J_ J) ^,2. iL/ 523 UEBER PHYLLOXERINEN. VON L. DREYFUS WIESBADEN. WIESBADEN. VERLAG VON J. F. BERGMANN. 1889. UA. UEBER PHYLLOXERINEN. Abhandlung vorsrclogt der pliiloso|)liisclien Facultät der Universität Leipzig behufs Erlangung der Doctorwürde v/ Ludwig Dreyfus in Wiesbaden. O nC^ i^/rHSü«i^'\ :-•■'' Wiesbaden. Verlag von J. F. Bergmann. 1889. VITA. Geboren am 14. Mai 1841 zu Edenkobeii (bair. Rheinpfalz) als Sohn eines praktischen Arztes, genoss ich in der Lateinschule dieses Ortes meine erste Ausbildung, verliess dieselbe aber im August 1853, um mich dem Kaufmannsstande zu widmen. Nachdem ich mir in Paris und London gründliche Kenntnisse der französischen und englischen Sprache erworben hatte, nahm ich eine Stellung in Port Elizabeth (Kap der Guten Hoffnung) an, blieb in der- selben 4 Jahre und dann noch weitere 10 Jahre in der gleichen Stadt als Vorsteher eines im Verein mit Freunden in Europa gegründeten Handlungshauses. Seit meiner Rückkehr nach Europa (1874) widmete ich mich natur- wissenschaftlichen Studien und wurde darin von Herrn Professor Charles Stewart, Royal College of Surgeons, London, durch Unterricht und Anweisung unterstützt. 1882 wurde ich in den Vorstand (Council) der Royal Microscopical Society, London, gewählt. Im Jahre 1883 zog ich von London nach Wiesbaden, wo ich Vor- standsmitglied des Nassauischen Vereins für Naturkunde und Vorsitzender der zoologischen Section des Museums bin. 1887 wurde ich hier mit der Organisation und Leitung der mit der 60. Deutschen Naturforscher- Versammlung verbundenen wissenschaftlichen Ausstellung betraut. Ludwig Theodor Dreyfus. Vorwort Die vorliegende kleine Abhandlung gebort zu dem „Allgemeinen Theil" einer Arbeit, welche, neben den Resultaten meiner Forschungen auf diesem Gebiete, die ausführliche Beschreibung, Abbildung und, soweit es möglich ist, die EntwicMungsgeschichte aller bis jetzt bekannten Phylloxerinen bringen wird. Die Herstellung der vielen farbigen Tafeln nimmt aber so lange Zeit in Anspruch, dass es rathsam erschien, die Veröffentlichung dieses in sich ziemlich abgeschlossenen Theiles nicht daranf warten zu lassen. Der vielen Liicken selbst in diesem kleinen Abschnitte bin ich mir bewusst. Einige derselben hoffe ich später ausfüllen zu können ; inzwischen rechne ich auf die Nachsicht der Fachgenossen, welche die Schwierigkeiten der betreffenden Untersuchungen kennen. Herrn Geh. Rath Prof. Dr. Rudolf Leuckart in Leipzig, welcher, wie zu so vielen anderen, auch zu dieser Arbeit die An- regung gegeben und mir dazu seine reichhaltige Bibliothek zur Verfügung gestellt hat, sage ich hiermit meinen allerherzlichsten Dank. Ebenso möchte ich für liebenswürdige, bereitwillige Unter- stützung danken den Herren: Major von Heyden in Frankfurt a. M., der mir zur Vergleichung Originalpräparate aus der Sarnm- hing seines um die Entomologie so verdienten Vaters überlassen, dem Aufsichts - Commissar für lieblausarbeiten im Kbeingau Fr. von Lade in Geisenheim, Garteninspector Dr. Cavet hier, (der einige seiner prachtvollen Coniferen für die Ari)eit opferte), Garteninspector Vetter auf Wilhelmshöhe, Sanitätsrath Dr. Pagen- stecher und W. Halberstadt hier. Ohne ihr Entgegenkommen wäre mir manche interessante Beobachtung nicht möglich gewesen, Wiesbaden, im Januar 1889. Der Verfasser, Inhalts -Verzeicliniss. Seite Ei II k'i tu 11g 1 Die Familie der l'lijllo xe r i ii e ii u inl ilire Stellung im System 5 "Wichtigkeit, Vor kommen uii d Verb reit u ng 9 Biologie 15 Verwandlung und Fortpflanzung 15 Gallenbildung 25 Flaumentwiekluiig 35 Häutung 39 Feinde 47 Terminologie 51 Aeussere Form 51 Der Kopf 53 Der Thorax 54 Das Abdomen 58 Penis, Vulva, Ovipositor 60 Die Augen 63 Die Antennen 65 Die Mundtheile 70 Die Beine 76 Die Flügel 78 S c h 1 u s s b e t r a c h tu 11 g e n . 80 lieber Phylloxerinen. Einleitung. Schwerlich wird im ganzen Thierreich eine Gruppe zu finden sein, deren Entwicklungsgescliichte so viele Forscher beschäftigt hat, Avie die der Ptlauzenlänse. Seit im Jahre 1605 Leeuwenhoek bei ihnen „Liicinam sine concnbitu" — Gebären ohne vorhergegangene Begattung — nach- wies und dadurcli die allgemein geltenden Begrifte von Zeugung erschütterte, hat ein Beobachter nach dem andern sie zum Gegen- stande ausführlicher Untersuchungen gemacht. Vieles wurde aufgeklärt, aber das Erkannte schuf auch neue Unsicherheiten. Noch heute, nach 190 Jahren, bleibt uns Manches in der Entwicklungsgeschichte dieser Gruppe dunkel und räthselbaft, und spornt unablässig zu neuer Forschung an. Besonders gilt dies von der schon Linne bekannten, in ihrer Entwicklung von den eigentlichen Blattläusen abweichenden Gattung pChermes." Bei allen eigentlichen Blattlausarteu fand man wohl den ganzen Sommer hindurch die ohne Begattung lebendgebärenden Generationen, aber schon 1740 gelang es Bonnet, einem tüchtigen Genfer Naturforschei-, nacbzuweisen, dass die letzte dieser lebend- gebärenden Generationen im Herbste Männchen und Weibchen her- vorbringt , die sich begatten , und deren befruchtete Eier den Winter überdauern und im Frühjahre die Thiere entlassen, mit 2 vvelclien die Keilie der lebendgebärenden Sommergeneratiouen wieder anfangt. Bei Cliermes aber fehlte ansclieinend auch diese eine doppelt- geschlechtige Generation. Trotz allem Suchen waren bei keiner Chermes-Art die sogenannten „Gesclilechtstliiere" zu linden. Wohl wurden durch verschiedene Forscher zu verschiedenen Zeiten von den übrigen abweichende Formen als die lange gesuchten Männchen be- schrieben, aber immer wieder erwies sich bei genauer Prüfung die Annahme als unrichtig. Die Frage entstand nun : Ist bei dieser Gattung die Befruchtung wirklich ganz ausgefallen, und pflanzen sich die Thiere ohne Be- gattung bis in's Unendliche fort, oder wurde, trotz allem Fahnden darnach, die zweigeschlechtige Generation doch übersehen ; und, wenn das letztere der Fall war . m u s s diese Generation regel- mässig, nach gewissen Zwischenräumen, auftreten, oder kann sie nur hier und da vorkommen, vielleicht durch besondere Umstände veranlasst, und unter besonderen Bedingungen? Da die Beantwortung dieser Frage ein neues Licht auf die ganze Theorie von Zeugung und Fortpflanzung zu werfen versprach, so war natürlich, dass sie viele unserer tüchtigsten Naturforscher beschäftigte. Besonders war es Lenckart\), der zu gleicher Zeit mit V. Siebold-) die Frage der Parthenogenesis (der Jungfern- gebärung) einer gründlichen wissenschaftlichen Untersuchung und Beleuchtung unterzog, und der im Jalire 1858 in seiner Abhandlung über Generationswechsel und Parthenogenesis^) zuerst auf die als Parthenogenesis zu deutende Fortpflanzung der sich ausschliesslich durch Eier vermehrenden Coccinen- und Chermes-Arten hinwies, und in zwei weiteren Arbeiten^) die Sache erschöpfend weiterbehandelte. 1) Artikel „Zeugung" in Wagner 's Handwörterbuch der Physiologie, 1853, Band IV, Seite 958. 2) Wahre Parthenogenesis hei Schmetterlingen und Bienen, Leipzig 1856. 3) Zur Kenntniss des Generationswechsels und der Parthenogenesis hei den Insekten. Frankfurt a. M. 1858. *) Die Fortpflanzung der Eindenli'iuse. Ein weiterer Beitrag zur Kenntniss der Parthenogenese, in TroscheFs Archiv f. Naturg. , 25. Jahrgang, 1859, Seite 208. — Die Fortpflanzung der Blatt- und Rindenläuse in Mittheilungen des landwirthsch. Instituts der Universität Leipzig. 1875. I. Heft, Seite 136. — 3 — Nachdem alle von ihm zu den vorscliieden.sten Zeiten untersuchten Chermes-Formen (auch die von anderen Forschern temporär''') für Mäimchen g-ehaltenen Individuen) sich bei der anatomischen Unter- suchung gleichmässig als Weibchen erwiesen hatten, waren auch ihm Zweifel an der Existenz einer zweigeschlechtigen Chermes-Generation gekommen, — und erst in der letzten der erwähnten Schriften glaubte er wieder mit einiger Sicherheit auf ihr Vorhandensein schliessen zu dürfen. Was ihm dasselbe zuletzt wahrscheinlich machte, war ihr Auffinden bei Pemphigus terebinthi, Pass., durch Professor Derbes in Marseille*'), und besonders ihr Nachweis bei der unzweifelhaft sehr nahe verwandten Phylloxera der Eiche durch Prof. Balbiani. ■') Auch bestärkte ihn darin die mündliche Ver- sicherung von Prof. Claus, dass er einmal früher männliche Tannenläuse gesehen und untersucht, damals aber uid^ekannt mit der Tragweite der Beobachtung, sich die Details nicht gemerkt habe. Die Frage blieb eine äusserst interessante. Auch icli benutzte seit Jahren meine Müsse dazu, die Entwicklungsgeschichte dieser räthselvollen Familie weiter zu verfolgen. Die gegenwärtigen Mit- theilungen sind das Resultat dieser Beobachtungen. ünterdess ist letztes Jahr bei einer Chermes-Art von Prof. Blochmann^^) die gesuchte Generation wirklich gefunden worden 5) Es scheint von Vielen übersehen worden zu sein, dass Ratzehurg schon in der im Jahre 1860 erscliienenen 5. Auflage seiner „Wakiverderber" seine Angabe, dass die kleineren geflügelten Chernies-Fornien die Männchen seien, zurückgenommen hat, „indem sie nach Leuckart auch nur Eierlegende seien." — Da dieser nun verstorbene äusserst verdiente Forscher die Sache schon seit mehr als 20 Jahren selbst berichtigt hat, so wäre es doch wohl an der Zeit, ihn nicht stets und immer wieder in derselben Sache von Neuem zu berichtigen, wie es z. B. Bück ton noch 1SS3 und Andere sogar noch später gethan. 6) Notes sur les aphides du pistachier terebinthe, Annales des Sc. naturelles 5" Serie, T. XV, 1872, Article 8. 7) Memoires presentes ä l'Academie des Sciences. Paris 1874, T. XXII, No. 14, und Annales des Sc. naturelles 1874, 5« serie, T. XIX. Art. 12. 8) Ueber die Geschlechtsgeneration von Chermes abietis, L. Biologisches Centralblatt. Band VII, 1887, Seite 417. - 4 — und dadurch die Existenz einer zweigeschlechtigen Generation bei einer Chermes-Art unzweifelhaft festgestellt. Nicht ganz so zuverlässig ist das von Bloch mann darauf gegründete Schema der Chermes-Entwicklung, und dürfen wir, nach meinen Beobachtungen , den Entwicklungsgang der verschiedenen Chermes- Arten nicht als dadurch festgestellt ansehen. Die Gattung bietet so viele Räthsel, dass es noch mancher Untersuchungen be- dürfen wird, bevor wir zu einem abschliessenden Urtheile befähigt sind. Auch die gegenwärtigen Mittheilungen möchte ich nur als einen Beitrag zur Lösung betrachtet wissen. Sie sollen daneben, wie ich hoft'e , künftigen Forschern das Studium erleichtern. Grosse Schwierigkeit fand ich in dem Auseinanderhalten der verschiedenen Arten und ihrer verschiedenen Entwicklungsstadien, welche oft hart neben einander, manchmal sogar über einander vorkommen, und doch kann mau bei dieser an Polymorphismus so reichen Gattung ohne dies Auseinanderhalten nie seiner Sache sicher sein. Ich habe mich bestrebt, diese Schwierigkeit zu vermindern, indem ich nicht zu- sammengehörige Arten, deren verschiedene Stadien oft in der Be- schreibung einer einzigen Art durcheinander gemischt waren, trennte, und die Entwicklungsreihe einer jeden separat beschrieb, nachdem ich durch sorgfältige Züchtungen ihre Zusammengehörigkeit fest- gestellt hatte. Von den meisten dieser Stadien hat Herr Universitäts- zeichner Peters von Göttingen unter meiner Leitung und nach dem Leben musterhafte Abbildungen gemacht, alle in genau derselben Vergrösserung, sodass eine rasche Orientirung und Vergleichung mög- lich ist. Diese Abbildungen hoft'e ich im Anschlüsse an den zweiten Theil dieser Arbeit veröfteutlicheu zu können. Die Fainilie der Pliylloxerinen und ihre Stellung im System. Meine Studien liaben sich auf die beiden Gattungen Chermes, Hartig und Phylloxera, Boyer de Fonsc. erstreckt, da sie olVenbar sehr nahe verwandt sind und sich von den Beobachtungen der einen Gattung mancher wichtige Schluss auf das ziehen lässt, was man bei der anderen finden möchte. Sie bilden den üebergang von den Coccinen zu den Aphidinen, zeigen aber neben mancher Aehnlichkeit so viele Verschiedenheiten von jeder dieser beiden Familien, dass sie lange Zeit zwischen ihnen hin- und hergeworfen wurden, bis sie in jüngster Zeit meistens den Aphidinen zugerechnet werden. Dass sie jedoch kaum in diese Familie passen, w^urde schon oft empfunden. Ihr ganzer Habitus wie ihre Entwicklung sind verschieden. Bei jeder Charakterisirung der Familie der Aphidinen müssen sie als Ausnahme genannt wer- den. Während Letztere vivi-ovipar sind, indem sie den ganzen Sommer über parthenogenetisch lebende Jungen gebären und nur die eine doppeltgeschlechtige Generation Eier legt, pflanzen diese beiden Gattungen sich ausschliesslich durch Eier fort. Ich möchte daher vorschlagen, sie als eine besondere Familie, „die Phylloxerinen" zwischen Coccinen und Aphidinen einzu- reihen. Es würde damit viel Unsicherheit wegfallen, die Eintheilung wäre eine natürliche , wohlbegrenzte , und die vier Familien der Pflanzenläuse oder Phytoplitires könnten dann viel schärfer charak- terisirl werden. Die Unter-Ordnung der Phytophtires würde darnach bestellen aus : 6 — .- .2 Of TS bo © n^ O) -^ fciC 'S a> SI -+j -p s ,o ?3 cö s bß Ol bo a> > ö -p rr, a> O) a j_i fl s ;-l Oi 1^ a> «4-( o O) bß Co O OJ CO O ;_< bß Ti 05 1— ( -t^ ö &- a bß w C/3 O •^ -i-i O) bc q=i •^ cö O) f^ ^ (:3 bc ct> ul^ ;-i CHf OJ O) •-Ö ■^ S 5 .— i • 1— 1 '— ' :=3 O ^ Ca ^ !=1 »4 bß a> o • pH PI 1=1 a> ,C3 Ö -p bß cS a ^ 1 H O) • o .- rö o _bß o _bp bß Ol 05 05 ■73 bß a o c3 bß bß ■F— < > :CÖ fl »— ' C/} a ;^ r3 bß CO (TS S s a O «3 ^ s 'S bß i72 1— ( *■— ' ••;=! •^ ,-^ .^ CS tu a r^ h^ o:) n o bß 05 bß '^ o bß bß ^ W 05 bß cm- pq S CS bß si bß c» •-" bß s. w Ot ^ O 7 - bJD ^ I CO 1715 , ' bc ^ OH- ■r: f^ .3:^ I 1 r-' r-i o =q '1^ ;^ ^ Th ^ Oj CD s bJO q=; bJD r-l .S ^ ix ^ tS3 uq P OH- <3j a ^ CZ2 H oj O ^-^ bß ^ "S '^'^ ..-H oj — ■ ^ OJ a ^ -^ p C-l a ^ •- o ;— H ^-. -(^ O) s '« S 's .SP -^ r— bß 53 'S C3 H^ a .^ CD -u •73 OJ Qi a< ■ bß o o ^ f: bß -M -tJ Oj "5 'cc 1-H s s O 'S a s bß f^-- s ^ S3 1=1 ;ri er.' .^ Oj CS •— ' :^
  • -oiiie'' bo/eidiiiet, und dieser Name ist nun fast allgemein dafür angenommen. ^^) Diese Heterogonie ist die Art der Fortpflanzung, der misere riiylloxerinen ihre trotz aller Feinde immer starke Vermehrung ver- danken. Ol) wir aber aueli nur von einer einzigen Species die ganze Kette kennen und die Bedingungen, welche, innerhalb des Kahmens der Heterogonie, die eine oder die andere xirt der Vermehrung be- günstigen oder an die Reihe bringen, oder, wenn diese Reihe ein regelmässiger Turnus sein sollte, diesen letzteren selbst, — das ist mir zweifelhaft. Die Begründung für diese Behauptung wird sich aus dem zweiten, der Systematik gewidmeten Theile dieser Arbeit ergeben. Auch werde ich am Ende dieses ersten Theiles noch eine kurze Skizze des Eutwicklungscyklus der bekanntesten Cliermes-Art bringen, soweit er durch meine neuesten Forschungen als festgestellt angesehen werden kann. Diese Skizze wird wenigstens einen Begriff von den hier in Frage kommenden Verwicklungen geben, — von Complicationen wie sie, meines Wissens, aus dem Entwicklungskreis keiner anderen Thierfamilie bekannt sind. 37) Es ist wichtig, die verschiedenen FortiitianziuiiiNarten streny-e auseinan- der zu halten. Wenn wir dem Verständniss der ganzen Frage der Fortpflanzung nälier kommen wollen, kann nur die Vergleichung dieser etwas durchsichtigeren und vermittelnden Arten der Fortpflanzung möglicher Weise Licht auf manche uns noch dunkle Punkte werfen. Der oft citirte Ausspruch De Geer's ,Die Blattläuse sind Insekten, welche im Stande sind, das ganze V e r m e i n t e G e n e r a t i o n s s y s t e m z u z e r r ü 1 1 e n . u n d d i e j e n i g e n z u verwirren, welche sich hemühen, dies Geheimniss der Natur zu erforschen'", ist, so tüchtig und zuverlässig auch alle De Geer's Be- obachtungen sind, sicher nur insofern richtig, als er sich auf das „ver in einte" System bezieht. Gerade dadurch, dass die an den Blattläusen gemachten Beobachtungen „einem der wesentlichsten Gesetze in der Ge- schichte der Zeugung geradezu in das Gesicht schlagen", haben sie schon Viel dazu beigetragen, dass dieses „wesentlichste Gesetz" nicht als starrer Glaubenssatz ungeprüft hingenommen, sondern im Lichte der beobach- teten Thatsachen unbefangen geprüft wurde, und ich glaube, sie werden auch in der Zukunft noch viel zur Aufklärung dieser Frage beitragen. Mehr aber als von anderen gilt dies von den P hy 1 1 o x e r in en , dieser Familie der „Aus- nahmen." — '20 — Dieselbe Schilderung- wird auch zeigen, dass bei unseren Tbieren der Entwicklungsgang oft noch durch Emigration complicirt wird, indem gewisse Generationen von einer Ptlanzenart auf eine andere auswandern, da Eier legen, und erst die direkten oder indirekten Nachkommen der aus diesen Eiern entstehenden Thiere wieder auf die ursprüngliche Pflanzenspecies zurückwandern. Soweit bis jetzt bekannt, findet diese Emigration ausschliesslich durch die geflügelten Thiere statt. Erweist sich dies als allge- meine Regel, so muss es natürlich in dem Entwicklungscyklus einer jeden emigrirenden Species zwei — wohl durch ungeflügelte von einander getrennte — geflügelte Generationen geben. Diese habe ich denn auch im verflossenen Jahre bei einer Phylloxera- und einer Chermes-Art gefunden, und ich halte es nicht für ausge- schlossen, dass sie bei allen Phylloxerinen vorkommen oder vor- kommen können, und dass wir, in Uukenntniss des Zusammenhanges, als verschiedene Species Formen beschreiben, welche in den Ent- wicklungskreis einer und derselben Species gehören. Wanderungen bei Phytophthires sind bereits vor mir von Lichten st ein und Targioni-Tozzetti für Phylloxera, von Kessler, Derbes, Balbiani für Aphidinen beschrieben worden. Was, trotz der Zuverlässigkeit der meisten dieser Forscher, hier und da Zweifel an der Richtigkeit der Beobachtungen erweckt hat, Avar der Umstand, dass die beschriebenen Species auch an Orten vorkamen, wo die eine der beiden abwechselnd als Aufenthaltsort erwähnten Nährpflanzen nicht existirte. Es drängt sich daher die Frage auf: „Sind diese Wanderungen obligatorisch, und kann sich ohne Dazwischenkunft einer solchen Emigration die Species nicht kräftig vermehren? oder sind die Wanderungen, so regel- mässig sie auch an bestimmten Orten vorzukommen scheinen, nur facultativ und nicht unbedingt uothwendig zur Erhal- tung der Art? Die Entscheidung dieser Frage ist nicht nur von grossem, wissen- schaftlichem Interesse, sondern auch von Wichtigkeit für das prak- tische Leben, da einige der Phylloxerinen zu den sehr schäd- lichen Insekten gehören. Ich hoffe daher, dass mich auch Fachge- nossen in dem Versuch der Lösung derselben unterstützen werden, indem — 21 — sie '/. B. von Orten, wo es wohl Fichten, aber durchaus keine Lärchen giebt, berichten, ob daselbst auch Charmes abietis, Kltb., vorkömmt und sich kräftig fortpflanzt. Wie aus dem Schluss- kapitel hervorgehen wird, glaube ich, als sicher annehmen zu dürfen, dass eine Wanderung von und zu der Lärche bei uns in den Knt- wicklungskreis des unsere junge Fichten verkrüppelnden Ch. a])ietis, Kltb., gehört. Wäre diese Wanderung obligatorisch zur Er- haltung der Species, so könnten wir unsere Fichten vor Ch. abietis schützen, indem wir keine Lärchen in der Umgebung pflanzen, oder, wo es der Mühe lohnt, die bereits angepflanzten entfernen. Es hätte dies aber natürlich nur dann Werth, wenn die Species ohne d i e W^ a u d e r u n g a u f d i e L ä r c h e nicht 1 e b e n s f ä h i g b 1 e i b t. Kann sie sich eben so gut ohne Emigration auf die Lärche erhalten, so hätte das Herausreissen der letzteren keinen Nutzen. Das Merkwürdigste in der Entwicklungsgeschichte unserer Thiere ist aber die Thatsache, dass bei gewissen Generationen aus Eiern einer und derselben Mutter vollständig verschiedene Thiere hervorgehen, welche zu der gleichen Zeit einen ganz verschiedenen Entwicklungsgang durchmachen. Es entsteht dadurch eine The i hing der Entwicklungsreihen. Die Feststellung der Existenz der so hervorgebrachten „ge- theilten oder Parallel reihen" betrachte ich als das wichtigste Resultat meiner Untersuchungen, besonders seit mir verschiedene Beobachtungen die Ueberzeuguug aufgedrängt haben, dass dieselben „getheilten oder Parallelreihen " auch bei anderen Insekten vorkom- men, und dass mit ihrer Kenntniss manches liäthsel in der Ent- wicklungsgeschichte gelöst werden kann.^^) Es erübrigt noch, hier einer anderen, wie ich glaube irrigen Erklärung der Fortpflanzung der Phylloxerinen zu gedenken, da sie in viele der Arbeiten über die Kebhius, leider aber auch in einige allgemeine Werke, wie z. B. die oben erwähnte Monographie der 38) In seiner schon oben citirten kleinen, aber an neuen Ideen reichen Schrift ,Die Fortpflanzung der Blatt- und Rindenläuse" hat Leuckart schon im Jahre 1875 die Existenz solcher Parallelreihen für Phylloxera als wahr- scheinlich bezeichnet. 