Smithsonian Institution . Ä Libraries 1 Purchased from the | 1 | CULLMAN ENDOWMENT 93 — Unfrrhal fingen g 0 mes Der 1 Nafiigrſchichtr. | we; f 1 I \ I | I | N "| . 0 — 0 95 Node \ | | | - en y Die Amphibien. ibn, II: Engelbrrehliſehrn Kumſthundlung .4179#. 3 * N 5 15 Unterhaltungen aus der Naturge⸗ ſchichte der Saͤugethiere eilen allmaͤhlig ihrer Vollendung entgegen. Mir find ſchuldig, unſern | verehrteſten Leſern, ſowohl uͤber das, was ſie noch zu erwarten haben, als auch uͤber einige andre Din⸗ ge Rechenſchaft zu geben. Schon bey einer andern Gelegenheit ſprachen wir von der Unmöglichkeit, uns puͤnktlich auf ein Jahr einzuſchraͤnken. Haͤtte dieß durchaus geſchehen muͤſſen, ſo wuͤrden die intereſſan⸗ teſten Thiere weggeblieben und der Text in ein duͤrres Gerippe verwandelt worden ſeyn. Dann haͤtte man ſich in der Geſchichte des Pferdes, des Hundes, des Affen ꝛc mit Einer Abbildung und einer kurzen und trocknen Beſchreibung begnuͤgen muͤſſen, wodurch denn nothwendig unſre Unterhaltungen fehr unun⸗ terhaltend geworden waͤren. Ohnehin fehlte es nicht an muͤndlichen und ſchriftlichen Aufforderungen, noch mehr Abbildungen und Text zu liefern. Allein, wir konnten nicht willfahren, ohne die zu mißbrauchen, die ſich nur auf ein Jahr und etwa einige Wochen anheiſchig gemacht hatten. Denn ‚ fo ermunternd für uns manche ſehr gütige Urtheile waren, und fo | angenehm es uns iſt, daß noch it immer einige eintree 4 A 1 ? A - “ 3 a a se . “ N 1 e — ; 5 1 1 19 „ r ten, die jetzt doch wohl genau wiſſen, was wir zu leiſten im Stande ſind; fo liegt doch eine großere Weitlaͤuftigkeit außer unſerm Plane. Von dieſer Anzeige an folgen nun noch ſehr merkwuͤrdige Saͤu⸗ gethiere: mehrere Affen, der Dachs, die Sifchz otter, der Biber, das Faulthier, der Ameiſen⸗ freſſer, der Vielfraß, der Ichnevmon, der Ele⸗ phant, das Meerkalb, der Seehund, die See⸗ kuh, das Wallroß, das Seeeinhorn, der Pott⸗ fiſch und der Wallſiſch. Unſre Leſer mögen ſelbſt entſcheiden, ob von dieſen Thieren, ohne eine weſent⸗ liche Luͤcke in unſerm Werkchen zu laſſen, etwas weg⸗ bleiben konnte. Mit dem Elephanten und dem Wall⸗ fiſche geben wir einen ganzen Bogen Text aus. Ihre Geſchichte iſt zu intereſſant, als daß wir uns auf den gewöhnlichen Raum hätten einſchraͤnken Tonnen, Doch fol auch da der Preis der gewöhnliche von Kreuzern bleiben. Wir konnen unſern Ab⸗ nehmern keinen größern Beweis geben, daß wir ihr Vergnuͤgen und ihren Nuten auch da zu befoͤrdern ſuchen, wo unſer Intereſſe ſich nicht ganz damit vereinigen läßt. Mit dem 4. April 1793 wird die letzte oder XXXIV. Lieferung und mit ihr das Re⸗ giſter ausgegeben. Sollte dieſes der letzte Bogen nicht ganz faſſen, fo wird die kleine Erhöhung des Preiſes ſo beſchaffen ſeyn, daß Niemand daruͤber eine gerechte Klage fuͤhren kann. 90 Wenn Wenn von unſern vielen auswaͤrtigen Freunden irgend Einer die Lieferungen nicht richtig erhalten hat; ſo darf Er es bloß ſeinem Kommiſſionaͤr zu⸗ ſchreiben. Wir erbiethen uns mit Vergnuͤgen, allen denen, die ſich Franko an uns wenden, ihre Exem⸗ plare zu ergaͤnzen. N Jetzt erſt Eonnen wir uns über fo manche An⸗ fragen wegen einer aͤhnlichen Bearbeitung anderer Gegenſtaͤnde des Naturreichs näher erklaren. Die Amphibien würden gerade fo ein Bändchen aus— machen, wie ein Bändchen der Saͤugethiere iſt. Da ſie ſeltner abgebildet und beſchrieben werden, ſo haben fie unlaͤugbar den Reiz der Neuheit noch ſtaͤr⸗ ker, als jene. Welch einen weiten Spielraum fand nicht in ihnen die Liebe zum Wunderbaren! Wer hat nicht ſchon oft von Krokodillen, die wie Menſchen winſeln, von fliegenden Drachen, von Salaman⸗ dern, die das Feuer ausloͤſchen, vom Chamaͤleon, das alle Farben annimmt, vom Baſilisken, der aus dem Ey eines Haushahnes kommen ſoll, von Klap⸗ perſchlangen, Rieſenſchlangen ꝛc fo manches ge⸗ hort? Wer wuͤnſcht nicht, uͤber den Grund oder Un⸗ grund ſolcher abenteuerlichen Dinge etwas mehr zu leſen, als die Ammen wiſſen, und getreuere Abbil⸗ dungen zu ſehen, als ſo manche Karrikatur darſtellt? Wir kuͤndigen demnach, ganz unter den bekann⸗ ten Bedingungen: Unter⸗ Unterhaltungen aus der Naturgeſchichte der Amphibien an. Wer von unſern verehrteſten Abnehmern fie mitzuhalten gedenkt, der beliebe es feinem Kommiſ⸗ ſionaͤre gefaͤlligſt zu melden. Von dieſen erwarten wir, laͤngſtens in drey Wochen, die Zahl ihrer Sub⸗ ſcribenten, um, wenn das Werkchen zu Stande kommt, mit dem 11. April 1793 die erſte Lieferung a uszugeben. * Fir die Geduld und hoͤchſtguͤtige Aufnahme, die wir bisher fanden, koͤnnen wir nicht thaͤtiger dan⸗ ken, als daß wir keine Muͤhe ſparen, die Erwartun⸗ gen, die ein billiger Richter haben kann, zu befriedi⸗ gen. Wir empfehlen uns dieſer Nachſicht und Guͤte, die fuͤr alle aͤhnliche Unternehmungen ſo viel Ermun⸗ terndes hat, auch fuͤr die Zukunft. Augsburg, 1793 den 3. Jaͤnner. Martin⸗Engelbrechtiſche Kunſthandlung. Vorerinnerun Min Nicht ohne Dank und Freude über die Nachſicht und Güte, womit Die verehrteſten Leſer dieſe Ver⸗ ſuche in naturhiſtoriſchen Wochenblaͤttern aufzuneh⸗ men fortfuhren, uͤbergibt der Verfaſſer nun auch die⸗ ſen dritten Band, der die Amphibien enthaͤlt, vollendet dem Publikum. Mochte auch er nur ſolche Richter finden, die, wie der Recenſent der Saͤuge⸗ thiere in der Jenaiſchen Allg. Lit. Zeit. mit natur⸗ hiſtoriſchen Einſichten die menſchenfreundliche Billig⸗ keit verbinden, die alles nach ſeinem Zwecke wuͤrdiget! b Daß der Verfaſſer hier mit größern Schwierige | keiten zu kaͤmpfen hatte, um uͤber eine ſeltner, und in einem unterhaltenden Vortrage gar nicht, bear⸗ beitete Thierklaſſe zu ſchreiben, ſieht jeder Kenner ohne Erinnerung ein. Aber eben dieß ſcheint ihm einige Anſpruͤche auf eine enen Da Jung zu geben. Wie viele Quellen er benuͤtzt habt, wie auch die neueſten und beſten nicht vernachlaͤßigt worden ſeyen, faͤllt von ſelbſt in die Augen. Sie ausfuͤhr⸗ lich zu nennen, waͤre unnüßer Aufwand von ſchein⸗ | barer Gelehrſamkeit geweſen; und die Gr ünde au⸗ 9 führe warum er bey Widerſpruͤchen dieſer folgte, N und und jene verließ, Hätte dieſen unterhaltungen ein polemiſches Anſehen gegeben, das wenigſtens — nie unterhalten kann. Ohnehin machte ihm der Kampf mit dem eingeſchraͤnkten Raume manche ſaure Stun⸗ de. Man vergeſſe nur nicht, daß ein Wochenblatt gewiſſen Geſetzen unterworfen iſt, die dem Verfaſſer oft die Haͤnde binden. - Daß er manchmal Dinge einfließen ließ, die nicht jedem Leſer ſogleich deutlich ſind, koͤnnte ihm vielleicht zur Laſt gelegt werden, beſonders, da vor⸗ zuͤglich die Jugend dieſe Unterhaltungen benuͤtzt. Allein er geſteht freymuͤthig, daß er ihr Veranlaſſung geben wollte, ihre Lehrer zu fragen; daß er den lal⸗ lenden Kinderton, bey Dingen, die ein anſtaͤndiger Vortrag, nicht als Spielerey, ſondern als eine wuͤr⸗ dige Beſchaͤftigung, auch ſchon frühe darſtellen ſollte, mißbillige; und daß er uͤberhaupt des unvorgreifli⸗ chen Dafuͤrhaltens ſey, daß, wer belehren will, auch jezuweilen, ſtatt zu feinen Zuhörern immer . zu ſteigen, ſie zu ſich hinaufziehen muͤſſe. 6; Aber noch einer Pflicht muß ſich der Verfaſſer entledigen! Wenn ſeine Leſer hie und da eine ange⸗ nehme Stunde mit dieſen Blaͤttern hinbrachten, wenn ſie Abbildungen ſahen, die ihre Aufmerkſamkeit feffelten; fo verdanken fie es vorzüglich dem edelden⸗ kenden Herrn Ritter von Cobres. Mit einem bey⸗ ſpiel⸗ zen ſpielloſen Zutrauen, mit einer Willigkeit und zuvor⸗ kommenden Güte, die einem Bibliothekare Ehre ma⸗ chen wuͤrde, an einem Buͤcherbeſitzer aber bewunden rungswuͤrdig iſt, unterſtuͤtzte er dieſe Unternehmung mit den vortrefflichſten Büchern, und überließ ſie ihm, ſo lange er ihrer bedurfte. Sein ſey das erſte Ver⸗ dienſt um dieſe Sache! das zweyte dem fleißigen | Kupferſtecher, von dem alle Platten find, und der thaͤtigen Verlagshandlung. | Hat endlich bey dieſen Blaͤttern mancher einen geruͤhrten Blick in die große Welt, und die dankwuͤr⸗ digen Anſtalten des Ewigen gethan; wurde ihm die Natur theurer, die gegen alle ihre Kinder ſo guͤtig iſt; fieng er an, fi) mit ihr lieber zu befchäftigen, und in ihr, dieſem erſten Theile der göttlichen Offenba⸗ rungen, mit mehr Einſicht zu leſen: fo ift der Ver⸗ faſſer für dieſe Anwendung feiner von Öffentlichen Geſchaͤften freyen Stunden aufs Suͤßeſte belohnt, und haͤlt ſie, auch in Abſicht ſeines eigentlichen Be⸗ rufes, fuͤr unverloren. Augsburg, 1793. den 30. Dez. Gottlieb Tobias Wilhelm, ir vierter en bey den Warft a Y 3 | Ein⸗ Ginleitung. Ron den Amphibien Überhaupt. Man wuͤrde ſich ſehr irren, wenn man aus det wortlichen Ueberſetzung des Wortes Amphibium, d. i. ein Geſchöpf, das in beyden Elementen, im Waſſer und auf der Erde, leben kann, den ganzen Karakter dieſer Thiere, der ſie von allen andern un⸗ terſcheidet, herleiten wollte. Denn kann nicht auch der Biber im Waſſer und am Lande leben? Bringt nicht das plumpe Nilpferd mehr Zeit im Waſſer zu, als am Lande, und iſt ja der unbehilfliche Manati kaum im Stande, ſich auf der Erde fortzuſchleppen? Und dieſe rechnen wir doch alle zu den Saͤugethieren. Es muͤſſen demnach ganz andere Kennzeichen und Eigenheiten, als die aus dem Aufenthalt oder der Geſtalt hergenommen ſind, aufgeſucht werden, um dieſe Thierklaſſe von allen andern zu unterſcheiden und abzuſondern. Denn wie leicht konnte man ſonſt, beym erſten Anblick, das Krokodil fuͤr ein ge⸗ woͤhnliches vierfüͤßiges Thier, wobey man immer an Saͤugethiere denkt, oder den Wurm fuͤr eine Schlan⸗ genart halten? Zwar hohlen die Amphibien durch Lungen Athem, und find darin freylich den Saͤuge⸗ thieren aͤhnlich: aber ſie haben kaltes, rothes Blut, ein Herz mit einer Vorkammer und einer Herzkammer, und legen Eyer. Dieß iſts, was ſie von allen andern Thierklaſſen trennt. Sie haben Tr, | 5 / mit U Einteitunge mit Anm andern etwas gemein, ſind aber von allen andern weſentlich verſchieden. Eine kurze Ueberſicht, die uns zugleich die Karaktere jeder Thierklaſſe wieder ins Gedaͤchtniß bringt, wird uns hievon uͤberzeugen. Wollten wir die Amphibien unter die Saͤugethiere verſetzen; ſo wuͤrde uns zwar die rothe Farbe des Bluts und die Geſtalt einiger derſelben dem Scheine nach Recht geben. Allein, ſobald wir entdecken, daß fie kaltes Blut haben und Eyer legen, fo ſehen wir wohl ein, daß fie durchaus nicht in jene Klaſſe ſich ſchicken. Wollte der letztere Umſtand des Eyer⸗ legens uns verleiten, fie unter die Vogel zu verwei⸗ ſen; ſo wuͤrde uns abermals die Kälte des Blutes und der Mangel des Federkleides vom Ungrunde ei⸗ ner ſolchen Vereinigung uͤberzeugen. Wuͤrden wir ſie um ihres kalten Blutes, ihres Laichs, ihres Auf⸗ enthalts und einiger Bewegungen willen in das Ge⸗ bieth der Fiſche rechnen; fo konnten wir das nur fo lange thun, als wir an ihre Lungen nicht gedaͤchten, durch die ſie ſich ſo weſentlich von den Fiſchen, die durch Kiefern athmen, unterſcheiden. Fiele uns endlich bey, einige von ihnen zu den Inſekten, andere zu den Wuͤrmern zu rechnen; ſo muͤßten wir die 8 FBVuͤhlhoͤrner und Fuͤhlfaͤden, die die Erſtern, und den weißen Saft, ſtatt des Blutes, den die Letztern has ben, ganz uͤberſehen. Es iſt demnach nichts uͤbrig, als eine eigne Klaſſe für die Amphibien anzunehmen, deren unterſcheidender Karakter kaltes, rothes Blut und Athemhohlen durch Lungen iſt. Das R 3 Thier, Einleitung. Thier, bey dem fich diefe beyden Stüdebeyfammen finden, iſt unſtreitig ein Amphibium. Eiskalt iſt ihr Blut eben nicht, ſondern es hat bloß den Waͤr⸗ megrad des Waſſer oder der Luft, in denen ſie ſich befinden. Da ihre Lungen lockere, blaſenartige Saͤcke find, fo iſt ihr Athemhohlen unbeſtimmter, ſeltner und weniger dringendes Beduͤrfniß, als bey den Saͤugethieren, und eben das ſoll zur Kaͤlte des Bluts am Meiſten beytragen. Eine Maus wird un⸗ ter der luftleeren Glocke bald todt ſeyn, wenn hinge⸗ gen eine Eidechſe es lange aushält, und die Kroͤte im Baumſtamme eingeſchloſſen fortlebt. Weder der hoͤchſte Grad von Froſt noch von Hitze iſt Amphibien ſogleich toͤdtlich; in der dichten Eisſcholle, wie im heißen Darmkanal des Menſchen, kann die Krdoͤte, wie Erfahrungen lehrten, aushalten. Daß Thiere ohne Gehirn, ohne Bruſtknochen, ja ohne Kopf und Herz, leben koͤnnen, dieſe ſtarken Beweiſe eines zaͤ— hen Lebens zu geben, war Amphibien, Froͤſchen und Schildkröten aufbehalten; daß ausgeſtochne Augen und abgehauene Glieder vollkommen, wenn auch etwas kleiner, wieder nachwachſen, lernten wir in dieſer Thierklaſſe an Salamandern; und daß Amphibien ein ſehr hohes Alter erreichen, beſtaͤtigte, nachdem es lange ſchon vermuthet wurde, die Erfah⸗ rung. Lange noch bewegen ſich die vom Rumpfe getrennten Glieder und Theile, und beweiſen da⸗ durch ihre große Reizbarkeit. Ein Einleitung. | Ein ſonderbares Vorurtheil hat dieſe Thierklaſſe zu einem Gegenſtande des Abſcheues und der Verach⸗ tung gemacht. Selbſt die Naturforſcher ſcheinen ſich weniger mit ihr, als mit andern beſchaͤftiget zu haben. Man fand die Farben der Amphibien haͤßlich, ihre Geſtalt widerlich, ihren Geruch ab⸗ ſcheulich, und es fehlt nicht an Maͤnnern, die ſie als Geiſeln der Gottheit fuͤr die Suͤnden der Menſchen verſchrien. Man ſchrieb ihnen ein heimtuͤckiſches Geſicht, eine unertraͤgliche Stimme, und faule Be⸗ wegungen zu, erklaͤrte ſie, wenn ſie in Haͤuſern ſich hoͤren ließen, fuͤr Ungluͤcks⸗ und Todesbothen, und war einig, ſie fuͤr den Auswurf des Thierreichs anzuſehen. Ja man gieng ſogar ſo weit, den Ur⸗ ſprung dieſer, aufs gelindeſte geſprochen, unmaͤnn⸗ lichen Vorurtheile in der Gottheit zu ſuchen, und zu behaupten, Sie ſelbſt habe aus weiſen Ab⸗ ſichten uns Haß und Eckel gegen dieſe Thiere einge⸗ pflanzt, weil einige derſelben giftig ſeyen. Aber nicht zu gedenken, daß die Gottheit durch unſre Ver⸗ nunft und Unterſcheidungsgabe uns weit wuͤrdiger und ſichrer warnt, als durch einen blinden Haß, der auch unſchuldige traͤfe: ſo laͤßt ſich jene Behauptung mit dem liebreichen Vater aller ſeiner Kreaturen durchaus nicht vereinigen, und fie beſchuldigt inn einer Partheylichkeit, die dieſem erhabnen Weſen ge⸗ wiß fremd iſt. Wirklich finden ſich auch unter den Amphibien Thiere von einem unſchuldigen Betragen, den ſchoͤnſten Farben und von ausgebreitetem Nutzen “4 | für UN. j Einleitung. fuͤr den Menſchen. Vielleicht iſt kein Thiergeſchlecht, auf deſſen Koſten man fo viel gefabelt hätte, und dick iſt der Wald von Thorheiten, durch den ſich die neuern Naturforſcher hindurcharbeiten mußten, bis ſie Licht und Wahrheit fanden. Noch ſpuckt in manchen Kopfe der vielföpfige Drache; in manchem Haufe meldet noch immer die Unke mit melancholiſchem Grabgeſang einen Todesfall; bey manchem regnet es immer noch Froͤſche, und der Baſilisk vergifter mit Blicken. Solche Sagen pflanzen ſich unter den Menſchen beſtaͤndig fort, und bleiben ihnen darum ſo wehrt, weil ſie die allen willkommne Huͤlle des Wunderbaren haben. So wenig man den Amphibien eigentliche Kunſttriebe zuſchreiben kann, ſo haben ſie doch ein gutes Gedaͤchtniß, das ſie faͤhig macht, manches zu thun, was man nicht von ihnen erwartete. Man hat Krokodile, Kröten und Schlangen geſehen, die ihre Wohlthaͤter ſehr gut kannten, und wirklich kunſt⸗ reiche Gauckeleyen ſind es, wozu man Schlangen abrichten kann. Offenbar verrathen manche in der Art, wie ſie ihrem Raube nachſtellen, fuͤr ihre Junge, wenigſtens bis die Eyer gelegt ſind, ſorgen, ſo gleich⸗ giltig fie auch hernach ihnen werden, Gefahren ent= gehen u. d. m. einen ſehr guten Inſtinkt, obgleich keine vorzüglich fharfe Sinnen. Sehr verſchieden iſt die Art ihrer aͤußerlichen Bedeckung. Die Ei⸗ nen haben eine feſte Knochenſchale, die Andern eine Schleimhaut; hier iſt eins mit undurchdringlichen | Schup⸗ Schuppen, dort ein andres mit hornartigen Ringen verwahrt. Wie ſich die Saͤugethiere haaren und die Vogel mauſern; ſo haͤuten ſich die Amphibien, ei⸗ nige ſeltener, andere ſehr oft im Jahre, und es ereig⸗ net ſich bey einigen derſelben zuweilen der Umſtand, daß ſie plotzlich die Farbe andern. Ihr Aufenthalt iſt ſo verſchieden, wie bey den Saͤugethieren. Heiße Gegenden beſitzen ſie im Ueberfluſſe; die kalten Zo⸗ nen ſeltner. Wenn einige willkuͤrlich bald im Waf⸗ ſer, bald am Lande ſich aufhalten, je nachdem ihre Geſchaͤfte, ihre Nahrung es erfordern; ſo bleiben andere gewiſſe Perioden ihres Lebens bloß in einem von beyden, und wieder andere bringen alle ihre Zeit entweder bloß im Waſſer, oder bloß am Lande zu. Die Einen ſuchen trockne, die Andern feuchte Gegen⸗ den; die Einen ziehen einen kuͤhlern, die Andern einen waͤrmern Wohnplatz vor; einige wohnen auf Baͤu⸗ men, und andre in Felſenritzen und dumpfigen Hoͤh⸗ len. Sie ſcheinen keinen taͤglichen Erhohlungs⸗ ſchlaf noͤthig zu haben; allein ihr Winterſchlaf iſt unlaͤugbar. In warmen Zimmern aber fordert ihre Natur dieſe Erhohlung nicht. Unterbricht man ſie in ihrer Erſtarrung, die im Winter der Natur einen ungeheuren Aufwand erfpart, fo hat dieß toͤdtliche Folgen fuͤr ſie. Ihre Nahrung beſteht aus Inſek⸗ ten, Aas, Miſt u. d. Sie kauen nicht, ſondern wuͤrgen alles, vermittelſt eines Speichels, der die Weege ſchluͤpfrig macht, ganz in den Magen hinab, und geben das Gefreßne gewoͤhnlich in ſeiner wahren 05 | Sem Einleitung. Form von ſich. Faſt unglaublich lange konnen fie Speiſe entbehren, ohne daß man eine Abnahme ih⸗ rer Kraͤfte wahrnimmt. Nicht ohne Waffen ließ die muͤtterliche Natur dieſe Geſchoͤpfe, die wir ganz von ihr vergeſſen glauben. So ſchuͤtzt die Schlange ihr Gift, den Salamander ein milchartiger Schaum, die Schildkroͤte ihr Panzer, das Krokodil ein eigner Geruch. Sie koͤnnen ſich ihrer gerade fo viel bedienen, als es zur Erhaltung ihres Geſchlechts noͤthig iſt, doch auch nicht mehr, als mit ihrem noth⸗ wendigen Verhaͤltniß gegen andre Thiere, und mit dem Wohl der Welt, wozu die Einſchraͤnkung ihrer Anzahl nothwendig iſt, beſtehen kann. Höoͤchſt wun⸗ dervoll ſind die Anſtalten der Natur zur Fortpflan⸗ zung der Amphibien, uͤberraſchend ihre Verwand⸗ lungen. In der zarten Jugend, wo die Jungen oh⸗ ne Nahrung und Beyſtand umkommen muͤßten, er⸗ ſetzte die Natur durch ganz eigne Geſchenke das, was ſie an der Pflege ihrer um ihr Schickſal unbe⸗ kuͤmmerten Eltern entbehren muͤſſen. Sie gab eini⸗ gen von ihnen gewiſſe Gliedmaſſen und Theile, die ſie, ſobald ein reiferes Alter ſie entbehrlich macht, wieder ablegen, und wies ihnen Pflanzen zur Nah⸗ rung an, bis ſie ſtark genug waͤren, Inſekten zu ja⸗ gen. Im Grunde haben alle Eyer. Nur erreichen dieſe, z. B. bey Schlangen und Salamandern, im Leibe ihrer Mutter ihre Reife, ſo daß die Jungen hier ſchon ihre Huͤlle verlaſſen. | | So ‚Einleitung. \ | Son wenig wir laͤugnen können, daß o Jab Am⸗ phibien Schaden ſtiften, daß manche Schlange hoͤchſt giftig und das Krokodil ein furchtbares Raub⸗ thier ſey; ſo wußte doch der Vater der Natur es ſo einzurichten, daß der Nutze, den ſie der Menſchheit gewaͤhren, den Schaden, den ſie anrichten, bey Weitem uͤberwiegt. Sie haben die in der That be⸗ deutende Rolle in der großen Haushaltung der Na⸗ tur, an dem nothwendigen Verhaͤltniſſe der Ausbrei⸗ tung der Thiere mit zu arbeiten, einer verderblichen Vermehrung zu ſteuren, und ſelbſt andern zum Fut⸗ ter zu dienen. Wenn das Krokodil die zu große Vermehrung des die Reisfelder verwuͤſtenden Nil⸗ pferds, wenn die Klapperſchlange die Zahl der den Maispflanzungen verderblichen Eichhoͤrner ein⸗ ſchraͤnkt, wenn ſie und andere Millionen gefraͤßiger Inſekten aus dem Weege räumen, wenn der Froſch unſre Gaͤrten und Felder von Schnecken befreyt, und dieſe alle dann wieder andere Thiere ſaͤttigen, die ſonſt der Hunger noͤthigen wuͤrde, ſich an Dingen zu vergreifen, die einen groͤßern Wehrt fuͤr uns haben: ſo iſt doch wohl in dieſer Ruͤckſicht ſchon dieſe Thier⸗ laſſe nicht fo überflüßig, als die Unwiſſenheit waͤhnt; verdient den Haß nicht, den ihr das Vorurtheil ge⸗ ſchworen zu haben ſcheint. Außerdem verdanken wir dieſen Thieren noch manches, das eben ſo unbedeu⸗ tend nicht iſt. Eine heilende Kraft haben Vipern, Eidechſen und Kroͤten in gewiſſen Faͤllen, wenn ſie W gleich nicht alles leiſten, was man von ihnen erwar⸗ Einleitung. . erwartete. Tauſend Menſchen finden im Schildkroͤ⸗ tenfleiſche eine treffliche Nahrung, in ihren Eyern Oehl, in ihrer Schale brauchbares Hausgeraͤthe, und auch der Duͤrftige im Genuſſe des Froſchfleiſches und der Bruͤhe eine willkommne Speiſe, die ihm dann deſto wehrter iſt, wenn ein Fleiſchverboth ihn ver⸗ hindert, ſich der ſonſt gewohnten Nahrungsmittel zu bedienen. Selbſt der Luxus und Kunſtfleiß wußte in dem eingeſchraͤnkten Gebiethe der Amphibien Beute zu machen. Wenn der erfindungsreiche Kuͤnſtler die harte Schale der Schildkrdte zu den niedlichſten Werken und Geraͤthen verwendet, ſo putzen ſich ame⸗ rikaniſche Wilde mit der Haut bunter Schlangen, und geben dadurch einen unverdaͤchtigen Beweis ih⸗ res Muths und ihrer Staͤrke. Um die Thierklaſſe der Amphibien in gewiſſe Ordnungen zu vertheilen, nahm man die Art ihrer Bewegung zum Grunde der Eintheilung an. Man bemerkte naͤmlich, daß alle wahre Amphibien theils auf vier Fuͤßen kriechen, theils auf dem Leibe gleiten oder ſchleichen. So entſtanden zwo Ordnungen: I. Kriechende, Reptiles. In dieſe Ordnung ge⸗ hören Froͤſche, Schildkröten und Eidechſen. II. Schleichende oder Gleitende, Serpentes. Dieſe Ordnung faßt bloß die Schlangen in ſich, denen alle aͤußern Bewegungswerkzeuge fehlen. Ritter Linn“ nahm vier Ordnungen an. Da wir aber in dieſen Unterhaltungen uns einmal dem ee Blu⸗ Einleitung. Blumenbachiſchen Syſtem zu folgen erklärt has ben; fo konnten hier die ſchwimmenden Amphi— bien eben fo wenig eine Stelle finden, als die Ges henden; beſonders, da die erſtern wahre Fiſche, die andern aber höchft problematiſch find, Wir fuͤh⸗ len es ganz, daß ſolche Verſuche, wie die Unfrigen, auch da, wo fie von einem Manne, wie Linné, abs weichen, der Achtung, die die ganze geſittete Welt ſeinen unſterblichen Verdienſten ſchuldig iſt, nie e zu nahe treten koͤnnen. Uebrigens laſſe ſich 9 durch die von Ju⸗ gend auf gegen dieſe Thierklaſſe eingeſognen Vorur⸗ theile verleiten, die Beſchaͤftigung mit ihr als etwas anzuſehen, das die Aufmerkſamkeit und den Fleiß des Freundes der Natur unbelohnt laͤßt. Selbſt ſolche Verſuche, wie die Unſrigen, die, ohne alle An⸗ ſpruͤche auf offentliche Aufmerkſamkeit, nur nuͤtzlich unterhalten, nicht eine eigentliche Naturgeſchichte vorſtellen ſollen, Tonnen ihn überzeugen, daß auch dieſe Klaſſe viel enthalte, was der Größe deſſen, dem ſie ihr Daſeyn verdankt, und der Weisheit aller ſei⸗ ner übrigen Einrichtungen vollkommen wuͤrdig iſt. De | Inhalt Tafel 0 2 © I 1 1 I Inhalt. I. Froͤſche. Das Ohrauge Der amerikaniſche Kanbfrofch Der Horntraͤger. Der Baſtard — Der amerikaniſche Randfroſch Der große braune Grasfroſch Der kleinere, das Maͤnnchen — das Weibchen er Pipal! . —- Die Pipa ee Die 1 85 Sermnnplung des⸗ . 10 Der Laubfroſch, grasgrüner blaſenen Kehle — Der gruͤne Waſſerfroſch 8 Die ſtinkende Waſſerkroͤte Die gemeine Kandfröte Die Feuerkröte = Die Kreuzkroͤere - II. Schildkröten. Die moſaiſche Schildkröte von oben — vonunten Der Panzer! der geometriſchen Die Kielſchildkroͤte von oben von unten Die Curopaͤiſche Schildkroͤte [Die Schlangen: — — — meergruͤner - — der mit der aufge⸗ — deſſen 5 5 Num̃ Seite des | im upf. Text. 1 1 2 7 3 a 12 3 0 14 3 17 1 6 22 7126 8 4 29 8 0 30 34 422 1149 II 49 12 52 138 14 61 15 J 66 16 | 72 I7 1.73 20 | 09 2I | 100 22 | 104. 23 | 104 24 | 127 25 | 125 Tafel. * XVI. Die Aſchfarbige Schildkroͤte 3 die Karakteren— — XVII. Der Rieſenſchildkröte Kopf „ ee en 7 Gebiß und Gaumen S XVIII. Die Carette — — Ihr Gerippe XIX. Der Schuppenſchild — RX. 1 55 n Schild⸗ — leine Schüdkrdte! im Ey 15 III. Eidechſen. XXI. Der Drache XXII. Das Nilkrokodil gehend XXIII. Das Naͤmliche kleiner, auf dem Ruͤcken liegend - [Krokodilrachen — XXIV. Seb Kaiman, ein alter, nach \ eba — Ein junger nach Catesby AS: Der Wachhalter - — Der Baſilisk - XXVI. Das Chamaͤleon - — Der Gecko XXVII. Der Kammleguan XXVII.. Der Erd⸗Salamander Der Waſſer⸗— — XXIX. [Der Sumpf⸗— — — ie gruͤne Eidechſe — De ori — XXX. Die lineirte — — Die sierfachgefreifte — — Die punktirte — — — Der Stinkk —- XXXI. Die Aaleidechſe - — N Die Linneifche Sirene — — Idas Eidechſengerippe - U 0 1:71 1 FTT Num̃ des Kupf. Inhalt. Tafel. IV. Schlangen. Ba im XXXII. Die Klapper⸗Schauerſchlangef 55 | 283 — Jhre Klapper vergrößert 56 4 278 — (Giftzahhn n 56 5 283 XXXIII. Der Schleuderſchwanz ea 3 — Eine Klapper im Durchſchnitt XXXIV. Die Abgottsſchlange — XXXV. Die Ringelnatter — — Ihre Eyer in der Roͤhre (a0, | außerhalb. derſelben (Y), aufgeſchnitten (o) - XXXVI. Die Europaͤiſche Viper XXXVII. Die Brillenſchlange — Die Peitſchenſchlange - 63309 XXXVIII. Die Blindſchleiche 64 | 312 — Der Dickbauch - 65 314 XXXIX. Die Ringelſchlange - 66 | 317 Sia 67 | 320 XL. Schlangen⸗Gerippe — Schlangenkopf mit den Gift⸗ zaͤhnen, der Giftdruͤſe (a), dem Ausleerungsgange (b) und den Kinnladenbaͤndern — nen mit einem d Jun⸗ gen , a ON . * > D 0 ) 8 DDD O 2 Tab.T. Vi 1 Erst kein: Tab. IL. en are DIVA, | Rana Pipa, le Pi pal. Das Maͤnnchen. (1) Das Weibchen. (2) Fir d den erſten Anblick iſt man ſehr geneigt, den Froſch, zu deſſen Geſchlecht unſre Pipa gehört, fuͤr ein unvollkommnes Thier zu halten. Ohnehin wuͤrdigen die Menſchen das, was ſehr klein oder in großer Menge vorhanden iſt, ſelten der Aufmerk⸗ ſamkeit, die es verdient. Durch wegwerfende Ge⸗ ringſchaͤtzung erſparen fie fich die wichtigſten Untere ſuchungen, die freylich um deſto muͤhevoller find, je kleiner und unſcheinbarer der Gegenſtand ift. Das her ward der Elephant fruͤher beobachtet, als der Froſch, und man wußte von den Sitten und der Nahr ung des Loͤwen ungemein viel, ehe Swam⸗ merdan und Roͤſel den Geheimniſſen der Natur auch im Kleinſten nachſpuͤrten, und die laͤcherlichen Fabeln widerlegten, die bald den Regen, bald den Schlamm zum Vater der Froͤſche machten. Die Amphib. A Hand r — 3 Die Pipa. Hand d des s Schöpfers iſt im Kleinen ſo derten und bewunderungswuͤrdig, als im Großen, und ſehr oft finden wir nur darum etwas veraͤchtlich, weil unſre ſtumpfen Sinnen den Zuſammenhang nicht einſehen, worin das Kleine mit dem Großen ſteht. Was iſt geringer geachtet, als das Gewebe einer Spinne? Aber welche Schwaͤrme von Muͤcken wuͤrden uns nicht unaufhoͤrlich quaͤlen, und wie ſelten würde hie und da eine Traube reifen, wenn der Vater der Natur dieſe wohlthätigen Netze nicht allenthalben ausgeſpannt haͤtte! Und wie wenige halten ein Sandkorn fuͤr etwas Wichtiges, da ſie doch, wenn kein Sand waͤre, ihres reinen Trinkwaſſers, ihrer feſten Wohnhaͤuſer, ihrer durchſichtigen Fenſterſchei⸗ ben und Taufend andrer faſt unentbehrlichen Dinge entbehren muͤßten. Weg alſo mit dem Vorurtheile, als ſey irgend etwas in der Natur der naͤhern Be⸗ trachtung unwuͤrdig! als verdiente ein Thierge⸗ ſchlecht, wie z. B. die Sröfche, nicht die Aufmerk⸗ ſamkeit eines nachdenkenden Menſchen. Man muͤß⸗ te fuͤrwahr das kuͤnſtliche Auge, das Gehirn mit feinen Nerven, das ſchlagende Herz, die athmende Lunge, die wundervolle Verwandlung und hun⸗ dert Dinge, die bey dem Srofche fo gut wie bey einem Be | Eee einem andern Thiere, hoͤchſt bewunderungswuͤrdig ſind, vorſaͤtzlich vergeſſen; wenn man eine naͤhere Unterſuchung dieſer Thiere fuͤr unfruchtbar und lang⸗ weilig halten wollte. Vielleicht gelingt es uns, manchen merkwuͤrdigen Umſtand in der Geſchichte dieſes Thiergeſchlechts anzufuͤhren, der uns von der unanſtaͤndigen Geringſchaͤtzung deſſen, was klein und häufig iſt, zuruͤckebringt. | Das allgemeine Kennzeichen der Froͤſche und | Kroͤten, denn beyde gehören zu Einem Geſchlechte in der Ordnung der kriechenden Amphibien, iſt, nach Linne, ein nackter Koͤrper, ohne Schale noch Bedeckung, und vier Süße, die meiſtens vorne vier freye, hinten 4 —6 durch eine Schwimmhaut vers bundne Zehen haben. Eine einzige Gattung aus⸗ genommen, ſind ſie alle ohne Schwanz. Nach dieſen Kennzeichen entdeckte man bisher 36 Arten, denen der Name Froͤſche oder Kroͤten zukam. So manches dieſe beyden gemein haben, ſo unterſcheiden ſie ſich doch wieder in andern Stuͤcken. Der Froſch iſt beſſer gebildet, fein Hals iſt ſichtbarer, fein Keib etwas ſchlanker. Bey der Kroͤte hin⸗ gegen laufen Kopf und Rumpf faſt in gleicher Di⸗ cke fort. Sie iſt weit unfoͤrmlicher, und hat einen A 2 plum⸗ 4 Die Pipa. plumpern Kopf und weitern Rachen. Jener kann ſehr munter huͤpfen, ſitzt wie ein Hund auf die Vor⸗ derbeine geſtuͤtzt und iſt im Grunde wirklich oft ſehr drollig; diefe aber bleibt immer ein widerliches, menſchenfeindliches, ſchwerfaͤllig kriechendes Thier, fo unſchuldig es uͤbrigens an dem plotzlich tödtenden Gifte ſeyn mag, das man ihm von jeher ſo vo. lich zugeſchrieben hat. Ungemein ausgebreitet iſt dieſes Geſchlecht. Man findet es in allen Welttheilen. Seine uner⸗ meßliche Fruchtbarkeit kann es leicht hie und da zur Landplage machen, ſo wohlthaͤtig und unentbehrlich es im Ganzen zur Vertilgung von Millionen gefraͤ⸗ ßiger Juſekten iſt. Jenes erfuhren die armen Abde⸗ riten. Froͤſche, Kröten und Maͤuſe kamen in ſolcher Menge in das ſo beruͤchtigte Abdera, daß man nach reifem Ermeſſen fuͤr das Rathſamſte hielt, die Stadt zu verlaſſen und den ungebethnen Gaͤſten Preis zu geben. Sie leben zum Theil im Waſſer, zum Theil am Lande. Alle bringen den Winter in einer Er⸗ ſtarrung am Grunde des Waſſers zu. Man kann ſie uͤberwintern, doch diejenigen mit beſſerm Er⸗ folge, die man im Herbſte einſperrt, als die aus ih⸗ rem ſchon eingetretnen Schlummer gewaltſam auf⸗ | geweckt Die Pipa. 0 5 geweckt werden. In ſtehenden Waſſern, in ſtinken⸗ den, faulichten Pfuͤtzen ſind ſie am Liebſten. Fri⸗ ſches Brunnen⸗ oder Regenwaſſer toͤdtet ſie gemeinig⸗ lich in 24 Stunden. So iſt doch in der Natur nichts umſonſt! Auch das faulende Waſſer wußte der Schoͤpfer Millionen Weſen wohlthaͤtig zu machen! Ihr Wachsthum geht ſehr langſam von Statten. Erſt nach drey Jahren ſind ſie reif und ausgewach⸗ fen. Hunger koͤnnen fie ungemein lange ertragen und ihr Leben iſt uͤberhaupt außerordentlich zaͤh. So wollte vor nicht gar langer Zeit ein verdienter Naturforſcher das Schlagen des Herzens bey einem Froſche genau unterſuchen. Er nagelte demnach das arme Thier ausgeſtreckt an, beobachtete das ſchlagende Herz und nahm es heraus. Zehn Stun⸗ ! den lang ſchlug es noch außerhalb dem Leibe. Jetzt nahm er vollends die uͤbrigen Eingeweide heraus. Damit giengen einige Stunden hin. Der angena⸗ gelte Froſch ſchien ganz todt und beſtand jetzt nur noch aus Haut und Knochen. Vier Stunden nach⸗ her wollte der Beobachter den Froſch wegwerfen. Er zog die Nadeln heraus und nahm ihn bey einem Fuße auf. Aber plotzlich ſpringt ihm das blutende Thier ins Geſicht. So wie er ſich von ſeinem Schre⸗ A3 cken * 65 Die Pipa. cken erhohlte, ſah er feinen Froſch mit großen Spruͤn⸗ gen im Zimmer herumhuͤpfen. Noch zween Tage lebte diefss ganz ausgeleerte Thier. So unglaublich dieſer Verſuch ſcheint, ſo kann ihn jeder nachmachen. Eben ſo wunderbar, aber eben ſo unlaͤugbar iſt es, daß Froͤſche und Kröten viele Monate in Baumſtaͤma men, Steinen, ja Marmorbloͤcken eingeſchloſſen leben konnen. Auf feinem Gute Schellenberg hoͤrte ein⸗ mal der Graf von Hatzfeld ein Quacken; ein Stein⸗ borſt, und ein Froſch ſprang heraus. In einem Marmorfelſen fand man in England bey der Bear⸗ beitung Kröten, und außer der kleinen Höhle, wor⸗ in dieſelben ſich befunden hatten, war keine Spur auch nur von einem Luftloche zu entdecken. Ziem⸗ lich große, rothe Froͤſche ſollen oft in Toloſa aus Muͤhlſteinen kommen, wenn dieſe zufaͤllig ſpringen. Daß man aber in einem Enteney eine Kröte gefunden haben will, iſt weniger glaublich. Doch wir eilen zur naͤhern Beſchreibung der merkwuͤrdigſten Arten, und werden zuerſt einige der wichtigſten Auslaͤn⸗ diſchen, und dann die Ane man darſtellen. | Bor allen verdient wohl das fo ſeltſame Ge⸗ ſchoͤpf, die Pipa, (Surinamiſche Kröte, Tedo, 1.2.) ä die Die Pipa, 2 die ihre Junge auf eine ſo eigne Art zur Welt bringt, unſre Aufmerkſamkeit. Zwar iſt Surinam reich an Naturmerkwuͤrdigkeiten. Allein keine iſt ſo einzig in ihrer Art, als die große Kröte, die dort Pipa heißt. Das größte Verdienſt um die Enthuͤllung des Ge⸗ heimniſſes der Fortpflanzung dieſes Thieres, hat wohl Sermin, der ſich 8 Jahre in Surinam aufe hielt, und nach ihm, fuͤr Deutſchland, Goͤze, der Fermins Abhandlung ins Deutſche uͤberſetzte und damit die Beſchreibung eines ſehr ſchoͤnen dem Here zoge von Braunſchweig gehörigen Exemplares eines Pipa⸗ Weibchens verband. Beyden folgen wir in der Kuͤrze, die dem Raum und der Abſicht dieſer Blaͤtter gemaͤß iſt. | 0 Bwar ift die Pipa ein r haͤßliches Thier. Ihre unangenehme Geſtalt ſcheucht im Anfange zuruͤck. Allein wer den Eckel uͤberwindet, den man uͤberhaupt, ſobald es die Unterſuchung eines natuͤr⸗ lichen Gegenſtandes betrifft, beherrſchen ſollte, wird durch die ſonderbarſte Entdeckung hinlaͤnglich be⸗ lohnt. Etwas kleiner und ſchmaͤler iſt das Maͤnn⸗ chen, der Pipal, als das Weibchen, die Pipa.⸗ Ihre gemeinſchaftliche Farbe iſt aſchgrau mit klei⸗ nen weißlichen Pünktchen, Der ganze Körper iſt | mit — — 8 Die Pipa. mit kleinen Warzen uͤberſaͤet, die ihm das Anſehen des Chagrins geben. Sie ſcheinen nur eine bloße Zierde zu ſeyn, haben aber einen wichtigen Zweck. Vier ſonderbare Süße hat dieſes Thier. Zwar find ſie, wie bey dem Froſchgeſchlechte groͤßtentheils, vorne mit 4 und hinten mit 3 Zehen verſehen; allein jene find ſtumpf und ſonderbar gezähnelt; dieſe aber haben Klauen und eine Schwimmhaut. Der kurze, an der Seite eckige Kopf iſt etwas anders als bey den Kroͤten geſtaltet, und hat ein abgeſtutz⸗ tes Maul von betraͤchtlicher Weite. Sumpfige Gegenden in dichten Waͤldern ſind der liebſte Aufent⸗ halt der Pipen. Während der langen Regenzeit in Surinam verſtecken ſie ſich im Schlamme. Jetzt macht die Ruhe ſie fett. Der Sonnenſchein ruft ſie aus ihrer ſchmutzigen Wohnung hervor. Auf dem Ruͤcken hat das Weibchen oft mehr dann 200 ſehr regelmaͤßig vertheilte Zellen, die mit kleinen De: ckeln verſehen ſind. Dieß iſt die erſte Wiege der Jungen. Daß die Pipa dieſelben mit ſich tra⸗ ge, daß dieſe lebendig aus dieſen Zellen kriechen, das wußte man lange. Aber der Umſtand, daß man durchaus keinen Weeg entdeckte, wie die Euyer aus dem Banache auf den Ruͤcken kaͤ⸗ men, war lange unerklaͤrlich. Endlich gelang es | der Die Pipa. 9 der unermuͤdeten Aufmerkſamkeit Fermins, durch die gluͤcklichſte Entdeckung den Streitigkeiten hier⸗ uͤber ein Ende zu machen. Er ließ bey ſeinem Hauſe einen Weyher graben, füllte ihn mit ſolchem Waſſer, worin ſich Pipen aufzuhalten pflegen, und ſetzte ein Paar hinein. Hier belauerte er die Thiere be⸗ ſtaͤndig. Nach ungefaͤhr acht Wochen traf er das Weibchen in einer unruhigen Bewegung. Es hatte 8 ſich mit den Fuͤßen angeklammert und druͤckte ge⸗ waltig. In einer Viertelſtunde kam ein betraͤchtli⸗ cher Haufe Eyer zum Vorſchein, die es in den Sand legte. Indem Fermin im Begriffe war, einige weg⸗ zunehmen, um ſie genauer zu unterſuchen; eilte das Maͤnnchen mit unbeſchreiblicher Geſchwindigkeit herbey, faßte die Eyer mit den Hinterfuͤßen forgfäle tig zuſammen, und trug ſie auf den Ruͤcken des Weibchens. Jetzt wendete er ſich um, und waͤlzte ſich mit ſeinem Ruͤcken auf dem Ihrigen, als wollte er die Eyer recht feſt in die Zellen druͤcken, wobey ihm ohne Zweifel ſeine Warzen wohl zu Statten kamen. Nur fuͤnf Minuten ruhte er von der An⸗ ſtrengung, kam bald wieder auf den Ruͤcken, und be⸗ fruchtete die Eyer auf die gewoͤhnliche Weiſe der Sroͤſche. Hier verwuchſen die Eyer gleichſam in Ampbib, B der we Die Pipa. der muͤtterlichen Haut, und uͤberſtanden ihre Ver⸗ wandlungen in ihrer Klauſe. Zwey und achtzig Tage nach dieſem Vorgange, gebar die Mutter in Zeit von 3 Stunden 72 Junge. Munter und froh⸗ ſcheinend dem engen Behaͤltniſſe entgangen zu ſeyn, verließen die Kleinen ihren Kerker. Sehr lebhaft ſchwommen ſie herum, und bekuͤmmerten ſich ſo we⸗ nig um ihre Mutter als dieſe um ſie. Unlaͤugbar hat die natuͤrliche Waͤrme der Sonne ſowohl, als der Mutter die Ausbruͤtung befoͤrdert. Sehr wohl⸗ thaͤtig wußte alſo die Natur die Eyer an einen erhab⸗ nen trocknen Ort zu bringen, den ihre Ausbruͤtung 85 forderte. So zahlreich der Kinderhaufen iſt, der den Ruͤcken der Pipa auf einmal verlaͤßt, ſo darf man deswegen doch nicht beſorgen, daß dieſe Thiere zu haͤufig werden. Denn der Schöpfer traf die weiſe Anſtalt, daß die Pipa, wenn ſie einmal geboren hat, von nun an untuͤchtig wird. Die Zellen und Haͤute, die fie abſondern, ſchrumpfen zuſammen. Sehr vortrefflich iſt das in Spiritus aufbewahrte Exemplar einer Pipa (2). Noch find die meiften Zellen verſchloſſen; alle aber mit Eyerchen ange⸗ füllt. Sie hat ihrer mehr denn 200. Aus mehrern feht man junge Kroͤten A im Begriff herauszu⸗ klet⸗ N: 2. 1 $ Die Pipa. 11 klettern. Von einigen erblickt man den Kopf, von einigen den halben Leib, und von einigen die zarten Krallen, mit denen ſie ſich herausarbeiten. Sie ſind von weißlicher Farbe. Nothwendig muß dieſe Pipa in dem Augenblicke gefangen worden ſeyn, da gerade die junge Brut die nun zu enge werdenden Wohnhaͤuſer verlaſſen wollte. Die pipa iſt in Südamerika überhaupt, bes ſonders um Surinam und in den Gewäffern von Guiana eben nicht ſelten. Die Neger eſſen die Keulen, wodurch das ſo allgemeine Vorgeben, ſie ſey giftig, ſattſam widerlegt wird. Nicht ohne Nutzen ſoll ſie auch ſchon mediciniſch gebraucht worden ſeyn. Vielleicht kommt manchem, der noch wenig Kenntniſſe von den wahren Wundern der Natur hat, die ganze Sache von der Fortpflanzung der - Pipen fabelhaft vor. So leichtglaͤubig zuweilen der Unwiſſende jede Fabel annimmt, eben ſo ſtarr⸗ ſinnig verwirft er ein andermal die zuverlaͤßigſten Erfahrungen. Aber iſt denn der Polyp begreifli⸗ cher, wo Vater, Sohn und Enkel an Einem Stam⸗ me haͤngen und ſich endlich losreißen, um eigne Staͤmme zu bilden? Was wuͤrde wohl der, der alles verwirft, bloß weil Er noch nichts davon gehoͤrt hat, 12 Das Ohrauge. hat, zu der Blattlaus ſagen, die traͤchtige Kinder und Enkel zur Welt bringt? oder zu den Schollen eyern, die ſich an Krabben als an Saͤugammen an⸗ hängen? oder zum Dintenfiſche, aus deſſen Bauch ſich die Jungen herausfreſſen? — So Feine man in der Naturgeſchichte vor aberglaͤubiſchen und grundloſen Fabeln warnen muß, eben ſo ſehr muß man auch gegen den ſtolzen Unglauben auf der Huth ſeyn, der alles verwirft, was ihm unbegreif⸗ lich iſt. Nur die Giltigkeit der Zeugen entſcheidet Bi da, wo wir nicht felbft ſehen koͤnnen. Nn Das Oh rauge. Rana ocellata, Ia Grenouille mugiſſantt. (3 a) Der amerikaniſche Landfroſch. R. Amer. terreſtris, Ia Gr. de la Caroline. (3 b) | Der Horntraͤger. R. cornuta, la Gr. cornue. . Einer der ſchönſten ausländischen Fröſche iſt das Ohrauge, oder der virginiſche Bruͤllfroſch (a). Er 2 222 — — 7 Das Ohrauge. 13 Er iſt von anſehnlicher Größe, und kommt faſt einem | Kaninchen gleich. Seine Augen ſtehen weit herz vor. Ein ſchoͤner gelber Kreis umgibt die hoch» rothe Iris. Der Augapfel iſt braun mit einer gel⸗ ben Einfaſſung. Unter dem Auge iſt das Ohr. Von dieſem ſieht man aber keinen aͤußerlichen Theil, als eine durchſichtige ausgeſpannte Haut, die ohne Zweifel nichts anders als das Trommelfell iſt. Die Farbe dieſes Froſches iſt gruͤnbraun mit großen Flecken. Der Bauch iſt ein ſchmutziges, ge⸗ flecktes Gelbgrau. An den Huͤgeln in Virginien, aus denen n Quel len hervorſprudeln und kleine Teiche bilden, wohnen dieſe Froͤſche. Gemeiniglich hat nur Ein Paar eis nen ſolchen Teich inne. Am Liebſten beluſtigen ſie ſich ganz nahe am Urſprung der Quelle. Sie ſind klug genug, ſich, wenn man nach ihnen greifen will, da hinein zu retten, wo ſie vor den Nachſtellungen der Menſchen und Thiere ſicher ſind. Auch iſt fuͤr ihr Leben der Wahn der Eingebornen ſehr zuträge lich, als reinigten ſie das Quellwaſſer. Man glaubt ſich durch den Tod dieſes Thieres ein Ungluͤck auf den Hals zu laden. Dieß haͤlt indeſſen doch manche virginiſche Hausfrau nicht ab, im gerechten A 3 Zorn 14 Der Landfroſch. Zorn uͤber dieſen Wuͤrger ihrer jungen Gaͤuſe und Enten herzufallen, und ihn umzubringen. RN Die Stimme, die dieſer Bruͤllfroſch dfters hören läßt, iſt fo gewaltig, daß man einen etwa eine Viertelſtunde weit entfernten Ochſen bruͤllen zu hören glaubt. Was feiner Stimme noch mehr Kraft und Umfang gibt, iſt, daß er gewöhnlich im Gewölbe feiner Felſengrotte zu bruͤllen anfängt, als wollte er durch einen maͤchtigen Wiederhall | den Schall verſtaͤrken. Er ſcheint ſich auf dieſe Gabe nicht wenig einzubilden. Kleiner und unanſehnlicher iſt der amerikani⸗ ſche Candfroſch (30), den gleichfalls Catesby, wie den vorigen, zuerſt beſchrieben und abgebildet hat. Sein Ruͤcken iſt ein angenehmes violettes Grau, der Bauch ſchmutzig gelb. Der ganze Leib iſt mit braunen Flecken uͤberſaͤet, die ſehr nahe beyfammen ſtehen. Am Bauche ſind nur kleine Punkte. Die Farbe dieſer Froͤſche iſt nicht immer dieſelbe. Sie blaſen den Leib gewaltig auf, ſo daß man ſie eher für Kröten als für Froͤſche halten ſollte. Doch krie⸗ chen ſie nicht, ſondern huͤpfen. Am Haͤufigſten laſ⸗ ſen ſie ſich ſehen, wenn die Witterung feucht iſt. An hohen Oertern, in der groͤßten Tageshitze er⸗ ſchei⸗ Der Horntraͤger. 15 : ſcheinen ſie aus ihren Schlupfwinkeln und lieben die Waͤrme ungemein. Ihre Nahrung ſind Inſekten. Wahrſcheinlich ſtellen ſie den leuchtenden Wuͤrmern und Kaͤfern nach, die in Virginien und Karolina, der Heimath dieſer Froͤſche, fo häufig find, Dieß ſchloß Catesby aus einem Zufalle. Er gieng einſt mit einigen Freunden an einem Abende ſpazieren. Einem von der Geſellſchaft fiel der brennende Tobak aus der Pfeife. Schnell eilte ein ſolcher amerika⸗ niſcher Landfroſch herbey, und verſchlang ihn. Catesby machte hierauf mehrere Proben mit glüs henden Kohlen. Richtig fraßen ſie dieſelbe, und brachten ihn dadurch auf die Vermuthung „daß ihre Nahrung wohl die ſchoͤn leuchtenden Kaͤferchen und Wuͤrmchen ſeyn möchten, deren angenehmes Licht dem Männchen in der Begattungszeit ſeine Nach⸗ forſchungen erleichtert, hier aber ungluͤcklicher Weiſe ihren ſtillen Aufenthalt einem gefraͤßigen Seinde verraͤth. f Man kann kaum etwas abenteuerlicheres, baß⸗ licheres fehen , als den, gehoͤrnten Froſch oder Horntraͤger (4). Man ſollte fuͤr den erſten Anblick glauben, er ſey ein Werk der Einbildungskraft, die ein recht haͤßliches Thier zuſammenſetzen gewollt 9 ö haͤtte. » Der Horntraͤger. haͤtte. Oben am Kopfe, wo die Natur bey andern Geſchoͤpfen die Augen anbrachte, ſteigen fleiſchige Kegel in die Hoͤhe, die das Anſehen von Hoͤrnern haben. Im Grunde ſind dieſe Hoͤrner weiter nichts als ſehr erhabne ſpitzig zugewachſene Augenlieder, in deren Mitte die ſtieren Augen ſelbſt ſtehen. Was den ſeltſamen Anblick noch vermehrt, ſind die Fle⸗ cken unter den Augen, die wieder wie ein Paar and⸗ re Augen ausſehen. In dem zahnloſen Rachen zeigt dieſes Thier eine haͤßliche Zunge, die man für eine Auſter halten konnte. Der ganze Koͤrper iſt mit ſpitzigen Warzen, wie mit Perlen beſetzt. Auf⸗ fallend ſind auch die Fuͤße, beſonders die vordern. Dieſe ſind einer Menſchenhand ohne Daumen ſehr ähnlich. Die hintern Zehen verbindet eine Schwimm⸗ haut. Jene hingegen ſind frey und haben vier, die hintern aber fuͤnf Zehen. Auch in Abſicht der Farbe iſt dieſes kleine Un⸗ geheuer wundervoll gezeichnet. Ein mit Aſchgrau gemiſchtes Gelb iſt feine Hauptfarbe. Alleuthalben aber laufen hellere weißgraue Linien längs dem Koͤr⸗ per, und quer uͤber die Fuͤße. Vom Kopf bis zum After, geht ein weißes Band, das vorn breiter, hin⸗ ten ſchmaͤler iſt. Nothwendig muß der unvermu⸗ thete er , A 7 7 7 firf EHE 7775 2 776 6 Ih UN f / 2 7 4 Fr 7 A mu * h Der Baſtard. 42 thete Anblick eines fo ſeltſamen Geſchoͤpfes Schauer erregen. Man köoͤnnte glauben, er ſey aus dem Landhauſe des Prinzen von Palagonien entſprun⸗ gen, deſſen Launen aus Brydone bekannt genug ſind. Seine Seimath iſt Virginien. Sehr zu wuͤnſchen waͤre, daß man auch von dieſer Froſchart die verſchiedenen Veraͤnderungen, die fie vermuthlich bis zu ihrer voͤlligen Ausbildung erfahren muß, richtig abgebildet und beſchrieben haͤtte. Hat der gewoͤhnliche Froſch ſchon ſo ſeltſame Geſtalten in den erſten Tagen ſeines Lebens, fo daß ohne Erfahrung gewiß kein Menſch errathen wuͤrde, daß ein ſo ſonderbares Fiſchchen mit der Zeit noch ein Froſch werden follz um wie viel ſonderbarer muß erſt dieſer Horntraͤger in feiner zarten Jugend aus⸗ ſehen, wenn zu den ſich vermuthlich bald zeigenden Augenhuͤgeln noch ein Fiſchſchwanz kommt? Tab. III. a Der Baſtard. Rana paradoxa. (5) Der amer. Nandſroſch. R. marginata (6) E iſt lange ohne alle Einſchraͤnkung angenommen Amphib. C wor⸗ * 18 Der Baſtard. | worden, daß dem Froſchgeſchlechte der Schwanz durchaus fehle. Zwar ſah man in der ſtufenweiſen Verwandlung der jungen Froͤſche bis zu ihrer vollig vollendeten Geſtalt, daß dieſe kleinen Thierchen ge⸗ ſchwaͤnzt feyen, Man erkannte darin eine weiſe Einrichtung der ſo guͤtigen Natur, die dieſen kleinen faſt unſichtbaren und hilfloſen Geſchoͤpfen, die ihre ſorgloſe Mutter fo frühe ſchon ganz ihrem Schickſale uͤberlaſſen hatte, mit dieſem Schwanze ein unent⸗ behrliches Werkzeug zum Rudern geſchenkt habe, weil ſie ihre Nahrung im Waſſer ſchwimmend ſuchen muͤſſen; man bemerkte aber auch, wie, ſo⸗ bald das Thier ſtark und groß genug iſt, feinen Weeg und Steg ſelbſt zu gehen oder zu huͤpfen, der Schwanz als unbrauchbar und zwecklos ganz ver⸗ ſchwinde. Man glaubte alſo die Abweſenheit des Schwanzes als ein allgemeines Kennzeichen aller Froͤſche feſtſetzen zu koͤnnen. Allein nun erſchienen in Surinam, dieſer Schatzkammer naturhiſtoriſcher Merkwuͤrdigkeiten, ſo wie auf dem Vorgebirge der guten Hoffnung geſchwaͤnzte Froͤſche, die durch⸗ aus ihren Schwanz nicht mehr ablegen wollten. Ungerne gab der ſtrenge Syſtematiker, der einmal ein allgemeines Kennzeichen feſtgeſezt hatte, das⸗ ſelbe Der Baftard. 19 ſelbe um eines Einzigen willen Preis. Man nahm daher zu allerley die Zuflucht, um den allgemeinen Karakter vor Einſchraͤnkung zu ſchuͤtzen. Der Eine wollte, es waͤre dieß vielleicht ein noch unvollendeter Fiſchfroſch, der mit der Zeit die große amerikaniſche Kroͤte wuͤrde, und ſich mit der Ablegung des Schwanzes ſo lange verſpaͤtete, bis der Koͤrper vollig ausgebildet und vollendet wäre, Ein Andrer vermuthete, daß, ſo wie aus einem kleinen Fiſch⸗ chen bey der jugendlichen Verwandlung endlich ein wahrer Froſch wuͤrde, eben fo konnte auch aus dem Froſche ein wahrer Fiſch werden: obgleich in der Natur nie die Rede von dem was geſchehen konnte, ſondern was, der Erfahrung nach, wirk⸗ lich geſchieht, ſeyn ſollte. Ein Dritter half ſich am Kuͤrzeſten dadurch aus aller Verlegenheit, daß er alles rund weglaͤugnete, und von keinem Baſtard wiſſen wollte. Inzwiſchen iſt doch die Exiſtenz die⸗ ſes geſchwaͤnzten Froſches ſo unſtreitig, als der Zank⸗ apfel ſelbſt, die Fortdauer des Schwanzes, und man muͤßte die Behauptungen der giltigſten Zeugen, ja, was noch mehr iſt, die ganze Reihe dieſer Thiere in ihrer ſtufenweiſen Verwandlung, die das akade⸗ miſche Muſeum in Göttingen aufbewahrt, für eine C2 bloße 2 Der Baſtard. bloße Erdichtung oder die ſeltſamſte Taͤuſchung halten, wenn man dieſelbe läugnen wollte. Den Namen Baſtard ſcheint bloß der Unwille uͤber die⸗ ſen Froſch erzeugt zu haben. Es waͤre ſehr irrig, wenn Jemand dabey an eine durch Vermiſchung von 2 ungleichartigen Thieren entſtandne Kreatur denken wollte. Seba fuͤhrt den allmaͤhligen Uebergang des Froſches in einen vollkommnen Fiſch weitlaͤuftig und mit mehrern Abbildungen an. Er iſt feſt uͤber⸗ zeugt, daß, ſo wie aus dem kleinen Fiſchchen ein Froſch werde, eben ſo auch dieſer endlich in einen vollkommnen Fiſch verwandelt werde; er beſe huldigt die, welche dieſe wunderbare Metamorphoſe laͤug⸗ nen, geradezu eines Mangels au hinlaͤnglichen Erfah⸗ rungen; er zeigt, wie der Froſchfiſch nach und nach ſeine Fuͤſſe zuruͤckeziehe, wie die lappichte Haut ſie umhuͤlle und endlich zuſammenwachſe und Floſſen bekomme, und beſchreibt zuletzt noch den vollendeten Fiſch, der die Größe einer mittelmaͤßigen Barbe ha⸗ ben, und unter dem Namen Jakjes in Surinam gefangen und als ein Leckerbiſſen gegeſſen werden ſoll. Solchen Darſtellungen iſt ſchwer den Glau⸗ ben zu verſagen. Und dennoch laͤugnen neuere und \ Der Bastard. g 2 und gruͤndliche Naturforſcher dieſe Verwandlung. Es iſt hier der Ort nicht, dieſer Sache weitlaͤufti⸗ ger Erwaͤhnung zu thun. Vielleicht ſind wir fuͤr Manchen ſchon zu weitlaͤuftig geweſen. Allein nach unſerm geringen Ermeſſen duͤrfen ſolche Dar⸗ ſtellungen in unſern Unterhaltungen durchaus nicht fehlen. Ihr Zweck iſt, einige Blicke in das uner⸗ meßliche, höchſt mannigfaltige Reich der Natur zu thun. Warum ſollten nun nicht hie und da verſchie⸗ dene Meynungen wuͤrdiger Naturforſcher angefuͤhrt werden duͤrfen, beſonders wenn der Fall von der Art iſt, daß der beſcheidene Freund der Natur lie⸗ ber erzählen, als entſcheiden will? Was nun unſern Baſtard, oder geſchwaͤnz⸗ ten Froſch ſelbſt anbetrifft, ſo hat er das beſon⸗ dere an ſich, daß er, gegen die Weiſe andrer Froͤ⸗ ſche, ehe er noch ſeine voͤllige Ausbildung erlangt hat, ſchon eine faſt ſpannenlange Größe erreicht. Ein ſtarker, fleiſchiger, auf den Seiten plattge⸗ druͤckter Schwanz iſt es, was feine Gattung, un⸗ ter dem zahlreichen Froſchgeſchlechte, zur einzigen | in ihrer Art macht. Sein Leib, feine Schenkel und Fuͤße ſind von aſchgrauer Farbe, in der man hie und da einen dunkelbraunen Flecken wahrnimmt. C3 An 22 Der Raondfroſch. An ſeinen Vorderfuͤßen hat er vier, an den Hinterfuͤßen aber fuͤnf Zehen, die mit ziemlich ſcharfen Klauen verſehen ſind. Die hintern ver⸗ bindet eine Schwimmhaut, die an den vordern fehlt, obgleich das Thier auch mit dieſen recht gut rudern kann. Ob die Ruͤckgrath⸗Wirbel durch den Schwanz fortlaufen, oder ob er eine bloße Subſtanz von Haut und Fleiſch ſey, iſt nicht ganz ausgemacht. Sehr wäre dieſem Geſchoͤpfe ein Fermin zu wuͤnſchen, der uns manche Dunkelhei⸗ ten in der Geſchichte desſelben aufklaͤrte. | Ohne Zweifel iſt die amerikaniſche Froſchgat⸗ tung, die Cinns den Handfrofch nennt, der Ca⸗ tesbyſche Waſſerfroſch, der ein ungemein ſchoͤnes und angenehmes Anſehen hat. Man findet ihn von verſchiedner Größe. Er hat lang geſtreckte Glieder, die er mit großer Leichtigkeit bewegen kann. Zum Luftſpringer ſcheint er geboren. Er ſoll Saͤtze auf eine Weite von 18 Schuh zu ma⸗ chen im Stande ſeyn. In ſeinem ziemlich ſpitzig zugehenden Kopfe ſind ſchoͤne ſchwarze Augen, die der gelbe Kreis, der fie umgibt, noch ſchoͤner und hervorſtehender macht. Seine Hauptfarbe iſt grün, Regelmaͤßig find über den Körper ſchwarze Flecken Der Randſtoſch. 23 Flecken vertheilt. Was ihm aber vollends ein ſehr ſchoͤnes Anſehen gibt, ſind die hellgelben zween Strei⸗ fen, die vom Halſe an nach hinten zu an den beyden Seiten des Ruͤckens hinlaufen, ſo daß der Froſch mit einem Saum umgeben zu ſeyn ſcheint. Zwo aͤhnliche Binden gehen laͤngs dem Kopfe hin. Die⸗ ſe aber ſind weiß. Gern wohnt dieſer Froſch an Vaͤchen und Waſſergraben. Hier ſucht er ſeine Nahrung unter den Juſekten, an denen ohnehin feine Heimath Weſt⸗ indien ſo reich iſt. Aber gerade an dieſen Waſſern wachſen ſehr haͤufig Pflanzen, die ſo manchem In⸗ ſekt durch ihre Struktur eine vortreffliche Freyſtaͤtte gegen die allzugroße Gefraͤßigkeit dieſer Froͤſche und auderer ihrer Feinde gewaͤhren. Eben das Waſſer⸗ gewaͤchſe, das wir bey der Abbildung dieſes Thieres (n. 6.) ſehen, (Sarracena Canadenſis foliis cavis & auritis L.) hat Blätter, die faſt wie ein Löffel gebil⸗ det ſind. Sie fangen das Regenwaſſer auf und ge⸗ ben tauſend Waſſerinſekten ein ſicheres Obdach, in⸗ dem ſie zugleich kleine Teiche fuͤr ſie enthalten. Waͤ⸗ ren nicht ſolche Anſtalten in der Natur getroffen, die wenigſtens einen Theil eines Thiergeſchlechtes in Schutz naͤhmen; ſo wuͤrde manches ganz von der 10 Erde 24 Der Randſroſch. Erde verſchwinden. Aber ſo muͤtterlich und weiſe handelt die Natur immer und bey allen ihren Werken. Sie wollte zwar, daß ein Thier ſich vom andern naͤhre, daß die Verweſung einer Pflanze das Wachs⸗ | thum einer andern befoͤrdere; allein kein Geſchlecht ſollte das andere ganz zerftören koͤnnen. Um dieſes zu verhindern, wußte ſie die zweckmaͤßigſten Ein⸗ richtungen zu machen, und ſicherte, bald durch eine unzugaͤngliche Stelle, bald durch einen warnenden Inſtinkt, bald durch eine unbezwingliche Staͤrke die zuſammenhaͤngende Kette der Weſen, ſo daß nie, weder Elemente, noch Thiere, noch Menſchen ein Glied aus derſelben herauszunehmen im Stande ſeyn werden. ; Es gibt noch einige andere auslaͤndiſche Kroͤ⸗ ten und Froͤſche, deren Abbildung und Beſchrei⸗ bung der Raum unſrer Blaͤtter nicht erlaubt. So iſt z. B. die O.uackkroͤte, (K. Mufica.) die, wi⸗ der die Gewohnheit der Kroͤten, quackt; der Dickbauch (R. Ventricofa.) mit feinem Eyrun⸗ den Maule; der Seefroſch (R. Marina.) mit buck⸗ lichten Schulterblaͤttern; der Nachtſchreyer, (R. * Typhonica.) der wie eine Kraͤhe ſchreyt; und der Windbeutel, (R. Boans) der mehr bruͤllt als 0 9 * | quackt, Tab. II Ä | 1 „ ö 7 2 My / L y PR.) - 2. e, . 