JMersiiciMgen^iS er die Bryozöeii mmin Wassers. fWrS,'l"VIAN»li,u., N: I jfNff(AiSCC^fN:|'iC8U'H,sl ilHÜLANj'JlSi.'S ' if' f^^»-/ OS •0 a a Ul □ b-- ^3 □ ^^^~r- CD ^M'Si CD j a o -C o Ln 0= c c r» cr 3 t- 0. .^rra.y vi^c.^ i/^--^ '/^7 'fe- '/- , ^ yWi^ BIBLIOTHECA ZOOLOGICA. Original- A^bhandlnngen aus dem Gresammtgebiete der Zoologie. Heraiisü'eü'ebeii von Dr. Rud. Leuckart , Dr. Carl Chiin und in Leipzig in Königsberg. Heft 6. Untersuchungen über die Bryozoen des süssen Wassers. Von Dr. Fritz Bracin. Mit lö Tafeln und zahlreichen Figuren im Text. C A S S E L. Verlag von Theodor Fischer. 1890. Untersuchungen üb« die Bnozoeu des süssen Wassers. Von Dr. Fritz Braem. Mit 15 lithographirten Tafeln und zahlreichen Figuren im Text. kiÜüiCK LOU.tCTlOt< C A S S E L. Verlag von Theodoi' Fischer. 1890. •''rintisd ?n Gamtifti Meinem verehrten Lehrer Herrn Prof. Dr. Carl Cliun in bleibender Danivbarkeit. Die vorliegende Arbeit wiarcle im Sommer 1886 begonnen, und wenngleich ihre Fortführung durch manches störende Ereignis gehemmt war, so habe ich doch zu keiner Zeit den Gegenstand aus dem Auge verloren, ja ich darf hoffen, dass eben diese Verzögerung in gewisser Weise dem Ganzen zu Statten gekommen sei, dessen Resultate ich nun um so öfter zu prüfen und zu erwägen Gelegenheit hatte. Es war anfangs nur meine Absicht, die Entwickelung der Embryonen im keimenden Statoblasten zu verfolgen und die Lücke, welche unser ontogenetisches Wissen in dieser Beziehung darbietet, wo möglich aviszufüUen. Um jedoch zu einer Entscheidung über die Natur der Statoblasten selbst zvi ge- langen, war es nöthig, tiefer zu greifen und die Entstehung nicht allein dieser merkwürdigen Keimkörper, sondern auch der Knospen im Stock genauer als bisher geschehen war, zu verfolgen, ja die Entwickelung der ganzen Kolonie einer eingehenden Betrachtung zu unterwerfen. Die Ergebnisse meiner Untersuchungen denke ich in folgenden Kapiteln zusammenzufassen. I. Die Bryozoeu-Fauna der Provinz Preussen. Vorkommen und Verbreitung der Formen. Systematische Fragen S. 2. II. Zur Anatomie und Entwickelungsgeschichte. A. Phylactolaemata. a. Knospung und Statoblastenbildung S. 17. 1. Das Kncspungsgesetz S. 18. 2. Die Entwickelung des Stockes. Vergleichende Morphologie der Phylactolaemen . S. 32. 3. Die Entwickelung der Einzelthiere. Anatomische Mittheilungen S. 45. 4. Die Entstehung des Funiculus S. 66. 5. Die Bildung der Statoblasten S. 68. b. Die Keimung der Statoblasten. 1. Ueber die äussei'n Bedingungen der Keimung S. 82. 2. Die Entwickelung der Embryonen im keimenden Statoblasten S. 95. c. Beobachtungen über die geschlechtliche Fortpflanzung S. 114. B. Gymnolaemata. Paludicella Ehrenbergii S. 124. Bibllotbeca zoolo^ica. Heft VI. Die Bryozoeu-Fauna der Provinz Preussen. Alles, was bisher über das Vorkommen von Bryozoen in den Süsswasseru der Provinz Preussen bekannt war, beschränkt sich auf die Angaben von Eichhorn und C. Th. von Siebold, welche beide die Stadt Danzig und deren nächste Umgebung zum Feld ihrer Untersuchungen gemacht hatten. Eichhorn beschrieb im Jahre 1776 iu seinen „Beyträgen zur Naturgeschichte der kleinsten Wasserthiere in den Gewässern in und umb Danzig" auf Seite 43 — 47 eine Plumatellen-Species , die man mit Hülfe der bei- gegebenen Abbildung wohl richtig als PL repens gedeutet hat. Siebold entdeckte dann i. J. 1839*) in den von der Mottlau gespeisten Danziger Festungsgräben nicht allein diese Form , sondern auch CristateUa mucedo Cuv. und PL fuvijosa Pall., denen er 10 Jahre später**) noch Fredericella sultana Blumenb. von dem- selben Standort hinzufügt. Er erwähnt ferner — ■ und dies betrifft zum ersten Mal die Provinz Ostjireussen — das Vorkonmien der PL fungosa im Friscliing und im Schlossteiche zu Heilsberg. Ausserdem fanden sich in der Sammlung des Zoolog. Instituts zu Königsberg Exemplare der nämlichen Form, welche im August 1876 von Prof. Rob. Caspary im See von Putz bei Bereut und im August 1877 von Prof. Zaddach im Geserich-See bei Dtsch. Eylau, beidemal in Westpreussen , gefunden war, und endlich eine von dem Königsberger Entomologen Elditt i. J. 1848 im Bach bei Rauschen gefundene und falsch als PL repens bestimmte Pliimatellen-Sfecies, die sich bei erneuter Prüfung als PL emarginata AUm. erwiesen hat. Letztere war also neben der PL fungosa Siebolds die erste und bis zu meinen Untersuchungen einzige Bryozoe, die in Ostpreusseu entdeckt war. A^euerdings ist in Folge meiner Mittheihmgen an Pi'of. Kraepelin in Hamburg der grösste Theil meiner Funde bekannt geworden,***) und ich selbst habe in einem im Zoolog. Anzeiger v. J. 1888 Nr. 288 veröffentlichten Bericht das noch Fehlende nachgetragen. Nachdem es mir in letzter Stunde gelungen ist, auch Lophopus crystallinus als heimische Form zu be- legen, fasse ich die bisherigen Resultate unter Erwähnung näherer Umstände hier noch einmal zusammen. In Ost- und Westpreussen kommen vor: 1. Pliimatella repeiis Linne. (Einschliesslich PL jugalis, Dtimortieri, elegans Allm.) Stock an der Unterlage kriechend, von der sich nur die Mündungen der Einzelthiere , selten ganze Zweige erheben. Aeste gestreckt, weitläufig verzweigt, daher meist sparrig über die Unterlage *) Noue.ste SehrifttMi der Nutiu-tbi-scliciidon Gesellsc-liaft in Danzig. Band III, Heft II, S. 7, Aimi. 11. 18.3'.t. **) Preuss. Prov.-Bliittor 1.S4!>. S. 20-2. '^**) Karl Kraepelin. die deutsehen Süsswa!3.serl)ryozoen. Eine Monographie. Abluindl. aus dem Gebiete der Naturwi.ssense haften. Hr.sg. v. Naturwi.ss. Verein in Hambui-g. Bd. X, 1887. — untere der andern Form übergreift und man Gefahr läuft, abnorme Erscheinungen gegenüber dem Regulären und Allgemeinen zu bevorzugen , sondern da kann nur die aus einer Mehrzahl von Be- obachtungen gezogene Summe, mit einem Wort der mittlere Werth, massgebend sein. Das Bemühen, denselben für die verschiedenen Formen festzustellen, hat mich zu Resultaten geführt, welche denn doch den Eindruck der Tabellen Kraepelins bedeutend abschwächen und einen Unterschied in der Grösse der Statoblasten, der dort völlig zu verschwimmen schien, klar hervortreten lassen. Ich gebe im Folgenden eine Uebersicht der mittleren Maasse unter Hinzufügung der Maximal- und Minimalwerthe in Hundertstel mm. Die betreffenden Kolonien wurden im Juli und August, z. Th. an verschiedenen Orten gesammelt. Grösster St. Kleinster St. Mittlere Grösse. L. Br. L. Br. L. Br. I. Gewöhnliche PI. vepms. 20 reife St 36 u 27 u 29 27- 33,4 26,3 t^-^' II. Dsgl. andere Kol. 30 St 35 26 30 25 32,2 25,0 III. Dsgl. gekielte Form. 30 St 36 26 30 23 33,6 24,8 IV. Dsgl. dunkle, gekielte Form. 30 St 37 2(\ 33 23 34,3 26,6 V. Dsgl. dichte, rasenartige Form auf Nupharbl. 30 St. 36 26 29 24 33,0 25,4 VI. Dsgl. dichte, fungoidc Kol. an Phragmites. 20 St 38 28 32 24 34,1 26,0 VII. Dsgl. dichte Form nn Schachtelhalmen. 20 St. . . 35 26 26 22 , 32,2 24,9 VIII. Fl. fungosa var. coralloides. Grosse Kol. 40 St.. . . 42 33 36 30 38,2 29,9 Villa. Aelteste, basale Röhren ders. Kol. 8 St 40 32 ?,1 28 38,1 29,8 Vlllb. Jüngste, frei emporragende Zweige ders. Kol. 12 St. 44 31 37 27 39,1 29,8 IX. PI. fung., geschlechtlich entwickelte Jugendform (Flabelhtm). Die 6 einzigen nahezu vollendeten freien St. der 24 mm langen Kol 45 32 41 29 43,3 31,0 X. Typische PI. fung. an dünnen Zweigen. 30 St. . . 43 30 37 29 40,4 32,2 XI. Dsgl. an Steinen, in breiter Fläche entwickelt. 30 St 45 34 39 31 42,4 32,5 XII. Xach Nitsche's Messung an 30 St. ders. Form*) . 45 34 37 27 40,4 31,3 Ich bemerke, dass diese Angaben grossentheils aus einer Zeit herrühren, wo mir die Auffassung Kraepelins noch unbekannt war und ich lediglich die Absieht hatte, mir über die zahlreichen Arten, in welche seit Allman namentlich die re;;e)is-Form eingetheilt wurde, auf Grund der Grösse der Statoblasten ein Urtheil zu Ijilden. Gleichzeitig suchte ich festzustellen, in wie weit die letztere etwa durch den Bau und das Alter der Kolonie oder die Gestalt der Röhren modificirt werde. Wie man sieht, war das Resultat in dieser Hinsicht ein völlig negatives. Weder die Existenz des Kiels und der Furche, noch die verschiedenartige Bildung der Cuticula scheinen von Einfluss zu sein, und selbst der Bau der Kolonie lässt seine Wirkung nicht klar hervortreten. Während man erwarten sollte, dass bei den dichten Formen *i Archiv f. An. u. Pliy.s. 18G8 S, 405 ff. K3 6 E> von PI. repens die Statoblasten eine Annäherung an das Maass der fungosa erkennen lassen, macht sich in Nr. VII der obigen Tabelle eher das Gegentheil geltend, und nur die var. coralloides nimmt deutlich eine vermittelnde Stellung zwischen den beiden Typen ein. Scharf genug aber hebt sich trotzdem PI. repens mit einem Durchschnittsverhältnis von 33 : 25 von PI. fungosa mit 42 : 32 ab , und dem gegenüber scheint mir das Argument Kraepelins, welches darauf fusst, dass die Schwankungsweiten beider Formen in ihren obern und untern Grenzen in einander greifen, einen grossen Theil seiner Zugkraft zu verlieren. Erwähnt sei noch der Fall, dass 15 Statoblasten einer kleinen fungoiden Kolonie, welche an einem Blattstiel von Polygonum amphibium angesiedelt war, nur eine mittlere Grösse von 39 : 30 ergaben, also etwa die Dimensionen der var. coralloides zeigten. Da ich diese aber an dem betreffenden Fundorte neben der echten fungosa niemals beobachten konnte, so glaube ich das Exemplar der letzteren zu- rechnen zu müssen, wobei ich bemerke, dass zur Zeit, wo es gesammelt Avurde, am 30. October, die Witterungsverhältnisse vermuthlich einen hemmenden Einfluss auf seine Entwickelung ausgeübt und dieselbe in vieler Hinsicht zu einer abnormen gemacht hatten. Erweist sich also das mittlere Grössenverhältnis der Statoblasten von PI. repens auf der einen imd PI. fungosa auf der anderen Seite als ein nahezu constantes, das durch gewisse Moditicationen des Wachsthums nicht wesentlich alterirt wird, so habe icli umgekehrt oft constatiren können, dass beide Formen wiederum aus Statoblasten ihren Ursprung nehmen, die den für sie aufgestellten Maassen vollauf entsprechen. Es geschieht nämlich, dass einer Kolonie die Schalen des Statoblasten, aus dem sie hervor- ging, selbst noch auf späteren Stadien anhaften, und in solchen Fällen vermochte ich leicht die Ueber- einstimmung beider, der Form der Kolonie und der Grösse des Statoblasten, zu constatiren. So zeigt beispielsweise der Mutter-Statoblast der auf Taf. II. Fig. 21 abgebildeten )'e/jc«s-KoIonie das Verhältnis 35 : 25 ft, das ungefähr auch für die von den Tochterthieren producirten Keime gilt, während die ent- sprechenden Zahlen für die an einem Seerosenblatt entwickelte junge fungosa auf Taf. II, Fig. 20 42:30 lauten. Wiederholte Beobachtungen dieser Art lassen schliessen, dass die Statoblasten eines jeden Typus unabhängig von äusseren Umständen wieder die Form der Kolonie erzeugen, aus der sie selber hervorgingen. Ergiebt nun dies alles, dass sich die Abgrenzung der beiden Arten auf Grund der durch- schnittlichen Grösse der Statoblasten sehr wohl aufrecht erhalten lässt, so erscheint es gleichzeitig als verfehlt, das Ineinandergreifen der Extreme zum Beweis ihrer Identität zu machen : Vielmehr berechtigt die letztere Thatsache nur zu der Behauptung, dass PI. repens und fungosa nach der Grösse der Statoblasten Varietäten einer Art sein k ü n n e n , nicht aber, dass sie es sein m ü s s e n. Die vorstehenden Angaben betreffen ausschliesslich die freien, mit Schwimmring versehenen Sta- toblasten. Ausser diesen werden von allen Plumatellen bis etwa auf P^. uesiCH^rt)-(s Leidy grössere, durch Kitt- masse an dem Substrat festgeleimte Keimkörper, und zwar ohne jede Rücksicht auf die Widerstands- fähigkeit der Unterlage, producirt. Auch die sitzenden Statoblasten sind bei PI. repens im Allgemeinen kleiner als bei fungo.m, im Uebrigcu ist keine Differenz nachweisbar. Die Beliauptung Kraepelins, dass die typische repens-¥orni der sitzenden Statoblasten entbehre (1. c. S. 123), kann ich nach meinen Er- f;ihrungen nicht bestätigen. Ich komme zum Gesamtbau der Kolonien. , ö ( si Der Habitus beider Formen in ihren typischen Vertretern ist ein so verschiedener, dass noch Allman sie ohne Bedenken in besondere Genera einreihte, und in der That scheint dies beim ersten AnbHck gerechtfertigt. Aber schon die coralloide