22 britisclieii Aphiden von Biicktou, übergegangen ist und sclion viel Verwirrung gebracht hat. Es ist dies die Theorie Lichten stein 's, der, zusammen mit Prof. Planchon, die Reb- laus von ihrer ersten Entdeckung an beobachtet und nicht nur manchen werthvollen Beitrag zur Kenntniss ihrer Lebensweise ge- liefert, sondern auch durch seine zahlreichen populär abgefassten Schriften viel zur Verbreitung dieser Kenntniss beigetragen hat. Lichtenstein geht von der Ansicht aus, dass nur die zwei- geschlechtige Generation, so verkümmert sie auch sein mag, die Imago-Form oder das vollkommene Insekt repräsentirt, und dass alle übrigen Formen, hier also auch die sonst gewöhnlich als die vollkommenste betrachtete geflügelte Form, nur Uebergangs- oder Larvenformen ^'■') der Geschlechtsthiere sind (von ihm als „Pseudo- gynes" bezeichnet). Da er, in consequenter Durchführung dieser Idee, als wirkliches Ei einzig und allein nnr das Ei anerkennt, welches das befrachtete oder befruchtbare Weibchen legt, so sind für ihn die Eier aller übrigen Formen nur Eiknospeu (ovi-gemmations, auch oeufs-bourgeons), diejenigen Eier, welchen die zweigeschlechtige Generation entschlüpft, nennt er Puppen (pupes) und die Thiere, welche dieselben gelegt, Puppenträger (pupiferes). Die ganze Ent- wicklung vergleicht er der eines Baumes, die Entwicklung des be- fruchteten Eies der durch Samen, die Vermehrung durch alle anderen Formen der durch Knospen (Verzweigung — Ableger). Da das einzig von ihm als wahres Ei anerkannte Ei des befruchteten Weib- chens natürlich nur ein einziges Individuum birgt, das erst nach verschiedenen Generationen von Zwischenformen die beiden Geschlechtsthiere hervorbringt, nennt er die Aphidinen und Phyl- loxerincu monöcische Insekten, im Gegensatz zu den diöcischen In- sekten, von denen jedes Geschlecht für sich aus einem besonderen wirklichen Ei entspringt.^'') 39) Brief von J. L i eilten st ein , 10. Sept. 1882, in Buckton's Mono- graph of the British Aphides, Band IV, Seite 64. 40) Lichten stein hat diese ErkUirung mit verschiedenen Variationen fast in jeder seiner äusserst zahlreichen .Schriften wiederholt, so dass es schwierig ist, sie alle zu citiren. Die wichtigeren derselben werden in dem der Biblio- graphie gewidmeten Kapitel aufgeführt werden. — Vergl. auch Seite 40. - 23 — Nach dem, was irli im Eingänge dos Kapitels ül)er die Fort- pHanziing der I'livUoxeriiien gesagt, brauche icli mich wolil niclit weiter über das Unrichtige und Gezwungene dieser Erklärung zu verbreiten. Die Grundlage dieser Theorie fällt damit, dass alle die Eier der riiylloxerinen, welche Lichtenstein einmal Eier, dann VA- knospen, dann Puppen nennt, wirkliche Eier sind, die alle ähnlich entstehen, deren Entwicklung erst nach Ablage beginnt und auf die gewöhnliche Art, (wenn auch nicht gleichmässig schnell,) vor sich geht, wie es Leuckart, Claus. Balbiani gezeigt. Dass der Ausdruck „Pupiferes" eben so unrichtig und irre- führend ist, ergiebt sich von selbst, sobald man weiss, dass seine soge- nannten „Puppen" Eier sind, deren Entwicklung erst nach Ablage beginnt. Was Pupiparen sind oder, wde er es vorsichtiger bezeichnet, die „sogenannten Pupiparen" hat uns Leuckart ja schon im Jahre 1857 in einer schönen Arbeit gezeigt.*^) Obgleich ich gegen Lichtenstein's ganze Theorie über die Fortpflanzung der Phylloxerineu protestireu muss, und damit auch gegen einige der von ihm zur Unterstützung derselben gebrauchten Bezeichnungen, so kann ich das Aufstellen genauer Bezeichnungen überhaupt für die verschiedenen Entwicklungsphaseu der Art wie des Individuums nur als höchst nützlich und uachahmenswerth betrachten. Es wird von Vortheil sein, w^enn auch die bei den Phylloxerineu in grösserer Mannigfaltigkeit als bei den anderen In- sekten vorkommenden Entwicklungsstadien deutlich mit einem oder zwei Worten bezeichnet werden können. Ich möchte daher vor- schlagen, Lichtenstein's Abgrenzung der wirklich von einander verschiedenen Stadien beizubehalten und nur die nach gegenwärtigen Ansichten unrichtigen Benennungen durch andere zu ersetzen. Die verschiedenen Generationen würden darnach vielleicht zu bezeichnen sein als: *i) Die Fortpflanzung und Entwicklung der rupiparen. Abliandlungen der Nat. Ges. zu Halle. Band IV. - 24 1. Die erste Geiienitioii des Cvklus . .Stiiiniiimiitter. Fiiiiclatrix, EiiiigTanten. Migrantes oder Migrantes alatae. 2. Die geflügelte Generation, wenn ihre Eier .niclit die zweigesclilechtige Generation entwickeln, also nur der örtlichen Verbreitung dienen, Ob es auch ungeflügelte Emigranten giebt, ist noch nicht festgestellt, sie wären dann Migrantes apterae. 3. Die Generation, aus deren Eiern sich ' die zweigeschlechtige Generation ent- wickelt, (Lichte nstein's Pseudogynae Piipi- ferae) wenn geflügelt Avenn ungeflügelt 4. Die parthenogenesirenden ungeflügel- ' ten Weil)chen, aus deren Eiern nie die zweigeschlechtige Generation ent- steht, (Lieh ten st ein 's Pseudogynae gem- niantes oder Bourgeonnants) Geschlechtsträger. Sexuparae (Sexuparen). Sexuparae alatae, Sexuparae apterae. Jungfernmütter. Virgines fecundae ^"-') oder kurz Virgines ^. 5. Die zweigeschlechtige Generation, wie gewöhnlich. Männchen Weibchen 9 Im Interesse der Kürze werde ich mir erlaul)en, diese Bezeich- nungen in dem angedeuteten Sinne im weiteren Verlaufe dieser Arbeit zu gebrauchen, und habe ich auch desshalb diesen Punkt bereits an dieser Stelle zur Sprache gebracht. 42) Es würde viel Uiiischreilnmg sparen, wenn das Zeichen §, welch'es Witlaczil für die vi viparen Weibchen der Aphidincn vori-chlägt (Witlaczil , der PolynKirphisniiis von Chaetophorus Populi, Denkschriften der kais. Akadeuiie der Wissenschaften, Wien 1884, Band 48, Seite 388), auch für die ihnen ent- s]irechenden parthenogenesirenden Formen der Phylloxerinen gebraucht würde. — 25 — Wie alle Pliyto})litliires iiilliren sich (li(^ IMiylloxcriiicii ausschliess- lich von Pfltinzeiisäftcn , welche sie mittelst holiler oder vielmehr rinnenförmiger Borsten einsaugen. Sie entziehen diese Säfte den Blattern, den Blatt- und Blüthen-Stengeln, den Knospen, der Rinde an Zweig und Stamm, den Wurzeln. Wie schon im voi-igeil Kapitel hemerlvt, verursachen einige von ihnen Gallen und andere Miss- hilduiigen, die bei verschiedenen Arten nur den Nachkommen Schutz gewähren, bei anderen auch noch der sie veranlassenden Generation. In keinem einzigen Falle leben über alle Generationen der Entwicklungsreihe in nnd an diesen Missl>ildungen. Stets ist es ein ringe flu gelt es Thier, das den Anstoss zur Galle giebt'^^), in den meisten Fällen die Stamm-Mutter. Auch ist bis jetzt noch nie in einer Galle ein Thier der zw ei ge- schlechtigen Generation gefunden worden. -^^j Die durch die Phylloxerinen verursachten Gallen haben bis zur Entdeckung der Reblaus vielleicht am meisten dazu beigetragen, die Aufmerksamkeit auf sie zu lenken, werden die Gallen der Fichte ja 43) Wenn Fr. Low (Bemerkungen über die Fielitengallenläuse, in den Yerli. der Zool. bot. Gesellschaft, Wien 1884. Band 34, Seite 483) die Ende August aus den Gallen ausfliegende Generation aus den Eiern der Mitte Juni die Gallen verlassenden geflügelten Generation hervorgehen lässt, also in diesem Falle eine ge flu gel te Generation die Gallen verursaelit hätte, so beruht dies sieher auf einein Irrthume, wie ich im speciellen Theile nachweisen werde. 44) Der einzige mir aus der Litteratur bekannte Fall, von dem das Gegen- theil noch nicht bewiesen ist, ^Y;u•e das von Bück ton berichtete Aufflnden eines Exemplars des männlichen Chernies abietis in einer Galle (1. c. T. 4, p. 31). Trotz der ausführlichen Beschreibung und Abbildung Buckton 's möchte ich aber vermuthen, dass hier ein Irrthum vorliegt. Bück ton beschreibt und zeichnet ein Insekt mit dreigliedrigen Fülilern und einem gekrümmten Penis, der halb so lang als das ganze Thier ist, und der wohl Aehnlichkeit mit dem Penis einiger Aphidinen, aber keine mit dem der 2 Chermes-Arten hat, von denen Männchen bekannt sind. Diese letzteren beiden cf Chermes haben zwar auch beim Verlassen des Eies einen dreigliedrigen Fühler, ähnlich wie ihn Buckton abbildet, aber dann noch keinen Penis. Dieser erscheint erst bei der letzten Häutung, zu gleicher Zeit damit jedoch auch ein sehr charakteristischer v i e r gl i e d r i g e r Fühler, den B u c k t o n schwerlich beim Ab- bilden übersehen haben könnte. Die von B. hervorgehobene ausserordent- liche Kleinheit seines Chermes-Männchcus weist ebenfalls auf eine Verwechslung 3* — 26 — schon 1583 von Clusins erwähnt, und kann man aus dessen Be- schreibung heute noch ersehen, dass er beide Arten von Fichten- gallen vor sich gehaljt, trotzdem ihm offenl)ar noch unbekannt war, dass sie von Insekten herrührten.^'') Die* auffallende Verschiedenheit der beiden Arten von Gallen legte auch zuerst Katze bürg und Kaltenbach (Beiden zu gleicher Zeit, 1843) die Vermuthung nahe, dass sie von verschie- denen Chermes-Arteu herrühren müssten. lieber die näheren Vorgänge bei der Entstehung dieser Galleu sind wir noch nicht im Klaren. Wir wissen wohl, dass bei ihrer Bildung eine durch einen fremden Reiz hervorgerufene Hypertrophie der Gewebe stattfindet, kennen auch, wenigstens in den hier in Frage kommenden Fällen, das Thier, von dem dieser Beiz ausgeht, aber nicht mit Sicherheit die Natur des letzteren und die genaue Art seiner Einwirkung. Besteht der Reiz in der bloss mechanischen Ver- letzung der Gewebe, oder in der durch das anhaltende Saugen ver- ursachten abnormen Säfteentziehung an bestimmten eng begrenzten Stellen, oder wird zu gleicher Zeit ein irritirendes Gift in die Wunde eingeführt? Wenn das erstere, ist dann die Verschiedenheit der Gallen an derselben Pflanze, oder auch das gänzliche Aus- hin. Es müsste denn bei Cliermes ausser den gewölmliclien Männchen auch noch, wie bei einigen parasitischen Crustaceen, Zwergniännchen geben. Während ich noch kein Chermes-Ei, noch weniger ein Chermes-Männchen (selbst im Augen- blicke des Ausschlüpfens) gesehen habe, das kürzer als i/imni war, giebt Bück ton als die Länge des seinigen nur 3/ioonnn an. 45) Da mir das Original von Clusius nicht zu Gebote steht, citire ich nach dem Auszuge in der oben erwähnten Arbeit Löw's, weiss aber nicht, welchen Baum Low mit „Picea puniila" meint, und doch wäre es interessant zu wissen, ob die Gallen schon damals auf irgend einer anderen als unserer gewöhnlichen Fichte (Picea excelsa, Lk.) gefunden wurden. Von Pinus pumilio, der Zwerg- oder Krummholzkiefer, sind, wie von allen Kiefern, bis jetzt noch keine dieser Gallen bekannt. Clusius hatte offenbar beide Arten der Fichtengallen vor sich gehabt, da er sehr richtig schildert, wie niauchmal aus den am höchsten und weitest nach aussen sitzenden Zapfen kleine Zweige herauswachsen. Die Gallen von Chermes abietis, Kltb., welche, wie beschrieben, gewöhnlich an den höchsten und äussersten Zweigen sitzen, lassen nämlich den Trieb durch- und weiterwachsen, im Gegensatz zu den meist an Nebenzweig- enden sitzenden Gallen ohne Schopf von Ch. strobilobius, Kltb. - 27 — bleiben derselben beim Sangen verwandter Species dnrdi die Art und den Grad der Verletzung bedingt, oder dadurch, dass jede Art nur bestimmtes Gewebe oder bestimmte Gefässe ansticht? Wenn Gift als Agens angenonimeii wird, injicirt jede Species ein verschie- denes Gift? Und wie kommt es denn, dass das Saugen desselben Tb i er es an ganz nahe verwandten Bäumen verschiedene Gallen hervorbringt, wie ich es bei denselben Chermes- Arten für Picea excelsa und Picea orientalis constatirt habe ? Wie kommt es ferner, dass das Saugen der Stamm- Mutter von Phylloxera coccinea das auffallende platte Umbiegen der Ecke des betreffenden Eiclienblattes verursacht, während das Saugen der übrigen Gene- rationen an denselben Stellen kein Umbiegen veranlasst, oder, wenn es in seltenen Ausnahmsfällen geschieht, nur in sehr geringem Maasse? Das sind Fragen, die sich bei der Beobachtung der mit der Entwicklung unserer Thiere eng verknüpften Gallenbildung unwill- kürlich aufdrängen. Am leichtesten ist wohl zu erklären, warum eine Generation Missbildungen verursacht, während spätere Generationen desselben Thieres an denselben Pflanzentheilen es nicht thun. Auf diese Frage beziehen sich die folgenden Mittheilungeu : Ich fand an den Nadeln der Lärche zwei in jedem Stadium vollständig verschiedene Chermes-Arten, welche beide zu gewissen Zeiten in der bekannten Weise die Nadeln knicken. Sie thun dies jedoch, wie ich beobachtet, nur so lange die Nadeln ganz jung sind. Saugt eine spätere Generation au einigermaassen aus- gewachsenen Nadeln, so erfolgt die Einknickung nicht. Man sieht daher gegen Ende des Sommers nur wenige durch Umbiegung ver- unstaltete Nadeln, und diese befinden sich alle, me ich mich über- zeugt habe, an den späteren Trieben. Der Eingriff hat also hier die verunstaltende Wirkung nur während der ersten P^ntwicklung der Nadel zu Folge, Die gleiche Folgerung erklärt, warum n u r die S t a m m - M u 1 1 e r der Phylloxera coccinea die Blattecke umbiegt. Wo ein Individuum der späteren Generationen ausnahmsweise eine dann stets viel geringere Umbie- — 28 — gnng verursacht, geschieht es auch nur an zarteren, später ent- wickelten Blättern. Hier ist es also das Stadium der Entwicklung des be- treffenden Pflanzentheiles, welches bedingt, ob Missbildung entsteht oder nicht. '^'') Dass auch geringe Verschiedenheit in dem Ort des Angriffes auf die Entwicklung der Deformitäten von EinÜuss ist, bestätigt die folgende Beobachtung : Wie anzunehmen war, dass verschiedene Pflanzentheile ver- schieden auf den gleichen Eingriff" reagiren würden, so Hess sich auch erwarten, dass gleiche Theile dies auf die gleiche Weise thun würden. Dem widersprach jedoch die Erfahrung bei unseren Fichtengallen. Nach allen Angaben saugen Chermes abietis und Ch. strobilobius zu gleicher Zeit und auf die gleiche Art an dem Hals der Knospen, und doch entwickeln sich diese Knospen zu zwei vollständig verschiedenen Gallen. Nehmen wir nun an, dass keine Einführung eines in jeder Species verschiedenen Giftes statt- findet, (und dagegen spricht Manclies, wie ich in der Folge zeigen werde), so musste doch in der Art oder dem Ort des Angriffes eine Verschiedenbeit sein. Die Saugapparate und ibre Function scheinen sich nun so vollständig zu gleichen, dass die Differenz eher in dem Ort des Angriffes zu suchen war, — und so fand ich es auch bei näherer Prüfung. Die 2 Arten saugen nicht beide am Knospenhals, wie bis jetzt allgemein berichtet wurde. Dies thut nur Ch. abietis, während Ch. strobilobius auf der Mitte der Knospe, meistens etwas nach unten zu sitzt, und nie am Knospen- hals. Es ist nun begreiflich, dass ein am Knospenhals saugendes Tbier ganz andere Theile verwunden und irritiren muss, als ein auf der Mitte der Knospe festgesaugtes. Die Verschiedenheit der beiden Gallen scheint demnach durch die Verschiedenheit in dem Ort des ^C) Maxime Coriiu hat dies in seinem klassischen Werke „Etiules sur le Phylloxera vastatrix. Paris 1870" bereits vor 9 Jahren hei seinen Unter- suchungen über die Eehlausgallen gefunden. Er constatirt weiter, dass die Gallen immer nur durch junge Thiere entstanden. „Les galles sont formees autour d"un insecte (ßii s'est fix<''. ä Tetat de jeune, sur des organes cncore tres-peu developpes." p. 150. — 29 — AngTifies bedingt. '") Das Gleiclie gilt für den folgenden Fall: An einem Triebe der Sapindusficlite, Picea orientalis, Lk., liatten sowohl Ch. abietis wie Ch. strobilobius die Knospen, an denen sie saugten, in die für sie charakteristisclien, nur durch die Natur des Baumes etwas modificirton Gallen auswachscn maclien, während an der Basis einzelner Nadeln niclit weit davon Chermes orientalis'«) durch sein Saugen nicht die geringste wahrnehmbare Veränderung verursacht hatte. Die vorerwähnten Beispiele scheinen mir dafür zu sprechen, dass sowohl die Lage der Angriffsstelle, wie das Stadium der Entwicklung des betreffenden Pflanzentheiles die Gallen- bildung beeinflussen. *■') Damit würde sich auch eine Erklärung für die hier und da beobachtete Anomalie bieten, dass Gallen, welche ganz denen von Strobilobius gleichen, nur Ch abietis enthielten, und vice versa. Es würden dann diese Ausnahmen auf das Festsaugen der Thiere an einer gewöhnlich von ihnen nicht gewählten Stelle zurückzuführen sein. Solche Ausnahmen oder Verirrungen kommen ja bei ver- schiedenen Insekten vor, und sind, nach anderen Erfahrungen in der Familie zu urtheilen, bei den Phylloxerinen sicher nicht ausgeschlossen. Wenn bei dem Saugen auf der Mitte der Knospe gerade diejenigen Gefässe getroffen werden, welche das Weitervvachsen des jungen Triebes ver- mitteln, so dürfte das Ansaugen eines Abietis an dieser Stelle auch eine Galle ohne Schopf hervorbringen, genau wie das eines Strobilobius, — und umgekehrt bei dem ausnahmsweisen Festsetzen eines Strobilobius am Knospen hals der Trieb noch durch die so veranlasste Galle hindurch weiter wachsen können. Die kleineren Verschiedenheiten in Gallen der gleichen Species möchten durch leichtere Unterschiede in der Ansatzstelle bedingt sein, auch manchmal durch gleichzeitiges Besaugen derselben Knospe an verschiedenen Stellen. Das Zusammen wohnen von jungen Abietis und Strobilobius in der gleichen Galle, ja oft in der gleichen Gallenzelle dürfte seine Erklärung darin finden, dass eine und dieselbe Knospe oft in der Mitte von Strobilobius, an der Basis von Abietis angezapft wird. Stirbt eines dieser Mutterthiere, bevor die Galle sich entwickelt hat, so nehmen die aus seinen Eiern schlüpfenden Jungen wohl keinen Aitstand, auch in die von der Stamm- Mutter der zweiten Species veranlasste Galle einzuwandern, und sich darin neben den Nachkommen der letzteren häuslich einzurichten. 48) Eine von mir gefundene neue Art, welche im systematischen Theile näher beschrieben werden wird. Die Stamm-Mutter saugt hier an dem Stiel der Nadeln. — 30 — Dass ausserdem der dem Protoplasma jeder Pflanze inne- wohnende, für jede Art verschiedene, Formeutwiclvlungstrieb selbst verwandte Pflanzen gegen ganz gleichen Angritt" auf gleiche Gewebe verschieden reagiren und dadurch verschiedene Gallen hervorbringen lässt, ist eben so sicher. Dieser plastische Trieb (wenn ich ihn so nennen darf) äussert sich z. B., wie oben gezeigt, bei der Picea orientalis auf dieselbe Anregung hin in etwas anderer Weise als bei der so nahe verwandten Picea excelsa. Die Gallen von Ch. abietis haben zwar auch dort den für sie charakteristischen Schopf, während die von Ch. strobilobius den Trieb nicht über sicli hinaus wachsen lassen, aber beide sind doch wieder verschieden von denen derselben Thiere auf der gewöhnlichen Fichte. Gegen die Annahme eines Giftes als Ursache der Gallen- bildung bei den Phylloxerinen spricht hauptsächlich der Umstand, dass ihr Saugen wieder an anderen Stellen keine Wucherungen der Gewebe liervorbringt, wenn es auch ohne Zweifel die Nährpflanzen durch den Säfteverlust mehr oder weniger entkräftet. Zwei Beispiele dieser Art, das des Chermes orientalis an der Basis der Nadeln und das der beiden die Lärche bewohnenden Arten auf den mehr aus- gewachsene n Lärchennadeln, liabe ich bereits angeführt. Weitere Beispiele sind der von mir auf Abies canadensis gefundene Ch. funi- tectus, der bloss gelbe Flecken auf den von ihm besaugten Nadeln zu verursachen scheint, dann Chermes piceae, Ch. pini und Ch. strobi, welche oft in grosser Menge an der Rinde saugen ohne Auswüchse zu veranlassen. Als ein weiteres Argument gegen die Gift-Theorie kann ich nur bestätigen, was schon Cornu in seinem oben citirten Werke über die Reblaus auffülirt, dass das anhaltende Saugen der Phylloxeren der Eiche auf den Blättern keine Hyper- trophie^'^) verursacht, sondern nur Vertrocknung des besaugten Blatt- theiles, während die P^ichenblätter doch sonst stark zu Gallenbildung neigen, wie das ja die vielen verschiedenen Gallen anderer Insekten auf ihnen beweisen. Was er sonst noch gegen die obige Theorie aus seinen sorgfältigen und gewissenhaften Beobachtungen der Reb- «) Das Umbiegen der Blattecke bei der Stamm-Mutter der Eichen-Phyl- loxercii ist mit keinerlei Veränderung oder Hypertrophie des Blattes verbunden. — 31 — lausgallen, und liaiiptsiichlich der das o-anze Unlieil vonirsachenden Nodositätcu '•") an den llebwurzeln niittlieilt, sollte im Original nach- gelesen werden, wo alle Belege in Wort und Bild dabei sind. Die folgenden scheinen mir die Hauptpunkte zu sein: 1) die Wucherung der Gewebe findet nicht unter dem Thiere, also an der Stelle, wo es saugt, statt — daselbst ist immer eine Concavität — , sondern auf der gerade entgegengesetzten Seite, also der, welche am weitesten von dem saugenden Insekte entfernt ist. 2) Die Nodositäten sterben plötzlich ab, und wurde dieses Ab- sterhen ebenso der Wirkung des Giftes, welches die Reblaus ein- fiiessen lässt, zugeschrieben. Wenn aber Gift die Wucherung ver- ursachte, so wäre doch nicht anzunehmen, dass dasselbe Gift plötzlich seine Wirkung wechselte, und gerade das Gegentheil von Wucherung, das Absterben des Gewebes, verursachte. Auch würde dann 3) eine Nodosität, welche von vielen Phylloxeren besetzt ist, früher zu Grunde gehen müssen, als eine, an der nur eine einzige Reblaus saugt. In Wahrheit aber bleiben die von vielen Reb- läusen besetzten Nodositäten ganz eben so frisch wie die letzteren, und alle Nodositäten, seien sie älteren oder ganz recenten Ursprungs, von einer oder vielen Rebläusen besetzt oder von denselben längst verlassen (was auch oft vorkommt), sterben zu g-leicher Zeit ab. 4) Die etwas dickeren Wurzeln, also solche, welche mehr als 3-4 mm stark sind, bilden keine Anschwellungen, so viele Phylloxeren auch daran saugen mögen. Würden die Thiere ein irritirendes Gift in die Wunde einführen, so müsste eine Menge, wie sie oft an den dickeren Wurzeln saugt, grosse Veränderungen in dem Gewebe hervorbringen, während dieselben hier fast minimal bleiben. Die angeführten Beobachtungen scheinen mir die Voraussetzung eines die Missbildungen veranlassenden Giftes bei den Pliylloxerinen 50) Es ist hier gar nicht niitliiii-. zu untersucliLMi, ul) die Nodositilten an den ReljwTirzehi zu den eigentlichen Gallen zu zählen sind, da es sich nur um die Frage handelt, oL die erwähnten Misshildungen durch die Wirkungen eines eingeführten Giftes entstehen. — 32 - ausziischliessen. Die ganze Frage der Gallenbildiing ist jedoch eine so complicirte, und, wie ich gezeigt zu haben ghiiibe, durch so ver- schiedene Momente bedingt, dass ihre endgültige Lösung schwierig erscheint. Nur durch Anhäufung der verschiedensten auf die Sache bezüglichen Einzelbeobachtungen lässt sich liier ein Resultat erhoffen. In und an den Gallen sitzen unsere Phylloxerinen im Allge- meinen unbeweglich festgesaugt, wie sie überhaupt nur selten, und dann nur in gewissen Stadien, ihren Platz wechseln. In solchem Stadium verhältni.ssmässiger Lebhaftigkeit befindet sich die Jugend- form bald nachdem sie dem Ei entschlüpft ist und bevor sie sich festgesaugt, dann jedes Thier unmittelbar vor und gleich nach der Häutung, die zweigeschlechtige Generation, und schliess- lich das geflügelte Thier, bevor es sich zur Eiablage festgesetzt. Hat die letztere einmal begonnen, so ist selbst das geflügelte Thier nicht melir vom Platze zu bewegen, ausser durch gewaltsame Störung. Dies gilt besonders für die verschiedenen Chermes- Arten, welche über ihren Eiern sterben und dieselben mit ihren Flügeln bedecken, wobei auch der ausgeschwitzte Flaum der Arten, welche Flaum ent- wickeln, noch die Eier schützt. ''^) Die allgemeine Trägheit der Thiere hängt wohl einigermaassen mit der Schwierigkeit zusammen, welche ihnen das Herausziehen ihrer Saugborsten verursacht, nachdem dieselben einmal bis zu einer gewissen Tiefe in das Pflanzenparenchym eingedrungen sind. Am ^1) Wenn Fitcli (4*'' report on nuxiuus insects of the state of New-York, 1858, p. 55) und Andere noch in den letzten Jahren ihm nach schreiben, dass diese Fliegen ihre Eier nicht von sich geben, sondern erst, nachdem mit dem Tode die Haut des Abdomens der Zerstörung anheimfällt, die Eier auf dem Blatte haften, von den Flügeln der todten Fliege bedeckt und beschützt, so kann dies nicht auf genauer Beobachtung beruhen. Es ist wohl lediglicli eine Verniuthung, die dadurch nahe gelegt wird, dass man anscheinend stets nur Kopf, Thorax und Beine der todten Fliege bei den Eiern findet, welche von den um Tliorax befestigten Flügeln bedeckt werden, aber keine Spur des Ab- domens. Auch icli glaubte zuerst, dasselbe müsste abgefressen oder sonst auf irgend eine Art abhanden gekommen sein. Ich habe mich aber durch wieder- holte sorgfältige Beobachtungen überzeugt, dass dem keineswegs so ist. Mit dem Fortschreiten der Eiablage schrumpft das Abdomen des geflügelten Chermes nur mehr und mehr zusammen, bis es zuletzt vollständig in den steif chitini- — 33 — grössten ist die Schwierigkeit bei deu an und unter der Rinde saugenden Thieren, sodass es oft kaum möglicli ist, dieselben ohne Verletzung los zu bekommen, und selir oft die Saugborsten eher an ihrer Einsatzstelle im Kopfe abroissen, als sicli aus der PHanze herausziehen lassen. Ob die Kessler'sche Erklärung-''-) richtig ist, dass die Saugborsten schneller an Umfang zunehmen als das sie umgebende Pflauzengewebe und dass dieses die dicker gewordenen Borsten desshalb enger umschliesse, kann ich nicht sagen, da das schnelle Wachsthum der Saugborsten in die Dicke sehr schwer nach- zuweisen ist. Ebensowenig kann ich mich aber mit der Bemerkung Witlaczils-^^) einverstanden erklären, „dass 2 von den Borsten bei ihrer Vorschiebung immer mehr auseinander treten." Es würde dies ja am einfachsten die Schwierigkeit des Herausziehens erklären, aber, so oft ich auch das Thier selbst diesen Akt vollbringen sah, fand ich doch n i e zwei der Borsten auseinanderfahrend, wie W i 1 1 a c z i 1 beschreibt, trotzdem sie oft G bis 8 Mal so lang als die Borsten- scheide selbst frei nachgezogen wurden, also durch die letztere un- möglich in dieser Ausdehnung zusammengehalten werden konnten. Nur bei gewaltsamer Verletzung der Saugborsten tritt das Federn der zwei äusseren oberen (den Mandibeln entsprechenden) Borsten ein, während die durch Falzung ^^) vereinigt bleibenden 2 inneren (den Maxillen entsprechenden) Borsten steifer und mehr gerade bleiben. Zur Lockerung der Borsten scheint das Thier mehr die Elasticität derselben zu benutzen, als seine eigentliche Kraft, sirten, also in der Form unvevümlert bleibenden Tbovax zurückgezogen ist, während die gelegten Eier, welche stets dicht an das jeweilige Leibesende des Thieres heranreichen, nun den ganzen Eauni zwischen Thorax und dem Ende der überdeckenden Flügel ausfüllen. Man kann sich davon leicht über- zeugen, wenn man eine solche Fliege, der das Abdcnnen zu fehlen scheint, unter Deckglas in Balsam allniählig presst, da die Haut des anscheinend ver- schwundenen Abdomens dann wieder in ihrer ganzen Ausdehnung zum Vorschein kommt. 5-) Beobachtungen an der Reblaus, Cassel 18S(), \k l'^- 63) Zur Anatomie der Aphiden. Arl). a. d. Zool. Institut d. I'niv. Wirn. IV. 1882. S.-A. p. 25. 5*) Siehe Geise. Die Mundtheile der lihynchoten. Wiegman'n's An-hiv 49. Jahrg., Band I, 1883, p. 33ß. — 34 — welche dazu nicht ausreiclien möchte. Man kann sie oft auf diesen feststeckenden elastischen Borsten in der auft'allendsten Weise wie auf Sprungfedern hin- und herschnellen sehen, und das halhe Stunden lang, bevor es ihnen gelingt, dieselben los zu bekommen. Sie können übrigens diese Borsten in gewisser Art bewegen, und zwar, wie ich glaube und wie auch schon Kaltenb ach ''■'') hervorgehoben, die 4 Borsten sowohl unabhängig von einander, wie zusammen. — Beim Einstechen bilden dieselben in ihrer ebenfalls aufgerichteten Scheide fast einen rechten Winkel mit dem Thiere. Dies gilt jedoch nur für das Einstechen. Hat sich das Thier einmal angesaugt, so liegt die Borstenscheide horizontal der Unterseite des Thieres entlang, nur die hohlen Borsten gehen aus ihr heraus in die Pflanzen und zwar in einem äusserst spitzen Winkel, so dass das Thier mög- lichst flach der Oberfläche des besaugten Pflaozentheiles auf- liegt. Beine und meistens auch Fühler sind dabei ebenso flach unter den Körper eingezogen. Das ganze Thier ist dann ziemlich bewegungslos, reagirt wenig auf massige äussere Störungen und zeigt darin deutlich die nahe Verwandtschaft mit den Coccineu. Selbst die verhältnissmässig beweglichen Jugeudformen sind im Vergleich mit den meisten Aphidinen schwerfälliger; ebenso die geflügelten. Sie können zwar unzweifelhaft fliegen, besonders gleich nach der Häutung, wenn sie ihre Eier noch wenig entwickelt haben und ihr Abdomen desshalb weniger schwer ist. Doch ist auch dann ihr Flug ein ziemlich plumper, wie wenn der Körper zu schwer für sie sei, oder die freilich verhältnissmässig sehr grossen Flügel zu ausgedehnt für nachhaltige, flinke Benutzung. Ich stimme desshalb mit Denen überein, welche nicht glauben, dass sie, ausser von Winden getragen, weit fliegen; möchte aber dabei erwälnien, dass auch verschiedene Forscher anderer Ansicht sind. Gegen Witterungsveränderung scheint wenigstens die Gattung Chermes unempündlicher zu sein, als die Aphidinen. Fast alle Chermes-Arten überwintern als Thiere, während die meisten Phyl- loxeren die Art im Winter l)los durch Eier erhalten. Nur von 55) Monograpliie der Faiuilie der Pflanzeiili'iuse, 2. Ausgabe, Aachen 187"2, Seite XIII und 200. — 35 — Ph. vastatrix und IMi. Eileyi ''''') überwintern aucli Tliioro. Diese ü])erwinternden Individuen fallen in eine Art Erstarrung, in der sie anscheinend ziemlieli liolie Kältegrade ertragen können. Etwas sind die meisten auch entweder durch ihren Aufenthaltsort oder durch gewisse Bekleidung geschützt. Die Reblaus überwintert in einiger Tiefe unter dem Boden, verschiedene Chermes-Arten unter der Binde, den Knospenschuppen, in Kitzen und ähnlichen Verstecken. Doch giebt es auch einige, wie Ch. hamadryas^^) und die Chermes-Arten der Fichte, die frei an den Knospen oder, wie Ch. funitectus an den Nadeln und wie Ph. Bileyi, an den zarteren Zweigen sitzen. •^^) Der Schutz durch Kleidung besteht hauptsächlich in der Ent- wicklung eines wachsartigen Flaumes, der in grosser Mannigfaltig- keit vorkommt, so dass viele Arten schon mit blossem Auge an dem Gesammt-Eindrucke ihres Flaumes unterschieden werden können. — So haben z, B. die überwinternden Jugendformeu von Ch. abietis einen gekräuselten kürzeren Flaum, während die von Ch. strobilobius 56) Nach Dünnadieu überwintern auch in Frankreich Thj^lUixeren der Eiche als Thiere, und zwar nicht im erstarrten Zustande, sondern unter Fort- setzung ihrer Entwicklung- und Eiablage. (Vergl. Donn adieu, Sur la ponte du Phylloxera pendant la saison d'hiver. Comptes rendus de TAcademie des Sc, Paris T. CIV, 1887, p. 483 und 836). Balbiani kann dies jedoch höchstens als „Ausnahme" gelten lassen. 1. c. p. 667. 57) In dieser vorläufigen Arbeit behalte ich noch den Namen Cli. hama- dryas, Koch, für den meistens braunen, warzigen Chermes auf der Lärche bei, da Koch zuerst die Trennung der beiden auf der Lärche hausenden Species durchgeführt hat, und desshalb der Name Hamadryas deutlich sagt, welche Art gemeint ist. Wie ich Seite 12 gezeigt habe, lialte ich es jedoch für wahrscheinlich, dass alle diese braunen Formen auf der Lärche in den Entwicklungskreis des Ch. strobilobius, Kltb., gehören, und dass, sobald dies klar erwiesen sein wird, der Name Hamadryas ebenso zu verschwinden haben wird, wie der Name Ch. laricis, Koch, aufgegeben werden musste, naclidem die Zusainmengehih'igkeit der unter diesem Namen beschriebenen Formen mit Cli. abietis, Kltb., fest- gestellt ist. 58) Riley, Ueber dem Weinstock schädliche Insekten. Uebersetzung aus 6t'i annual report of the State Entomologist of Missouri. Heidelberg 1878, Seite 40. - 30 — sich (lurcli vereinzelt stehende steife, hinge Wiichshaare auszeichnen. Ch. sti'o))i und der mit ihm wahrscheinlicli identische (Jh. pini ent- wickeln, hauptsächlich von der vorderen Körperhälfte aus, sehr lange, der Wolle gleichende Fäden, welche sich dicht zusammenlegen und die Thiere wie ihre Eier vollständig einhüllen. Ch. funitectus ist mit einem Busch von langen, sehr dicken Strängen hedeckt, von denen die obersten deckenden am Kopfe entspringen, so dass sie alle wie aus einem Knotenpunkte zu kommen scheinen. Seine Jugend- form, wie die von Ch. piceae imigibt sich an den Seiten mit einem Kranz von einer flachen, eigenartigen, Glas gleichenden Ausscheidung, welche bei Ch. piceae auch noch einen Grat auf der Mitte des Kückens bildet nnd um die verschiedenen Leibesringe und die auf denselben bemerkbaren (3 Plättchen schuppenartig herumwächst, während auf dem Grate der Jugendform von Ch. funitectus nur 2 Keilien Löckchen und am Leibesende ein längerer Schopf entstellen. Die ältere Form von Ch. piceae entwickelt wiederum einen langen feinen Flaum. Ch. orientalis ist über den ganzen Körper mit schönen breiten gestreiften Wachsbändern bedeckt. Von Ch. hamadryas scheint bei oberflächlicher Betrachtung die überwinternde Form vollständig kahl zu sein, doch habe ich bei ihr auf der gerade hier besonders dicken Haut nocli eine derselben dicht anliegende Wachsschichte gefunden, welche sich bei der al)geworfenen Haut leicht nachweisen lässt. Dass Ch. strobi und Ch. pini unter ihrer dichten Flaumdecke nicht viel von der Kälte leiden werden, ist vorauszusehen. Minderen Schutz gegen die Kälte scheinen die anderen Flaumarten zu ge- währen. Dieselben dürften, wie sclion W i 1 1 a c z i 1 ^'■') bemerkt, haupt- sächlich der Abhaltung von Feuchtigkeit dienen, was ihre Ent- stehung in wärmerem Wetter und innerhalb der Gallen, wo sie die feuchten Excremente einhüllen, auch erklären würde.''") Bei Ch. stro- bilobius, auf welcher die einzelnen langen Haare zu weit auseinander stehen, um dies zu ermöglichen, erfolgt um diese langen Haare 59) Zur Anatomie der Aphiden, ut supra. S.-A. p. 13. 60) Die in Gallen lebenden Phylloxera-Arten scheinen jedoch keinen solclien Flaum hervorzubringen, ebenso wenig wie die an den Wurzeln lebende Reblaus, welche doch auch in feuchtem Medium lebt. - 37 — iRM-mii iiocli o'uw loiclito, nur bei stürkever Vergrösseriing sichtbare Anssrhwitzung-, wclclie die obige ergänzt. Werden die verschiedenen Fhiiimenarten abgewisclit, so wachsen sie sehr sclinell, oft fast zu- sehends, wieder, ebenso nacli jeder Häutung, bei welcher der Maiiui stets mit der alten Haut abgeworfen wird. Die Poren, durch welche diese Ausschwitzungen heraustreten, betinden sich entweder auf erhal)enen Wülsten oder ziemlich Hachen Platten, welche beide sich meist durch dunklere Färbung von ihrer Umgebung unterscheiden. Die verschiedene Gruppirung und An- häufung dieser Poren in einer Platte oder einem Wulste und die Form-Verschiedenheit der Poren selbst, scheint auch zu der Ver- schiedenheit des Flaumes beizutragen. ''^). Die Grundzahl der Platten oder Wülste ist stets G in einer Querreihe auf jedem Leibessegmente. Kopf und Prothorax haben je 2 solcher Querreihen. — Wo einige derselben auf gewissen Abdomi- nalringeu verkümmert sind, lässt sich immer noch diese offenbar ursprüngliche Anordnung verfolgen. — Interessant ist es nun, dass ganz dieselbe Anordnung von (3 sich von der Umgebung unterschei- denden Stellen auf jedem Leibessegmente auch bei allen Phylloxera- Arten getroffen wird, trotzdem, sow^eit mir bekannt, hier keine Ausscheidung mehr durcli dieselben stattfindet. Es zeigen sich hier entw^eder 6 gestielte oder uugestielte AVarzen, wie in einigen Stadien verschiedener P^ichenphylloxeren, (3 Pusteln mit je einem Härchen, oder nur G Härchen allein, wie bei der zweige- schlechtigen Generation und bei einigen Stadien der Reblaus in den Gallen, Dies scheint mir darauf hinzudeuten, dass die Chermes- Arten die ursprünglichere Gattung waren und die Phylloxera-Arten daraus verkümmert sind. Es sprechen dafür noch einige andere Punkte (Abdominal-Stigmen, Fühler, Verkümmerung der Organe zur Nahrungsaufnahme bei der zweigeschlechtigen Generation). Die ebenerwähnten Flaumarten sind nach Claus"-) das Pro- 61) Da diese Porenvertlieilung in dein Chitinskelette erlialten bleibt, ist sie ein gutes Merkmal, woran sieb viele Arten und selbst einzelne ihrer Ent- wicklungs-Stadien noch nach Jahren im Balsampräparat erkennen lassen. 62) Ueber die wachsbereitenden Hautdrüsen der Insekten in „Sitzungs- berichten der Ges. z. Beförderung der Ges. Naturw," zu Marburg 1867, Seite 67. — 38 — (liikt subcuticularer einzelliger Wachsdriisen, welche bei den einzelnen Arten eine verschiedene Form und Grösse haben, aber alle darin übereinstimmen, dass sie mit halsartig verengtem Abschnitt unter der Haut beginnen und mehr oder minder kolbig oder kuglig auf- getrieben enden. In dem unten aufgetriebenen Abschnitte liege dann der verhältnissmässig grosse Zellkern, und seien diese Drüsenzellen nichts Anderes als mächtig entwickelte, nach Form und Leistung moditicirte Partieen der Hypodermis", Der Name des Forschers bürgt für die Zuverlässigkeit der Beobachtung, welche ich nicht nachprüfen konnte, '^^) wie ja auch das Product selbst mit ziemlicher Bestimmtheit auf die Existenz solcher absondernden Organe hinweist. Die Annahme jedoch, dass die bei schwacher Vergrösserung sichtbaren polygonalen Felder der Drüsencomplexe stets mit zarten Chitinhäutchen bespannt sind, durch deren feinste Poren erst die Wachstheilchen hervortreten, möchte ich für die meisten Fälle bei unseren Phylloxerinen nicht gelten lassen. Claus hat hier offenbar nach „Pemphigus" und der Winter- form von Ch. piceae, welche diese Structur in der That zeigen, auf die übrigen geschlossen. Beiden meisten der überwinternden Formen fehlen diese zarten porösen Membranen, und die hohlen Wachsfiiden treten glatt, und nicht erst durch ein fein punktirtes Häutchen gepresst, aus den ziemlich grossen Poren. Hauptsächlich gilt dies von unseren wichtigsten Arten, dem Ch. abietis und Ch. strobilobius. Die AVintergenerationen derselben unterscheidet zwar schon, wie früher angeführt, das geübte unbewaffnete Auge, aber bei beiden kommen die Wachsfäden gleich voll und ganz aus den in Grösse vollauf den obigen polygonalen Feldern ent- sprechenden Poren und sind nicht aus feineren Fäden zusammenge- setzt. Sie zeigen desshalb auch keine andere Streifung als die, welche der optische Ausdruck der hohlen Eöhre in ihrem Innern ist. Der Unterschied in der Erscheinung beider ist aber dadurch bedingt, dass die Drüseuplatten des Ch. abietis 2 bis 4 grosse 63) Ich möchte hier heinerliei), dass ich im Verlaufe dieser ganzen Arheit, welche hauptsächlich der Biologie unserer Thiere gilt, weder geschnitten noch gefärbt hahe. Sie hat desshalb doch im vollsten Maasse meine Zeit in Anspruch genommen. — 39 — Poreu enthalten, durcli welclie je ein dicker lioliler AYachsfaden heraustritt, sich gleich nach verscliicdenen Kiclitung-en umbiegt und später kräuselt, während hei (Jh. strol)ilohius der eben so breiten Platte nur ein dickes, steifes, hohles Haar entspringt, das selbst bei bedeutender Länge fast ganz gerade l)leil)t und dem Thiere einen ganz eigenen Charakter giebt. Bei starker Vergrösserung zeigt sicli, dass dieses steife, dicke Haar am Grunde von einem kurzen, etwas dunkleren Chitinbecher umgeben ist, der gerade der Peripherie desselben entspriclit, während ein unter der Cuticula ent- springender perforirter kurzer Zapfen genau in das Lumen des Haares passt und darin steckt. Um den obigen Becher herum liegen dann in einem von der dunkleren Drüsenplatte abgegrenzten helleren King noch 6 kleine Plättchen, jedes mit einer Pore, durch die äusserst kurz bleibende Wachsendchen austreten, die wohl nur zur Bestäubung dienen. Alle diese überwinternden Formen sind ausser durcli den Flaum oder Wachsüberzug noch durch eine dicke Haut gescliützt. Diese Haut wird mit zunehmender Dicke vollständig starr und un- elastisch. Sie würde somit den Thieren im Frühjahre, wenn die Wärme sie aus ihrer Erstarrung befreit und die wieder lebhafte Circulation des Saftes ihrer Nährpflanzen ihnen weitere Nalirungs- aufnahme gestattet, nicht erlauben, sicli auszudelinen und zu wachsen, und muss daher, sobald das Wachsthum beginnt, gesprengt und abgeworfen werden. Dieses Abwerfen tritt demnach bei den über- winternden Thieren fast gleichzeitig mit der ersten Nahrungsauf- nahme im Jahre ein, und bezeichnet deutlich diese Periode. Die neue Haut, welche eine Zeit lang bis zu einem gewissen Grade dünn und dehnbar bleibt, wird aber allmählig auch wieder dicker und unnachgiebiger, (wenn auch nie mehr so dick als die Winterhaut,) und muss daher mit weiter fortschreitendem Wachs- thum auch ihrerseits wieder gesprengt und abgeworfen werden. Dieselbe Procedur wiederholt sich mehrere Male in dem Leben jedes Insektes, so lange es kräftig weiterwächst. Es bezeichnen also die Wiederholungen der Häutungen die Fortdauer des Waclis- thums. Hören die Häutungen, mit denen stets auch sonstige Ver- änderungen verbunden sind, auf, so ist auch das Thier ausgewachsen 4 — JO — lind verändert sicli nicht weiter. Wir haben es dann, nach meinem Dafürhalten, stets mit dem vollkommenen T h i e r e zu t h u u , (auch wenn es n o c li L a r v e n g e s t a 1 1 haben sollte."'^) Dasselbe fängt damit auch an, sich fortzu- pflanzen. lieber die Zahl der Häntungen bei unseren Phylloxerinen gehen die Angaben weit auseinander; sie scliwanken bei einigen Generationen zwischen einer und fünf. Da ein Trennen und Be- schreiben der verschiedenen Stadien nicht möglich ist, ohne dass ihre Zahl mit Sicherheit festgestellt ist, habe ich diesem Punkte grosse Aufmerksamkeit geschenkt. Als Resultat meiner Beol)achtungen habe ich die Ueberzeiigung gewonnen, dass 1) alle uiii^efliig"elteii Generationen der Phylloxerinen sich 3 Mal liäuten und nach der dritten Häutung fortpflanzen. 2) Die g-eflügelte Generation eine weitere Häutung, also 4 Häutungen i m G a n z e n , d u r c h m a c h t , bevor das vollkommene geflügelte Insekt da ist und sich fortpflanzt. Die dritte Häutung, welche bei den ungefltige Iten die Ei leger in bringt, ergibt hier die Nymphe,'^-'') aus welcher dann mit der ß-i) Gegen Lieh tensteiirs Thonrie und deren Anhänger. Vergleielie Seite 22. 