7 j GE Kon 22.4 Fin, , / a5 PP A. . re 2 En zo * . 2 : — 2 PP DET, 61 Pr ,; Nr, 7 DATA, — * * 772 2 75 Rr, 937223 2 Pe 4 ii e in DL ,, , e. f l 1 We RL 10 4 1 ** ns * wi 16 a ' 05 W 2 * 1 eee Der braune Grasfroſch. 25 quackt, und einige andere. — Doch wir gehen zu den inlaͤndiſchen Frdſchen uͤber. N — EEE Fei. Der braune Grasfroſch. Rana temporaria, la Eren. brune terreſtre. Ein beſonders großer und ſchoͤner. (7) Der gewoͤhnliche. (8) Das Maͤnnchen. (a) Das Weibchen. (b) So dürftig an Merkwuͤrdigkeiten vielleicht Mate chem die Naturgeſchichte unſrer inlaͤndiſchen Srö= ſche ſcheinen möchte; fo hoffen wir doch unſre Leſer in Abſicht auf ihren Bau, Nahrung, Fortpflanzung und ſtufenweiſe Verwandlung auf einige Dinge aufs merkſam zu machen, die ihnen eben darum, weil fie dieſe Thiere für zu geringfügig hielten, als daß fie einer genauern Beobachtung verdienten, bisher un— bekannt waren. Wir beſorgen den Vorwurf der | Weitlaͤuftigkeit hierin um ſo weniger, weil fuͤr die Unterhaltung junger Leute und anderer, die gerne in Amphib. D die e 5 i 2 ——— — —H—-¼ — 26 Der braune Grasfroſch. die Schatzkammer der Natur etwas tiefer blicken, in Ruͤckſicht dieſer verachteten Geſchoͤpfe noch faſt gar nichts geſchehen iſt, und werden mit Freuden alles thun, um etwas mehr als ein trocknes Namenregi⸗ ſter zu liefern. Den Sommer uͤber meiſtens am Lande, im Graſe und in Gebuͤſchen verſteckt, lebt der braune Grasfroſch fein einformiges Leben. Sein Ruͤcken iſt etwas flach, mit einigen hervorſtechenden Ecken. Er iſt ſo gut gebildet, als es ein Froſch in ſeiner Art ſeyn kann, und ſeine ſtarken Fußmuskeln machen ihn zu einem ſehr geſchickten Springer. Seine Nahrung ſucht er immer außerhalb des Waſſers. Er nimmt ſich nicht die Muͤhe, ſeiner Beute nach⸗ zujagen: lieber erwartet er fie im Graſe lauernd. Sobald er ein Inſekt erblickt, ſo macht er einen ge⸗ waltigen Satz und haſcht mit feiner Zunge dasſelbe. Nicht leicht wird ihm eins entgehen. Hiezu iſt ihm die ganz beſondere Einrichtung der Zunge ſehr nuͤtz⸗ lich. Sie zeigt fihhtbar die Sorgfalt eines hoͤchſt⸗ guͤtigen Schoͤpfers für ein fo geringe geachtetes Thiergeſchlecht. Statt daß bey andern Thieren der breitere Theil der Zunge hinten am Schlunde ungewachſen iſt, fo iſt bey dem Froſche hingegen . Ä der⸗ Der braune Grasfroſch. 27 derſelbe vorne am untern Kiefer befeſtiget. Im Grunde ſtreckt alſo dieß Thier ſeine Zunge nicht her⸗ aus, ſondern es ſchlaͤgt ſie heraus und kann demnach ö feinen flüchtigen Raub weit leichter erhaſchen. Auch die wichtige Gabe fie auszudehnen und zuſammen⸗ zuziehen, ſo wie die beyden Spitzen vorne, mit de⸗ nen der Froſch anfaßt, wie nicht weniger der klebrige Schleim auf der Zunge, der dem Thiere, das ihn naͤhren ſoll, die Flucht verbiethet, ſind hoͤchſt wohl⸗ thaͤtige Anſtalten, die ihm ſeine men ungemein erleichtern. () An ſeinen Vorderfüßen hat er 4, an den Sin⸗ terfuͤßen fünf Zehen, Auch der Umſtand daß die Letztern eine Schwimmhaut verbindet, iſt fuͤr ihn nicht ohne Nutzen. Denn ob er gleich ein eigentli⸗ cher Candfroſch iſt, (fo heißt er im deutſchen Linn) ſo verlaͤßt er doch, ſobald die rauhe, nahrungsloſe Jahrszeit eintritt und die Inſekten allmaͤhlig ver⸗ ſchwinden, ſeinen bisherigen Aufenthalt, und eilt dem Schlamme und dem Waſſer zu. Hier, in der Tiefe, erwartet er mit ſeiner zahlreichen Geſellſchaft, die Rückkehr beßrer Zeiten. Indeſſen darf man . D 2 nicht (Man ſehe die Abbildung des Weibchens. Tab. IV. Nro. 8. Lit. b. 28 Der braune Grasſfroſch. nicht beforgen, daß es ihm das Leben koſte, wenn der Teich oder Fluß, den er ſich zum Winterquars tiere gewaͤhlt hat, zugefriert. Zwar wird man ihn wie todt herausſchoͤpfen. Das dicht verſchloßne Maul, die ſteif ausgeſtreckten Glieder, der einge⸗ fallne Bauch u. d. werden uns auf den Gedanken bringen, das arme Thier ſey wirklich ein Opfer der Kälte geworden. Allein wir dürfen nur einen Au⸗ genblick Geduld haben, und er wird ſo munter fort⸗ huͤpfen, als waͤre er nie erſtarrt geweſen. Sonder⸗ bar iſt der Umſtand, den Goͤze wahrnahm, daß das Blut eines erſt aufgethauten Froſches unter dem Vergroͤßerungs-Glaſe weiß war. Er ſah ſehr deutlich den Umlauf desſelben in der Schwimmhaut eines Hinterfußes. Erſt nach einigen Tagen und ſtarker Bewegung bekam es wieder die eee rothe Blutfarbe. Die Farbe des braunen Grasfroſches iſt ſo verſchieden als ſeine Groͤße. Roͤſel fand einſt ei⸗ nen vorzüglich ſchöͤnen und großen, der ſchon ein hohes Alter haben mochte. Seine Farbe (Nro. 7.) war roͤthlich. Die Gewoͤhnlichen find etwas kleiner. Jedoch iſt das Beſondere, daß das Weibchen (8. b.) Nene etwas größer als das Männchen (8.2. ) iſt. In Der braune Grasfroſch. 20 In einem etwas hellern braͤunlichen Grunde ſind dunkelbraune Flecken und Streifen. Die Augen des braunen Grasfroſches ſtehen weit hervor. Dieß iſt ihm ungemein vortheilhaft, um den ſchnel— len Bewegungen der Inſekten, und den Verfolgun— gen ſeiner Feinde mit ſeinen Blicken deſto leichter folgen zu koͤnnen. Ein durchſichtiges, bewegli⸗ ches Haͤutchen, das er unter dem Waſſer daruͤber wegziehen kann, ſchuͤtzt ſie vor dem Eindringen der Naͤſſe. In einem faſt ſchwarzbraunen Flecken an den beyden Seiten des Kopfs ſtehen die Ohren, und uͤber der Schnauze ſind die Naſenldcher befindlich. Erſt mit vier Jahren iſt der Grasfroſch aus⸗ gewachſen. Es muß dieß jedem auffallen, der ſich erinnert, daß eins der ſchoͤnſten und vollkommenſten Thiere, das Pferd, nicht laͤnger brauche, und der Hund ſchon mit einem Jahre reif ſey. Waͤre das nicht, welche ungeheure Schwaͤrme von Froͤſchen wuͤrden uns nicht heimſuchen. So darf man aber annehmen, daß viele Tauſende, vor ihrer Reife, um⸗ kommen. Nur von dieſer an kann man erſt das Ge⸗ ſchlecht des Grasfroſches aͤußerlich unterſcheiden. Das Maͤnnchen iſt an der Kehle und dem Bauche gelblich, mit rothen und braunen Flecken; an ſeinem D 3 Vor⸗ 30 Der braune Grasfroſch. Vorderfuße zeigt ſich nun auch die ſchwarze, rauhe Haut, die ihm bey der Begattung zu Statten kommt, nach derſelben aber ſich wieder verliert. Auch zeichnen es die Blaſen an der Seite des Kopfs aus, woburch es feine Stimme verſtaͤrken kann. Die ſonderbar gebildete Zunge ſtemmt ſich alsdann, halt den aus der Kehle kommenden Ton und Stoß auf, und treibt die Luft in die nun aufſchwellende Blaſen. An fchonen, warmen Fruͤhlingsabenden ſtimmt es fein bekanntes Koax, Koax, berekeke an, welches der Vorbothe von Regen und nahem Gewitter ſeyn ſoll. Um die Begattungszeit grunzt es leiſe, bey⸗ nahe wie ein Schwein. Um dieſe Zeit geht das Weibchen unruhig und uͤbellauniſch auf und nieder. Dieſes hat eine weißliche Kehle, auch der Bauch iſt weiß. In der Farbe des Ruͤckens findet man hie und da einige Abweichungen. Ganz Europa A ihr Vaterland. Doch fehlt es auch in andern Welttheilen nicht an dieſer Froſch⸗ gattung. Sie ſoll ſich, nach Labats Bericht, in | großer Menge auf dem feſten Lande und den Inſuln von Amerika finden. Der Körper ſoll daſelbſt einen Schuh lang, die Schenkel ungemein fleiſchig, und der Geſchmack derſelben ſo angenehm ſeyn, daß man Der braune Grasfroſch. 31 man des Nachts große Jagden anſtellt, um f e in Menge zu fangen. | Gewiß würde der braune Grasfroſch ſein Alter ziemlich hoch bringen, und 12 ja wohl meh⸗ rere Jahre leben, wann nicht Fiſche, Maͤuſe, Störe che und Menſchen ſich gemeinſchaftlich beeiferten, fein Lebensziel abzukuͤrzen. Laͤcherlich iſt es, mit welcher Erbitterung die Menſchen oft gegen dieſes nuͤtzliche Thier ſtreiten, das im Grunde ſich an nichts vergreift, was ſie gebrauchen können; wohl aber eine Menge der gefraͤßigſten Inſekten und Schnecken wohlthaͤtig vertilgt. Oft iſt in der That der Haß der Menſchen gegen gewiſſe Thiere ein Zeuge von der Unwiſſenheit, welche wichtige und dankwuͤrdige Dienſte ſie ihnen leiſten. 8 Ganz falſch iſt es, daß der braune Grasfroſch giftig ſey. Er wird haͤufig gegeſſen. Zwar wollen das die nicht Wort haben, die uns mit Froͤſchen fuͤr unſre Kuͤche verſorgen. Sie geben vor, daß ſie nur den gruͤnen Waſſerfroſch hiezu waͤhlen. Inzwiſchen weiß doch der Beobachter, daß um die Zeit, wenu fie gewöhnlich ihre Froſchkeulen zu Marfte zu brin⸗ gen anfangen, noch kein Waſſerfroſch, wohl aber der braune Grasfroſch die Winterquartiere vers 1 N laſſen 32 Der braune Grasfroſch. laſſen habe. Doch wir wollen jenen fleißigen Froſch⸗ jaͤgern dadurch in ihrer Nahrung nicht im Geringſten Abbruch thun. Vor dem Gifte, mit dem man uͤber⸗ haupt die Amphibien ſo reichlich beſchenkte, kann Jedermann bey dieſem Froſche ruhig ſeyn. Man ſollte denken, wenn man einen Froſch nach feiner Farbe, Größe, Lebensart u. d. beſchrie⸗ ben hat, nun weiter keine beſondern Merkwuͤrdig⸗ keiten mehr von ihm anzufuͤhren zu haben. Aber in der That; das Unglaublichſte und Wichtigſte zeigt ſich erſt, wenn wir feinen Leib oͤffnen. Hier, in dieſem beſchraͤnkten Kreiſe, entdecken wir eine ganze Welt von lebendigen Weſen. Millionen Ge⸗ ſchöpfe regen ſich hier und freuen ſich ihres Daſeyns. Schneiden wir einen Froſch entzwey und blaſen feis ne Lungen auf, ſo bemerken wir, ſobald wir ſie ge⸗ gen das Licht halten, mehrere Arten von Wuͤrmern, an denen Swammerdan einen ſcharfen Schnabel fand. Doch das iſt noch ſo wunderbar nicht! Wie werden wir erſtaunen, wenn wir ein ſolches Wuͤrm⸗ chen zwiſchen zwo Glasplatten unter das Vergrdz ßerungsglas bringen. Welch ein Gewuͤhl erblicken wir! Mehr als 1500 lebendige Junge regen und bewegen ſich in dem Leibe dieſes Wuͤrmchens. Aber % Der braune Grasfroſch. 33 Aber auch hier iſt noch nicht der bevoͤlkertſte Theil des Froſchbauches. Nehmen wir von der gruͤulichen g Feuchtigkeit, die ſich im Maſtdarme des Froſches befindet, nur etwa ſo viel, als der halbe Kopf einer Stecknadel betraͤgt, und rühren es an ein Tropfchen Waſſer, um es durch ſichtiger und flüffiger zu machen. welch ein Schauſpiel zeigt uns nicht unſer Vergroͤße⸗ rungsglas in dieſem kleinen Meere! Millionen kleine, | gelenkige Thiere ſchwimmen lebhaft herum. Man weiß kaum, ob man ſeinen Augen oder ſeinem Glaſe trauen darf. Eine ganze Welt im kleinſten Raume! Ueberdenken wir unn, wie viele ſolcher Thiere ſich im übrigen Maſtdarme und in den andern Gedaͤrmem befinden moͤgen, rechnen wir diejenigen hinzu, de⸗ ren Aufenthalt die bereits angefuͤhrten Wuͤrmer find, and es wird eine Summe herauskommen, die wir kaum auszuſprechen im Stande ſind. Und dieß al⸗ les im Leibe eines Gr asfroſches, über den unſer Fuß \ ſorglos hineilt, und den wir vielleicht mit dem Aus⸗ drucke der Verachtung: es iſt nur ein Froſch, hin⸗ werfen, ohne zu bedenken, daß er eine Welt ſey, und bevölkerte Welten in ſich trage. amp E Tab. Tab. V. & VI. 1 Die ſtufenweiſe Verwandlung des braunen Grasfroſches. 9. 10. 1 — 2. * Es iſt gewiß der Aufmerkſamkeit derer, die ſich ger⸗ ne mit wiſſenswuͤrdigen Gegenſtaͤnden beſchaͤftigen, ungemein werth, die hoͤchſt wundervollen Veraͤnde⸗ rungen, die mit dem braunen Grasfroſche, vom Eye an bis zu feiner völligen Ausbildung, vorgehen, naͤher zu kennen. Wir beſorgen daher keinen Vor⸗ wurf einer unnoͤthigen Weitlaͤuftigkeit, wenn wir die wundervolle Geſchichte der Verwandlung und des erſten Wachsthums dieſer Geſchoͤpfe, durch richtige Abbildungen und eine faßliche Beſchreibung deutlich zu machen ſuchen. Freylich erlauben uns die Graͤn⸗ zen unſers Werkchens dieß nur bey Einer Froſchgat⸗ tung zu thun. Ohnehin gehen die uͤbrigen alle durch aͤhnliche Veraͤnderungen hindurch. Es finden zwar Veerrſchiedenheiten Statt; doch bleibt die Saaten | in der Hauptſache immer dieſelbe. * Je fruͤher die erſten, waͤrmenden Feubüngs⸗ | | die Erde aeg und die ganze Natur in eine N ehen Na e ee N 5 a q -— —— — « Art 75 2 * 22 * 0 RR e des braunen Grasfroſches. 35 eine wohlthaͤtige Gaͤhrung bringen, deſto fruͤher tritt auch die Paarungs⸗ und Laichzeit der braunen Grasfroͤſche ein. Sie find die Erſten, die, ſobald das Eis, das ihre Winterwohnungen bedeckte, zer⸗ ſchmilzt, zum Vorſchein kommen, und die Wieders kehr lauerer Tage mit Grunzen und Quacken begrüfs ſen. In langen aneinander hangenden Schnuren und Haufen gibt das Weibchen ihre Eyer oder ihren Laich von ſich, der von dem Maͤnnchen befruchtet wird. Er beſteht aus kleinen ſchwarzen Kuͤgelchen, die faſt wie die Koͤrner einer Weintraube ausſehen. Sie umgibt ein gallertartiger Schleim (Tab. V. g. a) der durch die Finger ſchluͤpft und vollkommen durch⸗ ſichtig iſt. In dieſen unfoͤrmlichen Klumpen, deſſen kuͤnftiges Schickſal gewiß kein Menſch errathen wuͤr⸗ de, wußte der Schoͤpfer die erſten Stoffe zu legen, die ſich mit der Zeit zu einem vollkommnen Froſche entwickeln. Das ſo ſonderbare Ey, das aus einem von weißlichem Schleime umgebenen Kuͤgelchen be⸗ ſteht, erinnert faſt unwillkuͤrlich an das Weiße und den Dotter der gewoͤhnlichen Eyer, und zeigt auch hierin, wie, fo verſchieden die Werke der Natur find, dennoch in ihren Operationen eine hoͤchſt auffallende 1 Statt finde. In dem ſchwarzen Rorn E 2 | Site | 36 Die Verwandlung dieſes Caichs entdeckt man einen weißgrauen Punkt, der aber nicht in allen Eyern gleich deutlich iſt. In Einer Stunde kann die fruchtbare Fr oſchmutter ſechs⸗ bis eilfhundert ſolcher Eyer legen. Ihr Geſchaͤfte iſt jetzt vollendet. Sie bekuͤmmert ſich nun nicht im Geringſten mehr um ihren Laich, und uͤberlaͤßt alle fernere Muttertreue der guten Natur, in deren Haͤn⸗ den er auch ſehr wohl verſorgt iſt. vun | So wie die Eyer aus dem Leibe des Weibchens ſind, fo ſinken fie auf den Grund des Waſſers, in dem die Begattung und Geburt vor ſich gieng. Nun, nach ungefähr 4 Stunden, erweitert ſich die weiße, ſchleimige Hülle (6). Das Schwarze behalt noch ‚feine Geſtalt. Immer mehr vergrößert ſich das Weiße: es wird leichter als das Waſſer, und hebt ſich \ allmaͤhlig nach 8 Stunden, mit vielen andern Eyern zufammenhängend, an die Oberfläche empor (c). In einigen Tagen verliert nun auch der ſchwarze Punkt ſeine runde Geſtalt (a); er wird etwas grau⸗ licher; die waͤrmern Sonnenſtrahlen loͤſen den Kno⸗ ten, und es zeigt ſich ein Schwaͤnzchen, das ſich zuerſt, aber immer noch undeutlich, von dem Knaͤuel loswickelt (e). Bis zu dieſem Punkte der E ntwick⸗ U verſtreichen fünf Wochen. | ; Bald 4 des braunen Grasfroſches. 32 Bald darauf bemerkt man die erſte Bewegung, die erſte Spur von Leben, in dem bisher todten Punkte. Die noch undeutliche Schwanzſpitze macht einige Zu⸗ ckungen nach dem vordern Theile zu, und es iſt un⸗ verkennbar, daß der Schleim, deſſen Zweck wir bis⸗ her noch nicht genau einſahen, die erſte Nahrung des N von feinen Eltern verlaßnen Froſchwuͤrmchens ſey. Nach ungefähr 6 Wochen iſt die Eyform völlig ver ſchwunden. Das Wuͤrmchen draͤngt ſich naͤher an den Rand ſeines Eyes; die Haͤute platzen, und es fällt das kleine Geſchoͤpf aus dem Eye auf den Bo: den des Waſſers. Noch oft ſchwimmt es munter wieder in die Hoͤhe dem geliebten Schleime zu, der die Stelle der muͤtterlichen Bruſt ſo wohlthaͤtig ver⸗ tritt. Betrachtet man ein ſolches Wuͤrmchen unter dem Vergroͤßerungsglaſe, ſo entdeckt man ein un⸗ foͤrmliches ſchwarzbraunes Geſchoͤpf mit einem plum⸗ pen Kopfe, der drey ſtumpfe Ecken hat (7). Der Leib geht verloren zu, und endigt ſich in einen ſtum⸗ pfen Schwanz. Bald darauf werden dieſe ſeltſa⸗ men Geſchoͤpfe geſchmeidiger und fiſchaͤhnlicher (g). Mit großer Lebhaftigkeit bewegen ſie ſich hin und her; ihr Leib iſt gerade ausgeſtreckt, da er vorher gefränmt war. Noch hat der Schwanz keine Floſſen. In ges E 3 ſelliger 38 Die Verwandlung ſelliger Eintracht ſchwimmen ſie haufenweiſe munter herum, und haͤngen ſich in zahlreichen Klumpen an die Waſſergewaͤchſe (), an denen ſich der nahrhafte Schleim geſammelt hat. Aber nicht lange behalten unſre Wuͤrmchen dieſe Form. Eine ganz unerwar⸗ tete Veraͤnderung geht mit ihnen vor. Zween Tage nach der letzten Verwandlung erhaͤlt der Schwanz | auf beyden Seiten einen durchſichtigen Anhang. Noch ſind die Thierchen viel zu ſchwach, ihre Nah⸗ rung im Trocknen zu ſuchen. Darum erhielten ſie, um ſich leichter bewegen zu konnen, dieſe ſo nuͤtzlichen Ruderſchwaͤnze. Außerdem erſcheinen an jeder Seite des Kopfs franzenartige Auswuͤchſe (i), aus de⸗ nen wir anfangs gar nicht wiſſen, was wir machen ſollen. Unterſuchen wir fie unter dem Vergroͤße⸗ rungsglaſe, ſo entdecken wir an jeder Seite zwey ſiebenendige Hirſchgeweyhe (). Denn gerade fo ſe⸗ hen dieſe Auswuͤchſe oder Franzen aus, die nichts anders als die Luftroͤhren dieſer Thiere ſind, und mit der Zeit in den Leib zuruͤcktreten, und die Lungen bilden. Indem wir noch ungewiß ſind, ob wir die ſonderbaren Auswuͤchſe fuͤr Pfoten, oder Fuͤße, oder ſonſt was halten ſollen, beſonders da ſie ſich immer hin und her bewegen, gehen wir nach wenigen Ta⸗ gen des braunen Grasfrofches. 309 vr wieder zu unſerm Froſchwuͤrmchen. Allein, es hat ſchon wieder eine andere Maske angelegt. Die Geweyhe und Franzen ſind um vieles kleiner, die Thierchen aber iſt größer und dicker geworden. Nur wenige Tage nachher entdecken wir zum erſten Male wahre Augen, wir moͤgen den kleinen Wurm von oben (1) oder von der Seite (m) betrachten. Die Anhaͤnge an dem Kopfe ſind bereits ſo klein, daß wir bald ſie ganz zu verlieren vermuthen. Dieß ge⸗ ſchieht auch. Sie verſchwinden endlich ganz, nach⸗ dem das Thier ungefaͤhr ſechs Tage im Beſitze der⸗ ſelben geweſen iſt. Jetzt nehmen Kopf und Leib eine laͤnglichrunde Geſtalt an (Tab. VI. zo. n) und find faſt von gleicher Dicke. Die Pünktchen, die die durch⸗ ſichtige gelblichbraune Schwanzfloſſe bezeichnen, ge⸗ ben ihr ein artiges Anſehen. Um dieſe Zeit haͤu⸗ tet ſich das Thier mehrere Male, und legt ſeine Saut wie einen Schleim ab. Schon ſeit mehrern Tagen ſind unſre Wuͤrmchen nicht mehr mit dem an den Waſſergewaͤchſen haͤngenden Schleime zufrieden. Mit einem hörbaren Kniſtern benagen ſie die Waſſer⸗ linſen, und dieſe von uns fo unwerth gehaltne Pflanze naͤhrt demnach Millionen Geſchoͤpfe in dem zarten Alter, da ſie noch viel zu ſchwach ſind, den Inſekten 1 nach⸗ nachzuftellen, wozu fie die Natur ganz eigentlich bes ſtimmte. Jetzt bleibt die aͤußerliche Form einige Zeit faſt ganz dieſelbe. Nur wird das Froſchwuͤrmchen etwas größer und anſehnlicher (o), und erreicht, un⸗ gefaͤhr mit dem zwey und ſiebenzigſten Tage ſeines Diaſeyns auf der Erde, von der Laichzeit an gerech⸗ net, die bey (p) abgebildete Größe und Geſtalt, die eher einen kuͤnftigen Fiſch als einen Froſch in dem Thiere vermuthen laͤßt. Man ſieht deutlich die Schwanzmuskeln, die nach einer gemeinſchaftli⸗ chen Mittellinie hin, in ſchiefer Richtung der n zu gehen. Noch immer iſt keine Spur von einem Fuße zu ſehen. Munter lebt das Thier im Waſſer, als waͤre es ſein bleibendes Element, nur ſcheint die zuneh⸗ mende Groͤße es ſcheuer, vielleicht bedachtſamer und kluͤger zu machen. Daher es, bey Erblickung eines ungewohnten Gegenſtandes, ſogleich in die Tiefe eilt. Endlich, nachdem der Beobachter faſt eilf volle Wo⸗ chen gewartet hat, ob aus dem Dinge ein kriechen⸗ des oder ſchwimmendes Geſchoͤpf werden ſoll, zeigen ſich die zarten Süße ganz klein und faſt unſichtbar (4). Die Augen ſind um ein Merkliches heller als zuvor, und nun kommen auch Naſenldcher zum Vorſchein. s Mit des braunen Grasfroſches. 1 Mit ziemlicher Haſtigkeit freſſen fie Linſen und Blaͤt⸗ ter, und man darf ihnen ein etwas hartes Blatt hin⸗ halten, ſie zermalmen es. Denn ihr Oberkiefer iſt mit ſehr ſcharfen — man kann denken, wie unendlich kleinen — Zaͤhnen beſetzt. Allmaͤhlig wachſen auch die Süße, und es erſcheint ein zwiſchen den Füßen herabhaͤngendes Stuͤck, das man ſich im Anfange nicht erklaͤren kann (7). Man iſt bey dieſem Thiere ſchon an Sonderbarkeiten gewohnt, bemerkt aber endlich, daß dieſer Anhang kein Glied, ſondern nur ein aus dem After hervorkommender Unrath ſey. Bald darauf bekommt das Srof chwuͤrmchen eine etwas andere Geſtalt. Der ganze Leib iſt auf⸗ gelaufen; die Fuͤße ſind um ein Anſehnliches ge⸗ wachſen, und, wenn man das Thierchen auf d er untern Seite anſieht (Y, fo wie es auch abgebildet iſt, ſo muß man uͤber die ſeltſame Figur mit dem Spießſchwanze erſtaunen. Doch die Aufmerkſam⸗ keit des Beobachters wird bald wieder auf etw as Neues hingeleitet. Das ſonſt ſo gefraͤßige Thier faͤngt zu faſten an, M nd bereitet uns ſchon dadurch auf eine merkwuͤrdige Veraͤnderung ſeines aͤußerlichen AZauſtandes. Der Kopf iſt gewaltig geſchwollen, der Leib etwas geſchmeidiger als vorher, die Hinterfuͤße Amphib. 0 ſind 42 Die Verwandlung ſind voͤllig ausgewachſen (H Indem wir voll Auf⸗ merkſamkeit vor dem Thiere ſtehen, ob denn nicht bald eine Spur von den ſo lange erwarteten Vorder⸗ füßen zum Vorſchein kommen werde, ſtreckt es ploͤtz⸗ lich hart an der Kopfgeſchwulſt den linken Vorderfuß hervor. Aber kaum wollen wir ihn naͤher unterſu⸗ chen, ſo zieht ihn dasſelbe wieder zuruͤck, und es iſt auch nicht das Geringſte mehr von dem noch kaum vorher ſo deutlich erblickten Fuße wahrzunehmen. | Sonderbar iſts immer, daß gerade immer zuerſt der linke Fuß, und zwar, nicht etwa wie zuvor die Hintern, außerordentlich klein, ſoͤndern in ſeiner wahren verhaͤltnißmaͤßigen Groͤße erſcheint. Waͤh⸗ rend dieſer Faſtenzeit geht auch im Innern des Thiers, in der Große und Lage feiner Gedaͤrme, eine ſehr ſicht⸗ bare Veraͤnderung vor ſich. Endlich, und zwar mit ungefaͤhr 14 Wochen, von ſeinem erſten Daſeyn an gerechnet, treten die beyden Vorderfuͤße vollkommen ausgebildet hervor (u). Aber noch immer iſt unſer Froſch ein abenteuerliches Ungeheuer. Wir wiſſen noch nicht recht, ob wir einen eigentlichen Froſch, oder eine Eidechſe, oder gar einen Fiſch mit Fuͤßen aus ihm machen ſollen. In dieſer Geſtalt werden dieſe Thierchen muntrer. Der innere Drang, der die / / N m N N des braunen Grasfrofches. 43 die Ausbildung befoͤrderte, und ihm etwas unange⸗ nehm ſeyn mußte, laͤßt nach, je naͤher ſie ihrer voll⸗ kommnen Ausbildung ſind. Sie kommen nun an die Oberflaͤche des Waſſers und ſchoͤpfen Luft, oder fie fteigen ganz ans Land. Doch nehmen fie immer noch keine Speiſe zu ſich; wenigſtens iſt es noch nicht bemerkt worden. Noch erwartet der, der die Geſtalt des Croſches kennt, eine wichtige Veraͤnderung. Er lauert begierig auf das Abfallen des Schwanzes. Allein die Sache geht ganz unvermerkt vor ſich. Noch am naͤmlichen Tage, da die Vorderfuͤße er⸗ ſchienen, oder auch am folgenden, verliert ſich die durchſichtige Floſſe; der eigentlich durch ſie hinlau⸗ fende Schwanz wird kuͤrzer (*), und geht in einen ſonderbaren Stumpf über (/. Aber auch dieſer hat nicht lange zu bleiben. In wenigen Stunden iſt jede Spur von einem ehemaligen Schwanze ver⸗ Be und unfer fo fonderbarer Wurm (Y) iſt He 3 e en (In dem Soand vor ſeiner Verwandlung, nannten die Alten dieſes Geſchoͤpß Gyrinus; franz. tétard oder teftar. In eini⸗ gen Gegenden Deutſchlands heißen fie Rubls quappen, Raulpatten, Roßnaͤgel, Roß⸗ koͤpfe, Kroͤtenkugeln ꝛc. \ 44 Die Verwandten die Größe Wasen ‚en vollkommen ausgebil⸗ deter, ungemein drolliger Froſch (2), der nun mit leichtem Muthe, froh alle die Abwechslungen uͤber⸗ ſtanden zu haben, in die Welt huͤpft. 2 998 Was aus dem Schwanze geworden ſey, if noch immer ein Geheimniß. Ob er dem Thierchen zur Nahrung diene, ob er zerfließe, oder vielleicht zuſammenſchrumpfe, oder was ſonſt damit vorgehe, iſt noch fo ausgemacht nicht. So viel iſt gewiß, daß das Vorgeben des Plinius, der Schwanz ſpalte ſich und bilde die Hinterfuͤße, ganz ohne Grund ſey. Wer erſtaunt nicht, wenn er jo den Froſch, drey Monate lang, durch die mannigfaltigſten Vers wandlungen hindurch begleitet? Wenn er, Schritt vor Schritt, vom Eye bis zur vollkommnen Ausbil⸗ dung, ihm folgt? — Wer findet nicht den Schoͤpfer im Kleinen ſo groß, als im Großen ſelbſt? Und be⸗ weist nicht der, der von irgend einem naturhiſtori⸗ ſchen Gegenſtande, bloß darum weil er klein iſt, weg⸗ werfend ſprechen kann, im Grunde weiter nichts, als daß er das, was er klein nennt, nicht kenne, noch nie aufmerkſam unterſucht habe? Aioͤber wer verdankt es nicht mit Wärme ſolchen Maͤnnern, wie Möſel, Swammerdan, Leeuven⸗ hoͤck des braunen Grasfroſches. 45 hock u. a., die fo manche Tage ihres nuͤtzlichen Lee aufopferten, ja ſo viele Stunden ihrem Schlummer abbrachen, um der Natur auf dem Fuße zu folgen, fie in ihrer Werkſtaͤtte zu belauſchen, und die Menſch⸗ heit uͤber Dinge zu belehren, die ohne ihren Beobach⸗ tungsgeiſt und ohne ihre Beharrlichkeit vielleicht lan⸗ ge noch in ein Gewebe fonderbarer Fabeln eingehuͤllt geblieben waͤren? Und wie nothwendig iſt es nicht, die verſchiedenen Masken, die, beſonders die klein⸗ ſten Thiere, in ihrer zarten Jugend tragen, zu ken⸗ nen, um ſich nicht fo lächerlich zu machen, oder mit ſo kindiſcher Furcht zu quaͤlen, wie jener Gaͤrtner in Frankreich. Dieſer wackre Mann fand einſt im Um⸗ graben ſehr bedenkliche Laͤppchen, die natuͤrlich nur von einer Hexe herkommen konnten. Mit Hand⸗ ſchuhen bewaffnet — denn wer wird ſo etwas mit bloßen Händen anrühren? — nimmt er bebend eis nige, und eilt damit zu feinem Herrn Pfarrer. Sos gleich dachte dieſer an die Hexenknoten, von denen er ſich in der Jugend ſo ſchoͤne Kenntniſſe eingeſam⸗ melt hatte, und raͤth dem bedraͤngten Gaͤrtner, zu ſeinem Herrn zu reiſen, der in Paris die Freuden des Lebens genoß, ohne zu bedenken, welches Unweſen die Hexen auf feinen Gütern trieben. Der Herr ers — 46 Die Verwandlung des braun. Gragfr. ſchrickt — und zieht feinen Wundarzt zu Rathen Beyde, eben ſo große Naturhiſtorlker als der Gaͤrt⸗ ner und ſein Herr Pfarrer, ſchreiten zu aberglaͤubi⸗ ſchen Mitteln. Sie helfen nichts. Endlich ſoll Nollet die Hexen bannen. Er nimmt eine Scheere, offnet der uͤber dieſe Kuͤhnheit bebenden Verſamm⸗ lung das Hexenlaͤppchen, und zieht einen Bienen⸗ Embryo aus dem Roſenblaͤttchen hervor, in das die ſorgfaͤltige Mutter ihr Ey gewickelt hatte. — So kann Unwiſſenheit laͤcherlich und furchtſam machen! Sobald die jungen Froͤſche ihre wahre Geſtalt erlangt haben, ſo verlaſſen ſie Abends zu Tauſenden ihre Suͤmpfe, in der Hoffnung, daß nun ihre moͤr⸗ | deriſchen Feinde, die Staare, Raben, Störche u. d. ſich in ihre Neſter begeben haben werden. Nur ein warmer Regen macht, daß ſie von dieſem Geſetze abgehen. Jetzt iſt ihnen die Nahrung aus dem Pflanzenreiche eben ſo zuwider, als werth ſie ihnen zuvor war. Sie haſchen mit ungemeiner Fertigkeit Muͤcken. Wenn beym Anbruche des Frühlings die erwachſenen braunen Grasfroͤſche im Waſſer zuruͤck⸗ bleiben, um erſt ihre Begattungs⸗ und Laichzeit ab⸗ zuwarten, ſo eilen dagegen die J Juͤngern, . vo. Untüchtigen, dem Lande zu. | G Der Froſchregen. 47 N Unmdglich koͤnnen wir hier das fo beruͤchtigte Regnen der Froͤſche mit Stillſchweigen uͤbergehen. Sehr viele ſtanden ſonſt in der Meynung, und noch immer hat ſie ihre Vertheidiger, daß, ſobald ſich die fallenden Regentropfen mit dem Staube vermiſchen, pldtzlich Froͤſche daraus würden, die nach dem Re⸗ gen eben fo plotzlich wieder verſchwaͤnden. Andere glauben, der Froſchlaich werde oft in der Luft ausge⸗ bruͤtet, und falle dann mit dem Regen herab. Die⸗ ſes Froſchregnen trägt fo ganz das Gepraͤge der als bernſten Erdichtung, daß es nicht noͤthig waͤre, ein Wort daruͤber zu verlieren, wenn nicht ein zufaͤlliger Umſtand dieſe Sage zu beſtaͤtigen ſchiene. Wenn man naͤmlich in einer froſchreichen Gegend, waͤhrend eines warmen Regens geht, ſo findet man eine un⸗ geheure Menge junger Fröfche, die zuvor nicht da waren. Sobald die Sonne wieder ſcheint, find fie auch wieder wie verſchwunden. Allein bey genaue⸗ rer Unterſuchung enkdeckt man, wie ſie ſich nur unter Gebuͤſchen und Geſtraͤuchen verſteckt haben, aus de⸗ nen ſie kurz vorher eben der warme Regen, den ſie ungemein lieben, ſchaarenweiſe herbeygelockt hatte. Denn ganz konnen fie das theure Element nicht ver⸗ ehen, das am Morgen ihres Lebens ihr einziger Auf⸗ 48 Der Froſchregen. Aufenthalt war. Vielleicht hat die Erfahrung ſie gelehrt, daß ſie alsdann im Inſettenfange gluͤckli⸗ cher ſind, und daß jetzt der Regen diejenigen aufzu⸗ ſteigen hindert, die ſonſt durch ihre Flügel ihnen ent⸗ gangen wären, Hoͤchſt wunderbar iſt es immer, daß die Vertheidiger des Froſchregens den Umſtand “ nie berühren, warum es doch immer nur auf dem Lande, nie in den Staͤdten, welche regne. Ja, wenn auch dieſes wirklich geſchaͤhe, wenn ein Freund die⸗ ſer Fabel mit der Verſicherung kaͤme, er habe auf Baͤumen, Daͤchern, ſelbſt auf ſeinem Hute, junge Froͤſche gefunden: ſo wuͤrden wir immer lieber glau⸗ ben, ein Rabe oder ein Storch habe, beym Anblick eines ſtaͤrkern Feindes, ſeine Beute aus der Luft her⸗ abfallen, oder ein Sturmwind habe die Thierchen erſt aufgewirbelt, und dann wieder ſinken laſſen, als daß wir uns von der Bildung der Froͤſche aus Staub und Regenwaſſer, oder von der Entwicklung des Laichs in der Luft, je uͤberreden ließen. Maͤnner von großer Gelehrſamkeit und unlaͤug⸗ baren Verdienſten find in dieſen Irrthum gerathen. Es iſt ein ſonderbares Schauspiel, zu ſehen, mit wel⸗ chem Aufwand von Scharfſinn ſie ſich bemuͤhen, das Unmdgliche als wahr ſcheinlich, und das Abſurde als vernünftig darzuſtellen. F Die m. — Su, —— — * . — 2 — Er De, a RR Der Laubfroſch. 49 Die ungehenre Menge junger Frdſche, die bey einem warmen Regen zum Vorſchein kommt, bes Leist nichts für das Froſchregnen ſelbſt. Denn man gebe einem Teiche nur 300 Froſchmüͤtter, laſſe nut jede 800 Eyer laichen, fo hat man ſchon eine Vier kelmillion Fröſchchen, die wahrhaftig ein ganz arti⸗ ges Gewühl in einer Gegend machen koͤnnen, in der ein angenehmer Sommerregen ſie verſammelt. Tab. VII. VIII. Der Laubfrofh Rana arborea, la Raine ou ren. de St. Mar kin. Der grasgruͤne Laubfroſch. (11) Der meergruͤne Laubfroſch. (11) Der mit aufgeblasner Kehle. (12) Das Gerippe des Laubfroſches. (13) | Fuar die kleinſte, aber niedlichſte Art unter dem gahlreichen Froſchgeſchlechte it der Caub⸗ oder Baumfroſch. Ein ungemein ſchoͤnes derſchiednes \ * Gruͤn bedeckt ſeinen Ruͤcken, ſobald er ſeine vollige Reife erreicht hat. Sonſt aber findet man unter Amphib. G den Pi: 5 EN 2 50 Der Laubfroſch. den J Juͤngern ſchön geſprenkelte, meergruͤne und grau⸗ lich gruͤne. Der untere Theil des Leibes iſt weißlich. Ein fchöner ſchwarzer S Streif ſcheidet bey den Maͤnn⸗ chen die dunklere Farbe des Ruͤckens von der hellem | des Bauches. Was den Zaubfroſch von allen andern ſeiner einheimiſchen Bruͤder auszeichnet, ſind die ſonder⸗ baren Knoͤpfchen, die er an den 5 Zehen feiner Hinter⸗ und den 4 Zehen ſeiner Vorderfuͤße hat. Oft ſehen wir etwas fuͤr ein Spiel der die Mannig⸗ faltigkeit liebenden Natur an, und uͤberſehen den wichtigen Zweck, den gerade dieſe oder jene Anſtalt, dieſe oder jene Einrichtung irgend eines Theils an manchen Thieren hat. So ſind vielleicht manchem die Anötchen an den Zehen des Caubfroſches un: begreiflich. Da die Natur ihn zum Klettern beſtimm⸗ te, ſo ſollte man denken, ſcharfe Klauen wuͤrden ihm ein viel nuͤtzlicheres Geſchenk geweſen ſeyn. Allein, gerade dieſe Knoͤtchen find ihm zu feinem gefaͤhrlichen ä Berufe weit brauchbarer, als Klauen. Mit dieſen wuͤrde er nie, auch am glaͤtteſten Glaſe auf⸗ und ab⸗ ſteigen koͤnnen; mit jenen kann er es ſehr gut. Dieſe kleinen Halbkugeln an den Spitzen ſeiner Zehen ſind wahre Aahkoſben, die, faſt wie die luftleeren | Schröpf⸗ Der Laubfroſch. 51 Schroͤpfkopfe an dem glatten Rüden eines Mens‘ ſchen, eben ſo an dem polirten Glaſe oder der glat⸗ — ten Baumrinde haͤngen bleiben. Zwar erfand man, um dieſes wundervolle Auf und Abſteigen an einer ſteilen, glatten und ſenkrechten Wand zu erklaren, % ſehr bald einen zaͤhen, klebrigen Schleim, der aus dieſen Kuͤgelchen hervorgehen ſollte. Allein, die ſorg⸗ faͤltigſten Unterſuchungen ließen von dieſem vorgebli⸗ chen Schleim durchaus nichts entdecken. Offenbar müßte die Haut dieſer Knoͤtchen durchloͤchert ſeyn, das ſie nicht iſt, und es waͤre nicht einzuſehen, war⸗ um der Laubfroſch, wenn er mit naſſen Fuͤßen klet⸗ tern will, öfters heruntergleitete, wenn ein klebrige | Schleim alles ausmachte. Unterſucht man die Knoͤtchen recht genau, ſo findet man eine helle Blaſe, die faſt einen kleinen G 2 ſches, Fußballen vorſtellt. Ueber dieſe hin erſtreckt fich die kleine Halbkugel, und bildet da, wo ſie aufhoͤrt, eine kleine Rinne. Alles bewegt ſich in einem Gelenke. | So wie nun das Thier feinen Fuß wo andrüdt, ſo wird die Blaſe breit, bleibt, wie naſſes Leder, kleben, und die aͤußere Luft druͤckt nun auf die Halbkugel mit ihrer bekannten Kraft. Daß dieſe aͤußere Luft a ante der wunderbaren Geſchicklichkeit des Laubfro⸗ Der Laubfroſch. ſches, am Glaſe auf⸗ und abzuſteigen, ja garde Sn den lange fo kleben zu bleiben, eine Hauptrolle habe, iſt wohl die Erfahrung Beweis genug, daß, wenn wan ihn unter die Glocke der Luftpumpe bringt, und die Luft, ſo viel möglich, wegnimmt. nun auch die ganze Geſchicklichkeit des enen im Klettern ein Ende hat. Den Sommer uͤber lebt der Laubfroſch i in Zaͤunen, Geſtraͤuchen, Hecken; gern klettert er auf die Gipfel der Baͤume, und kuͤndigt durch ein lau- tes O.uacken feine Gegenwart an. Die Stimme iſt ungemein ſtark. Man hoͤrt ſie wohl 2 Stunden melt. Hiezu dient ihm die runde, dicke Vlaſe an feiner Unterkehle (12). Er kann ſie ſo gewaltig auf; blaſen, daß man glaubt, das Thierchen habe eine Kugel zwiſchen den Beinen, mit der es ſpiele. Durch dieſes ſo £inftliche Werkzeug erhaͤlt es theils die Luft- in einer ſehr ſchnell zitternden Bewegung, theils aber dient ihm zugleich dieſe Blaſe, um ſich, außer ſeinen Saugkolben, feſte an das Glas zu halten. In die⸗ ſem Falle gibt es ihr ſtatt der Kugelgeſtalt eine Cya Ynderformige Figur. Sein Ton iſt eigentlich kein völliges Quacken. Er hat vielmehr eine Aehnlich⸗ keit mit dem etwas widerlichen Tone, wenn man mit „ Der Laubfrofeh. 53 mit einer ſtumpfen Feile an einem harten Stahl, oder an einem Stuͤck Kupfer herunterſtreicht. 8 Wahr iſt es, daß der Laubfroſch die Veraͤnde⸗ rungen des Wetters mit großem Geſchrey ankuͤndigt. Was aber das, ob er vor oder nach Georgi ſchreyt, für einen Einfluß auf die Fruchtbarkeit oder Unfrucht⸗ barkeit des Jahres haben ſoll, wie einige behaupten, iſt ſchwer einzuſehen. Oft haͤngt er nur an einem | Fuße an einem Baume oder einer Hecke (Tr), und lauert auf feinen Raub, Inſekten, Schnecken u. d. Im Winter eilt er dem Waſſer zu, in deſſen Schlamm verſteckt, er dieſe harte Zeit hinbringt. Da die Na⸗ tur ihm waͤhrend dieſer Periode kein Futter geben konnte, ſo gab ſie ihm dafuͤr Schlummer und Be⸗ taͤubung. Er erwacht ſpaͤter daraus, als der brau⸗ ne —— 15 1 Erſt im May verlaſſen die Jungen den Schlamm, und eilen aus Land. Die Alten bleiben zuruͤck, be⸗ gatten ſi fi ch und laichen im Waſſer. Weil man bes ſtaͤndig vorausſetzte, die Kaubfröfche muͤßten dieß am Lande thun, und doch nie weder ihren Laich noch die Wuͤrmchen fand, fo erwarb ſich Paracelſus lange uneingeſchraͤnkten Glauben, da er verſicherte, die Sache gehe am Firmamente vor, Allein Roͤſol bes G3 horchte 54 horchte die Natur lieber im Waſſer als am Firma⸗ mente, und war gluͤcklicher als Paracelſus. Hi fand er den Laich und folgte ſeiner Entwicklung eben fo forgfältig, als bey dem braunen Grasfroſche. Aehnliche Veränderungen, wie mit dieſem, gehen mit dem Caubfroſche vor. Auch er naͤhrt ſich ſo lange mit Pflanzen, bis Alter, Erfahrung, Staͤrke und die noͤthigen Werkzeuge ihn zur Juſettenjagd geſchickt machen. | Das Maͤnnchen hat eine etwas Wende b le. Dieſe ſowohl als der Beſitz jener Trommel un⸗ terſcheiden es hinlaͤnglich von dem Weibchen, deſ⸗ ſen Kehle weißlich iſt. Ihr Alter moͤgen ſie auf 8 — 12 Jahre bringen, und auch ſie konnen Hun⸗ ger meiſterlich ertragen. | So verachtet und verfolgt ſonſt das arme Froſchgeſchlecht war, ſo faͤngt die Menſchheit doch allmaͤhlig den Laubfroſch liebzugewinnen an. Sein richtiges Vorgefuͤhl von der Aenderung des Wetters haben ihm den Zutritt in unſre Haͤuſer vers‘ ſchafft. Mancher Landmann, der jetzt ſein Heu einfuͤhren, manche Dame, die irgend etwas, wozu ſie einen heitern Himmel wuͤnſcht, vornehmen moͤch⸗ te, eilt jetzt vorher zum Caubfroſche, und fraͤgt | ihn — Der Laubfroſch. 58 ihn um Rath. Und nie wird das gute Thier ſie taͤuſchen. So richtig als der Wetterfiſch, wenn er aͤngſtlich den Sand am Boden des Waſſers aufs wühlt, Regen verkündigt; eben fo zuverläßig dient uns der Caubfroſch zum Baro⸗ und Hygrometer. Man haͤlt ihn in einem geraͤumigen Zuckerglaſe, worin etwas Waſſer, Gras und eine kleine Leiter iſt. Badet er ſich, ſo wird es bald, und verweilt er im Waſſer, anhaltend regnen. Verlaͤßt er aber das feuchte Element, und ſteigt ſeine Leiter hin⸗ auf, oder haͤngt er ſich am Glaſe an, ſo wird es gut Wetter. Da er im Zimmer keine Kaͤlte ver⸗ ſpuͤrt, ſo iſt er auch des Winterſchlafs uͤberhoben. Sollte nicht der Schoͤpfer uns durch dieſe lebendi⸗ gen Wetterglaͤſer eine große Wohlthat haben erzeigen wollen, da auf die Zeit der Saat und Ernte doch bekanntlich fo viel anfommt? und gibt es nicht viel⸗ leicht manche unſchaͤtzbare Wohlthat in der Natur, die wir, ſtatt ſie zu benutzen, als eine bloße Spie⸗ lerey anſehen? Doch wollen wir nicht verſchweigen, daß erſt vor Kurzem ein maͤchtiger Gegner des Laubfroſches als Wetterpropheten aufgetreten iſt, der ihm diefes Talent rund abſpricht. ii Ä e 56 Der Laubfroſch. Mit außerordentlicher Fertigkeit haſcht der Caubfroſch in feinem Glaſe die Fliegen, die man ihm lebendig hineinſendet. Denn eine todte wird er nie beruͤhren. Ueberhaupt iſt es eine ſonderbare Bemerkung, daß er keine ſtilleſitzende Fliege fängt» Lauernd bleibt er vor ihr in unbeweglicher Stille. ö Kriecht ſie ihm uͤber den Leib, ſo ruͤhrt er ſich nicht. Nur dann, wenn ſie vor ſeine Augen, die er ſo ſtark auf fie hinheftet, daß fie ihm aus dem Kopfe her⸗ austreten, kommt, dann haſcht er fie plotzlich. Auch nach langwierigem Hunger vergreift er ſich an keinem | Juſekt, an dem er nicht Leben und Bewegung merkt. Aber auch ziemlich große fuͤrchtet er nicht. Er jagt ſich mit einer großen Brummfliege tuͤchtig im Glaſe herum, und macht manchen vergeblichen Sprung. Sie haſchen und hinunterſchlucken, iſt Eine Hand⸗ lung. Allein ſein Magen verdaut ſie nicht. Wenn die Saͤfte ausgeſogen ſind, ſo geht ſie als ein un⸗ foͤrmlicher Klumpen von ihm ab. Stunden und Tage lang kann er unbeweglich in ſeinem Glaſe ſitzen, ohne irgend ein Merkmal eines peinlichen Hungers von ſich zu geben. Nur ſind ſeine Seiten etwas eingefallen. Er iſt nicht ganz unempfind⸗ lich gegen den, der ihm ſein taͤgliches Fliegenfutter zu — Der Laubfroſch. 32 zu bringen gewohnt iſt. So ſchwach auch vielleicht, | wie man wenigſtens zu vermuthen Urſache hat, feine übrigen Sinnen ſeyn moͤgen, fo iſt doch ſein Geſicht ungemein ſcharf. Falſch iſt es, wenn man glaubt, das Schreyen der Maͤnnchen bedeute Regen⸗ wetter. Im Gegentheil erfolgt darauf gemeiniglich trockne, beſtaͤndige Witterung. Staͤrker als ihr In⸗ ſtinkt, der ihnen bey Annäherung der Regenzeit im Waſſer zu leben gebiethet, ift ihr Hunger. Dieſer allein noͤthigt ſie herauszuſteigen, und auf die Fliege Jagd zu machen, die ihnen ihr Wohlthaͤter bringt. Gemeiniglich ſchreyen ſie des Tages zweymal, mit Anbruch des Tages und kurz vor dem Untergange der Sonne. Allein dieß kann durchaus nur ein ſchon zur Fortpflanzung reifer Caubfroſch. Wenn man daher hie und da einen verſichern hört, er habe einen Laubfroſch zu feiner haͤuslichen Geſellſchaft aufges nommen, der aber ſtumm zu ſeyn ſcheine, ſo darf man ſicher glauben, es ſey ein junges Thierchen, das dieſe Gabe der Stimme noch nicht beſitzt. Im Winter haben freylich dieſe armen Thiere ihre liebe Noth, und muͤſſen ſich mit den feinen Er⸗ dentheilchen behelfen, die ſich im Waſſer befinden. Wenn die uns laͤſtigen Gaͤſte, die Fliegen, ihren Amphib. „ Ab⸗ 58 Das Gerippe Abſchied nehmen, ſo fehlt es uns gaͤnzlich an Nah⸗ rung fuͤr ſie. Nicht leicht gewoͤhnen ſie ſich an eine andere Art der Fuͤtterung. Denn nicht jeder hat die Gelegenheit, eine kuͤnſtliche Fliegenzucht im Winter anzulegen, wie Goͤze ſo ſchoͤn beſchrieben hat. Eine beſondere Tugend hat man dem LCaub⸗ froſche noch zugeſchrieben. Wer naͤmlich die Un⸗ bequemlichkeit hat, ſtark an den Haͤnden zu ſchwi⸗ tzen, der ſoll nur einen Laubfroſch ſo lange in den Haͤnden halten, bis er ſtirbt. Ob man bey dem zaͤhen Leben dieſes Thieres nicht ziemlich lang halten duͤrfe, und ob es uͤberhaupt geſund ſeyn moͤchte, dieſe vielleicht wohlthaͤtige Ausduͤnſtung plotzlich zu hem⸗ men, wollen wir nicht entſcheiden. Weil man ſich der aͤußerlichen Geſtalt des dro⸗ ſches nach ſehr ſchwerlich einen richtigen Begriff von ſeinem Knochen⸗Bau machen kann; ſo iſt es vielleicht nicht unangenehm, das ſo niedliche Gerippe (13) eines Laubfroſches einige Augenblicke zu betrach⸗ ten. Auch dieſer Anblick kann den irrigen Wahn widerlegen, als ſey der Froſch ein unvollkommnes und unvollendetes Thier. Denn wer wagt es, ein Thier ſo zu nennen, an dem alles ſo zweckmaͤßig, ſo en und Dauerhaft if, als es nach feiner Beſtim⸗ mung des Laubfroſches. 59 mung ſeyn muß. Das obere Kiefer iſt wie mit einer zarten Laubſaͤge von Zähnen verſehen. Das untere hat keine Zaͤhne: und wirklich bedarf ein Thier, das ſeine Nahrung ſtets ganz verſchluckt, nie zerkauet, auch deren keine. Sichtbar iſt das kuͤnſtliche Ge⸗ lenke, das die beyden Kinnladen verbindet; groß die Köcher, wo die Augen ſtehen, und über ihnen die Sirnſchale, die mit dem aͤußerſt wenigen Ge⸗ hirn, das die Froͤſche zu haben pflegen, doch ganz ausgefüllt iſt. Wohlthaͤtig find die beyden ſtarken Schulterblaͤtter uͤber dem Ruͤckgrath, und das Bruſtbein unter ihm. Sie ſchuͤtzen die feinern Theile, das Herz und die Lungen, die bey einem ſo gewaltigen Springer leicht Schaden leiden konnten. Gleich an dem Kopfe faͤngt der Ruͤckgrath an; denn da der Froſch keinen eigentlichen Hals hat, ſo braucht er auch keine Halswirbelbeine. Die neun Nuͤckenwirbel haben groͤßtentheils Guerfortſaͤtze, die die Stelle der Ribben vertreten. Man wuͤrde aber ſehr irren, wenn man glaubte, dieſe Wirbel laufen durch den ganzen Ruͤcken der Laͤnge nach hin. Mehr als die Haͤlfte des Ruͤckens hat keinen Ruͤckgrath mehr, ſondern nur 3 Knochen, von ziemlicher Laͤnge und Duͤnne. Sie gehen vom letzten Wirbel aus, Ba laufen 60 Das Gerippe des Laubfroſches. laufen dann etwas auseinander, und dann, nach unten zu, wieder zuſammen. Der mittlere ſchließt ſich nicht ganz an, und könnte Schwanzbein heiſ⸗ ſen, weil hier bey den Froſchwuͤrmern der Schwanz angewachſen iſt. Hier unten laufen die Spring⸗ füße hin. Zwiſchen ihnen und dem Ruͤckenknochen macht das Schaambein die Verbindung. Die Fuͤße beſtehen aus dem etwas gekruͤmmten Gberſchen⸗ kelbein, dem gerade aus gehenden Schienbein, und den Fußbeinen mit den vielen Knochen der Ze⸗ hen. Hart am Schienbeine ſind zween Knochen, und an dieſe erſt graͤnzt der ſo kuͤnſtlich abgeglie⸗ derte Vorfuß. Die weit kuͤrzern Vorderfuͤße be⸗ ſtehen nur aus zwo Noͤhrenbeinen und den eis gentlichen Fußknochen. Sie bedurften nicht die Staͤrke und Einrichtung jener Springfuͤße. So viel von dieſem kunſtvollen Gerippe, mit dem die Skelete der uͤbrigen Kröten und Froͤſche fehr uͤber⸗ einkommen. Wer kann aber, wenn er dleß Fünfte liche Gebäude auch nur einer flüchtigen Aufmerk⸗ ſamkeit wuͤrdiget', den Froſch für ein geringfuͤgi⸗ ges, der nähern Betrachtung unwerthes Geſchopf halten? 1 . Tab. 90 re IN Le IB Aa Ve 570 eee 1 0 * 1 K. N „ * — N. 61 Iuaab. VIII. Der gruͤne Waſſerfroſch. Rana eſculenta, la Grenouille verte aqua- tigue. (14) Aich dieſe ſo beliebte Speiſe, die in Zeiten des Fleiſchverbothes Tauſenden eine kraͤftige und ange⸗ nehme Nahrung gewaͤhrt, verdient, daß wir noch einige Augenblicke bey ihr verweilen. Mag man auch immer in einigen Gegenden Deutſchlands uͤber das Eſſen der Froſchkeulen die Naſe ruͤmpfen, ſo ſind doch wieder andere, die dem Schöpfer Dafür danken, und es wuͤrden, wenn eine Frage entſtuͤnde, was denn appetitlicher waͤre, eine Auſter oder eine Froſch⸗ keule? wohl die meiſten Stimmen gegen die erſtere ſeyn, die doch ſo hoch geruͤhmt wird. Der gruͤne Wafl erfroſch iſt ein aͤußerlich wirk⸗ lich ſchoͤn gezeichnetes Thier. Ihn unterſcheiden Größe, Farbe und Bildung gar ſehr von den mit ihm verwandten Arten. Sein Kopf geht ſpitziger zu. Er iſt um ein betraͤchtliches größer, als der Laub⸗ froſch. Ein ſchoͤnes, mattes Grasgruͤn mit abwech⸗ ſelnd dunkeln Stellen bedeckt ſeinen Ruͤcken, uͤber deſſen Mitte und an den Seiten gelbe Streifen hin⸗ 93 | laufen. 62 Der grüne Waſſerfroſch. laufen. Die Schwimmhaut an den Zehen der Hinterfuͤße iſt ſtaͤrker als bey den uͤbrigen Froͤſchen. Das Maͤnnchen hat eine ſtarke Stimme; ſie klingt faſt wie Quark, Quark, und Geck, Geck. Dieß mag ihm in Sachſen den Namen Gluarkgoͤcker, einige ſagen Marx Goͤcker, erworben haben. Auch er bes kommt um die Begattungszeit die rauhe Haut, oder die warzichten Knollen, die er aber nach der⸗ ſelben wieder verliert. Auffallend ſind die großen weißen Blafen, die das Männchen, während ſeinem unangenehmen Geſange, aus beyden Maulwinkeln heraustreibt. Sein Aufenthalt iſt gewohnlich am Ufer oder im Schlamme an Teichen. Hier wohnt er in fehr zahlreicher Geſellſchaft. Naͤhert ſich ſchnell eine Ge⸗ fahr, dann eilt der ganze Zirkel in gewaltigen Bo⸗ genſpruͤngen dem Waſſer zu. Im Sprunge ſelbſt ſchießen ſie eine Menge Waſſers von ſich. Es iſt in der That ein komiſcher Anblick, hier einen, dort einen den Satz machen zu ſehen, und den Fall im Waſſer zu hoͤren. Er liebt den Sonnenſchein, und eben darum trifft man ihn ſo oft am Lande an. Seine Sinnen ſind ſehr ſcharf. Er iſt weit kuͤhner und gluͤcklicher im Raube, als e Bruͤder. Wenn dieſe ſich Der grüne Waſſerfroſch. 63 ſich mit Inſekten und Wuͤrmern begnuͤgen, und oft den bitterften Hunger leiden muͤſſen, ſo wagt ſich der gruͤne Waſſerfroſch an Sperlinge, Maͤuſe, junge Enten. Er ſtiehlt in den Teichen Forellen, und foger große Hechte muͤſſen, nach der Verſiche⸗ rung glaubwuͤrdiger Schriftſteller, zuweilen ſeiner Uebermacht unterliegen, obgleich dieſes etwas ſchwer zu begreifen iſt. Erſt ſpaͤt verläßt der grüne Waſſerfroſch die. Hoͤhlen und den Schlamm, worinn er erſtarrt den Winter zugebracht hat. Doch werden in unſern Gegenden viele Tauſende uͤberwintert, um ſie ſchon fruͤhe zur Speiſe zu haben. Auch muß der Gras⸗ froſch zuweilen aus der Noth helfen. Inm Junius iſt die Begattungs⸗ und Laich zeit. Das Weibchen gibt eine weit groͤßere Anzahl Eyer von ſich, als andre Froſchweibchen. Sie brau⸗ chen fuͤnf Monate, bis ſie ihre Verwandlung ganz uͤberſtanden haben. Der Laich faͤllt ſogleich zu Bo⸗ den, und kommt nie wieder herauf, ehe der Wurm entwickelt iſt. Was man daher von der Oberflaͤche des Waſſers hinwegſchoͤpft, und als ihren Laich ver⸗ kauft, um Froſchlaichpflaſter daraus zu verfertigen, kann es ‚unmdglich ſeyn. Er erreicht ein Alter von 64 Der grüne Waſſerfroſch. von 16 Jahren. Man ſoll bey dem Geſchrey der gruͤnen Waſſi erfroͤſche ſehr deutlich das verſchiedne Alter der Sänger unterſcheiden koͤnnen. Auch ſie haben ein Vorgefuͤhl von der Aenderung des Wetters. In kalten Fruͤhlingstagen halten ſie ſich ſehr ſtille, und ſcheinen der rauhern Witterung von Herzen 5 gram zu ſeyn. Es geht faſt uͤber allen Ausdruck, welche Din⸗ f ge man von den Froͤſchen uͤberhaupt ſchon behauptet hat. Zahllos find die Kuren, die mit Froſchlaich⸗ pflaſter verrichtet worden ſind. Wahre Wunder hat ſchon die Aſche verbrannter Froͤſche gethan. Dieſe ſoll ein vorzuͤglich adſtringirendes, und jenes ein kuͤh⸗ lendes Mittel bey Ausſchlag, Rothlauf und Entzuͤn⸗ dungen ſeyn. Sonſt durften freylich alle dieſe herr⸗ lichen Dinge in keiner Offizin fehlen, die ein wahres Repertorium aller Thiereingeweide, Säfte, Knochen und beſonders alles Thierunrathes ſeyn mußte. Al⸗ lein unſre aufgeklaͤrten Aerzte wiſſen unſern Uebeln zu begegnen, ohne erſt die Leiber aller Thiere aus⸗ zupluͤndern, und ohne noͤthig zu haben, den etwas ſchwaͤchern Perſonen, denen ein unwiderſtehlicher Eckel den Gebrauch ſolcher Dinge unmoglich machen wuͤrde, ſorgfaͤltig das, was ſie ihnen verordnen, zu ver⸗ Der grüne Waſſerfroſch. 68 verhehlen. Doch wollen wir hiemit nicht geradezu allen Froſchtheilen ihre mediziniſche Kraft abſprechen. Noch muͤſſen wir einer ſehr laͤcherlichen a | die unſre Frdſche betrifft, erwaͤhnen. | Jenes Wunder in Egypten hat, außer dem Scha⸗ | den, den jene Schaaren Froͤſche geſtiftet haben mo⸗ gen, noch den unglücklichen Erfolg gehabt, daß es manchem wackern Manne, der es durchaus beleuch⸗ ten wollte, den Kopf verruͤckte. In vollem Ernſte haben manche Erklaͤrer behauptet, jene: Sröfche feyen,. unter Aufuͤhrung eines groͤßern Froſches, bataillons⸗ weiſe angeruͤckt. Ein andrer wußte gewiß, ſie ſeyen, | um deſto ſchrecklicher zu erscheinen, aufgerichtet einz hergegangen. Nur der Umſtand, wie ſie in die ver⸗ | Apa Haͤuſer der Egypter gekommen, machte manchem noch zu thun. Allein, Rabbi Ezechias wußte Rath. Er und viele mit ihm verſicherten zu⸗ verlaͤßig, daß jeder Stein, und waͤre es auch dee haͤrteſte Marmor, ſich pldtzlich öffne, ſobald ein Froſch den Durchgang verlange. Ob er ſich dann wieder ſchließe, oder nicht, das haben dieſe trefflichen | Naturhiſtoriker leider! anzumerken vergeſſen. Es iſt in der That ſeltſam, wie ſauer ſich es manchmal einige haben werden laffen, das Dunkle 5 Amphib. 9 zu 66 Die ſtinkende Waſſerkroͤte. zu erklaͤren, um ja ihre Unwiſſenheit nicht eingeſte⸗ hen zu duͤrfen. Sie fielen dann in Abſurditaͤten, die weit laͤcherlicher waren, als ein freymuͤthiges Geſtaͤndniß ihrer eee nie gewefen feyn wuͤrde. Jab. N. IX. Die ſtinkende Waſſerkroͤte. Rana bufo fuſcus, le Crapaud d eau. (15) Es iſt ſehr wahrſcheinlich, daß der Name Broͤte von kriechen herkomme. Die etwas kuͤrzern Hin⸗ terſchenkel der Aröte machen, daß fie bey Weitem nicht ſo fertig huͤpfen kann, als der Froſch, ſondern ſich ziemlich langſam, unter allgemeiner Verachtung, durch die Welt fortſchleppt. Sie iſt ein duͤſteres, melancholiſches und menſchenfeindliches Thier. An⸗ | dreas Libavius hatte deswegen fo ganz Unrecht nicht, wenn er das ganze Froſchgeſchlecht in zwo Hauptklaſſen, die liebliche und ſcheußliche, ein⸗ theilte: und unter den Lieblichen die Froͤſche, und unter den Scheußlichen die Kröten verſtand. So unnaturhiſtoriſch auch dieſe Eintheilung iſt, ſo wird der Die ſtinkende Waſſerkroͤſe. 67 der gute Libavius wenigſtens bey der Klaſſe der Scheußlichen keinen Widerſpruch zu beſorgen haben. 