Form von PL fungosa zeigt mit ihren frei aufstrebenden Aesten eine Annäherung an den Bau von PL repens, und diese andererseits entwickelt sich, zumal auf Körpern von beschranktem Flächeuraume, bisweilen zu fungoiden Gebilden. Nicht als ob es, wie Krae- pelin annehmen möchte, durch das Podium bedingt wäre, ob eine PL fungosa oder repens darauf ent- stände. Ich habe vielmehr auf Körpern, welche die freieste Ausbreitung gestatteten, auf Steinen und Nuphar-Blättern. unzweifelhafte Alcyonellen, andererseits an dünnen Aesten, Schachtelhahnen und Blatt- stielen typische Kolonien von PL repens zu vielen Malen beobachten und damit feststellen können, dass der Ort der Auheftung erst in zweiter Linie bei der Ausbildung des Stockes mitwirkt. Immerhin aber kann er die Veranlassung werden, dass eine Plumatella sicii mehr compact, eine Alcyonella dagegen flächenliafter gestaltet, und mitunter ist das Ansehen dieser aberranten Formen ein solches, dass es ausser etwa der mittleren Grösse der Statoblasten*) kaum ein untrügliches Kriterium zu ihrer Unterscheidung gibt und der Beobachter lediglich auf seine besonderen Erfahrungen angewiesen ist. Kraepelin hat nun auch hieraus den, wie ich glaulie, gewagten Schluss gezogen, dass wir es mit Varietäten oder gar blossen Wachsthumsformeu einer Art zu thuu halyen. Nicht allein al)er, dass selbst in den extremsten Fällen doch meist noch ein Unterschied im Bau constatirltar bleibt, stellt sich jene fungoide Bildung — die übrigens auch für PL emarginata charakteristisch ist — bei PL repens immer nur auf weit vorgeschrittenen Entwickelungsstadien ein, so dass die Annäherung beider Arten als eine secundäre sich kund giebt. Jugendliche Kolonien lassen den Unterschied in unverkennbarer Deut- lichkeit hervortreten. Ich lege Werth darauf, dass ich unter absolut gleichen Bedingungen schon auf den ersten Lebensstufen den Typus der Alcyonella und Plumatella nachzuweisen im Stande war. Das schönste Beispiel dieser Art gebe ich auf Tat. L, Fig. 5 in dreifacher Vergrösserung wieder. Die Ab- bildung links zeigt eine junge PL fungosa (Ale. Flabellum AWni.), die rechts eine PL repens, beide auf dem- selben Stadium mit 8 resp. 9 voll entwickelten Polypiden. Beide sind hervorgegangen aus geschlechtlich erzeugten Embryonen , die sich offenbar gleichzeitig an der Unterseite des nämlichen Blattes (Nuphar luteum), wenige mm. von einander entfernt, angeheftet hatten — eine Gleichheit der Innern und äussern Bedingungen, wie sie das genaueste Experiment nicht vollkommener hätte darstellen können. Und doch» welche augenfälligen Unterschiede sind hier zu Tage getreten. Bei PL fungosa die breiten (50 — 55 /<) gedrungenen Cj^stide , die scliarfe Kielung, die dichtgehäuften Mündungen, der tiefbraune Belag der Cuticula; bei PZ. re^;««« die schmale (circa 40,"), langgezogene Form, die weitentfernten Polypide, die lichte Färbung. Ich sehe kein Mittel, eine solche Differenz hier anders als durch innere, ererbte Eigenthüm- lichkeiten zu erklären. Aehnliche Verhältnisse sind mir, wiewohl selten so schlagend, zu ungezählten Malen entgegen- getreten und sie haben mich wesentlich in der Ansicht bestärkt, dass die Selbständigkeit beider Arten, die auch mir lange zw^eifelhaft war, einstweilen aufrecht zu halten sei. In Fig. 6 u. 7, Taf. I, habe ich noch einige andere auf den ersten Lebensstufen befindliche Kolonien, alle geschlechthch entwickelt, zusammengestellt. *) Die „alcyonelloide P/umaW/a", welche Kraepelin in Nr. 2 der Tabelle S. US anführt, halte ich nach der Grösse der Statobl. für eine wirkliche Alcyonella, ebenso wie die „rasenförraige Plum." Nr. 4, die er in Fig. 110 auch abbildet. Wie abweichend diese Formen sich meist auch späterhin verhalten, zeigt die Skizze Taf. I, Fig. 4, "Welche eine auf einem Nuphar-Blatt versammelte Gruppe in natürlicher Grösse wiedergiebt. Seit wir die Art lediglich als eine Varietät höheren Grades erkannt haben, hat der Streit, ob Art, ob Varietät, sehr an priucipieller Bedeutung verloren. So hat es denn auch nichts Befremdliches, wenn wir zwischen PI. repens und fungosa ein engeres Verwandtschaftsband constatiren müssen , als es sonst zwischen wohl umgrenzten, längst getrennten Arten zu bestehen pflegt. Die Selbständigkeit der Species aber müssen wir anerkennen, sobald die Charaktere der ihr zu Grunde liegenden Varietät der- massen fixirt sind, dass sie unabhängig von äussern Einflüssen, nur durch Vererbung festgehalten werden, ohne dass es gelingt, die Abstammung ihres Trägers von einer älteren Art durch exacte Versuche noch gegenwärtig zu beweisen. Dass in dieser Hinsicht die Gründe Kraepelins nicht stichhaltig sind, glaube ich gezeigt zu haben. Die Möglichkeit, dass wir es dennoch mit Varietäten zu tliun haben, leugne ich darum nicht. Den Beweis dafür könnte ich aber erst dann für erbracht halten , wenn es etwa gelänge , durch ausgedehnte künstliche Züchtung festzustellen, dass die kleinsten Statoblasten einer typischen AlcyoneMa bei der Keimung nicht wieder Exemplare der gleichen Form , wenn auch in minder kräftiger Ausbildung, produciren, sondern dass typische PlumateUen daraus hervorgehen, oder dass die grössten Keimkörper der letzteren eine fungoide Gestalt der künftigen Kolonie bedingen. Welchen Einfluss die sitzenden Statoblasten auf die Form der Tochterkolonie ausüben, darüber ist zur Zeit nichts bekannt. Dass die massig gebildeten Alcyonellen nicht nur aus ihnen hervorgehen, *) glaube ich aus der Thatsache schliessen zu dürfen, dass im Aiigust 1887 im Teicii von Heubude bei Danzig an den Stengeln und Blättern von Nuphar luteum diese Form in überaus reicher Fülle entwickelt war, wo sie bei der Kurzlebigkeit der Nymphaeen-Blätter schwerlich aus sitzenden Statoblasten entstanden sein konnte. Was die 4 Unterabtheilungen betrifft, in die Kraepelin seine PI. polymorpha cintheilt (1. c. S. 123), so sind dieselben vorwiegend nach dem Gesamthabitus aufgestellt, wobei aber den Wandlungen welche ein und dieselbe Kolonie in ihrem Leben erfährt, zu wenig Rechnung getragen ist. So geschieht es, dass eine PI. fungosa Fall, in ihren verschiedenen Entwickelungsstadien sowohl unter ap-pressa, als caespitosa, als fungosa Kraep. fallen kann, während ihr doch als Ganzem eine grössere Selbständigkeit gegenüber der var. repens gebührt hätte. 3. Plumatella vesicularis Leidy. {PL punctata Hancock). Nicht häufig. Ich fand diese der PI. fungosa nahestehende Form im August 1887 in der Alle bei Wehlau an Nuphar-Blättern in wenigen kleinen Exemplaren (Taf. I, Fig. 8, eine geschlechtlich ent- wickelte Kol.). Im August 1889 beobachtete ich sie im Schlossteich von Gerdauen, wo sie in dichten, aber flächenhaften Massen einen Pfahl auf Fusslänge überzog. Angeheftete Statoblasten scheinen zu fehlen. Die freien ergaben auf Grund von 15 Messungen eine mittlere Grösse von 47,3 : 32,0 u, Max. 53 : 32, Min. 43:31. Die „weissen Pünktchen" an den Mündungskegeln, die als charakterisch erwähnt werden, konnte ich nicht entdecken. *) So vermuthft Kraepelin 1. c. S. 110. ö 9 £> 4. Plumatella fruticosa Allman. Hauptäste kriechend, mit zahlreichen, frei emporragenden Zweigen, schlank, weitläufig verzweigt. Kiel meist deutlich. In Form und Färbung zeigt die Kolonie eine ausserordentliche Aehnlichkeit mit Fredericelln. Angeheftete Statoblasten (Taf. I, Fig. 15) schmal, mit rudimentärem Schwimmring, in der Form den freien ähnlich , aber viel grösser. Freie Statoblasten (Taf. I, Fig. 13) länglich, Längsaxe in der Regel grösser als die doppelte Breite. Um Danzig in den Teichen bei Glettkau und Konradshammer an schwimmenden und unterge- tauchten Blättern von Nuphar und Sagittaria häufig. 5. Plumatella emarginata Allman. {PL diffusa Leidy, PL stricta Allm.?, Alcyonella Benedeni Allm.) Stock kriechend, dicht verzweigt, ältere Kolonien rasenförmig entwickelt. Röhren meist scharf gekielt. Angeheftete Statoblasten (Taf. I, Fig. 14) breit, gleich denen von PL repens. Freie Stato- blasten (Taf. I, Fig. 12) länglich, Längsaxe in der Regel kleiner als die doppelte Breite. Bei Wehlau in Bächen und in der Alle an Steinen uud Nymphaeen-Blättern häufig. Um Königsberg im Bach bei Rauschen (Elditt 1848). Typisch fungoide Formen {Ale. Benedeni Allm., var. muscosa, spongiosa Kraep.), sind mir nicht begegnet. — Wie PL repens und fungosa, so hat Kraepelin auch diese und die vorige Art als Varietäten einer einzigen, der PL princeps Kraep.*), aufi'assen zu dürfen geglaubt. Dementgegen "muss ich auch hier an der Selbständigkeit beider Formen festhalten, bei deren Trennung sich mir in keinem Falle irgend welche Schwierigkeiten ergeben haben. PL emarginata fand ich bei etwas grösserer Durchschnittsweite der Cystidröhren (ca. 30 — 40 fi, fruticosa 25—35 /«, gemessen an kriechenden Zweigen bei Ansicht von oben) ausgezeichnet durch den sehr viel gedrungneren Bau, der meist zu dichten, rasenartigen Bildungen führt, gegenüber den schlanken und zierlichen, oft höchst' regelmässig verästelten Formen der fruticosa (vgl. Taf. I, Fig. 9 u. 10); ferner durch die mit feinen, kieseligen Elementen imprägnirte Cuticula , die bei fruticosa mehr eine hornige Beschaffenheit gewinnt. Die Zahl der Tentakeln ist bei emarginata meistens geringer als bei fruticosa, sie beträgt hier etwa 38— -40, dort 50 — 55. Die freien Statoblasten sind verschieden an Form und Grösse (Taf. I, Fig. 12 u. 13). Wenn auch bei emarginata das ausserordentlich weite Uebergreifen des Schwimmrings an der Oberseite, wo die eigentliche Schale oft fast verdeckt wird, kein untrügliches Merkmal ist, so dürften doch die verschiedenen Bilder, welche die Seitenansicht ergiebt, d. h. die schärfere Absetzung des Schwimmrings vom Discus bei f ndicosa, mahi bloss zufällig sein. Messungen ergaben für Max. Min. Mittlere Grösse L. Br. L. Br. L. Br. PL emarg. (10 St.) 52 ji 27 n 47 25 49.9 26,7 PL frut. (30 St.) 57 21 50 20 51,7 20,7 *) Dieser Name eiTegt schon deshalb Bedenken, weil ihm eine höchst unsichere Auffassung der Phylogenie zu Grunde liegt. Nach Ki-aep. soll aus Paludicella allmälig Fredericella und dann zunächst Plum. princeps hervorgegangen sein (1. c. S. 161 f.). Ueber den durch keine bekannten Zwischenstufen überbrückbaren Abstand von Palud. und unseren Phylactolaemen s. S. 11 f. Bibliotheca zoologica. Heft VI. ■^ — -ö 10 £i Man sieht, dass auch da, wo einzelne Ziffern einander nahe kommen, doch der Unterschied in der Form deutlich ausgeprägt bleibt, indem bei PI. frut. die Breite der Statoblasten überall beträchtlich hinter der halben Länge zurückbleibt, bei emarg. aber über dieselbe hinausgeht. Für wichtig halte ich ferner den Umstand, dass die zweite Art von Statoblasten, jene nämlich, welche in den Cystidröhren festliegen, bei unsei'n Formen eine über Erwarten differente Bildung aufweisen. Ein Blick auf Taf. I, Fig. 14 u. 15, deren zweite die bisher unbekannten Statoblasten der Fl. frut.