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Bande _ dieser Annalen abgedruckt ist, habe ich angegeben, dafs beim Einwirken von Cyan auf flüssiges Ammoniak, aufser mehreren anderen Producten, auch Oxalsäure und eine krystallisirbare weilse Substanz entstehe, welche letztere bestimmt kein cyansaures Ammoniak sey, welche man aber dessen ungeachtet immer erhalte, so oft man versuche, z. B. durch sogenannte doppelte Zersetzung, Cyansäure mit Am- moniak zu verbinden. Der Umstand, dafs bei der Verei- nigung dieser Stoffe dieselben ihre Natur zu verändern schienen und dadurch ein neuer Körper entstände, lenkte von Neuem meine Aufmerksamkeit auf diesen Gegenstand, und:diese Untersuchung hat das unerwartete Resultat gege- ben, dafs bei der Vereinigung von Cyansäure mit Ammoniak Harnstoff entsteht, eine auch in sofern merkwürdige That- sache, als sie ein Beispiel von der künstlichen Erzeugung eines organischen, und zwar sogenannten animalischen, Stoffes aus unorganischen Stoffen darbietet. Ich habe schon früher angegeben, dafs man die oben erwähnte krystallisirte, weilse Substanz am besten erhält, wenn man cyansaures Silberoxyd durch Salmiak - Auflö- sung, oder cyansaures Bleioxyd durch flüssiges Ammo- niak zersetzt. Auf die letztere Art habe ich mir die, zu dieser Untersuchung angewendete, nicht unbedeutende Menge davon bereitet. Ich bekam sie in farblosen, kla- ren, oft mehr als zolllangen Krystallen angeschossen, die schmale rechtwinklige, vierseitige Säulen, ohne be- stimmte Zuspitzung, bildeten. Mit kaustischem Kali oder mit Kalk entwickelte die- ser Körper keine Spur von Ammoniak, mit Säuren zeigte er durchaus nicht die so leicht eintretenden Zersetzungs- 254 Frscheinungen der cyansauren Salze, nämlich Entwicke- lung von Kohlensäure und Cyansäure, und eben so wenig fällte er, wie es ein wirkliches cyansaures Salz thut, die Blei- und Silbersalze; er konnte also weder Cyansäure noch Ammoniak als solche enthalten. Da ich fand, dafs bei der letztgenannten Entstehungsart desselben kein an deres Product mitgebildet und di Bleioxyd rein abge- schieden wurde, so stellte ich mir vor, es könne bei der Vereinigung von Cyansäure mit Ammoniak eine organi- sche Substanz, und zunächst vielleicht ein den vegetabi- lischen Salzbasen ähnlicher Stoff entstehen; ich stellte daher aus diesem Gesichtspunkte einige Versuche über das Verhalten der Säuren zu dem krystallisitien Körper an. Fr verhielt sich aber indifferent gegen dieselben, die Salpetersäure ausgenommen, welche in der concen- trirten Auflösung dieses Stoffes sogleich einen, aus glän- zenden Krystallschuppen bestehenden Niederschlag bil- dete. Diese Krystalle zeigten, nachdem sie durch mehr- maliges Umkrystallisiren gereinigt worden waren, sehr saure Charactere, und ich war schon geneigt, sie für eine eigenthümliche Säure zu halten, als ich fand, dafs sie, bei der Neutralisation mit Basen, salpetersaure Salze gaben, von denen sich durch Alkohol der krystallisir- bare Stoff mit allen Characteren, die er vor der Ein- wirkung der Salpetersäure hatte, wieder ausziehen liefs. Diese Achnlichkeit im Verhalten mit dem Harnstoff ver- anlafste mich, vergleichende Versuche mit vollkommen reinem, aus Urin abgeschiedenem Harnstoff anzustellen, aus denen gauz unzweideutig hervorging, dafs Harnstoff und jener krystallisirte Körper oder das eyansaure Am- moniak, wenn man es so nennen könnte, vollkommen identische Stoffe sind. Ich führe das Verhalten dieses künstlichen Harnstoffs nicht weiter an, da es vollkommen mit dem übereinkommt, wie es, nach den angaben von Proust, Prout u. A,, von dem Urin-Harnstoff in den Schriften zu finden ist, 239 und bemerke nur den von ihnen nicht angegebenen Um- stand, dafs der Urin-Harnstoff, gleich wie der künstli- cne, bei der Destillation, aufser der grofsen Menge von kohlensaurem Ammoniak, zuletzt auch in einem ganz auffallenden Grade den stechenden, Essigsäure ähnlichen Geruch der Cyansäure entwickelt, gerade so, wie ich es bei der Destillation von cyansaurem Quecksilber oder auch der Harnsäure und besonders des harnsauren Queck- silberoxyds gefunden habe. Bei dieser Destillation des, Harnstoffs entsteht zugleich noch eine weilse, wie es scheint, eigenthümliche Substanz, mit deren Untersuchung ich noch beschäftigt bin. Aber wenn beim Zusammentreten von Cyansäure und Ammoniak wirklich blofs Harnstoff entsteht, so mufs der Harnstoff vollkommen dieselbe Zusammensetzung ha- ben, die man durch Rechnung für das cyansaure Ammo- niak, nach der von mir für die cyansauren Salze ange- gebenen Zusammensetzungsformel, findet; und diefs ist in der That der Fall, wenn man im cyansauren Ammoniak, gleich wie alle Ammoniaksalze Wasser enthalten, 1 At. Wasser annimmt, und Prout’s Analyse vom Harnstoff als die richtigste betrachte. Nach ihm *) besteht der Harnstoff aus: Atome, Stickstoff 46,650 4 Kohlenstoff 19,975 2 Wasserstoff 6,670 5 Sauerstoff 26,650 2 99,875 Das cyansaure Ammoniak würde aber aus 56,92 Cyansäure, 28,14 Ammoniak und 14,74 Wasser beste- hen, was für seine entfernten Elemente ausmacht: *) Aunals of Philosoph. T. XI. p. 354. 256 Atom. Stickstoff 46,78 4 Kohlenstoff 20,19 2 Wasserstoff 6,59 ko) Sauerstoff 26,24 2 99,80 *). Man hätte also, ohne die Bildung des Harnstoffs aus Cyansäure und Ammoniak durch den Versuch ge- funden zu haben, im Voraus berechnen können, dafs cyansaures Ammoniak mit 1 Atom Wasser dieselbe Zu- sammensetzung hat, wie der Harnstoff. Bei der Ver- brennung der Cyansäure durch Kupferoxyd erhält man 2 Volum Kohlensäuregas und 1 Volum Stickgas, aber bei der Verbrennung des cyansauren Ammoniaks mülste man gleiche Volumina von diesen Gasen erhalten, also auch dasselbe Verhältnifs bei der Verbrennung des Harn- stoffs, und so hat es in der That auch Prout gefunden. Ich enthalte mich aller der Betrachtungen, die sich in Folge dieser Thatsache so natürlich darbieten, beson- ders in Beziehung auf die Zusammensetzungs-Verhältnisse organischer Stoffe, in Beziehung auf gleiche elementare und quantitative Zusammensetzung bei Verbindungen von sehr verschiedenen Eigenschaften, wie es unter anderen von der Knallsäure und Cyansäure, von einem flüssigen Kohlenwasserstoff und dem ölbildenden Gase, angenom- men wird, und es mufs erweiterten Erfahrungen über mehrere ähnliche Fälle überlassen bleiben, welche allge- meine Gesetze sich davon ableiten lassen. *) Es sind hiebei die neuen Atomengewichte von Berzelius zum Grunde gelegt; also ist N—88,518, C= 76,437, H=6,2398, 0=100,000, VVasser (#H)—=112,479, cyansaures Ammoniak —=NH°’--ENO und Harnstoff =NH’+6NO-H. 257 VI. Versuche über einige stickstoffoxydsaure Salze; von Dr. Herrmann He/s in Irkutzk. D. Verbindungen des Stickstoffoxyds mit den Basen sind, obgleich seit längerer Zeit bekannt, wenig studirt worden. Einige Chemiker zweifeln an ihrem Daseyn; der Gegenstand verdiente durch Versuche näher beleuch- tet zu werden, ich theile daher meine Erfahrungen über diese Verbindungen mit. Stickstoffoxydkali. Erhitzt man salpetersaures Kali in einem silbernen Tiegel bis zur Rothglühhitze, so kocht das Salz unter Entwickelung von Sauerstoffgas, wobei die Salpetersäure zu Stickstofloxyd reducirt wird, welches mit Kali in Verbindung bleibt. Man erkennt, dafs die Masse "hinlänglich geglüht hat, daran, dafs sich aus der Mün- dung des Tiegels kein Rauch mehr entwickelt, und dafs ein glimmender Holzspahn darin verlischt. Das geflos- sene Salz wird auf ein blankes Eisen ausgegossen, wo es sogleich erstarrt. Es hat einen strahligen Bruch, ist luftbeständig. Es ist im Wasser auflöslich; kochendes Wasser nimmt viel mehr davon auf als kaltes, so dafs es beim Erkalten krystallisirt; es gleicht dem Salpeter so sehr, dafs man beide Salze dem Ansehen nach nicht von einander unterscheiden kann. In Alkohol ist es un- auflöslich. Ob es frei von salpetrichter Säure sey, wird auf die Weise *) geprüft, dafs etwas von dem Salze über Quecksilber in einer Proberöhre durch Salzsäure zersetzt wird. Ist das Gas farblos, so war das Salz frei von salpetrichter Säure Hier mufs ich bemerken, dafs ich bei dieser Prüfung [nie ein gefärbtes Gas erhalten habe, welches zu zeigen scheint, dafs die salpetersauren Salze durch Glühen nicht in salpetrichisaure verwandelt werden können, wie man es geglaubt hat, sondern in *) Berzel. Lehrbuch, Th. II, pag. 472. Annal.d.Physik.B.88. St.2. J. 1828. St. 2- R 258 Stickstoffoxyd-Salze; hat man das Glühen nicht lange genug, fortgesetzt, so bekommt man ein Gemenge eines salpetersauren uud eines stickstoffoxydsauren Salzes. Da- mit stimmt auch die Erfahrung überein, dafs die salpe- trichtsauren *) Salze am besten durch doppelte Zersetzung erhalten werden. Das Stiekstoffoxyd-Kali schmilzt in der Hitze eben so leicht wie der Salpeter. Das Salz durch Chlorwasserstoffsäure zerlegt, gab folgende Resultate: 100 Th. Stickstoffoxyd-Kali gaben Chlorkalium. Kali. Sauerstoff. Versuch I. 95,03 entspricht 60,11 enthält 10,18 _ I 5,19 _ 60,21 —_ 10,20. indem wir nun annehmen, dafs die Menge des Stickstoff- oxyds, welche nöthig war, um das Kali zu sättigen, dop- pelt so viel Sauerstoff enthielt als das letzte, so erhalten wir für den ersten Versuch 38,24, für den zweiten 38,31. Wir haben also RR: 60,11 +-38,21— 98,35 Stickstoffoxyd-Kali, 1,65 Verl. und 60,21 38,31= 98,52 _ — 148 — In beiden Fällen mufste der Verlust entweder von einem -Wassergehalte oder von einer höheren Oxydationsstufe eines Antheils Stickstoff, als in der Berechnung ange- nommen worden ist, herrühren. Ich verseizte eine Auf- lösung desselben Salzes mit Chlorwasserstoffsäure, und kochte damit metallisches Gold. Es wurde etwas Geld aufgelöst; die Flüssigkeit hatte also etwas Salpetersäure enthalten. Ich wiederholte die Analyse mit einem sorg- fällig bereitetem Salze. 100 Th. gaben 95,76 Chlorkalium, welche 99,06 Stickstoffoxyd-Kali entsprechen, woraus man sieht, dafs es schwer ist das Salz vollkommen rein zu erhalten. 100 Th. Stickstoffoxyd-Kali enthalten also Kalı. Stickstoffoxyd. 61,14 35,56. Die Krystalle enthalten kein Wasser. *) Berzel. Lehrbuch, Th. I. p. 481. 259 Versetzt man eine Auflösung dieses Salzes mit Wein- säure, so entsteht ein Niederschlag, der saures weinstein- saures Kali ist, und die Flüssigkeit entwickelt Stickoxyd- gas. Wird sie gelinde abgedampft, so erhält man sei- denglänzende Krystalle, welche sauer reagiren und ein Doppelsalz mit Weinsäure zu seyn scheinen. Stickstofforyd- Natron. Wird aus dem salpeter- sauren Natron wie das vorhergehende erhalten. Man bekommt dieses Salz leichter frei von Salpetersäure als das Kalisalz. Es krystallisirt aus der wälsrigen Auflö- sung in schönen Rhomboedern. In Alkohol ist es nicht auflöslich. Es enthält Krystallwasser, welches durch Schmelzen nicht vertrieben werden kann. Zur Analyse wandte ich ein Salz an, welches über Quecksilber ein farbloses Gas gegeben hatte, und mit Salzsäure kein Gold aufzulösen vermochte Im ersten Versuch gaben 101 Th. Stickstoffoxyd-Natron 84 Th. Chlornatrium, und im zweiten gaben 133 Th. des ge- schmolzenen Salzes 111 Th. Chlormetall. 84 entspre- chen 44,76 Natron und 111=59,15 Natron. Rechnet man nun das entsprechende Stickstoffoxyd zu und nimmt den Verlust als Wasser an, so erhält man folgende Zu- sammensetzung: l. Versuch. U. Versuch. Ozygen. Oxygen. Berechnet. Natron 44,32—=11,34 44,47=11,38 44,52 Stickstoffoxyd 42,37 —=22,68 42,62=22,76 42,67 Wasser 1331=11,75 1291=1139 1281 100,00 100,00 100,00 Stickstofforyd- Ammoniak. Habe ich in isolirter Gestalt nichts erhalten können, vermuthe aber, dafs es existirt, weil das Kalisaiz mit Salmiak versetzt. noch vor dem Sieden ein Gas entwickelt, welches das Brennen nicht unterhält, und ein mit Salzsäure befeuchteter Glas- stab vor der Mündung des Kolben etwas raucht, Nun Rh 2 260 ist es aber wahrscheinlich, dafs wenn das Salz existirt, die Producte der Zersetzung,“ Wasser, um und freies Ammoniak seyn müssen. ‚Stickstoffoxyd-.Baryt. Wird aus dem salpetersauren Salze durch Glühen erhalten. Es bedarf keiner starken und anhaltenden Hitze; je mehr man es glüht desto mehr Baryterde erhält man. Die geglühete Masse wird in Wasser aufgelöst und abgedampft; es krystallisirt wie das salpetersaure Sal. Man mufs es abermals auflösen, um es von anhängendem kohlensauren Baryt zu trennen. 201 Th. dieses Salzes durch Salzsäure zersetzt ga- ben 193 krystallisirtes Chlorbaryum, welche = 167,95 - Chlorbaryum. Das Salz bestand also aus: Baryt 123,66 enthält Oxygen 12,96 Stickstoffoxyd 4843 — _ — Verlust als Wasser 2891 — — 2552 201,00. Man sieht also, dafs das Salz eine Menge Krystalli- sationswasser enthält, deren Sauerstoff das Doppelte von dem Sauerstoff der Base ist. Berechnet ist seine Zusammensetzung folgende: Baryt 61,47 Stickstoffoxsyd 24,07 Wasser 14,46 100,00 Das Wasser kann durch Hitze nicht vertrieben werden. Stickstoffoxyd- Kalk. Wird wie die vorhergehen- den Salze erhalten. _ Ich untersuchte bei dieser Gelegen- heit die Menge des Wassers, welche der krystallisirte sal- petersaure Kalk enthiel. Ihr Sauerstoff beträgt vier Mal so viel als die der Base. Der Stickstoffoxyd-Kalk verhält sich, den äufsern Eigenschaften nach, ganz wie das salpetersaure Salz, und zerfliefst eben so leicht. | 261 200 Th. Salz durch kohlensaures Ammoniak zersetzt gaben 97 kohlensauren Kalk —=54,69 Kalk. Dieser ent- hält 15,31 Sauerstoff. 54,69 Kalk erfordern 57,76 Seiekstofogrd. Der Ver- lust betrug also 200 — (54,69-+-57,76)—=87,52, der als Wasser angenommen 77,26 Sauerstoff anzeigt. Er be- trägt also fünf Mal so viel als der der Base. Das Salz ist zusammengesetzt: Versuch. Berechnet. Kalk 27,35 27,58 Stickstoffoxyd 28,89 28,94 Wasser 43,76 43,48 100,00 100,00 (Das Salz hatte eine Spur von Salpetersäure ent- halten. ) Stickstoffoxyd-Silber. Wird erhalten durch Zersetzung des Stickstoffoxyd-Baryt mit schwefelsaurem Silber. Die Flüssigkeit setzte bei dem Abdampfen lange nadelförmige Krystalle von strohgelber Farbe ab. Sie hatten folgende Eigenschaften. Vom Sonnenlichte wurden sie geschwärzt, in Wasser waren sie nicht mehr auflöslich, sondern wur- den davon so zersetzt, dafs sich ein Salz in Flocken nie- derschlug, so lange ein anderes in geringer Menge sich auflöste. Ich wollte das gelbe Salz analysiren, und über- gols eine gewisse Menge mit Chlorwasserstoffsäure. Die Krystalle überzogen sich an der Oberfläche mit Chlor- silber, indem sie etwas Gas entwickelten, und blieben dann unverändert. In Ammoniak lösten sie sich auf. Die Schale, worin ich die Analyse machte, wurde zerschlagen und der Versuch vereitelt. Ich würde einen so geringfügigen Um- stand nicht anführen, wenn ich das Salz später hätte er- halten können. Gelinde in einer Glasröhre erhitzt, zer- fiel das Salz in metallisches Silber und salpetrichte Säure. Ich versuchte mehreremal ohne Erfolg, dasselbe Salz her vorzubringen. Man mufs dabei den überschüssigen Baryt 262 nicht durch Schwefelwassersäure entfernen wollen, wie ich es ein Paar Mal machte, denn in diesem Fall erhält man neutrales salpetrichtsaures Silberoxyd, welches nicht krystallisirt erhalten werden kann. Mit Stickstoffoxyd- Natron erhielt ich das Salz zum zweiten Mal, aber in zu geringer Menge, um analysirt zu werden; beim Ab- dampfen der Flüssigkeit oxydirt es sich schnell und geht allmählig in salpetersaures Salz über. Ich hatte keine Luftpumpe, um das Salz bei Ausschlufs der Atmosphäre zu erhalten. Stickstoffoxyd- Blei. Obgleich ich dieses Salz nicht erhalten konnte, und meinen Zweck nicht erreichte, in- dem ich basische Stickstoffoxyd-Bleisalze hervorzubrin- gen beabsichtigte, so führe ich einige Versuche an, weil sie zu zeigen scheinen, dafs das Salz erzeugt werden kann. Salpetersaures Blei wurde in einem silbernen Tie- gel geglüht. Es entwickelte sich Sauerstoff und salpe- trichte Säure. Da sich die Flüssigkeit mit einer metalli- schen Haut überzog, so wurde der Versuch unterbrochen. Die erstarrte Masse wurde mit Wasser ausgekocht und filtrirt. Beim Erkalten setzte die Flüssigkeit eine grofse Menge eines weilsen Salzes ab, welches scharf getrock- net durch Hitze zerlegt wurde. 71 Th. gaben 57 Th. gelbes Oxyd, die 4,08 Sauerstoff enthalten. 14 Th. Salpetersäure enthalten aber 10,36 Sauer- stoff, woraus erhellt, dafs es halb-salpetersaures Bleioxyd war. Die Flüssigkeit, die kein Salz mehr absetzte, wurde abgedampft, wobei sie so zersetzt wurde, dafs sich sal- petersaures Blei bildete und metallisches Blei ausschied. Zersetzt man Stickstoffoxyd-Kalk mit salpetersaurem Blei, so wird die Salpetersäure zerlegt, und es bilden sich salpetrichtsaure Salze. Beim Erkalten schlägt sich das neutrale salpetrichtsaure Bleioxyd in Gestalt eines wei- fsen krystallinischen Pulvers aus der gelben Auflösung nieder. Dieses Salz kann durch gelindes Erhitzen über einer kleinen Weingeistlampe so zerlegt werden, dafs der 263 Rückstand drittel-salpetrichtsaures Bleioxyd ist. Versetzt man die Auflösung, die das neutrale Salz abgesetzt hatte, mit Alkohol, so wird ein weifses Pulver niedergeschla- gen, welches beim Glühen genau 80 Proc. Bleioxyd hin- terläfst, woraus ich schliefse, dafs es halb-salpetrichtsaures Bleioxyd ist. Die mit Alkohol gefällte Flüssigkeit bleibt gelb, und enthält also noch ein auflösliches Bleisalz. VI. Ueber die Zusammensetzung einiger organi- schen Substanzen; von FF illiam Prout. Aus dem in den Ann. de chim, et de phys. XXÄYVI. p. 366. mit- PRyY p getheilten Auszug aus der Philosoph. Transact. für 1827.) D.: zur Zerlegung dieser Substanzen angewandte Ver- fahren bestand in der gleichzeitigen Anwendung von Ku- pferoxyd und Sauerstoffgas. Die mit dem Kupferoxyde gemischte Substanz wurde in ein Rohr gebracht, welches an jedem seiner Enden mit einem umgekehrten Heber in Verbindung stand, der das Sauerstoffgas enthielt und als Gasometer diente. Dadurch, dafs man Quecksilber in den offenen Schenkel des einen Hebers gofs, und gleich- zeitig das Quecksilber in dem andern Heber, durch einen an seiner Krümmung befindlichen Hahn, ausfliefsen liefs, trieb man das Sauerstoffgas von einem Heber in den an- dern. Die in den Apparat gebrachte Sauerstoffmenge wurde vor dem Versuch mittelst graduirter Gasometer gemessen; aus der Volumensänderung, welche das Sauer- stoffgas nach dem Versuch erlitten hatte, ergab sich die 'Wasserstoffmenge in der zerlegten Substanz. Der Apparat wurde durch eine Reihe kleiner Wein- geistlampen erhitzt, und nachdem die Wirkung des Ku- pferoxyds vorüber war, liefs man das Sauerstoffgas hin- und herströmen, um das Kupfer wieder vollständig zu 264 | oxydiren und jeden etwa noch nicht verbrannten Theil | der Substanz vollends zu verbrennen. Durch dieses Verfahren umgeht man die dem Ku- | . pferoxyde vor geworfenen Vebelstände, dafs es Luft und Feuchtigkeit eondenn und erhält den Wasserstoff ge- nauer, als durch die bicher angewandten Verfahren. Fohrzucker. Der reinste Zucker, den ich kenne, ist der aus Rohrzucker bereiteie Kandiszucker. Dieser Zucker, nachdem er durch wiederholte Krystallisation aus Wasser und Alkohol gereinigt, und durch mehrstündige Aussetzung einer Peer von 100° vom yon schen Wasser befreit war, fand sich folgendermalsen zu- samınengesetzt: Kohlenstoff 42,85 Wasser 92.15 9). Die schönsten und reinsten Sorten des im Handel vorkommenden Hutzuckers, welche ich untersuchte, ga- ben bei gleicher Behandlung genau dieselben Resultate. Man darf also annehmen, dafs ie Zusammensetzung die- selbe ist, wie die des Hutzuckers. Der Rohrzucker scheint durch die Siedhitze des Wassers keine Zersetzung zu er- leiden; allein bei 150° C. fängt er an zu schmelzen und eine dunkelbraune Flüssigkeit zu bilden. Als er bei einem Versuche sieben Stunden lang dieser Temperatur ausge- setzt war, hatte er nur 0,6 Procent seines Gewichts ver- loren; aber seine Figenschaften schienen beträchtlich (d’une maniere permanente) geändert zu seyn. Berzelius hat indefs gezeigt, dafs der Zucker bei der Verbindung mit Bleioxyd 5,3 Proc. Wasser verliert. Ich habe das zucker- °) Diese Zusammensetzung würde ziemlich mit der Formel: 12C--22H—- 110 oder mit der ihr gleichwerthigen: 12C 11H (worin C==76,437 und H=112,479) übereinstimmen, denn diese giebt: 42,573 Kohlenstoff und 57,427 Wasser. Nach Ber- zelius enthält bekanntlich dieser Zucker 1 Atom WVasserstoff mehr, und, in Verbindung mit Bleioxyd, 1 At. WVasser weniger. pP. 265 saure Bleioxyd oft dargestellt, und habe es zufällig ein- mal in schönen Krystallen erhalten. Honigzucker. Der von mir untersuchte Zucker war aus Honig von Narbonne bereitet. Nach Beraubung sei- nes hygrometrischen Wassers durch mehrtägiges Aufbe- wahren unter einem Recipienten neben Schwefelsäure, zeigte er sich zusammengesetzt aus: Kohlenstoff 36,36 Wasser 63,63 *). Bei gewöhnlicher Beschaffenheit der Atmosphäre ent- hält dieser Zucker gewöhnlich mehr Wasser, als es diese Analyse angiebt, nämlich ungefähr 64 Procent. Ander- seits verliert er bei einer Temperatur, die weit unter der Siedhitze des Wassers liegt, schnell ungefähr 3 Procent Wasser und fängt an flüssig zu werden. In einem Ver- . suche, worin er 30 Stunden lang der Siedhitze des Was- sers ausgesetzt wurde, verlor er mehr als 10 Proc. sei- nes Gewichts an Wasser, nahm eine dunkelbraune Farbe an und schien theilweise zersetzt zu seyn. Der Stärkemehlzucker gehört offenbar zu dieser Varietät, &ben so wie der diabetische Zucker, und wahr- scheinlich der Traubenzucker, Feigenzucker u. s. w. Alle diese Zuckerarten sind im Zustande der Reinheit von einem schönen Weifs, krystallisiren in Warzen, und sind bei ge- wöhnlicher Beschaffenheit der Atmosphäre luftbeständig. Stärkemehlzucker. Diabetischer Zucker, Kohlenstoff 36,2 36 bis 40? Wasser 63,3 .64 — 60 Weizenstärke. Diese Substanz ist von mehreren Chemikern mit sehr verschiedenen Resultaten analysirt. ®) Diese Zusammensetzung würde zienlich mit der Formel: 12C--14H übereinstimmen, denn diese giebt: 36,808 Kohlen- stoff und 63,192 Wasser. Danach würde der Honigzucker 3 At. Wasser mehr enthalten als der Rohkrzucker. Doch stimmt für erstern auch eben so gut die Formel: 5C-+6H; sie giebt 36,156 Kohlenstoff und 63,844 Wasser. P. 266 ‚Gay-Lussaec und Thenard fanden darin 43,55 Proc. Kohle, Ure dagegen nur 38,55 Procent. Die folgenden Bemerkungen werden diese Verschiedenheit genügend er- klären. Eine sehr schöne Sorte Stärkemehl, die auf mein Ge- such ohne Zusatz des Farbstoffs, welchen man gewöhn- lich in dem käuflichen Stärkemehl zurückläfst, eigens be- reitet und mehrere Monate lang an einem trocknen Orte aufbewahrt worden war, gab, abgesehen von den frem- den Stoffen: Kohlenstoff 37,5 Wasser 62,5. Hundert Theile derselben Sorte, fein gepulvert und 20 Stunden lang einer Temperatur von 95 bis 100° C. ausgesetzt, verloren, iur Mittel aus zweien Versuchen, 12,5 Theile, und gaben bei der Analyse: Kohlenstoff 42,8 Wasser 57,2. In diesem Zustande enthält das Stärkemehl jedoch noch Wasser, von dem man es zum Theil durch Aus- setzung einer höheren Temperatur befreien kann. Als, es nämlich nach 24 stündiger Erwärmung bis zu 100° C. sechs Stunden lang einer Temperatur von 150° bis 180° C. ausgesetzt wurde, verlor es noch 2,3 Procent mehr, und in diesem Zustande analysirt gab es: Kohlenstoff 44 Wasser 56. Es hatte jetzt eine schwach gelbe Farbe und schien in seinen Eigenschaften etwas geändert zu seyn, Die zuletzt gefundene Wassermenge ist also nahe die grölste, die das Stärkemehl ohne Zersetzung verlieren kann *). °) Von den drei hier angeführten Zusammensetzungen der Wei- zenstärke stimmt die erste mit der Formel: 12C+14H, die zweite Formel mit der Formel: 12C-11H, und die dritte mit der Formel: 12C- 10H. 2 267 Arrow-root (Stärkemehl aus der Wurzel der Ma- ranta indıca). Diels ist eine andere Art von Stärkemehl, von dem es, wie vom Zucker, eine grofse Zahl von Ab- arten zu geben scheint. Nachdem es 20 Stunden lang _ bei einer Temperatur von 92° bis 100° getrocknet wor- den war, gab es, abgesehen von den fremden Substan- zen, bei der Analyse: Kohlenstoff 42,8 Wasser 57,2 Als es aber noch sechs Stunden länger in einer Tem- peratur von 100° C. gehalten wurde, verlor es noch 3,2 Procent mehr, und dann war es von ähnlicher Beschaf- fenheit wie die bei 150° und 180° C. getrocknete Wei- zenstärke. Es gab sehr nahe: Kohlenstoff 44,4 Wasser 55,6 Durch eine abermalige sechsstündige Erwärmung bis auf 150° und 180° C. verlor es noch 1,38 Proc.; allein es wurde dabei weit dunkler braun, als die bei gleicher Temperatur getrocknete Weizenstärke, und zeigte sich be- deutend mehr zersetzt. Diese Art von Stärkemehl scheint, wie der erwähnte Honigzucker, alles zu seiner Zusam- mensetzung nicht wesentliche Wasser zu verlieren, wenn es einer Temperatur von 190°, und vielleicht selbst einer geringeren, hinlänglich lange ausgesetzt gewesen ist. Holzfaser. DieHH. Thenard und Gay-Lussac haben zuerst gezeigt, dafs die Holzfaser den Sauerstoff und Wasserstoff in dem zur Wasserbildung nöthigen Ver- hältnisse enthalten; ein Resultat, das durch meine Ver- suche vollkommen bestätigt wird. Ich habe Buchsbaum und Weidenholz untersucht. Nachdem ich diese Holz- arten fein gepulvert hatte, kochte ich sie so lange mit Wasser, bis dieses ihnen nichts mehr entzog, darauf mit Alkohol und nun wiederum mit Wasser. Nach diesen Auskochungen liefs ich den Faserstofi so lange an der 268 Luft liegen, bis er nichts mehr am Gewicht verlor, und dann wurde er analysirt. Die Resultate waren: Buchsbaumholz. VVeidenholz. Kohlenstoff 42,7 42,6 Wasser 57,3 57,4*). Durch 24stündiges Trocknen bei einer Temperatur von 100° C., und ferneres 6stündiges Trocknen bei einer Temperatur von 150° bis 165° C., verlor das Buchs- baumholz 14,6 Proc., und das Weidenholz 14,4 Proc. In diesem Zustande analysirt, gaben sie: Buchsbaumholz. WVVeidenholz. Kohlenstoff 50,0 49,8 Wasser 50,0 50,2 **), Resultate, die fast mit denen von Gay-Lussac und Thenard beim Eichen- und Büchenholz erhalte- nen übereinstimmen. Man darf also annehmen, dafs alle Holzarten aus gleichen T'heilen von Kohlenstoff und Was- ser zusammengesetzt sind. Der Holzstoff ist unzweifelhaft unter andern Gera ten als die Pflanzenfaser vorhanden, und wirklich scheint er das Gerippe auszumachen, auf welchem die meisten Vegetationsprocesse vor sich gehen. Um seine nähren- den Eigenschaften, mit denen allein wir es hier zu thun haben, zu erweisen, will ich nur erwähnen, dafs Hr. Professor Autenrieth in Tübingen vor einigen Jahren gezeigt hat, dals man diese Substanz durch eine zweck- mäfsige Behandlung zur Brodbackung geschickt machen kann. Seine Methode hiezu ist folgende. Man zieht zu- nächst alles in Wasser Lösliche durch wiederholtes Ein- weichen und Auskochen aus. Dann bringt man es in einen Zustand von grolser Zertheilung, d. h. man zer- *) Beide Resultate kommen nahe mit der Formel: 12C--11H überein. pP. *) Ungefähr übereinstimmend mit der Formel: 12C-+8H. pP. 269 theilt es nicht blofs in Fasern, sondern macht ein wirk- liches Pulver daraus, und nachdem man es mehrmals der Hitze eines Backofens ausgesetzt hat, mahlt man es auf ähnliche Art. wie Getreide. So zubereitet erhält es, nach dem Verfasser, den Geruch und den Geschmack des Wei- zenmehls. Es ist indefs niemals ganz weils, sondern etwas gelblich. Es ist auch darin dem Mehle ähnlich, dafs es ohne Sauerteig nicht gährt, und zwar gährt es am besten mit Sauerteig von Weizenmehl. Es giebt als- dann ein völlig homogenes und lockeres Brod, welches, wenn es woh! ausgebacken ist, viel Kruste hat, und bes- ser schmeckt als das Brod, welches man zur Zeit der. Noth aus Kleye bäckt. Das Holzmehl, mit Wasser ge- kocht, giebt auch eine steife, zitternde Gallerte, wie das Stärkemehl, und ist sehr nahrhaft. Essigsäure oder Essig. Diese Substanz scheint zu allen Zeiten und allen Orten, entweder zufällig oder ab- sichtlich, als Nahrungsmittel gebraucht zu seyn. Mehrere’ Chemiker haben Analysen derselben bekannt gemacht; aber, obgleich einige die wahre Zusammensetzung gege- ben haben, hat, sonderbar genug, keiner von ihnen den merkwürdigsten Umstand in ihrer Zusammensetzung be- merkt, nämlich den, dafs Sauerstoff und Wasser darin in dem Verhältnisse der Wasserbildung enthalten sind *). Einige Versuche, die ich vor mehreren Jahren angestellt habe, schienen diese Meinung sehr wahrscheinlich zu machen; aber nur durch mehrmalige Verbrennung von essigssaurem Kupferoxyd in meinem Apparat, habe ich gefunden, dafs das Sauerstoffvolumen sich nicht ändert, wodurch ich dann von der Richtigkeit meiner Meinung vollkommen überzeugt worden bin. Die Essigsäure, welche das zu ihrer Zusammensetzung nöthige Wasser enthält, hat mir gegeben: Kohlenstoff 47,05 Wasser 52,95 ®) DerHr. Verf. schliefst vielleicht Hrn. Gay-Lussac vonihnen aus. ®) Uebereinstimmend mit der Formel: 12 C-+9H. pP. . a u 3 & } N N „ f t MW 270 ein Resultat, das fast genau mit denen anderer Chemi- ker übereinstimmt. | Milchzucker. Durch wiederholte Krystallisation ge- reinigt, habe ich folgende Zusammensetzung für ihn ge- funden: Kohlenstoff 40 Waser . 60 | welches Resultat fast genau mit dem von Berzelius gegebenen übereinkommt. | Mannazucker. Durch die bekannten Methoden ge- reinigt, gab er mir: Kohlenstoff 38,7 Wasser 61,3 ein Resultat, das von denen Th. Saussure’s sehr ab- weicht. Der Mannazucker scheint sein hygrometrisches Wasser erst bei der Temperatur 100° €. zu verlieren; aber einige Grade darüber, fängt er an sich zu zersetzen, | und bei 120° ©. nimmt er, ohne zu schmelzen, die Form eines braunen Pulvers an, und stöfst einen starken brenz- lichen Geruch aus. Mimosengummi. Im Zustande seines gewöhnlichen Vorkommens zerlegt, gab er, abgesehen von den fremd- artigen Beimischungen: Kohlenstoff 36,3 Wasser 63,7. \ Hundert Theile desselben Gummi’s 24 Stunden lang einer Temperatur von 95° bis 100° C. ausgesetzt, ver- loren 12,4 Proc. Wasser. Seine Zusammensetzung, nach diesem Ergebnifs berichtigt, würde seyn: Kohlenstoff 41,4 Wasser 58,6. Diefs Resultat ist durch die Analyse fast genau be- stätigt worden. Dasselbe Gummi, noch 6 Stunden län- ger einer Temperatur von 150° bis 150° ausgesetzt, nahm eine braune Farbe an, und schien eine Zersetzung erlit- ten zu haben, obgleich sein Gewichtsverlust nur 2,6 Proc. 271 betrug. Eienach ist es wahrscheinlich, dafs das Gummi alles zu seiner Zusammensetzung nicht wesentliche Was- ser bei der Temperatur von 100° C. verliert, vorausge- setzt, dafs er derselben hinlänglich lange ausgesetzt ge- wesen ist: - Vegetabilische Säuren. Oralsäure. Vor mehreren Jahren habe ich bewie- sen, dafs diese Säure im krystallisirten Zustande, zusam- mengesetzt ist aus: Kohlenstoff 19,04 Sauerstoff 38,11 Wasser 42,85 welche Zusammensetzung schon vor langer Zeit von an- ‚dern Chemikern für diese Säure angegeben, und, wie ich glaube, auch allgemein angenommen ist, nur nicht vom Dr. Thomson, welcher uns lehrt, dafs er eine Oxal- säure angetroffen, die die Hälfte ihres Gewichts an Was- ser enthalten habe. Ich habe eine grofse Menge Proben dieser Säure untersucht, allein bis jetzt ohne irgend einen Erfolg zu Gunsten dieser Angabe. Citronensäure. Diese und die folgenden Säuren, mit Ausnahme der Apfelsäure, wurden zu gleicher Zeit mit, der Oxalsäure untersucht, und neuerlich habe ich die damals erhaltenen Resultate bestätigt gefunden. Die kry- stallisirte Citronensäure finde ich zusammengesetzt aus: Kohlenstoff 34,28 Sauerstoff 22,87 Wasser 42,85 Mehrere Chemiker sind dieser Zusammensetzung sehr nahe gekommen, aber keiner hat sie meines Wissens ge- nau gegeben. Weinsteinsäure. In Krystallen ist sie zusammenge- setzt aus: Kohlenstoff 32,0 Wasser 36,0 Sauerstoff 32,0 272 Eine ähnliche Zusammensetzung hat: der Dr. Thom- son in seinem Werke über die Proportionen gegeben. - Apfelsäure. Sie wurde nicht für sich, sondern in Verbindung mit Bleioxyd, Kalk und Kupferoxyd unter- sucht. Abgesehen von dem Wasser, welches zu ihrer Zusammensetzung nicht wesentlich ist, gab sie: Kohlenstoff 40,68 *) Wasser 45,76 Sauerstoff . 13,56. Diese Säure kann unter gewissen Gesichtspunkten als eine der wichtigsten von allen Pflanzensäuren angese- hen werden. Schleimsäure. Die unerwartete Zusammensetzung _ dieser Säure bestimmte mich, ihre Eigenschaften voilstän- diger zu untersuchen, als es sonst geschehen seyn würde. Die, welche ich zuerst anwandte, war aus Milchzucker bereitet und ziemlich rein, obwohl nicht voilständig. Zu- letzt zog ich die aus Gummi bereitete vor, welche sich, obgleich man sie in einem ungemeinen unreinen Zustande erhält, durch folgendes Verfahren leicht und vollständig reinigen läist. Man °) Diese Analyse würde nahe mit der Formel: AC-+3H--O übereinstimmen, denn diese giebt: 41,140 Kohlenstoff, 45,404 Wasser und 13,456 Sauerstoff. Dieselbe Formel nimmt übri- gens, wie leicht zu ersehen, auch die Form 4C-H6H —40 an. Sehr abweichend von dieser Analyse ist die, welche neuerlich Hr. Prof. Frommbherz (in Schweige. Journ. Bd. 47. S. 1.) bekannt gemacht hat. Derselbe findet nach dem Mittel aus zwei Versuchen in 100 Th. Apfelsäure: 29,297 Kohlenstoff, 65,947 Sauerstoff und 4,756 WVasserstoff, welche Zusammensetzung nach den neuen Atomgewichten von Berzelius der Formel: 7C+14 H-—-120 entsprechen würde. Was der Grund dieser bedeutenden Abweichung ist, kann wohl nur durch eine neue Untersuchung entschieden werden. Bemerken will ich nur, dafs Prof. H. Rose vor mehrern Jahren eine Analyse der Aepfelsäure unternommen hat, die er selbst, als eine seiner ersten Arbeiten, zwar nicht für ganz genau hält, die aber der vom Dr. Prout gegebenen sehr nahe kommt. P. 273 “Man übersättigt die unreine Säure ein wenig mit Ammoniak und löst das Salz in siedendem Wasser auf. Die Lösung filtrirt man noch siedend, und dampft sie langsam fast zur Trockne ab. Das schleimsaure Ammoniak setzt sich in Krystallen ab, und diese werden nun mit kaltem Wasser gewaschen, bis sie weils und rein sind. Man löst sie nun in möglichst wenig siedenden Wassers, filtrirt die Flüssigkeit, und läfst sie in verdünnte Salpe- tersäure tröpfeln. Die letztere zersetzt das schleimsaure Ammoniak und fällt die Schleimsäure im Zustande völli- ger Reinheit. Die so erhaltene Säure gab: Kohlenstoff 33,33 Wasser 44,44 Sauerstoff 22,22 welches Resultat von denen anderer Chemiker etwas ab- weicht, die sich wahrscheinlich nicht die Mühe gegeben haben, die Säure ganz rein darzustellen. Es wird nicht überflüssig seyn, hier einiger Um- stände zu erwähnen, deren Wichtigkeit, in Betreff der vorhergehenden Analysen, künftig noch einleuchtender seyn wird. Zunächst scheint die Gleichheit der Zusammensetzung . des Honigzuckers und des Arrow-root *), bei gewöhnli- cher Beschaffenheit der Atmosphäre, zu beweisen, dafs die Unterschiede zwischen den verschiedenen Stärkemehl- arten denen analog sind, welche sich zwischen den Zuk- kerarten finden. Dann scheint aus der gleichen Zusammensetzung der Weizenstärke und des Bohrzuckers, des Honigzuckers und des Arrow-root hervorzugehen, dafs obgleich die zum Theil organisirten (merorganized, von jsg0G, parlim) Körper wirklich der Krystallisation nicht fähig sind, den- noch die ursprüngliche Tendenz ihrer wesentlichen Ele- *) Sollte hier nicht ein Irrthum obwalten? Die vorhin gegebenen Zusammensetzungen des Honigzuckers und des Arrow-root’s sind wenigstens nicht identisch. P, Annal. d. Physik.B.88..8t.2. 3.1828. St.2. S 274 mente, sich in gewissen Verhältnissen zu verbinden (viel- leicht auch gewisse Formen anzunehmen) zu wirken fort- fährt, wenn gleich im geringeren Grade, und dahin trach- tet, gewisse Arten einer bestimmten Existenz aufrecht zu erhalten. Endlich verlieren die krystallisirten Körper ihr Krystallwasser nur schwierig, und wenn sie es verlieren geschieht es sprungweise oder in bestimmten Verhältnis- sen. Die merorganisirten Körper dagegen halten bei allen Graden das Wasser so schwach zurück, dafs das- selbe, innerhalb gewisser Gränzen, schnell abgeschie- den werden oder sich mit ihnen in allen Verhältnissen verbinden kann; diefs gilt nicht blofs vom Wasser, sondern von jeder andern Substanz, die fähig ist, sich mit den merorganisirten Körpern zu verbinden. Ich enthalte mich für jetzt weitere Betrachtungen an- zustellen, und bemerke nur für diejenigen, die meine Ver- suche wiederholen wollen, dafs die Atomgewichte von Was- serstoff, Kohlenstoff und Sauerstoff bei den obigen Be- rechnungen zu 1:6:8 angenommen sind; und dafs die von mir gegebenen Resultate die mittleren aus mehreren Ver- suchen sind, bei denen die Unterschiede 0,01 bis 0,03 Kubikzoll auf 5 bis 8 Kubikzoll Kohlensäure - und Sauer- stoffgas betrugen. VII. Deber einen besonderen Fall vcon dauern- der Einwirkung, welche die chemischen Eigen- schaften eines Metalls noch lange nach des- sen Berührung mit einem andern Metalle er- leiden. Von A. van Beek. Mitglied des Königl. Niederländischen Instituts. T. einer der ersten Klasse des K. Niederl. Instituts über- reichten und in den zweiten Theil der neuen Denkschrif- 275 ten desselben eingerückten Abhandlung „Ueber die Er- haltung des Kupferbeschlags der Schiffe im Meerwasser mittelst Contactelektricität,“ habe ich mich vorzüglich da- mit beschäftigt, alle Combinationen, durch welche diese Erhaltung möglich ist, so wie alle Umstände, welche die- selbe begleiten, durch genaue Versuche auszumitteln. Ich habe mich dabei von dem mächtigen Einflusse der Berührung heterogener Metalle auf deren chemische Figenschaften überzeugt, so wie auch von der Unzuläng- lichkeit der blofsen Lehre von den chemischen Verwandt- schaften, wie man sie vormals zur Erklärung dieser Er- scheinung aufgestellt hat. 1. in ein mit Meerwasser gefülltes Gefäfs stellte ich eine Kupferplatte; sie wurde bald oxydirt und das Wasser nahm in kurzer Zeit eine dunkelgrüne Farbe an. 2. Unter denselben Umständen wurde eine Kupfer- platte, an welche eine kleine Platte von Eisen, Zinn oder Zink befestigt war, vollkommen geschützt. Das Kupfer behielt seinen Glanz, während das Eisen, Zinn oder Zink stark oxydirt wurde. 3. Ein einziges sehr dünnes Glimmerblättchen, zwi- schen das Kupfer und Fisen des vorigen Versuchs ge- schoben, hob völlig die Schutzkraft des Eisens auf. Das Kupfer wurde oxydirt. 4. Als Kupfer und Eisen durch ein Glimmerblätt- chen an unmittelbarer Berührung gehindert, aber durch einen metallischen Leiter, einen Platindraht, im Bogen verbunden waren, wurde das Kupfer vollkommen ge- schützt, und es liefs sich keine Spur von Kupferoxyd in der Flüssigkeit wahrnehmen. Dieser Fall von schützender Wirkung von Eisen, welches das Kupfer nicht unmittelbar berührte, sondern nur mittelst eines zweiten Metalles (des Platins) mit ihm in Verbindung stand, wurde vollends durch den nachste- henden Versuch bestätigt. 5. Eine Kupferplatte wurde mittelst eines Platin- S *# RM 276 drahtes mit einer Eisenplatte verbunden. Hierauf stellte man die so vereinigten Metalle getrennt in zwei mit Meer- wasser gefüllte Gefäfse und verband das Wasser in bei- den durch einen Streifen benetzter Baumwolle oder durch einen gleichfalls mit Meerwasser gefüllten Heber. Das Kupfer wurde nicht im mindesten angegriffen, und in dem Gefäfse, worin dasselbe sich befand, blieb das Wasser vollkommen durchsichtig, während in dem andern Gefäfse das Eisen sich stark oxydirte. Bei dieser Gelegenheit habe ich die sonderbare That- sache entdeckt, welche den Hauptgegenstand dieses Auf- satzes ausmacht. Nachdem ich den zum fünften Versuch gebrauchten Apparat 47 Tage lang in Wirksamkeit gehalten hatte, fiel mir ein, den Platindraht, welcher das Eisen und Kupfer verband, durchzuschneiden, in der Erwartung, dafs sich das Kupfer bald oxydiren würde, wie es, bei blofser Eintauchung in Meerwasser, gewöhnlich vom ersten Tage ab geschieht. Allein ich sah mich getäuscht. Zu meinem grolsen Erstaunen behielt nämlich das Kupfer seinen Glanz und das Wasser seine farblose Durchsichtigkeit vollkom- men bei. — Am vierten Tage hob ich die Gemeinschaft zwischen dem Wasser in beiden Gefäfsen auf, indem ich die Baumwolle fortnahm. Allein diefs hatte keinen Ein- flufs auf die Beschützung des Kupfers; sie blieb voll- kommen. In der anfänglichen Meinung, dafs das Meerwasser durch die stattgehabte chemische Wirkung seine oxydi- rende Kraft auf das Kupfer verloren hätte, nahm ich eine kleine Portion desselben Wassers und stellte einen an- dern Kupferstreifen hinein; allein dieser wurde schon am ersten Tage oxydirt. Das Meerwasser, welches bei dem vorhergehenden Versuch in dem Gefälse enthalten war, hatte also die oxydirende Kraft auf das Kupfer keines- weges verloren, und folglich liefs sich dadurch die beob- achtete Erscheinung nicht erklären. 277 Anderseits hatte das angewandte Kupfer eben so wenig seine Oxydirbarkeit im Meerwasser verloren. Diels ergab sich daraus, dafs dasselbe Kupfer schnell angegrif- fen wurde, als man es in ein anderes .Gefäfs mit Meer- wasser stellte. Die sonderbare Thatsache, dafs das Kupfer, noch lange Zeit nach Aufhebung der die Beschützung veran- lassenden Berührung mit einem andern Metalle, fortdauernd geschützt bleibt, scheint also nach diesen Versuchen von einer vereinten und wechselseitigen Eigenschaft des Ku- pfers und des Meerwassers im Gefäfse herzurühren. Es scheint, dafs die elektrische und schützende Wir- kung des Eisens und des Meerwassers mit dem Kupfer, nachdem sie eine gewisse Zeit gedauert hat, zwischen den Elementen des Kupfers und des Meerwassers eine gewisse bleibende elektrische Spannung hervorruft, wel- che sich der, unter den gewöhnlichen Umständen so starken, Verwandtschaft des Sauerstoffs mit diesem Metalle kräftig widersetzt. Ich habe mich überzeugt, dafs die Berührung der. Metalle eine gewisse Dauer haben mufs, wenn das Ku- pfer die Eigenschaft erlangen soll, nach aufgehobener Berührung beschützt zu bleiben. Denn als ich in einem Apparate dieser Art, welcher nur wenige Tage thätig' ge- wesen war, die Berührung unterbrach, wurde das Kupfer schnell oxydirt. Gegenwärtig bin ich. mit neuen Versuchen beschäf- tigt, um die erforderliche Dauer der galvanischen Action zur Beschützung des Kupfers, so wie auch um die Grän- zen dieser Beschützung selbst, kennen zu lernen. Das Kupfer, dessen Berührung nach 47tägiger Wir- kung in dem erwähnten Apparate unterbrochen wurde, bleibt nun schon 20 Tage lang nach jenem Zeitpunkte vollkommen geschützt, und es zeigt sich bis jetzt keine Anzeige von Oxydation in dem Gefälse. Als ich mit diesen Untersuchungen beschäftigt war, 278 erhielt ich das Septemberheft der Annales de chimie et de phisique von 1827. Es befindet sich darin eine sehr interessante Abhandlung von Hrn. Prof. A. de la Rive über die besonderen Eigenschaften der metallischen Elek- trieitätsleiter, welche mehr oder weniger lange in dem Kreise einer, durch einen flüssigen Leiter geschlossenen Voltaschen Säule befindlich gewesen sind. Namentlich hat Hr. de la Rive gefunden, dafs diese Leiter (Pla- tindrähte), nachdem sie von der Säule genommen und in einen flüssigen Leiter getaucht worden, auf eine ge- wisse Zeit einen elektrischen Strom erzeugen, der im Stande ist die Nadel des Galvanometers abzulenken *). Die Aehnlichkeit zwischen seinen und meinen Ver- suchen scheint mir entschieden zu seyn, und eben so glaube ich, sind wir uns in sofern begegnet, als die Thatsache einer elektrischen Action, die nach Wegnahme ihrer Ursache (der Berührung der Metalle) fortdauert, gleichmäfsig aus Hrn. de la Rive’s Versuchen wie aus meinen hervorgeht; nur zeigt sich die ungewöhnliche Er- scheinung, welche in Hrn, Rive’s Versuchen nur eine kurze Dauer besafs und nur mittelst des Galvanometers zu erkennen war, in dem erwähnten Versuche im vollen Lichte und auf eine deutliche Art, da hier die Körper in ihren innigsten Eigenschaften angegriffen sind. Dafs metallische Leiter, welche zu einer Voltaschen Kette gehört haben, in einen bleibenden elektrischen Zu- stand gerathen, durch welche ihre chemischen Eigenschaf- ten nicht blofs theilweise, sondern gänzlich umgeändert werden, ist in meinen Augen eine merkwürdige "T'hatsa- che, welche die volle Aufmerksamkeit der Physiker ver- dient! Zusatz. Im Laufe meiner Versuche über die Beschützung der Metalle, habe ich einen grofsen Feh- ler entdeckt, welchen der berühmte englische Chemiker *°) Hrn. de la Rive’s Versuche sind den Lesern in dies. Ann. Bd. 86. S. 425. mitgetheilt ‘worden. pP. 279 Sir Humphry Davy begangen hat, In der Baker’- schen Vorlesung vom 8. Juni 1826, welche unter dem Titel: „On the electrical and chemical changes“ im 3. Theil der Philosophical Transactions von 1826 be- kannt gemacht ist, räth derselbe nämlich zur Beschützung der Dampfkessel, besonders der auf Dampfböten, bei denen man häufig Meerwasser gebraucht, Zink oder Zinn anzuwenden. Entscheidende Versuche haben mich aber gelehrt, dafs Zinn, weit entfernt das Eisen zu schützen, vielmehr von diesem geschützt wird, und dafs demnach ein Stück Zinn, welches man in den Kessel bringt, um das Eisen vor der Oxydation zu bewahren und dadurch die Gefahr vor Explosionen zu verringern, gerade sehr viel zu des- sen baldiger Zerstörung beiträgt. Will man von dem Principe der wechselseitigen Be- schützung der Metalle hier eine nützliche Anwendung machen, so ist Zink das einzige Metall, welches man anwenden darf. \ A.v. B. IX. Ueber das Leitvermögen verschiedener Me- talle für die Elektricität; von VV. Harris. (Aus dem Bullet. univers. des Sciences, Sect. I. T. VIIL p. 33.*).) 7 Niamt man an, dafs die Metalldrähte, welche ein elek- trischer Schlag durchläuft, sich um so weniger erhitzen, *) Das Original findet sich in den Philosoph Transact. für 1827. Ich habe indefs geglaubt mich einstweilen blofs mit diesem Aus- zuge begnügen zu dürfen, weil mir scheint, dals sich gegen diese Untersuchung manche nicht unwichtige Einwürfe machen lassen. So z. B. ist der Satz, dals die Erwärmung der Metalle durch den elekirischen Schlag sich geradezu umgekehrt wie das Lei- tungsvermögen derselben für Elektricität verhalte, doch lediglich + 280 je besser sie die Elektrieität leiten, so kann man durch die entwickelte Wärme die Leitungsfähigkeit dieser Me- talle für die Elektrieität bestimmen. Der Verfasser nahm Metalldrähte von gleichem Durchmesser und gleicher Länge, spannte sie nach einander horizontal in einem Glasballon von 3!! Durchmesser aus, und verband sie an ihren Enden mit einer elektrischen Batterie Der mit Luft gefüllte (und luftdicht verschlossene) Ballon ruhte mit seinem Halse auf einem kleinen Behälter, welcher Weingeist ent- hielt und mit einem Haarröhrchen in Verbindung stand, dessen längerer Arm senkrecht in die Höhe ging. Im Augenblick, wenn der elektrische Schlag den im Ballon ausgespannten Draht durchlief, theilte dieser Draht seine Wärme der Luft im Ballon mit, und diese eingeschlos- sene Luft trieb, indem sie sich ausdehnte, die Flüssigkeit in dem Rohre in die Höhe. Die nachstehende Tafel ent- hält sämmtliche auf diesem Wege erhaltene Resultate. nur Annahme. Und wenn man bedenkt, welchen Einfluls die WVärmeleitung und WVärmecapacität der Metalle auf deren Er- wärmung möglicherweise haben kann, und welchen Einflufs die Temperatur auf die Elektricitätsleitung erwiesenermalsen wirk- lich hat, so ist man gewils berechtigt, einen thatsächlichen Be- weis von jenem Satz zu verlangen. Vergleicht man die Resultate in obiger Tafel mit denen des Hrn Becquerel (in dies. Ann. Bd. 84. S.'358.), so findet man neben mancher Uebereinstim- mung auch mehrere beträchtliche Abweichungen. Um sie mit einem Blicke zu übersehen, stehe hier die Tafel des Hrn. Becque- rel zusammen mit den aus Hrn. Harris Versuchen sich erge- benden Resultaten. Harr. DBecq. Harr. Becq. Kupfer | 100 100 Platin 20 16,40 Gold 66,6 93,60 | Eisen 20 15,80 Silber 100 73,60 | Blei 83 8,30 Zink 33,3 28,50 I Quecksilber 3,43 Zinn 16,6.| 15,50 | Kalium | | 1,33 Bei Hrn. Becg. hatten alle Metalle die Temperatur 0°, und der Trogapparat wirkte verhältnifsmälsig nur schwach. Beide Umstände können auch das Ihrige zu den obigen Differenzen beigetragen haben. pP. 281 Metalle u.Legirung. WVirkungen. | Metalle u.Legirung. Wirkungen. Kupter: .. -..06 Gold 1, Silber 1 . 20 Silber . i 6 Gold 3, Kupferl . 25 Kupfer 1, Silber 1 6 Gold 3, Silber 1 . 25 Kupfer 1, Silber 3 6 Zinn l, Znukl. . 27 Kupfer 3, Silber1 6 Platna.:. . 00 Gelast sheu.ı.2:9 Eisen. arkalan230 Gold 1, Kupfer3. 15 Zinn 3, Zinkl. . 32 Gold 1, Silber3 . 125 Zinn Sa N‘ ml. Zinn 3, Bil. . 4 Messing . . 18 Zuon]l, Beil. . 54 Kupfer 8, Zinn 1 18 Zionl, Bei3.. 6 Gold 1, Kupferl . 20 Blei 22.2202. 00 Man sieht aus dieser Tafel, dafs Kupfer und Silber die geringste Wärme erregt haben, und also die besten Elektricitätsleiter sind. Die Drähte ieh von Zr bis #5 Zoll Dicke genommen, doch hatten sie gleichzeitig die- selbe Dicke, da man sie jedesmal durch einen und den- selben Drahtzug gehen liefs. X. Üeber das FVärme- Leitungsvermögen der hauptsächlichsten Metalle und einiger erdi- gen Substanzen; von Hrn. Despretz. - (Ann. de chim. et de phys. XXXVI. p. 422.) De Bericht von meiner Abhandlung über das Wärme- leitungsvermögen findet sich in den nl de chimie et de a T. XIX. p. 97. Seit. der Zeit habe ich das Wärmeleitungsvermögen des Goldes, Silbers und Pla- tins untersucht, wovon ich die Resultate hier zugleich mit den älteren geben werde. Meine Versuche gaben mir für das Leitvermögen der hauptsächlichen Körper folgende Verhältnisse: 4 - e= 282 Gold 1000,0 . Zinn 303,9 Silber 973,0 . Blei 179,6 Platin 981,9- Marmor 23,6 Kupfer 898,2 | Porzellan 12,2 Eisen 374,3 Ziegel- und Zink 363,0 Ofenmasse 11,4 Folgendes war der Gang einiger . dieser Versuche, Alle Stangen waren quadratische Prismen. Der Abstand zwischen zwei auf einander folgenden Thermometern be- trug 10 Centimeter. Der Querschnitt der Stangen hielt, ausgenommen bei den beiden letzteren (Stangen) 21" in der Seite. Alle Stangen wurden mit einem und dem- selben Firnifs überzogen, um ihnen in Bezug auf die Wärmestrahlung eine gleiche Oberfläche zu ertheilen. Bei dem Versuch wurde die Stange an einem Ende mittelst einer Quinquet’schen Lampe *) erwärmt. Solch eine Lampe hat bei diesen Versuchen mehrere Vorzüge, namentlich ist es leicht sie zu handhaben, und dann bringt sie auch wenig nach dem Orte der Beobachtung hin. Die Temperatur Wärme der umgebenden Luft wurde durch ein sehr empfindliches Thermometer angegeben. Es gelang, diese Temperatur für die Dauer eines Versuches sehr nahe con- stant zu erhalten. Jeder Versuch dauerte sechs Stunden. Erst nach zwei bis drei Stunden erlangten die Thermome- ter eine stationäre T’emperatur. Das der Lampe am näch- sten befindliche Thermometer nahm die Temperatur, auf welcher man es erhalten wollte, sehr schnell an, und man sah alsdann darauf, dafs diese Temperatur keine merklichen Aenderungen erlitt **): ®) Der Name Lampe ü& la Quinquet oder oder — wie Hr. Des- pretz schlechthin sagt — Quinguet, kommt der Lampe mit doppelten Luftzuge gerechterweise nicht zu. Die Ehre der Er- findung gebührt dem Hrn, Argand und nicht dem Hrn. Quin- quet. Man sehe darüber: De£couverte des Lampes ü courant dair et & cylindre; par Mr. Argand. Geneve 1185. (P.) *) Ausführlicher findet man diels Verfahren beschrieben in Biot’s Traite, Tom. IV. p. 666. 283 Kupferstange. Temperatur der Luft 17°,08 C. R Summe zweier Ueber Ueberschuls üb. schüsse dividirt durch den zwischenliegenden Ueberschufs. Thermometer. Temperatur. die Temper.der Luft. lstes 83°,44C. 66°,36 C. —_ 2tes 63,36 46,28 a a9 32.62 2.15 dies 41,40 24,32 2,11 bieess 35,71 18,63 2,17 6tes 33,26 16,18 _ Eisenstange. Temperatur der Luft 13,02 C. Thermometer. Temperatur. Ueberschuls. Quotient. lstes 199,92 62°,90 _ Des 43.71 3669 234 Stes 33,64 20,52 2,34 4tes 25,34 12,32 2,33 Dtes 21,21 8,19 2,31 6tes 19,63 6,61 — Zinnstange. Temperatur der Luft 17°,34 C. Thermometer. Temperatur. Ueberschufs. Quotient. lstes 80°,75 63°,41 — 2tes 52,51 39,17 2,42 stes 38,86 21,32 2,36 des 32,86 1559 0 Bleistange. Temperatur 17°,12. Thermometer. Temperatur. Ueberschufs. Quotient. lstes 82°,25 65°,13 — 2tes 46,54 29,42 2,02 Stes 32,05 14,93 2,64 Ale 27.11 9.99 PR Man beweist durch den Calcul, dafs das Wärme- 1 leitungsvermögen proportional ist der Gröfse: ————— (loe/x),%; ; 1 Ä A wenn x aus der Gleichung: x+ ——1qı bestimmt wird, in welcher q der Quotient ist aus der Division der Summe zweier Deberschüsse durch den zwischenliegenden Ueber- schufs. (Man sehe Hın. Fourier’s Theorie analytique de la Chaleur.) 284 Man sieht aus diesen Versuchen, dafs die guten Lei- ter, wie Gold, Silber, Platin, Kupfer, Fisen und Zink, Resultate liefern, welche der von dem Caleul angezeig- ten geometrischen Reihe genügen. Man weils, dafs in einer solchen Reihe der Quotient, aus der Division der Summe zweier Ueberschüsse durch den zwischenliegenden Ueber- schuls, eine constante Zahl ist. ‚Nur die guten Leiter genügen einer Exponentialreihe. Schon das Blei, weiches ungefähr 5 Mal weniger als das Kupfer leitet, besitzt diese Eigenschaft nicht. Der erste Quotient ist 2, 72, und der zw eite 2,54. Die esuliate, welche der Marmor, die Ziegelerde und überhaupt die wenig leitenden Materien geben, ent- fernen sich sehr von einer Exponentialreihe. Hier einige Resultate über den Marmor. Stangevon weilsem Marmor. Temperat. d. Luft 17°,15. Thermometer. Temperatur. Ueberschufs. Quotient. lstes 81,06 63°,91 _ 2tes 23,23 6,08 10,83 Stes 19,10 1,93 3,87 dtes 18.62 1.47 ar Der Querschnitt dieser Stange hielt 26””,45 in der Seite. Um das Leitungsvermögen des Marmors in Bezug mit dem des Eisens zu seizen, nahm ich eine Eisenstange, die 26”” in der Seite hielt. Der erste Quotient, den diese Stange lieferte, betrug 2,42, der zweite 2,40. Der geringe Unterschied in den Dimensionen beider Stangen wurde bei der Berechnung ihres respectiven Lei- tungsvermögens in Rechnung gezogen. Das Silber war in der Münze unter Aufsicht des Hrn. D’Ärcet gereinigt. Das Platin war von Hrn. Breant gereinigt. Die Goldstange verdanke ich der Güte des Hm. Amedee de Puymaurin, und Hr. Brougniart hatte die Gefälligkeit die Porcellanstangen in ‚Sövues ver- fertigen zu lassen. "Ich habe auch gesucht, das Leitungsvermögen des Holzes zu messen. Das Holz leitet die Wärme so schlecht, dais eine viereckige Stange von: 21” Seite sich einige Centimeter weit yon seinem Ende nicht mehr erwärnte, obgleich es hier bis zum Verkoblen des Holzes erhitzt war. 285 XL DÜeber einen dem Goldpurpur ähnlichen Sdl- berniederschlag; von G. Frick. Director der K. Porcellanmanufactur in Berlin. B: Gelegenheit von Marcadieu’s Versuche ‚über den Purpur des Cassius *) haben frühere von mir angestellte Versuche, über einen, dem Goldniederschlag durch Zinn- auflösung ganz ähnlichen Niederschlag des Silbers durch salpetersaure Zinnauflösung wieder einiges Interesse er- halten, und ich erlaube mir daher, auf eine Thatsa- che aufmerksam zu machen, deren Prüfung und Erklä- °) Hr. Marcadieu, WVardein in der Münze zu Paris, wurde zu seinen Versuchen durch die Beobachtung veranlafst, dafs Silber, welches eine geringe Menge von Gold und Zinn enthielt, beim Auflösen in Salpetersäure, Goldpurpur hinterliels, eine in sofern merkwürdige Thatsache, als die Salpetersäure im verdünnten Zu- stande nicht fähig ist metallisches Gold aufzulösen. Er bestätigte diese Thatsache dadurch, dafs er reines Silber mit 0,002 Gold und 0,005 Zinn legirte, und die Legirung in Salpetersäure auflöste; auch hiebei blieb ein Rückstand von Goldpurpur. Die Schwierigkeit, das Silber mit Zinn zu legiren, brachte ihn darauf, das Zinn blofs gemeinschaftlich mit dem gold- haltigen Silber in Salpetersäure zu lösen. Auch hiebei wurde beständig Goldpurpur gebildet, allein er entstand nicht, wenn er Zinnoxyd statt des metallischen Zinns anwandte. Eben so wenig konnte er Goldpurpur erhalten, wenn er eine Legirung von Zinn und wenig Gold, oder von Zink mit wenig Zinn und Gold in Salzsäure auflöste; es blieb nur metallisches Gold in Flitter- ' chen zurück. Dagegen bildete sich der Purpnr sogleich, als er dieselben beiden Legirungen mit Salpetersäure behandelte, und zwar war der mit der Zinklegirung erhaltene schöner als alle früheren. — Für das Probiren zieht Hr. M.' aus seinen Versu- chen die Folgerung, dafs es zur sichern Bestimmung des Gold- gehaltes in einem zinnhaltigen Silber nöthig ist, das Abtreiben mit Blei nicht zu unterlassen. (Ann. de chim. et de phys. T. XXXIV. p. 147.) pP. 286. rung für die wissenschaftlichen Chemiker von Wichtig- keit seyn dürfte. Die dabei vorkommenden Erscheinungen sind neu und auffallend, und auf die Erklärung des Goldzinn- 'Niederschlags wohl von Bedeutung. Ich setze das ganze Verfahren, nach welchem ich nicht einmal, sondern öfter und bei immer gleichen Re- sultaten gearbeitet habe, hierher. — A. Vier und ein halbes Loth vollkommen reine Salpetersäure, welche durch Verdünnung mit destillirtem Wasser so weit gebracht worden, dafs sie bei der ge- wöhnlichen Zimmertemperatur 1,10 schwer ist, werden mit siebenundzwanzig Loth reinem destillirtem Wasser vermischt, in eine gläserne Flasche gegossen, welche nur zu dreiviertheil davon angefüllt seyn darf. Hierauf wird ein Loth reines in ganz dünne Fäden geschnittenes Zinn in die Flasche hineingesteckt, und diese mit einem schlecht- schliefsenden gläsernen Stöpsel verschlossen, und im Win- ter in ein kühles Zimmer, im Sommer in einen Eimer mit kaltem Wasser gestellt, welches so oft erneuert wird, als es sich erwärmt. Die Flasche wird wenigstens alle halbe Stunden um- geschüttelt, und nach Verlauf von 24 Stunden von dem noch übrigen Zinn behutsam und klar in ein grofses Glas abgegossen, und mit sechszehn Pfund und achtundzwan- zig Loth destillirtem Wasser verdünnt. Sollte die Zinnauflösung vor Ablauf der 24 Stunden die mindeste Trübung zeigen, so mufs sie sogleich vom rückständigen Zinn abgegossen, nach vorbeschriebener Weise verdünnt und verbraucht werden. — 5b. Dreifsig Gran ganz reines Silber *) werden in *) Ich benutze dazu reines aus Chlorsilber reducirtes Silber, was in Salpetersäure wieder aufgelöst und durch Eisenvitriolauflö- sung mit der gehörigen Vorsicht niedergeschlagen, mit destillir- tem Wasser ausgesülst und getrocknet war, und als höchst fei- nes Pulver sehr leicht auflöslich in Salpetersäure ist. 287 einem tiefen Porcellangefälse in gerade so viel reiner Sal- petersäure aufgelöst, als zur Auflösung nöthig ist. Ich setze daher die Säure in sehr kleinen Portionen zu und neutralisire die Auflösung durch gelindes Abdampfen. Die Silberauflösung wird dann mit dreifsig Loth destil- lirtem Wasser in einem reinen Glase verdünnt und bei Seite gestellt. C. Einhundert und achtzig Gran reine weilse con- centrirte Schwefelsäure werden in einem reinen Glase mit sieben und einem halben Loth destillirtem Wasser be- hutsam verdünnt und bei Seite gestellt. D. Man gielse die verdünnte salpetersaure Silber- auflösung (5) in die verdünnte salpetersaure Zinnauflö- sung (4), rühre die Flüssigkeit mit einer reinen Glas- stange wohl untereinander und lasse sie dann ruhig stehen. Nach Verlauf einiger Minuten nimmt die Flüssigkeit eine gelbe, dann eine braune, dann eine braunrothe, und zuletzt eine dunkelpurpurbraune Farbe an. Sobald die völlig undurchsichtig gewordene Flüssigkeit nicht mehr dunkler wird, giefst man die verdünnte Schwefelsäure (C) hinzu und rührt die Mischung mit einer Glasstange durch- einander. Es trennt sich alsbald ein dunkelpurpurbrauner Nie- derschlag, der sich gut setzt, ausgesülst und getrocknet wird. Schon während des Aussüfsens mit destillirtem Was- ser pflegt der Niederschlag die purpurbraune Farbe zu verändern. — Setzt man den zusammengegossenen salpetersauren Silber- und Zinn-Auflösungen keine Schwefelsäure zu, so erhellt sich die Flüssigkeit nach und nach wieder, wird zuletzt blafsgelb und läfst nur einen unbedeutenden Nie- derschlag fallen. — Glasflüsse färbt der aus der gemengten salpetersau- ren Zinn- und Silber- Auflösung durch Schwefelsäure dar- gestellte Niederschlag nicht. 288 XI. Ueber die unterphosphorichtsauren Salze; von Heinrich Rose (Schlufs). En nehosphoriohisauncs Bleioxyd. Digerirt man kalt einen Ueberschufs von Bleioxyd mit unterphosphorichter Säure, so bläut die Auflösung stark rothes Lackmuspa- pier; sie enthält daher ein basisches Bleisalz. Sättigt man sie mit unterphosphorichter Säure, so erhält man eine Auflösung des neutralen Salzes, das in blättrigen Krystal- len anschiefst, deren Form sich nicht gut bestimmen läfst. Dieses Salz ist im Wasser etwas schwer löslich, im hei- {sen Wasser weit löslicher als im kalten. Die Auflösung röthet etwas das Lackmuspapier. Im Alkohol ist es ganz unlöslich, selbst wenn derselbe ziemlich wäfsrig ist. Wenn man die wälsrige Auflösung des Salzes mit starkem, nicht absolutem Alkohol vermischt, so scheidet sich die ganze Masse des Salzes vollkommen aus; im abfiltrirten sehr wäfsrigen Alkohol ist nicht eine Spur von Bleioxyd zu entdecken. Das auf diese Weise abgeschiedene Salz hat beim Umrühren Perlmutterglanz, und im Aeulsern :Aehn- lichkeit mit dem sauren margarinsauren Kali, das durch Auflösung von Seife in vielem Wasser sich abscheidet. Wird das neutrale unterphosphorichtsaure Bleioxyd in einer Retorte geglüht, so entwickelt sich eine grofse Menge von selbstentzündlichem Phosphorwasserstoffgas. Der Rückstand ist ziemlich weils, und enthält weniger Phosphorsubstanz als andere geglühte unterphosphoricht- saure Salze. Das entbundene Phosphorwasserstoffgas ist daher auch reiner. Es enthält indessen doch immer noch Wasserstoffgas, und wird daher von einer Auflösung eines Silberoxydsalzes oder von Kupfervitriol- Auflösung nicht vollständig absorbirt. Das Volumen des nicht absorbirten Gases 289 Gases ist indessen geringer, als das nicht durch Silber- oxydauflösung absorbirte Gas von dem Gase, das durch Erhitzen der unterphosphorichtsauren Kalkerde erzeugt wird. Die basisch reagirende Flüssigkeit, die, wenn man mit unterphosphorichter Säure einen Ueberschufs von Blei- oxyd hat digeriren lassen, von demselben abfiltrirt wor- den ist, setzt nach einiger Zeit, wenn sie auch kalt in verschlossenen Gefälsen aufbewahrt wird, ein weifses Pulver ab. Bewahrt man die Auflösung sehr lange Zeit in verschlossenen Gefäfsen auf, so röthet sie, wie die Auflösung des neutralen Salzes, schwach das Lackmus- papier; das basische Salz hat sich an die Wände des Gefäfses als ein krystallinisches sandartiges Pulver abge- setzt. — Die basisch reagirende Flüssigkeit wurde unter der Luftpumpe zur Trockne abgedunstet, wodurch. ich krystallinische Krusten von Diamantglanz erhielt, die in einer Retorte geglüht selbstentzündliches Phosphorwas- serstoffgas gaben. 1,735 Grm. davon mit Salpetersäure oxydirt gaben 1,775 Grm. geglühtes oxydirtes Salz, das an manchen Stellen etwas gelblich wie blofses Bleioxyd aussah. Mit Schwefelsäure zersetzt gab es 1,896 Grm. schwefelsaures Bleioxyd, das mit Alkohol ausgesüfst wurde. Das Salz enthielt daher 80,41 Bleioxyd, 12,11 unterphos- phorichte Säure und 7,49 Wasser. Der Sauerstoff des Bleioxyds verhält sich zu dem der Säure wie 5,77:2,46 oder wie 24:1. Man sieht daraus offenbar, dafs das er- haltene Salz eine Mengung von neutralem und einem ba- sischen unterphosphorichtsauren Salze ist, in welchem letztern sich vielleicht der Sauerstoff der Base zu dem der Säure wie 3:1 verhält. — Von dem Salze, das sich von selbst durch blofses Stehen aus der basischen Flüssigkeit ‚absetzt, erhielt ich zu wenig, um es untersuchen zu kön- nen. Ich suchte es dadurch in gröfserer Menge hervor- zubringen, dafs ich zu einer Flüssigkeit, aus welcher sich durch langes Stehen in verschlossenen Gefäfsen alles basi- Annal. d. Physik.B.88.St.2. J.1828. Sı.2. AN 290 sche Salz von selbst abgesondert hatte, und die, wie die Auflösung des neutralen Salzes, das Lackmuspapier schwach röthete, kaustisches Ammoniak setzte, und darauf die Fla- sche verkorkte, damit sich kein kohlensaures Bleioxyd bilden könnte. Es entstand im Anfange keine Trübung, sondern erst nach mehreren Stunden. Der abfiltrirte Nie- derschlag liefs sich nicht vollständig aussüfsen, sondern löste sich dabei etwas auf. 0,574 Grm. davon mit Sal- petersäure oxydirt gaben 0,541 Grm. geglühten Rückstand, der geschmolzen war, und gelb wie reines Bleioxyd aus- sah. Mit Schwefelsäure behandelt gab er 0,712 Grm. schwefelsaures Bleioxyd, das mit Alkohol ausgesüfst wurde. Hieraus ergiebt sich, dafs der durch Ammoniak gefällte Niederschlag Bleioxydhydrat war, das nur eine Spur von „ unterphosphorichter Säure enthielt. Die Zusammensetzung im Hundert ist: 91,29 Bleioxyd, 7,14 Wasser und 1,57 unterphosphorichte Säure. Der Sauerstoff im Bleioxyd verhält sich zu dem im Wasser wie 6,54:6,35, woraus zu folgen scheint, dafs in diesem Bleioxydhydrat das Oxyd und das Wasser gleich viel Sauerstoff enthalten. — Die von dem Niederschlage abfiltrirte ammoniakalische Flüs- sigkeit trübte sich durch’s Kochen stark, und setzte da- durch einen flockigen Niederschlag ab. Er wurde filtrirt und ausgesüfst; die abfiltrirte Flüssigkeit enthielt noch Bleioxyd; der Niederschlag liefs sich indessen so voll- kommen aussüfsen, dafs das Abwaschwasser keine Spur von Bleioxyd zeigte Der getrocknete Niederschlag mit Salpetersäure behandelt, entwickelte Kohlensäure, weil sich beim Kochen beim Zutritt der Luft etwas kohlen- saures Bleioxyd gebildet hatte. 0,830 Grm. vollständig oxydirt und geglüht wogen 0,798 Grm., die mit Schwe- felsäure behandelt 0,978 Grm. schwefelsaures Bleioxyd gaben. Der Niederschlag war daher im Hundert zusam- mengesetzt aus 86,63 Bleioxyd, 4,58 unterphosphorichter Säure und 8,79 Wasser. Der Sauerstoff des Oxyds ver- hält sich zu dem der Säure wie 6,21:0,93. Diese Zusam- & 291 mensetzung ist aber deshalb nicht genau, weil das Salz auch kohlensaures Bleioxyd- enthielt. Sehr wahrschein- lich verhält sich in diesem basischen Salze der Sauerstoff des Oxyds zu dem der Säure wie 6:1. Wenn man einen Ueberschufs von Bleioxyd mit un- terphosphorichter Säure sehr lange und warm digerirt, so fängt nach einigen Tagen Blei an sich zu reduciren. Die Menge des reducirten Bleies kann sehr bedeutend seyn, wenn man das Oxyd mit der Säure gekocht hat, Man mufs deshalb, wenn man unterphosphorichte Säure von Schwefelsäure durch Bleioxyd trennen will, nur eine kalte und möglichst kurze Zeit dauernde Digestion an- wenden. Die Reduction des Bleies erfolgt durchaus nicht bei Auflösungen des neutralen und des basischen Salzes, wenn man- dieselben auch kocht und lange aufbewahrt; es ist nöthig, dafs dazu ein gröfserer Ueberschufs von Bleioxyd zugegen sey. Der Grund dieser Erscheinung ist offenbar folgender: Durch Kochen von Auflösungen unterphosphorichtsaurer Salze mit starken Basen, wird, wie ich am Schlusse dieser Abhandlung zeigen werde, Wasser zersetzt, Phosphorsäure gebildet und Wasser- stoffgas entwickelt. In diesem Falle wird aber fast kein Wasserstoflgas entwickelt, sondern dafür Bleioxyd re- ducirt. | Unterphosphorichtsaures Kupferoxyd. In der Kälte kann die unterphosphorichte Säure frisch gefälltes Kupfer- oxyd auflösen, ohne dasselbe zu reduciren. Die Auflö- sung ist blau, wie die der meisten Kupfersalze. Sie kann sehr lange aufbewahrt werden, ohne dafs sie sich verän- dert, ja man kann sie selbst, wenn sie nicht sehr con- centrirt ist, erhitzen, ohne dafs eine Reduction statt findet. Läfst man die Säure mehrere Monate über Kupferoxyd kalt stehen, so reducirt sich endlich etwas Kupfer. Dampft man die Auflösung des unterphosphorichtsauren Kupfer- oxyds ab, so findet, doch erst bei sehr starker Concen- tralion, eine vollständige Reduction statt. Dasselbe er- T2 292 folgt auch, wenn man, ohne die Auflösung zu erwärmen, dieselbe unter der Luftpumpe bis zur Trockne abdampft*). Unterphosphorichtsaures Eisenoxydul. Eisen wurde mit unterphosphorichter Säure beim Ausschlufs der Luft behandelt. Es löste sich darin mit Wasserstoffgasentwick- lung auf. Die Auflösung wurde schnell, damit sie sich nicht höher oxydiren konnte, unter der Luftpumpe abge- dampft. Ich erhielt eine hellgrüne krystallinische Masse, die in einer Retorte erhitzt, sich wie unterphosphoricht- saures Zinkoxyd verhielt. Unterphosphorichtsaures - Eisenoxyd. Frisch gefäll- tes Eisenoxyd kalt mit unterphosphorichter Säure digerirt, löst sich nur in geringer Menge, aber diese ohne zu Oxy- dul redueirt zu werden in a&selben auf. Es bildete sich ein in freier Säure schwerlösliches weilses Salz, das in einer Retorte erhitzt selbstentzündliches Phosphorwasser- stoffgas gab. — Wurde Eisenoxyd mit unterphosphorich- *) Bei der Beschreibung der phosphorichtsauren Salze hatte ich das phosphorichtsaure Kupferoxyd nicht erwälnt; es ist hier eine schickliche Stelle, einige WVorte darüber zu sagen. Ich er- hielt es, indem ich eine Auflösung von. Kupferchlorid mit neu- tralem phosphorichtsauren Ammoniak fällte Es entstand ein schöner blauer Niederschlag, der sich vollkommen aussülsen und trocknen liefs. Er konnte selbst an einem warmen Orte getrock- net werden, ohne dals eine Reduction statt fand. In einer Re- torte erhitzt gab er erst viel VVasser und dann einen Strom von reinem WVasserstoffgase; der Inhalt der Retorte wurde braun von reducirtem Kupfer und schmolz. Als die geschmolzene Masse mit WVasser behandelt wurde, löste sich saures phosphorsaures Kupferoxyd auf; noch mehr davon durch Digestion mit Chlor- wasserstoflsäure, es blieb regulinisches Kupfer unaufgelöst zurück. Die phosphorichte Säure hatte sich also ıheils auf Kosten eines Theils Kupferoxyd, theils durch Sauerstoff vom zersetztem VVas- ser in Phosphorsäure verwandelt, und mit unzersetztem Kupfer- oxyde sich zu einem sauren Salze verbunden, Löst man phosphorichtsaures Kupferoxyd in phosphorichter Säure auf, und kocht die Auflösung, so findet eine Reduction des Küpferoxyds statt, doch wird nicht die ganze Masse dessel-. ben reducirt. 293 ter Säure gekocht, so wurde das Oxyd zu Fisenoxydul redueirt, das mit unzersetzter unterphosphorichter Säure als unterphosphorichtsaures Eisenoxydul aufgelöst blieb, während die entstandene Phosphorsäure, mit Eisenoxyd verbunden, unaufgelöst und mit dem Ueberschufs des Eisenoxyds gemengt blieb. Ich hatte versucht, wie ieh schon oben angeführt habe, mehrere unterphosphorichtsaure Salze durch Zer- setzung einer Auflösung von unterphosphorichtsaurer Kalk- erde mit einem Ueberschufs eines unlöslichen oxalsauren Salzes darzustellen. Es glückte mir diefs vollkommen, um unterphosphorichtsaure Talkerde und Manganoxydul zu bereiten, die ich bei mehrmaligen Bereitungen immer frei von Kalkerde fand; alle unlösliche oxalsaure Salze, die ich anwandte, wurden zwar durch die unterphosphoricht- saure Kalkerde zersetzt, aber das entstandene unterphos- phorichtsaure Salz enthielt immer gröfsere oder geringere Mengen von unterphosphorichtsaurer Kalkerde, wenn auch der gröfste Ueberschufs des oxalsauren Salzes angewandt worden war. Ich wage es nicht, eine Erklärung dieser Thatsachen zu geben, weil die "Theorie der Zersetzung der löslichen Salze durch unlösliche noch nicht gehörig entwickelt worden ist, denn die treffliche Arbeit von Dulong ist früher erschienen, als die Lehre von den ‚bestimmten Proportionen fest begründet war. — Die Ver- bindungen von unterphosphorichtsauren Salzen mit unter- phosphorichtsaurer Kalkerde, die ich dargestellt habe, sind: Unterphosphorichtsaures Cadmiumoxyd, Eisenoxydul, Ko- baltoxyd, Zinkoxyd und Bleioxyd. Die Menge der in ihnen enthaltenen unterphosphorichtsauren Kalkerde ist sehr verschieden, und steht nach den Untersuchungen, die ich darüber angestellt habe, in keinem bestimmten Verhältnifs zu der Menge der andern unterphosphoricht- sauren Base. Die Verbindung des unterphosphorichtsau- ren Cadmiumoxyds, Eisenoxyduls und Kobaltoxyds mit der unterphosphorichtsauren Kalkerde sind von mir des- . 294 halb untersucht worden, um zu sehen, in welchen Ver- hältnissen die unterphosphorichtsaure Kalkerde sich mit andern unterphosphorichtsauren Basen verbinden könne. Die Verbindung von unterphosphorichtsaurem Cad- miumozyd mit unterphosphorichtsaurer Kalkerde durch Kochen von oxalsaurem Cadmiumoxyd mit einer Auflö- sung von unterphosphorichtsaurer Kalkerde, und Abdam- pfen der erhaltenen abfiltrirten Flüssigkeit unter der Luft- pumpe erhalten, bildet Krystalle, deren Form nicht be- stimmt werden konnte. 2,622 Grm, davon in Wasser aufgelöst, gaben mit Schwefelwasserstoffgas 1,257 Grm. Schwefelcadmium, und darauf mit oxalsaurem Ammoniak oxalsaure Kalkerde, die geglüht, 0,073 Grm. kohlensaure Kalkerde gab. Das Salz war also im Hundert zusam- mengeselzt aus: Unterphosphorichtsaurem Cadmiumoxyd 68,80 Unterphosphorichtsaurer Kalkerde 3,74 Wasser 27,46 100,00. Man könnte diese Verbindung, wegen der sehr ge- ringen Menge der unterphosphorichtsauren Kalkerde, für reines unterphosphorichtsaures Cadmiumoxyd halten. Es verhielt sich in der Hinsicht anders, als letzteres, dafs es in einer Retorte erhitzt selbstentzündliches Phosphorwas- serstoffgas entwickelte. Es enthält offenbar 4 Atome Krystallisationswasser (die Kalkerde hat 0,44, das Cad- miumoxyd 5,34, und das Wasser 24,42 Sauerstoff); wes- halb es weder die Form der unterphosphorichtsauren Kalkerde, noch die des unterphosphorichtsauren Kobalt- oxyds hat. Die Verbindung von unterphosphorichtsaurem Eisen- orydul mit unterphosphorichtsaurer Kalkerde wurde aus reinem frisch bereitetem oxalsauren Eisenoxydul, das ganz frei von Eisenoxyd war, dargestellt. Nachdem diefs mit einer Auflösung von unterphosphorichtsaurer Kalkerde 295 sehr lange gekocht worden war, liels ich alles in einer verschlossenen Flasche erkalten, worauf die schnell fil- irirte Flüssigkeit sogleich unter der Luftpumpe abgedampft wurde. Ich erhielt grünliche krystallinische Krusten; das Salz enthielt nur eine höchst geringe Spur von Eisenoxyd. In der Retorte erhitzt gab es nur selbstentzündliches Phos- phorwasserstoffgas.. Bei der Analyse wurde das Eisen- oxydul durch wasserstoffschwefliges Schwefelammonium niedergeschlagen, und das Schwefeleisen in Eisenoxyd ver- wandelt. Ich erhielt aus 2,230 Grm. des Salzes 0,536 Grm. Eisenoxyd, so wie oxalsaure Kalkerde, die geglüht 0,532 kohlensaure Kalkerde gab. Diels giebt folgende Zusam- mensetzung des Salzes: Unterphosphorichtsaures Eisenoxydul 44,73 Unterphosphorichtsaure Kalkerde 31,37 Wasser 2390 1000, Die Sauerstoffmengen des Eisenoxyduls, der Kalk- erde und des Wassers verhalten sich wie 4,80: 3,69:21,26, woraus man sieht, dafs das Salz 24 At. Wasser enthält. Eine Verbindung von unterphosphorichtsaurem Ko- baltoxyde und unterphosphorichtsaurer Kalkerde, auf glei- che Weise wie die vorhergehenden Verbindungen darge- stellt, krystallisirte in Octa@dern von rother Farbe, die Aehnlichkeit mit dem reinen unterphosphorichtsaurem Ko- baltoxyde hatten. Sie verwitterten nur noch schneller als dieses. 1,797 Grm. des Salzes gaben bei der Analyse 0,242 Grm. Kobaltoxyd und 0,602 Grm. kohlensaure Kalk- erde, woraus folgende Zusammensetzung des Salzes folgt: Unterphosphorichtsaures Kobaltoxyd 27,61 Unterphosphorichtsaure Kalkerde 44,96 Wasser 27,43 100,00. Die Sauerstoffmengen des Kobaltoxyds, der Kalk- 296 erde und des Wassers verhalten sich wie 2,87:5,29: 24,40: im Salze sind also 3 Atome Wasser enthalten, was auf- fallend ist, da man wegen der Kıystallform 8 At. darin vermuthen könnte. Merkwürdig ist es aber, dafs unge- achtet des so sehr bedeutenden Gehalts an unterphos- - phorichtsaurer Kalkerde beim Erhitzen in einer Retorte dieses Salz sich gerade wie reines unterphosphorichtsaures Kobaltoxyd verhält; es entwickelt sich nicht eine einzige Blase von selbstentzündlichem Phosphorwasserstoffgas, sondern eine Menge eines Gases, das angezündet mit star- ker Phosphorfiamme brannte. Der Rückstand war in con- centrirter Chlorwasserstoffsäure unlöslich; es löste sich in derselben selbst nicht einmal Kalkerde auf. Es hatte sich also hierbei Phosphorwasserstoffgas im Minimum von Phosphor gebildet, und die Zersetzung durch die Hitze war auf dieselbe Weise erfolgt, als wenn keine unter- phosphorichtsaure Kalkerde zugegen gewesen wäre. Ich habe diese Untersuchungen nur deshalb vorzüg- lich hier angeführt, um darauf aufmerksam zu machen, wie verschieden die Producte bei Zersetzungen von lös- lichen Salzen durch unlösliche seyn können. Ich habe die so eben beschriebenen Salze, so wie die Doppelver- bindungen aus unterphosphorichtsaurem Zinkoxyde und Bleioxyd mit unterphosphorichtsaurer Kalkerde mehrere Male dargestellt, aber obgleich ich bei jedem neuen Ver- suche die Menge ‘des unlöslichen oxalsauren Salzes ver- mehrte, so fand ich bei qualitativen Untersuchungen immer in der abfiltrirter Auflösung Kalkerde. Die Ursach, warum auf diese Weise nur die Verbindungen der unterphospho- richten Säure mit der Talkerde und dem Manganoxydul rein dargestellt werden können, liegt gewils in der nicht völligen Unlöslichkeit der oxalsauren Talkerde und des oxalsauren Manganoxyduls im Wasser. Ehe ich diese Abhandlung schliefse, mufs ich hier noch einen Umstand erwähnen, der für die Analysen des selbstentzündlichen Phosphorwasserstoffgases von Wich- 237 tigkeit is. Die unterphosphorichtsauren Salze erhalten sich im trocknen Zustand an der Luft, ohne verändert zu werden. Ihre Auflösungen verändern sich zwar, wenn sie an der Luft erhitzt werden, indem dann ein Theil der Säure höher oxydirt wird, wie ich diefs auch schon früher angegeben habe *), aber sie können, ohne im mindesten verändert zu werden, sehr lange gekocht wer- den, wenn der Zutritt der Luft abgehalten wird. Ich habe eine Aufiösung von reinem unterphosphorichtsauren Kali in einem Kolben mit einer Gasableitungsröhre, die unter Wasser endigte, eine halbe Stunde gekocht, und im Gefäfse bis zur Trockne verdanıpft, ohne dafs sich das Salz veränderte, und sich auch nur eine Blase von einer permanenten Gasart entwickelte. Ganz anders ist - aber der Erfolg, wenn kaustische Basen zugegen sind. Kochte ich eine Auflösung von unterphosphorichtsaurem Kali mit kaustischem Kali, so oxydirte sich die unterphos- phorichte Säure auf Kosten des Wassers zu Phosphor- säure und es entwickelte sich Wasserstoffgas. Die Ent- wickelung dieses Gases ist nur gering, wenn die Auflö- sungen sehr verdünnt sind, concentriren sie sich aber nach und nach, so entwickelt sich immer mehr und mehr von diesem Gase, und ist dann ein etwas grofser Ueber- schufs von einer sehr concentrirten Auflösung von kau- stischem Kali vorhanden, so ist die Entwickelung des Gases so rasch, als wenn man es durch verdünnte Schwe- felsäure und Zink bereitet. Ich habe auf diese Weise einige Grammen von unterphosphorichtsaurem Kali durch kaustisches Kali so gänzlich in phosphorsaures verwan- delt, dafs, als die Auflösung mit Chlorwasserstoffsäure übersättigt und mit Quecksilberchloridauflösung versetzt wurde, keine Spur von Quecksilberchlorür entstand. Eine Auflösung von unterphosphorichtsaurer Kalkerde mit kau- stischer Kalkerde gekocht entwickelt auch Wasserstoffgas, doch bei weitem weniger, als unterphosphorichtsaures Kali *) Poggendorff’s Ann. Bd. IX. p. 376. 298 mit kaustischem Kali. — Diefs ist der Grund, warum immer bei der gewöhnlichen Bereitung des selbstentzünd- lichen Phosphorwasserstoffgases zugleich Wasserstoffgas entwickelt wird, und man zuletzt ein Gas erhält, das sich nicht mehr von selbst an der Luft entzündet. Man hat diefs bei der Bereitung des Phosphorwasserstoflgases durch Kali und Phosphor schon lange bemerkt; man wird da- bei auch gesehen haben, dafs die Gasentwickelung noch lange fortdauert, wenn auch schon aller Phosphor ver- schwunden ist. Die Zersetzung des Wassers durch unterphospho- ° richtsaure Salze vermittelst starker Basen rührt von der Verwandtschaft der entstehenden Phosphorsäure zu-letz- tern her. Sie ist daher eine Folge von sogenannter prae- disponirender Verwandtschaft, und der Erscheinung ähn- lich, dafs Eisen und Zink nur bei Gegenwart von einer Säure das Wasser zersetzen können. Zur Zersetzung des Wassers durch unterphosphorichtsaure Salze wird des- halb noch die Gegenwart von starken Basen erfordert, weil die entstehende Phosphorsäure noch einmal so viel Base zur Sättigung bedarf, als die unterphosphorichte Säure; denn phosphorichte Säure, die gleich viel Base wie die Phosphorsäure sättigt, wird auf ähnliche Weise durch starke Basen nicht in Phosphorsäure verwandelt. Ich kochte eine Auflösung einer beträchtlichen Menge von phosphorichtsaurem Kali mit vielem kaustischen Kali so lange, dals Alles bis zur Trockne abgedampft war, ohne dafs dadurch die kleinste Blase von Wasserstoffgas erzeugt wurde. 299 XIHN. Ueber die allgemeinen Gesetze der stünd- lichen Schwankungen des Barometers; von Alexander von Humbold:. (Die Abhandlung über die stündlichen Barometeroscillationen, wel- che Hr. v. Humboldt in einem der letzten Theile seines Rei- sewerks *) bekannt gemacht hat, ist von so mannigfaltigem In- teresse, dafs ich schon längst den VWVunsch gehegt habe, sie den Lesern mittheilen zu können. Da indels der Raum die Mitthei- lung des Ganzen leider nicht gestattet, so beschränke ich mich gegen- wärtig darauf, nur die Uebersicht zu geben, worin der Hr. Ver- fasser am Schlusse der Abhandlung die Hauptzüge dieses merkwür- digen Phänomenes zusammenstellt. Eine solche Zusammenstel- lung von dem, was unmittelbares Ergebnifs der Beobachtung ist, dürfte um so weniger überflüssig seyn, als sie vielleicht am ein- leuchtendsten zeigt, wie wenig die Mehrzahl der bisherigen Beob- achtungen, besonders der auf Reisen angestellten, zu jenem höheren Calcule geeignet ist, durch welchen neuerlich einer unserer aus- gezeichnetsten Physiker **) versucht hat, schärfere Resultate zu erlangen. PD.) D.. Hauptresultate der bisherigen Beobachtungen über die stündlichen Oscillationen des Barometers lassen sich in folgenden Sätzen zusammenfassen. 1. Die stündlichen Oscillationen des Barometers zei- gen sich überall auf der Erde, in der heilsen Zone wie in der gemäfsigten und kalten, am Spiegel des Meeres wie in Höhen von mehr als 2000 Toisen. Diese Oscil- lationen sind periodisch, und bestehen überall aus einem zweimaligen Steigen und Fallen. Die beiden atmosphä- rischen Fluthen sind im Allgemeinen nicht von gleicher Dauer. Vergleicht man die, freilich an Genauigkeit sehr *) Voyage aux regions Equinoxiales du nouveau conlinent etc. Tom. X. p. 330. der Ausgabe in Octav. “) Hällström in dies. Ann. Bd. 84. S. 131. 299. 443. u. Bd. 87. S. 251. 300 ungleichen Resultate, welche von dreifsig Beobachtern zwischen 25° südlicher Breite und 55° nördlicher Breite erhalten worden sind, so findet man zwischen den Zeiten der Maxima und Minima Unterschiede von zwei Stun- den, und schliefst man nur 5 Resultate aus, so fällt das vormittägige Marimum zwischen 8°4 und 10t4, das nach- . mittägige Minimum zwischen 3° und 5t, das vormitter- nächtliche Mazimum zwischen 9 und 11°, und das nach- mitternächtliche Minimum zwischen 3 und 5t. Voraus- zusehen ist, dafs diese Gränzen sich weit näher kommen werden, sobald man für die verschiedenen Zonen eine gröfsere Anzahl von Beobachtungen gleicher Genauigkeit haben wird. Vorläufig kann man für die Maxima und Minima als allgemeine Regel annehmen, in der heifsen Zone: +21"1; — 16"; -—-10%1; — 16", und in der ge- mälsigten Zone: +20"1; — 31; 494; — 17, nach astronomischer, vom Mittage gezählter Zeit. 2. In der gemäfsigten Zone liegen die Zeiten des vormittägigen Maximums und des nachmittägigen Mini- mums dem Mittage ein oder zwei Stunden näher, im Winter wie im Sommer; aber im Sommer scheint sich das Verhalten mehr dem zwischer den Wendekreisen beobachteten zu nähern. Es fehlt noch besonders für das nach Mitternacht eintretende Minimum an Beobach- tungen, und es ist zu wünschen, dafs man untersuche, welchen Einflufs die veränderliche Zeit des Sonnenauf- gangs auf die Zeit dieses morgendlichen Minimums ausübt. 3. In der heifsen Zone sind die Wendestunden, d. h. die Zeitpunkte, in denen die Oscillationen ihr Maximum oder Minimum erreichen, dieselben am Spiegel des Mee- res, wie auch Hochebenen 1300 bis 1400 Toisen über dem Meere. Diese Gleichzeitigkeit soll sich in einigen Theilen der gemäfsigten Zone nicht zeigen, und so z. B. das Barometer im Kloster auf dem grofsen St. Bernhard zu denselben Stunden sinken, zu welchen es in Genf sich hebt. Ist diels Phänomen allgemein in Europa, so bleibt 301 zu untersuchen, ob es sich auf grofsen Plateaux ebenfalls zeige wie in Pässen oder engen Schluchten *). 4. Man sieht überall (wie es sich auch vorausse- hen läfst), dafs die Aenderungen nahe bei den concaven *) Einige Beobachtungen, die man in Europa in Pässen und am Abhange von Gebirgen gemacht hat, und die Annahme von einer Verschiebung der über einander gelagerten Luftschichten, hatten mehrere Physiker zu der Meinung bewogen, dals die Maxima und Minima an Orten, wie Guayra und Caracas, an den Küsten der Südsee (zu Payta z. B.) und zu Popayan oder Bogota, zu Vera Cruz und zu Mexico, an der Küste von Malabar, wo Hors- burgh beobachtete, und auf den Hochebenen von Mysore und Nepaul, nicht gleichzeitig eintreten könnten. Die Tafel am Schlusse dieses Aufsatzes wird zeigen, dafs diese Zweifel, ım Beireff der zwischen den Wendekreisen liegenden Hochebenen, durchaus ungegründet sind. Ramond’s Beobachtungen zu Cler- mont-Ferrand, in einer Höhe von 210 Toisen, berechtigen uns der Analogie nach anzunehmen, dals man auf den bis zu 320 Toisen aufsteigenden Hochebenen von La Mancha in Spanien, das Barometer zu denselben Stunden steigen sehen würde, wie in Valencia und Cadıx. Auf dem St. Bernhard und in Genf beobachtet man zu Tageszeiten, die für die Kenntnifs der Baro- meteroscillationen am unzweckmäfsigsten sind, nämlich zur ver- änderlichen Zeit des Sonnenaufgangs und um 2 Uhr Nachmit- tags. Diese Zeiten gehen dem Eintritt der Maxima und Minima ungleichmälsig voran. Nach den Beobachtungen zu Genf steht daselbst das Barometer, sowohl im WVinter wie im Sommer, ein wenig höher als um zwei Uhr Nachmittags; aber auf dem St. Bernhard waren im J. 1824 unter den 12 monatlichen Mit- teln zur Zeit des Sonnenaufgangs 5 kleiner (Januar, April, Juni, August, October) und 3 gröfser (Februar, Mai, Juli) als die Mittel um 2 Uhr, und 4 denselben gleich (Bouguer, Figure de la Terre, p. 39. Deluc, Recherches sur les modif. de Zaim. $. 