1 7 EN Ein breiter Rücken, aufgeblafene Seiten, ein haͤßlich gewölbter Kopf mit einem weiten Maule, große gepolſterte Druͤſen an der Schlaͤfe, kurze, dicke Süße, und eine harte mit Warzen beſaͤete Haut zeichnen die Aröten vor den Froͤſchen, wie vor an⸗ dern Thieren aus. Alles iſt an ihnen widerlich. Traurig klingt ihr Geheul; abſcheulich iſt ihr Geruch, unnd eine ſcharfe, aͤtzende Kraft macht den Saft und Harn, den ſie zu ihrer Vertheidigung von ſich ſpruͤ⸗ gen, ſchaͤdlich. Sie ſelbſt ſcheinen ihre Haͤßlichkeit zu fühlen, und fliehen den Anblick der Menſchen. Nur in naͤchtlicher Stille verlaſſen fie ihre Höhlen und Löcher, die fie in Kellern, verfallnen Mauern, | Kirchhöfen und andern unbefuchten Dertern haben, oder den Schlamm und die Suͤmpfe, die ſie bewoh⸗ nen. Dieſes gilt von den Waſſerkroͤten, jenes von den Candkroͤten. Um die Begattungszeit halten ſich beyde Arten im Waſſer auf. Den Winter uͤber bringt jede an ihrem ſonſt gewoͤhnlichen Aufenthalte erſtarrt zu. Sie athmen etwas hart, und hauchen dabey, beſonders wenn es ſehr heiß iſt, gewaltig. J 2 Die 6 Die rende? Wat 15 PER Die Augen der. Beöte funkeln im Finſtern. Es war daher kein Wunder, 5 wenn diefer unerwarte⸗ te Glanz, verbunden mit einem hohlen, traurigen Geheule, ſchon manchen Leichtglaubigen aus einem Keller verſcheuchte, und einen neuen Beytrag zu den fuͤrchterlichen Geſpenſterhiſtorien lieferte. Die Kinnladen haben zwar keine Zaͤhne, find aber hart und höderig, fo daß die Kroͤten das, was ſie ein⸗ mal feſthalten, nicht leicht wieder loslaſſen, man muͤßte ſie dann dem Sonnenſcheine, dem ſie ſo gram find, ausſetzen. An den kurzen Vorderfuͤßen has ben ſie vier Zehen ohne, und an den Hintern ſechs mit einer Schwimmhaut. Sie werden ſehr leicht zornig, blaſen ſich dann gewaltig auf, und ſpruͤtzen eine milchartige Feuchtigkeit von ſich, die, wenn auch nicht eigentlich giftig, doch ſehr ſcharf iſt. Eben darum ſollte mau keine an der Erde wachſende Frucht noch Gemuͤſe eſſen, ohne ſie vorher ſorgfaͤltig gewa⸗ ſchen zu haben. Etwas ſchwer zu glauben iſt es, daß gewiſſe Menſchen eine Kroͤte durch ſtarres Anz blicken getbdtet haben ſollen. Der Abbe Rouſſeau, der unter Ludwig XIV. lebte, erzaͤhlt von einem ge⸗ wiſſen Vanhelmont, er habe eine Rroͤte in ein kieſes Gefüge gethan, und dieſes ihn ſtarr anfegende N Thier — Die ſtinkende Wafferfröte 60 N Thier nun gleichfalls ſtarr angeblickt. In wenigen Augenblicken ſank es todt nieder. Ja Rouffeau ſelbſt wiederhohlte dieſen Verſuch viermal in Egypten, und 0 allemal koſtete es der Kroͤte das Leben. Die Tuͤr⸗ den hielten ihn fuͤr einen Heiligen, deſſen bloße Bli⸗ cke ein ſo feindſeliges Geſchdpf zernichten konnten. In Lyon verſuchte er die Wunderthat nun auch auf Europaͤiſchem Grund und Boden. Allein — ſey es, daß hier ſeine Blicke minder fuͤrchterlich, oder die Kröte weniger furchtſam geweſen, oder daß übers haupt ſich aus dem Morgenlande leichter Wunder erzaͤhlen, als in Europa thun laſſen — kurz, die Krdte ſtarb nicht nur nicht, ſondern fie blickte aufs recht ſtehend unſern Herrn Abbe fo entſetzlich an, ſchnaubte und blies ſich ſo heftig auf, daß ihn eine Ohnmacht anwandelte, kalte Schweiſſe und Diarrhoe uberfielen, und nur Theriak und Schlangenpulver ihn vom Tode retteten. Die Nahrung der Kroͤ⸗ ten ſi nd Inſekten, Fliegen, Kaͤfer, Schnecken u. d. Doch koͤnnen ſie, wie bereits erwaͤhnt, auch u Nahrung geraume Zeit leben. In Suͤmpfen und Moräften lebt die wie Rnob⸗ lauch ſtinkende Waſſerkroͤte, verbirgt ſich aber, vn f e einen Menſchen ſieht. Sie iſt ziemlich | J | 20 Die ſtinkende Waffe, groß. Ihr Ruͤcken iſt mit braunen, ſchwarzen und grauen Flecken in einem hellen Grunde beſetzt. Hie und da findet man auch einzelne Punkte. Das et⸗ was größere Weibchen hat einen dunkeln, grau punktirten, das Maͤnnchen einen gelben Unterleib. Ueber die Mitte des Körpers lauft ein Strich nach hinten zu. Die Haut dieſer Kroͤte iſt glätter, und nicht ſo blaͤtterig, wie bey den meiſten andern. Mit dieſen allen gemein hat fie zwar die Schwimmhaut an den Hinterfuͤßen; allein ihr eigen iſt eine Horn⸗ artige Afterklaue, die einen ſechsten Zehen vor⸗ ſtellt. Auch an ihrem Auge zeigt ſich ein merkwuͤr⸗ diger Umſtand, der ihrer Beſtimmung, Nachts ih⸗ 5 rem Raube nachzugehen, ſehr gemaͤß iſt. Wenn ſie bey einem hellen ſie blendenden Lichte den Stern im Auge zuſammenzieht, ſo erſcheint er nicht nach der Quere, ſondern ſenkrecht: in Geſtalt eines ſchma⸗ len, gelben Streifes. Im Dunkeln hingegen iſt die⸗ ſer Stern zirkelrund und groß. Daher alsdenn das Thier nothwendig beſſer ſehen muß. Die Stimme des Maͤnnchens iſt bald dem Geſchrey des Grasfro⸗ ſches, bald dem Quacken des Laubfroſches aͤhnlich. Das Weibchen grunzt. Sonderbar iſt es, daß das Gefuͤhl des Schmerzens beyden ein Geſchrey erpreßt, das Die ſtinkende Waſſerkroͤe. 71 das dem der Katzen aͤhnlich iſt. Zu gleicher Zeit ſtinken ſie abſcheulich, ſo daß man ſich ganz mit Knoblauch umgeben glaubt. Der Laich dieſer Wafe ſerkroͤten ſieht oft einer 2 Schuh langen Perlenſchnur gleich. Das Männchen ſcheint ſehr geſchaͤftig, ihn ſeinem Weibchen aus dem Leibe zu ziehen, oder viel⸗ mehr zu druͤcken. Ohne ſeinen Beyſtand wuͤrde ſie nicht im Stande ſeyn, ſich des ſelben zu entledigen. Durch ähnliche fiufenweife Verwandlungen, wie die Froͤſche, muͤſſen auch die Arötenwürmchen hin⸗ ö durch wandern, und es iſt merkwuͤrdig, daß der abſcheuliche Geruch ihrer Eltern ſchon in der zarten Jugend ihre Ausſteuer iſt, ſobald ſie ihre vollkommne Krdten⸗Geſtalt haben. Woher dieſer Geruch uͤber⸗ haupt komme, iſt wohl weniger ausgemacht, als daß er dem Thiere zu einer wohlthaͤtigen Schutzwehr ge⸗ gen ſeine Feinde diene. So aͤußerſt begierig die Kroͤtenwuͤrmchen auf Kraut- und Salatblaͤtter ſind, eben ſo ſehr verabſcheuen ſie dieſelben, wenn ſie ihre Verwandlung uͤberſtanden haben. Auch ha⸗ ben fie in jenem fruͤhern Zuſtande viel laͤngere Ge⸗ daͤrme, als nachher. Sie beduͤrfen ihrer aber auch, um jene minder nahrhafte Pflanzenſpeiſe beſſer zu verarbeiten. Am Gift, das man ihnen zuſchreibt, | u find ſie vielleicht ſo unſchuldig, als an den denkwuͤr⸗ digen Kuren, die ihr zu Pulver gebrannter Leichnam vollendet haben elle 1 4 x « CE TEL — 5 Tab. IX. Die gemeine Landkroͤte. 1 bufo, le Crapaud de terre: ( DW In ganz Europa verbreitet, und in unſern Gegen den am gemeinſten ift dieſe Candkroͤte, die Roͤſel die blaͤtterige Candkroͤte nennt, und die ſonſt noch verſchiedne Namen, z. B. Ueze, Padde, Quaduͤze, Lork u. a. m. fuͤhrt. Kaum vermag dieſes haͤßliche Geſchoͤpf feinen dicken Bauch fortzuſchleppen. Sein braͤunlicher und gruͤnlicher Körper iſt über und über mit Pocken oder Blättern beſetzt, die roͤthlich aus⸗ ſehen. Die Wuͤlſte am Halſe ſind rokhbraun „ die Augen aber glänzendes Rothgelb. Am Bauche ift das Männchen hellgrau, das Weibchen aber gefleckt. Bey Nacht geht dieſe Kroͤte auf ihren Raub aus. Den Tag uͤber bleibt ſie in ihrer Hoͤhle, die ſie in einem lockern Erdreiche mit ſolcher Geſchicklich⸗ keit zu wählen weiß, daß man einen Maulwurfsbau = a 70 Die gemeine Landkroͤte. 73 im Kleinen zu ſehen glaubt. Mit der Morgendaͤm⸗ merung eilt das lichtſcheue Thier zuruͤck. Oft leiſten ihm in feuchten Kellern und Staͤllen die Waſſer⸗Ei⸗ dechſen Geſellſchaft, die ſich aus ſeinem Vaue dahin verirrt haben. Dieſe Kroͤte ſoll durch ihren Blick Maͤuſe, Sperlinge, Inſekten u. d. bannen, d. h. ſo bezaubern, daß fie nicht von der Stelle konnen. Dieß mag eben ſo wahr ſeyn, als daß ſie, wie ſie das Landvolk, oder vielleicht hie und da eine betruͤgeriſche Viehmagd, beſchuldigt, den Kuͤhen die Euter aus⸗ ſaugen, und dieſelbe noch obendrein vergiften. Un⸗ moͤglich kann dieſes Vergiften gegruͤndet ſeyn, da großſprechende Marktſchreyer, um die Kraft ihrer Quackſalbereyen zu beweiſen, im Angeſicht des er⸗ ſtaunten Publikums, ſolche Kroͤten lebendig freſſen. Inzwiſchen darf man doch Gefaͤße vor ihnen wohl verwahren, weil ſie gerne hineinkriechen, und der Harn ſowohl als der weiße Saft, den ſie Rs deu Ohrenwuͤlſten von ſich ſpruͤtzen, wenn auch nicht gif⸗ tig, doch unangenehm iſt. Ein abſcheulicher, heu⸗ lender Ton iſt ihre Stimme. Man glaubt eine Kuppel Hunde heulen zu hoͤren. Ihr Laich beſteht aus langen Schleimſchnuͤren, voll Eyern. Daß aber dieſe Krdte mit dem braunen Grasfroſche einen Ba⸗ Amphib. K ſtard 74 Die gemeine Landkrordte. * ſtard erzeuge, iſt ſicher eine Fabel. Der Igel ı und | andere Thiere ſtellen ihr nach. So wenig wir auch dem Kroͤtenoͤhl, dem Krö⸗ tengeiſt und andern beruͤhmten Heilmitteln eine Lob⸗ rede zu halten gemeynt find, fo Tonnen wir doch un⸗ möglich eine erſt in neuern Zeiten entdeckte wohlthaͤ⸗ tige Wirkung von dieſer Kröte mit Stillſchweigen uͤbergehen. Gegen eine lebenslaͤngliche Penſion des Großherzogs von Toſcana, machten die Beſitzer des Geheimniſſes folgendes Mittel gegen eins der trau⸗ rigſten Uebel, den Grind, ohnlaͤngſt bekannt. In einem wohlglaſirten und oben mit einem Tiegel zu⸗ ſammen gekuͤtteten Topfe werden einige lebendige Kröten fo lange am Feuer getrocknet, bis man fie zu Pulver reiben kann. Jetzt beſtreicht man den Kopf mit Schweinefett, uͤberſtreut den Grind mit dieſem Pulver, legt eine wohlpaſſende Haube von Schweine⸗ blaſe und dann ein leinen Tuch daruͤber; ſo geht, nach 24 Stunden, ohne Schmerzen, ſobald man die Decke abnimmt, der Grind mit fort. Dieß wiederhohlt man noch etliche Male, verwahrt aber immer den Kopf ſorgfaͤltig, daß die Luft nicht dazu kommt. So wie die Narben geheilt ſind, ſo iſt auch die Kur und mit ihr dieſe entſetzliche Krankheit ganz voruͤber. Von | 4 2 | Die Feuerkroͤſe. 78 Von der Feindſchaft dieſer Kroͤte gegen die Spinne weiß die Natur nichts. Man gibt zwar all⸗ gemein vor, jene plate, ſobald eine Spinne ſich über ihr befinde und ſie ſteche; allein man mag es tau⸗ ſendmal verſuchen, und fie bleibt ganz. Sonderbar genug, daß man ſich erdreiſten konnte, von ſo nahe liegenden Geſchoͤpfen Fabeln zu verbreiten, deren Ungrund jeder gleich ſelbſt zu entdecken im Stande war. Man würde bald finden, daß die Krdte ſogar Spinnen frißt. Aber als Beweis, mit welcher un⸗ begreiflichen Verwegenheit man in der Naturgeſchich⸗ te Undinge erdichtete, hat dieſe Fabel immer noch einigen Werth fuͤr uns. | — . — . AA ²⁵˙ AAA ² A Tab. X. 5 Die Feuerkroͤte. Rana bombina f. rubeta. (17) Unter den Kroͤtengattungen iſt dieſe die pp: aber der Mannigfaltigkeit der Farben nach, d ſchoͤnſte von allen. Der Ruͤcken iſt zwar nur yes ſchmutziges Olivenfarb, und mit vielen Warzen, ſo wie der ganze uͤbrige Leib, beſetzt; der Bauch aber K 2 iſt 76 Die Feuerkroͤte. iſt das ſchönſte, brennendſte Gelb, mit blauen, ſchwarz eingefaßten Flecken. Dieß mag ihr auch ihren Namen erworben haben. Man trifft fie nicht ſehr haͤufig an, und hat uͤberhaupt Muͤhe, ſie zu fangen, weil ſie ſchlau und lebhaft iſt. Nur mit ei⸗ nem kleinen Stuͤcke ihres Kopfs guckt ſie lauernd aus dem Waſſer hervor. Sobald ſich etwas naͤhert, fährt ſie plotzlich in die Tiefe. Ihre Stimme iſt, beſonders wenn mehrere ſie zugleich erheben, einem komiſchen Gelächter aͤhnlich. Im Dunkeln zieht ſich der Stern ihres Auges in die Form eines Dreyecks, das mit einer zarten, goldgelben Linie eingefaßt iſt. Sie iſt eine Feindinn des Tages, und ſehr ſchuͤchtern. Kann ſie nicht mehr entſpringen, ſo druͤckt ſie ſich hart mit dem Bauche an die Erde hin, als wollte ſie ſich kleiner und weniger bemerkt machen. Wird ſie alsdann noch weiter beunruhiget, fo verändert fie ihre ganze Figur ſo, daß man ein ganz andres Ge⸗ ſchöpf zu ſehen glaubt. Sie weiß ihren Kopf und ihre Schenkel ſo auf den Ruͤcken, der ohnehin wie eine Mulde ausgehoͤhlt iſt, zu legen, daß nun der gruͤne Ruͤcken ganz uͤberdeckt iſt, und man das ganze Thier in einem ſchdnen feuerſarbnen Gewande, mit blauen Flecken, erblickt. Faͤhrt man noch weiter fort, —1 ) WIE II HR a 74 . „ N Die Kreuzkroͤte. 227 fort, denſelben durch Neckerey Verdruß zu machen, ſo kommt aus dem obern Theile des hintern Schen⸗ kels ein Schaum hervor, mit dem es ſeine Plage⸗ geiſter ſpruͤtzt. Daß dieß eigentliches Gift ſey, iſt unerweislich. So viel iſt indeſſen gewiß, daß Roͤſel einige unangenehme Empfindungen verſpuͤrte, wenn er eine lebendige Feuerkroͤte öffnete. Doch beweist dieſes fuͤr das Daſeyn eines Giftes nicht das Geringſte. Die Schwimmhaut ihrer Zehen erſtreckt ſich bis an die Spitze derſelben. Wenn das Weibchen laicht, ſo geht dieſer Laich nicht, wie ſonſt bey den Kroͤten, in ſchnuͤrenfdrmiger Geſtalt, ſondern wie bey den Froͤſchen, in Haufen ab. Ganz Europa iſt | ihr Vaterland. Auch die SeuerFröte ſoll eine fehr richtige Vorempfindung von der Aenderung des Wet⸗ ters haben. Sie pfeift dann in einem hohlen dum⸗ pfigen Tone. Inſekten ſind ihre Nahrung. FCC. 5 Die Kreuzkroͤte. Rana bufo portentofa ſ. calamita. (18) Aich dieſe beruͤchtigte Kröte, die ſchon fo oft in er es Familien Furcht und banges Ent: K3 ſetzen een 5 —— . — — . 28 Die Kreuzkröte. ſetzen verbreitet hat, verdient noch einige Blicke. Sie ift unter dem Namen Roͤhrling und Hausunke ſonſt noch bekannt. In der Größe iſt fie dem Gras⸗ froſche gleich, nur iſt ihr Leib ſtumpfer. Ihre Farbe iſt oben olivenbraun, unten heller. Der Ruͤcken iſt mit ſchmutzigen, rothbraunen Warzen beſetzt, die ziemlich erhaben find, Vom Auge bis zu den Hin⸗ terſchenkeln laͤuft ein eingekerbter, ſo wie uͤber den Ruͤcken hin, ein gelber Strich, der zuweilen die Ge⸗ ſtalt eines Kreuzes haben ſoll. An den Hinterfuͤßen hat ſie keine Schwimmhaut, und ihre Schenkel und Fuͤße ſind kuͤrzer und dicker. Da ſie ſehr gerne in den Ritzen der Mauern lebt, ſo empfieng ſie zum Hinan⸗ klettern vom Schöpfer ein ungemein nuͤtzliches Werk⸗ zeug, das ſie fuͤr die ihr verſagte Gabe, zu ſchwim⸗ men, hinreichend entſchaͤdiget. Sie hat naͤmlich nicht nur hornartige Spitzen an den Zehen, ſondern auch zwey beinartige Erhoͤhungen an der Flaͤche der Süße, die ihr das Steigen und Klettern ſehr erleich— tern. Eben darum thut ſie es auch hierin allen ihres Geſchlechts zuvor, lauft ſo ſchnell wie eine Maus, und ſteigt an einer ſenkrechten Mauer hinauf. An feuchten Ufern, in Kellern, im Schilf, in Ruinen und alten verfallnen Schloͤſſern wohnt fie gewoͤhn⸗ lich. ' 1 Die Kreuzkroͤte. 709 lich. Ihren Laich legt ſie in Suͤmpfen ab. In ei⸗ nem klaͤglichen Tone heult ſie oft, daß auch der Herz⸗ haftere ſchaudert. Dabey treibt das Männchen eis nen großen Beutel auf. Sie graͤbt ſich Hoͤhlen in die Erde, und erwartet da ihre Wintererſtarrung. In einigen Gegenden wird dieſe Kreuzkroͤte um Johannis ſorgfaͤltig aufgeſucht, weil man aus ihr ein Oehl bereitet, das in Laͤhmung und Gicht die cherrlichſten Dienſte leiſten fol, Dem ſey wie ihm wolle, ſo iſt ihr abſcheulicher Geſtank um Vieles zu⸗ verlaͤßiger, als die Kraft jenes Wunderdhles. Sie kann willkuͤrlich einen Geruch verbreiten, der dem des angezuͤndeten Schießpulvers voͤllig gleich iſt. Er dient ihr zur Schutzwehr gegen ihre Feinde. Ihre Augen ſind gruͤnlich grau. Sie ſieht ſehr gut bey Nacht, die ſie mit Aufſuchen ihrer Nahrung, In⸗ | fetten und Würmer, hinbringt. Gerne naſchen dieſe Krdten und andere in Kellern und Speiſekammern. Es iſt keiner reinlichen Hausfrau zu verdenken, wenn ſie ſich dieſer eckelhaften und diebiſchen Thiere, die ihre Vorrathskammern beſtehlen, auf alle Weiſe zu entledigen ſucht. Das ſicherſte Mittel iſt Raute und Salbey. Von dieſen den Kröten, Schlangen ꝛc. aͤuſ⸗ ſerſt verhaßten Gewaͤchſen darf man nur von Zeit zu Zeit x „( 80 Die Kreuzkrotde. Zeit friſche Zweige an den Dertern, wo man welche vermuthet, herumſtreuen, und gewiß werden jene haͤßlichen Geſchdpfe ſehr bald ihren Abſchied nehmen. Doch weit ſchaͤdlicher für die Menſchheit, und beſonders fuͤr die Jugend, die man „unberantwort⸗ | licher Weiſe, durch kindiſche Fabeln für ihr ganzes kuͤnftiges Leben furchtſam machte, wurde die Kreuz⸗ 95 kroͤte als Hausunke. Mit Furcht erfüllt, hörte man oft ihr ſchauerliches Geheul. Man dachte da⸗ bey bald an verborgne Schaͤtze, bald an einen nahen ſich meldenden Todesfall. Fand man die erſtern nicht, ſo konnte es ohnehin nicht fehlen, daß nicht jemand in der Nachbarſchaft oder in der Verwandt⸗ ſchaft, oder ein Bekannter in der Fremde mit Tod abgieng — denn der Aberglaube nimmt in ſeinen Erklaͤrungen es ſo genau nicht — und die Haus⸗ unke behielt Recht. Haͤtte man, ſtatt zu fliehen, oder ſich aͤngſtlich zu fragen: wen von uns mag wohl die Reihe treffen? genau nachgeſpuͤrt, man wuͤrde den vermeyntlichen Todesbothen bald entdeckt haben. Ueberhaupt iſt nichts ſonderbarer, als die Verſchie⸗ denheit der Geſtalt, die man der Hausunke zuſchreibt. Der Eine ſah ſie mit Stacheln bewaffnet; ein An⸗ derer mit fuͤrchterlichen Feueraugen wild drohend. Dem Die — te. 81 Dem tan es vor, ſie ſey uͤber und über haarig: je⸗ ner wollte ganz deutlich geſehen haben, ſie habe keine Fuͤße, fo hartnaͤckig ein anderer verſicherte, er habe Fuͤße und einen Schwanz bemerkt. Im Grunde koͤn⸗ nen alle Recht haben. Denn da man jedes Thier, das man zuweilen in Kellern rumoren und heulen hörte, eine Hausunke nannte, fo war es ganz na⸗ tuͤrlich, daß dieſe Benennung bald einen Igel, bald eine Krdte, bald ein Wieſel oder eine Spitzmaus, bald eine Eidechſe oder Ringelnatter (Kelleraal) traf; die freylich jedem anders vorkommen mußten. Zu wuͤn⸗ ſchen waͤre es, daß man von Jugend auf dem kindi⸗ g ſchen Aberglauben, der in Abſicht der Hausunken, Todtenuhren u. dergl. herrſcht, entgegenarbeitete. Wahrhaftig zu ehrwuͤrdigern Zwecken, als leicht⸗ glaubige Menſchen zu erſchrecken, ſchuf Gott die | Thiere. Sie ſollten unſer Leben verſuͤßen und nicht verbittern. Kann etwas Unwuͤrdigeres ſeyn, als der Wahn, Gott habe einer Kroͤte, oder gar einer Buͤ⸗ cherlaus, (denn dieſe iſt die Todtenuhr) die durch dieſen Schall ihr Maͤnnchen zu ſich einladet, den Auftrag gegeben, Vorbothen von der wichtigen Bere aͤnderung zu ſeyn, die mit uns durch den m vor⸗ e 4 a ee ee Aumphib. 1 9 - N Viel⸗ | „ Kreuzkröte. Vielleicht if kein naturhiſtoriſcher Irrthum all⸗ gemeiner verbreitet, als der, daß die Krdten entſetz⸗ lich giftig ſeyn ſollen. Und doch ſind ſie es ſicher nicht. Zwar kann man, wenn ſie einen anſpruͤtzen, leicht eine Geſchwulſt davon tragen. Allein daun iſt wohl die Furcht und die Angſt, die an dem Orte, wo ihr Urin oder Saft hingekommen, das Blut ſto⸗ cken macht, an der Entzuͤndung und Geſchwulſt weit mehr, als das vermeintliche Kroͤtengift ſchuld. Doch wollen wir deswegen nicht unterlaſſen, vor ihrem Genuſſe zu warnen, weil fie zuweilen Inſekten frefe fen, die zwar ihnen ſelbſt unſchaͤdlich find, uns aber ihr Fleiſch gefaͤhrlich machen. | Der Saft der grünen Kroͤte verurſacht Ent⸗ zuͤndung und Eiterung, und wenn eine Eidechſe von ihr gebiſſen wird, ſo muß ſie ſterben. Die getrocknete Kroͤtenhaut ſoll das Gift aus einer Wunde ziehen, wenn ſie darauf gelegt wird. Allein man darf hier eben nicht an einen beſondern Zuſammenhang zwiſchen der Kröte und dem Gift denken. Denn jede andere loͤcherige und druͤſige Haut wuͤrde das naͤmliche thun. Beruͤhmt iſt der Kroͤtenſtein, ( RE 1 Crapaudine, ) den die Krdte im Kopfe tragen ſoll. Man N Die Kreuzkröͤte. 83 | Man ſchreibt ihm eine große Kraft gegen giftige Wunden zu. Er ſoll das Blut ſtillen und das Gift ausſaugen. An all dieſem iſt keine Sylbe wahr. N Die Knoten und Hoͤcker, die dieſen Stein einem Kroͤ⸗ tenruͤcken ähnlich machen, mögen auf dieſen ſo felte ſamen Wahn gefuͤhrt haben. Wahr iſt es, man fin⸗ det in der Erde, in Fluͤſſen und Feldern ſolche Steine, die man ſo nennt. Sie ſind aber nichts anders, als verſteinerte Meerthierchen, (Seeigel oder Echiniten). Eine fuͤrchterliche Waſſerfluth muß fie aus dem Grun⸗ de des Meeres dahin gebracht haben, oder da, wo jetzt unſre Felder und Wieſen ſind, mag vor langen Zei⸗ ten Meeresgrund geweſen ſeyn. — Sonderbar iſt das Vorgeben einiger alten Schrift⸗ ſteller, von der Lunge der Kroͤten ſey die eine Hälfte Gift, die andre Gegengift. Um aber hierin ſicher zu gehen, rathen ſie ſehr weislich, eine Ameiſe waͤh⸗ len zu laſſen. Das, wornach ſie greift, iſt ein — Univerſal⸗Gegengift. Selbſt der witzige Juvenal () ſchien die innern Theile der Krdten fuͤr etwas Wich⸗ zu halten. | | 1 L 2 an, 0 Funus promittere patris nec volo, nec poſ- ſum: Ranarum viſcera ae RR S. III. i 1 Tab. XI XI. XIII. wi Die Landschildkröte ente terreſtris, la Tortus de terre. Die moſaiſche von oben. (19) * Ihr Anſehen von unten. (20) Der Panzer der geometriſchen. (2 19 Die Kielſchildkroͤte von oben. (a2). Ihr Anſehen von der Seite. (23) Wer die verf chiednen, hoͤchſt brauchbaren Quellen zur Naturgeſchichte der Schildkroͤten, Linne, Schneider, Schoͤpf, Gottwald, Wallbaum, Seba, Nateoby, und das Heer von Reiſebeſchrei⸗ bungen vor ſich liegen hat, und nun in einem kur⸗ zen Auszuge das Lehrreichſte zur Unterhaltung aus⸗ heben ſoll; dem wird in der That etwas bange, wie er die ewigen Widerſpruͤche vereinigen, und in der mehr als babyloniſchen Namenverwirrung fichere Schritte thun ſoll, um nur das unſtreitig Wahre und Nüͤtziche vorzutragen. Ohnehin muß er ſich durch eine weitlaͤuftige Aufzaͤhlung der Schilde, Felder, Knochen und innern Theile hindurch arbeiten, bis er N wirklich angenehme und unterhaltende Dinge ſtoßt. lt: n * Die Landſchildkroͤte. 85 ſtoßt. Denn ſo verdienſtvoll auch die Bemuͤhungen g jener wuͤrdigen Maͤnner, die einen großen Theil ihrer Zeit und Kraͤfte ſolchen Unterſuchungen gewidmet ha⸗ ben, in den Augen jedes Freundes der Natur ſind; fo wenig kann doch in einer Schrift, wie die Unſrige iſt, von Allem Gebrauch gemacht werden, und unſre Leſer wuͤrden es uns wenig Dank wiſſen, wenn wir. mit weitlaͤuftigen Unterſuchungen, ob dieſe Schild⸗ Fröte fo oder fo viel Felder an ihrem Knochenpanzer habe, ob ſie eine eigne Gattung mache, oder nur eine Abart ſey u. d. m. den Platz ausfuͤllten, an dem ſie lieber recht viel von den Sitten, der Nahrung, dem Vaterlande, der Art des Fanges, dem Nutzen c. zu leſen wuͤnſchten. Unter den kriechenden Amphibien macht! die Schildkroͤte mit ihren ihr aͤhnlichen Geſchwiſtern ein eignes Geſchlecht aus, das fuͤr den erſten An⸗ blick zu denjenigen gehoͤrt, die die großmuͤthige Na⸗ tur mit ihren Geſchenken am Kaͤrglichſten bedacht zu haben ſcheint. Denn iſt die Schildkroͤte für den, der ſie nur fluͤchtig betrachtet, wohl etwas mehr, als eine unformliche Maſſe, die ſich kaum, um ihre duͤrf⸗ tige Nahrung zu ſuchen, muͤhſam fortzuſchleppen e 2 Fehlen * 11 ganz jene Geſchmeidig⸗ 9980 23 keit, 365 Die dandſchildkrste. keit, Thaͤtigkeit und die bewunderungswuͤrdigen Kunſttriebe, die andere Thiere unfrer Unterſuchung ſo werth machen? und ſcheint ihr u- ſelbſt das n fühl verſagt zu ſeyhn? Und dennoch werden wir auch in dieſem Thiere die muͤtterliche Hand der Natur finden, ja wohl gar, wegen des Nutzens, den es fuͤr Tauſende hat, es fuͤr das Wichtigſte unter den een am Ende zu halten gennthiget ſeyn. Auch hier machen wir es uns, wie e bisher, zur Pflicht, zuerſt von dieſem Thiergeſchlechte überhaupt zu reden, und dann einige der vorzuͤglichſten Arten nach den beygefuͤgten Abbildungen naͤher zu beſchrei⸗ ben. Es iſt dieß um ſo lehrreicher, da unſer deut⸗ ſches Vaterland nur eine Einzige von den drey und dreyßig bekannten Arten beſitzt, und man leicht auf den Gedanken kommen koͤnnte, daß wer jene enn hat, nun auch dieſe alle kenne. Der auszeichnende Karakter des ganzen Ge⸗ schlechtes der Schildkröten iſt: ein ziemlich kleiner Kopf, ein zahnloſes Maul mit einer kurzen Zunge, vier Süße, ein unanſehnlicher Schwanz, und ein gewaltiger Rücken: und Bauchſchild, der, wenige _ ſtens bey den meiſten, ſehr hart iſt. Dieſer hat vor⸗ ö | ne Die Landſchildkrote. 872 ne und hinten Ausſchnitte oder Oeffnungen, die dem Thiere ſehr wohl zu Statten kommen, um, je nach⸗ dem es ſeine Sicherheit erfordert, den Kopf, den Schwanz und die Fuͤße bald herauszuſtrecken ‚ bald einzuziehen. Mit dieſem Panzer, der die leichter zu verletzenden Theile verhuͤllt, beſchuͤtzte die Natur ö eln Thier, dem es Geſchwindigkeit, Staͤrke, Liſt, Gift und andre Waffen zu verſagen fuͤr gut fand. Der obere Theil dieſer Knochenſchale, den wir Ruͤ⸗ ckenſchild (carapace) nennen, iſt mit den Ribben und dem Ruͤckgrath verwachſen ‚ ſo wie der untere, der Bauchſchild (plaſtron), mit den Bruſtknochen vereinigt iſt. Zwar ſind die Wirbel und Ribben ſelbſt vorhanden, aber eigentlich in dieſer knochigen Bede⸗ g ckung, und nicht im Leibe des Thieres. Erſt uͤber dieſem Knochen iſt der ſchoͤnere Ueberzug, der in meh⸗ rere Schilde oder Felder abgetheilt, und bey manchen Gattungen aufs Schönfte gezeichnet iſt. Gemeinig⸗ lich nehmen 13 größere Felder die Mitte ein, und 24 am Rande ſchließen einen Kreis um jene. Es iſt mehr als wahrſcheknlich, daß zuweilen die Schild⸗ krdͤte dieſen Ueberzug ablege, und einen neuen be⸗ komme. Wer ſieht hier nicht die Gleichheit, die die Natur in allem beobachtet da man ſich des Gedan⸗ a kens 8 Die eandſchdkröte. Saͤugethiere, das Haͤuten der Fr dſche ꝛc. dabey kaum erwehren kann. Aber falſch iſt es, daß die Schild⸗ 1 1 * 0 kens an das Mauſern der Vögel, das baer der krdten je ihre ganze Knochenſchale ablegen. Doch f mag auch jenes nicht allgemein von allen Schildkroͤ⸗ ten geſchehen; wenigſtens ſind Faͤlle bekannt, daß man ſolche, in deren Ruͤckenſchild man ein Loch bohr⸗ te, nach vielen Jahren mit dem Loche wieder fand. Auch den Kopf bedeckt gemeiniglich eine Haut mit Feldern, und die uͤbrigen Theile des Leibes einer Schildkroͤte ſind, bald mit Schuppen, bald ſonſt mit einer ſehr feſten Haut verwahrt. Uebrigens aber iſt dieſe, ſo wie der Knochenpanzer ſelbſt, von ver⸗ ſchiedner Harte und Dauer; es gibt weich- und hart⸗ ſchalige: ſolche, die faſt wie Pergament jeden Ein⸗ druck annehmen, und wieder andre, die ſelbſt ein Laſtwagen, der Darüber wegfuͤhre, nicht zerſchmet⸗ tern wuͤrde. An den Schildkroͤten iſt äußerlich keine Spur von einem Ohr zu ſehen. Doch haben ſie wahre Gehoͤrwerkzeuge. Nothwendig muß daher auch die Vorſehung dem Schall einen Weeg zu denſelben ge⸗ bahnt haben. Und dieſen fand man endlich nach vielem fruchtloſen Suchen. Da wo naͤmlich die bus Kinn⸗ Die Landfhidfiie. 80 Kinnbacken zuſammenlaufen, ſind zween Spalten, die auf ein Loch fuͤhren, das in die Ohrhoͤhle geht. Jene Spalten ſcheinen alſo die Stelle der Enſtachi⸗ ſchen Tuba (*) zu vertreten, und der zitternden Be⸗ wegung der Luft den Durchzug zu verſtatten. Die Naſenloͤcher der Schildkroͤten find Hein, die Au⸗ genhöhlen aber von beträchtlicher Größe, Sie ha⸗ ben zwey Augenlieder, deren unteres viel fleiſchi⸗ ger ift, als das obere. Dieſes iſt bey der Lands er weniger beweglich, Der Hals ift ſehr kurz; ©) Unſre wohlunterrichteten jungen Leſer werden diefe und Ähnliche Ausdrücke verſtehen; die wißbegie⸗ rigen aber Veranlaſſung erhalten, ihre wuͤrdigen Lehrer um Erläuterung zu bitten. Gott Lob! daß endlich eine beſſere Erziehung die aufbluͤhende Menſchheit mit der Natur bekannter macht, und daß die Knaben und Juͤnglinge immer ſeltner wer⸗ den, die von dem beruͤhmten Labyrinth in Creta, ja wohl von allen vier Labyrinthen, ungemein viel, aber gerade von dem in ihrem eignen Ohre nicht das Allergeringſte wiſſen. Wir vermeiden eben daher ſolche Ausdruͤcke nicht, die etwas mehr Kenntniſſe vorausſetzen; denn für Kinder find dieſe Unterhaltungen ohnehin nicht. Amphib. Mm PA % Die Landſchildkröte. kurz; doch find einige, die ihn etwas länger hervor⸗ ſtrecken konnen. Die Zähne, oder vielmehr die ſaͤge⸗ foͤrmige Bildung der Maulknochen, ſind ſehr ver⸗ ſchieden. Der obere fuͤgt ſich uͤber den untern, wie der Deckel auf eine Schachtel. Außerordentlich iſt die Kraft der Schildkroͤte in ihren Kiefern. Alles, was ſie anfaßt, zermalmt ſie. Selbſt wenn ihr der Kopf abgehauen iſt, kann ſie mehrere Stunden nach⸗ her noch mit den Kinnladen klatſchen, und das, was man ihr etwa hinhaͤlt, feſt anfaſſen. Wir moͤchten daher keinem rathen, ihr einen Finger in den Rachen zu ſtecken. So laͤcherlich es ſcheinen mag, ſo ſind wir doch uͤberzeugt, der bloße Kopf wuͤrde ihn ver⸗ letzen, wo nicht gar abbeiſſen. Ihr Schwanz iſt hart und unbeweglich, und bey mehrern hinten mit einer Spitze verſehen. Sie ſcheint darin eine große Kraft zu beſitzen. Alle Schildkroͤten haben Klauen, die ihnen zum Gehen, ſo wie zum Aufſcharren der Erde gleich nuͤtzlich ſind. Nur iſt die Zahl der Klauen, ſo wie die Bildung und Einrichtung ihrer vier Fuͤße nach der Beſtimmung ihres Aufenthalts ſehr verſchie⸗ den. Ihr Gang iſt ein elendes Kriechen, ſo wie uͤberhaupt die Schildkroͤte ein langſames, unbehilf⸗ liches und traͤges Thier iſt. Hoͤchſtens leiſtet fie im Schwim⸗ En 0 Die Landſchildkroͤte. 91 Schwimmen etwas mehr, als man von ihr erwarten ſollte. Hiezu mag ihre innere Einrichtung etwas beytragen, die überhaupt bewunderungswuͤrdig iſt. Ihr Herz iſt ganz anders gebaut, als bey den uͤbri⸗ gen Amphibien. In mehrere Faͤcher iſt die Vor⸗ und Herzkammer eingetheilt, doch ſo, daß das Blut aus einem in das andere fließt. Ihre Lunge be⸗ ſteht aus durchſichtigen Haͤuten, und traͤgt ohne Zweifel nicht wenig bey, daß das Thier im Waſ⸗ fer willkuͤrlich ſich erheben und untertauchen kann. Merkwuͤrdig iſt das aͤußerſt wenige Gehirn dieſer Thiere. Selbſt bey den Großen, die man in der Gegend der Antillen faͤngt, und deren Kopf dem eines Kalbes immer gleichkommen kann, ſoll doch das Gehirn nicht größer als eine dicke Bohne ſeyn. Hingegen haben ſie ungemein viel Ruͤckenmark. Ign der Begattungszeit fallen zuweilen zwi⸗ ſchen den Maͤnnchen heftige Kaͤmpfe vor. Dieſes unterſcheidet ſich vom Weibchen nur dadurch, daß ſein Bauchſchild etwas ausgehoͤhlt, da der des Weibchens ſehr glatt iſt. Auch bey der Begat⸗ tung verraͤth ſich die natuͤrliche Langſamkeit dieſer Thiere. Sie währt oft mehrere Tage, ja wohl zween Monate; geſchieht aber übrigens auf die bey . den „„ Die anbfhilätite, den vierfüßigen Thieren gewöhnliche Weiſe. So fruchtbar die Mutter iſt, da ſie in mehrern Zwi⸗ ſchenraͤumen eine Menge zweyfarbiger, pergament⸗ artig bekleideter Eyer legt, ſo kommen doch die we⸗ nigſten davon auf. Denn Menſchen und Thiere beeifern ſich um die Wette, dieſes Thiergeſchlecht, obgleich weniger um ſeiner Schaͤdlichkeit, als um ihres Nutzens willen zu vermindern. Wenn die Mutter ihre Eyer gelegt hat, dann glaubt ſie al⸗ les gethan zu haben, was Muttertrene heißt, und uͤberlaͤßt nun der Sonne und ihren waͤrmenden Strahlen alle weitere Sorgfalt fuͤr ihre Nachkom⸗ men. Doch will man ſie hie und da uͤber ihren Eyern, die ſie im Sande verſcharren, bruͤten ge⸗ ſehen haben. Die Zeit vom Legen der Eyer bis zum Auskriechen der Jungen iſt nach dem Grad der Waͤrme oder Kaͤlte des Himmelſtriches ſehr ver⸗ ſchieden. Ohnehin liebt dieſes Thiergeſchlecht die Hitze, und verfaͤllt in kaͤltern Laͤndern in einen tie⸗ fen Winterſchlaf, der lange dauert. Ihre Lebens⸗ kraft iſt außerordentlich, und fie erreichen ein hohes Alter, wovon wir hernach noch Beweiſe anfuͤhren werden. Doch wir eilen zu den Gattungen ſelbſt. Die natuͤrlichſte Eintheilung dieſes ſo weit ver⸗ | breite⸗ Die Landſchildkroͤte. 93 breiteten Thiergeſchlechts iſt nach ihrem Aufent⸗ halte. Dieſem zufolge werden drey Hauptgattun⸗ gen ſeyn, nämlich Candſchildkroͤten, Slußſchild⸗ kroͤten und Meerſchildkroͤten, von denen wir itzt das Merkwuͤrdigſte anfuͤhren wollen. Der auszeichnende Karakter der Kandfchild- Fröte iſt, daß fie etwas kolbige, unfoͤrmliche Süße hat, und daß ihr Ruͤckenſchild mit dem Bauch⸗ ſchilde nicht bloß, wie bey andern, durch eine dicke Haut, ſondern durch wahre Knochennaͤhte ver⸗ bunden iſt. Nur eine Saͤge kann das feſte Band loſen, das mit der Naht am Hirnſchaͤdel des Men⸗ ſchen viele Aehnlichkeit hat. Ihr Panzer iſt breit, feſt, wohlgewoͤlbt und ſchildfoͤrmig, und bey mehrern ſchoͤn marmorirt. Ihr Kopf iſt etwas ſchlangen⸗ artig, und ihre Pfoten, fo wie auch der Schwanz. kommen denen einer Eidechſe ziemlich nahe. Die Kinnlade bedeckt ein harter Knochen mit ſaͤgeformig eingekerbten Zacken. Die Haut iſt ſchlaff, runzlig und wie Chagrin gekoͤrnt, und bey einigen finden ſich noch außerdem ſehr harte Schuppen. Ihr kur⸗ zer Schwanz beſteht aus 19 Wirbeln, und an ihren toͤlpiſchen und plumpen Süßen find undeutliche Fin⸗ ger. An den vordern bemerkt man 5, an den hin⸗ M 3 tern 94 Die Landſchlldkroͤte. tern 4 Klauen. Berge, Wälder, Gärten, Gebuͤſche, Felder find der gewöhnliche Aufenthalt der Lande ſchildkroͤten. Hier leben dieſe genuͤgſamen Thiere von Kraͤutern, Schnecken, Wuͤrmern u. d. und be⸗ freyen uns von tauſend gefraͤßigen Gaͤſten. Auch im Hauſe kann man ſie mit Kleyen und Mehl ernaͤh⸗ ren: ja ſie verachten durchaus keine Koſt, und waͤre es auch die ſchlechteſte. Im Winter verbergen ſie ſich in Höhlen, ſcharren ſich auch wohl ein, und nehs men keine Nahrung zu ſich. Sie ſind dann beſſer verſorgt, als die Pflege der Menſchen es immer thun koͤnnte. Dieß erfuhr ein Naturforſcher. Er hatte den Sommer uͤber zwo Candſchildkroͤten in ſeinem | Garten. Da nun die rauhe, nahrungsloſe Jahrs⸗ zeit eintrat, wollte der mitleidige Beſitzer die Thiere, die unentgeldlich ſeinen Garten ſo redlich von Unge⸗ ziefer und Unkraut geſaͤubert hatten, in ſeinen Schutz nehmen, und in einer Waſchtonne aufbewahren. Allein er fand nur eine. Die andre war durchaus nicht aufzutreiben. Er konnte demnach nur an jener ſeine Dankbarkeit beweiſen, und verſorgte ſie aufs Beſte. Allein in kurzer Zeit ſtarb ſie. Wie angenehm war er nicht uͤberraſcht, als er, nach dem Winter, an einem lauen Fruͤhlingstage ſeine verlorne Schildkröte muns Die Landſchildkroͤte. 98 munter und lebendig wieder fand. Wahrſcheinlich hatte ſie, als er ſie ſuchte, ihre Winterwohnung be⸗ reits bezogen, und ward da von der Natur beſſer verpflegt, als ihre Schweſter bey EN gutmuͤthi⸗ gen Pflegevater. \ Außerordentlich iſt die Lebenodauer der Lands. ſchildkroͤten. Niebuhr fand im Thierhoſpitale zu Surat eine, die bereits 125 Jahre zuruͤckgelegt hatte. In dieſer Gegend werden ſie aber auch fuͤr ein Sinn⸗ bild der Gluͤckſeligkeit gehalten, und durchaus nicht getddtet. In allen Tempeln erblickt man ihr Bild. Im Winter 1767. ſtarb zu Sandwich, in der Graf⸗ ſchaft Kent, eine CLandſchildkroͤte, die, wie man gewiß wußte, ſeit 1679. in dem Garten war, den ſie bewohnte. Dreyßig Jahre vor ihrem Tode hatte ein Wagenrad ihr den Schild zerſchellet. Im Grun⸗ de ſtarb fie keines natürlichen Todes. Denn die Näs he einer Weinſtockwurzel hatte ſie verhindert, ſich ganz einzugraben, und war die wahrſcheinliche Ver⸗ anlaſſung, daß ſie ein Opfer der Kaͤlte wurde. Obgleich die innere Einrichtung der Kande ſchildkroͤte den Aufenthalt im Waſſer verſtattete, ſo ſcheint ſie es dennoch nicht zu lieben. Sie mag dieſen Vorzug, ſo wie einige Voͤgel ihre Fluͤgel, be⸗ 95 Die Landſchildkroͤte. beſitzen, ohne davon Gebrauch zu machen. Unge⸗ mein ausgebreitet iſt ihr Geſchlecht. In Lybien, Thracien, Macedonien, Amboina, Braſilien, Cey⸗ lon, Cayenne, in Frankreich und auch in Deutſch⸗ land und Preußen, beſonders gegen die Oſtſee hin, findet man ſie haͤufig. In China ſollen ſich die Landſchildkroͤten ſehr vor dem Adler fuͤrchten, der die Gewohnheit hat, ſie in die Luft zu fuͤhren, und dann, um ihre Schale zu zerſchmettern, auf einen Felſen fallen zu laſſen. Dieß ſoll einem der beruͤhmteſten Maͤnner des Alterthums das Leben gekoſtet haben. Aus Verdruß über den Beyfall Sophocles, hatte ſich der Tragiker Aeſchylus nach Syrakus zuruͤckgezogen, und lebte in der Stille. Einſt ſchlief er im Freyen. Ein Adler ſah ſeinen kahlen Kopf fuͤr eine Felſenſpitze an, und warf eine — Schildkroͤte darauf hin. Freylich iſt von dem ſcharf⸗ ſichtigen Adler dieſer Mißgriff ſchwer zu glauben. Auch der Leib der Kandfchildfröten enthält eine Welt von andern Thieren. Redi fand in einer 72000 Würmer (). Ungemein ſchoͤn iſt der Anblick Ä der ) Wir koͤnnen es keinem verdenken, dem ſolche Be⸗ hauptungen fuͤr den erſten Augenblick unglaublich ſchei⸗ Die Landſchildkroͤte. 97 der Leber dieſer Schildkröte. Man ſieht niedliche Blumen, auf ſchwarzem Grunde. Aber eben ſo vor⸗ trefflich iſt auch ihr Geſchmack, beſonders wenn ſie warm genoſſen wird. Ueberhaupt iſt das Fleiſch dieſer Thiere ungemein ſchmackhaft und geſund. Es ſoll dem Rindfleiſche nahe kommen, doch noch nahr⸗ hafter ſeyn. Am beſten iſt es, wenn man den von der Schale losgemachten Leib der Schildkröte fo las ge einweicht, bis die Haͤute ſich wegziehen laſſen. Zuweilen findet man in ihrer Gallenblaſe Bezoar. 2 | Wenn ſcheinen. Es gibt Menſchen, die jede Geſpen⸗ ſterhiſtorie ſchneller glauben, als die Wunder der Natur. Sobald von ſehr großen Zahlen die Rede iſt, ſo weigern ſie ſich, die Angabe fuͤr wahr zu halten. Denn wer ſollte, ſagen fie, die Ges dauld und das Auge haben, ſolche Dinge zu 36h: len? Sehr richtig! zu zählen. Aber wer fagt denn, daß Nedi, Bonnet, Swammerdan, Leeuvenhoͤk, Böse u. a. alles gezählt has ben? Berechnet, aber nicht gezaͤhlt haben jene Manner. Oder wer kann im Ernſte glauben, daß, wenn Bonnet von einer Blattlaus in den fuͤnften Generation eine Nachkommenſchaft von 5904,000,000 annahm, er dieſelbe gezählt haz be? Dieß anzunehmen wäre eben fo lächerlich, Amphib. N. als 1 98 Die Landſchildkroͤte. Wenn man die Landſchildkroͤte auf den Ruͤ⸗ cken legt, ſo iſt das arme Thier außer Stande, ſich mit den Fuͤßen aufzuhelfen. Deſto geſchaͤftiger ſind dabey Hals und Kopf. Durch ſie ſucht ſie ſich in eine ſchwankende Bewegung zu bringen. Sobald ſie nun eine etwas abhaͤngigere Seite des Erdreichs entdeckt hat, ſo bemuͤht ſie ſich, durch einen ſchnellen Umſturz gegen dieſelbe hin aus ihrer beſchwerlichen Lage zu kommen. Hiezu dient ihr beſonders der et⸗ ' was als wenn man glauben wollte, der drey Millios nen Pfund ſchwere Sranitfelfen, der, um zum Poſtament der Bildſaͤule Peters des Großen zu dienen, aus einem Moraſte gehoben und uͤber die Neva uͤbergeſchifft worden, ſey gewogen wore den: oder der, der behauptet, alle mögliche Ver⸗ — ſetzungen der Buchſtaben haͤtten auf dem Erdbo⸗ den nicht Platz, weil nur 98 Trillionen hingien⸗ gen, da jene doch 62,000 Trillionen betruͤgen, habe dieſes ungeheure Rechnungsexempel ſchriſt⸗ lich ausgefuͤhrt, und die Buchſtaben wirklich ſo viele Male verſetzt? Man kann viel berechnen, das ſich weder zählen noch wiegen laͤßt. — So viel fuͤr die, die bey jeder großen Zahl in der Na⸗ turgeſchichte mitleidig die Achſeln zuͤcken, und mit wichtig laͤchelnder Miene zu ihrem e ſagen: Wer kann das zaͤhlen? Die Landſchildkroͤte. 99 was aufgeworfne Rand des vordern Ausſchnittes ih⸗ res Knochenpanzers, der dem Hals eine e freyert Be⸗ wegung verſtattet. Vorzuͤglich ſchoͤn iſt der Schild der ieee kroͤte, die im Muͤllerſchen Cinns die Moſaiſche heißt, [Teftudo græca; von oben (19), von unten (20)] weil ihre Ruͤckenſchale der moſaiſchen Arbeit nahe kommen ſoll; ein Vorgeben, deſſen Grund Schneider nicht einſieht, woruͤber wir aber hier nicht ſtreiten wollen. Die Felder ſind ſchwarz und gelb, und wie aus viereckigen Blaͤttern zuſammen⸗ geſetzt. Zwiſchen ihnen ſind eine Menge Zwifchene räume und Rinnen. Der Schild ift ſtark gewölbt, und geht hinten ſehr gebogen gegen den Schwanz zu. Der Letztere iſt ziemlich lang und mit ſtarken Schuppen bekleidet. Eben dieſe hat auch der Schlan⸗ genkopf dieſer Schilöfröte, der, fo wie auch der | Schwanz und die haͤßlichen mit Schuppen und Kral⸗ len beſetzten Fuͤße und der Hals, eine ſchmutzige Fleiſchfarbe hat. Dieſe Art Landſchildkroͤten iſt in Afrika zu Haufe, Doch wird fie auch in Sardi⸗ nien gefunden. Sie kriecht i im Februar aus der Er⸗ de, in der ſie uͤberwinterte; legt aber ihre Eyer erſt im Junius. Ob ſie gleich kaum etwas mehr als eine 1 N2 Vier⸗ 100 Die Landſchildkröte. Wiertelelle lang iſt, ſo wird ſie doch auf vier Pfund ſchwer. Das Männchen ſoll ſehr zornmuͤthiger Art * ſeyn, und mit dem, der ihm ins Gehege geht, ſo heftig Kopf gegen Kopf zuſammenſtoßen, daß man in der Ferne den Kampf von Widdern zu hoͤren glaubt. Es muß dieß in der That ein EINEN Schauſpiel ſeyn! | Ein ſehr ſchoͤnes Wohnhaus trägt die W triſche CLandſchildkroͤte, die auch, und zwar ſehr bezeichnend, die geſtirnte heißt, und deren Panzer in feiner wahren Größe Nr. zı. abgebildet iſt. Die ſehr erhabnen Felder dieſes Schildes haben, ſowohl ins Gevierte als in die Quere, ſchoͤne gelbe Linien in ſchwarzem Grunde. Wie Strahlen von einem Punkte aus, die durch andere Strahlen wieder quer durch⸗ ſchnitten werden, fo ſieht dieſes ſchön gewoͤlbte Ge⸗ baͤude, das eine betraͤchtliche Tiefe hat, aus. Doch iſt dieſer Panzer verſchieden. Der Schwanz des Thieres, das ihn traͤgt, iſt ſehr kurz und ragt kaum unter dem Oberſchilde hervor, wie dieß bey mehrern Landſchildkroͤten der Fall iſt. Es wohnt in Aſien und Dalmatien, und ob es gleich nur auf dem feſten Lande zu Hauſe iſt, ſo wird es doch haͤufig nach Ja⸗ maika gebracht. Man findet es ſo groß wie zwey Faͤu⸗ 2. Tab. III. * { PR 5 4 = DR * ‚u | 1 1 N | Die Landſchildkroͤte. 101 Faͤuſte: doch auch zuweilen nicht größer als eine Kinderfauſt. Das Kleifch wird nicht beſonders ge⸗ ſchaͤtzt, deſto mehr aber die Schale. Da wo ſie in großer Menge ſind, ſollen ſich dieſe Schildkroͤten in geſelliger Eintracht ſo nahe zuſammenhalten, daß daß man auf ihnen, wie auf einem gepflaſterten Weege, herumgehen kann. | Ein Zwerg unter den Kandfchildfröten iſt die eben daher ſogenannte Zwergſchildkroͤte. Ihr Schild fieht faſt wie eine halb durchſchnittene Kugel aus, mit einigen gewölbten Vierecken. Der Schwanz und die Zehen ſind kurz, und letztere nicht einmal recht deutlich geſpalten. Die Schenkel ſind nackt und ohne Schuppen. Sie wohnt in Oſt⸗ und Weſt⸗ indien, in der weſtlichen Barbarey, wie auch am | Vorgebirge der guten Hoffnung, wo ſie, wenn man ſie in Haͤuſern hat, ſich mit Gras und Brod naͤhrt, und gerne den Huͤhnermiſt zu ihrer Nahrung beſucht. Sie ſoll auch den Bluͤthen der Gewaͤchſe nachgehen. Edwards beſaß von dieſen Schildkroͤten ein Paar. Und doch konnte er, ſo oft ſie ſich auch paarten und Locher gruben, nie ein Ey finden. Sie hatten roͤth⸗ | lich nußfarbige Augenringe, beinharte Lippen, den Kopf und die Vorderfuͤße mit gelblichen Schuppen, | N3 den 12 Die Landſchildkroͤte. den Hals, die Hinterfuͤße und den Schwanz aber mit einer biegſamen, ſchmutzig⸗fleiſchfarbigen Haut bedeckt. Sonderbar war es, daß die Schuppen an den Vorderfuͤßen auch dann ſichtbar blieben, wenn das Thier feine Füße zurückgezogen hatte. Die Haut ſchob ſich zuſammen und dehnte ſich aus, nach der Willkuͤr des Thieres. Der ſtarkgewoͤlbte Schild hat⸗ te mehrere Furchen. | In Virginien und um die Hudſonsbay hat die gezaͤhnelte Schildkroͤte (T. denticulata) ihren Aufenthalt. Ihr Schild iſt vorne ausgeſchweift. Er iſt nicht größer, als etwa das Ey eines welſchen Huhns, und hat gewoͤhnlich eine ſchmutzige blaß⸗ gelbe Farbe, mit einer Menge ſchwarzer Punkte, die ihm faſt das Anſehen geben, als waͤre er lange der Unreinlichkeit der Fliegen ausgeſetzt geweſen. Doch findet man zuweilen welche von ſchoͤnerer Far⸗ be, die man dann ganz zu Doſen anzuwenden weiß. | Ringsherum iſt dieſer Schild ſaͤgefoͤrmig gezaͤhnt. Er hat 39 hoͤchſtirregulaͤre Felder, von denen die mittlern, wie ein tief eingedruͤcktes Petſchaft, mit einem aufgeworfenen Rande umgeben ſind. An dem Bruſtſchilde ſind kaffeebraune Streifen. Der Schwanz dieſer CLandſchildkroͤte iſt ſehr kurz. Die Fuͤße Die Landſchildkroͤte. 103 Süße find, wie bey allen ihrer Gattung, fo kolbig und plump, daß man ſchlechterdings Feine Spur von | Zehen entdeckt, und wenn Die Naͤgel nicht waͤren, ſie fuͤr einen bloßen unfbörmlichen Stumpf anſehen muͤßte, den man fuͤr alles andre eher, als fuͤr Fuͤße halten ſollte. ; Diejenige Kandfchildfröte, die Linné die Skorpion⸗Schildkroͤte nennt, (T. Scorpioides) konnte, nach Schneiders Vorſchlag, beſſer die Fran⸗ zen⸗Schildkroͤte (T. Fimbriata) heißen. Zwar hat ſie am Schwanze einen krummen Nagel, der einem Sfkorpionſtachel nicht unaͤhnlich iſt; allein da noch eine andre indianifche im Beſitz dieſes Nagels iſt, fo iſt er alleine nicht hinreichend, dem Thiere einen karakteriſtiſchen Namen zu geben. Hingegen iſt das ihr ganz eigen, daß von ihrem langen und runzligen Halſe kleine, gleichſam zerriſſene Haͤute, wie Franzen, herunterhaͤngen, daher der Name Franzen⸗Schild⸗ Fröte wirklich bezeichnender iſt. Mehrere Haute ſchwielen bedecken den ungeſtalten, dreyeckigen Kopf, der, um die Haͤßlichkeit desſelben zu vollenden, in eine Art von Ruͤſſel, in der Geſtalt einer kleinen Schreibfeder, ausgeht. Der Schild iſt ſchwarz, laͤnglich eyfdrmig, fein Gewölbe iſt gefurcht und wie HN. | mit 14 Die Landſchildkroͤte. mit Wappenſchildern geziert, der Bauchſchild platt. Indeſſen ſcheint dieß, nach der obigen Bemerkung, von einem weiblichen Exemplare zu verſtehen. Sehr ſcharfe Naͤgel ſind an den Fuͤßen, nur an den Daus | men des Hinterfußes fehlen dieſelben. Sie ift in Surinam, Cayenne ꝛc. zu Haufe. Sehr häufig fängt; man ſie in den Savannen, bisweilen auch in den Inſuln von Remire. Die Einwohner von Cayenne nennen fie Raparapa. | Von der Rielfehildfröte (Teſt. carinata, tri- carinata) zeigt die Abbildung wie ſie theils von oben 222), theils von der Seite (23) anzufehen iſt (). \ Ihr (*) Man erlaube uns hier ein Wort über die Abbil⸗ dungen! Zwar iſt bey Vorſtellungen von Thies ren nichts ſchoͤner, als wenn der Kuͤnſtler den Augenblick haſchen kann, wo das Thier ganz ſei⸗ ner Natur und ſeinem Karakter gemaͤß handelt. Dadurch erhaͤlt ein Gemaͤlde, eine Zeichnung die Wahrheit und das Leben, die des unvergeßlichen Ridingers Werke ſo einzig in ihrer Art machen. Man ſieht das Thier handeln, liest in feinen Au⸗ gen bald fein heimtuͤckiſches Weſen und feine Ranb⸗ ſicht, bald feine Gutmuͤthigkeit, Treue und Ars beitſamkeit. Aber wie ſchwer, ja faſt unmoͤglich it a S Die Land cchildkrdle. 405 Ihr Ruͤckenſchild iſt oval und niedrig gewölßt. Die 13 Felder, die in der Mitte des Ruͤckenſchildes ſich befinden, find ſaͤmtlich runzlig, rauh und gekielt. In der Mitte hat er eine ſcharfe, hinlaufende Schnei⸗ de, iſt es, beſonders den Schildkroͤten den Schein des Lebens zu geben. Denn nicht zu gedenken, daß ſie ſelbſt die indolenteſten Geſchoͤpfe ſind, ſo muͤſſen die meiſten Abbildungen aus ſolehen Ori⸗ ginalen genommen werden, die ſelbſt nur nach Lebloſen, getrockneten oder in Weingeiſt aufbe⸗ wahrten Exemplaren verfertiget ſind. Daher die her die eingeſchrumpften Augen, das welke Maul Und die tauſend Verzerrungen. Denn man wird doch nicht im Ernſte dem Zeichner die ſeltſame Verbindlichkeit auflegen, nach ſeiner Phantaſie dieſe Unfoͤrmlichkeiten abzuändern, das Schiefe gerad, und das Hoͤckerichte eben zu machen, und ſich durch kuͤhne Muthmaßungen über die wahr⸗ ſcheinliche Geſtalt und Bildung aus der Verlegen⸗ heit zu helfen. Das muͤßte doch ein ſonderbares, naturhiſtoriſches Werk, ja eine neue Schoͤpfung werden! Auch die verhaͤltnißmaͤßige Größe kann dann nicht beybehalten werden, wenn die auffal⸗ lende Bezeichnung des Schildes recht n und anſchaulich gemacht werden foll, — Amphib. O 106 Die Landſchildkröte. de, von der aus die Felder nach der Seite zu ſehr ab⸗ ſchuͤſſig gehen. Die Farbe des ganzen Ruͤckenſchil⸗ des iſt durchaus gleich und dunkelbraun. Eben ſo ſind auch die 23 kleinere Felder, die ihn am Rande umgeben. | | Der Bauchſchild iſt um ein Betraͤchtliches ſchmaͤler, flach, in der Mitte vertieft, vorne bogig, und hinten abgeſtumpft. Seine Farbe iſt gelblich, hie und da mit braunen Flecken. Der Kopf dieſer Schildkroͤte iſt berhäͤltniß⸗ maͤßig groß, von braunſchwarzer zur Seite unter⸗ waͤrts mit Weiß gemiſchter Farbe. Die Stirn iſt glatt, der Schwanz ſehr kurz. Die Augenhoͤh⸗ len find eyformig, die Naſenloͤcher etwas vorra⸗ gend, die Kinnladen ſcharf und ungezaͤhnelt. Am Zalſe befindet ſich eine fehr faltige Haut, die eine Menge Warzen, aber keine Schuppen hat. Sie iſt wie der Kopf oben braunſchwarz und unten weißge⸗ ſtreift. Die Haut, die die Fuͤße umgibt, hat theils Warzen, theils Schuppen. Die Hinterfuͤße ſind et⸗ was laͤnger als die vordern. Die Schwimmhaͤute an den fünf Zehen der Vorder: und den vier Zehen der Hinterfuͤße, die alle mit ſcharfen Nägeln bewaffnet find, ſcheinen ihr zwar ihre Stelle unter den Fluß⸗ ſchild⸗ Die Bandehidtrt | 107 ſchildkroͤten anzuweiſen. Inzwiſchen ſcheint die Verbindung des Ruͤckenſchildes mit dem Bauchſchil⸗ de dieſes unwahrſcheinlich zu machen. Auch fuͤhren die verſchiednen Beſchreibungen der Schildkroͤten i bey ſehr vielen die Schwimmhaͤute ausdruͤcklich an, die doch Übrigens zu den Landſchildkroͤten gehoren. Sie ſoll ſich in heißen Gegenden aufhalten. Doch iſt noch immer das wahre Vaterland nicht genau beſtimmt, ſo wie auch noch immer eine Abbildung einer ganz ausgewachſenen Kielſchildkroͤte ſehr zu wuͤnſchen wäre, Denn die, die wir nach Schopf liefern, iſt hoͤchſt wahrſcheinlich eine, die ihre voll⸗ kommene Größe und voͤllige nen noch nicht erreicht hat. | | 3 Die letzte Candſchildkroͤte, die wir noch an⸗ führen wollen, iſt die Indianiſche (T. Indica ). Sinnd gedenkt ihrer nicht, ob fie gleich ſehr deutlich ſchon beſchrieben und abgebildet worden iſt. Der beſonders auffallende, zuruͤckgebogne Rand, an dem vordern Ausſchnitte des Ruͤckenſchildes, wodurch ſie | ihren Hals beſſer hervorſtrecken und leichter bewegen kann, zeichnet ſie beſonders aus. Die drey größten | Felder des Ruͤckens haben in ihrer Mitte einen run⸗ ben Hocker. Die Farbe des ganzen Schildes iſt ein Ben. 9 2 dunk⸗ 708 Die Landſchildkröte dunkles Graubraun. In Oſtindien m die. 2 dieſer Schildkroͤten. Alle die jetzt angefuͤhrten ſind es, von denen 65 unſtreitig iſt, daß fie Candſchildkroͤten ſeyen. Es ſind zwar manche, zum Theil von den ſeltſamſten Na⸗ men, die noch hinzu gerechnet werden. Allein wir folgten Schneider, der in dieſem Theile der Natur⸗ geſchichte ſich große Verdienſte erworben hat. Mit Recht hoffen wir, dieſe ſonſt ſo verachteten Thiere immer mehr bearbeitet zu ſehen. Allmaͤhlich uͤberwindet der kluͤgere Theil der Menſchheit den Eckel, der ſo oft von der Beſchaͤftigung mit denſelben abhielt. Man lernt endlich einſehen, daß alle Werke des Allguͤtigen von dem Staͤubchen, das im Son⸗ nenſtrahle ſich bewegt, bis zu dem Meiſterſtuͤcke der Achtbaren Schöpfung, dem Menſchen, der genaues ſten Betrachtung werth ſeyen. Gewiß! auch das Geringſte und Kleinſte in in der Natur iſt eine Schule der Weisheit. Da iſt in allem Ordnung, Weisheit, Zuſammenhang, Abſicht. Da erfüllt alles mit Liebe und Dankbarkeit gegen das erhabne Weſen, das alles ſo vollkommen in ſeiner Art ſchuf. In allem iſt ſeine Hand unverkennbar, und auch die Candſchildkroͤte, fo unanſehnlich fie , iſt, ee 2 — — — — r Die Flußſchildkroͤte. 109 iſt, in fo unthätig ſcheinender Stille ihr Daſeyn ges raͤuſchlos verfließt, zeugt von einem weiſen und guͤti⸗ gen Urheber. Es iſt unmöglich, daß der, der Seine Wirkſ amkeit in der Natur laͤugnet, auch nur ein Blatt in den zwey großen Buͤchern geleſen habe, die Gott uͤber ſeinem Haupte und vor ſeinen Fuͤßen aufſchlug. Man verzeihe uns dieſen Zuſatz. Es iſt ſchwer von den Geſchoͤpfen Gottes zu reden, ohne zuweilen einen kleinen Ruhepunkt zu machen, um mit Ruͤhrung Seine Werke zu uͤberſchauen, und Ihm den Tribut der Liebe und Dankbarkeit zu entrichten, wozu die Weisheit und Vortrefflichkeit aller Seluer n ſo laut auffübert: | Tab, XIV. XV. XVI. Die Flußſchildkroͤte. Teſtudo fluviatilis, Ia Tortue d eau douce, Die Europaͤiſche. (24) Die Schlangenſchildkroͤte. (25) Die Aſchfarbige. (26) Die Karakterenſchildkroͤte. (27) Nich nur die Erde, ſondern auch die ſuͤßen Waſſer, 23 die 1160 Die Flußſchildkrote. die Fluͤſſe und Suͤmpfe find mit einer ungeheuren Menge Schildkroͤten bevoͤlkert. Ihnen gab die Natur, die alles hochſt zweckmaͤßig einrichtet, einen ihrer Beſtimmung angemeſſenen Koͤrper. Zwar ha⸗ ben ſie in ihrer innern Einrichtung ſehr vieles mit den Landſchildkroͤten gemein. Doch hat ihnen die Bor ſehung gewiſſe Eigenheiten verliehen, die ſie von ihren Schweſtern, den Laud⸗ und Meerſchildkroͤten, deut⸗ lich genug unterſcheiden, und ihnen ein andres Ele⸗ ment zum gewöhnlichen Aufenthalte anweiſen. Ein auszeichnender Karakter der Flußſchild⸗ Fröten find ihre wahren Schwimmfuͤße. Außer dieſen iſt bey ihnen der Ruͤckenſchild mit dem Bauch⸗ ſchilde, nicht wie bey den Landſchildkroͤten durch ſcharf in einander greifende Knochennaͤhte, ſon⸗ dern durch eine dicke Zaut verbunden, und durch zwo Angeln, die die Oberſchalen aufhalten, damit ſie nicht zu ſehr druͤcken, in der Mitte auf beyden Seiten geſtuͤtzt. Eine weiſe Einrichtung, die ihnen ſehr zu Statten kommt, um durch das Zuſammendruͤcken und Erweitern der Lunge im Schwimmen ſchnellere Wendungen zu machen, als die träge Kandfchilds Fröte, die dieſer Gelenkigkeit nicht bedarf. Lang⸗ ſam ſchleicht dieſe mit ihren toͤlpiſchen Fuͤßen einher; 10 3 da Die Flußſchildkrte. am da hingegen die Flußſchildkroͤte durch ihre befier. ausgebildeten Füße weit flinker einhergeht. Die Zehen, deren ſie an jedem Fuße fuͤnf hat, ſind weit beſtimmter und deutlicher abgeſondert. Allein die Klauen ſind krumm und ſcheinen weniger Schaͤrfe zu haben. Eine ſtarke, ſchwarze Schwimmhaut ver⸗ bindet die Zehen unter einander. Ueberhaupt ge⸗ nommen hat ihr Schild keine ſtarke Woͤlbung. Der aͤußere Ueberzug deſſelben beſteht eigentlich aus 38, und ſeine Unterlage aus 48 Knochen, die alle ge⸗ zaͤhnelt in einander greifen, und einem aus mehrern Steinen mit Kunſt in einander gefuͤgten Gewölbe gleich ſind. Der Bauchſchild beſteht nur aus 12 Theilen. Ihre Haut iſt mit Schuppen uͤberſaͤet, und ihr Schwanz hat 33 Wirbel. | 5 Der Flußſchildkroͤte iſt die Luft ein eben ſo unentbehrliches Beduͤrfniß, als das Waſſer. Sie ſchwimmt daher gerne oben, um Athem zu hohlen. Jezuweilen uͤberlaͤßt ſie ſich, ſagt man, in träger ö Ruhe auf dem Ruͤcken liegend, dem Strome; dann aber ſollen die Sonnenſtrahlen ſie ſo austrocknen, daß ſie ein Betraͤchtliches am Gewichte verliert, und weil ſie ſich nun nicht ſo leicht untertauchen kann, denen, die ihr nachſtellen, leichter in die Haͤnde gee | raͤth. 112 Die Flußſchildkrote. ruaͤth. Wer weiß, ob nicht eine fo ſorglos dahin ſchwimmende große Schildkröte die Kuͤſtenbewohner auf die erſte Idee des Schiffbaues brachte, da ihre Schale ſo viel Aehnliches mit der Struktur einer Barke hat, ja ſelbſt dazu gebraucht werden kann. Man kann die Flußſchildkroͤte nicht fuͤr ganz ſtumm erklaͤren. Ein abgebrochnes Ziſchen iſt der Ton, den ſie von ſich gibt. Sie frißt alles, am Liebſten aber Fleiſch, beſonders von Fiſchen. Im Winter bleibt ſie ganz ohne Nahrung. Um ihre Eyer zu legen, kommen ſie aus den Fluͤſſen, machen ſorgfaͤltig Gruben in den Sand, und legen dann, in mehrern Abſaͤtzen, gefleckte Eyer, die aber von etwas haͤrterer Schale ſind, als die nur pergamentartigen der Landſchildkroͤten. Marcgraf hatte das Vergnuͤgen, daß zwo Flußſchildkroͤten ſich in feinem Haufe vermehrten, durch welchen gluͤckli⸗ chen Zufall wir von dem Hergange dieſer Sache bey dieſen mehr erfuhren, als wir von den beyden andern Gattungen bis dieſe Stunde wiſſen. Jene zwo Fluß⸗ ſchildkroten begatteten ſich im Februar. Einige Zeit nachher ſuchte das Weibchen etwas feuchte Erde, die es auch in der Naͤhe einer Plumpe fand. Hier legte es feine Eyer, und überließ fie ihrem Schickſale. Die Die Flußſchildkroͤte. 113 Die Sonnenſtrahlen uͤbernahmen nun das Geſchaͤfte des Ausbruͤtens, und fie erfüllten es auch fo, daß im Junius die kleine Brut zum Vorſchein kam. Die Junge waren im Anfange nicht groͤßer als ein Gro⸗ ſchen. Sie brachten auf die Welt ihr Wohnhaus mit, das zwar hart, aber ganz weiß und durch⸗ ſichtig war. In wenigen Tagen wurde es roth und endlich ſchwarz. Sie legten ihre Schale nicht ab, ſondern behielten immer dieſelbe. Ihr Futter beſtand in klein geſchnittenen Regenwuͤrmern. Un⸗ gefähr 6 Monate nachhee erreichten fie die Größe ei⸗ nes Sechſers. Im Winter fraßen ſie wenig, lebten im eigentlichen Verſtande auf dem Boden ihres Waſ⸗ ſerbehaͤltniſſes eingezogen, und verbargen ihre zarten Glieder unter der ſchuͤtzenden Schale. An heitern Tagen bewegten ſie ſich doch in ihrem Gefaͤngniſſe. Mit der Wiederkehr der gelindern Witterung kam bey der, die Marcgraf beſonders beobachtete, der Appetit ſtaͤrker. Sie ward bald ein Jahr alt, als ſie etwas uͤber ein Loth wog. Sie fraß ganze Re⸗ genwuͤrmer, tddtete kleine Fiſche, ganz nach der Weiſe der Alten, mit Einem Biſſe in den Unterleib, nahm ſie mit ſich unter das Waſſer, und nagte ſie bis auf die Graͤthen ab. Nichts als die Fiſchblaſe Amphib. P kam 114 Die Flußſchildkröte. kam nach einiger Zeit in die Höhe. Man kann das her, wenn man zuweilen auf Teichen Fiſchblaſen ſchwimmen ſieht, daraus ſicher ſchließen, daß ſolche gepanzerte Fiſchdiebe darin wohnen. Bey heiterer Witterung fraß ſie mehr, als bey truͤber. Sie wur⸗ de ſo zahm, daß ſie auf einen Ruf des Beſitzers zu ihm hineilte, und einen Fiſch aus ſeiner Hand nahm. Sie endigte ihr kurzes Leben, nachdem ſie ihr Alter nicht hoher als auf 13 Monate, und ihr Gewicht auf ungefaͤhr 2 Loth gebracht hatte. Doch waͤre es irrig, wenn man hieraus ver⸗ muthen wollte, die Lebensdauer der Flußſchild⸗ kroͤten ſey kurz. Sie erreichen vielmehr ein Alter von go bis hundert Jahren, und haben vielleicht das zaͤheſte Leben unter ihren Schweſtern. Die Verſuche, die man mit ihnen machte, uͤberſteigen faſt allen Glauben, und wenn man nicht annimmt, daß dieſe Thiere weniger Empfaͤnglichkeit fuͤr Schmerz, als andre vollkommnere Geſchoͤpfe haben, ſo ſcheinen ſie die uͤberdachteſte Grauſamkeit, die ſich vielleicht auch die Wißbegierde, wenigſtens nicht oft, nicht erlau⸗ ben ſollte. Redi ſchnitt einigen den Kopf ab, und ſie lebten noch 23 Tage. Und dieß war nicht etwa bloße Reizbarkeit, nicht das convulſiviſche Zucken der Die Flußſchildkroͤte. 115 der gereizten Theile. Nein, dieſe wirklich kopfloſen Thiere zogen die Fuͤße an ſich, ſobald man ſie ſtach. Das Herz ſchlug fort und das Blut gieng ſeinen ge⸗ woͤhnlichen Gang. Da Merpy zwo Schildkroͤten das Maul mit Kupferdraht feſt verſchloß, und die Kehle und die Nafenlöcher verſiegelte, fo lebte doch die Eine noch Zr, und die Andre 32 Tage: und eine Dritte, der er das ganze Bruſtbein weggeſchnitten hatte, blieb doch noch ſieben Tage lebendig. Noch ſonderbarer war der Verſuch, den Hedi einſt machte. Er dffnete einer Schildkroͤte die Hirnſchale, und nahm ihr alles Gehirn, deſſen ſie ohnehin nicht viel hat, heraus. Ohne ſich die Muͤhe zu nehmen, die Oeffnung der Hirnſchale wieder zu bedecken, ſchenk⸗ te er ihr jetzt die Freyheit. Ihr ſchien gar nichts wehe zu thun; ſie gieng wie gewoͤhnlich ihres Wee⸗ ges; nur waren ihr nach der Operation die Augen zugefallen, die ſie auch nie wieder oͤffnete. Die Hirnſchale ſchloß ſich allmaͤhlig wieder; eine fleiſchi⸗ ge Haut wuchs daruͤber hin, und das Thier lebte noch 6 volle Monate. Andern ſpaltete er den Kopf, und ſie lebten noch mehrere Tage, und mit einer ver⸗ ſuchte er, wie lange ſie ohne Speiſe und Trank leben kdunte, und fie ertrug die lange Faſten 1d Monate. 