*) darstellt, mag dies bestätigen. Form und Grösse sind überaus verschieden. Bei emarg. ist das Ver- hältnis der Länge zur Breite etwa 42 : 32 /<**), bei frut. 64 : 26. Verglichen mit den freien Statoblasten zeigt sich bei frut. eine Abweichung nur bezüglich der Grösse, bei emarg. dagegen in sehr merklicher Weise auch in der Form. Die festen Statoblasten ähneln hier vollkommen denen von PI. repens und fungosa, nur dass sie entsprechend der geringeren Cystidweite kleiner sind. In der Abwesenheit des Schwimmrings und in der Befestigung mittels einer chitinigen Kittmasse herrscht völlige Ucbereinstimmung. Anders bei PI. fruticosa. Hier sehen wir einen Schwimmring von beträchtlicher Breite entwickelt, der geradezu den Anschein erweckt , als ob er für jene Kittmasse einen Ersatz leiste. Indessen finden sich auch hier die Chitinstreben, welche bei den angehefteten Statoblasten die Befestigung an der Unterlage ins Werk setzen und, vom äussersten Rande der untern Fläche des Discus abwärts verlaufend, in einen Wall von Kittsubstanz übergehen, den man in Fig. 14 in Form eines schmalen Bandes (k) an der Peripherie hervorragen sieht. Bei PI. frut. wird derselbe vom Schwimmring meist vollständig verdeckt. Dieser besteht aus rudimentären, unverschlossenen Chitinzellen, die an der nach oben gekehrten Seite***) besser ausgeprägt sind als an der entgegengesetzten. Möglicherweise ist diese Ungleichheit darin begründet, dass die der Cystidwand benachbarten Schwimmringzellen sich activ an der Festleimung betheiligen, was auch für die übrigen Formen gelten könnte, nur mit dem Unterschied, dass dort der grösste Theil des Schwimmrings ganz unterdrückt wird. Diese so eigenthümliche Bildung der angehefteten Statoblasten von PL fruticosa scheint mir im Verein mit den sonstigen Charakteren der Form bedeutsam genug, um die Trennung der beiden Arten zu rechtfertigen. PL emarginata entwickelt sich bisweilen zu typisch fungoiden Formen. Ich kenne dieselben nur aus der Beschreibung Kraepelins, der auch die Maasse der Statoblasten angiebt. Danach sind diese kaum von denen der gewöhnlichen Kolonien verschieden, so dass beim Mangel sonstiger Differenzen die var. spongiosa Kraep. in der That nur eine Waclisthumsform der emarginata darstellen dürfte. Wir hätten hier also ein ähnliches Verhältnis vor uns, wie es zwischen PL repens und PL fungosa besteht, nur gleichsam auf einem früheren Stadium. Die Trennung der Formen, die dort schon weit vorgerückt ist und zu heteromorphen Bildimgen selbst in der Jugend geführt hat, erscheint hier erst angebahnt, indem sich lediglich Unterschiede im Habitus der definitiven Kolonien ergeben haben. In völligem Einklang mit Allmans Angaben fand ich PL emarginata vorzugsweise in rasch fliessenden Bächen, PL fruticosa in ruhigen Teichen. *) Kraepelin hat dieselben wohl ebenfalls gesehen, da erl. c. S. 1-20 von „merkwürdigen Zwischenformen zwischen sitzenden und Schwimmrings-Statoblasten" bei frut, spricht. **) Die Kittmasse nicht einbegriffen. Mit derselben ungefähr 46:3ti. ***) Diese Seite entspiicht der untern der schwimmenden Statoblasten. ö 11 £> 6. Fredericella sultaua Blumenbach. Im Preiler Teicli und im Pregcl bei Königsberg; in der Alle bei Wehlau; in der Angerapp oberhalb Darkehnien ; stellenweise häufig. Juni bis October. Diese intei'essante Gattung der Phylactolaemen schhcsst sich in jeder Bezieiiung so eng an die vorige, dass es kaum verständlich ist, wie Kraepelin sie mit einiger Gewissheit als Uebei'gangsfonn zwischen Pliimatdla und die weit entfernte Paludicella meinte stellen zu können. Er beruft sieh dabei*) auf die Kleinheit der Polypide, die Zahl der Tentakeln, die Form des Lophophors und die „primitive" Ausbildung der Statoblasten — Argumente, von denen höchstens das letzte ernsthaft zu nehmen ist, obwohl auch hier die Thatsache, dass Paludicella der Statoblasten überhaupt entbehrt und für die Homologie dieser Körper mit den Winterknospen bisher auch nicht die Spur eines Beweises beigebraclit worden ist, von vorn herein in die Wagschale fällt. Die Kleinheit der Polypide anlangend, die von PI. fruticosa z. B. gar nicht so sehr verschieden ist, so könnte dieselbe zwar in Betracht gezogen werden, wenn es auf Grund anderer Erscheinungen gelungen wäre, die Abstammung der Fredericella von Paludicella wahrscheinlich zu machen ; sie aber in Ermangelung solcher geradezu für diesen Zweck auszunutzen , das dürfte denn doch so lange verfehlt sein, als die A'erwandtschaftlichen Beziehungen metazoischer Thierformen nicht nach dem Volumen der letzeren zu eruiren sind. Die Zahl der Tentakeln ist bei Paludicella nach Allnian 16, Kraepelin hat Exemplare mit 18 beobachtet. Ich habe an wohlgebildeten Individuen von Fredericella 17 Tentakeln gezählt, Allman und Kraepelin nennen 24 ; 20 bis 22 mag der Durchsclmitt sein. So müssten denn Paludicella und Fredericella einander ganz ausserordentlich nahe stehen. Die Zahl der Tentakeln ist ja ein leicht variables Merkmal, das nicht nur innerhalb der Phylaetolaemen-Gruppe von 17 bis gegen 90 steigt, sondern sogar bei der einzelnen Species in Grenzen von fast einem Drittel des Gesamtbetrages schwankt. Und Fredericella zeigt doch gegenüTaer Paludicella nur eine Vermehrung um etwa ein Viertel, während die Plumatellen die Zahl der Fredericella um das Anderthalbfache übertreffen. Wie eng verbunden, sollte man also meinen, müssen Fredericella und Paludicella sein, wenn die Tentakelzahl einen Masstab für das Verwandt- schaftsverhältnis bietet. — Aber das Absurde solcher Beweisführung liegt aiif der Hand. Gerade wenn man die Consequenzen derselben zieht, wird es klar, wie sehr die Tentakelzahl an Bedeutung hinter anderen Charakteren zurücksteht, ja wie nebensächlich und abhängig sie ist. Kraepelin selbst hat die Bemerkung gemacht, dass „die Körpergrösse der Polypide fast im geraden Verhältnis mit der Zahl der Nahrung zuführenden Tentakeln wächst", beide also in ihrer Ausbildung gleichen Schritt halten. Und so sehr dies zuzugeben ist, so folgt doch daraus unmittelbar, dass die Zahl der Tentakeln nicht mehr und nicht minder die Verwandtschaft der Formen zu begründen vermag, als es die Kleinheit der Polypide that, dass sie überhaupt nicht als neuer Factor in der Reihe derjenigen anzusehen ist, welche mit Recht oder Unrecht für die Abstammung der Fredericella von Paludicella ins Feld geführt werden können. Die Form des Lophophors ist bei Fredericella insofern von der der übrigen Phylactolaemen ver- schieden, als die Arme verkürzt sind. Sonst herrscht in Allem und Jedem völlige Uebereinstimmung. Ich werde unten ausführlich darauf zu sprechen kommen, dass alle Jlerkmale, welche den Lophophor *) 1. c. S. 161. 2* S3 12 ES der Plumatellen charakterisiren,' auch bei Fredericella ausgeprägt sind. Der Kelch ist typisch entwickelt, das Epistom scharf abgesetzt und sein Hohlraum von der Lophophorhöhle geschieden, die denselben mittels eines besondern Kanals (Gabelkanal) au der Analseite umgreift. Fügt man hinzu, dass das Nervensystem zwei kräftige Ausläufer in die Arme des Lophophors entsendet, die den Ganglienhörnern der, verwandten Formen durchaus entsprechen, so ist Alles erschöpft, was an Uebereinstimmungen über- liaupt nur gewünscht werden kann, und die Aehnlichkeit mit Paludicella rediicirt sich auf die rein äusserliche, fast möchte man sagen, trügerische Rundung des Lophophors, welche jede weitere Annäherung ausschliesst. So bleibt denn nur noch die Bildung der Statoblasten. Freilich dürfte in dieser Beziehung das Tertium comparationis vermisst werden, da Paludicella der Statoblasten gänzlich entbehrt, und hin- sichtHch der Winterknospen, so gern man ihre Homologie anerkennen möchte, noch nicht einmal der Weg gezeigt ist, wie eine solche zu denken wäre. Nun beschränkt sich aber das „Primitive" in der Stato- blastenbildung bei Fredericella einzig darauf, dass die zur Anlage des Schwimmrings gehörigen Vor- gänge in Wegfall kommen*), während sie bei den angehefteten Statoblasten der Plumatellen zwar unter- drückt, aber nicht gänzlich geschwunden sind. Wie geringfügig diese Differenz an und für sich ist, wird sich aus der detaillirten Beschreibung der Schalenbildung ergeben. Hier sei nur ei'wähnt, dass es überhaupt noch zweifelhaft ist, ob die sitzenden Statoblasten für phylogentisch älter zu halten sind als die freien. Die Thatsache, dass sie bei PL fruticosa mit einem deutlichen Schwimmring versehen sind, der doch hier nur als ein rudimentäres Organ aufgefasst werden kann, spricht dagegen, und das uui so mehi', wenn Kraepelins PL princeps wirklich die Stammform der übrigen Plumatellen repräsentiren sollte. Zudem ist die Festleimung ein Process, der die Schalenbildung eher complicii't als vereinfacht und gar wohl die Möglichkeit bestehen lässt, dass die angehefteten Statoblasten aus den freien durch einen weiteren Schritt nach vorwärts entstanden sind. Jedenfalls vollzieht sich die Bildung beider anfangs in völliger Uebereinstimmung, durch Abschnürung einer Zellgruppe vom Keimstock des Funiculus, und der Unterschied tritt erst hervor, wenn die cystogene Hälfte Anlehnung an das Integument des Mutterthieres gefunden hat, woraiif dann der angeheftete Statoblast sicli zu einem Gebilde entwickelt, das meist durch den Mangel des Schwimmrings und einen grösseren Umfang vor den gewöhnlichen Statoblasten sich auszeichnet. Die der Bildung des Schwimmrings dienenden Vorgänge, welche vorwiegend auf einer Verschiebung der cystogenen Zellen über den Rand des Discus hinaus beruhen, sind zu Gunsten der Festleimung des Statoblasten modificirt, und sie sind es allein, die durch ihren Wegfall den Fredericella- Statoblasten von dem angehefteten der Plumatellen unterscheiden. Ist dieses möglichenfalls nur ein Schritt auf dem Wege, den wir schon bei Plumatella angebahnt sehen, so kann uns andererseits das Fehlen schwimmender Statoblasten nicht überraschen bei einer Form, die sich im Gegensatz zu ihren Verwandten mit Vorliebe in den tiefsten Schichten des Wassers, in der Nähe des Bodens, ansiedelt, die also durch jene Körper an Orte geführt werden würde, wo ihr die geeigneten Lebensbedingungen in ungleich geringerem Maasse geboten wären. — In Anbetracht solcher Erwägungen muss ich gestehen, dass es mir keineswegs ausgeschlossen erscheint, dass Fredericella nicht einen Vorläufer der Plumatellen, sondern eine spätere Modification derselben repräsentirt, und so wenig Werth ich dieser Hypothese bei- messe, so dürfte sie doch zur Zeit ebensowohl discutabel sein, wie die gegen theilige von Kraepelin. *) s. unten Kap. 5. Eine Kittmasse ist auch bei Fredericella vorhanden. ¥3 13 ö Es würde zu weit fiiliren, wollte ich nach Erörterung der Gründe, welche Kraepelin für die Descendenz der Fredericella von Paludicella geltend macht, auf eine Besprechung der sonstigen Differenzen dieser Gattungen mich einlassen. In den nachfolgenden Untersuchungen wird überall auf die Ueberein- stimmung der Fredericellen mit den Plumatellen hingewiesen werden, und ich betone hier nur, dass beide durch die anatomischen und entwickelungsgeschichtlichen Verhältnisse, insbesondere den Knospungs- modus, die Statoblastenbildung, die Hoden- und Eibildung , den Bau der Polypide mit ihrem , wenn auch rundlichen, doch zugleich unverkennbar hufeisenförmigen Tentakelkranz, dem scharf abgesetzten Munddcckel, dem typischen Kelch,' dem Funiculus, aufs engste verbunden sind. Der Mangel schwimmender Ötatoblasten involvirt keinen wesentlichen Unterschied, da die Entstehung der festsitzenden bis auf geringe Differenzen in der Bildung der Schale die nämliche ist wie bei Plumatella. Paludicella steht isolirt da in Bezug aut die grundsätzlich verschiedene Art der Knospung, den Mangel der Statoblasten , die Ent- stehung der Eier und Samenzellen an der analen Leibeswand*), durch den Besitz von zwei Funiculis und zwei mit • eigenthümlichen Muskeln versehenen Duplicaturen der Ausstülpungsöönung, durch die Existenz besonderer Parietalmuskelbänder, wie sie sich bei den marinen Cliilostomen wiederfinden, durch den gänzlichen Mangel eines Epistoms, des Kelchs und der hufeisenförmigen Bildung des Tentakelki'anzes. 7. Lopliopns crj'Stallimis Pallas. Noch zuguterletzt habe ich das Vorkommen dieser seltenen Bryozoe in Preussen constatiren können, indem ich die Statoblasten derselben im August 1889 im Schlossteich zu Gerdauen und im October im Preiler Teich bei Königsberg auffand, ohne dass es gelang, die Kolonien selbst zu entdecken. Die Statoblasten zeigten eine Länge von 1,20, eine Breite von 0,63 mm. 8. Cristatella miicedo Cuvier. Um Königsberg im Preiler Teich, im Pregel, im Teich von Rauschen ; in der Alle bei Wehlau ; im Teich von Glettkau bei Danzig und in den Festungsgräben der Stadt (v. Siebold 1839). Juni bis October. Im August und September bis tief in den October, wo die Kolonien allmählich absterben, stellen- weise in unglaubHcher Fülle. So waren im Spätsommer und Herbst 1888 vor einer ins Wasser vor- springenden Zunge des Preiler Teichufers die Blätter und Stengel der Nymphaeaceen, von Typha, Sparganium und Limnanthemum, sowie Binsen und Schachtelhalmen, mit herrlichen, bis gegen fusslangen**) Kolonien buchstäblich übersät, und in ähnlicher Massenhaftigkeit hatte ich Cristatella im Jahre 1887 in der Alle bei Wehlaii***) beobachtet, ohne sie im Jahre darauf hier abermals auffinden zu können. Kraepelin hat für Cristatella zwei Varietäten angesetzt, die er nach Grösse und Dornenzahl der Statoblasten unterscheidet. Es sind dies : „Var. i< genuina: Statoblasten im Mittel 0,8 mm. (0,7 — 0,97 mm.) breit. Zahl der Dornen auf der Doi'salseite 10 bis 22, an der Ventralseite 20 bis 37. *) Kraepelin hat auch am unteren Funiculus von Paludicella Spermatozoenbildung beobachtet. 