Hinsicht ihrer Lage neben dem M. quadratus lumborum sich eben so verhält, wie bei andern Schildkröten, weicht sie doch dadurch von der Regel ab, dass sie ebenso, wie jener Lendenmuskel, nicht in der Nähe der Wirbelsäule, sondern in beträchtlicher Entfernung von derselben liegt. Vielleicht ist übrigens das letztere Verhältniss theils von der grossen Breite abhän- gig, die der Rumpf in der Gattung Trionyx erlangt, theils auch mag es in einer Beziehung zu der eigenthümlichen und grossen Ausbreitung stehen, die in dieser Gattung der Musculus retractor colli et capitis erlangt bat i). — Von der ange- gebnen Insertionslinie aus laufen bei den Schildkröten im Allgemeinen die Fasern des Muskels unter dem Rückenschilde schräge nach aussen und hinten, bedecken von unten den M. quadratus lumborum, und gehen in eine dünne Aponeurose über. Diese liegt ebenfalls, wie jene Fasern, dem Bauchfell dicht an, umfasst die in der hin- ') Der Muskel, durch welchen bei den meisten Schildkrölen der Hals und Kopf zwischen die beiden Schilder gezogen werden können, bietet, je nach den Gattungen dieser Thiere, in Hinsicht seiner Länge und Anheftung sehr grosse Verschiedenheiten dar. Am kürzesten ist er bei den Seeschildkröten, bei denen der Hals gar nicht eingezogen werden kann, reicht bei ihnen nur bis zu dem vierten Rumpfwirbel hin, wird nach hinten immer dünner, and ist mit seinem hintern Theile an den Körper des genannten Wirbels und die zunächst vor ihm gelegnen Wirbel angeheftet. (Tab. VH, Fig. 6, b. b.) In der Regel aber reicht er bis auf die Kreuzbeinwirbel, und ist an diese und mehrere andre Rumpfwirbel befestigt. Bei den Schild- kröten der Gattung Triony.x (auch bei Trionyx granosus) erstreckt er sich sogar bis auf die vordem Wir- bel des Schwanzes, weicht aber bei ihnen von dem entsprechenden Muskel aller übrigen bisher zerglieder- ten Schildkröten besonders dadurch bedeutend ab, dass er etwas hinler der Mitte des Rumpfes nach jeder Seite zwei starke und immer breiter werdende Bündel von Fasern absendet, die zwischen dem M. quadra- tus lumborum und dem Rückenschilde hindurchgehen, und bis an das äussere Ende der hlDtern längern Rippen ihren Verlauf machen. (Tab. VlI, Fig. 5, b. b.) 174 lern Hälfte des Rumpfes gelegenen Eingeweide seitwärts und von unten, und geht zuletzt in der Mittellinie der Bauchwand in die Aponeurose des gleichen Muskels der andern Seitenhälfte über, indess sie nach hinten sich an das Schamhein anheftet. — Der beschriehne Muskel ist in der That gleichbedeutend dem M. transversus ab- dominis höherer Thiere, der selbst bei den Säugethieren von der Innern Fläche ei- niger Rippen, wenn gleich nur von dem knorplig bleibenden Theile derselben ent- springt, bei den Sauriern aber grösstentheils von dem verknöcherten Theile der Rippen abgeht, und bei ihnen von den Rippen überhaupt um Vieles näher der Wir- belsäule, als bei den Säugethieren, entspringt. Beachtungswerth ist dabei jedoch der Umstand, dass bei den Schildkrölen dieser Muskel an dem innern, hingegen bei den Säugethieren, und eben so auch bei den Sauriern, an dem äussern Rande des M. quadratus lumborum von der Rückenwand des Leibes abgeht. Wie aber dieses abweichende Verhältniss bei den Schildkröten erklärt werden dürfte,^ lässt sich mei- nes Erachtens aus dem Körperbau der Saurier entnehmen. Bei vielen von diesen Thieren nämlich, z. B. bei denen der Gattungen Lacerta, Ameiva, Polychrus und Scincus, findet man eine besondre dünne Schichte von Muskelfasern, die am innern Rande des M. quadratus lumborum von der Wirbelsäule entspringen, schräge nach aussen und vorne laufen, den M. quadratus lumborum von unten bedecken, und am äussern Rande desselben Muskels an die Rippen genau da übergehen, wo von die- seo die Fasern des M. transversus ahdominis entspringen. Bei einer oberflächlichen Ansicht, zumal wenn nicht das Bauchfell entfernt worden ist, kann es sogar zu- weilen scheinen, als seien die Fasern des letztern Muskels nur Verlängerungen der Fasern jenes erstem, der zum Anziehen der Rippen nach hinten und innen bestimmt ist, durch Verengerung der Rumpfhöhle, wie der M. transversus abdominis, die Ausathmung bewirken hilft, und den M. quadratus lumborum mehr oder weniger weit nach hinten bedeckt. Diese angegebnen Verhältnisse nun aber dürften wohl mit vieler Wahrscheinlichkeit annehmen lassen , dass der M. transversus abdominis der Schildkröten den gleichnamigen und den zuletzt beschriebnen Rippenmuskel vie- ler Saurier in sich vereinigt, und dass darin eben die Abweichung in seinem Ur- sprünge von dem Rücken ihren Grund hat. Dass übrigens der M. transversus abdominis der Wirbelthiere im Allgemeinen mit demjenigen seiner Theile, welcher mit den Rippen in Verbindung steht, auf die innere, wie der M. ohliquus externus abdominis mit dem gleichen Theile auf die äussere Seite der Rippen angewiesen ist, sieht man besonders bei den Sauriern, in- dem bei vielen von ihnen jener erstere Muskel so ziemlich bis an das vordere Ende des Rumpfes reicht, seine vordere Hälfte also ganz im Innern des Brustkorbes liegt. 175 c. Mus etil US obh'quus internus abdomints. (Tab. IV, Fig. 4, i. Tab. V, Fig. 1, I. und Tab. VII, Fig. 5, m. m. und Fig. 6, n.) Es reicbt derselbe von hinten nach vorne nicbt so weit, als der vorige. Seine Fasern entspringen in einer bogenförmigen Linie, die nach aussen von dem M. qua- dratus lumborum in dem Winkel gelegen ist, welchen das Rückenschild mit den Seitentheilen des Rumpfes und dem Bauchschilde bildet. Es beginnt diese Linie am hintern Rande des hintern Flügels des Bauchschildes, wenn der erwähnte Flügel das Rückenschild erreicht, und liegt mit ihrem vordersten Theile gewöhnlich neben dem äussern Ende der sechsten Rippe, bei Testudo graeca aber neben dem der siebenten Rippe. Von da aus zieht sie sich an einigen Marginalplatten, falls dergleichen vor- kommen, nach hinten bin, und endet in der Nähe der Schwanzwurzel hinter dem Hüftbein. Von der angegebnen Linie aus laufen die Fasern des Muskels nach un- ten und innen, convergiren massig stark, und setzen im Allgemeinen einen nur we- nig breiten bogenförmigen Streifen zusammen, dessen unterer innerer Rand in eine Aponeurose übergeht, die alsbald der Aponeurose des vorigen Muskels nahe kommt und mit derselben bald verschmilzt. Einige von den vordersten Fasern aber gehen nach unten auf den mittlem [gewöhnlich geschlossnen und tafelförmigen] Tbeil des Bauchschildes, einige der hintersten auf das Schambein über. — Von dem M. ob- liquus internus abdominis der Säugethiere, dem er gleichbedeutend ist, weicht dieser Muskel wesentlich nur darin ab, dass sein oberer Rand nicht in eine Fascia lumbo- dorsalis übergebt, da eine solche fehlt, sondern mit dfer Hautbedeckung oder mebrern Knochenstücken, die dem Hautskelete angehören, in Verbindung steht. Dies Ver- hältniss aber ist zu erklären aus dem Umstände, dass bei den Schildkröten die Kör- per der längern Rippen und die Hautbedeckung allenthalben in die innigste Verbin- dung kommen müssen, und dass sieb, um eine solche Verbindung zu vermitteln, schon frühe zwischen dem schiefen Bauchmuskel und denjenigen Rückenmuskeln, welche an der obern Seite des Rumpfes ihre Lage haben, ein sehr dichtes Unterhaut-Binde- gewebe ausbildet und sie von einander vollständig scheidet, d. Musculus rectus abdominis. Er besteht aus 2 Hälften, deren eine von dem Schambein nach vorne, die andre von demselben Körpertbeile nach hinten geht. Die letztere ist nur den Schild- kröten eigenthümlich, die erstere entspricht dem geraden Bauchmuskel der Säuge- thiere, ist aber verhältnissmässig breiter und kürzer. Die vordere Hälfte liegt un- ter der gemeinschaftlichen Aponeurose der beiden vorigen Muskeln , ist aber von unten her durch keine Aponeurose bedeckt, was sieb vielleicht aus dem Mangel ei- nes M. obliquus externus erklären lässt, sondern liegt mit ihrer untern Seite, wie 176 der M. pectoralis major, an den sie angrenzt, platt auf dem Bauchschilde, und ist entweder nur allein mit diesem, oder ausserdem noch, wenn nämlich das Bauchschild in der Mitte nicht geschlossen ist, durch Verraittelung des Unterhaut -Bindegewebes mit der Haulbedeckung verwachsen. Die hintere Hälfte liegt zwischen Becken und Bauchschild, und ist ebenfalls an das letztere fest angeheftet. Ganz anders also ist das Lagerungsverhältniss des geraden Bauchmuskels zu dem Bauchschilde, als bei den Säugethieren zu dem Brustbein. Wie aber schon ausRihrlich aus einander gesetzt worden, hat jenes Schild mit dem Brustbein andrer Thiere Nichts gemein, und es kann daher bei den Schildkröten die Lage der geraden Muskeln des Bauches, wie überhaupt die Lage ihrer Bauchmuskeln auf einem Theile des Skeletes, von dem bei den Säugethieren, Vögeln und übrigen Amphibien Nichts Aehnliches vorkömmt, auch nichts dem allgemeinen Bildungstypus dieser Thiere Widersprechendes enthalten. §. 45. Die M. M. transversi und obliqui abdominis sind bei den Schildkröten, wie bei den höhern Thieren, Athmungsmuskeln und bewirken, indem sie die Rurapf- höhle verengern, die Exspiration. Ausser ihnen aber kommen bei den Schildkröten zu eben demselben Behufe noch zwei andre Muskeln vor, die Bojanus und Meckel für Repräsentanten des Zwerchfells ausgegeben haben. Diese letztern bestehen in 2 dünnen, auf beide Seitenhälften des Körpers vertheilten, und einander symme- trischen Schichten von Muskelfasern , von denen jede in der vordem Hälfte der RumpfTiöhle, theils von der Wirbelsäule, theils in deren Nähe von dem Körper einer oder zweier Rippen entspringt,* von da zwischen dem Rückenschilde und der Lunge ihrer Seitenhälfle nach aussen und unten verläuft, und auf diesem Wege in eine Aponeurose übergeht, die sich unter der Lunge um das Bauchfell herumschlägt und an dem Herzbeutel endigt. Contrahiren sich diese Muskelschichten, so müssen sie die Lungen etwas zusammendrücken, also die Ausathmung bewirken helfen, mithin das Gegentheil von dem zuwege bringen, was bei den Säugethieren das Zwerchfell bewirkt, wenn sich seine Muskelfasern verkürzen. Dieserhalb aber können die er- wähnten Muskelschichten der Schildkröten auch nicht mit Recht für gleichbedeutend mit dem Zwerchfell der Säugethiere ausgegeben werden. Vielmehr sind sie den Schild- kröten ganz eigenthümlich, und es kommt von ihnen, wenn man nämlich ihr Lage- rungsverhältniss zu den Lungen berücksichtigt, bei andern Wirbellhieren nichts Aehn- liches vor. Nimmt man hingegen nur auf ihre Verbindung mit dem Bauchfell und ihre Wirkung Rücksicht, so würden sie sich mit den Peritonealmuskeln der Kroko- dile vergleichen lassen. 