10 P 2 Was 116 Die Flußſchildkroͤte. Was ſagen unſre Leſer zu ſolchen Verſuchen ? Scheinen ſie nicht wirklich zu grauſam? Erſtreckt ſich unſre Macht uͤber die Thiere wirklich ſo weit? — Wir wollen hier das, was Smith ſo vortrefflich ge⸗ fagt hat, nicht wiederhohlen, und nur das noch hin⸗ zufügen, daß wenn endlich glaubwuͤrdige Männer, die im Stande ſind, aus ſolchen Verſuchen die ge⸗ hoͤrigen Reſultate zu ziehen, fie unternehmen, fie den Dank der Freunde des Thierreichs verdienen, weil fie theils ihrer Empfindlichkeit ſolche Opfer er⸗ ſparen, theils ihre Kenntniſſe wirklich vermehren. Allein bloß aus ſchaler Neugierde, ohne Sachkennt⸗ niß, Koͤpfe und Glieder abſchneiden, iſt ſicher un⸗ gerecht. Bey jungen Leuten muß man ſich uͤber⸗ haupt alle ſolche Verſuche verbitten: ſie haben keine Beobachtungen zu machen, ſondern nur die bereits gemachten zu benuͤtzen. Ungeheuer iſt die Anzahl der Wall er⸗ oder Flußſchildkröͤten in manchen Gegenden. Gu⸗ mila verſichert, es ſey keine Uebertreibung, wenn man behaupte, die Menge der Schildkroͤten im Oronoko ſey fo zahllos, als der Sand am Ufer desſelben. Um die Zeit, wenn ſie ihre Eyer legen an kommen ganze, wilde Voͤlkerſchaften, und ſchla⸗ Die Flußſchildkröte. 117 ſchlagen ihre armſeeligen Wohnungen am Ufer des Jluſſes auf. Alles, Maͤnner, Weiber und Kinder, iſ beyſammen. So wie im Februar der Oronoko ſinkt, fo erſcheinen die Schildkroͤten ſchaarenweiſe Kopf an Kopf. Wuͤrden nicht ſo viele Tauſende jährlich gefangen und unzaͤhliche Eyer vertilgt; fo wuͤrde ihre Menge nothwendig den Fluß ſchwellen und aus ſeinem Bette verdraͤngen. In ganzen Schwaͤrmen verlaſſen jetzt die Schildkroͤten, die von betraͤchtlicher, aber verſchiedner Größe find, den Fluß, und ſuchen ſich Plaͤtze zum Eyerlegen. Noch haͤlt ſich der Indianer in ſeiner Strohhuͤtte und Hang⸗ matte ganz ruhig. Die Schildkroͤten ſcharren ſich Locher in den Sand, und legen nun, die kleinern 22 — 24 laͤngliche, die groͤßern 60 — 64 runde Eyer, Sonderbar iſt es, daß unter der ganzen Anzahl nur Ein maͤnnliches, an der Größe kennbares, Ey it, Wenn die Schildkroͤte mit Legen fertig iſt, fo deckt ſie die Eyer zu, ebnet den Sand, und laͤuft ins Kreuz und in die Quere, um ihren Feinden die Spur zu verwirren. Allein dieſe Liſt hilft nicht viel: denn der Sand weicht unter den Fuͤßen, und verraͤth die Eyer. In drey Tagen, ſo ſtark wirkt unter jenem brennenden Himmel die Sonne, krie⸗ P 3 chen 118 Die Flußſchildkroͤte. chen die Junge aus, die die Groͤße eines Thalers haben mögen, Sie verlaſſen ihre Neſter nur bey Nacht, und haben dieſe inſtinktmaͤßige Vorſicht und Furcht vor den Raubthieren und der Sonnenhitze mit ihren Muͤttern gemein, die auch nur bey Nacht ihre Eyer legen. Wie der Leming auf ſeinen Wan⸗ derungen, fo gehen auch die Junge in der gerade⸗ ſten Linie auf den Fluß zu. Man mag ſie necken, wie man will, man mag eine Menge andres Waſſer in die Nähe gießen, es iſt alles umſonſt. Sie weis chen nicht von ihrer Bahn ab, und laſſen ſich, ſo jung und ohne Erfahrung ſie auch ſind, doch nicht verleiten, ein andres Waſſer fuͤr den Oronoko zn halten. Jetzt geht aber auch die Thaͤtigkeit der Judia⸗ | ner und ihrer Familien an. Hier wenden die Wei⸗ ber die alten Schildkroͤten um; wo ſie dann zap⸗ peln, aber ſich doch nicht umzukehren vermoͤgen; dort tragen die Maͤnner ſie in ihre Huͤtten, und le⸗ gen ſie einſtweilen, bis ſie mehr Zeit haben, in eben der Stellung hin: hier ſammeln die Kinder ganze Körbe von Eyern, und dort beluſtigt ſich eine Geſellſchaft mit Ballſchlagen, wozu gleichfalls die Cyer dienen. Es iſt ein wahres Erntefeſt, wo alles in ) Die Flußſchildkroͤte. 110 in Bewegung iſt. Iſt nun genug geſammelt, dann geht es zum Genuſſe. Die jungen Schildkrdten wers den ſammt der Schale gegeſſen, und ſollen unge⸗ mein ſchmackhaft ſeyn. Auch die Eyer werden zum Theil gegeſſen, zum Theil aber auch zu Oehl verwen⸗ det. Es werden naͤmlich, wenn ſie vom Sande ganz rein gewaſchen ſind, ganze Kaͤhne damit angefuͤllt. Wie Winzer muͤſſen nun die Kinder ſie keltern und zertreten. Hierauf laͤßt man die ganze Maſſe an der Sonne unbedeckt ſtehen. Oben ſondert ſich nun das ungemein fette Oehl ab. Um dieſes noch reiner zu machen, ſetzen es die Indianerinnen uͤber das Feuer, und ruͤhren es mit einer Kelle beſtaͤndig um. Iſt es nun ganz rein, und es wird auch wirklich klaͤ⸗ rer und feiner, als das beſte Dlivendhl, fo werden die Flaſchen gefuͤllt, und zum weitern Gebrauche auf⸗ bewahrt. Nach der Arbeit ſetzt man ſich zu Tiſche, und es muͤßte eine außerordentlich zahlreiche Familie ſeyn, zu deren Saͤttigung Eine Schildkroͤte nicht hinreichte. Sie gibt ihnen alles, Suppe, Ragout, Braten und ſelbſt Schuͤſſeln und Toͤpfe, und ſie haben einen Vortheil, den man ſonſt bey keinem Schmauße hat, daß ſie das Geſchirr, die Schild⸗ Froͤten⸗Schale, die vom Fette durchdrungen und | ganz 120 Die Flußſchildkroͤte. ganz weich geworden iſt, zum Nachtiſche verzehren können. Im Leibe dleſer Schildkroͤten findet man auch die, welche in den Fünftigen Jahren von ihnen gelegt worden waͤren, von der ordentlichen Groͤße eines Huͤhnereyes bis zu der eines Senf korns. Mit Fleiſch und Oehl beladen, kehren nun die wilden No⸗ maden in ihre Heimath zuruͤck, und benuͤtzen das Oehl vorzuͤglich ihre Haut zu ſchmieren, die dadurch unter dem ſo heißen Himmel ihre Weiche und Ge⸗ lindigkeit behaͤlt. Sonſt waren auch in Deutſchland, Preußen und Pohlen die Flußſchildkroͤten haͤufiger. Man trieb einen anſehnlichen Handel damit, und fuͤhrte ganze Fuder in der Faſtenzeit nach Schleſien und Boͤhmen. Um ſie lebendig dahin zu bringen, begoß man ſie un⸗ terwegs mit Waſſer. In kuͤnſtlich angelegten Tei⸗ chen, in Kellern, in Gaͤrten, beſonders aber im Spuͤlichfaſſe für Schweine und Rindvieh hielt man ſie in jenen Gegenden allgemein. Es ſoll dieß letz⸗ tere dem Viehe ſehr zutraͤglich ſeyn. Ja man pflegt ſogar, bis dieſe Stunde noch, Pferden, die nicht freſ⸗ ſen wollen, ihr Futter aus einer ſolchen Schildkroͤten⸗ ſchale vorzuſ chuͤtten. Mit allem, Schnecken, Inſekten, Salat ꝛc. begnuͤgen ſich dieſe Thiere. Man kann | in »Die Flußſchüldkrste. ker in ſeinem Garten keine unverdroßnern J Inſekten⸗ Jaͤger haben, nur muß man dafuͤr ſorgen, daß ein Waſſerbehaͤltniß in der Naͤhe ſey. Iſt eine Grotte da, ſo muß man ihnen durch einen Steeg das Aus⸗ und Einſteigen erleichtern. Sie werden ſo zahm, daß Kinder ohne Furcht ſich auf ihren Ruͤcken ſetzen, und ſich von ihnen ſpazieren tragen laſſen koͤnnen. Doch hat ſich jetzt, da die menſchliche Induͤſtrie Suͤmpfe austrocknete und urbar machte, ihre Zahl ſehr vermindert. Im Winter ee ſie ſich, und hungern lange. Unter den Flußſchildkroten iſt in gemaͤßig⸗ ten Europaͤiſchen Ländern die eben darum fo bee nannte Europaͤiſche (Europza, orbicularis. Linn. 24) gemein. Ihr Ruͤckenſchild iſt dval. Seine Hauptfarbe iſt gemeiniglich ſchwarz, auch ſchwarz⸗ braun. Von der hintern Ecke eines jeden Schup⸗ penfeldes gehen als aus einem gemeinſchaftlichen Punkte ſtrahlicht gereihte, runde und laͤngliche Fleck⸗ chen, die ſich nach allen Seiten des Randes ver⸗ breiten. Sie ſind theils weißlich, theils blaßgelb. Nur iſt dieſe ſo ſchoͤne und regelmaͤßige Richtung der Punkte in den 13 mittlern Feldern, nicht mehr dieſelbe auf den 25 Schuppen, die den Rand ums Amphib. SR geben. 122 Die Flußſchildkroͤte. | geben. Der Bauchſchild iſt ſchmutzig weiß, auch gelblich; in der Mitte und längs der Nähte braun ö auch ſchwarz gefleckt. Die Haut, die den Ruͤcken⸗ ſchild mit dem Bauchſchilde verbindet, iſt zwar feſt, doch laͤßt ſie eine Bewegung zu. Auf dem ey⸗ foͤrmigen Kopfe iſt eine ſchwielige, gefleckte Haut mit Schuppen. Eine aͤhnliche Haut umgibt den Hals, die Füße und den Schwanz, der ſehr lang iſt, und vielleicht Gelegenheit gab, dieſes Thier Waſ⸗ ſermaus zu nennen. Die, uͤber welche Marcgraf ſo ſchaͤtzbare Beobachtungen mitgetheilt hat, waren ſolche Europaͤiſche Schildkroͤten. Von ihrer me⸗ diziniſchen Kraft wird viel Ruͤhmens gemacht. Als lein wir faſſen, um unndthiger Wiederhohlungen entuͤbrigt zu ſeyn, dieſe Heilkraͤfte aller Schildkroͤ⸗ ten am Ende zuſammen. Sie NR: REM 1 eins hinaus. ö Sehr klein von Geſtalt, und faſt ganz unge⸗ ſchwaͤnzt iſt die Caroliniſche Schildkroͤte (T. Ca⸗ rolina). Ihr Kopf iſt ſtumpf und mit ſchwieligen Schuppen bedeckt, die eine roͤthliche Farbe haben. Ihr Panzer iſt von dunkelbrauner Farbe, mit gelben Flecken von verſchiedner Größe zierlich gefprenfelt, Ihre Augen find gelb, und die Naſenloͤcher ſtehen nahe Die Flußſchildkroͤte. 123 nahe beyſammen, faſt an der Spitze des Mauls. Es iſt ſehr ſchwer zu glauben, daß dieſe Schild⸗ krdte zuweilen auf dem Ruͤcken liegen, und auf die Klapperſchlange lauern ſoll, um ihr den Kopf ein⸗ zukneipen und fie zu toͤdten. Wie fie ihn anfaſſe — wie groß oder vielmehr wie klein der Kopf der Klap⸗ perſchlange zu dieſer Operation ſeyn müßte, und ders gleichen Raͤthſel mehr, gelben wir Kai nicht auf⸗ zulofen, | Die nur zur Hälfte mit einer Schwinmhaut verbundnen Zehen der Sumpfſchildkroͤte (T. Lu⸗ taria) ſcheinen anzuzeigen, daß ihr der Aufenthalt in einem Mitteldinge von Erde und Waſſer, naͤm⸗ lich im Sumpfe, angewieſen ſey, und ſie alſo auch zwiſchen der Cand⸗ und Waſſerſchildkroͤte durch ihre Bauart die Mitte halte. Sie wohnt in Oſt⸗ und Weſtindien. Die vier Finger eines jeden Fußes ſind mit ſpitzigen Krallen bewaffnet. Die Haut des Korpers iſt ſchwarz mit gelben Punkten und Schup⸗ pen. Wie gewöhnlich, nehmen 13 Felder den mitts lern Theil des Ruͤckenſchildes ein. Die 4 Seiten⸗ blaͤtter des Ruͤckens haben im Umkreiſe eckige Stri⸗ che, in deren Mitte ein rauher, wie Chagrin punk⸗ tirter gelber Fleck iſt. Die 24 Randfelder ſind unter⸗ | Ras ein⸗ 124 Die Flußſchildkroͤte. einander geſchobnen Blaͤttern ähnlich, die eine blaffe Farbe mit ſchwarzgrauer Einfaſſung haben. Was aber das fuͤr Sumpfſchildkroͤten geweſen ſeyn mös gen, die Vaillant in ſo großer Menge auf ſeiner Reiſe in Afrika fand, koͤnnen wir nicht entſcheiden. Sie waren nur 8 Zoll lang, und gewaͤhrten ohne weiters geröfter ein ſehr gutes Nahrungsmittel. Ihr Schild war grau ins Gelbe ſpielend. Eine neue weichſchalige Flußſchildkroͤte mach⸗ te Doktor Garden bekannt; ſie hat zu viel Sonder⸗ bares, um hier uͤbergangen zu werden. Man koͤnnte fie, ihrem Karakter nach, die Wilde (Ferox) nens nen. Denn wenn ſie angegriffen wird, ſo ſtellt ſie ſich auf die Hinterfühe, ſpringt wuͤthend vorwärts, und beißt nach dem, der ſie zu beunruhigen wagt. Sie erreicht eine Schwere von 70 Pfund, und eine anſehnliche Laͤnge. Der mittlere Theil ihrer Schale iſt hart, ſtark und knochig: an den Seiten aber und nach dem Schwanze zu ein biegſamer Knorpel, der zwar jedem Drucke nachgibt, aber doch das Thier hinreichend ſchuͤtzt. Die Farbe iſt ſchwarzbraun mit einem gruͤnlichen Blicke. An dem langen und dicken Halſe iſt der Kopf, beſonders durch die ſonderbare Naſe, aͤußerſt auffallend. Sie beſteht aus einer Bil. | knor⸗ Die Flußſchildkroͤte. 125 knorpeligen Verlängerung, die für den erſten Anblick dem Ruͤſſel des Maulwurfs gleicht. Bey naͤherer Unterſuchung findet man, daß ſie weich, duͤnn und durchſichtig ſey, und alſo nicht zum Wuͤhlen dienen konne. Das ziemlich kleine Auge iſt ſehr lebhaft, und wenn das Thier ins Waſſer geht, oder eine Ge⸗ fahr ihm droht, ſo bedeckt es dasſelbe mit ſeiner Blinzhaut. Die Vorder: und Hinterfuͤße ſind dick und ſtark. Sie haben fuͤnf, durch eine Schwimm⸗ haut verbundene Finger, wovon nur drey mit Klauen bewaffnet ſind. Der obere Theil der Vorderfuͤße iſt mit einer faltigen, gruͤnlichen, und der Hinterfuͤße mit einer weißlichen Haut bedeckt. Der Schwanz iſt dick und breit. Dieſe Schildkroͤte legt kugel⸗ runde Eyer. Sie wird fuͤr ein vortreffliches Eſſen gehalten, und manche behaupten, ſie ſey noch ſchmackhafter als die grüne Schildkröte. In den Fluͤſſen Savannach und Alatama iſt dieſe Gattung ſehr Häufig; auch im dͤſtlichen Florida ſoll fie fehe gemein ſeyn. | | Eine der haͤßlichſten Flußſchildkroͤten iſt wohl die Schlangenſchildkroͤte (Serpentina 25). Der haͤßliche Schlangenkopf, die ſtark gefaltete gaut um den langen Hals, der zwar regelmaͤßig einge⸗ 23 theil⸗ 126 Die Flußſchildkroͤte. | theilte, aber mit vielen Bergen und Thaͤlern ver⸗ ſehene Schild, der lange ſchuppige Schwanz, die gewaltigen Krallen, die Zacken, die der Schild uͤber dem Schwanze hat, alles traͤgt bey, dieſem Thiere ein furchtbares Anſehen zu geben. Sonder⸗ bar iſt der Umſtand, daß die Füße keine Schwimm haͤute haben, wie Kinn? bemerkt, da dennoch dieſe Schlangenſchildkroͤte ſich vorzuͤglich gut aufs Schwimmen verſteht, und ſich gewöhnlich in ſuͤßen Waſſern aufhaͤlt. Ihre Heimath iſt in China, Al⸗ gier und in dieſen Gegenden, wo ſie ſich durch ihre Bosheit und biſſiges Weſen bereits beruͤchtigt genug gemacht hatte, ehe ſie noch nur ihrem Namen und Bilde nach in Europa bekannt wurde. . Sehr niedliche und auffallende Schilde haͤben die Karakterenſchildkroͤte und die Aſchfarbige. Man kann kaum einen ſchoͤnern Schild ſehen als | den, den die aſchfarbige Schildkroͤte (T. einerea 26) auf ihrem Ruͤcken traͤgt. Er iſt ſo regelmaͤßig ausgetheilt, ſo leicht und angenehm kolorirt, daß man ein niedliches Kunſtwerk vor ſich zu ſehen glaubt. Zwar hat dieſe Schildkroͤte einige Aehnlichkeit mit einer andern, die die gemahlte heißt. Allein es finden doch Verſchiedenheiten Statt, die ihr die Ehre, eine 85 Die Fußſchildkröle. 5 127 eine eigne Art zu ſeyn, unangetaſtet laſſen. Man bemerkt auf der Scheibe des Ruͤckenſchildes, zwiſchen den 3 vorderſten Feldern, zwey ganz kleine, einge⸗ ſchaltete Felder, die bey andern Schildkroͤten unge⸗ woͤhnlich ſind. In ſchoͤnen, geraden Linien laufen verſchiedene Binden uͤber den Schild hinweg, und bilden mehrere Fuͤnfecke. Vier und zwanzig Rand⸗ ſchuppen umgeben den Schild, und jede derſelben hat wieder ihre eigne Einfaſſung. Er hat faſt ganz die Form der Karakterenſchildkrte „und iſt eben fo flach und platt. Die Farbe, die dem Panzer dieſes kleinen Tie res ein ſo ſchoͤnes und angenehmes Anſehen gibt, iſt lichtgrau, oder auch aſchfarbig. Die Einfaſſungen der Ruͤcken⸗ und Randfelder ſind ein leichtes Stroh⸗ gelb. Die Bildung ihrer Fuͤße, die ſehnige Haut, die den Bauchſchild mit dem Ruͤckenſchilde verbindet, und die Hacken oder Angeln, die ihnen zur Stuͤtze dienen, beweiſen hinlaͤnglich, daß ſie eine ER | ſchildkrote ſey. Ihre Seimath iſt Nordamerika, wenigſtens verſicherte der, der Bloch eine ſolche aſchfarbige Schildkröte zum Verkaufe brachte, fie ſey aus dem | BR Fluſſe. | Die \ 128 Die Flußſchildkroͤte. Die Karakterenſchildkroͤte (T. feripta, 27) hat auf ihrem Schilde Schriftzuͤge, die den Chineſis ſchen Buchſtaben nicht ungleich ſehen. Der Panzer iſt ſehr flach und niedrig, der Ruͤcken aber Kielfoͤrmig. Am Rande iſt er gekerbt. Fuͤnf und zwanzig Rand⸗ felder umgeben die 13 großen Mittelfelder. Die Vereinigung des Ruͤcken⸗ und Bauchſchildes gefchieht nicht bloß durch den mittlern Theil des letztern, ſon⸗ dern auch durch erweiterte Anſaͤtze der vordern und hintern Lappen; auch iſt, wie bey den meiſten Arten, zwar der Bauchſchild an den mittelſten vier Rand⸗ feldern befeſtiget, ſie ſcheinen ſich aber bey dieſer nicht, wie bey andern, zu dieſer Abſicht bauchig zu erweitern. Inzwiſchen iſt bey dieſer Schildkroͤte noch viel zu wuͤnſchen uͤbrig. Recht beſtimmte Nach⸗ richten über die Art, wie jene Schriftzuͤge eingegra⸗ ben find, über Vaterland, Größe, und andre Eigen⸗ ſchaften, fehlen uns noch immer. Ueberhaupt, fo viel Verdienſt ſich unſer Zeit⸗ alter um die Naturgeſchichte erwarb; ſo gewiß ſeit 150 Jahren, mehr als vorhin in tauſend Jahren, auf dieſem ſchoͤnen und reichen Felde geerntet wor den: fo duͤrfen unſre Juͤnglinge und Männer, die eine er Neigung zu dieſem Studio fühlen, nicht n, 20. 7a. I Die dußſchderzte N‘ 129 beſorgen, daß ihnen, nach ſo raſtloſem Fleiße andrer, nur eine duͤrftige Nachleſe geblieben ſeyn moͤchte. Es iſt noch ſehr viel, viel au erforſchen, viel au untere en uͤbrig. | Der Bach Puſahat, bey der Stadt ee gun eine erſtaunliche Menge Waſſerſchildkrdten mit ſich, die Gmelin in ſeiner ruſſiſchen Reiſe zuerſt, als eine neue Gattung bekannt machte, und Schneider als eine ſolche in feinem vortrefflichen Werke aufſtellte, und die Kaſpiſche nennt. Die Felder oder Schild⸗ chen in der Mitte des Ruͤckenſchildes find mit unregel⸗ maͤßigen Naͤhten, bald gerade bald krumm, umgeben. Die Fuͤße find halb ſchwimmformig. Die vordern haben fünf, die hintern aber vier Zehen. Ein ges wölbter Kopf, der am Hintertheile, fo wie auch hin⸗ ter den Augen geſchuppt iſt, und dann ein geringelter Schwanz gehoren ferner unter ihre Eigenheiten. Oft erreicht fie eine Große, daß einige Menſchen auf: ihrer 0 5 Schale ſtehen konnen, und von dem Thiere fort⸗ getragen werden. Die Perſianer haben einen großen Abſcheu vor allen Schildkroͤten, und entbehren alſo einer vortrefflichen Speiſe, die tauſend andere Men⸗ ſchen, beſonders in Ermanglung andrer Fleiſcharten, ungemein werth iſt. Ueberhaupt euthaͤlt unſtreitig Amphib. R die N 130 ßſchild die Natur re viele I» Genüge fuͤr die Menſch⸗ heit, die fie aus Unwiſſenheit, Vorurtheil, tindiſcher Furcht und Feigheit unbenuͤtzt läßt, Gewiß hat der, der es zuerſt wagte, eine Schildkröte zu eſſen, oder mit Froſchkeulen und Krebſen ſich zu naͤhren, ſich kein ge⸗ ringes Verdienſt um die Menſchheit erworben. Mag auch manches der Zufall gethan haben, der erſte Dife fen war eben doch ein kleines Wagſtuͤck. Schade iſt es, daß der Name fo mancher Wohlthaͤter der Men⸗ ſchen ganz vergeſſen iſt, indeſſen der Name der Er⸗ finder oft unnuͤtzer und verderblicher Dinge von Jahr⸗ hunderten zu Jahrhunderten verkuͤndet wird. Zu⸗ verlaͤßig verdiente der, der einen ſo ganz eigentlichen Nahrungszweig entdeckte, in den Jahrbuͤchern der Menſchheit eine ehrenvolle Erwaͤhnung. Wir koͤnnen es daher nicht laͤugnen, daß der Name deſſen, der zuerſt Schildkroͤten eſſen lehrte, uns weit intereſſan⸗ ter waͤre, als Mr. Guillotin und manche andere, die ſich durch zerſtorende Dinge unvergeßlich gemacht, und daß wir bey Franz Drake wenigſtens weit fro⸗ here Empfindungen haben, als n dem Namen Verthold Schwarz. | Eine ganz befonders merkwuͤrdige Siußfchkien kroͤtenart iſt die ſchuppige enn Sie iſt ſonder⸗ Die Flußſchüdkröte. 137 ſponderbar gebildet, und weicht von andern ihres Ge⸗ ſchlechts auf eine auffallende Weiſe ab. Sie har ei⸗ nen kleinen, langgeſtreckten Kopf wie eine Schlange, kleine Augen und ſcharfe Zaͤhne, mit denen ſie kleine Fiſche fängt und zerfleiſcht. Ihr ganzer Körper iſt mit Schuppen bedeckt. Dieſe liegen nicht in der Ordnung neben einander, wie bey andern Schild⸗ Froͤten; fie find klein und zahlreich, und das drey⸗ eckige Ende derſelben iſt nach hinten zu gekehrt. In gleicher Größe und Richtung laufen fie über den lan⸗ 5 gen Schwanz fort. Um den Kopf herum ſind ſie klei⸗ ner. Der Bauch iſt glatt, weich und leicht zu ver⸗ wunden. Die Hinterfuͤße find länger als die Vor⸗ dern; alle. aber mit Schuppen bedeckt. Sie iſt in Java, China u. a. Orten anzutreffen, und graͤbt ſich gerne in die Erde, daher ihr die Einwohner von Java den Namen Tamach geben, der einen Erdgraͤber be⸗ deuten fol. Ihr Fleiſch ſoll außerordentlich ſchmack⸗ haft feyn. Die chineſiſchen Aerzte räumen den Schup⸗ pen einen großen mediziniſchen Werth ein. Sie ver⸗ ordnen ſie, getrocknet und zu Pulver gerlöben, in Dy⸗ fenterie und andern Zufaͤllen. ; Wer auch nur flüchtig dieſe ſchuppige Schilds kroͤte betrachtet, der kann ſich des Gedankens an * n das 132 Die Flußſchildkrte. das Schuppenthier (den ſomeſeniſchen 2 eufel, | Phatagin, manis,) nicht erwehren. Hier ſcheint die EN Graͤnze zu ſeyn, wo ſich die eyerlegenden kaltbluͤtgen 1 Schildkroͤten an die vierfuͤßigen, warmbluͤtigen und lebendiggebaͤhrenden Thiere, oder kurz, wo ſich die Amphibien an die Saͤugethiere anſchließen. Würde man das ganze Thierreich in einen Zuſammenhang bringen, fo daß immer jedes Thier an das gereihet wuͤrde, das ihm am naͤchſten kommt, ſo wuͤrde wohl unſre ſchuppige Schildkrote den beſten Uebergang von den Amphibien zu den Saͤugethieren machen. Und dieß find die vorzůglichſten lußſchildkro⸗ ten. Zwar nennen mehrere Lehrer der Naturgeſchich⸗ te noch viele andere; zwar machen viele Reiſende die wundervolleſten Beſchreibungen; allein theils fehlt es an richtigen Abbildungen, theils herrſcht in den Namen und Eigenſchaften ſelbſt eine ſolche Verwir⸗ | sung, daß man ſich ſchlechterdings nicht zurechte fin⸗ = den kann. Man wird es uns daher nicht verdenken, wenn wir hier die Flußſchildkroͤten beſchließen. Eher beſorgen wir den Vorwurf, wir haben ihnen zu viel Platz eingeraͤumt, und die Abbildungen unndthi⸗ ger Weiſe gehäuft — Jedoch erwarten wir dafuͤr eher Dank als Vorwuͤrfe Denn wie ſelten ſind dieſe Thiere \ | an! \ \ a gr Mul | u MM RN Ya NN AN \t e N — — — ——— ä U ä— —⅛— —————ä6 86.444 ßkt.—— ge = ea 3 a, DEREN Die Meerſchildkroͤte. 133 Thiere abgebildet, wie ſelten beſchrieben! In wie vielen, zum Theil koſtbaren Werken iſt nicht das al⸗ les zerſtreut, was hier zur Unterhaltung ausgezogen wird! Wer hat immer die Gelegenheit, und wenn er ſie haͤtte, die Zeit und Geduld, dieſe Buͤcher durch⸗ zugehen? | 3 U EEE ²˙“; t Ü: ²˙dæ«t! ˙—˙UU r — EEE ARTIST DOREEN Tab. XVII. XVIII. XIX. XX. Die Meerſchildkroͤte. Teſtudo marina, la Tortue de Mer. Der Kopf der Rieſenſchildkroͤte. (28) Ihr Gebiß und Gaumen. (290) Die Carette. (30) Ihr Gerippe. (31) Der Schuppenſchild. (32) Die Pergamentartige. (33) un Ein Junges im Ey. (34) | Auchj jenes unermeßliche Waſſerbehaͤltniß das Meer, in dem eine ungleich größere Anzahl von Geſchöpfen lebt, als auf dem feſten Lande, ſollte Schildkroͤten enthalten; und es laͤßt ſich ſchon im Voraus vermu⸗ | R 3 then, 134 nen Aufenthalte bedarf, denen, die im Meere leben, das zur Ausſteuer geſchenkt haben werde, was ſie ſtark genug macht, um jenen oft ſo fuͤrchterlichen Fluthen Widerſtand zu thun. Was bey den Cand⸗ und Flußſchildkroͤten unndthiger Aufwand geweſen waͤre, das war fuͤr Meerſchildkroͤten ein ungemein wohlthaͤtiges Geſchenk. Die Natur verſchwendet nie E ſo ſehr es oft ſcheint; aber fie gibt jedem Gefchöpfe das, was es, um gluͤcklich zu ſeyn, bedarf. Was, außer der Größe, die meiften 177 era. ſchildkroͤten vor allen andern ihres Geſchlechts aus⸗ zeichnet, iſt die Floßfedernartige Geſtalt ihrer Süße, deren vordere länger als die hintern find. Dieſe Floß⸗ feder⸗Fuͤße find wie grobgearbeitete Schaufeln mit Einſchnitten, und gleichen den Floſſen der Knorpel⸗ fiſche. Doch ſind ſie ordentlich abgegliedet, unter der aͤußern Haut mit den gewoͤhnlichen Fußknochen verſehen, und haben gemeiniglich 2 Krallen, deren eine ſpitzig und ſeegelfoͤrmig, die andre ſtumpf und etwas kleiner iſt. Sehr leicht laͤßt ſich in heißem Waſſer der obere Ueberzug ihres Knochenſchildes vom untern trennen. Nur der erſtere hat, wenn er von K \ | feiner chen, daß bie Natur, dir item Thier helte bis Einrichtung gab, deren es bey dem ihm angewieſe⸗ Die Meerſchldkröe. 235 ‚feiner knochigen Unterlage abgeldst wird, die man⸗ nigfaltigen Farden. Eigentlich beſteht der Ueberzug aus zwey und vierzig, die Unterlage aus zwey und fuͤnfzig und der Bauchſchild aus 28 Stuͤcken von verſchiedener Groͤße. Sie greifen alle gezaͤhnelt in einander, bilden das feſte und unbiegſame Gewölbe, und verrathen den großen und weiſen Baumeiſter der Natur, der in feinen Gefchbpfen alle die Geſetze der Baukunſt und Mechanik anwendete, die unſre Archi⸗ tekten und Mechaniker erſt nach und nach entdeckten und benuͤtzen lernten. Der kurze Schwanz der Meer⸗ ſchildkroͤten ſieht, beſonders bey den Weibchen, ſehr wenig unter dem Schilde hervor. Er hat nur 22 Wir⸗ bel, und, wenn das Thier geht, ſoll es ihn renn in einwaͤrts gebogner Lage halten. | Die Meerſchildkroͤte ſpruͤtzt aus den Nase lochern, wie die Delphine, Waſſer. Ihre Augen⸗ hoͤhle iſt ſehr groß, und das untere Augenlied unge⸗ mein dick und am Rande wie mit eingekerbten Zaͤhnen verſehen. Sie hat zwar eine Blinzhaut, allein mit dieſer kann ſie nicht das ganze Auge verſchließen. Aus Einem Stuͤcke beſteht das ganze Unterkiefer, und die Kraft des ſelben iſt fo beſchaſſen, daß es alles nme, ‚Sb 4 / Vorzuͤglich merken ürttg iſt der Schlund der N BO Er iſt ganz mit ede en N die mit einer klebrigen Materie angefuͤllt und an der Spitze mit einem etwas haͤrtern Ende, wie mit einen Stachel, verſehen ſind. Faſt wie eine grobe Feile kann man ſie betrachten. Einige glauben, daß ſie den Mangel einer leicht beweglichen Zunge erſetzen, und zur Aufloͤſung der Speiſen beytragen. Sie has ben alle ihre Richtung nach dem Magen zu; dadurch wird ſehr wohlthaͤtig fuͤr dieſes Thier der Zweck er⸗ reicht, daß dieſe Stacheln den Speiſen den Weeg in den Magen ungehindert offen laſſen, allein den Ruͤck⸗ gang verſperren. Sollte dieſe Einrichtung fuͤr ein Thier, das ſich oft untertaucht, und an ſich einen ſehr weiten Schlund und großen Magen hat, nicht ungemein wichtig ſeyn? Pluͤmier fand den Schlund einer Meerſchildkroͤte ſo weit, daß er mit der Fauſt be⸗ quem durchkonnte, und einen zween Schuh langen Magen. In dieſem hat man ſchon zum dftern Stüs cke vom mn m und en gefunden, Als lein, A 00 Zu den allerſeltſamſten Geſchoͤpfen gehoͤren die Dintenſiſche, die man zu den Würmern rech⸗ net. Die Saugnäpfe an ihren Armen, womit ſie Die Meerſchi 137 de r ſchwarzen Safte, den man vöm erſtern en ſollte, waren dieſe Stücke in einem rothen | die Vermiſchung mit einem aus im Mae gen dieſe Farbe bekommen haben mag. 5 ahrung der Meerſchildkroͤten beſteht vorzüglich in Seegras und Conchylien. Ueber das detztere wird man ſich nicht wundern, wenn man die alles zermalmende Kraft ihrer Kinnladen bedenkt. Diefe iſt ſo groß, daß auch der abgehauene Kopf noch vinige Stunden nachher uns ſehr empfindlich zu beiſe ſen im Stande ſeyn würde, Bey recht hellem Meere e Schildkröten auf den Wieſen, die dee Schöpfer auch im Grunde des Meeres angebracht bar, herumgehen und weiden ſehen. Sie beiſfen mehr ab als fie freſſen; daher, wenn man auf der rflaͤche des Meeres Seegras ſchwimmen fieht, es ein Beweis ii . am Be REN bes e ec dug s finden. . e A ich a 0 de Arne S fo lech N wieder nachwachſen, wenn Fiſche fie ihnen abe. beißen, der ſchwarze Saft, den ſie willkürlich von a ſich laſſen konnen, und damit das Waſſer um ſich . bes werdunfeln,, A. d. m. machen dieſe Dinten⸗ 0 er Blackfiſche unwiderſprechlich u ae K — erkwürdigſen Tpietgefet N Amphib. ; S finden. Wenn fie nicht gerade freſſen, ſo halten ſir gerne den Kopf über dem Waſſer, und ſchoͤpfen Luft. Wunderbar ifts immer, wie ſolche zum Theil fofchwere Maſſen ſich im Waſſer ſchwebend erhalten konnen. Die groͤßten Meerſchildkroͤten findet man um Braſilien, die Antillen, die Roderichs⸗Aſcenſions⸗ Tabrobana⸗Inſul, auch um Grönland und an der Muͤndung des Ganges. Ueberhaupt follen fie gerne aus dem Meere ſich nach dem Ausfluſſe großer Strds me hinbegeben, um da mit ſuͤßem Waſſer ihren Durſt zu ſtillen. Die kleinſten fand wohl Kapitaͤn Ring auf der Fortſetzung der Cookiſchen Reife, Sie hatten nicht uͤber 3 Zoll. Seltener findet man ſie in Mee⸗ ren, die die Europaͤiſchen Kuͤſten benetzen. Doch moͤ⸗ gen zuweilen heftige Stuͤrme, oder ſonſt eine Veran⸗ laſſung, ſie aus andern Welttheilen in Gegenden ver⸗ ſchlagen, wo ſie ſonſt nicht zu Hauſe ſind. Im Jahre 1752. brachte das Meer eine Schildkroͤte in den Has fen von Dieppe, die 900 Pfund ſchwer war. Sie war | 6 Fuß lang und 4 breit, und wurde, als eine Selten⸗ heit, fuͤr die konigliche Tafel nach Fontainebleau ge⸗ bracht. Bald nachher wurde eine andere bey der In⸗ ſul de Re gefangen, und lebendig i in die Abtey Lon⸗ veaur in Bretagne geſendet. Sie weg 800 Pfund. Jeder ya e Meeiſchildkröte. 130 Jeder Schwimmfuß . und der Kopf 29 Pfund. | | ie Le e allein, hieß es, hätte hingereicht, hundert erſonen zu ſaͤttigen. Nach abgehauenem Kopfe Genen aus dem Halſe mehrere Maaß Blut. Sie war in allem 9 Schuh lang, und noch ſieht man in jener Abtey den faſt drey Ellen langen Knochenpanzer. Sie gab mehr denn hundert Pfund Fett, und ihr dem Rindfleiſche aͤhnliches Fleiſch ſchmeckte etwas Biſam⸗ artig. Auch fieng man einſt 3⁰ Meilen von Livorne eine vierzehnhundert Pfund ſchwere. Doch erzaͤhlen | die Alten von noch größern und ſchwerern. So wur⸗ den, ihnen zufolge, 22 Fuß lange gefunden, ja ſolche | auf deren Rüden 40 Menſchen bequem ſtehen konnten. Ob uͤberhaupt damals die Natur mehr ins Große ge⸗ arbeitet, oder ob die jetzt vermehrte Induͤſtrie und die vervielfaͤltigten Kuͤnſte, den Thieren nachzuſtellen, ſie nicht mehr die ehemalige Größe nen en 8 nicht. Eine ſonderbare Geſchichte beweist, wie die — he vielleicht auch in ſolchen Meeren einheimiſch gemacht werden könnten, wo fie ſonſt nicht wohnen. Im Jahre 1741. feegelte ein gewiſſer Las borie von der Inſul St. Domingo nach Frankreich. FREE Mundvorrathe hatte er auch eine uns Hd S 2 gefähr gefaͤhr 28pfuͤ kro „ e auf dem Wege zu een Gemacht der bel | ſie in einem Zuber voll Meerwaſſer, ließ aber alle Ta⸗ ge friſches geben. Zur Nahrung erhielt ſie gewoͤhn⸗ lich alles, was in der Kuͤche abfiel. In vierzehn Tagen wurde der Zuber zu klein fuͤr ſie. Das ſchnelle Wachsthum erregte ſolche Verwunderung, daß man ſich vornahm, ſie erſt in Bordeaux zu eſſen. Ihr zweytes Wohnhaus wurde ihr ſchon wieder zu enge, und man mußte ein Waſſerfaß, die von betraͤchtlicher Größe ſind, dazu wählen und zurichten. Als man bey dem Pertuis d’Antioche genannten Loche ſich befand, erhub ſich ein fuͤrchterlicher Sturm; man ſuchte einen Zufluchtsort, gerieth aber an Klippen. Das Schiff ſcheiterte, und die zum Schlachtopfer bes ſtimmte Schildkrdte fand in dem allgemeinen Ungluͤck ihre Rettung, und war beſſer daran als das Schiffs⸗ volk, von dem der größte Theil ums Leben kam. Caboxie lam gluͤcklich mit dem Leben davon! Da er nun im Jahre 1754. den Fang einer merkwürdigen Seeſchildkroͤte auf der Höhe der Inſul de Re (welche eben bey dem Pertuis d’Antioche iſt) iu den Zeitun⸗ gen las, ſo zweifelte er keinen Augenblick, daß das die n geweſen es die 13 Jahre vorher im aaa 4 / ER - | er Pe f — Wbt „die ſ ie in dieſer geit erreicht hatte, fand mit dem ſchnel⸗ len Wachsthum waͤhrend der 45 Tage, die ſie bey ihm auf dem Schiffe zugebracht hatte, im genaueſten Verhaͤltniſſe. Bey dieſer Erzaͤhlung, die von dem Sohne dieſes. Laborie herruͤhrt, macht dieſer ſeiner Nation den Vorſchlag, die Kuͤſten von Frankreich mit dieſem fo nuͤtzlichen Thiergeſchlechte zu bevölkern / und zu dem Ende jedem aus Amerika zuruͤckſeegelnden Schiffe zu befehlen, eine gewiſſe Anzahl Meerſchild⸗ roten mitzubringen. Inzwiſchen iſt es dieſem dko⸗ 5 nomiſchen Entwurf wie tauſend andern ergangen! Die ganze Sache iſt bey vn a een ſchlage geblieben. De Den Großkopf aucgenemmer, nd die meer⸗ ſchildkroͤten ſehr furchtſam. Ihr Karakter fol Sanftmuth und Staͤrke ſeyn. Daher ſoll Phidias ſie der Gdttinn der Liebe zugeſellt haben. So erklärt wenigſtens Graf de la Cepede in ſeinem Werke von den Schildkroͤten, dieſes antiquariſche Problem, und zeigt dadurch, daß der Franzoſe ſelbſt dann, wenn er uͤber die Schildkröten ſchreibt, dem fchönen Ge⸗ | ſchlecht etwas Verbindliches zu ſagen wife, =” ">" u S 2 | In un keine Gefahr ſcheuen. Sie bringen mehre In der Paarungszeit ſollen fie wuͤthend ſeyn. ge, ja Wochen mit dieſem Geſchaͤfte zu. Ihr Gang | iſt ein ſchleppendes Kriechen, das ihnen das Eyer⸗ legen ziemlich beſchwerlich macht. Denn ſie duͤrfen dieß nicht nahe am Ufer thun, ſondern der Inſtinkt 5 lehrte ſie, ſo weit landeinwaͤrts zu gehen, daß die Fluth ihre Eyer nicht erreichen kann. In eine zwey Schuh tiefe Grube legen fie 80, oo, ja bis 200 Eyer. Dieß geſchieht mehrere Male, nur ruht ſie ungefaͤhr Ä 14 Tage von dieſer Anſtrengung aus, und dann legt fie wieder; fo daß eine große Meerſchildkroͤte jaͤhr⸗ lich auf 1200 Eyer kommen kann. Dieſe ſind ganz rund, von der Größe eines Spielballes, und wie mit naſſem Pergament uͤberzogen. Sie haben das Weiße und den Dotter wie Huͤhnereyer, jedoch ſoll das erſtere im Kochen keine Konſiſtenz bekommen. Im Legen iſt das Weibchen auf ihre Arbeit ſo erpicht, daß es < die Annäherung eines Menſchen nicht bemerkt und ihm wohl in den Hut legen wuͤrde, wenn er ihm den⸗ ſelben unterhielte. Es ſcheint dabey in einer großen Unruhe zu ſeyn. Bald ſitzt es ein Weilchen; bald geht es in die See; bald legt es wieder. Iſt endlich der n We von un Eyern ausgeleert, ſo 17 > a werden werden die Gruben mit Sand aufgefüllt, und die Waͤrme der Sonne mee nun das nn des Aus bruͤtens. Was von der * der Schldkroten ges — daß fie die Eyer in groben Sand legen, aber mit feinem Sande zudecken, wahrſcheinlich, daß ſie nicht Schaden leiden; daß ſie dann mit den Füßen den Sand ebnen, und ein Zeichen darauf machen, um die Eyergruben wieder zu finden; oder daß ſie ſich auf den Ruͤcken werfen, um den Abdruck ihres Schildes als ein Denkzeichen da zu laſſen; daß das Weibchen ſeine Eyer bewache, und waͤhrend dieſer Zeit von feinem Gatten ernährt werde; daß es vier⸗ zig Tage uͤber den Eyergruben bruͤte, und wenn die Zeit des Aus ruͤtens gekommen, dieſelben dffne: das find Dinge, die wir, ob fie gleich von Reiſenden er⸗ waͤhnt werden, unmdglich verbuͤrgen konnen, da ſie von 4 andern gelaͤugnet werden. Sehr merkwuͤrdig und un⸗ laͤugbar ſind die großen Wanderungen, die dieſe Schildkroͤten, wenn die Zeit des Eyerlegens heran⸗ naht, anſtellen. Sie ſollen dann, nach Dampier, en wohl dreyhundert Meilen weit ſchwimmen, | um ſich ihrer Buͤrde zu entledigen. Sie kommen daun an a. und Bi wo man ſonſt Feine zu ſehen * 5 144 „das ihnen das Landen erleichtert, vielleicht ſcheinen. Unzaͤhliche Fiſche und En ſollen un dann folgen- n g. r d Nach zo bis eee die n aus⸗ Sie koͤnnen beſſer laufen, als ihre Eltern. Der erſte Weeg, den ſie machen, ſobald ſie auf die Welt kom⸗ men, iſt der See zu. Man trage fie auch eine Viers telmeile weit auf eine Anhöhe; ihr Inſtinkt wird fie doch den geradeſten Weeg nach der See zu treiben Allein ihre große Leichtigkeit macht, daß ſie die Wel⸗ len oft ans Ufer werfen, wodurch fie den Vögeln zun Raube werden. Bey einer ſo großen Fruchtbarkeit ſollte man eine ungeheure Vermehrung der Meer⸗ ſchildkroͤten vermuthen. Allein fo zahlreich auch die Brut iſt, ſo kommen doch von jeder hoͤchſtens 4 5 Junge auf. Der Schoͤpfer wollte durch jens große Fruchtbarkeit, neben einer verhaͤltnißmaͤßigen Erhaltung dieſes Thiergeſchlechtes, auch fuͤr tauſend Menſchen und Thiere guͤtig ſorgen. Oft ſchwimmt eine große Menge junger Schildkroͤten auf der Obers fläche des Meeres. Hier finden die Seevögel ihren Tiſch reichlich gedeckt: fie faſſen fie und ſchleudern ſie dann an Felſen, um ihre Schale zu zerbrechen. | | Ueber⸗ gehen gewohnt ir und denen fie — — 7 auch des feinen Sandes wegen, den Vorzug zu geben j Die Meerſchildkroͤcte. 145 > Meberhaupt haben fie mehr Feinde unter Thies ren und Menſchen, als man vermuthen ſollte. Kom⸗ men fie ans Land, fo warten Tieger auf fie, oder Fre⸗ gatten⸗Narren und andere Vogel lauern auf Baͤumen, oder der Sapi (muftela lutreola) ſtellt ihnen und ih⸗ ren Eyern nach. Erreichen fie muͤhſam die See, ſo gewaͤhrt ihnen auch dieſe keine ganz ſichre Freyſtaͤtte. Denn nicht genug koͤnnen fie ſich vor dem alles vers ſchlingenden Hayfiſche und dem Schwertfifche in Acht nehmen. Zwar machen ſie es andern Thieren auch nicht beſſer. Denn, außer der unuͤberſehbaren Meu⸗ ge von Conchylien, die ſie, trotz der harten Schale, in die auch dieſe die Natur huͤllte, zermalmen, wagt ſich die große Schildkroͤte ſogar an das Krokodil, f dem es oft die Fuͤße abbeißt. Am Meiften haben fie vom Menſchen zu beſor⸗ gen, der jeden Augenblick zu benuͤtzen weiß, um ſie zu fangen, fie mögen ſich nun bis zum Eintritt der Ebbe verſpaͤtet, oder ſo voll gefreſſen haben, daß es ihnen unmdoͤglich wird, nach dem Waſſer zuruͤckzukehren. Die Bewohner der Antillen uͤberraſchen ſie an ihren Le⸗ gepläßen, und wenden mit eiſernen Hacken fehr ſchnell, | damit fie. nicht Zeit gewinnen, mit den Floſſen den Sand aufzuwirblen, ihrer eine Menge von 150 0 Amphib. T Pfund 140 Die Meerſchildkroͤte. Pfund, um. Oder man legt einen Balken quer uber den Weeg der Schildkrdte. Sobald fie mit den Vor⸗ der⸗Pfoten hinaufgeſtiegen iſt, um hinuͤber zu kom⸗ men, hebt man ihn ſchnell auf, ſo daß ſie auf den Ruͤcken fallen muß. Auch ſpannt man nahe am Ufer eine Netzwand aus, in der ſie ſich leicht, wenn ſie lan⸗ den will, verwickelt! Oft kommt der Hayfiſch dem Fiſcher zuvor, ſtiehlt ihm ſeinen Braten aus dem Netze, und zerreißt ihm dasſelbe obendrein. Auch mit Harpunen werden ſie gefangen. Ein Fiſcher, mit zween andern faͤhrt im Mondſchein, bey ſtillem Meere, in einem kleinen Kahne. Er ſelbſt ſteht an der Spitze. Mit einem Stäbchen zeigt er ſtillſchwei⸗ gend ſeinen Begleitern, wie ſie das Schiff lenken ſol⸗ len, um der Gegend nahe zu kommen, wo ihm eine Bewegung und das Schaͤumen des Meeres die Ge⸗ genwart einer Schildkroͤte verraͤth. Sobald er ihr nahe genug iſt, ſo ſchleudert er ſeine Harpune mit ſolcher Geſchicklichkeit und Kraft, daß ſie durch den Panzer in das Fleiſch dringt. Das verwundete Thier eilt in die Tiefe; das Harpunenſeil wird nachgelaſſen, und erſt dann, wenn der Blutverluſt das Thier hinlaͤng⸗ lich geſchwaͤcht hat, zieht man den Fang ans Land. Sonderbar iſt die Art, wie die Fiſcher auf dem Suͤd⸗ | meere Die Meerſchildkroͤte. 147 meere Schildkröten fangen. Wenn dieſe in der bren⸗ nenden Hitze des Tages auf der Oberfläche des Mee⸗ res ſchlafend ſchwimmen, ſo beſteigt ein geſchickter Taucher das Vordertheil einer Schaluppe. Iſt er von einer ſolchen Schildkroͤte nicht mehr gar zu weit entfernt, ſo ſtuͤrzt er ſich ins Meer, taucht unter, und kommt erſt neben der Schildkroͤte wieder zum Vor⸗ ſchein. Jetzt faßt er die Schale hinten, nahe am Schwanze, und legt ſich halb uͤber ihren Ruͤcken. So wie ſie erwacht, faͤngt ſie mit den Hinterfuͤßen auszuſchlagen an. Aber eben dieſe Bewegung macht, daß Menſch und Schildkroͤte über Waſſer bleiben, bis die Schaluppe herbeykommt, die beyde herausfiſcht. Auch am Lande hat man eine ſeltſame Art, zuweilen Meerſchildkröten zu fangen. Man tritt pldtzlich auf den Schild, ehe ſie den Kopf zuruͤckziehen koͤnnen. Nun macht man eine Schlinge um den Hals, und ſo viele Verſuche das arme Thier ſich zu befreyen macht, ſo bleibt es doch in der Gewalt des Menſchen. Toͤd⸗ tet man das Weibchen waͤhrend der Paarung, ſo iſt man ſicher, daß ſich der Mann freywillig und ohne Widerſtand ergibt. Daß ſie aber, wenn ſie gefangen werden, erbaͤrmlich winſeln, ja Thraͤnen vergießen | era ift wirklich etwas ſchwer zu glauben. Auf den T 2 Mal⸗ 233 Die Meerſchlldkroͤte. Maldiviſchen Inſuln ſollen die Einwohner eine Men⸗ ge fangen, und ſie ins Feuer werfen, und dann wenn die Schale durch die Hitze abgegangen iſt, den bloßen Korper wieder ins Meer werfen: daher man Schal⸗ loſe finden ſoll. Doch wird das, wenn ja etwas an der Sache iſt, nur vom Ueberzuge zu verſtehen ſeyn. Unter den verſchiednen Arten von Meerſchild⸗ Fröten behauptet die grüne oder Rieſenſchildkroͤte, die auch Nydasſchildkröͤte (Teſt. viridis, la Tor- tue derte, franche) genannt wird, wohl den erſten Rang, man mag die Größe oder die Nutzbarkeit dies ſes Geſchoͤpfes betrachten. Ueber den Grund der Be⸗ nennung Mydas darf niemand viel gruͤbeln. Sie iſt bloß die Folge der Verſtuͤmmlung eines griechiſchen Wortes, das mit dem beruͤchtigten Midas nicht die geringſte Verbindung hat. Die andern zween Na⸗ men erklaͤren ſich aus der Beſchreibung von ſelbſt. Durch ihren laͤnglichen, eyfoͤrmigen Schild, und durch den Umſtand, daß ſie an ihren Vorderfloſſen zwo Klauen, an den hintern nur eine hat, zeichnet ſie ſich vor andern aus, wozu noch die vorzuͤgliche Größe kommt, denn fie erreicht eine Länge von neun und mehr Schuhen. Auch ihre Staͤrke iſt merkwuͤr⸗ 1055 da fie mehrere auf ihrem Ruͤcken ſtehende Men: e | Die Meerſchildkroͤte. 140 ſchen ſehr leicht mit ſich fort trägt. Ihr gewoͤlbter Panzer hat in der Mitte fuͤnf ungleiche Felder, die | mit fünf und zwanzig andern umgeben, und am Ran⸗ de etwas zackig ſind. Seine Farbe iſt ſchwaͤrzlich ins Gruͤne ſpielend. Wenn der durchſichtige Ueberzug abgenommen wird, ſo kann man ihm durch eine bun⸗ te Unterlage jede ſelbſtgefaͤllige Farbe geben. Merk⸗ wuͤrdig iſt ihr Kopf und Rachen (28. 29). Die Schnauze geht vorne nicht, wie bey andern Meer: ſchildkroͤten, wie ein Habichtsſchnabel ſpitzig gebogen zu, ſondern endigt ſich in eine mehr ſtumpfe Kruͤm⸗ mung. Die obere Kinnlade iſt eingekerbt, die untere ſaͤgeformig gezackt. Alles iſt hart und hornartig, und paßt aufs genaueſte in einander. Das untere Augen⸗ lied iſt wie mit röthlichen Schildern verſehen, und auch der Kopf mit Feldern bedeckt. Die Zunge der Rieſenſchildkroͤte iſt kurz, ſtumpf, ziemlich dicke, hart und runzlig, und hat inwendig einen Knorpel, der einem Weberſchiffe gleich ſieht. Ihr Herz hat die Geſtalt einer plattgedruͤckten, großen Birn, ihr Gedaͤrm iſt fuͤnf und vierzig Schuh lang, und ihr Schwanz kurz und knochig. Ungemein haͤufig findet man die Rieſenſchild⸗ kroͤte in allen Meeren zwiſchen den Wendezirkeln. — T 3 ee 150 Die Meerſchildkroͤte. Im mexikaniſchen Meerbuſen, bey der Inſul Caiman, im atlantiſchen, um die Inſul Adſcenſion, im india⸗ niſchen Meere und in vielen andern Gewaͤſſern ſind ſie im Ueberfluſſe. Man ruͤſtet wie zum Wallfiſchfange Schiffe aus, die nach den Schildkroͤten⸗Inſuln, die der Kuͤſte von Cochinchina gegenüber liegen, abſeegeln, und ſie da in großer Menge fangen. Wie betraͤcht⸗ lich der Schildkroͤtenfang in jenen Gegenden ſey, läßt ſich daraus ſchließen, daß die Cochinchiner mit den Tonkineſern faſt immer in Krieg verwickelt ſind, weil die erſtern den letztern das Recht dieſes Fanges nicht einraͤumen wollen. Jaͤhrlich werden von der Mauritius⸗ Inſul (Isle de france) 2 oder 3 Schiffe nach Rodri⸗ guez abgeſandt. Die Ladung, die ſie zuruͤckbringen, beſteht in 7 bis 800 Land- und 5 bis 600 Sees ſchildkroͤten. Zwar iſt das Fleiſch friſch am beſten, und ſchmeckt, beſonders am Spieß gebraten, ſo gut wie Kalbfleiſch, von dem es kaum zu unterſcheiden ſeyn ſoll; doch muß man ſich mit einſalzen helfen, um die große Menge des Vorraths vor Faͤulniß zu bewahren. Alles, Eyer, Fett, Fleiſch, ja ſelbſt die Eingeweide ſind eßbar. Will man ſie gleich auf der Stelle verzehren, ſo hat man Schuͤſſel und Fleiſch bey⸗ ame Man loͤst das Fleiſch ab, legt es in die Ober⸗ Die Meerſchildkroͤte. 151 Oberſchale, macht daran eine Bruͤhe von Citronen⸗ ſaft, Salz, Pfeffer und Gewuͤrznelken, und laͤßts fo etwas kochen. Um ſie auch bey Futtermangel viele Wochen lebendig zu erhalten, darf man ſie nur taͤg⸗ lich mit Seewaſſer begießen. Nie wird, nach Auffmanns Bere der engliſchen Zuckerinſul Antigua, die grüne Schild⸗ Fröte auf den Tafeln der Reichen fehlen. Die Zus bereitungsart iſt da ſehr ſimpel. Man kauft auf den Maͤrkten das Pfund fuͤr ungefaͤhr 48 Kreuzer. Im Lande Widah, das vor der Dahomiſchen Invaſion fo bevölkert war, daß es zur Aus fuhr monatlich ooo ungluͤckliche Sklaven lieferte, find die Schildkroͤten um ein Anſehnliches wohlfeiler. Man kann daſelbſt um eine Flaſche Branntwein eine Schildkroͤte haben, | die wohl einen Centner wiegt. Die im Wykerſee in Holland gefangne Rieſenſchildkroͤte war theurer. Ein Liebhaber erftand fie in einer Auktion für 300 Gul⸗ den, erlebte aber das Herzeleid, daß ſie bald nachher ſtarb. Der Genuß dieſer Speiſe, der jedoch das Eigne hat, daß er die Haut gelb macht, ſoll die See⸗ fahrer vor ihrem fuͤrchterlichſten Feind, dem Skorbut ſchuͤtzen. Doch wird dieß von einigen Neuern wider⸗ rau Male Vor⸗ . 152 Die Meerſchildkroͤre. 4 Vorzuͤglich durch zwo Krallen an den Hintere und Vorderfloſſen, und durch die Hocker der mittels ſten Ruͤckenſchuppen zeichnet ſich die Carette (der Großkopf, Dickkopf, Teſtudo Caretta, Cephalo, tortue carret. zo) von den andern Meerſchildkroͤ⸗ ten aus. Sie hat den ausgezackten Rand ihres Obers ſchildes mit andern Arten gemein. Ihr Kopf iſt von mittelmaͤßiger Größe, und gibt ihr eben keine ganz entſchiedne Anſpruͤche auf den Namen Dickkopf. Ihr Habichtsſchnabel iſt laͤnger und ſtaͤrker, als bey andern Arten. Die Haut hat mehrere Runzeln und Warzen. Die fünf mittlern Tafeln des Ruͤckenſchil⸗ des find alle gegen ihr ſpitziges Ende zu aufwärts gebogen. Ihre Fuͤße oder Floſſen haben viel Aehnli⸗ ches mit denen der gruͤnen Schildkrdte: nur ſind ſie kuͤrzer. Ihr Oberkiefer iſt vorn etwas ausgeſchnit⸗ ten, fo daß der lange Zahn, den das Unterkiefer hat gerade hineinpaßt. Die Farbe des Schildes iſt dun⸗ kelbraun, mit etwas lichtgelben Blicken und Strichen, Der Kopf, der Hals und die Fuͤße ſind en gelb, mit ſchwarzen Stellen. | Die Carette ift unlaͤugbar die wildefte u und un⸗ baͤndigſte unter ihrem Geſchlecht. Sie beißt und ſchlaͤgt gewaltig, wenn man ſie fangen will, und weiß — — — IHM II N 5 Die Meerſchildkroͤte. 253 weiß ſich ſelbſt, wenn ſie umgewendet wird, ſehr bald auf die andre Seite zu waͤlzen. Wild und grimmig blickt fie um fi, und macht in der Kuͤhnheit und Gefraͤßigkeit ihren Schweſtern den Vorzug ſtreitig. Die allerhaͤrteſten und groͤßten Schalthiere zermalmt ſie mit ihren Kiefern. Ihr Fleiſch iſt ſehr ſchlecht und ungenießbar, wegen dem ranzigen Geſchmacke. Auch das Oehl, das ihr Fett gibt, iſt lange nicht ſo gut, als das von andern Schildkröten. Man kann es bloß zu Lampen brauchen. Allein dafuͤr hat ihre | Schale einen vorzüglichen Werth. Sie wird durch Feuer von der knochigen Unterlage abgelöst. Jedes Blatt wiegt drey, vier bis ſieben Pfund; je nachdem die Blaͤtter groß und ſchon gefleckt ſind, wird in Hol⸗ land das Pfund von 8 — zo Gulden gekauft. Am Höchften wird das Schildpad von der oſtindiſchen geſchaͤtzt. Vielleicht iſt es unſern Leſern nicht unangenehm, von einem Thiere, von deſſen Gerippe es ſo ſchwer iſt, ſich eine Vorſtellung zu machen, eine Abbildung zu ſehen (31). Wenn ſie auch gleich ziemlich klein dars geſtellt iſt, ſo reicht ſie doch hin, von dem ſonderbaren Knochenbau, von dem ein Theil an dem Oberſchilde, der andre an dem untern angewachſen iſt, einen deut⸗ Amphib. u lichen 154 Die Meeſchildkroͤte. lichen Begriff zu bekommen. Ohnehin wird ſchwer⸗ lich von den Leſern, in deren Kreis dieſe Unterhaltun⸗ gen kommen, je ein Schilöfrötengerippe geſehen wor⸗ den ſeyn. Fuͤr Gelehrte hingegen, die mehr Kenntniß, Lektuͤre und Erfahrung haben, ſind wir nicht ſo un⸗ beſcheiden, zu glauben, daß dieſes Werkchen etwas Wichtiges enthalte. Da abſichtlich nur die knochi⸗ gen Theile in der Abbildung eine hellere Farbe haben, die ubrigen aber alle dunkel gemalt find, fo fällt der Gang und Zuſammenhang der Knochen, die durch⸗ aus ohne Mark ſind, deſto beſſer ins Auge. Deut⸗ lich ſieht man die Wirbelbeine des Nackens und Ruͤck⸗ graths, die an dem Ruͤckenſchild angewachsnen Rib⸗ ben, die Bruſt⸗ und Schulterknochen, die Schwanz⸗ wirbel u. d. m. Was man bey dem aͤußerlichen Ans dlick der Floſſenfuͤße nicht vermuthen ſollte, daß ſie naͤmlich ordentlich, wie die Finger und Zehen an Haͤn⸗ den und Fuͤßen, abgegliedert ſeyen, erblickt man hier an den von Haut, Fleiſch und Muskeln entbloͤßten Knochen ſehr beſtimmt. Gewiß, wer die fo träge, unbehilfliche Schildkroͤte bloß von außen ſieht, der ſollte einen ſo wunderbaren und kunſtvollen Bau gar nicht vermuthen. Er wuͤrde geneigt ſeyn, alles fuͤr einen zwiſchen dem Knochenpanzer befeſtigten Fleiſch⸗ | und N N N N N S . n Men gut 1 Die Meerſchildkroͤte. 155 und Fettklumpen zu halten. Wenn er aber das Gerip⸗ pe erblickt, (und auch das iſt noch nichts, gegen die Einrichtung aller innerlichen Theile,) wenn er ſieht, wie maſſiv und feſte alles gebaut ſey, wie ein Theil den andern unterſtuͤtze, ein Theil mit dem andern nach den weiſeſten Geſetzen in Verbindung gebracht ſey; wenn er den Zuſammenhang, die Ordnung, die Zweckmaͤßigkeit aller einzelnen Theile, wie des Gan⸗ zen uͤberdenkt, ſo kann er ſich der Freude und Bewun⸗ derung nicht enthalten. Es iſt ihm ein ſuͤßer Ge⸗ danke, ein Glied in der großen Kette von Weſen zu ſeyn, in der die letzten Glieder in ihrer Art ſo voll⸗ kommen, als die erſten ſind: und wo auch das We⸗ ſen, das die Natur mehr als andere vernachlaͤßigt und auf eine tiefe Stufe geſtellt zu haben ſcheint, im⸗ N mer noch eine Menge von Wundern enthält, die ganz zu ergruͤnden keines Menſchen Leben hinreicht, vollkommen nachzuahmen aber ſelbſt der größte Me⸗ chaniker unfaͤhig iſt. V.osn der Carette oder dem Großkopf in eben Stuͤcken unterſchieden, iſt der Schuppenſchild (Ha- amel Teſtudo Imbricata, (*) 32). Sein u re (*) Walbaum ſchlaͤgt ſehr ſchicklich vor, fie die ſhiefer⸗ artige zu nennen. 