528. 550. u. 596. Biblioth. univers. p. 1820 Juni, p: 190. Tom. X. p: 0. D’Aubuisson, Journ. de-phys. Tom LAXAXL p. 24.). Bei dem schleunigen Sinken des Baro- meters am 2. Febr. 1823 trat das Maximum des Fallens auf dem St. Bernhard und in Genf zu derselben Stunde ein ( Biblioth. T. XXI. p. 111.). Diese Ungewifsheiten über die Gleichzei- tigkeit der Oscillationen werden nur dann gehoben werden, wenn man von Genf und vom St. Bernhard, von Mailand und dem Dorfe auf dem Simplon, von Trento und Inspruck mittlere Beob- 302 und convexen Scheiteln der Curve, durch welche sie sich darstellen lassen, langsamer werden, d. h. dann, wenn die Barometerstände ihr Maximum oder Minimum errei- chen; an einigen Orten der Erde scheint der Barometer während einer sehr beträchtlichen Zeit still zu stehen. Diese Zeit schwankt zwischen 15/ und 2"; bestimmt man die halbe Dauer dieses stationären Zustandes mit Genauig- keit, so mufs man den Augenblick des wahren Maximums von dem unterscheiden, worin für unsere Sinne das Ba- rometer aufhört zu steigen oder zu fallen. 5. Im Allgemeinen wird in der heifsen Zone, zwi- schen dem Aequator und den Parallelkreisen, 15° nörd- lich und südlich von demselben, durch die stärksten Winde, durch Gewitter und Erdbeben, durch die plötzlichsten Aen- derungen in der Temperatur und Feuchtigkeit, die Perio- dicität der Barometervariationen nicht unterbrochen noch abgeändert. Um so mehr Aufmerksamkeit verdient es, dals in einigen T'heilen von Südasien, wo die Moussons mit Heftigkeit wehen (z. B. in Indien), die Regenzeit fast gänzlich den Charakter der stündlichen Variationen achtungen hat, die zu den VVendestunden selbst edseile sind. Es kann übrigens seyn, dafs Passe, die auf dem Kamm der Alpen liegen und von hohen Gipfeln umgeben sind, die Zei- ten der Maxima und Minima verzögern und abändern, und dafs diese örtlichen Einflüsse sich auf Hochebenen von grolser Aus- dehnung nicht mehr zeigen. Um zu wissen, ob selbst in der heifsen Zone die Gleichzeitigkeit unter gewissen Umständen weg- falle, habe ich neuerlich die HH. Boussingault und Rivero aufgefordert, ihre Barometer zu Santa Fe de Bogota und zur Kapelle Notre Dame de Guadalupe zu beobachten, welche letz- tere, gleichsam angeklebt an einem Felsen, sich fast senkrecht über der Stadt befindet, in einer Höhe von 322 Toisen. Hı:. Daniell (Meteor. Essais 1823, p. 260.) hat geglaubt, aus den Beobachtungen, welche auf der letzten Nordpol-Expedition, be- sonders auf der Melville’s-Insel, und bei den Rocky-Mountains angestellt worden sind, zu ersehen, dafs das Barometer unter dem 74° der Breite zu Zeiten steigt, zu welchen es unter dem 41° sinkt. Dieser Gelehrte scheint das Phänomen Strömungen zuzuschreiben, deren Daseyn nicht leicht zu erweisen ist. 308 verdeckt *), und dafs zu derselben Zeit, wo diese Varia- tionen im Innern des Continents, an den Küsten und in den Meerengen fast unmerklich sind, sie sich unter der- selben Breite im offnen Meere ohne Störung zeigen. 6. Zwischen den Wendekreisen sind ein Tag und eine Nacht hinlänglich um die Wendestunden und die Dauer der kleinen Ebben und Fluthen in der Atmosphäre kennen zu lernen; in der gemäfsigten Zone, unter der Breite von 44° und 48°, zeigt sich Periodicität des Phä- nomens in allen Jahreszeiten in den Mitteln von 15 bis 20 Tagen mit vieler Deutlichkeit. 7. Die ungleiche Gröfse der täglichen Variationen bewirkt, in der heifsen Zone, zu denselben Stunden, in verschiedenen Monaten, mehr oder weniger beträchtliche Unterschiede in den Barometerständen. Die Grölse der Öscillationen nimmt ab, so wie die Breite und die zu- fälligen Störungen zunehmen. Die Maxima am Abend sind gewöhnlich ein wenig gröfser als die Maxima am Morgen. Beschränkt man sich auf die Beobachtungen, die genau und zahlreich genug sind, um glaubwürdige Mittelwerthe zu geben; so findet man, dafs die Gröfse der Oscillation von 9° Morgens bis 4% Nachmittags, zwi- schen dem Aequator und dem Parallelkreise von 10°, in den Ebenen 2””,6 bis 3"”,5, und auf dem Plateau von Bogota (1365 Toisen Höhe) 2"",3 beträgt, dagegen 2 Millimeter in den Ebenen an der südlichen Gränze der heifsen Zone. Im ganzen Jahre gehen die täglichen °®) Diefs ist namentlich zu Bombay von Hrn. Horsburgh beob- achtet worden. So wie aber das WVetter nur auf einige Stun- den heiter wird, zeigt sich bei dem Barometergange wieder ein Streben zur Regelmäfsigkeit. Auch die Hochlande, welche die Meerenge von Sincapore einfassen, sind nach Hrn. Horsburg hinreichend, um daselbst die Regelmäfsigkeit der Oscillationen zu verdecken (Nicholson, Journ. Vol. XIII. p. 20.). Dagegen zeigen sich, nach Hrn. Golebrooke, im Innern von Indien die Oscillationenwiederum unabhängig von den Temperaturvariationen und den Jahreszeiten. Asiatic, Research. Vol. XII, p. 266. 304 Oscillationen zu Bogota ven 0””,63 bis 3"”,64; die monat- lichen Mittel schwanken daselbst von 1”",5 bis 2"”,7. Die Gröise der Oscillation von 9" Morgens bis 4 Nachmittags steht zu der von 4* Nachmittags bis 11" Nachts, unter den Tropen, in dem Verhältnisse 5:4 oder 5:3. Zwi- schen 0° und 10° Breite schwanken die täglich Mittel in den Ebenen um 3°”,S, und auf dem Plateau von \ ‚Bogota um 3 Millimeter. Ein Höhenunterschied von 1400 Toisen hat also wenig Einflufs auf die Mittelwerthe der täglichen Oscillationen und die Extreme dieser Oscillatio- nen. Der mittlere Barometerstand am Mittage ist zwi- schen den Wendekreisen beständig etwas (einige Zehn- tel eines Millimeters) höher, als das Mittel aus den Stän- den am Maximum um 9" Morgens und am Minimum um 4" Nachmittags. Begiebt man sich vom Aequatur nach den Polarregionen, so findet man folgende Unterschiede zwischen den Barometerständen um 9" Morgens und 4" Nachmittags: zwischen 0° und 10° Breite 2"”,5 bis 3"%,0; zwischen 28° und 30° Breite 1””,5,; zwischen 43° und 45° Breite 1””,0; zwischen 48° und 49° Breite 0%”,S; unter 55° Breite 07” 2. 8. Die monatlichen Mittel der Barometerstände wei- chen folgendermalsen von einander ab: zwischen den Wen- dekreisen, um 1”",2 bis 1””,5; zu Havannah, Macao und Rio Janeiro, nahe an den beiden Wendekreisen, um 7 bis 8 Millimeter, wie in der gemäfsigten Zone. Die Un- terschiede zwischen den Extremen zu denselben Stunden im Laufe des Jahres gehen von 4 bis 45 Millimeter; an der Gränze der heilsen Zone, am Wendekreis des Steinbocks steigen sie zuweilen auf 21””, und am Wendekreis des Krebses bis 25 und 30 Millimeter. Im gemäfsigten Eu- ropa liegen die Gränzen der äufsersten monatlichen Oscil- lationen, bei der aufsteigenden Bewegung, um die Hälfte näher an einander, als unter dem Wendekreis des Kreb- ses; bei den Gränzen der niedersteigenden Oscillationen ist dieser Unterschied zwischen beiden Zonen weit unbe- trächt- 305 trächtlicher. Nahe am Wendekreis des Krebses, im Golf von Mexico, dient die Unterbrechung der stündlichen Os- cillationen als Vorbote herannahender Stürme. Auf der Hochebene von Bogota und selbst in der südlichen Halb- kugel, an den Küsten bei Rio Janeiro, nehmen die monat- lichen Mittel der Barometerstände vom Juli bis zum Decem- ber und Januar regelmäfsig ab. An der nördlichen Gränze der heifsen Zone steigen, durch die Nordwinde, die monat- lichen Mittel vom December und Januar über die vom Juli und August. | 9. . Vergleicht man, zwischen den Wendekreisen und in der gemälsieten Zone, die monatlichen Extreme mit einander, so findet man, dafs die Gränzen der auf- steigenden Oscillationen 2 bis 3 Mal näher an einan- der liegen, als die Gränzen der niedersteigenden Oscilla- tionen *). 19. Die bis jetzt gesammelten Beobachtungen zei- gen nicht, dafs der Mond einen merklichen Einfiufs auf die Oscillationen der Atmosphäre habe **). Diese Oscil- °) In Havannah waren nach dem (handschriftlichen ) meteorologi- schen Journale des Hrn. Don Antonio Robredo, im J. 1801, die Extreme, bei den Maximis 30,16 und 30° 41, und bei den MHinimis 2952 und 3058 (engl. Maafs). Der Unterschied zwischen den Maximis betrug also 5,28, und der zwischen den Minimis 18"m,20. Zu Paris und Strasburg schwanken in den verschiedenen Monaten die Extreme zwischen den Maximis unter sich nur um 10 bis 12 Millimeter, die Extreme der Mini- mis dagegen um 20 bis 30 Millimeter. & **) Laplace, Essai phil, sur les probabilites, 1825, p. 119. 123. 274. Connaiss. des temps, 1825. p. 312. Der Einflufs der Mondesanziehung würde zwischen der WVendekreisen, wo die stündlichen Variationen so wenig durch die zufälligen Stö- rungen verdeckt sind, am leichtesten wahrzunehmen seyn. Ich habe indefs, obgleich ich mehrere Nächte hindurch beobachtete, nichts Genügendes in dieser Hinsicht bemerken können; allein Hr. Mutis versicherte mich, gefunden zu haben, dafs zu Bogota das Barometer in den Quadraturen höher steige und tiefer falle, als zu den Zeiten der Oppositionen und Conjunctionen, wo die Unterschiede zwischen den Ständen um 11 Uhr Abends und 33 Annal.d.Physik.B.88. St.2. J.1828. St.2. U 306 lationen scheinen von der Sonne hervorgebracht zu wer- den, aber nicht durch ihre Anziehung, sondern durch ihre Wärmewirkung, Wenn die Sonne die periodischen Oscil- lationen in der Atmosphäre durch Abänderung der Tem- peratur hervorbringt, so bleibt noch zu erklären, wes- halb die beiden barometrischen Minima fast genau mit den Zeitpunkten der gröfsten Wärme am Tage und der kleinsien in der Nacht zusammenfallen. Was sich aus den zwischen 25° südlicher und 55° nördlicher Breite, und dem Meeresspiegel bis zur Höhe von 1400 Toisen bisher angesieliten Beobachtungen direct über die täglichen Barometervariationen ergiebt, zeigt folgende Tafel. Uhr Morgens auffallend klein werden. Hr. Caldas (Semana- rio, T. I. p. 55.) spricht auch von dieser Beobachtung sei- nes Lehrers. Hr. Boussingault hat seitdem diese Untersu- chung wieder vorgenommen (man findet sie in dies. Ann. Bd. 85. S. 148.), aber kein entscheidendes Resultat zur Bestätigung dieser Angaben erhalten können. Der mittlere Barometerstand zur Zeit der Syzygien weicht nach dessen Beobachtungen nur um Omm, 16 von dem zur Zeit der Quadraturen ab. Toaldo glaubte aus den mittleren Ständen von 40 Jahren, freilich bei Anwendung einer eben nicht genauen Methode, gefunden zu haben, dafs in Italien das Barometer während der Quadraturen höher stehe als während der Syzygien, und höher beim Apoge“ als im Perigeo, (De la Infl. degli astri, 1181, p. 122. Lumbert Act. Hei. T. IV. p. 123. Joürn. de phys., 1179, Juin. p. 270.). [Meh- reres über diesen Gegenstand im folgenden Aufsatz. P] Wendestunden. Gröfse Beobachter. en nn Maxim. d. Oseil- Beobachtungsorte. nac am nach am Jlatıon ın Mittern.|Morgen,| Mittag. | Abend. | Millim. Lamanon und Monge&s . —4 +10 | —4 19 — J]Atlantischer Ocean am Aequator. . Humboldt uud Bonpland | —% | +9 — 41 11 2,59 ITropisches America, zwischen 23°NB. u. 12 SB.,u. 0°t 3 bis 1500 t Höhe. Düperrey ....... —3 +9 —3l 114 | 3,40 Payta, Küste von Peru, 5°6 SB. ne Bee —_ +9 3 10 | 2,44 {La Guayra, 10°36° NB. und Riverof ...... —4 -F9 —4 10 2,29 #Bogota, 4°%35’ NB. u. 1366 t Höhe. Horsbureh ........ —4 8 —4 +1 — JIndisches u. afrıkan. Meer, 10° NB., 25 SB. Langsdorf und Horner . —3 2% | —4 -+103 — 1Südsee zwischen den Tropen. Sabmesr =... 7.3, —.‚ 91 — 33 10 — I|Sierra Leona, 8°%30° N. Kater se na —5 +10 | —4 10! — |Hocheb. v.Mysore, 14°11’ NB. u. 400 t Höhe Regenzeit. Simonoff. . 2.2.2... —31 1 +9 —-3 I|+% — 1ISüdsee, 24°30° NB. bis 25°0° SB. = ee ee = en —5 de — [Macao, 22°12' NB. ee sBalfour. .%....... _ A —6 m — ICaleutta, 22°34° NB. Dorta, Freycinet, Eschwege| —3 +9 —4 il 2,34 IBrasilien, zu Rio Janeiro 22°54° SB. und bei den Missionen der Coroatos-Indier. Hamilton. .....:.. == — _ —_ — Hochekene von Katmandu in Indien, 27°48’ NB. Leopold von Buch ... — +10 —4 +11 1,10 Las Palmas auf Gran Canaria, 28'8° NB. Coutelle .. 22.22... —5 10 =» +10} | 1,75 |Cairo, 30°%. Marqu&-Victor ..... ne a =, +11 1,20 IToulouse, 43°34‘. Mittel aus 5 Jahren. N n 7ı at Billa... ner N 5 = 1,00 |Chambery, 35°34° NB. 137 t Höhe. Ve Te = 9° | 094 JClermont-Ferrand, 45%46/ NB. 210 t. Höhe, Herrenschneider .... —5 8, — 53 n 0,80 ° IStrasburg, 48°34°. Mittel aus 6 Jahren. Ss" RE RER _- Tg —ö — 0,72 |Paris, 49°50° NB. 8jährige sehr genaue Beobacht. Nell de Br£autt@ .... — | +9 —: — 0,36 {La Chapelle bei Dieppe, 49°55‘. Sommer und Bessel .. — +5 1-23 | +10 | 0,20 jKönigsberg, 54°42° NB. 8 Jahr. 308 XIV. Ueber den Einflufs des Mondes auf die N“ Verminderurg des Drucks der Atmosphäre; von Hrn. Flaugergues zu Piviers. (Auszug aus der Biblioth. universelle T. XXX VI. p. 264.) Mi der Untersuchung über den Finfiufs des Mondes auf den Barometerstand haben sich mehrere Mathematiker und Physiker beschäftigt, ohne indefs zu recht genügen- den Resultaten gelangt zu seyn. Daniel Bernoulli;, welcher, wie es scheint, diese Aufgabe zuerst behandelt, fand durch seine analytischen Untersuchungen, dafs der Barometerstand um 20 Linien gröfser seyn müsse da, wo die Sonne im Zenithe stehe, als da wo sie sich aın Hori- zonte befinde *). Zufoige des Verhältnisses 2:5, wel- ches nach diesem grofsen Mathematiker zwischen den An- ziehungskräften der Sonne und des Mondes statt findet, würde hienach die Wirkung des letzteren auf das Baro- meter 50 Linien betragen! D’Alembert zeigte das Irrige dieser Rechnung, und stellte aus mehreren Gesichtspunk- ten eine neue an, welche ihn zu dem Schlusse führte, dafs die Schwankung des Baroıneters in Folge der An- ziehung der Sonne und des Mondes ungefähr 3 Linien betragen mülste, ein ebenfalls noch zu grofses Resul- tat **). Paul Frisi reducirte die gemeinschaftliche ‘Wirkung der Sonne und des Mondes auf „1, Linie ***), und späterhin fand er durch eine neue Rechnung die Wirkung der Sonne zu „/z Linie, und die des Mondes *) Traite du flux et reflux de la mer im 3. Th. p..164. der Princip. mathemat. phil. nat. nach der Ausgabe von Jacquier et le Seur. *) D’Alembert, Recherches sur la cause generale des vents. Paris 1747, p. 98. **) Pauli Frisii de gruvitate universali corporum, Übri tres. Mediolani 1768, Lib. 2. cap. VII. 309 zu 7; oder 0,0208 Linie*). Fontana erhielt durch einen sehr unwahrscheinlichen Calcul für die Mondswir- kung „4 oder 0,0227 Linie **). Toaldo, gleichfalls bemüht die Theorie von Frisi zu berichtigen, behaup- tete, dafs der Unterschied zwischen der gröfsten und kleinsten Mondswirkung -!; oder 0,0625 Linie betrage***). Endlich hat Laplace durch Anwendung seiner ge- lehrten Theorie von den Oscillationen der Atmosphäre auf die Barometerbeobachtungen, welche 8 Jahre lang um 9% Morgens, am Mittage und um 3 Uhr Nachmittags auf dem Observatorium in Paris angestellt wurden, ge- funden, dafs der Mond das Barometer um -; Millimeter hebe und senke, also im Ganzen um 4 Millimeter oder 0,0492 Linie verändere. Aus den Wahrschemlichkeitsge- setzen schliefst er überdiefs, dafs 40000 Beobachtungen erforderlich seyen, um den Einflufs des Mondes auf die Atmosphäre gehörig zu erweisen +). Alle diese Berech- nungen sind nach Hirn. Flaugergues offenbar zu klein. Eben so viele Ungewifsheiten findet man in den Beob- achtungen, durch welche bisher die Physiker die Monds- wirkung zu erweisen gesucht haben, was zum Theil von der unzweckmälsigen Auswahl der Beobachtungen her- rührt. Lambert fand durch Vergleichung von 11jähri- gen Beobachtungen, die in Nürnberg gemacht waren, dafs 7 Jahrgänge derselben den Baromeierstand zur Zeit des Apogeums gröfser gaben, als zur Zeit des Perigeums, dafs °) Frisii cosmographiae physicae et mathematicae pars prior et altera. Mediolani, An, 1714 et 1775. *) Atti del®’ Accademia di Siena, T. V. An. 1774. *=) Nouveaux Memoires de l’academie de Berlin, annee 1118. +) Die Angabe von Laplace, dafs die Mondswirkung „; Milli- meter oder genauer 0,05443mm — 0,024129 Lin. betrage, findet sich in der Connaissance des Tems für 1826, p. 310. u. 315.; in der Mecanique celeste, T. III. p. 296. giebt er aber für die Gröfse der Mondswirkung unter dem Aequator den WVerth 0,0006306 Met. oder 0,25970 Lin., welcher nach Hrn. Flau- gergues Meinung sich mehr der Wahrheit nähert. 310° dagegen in den 4 übrigen Jahren der Barometerstand im Perigeo gröfser war als im Apogeo. Auch fand er die Summe der Barometerstände beim Perigeo in diesen letz- ten 4 Jahren gröfser, als die Summe der Barometerhöhen heim Apogeo in den 7 ersten *), Toaldo fand aus den Beobachtungen von Poleni zu Padua, und von Temanza zu Venedig, dafs das Barometer um die Zeit des Apo- geums um 0,047 engl. Zoll oder 0,529 franz. Linie höher stehe, als um die Zeit des Perigeums, auch dafs der mitt- lere Barometerstand in den Quadraturen gewöhnlich um 0,167 Linien gröfser sey, als in den Syzygien, jedoch auch oft ein umgekehrtes Verhalten zeige**) Cotte schlofs aus 20jährigen Beobachtungen, dafs der mittlere Barometerstand in den Apogeen um 0,334 Lin. höher sey als in den Perigeen, und eben so, dafis er beim Neu- und Vollmonde gröfser sey als bei dem ersten und letz- ten Viertel ***), Howard dagegen, der seine Beob- achtungen in den Vereinigten Staaten anstellte, behaup- tete, dafs das Barometer in den Quadraturen häufiger steige und in den Syzygien häufiger falle, so dafs sein mitt- lerer Stand in den Quadraturen gröfser sey als in den Syzygien+). Aus 5jährigen Beobachtungen zu Mühl- hausen im Elsafs schlofs Mayer der jüngere, dafs der mittlere Barometerstand in den Syzygien um 0,10 Lin. gröfser sey als in den Quadraturen, und in dem Apogeo 0,39 Lin. gröfser als im Perigeo ++). Van Swinden und de la Mothe, der erstere zu Franecker, der an- dere zu Bordeaux, haben ebenfalls Beobachtungen zu diesem Behufe angestellt, aber in zu geringer Zahl, um °) Acta heletica, Fol. IV. De Pariationibus altitudinum ba- rometricarum a luna pendentibus ete. *) Nouveaux Me£moires de l’academie de Berlin, an. 1178. p. 45. *) Memoires sur la m£teorologie, Tom. I. p. 623. 7) Annuaire du bureau des longitudes pour F’annee 1823. p. 176. +7) Memoires sur la met£orologie par le Pre Cotte, T. I. p. 631. ez T. IT. p. 469. 3ıl ein entscheidendes Resultat geben zu können *). Chi- minello’s und mehrerer anderer Physiker Beobachtun- gen konnte Hr. Flaugergues sich nicht verschaffen. Um den fraglichen oder durch die bisherigen Beobach- tungen noch nicht gehörig erwiesenen Einflufs des Mondes auf das Barometer zu ermitteln, beobachtete Hr, Flanger- gues 19 Jahre lang täglich das Barometer zur Zeit des wah- ren Mittags. Er wählte diese Tageszeit, weil vor und nach ihr in Bezug auf die Sonne alles gleich ist, und so zu hoffen stand, den Einflufs der täglichen, von der Sonne bewirkten Variationen zu umgehen. Das gebrauchte In- strument war ein gutes Gefäfsbarometer, dessen Röhre 2,46 Lin. Durchmesser mals. Es war mit reinem Queck- silber gefüllt und sorgfältig ausgekocht. Die Skale war von Messing und, so weit es die Barometerschwankungen nöthig machten, in Achtel der Linie getheilt. Mittelst einer Lupe konnte der Barometerstand bis auf „7 Linie abgemessen und noch bis „4 Linie geschätzt werden. Bei der Correclion wegen der Capillarität machte Hr. F. von Cavendish **) experimentalen Bestimmungen Gebrauch; sie schienen ihm vor den Tafeln von Zach ***) und B ou- vard 7) den Vorzug zu verdienen, Sämmtliche Beob- *) Ibid. T. J. p. 628. et 631. **) Philosoph. Transact. An. 1776. Pal. 66. p- 386. ®*) Nuowe tavole barometriche e e logaritmiche. Genova, 1818, p- 90. T) Connaissance des Tems pour Pannee 1812. pP: 320. et pour Vannde 1829. p. 308. [Ich habe diese neuere Tafel, als von keinem Nutzen, absichtlich nicht in die Annalen aufgenom- men. sie stellen nämlich die Depression des Quecksilbers nur als vom Durchmesser der Röhre abhängig dar, während es längst bekannt ist, und sich ein jeder durch einfache Ver- suche überzeugen kann, dals_ die Capillaritätswirkung, je nach dem Grade der Auskochung des Quecksilbers, bei einem und demselben Rohre, gar sehr verschieden seyn kaun. Den von Hrn. F. angewandten Bestimmungen von Cavendish trifft frei- lich derselbe Vorwurf, allein da es sich hier im Grunde nur um Barometerunterschiede handelt, so hat diese für alle Barome- terstände constante Correction keinen nachtheiligen Einfluls. P.] 312 achtungen wurden nach den von Dulong ‘und Petit bestimmten Coäfficienten der Ausdehnung des Quecksil- bers auf 0° reducirt. Auch wurde die Correction wegen des Niveaus angebracht, da die Skale an Hrn. F. Baro- meter nicht verschiebbar war; Hr F. berücksichtigte auch hiebei den Einflufs der Temperatur. Die Resultate dieser vom 19. Octob. 1808 bis zum 18. Octob. 1827 zur Mittagszeit in Viviers (44929114 NB, 2°20/554,5 östl. von Paris und 29,12 Teisen über dem Meere) angestellten und auf 0° R. reducirten Baro- meterbeobachtungen sind nun folgende: :|Mittlere Ba-| Auf Milli- rometer- meter stände. reducirt. i Zahl der N Beobach- I tu ngen. Allgemeines Mittel... ... . 6915 2711129 759”»,44 Conjunction oder Neumond 234 11,27 1755,39 Ersten Octant 38 All. 234 11,26 | 755,37 Erste Quadratur ........ 2354| 11,26 |755,37 Zweiter Octant...... ..... 235 10,94 | 754,65 Opposition oder Vollmond . | 2354| 11,20 |755,23 Dntter, Octant, 2... 2. 234 11,47 |755,70 Zweite Quadratur ...... 23 11,68 | 756,32 Näaerter Oclanb.. W. 2. 10. 235 11,531 1755,48 Nördliches Lunistitium ... 1 258 11,42 |755,73 Südliches Lunistitium . . . 258 11,28 |755,42 Perigeum (Parall. Aegq. 0124 252 10,97 |754,72 Apogeum (Parall. Aeg. 544) I 252 11,46 1755,82 Aus dieser Tafel schliefst Hr. F, Folgendes: 1) Das Barometer macht während eines synodischen Umlaufes des Monds eine regelmäfsige Oscillation, bei welcher es im zweiten Octanten sein Minimum, und in der zweiten Quadratur sein Maximum erreicht. Der Un- terschied zwischen beiden beträgt 0,74 Lin. oder 1,67"", und die Abweichung des Maximums und Minimums vom mittleren Stand 0,35 Lin. und 0,39 Lin. Da die Beob- achtungen zur Mittagsstunde angestellt worden sind, so 313 hat auf sie die Sonne keinen Einflufs oder wenigstens nur einen constanten auf alle Man kann daher von der Sonne absehen und den synodischen Umlauf des Mondes als einen Mondstag, so wie die Phasen als Mondsstunden ansehen. NRechnet man nun den mitt- leren Mondstag zu 24" 50! mitt. Sonnenzeit, so erreicht das Barometer sein Minimum, wenn der Mond 135° öst- lich vom Meridiane steht, d. h. 9'182 mittl. Zeit vor dessen oberer Culmination, und dagegen sen Marımum 6:12/% nach der Culmination des Mendes, oder wenn derselbe 90° westlich vom Meridiane entfernt ist. Der Mond bewirkt also bei seinem täglichen Umlaufe um die Frde nur eine Ebbe und eine Fluth in der Atmosphäre, während er in derselben Zeit im Meere zweimal Ebbe und Fluth hervorbringt. Dabei ist zu merken, dafs der Mond nur indirect, vermittelst der Atmosphäre, auf das Barometer wirkt; der directe Einfiufs desselben ist, wie Newton gezeigt hat *), unmerklich. | 2) Die Wirkung des Mondes auf die Atmosphäre hängt von der Declination desselben ab, wenigstens steht in der Breite von Viviers das Barometer bei nördlichem Lunistitio 'höher, als beim’ südlichen. Diefs Resultat widerspricht dem, was Laplace aus seiner '['heorie ge- folgert hat, nämlich: dafs die Art der Declination beider Gestirne (der Sonne und des Mondes) keinen merkli- chen Einflufs auf die Modificationen der Atmosphäre ausübe **). 3) Die Wirkung des Mondes ist von seinem Ab- stand von der Erde bedingt. Nach der mitgetheilten Ta- fel ist der mittlere Barometerstand im Perigeo um 0,49 Linien geringer als im Apogeo. Da der Mond nicht immer an den Tagen, wo er °) JS. Newtonii, Principia math. philosophiae naturalis, Ubr. ie cap, XXXVL. art. 2. **) Mecanigue celeste, T. II. p. 298. ” Be 314 sich auf der Apsiden - Linie befindet, seinen gröfsten und kleinsten Abstand von der Erde besitzt, so wählte Hr. F. zu dieser letzten Untersuchung diejenigen Tage aus, an welchen die Horizontalparallaxe des Mondes am grölsten und kleinsten gewesen war; und da der Mond zu- weilen, besonders beim Apogeo, zwei Tage hinter einander am Mittage fast dieselbe Parallaxe besitzt, so nahm Hr. F. besonders die Beobachtung von dem leizteren Tage, weil an diesem die Mondswirkung am merklichsten seyn mufste. Da ferner der Mond beim Perigeo nicht immer die- selbe Parallaxe besitzt, eben so wenig wie beim Apo- geo, so nahm Hr. F., um die Wirkung des Mondes mit seiner Entfernung von der Erde zu vergleichen, aus den Parallaxen, die der Mond zufolge der Connaissance de Temps von 1808 bis 1827 an den Tragen der Perigea und Apogea gehabt hatte, das Mittel. Die Summe der Paral- laxen für die 252 beobachteten Perigeen betrug 15219/23', das Mittel daraus also 60/244 3624. Die Summe der Parallaxen für die 252 beobachteten Apogeen war 13623/8!, das Mittel daraus also 54/4! 3244! Indem nun Hr. F. nach einem Theoreme von Newton annimmt, dafs die Wirkungen des Mondes beim Perigeo und Apogeo sich verhalten wie die Guben der mittleren Parallaxen für beide Orte, findet er, dafs die Verminderung des atımos- phärischen Drucks durch den Mond beim Perigeo 1,73, und heim Apogeo 1,24 Par. Linie betrage *), Durch eine gleiche Rechnung, angestellt mit Hülfe der gröfsten und kleinsten Parallaxe beim Perigeo (3687' und 355%) und Apogeo (3255 und 3233") des Mondes während den 19 Jahren, bekommt Hr. F. für die Mondswirkung im Perigeo —=1,75 Lin., und im Apogeo —=1,26 Lin. *) Bezeichnet nämlich = die Wirkung des Mondes im Perigeo und n seine mittlere Parallaxe daselbst, so wie y die Wirkung desselben im Apogeo und n seine mittlere Parallaxe daselbst; so bestimmt Hr. F. die Werthe von x und y aus den beiden Glei- xz_m? ; chungen: nl und e—y==0,49 Linien. 315 Endlich findet Hr. F. noch eine Beziehung zwischen den Regentagen, die mit den Mondsphasen zusammen- fallen, und den entsprechenden Barometerständen. Von den Regentagen fielen nämlich zusammen: 77 mit dem Neumonde 82 - - ersien Viertel 79 - - Vollmonde 60 - - letzien Viertel 93 - - Perigeum 78 - - Apogeum, welche Zahlen sich fast umgekehrt zu einander verhal- ten, wie die correspondirenden Barometerstände in der vorhergehenden Tafel. Noch mufs bemerkt werden, dafs Hr. Flauger- gues im Laufe der 19 Jahre keine solche Verschlech- terung seines Barometers bemerkt hat, wie sie Hr. Da- niell vom Barometer der Royal Society in London an- giebt. Vielmehr glaubt Hr. F. bei seinem Barometer ein fortwährendes Steigen wahrgenommen zu haben. Der mittlere Stand desselben war nämlich: von 1809 bis 1814 . . . 27411111,136=1755"",09 - 1815 - 1820...2711, 212=755,26 - 1821 - 1326... 2711, 601=1756,14. Hr. F. schreibt — mit welcher Wahrscheinlichkeit mag hier unberührt bleiben — dieses Steigen des Baro- meterstandes den grofsen Mengen von Gasen zu, welche durch die Ausbrüche der Vulcane, durch Waldbrände, Feuersbrünste u. s. w. sich täglich in die Luft erheben *). *) Bemerkenswerth ist es, dafs die Mittagsbeobachtungen zu Paris eine ähnliche Zunahme zeigen. Die Mittel von 1816 bis 1820 geben 755"m,32, und die von 1821 bis 1825 dagegen 756,16. P. XV. Besondere Erscheinung beim FF asserdampf a im Dampferzcuger der Perkins’'schen Ma- schine. (Aus den Ann. de chim. et de phys. XXXVI. p. 435. *).) . Kine ich die T’hatsache entdeckte, dafs das bis zu 650° F. erhitzte Metall das Wasser und selbst den Dampf zurück- stöfst, waren bei meinen ersten Versuchen mit stark com- primirtem Wasserdampf die von mir angewandten Röh- ren zu schwach, und die Druckventile nicht hinlänglich belastet, so dafs das Wasser zurückgestofsen wurde. Da die Dampfschicht, welche sich zwischen der Innenfläche des Mctalls und dem Wasser befand, ein schlechter Wär- meleiter ist, so kam das Metall bald zum Rothglühen, und im Momente, wo diefs geschah, wurde der Dampf °) Wie die Redaction jener Zeitschrift bemerkt, ist die Note wörtlich aus einer Abhandlung gezogen, die Hr. Perkins in der‘ Akademie der Wissenschaften zu Paris vorgelesen hat, — In. Betreff der Dampfmaschine des Hrn. Perkins findet man das Nöthige in dies. Ann. Bd. 75. S. 119. und 355. Vielleicht hat es Interesse für einige Leser dies. Annal. zu wissen, dafs Hr. Perkins seine Dampfmaschine, nach mehreren beträchtlichen Verbesserungen, seit einiger Zeit wirklich im Grofsen ausgeführt hat. Im Edinburgh Journal of Science, No. XIF. p. 359. sind mehrere sehr vortheilhafte Zeugnisse zu Gunsten dieser Maschine zusammengestellt. Namentlich bezeugt das eine, dafs die Per- kins’sche Dampfmaschine — high pressure safety steam engine genannt — folgende Vorzüge in sich vereinige: 1) Absolute Ge- fahrlosigkeit. — 2) Gröfsere Ersparnils beim Brennmaterial als irgend eine bisher erfundene Maschine. — 3) Entfernung aller Reaction des Dampfs und der atmosphärischen Luft, an der Aus- führungsseite, auf den Stempel, ohne dafs eine Luftpumpe nöthig sey, — 4) Ein neuer, einfacher biegsamer metallischer Stem- pel, welcher kein Oel noch irgend eine Liederung gebraucht. — 5) Dals sie durch Vereinfachung mehrerer einzelnen Theile nur drei Viertel des Raumes einer gewöhnlichen Maschine einnimmt. — P. 317 selbst matickeestofseh, so dafs zwischen dem Dampf und der Fläche des erhitzten Metalls eine Schicht von Wär- mestoff (calorique) entstand. Ich beobachtete diese That- sache zuerst bei Gelegenheit eines Risses in einem sehr starken Generator, welcher drei Zoll dick und inwendig 8 Zoll im Durchmesser besafs, welcher aber, da er aus der Legirung von Kupfer und Zinn, die man gewöhnlich Kanonengut nennt, verfertigt war, weit eher nachgab, als einer von Gufseisen, woraus ich gegenwärtig alle diese Apparate verfertige. Im Moment, als der Rils ge- schah, war ein lebhaftes Feuer unter dem Generator. Ich vernahm ein diurpfes, ziemlich schwaches Geräusch, welches auch von den Arbeitern gehört wurde, die sich bei dem Ofen befanden. Man glaubte anfangs, dals der Generator geborsten wäre; allein, da man weder Dampf noch Wasser erblickte, und die Maschine ihren gewöhn- lichen Gang unter einem Druck von 20 Atmesphären fortsetzte, so meinte man, dafs der etwaige Rils nur ein partieller gewesen wäre. Man mäflsigte also das Feuer. Sobald nun die Temperatur ein wenig geringer gewor- den war, entstand ein schwaches Geräusch! welches end- lich so stark wurde, dafs es die Nachbarn in der Fleet- Street beunruhigte, und darauf strömte Alles, Wasser uud Dampf, in das Feuer. Als man den Generator un- tersuchte, fand sich, dals er fast seiner ganzen Breite nach gerissen war, und dafs die Oeffnung eine solche Gröfse hatte, dafs sie, als man Wasser in den erkalte- ten Generator pumpte, dasselbe hindurchliefs. Als ich über die Ursache dieser Erscheinung nach- dachte, wurde ich nothwendig darauf geführt, dafs sie durch die Repulsivkraft der Wärme hervorgebracht war. Um mich zu überzeugen, dafs diefs wirklich der Fall war, liefs ich den leeren Generator am Boden glühend machen, und darauf Wasser in denselben bringen. So- gleich bildete sich Dampf und die Maschine arbeitete wie _ gewöhnlich, ohne dafs man irgend eine Entweichung von 318 Dampf durch den Rifs hätte vlfähehmnen können. So arbeitete die Maschine den ganzen Tag hindurch, und am Abend, als man das Feuer auslöschte, stellte sich dieselbe Action (die heftige Entweichung des Dampfes. P.) von neuem ein. Mehrere meiner gelehrten Freunde, vor denen ich diesen Versuch wiederholte, waren der Meinung, dafs der Rifs durch die Ausdehnung des Metalls bei seiner Erhitzung verstopft würde; denn sie hielten die von mir gegebene Erklärung für unzulässig. Alle Zweifel in dieser Hinsicht wurden aber durch den folgenden Versuch gehoben. An einem Fnde einer der Röhren, aus welchen der Generator besteht, wurde ein Loch von # Zoll im Durchmesser gebohrt, und in dieses ein starkes gulseisernes Rohr fest eingeschroben, welches drei Fufs lang war, auswendig einen und inwendig einen halben Zoll im Durchmesser hielt. An einem Ende die- ses Rohrs war ein kleiner Hahn, und am andern Ende der Röhre des Generators ein Sicherheitsventil, belastet mit 50 Atmosphären oder mit 317 Kilogramm. auf den Quadratzoll, auch war an diesem Ende ein Rohr, wel- ches das Wasser aus der Druckpumpe herleitete. Nach- dem man die Generator-Röhre an dem Ende, worin das Loch gebohrt worden, zum Rothglühen erhitzt hatte, brachte man Wasser in dieselbe. Durch das mit dem angegebenen Gewicht belastete Sicherheitsventil entwich der Dampf; als man aber den Hahn öffnete, ging hier nichts heraus. Man mäfsigte nun das Feuer, und als sich die Temperatur hinlänglich gesenkt hatte, wurde das Brausen des Dampfes fürchterlich. Man wird diesen Ver- such in Kurzem öffentlich wiederholen. Obgleich diese neue Thatsache beim ersten Anblick unbegreiflich scheint, so erklärt sie sich doch bei ei- nigem Nachdenken ziemlich natürlich. Es ist eine be- kannte Sache, dafs ein Tropfen Wasser, den man auf eine rothglühende Metallfläche schüttet, auf derselben her- umtanzt, mit ihr sichtlich nicht in Berührung kommt, . 319 und ziemlich langsam verdampft; während dagegen, wenn die Temperatur ein wenig geringer ist als 100°, das Was- ser durch den Druck der Atmosphäre *) mit dem Metalle in Berührung gehalten wird, und die Verdampfung fast augenblicklich vor sich geht. Welcher Druck könnte nun wohl das Wasser mit einem bis 650° F. erhitzten Metalle in Berührung halten. Dieser Druck würde durch- aus nicht geringer seyn, als das Maximum der Expansiv- kraft, das der Dampf erlangen kann, der 4000 Atmosphären übersteigt (Geile pression ne devrait nullement &tre infe- rieure au maximum de force elastique que peut acque rir la vapeur qui surpasse 4000 almospheres). Wem ein so ungeheurer Druck nöthig ist, um die Berührung zu bewirken, so sind sicherlich 50 Atmosphären nur ein geringer Theil der erforderlichen Kraft, und da bei dem obigen Versuch das Wasser nicht durch die kleine Oeft- nung gehen konnte, ohne fast mit dem erhitzten Metalle in Berührung zu kommen, so reichte die Repulsivkraft dieses hin, um den Dampf und das Wasser gleichfalls entfernt zu halten; denn ist der Dampf wirklich etwas anders als Wasser im Zustande der Expansion? Es han- delt sich darum, zu wissen, bis zu welcher Entfernung sich diese Repulsivkraft erstreckt. Diels wird der Ge- genstand neuer Versuche seyn. Man kann die Oeffnung allmälig vergröfsern, bis Wasser und Dampf, bei dieser hohen Temperatur, durch ihre Mitte hindurch zu gehen vermögen. Alles, was ich bis jelzt weils, besteht darin, ‚dafs diese Repulsivkraft sich weiter als bis zu „; Zoll erstreckt; weil der Dampf nicht durch ein Loch von + Zoll Durchmesser hindurch gehen kann. ®) Wohl durch sein eigenes Gewicht. p. 320 SEE EEE TEISTIIITEIETER Tr en SET EI GERENECHE KETTE XVI. Fernere Bestätieungen des Einflusses der Nordlichter auf die Magnetnadel. Bekanntlich hat Hr. Arago schon früher gezeigt, dafs die Nordlichter selbst dann einen störenden Einflufs auf die Magnetnadel auszuüben vermögen, wenn sie noch unter dem Horizonte des Beobachtungsortes befindlich sind *). Auch wird den Lesern dieser Annalen erinner- lich seyn, dafs dieser ausgezeichnete Physiker sogar das Daseyn entfernier Nordlichter aus den Unregelmäfsigkei- ten im Gange: der Declinationsnadel vorhergesagt hat **). Dem *) Zu einem solchen Schlusse ist man, nach Hrn. Arago, nur dann berechtigt, wenn man sich überzeugt hat, dals an dem Horizonte des Beobachtungsortes wirklich keine Nordlichter vor- handen sind oder am Tage über vorhanden waren, wozu erfor- dert wird, dafs der Himmel völlig heiter gewesen, und die Nadel während des Tages bis gegen Abend nicht beunruhigt worden ist. Diese Bedingungen waren stets bei den Bcob- achtungen erfüllt, welche Hrn. Arago zur Aufstellung des obi- gen Satzes vermochten, nicht. aber bei der, welche Graham 1741 in London anstelle. Graham sah zwar zu London die Magnetnadel an dem Tage in Unruhe, an welchem Celsius in Upsala ein Nordlicht beobachtete; allein da jener die Magnei- nadel schon am Tage beunruhigt fand, und dieser erst in der Nacht schwache Spuren eines Nordlichtes erblickte, so ist es nach Hrn. Arago wahrscheinlich, dafs zu London das Nord- licht nur durch das Tageslicht verdeckt worden war. Da Gra- ham überdiefs sich gar nicht zu überzeugen suchte, ob ein Nord- licht am Himmel stand, noch irgend eine Beziehung aufstellte zwischen diesem Meteor und den Störungen der Magnetnadel; so kann man, wie Hr. Arago bemerkt, diesem nicht die Beoh- achtung zuschreiben, dafs Nördlichter schon unter dem Hori- #» zonte einen Einfluls auf die Magnetnadel ausüben. **) Man findet die früheren Beobachtungen des Hrn. Arago in dies. Ann. Bd. 83. S. 127. u. Bd. 85. S. 164., womit man auch die des Profess. Kupffers in Bd. 86. $S. 558. vergleichen kann. P. 321 Dem beharrlichen Eifer, mit welchem derselbe seitdem die Beobachtungen der Magnetnadel auf dem Pariser Ob- servatorio fortgesetzt hat, verdanken wir auf's Neue eine beträchtliche Anzahl von Beobachtungen zur Bestätigung, dieser Thatsache, so wie auch einige zum Erweise eines Einflusses der Nordlichter auf die Inclination der Nadel *). Nachstehendes ist ein Auszug aus einem Aufsatze, den der- selbe in den Annales de chimie et de physique T.XXXV1. pP. 398. bekannt gemacht hat. Im J. 1826 glaubte Hr. Arago aus den Störungen der Nadel am 10. und 13. Febr., 9., 23. und 29. März, 9., 13., 17. und 24. April auf das gleichzeitige Daseyn ent- fernter Nordlichter schliefsen zu dürfen. Für den 29. März 1826 hat sich nun diese Vermuthung zunächst bestätigt. Hr. Dalton in Manchester meldet nämlich Hrn. A. in einem Briefe, dafs man an diesem Tage in Schottland und dem nördlichen England wirklich ein bedeutendes Nordlicht gesehen habe; es erschien in Gestalt eines Licht- bogens, und wurde an mehreren Punkten einer Linie beob- achtet, die fast im magnetischen Meridiane lag und wenig- stens eine Länge von 170 engl. Meilen besals. Am Süd- ende dieser Inne zeigte ch, der Scheitel des Lichtbo- gens nördlich vom Zenith, ungefähr 60° über dem Ho- rizont, und im magnetischen Mer ihane liegend. Am Nord- ende der Basis dagegen beobachtete man den Scheitel- punkt des Bogens südlich vom Zenith, in einer Höhe von 55°, aber gleichfalls im magnetischen Meridian. An zwischen liegenden Orten sahen die Beobachter den Bo- gen im Zenith. Aus den gesammten Angaben schlielst *) Auch die Intensität des Erdmagnetismus erleidet Störungen durch die Nordlichter, wie Herr Arago nächstens durch eine grofse Menge von Beobachtungen zu erweisen gedenkt. Er bemerkt in- defs, dafs man aus den horizontalen Schwingungen der Nadel nur dann eine solche Folgerung ziehen dürfe, nachdem man de- ren Dauer wegen der Inclination berichtigt hat, da diese gleich- falls Aenderungen unterworfen ist. Annal. d. Physik.B.88.8t.2.J.1828. St.2. x 322 Hr. Dalton, dafs die senkrechte Höhe des Bogens 100 engl. Meilen, die Breite desselben $ bis 9 engl. Meilen, und seine sichtbare Erstreckung von West nach Ost mehr als 500 engl. Meilen betragen haben müsse. Von den übrigen Tagen hofft Hr. Arago seine Ver- muthungen noch durch die Beobachtungen bestätigt zu sehen, welche die Kapitaine Parry and Franklin auf ihrer letzten Reise angestellt, aber bis jetzt noch nicht bekannt gemacht haben. Nordlichter im Jahre 1827. Am 9. Januar 1827 wurde zu Kendal in Fngland ein. glänzendes Nordlicht gesehen. — Am nämlichen Tage, am 9. Jan,, war der Gang der Nadel zu Paris sehr un- regelmäfsig. Schon um 2° Nachmittags wich das Nord- ende der Nadel um 4'5 mehr als gewöhnlich nach Westen ab, und blieb in dieser Lage bis 7"4. Um 11'5/ war da- gegen die Declination um 3/1 kleiner, als an den vor- hergehenden Tagen. Die Inclinationsnadel machte eben- falls unregelmäfsige Schwingungen. Der Himmel war völ- lig bedeckt. Am 13. oder 18. Januar 1827 sah man zu Gosport in England um 6° Abends in der Gegend des magneti- schen Nordens einen Lichtbogen, der sich unter zuneh- mendem Glanze fortwährend vergröfserte, bis er um 9"4 einen Raum von 90° bespannte. Säulen von röthlichem Lichte schossen nach einander an verschiedenen Punkten dieses Bogens hervor, und einige von ihnen erreichten eine Höhe von 48°. — Da im Philosoph. Magazın etc. von 1827, 7. J., woraus diese Nachricht entlehnt ist, einmal (p. 317.) der 13., und ein andermal (p. 239.) der 18. Januar als Tag de: Nordlichts angegeben ist, so vermuthet Hr. A. Ken einen Druckfehler. Wenigstens zeigte «m 13. Jan. die Nadel zu Paris nichts Ungewöhn- liches. Am 18. Jan. dagegen wurde das Nordende der Nadel gegen die Regel anfangs nach Westen geführt. 323 Um 6*4 Abends war die Declination 3! gröfser als ge- wöhnlich; um 6%2 hatte sie noch um 1/4 zugenommen. Um 11"3 dagegen wurde sie um 14! kleiner gefunden, als an den vorhergehenden Tagen; aber von 11" 45! bis 11% 50', also innerhalb 5 Minuten, ging die Nadel um 21 Minuten nach Westen. Der Himmel war heiter. Auch am 4. (Morgens und vor allem Mittags), am 25. (den ganzen Abend von 6" an), und am 30. Jan. (Abends) war die Nadel zu Paris in Unruhe. Von diesen Tagen sind aber Hrn. A. bis jetzt keine Nordlichter bekannt geworden. Am 17. Februar 1827, Abends 8 Uhr, beobachtete Hr. Burney ein glänzendes Nordlicht im Norden von Gosport, das 20° auf jeder Seite des magnetischen Meri- dians einnahm, und bis 10 Uhr sichtbar war, wo es durch ein Schneeschauer verdeckt wurde. — Zu Paris zeigte die, Declinationsnadel am 17. Februar weder Morgens noch Mittags bis 14 etwas Ungewöhnliches Als sie aber um 11?4 Abends beobachtet wurde, fand sich ihr Nordende 5 Minuten östlich von seiner gewöhnlichen Lage. Der Himmel war heiter. Unregelmäfsigkeiten im Gange der Nadel, ohne bis- herige Nachricht von gleichzeitigen Nordlichtern, wurden an folgenden Tagen beobachtet. Im Zedruar: am 3. (vom Mittage ab), am 4. (besonders des Morgens), am 18. gegen Abend) und am 19. (um Mittag). Im März: am 8, (Abends), am 9. (Morgens), am 13. (um 9"4 Abends), am 22. (Mittags) und am 30. (94 Abends). Im April: am 5. (Mittags), am 6., 7., 22. und 24., minder beträchtlich am 12. und 13. Im Mai: am 2. und 16. Im Juni: am 25., 26. und 27. Am 23. Juli und am 14. August. X 2 : a m = in & % a 324 Am 27. August wurde zu Perth in Schottland ein Nordlicht beobachtet, das für einen Augenblick fast den ganzen Himmel bedeckte.- Zu Paris fand Hr. A. am 27. August 1% 6! Nachmittags das Nordende der Nadel 10 Minuten westlicher als gewöhnlich, dabei unregelmä- fsige Schwingungen machend. Um 9"+ Abends war da- gegen die Declination 8 Minuten kleiner, als zu gleicher Zeit an den vorhergehenden Tagen. Der Himmel war sehr wolkig, Am 28. August Abends wurde zu Ziorburgshire ein Nordlicht beobachtet. — An demselben Tage, um 1! Nachmittags, war zu Paris die Declination® 6 Minuten grölser, als im Mittel an den vorhergehenden Tagen. Am Abend wurde die Nadel unglücklicherweise nur ein- mal beobachtet, und zwar um 11}; die Declination schien 3! kleiner als gewöhnlich. Am andern Morgen, am 29. Au- gust um 9 Uhr, war das Nordende der Nadel 12! west- lich von seiner gewöhnlichen Lage entfernt. Um 92 hatte diese Ablenkung noch um 4 Minuten zugenommen, und die Nadel oscillirte in Bogen von mehr als S Minu- ten. Am Abend war alles wieder in Ordnung. Auch die JInclinationsnadel wurde beunruhigt. Die Neigung war am Morgen des 29. fast um 6 Minuten grö/ser, als am Tage vorher und nachher. % Am 8. September 1827, 84 Abends, beobachtete Hr. Heron de Villefosse ein Nordlicht zu Saınt-Cloud, bei heiterem Himmel und hellem Mondschein *). — Zu Paris bemerkte man am 8. Sept. schon um Mittag eine merkliche Störung der täglichen Variationen der Maenet- nadel, indem ihr Nordende 13’ westlicher als gewöhnlich lag. Um 1" 19/ war die Declination 19 Minuten gröfser, ®) Es ist dasselbe Nordlicht, welches Hr. v. Humboldt in Ber- Zin beobachtete, und welches man auch in Dänemark und Schwe- den sah. (Dies. Ann. Bd. 86. S. 510. ?.) wa 325 als zu gleicher Stunde an den vorhergehenden Tagen. Den ganzen Tag hindurch war die Nadel sehr bewegt, und stets mit ihrem Nordende nach Westen ahsefenEr Erst um 9%4 Abends beobachtete man eine Ablenkung von 8 Minuten nach entgegengesetzter Seite, d. h. nach Osten. — Personen, die an dem Einflufs der Nordlich- ter auf die Magnetnadel noch etwa zweifelten, würden gewils anderer Meinung werden, wenn sie die ganze Reihe der am 8. Sept. zu Paris angestellten Beobachtun- gen sähen. Auch die Inchnationsnadel zeigte Störungen, welche die möglichen Beobachtungsfehler, bei einer mikros- kopischen Ablesung an zwei Punkten, bei weitem über- trafen. _ | Am 25. September 1827 erlitt die Nadel, nachdem sie am ganzen Tage nichts besonderes gezeigt hatte, um 9% eine beträchtliche Störung. Bald erblickte ich auch hie und da zwischen NNW und NO leuchtende Wol- ken, die bald verschwanden und bald wieder erschienen. Finmal vereinigten sich diese Lichtwolken und bildeten einen zusammenhängenden Bogen, der sich wenig über den Horizont erhob, und, so weit ich beurtheilen konnte, mit seinem Scheitel nahe im magnetischen Meridiane lag. — Dieselbe Erscheinung wurde zu Havre, zu Ostende, zu Arau und Zürch, in England zu Gosport und Ken- dal, in Dänemark und Schweden (so wie auch an meh- reren Punkten in Deutschland. P.) beobachtet. In Eng- land leuchtete das Nordlicht, nach Hrn. Forster, stär- ker als der hellste Mondschein. Am 25. September war der Gang der Nadel für die täglichen Variationen regelmäfsig vom Morgen bis zu $° Abends, darauf erlitt er Störungen. Um 9" Abends war die Declination 7! geringer, ie an den vorhergehenden Tagen; zehn Minuten darauf ging die Nadel 7’ nach Westen. Hierauf folgte eine östliche Bewegung, so dafs sich um 104 das Nordende der Nadel um 14’ dem “ astronomischen Meridiane genähert haite. Darauf nahm N 326 die Declination wiederum allmälig zu, |so dafs sie um 10:4 um 14! eröfser war, als eine Viertelstunde vorher. — Auch die Inclinationsnadel machte um 10" einen um 7! gröfseren Winkel mit dem Horizonte als, um 9" 2. Aın 6. October 1827 sah man, ungeachtet des Mond- scheins, an mehreren Orten in England ein Nordlicht, das namentlich in Manchester glänzend war. — Zu Paris zeigte die Nadel für die täglichen Variationen am 6. Octo- ber bei Tage nichts Ungewöhnliches. Erst am Abend um 8" deutete eine Abnahme der Declination darauf, dafs es nützlich sey, die Beobachtungen zu vervielfältigen. Der Stand der Nadel wurde daher von 5 zu 5 Minuten bis 11" beobachtet. Die Veränderungen waren aulserordent- lich unregelmäfsig, doch hatte die Ablesung keine Schwie- rigkeit, da die Nadel kaum oscillirte.e Um 8" war die Declination kleiner als gewöhnlich, um 10" 20! hatte sie um 8/ zugenommen; 5 Minuten darauf war sie um eben so viel geringer geworden. Um 10" 35’ fand sich die Decli- nation 18! kleiner als gewöhnlich, darauf nahm sie mehr- mals zu und ab, ohne jedoch dabei je die Werthe, die sie an den vorhergehenden Tagen gehabt, zu erreichen. Um 11' 12, zur Zeit des Minimums der Declination, be- trug die anomale Verringerung mehr als 20 Minuten, Auch die Jnchnationsnadel erlitt am 6. Oct. zwi- schen $8* und 10" 24! merkliche Verrückungen. Die Beob- achtungen der Oscillation an einer horizontalen Magnet- nadel, berichtigt nach den ‚Aenderungen der Inclination, bewiesen, dafs die magnetische Intensität ebenfalls wäh- rend der Nordlichter verändert worden war. Hr. Arago verspricht darüber einen besondern Aufsatz, und bemerkt einstweilen nur: 1) dafs die horizontale Nadel am 6. Oct. erst in der Nacht einen unregelmäfsigen Gang annahm; 2) dafs der Himmel völlig heiter war; 3) dafs man am Abend zu Paris keine Spur eines Nordlichtes entdecken 327 konnte, während man es in England der Angabe nach sehr glänzend sah. Ohne diese drei Umstände, sagt Hr. A., würde er nicht mit Grund die Folgerungen haben machen können, dafs das zu Manchester gesehene Nordlicht, ob- gleich es zu Paris unter dem Horizonte blieb, hier die Magnetnadel in Unruhe versetzt hätte. Am 17. October 1827 — an demselben Tage, an welchem Hr. Burney in Gospori ein schwaches Nord- licht sah — zeigte die Nadel zu Paris Mittags zwischen 1 und 2 Uhr geringe Anomalien. Abends 9" 50! war die Störung sehr grofs, die Declination war nämlich 24 Minu- ten kleiner, als zu gleicher Stunde an den vorhergehen- den Abenden, Zwischen 9 50’ und 10" 45° nahm sie um 19 Minuten zu, Am 18. und 19. November nahm man in Roxburgh- shire Nordlichter gewahr, von denen nach Hrn. Burney das am 18, das. schwächere war, indem es sich zu Gos- port nur um 5° über den Horizont erhob. — Am 18. war die Declinationsnadel zu Paris in Unruhe, besonders am Nachmittage. Am 19 um 11" Abends war die Decli- nation um 8! kleiner, als an den vorhergehenden Tagen. Vom December 1827 enthalten die wissenschaftli- chen Journale noch keime Berichte von Nordlichtern. Hr. Arago schlieist indefs aus den Anzeigen der Magnet- nadel, dafs man am 29. und 30. irgendwo eins else nommen haben müsse, 328 XVII. Beobachtung einer Störung der Magnet- nadel bei der am 23. Februar 1828 ın den Rheingegenden verspürten Erderschütterung. D. Entdeckung des Hrn. Dr. Seebeck, dafs hetero- gene und selbst homogene Metallmassen jeder Art durch ‚ungleiche Erwärmung in einen magnetischen Zustand ver- setzt werden können, macht es, bei den mannigfachen Gründen für das ausgebreitete Daseyn solcher Massen im Innern der Erde, gemils sehr wahrscheinlich, dafs die vul- canischen Actionen einen Finflufs auf die Magnetnadel auszuüben vermögen; wie denn auch der Entdecker des Thermomagnetismus selbst, in einer früheren Abhandlung (dies. Ann. Bd. 82. S. 280.) schon versucht hat, die Phänomene des Erdmagnetismus mit denen des Vulcanis- mus in Zusammenhang zu bringen. Um so mehr Interesse hat aber auch deshalb gerade jetzt eine jede wohlerwie- sene Thatsache, die solch einen Zusammenhang aufser Zweifel setzt, zumal die älteren Erfahrungen dieser Art zum Theil wohl nicht ganz zuverlässig sind. An verein- zelt stehenden Beobachtungen, die eine Einwirkung der Erdbeben und vulcanischen Ausbrüche auf die Magnet- nadel anzudeuten scheinen, fehlt es nämlich nicht. So sagt Kant in seinem Berichte über das Erdbe- ben von Lissabon (dess. vermischte Schrift. Bd. 1. S. 564.), dafs in Augsburg am 1. November 1755 die Magnete ihre Last abgeworfen haben und die Magnetnadeln in Unord- nung gerathen seyen, auch fügt er hinzu, dafs, nach Boyle, dasselbe schon früher einmal in Neapel nach einem Erd- beben vorgegangen sey Aus einer etwas undeutlichen Be- schreibung in Kant’s phys. Geographie, Bd. 2. Abth. 2. S. 420., scheint ferner hervorzugehen, dafs Wucherer zu Hohen-Embs, an der östlichen Gränze der Schweiz, 329 bei demselben Erdbeben, am 9. December, an einem Magnetstabe eine Bewegung im Sinne der Inclination beob- achtet hat. Der Faden, woran ein 11% Unzen schwerer Magnetstab senkrecht aufgehangen worden *), soll näm- lich während der Erschütterung, die eine ganze Minute dauerte, um 40° aus der Verticale nach Süden abgelenkt worden seyn, und erst nach dem letzten Stofse, nach ei- nigen Schwingungen, seine senkrechte Richtung wieder angenommen haben. Wie Robison (System of me- chanical philosophy, T. IV. p. 371.) anführt, hat ferner Daniel Bernoulli die Magnetnadel bei einen Erdbe- ben um 45! aus ihrer Lage weichen gesehen, und Mül- ler während des Erdbebens in Calabrien eine grofse Stö- rung in der Declination der Magnetnadel zu Manheim bemerkt. Auch sollen, nach Delametherie ( Theorie de la Terre, T. III. p. 295.), solche unruhige Bewe- gungen der Magneinadel während eines Erdbebens von Bertrand in der Schweiz beobachtet seyn. Endlich giebt auch der Pater della Torre an, dafs er bei den Ausbrüchen des Veswvs im J. 1767 eine Einwirkung auf die Magnetnadel gefunden habe. Er beobachtete nämlich 4 Wochen lang zu $. Giorgio di Cremano bei Portici eine 9! 7!l! Jange Magnetnadel, und fand dabei im Laufe eines Tages Unterschiede in der Declination, die bis zu 2° gingen (dess. Histoire et phenomenes du veswe, p. 221.) Ohne Zweifel liefsen sich aus älterer Zeit: noch meh- rere Beobachtungen aufzählen, die mit gröfserer oder ge- ringerer Wahrscheinlichkeit für den störenden Einfluls der. Erdbeben auf die Magnetnadel sprechen würden Die bereits angeführten werden indefs für unseren Zweck schon hinreichend seyn, da eine nähere Kenntniis der ver- schiedenartigen Abänderungen, welche ‘dieser Einflufs nach der Beschaffenheit des Erdbebens etwa erleidet, doch nur erst von künftigen Beobachtungen zu erwarten °) Wie eigentlich der Magnetstab hing, ist, wenigstens bei Kant, nicht deutlich gesagt. 330 ! steht *). Ich will daher nur noch der merkwürdigen Beobachtung des Hrn. v. Humboldt erwähnen, welche sich wesentlich von den schon genannten unterscheidet, indem sie zeigt, dals die magnetischen Verhältnisse eines Ortes auf eine bleibende Weise durch Erdbeben gestört werden können. ; Am 1. November 1799, drei Tage vor dem: Erdbe- ben, welches Cumana betraf, fand Hr. v. Humboldt daselbst die magnetische Neigung mittelst eines Borda’- schen Inclinatoriums zu 43°,65; drei Tage nach dem Erd- beben, am 7. Nov., betrug sie dagegen nur 42°,75. Als Hr. v. Humboldt ein Jahr darauf die Neigung mit dem- selben Instrumente abermals zu Cumana bestimmte, be- trug sie noch 42°80, hatte also in der ganzen Zeit noch nicht die Grölse wieder erhalten, welche sie vor dem *) Nicht ganz mit Stillschweigen darf es wohl übergangen werden, dafs es auch positive Angaben von Fällen giebt, wo vulcanische Erscheinungen, oder solche, die ihnen aller WVahrscheinlichkeit nach beigezählt werden müssen, ohne allen Einflufs auf die Magnetnadel geblieben sind. Vasalli Eandi in seinem Be- richt über das Erdbeben, durch welches im April 1808 die Grafschaft Pignerol heimgesucht wurde (Journ. de physig. T. 617. p. 292.), sagt ausdrücklich, dafs die Magnetnadel nichts gezeigt habe, was man dem Erdbeben hätte zuschreiben können; und Hr. Partsch bemerkt ebenfalls in seiner Beschreibung des räth- selhaften Detonations- Phänomens auf der Insel Meleda (p. 9. Auch dies. Ann. Bd. 83. S. 292.), dafs während seines dortigen Aufenthaltes die Detonationen keine Einwirkung auf die Magnet- nadel ausgeübt haben. Bei der Erderschütterung, die man am 19. Februar 1822 in Paris verspürt hat, sind zwar auf der Stern- warte viele Unregelmäfsigkeiten im Gange der Declinationsnadel beobachtet worden, und merkwürdig genug nur Oscillationen im Sinne der Länge der Nadel; allein Hr. Arago, der darüber in den Annales de chimie et de physique, T. ATX. p. 106., eine Notiz bekannt gemacht hat, scheint nicht geneigt zu seyn, diese Störungen dem Erdbeben zuzuschreiben, denn er sagt: je ne vois qu’un tremblement de terre qu’il ait pu donner lieu %4 un mouvement de cette esp£ece. 33l Erdbeben besafs *). Die Intensität des Erdmagnetismus war sich vor und nach dem Erdbeben gleich geblieben; die Nadel machte beide Mal 229 Oscillationen in 10 Mi- nuten. Auch die Declination hatte sich anscheinend durch das Erdbeben nicht geändert; da indels die stünd- lichen Variationen derselben in Cumana 5 bis 6 Minuten betragen, so werden dadurch, wie Hr. v. Humboldt bemerkt, die Aenderungen in der absoluten Declination sehr verdeckt und schwer zu beobachten. (Voyage aur regions equinoziales etc. T. IV. p. 25. der Octav-Aus- gabe.) Nach dieser geschichtlichen Einleitung folge nun der Bericht, welcher den eigentlichen Gegenstand dieser Notiz ausmacht. Er ist entnommen aus einem Schreiben des K. Bergraths und Bergwerksdirector Hın, Heintzmann zu Essen an die K. Ober Berghauptmannschaft, und mir von dem Chef des gesammten Berg- und Hüttenwesens, Hın. Ober-Berghauptmann Gerhard, zur Bekanntma- chüng in den Annalen gütigst mitgetheilt worden. „Auf der Steinkohlengrube Wiesche, unfern Mühlheim an der Ruhr, wird der Bau auf dem Friedrichschachte in 480 Fufs unter Tage und 222 Fuls tief unter dem Meeresspiegel geführt. Auf der südlichen Grundstrecke des Auroraschachtes dieser Grube (etwa 155 Fuls un- ter dem Meeresspiegel), in 1400 Fufs Entfernung von dem Schachte, markscheidete der Obersteiger Zobel am 23. Februar 1828. Er hatte einige Zeit den Compafs *) Wie Hr. v. Humboldt bemerkt, findet sich in Mendoza’s Tratado de Narigacion die Angabe, dafs die Inclination der Magnetnadel sich nach den verschiedenen Monaten und Tages- zeiten zu Cumana mehr verändere als die Declination. — Wohl möglich, dafs die Beobachtungen, worauf sich diese Angabe stützt, zur Zeit anhaltender vulcanischer Actionen gemacht wor- den sind, 332 | gebraucht, ohne etwas besonderes bemerkt zu . haben. Zwischen 87 und 9 Uhr wurde die Nadel so unruhig, dafs eine Beobachtung derselben zur Winkelmessung un- möglich war. Die Schwingungen derselben betrugen 180°, reichten vom Nord - bis zum Südpol; auch fanden Schwin- gungen, der Inclination nach, statt. Dieser Zustand der Schwankungen wurde 15 bis 20 Minuten lang beobach- tet. Alsdann hörte der Obersteiger Zobel auf, die Na- del zu beobachten, ohne auch nur eine Ahnung gehabt zu haben, dafs über Tage eine Erderschütterung zu der- selben Zeit beobachtet worden wäre. Zu bemerken ist hiebei, dafs in keiner der vielen von Mülheim an der Ruhr gegen Osten bis in die Nähe von Unna liegenden Steinkohlengruben irgend eine Spur einer Erderschütte- rung von wenigstens 2500 darin arbeitenden Personen beobachtet worden ist *); während dieselbe zu Essen sehr deutlich, zu Bochum weniger stark, zu Dorimund sehr schwach als zwei Stöfse in der Richtung von West gegen Ost bemerkt worden ist,“ XVII. Ueber den Isopyr, eine neue Mineral- species; con Wilhelm Haidinger. (Aus dem Edinb. New philosoph. Journ. No. VI. p. 263.) 1. B eschreibung. — Reguläre Gestalten sind nicht beobachtet. Sehr reine Massen von beträchtlicher Gröfse, *) Aehnliches hat man bei dem Erdbeben bemerkt, welches am 24. Nov. 1823 in mehreren Theilen von Schweden verspürt wor- den ist. Berzelius sagt darüber in seinem Jahresberichte, No. IV. S. 268.: Diejenigen, welche sich auf dem Boden der Grube befanden, hörten und spürten nichts; aber diejenigen, welche gerade auf den Stiegen waren, um herauf oder hinunter- zugehen, empfanden eine so starke Erschütterung, dafs sie nicht anders glaubten, als die Stiegen würden mit ihnen einstürzen. — Ich brauche wohl nicht besonders zu bemerken, dafs die Beob- achtung des Obersteigers Aobel gerade durch das gänzliche Aus- bleiben der Erschütterung in der Grube eine erhöhte Glaubwür- digkeit und Zuverlässigkeit erhalten hat. 333 oft fast 2 Zoll nach allen Richtungen messend, kommen im Granite eingewachsen vor. Theilbarkeit fehl. Bruch muschlig; sehr vollkom- men, wenn das Mineral rein ist, unvollkommner, wenn es fremdartige Beimischungen enthält. Glasglanz, oft beträchtlich. Farbe graulichschwarz und sammtschwarz, hie und da mit rothen Punkten, wie im Heliotrop. Strich, blafs grünlichgrau. Opak oder an den dünnsten Kanten sehr schwach durchscheinend. 2. Bemerkungen. — Mehrere Stücke vom Isopyre werden in Hrn. Allan’s Sammlung aufbewahrt. Einige derselben sind ganz rein und frei von anhängendem Ge- stein; andere sind in eine Art von Granit eingewachsen, der hauptsächlich aus Quarz besteht, welcher auch oft in Krystallen die dunkle Masse des Isopyre’s durchsetzt. Einige derselben verschaffte sich Hr. Allan vor drei Jah- ren auf einer Reise durch Cornwall, auf welcher ich das Vergnügen hatte, ihn zu begleiten, von einem Bergmann in St. Just; andere erhielt Hr. Allan von Hın. Joseph Carne in Penzance, dessen Mineraliensammlung an Pro- ducten aus dem westlichen Cornwall besonders reich ist. Das westliche Cornwall ist unstreitig das Vaterland des Isopyre’s, allein seinen Fundort genauer anzugeben, ist mir gegenwärtig nicht möglich, weil ich damals das Mine- ral für schwarzen Opal hielt, und daher versäumte, mich näher nach seinem Fundort zu erkundigen. Die Aehnlichkeit des Isopyre’s mit dem Obsidian oder mit dem Opal, wenn er eine schwarze Farbe hätte, ist sehr grofs; nur der Glanz ist beim Isopyre weniger stark und glasartig, als beim Obsidian. Er hat auch sehr viel Aehnlichkeit mit gewissen Arten von Eisen- schlacken, und wirklich würde man leicht versucht seyn, das Mineral für ein solches,. in unsern Oefen zu erzeu- gendes Schmelzproduct zu halten, wenn es nicht von Quarzkrystallen begleitet wäre, oder, wie in einem der 5 ” Hın. Allan gehörenden Stücke, kleine Krystalle von Zinnstein oder Turmalin eingewachsen enthieltee Wegen dieses Ansehens und auch wegen der vollkommnen Aehn- ‚lichkeit einer vor dem Löthrohre geschmolzenen Kugel mit dem zum Versuche angewandten Bruchstück, schlage ich für dieses Mineral den Trivialnamen Jsopyre vor, von 006 gleich und ug Feuer. Die Achnlichkeit in den Eigenschaften erstreckt. sich auch auf den Magnetis- mus. Die vor dem Löthrohr zu Kugeln geschmolzenen Stücke des Minerals sind magnetisch wie das Mineral selbst, und sogar in einem höheren Grade. Aus der Beschreibung, welche Breithaupt vom Tachylite gegeben hat, scheint diefs Mineral dem Iso- pyre sehr ähnlich zu seyn. Da aber das specifische Ge- wicht des Tachylits geringer ist, nur 2,5 bis 2,54 beträgt, so können sie unmöglich zu derselben Species gehören. - Er kommt nn Basalt und in der Grauwacke zu Saesebühl bei Göttingen vor, gleichfalls nur derb. XIX. Chemische Untersuchung des Isopyrs; von Dr. Edward Turner. (Auszug aus dem Edinb. New philosoph. Journ. No. 6. p. 265.) Nor dem Löthrohr schmilzt der Isopyre ohne irgend eine Gasentwicklung. Mit Phosphorsalz geschmolzen giebt er deutliche Anzeigen von Kieselerde. Gepulvert auf einem Platindraht in die Löthrohrflamme gebracht, färbt er die- selbe schön grün. Säuren wirken schwierig auf ihn; koh- lensaure Alkalien aber zersetzen ihn leicht und vollstän- dig. Bis zum Rothglühen erhitzt, giebt er weder Wasser aus, noch verliert er etwas von Gewicht. Nachdem durch vorläufige Versuche ausgemittelt wor- den war, dafs der Isopyre nur Kieselerde, Thonerde, Eisenoxyd, Kalk und ein wenig Kupfer enthielt, wurde 339 die Analyse folgendermafsen angestellt. 20,625 Gran ge- pulverten Isopyres wurden mit 80 Gran kohlens. Natron gemischt und eine halbe Stunde lang rothglühend gehal- ten. Die Masse auf die bekannte Weise mit Salzsäure behandelt, gab 9,71 Gr. oder 47,09 Proc. Kieselerde. Aus der Lösung wurde das Kupfer durch Schwefelwas- serstolfgas gefällt. Das Schwefelkupfer wurde in Königs- wasser gelöst, und die Lösung durch Aetzkali gefällt. Das erhaltene Kupferoxyd wog geglüht 0,40 Gran oder 1,94 Procent. Nach Absonderung des Kupfers wurde das Eisen durch Salpetersäure vollständig oxydirt, und dann nebst der Thonerde durch Aetzammoniak gefällt. Die Tren- nung des Fisenoxyds von der Thonerde geschah durch Aetzkal. Das erstere wog 4,14 Gr. oder 20,07 Proc., die letztere 2,87 Gr. oder 13,91 Procent. Der Kalk in der ammoniakalischen Lösung wurde durch oxalsaures Ammoniak gefällt. Der oxalsaure Kalk durch Glühen zersetzt gab 3,19 Gran oder 15,43 Proc. Aetzkalk. i Hienach besteht der Isopyre aus: Kieselerde 47,09 Thonerde 13,91 Eisenoxyd 20,07 Kalk 15,43 Kupferoxyd 1,94 | 95,44. Durch Aufschliefsung mit kohlens. Baryt wurde nach Alkali gesucht, aber vergebens. Eben so wenig liefs sich Salzsäure, Phosphor-, Flufs- oder Boraxsäure entdecken, als man das Mineral mit kohlensaurem Natron aufschlofs und die Lösung mit Salpetersäure sättigte. Aus der Farbe des Minerals und seiner Wirkung auf die Magnetnadel schliefst Hr. F. übrigens, dafs sich ein T'heil des Eisens als schwarzes Oxyd im Minerale befinde. - 336 i .XX._ Ueber die natürliche Naphtaline *). In der im August 1827 gehaltenen dreizehnten Versamm- lung der schweizerischen Gesellschaft für Naturwissen- schaften zeigte unter andern Hr. Koenlein, Director der Gruben in Uznach, mehrere Stücke eines Minerales - vor, welches er zuerst am Schlusse des J. 1822 in den dortigen Braunkohlenlagern gefunden hatte. Dieses Mine- ral besitzt die gröfste Aehnlichkeit mit der Substanz, wel- che Brande bei der Destillation des Steinkohlentheers entdeckt hat, und später unter dem Namen Naphtaline genauer beschrieben worden ist. (Man sehe diese Ann. Bd. 83. S. 104.) Die primitive Form desselben ist eine unregelmäfsige Pyramide, deren Dimensionen. bis jetzt noch nicht gemessen worden sind. Es ist spaltbar paral- lel den horizontalen und vertikalen Kanten, und .besitzt einen muschligen Bruch. Seine horizontalen Flächen haben Demantgianz, "die übrigen nur einen Fettglanz. Die Farbe ist el oder grünlich , oder gelblich, der des Talkes ähnlich. Es ist ganz durchsichtig, brüchig, geruch- und geschmacklos. Sein specifisches Gewicht 5 etwas grö- iser, als das des Wassers. Es zergeht bei einer till ren Temperatur, und krystallisirt bein Erkalten. _ Auf Papier macht .es Fettflecke. Es lälst sich leicht entzün- den und brennt mit heller, rufsender Flamme. Man fin- det es in den Spalten von bituminösem Holze, zuweilen dasselbe durchdringend; es scheint darin durch Sublima-. tion entstanden zu seyn. Das Braunkohlenlager ist 2 bis 6 Fuls mächtig, und gehört einer sehr neuen Forma- tion an, da es Reste von gegenwärtig noch vorkommen- den Pflanzen einschliefst (?). Hr. K. schlägt für die neue Species den Namen /\aphtalıne resinense prismatique vor. °) Bibliotheg. universelle, T. XXXV1. p. 316. [Eine nähere Un- tersuchung der chemischen Beschaffenheit dieses Minerals, mit welcher im Ganzen die Angaben des Hrn. Koenlein überein- stimmen, verdankt ar a Hrn. Hofı. Stromeyer (Kast- ner’s Archiv, Bd. 9. S. 113.), welcher dem Minerale den Na- men Scheererit Hei Dafs diefs Fossil in so deutlichen Krystallen vorkommt, möchte indefs bis jetzt nicht allgemein bekannt gewesen seyn, P. ANNALEN DER PHYSIK UND CHEMIE. JAHRGANG 1828, DRITTES STÜCK. 1. Auszug aus einer der K. Academie der VPis- senschaften zu Berlin vorgelegten Abhand- lung über die Länge des einfachen Secun- denpendels in von FE. IV. Bessel *). Director der K, Sternwarte in Königsberg. D. Apparat, welcher zu dieser Bestimmung benutzt _ wurde, ist der Idee gemäfs eingerichtet, dafs ek. Zwei- fel über den Mittelpunkt der Bewegung seinen Einflufs auf das Resultat verlieren und die Schwierigkeit vermie- den werden sollte, welche entsteht, wenn die Länge des | Pendels nicht durch die ganze Länge des Nee sondern durch einen Theil en gemessen wird, wo- durch es nöthig wird, jenes Normalmaafs einzutheilen, Diese an ist von Denen, welche sich mit der Untersuchung der Pendellänge beschäftigt haben, zwar auf eine Weise überstiegen worden, w ar wenig zu wünschen übrig läfst; allein einfacher und reetsrerdian ist es no die Einrichtung so zu treffen, dafs die Längenmessung durch die ganze Finheit des Normalmaa- ‚ises erhalten ih. | ®) Dieser, der K. Academie unter dem 5. Jan. 1828 eingesandte, Auszug war ursprünglich nicht zum Drucke bestimmt, wird aber | | . B : | hier, auf die Aufforderung meines hochgeehrten Freundes, Leo- | pold von Buch, bekannt gemacht. B. ' Annal. d. Physik.B.88. St.3. I. 1828. Sı.3. Y ® 338 Durch den von Herrm Repsold in Hamburg, mit meisterhafter Vollendung ausgeführten Apparat, sind beide Schwierigkeiten gänzlich beseitigt worden. Es wird da- durch nicht die Schwingungszeit und Länge eines Pen- dels gemessen, sondern es werden die Schwingungszeiten zweier Pendel beobachtet, deren Länge genau um die ganze Länge der Torse du Perou verschieden gemacht werden. Dieses geschieht dadurch, dafs der. Anfangspunkt des kürzeren Pendels durch Auflegung eines Rahmens, von welchem es herabhängt, auf einen festen Punkt am Apparate, bestimmt wird; der des Längeren durch Auf- legung desselben Rahmens auf das obere Ende der, mit dem unteren auf jenen festen Punkt gestellten. Toise. Damit dieses mit Sicherheit geschehen könne, und der Höhenunterschied beider Anfangspunkte wirklich der Toise genau gleich sey, ist der Apparat mit dazu dienlicher Ein- richtung versehen. Die Höhenunterschiede der Kugel an beiden Pendeln werden durch eine mikrometrische Ein- richtung gemessen, welche mit einem Fühlhebel versehen ist, der über die kleinsten "Theile einer Linie sicher ent- scheidet. Da dadurch, dafs man den Längenunterschied zweier Pendel, und nicht die Länge eines einzelnen, zur Ablei- tung der Resultate benutzt, der Mittelpunkt der Bewe- gung jedes derselben ganz aus der Rechnung geht, so ist es gleichgültig, welche Aufhängungsart der Pendel man wählt: man kann die Schneide anwenden, oder das obere Ende des Fadens in einer Klemme festklemmen, oder was man sonst für bequem hält. Die Bedingung, welche streng erfüllt werden muls, ist nur, dafs die Aufhängung beider Pendel vollkommen gleich ist. — Ursprünglich ist der Apparat so eingerichtet, dafs der Faden des Pendels an der Oberfläche eines horizontalen Cylinders von Stahl von 1 Lin. Durchmesser anliegt, und an dieselbe durch das Gewicht der Kugel angedrückt wird, während er ans einem höheren Punkte befestigt ist; bei der Bewegung 339 des Pendels wickelt der Faden abwechselnd sich auf den Cylinder auf und wieder ab, so dafs der Mittelpunkt der Kugel streng genommen keinen Kreis, sondern die Curve beschreibt, deren Evolute der Durchschnittskreis des Cylinders ist. In einer Beilage der Abhandlung wird gezeigt, dafs dieses die Schwingungszeit nicht ändert; eine andere Beilage untersucht die Bewgung mit Rücksicht auf die Federkraft des Fadens, welches nothwendig, da wo der Faden den Cylinder verläfst, eine kleine Krümmung erzeugen und dadurch einen Einflufs auf die Schwingungs- zeit erlangen mufs; allein im Unterschiede der Längen zweier Pendel verschwindet dieses gänzlich. — Später wurde der Apparat durch eine Einrichtung vermehıt, ver- möge welcher man auch die Aufhängungen durch eine Schneide und durch eine Klemme anwenden kann. Mit allen drei Aufhängungsarten sind Versuche gemacht; ihr _ Resultat ist aber, so wie es seyn mulste, stets dasselbe geblieben. Der Apparat ist in einem Gehäuse eingeschlossen, welches mit Glasplatten versehen ist, alle Operationen werden bei verschlossenen Fenstern gemacht, so dafs die Temperatur weder bei der Messung, noch bei den Beob- achtungen der Schwingungszeiten durch das Oeffnen ge- ändert wird. \ Die Schwingungszeit ist auf die Borda’sche Art beobachtet, d. i. durch Coincidenzen des Pendels mit dem Pendel einer vor dem Apparate aufgestellten Uhr. Um aber jeden Finflufs der Bewegung des Uhrpendels auf den Pendel am Apparate auszuschlielsen, ist die Uhr 8 Fuls von dem letzteren entfernt aufgestellt, und das Bild des letzteren, durch ein zwischen beiden befestigtes Objectivglas eines Fernrohrs, um eben so viel vorwärts gebracht, so dafs man beide Pendel- vollkommen deutlich, und ohne optische Parallaxe, mittelst eines 15 Fufs von ‚der Uhr und 23 Fufs vom Apparate entfernten Fernrohrs beobachtet. Durch diese Einrichtung scheinen die Coin- Y2 340 cidenzmomente mit mehr Sicherheit als gewöhnlich beob- achtet werden zu können, so dafs der mittlere Fehler jeder dadurch erhaltenen Vergleichung des kürzeren Pen- dels des Apparats mit dem Pendel der Uhr nur den fünf hundertsten Theil einer Secunde beträgt. Die Uhr, worauf die Beobachtungen sich beziehen, ist die Hauptuhr der Sternwarte selbst. Sie wurde zwar nicht unmittelbar angewandt, indem sie ihrem sonstigen Gebrauche nicht entzogen werden konnte; allein die Uhr, welche vor dem Pendel-Apparate aufgestellt war, war so eingerichtet, dafs sie etwa in einer Stunde eine Se- cunde gegen jene verlor, wodurch die Schläge beider etwa stündlich einmal zusammentrafen. Die Momente dieser Coincidenzen wurden stets beobachtet, indem man. beide Uhren zugleich hören konnte; hierdurch erhielt man den Gang der einen Uhr gegen die andere, in der Zwischenzeit weniger Stunden, mit einer Genauigkeit, welche wenig zu wünschen übrig läfst, und fast densel- ben Erfolg hervorbringt, den man durch unmittelbare An- wendung der Hauptuhr erlangt haben würde. Die Berechnungsart der Beobachtungen ist, wenn man Unterschiede in der Form nicht erwähnen will, nur dadurch von der gewöhnlichen verschieden, dafs man die Schwingungszeit des Pendels so bestimmt hat, dafs alle beobachteten Coincidenzmomente gleichen Werth erhal- ten; — bisher war es gebräuchlich, die erste Coincidenz mit der 2ten, die 2te mit der 3ten u. s. w. zu verbin- den, und aus den einzelnen dadurch erhaltenen Resulta- ten das Mittel zu nehmen; diefs ist nicht ganz richtig, indem dadurch das Mittel allein auf den beiden äufse- ren Beobachtungen beruht, und die zwischenliegenden aus dem Resultate verschwinden; der Nachtheil dieses Verfahrens gegen das richtige, welches allen Beobach- tungen gleichen Stimmwerth beilegt, war aber nicht von grolser Bedeutung, indem die Genauigkeit, womit man die Coincidenzen beobachten kann, das Resultat, wenn En >4l es auch nicht das wahrscheinlichste war, immer sehr nahe an die Wahrheit brachte. — Inzwischen ist statt der bis- herigen Theorie der Bewegung eines Körpers in einer Flüssigkeit hier eine andere substituirt worden, aus wel- cher sehr verschiedene Reductionen der Pendellängen auf den leeren Raum folgen. Man hat nämlich sich der Vorschrift, welche New- ton gegeben hat, die beschleunigende Kraft, welche ein in einer Flüssigkeit bewegter Körper durch die Schwere erfährt, seiner relativen Schwere gleich angenommen, oder wenn zn seine Masse ist, zn! die Masse der aus dem Wege WER m — m! gedrängten Flüssigkeit — Hierdurch wird die bewegende Kraft m— m! auf die materiellen Punkte im Körper vertheilt; allein das System, dessen Bewegung man betrachtet, besteht zucht aus dem Körper alleın, sondern aus dem Körper und der Flüssigkeit; es läfst sich daher nicht rechtfertigen, dals man die durch die Bewegung des Körpers erzeugte Bewegung der Flüssig- keit unberücksichtigt gelassen hat. Die Differentialgleichung der Bewegung eines Pen- dels in einer Flüssigkeit, welche in der Abhandlung ge- geben ist, zeigt, dals die lebendige Kraft des Pendels, durch die Einwirkung der Flüssigkeit, um die Summe der Producte jedes Theilchens derseiben in das Quadrat seiner Geschwindigkeit, vermehrt werden mufs. Aufser- dem mufs die bewegende Kraft, welche das Pendel er- fährt, von der bisherigen Vorschrift abweichend in Rech- nung gebracht werden, immer wenn das Pendel aus he- terogenen Theilen zusammengesetzt ist: die Wirkung der Schwere ist nämlich stets gegen den Schwerpunkt der Masse gerichtet, die der Luft gegen den Schwerpunkt ‚der äufseren' Figur des Pendels, welche beide nur bei einem homogenen Pendel, oder wenn es aus heteroge- nen Theilen bestehi, im Falle der symmetrischen Ver- theilung um den Schwerpunkt, zusammenfallen. 342 Die erste Abweichung von der älteren Theorie führt auf die allgemeine Schwierigkeit, welche die hydrodyna- mischen Aufgaben darbieten, und welche noch so weit von ihrer Auflösung entfernt ist, dafs sogar seit der Zeit, wo. d’Alembert die richtigen Differentialgleichungen der Aufgabe fand, kein einziger Vorschritt gelungen is. Man kann also nicht daran denken, die in die Rechnung kom- mende Summe der Producte aller Theilchen der Flüssig- keit, jedes in das Quadrat seiner Geschwindigkeit multi- plicirt, direct zu bestimmen, selbst nicht einmal für die einfachste Form eines Pendels. Indessen ist in der Ab- handlung gezeigt worden, dafs wenn die Bewegung der Flüssigkeit dieselbe Periode hat, welche dem Pendel eigen- thümlich ist, dieser Theil der Einwirkung der Flüssigkeit immer nur eine Aenderung des Moments der Trägheit des Pendels hervorbringt. Die-eben ausgesprochene Vor- aussetzung, unter welcher dieses wahr ist, ist die allge- meinste, welche man machen kann; ihr wirkliches Statt- finden kann nicht bezweifelt werden, wenn man die er- sten Schwingungen des Pendels (die, bei welchen die Um- stände der ursprünglichen Bewegung noch nicht durch die Widerstände vernichtet sind) ausnimmt. Es geht hieraus hervor, dafs das Pendel in der Flüs- sigkeit schwingt, wie ein ähnliches, mit vermehrtem Mo- mente der Trägheit, im leeren Raume. Die Quantität dieser Vermehrung, welche von der Grölse und Figur des Pendels abhängt, bestimmt der Calcul nicht; allein die Frkenntnifs der: Art, wie sie wirkt, zeigt, wie sie durch Versuche bestimmt werden kann. Um dieses zu erlangen, wurde, aufser zwei Reihen von Beobachtungen mit einer Kugel von Messing von 2 Zoll Durchmesser, noch eine Reihe von Versuchen mit einer gleich grofsen, aber weit leichteren Kugel von Elfenbein gemacht. Nach der älteren Theorie hätte sich, durch beide Kugeln, dieselbe Länge des einfachen Secun- denpendels ergeben sollen; allein der Unterschied war sehr 343 grofs —=0",291. Diefs zeigt, dafs der Einflufs der Quan- tität der Luft, welche durch das Pendel in Bewegung gesetzt wird und deren Bewegung in Rechnung gezogen werden mufs, keinesweges unerheblich, sondern nahe so grofs ist, als der bisher allein berücksichtigte der-aus dem Wege gedrängten Luft; so dals die ältere Reduction für die angewandten schwingenden Kugeln nur etwa die Hälfte derjenigen ist, welche man anbringen mufs. Nachdem dieser erhebliche Umstand in Ordnung ge- bracht war, standen der definitiven Berechnung der Ver- suche keine Hindernisse mehr im Wege. Es sind 11 von einander unabhängige Bestimmungen der Länge des einfachen Seceundenpendels mit der Kugel von Messing gemacht worden; jede beruht auf 4 Versuchen mit dem langen und 2 mit dem kurzen Pendel. Ferner 4 Bestim- mungen mit der Kugel von Elfenbein, jede auf 4 Ver- suchen mit jedem der Pendel beruhend. Das wahrschein- lichste Resultat aus allen, ist, für den 11,2 Toisen über der Ostsee gelegenen Beobachtungsort, die Länge des ein- fachen Secundenpendels — 440%,8147. Die Abweichungen der einzelnen Bestimmungen be- tragen: Kugel von Messing. — 0,0003 —+- 0,0027 — 0,0014 +-0,0013 R — 0,0027 > — 0,0015 0,0009 — 0,0038 -+-0,0010 — 0,0001 +-0,0037 344 Kugel von Elfenbein. -- 0,0002 — 0,0044 — 0,0020 -- 0,0060. So klein diese Abweichungen sind, so kann man die Beobachtungen doch noch merklich besser darstellen, wenn man die Ausdehnung der Toise durch die Wärme, wel- che für jeden Grad des Centesimalthermometers, nach | Borda —=0,0000114 angenommen wurde, etwas vermehrt, =0,00001167; dieses hat aber auf die Länge des einfa- chen Secundenpendels nur einen Einflufs von + 0,0003. Diefs ist der Inhalt des ersten Abschnitts der Ab- handlung; einzelne Untersuchungen über verschiedene Theile des Apparats u. s. w. sind hier nicht erwähnt wor- den; sie sind theils in der Abhandlung selbst enthalten, theils als besondere Beilagen gegeben. | Der zweite Abschnitt beschäftigt sich mit verschie- denen Prüfungen, welche zum Theil mit der Bestimmung selbst in Verbindung stehen, meistens aber Gegenstände betreffen, welche bei anderen Untersuchungen über die Pendellängen Gewicht erlangen. Eine Vergleichung des für Königsberg erhaltenen Re- sultats mit denen von Borda, Biot und Arago, und Kater, suchte man durch ein unveränderliches Pendel zu erhalten, welches Herrn General-Lieutenant v, Müffling gehört, von diesem in Paris beobachtet und später nach Königsberg gesandt wurde; ferner durch die bekannte Uebertragung der Schwere von Paris nach Greenwich, durch die Herren Biot, Arago und Alex. v. Hum_. boldt. Inzwischen müfsten die französischen und eng- lischen Resultate, vor ihrer Vergleichung mit dem in Kö- nigsberg erhaltenen, von dem Fehler befreit werden, wel- chen sie durch die zu ihrer Reduction angewandte un- 345 vollständige Theorie der Bewegung der Pendel in Luft erlitten haben. Um diesen Fehler mit Sicherheit auszu- mitteln, müfste den Versuchen der französischen Geome- ter und Astronomen noch eine neue Reihe hinzugefügt wer- den, bei welcher, statt der Kugel von Platin, eine weit leichtere von derselben Gröfse beobachtet wird. Will man indessen, um eine vorläufige Uebersicht zu erhalten, annehmen, dafs die duch zwei Kugeln von verschiede- ner Gröfse in Bewegung gesetzten Luftmassen sich wie die Gröfsen der Kugeln erhälen so wird man aus der in Königsberg Saienes Bestimmung die Verbesserung für die französische Platinkugel schätzen können. Man findet auf diese Art, dafs die, sowohl von Borda als von Biot und Arago bestimmten Längen des einfachen Secundenpendels um 0",025 vergröfsert werden müssen. — Kater’s Resultat aber kann vorläufig gar nicht auf den leeren Raum reducirt werden; es ist dazu eine er- gänzende Reihe ven Versuchen nothwendig, allein es ist vielleicht noch schicklicher den Apparat selbst wesentlich abzuändern, so wie es unten angedeutet werden wird. Die Vergleichungen zwischen Paris und Königsberg, welche das unveränderlich® Pendel des Herrn General- Lieutenants v. Müffling zegeben hat, ergiebt die Secun- denpendellänge am letzten Orte 01,2756 gröfser als am ersten. Fügt man diesen Unterschied und die Verbesse- rung der Reduction auf len leeren Raum = —+-0",025 zu Borda’s Resultate hinzu, so erhält man für Königs- berg 440",860, oder 0",045 mehr als direct bestimmt wor- den ist. Inzwischen ist en Grund vorhanden, das Resul- tat der Uebertragung von Paris nach Königsberg für un- zuverlässig zu halten; die Herren Biot, Arago und Alexander v. Humboldt haben nämlich zwei unver- änderliche Pendel von Paris nach Greenwich und wieder zurück überbracht, wodurch die Schwere von Paris nach Greenwich übertragen worden ist; ferner hat Capt. Sa- bine bemerkt, dafs die Pendellängen an verschiedenen 346 ’ Orten der Erde sehr nahe seiner Formel entsprechen, wenn die geologische Beschaffenheit dieser Orte dieselbe is. Man hat also die Pendellänge von Borda mittelst des Resultats der unveränderlichen Pendel nach Green- wich, und von dort mittelst der Formel von Sabine mach Königsberg übertragen zu dürfen geglaubt, indem die geologische Beschaffenheit der beiden letzten Orte nahe gleich zu seyn scheint. Dadurch hatte sich eine zweite Vergleichung zwischen Paris und Königsberg er- geben, welche nicht den Unteischied von 01,045, son- dern eine fast vollkommene Uekereinstimmung giebt. Es wäre daher möglich, dafs die Schneide des unveränderli- chen Pendels des Herrn v. Müffling zwischen seinen Vergleichungen in Paris und Königsberg (1808 und 1826) eine kleine Veränderung erlitten hätte. Die ‚Uebertra- gung durch neue Pendel, mit der möglichsten Vorsicht gemacht, würde sehr wünschenswerth seyn. ‘Da das Resultat der Abhandlung von der neuen Theorie der Entwicklung der Luft auf die Bewegung eines Pendels so sehr abhängig ist, so wurde für nöthig erachtet, noch anderweitige Versuche anzustellen, wodurch der Fehler der alten Theorie noch augenfälliger an den Tag gelegt wurde. Dem zufolge wurden Schwingungen verschiedener Körper in einem grolsen Weassergefälse beobachtet: zuerst der Messinskugel; dann eines hohlen Cylinders von Messing, dessen spec. Schwere —2,0788 war;- endlich desselben Cylinders, nachdem der Boden herausgenommen war, wodurch er die spec. Schwere des Messings selbst erhielt, also, der alten T'heorie zufolge, hätte schwingen sollen, wie eine Kugel von Messing. Diese drei Körper zeigten folgende Schwingungszeiten, welchen die nach der Newton’schen_Theorie berechne- ten beigesetzt sind, damit man den groisen Unterschied gleich übersehe: | 347 Newton’s Beobachtet. 