65) Ich möchte auf diese Coincidenz besonders aufmerksam machen, da mir auch aus anderen Beobachtungen liervorzugelien scheint, dass das Nymphen- stadium dem der ungeflügelten Eilegerin entspricht. Beachtenswerth erscheint es mir ferner, dass ich bei ungeflügelten Sexuparen verschiedener Phylloxera-Arten zusammengesetzte Augen ge- funden habe, wie sie sonst nur Geflügelten oder deren Nymphen zukommen. Ebenso traf ich bei den ungeflügelten Sexuparen und Nymphen von Pli. rutila, einer neuen Pliylloxera-Art (oder wahrscheinlich nur Abart vun Ph. coccinea) jene Verstärkung des Mesothorax, welche durch die von den grossen Vorder- flügeln an diese Thoraxpartie gestellten Anforderungen bedingt ist, und, unter dem Namen „Brustharnisch" bekannt, sich sonst ebenfalls nur bei Geflügelten findet. „Es dürfte dies Balbiani's Definition bestätigen, „dass man die ungeflügelten Sexuparen als Geflügelte bezeichnen könne, bei — 41 — vierten Häiitiino- das geflügelte Insekt liervor- o-eht/'«) Ancli die zwoigeschleclitige Generation von Cliernies, soweit ich eine solche gefunden, macht hiervon keine Ausnahme. Männ- chen wie Weibehen häuten sich ebenfalls o Mal und sind erst nach der dritten Häutung fortptlanzungsfähig. '''^) Bei den Phylloxera- Arten, wo die Häute viel dünner sind, keine Glicdmaassen zeigen, und die Häutungen während des Stadiums der Lethargie vor sich gehen müssen, kann ich nicht mit derselben i'esten Ueberzeugung von dieser omaligen Häutung des Männchens und Weibchens sprechen. Sie scheint ausserdem auch hier, wo von Nahrungsaufnahme keine Kede sein kann, ganz unnöthig. Und doch glaube ich, dass auch denen die geschlecli tlio h e Iteife der Zeit der ]\I etani n rph ose Voran ssfceilt sei." (Balbiani, Nouvelles Observatiuns snr le Phylloxera dn ebene, e()Mii>are au Pliylloxera de la Vigne. Comptes rendus de TAeadeniie d. Se., Paris T. LXXXIII, 187ß, p. 701.) 66) Da Cornn. dessen BeobaclitunEfen sicher mit der grössiten Sorgfalt gemacht wurden, und viele Andere nach ihm. zwei weitere Häutungen für die geflügelte lieblans angeben — also erst aus der fünften Häutung die Fliege hervorgehen lassen — , war ich besonders darauf bedacht, diese weiteren zwei Formen oder ilire Häute zn finden. Es gelang mir aber in keinem ein- zigen Falle, weder im Freien, noch bei meinen Züchtungen. Ich fand, dass schon nach der zweiten Häutung meistens am Mesothorax eine kleine Aus- buchtung bemerkt werden kann, welche der Anlage der späteren Flügelscheide der Nymphe entspricht, die Flügelseheide selbst konnte ich erst nach der dritten Häutung sehen, dann aber auch durchaus keine weitere Häutung als die zum geflügelten Insekt wahrnehmen, ebensowenig wie ich je mehr als eine Nymphenhaut finden konnte. Die Züchtung der Ph. vastatrix, an der Cornu seine Beobachtungen gemacht, ist in Deutschland gesetzlich verboten und konnte ich daher die Sache nicht auch bei ihr nachprüfen. Da aber ihre sonstige Entwicklung mit der der übrigen Phylloxeren übereinstimmt, so habe ich keinen Zweifel, dass diese Uebereinstimmung sich auch auf die Häutungen erstrecken wird. c?) El och mann hat jedenfalls desslialb nur eine Häutung bei der zwei- geschlechtigen Generation wahrgenommen, weil der Unterschied in den Fühlern der ersten drei Formen, obgleich auch vorbanden, weniger frappant ist, als der zwischen ihnen und der vierten Form. 4* — 42 — sie unter die eben aufgestellte allgemeine Regel fallen. Was mir dies wahrscheinlich macht, sind folgende Beobachtungen: 1) Es ist mir zwar nie gelungen, die sehr dünnen, gliederlosen Häute, welche gewöhnlich zusammengeknittert dem Leibesende des Thieres anliegen und später so von ihm verlassen w^erden, ausein- ander zu präpariren, aber selbst in dieser ursprünglichen Lage konnte ich einige Male an dem Hautbündel desselben Thieres Theile verschiedener Consistenz sehen, dickere graue und jedenfalls zwei verschiedene dünne grauweissliche. 2) Ich glaube ferner mehrmals beobachtet zu haben, dass sich das um das Leibesende des Thieres zurückgestreifte Hautbündel, das natürlich auch noch die Eihaut enthält, nach einigen Tagen Lethargie vergrössert hatte und am oberen Theile, der theilweise in dem anderen steckte, viel heller war. Zugleich mit dieser Yer- grösserung des Haiitbüiidels wurden die noch immer dem Körper fest anliegenden Fühler und Beine deutlicher, trotzdem auch dann noch keine Spur von Klauen an den Tarsen oder von Härchen zu sehen war, das letztere selbst nicht, nachdem das Thier in Flüssig- keit oder Balsam einem gelinden Drucke ausgesetzt wurde. 3) Besitze ich ein für andere Zwecke angefertigtes einfaches Balsampräparat eines Männchens der Ph. punctata in Lethargie, das am Leibesende 3 in einander geschachtelte abgeworfene Häute zeigt, während das Thier selbst mit anliegenden Fühlern und Beinen noch in einer weiteren deutlich sichtbaren Hülle steckt. 4) Erst kurz, bevor das Thier sich in Bewegung setzt, (bei den beobachteten Thieren im verflossenen kalten Sommer oft erst nach 6 bis 8 Tagen Lethargie,) sind, wie mit einem Schlage die Börst- chen über den ganzen Körper, welche bis dahin trotz aller An- strengung nicht zu sehen waren, sehr prominent, die Klauen und Härchen zeigen sich an den Füssen, ebenso jedes Detail an den Fühlern, sodass man, sowie man diese Aenderungen sieht, mit Sicher- heit erwarten kann, dass sich das Thier bald in Bewegung setzen wird. Dieses plötzliche Sichtbarwerden der Härchen etc., während das Tiiier noch in derselben Lethargie zu sein scheint, kann ich mir durch nichts Anderes als durch das Abwerfen einer sehr dünnen Haut erklären, da schwerlich anzunehmen ist, dass das noch in der — 43 — Lethargie befindliche Thicr durch specielle Muskeln diese verschie- denen Hautanluinge plötzlich in die Höhe strecken kann. Diese Gründe scheinen mir noch nicht genügend, um den sicheren Schluss zu ermögliclien, dass auch bei Phylloxera die zweigeschlechtige Generation sich dreimal häutet, bevor sie sich fort- pflanzt; — besonders da zuverlässige Forscher und Kenner der Phyl- loxeren, wie Balbiani und Cornu, keine Häutung wahrgenommen haben. Auch spricht ja, wie ich oben bemerkt, das Ausfallen jedes durch Nahrungsaufnahme bedingten Wachsthumes dagegen. Die angeführten Beobachtungen scheinen mir jedoch stark genug für das Vorkommen solcher Häutungen zu sprechen, um weitere Forschung in dieser Richtung wünschenswerth zu machen. Auch ohne Nahrungs- aufnahme kann während dieser Lethargie denn doch aus den auf- gespeicherten Reservestoffen ein gewisses Wachsthum stattfinden, das die alten Häute sprengt, wie das ja auch bei der Entwicklung im Ei der Fall ist. ''^) Ausserdem kann eine solche angeerbte Pro- cedur noch immer stattfinden, auch nachdem die Bedingungen, welche ursprünglicli den Anstoss dazu gegeben, weggefallen und die Ver- änderungen dadurch bedeutungslos geworden zu sein scheinen. An derartigen Beispielen mangelt es ja nicht in der Entwicklungs- geschichte. Bei der Häutung wird nicht nur die gesammte äussere Haut mit jedem darauf befindlichen Härchen abgeworfen, sondern es häuten sich auch innere chitinisirte Theile, soweit sie Fortsetzungen der Epidermis bilden und ihr Chitin durch Berührung mit Luft voll- ständig erhärtet ist. Die Häutung erstreckt sich also nicht nur auf Rumpf, Fühler, Augen, Rüsselscheide, Flügelanlagen und Beine, sondern auch auf das ganze innere Mundgerüste, auf die langen feineu Saugborsten und selbst deren kegelförmige Basaltheile, welche 68) Bei Pemphigus, einer Aphidinen-Gattuiig, welche unseren Phylloxerinen unter allen Aphidinen am nächsten steht, obgleich sie sich durch Lebend- gebären, die Zahl der Fühlerglieder und das Flügelgeäder von ihnen unter- scheidet, häutet sich, nach Witlaczil, die zweigeschlechtige Generation auch einige Male ohne Nahrung aufzunehmen oder sich viel zube- wegen. Auch soll sie nach vollzogenen Häutungen kaum verändert sein. (Witlaczil, Entwicklungsgescliichte der Aphiden in der Zeitschrift für Wissensch. Zoologie 1884, Band 40, Seite G13.) - 44 — letztere doch schon als Theil der sie ahsonderuden (sogenannten retortenförmigen) Organe angesehen werden können. Am leichtesten lässt sich dies an abgeworfenen Häuten nachweisen, wie dieselben überhaupt oft den Bau wenigstens des chitiuisirten Theiles des Mund- gerüstes deutlicher zeigen, als die Thiere selbst. Fast unbegreiflich scheint die Häutung der langen, äusserst feinen Saugborsten. Die- selbe vollzieht sich dabei so rasch, dass es mir trotz vieler Versuche nicht gelungen ist, den Akt deutlich zu sehen. Was ich beobachtet, scheint mir jedoch unzweifelhaft zu beweisen, dass ein Zurückziehen der Borsten aus der alten Haut stattfindet, und dass die letztere sich dabei umstülpt, wie der Finger eines Handschuhes. Mehr- mals sah ich, wie die Saugborsten des häutenden Insektes sich an- scheinend bis zur Ansatzstelle in dem Mundgerüste der abgeworfenen Haut fortsetzten, so dass sie wie ein langer Faden ohne freies Ende erschienen, da das eine Ende in dem Mundgerüste des neu gehäuteten Thieres, das andere in dem der abgeworfenen Haut angewachsen war. Der Faden schien dabei durchweg von gleicher Dicke zu sein, und nur bei genauer Beobachtung zeigte sich ein leichter Unter- schied in der Farbe: Die dem frisch gehäuteten Insekte nähere Hälfte war gelblich, während das der alten Haut nähere Ende mehr weiss- grau war. Bei fortschreitender Häutung entstand dann eine Tren- nung zwischen den bis dahin wie ein con tinuirlicher Faden aussehenden Hälften, und zwar gerade da, wo die beiden Farben in- einander übergingen. Das Thier zog mit der gelblichen Hälfte ab, während die weissgraue Hälfte auf die alte Haut zurückfiel. Ohne Annahme einer Ausstülpung der alten Haut wäre diese anschei- nende Continuität der freien Enden des neuen und alten Fadens nicht erklärbar. Kurze Zeit vor der Häutung erscheint das Insekt wie kränklich. Es nimmt keine Nahrung zu sich, sieht dunkler und etwas verrunzelt aus. Die alte Haut bildet jetzt schon keinen integrirenden Theil des Thieres mehr. Innerhalb derselben hat es ein vollständiges neues, noch sehr dehnbares Integument erhalten ^^), und es handelt sich CS) Man sieht dies leicht, wenn man ein Exemplar in diesem Stadium ein- fach in Canada-Balsam wirft, da dann innerhalb der aufgehellten alten Hülle schon die neue Haut mit den neuen Anhäno-cn sichtbar wird. — 45 — jotzt nur noch danini, die alte todte Hülle zn sprengen und al)zu- werfeu. Durch heftiges rnekweises Pressen nach dem Kopfende der alten Haut wird dies bewirkt. Es entsteht ein Riss, der sich durch Nachdrängen des vorderen lu-citen Körperendes zu einem ol)en offenen Dreieck gestaltet, durcli welches das Thier dann förmlich auszieht. Die alte Haut bleibt im Uebrigen gänzlich unverletzt, bei Cliermes oft noch ganz die Form des lebenden Tliieres mit ausgestreckten Beinen beibehaltend, sodass schon Kenner dadurch getäuscht worden sind, und z. B. Bück ton eine solche leere, weisse Haut als ein neues Entwicklungsstadium des Cliermes liamadryas beschreiben konnte. "'^) Aehnlich findet die Sprengung der EihüUe durch die aus- schlüpfende Jugendform statt. Bei den Phylloxeren hilft hier noch eine gratartige Verdickung an dem Kopfende der inneren den Embryo umgebenden dünnen Haut (Coruu's „crete"), welche sägenartig bei der Durchbrechung der äusseren dicken Eihaut mitwirkt. ^^) Das oben erwähnte ruckweise Pressen wird, wie schon Mark schildert ^2)^ durch „heftige periodisch wiederkehrende Bewegungen der Abdominalsegmente an einander» verursacht. Ich beobachtete ausserdem in dem sich herausdrängenden, noch zusammengepressten vorderen Körperende (von oben gesehen) heftige Pulsation. Auch die stets nach hinten gerichteten Härchen erleichtern bei vielen Arten die Häutungen. Cornu vergleicht treffend das dadurch bewirkte Aufsteigen des Thieres in der alten Haut dem einer Gerstenähre den Aermel hinauf. Erst bei der Häutung verbeilen etwaige Wunden, indem die neue Haut sich ununterbrochen über die Wunden der alten fortsetzt. 70^ Monograpli of the British Ai)liides 1883, Vcil. IV, p. 35. 71) Etudes sur le Phylloxera vastatrix, Paris 1879, p. 196. Balbiani findet, dass dieser gezähnte Kamm keiner Eihaut, sondern dem Insekte selbst angehört und von diesem mit der ersten Haut abgeworfen wird. (Comptes rendus de TAcademie 187fi, T. 83, p. 956.) Eigentlich muss dies ja auch so sein. Doch konnte ich den Kamm an keinem der gerade ausschlüpfenden Thiore bemerken, noch an den von ihnen abgeworfenen ersten Häuten. Die Sache bedarf weiterer Prüfung. '2) Beiträge zur Anatomie und Physi(dogie der Ptlanzenläuse. Bonn 1876, Seite 11. — 46 — Bis zu einem gewissen Grade werden dabei auch verlorene oder ver- stümmelte Glieder wieder ersetzt. Ist die letzte Häutung vorüber, so vernarben beigebrachte Wunden nicht mehr ; verstümmelte Glieder werden dann wohl noch abgeworfen, aber nicht mehr ersetzt, ''^) Gleich nach der Häutung ist die Haut am dünnsten und elastischsten. Es findet dann meistens die grösste Nahrungsaufnahme und auch das stärkste Wachstbum statt. Dagegen sind unsere Thiere während dieser Zeit auch empfindlicher gegen äussere Einflüsse. Viele Phylloxerinen, welche in der alten Haut der stärksten Winter- kälte getrotzt, erliegen gleich nach der Häutung weit geringeren Kältegraden. Daher rührt auch ihre grosse Sterblichkeit wälirend der Spätfröste im Frühjahre. Mit der Verdickung und Erhärtung der Haut Avird sie undurchsichtiger und dunkler, besonders an den schon vorher dickhäutigeren Stellen, den Enden der Füsse und Fühler, den Verdickungen der Saugborstenscheide, den Flaumwülsten. Letztere werden, in Abwesenheit von Flaum, oft dadurch erst bemerkbar. Manche Differenz in der Beschreibung der Färbung und selbst der Existenz oder Nichtexistenz von Drüsenwülsten (lieblaus) erklärt sich auf diese Weise. 73) B u r m e i s t e r (Handbuch der Entomologie, Berlin 1 S32, Band I, Seite 46 1) berichtet über Experimente von Heineken, bei denen dieser Forscher ver- schiedenen Insekten Fühler abschnitt. Hatten die Thiere noch eine Häutung vor sich, so bekamen sie bei der nächsten Häutung wieder Fühler, wenn auch viel kürzere. Waren sie keiner Häutung mehr unterworfen, also ausgewachsen, so blieben die abgeschnittenen Glieder unersetzt. Es wurden dann bloss die verstümmelten Glieder abgeworfen. Vielleicht ist das häufige, oft nur einseitige Vorkommen verkrüppelter Fühler bei unseren Phylloxerinen auch auf solche Beschädigungen derselben in früheren p]ntwicklungsstadien zurückzuführen. — Burmeister erklärt wohl ganz richtig das Nicht vernarben von Wunden ausser bei Häutungen durch die Verhornung der Haut, wodurch sie gleichsam als abgestorben zu Ijetrachten sei, und durch den Mangel der Blutgefässe. 47 - Feinde. Die Angaben iil)or die Yermehning nnsorer Thiere sind in vielen (hauptsäcblicli die Keblaiis betreffenden) Arbeiten übertrieben wor- den. ' ') Aber aucb eine vorsiclitige Berechnung ergiebt bei den- jenigen Arten, welche viele Generationen im Jahre hervorbringen, die Möglichkeit einer Nachkoinmenscbaft, welche bald mit allen ihren vorhandenen NährpHanzen aufräumen würde, wenn nicht die Natur 7*) Balbiani zeigt in einer schönen Arbeit „Le Phylloxeni du Cliene et le Phylloxera de la Vigne, Paris 1884. p. 23", dass einfache Multii)likation auf der Basis der ersten Eiablage hier zu unrichtigen Resultaten führt. Es wird nicht nur das einzelne Thier mit zunehmendem Alter weniger fruchtbar, sondern die Fruchtbarkeit nimmt auch bei den aufeinander folgenden partheno- genesirenden Generationen durch mehr und mehr zunehmendes Verkümmern der Ovarien stetig ab. (Die 20 bis 24 Eiröhren in dem Ovarium der dem befruch- teten Ei entschlüpften Stamm-Mutter der Reblaus reduziren sich bald auf 10, 6 und endlich im Herbst manchmal auf 2 bis 4. während das befruchtbare Weibchen nur noch eine einzige Eiröhre besitzt — Observations sur le Phylloxera par les Delegues de PAcademie, Paris 1882—83, p. 8). Dieses Nachlassen der Reproduktionsfähigkeit bezieht Balbiani direkt auf die öftere Wiederholung der parth enogeneti seh en Fortpflanzungsweise, bei der sich die Zeugungs- fähigkeit der unbegatteten Weibchen in der einseitigen Ausübung der Funktion allinählig erschöpfe. Sie würden unfähiger, die Lebensenergie des Eies aufrecht zu erlialten. Letzteres bringe dann melir und mclir geschwächte Wesen hervor, sodass schliesslich die Species von selbst aussterben würde, wenn nicht eine Be- gattung dazwischen trete, um die erlöschende Reproduktionsfähigkeit neu zu beleben. Er giebt dann die Zahl der Eier an, welche z. B. eine von ilnn im Juli beiibachtete Reblaus während 20 auf einander folgender Tage gelegt: 5, 3, 3, 4, 4, 5, 3, 3, 3, 1, 2, 4, 2, 2, 2, 3. 1, 1, 1, 1, lebte nachher noch 3 Tage ohne zu legen, zusammen f)3, — und rechnet, dass, wenn diese 5o Töchter eben so fruchtbar gewesen wären wie die Mutter, die Nachkommenschaft in weiteren 20 (also jetzt 40) Tagen 2809 betragen hätte, und diese wiederum sich in Aveitercn 20 (also jetzt 60) Tagen sich auf 148,877 vermehrt hätten — mithin rund 150,000 in 2 Monaten. — 48 — sen)st durch klimatische oder sonstige feiDdliche Einflüsse solcher übermässigen Vermehrung Schranken setzte, ''■'') Unter den Feinden der Phylloxerinen stehen, soweit ich beobach- ten konnte, die sonst so wichtigen insektenfressenden Vögel nicht oben an, wenigstens uiclit direkt. Entweder sind ihnen die Bissen zu klein, oder der Flaum, welchen verschiedene Chermes-Arten ent- wickeln, ist ihnen unangenehm. Sie vertilgen jedenfalls lieber die sich von den Phylloxerinen nährenden etwas grösseren Insekten, und wenn nicht indirekt günstig wirkend, sind sie desshalb nur zweifel- hafte Bundesgenossen. "■'•*) Nützlicher scheinen sich die Spinnen und Afterspinuen zu erweisen. Keller^'"') fand sie stets in grosser Zahl den ('liermes-'\Veil)chen, wie hauptsächlich deren Eiern nachstellend, und hält sie für die wichtigsten Beschützer des Fichtenwaldes. Er erwähnt von den Phalangien den gemeinen Weberknecht, Ph. parie- tinum, von Spinnen verschiedene Theridium- und Clubiona-Arten, Epeira diadema, Micryphantes rubripes, Tetragnatha extensa, Linyphia montana, Agalena labyrinthica, Thomisus und Xysticus, sp. — Unter den gesellig lebenden Chermes-Arten und den Phylloxeren der Eiche '5) Diesen feindlichen Einflüssen unterlieg-t bei allen Thieren der bei Weitem grösste Tlieil des Nachwuchses, und die Ausbreitung einer Species hängt daher mehr von der Zahl und Art ihrer Feinde ab, als von dem Maass ihrer eigenen Vermehrung Darwin sagt darüber in seinem „Origin of Species" 6. Auflage, London 1878, p. 50 und .52: „Es giebt keine Ausnahme von der Regel, dass jedes organische Wesen sich so stark vermehrt, dass, wenn nicht zersti'irt, die Nachkommen eines einzelnen Paares bald die ganze Erde bedecken würden," und weiter „Der einzige Unterschied zwischen Organismen, welche Eier oder Samen jährlich zu Tausenden produziren, und solchen, welche deren äusserst wenige hervorbringen, ist der. dass die weniger Fruchtbaren unter günstigen Bedingungen ein ]>aar Jahre länger als die anderen zur Bevölkerung eines Distriktes brauchen würden, sei er auch noch so gross. — 75 <'') Vergl. S. 88. '6) Schweiz. Zeitschrift für das Forstwesen 1883 Heft 4, p. 168, und 1884 Heft 1, p. 17. Kosmos 1885, I. Band, Heft 6, p. 454. Klar ist mir in obigen Abhandlungen nicht, warum die Spinnen sich erst einstellen sollen, wenn die geflügelten Insekten kommen. Sie hätten doch die Nahrung viel be(|uemer im Mai, da dann die fetten Chermes-Weibchen frei und regungslos an der Knospe sitzen und 30-- 150 Eier neben sich haben, wäh- rend die Geflügelten stets nur eine verhältnissmässig kleine Anzahl Eier legen, und selbst weit magerere Bissen sind. — 49 — richten wohl die Larven der Marionlcäfcrehen (Coccinella- und Scymnus- Arten) die grösste Verheerung an; ebenso sah ich oft die Larven der Schwebefliegen (Syrphiis) und Florfliegen (Henierobius, Chrysopa) walirliaft unter ihnen wüthen und eine Phylloxera nacli der andern mit den Oberkiefern anbohren imd aussangen. Sic sind dabei so hitzig und saugen sich so fest, dass es mir wiederholt gehing, sie noch im Zusammenhang mit ilirer Beute in Balsam zu bringen. Die scliönen blaugrünliclieu Eier, denen sie entschlüpfen, siml auf iliren laugen zierlichen Stielclien stets auf den am stärksten mit Piiylloxeren besetzten Eichenblättern befestigt. Als Feinde, besonders von Chernies strobi und Ch. pini bezeichnen Kaltenbach und Ratzeburg ferner die Larven zweier Museiden, Musca cherniivora und ^VF. atrula, verschiedene Wanzen der Gattung Anthocoris, und einen Ichneumon. Ich selbst habe nie Ichneumoniden oder Schlupfwespen aus Phylloxe- rinen entschlüpfen sehen, glaube daher nicht, dass sie dieselben häufig belästigen, da sie mir sonst bei den vielen Züchtungen schwerlich entgangen wären. Sie scheinen sich mehr an die eigent- lichen Blattläuse zu halten, bei denen man freilieh im Spätsommer das ganze Zuchtglas voll Wespchen bekömmt. Zu gewissen Zeiten, hauptsäclilich im Spätsommer, spielen auch die Schimmelpilze in der Zerstörung der Phylloxerinen eine nicht zu unterschätzende Rolle. Für den erfolgreiclisten Feind der Rebläuse in den Gallen hält Riley") die Jugendform eines Blasenfusses, Thrips phylloxerae. Auch Ha 11 er 'S) bestätigt, dass unser gewöhnlicher Thrips cerealium, den er als mögiiclierweise mit obigem identisch ansieht, als Larve Blattläusen und Milben eifrig nachstellt, ebenso wie der von Rösler bereits beschuldigte Tausendfüssler Polyxenus lagurus. Ausserdem theilen die oberirdisch lebenden Rebläuse fast alle Eingangs er- wähnten Feinde der Phylloxerinen. Die Ph. vastatrix durchläuft bei uns aber nur den aller- klcinsten Theil ihres Entwicklungscyklus über der Erde. Ihre Haupt Vermehrung erfolgt an den Wurzeln, wo auch allein sie den grossen Schaden anrichtet; — und da scheint sie, soweit ))is ") Wher dem Weinstock schiiaiiche Insekten. Ueljersetzt aus t^ixtli Annnal Report of the State Entonioloq'ist of Missouri, Heidelberg 1878, S. 25. ") Die kleinen Feinde der Phylloxera. Heidelberg 1878, S. 0. — 50 — jetzt bekannt, leider nur sehr wenig gestört zu werden. Ausser der Larve einer Schwebefliege, Pipiza radicum, welche sie und die Apfel- wurzellaus unter der Erde frisst, hat Kiley „einmal eine Scymnus- Larve 0 Zoll unter der Oberfläche beschäftigt gefunden", sonst kennt er als wirksame Hülfe in der Verminderung der Wurzelbewohner nur eine Milbe, Tyroglyphus phylloxerae, (wahrscheinlich identisch mit T. echinopus"^), Kobin, und die möglicherweise in deren Ent- wicklungskreis gehörende Hoplophora arctata. Die beiden letzteren habe ich auch an unseren Reben gefunden, und zwar mit ver- schiedenen anderen Milben zusammen auch an nicht phylloxe- rirten Wurzeln. Von diesen anderen Milben hält H a 1 1 e r Nothrus mutilus, Oribates globulus, Gamasus Blankeuhornii für wahrschein- liche Feinde der Wurzellaus, ohne jedoch der Sache sicher zu sein; ebenso Trombidium holosericeum und Actineda vitis oberirdisch. Beachtung scheint mir jedenfalls sein Hinweis auf den Ohrwurm (Forflcula auricularia) zu verdienen. Versuche in dieser Richtung, wenn erlaubt, wären ja nicht sehr schwierig.