156 Die Meerſchildkroͤſe. Kopf iſt im Verhaͤltniß gegen die Breite etwas laͤnger, vorn ſpitziger und oben gewoͤlbter. Er endigt ſich in einen wahren Habichtsſchnabel. Die Vorderfuͤße find laͤnger, als bey irgend einer Schildkröte dieſer Gat⸗ tung, und haben zwey, die Hintern aber vier Klauen. Die Schuppen des Ruͤcken⸗ und Bauchſchildes haͤn⸗ gen nicht ſo zuſammen, daß ſie ineinander greifen, ſondern ſie decken einander wie Dachziegel, ſo daß der hintere Rand der einen uͤber den vordern Rand der andern etwas vorgeht, und ſich hier dicht anſchließt. In der Mitte der Ruͤckenſchuppen iſt eine fortlaufen⸗ de, kielformige Erhöhung, von der aus die Schup⸗ pen etwas abwaͤrts laufen. Der ganze herzfoͤrmige Schild hat etwas Aehnlichkeit mit einem gebrochnen Dache. Er iſt am Rande ſaͤgeartig gezaͤhnt, oben am Kopfe etwas ausgeſchweift, und verliert ſich am 5 Schwanze in einen ſpitzigen Winkel. Auch der Kopf, den dieſe Schildkrͤöte weiter unter dem Schilde her vorſtrecken kann, als andere, iſt mit Schuppen be⸗ deckt, und mit eben dieſen iſt auch der ſehr kurze, größtentheild unter dem Panzer verſteckte en verſehen. iR Im Grunde beſteht die ganze obere S dieſer Schildkroͤte aus 34 verſchiednen Blättern, | von Die Meerſchildkroͤte. 157 von denen 13 die Mitte einnehmen, die übrigen aber die Randeinfaſſung ausmachen. Auch dieſe Blätter heißen Carett, und daher mag es kommen, daß dies ſer Schuppenſchild ofters mit der eigentlichen Ca⸗ retſchildkroͤte verwechſelt wurde. Die Schuppen des Bruſtſchildes decken ſich bey jener gleichfalls Schiefer⸗ artig, was doch bey der eigentlichen Carette nie der Fall iſt. Was die Größe betrifft, fo findet man Schuppenſchilde, deren Länge drey Schuh und de⸗ ren Breite drittehalb betraͤgt. | Vielleicht | hat kein Schildkroͤten-Panzer einen hoͤhern Werth als gerade dieſer. Denn nicht nur, daß die ſchoͤne Abwechslung kaſtanienbrauner und hellgelber Flecken, ihm das ſchoͤnſte Ausſehen gibt; fo hat er einen Vorzug vor andern, der ihn zu den man⸗ nigfaltigen Fabrikaten menſchlicher Induſtrie, die daraus verfertiget werden, am Geſchickteſten macht. In heißem Waſſer kann man die Schale erweichen, und dann ihr vermittelſt einer guten Preſſe jede Form geben, die man fuͤr gut findet. Sie nimmt die 0 N td Politur an, und wird mit Silber oder Gold eingelegt, je nachdem man das daraus zu verferti⸗ gende Geraͤthe mehr oder minder koſtbar machen will. Hiedurch eutſchaͤdigt dieſe Schildkroͤte den Menſchen n 3 eini⸗ 158 Die Merfhiltehte: 1 15 einigermaffen dafür, daß ihr Fleiſch weniger ſchmack⸗ haft iſt als von der Rieſenſchildkrote, und in gerin⸗ gerer Menge gefunden wird. In den Aſiatiſchen und Ymeritanifhen Meeren iſt dieſe Schildkrötengattung am gemeinſten. Ihre Nahrung beſteht in dem Seeſchwamme, der auch den Namen Judasohr fuͤhrt. Auch unter den Meerſchildkroͤten findet man weichſchalige. Der ſogenannte Lederſchild (Te- ſtudo Coriacea) gehört zu dieſer Familie, und wohnt im mittellaͤndiſchen und adriatiſchen Meere. Der Schild iſt nicht wie bey andern knochig, ſondern hartem, ſchwarzen Ochſenleder, mit fuͤnf nach der Laͤn⸗ ge gehenden ziemlich tiefen Streifen oder Rinnen, aͤhnlich. Die aufwaͤrts gebogne Spitze des Unter⸗ kiefers paßt in den Spalt des obern. Die Floſſen ſind glatt und gehen gegen das Ende ſpitzig zu, oh⸗ ne ſichtbare Finger und Naͤgel: die Vordern ſind laͤnger als die Hintern. Vor ungefaͤhr 15 Jahren wurde ein ſolcher Ce⸗ derſchild von betraͤchtlicher Groͤße und Schwere bey dem Hafen von Cette gefangen. Seine naͤhere Be⸗ ſchreibung wird uns einen beſtimmtern Begriff von dieſer Schildkroͤtenart geben, als die fruͤhern Nach⸗ Die Meerſchüldkrzte. 180 richten von Adern aͤhnlichen, wie denen, die im Jahre 1729 am Ausfluſſe der Loire, oder die 1765 an der Kuͤſte von Bretagne gefangen worden. Ihr Kopf glich dem der gemeinen Schildkroͤten, und endigte ſich in einem knoͤchernen etwas ſpitzigen Ruͤſſel. Die untere Kinnlade hatte einen großen dreyeckigen Zahn, die obere aber vier von einem ſchwammigen Knochen gebildet. Der Schlund war mit kegelfoͤr⸗ migen Warzen beſetzt. Die vordern Floſſen waren mehr als 3 Fuß lang, die hintern um viel kuͤrzer. Eine ſchwarzroͤthliche Haut ohne Schuppen bedeckte fie. Der hochgewoͤlbte Schild dieſer Schildkroͤte glich einer Laute oder umgekehrten Mandoline, und hatte ſechstehalb Fuß in die Laͤnge. Er war ganz ſchwammig, und enthielt viel dickes Oehl, das die Fiſcher daraus gewannen. Unten ſah dieſes Thier 8 einer Krdte gleich. Es ſtank entſetzlich, da die Fiſcher im Hafen es ausnahmen. Man ſchaͤtzte ſeine Schwere auf fuͤnfzehn bis ſechszehn Centner. Im mittellaͤndiſchen und adriatiſchen Meere wird rer: Lederſchild gefunden. Eine andre weichſchalige Schildkroͤte, die Blu⸗ menbach zuerſt bekannt gemacht zu haben das Ver⸗ | dienſt hat, nannte er die r oder perga⸗ — ment 160 1 Deerfhiltihte, mentartige (33). Sie war aus Guiana gekommen. Ihr Ruͤckenſchild iſt eyfdrmig gewoͤlbt, braun und graulich mit etwas erhoͤhten Punkten geſtreift. Die Fuͤße haben nur drey Naͤgel, und ſind uͤberhaupt, der Abbildung nach zu urtheilen, keine wirkliche Floſ⸗ ſen⸗Fuͤße, ſondern ſcheinen beſtimmte Zehen zu ha⸗ ben. Da ſie bloß nach einer in Spiritus aufbewahr⸗ ten zuerſt abgezeichnet wurde, ſo ließ ſich die wahre Groͤße der Augen und Ohren nicht genau angeben; auch iſt ſo viel gewiß, daß das Thier aͤußerſt jung ge⸗ weſen ſeyn muͤſſe; da es gefangen wurde. Wer weiß uͤberhaupt, welche Veraͤnderung mit den Schild⸗ Fröten, von ihrem zarten Alter bis zu ihrer gewiß ſpaͤten und voͤlligen Reife, vorgehen mag. Eben daher iſt es wohl nicht ganz uͤberfluͤßig, da wir ſo viel vom Ausbruͤten und dem Wachsthume der Schildkroͤten geſagt haben, hier noch eine Abbildung von einer ganz jungen Schildkroͤte zu liefern. (34) Sie iſt noch mit der Eyhuͤlle umgeben, und am Aus⸗ kriechen. Seba, aus dem dieſe Abbildung genom⸗ men iſt, hat weiter nicht fuͤr gut gefunden, eine naͤ⸗ here Beſchreibung von dieſer jungen Schildkroͤte zu geben. Indeſſen iſt der Anblick hinreichend, uns von der Größe des Ei und der Lage des Thier⸗ chens — : EEE" — — en — ET — — Diͤe Meerſchildkrote. 1561 chens, wenn ſein Gefaͤngniß ſich Öfnet, ei einen Degeif * machen. | Ä Auch bey den Schildkroͤten fehlt es nicht an Fabeln. So liest man von gehoͤrnten und geflů⸗ gelten. Allein die Schuppenhoͤcker und Fl oſſenfüͤße einiger Arten moͤgen an den Hoͤrnern und Flu geln Schuld ſeyn. Vielleicht verglich einer nur jene mit vieſen. Ein andrer ſchrieb ruͤſtig nach, fie haben welche. Beruͤhmt waren nach Aelian die glaͤnzend weißen Augenſterne der Schildkroͤten des rothen Meeres. Sie wurden den armen Thieren aus dem Kopfe herausgeſtochen, dann in Gold gefaßt, und int Halsbaͤndern getragen. Doch war hier uicht bloß vou einer ſolchen Zierde die Rede. Die Kraft dieſes Stei⸗ nes war größer ı als ſeine Schönheit, Wenn man ihn unter die Zunge hielt, ſo hatte die Zunge, fo verſich er⸗ ten die Magi, die wichtige Gabe der Weiſſagung Ge Ohne uns diefer Gabe zu ruͤhmen, ſo ſind wir doch des unvorgreiflichen Dafürhaltens, daß die ganze Sache | ein abgef chmacktes Maͤhrchen ſey⸗ und daß dieſer Stein der Schildkroͤte gerade fo zugehören möge, als der Katze das Katzenauge. Von ihrer mediciniſchen Ä Kraft wollen wir ihr zwar, neuern Aerzten zufolge, etwas Nahrhaftes und Staͤrkendes nicht abſprechen. Amphib. 5 Aber 162 Die Meerſchildkröte. Aber daß jeder einzelne Theil eine ihm eigne Heilkraft habe, daß die Galle die Augen, die pulveriſirte Schale die fallende Sucht, die eckelhafteſten Theile das Nie⸗ rengries ꝛc. heilen, iſt ſchwer zu glauben. Leiſtete die Schildkroͤte alles, was man ihr zuſchreibt, fo koͤnnte der Menſchenfreund der leidenden Menſchheit keine beſſere Hausapotheke empfehlen, als ein Paar Schild⸗ kroͤten, und Kabories obenangefuͤhrter Vorſchlag verdiente, beſonders in ſolchen Laͤndern, an die das Merr anſpuͤhlt, die ernſthafteſte Beherzigung. Auch der Adler und andere Raubvögel ſollen den Schild⸗ Fröten zur Arzney nachſtellen. Was für Uebel aber eigentlich der Adler damit heile, wenn es nicht der Hunger ift, haben wir nicht ergründen konnen. Beruͤhmt iſt die Antipathie der Schildkroͤten gegen die Schlangen. Wenn die erſtere von einer Viper, mit der fie oft koͤmpft, gebiffen wird, fo eilt fie, heißt es, zu der Pflanze, die Origanum heißt, genießt davon, und erneuert, geſtaͤrkt durch dieſes Gegengift, den Kampf. Reißt man die Pflanze aus, ſo ſtirbt die tapfre Schildkroͤte. Ja in Perſien und Amerika ſoll die letztere viele Schlangen, ſogar Klapperſchlangen todtbeißen. Von einem ſo phlegmatiſchen Thiere iſt das wirklich ſchwer zu glauben. Zwar ſteht es in ei⸗ nem Die Meerſchildkroͤte. 163 nem Miſſionsberichte; allein es ſteht auch in einem andern ſolcher Berichte, daß ſi ſich die Schildkre dte in eine | Schnecke verwandle. — Gegengift ſcheinen aber die Schildkroͤten im natuͤrlichen Zuſtande nicht nöthig zu haben. Denn Fontana machte viele Verſuche über den Einfluß des Viperngifts auf Schildkröten. Und nur Eine Einzige, die von 18 Vipern hintereinander gebiſſen wurde, verlor das Leben. Doch wir beduͤrfen keiner Wunder, um die Ge⸗ ſchichte eines Thiergeſchlechts auszuſchmuͤcken, das der mannigfaltige Nutzen, den es fuͤr die Menſch⸗ heit hat, intereſſant genug macht. Man darf wohl ſagen, daß Millionen Menſchen von Schildkroͤten⸗ fleiſch leben, das in den Pallaͤſten der Großen wie in den Hütten der Duͤrftigen mit Vergnügen genoſſen wird. Faſt überall wird es ſehr hoch geſchaͤtzt, und unter den Geſchenken, die Cook auf einer der freund⸗ ſchaftlichen Hapai⸗Inſuln erhielt, waren einige Schildroͤten gewiß das Vorzuͤglichſte. Sehr gut kam ihm bald darauf an einem unbewohnten Eilande der reiche Schildkrötenfang von faft 300 Stuͤcken zu Statten; und einer ſeiner Matroſen, der ſich daſelbſt verirret hatte, wußte ſeinen brennenden Dur ft nur mit Schildkroͤtenblut zu ſtillen, weil kein ſuͤßes Waſſer zu er finden 164 Die Meerſchildkröte. finden war. Außerordentlich ausgebreitet iſt der | Handel, der mit dem Fleiſch, friſch und eingeſalzen ge⸗ trieben wird, und auf den Maͤrkten von Bahama wird dieſer Artikel ſo wenig, als bey uns das erſte Lebens⸗ beduͤrfniß, fehlen. So wie man Haͤringe Tonnen⸗ | weiſe verſendet, ſo geſchieht es mit eingeſalznem Schild dkrdtenfl eiſche. Manche ſollen ſo fleifchig ſeyn, daß eine Einzige zwey Faͤſſer, jedes zu zwey Centnern, gibt. Ihrer nutzbaren Eyer, die beſonders den Sup⸗ pen einen ſehr angenehmen Geſchmack geben, ſo wie des Oehls, das aus dieſen ſowohl als aus dem Fette, und ſog gar aus dem weichen Schilde des Cederpan⸗ zers gewonnen wird, iſt bereits gedacht worden. | Angenehm iſt die Ueberſicht von dem hoͤchſt ver⸗ ſchiednen Gebrauche, darzu die Schildkroͤten⸗ ſchale, Schildpad, verwendet wird. Zum unent⸗ behrlichen Hausgeraͤthe des Wilden, wie zur ausge⸗ dachteſten Zierde des erfinderiſchen Luxus wird ſie ge⸗ braucht. Sie iſt die ſimple Schuͤſſel des Wilden, der Blumentopf des Negers, und die Dachplatte, womit die Reichen in Taprobana ihre Haͤuſer decken. Wenn die berühmten Schildkroͤtenfreſſer ( Chelenophagi ) in der Nähe von Aethiopien, das Fleiſch verzehrt ha⸗ ben; ; if bleibt inne doch noch die Schale, die als Barke Die Merfhidiiit. 165 Barke zu Kuͤſtenfahrten ganz gute Dienſte thut. Bald muß fie dem Indianer als Kahn, bald als Pan⸗ zer, bald als Schild, bald als Trog und bald als Kof⸗ fer dienen, und die guten Bewohner der freundſchaft⸗ ö lichen Jnſuln i im Suͤdmeere wuͤrden weniger gluͤcklich im Fiſchfange ſeyn, wenn ihnen nicht die Schild⸗ kroͤte einen Angelhacken dazu lieferte. 0 Freylich ſehr weit davon verſchieden iſt der Ge⸗ | Grau, den wir vom Schildpad machen. Reinlich⸗ keit und? Dauer empfehlen es ſehr zu Etuis, Doſen, Kaͤmmen, Spiegelrahmen, Kehr buͤr ſtenblaͤttern, Uhr⸗ gehaͤuſen, Laternen, Meſſer⸗ und Gabelheften, und es dient zum Griffe bald eines zerſtoͤrenden Dolches, | bald eines wohlthätigen chirurgiſchen Iunſtrumentes, bald eines Scheermeſſers. Wie verſchieden doch die Induͤſtrie Einen Stoff zu benuͤtzen weiß! Ja dieſe Induͤſtrie iſt wohl noch weiter gegangen. Sie hat es ziemlich weit gebracht, Horn und taͤuſchend lackirtes Holz fuͤr Schildpad auszugeben. Ein rdͤmiſcher Ritter, Carvilius Pollio, der vor Sulla Zeiten gelebt hat, war der Erfinder des Ge⸗ brauchs des Schildpads. Allein man war damit nicht immer zufrieden. Man fieng unter Nero an, Neu Schildpad, womit man hölzerne Geraͤthe aus: 3 | legte, 166 Der Drache. legte, durch Farben das Anſehen koſtbarer Hölzer zu geben. Dagegen eifert Plinius gar ſehr (), und ſagt ungemein gut und nachdruͤcklich: „Erſt war der Luxus mit Holz nicht zufrieden, und nahm Schildpadz 3 jetzt macht er aus Schildpad Holz.“ —— Seen Den * % Tab. XXI. Der Drache. Draco volans, le Dragon ailt. (35) Nicht ganz ohne Grund iſt es, wenn unſere Leſer unter dieſer Aufſchrift ſich auf manche Abenteuerlich⸗ keiten gefaßt machen. Denn die entſetzlichen Abbil⸗ dungen, die ſie von Drachen ſahen, und die widerſpre⸗ chenden Beſchreibungen, die man ihnen davon mach⸗ te, berechtigen ſie faſt, hier ein naturhiſtoriſches Un⸗ ding zu erwarten. Der Eine gab dem Drachen eine, bezaubernd ſchoͤne Menſchengeſtalt, und die ſtaͤrkſten Gifte zur täglichen Nahrung: der Andere beſchrieb ihn (*) Er nennt es in ventum portentofis ingeniis, ut pigmentis perderet ſe teſtudo, plurisque veniret imitata lignum; und ſchließt die ſchoͤne Stelle: Modo luxuria non fuerat contenta li- gno, jam lignum e teſtudine facit. IS Der Drache. 167 ihn als ein Schwein, mit einem Schnabel und Au⸗ gen, die wie Edelſteine funkeln. Hier verſicherte Ei⸗ ner: er ſey halb Adler und halb Wolf; indeß ein An⸗ derer ſagte: Nein! er iſt eine Schlange, die auf viele Meilen weit die Luft mit ihrem Hauche vergiftet. Doch fie ſtritten nicht lange, weil ein anderer Beob⸗ achter ihnen eine weit intereſſantere Beſchreibung zu geben wußte, der zufolge der Drache mit einem Kam⸗ me verſehen, wohl hundert und vierzig Ellen lang ift, immer nur auf Gold liegt, und, um Geſchoͤpfe zu morden, keiner andern Waffen als ſeines Blickes ſich bedient. Noch koͤnnten wir das Regiſter dieſer Thor⸗ heiten ſehr beträchtlich vermehren, wenn es hier nd⸗ thig waͤre. Allein es mag das Angefuͤhrte genug ſeyn, um den einigermaßen zu entſchuldigen, der, aus gerechtem Unwillen uͤber ſolche Poſſen, die man ihm ſonſt fuͤr Naturgeſchichte verkaufte, ſobald er nur von Drachen etwas hört, das ganze Thiergeſchlecht in die Klaffe der Weſen verweist, unter die der Hollen hund, Cerberus, der Minotaurus, der Sphinx, die hundertkoͤpfige Hyder und die Sirenen ıc. gehoren. Inzwiſchen wuͤrden wir doch, man erlaube uns im Vorbeygehen dieſe Anmerkung, ſehr irren, wenn wir ** ſolchen natur hiſtoriſchen Fabeln immer vor⸗ u ſetzli⸗ Drache. ſetzlichen Betrug vermuthen wollten. Vielleicht war dieß gerade am Seltenſten der Fall. Denn, nicht zu gedenken, daß bey den ſonderbaren Thieren, deren die Alten Erwaͤhnung thun, oft die geiſtvolleſten, alle⸗ goriſchen Fiktionen zu Grunde lagen, ſo daß unſer Spott daruͤber nicht ſowohl die Unwiſſenheit unfes rer Vorfahren, als unſere Ungeſchicklichkeit, in den Sinn ihrer Bilder einzudringen, trifft; fo konnte ja Mancher in einem an naturhiſtoriſchen Merkwärdige keiten reichen Lande, eine Menge von ſeltenen Thieren fluͤchtig ſehen, ungluͤcklicher Weiſe ihre verſchiednen Eigenſchaften vermengen, und ganz unvorſaͤtzlich Un⸗ geheure zuſammenſetzen. Oder der Reiſende erzaͤhlte der erſtaunten Geſellſchaft die Wunder, die er ſah; man erzaͤhlte ſie nach; hie und da kam die Sache durch eine Frau Orgon, deren die Naturgeſchichte, ſo gut wie die Wochenſtube hat, in Umlauf, und ſo entſtan⸗ den die abenteuerlichen Dinge, ohne daß vorſaͤtzlicher Betrug und Erdichtung dabey zum Grunde lag. Doch unſer Drache, der auch nicht mit Unrecht fliegende Eidechſe heißt, iſt kein Geſchoͤpf der Ein⸗ bildungskraft und Wunderſucht. Er macht ein eig⸗ nes Geſchlecht, das nur 2 Arten hat, aus. Sein 1 iſt oben breit und nicht ſehr ſpitzig. Die Na⸗ | ſen⸗ | — <= Der Drache. 1609 ſenlöcher find etwas erhaben, die Ohrloͤcher von ziemlicher Tiefe. Schwarze Ringe und weißliche Schuppen umgeben das Auge. Zwar zeigen ſich auf demſelben kleine Unebenheiten; doch weder ein Kamm noch Hoͤrner, mit denen man ſo freygebig war. Eine dicke, fleiſchige Zunge, die am Ende rund iſt, liegt in dem Maule, in welchem nur das untere Kiefer mit ungleichen Zaͤhnen beſetzt iſt, das obere aber ganz und gar keine hat. An der Kehle haͤugt eine runzlige, ziemlich geraͤumige Haut. Wie ein Sack am Halſe ſchwebend, reicht ſie aufgeblaſen mit der Spitze bis an die Bruſt, und erleichtert zwar dem Drachen das Fliegen, gibt aber dieſem Aeronauten das felte ſamſte Anſehen von der Welt. Seine Vorderfuͤße find etwas kuͤrzer, als die intern, und mit fünf una gleichen Zehen beſetzt, die mit ſcharfen, zum Klettern | unentbehrlichen Klauen bewaffnet find, Sein ganze Körper iſt nicht laͤnger als ein Finger; der Schwanz zwey, ja mehrere Male fo lang. Dieſer iſt mit ſpitzi⸗ gen, jener mit ſtumpfen Schuppen ganz uͤberſaͤet. An ihm find die STügel das Merkwuͤrdigſte. Auf bey⸗ den Seiten des Körpers laufen fie von den Vorder füßen nach den hintern hin. An die Letztern find fie etwas angewachſen; mit den Erſtern aber haben ſis Amphib. S ͤ wn a Der Drache. nicht die geringſte Verbindung, und unterſcheiden ſich ſchon dadurch hinreichend von den Fluͤgeln des flies genden Eichhorns. Mehrere aus dem Koͤrper tre⸗ tende, knorpelartige und duͤnne Ribben, gehen wie Strahlen an der Fluͤgelhaut hin, und dienen, wie das Geſtelle des Regenſchirms, zur Aus ſpannung. Sie bilden am aͤußerſten Ende ſtumpfe Ecken. Was die Fluͤgelhaut ſelbſt betrifft, ſo iſt ſie zart, durchſichtig und mit ſehr feinen Schuppen beſetzt. In der Be⸗ ſchaffenheit dieſer Fluͤgel, der Laͤnge des Schwanzes und der Große des Luftbeutels finden zwiſchen den Drachen, die man in Oſtindien, und denen, die man in Amerika findet, einige Verſchiedenheiten Statt. Eigentlich iſt der Drache ein bloßes Landthier; Doch ſtuͤrzt er ſich jezuweilen ins Waſſer, und dann ſoll die Haut an feiner Kehle, die ihm ſonſt zum Flie⸗ gen dient, die Stelle einer Schwimmblaſe erſetzen. So weiß die wohlthaͤtige Natur oft durch Ein Mittel | mehrere Zwecke zugleich zu erreichen! Sehr ſchön iſt ſeine Farbe. Ein angenehmes Himmelblau bezeich⸗ net den Hinterkopf, den Ruͤcken und die Fuͤße. Das Uebrige ift eine abwechſelnde Miſchung von ins Blaue ſpielendem Schwarz, in dem man gruͤn und weiß mar⸗ morirte Stellen findet. Am untern dhe iſt der Kopf Der Drache. 171 Kopf weiß geſprenkelt. Die braun und weißen Ab⸗ ſaͤtze der Sproſſen, die die Fluͤgel ausſpannen, machen in dem aſchgrauen Felde der Fluͤgelhaut eine ange⸗ nehme Wirkung. Beym Fluge des Drachen darf man nicht an die Fertigkeit der Vogel denken. Seine Geſchicklichkeit erſtreckt ſich nicht weiter, als daß er von einem Baume zum andern mehr nur zu flattern, als zu fliegen im Stande iſt. Hingegen die weiten Reiſen, die den gefiederten Bewohnern der Waͤlder ſo leicht werden, das Hinaufſteigen in eine Hoͤhe, in der unſre Blicke fie verlieren, iſt ihm vollig unmoͤg⸗ lich. Findet man ihn in ſitzender Stellung, ſo weiß er die Fluͤgel ſo geſchickt zuſammenzulegen, daß man ihn fuͤr alles eher, als m ein geflägeltes Thier Di ten koͤnnte. Das Vaterland dieſer Drachen iſt Oſtindien und Afrika. Sie ſind aͤußerſt gutmuͤthige und vollig unſchaͤdliche Thiere. Kein Menſch wird ſich uͤber fie beklagen konnen, daß fie ihm etwas zu Leide gethan haͤtten. Auch fordern fie zu ihrer Nahrung ſehr we⸗ nig, und noch dazu Dinge, die man ihnen gern laſ⸗ fen kann. Fliegen, Inſekten, ganz beſonders aber Ameiſen, woran ihre Heimath einen großen und den nen oft ſo beſchwerlichen Ueberfluß hat, das 9 2 iſt n Der Drache iſt alles, was ſie verlangen. An ihnen iſt durchaus 5 nichts als ihr Name fuͤrchterlich. In Sumatra fand Marsden ihrer viele von einer Spanne lang. Die Einwohner ſtellen daſelbſt Sprenkeln auf um ſie zu fangen. Doch gibt er den en nicht an, warum ſie dieſes thun. N Vielleicht ift hier der ſchicklichſte Ort, ie 2 benkoͤpfigen Drachen, der in dem Sebaiſchen Werke ſo deutlich abgebildet, und ihm vielleicht hundertmal nachgebildet iſt, Erwaͤhnung zu thun. Wenn man die beygefuͤgte Beſchreibung liest, ſo kann man einem ſo glaubwuͤrdig ſcheinenden Zeugniſſe kaum ſeinen Glauben verſagen. Seba nennt ſeine Zeugen, und berichtet das, was er anfuͤhrt, nicht auf die ſchwan⸗ kende Ausſage einiger Reiſenden hin, ſondern aus dem Munde derer, die das Thier ſelbſt beſaßen, und nach einer Abbildung, die er von ihnen ſelbſt erhalten hatte. Das ausgeſtopfte Ungeheuer wurde für 10000 fl. zum Verkaufe ausgebothen. Aus der Verlaſſenſchaft des Grafen Rönigsmarf war dieſe große Seltenheit an den Grafen Ceeuwenhaupt, und von da an die damaligen Beſitzer Dreyer und Hambel in Ham⸗ | burg gekommen, und mußte um deſto mehr Aufſehen \ erregen, weil ſchon lange vorher von fiebenföpfigen Hydern Der Drache. 173 Hydern die Rede in der Naturgeſchichte war. Und doch, mit ſolcher Kuͤhnheit man auch das neuentdeckte Geſchoͤpf der Welt ankuͤndigte, war die ganze Sache der unverſchaͤmteſte Betrug. Denn irgend ein Tau⸗ ſendkuͤnſtler hatte das ſo ſeltſame Geſchöͤpf ſelbſt vera fertigt. So wurde ſchon oft die Wißbegierde ge⸗ | taͤuſcht, und erhielt von herumziehenden Betruͤgern fuͤr baares Geld — alberne Fabeln. Auch wurden manchmal ausgetrocknete Roch⸗ fiſche fuͤr Drachen ausgegeben, und zierten Natura⸗ i lienkabinete, bis ihnen ein Kenner ihre wahre Stelle anwies. Sollten unſere Leſer vom Drachenblut ſchon gehort haben, das zu aͤußerlichen Wunden und zum Zahnpulver nicht ohne Nutzen gebraucht wird, ſo muͤſſen wir ihnen ſagen, daß es nichts anders ſey, als ein Harz von einer, beſonders in Teneriffa, nicht ſelt⸗ nen Art Palmbaͤume. Es wird theils aus den Kör⸗ nern derſelben verfertigt, theils durch Einſchnitte ge⸗ wonnen. Womit man dieſe Einſchnitte in den Stamm mache, koͤnnen wir darum nicht fi agen, weil ein Schild, aus Drachenbaum⸗Holz verfertigt, die Eigenſchaft haben ſoll, daß man ſein Schwert, ſobald man dar⸗ ein haut, nicht mehr herausziehen kann. | Und dieß iſt alles, was wir von Drachen ganz 93 gewiß 114 Das Krokodil. gewiß wiſſen. Auf ſo wenige und geringfuͤgige Dinge fuͤhrt oft die Wahrheit das zuruͤck, was zuvor als | Wunder ohne feines Gleichen Jahrhunderte lang an⸗ geſtaunt wurde! ee n Tab. XXII. XXIII. Das Krokodil. Lacerta Crocodilus, le Crocodile. Das Nilkrokodil gehend. (36) Das Naͤmliche auf dem Ruͤcken lie⸗ gend. (37 % Ein Krokodilrachen. (38) Vielumfaſſend unter den kriechenden Amphibien iſt das Eidechſengeſchlecht. So verſchiedne Ge⸗ ſchoͤpfe es enthaͤlt, ſo ſind doch gewiſſe Karaktere, die ſie alle gemein haben, und ſie zu Einem Geſchlecht vereinigen. Alle haben einen etwas in die Laͤnge ge⸗ ſtreckten Körper, der gemeiniglich nackt oder mit Schuppen bedeckt iſt, einen ziemlich langen Schwanz, und, eine Einzige ausgenommen, vier Fuͤße. Die meiſten unter ihnen legen Eyer, aus denen zum Theil fiſchaͤhnliche Larven kommen; ‚einige aber bringen les | bendis . LG E, 5 2 22 2 2 DE | | "IIXX 902), Das Krokodil. 175 zendige, vollkommen ausgebildete Junge zur Welt. Im Waſſer koͤnnen alle leben, doch pflegen fie es damit verſchieden zu halten. Einige ſind abwechſelnd, je nachdem es ihnen beliebt, bald im Waſſer, bald am Lande; andere waͤhlen bloß das Land, und wie⸗ der andere bloß das Waſſer zu ihrem beſtaͤndigen Auf⸗ euthalt. Was die Eidechſen noch außer ihren Fuͤßen von den Schlangen, mit denen ihr, Körper ſonſt man⸗ che Aehnlichkeit hat, unterſcheidet, iſt der Umftand, daß man den Gehoͤrgang und das Trommmelfeil von außen wahrnehmen kann. Ein ſo ausgebreitetes Geſchlecht mußte nothwen; dig in gewiſſe Ordnungen vertheilt werden. Linne legte den Schwanz zum Grunde der Eintheilung, und nach der verſchiednen Bildung desſelben entſtunden 6 Klaſſen, die 48 Arten enthielten. Oder man theilte ſie in gewiſſe Familien, die ihre Namen von beſondern . aͤußerlichen Kennzeichen oder nach gewiſſen Familien; haͤuptern bekamen. So entſtanden 11 Familien, die dann wieder eine Menge Glieder in ſich faſſen. Ihre Familien⸗Namen find: Krofodilartige- Stachels Spiegel: Reguan Salamander: Geck⸗ Chamaͤleon⸗ Warzen⸗Eigentliche⸗Stinkus⸗ Schleich⸗Eidechſen. Wir haben das Vergnuͤgen, unſern Leſern die Vor⸗ | zöglihften bekannt zu machen. Die 176 Das Krokodil. Die größte und furchtbarſte Art unter den &fa dechſen iſt jener grauſame Bewohner des Nils, das Krokodil. Doch iſt es dieſem afrikaniſchen Fluſſe nicht ganz eigen, ſondern auch der Ganges und einige andere aſiatiſchen Fluͤſſe beherbergen in ihren Gewaͤſse ſern Krokodile, die von einer etwas gutmuͤthigern Art und mit einem laͤngern Ruͤſſel verfehen find. Ja die Miſſionaͤre erwaͤhnen auch in Siam ſolcher Rrös kodile, die ſich durch zween Kiele über der Stirne, und zween, wie Hörner, hervorſtehende Fangzaͤhne, von andern unterſcheiden ſollen. Jedoch iſt damit der Kaiman oder Alligator nicht zu verwechſeln, von dem wir noch beſonders reden werden, und der einem ganz andern Welttheile angehört, fl Ob der Name des Nilkrokodils, denn von dieſem iſt jetzt ganz die Rede, von feinem Abſcheu vor der Safranpflanze, oder, wie andere wollen, von ſei⸗ ner das Nilufer furchtbar machenden Raubſucht her komme, wagen wir eben ſo wenig zu entſcheiden, als ob es der Ceviathan fey, e im Buche Hiob ges dacht wird. Der nach Verhaͤltniß ſehr lange Ropf des its krokodils (36) ift vorne etwas fpißig, hinten breit. Die Augenlieder ſind ſehr groß, n und hervor⸗ 112 tageube 5 N us n. | | 37. 4 Na 000 Gy 1 n 1 Ne * as Krokodil. | 177 85 | 3 ragend. Orohend funkeln zwiſchen ihnen die in Ende chernen Kreiſen ſich bewegenden Schweinsaugen. Sie ſind groß, ſcharfſichtig und ſtehen ſo aus dem Kopfe hervor, daß das Ungeheuer auch hinter ſich ſe hen kann. Ueber ihnen bemerkt man die Ohrloͤ⸗ cher, die aus laͤnglichen Strichen mit einer Klappe beſtehen. Die Zaͤhne des weitgeſpaltnen Rachens ſind lang, ſpitzig, kammfoͤrmig gereihet und ſehr weiß. Ihrer ſind oben 40 unten 38. Sie ſtecken ſehr tief und ſchließen ſcharf uͤbereinander. Unerweislich iſts, nach Bomares Bemerkung, daß der untere Theil des Rachens ohne Bewegung ſeh. Statt der Zunge hat das Thier einen muskuloſen Fortſatz der gelblichen Gaumenhaut, der zum Unkkehren der Speiſen dient, und eine Klappe bildet, ſo daß weder das Waſſer zu ſtark in den Leib eindringen, noch auch die Speiſen unwillkürlich herausfallen konnen. Selbſt wenn man die Gaumenhaut auflöst, (38) findet man doch dar⸗ unter keine wahre Zunge. Die ziemlich kurzen Fuͤße | haben vorne 5 hinten 4 Zehen mit einer Schwimm⸗ haut, der Schwanz iſt plattrund. Sehr verſchieden ſind die Schuppen des Krokodils; rund, an den Seiten, den Fuͤßen und dem Halſe; laͤnglich, reihen⸗ 5 weiſe geordnet und mit hornartigen Schwielen ver⸗ | | A elne fer * 178 Das Krokodil. ſehen, die, welche die obern Theile ſogar einer Flin⸗ tenkugel unverletzlich machen und faſt viereckig und weich die am Bauche (37), wo eine laͤngliche Oeff⸗ | nung zur Abfuͤhrung des Unraths dienen mag, defs fen fich jedoch das Thier gewoͤhnlich durch den Ra⸗ chen entlediget. Oft befoͤrdert es ſeine Verdauung, wie Vogel und Hühner, durch Steine, die man in ſei⸗ nem Magen findet. Der größte Bewohner der ſuͤ . hen Gewaͤſſer iſt das Krokodil, das 30 — 60 Fuß lang iſt, und wenn es einhergeſchwommen kommt, wie ein gewaltiger Baunſtamm ausſieht. Seine Farbe iſt oben braun, unten gelblich weiß; ſeine Stimme ein rauhes Bruͤllen, in dem keine Spur von dem Schluchzen zu entdecken iſt, das Rednern und Dichtern ſchon ſo oft als Bild verſtellter Trau⸗ rigkeit dienen mußte. Es kann eben ſo wenig wei⸗ nen als bannen; obgleich manchmal eine toͤdtliche Furcht den vor dasſelbe hingebannt haben mag, wel⸗ chen eine ſchleunigeFlucht und ſchnelle Wendungen aus den Klauen eines zu Wendungen unfaͤhigen Thieres gerettet haben wuͤrden. Nur dann waͤre es die ver⸗ heerendſte Landplage, wenn es ſo gelenkig waͤre, als ſtark es iſt. Aber fo wußte die Vorſicht immer etwas ö zu geben und zu verſagen, was der Staͤrke und 1 Raubſucht Graͤnzen ſetzt. E 5 * Das Krokodil. 170 In den großen Fluͤſſen von Aſien und Afrika, im Nil, Niger, Senegal und Ganges, am haͤufigſten und größten aber; um die Inſuln des ſuͤdlichen Nils halten ſich dieſe Ungeheuer auf. Doch findet man auch zuweilen in ſalzigen Waſſern, an der Bengali⸗ ſchen Kuͤſte, um Java, Madagaskar und Koroman⸗ del welche. Im dichten Schilf am Ufer liegen ſie ſtill und unbeweglich, und lauern auf Beute, mit der ſie in die Tiefe eilen. Da ſie uͤberhaupt nicht allzulange f unter dem Waſſer bleiben und das Athemhohlen ent⸗ behren koͤnnen, ſo halten ſie ſich faſt immer in der Höhe, Immer ragt, wenn fie ſchwimmen, ihr Rüs cken aus der Oberflaͤche des Waſſers hervor. Sie verſchlucken wohl größere Land: und Waſſerthiere als ſie ſelbſt ſind, ſtuͤrzen Kaͤhne mit ihrem Schwanze um, und verſchlingen die Ungluͤcklichen, die nichts be⸗ ſorgend einherfuhren. Doch fallen ſie Menſchen nur dann an, wenn ihrer Wenige beyſammen ſind. um Fiſche zu fangen, ſchwimmen mehrere hintereinander und bringen das Waſſer in eine Bewegung, in der ſie im Truͤben fiſchen. Auf Landthiere lauern ſie im | Schilf verſteckt, bis fie zur Traͤnke kommen: und es uͤberſteigt faſt allen Glauben, mit welch pfeilſchneller abel und unwiderſtehlicher Starke ſie ei⸗ 32 en — 180 Das Krokodil. | nen Ochſen, eine Kuh u. d. packen, und zu ſich ins Waſſer ziehen. Kleinere zu erlegen, iſt ein Streich ihres Schwanzes hinreichend. Manche arme Waͤ⸗ ſcherinn rißen ſie ſchon vom Ufer ins Waffen Allein in der Ferne von dieſem iſt wenig von ihnen zu beſor⸗ gen, denn ſie gehen nie weit Landeinwaͤrts. Zuwei⸗ len, wenn die Sonne nicht gar zu heiß brennt, ſon⸗ nen ſie ſich am Lande; iſt es aber gar zu warm, ſo bleiben ſie in ihrem Elemente. Auf Sandbaͤnken ſieht man oft mehrere ausgeſtreckt liegen. So fand Norden an einem Tage mehr denn zwanzig in dieſer Lage nebeneinander. Um ihre Eyer zu legen, ſteigen die Krokodile ans Land. Sie ſcharren ſich dann Gruben, die et⸗ wa einen Fuß tief ſeyn mögen, und legen wohl mehr als hundert Eyer. Dieſe haben die Größe eines Gaͤnſeeyes, und man muß billig erſtaunen, wenn man damit die Große eines ausgewachſenen Thieres in Vergleichung ſetzt. Sie ſind mit einer lederartigen Haut uͤberzogen und weiß und braun geflammt. Das Weibchen bedeckt die Gruben mit Sand, und uͤberlaͤßt den Sonnenſtrahlen das Geſchaͤfte des Aus⸗ bruͤtens. Nur dann, wenn die Zeit herannaht, daß die lederne Hille platzt und das junge Krokodil fein u Das Krokodil. 1381 Gefaͤngniß verlaͤßt, erſcheint das Weibchen mit ſeis nem Gatten und ſcharrt die Grube auf. Noch ha⸗ ben die Junge keine Schuppen, ſondern ſind ganz nackend und bloß mit einer glatten Haut uͤberzogen. Die Mutter nimmt nun die Junge auf den Ruͤcken, und trägt fie nach dem Fluſſe, in dem fie ſich auf? haͤlt. Hinter ihr geht ihr Mann, der diejenigen, die vom muͤtterlichen Ruͤcken herabfallen, ohne Um⸗ ſtaͤnde auffrißt. In der That, eine ſolche Zuͤchti⸗ gung fuͤr eine jugendliche Unvorſichtigkeit laßt 1 nur von Krokodil⸗Eltern erwarten! Das Krokodil ſoll, ſo lange es lebt, foren fen, und ein fehr hohes Alter erreichen. So graus | ſam es iſt, ſo gelang es dem Menſchen dennoch, jung gefangne Krokodile zu zaͤhmen und abzurichten. In Krokodllopolis, einer Stadt von Ober⸗Egypten, auf deren Stelle jetzt das Dorf Demegraed ſteht, wurden von den Prieſtern zahme Krokodile gehal⸗ ten, die man als Heiligthuͤmer göttlich verehrte. Auch i in der Stadt Arſinoe, in der Naͤhe des Seees Mdris gieng der Aberglaube fo weit, das Krokodil als einen Gott anzubethen. Doch fand man zuwei⸗ len fuͤr nöthig, dieſen Gott an den Vorderpfoten feſt⸗ 5 zubinden, damit er ſeine Verehrer nicht verſchlaͤnge. N 5 e Mit 182 Das Krokodll. | Mit den auserleſenſten Steinen ſchmuͤckte man nnen Leib, und naͤhrte ihn mit heiligen, geweihten Speis ſen. Wenn dieſe Krokodile mit Tod abgiengen, dann wurde der Leichnam erſt balſamirt, daun ver⸗ brannt, und endlich erhielt der Aſchenkrug, der die Ueberreſte enthielt, die Ehre, in der Begraͤbnißgruft der Koͤnige beygeſetzt zu werden. In Saba hielt man Krokodile eben ſo zum Staat, wie in Siam Elephanten gehalten werden. In neuern Zeiten ſah Greaves in Cairo ein vollkommen zahmes Krokodil. Es kannte ſeinen Herrn, kam zu ihm, um Speiſe zu verlangen, und ſchlief gewohnlich: unter ſeinem Bette. Es iſt nicht zu laͤugnen, daß viel Muth dazu gehoͤre, einen wegen ſeiner Grauſamkeit ſo beruͤchtigten Schlafgeſellſchafter bey ſich zu haben. Im Waſſer iſt das Krokodil ungleich fürchte barer als am Lande. Es weiß dieſes auch ſehr wohl, und reißt daher, wie Kondamine berichtet, den Tieger, der mit ihm einen Kampf beginnt, plotzlich in das ihm toͤdtliche Element. Schrecklich und ſelt⸗ ſam muß dieſer Streit des unbiegſamſten mit dem gelenkſamſten aller Thiere ſeyn. Und doch ſiegt gemeiniglich das Erſtere. Denn im Waſſer bewegt es ſich weit leichter und ſchneller, und faßt das, was | es Das Krokodil. i183 es einmal erreicht, mit einer Kraft, der nichts wider. ſtehen kann. Egypten waͤre eine menſchenleere Wis N fte, wenn nicht fo mancher ihm gefährliche Feind, an der Verminderung ſeines Geſchlechts unaufhörlich arbeitete. Zwar nicht in den Bauch kriecht ihm der Ichnevmon, aber viele tauſend Eyer zernichtet er; und auf einem Baume beobachtet der Vogel Gallinazo f die Eyer legende Mutter, um fie, ſobald fie fich ent⸗ fernt, aus zugraben. Auch die Neger ſuchen ſie auf, um ſie theils zu eſſen, theils zu zerſtoren. Den Krokodilen ſelbſt geht oft das Nilpferd, oder der Hippopotamus, muthig zu Leibe, und es muß das felts ſamſte Schauſpiel ſeyn, einen ſolchen Kampf zu ſehen. Auch große Schildkröten ſollen ſie oft zer⸗ | ſtuͤmmeln. Am uͤberlegenſten ift ihnen der Menſch. Der kuͤhne Neger wagt es ohne Bedenken, ſich mit dieſem fuͤrchterlichen Wuͤrger in einen offenbaren Kampf einzulaſſen. Mit nichts als einem Dolche und einem Stuͤcke hartem Leder bewaffnet, greift er das Thier an einer Stelle des Waſſers an, wo es zu ſchwimmen gendthiget iſt. Denn wenn es gleich hier in ſeinen Bewegungen geſchwinder iſt, ſo fehlt ihm die Kraft, die es am Ufer durch Anſtemmen gewinnt. " Mit der in Leder gehuͤllten linken Hand fährt der ent⸗ ® 184 * Das Krokodil. entſchloßne Kämpfer, dem Thiere in den e \ | und druͤckt ihm den Kopf unter das Waſſer. Offen⸗ bar dringt jetzt eine Menge Waſſer in den Rachen, | und, erſchwert dem Thiere das Athemhohlen, das ſchon ohnehin durch die Hand des Negers gehindert wird. Mit der rechten Hand, in der er ſeinen Dolch haͤlt, ſticht er ihm in die Augen und in die Kehle, und tödtet fo das Ungeheuer. Oder andere ſpringen auch auf den Ruͤcken desſelben, und ſchnuͤren ihm die Kehle zu. Da der Ruͤcken⸗ Panzer jeder Art von Schießgewehr widerſteht, fo mußte man nothwendig auf manche andre Arten, das Thier zu bezwingen denken. Sinnreich iſt die Erfindung, deren ſich die Krokodiliäger, ein eignes Gewerbe in Egypten, das den Reiſenden ſeine Kunſt fuͤr Geld zeigt, bedienen. Ein ſolcher geht mit einem Kinde an das Ufer des Nils. Seine Rechte iſt mit einer Stange, an der vorne eine große, runde Pechkugel iſt, ſeine Linke mit einem kurzen Pruͤgel bewaffnet. Er ſtellt nun das Kind zwiſchen die Beine, und faͤngt jaͤmmerlich, wie ein Kind, zu weinen und zu ſchreyen an. Kaum hort das Krokodil dieſe Stimme, die ihm einen will⸗ kommnen. Raub zu verſprechen ſcheint, ſo fledt es den af aus dem Waſſer. Sobald es ein Kind ge⸗ wahr 2 85 — 77 * Das Krokodil. 135 wahr wird, ſo ſchießt 66 ſchnell aus dem Waſſer auf dasſelbe zu. Furchtlos erwarten Mann und Kind den Angriff. Wenn es nahe genug iſt, haͤlt ihm der | Jaͤger die Stange mit der Pechkugel in den | Rachen; in dieſer verbeißt es ſich nun ſo, daß es ſeiner beſten Waffen, ſeines Gebiſſes, nicht mehr maͤchtig iſt, und nun leicht erlegt werden kann. Auch Hacken, ſpitzige Pfaͤhle, bedeckte Gruben u. d. werden angewendet, um ſie zu toͤdten. Beruͤhmt waren in alten Zeiten die Tentyriten, Bewohner ei⸗ ner Nilinſul, durch ihre Kuͤhnheit in der Krokodil⸗ jagd. Ganz allein nahm ein ſolcher Wagehals ein Krokodil auf ſich. Hinſchwimmen, ſich ihm auf den Ruͤcken ſetzen, und in den aufgeſperrten Rachen einen Pfahl ſtecken, das war das Werk eines Augen⸗ blicks. Daher ſollen, ſagt Plinius, die Krokodi⸗ le ſich nie dieſer Inſul genaͤhert haben „ weil ihnen ſchon der Geruch dieſer Wuͤrger zuwider war. Ue⸗ berhaupt iſt es zum Erſtaunen, wie der Menſch alle maͤhlig mit der groͤßten Gefahr vertraut wird. Wir wuͤrden ohne Zweifel uns nicht aus unſern Haͤuſern wagen, wenn ein Krokodil unſre Straſſen unſicher machte: da hingegen die Bewohner der Nilufer hie N und da eine Gewohnheit haben, uͤber den Nil zu ſe⸗ 5 Amphib. Aa zen, 1868 Das Krokodil. tzen, die ſchon allein beweist, wie wenig ſie dieſes Ungeheuer fuͤrchten. Sie wickeln ihre Kleider in Geſtalt eines Turbans um den Kopf, und machen daran ihre Wurfpfeile feſt; dann nehmen ſie ein Stuͤck Holz zwiſchen die Beine und bedienen ſich ih⸗ rer Arme zum Rudern. Es iſt leicht zu erachten, daß eine ſolche ſchwimmende Kavalkade ſehr ſeltſam ausſehen muͤſſe. Norden verſichert es geſchehe dieß ſogar an Orten, wo Krokodile eben nicht ſelten ſeyen. In Siam ſpannt man quer uͤber die Fluͤſſe, wor⸗ in ſich Krokodile aufhalten, drey auch vier Reihen Netze oder Seile in einem gewiſſen Abſtande. Das durch den Widerſtand gewaltig erzuͤrnte Thier wen⸗ det ſchon einen betraͤchtlichen Theil ſeiner Kraͤfte auf, um ſich durch das erſte hindurchzuarbeiten. Noch. mehr zerarbeitet es ſich bey den folgenden. Iſt es ſchon ſehr ermuͤdet, ſo faͤllt man mit Pruͤgeln dar⸗ uͤber her, ſo daß Anſtrengung, Gegenwehr und Blut⸗ verluſt es immer mehr erſchoͤpfen. Jetzt bindet man ihm den Rachen ſo feſt als moͤglich zu, und befeſtigt mit einem Stricke den Kopf und den Schwanz in gekruͤmmter Lage gegen einander. Auch die Fuͤße werden an den Leib gebunden. Obgleich nun das Krokodil ſich nicht mehr regt, ſo darf man doch a so Das Krokodil. ier vorſichtig ſeyn. Denn ſehr leicht kann es, auch nach einer ſo unſanften Begegnung, wieder zu ſich kommen, und dann iſt ſeine Rache fürchterlich, | Man behauptet, das Krokodil pflege die r nie⸗ drigen Stellen des Ufers, an die andere Thiere zum Trinken und auch Menſchen, gewiſſer Geſchaͤfte we⸗ gen, hinkommen, mit Waſſer zu beſpritzen, um ſie ſchluͤpfrig zu machen, damit ſie deſto eher fallen, Rund ihnen zur Beute werden. Es iſt ſehr begreifs lich, daß an den Stellen, wo das von Waſſer triefens de Krokodil ans Land geht, es ziemlich ſchluͤpfrig werden muͤſſe, ohne daß hier ein Inſtinkt wirkte. Eben ſo ſchwer laͤßt ſichs faſſen, daß es ſeine Eyer immer dahin lege, wo ſie das Steigen des Nils nicht erreichen kann. Denn da dieſer in der Regel 16 donſtantinopolitaniſche Ellen () (an 50 Ellen nach Me Aa 2 e een © Nur dann, wenn der Nil diefe Höhe erreicht hat, hat der Baſſa das Recht, für den Großſultan den „Tribut einzufordern. Denn nur alsdann kann man ſich ein fruchtbares Jahr mit Gewißheit verſprechen, und die Abgaben entrichten. Es iſt ei begreiflich, daß der Egypter mit Sehnſucht auf jene ſeegenvolle Ergießung wartet, von der ine ganze phyſi e und A Exiſtenz ab⸗ | hängt. Wa Das grote. unſerm Maaße) ſteigt und weit und breit alles über ſtrömt, fo müßte es ſehr weit Landeinwaͤrts gehen, um Naͤſſe zu vermeiden. Ueberdas ſcheint die Zeit a des Legens und Auskriechens voruͤber zu ſeyn, ehe der Nil ſteigt. Letzteres geſchieht gewohnlich vom Junius bis an den September hin, da die Kroko— dile bereits fuͤr die Fortpflanzung ihres Geſchlechts geſorgt zu haben ſcheinen. | Nicht hängt. Zwar geizte die Natur in feinem duͤr⸗ ren Vaterlande mit Regen; aber dafuͤr traͤnkt ſie in drey Monaten die Erde mit einer ſolchen Men⸗ ge Waſſers, als ſie fuͤr den Reſt des Jahres be⸗ darf. Wer kann ſich demnach noch verwundern, wenn der Egypter voll Liebe, Dankbarkeit und Ehrfurcht gegen ſeinen Nil iſt, und ihn als eine wohlthaͤtige Gottheit betrachtet, der er alles ver⸗ dankt. Er nennt ihn daher den gebenedeyten, heiligen, geweihten. Die Muͤtter tauchen ihre Kinder in das Waſſer, ſobald es in die Kanaͤle tritt: und die Andacht findet das truͤbe, ſchlam⸗ mige Nilwaſſer ſchoͤn, klar und wohlſchmeckend. Die Wiederkehr der Ergießung iſt ein Nationalfeſt. Alles ruft einander entzuͤckt zu: Waſaa Allah! (d. i. Gott hat uns alles gegeben, was wir be⸗ durften). Von Tag zu Tag wird ſein Steigen und Fallen, das am Mikkias (Nilmeſſer) beob⸗ achtet wird, wie bey uns naͤchtlicher Weile die Stunden, ausgerufen. Das Krokodll. 189 Ri.cht ganz ohne Nutzen iſt dieſes Thier. Denn nicht nur, daß es eine Menge anderer Thiere ver⸗ ſchlingt, deren uͤbermaͤßige Ausbreitung der Menſch⸗ heit ſchaͤdlich ſeyn wuͤrde, ſo ſchaͤtzt man hie und da das Fleiſch der Krokodile ziemlich hoch. Auf der Inſul Bouton werden ſie als Maſtvieh gehalten und fett gemacht. Auch in Abyſſinien ißt man ſie, und es gibt Leute, die auch die Eyer leckerhaft finden. Doch ſoll das Fleiſch einen ſtarken Biſamgeſchmack haben. Auch finden die Mohren das Blut für die Augen und das Fett gegen Fieber und er Re | mein gut und heilſam. 0 Da das Krokodil nie, wenigſtens 0 weit die Jahrbuͤcher der Menſchheit reichen, in Europa wohn⸗ te, fo iſt es um deſto auffallender und unerklaͤrlicher, wie die verſteinerten Krokodilzaͤhne auf den Berg della favorita, im Vizentiniſchen, gekommen ſeyn moͤgen. Es iſt dieß vielleicht eben fo befremdend, als wie Papyruspflanzen, dieſes Egypten eigen⸗ thuͤmliche Produkt, nach Sieilien an den ehemaligen Quell Cyane, jetzt Pisma, oder wie Elephantenkno⸗ chen in den entlegenſten Norden verſetzt worden ſind. Welche Revolutionen mögen nicht mit unſrer Erde 2 ſeyn, die, wenn wir ſie genau wuͤßten, A a 3 uns 100 Dos Krotodit, | uns manche naturhiſtoriſche D unkelheiten erfläs | sen wuͤrden. Die Natur ſelbſt ſcheint Afrika von Europa, wie England von Frankreich, losgeriſſen zu haben. Sie verſchlang Inſuln und Städte, und ge⸗ bar neue Inſuln. Trocknes Fußes wandeln wir auf ehemaligem Meeresgrunde, und wo ſonſt Menſchen lebten und webten, eilen jetzt Schiffe mit vollen Se⸗ geln. Duͤrre Sandwuͤſten ſchuf des Menſchen Fleiß in reiche Kornfelder um, und Gegenden, die ſonſt zu. den Kornkammern der Menſchheit gehoͤrten, die hat jetzt in Sicilien ein Lavaſtrom und in Egypten hie und da Nilſand in unwirthbare Gegenden umgewan⸗ i delt. Große Dinge that der Menſch und mit ihm der Zahn der Zeit. Jener haute Waͤlder und trockne⸗ te Seeen aus, gab Stroͤmen eine andre Richtung, vers band entlegene Laͤnder durch Kanaͤle, verjagte Naͤße und Nebel, und milderte die Temperatur der Luft. Jetzt bluͤht bey uns die Kirſche, die ſonſt nur der pontiſche Boden trug; jetzt vermehren ſich in unſern Huͤhnerhoͤfen und Staͤllen Thiere, die ehemals nur unter waͤrmerm Himmel lebten; und Auerochſen und Rennthiere und Woͤlfe ſind aus unſern mildern Ge⸗ genden weggezogen. Gelehrſamkeit, Indüͤſtrie und Fleiß a. Menschen Pr das ſonſt verachtete Germa⸗ nien 4 8 * 5 Der Kalman. 1091 — nien hoch empor, indeß Solon und Lykurgs Staa⸗ ten zu Dörfern herabſanken: durch Menſchenthaͤtig⸗ keit ſtiegen an dem ſer digen Ausfluſſe unſerer Strös me Staͤdte ja Thronen empor, fie gewann dem Meere Sand ab, und ſchuf ihn in fruchtbares Land und Gärten um. England beherrſcht die Meere und Augiſt hielt es kaum der Eroberung werth. Wer ſtaunt nicht vor den ungeheuern Veraͤnderungen, die der Erdboden erfuhr und die Naturgeſchichte un⸗ widerleglich beweist! Und wenn Volney nachdenkend an den Ruinen von Baalbek und Palmyra ſitzt und uͤber den Wechſel aller Dinge Betrachtungen anſtellt; wer kann ſich des Gedankens enthalten, ob nicht der⸗ einſt an den Ruinen unſrer Staͤdte, die freylich jenen Denkmaͤlern nicht gleich kommen werden, dereinſt ein Reiſender einen Stillſtand machen und an die Ver⸗ gaͤnglichkeit denken werde, der auch wir unterlagen? — ———. Tad. XXV. Der Kaiman. Ein Alter nach Seba. (39) Ein Junger nach Catesby. (40) ‚Alligator, Crocodil. cataphractus, le Caiman. Obgleich der Kaiman von vielen nur fuͤr eine Spiel⸗ ö 192 Der Kaiman. | Spielart von dem afrikaniſchen und aſiatiſchen Kro⸗ kodile gehalten wurde; ſo iſt ers doch gewiß nicht. Indeſſen gehoͤrt er offenbar zu den krokodilartigen | Eidechſen, und führt den Namen amerikaniſches Krokodil nicht mit Unrecht. Zwar hat, im Ganzen genommen, ſeine Geſtalt eine große Aehnlichkeit mit dem Nilkrokodil. Auch fein Korper iſt langgeſtreckt, und Kopf, Hals, Leib und Schwanz laufen faſt in einer Richtung hin. Allein der Kaiman iſt kleiner, denn er erreicht nur 15, hoͤchſtens zwanzig Fuß. Vom Hals bis an den Schwanz hin, laͤuft ein ſaͤge⸗ foͤrmiger Kamm. Der Schwanz hat bey Weitem nicht die außerordentliche Laͤnge, wie der des Kroko⸗ dils. Der Rachen des Kaimans iſt außerordent⸗ lich weit bis an die Ohren geſpalten und hat ents ſetzliche Zaͤhne. Sein Koͤrper iſt nicht mit ſolchen Schildern und knotigen Erhabenheiten beſetzt, fons dern die Erhoͤhungen ſind flaͤcher, und obgleich ſie jedem Gewehr widerſtehen, fo iſt der Bauch des Kai⸗ mans ſo weich, daß man ihn hier ſehr leicht ver⸗ wunden kann. Zwar ſoll er nicht ganz ſo grimmig ſeyn als das Krokodil, allein dennoch alles rauben, was ihm in den Wurf kommt. Wenn man einigen glauben will, ſo iſt er furchtſam und ſchuͤchtern, an⸗ | dere SER Der Kein. 135 dere hingegen laſſen ihn Kühe am Maule packen und ſo ins Waſſer hineinziehen, Menſchen in der Mitte von einander beiſſen und mehrere ſolcher Unthaten bes gehen. Sermin beſchreibt ihn wohl gar als größer, furchtbarer und dicker als das Krokodil. Vielleicht verſteht er unter letzterm bloß eine große amerikani⸗ ſche Eidechſenart. Nach ihm beſteht die Starke des Kaimans in einer doppelten Reihe kreuzweis über einander gehender Zaͤhne, vermoͤge deren er alles, was et anfaßt, zermalmen kann. Seine Langſam⸗ keit ſoll fuͤr die Menſchheit ein großes Gluͤck ſeyn, und auch der Umſtand nicht wenige vor Gefahr ſchüͤ⸗ tzen, daß man den Kaiman auf 100 Schritte weit rieche ja daß dieſer Geruch ſich ſogar dem Waſſet mittheile, und Menſchen und re vor ae rt ae ON Es ſoll eine gebirge Liſt des Aaimans ſeyn, ohne alle Bewegung auf der Oberflaͤche des Waſſers zu ſchwimten. Seine braune, ſchwielige Haut gibt ihm dann das Anſehen eines alten Baum⸗ ſtammes, und die tiefe Stille, die er beobachtet, konnte ſelbſt einen Menſchen taͤuſchen. Jetzt Forms men Vogel, Fiſche und Schildkröten, und naͤ hern ſich zuraulich dem unſchädlich geglaubten Holze. Abet. Amphib. Bb bald 204 Der Kaiman. bald finden fie den Tod in ſeinen Klauen. Weil aber viele Gefchöpfe den raͤuberiſchen Kaiman doch zu gut kennen, als daß ſie ſich taͤuſchen ließen, ſo ſoll er oft gendthigt ſeyn, Steine und Holz zu verſchlucken, um den leeren Raum in ſeinen Eingeweiden auszu⸗ fuͤllen und dieſe vor Einſchrumpfen zu bewahren. Catesby fand in allen, die er öffnete, große Bros cken Holz und Stein. Alle Unebenheiten waren fo ſchoͤn abgeſchliffen, und das Ganze ſo gut polirt, daß man daraus ſchließen konnte, das Ti er muͤſſe dieſe magere Koſt ſchon ſehr lange im Bauche gehabt haben. Seine Heimath iſt das mittlere Amerika. Je ſuͤdlicher deſto wilder, je noͤrdlicher deſto ſanfter iſt er. Der größere Grad von Wärme ſcheint uͤber⸗ haupt den Thieren viele Wildheit und Hitze mitzu⸗ theilen, ſo wie ein geringerer Grad derſelben ſie ab⸗ kuͤhlt. In Suͤdkarolina iſt ihrer eine große Menge. Sie ſind aber weder ſo wild noch ſo groß, als die un⸗ ter der Linie, und laſſen Menſchen und groͤßere Thie⸗ re unverletzt. Aber Schweine ſind ihre Lieblingskoſt. Ihnen ſtellen ſie auf alle Weiſe nach. Wenn dieſe Freunde alles Schmutzes ſich im Schlamme nach Herzensluſt waͤlzen, fo überfällt fie ſehr oft der Kai⸗ man und macht der Freude ein Ende. | Die Der Kaiman. 195 Die Kaimans leben in füßent Flußwaſſer und in den ſalzigen Muͤndungen der Ströme. Vom Okto⸗ ber bis in den Maͤrz halten ſie ſich in Löchern und Hoͤh⸗ len am Ufer verſteckt. Sie kommen dann wenig oder gar nicht im Waſſer zum Vorſchein. Aber mit der Wiederkehr des Fruͤhlinges kuͤnden ſie ihr Erwachen, oder, wenn ſie auch keinen Winterſchlaf haben, die abermalige Beſitznehmung ihres Elementes mit maͤchtigem Gebruͤlle der Nachbarſchaft an. Zu ge⸗ wiſſen Zeiten beſuchen fie die ſogenannten Kaimans⸗ Inſuln. Es find naͤmlich gewiſſe unbewohnte In⸗ ſuln, auf die ſich um die Legezeit der Schildkroͤten viele Menſchen hinbegeben, um dieſen Thieren nach⸗ zuſtellen. Natuͤrlicher Weiſe bleibt dann viel Fleiſch und Knochen liegen. Sobald die Schifofrdtenfäns | ger fort find, fo kommen die Kaimans, um die ur gen Brocken vollends aufzuzehren. 5 Auch darin unterſcheidet ſich der Kaiman vom Krokodile, daß er bey Weitem nicht ſo fruchtbar iſt. Er legt hoͤchſteus 30 — 40 Eyer. Ueberdas iſt ſein Fleiſch weniger genießbar. Zwar effen es die Indianer und es empfiehlt ſich dem Auge durch die fchönfte Weiße. Allein fuͤr den Gaumen macht es der außer⸗ i ſtarke Biſam⸗ Geſchmack ſehr unangenehm, B b 2 und — 1096 Der Kalman. und laͤßt es nur dann genießbar finden, wenn Noth und Hut ger es wuͤrzen. Unter den Schen⸗ \ keln befinden ſich die Bläschen, in denen ſich eine Art Biſam abſondert, davon das Thier ſo ſtark riecht. 1 ä So gewaltig der Raiman beiſſen 17 ſo wa⸗ gen es dennoch die Neger, mit einer umwickelten | Hand ihm in den Rachen zu fahren, und dann ihn zu todten, um die Naturalienkabineter zu bereichern. Allein wer kann ſich daruͤber verwundern? Der Ne⸗ ger hat — Dank ſey es der Grauſamkeit des Euro⸗ paͤers — ſein Leben verachten gelernt. Es kann kaum fo fuͤrchterlich ſeyn, von einem Kaiman zer⸗ riſſen zu werden, als manchem Europaͤer in ſeiner Plantage dienen zu muͤſſen. Daß aber die Affen den Menſchen dieſe Art, den Raiman zu fangen, abge⸗ lernt haben und oft nachahmen follen, iſt ſchon min⸗ der glaublich. Wenigftens kann keine Geringſchaͤ⸗ tzung des Lebens ſie ſo unternehmend machen. Denn fie konnen es im Dienſte der Menſchen, wie Vaillants Kees, weit beſſer haben — als die Ne⸗ ger. Aber dafuͤr ſind das auch — nur Neger; ſie aber — drollige Affen, Tab. ——— 19% Tab. XXV. Der Wachhalter. Monitor, la Sauvegarde. (41) Nie Stacheleidechſen (Cordyli) unterſcheiden ſich von den Krokodilartigen dadurch, daß ihre Schup⸗ pen gekielt ſind, und etwas auseinander geſperrt ſte⸗ hen. Auch ſind ſie kleiner, wehrloſer, und minder gefährlich. Nicht umſonſt ſetzen wir den Wachhal⸗ N ter, oder Warner, in die Nähe des Krokodils, weil ſein warnendes Geſchrey die Naͤhe dieſes Wuͤr⸗ gers verraͤth. Hierin wollten einige eine beſonders wohlthaͤtige Anſtalt der Vorſehung entdecken, um die ſorglos im Fluſſe badenden, oder ſonſt beſchaͤftig⸗ ten Indianer, vor der Annaͤherung dieſes reiſſenden Thieres zu warnen. So viel iſt gewiß, daß wenn ein Krokodil an den Strand geſchwommen kommt, der Warner heftig zu ſchreyen, oder vielmehr hell und durchdringend zu pfeifen, anfaͤngt. Er ſcheint aber dieſes aus Bangigkeit fuͤr ſeine eigne Haut zu thun. Freylich dient das dem Menſchen nun auch mit zur Warnung. Er kann jetzt ſein Heil in der Flucht ſuchen. Auch vor andern giftigen Thieren, ; B. der Klapperſchlange, warnt dieſes Geſchrey, und Bb 3 der, 198 Der Wachhaltkr. der, der es erhebt, traͤgt dünih W Namen nicht umſonſt. Die Eidechſenfamilie, zu der der Wacbalter | gehört, ift keine fehr große Art. Er ſelbſt ſoll unge faͤhr zwey und einen halben Fuß in die Laͤnge haben. Doch ſoll es in Surinam in Gebuͤſchen welche geben, die zwanzig Fuß lang ſind. Die Geſtalt des Wach⸗ halters iſt ſchoͤn und geſchmeidig; die etwas gekiel⸗ ten Schuppen ſind klein, laͤnglich und viereckig. Der Schwanz hat eine ziemliche Dicke und iſt auf den Seiten etwas platt gedruͤckt. Die Fuͤße ſind mit fuͤnf Zehen, und dieſe mit niedlichen, rothen Naͤgeln verſehen, der Kopf iſt einem ieee ziem⸗ lich aͤhnlich. Sehr ſchoͤn iſt der Wachhalter gezeichnet. Seine Hauptfarbe iſt am Ruͤcken blaulich ſchwarz, worin runde, weiße Punkte oder Augen ſichtbar ſind. Der Bauch aber iſt mit ſchwarzen Linien, die durch weiße Flecken unterbrochen ſind, geziert. Um die Legezeit verſcharrt das Weibchen ſeine Eyer im Sande. Die Sonne und Natur thun das Uebrige fuͤr die Erhaltung dieſes Geſchlechts. Die Eyer ſind, wenigſtens in Surinam, wie die von die | ner N Henne, doch laͤnglicher. . Die Der Wachhalter. 