5 Theorie. Kugel von Messing... . langes Pendel 1,9085 1,8373 kurzes — 1,1075 1,0693 Hohl-Cylinder ..... langes — 2,1892 2,3928 | a kurzes — 1,6385 1,4021 derselbe ohne Boden... langes — _ 2,5675 1,8339 kurzes _— 1,5042 1,0683 Der Versuch mit dem Hohl-Cylinder ohne Boden zeigt, dafs der Einflufs der Figur des schwingenden Kör- pers sehr grofs ist; die Figur dieses Körpers hat hier eine etwa 12 Mal so grofse Wirkung hervorgebracht, als dieselbe Masse in Form einer Kugel erfahren haben würde. — Auch wurde noch ein dem Katerschen ähn- liches Pendel *) in einem hohen Wassergefäfse in Schwin- gung gesetzt; in der Luft machte es um jede seiner Schnei- den eine Schwingung in 1/0002 m. Z., in Wasser, als das gröfsere Gewicht unten war in 14,1177, als es oben war- in 1/,1450. Der Isochronismus der Schwingungen ging also verloren, wie zu erwarten war. Solchergestalt ist an der Unzulänglichkeit der älteren Theorie nicht mehr zu zweifeln. Indessen kamen noch ‚andere Punkte in Betracht, welche eine gründlichere Un- tersuchung zu verdienen schienen, als sie bisher erfahren haben. Der erste, welcher sich darbot, war die Cylin- drieität der Schneiden, worüber der grofse Laplace die wichtige Bemerkung gemacht hat, dafs sie auf die Pen- dellänge erheblichen Einflufs erhalten kann. Wenn man die Schneiden als abgestumpft und zwar durch einen Kreis- Cylinder begrenzt annimmt, so hat Laplace gezeigt, dals die Einwirkung auf ein Pendel, welches in der Con- struction dem einfachen Pendel nahe kömmt, darin be- steht, dafs der Mittelpunkt der Bewegung nicht in der *) Es ist bekannt, dafs die Ehre der Erfindung desselben unserm berühmten Landsmann Bohnenberger gebührt. N. 348 Ebene liegt, auf welcher, die Schneide ruht, sendern um den Halbmesser des Cylinders tiefer. Die Herren Biot und Arago haben ferner bemerkt, dafs es auf die Grölse der Abstumpfung nicht allein, sondern auch auf die. Art ihrer Krümmung ankömmt. Wenn man die Breite der Abstumpfung als sehr gering annimmt, so kann man,diese zwar unter einem Mikroskope messen, allein man erlangt dadurch kein Urtheil über den Halbmesser ihrer Krüm- mung, welcher in der That durch kein directes Mittel bestimmt werden kann. Es ist daher die Aufgabe in der Abhandlung allgemeiner betrachtet worden, so dafs man den Durchschnitt des Cylinders, welcher die Schneide begrenzt, als einen Kegelschnitt angesehen hat, dessen willkührliche Excentricität das Mittel giebt, der Abstum- pfung alle möglichen Krümmungen beizulegen; die abge- schliffenen Seiten des Prisma’s, welches die Schneide bil- det, sind Tangenten an den XKegelschnitt. Wenn man die Breite der Abstumpfung durch 5 bezeichnet, so fin- det sich, durch die Verfolgung der eben erwähnten An- sicht, ihr Einäufs auf die Pendelläinge =bg, wo g ein von der Excentricität des Kegelschnitts, dem Neigungswin- kel der Ebenen des Prisma’s und dem Schwingungswin- kel des Pendels abhängiger Coöfficient ist. Die Werthe dieses Coäfficienten für verschiedene Werthe der Excen- trieität hängen von den elliptischen Transcendenten ab, und sind in einer Beilage entwickelt worden, Es geht daraus hervor, dafs dieser Einflufs sehr erheblich wer- den und die Gröfse von 5 20 bis 30 Mal übersteigen kann. Dieses ist dann der Fall, wenn die Abstumpfung der Schneide eine Ellipse mit sehr starker Abplattung und aufwärts gekehrter kleinen Axe ist. Um sicher zu seyn, dafs dieser sehr grofse Finflufs nicht statt findet, müfste man sich überzeugen können, dafs Abstumpfun- gen dieser Art so wenig durch die Operation des Ab- schleifens, als durch den fortgesetzten Gebrauch einer Schneide entstehen können. 349 Indessen bezweifelt Herr Biot diesen Einflufs ganz, indem er glaubt, dafs die Schneide die Unterlage nur durch kleine Hervorragungen berühre, welche als unend- lich kleine Punkte zu betrachten seyen, um welche das Pendel sich wie um eine feste Axe drehe. Um hierüber eine Entscheidung zu erhalten, wurde eine Schneide ab- . sichtlich abgestumpft, durch ein Verfahren, welches einen sehr grofsen Krümmungshalbmesser ergeben mufste.. Die Schwingungen des Pendels auf dieser Schneide, deren Abstumpfung 0",0216 breit war, zeigten in der That einen sehr bedeutenden Einflufs, welcher die Länge des einfa- chen Secundenpendels um + Linie verlängert haben würde. Fin zweiter Versuch, bei welchem die Breite der Ab- stumpfung 0,0135 war, gab ein ähnliches, nur im Ver- hältnisse der geringeren Breite der Abstumpfung kleine- res, etwa 4 Lin. betragendes Resultat. Hiernach kann man die Ansicht des Herrn Biot nicht unbedingt für wahr erkennen; man mufs im Gegentheil annehmen, dafs die Versuche dieses grofsen Physikers mit zwei Schnei- den, deren eine fein war, die andere breiter abgestumpft als die, womit der zuletzt angeführte Königsberger Ver- such gemacht ist, nur deshalb übereinstimmen, weil die Art der Krümmung der letzteren weniger ungünstig war, als sie hätte seyn können. Uebrigens ist auch die Be- hauptung, dafs das mit einem Pendel mit reciproken Axen erhaltene Resultat von der Abstumpfung der Schneiden gänzlich frei sey, nur dann wahr, wenn das Product bg für beide Schneiden gleich ist. Es giebt aber ein leich- tes Mittel, auch mit abgestumpften Schneiden das rich- tige Resultat zu erhalten: man mufs sie so einrichten, dafs sie mit einander verwechselt werden können, wo- durch der Fehler, nach der Verwechselung, in gleicher Gröfse auf die entgegengesetzte Seite gebracht wird. Man hat ferner vorausgesetzt, dafs die Schneiden bei der Bewegung des Pendels absolut fest liegen. Um die- ses zu prüfen, wurde eine besondere Vorrichtung, eine Art ‚350 von Fühlhebel, angewandt, welcher so empfindlich war, dafs er schon eine Bewegung von „y4,, Linie verrathen mufste. Hiedurch fand sich, dafs die Bewegung des Pen- dels wirklich eine Bewegung der Schneiden hervorbringt, und zwar eine stets nach der Richtung der Bewegung des Pendels gehende; die Ausdehnung dieser Bewegung | konnte gemessen werden, sie war für harte Unterlagen sehr klein, für weichere aber weit gröfser; für jene bei dem Schwingungswinkel von 1° =,„,,, Linie; als die ‘Schneide auf 2 Messing-Cylinder gelegt wurde, erlangte die Bewegung die bei der starken Vergröfserung des Fühl- hebels sehr augenfällige Gröfse von z,4u Linie. Diese Erfahrung, verbunden mit Beobachtungen der Schwin- gungszeiten des Pendels auf verschiedenen Unterlagen, klärte die Art der Einwirkung der letzteren auf. Es zeigte sich nämlich, dafs, wenn man das Pendel auf weicheren Unterlagen schwingen liefs, die Schwin- gungszeit sehr bedeutend verkürzt wurde; es werden Ver- suche angeführt, bei welchen dieser Einfluls die Länge des einfachen, gleichzeitig schwingenden Pendels um mehr als eine halbe Linie verkürzte. Obgleich aber dieser Feh- ler weit grölser ist, als man ihn bei den Versuchen über die Pendellänge je befürchten darf, indem Niemand wei- che Unterlagen nehmen wird, während sehr harte vor- handen sind, so sind die Versuche dennoch lehrreich, weil sie über eine Einwirkung Licht verbreiten, welche nach unseren bisherigen Ansichten ganz unerklärlich ist.’ Wie aus der Verbindung beider Wahrnehmungen ein Re- sultat gezogen werden kann, mufs in der Abhandlung selbst nachgelesen werden. Es folgt aber daraus, dafs die Schneide in die Unterlage einen Eindruck macht, und dafs die Einwirkung auf die Schwingungszeit entsteht, in- dem die höher festliegende Schneide, tiefer die Materie der Unterlage aus dem Wege drängt, wodurch ihre Be- wegung aufgehalten und beim Zurückschwingen befördert wird; das letztere durch das Bestreben der Materie der 351 Unterlage, ihre eigenthümliche Stelle wieder einzunehmen. Es ist auffallend, wie Erscheinungen, welche in einem Raume vor sich gehen, welcher wegen seiner äufsersten Kleinheit sich jeder directen Beobachtung entzieht, durch die Einwirkung, welche sie auf die Schwingungszeit äulsern, ihre Natur sehr augeniällig verrathen. — Um ein Pendel mit reciproken Axen äuch von dieser Einwirkung so viel als möglich frei zu machen, mufs man gleichfalls das schon vorgeschlagene Mittel der Verwechselung der Schneiden anwenden. Es wird auch ein Mittel angegeben, dieses Pendel von der Schwierigkeit gänzlich zu befreien, welche aus dem Einflusse der Bewegung in der Luft entsteht. Die- ses erlangt man, wenn man es der äulseren Figur nach ganz symmetrisch coustruirt, also mit zwei gleich groisen und gegen die beiden Schneiden gleich gelegenen Gewich- ten, deren eins aus vollem Metalle besteht, das andere hohl ist. Ein so, und mit verwechseibaren Schneiden eingerichtetes Pendel mufs die richtige Pendellänge geben, wenn die magnetische Eigenschaft, welche Herr Arago an nicht eisenhaltigen Substanzen entdeckt hat, nicht einen Einflufs erlans. Men könnte das Pendel mit der dre- henden Scheibe von Messing, den Erdmagnetismus mit der Nadel vergleichn. — Es wäre zu wünschen, dafs der berühmte Entdecker dieser merkwürdigen Eigenschaft hierüber seine Meinung ausspräche. Endlich sind noch Versuche angeführt, aus welchen sich die Pendellänge für Königsberg’ aus der Messung der einzelnen Pendel, deren Unterschied allein zu dieser Bestimmung benutzt worden ist, ergiebt. Diels bestätigt das oben angeführte Resultat bis auf eine Kleinigkeit, welches sehr wohl anderweitig erklärt werden kann. — Dafs der Frdmagnetismus auf ein Pendel, welches aus einer Kugel von kleinem Durchmesser an einem verhält- nifsmäfsig langen Faden aufgehängt besteht, merklichen Einflufs äufsern sollte, ist nicht gedenkbar, Ob die Schwer- 352 kraft, welche verschiedene Metille und andere: irdische Substanzen erfahren, genau gleich ist, wird aus einer .be- sonderen Untersuchung hervorgehen, wozu der Apparat besonders geeignet ist, und welche jetzt vorbereitet wird. HM. Zusätze zu der Abhandlung: Fon dem in allen Metallen durch Fertheilung zu erregen- den Magnelismus; com D:.T.J. Seebeck*). I. Später angestellte Versuche mit Eisenfeilspähnen, wel- che in verschiedener Dicke in Pappschachteln aufgehäuft waren, gaben folgende Resultate. Fine Masnetnadel, welche in einer Höhe von unge- fähr 3 Linien 116 Schwingungen von 45— 10° machte, vollbrachte: 1. Ueber einer 4 Linie dicken Schicht von Eisen- feilspähnen, welche mit einer 3 Linie dicken Pappscheibe bedeckt war, 63 Schwingungen. 2. Ueber einer 1 Linie dicken Schicht Eisenfeil- spähne 35 Schwingungen. 3. Ueber einer 9 Linien dicken Schicht derselben Spähne 29 Schwingungen von 45 — 10°. Diese Magnetnadel erregte also einen um so stär- keren Magnetismus durch Vertheilung in dem unter ihr liegenden Zisen, je gröfser die Masse desselben war, wodurch denn auch die Zahl der Schwingungen vermin- dert werden mulfste, da die von allen Theilen der Nadel in *) Aus den so eben erschienenen Denkschriften der K. Academie von 1825. Ein Auszug aus der Abhandlung, worauf sich diese Zusätze beziehen, ist den Lesern schon in Bd. 83. S. 203. dies. Ann. mitgetheilt. WVo es das Verständnifs nöthig machen sollte, hätte man diesen Auszug zu Rathe zu ziehen. pP. 393 in der Eisenfeile erregten vorübergehenden oder verän- derlichen entgegengesetzten Pole anziehend, und also die Bewegung der Nadel hemmend wirken mufsten. 4. Dieselbe Magnetnadel in derselben Höhe über einer 9 Linien dicken Schicht von Drehspähnen einer Le- girung von Kupfer mit 3 Proc. Eisen machte 97 Schwin- gungen, und FaNe 5. Ueber einer 9 Linien dicken Schicht von Dreh- spähnen einer Legirung von Messing mit 5 Proc. Eisen machte sie S7 Schwingungen von 45 — 10°. 6. WVurde diese Magnetnadel in der vorigen Höhe von ungefähr 32 Linie über einer 9 Lin. dicken Schicht von angeblich reinen Kupfer-Drehspähnen gestellt, so vollbrachte sie 116 Schwingungen von 45 —10°; also eben so viel als für sich und ohne diese Unterlage. 7. Als aber die Magnetnadel der Compafsrose bis auf 1+ Lin. Abstand genähert wurde, so bewirkte diese Masse von Kupfer-Drehspähnen schon eine Verminderung der Schwingungen; die Zahl derselben betrug nun von 45—10° nur noch 107 — 108. Wäre ein stärkerer Magnet statt jener Nadel angewendet worden, so würde die Differenz in der Zahl der Schwingungen über diesen Spähnen und ohne dieselben verhältnifsmäfsig gröfser ausgefallen seyn. Alle hier angeführte 'Thatsachen scheinen mir die früher (dies. Ann. Bd. 83. S. 210.) gegebene Erklärung von der Hemmung, welche Magnetnadeln und Magnet- stäbe über ruhenden Metallscheiben erleiden, vollkom- men zu bestätigen. Wir ersehen hieraus zugleich, dafs das Vermögen der Metalle, durch Vertheilung eine magne- tische Polarität anzunehmen, viel gröfser ist, wenn sie eine feste Masse bilden, als wenn sie fein zertheilt sind. Wenn nun diefs Vermögen in einem Metall, welches das- selbe in so hohem Grade besitzt, wie das Eisen, schon so beträchtlich durch den aufgehobenen Zusammenhang und durch feine Zertheilung vermindert ist, wie aus der Vergleichung dieser Versuche mit den übrigen in dieser Annal. d. Physik.B.88. St.3.3. 1828. St. 3. Z 354 Abhandlung angeführten Versuchen mit Eisenblechen her- vorgeht, so kann es nicht befremden, die hemmende Wir- kung der Kupfer-Drehspähne im sechsten Versuch dieser Note Null zu finden. Aus Versuch 7 ersehen wir aber zugleich, dafs dem Aupfer selbst dann, wenn es sich in der ungünstigsten Form, d. h. in mehr oder weniger fem zertheiltem Zustande befindet, das Vermögen, durch Ver- theilung magnetisirt zu werden, niemals ganz fehlt. Wie wichtig der vollkommene Zusammenhang der Metallmas- sen in Beziehung auf die Eimwirkung derselben auf die schwingende Magnetnadel, folglich auch, nach unserer An- sicht, auf das magnetische Polarisationsvermögen der den Magneten genäherten Metalle ist, haben uns auch Her- schel’s d. Jüng. interessante Versuche mit Äupferschei- ben, in welche einige Einschnitte gemacht waren, gelehrt; denn schon bedeutend war hierdurch die Wirkung die- ser Scheiben auf die oscillirende Magnetnadel verringert. Aus dem vierten und fünften Versuch dieser Note geht hervor, dafs die magnetische Polarisation des Kupfers und Messings um so gröfser ist, je- mehr Zisen sie ent- halten, und man könnte hierdurch veranlafst werden zu fragen, ob nicht vielleicht die Metalle überhaupt erst durch _ einen, wenn auch nur geringen Gehalt von Eisen das Ver- mögen erlangen, magnelische Pole durch Vertheilung an- zunehmen? Es ist nicht zu läugnen, dafs in vielen Fäl- len der Eisengehalt der Metalle ihre Capacität für den Magnetismus vermehre; dals er sie aber erst erzeuge, kann keinesweges als allgemein geltend angenommen werden. Aus den früher (dies. Ann. Bd. 83. S. 213.) angeführten Beobachtungen ersehen wir, dafs das Eisen selbst sein Vermögen, magnetisch zu werden, in Alliagen verliert, in denen es in beträchtlicher Menge vorhanden ist, oder dals wenigstens seine Capacität für den Magnetismus durch Zu- satz von andern Metallen in hohem Grade vermindert wird. Auch wissen wir ja längst, dals andere, und dazu für sich des Magnetismus nicht fähige, oder doch im schwächsten 355 Grade fähige Körper, wie die Kohle, dem Eisen das Vermögen ertheilen, den in ihm durch Vertheilung erreg- ten Magnetismus fester zu binden, dauernder zu machen; eine Erfahrung, welche wohl die Frage veranlassen könnte, ob nicht der Magnetismus im Eisen selbst erst bedingt sey durch die Gegenwart eines andern mit ihm verbun- denen Körpers? Ohne ein grofses Gewicht darauf zu legen, will ich nur an. diese schon mehrmals aufgewor- fene Frage, welche aber noch immer unbeantwortet ge- blieben, erinnern. Man hat ferner im Nickel, welches. mit der gröfsten Sorgfalt bereitet worden, und welches einen starken Magnetismus durch Vertheilung annahm, nicht eine Spur von Eisen entdecken können. Und die früher (dies. Ann. Bd. 83. S. 215.) angeführten Thatsa- chen belehren uns, dafs das Vermögen des Nickels zur magnetischen Polarisation durch ein anderes Metall, als beim Zisen erforderlich ist, geschwächt und bei einem bestimmten: Mischungsverhältnifs desselben zum Nickel aufgehoben werden kann, nämlich dem Kupfer, welches das magnetische Polarisationsvermögen des Zisens nicht aufhebt, und in welchem das eigene Polarisationsvermö- gen noch durch Zusatz von Eisen, oder Vermehrung sei- nes ursprünglichen Eisengehalts, verstärkt wird. Alle diese 'Thatsachen sprechen entschieden gegen die Hypothese, der zu Folge der Magnetismus der Kör- per lediglich einem Eisengehalt derselben zugeschrieben wird. Zugleich scheinen mir aber auch die hier mitge- theilten Erfahrungen anzudeuten, dafs wenn es Metall- verbindungen giebt, welche gegenseitig das Vermögen zur magnetischen Polarisation durch Vertheilung in einander schwächen, und in bestimmten Mischungsverhältnissen so- gar vernichten, — in andern Metallverbindungen eben- sowohl das Gegentheil hiervon statt finden könne, näm- lich Verstärkung dieses Vermögens durch gegenseitige Ein- wirkung der Metalle auf einander. Zur Aufklärung hier- über möchten wohl zunächst Versuche mit Alliagen von Zy* 356 Metallen, welche eines dauernden. Magnetismus fähig sind, mit andern, in dieser Beziehung schwächeren Metallen nothwendig seyn, z. B. mit Alliagen von Kupfer und Eisen, von Platina mit Nickel, Gold mit Nickel, von Platina mit Eisen und nicht minder mit Alliagen von Kupfer mit Platina u. s. w. Das Eisen gehört zwar zu denjenigen Metallen, welche sich in gröfserer Menge nur mit wenigen andern Metallen verbinden, in geringerer Menge geht aber das Fisen fast mit allen sehr innige und gleichförmige Verbindungen ein, und es ist zu er- warten, dafs ein sehr geringer Antheil von Eisen in den dichteren Metallen, z. B. im Kupfer und im Golde u. s. w. den Magnetismus bedeutend erhöhen werde. Von dem (uantitätsverhältnils dieser Körper abhängige Wende- punkte, Maxima und Minima, werden hier ohne Zwei- fel auch vorkonimen. Die Aufmerksamkeit der Experi- mentatoren wird aber bei diesen Versuchen nicht allein auf die Quantitätsverhältnisse, sondern auch auf die Art der Verbindung der Körper, und die äufseren Bedingun- gen, unter denen sie erfolgt, gerichtet seyn müssen u. s. w. Beiläufig bemerke ich noch, dafs ich nach meinen bisherigen Erfahrungen über das magnetische Verhalten der Zisenfeilspähne schlieisen mufs, dafs Scheiben von diesen, statt der von Herrn Barlow erfundenen Cor- rectionsscheiben von massivem Fisen (um den störenden Einflufs des übrigen Eisens auf den Schiffen abzuwen- den), nicht nur angewendet werden können, sondern dafs jene vor diesen in einer Beziehung noch den Vor- zug verdienen möchten. Scheiben von Eisenfeilspähnen nehmen zwar eine schwächere magnetische Polarität durch die Stellung (d. h. durch Einwirkung des Erdinasnetis- mus) an, sie behalten ihn aber bei weitem nicht so lange als massive Eisenscheiben, welche schon durch Stellung, und wenn sie sich einige Zeit in der Nähe von Magne- ten befinden, feste Pole annehmen, welche nicht immer so leicht oder so bald aufzuheben sind, als bei weiterer 357 Anwendung derselben wohl nöthig seyn möchte, Die Verfertigung gleichförmiger Scheiben von Eisenfeile hat ihre Schwierigkeiten, doch glaube ich, dafs ein geschick- ter Künstler diese wird überwinden können. Am zweck- mäfsigsten möchte es seyn, die Eisenfeilspähne mit einem nicht zu weichen harzigen Art zu vermischen, diesen gut durchzukneten, und ihn in eine flache kupferne Schaale einzuschliefsen. I. Die Zahl der Pendelschwingungen und die Weite der Bogen einer an einem Faden hängenden Magnetna- del nimmt, wenn diese über Metallplatten horizontal schwebt, schneller ab, die Nadel kommt auch als Pen- del früher zur Ruhe, als wenn sie frei für sich oder über Papier, Marmor oder Holz, in der Verticalebene in kleinen Bogen schwingt. Die Pendelschwingungen einer solchen Magnetnadel sind aber, bei gleicher Länge des Fadens und der Scehwingungsbogen, in beiden Fällen eben sowohl zsochronisch, wie die Schwingungen der Nadel in der Horizontalebene, wie aus folgenden später angestellten Versuchen zu ersehen ist. Ein Magnetstäb- chen von 44 Zoll Länge, 4 Zoll Breite und 4 Zoll Dicke, welches stark magnetisch war, und an einem Seidenfa- den in einer 225 Zoll hohen Glasglocke hing, machte über einer horizontal gestellten Marmorplatte, von wel- cher beide Pole des Masnetstabes ungefähr 2% Linie ent- fernt waren, 100 Pendelschläge in der magnetischen Aequa- torialebene, wobei der Magnetstab immer im magnetischen Meridian gerichtet blieb, nach dem Mittel aus mehreren Versuchen in Zeit von 1 Minute 11 Secunden 55 Ter- tien. Dasselbe Magnetstäbchen über 3 runden Kupfer- scheiben, welche 10 Zoll im Durchmesser halten, und zusammen 65 Linie dick waren, zugleich aber auch zwi- schen 2 vertikal gestellten Kupfermassen von 25 DZoll Fläche und 8 Linien Dicke so gestellt, dafs die Pole 358 desselben sowohl von den horizontalen als von den ver- - tikalen Kupfermassen ungefähr 24 Lin. abstanden, machte 100 Pendelschläge in der magnetischen Aequatorialebene, nach dem Mittel aus mehreren Versuchen in 1 Minute 12 Secunden 1 Tertie. Diese Versuche wurden unmit- telbar nach einander und bei gleicher Temperatur ange- stell. Schon nach 150 Schwingungen befand sich der Magnetstab im letzteren Fall in Ruhe, da er im ersteren Fall über 900 Schwingungen machte, ehe er dem blofsen Auge zu ruhen schien. Hieraus ergiebt sich also, dafs ‚die Pendelschwingungen eines Magnetstabes durch Metall- massen in der Nähe desselben eben so gehemmt werden, als wenn eine dichtere ‚Luft denselben umgeben hätte, oder als wenn das Gewicht des Stabes vermindert wor- den wäre. Eine Kupfermasse, über oder zwischen den Polen von Magneten pendelförmig schwingend, wird also ebenfalls früher eine Verminderung der Weite ihrer Oscil- lationsbogen erleiden, als eine frei schwebende Kupfer- masse. Ferner wird von den metallischen Körpern ein Pendel von Quecksilber am wenigsten durch Magnete ge- hemmt werden, und ein Pendel von Holz, mit einem Ge- wicht von eisenfreiem weifsen Marmor oder von reinem Kieselglase, wird durch Magnete (und durch den Magne- tismus der-Erde?) gar nicht gehemmt werden u. s. w. 1. Noch überzeugender als die schon angeführten That-- sachen über den Einflufs des Eisens auf die Schwingun- gen der Nadel, sind folgende später angestellte Versuche, 2) Ein Eisenblech (ein halbes Sägeblatt), von 2 Fuls 75 Zoll Länge, 4: Zoll Breite und , Linie Dicke, wel- ches durch Stellung in der magnetischen Inclinationsebene magnetisch geworden war, auf einer horizontalen Mar- morplatte in dem magnetischen Meridian so gelegt, dals der s. Pol (+m.) des Eisenblechs gegen S. (— M.) und der z. Pol (—m.) desselben gegen N. (-+M.) 359 7 q gerichtet war. Die Boussole, welche aus einem 10 Zoll hohen Glascylinder bestand, welcher oben mit einem höl- zernen Deckel, und unten mit einer Compafsrose von Papier verschlossen war, über welcher die 2} Zoll lange Magnetnadel, deren Pole beträchtlich stärker als die des Eisenblechs waren, in einer Höhe von 2! Linie horizon- tal an einem Coconfaden schwebte, wurde auf einer Un- terlage von einigen Pappscheiben mit ihrem Mittelpunkt über der magnetischen Mitte des Eisenblechs (oder doch der magnetischen Mitte desselben so nahe als möglich) gestellt, indem zugleich darauf gesehen wurde, dafs die Magnetnadel vor dem Anfang des Versuchs, eben so wie das Eisenblech, im magnetischen Meridian stand. Diese Nadel, weiche für sich, und ohne irgend eine andere Unterlage als die Compafsrose, 104 Schwingungen von 45—10° gemacht hatte, durchlief in einer Höhe von 74 Linie über der obern Fläche des Eisenblechs den- selben Raum in 34 Schwingungen; in einer Höhe von 5 Linien über dem Blech in 17 — 18 Schwingungen, und in einer Höhe von 4 Linien in 8 Schwingungen. 2. Als das Fisenblech umgewendet wurde, so dafs es mit seinem z, Pol (— m.) gegen S. (— M.) und mit seinem s. Pol (4+-m.) gegen /\. (+ M.) lag, so machte jene Magnetnadel &) in einer Höhe von 73 Linie über dem Fisenblech (und über der magnetischen Mitte des- selben) 98—99 Schwingungen; 8) in einer Höhe von 5 Linien 64, und Y) in einer Höhe von 4 Lin. 44 —45 Schwingungen. Aus diesen Versuchen geht hervor, dafs das Zisen die Weite der Schwingungsbogen, und damit auch die Zahl der Schwingungen einer Magnetnadel, welche hin- länglich stark polar ist, jederzeit, und selbst dann noch vermindert, wenn das #isen ziemlich starke magnetische Pole hat, dafs aber das Vermögen des Eisens, die Bo- genweite der oscillirenden Magnetnadel zu vermindern, immer durch die feste oder veränderliche Polarität des- 360 selben gestört oder geschwächt wird, und diefs um so mehr, je stärker die Polarität des unter der Nadel lie: genden Fisens ist. Hieraus folgt, dafs das Vermögen, die Weite der Schwingungsbogen der Magnetnadeln- zu ver- mindern, in allen Metallen, welche eine feste magneti- sche Polarität anzunehmen im Stande sind (wie Eisen, Kobalt und Nickel), immer mehr oder weniger geschwächt seyn wird, und zwar, wenn sie nur durch Finwirkung des Erdmagnetismus eine Polarität erhalten, im Verhält- nils ihrer Capacität zum Magnetismus. Bei Metallen, welche schon eine feste Polarität be- sitzen, hängt der Erfolg theils von der Form derselben, theils von dem Verhältnifs ihrer Polarität zu der der Magnetnadel ab, so wie auch von dem Orte, an wel- chem sich die Nadel über diesen magnetischen Unterla- gen befindet. Nur dadurch, dafs das in den letzten Ver- suchen angewendete Fisenblech eine mäfsig starke Pola- rität und eine beträchtliche Länge hatte, wodurch dessen Pole weit von der Nadel entfernt waren, und dadurch, dafs es breit genug war, so dafs die Nadel in der gan- zen Weite ihrer Schwingungsbogen von 90° über dem Blech blieb, und dazu über Theilen desselben, in denen der Magnetismus am schwächsten war, konnten die Er- scheinungen eintreten, welche oben angegeben worden, nämlich dafs die die Oscillationen der Nadel hemmende Wirkung bei zunehmender Annäherung desselben, bis zu 4 Linien Abstand vom Eisenblech, ungeachtet des stören- den Einflusses der Pole desselben, dennoch bedeutend zunahm;. ferner, dafs die Ungleichheit in der Störung, bei der entgegengesetzten Lage der Pole des Eisenblechs gegen die in Beziehung auf die Erdpole in unveränder- ter Richtung sich erhaltenden Pole der Magnetnadel, nach- gewiesen werden konnte. In beiden, in diesem Zusatz unter 1. und 2. ange- führten Fällen wirkte die Polarität des Eisenblechs auf die Bogenweite der oscillirenden Nadel störend ein, doch 361 in verschiedenem Grade, so wie auf verschiedene Weise. Im ersten Falle nämlich, wo die gleichnamigen Pole der Magnetnadel und des Fisenblechs einander zugekehrt, und zugleich gegen die ungleichnamigen Pole der Erde gerich- tet waren, wurde. die hemmende Wirkung des Eisenblechs durch die Repulsion seiner Pole vermindert; in dem zwei- ten Falle dagegen, wo die ungleichnamigen Pole der Magnet- nadel und des Eisenblechs einander zugekehrt waren, wirk- ten die Pole des letzteren in gleichem Sinne mit den Po- len der Erde; die die Magnetnadel richtende Kraft war also hier vermehrt, wodurch denn auch ihre Bewegung beschleunigt werden mufste. Die Schwingungen der Na- del können mithin auch in den beiden angeführten Fäl- len nicht isochronisch seyn, wie leicht einzusehen. Ich kann nicht unterlassen, bei dieser Gelegenheit darauf aufmerksam zu machen, dafs CGoulomb’s Ver- suche mit eisenhaltigen Silbernadeln und mit Nadeln von Wachs, welche Eisenfeilspähne in verschiedener (uanti- tät enthielten, den Resultaten, welche ich mit Magnet- nadeln, welche über Eisenfeilspähnen und über Legirun- gen von Kupfer mit Eisen und von Messing mit Eisen erhielt, in vollkommener Uebereinstimmung sind, und dafs also auch jene Versuche Coulomb’s für die hier gegebene Erklärung jener Erscheinungen sprechen. Denn Coulomb fand an jenen Körpern die Zahl der gleichzeitig vollbrachten Schwingungen um so grö- fser, je mehr Fisen sie enthielten. Je mehr Eisen sie enthielten, desto stärker mufste also auch die rich- tende Kraft der Magnetstäbe, zwischen deren Polen sie. schwebten, auf dieselben wirken, folglich die Zahl der von ihnen in gleichen Zeiten zu vollbringenden Schwin- gungen vermehrt werden. Eben diese Körper vermin- dern aber auch die Weite der Schwingungsbogen der über ihnen befindlichen Magnetnadeln um so mehr, je mehr Eisen sie enthalten. GCoulomb’s Versuche mit Nadeln von Gold, Kupfer und Silber stimmen in ihren N 362 Resultaten mit denen, welche ich mit Platten von diesen Metallen erhalten habe, gleichfalls überein. Coulomb’s Nadeln von Gold und Kupfer machten in gleicher Zeit ziemlich dieselbe Zahl von Schwingungen, aber eine ge- ringere Zahl als die Nadeln von Silber; das Silber wurde also stärker magnetisch als jene beiden Metalle. Eben so verhielt sich das $z/ber in unsern Versuchen, wo sich sein stärkerer Magnetismus aus der Verminderung der Weite der Schwingungsbogen ergab. Abweichend von den früher (dies. Ann. Bd. 83. S. 206. und 207.) ange- gebenen Resultaten verhielten sich blos Coulomb’s Na- deln von Zinn und lei, in welchen das Vermögen zu einer vorübergehenden magnetischen Polarisation gröfser war als im Kupfer und Silber. Solche Verschiedenhei- ten in den Resultaten können jeizt um so weniger auf- fallen, da man aus den hier mitgetheilten Beobachtungen ersehen hat, wie leicht diese durch fremdartige Beimi- schung auf mehr als einem WVege entstehen können. Im- mer werden Versuche mit Magnetnadeln, und besonders mit Magnetstäben, welche nahe über ruhenden Metall- platten schwingen, entscheidendere Resultate über den Grad der Empfänglichxeit der Metalle für den Magnetis- mus geben, als Versuche mit kleinen Nadeln von diesen Metallen, welche zwischen den Polen von zwei Magnet- stäben oscilliren, da dort alle "Theile der Magnetstäbe, ihrer ganzen Länge nach, auf die zu untersuchenden Me- talle, im letzteren Falle aber nur die Enden der Magnet- stäbe auf kleine Massen derselben wirken. Die Metalle welche keines bleibenden Magnetismus fähig sind, nehmen hier nur eine höchst schwache vorübergehende magnetische Polarität an, und es haben deshalb Coulemb’s Versuche selbst manchen geübten Fxperimentatoren nicht gelingen wollen (s. T, Young’s Course of Lectures on Natural. Philosophy, Vol. II. p. 439.). 363 HEN, Versuche, welche späterhin mit Platten von einigen andern Metalllegirungen angestellt wurden, gaben folgende Resultate: Eine 2 Zoll lange Magnetnadel, welche für sich und über einer in Grade getheilten Scheibe von dünnem Kartenpapier von 45 — 10° wel 116 Schwingungen machte, vollbrachte 1) über einer 4 Linien dicken und 3% Zoll im Durchmesser haltenden Platte aus einer Legirung von 3 Th. Kupfer und 1 Th. Antimon 105 — 106 Schwin- gungen; 2) über einer Scheibe von Packfong, welche von Hrn. v, Gersdorf in Wien bereitet war, 24 Zoll im Durchmesser und 34 Lin. Dicke hatte, 104 — 105 Schwin- gungen; 3) über einer Legirung von 18 Th. Kupfer, 2 Th. Antimon und 1 Th. Zink, deren Durchmesser 34 Zoll und die Dicke 4 Linien betrug, 81 Schwingungen; 4) über einer Scheibe von Glockengut, welche aus 5 Th. Kupfer und 1 Th. Zinn bestand, 3 Zoll im Durch- messer hatte, und 35 Lin. dick war, erfolgten 82 Schwin- gungen. . V. Wichtiger noch, als die Anwendung zu Boussolen, würde die Benutzung der früher (dies. Annal. Bd. 83. S. 215.) angeführten Legirung von Kupfer mit Nickel zu Pendeln seyn. Für die Erregung des Magnetismus durch Vertheilung unempfänglich, würde sie besonders zu den Untersuchungen über die beschleunigende Kraft der Schwere allen andern bisher angewandten Metallcompositio- nen, namentlich auch dem Messing, vorzuziehen seyn, da bei ihrer Anwendung der hier so nachtheilige und: so schwierig zu ermittelnde Einflufs des Erdinagnetismus ver- mieden wird, und da jene Kupfer- und Nickel-Legirung 364 dehnbar ist, sich also auch gezogene Stäbe aus derselben verfertigen lassen, welche wegen der gleichförmigeren Dichtigkeit der Masse immer den gegossenen Stangen vorzuziehen sind. Der meiste im Handel vorkommende Messing enthält Eisen, und auch der Zink, dessen man sich zur Bereitung eines Messings zu solchen Apparaten bedienen möchte, enthält gewöhnlich Eisen. Durch einen Zusatz von 'einer geringen Menge Antimonium-Metalls könnte man zwar die Capacität des Eisens für den Magne- tismus aufheben, doch schwerlich ohne Nachtheil für die Ductilität des Messings. Indessen auch eisenfreier Mes- sing wird immer eine Empfänglichkeit für den Magnetis- mus behalten, welche, wie schwach sie auch sey, bei den genannten Untersuchungen, wenn es um die höchste Ge- nauigkeit zu thun ist, wohl nicht unberücksichtigt bleiben darf. Zu den rostförmigen Pendeln würde die Kupfer- und Nickel-Legirung gleichfalls allen andern Metallen vorzu- ziehen seyn, wo sie mit Quecksilber-Säulen verbunden werden mülste. Vergleichende Versuche mit zwei Pen- deln, — einem von der genannten Kupfer- und Nickel. Legirung, und einem von reinem unmasnetischen Eisen, — möchten in mehr als einer Beziehung zu empfehlen seyn, z. B. schon als Controlle zu den mit Inclinations- nadeln angestellten Untersuchungen über die Variationen, welche in der Intensität des Magnetismus zu gleichen Zei- ten an verschiedenen Orten, und in verschiedenen Zeiten an einem und demselben Orte statt finden u. s. w. VI. Eine Beobachtung, welche ich so eben gemacht habe, finde hier noch eine Stelle. Ein Blechstreifen von chemisch- reinem Silber, welches aus Chlorsilber mit Sorgfalt redu- ceirt worden war, hatte sich bei Untersuchungen, welche ich im Mai 1827 anstellte, von allem übrigen Szlber darin unterschieden, dafs es zwischen sehr starken Magnetstäben 365 keine feste Stellung annahm *). Eine 24 Zoll lange Magnetnadel, welche für sich 98— 100 Schwingungen von 45 — 10° machte, wurde jetzt im einer Höhe von 2 Lin. über drei neben einander liegenden, doch an den Rän- dern einander bedeckenden Streifen dieses Silbers, wel- che zusammen eine Fläche von 3 Zoll Länge und 13 Zoll Breite bildeten, gestellt. Die Zahl der Schwingungen, welche die Nadel hier von 45—10° machte, betrug 94—95; sie war also um 4—6 vermindert. Dieses Silber wäre demnach in der früher (dies. Ann. Bd. 83. S. 206. u. 207.) angeführten Metallreihe hoch oben, und nahe unter dem Wismuth zu stellen. Das in jener Reihe unter dem Kupfer stehende Silber war durch Abtreiben mit Blei gewonnen worden. Man könnte fragen, ob das aus Chlorsilber reducirte Silber auch wirklich ganz rein und frei von Eisen gewesen sey? Durch die chemische Analyse hat kein Zisen darin entdeckt werden können. Enthielte es jedoch wirklich noch eine geringe Quantität Eisen, so würde diese Erfahrung als eine Bestätigung der in Zusatz I. aufgestellten Hypothese, dafs einige Metalle in der Verbindung mit einander gegenseitig ihr Vermö- gen, eine magnetische Polarisation anzunehmen, vorzugs- weise verstärken, wie andere sich hierin gegenseitig schwä- chen, anzusehen seyn. Denn die Quantität des Eisens, welche in diesem Szlber vorhanden seyn könnte, wird der Analyse zu Folge nur als höchst gering angenommen werden können, und würde sicher in der Verbindung mit manchen andern Metallen, welche auch zu denen gehören, deren Magnetismus durch Eisengehalt verstärkt wird, durch das hier angewendete Verfahren nicht zu entdecken seyn. Aus diesem Versuch geht ferner aufs deutlichste hervor, wie sehr das von Hrn. Arago ent- deckte Verfahren bei Untersuchungen über die Empfäng- lichkeit der Körper für den Magnetismus durch Verthei- lung vor jedem andern den Vorzug verdient. (1828. Jan.) *) Poggendorff’s Ann. der Physik u. Chemie. 1827. St. 6. S. 210. 365 - II. DUeber das Licht: eon Hrn. Fresnel. (Schlufs). Färbung der Krystallblättchen. Wenn ein Bündel polarisirten Lichtes durch ein Kalk- spath-Rhomboäder geht, dessen Hauptschnitt der Pola- risationsebene parallel liest, so weils man, dafs das un- gewöhnliche Bild verschwindet. Es kommt aber wieder zum Vorschein, wenn man vor das Rhomboeder eine Krystallplatte bringt, welche doppelte Strahlenbrechung besitzt, und so gestellt ist, dafs ihr Hauptschnitt weder der ursprünglichen Polarisationsebene parallel liegt, noch senkrecht auf derselben steht. Die Intensität desselben wird sogar der des gewöhnlichen Bildes gleich, sobald der Hauptschnitt der Platte einen Winkel von 45° mit der ursprünglichen Polarisationsebene macht. In diesem Falle, wie in den übrigen, sind beide Bilder weils, so- bald die zwischengestellte Platte eine hinlängliche Dicke hat, beim Bergkrystall und Gyps z. B. wenigstens die eines halben Millimeter. Wenn sie aber dünner ist, so werden die beiden Bilder farbig. Diese Farben sind com- plementär zu einander und ändern ihre Natur mit der Dicke des Blättchens; sie variiren dagegen nur an Inten- sität, wenn man das Blättchen, senkrecht gegen die ein- fallenden Strahlen, in seiner eigenen Ebene dreht. Diese glänzende Entdeckung, welche man Hrn. Arago verdankt, hat seit mehreren Jahren die Physiker Europa’s sehr beschäftigt; besonders haben die HH. Biot, Young und Brewster sehr viel dazu beigetragen, die Gesetze dieser Erscheinungen kennen zu lernen. Hr. Biot hat zuerst bemerkt, dafs die Krystallblättchen, in Bezug auf ihre ‚Dicke, ähnlichen Gesetzen folgen, wie die Farben- ringe, d. h. dafs die Dicken zweier Krystallblättchen von 367. gleicher Natur, welche verschiedene Farben geben, sich zu einander verhalten, wie die Dicken zweier Luftschich- ten, welche bei den Ringen dieselben Farben reflectiren. Kurz nachdem Hr. Biot seine schönen Abhandlungen über diesen Gegenstand bekannt gemacht hatte, bemerkte Hr. Young, dafs die zum Krystallblättchen hinaustre- tenden gewöhnlichen und ungewöhnlichen Lichtbündel in ihrem Gange genau um eben so viel verschieden seyen, als die Strahlen, welche an der ersten und zweiten Flä- che einer Luftschicht, die dieselbe Farbe giebt, reflectirt werden, und dafs diese numerische Identität für alle Nei- gungen der Strahlen gegen die Axe gültig bleibt. Diese sehr wichtige theoretische Bemerkung, welcher man zur Zeit als sie bekannt gemacht wurde wenig Aufmerksam- keit schenkte, giebt einen neuen Beweis von der Allge- meinheit und Fruchtbarkeit des Interferenz-Principes, da es die innigste numerische Beziehung zwischen zwei Klas- sen von Erscheinungen aufstellt, die sehr verschieden sind, sowohl aurch das grolse Mifsverhältnifs zwischen den Dik- ken der Krystallblättchen und den Luftschichten, welche gleiche Farben geben, als auch durch die Verschieden- artigkeit der Umstände, welche zur Erzeugung dieser Far- ben nöthig sind. | Hr. Young hat sich begnüst, durch seine Berech- nungen zu erweisen, dafs die Farben der Krystallblätt- chen von der Interferenz der gewöhnlichen und unge- wöhnlichen Wellen herzuleiten sind. Unter welchen Um- ständen aber diese Interferenz geschehen kann; weshalb es nöthig ist, dafs das Licht sowohl vor seinem Eintritt in das Krystallblättchen, als auch nach seinem Austritt aus demselben, polarisirt worden seyn mufs; wie die In- tensität der Farben mit den Richtungen der Hauptschnitte des Blättchens und des Rhomboeders gegen die Ebene der ursprünglichen Polarisation sich verändert; diefs alles hat derselbe nicht untersucht. In einer Abhandlung, die ich der Academie der Wissenschaften am 7. Oct. 1816 368 übergab, und in einem Nachtrage, den ich derselben im Januar 1818 hinzufügte, war es mein Hauptzweck, den Einflufs dieser verschiedenen Umstände zu erklären, und die Geseize des Phänomens durch allgemeine Formeln darzustellen, welche für beide Bilder die Intensität der verschiedenfarbigen Strahlengattungen geben. Ich werde jetzt diese T'heorie auseinandersetzen, und dabei die ihr zum Grunde liegenden Sätze beständig aus den Versu- chen herleiten. Um die Erscheinungen möglichst zu ver- einfachen, werde ich überdiefs annehmen, dafs das an- gewandte Licht homogenes sey. Wenn man die von einem Lichtpunkte divergirend ausfahrenden Strahlen durch Reflexion an einem, auf der Rückseite geschwärzten Spiegel, polarisirt, und sie dann durch zwei Rhomboeder von gleicher Dicke gehen läfst, welche hinter einander aufgestellt sind, und zwar so, dafs ihre Hauptschnitte unter sich rechtwinklig und zugleich unter 45° gegen die Reflexionsebene geneigt sind; so können, wie bekannt, die beiden Lichtbündel, welche durch diese zusammengefügten Rhomboäder entstehen, nur dann Fransen hervorbringen, wenn man sie auf eine gemeinschaftliche Polarisationsebene zurückführt, mittelst eines dritten Rhomboeders oder einer Glassäule, die man vor oder hinter der Loupe aufgestellt hat. Die vortheil- hafteste Richtung für den Hauptschnitt des dritten Rhom- boöders ist die, worin er einen Winkel von 45° mit den Hauptschnitten der beiden andern Rhomboäder macht, weil dann jeder der beiden Bündel, die aus diesen her- austreten, sich gleichmälsig unter die gewöhnlichen und ungewöhnlichen Bilder vertheilt, welche das dritte Rhom- boäder erzeugt; und diese Gleichheit der beiden Wellen- systeme, welche sich in jedem Bilde interferiren, giebt den Punkten der vollständigen Discordanz die grölstmög- liche Dunkelheit. Sie sind sogar vollkommen schwarz, wenn das angewandte Licht völlig homogen war. Wenn man, bei so eingerichtetem Apparafe, irgend ei- 369 einen Punkt der Fransengruppe betrachtet, z. B. denje- nigen, welcher die Mitte einnimmt, und an welchem die beiden Bündel eines jeden Bildes gleiche Wege zurück- gelegt haben; so bemerkt man, dafs das gewöhnliche Bild hier das Maximum seiner Helligkeit besitzt, wenn der Haupt- schnitt des Rhomboeders parallel ist der ursprünglichen Polarisationsebene, die ich hier zur gröfseren Bestimmt- heit als horizontal liegend voraussetze, und dafs dagegen im ungewöhnlichen Bilde derselbe Punkt vollkommen schwarz ist, d.h. dafs er alles Lichtes beraubt ist. Diefs Licht kommt indefs wiederum zum Vorschein, wenn man das Rhomboöeder dreht, und nimmt in dem Maafse an In- tensität zu, als der Hauptschnitt sich von der horizonta- len Richtung entfernt. DBeträgt die Neigung desselben 45°, so ist das Licht dieses Punktes eben so stark in dem, ungewöhnlichen Bilde wie in dem gewöhnlichen; wenn endlich der Hauptschnitt senkrecht steht, verschwin- det es im gewöhnlichen Bilde gänzlich, und zugleich er- reicht es im anderen das Maximum seiner Intensität. Man sieht also, dafs das gesammte, in diesem Punkt vereinigte Licht alle Kennzeichen einer vollständigen Po- larisation nach der Horizontalebene darbietet. Wenn man nun denjenigen Punkt betrachtet, welcher, in dem Gange beider Lichtbündel, einem Unterschied von einer Viertel- Undulation entspricht, so findet man, dafs er, beim Dre- hen des Rhomboeders, in beiden Bildern immer gleiche Intensität behält, und dafs das Licht daselbst sich so ver- hält, als wenn es vollkommen depolarisirt wäre. Geht man hierauf zu einem Punkte über, der in dem Gange beider Wellensysteme einem Unterschiede von einer hal- ben Undulation entspricht; so findet man ihn im gewöhn- lichen Bilde völlig schwarz, und im ungewöhnlichen Bilde auf dem Maximum der Helligkeit, sobald der Hauptschnitt des Bhomboeders horizontal liegt; steht dieser aber ver- tical, so wird jener Punkt im ungewöhnlichen Bilde völ- N lig schwarz, und im gewöhnlichen Bilde erreicht er das Annal.d. Physik. B.88. St.3. J. 1828. Sı.3. Aa 370 Maximum seiner Helligkeit. Mithin ist das gesammte, in diesem Punkt vereinigte Licht vertical polarisirt. Bei fortgesetzter Untersuchung der verschiedenen In- terferenz-Punkte der beiden Lichtbündel, findet man, dafs überhaupt ihre Vereinigung ein nach horizontaler Rich- tung, d. h. nach der ursprünglichen Polarisationsebene, vollständig polarisirtes Licht erzeugt *), sobald der Un- terschied ihres Ganges gleich Null ist oder gleich einer geraden Zahl von halben Undulationen; dafs aber das gesammte Licht vertical, d. h. hier, nach dem Azimuth 27, polarisirt ist, sobald der Unterschied im Gange eine un- gerade Zahl von halben Undulationen betiet: — dafs das gesammte Licht vollkommen depolarisirt ist, sobald dieser Unterschied eine ganze und ungerade Zahl von Viertel-Undulationen ausmacht; — und endlich, dafs an allen zwischenliegenden Punkten nur eine partielle Pola- risation statt findet. °) Eine dem Anscheine nach recht vollständige Polarisation findet sich nur bei den Fransen der drei ersten Ordnungen; indels ist es klar, dafs wenn die Mitten der dunklen und hellen Streifen der andern Ordnungen nur theilweise polarisirt zu seyn schei- nen, diefs von mangelnder Homogenität des angewandten Lich- tes herrührt, welches man nicht weiter vereinfachen kann, ohne es sehr zu schwächen. Hr. Arago hat ein vortreffliches Mittel ersonnen, um die Intensität des Lichts bei den Diffractions - Versuchen beträchtlich zu vermehren, welches man auch mit Vortheil zu den u.s> hier beschäftigenden Versuchen gebrauchen kann. Es besteht darin, dafs man statt der sphärischen Linse, die den leuchtenden Punkt bildet, eine Linse anwendet, deren Oberfläche nur in einer Rich- tung gekrümmt ist, und die also in ihrem Brennpunkt, statt des Lichtpunktes, eine Lichtlinie giebt. Diese cylindrische Linse dreht man sorgfältig in eine parallele Richtung mit den Fransen, damit dieselben die möglichste Sauberkeit erhalten. Dazu gelangt man leicht durch Probiren, indem man die Fransen mit einer Loupe betrachtet, während die ceylindrische Linse von einer an- dern Person langsam gedreht wird. Die Fransen sind alsdann unvergleichlich lebhafter als bei Anwendung einer sphärischegf | Linse, weil bei der eylindrischen Linse die Strahlen nur in einer Richtung divergiren und dadurch weit mehr Intensität behalten. 371 Um die Polarisationsart der verschiedenen Linien des Accordes oder der Discordanz bequem untersuchen zu können, mus man sein Augenmerk besonders auf dieje- nigen richten, welche man beobachten will. Diefs ge- schieht dadurch, dafs man den Faden, welcher im Brenn- punkt der Lupe des Mikrometers ausgespannt ist, auf die Linie stellt, oder besser noch, wenn man statt des Fa- dens einen Schirm anwendet, in welchem ein kleiner Schlitz befindlich ist, durch den man nur das Licht von diesem Theile der Franse hindurch gehen läfst. Die horizontale oder verticale Polarisation der Punkte des völligen Accordes und Discordes findet nicht mehr statt, wenn man einen der Lichtbündel auffängt, und nur das Licht des andern durch den Schlitz gehen läfst; als- dann zeigt es sich nur polarisirt wie dieser Bündel, d. h. nach einer gegen die Horizontalebene unter 45° geneig- ten Richtung. Mithin entspringt die Polarisation nach der ursprünglichen Ebene oder dem Azimuthe 27 aus der Vereinigung der beiden Lichtbündel, und sie findet bei jedem Lichtbündel, für sich genommen, nicht mehr statt; vielmehr ist jeder einzelne immer parallel oder senkrecht gegen die Hauptschnitte der beiden Bhomboeder polari- sirt, man mag nun den einen, bei Auffangung des an- dern, mit einer Lupe oder ohne dieselbe betrachten. Im letzteren Falle kann man beide Lichtpunkte unterschei- den, und bei jedem die Richtung der Polarisation beson- ders studiren, ohne genöthigt zu seyn, den andern zu verdecken. Die Loupe nämlich, indem sie das deutliche Sehen der beiden Lichtpunkte dadurch hindert, dafs sie deren Bilder vergröfsert und die Strahlen derselben am Grunde des Auges unter einander mischt, bringt hier die Interfe- renzen wieder hervor, welche in ihrem Brennpunkt statt gefunden haben. Sie ist deshalb zum deutlichen Sehen der Interferenz - Phänomene alsdann nöthig, wenn die bei- den Bilder des leuchtenden Punktes nicht zusammenfal- Aa 2 BR | a 372 len, oder, mit andern Worten, wenn die beiden sich in- terferirenden Wellensysteme einen merklichen Winkel mit einander machen. Man braucht übrigens nur einen, nach bekannter Richtung polarisirten Lichtbündel durch die Loupe zu betrachten, um sich zu überzeugen, dafs die- selbe hier keine merkliche polarisirende Wirkung ausübt, denn man sieht, dafs die Polarisation durch die Zwischen. stellung der Loupe nicht geändert wird. Mithin rührt die Polarisation, welche wir in Richtung der ursprüngli- chen Ebene oder des Azimuthes 27 beobachtet haben, alleinig von der Vereinigung der beiden Lichtbündel her, die zu den kreuzweise gelegten Rhombo@dern herausge- treten sind. ‘Wenn man die beiden Rhomboeder dreht, oe die senkrechte Stellung ihrer Hauptschnitte gegen einander zu stören, so bemerkt man, bei allen Lagen des Systems, dafs die Linien der Fransen, welche in dem Gange einem Unterschiede von einer geraden Anzahl halber Undula- tionen entsprechen, parallel der ursprünglichen Polarisa- tionsebene polarisirt sind, dafs dagegen die, welche einem Unterschiede von einer ungeraden Anzahl halber Undu- lationen entsprechen, nach dem Azimuthe 27 polarisirt sind, und dals endlich die übrigen nur eine partielle Polarisation besitzen. Der Versuch mit den beiden Rhomboädern zeigt uns den besonderen Fall, dafs Strahlen, die nach zwei recht- winkligen Ebenen polarisirt sind, durch ihre Vereinigung ein Licht erzeugen, welches nach intermediärer Richtung vollständig polarisirt ist. Diels unterstützt noch die Hy- pothese, von der wir bei Gelegenheit des Malus’schen Gesetzes gesprochen haben, nach welcher nämlich die Lichtvibrationen in transversaler Richtung, senkrecht oder parallel gegen die Ebene der Polarisation, ausgeführt werden. Analoge Phänomene bieten dünne Krystallblättchen unter denselben Umständen dar, d. h. dann, wann die 373 i Strahlen vor ihren Eintritt in.das Krystallblättchen nach gemeinschaftlicher Ebene polarisirt worden sind, und, bei ihrem Austritt, der Unterschied im Gange beider 'Wellensysteme gleich ist einer ganzen Zahl von halben Undulationen. Wenn diese Zahl eine gerade ist, so findet sich das gesammte Licht, welches aus dem Blätt- chen tritt, nach der ursprünglichen Ebene polarisirt; ist die. Zahl aber ungerade, so wird das Licht nach dem Azimuthe 27 polarisirt. Ist z. B. der Winkel z gleich 45°, d. h. macht die Axe des Blättehens einen Winkel von 45° mit der ursprünglichen Polarisationsebene, so wird das gesammte Licht, in dem ersten Fall, nach der ursprünglichen Ebene, d. h. unter 45° gegen die Axe polarisirt seyn, und im zweiten Falle nach dem Azi- muthe 90° oder senkrecht gegen die ursprüngliche Ebene. Aber daraus, dafs das gesammte Licht auf diese Weise polarisirt ist, darf man nicht schliefsen, dafs auch die Polarisation der gewöhnlichen und ungewöhnlichen Strah- ien, aus welchen dieses Licht besteht, eine solche Rich- tung besitze, wie wir es durch den Versuch mit den bei- den Rhomboedern gezeigt haben. Und in der That sind die Umstände bei beiden Phänomenen ähnlich. Die ein- zige Verschiedenheit besteht darin, dals die beiden Wel- lensysteme, welche zum Krystallblättchen heraustreten, unter sich parallel sind, während diejenigen, welche zu den Rhomboedern herausgehen, sich unter einen merkli- chen Winkel kreuzen. Daraus entspringt die Nothwen- digkeit einen Lichtpunkt und eine Loupe anzuwenden, um die Wirkungen ihrer interferenzen wahrnehmen zu können. Wegen dieser Neigung zeigen aber auch die Bihomboeder an den verschiedenen Punkten der von ihnen hervorgebrachten Fransengruppe alle Unterschiede des Gan- ges auf einmal, und dadurch vereinigen sie gewissermafsen in einer Tafel alle einzelnen Fälle, welche die Krystall- blättchen nur bei verschiedener Dicke darbieten können. Geleitet von der Emissionstheorie, konnte Hr. Biot 374 nicht ahnen, dafs das Licht, welches nach einer Ebene polarisirt ist, aus Strahlen zusammengesetzt seyn könne, die nach andern Ebenen polarisirt sind, und er beur- theilte natürlich die Richtung der Polarisation bei den gewöhnlichen und ungewöhnlichen Strahlen, die zum Kry- stallblättchen heraustreten, aus der Polarisation des ge- sammten Lichtes. Diefs hat ihn auf den Gedanken ge- bracht, dafs diese Strahlen in den Krystallblättchen nicht dieselbe Polarisationsart erleiden, wie in den Krystallen, die so dick sind, dafs sie das Licht in zwei getrennte Bündel theilen. Diefs ist aber keine nothwendige Folge des Phänomens, weil der Versuch mit den beiden Rhom- boädern beweist, dafs dieselben Erscheinungen auch durch zwei geschiedene Lichtbündel hervorgebracht werden, von denen der eine parallel und der andere senkrecht gegen den Hauptschnitt des Krystalls polarisirt ist. Ueberdiefs würde diese Hypothese mit andern T'hatsachen im Wider- spruch stehen, da wir gefunden haben, dafs die gewöhn- lichen und ungewöhnlichen Strahlen immer parallel und senkrecht gegen den Hauptschnitt der Krystallblättchen polarisirt sind. Was also Hr. Biot über die’ Pola- risationsart des durch ein Krystallblättchen gehenden Lichtes gesagt hat, mufs man nicht für sich auf die gewöhnlichen oder ungewöhnlichen Strahlen übertragen, sondern nur auf die Gesammtheit dieser Strahlen. Auch ist es nöthig, den von diesem berühmten Physiker auf- gestellten Satz etwas abzuändern, wenn er völlig rich- tig seyn soll. Denn aus der Art, wie er sich ausdrückt, würde folgen, dafs jede Gattung homogener Strahlen gänzlich nach der ursprünglichen Ebene oder nach dem Azimuthe 27 polarisirt sey; wogegen wir durch den Ver- such mit den beiden Rhomboe@dern gesehen haben, dafs es nur besondere Fälle sind, wo sich diese vollständige Polarisation zeigt, zu welchem Resultat auch der directe Versuch mit den Krystallblättchen führt. Alle Erscheinungen, welche die Krystallblättchen dar- 375 bieten, sind aus den gewöhnlichen Regeln des Interfe- renz-Calculs und aus der kleinen Zahl von besonderen Gesetzen, welche wir über den gegenseitigen Einflufs der polarisirten Strahlen aus der Erfahrung abgeleitet haben, leicht zu erklären und selbst vorherzusagen. Die unter sich rechtwinklig polarisirten Strahlen Kelssn keinen Einflufs auf einander; das ist der Grund, weshalb die beiden, zum Krystallblättchen hinaustretenden Wel- lensysteme unmittelbar keine Wirkung dieser Art darbie- ten, selbst dann nicht, wenn der Unterschied in ihrem Gange klein genug ist, dafs diese Wirkungen sehr sicht- bar seyn und bei weiflsem Lichte sehr lebhafte Farben geben könnten *). Zum Auftreten dieses Einflusses ist es nicht hinrei- chend, dafs man die gegen einander rechtwinklig polari- sirten Strahlen auf eine gemeinschaftliche Polarisations- ebene zurückführe; vielmehr müssen sie dazu auch ur- sprünglich nach derselben Ebene polarisirt gewesen seyn. Daraus entspringt die Nothwendigkeit, polarisirtes Licht anzuwenden, wenn man Farben in den Krystallblättchen entwickeln will. Auch haben wir durch den Versuch mit den gekreuz- ten Rhomboädern gesehen, dafs zwei Lichtbündel,’ die ursprünglich von derselben Polarisationsebene ausgegan- gen und darauf rechtwinklig gegen einander polarisirt wor- den sind, bei ihrem Durchgange durch das neue Rhom- boeder, welches sie anf eine gemeinschaftliche Polarisa- tionsebene zurückführt, zwei complementäre Bilder er- zeugen. Denn, wenn der mittlere Streifen im ungewöhn- *) Man mufs sich erinnern, dafs nothwendigerweise der Unter- schied in dem Gange nur eine kleine Anzahl von 'Undulationen betragen darf, wenn bei den verschiedenen Graden von Intensi- tät, die durch ıhn in den VVellen von verschiedener Länge be- dingt wird, eine merkliche_Färbung hervorgerufen werden soll; wie auch schon bemerkt ist, als wir die Färbung der von zwei Spiegeln erzeugten Fransen und die der reflectirten Ringe er- klärt haben. 376 lichen Bilde, z. B. schwarz ist, besitzt der im gewöhnli- chen Bilde das Maximum seiner Helligkeit, und derselbe Gegensatz findet sich bei allen hellen und dunklen Strei- fen der beiden Bilder. Die beiden Bilder, welche das polarisirte Licht nach seinem Durchgange durch ein dün- nes Krystallblättchen liefert, müssen also auch comple- - mentär zu einander seyn. Und es folgt daraus nothwen-. dig, dafs wenn das eine dem Unterschiede im Gange der beiden, zum Krystallblättchen hinaustretenden Wellensy- stemen entspricht, das andere demselben Unterschied, ver- mehrt oder vermindert um eine halbe Undulation, ent- . sprechen mufs, weil, wenn in dem einen vollständiger Accord vorhanden ist, das andere sich in völliger Discor- danz befindet. Folgendes ist die allgemeine Regel, um zu erfahren, bei welchen der beiden Bilder man dem Unterschiede in den durchlaufenen Wegen eine halbe Undulation hinzu- zufügen hat. Das Bild, dessen Farbe dem Unterschiede in den durchlaufenen Wegen genau entspricht, ist das- jenige, bei dem die Polarisationsebenen seiner beiden Lichtbündel sich erst von einander entfernen und dann durch eine enigegengeselzie Bewegung sich wiederum nähern, um sich zu vereinigen; während die Polarisa- tionsebenen der beiden Lichtbündel, die das comple- menläre Bild ausmachen, sich fortwährend von einan- der entfernen (von einer einzigen Seite ihres gegenseiti- gen Durchschnitts her betrachtet) bis die eine sich in die Verlängerung der andern gestellt hat. Diese Regel wird leichter verständlich durch Hülfe der Fig. 1. Taf. II, in welcher PP! die ursprüngliche Polarisationsebene der einfallenden Strahlen bezeichnet, O0: den Hauptschnitt des Krystallblättchens und SS den des Rhomboäders, durch welchen man das Blätichen betrachtet. Man sieht, dafs: das einfallende Licht, welches an- fangs nach CP polarisirt ist, sich beim Durchgange durch 317 das 'Krystallblättchen in zwei T'heile theilt, von denen der eine die gewöhnliche Refraction erleidet und eine neue Polarisation nach CO erhält, und der andere die ungewöhnliche Refraction erfährt, und nach der Ebene CE, senkrecht auf CO, polarisirt wird. Der erste Bün- del sey durch F'o, und der zweite durch Fe bezeich- net. Bei dem Durchgange durch das Rhomboeder theilt sich Fo, der. nach CO polarisirt ist, in zwei andere Wellensysteme, von denen das eine nach dem Haupi- schnitt CS polarisirt ist und hier durch Fo +0! bezeich- „net sey, und das andere nach der senkrechten Ebene CT polarisirt ist und Fo-+-e! genannt werden mag, Eben so “theilt sich der nach CE! polarisirte Theil Fe im Rhomboeder in zwei Wellensysteme, von denen das ‘eine, durch Fe+0! bezeichnet, nach CS polarisirt ist, und das andere, Fe-t+e! genannt, nach CT! polarisirt ist. Wenn man die Bewegung der Polarisationsebenen der beiden Lichtbündel Zo-++-0! und Fe-+0!, welche zur Bildung des gewöhnlichen Bildes beitragen, verfolgt (und sie dabei von einer einzigen Seite ihres gemeinschaftli- chen, in C projicirten Durchschnitts her betrachtet), so sieht man, dafs sie, die ursprünglich von CP ausgegan- gen sind, sich von einander entfernt haben, um die Rich- tungen CO und CE! einzunehmen, und dafs sie sich darauf in CS vereinigt haben. In diesem Falle entspricht nun das gewöhnliche Bild genau dem Unterschied der Wege, welche die, zum Krystallblättchen herausgegange- _ nen, gewöhnlichen und ungewöhnlichen Strahlen in dem- selben Augenblick durchlaufen haben. Verfoigt man eben so den Gang der Polarisations- ebenen der beiden Lichtbündel Fo--e! und Fe-+e!, welche das ungewöhnliche Bild ausmachen, so sieht man, dafs sie beide von CP ausgegangen sind, und, nachdem sie in dem Krystallblättchen die Richtungen C O und CHI angenommen haben, sie hierauf, statt sich zu nähern, noch fortfahren weiter aus einander zu gehen, bis sie sich, in 378 die Richtungen CT und CT', in ihre beiderseitige Ver- längerung gestellt haben. Mithin mufs man, zufolge der so eben gegebenen Regel, dem Unterschiede zwischen den von beiden Wellensystemen durchlaufenen Wegen eine halbe Undulation hinzufügen, oder, was auf dasselbe hinausläuft, bei einem von beiden das Zeichen der Oscil- ‚ lationsbewegungen umändern, wenn man nach der Interfe- renzformel das Wellensystem berechnen will, welches aus der Vereinigung dieser beiden Lichtbündel hervorgeht. Man sieht also, dafs die Sachen gerade so gesche- hen, als handelte es sich um die Combination von Kräf- ten, welche in der Ebene der Figur, d. h. senkrecht gegen die Strahlen, nach deren Polarisationsebenen oder senkrecht gegen diese Ebenen gerichtet sind. Denn die Componen- ten der beiden Kräfte CO und CE!, welche sich in CS vereinigen, würden dasselbe Zeichen haben, wie die bei- den Lichtbündel Fo-+0! und Fe-+o!, welche daselbst vereinigt sind, und die beiden andern Componenten C7 und C T7'!, welche im entgegengesetzten Sinne wirken, müfs- ten mit den entgegengesetzten Zeichen versehen werden. Das Princip der Erhaltung der lebendigen Kräfte setzt voraus, dafs die beiden Bilder complementär zu einander seyn müssen; aber es giebt nicht an, welches von ihnen beiden dem Unterschiede zwischen den durch- laufenen Wegen geradezu, und welches diesem Unter- schiede erst nach Hinzufügung einer halben Undulation entspricht. Deshalb habe ich die T'hatsachen zu Hülfe gezogen, und aus den Versuchen des Hrn. Biot die vor- hin gegebene Regel abgeleitet. Man kann sie übrigens auch aus den Versuchen mit den beiden Rhomboädern entwickeln. Sie erklärt, weshalb zwei Bündel directen Lichtes, welche gegen einander rechtwinklig polarisirt worden sind, keinen sichtbaren Einflufs auf einander ausüben, wenn man sie mit Hülfe einer Glassäule oder eines Kalkspath- Khomboäders auf eine gemeinschaftliche Polarisationsebene 379 zurückführt. Nicht, dafs sie alsdann durchaus keinen Ein- flufs aufeinander ausüben; denn, abgesehen von den mecha- nischen Betrachtungen, würde diese Voraussetzung zu sehr der Analogie widerstreiten; allein die Wirkungen, welche die verschiedenen Wellensysteme bei directem Lichte er- zeugen, heben sich auf und neutralisiren sich gegenseitig, In der That kann man sich das directe Licht als eine Vereinigung, oder genauer noch, als eine schnelle Folge unzählig vieler Wellensysteme denken, ‘die wach allen Azimuthen polarisirt sind, und zwar so, dals immer eben so viel Licht nach einer gewissen Ebene polarisirt ist, als in der Ebene senkrecht darauf. Nun folgt aus der vorhin gegebenen Regel, dais, wenn man z. B. zu dem Unterschiede zwischen den durchlaufenen Wegen eine halbe Undulation hinzufügen darf, um das ungewöhnliche Bild, welches von dem nach der ersten Ebene polarisir- ten Lichte erzeugt ist, zu berechnen, man dieselbe bei dem ungewöhnlichen Bilde, welches aus dem nach der zweiten ibene polarisirten Lichte hervorgeht, nicht hin- zufügen darf; so dais die beiden Farben, welche sie ge- ıneinschaftlich oder successiv in dem ungewöhnlichen Bilde besitzen, complementär zu einander sind. Die Compen- sation, welche dadurch eintritt, und auf gleiche Weise bei allen Azimuthen, verhindert die Interferenz- Wirkungen wahrzunehmen. | Nehmen wir den Fall wiederum vor, welcher durch die Figur 1. Taf. II. dargestellt ist, nämlich den, wo das einfallende Licht eine Polarisation noch der Ebene PPı erlitten hat, bevor es durch das Krystallblättchen gegan- gen ist, dessen Hauptschnitt © O den Winkel 7 mit die- ser Ebene macht. Suchen wir für eine besondere Gat- tung homogenen Lichtes, deren Undulationslänge A ist, welche Intensität das gewöhnliche und ungewöhnliche Bild haben werden, die man durch ein Kalkspath -Rhomboö- der erhält, dessen Hauptschnitt ‚S,$! einen Winkel s mit der ursprünglichen Polarisationsebene. PP! bildet. 380 Ich vernachlässige bei dieser Berechnung den Licht- verlust, welcher durch theilweise Reflexion an den bei- den Flächen des Krystallblättchens und des Rhomboeders veranlafst wird, weil derselbe nur einen Einflufs auf die absolute Intensität der Bilder hat, und keinen auf die relative, welche allein uns hier interessirt. Ich bezeichne durch 7’ die Intensität der Geschwindigkeiten, welche die Aethertheilchen bei ihren Oscillationen in dem einfallen- den polarisirten Lichtbündel besitzen, dänn wird durch 'F'? die Lichtintensität bezeichnet, oder vielmehr die leben- dige Kraft, nach dem mit diesem Ausdruck gewöhnlich verbundenen Sinn, und nach der Art, wie man bei allen optischen Erscheinungen die Lichtintensitäten berechnet, weil es die Summe der lebendigen Kräfte und nicht die der Oscillationsgeschwindigkeiten ist, welche, gleich der gesammten Lichtintensität, bei den verschiedenen Thei- lungen des Lichtes constant bleibt. Diefs vorausgesetzt, theilt sich der einfallende Licht- bündel, bei seinem Durchgange durch das Krystallblätt- chen, in zwei andere, von denen, nach Malus, derje- nige, welcher die gewöhnliche Refraction erleidet, die Lichtintensität —F?cos? ti, und derjenige, welcher die unge- wöhnliche Refraction erfährt, die Lichtintensität = F* sın? i haben mufs. Die Oscillationsgeschwindigkeit wird für den ersten — "cos { seyn, und für den andern =Ff'sini. Mit- hin theilt sich das einfallende Licht bei seinem Durchgange durch das Krystallblättchen in zwei Wellensysteme, wel- che man auf folgende Weise bezeichnen kann: cosıi. F R sin!. Fy PR #O! BITMEN Die kleinen Buchstaben o und e unterhalb F ändern nichts an dem Werthe dieser Gröise; sie bezeichnen nur die Länge der Wege, welche zu gleicher Zeit von den gewöhnlichen und ungewöhnlichen Strahlen, nach ihrem Austritt aus dem Krystallblättchen, durchlaufen sind, und bestimmen also durch ihren Unterschied 0—e, den Zwi- 38l schenraum, welcher die correspondirenden Punkte der. beiden Wellensysteme trennt. Die grofsen Buchstaben P.O und P.E! zeigen den successiven Gang der Pola- risationsebene eines jeden Lichtbündels, um die Anwen- ‘dung der vorhin gegebeneu Regel zu erleichtern. Jedes der beiden Wellensysteme wird sich, durch die Wirkung des Kalkspaths, in zwei andere theilen, und so werden un Ganzen vier Lichtbündel entstehen, zwei aus dem ersten und zwei aus dem andern Wellensysteme, nämlich folgende: cos I. cos’—s)Fyroı cos i. sin(i—s)F, P. 0. S. P.O.T.. sin, sin(i—s)F, rot sin i. cos(i—s)F P.E!.S. PD. Bi, I Der erste bildet mit dem dritten das gewöhnliche Bild, und der zweite mit dem vierten das ungewöhnli- che. Berechnen wir zunächst die Intensität derselben. Aus dem Gange der Polarisationsebenen, welcher durch die grofsen Buchstaben unter den Formeln angedeutet ist, siebt man, dafs der zweite und vierte Lichtbündel, nach- dem sie auf eine gemeinschaftliche Polarisationsebene zu- rückgeführt sind, um eine halbe Undulation verschieden seyn müssen, unabhängig von dem Unterschiede o— € zwischen den durchlaufenen Wegen. Man muls also zu o—e eine halbe Unäulation hinzufügen, oder, was auf dasselbe hinausläuft, das Zeichen eines der Ausdrücke, welche die Intensität oder den gemeinschaftlichen Factor der Oscillationsgeschwindigkeiten darstellen, umändern. Es handelt sich also darum, die Resultante zweier Wel- lensysteme zu finden, deren Gang-Unterschied 0—e ist, und deren Oscillationsgeschwindigkeiten respective die In- tensitäten besitzen: F. eosı. sın(i—s) wnd —F. sini.'cos(i—'s) Wendet man hier die allgemeine Formel an, wel- che ich in einem Auszuge aus meiner Abhandlung über me! e-tel 382 die Diffraction in den Annales de chimie et de a T. XI. p. 258. gegeben habe, nämlich: A? —=a? +al? +2%aalcosaAF 5) in welchen @ und a! die Intensitäten der Osecillationsge- schwindigkeiten der beiden Wellensysteme bezeichnen, :277 den Umfang eines Kreises, dessen Radius —=1 ist, c die Differenz der durchlaufenen Wege, und A die Länge der Undulation; so findet man für die Intensität des homo- genen Lichtes im ungewöhnlichen Bilde: F?| cos? \.sın? (E—s)+-sin? i.cos? (i—s) —2 int. cosi. sin i—5)cos(i— 5) sin? ( _— )| oder: 2 (- cosi.sın(i—s)+-sini.cos(i—s))? + 2 sini.cost.sin(i—s)cos(i—s) ( 1—cos 27 — ))| oder endlich: F? | sın? s+sın2i. sin? (i— s) sin? 7( — )| Macht man eine ähnliche Rechnung über die bei- den Lichtbündel, aus welchen das gewöhnliche Bild be- steht, und erwägt man dabei, dafs die beiden Ausdrücke F.cosi.cos(i—s) und F\sini.sin(i—s), wegen des Ganges der Polarisationsebenen, gleiches Zeichen haben müssen; so findet man für die Intensität des Lichts im gewöhnlichen Bilde: F?| cos’ i— sın21.sin2(i— s)sın? Ze )| Diefs sind die allgemeineu Formeln, welche die In- tensität jeder homogenen Lichtart in den gewöhnlichen und ungewöhnlichen Bildern geben, und zwar in Function der Undulationslänge und des Unterschiedes o—e zwischen den Wegen, welche die durch das Krystallblättchen ge- gangenen Strahlen zurückgelegt haben. Kennt man die Dicke des Blättchens und die Geschwindigkeit des ge- 353 wöhnlichen und ungewöhnlichen Strahles in demselben; so wird es leicht seyn, o—e zu bestimmen. Im Gyps, im Berekrystall und in den meisten mit doppelter Strah- lenbrechung begabten Krystallen, erleidet o—e durch die Verschiedenheit der Natur der Strahlen nur sehr geringe Veränderungen; so dafs man sie als eine constante Grölse betrachten kann, wenigstens bei den Krystallen, welche wir hier betrachten, bei denen nämlich die Dispersion der doppelten Strahlenbrechung sehr gering ist in Bezug auf die doppelte Strahlenbrechung. Wenn man, nachdem man den Gang-ÜUnterschied o—e berechnet hat, denselben nach einander durch die mittlere Undulationslänge einer jeden der sieben Haupt- gattungen von farbigen Strahlen dividirt, und diese ver- schiedenen Quotienten folgeweise in den obigen Formeln substituirt; so erhält man die Intensität einer jeden far- bigen Strahlengattung in den gewöhnlichen und ungewöhn- lichen Bildern, und man kann alsdann die Farbe dieser Bilder mit Hülfe der empirischen Formel bestimmen, wel- che Newton zur Auffindung der Farbe gegeben hat, die aus irgend einem Geinische verschiedener Strahlen von relativ bekannten Intensitäten hervorgeht. Diefs ist zum wenigsten alles, was man bis jetzt aus der T'heorie ab- leiten kann, und hinsichtlich des übrigen, hat man die empirische Construction von Newton zu Hülfe zu neh- men, die, wenigstens für die sieben Hauptabtheilungen der Farben, ziemlich wohl mit der Erfahrung überein- stimmt. Nehmen wir die obigen Formeln wieder auf, und lassen den gemeinschaftlichen Factor Z"* fort, welche man als Einheit der Lichtintensität annehmen kann. ' Gewöhnliches Bild: 008° s— sin2i.sin2(i— 5) cos° = (TE) Ungewöhnliches Bild: sin? s + sin21,sin2(i—s)sın? ”( Aszie ) A 384 ' Bei Betrachtung dieser Formeln sieht man, dafs die beiden Bilder weils werden müssen, wenn das Glied, wel- 0 0—e£ . . ches sın? a) enthält, verschwindet, weil es das A einzige ist, welches mit der Undulationslänge variürt, oder welches die Intensität für die verschiedenen farbigen Strah- len verschieden macht. Mithin werden die Bilder weils, wenn man hat: sin21.sin2(i—s)=0 eine Gleichung, welcher man Genüge leistet, wenn man sın2{ oder sin2(i—$) eleich Null setzt; diefs giebt für Ü die vier Werthe: i—0 i=0 i=180 /i—=360° und für s: s—=!, s—90° —i, s=180° —i, s—=360° —ı Damit die Bilder weiis werden, ist es also hinrei- chend, dais eine dieser acht Bedingungen erfüllt sey; d. h. dafs der Hauptschnitt des Krystallblättchens parallel oder senkrecht sey gegen die Ebene der ursprünglichen Pola- risation oder gegen den Hauptschnitt des Rhomboäders. Diefs hätte man auch leicht aus der Theorie ohne Hülfe der Formel ableiten können; denn, wenn der Hauptschnitt des Blättchens parallel oder senkrecht gegen die ursprüng- liche Polarisationsebene liegt, erleidet das einfallende Licht nur eine Art von Strahlenbrechung in dem Kıystall; und, wenn dieser Hauptschnitt parallel oder senkrecht ist ge- gen den des Rhomboeders, so sind in jedem Bilde nur Strahlen enthalten, welche die nämliche Refraction in dem Krystallblättchen erlitten haben. Mithin enthält, im einen wie im andern Fall, ein jedes Bild nur ein einziges Wel- lensystem, folglich keine Farben mehr, da keine Interfe- renzen mehr vorhanden sind. Dagegen sind beide Bilder auf das allerlebhafteste gefärbt, wenn der Coäfficient des veränderlichen Gliedes gleich Eins ist. Diefs geschieht, wenn s=0 und i—=45°; alsdann werden die beiden Ausdrücke: Ge- 385 Gewöhnliches Bild ... 1—sın? in ) oder cos®( emeewöhnliches Bild. ....:........ sin: a (TE) Es ist zu bemerken, dafs der zweite Ausdruck dem- jenigen ähnlich ist, welcher bei den Farbenringen die Resultante zweier Wellensysteme giebt, die unter senk- rechter Incidenz an der ersten und zweiten Fläche der Luftschicht reflectirt werden, wenn deren Dicke gleich (0o—e) ist, mithin der Unterschied in den durchlau- fenen Wegen gleich (o—e) wird. In der That, be- zeichnet man durch 4 die Intensität der Oscillationsge- schwindigkeit eines jeden Wellensystemes, und erwägt man, dafs ihre Oscillationsgeschwindigkeiten mit entge- gengesetzten Zeichen genommen werden müssen, weil das eine innerhalb des dichteren Mittels und das andere aufser- halb desseiben reflectirt wird, was, wie wir schon frü- her bei Erklärung der Farbenringe bemerkt haben, den Gegensatz des Zeichens mit sich führt —; so findet man, aus der schon angewandten Formel, für die Intensität des resultirenden Lichtes: 0—e 0— 4+-1—2.4 ‚3002 ( 5. ) oder 3—+ 005 27 ( F\ ) oder endlich: sin? 7 (2 2m A Mithin müssen die Farben des ungewöhnlichen Bil- des, welches durch die Krystallblättchen erzeugt wird, denen der reflectirten Ringe ähnlich seyn, wie es auch die Beobachtungen des Hın. Biot erwiesen haben *), *) Die Formeln, welche Hr. Biot auf diese Achnlichkeit gegrün- det hat, stellen die von einem einzigen Blättchen hervorgebrach- ten Farben mit grolser Treue dar. Statt unmittelbar die Inten- sitäten der verschiedenen farbigen Strahlengattungen zu geben, wie wir sie berechnet haben, verweisen sie auf Newton’s Ta- fel über die Farben der reflectirten Ringe, und geben zugleich an, wie viel weilses Licht man, wegen relativer Lage der Annal. d. Physik.B. 88.St.3.3. 1828. St. 3. Bb 356 wenigstens so lange, als der, vom Krystall hervorge- brachte, Gang- Unterschied o—e sich nicht merklich mit der Natur der Strahlen ändert. Denn bei den Farben- ringen beträgt dieser Gang- Unterschied das Doppelte der Dicke. der Luftschicht, und ist also in aller Strenge für alle Strahlengattungen gleich. Die obigen Ausdrücke » C0S? 7% Bi ) und sın? 7 e =) welche respective die Intensitäten der gewöhnlichen und ungewöhnlichen Bilder eines homogenen Lichtes, dessen Undulationslänge A ist, geben, wenn die Axe des Kry- stallblättchens einen Winkel von 45° mit der ursprüng- lichen Polarisationsebene macht und der Hauptschnitt des Rhomboeders parallel dieser Ebene ist, zeigen, dafs die Gesammtheit der beiden zum Krystallblättchen hinaustre- tenden Wellensysteme nach der ursprünglichen Polarisa- tionsebene polarisirt seyn muls, sobald o—e gleich Null ist oder gleich einer ganzen Zahl von Undulationen, weil A wöhnliche Bild verschwindet. Wenn dagegen o— e gleich ist einer ungeraden Zahl von halben Undulationen, so wird RL Mo? h alsdann sin? (7) gleich Null wird, und das unge- cos: m (=) gleich Null, und dann verschwindet also das gewöhnliche Bild; woraus man schlielsen mufs, dafs das gesammte Licht nach einer gegen den Hauptschnitt senkrechten Ebene, die hier genau im Azimuth 27 liegt, polarisirt seyn muls. Aber für alle intermediären Werthe von A, kann die Gesammtheit der beiden Wellensysteme nur eine partielle Polarisation darbieten; und es muls selbst vollkommen depolarisirt erscheinen, sobald o— e gleich ist einer ungeraden Zahl von Viertel-Undulationen, ursprünglichen Polarisationsebene, des Hauptschnitts der Krystall- | lamelle und des Kalkspath-Rhomboäders, diesen Farben hinzu- | zufügen hat. | 397 weil alsdann cos? (°T) und sinn (IE) beide gleich 3 werden, beide Bilder also gleiche Intensität er- halten, und zwar immer, in welches Azimuth man auch den Hauptschnitt des Rhomboäders drehen mag, Man kann sich davon durch die, vorhin gegebenen, allgemei- nen Formeln überzeugen, wenn man darin setzt: . — “ 0 — ı—=45° und sin: 7 ( EN )=: denn alsdann wird: das ungewöhnliche Bild ..... . sin?s+4cos2s—1 und das gewöhnliche Bild .... cos?s— 300525 —=4 Eben so ist es leicht aus den allgemeinen Formeln zu ersehen, dafs, weichen Werth auch 7 haben mag, das ungewöhnliche Bild für s=o verschwindet, wann o—e gleich Null oder gleich einer geraden Zahl von halben Undulationen ist; und, dafs dieselbe Gröfse für s—=27 Null wird, sobald o—e einer ungeraden Zahl von hal- ben Undulationen gleich ist, dafs also das gesammte Licht, im ersten Fall, nach der ursprünglichen Ebene polarisirt ist, und, im zweiten, nach dem Azimuth 27; während bei allen intermediären Werthen von o—e keins der Bilder vollständig verschwindet, wie man auch den Haupt- schnitt des Rhomboeders drehe. Alle diese Folgerungen aus der Theorie werden durch die Erfahrung bestätigt. Wenn man das polarisirte Licht durch mehrere Krystallblättchen gehen läfst, deren Hauptschnitte sich auf beliebige Weise kreuzen, so werden die Erscheinungen zwar weit verwickelter, können aber dennoch leicht nach derselben T'heorie berechnet werden. Das einfallende Licht theilt sich zunächst in dem ersten Blättchen in zwei 'Wellensysteme, deren Oscillations-Intensitäten man durch das Malus’sche Gesetz bestimmt, so wie deren relative Lagen durch ihren Gang-Unterschied, wie wir es bei einem einzigen Blättchen bereits gethan haben. Hierauf theilt sich, in dem zweiten Blättchen, jedes dieser Wel- Bb 2 388 lensysteme in zwei andere; jedes dieser vier Wellensy- steme theilt sich, in dem dritten Blättchen, abermals in zwei neue, und so fort, Es ist einzusehen, dafs, wenn man die Azimuthe der Hauptschnitte der verschiedenen über einander gelegten Krystallblättchen und des, die bei- den Bilder liefernden Rhomboeders kennt, die relativen Intensitäten aller Wellensysteme, die in jedes Bild ein- gehen, bestimmbar seyn werden, und dafs es gleichfalls leicht ist, die Unterschiede in ihrem Gange zu bestim- men, wenn man die verschiedenen Refractionsarten, wel- che sie erlitten haben, berücksichtigt, wenn die Dicken der Blättchen bekannt sind, so wie die Geschwindigkeit der gewöhnlichen und ungewöhnlichen Strahlen, welche durch diese hindurchgehen. Man hat also, für jedes Bild, die relativen Intensitäten und Lagen aller Wellensysteme, aus welchen dasselbe zusammengesetzt ist, und man fin- det ihre Resultante durch die allgemeine Methode, welche in meiner Abhandlung über die Diffraction, p. 256., an- gegeben ist. In diesem Calcul ist alles durch die Fun- damentalsätze, welche wir aus T'hatsachen abgeleitet haben, im Voraus bestimmt, und man braucht, selbst bei den ver- wickeltsten Fällen, nichts aus der Erfahrung zu entneh- men. Hiedurch vor allem steht diese Theorie höher, als die der beweglichen Polarisation, welche sehr verwickelt wird, wenn man wissen will, wie die Oscillationen der 4ven der Lichttheilchen sich. bei dem Durchgange von einem. Blättchen zu einem andern, dessen Hauptschnitt, einen beliebigen Winkel mit dem des ersten macht, er- neuen. Auch hat Hr. Biot, durch seine Hypothese, die sämmtlichen Coefficienten seiner Formeln für zwei auf einander gelegten Blättchen nur für sehr besondere Fälle bestimmen können. Es giebt sogar einen Fall, wo die Thatsachen durch seine Formeln nicht mit Genauigkeit dargestellt werden, wie ich mich durch die meinigen ver- sichert habe; diefs ist der, wo zwei Blättchen von glei- cher Natur und gleicher Dicke sich mit ihren Axen unter 389 45° kreuzen. Die Verhandlungen über diesen besonde- ren Fall und die allgemeinen Formeln für die Farben, welche zwei Blättchen geben, findet man in der zweiten Note, die Hrn. Arago’s Berichte über meine Abhand- lung, in den Annales de chimie et de physigue, T. XFL. pP. 267., hinzugefügt ist. In derselben Notiz habe ich gezeigt, wie man die Haupteigenschaften des polarisirten Lichts, das Gesetz von Malus und die besonderen Kennzeichen der dop- pelten Strahlenbrechung auf die einfachste Art erklären kann, in der Voraussetzung, dafs in den Lichtwellen die Öscillationen der Aethertheilchen senkrecht gegen die Strahlen und gegen das, was wir Polarisationsebene ge- nannt haben, ausgefübrt werden. Bei Annahme dieser Hypothese würde es natürlich seyn, dafs man diesen Na- men derjenigen Ebene gäbe, nach welcher die Oscil- lationen geschehen; allein ich habe an dem Sinn der ein- mal eingeführten Ausdrücke nichts ändern wollen. Diese Hypothese, welche besonders durch die Gesetze, die ich mit Hın. Arago bei der Interferenz von polarisirten Strah- len bemerkt habe, entstanden ist, zeigt, wie diese (iesetze nothwendig aus der Natur der Lichtwellen hervorgehen; so dafs die Formeln, welche ich so eben für die Kry- stallblättchen gegeben habe, so wie die, welche die Er- scheinungen der Diffraction, der Reflexion, der Refraction und der Farbenringe darstellen, gegenwärtig auf einer einzigen Voraussetzung beruhen. Denn sie stimmt eben so gut, wie die vorhin angenommene, mit dem Calcule überein, welcher uns zur Erklärung der Interferenz - Erscheinungen gedient hat, weil es, wie wir schen zu Anfange bemerkt haben, bei diesem Calcule gleichgültig ist, ob die Oscillationsbewegungen parallel den Strahlen oder senkrecht gegen dieselben ausgeführt werden, vor- ausgesetzt nur, dafs sie gleiche Richtungen in den sich interferirenden Wellen besitzen. Zufolge dieser neuen Hypothese besteht das gewöhnliche Licht aus der Verei- 390 nigung oder vielmehr aus der raschen Folge unzählig vie- ler Wellen, die nach allen möglichen Richtungen pola- risirt sind; und der Act der Polarisation besteht nicht darin, dafs er transversale Bewegungen hervorruft, da sie schon im gewöhnlichen Lichte vorhanden sind, sondern darin, dafs er dieselben nach zwei unveränderlich recht- winkligen Ebenen zerlegt, und die nach diesen beiden Richtungen polarisirten Strahlen von einander trennt, so- wohl durch die Richtung ihrer Strahlen, als auch nur durch einen Unterschied in ihrer Geschwindigkeit. Die Erfahrung und das Interferenz-Princip haben uns gelehrt, dafs wenn ein polarisirter Lichtbündel in zwei Wellensysteme von gleicher Intensität zerfallen ist, die nach rechtwinkligen Richtungen polarisirt und durch den Zwischenraum von einer Viertel-Undulation getrennt sind, derselbe, bei Wiedervereinigung dieser beiden Wel- lensysteme, Anzeigen einer vollständigen Depolarisation darbietet, d. h. dafs das gesammte Licht, bei Zerlegung durch ein Kalkspath-Rhomboäder, immer Bilder von glei- cher Intensität liefert, nach welcher Richtung man auch den Hauptschnitt des Rhomboeders drehe, Das so modi- ficirte Licht ist hierin dem directen Lichte ähnlich; aber es weicht von ihm durch sehr sonderbare optische Eigen- schaften ab, welche ich zum Hauptgegenstand einer der Academie der Wissenschaften am 24. Nov. 1817 über- lieferten. Abhandlung gemacht habe. Modification, welche die Reflexion dem polarisirten Lichte einprägt. Ich habe gefunden, dafs die doppelte vollständige Reflexion im Innern eines Glases, unter einer Neigung von ungefähr 50°, gezählt von der Normale der Fläche, diese Art von Modification dem einfallenden Lichte ein- prägt, wenn dasselbe zuvor nach dem Azimuthe von 45°, in Bezug auf die Reflexionsebene, polarisirt worden ist, d. h. dafs alsdann das reflectirte Licht aus zwei gleichen 391 Wellensystemen besteht, die unter sich rechtwinklig po- larisirt sind und um eine Viertel-Undulation von einan- der abweichen. Dieses reflectirte Licht, welches, wenn man es mit einem Kalkspath-Rhomboeder untersucht, keine Spur von Polarisation mehr zeigt, besitzt dennoch wie das polari- sirte Licht die Eigenschaft, dafs es in dünnen Krystall- blätichen sehr lebhafte Farben hervorruft; aber diese Far- ben sind von einer andern Natur. Es weicht noch darin von dem polarisirten Lichte ab, dafs es im Terpentinöl und in den Berekrystallplaiten, die senkrecht gegen die Axe geschnitten sind, keine merklichen Farben entwickelt, Wenn man es abermals zwei vollständige Reflexionen, unter gleicher Incidenz und nach derseiben Ebene oder nach einer auf ihr rechtwinkligen Richtung, erleiden lälst, so nimmt es alle Kennzeichen und alle Eigenschaften des gewöhnlichen polarisirten Lichtes wieder an. Nach zwei ähnlichen Reilexionen in gleichen Richtungen ist es aber- mals vollkommen depolarisirt und hat zugleich die übri- gen Eigenschaften wieder erlangt, welche es durch die beiden ersten Reflexionen erhalten hatte, und so fort. ich werde mich nicht in ein weitläuftiges Detail über diese sonderbare Moditication des Lichtes einlassen, wel- che, wie die Polarisation selbst, sich allen Sirahlengat- tungen einprägen läfst, und unter diesem Gesichtspunkte eben so allgemeine Eigenschafien, wie diese, darbietet. ich begnüge mich zu sagen, dafs ich durch die Natur der Farben, welche das so modificirte Licht in Krystallblätt- chen entwickelt, eingesehn habe, dafs es aus zwei Wel- lensystemen besteht, die unter sich rechtwinklig polari- sirt sind und um eine Viertel-Undulation von einan- der abweichen. Von dieser 'Ü'hatsache ausgehend, ist es’ mir leicht gelungen, die mannigfaltigen Erscheinungen mit Hülfe derselben Grundsätze zu erklären und zu berech- nen, welche wir zur Berechnung der durch das gewöhn- liche polarisirie Licht erzeugten Farben gebraucht haben. 