177 Viertes Kapitel. Allgemeinere Bemerkungen über die Zusammensetzung der Rumpfwandung und die Lagerung des Schulter- und BeckengerUstes. §. 46. Wie aus den beiden ersten Kupfertafeln dieser Schrift ersehen werden kann, haben die Schildkröten zu einer gewissen Zeit des Fruchtlebens, wenn bei ih- nen noch keine Rippen entstanden sind, eine aulfallend grosse Aehnlichkeit mit sehr jungen Embryonen von Eidechsen und Säugethieren. Insbesondre ist ihr Rumpf dann eben so wenig, als bei jenen, von oben und unten abgeplattet, noch im Verhältniss zu seiner Länge gar besonders breit. Auch geht bei ihnen dann der RUckentheil des Rumpfes ganz unmerklich, also weder mit einer Kante, noch mit einem solchen saumartigen Vorsprunge, wie es bei den erwachsenen Schildkröten der Fall ist, in den Nacken, die Seitentheile des Rumpfes und den Schwanz über. Von diesen jun- gen Embryonen nun ausgehend und die Ergebnisse benutzend , die ich bei den Un- tersuchungen noch andrer in der Entvvickelung begriffener Schildkröten erhalten habe, will ich jetzt eine Uebersicht davon geben, wie sich bei den Schildkröten überhaupt einestheils die Entwickelung ihrer Rumpfwandung verhält, andernlheils die sonderbare Lagerung einiger Abschnitte ihrer Bewegungswerkzeuge zu Stande kommt. §. 47. Nachdem bei den Embryonen die Gliedmassen in ihrer Entwickelung schon einige Fortschritte gemacht haben, plattet sich der Rumpf von der Rücken- seite und der Bauchseite, je nach den verschiednen Arten der Schildkröten, mehr oder weniger ab, und es wachsen aus allen 12 oder 13 Wirbeln des Rumpfes zwei seitliche Fortsätze hervor. Die 2 oder 3 hintersten Paare dieser seitlichen Aus- strahlungen werden zu den Querfortsätzen der Kreuzbeinwirbel, die übrigen führen nach erlangter Ausbildung den Namen von Rippen. Von den letztern aber nehmen die meisten, nämlich die 8 mittlem Paare, in kurzer Zeit ansehnlich an Länge zu, krümmen sich dabei in Uebereinstimmung mit der Abplattung des Rumpfes nur we- nig, und richten sich mit ihren Enden mehr nach aussen, als nach unten hin. So geschieht es denn, dass bei dem raschen und bedeutenden Wachstbum dieser Rippen in die Länge die Wandung des Rumpfes jederseits da, wo sich die nach aussen ge- richteten Enden der Rippen befinden, stark hervorgetrieben wird, der Rumpf also von den Vorderbeinen bis zu den Hinterbeinen, von denen die erstem an dem vor- dem, die letztern an dem hintern Ende desselben liegen, eine erhebliche Breite er- 23 178 hält. Merkwürdig und den Schildkröten eigenthümlich ist dabei noch der Umstand, dass von denjenigen Rippen, welche sich vor den übrigen durch ihr Wachsthum in die Länge auszeichnen, sich die beiden hintersten Paare, also das neunte und achte Paar der Rippen überhaupt, stark nach hinten richten, hingegen die des zweiten Paares bei manchen, wenn auch nicht bei allen Schildkröten eine ziemlich stark« Richtung nach vorn annehmen. Demnächst schlägt die Hautbedeckung jederseits, wo sich in der Rumpfvvandung die äussern Enden der stärker verlängerten Rippen befin- den, eine Längsfalte. Diese aber setzt sich, indem sie sich an beiden Enden noch weiter verlängert, vorne über die Vorderbeine hinweg nach dem Nacken, hinten über die Hinterbeine hinweg nach dem Sehwanze fort, bis endlich beide Falten über dem Nacken und der Schwanzwurzel zusammenstossen , in einander übergehen und eine einzige ringPörmige Falte zusammensetzen , die nun den Rücken von den bei- den Seiten des Rumpfes abgrenzt. Bei manchen Schildkröten, wie namentlich bei den Seeschildkröten , nimmt diese Falte im Laufe der Entwickelung nur massig an Breite zu, bei andern dagegen, besonders bei einigen aus der Gattung Trionyx, sehr bedeutend, zumal in ihrem hintern oder über dem Schwänze liegenden Theile. Wohl jedenfalls aber wachsen die längern Rippen über die Rumpfhöhle hinaus und in die erwälinte Falte hinein. Die meisten von ihnen gehen freilich nur sehr wenig über die Rumpfhöhle hinaus, einige Paare aber, insbesondre das zweite, achte und neunte, recht bedeutend. (Tab. VH, Fig. 4 und 5.) Weit später, als die so eben angegebne Hautfalte entstanden ist, nämlich erst, nachdem der Embryo das Ei verlassen hat, nehmen diejenigen Rippen, welche sich schon früher durch ihre Länge auszeichneten, aber bis dahin säramllich oder fast sämmllich eine Cylinderform hatten, auch auffallend an Breite zu. Und dieses ihr Wachsthum in die Breite geht von der Grenze aus, wo ihr Hals und Körper zu- sammenstossen, schreitet von da mehr oder weniger weit gegen ihr äusseres Ende fort, und ist so bedeutend, dass jederseits die Körper aller dieser Rippen bei einem gänzlichen Mangel von Intercostalmuskeln entweder ihrer ganzen Länge nach , oder doch in ihrer grössern Hälfte, zu einer gegenseitigen Berührung und Verbindung gelangen , die Intercostalnerven aber und einige GePässe des Rumpfes , die ursprüng- lich zwischen ihnen lagen, unter ihnen zu liegen kommen. Dagegen bleiben die Rippen des vordersten und des hintersten Paares nicht blos in ihrem Wachsthum in die Länge hinter den übrigen sehr zurück, sondern bleiben auch für immer nur sehr schmal und dünn. Zudem kommen diese Rippen wegen ihrer geringen Vergrösse- nmg mit den benachbarten in ganz andre Verbindungen, als die zwischen ihnen lie- genden unter einander: denn indem die mittlem bedeutend an Breite zunehmen, 179 wächst von diesen die zweite über die vorderste, und die vorletzte über die hin- terste so hinüber, dass sie dieselben von oben mehr oder weniger vollständig be- decken. Um die Zeit, da die acht mittlem Rippen einer jeden Seitenhälfte anfangen, sich in die Breite auszudehnen, oder auch schon ein wenig früher, beginnt eine jede von ihnen in der Nähe der Wirbelsäule nach oben einen Ast auszusenden, der dann, an Länge langsam zunehmend, über die wenigen und nur dünnen Muskeln, welche an der obern Seite des Rumpfes nach der Länge desselben verlaufen — namentlich über die beiden auf den Rippcnhälsen verlaufenden Musculi sacrospinales — herüber- wächst, sich mit dem Dornfortsatze des Wirbels, zu welchem die Rippe gehört, ver- bindet, und endlich eine eben so grosse Breite erhält, wie der Körper seiner Rippe selbst. Dornfortsätze entstehen schon während des Fruchtlebens auf dem Bogen des zweiten bis achten Rumpfwirbels. Sie erlangen aber eine nur geringe Höhe, wach- sen dagegen , nachdem sie zu verknöchern angefangen haben , wider die Regel, die für die Wirbelthiere im Allgemeinen gilt, so in die Breite, dass sie zuletzt eine Reihe horizontaler und ziemlich grosser Tafeln darstellen. Indem die Körper der acht mittlem Rippenpaare, die von ihnen ausgesendeten und nur den Schildkröten eigenthümlichen Aeste oder obern Schenkel, und die Dorn- fortsätze derjenigen Wirbel, zu welchen jene Rippenpaare gehören, sich immer mehr in die Breite ausdehnen, bis endlich ihre einander zugekehrten Ränder sich berühren und an einander legen, wird von allen so eben genannten Theilen des Innern Ske- letes eine aus vielen Stücken zusammengesetzte Knochentafel gebildet, welche die Eingeweide des Rumpfes wie ein Schild von oben bedeckt. Um aber dieses schon ansehnlich grosse Schild noch zu vergrössern und zu ergänzen, schliessen sich an dasselbe noch andre im Umkreise von ihm erscheinende Knocbenplatten an, die am Rücken ganz unabhängig von der Wirbelsäule und deren Ausstrahlungen in einer Schichte sehr dichten und festen Unterhaut-Bindegewebes entstehen, und deshalb dem äussern Skelete, oder dem sogenannten Hautskelete der Thiere beigezählt werden müssen. Ihre Zahl ist verschieden bei den verschiednen Arten der Schildkröten. Nur eine einzige solche Platte bildet sich bei fast allen Arten der Gattung Trionyx, und zwar dicht vor den Wirbeln des Rückens im Nacken. §. 