199 Die Nahrung des Wachhalters beſteht in vielerley. Vogeleyer find ſein Allerliebſtes. Im Nothfalle behilft er ſich mit Fiſchen; und wenn er in ihrem Fange auch nicht gluͤcklich iſt, ſo nimmt er ſei⸗ ne Zuflucht zu Ameiſen und Fliegen, ja wohl zum Aas. Er iſt ein völlig unſchaͤdliches Thier, und haͤlt ſich gewöhnlich in Oſt⸗ und re auf, Man ißt feine Eyer. Der plattgedruͤckte Schwanz, der bey dem Wachhalter ſo karakteriſtiſch iſt, iſt auch ein Ei⸗ genthum andrer Eidechſen. Ihn beſitzt z. B. der Schleuderſchwanz, in Arabien, mit feinem ſammt⸗ weichen, blauen Rüden ; der Drachenkopf, in Amerika; der Kammruͤcken, in Amboina; der Perlentraͤger, in Aſien; der Doppelkiel, in Oſtindien; der Burgermeiſter, in Amerika. Lau⸗ ter Thiere, die Linné zu den Eidechſen mit c druͤckten Schwaͤnzen rechnet. 5 Nicht ohne Grund nennen wir zuweilen mehr Thierarten, als der Raum unſrer Blaͤtter zu beſchrei⸗ ben und abzubilden erlaubt. Es iſt angenehm, ei⸗ nen Blick in das unermeßliche Feld der Natur zu thun, das wir oft ſo klein und beſchraͤnkt glauben. Tab. Der Baſilisk. Nee e le Baſilic. (a2) Es wuͤrde eine weſentliche Luͤcke in unſern aahurh⸗ ſtoriſchen Blättern ſeyn, wenn wir dem fo berühnis ten Baſilisken nicht auch einige Augenblicke ſchenkten. Zwar bedauern wir im Voraus, daß wir ihm ſeine Krone rauben und ſelbſt fein Gift, vermoͤge deſſen man ihn zum Könige unter den Teufeln machte, als ſprechen muͤſſen. Ja auch feine Ahnen muͤſſen wir antaſten, und ſeine Abſtammung aus dem Eye eines Hahnes laͤugnen. Hätte man dieſe aus einem Gaͤn⸗ ſekopf hergeleitet; ſo wuͤrden wir uns durch eine Me⸗ tapher aus dieſem naturhiſtoriſchen Geheimniſſe her⸗ auszuhelfen ſuchen. Inzwiſchen wird unſre Erzaͤhr lung eben durch jene Hartglaͤubigkeit, wenn auch nicht an e en doch an Wahrheit gewin⸗ nen. a Der Baſiliok gehört in die Familie der Spie⸗ | gsledchfen (Stelliones), deren Rüden: und 5 Schwanz gewöhnlich mit gezaͤhnelten oder ſtachligen Schuppen beſetzt iſt. Seine Größe betraͤgt nicht einmal eine Elle. Der Kopf iſt von mittelmaͤßiger N 81 Länge, 4 7 Der Bafllish 20 Länge. Hinten ſteht ein fonderbarer Kamm, wie eine Möuchskappe, aus der die Liebe zum Wunder⸗ baren flugs eine Krone machte. Er kann ihn aufblaͤ⸗ hen, und dann ſieht er einem Rhinoceroshorn aͤhn⸗ lich. An der Kehle haͤngen kammartige Lippen, die er willkuͤrlich aufblaſen kann. Seine Zunge iſt kurz und dick. Von dem Ruͤcken nach dem Schwanze hin lauft ein Floßen aͤhnlicher Kamm, der aber, wenn das Thier in Ruhe ſitzt, ſchlaff iſt. Ihn unterftia tzen mehrere aufrecht ſtehende Finnen. Der Schwanz iſt noch einmal fo lang als der übrige Körper, Fünf Zehen mit ſcharfen, krummen Klauen ſind an den Fuͤßen befindlich. Feine, blaulich aſchgraue und weißgefleckte Schuppen uͤberziehen den Leib. Am Bauche iſt die Farbe etwas blaͤſſer. u: Aſien und das ſuͤdliche Amerika iſt das Vater⸗ land des Baſilis ken; duͤrre Gebuͤſche an ſteinigen, verwuͤſteten Gegenden ſein liebſter Aufenthalt. Mit großer Geſchwindigkeit ſpringt er von einem Baume zum andern. Ja er kann ſolche Spruͤnge machen, daß man wirklich glauben konnte, er fliege. Hiezu | dient ihm das Aufblaſen ſeines Kammes und ſeines Kropfs. Das, was ihn im Springen ballonartig durch die Luft traͤgt, dient ihm auch im Schwimmen. Amphib. Ce Hier 202 Der Baſt lisgk. Hier vertritt es die Stelle von Schwimmblaſen, die ihn uͤber dem Waſſer halten. Auf ſo wenig laͤßt ſich das unfritig, Wahre von einem Thiere zuruͤckfuͤhren, von deſſen Wundern wir unſern Leſern ganze Bogen zum Beſten geben koͤnnten. Doch iſt es vielleicht nicht unangenehm, einiges davon, zum Beweiſe, wie weit ſich der menunſchliche Geiſt verirren konne, anzufuͤhren. Zwar ſollten wir das nicht thun! Denn einer der gelehrten Maͤnner, denen wir einiges von dem Baſilisken⸗ un⸗ ſinne verdanken, erklaͤrt ſich ſehr hoͤflich: „wer ſol⸗ che Dinge fuͤr Fabeln und Luͤgen halte, beweiſe ſein mittelmaͤßiges, dummes und duͤnnes Gehirn, und gebe zu erkennen, daß er nicht weit in der Welt ge⸗ kommen, und mit gelehrten und gereisten Perſonen nie Umgang gepflogen habe.“ Aelian, Jonſton, Albertus, Solinus, Skaliger und hundert andere ſcheinen um einen Preis geſtritten zu haben, wer von dem Baſilisken wunderbarere Dinge zu erzaͤhlen wiſſe. Ihnen zu⸗ folge toͤdtet ſein Blick auf der Stelle, ſtreift das Fleiſch von den Knochen, entblaͤttert Baͤume, ver⸗ dorrt Felder, und macht ſogar Felſen muͤrbe. Das laſſe man uns ein Gift ſeyn! Er rumort fuͤrchterlich de in Der Baſilisak. 20g in Kellern und Gewölben, und der Ungluͤckliche, auf den ſein Blick faͤllt, ſtirbt eines jaͤmmerlichen Todes, ſchwillt auf und wird ganz gelb. Dieß er⸗ fuhr man in Warſchau. Im Jahre 1587 geriethen zwey Kinder von fuͤnf Jahren in einen Keller, den ein ſolcher Unhold zum Schauplatz feiner Grau⸗ | ſamkeiten erwaͤhlt hatte. Sie fallen, wie natürlich, auf der unterſten Stufe, todt zur Erde nieder. Ei⸗ ne Magd ſucht ſie, will ſich ihnen naͤhern, ‚ſieht den Baſilisken, und ſtuͤrzt todt neben ihnen hin. So waͤre am Ende halb Warſchau in dem Keller ums Leben gekommen, wenn man ſich nicht bey dem Burgermeiſter Raths erhohlt haͤtte. Dieſer befahl, mit langen Hacken die Todten aus dem Keller zu ziehen. Das war nun erſt ein erbaͤrmlicher Anblick! Anſtatt auf faule, giftige Ausduͤnſtungen des, wie die Geſchichte ſagt, lange verſchuͤtteten Kellers zu ra⸗ then, entſchieden die Aerzte: hier ſey ein Baſilisk imm Spiel. Jetzt wird ein armer Suͤnder, Johann Jaurer aus Schleſien, unter dem Verſpruch der Be⸗ : gnadigung, zum Kampf gegen das Ungeheuer be⸗ ſtimmt. Mit Brillenglaͤſern vor den Augen, einem dicken ledernen Kleide angethan, um und um mit Spiegeln behangen, in einer Hand ein brennendes Ce 2 Licht | 204 Der Baſilisk. | Licht und in der andern eine große Zange haltend, geht der Held in das roͤdtliche Gewoͤlbe. Schon eine Stunde war er herumgegangen, als er endlich in einem Mauerloche ein todtes Thier entdeckte. Er rief, was er machen ſollte? Mit der Zange faf⸗ ſen und herausbringen, antwortete der mit vielen Menſchen am Eingange wartende Arzt. Dieß ge⸗ ſchah, und ſogleich erkannte der Arzt das Thier fuͤn einen Baſilisken. Daß er todt war, duͤrfen wir uns nicht wundern. Denn fo wie er ſich in einem Spies gel erblickt, ſo platzt er vor Zorn und Eiferfucht, oder das Zuruͤckprallen ſeines eignen Blickes toͤdtet ihn. Eine Menge aͤhnlicher tragiſchen Geſchichten konnten wir hier anfuͤhren, welches Unweſen ſchon durch Baſilisken angerichtet worden. Aber von eis ner ſolchen Abſtammung ift auch nichts andres zu erwarten. Denn wenn, fo verficherte die Naturge⸗ ſchichte vor roo Jahren, und hie und da jetzt noch, wenn ein Hahn 8, 9, oder gar 14 Jahre alt wird, fo legt er Eyer, die von einer Schlange befruchtet ſeyn ſollen. Wer es recht fuͤrchterlich macht, der laͤßt fie gar von einer Kröte ausbruͤten. Und fo entſteht nun ein Baſilisk. Damit man ja nicht glaube, der a lege bloß bey gemeinen Leuten, die - Ä u Der Baſilisk. 205 leicht zu taͤuſchen find, Eyer; ſo that es im Jahre 1662 der Haushahn eines Doktors und Profeſſors der Theologie, Zwingers in Baſel. Zehn Eyer, vers ſichert dieſer Gelehrte ſeinen Freund, legte ſein Haushahn nach und nach neben ein Henneney; ſie enthielten einen wurmaͤhnlichen weißen Faden, ſtatt des Dotters. So giengen die Eyer mit Unter⸗ ſuchungen verloren, ohne daß ein Baſilisk daraus ward. Denn eins davon einer Kroͤte zu unterlegen, das war dem Herrn Doktor nicht zuzumuthen. Noch ſonderbarer war das Ey, das der Aeltervater Doktor Scheffers, der im Jahre 1672 zu Frankfurth lebte, mit eignen Augen ſah. Ein Haushahn hatte es 1571 gelegt. Die Stelle des Weißen im Er nahm Blut, und die des Dotters etwas wie Kroͤ⸗ tenſaame ein. Nicht zu gedenken der Wuth, mit der 2 alte Haͤhne in Seeland ihre Eyer ausbruͤten woll⸗ ten, und die man, um allem Unheil vorzubeugen, er⸗ wuͤrgen mußte. — Es iſt traurig, wie weit ſich der Perſtand des Menſchen verirren kann! die wahren Wunder der Natur uͤberſieht er oft, und ſucht und dichtet da welche, wo keine ſind. | Tab. XXVI. Das Chamaͤleon. Chameleon, le Camtlion. 43) Der Geko. Stellio „ Saurus, le Geko. (4) Beraͤchtigt genug unter dem Eidechſengeſchlechte iſt das Chamaͤleon. Von jeher haben Dichter und Proſaiſten ihn als das Bild eines Menſchen, der heuchleriſch jede Geſtalt annimmt, und ohne ſelbſt einen beſtimmten Charakter zu haben, ſich immer nach den Gegenſtaͤnden richtet, die ihn umgeben, gebraucht. Sein Name ſoll einen kriechenden Loͤ⸗ wen bezeichnen, und auch in der Schrift ſoll ſeiner, unter der Benennung Spinne, (Spr. Sal. 30, 28.) Erwaͤhnung geſchehen, wo jedoch andre Ausleger den Salamander und wieder andre den Gecko finden. Das Chamaͤleon iſt kaum etwas uͤber einen Fuß lang, und beſteht faſt aus lauter Haut. Ari⸗ ſtoteles ſprach ihm, im Rachen und am Schwanze ausgenommen, alles Fleiſch ab. Doch that er ihm hiemit zuviel. Denn man entdeckt, außer an den ſchon genannten Theilen, doch auch am Ruͤckgrath und an den Beinen etwas Fleiſch. Seine Süße find S * Länger i 206 + Wr 1919 Das Chamäleon. 20 länger, als die einer gewöhnlichen Eidechſe. Es a hat an jedem derſelben 5 Zehen, von welchem je zwey und je drey an einander gewachſen ſind. Die zwey an einander gewachsnen gehen an den Vorderfuͤßen auswaͤrts; die drey einwaͤrts. An den Hinterfüßen iſts gerade umgekehrt. Sein Ruͤcken und Bauch ſind etwas gewölbt, der Ruͤckgrath ſelbſt aber knotig und nicht wie einige vorgaben, mit Stacheln, ſondern nur mit kleinen Zaͤhnen beſetzt. Seinen Schwanz kann es wie einen Wickelſchwanz kraͤuſeln, und tau⸗ ſend Bewegungen damit machen. Er iſt nicht be⸗ ſonders lang, und ganz rund, und nicht ſelten hilft ſich das Thier damit im Klettern. Auf dem Kopfe traͤgt das Chamaͤleon eine dreyeckige, mit Perlen eingefaßte Knochenkrone. Sein Rachen, der ihm das Anſehen des Schwein⸗ affen gibt, ift ziemlich weit, und die Einſchnitte des Kinnbackens vertreten die Stelle ſcharfer Zaͤhne. Sonderbar iſt feine Zunge. Sie iſt faſt fo lang als. das Thier ſelbſt, und liegt im Rachen in verſchiednen | Falten, weil ſie der Länge nach nicht Platz haben würde, Aber ſo mußte ſie auch ſeyn, wenn das Thier den ihm von der Natur angewieſenen Lebensunterhalt erhaſchen ſollte. Aller Fleiß, alle Lebhaftigkeit andrer Thiere | | ſcheint = 2s Das Chamäleon ſcheint nur ein Erbtheil dieſer Zunge geworden zu ſeyn. Denn alles übrige am Chamäleon iſt die Traͤgheit ſelbſt, und dient nur dieſem wahren Faul⸗ thiere unter den Amphibien, ſich langſam und ge⸗ maͤchlich von einem Orte zum andern zu ſchleppen. Ihm iſt ſeine Zunge alles. Laͤßt ſich ein Wuͤrmchen oder eine Fliege blicken, wie ein Pfeil vom Bogen, faͤhrt die Zunge heraus, die mit einem zaͤhen, klebri⸗ gen Schleim überzogen iſt. Alles was fie berührt, bleibt auch ſogleich haͤngen und iſt alsdann verloren. Zwar werden das diejenigen nicht Wort haben wol⸗ len, die vorgeben, das Chamäleon lebe von den Luft. Wahr iſts, er ſitzt oft Tage lang mit aufges ſperrtem Maule an einem Platze und wartet, wie der ganz Faule, bis ihm im eigentlichen Verſtande etwas ins Maul fliegt. Auch ſcheint er dabey mit ſichtbarem Wohlbehagen friſche Luft gierig einzuath⸗ men; aber deswegen lebt man denn doch noch nicht von der Luft. Sie mag immer ſeine Nerven und Saͤfte erquicken und ihm ein angenehmes Gefuͤhl gewaͤhren: ſatt macht ſie es ſicher nicht, ſondern wohl die Fliegen, deren Koͤpfe man häufig genug 1 in ſeinem Magen findet. | Aeußerſt merkwuͤrdig iſt das Auge des ebe maͤle⸗ Das Chamäleon: 260 maͤleons. Es liegt etwas tief und iſt groß, kund, lebhaft und goldgelb. Nimmt man die äußere Haut weg, ſo entdeckt man einen feſten, durch ſie ſchim⸗ mernden Ring. Ueberhaupt iſt es einer bauchigen Linſe in einer runden und beweglichen Roͤhre gleich, die jene Linſe umgibt. Wundervoll iſt die Einrich⸗ tung, daß das Thier, ohne ſich zu bewegen, mit der größten Schnelligkeit, und zwar mit jedem Auge nach einer andern Richtung hin, zu blicken im Stande iſt. Eins bewegt ſich, indem das andre ſtille ſteht; eins ſieht ruͤckwaͤrts, das andere vor⸗ waͤrts; eins blickt gen Himmel, indeß das andre nuf die Erde geheftet iſt. Dieſe Fertigkeit erleichtert dem Thiere ſeine Nahrung ungemein; und wann wir es, ſeiner Traͤgheit wegen, bedauern wollen, ſo duͤrfen wir nur an ſeine Zunge und ſeine Augen den⸗ ken; zwey Geſchenke, durch die die muͤtterliche Natüß es hinlaͤnglich entſchaͤdiget hat. Lange hat man des Chamaͤleons Naſe gelaͤug⸗ net. Vergroͤßerungsglaͤſer haben aber etwas Na⸗ fenlöchern ähnliches gezeigt. Gehoͤrwerkzeuge ſuch⸗ te man bisher umſonſt. Doch macht der Schall wahrſcheinlich durch die Erſchuͤtterung, Eindruck auf ihn. Auch alle Eingeweide, außer der ungeheuer Amphib. Dd gros 210 Das Chamaͤleon. großen Lunge, ſprach ihm Gesner ab. Allein ganz ſicher hat es Gedaͤrme, Herz, Leber ꝛc. Obgleich ſeine Rippen nur wie Fiſchgraͤthe ſind, und das Thier uͤberhaupt ſchwach und klein iſt, ſo verraͤth es dennoch, ſelbſt nach dem Tode noch, wie Juſtizrath Hoͤſt erfuhr, eine auſehnliche Muskelkraft. Er ſtieß in das offenſtehende Maul eines abgehauenen Cha⸗ maͤleon Kopfs, einen halben Tag nachher, ein Fe⸗ dermeſſer. Und nun ſchloß ſich das Maul ſo feſt zu, daß, um das Meſſer herauszubringen, man den Kopf in Stuͤcken ſchneiden mußte. Der Koͤrper des Chamaͤleons iſt mit fine glänzenden und ſchuppenfoͤrmigen Erhöhungen, wie beſaͤet. Seine natuͤrliche Farbe iſt ein fahles Grau. Zuweilen iſt es auch gelb, ſchwarz, gefleckt. Be⸗ kannt iſt feine ſchnelle Farbenveraͤnderung, nach den Gegenſtaͤnden, denen es nahe kommt. Es ſoll naͤmlich, in einer gewiſſen Ordnung, ſeine Farbe aͤn⸗ dern, und erſt grau, dann gruͤn, alsdann blaulich, dann wieder gruͤn und endlich gelb gefleckt werden. Waͤre das, ſo koͤnnte ſchon das erſte nicht Statt fin⸗ den, es muͤßten ja ſonſt die Gegenſtaͤnde ſelbſt, die das Chamaͤleon umgeben, in ihrer Farbe nach die⸗ ſer Ordnung abwechſeln. Das Wahre an der Sache iſt, > | Das Chamaͤleon. are ift, daß das Thier, bey einem ſchnellen Wechſel der Leidenſchaften, plötzlich ſeine Farbe, ja wohl ſeine Große und Dicke ändern kann. Hiezu tragen man⸗ cherley Dinge bey, die dieſem Thiere eigen ſind. Es iſt naͤmlich ſehr furchtſam, boshaft und reizbar. Seine Haut iſt aͤußerſt durchſichtig, und feine Saͤfte ſind duͤnn. Auch kann die große Lunge verſchiedne Geſtalten annehmen. Je nachdem nun die Saͤfte ſich langſamer oder ſchneller bewegen, je nachdem es die Lunge aufblaͤst, oder zuſammenfallen läßt; je nachdem muß auch das Chamaͤleon ſelbſt, bald heller oder dunkler, bald groͤßer oder kleiner, bald fetter oder magrer erſcheinen, und die Strahlen muͤſ⸗ ſen ſich auch verſchieden an ihm brechen. Was ſei⸗ ne Geſtalt noch mehr aͤndert, kann auch der Umſtand ſeyn, daß es im Zorn ſeine Kehle wie einen Beutel aufzublaſen im Stande iſt. Es ziſcht dann, wie eine Schlange, und weist feinem Gegner die Zähne, Ueberhaupt iſt es ſehr zornmuͤthiger Natur , fo klein und faſt ganz wehrlos es auch iſt. So oft Haſſel⸗ quiſt eins reizte, ſo wurde es gelblich und dann bald grün, bald weiß. Aber äußere Gegenftände hatten keinen Einfluß. Wenn es ſeine Haut abſtreift, ſo iſt es ganz weiß, und im Tode bleicht es ab, und f Dd 2 bes * 212 Das Chamäleon. bekommt nie wieder eine Farbe. Egypten „ das Vorgebirge der guten Hoffnung, Oſtindien, Neu⸗ ſpanien ꝛc. ift fein Vaterland. In den Hecken um Kairo kann man es haͤufig genug finden. Wenn der Nil nach ſeiner ſeegenreichen Ergießung wieder in ſein Bette zuruͤcktritt, ſo hat er, indem er das Erdreich mit ſeinem Schlamme befruchtete, zugleich Millionen Thieren einen Tiſch gedeckt. In feinem Schlamm wimmelt es von Inſekten; und nun kommen, außer tauſend andern Geſchoͤpfen, auch Chamaͤleons ſchaa⸗ renweiſe herbey, und hohlen da ihre Nahrung. Im Winter aber verkriechen fie ſich, und leben ohne et⸗ was zu ſich zu nehmen, ſo wie ſie uͤberhaupt vier bis fuͤnf Monate den Hunger ertragen koͤnnen. Mahrfcheinlich bringen ſie dieſe nahrungsloſe Zeit in einer Erſtarrung zu. Die Damen von Smirna und mehrere orientaliſche Schonen halten fie, wie andere Hausthiere, zum Vergnügen, und man muß in der That unter haͤuslichem Druck und Einſamkeit ſo ſehr ſchmachten, wie jene Frauenzimmer, um im Umgan⸗ ge mit einem ſo tragen, langweiligen Geſchoͤpfe Uns terhaltung zu finden. Doch ſcheint ihm mehr feine Geſchicklichkeit im Fliegenfangen, als ſonſt ein Vor⸗ zug dieſe Ehre erworben zu haben. n Die Die Eyer des Chamaͤleons ſind mit einer per⸗ gamentartigen Haut uͤberzogen. Es iſt ſonderbar, . daß die Weibchen den Schwanz aufwaͤrts gewickelt, die Maͤnnchen mehr unterwaͤrts haͤngend tragen. Es giebt zum Wenigſten? verſchiedne enen dieſer Thiere. Sehr muͤhſam und hart klettert das Chamaͤleon von einem Zweige zum andern. Denn ſo gut wird es ihm wohl nirgends als am Senegal, wo die Reli⸗ gion dem Neger beſiehlt, ihm hilfreiche Hand zu lei⸗ ſten. Giftig ſcheint es nicht zu ſeyn, obgleich ein Marokaner ihm ſeine verdorrte Hand zuſchrieb. Sein Fleiſch wird hie und da gegeſſen. Dieß ſollen beſonders Frauenzimmer thun, um nicht allzumager zu bleiben. Auch pflegt man in Marocco die Cha⸗ maͤleons Klauen fuͤr koſtbares Rauchwerk zu dale das dem Fieber wehren ſoll. Nicht der Uhu allein fuͤhrt ſeinen Namen beſtaͤn⸗ dig im Munde. Auch die Amphibien haben einen ſolchen Egoiſten. Und dieß iſt der Gecko (44), der unaufhoͤrlich, beſonders wenn ſich das Wetter aͤndert, ſich ſelbſt nennt. Er und die feines Gleichen machen eine eigne Eidechſenfamilie aus (die Gerteipechfen, . Gecko), die ſich durch einen ſehr D d war⸗ 2114 Der Gecko. warzigen Körper, und fuͤnfzehige, etwas kolbige Fuͤße, die mit einer Haut eingefaßt ſind, auszeichnen. Die Laͤnge des Gecko betraͤgt einen Fuß. Er iſt fo unfoͤrmlich gebaut, als man es nur ſeyn kann. Ein breiter Kopf, knochige Augenlieder, große Au⸗ gen, bloße Ohrhoͤhlen, ein plumper Leib, haͤßliche Fuͤße und noch ein haͤßlicherer Schwanz, das war ſeine Ausſteuer. Der Letztere iſt ein ſtumpfer Klum⸗ pen, den man Schwanz zu nennen Bedenken traͤgt, wenn anders der Sebaiſche, nach dem unſer Gecko abgebildet iſt, nicht ein Stuͤck davon eingebuͤßt hat, Die fuͤnf dicken Zehen haben kurze, ſtumpfe Klauen, und kleine Fellchen, aus denen eine. Feuchtigkeit dringt, die einige fuͤr den Urin halten. Sein mit Warzen und Perlen uͤberſaͤeter Leib, hat eine roͤth⸗ lich graue Grundfarbe, in der die perlartigen Erhoͤ. hungen, und die weißen Flecken nicht uͤbel ſtehen. Der dumme und ſchwerfaͤllige Gecko, wohnt in Oſtindien, auf den Suͤdſee⸗Inſuln, in Afrika, ja wohl auch in Europa um Neapel, am Häufigften aber in Egypten. Hier laͤßt er oft ſeinen Harn, Speichel und den Saft zwiſchen ſeinen blaͤttrigen Fußzehen auf Speiſen fallen, deren Genuß alsdann eine toͤdtliche Kolik erregen kann. Auch heißt er daſelbſt Vater des — * em", au, 25 e, — . 2 BI - % 44, — ur, * * eee NT N 1 “> Der Kammleguau. 215 des Ausſatzes, der dann die Folge iſt, wenn er ſei⸗ nen Speichel in Salz laͤßt. Daher miſcht man dem⸗ ſelben gern Lauch bey, den er nicht leiden kann, oder bedeckt es wenigſtens ſorgfaͤltig. Auf den Daͤ⸗ chern ſtellen ihm die Katzen nach, und die Menſchen wiſſen ihm enge Paͤſſe zuzurichten, in denen er ſich, wenn er, um die Haut abzuſtreifen, ſich hinein⸗ zwaͤngt, nicht mehr umwenden kann. | . ²˙¹— . ˙ . RRETELTE © i 2 = - — nr — Tab. XXVII. Der Kammleguan. L. Iguana, / Iguane, (45) Auch die Ceguaneidechſen machen eine eigne Fa⸗ milie aus. Sie zeichnen ſich beſonders durch glatte Schuppen, einen laͤngs dem Ruͤcken hingehenden, ſtachligen Kamm und einen meiſt mit Schwielen be⸗ deckten Kopf aus. Wenn man den großen runden Schwanz mitrech⸗ net, ſo wird der Kammleguan, der ſonſt auch Se⸗ nembi heißt, 4 — 5 Fuß in die Laͤnge haben. Sein Kopf iſt nach Verhaͤltniß ziemlich klein, ſeine Augen ſind groß, länglich, feurig und mit rothen Ringen umge⸗ 216 Der Kammleguan. umgeben. Die Ohren liegen tief, und die Zähne find klein, aber ſcharf. Die Warzen, die den Körper uͤberziehen, ſehen aus, als ob er mit Perlen beſetzt waͤre, und am Kopfe befinden ſich, beſonders um die Gegend, wo die Spaltung des Rachens aufhoͤrt, betraͤchtliche Blaſen und Druͤſen. Etwas duͤnner als die Vorderfuͤße find die Hinterfüße des RKamm⸗ leguans; alle vier aber haben fünf ungleiche Zehen mit ſcharfen gekruͤmmten Klauen. Auf dem Ruͤcken lauft nach dem Schwanze hin ein gezackter Kamm, der mehr denn 80 Spitzen hat. Im Zorn kann ihn das Thier aufſtraͤuben, fo daß die ſonſt ſchlappen Zacken feſt aufgerichtet ſtehen. An der Kehle haͤngt ein weiter, haͤutiger Sack, der gleichfalls mit Spitzen verſehen iſt. Doch ſoll die⸗ ſer nur ein Eigenthum des Ceguanmaͤnnchens ſeyn, das auch um ein Drittheil größer iſt. Seine Farbe iſt blaulich mit einigen gelben Stellen. Der Schwanz iſt braun geringelt, und die Haut mit glaͤnzenden Schuppen uͤberſaͤet; das Weibchen iſt ganz grün, Auch hat dieſes ein groͤßeres Maaß von Sanftmuth und Schuͤchternheit als das Maͤnnchen. Das Letztere iſt etwas kuͤhner und unternehmender, und blickt den, der ſich ihm naͤhert, in einer furchtloſen Stellung und mit Der Kammleguan. 217 mit drohenden Blicken an. Doch ſcheint dieſe Faſ⸗ ſung oft mehr eine Folge der Dummheit und Indo⸗ lenz, als einer wahren Entſchloſſenheit und des Be⸗ wußtſeyns feiner Waffen zu ſeyn. Denn man hat oft Gelegenheit wahrzunehmen, daß es von Annaͤ⸗ f herung einer Gefahr keinen Begriff hat „und auch dann nicht die geringſte Anſtalt zur Flucht macht, wenn dieſe es alleine retten koͤnnte. Nur allein um die Begattungszeit ſcheint die Liebe dem Leguan Muth und Staͤrke zu geben. Es iſt dann nicht wohl rathſam, ſich ihm zu naͤhern. Er wagt das Aeußerſte fuͤr ſein geliebtes Weibchen, und tritt kuͤhn als ihr Vertheidiger auf. Sobald man es beleidigen will, ſo ſpringt er auf die Perſonen zu, die ihm dieſes Herzeleid anthun wollen. Er beißt und kratzt und haͤckelt ſich mit Klauen, Stacheln und Zähnen an den Kleidern ein. Obgleich fein Bit nicht giftig iſt, ſo iſt doch darum der Kampf mit die⸗ ſem Thiere aͤußerſt beſchwerlich, weil es an einem fortbeißt. Man hat durchaus kein Mittel, dieſes Qualgeiſtes los zu werden „ als daß man ihn er⸗ wuͤrgt, oder wenigſtens durch einen Schlag auf die Naſe betaͤubt. Denn in die Flucht jagen laͤßt er ſich ul e e men ö . 9 Amphib. Ee | Im 218 Der Kammleguan. ITnm May verläßt das Weibchen die Gebirge, um für die Fortpflanzung feines Geſchlechts zu ſorgen. Es geht nun an die Meerkuͤſten, und legt die ganze Portion Eyer für ein Jahr auf Einmal. Ihre Zahl it 13 — 25, und es iſt doch wohl ſonderbar, daß es immer in ungerader Zahl ſeine Eyer legt. Dieſe ſind zwar nicht groͤßer, aber etwas laͤnglicher als Taubeneyer, und die Huͤlle, die ſie umgibt, hat mit naſſem Pergament einige Aehnlichkeit. Auch das Leguanweibchen ſcheint ſich mit dem Legen der⸗ ſelben zu begnuͤgen und alles Uebrige der Sonnen⸗ waͤrme zu uͤberlaſſen. So lange die Jungen noch ganz klein find, fo koͤnnen ſie vortrefflich ſchwimmen. Wahrſcheinlich beſitzen ſie dann auch, wie die jun⸗ gen Froͤſche, etwas, das ihnen ihren Beruf im Waſ⸗ ſer zu leben erleichtert. Mit zunehmendem Alter aber geht dieſe Fertigkeit ganz verloren, und ſie leben, wie ihre Eltern, bloß am Lande. Inzwiſchen lieben doch die Kammleguans die Naͤhe eines Waſſers. Gern waͤhlen ſie ſich daher ſolche Baͤume zu ihrem Aufenthalt, die ſo hart am Ufer ſtehen, daß ihre Aeſte und Zweige ſich uͤber das Waſſer hinerſtrecken. So ſcharf das Gebiß dieſer Thiere iſt, und fuͤr ſo gefaͤhrlich man ſie fuͤr den erſten Anblick halten | ſollte, Der Kammleguan. 219 ſollte, ſo werden ſie doch ungereizt Niemand beleidi⸗ gen. Sie leben in traͤger Ruhe und Stille, ſchlep⸗ pen ſich auch. ganz langſam durch die Welt hin, ob ſie gleich im Nothfalle ziemlich ſchnell laufen konnen. Man hat noch nie den geringſten Laut von ihnen ge⸗ hoͤrt, und muß ſie alſo, bis es ihnen gefaͤllt, ſich ſelbſt dagegen zu W fuͤr vollkommen ſtumm erklaͤren. Das Vaterland der Kammleguane iſt das ſuͤdliche Aſien und Amerika. Am Haͤuſigſten ſollen ſie auf der Inſul Curaſſao ſich aufhalten. Schatti⸗ gen Ufernfoder auch ſolchen, an denen viele Klippen und Felſen ſind, und wo ſie von Menſchen entfernt ihr Weſen treiben konnen, ſcheinen fie den Vorzug vor andern Gegenden zu geben. Ihre Nahrung beſteht in Inſekten, Schnecken, Fiſchen und der⸗ | gleichen. | Um fie zu fangen, wird man mit 19 Schieß⸗ gewehre nicht viel ausrichten. Der Schuß ſcheint von den Schuppen abzugleiten, und ſo unwirkſam zu bleiben. Sobald man aber mit einem Stocke ihnen in die Naſeuldcher ſtoͤßt, fo verſinken fie in eine ſol⸗ che Betaͤubung, daß man ine bald vollends todtſchla⸗ gen kann. | Sa Ee 2 ES 220 Der Kammleguan. 1 RN "a Es gibt verſchiedne Arten Leguans. Theils ihre Farbe, theils ihr Aufenthalt, theils ihre Bil⸗ dung unterſcheidet ſie von einander. Seba fuͤhrt ihrer ſieben an und beſchreibt ſie. Inzwiſchen be⸗ greifen unſre Leſer leicht, daß es uns viel zu weit fuͤhren wuͤrde, wenn wir ihrer aller Erwaͤhnung thun wollten. Wir muͤſſen uns begnuͤgen, da wo nicht wefentliche Verſchiedenheiten uns mehrere Gattungen anzufuͤhren noͤthigen, ſie bloß mit den Familien⸗ haͤuptern bekannt zu machen. Nicht umſonſt geht der Indianer, beſonders im Fruͤhjahre, fleißig auf die Ceguanjagd. Seine Eyer und Fleiſch ſind vortrefflich. Dieſes iſt ſo zart wie Huͤhnerfleiſch. Fetter und zaͤrter iſt das von den Weib⸗ chen. An einem Leguan können ſich 4 Perſonen ſatt eſſen, und gern bezahlt man fuͤr einen mittelmaͤßigen ſechs Gulden. Man richtet das Fleiſch auf verſchiedne Arten zu. Es war zu erwarten, daß ein ſolcher Le⸗ ckerbiſſen dem luͤſternen Gaumen der Europaͤer nicht entgieng. Auch ſind wirklich ſchon viele nach Europa gebracht worden. Sehr vortheilhaft iſts hiebey, daß man ſie drey Wochen ohne das geringſte Futter im Hauſe halten kann. Die B.eauane auf den Karai⸗ biſchen Inſuln ſind gruͤn, veraͤndern ihre Farbe oft, 9 N 5 und — £6. 7 FAR IP: RT Der Salamander, 227 und verlieren ſie im Tode ganz. Die Soldaten in St. Kroix machen die nicht unkluge Spekulation, ſie auszuſtopfen, und an die Liebhaber von Naturalien zu verkaufen. Merkwuͤrdig iſt die Nachricht, in der alle, die Jr des Leguans gedenken, uͤbereinſtimmen, daß folche Perſonen, die einmal die ungluͤcklichen Folgen der Wolluſt an ihrer Geſundheit erfahren haben, ſich durchaus dieſer Speiſe enthalten muͤſſen. Auch das bereits gehobne Uebel ſcheint ſie wieder herbeyzu⸗ fuͤhren. | | « + | Tab, XXVIII. Der Salamander. Salamandra, la Salamandre, le Sourd. Der Erdſalamander. (46) Der Waſſerſalamander. (47) Mir verdenken es keinem unſrer Leſer, wenn er ſich bey dieſer ueberſchrift auf große naturhiſtoriſche Wunder gefaßt macht, und ſich die merkwuͤrdigen, und, um ihrer S Seltſamkeit willen, hoͤchſt hinreißen den n Erzählungen von dieſem Thiere ins Gedaͤchtniß Ee 3 | 50 8 — 2 — — a Der Salamander. zuruͤckeruft. Denn in der That, im Feuer leben kon⸗ nen, ohne verſehrt zu werden, das verdient unter al⸗ len Wundern das erſte genannt zu werden. Eine eigne Eidechſenfamilie trägt vom Sala⸗ mander ihren Namen. Ihre gemeinſchaftlichen Ei⸗ genſchaften find ein nackter Körper, Finger oder Ze⸗ hen ohne Nigel, und zwar nur vier an den Vorder⸗ fuͤßen. Man kann ſie in zwo Hauptklaſſen abthei⸗ len, von denen eine die Erdſalamander, die andre die Waſſerſalamander in ſich faßt. Veyde Klaſ⸗ ſen haben dann wieder ihre eignen Mitglieder, die in manchen Dingen verſchieden ſind. Der Erdſalamander (Erdmolch, Feuerſala⸗ 0 mander,) hat ungefähr die Länge einer Spanne. Sein Krdoͤtenkopf iſt breit, feine Schnauze ſtumpf, die Augen groß und ſtier. Man ſieht an ihm kein Gehoͤrloch. Doch iſt er ſicher nicht ganz taub. Seine Pfoten find faſt wie die einer Kroͤte, und fein Schwanz mehr ſtumpf als zugeſpitzt zu nennen. Seine Farbe iſt kohlſchwarz, mit feuerrothen, auch Orange⸗Flecken. Nirgends hat er Schuppen, wohl aber Waͤrzchen, die ſeine Haut hie und da chagrinartig machen. Sie iſt zwar zuweilen ganz trocken, doch noch weit öfter wie mit einem Firniß uͤberzogen. Sonderbar bleibt es immer, Der Salamander. 223 immer, daß diefe Haut eben fo plotzlich ganz naß werden kann, als plötzlich ſie wieder trocken wird. Dieſe Veraͤnderung ihres Zuſtandes iſt immer das Werk eines Augenblicks. Unter ihr befindet ſich eine Art Milch, die, wenn man das Thier druͤckt, ziem⸗ lich weit aus den Waͤrzchen ſpruͤtzt. Es kann dieß um ſo leichter geſchehen, da die ganze Haut mit ei⸗ ner unendlichen Menge von Löchern wie uͤberſaͤet iſt, deren einige man mit bloßen Augen ſehen kann. So ſcharf dieſer milchartige Saft auch iſt, ſo hat er doch weder eigentlich aͤtzende noch giftige Eigenſchaften. Er macht zwar eine Empfindung auf unſerer Haut, und ihr zufolge vermuthet man da eine Wunde zu fin⸗ den, wo er war: allein ſo wie man ihn wegwiſcht, iſt auch jede Spur verſchwunden. Man vergleicht | ihn mit dem Milchſaft gewiſſer Pflanzen. Sein Geruch iſt unangenehm und beſonders dann ſehr auf⸗ fallend, wenn man einen Erdmolch zertritt. | Von der Gelenkigkeit der eigentlichen Eidechſen ſcheint unſerm Salamander nichts zu Theil gewor⸗ den zu ſeyn. Er iſt traͤg und ſchwermuͤthig, und fuͤhrt | fein einfoͤrmiges Leben unter der Erde an feuchten Oertern, in Ruinen, Steinhaufen, Baumhoͤhlen und Hecken. Ganze Neſter voll trifft man zuweilen un⸗ ter 224 Der Salamander. ter Haſelſtauden an. um Regenzeit verlaͤßt er ſein einſames Loch. Denn ſeine Traͤgheit findet dabey ihre Rechnung, den halbertrunkenen Inſekten nach⸗ zuſtellen, die ihm dann weniger Muͤhe machen. Sei⸗ ne Erſcheinung iſt, wenn es auch noch nicht wirklich regnet, doch wenigſtens ein ſicherer Vorbothe davon. Den Sonnenſchein flieht er, und gegen Kälte [hist ihn, wie tauſend andre Geſchoͤpfe, ſeine n Wintererſtarrung. Faſt ganz Europa iſt ſeine Heimath, doch fand Linne in Schweden keinen. In deutſchen Waͤldern, 3. B. in Braunwalde, bey Lowenhagen, im Thuͤrin⸗ gerwalde u. d. findet man ihrer unzaͤhlige. Sehr merkwuͤrdig iſt die Erfahrung, die Maupertuis mit einem Weibchen machte, das er oͤffnete. Er fand in ihrem Leibe ſowohl Eyer, als auch eine Menge le⸗ bendiger Jungen. Jene bildeten zwo Trauben; dieſe befanden ſich in durchſichtigen Roͤhren. Faſt alle waren lebendig, vollkommen ausgebildet, und weit lebhafter als ihre Eltern zu ſeyn pflegen. Doch bemerkt man an ihnen, wenigſtens ſobald ſie aus dem Leibe ihrer Mutter ſind, an der Seite ihres Kopfes Fiſchohren, oder Waſſerluftwerkzeuge, die uns an jene Franzen der kleinen Sroſchrndznchen erin⸗ nern. Der Salamander. 225 nern. Ein 8 Monate unter Glas eingeſperrter Sas lamander, der auch nicht das Geringſte zu eſſen be⸗ a kam, gebar nach und nach 34 lebendige Junge. Der Erdmolch ſcheint gaͤnzlich ſtumm zu ſeyn. Er iſt, ſo ſehr ihn der Menſch ſeines vorgeblichen Gifts willen fuͤrchtet, aͤußerſt verzagt und muthlos, und bey ihm tritt der ſeltſame Fall ein, daß beyde einander fuͤrchten, ohne eigentlich zu wiſſen warum. Schlaͤgt man nach ihm, ſo hebt er den Schwanz in die Hoͤhe, als wollte er ſich zur Wehre ſetzen. Fährt man ihn zu ſchlagen fort, ſo iſt er ſcheintodt. Sein Leben iſt ungemein zaͤh; doch bekommt er, ſobald man ihn in Weineſſig oder in Salz legt, heftige Con⸗ vulſionen. Er kann im Waſſer mehrere Tage, ja in friſchem, öfters abgewechſelten Brunnenwaſſer wohl mehrere Monate, leben, verliert aber darin eine duͤnne Haut. Faſt beſtaͤndig reckt er, um Luft zu ſchoͤpfen, feine Naſenloͤcher heraus. Am Laͤngſten kann man ihn in einem mit feuchtem Mooſe anges fuͤllten Blumentopfe aufbehalten. Seine Nahrung bheſteht in Fliegen, Schnecken, Erdwuͤrmern ꝛc. Ab⸗ geſchnittne Glieder wachſen ihm ſehr bald nach. Nichts hat den Salamander in Kinder⸗ und Mockenſtuben, ja wohl in gelehrten Büchern ‚be | Amphib. | Ff | sühmae 226 Der Salamander. ruͤhmter gemacht, als ſein Gift und ſein wunderbolleß Talent im Feuer zu leben und Flammen auszuld⸗ ſchen. Wahr iſt es, auf einem ſchwachen Kohlen⸗ feuer kann er einige Zeit ohne Schaden aushalten. Der aus ſeinem Koͤrper und aus ſeinem Maule her⸗ ausſpruͤtzende Saft mildert die Glut und loͤſcht auch wohl einige Kohlen aus. Aber daß er Flammen ausloͤſche und darin leben koͤnne, das iſt eine laͤcher⸗ liche Fabel. Man werfe Tauſende in wirkliches Feuer, und alle Zaufende werden dieſem Element die allgemeine Schuld bezahlen und verbrennen. Hätte Franz I. darüber Verſuche anſtellen laſſen, fo wuͤrde er ſchwerlich einen Salamander in Flammen, mit der Umſchrift: nuttio & extinguo, zur Deviſe gewaͤhlt haben. Und gewiß haͤtte jene ſpaniſche Dame ihre kalte Verachtung aller Liebesantraͤge durch ein ſchicklicheres Bild, als durch einen Sala⸗ mander in Flammen, mit den Worten: kalt mitten im Feuer, auszudruͤcken geſucht haben, wenn ihr be⸗ kannt geweſen waͤre, welch ein kleines Feuer dazu gehdre, ihn zu verzehren. Es war daher weit beſſer, daß man in wohl eingerichteten Staaten auf Feuer⸗ anſtalten dachte, ſtatt daß man ſonſt, voll Glau⸗ bens, durch Charlatane Molche ins Feuer werfen ließ. Auch Der Salamander. 227 Auch das Salamandergift, das ſonſt fuͤr eins der ſtaͤrkſten gehalten wurde, iſt, ſeit man, ſtatt nachzubethen, es gruͤndlich unterſuchte, nicht nur ſchwaͤcher geworden, ſondern ganz aus der Reihe tödtlicher Gifte verſchwunden. Maupertuis konnte von der Wirkung desſelben nichts entdecken, er moch⸗ te vornehmen, was er wollte. Bald noͤthigte er eis nen Hund oder einen welſchen Hahn, Stuͤcke von Salamandern zu freſſen; bald inokulirte er Thiere mit dem beruͤchtigten weißen Safte: bald zwang er einen Salamander, durch Zuſammendruͤcken ſeiner Kinnbacken, einen Hund in die Lefzen und ein Huhn in den Schenkel zu beiſſen; alles war umſonſt. Das verſchrieene Gift wirkte durchaus nicht, ſo gereizt und böfe auch der Salamander war, indem er bi, Ja, ſeitdem ein Mann, den ſeine Gattinn damit vergiften wollte, daß ſie ihm ein Ragout mit einem Salamander kochte, zu ihrem großen Verdruße friſch und geſund blieb, weiß man gewiß, daß er auch dem Menſchen, wenn auch nicht rathſam zum Eſſen, doch nicht toͤdtlich ſey. Umſonſt mag man uns alſo in Zukunft verſichern, daß er Brunnen, ja ganze Felder, vergifte, und daß die Kröte mit ihm einen Kampf beginne, um dieſen Feind der Menſchheit auszurot⸗ 2 Ff 2 ten; 228 Der Salamander. | ten; wir wollen dieſe und aͤhnliche Dinge für ds er⸗ klaͤren, was ſie ſind — fuͤr Fabeln. Mit einem aus dem Erdſalamander gemachten Oehle kann man die Haare ausfallen machen. Sonſt galt er in Apotheken ein großes Stuͤck. Al⸗ lein auch er iſt bereits abgeſetzt. Wenn man ſonſt in einer Schachtel mehrere lebendige verſchickte, ſo kam nur einer am Orte der Beſtimmung an. Dieſer hatte ſeine ganze Reiſegeſellſchaft aufgefreſſen. Noch unformlicher und plumper iſt der Waſſer⸗ ſalamander (Waſſermolch). Seine Farbe iſt ſchwarzgruͤn, auch gefleckt am Ruͤcken, und gelblich am Bauche. Die Kehle iſt mit etwas ſtarken Wars zen, dergleichen am Ruͤcken hin etwas kammfoͤrmig laufen, beſetzt. Der Schwanz iſt, um zum Schwim⸗ men tauglich zu ſeyn, platt, hie und da punktirt und an den Seiten mit einer weißen Linie bezeichnet. Er bringt mehrere Zeit im Waſſer, als am Lande zu, und haͤlt ſich beſonders in Graͤben, Teichen und ſchlammigem Waſſer auf. Er geht ſo langſam wie eine Schildkröte, und ſchreyt faſt wie ein Froſch. Ehe er feine vollkommne Ausbildung erreicht, ſoll er, nach Derham, vier Floſſen haben, und einem klei⸗ nen Fiſche ahnlich ſeyn. Alle vier oder fünf Tage veraͤn⸗ Der Salamander. 229 1 veraͤndern die Junge, im Fruͤhlinge und Sommer, ihre Farbe, und ſtreifen die Haut ab, wobey ſie mit dem Maule und den Fuͤßen geſchaͤftig ſind. Zuweilen gelingt ihnen dieſes nicht recht, und dann bleibt die Haut haͤngen und verdorrt. Im Winter geſchieht dieſe Verwandlung nur alle 14 Tage. Im April und May legen die Alten etwa 20 Eyer in 2 Schnuͤ⸗ ren. Duͤſay vermuthet, die Salamander ſeyen eyer⸗ legend im Waſſer und lebendig gebaͤhrend am Lande. Muͤhſame Verſuche hat Demours uͤber die Befruch⸗ tung des Salamanderlaichs angeſtellt. Sie ge⸗ ſchieht nicht außerhalb dem Leibe, wie bey den Fro⸗ ſchen, und doch auch nicht durch eine umenktelzak⸗ Beruͤhrung. Die Nahrung des waſſermolchs beſteht i in Fliegen, Froſchlaich und Linſen. Ohne Grund ſcheint man ihm vorzuwerfen, er thue der Fiſchbrut Scha⸗ den. Eher zerſtoͤrt er ſeine eigne. Wenn man ihn mit Salz beſtreut, ſtirbt er. Kann er auch gleich nicht im Feuer leben, ſo beſitzt er eine andre Gabe, in ei⸗ ner Eisſcholle eingefroren, ziemlich lange leben zu konnen. Höchſtmerkwuͤrdig iſt feine Reproduktions⸗ kraft, vermöͤge deren ſich die verlornen Theile feines Körpers wieder ergaͤnzen. Blumenbach ſtach eis Ff 3 nem 1 230 Die Sumpfeidechſe. nem Waſſermolch ein Auge aus, ließ alle Saͤfte auslaufen und ſchnitt die ausgeleerten Haͤute bis auf ein Drittel rein weg. In zehn Monaten war wieder ein neuer Augapfel, mit einer neuen Hornhaut, Stern, Cryſtalllinſe, und was ſonſt zu einem voll⸗ kommnen Auge gehoͤrt, vorhanden, nur war es, we⸗ nigſtens im Anfange, kleiner, als das andre. Wir bitten die, denen es wehe thut, daß ihnen Ein naturhiſtoriſches Wunder nach dem Andern, und ſogar die Feuerprobe des Salamanders entriſſen wird, ſich mit einem ſolchen Wunder, wie dieſe merk⸗ wuͤrdige Reproduktion eines verlornen Auges iſt, zu begnuͤgen, und nicht zu vergeſſen, daß dieſes einen Vorzug habe, den alle ihre Wunder ae hatten — ſtrenge Wahrheit. | — — . EEE TREUEN Tab. XXX Die Sumpfeidechſe. I. Paluftris, (48. 4) Die gruͤne Eidechſe. L. Agilis, 49) | Die gemeine. I. Vulgaris, (48. b) Noch in die Salamanderfamilie kann man die Sumpfeidechſe rechnen, denn ſie kommt dem Sala: Pr Die Sumpfeidechſe. 231 Salamander naͤher, als den eigentlichen Eidechſen. Ihre Große beträgt nicht viel mehr, als die eines mittelmaͤßigen Fingers. Ihr Kopf iſt ſehr flach. Der Ruͤcken iſt gleichfalls ziemlich eben, und bildet nach den Seiten zu ſtumpfe Ecken. Der Schwanz iſt von mittelmaͤßiger Fänge, und lanzetfoͤrmig. Die Farbe iſt oben braͤunlich, unten gelb mit Flecken. Der Schwanz iſt roͤthlich, die untere Seite etwas ftreifig. Suͤmpfe und Moraͤſte find ihr liebſter Auf⸗ enthalt. Daher fuͤhrt auch ſie den Namen Waſſer⸗ molch, obgleich manche Merkmale ſie von demſelben unterſcheiden. An ihren Fuͤßen hat ſie vorne nur vier Zehen, und zwar ohne Nägel, hinten aber fünf, Die kleinere Art dieſer Sumpfeidechſen (48. a) wohnt auch in Deutſchland, beſonders um Wien herum, in ſtehenden Gewaͤſſern, die die Donau zu⸗ ruͤckloͤßt. Eine dreymal größere Art, die über und uͤber punktirt iſt, findet man in Amerika. Auch dieſe Gattung von Eidechſen konnte dem Vorwurf, ſie bes ſchaͤdige die junge Fiſchbrut ungemein, und muͤſſe da⸗ her ausgerottet werden, nicht entgehen. Doch die⸗ ſer waͤre noch geringe. Aber auch ſie wurde eines heftigen Gifts beſchuldiget. Und doch fand Lauren⸗ ti, der viele Verſuche daruͤber angeſtellt hat, keine Be⸗ 23% Die grüne Eidechſe. Beweiſe fuͤr die Heftigkeit. Zwar ſtarben Eidechſen, die uͤberhaupt dem leichteſten Gift nicht widerſtehen konnen. Sie wurden zuerſt an den Vorderfuͤßen lahm; eine Schwaͤche ohne Zuckungen uͤberfiel den ganzen Koͤrper, der Athem wurde langſamer und ſchwaͤcher, bis ſie ganz ruhig ſtarben. Allein auf eis nen Hund, dem er eine ganz zu freſſen gab, machte fein Gift nicht die geringſte Wirkung („). Man be⸗ merkte nicht einmal, daß der Hund, wie doch ſonſt | geſchieht, fie wieder von ſich gab. f Eine der ſchoͤnſten Eidechſen iſt die grüne ein dechſe, ere Kupfereidechſe 49). Ein ſcho⸗ nes, (* Es iſt kaum begreiflich, wie eine ſo unbedeutende. Sache, als das Salamander⸗Gift, ſo gar viel Aufz ſehen erregen und Millionen Menſchen mit Enk⸗ ſetzen erfuͤllen konnte. Caurenti geraͤth uͤber dieſen grundloſen Wahn ſo in Eifer, daß er den Plinius den Vater der Luͤgen nennt. Aber frey⸗ lich machte es dieſer gar zu arg. Denn ihm zus folge morden die Salamander nicht nur ganze Na⸗ tionen, weil ſie Bäume und Brunnen vergiften, ſondern auch die Speiſen, die man an einem Feuer kocht, deſſen Holz nur mit dem Fuße eines Sala⸗ manders beruͤhrt worden iſt, ſind toͤdtlich. Waͤre das, * Die grüne Eidechſe. 233 nes, bunt punktirtes Grün: bedeckt den Rücken. Braͤunlich, auch ſchwarz gefleckt ſind die Seiten. Der Bauch iſt zuweilen weißgelb, zuweilen glaͤnzend | kupferfarb. Ihre Größe beträgt zehn Zoll. Die in Indien ſind groͤßer und noch ſchoͤner als die, die in Europa und in unſern Gegenden gefunden wer⸗ den. Die Füße haben fünf Zehen und ſcharfe Nds gel. Der Schwanz iſt ziemlich lang und geringelt. Sehr viele Schuppen bekleiden ihn, ſo wie den gans zen Körper. Am Halſe ſind ſie etwas groͤßer und bilden ein Halsband. Wenn man das Thier am n haſchen will, ſo bricht er ſehr leicht ab; | aber . das, Yan wäre das alte Sprichwort ſo lacherüch nicht: Gegen dieſes Gift müßte man fo viel Aerzte gi haben, als das Thier Flecken. Selbſt ein Dich⸗ ter hat die Wirkungen dieſes Gifts, fo ſchrecklich als moͤglich, beſungen: Continuo ſtupido lingua inflammatur in ore Et ſubito torpent lan guore, malique tremores Frigida concutiunt, ſolvuntque in corpore | Inembra; Ä Ut quadrupes pronus, pueri inſtar, inam- bulet æger, Usgue 55 obtuſum eſt, & hebeſcit men- tis acumen. Amphib. 69 234 Die grüne Eidechſe. aber er waͤchst eben ſo leicht wieder nach, doch ohne Wirbelbeine. Ihrer Familie nach gehört die gruͤ⸗ ne Eidechſe in die der Warzeneidechſen, die ein doppeltes Halsband, viereckige Schuppen am Bauche, und an den Dickbeinen der Hinterfuͤße eine Reihe ſchwieliger Warzen haben. Gewoͤhnlich legt die gruͤne Eidechſe acht auch mehr ſchmutzig weiße, ganz runde Eyer unter Steine. Zuweilen trifft es wohl auch, daß ſie dieſelben mit⸗ ten unter einen Schwarm der großen ſchwarzen Ameiſen legt. Sie leuchten eine Zeitlang im Fin⸗ ſtern. Im Auguſt oder September verlaſſen die Junge, die die Sonnenwaͤrme ausgebruͤtet hat, ihre Eyer. Sie ſehen dann graubunt aus, und be⸗ halten dieſe Farbe zwey Jahre. Die Nahrung dieſer freundlichen Thiere beſteht' in Inſekten, Froͤ⸗ ſchen, ja ſie freſſen wohl zuweilen ihre eignen Junge. Schon manchmal oͤffneten Naturforſcher eine gruͤne Eidechſe, in deren Bauche ſich ein noch lebendes Junges befand, das hernach, aus ſeinem Gefaͤng⸗ niſſe befreyt, ſeinen Weeg wieder froh in der Welt fortſetzte. Sie klettert auf Baͤume und pluͤndert Vogelneſter. Oft lauert ſie bey niedrig ſtehenden Bienenſtöcken auf ihre fleißigen Bewohner, und ihre Ge⸗ Die gruͤne Eidechſe. 233 Geſchwindigkeit und Lift erleichtert ihr manche Nahe rungsſorge. Trockne, waldige Gegenden, Moos, Erdhoͤhlen, Felſen und Mauerritzen find ihr Aufent⸗ halt. In warmen Sommern iſt ſie auch in unſern Gegenden nicht ſelten und kann in einem Glaſe, in das man etwas Moos und Erde thut, Jahre lang lebendig erhalten werden, wenn man ſie zuweilen mit Inſekten fuͤttrt. Ihre Heimath iſt das ganze ſuͤdliche und gemaͤßigte Europa, ſo wie auch Oſt⸗ und Weſtindien. Sie iſt eben nicht ſchuͤchtern. Kommt man ihr nahe, ſo ſchaut ſie, ſtatt zu fliehen, den Men⸗ ſchen ziemlich dreiſte an, und ſperrt das Maul nicht anders auf, als wollte ſie ihn verſchlingen. Greift man nach ihr, ſo macht ſie plotzlich einen Satz, durch den ſie ihren Namen Springer mit der That beweist. Die Alten behaupteten, fie laſſe ſich oft mit der Schlange in einen heftigen Kampf ein. Wer von beyden ihn gewinnen mag, kann man ſich leicht vorſtellen. Oft erſchreckt das kleine Thierchen, wenn es ſchnell uͤber duͤrres Laub hineilt, den einſa⸗ men Wandrer. Schnell ſteht es dann ſtill, und blickt ihn freundlich an. Aber nicht immer iſt es ſo fanft. Zum Zorn gereizt, packt es wohl einen Hund ziemlich feſt an der Naſe. 0 5 Rn Gg 2 Viele 236 Die grüne Eidechſe. Vielleicht gehoͤren mit zu dieſer Gattung die Kaketes auf den Caraibiſchen Inſuln. Ihre Haut | ‚glänzt wie der ſchonſte Seidenzeug, ihre Schönheit aber geht mit ihrem Tode verloren. Sie naͤhren ſich von Spinnen, Ameiſen, Kakerlaken, Scorpionen u. d. und machen oft Ellenhohe Spruͤnge, um ihren Raub zu haſchen. Paarweiſe wohnen ſie zuſammen auf Strohdaͤchern und in Waͤldern. In jene, ja nicht ſelten auch in Geſchirre, legen ſie ihre E yer. Die aus ihnen kommenden Junge haͤuten ſich ſo lange ſie im Wachſen ſind. Auf dem Ruͤcken ſoll bey den Mʒaͤnn⸗ chen die Haut etwas in die Hoͤhe ſtehen. Jedes Paar hat ſeinen eignen Jagdplatz. Doch entſtehen zuweilen grimmige Haͤndel. Dann blaſen ſie die Haͤlſe auf, erheben die Ruͤckenhaut, faſſen einander feſt bey der Kehle, und eins ſtuͤrzt das andre auf den Ruͤcken hin. Nicht ohne Erfolg wurde durch den Gebrauch der gruͤnen Eidechſe eine Kraͤtze, die allen Heilmit⸗ teln hartuaͤckig widerſtand, glücklich gehoben. Auch ein Zahnpulver wird daraus verfertiget, das die ſchadhaften Zähne aus dem Munde entfernt. Sie hat das eigne, daß fie auch das feinfte verſteckteſte Gift anderer Thiere aus dieſer Elaffe verräth, und ein Die gemeine Eidechſe. 232 ein Opfer desſelben wird. Die Afrikaner eſſen eine gewiſſe Art gruͤner Eidechſen ſehr gerne. Die | Kamtſchadalen haben in Abſicht ihrer einen ſonder⸗ baren Wahn. Sie halten dieſe Eidechſe für einen Spion der hoͤlliſchen Mächte. Sobald fie demnach eine ſehen, fo wird fie plotzlich in kleine Stuͤcke zer⸗ hauen. Entwiſcht fie, fo halten fie es für ein trau⸗ riges Vorzeichen ihres nahen Todes. Wirklich be⸗ ſchleunigt dieſen zuweilen jene Furcht, und der aber⸗ glaͤubiſche Wahn ſcheint nun eine neue Beſtaͤtigung erhalten zu haben. Ueber den Kamtſchadalen lächelt vielleicht Mancher, der, wenn man ihm die Both⸗ ſchaft braͤchte, eine Hausunke laſſe ſich im Keller und eine Todtenuhr im Schranke hören, gewiß nicht mehr lächeln wuͤrde. Aber iſt denn eh Wahn et⸗ wa beſſer, als jener? er Eine andre Familie machen die PIE idechfen (Lacerti) aus. Sie haben weder Hals⸗ band noch Halsfalten, einen lineirten, bandirten, geſchuppten Kbrper und eine geſpaltne Zunge, Sehr klein iſt die gemeine Candeidechſe (Beinſchießer, 48.0). Zween braune Streifen laufen über den Ruͤcken hin, deſſen Grundfarbe grau iſt. Der Schwanz iſt von mittelmaͤßiger Laͤnge und rund. An | 83 den 238 Die gemeine Eidechſe. den Fuͤßen hat ſie vorne vier, hinten 5 Zehen mit ſcharfen gehoanen Klauen. Der Kopf iſt dreyeckig x und platt, die Schnauze ſtumpf. Ihre Augen find lebhaft, die Ohren rund und ziemlich weit hinten am Kopfe, die Kehle weit geſpalten, die zwo Kinnladen mit feinen, gebognen Zaͤhnen beſetzt. Ungemein ſchon und verſchieden ſpielt ihre glänzende Farbe. Die Zunge iſt roͤthlich, platt und vorne entzwey ge⸗ ſpalten. Wenn man fie unter dem Mikroskop be⸗ trachtet, fo iſt fie auf beyden Seiten unausſprechlich | zart und ſaͤgefoͤrmig eingekerbt. Durch dieſe Eins richtung kann fie ihre geflügelte Nahrung eher feſt⸗ halten. Es ſcheint, das Thier koͤnne willkuͤrlich die Zaͤhnchen einziehen und herauslaſſen. Daher fie an | einem todten minder ſichtbar ſind. Am Beſten iſts, man preßt ſie zwiſchen zwo Glasplatten. Sonder⸗ bar iſt es, daß man zuweilen auch den Schwanz die⸗ fer Eidechſen gefpalten, ja wohl in drey Theile ges theilt, antrifft. Doch hat nur einer davon Wirbel⸗ beine, die andern find eben darum weniger zerbrech⸗ lich und weicher. Nur jener ſcheint der wahre Schwanz zu ſeyn. Dieſe aber moͤgen dadurch ent⸗ ſtanden ſeyn, daß ein Stein auf ihn fiel und ihn zus faͤllig ſpaltete. Einer ſolchen Eidechſe zu begegnen, haͤlt der Indianer fuͤr ein gutes Zeichen. Die ) „Die gemelne Eidechſe. 239 Die Nahrung der gemeinen Eidechſe beſteht in Grillen, Ameiſen, Heuſchrecken, Würmern u. d. m. Acht Monate kann ſie aller Nahrung entbehren. Sie wohnt in ganz Europa. Ihre Eyer legt fie in vers fallnes Gemaͤuer, oder auch in die Nähe eines Waſ⸗ ſers. Wenigſtens behaupten mehrere, daß die voͤl⸗ lige Ausbildung und Verwandlung der Larven im Waſſer vor ſich gehe. Die Begattungszeit fällt in den April. Im Fruͤhlinge und Herbſt veraͤndern ſie ihre Haut, und im Winter ſind ſie erſtarrt. Je waͤrmer es iſt, deſto muntrer ſind ſie. Sie ſind ſehr gelenkig, und laufen ſehr leicht. Dem Menſchen ſcheinen ſie ſehr gut zu ſeyn, und werden allmaͤhlich ganz vertraut mit ihm. Nicht mit Unrecht ſagten die Alten von ihnen ſprichwoͤrtlich: der Menken Freund, der Schlangen Feind. | Die Siamiſche Eidechſe, der Telagoje, hat eine geſpaltne Zunge, von der jeder Theil ganz un⸗ - abhängig vom andern ſich bewegen, der eine rechts, der andre links ein Inſekt fangen kann. Welche un⸗ ausſprechlichen Wunder, welchen Reichthum an Mit⸗ teln hat doch die Natur, alle ihre Kinder zu verſor⸗ gen! In Neuſeeland hoͤrte Cook von einer Eidechſen⸗ Arn, die Menſchen erwuͤrgt, und durch Feuer getoͤdtet wird: 7 ut „„ f | 240 Die lineirte Eidechſe. wird: und in Madera fand Forſter Eidechſen ſo haͤu⸗ fig, daß die Moͤnche, um ſie zu vermindern, im Kloſtergarten ein polirtes Gefaͤß von Meſſing eingra⸗ ben mußten, worein ſie leicht reiben; und ga mehr ee fonnen; | . a 0 x es “and, EN „„ 2 Ax. g Er —: — é en 10 1 ———— | Tab. XXX. Die lineirte Eidechſe. Lemniſcata. (50.0). Die vierfachgeſtreifte. Quater-lineata 50. b Die punktirte. 1. Pundata. (50. 6) gg d Stink. Styncus. ene Sehr angenehm iſt das Ausſehen der uneirten Ei⸗ dechſe, deren Namen ſich auf den erſten Anblick er⸗ flaͤrt. Ihr Ruͤcken iſt nämlich mit acht ziemlich brei⸗ ten, weißen Streifen bezeichnet. Sie gehen vom Nacken bis zum Schwanze, und ſtehen regelmaͤßig in gleicher Entfernung von einander ab. Doch fin⸗ det man nicht immer dieſe lineirten Eidechſen von gleicher Größe und Zeichnung. Einige haben mehr, andre weniger Linien. Hier iſt eine, deren Ruͤcken mit tan Strichen, und dort eine, deren Schenkel * 12094 AH ST I; HARD Er . — Die vierfachgeftreifte Eidechſe. 241 weiß punktirt und geſprenkelt ſind. Ihr Schwanz iſt von anſehnlicher Länge, Die Füße haben fünf Ze⸗ hen, und der ganze Leib iſt mit Schuppen bekleidet. | Diefe find von verſchiedner Farbe und vermehren die Schoͤnheit dieſes Thieres. Ihren vier Zehen an den Vorderfuͤßen nach zu urtheilen, fo moͤchte man die vierfachgeſtreifte Bis dechſe (30.5) eher zu den Salamandern, als den eigentlichen Eidechſen rechnen. Vier gelbe Striche gehen laͤngs dem Ruͤcken bis an den Schwanz hin. Ganz kleine Naͤgel ſind an den Fuͤßen, die nur hinten fünf Zehen haben. Ihr Vaterland iſt Nordamerika. Uebrigens iſt dieſes niedliche Thier wenig beſchrieben und ſelten abgebildet. Haͤuſig halten Reiſende ſolche Dinge fuͤr zu unbedeutend; und man muß freylich, um gerecht zu ſeyn, eingeſtehen, daß in einem frem⸗ den Lande, wo jeder Gegenſtand neu und befremdend iſt, ihre Reiſejournale zu einer erſtaunlichen Große anwachſen wuͤrden, wenn ſie alles Merkwuͤrdige be⸗ ſchreiben wollten. Auch laufen nicht ſogleich einem | Jeden alle Merkwuͤrdigkeiten in die Hand, und ſtels len ſich gleichſam in der Ordnung zur ernstes. und Zeichnung dar. Amphib. Hh i Ein 242 Die punktirte Eidechſe. Ein wirklich niedliches Thier iſt die punktirte Eidechſe (50. c). An den beyden Seiten ihres Leibes laufen zwo weiße Baͤnder oder Striche nach dem Schwanze hin. Zwiſchen dieſen liegen kleine Schup⸗ pen, die wie Punkte aus ſehen. Sie ſind von brau⸗ | ner Farbe. Ihre Eyer find nicht größer als Erbſen. Ihr Vaterland und gewöhnlicher Aufenthalt iſt Aſien, beſonders die Inſul Ceylon. Auch der Stink (51) gibt einer eignen nicht unbe⸗ traͤchtlichen Eidechſenfamilie ihren Namen. Das, was allen Gliedern derſelben gemeinſchaftlich iſt, beſteht in den wie Dachziegel uͤbereinander gelegten runden Schuppen, die den ganzen Koͤrper bedecken. Auch haben ſie alle die Zunge ganz, und 3 wie ihre Vorgaͤnger, geſpalten. Der etwas kurze Kopf des Stinks iſt ziemlich nahe am Koͤrper und gleich fortlaufend mit demſelben. An den Seiten iſt er flach, oben aber gewoͤlbt. Die obere Kinnlade iſt laͤnger als die untere, die dreyeckig und vorne ſtumpf iſt. An der Spitze von jener lie⸗ | gen die Naſenlöcher, die rund und geräumig find. Die Zunge iſt ſpitzig, faſt in der Form eines Her⸗ zens, und dicker und fleiſchiger, als dieſes Thierge⸗ ſchlecht ſonſt zu haben pflegt. Die Spaltung des Ra⸗ Der Stink. 