392 Ehe ich diese Modificationen, welche die vollstän- dige Reflexion dem polarisirien Lichte einprägt, ent- deckte, hatte ich diejenigen studirt, welche die partielle Reflexion an der äulsern Oberfläche durchsichtiger Kör- per hervorbringt, und dabei gefunden, dafs das Licht dann niemals depolarisirt wird, selbst nicht partiell, welche Neigung die Strahlen und das Azimuth der Einfallsebene ‘gegen die ursprüngliche Polarisationsebene auch haben mögen, sondern dafs nur eine blofse Ablenkung der Po- larisationsebene daraus hervorgeht. Durch die neue Hy- pothese, welche ich über die Constitution der Lichtwel- len angenommen habe, bin ich auf das Gesetz dieser Ab- lenkungen geführt, welches ich bis dahin vergebens durch empirische Formeln darzustellen gesucht hatte. Diese nämlich stimmten mit den Thatsachen wohl in den drei. Hauptfällen: des Parallelismus der Strahlen mit der Flä- che, der senkrechten Incidenz, und der vollständigen Pola- risation; aber für intermediäre Incidenzen stellten sie die- selben nicht mehr getreu dar. Die Formel, auf welche ich zuletzt durch theoretische Betrachtungen geführt wor- den bin, und welche sich in den Annales de chimie et de physique, T. XVII. p. 312., in einem Zusatze zu der schon erwähnten Notiz befindet, scheint, so weit sich aus ihrer Uebereinstimmung mit den Beobachtungen schlie- fsen läfst, das Gesetz der Erscheinung auszudrücken. Ich habe sie aus den allgemeinen Formeln für die Intensität des reflectirten Lichtes abgeleitet, welche von mir durch diese Betrachtungen entdeckt und gleichfalls in jener Notiz gegeben worden sind. Indem ich hier diesen Auszug aus meinen Abhand- lungen beschliefse, übergehe ich die theoretischen und experimentalen Untersuchungen, welche ich über die von Hın. Biot bei gewissen homogenen Flüssigkeiten, wie beim Terpentinöl, Citronenöl u. s. w., entdeckten Pola- risationserscheinungen angestellt habe. Ich habe geglaubt, mich auf eine Auseinandersetzung der allgemeinen Eigen- 393° schaften des Lichtes oder derjenigen, wenn ich mich so ausdrücken darf, elementaren Thatsachen beschränken zu müssen, welche am häufigsten vorkommen, und von denen die andern gewissermafsen nur mehr oder weniger ver- wickelte Combinationen sind. Ich habe gezeigt, wie die Undulationstheorie sie erklärt, und welche Mittel sie giebt, die Gesetze derselben durch analytische Ausdrücke dar- zustellen. Zur Berechnung der so mannigfaltigen Erschei- nungen der Diffraction, der Farbenringe, die von Luft, Wasser oder jedem andern brechenden Mittel in dünnen Schichten hervorgebracht werden, der Refraction, bei wel- cher das Verhältnifs des Sinus der Incidenz zu dem der gebrochenen Strahlen genau das der Undulationslängen in beiden Mitteln ist, der Farben und besondern Polari- sationsarten, welche die Krystallblättchen zeigen, — zur Berechnung aller dieser Erscheinungen reicht es hin, die verschiedenen Undulationslängen des Lichts in diesen Mit- teln zu kennen; sie sind die einzigen Gröfsen, welche man aus der Frfahrung zu entlehnen braucht, und sie machen die Grundlage aller Formeln aus. Erwägt man, welche innige und vielfältige Beziehungen die Undula- tionstheorie zwischen den verschiedenartigsten Erscheinun- gen aufstellt; so mufs ihre Einfachheit und Fruchtbarkeit in gleichem Grade auffallen und die Ueberzeugung ge- währen, dafs selbst dann, wenn sie auch dem Fmissions- systeme nicht darin voraus wäre, dafs sie mehrere nach diesem durchaus unbegreifliche Thatsachen erklärte, sie schon deshalb den Vorzug verdient, weil sie Mittel giebt, alle optischen Erscheinungen mit einander zu verknüpfen und durch allgemeine Formeln zu umfassen. Ohne Zweifel bleiben noch viele dunkle Punkte auf- zuhellen, vor allem in Bezug auf die Absorption des Lichts, wie z. B. die Reflexion an Metallflächen und an schwar- zen Körpern, der Durchgang des Lichts durch unvoll- kommen durchsichtige Körper und die eignen Farben der Körper. Wahrscheinlich wird in diesen Fällen ein Theil 394 des Lichts zerstört und in Wärme-Oscillationen umge- ‚wandelt, welche für unsere Augen nicht mehr sichtbar sind, weil sie, wegen der erlitienen Umänderungen, nicht mehr in dieselben einzudringen oder den Sehnerven in Einklang mit ihnen schwingen zu machen vermögen. Aber die totale Quantität der lebendigen Kraft mufs dieselbe bleiben, wenigstens dann, wenn die Action des Lichts nicht eine so’ mächtige chemische oder calorifische Wir- kung hervorgebracht hat, dafs sie den Gleichgewichtszu- stand der Körpertheilchen und mit ihm die Intensität der denselben bedingenden Kräfte umändert. Man begreift nämlich leicht, dafs wenn diese Kräfte plötzlich abnäh- men, dadurch die Oscillationen der Theilchen des erhitz- ten Körpers schleunig an Energie verlieren, und folglich, um mich des üblichen Ausdrucks zu bedienen, eine Ab- sorption von Wärme erfolgen würde. Vielleicht ist diefs der Vorgang beim Schmelzen eines starren, oder beim Verdampfen eines flüssigen Körpers. Besteht das Licht, wie es die Diffractionserscheinun- gen beweisen, nur aus einer gewissen Schwingungsart eines überall verbreiteten Fluidums, so darf man nıcht mehr annehmen, dafs seine chemische Einwirkung auf die Körper auf einer Verbindung seiner T'heilchen mit den Theilchen dieser beruhe, sondern, dafs sie aus einer mecha- nischen Action bestehe, welche die Vibrationen jenes Flui- dums auf die ponderablen Theilchen ausüben, wodurch die letzteren, je nach der Art oder Energie der Schwin- gungen, zu neuen Anordnungen und neuen festeren Gleich- gewichts-Systemen gezwungen werden *). Man sieht hier- aus, wie sehr die Hypothese, welche man über die Na- tur des Lichts und der Wärme annimmt, die Vorstel- lungsweisen über die chemischen Actionen verändern kann, und wie wichtig es daher ist, zu wissen, welche Theorie die wahre sey, um so endlich die Principien der Moleeular- Mechanik zu entdecken, deren Kenntnils ein grofses Licht *) Man sehe die Nachschrift. 395 auf die gesammte Chemie werfen wird. Wenn etwas zu dieser grofsen Entdeckung beiträgt und die Geheimnisse der innern Constitution der Körper entschleiert, so ist es das tiefere Studium der Erscheinungen des Lichts. Nachschrift. Chemische Wirkung des Lichts. Hr. Arago hat durch einen sehr interessanten Ver- such die Ansicht des Hrn. Fresnel hinsichtlich der che- mischen Wirkung des Lichts bestätigt, und dadurch direet bewiesen, dafs diese Wirkung nicht einer Vereinigung der Theilchen des Lichts mit denen der Körper zuge- schrieben werden darf. Als Hr. Arago die Fransen, welche durch Interfe- renz zweier an zwei gegen einander schwach geneigten Spiegeln reflectirten Lichtbündel entstanden waren, auf frisch bereitetes Chlorsilber fallen liefs, fand er, dafs sie schwarze Linien auf demselben hervorbrachten, welche durch Zwischenräume von gleicher Gröfse und weifser Farbe getrennt waren. Diels beweist, dafs, wie die opti- sche Beschaffenheit, so auch die chemische Wirkung der Lichtstrahlen durch die Interferenz derselben abgeändert wird, und dafs sie, je nach.dem Unterschied in den durch- laufenen Wegen, an Intensität varüirt. Ist dieser Unter- schied einer ganzen Zahl von Undulationen gleich, so stehen die beiden Wellensysteme in völligem Accord, und ihre Schwingungen haben die gröfstmögliche Stärke; folg- lich mufs auch ihre chemische Wirkung das Marimum erreichen. In den Punkten dagegen, wo der Unterschied zwischen den durchlaufenen Wegen eine ungerade Zahl von halben Undulationen beträgt, ist die Discordanz voll- ständig, und es mufs also hier die chemische Wirkung Null seyn, wie die Lichtempfindung, welche dieselben Punkte im Auge bewirken. Diels ist auch durch den Versuch bestätigt. Nur mufs man erwägen, dafs die 396 äufseren violetten Strahlen die meiste chemische Wirkung haben, also, bei weifsem Lichte, die schwarzen Linien auf dem Chlorsilber nicht den hellsten Streifen entspre- chen können, welche fast mit den Punkten des völligen Accords der gelben Strahlen zusammenfallen. Dieser Versuch liefert auch ein einfaches und sehr genaues Mittel, die mittlere Länge derjenigen Lichtundu- lationen zu bestimmen, welche die meiste chemische Wir- kung ausüben; denn dazu reicht es hin die Zwischen- räume zwischen den schwarzen Linien auf dem Chlorsil- ber zu messen, und daraus, mittelst der von uns gege- benen Formel, die Länge der Undulationen, wodurch sie erzeugt sind, herzuleiten. i Schon vor langer Zeit hat Hr. Young, indem er das durch die Farbenringe modificirte Licht auf Chlor- silber fallen liels, gezeigt, dafs es in seiner chemischen Wirkung dieselbe Abänderung erleidet. Allein der Ver- such des Hın. Arago hat vor dem seinigen den Vorzug, direct zu zeigen, dafs die ungleiche Wirkung, des Lichts an den verschiedenen Punkten des Raumes, in welchem die beiden Bündel sich vereinigen, von deren gegenseiti- gen Einwirkung herrührt, weil, wenn man einen der Licht- bündel fortnimmt, das Chlorsilber eine gleichförmige Farbe annimmt, in demselben Raume, wo sich vorhin, als beide Lichtbündel ‘gleichzeitig dahin gelangten, abwechselnd schwarze und helle Streifen bildeten. Bei dem, mittelst der Farbenringe angestellten Versuch des Hrn. Young ist es unmöglich, die beiden Wellensysteme zu trennen. Man kann auch durch den Versuch des Hrn. Arago ‚erweisen, dafs an den Punkten, wo der Unterschied in den durchlaufenen Wegen einer ungeraden Zahl von hal- ben Undulationen beträgt, die chemische Wirkung des Lichtes unmerklich ist, sobald die beiden reflectirten Licht- strahlen gemeinschaftlich dahin gelangen, während sie wie- der zum Vorschein kommt, wenn man einen der Licht- bündel auffängt. 397 Man sieht, dafs durch diese Thatsache, unabhängig von jeder Theorie, die von mehreren Gelehrter: ange- nommene Hypothese, als wären die chemischen Wirkun- gen des Lichts eine Folge seiner Verbindung mit den Körpern, umgestofsen wird; denn, wenn diese Hypothese gegründet wäre, mülste die Wirkung um so stärker seyn, je beträchtlicher die Menge der Lichttheilchen wäre, und man würde niemals die chemische Wirkung des Lichts dadurch erhöhen können, dafs man einen Theil der auf- fallenden Strahlen fortuimmt. Der Versuch des Hrn. Arago schliefst noch eine merkwürdige T'hhatsache ein, die sich nicht in dem des Hrn. Young befindet, bei welchem die sich interferiren- den Lichtstrahlen parallel sind und nach ihrer Vereini- gung nicht wieder aus einander gehen. Da nämlich die beiden an den Spiegeln reflectirten Lichtbündel einen merklichen Winkel mit einander bilden, so geschieht es, dafs die Strahlen, welche an einem gewissen Punkt, durch ihre völlige Discordanz, die leuchtenden und chemischen Eigenschaften verlieren, dieselben Eigenschaften ein wenig weiter bin wieder erlangen. Diels beweist, wie Hr. Arago bemerkt, dafs sie nicht gegenseitig zerstört, sondern nur momentan neutralisirt sind, da wo die entgegengesetzten Bewegungen ihre Schwingungen aufgehoben haben *). Den Vorgang bei den Interferenzen wird man leicht aus der Fig. 2. Taf. X. Bd. 81. dieser Annalen ersehen. Der Versuch des Herrn. Arago erfordert mehrere ‚Vorsichtsmafsregeln, wenn man ihn mit Erfolg wiederho- len will. Zunächst müssen die reflectirten Sonnenstrah- len in dem dunklen Zimmer mittelst eines guten Heliosta- ten in einer constanten Richtung erhalten werden, damit die Fransen, welche auf die mit dem Chlorsilber über- zogene Fläche fallen, wenigstens innerhalb zehn Minuten *) Hr. Arago hat diesen Versuch auch als Beweis gebraucht, dafs die Interferenzen des Lichts nicht im Auge geschehen, sondern objectiver Natur sind. pP. 398 Sn nicht merklich verschoben werden. Und damit die sehr kleinen Verschiebungen, welche sie dennoch in diesem Zeitraum erleiden könnten, der Sauberkeit der schwarzen Linien nicht schädlich werden, ist es gut, wenn man den Fransen die grölstmögliche Breite giebt, was dadurch ge- schieht, dafs man die Flächen beider Spiegel fast in eine Ebene stellt. Statt, in dem Fensterladen der dunklen Kammer eine sphärische Linse anzubringen, wodurch man einen leuchtenden Punkt von zu schwachem Lichte er- halten würde, mufs man eine cylindrische Linse anwen- den, welche ein vortreffliches Mittel abgiebt, die Stärke des Lichtes beträchtlich zu vermehren. Da man aber hie- durch keinen Lichtpunkt, sondern eine Lichtlinie erhält, so ist es unumgänglich nöthie, dafs man die Linse in eine mit den Fransen genau parallele Richtung. drehe, wie wir auch schon bei Beschreibung dieses sinnreichen, von Hrn. Arago erfundenen, Verfahrens bemerkt haben. Uebri- gens sieht man leicht an der Deutlichkeit der Fransen, wann diese Bedingung erfüllt ist. Die eylindrische Linse, welche zu dem obigen Versuche angewandt wurde, hatte eine Brennweite von einem Centimeter, und die beiden Spiegel waren kaum um 60 Centimeter von ihr entfernt; einen fast gleichen Abstand besafs die mit dem Chlorsil- ber überzogene Fläche von den Spiegeln. Diese grofse Nähe der verschiedenen Theile des Apparates war erfor- derlich, um den Strahlen eine hinlängliche Intensität zu erhalten. Zu bemerken ist, dafs wegen merklicher Breite der Lichtlinie, die eme Linse von einem Üentimeter Brennweite giebt, die etwas zarten. Fransen sehr verwor- ren werden, und dafs es deshalb vor allem wichtig ist, den Fransen die gröfstmögliche Breite zu geben. Mit einer Linse von kürzerer Brennweite würde man zwar eine zartere Lichtlinie erhalten; allein auch die Intensität des Lichts würde in demselben Verhältnisse geschwächt seyn, und um diese Schwächung zu compensiren, müfste man die Spiegel und das Chlorsilber näher an die Linse brin- 399 gen, wodurch die Fransen, falls sie nicht eine hinlängli- che Breite hätten, gleichfalls verworren würden. Diels ist die am schwersten zu erfüllende Bedingung; mit ein wenig Geschicklichkeit und vieler Geduld gelangt man aber immer zum Zweck. IV. Ueber den mittleren Barometerstand am Meere unter den Tropen; veon Alexander von Humboldt. (Aus dessen Foyage aux regions Equinoziales etc. T. X. p. 1. der Octav- Ausgabe.) U nter den numerischen Elementen, welche in der phy- sikalischen Geographie seit langer Zeit einer genauen Be- stimmung bedürfen, ist der mittlere Barometerstand am Spiegel des Meeres, in den verschiedenen Zonen, eins der wichtigsten. Diese Bestimmung umfalst zwei durch- aus verschiedene Fragen, nämlich: 1) wie grofs ist der absolute Mittelstand des Barometers an den Küsten von Furopa und dem mittleren Amerika, und 2) ist dieser ‘Stand in der gemäfsigten und heifsen Zone derselbe oder nicht? Keine dieser Fragen ist bis jetzt vollkommen beant- wortet. Die Bestimmung des absoluten Barometerstandes setzt genaue Berechnungen über die Wirkung der Ca- pillarität voraus, d. h. über die Depression des Queck- silbers in den Röhren der Gefäfsbarometer. Hr. Arago hat sich mit dieser sehr delicaten Gattung von Untersu- chungen beschäftigt, indem er Barometer nach Fortin- scher Construction mit Heberbarometern verglich. Er wird die Resultate dieser Arbeit nächstens bekannt machen, welche um so mehr Interesse besitzt, da sie mit der Frage, ob das mittlere Gewicht der Atmosphäre in einer langen 400 Reihe von Jahrhunderten unveränderlich sey, in Zusam- menhang steht. Ich beschäftige mich indefs hier nur mit dem mittle- ren Barometerstande unter dem Parallelkreis von 49° und den Aequatorialregionen. Diese Untersuchung hat seit der Zeit, dafs ich Europa verliefs, meine Aufmerk- samkeit besonders erregt. Ich habe zwei meiner Baro- meter sorgfältig mit dem verglichen, an welchem Hr. Bou- vard die meteorologischen Variationen auf dem Obser- vatorio zu Paris beobachtet. Ich glaube zu Cumana, an der Küste des Meeres, den mittleren Barometerstand zu. 337,8 oder 762””,02 bei 25° C. gefunden zu haben, was bei 0° C. einen Stand von 758””,59 geben würde *). Da man zu dieser Zeit (1799) den mittleren Barome- terstand am Spiegel des Meeres, in Europa **), nach Shuck- *) Hr. Caldas, der den WVissenschaften, durch die Reactionen einer blutdürstigen Politik, in einem Alter entrissen wurde, wo er ihnen durch seinen Eifer noch hätte nützlich seyn können, glaubt, dals der Unterschied zwischen dem mittleren Barometerstande nach meinen Beobachtungen und denen von Shuckburgh vonder geringen Uebereinstimmung herrührt, welche man zwischen den ausgekochten und den nicht ausgekochten Barometern autrifft (Semanario, T. I. p. 52.): Dieser Umstand hat indefs auf meine Beobachtungen zu Cumana und Guayra keinen Einflufs haben können. Ich hatte nämlich zwei Gefälsbarometer aus Europa nach Caracas mit geführt, in deren Röhren das Queck- silber mit der grölsten Sorgfalt von sehr geschickten Künstlern ausgekocht worden war. *) Hr. Oriani findet, für Mailand, den mittleren Barometerstand am adriatischen Meere zu 338lin,23 bei 13,5 C., was 761mn,73 bei 0° C. giebt. Nach Ferrer beträgt der mittlere Barometer- stand zu Havannah, bei 25°,7 C., 338!in,55 oder 763nm,71, also, bei 0° C., 760@m,18. Diefs Resultat ist identisch mit dem des Hrn. Boussingault; aber wir wissen nicht, wie hoch das Barometer des Hrn. Ferrer über dem Meere hing, und welche Mittel zu Mailand und Havannah angewandt worden sind, um die Capillarität der Röhren zu erfahren. Man sehe Dei combu- stibili, Memoria del Conti Bevelacque-Lancisc. p. 107. Schu- \ 401 Shukburgh zu 761”®,18 (bei 0° C.) annahm, so mufste ich nothwendig aus diesem Vergleiche schliefsen, dafs der miütlere- Barometerstand, am Spiegel des Meeres, in der heifsen Zone ein wenig kleiner sey als in der gemäj/sigten*). In Ungewifsheit hinsichtlich der Capil- larität des angewandten Barometers, berechnete ich in meinem JTableau des regions equimnoxiales diesen Un- terschied zu zwei Millimeter, und schrieb ihn der auf- steigenden Bewegung der tropischen Atmosphäre zu, wel- che die stark erhitzten Luftschichten nach den Polarre- gionen abführte. Da ich, vor meiner Einschiffung nach Cumana, mit meinen Instrumenten eine lange Landreise von Paris, über Marseille, Murviedro und Madrid, nach Corunna gemacht hatte, so legte ich wenig Vertrauen auf meine Bestimmung. Glücklicherweise kann ich sie ge- genwärtig durch eine andere weit genauere ersetzen. Die Hrn. Boussingault und Rivero haben, ge- meinschaftlich mit Hın. Arago, vor ihrer Einschiffung macher Astronom. Nachrichten. Beil. Th. ZI.N. 65. Her- tha No. 3. p. 246. Ueber die ziemlich constante Depression, welche das Barometer in der Nähe des Gap Horn, im Meere von Sachalin und an der VVestküste Norwegens, wo heftige WVest- wınde wehen, erleidet, sehe man: Krusenstern, Recueil de Mem. hydrographig. T. I. p. 29. Leopold von Buch, in Gilbert’s Annalen der Physik, T. ÄXV. p. 250., auch daselbst p. 4. über die barometrische Windrose. *) Man sehe meinen Essai sur la Geogr. des plantes, p. 90. Richer, Bonguer, La Condamine. Ulloä und Don Jorge Juan glaubten, in der ersten Hälfte des 18. Jahrhun- derts, dafs das Barometer am Spiegel des Aequinoxialmeeres auf 27'115; 28% 1 oder 280 stehe. Die Instrumente, deren sich diese Reisenden bedienten, waren ohne Zweifel sehr unvoll- ständig von Luft befreit, denn da sie keine Gorrection wegen der Temperatur anwandten, so hätten sie die Barometerstände weit grölser finden müssen. Dafs man neuerlich den mittleren Stand des Barometers am Spiegel des Meeres in Europa ein wenig zu grols angegeben hat, rührt ohne Zweifel von der Ungewilsheit her, in der man noch hinsichtlich der Capillaritätswirkungen ist. Annal.d. Physik. B.88.St.3. J.1828. St. 3. Ge 402 nach Guayra, zwei vortireffliche Fortin’sche Barometer mit dem im Observatorio zu Paris verglichen. Diese bei- den Barometer haben unter sich denselben Unterschied beibehalten, welchen sie in Europa besalsen. Nun hat Hr. Boussingault gefunden, dals, am Niveau des Oceans, zu Cuayra ‚ das Mittel aus dem 12 Tage lang beobachteten Marıimis und Minimis, bei 0° C., 760"®,17 beträgt. Hr. Arago berechnet aus Yjährigen Beobach- tungen zu Paris den mittleren Barometerstand daselbst, nach Reduction auf 0° C. und auf das Niveau des Mee- res *), zu 760”®85. Der Unterschied der beiden Mit- telstände, welche gewissermafsen mit demselben Instru- mente angestellt sind, steigt also auf 0,68. Man darf nicht vergessen, dafs selbst in der heifsen Zone zufällige Störungen einen Einflufs auf den mittleren Barometerstand ausüben. Ich habe sorgfältig die wahr- scheinlichen Gränzen dieser Veränderungen berechnet, und es geht daraus, nach der Analogie von gut beob- achteten Thatsachen hervor, dafs selbse zu Guayra, der aus den Marimis um 9" und Minimis um 3" abegelei- tete Mittelstand des Barometers, in den verschiedenen Jahreszeiten um einen Millimeter grölser oder kleiner ge- funden werden kann. Um die uns hier beschäftig gende Frage ganz aufser Zweifel zu stellen, mülste man 9jährige Mittel von Paris mit dem einjährigen Mittel an den Küsten von Venezuela vergleichen. Aber bis jetzt besitzen wir nur für einen einzigen Ort in der heilsen Zone, zwischen 0° und 15° NB., stündliche Beobach- tungen von einem ganzen Jahre; und dieser einzige Ort ist das Plateau von Bogota, welches sich um can als 2600 Met. über das Bivera de Aequinoxialmeeres erhebt. *) Der mittlere Barometerstand im Observatorio zu Paris ist 75Hnm,43, Der Unterschied zwischen dem Öbservatorıo und dem Hafen in Havre, beträgt nach einjährigen correspondirenden Beobachtun- gen an verglichenen Instrumenten: um 42, — = an 403 V. Einige Bemerkungen über Quellen- Tempe- ratur; con Leopold von Buch. (Gelesen in der Academie der WVissenschaften d. 3. März 1825. — Aus den so eben erschienenen Denkschrift. d. K. Acad. in Berlin für 1825.) FE; ist eine schöne Anordnung in der Oeconomie der Natur, deren Entdeckung wir Hrn. Wahlenberg ver- danken, dafs die Wärme des Bodens die mitilere Teem- peratur der Luft um so mehr übertrifft, je weiter man gegen Norden heraufgeht. Denn dadurch werden polari- schen Gegenden eine Menge Gewächse erhalten, welche sonst untergehen mülsten, ja es wird das Leben selbst in Gegenden gebracht, welche sonst ganz todt und dürr und von allem Lebendigen geflohen seyn würden. Wer kann sich Anbau und Cultur denken, in einem Boden, dessen Temperatur 1 oder 2 Grade unter dem Gefrier- punkte steht? Nicht höher ist aber die Temperatur der Luft in Gegenden, in welchen Städte liegen, und Korn- bau mit Regsamkeit und Vortheil getrieben wird. Es ist die Temperatur eines grolsen Theiles von Sibirien, von Finnland im oberen Theile, und von mehreren bewohn- ten Thälern in Schweden. Die Wahlenbergischen Beobachtungen, aus denen ein so merkwürdiges Resultat hervorgeht, sind von mir in Gilbert’s Annalen bekannt gemacht, in eine Tabelle gebracht und mit der Luft- Temperatur verglichen wor- den.. Aus diesen hebe ich folgende vier Angaben aus, - welche die Natur der Erscheinung vollkommen darstel- len werden. Quellen- Luft- Diffe- Temp. Temp. renz. In Garlserona..... « 561Grad 6,8R. 6,3 R. 0,5 eysalarsinia. ct6). 0 - 52- 445 - 075 Bllmea is 64.022 ,:2,3,- .0,6.,-7 52 - Giworten fiäll ..... 66 - 0,96-—3- = 3,96 (Enontekis). (1600 Fufls über dem Meere.) @eH 404 Wahlenberg sucht die Ursache dieser Erschei- nung in der beschützenden Schneedecke, durch welche, vermöge ihrer geringen wärmeleitenden Kraft, die Win- terkälte abgehalten werde, in den Boden zu dringen, und auch andere haben diese Meinung vorgetragen. Sie be- ruht auf der falschen Voraussetzung, dafs die Luftwärme in den Boden, durch Mittheilung in der Masse selbst, welche diesen bildet, eindringe.e Wie langsam, eine sol- che Vertheilung geschehe, wie sie, um 30 Fufs zu durch- laufen, schon sechs Monate Zeit brauche, haben Saus- sure’s. Beobachtungen gelehrt, und die, welche später in Genf während zehn Jahren in einem Brunnen ange- stellt worden sind, welche stets das Minimum zeigten, wenn oben die gröfste Wärme herrschte, das Maximum zur Zeit der gröfsten Kälte. Schwerlich würde die Schnee- decke zureichen, um bei ihrer langen Dauer während so vieler Monate das Ausstrahlen der Wärme des Bodens zu verhindern. Da überdiefs der Einflufs zweier ungleich erwärmter Körper auf einander immer gegenseitig ist, so folgt, dafs im Laufe der Jahre auch die beste wärmehal- tende Decke nicht verhindern könne, dafs der Boden die mittlere Temperatur der Luft nicht annehme. Es würde auch um so weniger begreiflich seyn, wie nördlichere Gegenden mehr für solches Ausstrahlen be- schützt werden, als südliche, da die Menge des fallen- den Schnees sich mit der Zunahme der Breite bedeutend vermindert, daher die Schneedecke weniger hoch ist. Man sieht mit einiger Befremdung, dafs auch der berühmte Leslie an diese Mittheilung der Temperatur durch den Boden glaubt, eben weil es eine nothwendige und mathe- matisch zu beweisende Folge der Gesetze der Wärme ist. Er bemüht sich deshalb vergebens, Beobachtungen, welche Ferguson mit TThermometern in verschiedenen Tiefen des Bodens angestellt hat, auf ein gemeinschaftli- ches, von der Wärme der Atmosphäre abhängiges Ver- iheilungsgesetz zu bringen. ' 405 Es scheint daher nothwendig, zu wiederholen, wie dieses Gesetz von einem schneller wirkenden modifieirt und gänzlich versteckt wird, wie nämlich diese Verthei- lung fast nur allein von dem Eindringen der afmosphä- rischen Wässer abhängen könne, durch welche die Tem- peratur so schnell durch den Boden und in die Tiefe verbreitet wird, dafs die unmittelbare Einwirkung durch Mittheilung sehr bald und in weniger Tiefe überwogen und völlig unkenntlich gemacht werden mufs. Deswegen aber wirkt die grofse Winterkälte des Nordens so wenig auf den Boden, und mit so gröfserer Differenz, je nie- driger die Temperatur ist, weil im Winter keine Wäs- ser flielsen, und Temperaturen unter dem Gefrierpunkte durch diefs schnell wirkende Medium überhaupt gar nicht verbreitet werden können. Ich bin daher völlig über- zeugt, dafs alle Nachrichten, welche behaupten, dafs der Boden in vielen Fuls Tiefe sich, selbst im Sommer, noch gefroren gefunden habe, in Gegenden, welche noch im Stande sind, strauchartige Gewächse zu ernähren, für ganz unzuverlässig angesehen werden müssen, und Gm elin S Nachrichten, dafs man in Brunnen in Jakutsk noch n 100 Fufs Tiefe den Boden gefroren fand, sollte nicht mehr in physischen Lehrbüchern, wie es doch so oft ge- schehen ist, wiederholt werden. Was Cosacken ausge- sagt haben, die, als Gmelin diese Nachricht aus Acten "in Jakutsk zog, lange schon todt waren, und denen es sehr leicht zu beschwerlich seyn konnte, eine harte Brun- nenarbeit fortzusetzen, sollte nicht gebraucht werden, eine so auffallende und so wenig glaubliche physikalische That- sache zu bestätigen. In der Hudsonsbay, deren Mittel- Temperatur tief unter dem Gefrierpunkte steht, laufen Quellen, den ganzen Winter hindurch, unter einer Decke von Schnee und Eis. (Capt. James. 1631.) Da, wo die Winterkälte nicht so grofs ist, dafs die Temperatur während einiger Zeit unter dem Gefrierpunkte bleibt und den Kreislauf der Wässer verhindert, ist die ’ “ 0 " ART “ - 10 \ \ N 406 Temperatur der beständigen Quellen auch fast gänzlich mit der Temperatur der Atmosphäre übereinstimmend. Fine starke Quelle bei Edinburgh, in welcher sich das Thermometer fortwährend auf derselben Höhe erhält, zeigt 6,96 Grad R., die Mittel- Temperatur dieser Stadt aber ist, nach Playfair’s sechs Jahre fortgesetzten Beobach- tungen, 7,04 Grad R., welches gar kein Unterschied ist (Zhom. Annal. Feb. 1818). So findet man es im gan- zen atlantischen Theil von Europa. Damit ist dann auch die Temperatur tiefer Brunnen übereinstimmend, solcher nämlieh, welche wirklich gebraucht werden, und in wel- chen dadurch ein Kreislauf der Wässer erhalten wird; nicht aber solcher, welche in Ruhe stehen, in denen da- her die kalte Luft der Atmosphäre sich herabsenkt und die Wände in der Tiefe mehr erkältet, als das Gesetz der Mittheilung erlaubt haben würde. Im mittleren Eu- ropa darf man also wohl die Angabe beständiger Quel- len für einen leicht zu findenden Ausdruck der mittleren atmosphärischen Temperatur halten. Durch Humboldt erfahren wir aber, und durch ihn zuerst, dafs diefs keinesweges der Fall in wärmeren Ländern sey; dafs die Angabe der Quellen, daher auch die Wärme des Bodens fast überall einige Grade tiefer sey, als die Temperatur der Atmosphäre darüber. Er hat diese T'hatsache in der hiesigen Academie in einer Abhandlung vorgetragen, von der nur ein Auszug in Gil- bert’s Annalen gedruckt ist (B. 24. p. 46.). In den Ge- birgen von Cumana und Caracas, sagt er, habe er viele Quellen stets kälter gefunden, als man: nach ihrer Höhe hätte vermuthen sollen; so z. B. eine Quelle in 680 Toi- sen Höhe von 13,2 R., eine andere in 505 Toisen Höhe von 13,5 R., eine dritte in 392 Toisen Höhe von 16,8 R. Alle waren also wenigstens drei Grade kälter, als sie es nach der mittleren Temperatur der Gegend seyn sollten, wo sie ausbrachen. Eine Quelle bei Cumanacoa von 18 Grad Temperatur und in 179 Toisen Höhe hätte 407 20 Grad’angeben müssen, wäre sie mit der Luft- Tem- peratur übereinstimmend gewesen. Auch geben Bestim- mungen von John Hunter von Quellen in Jamaica ein ähnliches Resultat (PAıl. Transact. 1788. p. 59. sgg.). Coldspring ist 3892 P. Fufs hoch und 13,22 Grad R. warm; man hätte 16 Grad R. erwarten sollen. Ganz in der Tiefe am Meere scheint doch dieser Unterschied weni- ger bedeutend. Humboldt findet aus vielen Zusammen- stellungen und Beobachtungen, dafs die mittlere Wärme der Aequatorialgegenden 21,5 R. sey, und sagt dann fer- ner, dals er die Wärme des Bodens bei Cumana zwi- schen 20 und 21 Grad wechselnd gefunden habe. Cu- mana selbst giebt er zu 22,4 R. an. Hunter sah die Temperatur in 100 Fufs tiefen Brunnen, bei Kingston, nur um 5 Grad höher oder niedriger als 21,33 Grad R., und eine starke (Quelle in der Nähe bei Zlock fort zeigte 20,9 GradR. Ferrer fand die Wärme im Wasser eines 100 Fufs tiefen Brunnens bei der Zavana 18,84 R., die mittlere Luft- Temperatur 20,56 R. Diefs Alles würde den Unterschied zwischen der Wärme der Luft und des Bodens der Tropenländer am Meere auf höchstens 1 Gr. R. feststellen. So ungefähr fand es auch Prof. Smith auf den Cap verdischen Inseln. Ein Brunnen, 18 Fufs tief, nahe bei St. Yago, aus dem alle Einwohner ihr Trinkwasser hol- ten, zeigte 19,55 R., eine schöne Quelle aber 1000 Fuls höher, sogar 20 R. Schwerlich kann die Luft -Tempe- ratur der Insel sich noch höher erheben. Aber im innern von Congo fand Smith wieder ein Resultat, dem Humboldt’schen ähnlich. Auf der Höhe von 1360 P. Fufs zeigten starke Quellen nicht mehr als ‚ 1822 I. Wärme; die mittlere Luft- Temperatur würde 20,5 R. verlangt haben. In Nepaul bei Khatmandu, 28 Grad N. Br, 4140 P. Fuls über dem Meere, fand Buchanan die Temperatur der Quellen 14,23 Grad R., die Temperatur der Luft TY R' By 19 z 408 14,13 Grad. R. Tropische Regen fallen im Sommer, und auch im Winter regnet es viel. Daher ist diese Ueber- einstimmung der Temperatur der Luft und des Bodens begreiflich.. Am Fufs des Gebirges bei Bichakor zeigte eine Quelle 18,64 Gr. R. Temperatur; das Mittel der atmo- sphärischen Wärme ‚würde hier wohl nahe an 20 Gr. R. erreicht haben. (Hamilton Aecount of Nepaul. Vol. Il.). | Diefs sind alle Beobachtungen, welche bis jetzt über Temperatur des Bodens tropischer Länder bekannt ge- worden sind. Weder von Sierra Leona, noch aus Ost- Indien, aufser denen in Nepaul, odeı von den Molucken sind ähnliche Beobachtungen jemals erschienen. Ueber die Ursachen dieser Erkältung ist bisher nichts gesagt worden; es sey denn eine Aeufserung von Hum- boldt, dafs es ein Rest der kälteren "Temperatur höhe- rer Berge seyn könne, welcher durch die Quellen her- abgebracht würde; ein Grund, der nicht gänzlich befrie- dist, da solche Berge gewöhnlich zu entfernt sind, als dals man von ihnen noch untere Quellen herleiten könnte. Die Erscheinung fängt schon an im südlichen Europa beobachtet zu werden, und wahrscheinlich würde man in Portugal, in Spanien und in Italien viele Quellen finden, welche in ihrer beständigen Wärme von der Luft-Tem- peratur noch weit mehr abweichen würden, als die Quel- len tropischer Länder. Eine herrliche Quelle bei St. Cesa- reo, unfern Palestrina bei Rom, fand ich am 29. August von 94 Grad R. ‚Temperatur, bei 22 Grad Wärme der Luft, da doch die mittlere T’emperatur 12,6 Grad R, ver- langt haben würde. So viel ich auf den canarischen Inseln Quellen habe erreichen können, welche zu solchen Beobachtungen sich eigneten, habe ich mich bemüht, ihre Temperatur mit einiger Genauigkeit zu erforschen, und ungeachtet diese Beobachtungen nicht in solcher Menge vorliegen, dafs man Gesetze daraus ableiten könnte, so glaube ich, sind ‚sie doch nicht ganz ohne Belehrung, Herr Erman hat 409 die Güte gehabt, das vorzüglich von mir gebrauchte Ther- mometer mit denen zu vergleichen, welche ihm zu seinen Beobachtungen in den hiesigen Gegenden gedient haben, und welche wiederum mit dem Thermometer correspon- diren, mit welchem Wahlenberg bis 71 Grad herauf Beobachtungen angestellt und die Temperatur des hiesi- gen so beständigen Louisenbrunnens bestimmt hat. Das von mir gebrauchte Thermometer von W. Jones in Lon- don stand nach diesen Vergleichungen 3 Fahrenheitische Grade höher, als Wahlenberg’s Beobachtungen es verlangten; ich habe hiernach den Canarischen Bestim- mungen diese 3 Grade abgenommen, und dadurch kann man sie mit allen Erman’schen und Wahlenberg- schen Angaben als völlig vergleichbar ansehen. Quellen am Meeresufer oder wenig davon entfernt. Meneritte 6. Mai 1815. Quelle von ungemeiner Stärke und Schönheit unter einem Lavenstrom her- vor, am Cap Martianez, unter la Paz, suweit Puerto Orotwa ar a... 142° R. So ist sie fortwährend geblieben, chne je ihre Temperatur merkbar zu ändern. Die mittlere Temperatur der Luft ist, nach Don Francisco Escolar zu St. Cruz 173° R. 8. Mai. Quelle von £ Rey, zwischen Pia lejo und Puerto, welche nach Puerto Oro- Face geführt se ae... een al“ 14,3° R. 7. Juni und 6. September ..... REINE 14,8° R. 1. Juni. Treffliche Quellen, ganze Bäche, wie Wasserfälle aus den Felsen unter der Mühle von Gordazuelo bei Ria lejo ..... = 13,3 %R. am 9.4 September' aber... .. u re SLATAR: 410 Palma, 4 9. September. Wasser in einem Brunnen, 20 Fufs tief, am Strande bei der Stadt $1. Cruz, und nicht weit von einigen schönen und grofsen Gocospalmen .:........ 15,77 R Lancerote. 18. October. Aus Zapilli, in einem Thale zwischen Ausbruchskegeln, welche den Ort bedecken, wo sonst das Dorf Tigayfe lag, kommt stets Wasser aus dem Grunde eines 5 Fufs tiefen Brunnens, trocknet nie aus, und wird von den Umherwohnenden in Menge geholt. Es ist ein sehr gutes Was- ser. Temperatur... Ju ve ce LAS aEN Das gäbe im Mittel eine Wärme des Bodens von 14,4 Grad R., daher fast volle 3 Grad weniger, als die Mittel- Temperatur der Luft. Mehrere dieser Quellen kommen aus kleinen Ab- stürzen, welche sanfte und sehr bebaute Abhänge been- den, wie die schöne Quelle von /a Paz; man muls also wohl glauben, dafs sie die Wärme des Innern dieses Abhanges anzeigen. So höchst sonderbar und auffallend auch diese Er- kältung seyn mag, wenn man sie im heifsen Sommer un- tersucht, so wird man sich doch sehr bald überzeugen, dafs sie aus keiner anderen Ursache entsteht, als aus der, welche im Norden den Boden erwärmt. Vom südlichen Furopa an bis zu den Wendekreisen giebt es nur eine Regenzeit, vom November bis zum April. Vom Mai an regnet es nicht mehr. _Die Sommerwärme wird also eben so wenig von den Wässern in das Innere verbrei- tet werden können, als die Winterkälte in gefrornen Län- dern. Es kann nur die Temperatur eindringen, welche. der Regen während seines Falles voründet, und mit dieser 4il werden die Quellen wieder hervorbrechen. Die Wärme der Quellen bei Orotava ist daher wahrscheinlich die mitt- lere der Monate Februar und März. Bei St. Cruz würde diese Temperatur wohl etwas höher steigen, aber es finden sich dort keine Quellen in geringer Höhe über dem Meere, von welchen wir dar- über belehrt werden könnten. Das Wasser in einem Brunnen, 20 Fufs tief, im Baranco de los Santos, un- weit St. Cruz, zeigte 16,4 Grad R., Luft 20,6 Grad R. Es war der Ueberrest des Wassers, welches im Winter im Daranco geflossen war. Quellen auf Höhen bis 3000 Fu/s. Teneriffa. Juni und August. Fuente del Drago unter Laguna, eine mächtige Quelle unter dich- tem Gebüsch aus Basaltschichten hervor, 1200 Fufs über dem Meere ........ 14,2° R. 14. Mai. Fuente de los Negros, nicht sehr starke Quelle, ostwärts über Laguna, unter ‚ einem groisen Rubusbusch aus Basaltritzen 14,3° R. Die Stadt Laguna liegt 1640 Fuis hoch auf einer Fbene; Fuente del Drago liegt unmittelbar darunter, und wird noch von den Einwohnern zu häuslichem Gebrauche benutzt. ihre unveränderliche Temperatur kann daher wohl als bezeichnend für die innere Wärme des Bodens von Laguna angesehen werden, und somit würde diese innere Wärme vom Meere bis zur Höhe dieser Fläche sich noch gar nicht verändert haben. Die mitilere 'Tem- peratur der Luft in Laguna steht .doch mehr als 2 Gr. R. unter der von St. Cruz. Gar schnell vermindert sich aber nun die Wärme der Quellen, fast ohne zwischenliegende Grade, und was ganz merkwürdig ist, ziemlich gleichförmig im ganzen Um- kreis der Insel. Ich werde die Quellen anführen, wie sie 412 von Laguna aus gegen Orotava hin in einer Art von Nivellements-Linie die Insel umgeben. 21. August. Agua de las mercedes, 2200 Fuls hoch, im Walde del Obispo über Laguna, unter einem prachtvollen Gewölbe von rie- senmäfsigen Lorbeeren, und zwischen Bü- schen von Mocanera und Viburnum ... 112° R. 19. Mai. Quellen, unfern der Kirche des Eremiten bei Zsperanza, unter Bäumen „von Der Perado und Laurus foetens, 2100: Kuls. hoch. .... 2.2. Sr ma: 12,2° R. August. Fuente Guillen, zwischen Esperanza und Matanza, 2556 Fufls hoch ...... 121° R. 16. Juni und 29. August. Agua Garcia, im Walde über Tacaronte, auf dem Wege nach Matanza, unter hohen Zricabäumen und von prächtigen Büschen von Farnkräu- tern umgeben, 2465 Fuls hoch ...... 11,2° R. August. Fuente la Vica, über Matanza, 2600: Bulls. EIDNL ENTER 11° R. September. Fuente de Vero und Fuente de los Villanos, zwei (Quellen wie Bäche, un- mittelbar aus dem Felsen, im den Bergen zwischen Esperanza und Baranco Hondo; beide genau von gleicher Temp. 2800 Fufs 10,6° R. Mai. In einem Circus von Felsen über Ara Lejo dariba stürzt eine mächtige Quelle hervor, welche, wie die Anwohner sagen, bei Regenwetter warm ist, bei Sonnen- schein kalt, welches immer ein Beweis der Unveränderlichkeit ihrer Temperatur ist. Fuente de la Madre Juana, 2600 Fuls hoch 2223» RER 11,9° R. Mai. Juni. Quelle auf dem Berge von 73- gayga, zwischen Ria lejo und Jcod el alto, nicht völlig 2000 Fuls hoch . .......- 11,9° R. 413 Eine andere Quelle an der linken Seite des Baranco, der nach Aambla herabführt, and. anf eleicher Höhedr.. 2. „au die & 11,7° R. Mai. Fuente del Rey; grolse, starke und schöne Quelle über Jcod los vinos, 1362 Blsıhoeli a. ce a 11,7’ R. Juni. Quelle in einem offenen Bassin im Vi ei St Yaso, 2300 Fufs hoch . u... u.en. IHR. Die Unterschiede zwischen diesen Beobachtungen sind nicht so grofs, dafs man nicht vermuthen sollte, die Uebereinstimmung würde noch weit gröfser seyn, wäre die Wärme dieser Quellen häufiger und zu gleichen Zei- ten bestimmt worden. Immer geht hieraus hervor, dafs die Wärme des Bodens in 2500 Fuls Höhe auf Tene- riffa gar wenig von 11 Grad R. abweichen wird. Daher wäre die Abnahme von Laguna's Fläche an auf S60 Fulfs schon 3,2 Grad R. oder 279 Fufls (464 Toise) für 1 Grad R., welches überaus viel ist. Vom Meeresufer an würde aber diese Abnahme 1 Grad R. für 735 Fufs betragen. Nach denen von Humboldt een Grund- sätzen, nach welchen aus vielen Zusammenstellungen her- vorgeht, dafs in niederen Breiten die Temperatur der Atmosphäre für 726 Fufs gröfsere Erhebung 1 Grad R. abnimmt, würde diese Temperatur der Luft in 2500 Fufs Höhe 13,9 Grad R. betragen; fast so viel, als die Quel- len nahe am Meere zeigen, und wieder nahe an 3 Grad von der Temperatur verschieden, mit der sie wirklich: in dieser Höhe hervorkommmen. Die sehr starke Quelle der Agua manza, welche als ein Bach nach Villa Orotava geleitet ist, und in 4100 Fufs Höhe her- vorkommt, hatte im September eine Wärme VOLL... REES RD NZ OT. So sehr .diefs auffallend und anomal scheint, so glaube ich doch, möge sich bis über 4000 Fufs die 414 Temperatur der Quellen nicht sehr verändern. Es ist die Region der Wälder, und zugleich auch der, den gan- zen Sommer durch, von 9 oder 10 Uhr an bis 4 oder 5 Uhr Nachmittags hervortretenden Wolken. Der Nebel hängt sich an die Blätter der Bäume und erhält den Bo- den stets feucht. Die Quellen, welche hieraus reichliche Nahrung ziehen, verbreiten schnell die obere Temperatur auf tiefer liegende Orte. Es würde wünschenswerth seyn, zu wissen, ob nun über der Region der Wälder die Abnahme wieder schnel- ler fortschritte. Allein in solcher Höhe giebt es entwe- der keine Quellen mehr, oder sie sind so schwach, dafs . sie von der Temperatur der umgebenden Luft gar bald verändert werden müssen. Die Zuente della montana blanca über Villa Orotava in 6103 F. zeigte am 24. Au- gust 7,11 Grad R. Eine schwache Quelle aus Felsritzen in der Argostura, im Circus des Pic, auf dem Wege nach Chasna, 6400 Fufs hoch, im Mai 4,9 Grad R.; Luft 10,5 Grad. R. Diese Temperaturen scheinen daher nach den Mona- ten sehr veränderlich; könnten aber vielleicht trefflich dienen, den jährlichen Gang der Wärmezunahme in die- sen Höhen zu erforschen. 1 Quellen auf Gran Canaria. 12. July. Agua Madre de Moja. Herrliche starke Quellen im tiefen Schatten von Til- bäumen aus Basaltschichten hervor, 1387 F. hoch. 1.. Ein ganzer‘ Bach, . kun Se llunn sl BB 2. Andere Quelle, tief unter Steinen hervana. fl stellen a A 13,4° R. 3. Nahe am .Daranco, von unten aus dem Boden: herauf... „As 13,4° R. Sauerquelle unter Moja, die weder im Ge- 415 halt an Kohlensäure, noch an Masse sehr ESTER TRANS Ra SA A NINO ES 17,2° R. Stärkere Sauerquellen, unter grofsen Fels- blöcken hervor, in der Tiefe des Daranco della Wırgıne, unter Firgas nn... 17° R. Kleine Quellen über den Häusern von Ztio Secco, nahe dem Baranco della Virgine, 3100 Euls hoch 2: Br 2 RUM 2 133 Luft 20° R. Stärkere Quelle auf dem Wege zum Berge gegen Moja Ka SER DR DIOR SE NEN 13,3° R. Starke, aber nur schwach gesäuerte Quelle, eingefalst, aus zwei Steinröhren hervor, im Baranco unter Teror 1461 Fufls hoch .. 17,6°R. Es scheint daher; dafs 13% Grad wohl als der Aus- druck der Temperatur des Bodens für die nördlichen Ab- hänge von Gran Canaria bis 2000 Fuls Höhe angese- hen werden können. Die "Temperatur der Luft würde nahe an 16 Grad R. verlangt haben. Eine kleine laufende Quelle unter Tonze in Tiraxana, in der Caldera und in 2250 F. Höhe aus Granitmassen fand ich am 18. July 15,4°R. (Es ist ein sehr geschützter und sehr war- mer Ort.) Fine Quelle unterhalb der Kirche von Texreda, im engen Thale, von ziemlicher Stärke, und 2600 Fuls hoch ........ 16,5 R. Sehr auffallend ist es, wie eine schwache Menge von Kohlensäure die Temperatur dieser Quellen so bedeu- tend zu ändern vermag; ungeachtet die Quellen nur wenig von einander entfernt liegen, so ist doch zwischen ihrer Wärme ein Unterschied von nahe an 4 Grad R. So merkwürdig diese Erscheinung aber auch seyn mag, so ist sie dieser Insel nicht eigenthümlich, sondern ziemlich allgemein. Zum wenigsten habe ich bis jetzt noch kein Sauerwasser auffinden können, dessen Temperatur nicht 416 jederzeit die der laufenden und reinen Quellen übertrof- fen hätte. Man begreift diefs leicht, wenn man etwas unter- sucht, wie Sauerwässer auf der Erdfläche vorkommen. Sie sind nämlich jederzeit nur der Ausflufs der heifsen, mineralischen, viele Stoffe enthaltenden Quellen, welche in der Tiefe, in Spalten und in engen Thhälern hervor- brechen. Die Kohlensäure, vom heifsen Wasser zurück- gestofsen, entweicht, dringt durch die Risse der Felsen in die Höhe, verbindet sich dort mit den kälteren Wäs- sern, und kommt mit ihnen zu Tage hervor. Daher wer- den denn diese Wässer von dem emporsteigenden Gas erwärmt und über ihre ursprüngliche Temperatur um etwas erhoben. Unter den vielen hundert der reichsten Sauer- quellen in der Wetterau und zwischen der Lahn und dem Main ist nicht eine, welche nicht mehrere Grade über dem gewöhnlichen Punkte kalter Wässer erwärmt wäre. sSelters, 800 Fufs über dem Meere, steht auf 13 Grad R.; Grofs-Karben zwischen Friedberg und Frankfurt, eine der stärksten und dabei wasserreich- sten aller bekannten Sauerquellen, auf 12 Grad R.; Schwalheim auf 10 Grad R., und nie eine tiefer. In der Spalte der Zahn, in der Vertiefung gegen den fihein, erscheinen die heifsen Wässer von Ems und von Wis- baden und oben auf dem Gebirge zwischen ihnen beiden liegen in mehreren Reihen fort, bis zum Vogelsberg hin, die Sauerquellen, welche mit ihnen zu einer gemeinschaft- lichen Entstehungs-Ursache gehören. Unter diesen auch sogar noch die sogenannten Salzquellen der Welterau. Hätte man die Quellen der grofsen Saline von Nauheim nicht zum Salzsieden benutzt, man würde in ihr nie etwas anderes als eine Sauerquelle mit schwachem Salzgehalt geschn haben. Sie liegt tief, kommt aus Grauwacke, und ist vom Flötzgebirge weit entfernt. Ihre Temperatur er- hielt sich bisher beständig zwischen 18 und 20 Gr. R.; sie 417 sie perlte und schäumte bei dem Hervorbrechen und war stets mit einer Schicht: von kohlensaurem Gas bedeckt. Die glücklichen Versuche auf Steinsalz am Neckar, wel- che der grofsen Saline von Nauheim den Untergang drohten, verleiteten auch bei Nauheim zu bohren, als hätte man es. hier mit einer wirklichen Salzquelle im Flözgebirge zu thun, und als wäre es denkbar, dafs ein solches Bohrloch auf eine Salzschicht führen könne. Vom September bis December 1822 hatte man ein Bohrloch 60 Fuls tief gestofsen, und wirklich hatte sich die Sohle von 24 auf 3 Proc. Gehalt vermehrt. Ihre Wärme war 22 Gr. R. Im Februar 1823 ward die Arbeit bis SO F. Tiefe fortgesetzt. Es erschien nun eine unglaubliche Menge Wasser, wenigstens 36000 Cubikfufs in 24 Stun- den; die Quelle stieg schäumend und brausend bis 10 F. unter der Schachtwand. Sie hatte jetzt 25 Grad R. Tem- peratur gewonnen, dampfte sehr stark, und war, durch die Menge der entbundenen und im Schacht mehr als 1 Fuis hoch stehenden Kohlensäure sogar gefährlich ge- worden, aber der Salzgehalt hatte sich jetzt nicht ver- mehrt. Solche Zunahme von Wärme und von Kohlen- _ säure würde. wahrscheinlich überall das Resultat seyn, wenn man den Sauerwässern der Tiefe durch tiefe Bohr- löcher neue und tiefere Auswege eröffnen wollte. ‚Ein anderes, und sehr merkwürdiges Beispiel dieser Einrichtung der Natur liefert die Gegend von Carlsbad. Die heifsen Quellen dringen mit bedeutender Wärme (68 Grad R.) aus Granit in einem engen Thale, in einer Art von Spalte am Ausgang des Thales gegen die Ebene. Dieser Granit bildet aber, wie so häufig in Gebirgen, so auch in diesem Theile von Böhmen, eine Art von Ellip- soid über dem Boden, oben von Gneus und Hornblend- schiefer bedeckt. Es ist auf diese Art ein von den übri- gen reihenförmigen Ketten ganz getrenntes Gebirge, und wird nördlich durch das Egerthal vom Erzgebirge, westlich Annal.d.Physik.B.88. S1.3.J.1828. 51.3. Dd 418 vom weiten Thale, in dem Königswartha und Plan lie- gen, vom Böhmer Waldgebirge geschieden. Der Granit, der die Felsen von Carlsbad bildet, findet sich ununter- brochen am unteren Abhang dieser ellipsoidischen Masse bin, und zuweilen auch bis zu einer grofsen Höhe. Wäre dem Carlsbad entgegengesetzt auch ein so tiefer Abfall bei Königswartha oder Plan, ein eben so tief geöflne- tes Thal, so würden wahrschemlich auch dort eben so heifse Wässer hervorkommen. Marienbad aber, am west- lichen Abfall dieses Gebirges, liegt noch mehr als 1000 F. über Carlsbad; es erscheinen also nur .die Sauerquellen über den heifsen, und diese in solcher Menge, dafs nicht allein bei dem Marienbade ganze Sauerbäche abfliefsen, sondern dafs auch die meisten Dörfer bis auf dem Ges birge in ihrer Nachbarschaft eine Sauerquelle besitzen Sehr viel Kohlensäure, noch bei weitem mehr als mit den Wässern vereinigt ist, entweicht unmittelbar in der Luft. Zwischen Marienbad und Einsiedel sind alle Mo- räste so mit Kohlensäure erfüllt, dafs sie durch grofse hölzerne Trichter aufgefangen, und als Niederschlagungs- mittel in mehreren Fabriken genutzt wird. Was ungestört, wohlthätig und geräuschlos mit hei- fsen Wässern und mit Sauerquellen aus der Erde her- vorsteigt, ist wahrscheinlich nichts anders, als was in Vulcanen Hindernisse zersprengt, zerschmilzt, und gewalt- sam und zerstörend weit umher über die Flächen ver- breitet. Eine fortwährende Oxydation oxydirbarer Stoffe unter dem Granit. Was auf dem festen Lande mit Wäs-' sern fortgeführt wird, mufs unter dem Meere zurückblei- ben, bis der zu starke Druck der gefangenen Mächte sie zu zerstörenden und wieder neu bildenden Ausbrüchen zwingt. x % 419 VI. Einige Bemerkungen über den Bernstein; von J. J. Berzelius. (Aus den Yeiensk. Acad. Handling. für 1827.) E, ist bekannt, dafs der Bernstein am gewöhnlichsten mit Braunkohlen vorkommt, nnd dafs man ihn in neuerer Zeit wie ein Harz in einem Baumstamme abgesondert, in der Braunkohlenmasse sitzend gefunden hat. Es bleibt also fast kein Zweifel mehr übrig, dafs diefs fossile Harz anfänglich ein Pflanzenharz gewesen sey,. Die vielen darin eingeschlossenen Körper, wie z. B. Spinnen, Flü- geln von Insekten aller Arten (eine völlig aufgebrochene Blumenkrone, welche sich in der Sammlung der Gesell- schaft der Wissenschaften zu Upsala befindet), die zar- ten Eindrücke von Rinden und Zweigen, welche sich nicht selten darauf finden, beweisen hinlänglich, dafs der Bernstein, wie das gemeine Harz, als ein natürlicher Bal- sam, aber weit dünnflüssiger wie jenes, ausgeflossen und erst späterhin wie das Harz hart geworden ist. Die ferneren Beweise, welche ich diesem Umstande- hinzufü- gen werde, würden daher sicher überflüssig seyn, wenn sie nicht sonst an sich von Interesse wären. Ich zerstiefs ein ungefähr 15 Gramm. wiegendes Stück - Bernstein, das gröfstentheils weils und undurchsichtig, in- wendig aber schwach gelb und durchsichtig war. Ich wurde dabei durch einen starken und angenehmen Geruch eines flüchtigen Oeles überrascht, welcher dem eines Gemenges von Pfeffer- und Rosmarinöle glich, und so lange anhielt, als das Pulvern dauerte, von dem Pulver aber bald ver- schwand. Das Pulver wurde mit Aether digerirt, der frei von Weinöl’ war. Der Aether färbte sich gelb. Nachdem er abfiltrirt worden, wurde neuer Aether auf- gegossen, und damit fortgefahren, so lange sich derselbe noch färbte.. Es ist bekannt, dafs der Aether ein Harz Dd2 420 aus dem Bernstein zieht, welches darin zu ungefähr 8 Proc. vom Gewichte des Bernsteins enthalten ist, und dafs die- ses Harz der Tinctura Suecini ihre vermeintliche Wirk- samkeit giebt. Die ätherische Lösung wurde m einer Retorte mit Wasser gemischt und der Aether abdestillirt; wobei die Masse eine halbe Stunde lang auf ungefähr 450° erhal- ten wurde, um die letzten Rückstände von Aether ab- zuscheiden. Auf der Flüssigkeit schwamm ein weiches, stark und angenehm riechendes Harz von der Consistenz - des Terpentins.. Ein Theil desselben wurde abgenom- men und in ein Uhrglas gelegt, wo es klar und fast farb- los, so wie in Masse gelb wurde. Es klebte an den Fin- gern und liefs auf ihnen den Geruch zurück, welcher erst nach 24 Stunden verschwand. Allmälig wurde es weni- ger klebrig, und nach acht Tagen hatte es die Eigen- schaft, an den Fingern zu haften, verloren, war aber selbst nach drei Wochen noch weich und riechend. Ein anderer Theil von diesem Balsam wurde in der Retorte mit noch mehr Wasser gemischt und destillirt. Dabei ging ein mit dem Geruch des Harzes geschwän- gertes Wasser über, worauf sich einige kleine Oeltropfen sammelten. Nachdem das Sieden einige Zeit hindurch ununterbrochen fortgesetzt worden, wurde das Feuer fort- genommen. Das Harz war in der Siedhitze des Wassers noch weich und halbflüssig, trübe und blafsgelb; aber es erhärtete beim Erkalten, und war dann leicht zu Pulver zu reiben. Es behielt dabei einen guten Theil seines Geruchs. Das in der Retorte zurückgebliebene Wasser war halbklar, schmeckte zuerst kühlend, wie Pfeffermünzwas- ser, und alsdann säuerlich, und roch nach dem flüchti- gen Oele des Harzes. Man filtrirte es ab, wobei es fast klar wurde, und überliefs es dem freiwilligen Verdun- sten, worauf Bernsteinsäure zurückblieb, in schwachgel- ben, unregelmäfsigen Krystallen, und mit dem eignen \ A421 charakteristischen Geschmack begabt, welchen man zu- weilen einem durch die trockne Destillation gebildeten und mit der Säure innig vereinigten Körper hat zuschrei- ben wollen. — Diefs ist also ein durchaus entscheiden- der Beweis, dafs die Bernsteinsäure eben so im Bern- stein, wie die Benzo&säure im Benzo&harze, enthalten ist, und dafs keine Art von zersetzender Einwirkung des Feuers oder der kaustischen Alkalien *) erforderlich ist, um sie hervorzubringen. Das überdestillirte Wasser war klar, farblos, und von einem starken, gewürzhaften Geruch, der dem des zerstofsenen Bernsteins ähnlich, aber nicht ganz so an- genehm war. Sein Geruch war in den ersten Augen- blicken kühlend, wie der vom Pfeffermünzwasser, liefs aber auf der Zunge ein lange anhaltendes gelindes Bren- nen zurück. Einige kleine Oeltropfen, welche darauf schwammen, wurden auf einem Glase bald fest, und machten es fettig, so dafs es Wasser von sich stiels. ich "habe aus dem Wasser, weder durch Zusatz von Kochsalz noch durch Abkühlung, etwas mehr von dem darin aufgelösten Oele abscheiden gekonnt. Digerirt man feingeriebenes Bernsteinpulver lange Zeit mit wasserfreiem Alkohol, so bekommt man eine gelbe Auflösung, welche dieselben Harze enthält. Ver- dunstet man diese Lösung in einer Ketorte, bis der Spi- ritus grölstentheils übergegangen ist, mischt dann Wasser hinzu und destillirt wiederum, so erhält man wohl eine Portion heligelben Harzes auf der Flüssigkeit gesammelt, aber das meiste bleibt darin vertheilt und bildet eine Milch, welche weder durch Sieden noch durch Ruhe klar wird. Nach dem Eintrocknen bleibt eine halb pul- verförmige Masse zurück, aus welcher Wasser, mit Zu- rücklassung des Harzes, Bernsteinsäure auszieht. — Die *) Unverdorben hat zuerst gezeigt, dals gepulverter Boch mit einer Lösung von kaustischem Kalı in Alkohol behandelt, bernsteinsaures Kalı giebt. 422 Lösung in Wasser hinterläfst, nach dem Verdunsten, einen blafsgelben, sauren, extractähnlichen, nicht krystallisiren- den Stoff zurück. In Wasser gelöst und mit ein wenig Ammoniak versetzt, ‘wird er gefällt und aus der filtrirten Lösung erhält man, durch Verdunsten, saures bernstein- saures Ammoniak in Krystallen. Was es für ein Stoff sey, der durch das Alkali aus der Säure gefällt wird, habe ich nicht näher untersucht. Nachdem das flüchtige Oel von diesem Balsam ab- destillirt worden, bleibt ein gelbes, undurchsichtiges, bröck- liches und inwendig Blasen enthaltendes Harz, welches beim Siedepunkt des Wassers weich und halbflüssig wird, bei gewöhnlicher Temperatur der Luft aber so bröcklig ist, dafs es zwischen den Fingern zu Pulver gerieben werden kann. Für sich erhitzt, schmilzt es ziemlich leicht, ohne durchsichtig zu werden, wozu eine höhere Teempe- ratur erfordert wird. Es hat dann fast das Ansehen eines klaren Bernsteins. Vom kaustischen und kohlensauren Alkali wird es zu einer klaren gelben Flüssigkeit aufge- löst, welche indefs nicht eher klar wird, als bis ein Ueber- schufs von Harz hinzukommt, weil die Verbindung des Harzes mit dem Alkaii fast unlöslich ist in Wasser, wel- ches freies Alkali aufgelöst enthält. Verdunstet man diese Lösung, so riecht sie beständig nach dem flüchtigen Oele, und endlich bleibt eine durchsichtige gelbe Masse von Harz-Alkali zurück. Uebergiefst man dieses mit Was- ser, so wird es undurchsichtig und läfst einen schleimi- gen Rückstand ungelöst, welcher eine geringere Quanti- tät vom Alkali enthält, und gröfstentheils ein anderes Harz als das, welches in der Lösung bleibt. Alkohol zerlegt das eingetrocknete Harzkali auf gleiche Weise wie das Wasser. Behandelt man das gelbe Harz mit Alkohol von 0,84 spec. Gewicht in der Kälte, so wird es weich und klebrig; siedet man die Lösung, so löst es sich auf. Die Lösung ist gelb, und seizt während des Erkaltens ein weifses Pulver [ 423 ab, welches fast krystallinisch aussieht. Läfst man die Flüssigkeit verdunsten, so setzt sich noch mehr von die- sem weifsen Pulver ab, und endlich bleibt eine gelbe Auflösung zurück, welche, eingetrocknet, ein durchsich- tiges gelbes, etwas weiches, noch nach dem flüchtigen Oele des Bernsteins riechendes Harz hinterläfst. Dieses Harz ist leicht löslich in Alkohol, noch mehr in Aether, und giebt mit Alkalien hellgelbe Lösunger, die von einem Ueberschuls des Alkali’s gefällt werden und zu einem glän- zenden, durchsichtigen, ohne Rückstand in Wasser lösli- chen Firnifs eintrocknen. Säuren fällen aus diesen Auf- lösungen ein weilses, gelatinöses Pulver, welches beim Trocknen zusammenbackt, einen glänzenden Bruch erhält und ein Harzhydrat ist. Das weifse Pulver, welches sich aus der alkoholi- schen Lösung absetzt, ist ein eigenthümliches Harz. Es löst sich wenig in kaltem Alkohol von 0,84, löst sich aber darin bei der Siedhitze ohne Farbe auf, und setzt. sich beim Erkalten auf dem Glase ab, woran es zuwei- len sehr fest haftet. Vom wasserfreien Alkohol wird es ziemlich gut in der Kälte gelöst; die Lösung ist farblos, und. wenn man sie dem freiwilligen Verdunsten aussetzt, bleibt endlich ein schneeweifses, zartes und leichtes Pul- ver zurück, welches keinen Geschmack und Geruch be- sitzt. Vom Aeiher wird es ungefähr eben so gelöst wie vom Alkohol. Erhitzt, kömmt es träge in Flufs und ver- langt eine hohe Temperatur, wobei es anfängt sich zu zersetzen, ehe es recht flüssig wird. Es verbindet sich mit Alkalien; die Lösung ist farblos und giebt, nach dem Eintrocknen, eine weifse, nicht durchsichtige Masse, wel- che bei Wiederauflösung in Wasser grölstentheils unge- löst bleibt, in Gestalt einer weilsen, aufgeschwollenen Masse. Die Verbindungen derselben mit Alkalien, wer- den aus ihrer Lösung in Wasser durch freies Alkali ge- fallt. Durch Säuren gerinnen sie; der Niederschlag ist farblos und gesteht wie 'Thonerdehydrat. Trocken, ist 424 er weils und erdig. Die Gegenwart dieses Harzes bewirkt, dafs eine Auflösung des gemischten Harzes in Alkohol, auf eine Glasscheibe gebracht, einen der Kreide ähnlichen Ueberzug hinterläfst; auch ist es hauptsächlich dieses Harz, welches, nach Vermischung der alkoholischen Lösung mit Wasser und nach ‚Abziehung des Alkohols, im Wasser aufgeschlämmt bleibt. Es ist ferner die pulverförmige Einmengung dieses Harzes, welche dem Rückstande, nach De tillation mit Wasser, seine gelbe Farbe und seine Un- durchsichtigkeit ertheilt. Der Theil des Bernsteins, welcher vom Aether oder wasserfreien Alkohol nicht gelöst wird, ist auch in Alka- lien und in flüchtigen Oelen unlöslich. Man hat mit Un- recht angegeben, dafs der Bernstein sich sowohl in koh- lensauren als auch in kaustischen Alkalien auflösen müsse. Wenn er, fein gerieben, lange mit einem Alkali gekocht wird, so erhält man eine alkalische Flüssigkeit, welche wenig Harz, aber dagegen bedeutend viel Bernsteinsäure enthält. Filtrirt man sie vom Bernsteinpulver ab, und übergielst dieses, nach einmaligem Waschen mit kaltem Wasser, mit siedendem Wasser, so löst sich Harz-Alkali darin, und man bekommt die beiden, zuvor erwähnten, Harze in der Lösung; sie können mit Säuren ausgefällt werden. Auch die dabei erhaltene saure Flüssigkeit ent- hält Bernsteinsäure. Das, was das Alkali ungelöst lälst, ist durchaus derselbe Stoff, welcher bei Behandlung mit Alkol oder Aether zurückbleibt. Dieser Stoff, welcher ein Product der Veränderung des natürlichen Balsams zu seyn scheint, beträgt mehr als 2, vom Gewichte des Bernsteins, und bildet ein Pul- ver, welches Wasser ausgiebt. In einem offenen Gefälse gelinde erhitzt, raucht es und riecht fast wie stark er- hitztes Fett, wird braun und schwillt auf, aber scheint nicht schmelzen zu wollen, ohne sich zu verkohlen. Auf diese Weise geröstet, bis es endlich schwarzbraun gewor- 425 den ist, löst es sich, mit Alkohol oder Aether behandelt, fast gänzlich darin auf. Wenn dieses Pulver in einem Destillationsgefäfse einer gelinden Hitze ausgesetzt wird, so giebt es zuerst etwas farbloses Wasser, welches eine Spur von Bern- steinsäure enthält, und dann kommt ein farbloses, brenz- liches Oel, welches völlig wie Oleum cerae riecht und bis an’s Ende der Operation erscheint, wo es hellgelb wird, und den Geruch von Bernsteinöl annimmt. Bei einer gewissen Temperatur schmilzt das Pulver, ‘kocht und giebt fortwährend dasselbe Oel. Die Masse bleibt bis an’s Ende der Operation geschmolzen, wo es eine dünne Kruste von Kohle himterläfst, und ein wenig eines durchsichtigen gelben Peches giebt, welches im Halse sitzen bleibt. Der grölste T'heil der Masse hat sich in das: Oel verwandelt, welches in Berührung mit der Luft gelb wird und sich endlich völlig dunkel färbt, ganz wie die brenzlichen Oele der Fette Mit Wasser umdestillirt, geht langsam ein farbloses Oel über und es bleibt ein geruchloses, gelbbraunes Pech zurück, welches auch nach dem Erkalten weich bleibt. Wenn der unlösliche Theil des Bernsteins in einem, gegen den Zutritt der Luft verschlossenen Gefäfse ge- schmolzen wird, und man die Masse, sobald sie völlig fliefst, vom Feuer nimmt, so erhält man nach dem Er- kalten einen durchscheinenden, dunkelbraunen, harzähn- !ichen Stoff, welcher sich leicht zu Pulver reiben läfst und dabei ganz auffallend elektrisch wird. Die Farbe dieses Pulvers ist gelb. Der Alkohol zieht daraus beim Kochen eine geringe Portion eines hellgelben, grölsten- theils in Alkalien unlöslichen Harzes. Aether löst das vom Alkohol Ungelöste gröfstentheils auf, mit bräunlicher Farbe, läfst aber einen andern Theil, zähe und klebrig, ungelöst. Dieser letztere löst sich mit brauner Farbe in Terpentinöl und rectificirtem Petroleum auf, mit Hinter- 426 lassung einiger aufgeschwollenen hellen Schuppen. Ter- pentinöl löst das geschmolzene Harz leicht auf, bis auf Zurücklassung dieser Schuppen. Kaustische Alkalien zie- hen beim Sieden etwas von dem in Alkohol löslichen Harze aus. Der Rückstand, oder der in Aether und Terpentinöl lösliche Theil verbindet sich nicht mit Alka- lien. Das, was bei Auflösung in 'Terpentinöl zurück- bleibt, besteht aus aufgeschwollnen, durchsichtigen, gel- ben, elastischen Schuppen, welche, nach Verdunstung des Oels, hart und etwas dunkel werden, wo sie dann dem unveränderten, unlöslichen Bestandtheil des Bernsteins ähnlich sind. Ihre Menge ist beträchtlicher, wenn die Masse kürzere Zeit geschmolzen wird. Es ist übrigens klar, dafs die Beschaffenheit dieses durch das Schmelzen gebildeten Harzes ungleich ausfällt, je nachdem das Schmel- ‚zen längere oder kürzere Zeit gedauert hat; weil dabei beständig brenzliches Oel entwickelt wird, von dem eine grofse Masse fortgeht, schon ehe die Masse zu schmelzen anfängt. Dafs durch dieses Schmelzen bereitete Harz macht den Hauptbestandtheil des Colophonium Succini aus. Der in Alkohol und Aether unlösliche Stoff des Bern- steins hat in mehrerer Hinsicht besonders Aehnlichkeit mit dem in Alkohol und Aether unlöslichen Stoff, welcher in geringer Menge im Gummilack enthalten ist (John’s Lackstoff), und welcher darin in noch gröfserer Menge gebildet wird, wenn man eine Lösung des Gummilack - Kali’s mit Chlor bleicht und fäll. Des Vergleiches hal- ber, nahm ich eine Portion von diesem Stoff und erhitzte sie in einem Destillationsgeschirr. Ich fand dabei, dafs er, unter reichlicher Bildung eines dem Oleum cerae ähnlich riechenden Oeles, zu einem analogen, durchsich- tigen braunen Harze schmolz. Aus diesem Harze zog Alkohol eine geringe Portion eines, nach Verdampfen des Alkohols, gelblichen durchsichtigen Harzes, das nach gebranntem Gummilack roch. Aus dem in Alkohol Un- löslichen zog Aether mit gelber Farbe das meiste aus, 427 und das Zurückgebliebene gab mit Terpentinöl eine dun- kelgelbe Auflösung, wobei ein in diesem Lösungsmittel unlöslicher, aufgeschwollner, elastischer Rückstand übrig blieb, welcher ein wenig veränderter Lackstoff zu seyn schien, ganz so wie es bei dem geschmolzenen Bernstein- harze der Fall ist. Da dieser eben erwähnte Stoff des Gummilacks die Eigenschaft besitzt, dafs er, durch Auflösung in Alkali und Fällung mit Säuren, wieder zu einem in Alkohol löslichen, dem Gummilack ähnlichen Harze übergeht, und da der unlösliche Theil des Bernsteins von kaustischer Lauge nicht angegriffen wird, so kochte ich das mit Alko- hol und Aether ausgelaugte Bernsteinpulver zusammen mit einer Auflösung von kaustischem Natron ein, bei einer ziemlich hohen Temperatur, bis diese Masse geschmolzen war. Sie rauchte dabei etwas und entwickelte ein farb- loses, flüssiges Oel. Nach dem Erkalten wurde die Masse zu Pulver gerieben. Wasser zog daraus das Alkali aus, und gab eine farblose Flüssigkeit, aus welcher Salzsäure eine geringe (Jnantität eines weilsen Stoffes fällte, der bei gelinder Erwärmung wie ein Harz schmolz und stark wie Bernsteinöl roch. Nachdem die Lösung filtrirt und bei gelinder Wärme zur Trockne verdunstet worden, wurde das Salz mit wasserfreiem Alkohol behandelt, wo- bei es eine Spur von Bernsteinsäure gab, welche meiner Meinung nach von einem geringen Hinterhalte derjenigen Bestandtheile herrührt, die vom Alkohol und Aether aus- gezogen werden, die aber zurückbleiben, wenn das Bern- steinpulver grobkörnig ist, so dafs es nicht von diesen Lösungsmitteln erweicht werden kann. Das auf dem Filtrum zurückgebliebene Pulver, einige Mal mit kaltem Wasser gewaschen, löste sich vollkom- men in Jauwarmen Wasser, mit Hinterlassung von ein wenig völlig unveränderten Pulvers der unlöslichen Be- standtheile des Bernsteins. Die Lösung war braun und hinterliefs nach dem Verdunsten zur Trockne eine Masse, EN I 3,0 EL. “ BE RO N H A N 428 welche zersprungen war und vom Glase sich ablöste, ganz wie der Rückstand einer Lösung von Braconnot’s Ul- min (oder von dem künstlichen Humusextract aus Säge- spähnen und Kalihydrat),. Als es aber in Wasser ge- löst und mit einer Säure behandelt wurde, entstand em weilsgrauer Niederschlag, welcher, gewaschen und ge- trocknet, zu einem durchsichtigen, dunkelgelben Harze schmolz. Alkohol löste einen T'heil davon mit gelber Farbe auf; und was der Alkohol unaufgelöst liefs, löste sich gröfstentheils und mit brauner Farbe in Aether, und was dieser ungelöst liefs, wurde meist von Terpentinöl aufgenommen. — Auch das ganze Harz löst sich leicht und mit brauner Farbe in Terpentinöl auf. Die Behand- lung mit Natronhydrat hatte folglich den unlöslichen Be- standtheil des Bernsteins, gleich wie die Schmelzung des- selben für sich, in ein Harz verwandelt; aber dieses Harz, obgleich wie das zuletzt genannte aus drei besonderen Harzen gemengt, unterscheidet sich dennoch von dem durch blofses Schmelzen erhaltenen dadurch, dafs diese drei Harze sich sämmtlich mit dem Alkali verbinden, und wiewohl diese Verbindung, wie die des ursprünglichen Bernsteinharzes, unlöslich ist in einer Flüssigkeit, welche freies Alkali aufgelöst enthält. Aus diesen Versuchen folgt, dafs der Bernstein zum wenigstens fünf besondere Bestandtheile enthält, nämlich: 1) Ein wohlriechendes flüchtiges Oel in geringer Quan- tität; 2) Ein gelbes mit diesem Oel innig verbundenes Harz, das leichtlöslich ist in Alkohel, Aether und Alkali, leicht schmilzt und den gewöhnlichen nicht fossilen Har- zen gleicht; 3) Ein Harz, welches nebst dem vorherge- henden mit dem flüchtigen Oele verbunden ist, sich träge in kaltem Alkohol löst, leichter in siedendem, und aus ihm, beim Erkalten, in Form. eines weilsen Pulvers nie- derfällt, nach freiwilliger Verdunstung aber, in Form eines lockeren, schneeweifsen Pulvers zurückbleibt. Die- ses Harz löst sich -in Aether und in Alkalien. Diese 429 beiden Harze und das flüchtige Oel, so wie sie durch Aether aus dem Bernstein ausgezogen werden, bilden, nach Verdunstung des Aethers über Wasser, einen hellgel- ben, starkriechenden, klebrigen natürlichen Balsam, der erst nach längerer Zeit hart wird und dabei einen Theil sei- nes Geruches behält. Man hat allen Grund zur Vermu- thung, dafs dieser Körper das ist, was der Bernstein ur- sprünglich war, aber vielleicht jetzt ärmer an flüchtigem Oel wie ehemals, und dafs die unlöslichen Bestandtheile des Bernsteins durch die Länge der Zeit sich aus diesem Balsam gebildet, aber allmälig einen Theil desselben so umschlossen haben, dais dessen weitere Veränderung da- durch gehindert worden ist. Der vierte Bestandtheil ist Bernsteinsäure, welcher von Aether und Alkohol, so wie von Alkalien, neben jenem -Balsam, ausgezogen wird. Der fünfle Bestandtheil ist unlöslich in Alkohol, Aether und den Alkalien, und hat einige Aehnlichkeit mit dem Körper, welchen man im Gummilack findet (John’s Lackstoff), und welcher sich in grofser Menge bildet, ' ‘wenn die Auflösung dieses Harzes in Alkali mit Chlor gefällt und gebleicht wird. Beide geben beim Schmelzen in einem Destillatiousgefäls analoge Producte, und ob- gleich der Bestandtheil des Gummilacks leicht vom Alkali aufgenommen werden und wiederum Harz bilden, welches nur unvollkommen und bei einer höheren, die Zusammen- setzung ändernden Temperatur mit dem Unlöslichen des Bernsteins geschieht; so wird doch wieder ein Harz ge- bildet, welches einige Eigenschaften des unlöslichen Bern- steinharzes besitzt, / 450 VI. Untersuchung über die zusammengesetzten Aetherarten; von den HH. Dumas und Boullay d.J. (Annales de chimie et de physique, T. XXXVIL. p. 15.) Die bis jetzt bekannten Aetherarten zerfallen in drei Gattungen. Die erste begreift den Schwefel-, Phosphor- und Arsenik-Aether, welche, wie Hr. Boullay der Ael- tere gezeigt hat, unter sich identisch sind; die zweite schliefst die aus Doppelt-Kohlenwasserstoff und einer Wasserstoffsäure zusammengesetzten Producte ein; und die dritte umfafst die Aetherarten, welche, nach den sehr merkwürdigen Versuchen des Hrn. Thenard und denen des Hrn. Boullay dem Aelteren, als Verbindungen von Alkohol mit einer - Sauerstoffsäure betrachtet werden. Den Schwefeläther haben wir in einer früheren Abhand- lung untersucht (S. 97. dies. Bandes der Ann. P.); die Aether der zweiten Art scheinen uns wohl bekannt zu seyn; es bleibt uns daher nur übrig, die andern hinsicht- lich ihrer Zusammensetzung zu untersuchen. Diese Un- tersuchung und ihre Resultate sind es, welche wir gegen- | wärtig der Academie überreichen. Als am geeignetsten zu der beabsichtigten Untersu- chung haben wir den Salpeter-, Essig-, Benzo&- und Oxal-Aether ausgewählt. Einige dieser Körper sind zwar von vielen Chemikern untersucht worden, aber unter allen in dieser Beziehung unternommenen Arbeiten, haben die des Hrn. Thenard die genausten Resultate geliefert. Wir haben so oft Gelegenheit gehabt uns von deren Genauigkeit zu überzeugen, dafs die Abweichung der Folgerungen dieses berühmten Chemikers von denen, wel- che wir durch unsere Versuche gezwungen angenommen haben, uns veranlafst, die Frage von allen Seiten her zu 43l betrachten, ehe wir ein, vielleicht sonderbar scheinendes Resultat annehmen. In der That ist es nach Hrn. Thenard’s Versuchen gewils, dafs der Salpeter-, Essig-, Benzoe- und Oxal- Aether, mit kaustischem Kali behandelt, sich mehr oder weniger schnell in Alkohol und in salpetrichtsaures (Aypo- nilrite) *), essigsaures, benzo@saures oder oxalsaures Kali verwandeln. Hr. Thenard schlofs daraus, was alle Che- miker nothwendig annehmen mulsten, dafs diese Aether- arten aus den Säuren, die sich in den erhaltenen Kali- salzen befanden, und den in Freiheit gesetzten Alkohol gebildet waren. So betrachtet waren diese Aether demnach wirkliche Salze, in welchen der Alkohol die Stelle der Base ver- trat. Und da die Alkalien den Alkohol auszuscheiden vermochten, so war man durch nichts berechtigt, den ge- ringsten Zweifel an einer so streng aus den T'halsachen hergeleiteten Folgerung zu setzen. indels stimmt die Analyse der erwähnten Aetherar- ten nicht mit diesen Betrachtungsweisen überein. Der Oxal-Aether z. B. enthält fast eben so viel Kohlenstoff als der Alkohol, obgleich die Oxalsäure weit weniger von demselben enthält. Eben so liefert der Essigäther wehr Kohlenstoff als der Alkohol, und dennoch ist die Essigsäure ärmer an demselben als der Alkohol. Ueberrascht von diesem Widerspruch haben wir gesucht uns vor jeder Fehlerquelle zu hüten, die uns hätte irreleiten können. Wir haben den Alkohol abermals analysirt und sind zu Resultaten gelangt, weiche, wie aus unserer früheren Abhandlung zu ersehen ist, denen gleich kommen, wel- che die Chemiker gegenwärtig annehmen. Wir haben auch die Analysen der organischen Säuren, die in die Zusammensetzung der hier betrachteten Aetherarten ein- *) Was die Verfasser Hypo-nitrite und Acide hypo-nitreux nen- nen, ist hier, mit Berzelius, salpetrichtsaures Salz, salpetrichte Säure genannt, da bekanntlich die acide nitreux der Franzosen keine Salze zu bilden im Stande ist. Man sehe darüber Ber- zelius Lehrb. Th. L p. 483. 432 gehen, wiederholt und gleichfalls Resultate erhalten, die mit denen des Herrn Berzelius identisch sind. Die Schwierigkeit, unsere Aether rein darzustellen, hätte uns ohne Zweifel zu Fehlern verleiten können; allein wir haben so viele Sorgfalt auf ihre Bereitung verwandt, dafs diese Furcht ungegründet scheint. Diese Ueberzeugung, hoffen wir, werden auch alle Chemiker mit uns theilen, die unsere Arbeit mit Aufmerksamkeit prüfen werden. Am Ende blieb kein anderes Mittel zur Erklärung übrig, als die eben nicht wahrscheinliche Annahme, dafs alle Versuche des Hrn. Thenard mit einem constanten Fehler behaftet seyen. indefs, als wir diese Versuche wiederholten, fanden wir, wie zu erwarten stand, dafs sich die erwähnten Salze erzeugten und der Alkohol mit allen seinen Kennzeichen abgeschieden wurde. Man mulste sich also nothwendig zur Annahme einer Hypothese entschlielsen, welche allein mit jenen wider- sprechenden Erscheinungen vereinbar war. Wir gerie- ihen schon zu Anfange unserer Untersuchung auf diese Hypothese, und waren überrascht von ihrer- Ueberein- stimmung mit unseren Resultaten; allein erst dann wag- ten wir uns auf sie zu verlassen, als wir sie durch alle Thatsachen, die wir sammeln konnten, unterstützt fanden. Sie besteht in der Annahme, dafs die zusammengesetzten Aetherarten, welche wir untersucht haben, aus Schwefel- äther und einer Sauerstoffsäure gebildet sind. Dafs man also Alkohol mittelst Kali aus ihnen abscheiden kann, rührt daher, dafs der frei werdende Aether sich des nöthi- gen Wassers bemächtigt, um. wieder in den Zustand von Alkohol zurückzukehren. Der Alkohol und Schwefeläther zeigen sich hier also unter einem neuen und besonderen Gesichtspunkt, wel- cher auf verschiedene noch dunkle Erscheinungen in der organischen Chemie ein grofses Licht zu werfen verspricht. Nachdem wir nun den allgemeinen Gesichtspunkt, welcher durch unsere Untersuchung gewonnen ist, gezeigt ha- a5 433 haben, wollen wir ihn im Einzeinen prüfen; denn wir fühlen wohl, dafs ein solcher Schlufs erst dann, wenn er auf sicheren Grundlagen ruht, angenommen werden kann. Wir werden demnach die vier Aetherarten, welche Gegenstand unserer Untersuchung sind, analysiren, und hinsichtlich deren Bereitung alles übergehen, was den Beobachtungen des Hrn. Thenard, die uns immer äufserst genau geschienen haben und sicher allen Chemikern be- kannt sind, nichts hinzufügen würde. Diese vier Aetherarten haben wir immer auf drei verschiedene Weisen untersucht. Zunächst haben wir ihre elementare Zusammensetzung ausgemittelt, dann die Dichte ihrer Dämpfe gemessen, und endlich auch, zu grö- fserer Gewifsheit, die aus ihnen abzuscheidende Menge von Säure und Alkohol direct bestimmt. Aus der Ge- sammtheit dieser Resultate hat sich unsere Ueberzeugung gebildet, und wie sonderbar unsere Hypothese auch schei- nen mag, so müssen wir sie doch für gegründet halten, da drei so verschiedene Wege uns zu demselben Resul- tate geführt haben. Bereitung und allgemeine Eigenschaften der von uns untersuchten Aetherarten. Salpeteräther. Wir haben der Vorschrift, welche Hr. Thenard zur Bereitung des Salpeteräthers giebt, nichts hinzuzufügen, es sey denn die Bemerkung, dals die Ope- ration um so leichter und die Ausbeute verhältnifsmäfsig um so gröfser ist, je geringer die Menge ist, mit welcher man arbeitet. Diefs ist leicht begreiflich, wenn man er- wägt, mit welcher Kraft diese Reaction vor sich geht. Arbeitet man z. B. mit 200 Grm. Salpetersäure und 200 Grm. Alkohol von 40° (wahrscheinlich Beaume) ‚ in einer Retorte von 3 Pinten, so braucht man nicht die Retorte zu erkalten, wenn man nur das Feuer auslöscht, ‚ sobald die Reaction anfängt. Die Operation geht dann Annal. d. Physik.B.88.8t.3.J.1828. St.3. -Ee 434 ruhig fort, und der Aether verdichtet sich gänzlich in der ersten erkalteten Flasche, welche Salzwasser enthält. Man kann also die übrigen Flaschen fortlassen, wodurch der Apparat vereinfacht und der Druck verringert, also die Operation bequemer gemacht wird. Von der obigen Menge von Alkohol und Säure haben wir, nach den bekannten Methoden gereinigt, 45 bis 50 Grm. Aether bekommen. In diesem Zustande ist er gelblichweifs und röthet nicht das Lackmus. Bei 4° C. und einem Drucke von 0,760 haben wir seine Dichte gleich 0,886 gefunden. Essigäther. Um alle Ungewifsheit hinsichtlich der Reinheit dieses Körpers zu vermeiden, haben wir es vor- gezogen, ihn nach der alten Methode zu bereiten, welche darin besteht, dafs man ein Gemenge von gleichen Thei- len concentrirter Essigsäure und reinen Alkohols 12 bis 15 Mal destillirt. Dadurch verschafft man sich zwar leicht einen alkoholischen Essigäther; aber allen Alkohol von ihm abzuscheiden, ist unglaublich schwierig. Begnügt man sich, das Product zwei bis drei Mal zu waschen, und dann mittelst einer Destillation über Chlorcalcium zu trocknen, so erhält man einen Aether, dessen Dichte, in Dampfform, gleich 2,5 oder nahe gleich 2,5 ist. Wäscht man ihn dann von neuem und trocknet ihn abermals, so ist seine Dichte gestiegen und gleich 2,6 oder 2,7. Aber- malige Auswaschungen bringen sie auf 2,8, auf 2,9, auf 3,0, auf 3,3 und endlich auf 3,06, wo sie dann aufhört zu steigen. Nicht weniger als 12 bis 15 Waschungen sind erforderlich, um den Essigäther auf diesen Punkt zu bringen, und da das Wasser eine ziemlich beträcht- liche Menge desselben löst, so wird ein ganz ansehnli- ches Quantum, welches man zu Anfange erhalten hat, zu- letzt auf einige Grammen reducirt. Daher mufs man, um eine hinreichende Menge zu erhalten, zum wenigstens mit einem Kilogramm des Gemenges arbeiten. So Be und gereinigt, siedet der Essigäther hei 1 435 74° C. unter einem Druck von 07,76; seine Dichte und die Spannung seiner Dämpfe haben wir wegen Mangel am Material noch nicht bestimmen können. Benzoeäther. Der Benzoeäther läfst sich leicht nach dem von Hın. Tihenar:l angegebenen Verfahren berei- ten. Es besteht bekanntlich darin, dafs man ein Ge- menge von Alkohol, Chlorwasserstoffsäure und Benzo&- säure eine Zeit lang kocht. Als die Hälfte der Flüssig- bei der Destillation übergegangen war, cohibirten wir keit dieselbe, und diese Operation wiederholten wir 2 bis 3 Mal. Die gröfste Menge des Aethers findet sich in dem Rückstand. Man schied ihn mittelst Wasser ab, und einige Waschungen befreiten ihn von dem gröfsten Theil seiner überschüssigen Säure. Wir liefsen ihn nun über Massicot sieden, bis sein Siedepunkt fix geworden und der Ueberschufs seiner Säure gesättigt war, und de- stillirten ihn darauf mit Vorsicht, wodurch wir ihn völlig . rein und durchaus farblos erhielten. Durch das angegebene Verfahren verwandelt man fast die ganze Menge der angewandten Säure in Aether. Kaum findet sich von ihr etwas in dem Recipienten, wenn man die letzte Destillation gut geleitet hat. So bereitet, siedet der Benzoe@äther bei 209° C, und hat bei der Temperatur 10°,5 C. eine Dichte von 1,0539; die Spannung seiner Dämpfe ist sehr schwach. Oraläther. Wir haben diesen Aether nach der Vor- schrift des Hrn. Thenard bereitet; allein die Mengen, welche man nach derselben erhält, sind so unbeträcht- lich, dafs, nach den zur Reinigung des Aethers nöthigen Behandlungen, selten genug übrig bleibt, um seine Eigen- schaften erforschen zu können. Nach einigen Proben sind wir bei dem: folgenden Verfahren stehen geblie- ben, welches uns diesen Aether in Menge geliefert hat. Man destillirt nämlich 1 Th. Alkohol, 1 Th. Kleesalz und 1 Th. Schwefelsäure zusammen. Dabei geht zuerst Alkohol über, dann Schwefeläther und endlich eine ölige Ee 2 436 Flüssigkeit, welche sich am Boden des Recipienten sam- melt. Man kann die Destillation so lange fortsetzen, bis die Retorte keine alkoholische Flüssigkeit mehr. enthält. Die letzten Producte sind am reichsten an Oxaläther. Er ist es übrigens, welcher das erwähnte ölige Fluidum aus- macht. Man mufs ihn von den darüberstehenden Alko- hol trennen und ihn dann in einen mit Wasser gefüllten Glashafen schütten. Oft schwimmt er auf dem Wasser; allein in dem Maafse als der ihm beigemengte Schwefel- äther verdampft, fällt er in grofsen Tropfen zu Boden des Gefäfses. Giefst man den übergegangenen Alkohol zurück oder schüttet eine neue Portion Alkohol in die Retorte, so kann man noch eben so viel Oxaläther, wie beim ersten Mal, erhalten. Eine dritte Destillation giebt auch noch etwas, aber wenig, Nach Beendigung aller dieser Operationen behandelt man die alkoholischen Pro- ducte mit Wasser und gielst dem abgeschiedenen Oxal- äther zu dem früher erhaltenen. Der so bereitete Aether ist sehr sauer und enthält überdiefs Wasser, Alkohol und Schwefeläther. Um ihn zu. reinigen, behandelten wir ihn mit gepulverter Blei- glätte, und liefsen ihn mit derselben sieden, bis sein Sie- depunkt, der anfangs zwischen 90° oder 100 ' lag, auf 183° oder 184° C. gestiegen war, wo er stehen blieb. Wenn man diese Operation in einem Ballon mit kurzem Halse vornimmt, werden Wasser, Schwefeläther und Alko- hol verflüchtigt, und die freie Säure bildet oxalsaures Blei- oxyd, von dem, so wie von der überschüssigen Bleiglätte, man den Aether leicht durch Abgiefsen trennen kann. Man gielst nun den Aether, der ohne Wirkung auf Lack- muspapier seyn muls, in eine recht trockne Retorte und destillirt ihn über. So bereitet stellt er eine ölige Flüssigkeit dar, die bei 7°5 C. eine Dichte von 1,0929 besitzt, und unter einem Druck von 0",76 zwischen 183° und 184° C. sie- det. Seine Dämpfe haben nur eine geringe Spannung. 437 . Sein Geruch ist aromatisch, und hat nebenbei einige - Aehnlichkeit mit dem von Knoblauch oder Phosphor. Den Gebrauch des Kalis haben wir bei seiner Rei- nigung vermieden, weil er von diesem leicht zersetzt wird. Eben so mufsten wir auch auf die Anwendung von Chlor- calcium verzichten, da dasselbe zersetzt wird und sicht- lich oxalsauren Kalk bildet, ohne Zweifel, wie wenig- stens der Geruch andeutet, zugleich auch Salzäther. Auch die Waschungen mit Wasser haben wir un- terlassen, weil schon Wasser allein diesen Aether schnell zersetzt. Als wir einst 25 bis 30 Grm. von ihm acht Tage lang in einem Glashafen unter Wasser stehen lie- fsen, ist es uns begegnet, dafs nach Ablauf dieser Zeit aller Aether verschwunden war, und das Wasser nur eine gesättigte Lösung von Oxalsäure enthielt; die Wände des Gefäfses hatten sich dabei mit Krystailen bekleidet, die hinsichtlich ihrer Gröfse und der Reinheit ihrer For- men sehr merkwürdig waren. Man wird im Verlaufe dieser Abhandlung sehen, welche Function die Mineralsäuren bei der Bereitung des Benzo&- und Oxaläthers ausüben. Einige Chemiker haben geglaubt, der Zusatz der Schwefelsäure habe hier eine Erhöhung des Siedepunkts der Flüssigkeit zum Zweck, wodurch die Verbindung zwischen der Säure und dem Alkohol erleichtert werde. In dieser Hypothese würde die Verbindung eine etwas erhöhte Temperatur zu ihrer Bildung erfordern. Hr. Thenard dagegen hat angenom- men, dafs die Mineralsäuren den Alkohol concentrirten und ihn zur Bildung dieser Verbindungen geschickter machten. Diese Meinung nähert sich mehr der unsrigen; denn wir nehmen an, dafs der Alkohol durch die Schwe- felsäure in Schwefeläther, als die wirkliche Basis der zu- sammengesetzten Aetherarten, verwandelt werde. 438 Zerlegung der untersuchten Astherarten in ihre Elemente. Diese Analysen wurden nach dem wohl bekannten Verfahren mittelst Kupferoxyd angestellt, wobei wir ge- wöhnlich den Apparat des Hrn. Gay-Lussac anwand- ten. Die Aether wurden in kleine Fläschchen gethan und in Dampfform über das bis zur anfangenden Rothgluth erhitzte Kupferoxyd getrieben. Salpeteräther (Ether hypo-nitreux). Nach den Er- scheinungen, welche die Bildung des Salpeteräthers be- gleiten, ist es wohl wahrscheinlich, dafs derselbe desoxy- dirte Salpetersäure enthält. Hr. Thomson hat indels die Zusammensetzung desselben in der Annahme berech- net, dafs er aus Salpetersäure und Doppelt-Kohlenwas- serstoff gebildet sey. Diese Hypothese wird schon vor- ‘weg durch die sehr genauen Versuche des Hrn. The- nard uingestolsen, da es diesem gelang den Aether in salpetrichtsaures Kali und Alkohol umzuwandeln. In dels könnte man sagen, die salpetrichte Säure und der Alkohol wären nicht gebildet in ihm vorhanden, sondern erst durch die Einwirkung der Alkalien erzeugt, Ver- suchen wir daher, diese Zweifel durch directe Versuche aufzuhellen. Wir liefsen Salpeteräther in Dampfgestalt über Ku- pferoxyd gehen, das bis zum anfangenden Glühen erhitzt war, und trieben ihn dann durch eine ebenfalls rothglü- hende Säule von Kupferspähnen. Bei jedem Versuche setzte man die ersten Glocken mit Gas bei Seite, und die übrigen prüfte man sorgfältig auf Stickstoffoxydgas und Kohlenwasserstoffgas. Die Resultate von vier Versuchen zeigten klar, dafs dieser Aether 4 Vol. Kohlensäure auf 1 Vol. Stickgas liefert. Wir erhielten nämlich: 1) S0,4 Kohlensäure .. . 19,6 Stickstoff 2) 80,3 an 2 DO Te 3) 79,3 an .. 20De Nr 4) 79,7 - en 22 20,3 Mittel 79,97 - ee NE, u 439 Bei allen diesen Versuchen setzten wir das Stickgas mit Sauerstoffgas in Berührung; aber diefs wurde nicht geröthet, auch erlitt das Volumen beider Gase durch ihre Mengung keine Aenderung, Als man hierauf Was- serstoffgas zusetzte und das Gemenge verpuffte, über- zeugten wir uns, dafs keine Kohlensäure gebildet wurde. Die Absorption war nämlich in allen diesen Fällen genau so, wie wenn Sauerstoff und Wasserstoff allein zugegen gewesen wären. Die folgenden Resultate werden die Analyse dieses Aethers vollständig machen. Bei vier Versuchen, die auf die gewöhnliche Weise angestellt wurden, erhielten wir: Von 05,100 Salpeteräther . . 74,7 Kubikcentimet. Kohlen- säure und Stickgas bei 0° C. und 0,76 ED u ninberatien TBB een Re nr Tee Zaun el: was nach dem obigen Verhältnisse 60 Kubikcentimeter Kohlensäure und 15 Kubikcentimeter Stickgas giebt. Anderseits haben wir das bei dieser Verbrennung gebildete Gas gesammelt. Diefs Wasser wurde entwe- der mit Chlorcaleium aufgefangen oder in Röhren con- densirt, die bis —12° C. erkaltet waren, Bei gut ge- leiteten Versuchen war es niemals sauer noch alkalisch. 03,100 Salpeteräther gaben 03,062 Wasser 0100. 0 40063. 