48. Nachdem sich der Rumpf der Embryonen an seiner Bauchseite abge- plattet hat, entstehen auch an dieser Seite zwischen der Hautbedeckung und den Muskeln in der Schichte eines dichten und festen Bindegewebes, welche diese ver- schiednen Theile unter einander vereinigt, einige Knorpelstücke, aus denen sich das Bauchschild entwickelt, wodurch gewissermassen das mangelnde Brustbein ersetzt 33* 180 werden soll. Zu welcher Zeit sie sich zu bilden beginnen, hat sich noch nicht be- stimmt ermitteln lassen : die nur geringe Entwickelung aber, die bei reifern Embryo- nen und den unlängst erst aus dem Ei ausgeschlüpften Jungen das Bauchschild er- langt hat, lässt vermuthen, dass es erst nach der Mitte des Eilebens, und überhaupt verhältnissmässig später, als etwa das Brustbein der Vögel und Säugethiere, seine Entstehung nimmt. Die Knorpelstücke selbst, die als die ersten Grundlagen des Bauchschildes erscheinen, sind der Mehrzahl nach ursprünglich sehr schmale und dünne einfache Streifen, und kommen in zwei Paaren vor. Das eine Paar liegt vor, das andere hinter der Nabelöffnung, und zwischen beiden befindet sich noch zu der Zeit, da die Embryonen das Ei verlassen, ein sehr beträchtlicher Zwischenraum. Ausserdem aber bildet sich ein unpaariges oder fünftes Knorpelstück, das eine kleine Platte darstellt, entweder ganz allgemein, oder bei fast allen Schildkröten (mit Aus- nahme nämlich von Sphargis?) zwischen den vordem Enden der beiden vordem paarigen Knorpelstücke. Später entwickeln sich darauf in diesen verschiednen Knor- peln weit mehrere Knochenstücke: denn ihre Zahl beträgt in der Regel oder viel- leicht immer neun. Die relative Grösse aber, die sie bei den verschiednen Arten der Schildkröten erlangen, ist sehr verschieden. Denn entweder wachsen sie sämmt- lich in so hohem Grade einander entgegen, dass sie mit ihren einander zugekehrten Rändern allenthalben zusammenstossen und zuletzt ein vollständig geschlossenes Schild zusammensetzen; oder es ist ihr Wachsthum. gegen einander hin beschränkter, so dass sie zuletzt ein in der Mitte offenes Schild, oder auch, wie wahrscheinlich bei der Sphargis, nur einen schmalen Ring zusammensetzen. Ausserdem aber ist die Entwickelung des Bauchschildes auch noch in so fern verschieden, als es bei einigen Arten der Schildkröten einen verhältnissmässig weit grösseren Umfang, und insbe- sondre eine weit grössere Länge, als bei andern erhält, bei einigen nämlich bis un- ter den Hals und Schwanz hinreicht, und. unter ihnen, nur von Haut bekleidet, eine Strecke vorspringt, bei andern hingegen keine solche Vorsprünge bemerken lässt. Vermuthlich hängt diese Verschiedenheit damit zusammen, ob sich an der Bauchseite * des Leibes schon vorher unter und vor den Vorderbeinen, sowie unter und hinter den Hinterbeinen, aus der Hautbedeckung eine Querfalte, in welche bei seiner Ver- grösserung das ßauchschild hineinwachsen konnte, gebildet hatte oder nicht, indem nur bei denjenigen Arten der Schildkröten, bei welchen die angegebenen Vorsprünge des Bauchschildes entstehen, vorher wohl immer erst dergleichen Falten gebildet wa- ren. Darauf deutet insbesondre der Bau der Schildkröten aus der Gattung Trionyx hin, bei welchen solche Hautfalten zwar vorkommen, doch nicht von Theilen des Bauchschildes, das sich hier überhaupt nur unvollständig ausbildet, ausgefüllt werden. 181_ §. 49. Ganz eigenthümlich und nicht wenig merkwürdig ist bei den Schild- kröten das Verhältniss, in welches zu einander die Knochen des Rumpfes und das an diesem in einer ziemlich dicken Schichte ausgebreitete, sehr feste und gewöhn- lich für Knorpel ausgegehne Ünterhaul-Bindegewebe gerathen. Alle diejenigen Kno- chenstücke des Rumpfes, welche an die erwähnte Schichte dicht angrenzen — näm- lich die Dornfortsätze des zweiten bis achten Rumpfwirbels, die 8 mittlem Rippen- paare, die Ergänzungsplatten des Rückenschildes, und meistens auch alle Stücke des Bauchschildes — verlieren an ihrer nach aussen gekehrten Fläche durch Resorption die Beinhaut und kommen mit dem Unterhaut - Bindegewebe in eine unmittelbare Be- rührung. Dies geschieht nach der Zeit, da der Embryo das Ei verlassen hat, und zwar an den Rippen in der Weise, dass die Beinhaut von dem obern (den Wirbel- beinen nähern) Ende derselben ganz allmählig gegen das untere Ende hin verschwin- det, doch bei den Seeschildkröten nicht bis an das letztere Ende selbst, sondern nur bis an denjenigen Theil der Rippenkörper, welcher niemals bedeutend in die Breite wächst. So wie aber die Knochensubstanz jener verschiednen Skeletstücke mit dem Unterhaut -Bindegewebe in eine unmittelbare Berülirung gekommen ist, entstehen in ihr gegen dieses Gewebe hin viele mehr oder weniger grosse und nach aussen of- fene Markzellen, deren Zahl allmählig sehr bedeutend zunimmt, so dass die genann- ten Skeletstücke , indem sie immer dicker werden , zugleich auch eine schwammige Beschaffenheit erhalten, obgleich freilich bei den verschiednen Arten der Schildkröten in einem sehr verschiednen Grade. Was indess ihre Markzellen ausfüllt, ist nicht, wie bei den höhern Wirbelthieren in den Knochen überhaupt, und wie selbst bei den Schildkröten in den weiter von der Hautbedeckung entfernt liegenden Knochenstücken, hauptsächlich Fett, sondern der Hauptsache nach das Ünterhaul-Bindegewebe. Denn dieses dringt in sie durch die Oeffnungen ihrer Markzellen, gleichsam lauter zarte Wurzeln aussendend, allmählig hinein, und häuft sich dann in ihnen, je mehr sie an Dicke zunehmen, immer mehr und mehr an. Dabei aber nimmt die aus ihm be- stehendje Schichte, wo sie zwischen den Knochen und der Haut liegt, an Dicke nicht blos relativ, sondern theilweise auch absolut, immer mehr ab, so dass sie bei man- chen Schildkröten, z. B. bei Emys europaea, in späterer Lebenszeit am Rücken- und Bauchschilde sogar zu fehlen scheint. §. 50. Sieht man das Bauchschild der Chelonier, wie es gewöhnlich der Fall gewesen, für eine Abtheilung des Nervenskeletes und für gleichbedeutend mit dem Brustbein andrer Wirbelthiere an, so kann man nicht umhin, auch anzunehmen, dass bei ihnen das Schultergerüste und das Becken eine Lage haben, die dem Typus al- ler derjenigen übrigen Wirbelthiere, welche dergleichen Körpertheile besitzen, ganz 182 zuwiderläuft. Und diese Lage würde von der Art sein, dass sie bei unserer Kennt- niss von der Entwickelung der Tliiere völlig unerklärlich wäre. Es lässt sich in- dess, wie ich glaube, aus mehrern Umständen überzeugend darthun, dass das Bauch- schild nur eine Abtheilung des Hautskeletes ist, und deshalb in seiner anatomischen Bedeutung mit dem Brustbein andrer Thiere Nichts gemein hat. Ist dies aber der Fall, so lässt sich die Lage des Schultergerüstes und des Beckens erwachsener Schildkröten auf Verhältnisse zurückrdhren, wie sie auch bei andern Thieren vor- kommen. Beide Gerüste bieten dann in Hinsicht ihrer Lagerung gar nichts Befrem- dendes mehr dar, sondern nur einige Eigenthümlichkeiten, die in der besondern Ent- wickelung der Rückenwand des Leibes ihren Grund haben. Und hierüber will ich nunmehr ein Näheres angeben. Wann sich bei den Embryonen der Schildkröten die Beine erst zu bilden angefangen haben, liegen sie, wie bei andern Wirbelthie- ren, völlig frei an der äussern Seite des Leibes, und es kann daher kein Zweifel darüber obwalten, dass sie auch bei den Schildkröten, ganz der Norm gemäss, auf der Grenze zwischen den Rücken- und Bauchplatten aus der äussern Seite des Lei- bes hervorgewachsen sind. (Tab. II, Fig. l. und Fig. 13.) AUmählig aber wird dieses ihr ursprüngliches Lagerungsverhältniss verändert und immer unkenntlicher gemacht. Anbelangend die Vorderbeine, so sind es zuvörderst an dem Schultergerüsle der Schildkröten zwei Verhältnisse, durch die sich dasselbe später von dem ent- sprechenden Theile andrer Thiere unterscheidet, nämlich die Lage der Schulterblätter durchaus vor den Rippen bei den reifern Embryonen, und die Lage dieser Knochen unter dem zweiten Rippenpaare bei den Erwachsenen. A. Bei den reifern Embryonen und auch den Jungen, wenn sie erst unlängst das Ei verlassen haben, befinden sich die Schulterblätter mit ihrem obern Ende dicht vor dem ersten Rippenpaare, und grenzen mit diesem Ende nach oben an das dichte Unterbaut-Bindegewebe des Rückens an. Sehr wahrscheinlich aber ist es, dass ihnen eine solche Lage weit nach vorne auch schon früher zukommt, als die Rippen in ihrer Entwickelung erhebliche Fortschritte gemacht haben, sie also nicht etwa zu der Zeit, da der Rumpf sich übermässig in die Breite ausdehnt, durch die Rippen nach vorne hingeschoben werden. Denn das vorderste Rippenpaar, dicht vor welchem sie bei reifern Embryonen gefunden werden, zeichnet sich nicht durch eine ansehn- liche Länge und Stärke aus , sondern ist gegentheils auffallend kurz und dünne, kann also eine Ortsveränderung der Schulterblätter nicht zu Wege bringen. Ja es fragt sich sogar , ob nicht bei allen Wirbelthieren , welche Schulterblätter und Rip- pen besitzen, jene dicht vor diesen entstehen, und ob sie nicht anfänglich eine sol- 183 che senkrechte Stellung, wie hei den Schildkröten, für immer hahcn, später aber in der Regel mehr oder weniger nach hinten weichen , so wie ungefiihr gleichzeitig eine mehr oder weniger schräge Stellung annehmen? Manche Erscheinungen deuten darauf hin, dass diese Frage hejahcnd zu heantworten sein dürfte. So haben auch bei manchen Fischen, hei einigen Sauriern (z. B. Cyclodus nigro-luteus, den Scinci und Monitores) und sogar bei einem Säugethier, dem Ornilhorhynchus, die Schulter- blätter für immer eine Lage vor den Rippen. Ferner liegt hei Didelphys virginiana, wenn auch nicht das ganze Schulterblatt , so doch der untere Theil desselben mit dem Schultergelenke vor den Rippen, und es ist daher wahrscheinlich, dass hei diesem Thiere in einer frühem Entwickelungszeit das ganze Schulterblatt, ehe es sich schräge gestellt und eine beträchtliche Breite angenommen hat, vor den Rippen liegt. Bei sehr jungen Embryonen des Schweines aber fand ich, dass die ganze Masse des Vorderbeines nur erst die beiden vordersten Rippen seiner Seite bedeckte, und dass das Schulterblatt, wenn es schon als ein besondrer Theil sich auspräpariren liess, fast nur die vorderste Rippe bedeckte, anstatt dass es beim erwachsenen Schweine von der vordersten bis zu der siebenten Rippe hinreicht. Demnach ist bei den rei- fern Embryonen und den Jungen der Schildkröten die Lage der Schulterblätter vor den Rippen zwar nicht eine solche, wie sie bei den übrigen Wirbelthieren für ge- wöhnlich gefunden wird, doch auch keine nur allein den Schildkröten eigenthümliche. ß. Ganz eigenthümlich hingegen ist für diese Amphibien die nachherige Lage der Schulterblätter unter den Rippen des zweiten Paares. Dies Lagerungsverhältniss aber bat seinen Grund darin , dass sich die Rippen des zweiten Paares übermässig in die Breite ausdehnen und sich immer an dem Unterhaut-Bindegewebe halten , wo- bei sie dann über die zunächst vor ihnen liegenden Theile des Skeletes, nämlich über die Rippen des ersten Paares und die Schulterblätter, herüberwachsen und sie völlig überwölben , ja sogar nach vorne über die Rumpfhöhle hinauswachsen. So viel mir bekannt, bleiben niu" bei einigen Arten aus der Gattung Trionyx, wenig- stens bei Trionyx ferox und Tr. aegyptiacus [nicht aber auch bei Tr. granosus], die Schulterblätter