*'^) ■-o) Ver.<;-leiche Eiley. Seveiith Annual Deport of thc State EntoiiKilngist of Missouri. Jeifersoii City 1875. p. lOG. 80) Dadurcl). dass bis jetzt anscheinend keine wiclitigen Feinde der an der Wurzel lebenden Reblaus gefunden worden sind, dürfen wir uns nicht ab- halten lassen, weiter darnach zu forschen. Die Erfahrung lehrt, dass, wenn auch im Anfange einer Invasion der ein- geführte schädliche Organismus sich gewöhnlich rasch vermehrt, wahrscheinlich weil sich noch wenige Feinde auf ihn eingelebt haben, (wenn ich mich so aus- drücken darf) diese Feinde ihm doch alhnählig entstehen. Der Kampf um'.s Dasein ist ein so intensiver in der Natur, dass Organismen oft genöthigt sind, sich einem neuen Nährmaterial und neuen Verhältnissen anzupassen, wenn sie nicht untergehen sollen. Von der Reblaus selbst wird ja angenommen, dass sie früher meist oberirdisch gelebt, aber bei unserer Vitis vinifera an der Wurzel günstigere Lebensbedingungen gefunden und sich denselben anbe(]uemt habe. Vieles spricht dafür-, und. wenn dies bei ihr möglich war, dürfen wir die Möglichkeit auch bei ihren Feinden nicht ausschliessen. Ist aber einmal ein wirklicher Feind der Wurzel laus entdeckt, so wird es nicht so schwer werden, seine Zahl zu vermehren, wenn wir uns auch hier von Darwin leiten lassen, der, gelegentlich der Vermehrungsfrage, in dem oben citirten — 51 — Terminologie. ") Aeussere Form. Die Phjlloxeriiieii sind kleine weiche Tliiere, welche aticli in ihrem Aussehen so ziemlich die Mitte zwischen Blattliiiisen und Schildlüusen halten. Wie alle Phytophthires hahen sie saugende Mundtheile : 4 Saugborsten, welche im Ruhezustande in einer Scheide, dem Schnabel, unter der Brust anliegen. Das geflügelte Insekt gleicht den kleineren geflügelten Blatt- läusen, unterscheidet sich von ihnen jedoch durch plumpere Form, hauptsächlich des Oberkörpers, kürzere dicke Fühler, welche nie mehr als 5 Glieder besitzen, kürzere Beine, etwas breitere Flügel Werke Aveiter sagt: , Vermindert irgend ein Hinderniss, mildert, wenn auch in Hdcli so geringem Grade, die Zerstörung, — und die Anzalil der Individuen wird fast von jenem Augenblicke an unbegränzt anwachsen." Wir hätten also nicht neue Bekämpfer der Reblaus heranzuziehen, sonderu nur dafür zu sorgen, dass die Zahl der bereits vorhandenen sich bedeutend vermehre, indem wir deren Feinde verminderten. Und wenn das sich nicht direkt machen Hesse, so müssten wir noch ein Glied weiter zurückgehen, um es fertig zu bringen, wie in der Natur selbst oft ganz entfernte kleine Ursachen schliess- lich die wichtigsten Resultate haben. Gesetzt, z. B. der oben erwähnte Tyro- glyphus phylloxerae erweise sich wirklich als Hülfe in der Zerstörung der Reblaus. Wir brauchten dann nicht direkt weitere Tyroglypheu einzuführen, die vorhandenen würden sich schon genügend von selbst vermehren, wenn wir nur ihre Feinde reduzirten. Es sind das vielleicht Raubinsekten, welche wieder insektenfressenden Vögeln zur Nahrung dienen. Schützen wir diese Vögel und dadurch ihre Vermehrung, so würden sie mehr der Tyroglyphen-vertilgenden Insekten umbringen, und die Tyroglyi)hen würden sich durch diese Verminde- rung ihrer Feinde schnell genug vermehren, um die Reblaus unscliädlich zu machen. 81) Dieser Abschnitt soll nur kurz die Erläuterungen bringen, welche zum Verständniss des speciellen Theiles dieser Abhandlung nöthig sein möchten. Die Anatomie und Embryologie unserer Thiere hoffe ich in einer späteren Arbeit ausführlich zu behandeln. r.o mit einfacherem Geäder, die Abwesenheit jeder Spur von Honigröhren und Schwänzchen, und durch das Legen von Eiern, indem hei den Aphidineu nie eine geflügelte Form Eier legt Auch die Nymphen und die zu ihnen führenden Stadien ähnehi gewissen Bhitthiusen, differiren aher stets durch die Zahl der Fühler- glieder, welche bei ihnen, wie auch bei den ungeflügelten Jungfern- müttern der Phylloxeriiien nie die Zahl 3 tihersteigt. Diese u n g e f 1 ü g e 1 1 e n J u n g f e r n m ü 1 1 e r haben wieder die plumpe, eirunde bis halbkugelige Gestalt der Coccinen-Weibchen, sodass sich die verschiedenen Theile ihres Rumpfes oft schwer aus- einander halten lassen. Sie theileu auch die grössere Unbeweglich- keit vieler Coccinenweibchen und deren kurze Beine, welcli' letztere jedoch bei den Phylloxerinen nie ganz verkümmern. Ebenso haben die Chermes-Arten die lange Saugborstenschlinge der Coccinen, aber nie die für die Letzteren characteristischen 2 langen Schwanzborsten am Leibesende. Die Grösse der Phylloxerinen schwankt zwischen ^4 m"i i^^'^' Länge der kleinsten Jugendform von Phylloxera punctata) und P/^ mm (der Nymphe von Chermes abietis, der längsten bekannten Form). Sie sind also im Durchschnitt kleiner als die Aphidinen. Wenn das Thier in Bewegung ist, wird, besonders bei den ungeflügelten Formen, das Alnlomen mebr in die Länge gestrekt und dadurcli schlanker, auch manchmal das Leibesende mehr zugespitzt, sodass Form und Maass bei ihnen etwas variiren. Für die Beschreibungen und Zeiclmungen in dieser Arbeit wurde, wo nicht ausdrücklich das Gegentheil ange- geben ist, die ruhende Form, welche weder zur Bewegung gestreckt, noch unnatürlich zusammengezogen war, genommen. Die Phylloxera- Arten sind meitens roth und gelb verschiedener Schattirungen. Bei den Chermes-Arten findet man so ziemlich alle Farben, mit Ausnahme von reinem Blau, weiss oder schönem Grau. Verschiedene Stadien der letzteren Gattung schwitzen auch, gleich den meisten Coccinen, den bereits erwälmten wachsartigen Flaum aus, der oft das ganze Thier vollständig verdeckt. — 53 — Der Körper der Pliylloxeriiioii zeigt, wie der aller Insekten, 3 llaiiptabsclinitte: Kopf, Caput, Bruststück, Thorax, Hinterleib, Al)domcn. Dieselben sind bei den Nymphen und (leflügelten stets durch tiefe Einschnitte gesondert. Wo dies bei den ungcllügelten Formen nicht der Fall ist, lassen sieh die betreffenden Abschnitte leicht er- kennen, wenn man die Thiere auf den Kücken legt, da die Extremi- täten a u s s c h 11 e s s 1 i c h an dem die beiden anderen Theile trennenden Thorax befestigt sind. Der Kopf. Der wagrecht stehende Kopf ist bei unseren Thieren stets klein und l)reiter als lang. Er besteht aus einer einfachen, ungegliederten Chitin-Kapsel, in welche Augen, Fühler und Mundtheile eingesenkt oder eingelenkt sind, um die Orientirung zu erleichtern, I)ezeichnet man die verschiedenen Regionen dieser Kapsel mit besonderen der Terminologie der höhereu Thiere entlehnten Namen: Von oben sehen wir nur den zwischen den Augen liegenden Scheitel (Vertex) und den Anfang der dann vorn eine Biegung nach unten machenden, also die Vorderseite des Kopfes bildenden Stirn (Frons), an deren beiden Seiten die Fühler eingelenkt sind. Auf der Unterseite des Kopfes setzt sich diese Stirne als K 0 p f s c h i 1 d (Clypeus) fort. Mit diesem Clypeus durch eine Gielenk- haut verbunden und so eine gerade Fortsetzung desselben bildend, folgt die Oberlippe (Labrum), welche den Ansatz des die Stech- borsten enthaltenden, in der Ruhe zum grossen Theile unter der Brust anliegenden Schnabels deckt. In der Mitte des Vertex haben die Thiere manchmal einen wirk- lichen Scheitel, der sich bis zur Stirne fortsetzt und da einen schwachen Einschnitt bildet. Oft ist derselbe jedoch nur wenig be- merkbar, bei der zweigeschlechtigen Generation nie. - 54 — Der Thorax. Auf den Kopf folgt bei den Phylloxerinen unmittelbar, ohne weiteres Zwisc-heustück, mancbnial sogar ohne bemerkbare Trennimgs- linie der zweite Hauptaijschnitt des Körpers, der Brustkasten oder Thorax. Derselbe setzt sich aus 3 liingen zusammen, dem Prothorax (Halsring, Vorderbrust}, dem Mesothorax (Mittelbrust) und dem Meta- thorax (Hiuterl)rust), deren jeder ein Beinpaar trägt. Obgleich diese Ringe im Allgemeinen nicht weiter in verscliiedene Theile zerfallen, sondern die Furchen und Buckel derselben lediglich von der Anheftung der Muskeln herrühren, wie schon Burmeister hervorhebt*^-), unterscheidet man doch auch hier au jedem Bing den Bückentheil als Notum. den Bauchtheil als Sternum, hat also Pro-, Meso- und Metanotum, Pro-, Meso- und Metasternum. Der Prothorax ist stets breiter als der Kopf, auch bei den geflügelten Phylloxerinen.^^) Dabei hat er, wo überhaupt Flaumdrüsen vorhanden sind, gleich dem Kopfe immer zwei Querreihen derselben, während alle anderen Thoracal- und Abdominal-Binge nur je eine Querreihe aufweisen.^') Die noch ungehäuteten ersten Jugendformen fast aller Chermes-Arten haben auf dem Pronotum 2 quadratische 82!) Ganz dürfte dies übrigens nur für die ungeflügelten Phylloxerinen gelten. Die zwei letzten Brustringe der Geflügelten scheinen aus ver- schiedenen, wenn auch fest verwachsenen Theilen zu bestehen. Sie zeigen gleichniässig verdickte Nähte; auch die Einlenkung des mittleren Beinpaares spricht dafür. 83) Wenn Kaltenbach den Halsring bei den geflügelten Aphidinen stets seil mal er als den Kojjf findet (Monographie der Pflanzenlüuse, Seite XIII), so ist das ein weiterer Unterschied, der unsere Phylloxerinen von ibnen trennt. Bei den letzteren verdankt das geflügelte Insekt gerade dem breiten Prothorax einen Tlieil seines plumi)en Aussehens. 84) Ich milchte dies hervorheben, da es mir entwicklungsgeschichtlich Be- achtung zu verdienen scheint. — Dem Beispiel Witl aczil's folgend, nenneich hier, wie im weiteren Verlaufe dieser Arbeit, die Drüsencomplexe, welche in einer Drüsenplatte oder einem Drüsenwulste münden, einfach „Drüsen." (j5 — duiildo, in der Mitte etwas eingedrückte Platten. Nacli der ersten Häutung zeigt sieh ein eigentliünilielier trapezförmiger Wulst in der Mitte des Halsrückens, besonders in den Serien, welclie zur Nymphe führen, und zwar bei beiden Gattungen; nur bei den zweigeschlech- tigen Generationen derselben fehlt er. In den vertieften Ecken, welche dieser Wulst bildet, sind, ebenso wie zwischen den Leibes- riiigen, kleine dunkle Spalten zu sehen, aus welchen, wenn das Thier in Flüssigkeit oder Balsam kömmt, Luftbläschen aufsteigen, sodass dieselben wohl mit feinen Tracheen in Verbindung stehen. — Pro- notum und Vertex sind ausnahmsweise bei Ch. strobi und Ch. pini zu einer Platte verwachsen. Das Prosternum trägt stets das erste Beinpaar. An dem mittleren Brustringe, dem Mesothorax, hnden wir das zweite Beinpaar eingelenkt, und bei den Geflügelten ausserdem noch die beiden grossen Vordertlügel. Es werden hier also, je nach- dem das Thier geflügelt oder angeflügelt ist, verschieden grosse Leistungen von dieser Thoraxpartie verlangt, und den Anforderungen entsprechend variirt auch ihr Bau. Während sie bei den un ge- flügelten Phylloxerinen einen ungegliederten Hing darstellt, der in den meisten Fällen kürzer und kleiner als der Prothorax ist, zeigt sie sich bei der Nymphe und Fliege bedeutend stärker entwickelt. Hier überwiegt der Mesothorax. Die bereits in früheren Stadien angelegten Flügelansätze haben sich bei der Nymphe bereits kräftig entwickelt, und hängen in besonderen taschenförmigeu Aus- sackungen der Cuticula, den Flügelscheiden, an den Seiten des Thieres, nur in ihrem Ursprünge durch starke Muskeln an dem Mesothorax befestigt. Letzterer ist schon bedeutend durch Verdickungen ver- stärkt, und zeigt meistens einen quer liegenden ovalen Ring, und an jeder Seite desselben einen oft durch dunklere Flecke hervorgehobenen Buckel, die Ansatzstelle des in den Scheiden enthaltenen Vorderflügels. Auf der Unterseite, dem Mesosternum, sind die nicht immer deutlich sichtbaren Gelenkpfannen, in welchen sich die Hüften der 2 mittleren Beine bew^egen. Diese auf beiden Seiten der Mittellinie der 3 Brustabschnitte befindlichen 3 Paar hervorragenden Hüftenwülste 5 — 56 — lassen zwischen sieb, in der Mitte des Thorax, eine verschieden tiefe Kinne, welche den Schnabel aufnimmt, und in welcher er oft theil- weise verdeckt ist, am meisten wohl bei Charmes strobi. Ausser- dem lassen die Wülste, da sie rund sind, auch noch jederseits der Kinne und mit derselben zusammenhängend, 3 vertiefte Ecken, gewissermaassen Ausbuchtungen der Kinne, und zwar genau in den Furchen zwischen den verschiedenen, je ein Beinpaar tragenden Brust- ringen und schliesslich dem ersten Abdominalringe. Eine Fortsetzung dieser Ausbuchtungen sind die von Cornu^-^) beschriebenen hand- schuhfingerartigen Anhänge (Appendices en doigt de gant), — auf- fallende Bildungen, über deren Bedeutung ich mir noch nicht klar werden konnte. Sie machen den Eindruck von Schutzkappen, es lässt sich aber kein Ausgang eines Organes darunter finden. Am stärksten sind sie bei der Kel)laus entwickelt, mehr oder minder zeigen sie sich aber bei allen Arten. Eine ähnliche Ausbuchtung findet sich oft an dem untersten Ende der Kinne, den Abschluss derselben bildend, besonders in der Nymphe. Bei den geflügelten Phylloxerinen zeigt das Mesonotum der Breite nach neben einander 2 mehr oder weniger runde ge- wölbte Felder. Tn die Mitte zwischen dieselben passt von vorn aus ein Dreieck, dessen Basis an der Grenze des Prothorax ist, während die Spitze zwischen den obigen 2 Bingen verläuft, und nach hinten zu ein zweites Dreieck (das Scntellum) gerade in umgekehrter Richtung zwischen die beiden Kinge eingekeilt, die Basis nach dem Metathorax zu. An der vorderen seitlichen Verlängerung der obigen 2 runden Felder setzen sich die 2 Vorderflügel an, wälu-end die sie bewegenden Muskeln sowohl im Innern der runden Felder wie unter- seits am Mesosternum angewachsen sind. Auf diesem Mesosternum zeigt sich der den Mittelbrustring der geflügelten Phylloxerinen auszeichnende Brustharnisch sehr deutlich. Er besteht gleichmässig bei allen Arten aus 4 untereinander fest verwachsenen, nach aussen gewölbten Lappen : 2 grösseren, ein liegen- des, längliches Viereck bildenden vorderen, zwischen denen gewöhn- lich die Spitze des Schnabels liegt, — und 2 nur halb so grossen, 85) Etucles sur le Pliylluxera vastatrix, p. 230 und 343. — 57 — iiiU']i liiiiten stumpf dreieckig zugehenden li i n tc rc u Tlicilcii. Letztere hüben nach der Seite zu eine Ein1)uc]itung, welche (h'ii Phitz für das in der tieferen Partie des Mesosternuni eingelenkte mittlere Beinpaar frei lässt. An diesem Ausschnitt lässt sich am leichtesten nachweisen, dass der Mesothorax aus verschiedenen verwachsenen Th eilen besteht. Der ganze IJrustliarnisch (Targioni-Tozzetti's „Corsaletto") ist stets dunkler, und da er über den Kest des Körpers hervorragt, der auffallendste Theil des geflügelten Insektes. Er ist oifenbar eine Ver- stärkung des Mittelbrustgerüstes, die dasselbe in den Stand setzt, die verhältnissmässig grossen Vorderflügel zu tragen. Die Bewegung der Beine scheint bei unseren Thieren nie so heftig zu sein, dass ihre Ansatzstelle einer solchen Verstärkung bedürfte. Der Brust- harnisch fehlt daher bei den ungeflügelten Phylloxerinen^*^), und selbst bei den geflügelten ist er, wie oben erwähnt, da aus- geschnitten, wo die Beine stehen. Zum dritten Brustringe, dem Metathorax, gehören das letzte Beinpaar, und bei den Geflügelten die Hinterflügel. Bei den Ungeflügelten ein einfacher Ring, ist er zwar stets etwas, aber nicht viel kleiner als der Mittelhrustring, während er bei den Geflügelten bedeutend hinter dem hier besonders stark ent- wickelten Mesothorax zurückbleibt. Der Körper der geflügelten Phylloxerinen verengt sich hier am meisten, sodass das Metanotum wie ein schmaler Gürtel um die Taille des Insektes aussieht, nur dass mit der Seite dieses Gürtels die 2 kleinen Hinterflügel ver- wachsen sind. Auch dieses Metanotum ist oft durch ein drei- eckiges sehr in die Breite gezogenes Schildchen, das Postscutellum, verstärkt. 86) Dass ich den Bnistliarniscli auch bei uiigetlügelteii Sexuparen ge- fiiiulen habe, ist sclion auf Seite 40 bemerkt worden. Für die Bedeutung des- selben bei diesen ungeflügelten Thieren nnkdite ich auf die betreffende Stelle verweisen. 5* Das Abdomen. Der dritte und letzte Hauptabschnitt des Insektenkörpers, das Abdomen oder der Hinterleib, ist bei unseren Phylloxerinen verhält- nissmässig gross, und nicht so" starr wie Kopf und Thorax, sondern veränderlich in der Form. Er besteht aus einer Anzahl ovaler Horn- ringe, welche miteinander durch eine nachgiebige Haut verbunden und auch an den leiten dünner und weicher sind. Dadurch kann sich das Abdomen, welches den grössten Theil der Eingeweide und alle der Fortpflanzung dienenden Organe enthält, je nach der Masse der aufgenommenen Nahrung oder der zeitweiligen Grösse der Ovarien ausdehnen oder zusammenziehen, und so bei Eiablage, Bewegung, Häutung, wie auch Athmung und Circulation mitwirken. Es wechselt die Form, aber im Ganzen bleibt letztere doch immer die eines Kegels, dessen l)reite Basis in ihrer ganzen Ausdehnung durch die oben erwähnte Bindehaut mit dem Metathorax verbunden ist, während er sich nach dem Leibesende zu mehr oder weniger rasch ver- schmälert. Bei den Jugendformen der Phylloxerinen ist das Abdomen meistens massig schlank, und bleibt auch so nach weiteren Häu- tungen in den Serien, welche zur Fliege oder zweigeschlechtigen Generation führen. Die ungeflügelten parthenogenesirenden Weibchen werden mit den verschiedenen Häutungen breiter, bis die Eilegerin bei einigen Arten fast rund ist, und einer Schildkröte mit gewölbtem Eücken und ziemlich flacher Unterseite gleicht. Die Gattung Phyl- loxera hat ein mehr zugespitztes Leibesende als die meisten Chermes- Arten. Der Seitenrand des Hinterleibes ist häufig wulstig aufgeworfen, und in der Längslinie, welche diesen Wulst nach innen begrenzt, entsteht dann eine seichte Furche da, wo die starren etwas nach unten gebogenen Theile der Ringe die nachgiebigere Partie treffen. In dieser Furche liegen die dorsalen Stigmen. Kirby nannte sie desshalb Pulmonarium. '^ ') Als Unterscheidungsmerkmal ist dieser s'') Kirby & Spence, Iiitroduetion to Entoinology, London 1826, Vol. III, p. 387. — 59 — Kandwulst^^) nur l)oiUmfig- zu boimtzeu, da er bei demselben Thiere nidit immer gleich stark /u sehen ist, und bei gut genährten In- diviihuMi oft ganz verschwindet, wie schon Kaltenbach hervor- g('lu»ben. Die bei den meisten AphidiniMi auf dem fünften Abdominal- Segmente hervorstehenden Honigröhreii fehlen bei den rhylloxerinen vollständig, ebenso das Schwänzchen. Die verschiedenen Abdominalringe sind nicht immer leicht aus- einander zu halten. Im Allgemeinen zeigen unsere Thiere acht derselben, während ])ei den vollständig entwickelten Phylloxerineu die der Fortpflanzung dienenden Anliänge (Vulva, Penis, Ovipositor) ein weiteres, neuntes Abdominal-Segment repräsentiren. Ein zehntes Abdominal-Segment, wie es die Aphidinen in der Cauda, dem oben erwähnten Schwänzchen, zeigen, scheint hier nicht vorhanden zu sein, es müssten denn die obigen Anhänge, welche ja stets deutlich aus wenigstens zwei Theilen bestehen, als aus zwei Segmenten zu- sammengesetzt angesehen werden. ^^) Auffallend ist die Aehnlichkeit zwischen dem ersten Abdominal- rino-e und dem Methathorax. Diese Aehnlichkeit erstreckt sich oft sogar auf die Vertheilung der Flaumdrüsen und der sie repräsen- tirenden Warzen oder Haare. Wenn gewisse Keihen derselben auf den Abdominalringen fehlen, während die Tlioraxringe sie vollständig haben, trägt sie eben so vollständig auch der erste Abdominalring. 88) Warum Bück ton diesen Itandwulst, welcher sicli natürlich auf heiden Seiten des Thieres findet, Carina nennt, ist mir nicht verständlich. 89) Wenn man bei Phylloxera die Le.