0.100... - 20062. - 2200 2 - 0,061 2 Aus diesem und den vorhergehenden Resultaten folgt, dafs der Salpeteräther gebildet ist aus: Kohlenstoff 32,69 Stickstoff 19,00 Wasserstoff 6,55 Sauerstoff 41,46 100,00 440 Welche Resultate in Volumina umgewandelt, geben: 4 Vol. Kohlenstoffdampf en Kohlenstoff 32,02 1 Vol. Stickgas .... er Stickstoff 18,83 5 Vol. Wasserstoff . . 1, | Wasserstoff 6,69 2 Vol. Sauerstoff ... er Sauerstoff 42,50 *). Unter einem andern Gesichtspunkt betrachtet, giebt diese Analyse offenbar für die Zusammensetzung des Schwefeläthers: 4 Vol. Kohlenstoffdampf) . 5 Vol. Wasserstoffgas } 1 Vol. Aetherdampf 0,5 Vol. Sauerstoffgas 1 Vol. Stickgas \ esse, 1,5 Vol. Sauerstoffgas L 1 Vol. Salpetrichter Säure? Diefs unerwartete Resultat wird vollends durch die noch folgenden Resultate bestätigt. Essigäther. Als wir die von den verschiedenen Operationen herstammenden Aetherportionen, fanden wir für ihre Zusammensetzung: Kohlenstoff ... . 54,820... 53,06 .. . 53,95 Sauerstoff -. '.)....36,425i: . . 38323. 220 3238 Wasserstoff... ..3128,735....1. 86.3872 *) Es ist bemerkenswerth, dafs die Analyse, bei welcher Hr. The- nard die Zersetzung in einem Porzellanrohr vornahm, fast ge- nau mit unseren Resultaten übereinstimmt. Dieser berühmte . Chemiker hat nämlich gefunden (Mem. d’Arcueil, T. II. p. 367.): ü Kohlenstoff 28,65 Stickstoff 14,49 Wasserstoff 8,54 ; Sauerstoff 48,52 Nach den gegenwärtig für die Zusammensetzung der Koh- lensäure und des VWVassers angenommenen Verhältnissen neu be- rechnet, würde diese Analyse mehr Kohlenstoff und weniger Wasserstoff geben. Doch weicht sie, nachdem diese Correctio- nen gemacht sind, so wenig von dem berechneten Resultate ab, dafs man nicht genug bewundern kann, mit welcher Geschick- lichkeit Hr. Thenard alle die Schwierigkeiten, die mit sei- nem verwickelten Verfahren verbunden waren, zu überwinden ge- wulst hat. 441 Resultate, die offenbar vorstellen: 16 Vol. Kohlenstoffdampf} denn indie-) Kohlenstoff 54,63 16 Vol. Wasserstoff . re Annah- Wasserstoff 36,28 4 Vol. Sauerstoff . ... “me hatman:) Sauerstoff 9,07 Man kann sich also den Essigäther zusammengesetzt denken, aus einem Atome Schwefeläther, H!°CG®O, und einem Atome Essigsäure, H° C?O®. Man wird bemerken, dafs der Essigäther 54 Proc. Kohlenstoff enthält, wogegen im Alkohol nur 52 Proc. und in der Essigsäure höchstens 49 Proc. enthalten sind. Denzoeälher. Die Analyse dieses Aethers bietet einige Schwierigkeiten dar. Da nämlich sein Dampf eine ‚sehr grofse Dichte besitzt, und er eine beträchtliche Menge von Kohlenstoff und Wasserstoff enthält, so entgeht sehr oft ein Theil desselben der Zersetzung, Man, erkennt diefs aber ganz leicht an dem Geruch, den alsdann die Gase oder das condensirte Wasser behalten haben, und oft selbst an dem Erscheinen von Oelstreifen in den er- kalteten T'heilen des Apparats. Diese Erscheinungen sind immer mit einem zu geringen Verhältnifs von Kohlenstoff bei der Analyse begleitet. Stellen sie sich aber nicht ein, so sind die Mengen des Kohlenstoffs constant und gerade so grofs, als sie es nach der Theorie, die aus der Zusammensetzung der vorhergehenden ale: abgelei- tet ist, seyn müssen. Die Resultate seiner Zerlezung sind folgende: Kohlenstoff 73,32 Sauerstoff 19,10 Wasserstoff 7,87 100,29 Wie bei den vorhergehenden Aetherarten, wird die Zusammensetzung dieses Aethers dargestellt durch ein Atom Benzoesäure H!?C®°O3 plus ein Atom Schwefeläther H'°C°O. In der That sind die Data der Analyse, in Volumina umgewandelt, folgende: 442 38 Vol. Kohlenstoffdampf 22 Vol. Wasserstoff 4 Vol. Sauerstoff denn reducirt man diese Volumina auf Gewichte, so fin- det man: berechnet beobachtet Kohlenstoff 72,69 statt 73,32 Sauerstoff 20,33 - 19,10 Wasserstoff 6,98 - 7,87 100,00 100,29 Oraläther. Die Analyse dieses Aethers fiel bei mehrmaliger Wiederholung befriedigend aus. Durch die Leichtigkeit, mit welcher dieser Aether, wie man wei- terhin sehen wird, sich durch Kali zerlegen läfst, eignet er sich am besten zum Erweise des Hauptresultats die- ser Arbeit. Wir haben fast immer so viel Kohlenstoff in ihm gefunden, als im absoluten Alkohol; diefs würde durchaus unmöglich seyn, wenn er aus Oxalsäure und Alkohol gebildet wäre, weil die Säure 0,33 und der Alkohol 0,52 Kohlenstoff enthält. _ Unsere Resultate sind folgende: Kohlenstoff . . . 49,61... .. 48,95 Wasserstoff .. . 43,77... . 44,09 Sauerstoff .... 6,62... 6,96 100,00 100,00 Verwandelt man diese Zahlen in Volume, so erhält man offenbar: 10 Vol. Wasserstoff diese *< Wasserstoff 6,83 4 Vol. Sauerstoff . geben Sauerstoff 43,75 Diefs giebt nothwendig für die Zusammensetzung des Oxaläthers ein Atom Schwefeläther H:°C3O und ein Atom Oxalsäure C# O3, Das Hauptresultat dieser Analysen wird durch die Dichte der Dämpfe dieser Aether vollkommen bestätigt. 12 Vol. Wasersoft. } denn [asensot 49,42 443 Dichte des Dampfes der von uns untersuchten Aether. Die Dichte dieser Aether, ausgenommen die des Salpe- teräthers, wurde nach dem Verfahren des Hrn. Gay-Lus- sac bestimmt. Wir haben viele Sorgfalt auf diese Versuche verwandt, in der Ueberzeugung, dafs sie, besser wie jede andere Methode, die wahre Zusammensetzung dieser Aether kennen lehren würden. Fehler in der ersten Decimalstelle sind bei solchen Versuchen unmöglich, und es ist wohl selten, dafs zwei Hypothesen Resultate liefern, die nur um eine Decimalstelle von einander abweichen. Unsere Resultate über die Dichte des Salpeteräther- Dampfs sind folgende. In drei Versuchen, die bei ge- wöhnlicher Temperatur und unter einem Druck von 0",62 bis 0”,65 gemacht wurden, erhielten wir 2,654 *), 2,626 und 2,628 für diese Dichte reducirt auf 0”,76 (und wahr- scheinlich 0° C.), die der Luft als Eins gesetzt. Nähme man an, dafs der Salpeteräther aus Alkohol und salpetrichter Säure gebildet wäre, so würde keine Hypothese gleichzeitig die Bedingungen erfüllen kön- nen, die aus der un und der Dichte des Dampfes hervorgehen. Nimmt man dagegen an, dafs der Salpeteräther aus Schwefeläther und salpetrichter Säure in den vorhin ge- nannten Verhältnissen zusammengesetzt ist, so findet man; 2 Vol. Schwefelätherdampf ==5,1664 3 Vol. Sauerstoffgass ... =3,3078 2 Vol.,Stekgası9.....% . =L914 . 10,4256, Da nun ED 2,6064 ist, und wir, nach dem Mittel aus den beiden am besten gelungenen Versuchen, *) Die erste dieser Zahlen ist etwas fehlerhaft, und zwar wegen der Einwirkung des Salpeteräthers auf den Kitt des Ballons. Bei den beiden folgenden Versuchen hatte man sich sorgfältig gegen diesen Fehler verwahrt. 444 % 2,627 gefunden haben; so führt uns diefs zu dem Schlufs, dafs der Salpeteräther gebildet ist aus einem Volumen Schwefeläther und wahrscheinlich einem Volumen salpe- trichter Säure, ohne Condensation. Essigäther. Die Dichte seines Dampfs, auf 0° und 07,76 reducirt, ist 3,067. Nach den vorhin angeitihrien Datis, giebt die Rechnung: 16 Vol. Wasserstoff =1,1008 16 Vol. Kohlenstoff ==6,7520 4 Vol. Sauerstoff ==4;4104 12,2632. Nun ist —3,0658, was mit dem erhaltenen Resultate vollkommen übereinstimmt. R benzoeäther. Die Dichte seines Dampfs bestätigt diese Resultate völlig. Wir haben dieselbe durch Ver- suche, bei 0° und 0,76, gleich 5,409 gefunden. Be- rechnet man sie nach der früher gegebenen Analyse, so findet man: 12,2632 4 38 Vol. Kohlenstoffdampf ==16,036 22 Vol. Wasserstoff... = 15136 4 Vol. Sauerstoff .... = 4,4104 21,9600. —5,49 ‚ eine Zahl, die sich wenig Nun ist — L m von der gefundenen entfernt. Oraläther. Beim ersten Versuch fanden wir die Dichte des Oxalätherdampfs =5,042, bei 0° und 0%,76.- Ein zweiter, mit gröfseren Mengen und besonderer Sorg- falt angestellt, gab 5,087. Darnach würde das Gewicht eines Litres dieses Dampfes 65,609 seyn, bei 0° und 0,76. 445 Nun hat man durch Rechnung: 10 Vol. Wasserstoff 0,688 12 Vol. Kohlenstoff =4,410 4 Vol. Sauerstoff ==5,064 10,162. Aber 2 5081. Diese Zahl nähert sich der durch den Versuch erhaltenen in dem Grade, dafs man die Richtigkeit des Gesichtspunkts, unter welchem die Rechnung angestellt wurde, nicht bezweifeln darf. Zerlegung der von unsuntersuchten Aether durch Kalı. Unstreitig hätten wir uns zur Aufstellung des Haupt- gegenstandes dieser Abhandlung mit den obigen Analysen begnügen können. Allein, wenn auch das Verhältnifs von Säuren und Basis für den Salpeteräther nicht. zwei- felhaft ist, da es unmittelbar durch das Verhältnifs vom Stickstoff zum Kohlenstoff gegeben wird; so mufs man doch gestehen, dafs, für die drei andern Aether, diefs Verhältnifs sich nur auf Versuche gründet, deren Ge- nauigkeit nicht erweisbar ist. Wir haben daher gesucht unsere Schlüsse durch einfache und directe Versuche zu erweisen, wie durch die Zersetzung mittelst wasserhaltiger oder wasserfreier Ba- sen. Es haben sich uns dabei sonderbare Erscheinungen gezeigt, die wir jetzt genau beschreiben werden. Wir nehmen den Oxaläther als Muster. Er ist derjenige, des- sen Studium in dieser Beziehung die wenigsten Schwie- rigkeiten darbietet. Unsere Versuche mit den übrigen Aetherarten sind zwar noch unvollständig, aber doch so weit vorgerückt, dafs wir uns berechtigt glauben, die hier angeführten Thatsachen zu verallgemeinern. Man wird sehen, dafs sie möglichst gut mit den vorhergehenden übereinstimmen. 446 35,616 Oxaläther in Alkohol gelöst und mit reinem Kali behandelt, wurden schnell zersetzt. Die Flüssigkeit, nach Verdünnung mit Wasser durch reine Salpetersäure gesättigt, trübte sich nicht. Nun setzte man ihr Chlor- calcium in geringem Ueberschufs hinzu. Der oxalsaure Kalk wurde gesammelt, gewaschen und über Feuer zer- setzt, und der Rückstand, nachdem er in Gyps verwan- delt worden, sorgfältig bis zum Rothglühen erhitzt. Der letztere wog 33,369. ; 100 Th. Oxaläther enthalten demnach 48,98 Oxal- säure. 73,348 Oxaläther, die 24 Stunden lang mit einer concentrirten Lösung von reinem kaustischen Kali in Be- rührung gelassen worden, wurden vollständig zersetzt. Man brachte die Flüssigkeit in eine Retorte, welche trocknes basisch kohlensaures Kali enthielt, spülte die Flasche, welche die Flüssigkeit enthalten hatte, mit Was- ser aus und gofs dasselbe ebenfalls in die Retorte, wor- auf man nun das Ganze möglichst vorsichtig, um keinen Verlust zu erleiden, der Destillation unterwarf. Man sammelte hiebei 183,277 einer alkoholischen Flüssigkeit, deren Dichte 0,970 bei 10° C. betrug, und die folglich 0,25 absoluten Alkohols enthielt. 100 Th. Oxaläther gaben also 62,18 absoluten Alko- hol. Man hat demnach: 48,98 Oxalsäure 62,18 Alkohol 111,16. Das heifst, die Analyse gab einem Ueberschufs von 11,16. Diesen kann man nur dem Wasser zuschreiben, welches sich im Moment der Trennung mit einem der Körper verbunden hat. Da nun die Oxalsäure kein Was- ser enthalten konnte, so ist klar, dafs dasselbe vom Alko- hol aufgenommen seyn mufstee Die Rechnung beweist, dafs es in diesem in einem solchen Verhältnisse enthalten 447 ist, dafs derselbe, wenn es abgezogen wird, in Schwe- feläther zurückgehen würde. Denn es ist: beobachtet berechnet Oxalsäure 48,98 49,28 Schwefeläther 50,06 50,72 Wasser 12,12 12,24 11116 112,24. Wir finden also durch die Analyse bis auf ein Hun- dertel die Resultate wieder, welche durch die Rechnung vorgesehen wurden, und wir glauben daher, dafs nach diesem keine Ungewilsheit hinsichtlich unserer Bestim- mungen übrig geblieben seyn kann. Wie schon gesagt, haben wir auch gesucht den Ben- zo@eäther und die übrigen zusammengesetzten Aetherarten durch Kali zu zersetzen, um diese neue Probe den be- reits zu Gunsten unserer Meinung angeführten hinzufügen zu können; allein, abgerechnet, dafs das Kali äufserst langsam auf dieselben wirkt, und man zur Begünstigung seiner Einwirkung einen Ueberschufs von ihm hinzusetzen mufs, bilden auch die Benzo&- und Essigsäure keine ganz unlösliche Salze, so dafs wir Mühe gehabt haben diese Säuren quantitativ zu bestimmen. Da die Resultate, zu denen wir gelangten, niemals mit einander übereinstimm- ten, so versuchten wir unsere Hypothese dadurch zu veri- ficiren, dafs wir den Oxaläther einem Verfahren unter- warfen, wodurch wir hoffen konnten, den Schwefeläther selbst abzuscheiden. Das Ammoniakgas, welches den Oxal- äther augenblicklich zersetzt, schien uns diesen Zweck zu erfüllen, und damit die Frage, ob der Oxaläther Alkohol oder Schwefeläther enthalte, leicht entschieden zu seyn, da bei diesem Versuche kein Wasser gebraucht wird. Eine ungewogene Menge Oxaläther wurde einem Strome von Ammoniakgas ausgesetzt, und dadurch bald gänzlich in ein weifses Salz umgewandelt, welches wir für oxalsaures Ammoniak hielten. Das flüssige Product, 448 | { - welches bei dieser Reaction entstanden war, blieb mit dem Salze gemengt; nachdem dasselbe durch eine gelinde Hitze, verbunden mit der Wirkung des Ammoniakgas- Stromes, ausgetrieben und von dem beigemengten Ammo- niak befreit worden war, fanden wir zu unserm grofsen Erstaunen, dafs diefs Product Alkohol war. Jedoch schien uns auch zugleich, dafs die Quantität desselben weit. ge- 'ringer war, als sie es nach der Menge des angewandten Oxaläthers ‚hätte seyn müssen. Wir waren, wie leicht zu denken, sehr erstaunt über dieses Resultat... Es blie- ben uns nur zwei, gleich unwahrscheinliche Voraussetzun- gen übrig. Erstlich, dafs unsere analytischen Resultate und unsere Bestimmungen der Dichte der Dämpfe durch- aus ungenau seyen; und zweitens, dafs sich bei diesem Versuch das zur Bildung des Alkohols nöthige Wasser gebildet habe. Im letzteren Falle hätte sich Stickgas und Kohlenoxydgas entwickeln müssen; allein, als der Ver- such in verschlossenen Gefälsen angestellt wurde, zeigte sich, dafs die Reaction ohne Entwicklung von Gas geschah. Ueber diese sonderbaren T'hatsachen nachdenkend. und überzeugt von der Genauigkeit unserer früheren Ver- suche, haben wir unbedenklich den Schlufs gemacht, dafs das Ammoniak bei seiner Einwirkung auf den Oxaläther ein Salz bilde, das aus aller Oxalsäure, aus der Hälfte des Doppelt-Kohlenwasserstoffs und aus Ammoniak zu- sammengesetzt sey, während die andere Hälfte des Dop- pelt-Kohlenwasserstofis, mit Wasser vereinigt, Alkohol erzeuge. Diese Annahme war leicht zu prüfen. Denn in die- sem Falle durfte man aus einer gegebenen Menge Aether durch Behandlung mit Kali nur die Hälfte des Alkohols gewinnen können, und überdiefs mufste das zurückblei- bende Salz in seinen Eigenschaften und seiner Zusammen- seizung sehr von dem oxalsauren Ammoniak abweichen. Dieser Schlufs ist durch die Erfahrung vollkommen bestätigt worden. 25 449 25 Gramm. reinen Oxaläthers wurden in eine Tubu- latretorte gebracht. In der Tubulatöffnung steckte ein kleines Rohr, wodurch trocknes Ammoniakgas zum Aether geführt wurde, und der ausgezogene Hals der Retorte ging in ein erkaltetes Rohr, worin der entwickelte Alko- hol sich verdichten mufste.e Nachdem man den Ammo- ‚niak-Strom einige Stunden lang unterhalten hatte, er- hitzte man die Retorte in einem Wasserbade, bis sie völlig trocken geworden war. Sie enthielt nun 193,668 Salz; die alkoholische Flüssigkeit war sehr ammoniaka- lisch; man sättigte sie mit verdünnter Schwefelsäure, und destillirte sie darauf zur Trockne, um den reinen Alko- hol zu erhalten. . Man erhielt dadurch 143,600 Weingeist von 0,908 Dichte bei 12° C. Da der Alkoholgehalt hierin 54 Proc. beträgt, so hatte man also 73,884 absoluten Alko- hol erhalten. Wir erhielten also durch Ammoniak 31,536 Alkohol aus 100 Aether; während wir durch Kali aus derselben Menge 62,18, d. h., wie wir auch vorausgesehen, das Dop- pelte, erhalten hatten. Anderseits muls das neutrale ek Ammoniak enthalten: 1 Atom Oxalsäure und 4 Volumina Ammoniak, nämlich: 4 Vol. Kohlenstoffdampf. 5 Vol. Sauerstoff. 6 Vol. Wasserstoff. 2 Vol. Stickstoff. Bei seiner Verbrennung mufs man also 2 Vol. Koh- lensäure gegen 1 Volumen Stickgas erhalten, wie bei der Verbrennung von Cyangas. In der That hat auch Herr Döbereiner gezeigt, dafs das oxalsaure Ammoniak so zusammengesetzt ist, dafs es sich unter Einwirkung der concentrirten Schwefelsäure in Wasser und Cyan zersetzt. Das Salz, welches wir erhalten hatten, mufste also ganz anders zusammengesetzt seyn; denn es war eben- falls neutral, und mufste, aufser den Elementen des vor- Annal.d. Physik.B.88. St.3. J. 1828. St. 3. Ff 450 hergehenden, die beiden vom Aether abgegebenen Vo lumina Doppelt-Kohlenwasserstoff enthalten. Dadurch mufste das Verhältnifs des Stickstoffs zum Kohlenstoff, dem Volumen nach, wie 4:1 (wie 1:8? P.) werden. Wir haben diefs Verhältnifs mit der gröflsten Sorg- falt mittelst Kupferoxyd bestimmt, und dabei immer ge- nau 8 Vol. Kohlensäure auf 1 Vol. Stickgas erhalten. Die Resultate waren so scharf, dafs diefs Verhältnifs uns nicht einen einzigen Augenblick zweifelhaft geschienen hat. Es läfst sich nur durch die Annahme erklären, dafs dieses Salz, obgleich es neutral ist, dennoch nur die Hälfte des Ammoniaks enthält, welches zur Sättigung der vor- handenen Oxalsäure erfordert wird. Hier die Endresultate dieses merkwürdigen Versuchs, berechnet auf 300 T'h. Oxaläther. berechnet beobachtet Nkoholky. ce 31,48 Alkohol 31,536 Oyalssnre, ka 49,28 ee Kaaee!: -Kohlenwasserstoff 19, n tes Salz 78,672 mmemlak m. ne 2... 11,7 rs 110,208. Die beobachteten Resultate kommen den berechne- ten so nahe wie nur möglich, und überdiels ist die Zu- sammensetzung des Salzes bestimmt; denn man weils, dafs es alle Oxalsäure des Oxaläthers enthält, eben so viel Doppelt-Kohlenwasserstoff wie der Alkohol, und endlich so viel Ammoniak, als sich aus dem angegebenen Ver- hältnifs von Stickstoff zum Kohlenstoff ergiebt. Dieses Salz nähert sich offenbar durch seine Zu- sammensetzung den schwefelweinsauren Salzen *), deren *) Wir betrachten es als oxalweinsaures Ammoniak, oder viel- mehr als ein oxalsaures Doppelsalz von Doppelt- Kohlenwasser- stoff und Ammoniak. . Die Oxalweinsäure würde ein doppelt- oxalsaurer Doppelt-Kohlenwasserstoff seyn, eben so wie die schwefelweinsauren Salze schwefelsaure Doppelsalze von Doppelt- Kohlenwasserstoff und den verschiedenen Salzbasen seyn wer- den, und die Schwefelweinsäure ein doppelt -schwefelsaurer Doppelt-Kohlenwasserstoff. 451 . fettiges Ansehen es auch besitzt, weicht aber durch seine Löslichkeit ganz von ihnen ab. Denn das Wasser löst in der Kälte sehr wenig auf, in der Wärme zwar etwas mehr, aber doch weit weniger als vom oxalsauren Ammoniak. Vom Alkohol dagegen wird es reichlicher gelöst und in ziemlich schönen Krystallnadeln abgesetzt. In allen Fällen fällt eine kalte oder heilse Lösung des- selben weder die Kalksalze noch die Bleisalze. Es scheint auch nicht auf die übrigen Metalllösungen zu wir- ken; doch ist vielleicht die geringe Löslichkeit dieses Sal- zes Ursache davon. In der Wärme entwickelt der Baryt Ammoniak daraus und bildet ein wenig lösliches Salz, welches aber doch durch Concentration der Flüssigkeit krystallisirbar ist. Durch Hitze zersetzt, scheint es sich zum Theil zu sublimiren, ohne kohlensaures Ammoniak zu geben, während ein kleiner Theil zersetzt wird, einen Rückstand von Kohle hinterläfst und Spuren von Cyan- wasserstoffsäure giebt. Uebrigens werden das. Studium dieses Salzes, der darin enthaltenen Säure und der verschiedenen Arten die- ser neuen Gattung nothwendig Gegenstand einer beson- deren Abhandlung ausmachen, in welcher wir die Zu- sammensetzung und Eigenschaften desselben ausführlicher darstellen werden, so wie auch die der analogen Kör- per, welche die anderen, uns beschäftigenden Aetherar- ten aller Wahrscheinlichkeit nach bilden werden. - Indem wir diese Abhandlung beschlielsen, erlauben wir uns einige aus derselben hervorgehende oder sich auf _ dieselbe beziehende Ideen der Akademie aus einander zu seizen. 3 Das unmittelbarste Resultat unserer Untersuchungen besteht darin, den Schwefeläther als eine Salzbase, und den Alkohol als ein Hydrat des Aethers zu betrachten. Man erhält so für dieZusammensetzung dieser beiden Körper: 1 Vol. Atherdampf %] Yo, Wänerdmpt Ff2 452 | ı Vol. Aectherdampf. 1 Vol. Alkoholdampf ! 1 Vol. Wasserdampf; Was den Salpeter-, Essig- und Benzo&- Aether be- wu so ist sehr wahrscheinlich, dafs sie bestehen aus: Vol. Schwefelätherdampf. Vol. Säuredampf. Der Oxaläther macht eine Ausnahme, denn er enthält: 1 Vol. Schwefelätherdampf. 1 Vol. Säuredampf. ‚Aber sie alle, verglichen mit dem Alkohol, weichen nur darin von diesem En dafs das Volumen des Säure- dampfs durch ein elefhes Volumen Wasserdampf er- setzt ist. Es giebt indels einen anderen, weit allgemeineren Gesichtspunkt für die Zusammensetzung diesen Körper. Er besteht darin, dem Doppelt-Kohlenwasserstoff selbst einen alkalischen Charakter beizulegen; man ist dadurch im Stande, die verschiedenartigsten Verbindungen dieser Ordnung mit einem einzigen Blick zu übersehen. Wirlegen einigen Werth auf diesen Gesichtspunkt, und sind veran- last ihn wegen seiner Einfachheit dem bereits angegebe- nen vorzuziehen. Es fragt sich nun, ob das Doppelt-Kohlenwasser- stoffgas wirklich den alkalischen Charakter besitzt, den wir ihm beigelegt haben; indefs scheinen uns die folgen- den Beweise keinen Zweifel in dieser Beziehung übrig zu lassen. Das Salz, welches wir durch Behandlung des Oxal- äthers mit Ammoniak bekommen haben, enthält 2 Vol. Ammoniak und 2 Vol. Doppelt-Kohlenwasserstoffgas, wel- ches letztere die 2 Vol. Ammoniakgas ersetzen, die zur Vervollständigung des neutralen oxalsauren Ammoniaks er- forderlich sind. Der Doppelt-Kohlenwasserstoff besitzt also genau dieselbe Sättigungscapacität wie das Ammoniak. Im Chlorwasserstoff- und Jodwasserstoff- Aether ist ein Volumen Säuregas gesättigt durch ein Volumen Dop- „ Den 453. pelt-Kohlenwasserstoffgas, eben so wie in dem neutralen chlorwasserstoffsauren und jodwasserstoffsauren Ammo- niak, Säure und Base zu gleichem Volumen verbunden enthalten sind. Die Sättigungscapacität ist also auch hier dieselbe. Ein Atom der salpetrichten Säure, der Essig-, Benzo&- oder Oxalsäure sättigt 4 Volumina Ammoniak. Nun ist in den aus diesen Säuren gebildeten Aethern 1 Atom von jeder derselben durch 4 Volumina .Doppelt-Kohlen- wasserstoff gesättigt. Also ist auch hier die Sättigungs- capacität dieselbe. Endlich findet man in den schwefelweinsauren Sal- zen, welche man beliebig, entweder aus Unterschwefel- säure, Weinöl und einer Basis, oder aus Schwefelsäure, Doppelt-Kohlenwasserstoff und einer Basis zusammenge- setzt betrachten kann, nach der letzten Hypothese, dals 1 Atom Schwefelsäure genau durch 4 Volumina Doppelt- Kohlenwasserstoff gesätügt ist, wie dasselbe von 4 Vol. Ammoniakgas gesättigt seyn würde. Die Sättigungscapaci- tät wiederholt sich also auch hier genau auf gleiche Weise. Fährt man fort, den Doppelt-Kohlenwasserstoff mit dem Ammoniak zu vergleichen; so sieht man, dafs die letztere Base bei ihrer Verbindung mit Wasserstoffsäu- ren stets wasserfreie Salze giebt, während sie mit Sauer- stoffsäuren immer Salze mit Krystallwasser liefert, von dem dieselben sehr schwer zu befreien sind, ohne dafs sie nicht eine anfangende Zersetzung erleiden, Dieselben Kennzeichen finden sich auch bei den Ver- bindungen des Doppelt-Kohlenwasserstofis mit den Säu- ren. Die Wasserstoffsäuren bilden sämmtlich wasserfreie Aeiher, d. h. Verbindungen von reiner Säure und Dop- pelt-Kohlenwasserstoff. Das sind .bis jetzt der Chlor- wasserstoff- und Jodwasserstoff- Aether. Die Sauerstoffsäuren dagegen bilden Aether-Hyarate, d.h. Verbindungen von Doppelt-Kohlenwasserstoff, Säure, und Wasser. 454 - Dieser letzte Gesichtspunkt umfafst, wie man sieht, anscheinend sehr unähnliche Verbindungen. Unglückli- cherweise hat man gegenwärtig keine Mittel, den Werth desselben direct zu bestimmen. Da das Doppelt-Koh- lenwasserstoffgas nicht löslich ist im Wasser, so kann es nicht auf das Lackmus- und \eilchen-Pigment wirken, welche gewöhnlich als Reagenzien für die Alkalien ge- braucht werden. Man könnte noch entgegnen, dafs die Aether, wenn sie Salze wären, mit den gewöhnlichen Salzen doppelte Zersetzungen geben müfsten, welche man doch nicht beobachtet hat; allein diese Erscheinungen sind in ihrem Detail zu wenig bekannt, als dafs sie einen ge- gründeten Finwurf abgeben können, da der Mangel an Wirkung Folge der Erzeugung von löslichen, den schwe- felweinsauren Salzen ähnlichen Verbindungen seyn kann, Allein dennoch schmeicheln wir uns der‘ Hoffnung, dals die hier erörterte Meinung angenommen werde; denn ist nicht das beste aller Kennzeichen einer Base die Figen- schaft, den sauren Charakter eines damit begabten Kör- pers zu zerstören? und findet man wohl offenbar neutra- lere Salze als die Aether? Ueberdiefs kann ihre Flüs- sigkeit oder Gasförmigkeit bei dieser Frage nicht in Be- tracht kommen; denn es giebt Ammoniaksalze, die flüs- sig sind, und das cyanwasserstoffsaure Ammoniak ist nahe daran gasförmig zu seyn. Die von uns beobachteten sonderbaren Umwandlun- gen des Aethers in Alkohol und des Alkohols in Aether würden wahrscheinlich ohne Widerspruch angenommen werden, wenn wir sie durch ein schlagendes und unbe- streitbares Beispiel unterstützen könnten. Ein solches finden wir unter den merkwürdigen Untersuchungen des Hrn. Chevreul über die fetten Körper. Diese Körper scheinen uns die gröfste Aehnlichkeit mit den von uns untersuchten zusaımmengesetzten Aelhern zu besitzen. Wie diese, sind sie aus einer organischen Basis und einer Säure zusammengesetzt; wie diese, wer- 455 ) den sie durch Einwirkung der Alkalien zersetzt; wie diese endlich, haben sie zur Basis einen Stoff, welcher, bei sei- ner Trennung von der Säure, Wasser absorbirt, welches man ihm dann nicht mehr entziehen kann. Diese Beziehungen sind dem Scharfblick des Hrn. Chevreul nicht entgangen; aber sie erhalten durch un- sere Versuche einen hohen Grad von Evidenz und In- teresse, indem’ die Bindung des Wassers, welche schon bei der Verseifung eintritt, sich hier unter denselben Um- ständen wieder findet. Wenn noch einige Zweifel über die Salz- Natur der Oele und Fette übrig geblieben wären, würde dieser Vergleich, wie uns scheint, hinreichend seyn, sie zu heben. Bis auf den Umstand, dafs die Synthese für jeizt die Oele mittelst der aus ihnen gezogenen Säu- ren und Basen nicht wieder zusammensetzen kann, ent- sprechen alle chemischen Kennzeichen derselben denen, welche wir bei unseren Aethern aufgefunden haben. Es ist in dieser Beziehung interessant, die Verseifung der Cetine z. B. mit der Behandlung des Oxaläthers mit Kali zu vergleichen. Die fetten Säuren und die Oxalsäure ab- sorbiren bei ihrer Abscheidung Wasser, welches man ihnen nur entziehen kann, wenn man sie mit einer Basis behandelt. Die Cefine enthält Doppelt-Kohlenwasserstoff, welcher bei der Verseifung sich mit Wasser zur Bildung des Eihal's verbindet; der Oxaläther enthält Schwefel- äther, welcher bei der Einwirkung des Kali’s sich mit Wasser zur Bildung von Alkohol vereinigt. Die Aehn- lichkeit läfst nichts zu wünschen übrig. Eadlich scheint der Gesichtspunkt, der aus’ unsern Resultaten hervorgeht, ein grofses Licht auf die Erschei- nungen: der geistigen Gährung zu werfen. Jedermann weils, wie viele Untersuchungen diese sonderbare Um- wandlung des Zuckers erregt hat, und Wenigen wird es unbekannt seyn, dafs es Hrn. Gay-Lussac gelungen ist, die Producte derselben auf die einfachste und zier- lichste Weise darzustellen. Nach diesem berühmten Che- \ EEE Fi EN I We GE 456 _ miker wird der Zucker seiner Zusammensetzung nach durch Alkohol und Kohlensäure dargestellt. Die Gährung ver- setzt ihn #n diesen neuen Zustand, indem sie seine Ele- mente unter dieser neuen Form vereinigt. Soll aber diese Hypothese annehmbar werden, so mufs man voraussetzen, dafs der Zucker 4 oder 5 Proc. Kohlenstoff enthält, die nicht wirken oder auf eine unbekannte Weise fortgeführt werden; denn es ist nicht denkbar, dafs ein Fehler in der Analyse des Zuckers vorhanden sey. Die Versuche der HH. Gay-Lussac und Thenard, Berzelius, Th. de Saussure und Fines von uns, stimmen zu gut mit einander überein, als dals ein solcher Fehler. im ge- ringsten wahrscheinlich seyn sollte. Die Theorie der Gährung, wie sie von Hrn. Gay- Lussac aufgestellt ist, läfst also einiges zu wünschen übrig; aber diefs ist nicht mehr der Yall, sobald man den Aether statt des Alkohols in der theoretischen Zu- sammensetzung des Zuckers annimmt. Dann wird die Uebereinstimmung zwischen der Theorie und der Erfah- rung vollkommen, wie man sich leicht überzeugen kann. Nach der Analyse des Hın. Berzelius ist nämlich der wasserfreie Zucker gebildet aus: 6 Vol. Kohlenstoffdampf. 5 Vol. Wasserstoff. 24 Vol. Sauerstoff. Der Schwefeläther enthält: 4 Vol. Kohlenstoffdampf. 5 Vol. Wasserstoff. 1 Vol. Sauerstoff. Es bleiben also “übrig: 2 Vol. Kohlenstoffdampf. 2 Vol. Sauerstoff. Das heifst, der Zucker kann betrachtet werden als bestehend aus einem Volumen Aetherdampf und zwei Volume Kohlensäure; und daraus folgt, dafs bei seiner Gährung das Volumen Aetherdampf ein Volumen Was- 457 serdampf aufnimmt, um in Alkohol überzugehen. Wenn dem so ist, so mufs die Gewichtszunahme sehr beträcht- lich und bestimmbar seyn. Auch haben wir uns vorge- nommen, diese Erscheinung von Neuem mit der Aufmerk- samkeit, welche sie verdient, und mit Hülfe der analyti- schen Methoden zu untersuchen, welche Lavoisier und dem Hrn. Thenard fehlten, als sie sich hiermit beschäf- tigten. Es sey uns erlaubt bis dahin bemerklich zu machen, bis zu welchem Punkte unsere Erklärung mit den analy- tischen Datis übereinstimmt. Der einzige Unterschied, wel- cher zwischen den von uns angenommenen und den von Hın. Berzelius gefundenen ist, betrifft den Wasserstofl. Nach ihm sind in dem Zucker 24 Vol. Koblenstoffdampf, 10 Vol. Sauerstoff und 21 Vol. Wasserstoff. Wir nah- men von letzterem nur 20 Vol. an, und wurden darin durch die Untersuchungen der HH. Gay-Lussac und Thenard, so wie durch die vieler anderen Chemiker unterstützt, welche den Sauerstoff und Wasserstoff in dem zur Bildung von Wasser erforderlichen Verhältnisse im Zucker gefunden haben. Bemerken wir überdiels, dafs dieser Fehler von „U; im Wasserstoff ungefähr dem- -jenigen proportional ist, welchen dieser so genaue Chemiker bei seiner Analyse der Oxalsäure begangen hat. Diese Betrachtungen mögen die Correction rechtfertigen, welche wir uns erlaubt haben, und sind keinesweges übertrieben, wenn es sich um Analysen von Hrn. Berzelius handelt, Analysen, deren ungemeine Genauigkeit sich mit jedem Tage bestätigt, und die eine so wichtige Epoche in der Beochichte der Chemie ausmachen. Der Trauben- und Stärkmehlzucker scheinen vor allem darin vom Rohrzucker abzuweichen, dafs sie sich wirklich als aus Kohlensäure und Alkohol zusammenge- setzt betrachten lassen. | Denn nach der Analyse des Hrn. Th. de Saussure enthalten diese Zucker G°H’O°4, welche man auch so 458 darstellen kann: H° C°0O3-+HO!, wobei das halbe Atom Wasser als Krystallwasser angenommen ist. Es bleibt dann H°C50O°’=C?0°?+-(H?C?+H?O), (d.h. der Stärkmehlzucker kann dargestellt als zusamınen- gesetzt aus gleichen Volumen Kohlensäure und Alkohol. Unter diesem Gesichtspunkt lassen ‚sich der Rohr- und Stärkmehlzucker als zwei Arten von kohlensaurem Kohlenwasserstoff ansehen, die nur darin von einander verschieden sind, dafs die erste zwei Mal so viel Kry- stallwasser enthält als die letztere. Wir glauben und hoffen, dals diese. Betrachtungs- weise mehr wie irgend eine andere geeignet ist, die wesent- lichen Kennzeichen beider Zuckerarten zu erklären; auch scheint sie uns mehr als irgend eine andere als Richt- schnur patslich, nicht blofs bei den Versuchen, durch wel- che man die chemischen Figenschaften derselben kennen lehren könnte, sondern auch bei der Erklärung der dadurch erhaltenen Resultate. Wir hoffen übrigens dieses noch bes- ser’zu belegen, wenn wir die Arbeit über die Zuckerarten und die Gährung, mit der wir uns gegenwärtig beschäfti- gen, der Äcademie vorlegen werden. Wir haben die sämmtlichen Thatsachen, welche diese Abhandlung einschlielst, in der folgenden Tafel zusam- mengestellt und zwar in Atomen-Formeln ausgedrückt, damit die Darstellung conciser sy. Man wird darin eine solehe Aehnlichkeit zwischen dem Ammoniak und dem Doppelt-Kohlenwasserstoff bemerken, dafs wir zu der Hoffnung berechtigt sind, man werde unsere Mei- nungen als durch die Thhatsachen vorgeschrieben anse- hen. Unser einziger Wunsch ist, den Chemikern bei der Erörterung dieser Tihatsachen und den Folgerungen aus ihnen eine Richtschnur zu geben ; sollten wir uns irren, so wird die Zeit und die Erfahrung unsere Irrthü- mer berichtigen; beim gegenwärtigen Gesichispunkte aber scheinen unsere Folgerungen fast abgedrungen zu seyn. 459 Vergleichung der Verbindungen des Doppelt-Kohlen- wasserstoffs mit denen des Ammoniaks. Namen der Verbindungen. | Basıs.- | Sänre. | Wasser. Chlorwasserstoffsaures Ammoniak . |AzH? 2H Ch Chlorwasserstoffsaurer Doppelt-Koh- lenwasserstoff „(Chlorwasserstoff- | j SEEN ER ID in 27°C? |2HCh Jodwasserstoffsaures Ammoniak . . . [AzH? 2HJ Jodwasserstoffsaurer Doppelt-Kohlen- wasserstoff (Jodwasserstoffäther) |2H’C? |2HJ Wasserhaltiges salpetrichtsaures Am- eu: hang. san. en! 2AzH? |AzAz |HH WVasserhalt. salpetrichtsaurer Dop- pelt- Kohlenwasserstoff (Salpeter- Bern Ar u alde „ron JAHRG? AzAz HH WVasserhalt. essigsaur. Ammoniak . . [2AzH? |H°C?O? HH Wasserhalt. essigsaur. Doppelt-Koh- lenwasserstoff (Essisäther) ... |4H?C2 |H°C!o® |HH Wasserhalt. benzoös. Ammoniak . . [2AzH? |HC*"o?HH WVasserhalt. benzo&s. Doppelt-Koh- lenwasserstoff (Benzoöäther) .. |4H2C? |M2C?o0?|HH Oxalsaures Ammoniak, krystallisirt uindwsetrockneti.n.n. ern... 2AzH’ |C?0O? HH Wasserhalt. oxalsaur. Doppelt-Koh- lenwasserstoff (Oxaläther) .... |4H?C? |C?0? HH Doppelt-schwefelsaures Ammoniak . |2Az H? 35 Doppelt-schwefelsaur. Doppelt-Koh- lenwasserstoff (Schwefelweinsäure) |JAH?C? |2 S Doppelt-oxalsaures Ammoniak... . |2AzH? |2C?0? Doppelt-oxalsaurer Doppelt-Kohlen- wasserstoff ( Oxalweinsäure) ...|4H?@ |2cC?!0? Wasserhaltiges doppelt-kohlensaures Mermmoniak-. 2. lee al! 2AzH? ac HH Wasserhalt.doppelt-kohlens.Doppelt- Kohlenwasserstoff (Rohrzucker) .|]AH?C? |4 C | uH 460 Namen der Verbindungen. | Basis. Säure. | Wasser. Doppelt - wasserhalt. doppelt-kohlen- saurer Doppelt-Kohlenwasserstoff (Traubenzucker) .......... 4H?C? |4C 2HH Achtel-Doppeltkohlenwasserstoff-Hy- ala) ee 16820? |..... HH Halb - Doppeltkohlenwasserstoff- Hy- drat (Schwefeläther) ....... AH GE HH Doppeltkohlenwasserstoff-Hydrat (Re 4H2c? |..... HH Ammoniak -Flüssigkeit ........ Az lea 24H Man sieht, dafs alle in dieser Tafel aufgeführten Verbindungen, mit Ausnahme der Hydrate, einander ge- nau entsprechen. - Die Ammoniakflüssigkeit dagegen enthält doppelt so viel Wasser als das Alkohol; diefs läfst glauben, dafs man in dem mit Wasser verdünnten Alkohol irgend eine Figenschaft entdecken werde, die zur Festsetzung einer der Ammoniakflüssigkeit entsprechenden Gränze geeig- net sey. Recht wünschenswerth ‘wäre es, dafs die Chemiker die systematischen Namen annähmen, welche wir für die Aether vorgeschlagen haben. Es würde ein grolser Schritt zur Beförderung der organischen Chemie seyn. Freilich haben die Namen das Unbequeme, dafs sie ein weniger länger als die alten sind; allein sie machen es dadurch wieder gut, dafs sie ein getreues und niedliches Bild von den durch sie bezeichneten Verbindungen geben. Alle Personen, welche sich mit dem Studium der organischen Chemie beschäftigt, müssen eingesehen haben, wie be- schwerlich und lästig dieses Studium dadurch ist, dafs aller Zusammenhang zwischen der Zusammensetzung und dem Namen mangelt, wodurch man gehindert wird, den Verfolg einer Reihe von Erscheinungen mit Leichtigkeit zu übersehen. } { 461 Die Chemiker werden sich erinnern, dafs es Hrn. Faraday gelungen ist, den Doppelt-Kohlenwasserstoff direct mit concentrirter Schwefelsäure zu verbinden. Sie werden sich auch erinnern, dafs derselbe Chemiker zu- erst die Meinung ausgesprochen hat, die Schwefelsäure werde von diesem oder den analogen Gasen gesättigt. Gerechterweise mufs man aber hinzusetzen, dafs diese Hypothese weniger die von Hrn. Faraday beobhachte- ten Thatsachen und gemachten Analysen erklärt, als die des Hrn. Gay-Lussac, in dem Grade, dafs wir noch heute die Resultate seiner Analysen als den triftigsten Einwand betrachten, den man gegen unsere Ideen machen könnte. Das heifst, wenn die letzteren angenommen wer- den, halten wir uns berechtigt, den Beweis von ihnen als in der That uns angehörend zu betrachten. Folgerungen. Aus den in dieser Abhandlung enthaltenen Thatsa- chen geht, wie uns scheint, hervor: | 1. Dafs der Doppelt Kohlenwasserstoff die Rolle eines sehr mächtigen Alkali’s spielt, welches an Sättigungs- capacität dem Ammoniak gleich ist, und vielleicht die meisten Reactionen desselben zeigen würde, wenn es, wie dieses, im Wasser löslich wäre. 2. Dafs der Schwefeläther und Alkohol Hydrate vom Doppelt-Kohlenwasserstoff sind. 3. Dafs die zusammengesetzten Aetherarten Salze vom Doppelt-Kohlenwasserstoff sind, und zwar wasser- freie, wenn sie mit Wasserstoffsäuren, und dagegen was- serhaltige, wenn sie mit Sauerstoffsäuren gebildet sind. 4. Dafs mehrere Säuren, wie es scheint, im Stande sind mit dem Doppelt-Kohlenwasserstoff saure Salze zu bilden, entsprechend der Schwefelweinsäure. Diese sau- ren Salze, mit Basen vereinigt, geben Doppelsalze, die den schwefelweinsauren Salzen ähnlich sind. 5. Dais der Aether im Momente seiner Freiwer- 462 dung sich oft in Alkohol verwandeln kann, unter ver- schiedenen Umständen, welche ihn Wasser absorbiren oder vielmehr Doppelt-Kohlenwasserstoff verlieren lassen. 6. Dals, wie schon Hr. Chevreul angedeutet hat, eine offenbare Beziehung zwischen der Zusammensetzung der Fette und der der Aether vorhanden ist. 7. Und endlich, dafs alle Erschemungen der Gäh- ınng mit den Analysen des Rohr- und Traubenzuckers in Uebereinstimmung kommen, wenn man diese Körper als Verbindungen von Kohlensäure, Doppelt-Kohlenwas- serstoff und Wasser ansieht; dafs auch der Rohrzucker als kohlensaurer Schwefeläther und der Traubenzucker als kohlensaurer Alkohol betrachtet werden kann. VII. Octaedrischer Borax. Wie bekannt krystallisirt das neutrale borsaure Natron (der Borax) gewöhnlich in Krystallen, die hinsichtlich ihrer Form zum zwei- und eingliedrigen (Weifs) oder tetartoprismalischen (Mohs) Systeme gehören, 10 Atome Krystallwasser enthalten und ein spec. Gewicht von 1,740 besitzen. Nach Hın. Payen’s Beobachtung (Journ. de chim. medic. 1828, N. IV, p. 153.) ist es indefs auch fähig in einer andern Form, mit geringerem Wasserge- halte anzuschielsen. Löst man nämlich in Wasser von 100° C. so viel Borax auf, dals die Lösung eine Dichte von 1,246 bekommt, und läfst dieselbe langsam erkalten, so erhält man von 79° C. an, bis zu 56° C., Krystalle von octa@ädrischer Form, welche nur 5 At. Krystallwas- ser enthalten, ein spec. Gewicht von 1,815 besitzen, här- ter sind wie gewöhnlicher Borax, und sich auch darin von diesem unterscheiden, dafs sie in Wasser oder feuch- ter Luft durch Absorption von Wasser trübe werden. Bei weiterer Erkaltung, unterhalb 56° C., giebt die Lö- sung wiederum die gewöhnlichen Krystalle. — Mehrere Beispiele von dem Einflusse der Temperatur auf die Kry- stallisation der Salze findet man übrigens in dem Aufsatze des Prof. Mitscherlich, Bd. 87. S. 323. dies. Annalen. 463 IX. Beobachtungen über die Ausdehnung des Meerwassers zwischen +S° und —3° R.; von G@. A. Erman jun. 3 Einige Beobachtungen, welche in den Polarregionen über die verhältnifsmäfsige Dichte und Temperatur des Meer- wassers, an der Oberfläche und in grofser Tiefe, gemacht worden sind, scheinen die Hypothese zu begünstigen, dafs die Gewässer in einer beständigen Strömung begriffen seyen, unten von dem Pole zum Aequator und oben um- gekehrt vom Aequator zu dem Pole Es ist klar, dafs diese Hypothese oder jede andere, welche man an ihre Stelle _setzen könnte, nothwendig und ausschliefslich von der Lösung der Aufgabe ausgehen muls: Ob das Meer- wasser, wie das sü/se Wasser, vor Erreichung seines Gejrierpunkis zu einem Maximum semer Dichte ge- lange. De Luc, der Graf Rumford und Marcet haben diese Frage zuerst berührt. Die Zweifel, welche ihre Versuche übrig lassen, erklären sich leicht, wenn man ein Mifsverständnils beachtet, zu welchem ihre, Metho- den Anlafs gegeben haben. Sie mafsen nämlich die Aus- dehnung des Meerwassers in 'T'hermometerröhren. _So- bald nun in dem Behälter dieser Apparate die Bildung von Eis begann, wirkten die Ausdehnung dieses und die, fortfahrende Zusammenziehung des noch flüssigen 'Theils in entgegengesetziem Sinne, und da hiedurch eine Com- pensation beider Wirkungen eintrat, so glaubte man, dafs bei dem Meerwasser wirklich ein Maximum, wenn gleich unterhalb 0°, vorhanden sey. Man hat sogar von die- sem Satze bereits einige Anwendungen auf die Physik der Meere gemacht. Es ist daher zweckmäfsig solche Methoden zu wäh- len, bei denen keine so verwickelte Wirkungen auftreten, wie auch in der That bei dem freien Meerwasser, wel- ches den eigentlichen Gegenstand dieser Aufgabe aus- macht, nicht der Fall ist. Die ausführliche Auseinandersetzung der angewand- ten. Methoden wird zeigen, dafs sie frei sind von den Einwürfen, welche man der thermometrischen Methode machen kann. Vielleicht haben diese Untersuchungen sich einer be- sonderen Aufmerksamkeit der Physiker zu erfreuen, da sie auf Aufforderung des Hrn. Alexander von Hum- boldt unternommen worden sind. Vier Methoden haben, abgerechnet einige geringe Unregelmäfsigkeiten, einstimmig das Resultat gegeben, da/s in der Zusammenziehung des. Meerwassers zwischen +8° und —3° R. keine Anomalie vorhanden ist. - Diefs Resultat wurde erhalten: 1) Durch Wägungen mittelst einer vortrefflichen hydrostatischen Wage. Die zu untersuchende Flüssigkeit war in einem kaum 4 Kubikzoll fassenden Gefäfse ent- halten und mit einer Kältemischung umgeben; durch öfte- res Umrühren wurde sie vollkommen auf eine gleichför- mige Temperatur gebracht. 2) Mittelst eines Nicholson’schen Aräometers, wel- ches zur Controlle der Wägungen mit der Wage diente. 3) Nach der Hope’schen Methode durch Beobach- tung der aufsteigenden Ströme. 4) Durch eine Methode, die meines Wissens in die- ser Art noch nicht angewandt worden ist, und die mir eine grofse Genauigkeit mit der elegantesten Einfachheit zu vereinigen scheint. Sie erfordert nämlich blofs, dafs ınan das stufenweise Frkalten eines Thermometers beob- achte, welches entweder in reines Wasser oder in die zu untersuchende Lösung eingetaucht ist. 465 I. Bestimmungen der hydrostatischen Wage. Der eingetauchte Körper war eine Glaskugel. Das absolute Gewicht derselben war .... 6743" 424 Das Gew. im destillirten Wasser bei +12°R. 400,200 Das Gew. in einer Kochsalzauflös. bei+12°R. 392,940 Diels giebt zunächst das specifische Gewicht der un- tersuchten Lösung —1,0270, wenn das des Wassers zur Einheit angenommen wird. Da nach Hrn. Berzelius das specifische Gewicht des Meerwassers zwischen 1,028 und 1,026 schwankt, so kann unsere Lösung als ein Meer- wasser von mittlerer Dichte angesehen werden. Die nachstehende Tafel enthält in der zweiten Ko- lumne die Gewichtsabnahmen der Glaskugel, welche den Temperaturen in der ersten Kolumne entsprechen. Die dritte Kolumne giebt die daraus hergeleiteten Dichten, berichtigt nach der von den HH. Dulong und Petit gegebenen kubischen Ausdehnung des Glases. Reaumur. Gewichts- Spec. Gewicht das Grad. abnahme. bei0’R.==1 gesetzt. — 3,10 284,36 1,00002 — 2,30 284,36 1,00002 — 0,20 2814,34 1,00000 0,00 254,34 1,00000 +0,53 254,25 0,99977 +0,58 284,25 0,99977 —+-1,50 284,26 0,99960 2,00 284,26 0,99960 + 2,20 284,24 0,99956 +2,40 284,18 0,99928 +2,60 284,16 0,99930 +2,90 284,16 0,99926 +3,10 284,16 0,99926 +4,48 284,16 0,99922 +6,22 284,16 0,99917 + 6,67 284,06 0,99880 +7,11 254,04 0,99870 +7,55 283,96 0,99844 +5,00 283,96 0,99842 +8,49 283,90 0,99818 Annal. d. Physik.B. 88. St.3.J.1828. Sı.3. Gg 466 7 Wendet man die Methode der kleinsten Quadrate hierauf an, so findet man für die Dichten die Gleichung: d® —1—0,0001474.2— 0,000006026.2?° wo d“!) die Dichte bezeichnet, welche der in Reau- mur’schen Graden ausgedruckten Temperatur Z entspricht. Durch Differenziren der Gleichung überzeugt man sich, dafs zwischen den Gränzen der Beobachtung (+8° und — 3°) die Dichte kein Maximum erreichen kann. Die Gleichung giebt zwar ein Maximum für —12° R.; allein es ist klar, dafs für so weit aufserhalb der Beobachtung liegende Temperaturen der analytische Ausdruck nicht mehr genau seyn kann. Die obigen Gewichte und die aus ihnen abgeleiteten Dichten sind das Ergebnifs mehrerer Reihen von Beob- achtungen, die hier ohne Unterschied und Ausnahme, nach den Temperaturen geordnet, zusammengestellt sind. Die Uebereinstimmung zwischen den Beobachtungen, wel- che gleichen Temperaturen entsprechen, kann zugleich die Vorzüglichkeit der Methode und die Zuverlässigkeit der erhaltenen Resultate beweisen. Es ist sehr wichtig zu bemerken, dafs bei der Beob- achtung, welche bei — 3°,00 gemacht wurde, sich nicht die geringste Spur von Eis gebildet haite, was nur da- durch möglich war, dafs man die Flüssigkeit in völliger Ruhe erhielt. Läfst man, nachdem einmal zwischen —2°,3 und 2°,5 die Bildung von Fis an den Wänden- des Ge- fälses begonnen hat, die Kältemischung anhaltend auf die Lösung wirken, so schreitet die Eisbildung am Boden fort, ohne dafs dadurch die. Wägungen gestört werden; allein der flüssig gebliebene und über dem Eise befind- liche Theil der Lösung erreicht kein Maximum der Dichte, sondern verdichtet sich in’s Unbestimmte, und die Incre- mente dieser Verdichtung sind sehr verschieden von denen, welche man zwischen +8° und — 2° beobachtet. Un- ter solchen Umständen habe ich gesehen: 467 'Ch Gewichtsverlust Specifisches BEIDRIEIET: der Glaskugel. Gewicht. 29022 285,:,06 1,00380 Das specifische Gewicht der Lösung bei 0° dabei als Finheit genommen. Diese anscheinend anomale Con- densation erklärt sich sehr genügend durch die Eisbil- dung, welche die Lösung concentrirt hat, I. Bestimmungen mittelst des Nicholson’schen Aräometers. Das angewandte Aräometer bestand aus einem Cylin- der von Weifsblech, welches zur Abhaltung der chemi- schen Wirkung der Lösung überfirnifst worden war. Das absolute Gewicht desselben betrug 2130 Gran. Nach La- voisier und Laplace beträgt die kubische Ausdehnung des Weifsblechs für einen Grad Reaumur 0,000045 des Volumens bei 0° R. Mit diesen Angaben sind die rela- tiven Dichten ‚der Kochsalzlösung aus den beobachteten Zulage-Gewichten berechnet, wie folgende Tafel zeigt: Temperatur. Zulage - Gewichte. Dichtigkeiten. — 1°0 631,90 1,00010 0,0 632,00 1,00000- + 10 631,43 0,99976 2,0 630,75 0,99946 3,0 305 0,99936 40 630,40 0,99924 5,0 629,80 0,99900 6,0 629,25 0,99875 7,0 628,90 0,99857 80 628,25 0,99830 9,0 627,27 0,99789 10,0 626,89 0,99773 11,0 626,62 0,99758 +12,0 626,15 0,99716 Wendet man die Methode der kleinsten Quadrate Gg* ‚468 zur Bestimmung der constanten Coäficienten an, so findet man für die Dichten die Gleichung d)—1 —.0,0001841. 2— 0,000004099. 2° welche eine etwas stärkere Ausdehnung als die Methode der Wägungen geben würde. Es ist indefs sehr wahr- scheinlich, dafs diese Verschiedenheit zwischen beiden ' Resultaten nur von den Temperaturen abhängt, welche man für die aräometrische Substanz vorausgesetzt hat. Wir haben nämlich, als wir das Aräometer wegen sei- ner Ausdehnung berichtigten, vorausgesetzt, dafs dasselbe gleiche Temperatur mit der Flüssigkeit hatte, obgleich es nicht sehr wahrscheinlich ist, dafs die Incremente der Temperatur, welche man der Flüssigkeit ertheilte, dem Aräometer augenblicklich mitgetheilt wurden. Giebt man der Annahme den Vorzug, dafs das Aräo- meter während der ganzen Dauer des Versuchs eine gleich- förmige Temperatur gehabt habe, so findet man die Glei- chung: d)=1—.0,0001391. 2— 0,000004109. 2? welche, mit dem Resultate der hydrostatischen Wägung verglichen, nach der entgegengesetzten Seite neigt. Man sieht hieraus, dals man in der Voraussetzung, das Aräo- meter sey bei steigender Temperatur um etwas gegen die Temperatur der Flüssigkeit zurückgeblieben, die Resul- tate beider Methoden vollkommen in Uebereinstimmung bringt. II. Bestimmungen nach der Hope’schen Methode. Obgleich zur Zeit der Anstellung dieser Versuche die Atmosphäre nicht kalt genug war, um alle die sinn- reichen Variationen, welche Hope angegeben hat, her- vorzubringen; so steht doch zu hoffen, dafs die Folge- rungen, welche sich aus den nachstehenden Beobachtun- gen ergeben, schon hinreichen werden, um die in Rede stehende Thatsache zu bestätigen. Erster Versuch. Fin cylindrisches Gefäfs, 21 Z. hoch \ 469 und 3,1 Zoll im Durchmesser, wurde mit einer Kochsalz- lösung gefüllt, die ein specifisches Gewicht von 1,027 und eine Temperatur von 6°,0 R. besafs. Man stellte drei Thermometer in das Gefäfs: No. I. am Boden, No. I. zehn Zoll oberhalb des Bodens und No. III. zwanzig Zoll oberhalb des Bodens, und setzte es nun der erkaltenden Wirkung der Atmosphäre aus, deren Temperatur +1° R. betrug. Die 'Thermometer No. I., II., Ill. wurden zuvor mit einander verglichen, so dafs die unten stehenden Zahlen von den Fehlern der Instrumente befreit anzu- sehen sind. Thermometer Beobachtungszeit No. I. No. II. No. IM. * am Boden. 102. üb.d.Boden. 202. üb.d. Boden. 1: 251 59,25 5°11 5°,30 30 5,75 5,33 5,16 36 4,70 4,80 5,12 al 4,25 4,44 4,50 46 4,20 4,30 4,50 1:57. 3,60 3,60 3,90 2 5 3,10 3,410 3,70 15 2,90 3,11 3.45 23 2,60 311 2,20 30 2,25 2,84 1,95 40 2,00 2,75 1,70 2" 52! 1,7 2,22 1,70 Ungeachtet der Beobachtungsfehler, die von Able- sungen unter ziemlich ungünstigen Umständen herrühren, sieht man: dafs um 2*5/ eine Schicht von 3°,70 über einer von 3°,10 und um 2+15/ - = aaa. =, .-,:39.10 sich befand, so dafs ein Maximum der Dichtigkeit in der Nähe von 3°,50 sehr unwahrscheinlich wird; noch spre- chender aber ist der Umstand, dafs die Erkältung von 3°,6 bis zu 1°,7 am Boden des Gefäflses mit nahe glei- cher Schnelligkeit erfolgte, als die Erkältung von 5°,6 470 bis zu 3°,7. — Vorzüglich unter diesem letzteren Ge- sichtspunkt scheinen die zwei folgenden Beobachtungsrei- hen, welche eine unmittelbare Vergleichung des Verhal- tens von sülsem Wasser und Salzwasser gestatten, von einigem Werthe zu seyn. Der oben beschriebene Cylin- der wiederum mit den Thermometern in den früher an- gegebenen Höhen versehen,- wurde in einem Zimmer, des- sen Temperatur +12°,0 R. betrug, aufgestellt, und eine erkältende Mischung, bei —15°0 R. erhalten, umgab den untern Theil des Gefäfses. Zweiter Versuch. Cylinder mit heifsem Wasser. Temperatur y hhlüklınmemn | orsiHEruEBEBE Beobachtungszeit. am Boden. in 10 Zoll Höhe. in 20 Zoll Höhe. 44 201 6°,00 11°,90 11,80 28 3,50 11,50 - 11,80 43 3,20 11,90 11,90 46 2,50 12,00 12,00 49 2,00 nicht beobachtet 59 1,50 10,00 12,00 5h 124 1,75 9,77 12,00 22 1,50 6,18 12,00 39 1,10 6,11 12,00 5h 521 1,00 6,00 — 6" 301 1,20 6,00 == Freilich war bei diesem Versuch die Temperatur der oberen Schicht zu hoch (+12°,0 R.), als dafs dieselbe unter das durch fortgesetzte Erkältung ausgedehnte Was- ser hätte sinken können, und daher wurde denn auch der Stand des obern Thermometers durch keine aufstei- gende Strömung geändert. — Aber die in 104 Höhe er- folgte Temperaturabnahme und die gänzliche Unbeweg- lichkeit des unteren T'hermometers, welches in der Mitte eines Wassers von'— 15°,5 auf -+1°,10 lange Zeit sich er- hielt, bezeugen‘ so deutlich die Anwesenheit eines Maxi- a \ l ee EEE 471 mums der Dichtigkeit, dafs die Empfindlichkeit des ange- wandten Apparates genugsam erwiesen ist. Nun gab unter vollkommen identischen Umständen eine Kochsalzauflösung von 1,027 specif. Gewicht fol- gende Resultate. Dritter V ersuch. Cylinder mit Salzwasser von 1,027 specifischem Gewicht angefüllt. Thermometer Beobachtungszeit. am Boden. in 10 Zoll Höhe. in 20 Zoll Höhe. 25 40! +6°5 +11°,11 +-11°,30 45 5,0 11,11 11,40 48 - 4,0 11,11 11,40 52 3,0 11,16 11,40 2h 551 2,0 11,16 11,40 3b 21 +1,0 11,21 11,50 8 0,0 11,16 11,50 19 — 15 11,16 11,50 3b 241 2,0 11,16 11,70 Vollwichtigere Zeugnisse, als die Unbeweglichkeit des mittleren 'T'hermometers und die schnelle Erkältung des Bodens, bleiben kaum zu wünschen übrig; unter voll- kommner Gleichheit der Umstände fiel die Temperatur - am Boden des Salzwassers von +2°,0 bis zu —2°,0, in 29!, während das Thermometer am Boden des süfsen Wassers während länger als einer Stunde zwischen +1°,5 und 41°,1 beobachtet wurde. _ Nichtsdestoweniger konnte man verlangen, durch die Methode der Strömungen noch directere Beweise von der Nichtexistenz eines Maximums der Dichtigkeit zu erhalten, als die, welche bisher angeführt wurden. Es mulste zu diesem Ende ein solches Zusammentreffen von Umstän- den herbeigeführt werden, dafs im süfsen Wasser kältere Schichten über wärmeren längere Zeit im Gleichgewicht sich zeigten, und der Versuch mulste beweisen, dafs auch 472 unter diesen Verhältnissen das Salzwasser nichts Aehnli- ches zu zeigen im Stande sey. Auch in Ermanglung einer hinlänglich niedrigen Temperatur der Atmosphäre wurden bei folgendem Versuch dergleichen Umstände er- halten; ein cylindrisches Glasgefäfs von 14 Durchmesser und 10’ Höhe, mit zwei Thermometern (am Boden und in 9! Höhe befindlich) versehen, wurde von allen Sei- Zen mit einer erkältenden Mischung umgeben. Süfses | Wasser und Salzwasser,- welche nach einander in das auf diese Art aufgestellte Gefäls gefüllt wurden, zeigten den in folgender Tafel zusammengestellten Gang der Er- kältung: Vierter Versuch. Süfses Wasser. Salzwasser v. 1,027 sp. Gew. Thermometer. Thermometer. Beobach- Unteres. Oberes. Beohach merci 00 tungszeit. tungszeıt 925 -+-2°,70 +2°,10 1056 —1°,40 —5°00 26 +260 +150 11° 0! —160 +3,50 27” +250 +1,25 1 —160 +2,00 25 -+230 +0,50 4 —160 +0,50 255 +2,20 —+-0,60 5 —1,60 0,00 29 +1,50 +0,25 6 — 160 —0,50 30 +1,60 +0,00 7 —160 —1,00 sl +145 —0,25 9 —160 —1,25 32 +118 —050 111% —160 —1,50 325 +0,50 —0,75 33 .+050 100 335 +020 —125 935,0 —0,10 —150 Während der ganzen Dauer des Versuches sieht man an der Oberfläche des süsfen Wassers Schichten, wel- che um ungefähr 1°,6 kälter sind, als die am Boden be- findlichen, und von einer ähnlichen Anomalie für das Salz- 413 wasser findet sich keine Spur; im Gegentheil beweist für die Salzlösung der Versuch, dafs zwischen +5° und —1°,50 kein Grad der Temperatur sich befindet, bei wel- chem Salzwasser dichter wäre, als dasselbe bei — 1°,6 ist. Um Milsverständnisse zu vermeiden mufs erwähnt werden, ehe wir die Versuche durch Strömungen verlas- sen, dals wir, Salzlösungen nach dieser Methode behan- delnd, den Versuch nie bis unter Temperaturen von — 2°, fortgesetzt haben, weil das Eis, welches bei die- ser Temperatur sich zu bilden und gegen die Oberfläche aufzusteigen anfängt, das normale Gleichgewicht der Tem- peraturen nothwendig gestört haben würde. — IV. Versuche nach der Methode der Erkältungszeiten, Während einer Lufttemperatur von — 15°,5R. tauchte ich einst die Kugel eines Thermometers in ein Glasgefäfs mit süfsem Wasser von 1/15 Höhe und 1,0 Durchmes- ser; so dafs die Thermometerkugel eine Linie über dem Boden sich befand; das Thermometer und das daran be- festigte Glasgefäfs wurden in der kalten Atmosphäre frei aufgehängt, um die allmälige Erkältung des Wassers zu beobachten, dessen anfängliche Temperatur etwa +7°,0R. war. Folgendes war das, man möchte sagen überraschende Resultat des Versuchs: Beobachtungszeit. 'Thermometer. Zeitintervalle. 780.77 +6°,6 an 55 55 5 6 50 5,0 2 7 40 45 2 8 45 4,0 u 10 37 3,5 or 13 55 30 1 S 14 55 2,5 au 16.5 +20 2) Mit der gröfsten Klarheit spricht sich der Einflufs eines Maximums der Dichtigkeit bei dieser Art des Ver- 474 suches aus; die plötzlich verzögerte Erkältung zwischen 4° und 3°, und vorzüglich zwischen 3°,5 und 3°,0 wäre, ohne vorläufige Kenntnifs von der anomalen Ausdehnung « des Wassers, ein unerklärliches Räthsel gewesen Sehr leicht müfste sogar der Calcul Mittel finden, die Tempe- ratur der gröfsten Dichtigkeit aus dieser Art des Versu- ches herzuleiten, da die blofse Anschauung der erhalte- nen Zahlen aufser Zweifel setzt, dafs das Maximum nur zwischen 4° und 3°, und sogar viel näher an 3°,5 als an 3,0 sich befinde (siehe dritte Spalte der obigen Tafel). Die Anwendung dieser Methode auf den Gegenstand der. hier vorliegenden Versuche bot sich sehr natürlich dar. In Ermanglung sehr niedriger atmosphärischer Temperatu- ren braucht man nur ein, auf die eben beschriebene Art mit einem Thermometer versehenes Gefäls, mit der zu untersuchenden Salzlösung angefüllt, in eine erkältende Mischung gänzlich einzutauchen. Die berührende kalte Masse mufs dann die Stelle einer erkältenden Atmosphäre vertreten, mit der einzigen Ausnahme, dafs hier das Lei- tungsvermögen die in der Atmosphäre statt findende Strah- lung ersetzen mufs, und dafs daher eine viel schleunigere Erkältung bedingt werden wird. Die Reihe dieser Versuche wurde mit einem vorläu- figen begonnen, bei welchem süfses Wasser in einer er- kältenden Mischung sich befand, um einen durchaus un- mittelbaren Vergleichungspunkt auf diese Art zu gewinnen, Kleiner Glascylinder mit süfsem Wasser in einem (Gremenge von Schnee und Chlorcalcium. Beohachtungszeit. Thermometer. Zeitintervalle. N 9192 0% Ns en. 15,2 +6 (Ole) 32,0 +5 . .....40,8 BE a: 2082 4 410 3 ar 580 or 17,0 ee ....80,0 > 25,4 +1 479 Diese Reihe beweist, dafs die Stelle der Atmosphäre vollkommen durch eime erkältende Mischung ersetzt wird. — Die Bemerkung, dafs alle hier zu erwähnenden Fr- kältungszeiten an einem vortrefflichen K essel’schen Chro- nometer, welches 0,4 schlägt, beobachtet wurden, wird wenigstens von dieser Seite den Versuchen einiges Zu- trauen verschaffen. — Die nun folgende Reihe wurde mit Salzwasser von 1,027 specifischem Gewicht angestellt, und enthält also Alles, was diese vierte Methode in Bezug auf die vorlie- sende Frage geliefert hat. Dasselbe Gefä/s in derselben erkältenden Mischung, Salzwasser von 1,027 Gew. enthaltend. Beobachtungszeit. Thermometer. Zeitintervalle, 6° 15/ 281,0 +6°,0 . 13/12 4142 +50 2 . . 15,6 56,8 +40 119 16! 10,8 >30 m, ...18,8 29,6 -+2,0 23:2 52385 +10 976 17! 20,4 OR Ei . 04,4 54,8 — 2,0 388 18! 33,6 DD 168 19! 20,4 SU Ur 560 20! 16,4 — 4,0 en Die Intervalle schreiten fort ohne jede Unterbrechung der Regelmäfsigkeit, und nur die zufälligen Beobachtungs- fehler bewirken einige Abweichungen von dem für die festen Körper geltenden Erkältungsgesetz. Die vierte Methode giebt uns hiemit einen sehr sicheren Beweis von der regelmä/sigen Ausdehnung des Salzwassers zwischen den Graden +6°,0 und —40 R. Für die Theorie der Erscheinung schien es von Wichtigkeit, zu untersuchen, bei welchem Grade des Salz- 476 gehaltes das Wasser die Figenschaft ein Maximum zu er- reichen verliere. Die vierte Methode wurde zu diesem Ende von neuem angewendet: auf eine Lösung A. vom specif. Gewicht 1,020 Se S B. vom specif. Gewicht 1,010. Es folgen hier die Resultate dieser Versuche: Lösung A. vom specif. Gewicht 1,020. Temperatur. Zeiten. Intervalle. +70 64351264 a 6 33 85 4) 41,5 95 4 35'51,0 13.0 3 36! 4,0 Rs 155 2 19:5 2% 205 41° 36'40,0 ES . . 24,0 0 37 4,0 390 — 1° 43,0 a Das Thermometer blieb darauf lange Zeit unbeweg- lich bei —1°,25, und der Boden des Gefäfses fand sich wit Eis bedeckt. Ein zu diesem Behuf angestellter Ver- such bewies, dafs —1°,25 der Temperaturgrad der Eis- bildung in der untersuchten Lösung ist. Es leuchtet also ein, dals eine Lösung von 1,020 specif. Gew. kein Maxi- mum der Dichtigkeit hat, welches höher als bei — 1°,0 liegt, und dafs, wenn überhaupt ein Maximum vorhan- den ist, dasselbe dem Gefrierpunkte der Lösung so nahe liegt, dais die Wirkungen der Liquefactionswärme und die des Maximums der Dichtigkeit für die Beobachtung zusammenflieisen. 477 Lösung B. vom specif. Gewicht 1,010 Zeiten. Intervalle. +6°,0 7" 321291.) en 5,0 42,0 180 4,0 33! 0,0 1 65 30 16,5 an 331 47,0 ; 5 aan stationair =..0103:9 von 34/22 bis 36’ 04 Das Thermometer fiel darauf bis —2°,0, ohne dafs das Wasser der Flüssigkeit gefroren wäre; erst nach die- ser Zeit bildete sich Fis, und das T'hermometer stieg plötzlich bis zu —0°,50. Dieses ist also der Gefrier- punkt der Lösung, und das lange Verweilen des Ther- mometers zwischen 2° und 1°,5 kann nur einem Maxi- mum der Dichtigkeit zugeschrieben werden, weiches bei diesem Grade der Temperatur eintritt. Die Ergebnisse der hier mitgetheilten Versuche wären also: 1) Da/s das Salzwasser von 1,027 spec. Gewicht kein Maximum der Dichtigkeit hat, so lange es flüssig ist, und da/s, selbst wenn Eıs sich darın bildet, der flüssig gebliebene Theil beständig und sehr stark an Dichtigkeit zunimmt. 2) Da/s Salzwasser von 1,020 spec. Gewicht eben- falls kein Maximum erreicht, oder doch keines, welches vom Gefrierpunkte der Lösung (—1°,25) merklich ent- ‚fernt wäre. 3) Endlich: Has eine Lösung von salzsaurem Na- iron von 1,010 spec. Gewicht ein Maximum erreicht, aber bei einer Temperatur, die niedriger ist als die der grö/sten Dichtigkeit für süfses Wasser; denn das Maximum des Salzwassers von 1,010 spec. Gewicht entspricht . . -+1°,50 R. 478 Es scheint demnach, als ob eine Beimischung von salzsaurem Natron, je stärker sie wird, den Punkt des Maximum desto tiefer hinabrückt, am Ende aber ihn ganz verschwinden macht. Hier möchte man beinahe es für wahr- scheinlich halten, dafs die anscheinende Nichtexistenz des Maximum nichts Anderes ist, als ein bis in den Zustand der Festigkeit hinabgerücktes Maximum. Dieser Um- stand, der für das Rose’sche Metallgemisch erwiesen ist, würde vielleicht bei mehreren Körpern sich finden, wenn man ihre Volumveränderungen in der Nähe des Schmelz- punktes untersuchte. X. Ueber die Anziehung zwischen gleichartig und ungleicharlig_ elektrisirten. Leitern. Die nachstehende Beobachtung macht keinen Anspruch darauf, über die Anziehung zwischen elektrisirten Leitern und der Vertheilung der Elektrieität in ihnen etwas wesentlich Neues zu bringen; wohl aber kann sie dazu dienen, mehrere Sätze aus der Mechanik der Flektricität auf eine einfache Art zu erläutern. Aus diesem Grunde wird sie gewils hier eine Stelle verdienen, selbst wenn sie auch vielleicht schon sonst von Jemand gemacht worden seyn sollte. Ich entlehne diese Beobachtung aus einem Schreiben des Hrn. Prof. Strehlke in Danzig an mich, worin sie folgendermalsen beschrieben wird. Zwei congruente Kreisscheibchen von Stanniol, von etwa 1° im Durchmesser, hing ich an feine Fäden von roher Seide auf. Um die Scheiben einander zu nähern oder dieselben von einander zu entfernen, befestigte ich die Fäden, welche ich etwa 8 Zoll lang nahm, an den Spitzen eines Zirkels, dessen Charnier an einem vertical stehenden Gegenstand festgebunden wurde. Als nun beide Scheibchen mit gleichartiger oder ent- gegengesetzter Elektricität versehen wurden; so zeigte sich ein Gegensatz in der Stellung der verticalen Scheibehen. Bei gleichartiger Elektrisirung stellten sich dieselben nämlich paral- lel (senkrecht gegen die Linie, welche ihre Mittelpunkte ver- binden würde) und blieben in dieser Lage, bei ungleichartiger aber, stellten sie sich in dieselbe gerade Linie, in ihre gegen- seitige Verlängerung. m D 479 XI Ueber die Bereitung einer reinen Tüansäure; von Heinrich Rose. Wenn man sich eine reine Titansäure aus Titaneisen (litansauren Eisenoxydul) bereiten will, das man leichter in grofser Menge erhalten kann, als Rutil, so kann diels auf folgende Weise geschehen. Das titansaure Eisenoxy- dul wird fein gepulvert, oder, was freilich- besser ist, ge- schlämmt, und darauf in einem Porzellanrohre sehr stark geglüht, während ein Strom von Schwefelwasserstoffgas darüber geleitet wird, der vorher durch eine Röhre von Chlorcalcium geht. Das Eisenoxydul wird dadurch re- dueirt und in Schwefeleisen verwandelt, während die Ti- tansäure dabei nicht verändert wird. Es erzeugt sich Wasser, aber es entweicht auch mit demselben Schwefel, weil sich nicht gerade Schwefeleisen im Minimum von Schwefel, sondern auch künstlicher Schwefelkies bildet. Nach dem Erkalten digerirt man das erhaltene Product mit concentrirter Chlorwasserstoffsäure, wodurch eine starke Entwicklung von Schwefelwasserstofigas entsteht, aber auch Schwefel sich abscheidet, der sich mit der durch’s Glühen in der Säure ganz unauflöslich gewordenen Titan- säure mengt und dieselbe grau färbt. Wenn keine Ent- wicklung von Schwefelwasserstoffgas mehr statt findet, filtrirt man die Titansäure, süfst sie aus, trocknet und glüht sie, wodurch der mit ihr gemengte Schwefel ver- flüchtigt wird. Wenn man diese Operation nicht noch einmal wie- derholt, so ist die erhaltene Titansäure nicht frei von Eisenoxyd, und daher nach dem Glühen röthlich. Der Grund davon ist der, dafs die Menge des Eisenoxyduls im titansauren Fisenoxydul, und daher auch die Menge des gebildeten Schwefeleisens sehr bedeutend ist. Letz- teres schmilzt, sintert mit der Titansäure zusammen, und 480 verhindert, dafs der Kern der zusammengesinterten Masse vollständig zersetzt werde Man braucht daher bei der ersten Operation die Masse nicht so lange in der Atmo- sphäre von Schwefelwasserstoffgas zu glühen, bis sich durchaus gar kein Wasser mehr erzeugt, was auch sehr lange dauern würde, sondern nur so lange, bis dasselbe aufhört sich in gröfserer Menge zu entwickeln. Man be- handelt dann die zusammengesinterte Masse auf die be- schriebene Art, und unterwirft die erhaltene röthliche Titansäure einem zweiten Glühen, während Schwefelwas- serstoffgas darüber geleitet wird. Wird dann die erhal- tene Masse mit Chlorwasserstoffsäure behandelt, die Titan- säure sorgfältig ausgesüfst und geglüht, so ist sie nach dem Glühen ganz weils und vollkommen rein. Ks versteht sich, dafs man jede nicht ganz reine und etwas eisenhaltige Titansäure auf die beschriebene Weise leicht reinigen kann. Der Rutil könnte ebenfalls so behandelt werden, nur mufs er vorher geschlämmt wor- den seyn. Ich halte diese Methode, sich reine Titansäure zu verschaffen, für die kürzeste und wohlfeilste. . Die Me- ihode, die ich früher vorgeschlagen habe *), das titan- saure Fisenoxydul in Chlorwasserstoffsäure aufzulösen, Weinsteinsäure der Auflösung hinzuzufügen, und das Eisenoxydul durch wasserstoffschwefliges Schwefelammo- nium zu fällen, ist viel zu umständlich und kostbar, und liefert, da alle käufliche Weinsteinsäure, die ich Gele- genheit gehabt habe zu untersuchen, Kalkerde enthält, eine kalkhaltige Titansäure. Wenn das titansaure Eisenoxydul, während Schwe- [elwasserstoffgas darüber geleitet wird, nicht heftig ge- glüht wird, so erhält man bei der nachherigen Behand- lung eine Titansäure, die, wenn sie mit Wasser ausge- süfst wird, zum Theil milchicht durch’s Filtrum läuft, was nicht *) Poggendorff’s Ann. Bd. III. S. 163, 4 i 481 nicht der Fall ist, wenn eine stärkere Hitze dabei ange- wandt worden ist. Man kann daher diese Operation nur in einer Porzellanröhre vornehmen, nicht aber in einer Glaskugel, die durch eine Spirituslampe mit doppeltem Luftzuge erhitzt wird. Statt des Schwefelwasserstoffgases kann man sich nicht mit gleichem Erfolge des Wasserstoffgases bedie- nen. Das Eisenoxydul wird zwar dadurch reducirt, und das reducirte Eisen löst sich in Chlorwasserstoffsäure auf, während die Titansäure ungelöst zurückbleibt; ich erhielt indessen auf diese Weise immer eine Titansäure, die etwas 'eisenhaltig und daher nach dem Glühen röthlich war. — Dasselbe ungünstige Resultat erhielt ich auch, wenn ich statt des Schwefelwasserstoffgases Chlorwasserstoffgas an- wandte - Aus titansaurem Eisenoxydul kann man sich noch - auf eine leichtere Weise Titansäure, aber keine vollkom- 2 men reine, bereiten. Man menge das geschlämmte Pul- ver desselben mit Schwefel und schmelze es damit in einem hessischen Tiegel. Die erhaltene Masse, die eine Mengung von Schwefeleisen und Titansäure ist, und auch Eisenoxyd enthalten kann, wenn der Zutritt der Luft nicht gehindert worden ist, wird mit Chlorwasserstoff- säure digerirt, die ungelöste Titansäure ausgesüfst, ge- trocknet und geglüht. Sie enthält indessen noch immer viel Eisen und sieht roth aus, doch ist die Menge des- selben ungefähr nur so grofs, wie im Rutil. Wenn man die so erhaltene Titansäure in einer Porzellanröhre auf die beschriebene Art glüht, während Schwefelwasserstoff- gas darüber geleitet wird, so erhält man sie nach Be- handlung mit Chlorwasserstoffsäure ganz rein. Diese Methode ist noch vortheilhafter, als das zweimalige Glü- hen des titansauren Eisenoxyduls in der Porzellanröhre Annal.d. Physik.B.88. $t.3. J. 1828. St.3. Hh 482 XIL Neue Bereitungsart des Jodwasserstoffsäure- ; Gases. Die gewöhnliche Bereitungsart dieses Gases besteht darin, ‘dafs man 1 Th. Phosphor mit 16 Th. Jod verbindet und den gebildeten Jodphosphor durch Wasser zersetzt. Diels Verfahren ist aber nach Hrn. d’Arcet verwickelt, und wegen der bei der Bildung des Jodphosphors statt finden- den Wärmeentwicklung sogar gefährlich, da das Gemenge leicht verpufft. Er schlägt daher das nachstehende Ver- fahren vor, welches darauf beruht, dafs das Jod die Ei- genschaft besitzt, das Wasser der sogenannten Unterphos- phorsäure *) zu zersetzen, sich mit dem Wasserstoff des- selben zu verbinden und den abgeschiedenen Sauerstoff auf den Phosphor zu übertragen. Zu dem Ende nimmt er Unterphosphorsäure nnd kocht sie so weit ein, bis sie Phos- phorwasserstoffgas entwickelt, wo sie dann nur das zu ihrer Verbindung nöthige Wasser enthält. So concentrirt, bringt er sie mii einer gleichen Gewichtsmenge Jod in einen schicklichen Apparat und erwärmt das Gemenge mäfsig. Das sich entwickelnde Gas wird dann auf die gewöhnli- che Art aufgefangen; man kann sogar Flaschen mit die- sem Gase über Quecksilber füllen, ohne befürchten zu dürfen, dafs es zersetzt und Jodquecksilber gebildet wird, sobald die Füllung etwas rasch geschieht. Der Rück- stand der Operation scheint nur Phosphorsäure zu seyn, überzogen mit der Substanz die Hr. Labillardiere jod- wasserstoffsauren Phosphorwasserstoff genannt hat. — Aus 6 bis 7 Grm. Unterphosphorsäure erhielt Hr. A. 2 Liter des reinen Gases, das vollkommen von Wasser absorbirt wurde. Das genannte Verfahren kann auch nach Hrn. A. dazu dienen, die unterphosphorichte und phosphorichte Säure und Unterphosphorsäure zu analysiren. Auf glei- chem Wege läfst sich aus Unterphosphorsäure und Brom, Bromwasserstoffsäure-Gas bereiten, doch ist es nach Hrn. d’Arcet von keinem praktischen Nutzen (Ann. de chim. et de phys. XXXV Il. 220. Auszug). *) Die acide hypo-phosphorique oder phosphatique der französi- schen Chemiker ist nach Berzelius nur ein Gemenge von phos- phorichter Säure und Phosphorsäure in veränderlichen Verhält- nissen. Eine wirkliche Unterphosphorsäure, die mit Basen un- terphosphorsaure Salze gäbe, ıst bis jetzt noch nicht aufgefunden. 483 XI. Ueber einige neue Formen des regulären Krystallisationssystems; von ı!Gustav Rose. 1. Flufsspath. line: den Mineralien, deren Formen zu dem regulären Krystallisationssysteme gehören, finden sich bei keinem so viel Sechs-mal-achtflächner oder Formen, die für sich gedacht mit 48 gleichen und ähnlichen Flächen begränzt sind, als beim Flufsspath. Man kennt zwar bis jetzt bei diesem Minerale mit Genauigkeit nur eine solche Form, die von Haüy beschrieben ist, dafs aber deren mehrere bei ihm vorkommen, ersieht man aus der Beschreibung des Flufsspathes von Phillips *), der hier 5 anführt, -die er mit d!, d?, d®, d*, d® bezeichnet; aber nur bei d! und d? sind Winkel angegeben, und auch diese nur unvollständig und nicht mit der Genauigkeit, dafs man da- nac hdie Verhältnisse dieser Formen bestimmen könnte. Der Sechs-mal-achtflächner, den Haüy **) beim Flufs- spath beschrieben hat, ist der, welcher sich bei diesem Mi- nerale am häufigsten findet. Er ist Fig. 1. gezeichnet, doch kommt er für sich allein nicht vor, sondern erscheint ge- wöhnlich, wie bei Fig. 2., in Verbindung mit dem Wür- fel. Seine Flächen liegen je 6 um die Ecken desselben herum, je 2 immer nach einer Würfelkante gleich geneigt. Die 3 unter sich rechtwinkligen Axen werden von jeder Fläche des Sechs-mal-achtflächners in dem Verhältnifs von 1:5:5 geschnitten, sein krystallographisches Zeichen ist daher (@a:5a:4@). Die Neigungen seiner Flächen in den dreierlei Kanten, z, y, 2 (Fig. 1. Taf. IV.), die in Ebenen *) Elementary introduction to the knowledge of mineralogy by W. Phillips, 3. ed. p. 170. **) TraitE de mineralogie par Haüy sec. ed. t. 1. p. 511. Hh 2 484 liegen, die durch den Mittelpunkt und bei den Kanten 2 durch die Octaäderkanten, bei den Kanten y durch die Würfelkanten, und bei den Kanten z durch die Granatoe- derkanten gelegt werden, sind folgende: Neigung in z =154° 47! 284 I - y=14 258 = - z =162 14 50 Flufsspathe mit diesen Flächen, wie Fig. 2. Taf. TV., finden sich auf den Bleigruben in der Gegend von Frei- burg in Baden (Teufelsgrund bei St. Truppert) Ye zu ae in Sachsen u. s. w. Unter den violblauen Flufsspäthen von Weardale in Cumberland, die sich in der Königlichen Mineralien- sammlung in Berlin befinden, kommen Würfel vor (siehe Fig. 3. Taf. IV.), deren Ecken auf eine ähnliche Weise durch 6 Flächen abgeändert sind, wie bei den Flufsspä- then von Freiburg. Die Flächen des Sechs-mal-achtfläch- ners sind glänzend, so dafs sie sich sehr gut messen las- sen. Ich fand hier die Neigung der Flächen in den Kan- ten y 136° 45’—47'!, in den Kanten z 158° 47!, was sehr gut mit den Winkeln eines Sechs-mal- achtflächners übereinstimmt, dessen Flächen die 3 rechtwinkligen Axen in dem Verhältnifs ven 1:4:- schneiden, und dessen kry- stallographisches Zeichen daher (a:4a:!«@) ist. Seine Winkel sind folgende: Neigung in z =165° 2/20 - - y =136 4715 - - 2 —158 46 49 *) Merian sagt (Leonhard’s mineralogischen Taschenbuch 1823, 1. Abtheilung S. 188.), dafs der Sechs- mal-achtflächner, der an den Fluflsspäthen von diesem Fundort vorkomme, derselbe sey mit dem, dessen Hälfiflächner Haüy beim Schwefelkies beschrie- ben und mit f bezeichnet hat. Die[s wäre der Sechs - mal - acht- flächner (a:3a:30). Meine Messungen, die ich mit den Kry- stallen dieses Fundortes vorgenommen habe, und die ich der Güte des Herrn Apothekers Keller in Freiburg verdanke, stim- men hiermit nicht überein, und zeigen, dafs es der Sechs-mal- achtflächner (a:3a:4@) sey. 485 In der Sammlung des Grafen v. Bournon, die mir bei meinem Aufenthalte in Paris durch die Güte ihres Besitzers auf die liberalste Weise zur Durchsicht offen stand, fan! ich Flufsspäthe aus England, Fig. 4. Taf. IV., die eine ähnliche Form hatten, wie die vorigen. Sie waren. weils, die Abänderungsflächen der Ecken des Würfels, wie bei Fig. 5. Taf. IV., die eine horizontale Projection einer Würfelecke dieser Krystalle ist, gestreift, was in- dessen noch nicht verhinderte, dafs man ihre Winkel mit dem Reflexionsganometer messen konnte. Die Win- kel in den Kanten z fand ich von 152° 217— 23/, in den Kanten y von 140° 41!—43', in den Kanten z von 166° 171221. An einem andern Krystalle fand ich die Nei- gung in den Kanten y von 140° 14’, und in der Kante 2 von 166°’ 44!—454!. Diese Winkel stimmen mit de- nen eines Sechs-mal-achtflächners, dessen Zeichen ist (+a:4a:7!;,a), und dessen Winkel in den dreierlei Kan- ten folgende sind. Neigung in x —=152° 16! 4141 . - 9==140),9,,7 R - 2 166 57:18 Die Streifung auf den Flächen geht wahrscheinlich parallel den Kanten, worin die Flächen des Leucitoids (a:a:ta) sie schneiden würden. Die Flächen des erstern und letzteren dieser Sechs- mal-achtflächner hatte ich Gelegenheit an einem engli- schen Flufsspathe zu beobachten, der sich in der Samm- lung des Herrn W. Phillips in London befindet, und den Herr Phillips die Güte hatte, mich näher untersu- chen zu lassen. Er ist durch sein Verhältnifs interessant, in welchem sich die Flächen der Sechs-mal-achtflächner zu den Flächen von andern bekanntern Formen des regu- lären Systems finden. Fig. 6. Tab. IV. ist die horizon- tale Projection einer seiner Würfelecken. ‘4 sind die Flächen des Würfels, g des Granatoeders, z des Leuci- toids (@:0:50), 0 und nz die Flächen der Sechs-mal- A856 achiflächner (a:la: a) und (a:,a:1a), die hier als Abstumpfungsflächen der Kanten zwischen den Flä- chen des Granato@äders und des Leucitoids erscheinen, h die Flächen des Drei-mal-achtflächners (@a:0:2@), da sie die Abstumpfungsflächen der Kanten y des Sechs-mal- achtflächners (@a:4a:1a) sind.: Die Flächen z sind : glänzend, und ihre Winkel mit den Würfelflächen gut zu messen. Ich fand ihre Neigung sehr nahe 154° 46\. Die Flächen 2 und o sind weniger glänzend, besonders die Flächen 0, doch konnten ihre Winkel noch mit dem Reflexionsganiometer bestimmt werden. Aufserdem fan- den sich noch kleine Abstumpfungsflächen der Kanten zwischen 2 und A, die aber zu matt waren, um sie mes- sen zu können. Die beiden zuletzt angeführten Sechs-mal-achtflächner (a:za:ta) und (+a:ta:]};a) sind auch bei andern Mineralien noch nicht beobachtet *). Die welche man bisher nur kannte, waren der vorhin angeführte Sechs- *) Vielleicht sind die beiden Sechs-mal-achtflächner d! und 4, von denen Phillips beim Flufsspath Messungen angiebt, dieselben die hier beschrieben sind, doch mülste man in diesem Falle Irrthümer in den Messungen von mehr als 1 Grade annehmen. Nach Phil- - lips sind die Neigungen von d! und d? in den Kanten z von 166° 50° und 160°12’, und die Neigungen gegen die VVürfelflä- chen von 153° 10‘ und 155°44. WVären diefs die Sechs-mal- achtflächner (4a:1a:},a) und (a:3a:4a), so mülsten die erste- ven VWVinkel von 166° 57° und 158° 47°, die letzteren von 152° 4° und 155° 41’ seyn. — Auch würde die Lage von (2:30:24) =r nicht eine solche seyn können, wie Phillips die von 4? an- giebt, zwischen d! und der Granatoäderfläche; doch kann man sich auf die Zeichnungen von Krystallen, in welchen Phil- lips alle Flächen zusammengestellt hat, die er beobachtet hat, nicht verlassen, da sie nicht nach der Natur entworfen sind, und so also leichter sich Fehler haben einschleichen können. Bern- hardi meint (Beiträge zur nähern Kenntnils der regelmäfsigen Kıystallformen, S. 20.), dafs die von Phillips mit d' und d? bezeichneten Flächen wohl die Flächen (la:}a: 5a) und (a:34:3a) seyn könnten, doch würden dann die Winkel noch mehr ab- weichen; als nach meiner Annahme. 487 mal-achtflächner (@a:43@2:4@) und der auch von Haüy schon angegebene (a:4a:4a). Mohs *) führt ferner noch den Sechs-mal-achtflächner (a::a::a) auf (seine zweite Varietät), doch weifs ich nicht, bei welchem Mine- rale er sich findet, und ist wahrscheinlich nur angenom- men, weil die Hälftflächner desselben, sowohl der Sechs- mal-vierflächner, als auch der Zwei-mal-zwölfflächner, der erstere beim Borazit, der letztere beim Schwefelkies vorkommen. Bei dem Sechs-mal-achtflächner (a:ta:1a) fallen, wie bekannt, seine Kanten z mit den Kanten des Granato@ders zusammen, und seine Flächen bilden da- her, wenn sie mit dem Granatoeäder und Leucito@der vor- kommen, die Abstumpfungsflächen der Kanten zwischen diesen beiden Formen. Auf solche Weise findet sich die- ser Sechs-mal-achtflächner beim Granat, und nach Cor- dier und Haüy auch beim Silberamalgam. Die interessanteste Eigenschaft dieser beiden neuen Formen (a:Ta:!a) und (Ta:ta:!; a) ist die, dafs ihre Flächen den Diagonalen der Octaäderflächen, d. i. den Linien auf den Octaäderfiächen, die wie CD, Fig. 7. Taf. IV., von den Ecken nach den Mitten der gegen- überliegenden Seiten gezogen werden, parallel gehn; eine Eigenschaft, die sie nicht allein mit den schon bekann- ten Sechs-mal-achtflächnern (a:}a:ta) und (a:Ta:Ta), sondern auch mit (a:4a@:1@) theilen. Dals die Sechs- mal-achtflächner (Za:ta: 4 a)=o und (a:la:,a)—n diese Beschaffenheit haben, sieht man aus Fig. 6., wo die Flächen 0 und z als Abstumpfungsflächen der Kan- ten zwischen den Granatoederflächen und den Flächen des Leucitoids (@:0:4@) erscheinen, denn diese letztere Kanten sind keine andere als solche, die den Diagona- len der Octaederflächen parallel gehn. Stellt Fig. 6. die Würfelecke dar, die der Mitte der Fläche {DC des Octaeders Fig. 7. entspricht, sind also g! g!! g'! (Wig. 6.) die Abstumpfungsflächen der Kanten z’/ zz (Fig. 7.), *) Grundrils der Mineralogie von Mohs, Th. 1. S. 79. 485 so ist CD die Diagonale, die parallel liegt der Kante zwischen z! und g!!, und parallel welcher also auch aufser z und g!! lie Flächen o’ und ” liegen. Noch besser übersieht man diese Kiebakthafe der angegebenen Sechs-mal-achtflächner, wenn man die aus- führlicheren krystallographischen,, Zeichen dieser Formen aufsucht, wie sie Herr Prof. Weifs angegeben hat *), und in welchen nicht nur bezeichnet wird, wie die Flä- che eines Sechs-mal-achtflächners die 3 unter einander rechtwinkligen Axen a, sondern auch die auf den Octae- derkanten und Octaäderflächen rechtwinklig stehenden Axen d und >? des Octaäders schneidet. Diese ausführ- lichere Zeichen **) sind für die Flächen (a:ta:4a) und (Za:ta:!;a) Fig. 9. und 10. Taf. IV. angegeben. Man ersieht hier leicht aus der Gleichheit der Coef- ficienten der Axen a, d, p, wo sie sich findet, dafs die bezeichneten Flächen eine Fläche des Octaeders in einer Linie schneiden, die eine ihrer Diagonalen parallel ist, und man erkennt leicht aus der Stellung der 3 gleichen Coäfficienten, welches diese Diagonale des Octaeders ist. Bezeichnet man die 3 unter einander gleichen Axen a wie bei dem 1-und-laxigen Krystallisationssystem ver- schieden und mit a, db, c, wie es Fig. 7. angegeben ist, so ist die Fläche, der das Zeichen (a:4b:c) zukommt, n‘ (Fig. 1. Taf. IV.), und sucht man die Flächen, die einer und derselben Diagonale des Octa@ders parallel lie- gen, z. B. der Diagonale CD (Fie. 7.), so sind diefs folgende: sil—(1a:b:Le)=(em:2bee) Vier-mal-sechsflächner =(Fa:»b:c) Ell—(To:b:c)—lea:se zul (T.q:b:c)) 0° — (7,0: 2D2I0) — (era ae Rn (7a: bee) 2% (20: 2b:c) =) ‚Abhandlungen der Königlichen Academie der Wissenschaften in Berlin, aus den Thin 1818 und 1819, S. 270. **) Sie sind durch eine in der angeführten Abhandlung angegebene Formel leicht aus den einfachern Zeichen zu entwickeln. 489 Diese Flächen schneiden die zwischen @ und 2 (Fig. 8. Taf. IV.) liegende, auf der Octaäderkante rechtwinklige Dimension d so, dafs sich die abgeschnittenen Stücke ver- halten wie 2, 1, 2,4, 2, 5, 41, so dafs, wenn: man die Fläche des Vier-mal-sechsflächners (a:4a@: @@) die Flä- che mit einfachem Sinus in der Diagonalzone des Octae- ders nennt, die Flächen s, r, z, o, n, t die Flächen mit 2fachen, zfachen, halben, £fachen, jfachen, Zfa- chen Sinus bei gleichem Cosinus sind. 2. Fahlerz. Auf einer Quarzdruse von ÖObersachsen bei lanz am Vorder-Rhein, die- sich in der Königlichen Minera- liensammlung in Berlin befindet, kommen kleine Krystalle von Fahlerz vor, die interessante Abänderungen bilden, und in Fig. 11., 13., 14. Taf. IV. dargestellt sind. Sie zeigen hauptsächlich die Tetraöderflächen Z, mit den Gra- natoederflächen g, und den Flächen des Drei-mal-vier- flächners /, der aus dem Leucitoäder durch Wegfailen der Hälfte seiner Flächen entsteht. Zwischen den Flä- chen g und / liegen aber noch andere Flächen, die auf g und / parallele Kanten bilden, und die Flächen eines Sechs-mal-vierflächners sin. Wie sich aus der Mes- sung ergab, waren sie die Flächen des Sechs-mal-vier- flächners, welcher der Hälftflächner des Sechs-mal-acht- flächners (a:Ta:Ta) ist, und bei dem die Neigungen sei- ner Flächen in seinen dreierlei Kanten z, y, z (Fig. 12. Taf. IV., wodieser Sechs-mal-vierflächner für sich darge- stellt ist) folgende sind: Neigung in z = 110° 55! 29. — - y=158 12 48 - - z=]158 12.48 Die Neigung von / gegen s beträgt also-169° 6! 244 und von s gegen g 160° 53'364, welche Winkel auch sehr nahe übereinstimmen mit denen, die durch die Mes- sung gefunden worden sind. 490 Aufser diesen Flächen finden sich aber noch andere, die in Fig. 11. Taf. IV. fortgelassen, aber in Fig. 13. und 14. Taf. IV., welche 2 auf eine Teetra@derfläche senk- rechte Projectionen darstellen, angegeben sind. Es fin- den sıch hier noch die Flächen A, u, Z. h, die Ab- stumpfungsflächen der Tetraäderkanten, sind die Flächen des Würfels; /, die Abstumpfungsflächen der Kanten des Granatoeders, die an den Ecken des Tetraäders liegen, die Flächen des Drei-mal-vierflächners, der den erste- ren / zum Leucitoäder ergänzt. Seine Flächen unterschei- den sich von den Flächen Z, aufser der Gröfse, durch eine Streifung, die parallel den Kanten mit dem Granatoeder geht. Die Flächen v sind die Abstumpfungsflächen der Kanten zwischen den Würfel- und Granatoöderilächen, wie auch Zuschärfungsflächen der Kanten z des sechs- mal-vierflächners s. Aus dem erstern Parallelismus folgt schon, dafs diese Flächen die eines Vier-mal-sechsfläch- ners sind, aus den letzteren, dafs sie die des Vier-mal- sechsflächners (a:4@a:»a@) sind, der bei dem Fahlerze, wie bei dem von Dillenburg, Gersdorf ete., gewöhnlich vorkonmt. Die Neigung der Flächen z gegen einander beträgt 154° 9/29, die von u gegen g 153° 26’ 61, Der Sechs-mal- vierflächner (a:5@:4@) ist bis jetzt noch bei keinem andern Minerale beobachtet worden. Es ist bis jetzt nur der Sechs-mal-vierflächner (a:4@:!a) bekannt gewesen, der beim Borazite vorkommt, und von Haidinger zuerst beschrieben ist. Bei dem Fahlerze aus Cornwall, das unter dem Namen Tennantit bekannt ist, findet sich noch ein anderer Sechs -mal-vierflächner. Die Königliche Mineraliensammlung in Berlin enthält da- von ınehrere Stücke mit diesen Formen, doch waren die Klächen zu matt, um sie messen zu können, wahrschein- lich ist er derselbe, der beim Borazite vorkommt. 