im Zusammenhange mit dem Unterhaut -Bindegewebe und werden nicht von den Rippen überwölbt. Durchaus nicht von der Norm abweichend, die bei den Wirbelthieren, mit Aus- nahme vieler Fische, für die Lagerungsverhältnisse der Beckenknochen die geltende ist, zeigt sich bei den Schildkröten, wenn sie das Ei verlassen, die Lagerung und Verbindung ihres Beckens. Denn ihre Hüftheine reichen dann, wie bei den Säuge- thieren und den Sauriern im Allgemeinen, nach oben an das Unterhaut-Bindegewebe, liegen mit den obern Enden seitwärts von den Wirbeln des Kreuzbeins, und sind 184 an deren Querfortsätze angeheftet. Später aber werden sie bei allen Schildkröten, mit Ausnahme der zur Gattung Trionyx gehörigen, auf gleiche Weise, wie die Schulterblätter, von den Rippen, und zwar von denen des vorletzten Paares, wäh- rend diese bedeutend an Breite zunehmen und sich über die Rippen des letzten Paa- res ausbreiten , überwölbt und bedeckt , so dass auch sie in Hinsicht ihrer Lage in ein Verhältniss gerathen, wie es bei keinen andern Wirbelthieren weiter vorkommt. Sind auf solche Weise die Hüftbeine von der Hautbedeckung abgeschnitten worden, und nehmen sie dann an ihren obern Enden in der Längenrirhtung des Körpers nach vorne hin erheblich an Ausdehnung zu, wie besonders bei Platemys Spixii, so kann es nicht anders geschehen, als dass sie unter ein oder einige noch weiter noch vorne gelegne Rippenpaarc hinunterwachsen. Auch der zwischen den obern Enden der Hüftbeine gelegne Theil des Beckens, das Kreuzbein, erhält bei den Schildkröten, mit Ausnahme der zur Gattung Trionyx gehörigen, eine Bedeckung von Knochenstücken. Diese aber wird von einem Theil des Hautskeletes bewirkt, und es bringt ihre Entwickelung in den normalgemässen Lagerungsverhältnissen einzelner Stücke des Nervenskeletes keine Veränderung zu- wege. Ueberhaupt aber besteht beinahe der ganze hintere Theil des Rückenschil- des , der bei den meisten Schildkröten über und hinter dem Becken gleichsanl ein Dach bildet, nur aus Knochenstücken, die unabhängig von der Wirbelsäule und den Rippen in dem Unterhaut - Bindegewebe ihre Entstehung nehmen. Was die so sonderbare und auffallende Beschaffenheit der Schildkröten anbe- langt, dass bei ihnen die Beine mehr oder weniger weit von oben her, wie durch Dächer, verdeckt sind, so ist diese zum Theil darin begründet, dass die Hautbe- deckung , wo sie von dem Rücken auf die Seiten übergeht , schon sehr frülie eine mehr oder weniger breite Falte schlägt, und dass in dieser sich meistens noch be- sondre Knochenstücke des Hautskeletes, nämlich die Marginalplatten des Rückenscbil- des, entwickeln. Anderntheils aber liegt der Grund davon in weniger augenrälligen, und dennoch wichtigern Entwickelungsvorgängen. Und diese bestehen darin, dass während der Abplattung des Rumpfes, wobei sich dessen Höhle sehr in die Breite ausdehnt und ihre Eingeweide seitwärts sehr stark hervorgedrängt werden ^), nicht blos alle Rippen bei dem Mangel eines Brustbeins , wodurch sie zusammengehalten werden könnten, mit ihren untern Enden paarweise weit aus einander weichen, son- dern auch die Rippen der acht mittlem Paare sich so verlängern, dass einige oder ') Wenn man bei einer Schildkröte aUe weiche und harte Theile des Rumpfes, welche seitwärts von der Höhle desselben, dem Schultergerüste und dem Becken liegen, weggeschnitten hat, so zeigt der Rumpf ungefähr eine solche Form, wie bei Phrynosuma. 185 alle mehr oder wenigfer über die Rumpfliöhic hinauswachsen, dass besonders aber das zweite, achte luid neunte Paar beträchtlich weit über diese Höhle hinausgehen, und dass zugleich das achte und neunte eine sehr schräge Richtung nach hinten , das zweite hingegen, wenn auch nicht bei allen, so doch bei vielen Schildkröten eine mehr oder weniger schräge Richtung nach vorn erhalten. Am besten kann man sich bei solchen jungen Schildkröten, bei welchen die Rippen noch sehr schmal sind und ziemlich grosse Zwischenräume zwischen sich haben , davon unterrichten , dass die Rippen des zweiten, achten und neunten Paares beträchtlich weit über die Rumpf- hölile hinausragen, wenn man die Haut nebst dem Unterhaut-Rindegevvebe des Rückens abgezogen und die Muskeln, welche an ihnen befestigt sind, abpräparirt hat. Doch sind bei solchen jungen Exemplaren, wegen der Schmalheit ihrer Rippen, die Ober- schenkel der Hinterbeine durch diese nur sehr unvollständig, und die Oberschenkel der Vorderbeine in dem Falle, dass das zweite Rippenpaar nicht schräge nach vorn gerichtet ist, noch gar nicht durch die Rippen bedeckt, sondern die erstem zum grössern Theile und die letztern nur allein durch häutige Gebilde , welche über die Rippen, die Nackenplatte und die zwischen diesen Skeletstücken befindlichen Zwischen- räume ausgespannt sind. Nur erst, wenn die Rippen die Rreite erhalten haben, welche sie gesetzlich erlangen können, stellen sie bei den meisten, obgleich nicht bei allen Schildkröten (namentlich nicht bei den Seeschildkröten) über den Reinen für sich allein vollständige Dächer dar. §.51. Die so oft gemachte Rehauptung, dass bei den Schildkröten das Schuller- gerüste und das Becken in der Leibeshöhle liegen, ist also nach dem, was ich in dem Obigen über das Bauchschild und das Rückenschild angeführt habe, ohne allen Grund. Ausserdem aber ergiebt sich ihre Unrichtigkeit bei der Retrachtung des Ver- laufes, den das Bauchfell der Schildkröten macht. Denn dieses schlägt sich nirgend um einige von den Knochentheilen , welche das Schultergerüste und das Becken zu- sammensetzen, so herum, dass es sie und die daran befestigten Muskeln von zwei Seiten einhüllt, sondern bekleidet das Becken nur an derjenigen Seite, welche den Eingeweiden der Rumpfliöhle zugekehrt ist, und von dem Schultergerüste nur die obere Seite eines Theiles der Hakenschlüsselbeine. Hinten nämlich dringt es, wie bei den Säugethieren, eine ziemlich grosse Strecke in die Höhle des Beckens hinein, bekleidet einen Theil der Innern Fläche desselben, nebst einem Theile der an diese Fläche angehefteten Muskeln, und begiebt sich von ihnen auf die im Becken liegen- den Eingeweide. Von hier aber geht es unter der Rücken wand des Leibes bis in die Nähe der Schulterblätter, die, wie schon angefiihrt, sehr weit nach vorne liegen, und bekleidet auf diesem Wege die untere Seite der Nieren, die innern Geschlechts- 186 Werkzeuge, die untere Seite nebst denl äussern Rande der beinahe an ihrer ganzen Seite mit den Rippen innig verbundenen Lungen, und mehr oder weniger auch den- jenigen Theil der Rippen, welcher seitwärts über die Nieren, Geschlechtswerkzeuge und Lungen vorspringt. Ist es von den Lungen, die vorne beinahe bis an die Schul- terblätter reichen, auf die Muskeln, welche diese Knochen einhüllen, übergegangen, so läuft es an ihnen, ohne jedoch bis zu den Schulterblättern selbst gelangt zu sein, abwärts, überzieht sodann, indem es sich nach hinten wendet, einen Theil der obern Seite des Herzbeutels, desgleichen zu beiden Seilen des Herzbeutels einen Theil der obern Seite der Hakenschlüsselbeine , und geht endlich auf die obere Seite der Bauch- muskeln über. Eine grosse Falte des Bauchfelles, die theils von der Rückenwand, theils von der vordem Wand des Rumpfes herkommt, hüllt den Darm, für diesen ein Gekröse bildend, den Magen, die Leber, die Milz und die Bauchspeicheldrüse ein. §. 52. Bei der Entwickelung des Rücken- und Bauchschildes werden gleichfalls mehrere Muskeln, die bei andern Thieren ganz nach aussen von dem Knochengerüste des Rumpfes liegen, von jenen Abschnitten des Skelets entweder zum Theil, oder auch wohl gänzlich eingeschlossen. Einige kommen in dem Rückenschilde selbst zu liegen, andre zwischen diesem Schilde und dem Bauchschilde. A. Das Erstere gilt von denjenigen Rückenmuskeln, welche bei den Embryo- nen der Schildkröten, wie bei andern Thieren, für immer unter der Haut des Rückens auf der Wirbelsäule und den Rippen ihre Lage haben. Diese werden dadurch von Knochenstücken des Rückenschildes überwölbt, dass sich die Dornfortsätze mehrerer Rumpfwirbel sehr in die Breite ausdehnen, und dass von den Rippen besondre Fort- sätze , die nur allein den Schildkröten zukommen , jenen Dornfortsätzen entgegen- wachsen. Von den erwähnten Rückenmuskeln lässt sich also weder behaupten, dass sie in der Rumpfhöhle liegen, noch auch dass sie eine verkehrte Lage haben. B. Von denjenigen Muskeln, welche bei den erwachsenen Schijdkröten zwi- schen dem Rückenschilde und Bauchschilde eingeschlossen sind, muss man a) einigen dessenungeachtet eine ebea solche Lage zusprechen , wie sie bei andern Wirbelthieren haben, wenn man nämlich das Bauchschild für einen Theil des Hautskeletes gelten lässt, wofür es mit Recht nur ausgegeben werden kann. Es sind dies die grossen Brustmuskeln und sämmtliche Bauchmuskeln. Nur zeigen jene Brustmuskeln und die geraden Bauchmuskeln, weil bei den Schild- kröten ein Brustbein nebst den Rippenknorpeln fehlt und die Rippen paarweise unten weit auseinander gewichen sind, das Eigenthümliche, dass sie nicht an dergleichen Skelettheile, sondern dafür an das Bauchschild angeheftet sind. — Gleichfalls haben eine solche Lage, wie bei andern Thieren, diejenigen Nacken- 187 luuskeln und Schwanzniuskeln , welche an verschiedne zum Hautskelete gehö- rige Theilc des Rückenscliildes angeheftet sind ; und nur darin lassen namentlich diese Nackenmuskeln eine Ahweichung von ihrer Regel bemerken , dass sie an ihrem hiulern Ende nicht aucli mit der Wirbelsäule, sondern nur allein mit der Nackenplattc in Verbindung stehen, b) Andre Muskeln hingegen haben eine mehr oder weniger von dem Typus andrer Wirbelthiere abweichende Lage. Dies gilt von einigen andern Nackenmuskeln, aber auch von jenen erstem Nackenmuskeln bei andern Arten von Schildkröten, luid von einigen Muskeln der Beine. «) Einige Nackenmuskeln sind nämlich mit ihrem hintern Ende (tbeilweise oder gänzlich) an