1. c. S. 72. **) Solche erwähnt auch Nitsche, Zeitseh. f. wiss. Zool., XXV. Suppl.-Bd., 3. Heft. (Ueber die Knospung der Bryozoen.) S. 125. ***) Für die Namhaftmachung dieses Standortes bin ich Herrn Dr. VanhoefFen zu Dank verpflichtet, der meinen faunistischen Untersuchungen auch sonst ein freundliches Interesse widmete. ¥3 14 £> Var. ß Idae: St — kam er zu einem Endresultat, das ich in einem wesentlichen Punkte als unzutreffend zu erweisen in der Lage bin. Er folgerte nämlicli, dass die polypoide Knospenanlage lediglich das sog. „Polypid" aus sich hervorgehen lasse, während das zugehörige „Cystid", also die äussere Leibeswand des Lidividuums, aus den Zellen des nächst älteren Cystides sich aufbaue, und er gründete darauf seine Bestätigung der All- man'schen Theorie von der Doppelnatur der Bryozoen, wonach jedes scheinbar einheitliche Individuum thatsächlich aus zweien von ungleicher Entwickelung bestehen sollte. Das Cystid und das Polypid waren nach ihm zwei selbständige, zu einer secundären Einheit verschmolzene Einzelwesen. Die schon von ihm beobachteten „Doppelknospen" sah er als, wiewohl häutige, Ausnahmen an. Nitsches wie seiner Vorgänger Angaben, wonach theoretisch an jeder beliebigen Stelle der Leibes- wand durch Einstülpung ihrer beiden Blätter ein neues Polypid entstehen könnte, lassen somit die Frage offen, warum dennoch die jungen Knospen in gesetzmässiger Weise einander folgen und warum ihre Anlage stets an einem bestimmten Punkte, oral vor dem nächst altern Individuum, vor sich geht. Ich werde im Folgenden den Versuch machen, diese Frage ihrer Lösung entgegenzuführen. I. Das Knospiingsgesetz der Phylactolaemen. Ehe ich auf allgemeine Verhältnisse eingehe, scheint es mir rathsam, die Entstehung der Knospe zunächst in einem besondei'n Fall, bei Cristatella, genau zu verfolgen und dann vom Speciellen und Complicirten zum Einfachen und Regulären fortzuschreiten. Cristatella liefert schon deshalb das günstigste Object zur Untersuchung, weil sie in Folge der regelmässigen Anordnung und dichten Häufung der Individuen auf die einfjichste Weise die Herstellung von Schnitten verschiedener Stadien in verscliiedener Richtung ermöglicht. Die Kolonie als Ganzes (Taf. VI, Fig. 71) bietet bekanntlich den Anblick eines abgeplatteten Wurms, in welchem seitlich von der Mediane zunächst die ältesten Polypide (P) in zwei an den beiden Polen des Körpers ineinanderlaufenden Längsreihen angeordnet sind , worauf dann nach der Peripherie zu stufenweise die jüngeren Individuen in immer weiteren Reihen folgen , bis endlich gegen den Rand hin in einer diesem parallelen Vegetationszoue (KZ) die Kolonie sich dufch Entwickelung neuer Knospen ■ergänzt. Die Einzelthiere jeder Reihe stehen nicht genau vor denen der höheren Reihe, sondern sind in die Zwischenräume hineingerückt, so jedoch, dass, je mehr sie gegen die Peripherie hin sich verjüngen, ihre Zahl wächst, bis diese in der äusscrsteu Knospenregion ilir Maximum erreicht hat. Auf Querschnitten der Kolonie werden die Individuen annähernd sagittal resp. median getroffen. Jeder derartige Schnitt (Fig. 12) bietet uns in seinem mittleren Theil die ältesten Polypide mit der Anal- seite der Symmetrieebne zugekehrt und jederseits gefolgt von den jüngeren, die unter gleicher Orientirung allmählich zu den Knospen hinüberführen (KZ). Die schmale Zone, in der die Bildung der letzteren vor sich geht, befindet sich an der oberen Decke der Kolonie in geringer Entfernung vom Rande, wo das Integument sich umbiegt und zur Sohle wird. Die Knospen ragen hier als mehr oder weniger compacte Säcke frei in das Innere der gemeinsamen Leibeshöhle der Kolonie hinein. Lenken wir nun unser Augenmerk auf die Entstehung einer einzelnen Knospe, so fällt uns bei der Durchsicht einer Reihe von Querschnitten mit Nothwendigkeit ein Verhältnis auf, welches schon ö 19 £1 Nitsche*) als „besondere Eigenthüralichkeit" der Phylactolaemen beobachtet hat. Es ist die Thatsache, dass, wie Nitsehe sagt, „in sehr vielen Fällen nicht ein, sondern zwei Polypide aus derselben Knospenanlage hervorgehen". Eine solche Bildung bezeichnet Nitsehe als „Doppelknospe". Die „secundäre Knospe, föhrt er fort, entsteht an der primären Knospenanlage häufig schon sehr früh. Besonders ist dies bei Cristatella der Fall, wo oft zwei noch ganz junge Knospen von einer und derselben Einstülpungsstelle ausgehen, so dass man anfänglich eine tief uierenförmig eingeschnittene Knospe zu sehen meint, die mit der convexen Seite der Leibeswand des Thieres ansitzt." Auch Hatschek kommt in der Arbeit über Pedicellina^*) auf dies Verhältnis zu sprechen und bestätigt theilweise die Angaben Nitsches. Ja er geht etwas weiter und bemerkt auf einem Stadium, wo „die Mutterknospe schon weitere Differenzii-ungeu zeigt, an der Tochterknospe den Beginn einer abermaligen Theilung". „Ich habe, sagt er, unter einer grossen Anzahl von Querschnitten keine Knospe gefunden, deren Entstehung niclit durch ilir bestimmtes Lageverhältnis auf die nächst ältere Knospe zu beziehen war." , Im Folgenden wird es sich in erster Linie darum handeln, nachzuweisen, inwiefern dieser Satz thatsächlich für die Knospen der Cristatella zutrifft , und welcher Art die Beziehungen sind , in denen das einzelne Polypid zu den benachbarten und zu der gesamten Kolonie steht. Wir werden das Schicksal der Einzelknospe vom Moment ilu-er Entstehung bis ziu' Vollendung des Individuums verfolgen und aus den beobachteten Thatsachen die für den Aufbau der ganzen Kolonie sich ergebenden Schlüsse ziehen. Wenn wir auf Quersclinitten die jüngsten Knospen durchmustern , so lehrt schon ein flüchtiger Ueberblick, dass hinsichtlich ihrer Entstehung keine völlige Einheit herrscht. Neben solchen, welche direct von der Kolonialwand zu entspringen scheinen (Taf. VI, Fig. 81, B'), finden wir andere, welche offenbar aus einer älteren Knospe hervorgehen (Fig. 75, B) und mit dieser zur typischen Doppelknospe verbunden sind. Um hier Klarheit zu schaffen , wollen wir eine Bildung der letzteren Art näher ins Auge fassen. Taf. VI, Fig. 73 zeigt eine Doppelknospe im ersten Stadium ihrer Entwickelung. Die Knospe A stellt einen zweischichtigen Sack dar, welcher oben an der Wandung der Kolonie festsitzt, mit seinem blinden Ende dagegen frei in die von Blutflüssigkeit erfüllte Leibeshühle hineinragt. Das äussei'e Blatt der Knospe geht in das mesodermale Epithel (m) der Leibeshöhle über, das innere grenzt unmittelbar an die blasigen Zellen (ec) des Integuments, von denen es sich in Folge seines embryonalen Charakters deutlich abhebt. In Karminpräparaten erscheinen nämlich die Zellen der Knospe stets intensiv roth, während das ältere, ohnehin stark modificirte Ectodermgewebe eine ganz blasse Färbung zeigt, aus der nur die Kerne schärfer hervortreten. Das Lumen des Knospensackes reicht bis über die Mitte in den obern Theil desselben, den wir fortan als Halstheil (h) bezeichnen wollen, hinauf, aber niemals weiter in denselben hinein, so dass er in der Nähe der Leibeswand stets compact bleibt. Die Halsregion der Knospe A lässt nur an ihrer dem Rande der Kolonie zugekehrten Seite, welche der Oralseite des künftigen Polypids entspricht, eine leichte Anschwellung B erkennen, welche auf eine lebhaftere Wucherung der hier gelegenen Zellen beider Blätter zurückzuführen ist. Die Anschwellung nimmt rasch zu und ein *) Knospung S. 132 f. **) Ztsehr. f. wiss. Zool. Bd. XXIX, S. 537 tF. 1877. 3» <3 20 K •wenig später (Fig. 74) hebt sie sich bereits deutlich von der Hauptknospe ab , wobei der Typus der Doppelknospe zu unverkennbarem Ausdruck gelangt. In der Tliat haben wir es hier mit einer neuen Knospe zu thun , welche unmittelbar aus der älteren ihren Ursprung nimmt , gleichsam durch Theilung derselben, wie Hatschek sich ausdrückt, entsteht. Man sieht in Fig. 74, dass das Lumen der Primär- knospe (A) mittels eines engen Kanals in das der Seeundärknospe (B) übergeht, und auch das folgende Stadium, Fig. 75, lässt diese Verbindung erkennen. Dieselbe ist jedoch keineswegs immer deutlich. Mitunter liegen die Zellen der Tochterknospe so dicht zusammen, dass gar keine Höhlang wahrnehmbar ist, die erst allmählich auftritt, wenn bei fortschreitendem Wachsthum die Zellen des inneren Blattes auseinanderweichen und eine periphere Lagerung einnehmen. Eine offene Communication der beiden Knospen scheint dann niemals bestanden zu haben. Aber auch da, wo sie längere Zeit persistirt, geht sie im Lauf der weitern Entwickelung verloren und man sieht dann (Fig. 76) die Knospen durch eine solide Zellbrücke (h) verbunden, welche den Hals der Doppelknospe gänzlich erfüllt. Derselbe hat gegen früher so bedeutend au Umfang gewonnen, das die Basis, mit der die Doppelknospe an der Leibeswand haftet, jetzt beinahe noch einmal so breit ist, als zu Anfang. Li der Folge (Fig. 77) prägt sich dies Verhältnis noch schärfer aus. Wir bemerken gleichzeitig, dass die Spitze des Winkels zwischen den Einzelknospen immer tiefer einschneidet und mehr und mehr gegen die blasenförmigen Ectodennzellen (ec) vordringt, wobei die Zellbrücke h des inneren Knospcnblattes allmälüich auf ein schmales Band (Fig. 67, h') reducirt wird, welches allein den gemeinsamen Ursprung der sonst völlig getrennten Knospen noch andeutet. Dasselbe entspricht schon nicht mehr genau den in Fig. 73 mit h bezeichneten Zellen, sondern den bei h' gelegenen, welche dadurch, dass jene vollständig in die Kolonialwand übergingen, weiter emporgerückt und endlich in die unmittelbare Nähe des ectodermalen Integuments gelangt sind. Aber aach diese Verbindung wird bald gelöst, die Knospen entfernen sich von einander, und jede scheint dann selbständig von der Kolonialwand ihi-en Ursprung genommen zu haben. Schon das Stadium Fig. 77 zeigt uns die Tochterknospe B auf ganz- derselben Entwickelungsstufe , auf der in Fig. 73 die Mutter- knospe A stand. Sie hat, wie jene, bereits Anstalten zu einer ueu^n Theilung getroffen, und wir sehen in der Anschwellung C am oralen Tlieil ihres Halses eine dritte, eine Enkelkuospe, auftreten, die sich nun ebenso weiterbildet, wie wir es für die Mutter B in Fig. 73 — 77 constatirt haben. — Zunächst drängt sich uns hier die Frage auf, was aus den bei h gelegenen Zellen des ursprüng- lichen Knospenhalses im Lauf der Entwickelung geworden ist. Denn , wie die Vergleichung lehrt , geht fast der ganze im Gebiet des BasalstXickes der Doppelknospe befindliche Zellcomplex in die Nachbar- gewebe über, er wird also entweder beim Aufbau der Einzelknospen verbraucht, oder zur Ergänzung der Kolonialwand verwendet. Gegen das erste spricht, dass niemals eine Sonderung der inneren Zellen des Halses der Doppelknospe im Sinne der Einzelknospen zu beobachten ist, auch nicht auf späteren Stadien, wo der immer schwächer werdende Zellstrang (h', Fig. 77) doch keinerlei deutliche Unter- brechung zeigt. Vielmehr hat es den Anschein, als ob jede Knospe lediglich aus dem in ihrem unmittel- baren Bereich gelegenen Zellmaterial erwachse, als ob z. B. die durch den Bogen der Knospe B (Fig. 73, 74) umschriebenen Zellen des inneren Blattes in keiner Weise durch die darüber befindlichen vermehrt würden. Andererseits werden im Gebiet der Knospungszone offenbar weitgehende Anforderungen an die Leistungen des ectodermalen Integuments gestellt , das in demsellien Älaasse sich erweitern muss, als die Basis der Doppelknospe an Breite zunimmt (vgl. Fig. 73 : 77). Es ist demnach sehr wahi'scheinlich. — K3 21 ES^ dass die fraglichen Zellen ihre Thätigkeit in dieser Richtung entfalten, und einer solchen Vermuthung erweist sich die Wirklichkeit als durchaus günstig. Obwohl nämlicli der Gegensatz zwischen den in- differenten Zellen der Knospe, die in ihrem embryonalen Zustand nach keinen speciellen Leistungen angepasst sind, und den stai'k modificirten, blasenförmigcn Zellen der äusseren Körperwand meistens ein sehr augenfälliger ist, so lassen sich doch Uebergänge der verschiedensten Art oft genug nachweisen. Hier und da sieht man die dem Ectoderni benachbarten Zellen der Knospenfüllung mit bald längern, bald kürzern Ausläufern in dasselbe hineinragen, während sie an der Basis mit ihresgleichen in engster Verbindung bleiben (Taf. VII, Fig. 89; Taf. VIII, Fig. 93); oder