491 XIV. Üeber den Botiryogen, oder den rothen Eısenettriol von Fahlun; von Wilhelm Haidinger. Ber: elius hat vor längerer Zeit ein rothes Eisensalz beschrieben und die Analyse desselben gegeben, welches wohl als eigenthümliche Species in dem Mineralsysteme aufgeführt zu werden verdient, von dem man aber bis jetzt zu wenig in Hinsicht auf die äufsern Verhältnisse kannte. Durch die Güte der Hrn. Berzelius in Stock- holm und Pohlheimer in Fahlun, welche mir Stücke dieses merkwürdigen Körpers mittheilten, bin ich im Stande eine etwas genauere Beschreibung desselben, als die ältern, zu liefern. Ich werde derselben einen Auszug aus der Abhandlung von Berzelius *) beifügen, die noch nicht in deutschen Journalen erschienen ist. Die regelmäfsigen Formen des Boötryogens gehören in das hemiprismatische System. Die gewöhnlichsten Kry- stallisationen sind in den Figuren 2 und 3 Taf. ILL. vor- gestellt. Der Grundrils der zweiten, auf der Basis in der Richtung der Axe entworfen, ist Fig. 4. Taf. Il.; woraus man leicht den nothwendigen Parallelismus der verschiedenen Kanten erkennen kann. Aus der Messung der Kanten zwischen P und 9, P und g, und zwischen g und g erhielt ich folgende Winkel: Neigung von n gegen n —=125° 22! - 0824,14 0 - -:Db 2 8’ —=1987 e za =.200) — 119.790 - EN 8 44 - ey - NK Dr—125 31 *) Analys af ett fossilt salt fran Fahlu grufea, och Insjö sänk- ning, af J.G. Gahn och J. Berzelius. Afhandlingar i Fy- sik etc. IF. p. 30%. N. Be Wenn man die Pyramide, Fig. 5. Taf. IH., als die Grundgestalt der Krystallreihe betrachtet, zu welcher die Combinationen gehören, so ist das Verhältnifs der vier Linien a:b:c:d=1,98:3,62:5,59:1. Nach der krystal- lographischen Methode von Mohs gelten folgende Zei- 3Pr +1 2 chen: P— o» für P, au für n, _ — für y, Pr 2 —1 für 9; P+x für 9 (Pr+»)? für 7, und ae für u. Die Krystalle, obwohl sich ihre Gestalt im Ganzen genommen recht gut erkennen liels, waren zu unvoll- kommen gebildet, als dafs die oben angeführten Winkel mehr als Annäherungen innerhalb zehn Minuten seyn könn- ten. Die Krystalle sind nicht über zwei Linien lang, und die Prismenflächen Z" und g parallel ihrer Axe gestreift; die geneigten Flächen sind vollkommener gebildet. Die Theilbarkeit parallel den Flächen g ist ziemlich deutlich, man fin.let auch Spuren parallel den Flächen f. Der Botryogen besitzt Glasglanz und ist durchschei- nend. Die Farbe ist in Krystallen ein dunkles Hyazinth- roth, welches sich aber bei kleinkörnigen zusammenge- setzten und dichten Varietäten bis in’s Ochergelbe ver- läu ft welches auch die Farbe des Strichs ist. Dieses Salz ist milde; es nimmt unter dem Messer etwas Glanz an. Seine Härte it =2,25... 25, fast so grols wie die des Alauns; sein eigenthümliches Ge- wicht fand ich —=2,039. Es löst sich nur sehr langsam im Wasser auf, sein zusammenziehender Geschmack ist daher auch schwächer als der des Eisenvitriols. Die Krystalle sind gewöhnlich in nierförmigen und traubigen Gestalten, von an einander gewachsenen Ku- geln gruppirt. Ein kleines, sehr nettes Stück, etwa halb so grols als Fig. 6. Taf. IU. in der Sammlung des Hrn. Allan in Edinburg, sieht wirklich mehr als irgend etwas im ganzen Mineralreiche einer Weintraube ähnlich. Die einzelnen Kugeln, welche die Beeren vorstellen, haben 493 eine krystallinische, drusige Oberfläche. Der Trivial- name Dotryogen, 'raubenbilder, bezieht sich auf die Neigung dieses Salzes, dergleichen Gestalten hervorzu- bringen. Er ist um so nothwendiger, da man noch gar keine, nicht einmal eine chemische Benennung für das- selbe besitzt. Es findet sich in dem Mellanrums-Ort in der gro- {sen Kupfergrube zu Fahlun als Ueberzug auf Gyps oder Schwefelkies, mit Bittersalz, basischem schwefelsauren Eisenoxydul, und dem gewöhnlichen schwefelsauren Eisen- oxydul. Es beschlägt an feuchter Luft mit einem schmutzig- gelben Ueberzug, bleibt aber an trockner Luft unverändert. Der Botryogen bläht sich vor dem Löthrohr auf, und giebt in der Glasröhre Wasser, wobei eine rothgelbe Erde zurückbleibt. Diese verwandelt sich nach Maafsgabe der Flamme in Eisenoxyd oder Eisenoxydul. Mit Phosphor- salz geschmolzen, erhält man ein roihes Glas, welches im Abkühlen seine Farbe verliert. In kochendem Was- ser aufgelöst, bleibt ein gelber Ocher zurück, dieser ist daher ein integrirender Theil der Mischung. Die Auflö- sung, mit Salpetersäure versetzt, giebt einen Niederschlag mit salzsaurem Baryt, nicht aber mit salpetersaurem Sil- beroxyd.. Wenn man das Salz mit kaustischem Ammo- niak übergiefst, und in einem zugestopften Glase dige- rirt, so wird die Säure ganz ausgezogen, und das Eisen bleibt als ein schwarzes, wenig grünliches Pulver zurück. Dieses Metall ist daher nicht als reines Oxyd, sondern als Oxydul-Oxyd in dem Salze enthalten, welches im freien Zustande schwarz und in der Auflösung roth ist. Das Resultat dreier Analysen war wie folgt: I. Basisches schwefelsaures Eisenoxyd ... . 6,77 0551 483 Doppeltschwefelsaures Eisenoxydul-Oxyd 35,85 39,92 Schwefelsaure Talkerde ..... 2... 26,83 17,10 20,8 Schwefelsaure Kalkerde .........- 222 6,71 0,0 NVässer-und Verlusten... ai. .. 2828 3142 30,9 494 Die zweite Analyse ist die sicherste für die Quanti- ‚tät des Wassers. Berzelius nimmt an, dafs im Bitter- salz das Oxygen des Wassers fünfmal das der Base ist, und schliefst daraus, dafs im doppeltschwefelsauren Eisen- oxydul-Oxyd der Oxygengehalt des Wassers dreimal so grofs als der der Base sey. Uebrigens hält er in der Mischung alles, aufser diesem Eisensalz für fremdartig, selbst die schwefelsaure Talkerde, die in den drei Ana- lysen von 17 bis beinahe 27 vom Hundert beträgt. Einer der Begleiter des Botryogens ist .ein schön schwefel- und citronengelbes Mineral, als krystallinisches Pulver, welches ich für das von Berzelius angeführte basisch schwefelsaure Eisenoxyd halte. Ein ähnliches Mineral kommt auch und zwar in ziemlich ansehnlicher Menge, ebenfalls als schwefelgelbes krystallinisches Pul- ver, zu Goslar am Harze vor. Man nennt es dort Mıisy; auch wird es unter diesem Namen von Hausmann *) mit aufgeführt. Es wird gut seyn den Trivialnamen Misy für das gelbe Salz aufzubewahren, wenn es einst besser beschrieben und als eigenthümliche Species im Mineral- reiche aufgeführt werden wird, nicht aber denselben auf das rothe Salz zu übertragen, wie dieses Leonhard **) thut. Misy ist ein alter plinischer Name, dessen ur- sprüngliche Bedeutung wohl dem verwitterten und mit verschiedenen Salzen geschwängerten Alaunschiefer gegol ten hat ***), *) Handbuch, $. 1058. °) Handbuch, $. 113. **) Libr. XXXIV. Cap. 12. 495 XV. DÜeder die Krystallform des Dichroits; con F. Tamnau. Hauy, der zuerst die Krystallform des Dichroits be- stimmte, nahm die Gestalten desselben für rhomboedrisch (6gliedrig, nach Weifs) an, worin ihm Leonhard, und "in neuester Zeit Phillips folgten. Mohs war der Erste, der diese Formen als zu seinem prismatischen System (dem zwei und zweigliederigen, nach Weifs) gehörig erkannte, ohne jedoch Winkelmessungen anzugeben. Breithaupt endlich giebt in seiner neusten Ausgabe der Charakteri- stik des Mineralsystems Messungen an, die fast ganz mit den hier zum Grunde gelegten übereinstimmen, indem sie sich von Letzteren nur dadurch unterscheiden, dafs Hr. Professor Breithaupt die beiden verticalen Prismen zu 120° 32! und 119° 28! annimmt, während sie mir voll- ' kommen 120° zu seyn schienen. Da indessen noch keine Winkelmessungen mit Hülfe des Reflexions-Ganiometers an Dichroitkrystallen gemacht werden konnten, indem die Flächen derselben nicht glänzend genug waren, so dürfte diese Annahme wohl durch spätere Beobachtungen Ver- änderungen erleiden. In den letzten Jahren sind zu Bodenmais in Baiern Dichroitkrystalle vorgekommen, die alle früher bekann- ten an Gröfse und Schönheit übertreffen. Besonders aus- gezeichnete Reihen davon befinden sich in der Königl. Mineraliensammlung zu Berlin, deren vollständige Be- nutzung ich der Güte der HH. Professoren Weifs und G. Rose verdanke. Auch in dem Cabinet des Herın Medicinalraths Bergemann, welches sich überhaupt zu den ausgezeichnetsten Sammlungen zählen darf, so wie unter meinen eigenen Mineralien befinden sich sehr aus- gezeichnete Bodenmaiser Dichroitkrystalle Leider fehlt es mir indessen ganz und gar an eben so guten Stücken 496 von Orijerfvi in Finnland, von Grenadille und Cabo de Gata in Spanien, und von Simiutack und Ujortlersoak in Grönland, so dafs es mir unmöglich war, die dort vorgekommenen Gestalten mit denen von Bodenmais zu vergleichen. An den übrigen Fundorten des Dichroits sind, soviel mir bekannt ist, nur derbe Varietäten vor- gekommen, und nur vom Laacher-See ist mir noch ein Krystall davon bekannt, der sich in der oben erwähnten Sammlung des Hrn. Medicimalrathes Bergemann be- findet. | An mehreren sehr deutlichen Krystallen wurde mit möglichst grofser Genauigkeit die Neigung von 7’ zu 7 über 4 (siehe Fig. 10. Taf. Il.) zu 120° und die Nei- gung von P zu 7’ zu 140° bestimmt, und diese Abmes- sungen den folgenden Berechnungen zum Grunde gelegt. Die ungleichschenkliche vierseitige Pyramide P (Fig. 7. Taf. II.) wurde als Grundgestalt angenommen. Nennt man die Axe derselben @, die grofse Diagonale d, die | kleine c, so ist das Verhältnifs derselben nach obigen beiden Annahmen: | a:b:c—=1:V 2,81635:\ 0,93879 und daraus ergeben sich als Abmessungen der Grund- : gestalt: Die Axenkante aus 5 = 96° 52! 431 Die Axenkante aus c =134 57 28 Die Kante an der Basis =100 0 0 Die beobachteten Flächen sind folgende: Bezeichnung nach Mohs nach Weifls*) in den Figuren Po er aa: bed, 178 B— last ab dh. Bar: pP *) Hr. Profess. Weifs nennt stets die senkrecht stehende Dimen- sion c, die auf den Beobachter zulaufende a, und die mit dem- selben parallel gehende b; dagegen bezeichnet Hr. Prof. Mohs mit a stets seine Hauptaxe, die senkrecht stehende Dimension, und von den beiden andern die grölsern mit b und die kleinern mit :c. 497 Bezeichnung | nach Mohs nach Weifs in den Figuren N CarbieyBate eh. P Brad (parbaei. nes n en Ge 0 Pro... (aabaee) a2. 02 T. (Po)? (ab: Dc)....% d. Pr--o EN, (a:wb:@c) k PLE®..%.0. (a:b:@e).. 02.0 Aufser diesen Flächen tritt noch zuweilen eine Ab- stumpfung der Ecken zwischen 4, P und Tauf. Da es indessen nicht möglich war, eine auch nur oberflächliche Messung einer Kante dieser Fläche zu nehmen, und da sich durchaus kein Parallelismus der Kanten sehen liefs, so war ich nicht im Stande deren krystallographisches Zeichen zu bestimmen. Theils in der oben erwähnten Sammlung, theils während eines Aufenthaltes in Wien hatte ich Gelegenheit, folgende zahlreiche Combinationen zu beobachten: I 2 Token... Fig. 8. Taf. II. DEAN era... Fig. 9. 3 MP Fig, 10. 1 MDPTRlın...2. Fig, 11. MP... Fic, 12. 6 MPsladhales.as..... Pie..18. NER a lo) WS Fig. 14. 8. M.P.o.T.d.k 9, M. Dio. Ted: 10.. M: Pro: M.d:h:l ... . Biel;1. 11. M.s. P.o. T.d. 12. DE s-B.osT due... .0,,. Big, 16. 13. W. 5. 01 .alr .er..... Big. 17. 14: M.s. P.o. T.d.k.l. 15. M.P.n. T.d.l. Annal. d. Physik. B.88.$:.3. 3.1828. St.3. li u 498 16. M. P.n. T.d.k.l. 7a MSHPen. T.ael 18. M.s.P.n: T.d.h.l ... Fig. 18. 19. M. P.n.o. T.d.l. 20. M.P.n:0.2.a.hl.... Eıc 19 21: Ms. P.n.0.T1.d.l. € 22, M.s. P.n.0. T.d.k.l.. .Rie. 20. Die Krystalle erscheinen häufig sehr in der Rich- tung der Hauptaxe verkürzt. — Zwillingskrystalle mit deutlich einspringenden Winkeln sind mir mehrere vor- gekommen, jedoch nicht deutlich genug, um das Gesetz ihrer Zusammensetzung zu bestimmen. Die vorzüglichsten Winkel, unter denen die oben angeführten Flächen sich gegen einander neigen, sind fol- gende: M:s —149° 12! 374 M:P 1350 0 0 M:n —149 12 37 M:o — 11575053 SEHS —150 20 27 s:s über n — 127722556 s:P —160 47 23 P:P —134 57 28 P:Pübern = 9 5243 P:o =151 71971 P:n —138 26 21 P:k —=131 33 384 P:T —=140 00 P:Püber 7T =100 0 0 0:n —=153 15 28 0:0 über z —126 30 57 o:oüberd =1238 18 A o:d 154.977 n:l —120 47 23 n:n über Z — 61 34 46 a:n über M —11S 25 14 499 k:T —=150° 0! 04 T:d —150 00 d:l —150 00 T:Tüberk =120 0 0 d:d über / —-120 00 Die blaue Färbung des Dichroits scheint keineswegs ein wesentliches Kennzeichen für ihn zu seyn, denn ich habe ‚mehrere Krystalle davon gesehn, die sehr durch- scheinend und von fast vollkommen weifser Farbe waren, ‘in welcher Richtung gegen die Axe man sie auch be- trachtete. Sie sind in diesem Zustande, wenn man ihre Flächen nur unvollkommen sieht, sehr schwer von den Quarzkrystallen zu unterscheiden, mit denen sie zusam- men im Magnetkies eingewachsen vorkommen. XVI. Zweiter Nachtrag zu dem Aufsatz über die Metallreductionen auf nassem Wege; von N. IV. Fischer. (Der erste Nachtrag findet sich in dies. Annal. Bd. 86. S. 603. I. Wiederherstellung des Osmium. Dieses Metall wird, wie bekannt, als Oxyd im Was- ser aufgelöst von allen Metallen bis zum Silber, und die- ses mit begriffen’ reducirt. Bei meinen Versuchen, und indem ich nur eine sehr verdünnte Auflösung dieses Oxyds im Wasser anwenden konnte, fand bei allen Metallen, selbst beim Zink, nur eine sehr schwache Reduction statt; hingegen mit einer Säure versetzt, erfolgt sie bei allen vollständig. Bei eini- gen Metallen, wie beim Zink, Eisen, Zinn und Kadmium, fällt das reducirte Osmium als ein bläulich- oder röth- lichschwarzes Pulver nieder, welches in der ganzen Flüs- sigkeit zertheilt und lange schwebend erhalten, ihr eine blaue Farbe mittheilt; beim Silber, Quecksilber, Kupfer, | Ii 2 900 Antimon, ‘Wismuth und Blei hingegen, legt sich das Osmium fest an diese Metalle an, besonders das Silber läuft daher mit verschiedenen Farben und zuletzt schwarz an, ohne dafs die Flüssigkeit selbst gefärbt wird. Beim Blei erfolgt die Reduction überhaupt sehr unvollständig, und nach einiger Zeit schlägt sich ein weilses Pulver nieder. Sehr auffallend ist die Empfindlichkeit des Silbers für die Gegenwart des Osmiumoxyds, indem es in so verdünnte Auflösungen dieses Oxyds, dals sie kaum Ge- ruch zeigen, dieses farbige Anlaufen zeigt. Der Grund beruht hier auf der starken Anziehung des Silbers zum Osmium, so wie die Reduction der selenigen Säure auf die Anziehung zum Selen. Die Verbindung des Silbers wit dem Osmium ist zugleich sehr innig, so, dafs sie durch blofses Erhitzen keinesweges getrennt werden kann; dabei stellt sich die merkwürdige Erscheinung dar, dafs beim starken Erhitzen das geschwärzte Silber allerdings weifs erscheint, beim schwachen Anblasen mit der Löth- rohrflamme hingegen, wieder regenbogenfarbig anläuft, wodurch dieses mit Osmium belegte Silber ein ähnliches Verhalten wie das Palladium zeigt, nur dafs bei diesem für beide Zustände eine höhere Temperatur nöthig ist. Und dieser Wechsel vom Verschwinden und Wiederer- scheinen der Farbe kann zu wiederholten Malen hervor- gebracht werden, nur mufs das Erhitzen nicht bis zum Glühen gehen, weil dann allerdings das Osmium getrennt und verflüchtigt wird. Berzelius Angabe, dafs das redueirte Osmium nicht rein metallisch seyn könne, weil eine Säure zur Auflö- sung des gebildeten Metalloxyds fehlt, und weil das so erhaltene Osmium von Salpetersäure aufgelöst wird, wel- ches das reine Metall nicht auflöst, scheint mir nicht be- gründet; denn, was den ersten Umstand betrifft, so habe ich bereits beim Silberoxyd gezeigt, dafs es ebenfalls blos im Wasser aufgelöst von mehreren Metallen reducirt wird. 501 Und dieses ist höchst wahrscheinlich bei allen Metall- oxyden, in sofern sie im Wasser auflöslich, und als Salze leicht reducirbar sind, der Fall; auch zeigte sich bei meinen Versuchen kein wesentlicher Unterschied bei der Reduction durch alle Metalle, ob die blofse wäfsrige Auflösung angewendet, oder ob sie mit Salpetersäure oder Salzsäure vermischt worden war, was doch nothwendig der Fall hätte seyn müssen, wenn, nach Berzelius Angabe, der bei Anwendung der blos wälsrigen Auflösung erhal- tene Niederschlag eine Verbindung des gebildeten Metall- oxyds mit einer niedrigern Oxydationsstufe des Osmiums wäre. Ferner verhält sich auch das durch Metall redu- eirte Osmium ganz gleich mit dem durch Weingeist oder Aether aus der wälsrigen Auflösung niedergeschlagenen; so z. B. zeigt auch dieses keinen Metallglanz, auch nicht beim Sireichen des trockenen Pulvers; und auch dieses löst sich leicht in Salpetersäure. auf. Was nun dieses Verhalten der Salpetersäure noch besonders »etrifft, so ist der Grund: dafs sie dieses aus der wälsrigen Auflösung präcipitirte Metall so leicht auf- löst, während sie das reine, wie Berzelius sich aus- drückt, nicht löst, was wohl nichts anders als das scharf getrocknete oder geglühete heifsen mufs, indem wir doch dieses Metall auf keinem andern Wege als eben auf die- sem nassen darzustellen vermögen; was also dieses Ver- halten der Salpetersäure betrifft, so beruht es offenbar auf dem verschiedenen Cohäsionszustand des Metalls, der in so vielen andern Fällen eine ähnliche und auch noch gröfsere Verschiedenheit hervorbringt *). Endlich mufs -*) Berzelius selbst sagt kurz vor der angeführten Angabe über das reducirte Osmium wörtlich: (S. Lehrb. d. Chem. übers. von Wöhler, Bd. ll. $S. 143.) Osmium, welches einer höhern Tem- peratur ausgesetzt gewesen ist, wird nicht mehr aufgelöst, we- der von der Salpetersäure, noch vom Königswasser; aber das so eben gefüllte Metall löst sich etwas darin auf, obgleich nur sehr langsam. 502 hier noch bemerkt werden, dafs man bei dieser Reduction das Osmium mit der eigenthümlichen röthlichgrauen Farbe und vollkommenem Metallglanz dann erhalten kann, wenn das reducirende Metall, z. B. Zink, in Verbindung mit Platin in die Osmiumoxydauflösung gebracht wird. Da wo die Spitze des Platins das Glas berührt, legt sich das Osmium vollkommen metallisch an, und ragt das zweite Ende des Platins aus der Flüssigkeit heraus, so legt es sich als Metallhäutchen auf die Oberfläche der Flüssig- keit an. Il. Wiederherstellung des Tellurs. Dieses Metall wird aus seiner salpetersauren Auflö- sung durch Zink, Cadmium, Eisen, Zinn, Blei, Kupfer und Quecksilber reducirt, im Allgemeinen als schwarzes Pulver; beim Blei, welches überhaupt schnell und unter Luftentwicklung einwirkt, wird es in Dendriten abgeson- dert. Bei keinem erfolgt jedoch die Wiederherstellung alles Tellurs, sondern es wird nach Sättigung der Salpeter- säure entweder ein T'heil Oxyd als basisches Salz oder verbunden mit dem Oxyd des fällenden Metalls, als tel- lursaures Salz präcipitirt, wie dieses im Allgemeinen bei der Reduction aller metallischen Säuren — zu welcher auch das Telluroxyd, besonders rücksichtlich dieses Ver- haltens, gehört — der Fall ist, und wie ich dieses bei den Säuren des Arseniks bereits nachgewiesen habe. Am vollkommensten erfolgt die Reduction durch Zink und Cadmium, beim Eisen scheidet sich nach einiger Zeit Telluroxyd aus; beim Blei tellursaures Bleioxyd; eben so beim Quecksilber tellursaures Quecksilberoxyd; das Zinn schlägt nach der anfänglichen Ausscheidung des re- ducirten Metalls ein schwarzes Pulver, eine Legirung bei- der Metalle oder eine Verbindung des Zinnoxyds mit Tellursuboxyd oder Oxydul nieder, ähnlich dem Product, welches das Zinn oder ein Zinnoxydulsalz mit der Gold-, Platin-, Silber- und Palladiumauflösung hervor- 503 bringt. In manchen Fällen, bei viel freier Salpetersäure, wird auch hier nach einiger Zeit das weilse Telluroxyd präcipitirt, oder auch die angegebene Verbindung des Zinns in ein weilses Salz — tellursaures Zinnoxyd — umge- schaffen. Am Kupfer legen sich metallische grünlich ge- färbte Blättchen an, wahrscheinlich eine Legirung beider Metalle, oder eine Verbindung beider im niedrigen Oxy- dationszustand. Als reducirendes Metall wirkt das Tellur nur auf Gold-, Platin-, Silber- und Palladiumauflösung, und zwar bei allen erfolgt die Reduction nur sehr langsam und un- vollständig. Am schnellsten ist die Wirkung auf Gold- auflösung; das Tellur überzieht sich mit Gold, dadurch hört aber alle fernere Wirkung auf, und zwar selbst bei höherer Wärme. Noch langsamer erfolgt die Reduction des salpeter- sauren Silber. Das schwarze Pulver, welches nieder- fällt, ist jedoch nicht metallisches Silber, nimmt daher beim Glätten nicht Metallglanz an, sondern eine Verbin- dung beider Metalle im niedrigsten Oxydationszustande, wie das Verhalten zur Salpetersäure und zum Ammoniak darthut. Noch weit langsamer ist die Wirkung auf Platin- und Palladiumauflösung, und das ausgeschiedene Pulver scheint hier von derselben Art wie beim Silber zu seyn. III. Wiederherstellung der Metalle durch Legirungen. Es ist leicht vorauszuschen, dafs, so wie die Legi- rungen in Rücksicht ihrer physischen und zum Theil auch chemischen Eigenschaften ein ganz anderes Verhalten zei- gen, als das Mittel beider Bestandtheile vermuthen lälst, sie auch ganz verschieden in Rücksicht der Reduction wirken werden. Die hierüber angestellte Untersuchung, die auf den ersten Blick sehr weitläufig zu werden versprach, liefs jedoch bei näherer Ueberlegung eine bedeutende Beschränkung zu, wie aus Folgendem her- vorgeht: 504 Eine Legirung kann nur dann die Reduction eines aufgelösten Metalls bewirken, wenn entweder beide — und wie sich’s von selbst versteht, ist hier nur die Rede von Legirungen aus zwei Metallen — oder eines von bei- den das Aufgelöste wieder herzustellen im Stande ist. Im letztern Falle wird die Reduction um so sicherer erfol- gen, je mehr dieses positivere Metall an Menge das ne- gative der Legirung übertrifft, oder je weniger innig oder chemisch die Verbindung ist. (Als Prüfstein dieses letz- tern Umstands kann das Verhalten zu denjenigen Säuren dienen, welche das positive leicht, das negative hinge- gen nicht auflösen. Ist die Verbindung chemisch, so wer- den dann diese Säuren kaum oder schwach einwirken, ist sie hingegen blos mechanisch, so erfolgt die Auflösung beinahe eben so leicht als bei Einwirkung auf das posi- tive Metall allein.) Dais umgekehrt niemals eine Re- duction erfolgen wird, wenn keins der beiden Metalle sie zu bewirken im Stande ist, versteht sich von selbst. Folgende Ergebnisse dieser Versuche verdienen wohl einer besonderen Erwähnung: 1) Messing, als Blech oder Draht, reducirt leicht Silber- und Quecksilbersalze, aber weder Kupfer-, noch Blei-, noch Zinnsalze. 2) Zink-Silber reducirt ebenfalls leicht und vollkom- 'men Silber- und Quecksilbersalze, aber keine eines mehr positiven Metalls, selbst nicht salpetersaures Kupfer, mit Ueberschuls an Säure. Aehnlich ver- hält sich die Legirung des Silbers mit Zinn und Blei. 3) Die Legirung des Silbers mit Kupfer reducirt nur die Quecksilbersalze, und zwar selbst bei Anwen- dung von zwölflöthigem Silber, bei noch gröfserem Gehalt hört die Reduction auf. IV. Wiederherstellung der Metalle durch nicht metal. lische Körper. 1) Phosphor reducirt Gold, Silber, Platin, Palladium, Osmium, Quecksilber und Kupfer. Bei allen ist 2) 3) 4) 505 kein wesentlicher Unterschied, in welcher Säure .das Metall aufgelöst ist; beim Silber und Gold erfolgt sogar die Reduction eben so gut aus den alkali- schen Auflösungen dieser Metalloxyde oder der Me- tallsalze; ausgenommen beim Kupfer, welches, in Salzsäure aufgelöst, aus dem Grunde ‘nicht redueirt wird, weil es in salzsaures Kupferoxydul übergeht und aus der Auflösung niederfällt. Schwefel wirkt bei gewöhnlicher Temperatur gar nicht, bei erhöheter reducirt er das Gold. Der Schwefel erscheint dann an einzelnen Stellen wie mit Goldadern durchzogen. Beim Silber erfolgt ebenfalls die Reduction nur bei erhöheter Trempe- ratur, und der Schwefel überzieht sich mit Schwe- Jelsiber. Die übrigen Metalle werden nicht re- ducirt. Kohle reducirt, wie schon aus Rumford’s Ver- suchen hervorgeht, bei gewöhnlicher Temperatur und ohne Einwirkung des Lichts nicht; bei erhö- heter Wärme, und zwar selbst noch unter dem Siedepunkte des Wassers, erfolgt auch beim Aus- schlufs des Lichts die Reduction des Goldes und Silbers. Das Erstere überzieht die Kohle als eine glatte metallische Fläche; das Silber hingegen legt sich an einzelnen Stellen in vollkommen metallisch glänzenden Dendriten an. Selen reducirt nur bei erhöheter Temperatur die . Goldauflösung. Das Gold überzieht vollkommen metallisch das Selen, wodurch die fernere Reduction der Auflösung verhindert wird. Silber, Platin und die übrigen Metalle werden nicht reducirt. 506 XVIl. Yulcanische Hebungen in den Molucken. Mel meoheitete ist die Bildung neuer Inseln im Meere, das Entstehen neuer Berge des Festlandes durch vulca- nische Thätigkeit ein Gegenstand von der höchsten Be- deutung. , Der Einflufs, welchen Vorfälle dieser Art von Zeit zu Zeit auf die Vorstellungen von der Bildung der Erdrinde geübt haben, beweiset es deutlich. Die Erhebung des TZroezenischen Hügels bei Methone, das unerwartete Erscheinen des Monte nuovo bei Pozzuoli, das mehrfach wiederholte Entstehen neuer Inseln in der ringförmigen Umwallung des Erhebungs-Craters von San- torın, und ähnliche Erscheinungen mehr, sind in alter und neuer Zeit die Quellen von fast eben so viel geolo- gischen Theorien geworden. Ansichten dagegen, welche den erhebenden und zerreilsenden Kräften des Innern einen kaum bemerkenswerthen Antheil an der Bildung der Massen, welche die Erdrinde zusammensetzen und an der Vertheilung der Höhen und Tiefen in ihrem ge- genwärligen Zustande gestatteten, konnten sich nur in Ländern ausbilden, welche dem Schauplatze solcher Vor- gänge fern liegen. Wichtiger indefs noch und von dauerndem Einflufs auf die Gestaltung der Wissenschaft sind diese Ereignisse geworden, seit die Aufmerksamkeit der Gebirgsforscher sich den eigenthümlichen Verhältnissen ihres Auftretens in verschiedenen Gegenden der Erde mehr zugewendet hat. Die phlegräischen Felder Campaniens und die Um- gebungen des Aeina konnten ihren Beobachtern nur das Beispiel neugebildeter Berge darbieten, welche mit den allgemein verbreiteten Gebirgen der Nachbarländer kei- nen Vergleich dulden. Die regelmäfsig geschichtete Kalk- steinkette der Apenninen und das ähnlich gebildete Kü- stengebirge Siciliens konnten weder durch die Substan- 507 zen, von denen sie gebildet werden, noch auch durch die Anordnung ihrer Bestandtheile, nur im entferntesten an jene regellosen Anhäufungen lose ausgeworfner Mas- sen erinnern, aus welchen der Schlackenkegel von Poz- zuoli und der später entstandene monte rosso bei Nico- lost bestehn. Die Zeiten sind lange vorüber, in welchen man noch mit Lazzaro Moro voraussetzen durfte, dafs auch alle geschichteten und organische Reste umschlie- {senden Gebirgsarten nur ein vom Wasser modificirtes Aggregat von vulcanischen Auswürflingen seyen; sehr neu dagegen ist die Belehrung, dafs nicht alle, ja die wenig- sten neu entstandenen Berge und Inseln vulcanischen Ursprungs den erwähnten Erhebungen gleich gebildet wurden. Die Beobachtungen Alexander von Humboldt’s in den vulcanischen Districten von America, die Wahr- nehmungen, welche gleichzeitig Leopold von Buch an den Puys der Aduvergne und später mit so grofsem Erfolg im Gebiete der canarischen Inseln anstellte, zeig- ien zuerst, dafs Quadratmeilen Landes durch vulcanische Kräfte gehoben, dafs die Schichten verschiedenartig ge- bildeter Gebirgsarten zerrissen und aufgerichtet werden, und dafs die Inseln, die dem Meere entsteigen, dem wesentlichsten Theil ihrer Masse nach, Theile des Mee- resgrundes selbst sind, durch dessen Zerreilsung und Er- hebung die unterirdischen Expansiv-Kräfte sich Bahn bra- chen. Schon eine aufmerksame Verfolgung des Ganges der Erscheinungen, die uns von der Bildung der letzten Insel bei Santorın berichtet werden, hätte dazu beitra- gen können, so folgenreiche Thatsachen wahrscheinlich zu machen. Denn erst lange, ja fast einen vollen Mo- nat später, als die Hauptmasse der neuen Insel unter hef- ügen Erschütterungen des benachbarten Landes an die Oberfläche getreten war, begann unmittelbar neben ihr ein vulcanischer Ausbruch. Da erst entstiegen dem Meere Rauch, Flammen und Asche Bimmsteine und Schlacken 508 ° ‘wurden herausgeschleudert, und bildeten eine lose auf geschüttete Decke auf der zusammenhängenden Grund- lage *). — Das merkwürdige Beispiel der vulcanischen Hebung‘ einer ansehnlichen Landstrecke an der Küste von Chili, welche successiv in verschiedenen Perioden erfolgte, und von welchem in diesen Annalen berichtet worden, mit ihm unleugbare Beweise für ähnliche Ereignisse, welche sich namentlich an mehreren Punkten der Küste Ita- liens **), an den hebridischen Inseln ***) u.'s. w. haben wahrnehmen lassen, schliefsen sich unmittelbar an diese °®) Die kurze Darstellung, welche wir von den wesentlichsten die- ser Vorgänge aus dem Berichte des Pater Bourignon an den Marquis de Ferriol genommen, in der Schrift eines deutschen Geologen finden, welcher zuerst die Erhebung neuer Berge und Inseln einer critischen Betrachtung unterwarf, ist in der That so musterhaft, dals es vielleicht nicht ganz überflüssig erscheint, sie wörtlich hicher zu setzen. — WVir lesen in Raspe: spe- cimen etc. de novis e mare natis insulis 1163. p. 48. Post terrae motum d. 23. Jun. 1707, absque ullo ulteriori /ragore, motu oculis sensibili, nonnunquam lamen inaequali et remiltenle, ex immens! antea maris profunditate rupes antea non visa prodiüt. Rupes illa albi coloris et rotundae x figurae. Terra quae inhaerebat levior, argillae similis. In- haerebant et ostreae saporis exquisitissimi. — — Tundem d. 16. Juli fumus supra mare eisus est, simulque prope hanc rupem jugum oclodecim aliarum, obscuri et adusti coloris. Ad diem 19. Juli ardere coeperunt etc. Merkwürdig ıst es, dafs derselbe Naturforscher schon sehr wohl einsah, wie wichtig es seyn müsse, die innere Structur jener neu erhobenen Inseln kennen zu lernen, und durch Beobachtun- gen auszumitteln, was Buffon noch für sehr unwahrscheinlich hielt: An recens natarum insularum eadem sit interna structura et stratorum ordo, quam terrue continentis? Ein Räthsel, des- sen Lösung er von der Zukunfi hoffte: sz zfinere in unam alte- ramve novarum insulurum suscepto per pirum hujusmodi rerum peritum cerliores fierimus. — *) S. u. a. Brocchi in d. Bibi. italiana. 1821. Septbr. ®*) S.u.a. Vetch in den Geological Transact Sec. Series, Vol. I. part. II. 416. 509 Reihe von Thatsachen an, welche den geologischen An- sichten unserer Tage eine so veränderte Gestalt gegeben haben. Die lehrreiche Darstellung Leopold v. Buch’s über die Natur der vulcanischen Erscheinungen, und die . sorgsamen Arbeiten des Hrn. von Hoff in seinem wich- tigen Werke über die Veränderungen der Erdoberfläche, enthalten eine critische Aufzählung aller bis jetzt bekann- ten Fälle vom Entstehen neuer Berge und Inseln durch vulcanische Thätigkeit. Es wird daher unstreitig nicht unwillkommen seyn, den bestehenden noch einige Nach- richten ähnlicher Art hinzuzufügen, welche aus andern Gegenden der Erde neuerdings berichtet worden sind. Wir entnehmen diese Nachrichten aus einer vor Kur- zem zu Leyden erschienenen Dissertation *), deren Ver- fasser, Herrn van der Boon Mesch, es gestattet war, die zahlreichen, bis jetzt nur noch handschriftlichen Nach- weisungen zu benutzen, welche Herr Reinwardt, Pro- _ fessor zu Leyden, während seines mehrjährigen Aufent- haltes auf Java und den moluckischen Inseln zu sam- meln Gelegenheit fand. — Es sind zwei Ereignisse der Erhebung neuen Landes in einem Gebiete, das um so merkwürdiger ist, weil es den Vereinigungspunkt von drei mächtigen vulcanischen Reihen, den Schaarungspunkt - von eben so viel gigantischen Spalten bildet, welche die Massen der CGontinente von Asien und Australien begrän- zen. Das am ausführlichsten beschriebene trug sich neben dem thätigen Vulcan Gonung Api in der Gruppe der Banda-Inseln zu, der, wie wir aus anderweitigen Nach- richten **) wissen, im Julius 1820 seinen letzten sehr heftigen Ausbruch hatte. Auf der Westseite der Insel, die er bildet, befand sich damals noch eine weite vom °) Sie führt den Titel: De incendüs montium igni ardentium. in- sulae Javue , eorumque lapidibus, disputatio geologica. Lug- duni Batuv. 1826. ®*) Asiatic Journal and monthly Register XI. p. 201., XL. p. 488. 510 Meere erfüllte Bucht. In dieser erhob sich eine mäch- tige Masse von schwarzem Gestein, welche gegenwärtig beträchtlich über dem Wasser hervorragt, und die Mee- resbucht ausfüllend sich mit dem Fufse des Berges -ver- einigte.e Herr Prof. Reinwardt besuchte diese merk- würdige Stelle im J. 1821. Er erfuhr dort, dafs die Er- hebung derselben ohne alles Geräusch erfolgte, und dafs die Bewohner der nächsten bewohnten Insel Neira, wel- che auf der entgegengesetzten Seite des Berges liegt, erst von dieser neuen Erscheinung in Kenntnils gesetzt wur- den, als sie das Meer sich erhitzen sahen und als die Erhebung schon vollendet war. Herr Reinwardt fand den Ort noch sehr heifs, und die neu erhobne Masse stiefs siedendheilse Dämpfe aus. Er bemerkt ausdrück- lich, dafs es ein Felsen von dasaltıischer Natur und aus grofsen Massen bestehend war, ohne Vermischung mit Asche und Lapilli, deren Aufschüttung seiner Entstehungs- weise fremd ist. — An der Basis des Gonung Api selbst beobachtete er deutlich, dafs der grölseste Theil dieser Masse aus dicken Schichten bestand, welche eine geneigte Lage hatten, und zwar so, dafs die Mitte derselben auf- gerichtet und gekrümmt war, und er folgert daraus, dafs sie während der Erhebung in einem erweichten Zustande gewesen sey *). — | Wir finden ferner noch kurz erwähnt, dafs sich ein völlig gleichartiges Ereignils an der Küste von Zernate *) Leider ist an der angeführten Stelle (p. 86.) die Eruption des Vulcanes ganz mit Stillschweigen übergangen, und wir wissen daher nicht, ob die Erhebung gleichzeitig, kurz vor oder nach- her statt fand; auch finden wir keine Nachricht von der unge- fähren Höhe, welche der neue Felsen über dem Meere erreichte, Aus einer späteren Bemerkung (p. 87.) müssen wir schlielsen, dafs der Berg gerade ruhig war, als die Erhebung erfolgte; indels sind die Einzelnheiten dieser Beschreibung überhaupt sehr un- deutlich, und wir müssen daher sehr wünschen, dafs es Herrn Reinwardt gefallen möge, recht bald seine wichtigen Beobach- tungen in einer eigenen Arbeit dem Publicum vorzulegen, — Sıl zutrug. Die Masse des dort erhobenen Gesteines war völlig dieselbe wie auf Banda. Sie ragt am Abhange des Berges dieser Insel aus dem Meere hervor, und ihr Um- fang ist noch gröfser. Die Zeit aber, in welcher diese Erhebung sich zutrug, ist nicht bemerkt. — F. DH. XVII. Notiz über die warmen Mineralquellen in den Alpen und Pyrenäen. [M einer Mittheilung an die Herausgeber des PAhiloso- phical Magazine (January 1828, p. 14. sg.) finden wir einige bemerkenswerthe Nachweisungen über das häufige Vorkommen von heifsen Mineralquellen im Gebiete der penninischen Alpen von Herrn Rob. Bakewell. Der Verf. bemerkt, dafs die meisten derselben erst seit Saus- sure’s Reisen in diesen Gebirgen entdeckt worden sind, und zählt deren folgende auf. — Zu Naters im obern Wallis mit 24° R. Temperat., zu Leuk mit 37,7 —42° R., im Thal von Bagnes (verschüttet im J. 1545), im Cha- mounm (1821 entdeckt), Si. Gervaise am Montblanc mit 275—29,3° R. (1806 entdeckt), Air les Bains in Sa- voyen 395,5—37,7° R. mit zahlreichen heifsen Quel- len in der Umgegend, Moutiers in der Tarentaise, Brida in Tarentaise (früher verschüttet und 1819 wieder her- vorgetreten) 27—29° R., Saute de Pucelle zwischen Moutiers und St. Maurice, Courmayeur und St. Di- dier am südlichen Absturze des Montblanc mit 27° R., ‚einige bei Grenoble (im Jahre 1820 entdeckt). Die Austrittsorte aller dieser Quellen liegen, nach Hrn. B’s Beobachtungen, theils im Urgebirge der Centralkette selbst, theils, und zwar am häufigsten am Rande derselben, an der Gränze des Urgebirges mit den Secundär-Formationen. Er glaubt daher, in Ermangelung aller neueren vulcani- 512 schen Gebirgsarten in diesem von so gewaltigen Zerrei- -fsungen heimgesuchten Theile der Alpen, das Erscheinen dieser Quellen, deren wahrscheinlich noch eine grofse Menge bis jetzt unbekannt geblieben ist, als einen hin- länglich begründeten Beweis ansehn zu dürfen, dafs sich unter der Urgebirgskette ein gemeinsamer Heerd der Er- hitzung befinde, dessen Wirkungen in früheren Perioden im Stande waren, ihre gegenwärtige Stellung zu erzeugen Dafs der Sitz dieser mineralischen Quellen übrigens in der That im Urgebirge selbst gesucht werden müsse, er- giebt sich unter andern auch noch aus der merkwürdigen Thatsache, dafs deren in der hohen Kette des Berner Oberlandes, welche von einer mächtigen Decke von Flöz- gebirgsmassen gebildet wird, so wenige und so unbedeu- tende gefunden werden. — Es erscheint wichtig, mit die- ser, fast allgemein in so vielen Theilen der Erde wie- der erkannten Erscheinung, welche die Theorie von Ent- stehung der Gebirge einen Schritt weiter geführt hat, eine noch wenig bekannt gewordene Nachweisung von Palas- sou über die zahlreichen warmen Mineralquellen der Py- renäen zu vergleichen. Wir ersehen nämlich aus den fleifsigen Zusammenstellungen dieses unermüdlichen Beob- achters (Mem. pour servir a Ühist. naturelle des Pyre- nees 1815, p. 435. sg.), dafs nicht nur die Hauptmasse der heifsen Quellen dieses Gebirges im Gebiete des gro- {sen Granit-Bezirks an der östlichen Seite (im Roussil- lon, zwischen den Thälern des Tech und der Teta) liegt, sondern dafs auch alle die andern nur in Schluchten des jüngern Gebirges austreten, in welchen der Granit an der Basis der Abhänge aus der Tiefe hervortaucht; ja es ist merkwürdig, dafs sich auch nach der verschiedenen Offen- heit des Ursprunges aus der krystallinischen Axe des Ge- birges selbst die Höhe der Temperatur dieser Quellen auf eine auffallende Weise richtet; so zeigen die Quel- len im Aoussillon bei Olette 70° R., die Bäder von Dax im Ländchen Foix 66° Reaum., die wärmsten von Bag- 513 Ragneres de Luchon weiter westlich 50°, die von Bar- reges 40°, die eaux bonnes und eaux chaudes im Thale von Ossau höchstens 30°, und endlich die von Cambo, nicht fern von Bayonne und am fernsten von der Haupt- Granitmasse liegend nur 17°. XIX. Ueber die Zusammendrückung des VV as- sers ın Gefä/sen von verschiedener Zusam- mendrückbarkeit; von J. C. Oersted. Vater den Aufgaben, welche sich bei den Untersuchun- gen über die Zusammendrückbarkeit der Flüssigkeiten darbieten, ist, bei Gelegenheit einer von der Pariser Aca- demie der Wissenschaften aufgegebenen Preisfrage auch die zur Sprache gebracht: Welchen Einfluls die Zusam- mendrückbarkeit der Wände des Gefäfses, das den Ge- genstand des Versuches einschliefst, auf die Resultate haben würde. Dieser Einfluls kann unter zwei verschie- denen Gesichtspunkten betrachtet werden. Einige Phy- siker haben geglaubt, dafs die Wände des Gefäfses nach allen Richtungen zusammengedrückt werden, so dafs das Gefäfs durch den Druck, welcher ihm von der zusam- mengedrückten Flüssigkeit mitgetheilt wird, an Capacität verliere. Andere dagegen haben geglaubt, dafs dieser Druck nur die. Wirkung auf das Gefäls ausübe, dafs es seine Wände dünner mache. In diesem Falle wird die Capacität des Gefäfses durch den Druck ein wenig ver- gröfsert, aber um eine sehr unbeträchtliche Gröfse. Ich bin immer dieser letzteren Meinung gewesen. Die Gründe für die eine oder die andere dieser Meinungen sind zu bekannt, als dafs man sie hier zu wiederholen brauchte. Ich begnüge mich daher mit einem Berichte von. Versu- ‚ chen, durch welche ich gesucht habe die Frage zu ent- scheiden. Annal. d. Physik.B.88. St.3.J.1828. St.3. Kk 514 Ich habe die Zusammendrückung des Wassers in Ge- ’fäfsen von sehr verschiedener Zusammendrückbarkeit vor- genommen. Da die Zusammendrückbarkeit des Blei’s mehr als 18 Mal gröfser ist, als die des Glases, so habe ich bei meinen neuen Versuchen hauptsächlich von die- sem Metalle Gebrauch gemacht, Die HH. Colladon und Sturm haben, in ihrer schönen Arbeit über die Zusammendrückung der Flüssigkeiten, 'zuvor die Verlän- gerung, die ein Glasstab durch einen gewissen Zug er- leidet, gemessen, und nach diesem Versuch die Längen- zusammenziehung des Glases auf 11 Zehnmilliontel für den Druck von einer Atmosphäre festgesetzt. Da sie meinen, dafs die Wände des Gefäfses, worin die Flüs- sigkeit eingeschlossen ist, nach allen Richtungen zusam- mengedrückt werden; so folgern sie, dals das Glasgefäfs, worin die Zusammendrückung des Glases beobachtet wird, 33 Zehnmilliontel von seiner Capacität durch den Druck von einer Atmosphäre verliere, und dafs man diese Gröfse der scheinbaren Zusammendrückung des Wassers hinzufügen müsse, um die wahre Zusammendrückung des- selben zu erhalten. — Nach den Versuchen des Hın. Tredgold, welche derselbe in seinem vortrefflichen Werke über die Stärke des Gufseisens und anderer Metalle anführt, wird eine Bleistange, deren (Querschnitt einen (Juadratzoll englischen 1 Maafses beträgt, um 445% durch einen Zug von 1500 engl. Pfunden verlängert. Kin gleiches Gewicht würde die Stange um dieselbe Gröfse verkürzen. Fin Druck von 1500 englischen Pfunden auf einen engl. Quadratzoll ist gleich dem Drucke von 101,7 Atmosphären. Diefs macht für den Druck von einer Atmosphäre eine Längen - Ver- kürzung von 0,00002048. Eine Berechnung, nach dem von den HH. Golladon und Sturm angenommenen Satze, giebt für eine Flasche von Blei eine Capacitäts- Verringerung von 0,09006144. Da, nach diesen beiden Physikern, die Zusammendrückung des Wassers, durch 515 eine ‘Atmosphäre, nur 51 Milliontel und, nach meinen . Versuchen, noch weniger beträgt; so mufs das Wasser, wenn es in bleiernen Gefäfsen zusammengedrückt wird, eine scheinbare Ausdehnung zeigen. Hätte auch der ge- schickte englische Baumeister bei seinen Versuchen eine zu grofse Grölse gefunden, hätte er sich sogar um mehr als die Hälfte geirrt, welches zu glauben ich weit ent- fernt bin; so müfste dennoch der hier in Rede stehende Versuch entscheidend seyn. Die bleierne Flasche, deren ich mich bediente, war an der Mündung mit einem messingenen Ringe eingefafst, worin ein hohler Glasstöpsel, in dem eine gut calibrirte Glasröhre steckte, vollkommen schlofs,. da er darin gut eingerieben war. Nachdem das Wasser von Luft befreit worden, wurde der Stöpsel mit seiner Röhre aufgesetzt, und zwar so, dafs keine Luft unter dem Stöpsel bleiben konnte und das Wasser in die Röhre steigen mulste, Die obere Oeffnung der Röhre war mit einer kleinen Glocke von kegelförmiger Gestalt bedeckt. Es versteht sich, dafs die Röhre mit einer Skale versehen war. Uebri- gens wurde der Versuch über die Zusammendrückung des Wassers mit dieser Flasche eben so angestellt, als ich ihn früher mit Glasflaschen angestellt habe. Die nämliche Röhre mit ihrem Stöpsel, welche ich zu dem Versuche mit der Bleiflasche gebrauchte, hatte ich sehr oft zu Versuchen mit einer Glasflasche ange- _ wandt, in deren Mündung der Stöpsel gleichfalls einge- schliffen worden war. Es war also leicht, die Versuche mit den beiden Flaschen mit einander zu vergleichen. Nach gemachter Reduction, wegen der Verschiedenheit ihrer Capacitäten, fand ich, dafs die scheinbare Zusam- mendrückung in der Bleiflasche ein wenig gröfser war, als in der Glasflasche. Dieser Unterschied überstieg, für den Druck von einer Atmosphäre, nicht 2 Milliontel vom Volumen des Wassers. Diels Resultat stimmt vollkom- Kk 2 516 men mit meiner Meimung überein, und ist der von mir bestrittenen durchaus entgegen. Achnliche Versuche habe ich mit Flaschen von Mes- sing und Zinn angestellt, und dabei ähnliche Resultate | erhalten. Ausführlich werde ich meine sämmtlichen Ver- suche über die Zusammendrückung der Flüssigkeiten im 4. Bande der Denkschriften der K. Gesellschaft der Wissenschaften zu Kopenhagen bekannt machen. Hier begnüge ich mich zu bemerken, dafs man bei den be- sprochenen Versuchen sich vor den Luftblasen in Acht zu nehmen babe, die oft. bei fortgesetzter Berührung des Wassers mit dem Metalle gebildet werden. Wenn das Wasser einen Tag hindurch in der Bleiflasche ge- standen hat, finden sich fast beständig kleine Luftblasen. Ich glaube auch gefunden zu haben, dafs das Wasser eine grölsere Zusammendrückbarkeit zeigt, wenn es nur kurze Zeit mit einer Fläche, sie sey von Glas oder von Metall, in Berührung gestanden hat. Ich bin noch mit Versuchen über diesen Gegenstand beschäftigt. XX. Veber die Ausziehung elastischer Drähte und Platten; con Herrn Poisson. (Ann. de chim, et de phys. XXAXVTI. p. 384.) F, sey @ die Länge eines elastischen Drahtes, welcher überall dieselbe Dicke besitzt, & der Flächenraum eines Querschnitts senkrecht gegen die Länge des Drahts, und folglich @5 sein Volumen. Man nehme an, dafs er um etwas ausgezogen werde, so dafs seine Länge « (l-+&@) wird, wo & ein sehr kleiner Bruch ist. Zugleich wird der Faden dünner werden. Wenn man nun mit 5 (1—ß) das bezeichnet, was der Flächenraum des senkrechten Querschnitts wird, wo 8 ebenfalls ein kleiner Bruch ist; so wird sein neues Volumen sehr nahe =ab 1+&—ß). 317 Zufolge der Theorie elastischer Körper, die ich künftig in einer Abhandlung aus einander setzen werde, muls man haben: woraus folgt, dafs ein elastischer Faden, durch die Ver- längerung &, in dem Verhältnifs (1+4@):1 an Vo- lumen zunimmt, und im umgekehrten Verhältnisse an Dichte abnimmt. Diefs Resultat stimmt völlig mit einem Versuche überein, den Hr. Cagniard-Latour neuerlich der Aca- _ demie mitgetheilt, hat. Er ist folgender. Hr. C. nahm einen Messingdraht und tauchte ihn in ein mit Wasser gefülltes Rohr. Das so eingetauchte Stück des Drahts hatte eine Länge von 2”,03. Das untere Ende desselben berührte den Boden. Er zog den Draht, ohne ihn auszudehnen, in die Höhe, so dafs jenes Ende sich 6"” über dem Boden befand; er bemerkte dabei, dafs das Wasser sich um 5"" in dem Rohre gesenkt hatte. Er befestigte hierauf das Ende des Drahts am Boden des Gefäfses und verlängerte ihn hierauf durch einen Zug nach seiner Länge, um 6""”; seine Dicke nahm “ab, und das Wasser in dem Rohr fiel um 2,5 oder um halb so viel als vorhin. Der Verfasser schlofs hieraus, dafs in Folge dieser Verlängerung das Volumen des Drah- tes zugenommen habe. Um die Grölse dieser Volumenszunahme zu erfahren, und sie mit der, die nach der Theorie statt finden soll, zu vergleichen, nehme ich wieder die vorherigen Bezeich- nungen an; überdiefs nenne ich h die Höhe, in welcher _ sich das Ende des Drahts, nachdem man diesen gehoben hat, sich über dem Boden der Röhre befindet, und € die Wassermeuge, welche unter das ursprüngliche Ni- veau gefallen ist. Diese Gröfse mufls das Volumen dA des Drahtes ersetzen, welches zwischen dem gehobenen Ende und dem Boden des Gefäfses befindlich is. Man hat folglich: b A=c 518 Bezeichnet man die Verlängerung des Drahts, wie \ vorhin, mit a4, so hat man, da die Zunahme seiner Länge der Erhebung 2 gleich ist, aa—h Das Volumen des in Wasser getauchten Theils wird, nach dieser Verlängerung, seyn a5(1—), wenn man immer mit 5(1— 8) das bezeichnet, was der Querschnitt senkrecht gegen die Länge geworden ist, und dabei bei dem Versuch des Hrn. Cagniard, gegen diese Länge, die Niveaudifferenz des Wassers vernachlässigt, d. h. 2"”,5 gegen 2",03. Das Volumen des eingetauchten Theils, wel- ches ursprünglich gleich a5 war, wird sich also um a5 ß verringert haben; und da diese Volumendifferenz durch die Menge des nach der Verlängerung gesunkenen Was- sers ersetzt worden ist, so hat man, wenn diese Was- sermenge mit c! bezeichnet wird: abß=cl Eliminirt man @ und 5 zwischen diesen drei Glei- chungen, so kommt c P=74 und da Hr. Cagniard c! halb so grofs wie c gefunden hat, so erhält man d=4&, was genau mit dem Resul- tate der Theorie übereinstimmt. Es sey d der Flächenraum einer Platte oder Mem- brane, deren Dicke constant und gleich @ ist. Man nehme an, dafs diese Fläche nach allen Richtungen gleich stark ausgezogen werde, und dafs sie d4(1+ß) werde, wo ß ein sehr kleiner Bruch ist. Zugleich wird die Dicke ab- nehmen. Wir bezeichnen mit a(1—«&) das, was diese Dicke wird, wo & ebenfalls ein sehr kleiner Bruch ist. Das Volumen, welches @5 war, wird sich sehr nahe in ab(1-+£— 2) verwandeln. Nun hat man nach der oben angeführten Theorie a=;ß 519 folg''ch nimmt das Volumen in dem Verhältnisse (1-+28):1 zu. Diefs Resultat ist indefs schwieriger als das vorher- gehende durch einen Versuch zu bestätigen. XXL Auszug aus einer Arbeit über die bei der Verbrennung entwickelte VV’ärme; von Hrn. C. Despretz. (Annales de chimie et de physigue XXXF. p. 180.) Diese Arbeit hat die Verbrennung des Kohlenstoffs, Wasserstoffs, Phosphors, mehrere Metalle u. s. w. zum Gegenstand. Der zu diesen Versuchen angewandte Ca- lorimeter hat den Vorzug, dafs mittelst seiner die Wärme, die bei der Verbrennung eines jeden Körpers, selbst bei der Verpuffung von Schiefspulver. entwickelt wird, ge- messen werden kann. Er ist vorzüglicher als der von Rumford, der zu keiner genauen Messung tauglich war, und worin selbst Rumford niemals Kohle verbrennen konnte, geschweige denn, dafs er hätte Metalle verbren- nen können. Diefs ist, wie ich glaube, das erste Mal, dafs man die bei der Verbrennung der Metalle entwik- kelte Wärme milst. Es geht aus dieser Arbeit hervor, dafs für ein Gramm Sauerstoff der Wasserstoff entwickelt 2578° der Kohlenstoff - - 2967 das Eisen - - 5325. Phosphor, Zink und Zinn entwickeln Wärmemen- gen, die wenig von der vom Eisen entwickelten abwei chen. Die Zahlen sollen näher.angegeben werden, sobald alle Versuche genugsam wiederholt worden sind, dals man ihre Genauigkeit nicht mehr bezweifeln kann. Unter allen Körpern ist also der Wasserstoff der- jenige, welcher bei gleicher Menge von absorbirtem nn ou | s "Sauerstoff die wenigste Wärme entwickelt. Die Metalle entwickeln dagegen am meisten. Es ist merkwürdig, dafs der Kohlenstoff, welcher das Volumen des Sauerstoffs ungeändert läfst, eine Wär- memenge entwickelt, die &£ von der ausmacht, welche‘ das Eisen und überhaupt die Metalle entwickeln. XXI. DUeber die Verbrennung unter verschiede- nem Drucke; von Hrn. C. Despretaz. (Ann. de chim. et de phys. XXXVI. p. 182.) E: geht aus dieser Arbeit hervor, dafs die Wärme- menge, welche ein Körper entwickelt, der das Volumen des Sauerstoffgases nicht ändert, bei jeder Dichte dieses Gases die nämliche ist. Diefs Resultat ist bis jetzt nur mit dem Kohlenstoff erhalten, aber es ist ungemein wahrscheinlich, dafs der Schwefel und die Körper, welche das Volumen des ver- brennenden Gases nicht ändern, das nämliche Resultat geben werden. Ich glaube, dafs die Wärmemenge, welche ein Kör- per entwickelt, der den gesammten Sauerstoff in den Zu- stand der Starrheit versetzt, um so geringer ist, je grö- {ser der Druck ist, und dafs der Unterschied die Wärme vorstellt, welche der. Sauerstoff bei seiner Volumensver- ringerung verloren hat. Man hat also hiedurch ein Mit- tel, diese Wärme kennen zu lernen. Durch anderwei- tige Versuche, bei denen Wasserstoff, Kohlenoxyd und Kohlensäure eine Rolle spielen, wird es möglich zu er- kennen, ob alle Gase bei gleicher Volumensverringerung dieselbe Wärmemenge abgeben oder nicht. Aus den Versuchen, die mit Kohlenstoff unter ver- schiedenem Drucke angestellt sind, kann man noch eine sehr wichtige Folgerung ziehen, nämlich die: dafs, unter 521 dem angewandten Drucke, der Sauerstoff und die Koh- lensäure durchaus gleiche Mengen von Wärme enthalten. Wenn die Versuche mit dem Schwefel auch unter ver- schiedenem Drucke eine gleiche Wärmemenge geben; so 'mufs man daraus schliefsen, dafs auch das Schwefligsäure- Gas und: das Sauerstoffgas die nämliche Menge Wärme enthalten; und da die drei Gase, das Sauerstoff-, Koh- lensäure- und Schwefligsäure-Gas, in ihren Eigenschaf- ten sehr verschieden sind, so wird es erlaubt seyn, diese Folgerung auf alle Gase auszudehnen. XXI. Zerlegung eines pulverförmigen Minerals aus Nordamerıica ; $ vom Grafen Trolle- FV achtmeister. (Aus den K. Fetensh. Acad. Handı. f. 1827, St. 1.) Bi Hoboken und Slaten-Island, bei New-York in den vereinigten Staaten, kommt ein mächtiges Lager von Talkformation vor, welches in Verbindung mit den Gra- nitbergen stehen soll, die von New-York-Island ausge- hen. Hier, im Serpentin, hat Hr. Pierce, neben einer Menge von kohlensaurer Talkerde, ein weilses pulverför- miges Mineral gefunden, welches nur sparsam vorkommt und für Talkerdehydrat angesehen wurde. Von diesem, “völlig wie Magnesia alba aussehendem Minerale, habe ich von Hrn, Torrey in New-York eine geringe Quantität - erhalten, welches mir Anlafls zu einer Analyse gegeben hat, die ich die Ehre habe hier mitzutheilen. Eine Probe, welche zuerst durch gelinde Erwärmung und hernach unter der Luftpumpe vom hygroskopischen Wasser befreit worden war, wurde in einem Kolben ge- glüht, der in Verbindung stand mit einer Vorlage, die nit geglühtem, gröblich zerstofsenem Chlorcalcium gefüllt und am andern Ende zu einer feinen offenen Spitze aus- ji 522 ' Re gezogen war. Die Ceiricherundune des letzigenannieni Salzes wurde für den angegebenen Wassergehalt des Mi- nerals angesehen, und was darüber erforderlich war, um den Glühverlust der Probe zu ersetzen, wurde. als Koh- lensäure betrachtet. Das geglühte Mineral wurde mit Chlorwasserstoff- säure behandelt, wobei einige gröfsere Bröckchen unge- löst blieben, welche sich vor dem Löthrohr theils wie Serpentin, theils wie Kieselsäure verhielten, und für mechanische Einmengungen angesehen wurden. Die Lösung, eingetrocknet, hinterliels einen kleinen Theil Kieselsäure. Aus der Flüssigkeit, in welcher Kalk- erde aufgesucht aber nicht gefunden wurde, liefs sich mit kohlensaurem Ammoniak eine geringe Menge von Eisen- oxyd fällen. Das übrige war Talkerde. Die Analyse gab: Talkerde 42,41 Kohlensäure 36,82 Wasser 185,53 Kieselsäure 0,57 Fisenoxyd 0,27 Fremde Beimischungen 1,39 99,99. Wenn wir die Zusammensetzung der Magnesia alba —MsAg°’+3MgC?, deren Atomengewicht ist —=4618,68), so finden wir für die Atomengewichte der Bestandtheile folgendes: 516,72x 4= 2066,86 —=44,75 Proc. €: 275,33x6=1651,98—35,77 Ag: 11248x8= 899,541 —=19,48 4618,68 100,00. Vergleichen wir hiemit das durch die Analyse erhal- tene Resultat, so finden wir das procentische Verhältnifs 523 bei beiden sehr nahe übereinstimmend, und daraus er- giebt sich also, dafs das Mineral gleiche Zusammensetzung mit der Magnesia alba hat, und dafs es nur gemengt ist mit einer Spur von wasserhaltiger neutraler kohlensaurer und kieselsaurer Talkerde, so wie mit Bruchstücken der Bergarten, worin der untersuchte Stoff vorkommt. Bei Berechnung der Zusammensetzung der Magnesia habe ich die älteren Atomengewichte angewandt. Bei Annahme der neueren, noch nicht allgemein bekannten, ‚ entsteht dasselbe Verhältnifs; aber die Formel muis dann - so ausgedrückt werden: MgH*+3MgC. XXIV. Ueber ein Mittel zur Messung mehrerer chemischen Actionen: von Hrn. Babinet. (Ann. de chim. et de physig. XXXVII. p. 183.) E: giebt eine grofse Menge von chemischen Prozessen, bei denen eine Gasentwicklung statt findet. Bei den Pro- zessen der Salzbildungen z. B. werden oft Wasserstoff, salpetrige Säure, Stickstoffoxyd, Kohlensäure, Chlor und schweflige Säure entwickelt. Nimmt man sie in geschlossenen Gefäfsen vor, so hält die chemische Action ein, wenn das Gas eine hin- längliche Expansivkraft erreicht hat; sie ist aufgehoben bis zu dem Moment, wo man das comprimirte Gas ent- weichen läfst, dessen Expansivkraft gewissermafsen der chemischen Action, welche es zu entwickeln sucht, das Gleichgewicht hält. Diese Expansivkraft des Gases, im Moment wo sie die chemische Action unterbricht, scheint mir ein Maafs für die Stärke dieser Action bei verschie- denen Temperaturen und verschiedenen Substanzen ab- geben zu können, wenigstens ein nützliches Mittel zur ungelährigen Schätzung dieser noch so wenig bekannten Kräfte. Mein erster Versuch dieser Art schreibt sich aus dem | | 524 J. 1818 her. In der Absicht, Windbüchsen mit einem sehr zusammengedrückten Wasserstoffgase zu füllen, liefs ich versuchsweise eine kupferne Bombe mit einem Hahne zum Verschliefsen derselben verfertigen. Ich füllte sie mit Wasser, Zink und Schwefelsäure, und legte sie (un- streitig, nachdem sie verschlossen worden war. P.) auf einen mit Schnee bedeckten Boden; allein zu meinem grolsen Erstaunen zerplatzte die Bombe nicht. Im folgenden Jahre liefs ich bei Hrn. Pixii ein star- kes Rohr aus Kupfer bohren; ein Schraubenbolzen ver- schlofs dieses Rohr. Nachdem ich es, wie die Bombe, gefüllt hatte, konnte ich die Entwicklung des Wasser- stoffgases nach Belieben abwechselnd unterbrechen und erneuen. Die Heftigkeit, mit welcher das Gas bei Ab- schraubung des Bolzens entwich, zeigte, dafs es eine grofse Expansivkraft besafs. Um diese Kraft zu messen, hefs ich einen Apparat verfertigen, welcher im Ganzen dem gewöhnlichen Pa- pin’schen Topfe ähnlich war, sich aber darin von ihm unterschied, dafs er statt des Hahnventils mit einer Baro- meterprobe versehen war, ähnlich der bei den Compres- sionspumpen. Das Rohr dieser Barometerprobe war sehr stark und am oberen Ende zugeschmolzen. Die Zusam- menziehung der im oberen Theil dieses Rohres einge- schlossenen Luft, nebst der Länge der gehobenen Queck- silbersäule, gab die Elasticität des Glases für den Augen- blick, wo sie die chemische Action aufhob und das Gleich- gewicht eintrat. Bei 25° C. betrug die Elasticität des Wasserstoff- gases, welches durch Wasser, Zink und Schwefelsäure entwickelt wurde, mehr als 33 Atomensphären. Das letzte Mittel, bei welchem ich stehen blieb, be- stand darin, dafs ich, statt der Barometerprobe, einen kleinen kupfernen Ballon, der durch einen Hahn zu ver- schliefsen war, an den Apparat schrob. Dieser Ballon füllte sich mit dem Gase, das um so mehr verdichtet war, _ „N 525 je Iebhafter die Entwicklung gewesen war. Man nahm ihn fort und öffnete ihn unter einer graduirten Glocke. Als der Ballon, bei 10° C., der vorhergehenden Reaction entzogen wurde, fand sich, dafs er ungefähr 13 Mal so viel Gas, als unter dem gewöhnlichen Drucke der Atmo- sphäre, enthielt. Die Entwicklung war hier also bei einer Expansivkraft von 13 Atmosphären stehen geblieben. Bei 0° würde die Expansivkraft des Wasserstoffga- ses weit schwächer gewesen seyn, wenigstens Jäfst sich diefs aus der Langsamkeit abnehmen, mit welcher die Gas- ‚entwicklung bei dieser Temperatur in unverschlossenen Gefäfsen vor sich geht. Wendet man Eisen statt des Zinkes an, so ist die Wirkung noch schwächer. Fben so hat das Chlor, welches bei gewöhnlicher Temperatur mittelst Manganoxyd aus Chlorwasserstoffsäure entwickelt wird, nur eine Elastieität von ungefähr 2 Atmosphären. Man kann diese Gase als mechanische Mittel ge- brauchen, um einen starken Druck ohne Stölse hervorzu- bringen, um Windbüchsen zu laden, Wasser fortzuspritzen, Dampf zu ersetzen u. s. w. Die vorhergehenden Versuche hat man nur als jene vorläufigen zu betrachten, durch die man sich versichert, ob die Apparate ihre Dienste gehörig verrichten. Es würde ‚eine groise Zahl sorgfältig angestellter Versuche erforderlich seyn, um die Stärke genau zu bestimmen, welche mehrere Klassen von chemischen Actionen nicht blofs zwischen verschiedenen Substanzen, sondern auch zwischen denselben Substanzen bei verschiedenen Tem- peraturen besitzen. Die Entwicklungen von Chlor und salpetriger Säure, welche weit schwächer sind als die von Wasserstoffgas, können ohne Gefahr in gewöhnlichen Röhren mittelst einer Quecksilbersäule unterbrochen wer- den. Da ich nicht beabsichtige, diese Arbeit zu verfol- gen, so halte ich es für nützlich, diese Gattung von Un- tersuchungen bekannt zu machen, indem sie für einige Beobachter vielleicht von Interesse‘ sind. 526 a“ j XXV. Methode, Baryt von Sirontian zu unter- scheiden. . I, schnell zu erfahren, ob man es mit kaustischem | Baryt oder Strontian zu ihun habe, rathen die HH. Ju- | lia-Fontenelle und Quesneville (Journ. de chi- | mie med. Ann. IV. p. 129.) das fragliche Oxyd zu pul- vern und mit concentrirter Schwefelsäure zu übergielsen. Ist es Strontian, so findet blofs eine heftige Erhitzung | statt, ist es aber Baryt, so tritt bekanntlich neben die- | ser auch ein Erglühen ein, das einige Zeit anhält. Der | Baryt muls hiezu frisch gepulvert werden, damit er keine | Feuchtigkeit enthalte. — Die gewöhnliche Scheidungs- | methode beruht, wie bekannt, darauf, dafs Chlorstron- | tium in absolutem Alkohol löslich ist, Chlorbaryum aber nicht oder sehr wenig. Ein anderes Verfahren, Baryt und Strontian, selbst quantitativ, mittelst kieselhalti- ger Flufssäure zu trennen, findet man von Berze- lius im Bd. 76. S. 195. dieser Annalen angegeben. — Uebrigens ist zu bemerken, dafs auch kaustische Talk- erde jenes Erglühen mit concentrirter Schwefelsäure zeigt. XXVL Krystallform der Hämatine. D. Krystallform der Hämatine scheint nach Hrn. Te- | schemachers Messungen (Phil. Mag. et Ann. of Phil. 11. p. 28.) zum viergliedrigen oder pyramidalen Systeme zu gehören. Er beschreibt sie als rechtwinklig. viersei- tige Prismen, mit geraden Abstumpfungen der Seitenkan- ten, gerade angesetzter Endiläche, und drei Flächen, wel 527 che die Kanten zwischen der FErdfläche und den Säulen- flächen ersetzen, und gegen die Endfläche respective um: 122° 10'; 118° 15/ und 116° 15’ neigen. Die Substanz wurde krystallinisch gebildet in Campecheholz gefunden, und blofs mittelst Weingeistes umkrystallisirt. XXVIO. Forläufige Erwiederung auf des Hrn. Dr: Grunert Abhandlung in diesen Annalen 1827, Stück 7. No. VI.;; com Bergcommis- sionsrathe von Busse zu Freyberg. Seite 463. in dieser Abhandlung heifst es, dafs man im Mittelpunkte der Erde die Untersuchung von neuem an- fangen müsse, wie es der Hr. Prof. Brandes in seiner Auflösung der Aufgabe schon ganz richtig bemerkt habe. Hieraus scheint mir zu erhellen, dafs dem Hrn. Verfas- ser mein Bedenken gegen diese Auflösung im Aesperus No. 18. des 27. Bandes, gedruckt zu Prag im Septem- ber 1820, nicht bekannt geworden ist. Da ich ferner in dieser Abhandlung die Kräfte in be- schleunigende und verzögernde wit Hın. Francoeur abgetheilt, und überdiefs auch andere in Frankreich ge- wöhnliche Begriffe und Formeln der höhern Mechanik gebraucht sehe, so finde ich mich veranlafst hierüber ein Wort zu seiner Zeit gesprochen in einer andern Zeit- schrift drucken zu lassen, weil es für diese Annalen zu viele Mathematik enthalten möchte. Aus einer dortigen umständlicheren Erwiederung wird es auch abermals erhellen, dafs die stätige Durchfahrung der Erde durch eine auch calculatorisch stätige Formel, ohne Benutzung meines algebraisch-geometrischen Rich- tungs=F nicht erweisbar werden kann. Wenn übrigens der Hr. Verfasser, der ja als den- kender Mathematiker schon bekannt ist, auch nur den ersten Bogen in Carnot’s und meine Ansicht der Al- gebra durehlesen wollte, so dürfte es ihm einleuchtend werden, dafs es ein vergebenes Unternehmen seyn würde, _ Hrn. Klügel’s Theorie gegen die meinige fernerhin in Schutz nehmen zu wollen, auch es mir nicht zu verdenken seyn möchte, falls ich darüber die Geduld verlieren sollte. Berichtigungen. Im Aufsatz des Prof. Mitscherlich, ın Heft I. dies. Bandes: Seite 139. Zeile 9. statt 104° 18° lies 105° 42° a 2 = 512.7) 231.11342. 1950075112059 2 + a -. .13- - 125°193 - 115°194 - — 2.516. e:el lies ee“ SAD 9. und 13. statt s lies d In Bezug auf den Aufsatz des Hrn. v. Humboldt, im Heft II., ist zu bemerken, dals derselbe schon ım J. 1825, früher als der erste des Hrn. Prof. Hällström, erschienen ist. In dem Aufsatz: Beob. einer Störung der Magnetnadel u. s. w:; im Hefte II., ist S. 330. der Schluls der Note: denn er sagt u. s. w., bis zu Ende, auszustreichen. In dem Aufs. über den Zsopyr, felılen S. 333. nach Zeile 10. folgende Zeilen: Spröde. Schwache Wirkung auf die Magnetnadel. Härte =5,5 .... 6,0. Specif. Gewicht =2,912 S. 334. Zeile 17. mufs es heilsen: Wacke am Saesebühl statt Grauwacke zu Saesebühl. Gedruckt bei A. W,. Schade in Berlin. ANNALEN DER PHYSIK UND CHEMIE. JAHRGANG 1828, VIERTES STÜCK. 1. Ueber die bleichende Verbindung des Chlors mit den Basen; con I. I. Berzelius. (Uebersetzt aus dessen Jahresberichte für 1827 von G. Magnus.) D. bleichende und geruchzerstörende Flüssigkeit, wel- che Labarraque in Gebrauch gebracht hat, und welche man erhält, wenn 15 Th. krystallisirtes kohlensaures Na- tron in 40 Th. Wasser aufgelöst und mit so viel Chlor- gas gemischt werden, als man von 2 Th. Braunstein und 6 Th. Salzsäure bekommt, ist der Gegenstand mehrerer Untersuchungen gewesen, um zu erfahren, in welcher Form das Chlor darin enthalten sey, oder, woraus die bleichende Flüssigkeit bestehe. Bekanntlich nehmen die französischen Chemiker an, dafs dieselbe eine Verbin- dung von Chlor und Natron sey, wonach die bleichende Eigenschaft derselben auf der Reduction des Natrons zu Natrium beruhen mufs, eben so wie dieselbe, beim Blei- chen mit Chlorwasser, auf der Reduction des Wassers zu Wasserstoff beruht. Da indefs die einfachen Körper sich sehr selten mit den Oxyden verbinden, so haben viele Anstand genom- men, diels ohne alle weitere Untersuchung anzunehmen, wiewohl es scheint, als sey die Möglichkeit einer sol- chen Verbindung dadurch erwiesen, dafs das Jod sich mit der Kalk- und Talkerde zu braunen Verbindungen Annal.d. Physik. B.88. St.4. J.1828. St.4. Ll 530 vereinigt, wenn man Jodkalium mit jodsaurer Kalk- oder Talkerde mischt und .abdampft. Es ist indefs bis jetzt noch nicht untersucht, ob diefs wirklich Verbindungen von Jod mit den oxydirten Metallen sind; sie können eben so gut Gemenge seyn von basisch jodsauren Sal- zen (zu deren Bildung die Jodsäure grofse Neigung hat) mit Jodmetallen, welche doppelt so viel Jod enthalten, als die gewöhnlichen, zumal da ähnliche Verbindungen schon sonst beim Kalium und Natrium bekannt sind. So lange also dieser Umstand nicht ausgemacht ist,, kön- nen diese farbigen Verbindungen von Jod mit Kalkerde und Talkerde zu keinem Beweise dienen. Granville hat sich bemüht diese Frage durch Ver- suche zu beantworten *). Er übersättigte eine Natron- "auflösung mit Chlor, und fand, dafs dieselbe die von Labarraque angegebenen Figenschaften zeigte; als er sie aber abdunstete, fand er, dafs das Chlor fort ging, und dals das zurückbleibende Salz ein Gemenge von chlorsaurem Natron und Kochsalz war. Hieraus schlofs er, dafs in der bleichenden Flüssigkeit nur der Ueber- schufs von Chlor, welchen sie auch ohne alle Gegen- wart von Natron enthalten könne, das Bleichende sey. Faraday hat späterhin bemerkt, Granville habe seinen Entzweck dadurch verfehlt, dafs er die Basis mit Chlor übersättigte und folglich chlorsaures Natron bil- dete, da doch Labarraque vorschreibe, dafs. dieselbe nur mit dem aus einer gewissen Quantität Braunstein und Salzsäure entwickelten Chlor gemengt werden solle. Wenn man diels befolgt, wird, nach Faraday, kein chlorsau- res Natron gebildet, und die Flüssigkeit hat ganz die bleichende Eigenschaft des Chlors. Wenn dieselbe schnell eingekocht wird, geht kein Chlor fort, und man erhält ein Salz, welches noch den eigenthümlichen Geschmack und die bleichende Kraft der Flüssigkeit besitz. Wenn man aber die Lösung in einem offenen Gefäfse sich selbst *) The quarterly Journal of Science N. $S. Tom. I. p. 371. 531 überläfst, so entweicht allmälig Chlor, und es schiefst nur kohlensaures Natron an, was nur davon herzurühren scheint, dafs in dieser Flüssigkeit doppelt kohlensaures Alkali während der Operation entstanden ist, welches, wenn die Flüssigkeit durch freiwillige Verdunstung concentrirt wird, unter Entweichung von Chlor wieder in gewöhnli- ches kohlensaures Alkali zurückgeht; beim Kochen da- gegen wird das Bicarbonat zersetzt und das Chlor bleibt ' in der Verbindung. Durch diese und einige andere Ver- suche hat Faraday. zu zeigen gesucht, dafs diese Ver- bindung Aufmerksamkeit verdiene, ohne übrigens eine Vermuthung zu äufsern, wie man ihre Zusammensetzung anzusehen habe. _ Phillips *) hat hernach denselben Gegenstand un- tersucht, und dabei gefunden, dafs man diese neue Ver- bindung durch Abdunsten bis zur Salzhaut in feinen na- delförmigen Krystallen erhalten könne, welche, wenn sie an der Luft liegen, ihr Chlor verlieren. Er betrachtet diese Krystalle als aus Chlor und kohlensaurem Natron zusammengesetzt. Dingler, der Sohn, hat in einer sehr weitläuftigen Abhandlung, mit weniger Erfahrung als die vorhergehen den Chemiker, und deshalb mit gröfserer Neigung, sich an eine gewisse Meinung festzuhalten, gesucht, den Kno- ten zu zerhauen, statt ihn aufzulösen **). Er fängt nämlich an, die Sache damit abzumachen: „Unter den einfachen nicht metallischen Körpern haben das Jod und das Chlor die Eigenschaft sich mit den Metalloxy- den zu vereinigen und damit salzartige Verbindungen - darzustellen. Das Jod verbindet sich wie der Blaustoff geradezu mit den Metalloxyden; diese Verbindungen des- selben sind aber noch sehr wenig untersucht. Das Chlor hingegen vereinigt sich mit den Metalloxyden nur dann, wann diese selbst zuvor eine chemische Verbindung mit ®) Phil. Mag. and Ann. of Phil. I. p. 316. ®) Dingler’s Polytechn. Journ. XXVI. p. 223. L1* 532 Wasser eingegangen haben, oder also’ im Zustande von Hydraten sind; es behält in seiner Vereinigung mit die- sen Körpern seine chemischen Eigenschaften bei u. s. w.“ Was die Jodverbindungen betrifft, so habe ich in dem Vorhergehenden die Möglichkeit gezeigt, dafs sie” das, wofür man sie hält, nicht sind. Dafs sich Cyan mit den Metalloxyden verbinde, is: hingegen ein Irrthum, wenn damit nicht solche Verbindungen gemeint sind, in denen sich Cyan zersetzt, die hier indefs wohl nicht als Beweis angeführt werden können. Weiterhin äufsert Dingler folgendes: „Schwefel- säure, Salpetersäure, Salzsäure u. s. w. entbinden aus dem Chlorkalk reines Chlorgas, welches, wenn ihm keine atmosphärische Luft beigemengt ist, nicht nur vom Was- ser, sondern auch von Quecksilber und Kalilauge voll- kommen verschluckt wird, und daher weder salzsaures Gas noch Sauerstoff enthält. Das durch Säuren entbun- dene Gas. explodirt auch nicht, wenn man es auf —+150° R. erhitzt, und wird nach dem Erhitzen auch wie zuvor von Quecksilber und Kalilauge vollständig ab- sorbirt. Diefs beweist, dals die Meinung von Berze- lius, der das Kalkchlorür für chlorichtsauren Kalk hält, unrichtig- ist; denn wenn dem wirklich so wäre, mülste durch die Säuren aus dem Chlorkalk entweder Chlorgas und Sauerstoffgas entbunden werden, und dann könnte das Gas von Quecksilber und Kalilauge nur zum Theil absorbirt werden, oder es mülste sich chlorichtsaures Gas entwickeln, welches sich aber beim Erhitzen unter Explo- sion zersetzt. Auch müfste der Chlorkalk, wenn er ein chlorichtsaures Salz wäre, immer eine sehr beträchtliche Menge salzsauren Kalk enthalten, so dafs er wohl sehr bald an der Luft zerfliefsen würde; er kann aber, wie ich mich überzeugt habe, mehrere Wochen der Luft aus- gesetzt werden, ohne so viel Wasser anzuziehen, dafs er wirklich zerfliefst.“ Veranlafst durch die positive Widerlegung, die ich ” 533 hier von einem jungen Chemiker erhalten habe, der mit den Schwierigkeiten der Entscheidung dieser Sache nicht bekannt zu seyn scheint, will ich hier einige Worte über meine Ansichten und meine Gründe zu denselben sagen, obgleich sie schon in das Zärbok i Kemien, 1. Del. Andr. Upl. (Stockholm 1817) p. 489. 628. 631. einge- rückt sind, in Folge von Versuchen, die Behufs der Be- arbeitung dieses Buches angestellt wurden. Ich löste in reinem kohlensauren Kali so viel Chlor- kalium auf, als diefs aufnehmen wollte, und leitete durch eine am Ende trichterförmig erweiterte Röhre Chlor in die Flüssigkeit. Nach wenigen Augenblicken begann Chlorkalium niederzufallen, und als der Boden einen Zoll hoch damit bedeckt war, besafs die Fiüssigkeit noch die Eigenschaft, geröthetes Lackmuspapier erst blau zu färben und dann zu bleichen. Ich schied das Salz ab. Es war Chlorkalium, das nur eine Spur von chlor- saurem Kali enthielt. Diefs letztere Salz ist indefs be- kannilich so schwerlöslich, dafs es bei seiner Bildung gröfstentheils sich ausscheidet. Folglich hatte sich bei dieser Quantität Chlorkalium nicht mehr chlorsaures Kali gebildet, als in der Flüssigkeit aufgelöst bleiben konnte, was indels so wenig war, dafs es kaum in Betracht kom- men konnte. Es hatte sich also hier an dessen Stelle eine andere Verbindung gebildet, die den Sauerstoff ent- hielt, welchen das Kalium des niedergefallenen Chlorka- liums hatte fahren lassen; und sie mufste sich in der blei- chenden Flüssigkeit befinden, deren eigenthümlicher Ge- ruch, Geschmack und bleichende Eigenschaft an chlo- richte Säure erinnern, ganz so wie schweflichtsaure und phosphorichtsaure Salze nach der in ihnen enthaltenen Säure schmecken. Ich nahm nun die bleichende Flüssigkeit, welche vom Chlorkalium getrennt war, und sättigte sie vollstän- dig mit Chlor; jetzt wurde chlorsaures Kalı gefällt, das ganz wenig Chlorkalium enthielt. BR. Hieraus zog ich den Schlufs: dafs wenn man Chlor in eine Auflösung von Kali leite, anfänglich chlorichtsaures Kali gebildet werde, das aufgelöst bleibe, und Chlorkalium, das, sobald die Flüssigkeit mit demselben gesättigt sey, sich ausscheide; dafs die Bildung der chlorichten Säure fort fahre, bis das Alkali zu einem gewissen Grade gesättigt sey, dafs aber, wenn man mehr Chlor hineinleite, um die Basis vollkommen zu sätligen, sich die in dem aufgelös- ten Salze enthaltene chlorichte Säure, mittelst des durch das Chlor von der Basis abgeschiedenen Sauerstoffs, zu Chlorsäure oxydire, und dafs deshalb in dem Salze, wel- ches sich ausscheide, weit mehr chlorsaures Kali als Chlorkalium enthalten sey. Da die bleichenden Flüssigkeiten, welche man durch unvollkommne Sättigung von Natron oder Kalk mit Chlor erhält, im Geruch, Geschmack und an bleichender Kraft sich ganz wie das Kalisalz verhalten, dessen Natur ich als unzweideutig ansehe, so schlofs ich der Analogie nach, dafs diese Verbindungen gleichfalls chlorichtsaure seyen, die durch vollständige Sättigung der Basis in chlorsaure verwandelt würden. Ich komme nun zu Dingler’s Widerlegung Wir wollen voraussetzen, dals meine Ansicht auch für den Chlorkalk richtig sey, und dafs das Chlor, welches von Kalkhydrat absorbirt wird, wirklich in Chlorcaleium und chlorichtsauren Kalk verwandelt werde; dann müfsen die Theilchen beider Salze gleichmäfsig vertheilt liegen, und, wenn man eine Säure hinzuseizt, muls das Calcium in dem Chlorcalcium sich auf Kosten der chlorichten Säure oxydiren, um sich mit der Säure vereinigen zu können, und es mufs folglich Chlor frei werden, gerade so, wie wenn man Schwefelarsenik in kaustischem Kali auflöst und eine Säure hinzufügt, dasselbe sich wiederum nie- derschlägt, gleich als wenn es bei seiner Auflösung nicht theilweise zersetzt worden wäre. Was ferner den Um- 539 "stand betrifft, dafs der Chlorkalk nicht an der Luft zer- flielst, was derselbe nach Dingler’s Meinung thun mülste, wenn er Chlorcalcium enthielte, so ist diefs ganz unrich- tig; denn es ist ein basisches Salz, da bekanntlich Chlor- caleium sich mit Kalkhydrat zu einem festen Salze ver- einigt, welches schwerlöslich ist und erst zerflielst, wenn es durch die Kohlensäure der Luft neutralisirt worden ist. Man braucht sich nur an das Verhalten der Masse zu erinnern, welche bei der Destillation des Ammoniaks aus Salmiak und kaustischem Kalk zurückbleibt, wenn, wie es gewöhnlich geschieht, der letztere in Ueberschufs zugesetzt worden ist. Dingler hat gefunden, dals der Chlorkalk immer Chlorcalecium und dennoch keinen chlorsauren Kalk ent- halte; aber er hat nicht angegeben, wohin seiner Mei- “nung nach der Sauerstoff gegangen sey, der doch noth- wendig bei der Bildung des Chlorcaleiums abgeschieden worden seyn mufs. Er hat ferner gefunden, dals der Chlorkalk, wenn er destillirt wird, erst Chlor und dann Sauerstoff, nebst ein wenig Chloroxyd iiefere, und er schliefst daraus, dafs der Chlorkalk zuerst Chlor verliere und dann in Chlorcalecium und chlorsaurem Kalk ver- wandelt werde. Aber in diesem Falle läfst sich nicht einsehen, warum Chlor entweicht, da, wenn die Verbin- dung Chlorkalk gewesen wäre, kein Grund vorhanden ist, weshalb ein Theil Chlor entweichen und nicht Alles in Chlorcaleium und chlorsauren Kalk verwandelt wer- den sollte. Ist dagegen die Verbindung ein Gemenge aus basischem Chlorcalcium und chlorichtsauum Kalk, so ist klar, dafs das letztgenannte Salz sich in ein chlor- _ saures verwandelt, und zwar dadurch, dafs ein Theil Chlor entweicht. Die Entscheidung dieser Frage ist an sich leicht, so- bald sie nicht in einen Meimungsstreit übergeht. Ich habe gezeigt, dals wenn man Chlor mit einer Lösung von Kali verbindet,- worin zuvor Chlorkalium bis zur Sätligung t ab) S 536 aufgelöst ist, die Flüssigkeit wenige Augenblicke hernach durch Absetzung von Chlorkalium trübe wird, und die- ses eine ganze Zeit lang fortfährt, ohne dafs chlorsaures Kali gebildet wird. Die bleichende Flüssigkeit, die man bekommt, enthält also aufser Kali und Chlor auch Sauer- stoff. Aber wie der Sauerstoff darin enthalten sey, läfst sich unmöglich auf eine solche Weise ausmachen, dafs darüber kein Streit entstehen könne. Sicher ist, dafs derselbe entweder ‚mit dem Chlor, oder mit dem Kali, oder mit dem Wasser verbunden ist. Wäre in der Flüs- sigkeit Wassersuperoxyd mit Chlorkalium gemengt oder verbunden, so müfste diefs Superoxyd durch hineinge- brachtes Silber oder Platin leicht zersetzt werden, beson- ders so lange ein Ueberschufs von Alkali in der Flüs- sigkeit befindlich ist; aber diefs geschieht nicht. Kalium- superoxyd geht, wenigstens so weit wir wissen, unzer- setzt keine Verbindungen mit andern Körpern ein. Da- gegen hat das Chlor einen Oxydationsgrad, welcher ana- log der salpetrichten Säure, aus 2 Atomen Chlor und 3 Atomen Sauerstoff besteht, und eine eigene Säure aus- macht; denn diese Verbindung röthet erst Lackmuspapier und bleicht es dann, und aus ihrer analogen Zusammen- setzung mit der salpetrichten, phosphorichten und arse- nichten Säure läfst sich schliefsen, dafs sie auch Verbin- dungen mit Basen eingehen könne, wenn auch nicht direct, doch indirect, wie es auch der Fall mit der salpetrichten Säure ist. Man hat also zwischen den drei Verbindun- gen zu wählen: Chlorkalium mit Wasserstoffsuperoxyd, Chlor mit Kaliumsuperoxyd, und chlorichte Säure mit Kali, wovon die letzte offenbar die wahrscheinlichste ist. Damit stimmt auch die Thatsache überein, dafs diese Verbindung, wenn man sie bei Ausschlufs der Luft vor- sichtig abdampft, ein eignes krystallisirtes Salz bildet, des- sen Auflösung bleichend wirkt. Wird die Lösung ge- kocht, so erhält man Sauerstoff, der entweicht, und Chlor- kalium mit chlorsaurem Kali, welches niederfällt. 537 Diese Erscheinungen zeigen, dafs die chlorichtsauren Salze unter gewissen Umständen auf zweierlei Art zer- setzt werden können, nämlich: @) dadurch, dafs sie ihren Sauerstoff abgeben, wie beim Bleichen, oder beim Ko- chen, wobei dann das Salz in Chlormetall verwandelt wird, und 5) dadurch, dafs sich von 1 Atom des Sal- zes der Sauerstoff trennt und 2 Atome desselben in chlor- saures Salz verwandelt. Diese Sauerstoffentwicklung, wel- che schon Berthollet beobachtet hat, beweist deutlich, dafs bei der Bildung der bleichenden Flüssigkeit der Sauerstoff darin eine sehr lockere Verbindung eingeht, und dafs dieselbe ‚also etwas anderes als eine blolse Verbindung von Chlor und Alkali ist. Bei der Vereinigung von Chlor mit Kalkhydrat kann man nicht mit gleicher Bestimmtheit, wie im vorigen Falle, zeigen, dafs Chlorcalcium gebildet werde, da die Masse in fester Form bleibt. Löst man dieselbe in Wasser, so erhält man, wie bekannt, eine alkalische bleichende Flüs- sigkeit, Gay-Lussac zeigte, dafs diese Flüssigkeit die Sil- berlösung fällt; da er aber annahm, dafs diese Verbin- dung nichts anderes als Chlorkalk sey, so glaubte er auch, diese Fällung entstehe dadurch, dafs in dem Au- genblick der Zersetzung, indem das Chlor den Kalk fah- ren lasse, Chlorsilber und chlorsaures Silberoxyd, wel- ches aufgelöst bleibt, gebildet werden. Die Gegenwart des letzteren zeigte er dadurch, dafs er die Flüssigkeit ab- dunstete und den Rückstand erhitzte, wobei Sauerstoff entwickelt wurde und Chlorsilber zurückblieb *). Diese Versuche, welche im J. 1819 bekannt gemacht wurden, sind nebst denen, welche ich vorhin anführte, die einzi- gen, welche, so viel ich weifs, angestellt worden sind, um die Frage zu entscheiden. Ich will nun einige Ver- suche anführen, die ich gelegentlich angestellt habe, *) Annales de chimie et de phys. XI. p. 109. 538 Aus dem, was Gay-Lussac angenommen hat, scheint zu folgen, dafs, wenn die Auflösung des Chlor- kalks mit salpetersaurem Silber in Ueberschufs versetzt worden ist, alles Chlor in Chlorsilber und chlorsaures Silberoxyd verwandelt seyn, und die Flüssigkeit ihr Bleichvermögen verloren haben müsse. Diefs zu unter- suchen, schien mir leicht zu seyn. Ich löste also Chlor- kalk in Wasser und fällte die Lösung mit neutralem sal- petersauren Silberoxyd. Der Niederschlag war schwarz, in dem die überschüssige Basis Silberoxyd gefällt hatte. In dem Maafse, als der Ueberschuis an Basis auf diese "Weise abnahm, wurde die Flüssigkeit immer mehr und ınehr bleichend, und zuletzt entstand in einem Augen- blick ein heftiges Aufbrausen, es entwickelte sich Sauer- stoffgas, und die bleichende Kraft war verschwunden. Es war also klar, dafs der erste Niederschlag Chlor- silber enthielt, das von dem Sauerstoff, welcher sich nun entwickelte, ausgeschieden war. Wiewohl diese Erschei- nung zu beweisen schien, dafs die Lösung etwas anderes als Chlorsilberoxyd enthielt, so liefs sich doch nicht leicht entscheiden, ob diefs ein Oxydationsgrad des Chlors oder Wasserstoffsuperoxyds war, auf welche beide das Silber- oxyd zersetzend wirken könnte. Wasserstoffsuperoxyd redueirt bei seiner Zersetzung das Silberoxyd; ich wusch daher den schwarzen Niederschlag gut aus und übergofs ihn dann wit Salzsäure, um hernach mit Ammoniak das Chlorsilber von dem reducirten Silber zu trennen; aber die Salzsäure verwandelte die schwarze Masse augenblick- lich in Chlorsilber, unter Entwicklung von ein wenig Chlor. Es war diefs alse nicht reducirtes Silber, son- dern gerade im Gegentheil Silbersuperoxyd. Ich versuchte nun den Chlorkalk mit einer Auflö- sung von neutralem salpetersauren Bleioxyd zu fällen. Diels fällte im Augenblick eine weilse Masse, die bald ‚antıng gelb zu werden. Ich setzte sogleich das Bleisalz in UVeberschufs hinzu; die Masse wurde dick wie ein Brei 539 gefällt; sie war im ersten Augenblick weils, fing aber schnell an gelb zu werden. Dieselbe wurde auf ein Fil- trum gebracht, und das Durchgegangene, das nun Blei- salz in Ueberschufs enthielt, bleichte eben so wie zuvor, nur schneller. Die Masse auf dem Filtrum wurde fort- während dunkler und zuletzt braun. Diese allmälige Oxy- dation des ausgefällten basischen Bleisalzes bliebe uner- klärlich, wenn die Fällung von Chlorblei, die sogleich und in so grofser Menge geschieht, dadurch entstände, dafs das Chlor bei seiner Verbindung mit Bleioxyd so- gleich in Chlorblei und chlorsaures Bleioxyd verwandelt würde. Es ist klar, dafs, nachdem die Fällung von Chlorblei geschehen ist, die Lösung noch eine oxydirende Substanz enthält, welche ihre oxydirende Wirkung auf das Blei- oxyd fortwährend ausübt. Bei diesem Versuche entstand keine Entwicklung von Sauerstoffgas, aber die filtrirte, bleichende Flüssigkeit trübte sich allmälig, wurde sauer und setzte einen braunen Niederschlag ab, während Chlor in derselben frei wurde. Diese Entbindung von Chlor in der Flüssigkeit, während Bleisuperoxyd ausgefällt wird, kann wohl schwerlich als eine Folge der anwesenden Salpetersäure erklärt werden, dafs nämlich das Bleioxyd (wenn man dasselbe als mit Chlor verbunden in der Flüssigkeit annimmt) etwa auf Kosten der Salpetersäure des überschüssig zugeseizten neutralen Bleisalzes sich zu Superoxyd oxydirt und das Chlor habe fahren lassen; auch kann man wohl nicht annehmen, dafs diefs auf Kosten des Wassers oder eines "Üheils des im salpeter- sauren Bleioxyd enthaltenen Bleioxyds geschehen sey; denn alsdann hätten Salzsäure und Chlorblei entstehen müssen. Dagegen kann diefs nur dadurch geschehen seyn, dafs das Bleioxyd, sowohl das des salpeiersauren als des ehloriehtsauren Salzes, die chlorichte Säure zu Chlor re- - dueirte, während es sich selbst überoxydirte. So weit ich gegenwärtig sehe, ist diese T'hatsach® 540 ° entscheidend. Da das Bleisuperoxyd kein Sauerstoffgas, sondern Chlor aus der Flüssigkeit enwickelte, so ist klar, dafs das, wodurch bei dem früheren Versuche das Sil- beroxyd in Superoxyd verwandelt wurde, kein Wasser- stoffsuperoxyd war. Ich mischte nun Chlorkalk mit Wasser und setzte darauf Salpetersäure zu, bis die Masse sich ganz aufgelöst hatte. Sie roch durchaus nicht nach Chlor, bleichte ein- gelauchtes Lackmuspapier augenblicklich, und schmeckte vollkommen wie chlorichtsaures Kali. Auf die Haut ge- bracht, gab diese Flüssigkeit einen eigenen Geruch, ‚ganz gleich mit dem, welchen Wasserstoffsuperoxyd entwickelt. Ich liefs deshalb einen Tropfen von derselben auf der Hand eintrocknen, aber derselbe erzeugte nicht den milch- weilsen Fleck, den Wasserstoffsuperoxyd hervorbringt. Es ist also ziemlich sicher, dafs die bleichende Substanz darin nicht Wasserstoffsuperoxyd ist, wiewohl diefs auf dieselbe Weise bleicht, nämlich vermöge einer Oxydation. Diese völlig neutrale Auflösung roch nicht im ge- ringsten nach Chlor. Ein Tropfen neutrales, salpeter- satıres Silberoxyd fiel darin als ein weilser Klumpen nie- der. Ich mischte sie darauf auf einmal mit einem Ueber- schufs des Silbersalzes (das Salz war eingetrocknet und wieder aufgelöst worden); es entstand ein farbloser Nie- derschlag, und die Flüssigkeit roch nicht im geringsten nach Chlor. Sie wurde schnell filtrirt; sie ging schnell durch’s Filtrum, schmeckte zugleich nach Silber und chlo- richter Säure, und bleichte eben so schnell und vollkom- men, wie vor der Xällung *). Sie begann aber bald trübe zu werden, es fällte sich Chlorsilber, und es bil- dete sich chlorsaures Silberoxyd, in demselben Verhält- nisse-als die bleichende Kraft abnahm; zuletzt wurde sie *) Bei der Anstellung dieses Versuches kann man sich am besten der Silberlösung bedienen, um zu bestimmen, wann die Auflö- sung neutral sey; denn so lange der Silberniederschlag gefärbt ist, enthält die Flüssigkeit einen Ueberschuls von Kalk, und wenn dieselbe nach geschehener Fällung nach Chlor riecht, ent- hält sie Säure in Ueberschuls. 