die untere Seite des zweiten Rippenpaares angewachsen, an- statt dass bei andern Thieren die ihnen entsprechenden hinten an die obere Seite der Wirbelsäule befestigt sind. Die Ursache dieser ihrer Lage liegt darin, dass bei den Schildkröten die Rippen des zweiten Paares, bis zu wel- chen die erwähnten Muskeln anfangs nur hinreichen, später, wann sie an Breite bedeutend zunehmen, nach vorne über die erste Rippe und sogar auch über die Rumpfliöhle hinauswachsen, gleichzeitig aber in die innigste Verbin- dung mit dem sehr dichten Unterhaut-Bindegewebe gelangen und von ihm so festgehalten werden, dass sie nicht unter das Ende dieser Muskeln herunter- wachsen können, sondern über dasselbe herüberwachsen müssen. Ganz das- selbe gilt auch von dem M. latissimus dorsi der meisten Schildkröten. Bei den Seeschildkröten aber, bei denen dieser Muskel eine grössere Länge an- nimmt, was erst geschieht, nachdem sein hinteres Ende von der zweiten Rippe überwachsen ist, kann er eben deshalb bei seiner Verlängerung nicht an die obere Seite der nächstfolgenden Rippe gelangen , sondern muss sich mit seinem hintern Ende unter diese Rippe begeben. ß) Wie einige vordre Rückenmuskeln, sind auch die beiden M. M. glutaei unter dem Rückenschilde zu liegen gekommen , und zwar entweder an die untere Seite einiger hintern Rippen, oder an die Körper einiger Wirbelbeine angeheftet. Bei Terrapene aber geben sie nicht vom Rückenschilde, sondern nur allein von den Hüftbeinen ab, und es ist daher sehr wahrscheinlich, dass sie mit ihrem obern Ende ursprünglich auch bei andern Schildkröten nur an die Hüftbeine befestigt sind, später aber, wenn sie sich mehr, als die Hüft- beine verlängern, von diesen auf einige Rippen oder einige Wirbelbeinkörper hinüberwachsen. y) Aber auch mehrere Muskeln , die nicht mit den Rippen zusammenhängen, 24* 188 sondern von dem Schultergerüste und dem Becken zu den Beinen gehen, oder überhaupt den Beinen angehören, haben unter den Rippen ihre Lage. Als Ursache davon lässt sich angeben, dass sich bei der Entwickelung der Schild- kröten die Rippen des zweiten und des vorletzten Paares über die Schulter- blätter und Hüftbeine ausbreiten, dass ferner mehrere Rippen auch seitwärts über die Rurapfhöhle hinauswachsen , und dass sich dabei die Rippen des achten und neunten Paares schräge nach hinten, die des zweiten Paares bei mehreren Schildkröten schräge nach vorne richten. (}) Eine von der gewöhnlichen sehr abweichende Lagerung hat bei den Schildkröten der M. pectoralis minor, da er aus der Nähe der äussern Enden mehrerer Rippen theils nach unten und vorne, theils auch mehr oder weniger nach innen geht. Seine Richtung nach luiten und vorne aber ist nur das Extrem der Abweichung, die er schon bei manchen Sauriern von seiner bei den Säugethieren vorkommenden Richtung bemerken lässt, und wird bedingt durch die sehr niedrige Lage des ganzen Hakenschlüsselbeins, mit dem er in Verbindung steht: dagegen ist seine mehr oder weniger schiefe Richtung von oben und aussen nach unten und innen dadurch ver- ursacM, dass bei den Schildkröten die längern Rippen paarweise an ihren untern Enden weit auseinander gewieben und über die Hakenschlüsselbeine seitwärts mehr oder weniger weit hinausgegangen sind. Dem Angeführten zufolge haben also bei den Schildkröten mehrere Muskeln, die ihnen mit andern Wirhelthieren gemeinsam zukommen, zu Theilen des Nerven- skeletes, insbesondre zu den Rippen, im Vergleich mit andern Thieren allerdings eine verkehrte Lage, doch ist dieselbe nicht so bedeutend, als Mehrere wohl gemeint haben. Ihren Grund aber hat diese Umkehrung der Lagerungsverhältnisse in der bedeutenden Vergrösserung der meisten Rippen in die Breite und Länge , in der weiten Spannung der von den Rippen dargestellten Bogen, in der auffallend schrä- gen Stellung einiger Rippen, und in dem eigenthümlichen Verhältniss, in welches die längeren Rippen zu einem sehr dichten Unterhaut-Bindegewebe gelangen, und das auf eine gegenseitige Durchdringung dieser beiderlei Körpertheile gerichtet ist. 189 Fünftes Kapitel. Von den Verdauungswerkzeugen. §. 53. Bei dem Embryo von Chelonia besass die Speiseröhre an ihrer innern Fläche schon ähnlich geformte zapfenartige, dicht gedrängt beisammenstehende und mit einem ziemlich dicken Epitheliura bekleidete Hervorragungen , wie bei den Erwachsenen: nur waren sie verhältnissmässig kleiner und viel weniger zahlreich. Der ziemlich langgestreckte Magen hatte eine ähnliche Form, wie im Allgemeinen bei den ungeschwänzten Batrachiern, und war verhältnissmässig weit kleiner, beson- ders aber viel enger, als bei den Erwachsenen, hatte aber eine eben solche Richtung und Krümmung, wie bei diesen. (Tab. VIII, Fig. 9.) Bei den Jungen von Chelonia verhielt sich der Magen, auch in Hinsicht der Weite und überhaupt der Grösse, wie bei den Erwachsenen : desgleichen waren bei ihnen die zapfenförmigen Hervorra- gungen der Speiseröhre nicht blos viel zahlreicher, sondern auch absolut und relativ viel grösser, als bei dem Embryo. Eine ganz ungewöhnliche und überhaupt höchst merkwürdige Bildung zeigten die Speiseröhre und der Magen der Sphargis (Tab. VIÜ, Fig. 2 u. 3, und Fig. 5 — 8). Die Speiseröhre (a. a.) hatte bei den beiden von mir untersuchten Exemplaren eine bedeutende Länge, ging vom Halse etwas links hin und ungefähr bis zu der Mitte der Rumphöhle, krümmte sich dann, wie es von keinem andern Wirbelthiere bekannt ist, in einem massig starken Bogen nach links, vorne und auch etwas nach oben (nach dem Rücken) um, verlief nun eine ziemlich grosse Strecke nach vorne hin, wendete sich hierauf in einem sehr kleinen Bogen wieder nach hinten , rechts und unten, und ging endlich nicht weit von dieser zweiten Krümmung in den Magen über. Von ihrem vordem bis zu ihrem hintern Ende nahm sie all- mählig an Dicke ab, so dass das letztere Ende beinahe um die Hälfte dünner, als das erstere war. Die sehr dicke und muskulöse Wandung der Speiseröhre besass an ihrer innern Fläche eben solche sehr spitz auslaufende und in sehr grosser An- zahl vorhandne Hervorragungen, wie bei der Chelonia, und von diesen kamen die vordersten gleich hinter der Stimmritze, die hintersten dicht vor dem Magen vor, so dass einige von ihnen mit ihren Spitzen sogar in die Cardia selbst hineinreichten. Der Magen (b. b.) enthielt bei beiden Exemplaren nur eine dünne Flüssigkeit, war aber bei dem altern viel grösser, als bei dem Jüngern, obgleich beide an Alter nur wenig von einander verschieden waren, weshalb ich glauben muss, dass der bedeu- 190 tend grössere Umfang dieses Organs bei dem einen Exemplare hauptsächlich in einer stärkern Anfiillung seinen Grund hatte. Bei beiden Exemplaren besass der Magen um Vieles dünnere Wände, als die Speiseröhre: auch halte im Verhältniss zu dem ■ganzen Körper seine Wandung eine weit geringere Dicke, als man sie bei andern Schildkröten zu finden pflegt. In Hinsicht der Form liess er zwei verschiedene Hälf- ten unterscheiden, eine kürzere und weitere, oder sackartige , und eine längere und engere, oder schlauchartige. Die erstere war bei beiden Exemplaren von der Speise- röhre beinahe ringförmig unifasst, lag mit ihrem grössern Durchmesser der Achse des Rumpfes fast parallel, zeigte sich von der Rückenseite und der Bauchseite her ein wenig abgeplattet, und enthielt an ihrem vordem Ende die Cardia. Bei dem altern Exemplare war sie ellipsoidisch, hei dem Jüngern vorne am breitesten, nach hinten aber stark verschmälert, so dass sie ungefähr die Form eines abgestumpften Kegels hatte. Die andere Hälfte ging rechts von der Cardia theils aus der vordem, theils und hauptsächlich aus der obern Seite der erstem Hälfte hervor, ohne dass jedoch auf der Grenze zwischen beiden eine Einschnürung vorkam. Wo sich ihr hinteres Ende und der Pförtner befanden, liess sich mit Gewissheit erst dann erkennen, als der Magen und Darm der Länge nach ausgeschnitten waren und auf die Beschatfen- heit ihrer Innern Fläche untersucht wurden. (In den Figuren 3 und 6 ist die Ge- gend des Pförtners mit einem * bezeichnet worden.) Von ihrem Anfange aus verlief diese letztere Hälfte des Magens gleich einem Darmstücke so, dass sie zweimal sich umbog und aus zwei absteigenden und einem aufsteigenden Theile bestand, indem sie zuerst nach links und hinten , darauf nach rechts und vorne , und endlich nach rechts und hinten ihren Verlauf machte. (Fig. 4 und 6.) Im Ganzen aber hatte diese Hälfte ihre Lage hauptsächlich auf der andern oder weitem Hälfte des Magens, ausserdem aber einigermaasen auch auf der Speiseröhre. Von ihrem Anfange bis zu ihrem Ende verlor sie immer mehr an Weite , so jedoch , dass sie nur bei dem einen Exemplare sich ganz allmählig etwas verengte, indess sie bei dem andern über ihre Mitte hinaus in einer ziemlich langen Strecke eine starke Einschnürung zeigte, auf die dann wieder eine Erweiterung folgte. — Im Innern der weitern Hälfte des Magens kam eine Einrichtung von ganz besonderer Art vor, die nicht wenig merkwürdig sein dürfte. Es bestand dieselbe in einer fast senkrechten (mit der einen Fläche rechtshin, mit der andern linkshin gekehrten) Scheidewand, die rechts von der Cardia ihren Anfang nahm, nach hinten bis über die Mitte der wei- tern Magenhälfte hinausreichte , hier mit einem concaven freien Rande endigte , und an diesem Rande die grösste Breite hatte. (Fig. 4 und 8.) Ihre Länge war viel grös- ser, als ihre Breite, ihre Dicke aber ähnlich der Dicke der Magenwandung. Durch 191 sie ward der weitere Theil des Magens unvollständig in eine linke und rechte Seiten- hälfle geschieden, von denen die erstere etwas geräumiger, als die letztere war. — Die Schleimhaut bildete an der ganzen innem Fläche des Magens ein höchst eng- maschiges und sehr zierliches Netzwerk, dessen Fäden nicht eigentlich in Falten, sondern nur in zarten und niedrigen leistenartigen Auswüchsen der genannten Haut