243 Rachens iſt nicht beſonders groß, und die Zaͤhne, die ihn beſetzen, ſind kurz, ſtumpf und ganz gleich. Der kurze Hals iſt faſt ſo dick als der Leib des Thie⸗ res. Der Schwanz wird nach dem Ende zu immer duͤuner und iſt ganz am Aeußerſten etwas platt. Seine Schenkel ſind gleich und flach. An allen vier Füßen find 5 kleine Zehen. Die hintern find etwas laͤnger als die vordern, und ohne Naͤgel. Seine Farbe iſt am Kopfe meergruͤn. Der Korper iſt uͤber den Ruͤcken bis zum Bauche hellgrau, zuweilen ins Gelbe fallend. Man findet welche, die zwölf dunkel⸗ braune Querbaͤnder uͤber den Koͤrper haben. An den Fuͤßen, der Kehle und dem Bauche iſt der Stink weiß⸗ lich. Seine Größe iſt nicht beträchtlich. Sie be⸗ traͤgt 6—9 Zoll. Doch mag es größere Arten in ſeiner Familie geben. Sein Anſehen iſt nichts we⸗ niger als furchterregend, und es war ſonderbar ge⸗ nug, dieſes Thierchen, wie einige thaten, Landkro⸗ kodil zu nennen. Die gebirgigen Gegenden zwiſchen Egypten und Arabien, und dieſe Laͤnder ſelbſt, beſonders das ſtei⸗ nige Arabien, ſind das Vaterland der wahren Stinke. Hier naͤhren ſie ſich von den koſtbaren, aromatiſchen Kraͤutern, die jene Gebirge in ſolchem Ueberfluffe Hh 2 her⸗ .. 244 Der Stink. hervorbringen. Doch ſollen ſie, wenigstens eine Art derſelben, auch Krebſe, Würmer u. d. eſſen. Die größten ſollen in Lybien wohnen. Auch in Europa, und zwar im obern T heile von It alien, will man wel⸗ che gefunden haben. Defters ſoll man dieſe für die wahren arabiſchen ausgegeben haben, weil Letztere et⸗ was ſelten und koſtbar ſind. Deer Weeg, auf dem der Stink in en Apothe⸗ ken kommt, iſt folgender. Die Bauern von Egypten, die auf den Fang desſelben ausgehen, bringen ihn gewoͤhnlich nach Cairo zu Markte. Von hier aus geht er über Alexandrien nach Marfeille, oder auch nach Venedig. Dieſe Staͤdte verſorgen alsdann die ubrigen damit. Man verſendet ihn in Wermuth ge⸗ wickelt. Die Eingeweide find aber aus dem Leibe genommen. So wie die meiſten Thiere dieſer Art im Tode ihre wahre Farbe verlieren, ſo iſt auch der Stink alsdann gelb, ins Silber ſpielend. Vielleicht ruͤhrt dieſe Farbe auch vom Trocknen und ER den her. 0 Er wird fuͤr ein Stärkungsmittel von beſonderer Art gehalten. Die Aerzte pflegen dergleichen ein Aphrodiſiacum zu nennen. Ein Name, der ſich nicht gut uͤberſetzen läßt! 5 | Tab. We. 4 lege 22 — — LNN . 5 Wee N Tab. XXXI. Die Aaleidechſe. (52) Die Lineiſche Sirene. (53) Eidechſengerippe. (54) Das Eigne der Familie, die die Schleicheidechſen in ſich faßt, iſt der Umſtand, daß ſie nicht eigentlich auf den Fuͤßen, die aͤußerſt unvollkommen ſind, ſon⸗ dern auf dem Bauche einherſchleichen. Mit ihnen ſchließt ſich das Eidechſengeſchlecht an das der Schlan⸗ gen an. Sie geben das ſchicklichſte Bindeglied zwi⸗ ſchen beyden ab: denn von beyden haben fie et⸗ was. Von jenem die Fuͤße, und von dieſem den Gang auf dem Bauche. Ein ganz ſonderbar gebildetes Thier iſt die Aal; eidechſe (Anguina 52). Sie iſt ſehr lang, wurm⸗ foͤrmig und hat am Ende ihres geſtreckten Körpers eine ſteife Spitze. Ihr Kopf iſt etwas plattgedruͤckt. Die Ohren liegen in die Quere, und der After iſt gleichfalls eine Querſpalte. Die Füße, deren ſechs find, beſtehen gleichſam in kleinen zugeſpitzten Floſ⸗ ſen. Sie ſind ſehr kurz und haben gar keine Zehen. Die Vorderſten ſtehen am dichteſten beyſammen und haben ſpitzige Schuppen. Doch ſcheinen einige nur vier Hh 3 FDauͤße 2% Die Aaleddechſe Fuͤße zu haben. Der ganze Koͤrper iſt mit Schuppen bedeckt, die linienfoͤrmig der Länge nach ausgehoͤhlt ſind. Am Bauche liegen ſie wie Dachziegel uͤber einander. Ihre Farbe iſt, oben auf dem Ruͤcken, ein ſchmutziges Gelb, der Bauch aber blau. Ihr Aufenthalt iſt die Gegend um das Vorgebirg der gu⸗ ten Hoffnung, ſowohl im Waſſer ſelbſt, als auch in den Ritzen der Klippen. Von ihrer Nahrung, Fort⸗ pflanzung, Lebensart u. d. m. ſchweigen die meiſten Reiſenden, die in ihrer Gegend waren, gaͤnzlich. Noch etwas mehr naͤhert ſich das Eidechſenge⸗ ſchlecht der Schlange durch die sweyfüfige Eidech⸗ ſe, die einige auch wirklich fuͤr eine Schuppenſchlange ausgeben, und die zweyfuͤßige Schuppenſchlange nennen. Sie hat nur zween Fuͤße, nahe am After, die ſehr kurz und mit zween Zehen verfehen find, wohnt in Oſtindien, Mauritanien ꝛc. und iſt buntge⸗ fleckt. Vielleicht iſt ſie eben die, die Ceske die Ei⸗ dechſe ohne Fuͤße nennt, weil er auch von dieſer, nach Pallas, meldet, man entdecke am After die Spur von zween Fuͤßen. Wieder anders verhaͤlt es ſich mit einem von Garden entdeckten Thiere, das Eidechſen⸗ und Fiſchartig zugleich ausſieht. Dieſes hat vorne zween Fuͤße mit vier Zehen. Was ſeine | Son⸗ Die Sirene. ARE Sonderbarkeit vermehrt, find vier außerhalb des Korpers liegende Kiefen, durch die es wie die Fiſche Athem hohlt, ob es gleich mit den Eidechſen auch die Lunge gemein hat. Dieſes Thier gab Linns die Veranlaſſung, ein eignes Amphibiengeſchlecht unter dem Namen Meantes anzunehmen, das aber frey⸗ lich, bis mehrere ihm aͤhnliche entdeckt wuͤrden, weiter kein Mitglied, als dieſes von ihm Siren lacer- tina genannte Thier (53), aufzuweiſen haͤtte. Doch haben andere Lehrer der Naturgeſchichte, und unter ihnen Blumenbach, dieſe Sirene fuͤr eine unvollkom⸗ mene und unausgebilbete Larve einer Suͤdcarolini⸗ ſchen Eidechſe, oder eines vielleicht noch ganz unbe⸗ kannten Amphibiums, erklaͤrt. Eben ſo ſeltſam iſt das Thier, das Laurenti unter dem Namen Proteus anguinus anführt und abbilden ließ. Dieſes hat vier Fuͤße, auch kiefenartige Anhaͤnge am Kopfe, und keine Augen. Man findet es im Cirknizer⸗See, im Herzogthum Crain. Noch iſt es nicht entſchie⸗ den, ob es eine Larve eines noch unausgebildeten Thieres, oder ein wirkliches Thier ſey. Wie man⸗ ches Wiſſenswuͤrdige iſt demnach noch zu unterſuchen uͤbrig, und wie ſehr waͤre zu wuͤnſchen, daß in ſolchen Gegenden, die manches noch nicht hinlaͤnglich unter⸗ | ſuchte 248 Die Sirene. ſuchte Naturgeheimniß enthalten, Maͤnner, die Zeit, Luſt und die gehörigen Kenntniſſe haben, ſich mit ſolchen Unterſuchungen beſchaͤftigten, und en den Dank aller Freun de der Natur ſich erwaͤrben. Es gibt noch manche ſonderbare und merkwuͤr⸗ dige Eidechſe, deren Claſſe und Familie noch nicht hinlaͤnglich beſtimmt iſt, und die doch wohl werth iſt, gekannt zu werden. So erwaͤhnen die vortreff⸗ lichen Berliniſchen Sammlungen einer ganz vor⸗ zuͤglich ſchͤnen Art, deren Länge aber kaum einen halben Fuß betraͤgt. Sie hat auf dem Ruͤcken kleine viereckige Felder, deren jedes eine eigne Farbe, roth, gruͤn, gelb, violet ꝛc. hat. Der Kopf iſt nach Ver⸗ haͤltniß groß, weiß, und dunkelbraun emailirt. Ih⸗ re Klauen ſind ſo ſcharf, daß ſie damit in Glas gra⸗ ben kann. Was ſie daher anfaßt, es ſey mit dieſen, oder mit den Zähnen, das läßt fie nimmermehr los, ohne ein Stuͤckchen mitzunehmen. Schaͤdlich iſt ihr Genuß. Man verliert dadurch auf einen Monat die Stimme gaͤnzlich. Ihr Urin verurſacht auf der Haut ſchwarze Flecken, und muß alſo eine aͤtzende Schaͤrfe haben. Auch der Umſtand iſt merkwuͤrdig, daß ihre Stimme, die in einem Zwitſchern beſteht, immer ſtaͤrker wird, und dann von einem gewiſſen Punkte Die Sirene. 2249 Punkte in 1 dem Grad⸗ abnimmt, als ſie zuvor zunahm. Das Königreich Siam iſt ihre Heimath. Auch den ſogenannten Candhecht, auf der In⸗ | ſul Mevis, koͤnnen wir nicht ganz mit Stlllſchweigen uͤbergehen. Er iſt eine wahre Eidechſe, deren Leib aber mit einem Hecht die auffallendſte Aehnlichkeit hat. Seine vier Fuͤße ſind kurz und duͤnn. Er ſchleicht mehr auf dem Bauche, als daß er mit den Fuͤßen gienge. Kleine, glaͤnzende, ſilbergraue Schuppen bedecken dieſes Thier, das in den Loͤchern der Klippen, in denen es ſich aufhaͤlt, ein unangeneh⸗ mes Geraͤuſche macht. Doch wir muͤſſen dieſes zahlreiche Thiergefi chlecht der Eidechſen verlaſſen. Es wuͤrde uns viel zu weit fuͤhren, wenn wir alles, was wir nur immer haͤtten finden Tonnen, in dieſen einer belehrenden Unterhal⸗ tung gewidmeten Blaͤttern, aufſtellen wollten. Ge⸗ wiß werden unſre Verſuche hinreichend ſeyn, uns mit dem Umfange eines Thiergeſchlechtes, bey dem wir uns bisher vielleicht fehr wenig dachten, etwas bekannter zu machen. 7 Aber wer bewundert nicht, wenn er zu einem ſolchen Ruhepunkte kommt, die Weisheit, Mannig⸗ faltigkeit und Ordnung, die aus allem hervorleuchtet 2 Amphib. Ji Wer 250 Das Eidehfen-Geripp Wer findet nicht auch in dem Bau, der Bekleidung, Nahrung, Fortpflanzung und dem Daſeyn dieſer Thiere ſelbſt, neue Gruͤnde zur Liebe und Dankbarkeit, gegen ein Weſen, aus deſſen Händen alles hervor⸗ gieng. Auch wenn wir der Eidechſe alles wegneh⸗ men, was uns ins Auge faͤllt, wenn wir nur das Stkelet (84) einer amerikaniſchen Eidechſe, durch deſſen Abbildung wir unſern Leſern ein Vergnuͤgen zu machen glaubten, betrachten, wie viel Schoͤnes, Kunſtvolles enthält nicht der Knochenbau eines Ge: ſchöpfs, das wir für fo unwichtig halten? Der Hirnſchaͤdel iſt aus mehrern Stuͤcken zuſammenge⸗ ſetzt, die durch Knochennaͤhte verbunden ſind. In der obern und untern Kinnlade bemerkt man die Zaͤhne ganz deutlich. Die Ribben, Wirbel, Beine, Fußknochen u. d. m. haben in vielen Dingen Aehn⸗ lichkeit mit den Knochen andrer Thiere. Sie be— weiſen, daß ſo verſchieden auch die Weſen ſind, die die raſtlos beſchaͤftigte Natur dus ihrer Werkſtaͤtte her⸗ vorgehen laͤßt; dennoch eine webe ba u heit in ihren Arbeiten herrſche. 5 Was den Nutzen dieſes Thiergeſchlechts vom Aro kodil bis zur kleinſten, nur ein Paar Zoll langen zeidechſe anbetrifft; fo wird vielleicht Mancher feyn, 5 der Das Eldechſen⸗ Gerippe. Ast der in dem Wahne ſteht, die Welt wuͤrde nicht viel | verlieren, wenn es pldͤtzlich von der Erde verbannt wuͤrde. Freylich faͤllt der Nutzen und Gebrauch des⸗ ſelben nicht ſo in die Augen, wie bey den Saͤuge— thieren, die uns ſo unendlich viele Beduͤrfniſſe und Bequemlichkeiten gewaͤhren. Denn wenn auch gleich das Fleiſch und die Eyer hie und da hochgeſchaͤtzt, und manche Eidechſen, nicht ohne Erfolg, als Medi⸗ cin in Apotheken angewendet werden, fo iſt dieſer Nun Ben zu eingeſchraͤnkt, um mit jenen in Vergleichung zu kommen. Wir glauben alſo, die Welt wuͤrde den Perluſt dieſes Thiergeſchlechts weniger fühlen, als irgend eines andern. Allein wie ſehr verrathen wie durch ſo uͤbereilte Vermuthungen, daß wir von dem Zuſammenhange, in dem alles in der Natur ſteht, wenig einſehen. Denn ſo ſchaͤtzbar und dankwuͤrdig auch die Nahrung und Kleidungsſtuͤcke ſind, die uns ſo manche Thiere verſchaffen; eben ſo verdient machen ſich die Eidechſen dadurch um die Menſchheit, daß fie Millionen Raubthiere und Juſekten zerſtoͤren, die uns nothwendig ſchaͤdlich werden muͤßten. | Sie | haben die wichtige Beſtimmung | erhalten, das Gleichgewicht in der Natur, das die unermeßliche Fruchtbarkeit mancher Thiere bald aufheben wuͤrde, „ durch = 3 5 i 1 252 Die Schlange. durch die Nahrung, die ſie meiſtens unter in ſu⸗ chen, aufrecht zu erhalten. x Man nehme plöglich in Gedanken dieses Thier⸗ geſchlecht von der Erde hinweg, und die ſchoͤnſten und gluͤcklichſten Landſtriche, vorzuͤglich in dem Inſekten⸗ reichen Aſien, wuͤrden bald verwuͤſtet ſeyn. Traurig wuͤrden die Menſchen die Wohnſitze verlaſſen, in de⸗ nen Fliegenſchwaͤrme die Sonnenſtrahlen aufhalten, kein Laub mehr gruͤnen, und keine Bluͤthen fi ER | entwickeln würden. | ' 7 3 Tab. XXXII. & XXXIII. Die Klapperſchlangengattung. Serpens Crotalus, le Serpent & Sonettes. Die Schauerſchlange. (55) Ihre Klapper (a) und Giftzahn (b). (56) | Der Schleuderfchwang (57) Eine Klapper im Durchſchnitte. (58) Kein Thiergeſchlecht druͤckt, wenigſtens in unſern Gegenden, eine ſo allgemeine Verachtung, keins wird mit ſolchem Abſchen und Haß angeſehen, als die Schlangen. Von We len gegen ſie erfüllt, . 0 7235. XAXIT. N) we ok: Schlange. 28253 feat vieleicht mancher. unfrer Leſer die Blaͤtter, die den Schlangen gewidmet ſind, ungeleſen weg, weil er ſich durchaus nicht entſchließen kann, ſich mit ſo garſtigen, falſchen, menſchenfeindlichen Thieren näher bekannt zu machen. Und doch konnten wir, ohne unbeſcheiden zu ſeyn, ihn im Voraus verſichern, daß auch das, was wir uͤber die Schlangen zu ſagen haben, eben die Aufmerkſamkeit verdiene, die er mit ſo vieler Nachſicht der Beſchreibung der vorigen Thies re ſchenkte, und daß fein Vorurtheil gegen die Schlangen, unter denen wirklich fo manches ſchoͤ⸗ ne, ſanfte und dem Menſchen ergebne Geſchoͤpf iſt, im Grunde ungerecht und vielleicht ein Werk der Er⸗ ziehung ſey, die die Schlange von Kindheit an als den feindſeligſten Zerftörer aller menſchlichen Gluͤck⸗ ſeligkeit betrachten lehrte. Ueberhaupt, ſo manches Boͤſe auch ſchon die Schlangen geftiftet haben moͤ⸗ gen, ſo vermindert das doch die Wichtigkeit dieſes Thiergeſchlechts nicht, und wenn auch ihre kunſtvolle Einrichtung uns nicht zu ihrer naͤhern Kenntniß vers baͤnde, ſo wuͤrde es unſre Sicherheit thun. Waren wir bisher ſo gluͤcklich, unſere Leſer mit manchem Thiere auszuſoͤhnen, von dem fie vorher nichts wife ſen wollten, und lernten ſie, wenn unſre Eigenliebe 4 Ji 3 nicht = 254 Die Schlange. nicht zu leichtglaubig war, manches wichtig finden, was ihnen ſonſt ganz gleichgiltig geweſen iſt; ſo hof⸗ fen wir, daß auch bey den Schlangen uns dieſes gelingen werde. Zwar werden wir nie ihre Lobredner ſeyn, aher dennoch wenigſtens die, welche es ver⸗ dienen, gegen ungerechte Schmach in Schutz nehmen. Unter den Amphibien machen die Schlangen die zweyte Ordnung aus, die die a | in ſich faßt, da die erſte lauter Kriechende enthielt. Dieſe, die Froͤſche, Schildkroͤten und Eidechſen kriechen alle auf Fuͤßen: jene hingegen, die Schlan⸗ gen, ſchleichen oder gleiten auf der Bedeckung ih⸗ res Korpers. Nichts als Schlangen enthält dieſe ganze Ordnung, die aber in ſehr verſchiedene Gat⸗ tungen zerfaͤllt, die aus einer großen Menge Ar⸗ ten beſtehen. Wir werden jetzt das Vergnuͤgen ha⸗ ben, unſere Leſer zuerſt mit dieſem merkwuͤrdigen Thiergeſchlechte uͤberhaupt, dann mit den vorzuͤg⸗ lichſten Mitgliedern desſelben näher bekannt zu ma⸗ chen. Freylich wird der, der zur Kenntniß der Am⸗ d phibien die Abbildung und Beſchreibung Eines Fro⸗ ſches, Einer Schildkroͤte, Einer Eidechſe und Einer Schlange fuͤr vollkommen genug haͤlt, ſo viel Worte an Schlangen zu verſchwenden fuͤr unnoͤthig halten, indeſ⸗ Die Schlange. | 255 indeſſen der, der die Mannigfaltigkeit und den Reichs thum der Naturwerke zu ſchaͤtzen und zu bewundern weiß, uns gerade dieſe Weitlaͤuftigkeit verdanken wird. 2 „Ein lang geſtreckter, cylindriſcher Körper iſt das Eigenthum aller Schlangen. Dieſe Bildung iſt fo ſimpel, daß man kaum Abwechslung und Mans nigfaltigkeit in derſelben für möglich halten ſollte. Und doch herrſcht eine große Verſchiedenheit der ein⸗ fachen Geſtalt. Die Einen ſind gleich dick, die An⸗ dern gehen verloren zu; bey einigen unterſcheidet ſich der Kopf vom Rumpfe durch eine vorzuͤgliche Dicke, oder einen duͤnnern Hals; bey andern lauft alles ſo eben fort, daß man Muͤhe, hat zu unterſcheiden, wo der Kopf, und wo der Schwanz iſt. Einige ſind außerordentlich dick, andere fo duͤnn, lang und fpia Big zugehend, wie eine Peit ſche; bey einigen fängt der eigentliche Schwanz erſt weit hinten, bey andern ſehr weit vorne an. So herrſcht ſchon eine wunder⸗ bare Mannigfaltigkeit in der Bildung des Koͤrpers. Dieſer iſt bey den Meiſten naß, und laͤßt faſt allent⸗ halben Spuren hinter ſich zuruͤck. Ihm fehlen alle äußerliche Gliedmaßen; denn es find weder Arme, noch Füße, noch Floſſen bey irgend einer ſichtbar, man müßte denn die Fuͤhlhorner der Runzelſchlangen fuͤr . ess Die Schlange. fuͤr Glieder ne wollen. Der Kopf der Schlangen iſt gemeiniglich laͤnglich, bald mehr, bald minder platt. So klein er nach Verhaͤltniß der Laͤnge der Schlangen gewohnlich iſt, fo findet man ihn doch bey ſehr vielen von den ſchoͤnſten Formen. Er iſt bald mit Schildern, bald Schuppen, und nur bey wenigen mit Hörnern beſetzt. Die Augen ſind ſchoͤn und feurig. Ihre Maſſe iſt ziemlich hart, und das obere Augenlied unbeweglich. Aeußerlich iſt von Gehoͤrwerkzeugen keine Spur zu entdecken. Sie ſind aber innen angebracht, und leiſten dem Thiere, wie man deutlich wahre nehmen kann, fehr gute Dienſte. Von Naſen⸗ loͤchern ſind nur ſchwache Merkmale, bey eis nigen mehr, bey andern weniger, zu finden. Die Kinnladen der Schlangen haben nicht, wie bey andern Thieren, feſte Knochengelenke. Nur knorpelartige Baͤnder vereinigen die obere mit der untern. Zwar macht dieſer Mangel an Feſtigkeit ſie zum Kauen und Zermalmen unfaͤhig. Allein gerade die etwas weichere Baͤnder machen, daß der Rachen ſich ſehr weit ausdehnen und groͤßere Thiere, als er 4 ſonſt faſſen Eonnte, verſchlingen kann. Hiezu dient beſonders auch der kropfartig ausgedehnte Schlund, der — Die Schlange. 252 der dle Stelle eines Magens vertritt, und ſich ſo erweitert, daß ein Thier auch lebendig eine Zeite lang darin Platz hat. Man dffne nur z. B. der Ringelnatter, an der man den Hals etwas auf⸗ geſchwollen bemerkt, ihren Kropf, und es wird eine Krdte oder ein anderes Thier aus ſeinem Grabe hervoreilen, das, ohne die Neugierde des Beob⸗ achters, wohl nie wieder das Licht der Welt erblickt hätte. Einen eigentlichen Hals haben die Schlan⸗ gen nicht. Nur bey den Nattern iſt der Rumpf nahe am Kopfe etwas Dinner, Sonſt lauft vom Kopfe bis zum Schwanze, der bey der Oeffnung des Afters anfaͤngt, und bey den meiſten ſpitzig, bey eis nigen ſtumpf iſt, alles ziemlich gleich fort, Die Zunge ſteckt an der Wurzel in einer Scheide und iſt ſchwarz. Bey den meiſten findet man ſie ziemlich lang, ſchmol und geſpalten, ſo daß ſie zwo, oft haare zarte Spitzen bildet. Sobald die Schlange zuͤrnt, und das kann ſie ſehr leicht, ſtreckt ſie dieſelbe heraus. Oft ſcheint fie bloß damit zu ſpielen. Die Ränder der Kinnladen find mit verſchiednen Zähnen beſetzt. x Sie dienen zum Feſthalten größerer Beute, die nur allmaͤlich verſchluckt werden kann. Außerordentlich b langſam verdauen die Schlangen. Chanvalon Ampbib. e | dffnetg 268 Die Schlange. öffnete eine, die drey Wochen vorher ein Huhn ver⸗ ſchlungen und ſeit dieſer Zeit nicht das Geringſte mehr genoſſen hatte. Und noch war das Huhn un⸗ verdaut, ja es hatte noch alle feine Federn, Man⸗ | che Speiſen ſcheinen in ihrem Leibe eher zu verweſen, als verdaut zu werden. Vielleicht iſt es eben dieſer Verweſungsgeruch, der dem geuͤbten Neger die Ge⸗ genwart einer Schlange, da wo ſein Blick noch keine entdeckt, verraͤth. Durch eine wundervolle, mecha⸗ niſche Kraft zieht ſich das Thier zuſammen, druͤckt das, was es genoſſen, durch den Leib, und gibt es oft noch in ſeiner vollkommnen Form von ſich. Son⸗ derbar iſt es, daß bey einigen der Unrath eben ſo vortrefflich, als bey andern abſcheulich riecht, und daß ihn und den Harn lein gemeinſchaftlicher Gang abfuͤhrt. Trauriger kann man es wohl nicht erfahren, wie das, was die Schlange verſchlingt, in ihrem Leibe eine Zeitlang ſeine natuͤrliche Geſtalt behaͤlt, | als ein ungluͤcklicher Vater in Afrika dieß zu bemer⸗ ken Gelegenheit hatte. Sein kleiner Sohn gieng in den Wald, und kam nicht wieder zuruͤck. Der Va⸗ ker ahndete bald das traurige Schickſal feines Soh⸗ nes, und ſucht, mit Saͤbel und Flinte bewaffnet, den | | Moͤr⸗ Die Schlange. 5 259 | Mörder desselben auf. Beym Anblick einer Bona⸗ ſchlange von außerordentlicher Dicke ſagt ihm ſein | Gefuͤhl: fie fen es. Er erlegt fie und dffnet ihren Leib. Hier lag ſein armer Knabe wie in einem Sar⸗ ge, und auch nicht Eine Spur von aͤußerlicher Ver⸗ letzung war an ihm wahrzunehmen. Auch Dr. Cleyer hat davon ſehr auffallende Erfahrungen ges habt. Er öffnete drey Schlangen. In einer war ein Reh, in der andern ein wilder Bock, und in der dritten ein Stachelſchwein; alle drey aber faſt noch ganz unverſehrt. Der Aufenthalt der Schlangen iſt theils bloß im Waſſer, theils am Lande, meiſtens aber auf Baͤumen. Manche leben bald im Waſſer, bald am Lande. Ihre langen, blafenformigen Lungen er⸗ leichtern ihnen das Schwimmen ungemein. So ſehr ſie gewoͤhnlich duͤſtre und feuchte Höhlen ſuchen, und unter Gebuͤſchen, Hecken und Geſtraͤuchen ihr einfoͤrmiges Leben geraͤuſchlos hinbringen, fo ſonnen fie ſich doch gerne. Die Wärme iſt ihnen Beduͤrf⸗ niß, daher ſie auch bey uns nur in heißen Sommer⸗ monaten gewohnlich zum Vorſchein kommen. 2 Den Winter verſchl afen ſie im Verborgenen. Auch im Meere * man Schlangen. Ihre Erſcheinung Kk 2 iſt . Die Schlange iſt N enen Seemanne eine Anzeige Bon der Naͤhe verborgner Klippen, und fordert ihn auf, nach dem Senkbley zu greifen. Bl.illig erregt die ſchnelle Bewegung eines Thieres, den alle aͤußerlichen Bewegungswerkzeuge fehlen, unſere Bewunderung. Man kann den Gang der Schlange fuͤr das Meiſterſtuͤck der Me⸗ chanik halten. Alles, was andere Thiere durch ihre Fuͤße verrichten, um von einem Orte zum andern zu kommen, das vermag dle Schlange allein durch die kunſtvolle Bedeckung ihres wurmfoͤrmigen Körpers. Welche Muskeln, welche innere Schnellkraft ſetzt das nicht voraus, daß ſie ſich willkuͤrlich in Ringe rollen, plotzlich aus einander fahren und pfeilſchnell auf einen Gegenſtand losſchießen konnen. Man kann ihre Schuppen als Klauen, und ihre Schilder und Ringe als Knochen betrachten. Auf dieſe ſtuͤtzen ſie ſich, und ſtemmen ſich feſt an, wenn jene hingegen eingreifen und den Leib fortziehen und fortſchieben. Ohne die ringförmigen Schilder am Bauche, die eine ganz andere Lage haben, als die Schuppen auf dem Ruͤcken, waͤre das nicht moͤglich. Jede Schup⸗ pe hat ihren eignen Muskel. Ein Ende desſelben iſt in ber Mitte der Schuppe, das andere Ende des Mus⸗ Die Schlange. | 261 Muskels aber an der obern Ecke der nächfifoigendert | Schuppe befeſtiget. Durch dieſe vortreffliche Ein⸗ richtung vermag es die Schlange, vorwaͤrts zu ſchie⸗ ßen, ſich mit dem Vordertheile des Leibes in die Hö⸗ he zu heben, um theils eine ganze Gegend zu übers | ſehen, theils, wie ein Raubvogel von oben herab, auf ihre Beute unberſehends zu ſtuͤrzen, und fie zu um⸗ ſchlingen. Am glaͤtteſten Baume hinaufzuklettern, | ihren Körper bald ſteif, bald biegſam und gelenkig zu machen, und mit unglaublicher Behendigkeit den Kopf zu wenden und zu drehen, dieß alles iſt Werk dieſes Fünftlichen Baues. Aber alles ſteht auch ben demſelben in einem fo innigen Zuſammenhange, daß, wenn die Schlange an irgend einem Orte ver⸗ wundet wird, die ganze Maſchine ſtockt und zu fo geſchwinden Bewegungen völlig unfähig wird. Das Maͤnnchen iſt größer als das weibchen. In der Begattung ſcheinen ſie nur Eine Schlange mit zween Koͤpfen zu ſeyn. Das weibchen legt kettenformig an einander haͤngende Eper in einer hautigen Roͤhre. Sie find laͤnglich, hautig und von graulicher Farbe. Ob ein Ey mehrere J Junge ent⸗ halte, iſt noch im Streit, doch hat ſicher bey gröhe⸗ ren Schlangen jedes nur Ein Junges. Es gibt un⸗ RZ | ter 262 55 Die Schlange. f ter den Schlangen auch lebendig gebäͤrende, die be⸗ 5 reits ausgebildete Junge zur Welt bringen, welche die Eyhuͤlle ſchon in Mutterleib verlaſſen. Man kann, ohne einen beträchtlichen Aufwand für ihre Nahrung, womit fie fich felbft verſorgen, indem fie Inſekten has ſchen, ſie im Hauſe haben, wo ſie ſich dann fort⸗ pflanzen. Sie ſind ziemlich fruchtbar. Chanva⸗ lon fand in einer lebendig gebaͤrenden, die bereits mehrere zur Welt gebracht hatte, noch mehr als drey⸗ ßig andere, die ihr Gefaͤngniß zu verlaſſen im Be⸗ griffe waren. Die Schlange ſcheint zu wachſen, ſo lange ſie lebt. Doch kann man über das Alter, das fie ers reicht, nichts Gewiſſes ſagen. Es iſt ſehr begreifz lich, daß ein Thier, welches theils der Abſcheu der Menſchen vor ihm, theils die Gefahr von unſerm Umgange und unſern Haͤuſern entfernt hält, noch lange nicht ſo beobachtet iſt, als der Freund der Na⸗ turgeſchichte es wuͤnſchte. Wenn die Schlangen ſchlafen, fo iſt ihr Koͤrpet wie eine Uhrfeder ge- kruͤmmt und in Kreiſe gewunden. Sie haben da⸗ bey ihre Augen beſtaͤndig offen. Ihre Stimme iſt ein Geziſch, zuweilen auch ein ſonderbares Schma⸗ tzen und e Sie hauchen dabey ſehr ſtark. Auch Ä Die Schlange. 263 | Auch bey ihnen iſt die neproduktionorraft bewunderungswuͤrdig. Wenn man ihnen ein Auge | ausſticht, ſo waͤchst wieder ein neues. Ihr Leben iſt zaͤh, und die Reizbarkeit der Theile groß. Lange noch zappeln die Stuͤcke des zerhauenen Korpers, und der Kopf beißt noch, wenn er auch ſchon 24 Stunden vom Rumpfe getrennt iſt. Auf einige Stunden betaͤubt kann fie übrigens ein leichter Schlag machen. nichts hat die Sch rk, furchtbarer gemacht, als das Gift, das einige Gattungen und Arten zu beſi itzen ſo gluͤcklich ſind. Denn fuͤr ſie ſelbſt iſt es eine wahre Wohlthat. Sicher iſt es zum Fang und zur Verdauung ihres Raubes imentbehrlich. Sie können nicht kauen, haben ſonſt auch keine Waffen gegen ihre Feinde. Auch ihnen mußte der Schdpfer etwas zu ihrer Erhaltung und Gegenwehr geben, und hiezu wählte Er Gift. Zwar erregt ſchon fein Name Schaudern, aber da, wo der Unwiſſt ende bebt, ſieht der N aturforſcher und der Arzt Weisheit, G Guͤte und Wohlthat. Die Vor ſicht warnte den Menſchen hin⸗ laͤnglich, lehrte ihn Erfahrungen benuͤtzen, und ließ ihn ſelbſt im Gifte die wohlthätigften Heilkraͤfte ent⸗ | decken. Wird er Dada ungluͤcklich, fo hat in tau⸗ ſend | 204 Die Schlange, ſend Faͤllen, Unkunde, Unvorſichtigkeit, Verwegen⸗ heit, und nicht der, der das Gift ſchuf, die Schuld, und ſein Ungluͤck kann vielen lehrreich werden. Nichts iſt in der Natur da, um zu ſchaden „ alles hat den Zweck wohlzuthun: und wenn wir auch von Man⸗ chem jetzt bloß noch die ſchaͤdliche Seite entdeckt ha⸗ ben, ohne etwas Wohlthaͤtiges davon zu wiſſen; ſo iſt das noch immer kein Beweis dagegen. Unſere kachkommen ruͤhmen vielleicht das, was wir verabſcheuen. Wir heilen jetzt mit Schierling, Queckſilber, Spießglas, vor denen unſre Vorfahren ala vor fuͤrchterlichen Giften zitterten, und mit eben der Elektricitaͤt, die andere todtſchlug, ſuchen wir ſtockende Saͤfte in Umlauf zu bringen. Wir koͤnnen uns da⸗ her unmöglich überreden, daß die Gottheit die Gifts ſchlangen als eine Geiſel für die Menſchheit beſtimmt habe; am Wenigſten aber moͤchten wir das ſo harte Urtheil eines ſonſt achtungswuͤrdigen Mannes un⸗ terſchreiben, Gott habe den Laͤndern, die ihn nicht recht erkennen, die Schlangen als eine Zuͤchtigung gegeben. In der That, nur ein blinder Eifer konnte jenes Urtheil erpreſſen; denn, wahrlich, Gott hat ganz andere Mittel, die Menſchen zu ſeiner Erkennt⸗ niß zu bringen, als Gifte; wenigſtens ſcheinen ſeine | | in N Die Schlange. 263 in die Augen fallenden Wohlthaten ein wuͤrdigerer Weeg zu dieſem Ziele zu ſeyn. | Nicht bey allen Schlangen iſt das Gift von gleicher Staͤrke, einem großen Theile derſelben fehlt es ganz. Ja ſelbſt bey einer und derſelben Schlan⸗ genart macht das Alter, der Himmelsſtrich, die Witterung u. d. einen beträchtlichen Unterſchied. Der Biß einer jungen Klapperſchlange kann eben ſo | unſchaͤdlich ſeyn, als toͤdtlich der einer ältern iſt, und ganz anders wuͤrde die Wirkung des Biſſes Einer Schlange ſeyn, wenn ſie unter einem heißen Him⸗ mel und in ſchwuͤler Jahrszeit mich verletzte, als wenn mir es in einem kuͤhleren Laude im Winter wis derfuͤhre. | Im Beſitze des ſtaͤrkſten Giftes find die Schlane gen, die auf beyden Seiten, der obern Kinnlade, zween bewegliche Hauzaͤhne haben. Vermoͤge eines eignen Muskels und des Drucks des untern Kiefers gegen das obere, kann das Thier dieſe Zaͤhne willkuͤr⸗ lich verlaͤngern oder verkuͤrzen. Ueber dieſen Zähnen ſammelt ſich in den hiezu beſtimmten Druͤſen das Gift. Der Druck, den dieſe Bläschen dann erfah⸗ xen, wenn die Schlangen beiſſen, preßt jenen ges fuͤrchteten Saft durch einen eignen Ausleerungsgang Ampbib. „ is in die hohlen Zähne, und laͤßt ihn ſo in die durch den Biß gedffnete Wunde. Nur dann iſt das Gift toͤdt⸗ lich, und zwar zuweilen in einem Augenblicke. Auch das ſtaͤrkſte Schlangengift ſcheint nur dann mit vol⸗ ler Kraft wirken zu koͤnnen, wenn es durch eine Wunde in den Leib dringt. Zwar wenn es äußerlich an den Leib gebracht wird, fo iſt es ſcharf, aͤtzend und entzuͤndet die Zunge. Doch kann man es ohne Le⸗ bensgefahr verſchlucken. Speichel, Galle und an⸗ dere Saͤfte mildern ſeine ſchaͤdliche Kraft. Wenn nicht ein Zufall auf dieſe Erfahrung gefuͤhrt hat, fo muß man geftehen, daß, im Fall man diefe Probe vorſaͤtzlich angeſtellt haben ſollte, ſie das groͤßte Wagſtuͤck ſey, das je die Wißbegierde unternommen hat. Oft wirkt ihr Gift ſchnell, oft ſehr langſam; den toͤdtet es, einem andern iſts unſchaͤdlich. Plottz⸗ lich waren die Wirkungen des Giftes einer Schlan⸗ ge, die in Indien den Namen Labarra fuͤhrt, bey einem Negerſklaven. Indem er ein Stuͤck Holz, das er bearbeitete, umwenden wollte, ſchoß eine ſol⸗ che auf ihn zu und biß ihn in den Zeigefinger. Er hatte gerade noch ſo viel Kraft, die Schlange todt⸗ zuſchlagen; denn in fünf Minuten lag er entſeelt nes ben ihr. An ſeinem Koͤrper zeigten ſich purpurrothe Fle⸗ Die Schlange | 267 Flecken in Menge, und ſtremweiſe ſchoß das Blut aus den Augen, Ohren und der Naſe. Merkwuͤrdig iſt der Umſtand, daß jede Schlangenart eine ihr eigne Giftart hat, und alſo auch ein anderes Heilmittel. oder Gegengift erfordert. Daß aber die Ausduͤn⸗ ſtungen gewiſſer Schlangen toͤdten konnen, iſt eben fo grundlos, als das Vorgeben, daß ihr Gift ſelbſt durch einen Stock wirke. Betaͤuben aber nicht toͤdten kann ihre Ausduͤnſtung. Schleunige Hilfe iſt gegen den Biß einer Giftſchlange noͤthig. Zuweilen ſtirbt der unglückliche, ehe eine Hilfe moglich iſt. Geſchieht das nicht, ſo fallt er in Ohnmacht: die Wunde | ſchmerzt heftig, und wird bald roth, bald fehwarze. Vor Hitze gluͤht er. Hoͤchſt ſonderbar iſt die Erfah⸗ rung von dem Einfluſſe der Naͤſſe auf das Schlan⸗ gengift. Es ſey nun, daß der Gebiſſene gleich nach erhaltner Wunde von einem Regen überfallen werde, oder durch einen Fluß zu ſchwimmen gendͤthigt ſey, ſo verſchlimmert ſich ſeine Wunde merklich. Und ge⸗ ſetzt auch, daß er mit dem Leben davon komme, ſo wird er doch, fo oft feuchte Witterung einfällt, em⸗ pfindliche Schmerzen an der Stelle der ehemaligen Wunde ſpuͤren. Gerade einen Tag hat derjenige wo zu leben, der in Japan von einer gewiſſen. „ Schlan⸗ 468 Die Schlange. Schlange gebiſſen wird, die eben darum Firakutz, welches die Tageslaͤnge bedeutet, heißt. Große Aufmerkſamkeit verdient die Bedeckung des Schlangenkoͤrpers, beſonders, da ſich darauf die verſchiednen Eintheilungen dieſes großen Ge⸗ ſchlechts gruͤnden. Er iſt ſelten nackt, ſondern ge⸗ wohnlich mit runden, auch laͤnglichen hornartigen Schuppen bedeckt. Dieſe werden theils eigentliche Schuppen, theils Schilder, theils Ringe genannt. Jene, die Schuppen, find bald ſpitzige, bald abs geruͤndete Blaͤttchen, die wie Dachplatten über eins ander liegen. Dieſe, die Schilder, ſind breiter, halbmondförmig; und wenn jene ihre Stelle theils auf dem Ruͤcken, theils unter dem Schwanze, und nur bey Wenigen am Bauche haben, ſo ſind dieſe immer am untern Theile des Leibes. Ringe aber gehen um den ganzen Leib herum. Je glaͤtter dieſe Bedeckung iſt, um deſto weniger kann man ſich der Bewunderung ihrer Fertigkeit im Gehen und Klet⸗ tern enthalten, wozu die ſcharfen Raͤnder der Schil⸗ der am Meiſten beytragen mögen. So wie die Na⸗ tur faſt allen Thieren einmal im Jahre ein neues Kleid, dem Vogel friſche Federn, und dem Pferde andre Haare, zu geben pflegt; ſo verſagt ſie dieſes auch | Die Schlange. 269 auch der Schlange nicht. Auch ſie verjuͤngt ſich im alles erneuenden Fruͤhlinge, ſtreift ihren alten Rock ab, und iſt dann, obgleich matter, doch gefaͤhrlicher als ſonſt. Die neue Haut, die, wenn ſie die alts ablegt, bereits vorhanden iſt, unterſcheidet ſich von dieſer bloß durch eine blaͤſſere Farbe; uͤbrigens be⸗ haͤlt ſie ganz die Zeichnung der vorigen. Erſt im Sommer erlangt ſie ihre volle Farbe. Begierig frißt ſie ihre abgelegte Haut. Aber eben ſo begierig ſuch⸗ te man fonft ihr dieſelbe zu entreißen, um medicini⸗ ſche Wunderthaten damit zu verrichten. Was die Farbe der Schlangen uͤberhaupt be⸗ trifft; ſo iſt ſie zwar bey einigen ſehr gemein, bey andern aber ſcheint die freygebige Natur die hoͤchſte Kunſt ihres Pinſels angewendet zu haben, um ſie ſo ſchoͤn als moͤglich zu ſchmuͤcken. Wenn das Thier in Thaͤtigkeit iſt und mit all ſeinem Dei auf einen Raub zueilt, dann iſt es unlaͤugbar am Schönften, Die vielen Schlangen, die man in Kabineten in Spiritus aufbewahrt, koͤnnen zwar wohl von der Geſtalt, Groͤße und Zeichnung, aber nicht immer von ihren Farben einen Begriff geben. So ſieht man in dem großen Kabinet in Paris ſehr beträchtliche | Schlangen, die aber der Meingeift groͤßtentheils 9 weiß 270 Die Schlange. | weiß gemacht hat. Doch hatte Bancroft eine gute Methode, diejenigen Schlangen, die er in Menge erhielt, da ihm für ein Glas Rum die Neger go und mehr Stöce brachten, (ehr lange und in ihrer vollen | Schönheit aufzubewahren, Zuerſt ſaͤuberte er fie. Nun wand erfie ſchraubenfoͤrmig, mit dem Schwan ze zuerſt, in ein Glas, doch ſo, daß der Ruͤcken, als der ſchoͤnſte Theil, auswaͤrts gekehrt zu ſtehen kam. Dann befeſtigte er eine Glaskugel an einem Faden, und zog den letztern durch den Rachen und den Korkſtoͤp⸗ ſel der Flaſche, ſo daß nun, vermittelſt jener Kugel, der Rachen aufgeſperrt blieb und die Zaͤhne ſichtbar waren. Daß er das Glas mit dem beſten Rum voll⸗ goß und alles wohl vor Ausduͤnſtung zu he | ſuchte, verſteht ſich wohl ohnehin. Die Groͤſie der Schlangen iſt hoͤchſt verſchie⸗ den. Es gibt zwar gewiß welche von außerordent— licher Laͤnge. Allein jene ungeheuren Thiere, deren die Alten Erwaͤhnung thun, ſind eben ſo verdaͤchtig, als die entſetzlichen nordiſchen Seeſchlangen, die uͤber 200 Fuß lang und zwanzig dick ſeyn ſollen. Eben fo wenig haben wir erforſchen Tonnen, mit welchem Ellenmaaße die ros Schuh lange Schlange gemeſ⸗ ſen worden, die Alexander dem Großen, auf einem 8 ſeiner * Die Schlange. 271 ſeiner Zuͤge begegnet ſeyn ſoll. Es iſt wahr, daß in Kabineten zum Theil Schlangenhaͤute von ungemei⸗ ner Groͤße gefunden werden. Aber es iſt eben ſo wahr, daß manche derſelben ſehr kuͤnſtlich aus meh⸗ rern zuſammengeflickt ſind. Es iſt noch ſo gar lange nicht, daß in Augsburg ein herumreiſender Raritäs tenkraͤmer des Betrugs in dieſem Stuͤcke uͤberfuͤhrt wurde. N | q Unter den innern Theilen ber Schlangen ver⸗ dienen die Cungen erwaͤhnt zu werden, die ſich in lange und duͤnne Blaſen endigen. Seltſam genug iſt es, daß beyde Geſchlechter, die jedem zur Fort⸗ pflanzung noͤthigen Theile ihrer Art doppelt beſitzen. Ihr Herz iſt laͤnglich und klein, die Eingeweide duͤnn und lang, und die Galle groß und ſchwarz. Die Nahrung der Schlangen beſteht in Obſt und Kraͤutern, die ſie mit der Wurzel aus der Erde zu ziehen wiſſen. Die meiſte Speiſe muß ihnen aber das Thierreich liefern, und es iſt keine Claſſe, die ihnen nicht zinsbar waͤre. Die kleinen Thiere haben am meiſten von ihnen zu beſorgen, ob es gleich nichts ſeltnes iſt, daß ſie Thiere ungekaut und un⸗ zerbiſſen hinabwuͤrgen, die größer find als fie ſelbſt. Ihr Anblick ſcheint kleine Thiere wirklich zu bezau⸗ | bern, 272 Die Schlange. bern, und ihnen die Flucht unmöglich zu machen. Doch wird hievon noch bey der Klapperſchlange die Rede ſeyn. Selbſt die gefiederten Bewohner der Waͤlder, die ihre Fluͤgel gegen die Nachſtellungen ei⸗ nes kriechenden Thieres vollkommen zu ſchuͤtzen ſchei⸗ nen, werden oft ihre Beute, und dann gehen die Fe⸗ dern und Knochen wieder ab. Wein, Milch und Eyerdotter lieben ſie ſehr, und man kann ſie wirklich berauſchen. Gefraͤßig ſind ſie eigentlich nicht, we⸗ nigſtens koͤnnen ſie lange faſten, was im Winter alle⸗ mal der Fall iſt. Finden fie nicht immer Biffen, die dem Umfange ihrer Kehle gemaͤß ſind, ſo wuͤrgen ſie zu ihrem Schaden oft ſo große Thiere in ſich hinein, die ſie eine Zeitlang ſich zu bewegen unfaͤhig machen. Wenn ſie große Saͤugethiere anpacken, ſo weiß man kaum, ob man mehr ihre Liſt, oder ihre Staͤrke be⸗ wundern ſoll. Beruͤhmt iſt in dieſer Ruͤckſicht der Kampf einer Schlange mit einem Büffel, Erſt wand das liſtige Thier ſeinen Schwanz um einen Baum, um durch das Straͤuben des fliehenden Buͤf⸗ feld nicht fortgeriſſen zu werden. Dann ſtuͤrzte die kuͤhne Schlange von oben herab pfeilſchnell uͤber ihn hin, wickelte ſich etliche Male um ihn herum, ſo daß alle feine Rippen, wie morſche Stäbe, entzwey bra⸗ Die Schlange. 2273 brachen, ſuchte ihn, durch Zuhalten ſeiner Naſen⸗ Idcher, zu erſticken, machte ihn mit Geifer ſchluͤ⸗ pfrig und verſchlang ihn. Aber das war auch ihr Tod, Die Jaͤger erlegten das nun zu jeder Bewegung un⸗ faͤhige Thier, ohne ſeine Verdauung abzuwarten. Die Schlange hat viele Feinde. Der Storch, der Reiher, der Ibis, der Geyer, das Schwein lie⸗ ben ihr Fleiſch ungemein. Selbſt der friedliche Hirſch verzehrt ſie. Ungeheuer iſt die Menge von Eyern und Schlangen, die durch die indianiſchen Ameiſen auf⸗ gerieben werden. Oft muͤſſen Schlangen ihre Kuͤhn⸗ heit, wann ſie ſich an zu uͤberlegne Thiere wagen, mit dem Leben bezahlen; noc) dfter aber freſſen fie Linander ſelbſt auf. Ihr gefaͤhrlichſter Feind iſt immer der Menſch. Ihm gibt der Abſcheu, den er uͤber⸗ haupt vor Schlangen hat, und das Verlangen, die Zahl der ſchaͤdlichen Thiere zu vermindern, Muth und Mittel genug ein, ſie zu toͤdten, was ſehr leicht iſt. Ohnehin liebt er von manchen das Fleiſch und die Haut. Die Schlangen lieben das geſellſchaftliche Le⸗ ben. Fern von Menſchen halten ſie ſich in großer Menge zuſammen, und eins der größten Hinderniffe, das anfangs der Gruͤndung der Kolonie in Mar⸗ Amphib. M m tinj⸗ — 274 Die Schlange. tinique im Weege ſtand, war die ungeheure Menge von Schlangen, die man daſelbſt fand. Wenn ſie unter ſich ſind, ſo ſpielen ſie mit einander, und ma⸗ chen tauſend Kruͤmmungen und Wendungen, die, verbunden mit dem Glanz ihrer Farben, und den mannigfaltigen Zeichnungen, welche die fruchtbarſte Einbildungskraft nicht ſchoner und reizender erfinden konnte, ein hoͤchſt angenehmes Schauſpiel gewaͤh⸗ ren. Alle Welttheile find ihre Heimath. Doch haben Aſien, Afrika und Amerika die gefaͤhrlichſten aufzu⸗ weiſen. In Deutſchland iſt die Gegend um das Schlangenbad herum am reichſten damit verſehen. So wie die Menſchen ihre Wohnſitze erweiterten, mußten die Schlangen ihre bisherigen abtreten. Die Schlange iſt nicht das bösartige, dumme und ungeſellige Thier, fuͤr das wir ſie gewoͤhnlich anſehen, da wir ſie nie unſrer Geſellſchaft wuͤrdigen. Auch flieht fie den Menſchen eben nicht, ſondern be— ſucht ihn wohl, öfter als ihm lieb iſt, in feinem Haus fe, und macht ſich nahe genung zu ihm. Dieß erfuhr Bancroft, in Anſehung der Carunna-Schlange, in Guiana, mit Schrecken. Er ſaß einſt einſam in ſei⸗ nem Zimmer, und legte die Hand hinter ſich. In⸗ dem er etwas kaltes fuͤhlte, glaubte er, es ſey die Stuhl⸗ Die Schlange. 275 Stuhllehne. Allein bald entdeckte er, daß es eine wie eine Uhrfeder zuſammengerollte Schlange ſey, der die Waͤrme ſeiner Hand wohlthat. Er hatte nicht Luſt ſie laͤnger zu waͤrmen, ſondern ſchlug ſie auf der Stelle todt. Im Grunde iſt die Schlange ſehr ſchlau, ge⸗ lehrig und folgſam. Auch ſie lernt den Menſchen als ihren Herrn erkennen und ihm Gehorſam zu leiſten. Viele Charlatane richten fie zu allerley Gauckeleyen ab, und erwerben ſich dadurch die Achtung eines gaf— fenden Poͤbels, der nun in ihnen maͤchtige Zauberer verehrt. Unter vielen Dingen, die der beruͤchtigte Caglioſtro Betruͤgern abgelernt hatte, war auch das, daß in feinen Myſterien eine abgerichtete Schlan⸗ ge ihre Rolle ſpielte ; und die Derwiſche, die eigent— lich nichts anders thun, als daß ſie ihren Verehrern durch Kunſtſtuͤcke Sand in die Augen zu ſtreuen ſu- chen, eſſen ſogar Schlangen, was freylich in den Augen glaubiger Bewunderer etwas außerordentli— ches iſt. Auch mit Giftſchlangen wird oft in Aſien ſehr vertraut umgegangen, und man ſucht ſie theils dadurch, daß man ihnen die Giftzaͤhne ausbricht, theils auch feine Haͤnde mit Liebſtoͤckel (Liguſticum, Leviſticum) reibt, unſchaͤdlich zu machen. Sie ſchei⸗ Mm 2 nen 276 Die Schlange. nen die Muſik ſehr zu lieben. So wie bey uns Hun⸗ de, Kameele, Affen, Baͤren und Murmelthiere, unter Begleitung einer die Ohren quaͤlenden Muſik, herumgefuͤhrt werden, und bald einen Kniebug ma⸗ | chen, bald Fragen durch Zeichen beantworten muͤf⸗ fen, endlich aber die Hauptſache nicht vergeſſen duͤr⸗ fen, das Geld einzufordern; eben ſo ziehen in Kairo täglich Männer mit Schlangen herum, die bald eis nen Tanz machen, bald die ſonderbarſten Fragen, unter dem ſchallenden Gelaͤchter einer muͤſſigen Men⸗ ge, beantworten. Aber eben dieſe Geſchicklichkeit machte die Schlangen von jeher zu einem Sinnbilde der Klugheit. Auch der aͤrgſte Schmierer in der Mas lerey gibt ſeiner Weisheit und ſeinem Aeſkulap etwas in die Hand, das einer Schlange eben fo vollkom- men gleich ſieht, als alle Produkte ſeines geiſtreichen Pinſels dem, was er darſtellen wollte. Schon die aͤlteſte vorhandne ſchriftliche Urkunde von der Ge— | ſchichte der Menſchheit gedenkt der Klugheit und Lift der Schlangen, und der weifefte Lehrer des menſch— lichen Geſchlechts eppfiehlt die Vorſichtigkeit dieſer Thiere, um Gefahren zu entgehen, nachzuahmen. Da zur Kenntniß der Natur offenbar mehr ge⸗ Hört, als daß man bloß von jedem Thiergeſchlechte Eine Die Klapperſchlange. 277 i | Eine Gattung oder Art kenne, und auch zu unſrer Sicherheit eben ſowohl, als zu Vermeidung einer unndthigen Furcht vor unſchaͤdlichen Schlangen, ges rade dieſe Thiere, naͤher von uns gekannt zu werden verdienen: ſo war es noͤthig, ein ſo zahlreiches Ge⸗ ſchlecht, zur Erleichterung fuͤr das Gedaͤchtniß, in mehrere Faͤcher, das heißt, in mehrere Gattungen und Arten, zu vertheilen. Die Bemerkung, wie ver⸗ ſchieden dieſe Thiere, vorzuͤglich uuten am Bauche und am Schwanze, bekleidet ſind, fuͤhrte auf ſechs Gattungen: die Klapperſchlangen, Rieſen⸗ ſchlangen, Nattern, Schuppenſchlangen, Rin⸗ gelſchlangen und Runzelſchlangen. Man nahm dabey auch auf die Zeichnung, Farbe und das Ver⸗ haͤltniß des Kopfs zum Körper Ruͤckſicht. Allein man war nicht zufrieden, bloß dieſe Gattungen feſtgeſetzt zu haben. Man zaͤhlte auch die Schilder und Schuppen, die die untere Seite des Rumpfs und Schwanzes einnehmen; und ſo entſtanden die Arten, deren eine betraͤchtliche Anzahl iſt. Das Kennzeichen der fo berüchtigten Klap⸗ perſchlangengattung iſt: daß ſie Schilder an dem Bauche, und Schuppen und Schilder unter dem | er hat, der ſich in eine etwas durchſichtige Mm 3 Blap⸗ — 278 Die Klapperſchlange. wenn man ſie von außen (56. a) anſieht, man nie vermuthen wuͤrde, beſteht aus mehreren bewegli⸗ chen hornartigen Gelenken, die auf eine Art, wie aus einer durchſchuittenen (58.) erhellet, unter⸗ einander verbunden, und deren zuweilen mehr dann vierzig find, Jedes Jahr ſoll ſich ein neues Ge⸗ lenk anſetzen, ſo daß ihre Anzahl das Alter dieſer Thiere verraͤth. Ihren Laut vergleichen einige dem Schuͤtteln einer mit Erbſen gefuͤllten Blaſe, andere dem Zwitſchern großer Heuſchrecken, ja wohl gar dem Schalle eines Glockenſpiels. Er warnt Thie⸗ re und Menſchen, iſt aber, wenn Näffe die Klapper erweicht hat, unhoͤrbar. Kleine Thiere hoͤren ihn gern. Der Neger ahmt ihn taͤuſchend nach, wenn er Eichhorner fangen will. Ihre Heimath ſind die Wälder von Oſtindien und Amerika, beſonders das ſuͤdliche, und Ceilon. Den Winter bringen ſie erſtarrt in Felſenritzen und Hoͤh⸗ len zu. Thiere toͤdtet ihr Gift auf der Stelle. Der Menſch fuͤhlt, nach dem Biſſe, nur wie den Stich eines Dorns. Der Korper ſchwillt wie eine Tonne und wird voll ſchwarzer Flecken, und die einer Kohle aͤhn⸗ liche Zunge bekommt eine Größe, daß fie den Un⸗ gluͤckõ⸗ Die Klapperſchlange. 270 gluͤcklichen faſt erſtickt. Ein quaͤlender Durſt, den man nicht loͤſchen darf, nimmt uͤberhand. Wird er auch gerettet, ſo behaͤlt er doch zeitlebens Flecken und Schmerzen. Das beſte Gegengift iſt die Senega⸗ Wurzel Polygala Senega, Linn.) Sie wird gekaut und auf den Biß gelegt. Innerlich braucht man al⸗ lerley fette Sachen. Die natürliche Langf amkeit der — Klapperſchlangen und die Gewohnheit, die, um ſich Schwungkraft zu geben, vielleicht Nothwendig⸗ keit iſt, ſich erſt, ehe fie auf etwas losſchießen, in einen Kreis zu legen, vermindert, außer der war⸗ nenden Klapper, ihre Gefahr. Ohnehin haben Men⸗ ſchen, die ſie nicht reizen, was freylich auch ohne Ruhende Geſchoͤpfe fallen ſie ſelten an. Ein s dei Vorſatz geſchehen kann, von ihnen ſo viel nicht zu beſorgen, es müßte fie dann der Hunger guaͤlen. der in Karolina gieng einſt mit einem Freunde an ei⸗ nem Sumpf ſpatzieren. Weil er die Gegend jenſeits desſelben ſchoͤner vermuthete, ſo ſprang er hinuͤber. Fuͤrchterlich raſſelnd richtete ſich nun eine Klapper⸗ ſchlange vor ſeinen Fuͤßen auf, und blickte ihn ſtarr an. Wie bezaubert und angefeſſelt fand er da. Die Schlange verwendet keinen Blick von ihm. Er ſpringt endlich zuruͤck; jene bleibt, denn ihr kam nun ein 286 Die Klapperſchlange. ein ohnmaͤchtigerer Raub in den Wurf. Eine Maffers ratte verlaͤßt gerade den Sumpf. So wie ſie die N drohende Schlange erblickt, zittert das arme Thiers chen am ganzen Leibe. Die Schlange ſchwillt auf. Ihre Farben werden lebhafter, die Augen funkeln feuriger; ſie klappert entſetzlich. Von Schrecken wie gelaͤhmt, ſteht die Ratte ſinnlos vor ihr. Sie ver⸗ ſucht ſich umzuwenden. Die Schlange richtet ſich noch drohender auf, und ihr Anblick iſt ſo entſetzlich, daß die Ratte Zuckungen bekommt. Noch will ſie dem ſchon aufgeſperrten Rachen und der herausgeſtreckten Zunge entfliehen. Zuckungen und Angſt verbiethen es ihr; bis endlich die Schlange, während der ohne maͤchtigen Bewegungen, nach ihr ſchnappt, und, nachdem ſie dieſelbe reichlich begeifert hatte, ſie ver⸗ ſchluckt. Wirklich ſcheint irgend etwas an ihnen zu ſeyn, was, wenigſtens den Thieren, vor ihnen zu fliehen unmoglich macht. Neuere Erfahrungen ſetzen die Zauberkraft ihrer Blicke, wovon man auch bey andern Thieren Spuren findet, in eine beraus ſchende Kraft ihrer Ausduͤnſtung. Die Klapper⸗ ſchlange ſchleicht oft in Haͤuſer. So erzaͤhlt Catesby, in deſſen Bette der Bediente, halbtodt vor Schrecken, einmal eine, zuſammengerollt liegend, fand, daß man Die Klapperſchlange. 231 man einſt im Hauſe des Oberſten Blacke eine große Bewegung an allen Hausthieren bemerkte. Ein fuͤrch⸗ terliches Geſchrey erhub ſich auf einmal. Die Hühe ner, die Schweine, die Hunde, die Pferde ꝛc. alles ſtraͤubte die Haare und ließ ſich hören, und man konn⸗ te aus dem vermiſchten Kraͤhen, Grunzen, Bellen und Wiehern ſchließen, daß etwas außerordentliches vor⸗ gehen muͤſſe. Da man in den Hof kam, ſtanden die meiſten Thiere, wie wenn ſie Eine Sache gegen ihren gemeinſchaftlichen Feind machen wollten, ſchreyend und aͤngſtlich beyſammen, und mitten zwiſchen ihnen durch ſchlich eine Klapperſchlange, majeſt ti um den Lärm nichts bekuͤmmernd, die ſicher Haufe ihren Wohnſitz aufgeſchlagen hätte, . nicht durch jene Hausthiere verrathen worden wäre, Die Klapperſchlangen bringen lebend gez ge zur Welt. Um die Begattungs⸗! und Wer fzeit ha ſie ſich in großen Geſellſchaften zuſammen. Ihre Fruchtbarkeit iſt betraͤchtlich. Doch hat das Anlegen der Kolonien und das Aushauen der Waͤlder ihre An⸗ zahl merklich vermindert. So fuͤrchterlich das Gift dieſer Thiere iſt, ſo halten ſich doch die Wilden in Canada zahme Klapperſchlangen im Hauſe, denen ſie mit dem Eintritte des Winters die Freyheit ſchen⸗ Amphib. Nn fen, 0 282 Die Klapperſchlange. ken. Im Man finden ſie ſich puͤnktlich wieder ein. Ihr Fleiſch wird ſehr gern gegeſſen und kann es auch, ſobald ihnen der Kopf abgehauen iſt, ohne die ge⸗ ringſte Gefahr. Kein Thier iſt luͤſterner nach ihrem Fleiſche, als das Schwein. In ſeiner Begleitung iſt man ſichrer, als durch einen Hund bewacht. Sicht⸗ bar iſt auch die Furcht dies 2 r Schlange, ſobald fich ein Schwein nähert, und allenthalben geht fie ihm aus dem Weege. Sein Fett beſchuͤtzt es, und der Menſch erhaͤlt dadurch einen wohlthaͤtigen bee von der Heilkraft der Fettigkeiten. Nicht ohne Nutzen ſind die Klapperſchlan⸗ Sie vermindern die Menge der Eichhörnchen, deren allzuhäufige Vermehrung der Maispflanze, ei⸗ er vi ſten und wichtigſten Produkte je⸗ ſt verderblich ſeyn wuͤrde. Schon N ihr Anſpruͤche auf den Dank der Be⸗ wohner dieſer Laͤnder, und wuͤrde die Vorſehung, die ſie ſchuf, rechtfertigen, wenn ſie einer Rechtfer⸗ tigung bedurfte. Außerdem wird ihr Fleiſch gegeſſen; ihre Haut dient zu Kleidungsſtuͤcken, beſonders zu Guͤrteln, und mit der Klapper und den Wirbelbei⸗ nen ſuchen die, nicht minder als ihre Schweſtern, den Putz liebenden amerikaniſchen Schönen, ihre bald ſchwar⸗ Die Klapperſchlange. 283 ſchwarzen, bald braunen Reize zu erhöhen, Fuͤr ihre Nahrung bedarf uͤbrigens das Land, wo ſie leben, keinen großen Aufwand. Denn ſie begnuͤgen ſich an | Suͤmpfen, Moraͤſten und Fluͤßen auf Mäufe, Rats ten, Kaninchen und Eichhoͤrner zu lauern. Fuͤnf Arten faßt die Schlangengattung, die den Namen Klapperſchlange führt, in ſich. Mit | Recht hat die erſte derſelben ihren Namen Schauer⸗ ſchlange (Horridus, 55), denn die Staͤrke ihres Gifts erregt Schaudern. Sie hat unter dem Bauche 167 Schilder, und unter dem Schwanze 23, und iſt, zum Gluͤck der Menſchen, nicht ſehr fruchtbar. Ihre Laͤnge betraͤgt drey Ellen, und ihre Dicke die eines maͤnnlichen Arms. Ihr Kopf ift laͤnglich rund, und ihr Rachen ſtumpf. Dieſer iſt ganz zahnlos, a den zween ſehr ſpitzigen Giftzaͤhnen der obern Ki b lade, von denen einer nach Catesby, der Seltenheit wegen, der Abbildung beygefuͤgt iſt (56. 0). Eine ſchmutzige, gelblich weiße Farbe, mit braunen und ſchwarzen Flecken, die kettenweiſe uͤber den Ruͤcken a hingehen, zeichnet ſie uͤberdieß noch aus. Nahe an ihrem Maule ſind die Augen und Prafenlöcher. Der 5 Schwanz iſt kurz. Ihr Vaterland iſt das waͤrmere Nordamerika. Doch kann fie auch in andern Gegen⸗ N n 2 den 284 Die Klapperſchlange. | den leben. Schon oͤfters find ſolche Schauerſchlan⸗ gen nach Europa lebendig gebracht worden. In Lon⸗ don lebte eine 9 Monate, ohne daß man nur erra⸗ then konnte, wovon. Nicht laͤnger als fuͤnf Minuten uͤberlebt der Gebißne die ſchrecklichen Wirkungen ih⸗ res Gifts, wenn nicht die ſchleunigſte Hilfe geſchafft wird. Hieran mag ihre außerordentliche Reizbar⸗ keit und Zornmuͤthigkeit Schuld ſeyn, die ſo groß iſt, daß, wenn ſie ihren Zorn an dem, der ihn ver⸗ urſachte, nicht auslaſſen kann, ſie vor Wuth ſich ſelbſt beißt, und Selbſtmoͤrderinn wird. | = ohne eine ſchleudernde Bewegung mit dem Schwanze zu machen, kann eine andre Klapper⸗ fchlangen: Art, die eben darum Schleuderſchwanz (Mili Fa ar) fr das gewöhnliche Geraͤuſche hervorbringen. Er beſitzt 113 Schilder unter dem Bauche und 31 unter dem Schwanze. Seine Farbe iſt aſchgrau, mit einigen Reihen ſchwarzer Flecken, die nach der Länge des Körpers hin, ſich allmaͤhlich ver⸗ kleinernd, gegen den Schwanz zu gehen. Zwiſchen dieſen, die weiß eingefaßt ſind, befinden ſich rothe Flecken. Karolina iſt ſeine Heimath, und ſein Biß zwar giftig, aber nicht nothwendig toͤdtlich. Viel⸗ leicht rührt dieß daher, daß überhaupt das Thier kleiner als andre iſt. | an Eine Die Klapperſchlange. 