541 wieder klar, reagirte sauer auf Lackmus, ohne zu blei- chen und ohne nach Chlor zu riechen. Als die Flüssigkeit mit Silberoxyd gemischt war, zer- setzte sich also das chlorichtsaure Salz unter Entwicklung vom Sauerstoffgas; als dieselbe aber keinen Bestandtheil enthielt, der desoxydirend wirken konnte, zerfiel dieses Salz in ein Atom Chlorsilber, welches sich niederschlug, und in zwei Atome chlorsaures Silberoxyd, welche auf- ‘gelöst blieben. Aus dem Angeführten ist folglich klar, dafs Gay- Lussac’s Versuch in seinem Endresultat richtig ist, dals aber derselbe keinesweges beweist, dafs das Chlorsilber, welches beim ersten Vermischen von Chlorkalk mit sal- petersaurem Silberoxyd niederfällt, nur von dem in der Flüssigkeit aufgelösten Chlorkalk und nicht von dem in ihr enthaltenen Chlorcalcium 'herrühre. ‘Wenn vorsichtig mit Salpetersäure neutralisirte chlo- richtsaure Kalkerde mit salpetersaurem Bleioxyd in Ueber- schufs gefällt wird, so entsteht augenblicklich ein Magma von weifsem Chlorblei, das schnell sich überoxydirt, und die farblos durchgegangene bleichende Flüssigkeit wird schnell gelb, und fängt an nach Chlor zu riechen, sobald sie sich durch braunes Bleioxyd trübt. Ich glaube durch diese Versuche, so weit es für jetzt möglich ist, bewiesen zu haben, dafs, wenn Chlor auf nassem Wege mit einer oxydirten Basis vereinigt wird, dieselbe Zersetzung wie bei Verbindung des Schwe- fels mit einer Salzbasis entsteht, nur dafs, statt der Schwe- fel unterschweflichte Säure und Schwefelmetalle bildet, das Chlor ein Chlormetall nud einen niederen Oxydations- grad als die Chlorsäure bildet, welcher sich mit dem Oxyde zu einem Salz verbindet. Diefls Salz besitzt eine grofse . Neigung, Sauerstoff abzugeben, und dadurch hat es die ausgezeichnete Bleichkraft. Wenn dasselbe mit gewissen organischen Körpern zusammenkommt, so oxydirt und zerstört es dieselben, wodurch es selbst in Chlormetall verwandelt wird. Von einigen elektronegativen Metall- 342 oxyden, welche das Wasserstoffsuperoxyd unter Entwick- lung von Sauerstoff zersetzen, wird auch diefs Salz un- ter "Sauerstoffentwicklung in Chlomnetall verwandelt, und da die Cohäsion der Verbindungen zu Hülfe Ras d.h. da der Unterschied in der Lochehkei des Chlormetalls und des chlorsauren Salzes sehr grols ist; so wird das- selbe allmälig von selbst in chlorsaures Salz und Chlor- metall as | Welcher Oxydationsgrad diels sey, entscheiden die Versuche nicht; da aber das Chloroxyd nicht bleicht, Ver- bindungen von einem Atome Chlor sowohl mit einem Atome als mit zwei Atomen Sauerstoff bis jetzt nicht be- kannt sind, so bleibt, wiewohl ich die Möglichkeit nicht läusnen will, dafs die bleichenden Verbindungen ein solches Oxyd enthalten können, nur die Annahme übrig, dafs es die Verbindung von 2 Atomen Chlor mit 3 Ato- men Sauerstoff sey, welche, wegen ihrer analogen Zu- sammenseizung mit der salpetrichten und phosphorichten Säure, chlorichte Säure genannt werden kann, und von welcher man annehmen darf, dafs sie Verbindungen mit Basen einzugehen vermag. Eine Thatsache, die gegen diese Ansicht zu sprechen scheint, ist gewils die, dafs die bleichenden Verbindun- gen, wie man weils, sowohl durch die Kohlensäure der Luft, als auch durch einen Strom von kohlensaurem Gas sich vollständig zersetzen lassen, unter Entwicklung von Chlor, das langsam, aber vollständig entweicht. Man könnte glauben, dafs, wenn man auch die leichte Zer- setzbarkeit des chlorichtsauren Salzes zugäbe, doch das Chlormetall nicht zersetzt werden rd Aber jedes frei werdende Atom der chlorichten Säure oxydirt einen Theil des Metalls im Chlormetall, und die Kohlensäure bildet so ein Bicarbonat, das .vom Chlor nicht zersetzt wird; sobald das auf diese Weise auszeschiedene Chlor entweichen kann, geht die Zersetzung ununterbrochen fort. Auf gleiche Weise kann man ein auf nassem Wege in kaustischem Kali aufgelöstes Schwefelarsenik oder Schwefelzinn durch kohlensaures Gas ausfällen, wenn man dasselbe lange in die Flüssigkeit leitet, ohne dafs man die geringste Spur von der arsenichten Säure oder dem Zinnoxyd wahrnimmt, womit das Kali verbunden gewesen ist, weil diese die Basis oxydiren, mit der sich die Kohlensäure verbinden soll. ER 543 I. Ueber das Verhalten des Phosphors zu den Alkalien und alkalischen Erden; von Heinrich Rose. Nachdem Berzelius die Resultate seiner Arbeiten über die Schwefelalkalien bekannt gemacht hatte, mufste na- türlich die Frage entstehen, ob der Phosphor gegen die - wasserfreien alkalischen Erden und Alkalien dieselbe Rolle spiele, wie der Schwefel. Aber aufser den Versuchen, die schon vor sehr langer Zeit Gay-Lussac darüber angestellt hat *), sind nur von Dumas vor Kurzem darüber Untersuchungen gemacht worden **), die in- dessen den Gegenstand noch nicht völlig aufklären. - Berzelius betrachtet die Verbindungen der trock- nen. Baryt- und Kalkerde mit Phosphor als Gemenge von phosphorsaurer Baryt- und Kalkerde mit Phosphorbaryum ‚ und Phosphorcaleium ***). Derselben Ansicht sind auch Thenard und Leopold Gmelin in ihren Lehrbüchern. So wahrscheinlich diese aus der Analogie des Phosphors mit dem Schwefel hergenommene Ansicht auch ist, so liefse sich dagegen einwenden, dafs der Phosphor- in wenigen Fällen dem Schwefel analoge Verbindungen bildet, und dafs, wenn man Verbindungen des Chlors mit Alkalien und alkalischen Erden annimmt, man auch ähnliche Verbindungen des Phosphors mit denselben an- . nehmen kann. Da die Verbindung des Phosphors mit der Kalkerde durch eine etwas starke Hitze gänzlich ihren Phosphorgehalt verliert und reine Kalkerde zurückläfst, so scheint dadurch die Ansicht, dafs diese Verbindung wirklich aus Kalkerde und Phosphor bestehe, an Wahr- °) Annales de chimie et de physique, T. FI. p. 328. **) Annales de chimie et de physique, T. XXXIII. p. 362. *®) Berzelius Lehrbuch der Chemie, Uebersetzung von WVöh- ler, Bd. I. p. 810. u. 819. 544 scheinlichkeit zu gewinnen, denn sie ist in der That ein- facher, als die Annahme, dafs durch Frhitzung der Ver- bindung Phosphor nicht nur aus dem Phosphorcaleium ent- weiche, sondern auch aus der Phosphorsäure der phosphor- sauren Kalkerde, welche durch das Calcium reducirt werde. Ich habe mehrere Versuche angestellt, um zu ent- scheiden, welche von diesen beiden Ansichten die rich- tige sey. Die meisten derselben wurden mit dem Phos- _ phorkalke gemacht, nicht nur weil dieser in der gröfsten Menge am leichtesten zu bereiten ist, sondern auch, weil, wenn derselbe durch Wasser zersetzt wird, die phosphor- saure Kalkerde sehr leicht von der entstandenen unter- phosphorichten zu trennen ist. — Es ist indessen weit schwerer, durch Versuche hier entscheiden zu können, als bei den analogen Schwefelverbindungen. Die Schwe- felalkalien lösen sich ohne zersetzt zu werden in Was- ser auf; und da in dieser Auflösung die Schwefelsäure durch die gewöhnlichen Reagentien entdeckt werden kann, so wird man dadurch von der Gegenwart des schwefel- sauren Kalis in der gewöhnlichen Schwefelhepar über- zeugt. Die entsprechenden Phosphorverbindungen aber werden durch das Wasser zersetzt, und die Producte der Zersetzung des Phosphorkalks durch’s Wasser sind, wenn man die Einwirkung desselben durch Erhitzung unter- stützt hat, selbstentzündliches Phosphorwasserstoffgas, un- terphosphorichtsaure und phosphorsaure Kalkerde, wie das schon vor längerer Zeit Dulong gezeigt hat*). Die phosphorsaure Kalkerde ist von ganz weifser Farbe, wenn Kalkerde im Ueberschufs vorhanden gewesen ist. Nimmt man nun an, der Phosphorkalk bestehe aus Phosphor und Kalkerde, so mufs man annehmen, dafs der Phos- phor durch Gegenwart einer alkalischen Substanz das Wasser auf ähnliche Art zerlege, wie Zink oder Eisen durch Gegenwart einer Säure. — Nimmt man hingegen an, der Phosphorkalk bestehe aus Phosphorcalcium und phos- phor- °) Memoires d’Arcueil, T. III. p. 411. u. 412. 549 phorsaurer Kalkerde, so drängt sich die Frage auf, ob die ganze Menge der durch Zersetzung mit Wasser erhal- tenen phosphorsauren Kalkerde schon im Phosphorkalke enihalten war, oder ob durch Zersetzung des Phosphor- caleiums unterphosphorichtsaure und phosphorsaure Kalk- erde gebildet werde. Da kein unterphosphorichtsaures Salz ohne Wasser und in solcher Hitze bestehen kann, die zur Bereitung des Phosphorkalkes nöthig ist, so mufs die ganze Menge der unterphosphorichten Säure erst durch die Behandlung mit Wasser entstehn. Ich habe, um dieses zu entscheiden, mehrere Ver- suche angestellt, die mir indessen keine genügende Re- sultate gegeben haben. Ich behandelte Phosphorkalk mit Chlor, wie diefs auch Dumas gethan hat *), und habe dieselben Producte wie er erhalten. Es destillirte, wenn ein Ueberschufs von Chlor angewandt wurde, fester Chlor- phosphor über, und es blieb im Apparat ein Gemenge von Chlorcaleium und phosphorsaurer Kalkerde zurück, und auch noch freie Kalkerde, wenn der Phosphorkalk sie enthielt, diese nicht mit Chlor verbunden, da dasselbe auf wasserfreie Kalkerde nicht einwirkt. — Diese Er- scheinungen sprechen, obgleich sie durchaus nicht ent- scheidend sind, sehr für die Ansicht, dafs im Phosphor- kalke schon phosphorsaure Kalkerde enthalten sey, und dafs sich dabei Phosphorcaleium durch Chlor in Chlor- calcium verwandle. Denn, da Chlor auf trockne Kalk- erde nicht einwirkt, so ist es sehr wahrscheinlich, dafs, bestände der Phosphorkalk aus Kalkerde und Phosphor, durch Behandlung mit Chlor, nur Chlorphosphor und freie Kalkerde entstehen würde. Es wäre indessen auch möglich, dafs durch die Gegenwart des Phosphors die Kalkerde durch Chlor zum Theil desoxydirt würde, und so Chlorcalecium und phosphorsaure Kalkerde entstehen könnte. | Statt des Chlors behandelte ich darauf Phosphorkalk °) Annales de Chimie et de Physique, T. XXXILIT. p. 366. Annal. d. Physik.B.88. St.4. J. 1828. St. 4. Mm 546 mit einem Ueberschusse von Schwefel; das Ganze wurde in einem kleinen Kolben so lange erhitzt, bis der Ueber- schufs von Schwefel abdestillirt worden war. Die Er- scheinungen waren aber fast dieselben wie die, die bei der Behandlung des Phosphorkalks mit Chlor statt fanden, indessen enthielt der Rückstand aufser phosphorsaurer Kalkerde und Schwefelcaleium noch schwefelsaure Kalk- erde, die offenbar indessen nur durch Einwirkung des Schwefels auf die freie Kalkerde des Phosphorkalkes ent- ‚standen war. \ Denn es ist sehr schwer, den Phosphorkalk ganz frei von überschüssiger Kalkerde zu erhalten, da die Hitze, bei welcher er sich in Phosphor und Kalkerde zersetzt, nicht sehr stark zu seyn braucht. Ich habe da- her keine quantitative Analyse des Phosphorkalks ange- stellt, weil ich immer überzeugt war, dafs ich keine über- einstimmende Resultate erhalten würde, da der von mir bereitete Phosphorkalk selten ganz gleichförmig war. Ich bereitete ihn so, dafs ich sehr reinen gebrannten Marmor von Carrara in einer Porzellanröhre stark glühte, dar- über erst Wasserdämpfe streichen liefs, um gewils zu seyn, dafs er keine Kohlensäure nachher mehr enthielt, und dann bei einer schwächern Hitze Phosphordämpfe. War der Marmor zu stark erhitzt worden, während die Phosphordämpfe darüber strichen, so enthielt er nachher keinen Phosphor. Der phosphorreichste Phosphorkalk, den ich erhielt, sah schwarz aus; enthielt er weniger Phos- phor, so war er braun; in beiden Fällen immer ohne metallischen Glanz. Durch nicht zu starkes Erhitzen in einer Retorte wurde der schwarze Phosphorkalk in brau- nen verwandelt, während sich Phosphor entwickelte; diefs geschah bei einer noch geringeren Hitze, wenn Wasser- stoffgas über schwarzen Phosphorkalk geleitet wurde. ‘Wenn zur Bereitung des Phosphorkalks sehr grofse Stücke von gebranntem Marmor genommen wurden, fand ich 'sie fast immer so verwandelt, dafs sie eine weifse Rinde hat- 547 ten, die, wenn die atmosphärische Luft gut abgehalten _ worden war, aus reiner Kalkerde bestand, und keine phos- phorsaure Kalkerde enthielt; dann folgte eine Schicht von braunem Phosphorkalk, und der Kern enthielt schwar- zen Phosphorkalk. Manchmal war aber auch der Kern weifs, und das Aeufsere braun, aber nur in den Fällen, wenn während des Erkaltens Phosphordämpfe über Kalk- erde geleitet wurden. Da ich einsah, dafs keine Versuche mit dem Phos- phorkalke über die Art seiner Zusammensetzung entschei- den konnten, so untersuchte ich die Erscheinungen, wel- che statt finden, wenn eine Verbindung von Phosphor mit einem alkalischen Metalle durch Wasser zersetzt wird. Ich wählte dazu Kalium. Schmolz ich Kalium mit Phos- phor zusammen, und zersetzte die Verbindung, nachdem der überschüssige Phosphor davon abdestillirt worden war, mit Wasser, so entwickelte sich selbstentzündliches Phosphorwasserstoffgas, dem eine kleinere Menge eines nicht von selbst entzündlichen Gases beigemengt war; es setzte sich ein gelbes Pulver ab, das Phosphor war, und die Flüssigkeit enthielt unterphosphorichtsaures Kali, dem aber immer gröfsere oder geringere Spuren von phos- phorsaurem Kali beigemischt waren. Da aber bei diesen Versuchen der Zutritt der atmosphärischen Luft nicht sorgfältig abgehalten worden und das angewandte Ka- lium auch mit dünnen Rinden von Kali umgeben war, da ferner nur sehr geringe Mengen von Kalium genom- men wurden, weil es gefährlich war, gröfsere Mengen von Phosphorkalium mit Wasser in einem Gefälse zu zersetzen, das mit einer Gasableitungsröhre versehen war, so stellte ich genauere Versuche auf folgende Art an: Es wurde ein ziemlich geräumiger Kolben mit langem Halse von dünnem Glase mit wasserfreiem Wasserstoff- gase angefüll. Der Kolben war mit einem Korke luft- dicht versehen, durch den zwei Löcher gebohrt worden waren. Durch das eine Loch ging eine dünne Glasröhre, Mm 2 548 die fortwährend Wasserstoffgas zuführte, das vorher erst durch eine Röhre mit Chlorcalcium getrocknet wurde. Durch das andere Loch des Kolbens ging zur Ableitung des Gases ebenfalls eine dünne Glasröhre, die an allen Stellen leicht zugeschmolzen werden konnte. Es wurde dann schnell in den Kolben ein Stück Kalium, von der Gröfse einer grofsen Haselnufs, und ein entsprechendes Stück ganz trocknen Phosphors gebracht Das Kalium war aus der innern Masse einer gröfseren Menge heraus- geschnitten und mit dem benetzenden Steinöl in den Kol- ben gebracht worden. Auf diese Weise konnte sich durch- aus keine Spur einer Kruste von Kali bilden. Es wurde darauf der Kolben nach und nach erhitzt, während das Wasserstoffgas langsam darüber geleitet wurde. Das Ka- lium schwoll zuerst an, und vermehrte sich bedeutend an Volumen, während es Dämpfe von Phosphor abserbirte. Dann erfolgte eine Feuererscheinung, wodurch die Masse schmolz und der überflüssige Phosphor abdestillirte. Die Hitze wurde so lange verstärkt, bis aller überflüssige Phosphor sich aus dem Kolben durch die Gasableitungs- röhre verflüchtigt hatte, was durch den Strom des Was- serstoffgases sehr befördert wurde. Beim Erkalten er- starrte die Masse und wurde krystallinisch, aber bei dem Krystallisiren warf sie Blasen, oder kochte doch wenig- stens auf. Diese Erscheinung konnte man so oft wie man wollte durch neues Erhitzen und Erkalten wiederholen. Nach dem völligen Erkalten war die Masse metallisch glänzend und hatte die Farbe des japanesischen Kupfers. Fs wurden während neuer Erhitzung beide Röhren, die durch das Loch des Korkes gingen, zugeschmolzen, und der Kolben wurde vollständig erkaltet. — Da, wenn man die Masse des Phosphorkaliums mit einem Male mit Was- ser zersetzt hätte, eine Explosion entstanden wäre, so wurde der Kolben umgewandt, und die Spitze einer Glas- röhre unter Wasser abgebrochen. Das Wasser stieg nun in den Kolben, aber lange nicht so weit, dafs es die Masse 549 des Phosphorkaliums berührte. Durch die feuchte Atmo- sphäre wurde nach und nach nicht von selbst entzündliches Gas entwickelt, welches aber das Wasser aus dem Kolben nicht herausdrängen konnte, da die Glasröhre mit der abgebrochenen Spitze bis in die Mitte des Kolbens reichte. Nach längerer Zeit wurde dieser endlich umgekehrt, da- mit das Wasser das zerflossene und fast schon gänzlich zerseizie Phosphorkalium auflösen konnte. Es blieb ein gelbes Pulver ungelöst zurück, das durch Kochen der Flüssigkeit nach und nach gröfstentheils. zu Phosphor- kügelchen sich vereinigte. Die Flüssigkeit enthielt eine grofse Menge von unterphosphorichtsaurem, aber keine Spur von phosphorsaurem Kali. Das Phosphorkalium war also durch das Wasser in Phosphorwasserstoffgas, das sich entwickelt, in unterphosphorichtsaures Kali, das sich auf- gelöst, und in Phosphor, der sich ungelöst abgeschieden hatte, verwandelt worden. — Dieser Versuch, mit den- selben Vorsichtsmafsregeln und denselben Quantitäten von Kalium drei Mal wiederholt, gab immer dasselbe Resultat. Da sich nun bei der Zersetzung des Phosphorkaliums durch Wasser kein phosphorsaures -Salz bildet, so kann dasselbe eben so wenig bei der Zerseizung des Phos- phorcaleiums entstehen. Da nun der Phosphorkalk bei der Zersetzung durch Wasser phosphorsaure Kalkerde liefert, so mufs diese in ihm schon vor der Zersetzung mit Wasser enthalten seyn. Der Phosphor zeigt - daher gegen trockne alkalische Erden ein dem Schwefel analo- ges Verhalten. Wenn man eine Auflösung eines fixen Alkali’s oder einer alkalischen Erde oder eine Mengung letzterer mit Wasser mit Phosphor kocht, so zeigen sich ganz die- selben Erscheinungen, als wenn Phosphorkalk oder ihm analoge Verbindungen mit Wasser behandelt wer- den. Es bilden sich hiebei keine phosphorichtsaure, son- dern nur unterphosphorichtsaure und phosphorsaure Basen denn hat man Phosphor mit Kalkmilch gekocht, und | den Zutritt der atmosphärischen Luft während des Ko-. chens sorgfältig abgehalten, so bringt die Auflösung der ausgewaschenen phosphorsauren Kalkerde in Chlorwas- serstoffsäure keinen Niederschlag von Quecksilberchlo- rür in Quecksilberchloridauflösung hervor. — Es ist in diesen Fällen daher wahrscheinlich, dafs hierbei immer im ersten Momente der Einwirkung des Phosphors Phosphor- metall und phosphorsaures Oxyd entstehe, wovon aber ersteres im Augenblicke der Entstehung wieder durch Wasser zersetzt wird, und Phosphorwasserstoffgas und unterphosphorichtsaures Oxyd erzeugt. Wird dabei Phos- phor ausgeschieden, so erfolgt wiederum durch neues Al- kali eine ähnliche Zersetzung, so dals zuletzt aller Phos- phor verschwindet, wenn genug Alkali vorhanden ist, und das Ganze immer in der Kochhitze erhalten wird. — Es scheint mir, dafs diese Erklärung der gewöhnlichen, die man in den chemischen Lehrbüchern angiebt, vorgezogen zu werden verdient. Nach dieser nimmt man an, dafs wenn Phosphor, Wasser und eine alkalische Substanz ıit einander geköcht werden, durch Hülfe der letztern das Wasser durch den Phosphor zersetzt werde, und dafs sich ein Theil desselben oxydire, ein anderer Theil mit Wasserstoff verbände Die Ansicht, die ich aufgestellt habe, ist vielleicht aus folgenden Gründen wahrscheinlicher: Aus den Versuchen, die ich so eben angeführt habe, geht hervor, dafs wenn Phosphor mit einer trocknen alkalischen Basis behandelt wird, er ein ähnliches Ver- halten wie der Schwefel gegen dasselbe zeigt; diese Ana- logie zwischen Schwefel und Phosphor würde auch, wenn noch Wasser hinzukäme, statt finden, wenn man annähme, dafs Phosphormetall dadurch entstände. — Nach der ge- wöhnlichen Erklärungsart ist es ferner schwer zu erklä- ren, warum hierbei durch die Oxydation des Phosphors zwei Säuren entständen, während nach der andern Er- klärungsart die Phosphorsäure bei der Behandlung des Phosphors mit Kalkmilch durch Bildung des Phosphor- 551 kalks, die unterphosphorichte Säure hingegen durch Zer- setzung des Phosphorcalciums durch Wasser entsteht. Es kann aber gegen die Ansicht noch eine wichtige Einwendung gemacht werden. Da bei Gegenwart von kaustischen Basen unterphosphorichtsaure Salze, durch Zersetzung des Wassers, in phosphorsaure verwandelt wer- den *), so könnte man annehmen, dafs beim Kochen von ° Wasser mit Phosphor und starken Basen nur unterphos- phorichte Säure entstände, und nur durch Oxydation der- selben durch Gegenwart der Base die ganze Menge der Phosphorsäure erzeugt würde. Es ist indessen dazu noth- wendig, dals die Auflösung der Base sehr concentrirt sey. Es entwickelt sich z. B. durch unterphosphorichtsaure Kalkerde nur dann erst Wasserstoffgas, wenn dieselde mit Kalkmilch, die sehr viel Kalkerde gemengt enthält, gekocht wird; ist die Kalkmilch sehr verdünnt, so ist die Gasentwicklung nur sehr unbedeutend. Nun aber erzeugt sich schon Phosphorsäure wenn man Phosphor mit Kalkwasser kocht, denn so wie dasselbe in’s Kochen kommt, so sind die aufsteigenden Blasen mit einer unlös- lichen Haut von phosphorsaurer Kalkerde umgeben. .Das- selbe findet statt wenn Phosphor mit verdünntem Baryt- wasser gekocht wird. Man mufs daher annehmen, dafs in diesen Fällen Phosphorsäure und unterphosphorichte Säure zugleich entstehen. Beim ferneren Kochen, vorzüglich wenn ein groises Uebermaafs von freier Base vorhanden ist, vermindert sich indessen die Menge der unterphosphorichten Säure in dem- selben Verhältnisse, wie sich die der Phosphorsäure ver- mehrt. Es ist daher unmöglich, aus den Mengen der bei- den Säuren einen Schlufs auf die Zusammensetzung des Phosphorkalks machen zu können, der sich wahrschein- lich im ersten Augenblicke der Einwirkung des Phosphors auf eine Auflösung einer starken Base bildet. Ich hatte in frühern Zeiten, ehe es mir bekannt war, dafs die unter- *) Poggendorff’s Aunalen, Bd. XII. p. 297. 552 phosphorichte Säure durch Basen oxydirt werden kann, einige Versuche darüber angestellt, die natürlich verschie- dene Resultate geben mufsten; ich werde indessen das Resultat derselben hier kürzlich angeben, weil daraus wenigstens hervorgeht, dafs die Menge des Phosphors in der gebildeten unterphosphorichten Säure weit bedeuten- der ist, als die in der entstandenen Phosphorsäure. Eine kleine Menge Phosphor wurde mit einer gro- {sen Menge reiner Kalkerde und Wasser in einem ge- räumigen Kolben gekocht, der mit einem Korke verse- hen war, durch den eine zwei Mal rechtwinklich gebo- gene Röhre ging, die sechs Fufls lang war. Das gebil- dete Phosphorwasserstoffgas ging mit Wasserdämpien fort. Ich, sah sehr darauf, dafs das condensirte Wasser, das an der Mündung der Röhre Phosphorsäure, durch Ver- brennung des Phosphorwasserstoffgases erzeugt, enthal- ten konnte, nicht in den Kolben zurückflofs. Hatte sich die Wassermenge im Kolben sehr verringert, so wurde ein ziemlich langes Stück der Röhre, die Phosphorsäure enthalten konnte, abgeschnitten, die Mündung unter Was- ser gehalten, worauf der Kolben erkalten’mufste und sich mit Wasser wieder anfüllen konnte. Dann wurde von Neuem gekocht, und diese Operation so lange wieder- holt, bis nur Wasserdämpfe, die gar nicht mehr nach Phosphorwasserstoffgas rochen, entwichen, und aller Phos- phor vollständig verschwunden war. Hiezu war nöthig, dals das Ganze 30 bis 40 Stunden kochte. Das Aufge- löste wurde abfiltrirt, und der Rückstand, der aus phos- phorsaurer Kalkerde und vieler freier Kalkerde bestand, so lange ausgesüfst, bis er keine unterphosphorichtsaure Kalkerde mehr enthielt. Er wurde darauf in Chlorwas- serstoflsäure gelöst, abgedampft und in einer Platinschale mälsig geglüht. Die trockne Masse wurde mit Wasser hehandelt, das gelöste Chlorcalecium abfiltrirt, und die phosphorsaure Kalkerde geglüht. Sie wog 2,247 Grm. Sie wurde mit Schwefelsäure zersetzt; die erhaltene schwe- A 553 felsaure Kalkerde, die mit Alkohol ausgesüfst wurde, wog nach dem Glühen 2,692 Grm. — Die Auflösung der unterphosphorichtsauren Kalkerde, die viel aufgelöste freie Kalkerde enthielt, wurde abgedampft und mit Sal- petersäure oxydirt. Die phosphorsaure Kalkerde wog nach dem Glühen 3,294 Grm. Mit Schwefelsäure be- handelt gab sie 4,298 Grm. schwefelsaure Kalkerde, die mit Alkohol ausgesülst wurde. Eine andere Menge Phosphor wurde mit einem Ueber- schufs von Kalkmilch nur einige Stunden gekocht. Das Ungelöste, nachdem es so schnell wie möglich ausgesülst worden war, wurde in Chlorwasserstoffsäure gelöst, wo- bei viel Phosphor ungelöst zurückblieb. Im Uebrigen wurde eben so verfahren wie im ersten Versuche. Ich erhielt aus dem unlöslichen Rückstande 1,995 Grm. phos- phorsaure Kalkerde, die mit Schwefelsäure zersetzt 2,323 Gram. schwefelsaure Kalkerde gaben. — Das im Was- ser Aufgelöste gab nach der Oxydation mit Salpetersäure 5,191 Grm. phosphorsaure Kalkerde, die mit Schweiel- säure behandelt 7,635 Grm. schwefelsaure Kalkerde gab. Der vorige Versuch wurde wiederhelt. Das im Was- ser Ungelöste gab 0,799 Grm. phosphorsaure Kalkerde, und diese nach der Behandlung mit Schwefelsäure 0,874 Gram. schwefelsaure Kalkerdee — Das im Wasser Aufgelöste gab nach der Oxydation mit Salpetersäure 2,610 Grm. phosphorsaure Kalkerde, die nach der Be- handlung mit Schwefelsäure 4,004 Grm. schwefelsaure Kalkerde lieferte. Diese Versuche können keine Ansprüche auf grofse Genauigkeit machen. Wenn der im Wasser unlösliche ı Rückstand in Chlorwasserstoffsäure aufgelöst wurde, die Auflösung zur Trocknifs abgedampft, und zur Entfernung aller überschüssigen Chlorwasserstoffsäure schwach ge- glüht wurde, so mufste die im Wasser unlösliche phos- phorsaure Kalkerde eine kleine Menge von Chlorcalcium enthalten, wie das aus den Versuchen hervorgeht, die 554 ich in diesen Annalen, Bd. VII. p. 211., beschrieben habe. f Wir sehen indessen deutlich, dafs die Resultate des ersten Versuches, bei welchem das entwichene Phosphor- wasserstoffgas mehr freies Wasserstoffgas enthalten mufste, sehr abweichen von denen der beiden letzteren Versuche, die unter sich, gewils aber nur durch Zufall, ziemlich über- einstimmen. — Im ersten Versuche enthielt die gebildete Phosphorsäure 0,496 Grm. Phosphor, und die gebildete unterphosphorichte Säure 0,663 Grm. Phosphor; im zwei- ten Versuche die Phosphorsäure 0,571 Grm. Phosphor, und die unterphosphorichte Säure 0,967 Grm.; im drit- ten Versuche die Phosphorsäure 0,192 Grm. Phosphor, und die unterphosphorichte Säure 0,316 Grm. — Die Phosphormengen der gebildeten Phosphorsäure verhalten sich daher in den beiden letzten Versuchen zu den Phos- phormengen in der gebildeten unterphosphorichten Säure wie nahe 3:5; in dem ersten hingegen, bei welchem kein überflüssiger Phosphor zugegen war ungefähr wie 3:4. Später habe ich diese Versuche mit sehr verdünnten Auf- lösungen von Barythydrat wiederholt; die Menge des Phosphors in der unterphosphorichten Säure gegen die in der Phosphorsäure aber noch bedeutender gefunden, als in den erwähnten Versuchen. | Il. Ferzeichni/s con Erdbeben, eulcanischen Ausbrüchen und merkwürdigen meteorischen Erscheinungen seit dem Jahre 1821; von K. von Hoff. (Dritte Abtheilung; die zweite findet sich in dies. Ann. Bd. 85. S. 589.) Nachträge zu 1822. Julius 23. umatra, Sunda- Insel. Ausbruch des Vul- cans Gunong- Ber- Api (Eisen-Feuer-Berg) in der ‘unteren Provinz Tana- Datar (12000 Fuls über der Meeresfläche). Der ‚Ausbruch scheint nicht aus dem nahe am Gipfel befindlichen Krater, sondern an einer Seite des Berges erfolgt zu seyn. Die Nachricht da- von bestimmt die Stelle des Ausbruchs bei Pagar- Uyong, der Hauptstadt von Menang-Kabou, etliche Milles von der Basis des Gipfels. Es war ein von unterirdischem Getöse begleiteter Auswurf von Feuer und Steinen, der nur eine Viertelstunde dauerte. Ihm folgte eine Woche lang nur Ausstofsen von Dampf. Seit funfzehn Jahren hatte der Berg nicht ausgeworfen. September (ohne Angabe der Tage). Sumatra. Erd- beben in der Provinz Menang-Kabou zwischen den beiden Vulcanen Gunong- Ber- Api und Gunong- Tal- lang (letzterer liegt in der Provinz Ziga-.blas). Die Erdstölse wurden während 24 Stunden ungefähr alle Stunden gespürt, und waren von unterirdischem Ge- töse begleitet, das bald von dem einen, bald von dem andern Vulcan herzukommen schien. Der Tallang dampft nur zuweilen, aber man weifs seit langer Zeit von keinem Ausbruche desselben. — Ferussac, Bullet. des Science. natur. T. IX. p. 20. u. 21. aus Asialic Journal 1826, Mai, p. 577. 556 Zu 1822. November 19. Von den heftigen und ausgebreiteten Wir- kungen des Erdbebens in Chrl (s. diese Annal. Bd: 7. (83.) S. 299.) in den Gebirgen und Bergwerken, nament- lich in der Grube des Goldbergwerkes £/ Bronze, wo Alles erschüttert und Stücke von Felswänden abgeris- sen wurden, finden sich ausführliche Nachrichten in Capt. Head Rough Notes taken etc. on ihe Pam- pas, und daraus in Froriep's Notizen No. 374. (1827) S. 344. Zu 1823. ‚Febr. 9. Zu den an diesem Tage im Meere empfunde- nen Erdstöfsen (s. diese Annal. Bd. 9. (85.) S. 590.) gehört noch folgende Nachricht. 1 U. 10! Ab. unter 1° 21! N. Br. und 85° 35’ O. L. (wahrscheinlich v. Greenwich) empfand das englische Schiff Winchelsea einen Stols, von dem der Berichterstatter (Lachlan) glaubte, dafs er mit einer vulcanischen Bewegung auf Sumatra in Verbindung gestanden habe. — Zdinburgh Journal of Science, 1826, Apr., 5. 264. Ferussac, Bulletin des scienc. natur. T. IX. p. 21. März 5. sSicilien. Die oben (Ann. Bd. 9. S. 592) von dem Erdbeben dieses Tages gegebenen Nachrichten sind unvollständig und fehlerhaft. Da mir Ferrara’s darüber mitgetheilte im Original nicht zu Gesichte ge- kommen sind, so gebe ich diesen Nachtrag aus einem Auszuge von Ferrara’s Schrift, der sich m Brew- ster’s Edinburgh Journal of Science. No. VL. S. 155. befindet. 5 U. 26’ Ab. erfolgte der erste Siofs, von unten herauf, darauf ein zweiter stärkerer‘ wellenförmig, ein dritter von ähnlicher Art, doch minder stark, ein vier- ter, wie der zweite, und ein fünfter, wie der erste. Ihre Dauer (eines jeden, oder Aller zusammen?) war 16 bis 17 Secunden. Ihre Richtung von Nordost nach Südwest. So war es in Palermo. Westlich von Pa- 557 ' Zu 1823. lermo in den Bergen war das Erdbeben weniger stark; stärker jedoch in der Nähe der Küste als tiefer im Lande. Weiter westlich, z. B. in Castelamare, wurde nur sehr wenig davon empfunden. An der Küste öst- lich von Palermo war die Frschütterung äufserst heftig. Altavilla, Trabia, Godiano, Termini litten fürchter- lich. Von dem Berge Disambra unweit Godiano wur- den grofse Felsenmassen abgerissen und herabgestürzt. Die warmen Quellen, sowohl in den Bädern, als die in der Nachbarschaft denselben Ursprung in den Bergen längs der Küste von Termini haben, flossen reich- licher, waren wärmer, und von dem Thone, aus dem sie quellen, stark gefärbt. Die Stöfse scheinen mit der zunehmenden Entfernung von Palermo gegen Osten stär- ker gewesen zu seyn. Achtundvierzig (ital.) Meilen da- von,in Cefalu, waren sie sehr zerstörend. Das Meer warf dort zwei ungeheuere Wellen nach einander mit gro- {ser Gewalt auf den Strand. Polina und Finale lit- ten ebenfalls. Gegen das Innere des Landes nahm die Stärke der Stöfse ab. Ciminna (südlich von Termini) und Cerda empfanden sie noch heftig und mit Zerstörung, In Roccapalomba, Scillato, Gratteri, Colesano wur- den noch Gebäude zerstört und stark beschädigt. In der Nachbarschaft von Pozzillo und Sta. Agata und auf einem weiterstreckten Landstriche waren mehrere lange Spalten und Höhlen entstanden. Aehnliche Höh- len und Spalten hatten sich im Argillaceous Chalk (ich weifs nicht, welcher deutsche geognostische Kunst- ausdruck dieser Gebirgsart gebührt) bei der kleinen Stadt Ogliastro, 16 Meil. südl. von Palermo, geöffnet. Isnello am Fufse der Madonischen Berge, Geracı, Ca- stelbuono, St. Mauro, eben so gelegen, litten Schaden. Die Orte an der südwärts eingebogenen Küste zwischen Capo Orlando und Capo Calava, den Lipa- "558 rischen Inseln gegenüber, erlitten die heftigsten Stöfse. Darunter wurde Nato (nicht Noto, wie oben Bd. 9. . S. 593. steht) fast ganz zerstört. Es entstand dort eine ° Erdspalte, und man fürchtete das Herabstürzen des gan- zen Hügels, auf dem der Ort steht. Sehr litt die Stadt Patti, die der Insel Volcano gerade gegenüber liegt. Pozzodigotto, Meri und Barcellona litten nur wenig, Zu Milazzo auf der Küste und zu Sia. Lucia war der Stofs zwar stark, aber unschädlich, In Messina litten einige Häuser. Im Innern der Insel wurden die Stöfse schwächer empfunden; nur schlechte schadhafte Gebäude litten dort davon etwas, wie in Caltaniuso und Alimena; zu Catania empfand man ihn kaum. In Syracus und benachbarten Orten haben nur einige Personen etwas davon bemerkt. Eben so in der Gegend von Modica bei Cap Passaro. In den südlichen und westlichen Theilen der Insel geschah kein Schade; zu Alcamo fühlte man das Erdbeben ziemlich stark, zu Zropani sehr schwach. Ferrara bemerkt bei dieser Gelegenheit, da Pa- lermo zum Theil auf festem Kalkstein, zum Theil auf angeschwemmten Boden erbaut ist, dals zwar in der Regel die letztere Art des Bodens die Erdstölse weni- ger gut fortpflanze, als die erstere, dafs aber deshalb schlechte Gebäude auf diesem Boden doch weniger ge- gen die Zerstörung durch Erdbeben gesichert seyen, als die soliden Gebäude auf Felsengrund, wenn gleich die- ser von den Erdstöfsen am heftigsten erschüttert zu werden pflege. Er belegt diefs mit Beispielen von den Erdbeben v. J. 1726 zu Palermo und anderen zu Mes- sina und Catania. Zugleich äufsert er die Vermuthung, dafs die Brunnen und Oeffnungen, welche von den Alten als Sicherungsmittel gegen die Erdbeben betrach- tet worden seyen, diese Eigenschaft wohl nicht dadurch, dafs sie unterirdischen Dämpfen und Gasarten den Aus- 559 gang gestatteten, sondern um deswillen besäfsen, weil sie die Fortpflanzung der Stöfse durch Unterbrechung des fortpflanzenden festen Mittels unterbrächen. Ich gestehe, dafs mir diese Erklärungsweise weniger ein- leuchtet, als die erste, weil solche Arten von Aushöh- lungen des Bodens, wie Brunnen und ähnliche denen man die erwähnte Figenschaft zuschrieb, einem Erd- stofs, er komme von unten oder von der Seite, wohl zu wenig Fläche darbieten, um das Fortpflanzen des- selben im festen Gestein zu hemmen. Julius 1—15. Zufolge Nachrichten aus Island vom 14. März 1824, sollen, nachdem die in den vorgenann- ten Tagen erfolgten Ausbrüche des Koetlegiaa aufge- hört hatten, von diesem Vulcan auf's Neue so grofse Mengen von Wasser ausgeworfen worden seyn, dafs eine grofse Ueberschwemmung in der Gegend verur- sacht worden ist. — Jievue encycloped. 1824, Nov. Ss. 514. — 1824. Januar 2. Macao, China, 7 U. Ab. Eine Frderschüt- terung fünf Secunden dauernd. — Asiatic Journ. 1824, Nov. 5. 488. Daraus in Ferussac Bull.des Scienc. natur. 1825. T. 1. p. 9. | Januar 5. Trinidad, Insel, Südamerica. Zwischen 3 u. 4 U. Morg. ein ziemlich starker Erdstofs. — Archives des decow. 1824. p. 212. Januar 6. Bergen, Norwegen. 54 U. Morg. starke Erd- erschütterungen in der Richtung von SW nach NO. Dabei unterirdisches Getöse, das länger als 1 Minute dauerte, — Arch. des decow. 1824. p. 212. Januar 6—19. Erzgebirg und Fichtelgebirg. Eine merk- würdige Reihe von a (S. auch un- ten 2—5. Februar. ) Schon am 1. Januar hatte man zu Hartenberg im 560. 1824. Ellenbogener Kreise, bei grofser Kälte und Windstille, ein donnerähnliches Getöse gehört. Den 6. u. 7. in der Nacht empfand man daselbst Erdstöfse. Am 7. Mer- gens einen so starken, dafs in einem Zimmer des Schlos- ses die Tünche von der Decke fiel. Am 9. Morgens 85 U. Erderschütterung im untern Theile des Landge- richts MWunsiedel am Fichtelgebirg, gegen die böhmi- sche Gränze zu; zum Theil mit hörbarem unterirdischen Rollen. — An demselben Tage 3 U. 15’ Ab. u. 11 U. Abends. Desgleichen am 10. 2 U. 45' Morg. u. SU. u. 5 U. Morg. Erschütterung zu Hartenberg, Gossen- ' grün, Sülbergrün, Bleystadt, Annadorf, Schossenreut, Pirkles, Marklesgrün, Buterbach und Heinrichsgrün; sehr heftig in den Primlesser Bergwerken. Am 10. 4 U. Abends ging, bei einem T'hermometerstande von —7° R., das Eis (also nicht durch Wärme) auf der Zwoda bei Hartenberg auf, und man empfand 7 U. 30! Ab., 9 U. u. 11 U. Ab. Erschütterungen, eben so am 11. und in der Nacht zum 12., in letzterer vor- züglich stark, und mit unterirdischem Getöse. Auch an den vorhin angeführten Orten am Fich- telgebirg empfand man am 10. 114 U. Ab., am 11. 102 U. Morg., und am 13. in der Mittagsstunde Er- schütterungen. Am 13. 1 U. Ab. war die Erschütterung wieder in den böhmisch-erzgebirgischen Orten sehr stark, be- sonders in Fribut und bleystadt, am stärksten aber in den Dörfern Prinkles, Pernau und Leopoldham- mer. Quellen in der dortigen Gegend, welche seit Jahren versiegt gewesen waren, wurden plötzlich was- _ serreich, eine Erscheinung, die auch bei Adorf bemerkt wurde. Am 14. und einigen folgenden Tagen erfolgten schwa- che Erschütterungen mit unterirdischem Getöse zu Har- tenberg. Am 561 15214. Am 15. 35 U. Morg. im Landgerichte Münchberg am Fichtelgebirge. Am 18. S U. Morg. nach vorhergegangenem un- _ terirdischen, donnerähnlichen Getöse zwei heftige Stöfse zu Hartenberg. Desgleichen mehrere 7 U. 45/, 10 U., 11 U. 45°/ Ab. bei starkem Westwind, Schneefall und geringem Sinken des Barometers. Am 19. 5 U. Morg. ein starker Erdstofs, desglei- _ chen 9 U., 9 U. 30', 11 U. 30! und 11 U. 35’ zu Hartenber. Dann 3 U. und 4 U. Ab. zu Graslitz. — 4U. zu Eger. — 4 U. 30! zwei schr heftige Stöfse nach starkem unterirdischen Rollen zu Zartenberg, diese beiden waren die heftigsten von Allen. Man fürchtete den Einsturz des Schlosses. Auch zu Heinrichsgrün empfand man den Stofs 4 U. Ab. sehr stark, Der Zug der Erschütterungen schien von Graslitz nach Eger und von da nach Hartenberg zu gehen. Sämmtlich aber schwach wurden diese Erdstöfse empfunden zu Falkenau und Ellenbogen; stärker zu Stolzenhayn, Holzbach, Böhmisch Wiesenthal u. s. w. — Allgem. Zeitg. 1824. No. 23. 5. 91. — Preufs. Staatszeitg, 1824. No. 47. S. 211. — Hallaschka in Kastner’s Archiv, Bd. 1. S. 320. Januar 15. Zu Adrenazzo, unweit Ferrara, ereignet sich ein Meteorsteinfäl. — Chladni in Poggendorff’s Annalen. Bd. 6. S. 27. Januar 23. Schnelles Fallen des Barometers und in der zweiten Hälfte dieses Tages aufserordentlich tiefer Stand; am 24. eben so schnelles Steigen desselben in Deutsch- land, Frankreich, ganz Italien u. s. w. — Kastner’s Archiv. Bd. 1. S. 125. — Bd. 2. S. 394: folg. Februar 2—5. Wiederholte Erdstöfse zwischen dem Erzgebirge und dem Fichtelgebirge, besonders bei Heinrichsgrün; am 2. 9 U. Morg. u. 11 U. Ab., das unterirdische Getöse dauert 1 Stunde lang — Am 3. Annal. d. Physik. B. 88. St. 4.9.1828. St. 4. Nn 562 1824. 2 und 6 U. More. schwache, 102 U. Morg. stärkere Erschütterung. — Am 4. 7. U. Morg. zwei starke Stöfse. — Am 5. 54 U. Morg. — Preufs. Staatszeitg. 1824. No. 47. S. 211. Die Orte, an denen die Erdstöfse vom 6— 19. Ja- nuar und vom 2—5. Febr. empfunden worden sind, liegen fast sämmtlich in einer von NO. nach SW. ge- richteten Linie, deren nordöstlichste Endpunkte BR litz und Fribus sind, die südwestlichen aber Wun- siedel und LEger. Sie liegen auf dem südlichen Ab- hange des Erzgebirges, und auf der von demselben nach dem Fgerflusse abfallenden Verflächung des Lan- des. Auf dem rechten (südlichen) Ufer der Eger sind keine Erschütterungen wahrgenommen worden. Die Richtung der unterirdischen Bewegungen scheint von Nordost nach Südwest gegangen zu seyn; doch läfst' sich dieses aus den oben angegebenen Zeitbestimmun- gen nicht mit völliger Gewifsheit schliefsen. In dem nördlichen Theile des beunruhigten Landstrichs schei- nen die Erschütterungen stärker gewesen zu seyn, als in dem südlichen; am stärksten aber zu und um Har- tenberg, welcher Ort ungefähr in der Mitte des gan- zen Striches lieg. Merkwürdig ist dabei die Seiten- richtung, nach welcher man auch zu Adorf und im Landgerichte Münchberg etwas von den Erschütterun- gen empfunden haben will. Februar 11. Irkutzk, Sibirien. Leichte Erderschütterung, — Archives des decowertes. 1824. p. 212. — Pog- gendorff’s Ann. Bd. 2. p. 155. Februar 21. 8 U. Ab. Sta. Maura, Jonische Insel. Fin heftiger Erdstofs, der mehrere Gebäude beschä- digte. — Arch. des decow. 1824. p. 212. März 2. und 3. Tiefer Barometerstand in Deutschland, Frankreich, Italien. Orcan im mittelländischen Meere, vorzüglich un die Küsten von Italien; starker Schnee- 563 1524. fall in Rom, Neapel u. s. w. — Kastner’s Archiv. Bd. 1. p. 382., Bd. 2. p. 401. folge. April 10. Einige Minuten vor 10 U. Ab. Kingston, Ja- maica. Ein sehr heftiger Frdstofs, den man auch an mehreren Orten der Insel empfand; seit vielen Jahren der heftigste. Die Erschütterung, der ein starker Wind vorausging, dauerte ungefähr 30 Secunden, und: war mit unterirdischem Getöse verbunden. Drei bis vier Häuser sind eingestürzt. Bis zum 15. erfolgten noch einige minder heftige Stöfse. Einige Häuser in Kingston und Liquinea ha- ben gelitten. Zu Spanischtown und Oldharbour waren die Erschütterungen sehr stark. Zu Yallahs fühlte man in der Nacht vom 13. um dieselbe Stunde wie Tags zuvor (?) eine neue Erschüt- terung, eben so wie die erste von unterirdischem Brül- len begleitet. Endlich am 14. zwischen 1 und 2 U. Morg. einen dritten Stofs, den schwächsten. Zu Port Royal und in seiner Umgegend empfand man in der Nacht vom 12. April, ungefähr 12 Minu- ten vor 10 U., einen starken Frdstofs, der fast 1 Mi- nute dauerte, aber keinen Schaden that. Einen an- dern in der Nacht vom 13. um dieselbe Zeit; er war viel schwächer, dauerte aber länger. — Verneur, Jour- nal des Voyages. Vol. XXIII. p. 101. April:20. Gegen 3 U. Morg. St. Thomas, Westindi:- sche Insel. Heftige Erderschütterung mit donnerähn- lichem Getöse. Viele Personen werden aus den Bet- ten geworfen. In der hier benutzten Nachricht wird hinzugesetzt: „un bdliment s’est englouti par sule de la commotion;“ und es bleibt zweifelhaft, ob dabei vom Wasser oder vom Lande die Rede ist. — Arch. des decow. 1824. p. 213. April 22. Erster Anfang des Ausbruchs des Goenong Apie auf banda. — S. unten 9. Junius. Nn 2 564 1824. Mai 31. 4 U. Morg. Bury (wo liegt dieser Ort?). Leichte Erderschütterung. — Arch. des decow. 1824. p. 213. Junius (ohne Angabe des Tages). Unweit Leeds auf den Grenzen von Lancashire, 9 engl. Meil. von Keigh- ley und 6 von Colne, liegt, bedeutend höher als das Niveau des Aıre-Flusses bei Leeds, ein Morast. Aus demselben entspringen kleine Bäche, die dem Aire- Flusse durch eine tiefe Schlucht zufallen. Der zalür- liche Damm, welcher diesen Morast hielt, brach im genannten Monate durch unbekannte Ursachen. Das abströmende Wasser bildete sich einen Canal von un- gefähr 12 Verges (vermuthlich im Originale Yards) Breite und 6 Verges Tiefe, und Alles, was ein Raum von 1200 7. im Umkreise enthielt, Festes und Flüs- siges, ging durch die Oeffnung fort, und stürzte sich in die Schlucht. Die Bewegung dieser ungeheuern Masse, beschleunigt durch den Fall, rifs Alles mit sich fort. Wohin der Strom sich verbreitete bedeckte dicker Schlamm die Felder; Felsenstücke wurden mehr als eine engl. Meile weit fortgeführt. Finige Personen schrieben diese Begebenheit einem Erdbeben zu, aber man hat ringsum nirgends etwas von einem solchen empfunden. Da in dem Augen- blicke, als der Durchbruch erfolgte, eine dicke Gewit- terwolke den Himmel bedeckte, so hat man vermuthet, dafs eine Wasserhose auf unterirdische Wasser gewirkt habe. Aehnliche Ereignisse sind im-16. und 17. Jahr- hundert in der Umgegend von Lancaster vorgekom- men. — Jtevue Encycloped. 1824. Oct. p. 229., aus Leeds Mercury genommen. — Nach Anderen soll sich diese Begebenheit im September ereignet haben. S. Poggend. Ann. Bd. 3. p. 155., auch Phil. Magaz. No. 317. p. 229. Junius 2. Schiraz, Persien. An diesem Tage soll man 565 1524. dort zuerst, vor dem folgenden grofsen Erdbeben, einige Bewegungen empfunden haben. Junius 9. Banda, Sunda-Insel. Ausbruch des Vulcans (Gonung Api), an welchem sich schon am 22. April ein neuer Krater geöffnet hatte. Der Ausbruch dauerte bis zum 14., mit Ausstofsen grofser Dampf- und Aschen- wolken, Auswerfen glühender Steine u. s. w. Darauf ruhete der Berg bis zum 25., an weichem ein neuer Ausbruch mit Erderschütterungen erfolgte, die drei Mi- nuten lang anhielten. Das Ausstofsen von Steinen, Aschen- und Dampfwoiken dauerte noch lange Zeit fort. — Hertha. Bd. 1. 1825. — Geograph. Zeitg. p. 92. und 226. Junius 23. oder 25. 54% U. Morg. Persien. Heftige Frdstöfse, welchen 6 Tage und 6 Nächte hindurch mehrere minder heftige folgen. Die Stadt Schiraz lei- det dadurch am meisten, und zwar vorzüglich durch den ersten. Stofs und drei andere, die demselben bis 10 Uhr Morgens folgen. Ein Theil der Stadt wird fast ganz dadurch zerstört und versenkt, Nächst ihr leidet vornehmlich die Stadt Aazroun. In den Gegen- den dieser Städte sollen Berge geebnet worden seyn. Der Tag des heftigsten Erdbebens war nach dem Per- sischen Kalender der 27. des Monats Chaval, J. 1239. — Frick und Devilleneuve (sonst Verneur) Journal des voyages. Vol. XXY. p. 118.; aus dem Courier von Bombay. — Jtevue encyclopedique, 1825. März. p. 846. — Eine®Nachricht, welche dieses Erd- beben in den April versetzt, beruht wohl auf einem Irrthum. S. Allgem. Zeitung, 1824. No 313. S. 1372. Julius 9. Meu- Braunschweig, Britisch Nordamerika. Starke Erderschütterung mit einem Knall, wie von einer Kanone. — Arch. des decow. 1824. p. 213. Julius 18. Zu Realmont, 14 Lieue nördlich von Per- 566 18524. pignan, depart. des Pyrenees orientales, beobachtete man am Morgen ungewöhnliche Wärme. Um Mittag stieg das Thermometer R. auf 27°, 13 U. auf 29°. So blieb es bis 3+ U., da erhok sich auf einmal ein starker und so warmer Nordwestwind, dafs es noch auf 30°,75 stieg, Abends 10 U. 8! erfolgte ein Erd- stofs mit Geräusch wie vom Rollen eines Wagens, Gläser klirrten u. s. w. Auch zu Perpignan und an anderen Orten empfand man diese Erschütterungen. Am Morgen des 21. stand das Thermometer nur 15°. — Ferussac, Bullet. des Sc. mathem. 1824. T. II. p. 178. Zu Roussillon schien die Erschütterung von NO, nach SW. gerichtet. Sie dauerte 4 bis 5 Secun- den. Zu Collioures hörte man vor derselben ein un- terirdisches Getöse, das 4 bis 5 Secunden nach dersel- ben fortdauerte. Zu Montlous war der Himmel den zanzen Tag rein und die Luft ruhig gewesen; aber gleich nach der Erschütterung erhob sich ein heftiger Orcan. Zu Perpignan war das Thermometer gegen Abend bis zu 35° Hundertth. Sc. (28° R.) gestiegen, die Atmosphäre schien mit brennenden Dünsten erfüllt, und man wurde von der Luft unangenehm affıcirt. Zu Carcassonne war die Erschütterung von einem hefti- gen Pfeifen des Windes begleitet, das die Einwohner mit dem Zischen einer Rakete verglichen. Alle Punkte des Horizontes waren den Tag über von Blitzen durch- kreuzt worden, denen kein Donner folgte. — Arch. des decow. 1824. p. 213. Ohne dem Umstande nur irgend eine Bedeutung beilegen zu wollen, mag ich doch nicht unerwähnt las- sen, dafs zu Gotha, nachdem dort am 17. das Ther- mometer bis auf 21° R. gestiegen war, am 18. bei 18° zwischen 1 und 2 U. Ab. ein sehr heftiges Gewitter mit einem Hagelfall losbrach, bei welchem alle Körner 967 1824. die Gröfse von Büchsenkugeln, und manche die von Taubeneiern und darüber hatten. Der grofse Hagel ist in und nahe bei der Stadt Gotha eine so seltene Erscheinung, dafs man sich seit dem Jahre 1783 eines eigentlichen Hagelweiters dort nicht erinnerte. — Der gewitterhafte Zustand der Atmosphäre mag an diesem Tage über einen grofsen Theil von Europa verbreitet gewesen seyn. Julius 19. 5 U. Morg. Lissabon. Ein sehr fühlbarer Erdstofs. Tags zuvor stieg die Wärme der Luft über 36° R. bei einem Nordostwind, welcher die Trauben am Stocke auf der Stelle trocknete, auch Thiere und selbst Menschen auf der Stelle tödtete. — Journ. de Francfort. 1824. No. 226. ! Julius 19. (oder 29.?) ereignete sich im See von Mas- sactuccoli, nahe bei dem Dorfe Vecchiano im Gebiete von Lucca, folgende Erscheinung. Morgens, nach einem kurzen, heftigen Regen und einigen ziemlich starken Donnerschlägen, wurde am westlichen Ende des See’s das Wasser trüb, und färbie sich wie von Seife oder Kalk. Erst am 21. wurde es wieder hell. Darauf sah man eine grofse Menge grofser und kleiner Fische todt auf dem Wasser. Ihre Anzahl war so grofs, dafs poli- zeilich Anstalten getroffen wurden, das Verpesten der Luft zu verhüten. Während der Bewegung des Was- sers spürte man einen starken Schwefelgeruch, ver- mischt mit dem Geruche von faulenden Pflanzenstof- fen. — Ferussac, Bullet. des Sc. naturelles. 1824. T. III. p. 164; aus der Antologia di Firenze. — Ann. de Chimie et de Phys. T. 27. p. 356. — Den 19. giebt an Kastner Archiv. Bd. 4. p. 383. Julius 27. Bei Voigisbach in der Herrschaft Zeichen- berg, Böhmen, Nachmittag gegen 4 U. eine zerstö- rende Windhose von SW. nach NO. ziehend in ab- wechselnder Breite von 60 bis 400 Schritten. Sie er- 568. 1824. streckt ihre Verwüstungen auf 1 Meile in die Länge, zerbricht und entwurzelt über 6000 Bäume, hebt Ge- bäude auf, reifst Felsenstücke ab u. s. w. Zugleich ein heftiges Gewitter. — Kastner’s Archiv. Bd. 3. p- 449. Julius 29. Lanzerote, Canarische Insel. An diesem Tage wurden die Einwohner durch einzelne Erdstöfse beunruhigt. Bis zum 31. wurden solche immer hefti- ger, und an diesem Tage öffnete sich die Erde 1 Stunde westlich von der Hauptstadt ( Teguise) zwischen Tao und TZiangua. Der neu entstandene Krater warf in kurzer Zeit einen hohen Berg auf, inden Flammen und glühende Steine aus seinem Schlunde ausgestofsen wurden. Eine andere Nachricht giebt die Ortsbestim- mung für diesen Krater zu 1 Lieue vom Port du Recif und 4 Lieue vom Berge Famia. Dieser Auswurf dauerte bis zum 1. August, an welchem Tage der Schlund sich geschlossen und nur Spalten offen gelassen zu haben schien, aus welchen dicke Dampfwolken hervordrangen, — Am 2. August, Morgens, bildeten sich drei grofse Dampfsäulen, jede von anderer Farbe, die eine weils, die andere schwarz, die dritte entferntere schien roth zu seyn. Aus anderen Nachrichten folgt: — und da- mit mag die Beschreibung von den drei Rauchsäulen übereinstimmen — dafs die Erde an drei verschiede- nen Orten aufgebrochen ist, also drei neue Krater ge- bildet worden sind. Einer dieser Ausbrüche scheint am 22. August statt gefunden zu haben. Aus dem zuerst aufgebrochenen soll keine Lava geflossen seyn, hingegen soll er zwischen dem 22. und 24. Wasser ausgestofsen haben, welches einen Bach gebildet habe, von dem noch am 26. etwas (un filet deau) abgeflos- sen sey. Keiner von diesen drei Kratern war länger als acht_Tage in Thätigkeit, und der letzte, nachdem er 24 Stunden lang nur Lava ausgespieen hatte, warf 569 1824. wit aufserordentlicher Gewalt eine Säule von Salzwas- ser aus, von 4 Fufs Durchmesser, und 200 Fufs hoch, auf welche sodann ein dicker Dampf folgte. Die bei diesen Ausbrüchen ausgestofsene Lava ging sieben Mil- les weit bis zum’ Meere, in welches sie sich unweit und unter dem Winde von Gariota ergols, WNW. von Porto Naos (also an der diesem Hafen entgegen- gesetzten nordwestlichen Seite der Insel), Eine an- dere Nachricht sagt, dafs noch am 6. October Lava ausgeflossen sey. — Diese nicht durchaus klaren und nicht mit Sicherheit zu vereinigenden Nachrichten sind genommen aus Moniteur. 1824. Io. 298. p. 1405. (wo, wahrscheinlich irrig, der 29. August als Tag des ersten Ausbruchs angegeben ist). — Moniteur. 1825. No. 24. p- 94. — Journal de Francfort. 1825. No. 17. — Kastner’s Archiv. Bd. 4. p. 246. — Leonhard’s Zeitschr. 1825. Bd, 1. p. 71.; 1826. Bd. 1. p. 451. Nach den oben angegebenen Ortsbestimmungen hat sich dieser Ausbruch in einer Gegend der Insel ereignet, die ungefähr 1 geographische Meile mehr nördlich liegt als der Schauplatz der grofsen Ausbrüche vom Jahre 1730 und folgenden, über welche Hr. von Buch so schätzbare Nachrichten gesammelt hat. (Abhandl. der physik. Olasse der K. Preufs. Acad. v. d,. J, 1818 und 1819, und Beschreibung der canarischen Inseln.) Der Weg aber, welchen bei der neueren Eruption die Lava bis zum Meere genommen haben soll, bedarf einer nähe- ren Angabe, als man aus der vorstehenden Beschrei- bung entnehmen kann, wenn man sie mit. der von Hrn. von Buch gegebenen Charte zu vergleichen sucht. August 1. und 2. Granada, Andalusien. Acht Erd- stöfse. — Arch. des decow. 1824. p. 214. August 4, Nieder-W. esseling, Dorf zwischen Kölln und bonn. Wasserhose, die gegen 1 U. Ah. von SSW. nach NNO. streicht, und auf den Feldern, so wie an 570 1824. den Häusern des Dorfes, grofse Zerstörung anrichtet. ‚Das Meteor ging über den Rhein, und seine Wirkun- gen hörten ungefähr 1 Stunde jenseits des rechten Ufers auf, bei der ZLangelter Mühle. Einige wollen beim Verschwinden desselben eine feurige Erscheinung wahr- genommen haben. — Nöggeräth in Kastner’s Ar- - chiv. Bd. 3. p. 52. | August 8. Comrie, Pertshire, Schottland. Morgens starke Erderschütterung mit einem Getöse, das die Ein- wohner mit dem von einem schweren auf dem Pflaster rollenden Wagen verglichen. — Arch. des decowv. 1824. p. 214. August 10. Kirchenstaat. Im Gebiete von Passerano, welches an das von Tivoli stölst, versank eine Strecke Landes. Aus der Tiefe drang so viel Wasser hervor, dafs es einen See bildete von 130 Palmen im Umfange und 27 Palmen Tiefe. Ein eigentlicher Erdfall. — Preufs. Staatszeitung. 1824. No. 217. p. 954. August 12. und 13. San Pietro di Bagnc und Salva- piana, Toscana. In den Morgenstunden gegen zwan- zig Erderschütterungen, unter denen doch nur drei so stark waren, dafs sie die Glocken anschlagen machten. Einige Schornsteine fielen ein. Den folgenden Tag und die folgende Nacht spürte man noch mehrere Stölse, doch ohne bedeutende Wirkung. Vor Eintritt der Er- schütterungen hatte man in der Luft um die Sonne eine besondere Art von Nebel bemerkt. Die Sonne schien wie umschleiert und glich mehr dem Monde. In der Nacht vorher hatte ein Reisender eine Feuerkugel ge- sehen. — Preufs. Staatszeitung. 1824. No. 217. S. 954. Arch. des decow. 1824. p. 214. August 18. Zlarderwyk, Niederlande an der Zuydersee. Frderschütterungen gegen SW. gerichtet, mit einem gro-. [sen Geräusche, wie von einem schnell über ungleiches 571 / 15214. Pflaster rollenden Wagen. — Arch. des decouo. 1824. p. 215. — ZPevue Encyclop. 1824. Oct. p. 244. August 25. Zu Mendoza am Plata-Strom fällt ein Staub- regen. — Chladni in Poggendorff’s Annal. Bd. 6. Pp- 28. September 2. Nertschinsk, Sibirien. 5 Uhr Morgens wurde in der Grube Köntschkinks, in der Richtung von N. nach S., ein Getöse vernommen. Darauf folgte ein Erdstofs, von welchem alle Gebäude wankten. Im Jahr 1800 hatte man dort eine ähnliche Erscheinung gehabt. Das dortige Gebirge besteht aus Granit, und nicht weit davon sind warme Quellen. — Ferussac, Bulletin des Sc. natur. T, VIlI. p. 20., aus dem Cou- rier von Sibirien (Sibirsky Vestnick). 1824. No. 15, ERN1620* I: September 7. In der Nacht zum 8. Guadeloupe, West- indische Insel. Heftiger Orcan mit einigen Erdstöfsen und Gewitter, und am folgenden Morgen heftigen Re- gengüssen. Zwischen 1 und 2 U. Morg., da der Orcan am stärksten wüthete, fiel das Barometer sieben Linien unter seinen gewöhnlichen Stand; dort ein unerhörtes Beispiel. — Journal de Francfort. 1824. No. 325. September 9. Basseterre bei Guadeloupe 19 U. Abends etliche Erdstöfse. — Arch. des decow. 1824. p. 215. (wenn nicht vielleicht dieselbe in der vorhergehenden Angabe erwähnte Begebenheit durch Verwechselung der Tage auch hier bezeichnet ist). September 13. Plymouth, England. Aufserordentliche Bewegung im Meere. Irreguläres und schnell auf ein- ander folgendes Steigen und Fallen desselben, mit ge- waltsamen und zerstörenden Wirkungen auf die Ufer und Schiffe. Den folgenden Tag wurden die Erschei- nungen noch fürchterlicher. Erst Nachmittags 2 Uhr nahm Ebbe und Fluth ihren regelmäfsigen Gang wie- Pe 1 t 2 “ AN 17%.) 572 1824. 2 der an. Der Berichterstatter glaubt, es müsse in irgend einem Winkel der Erde eine Zuckung der Natur statt gefunden haben, weil im Jahr 1798, bei dem Erdbe- ben zu Siena, sich etwas Aehnliches ereignet habe. — Ferussac, Bullet. des Scienc. Mathem, 1825. T. LIT, p. 176., aus Annals of Philos. 1824. Sept. p. 234. October 3. 1 U. Morg. Martinique, Westindische Insel. Zwei Erdstöfse, welche zwar die Menschen aus dem Schlafe wecken, aber keinen Schaden thun. — Ann. of Phil. 1824. Sept. p. 204., daraus in Zievue encyclop. 1825. Febr. p. 542. October 14. Derauner Kreis in Böhmen. Meteorstein- Fall. — Chladni in Poggendorff’s Annal. Bd. 6. p- 28. — Kastner’s Archiv. Bd. 3. p. 200. Octob. 20. Orenburger Gouvernement, Au/sland. Hagel- fall, bei welchem die Hagelkörner Kerne von krystal- lisirtem Schwefelkies haben. — Chladni in Poggen- dorff’s Annal. Bd. 6. p. 30. October 26. Schon früher im Laufe dieses Monats hatte man auf der Insel Zugon einige leichte Erderschütte- rungen empfunden. Am genannten Tage erfolgte zu Manilla ein so heftiger Erdstofs (seit 1795 [| 1796?] war kein so heftiger dort erfolgt), dafs einige Kirchen, eine der Brücken und mehrere Privathäuser einstürz- ten. Ungefähr vier (engl.?) Meilen von der Stadt, nahe am Flusse, brach die Erde mit lJautem Krachen auf, und kurz darauf sah man eine Menge todter Fische auf der Oberfläche des Wassers schwimmen, die der Strom in’s Meer führte. (Es ist nicht ausgedrückt: ob das Wasser mit diesen Fischen aus den Erdspalten kam, oder ob sie sich nur auf dem Flusse zeigten.) Die Einwohner flüchteten aus der Stadt auf das’ Land, so dafs jene fast verlassen blieb. Da die Casernen von Grund aus durch das Erdbeben zerstört waren, so wurde auf einer etwas entfernten Ebene ein Lager 573 1524. aufgeschlagen. Aber den 1. November brach ein Orcan los, der nicht nur alle Zelte wegführte, sondern auch an vielen Häusern die . Dächer zerstörte, und sechs - Schiffe im Hafen auf den Strand warf. — Aus Chro- nicle of Singapore. 25. Nov. 1824., in Asiatic Jour- nal. 1825. Jun., und daraus in Ferussac, Bulletin des Sc. natur. Vol. V. 1825. p. 323. October 28. Dubossar in der Krym. Ziemlich starke Erdstöfse. Am 1. November wüthete ein heftiger Orcan in der Krym. — Journ. de Francf. 1825. No. 9. October 29. Chambery, Savoyen, und Umgegend. SU. und einige Minuten Abends ein leichter Erdstofs.. — Arch. des decowvertes. 1824. p. 215. Der grofsen Ueberschwemmungen, die in diesem und dem folgenden Monat Statt fanden, wird im Anhange zu diesem Artikel gedacht werden. October 29. in der Nacht zum 30. Braunschweig. Ei- nige Personen wollen während des Sturms von dieser Nacht einen Frdstofs empfunden haben. Die darüber vernommenen T’horwachen aber hatten nichts derglei- chen wahrgenommen. — Alle. Zeit. 1824. Beil. 241. November 3. Tracht, Bern, Schweiz. Ein Bergfall, der den Lauf des Trachtbaches hemmt. — Moniteur. 1824. No. 323. November 13. in der Nacht zum 14. Maynz. Eine Erd- erschütterung und eine Feuerkugel. — Allgem. Zeitg. 1824. Beil. 225. p. 903. November 15. 54 U. Morg. Odensee, Dänemark. Fi- nige Personen wollen während eines heftigen Sturmes auch eine Erderschütterung empfunden haben. — Preufs. Staatszeit. 1824. No. 282. p. 1219. *) *) Da in diesen Tagen sehr heftige Stürme und Windstöfse wüthe- ten, so mag man immer den meistens nur von einzelnen Perso- nen herrührenden Erzählungen von empfundenen Erdstöfsen mils- trauen. Um nicht blofs bewahrheitete Thatsachen zu berichten, son- 574 1824. | \ November, in den letzten Tagen. Catanzaro und Co- senza, Calabrien. Einige Exdstöfse, die keinen Scha- den thaten. Darauf folgte am erstern dieser beiden Orte das heiterste Wetter, am letztern heftiger Regen. — Journal de Francfort. 1824. No. 359. November 30. 3 U. 3! Ab. Martinique, Westind. Fin starker Erdstofs von unterirdischem Getöse begleitet. Dieses schien anfangs sich in der mittleren Region der Atmosphäre fortzupflanzen und nicht aus dem erschüt- terten Boden zu kommen. Dem Erdbeben ging grofse Hitze voraus, nach demselben fiel die Temperatur; eine hohe Fluth warf zu St. Pierre mehrere Schiffe auf den Strand; es erfolgte ein heftiger Regen, der zehn Tage lang anhielt. — Stevue encyclop. 1825. Febr. p. 542. — Ferussac, Bull. des Sc. mathem. T. III. p. 303. und 7. VI. p. 17. November. In diesem Monate soll auch wieder ein vul- canischer Ausbruch auf der Ganarischen Insel Lanze- rote Statt gefunden haben; nordwestlich von ‚Puerto de Naos, und nicht weit vom Cap de los Ancones. dern auch dem Glauben an grundlosen Erfindungen entgegenzu- wirken, erwähne ich eines Gerüchtes von einer Erscheinung, die gleichfalls in dem Monat November 1824 sich ereignet haben sollte. Es wurde nämlich in öffentlichen Blättern erzählt: der Don- nersberg, südlich von Maynz, habe während vierzehn Tagen die Bewohner der Umgegend durch ein in seinem Innern hörbares Getöse erschreckt; darauf seyen Spalten an dem Berge entstan- den und Flammen aus demselben hervorgekommen. — Moniteur. '1824. No. 345. p. 1595. — Hernach las man in Annales de Chimie et de Physique. 1924. Dec. p. 384., und daraus in Fe- russac Bulletin des Scienc. natur. Fol. IV. (1825) p. 167. und 296., dals das Factum von dem gehörten Getöse und Deto- nationen zwar richtig, aber die Nachricht von ausgebrochenen Flammen erdichtet sey. Endlich aber hat sich durch mehrere glaubhafte Nachrichten ergeben, dafs weder das Eine noch das Andere gegründet, sondern das ganze Gerücht aus einer scherz- haften Erfindung entstanden ist. 575 1824. — L. v. Buch Beschreib. der Canar. Inseln p. 325. — Da nähere Nachrichten hierüber mangeln, und Hr. v. B. denjenigen Ausbruch nicht besonders anführt, der vom Julius d. J. bis in den Herbst fortwüthete, so ist vielleicht hier nur von einem spätern Acte desselben Ausbruchs die Rede. Decemer 6. 2: U. Ab. Portsmoulh, Havant, Aldwick, Bagnor, Emsworth, Chichester (England). Erder- schütterung 3 bis 5 Secunden dauernd. Der Boden schien sich ein wenig zu heben, die Fenster klirrten, und hängende Dinge schwankten. Am Morgen war der Himmel voll von elektrischen Wolken; nach dem Stofs erhob sich ein SW.-Wind. Seit 1812, da man dort zu gleicher Zeit, als Caraccas zerstört wurde, eine - stärkere Erschütterung als die gegenwärtige empfand, hatte man in der bezeichneten Gegend nichts derglei- chen gespürt. — Philos. Magaz. 1825. Jan. p.70 — Ferussac, Bull. des Sc. natur. T. VI. p. 186. December 10. Corigniano und Langobucco, unweit Ros- sano in Calabria (ern: mehrere Ben von denen die genannten beiden Orte sehr gelitten haben; es stürz- ten dabei Häuser ein, und drei Menschen kamen um. — Journ. de Francfort. 1824. No. 364. — Preufs. Staatszeit. 1825. No. 3. p. 20. | December 17. 6+ U. Ab. Neuhaus, Böhmen. MHerab fallen einer harzigen Masse aus der Luft mit einem Feuermeteor. — Chladni in Poggend. Ann. Bd. 6. p- 31. December 22. bis 23. in der Nacht. Hamburg. Wöäh- rend eines heftigen Sturmes will man Erdstöfse empfun- den haben. — Journ. de Francf. 1825. No. 2. — — in derselben Nacht. Alfter, Dorf, eine Stunde von Bonn am Hthein. Zweimalige starke Frderschüt- terung, von der die Betten geschwankt haben sollen. — Gothaische Zeitung. 1825. No. 4. A | EM 2 R N - ; fi 576 } 1824. December 30. Schiraz, Persien. Exdstöfse. — Journ. de Francfort. 1825. No. 50. Nachtrag von den Ueberschwemmungen und Sturmflu- then ın den letzten Monaten des Jahres 1824. Schon im Junius hatten durch starke Gewitterregen in mehreren Gegenden grofse Ueberschwemmungen statt gefunden. Am 25. durch die Moldau in: Böhmen, die Eger, die Elbe (die namentlich bei Dresden grofse Zer- störung anrichtete) u. s. w. Auch in einigen andern Ge- genden Deutschlands fielen heftige Gewitterregen, und hie und da Wolkenbrüche. Am 13. Junius fiel in Thü- ringen Schnee, der auf den höheren Bergen des Thürin- ger Waldes über 24 Stunden liegen blieb. In diesem Monate indessen sind dergleichen Erscheinungen nicht un- gewöhnlich. Auffallender und merkwürdiger aber waren die meteo- rischen Erscheinungen am Schlusse des Jahres. Diese scheinen sich der Zeit und der Localität nach in drei Hauptabschnitte zu theilen: 1) die Ueberschwemmungen- an dem nördlichen und westlichen Abhange der Alpen vom 26. October und folgenden Tagen. 2) Die Orcane und Sturmfluthen vom 18. November und folgenden Ta- gen. 3) Die Orcane und Sturmfluthen vom 20. Decem- ber und folgenden Tagen. 1. Am 26. October verbreitete sich ein Zug von schwe- ren Gewittern mit stürmischen Westwinden aus dem süd- lichen Frankreich über und längs der Alpenkette durch das südliche und mittlere Deutschland. Bis in das nörd- liche Deutschland kamen die Gewitter nicht; aber in Thü- ringen hatten wir an dem Abend desselben Tages star- ken Weststurm, und vom 25. bis 26. fiel in Gotha das Ba- 577 Barometer ungefähr 5 Lin. unter seinen mittlern Stand. Die Elektricität der Luft scheint in den Gegenden, durch _ welche diese Gewitter zogen, von äufserst starker Span- nung gewesen zu seyn. (Schübler in Poggendorff's Annalen. Bd. 3. p. 148.) Auf diese Gewitter, die selbst hie und da von star- ken Platzregen begleitet waren, folgten drei Tage lang die heftigsten Regengüsse, merkwürdig dadurch, dafs sie so stark wie Gewitterregen, und wie Landregen verbrei- tet waren. Der Bereich deselben war die Kette der Alpen von Frankreich bis Tyrol, der Jura, der südliche Theil der Voghesen und der Schwarzwald. So wie in den niedrigeren Gegenden der Regen in ungewöhnlicher Menge fiel, so erfolgte auf den hohen Alpen ein unge- wöhnlich starker Schneefall, und der gefallene Schnee schmolz sehr schnell. Dadurch entstand ein ungewöhnliches und unbe-. schreibiich schnelles Anschwellen aller Flüsse und Bäche, die in den genannten Gegenden entspringen. Es betraf die Saone, die Isere, die Loire, die Maas, die Mosel, und alle Bäche und Flüsse, die aus dem südlichen Theile der Voghesen, aus dem Schwarzwalde und den Alpen jenen Flüssen, dem Zthein und der Donau, zufallen. Am stärksten aber war dasselbe bei den vom Schwarzwalde kommenden Flüssen; daher der Neckar dadurch einen ungeheuern Zuflufs von Wasser erhielt. Die Gegenden im Gebiete dieses Flusses litten in den Tagen vom 29. October bis 1 November die fürchterlichsten Verwüstun- gen und unsägliches Unglück. Der Dodensee trat aus seinen Ufern, die ler, der Lech, die Isar, der Inn, die Donau richteten auch viele Zerstörung an. Sogar wurden dadurch einige Bergschlipfe verursacht, z. B. bei Wild, unweit Sargans in St. Gallen, bei Krinau in Toggenburg, an der Achalm bei Reutlingen, bei dem Dorfe Horgen, unweit Zürich. An einigen Orten will man, kurz vor und während Annal. d. Physik.B.88. St.4. J. 1828. Sı.4. Oo 578 dieser Erscheinungen, Erderschütterungen gespürt haben, wie am 22. und 25. October bei Hofsiädt im würten- bergischen Theile des Schwarzwaldes, am 28. im Wild- bad zwischen Calw und Vaihingen, an demselben Tage ‚an mehreren Orten in der ‘Schweiz und im südlichen Frankreich, — ja nach einer Nachricht sogar in Leip- zig *), am 30. Morgens 2 Uhr nach Mitternacht bei Nie- derweiler und Mühlheim im Breisgau am Fulse des Blauen — wo in 10 bis 15 Secunden drei Erdstöfse auf einan- der gefolgt seyn sollen, dann eine Viertelstunde später (oder vielleicht zugleich, bei so unsicherer Zeitbestim- mung) bei Gutach in Baden, und zu Hornberg und Schramberg **). Die Erscheinungen dieser letztern Art, das ganz Ueberraschende einer so grofsen, für die Jahreszeit un- gewöhnlichen und weit verbreiteten Ueberschwemmung hat Mehreren Anlafs zu der Vermuthung gegeben, dafs dieselbe nicht blofs durch atmosphärisches Wasser, son- dern durch ein Emportreiben des Flüssigen aus der Erde vermittelst von innen wirkender Kräfte verursacht wor- den seyn möge. Hie und da will man wirklich das Wasser aus der Erde hervordringen, ja gleich Springbrunnen aus dersel- ben hervorspritzen gesehen ***) haben. Indessen scheinen nicht alle Nachrichten dieser Art auf sehr zuverlässigen Wahrnehmungen zu beruhen, oder es scheinen wenig- stens manche vielleicht richtige Wahrnehmungen nicht *) „Die grolsen Stürme und Ueberschwemmungen in Deutschland, England, Frankreich, Rufsland und anderen Ländern Europa’s im J. 1524. Eine Erzählung der wichtigsten Thatsachen u. s. w. Leipzig, 1825. 8. p. 14.“ — Dieses WVerkchen ist eine nicht sehr geordnete und eben so wenig kritische Compilation von Nachrichten, die zwar viele Erzählungen von Zerstörung und Unglücksfällen, aber wenig Belehrendes über physische Verhält- nisse enthält. *) In derselben kleinen Schrift, p. 14. 15. und 35. ***) Ebendaselbst, p. 13. 14. und 19. 579 ganz richtig gedeutet worden zu seyn. Man würde zwar, wie mir scheint, Unrecht thun, wenn man die Mösglich- keit, dafs Wasser aus dem Innern der Erde hervorge- trieben werden könnte, bei diesen Ereignissen ganz in Abrede stellen wollte, da bei Erdbeben diese Erschei- nung allerdings vorgekommen ist, auch die in diesem Jahre so aufserordentlich häufigen und zum Theil sehr heftigen Erderschütterungen in vielen Gegenden der Erd- kugel auf aufserordentliche Bewegungen im Innern der- selben deuten. Ich kann daher hierin nicht unbedingt der Meinung beitreten, die Hr. Pr. Muncke — ohne nähere Rücksicht auf mehrere der wahrgenommenen ein- zelnen Erscheinungen zu nehmen — in dieser Hinsicht auf Voraussetzungen gegründet hat, welche wenigstens nicht die einzigen zu seyn scheiren, unter denen Was- ser dem Innern der Erde hervorgetrieben werden kann *). Aber Hr. Pr. Schübler hat in einem sehr lesenswer- then Aufsatze **) wenigstens die Möglichkeit dargethan, dafs die Ueberschwemmungen in den October- und No- vember-Tagen des Jahres 1824 auch ohne das Hervor- brechen unterirdischer Gewässer anzunehmen, blofs aus der Wirkung des atmosphärischen Wassers erklärt wer- den können. Was aber auch mit dafür spricht, ist, dafs in den Tagen dieser grofsen Ueberschwemmungen am Fufse des Schwarzwaldes u. s. w., doch auch in entfernteren Ge- genden, nach denen der Gewitterzug ging, Ueberschwem- mungen statt fanden, wenn sie gleich nicht so grofs und furchtbar waren wie jene. Dies geschah z. B. bei meh- reren dem Mayn zufallenden Flüssen, bei der Fulda, der Saar, der Blies, der Orne, der Ourthe, Meurthe, Vezonze u. s. w. Einzelne ausführliche Nachrichten über diese Vor- fälle s. Allgemeine Zeitung. 1824. No. 225. 349. 1825. *) Poggendorff’s Annalen. Bd. 3. p. 129. **) Ebendaselbst, p. 145. Oo 2 580. Beilage 67. — Preufsische. Staatszeitung. 1824. No. 265. 269. 271. 279. 282. 283. 301. — Moniteur. 1824. No. 323. 324. 345 346. ip: 2. Die Stürme im Canal und im Deutschen Meere, welche ungewöhnlich hohe Fluthen hervorbrachten, fin- gen schon ungefähr um dieselbe Zeit an, in welche die zuletzt erwähnten Ueberschwemmungen fielen. Man kann vielleicht schon die oben angeführte Meeresbewegung vom 13. September als eimen von derselben Disposition der Atmosphäre und der Erde herrührenden Vorboten der folgenden Erscheinungen betrachten. Vom 3. bis 5. No- vember wütheten Stürme von den Küsten der Nieder- lande bis in's Caltegat. _Am 3. November trieb eine hohe Fluth die Zlbe zurück und setzte die Insel Neu- werk ganz unter Wasser; bis nach Schweden wüthete der Sturm. Am 5. Abends wurde das Wasser im Lym- ford in Jütland, das am Morgen desselben Tages seinen niedrigsten Stand gehabt hatte, auf den höchsten getrie- ben. In Thüringen hatten wir in der Nacht vom 2. zum 3. einen fürchterlichen, und am 4. gegen 7 Uhr Morgens einen sehr heftigen Weststurm. (Gegen die Mitte des Monats erneuerte sich diese Frscheinung mit grölserer Stärke. Auch damals hatten wir in Thüringen, besonders am 10. Abends, in der Nacht vom 12. zum 13., und am 14. den ganzen Tag die heftigsten Südweststürme; wobei das Barometer in- dessen kaum 5 Linien unter seinem mittlern Stande war, dagegen es in Stockholm am 13. den niedrigsten Stand hatte, von welchem dort Nachrichten vorhanden sind. In und um #erzogenbusch hatte man am 15. einen sehr hohen Wasserstand. Die Binnenländer von Orthem, Ernpel, Alem, Maren, Kessel u. s. w. wurden so schnell unter Wasser gesetzt, dafs die Bewohner nichts zu ber- gen vermochten. Das Y bei Amsterdam war so ange- 581 schwollen, dafs die Keller und niedrigen Theile der Stadt unter Wasser standen. Am Helder war das Meer in der Nacht vom 14. zum 15. so hoch angeschwollen, als seit Menschengedenken nicht geschehen war. Am 13., 14. und 15. erfolgten an der Zi/bemündung (wo die Fluth 19 Fuls 3 Zoll stieg) und an den Westküsten von Holstein und Schleswig sehr hohe Fluthen und Ueberschwemmungen. Am 18. und 19. aber — da wir in Thüringen nur frischen, doch mälsigen Wind und beinahe mittlern Ba- rometerstand hatten — wütheten im Canal, im Deutschen und Dallischen Meere die furchtbarsten Stürme. Der Orcan, der sich am 18. erheb, ist eine der ge- waltigsten und merkwürdigsten Erscheinungen dieser Art, in Stärke, Geschwindigkeit und Wirkung. Seine Wir- kungen erstreckten sich vom Westende des Canals bis in das Ostende des Zinnischen Busens. Er scheint un- gefähr folgende Richtung genommen zu haben. Durch den Canal und zwischen den Küsten von England und Holland hindurchstreichend, wühlte .er das Deutsche Meer auf, verursachte zahlreiche Schiffbrüche an der Nordküste von „Jülland, zog über Golhenburg und Stock- holm mit immer zunehmender Gewalt, warf in Schweden ganze Wälder nieder, und bliefs mit gröfster Heftgkeit über das Baltische Meer in den Finnischen Busen hin- ein. Die Linie, die er auf diese Weise beschrieb, schemt eine zweimal gekrümmte gewesen zu seyn, und wurde vermuthlich durch die Lage und Richtung der Küsten und Bergzüge bestimmt. ihre Länge beträgt 370 bis 400 Stunden. In wie viel Zeit der Sturm diesen grofsen Raum durchlaufen hat, ist schwer auszumitteln, besonders da er mehrere Stunden anhielt, anfangs zunehmend und her- nach abnehmend. Es ist behauptet worden, dafs er den ganzen Raum in wenigen Minuten durchlaufen habe; doch diefs ist gewils übertrieben. In Plymouth tobte er am 18. gegen die Mitte des Tages, zerstörte viele Schiffe 582 und beschädigte stark den neuen riesenhaften Hafendamm, Breakmater genannt. An demselben Tage stieg bei Nym- wegen die Waal bis auf 21 Fufs 9 Zoll, und die Maas bei Grave 18 Fufs 14 Zoll. Abends 7 Uhr erreichte er in seiner gröfsten Kraft Christiania, zwischen 10 und 11 Uhr Abends Stockholm (wo man vor 10 Uhr nur einen gewöhnlichen starken Wind gehabt hatte; und bei St. Petersburg kam das Wasser erst am 19. Morgens 75 Uhr zum Steigen. Hier stieg die Fluth des durch den Orcan in den Finnischen Meerbusen zusammengetriebenen Meerwassers und des zurückgedrängten Wassers der Newa von dieser Stunde an bis 2 Uhr Nachmittags mit unglaublicher Kraft und Schnelle, und richtete dort die beklagenswerthen Zerstörungen an, die allgemein bekannt sind. Die Fluth stieg in der Newa zu St. Petersburg in folgenden Abk- stufungen über den gewöhnlichen Stand. 19. November 75 Uhr Morg,. = 3! 7 8 - Seel)! 9. = =, N DUNA 10 - = =i6 6 11 _ en 12 - le) 1 = Ah... =10 56 De -... 11108 Von diesem Zeitpunkte an fiel das Wasser und - Stand. MER, lass 11 - U) Noch am 23. und 24. erneuerten sich die Stürme und Fluthen im Cana!, und thaten an den Brittischen Küsten von Devonshire und an den Französischen um Havre de Grace vielen Schaden. Auch diese Stürme und Fluthen hat man hie und da auf Rechnung von sogenannten Zuckungen der Natur, Erd- beben u. s. w. schreiben wollen; von Bewegungen die- ser Art ist indessen damals (aufser dem Erdbeben auf 583 Lugon, 26. Oct.) nichts so Auffallendes wahrgenommen vorden, dafs es sich mit einiger Wahrscheinlichkeit auf diese Begebenheiten beziehen liefse. Wenigstens ist bei uns nichts davon bekannt geworden. ‘Wenn man daher die Meinung behaupten wollte, dafs die Orcane und Flu- then durchaus mit solchen Bewegungen in Verbindung gestanden haben müfsten, so würde man sich mit der vagen Vermuthung zu begnügen haben, dafs diese sich in Gegenden ereignet hätten, von denen keine Nachrich- ten zu uns gelangen. Aber, kann nicht allerdings eine Beziehung, oder wohl gar eine Analogie zwischen der Erscheinung aufserordentlicher Bewegungen in der Atmo- sphäre und der aufserordentlicher Bewegungen im Kör- per der Erde in der Art statt finden, dafs die eine Er- scheinung die andere vertritt oder vorstellt? und dafs gerade damals in dem Theile der Erde, in welchem die Orcane wütheten, eine andere Zuckung der Natur (wie man sagt) nicht statt gefunden hat, eben weil die erste Erscheinung eintrat? Immer liegt die Vermuthung nicht ganz fern, dafs besondere, vielleicht im Erdkörper selbst, und wo nicht allein, doch zugleich in seinen cosmischen Verhältnissen, gegründete Umstände die hefigen Bewe- gungen verursacht haben. Zu dieser Vermuthung wird man auch durch die, während auf einander folgenden fünf Monate, v. Sept. 1824 bis Ende Jan. 1825, statt gefundene fast periodische Wiederkehr dieser Erscheinun- gen geleitet. WVenigstens ist diese nicht durch die ge- wöhnliche periodische Wiederkehr der Meeresfluth allein zu erklären. Während des gesammten Zeitraums sollten die höchsten Fluthen der Syzygien im Canal, dem Deut- schen Meere u. s. w. fallen: auf 9. September gegen Mit- ternacht, 23. October gegen 8 U. Ab., 22. November gegen 8 U. Morg., 21. Dec. gegen 11 U. Abends. Die Stürme und Sturmfluthen aber, an dem zuletztgenannten Tage allenfalls ausgenommen, trafen nicht mit diesen Zeit- punkten zusammen. 584 Ausführliches über diese Ereignisse siehe in Allgem, Zeitung. 1824. No. 351. 354. 357. 358. 364. — Preufs. Staatszeit. 1824. No. 269. 271. 275. 276. 281. 282. 284. 289. 291. 295. — Moniteur. 1824. No. 331. 342. 346. 351. 3. In der Mitte des Decembers erneuerten sich die Stürme im Deutschen und Baltischen Meere, und in den diese Meere umgebenden Ländern. l Schon am 13., 14. und 15. erhoben sich heftige Sturmwinde bei Königsberg und am frischen Haff, von Gewittern begleitet, und trieben das Wasser des Pregels über die Ufer. | Yu Weit heftiger aber wurden dieselben vom 20. De- cember an. Am Abende dieses Tages wurden z. B. Karls- crona und Nyborg davon heimgesucht. Um Mitternacht verursachte ein mächtiger Südweststurm bei Königsberg in Preufsen wieder ein sehr starkes Austreten des Flusses. Am 22. und 23. tobte der Südweststurm durch Nord- Deutschland in der Breite von Hamburg bis zum Thü- ringerwalde. In Golha war derselbe in den ersten Mor- genstunden vom 23. wahrhaft fürchterlich. Er drückte im Schlosse Friedenstein mehrere Fenster ein, rifls einen Theil des Geländers an den nach diesem Schlosse von der Stadt führenden Auffahrten nieder, zerbrach an verschlossenen Thoren starke Balken, und verursachte srolse Windbrüche im 'T'hüringerwalde Das Barometer . war dabei 14 Uhr Morgens mehr als zehn Linien unter den mittlern Stand gefallen. Bemerkenswerth ist, dafs dieser Sturm in Nordosten, wohin er wehete, früher gewesen zu seyn scheint, als in Südwesten, woher er kam; da es am 21. in Königsberg war, und erst in der Nacht vom 22. zum 23. nm Ham- burg und Gotha. Das Gleichgewicht der Atmosphäre blieb aber noch länger gestört, da am 24. wieder ein heftiger Sturm in Stockholm, am 27. ein Sturm mit hoher Fluth bei Zmden, und am 28. ein Orcan bei Gothenburg tobte. S. Allgem. Zeit. 1824. No. 365. 368. — Preufs. Staats- zeitung. 1824. No. 305. u. 308 ; 1825. No. 2. 3. 13. — Sommer in Kastner’s Archiv. Bd. 5. p. 375. 585 IV. Veöer einen merkwürdigen FV etterschlag auf den Leuchtthurm zu Genua; vom Prof. LT. Kries ın Golha. In Januar-Stück von 1827 der in Mailand herauskom- menden Diblioteca italiana ertheilte der Professor Fer- dinando Elice in Genua von einem merkwürdigen Wetterschlage, der den mit einem Blitzableiter versehe- nen Leuchihurm in Genua, am 4. Januar 1827 um 6! Uhr des Morgens, getroffen hatte, in einem Briefe Nachricht. Der Thurm steht auf einem kleinen isolirten Hügel, der sich auf 48 Meter aus dem Meere erhebt, ist vier- eckig, an der Basis auf jeder Seite 9 Meter breit, und hat eine Höhe von 76,6 Meter. Die Leuchte auf der Spitze, die 4 Meter im Durchmesser hält und von oben mit Blei gedeckt ist, endigt sich in ein eisernes Kreuz, das aufser der mittlern Spitze auf dem Qucerstabe noch zwei Spitzen trägt, alle drei vergoldet und von gleicher Höhe. Von dem Kreuze geht ein aus drei Kupferdräh- ten, jeder 4” dick, bestehendes Geflechte herab, wel- ches den eigentlichen Ableiter bildet, und daher oben mit der übrigen metallenen Bekleidung in Verbindung gesetzt, längs dem T'hurme aber in einem Abstand von beinahe 2 Decim. von der Mauer herabgeführt ist, und sich mit einem Gewicht von 2 Kilogr. in einer Cisterne endigt, die 4” lang, 2" breit und 4” tief ist, und auf 2” tief mit Wasser gefüllt ist. Der Ableiter ist vor etwa 50 Jahren vom Mechaniker Rossi angelegt worden, und war durch die Länge der Zeit ganz oxydirt, die Spitzen aber sind seit der Zeit wohl 20 Mal erneuert worden, weil sie vom Blitz etwas geschmolzen waren; die milt- lere aber immer mehr, als die andern. Als der Blitz an dem gedachten Tage in den Thurn eingeschlagen hatte, untersuchten die Wächter, die sich 586 in demselben befanden, sogleich den Ableiter, und be- merkten folgendes: 1) Das Kreuz auf der Spitze war weg, bis auf die verticale Stange desselben, die, an ihrem Erle abgebro- chen, nicht geschmolzen war. 2) Der Ableiter war etwa 14” von dem untern Ende entzwei, ein Stück ungefähr 9" lang herausgerissen, und dieses wieder in 6 Stücke zertheilt, von denen fünfe nahe an der Mauer des Thurmes lagen, das sechste aber, einen halben Meter lang, sich in einer Entfernung von 12 Me- ter, nicht weit von einer Mauer fand, in welcher ein Loch von 15" war, das nach der Meinung der Leute von dem Blitze herrührte. 3) Die Enden aller dieser 6 Stücke waren mehr oder weniger geschmolzen, und eben so die beiden En- den des Ableiters selbst, zwischen welchen diese geses- sen hatten. Diefs sind also zusammen 14 Enden, und da jedes derselben aus 3 Drähten besteht, so hat man zusammen 42 Spitzen, die alle geschmolzen waren. 4) Weder der obere noch der untere Theil des Ab- leiters war weiter im geringsten beschädigt; beide Theile aber waren desorydirt, mit Ausnahme desjenigen Stücks, welches über die Leuchte auf der Spitze weggeht und mit den oben erwähnten Metallen in Verbindung steht. 