bestanden. Ausserdem aber kamen in der längern und engern Hälfte des Magens einige wenige grobe Längsfalten der Schleimhaut vor, die bei dem jungem Exemplar last durch die ganze Länge dieser Hälfte verliefen, bei dem altern aber nur in dem zusammengezognen Theile derselben vorhanden waren. Auch in dem Dünndarm be- fand sich ein von der Schleimhaut gebildetes Netzwerk. Aber schon gleich hinter der Stelle, die ich für den Pförtner halte, und an der sich eine massig hohe kreis- förmige Falte befand, waren die Maschen dieses Netzwerkes des Dünndarms wenig- stens noch einmal so gross , als die im Magen vorhandene , und die Leisten , von denen es gebildet wurde, sehr viel höher und auch viel dicker. Unter der Schleim- baut kamen in dem ganzen Magen, also gleichfalls auf der Scheidewand desselben, sehr kleine Drüsenbälge von unregelraässig rundlicher und ovaler Form vor, die sich einzeln nicht mit blossen Augen unterscheiden Hessen, und die im Allgemeinen sehr nahe neben einander lagen, meistens jedoch so, dass sie kleine rundliche Gruppen zusammensetzten. Im Darm hingegen konnte ich dergleichen Drüsenbälge nicht ge- wahr werden '). Bei Trionyx gangeticus und Tr. ocellatns, von deren Eingeweiden nur die Speiseröre und die Luftröhre nebst dem Kehlkopf übrig waren, fand ich ebenfalls an der erstem, jedoch nur in der vordem Hälfte derselben, viele und meistens auf Längsfalten in einer Reihe hinter einander stehende kegelPörmige Auswüchse. Diese aber waren absolut und relativ viel kleiner, als bei den Seeschildkröten, besassen nur ein dünnes und weiches Epithelium, und wichen ausserdem von denen der See- schildkröten dadurch ab, dass sie meistens nicht in eine ziemlich lange und faden- förmige Spitze ausliefen, sondern stumpf abgerundet waren. — Bei Trionyx aegy- ptiacus kamen im Anfange der Speiseröhre kurze und dünne fadenförmige Auswüchse vor, die reihenweise auf niedrigen, aber nicht sehr zahlreichen Längsfalten der 1) Eine Beschreibang des Körperbaues einer erwachsenen Sphargis mercnrialis (coriacea), die Biagi zum Verfasser bat, ist von A. Alessaudrini in den Novi Annali delle Scienze naturale (Bologna, Bandit, 1843) bekannt gemacbt worden. Dieses Werk selbst habe ich nicht gesehen, nach einem Auszuge ajjer, den Oken davon in der Isis mitgetbeilt, mnss ich vermuthen, dass Biagi nicht einer besonders auffallenden Form, die er an der Speiseröhre und dem Magen von Sphargis gefunden hätte, gedacht hat. (Isis von 1843, Seite 542.) 192 Schleimhaut standen ^). — Auch bei Pentonyx capeusis fand ich in der Speise- röhre, die übrigens beinahe bis zur Mitte ihrer Länge durch ein der Schleimhaut angehöriges Pigment schwarz gefärbt war, eine ziemlich grosse Zalil von Auswüch- sen der Schleimhaut, Diese aber befanden sich nicht im Anfange , sondern vor der Mitte der Speiseröhre, hatten der Mehrzahl nach eine Höhe von einer halben Linie und darüber, stellten dreieckige und in eine kurze Spitze auslaufende dünne Platten dar, waren im Allgemeinen mit ihrer einen Seite nach vorn, mit der andern nach hinten gekehrt, und zeigten sich an ihrer Basis unter einander durch niedrige, von ihren Seitenrändern ausgehende zarte Falten der Schleimhaut so verbimden, dass sie mit denselben massig tiefe Maschenräume umschlossen. Der Magen bot bei dieser Schildkröte und auch bei dem jungen Trionyx aegyptiacus nichts Bemerkenswerthes dar. Bei den Jungen von Emys europaea und Terrapene tricarinata verhielten sich die Speiseröhre und der Magen hinsichtlich ihrer Form, Lagerung, Richtung und Beschaffenheit der Schleimhaut ganz so, wie bei den Erwachsenen. Dasselbe war auch der Fall bei dem Embryo von Testudo, bei dem übrigens der Magen von ei- ner Flüssigkeit, die er enthielt, ziemlich stark angeschwellt erschien. Bei dem Jun- gen von Platemys Spixii , von welcher Specics ich nicht Gelegenheit gehabt habe, ein erwachsenes Exemplar untersuchen zu können, verhielten sich die Speiseröhre und der Magen in ihrer Form, Richtung und Lagerung ähnlich, wie bei der Emys europaea. §. 54. Der Darm bot in Hinsicht seiner relativen Länge so bei dem Em- bryo , wie bei den Jungen von Chelonia nichts besonders Abweichendes von dem der Erwachsenen dar. Die Schleimhaut bildete bei den letztern in dem grössten Theile des Dünndarms ein engmaschiges Netzwerk von Falten, von denen aber ei- nige höher und dicker, als andre waren. Jene stärker entwickelten Falten setzten deutlich mehrere Längsfalten zusammen, die einen zickzackformigen Verlauf machten. ^) Wie es allen Anschein hat, ist allgemein in der Gattung Trionyx die Speiseröhre an ihrem An- fange mit kleinen Aaswüchsen der Schleimhaut versehen. Diese aber haben bei den verschiednen Arten verschiedne Formen. Bei einem erwachsenen Trionyx granosus, den ich darauf untersuchte, hatten sie die Form von niedrigen zungenHirmigen, oder abgestumpft dreieckigen Platten, gingen von dem Rande mehrerer Längsfalten so aus, dass ihr einer Seitenrand nach vorn, der andere nach hinten gekehrt war, und kamen nur in massig grosser Zahl vor. Bei einem halberwachsenen Trionyx ferox aber stellten sie fadenförmige Zotten dar, die bis eine Linie und darüber lang waren, kamen überaus zahlreich vor, und standen nur sel- ten einzeln, sondern gewöhnlich gruppenweise beisammen, indem mehrere (4 bis 12) von einem kurzen, dicken und abgeplatteten Stiele so etwa, wie die Finger einer Hand, abgingen. Mehrere von diesen Zotten umgaben kraozartig die Stimmritze, was übrigens auch bei dem Jungen Trionyx aegyptiacus der Fall war. Gleichfalls bemerkte ich dergleichen handformige Zotten bei einem Tr. subplanus, doch standen sie bei diesem nur um die Stimmritze und hinter derselben in einer massig langen Längsreihe, einfache Zotten befanden sich, doib ebenfalls nur sparsam, in der vordem Hälfte der Speiseröhre an einigen andern Stellen. 193 Durch den hinlern Theil des Diiiindarnis verliefen die Längsfalten nur massig ge- schlängelt, und waren nicht durch zarlere schräge und quere Fältchen netzartig un- ter einander verbunden. Im Dickdarm befand sich ein viel weitmaschigeres Netz- werk von Falten, von denen die einander benachbarten sämmtlich eine ziemlich gleiche Höhe und Dicke hatten. Bei der Sphargis kam in dem Dünndarm bis zu dem Dick- darm hin ein engmaschiges und überhaupt sehr zartes Netzwerk von ziemlich, gleich dicken Falten vor, in dem Dickdarm aber ein auffallend weitmaschiges Netzwerk von verhältnissmässig nur wenig hohen und dicken Falten. [Nach Biagi soll hei der erwachsenen Sphargis auch der Darm, und zwar auf eine lange Strecke, Anfangs solche Stacheln, wie die Speiseröhre, enthalten, die alle mit den Spitzen nach hin- ten gerichtet sind '). Indess erlaube ich mir, zu bezweifeln, dass diese Angabe richtig ist.] — Bei dem Embryo von Testudo hatte der Darm, wie bei den er- wachsenen Exemplaren dieser Gattung, eine verhältnissmässig nur geringe Länge, und es kam auch schon bei ihm ein kurzer, weiter und stumpf abgerundeter Blind- darm vor. In dem Anfange des Dünndarms bildete die Schleimhaut ein Netzwerk von ziemlich grossen Maschen, weiterhin nur Längsfalten, und im Dickdarm war die Schleimhaut ohne irgend welche merkliche Erhöhungen. — Bei den Jungen von Emys europaea verhielt sich der Darm in seiner Form, seiner Länge und seinem V'erlaufe, wie bei den Erwachsenen. — Bei Platemys war der Dickdarm auffallend weit (ungefähr vier Mal weiter, als der Dünndarm an seinem Ende), imd seine Länge betrug nur ein Siebentel von der Länge des ganzen Darms. Die Schleimhaut bil- dete in dem Dünndarm lauter dünne und wenig hohe Längsfalten, die nur einige wenige zarte Ausläufer zur Verbindung unter einander aussendeten, und in der vor- dem Hälfte dieses Darmstückes einen zickzackförmigen , in der hintern Hälfte einen "»üz geraden Verlauf machten. Die Schleimhaut des Dickdarms war ohne Falten und Zotten. 8. 55. Der Dottersack war bei dem Embryo von Testudo noch ziemlich gross, hatte die Form eines Ovales oder beinahe einer Birne, lag noch ausserhalb der Bauchhöhle, so jedoch, dass sein dünneres Ende etwas in die weite Nabelöffnung hineinragte, und war mit seinem dickern Ende nach vorn gerichtet. Seine Länge betrug 8V25 sein grösster Querdurchmesser 7^/2 Linien. Durch die Einwirkung des Weingeistes, dem er mehrere Jahre ausgesetzt gewesen war, hatten seine Wandung und der in ihm enthaltene Dotter einen hohen Grad von Festigkeit und Härte er- langt, und dieser machte es mir unmöghch, selbst nachdem ich eine Erweichung 1) Isis von 1843, S. 542. 