283 Eine andere Art fuͤhrt den ſeltſamen Namen Ungeziefer (Dryinas). Sie ift größer und dicker als die Vorige, hat ſechs Fuß Laͤnge und die Staͤrke des Beins eines Mannes, und iſt ſchon mit einer Klapper von vierzig Gelenken angetroffen worden. Doch findet man fie auch nur einer Elle lang und ei⸗ nes Fingers dick. Am Bauche hat ſie 165, und un⸗ ter dem Schwanze 30 Schilder. Sie hat außer den Giftzaͤhnen noch andere. Ihre Farbe iſt gelb, weiß, auch braun mit Flecken marmorirt und ihr Aufent⸗ halt Ceilon. . Den groͤßten Laͤrm macht mit ſeiner Klapper der Klapperer (Duriſſus) in Amerika. Er hat | 172 Bauch- und 21 Schwanzſchilder „ und iſt weiß und gelb gefleckt. Auf dem Ruͤcken hat er viereckige, verſchoben ſtehende hellbraune Flecken, die ſchwaͤrz⸗ lich braun eingefaßt find. Seine Länge beträgt nur vier Fuß und die Dicke drey Zoll. Nicht ohne guten Erfolg hat man ſich gegen ſeinen Biß der amerikani⸗ ſchen Oſterluzey (Ariſtolochia americana; Linn. Hohlwurz,) bedient. | Ganz ſtumm, wenn man das Klappern fuͤr ei⸗ ne Stimme halten will, iſt der Stumpfſchwanz (Mutus). Ihm fehlt die Klapper ganz. An ihrer Nu 3 Stelle 236 Die Kiefenfälange Stelle aber hat er am Schwanze vier Reihen Heiner zugeſpitzter Schuppen; uͤbrigens aber 217 Bauch⸗ und 34 Schwanzſchilder. Auch über feinen Ruͤcken ſind ſchiefliegende, viereckige ſchwarze Flecken. Ein ſchwarzer Strich hinter den Augen iſt außerdem noch ihm eigen. Er hat lange Zaͤhne, und Surinam zum Vaterlande. . ee ere rom men: ab. XXXIV. | Die Rieſenſchlangengattung. Serpens Boa, le Serpent Geant. Die Abgottsſchlange. (50) och die Schlangen, die wir bisher anfuͤhrten, gehören immer nur noch zu denen von der mittlern Größe. Zum Theil ungeheure Rieſen find es, mit denen wir unſre Leſer bey) dieſer zweyten Schlan⸗ gengattung bekannt machen muͤſſen. Die zehn Ar⸗ ten, die zu dieſer Gattung gehoͤren, haben am Bau⸗ eee ee eee = ne Sn ——— Se * che und unter dem Schwanze bloß Schilder und keine Klapper. Dagegen aber, vorzuͤglich am After, zwo mit den letzten Ribben verbundne Klauen, mit denen ſie ſich feſthalten, und ihren Koͤrpermaſſen im Gange forthelfen konnen. Ihre Größe, Staͤrke und Ge⸗ ſchwin⸗ 2 5 25 U U [N 11160 1 N via. WV, Wey 55 * 1 . 7 ja? ef, 2 4 el] Die Rieſenſchlange. 287 | ſchwindigkeit wuͤrden ſie der Menſchheit ungleich furchtbarer als die Klapperſchlangen machen; haͤtte ihnen nicht der guͤtige Schoͤpfer das Gift, das andre Gattungen ſo gefaͤhrlich macht, gaͤnzlich verſagt. Sie wohnen auf Baͤumen, und lauern da auf ihre Beute, wozu zuweilen ſehr große Thiere ihnen die nen muͤſſen. Ihre Haut I von außerordentlicher Schönheit. Den erſten Rang in diefer Gattung behauptet, man mag auf die Groͤße und Dicke, oder auf die Schoͤnheit der Haut ſehen, die Koͤnigs⸗ oder auch Abgottsſchlange (Boa Conſtrictor, Coral 59), die an dem Bauche 240 und unter dem Schwanze 60 Schilder hat. Ihr Kopf iſt weder ſo platt noch ſo dreyeckig, als der Kopf einer Viper, ſondern eher laͤnglich rund und von nicht unangenehmem Umriſſe. Die Farbe ihrer Haut iſt gelblich, oder blaͤulich mit ſchwarzen Streifen auf dem Ruͤcken auch braunen Flecken. Doch findet man ſie auch anders gezeichnet. Da die Schlangen ihre Haͤute abſtreifen, und in der Jugend anders, als im Alter ausſehen, ſo ift ſehr begreiflich, daß die Beſchreibung einer und derſelben Art ſehr oft, je nachdem ſie alt oder jung, je nach⸗ dem die alte Haut vu Abſtreifen reif, oder die neue ſchon . . 288 Die Rieſenſchlange. ſchon da war, in manchen Stuͤcken abweichend ſeyn muͤße. Man kann die wahre Große der Abgotts⸗ ſchlange auf 40-50 Schuh der Länge annehmen, In der Dicke kommt ſie dem Leibe eines ſtarken Man⸗ nes gleich. Ihr mit großen Zaͤhnen beſetzter Rachen iſt geraͤumig genug, auch größere Thiere, als ein Haſe oder ein Hund iſt, ganz zu verſchlucken, ohne des Kauens oder Beiſſens noͤthig zu haben. Der groͤßte Biſſen findet ſeinen Weeg durch ihren Leib un⸗ gekaut. Nur wiſſen ſie ihn durch Zerbrechen ſeiner Knochen und durch Begeifern geſchmeidiger und ſchluͤpfriger zu machen, damit er leichter hinunter gleite. Wenn daher ein afrikaniſcher Widder oder eine Gazelle ihnen in den Wurf kommt, ſo fahren fie unglaublich ſchnell darauf zu, umklammern fie, um ſie zu erſticken, zerbrechen ihnen alle Knochen, beiſſen ſie vollends todt, und wiſſen mit der Centnerſchwere ihres Koͤrpers ſo darauf zu druͤcken, daß ſie ſchon da⸗ durch ganz geraͤdert werden muͤſſen. Aber, wenn nun auch dieſer anfehnliche Biſſen auf einmal im Rachen iſt; ſo hat er doch noch nicht die Reiſe in den Magen anzutreten. Er wird nun noch etlichemale umgekehrt, mit ſchaͤumendem Geifer überzogen, | und nun erſt ganz hinuntergeſchluckt. Der Die Rieſenſchlange. 289 Der Aufenthalt der Abgottsſchlange iſt In⸗ dien, die Jnſuln des Indiſchen Oceans, Afrika und Suͤdamerika. Auf Baͤumen, in Wäldern, in feuch⸗ ten Gegenden „ an Suͤmpfen lauert ſie auf ihre Nahrung, die, weil ſo große Biffen, wie Ochſen und Gazellen, nicht alle Tage ihr zu Theil werden und oft entfliehen, gewohnlich in Eidechſen, Vds geln, Schlangen, Armadillen beſteht. Sie hat da⸗ bey das Hintertheil ihres Koͤrpers in mehrere Kreiſe gewunden. Mit dem Vordern iſt fie ſchnurgerade in die Höhe gerichtet, und blickt unbeweglich mit Majeſtaͤt und Raubbegierde in der Gegend umher. Ihr Anblick iſt in der That furchterregend, wenn ſie ſo gleichſam mit ihren Blicken ein großes Gebieth beherrſchet, und fol; jeder Kreatur in derſelben zu leben verbiethet. Vielleicht ſchaudern unſere Leſer beym Gedanken an dieſes Ungeheuer, das einem Maſtbaume nicht unaͤhnlich iſt. Allein unſre Abe gottsſchlange iſt lange ſo gefaͤhrlich nicht, als ſie zu ſeyn ſcheint. Ihre Groͤße iſt ihr Verraͤther, und auch das dummſte Thier kann fie wahrnehmen, Ihr in mehrere auf einander liegende Kreiſe gerollter Körper ſieht in der Ferne der Mauer gleich, die eis nen Ziehbrunnen umgibt, und die die Kunſt des Amphib. | | O o Mau⸗ 5 — 2090 Die Rieſenſchlange. Maurers außen mit mehrern Wolbungen geziert hat. Dieſer Anblick if für den Reiſenden, wie für das ſorglos voruͤbereilende Thier eine ſehr zuverlaͤ⸗ ßige Warnung. Zwar wuͤrde es ihr weder an Staͤr⸗ ke fehlen, einen Menſchen, ein Pferd, oder einen Buͤffel zu zermalmen, noch an Appetit, eine ſolche Portion zu verſchlingen; allein eine geſchwinde a Flucht rettet dieſe Geſchdpfe, weil die Abgotts⸗ ſchlange keinen Raub weit verfolgen kann. Weit haͤufiger frißt ſie kleine Schlangen, Eidechſen, Heu⸗ ſchrecken, Krdten ꝛc. und wird dadurch fuͤr ihre Hei⸗ math ſehr wohlthaͤtig. In zahlloſen Schaaren und in ſolcher Menge, daß ihre Ankunft zuweilen einer ſchnell aus der Luft ſinkenden Gewitterwolke aͤhnlich ſieht, erſcheinen jene unerſaͤttlichen Freſſer, die Heu⸗ ſchrecken, am Senegal, um den Nil, in Indien ꝛc. Sie wuͤrden, wenn ſie ungehindert wuͤthen und ſich vermehren duͤrften, ſehr bald das Land Meilenweit in die unwirthbarſte Wuͤſte umſchaffen, und Men⸗ ſchen und Thieren nur die traurige Wahl, zwiſchen dem Hungertode oder Auswanderungen laſſen; haͤtte nicht die Vorſicht jene Rieſen unter den Schlan⸗ | gen erſchaffen, die täglich eine fo beträchtliche An⸗ | zahl derfelben zu ſich nehmen. Eben datum ſtellt | man — * Die Rieſenſchlange. 201 man in jenen Gegenden der Abgottsſchlange ſel⸗ ten nach; man betrachtet ſie als eine Wohlthaͤterinn, und freut ſich ihres Heishungers, der von Millionen verderblicher Gaͤſte befreyt. Vielleicht war eben das die Urſache, daß hie und da dieſe Schlange goͤtt⸗ lich verehrt wurde. Die Neger haben ſie gern um ihre Wohnungen, weil ſie auch da von Ungeziefer befreyen, und ungereizt kein Kind beleidigen. Auch liebt man ihr Fleiſch, und kauft es in u und Pegu Pfundweife Wie falſch beurtheilen wir oft den Schoͤpfer, und verkennen undankbar ſeine auch durch Unge⸗ heure wohlthuende Hand! Wir murren uͤber die große Zahl der Heuſchrecken in warmen Laͤndern; vergeſſen aber, daß, wenn ſie nicht vorhanden waͤ⸗ ren, die Rieſenſchlangen ihren Hunger an Menſchen | und Saͤugethieren fättigen müßten. Oder wir mur⸗ ren über dieſe, und bedenken nicht, welche Verhee⸗ rungen alsdann jene anrichten wuͤrden. O gewiß, wem das Studium der Naturgeſchichte keine Be⸗ wunderung der Weisheit und Guͤte, die in allem ſo ſichtbar iſt, und keine Ueberzeugung, daß alles, was ft, gut ſey, abnoͤthigt, bey dem möchte wohl jeder wine . ohne alle Wirkung ſeyn. O o 2 be d 202 Die Rieſenſchlange. RR So friedlich die Abgottsſchlange mit dem Menſchen lebt, ſo ſcheint dagegen eine andere Art Rieſenſchlange, der Kneifer (Contortrix), eine beſondere Luſt daran zu finden, ſich den Menſchen um die Beine zu wickeln, ohne ſie weiter zu beſchaͤ⸗ digen. Inzwiſchen mag eine ſolche Ueberraſchung immer beſonders fuͤr den, der dieſes Thier noch gar nicht kennt, ſo ſchrecklich ſeyn, daß ihn die Furcht tödten konnte. Dieſe Art Schlangen iſt aſchgran mit braunen Feldern und Flecken, hat 150 Bauch⸗ und 40 Schwanzſchilder, und wohnt in Karolina. Ihr Kopf hat viele Aehnlichkeit mit dem eines Affen; ſo wie hingegen eine andere Art Rieſenſchlangen den Namen Hundskopf (Canina) mit der That fuͤhrt. Denn ſie hat nicht nur einen ſehr großen langen Kopf und dicke Lippen, ſondern auch betraͤchtliche Hundszaͤhne. Am Bauche hat ſie 203 und unter dem Schwanze 77 Schilder. Wie Feuer funkeln ihre Augen und von außerordentlicher Schoͤnheit iſt ihre Farbe, die aber, nach ihrem verſchiednen Auf⸗ enthalt, gleichfalls verſchieden iſt. Gewoͤhnlich ſind dieſe Schlangen pomeranzengelb gefleckt, mit bald roͤthlichen, bald gruͤnlichen Einfaſſungen und ſchoͤ⸗ nen weißen Binden. Oſt⸗ und Weſtindien iſt der Wohnplatz dieſes praͤchtig gemalten Geſchoͤpfes. | ä Eine Die ‚Kiefenflange 293 Eine ſonderbare Eigenheit gab die Natur dem Zornſchnabel (Hypnale). Sein Maul umgibt ein hornartiger, gelber Saum, und gelbe Flecken be⸗ zeichnen ſeine graue Haut, die am Bauche 179 und unter dem Schwanze 120 Schilder hat. Er iſt ein ganz zahnloſes Thier — und wer ſieht nun nicht den Zweck ſeiner hornartigen Einfaſſung am Rachen? = wohnt in Aſien, beſonders in Siam, verlebt ſeine Tage in unſchaͤdlicher Stille, und macht ſich um ſeine Heimath durch Vertilgung vieler Inſekten eben fo verdient, als der Maͤuſefaͤnger (Murina) in Amerika, der unverdroſſen den Maͤuſen nachſtellt. Dieſer nuͤtzliche Jaͤger hat 254 Bauch: und 68 Schwanzſchilder, und erhielt auch den Namen Ar⸗ gus, um der Augen ähnlichen Flecken feines blauli⸗ chen Ruͤckens willen. Schon weiß punktirt iſt hin⸗ gegen die Frieſelſchlange (Cenchris) in Surinam. Weiße Perlchen, die mit grauen Ringen umgeben ſind, geben dem gelben Grunde ein ſehr ſchoͤnes An⸗ ſehen, und 265 Schilder bedecken ihren Bauch, ſo wie 57 die untere Seite des Schwanzes. Faſt wie ein Stock, und eben darum ſo genannt, iſt die Stock ſchlange (Scytale), die 250 Bauch⸗ und 70 Schwanzſchilder hat. Sie hat am ganzen Leibe faft Ba Dicke, eine blaͤulich aſchgraue Farbe mit l Oo 3 tun⸗ 294 Die Rieſenſchlange. runden, ſchwarzen Flecken, und an den Seiten kleine 5 ſchwarze Ringe mit weißen Feldern. Ohne Muͤhe zermalmt ſie Ziegen und Schafe, und wohnt in Amerika. In gebirgigen Gegenden, ihres noch nicht genau bekannten Vaterlandes, lebt die Bergſchlan⸗ ge (Ophrias), die ganz braun ift, und am Bauche | 281, am Schwanze aber 45 Schilder hat. Sehr lange Zaͤhne, eine graubunte Farbe und 270 Bauch⸗ und 75 Schwanzſchilder beſitzt die Waſſerſchlange in Amerika (Enydris), von der aber noch nicht aus⸗ gemacht iſt, ob ſie haͤufig im Waſſer lebe; und un⸗ ſtreitig den größten Vorrath an Schildern gab die Natur der Feuerſchlange (Hortulana) in Mexiko, die ihrer in Allem 418 hat, von denen 290 den Bauch und 128 den Schwanz bekleiden. Ihr Kopf ſoll mit dem Beete eines Blumengartens Aehnlichkeit haben. Sie iſt in blaßblauem Grunde ſehr ſchoͤn marmorirt, und uͤber und über mit keene Brandflecken bezeichnet. Dieß ſind in gedraͤngter Kuͤrze die zehn Arten Rieſenſchlangen. Konnten wir auch gleich bey den Meiſten nur ihre Namen, die Zeichnung ihrer Haut, die Zahl ihrer Schilder, ihre Heimath und etwa noch eine Eigenheit anfuͤhren; ſo werden doch Nin nee Su ö N Den ig * dem 5 7 1 IS Die Rate, 205 dem Leſer, der eine vernünftige Unterhaltung liebt, ſolche Blicke ins unermeßliche Reich der Natur an⸗ genehm ſeyn. Nicht von allen Thieren gibt es einen Reichthum von angenehmen Anekdoten. Wer bloß — dieſe auswaͤhlt, von denen er allerley Artiges anfühe ren kann, und darüber die andern Thiere völlig vers nachlaͤßiget, der verſaͤumt uͤber der Unterhaltung ſeiner Leſer die Belehrung derſelben gar zu ſehr, die doch, auch in ſolchen Verſuchen, die wenige Jahre zu überleben haben, immer Sara d des wre? ſeyn ſollte. a 1—.— Die Natterngattung. Coluber, la Couleuvre. Die Ringelnatter. (60) Ihre Eyer in der Roͤhre (a), außerhalb der⸗ ſelben (5), aufgeſchnitten (c). Die Europaͤiſche Viper. (61) Die Brillenſchlange. (62) Die Peitſchenſchl ange. (03) Wir kommen jetzt zu einer Schlangengattung, de, um der großen Menge Arten und ihrer weiten Pia, | Aus⸗ Tab. XxXXV. XXX VI KRXVII. 296 Die Natter. | Ausbreitung willen, merkwuͤrdig genug iſt. Alle die Schlangen, die man unter dem Namen Nattern begreift, man mag mit Linné 97 Arten, oder mit Bechſtein 173 annehmen, kommen darin mitein⸗ ander uͤberein, daß ſie Schilder am Bauche und Schuppen unter dem Schwanze haben. Dieß al⸗ | lein unterſcheidet fie hinlaͤnglich von den vorigen zwo Gattungen, die bloß Schilder hatten. Sobald wir alſo eine Schlange finden, bey der wir an der untern Seite ihres Leibes Schilder und Schuppen bemer⸗ ken, ſo werden wir mit Recht ſie unter die Nattern verweiſen. Wollen wir nun auch die Schil⸗ der und Schuppen ſelbſt zaͤhlen, um die Art zu wiſ⸗ ſen, ſo muͤſſen wir nur nicht vergeſſen, immer je zwo Schuppen fuͤr Eine zu rechnen, weil ſie ſo ne⸗ beneinander liegen, daß gerade zwo Schuppen auf einen Schild treffen. Alle Arten jetzt anzufuͤhren, iſt uns unmöglich; aber die vorzuͤglichſten, die, die ſich durch irgend etwas beſonderes auszeichnen, er⸗ warten unſre Leſer mit Recht hier beſchrieben zu ſehen. Ein ganz unſchaͤdliches, bey uns einheimiſches Thier iſt die Ringelnatter (60) (Coluber natrix, 170 — 60. ) Ihre Länge, die gewohnlich 3-4 2 (*) um nicht fo oft den Ausdruck Schild und Schup⸗ | | pen Die Natter. 297 Fuß it, wird een außerordentlich, und mag Veranlaſſung zu den fabelhaften Erzaͤhlungen vom Lindwurm ꝛc. gegeben haben. Der Oberleib iſt grüne blau, der Unterleib weißlich, mit dunkeln Stellen, die Seiten weißgefleckt. Was ſie am Meiſten auszeichnet, iſt, daß das etwas kleinere Männchen auf beyden Sei⸗ ten des Halſes einen gelben, das größere Weibchen aber einen weißlichen Fleck hat. Dieſe Flecken geben dem Thiere das Anſehen, als wenn es ein Halsband an⸗ hätte, und erwarben ihm feinen deutſchen Namen, ſo wie den franzöfifchen Serpent à Collier; im las teiniſchen hat es ihn von feiner Fertigkeit im Schwim⸗ men. Von Schnecken, Kıdten, Wuͤrmern, Eidech⸗ ſen, Maͤuſen x befreyt uns die mit Unrecht ge⸗ fuͤrchtete Ringelnatter, und nur der Aberglaube, der auch in ihr eine Ungluͤck drohende Hausunke ſah, e IR Baia e en pen wiederhohlen zu muͤſſen, und etwas Raum zu ſparen, werden wir neben den lateiniſchen Na⸗ men bloß die Zahl derſelben ſetzen. Die erſte N 3 dieſer Zahlen bezeichnet dann immer die Bauch⸗ ſchilder, die zweyte aber die Schwanzſchuppen. Ganz fehlen durften wir ſie nicht laſſen, weil ſie dh es eigentlich ſind, die den Karakter der ite : nen Arten ausmachen. Alwpbtb. Pp 208 Die Natter. hat fie furchtbar gemacht. Sie kann ſic in alle Lagen ſchicken. Im Waſſer und am Lande, auf den höchſten Bergen und in den tiefſten Thälern, im Sonnenſchein und im Schatten, in Moraͤſten und Saatfeldern, in Wieſen und auf Heiden — Furz, überall iſt fie gern. Am Liebſten ſucht ſie die waͤrmenden Sonnenſtrahlen, wenn ſie ihre alte Haut abgeftreift hat. Oft haͤlt ſie ſich auch in Kellern, Staͤllen und Miſtſtaͤtten auf. Hier legt das Weib⸗ chen ſeine Eyer wie Perlenſchnuren. Sie befinden ſich in einer Röhre, wie die Abbildung (a) zeigt. Eins derſelben, außerhalb jener Roͤhre, liegt neben ihr (ö) und drey andere hängen am Baume, () von denen zwey in das Lager der jungen Schlange hineinblicken laſſen. Che das Weibchen die Eyer legt, graͤbt das Maͤnnchen eine Hoͤhle, und wird nicht wenig boͤſe, wenn es darin geftört wird. Dann baͤumt es ſich, ziſcht, blaͤst, faͤhrt auf einen zu, und riecht bockartig. Dieß Letztere iſt auch der Fall um ihre Begattungszeit, im Junius und Julius, wo ein geuͤbter Beobachter ſie riechen kann, ohne ſie zu ſehen. Aus ihrem pergamentartigen Taubeney kann man die kleine Ringelnatter, die hoͤchſt kunſt⸗ voll aufgewickelt il, heraus ehnmen. Im ders ſcheint — — Tab. XXXTVI. Die Natter. 200 ſcheint ſie todt; aber bald Idst ſich der kleine Knaͤue! und das Thierchen kriecht fort. Die Beſchuldigung, | daß die Ringelnatter Milch ſtehle, muͤßen wir das hingeſtellt ſeyn laſſen. Bey Menſchen und Thieren iſt ſie ſchon als Arzney und ihre Haut zu mancher⸗ ley ee gebraucht worden. Anter dem Namen Viper iſt die Kuropdiſche Natter (61) (gemeine Otter Col. Berus 146— 30) ihres Giftes und ihrer Heilkraͤfte wegen bekannt genug. Der Name Viper (Vipera, Vivipera) entſtand aus der Eigenſchaft des Lebendiggebaͤhrens. Sie iſt 1— 2 Fuß lang, etwas eylinderformig und hat an einem etwas duͤnnen Halſe einen herzfdrmi⸗ gen Kopf. Die Farbe iſt nicht immer dieſelbe und wechſelt zwiſchen grau, ſchwaͤrzlich und braun ab 3 aber allen eigen iſt immer der braune Streif, zwiſchen den Augen weg, laͤngs dem Ruͤcken hin, und ein gros- ßer, brauner, herzfoͤrmiger Fleck auf der Stirne. Uebrigens iſt der Körper noch mit manchen Flecken, Punkten und Strichen bezeichnet. Der Unterleib ” hellgrau oder graublau. | Unmoöglich konnen wir von dieſer Natter ſo viel Gutes ſagen, als von der Vorigen. Ihr Biß . wenn auch nicht immer toͤdtlich, doch von hefti⸗ | un. ger 300 Die Natter. ger Wirkung. Man muß gleich nach der Verwun⸗ dung die gebißne Stelle unterbinden, dann aͤußer⸗ lich mit Schroͤpfen 0 und innerlich mit Natternſalz (das aus dieſer Otter gezogen wird) begegnen. Da ſie in Waͤldern ſich gerne unter Steinen aufhaͤlt, ſo iſt ſehr rathſam, keinen aufzuheben, und ſeiner Neugierde in dieſem Falle zu gebiethen. Oft iſt dar⸗ unter eine Mutter mit ihren Jungen verborgen. Dann ſchießt ſie mit blitzenden Augen und ſich ſchne⸗ ckenformig zuſammenwickelnd, auf ihren vermeynten Feind zu, und nur die ſchleunigſte Flucht kann dann retten. Sie gebiert lebendige Junge, die ſchon in ihrem Leibe die hautige Huͤlle verlaſſen haben. Zweymal im Jahre paart ſie ſich und traͤgt ungefaͤhr fuͤnf Monate. Sie ſtreift auch ihre Haut zweymal ab. Ein ſteiniger, kalter Boden, der mit Moos bedeckt iſt, pflegt ihr Lieblingsaufenthalt zu ſeyn. Sie klettert auf Bäume, beſucht die Höhlen der Maulwuͤrfe, und pluͤndert fie, haſcht Fröfche, Eis dechſen, Maͤuſe ꝛc. und toͤdtet ſie mit ihren ſcharfen Zaͤhnen. Auch ſie kann Thiere, die um ein Be⸗ traͤchtliches dicker find, als fie ſelbſt, ganz hinab⸗ wuͤrgen und eine Zeitlang lebendig in ihrem Lene beherbergen. | | gut 8 Die Nute ee e So gefährlich auch ihr Biß J iſt, fo wird doch ihr Fleiſch zu Bruͤhen außerordentlich hochge⸗ ſchaͤtzt. Beruͤhmt war ſonſt gegen Ausſatz und Gicht die Vipernhoͤhle in Italien ohnweit Bracciano. In ihr ſoll der Ungluͤckliche, der damit behaftet iſt, in ei⸗ nen Schweiß gerathen, der alsdann Vipern um ihn verſammelt, die das Krankheitsgift aus ſeinem Koͤr⸗ per ſaugen. Zufaͤllig entdeckte ſie ein Pilgrim, der in Rom das Ende ſeiner Leiden ſuchen wollte. Er übernachtete in ihr, und verließ fie geſund. Ihr Gift beſteht in einer gelben Feuchtigkeit der Blaͤs⸗ chen, die uͤber ihren Giftzaͤhnen ſich befinden. Um ihren Branntwein recht ſtark zu machen, ziehen ihn die Tunkineſen auf ſolche Nattern ab. Die Scythen ſollen ihre Dolche in Viperngift getaucht haben. Hannibal beſiegte die Flotte des Eumenes dadurch, a y 8 daß © Als ein vorzuͤgliches Mittel gegen denſelben, ruͤhmt / man: Ein halb Quentchen Queckſilber, mit zwey Quentchen arabiſchem Gummi in einem ſtei⸗ nernen Moͤrſer abgerieben. Hieran werden 3 Unzen Brunnenwaſſer nach und nach gegoſſen, und endlich 2 Skrupel vom Extrakt der Entians⸗ Wurzel, und 2 Quentchen Zucker beygemiſcht. Das Ganze wird auf einmal genommen. 4 ’ 32 Die Natter. daß er irdene, mit lebendigen Vipern gefüllte Töpfe | in die Schiffe werfen ließ. Die alten Egypter ſperr⸗ ten den Vatermoͤrder in eine Vipernhoͤhle, und die roͤmiſchen Geſetze verordneten, daß in den Sack, worin ein ſolcher Menſch ins Meer geſtuͤrzt wurde, außer dem Hunde, dem Affen und Hahn auch eine Viper gethan wuͤrde. Man fängt fie mit hölzernen Zangen, und thut fie in mit Moos gefüllte Schach? teln, worinn ſie lange ohne Nahrung leben koͤnnen. Noch gefaͤhrlicher, obgleich kleiner als dieſe, iſt die Kreuzotter (Kupferſchlange, Schwediſche Nat⸗ ter, Cherſea 150 — 34). Schon manches Kind, das Beeren ſuchte, ſtarb als ihr Opfer. Sie iſt ſehr duͤnn, und 6 — 12 Zoll lang. Ihr Kopf iſt platt und eyrund, der Hals duͤnne, der Leib von gleicher Dicke. Ihr Ruͤcken iſt Roſtfarbe. Ueber | ihn lauft bis an die braune Schwanzſpitze ein brau⸗ ner, Zickzackartiger Streif. Die Seiten haben roth⸗ braune, und der aſchgraue Unterleib ſchwaͤrzliche Punkte, welche letztere in weißen Streifen zerſtreut ſind. Die zween Halbzirkel, die, mit der Woͤlbung gegen einander gekehrt, faſt wie ein handſchriftliches &, auf dem Kopfe ſtehen, und der ſchmale Strich hinter den Augen, kg ferner noch zu den Eigens beiten Die Natter. 303 heiten der Kreuzotter, und gaben, da man dieſes Zeichen fuͤr ein Kreuz anſah, dem Thiere ſeinen Na⸗ men. Am Haͤufigſten wohnt ſie in Schweden an duͤſtern, feuchten und ſumpfigen Oertern. Wenn ein ſchwediſcher Bauer von ihr in einen Zehen gebiſ⸗ fen wird, fo läßt er ſich ihn lieber plotzlich abneh⸗ men, als daß er ſich den Qualen ausſetzte, die auch mit dem Gebrauche der tauglichſten Mittel nicht ſel⸗ ten verbunden ſind, und doch am Ende vielleicht fruchtlos bleiben. Hat ſie einen in den Fuß gebiſ⸗ ſen, ſo zerquetſcht man die Schlange, legt ſie auf die Wunde, und laͤßt den Fuß in die Erde eingra⸗ ben. Dann zieht ſich das Gift heraus. Weniger ſchaͤdlich iſt die ſchwarze Otter, (Preſter 132 —32) oder engliſche Viper, die im ſuͤdlichen und gemaͤ . | ßigten Europa und im nördlichen Aſien zu Hauſe iſt. Sie iſt ſchwarz, dunkelgrau, hie und da, beſonders um die Lippen weißgefleckt, und zween Fuß lang. Eben dieſe Länge erreicht die graurothe und weißge⸗ fleckte oͤſterreichiſche Natter (Auſtriacus 184-56) um Wien. Etwas mehr als noch einmal fo lang iſt die in dunkelſchiefergrauem Grunde weißpunktirte Natter (albo punctatus 230 — 77) im Oeſterrei⸗ chiſchen. Unten iſt fie hellgelb. Durch die Cleo⸗ patra, 30 Die Natter. patra, die fie fi) zu vergiften gewählt haben fol, eben fo ſehr, als durch den aus ihr verfertigten The⸗ riak und das fluͤchtige Vipernſalz, iſt die Egyptiſche Viper (Vipera 118 — 22) bekannt. Ihr Kopf iſt | oben gewoͤlbt, vorne breit und ſtumpf, und außer 4 den kleinen Zähnen hat der Rachen, gerade unter den Augen, die zween Giftzaͤhne. Der Schwanz iſt mit einem ſcharfen Dorn verſehen. Die Farbe iſt weiß mit braunen Flecken. Ein herzfoͤrmiger Kopf, lanzetfoͤrmige Schuppen, und ein weißgrauer Leib mit braunen, weißeingefaßten Flecken iſt das Eigen⸗ thum der braungefleckten Natter (Atropos 131—22.) in Amerika, die auch Giftſchlange heißt. Eher verdiente dieſen Namen die wirklich furchtbare Brillenſchlange (62), (Naja 193-60). Im Na⸗ cken hat fie eine völlige Brille, die zuweilen das Ans ſehen eines Geſichts hat. Wenn fie recht böfe wird, ſo kann ſie die Haut an den Seiten des Kopfs, wie eine Moͤnchskappe, aufſchwellen. Daher heißt fie auch Muͤtzenſchlange. Sie ſieht dann wirklich graͤß⸗ lich aus, beſonders da ſie dabey fuͤrchterlich ziſcht, mit dem Kopfe hin und her wackelt, und die Ohren offnet. Sie ſchleicht oft aus Siams unge⸗ heuren Waͤldern in die Haͤuſer, legt ſich in die Vet⸗ a 5 ten, Die Natter. 305 ten, und macht nächtliche Spaziergänge fehr gefaͤhr⸗ lich. Man verſieht ſich daher gern mit einem Stab, an deſſen Ende kleine mit Draht umwundene Stuͤcke Eiſen befeſtiget ſind. Dieſes Geräuf ch verſcheucht fie, Ein Gläc für die Menſchheit iſt theils ihre Unfäs higkeit ſich ſchnell umzuwenden; theils aber auch, daß unſer entſchloßner Hausfreund, der Hund, mit vieler Geſchicklichkeit ſie umzubringen weiß. Wenn ſie drohend, mit aufgerichtetem Vordertheile um ſich ſieht, ob ein Raub oder eine Gefahr in der Naͤhe iſt; ſo ſchleicht der Hund herbey, faßt ſie ſo kraͤftig um die Mitte des Leibes, daß die Gelenke brechen, und ſchleudert fie einige Schritte weit. Erneuert fie den Kampf, ſo kann ſie ſicher ſeyn, daß der Hund ſo lange fortfaͤhrt, bis fie todt iſt. Ihr Gift toͤdtet ſehr bald, wenn nicht ſogleich Gegengift gebraucht wird, wozu das Indianiſche Kraut Ophiorhiza vor⸗ trefflich ſeyn fol. Der Aberglaube nimmt aber den- noch in Siam ſie ſehr in Schutz. Er haͤlt es fuͤr eine gute Vorbedeutung, wenn ſie in ein Haus kommt, und wuͤrde ſich elend zu machen glauben, wenn er ihr Gaſtfreundſchaft verſagte. Zwar ſieht der Sia⸗ mer den Chriſten die Brillenſchlange toͤdten, ohne dadurch ungluͤcklich zu werden. Allein, anſtatt dar⸗ Amphib. Qq ee sch ..DIE Mate | aus auf die Grundloſigkeit feines Wahns zu ſchlie⸗ ßen, begnügt er ſich mit einem dummen Erſtaunen uͤber die Langmuth des Schickſals. Doch wendet er einige Mittel der Vorſicht an. Kommt eine, indem er im Bette oder Graſe liegt, ſo ſtreckt er ſich wie todt hin, und ſie kriecht ohne Schaden uͤber ihn weg. Die Gauckler richten ſie zum Tanzen ab, laſſen ſie aber vorher in einen Lappen beiſſen. Der Ichnev⸗ mon iſt ihr Todfeind. Schwarzbandirt iſt der Schlangenbalg, (Le- beris 110-50) in Kanada; mit den ſchoͤnſten, gelb und blauen Seiten ſchmuͤckte die Natur den Gelb⸗ ruͤcken (Lutrix 134— 27) in Indien, und fehr dünn und von blauer Farbe, mit braunen Baͤnden und Wuͤrfeln iſt in Amerika der Federkiel (Calamarius 140-22). Einen Affenkopf, eine ſchwarze Binde zwiſchen den Augen, ein weißes Kreuz auf dem Wir⸗ bel, und einen weiß und ſchwarz marmorirten Koͤr⸗ per hat die Affennaſe (Simius 12446), mit wel⸗ cher der Bandruͤcken (Striatulus 126-45), dem ein | braungeftreifter Rücken dieſen Namen gab, ein Vaterland, Karolina, gemein hat. Ein ſonder⸗ bares Horn auf der Naſe hat der im heißen lybiſchen 90 , auch in Guinea lebende Sandkriecher (Ammo- | Die Natter. 307 FAmmodytes 142—32), der von ſchmutzig gelber und ſchwarzer Farbe, und ſehr giftig iſt. Zween ſolcher fleiſchigen Auswuͤchſe, wie dieſer einen, be⸗ ſitzt die Hornſchlange (Ceraſtes 150—25) an den obern Augenliedern. Doch darf man dabey nicht an die gehoͤrnten Schlangen denken, die der betruͤ⸗ geriſche Araber ſelbſt ſchafft, indem er Vogelklauen in die Haut ſteckt, die da feſt anwachſen. Die wahre Sornſchlange iſt der Egyptiſchen Viper jene ähnlich , aber nicht giftig. Wie mit einem Netze uͤberzogen, ſcheint, um ihrer viereckigen Schuppen willen . die Netznatter (Fuſcus L49—IIT), Sie iſt ganz braun, wird oft acht Fuß lang, und ſo dick wie ein Kinderarm, und wird haͤufig gegeſſen, da ihr Fleiſch an Guͤte dem Huͤhnerfleiſche gleichkommt. Mau findet auch vielfarbig gefleckte. Der Liebling der Indianiſchen Damen iſt die Schooßſchlange (Domicella ıı98—60), Sehr gerne tragen fie dies ſelbe zur Abkühlung auf der Bruſt. Ihr fanftes Mes ſen, die weiche Haut, und die blendend weiße Farbe mit ſchwarzen Baͤndern haben ihm dieſe Ehre erwor⸗ ben, wozu ſich wohl kein Frauenzimmer unter uns entſchließen wuͤrde. Ja auch zum Putze im Haare und um den Hals, weiß das ſchoͤne Geſchlecht in . Flo⸗ \ f % * 308 Die Natter. Florida, die Carmoiſinſchlange (Coecineus 175-35) zu gebrauchen. Sie iſt zwey Fuß lang, Fingers dick und hat auf dem Ruͤcken 23 rothe mit ſchwarzen Rändern eingefaßte, und durch citrongelbe Querſtreifen abgeſonderte Flecken. Faſt fuͤr blind koͤnnte man das Kleinauge halten, (Typhlus 140-53) deſſen Augen faſt unſichtbar find. Dieſe Natter iſt blaulich und wohnt in Indien. Doch fand man auch in Deutſchland Baͤlge von dieſer Art, die Ameiſen rein ausgefreſſen hatten. Warum der Schwarzkopf (Melanocephalus 140-62) in Ame⸗ rika dieſen Namen fuͤhre, iſt leichter zu errathen, als was die Koͤniginnen⸗ Natter (Regine 137-70) an ihrem braunen Ruͤcken und dem weiß und ſchwarz marmorirten Bauche Koͤnigliches an ſich habe. Weit ſchoͤner iſt die Schleyernatter in Ceilon (Vittatus 142-78). Sie iſt kaſtanienbraun, und hat unter dem Schwanze ein gezaͤhneltes, weißes Band, deſſen Faden | aufs Feinſte in einander gewebt ſcheinen. Vielleicht dem Aeſkulap geweiht war die Aeſkulap- Schlange (ZEfeulapii 180-43). Sie iſt unſchaͤdlich, wohnt in Indien, Griechenland, Egypten und Amerika, und hat Aehnlichkeit mit der Ringelnatter. Wahr⸗ ſcheinlich hat der bunte Rock des grau und weiß ban⸗ | dirten Die Natter. 300 dirten Sofjunkers (Aulicus 184-60), und die perlenartige Binde dem Juvelirer (Monilis 164-82) ihre Namen gegeben. Sie wohnen beyde in Ame⸗ rika. Einen ſtumpfen, zweyſchneidigen und platt⸗ gedruͤckten Schwanz hat der Breitſchwanz (Lati- caudatus 220-42) in Indien; bunt, wie der Vogel dieſes Namens, iſt die Papageynatter (Sittalis 4 150-114), und von grauſamem Ausſehen und durch lange Giftzaͤhne fuͤrchterlich der Tyrann (Atrox 196 -69) in Aſien, der aſchgrau iſt, und etwas er⸗ habne Schuppen hat. Ohne giftig zu ſeyn, beißt der Wuͤrger (Conſtrictor 186-92), und umklam⸗ mert die Menſchen. Sein Ruͤcken iſt ſchwarz, der Bauch blaßblau und die Kehle weiß. Er lebt in Amerika. So wie alles Natterngift Durſt erregt, ſo gilt das beſonders vom Biſſe der Durſtſchlange (Dipfas 152-135) in beyden Indien. Sie iſt blaͤu⸗ lich; die Schuppen haben eine weiße Einfaſſung und unter dem Schwanze iſt eine blaue Naht. Wie | die Schnur einer Peitſche ſpitzig verloren zu ausgeht, Pit die Peitſchenſchlange (63), (Mycterizans | 163-30) die über alles die Naſe zu ruͤmpfen ſcheint. Ihre Länge beträgt 6 Fuß. Sie hat einen verlaͤn⸗ BER eckigen Ruͤſſel, ein ſchmales weißes Band 243 | an 816 Die Natter. an den Seiten des Kopfes, und eine grüne, auch helfe braune Farbe mit einem Goldglanze. Zuweilen findet man fie roͤthlich mit braunen Flecken. Sie iſt zahnlos, begnuͤgt ſich Maͤuſen, Voͤgeln ꝛc. das Blut auszuſaugen, wohnt in beyden Indien, und hat einen pfeifenden, lockenden Ton. In ihrem duͤn⸗ nen Halſe fand einſt Houttuin eine Eidechſe, deren Kopf allein ſo dick war, als der Leib jener Peitſchen⸗ ſchlange. Viermal ſo dick, als ſie ſelbſt iſt, kann die Kropfnatter (Haje 207-109), im Innern Egyp⸗ tens, ihren Hals aufblaſen; einen ſehr dünnen Korper mit einem großen Kopfe beſitzt die Fadenſchlange (Filiformis 165-758) in Indien; wie in einen Trauerſchleyer gehuͤllt iſt die Trauernatter (Pulla- tus 217-108), bey der weiße Stellen mit ſchwarzen abwechſeln; und mit vielen Augen oder Punkten auf dem Ruͤcken verſehen iſt der Argus (Argus), deſſen Schilder⸗ und Schuppen⸗Zahl man noch nicht genau weiß. Von den Kunſttrieben dieſer Schlange wird mehr, als von allen andern Nattern geruͤhmt. Sie ſoll mit dem Maule Leimen zuſammentragen, und ſich eine Huͤtte in Geſtalt eines Ofens errichten. Ja ſogar mehrere ſollen ſich in geſellſchaftlicher Verbin⸗ dung Dörfer bauen, in deren Mitte ihr König wohnt. Ohne Die Natter. 311 Ohne dieß gerade fuͤr ausgemacht zu halten, iſt doch ſo viel gewiß, daß die Natter uͤberhaupt das dumme widerliche Thier nicht ſey, fuͤr das ſo viele es anſehen. In Indien werden manche zum Vergnuͤgen, als Hausthiere, gehalten. Sie haben ein ordentliches Bette, das ſie um Eſſenszeit verlaſſen. Jetzt klet⸗ tern ſie ihrem Herrn auf die Schultern, und machen ihm tauſend Schmeicheleyen. Alle ihre Kunſtſtuͤcke und Gauckeleyen kramen ſie aus. Man bemerkt eine gewiſſe Ergebenheit gegen ihre Freunde an ih⸗ nen. Valmont ſah eine, die die Stimme und den Gang ihrer Gebietherin kannte. Sie folgte ihr uͤber⸗ all, und begleitete ſogar ſchwimmend einen Nachen, in welchem dieſe auf der Seine fuhr. So viel von der ſo zahlreichen Natterngat⸗ tung. Wir bitten diejenigen unſrer Leſer um Berges bung, denen die vielen Namen trocken vorkamen. Sie werden es dem nicht ſcheinen, der den Reichthum der Natur und ihre Unerſchoͤpflichkeit an mannigfaltigen Werken und Formen nachdenkend zu bewundern ge⸗ wohnt iſt. Denn es iſt doch in der That eine ſehr an⸗ = genehme Ueberraſchung, ein Thiergeſchlecht, das man ſich ſo eingeſchraͤnkt dachte, reich bevoͤlkert zu ſehen, und uͤber den kunſtvollen Pinſel, wie uͤber die verſchie⸗ deuen Bildungen der ſchaffenden Natur, zu erſtaunen. Tah. Tab. XXXVIII. Die Schuppenſchlangengattung. \ „ AT Die Blindſchleiche. (64) Der Dickbauch. (65) Dieſer Schlangengattung verſagte die Natur die Schilder gaͤnzlich. Bloß Schuppen bedecken ihren ganzen Leib. Ihr Kopf iſt von dem walzen⸗ foͤrmigen Körper kaum zu unterſcheiden; alles laͤuft ſo in Einer Dicke fort, daß die Sage leicht entſtehen konnte, ſie habe zween Koͤpfe. Die 26 Arten, die dieſe Gattung in ſich faßt, ſind meiſtens klein. Kei⸗ ne derſelben hat Giftzaͤhne. Wer kennt nicht die mit Unrecht verſchriene | Blindſchleiche (Bruchſchlange, Hartwurm, An- guis fragilis, Auoyne, Orvet), vor der man ohne Grund ſo dringend warnt? Zwar beißt ſie, wenn man ſie tritt, und geißelt den, der es thut, mit ih⸗ rem langen Schwanze. Aber theils geht alles ohne Schaden ab; theils kann man doch dem Thiere das unmoglich als Bosheit anrechnen, was abgedrungne Nothwehr iſt? Ein kleiner, ſchmaler, ſtumpf zuge⸗ ſpitzter Kopf, mit ungleichen Schuppen, worunter eine 312 ‚m me A ne 1 . \ PN — Die Schuppenſchlange. 313 eine große, herzfoͤrmige iſt, kleine, ſchwaͤrzliche Aue gen, ein uͤber das untere hervortretendes Oberkiefer, ziemlich große und ſehr ſpitzige Zaͤhne, eine breite, geſpaltne Zunge, ein walzenfdrmiger Körper, ein etwas duͤnnerer, abgeſtumpfter Schwanz, und eine Farbe, die oben braͤunlich, aſchgrau, und an den Seiten erſt ins Roͤthliche, dann ins Schwaͤrzliche geht, und unten ganz ſchwarz iſt; das ungefaͤhr iſt es, was dieſes unſchuldige Thier kenntlich macht. Beruͤhrt oder reizt man die Blindſchleiche auf ir⸗ gend eine Art, fo macht ſie ſich fo ſteif wie ein Stuͤck Holz. Schlaͤgt man alsdann mit einem Reis, es ſey ſo ſchwach, als es immer wolle, auf ſie, ſo bricht ſie ab. Lange noch bewegen ſich die abgebro⸗ chenen Stuͤcke. Daß ſie aber wieder zuſammen⸗ wachſen ſollten, iſt vollig ungegruͤndet. Nur fo viel iſt gewiß, daß wenn nur vom Schwanze ein Stuͤck abbricht, dieſer wieder ſtumpf zuwaͤchst. Am Bau⸗ che hat ſie 135 Schuppen, und gerade ſo viel unter | dem Schwanze. Gie läßt ſich, beſonders im Frühe ling und Sommer allenthalben, in Hecken, Gebuͤ s ſchen und Waͤldern ſehen. Durch ihre Nahrung thut ſie uns keinen Schaden. Sie befreyt uns von Gewuͤrmen, Schnecken und Inſekten, und dient dann Amphib. Nr wies / 314 Die Schuppenſchlange. wieder verſchiednen Thieren, beſonders Raubodgeln . zur Nahrung. Ganz Europa iſt ihre Heimath. Auch ſie hat die Ehre gehabt, als eee an⸗ geprieſen zu werden. Merkwuͤrdig iſt unter dieſer Geltung; 3 daß — mehreren der Schwanz laͤnger als der Leib if, und mehr Schuppen hat. So hat bey dem Lang⸗ ſchwanz (Eryx) dieſer nur 126, jener aber 136. Er iſt oben aſchgrau mit drey ſchwarzen Streifen, unten blaͤulich, und wohnt in England und Amerika. Noch auffallender iſt dieſes bey dem KRurzbauch (Ven- tralis) in Carolina, und dem Dickbauch (65) eben daſelbſt, die beyde 127 Schuppen am Bauche haben. Am Schwanze aber hat der letztere 222,5 der erſtere aber 223. Jener iſt ein ungemein ſchoͤnes, gefleck⸗ tes Thier, deſſen Farben die angenehmſten Spielun⸗ gen haben. Mit dieſem ſteht, die Laͤnge des Schwanzes betreffend, in einem auffallenden Kon⸗ traſt der Fleckentraͤger (Maculata) deſſen Schwanz nur 12 Schuppen, der Bauch aber 200 hat. Eben der kaum merkbare Schwanz, der ſo dick, ja dicker — als der Kopf iſt, hat einige veranlaßt, dieſe Schlange zweykdpfig zu nennen. Sie hat einen gelben Rüden mit einem braunen Streif und braunen e 1 dern, Die Schuppenſclange. 318 dern, und wohnt in Oſt⸗ und Weſtindien. Auch dieſe Gattung Schlangen beſitzt ihren Horntraͤger (Ceraſtes). Faſt wie bey dem Schweinhirſche zween Fangzaͤhne aus dem Oberkiefer durch die Haut her⸗ vortreten, ſo durchbohren dasſelbe bey dieſer Schlan⸗ ge gleichfalls zween lange Zaͤhne, und bilden Hoͤrner. 5 Sie ſind rund, vorwaͤrts gekruͤmmt, rinnenweiſe ausgehoͤhlt, ſehr ſpitzig, und ſtehen gleichſam in Kap⸗ ſeln, aus denen fie ſehr leicht herausgenommen wer⸗ den koͤnnen. Uebrigens hat ſie einen kleinen, etwas dreyeckigen Kopf, ein ſtumpfes Maul, kleine Au⸗ gen, und gerade unter der kurzen und dicken Zunge 2 lange biegſame Borſten, deren Beſtimmung unbe⸗ kannt iſt. Ihre Länge iſt 2 Fuß; ihr Vaterland | Egypten; die Zahl ihrer Schuppen 15 unter dem Schwanze, und zoo am Bauche. Ihr Kopf iſt weiß und ſchwarz marmorirt, der Ruͤcken ſchwarz mit weißen Flecken, der Bauch weiß. Faſt die Geſtalt eines Spuhlwurms, vorne duͤnn nnd hinten dick, hat die Schuppenſchlange, der Wurm (Lumbricalis) genannt. Sie iſt gelblich⸗ weiß, kommt aus Amerika und hat am Schwanze 7, am Bauche aber 237 Schuppen. Wenn auch 125 dieſe Schlangengattung keine beſonders mals u wuͤrdige 316 ° + Die Ningefhlange wuͤrdige Thiere aufzuweiſen hat, ſo muß uns doch auch das Wenige, was wir von ihr anzuführen hat ten, nicht ganz unangenehm ſeyn, weil, je mehr Thiere wir kennen lernen, deſto mehr auch ſich un⸗ ſer Begriff von dem unermeßlichen Umfang der Schd⸗ pfung erweitert; ein Begriff, der nie groß, nie ehr⸗ wuͤrdig genug ſeyn kann und darf. g | | r NEZEZSBEIO - —— ame. Tab. XXXIX. Die Ringelſchlangengattung. Amphisbaena, Je Double marcheur. Die ſchwarze Ringelſchlange. (66) Die Natur uͤberraſcht ihren Beobachter immer mit neuen, unerwarteten Wahrnehmungen, und lohnt damit ſeinen unverdroßnen Fleiß. Wenn er ſie bey einer gewiſſen Ordnung oder Gattung ganz erſchoͤpft glaubt; wenn er vermuthet, jetzt ſeyen alle moͤgliche Arten von Veraͤnderungen bereits da geweſen; wenn er z. B. bey den vielen Arten der bereits angefuͤhrten Schlangengattungen, in Abſicht aufe Schilder, Schup⸗ pen, Größe, Form, Zeichnung ꝛc. fo viele Mannig⸗ faltigkeiten bemerkte, daß er nichts Neues mehr in dieſem en echlece erwartet: ſo zeigt ihm die Be Natur, e A —————— — Tab XXAXIX. = dis x N N 6955 er dene Die Ringelſchlange. 317 Natur, * an geiſtvoller Unterhaltung unerſchoͤpf⸗ liche Freundinn, eine Ringelſchlange. Er ſieht zwar wohl, daß ſie eine Schlange ſey. Aber er entdeckt mit Befremdung an ihr Eigenſchaften, die ihm durch⸗ aus verbiethen, ſie irgend einer der Vorigen beyzu⸗ geſellen. Schon das faͤllt ihm zuerſt auf, daß die Ringelſchlange vor⸗ und ruͤckwaͤrts gehen kann, und Ida er an ihrem gleich dicken und walzenfoͤrmigen ‚| Körper die Stelle nicht ſogleich wahrnimmt, wo der Kopf befindlich iſt, fo kann er ſichs leicht erklaͤren, | warum fie einige: für zweykdpfig anſahen. Unter⸗ ſucht er ſie nun genauer, ſo entdeckt er weder Schup⸗ pen, noch Schilder, die doch bey allen vorigen die Bekleidung ausmachten: einige wenige Schuppen am Kopfe ausgenommen. Statt derſelben aber iſt der ganze Leib der Ringelſchlangen mit Ringen um⸗ geben, die aus einer dicken und feſten Haut beſtehen. Nach dieſem ſo auszeichnenden Karakter ſieht er ſich gendthiget, eine neue Schlangengattung anzuneh⸗ men. Nur fuͤnf Arten ſind es, die ſie in ſich faßt. Sie wohnen in Aſien und in Amerika. Wenn man ſie beruͤhrt, ſo geben ſie eine aͤtzende Schaͤrfe von ſich, die Blattern erzeugt. i Durch ihre Farbe erhielt die ſchwarze Ringel⸗ ſchlange (der Rußringel, fuliginofa) dieſen Na⸗ ö Rr 3 men. 318 Die Ringelſchlange. = x men. Ihren Rumpf umgeben 200 Ringe und 30 ihren Schwanz. Der Kopf iſt klein, glatt und Rumpf, das Maul voller Zaͤhnchen, die Länge ein Schuh. Durch Querſtrichchen find die Ringe in klei⸗ ne Theile getheilt. Nur der Ruͤcken iſt ſchwarz, den Bauch weiß. Sie iſt nicht dicker als ein Finger, und naͤhrt ſich mit Ameiſen, Schnecken, Wuͤrmern ꝛc. In Oſtindien, vorzuͤglich in Ceilon und in Amerika wird ſie gefunden. Ganz weiß iſt die weiße Nndeiſelaphe (der Weißringel, alba). Doch findet man auch welche, die oben roth, gelb, Apfelbluͤthfarbe, violett ſind. Sie hat 223 Ringe am Rumpfe und 16 am Schwanze. Ihre Laͤnge betraͤgt einen halben Fuß, ihre Dicke, die eines Daumens. Ihr ganzer Ruͤcken iſt wie mit kleinen Kreuzchen beſetzt. Sie haͤlt ſich gern in Ameiſenhaufen auf, und naͤhrt ſich vorzuͤglich damit. Seba hatte eine Ringelfchlange aus Amboina, an der keine Augen, keine Naſenldcher, keine Zunge und keine Zaͤhne zu finden waren. Sie hatte die Oeffnung des Afters in der Schwanzſpitze. Vielleicht iſt es erſt einem kuͤnftigen Zeitalter vorbehalten, auch fir dieſe Gattung der Ringel ſchlangen neue Entdeckungen zu machen. Iah. . ˙ ˙ri re Me A * n e e eee r — 23719 Tab. XXXIX. XL. Die Anmzeſcheengengatung Cxcilia. Die Fuͤhl ſchlange. (67) Schlangengerippe. (8) Schlangenkopf mit den Giftzaͤhnen ee 8 der Giftdruͤſe (a), dem Ausleerungsgange (), und den Kinnladen- Bändern. (c. d) Schlangeney mit einem Jungen. (20) Aumaͤhlich ſcheint ſich das große Geſchlecht der Schlangen einem andern zu naͤhern. Die Schlan⸗ geneigenſchaften verlieren ſich nach und nach, und es erſcheinen andere, die ſie den Wuͤrmern nahe bringen. Dieß iſt der Fall bey den Runzelſchlan⸗ gen. An ihnen findet der Beobachter weder Schil⸗ der noch Schuppen, noch Runzeln, und weil | er, um ſich nicht zu verwirren, ſeine Kenntniſſe gerne nach Faͤchern, und ſeine Thiere nach Gattun⸗ | gen ordnet; fo iſt er genoͤthigt, eine neue Schlan⸗ gengattung für fie anzunehmen. Er kann ſie nicht ſchicklicher, als Runzelſchlangen nennen, weil die zwo bisher entdeckten Arten bloß mit einer Haut umgeben ſind, die allenthalben, beſonders nach den Seiten zu, ſehr deutliche Runzeln hat. Da die 2 | Natur 320 Die Runzelſchlange. Natur dieſen Thieren ſo kleine Augen zu geben fuͤr gut fand, daß ſie ihnen keine vollkommnen Dienſte leiſten, ſo erſetzte die gute Mutter, die keins ihrer Ge⸗ ſchoͤpfe verſaͤumt, ihnen dieſen Mangel durch 2 Fuͤhl⸗ hoͤrner an der obern Lippe, vermoͤge deren ſie das, was fie auch nicht ſehen, doch fühlen konnen. Alles zeigt, wie geſchickt dieſe Gattung iſt, zwiſchen den Schlangen und Wuͤrmern in der Mitte zu ſtehen. Faſt die Geſtalt eines Aals hat die gemeine Runzelſchlange (67) (Fuͤhlſchlange, Tenticulata) ſieht braͤunlich aus. Ihr Bauch hat 135 Runzeln. Der Schwanz aber keine, weil der After faſt ganz am Ende des Koͤrpers iſt. Dieſer iſt 1 Fuß lang und einen Zoll dick. Die Naſenldher find fo klein, als waͤren ſie mit einer Stecknadel gemacht, und die Augen faſt gar nicht wahrzunehmen. Außerordent⸗ f lich klein ſind die Zaͤhne. Sie iſt in Ceilon und in Amerika zu finden, | Etwas großer, und mit einem fchleimigen Schwanze verſehen, iſt die ſchleimige Runzek | ſchlange (glutinoſa), die um ihrer ſchleimigen Haut willen fo heißt. Sie hat 340 Runzeln am Rumpfe, und ro am Schwanze. Ihr Koͤrper iſt braun, und an den Seiten mit einem weißlichen Striche bezeich? net. Sie iſt des Geſichts noch mehr, als ihre Schwe⸗ ter, 1 ä Dos Schlangengerippe. u 321 der, beraubt, denn über ihre aͤußerſt kleinen Augen zieht ſich eine Haut hin. Ihre Wohnung iſt Oſt⸗ und Weſtindien. Da wir jetzt das Vergnuͤgen⸗ gehabt haben, un⸗ fern Leſern fo manche, der Betrachtung höͤchſt wuͤr⸗ dige Geſchoͤpfe aus dieſer Ordnung von Thieren bekannt zu machen, ſo erlauben ſie uns ſchon noch, über ihr Skelet, ihren Gebrauch und Nutzen, über den beruͤhmten Schlangenſtein u. d. m. etwas hin⸗ zuzufuͤgen, und damit unſre Wochenblaͤtter über die Amphibien zu beſchließen. Obgleich hier der Ort nicht iſt, ein Schlangen⸗ Sxkelet nach allen feinen Theilen zu beſchreiben, fo konnen wir doch unſern Leſern das Vergnügen uicht vorenthalten, ein abgebildetes (68) zu ſehen. Es beſteht aus einer Menge ungemein beweglicher Wir⸗ belbeine, die durch den ganzen Körper laufen. Bruſt und Bauch ſind mit Ribben umgeben, die in Ver⸗ bindung mit den vielen Muskeln die gewaltige Kraft, die zu den ſch laͤngelnden Bewegungen Wir 3 erfordert wird, hervorbringen. Um von der Lage der Giftzaͤhne einen deutlichen Begriff zu bekommen, iſt die Betrachtung des Kopfs einer Europaͤiſchen Natter, der nur noch mit eini⸗ gen weichen Theilen bedeckt iſt (69), hinreichend. Amphib. | 2 „ Man 322 Das Schlangengerippe. Man ſieht ſchon an der auszeichnenden Größe die Giftzaͤhne, die im obern Kinnbacken befeſtiget find, zu deren Seite ſich die Giftdruͤſe bey a, der Auslee⸗ rungsgang bey b, die Bänder aber, woran die obere Kinnlade befeſtiget iſt, bey c und d befinden. Gewiß, auch dem, der eben kein Naturhiſtoriker von Profeſſion zu werden trachtet, iſt es ſehr angenehm, in ſolchen keinem gebildeten Menſchen ganz gleich⸗ giltigen Dingen zuweilen etwas tiefere Blicke ins Reich der Natur zu thun. Was beym Anblicke dieſes Kopfes gewiß jedem unglaublich ſcheint, und doch nicht gelaͤugnet werden kann, iſt, daß ein alte, ſkeletirter Schlangenkopf noch Gift bey ſich hatte, und dem, der ſich an den Zaͤhnen ritzte, eine ſtarke Entzuͤndung zuzog. Da die obige Darſtellung eines Eyes noch nicht die kuͤnſtlich gewundne Lage des Jungen im Eye deutlich genug macht, ſo benuͤtzen wir den Raum, um noch eine kleine Schlange im * (70) beyzufuͤgen. Daß es ſonderbare Schlangen⸗Mißgeburten gebe, iſt nicht zu laͤugnen. So findet man welche mit zween Köpfen, an einem Gabelfoͤrmigen Halſe. Allein ſolche Abweichungen duͤrfen nicht als eigne Gattungen oder Arten, ſondern muͤſſen als Eau inen angefehen werden, Ä | Mer Der Nutzen der Schlangen. 323 | Wer nie über die Schlangen nachdachte, | und von ihnen durchaus nichts weiß, als daß ſie boͤſe, giftige Thiere ſeyen, den wird es ſehr befremden, hier etwas von ihrem Nutzen uͤberhaupt zu finden; deſſen uͤbrigens bereits hie und da erwaͤhnt worden iſt. Zwar laͤugnen wir ihre Schaͤdlichkeit nicht. Wir wiſſen, daß in Numidien alle Jahre einige Menſchen ihr Opfer werden. Allein dieß hebt ihren Nutzen im Ganzen nicht auf, zumal es gar keine Frage iſt, daß der Menſch durch Vorſicht und Anwendung ſeines Verſtandes auch jene unglücklichen Fälle um ein Gros ßes vermindern koͤnnte. Wollte die Vorſehung die oft unverſtaͤndigen Wuͤnſche der Menfchen erfüllen, wollte fie. zum Beyſpiel ploͤtzlich alle Schlangen von der Erde verbannen, ſo wuͤrde daraus in einem Jahre zuverlaͤßig mehr Unheil entſtehen, als alle zu⸗ ſammengenommen in hundert Jahren ſtiften. Ei⸗ dechſen, Gewuͤrme, Inſekten, Kroͤten u. d. wuͤrden bald in warmen Gegenden ein ſolches Uebergewicht bekommen, daß ſie die Menſchen verdraͤngten. Sie wuͤrden alle Graͤſer, alle Pflanzungen, alle Waͤlder zerftören, und die fuͤrchterlichſte Hungersnoth erzeu⸗ | gen. Nicht zu gedenken, daß wenn die Schlangen ſelbſt nicht manchem Raubvogel zur Nahrung dien⸗ ten, dieſer oft fo unverfchämte Gaſt alsdann ſich eine Ss 2 andere 324 Der Nutzen der Schlangen. andere Speiſe auf unſere Koſten zu ſuchen gendthigt N waͤre. Außerdem lieben ſehr viele Menſchen das Schlangenfleiſch. Ungemein hoch ſchaͤtzen es die Ne⸗ ger, und tragen ſelbſt bey den Giftigſten kein Beden⸗ ken, ſie ſich recht wohl ſchmecken zu laſſen. Wenn der leckere Europaͤer ſie daher fragt: Warum eßt ihr Schlangen? ſo fragen ſie ſehr naiv dagegen: und warum ißt du keine? Ja, fie ſetzen wohl den nicht uͤbeln Grund hinzu, ſie aͤßen die Thiere am Liebſten, von denen ſie wuͤßten, daß ſie, wenn ſie dieſelben nicht aͤßen, von ihnen gefreſſen wuͤrden. Ueberdieß findet 1 man oft in der Schlange ſelbſt einen noch beſſern Bra⸗ ten, als fie ſelbſt iſt und hat alſo doppelten Gewinn. Am Liebſten erlegt man daher die, die einen recht aufge: ſchwollnen Kopf haben. Die Haut der Schlangen wird zu Gurten, Ueberzuͤgen, Kleidungsſtuͤcken, Scheiden, Koffern ꝛc. und wenn ſie durchſichtig iſt, zu Fenſterſcheiben gebraucht. Man kann kaum von einem Thiere mehr Heil⸗ kraͤfte ruͤhmen, als es von der Schlange geſchehen iſt. Da iſt kein Ausſatz, keine Geſchwulſt, keine fallende Sucht, keine Schwindſucht, kein Rhevmatismus, kurz, kein Weh der Erde, gegen das man nicht bald ihren Kopf, bald ihren Schwanz, bald ihr Fett, hald ihre Knochen als unfehlbar anprieſe. | | n 1 Schlangenſtein. 3 Bu. Es wäre eine weſentliche Lucke, wenn wir hier nicht des beruͤhmten Schlangenſteins (Lapis Ser- pentum, piedra de Cobra) gedachten, der als eine große Wohlthat für die Länder angeſehen wird, in denen viele Schlangen wohnen. Man ſage davon, was man wolle, und es iſt doch hoͤchſt wahrſcheinlich, daß er ein Kunſtwerk der Braminen ſey, die aberfelbft eingeſtehen, es ſeyen viele unaͤchte im Umlaufe. Der aͤchte Schlangenſtein iſt ſo groß wie eine Bohne, et⸗ was platt, und in der Mitte dicker. Seine Farbe iſt | nach einigen ſchwarz, nach andern innen weißlich, außen blau und braun. Man legt ihn gleich nach dem Biſſe auf die Wunde. Er heftet ſich alſobald an, bleibt ohne Binde liegen, und ſaugt das Gift aus. Enthaͤlt ſie mehr, als er zu faſſen vermag, ſo geht er los, und muß nun des eingeſognen Gifts ent⸗ ledigt werden. Zu dem Ende legt man ihn in Milch, die nun ganz gruͤn und blau wird. Verſaͤumt man dieß, ſo zerbricht er. So lange als er noch etwas anzieht, ſo lange und ſo oft muß man ihn ſaugen laſ⸗ fen. Das Ganze ſoll gebranntes Bein, und zwar, wie Sloane verſichert, vom kleinen, indianiſchen Buͤffelochſen ſeyn. Auf den Philippen ſoll man die Beſten verfertigen. So viel iſt unſtreitig, daß die Indianiſchen Afteraͤrzte, die ihre Kunſtſtuͤcke auf Buͤh⸗ „ nen nen Schau tragen, ſich oft von giftigen Schlangen beiſſen laſſen, und dann ſich den Stein auflegen. Doch ift das bey Leuten, die, wie bereits oben erinnert wor⸗ den, die Schlangen auf mancherley Arten unſchaͤdlich zu machen wiſſen, eben noch kein Beweis, ſo wenig wir auch das Vorgeben von der Kraft dieſes Steins geradezu unvernuͤnftig nennen moͤchten. Doch, wenn er auch nicht die geringſte Kraft haͤtte, ſo weiß man dennoch in den Ländern, wo man der Gefahr gebiſſen zu werden, am Meiſten ausgeſetzt iſt, wirkſame und zum Theil unfehlbare Gegenmittel. Die Indianiſchen Aerzte ruͤhmen ſich gegen das Schlan⸗ gengift, ſo wie gegen den Biß wuͤthender Hunde un⸗ truͤglicher Mittel. Doch entdecken ſie dieſelbe um kei⸗ nen Preis. Dr. Huhm, der das Ungluͤck hatte, von einem wuͤthenden Hunde gebiſſen zu werden, erfuhr an ſich ſelbſt die Vortrefflichkeit ihres Arkanums. Vielleicht waͤre bey einem ſo liebloſen Geheimnißkraͤ⸗ mer, in einer Sache, woran der ganzen Menſchheit ſo viel liegt, die Tortur noch eher zu entſchuldigen, als bey dem armen Montezuma um ſeines Goldes we⸗ gen. Auch die Araber wiſſen treffliche Mittel gegen den Biß der Schlangen. Mit vieler Muͤhe erfuhr Niebuhr eines aus dem Munde des Schachs von Bas⸗ ra. Dieſer geſtand ihm endlich, man brauche weiter | nichts Schlangendienſt. 327 nichts als ein Scheermeſſer und Knoblauch. Mit jenem mache man Einſchnitte rings um die Wunde, und jenen kaue man. Nun ſauge man in den Knob⸗ lauch, den man dabey im Munde behaͤlt, das Gift aus der Wunde, und ſpucke dann beydes aus. Eben ſo machen es die Hottentotten, nur nehmen fie Zwiebel. Größer kann unſer Abfchen vor Schlangen nicht ſeyn, als die Liebe und das Zutrauen andrer Nationen zu ihnen iſt. Dem Araber Pobel iſt die Schlange, was dem unſrigen der Storch iſt, Bothe des Gluͤcks. JInbruͤnſtig nehmen viele zu dieſem Fetiſche ihre Zus flucht, und rufen die geliebte Schlange in allen Nöthen an. Unter dem Bilde einer Schlange, verehrte der kranke Epidaurier den Gott der Geſund⸗ heit, und ward er erhoͤrt, ſo war eine Schlange von Erz das Dankopfer, das er brachte. Höher kann der Aberglaube, oder vielmehr der Betrug ſchaͤndlicher Menſchen, mit dem Fetiſchen⸗Schlangendienſt kaum. ſteigen, als an der Kuͤſte von Guinea. Hier iſt die Schlange Nationalgott. Ihm bringt der arme Ne⸗ ger die beſten Opfer, die er vermag. Die bluͤhend⸗ ſten Maͤdchen werden, nach blutigen Voruͤbungen, mit der Schlange in einer Höhle getraut, und es iſt leicht zu vermuthen, wer bey Allem die Hauptrolle ſpiele. Schweine werden in dieſen Gegenden durch⸗ aus “ 328 | Schlangendienl. Ren aus nicht gebulder, weil ſie die Götter beſen wuͤrden. | Wer ſollte ſich aber einfallen laſſen, daß die | Schlangen auch gebraucht wurden, um die Wahrheit zu erforſchen. Unter den verſchiednen Ordalien oder Gottesurtheilen, die unter den Hindus eingefuͤhrt ſind, um die Unſchuld oder das Verbrechen eines An⸗ geklagten zu entdecken, iſt auch die Giftprobe, bey der die Muͤtzenſchlange gebraucht wird. Sie wird in einen tiefen Topf gethan, in den man einen Ring, ein Siegel oder eine Muͤnze fallen laͤßt. Dieſe muß der Angeklagte heraushohlen. Beißt ihn die Schlan⸗ ge, ſo iſt er ſchuldig. Beißt ſie ihn nicht, ſo hat ihn gleichſam die Stimme der Gottheit freygeſprochen. Doch genug von den Schlangen, fo wie von den Amphibien uͤberhaupt! Haben unſere Leſer bey ihrer Beſchreibung und Abbildung manche an⸗ genehme und nuͤtzliche Stunde hingebracht, ſind da⸗ durch ihre Blicke in das unermeßliche Reich der Na⸗ tur erweitert, und auf Den geleitet worden, aus deſ⸗ fen unerſchoͤpflicher Quelle alle die Wunder auf uns herabfließen, ſo haben wir unſern beſcheidnen Zweck erreicht, und legen nicht ohne Beruhigung die Feder aus der Hand, um ſie, wenn unſre Leſer es wuͤn⸗ ſchen, zur Veſchreibung einer geliebtern ei wieder zu ergreifen, Ende Be Augsburg, gedruckt mit Deckardtſchen Schriften.