man sieht einzelne Zellen, von den übrigen losgelöst, im Bereiche des Ectoderms liegen (Taf. VII, Fig. 90), wo sie zuweilen eine gestreckte, spindelförmige Gestalt angenommen haben (Fig. 89, z). Auch beobachtet man vielfach unter den blasigen Ectodermzellen solche, die neben einem verhältnismässig kleinen Secretballen einen auffälligen Reichthum an Protoplasma zeigen und mit einem langen Fortsatz bis in die Nähe des Knospenhalses heranreichen (Fig. 90, z). Auf Grund der Darstellung Nitsches, wonach die Knospen durch Einstülpung der Leibes- wand entstehen sollten, glaubte ich anfänglich, hier an eine Einwanderung von Theilproducten der Zellen des ectodermalen Integuments in die Knospe behufs Regeneration der letzteren denken zu sollen. Be- rücksichtigt man indessen, dass gerade bei CristateUa diese Zellen ausserordentlich differenzirt sind, dass sie vermöge der inneren Secretion zu Gebilden anschwollen , die man nicht ohne Mühe auf den Typus der einfachen Zelle zurückzuführen vermag, so wird man Bedenken tragen, ihnen die Fähigkeit zuzuge- stehen, einer jugendlichen Knospe als Baumaterial zu dienen, vielmehr wird man annehmen, dass umge- kehrt ein Theil der embryonalen Zellen der Knospe definitiv in das Integument übergeht, wobei denn naturgemäss die verschiedensten Zwischenformen durchlaufen werden. Man wird dem um so bereitwilliger beipflichten, als die spätere Entwickelung lehrt, dass thatsäclilich die letzten Zellen des Knospenhalses zur Bildung der Duplicatur (Taf. VI, Fig. 82, d) verwandt werden , die ja die unmittelbare Fortsetzung der Leibeswand ist, und dass also der Basalabschnitt des inneren Knospenblattes sich ganz zu blasigen Ectodermzellen umgestaltet*) . Hiemit ist denn auch die allmähliche Trennung der zur Doppelknospe verbundenen Einzel- knospen vollständig erklärt. Die Theilknospen rücken auseinander, indem die Zellen ihrer gemeinsamen Basis zur Ergänzung des Integuments verbraucht werden, und wir finden später die erwachsenen Polypide durch ein breites Stück der Kolonialwand geschieden, ohne dass irgend ein sichtbares Merkmal die nahen Beziehungen beider an den Tag legte. — Wir hatten die Primärknospe A (Fig. 73) bis zur Loslösung des ersten Tochtersprosses B ver- folgt (Fig. 77), der seinerseits wieder eine jüngere Knospenanlage C erkennen liess. Die Stelle, von welcher die Tochterknospe ihren Ursprung nahm, war oral am Hals der Primärknospe gelegen, und beide Knospen waren anfänglich so zu einander gestellt, dass sie gleichzeitig durch einen Medianschnitt in zwei syuimetrisclie Hälften getheilt werden konnten. Dies Verhältnis ändert sich jedoch in der Folge. Die jüngere Knospe wendet sich seitwärts, um dann eine Lage halbrechts oder -links vor der älteren *; Nitsche selbst ist der Erkenntnis des Rechten nahe gekommen. „Es scheint, sagt er Knospung S. 130, dass diese grossen Zellen [des Ectoderms] immer wieder ergänzt werden durch kleinere Zellen, die zwischen ihrer Basis der Tunica muscularis direct aufliegen, und diese den jungen Zellelementen der Endocyste noch näher stehenden Zellen scheinen es zu sein, welche übergehen in die innere Schicht der Knospe." ö 22 ES beizubehalten. Nach welcher Seite die Excursion erfolgt, dies wird allein durch die räumliche Oekonomie bedingt: die Knospe rückt dahin, wo ihrer Entfaltung der freieste Spielraum geboten wird. InwieM'eit sich dennoch hiebei eine bestimmte Regel erkennen lässt, werden wir unten erfahren. Für jetzt be- schränken wir uns auf die Betrachtung der Primärknospe und der an ihr zur Erscheinung kommenden Vorgänge. Unter diesen lassen wir jene, welche sich im untern Theile des zweischichtigen, bereits mannigfach complicirten Sackes abwickeln und welche dem Polypid seine Entstehung geben, vorläufig ausser Spiel. Ebenso übergehen wir die Anlage des Funiculus. Wir fassen dagegen wieder die Hals- region ins Auge, die uns bisher bloss in Beziehung auf die Tochterknospe B interessirt hat, während sich doch nach Seitwärtswendnng der letzteren in dem neu erschlossenen Gebiet median vor der Primärknospe andere wichtige Vorgänge abzuspielen beginnen. In Fig. 78 ist ein der Fig. 76 entsprechendes Stadium so durchschnitten, dass die ein wenig rechts von der Primärknospe gestellte Tochterknospe B hinter der Schnittfläche zu liegen kommt. Wir sehen nun, dass sicli der Hals von A in eben dem Maasse nach vorn übergelegt hat (bei B'), als die Basis der Doppelknospe an Breite gewachsen ist, und dass dem- nächst (Fig. 79, entsDrechend dem Stadium Fig. 77j, beim Abrücken der Knospe B, auch diese Partie sich mehr von der Mutterkuospe entfernt und schärfer absetzt. In Folge ihres fortschreitenden Wachs- thums treiben die vordersten Zellen des inneren Knospenblattes das äussere, welches dem Leibeshöhlen- epithel (m) sich gleichstellt, in Form einer Beule (B') auf, und schon auf dieser .Stufe zeigt es sich oft, dass sie als selbständige Gruppe sich vom inneren Knospenblatt ablösen (Taf. VII, Fig. 89, B'). Durch Umwandlung der verbindenden Zellbrücke (Taf. VI, Fig. 79, h') zu Zellen der Kolonialwand wird diese Trennung vollkommen (Fig. 80), und jene immer stärker anschwellende Gruppe, in welcher gleichzeitig ein Hohlraum auftritt, begründet nun die Bildung einer neuen, einer zweiten Tochterknospe (B'), die wir in Fig. 81 schon unzweifelhaft als solche entwickelt sehen. Ihre Anlage erfolgt offenbar nach ganz demselben Princip, wie die der ersten Knospe B, wie diese geht sie unmittelhar zurück auf das em- bryonale Material, das ursprünglich im Hals der Primärknospe versammelt war und das nun unter gleich- zeitiger Neubildung des Integumcnts die Secundärknospen liefert. Der Zusammenhang der letztei'en unter sich ist ein so inniger, dass beispielsweise noch auf dem Stadium Fig. 79 das innere Blatt der Jüngern (B') sich ohne Unterbreclumg bis in den Hals der altern (B) verfolgen lässt, so dass hier alle drei Knospen einer gemeinsamen Basalplatte aufsitzen, welche erst später durch Uebergang der zwischen den Einzel- knospen gelegenen Zellen in die Leibeswand zu drei selbständigen Gliedern zerklüftet wird. Einen Unterschied zeigt die Entstehung der beiden Geschwister nur insofern, als bei äusserlicher Betrachtung die Knospe B' mit A nicht mehr so typisch zur Doppelknospe verbunden erscheint, wie es bei B der Fall -war. B entstand auf einer sehr jugendlichen Stufe der Mutterknospe, die sich von vorn herein eines Theils ihres überschüssigen Materials entledigte, einen andern zunächst zur Ergänzung der Kolonial- wand aufbewahrte. Erst nachdem dieser seineu Beruf einigermassen erfüllt hatte, konnten die dann noch übrigen embryonalen Zellen, welche sich nun bereits weiter von der Knospe entfernt hatten, durch fortge- setzte Theilung einen neuen Spross, B', erzeugen, der aber jetzt, wie der ältere Bruder, schon ganz in die Region der Kolonialwand gerückt ist und scheinbar von dieser seinen Ausgang nimmt.*) *) Dass die Nitsche'sclie Doppelknospe nicht die einzige Form der Vermehrung sein könne, hatte schon Hatschek richtig erkannt. „Wenn wir an die Entstehung des Cristatellastockes denken, sagt er Pedicellina S. 539 If. , so kommen wir zu dem nothwendigen Schlüsse, dass die Vermehrung der Knospen sich nicht auf die einmalige Bildung einer Tochter- <3 23 ei Wir haben auf diese Weise den Unterschied, der uns selion hei der ersten, flüchtigen Musterung der Knospen auffiel, dass nämlich einige derselben in engster Verbindung mit älteren, andere isolirt an der Leibeswand auftreten, als einen rein äusserlichen kennen gelernt. Und wir haben, indem wir die Primärknospe A bis zur Abtrennung ihrer beiden Tochtersprosse B und B' ver- folgten, uns gleichsam den Elemcutarvorgang vor Augen geführt, in dessen vielfältiger Wiederholung das Wachsthum der ganzen Kolonie vom Anfang bis zum Gipfel ihrer Entwickelung begründet ist. Wir finden unter allen Knospen des Stockes keine einzige, die nicht entweder nach Art des Lateralsprosses B oder der Medianknospe B' auf eine ältere, A, zu beziehen wäre. Denn sowohl B als B' pflanzen sich ihrerseits auf dem nämlichen Wege fort, wie die Primärknospe es gethan hat, und schon Fig. 81 lässt uns dies für die ältere Tochter unzweifelhaft constatiren. B hat hier das Stadium der Fig. 76 erreicht, sie hat den Lateralspross C diflferenzirt und zeigt in der Mediane die Bildung der Fig. 78. Während sie selbst zur Rechten der Primärknospe A gestellt ist, sehen wir nun, dass die Enkelin C sich links von der Mutter gewendet hat, also im Bilde schräg gegen die Fläche der Tafel gerichtet steht. In Fig. 82 hat C eine vierte Generation in der Knospe D erzeugt, und diese hat wiederum rechts von C ihren Platz gefunden. Es zeigt sich also, dass jede Knospe ihren ersten Spross nach derjenigen Seite abgiebt, welche der, die sie selbst ihrer Mutter gegenüber einnimmt, entgegengesetzt ist, nach rechts, wenn sie links, nach links, wenn sie rechts steht. Demgemäss würden wir durch Verbindung sämtlicher Knospen ei'sten Grades, welche in directer Folge einander entsprossen sind (A B C D E etc.), eine Zickzacklinie erhalten, iind dieser Wegweiser wird uns später, wenn es sich in speciellen Fällen um die Auflösung ganzer Kolonien handelt, von Werth sein. Vorläufig mag die Skizze Fig. 82a, welche das Stadium der Fig. 82 in der Ansicht von oben wiedergiebt, die horizontale Gruppirung der Knospen anschaulich machen. Dass die- selbe allein durch räumliche Verhältnisse bedingt ist und dazu füliren muss, unter möglichster Sparung von Baustoffen den Polypiden einen möglichst grossen Spielraum zu gewähren, liegt auf der Hand. Es kann deshalb aucli nicht befremden, wenn mitunter, eben mit Rücksicht auf die Localität, Ausnahmen von der Regel Statt finden , was namentlich bei jungen Kolonien, die in Bezug auf ihr Volumen vergleichsweise günstig gestellt sind, nicht selten der Fall ist. So hat z. B. die Knospe B in Fig. 48, Taf. III, ihre erste Tochter (C) nach links statt nach rechts, also in gerader Flucht, abgegeben, und diese die ihrige (D) atxch wieder nach links, offenbar weil sich hier der Entfaltung das freieste Feld bot, während rechts bereits andere Bildungen aufgetreten waren. Die Knospe B in Fig. 82 hat nun ferner auch schon Anstalten zur Production ihres zweiten Sprosses C' getroffen, etwa so wie Fig. 79 es darstellt. In unserm Fall wird er durch die Doppelknospe C D verdeckt. Auch die Medianknospen entwickeln sich in derselben Weise wie die Primärknospe. Bald nachdem das Stadium der Fig. 81 (B') en-eicht ist, wird ein Tochterspi'oss (Fig. 82, C') angelegt, der sich seitwärts wendet, und dem dann ein zweiter in der Mediane folgt. In Fig. 92 u. 93 (Taf. VII u. VIII) sieht man die Bildung des ersteren unter starker Vei'grösserung wiedergegeben. Ein Unter- knospe von je einem Individuum beschränken kann. Wir finden am Cristatellastocke eine ganze Reilie von Knospungs- punkten an dem Längsrande der Kolonie, und an den beiden Enden derselben noch eine grössere Anhäufung von jungen Knospen. Da die Larve nur eine geringe Anzahl von Knoppungspunkten zeigt, so müssen wir auf eine Vermehrung der- selben durch Theilungsvorgänge, die noch anderer Art als die oben beschriebenen [der Nitsche'schen Doppelknospe] sind, schliessen". i3 24 E> schied gegenüber dun Lateialknospen zeigt sich nur insofern, als die Medianknospe mit ilirem distalen Ende etwas nach hinten strebt, während jene in Folge der engern Verbindung mit der Mutter sich mehr nach vorn wenden nuissten (vgl. Taf. VI, Fig. 82, B':C). Die Stellung, welche die Medianknospe zu ihrer ersten Tochter spcäterliin einnimmt, ist ganz in die Hand des Zufalls gegeben und berechtigt nicht zur Formulirung einer bestimmten Regel. Mit der Erzeugung ihres zweiten Tochtersprosses hat die Primärkuospe ihr überschüssiges Material in den meisten Fällen verausgabt. Was ihr verbleibt, findet beim Aufbau des jungen Polypids seine Verwerthung. Nur die obersten Halszellen tragen noch ferner zur Ergänzung der Leibeswand bei, deren jüngst entstandene Theile gleichfalls fortfahren sich auszudehnen, was denn zur Folge hat, dass die Tochterknospen sowohl von einander, als von der Mutterknospe sich immer weiter entfernen (Taf. III, Fig. 46). Es ist aber tlieoretisch nicht einzusehen, warum jede Knospe ausschliesslich und immer nur für