25 194 durch Wasser versucht hatte, zu ermitteln, welche Beschaffenheit der Dottersack an seiner innern Fläche besessen haben mochte. Sein dünneres Ende ging in das Ende einer Schlinge des Dünndarms so über, dass sich zwischen beiden nur eine Ein- schnürung, nicht aber ein besondrer Stiel oder Ductus vitellarius befand. Eine Höh- lenverbindung kam zwischen dem Dottersack und dem Darm nicht .mehr vor, son- dern ßs waren die Höhlen beider deutlich von einander geschieden. — Bei dem Embryo von Chelonia war schon vorher, ehe ich ihn zur Untersuchung erhielt, der Dottersack so abgeschnitten worden, dass nur noch ein kleiner Rest davon am Dünn- darm hing. Auch hier führte nicht eine Oeffnung aus dem Dottersacke in die Höhle des Darmkanales. — Bei den Jungen von Chelonia, Trionyx aegyptiacus, Sphargis coriacea, Terrapene tricarinata, Emys europaea, Emys lutaria und Platemys, bei de- nen allen noch ein Dottersack vorkam, lag er in der Leibeshöhle dicht auf der Bauch- wand zwischen Leber und Harnblase, hatte aber eine nur geringe Grösse, so dass er seinem gänzlichen Verschwinden schon sehr nahe war •). Sein grösster Durch- messer betrug bei Sphargis 5, bei Chelonia Midas und Ch. virgata 3, bei Chelonia imbricata 2, bei dem Jüngern Exemplar von Emys europaea 2%, bei dem altern Exemplar 1 '/g, bei Terrapene und Platemys nicht völlig 1, bei Emys lutaria l/j Linie. Bei ihnen allen aber war seine Form rundlich: auch hing er bei allen durch einen dichten und äusserst kurzen, aber ziemlich dicken Stiel ungefähr mit der Mitte des Dünndarms zusammen. Bei Trionyx aegyptiacus war er eine Linie lang, ungefähr halb so dick, walzenförmig, und äusserlich nur durch eine Einschnürung von dem Darm geschieden. Wo er dem Darm aufsass, war dieser bei der jungen Platemys zu einem zwar nur sehr kurzen, doch vcrhältnissmässig recht weilen Divertikel, das einen abgestumpften Kegel darstellte, ausgesackt: bei den übrigen genannten Schildkröten aber war eine solche Aussackung nicht zu bemerken. Die Wandung des Dottersacks war im Verhältniss zu ihrem ganzen Umfange jedenfalls noch ziem- lich dick. Von ihr gingen namentlich bei den Jungen von Emys europaea, Chelo- nia und Sphargis dicke, zum Theil ziemlich hohe, verschiedentlich lange und hei- nahe wie eine Halskrause, jedoch sehr unregelmässig hin und her gebogene Falten nach innen hin. Ein zuverlässiges Resultat erhielt ich aus der Untersuchung dieser Theile nur bei dem Jüngern Exemplar von Emys europaea, das wenige Stunden nach seinem Tode in noch frischem Zustande darauf untersucht werden konnte. Ein je- der solcher Theil, der eigentlich nur den Schein einer Falte an sich trug, bestand. *) Bei den beiden untersuchlen jungen Exemplaren von Trionyx gangeticiis und der Tr. ocellatus wa- ren schon früher fast alle Eingeweide ausgeschnitten worden : es blieb daher bei ihnen fraglich, ob auch sie noch einen Doltersack enthalten hatten. 195 wie bei den Schlangen, in einem einfachen (in einer einzigen Ebne ausgebreiteten) Netzwerke zarter Blutgefässe, dessen Maschen, weil sich der Dottersack schon in der Rückbildung befand, säninitlich sehr klein waren, und dessen Fäden in dünnen Scheiden eingeschlossen lagen, die von der Innern der beiden Häute des Doltersackes gebildet waren. Alle Fäden dieses also theils aus Blutgefässen, theils aus deren Scheiden zusammengesetzten Netzwerkes aber zeigten sich belegt mit einer ziemlich dicken und ihnen fest anhaftenden Schichte von Dottersubstanz, so dass auch alle Zwischenräume desselben von Dottersubstanz ausgcRillt waren. Die Masse des Dot- ters selbst bestand zum grössten Theile aus kleinen Fettkugeln ohne besondre häu- tige Hüllen, von denen einige rothgelb, andre weingelb, noch andre, doch in ei- ner nur geringern Zahl, ganz farblos waren. Zwischen diesen Fettkugeln aber ka- men noch andre vor, von denen jede deutlich eine häutige, doch nicht jedenfalls von ihr völlig ausgefüllte besondre Hülle besass, wie auch ausserdem, doch nur sehr sparsam , ganze Dotterzellen , die in ihrer Höhle eine sehr gerinnbare Flüssigkeit und einen bis vier Fetttropfen einschlössen, von denen wieder ein jeder eine beson- dre häutige Hülle hatte. Danach zu urtbeilen, geht also, während der Dotter auf- gelöst und seine Bestandtheile in die ßlutwege aufgenommen werden, von den ein- zelnen Dotterzellen zuerst die äussere Hülle nebst der gerinnbaren Flüssigkeit ver- loren: demnächst aber wird die Hülle der einzelnen Fetttropfen verflüssigt, und erst zuletzt wird auch das Fett zersetzt und fortgeführt. §. 56. Die Leber und Milz boten bei den untersuchten, noch in der Ent- wickelung begriffenen Schildkröten nichts Bemerkenswerthes weiter dar, als dass die beiden Lappen der erstem zwar schon bei allen gehörig von einander geschieden, doch bei den Embryonen von Chelonia und Testudo noch nicht so weit aus einan- der gewichen waren, als bei den erwachsenen Exemplaren derselben Gattungen, so dass demnach die Brücke , durch die sie mit einander in Verbindung standen , eine verhältnissmässig viel geringere Länge hatte. 25* 196 Sechstes Kapitel. Von den Athmungswer kzeugen. §. 57. Der Kehlkopf bot nichts Bemerkenswerthes dar. Die Luftröhre und ihre Aeste verhielten sich bei dem Embryo von Testudo in Hinsicht ihrer re- lativen Länge zwar ähnlich, doch nicht ganz so, wie bei den erwachsenen Exem- plaren von Testudo graeca. Der Stamm nämlich, der eine nur sehr geringe Länge hatte, war verhältnissmässig noch kürzer, die Aeste hingegen waren noch länger, als bei den erwachsenen Exemplaren dieser Schildkröte. Auch kamen in dem Stamme nur 9 Knorpelringe vor, anstatt dass bei der erwachsenen Testudo graeca, nach ei- ner von Meckel angestellten Zählung, der Stamm gegen 20 solche Ringe besitzt *). In jedem Aste befanden sich 70 und einige Ringe. — Bei Trionyx aegyptiacus waren die Aeste im Verhältniss zu dem Stamme zwar nicht so lang, wie bei den Schildkröten aus der Gattung Testudo, doch viel länger, als bei denen aus andern Gattungen. Unter einander aber hatten die beiden Aeste nicht eine gleiche Länge, sondern der linke war beinahe noch einmal so lang, als der rechte, und in einem starken Bogen nach aussen umgekrümmt. (Tab. IX, Fig. 5.) Dies jedoch waren Verhältnisse, wie ich sie auch bei den erwachsenen Exemplaren der Gattung Trio- nyx gefunden habe ~). Gleichfalls verhielten sich bei dem Embryo von Chelonia und bei den Jungen von Chelonia, Emys und Terrapene der Stamm und die Aeste der Luftröhre in Hinsicht ihrer Knorpelringe , wie ihrer relativen Länge und Weite im Allgemeinen ähnlich, wie bei den Erwachsenen derselben Arten. Eben dasselbe war wahrscheinlich auch der Fall bei der jungen Sphargis. Die Bildung aber, die ich bei zwei Exemplaren dieses letztern Thieres an der Luftröhre bemerkte, war 1) Meckel's Syslem der vergl. Aoatomie. Till. VI, Seile 278. ^) Nach MessoDgeo, die ich hei altern Exemplaren von Trionyx an der Luftröhre anstellte, war -bei Trionyx granosns der Stamm 1" 11'", der linke Ast 1" 9'", der rechte Ast 1" 2'", und bei Trionyx ferox der Stamm 3" 10'", der linke Ast 3" V/^'", der rechte Ast 1" Vs"', und bei Trionyx subplanus der Stamm 1 " 8 "', der linke Ast 1 " 5 "', der rechte Ast 8 "' lang. Fast der ganze Stamm und der Anfang der Aeste lagen bei diesen und auch bei Jüngern Exemplaren nicht unfer der Speiseröhre, sondern neben derselben, indem sie möglichst weit nach der rechten Seite des Halses hingedrängt waren, weshalb denn der linke Ast, um zu seiner Lunge zu gelangen, einen längern Weg zurücklegen musste, als der rechte. Beide Aeste verliefen übrigens, selbst wenn der Hals ganz ausgestreckt war, nicht ziemlich geradlinigt, sondern unter einem Bogen, dessen convexe Seile nach innen und hinten gerichtet war, der linke Ast aber unter einem viel stärker gekrümmten Bogen, als der rechte. 197 so durchaus abweichend von dem Baue andrer schon zergliederten Schildkröten, dass ich sie ausrührlicher beschreiben will. (Tab. IX, Fig. 1.) Wie unter den Vögeln bei Aptenodytes demersa und Procellaria glacialis, und unter den Säugethieren, nach einer von Otto gemachten Entdeckung, bei Pedetes caffer *), kommt auch bei Sphargis in dem Stamme der Luftröhre eine senkrechte Scheidewand vor, durch die seine Höhle in zwei Seitenhälflen getheilt ist. Jedoch ist diese Wand verhältniss- mässig kürzer, als bei den eben genannten Vögeln, indem sie von der Thcilungs- stelle des Stammes in seine beiden Aestc nicht völlig bis zu dem zweiten Drittel desselben hinreicht. An der Stelle, wo sie sich befindet, ist die Luftröhre von oben und unten ein wenig abgeplattet und erscheint etwas breiter, als in ihrem übrigen Theile. Dass aber die Scheidewand nicht etwa durch ein dichtes Beieinanderliegen, oder durch eine Verwachsung der vordem Hälften der Luftröhrenäste bewirkt wor- den war, davon habe ich mich hinreichend überzeugt. Von dem Kehlkopfe bis zu dieser Scheidewand hin sind die Knorpelringe der Luftröhre ziemlich breit und dick : in dem ganzen Abschnitte aber, in welchem sich die Scheidewand befindet, und an welchem dieser gegenüber die obere und die untere Seite der Luftröhre eine schwa- che Längsfurche bemerken lassen, sind die Ringe beinahe nur halb so breit und ausserdem viel dünner. Auch sind nicht alle Ringe dieses Aischnittes , wie es an denen des andern oder vordem Abschnittes der Fall ist, ganz vollständig und ge- schlossen, sondern einige von ihnen erschienen nur als unterbrochene oder offene Ringe, und sind mitunter an ihrem einen Ende in zwei kurze Aeste getheilt. Die Scheidewand aber enthält eine einfache Reihe von senkrecht stehenden Knorpelstrei- fen, und von diesen erscheinen die meisten als Strebepfeiler im Innern eben so vie- ler ganzen Ringe, mit denen sie an ihren beiden Enden verschmolzen sind, die übri- gen hingegen als ein mehr oder weniger einwärts gekrümmtes Endstück eben so vieler offenen Ringe, so dass mitunter ein solcher Ring beinahe die Form einer ara- bischen 9 erlangt hat. Uebrigens ist die Scheidewand ungefähr eben so dick, wie die untere, hingegen etwas dünner, als die obere Wandung des Luftröhrenstammes, und an ihrem vordem, sehr dünnen und nur häutigen Rande bogenförmig tief aus- geschnitten *). §. 58. Ueber die Lungen habe ich nur wenig anzuführen. Ihre Lage, Be- festigung, Gestalt und innere Zusammensetzung verhielten sich schon bei den Em- 1) Meckel's System etc., Tbl. VI, Seite 361 bis 363 und Seile 405. ^) Biagi scheint in der Beschreibung, die er von der Sphargis gegeben hat, dir Scheidewand inner- halb der Luftröhre nicht Erwähnung gethan zu haben. Wenigstens ist in dem Auszuge, den die Isis aus den Bologner Annalen ertheilt bat (Jahrgang 1843, S. 542), darüber Nichts geäussert worden. 