^eorgane der Sexuparen untersucht, welche theilweise teleskopisch ineinandergeschobene Kinge zeigen, drängt sich unwillkürlich die Ansicht auf, dass sie mehrere Segmente repräsentiren. Dem widerspricht jedoch die von Lacaze-Duthier s gegebene Erklärung, dass alle diese der Fortpflanzung dienenden Organe dem neunten Segmente angehören, welche Meinung, soviel ich aus ihren Schriften entnehmen kann, von Huxley und Balbiani getheilt wird. Auch darf ich mir nicht verhehlen, dass die allgemein hestätigte Regel, dass die Vulva sich stets zwischen dem achten und n eun ten A bdominal- s e g m e n t e h e f i n d e t , nicht damit vereinbar wäre. Die Oberlippe der Vulva wird bei dem befrucht1)aren Weibclien der Phylloxerineu richtig von dem — 60 — Penis, Vulva, Ovipositor. Während der After stets auf der Rtickenseite des Abdomens ist, finden sich die äusseren Fortpfhinzungsorgano constant auf dessen Unterseite. Sie bestehen bei dem Männchen aus einem Penis, welcher in der Ruhe bei Phylloxera als rundes Kegelchen in einer Oefthung im siebenten Hinterleibsring eben gerade sichtbar ist, — und einer aus dem modificirten achten ? Abdominal-Segmente gebildeten, nacli unten offenen und von beiden Seiten dütenförmig eingeschlagenen Rinne. Diese Rinne scheint den Penis, welcher, wie Balbiani gezeigt""), Nichts weiter als der ausgestülpte Ductus ejaculatorius ist, bei der Exsertion aufzunehmen und zu leiten. Sie stellt, von oben gesehen, ein dreieckiges, spitz zulaufendes Endsegment dar. Bei Chermes ragt dieses Organ frei am Leibesende heraus, wie ein röhrenförmig verlängerter Endring, üeber seine genaue Struktur bin ich noch nicht im Reinen. Das Ende enthält einen kleinen chitinisirten Anhang mit horniger dreieckiger Spitze, und einem auf beiden Seiten eingerollten nach unten offenen minimalen Fortsatz, der ebensogut eine Rinne wie ein unl)edeutendes Haftorgan sein könnte. neunten Segmente gebildet, aber liinter ilir ist auch weder ein weiteres Segment, noch irgend ein Anhang. Vergleiche : Stein, Vergleichende Anatomie und Physiologie der Insekten, Berlin 1847, Seite 15. L a c a z e - D u t h 1 e r s , Kecherches sur Tannure genitale femelle des Hemipteres. Ann. des sc. nat. S^ serie, Paris 1852, T. XVIII, p. 337. Huxley, On the agamie reproduction and morphology of Ajihis., London 1857, ]). 230. Balhiani, Memoires sur la generation des aphides. I. Les Males, Paris 1869, p. G3. IL Les Femelles, Paris 1870, p. 36. 90) Memoires sur la generation des Aphides. Les Males, p. 64. — Annales des Sc. nat. ö'' serie, T. XL — Le Phylloxera du diene et le Ph. de la Vigne p. 39. — 61 — Die Fortpflaiizuiigsorg-anc der Weibchen zeigen nicht nur in den beiden Gattungen, sondern auch wieder in den verschiedenen G ene- rationen derselben Verschiedenheiten. Vollständig gleicht sich bei Chermes und Phylloxera nur die Vulva der befruchtbaren Weibchen. Trotzdem sie hier zu- gleich als Copulations- und Legeorgan zu dienen hat, ist ihre Struktur die denkbar einfachste: eine Spalte, welche sich zwischen dem achten und neunten Hinterleibsringe öftnet, und direkt in die Vagina führt. Von der Seite gesehen, gleicht sie — durch leichten Druck etwas geöttuet — einem menschlichen Munde, dessen Oberlippe von dem Eande des neunten, die Unterlippe von dem des achten Abdominal- ringes gebildet wird. Letzterer hat eine Ideine Höhlung, in welche eine Convexität des neunten Segmentes passt, sodass die Spalte im Ruhezustande geschlossen und wenig sichtbar ist. Sonst hat das Organ durchaus keine äusseren Anhänge, was Balbiani darauf zurückführt, dass diese Weibchen sich nur in der Ruhe begatten, also keine Vorrichtungen zum Festhalten der Männchen brauchen, und dass sie ihre Eier stets nur flach auf die Oberfläche der Blätter und Zweige legen. Die par theno gen esir enden Weibchen haben natürlich nur Legeapparate. Bei den Phylloxera -Arten haben die Fliegen eine aus 3 teleskopisch in einander geschobenen Ringen bestehende Lege- röhre (Vagina tubiformis, Burm.), deren, dem achten Abdominal- segmente entsprechender dicker Grundtheil mehr als die halbe Länge des übrigen Abdomens herausgeschoben werden kann. Das Schluss- stück ist zweistöckig, wenn ich mich so ausdrücken darf. Während das äusserste untere Ende desselben die Mündung der Scheide ent- hält, liegt in der oberen (Rücken-) Hälfte der After, was, wie schon Burm eist er hervorhebt, stets als Beweis angesehen werden kann, dass man es hier mit einem richtigen Abdominalsegmente zu thiui hat. Aehnlich gebaut ist bei den Phylloxeren die Legeröhre der u n - geflügelten S e x u p a r e n , und, wenn auch bedeutend kür z e r , die der gewöhnlichen ungeflügelten Jungfernmütter. Bei den Chermes- Arten dagegen haben geflügelte wie un- geflügelte parthenogenesirende Weibchen ein Legeorgan, das eher in — 62 — das Gebiet der Lege scheide (Vagina hivalvis, Burm.) gehört. Die zweilippige Vulva wird auch hier von dem achten und neunten Abdomiualsegmente gebildet, beide Lippen zerfallen aber wieder in zwei seitliche Hälften, welche in der Mittellinie des Körpers durch eine gerade Linie getheilt sind. Die durch diese Theiluug entstehenden geraden Ränder sind durch stachelähnliche Hornleisten verstärkt, welche noch etwas länger als die Lippen sind, und mit ihren nach hinten gerichteten Spitzen darüber hinausragen. Wälirend nun die beiden Seitenhälften der dorsalen Oberlippe verwachsen bleiben, ebenso wie ihre Hornleisten ^^), sind die entsprechenden stets kürzereu Hälften der Unterlippe vollständig getrennt, und weichen, wie ich mich überzeugt habe, bei der Eiablage auch auseinander. Es verlaufen zu ihnen ziemlich starke Muskeln, welche, wie sie selbst, wieder an zwei, rechtwinklig mit den Obertheilen der Stachel verlaufenden kurzen hornigen Querleisten eine Stütze haben. Welchen Zwecken diese stumpf zugespitzten Stacheln dienen, konnte ich nicht ausfinden. Zum Bohren oder Anstechen scheinen sie zu stumpf. Wahrscheinlich sind es Tastorgane, da jeder derselben an der Spitze 3 konische (Tast-?) Haare hat. Vielleicht haben sie aber auch mit der Befestigung der langen Eistielchen zu thun. Balbiani dachte, dass die längere Legeröhre der befrucht- baren Weibchen von Drepanosiphum platanoides, Schrk., dazu da sei, die Einführung der Eier in die engen Ritzen der Rinde zu er- möglichen.''-) Wenn dem so ist, so dürfte die lange Legeröhre der geflügelten Phylloxeren darauf hindeuten, dass auch sie ihre Eier in enge Ritzen legen, in die sie selbst nicht eindringen können. xVehnlichem Zwecke kann aber die kurze breite Legescheide der Chermes-Arten nicht dienen, da die Eier hier ja stets neben und 91) Diese beiden verwachsenen Stacheln erscheinen wie ein einziger Stachel, und nur Lei günstigen Objekten kann man bei genügender Vcrgriisserung sehen, dass die Spitzen noch theilweise separirt sind. Dafür, dass man liier zwei Stacheln vur sich hat, sprechen auch die sechs Tasthaare an der Spitze, indem die niclit verwachsenen einzelnen Stacheln der Unterlii)i)e jedes nur drei dieser Tasthaare besitzen. 92) Mi'nioires sur la generation des Aphides. Les Femelies, ]). 38. — Annales des Sc. nat. 5'' serie, T. XIV, Paris 1870. — 63 — iintor der Mutter liegen bleiben, und erst die d;irniis entschlüpfenden Tbierchen sich manchmal verkriechen. Die Augen. Die ungeflügelten Phylloxerinen lialx'n (mit Ausnahme (bn- Nymphen und unten erwähnten Sexnparen) jederseits ein drei- linsiges Auge. Die geflügelten ausserdem noch zwei ziemlich grosse zusammengesetzte Augen, und die fast jedem getlü- gelteu Insekte zukommenden drei isolirt stehenden grösseren Neben- augeu (Ocelli). Die dreilinsigen Augen liegen an der Seite des Kopfes gewölm- lich hart an der Grenze des Prothorax. Sie bestehen aus drcü durcli Kopfhaut getrennten einfachen Punktaugen, welche meistens in Form eines Dreiecks dicht zusammenstehen, und nur bei dem un- geflügelten Chermes strobi auf der Vorderstirne eine gerade Keihe in der Kichtung von vorn nach hinten bilden. Wenn das geflügelte Insekt mit der letzten Häutung seine zu- sammengesetzten Augen bekömmt, welche mehr nach vorn und den Fühlern zu liegen, persistiren auch die obigen dreilinsigen Augen, und bilden, da sie grösser und hervorragender als die Linsen des zusammengesetzten Auges und von letzterem nur durch ein Häut- chen getrennt sind, die schon von Kaltenbach erwähnten, aber anders gedeuteten Hock er eben derselben. Noch weiter nach vorn als das zusammengesetzte Auge, etwas mehr nach innen, neben der Einlenkung der Fühler, steht jederseits eines der Oc eilen, während sich das dritte- Nebenauge weiter vorn auf der Stirne, genau in der Mitte zwischen beiden Fühlern beflndet. Bei der wagrechten Stellung des Kopfes sieht das letztere direkt nach vorn und steht da, wo sonst an der Stirne die kleine Einbuchtung wäre, wie ein Knöpfchen hervor. Die 3 Ocellen bilden somit ein Dreieck, dessen Basis zwischen den beiden Fühlern, die Si)itze vorn an der Stirn ist. Sie sind jedenfalls doppelt so gross als die das Höcker- chen bildenden Punktaugen, oder ohngefähr dreimal so gross als die Linsen der zusammengesetzten Augen, gewöhnlich dunkel be- randet. und fallen dadurch bei den helleren Arten schnell auf. — 64 — Facetten- oder Netzaugen sind die zusammengesetzten Augen der Phylloxerinen nicht zu nennen, da sie aus einer Zusammeu- liäufung einzelner runder Linsen bestehen, die sich nicht gegen- seitig polygonal abgeplattet haben, indem dunkle unregelmässige Fleckchen Haut noch die einzelnen Linsen trennen. Es mag dies daher rühren, dass dieselben sich hier nicht in solcher Masse wie bei den meisten Facettenaugen drängen. Ich habe versucht, die Kegel einiger dieser Augen bei verschiedenen Arten zu zählen, konnte aber nie mehr als 20<) Linsen finden. ^3) Die Augen der Nymphen können als ein Uebergang zu den Augen der Geflügelten angesehen werden, lieber den dreilinsigeu Augen des vorhergehenden Stadiums erscheinen gewöhnlich ohnge- fähr 20 Linsen des späteren zusammengesetzten Auges, wovon einige noch ziemlich klein sind, während, besonders bei den hellen Formen, gegen das Ende der Nymphenzeit, sowohl das ganze zu- sammengesetzte Auge wie die drei isolirten Nebenaugen schon deut- lich roth durchscheinen. Vollständig mit diesen Nymphenaugen über- einstimmend fand ich die Augen vieler ungeflügelten Sexuparen. Die Männchen und Weibchen der zweigeschlechtigen Generation hingegen hatten wieder dieselben dreilinsigeu Augen wie die ge- wöhnlichen Jungfermütter. Die Farbe der Augen variirt zwischen roth, braun und schwarz, doch ist bei der Gattung Phylloxera ein schönes carmoisinroth die Regel, während bei den Chermes-Arten mehr braun und schwarz vorherrscht. Im Balsam werden auch die Augen der letzteren meistens roth. Diese Färbung, welche von der Pigmentschicht herrührt, die jeden Kegel des zusammengesetzten Auges isolirt und ebenso die der einfachen Augen umgiebt, erleichtert auch die Uebersicht über die Anordnung dieser Kegel und den gröberen Bau des Pliyllo- xerinen-Auges. 93\ 3) Diese geringe Zahl, gegenüber den Tausenden von Facetten, welche hei schnellfliegenden Kerfen gefunden werden (Bremse 7000 — Stuhenfliege 4000 — Wasserjungfer gar 1-2 000—, siehe Eurnieister, Handhuch d. Ento- niulogie, I. Bd., Seite 68), weist darauf hin, dass unsere Phylloxerinen kaum zum schnellen Fliegen geschaifen sind. Ein einfiiclios Balsiimpräparat der Nymphe einer hellen Species, gerade vor der letzten Häutung, zeigt die Verbindung des Seluierven mit den Seitenlappen des den grössten Theil des Kopfes ausfüllen- den Hirnes und den Eintritt des ersteren in die Mitte des zusammen- gesetzten Auges, wo er Fasern an jeden Kegel desselben und der dreilinsigen Augen abgibt. Dann auch die direkte gerade Ver- bindung der grossen Ocellen mit dem Hirne selbst, und die Zu- sammensetzung dieser unicornealen Ocellen aus mehreren Fasern. Leicht ist auch zu sehen, wie sich die Kegel von der Mitte des Auges ziemlich strahlenförmig ausbreiten, sodass die uiittleren die kürzesten, die am Kande mündenden die längsten sind. Die Antennen. Alle Phylloxerinen habe kurze, dicke, nie borsten- oder faden- förmige Fühler, welche ohne Höcker unmittelbar auf der Stirn zwischen den Angen stehen. Hire Länge überschreitet selbst bei den Geflügelten selten die Kopfbreite. Bei der Gattung Phylloxera sind sie in allen Stadien drei- gliedrig; bei Chermes haben die Fühler der ungeflügelten Jungfernmütter nie mehr als drei, die der geflügelten fünf Glieder, während die zweigeschlechtige Generation bis zur letzten Häutung dreigliedrige, nach derselben viergliedrige Antennen hat. Mit jeder Häutung ändert sich die Form der Fühler. Sie geben desshalb ein gutes Unterscheidungszeichen für das Entwick- lungsstadium des Thieres ab, und sollten in keiner Beschreibung desselben fehlen. Ausserdem hat dieses Merkmal den Vorzug, dass es noch im permanenten Präparate aufzufinden ist. Ausser der Form der verschiedenen ungleichen Fühlerglieder kommen dabei die Börstchen, Haare und Kiechgruben in Betracht, welch' letztere sich auf dem E n d g 1 i e d e der dreigliedrigen Fühler oder den sich stets nur aus di es em Endglied e differcnziren- den dritten, vierten und fünften Fühlergliedern in, der Species und dem Entwickluugsstadium nach verschiedener, aber coustanter An- ordnung finden. Ein gutes und permanentes Unterscheidungszeichen — Ge- ist auch das Vorhandensein oder Fehlen der sogenannten Kingelung auf diesen Gliedern. Die zwei ersten Basalglieder der Antennen zeigen nur geringe Unterschiede bei den verschiedenen Arten, und brauchen daher nur wenig berücksichtigt zu werden. Sie sind stets verhältnissmässig kurz, rundlich, fast eben so breit als lang, und dicker als die üb- rigen Glieder. Das erste Glied ist mit der Stirn durcli eine nach- giebige Haut verbunden, und bietet eine Gelenköft'nung für das zweite. Die ausgiebigste Gelenkpfanne bietet jedoch der obere Theil dieses zweiten, einer Glasperle in Gestalt gleichenden Gliedes dem folgenden dritten Gliede. Dieses ist daher auch das beweg- lichste, (jelenke konnte ich zwischen dem dritten, vierten und fünften Gliede übefliaupt nicht finden. Ich möchte daher bezweifeln, dass sie mit Hecht als separate Glieder angesehen werden dürfen. Meiner Ansiebt nach constituirt nicht eiae halsartige Ver- engung das separate Glied, sondern nur das A^orhandensein einer wirklichen Trennung und Gliederung. Diese fehlt, wie gesagt, dem vierten und fünften Füblergliede bei unseren Thieren, wesshalb diese Glieder auch nie in einem Winkel gegen das dritte bewegt werden können, sondern immer nur in derselben llichtuug mit ihm. Die Gattmig Chermes würde also auch darin mit Pliylloxera überein- stimmen, dass sie in allen Stadien nur 3 Füblerglieder hat.^^) Im Vereine mit der Verengung trägt auch die obenerwähnte Eingelung und das Zusammenfallen der breiten Ränder der Riech- gruben mit dem jeweiligen Anfange der Verengung dazu bei, das Endglied der Fühler der Chermesfliegen getheilt erscheinen zu lassen. Die Riugelung, welche oft einer Runzelung der Cuticula gleiclit, ist der optische Ausdruck sicli oft ziegelartig deckender schuppiger Erhebungen der letzteren. Die grossen Riecbgruben erscheinen als Oeffnungen in den ge- ringelten Endgliedern, über welche auf einem aus den hervorstehen- den Rändern gebikleten Rahmen eine zarte Chitinhimelle gespannt »1) Da ich nicht weiss, oh meine Herren CuHeii-en mit dieser Berichtigung einverstanden sind, werde ich im Vcrhxufe dieser Arbeit das vierte und fünfte Fülllerglied noch als separate (jllieder behandeln. — n? — ist. Sie liegen auf der Unterseite der Fülil»n-, und nehmen an dnu nicht verengten Theile jedes Gliedes die ganze Breite desselben ein, sodass sie noch gerade an den Seiten sichtbar sind. Etwas ver- schieden — deutlicher umwallt — sind sie bei der Gattung riiyl- loxera. Nach heutigen Anschauungen über die liiechgruben der Insekten, sind sie wohl durch Einstülpung entstandene, mit seröser Flüssigkeit gelullte Grul)en, in welche durch den dünnen l?oden die kegelförmigen Verlängerungen der mit Ausläufern der Antciincn- nerven verbundenen Kiechzellen hineinragen, und da die Geruclis- eindrücke empfangen, welche sie zum Hirn weiterleiten. Ebenso stehen die frei an den Antennen befindlichen Haare und kurzen, dickeren kegelförmigen Börstchen mit ähnlichen Sinnes- zellen in Verbindung und dienen theils dem Geruchs- und Spür- sinn, theils auch, wie besonders von den längeren, feineren Härchen vermuthet wird, dem Tastsinn. Vier ganz kleine Grübchen, welclie ich an den Fühlern der Chermesfliegen seitwärts dicht neben der grossen liiechgrube des Endgliedes und etwas entfernt von den Endbörstchen gefunden, und welche ich noch nirgends erwähnt sah, dienen wohl ähnlichen Zwecken, Die verschiedenen Sinnes-Kegel, -Zapfen, -Börstchen und -Haare, welche sich auch an anderen Theilen des lusektenkörpers finden, — oft frei, oft in unverschlossenen oder von dünnen Membranen be- deckten Grübchen, — sind die Vermittler der meisten Wabr- nehraungen der Insekten. Erst durch sie wird es den mit einem dicken Panzer bedeckten Thieren möglich, auch noch andere Sinnes- eindrücke ausser den durch die Augen einfallenden zu empfangen. ^^) Die Fühler aller ungeflügelten Phylloxerinen haben wenige und unbedeutendere Eiechgruben, (meistens nur eine,) und auch wenige Sinneshaare und Borsten. Sie bedürfen ihrer aucli kaum, da sie sich nicht von ihrer Nährpflanze entfernen. Etwas zabl- 95) Die obigen Sinnosliaare etc. unterscheiden sich , wie ihr erster Be- schreiber, Le^'^dig, es präcisirt, dadurch von gewöhnlichen Haaren, „dass Nerven die Eichtung gegen diese Hautanhänge nehmen, um an ihnen gangliös zu enden. Die Hautborste erscheint demnach als Ausrüstung einer Endganglion- zelle des Nerven." (Leydig, im Zool. Anzeiger No. 222, 188G, p. 287.) — 68 — reichere iiod bauptsiicblich liingere Borsten haben nur die iinge- häiiteten Jiigendformen, welche sich dadurch auch auf den ersten Blick von den übrigen unterscheiden. Es sind dies Formen, welche unter Umständen noch ihren Platz anf der Nährpflauze wech- seln. Haben sie sich einmal gehäutet, so bleiben die Thiere auf derselben Stelle, und dementsprechend sind auch die Sinnesorgane l)ei ihnen auf ein Minimum reduzirt.'""). Hierin gleicht den übrigen ungeflügelten Formen auch die zweige- sclilechtige Generation von Phylloxera. Sie hat denn auch wenig Spür- sinn, wie ich durch Experimente erkannt habe.^'^) Die der Chermes- Arten haben mehrere kleine Kiechgruben und freistehende Sinnes- k egelchen. So fällt anch gelegentlich der Antennen die, im Vergleich mit den meisten anderen Insekten, selbst mit vielen der verwandten Aphidinen, spärliche Ausstattung unserer Thiere mit Sinnesorganen^*^) i'6) Diese Eeduction der »Siniiesorg-ane der ungeflügelten Thiere legt den -Sdiluss nahe, dass diese Foi'nien, einmal von der Nährpflanze entfernt, sich nie mehr dahin zurecht finden würden, ausser durch den reinsten Zufall. Es erweckt dies Zweifel an der Richtigkeit der Beobachtungen von Wanderungen unge- flügelter Rebläuse in oder auf dem Boden. 97) Vergl. Tageblatt der (11. Deutschen Naturf.-Versammlung, Cöln 1888. 98) Da gerade in den letzten Jahren die Function der Antennen als Haupt- träger der Eieehorgane durch Wolff und Grab er wieder in Zweifel gestellt wurde, wenn auch erfolglos, möchte eine kurz e Rekapitulation des Verlaufs der Frage und Hinweis auf die neuere, dieselbe behandelnde wichtigere Litteratur Manchem nicht unwillkommen sein. Die nöthigen Daten entnehme ich den unten angeführten Arbeiten von Haus er, Will und vom Rath. Dass die Antennen Sinnesorgane seien, wurde von den frühesten Zeiten her angenommen. Darauf deuteten schon, beim Ausfallen irgend einer bemerk- baren sonstigen Thätigkeit, ihre frei hervorragende Stellung am Kopfe, ihre Beweglichkeit und häufig sichtbare Benutzung. Um so mehr aber gingen zu verschiedenen Zeiten die Meinungen darüber auseinander, Avelchem speziellen Sinne sie eigentlich dienten, besonders nachdem Strauss-Dürkheim darauf hingewiesen hatte, dass diese harten hornigen, so- genannten Fühlhörner schwerlich feinfühlig genug sein könnten, um genaue Eindrücke der von ihnen berührten Gegenstände zu vermitteln. Die Vermuthung lag nahe, dass, da ihre exponirte Lage sie allen den Schall verursachenden TAifterschütterungen aussetze, sie diese Vibrationen der 00 auf. Sic charakterisirt diesolbcii (Icuilicli iils Thiere, welche nicht für viel Ortsverämleruiig- oder schnelle Bewegung- geschafleii sind. Dass die ungeHügelten Fonneu ihre Feinde nicht erkennen und, unter ihnen i;-e,spannten weidien (ielenkliaut niitilieilten. willirend der iinler die.sor Haut verlaufende Nerv sie dann zur rercei>tion bräelile. So !)etracliteten sie Strauss-Dürkheini , Oken, Oarus, Westport, 1) u r Hl e i s t e r als G e li ö r o r i,' a n e. Der Erste, der, auf physiologische Experimente gestützt, sie für den (Je- ruchssinn in Anspruch nahm, war Lefehvre in 1838. Ihm fidgten auf Grund eigener anatomischer und ]diysiologischer Untersuchungen 1847 Ericli- son, 1850 Per ris, 1855 Leydig, welch Letzterer zuerst nachwies, dass so- wohl die von Erichs on entdeckten Gruben, wie die Sinneszapfen vom Antennen- nerv mit Aesten versorgt werden. Die von ihnen vertretene Meinung bekämpfte 1858 Lespes, welcher die über den Riechgruben ausgespannte Membran als das Analogon des 'rmmmel- felles der höheren Thiere betrachtete und demgemäss die Antennen wieiler für Gehörorgane erklärte. Dennoch befestigte sich die Ueberzeugung, dass man es in den Antennen mit Geruchs- und vielleicht auch Tast Organen zu thun habe. Wolf f 's Behauptung in 1875, dass die Antennen wegen ihrer Trocken- heit nicht Geruchsorgane sein könnten, indem nur der Riechschleim eine Ge- ruchsempfindung ermögliche, änderte dies ebensowenig wie 1878 Grab er 's vermeintliclie Entdeckung von Otolithen in den Fülüergruben. Letztere wurde von Paul Mayer 1879 gründlich widerlegt, während 1880 Haus er nach neuen physiologischen und histologischen ITntersuchungen die Geruchsorgane der Insekten in ihrem ganzen Zusammenhang eingehend scliihlerte und die Arbeiten von Kräpelin 1883, Will 1885, Leydig 1886 und Otto vom Rath 1888 werthvoUe Bestätigungen und Erweiterungen unserer Kenntnisse der Sinnesorgane der Insekten brachten. In den neueren der hier angeführten Arbeiten ist auch die weitere Litteratur über diesen Gegenstand verzeichnet zu finden, da ich mich natürlich auf die Angabe einiger wenigen Schriften beschränken muss : Lefebvre, Alex. Note sur le sentiment olfactif des insectes. Ann. Soc. entom. France, Tome 7, 1838, ]). 