zwei jüngere das Material sollte liefern können. Es wäi-e ja denkbar, dass gegebenenfalls die über- schüssigen Baustoffe zur Anlage emer zweiten Tochterknospe nicht mehr hinreichten, oder dass sie andrerseits in so reichem Maasse zur Verfügung ständen, dass der zweiten eine dritte und dieser eine vierte Knospe noch folgen könnte. Und in Wirklichkeit scheinen beide Fälle nicht unerhört zu sein. Die Fig. 58, Taf. IV, welche einer alternden Herbstkolonie (28. Oct. 88) entnommen ist, lehrt, wenn man sie etwa mit Fig. 57 vergleicht, schon auf den ersten Blick, wie spärlich hier die Knospung ge- worden ist und wie langsam sie fortschreitet, da wir aus der Region der voll ausgebildeten Polypide — die Mehrzahl derelben ist bereits im Verfall begriffen — fast ohne Vermittlung zu den jüngsten Knospen hinabsteigen. Ist es nun auch wahrscheinlich, dass dies Verhalten in erster Linie auf dem Einfluss der Tempe- ratur beruht, und mag immerhin unter natürlichen Verhältnissen die Kolonie niemals dazu gelangen, sich ganz zu verausgaben, so ist es für uns doch bedeutsam, dass der einzelne Sprots oft nur noch fähig ist, ein einziges Tochterindividuum zu produciren (z. B. die mit A B bezeichneten Glieder), dass typische Doppelkuospen fast gänzlich fehlen, und ein allgemeines Nachlassen der Fortpflauzungsenergie sich geltend macht. Sind aber, wie gesagt, hier wohl die äusseren Umstände massgebend gewesen, so kann dieser Verdacht im entgegengesetzten Fall, bei gehäufter Knospung, gar keinen Raum finden. Es unter- liegt keinem Zweifel, dass die ersten Polypide des Stockes eine grössere Zahl von Tochtergenerationen hervorbringen, als es später die Regel ist, und dass nicht 2, sondern 3, 4, ja 5 Individuen unmittelbar aus dem Material der nämlichen Knospe entspringen können. Im Jugendalter der Kolonien empfängt jede Knospe ihr Material gleichsam aus erster Hand. Die Zellen sind da noch nicht in vielfältigem Wandel von Geschlecht zu Geschlecht weitergegeben, sie haben verhältnismässig erst eine geringe Arbeit zu leisten gehabt und um so mehr müssen sie geneigt sein, eine lebhafte Thätigkeit zu entfalten. In Fig. 48—50 auf Taf. III sind drei Stöckehen, welche seit Kurzem den Statoblasten verlassen haben, im Grundriss dargestellt. Der ausschlüpfende Embryo (Fig 47) besitzt nui- 1 voll* entwickeltes Polypid, 2 andre von ungleichem Alter stehen als Knospen zur Linken und Rechten desselben. Diese ältesten Individuen des Stockes, auf deren Entstehung wir später noch besonders eingehen müssen, leiten ihren Ursprung direct aus dem embryonalen Material des Statoblasten her, so zwar, dass auch sie in enger gegenseitiger Verbindung auftreten, also füglich als Abkömmlinge einer gemeinsamen Anlage aufzufassen sind ; wie denn sowohl ihre Anordnung im Raum, als auch die Abstufung im Alter den Gedanken nahe — 25 — legt, dass sie iu eiuem ähnlichen Verhältnis zu einander stehen mögen, wie wir es sonst als charakte- ristisch für Cristatella kennen gelernt haben. Demgemäss sind sie in den Figuren als A, B und B' be- zciclmel worden. In Fig. 48 sind sie bereits alle drei ausstreckbar. Das Polypid B' hat ohne Zweifel o Tochteriudividuen, C — C^, und mehrere Enkelknospen hervorgebracht, und ganz dasselbe ist für B und A wahrscheinlich, wenn auch in unserm specielleu Fall die Beobachtung unsicher blieb. Gewöhnlich zeigt der Embryo schon wenn er die Schalen abwirft, an der Oralseite des Primärpolypids A eine dritte Tochterknospe, B^, neben B und B', und in Fig. 49 scheint dieser noch eine vierte, B*, an die Seite ge- treten zu sein, während B und B' je drei Knospen erzeugt liaben. Für die letzteren gilt auf dem weiter vorgerückten Stadium Fig. 50 das nämliche. Aber zu den directen Sprossen von A dürfte ein fünfter, B*, hinzugekommen sein, der sich, nachdem die Geschwister seitwärts gerückt sind, nun in die Mediane vor die Mutterknospe gestellt hat.*) Auch bei der geschlechtlich entwickelten Larve ist diese gesteigerte Vermehrung der Knospen nachweisbar. (Taf. IV, Fig. 59, B und B' mit je 3 Nachkommen.) Ziehen wir nun unsere früheren Erfahrungen in Betracht, so müssen wir annehmen, dass nach Absetzung der zweiten Tochterknospe B' noch genug von dem embryonalen Material der Mutter erübrigt ward, um nicht allein die Kolonialwand kräftig zu unterstützen, sondern auch neuen Sprossgenerationen das Leben zu geben. B' würde älmlich wie B zur Seite der Primärknospe seinen Platz finden, und vor dieser, aber in grösserer Entfernung, würden B'"* und eventuell noch B^ und B* als Medianknospen auf- treten. Natürlich würden diese noch isolii-ter dastehen, als wir es für B' gesehen haben, indem ja die andern Zellen unterdessen Zeit gewannen, am Aufbau der Leibeswand mitzuwirken und möghcherweise ^•anz in dieselbe überzugehen. Sie würden dann, ähnlich wie die „Adventivknospen" der Pflanzen, schein- bar selbständig an den altern Geweben auftauchen, und nur ihre Lage würde den Ursprung aus der Mutterknospe andeuten. Dies wird durch Sclmitte der jungen Stöckchen vollauf bestätigt. Man bemerkt dort, dass die Theilknospen sich rascher als sonst von einander entfernen (Taf. VI, Fig. 85), und dass oft ganz primitive Sprossen — eben jene Adventivbildungen — isolirt an der Leibeswand sitzen (Taf. VII, Fig. 86—88), ohne dass embryonale Zellen, wie etwa in Fig. 89 u. 90, die Verbindimg mit älteren Knospen herstellen. In solchen Fällen markirt sich inmitten des ectodermalen Theils der Anlage ziemlich deutlich ein Zellcomplex (K) , welcher in die beginnende Vorstülpung des mesodermalen Blattes zuvörderst eindringt, und der allein das innere Blatt der Knospe zu liefern scheint. Wo die Anlage median getroffen ist (Fig. 88), liegt dieser Complex, in dem bald eine regelmässige Anordnung der ein- zelnen Elemente Platz greift, so, dass er dem Rande der Kolonie zustrebt, von der Primärknospe da- gegen sich abwendet, und diese Orientirung deutet schon auf die Bildung der Tochterknospe hin, die aus den am weitesten vorn (Fig. 88 bei k) gelegenen Zellen ihren Ursprung niaumt. Das oberhalb der erwähnten Zellgruppe befindliche embryonale Material (R), welches man in Fig. 88a, wo ein der Fig. 88 gleiches Stadium annähernd frontal getroffen ist, fast gleichmässig über der jungen Knospe ausgebreitet sieht, liegt seiner Hauptmasse nacli an der Analseite der letzteren (Fig. 88), also der Mitte der Kolonie und den älteren Knospen zugekehrt. Seine nächste Aufgabe ist, das Ectoderm der Leibeswand zu *) Es wäre jedoch nicht unmöglich, B' zur Naehbarknospe C zu ziehen, wobei demi ftir A nm- 4 Tochterknoapen übrig blieben. Bibliotheca zoologica. Heft VI. ^ — 26 — unterstützen und so für die jungen Knospen Raum zu schaffen, möglichenfalls aber solche auch ferner noch zu erzeugen. Denken wir uns zu der Anlage in Fig. 88 das dazu gehörige Primärpolypid, welches weiter nach rechts gelegen ist, hinzu, so würde die Situation völlig der in Fig. 89 entsprechen, mit dem einzigen Unterschiede, dass die Tochterknospe dort noch durch die embryonale Zellbrücke h' mit der Mutter verbunden ist, während hier zwischen beiden bereits ein grösseres Stück der Leibeswand perfect geworden und daher eine gründlichere Trennung eingetreten ist. Mit den zur Bildung der Tochterknospe- nöthigen Zellen sind aber noch andere, welche ihnen zunächst lagen und ebenfalls von der Mutter herstammen, von dieser abgerückt, und sie sind es, welche wir in der Zellmasse R der Fig. 88 wieder- finden. Sie entsprechen also genau den Zellen h' in Fig. 89, und die Zellgruppe K ist ein Seitenstück zur Gruppe B', die sich schon früh in ihrer Selbständigkeit abgrenzt. Uebrigens wird diese Grenze in Fig. 88 mit der Zeit immer undeutlicher, da die obersten Zellen der Gruppe K als Constituenten des Knospenhalses auch wieder in die Leibeswand übergehen.*) So sehen wir denn auch hier das Princip der Doppelknospe in unbedingter Geltung. In jedem Falle gelingt der Nachweis, dass die einzelne Knospe sich unmittelbar aus dem embryonalen Material einer älteren herleitet, und allgemein dürfen wir sagen, dass die Tausende von Individuen einer er- wachsenen Kolonie, wie jeder Organismus in letzter Instanz auf eine einzige Zelle, so auf die beschränkte Zalü von Zellen zurückgehen, welche bei der Entwickelung des Statoblasteu oder des Eies von vorn herein für Fortpflanzungszwecke bestimmt wurden. — Aber nicht bloss die Polypide, sondern auch die ihnen benachbarten Theile der Kolonialwand, die Cystide, entstammen der Knospenanlage. Wie wir wissen, schlagen sich die Ränder des Knospenhalses gleichsam nach aussen um, das innere Knospenblatt liefert das Ectoderm, das äussere gestaltet sich zum Leibeshöhlenepithel und zur Muskelschicht der Cystidwand. Jedoch nicht gleichmässig nach allen Seiten. Vorn, oral vor der Primärknospe, geht dieser Process weit lebhafter vor sich, hier wird das Integument weit energischer untersützt als seitwärts i^nd hinten. Wir würden uns, wenn wir das ganze Gebiet der Leibeswand, welches dii'ect aus einer einzelnen Knospe seinen Ursprung herleitet, umgrenzen wollten, einen ellipsoiden Raum vorzustellen haben, in dessen einem Brennpunkt die Knospe so orientirt ist, dass ihre Front dem anderen Brennpunkt zugekehrt ist. Demnach wüi'de, wie es thatsächlich der Fall ist, das Contingent, welches der Knospenhals zum Autbau des Integumentes stellt, nach vorn zu am grössten sein, es würde nach seitwärts abnehmen und im Rücken auf sein Minimum herabsinken. Immerhin ist auch hier noch die Umwandlimg stark genug, um deutlich erkennbar zu sein (Taf. VII, Fig. 89, 90), und weil nach hinten die Neubildungen nicht wie nach vorn ein freies Feld zu ihi'er Entfaltung finden, vielmehr die altern Gewebe ihnen entgegenstehen, so folgt, dass die Knospe im Lauf der Entwickelung nicht genau ihren anfänglichen Stand beibehält, sondern etwas nach vorn rückt, indem zwischen ihr und den dahinter befindlichen, stabilen Theilen der Kolonie sich junge Gewebe einschalten. Die defini- tive Mündung des Polypids liegt also oral vor der ursprünglichen Bildungsstätte der Knospe. *) Als ich die Figg. 8(5 — 88 seiner Zeit kennen lernte, glaubte ich darin eine Andeutung des von Hatschek, Pedicellina S. 539, für Cristatella vorausgesetzten Verhältnisses gefunden zu haben. In der Zellgruppe K sah ich das „Entoderm- säckchen", dessen Existenz jetzt durch Seliger auch für Pedicellina in Abrede gestellt ist. Dass ein solches Verhältnis für die Phylaciolaemen nicht zutrifft, konnte mir nicht lange zweifelhaft bleiben. — 27 — Indem alle jüngeren Knospen -wieder iu derselben Weise zur Bildung der Leibeswand beitragen, -führt das ganze, oral und seitwärts vor der Priraärknospe gelegene Gebiet bis zum Rande der Kolonie ^uf die Priraärknospe zui'ück, so dass z. B. in Fig. 48, Taf. III, der zum Bogen b gehörige Sector der Kolonie auf das Poljqnd B, der zu b' gehörige auf B' zurückgeht, beide zusammen aber nebst dem da- zwischen befindlichen Theil der Knospungszone, also das durch den Bogen a umschriebene Vegetations- feld, der ersten Anlage A entstammen, wälirend das hinter dieser gelegene, von Knospen freie Stück a das speciell zu A gehörige Einzelcystid, d. Ii. den lediglich zum Integument ausgebildeten Theil der früheren Statoblastenwand, darstellt. — Es ist hier der Ort, auf die schon oben berührten Veränderungen, welche die einfachen Zellen der Knospe bei ihrem Uebergang in die meist stark modificirten der Kolouialwand erleiden, näher einzugehen. Was zunächst das Ectodenn anlangt, so lassen sich darin im Allgemeinen zwei Zellsorten erkennen, welche den von Nitsche*) bei Alcyonella beschriebenen entsprechen. Erstens blasenförmige Zellen mit ■wandständigem Kern und innerem Secret, zweitens compacte, cylindrische Zellen mit der Fähigkeit äusserer Secretion. Dass zwischen beiden kein ursprünglicher Gegensatz herrscht, sondei'n dass sie lediglich Differeuzirungen einer und derselben Grundlage sind , folgt nicht nur aus ihrer Abstammung aus dem gleichartigen Material der jungen Knospe, sondern aucli daraus, dass Uebergänge zwischen ihnen in allen möglichen Abstufungen zu beobachten sind. Die Entwickelung der Blasenzellen lässt sich sehr schön an der Duplicatur junger, noch nicht oder eben erst ausstreckbarer Polypide von Cristatella ver- folgen. Man sieht dort im Innern der Zelle zunächst ein kleines Kügelchen einer hellen, stark licht- brechenden Substanz auftreten, welches, allmählich anwachsend, schliesslich fast den ganzen Hohlraum der Zelle einnimmt. Aus dem stetig , fortschreitenden Wachsthum der kleinen, von Anfang an scharf um- grenzten Kugel glaube ich schliessen zu können , dass dieselbe einem secretorischen Act ihren Ursprung verdankt, und nicht, wie Kraepelin**) will, als blosse Umwandlung des Protoplasmas aufzufassen ist, das sich in diesem Fall in seiner ganzen Ausdehnung gleichmässig verändern müsste. Freilich wird durch die Secretion das Plasma selbst reducirt und also mittelbar umgewandelt***). — Während nun bei den all- seitig mit starker Cuticula umgebenen Plumatellen sowie bei Fredericella die Blasenzellen naturgemäss in der Minderzahl bleiben, werden sie in der oberu Decke von Cristatella ausschliesslich entwickelt, so dass alle Zellen des inneren Kuospenblattes, welche in die obere Kolonialwand übergehen , die Umwandlung zu Blasenzellen durchmachen. Indem aber die altern Gewebe durch fortgesetzte Neubildungen verdrängt werden, kommen sie namentlich da, wo die obere Decke zur Sohle umbiegt, in eine Zwangslage, aus der sie sich fürs Erste dadurch befreien, dass die ßlasenzellen platzen und ihr Secret nach aussen ergiessen. Dies lässt sich auf Schnitten unzweifelhaft constatiren (Taf. VI, Fig. 83). Es zeigt sich ferner, dass oberhalb der Sohle das Ectoderm einen wesentlich andern Charakter gewinnt. Die Zahl der Blasenzellen ist auf ein Minimum reducirt, statt ihrer treten lange , compacte , cylindrisch geformte Zellen auf *) Beiträge, Heft 1: zur Aniit. u. Entwickelungsgesch. der phylactolaemen Süsswasserbr., insbes. von Alc.fung. — Archiv f. Anat. u. Physiol. 