5) Endlich war die Querstange des Kreuzes mit den darauf befindlichen beiden Spitzen auf mehr als 30” weit von dem Thurme weggeschleudert, ohne ein Zeichen von Schmelzung an sich zu tragen; die mittlere Spitze mufste noch weiter geflogen seyn, und hatte sich bei dem Abgange des Briefes noch nicht gefunden. Der Thurm selbst hatte nicht den geringsten Scha- den gelitten, und nur in der Cisterne waren die beiden Y'hürchen aufgebrochen und die 'Thürangeln losgerissen. Die 12 Menschen, welche zur Zeit des Einschlagens in dem Thurme waren, hatten einen flammenden Schein ge- 587 sehen, und nur einen einzigen Donnerschlag, wie der Knall einer Kanone, gehört. Weder an der Querstange des Kreuzes, noch an dem übrigen Eisen, war irgend eine Spur von Magnetismus wahrzunehmen, nur eine einzige Klammer fand sich, wel- che etwas Fisenfeile anzog. Der Verfasser dieser Nachricht ‚glaubt, dafs, wenn der Ableiter nur eine Spitze und eine längere Querstange gehabt hätte, und wenn die Cisterne geräumiger gewe- sen wäre, die Elektricität der Wolke in gröfserer Ent- fernung angezogen und allmälig abgeleitet worden wäre. Noch besser scheint es ihm, wenn der Thurm in der Ge- gend, wo der Ableiter zerrissen war, an den vier Ecken mit vier horizontalen, etwa 2” langen, Spitzen versehen gewesen wäre, die mit dem Ableiter in Verbindung ge- standen hätten; weil es ihm wahrscheinlich ist, dafs der Blitz den Ableiter nicht oben in der Spitze, sondern von der Seite an der zerrissenen Stelle getroffen habe; die l:orizontalen Spitzen würden daher die Heftigkeit des An- falls vermindert haben. Ich gestehe, dafs ich diesen Ansichten des Verfassers nicht beitreten kann. Zwar glaube ich auch, dafs eine einzige Spitze oben an dem Ableiter Zunreichend gewe- sen wäre, weil drei Spitzen, die nur eine gemeinschaft- liche Ableitung haben, nicht mehr wirken können, als eine einzige. Ja es ist die Frage, ob sie nicht eher stö- rend auf einander wirken, und dadurch die Wirkung der einzelnen geschwächt wird. Denn wenn durch die Elek- tricität der Gewitterwolke in dem Ableiter die entgegen- gesetzte Elektricität hervorgerufen wird, und wir uns diese als eine elektrische Materie denken, die in dem Ableiter heraufgezogen wird, so wird diese durch die Vertheilung unter drei Spitzen mehr geschwächt, und kann auf die entgegengesetzte Elektricität weniger wirken, als wenn sie auf eine einzige Spitze concentrirt wird. Ueber- diefs wirken die drei gleichartig elektrisirten Spitzen «@b- 588 sto/send auf einander, und schwächen dadurch ihre elek- irische Wirksamkeit. Auf alle Fälle hängt die Wirk- samkeit eines Ableiters, caeteris paribus, von seiner gan- zen Capacität ab, und diese kann durch den Ansatz von ein Paar Spitzen nicht sehr gewinnen. Ob aber in dem vorliegenden Falle der Ableiter bei einer einzigen Spitze, und wenn sie auch länger gewesen wäre, die Kraft er- langt hätte, wie der Verfasser meint, die Elektricität all- mälig aus den Wolken abzuleiten, ist eine andere Frage, worüber ich aus den weiter unten angeführten Gründen ihm nicht beistimmen kann, Eben so wenig scheint mir eine längere Querstange an dem Kreuz geeignet, die Kraft des Ableiters zu ver- stärken, denn was sind ein Paar Fufs mehr oder weni- ger gegen die Entfernung, aus welcher der Blitz herab- kommt? und findet der Blitz den Weg zu der längern Stange, so wird er auch die kürzere erreichen. Die Querstange überhaupt halte ich zur Ableitung für über- flüssig. Man hat sonst die Seitenspitzen an einem Ablei- ter für nöthig erachtet, um die von der Seite herkom- menden Strahlen aufzufangen. Aber man rechnete dabei auf die Kraft der Spitzen zu viel, und vielleicht auf die Heftigkeit des explodirenden Blitzes zu wenig Es’ ist genug, dals man ihm durch den Ableiter überhaupt einen Weg bahnt, auf welchem er zur Erde gelangen kann; ihm durch die Spitze auch das Pünktchen bezeichnen zu wollen, an welchem er den Weg treffen soll, heifst die Vorsicht zu weit getrieben. Was der Verfasser endlich durch eine Erweiterung der Cisterne für die Kraft des Ableiters zu gewinnen glaubt, ist mir am wenigsten verständlich. Reicht der Ableiter bis auf den Erdboden, so kann die eine Art der Elektricität durch ihn in die Erde abiliefsen, und die entgegengeselzte aus derselben herbeiströmen, in so gro- iser Nienge, als nur immer durch den Finflufs des Ge- witters auf den Ableiter möglich ist. Die Cisterne giebt 589 nicht die letztere her, so wenig als sie durch die erstere angefüllt wird, sondern der mit ihr in. Verbindung ste- hende Erdboden. Bei einer geräumigern Cisterne würde man nur den Vortheil haben, dafs nicht so leicht eine Aufsprengung der in ihr befindlichen Thüren statt finden könnte, die unstreitig durch den Stofs des Wassers und der Luft, die bei dem Durchfahren des Wetterstrahls plötzlich nach allen Seiten zurückgetrieben und ausge- dehnt wurden, bewirkt worden ist. Der Ableiter selbst “aber kann dadurch nicht die Kraft erlangen in gröfserer Entfernung auf die Gewitterwolke zu wirken. Ueberhaupt ist es mir eben so unwahrscheinlich, dafs die Kraft eines Ableiters sich bis zu der Gewitterwolke erstrecke, und ihr nach und nach die Elektricität entziehe, als dafs der Blitz die Entladung einer allmählig in der Wolke angehäuften Elektricität sey. Man mufs die metal- lene Spitze dem Conductur einer Elektrisirmaschine schon ziemlich nahe bringen, wenn eine bedeutede Wirkung erfolgen soll; wie weit ist dagegen die Spitze des Ablei- ters noch von der Wolke entfernt! Die gröfsere Kraft der Gewitterwolke mag zwar in weiterer Entfernung auf den Ableiter wirken, als der Conductor auf die Spitze, aber der Ableiter kann ihr nach Verhältnifs nicht mehr entziehen, als diese dem Conductor. Ferner ist die Wir- kung des Ableiters, wenn sie sich auch bis zur Wolke erstreckt, zunächst nur auf einen einzigen’Punkt dersel- ben gerichtet, und kann daher nur sehr gering seyn. Denn die Wolke ist keineswegs ein so leitender Körper, wie der Conductor einer Elektrisirmaschine; sie läfst da- her ihre Elektricität nicht so leicht fahren, und wenn sie auch an einer Stelle einigen Verlust erleidet, bleibt ihr elektrischer Zustand im übrigen ungeändert. Ist aber der Blitz nicht die Folge einer allmähligen. Anhäufung der Elektrieität in der Wolke, sondern wird er, wie de Lüc und Andere mit guten Gründen behauptet haben, durch irgend einen chemischen Prozels plötzlich erzeugt, so kann 590 der Ableiter um so weniger ihn allmählig zur Erde füh- ren, und seiner Entstehung gleichsam vorbeugen. Ich stelle mir vor, dafs die Spitze eines Ableiters der sie umgebenden Luft beständig einen Theil ihrer freien Flektricität entzieht und zur Frde ableitet. Gewöhnlicher- weise ist nur die Elektricität so schwach, dafs keine Zei- chen derselben am Ableiter wahrzunehmen sind. Ist aber die Luftelektricität beträchtlich, so kann man an einem gehörig angebrachten Elektrometer die Kugeln aus ein- ander fahren, und an einem künstlich unterbrochenen Ableiter sogar Funken von einem Theil zum andern über- springen sehen, ohne dafs ein Gewitter am Himmel ist *). Diels geschieht also auch bei einem vorhandenen Gewit- ter; und dadurch entsteht um die Spitze des Ableiters herum in der Luft der entgegengesetzt elektrische Zu- stand von dem der übrigen Luft und der Gewitterwolke; und dieser elektrische Wirkungskreis des Ableiters ist nach Verschiedenheit der Umstände — der Stärke der Luftelektricität, der Leitungsfähigkeit der Luft — gröfser oder kleiner, und trägt daher mit dazu bei, einen in *) Auf dem einen Thurm des hiesigen Herzogl. Schlosses ist der Blitzableiter, der aus starken eisernen Stäben besteht, durch das Fenster in ein Zimmer hineingeführt, und endigt sich hier in horizontaler Richtung in eine messingene Kugel. In einem klei- nen Abstande von dieser ist er weiter fort und zu demselben Fenster hinaus nach der Erde geleitet, das obere Ende aber ist mit einem verschiebbaren Messingstück, das sich gleichfalls in eine Kugel endigt, versehen, wodurch man es in seiner Gewalt hat, die beiden Kugeln einander so nahe zu bringen, als man will, oder auch auf etwa einen halben Fufs weit von einander zu entfernen. Hier hat man oft Gelegenheit, bei starker Luft- elektricität, ohne Gewitter, z. B. während eines Graupeln - Wet- ters, die Funken mit grofser Lebhaftigkeit überspringen zu sehen. Ist ein Gewitter in der Nähe, so sind die überspringenden Fun- ken, so oft es blitzt, auffallend stärker, als vorher und nachher — aus demselben Grunde, aus welchem bei der Entdeckung von Galvani die Froschpräparate zuckten, so oft ein Funken aus der Elektrisirmaschine gezogen wurde, und das anatomische Mes- ser gegen den Frosch gekehrt war. 591 der Nähe ausbrechenden Blitzstrahl auf den Ableiter zu führen. Der Vorschlag des Verfassers, den Thurm in der Mitte an seinen vier Ecken mit horizontalen Spitzen zu versehen, scheint mir von keiner praktischen Brauchbar- keit. Denn da man nicht vorher wissen kann, an wel- cher Stelle ein seitwärts auffallender Blitz den Ableiter treffen möchte, so läfst sich auch nicht bestimmen, wo die Spitzen am besten anzubringen wären; man mülste es also in verschiedenen Höhen thun, und dadurch würde der Ableiter nicht nur kostbarer, sondern auch zusam- mengesetzter werden, und ein seltsames Ansehen erhal- ten. Ja es :wäre die Frage, ob durch solche Spitzen, die doch ziemlich tief in der Mauer befestigt seyn müfs- ten, nicht ein Strahl oder ein Theil desselben in die Mauer selbst hineingeleitet werden könnte. Ich kann aber auch nicht der Meinung des Verfas- sers seyn, dafs der Blitz den Ableiter an der Seite ge- troffen habe. Zwei Umstände scheinen mir offenbar da- gegen zu sprechen: 1) dafs das Kreuz an der Spitze des Ableiters abgebrochen, und die mittlere Spitze desselben so weit weggeschleudert war, dafs man sie nicht wieder aufgefunden hat; 2) dafs der obere Theil des Ableiters so gut als der untere nach dem Wetterschlage desory- dırt war. Das Letztere ist doch wohl eine unmittelbare Wirkung des Blitzes? und wodurch konnte das Erstere anvers als durch den Blitz selbst bewirkt worden seyn? Die blofse Erschütterung durch einen Seitenschlag, noch obendrein in so beträchtlicher Entfernung von der Spitze, würde dazu nicht hinreichen; auch würde dann das ganze Kreuz wohl gerade heruntergefallen, nicht auf 30 Meter weit fortgeschleudert, und die mittlere Spitze nicht von den übrigen getrennt worden seyn. Finem Windstofs, den der Blitz verursacht hätte, bietet ein solches Kreuz so wenig Fläche dar, dafs es eben so unwahrscheinlich ist, dafs es dadurch abgebrochen seyn sollte. Dagegen 592 ist es gar nichts seltenes, dafs der Blitz bei seinem An- fall den obern Theil eines Gegenstandes abbricht und herabwirft. In „Reimarus neuern Bemerk. vom Blitze“ kommen mehrere Beispiele vor, wo die Auffangestange eines Ableiters vom Blitze gebogen, oder auch wirklich abgebrochen wurde. Aber der Verfasser hat vielleicht einen Grund für seine Meinung darin gefunden, dafs an der abgebrochenen Stange keine Schmelzung sichtbar war, während da, wo der Ableiter zerrissen war, alle 42 En- den angeschmolzen waren. Diefs könnte allerdings be- fremden, da, nach van Marum’s Versuchen, Eisen durch Elektriecität leichter geschmolzen wird, als Kupfer. Allein die Dicke des Metalls macht hiebei einen grofsen Unter- schied, und man kann sich denken, dafs’ die eiserne Stange viel dicker war, als die kupfernen Drähte. Auch Rei- marus führt einen Fall an ($. 45.), wo drei eiserne Auffangspitzen durch den Blitz abgeschnellt wurden, und wo das zerschmetterte Eisen fast wie eine Bürste herab- gehangen hatte; also nicht geschmolzen war. Die Zerreifsung des Ableiters in so grofser Enifer- nung von der Spitze ist wohl nur ein Beweis, dafs: der Blitz bei seinem Herunterfahren an demselben hier einen Widerstand fand, wodurch eine Platzung bewirkt wurde, dergleichen ja so oft entsteht, wenn durch den Rost oder eine schlechte Verbindung zweier Metallstücke die Lei- tung unterbrochen wird. Hier konnte bei einem gefloch- tenen Ableiter, der überdiefs, wie ausdrücklich bemerkt wird, schon ganz oxydirt war, leicht durch dazwischen getretenes Wasser oder andere Unreinigkeiten eine Stok- kung entstehen. Vielleicht war selbst durch den Rost das Kupfer an dieser Stelle mürber, als an den übrigen. Es bedurfte also nicht erst des gewaltsamen Stofses beim Auffallen des Blitzes, sondern die blofse Platzung beim Durchgange desselben war, bei einem so heftigen Wet- terstrahl, als dieser gewesen seyn mufste, stark genug, um eine Zerreilsung zu bewirken. Eben dieses Beispiel aber s 593 aber möchte ein Beweis seyn, dafs solide Ableiter den . geflochtenen vorzuziehen sind. Auf der andern Seite lehrt ‚ dafs ein guter Ableiter, selbst bei einer so argen Verletzung, doch noch einen Blitz glücklich abzuleiten und ein Gebäude zu schützen vermag. Merkwürdig ist die Wirkung le: Blitzes auf den Ableiter, ihn zu .desoxrydiren. Sonst ist die Wirkung der Elektricität auf Metalle eher die entgegengesetzte: sie werden durch starke Schläge oxydir. Doch hat auch van Marum Metalloxyde durch Entladung einer starken ‘ Batterie zum Theil wieder hergestellt; und mit der Vol- taischen Säule lassen sich bekanntlich beide Wirkungen hervorbringen, je nachdem man das regulinische Metall mit dem positiven, oder das Metalloxyd mit dem negati- ven Pol verbindet. Hier, glaube ich jedoch, ist nicht das Kupferoxyd durch den Blitz reducirt, sondern ver- flüchtigt worden, worauf das darunter liegende reine Ku- pfer, das durch Elektrieität nur sehr schwer oxydirt wird, zum Vorschein gekommen ist. Das Aufsprengen der Thürchen in der Cisterne ist ein Beweis, wie leicht durch den Blitz eine Platzung ver- ursacht wird, wenn er in einen eingeschlossenen Behäl- ter, und eben so, wenn er in den Erdboden hineinge- leitet wird. Daher scheint es besser zu seyn, den Ab- leiter nach dem Vorschlage von Reimarus, nur bis; an den Erdboden, als in denselben hineinzuführen. Ist der Blitz erst glücklich bis an die Erde gebracht, dann kann man ihn wohl füglich sich selbst überlassen. Er findet hier Raum genug, sich auszubreiten und mit der Erde zu verbinden, und es ist nicht abzusehen, wie er dem Ge- bäude weiter schädlich werden sollte. Ein anderes wäre es, wenn ein Gebäude in seinen Souterrains noch grofse Massen von Metall, oder Kohlen, oder andern vorzüg- lich leitenden Stoffen enthielte; dann möchte es rathsam seyn, dem Blitz auch noch unter der Erde eine bestimmte Richtung zu geben. Annal. d. Physik.B.88. $t.4. J. 1828. Sı.4. Pp 594 Noch ein Umstand, der bei diesem merkwürdigen Wetterschlage eine Aufmerksamkeit verdient, ist die eigen- . thümliche Beschaffenheit des Donners, welchen die Leute im Thurme hörten: er war nicht von dem gewöhnlichen. Geprassel und Rollen begleitet, sondern bestand in einem einzigen Schlage, gleich dem Knall einer Kanone. Eben so beschreiben auch andere Personen den Donnerschlag eines in der Nähe einschlagenden Blitzes, und ich habe dieselbe Erfahrung im vorigen Sommer zu machen Ge- legenheit gehabt, als ein Blitz den oben erwähnten Ab- leiter auf dem hiesigen Schlosse traf, das nicht weit von meiner Wohnung entfernt ist. Denselben Donnerschlag aber hören entferntere Personen auf die gewöhnliche Art. Es entsteht also die Frage: woher diese Verschiedenheit? Mir scheint der Knall in der Nähe des Blitzes die unmittelbare Wirkung von dem Durchfahren des Blitzes durch die Luft, und das im Grolsen zu seyn, was das Platzen bei dem Ueberspringen des elektrischen Funkens an unsern Maschinen im Kleinen ist. Die ungeheure Er- schütterung, die dadurch in der Luft in der Nähe des Blitzes entsteht, mach!, dafs schwächere Bewegungen in ihr daselbst nicht verspürt werden. Der Donner aber ist, nach der Meinung mehrerer Physiker, nicht blos das . Erzeugnifs des Blitzes, sondern dieselbe Ursache, die den Blitz erzeugt, die chemischen Zersetzungen in der Wolke, haben auch an der Entstehung des Donners Antheil. Die dadurch bewirkten schwächern Erschütterungen der Luft verbreiten sich in die Ferne, vermischen sich daselbst mit dem durch den Blitz hervorgebrachten, in der Ferne immer schwächer werdenden, auch durch vielfache Reflexe modi- ficirten, Erschütterungen, und bringen so das mannigfal- tige Getöse des Domners hervor. Es wäre der Mühe werth, wenn es möglich wäre, Beobachtungen darüber zu sam- meln, wie der. Donner eines und eben desselben Wet- terschlages sich in verschiedenen Entfernungen ausnimmt. Schade nur, dafs man nicht, wie Lichtenberg sagt, den Donner auf Noten setzen kann, um seine Beschaf- fenheit mit der gehörigen Deutlichkeit zu bezeichnen. 595 V. Einige Bemerkungen über das Gesetz der elektrischen Absto/sung; von P. N. C. Egen in Soest. H..; Hofrath Muncke hat meine Untersuchungen über das elektrische Repulsionsgesetz sehr vollständig in der neuen Ausgabe des Gehler’schen physicalischen Wör- terbuchs aufgenommen, und sie mit wohlwollenden Be- - merkungen begleitet. Ich fühle mich dadurch um so mehr zum Danke verpflichtet, als ein Paar andere Physiker meinen Aufsatz über den Ursprung der Feuer-Meteore. in anderm Sinne behandelt haben; man hat die dort aus- gesprochenen, mir eigenthümlichen, Ideen benutzt, ohne sich weiter die geringe Müh> zu geben, ihren Ursprung zu nennen. Im Novemberhefte der Göttingischen Gel. Anz.’ von 1827 werden die drei ersten Bände des physicalischen Wörterbuchs angezeigt. Der Herr Refer. nimmt hier die Versuche des würdigen Herrn Hofrath Mayer über das elektrische Repulsionsgesetz gegen die meinigen in Schutz. Ich würde die Sache mit Stillschweigen übergangen haben, wenn ich nicht geglaubt hätte, einen Vorwurf entkräften zu müssen, der meinen Versuchen gemacht wird. Es wird behauptet, in meinen Versuchen seyen nicht allein die Kugeln elektrisirt gewesen, sondern die Elek- tricität habe sich auch den dünnen Stängelchen von Gum- milack, an welchen sie befestigt waren, mittheilen müs- sen. Ich mufs dieser Behauptung durchaus widerspre- chen. Ich habe mich während der Versuche zu wieder- holten Malen überzeugt, dafs die Stängelchen keine be- merkbare Spur von freier Elektricität zeigten. Ich erin- nere hier, dafs die Kugeln nur sehr schwach elekttrisirt wurden. Wer so delicate Versuche machen will, darf nur mit geringer Menge von Elektricität operiren; diefs ist die erste Rücksicht, worin es viele verfehlen. Ich Pp* 596 besitze die elektrische Waage noch. Die Stängelchen haben 0,52 Linie Durchmesser. Noch heute, wo ich die- 'ses schreibe, stellte ich Versuche an, um:zu sehen, ob sich die schwache Elektricität der Kugeln den Stängel- chen nicht in sehr schwachem, früher übersehenem Grade mittheile. Nochmals fand ich bei den schärfsten Proben keine Spur. Der Herr Referent behauptet, die den Stängelchen mitgetheilte Elektricität müsse mit in Rechnung genom- men werden. Hätten die Stängelchen Elektricität aufge- nommen, so wäre es der feinsten Analysis unmöglich gewesen, die Versuche zu berechnen, weil immerhin die Vertheilung der Elektricität in den Stängelchen unbekannt geblieben wäre. Wohl aber läfst sich sehr leicht zeigen, dafs in dem Falle meine Versuche nicht auf einen klei- nern, sondern auf einen grölsern Exponenten hindeuten würden, als den ich berechnete. Der Einwurf des Herrn Referenten ist also gegen ihn selbst gerichtet, nicht ge- gen mich. Es seyen a und 5 die Mittelpunkte der Kugeln, c sey ein Punkt des Stän- gelchens, der ebenfalls freie Elektricität enthält. Rückt nun der Punkt 5 nach 6! in eine doppelte Entfernung von a, so ist erstlich die Entfernung b/c nicht die doppelte von be, und dann wirkt die Re- pulsionskraft in der Linie 5/c unter einem weniger spitzen Winkel auf den Wagebalken, als in der Linie de. Beide Umstände bewirken, dafs die Bepulsionskraft, die vom Punkte c abhängt, in geringerm Maafse abnimmt, als die Abstofsung, die sich auf @ bezieht. Der unter Vernachlässigung des Repulsionspunktes ce berechnete Ab- 597 stofsungs-Exponent würde also vergröfsert werden müs- sen, wenn der Punkt c wirklich thätig wäre. Mit gutem Vorbedacht habe ich ferner die Beobach- tungspaare in der Ordnung angestellt, dafs ein Verlust der Elektricität den gesuchten Exponenten verkleinerte, damit meinen Versuchen nicht möchte der Vorwurf ge- macht werden, ein fehlerhaftes Verfahren babe die vor- gefalste Meinung bestätigt. Ich war versichert, dafs jener Verlust so unbedeutend war, dafs er den Exponenten nur unmerklich verringerte Dais ich einen etwas klei- nern Exponenten fand, als die Theorie es fordert, beruht fast lediglich auf dem schon früher angegebenen Grunde. Vielleicht werde ich später noch Gelegenheit haben, diels nachzuweisen. Die Einwürfe, welche ich gegen die Gültiekeit der aus den Versuchen des Hrn. Hofr. Mayer gezogenen Resultate aufgestellt habe, sind sämmtlich unverwerflich. ich werde mich wohl gehütet haben, einem so tüchtigen Physiker gegenüber, seichte Gründe aufzustellen. Hr. Hofr. Muncke fehlt darin, dafs er glaubt, die Elektri- cität vertheile sich in zwei Flaschen unter übrigens glei- chen Umständen, nach dem Verhältnisse der belegten Flä- che, in welchem Punkte er also einem meiner Einwürfe widerspricht. Nur auf der Oberfläche einer Kugel ist die Elektricität gleiehförmig vertheilt, auf keiner andern begränzten (endlichen) Fläche. Nun sieht man leicht ein, dafs bei ungleicher Vertheilung der Elektricität sich nicht überall die Elektricitätsmassen wie die abgetheilten Flächen verhalten. Namentlich tritt dieser Fall bei un- gleich hohen, oder ungleich weiten Flaschen ein. Die Analysis weiset dieses mit aller Sicherheit nach. Es sollte, wie ich meine, überhaupt in Deutschland die Analysis mehr auf die Physik angewandt werden. Namentlich in der Lehre von der Elektricität würde bei solchem Vor- trage, der dennoch ziemlich elementar gehalten werden kann, kein Zweifel darüber entstehen, ob die freie Elek- tricität beim Gleichgewichte blofs an der Oberfläche der 598 Körper verbreitet sey, oder auch in die Körper eindringe; man würde nicht solche Darstellungen des elektrischen Wirkungskreises finden, als bei uns, selbst in vortreffli- chen Lehrbüchern, vorkommen. Ich wünschte Mufse zu haben, die elektrische Re- pulsion und Attraction auf einem neuen Wege zu erfor- schen, der wahrscheinlich den wahren Exponenten noch genauer geben würde, als ich diesen bisher fand. Ich würde in einen rings umschlossenen Raum an einen ein- fachen Cocon- oder Spinnefaden ein dünnes Gummilack- Stängelchen horizontal aufhängen, das vorn eine Kugel, und an irgend einer andern Stelle, von der Kugel ent- fernt, ein Stückchen Kork trägt. In dieses Korkstück- chen würde ein magnetisches Dräthchen gesteckt. Da- durch erhielte das Stängelchen eine bestimmte Richtung, und die Kräfte, welche dasselbe aus dieser Richtung lenk- ten, müfsten dem Sinus der Elongationswinkel propor- tional seyn. Man hat es bei dieser Einrichtung ganz in seiner (sewalt, die Drehungskraft durch ein gröfseres oder kleineres, stärker oder weniger stark magnetisirtes Dräth- chen zu bestimmen. Uebrigens würden die Versuche an- gestellt, wie bei der Coulomb’schen Drehwaage, nur dafs dort der ganze Apparat gedreht werden müfste, wäh- rend bei dieser nur der obere Zeiger fortgeführt wird. Bei sorgfältiger Entfernung aller störenden Einwirkungen der Umgebung, und bei Uebung im feinen Beobachten, müssen nach dieser Methode sehr zuverlässige und genaue Resultate gewonnen werden. Es ist mir hier nicht um das Verfechten einer Mei- nung zu thun. ‘Ich suche, ohne Vorurtheil und redlich, in meinen Arbeiten das Wahre zu erforschen, und ich werde mich darum gewils aufrichtig freuen, wenn von Göttingen aus künftig überzeugende Versuche und Be- weise in der hier verhandelten Sache ausgehen, selbst daun noch, wenn das, was ich bis dahin für wahr halte, dadurch fallen müfste. y 599 | VI. Ueber die Erscheinung der Farbenringe; von Hrn. Fresnel*). Man weils, dafs durch die Interferenz zweier Reihen von Lichtwellen nur dann in den Punkten, wo ihre vibra- torischen Bewegungen entgegen gesetzt sind, eine voll- ständige Dunkelheit entstehen kann, wenn diese Bewe- gungen gleiche Stärke haben. Es scheint indefs im er- sten Augenblick, als könnten die Strahlen, die vom zwei- ten Glase reflectirt werden, nicht völlig gleiche Intensität mit den an der untern Fläche des ersten Glases reflectir- ten Strahlen besitzen, weil diese partielle Reflexion den auf das zweite Glas fallenden Strahl schon geschwächt hat. Deshalb glaubte ich, dafs bei den dunklen Ringen der beiden oder der drei ersten Ordnungen eines homogenen Lichts das dunkle Schwarz von den geringen Lichmjenee her- rührte, welche von dem Glase reflectirt würde. Ich weils nicht, ob Hr. Young denselben Irrthum begangen hat; aber meinerseits ist er um so weniger zu entschuldigen, als ich Gelegenheit hatte, das dunkle Schwarz der dunk- len Ringe unter sehr schiefen Neigungen und fast unter der, bei welcher die Reflexion total wird, zu beobach- ten, und zwar durch Anwendung zweier Prismen, die mit ihren Grundflächen, von denen eine schwach gekrümmt war, gegen einander lagen, so dafs das Licht, welches an der Eintrittsfläche des oberen Prisma’s reflectirt wurde, sich nicht. mehr mit dem mischte, welches die Ringe er- zeugte. Dieser Versuch war mir nicht gegenwärtig, als ich die Erklärung der Farbenringe niederschrieb. Ich ®) Diese Notiz ist von Hrn. Fresnel späterhin in den Annal. de chim. et de phys. T. XXIII. p. 129. bekannt gemacht; sie berichtigt einen Fehler in der Erklärung der Farbenringe, auf den Hr. Fresnel durch Hrn. Poisson aufmerksam gemacht wurde. pP. 600 bin auch erstaunt, wie es mir nicht beigefallen ist, die Wirkung einer Unzahl von Reflexionen, die zwischen den beiden Flächen einer Luftschicht geschehen, in einem Augenblicke zu berechnen, wo ich eine ähnliche Rech- nung anstellte, um meine Formeln für die Intensität des unter schiefen Neigungen reflectirten Lichtes zu verglei- ‘chen mit den Beobachtungen des Hrn. Arago über die totalen Lichtmengen, welche von einer Glasplatte zurück- geworfen und durchgelassen werden *). Um durch diese Rechnung, wie es Hr. Poisson gethan, zu erweisen, dafs die Mitten der dunklen Ringe durchaus schwarz seyn müssen, brauchte ich nicht seine Formel (oder vielmehr Hrn. Young’s Formel, weil die- ser sie zuerst gegeben hat) für die Intensität des unter senkrechter Incidenz reflectirten Lichtes zu kennen; denn das in Rede stehende Theorem ist unabhängig von die- ser Formel, wie von jenen, welche ich für schiefe Inci- denzen gefunden habe. Die einzigen, zum Beweise die- ses Satzes nöthigen Bedingungen sind: dafs die beiden durchsichtigen, sich berührenden Körper ein gleiches Re- flexionsvermögen haben, und, dafs das Licht, an der er- sten und zweiten Fläche einer und derselben Glasplatte in gleichen Verhältnissen reflectirt werde. Diese zweite - Bedingung ist aber bei der Reflexion des Lichts in durch- sichtigen Mitteln ein allgemeines Gesetz, Hr. Arago hat sich durch sehr genaue Versuche überzeugt, dafs, wenn man einen Lichtbündel auf eine Glasplatte mit pa- rallelen Flächen fallen läfst (unter welcher Neigung es übrigens auch geschehen mag), eben so viel. Licht an ®) Annales de chim. et de phys. Tom. XVII. Diese Rechnung weicht nur darin von der andern ab, dafs es die lebendi- gen Kräfte oder die Quadrate der absoluten Geschwindigkei- ten sind, welche man bei einer dicken Glasplatte hinzufügen muls, und nicht die einfachen Geschwindigkeiten, wie bei der dünnen Luftschicht, welche die Farbenringe reflectirt; übrigens hat man in dem einen Falle, wie in dem andern, immer eine unendliche geometrische Reihe zu summiren. 681 der ersten Fläche, aufserhalb der Platte, reflectirt wird, wie an der zweiten Fläche, innerhalb der Platte. Aus dieser einzigen Thatsache läfst sich, ohne irgend eine Formel, leicht erklären, weshalb die dunklen Ringe, selbst bei sehr schiefen Incidenzen, ein so dunkles Schwarz dar- bieten. Um die Rechnung zu vereinfachen, beziehe ich die absoluten Geschwindigkeiten, welche die Aethertheilchen durch die Lichtwellen, die sich in den beiden auf einan- der gelegten durchsichtigen Körpern und der zwischen ihnen eingeschlossenen Luftschicht fortpflanzen, erhalten haben, auf ein gemeinschaftliches Mittel, auf dasjenige z. B., worin die Interferenz aller reflectirten Lichtwellen vor sich geht; d. h. ich setze die. absoluten Geschwin- - digkeiten der Theilchen in den drei Mitteln als multipli- cirt durch einen solchen Factor voraus, dafs sie, in dem Mittel, auf welches man sie bezieht, lebendige Kräfte oder gleichwerthige Lichtmengen darstellen; auf diese Weise ist es nicht mehr nöthig, die verschiedenen Dichten der drei sich berührenden Mittel auszudrücken, weil alle ab- soluten Geschwindigkeiten als in demselben Mittel gerech- net angesehen werden. Diefs vorausgesetzt, nehmen wir zur Einheit den gemeinschaftlichen Coöäfficienten der ab- soluten Geschwindigkeiten in den Lichtwellen, welche auf die erste Fläche der Luftschicht fallen; bezeichnen wir durch m den gemeinschaftlichen Coöfficienten der absoluten Geschwindigkeiten in den reflektirten Wellen, und durch z den der durchgelassenen Wellen; dann haben wir, da wir voraussetzen, dafs kein Lichtverlust statt finde: m?’ +-n?—=1l denn, wenn die absoluten Geschwindigkeiten 1, m, n auf ein und dasselbe Mittel bezogen werden, sind die entsprechenden Lichtmengen proportional dem Quadraten dieser ne Für das durch die Le hin! Keneude Licht wird 602 die Intensität 2 der absoluten Geschwindigkeiten, nach seiner Reflexion an der zweiten Fläche dieser Schicht, mn, weil wir beiden auf einander gelegten Gläsern glei- ches Heflexionsvermögen zuschreiben, und weil, wenn ein Strahl auf eine durchsichtige Platte fällt, gleiche Mengen von Licht innerhalb und auiserhalb der Platte reflectirt werden. Aber, wie Hr. Young zuerst bemerkt hat, müs- sen die absoluten Geschwindigkeiten entgegengesetzte Zei- chen erhalten, je nachdem die Reflexion aufserhalb oder, innerhalb des dichteren Mittels geschieht. Wenn man also, für die Reflexion an der ersten Fläche der Luft- schicht, 2 positiv nimmt, wird der Coöfficient mn, wel- cher der Reflexion an der zweiten Yiäche entspricht, nega- tiv und zwar gleich —mn?, nachdem die Strahlen die obere Fläche zum zweiten Male durchdrungen haben. Ich nehme an, dals der Weg, den sie in der Luftschicht, nach- dem sie dieselbe zwei Mal durchliefen, zurückgelegt ha- ben, gleich ist einer Undulation oder einer ganzen Zahl von Undulationen, so dafs er weder an der Gröfse noch an dem Zeichen der absoluten Geschwindigkeiten, die gleichzeitig zum Interferenzpunkt hingeführt werden, etwas ändert. Während ein Theil dieser Strahlen zum Blätt- chen hinausgeht, wird ein anderer in das Innere reflectirt, darauf durch eine dritte Reflexion an der untern Fläche zu der oberen Fläche zurückgeführt, und endlich seiner- seits durchgelassen. Die absolute Geschwindigkeit, wel- che sie herbeiführt, wird folglich durch — m®.n? dar- gestellt; diejenige, welche die Wellen erhalten, die zwei Reflexionen erlitten haben, wird seyn —ın?,n?, und so fort. Die totale Summe der absoluten Geschwindigkei- ten, welche die an den beiden Flächen der Luftschicht refleclirten Wellen besitzen, wird also gleich seyn: m — mn? —m?n” —m’n?— u, Ss. w. oder: n2 m(l—n?(1--m?’--m*++-...)) oder m(1-, 603 oder endlich: m (IT a 1— m? aber m®-F2°—1; mithin wird die Summe der absolu- ten .Geschwindigkeiten, und folglich auch das reflectirte Licht, Null seyn. Folglich werden auch die reflectirten Ringe ein vollkommnes Schwarz an den Punkten zeigen, wo der Unterschied in dem Gange zwischen den an der ersten und zweiten Fläche der Luftschicht reflectirten Strahlen gleich ist der Länge einer Undulation oder einer ganzen Zahl von Undulationen. Ich nehme hier an, dafs die Lichtmengen, welche zurückgeworfen und durchgelassen werden, für gleiche Incidenzen gleich bleiben, wie viele Reflexionen auch vorangegangen seyn mögen. Diefs ist nur dann genau, wenn das Licht parallel oder senkrecht gegen die Ein- fallsebene polarisirt ist, weil alsdann seine Vibrationen nach dieser Ebene oder nach einer auf ihr senkrechten Richtung geschehen, und sie also durch die successiven Reflexionen nur ihre Intensität und nicht mehr ihre Rich- tung ändern. Es sind also nur die gegen die Einfalls- ebene parallelen oder senkrechten Vibrationen, auf wel- che man den obigen Calcul anwenden darf; da man aber die Schwingungen der einfallenden Strahlen immer in pa- rallele und senkrechte gegen die Einfallsebene zerlegen kann, wenn bei keinem dieser beiden componirenden Sy- stemen eine totale Reflexion statt findet, so giebt es in keinem Falle noch reflectirtes Licht. Die Rechnung, welche ich eben angestellt habe, setzt auch voraus, dafs die Flächen der Luftschicht vollkom- men parallel sind, so dafs der Zwischenraum, welcher sie trennt, für jede beliebige Zahl von schiefen Reflexio- nen constant bleibt. Diels ist aber bei dem gewöhnli- chen Versuch mit den Farbenringen nicht mehr der Fall. Es ist daher möglich, dafs man, wenn die Incidenz sehr schief wäre, die Krümmung der in Berührung stehenden Gläser in Rechnung ziehen müfste, eben so wie die Va- 504 riationen, die daraus für die Bahn erfolgen, welche die nämlichen Strahlen zu durchlaufen haben, um von einer Fläche zur andern überzugehen. VI. DÜeber die Gewinnung des Te, Zur Ausziehung des Jods aus der Mutterlauge von Kelp, sagt Berzelius in seinem 8. Jahresberichte, $. 82. d. O., hat Soubeiran (Journ. de pharm. XIL. p. 421.) eine, wie es scheint, ganz beachtungswerthe Verbesserung an- gegeben, die selbst die Benutzung einer Mutterlauge von sehr unbedeutendem Jodgehalt erlaubt. Sie besteht darin, dafs man das Jod mit schwefelsaurem Kupferoxyd fällt; da aber diefs Metall die Eigenschaft hat, dafs es kein Jod:d sondern nur ein Jodür bildet, so wird dabei die Hälfte des Jods frei in der Flüssigkeit, Um auch diese zu fällen, vermischt er die Flüssigkeit mit Kupfersalz in Ueberschufs und mit Eisenfeilspähnen; dadurch fällt, neben metallischem Kupfer, eine neue Portion Jodür nieder, die man von den überschüssigen Eisenspähnen leicht abschlem- men kann. — Ich habe "sefunden, dafs sich diese elwas zusammengesetzte Fällung mit gröfster Leichtigkeit in einer Operation ausführen läfst, wenn man 1 Th. krystallisir- ten Kupfervitriol und 2. Th. gemeinen Eisenvitriol zu- sammen in Wasser löst, und diese Lösung so lange in die Mutterlauge tröpfelt als noch ein Niederschlag entsteht. Das erhaltene Kupferjodür wird abfiltrirt, gewaschen und getrocknet. Es kann entweder durch Schwefelsäure und Braunstein zersetzt werden, wobei indels mit dem Jod zugleich Wasser übergeht, oder, wie auch Soubeiran angiebt, durch Braunstein allein, indem man es damit mischt und in einer Retorte mit Vorlage, die gewechselt werden kann, erhitzt. Zuerst geht Wasser über, und wenn dieses aufhört, wechselt man die Vorlage, und er- hitzt die Mischung bis zum vollen Weilsglühen. Das Kupfer oxydirt sich dabei auf Kosten des Braunsteins und das Jod wird sublimirt, Statt des Braunsteins kann man auch Eisenoxyd nehmen, 605 VII. Bemerkungen über die Vulcane der Insel .. Java. (Hiezu die geognostische Skizze Taf. V. als Erläuterung.) D. Uebersicht-der Erscheinungen vulcanischer Thätig- keit im Innern von Java, welche sich in der schon neu- lich von uns erwähnten *) verdienstlichen Dissertation des Hrn. van der Boon Mesch befindet, enthält einige bemerkenswerthe, bisher nicht so vollkommen bekannt gewordene Thatsachen, welche als ein neuer Beitrag zur Geschichte dieses merkwürdigen Landes bewahrt zu wer- den verdienen. Bekannt und in vielen naturwissenschaft- lichen Zeitschriften wiedergegeben, sind die Schilderun- gen, welche namentlich Sir Stamford Raffles, Tho- mas Horsfield, Prof. Reinwardt, Leschenaultu. a. 'theils von dieser Insel im Allgemeinen, theils von einzel- nen bedeutenderen Erscheinungen auf derselben entwor- fen haben **). Ausgezeichnete Naturforscher haben dar- aus bereits Alles das abgeleitet, was der physischen Geo- graphie der Vulcane und der geognostischen Kenntnifs der Erdrinde insbesondere aus diesen wichtigen Beobach- tungen Förderliches erwachsen ist *#**), Es scheint uns daher nicht überflüssig, diesen Arbeiten, welche in der neuesten Zeit in so hohem Grade das Interesse der Leser in Anspruch genommen haben, hier Alles das nachzutra- ®) Dieses Bandes der Annal. p- 509. ®°) Die Arbeiten dieser Gelehrten finden sich fast sämmtlich in wörtlicher und treuer Uebersetzung zusammengestellt in: J. Noeg- gerath und J.P. Paul’s Sammlung von Arbeiten ausländischer Naturforscher über Feuerberge und verwandte Phänomene, Th. II. Elberfeld, 1823. *°°) Vorzugsweise von Hoff: Veränderungen der Erdoberfläche. II. 439. sq., und Leop. von Buch in diesen Annal. Bd. 10. p- 189. sq. 606 gen, was durch spätere Wahrnehmungen den vorhandenen Thatsachen hinzugefügt werden kann. a ' Aus den Reise-Journalen des Hrn. Prof. Rein- wardt, deren freie Benutzung Hrn. van der Boon Mesch gestattet war, und aus der sorgfältigen Muste- rung der von diesem mitgebrachten und im Museum zu ‚Leyden bewahrten Gesteine leitet der Verfasser die merk- würdige Wahrheit her, dafs die zahlreichen Vulcane die- ser Insel bei ihren häufigen verheerenden Ausbrüchen dennoch sehr selten die gewöhnlichste aller vulcanischen Erscheinungen: Auswürfe geschmolzener Substanzen in flüssiger Form, bandförmig gestalteter Lavaströme, gezeigt haben. Niemals sah Herr Reinwardt dort bei seinen zahlreichen Excursionen auf die Gipfel der thätigen Vul- cane wahre Lava ausfliefsen, und nirgend überhaupt auch nur die Spuren alter Lavaströme von grölserer Bedeutung. Und doch sind diefs dieselben Vulcane, deren Auswürf- linge Landstriche von 'Tagereisen weiter Ausdehnung so völlig bedecken, dafs sie die ganze organische Schöpfung auf ihrer Oberfläche zerstören, dieselben, deren unterirdi- sche Donner auf Strecken von mehr als 100 geogr. Mei- len Entfernung gehört werden, und deren Verheerungen alles übertreffen, was, vielleicht mit Ausnahme der Vul- cane Südamerica’s, bisher uns von ähnlichen Frscheinun- gen bekannt geworden is. Am Abhange des Gunung Guntur, eines der beträchtlichsten unter diesen Bergen, führt schon Horsfield *) als etwas besonderes Ausge- zeichnetes die Spuren von fünf in verschiedenen Perio- den geflossenen Lavaströmen an; der jüngste derselben war erst im J. 1800 ausgebrochen, die älteren aber waren nach Hrn. Reinwardt’s Zeugnils wieder mit Pflanzen bedeckt, und müssen daher aus viel älterer Zeit herrüh- ren. Andere Beispiele ähnlicher Art werden uns von Java nicht berichtet. — Wie so ganz anders gestaltet sich dagegen dasselbe °)S. Raffles History of Juva. I. 15. note. 607 Verhältnils bei so vielen andern Vulcanen der Erde. Am Vesuv allein kennen wir sieben bedeutende Lavaströme, welche seit seiner. ersten uns bekannt gewordenen Erup- tion ihre Richtung durch die Strafsen von Torre del Greco nahmen *), eben so zahlreich war die Anzahl der über einander hergeflossenen Laven verschiedener Perio- den des Aeina, welche man in jenem tiefen Brunnen zu Jacı durchsunken hat, aus dessen Verhältnissen Recu- pero das Alter der Erde herzuleiten bemüht war **). Erst noch in ganz neuer Zeit (1794) hat ein einziger gröfserer Ausbruch des Vesuv vor den Augen der Beob- achter fünf neue Eruptions-Kegel hervorgebracht ***), aus deren jedem nach einander die Lava in gesonderten Strömen hervorbrach, und erst neuerlich zählte ein aus- gezeichneter Beobachter, Hr. Poulett Scrope, von dem Gipfel des Aetna über 70 solcher vorübergehend thätigen Seiten-Cratern in seiner Umgebung +). Was die Vulcane von Java bei ihren Ausbrüchen hervorstofsen, sind dagegen vorherrschend lose Massen, Schlacken - Bruchstücke, Bimssteine, Sand und Asche, Theile der im Innern des Berges zurückbleibenden ge- schmolzenen Substanzen, die sich nicht zusammenhängend bis zum Rande der Cratere erheben können. Oder es sind dieselben Substanzen mit grofseniheils heifsem und salzigem Wasser verbunden, in Gestalt von verheeren- den Schlammströmen. Den vielen Beispielen der Art, welche uns die genannten früheren Beschreibungen der Insel berichten, ist gegenwärtig noch ein bisher weniger gekanntes hinzugefügt worden. Es ist ein gewaltiger Aus- bruch des Galung Gung, auf den Gränzen der Bezirke von Limbangan und Sumadang, im östlichen Theile der °) L. von Buch, geognostische Beobacht. Il. p. 96. ”*) Brydone. A tour through Sicily and Malta. Der deutschen Uebersetz. I. p. 124. *®) L. von Buch, a. a. O. II. p. 105. 7) Considerations on Folcanos. p. 153. en als | Preanger Regentschaften, welcher Hrn. Reinwardt durch den grade dort anwesenden Maler Payen berichtet ward. Man hatte von diesem Berge früher niemals eine Eruptions-Erscheinung gesehn, und es waren unter den Bewohnern an seinen reich bebauten Abhängen, wie zur Zeit der Zerstörung von Pompeji an den Abhängen des, Vesuv, selbst alle Traditionen verschwunden, dafs er je- mals gebrannt habe. Im Junius 1822 indels zeigten sich hier die ersten Spuren der wieder erwachenden Thätig-. keit. Das Wasser des Flusses Chx-kunir, der von hier seinen Ursprung nimmt, wurde trübe, bekam einen sau- ren Geschmack und setzte in Menge weilses Pulver (Schwe- fel?) ab, indem es zugleich stark nach Schwefel roch. Bald darauf ward es zwar wieder klar, allein der Schwe- felgeruch erhielt sich. — Endlich am 8. October begann unerwartet, am Tage bei heiterem Himmel, der Ausbruch. Fine dicke schwarze Wolke verhüllte den Gipfel des Vulcanes und die benachbarten Thäler in Finsternifs. Heftige Detonationen wurden in seinem Innern vernom- men, und Erschütterungen des Bodens begleiteten sie. Man sah Flammen hervorbrechen. Der Berg begann er- hitztes Wasser, Schlamm und brennenden Schwefel aus- zuwerfen, und die hervorbrechenden Massen dieser Art verheerten die Aecker bis zu 10 englisch. Meilen Entfer- nung. Den fliehenden Einwohnern wurde der Weg durch die Flüsse versperrt, welche durch die hineinflielsenden Schlammströme und überall herabregnenden heifsen Aus- würflinge erhitzt wurden und über ihre Ufer traten; viele derselben wurden ertränkt oder jämmerlich verbrannt aus dem Schlamm hervorgezogen. Der Chi-lone, Chi-wulan und Chi-Aunir waren mit Leichen bedeckt. Einige Dör- fer dagegen, näher am Berge, über welche die Auswürf- linge weggeschleudert wurden, blieben ganz unversehrt. Man hörte das Geiöse von diesem furchtbaren Ereignisse auf ganz Java, und überall glaubten die Bewohner, der ihnen zunächst liegende Vulcan sey aufgebrochen. Die Asche 609 Asche fiel am andern Tag ge in der Gegend von Ban- dung (in einer emurs, von etwa 20 geogr. Meilen gegen NW.), und die Felder um Limbangan wurden mit Schlamm bedeckt. — Doch mit dieser furchtbaren Aufregung waren die Kräfte des Berges noch nicht erschöpft. Am 12. Octo- ber erfolgte ein neuer, noch heftigerer Ausbruch, welcher die Erscheinungen des ersten wiederholte; er wüthete die Nacht hindurch, in welcher allein in der Landschaft Sıngapanna gegen 2000 Menschen ihren Tod fanden, und in welcher die ausgetretenen Ströme Felsen, Wäl- der, ja ganze Hügel wegrissen und neue bildeten. Der Lauf von einigen dieser Gebirgsbäche, besonders der des Chi-banjarang und des Chi-wulan, ward dadurch dauernd verändert. Die überlebenden Bewohner erkannten die Stellen ihrer Dörfer nicht wieder. Man sah am andern Tage die Gestalt des Berges: beträchtlich verändert, und man konnte sich ihm selbst im November noch uicht nähern, denn die Wege waren zerrissen und mit Schlamm, Asche und Basaltstücken bedeckt. Ja von letztern waren Massen von beträchtlicher Gröfse bis zu 7000 Schritt Ent- fernung geschleudert worden. | Die Ursachen dieser zerstörenden Ereignisse sind zuerst durch Alexander von Humboldt umfassend beleuchtet worden. Auch unter den Vulcanen der Andes- Kette sind Ausbrüche wahrer Lavaströme im Allgemei- nen eine seltne Erschneinung. Der Pichincha, vielleicht der thätigste unter den Vulcanen, welche das Hoch-Thal von Quito bekränzen, und den Humboldt zum Ge- genstande seiner besondern Studien machte, hat niemals seit der Periode der Bildung der Thäler einen Lavastrom hervorgebracht *), eben so wenig der Capae- Urcu, der vor seinem Einstürzen höher als der Chimborago war, und so auch der Cotopazrı, der höchste unter den ge- genwärtig thätigen Vulcanen dieser Gegend. Und den- *) Vergl. u. a. A. v. Humboldt, Essai geognostigue, p. 312. Annal.d.Physik.B,88. St.4. J. 1828. St.4. NO 610° noch haben die Fruptionen dieser Berge so häufig die Bewohner des Hochlandes in Schrecke‘: gesetzt, und die ungeheure Masse loser Substanzen, die sie dabei auswar- fen, verwandelte häufig weit umher ie Helle des Tages in Dunkelheit. Auswürfe schlammiger Massen waren oft damit verbunden, und bekannt sind die ausgezeichnetesten Freignisse dieser Art vom Carguairazo (1698), von Ibarra (1691), und von Pehleo (1797), welche an Grofsar- tigkeit jenen auf Java völlig gleich stehn, ja sie vielleicht noch übertreffen. A. v. Humboldt hat gezeigt, dafs die Wassermassen, welche sich bei solcher Gelegenheit mit den losen Auswürflingen der Vulcane verbinden, nicht allein, wie Du Carla *) zu erweisen bemüht war, von den durch die Eruptions-Erscheinungen um den Gipfel des Vulcans zusammengezogenen und niedergeschlagenen Wasserdämpfen herrühren; sondern dais es sehr häufig ausbrechende Wasserbehälter aus dem Innern der Vul- cane selbst sind, welche durch die Erschütterungen und Zerreiflsungen des Berges einen Ausweg erhalten. Die schöne Beobachtung der grofsen Menge von Fischen, wel- che zu Zeiten mit diesen Schlammströmen hervorgetrie- ben wurden, liefert dafür den überzeugendsten Beweis. Auch im Innern der Vulcane von Java sind bedeu- tende Wasser-Ansammlungen häufig. Es zeugen dafür nicht nur die zahlreichen, so häufig mineralischen und keifsen Quellen, welche an den Abhängen derselben aus- treten, sondern auch die oft nicht unbedeutenden Lagu- nen, welche innerhalb der Wände des Craters von meh- reren dieser Vulcane eingeschlossen gefunden werden. Be- kannt ist vor Allem unter diesen der von Leschenault schon vor mehr als 20 Jahren im Crater des Moni Idienne (Taschem der Charte) entdeckte See von mit Schwefel- säure und Salzsäure geschwängertem Wasser, welcher dem sauren Bache Songo- Pahete, einem Gegenstück zu *) Mem. sur les inondations eolcaniques im Journ. de Physique. AX. p. 103. sg. 1782. 611 dem früher von A. v. Humboldt im Thale des Rio Cauca entdeckten Rio - voinagre, den Ursprung giebt, Aehnliche Seen beschreibt uns noch Horsfield im Cra- ter des Tankuban- Prahu *), und Reinwardt von be- trächilichem Umfange im Talaga-Bodas **) und im Pa- tacka ***), der vielleicht, wie von Hoff schon. be- merkt +), mit dem Patuha oder Baduwa, von welchem derselbe Verfasser an einem andern Orte das Gleiche er- wähnt +7), derselbe Berg ist. — Wir erfahren durch die Zusammenstellungen des Hrn. van d. B. M., dafs der erst genannte dieser Seen bereits im J. 1817 durch einen heftigen Ausbruch des Mont Idienne wirklich ausgeleert - wurde. Hr. Reinwardt besuchte diesen Berg im J. 1821, und fand den Crater, welchen Leschenault beschrie- ben, leer und ausgefüllt. Neben ihm beobachtete er einen andern, wahrscheinlich neu entstandenen, welcher unter allen auf Java bekannten Crateren der gröfseste ist. Die- ser besafs gleichfalls auf seinem Boden einen schweflige ' Dämpfe ausstolsenden kleinen See, und war aufserdem grofsentheils mit einer feinen weifsen Erde bedeckt. Muth- mafslich dieselbe weiise Erde bemerkte Horsfield u.a. sehr ausgezeichnet als ein Product der Zersetzung vulca- *) Bei Raffles a.’a. ©. p.-14. note. ®) Account of a Journey through the Preanger Regencies im Edinb. philosophic. Journ. 1822. VII. 38. sg. Der See, welchen - wir bei Hr. van d.B. M. abgebildet finden, ıst von ovaler Form, und sein grölsester Durchmesser beträgt 2000 Fufs rheinl. Sein gesäuertes und warmes Wasser hat die merkwürdige Eigenschaft, von den hineingefallenen und getödteten Thieren sehr schnell die Knochen zu verzehren, während die weichen Theile dage- gen lange mit dem vollkommnen Ansehn der Frische erhalten bleiben, “*) Edinb. philosoph. Journ. VII. p. 29. 7) Veränder. der Erdoberfläche. II. p. 442. Tr) Siehe aus den Verhandlingen van het Bataviaasch Genvoot- schap etc. 1823. IX. p. 23. bei Noeggerath und Pauls a. a. OÖ. p. 53. Qq2 612 nischen Gesteines durch saure Dämpfe in den Umgebun- gen, des Crater-See’s vom Juankuban-Prahu, und er führt dabei ausdrücklich an, dafs sie bei den Eruptionen mehrerer andern Vulcane (namentlich des Gede und Klut) oft in sehr grofser Menge unter den Auswürflingen vor- kommt, und sich weit über die entfernteren Gegenden _ verbreitet. — Bei -dem ‚erwähnten Ausbruche des Mont Idienne im J. 1817 hatte das heilse saure Wasser des ausgestofsenen See’s, besonders in dem Landstriche zwi- schen dem Berge und der Meeresküsie, grofse Verwü- stungen angerichtet, und Hr. Reinwardt selbst sah noch die urch seine Berührung verdorrten Bäume und Pflan- zen in den angränzenden Wäldern. Wenn male der Umstand, dafs bei den Vulcanen der Andes-Kette so selten wahre Lavaströme hervortre- ten durch die ungewöhnliche Höhe dieser Berge, deren Wände überdiefs noch bis zur Hälfte ihrer Erhebung durch den Körper eines Hochlandes befestigt werden, genügend erklärt wird, so läfst sich dagegen dieselbe Ursache nicht füglich von der gleichen Erscheinung an den Vulcanen von Java angeben. Dort liegt höchst wahrscheinlich, wie Leop. von Buch schon erwähnt hat *), die vulcanische Werkstatt der Oberfläche sehr nahe, und überdiefs noch scheint keiner der javanischen Vulcane an Höhe den Aetna zu übertreffen, während viele, ja die thätigsten unter ihnen, noch um 5—600 Toisen darunter zurückbleiben. Und doch hat ein volles Drittheil aller bekannten Lava-Er- gielsungen des Aetna, nach Spallanzani’s Zeugnifs **), noch aus seinem Gipfel-Crater selbst stattgefunden. Mög- lich daher wäre es wohl, dafs auf Java die mannigfache Durchlöcherung des Bodens, welche den zahlreichen Gas- Quellen und den auf dieser insel so ausgezeichnet vor- kommenden ‚Salsen oder Luft-Vulcanen ***) den Ur- *) S. diese Annalen, X. p. 189. **) Reisen in beide Sicilien, I. p. 252. ***) Diese Phänomene, welche ja nicht mit den Schlamm - Aus- würfen der wahren Vulcane verwechselt werden dürfen, da sie 613 sprung giebt, die Erhebung der Lava bis zu den Aus- wurfs-Oeffnungen der Vulcane verhindert; eben so wie dieselben Durchbohrungen, nach dem Ausdruck eines wohl unterrichteten neueren Naturforschers, füglich als Sicherheits-Klappen (safely valves) *) gegen die Wir- kungen der Erdbeben angesehn werden können, deren verhältnifsmäfsige Seltenheit auf Java schon von Hoff diesem Umstande zuzuschreiben geneigt ist **). Noch enthalten die von Hrn van der Boon Mesch unternommenen genaueren Beschreibungen der von Hrn. Professor Reinwardt aus Java mitgebrachten Gesteins- Proben einige bemerkenswerthe neue 'Thatsachen. Die häufigsten derselben waren Basalte, theils frisch, theils zersetzt durch die Wirkungen schwetligsaurer Dämpfe. Die frischen unter ihnen waren schwarz, durchaus dicht und sehr hart, die schwärzesten vom Berge Gede und aus der Nähe von Salak. Das specifische Gewicht der- selben fand der Verfasser nach einer nicht angegebenen Methode: Vom Talaga Bodas 2,786 - Gede 2,683 - Kramat 2,123 - Malawar 2,572 - Lontar 2,7%. gewöhnlich im Aufwallen eines thonigen Schlammes in Lagunen von salzigem, oft warmem Wasser bestehn, zeigen sich, nach Horsfield u. a., auf Java sehr ausgezeichnet zwischen den Districten von Grobogan in WV. und von Blora und Jipang in O. (Raffles, I. p. 23. note. Ann. de Chimie. 1816. II. p. 392.) Hr. Reinwardt hat ein ebenfalls sehr bedeutendes dieser Art, das die Javanesen Kawa Karaha nennen, am Berge Kiamis, ın der Nähe des Gunung Guntur, beschrieben (van d. B. M. p. 41. Edinb. philos. Journ. VII. p. 32.) *) Poulett Scrope considerations on Volcanos, p. 189. *) A. a. O. II. p. 443. 614 Für wahren Basalt sehr gering *), und doch beun- ruhigten alle diese Basalte die Magnetnadel, ja der Ma- lawar enthielt selbst, wie Reinwardt schon früher be- merkte **), Magneteisen in sichtbaren Körnern einge- mengt, und zeigte deutlich magnetische Polarität. Von eingemengten Fossilien bemerkte der Verfasser in ihnen vorzüglich Körner von Augit (besonders in dem von Taiaga Bodas und vom Berge Malawar), Olivın, von lebhaft grüner Farbe (vom Gede und Salak), Feld- spath, in Krystallen und kleinen Nadeln, die sich durch lebhaften Glasglanz unterscheiden (besonders ausgezeich- net aus den Säulenreihen vom Wasserfalle Lontar im der vw Landschaft Sading), und Hornblende (im Gestein von - Tjanrassa). Niemals sah der Verfasser bei diesen Basalten ein mandelsteinartiges Gefüge. Durch die corrodirenden Wirkungen der Säuren werden diese Gesteine weils, weich und thonig, oder bekommen das Ansehn von gebranntem Kalk. Man sieht sie mit Schwefel impregnirt, und sie hauchen häufig einen Schwefelgeruch aus. Ihr specifisches Gewicht wird bis auf 1,5 vermindert, und es scheint ihnen vorzugsweise der Fisengehalt entzogen zu werden. Doch enthielt ‘ein von Hın. van d. B. M. analysirtes Exemplar aus dem Crater des Talaga Bodas noch 5,3 Proc. Eisenoxyd. Nächst den Basalten beschreibt der Verfasser aus- gezeichneten Dolerit, aus schön krystallisirtem Feldspath, der zuweilen porphyrartig darin ausgeschieden vorkommt und Zugit gebildet, nächstdem noch schwarzgrünen OL- ein, braunen Glimmer und Magneteisen ("TVitaneisen?) führend. Vom Gunung-Guntur, Patuha und vom Bo- den des Flusses Nungnang in der Gegend von Tjihea ***), *) Vergl. Leop. von Buch, geognostische Briefe über das südl. Tyrol, p. 55. sq. und p. 242. *®) Edinb. philos. Journ. VII. p. 30. °*) Wir geben. diese Namen mit der Orthographie des Verfas- sers, ungeachtet es uns nicht möglich war, vıele derselben auf der schönen harte von Baffles wiederzufinden. ; Ä 615 Unter den durch saure Dämpfe zersetzten Bruchstücken dieser Gebirgsart, aus dem Crater des Patuha fanden sich einige, wie es bekanntlich häufig in den Klüften der Sol- fatara bei Neapel geschieht, mit einer Schwefelkies-Kruste bedeckt, deren Inneres mit Schwefelkiesen durchzogen war, unter welchen sich zuweilen deutlich octa&drische Krystalle fanden. Klingstein (Phonolit) erscheint hier ebenfalls nicht selten als ein gewöhnlicher Begleiter des Basalt. Herr van d.B. M. erwähnt vier Vorkommnisse desselben von gewöhnlicher Art, vom Berge Salak, von Tjililing, vom Berge Palissir bei dem Wasserfalle Tjiguerre, und vom Tankuban - Prahu. Unsireitig viel wichtiger aber, und bisher stets un- bemerkt geblieben, ist das Auftreten von Trachyt, die- ser charakteristischen Gebirgsart aller gröfseren Vulcane der Erde, deren bedeutungsvolles Auftreten Leop. von Buch und Alex. von Humboldt bekanntlich zuerst dargethan haben. Der Verfasser beschreibt dergleichen vom Berge Tilo (mehr als 6000 Fufs hoch), von Kra- wang und Tjiradjas, und aus der Landschaft Sading. . Der Trachyt vom Tilo ist grau und von granitoidischer Tex- tur, aus Körnern und Krystallen von glasigem, weilsem, auch röthlichem und bläulichem Fe/dspath gebildet, und enthält nächstdem kleine Krystalle von Hornblende. Sein Gewicht ist 2,47 —2,41. Die Abänderung von Sading hat ein porphyrartiges Gefüge, und enthält, aufser glası- gem Feldspalh, Augit und Magneteisenstein, Ihre Ei- senschwere fand der Verfasser —=2,708. ; Wie sich erwarten liefs, so ist auch die stets mit trachytischen Gesteinen verbundene Bildung von Bims- stein, deren Daseyn auf Java dem Dr. Horsfield noch unbekannt zu seyn schien *), den Vulcanen dieser In- sel nicht fremd. Unter ihnen haben vorzugsweise Gede und Gunung Guntur beträchtliche Mengen davon ausge- *) Vergl. diese Ann. X. p. 191. 616 worfen, und Herr Reinwardt sammelte an den Abhän- gen des letzteren Stücke von 1—3 Fufs Durchmesser. - Herr van d. B. M. hat sie beschrieben. Er fand in ihnen häufig krystallinische Körner von glasigem Feldspath und, was merkwürdig ist, in der einen mehrfach Brocken von fettglänzendem (Quarz. Interessant erscheint auch noch ein Stück Bimsstein voll glänzender Feldspathkry- stalle, das völlig auf dem Uebergange in Trachyt steht (trachytes pumiceus), aus der Landschaft Sading. So zeigt sich denn also hier schon auf Java’ deutli- cher, als bisher bekannt war, vorbereitet, was auf dem benachbarten Sumatra, näher dem Festlande von Asien, so vollkommen entwickelt auftritt, und wohl dürfen wir hier nahe unter der basaltischen Decke die primitiven Gesteine erwarten. Noch mögen wir vielleicht zunächst auf dieses Vor- kommen mit Recht das Erscheinen von vulcanischen Glä- sern, von wahren Obsidianen beziehn, die Herr Rein- wardt, einen eignen kleinen Hügel zusammensetzend, am Wege zwischen Lelles und Tjilalinka traf. Der Verfas- ser beschreibt sie: schwarz, glasglänzend, theils aus La- mellen gebildet,. welche mit halb entglasten lichten Strei- fen wechseln, wie so häufig die Obsidiane von Lipari, theils voll rundlicher Höhlungen, worin oft kleine weifse, perlsteinartige Kügelchen. Beide gehören zu der Art des Obsidianes, welche vor dem Löthrohr zu weifsem Glase schmilzt, doch :st hier nicht davon die Rede, dafs sie sich dabei aufblähen. Die letztgenannte Abart gab bei. der Analyse folgendes Resultat: Kieselerde 79,40 Thonerde 11,25 Kalkerde 1,75 Eisenoxyd 4,30 Natron 3,03 Verlust 0,27 100,00. 617 Die wahren steinarligen Laven endlich, von wel- chen Hr. van d. B. M. vier Abänderungen beschrieben, sind sämmtlich vom Gunung Guntur; sie scheinen alle zur Classe der basaltischen zu gehören. Denn sie schmel- zen vor dem Löthrohr zu dunkelm Glase und sind sämmt- lich von dunkler (schwarzer oder brauner) Farbe, dabei körmig und porös, und fast immer zugleich magnelisch. Ihre häufigsten Einmengungen sind: glasiger Feldspath, nächstdem Körner von Olivin und etwas Glimmer. Herr van d. B. M. spricht den Vorsatz aus, eine genauere Untersuchung des Schwefels und der salinischen : Producte der Vulcane von Java zum Gegenstande eines zweiten Theiles seiner Schrift zu machen. ‘Wir wünschen sehr eine Fortsetzung seiner fleilsigen und erfolgreichen Arbeit. FH. FIEBER ERENTO EFT SS BES TI TTS STETE ETEENTESETT TORTE TESTETEREE TESTER TEEN EEE TEST ETEHEST IX. Neue Untersuchungen über die Endeosmose und Exosmose. « D. Erscheinungen, welche sich zeigen, wenn zwei ver- schiedene Flüssigkeiten durch einen porösen Körper ge- trennt sind, so wie die ähnlichen, welche Gasarten bei Aufbewahrung in gesprungenen Gläsern darbieten, wer- den den Lesern ohne Zweifel aus den im Bd. 84. S. 124, Bd. 86. S. 153. 481. und Bd. 87. S. 126. 134. 138. mit- getheilten Aufsätzen noch gegenwärtig seyn. Wie man aus denselben ersehen hat, sind die HH. Döbereiner, Magnus, Poisson und Fischer der Meinung, dals diese Erscheinungen von der Capillarität bedingt werden; während Hr. Dutrochet dieselben als Wirkungen der Elektricität betrachtet, und zugleich die beiden Ströme, welche durch die poröse Scheidewand von jeder der bei- den Flüssigkeiten zu der andern übergehen, mit den Na- men Endosmose und Exosmose belegt. In den Ann. de N ‚618 chim. et de physig. T. XXXVII. p. 191. bringt derselbe mehrere neue Thatsachen bei, durch welche er die Richüg- keit seiner Ansicht für vollends bewiesen ansieht; nament- lich sind es folgende zwei, auf die er das meiste Gewicht zu legen scheint. 1) Flüssigkeiten, wie Wasser, Alkohol und mehrere ‚andere, erheben heifs sich weniger in Haarröhrchen, als kalt. Temperaturerhöhung schwächt also die Haarröhr- chenkraft. Die Endosmose dagegen, wie Hr. D. durch oftmalige Versuche gefunden, nimmt mit der Temperatur . an Stärke zu. 2) Füllt man eine, am unteren Ende durch eine organische Membrane verschlossene Glasröhre mit destil- liriem Wasser, und stellt sie in ein Gefäis, welches gleich- falls destillirtes Wasser enthält; so wird, wenn man das Wasser in der Röhre mit dem negativen Pol einer Vol- taschen Säule und das in dem Gefälse mit dem positiven Pole verbindet, ein Steigen in der Röhre, oder, wie Kr. D, sich ausdrückt, eine Endosmose statt finden *). °) Unter einer etwas andern Form wurde dieser Versuch schon in J. 1816 von Hrn. Porret jun. angestellt. Hr. P. schnitt nämlich einen kleinen Glashafen der Länge nach durch, spannte über den Schnitt der einen Hälfte eine Blase aus und kittete nun beide Hälften wiederum zusammen, so dals das Gefäls durch die Blase in zwei Zellen getheilt war. Als er nun WVasser ın beide Zellen gols, und diese mit den Polen eines Trogapparats in Verbindung setzte, fand er, dafs das WVasser in der negativen Zelle stieg, selbst über das Niveau in der positiven Zelle, ohne dals dadurch die WVasserzersetzung an den Drähten gehindert wurde. Der Erfolg war der nämliche, als er, statt der tlıierischen Blase, ein Stück Papier nahm, welches, nach der Angabe des Dr. Wil- son, erst mit Eıweils bestrichen, und dann in heilses VVasser gesteckt worden war. Hr. P. wirft auch die Frage auf, ob wohl diese „elektrische Filtration “ in Verein mit den elektro - chemi- schen WVirkungen einen Einfluls in den Poren und Gefälsen des thierischen Organismus ausüben könnte (Ann. of Philos. T. VIII. p- 14.). — Es mag übrigens einer weitern, mit Umsicht gelei- teten Untersuchung überlassen bleiben, zu entscheiden, in wie- 619 Diefs möchten wohl die stärksten Gründe seyn, wel- che Hr. D. für seine Meinung beigebracht hat. Eine dritte Thatsache, die er gleichfalls für dieselbe gebraucht, nämlich, dafs Platten von porösen Sand- oder Kalkstein sich unwirksam bei diesen Erscheinungen erweisen, wäh- rend Platten von weifsen gebrannten Thon nach Art der thierischen Blase wirken, kann wohl nicht im Ernste als Beweis zugelassen werden, dafs man es hier mit Elek- trieität und nicht mit Capillarität zu thun habe. In dem übrigen Theil seines Aufsatzes setzt Hr. D. aus einander, dais es in Bezug auf diese Erscheinungen wirksame und unwirksame Körper giebt, und diefs nicht nur unter den Flüssigkeiten, sondern auch unter den star-« ren Körpern, die als Scheidewand zwischen den Flüssig- keiten gebraucht werden. Soll eine Endosmose oder ein Steigen in der Röhre statt finden, so müssen beide Flüs- sigkeiten nebst der Scheidewand zwischen ihnen zu den wirksamen Körpern gehören; die Erscheinung tritt nicht ein, sobald nur eins der Elemente unwirksam ist. Zu den unwirksamen Flüssigkeiten gehört nach Hrn. D. die Schwefelsäure. Bringt man sie, in verdünntem Zu- stande, in ein unten durch Blase verschlossenes Glasrohr, und stellt diefs Rohr in ein Gefäfs mit reinem Wasser, so sinkt die Säure; allein diefs Sinken ist nur eine mecha- nische Filtration, in Folge des höheren Niveaus der Säure; denn umgekehrt fällt auch das Wasser, wenn man dieses in das Rohr und die Säure in das Gefäls bringt*). Bei fern Hrn. D. Meinung richtig oder irrig sey. Mir scheint die- selbe durch die hier angeführten Thatsachen noch nicht erwie- sen; denn was namentlich die Erscheinung bei der Voltaschen Säule betrifft, so könnte dieselbe wohl eine secundäre Wirkung der Elektricität seyn, woran die Elektricität an sich keinen An- theil hätte. - Pp. *) Um das Sinken oder Steigen einer Flüssigkeit sichtbarer zu machen, erweitert Hr. D. den uutern Theil der Röhre, um wel- 620 einer wirklichen Exosmose, wie man z. B. mit einer ver- dünnten Gummilösung erhält, wenn sie im Rohre und eine concentrirte Gummilösung im Gefäfs enthalten ist, geht das Sinken bis unter das Niveau der äufseren Flüs- sigkeit, und bei Umkehrung des Versuchs, wenn man die concentrirte Lösung in das Rohr bringt, findet in diesem ein Steigen statt. Jene Unwirksamkeit theilt übri- gens die Schwefelsäure durch ihre Beimischung auch an- dern Flüssigkeiten mit. Gummilösung, die in einem mit Blase verschlossenen und im Wasser stehenden Rohre ansehnlich steigt, fällt dagegen, wenn: ihr Schwefelsäure beigemischt worden ist. 2) Nicht alle Säuren sind jedoch unwirksam. Essig, Salpetersäure und vorzüglich Chlorwasserstoffsäure stei- gen in einem mit Blase zugebundenen Rohre, wenn sich aulserhalb Wasser befindet. Zu den unwirksamen, starren Körpern gehören, wie schon gesagt, Platten von porösem Sand- oder Kalkstein. Weder für sich, als Scheidewand zwischen ungleicharti- gen Flüssigkeiten gebraucht, noch unter dem Einfluls der Voltaschen Säule, als Scheidewand zwischen gleichartigen Flüssigkeiten, verhalten sie sich der thierischen Blase gleich. Dagegen sind, nach Hın. D., Platten von wei- {sem gebrannten Thon sehr wirksam. Als derselbe näm- lich, bei dem vorhin erwähnten Versuche mit der Vol taschen Säule, eine solche Platte von 9 Millimeter Dicke anwandte, stieg das Wasser am negativen Pole sehr rasch und so lange, als die Wirkung der Säule anhielt. Auch ohne die Säule, mit heterogenen Flüssigkeiten, bekam Hr. D. mittelst einer solchen Thonplatte, von 1 Centi- meter Dicke, eine sehr starke Endosmose. Durch diese Erfahrungen belehrt, widerruft Hr. D. seine frühere Aussage, als sey aulserordentliche Dünn- chen die Blase gebunden wird, selır beträchtlich, und versieht den obern Theil mit einer Skale. Diefs trichterförmige Instru- ment nennt Hr. D. ein Eudosmoncter. 621 heit der Scheidewand eine unumgänglich nothwendige Be- dingung zum Auftreten dieser Erscheinungen. Er zeigt es an mehreren Beispielen, dafs zwar das Steigen um so schwächer ist, je dicker man die Scheidewand nimmt, dafs aber die chemische Natur dieser und der Flüssigkeiten von weit gröfserem Einflufs hiebei ist. | Diefs wird gewissermafsen auch dadurch bestätigt, dafs, wie Hr. D. gefunden, wirksame Körper unwirksam werden können, thierische Membranen der Flüssigkeiten z. B. dann, wenn sie in Fäulnils gerathen. Endlich stellt noch Hr. D. als allgemeines Erfahrungs- gesetz auf, dafs alle wirksamen, mit Wasser mischbaren Flüssigkeiten, sowohl die organischen wie die sogenann- ten chemischen, wenn sie durch eine durchdringliche Schei- dewand vom Wasser getrennt sind, sich als Flüssigkei- ten, die dichter als Wasser sind, verhalten, d. h. dafs sie alle eine Endosmose hervorbringen oder in dem Rohre steigen. Ueberdiefs nimmt er an, dafs die elektrischen Actionen, durch welche nach ihm diese Erscheinungen bewirkt werden, im Innern der als Scheidewand dienen- den porösen Substanz ihren Sitz haben, und dafs sie des- halb nicht am Galvanometer sichtbar sind. Diese Ca- pillar- oder Intracapillar-Elektricität, wie Hr. D. sie nennt, bringen die capillaren Räume auf zweierlei Art hervor: 1) durch Wirkung der beiden Pole einer Voltaschen Säule auf die gegenüberliegenden Seiten einer wirksamen Scheidewand, und 2) durch die Berührung zweier hete- rogenen wirksamen Flüssigkeiten mit den beiden Seiten einer solchen Scheidewand. Durch den Contact der Flüs- sigkeiten mit dem starren Körper wird diesem der capil- lar-elektrische Zustand mitgetheilt, und der so capillar- elektrisirte Körper ertheilt den Flüssigkeiten die Impulsion. 622 X. VÜeber die magnetischen Actionen, die unter dem Einflusse sehr starker Magnetsläbe. in allen Körpern erregt werden; von Hrn. Becquerel. (Auszug aus den Ann. de chim. et de phys. XXXVI. p. 331.) Die Untersuchung, mit welcher sich der Hr. Verfasser in diesem Aufsatz beschäftigt, betrifft jenen magnetischen Zustand, der von ihm selbst vor einigen Jahren an Eisen- oxyd und Eisenieilspähnen im Kreise der geschlossenen Kette beobachtet (d. Ann. Bd. 84. S. 367.), späterhin von Hrn. Prof. Muncke an Messingnadeln zwisehen den Polen starker Maenetstäbe aufgefunden (d. Ann. Bd. 82. S. 361.), und neuerlich von Hrn. Dr. Seebeck unter glei- chen Umständen an einer beträchtlichen Anzahl von Kör- pern nachgewiesen worden ist (d. Ann. Bd. 86. S. 203.). Aus der Abhandlung des Letzteren geht hervor, dafs Körper, welche, wie z. B. eisen- und nickelhaltige Legi- rungen, dieses Zustandes fähig sind, nicht longitudinal magnetisirt werden, wie Eisen und Stahl, sondern Zrans- versal, gleichsam als wären die einzelnen masnetisch sewordenen Theilchen beweglich und durch den Magnet- stab in die Richtung gedreht, welche eine Magnetnadel für sich annehmen würde. Dasselbe zu erweisen, ist die Absicht des Hrn. Becquerel in diesem Aufsatz. Zu dem Ende vergleicht er die Lage, welche der Mittelpunkt einer Nadel von magnetisirtem Stahl oder weichem Eisen gegen einen kräftigen Magnetstab haben mufs, damit sie sich senkrecht gegen dessen Axe richte, mit der Stellung, welche unter ähnlichen Umständen eine mit Eisenoxyd gefüllte Patrone oder eine Nadel von Holz oder Schellack gegen einen Magnetstab annimmt. Und dieser Vergleich führt auch ihn zu dem Schlufs, dafs die 623 \ Maenetisirung, welche Eisen- und Stahlnadeln durch den Fintlufs starker Magneistäbe erleiden, darin wesentlich ' von der, welche schwach magnetisirbare Körper anneh- men, verschieden ist, dafs jene nach der Länge, diese nach der Breite polarisch werden. Die Verschiedenheit rührt nach ihm daher, dafs in den Körpern, die, wie Eisenoxyd, nur eines schwachen Magnetismus fähig sind, die Reaction des Körpers auf sich selbst unmerklich, dagegen die Einwirkung des Magnet- stabes sehr überwiegend ist. Doch reicht nach ihm die- ser Satz allein nicht aus, um die verschiedenen Stellun- gen, die ein solcher Körper in der Nähe eines Magnet- stabes annimmt, völlig zu erklären, und er verspricht daher diesen Gegenstand durch fernere Untersuchungen weiter aufzuhellen. Von den Einzelnheiten der gegen- wärtigen Arbeit mag hier folgendes ausgehoben seyn. Soll eine Nadel magnetisirten Stahls oder Eisens sich gegen einen in ihrer Ebene liegenden Magnetstab senk- recht stellen, so ist dazu erforderlich, dafs die gleichna- migen Pole einander genähert werden, bis zu einer ge- wissen Entfernung des Mittelpunkts der Nadel vom Stabe, die von dem gemeinschaftlichen Einflufs der Pole des Stabes und der Erde auf die Magnetnadel abhängig ist. Papierröhren dagegen, die mit Eisenoxyd oder einem Ge- menge aus 1 Th. von diesem und 3 Th. Magneteisenstein gefüllt sind, stellen sich vor jedem der Pole des Stabes und dicht vor demselben senkrecht gegen ihn. Dasselbe ist auch der Fall mit einer Nadel! von Holz oder Schel- lack, die man zwischen die ungleichnamigen Pole zweier starken Magnete gebracht hat. Sogar vor dem Pole eines einzigen Magnetstabes stellt sich eine Holznadel senkrecht, wenn sie ihm sehr nahe gebracht ist. Die mit dem Gemenge von Magneteisenstein gefüllte Röhre oscillirt sogar, wenn man sie aus der von ihr an- genommenen Lage bringt. Führt man längs derselben eine kleine Magneinadel hin, so findet man, dafs sie \ 624 | ihrer ganzen Länge nach auf der einen Seite den enitge- ‚gengesetzten Magnetismus von dem Pole des Stabes be- sitzt. Diefs Gemenge ist also bleibend eines solchen Magnetismus fähig. KEisenoxyd, aus salpetersaurem Ei- senoxyd bereitet, das für sich sehr wenig magnetisirbar ist, erhält schon durch eine Beimischung von z'; Magneteisen- stein die Eigenschaft, in der Nachbarschaft eines Poles Schwingungen zu machen. Magneteisenstein für sich wirkt wie eine Magnetnadel. Für eine Magnetnadel, die in der durch einen horizon- talen Magnetstab gehenden Verticalebene herumgeführt wird, giebt es für jede Höhe ihres Mittelpunktes über dem Stab immer einen Horizontalabstand von dessen Polen, bei dem sich dieselbe gegen die Axe des Stabes senkrecht stellt. Die Stellungen, die unter gleichen Bedingungen eine mit Ei- senoxyd oder einem Gemenge von diesem und Maenet- eisenstein gefüllte Papierröhre, oder eine Nadel von Holz annehmen, sind von denen der Magnetnadel verschieden, und nähern sich im Allgemeinen dem Parallelismus mit der Axe des Stabes. Doch hat Hr. B. bei der mit dem Gemenge gefüllten Röhre bei einer gewissen Lage des- selben eine Ablenkung von 82° erhalten, und er hofft mit starken Magnetstäben selbst mit Eisenoxyd unter die- sen Umständen eine senkrechte Stellung zu bekommen. XI Bemerkungen über VVeinöl, Oxaläther und Kohlenwasserstoff; von Hrn. Serullas. (Journ. de chim. medicale Ann. IV. p. 207.) *). Dieser Chemiker hat unter dem 31. März 1828 ein Schreiben an die Academie der Wissenschaften zu Paris ab- *) Diese vorläufigen Nachrichten dienen zum Theil zur Bestätigung dessen, was ich am Schlusse der Abhandlung der HH. Dumas und Boullay, S. 107. dies. Bandes, bemerkt habe. pP. 625 abgesandt, worin er dieselbe von den Resultaten seiner Arbeiten über das Weinöl, den Oxaläther und den Koh- lenwasserstoff in Kenntnils setzt. Folgendes sind die Hauptresultate dieser Arbeit. 1. Durch die Einwirkung von Schwefelsäure auf Alkohol habe ich eine Flüssigkeit erhalten, die dadurch merkwürdig ist, dafs sie nach Reinigung und Austrock- nung eine schöne grüne Farbe annimmt. 2. Diese Flüssigkeit, welche von Allen bei der Be- reitung des Aethers gesehen, aber, mit Ausnahme des Hrn. Hennell, der sie, unter dem Namen Weinöl, sehr wahr- scheinlich im Zustande der Unreinheit untersucht hat, ihrer Natur nach verkannt worden ist, besteht, wie auch die- ser Chemiker angegeben hat, aus Schwefelsäure und Koh- lenwasserstoffgas (neutralem schwefelsauren Kohlenwas- serstoff), und hält sich ohne Veränderung unter den Um- ständen, die ich angeben werde. 3. Dieser Körper kann unter Umständen, die ich nach Belieben hervorbringe, in sauren schwefelsauren Kohlenwasserstoff (Schwefelweinsäure) und in leichtes Oel (Weinöl) zerfallen. Das letztere ist fähig eine kry- stallinische,. aus Wasserstoff und Kohlenstoff bestehende Substanz (starren Kohlenwasserstoff) zu bilden, die bei 110° C. schmilzt, sich bei 150° verflüchtigt, in langen durchsichtigen Prismen krystallisirt, in Aether löslich ist u. Ss w. | 4. Das saure Sulfat zerfällt auch gänzlich in Schwe- felsäure und leichtes Oel, ohne Entwicklung von schwef- liger Säure. ; 5. Der Oxaläther, nach dem von den HH. Dumas und Boullay in ihrer letzten Abhandlung (S. 436. dies. Bd.) gegebenen Verfahren bereitet, enthält eine gewisse Menge dieser aus Schwefelsäure und Kohlenwasserstoff bestehenden Verbindung, welche durch Sieden und Destil- liren über einen Ueberschuls von Bleiglätte nicht gänz- lich fortgenommen wird. Annal. d. Physik. B.88. St. 4. J. 18528. St. 4. Rr 626 6. Der Kohlenwasserstoff ist, was man, wie ich glaube, noch nicht angegeben hat, in Alkohol löslich; dieser absorbirt davon 1+ seines Volumens *). Man kann ihn unverändert daraus abscheiden, entweder durch Erwärmung oder augenblicklich durch Schütteln mit einem gleichen Volumen Wasser. XI. Deber die Reduction des Arseniks aus Schwefelarsenik bei gerichtlich chemischen Untersuchungen. Be gerichtlich chemischen Prüfungen einer Substanz auf ihren etwaigen Arsenikgehalt, sagt Berzelius in seinem S. Jahresberichte _S. 125. des Originals, ist bekanntlich » die Fällung mit Schwefelwasserstoffgas aus einer sauren Flüssigkeit das leichteste Mittel, um Arsenik von thieri- schen Stoffen abzuscheiden. Schon im Jahresberichte für 1525 habe ich gezeigt, wie man das Arsenik aus dem Schwefelarsenik darstellen kann; allein da diese Methode noch mit einigen Umständlichkeiten verknüpft war, so habe ich im Jahresberichte für 1826 noch eine weit ein- fachere angeführt, welche darin besteht, dafs man das Schwefelarsenik in Dampfgestalt über einen dünnen glü- henden Eisendraht streichen läfst **).. Dieser Versuch hat indefs das Milsliche, dals es von ganz unbedeutenden Umständen abhängt, ob das Arsenik ausgeschieden wird oder mit dem Schwefeleisen verbunden bleibt, und da *) Muthmafslich ist hier mit Kohlenwasserstoff das leichte WVeinöl gemeint. Die Absorption des ölbildenden Gases hat schon Th. Saussure bestimmt. Nach ihm nehmen 100 Vol. Alkohol von 0,84 spec. Gew. bei 18° C. 127 Vol. von diesem Gase auf (dies. Ann. Bd. 47. S. 167.). P. **) Eine dritte, späterhin von Berzelius angewandte, Methode ist den Lesern S. 159. dieses Bandes mitgetheilt, wo man auch dıe Nachweisung zu den beiden frühern findet. pP. 627 man diese Umstände nicht in seiner Gewalt hat, so mifs- glückt die Probe oft, indem alles vom Eisen absorbirt wird. Zwar kann man dann die Gegenwart des Arseniks dadurch entdecken, dafs man den Stahldraht herausnimmt und an offner Luft erhitzt, wo sich dann der Arsenik- geruch zu erkennen giebt; allein auch dieses kann unsi- cher werden. Ich habe deshalb eine Menge Versuche gemacht, um zu finden, wie man auf eine sichere Art das Arsenik un- mittelbar und ohne Verlust aus dem Schwefelarsenik re- duciren könne, und bin endlich auf folgende Weise zum Ziele gelangt. In eine Röhre, die an einem Ende zur Dicke einer Stricknadel ausgezogen und an beiden Enden offen ist, bringe man das Schwefelarsenik, nachdem man es, wie gewöhnlich bei Löthrohrproben, mit, einem Ueberschufs von kohlensaurem Natron und etwas Wasser zusammen- geknetet hat. Da es schwierig ist, dasselbe in der Röhre auf die rechte Stelle zu bringen, so streiche man die feuchte Masse von der Messerspitze, mittelst welcher das Mischen geschehen ist, auf ein kleines Stück einer aus- gezogenen Glasröhre, und schiebe dieses in die gröfsere - Röhre, bis auf einen Zoll von deren ausgezogenem Ende. Nun erhitze man sie daselbst, so dafs das Schwefelarse- nik mit dem Natronsalz zusammenschmilzt. Hierauf leite man einen schwacken Strom von zuvor über Chlorcal- cium gegangenem Wasserstoff in die Röhre, und erhitze, sobald die Luft ausgetrieben ist, das arsenikschweflige Salz bis zum vollen Glühen, wittelst der Flamme einer Weingeistlampe, welche man noch gegen das Ende mit dem Löthrohre verstärken kann. Das Arsenik wird vom Wasserstoff redueirt (was wasserstoffschwefliges Schwe- felnatrium giebt), und in dem kalten Theile der Röhre abgesetzt, woraus es dann allmälig mittelst der Flamme, unter Gasentwicklung, in den verengerten Theil der Röhre getrieben werden kann, wo es spiegelnd wird. Auf diese Rr* | 628 Weise kann das Arsenik metallisch und deutlich erkenn- bar aus einem unwägbaren Krümchen Schwefelarsenik dargestellt werden. Es versteht sich von selbst, dafs der Wasserstoff- gasstrom recht gemäfsigt gehen mufs, und dafs sowohl die Schwefelsäure, als auch das Zink kein Arsenik ent- halten darf. Am sichersten ist es, destillirte Schwefel- säure oder reine Salzsäure und Fisen zur Entwicklung des Gases anzuwenden. XUlL Vereinfachte Bereitungsart der phospho- richten Säure; von Hrn. Droquet. (Auszug aus dem Journ. de chim. medic. Annee IV. p. 220.) D. gebräuchliche Darstellungsart dieser Säure besteht darin, dafs man erst Chlorphosphor im Minimum berei- tet und diesen dann in Wasser bringt, wobei durch dop- pelte Zersetzung Chlorwasserstoffsäure und phosphorichte Säure gebildet werden. Das neue Verfahren vereinigt beide Operationen in eine, und erlaubt daher, nach Hrn. D., eine beträchtliche Menge der Säure mit verhältnifsmäfsig geringen Kosten zu bereiten. Es ist nachstehendes. Man nehme ein 12 bis 15 Zoll langes und 9 bis 12 Linien im Durchmesser haltendes Glasrohr oder Setz- glas (eprowette a pied), fülle den vierten.oder fünften Theil desselben mit Phosphor, und das Uebrige mit destil- lirtem Wasser, worauf man das Ganze so weit erwärmt, dafs der Phosphor schmilzt. Nun leite man Chlorgas in den Apparat und zwar durch ein Rohr, welches bis zum Boden des flüssigen Phosphors reicht. Diese Bedingung ist unumgänglich, damit das Chlor nicht mit zu wenig Phosphor in Berührung komme und dadurch Chlorphos- phor in Maximo bilde, denn alsdann entsteht durch des- sen Zersetzung Phosphorsäure. Auch mufs man sorgfältig 629 alle Luft aus dem Gefäfse entfernen, damit der erhitzte Phosphor mit dieser keine Phosphorsäure bilde. Mit Beachtung dieser Vorsichtsmafsregeln, läfst man nun das Chlorgas in einem mäfsigen Strome so lange hineinstrei- chen, bis die Gasblasen dufheren sich in der Flüssigkeit zu lösen. Diefs beweist, dafs das Wasser mit der Säure gesättigt ist und es sich nicht mehr zersetzen kann, folg- lich, dafs auch keine phosphorichte Säure mehr gebildet wird. Man hebt alsdann die Säure mit einem Stechhe- ber ab, mufs aber darauf sehen, dafs der rückständige flüssige Phosphor nicht mit der Luft in Berührung kommt, weil er sich sonst entzündet. Will man die Operation fortsetzen, so bringt man auf's Neue die nöthige Menge Wasser und Phosphor in das Gefäls, und verfährt wie vorhin. Das Einströmen des Chlorgases in den Phos- phor ist übrigens mit Entwicklung von Licht und so vie- ler Wärme verbunden, dafs der Phosphor dadurch flüs- sig, bleibt. Um die erhaltene phosphorichte Säure von der bei- gemischten Chlorwasserstoffsäure zu befreien, kann man sie entweder einsieden, bis sie die Lösung des salpeter- sauren Silberoxyds nicht mehr trübt, oder auch im Vacuo der Luftpumpe über einer concentrirten Lauge von Aetz- kali stehen lassen. Das letzte Verfahren ist nach Hrn. D. vorzuziehen, weil man dabei nicht zu befürchten braucht, dafs sich die Säure zersetzt. XIV. Verfahren um rothe und wei/se Purpur- säure zugleich zu erhalten; von Hrn. Quesneville d. J. (Journ. de chim. medical. Ann. IV. p. 225.) \ \ enn man Harnsäure mit Salpetersäure behandelt, so bildet sich eine eigenthümliche Säure, die nach einander 630 von Brugnatelli, Prout und Vauquelin untersucht worden ist. Prout hat sie nur in Verbindung mit einem Farb- stoff gekannt, und Vauquelin ist der erste, welcher sie durch ein sinnreiches und leichtes Verfahren gänzlich von diesem, nach der Meinung des Dr. Prout, ihr wesent- lichen Farbstoff befreit erhalten hat. Das Verfahren des Hrn. Quesneville dient den schönen Erfahrungen des Hrn. Vauquelin zur Bestätigung. Sein Verfahren ist folgendes. Ich nehme, wie er sagt, einen grolsen Glaskolben, bringe einen Theil Harn- säure hinein, und giefse nach und nach zwei Theile Sal- petersäure von 34° B., verdünnt mit 2 Th. Wasser, hinzu. Ich halte den Kolben sorgfältig in Eis, damit die Lösung sich nicht erhitze, denn dann bildet sich oft Oxalsäure, wodurch die Operation verwickelt wird. Nachdem die Lösung vollendet ist, sättige ich die Flüssigkeit mit Ammoniak, und fälle sie mit basisch essig- saurem Bleioxyd. Ich erhalte dadurch einen prächtig ro- senrothen Niederschlag, den ich mit vielem kalten Was- ser auswasche. Ich bringe ihn hierauf in destillirtes Wasser, und lasse einen Strom von Schwefelwasserstoff- gas hindurchstreichen. In dem Maafse als die Purpur- säure sich abscheidet, nimmt die Flüssigkeit eine gesät- tigte, sehr schöne Rosenfarbe an, welche sich hält, so- bald die Schwefelwasserstoffsäure nicht in Ueberschufs da is. Wenn man also die Purpursäure mit ihrem Farb- stoff vereinigt erhalten will, so mufs man dafür sorgen, dafs kein Ueberschuls von Schwefelwasserstoff hinein- strömt. Will man sie aber weils haben, so mufs man dagegen die Flüssigkeit mit demselben - stark sättigen. Man filtrirt alsdann, um das Schwefelblei abzusondern, und dampft die filtrirte Flüssigkeit ab, die nur die Pur- pursäure enthält. Mit ihrem Farbstoff vereinigt, ist diese Säure wenig löslich in Alkohol; sie erscheint als ein rosenrothes Pul- 631 ver, welches, wenn man es erhitzt, eine sehr intensiv rothe Farbe annimmt, beim Erkalten sie aber wieder ver- liert und nur ein blasses Rosenroth behält. Die weilse Säure, welche man auf diese Art erhält, besitzt alle Eigen- schaften, welche Hr. Vauquelin an ihr aufgefunden hat. Sie ist löslicher in Alkohol, als die erstere, bildet mit Ammoniak ein weilses krystallisirtes Salz, schmilzt bei einer gelinden Wärme, und macht dann wie Fett Flecke auf Papier. Die nach dem Verfahren des Hm. Quesneville erhaltene Säure ist also, wie man sieht, identisch mit der aus dem purpursauren Kalk, allein diefs Verfahren ist schneller auszuführen, und hat überdiefs den Vortheil, dafs es sowohl weilse als rothe Purpursäure und beide in gröfserer Menge giebt. Berichtigungen zum Mineralsysteme von Berzelius. Seite 12. Zeile 1. lies: Eukairit statt Enkairit. — 12. 2. 2. 1. Selenblei-Quecksilber st. Selenkupfer-Queck- silber. — 13. Z. 2. v. u. ist einzuschalten: Arsenichtschwelfliges Schwefelnickel mit unterantimonichtschwelligem Schwe- felnickel? Nzckelspiesglanzerz. — 15.27.15. v.u.ist einzuschalten: Kieselerde, Quarz...Si — 16. Z. 14. heilst die Formel f. Neuntel-kieselsaures Man- ganoxyd ... Mn>Si — 17. Z. 10. heißst die Form. f. d. Cyanit .... Al?Si — 17.2. 16. heilst d. F. f. d. Apophyllit: KSi®+8CaSit16H ao 000 jeal 2 N DD > =D 2) PR > er“ {g:) ” Se ® (2) = D & and ee! je) — I © = [9 {1} 20. Z. 18. I. zwei drittel st. halb 632 Seite 20. Zeile 25. lies zwei drittel statt halb Mg’\ [Si? 21. Z. 14. heilst d. Formel CaSit,, \xj> Z, 21. Z. 25. v. u. lies: zwei drittel statt halb 22. 2. 5.1. silicat st. bisilicat 22. 2. 12. 1. in der Formel Äl st. A 22. Z. 17. 1. Kalkerde st. Talkerde 22. Z. 18. in der Formel 4Fe>’Si statt 4FeSi 24. 2.5.ind.F.l. +8[Mg’SiHAISi] statt +[MgSiHAISi] 24. 2.6. heilst d. F. f. d. Broddbo-Granat =Fe? Si’ AISi +[Mg: Si+A1Si] 24. Z. 1. v. u. lies: Karpholith statt Karpolıth 25. Z. 10. v. u. 1. sechstel-kiesels. Ceroxydul st. sechstel- kiesels. Uranoxydul 28. 7. 3. v. u. heifst d. Form. f. Rothbleierz —PbCh 29. Z.2. heifst d. F. f. d. Vauquelinit —Cu’ Ch+2Pb°Ch 29. Z. 8. heilst d. F. f. d. Datolith =CaBo-+CaSi?H 31. nach Z. 10. v. u. ist einzuschalten: Halb-phosphor- saures Manganoxydul-Eisenoxydul . ... Mn*P-+Fe*P 32. Z. 9. lies: Ba>P statt Ba’P 32. Z. 7. v. u. fehlt für Gyps d. Formel CaS-+2H 32. Z. 6. v. u. lies: TH statt 6H 33. 2.5.1. 7H st. 6H 33. nach Z. 6. ist einzuschalten: Rother Vitriol, Bozryo- . Fe’$°13F8° 1364 33. Sich Z. 11. ist einzuschalten: schwefelsaures Kupfer- oxyd, neutrales und basisches.. CuS+5H und Cu’S 33. Z. 21. in d. F.f. Ammoniakalaun 1. AH>S statt AH >S 34. Z. 10. heifst d. F. f. d. Pyrosmalith —Fe&l’ 1 FeH® +4[[FeSi®-Mn:Siz] 34. Z. 1. v. u. heifst die Formel Pb EI+Pb C 35. nach Z.7. ist einzuschalten: Basisches Fluorcerium von Finbo, CeF>+3€eH 35. Z. 14. in der Formel lies MnMnF statt Mn MnF° Im Aufsatze des Prof. Mitscherlich, S. 142. Z. 9. u. 15. lies d statt P DD — ” nn = lat ur, @ ns merken me] I IND (u Ann.d. Ings.u.Chem 12B. 1JL. Taf ır, Ann.d.Physu.Chem 12B. LIE. BZ re e na ? Ins S Fa N ’ a 29 er 24 6. | REISE" #9.9.| | 729-273 | (A rs Lig.80 929-177 - 1.d. Phys. 1. Chem, 12. B. 3.Jt: + - | BE “Fr ee Ann.d. Phys... Chem, 12B. 3JE Is U. Chem A2 B. ‚Jätintg SE. U Ann. d. Phy. = eo N CE ok ee ne EN re I re en un Berne IF Fr ga ar 1m Or Se eo VE EZ ERERg! apanbapap © UEIDUUDBOYOSU Ri | ! a zuypanbusnngp pun 2sf20/] + F : I; UBDISED URDBBIR ZEULL ZIUTISYIHR P2IIDE er SALG20) —UEBRSIDN 2 ei, 4U299729905970527, Tu | Tapr ppafsuo ypapou PAR TOA 9Z ZDIS AUTO STS OULGO SL) 8 9 ee. en = A Doom, re | Oz Seranpog Me en : L D] ! za Geognosfische Skizze von Java nück De Honfield.xöıa Basatascher Bezirk a 10 — Auschuiemmungen ee + Herfte und Inwerguellen 6 Jalrguellen f 20 222 ah mb Lund Phys.u Chem a2 B. dıll. 14 H Fi 8 ur % eis . ange east RER nrek ken N ’ F ir FE EE AEEEFE L ran Haile a ron W% hi nt An 4 EL tt IRRE Y ul Wachrıt „ PREn EN) $; = ee ee h Hit N LH BR un {3 Ahnee j = am! + De Tr = De er a help Ma t ip N h N ha lb el Waren, tt ee | Ya hen Pit K. ' N ß pt HRENEHG en . “ De Mir Dir nt rien