395— 399. Erichson. De fabrica et usu antennarum in Insectis. Berolini. ty[iis fratrum Ilnger, 1847. Per ris. Ed. Memoire sur le siege de Todorat dans les articules. Ann. Sciences nat. S^SGue, Zool. T. 14, 1850, p. 149-178. — 70 — auch wenn nicht iestgesaugt, ihnen nicht im Geringsten ausweiclien, beobachtete ich oft gegenüber den verschiedensten sich von ihnen nährenden Larven. Die Mundtheile, welche in ihrer Gesamnitheit wie bei allen Khynchoten als Schnabel (llostrum, Promuscis '^") bezeichnet werden, entspringen auf der Unter- seite des Thieres am hinteren f]nde des Vorderkopfes. Leydig, F. Zum feineren Bau der Arthropoden. M Uli er \s Archiv f. Anat. 1855, p. 376-480. Die Hautsinnesorgane der Arthropoden. Zool. Anzeiger, IX. Jahrg., 1886, No. 222 u. 223. Wolff, 0. J. B. Ueher das Geruehsorgan der Biene. Nova acta d. k. Leop. Carol. Akad., Bd. XXXVIII, 1875. Grab er, V. Ueher neue, otocystenartige Sinnesorgane der Insekten. Archiv f. niikr. Anat., 1878, Bd. XVI, p. 36—57. Mayer, Paul. Zur Lehre von den Sinnesorganen hei den Insekten. Zool. Anzeiger, II. Jahrg., 1879, No. 25. Hau.ser, G. Physiologische und histologische rntersuchuugen über das Geruchsorgan der Insekten. Zeitschr. f. Wiss. Zool., Bd. XXXIV, 1880, p. 367—403. Kräpelin. Ueber die Geruchsorgane der Gliedertliiere. Hamburg 1883. Will, F. Das Geschmacksorgan der Insekten. Zeitschr. f. Wiss. Zool., Bd. XLII, 1885, p. 674—707. Piath, Otto, vom. Ueber die Hautsinnesorgane der Insekten. Zeitschr. f. Wiss. Zool., Bd. XLVI, 1888, ]). 413-454. 99) Da Bück ton (Monograph of the British Aphides, Vol. IV, p. 12) das Wort „Promuscis" in Huxley's schöner Arbeit über die Aphiden auf einen Druckfehler ziirückführen möchte, diene zur Berichtigung, dass dieses Wort von Huxley ganz richtig gebraucht wurde. Kirby und Spence führten in ihrer sicher maassgehenden „Introduction to Entomology" diese Be- zeichnung für den Schnabel der Rhynchoten (Hemiptera) ein, um ihn von dem IJüssel der Zweiflügler, welchem sie den Namen Proboscis Hessen, zu unter- scheiden. Da die Unterscheidung sehr wünschenswcrth war, hat sie auch sofort Bur meist er in seinem Handbuche der Entomologie adoptirt. Der Name „Promuscis" verdiente, wie K. und S. erklärten, den Vorzug vor , Rostrum, " — 71 — Man sieht sie desslialb mir, wenn man das Tliior auf den Ivüeken legt. Sie erscheinen alsdann, oberflächlieh betrachtet, als eine im Ruhezustände der Brust anliegende lange und ziemlich dicke, fleischige, dreitheilige Eöhre, aus deren rund zuges]iitztem Ende oft eine Saugborste hervorragt, während das entgegengesetzte Ende von einem kleinen Fortsatze des Kopfschildes bedeckt ist. Will das Thier saugen, so richtet es diese Röhre rechtwinklig mit dem Körper auf und sticht die dann kaum aus der Röhre hervor- ragende horiiartige Saugborste in das Pflanzengewehe ein. So gesehen haben diese saugenden Miindtheile wenig Aehnlich- keit mit den kauenden oder beissenden Fresswerkzeugen der Käfer. Der Scharfblick Savigny's hat aber gefunden, dass die Mundtheile aller Insekten nach einem und demselben Plane angelegt sind, und stets aus den gleichen, wenn auch je nach der Anwendung modi- Hzirten Theilen bestehen.^"") Diese Theile lassen sich auch in dem Saugapparate unserer Thiere nachweisen. Die kauenden Mundtheile der Insekten zerfallen in 2 Hälften: Die obere besteht aus der Oberlippe, dem Labrum, einer Verlängerung des Kopfschildes, welche die Mundöffnung von oben bedeckt, und den rechts und links unter ihr entspringenden 2 starken hornigen Oberkiefern oder Kinnbacken, den Mandibulae. weil der letztere für den voUstüiidig- verschiedenen Küssel der Curculiuiiiden, welcher an seiner Spitze die Kauwerkzeuge und Fühler trägt, gebraucht wurde. Vergl.: Kirhy und Spence, Introduction to Entoniology, London 182G, Vol. III, p. 360 und 364. Burmeister, Handbuch der Entomologie, Berlin 1832, Bd. I, S. 67. 100) Savigny , Memoires sur les animaux sans vertebres, Paris 1861. Mem. I und IL Dass Savigny's Ansichten richtig sind, ergiebt sich bei den verschie- densten Insekten aus der Art ihrer Entwicklung, indem Mandibulae, Maxillae und Labium (welch Letzteres ein zweites Maxillenpaar repräsentirt und auch oft so genannt wird,) sich gleichmässig bei allen Kerfen aus je einem und demselben der im Embryo angelegten Kopfanhänge- oder Kopfgliedmaassen- paare entwickeln, während das Labrum als unpaariger Anhang der Spitze des 6 — 72 — Die untere Hälfte aus 2 Unterkiefern, Maxillae, und der Unter- lippe, dem Labium. Während Oberlippe und Oberkiefer stets ungegliedert sind, setzen sich Unterkiefer und meistens auch Unterlippe aus mehreren Stücken zusammen. Bei den Unterkiefern heissen die Haupttheile in der Richtung von innen nach aussen: Basalstück oder Angel, cardo — Stiel oder Stamm, stipes — Kinnladenlappen, lobi, während der Grün dth eil des Labiums, welches die eigentliche Decke der Mundöffnung von unten bildet, als mentiim, — der innere Theil, welcher oft ganz gesondert hervor- steht, als Zunge, lingua oder ligula, bezeichnet wird. Die unteren Mundtheile haben ausserdem je zwei seitliche Anhänge, die Taster, palpi, welche, neuesten Forschungen zufolge, der Hauptsitz der Geschmacksorgane sind: die Palpi maxillares und labiales. Diese typischen Mundtheile finden wir in den folgenden, aus den gleichen K opfanhängen des Embryos entstandenen Partieen des Phylloxerinenschnabels wieder: Vorderkopfes entstellt. — Nur die Homopteren süllteu, iiacli Metschn iko w, eine Ausnahme machen, indem die im Emhryo richtig angelegten Kieferglied- maassen in der letzten Entwicklungsperiode desselben rückgehiklet und selbst ihre kleinen warzenförmigen Eudimente bei der Häutung des Embrj'o abge- worfen würden, während die Eüsselstilette von besonderen, zu gleicher Zeit entstehenden „retortenförmigen Organen" secernirt werden. (Metschnikow, Embryologische Studien an Insekten, Leipzig 1886, Seite 74.) W i 1 1 a c z i 1 hat nachgewiesen, dass auch sie nur anscheinend eine Ausnahme machen, indem die Anlagen dieser Gliedmaassenpaare zwar von der Oberfläche des Embryos verschwinden, „sich aber in den Körper einsenken, und so eben jene retortenförmigen Organe bilden." (Zur Anatomie der Aphiden, Seite 19.) Da ich auf die Embryologie in dieser Arbeit nicht weiter eingehen werde, möchte ich das wegen der Tasterfrage wichtige Factum besonders hervorheben, dass das Labium bei unseren Thieren, wie bei allen Insekten, stets aus der mehr oder minder vollständigen Verwachsung zweier getrennten embryonalen Kopfanhänge hervorgeht. — iö Die Oberlippe Das OLerk iefer- und Uli terkieferpaa r Die Unterlippe Taster in der Oberlippe der Plivlloxerinen. in den 4 stilettartigen Stecliborsten, welche wir bei oberflächlicher Betrach- tung für eine einzelne Borste hielten. Sie entstehen vollständig g e t r e n n t im Kopfe. in der stark entwickelten Scheide, in deren Rinne die obigen 4 Kieferborsten liegen. sind bis jetzt nicht mit Sicherheit an den entwickelten Thieren nachge- wiesen.i'^^) Bei der Beschreibung derselben fangen wir am l)esten mit dem prominentesten Theile, der Borstenscheide oder dem Labium an : Sie entspringt unter dem Clypeus, und setzt sich, wie bereits erwähnt, aus drei Gliedern zusammen, vou denen das Basalglied bei weitem das längste, das kegelförmige an der Spitze abgerundete Endglied das kleinste ist. Die Dicke nimmt erst kurz vor dem End- gliede und in dem letzteren selbst etwas ab. — Auf der oberen Seite der Scheide (das Thier auf dem Kücken liegend betrachtet) läuft eine, Anfangs mehr flache, dann ziemlich tiefe Kinne, in welcher die Stechborsten liegen. Diese Kinne ist im Grundgliede off"en, aber durch die fest anKegende Oberlippe gedeckt, im mittleren Theile wird sie durch die übergreifenden Seitenränder fest geschlossen, und klafft wieder etwas am äussersten Ende, — eine Struktur, welche den in ihr liegenden Saugborsten zu gleicher Zeit feste Führung und Beweglichkeit an beiden Enden bietet. In der zweiten Hälfte des Endgliedes hat sie beiderseits eine auffallende halbkugelige Erweiterung ifi) Die Alllage der Kiefertaster fanden Metschnikow und Wit- laczil im Embryo. Der Letztere beobachtete jedoch, dass sie später mit dem Clypeus verwachsen und verschmelzen. Anlagen von Lippentastern wurden nicht bemerkt, indem die sich zum Labium entwickehiden Kopfanhänge während der Embryonalzeit ver- wachsen, ohne Taster angelegt zu haben. 6* - 74 — und Yertiefimg, welche ich noch nirgends erwähnt gesehen habe, obwohl sie sich constant bei allen Phylloxerinen findet. Ueber den Zweck dieser Erweiterung bin ich mir noch nicht klar. Die Spitze der Scheide ist dicht mit Tastkegeln imd etwas Aveiter einwärts mit sechs kleinen Riechgruben besetzt. Sie ist oifen- l)ar das Haiipttastorgan des Tliieres, das nie einsticht, bevor es eine Zeit lang, bei in die Scheide zurückgezogenen Borsten, die zu be- saugende Stelle mit der Spitze des Labiums betastet hat. Ob die bei unseren Thieren fehlenden Labial-Taster in die Bildung dieses Theiles aufgegangen sind, oder dieses Glied des Labiums nur die Funktion der fehlenden Taster ausübt, ist schwer zu entscheiden. — Bei den Jugendformen ist die Scheide verhältnissmässig am längsten, sodass sie hier bei eingezogenem Abdomen oft die Länge des Körpers überragt, und einem Schwänzchen gleich, hinten hervorsieht. Sie scheint jedoch verhältnissmässig wenig zu wachsen, und tritt dess- halb später ziemlich zurück. In dem Labium liegen die vier Kieferborsten (Setae), ineistens als Stech- oder Saugborsten bezeichnet. Ihre Struktur, die bei der Feinheit und Undurchsichtigkeit des Objektes schwer zu er- kennen ist, wurde schon sehr verschieden gedeutet, da bei der ausser- ordentlichen Dünne und Spröde der höchstens durch Falzung zusammen- gehaltenen Theile die Stückchen beim Schneiden schwer in der ur- sprünglichen Lage zu halten sind. Am richtigsten scheint mir die Beschreibung Oeise 's ^'^-) zu sein, „nach welcher die Borsten sehr feine, langgestreckte Chitin-Stücke sind, welche durch übergreifende Längsrinnen und darin verlaufende entsprechend gestaltete Längs- leisten mit einander in Verbindung stehen, sodass ein Hingleiten an einander möglich und, bei übergreifenden Längsrinuen ein Abheben unmöglich wird." i'^^) Am stärksten sind die beiden unteren näher zusammenstehenden Stechborsten, die Maxillen, mit einander verfalzt, nicht, wie 102) Die Muiultlieile der Rliyiicliotcii, Bonn 1883, ]>. 2G. lOä) Dieses Hingleiten der verschiedenen Borsten aneinander scliloss schon Kaltenhach aus der von ihm heohachteten Verschiehiing kleiner, an diesen Borsten haftenden Stauhtheilchen. Monogr. d. Pflanzenhüise, Seite 199. WitlacziP*'^) meint, mit einander verklebt. Dieselben lassen sich desshalb auch selir sclnver trennen, sodass Kaltenbacli nnd in nenester Zeit Bück ton, welchen diese Trennung olVenl)ar niclit ge- lang, l)ehaupteton, unsere Tliiere hätten nur 3 Saugl)orsten. Hätten sie dieselben bis zn ihrer Anlage verfolgt, so würden sie die vier kegelförmigen Basaltheile gesehen liaben. Dass diese Saugborsten von den sogenannten ,retortcn förmigen ()rganen" abgesondert werden, wurde schon Seite 72 erwähnt. Wit- laczil führt darauf ihr Vermögen ,zu federn" zurück, und meint, dasselbe ermögliche eine grössere Verwundung des Pflanzengewebes, indem 2 von den Borsten bei ihrer Vorschiebuug immer mehr aus- einander treten. ^'^■') Dass ich dies letztere für unwahrscheinlich halte, habe ich schon Seite 33 bemerkt. Ich habe oft das Thier mit unverletzten Borsten aus dem Pflanzengewebe herausgezogen, ohne dass die Borsten im Geringsten auseinandergefahren sind. Meistens bleiben sie zu einem Faden vereinigt, und selbst, wenn sie abgerissen waren, federten sie nicht immer, sondern zeigten nur ungleiche Känder an den Bruchstellen. Ziemlich allgemein wird jetzt auch die Geis e' sehe Deutung angenommen, dass die ineinander verfalzten verschiedenen Längs- leisten der beiden Maxillen zwei über einander gelegene Bohre bilden, durch deren oberes die Nahrungsflüssigkeit eingesaugt, während durch das untere das Sekret der Speicheldrüsen ausgeführt wird. Ob die letztere Absonderung der aufzusaugenden Nahrung beigemischt wird, um dieselbe verdaulicher zu machen, oder ob sie eine irritirende Eigenschaft hat und das Zuströmen der Säfte zu der angestocheneu Stelle verstärken soll, dürfte noch zu ermitteln sein. Warum ich nicht glaube, dass sie Gallenbildungen veranlasst, ist schon in dem diese Auswüchse behandelnden Kapitel erläutert. Wie das Saugen stattfindet, ist eine andere oft discutirte Frage. Mark^"^) glaubt, dass dabei ein vollständiger Pumpapparat an der 10*) Zur Anatomie der Aphiden, Seite 20. — Wären diese Borsten wirk- lich verklebt, so könnte das soeben erwülmte Hingleiten derselben an- einander gar nicht statttinden. 105) Z. Anat. der Aphiden Seite 25. 106) Beitr. z. Anatomie und Histologie der Pflanzenläuse, insbesondere der Cuccinen, Bonn 187G, S. 18. — 76 — Schliiiulrillnnng wirke. Auch G eise scheint diese Ansicht zu theilen. W itlacziP"') stellte die Existenz einer Pumpe in Abrede, und be- hauptet, dass das Saugen durch einfache Ausdehnung und Zusammen- ziehung des zu diesem Zwecke reichlich mit Muskeln versehenen Schlundes geschehe. In neuerer Zeit schliesst er sich der wohl richtigen vermittelnden Ansicht Wedde's^°^) an, dass Pumpe mit Kolben w^ohl vorlianden sei, al»er nur als Spritze zur Nachaussen- beförderung des Speichels fnngire und ihrer Lage nach fungiren könne. Die Saugborsten sind bei den Phylloxeriuen länger als bei den Aphidineu. Die grössteu findet man bei den üngeflügelten der Chermes-Arten, von denen die an der Rinde saugenden Strobi-Formen oft Borsten haben, die (5 bis 8 Mal so lang als das ganze Thier sind. Sie können von den Chermes allmählig eingezogen und als, meistens 8 förmige, oft aber auch vielfach gewundene Schlingen in einem besonderen Sacke im Körper untergebracht werden. Dieser elastische blind endende Stechborstensack, welcher durch eine Aus- stülpung der Hypodermis an der Basis des Labium's entsteht, ist zuerst von Du j ardin ^'^^) an den verwandten Coccinen nachgewiesen worden. Den Aphidinen scheint er zu fehlen. WitlacziP^") schreibt, dass die Stechborsten „ihre Länge offenbar nur mit dem Länger- werden der Scheide zum Zwecke leichteren Saugens erhalten." Dass dies unrichtig ist, beweist am besten das oben citirte Beispiel des Gh. strobi, bei dem die Borsten jedenfalls 10 bis 15 Mal länger als die Scheide sind. Die Beine der Phylloxeriuen zeigen w^enig Verschiedenheit von denen der Aphi- dinen, sind aber im Allgemeinen gedrungener und kürzer. Bei vielen der ung-eflügelten Eilegerinen treten sie sehr zurück gegen den an- 107) Z. Anat. clev Apliiden Seite 21. i08j Beiträge zur Kemitniss des Rhynchotenrüssels. Trusclicrs Archiv f. Naturgeschichte, 1885, Jahrg. 51, I. Band, Seite 113. 109) Memoire sur Ics Dorthesia et sur les Coccus en general, Paris 1852. Comptes rend. de l'Aead. des sc, Tome 34, p. 510. "Oj Z. Anat. der Aphiden Seite 25. — 77 — geschwollenen Körper, und sind von oben niclit zu sehen; sie ver- kümmern jedoch nie ganz, wie hiev und da besclirieben wurde. Die zweigescldeclitige Generation zeichnet sich durch besonders dicke, runde Glieder aus. Wir finden auch hier die gewöhnlielien 5 Hauptabschnitte des Insektenbeiues, Coxa, Trochanter, Femur, Tibia und Tarsus, die, mit Ausnahme des Trochanter, durch Gelenke miteinander verbunden sind. Die Coxa oder Hüfte ist nicht erst in einer vertieften Hüft- pfanne eingelenkt, sondern direkt mit dem Thorax durch eine nach- giebige Haut verbunden. — Der Schenkelring oder Trochanter verwächst bei den meisten Arten mit dem Schenkel, dem Femur, ist aber auch dann noch nachweisbar. Der Schenkel selbst ist der stärkste Abschnitt auch des Phylloxerinenbeines, gewöhnlich gleich lang mit dem etwas dünnen Schienbein, der Tibia, das ihn nur bei den Geflügelteu etwas an Länge übertrifft. Diese Tibia trägt gewöhnlich die meisten Haare, auch manchmal noch einen kleinen spornähnlichen Fortsatz an dem freien Ende. — Der Fuss oder Tarsus ist anscheinend stets eingliedrig. Er bekömmt aber in Wirklichkeit nach der zweiten Häutung an dem die Tibia berührenden Ende ein unscheinbares zweites Glied; zeigt also auch darin den Uebergang von den Coccinen zu den Aphidinen. Stets hat der Tarsus 2 hornige Krallen und mehrere Haare. Unter den letzteren finden sich bei der Gattung Phylloxera in allen Stadien zwei lange, geknöpfte Haare, die mit ihren Knöpfchen die Unterlage berühren; in der Gattung Chermes kommen diese geknöpften Haare nur den ungehäuteten Jugendformen zu. Die unteren Enden aller Beiuabschnitte erhalten einige Tage nach der Häutung eine verdickte Haut, und werden dadurch dunkler. Der Tarsus ist gewöhnlich ganz dunkel und geringelt. Diese Ver- dunkelung des unteren Randes der verschiedenen Beinabschuitte kömmt bei fast allen Species vor, und kann desshalb nicht als Artcharakter benutzt werden, wie das wiederholt, selbst von Kalten- bach (jeschehen ist. 78 Die Flügel. Alle Insektenflüg-el sind Ausstülpungen der Leibesliölile, in welche sich auch der Inhalt der letzteren mehr oder weniger fortsetzt. Die Aussenwände der Flügel sind demnach Fortsetzungen der Epidermis des Brustkastens, und zwar sowohl von seiner Unter- wie Oberseite. Als Ausstülpungen bleiben sie, so gross sie auch werden mögen, stets an allen Seiten ausser der mit der Leibeshöhle kommuniciren- den geschlossen. Sie bilden also einen hohlen Sack, dessen Wände bei unseren Phylloxeriuen stets häutig bleiben, aber sehr dicht zu- sammenkommen, indem beim Trocknen derselben der Leibesinhalt sich bloss in einigen, desshalb auch dicker bleibenden, Stellen, den sogenannten Adern (venae) concentrirt. Li diesen Adern setzt sich die Verbindung der Flügel mit der Leibeshöhle fort; es treten durch sie sowohl Athmungs- wie Circulationsorgane, Nerven und Muskeln ^1^) in die Flügel ein, ja Leuckart hat sogar auch welche der die betreffenden Insekten heimsuchenden Eingeweidewürmer in den Flügeladern gefunden. Ihre Vertheilung im Flügel bleibt bei den verschiedenen Species eine ziemlich constante, sodass H a r t i g , K a 1 1 e n b a c h und Koch ihre Eintheilung der Aphidinen zum grossen Theil auf dieses Merk- mal basiren konnten. Gelegentlich der Beschreibung des Thorax wurde schon der Be- festigung der Flügel und der Art ihrer allmähligen Ausbildung bei der Nymphe gedacht. Der Mesothorax trägt, durch den bereits mehrfach erwähnten Brustharnisch der Geflügelten verstärkt, die bei unseren Thieren ziemlich grossen breiten, an der Basis keilförmig verengten Vorder- flügel. Dieselben sind stets länger als das Thier (im Durchschnitt IV4 der Länge von Stirne bis Leibesende). Sie überragen in der Ruhe den Körper nochmals um die ganze Länge des Abdomens. Bei der Gattung Phylloxera sind sie in der zweiten Hälfte breiter als bei Chermes, und haben dadurch ein plumperes Aussehen. Auch 111) Bei den Pliylloxerincii, welche die Flügel nur sehr wenig und schwach gehrauchen, sind die hei manchen anderen Insekten gefundenen Muskeln in den Flügeladern his jetzt noch nicht nachgewiesen worden. — 79 — tragen die beiden Gattungen sie verschieden während der Ruhe: die PliyUoxeren ganz glatt über einander gescboben, horizontal — die Chermes- Arten dachförmig geneigt (alae deflexae). Ausser der K an da der (costa marginalis), welche den Vordcr- rand des ausgespannten Flügels bildet, läuft, in kleiner Entfernung von und ziemlich parallel mit ihr, die stärkste der in den Flügel eintretenden Adern, die Post-Costa oder Hinterader. Diese Post- Costa bleibt nie ungegabelt. Bei den Apliidinen hat sie ent- weder 4 Schrägadern, oder, wo sie nur 3 Schrägadern hat, ist die letzte derselben (Kaltenbach'sCubitus) wiederum gegabelt. Bei den Phylloxerinen hat die Post-Costa nie mehr als 3 Schrägadern, von denen keine gegabelt ist.i^^^ Wo Kandader und Hiuterader sich der Flügelspitze nähern, fliessen beide zu einem mehr oder weniger dreieckigen Randmal (Stigma) zusammen, das gewöhnlich, seiner grösseren Fläche halber, die Farbe der Adern am schönsten zeigt. Die am Methathorax entspringenden Hiuterflügel sind viel kleiner und schmäler als die Vorderflügel. In sie verläuft nur eine unbedeutende Längsader, welche bei den meisten Chermes- Arten i^^) sich einmal gabelt, bei der Gattung Phylloxera nie. Der Vorder- rand des Hinterflügels ist verdickt, und trägt an dem etwas hervor- stehenden Hauptpunkte dieser Verdickung hart nebeneinander 2 kleine Chitinhäkcheu. Diese Häkchen packen beim Fliegen den wulstig verdickten inneren Rand des Vorderflügels, sodass dann beide Flügel, ähnlich wie bei den Hymenopteren, so ziemlich eine fort- laufend vereinigte Widerstandsfläche darbieten, ii-") 112) Das Flügelgeäder der Phylloxerinen ist nicht immer vollständig normal ; manchmal zeigen sogar die beiden Vorderflügel desselben Thi er es Ver- schiedenheiten. In einem verdächtigen Falle kann man aber stets durch Prüfung weiterer Exemplare finden, welches das normale Flügelgeäder ist. Schon K alten h ach machte hierauf aufmerksam. 