1868, S. 465—521. **) Monographie S. 24. ***) Merkwürdigerweise entwickeln sich zuweilen auch Zellen des Leibeshöhlenepithels nach Art dieser Ectoderm- zellen, wie Kraepelin 1. c. S. 31 für Lophopus erwähnt und ich selbst bei Cfristatella gefunden habe. Dies ist aber bei Criat. eine ganz abnorme und vereinzelte Erscheinung. 4* — 28 — (Fig. 83, z). Da dieselben in den obern Partien der Decke gänzlich fehlen, dieser Theil des Integnments aber gleichwohl aus jenen entstanden ist, so können sie nur aus den ehemaligen Blasenzellen hervorgegangen sein, die, nachdem sie sich ihres Secrets entledigt, zu ihrer ursprünglichen Gestalt zurückkehrten. Diese Umwandlung habe ich an der einzelnen Zelle nicht speciell zu verfolgen vermocht, sie erscheint aber nach der Lage der Dinge so nothwendig, dass kein Zweifel bestehen kann. Dass der an die Sohle grenzende Theil der Leibeswand vordem weiter aufwärts gelegen war, folgt unter Anderem daraus, dass die Ursprünge der Funiculi von den Knospen her allmählich bis zur Sohle herabrücken, in deren Nähe sie dann längere Zeit verweilen, um endlich auch auf sie überzugchen. Der Aufenthalt wird offenbar dadurch verursacht, dass die Zellen des Ectoderms nach ihrer Metamorphose einen sehr viel geringeren Raum einnehmen als vorher und sich nun so lange ruhig sammeln und anhäufen können, bis der Aus- fall gedeckt und das frühere Spannungsverhältnis wieder hergestellt ist. Dann aber werden sie dem' Druck der nachfolgenden, Jüngern Gewebe weichen und zur Ergänzung der Sohle selbst beitragen müssen. Hiezu bedarf es keiner tiefgreifenden Umwandlungen. Die etwa noch übrigen Blasenzellen werden ohne- Weiteres in den Verband der Sohle aufgenommen, in der sie immer nocli in grosser Zahl vorhanden sind (Fig. 83, s", Fig. 84). Die CyUnderzellen brauchen sich nur zu verkürzen, um eine gedi-ungnere, mehr abgeplattete Form zu gewinnen. Zum Theil mögen sie auch wieder die Metamorphose zu Blasen- zellcn dui-chmachen. Zum grössern Theil aber ergiesst sich, vielleicht in Folge des Reizes, den die Be- rührung mit der festen Unterlage ausübt, ihr Secret nicht mehr nach innen , sondern an der Reibfläche nach aussen, wo es eine halbflüssige, schlüpfrige Membran, die Verworn*) treffend als „Gleitmembran" bezeichnet hat, darstellt. Die Kolonie ist daher nicht fest an ihr Podium gebunden, sondern vermag sich auf der nachgiebigen Schleimschicht bis zu einem gewissen Grade frei zu bewegen. Fig. 84 führt uns eine Partie der typischen Sohle vor Augen. Das Integument hat eine ganz ähnliche Bildung angenommen, wie bei Fredericella und Plumatella, nur dass das Secret der Cylinderzellen nicht zu einer festen Cuticular- hülle erstarrt, sondern seine flüssige Beschaffenheit beibehält. Zuletzt geht diese übrigens auch hier ver- loren, so dass man von Blättern, welche mit Cristatellen bedeckt sind, oft die ganze Membran wie einen „Teppich" abheben kann. Die Muskelschicht des Integnments nebst allen übrigen Muskeln des Bryozoenkörpers wird, wie zuerst MetschnikofF angegeben, von Zellen des äusseren Knospenblattes differenzirt. Etwas unterhalb der Stelle, wo der Knospenhals am Mutterthier festsitzt, sehen wir in einer ringförmigen Zone die central gelegenen Zellen des äusseren Blattes aus dem Verbände der übrigen sich lösen (Taf. VII, Fig. 89, 90, mb) und eine Zwischenschicht darstellen, welche sich im Lauf der Entwickelung als ein Complex von Myo- blasten zu erkennen giebt. Je mehr nämlich der Knospenhals in die Leibeswand übergeht, um so mehr gestalten sich diese Zellen unter Abscheidung der contractilen Substanz zu einem Netz von Muskelfasern, in dem schon Allman Längs- und Querfäden sonderte. Wie Nitsche dann angab, liegen die Querfasern dem Ectoderm, die Längsfasern**) dem innern Epithel benachbart, so jedoch, dass beide zum engern Verband einer Tunica muscularis zusammentreten. Der Modus der Muskelbildung ist ein für alle Mal *) Beiträge zur Kenntnis der Süsswasserbr. [Oristatella]. Ztschr. f. wiss. Zool. Btl. 46, S. 99—130. 1888. **) Diese Bezeiohniiiig gilt in erster Linie für die plumatelloiden Formen, bei Cristatella erstrecken sieli die „Quer- asern" grösstentheils in der Längsrichtung der Kolonie. — 29 — der gleiche : Eine einzelne Zelle wird zu einem langen , contractilen Faden ausgezogen , an welchem seitwärts der Kern stets deutlich sichtbar bleibt, und dessen Sarcolemm durcli die Zellmembran vertreten wird (s. die Querschnitte Taf. VIII, Fig. 101). Die peripheren Zellen des äusseren Knospenblattes for- miren sich mit der Zeit zu einem einschichtigen Plattenepithel, welches die innere Auskleidung der Leibes- höhle darstellt und durch lebhafte Flimmerung den Umtrieb der als Blut fungircnden Leibesflüssigkeit bewerkstelligt. — Fassen wir die Hauptresultate der bisherigen Auseinandersetzung in wenigen Worten zusammen, so ergab sich für Cristatella Folgendes: I. Sämtliche Knospen der Kolonie gehen auf einen begrenzten Complex embryonaler Zellen zurück, welche aus dem Material des Statoblasten oder des Eies ursprünglich erübrigt und von Knospe zu Knospe weitergeführt wurden. IL Dies Verhältnis findet seinen Ausdruck in der Form der Doppelknospe. III. Das Princip der Doppelknospe ist ein durchgreifendes und gilt auch da, wo die Form nicht typisch hervortritt. IV. Nach diesem Princip erzeugt jede Knospe an ihrer Oralseite unmittelbar aus sich selbst in der Regel zwei Tochterknospen, welche sich ihrei-seits auf gleiche Art fortpflanzen. V. Die Zahl der Tochterknospen ist jedoch keine fest bestimmte. Statt zweier werden namentlich in der Jugend oft mehr, im Alter zuweilen weniger erzeugt. VI. Die zwischen den Polypiden eingeschalteten Theile der Kolonialwand, die Cystide, entwickeln sich ebenfalls aus den Zellen der polypoiden Knospenanlage. Es kommt nun darauf an , nachzuweisen , inwiefern diese Verhältnisse auch bei den übrigen Phylactolaemen in Geltung sind. Taf. in, Fig. 44 ist ein Medianschnitt durch das Ende eines kriechenden Zweiges von Fluni, repens wiedergegeben. Die Knospe D, an deren Halstheil sich bereits eine jüngere E entwickelt hat, ist berufen, den Zweig in derselben Weise weiterzuführen, wie es durch A oder B auf einem früheren Stadium geschehen ist. Sie bietet uns unter ' stärkerer Vergrösserung etwa den Anblick der Fig. 107 auf Taf. IX. Die Tochterknospe, deren Lumen aufs deutlichste mit dem der Mutter communicirt, ist ist hier beträchtlich später aufgetreten, als es bei Cristatella der Fall war, nämlich, wie der Vergleich mit Fig. 106 ergiebt, zu einer Zeit, wo der Darmtractus der Hauptsache nach bereits angelegt war. Indem die Zellen der Halsregion sich gleich den übrigen durch Theilung vermehren und da, wo sie dem In- tegument eingefügt sind , das Material für dessen Neubildung abgeben , wird nicht nur der basale Ab- schnitt (h) der Doppelknospe verbreitert, sondern auch die das Lumen der Theilknospen verbindende Öffnung mehr und mehr geschlossen , so dass dann , wie bei Cristatella , beide Knospen einem soliden, keilförmigen Zapfen zu entspringen scheinen (Fig. 108). Dieser Zapfen wird allmählich immer flacher und niedriger, da an seiner Basis die Umwandlung der Knospenzellen zu Zellen der Leibeswand ununter- brochen fortdauert. In Folge dessen stumpft sich der Winkel Jh£ilungsfä]lig§E_ Mesodermzellen erhalten hat, während rinj;sumher_die gleichfalls dem äussern Blatt _der_Hauptknospe A entspruiigenen Zellen zur Bildung der Leibeswand verwerthet wurden. Diese mesodermale Gruppe wird bereits deutlich aufgetrieben von einer ectodeTmaien , dem Innern Blatt der Mutter entstammenden, über welcher die bena^chbarten_Zellen spitzbogenartig zusammenschliessen. Indem dieses Gebilde in Folge reger Vermehrung_seiner Zellen immer meEl" anschwillt, wobei durch centrifugales Auseinanderweichen der Constituenten_jdes inneren Blattes ein mittlerer Hohlraum entsteht, erreicht es das Stadium Fig. 105. Oft ist eine solche jugendliche Anlage nicht wie hier von der Aussenwelt völlig abgeschlossen, sondern sie steht, wie es Nitsche beschrieben hat, in offener Verbindung mit ihr*), so dass sie dann gleich der Tochterknospe Nr. I als einfache Ausstülpung der mütterlichen Gewebe erscheint, die jedoch hier bereits in das Gebiet der Kolonialwand gelangt sind. Nur die Cuticula hindert in diesem Fall , dass der Hohl- raum der Knospe direct vom Wasser des Wohnorts erfüllt wird. Die weitere Entwickelung kann im Sinne der Figg. 106 — 109 zui- Anlage einer neuen Gruppe von Individuen führen. Aber nicht unter allen Umständen. Zuweilen, und das gerade bei den linear entwickelten Zweigen der typischen repens-Formen, wird die zweite Tochterknospe zwar regulär angelegt, wie es auch in Fig. 44, Taf. III, bei D', C und B' geschehen ist, aber ihre Bildung schreitet nur laugsam vorwärts und führt vielleicht nie zur Voll- endung der Polypide. So sieht man an dem in Fig. 21, Taf. II, abgebildeten Exemplar, dass der Primär- polyp A zwei kräftige Sprossen B und B' getrieben, und dass unter diesen der ältere sich in gleicher Weise vermehrt hat (C, C'). Noch bei der IV. Generation D ist dies der Fall (E, E'). Von da ab aber finden wir immer nur die erste Tochter entwickelt, und dasselbe gilt von der gesamten Nach- kommenschaft des Polypen B'. Auch hier sind die zweiten Glieder überall angelegt, sie verharren aber sämtlich im Knospenstadium , ohne eine neue Generation oder auch nur ein einzelnes Polypid zu be- gründen. Wenn sich auch von den Zwisehenknospen der Fig. 44 nicht unbedingt das Gleiche behaupten lässt, so ist doch so viel klar, dass ihi-e Entwickelung eine bedeutend langsamere ist als die der Hauptglieder A B C u. s. w., und keinesfalls ist es zweifelhaft, dass die Nachkommenschaft der letzteren mit der Erzeugung des zweiten Tochtersprosses ihr Ende eri-eicht. Denn wir sehen , dass der Knospe B' eine dritte B^ nicht gefolgt ist, sondern das sich an ihrer Stelle das Ovarium entwickelt hat, welches auch bei C und D' schon angelegt ist. Oberhalb C' bemerken wir ein im Uterus-Schlauch befindliches Ei, an welchem die ersten Theilungsvorgänge bereits zum Abschluss gekommen sind. Es geschieht indessen sehr häufig, dass nicht allein die zweite Tochterknospe sich rasch zum vollen Zweige entwickelt, sondern dass ihr auch noch eine dritte, vierte und weitere folgen, so lange, als das Material der Mutter hinreicht, ausser den Anforderungen, die das Wachsthum der Leibeswand stellt, noch denen der Fortpflanzung zu genügen. Es wäre z. B. möglich, dass, nachdem die Knospe B* in *) Ich war afso im Irrthum, als ich in