198 bryonen von Cbelonia und Testudo eben so, wie bei den Ervvacbsenen derselben Gattungen. Ihr Umfang aber war verbältnissmässig viel kleiner, weil die Zellen- räume ihrer Substanz im Allgemeinen eine verbältnissmässig viel geringere Grösse hatten, weshalb denn auch die ganze Masse der Lungen viel fester war. Doch zeig- ten sich bei dem Embryo von Cbelonia die Wände der einzelnen Zellenräume nicht zusammengefallen, sondern standen massig weit von einander ab, und waren wabr- sheinlich, als das Thier noch lebte, mit einer geringen Quantität einer klaren wäss- rigen Flüssigkeit angerdllt'). Im Ganzen war bei diesem Embryo die Substanz der Lungen lange nicht so fest und dicht, wie bei reifern Embryonen von Säugetbieren. Dagegen hatten bei den Embryonen von Testudo die Lungen eine eben so grosse Festigkeit, wie bei reifern Früchten von Säugetbieren, indess bei erwachsenen Exem- plaren von Testudo die Lungen weniger fest und dicht sind, als bei den Seeschild- kröten. Der Grund davon lag darin, dass fast alle ihre Zellenräume, namentlich die nach der Oberfläche hin gelegnen kleinern, einzeln Tür sich betrachtet, so zusammen- gezogen waren, dass ihre Wandungen sich beinahe durchaus berührten, daher auch eine verbältnissmässig beträchtliche Dicke hatten. Sehr wahrscheinlich aber war die- ser zusammengezogne und feste Zustand der Einwirkung eines ziemlich starken Weingeistes, in dem der Embryo eine längere Zeit gelegen haben mochte, zuzu- schreiben; denn in einem ähnlichen Zustande befanden sich auch alle seine übrigen Eingeweide mit alleiniger Ausnahme des Magens. Siebentes Kapitel. Von den Harn- und Geschlechtswerkzeugen. §. 59. Die Nieren hatten bei den reifern Embryonen und Jungen der Schild- kröten eine ähnliche Gestalt, Lage und relative Grösse, wie bei den Erwachsenen. Die Furchen und Erhöhungen aber, die besonders an der obern (dem Rücken zu- gekehrten) Fläche dieser Organe vorkommen und ihr ein ähnliches Aussehen geben. ^) Bei fast reifen ScblaDgenembryoneD habe ich ia der Höhle der Luoge eine ziemlich grosse Quan- tität von solcher Flüssigkeit gefanden. Siehe meine Enlwickelungsgeschichte der Natter, Seite 153. 199 wie es die Oberfläche des grossen Gehirns bei dem Menschen besitzt, schienen mir um so bedeutender (nämlich die Furchen um so tiefer und die Erhöhungen um so vorspringender) zu sein, je jünger eine Schildkröte war. Ihre Zahl schien bei den Jungen nicht geringer, als bei den Alten zu sein. (Tab. IX, Fig. 7, d, Fig. 8, c, Fig. 9, a.) In Betreff der Harnblase hätte ich nur Angaben zu machen, die sich auf noch nicht bekannte specifische Verschiedenheiten dieses Organs beziehen. Einfach oval, überhaupt von einer ähnlichen Form, wie in der Gattung Chelonia, und dabei nur massig gross, fand ich sie bei Sphargis coriacea und mehreren Arten von Trio- nyx (namentlich bei Tr. aegyptiacus, gangeticus, ocellatus, subplanus und granosus). Herzförmig aber, mit einer mehr oder weniger tiefen Einbuchtung an ihrem vordem Ende und zugleich von einer bedeutendem Grösse, als bei jenen erstem Schildkröten, traf ich sie an bei Pentonyx capensis, Platemys Spixii, Terrapene tricarinata und Testudo mauritanica. — Gelegentlich will ich auch des Umstandes Erwähnung thun, dass bei einer Tesludo mauritanica, deren Rückenschild eine Länge von 2" 5'" hatte, die Harnblase zum grossen Theil von einem harten, aber zerreiblichen Concremente angefüllt war, dessen Gewicht 2^/^ Gran betrug und das nach einer chemischen Un- tersuchung, die von dem Herrn Apotheker Hensche zu Königsberg angestellt wurde, fast nur allein aus Harnsäure bestand. Denn es wurden aus 1 V3 Gran des Con- crements, nach der Methode von Fritzsche, mittelst concentrirter Schwefelsäure 1,30 Gran Harnsäure erhalten. Ammoniak Hess sich in ihm nicht auffinden. Sehr auffallend musste die Gegenwart eines solchen Concrementes in der Harnblase sein, da mit dieser die Harnleiter eben so wenig, wie bei andern Schildkröten, in einem unmittelbaren Zusammenhange standen. Sogenannte Afterblasen (Bursae anales, nach Bojanus), die sich gleichfalls, wie die Harnblase, in die Kloake münden, fand ich unter den zergliederten jungem Schildkröten nur allein bei Emys europaea und E. lutaria. Bei beiden waren sie, wie die Harnblase, schon gehörig ausgebildet : namentlich war ihr Verhalten auch in Hinsicht der Grösse schon ähnlich, wie bei den Erwachsenen. §. 60. Von den Wolff'schen Körpern traf ich nicht blos bei den Em- bryonen von Testudo und Chelonia, sondern auch bei mehrern jungen Schildkröten noch bedeutende Ueberreste an. Bei dem Embryo von Chelonia waren diese Organe langgestreckt, massig breit, ziemlich dick und gegen beide Enden, besonders aber gegen das hintere, stark verschmälert. (Tab. IX, Fig. 7, e. e.) Nach vorne und nach hinten gingen sie über die Nieren, mit deren unterer Fläche sie durch Zellge- webe dicht verbunden waren, etwas hinaus, und ihr hinteres Ende selbst reichte 200 bis an die Kloake, indess die Nieren von der Kloake etwas abstanden. Dagegen hatten sie eine merkwürdig grosse Breite bei dem Embryo von Testudo, waren da- für aber nur sehr dünn und stellten zwei unregelmässig ovale Tafeln dar, die fast so breit, als die JNieren waren, über die sie nach vorne etwas hinausgingen, indess sie nach hinten sich nur eben so weit, wie jene Organe, erstreckten und die Kloake nur mittelst ihrer Ausführungsgänge erreichten. (Tab. IX, Fig. 8, a.) Bei beiden Embryonen aber bestanden sie der Hauptsache nach aus vielen sehr zarten , stark geschlängelten und sehr nahe bei einander liegenden Kanälen, die in jedem dieser Organe deutlich in einer Reihe hinter einander in einen ebenfalls nur dünnen , aber viel festern Ausführungskanal übergingen, der neben einer sehr viel weitern Vene an dem äussern Rande des Organes entlang lief, und hinten , neben dem Harnleiter der Niere, in die Kloake überging. (Tab. 8, e.) Auch bei allen jungen Schildkröten, welche in der Einleitung zu diesem Werke namhaft gemacht worden sind, waren noch Reste der Wolff'schen Körper vorhan- den , und es Hessen dieselben bei den meisten noch deutlich eine Zusammenzetzung aus einem besondern Ausführungsgange und zarten geschlängelten Kanälen erkennen, die in jenen Gang unter ziemlich rechten Winkeln ausliefen. Der Länge nach waren sie meistens den Nieren gleich, mit deren unteren Fläche sie immer in einer innigen und dichten Verbindung standen, und in ihrer Form hatten sie eine mehr oder we- niger grosse Aehnlichkeit mit der oben beschriebenen eines Embryo's von Chelonia. (Tab. IX, Fig. 9, c.) Im Allgemeinen aber waren sie um so schmäler und dünner, je grössere Fortschritte die Jungen in ihrer Entwickelung gemacht hatten. Am kleinsten fand ich sie bei dem weiblichen jungen Exemplar von Pentonyx capensis, bei dem sie schon den Eierstöcken an Länge und Dicke nachstanden , auch ihre Ausführungsgänge schon durch Resorption verloren hatten, und daher mit der Kloake nicht mehr zusammenhingen. §. 61. Die meisten jungen Schildkröten, welche ich einer Zergliederung unter- werfen konnte, waren weiblichen Geschlechts. Ihre Eierstöcke waren langge- streckt, mehr oder weniger spindelförmig, von zwei Seiten (vom Rücken und Bauche her) mehr oder weniger abgeplattet, an der Oberfläche ganz glatt, und im Innern dicht. In Verbindung standen sie durch eine äusserst schmale Falte des Bauchfelles mit der untern Seite der Wolff'schen Körper, neben deren Innern Rändern sie ihre Lage hatten. (Tab. IX, Fig. 7, g, Fig. 8, b.) Mit ihrem einen Ende hatten sie eine Richtung nach vorn , mit dem andern nach hinten. Ihr Umfang war bei den am meisten entwickelten Jungen zwar etwas, doch nicht um Vieles grösser, als bei den reifern Embryonen. Eier konnte ich in ihnen deutlich nur bei Pentonyx capensis 201 erkennen. Uoberhaupt aber entstellen und reifen bei den Schildkröten die Eier al- lem Anschein nach erst ziemlich spät: dafiir spricht auch der Umstand, dass ich ihre Durchmesser bei einem Trionyx granosus, dessen Rumpf 3" 9'" lang war, höch- stens nur Vio"S und bei einer Chelonia Midas, deren Rumpf eine Länge von 2' 3'' hatte, höchstens Vj'" gross fand. Eine durch Furchen und leistenartige Erhöhungen hervorgebrachte Unebenheit , wie sie bei manchen Thieren , z. ß. bei den Vögeln und Krokodilen, die gleichfalls dichte (nicht hohle) Eierstöcke besitzen, zu einer gewissen Enlwickelungszeit an der untern Fläche dieser Organe vorkommt, ehe in ihnen die Eier eine beträchtliche Grösse erlangt haben, ist weder bei Jüngern noch bei altern Schildkröten jemals von mir bemerkt worden. Die Eierleiter erschienen bei den reifern Embryonen als zwei etwas platt- gedrückte Kanäle, die zwar viel dicker, als die AusRihrungsgänge der Wo 1 ff 'sehen Körper waren, doch im Verhältniss zu dem ganzen Leibe eine nur geringe Dicke hatten, indem sie selbst an ihrem hintern Ende darin kaum den Harnleitern gleich kamen. (Tab. IX, Fig. 7, f, und Fig. 8, d.) Ihren Verlauf machten sie, wie bei andern Thieren, am äussern Rande der Wo Iffschcn Körper neben den Ausführungs- gängen dieser Körper, doch getrennt von ihnen, wenigstens in ibrem hintern Theile, durch die beiden paarigen Venae renales advehentes. Angeheftet waren sie an die Wol ff 'sehen Körper durch zwei sehr schmale Falten des Bauchfelles. Nach vorne gingen sie über diese Organe weit hinaus , lagen vor denselben , eingehüllt vom Bauchfell, dicht unter der Rückenwand des Leibes an dem äussern Rande der Lun- gen, und verloren sich, immer dünner geworden, vor der Mitte der Rumpfliöhle in dem Bauchfell. Windungen oder selbst nur stärkere Schlängelungen waren an ihnen nicht vorhanden. — Im Ganzen eben so verhielten sie sich bei den Jungen ver- schiedner Schildkröten, und hatten selbst bei denjenigen, welche in der Entwicke- lung am weitesten vorgeschritten waren, eine verhältnissmässig nicht gar viel grössere Dicke, als bei den Embryonen. Doch Hessen sie bei den Jungen sich nach vorne etwas weiter verfolgen, und lagen bei denselben mit ihrer vordem Hälfte nicht ei- gentlich am äussern Rande der Lungen, sondern vielmehr, weil sich die Lungen beim Beginn der Athmung auch nach aussen oder seitwärts ausgedehnt hatten, über diesen Organen. — Sogar bei den erwachsenen Exemplaren von Trionyx granosus und Chelonia Midas, deren ich schon oben (in diesem Paragraphen) erwähnt habe, fand ich die Eierleiter noch fast gerade gestreckt und von einer nur sehr geringen Dicke. Bei der Chelonia waren sie selbst in der Nähe der Kloake nur etwas über V2'" ■ L*i'ft X mj"*"