113) Nur Ch. strobi und Ch. pini, welche sich als derselben Species ange- hörig erweisen dürften, machen hier eine Ausnahme und haben ungegabelte Längsadern in den Hinterflügeln. 114) Ratzeburg drückt in seinen „Forstinsekten" (Bd. III, p. 190) seine Verwunderung aus, dass diese Häkchen vor ihm noch Niemand bemerkt habe. Ich fand aber beim Durchgehen der Litteratur, dass sie vor ihm bereits von Hey den beschrieben hatte (Mus. Scnckenb. II, 1837, p. '28'J). — 80 — Die Häute der Flügel sind bei den Phylloxerinen in der Regel äusserst dünn, und schillern desshalb in den verschiedensten Farben. Wo das letztere nicht der Fall ist, und damit die Häute etwas dicker, sollte es in der Beschreibung erwähnt werden, da es dann ein weiteres Nebenmerkmal für die Art abgiel)t. Wie auf manchen anderen Körperstellen, zeigt die Haut der Phylloxerinen auch auf den Flügeln kleine schüppchenartige Er- höhungen. Dieselben entsprechen ohne Zweifel den Härchen, Schuppen und ähnlichen Oberhautsebilden bei anderen Insekten. Sclihissbetrachtuiiffen. Zum Schlüsse dieses Theiles möchte ich die auf Seite 10 er- wähnte Skizze des p]ntwicklungskreises einer Chermes-Art, soweit dieser Kreis nach meinen neuesten Befunden als erkannt gelten kann, mittheilen. Wenn ich daran weitere Schlüsse über den uns noch unbe- kannten Theil und Zusammenhang dieses Cyklus knüpfe, so hoife ich, dass mir dies niclit verübelt werden wird, besonders da diese Schlüsse strenge von dem Erwiesenen oresondert werden. S/ci.z.zc drs Eiif7C'ir/c/jii/o-s/crciscs von Chcrnics abictis, K/fh. I. Parallelreihe. /. Generation. Ein flügelloses schwärzliches Thier mit vierporigen, platten Flaumdrüsen sitzt im Januar (schon seit September) festgesaugt an dem Halse der neugebildeteu Knospe der Fichte. — 81 — Diircli sein Saugen giht es den Anstoss zum Auswaclisen der Knospe in eine ananasiUmliehe Galle. Es häntet sidi Ende März zum ersten Male, wobei es schön grün wird und ein vollständig ver schieden es Aussehen bekömmt, dann noch zwei weitere Male im April. Xach der dritten Häutung, ])ei der das Thier wenig- stens dreimal so gross als während des Winters, immer aber unge- tliigelt ist, legt es ohne vorangegangene Begattung 100 bis 150 Eier neben sich an den Knospenhals, und stirbt dann sehr langsam und allmählig ab. Aus diesen Eiern schlüpft P^nde Mai Die II. Ge)uratio>i. Sie besteht aus schwefelgelben, von der plumpen Mutter voll- ständig verschiedenen schlanken Thierchen. Diese wandern in die von der Mutter verursachte, aber noch nicht hohle Galle ein, saugen allmählig die innere Basis der die Galle bildenden Nadeln hohl und sich an den Innenwänden derselben fest, und werden nach dritter Häutung im Juli zu Nymphen mit dunkelgrünen Flügeltaschen an den Seiten. In den ersten Tagen des August springen die Gallen auf und entlassen diese Nymphen, welche, die nächst gelegenen Nadeln besteigend, sich nochmals häuten und dabei in schöne, gelb- braune Insekten mit grossen durchsichtigen Flügeln verwandeln. Einen Theil dieser gelbbraunen Fliegen — ich möchte das Wort „Theil" betonen — finden wir wieder auf den Nadeln einer benachbarten Lärch e , auf denen sie sich festsaugen. Sie legen da, ebenfalls partheuogenetisch, ohngefähr 40 Eier und, bedecken die- selben sterbend mit ihren Flügeln. Dieser Theil der II. Gene- ration ist somit von der Fichte zur Lärche ausgewandert. Auf dieser Lärche lebt denn auch die aus den Eiern dieses Theiles ent- stehende III. Generation. Im Gegensatze zu diesen Auswanderern auf die Lärche ist ein zweiter Theil der gelbbraunen geflügelten Thiere nicht so aus- wanderungslustig gewesen. Diese haben sich gleich au den Nadeln der benachbarten Fichten-Bäume oder Zweige festgesetzt, und da ebenfalls Eier gelegt. Die II. Generation hat sich also in zwei verschiedene E n tw ickl u ngs r ei henget heilt, von denen eine auf die Lärche — 82 — eraigrirt ist, während die andere auf der Fichte blieb. Und, wie sie sich verschiedene Nährpflanzen gewählt haben, so machen diese beiden lieihen auch in der Folge einen ganz verschiedenen E n t w i c k 1 u n g s g a n g d u r c h. Wir müssen desshalb die g e t h e i 1 - ten Eeihen jetzt getrennt behandeln. Die auf die Lärche ausge- wanderten nennen wir die I. Parallelreihe, die auf der Fichte bleibenden die II. Parallelreihe. Aus den Eiern der ersten Parallelreihe, den auf der Lärche sitzenden Individuen, ist noch im September Die III. Generation liervorgegangen. Es sind gelbliche und grünliche Insekten mit vier- porigen Flaumdrüsen, welche Aehulichkeit mit denen der I. Genera- ration luiben. Sie saugen sich auf den Lärchennadeln fest, verlassen diese aber bald wieder, und kriechen unter die Kinde, in Kisse und sonstige Verstecke an der Lärche, ändern da etwas die Farbe — es gibt dann bräunliche und grüne — und saugen sich fest für den Winter. Ende März und im April des folgenden Jahres häuten sie sich 3 Mal zu plumpen ungetiügelten Formen, die von dem Jiigendstadium ganz verschieden sind und nach der letzten Häutung ohne Begattung etwa 15 Eier legen. Aus diesen kommt noch im April (also jetzt des zweiten Jahres) Die IV. Generation, schöne schwefelgelbe Thierchen, welche in Farbe der II. Generation gleichen, aber schlanker sind und ganz oline Flaumdrüsen, unter ihnen einige sonst ganz ähnliche schöne hellgrüne. Sie kommen unter der Kinde hervor, gehen an die sich gerade öffnenden Lärchen- knospen, saugen sich in der Mitte der jungen Lärchennadeln fest, knicken diese dadui-ch, häuten sich auf denselben dreimal und werden zur schwefelgelben oder hellgrünen Nymphe. Die vierte Häutung verwandelt diese im Mai in ein schönes schwefelgelbes oder grünliches geflügeltes Thier, das meistens bald wegfliegt. — 83 — Auf den 1 c t z t j ii li r i g e n Nadeln einer F i c h t e findet sich diese Forin wieder. Sie luit sich da testgesaugt und olmgefähr 10 schwefel- gelbe Eier gelegt. (Hier hat also eine Kück Wanderung zur Fichte stattgefunden). Aus obigen 10 Eiern entwickelt sich Anfangs Juni die V. Gcticratioii, el)enfalls gelbe Thierchen, welche den Jugendformen der IV. Gene- ration einigermaassen ähnlich sehen, aber andere Fühler haben, sich noch unter den Flügeln der Mutter dreimal häuten, und dann auf den Zweigen umherlaufen, um sich da zu begatten. Es sind diesmal nämlich M ä n n c h e n und b e f r u c h t b a r e W e i b c h e n , während die 4 vor- hergehenden Generationen ausschliesslich aus par- thenogenesirenden Weibchen bestanden. Nach der Be- gattung verkriechen sich die Weibchen unter die Rinde und in andere Schlupfwinkel der Fichte, und legen da ein Ei, vielleicht auch 2-3 Eier.^is) Diese Eier entwickeln sich sehr langsam; denn erst Ende Sep- tember sah ich aus ihnen die VL Generation ausschlüpfen, welche man wieder als I. Generation bezeichnen möchte. Es scheinen wenigstens dieselben Thiere zu sein, welche oben als 1. Generation beschrieben wurden, die sich noch im September an dem Knospenhals der Fichte festsaugen, da über- wintern, und als Stamm-Mutter den Cyklus von Neuem beginnen werden. Wir hätten damit anscheinend den Entwicklungskreis unseres Ch. abietis vom Anfang bis Ende verfolgt, und dieselbe Form am Ende des zweiten Jahres da überwinternd gelassen, wo wir sie im Anfange des ersten Jahres überwinternd getroffen haben. Aber man darf nicht vergessen, dass sich in der IL Generation die lieihen getheilt haben, und dass eine grosse Anzahl der geflügelten Thiere dieser Generation gar nicht auf die Lärche auswanderte, sondern sich auf den Fichtennadeln festsaugte und 115) Es ist mir bis jetzt noch nicht gelungen, mit Sicherheit festzustellen, ob mehr als ein befruchtetes Ei von einem 9 gelegt wird. - 84 — da Eier legte. Aus diesen Eiern entschlüpften Tliiere, welche ich nicht von den Eingangs beschriebenen T h i e r e n der 1. Generation unterscheiden konnte. Wie diese, saugten sie sich am Knospeuhals der Fichte fest, um daselbst zu überwintern. Diese II. Parallelreihe würde also einen von der ersten Ileihe ganz verschiedenen, weit ein- facheren Entwicklungsgang durchmachen. Derselbe würde sich in einem Jahre schliessen und nur aus 2 Generationen zusammen- setzen: einer überwinternden ungeflügelteu I. Generation und einer aus den Eiern derselben entstehenden geflügelten II. Gene- ration, deren Eier wieder eine überwinternde I. Gen. bringen würden. Beide beständen ausschliesslich a u s J u n g f e r n m ü 1 1 e r n , so- dass Begattung in dieser Reihe ganz ausfallen würde. Kurz, diese IL Parallelreihe hätte damit genau den Entwickelungs- kreis, den schon Degeer für den Chermes der Fichte überhaupt beschrieben, und welcher der einzige war, den wir bis vor 2 Jahren kannten. Möglicherweise könnte aber die II. geflügelte Generation auch dieser II. Parallelreihe sich wiederum th eilen, und die Hälfte den Entwicklungsgang der I. Parallolreihe durchnrachen, während die zweite Hälfte den der IL Parallelreihe beibehielte. A1)er auch wenn diese üntertheilung wieder und bis in's Unend- liche fortgesetzt würde, blieben immer noch Thiere, in deren ganzer Entwicklungsreihe nie eine Begattung vorgekommen wäre. Damit wären wir nun wieder bei der Hauptfrage: Gibt es so hoch 0 r g a n i s i r t e Thiere, welche sich 1) i s in's Un- endliche ohne Begattung fortpflanzen können? Ich muss bekennen, dass ich das nicht glaube. Als wahrscheinlich, vorläufig aber als noch nicht vollständig e r wiese n,ii'^) möchte ich daher eine andere Erklärung wagen, 116) Die Eichtigkeit der Amialiiiie wäre dadiircli auf die Probe zu stellen, dass man die aus den befruchteten Eiern entschlüpfenden Thiere auf jungen Fichten, die nicht inficirt sind, weiter züchtet, und beobachtet, ob sie den einfachen, streng parthenogenetischen Entwicklungsgang der IL Parallel- — 85 — welche mit den beobachteten Thatsachen zu vereinen wäre, und zu gieichei- Zeit in jedem Entwicklungskreis unserer Thiere eine zwei- geschlechtige Generation erheischte : „ D a s s es bei den P li y 1 1 o x e r i n e n g e t li e i 1 1 e oder Parallelreihen giebt, die zu einer und derselben Zeit ganz verschiedene Entwicklungsstadien durchmachen, (lass aber alle Entwicliliiiigsstadieii der beiden Reihen in einen und denselben Entwieklnng'skreis gehören, nnd dass daher schliesslich immer wieder die Nachkommen der einen Parallelreihe auch den Entwicklnngsgang- der anderen Paral- lelreihe durchmachen. Es würden somit, nachdem die sicher weit häufigere ^^') streng parthenogenetische Entwicklung der IL Parallelreihe sich einige Jahre wiederholt hat, die Nackkommen dieser Keihe früher oder später den Entwicklungsgang der I. Parallelreihe durchmachen müssen. Ob aber der Turnus ein regelmässiger ist, der sieli zu allen Zeiten und au allen Orten pünktlich nach einer be- stimmten Anzahl von Generationen wiederholt, oder ob er, was ich für wahrscheinlicli halte, durch äussere Beding u n gen b e - e i n f 1 u s s t werden kann, das ist eine Frage, die für die ganze Lehre von der Fortpflanzung wichtig ist, die wohl aber nur auf dem Wege des Experiments beantwortet werden kann. Wenn übrigens auch nur mit irgend welcher Modification bestätigt, hätte diese Erklärung doch den Beweis geliefert, dass auch unsere Phylloxerinen, für die so lange eine zweigeschlechtige Generation überhaupt nicht gefunden werden konnte, keine Ausnahme von der Kegel machen, nach welcher reihe durchmachen, ob dies von allen geschieht, und dann wieviele Jalire li inte rein an der, bevor sich die Eeihen wieder theilen? Leider wird mir selbst in den nächsten Jahren die nöthige Muse fehlen, diese h-kdist interessanten, aber zeitraubenden Untersuchungen zu unternehmen. 1") Meine langjährigen, im verflossenen Jahre ohne rnterbrechung l'ort- gesetzten Beobachtungen dieser Chermes-Art lassen mir keinen Zweifel, dass die streng parthenogenetische Fortpflanzungsweise der II. Parallelreihe bedeutend überwiegen muss. - 86 — „früher oder später bei allen Thiereii eine Regeneration (lurcli gesclileclitliclie A'ermiscliung- stattfinden nniss, wenn die Art nicht aussterben soll." ^^^) 118) Mit grosser Befriedigung kann ich niiltlieilen. dass, soweit sie die Wande- rung des Chermes abietis im August von der Fichte zur Lärche betreffen, meine Befunde vollständig bestätigt Averd<;n durch, unabhängig von mir und auf experimentellem Wege gemachte, Beobachtungen des Herrn Professor Bloch- m a n n in Heidelberg. Ich habe keinen Zweifel, dass er, gleich mir, auch das erste Glied dieser Kette, bei näherer Prüfung im Frülijalir, in den von ihm in 18S7 entdeckten gelben Geschlechtsthieren finden wird, die er iiocli immer für Ch. strobilobius in Anspruch nimmt. (Verh. d. Naturh. Med. Vereins zu Heidelberg. N. F. IV. Bd., 2. Heft.) Zusätze bei Lesung der Correctur. I. In derselben Nummer des Zool. Anzeigers (No. 21)1)), in welcher ich einige der Eesultate meiner Untersuchungen über Chermes mittheilte, erschien auch ein interessanter Artikel von Prof. Cholodko vsky , der mir eben- falls die Wanderungen der Ch ermes- Ar ten der Fichte zu be- stätigen scheint. Cholodko vsky fand nämlich im August auf der Zirbelkiefer (Pinus cembra), in Russland „sibirische Ceder" genannt, einige Exemplare von Ch. abietis, Kltb., uiul Cli. strobilobius, Kltb.. welche ihre Eier auf die Nadeln gelegt hatten. Aus diesen Eiern schlüpften Junge, welche fleissig an den Kiefer- nadeln saugten, so dass Chol, es nur entweder als ein Beispiel von Jnstinkts- beirrung" oder als eine „Migration" ansehen konnte. Hier hätten wir also auch eine Wanderung der Chermes-Arteu der Fichte auf die Zirbelkiefer. Erweist sich diese Wanderung nicht als „Ausnahme," so wäre sie ein neuer Beweis für den Wandertrieb, aber auch für die Fähigkeit unserer Thiere, sich auf neue Nährpflanzen einzuleben. Ist diese Fähig- keit vorhanden, so möchte auch das Entfernen von Lärchenbäuraen keine Radicalkur gegen Ch. abietis sein, selbst wenn es sich zeigte, dass diese Wan- derungen ein notlnv endig es Glied in dessen Entwicklungskreis ausmachten. Wir dürften uns aber dann noch auf weitere Ueberraschungen in der Ent- wicklungsgeschichte unserer Thiere gefasst machen, uiul wohl auch auf weitere Zusammengehörigkeit jetzt noch getrennter Arten. Was mir ausserdem in dem Ch dl o dko vsky'schen Aufsatze am meisten auffällt, ist: 1) die kurze Zeit, welclie das befruchtete Ei zu seiner Entwicklung 'ZU brauchen scheint (13 Tage), "2) das Ueberwintcrn der ausgewachsenen, mehrfach gehäuteten Thiere an der Knospe. Beide Punkte sind wichtig und verdienen weitere Untersuchung. Mög- lich ist es ja, dass Chol, hier nur „Ausnahmen" beobachtet hat — bei uns wenigstens überwintern so exponirt nur die dickhäutigen, widerstandsfähigeren Jugendformen — möglich aber auch, dass die auf Seite 21 erwähnten neben einander lebenden Parallelreihen die Erklärung geben. Vergleiche darüber auch meine Mittheilung im Zool. Anzeiger No. 299 und No. 300, speciell § 31 der letzteren. IL Zu Note 21. Seite 12. Um auch andere Forscher in den Stand zu setzen, noch im Laufe des kommenden Frühjahres meine Beobachtungen über den Zusammenhang zwischen Ch. strobilobius, Kltb., und Ch. hamadrj-as, Koch, nachzuprüfen, theile ich hier kurz mit, was mir dafür zu sprechen scheint: 1) Mitte Mai letzten Jahres, nachdem die Nymphen des Hamadryas sich zu Fliegen gehäutet hatten, fiel es mir auf, dass die Zahl der auf der Lärche sitzenden geflügelten Hamadryas im Vergleiche mit der Menge vorher beobach- teter Nymphen eine äusserst geringe war. 2) Am I.Juni, bevor ich eine einzige Strobilobius- Galle ge- öffnet finden konnte, sah ich Strobilobius -ähnliche Fliegen auf Picea Orientalis und einigen dabei stehenden Fichten, aus deren Eiern krapprothe Männchen und Weibchen entstanden. Es können dies die auf der Lärche ver- missten geflügelten Hamadryas gewesen sein. Ebenso dürfen aber auch die von Cholodkovsky am 2.5. Juni auf der Fichte getroftenen rothbraunen Thiere als die auf die Fichte ausgewanderten Hamadryas-Fliegen angesehen werden, üie spätere Erscheinungszeit dieser Fliegen würde sich durch das rauhere Klima St. Petersburgs erklären, da Chol, ausdrücklich constatirt, dass er erst 3 Wochen später die ersten geöffneten Strobilobius-Gallen gefunden habe. 3) Nachdem auf den hiesigen Lärchen von Mitte Mai bis Mitte Juni keine Hamadryas-Nymphen und nur wenige geflügelte Hamadryas zu finden waren, vermehrte sich plötzlich wieder die Zahl der letzteren, sodass Ende Juni auf mancher Lärchennadel 2 und selbst 3 eierlegende Fliegen sassen. Da ich keine zu ihnen führeude Nymphen mehr sehen konnte, und zu derselben Zeit die Hauptflugzeit des ihnen ähnelnden nur grösseren und rötheren Ch. strobi- lobius auf der Fichte war, lässt sich vermuthen, dass diese zweite Serie brauner Fliegen auf der Lärche aus auf dieselbe eingewanderten Ch. strobilobius bestand. Es hat dies um so mehr Wahrscheinlichkeit für sich, als diese zweite Serie von Fliegen auf der Lärche auch wirklich grösser und röther als die erste war. Soweit meine Beobachtungen. Hätte ich nicht schon Anfangs Juni auf der Fichte die zweiten weisslichen Gallen ohne Schopf gesehen, welche zwar 7 mehr himbeerföniiig sind, aber sonst den ersten Gallen von Strobilobius ähneln, wie auch die sie verlassenden Thiere Aehnlichkeit mit Strobilobius haben, nur dunkler und flaumiger sind, so würde ich vermuthet haben, dass die aus den befruchteten Eiern der krapprotlien Q entstehenden Thiere die zweiten Gallen verursachen. Eine so schnelle Entwicklung des befruchteten Eies scheint mir aber nicht gut möglich. Ich kann mir desshalb die Sache nicht anders zusammensetzen, als dass eine Parallelgeneration, welche in der gleichen Zeit einen ganz anderen Ent- wicklungsgang als die oben beschriebenen hatte, diese zweiten Gallen verursacht. Der Entwicklungskreis Hamadryas-Strobilobius muss überhaupt ein noch complicirterer sein, als der im Schlusskapitel beschriebene von Abietis. Darauf deutet schon der grössere Polymorphismus. Die breiten glatten Haraadryas- Formen, welche mit den langen, warzigen Thieren aus den Eiern derselben Mutter horvorgehen und an denen ich 6 Monate lang durchaus keine Häutung- oder sonstige weitere Entwicklung wahrnehmen konnte, verwandeln sich wohl, soweit sie an den Knospen und Zweigen überwintern, im nächsten Frühjahre in die den Cyklus beginnenden warzigen Thiere, aber was wird aus den übrigen? Waren sie nur zum Absterben daV Das sind Fragen, deren Beantwortung ich gerne noch in dem zweiten Theile dieser Arbeit bringen würde , wenn ihre Lösung meinen Collegen oder mir selbst im Laufe des kommenden Sommers gelingen sollte. IIL Zu Note 7.5a Seite 48. Beim Schreiben dieser Abhandlung war mir leider eine schon 1865 er- schienene schöne Arbeit von Pfarrer Kaiser unbekannt, aus der ich zu dem Kapitel der „Feinde" der Phylloxerinen Folgendes nachtragen möchte : Pfarrer Kaiser sag-t darin, dass „die Meisen-Arten, sowie die Ameisen viele Tausende von Chermes vertilgen, ebenso, dass die Larven des Fichten- blattwicklers, Tortrix hercyniana '?, den Eiern gierig nachstellen." Die Haupt- verminderung schreibt er, und wohl mit Pi-echt, dem P»,eif im Frühlinge zu. (Vergl. hierzu Schluss des Kapitels „Biologie" Seite 46.) Da hier von einem offenbar sorgfältigen Beobachter ein günstigeres ürtheil über die Meisen vorliegt, "lialte ich es für angezeigt, dasselbe zugleich mit dem betr. § mitzutheilen. — Die Thätigkeit der Ameisen ist mir noch nicht klar. Ihre häufige Gegenwart und Beschäftigung mit todten Phyl- loxerinen macht sie verdächtig; doch gelang es mir bei all' meinen Beobachtungen nie, Ameisen eine der vollständig vertheidigungslosen Phylloxerinen angreifen oder selbst nur ihre Eier wegschlcifen zu sehen. (Kaiser, Beobachtungen über Chermes abietis, L., in Jahrb. d. naturh. Landesmuseums von Kärnten, Klagenfurt 1865. der ganzen Folge VII. Heft, S. 201.) Druck vou Carl Ritter in Wiesbaden. SMITHSONIAN INSTITUTION LIBRARIES 3 IGflfl 00227115 3 nhent QL523.A6D5X Ueber Phylloxerinen