der Vorl. Mitth. Nr. 288 des Zool. Anz. (1888) die bezügiiche Angabe Nitsches glaubte ablehnen zu müssen. — 32 — Fig. 104, Taf. IX, zum Polypid gediehen, aus den bei ir gelegeneu, plasmareicheren Zellen eine dritte Greneratiou B^ hervorginge, wie das in Fig. 17 — 20, Taf. II, thatsächlich geschehen ist. Solche Häufung der Nachkommenschaft ist ganz besonders für die fungoiden Formen charakteristisch, die gerade aus diesem Grunde ihre compacte Gestalt gewinnen. Ausserdem ist es natürlich, dass die ersten Individuen der Kolonie, mag dieselbe dem Ei oder dem Statoblasteu entsprungen sein, im Allgemeinen productiver sind als ihre Nachkommen. In Fig. 18, Taf. II, haben beide Individuen der geschlechtlich erzeugten Larve je 4 Tochterthiere (B — B') hervorgebracht, auch an dem Zweige von Plum. fruticosa, Fig. 22. be- obachten wir diese Zahl. In der noch jugendlichen Plum. emarginata, Fig. 9, II, Taf. I, zählt das Primärpolypid A 7 directe Nachkommen (B — B^), das Polypid B deren 6, B' 5 und B^ 4*). Es ist wohl möglich, dass bei fernerem Wachsthum diese Ziffern sich noch erhöht hätten, die immerhin einen Begriff davon geben werden , wie lange mitunter die mütterlichen Gewebe für Knospungszwecke erhalten bleiben. Die völlige Uebereinstimmung der Knospuug von Fredericella mit der der Plumatelhn dürfte sich aus der Vergleichung von Fig. 43 und 44, Taf. III, unmittelbar ergeben. Die Apicalknospe (D) des Zweiges entsteht aus der nächst altern (C) als typische Doppelknospe. Die weitere Entwickelung führt zur Trennung der Theilknospen, die dann etwa wie B und C, später wie A und B zu einander gestellt sind, und zur Bildung von Enkel- und jüngei'en Tochter-Generationen (B', C')- Ueberall, bei Plumatella und Fredericella, entsteht nur der erste Tochterspross unter der Fornr der Doppelknospe. Die spätem Bildungen bringen diese Form nicht mehr zum Ausdruck, aber auch sie vollziehen sich nach dem gleichen Princip , indem sie ebenfalls aus dem fortpflanzungsfähigen Material, das aus der polypoiden Anlage der Mutter hervorging, ihren Ursprung herleiten. Nur in einem Fall tritt auch der erste Tochterspross nicht in unmittelbarer Verbindung mit der Mutter auf. Das dem Statoblasten entschlüpfende Thier (Taf. III, Fig. 53) ist bereits völlig entwickelt, ehe die Knospe B (Fig. 54) zur Erscheinung kommt. Dies hängt jedoch damit zusammen , dass die Embryonalbildung im Statoblasten überhaupt in anderer Weise verläuft als bei der gewöhnlichen Knos- pung, eine förmliche Uebereinstimmung hier also garnicht zu erwarten ist. Berücksichtigt mau indessen, dass der Statoblast selbst eine Einheit darstellt, innerlialb deren die beiden ältesten Individuen in be- stimmter Abhängigkeit von einander aus gleichartigem Material erzeugt werden , so wird man auch hier das Princip der Doppelknospe wiederfinden und es demzufolge als ein durchgreifendes anerkennen. — Auf Grund der vorstehenden Befunde sind wir bereclitigt , die Geltung der für Cristatella con- statirteu Sätze auf sämtliche Phylactolaemen auszudehnen. 2. Die Entwickelung des Stockes. Wir kennen das Grundgesetz, nach dem sicli der Organismus aller Süsswasserbryozoen bis auf Paludicella aufbaut, und lenken jetzt unsere Aufmerksamkeit auf die Art und Weise , wie dieses Gesetz in besonderen Fällen zum Ausdruck kommt, wie es zur Bildung der so complicirt und verschieden ge- bauten Kolonien führt und wie es gestaltend auf dieselben einwirkt. *) Die jüngsten Individuen, B* etc., stehen noch im Knospenstadium, daher sind sie in der Fig. nicht sichtbar. — i3 33 £4 Wir begegnen unter unsem Phylactolaemen drei im Hinblick auf ihre äussere Erscheinung sehr «.bweiehenden Wachsthumsformen, welclie früher in den drei Genera Plumatella, Alcyonella und Cristatella systematisch vertheilt waren. Den Phimatellen wäre auch Fredericella unterzuordnen. Als Hauptrepräsen- taiiteu stehen da Plitm. repens mit ihren weit von einander entfernten, vergleichsweise wenig verästelten Zweigen, Plum. fungosa mit ihren dicht gedrängten, zu einer compacten Masse verschmolzenen Röhren, und Cristatella, welche äusserlich gar keine Gliederung melir erkennen lässt. Suchen wir auf Grund unserer früheren Befunde in einer für alle drei Typen gültigen Formel die Reihenfolge der Knospen klarzulegen , so würden wir unter Anwendung der früher gebrauchten Zeichen das Schema Ä B^ B' c B C C D erhalten, worin Mutter und Tochter jedesmal durch Bögen vereint sind. Die durch erstmalige „Theilung" entstandenen „Hauptknospen" A B C D u. s. w. führen den Stamm in centrifu galer Richtung fort, während die später geborenen „Zwischenknospen" B' B* B^ sich in centrip etaler Folge zwischen die Mutter A und deren älteste Tochter B einschalten, derart , dass die jüngste Knospe B» als die nächstbenachbarte neben A zu stehen käme. Natürlicher- weise müssen die Zwischenknospen bei ihrer weitern Entwickelung einen von der Hauptaxe ABC divergirenden Weg einschlagen, um sicli entweder als kriechende Seitenzweige in der Ebne des Podiums zu halten oder als frei aufstrebende Aeste darüber zu erheben. Während die Hauptknospen den Stamm verlängern, dienen die Zwischcnknospcn dazu, ihn zu verästeln und zu verbreitern. Und indem sich alle Knospen der Kolonie fortgesetzt nach Art ihrer Vorfahren, beispielsweise im Sinne der obigen Formel, vervielfältigen, muss der ganze Stock mit der Zeit ein äusserst complicirtes und im Grunde doch ■einfaclies Aussehen gewinnen. Aber nur zuweilen nimmt die Knospuug einen so regelmässigen Verlauf wie in dem Taf. TL, Fig. 22 wiedergegebenen Falle, wo sie an einem Zweige von Plum. fruticosa vom ersten bis zum letzten Gliede genau gleichen Scliritt gehalten hat. Wir sehen dort am letzten und jüngsten Gliede 1 ausstreck- bares Polypid entwickelt, am dritten vom Ende 2, am fünften 4, am siebenten und ältesten 8. Die Glieder II, IV, VI stehen als Uebergänge neben den benachbarten da, indem sie durch die eben wahr- nehmbare Theilung ihrer Spitzen einerseits zu dem nächst altern Gliede, wo dieselbe bereits vollendet ist, und andererseits zu dem nächst Jüngern, wo sie noch nicht begonnen hat, überleiten. Die genauere Untersuchung der Zweigspitzen lehrt, dass die Anlage der jüngsten Knospen sich überall nach derselben Formel voUzielit, welche in dem Ganzen iliren deutlichen Ausdruck gefunden hat. Aber dies sind, wie gesagt, nicht häufige Fälle. Meistens sehen wir, dass aus irgend einem, oft nicht sicher zu ermittelnden Grunde das eine oder andere Glied der Kolonie eine abweichende Ausbil- dung gewonnen hat, dass hier die Knospung beschleunigt, dort gehemmt erscheint oder durch eine leichte Modification der Grundformel dem ganzen Zweige einen anderen Habitus verliehen hat. So zeigt die an ihrem oberen Ende reich verästelte Kolonie einer jungen Plum. func/osa, Taf. II, Fig. 19, welche auf einem früheren Stadium die Form der Fig. 16 dargeboten hat, an ihrem unteren, gleichberechtigten Pole nur zwei ausgebildete Polypide, und der linke Ast der Kolonie von Plum. repens, Fig. 21, ist lediglich der Formel A B C D gefolgt, während in dem etwas älteren rechten wenigstens anfänglich das Schema A B' B C' C sich ausgeprägt hat, um dann ebenfalls in die vorerwähnte Variation überzugehen. Bibliotheca,zoologica. Heft VI. , ,t , -r^ ' (.•'»'; '''/*-> . , ""77/ i^ 5 -r- ih Zocker- e^«»/C c/,^ec/?^ /. ■• ■'' ^ ^'-/-7 f / ^* '' - ^- ^,»-7?% • ä^ .fi'rsf f^e Seinem G. A ß' f2> Q.' (L ^ai ,r^f>>-fi^ rcc,'.- y /,C p5/!< Dieses Beispiel ist lehrreich. Es bestätigt uns, was wii" schon oben andeuteten, üass durch Ent- ; Wickelung der Zwischenknospen die flächenhafte Entfaltung einer kriechenden Kolonie begünstigt wird. Der linke Ast bietet uns mehr den Anblick einer Linie, während sich das Verbreitungsgebiet des rechten über einen ansehnlichen Flächenraum hin erstreckt. Denken wir- uns hier die Kuospung noch stärker /"- in der Art A B^ B' B C C entwickelt, so würden sich zwischen den alten immer neue Seitenäste einschieben, und endlich würde die ganze Fläche von dicht aneinanderliegenden Zweigen bedeckt sein, wie es bei PI. fiuigosa, Fig. 20, thatsächlich geschehen ist. Wir bemerkten denn auch bereits im vorigen Abschnitt, dass für die fungoiden Formen eine stärkere Ausbildung der Zwischenknospen charakteristisch sei, für PI. repens dagegen die Bevorzugung der Hauptknospen. Wir finden das in den auf Taf. III gegen- übergestellten Figg. 44 und 45 bestätigt, wo schon die Reihenfolge und Gruppirung der jüngsten Indi- viduen eine im Sinne dieses Satzes verschiedenartige ist. Und damit ist uns ein Mittel gegeben, den aberranten Habitus der erwachsenen Kolonien aus seinen Ursachen zu erklären. Bei PL repens treibt jede ' Knospe rasch ihren ersten Tochterspross, dieser wieder eine Enkelin und so weiter, ohne dass aus der Knospe A bald eine zweite B' etc. folgte, die vielmehr erst spät oder vielleicht gar nicht zur vollen Ausbildung gelangt. .„sfrüc'i.. 7 So entwickeln sich die Aeste in schlanken Linienformen, welche ein weites Gebiet einnehmen, ohne die ,eu, ■^'^'^'"^'Ylüclie erheblich zu belasten. Anders PI. fungosa oder emarginata. Hier lässt jede Knospe, nachdem sie ' ihre erste Tochter (B) erzeugt hat, derselben eine ganze Reihe jüngerer Geschwister (B' B^ B^ etc.) folgen, und jedes der letzteren vermehrt sich wiederum in gleicher Weise. Statt zu Linien gestalten sich die Zweige ■,^[ ,;jj:,y,'. jjj Folge der Einschaltung immer neuer Seitenäste zu breiten, fächerförmigen Gebilden, welche die Fläche des ' ^,. Podiums bald lückenlos bedecken. Auf Taf. II, Fig. 16, sieht man eine junge Alcyonella, jederseits mit nur einem fertigen Individuum. Bald nachdem sich von diesem der erste Tochterspross B abgelöst hat y/^, i/i-«//s, Taf. I, Fig. 5, die Kolonie links), tritt auch schon der zweite B' auf, so dass die Apicalknospe C .^-7t,(si sich äusserbch gar nicht als solche kennzeichnet, wie es bei der gleichaltrigen repens-Yovm, Fig. 5, rechts, ""^"flo deuthch der Fall ist (vgl. auch Fig. 6 und 7). In Fig. 17, Taf. II, sind beiderseits 8 Polypide < [, vorhanden. Vier davon, A B C D, repräsentiren den Grundstock , der nach Einschaltung ebensovieler >ri afso Seitenzweige eine fächerförmige Bildung zeigt. Dieselbe hat sich in Fig. 18 noch schärfer niarkirt, wo unter den 18 Individuen jeder Seite 5 (A — E) dem Stamm, die übrigen 13 den Aesten angehören. Die Primärknospe A hat allein 4 Tochtersprosse getrieben, B — B^, diese wiederum eine Mehrzahl von - Enkelthieren. Ein Schritt weiter is't in Fig. 19 gethan, wo freilich die Knospung nur auf einer Seite ihren ungehinderten Fortgang genommen hat. Sechs Glieder, A— F, sind in centrifugaler Folge, fünf, B — B*, in centripetaler als Tochterknospen von A entstanden. Dass auch die von Statoblasten erzeugten Kolonien einen ähnlichen Habitus zur Schau tragen, zeigt Fig. 20. Sehr bald werden sich hier die Röhren -, ■ /> so gehäuft haben, dass von der beschlagnahmten Fläche nichts mehr zu sehen ist. Daraus folgt dann, ;'''äass nur noch die peripheren Zweigspitzen am Boden fortwachsen können, die dahinter auftretenden - Zwischenknospen dagegen aus Mangel an Raum sich vom Podium erheben und oberhalb desselben Bahn brechen müssen. So wird die unterste Schicht der Kolonie allmählich von einer zweiten überwuchert^ deren aufwärts gekehrte Mündungen auch den jüngeren Knospen die Richtung nach oben zuweisen. Vor mir liegt eine rasenförmige Alcyonella, welche auf 5 — 6 cm. ins Geviert die Fläche eines Nupharblatts überzieht und stellenweise bereits eine Dicke von 5 mm. erlangt hat. Da überall ein lebhafter Nach- t'7. rt-.'i.. fie.lf -nie. ^' iuc^r/>r,j oexMrretLi. «-»iy Oi^^e. J/ f '/. Cn-t.. '- *"■"-■ ;'/-c- ö 35 C* -wuchs jüngerer Polypide zu coiistatiren ist, so würde die Kolonie, sich gleichsam etagenartig aufbauend, zu einer compacten, ballenförmigen Masse angewachsen sein, wie man ihr namentlich an Steinen so oft begegnet, und der man es nicht mehr ansieht, dass sie aus einer flächeniiaft entwickelten, kriechenden Form hervorging. Offenbar ist aber für das Wachsthum einer solchen Bildung die ebene Fläche weniger geeignet als die convex gekrümmte. Die von der Ebne eines Blattes nahezu parallel aufstrebenden Röhren stehen in räumlicher Hinsicht weit ungünstiger da als etwa die, welche sich an einem rundlichen Baumzweige in der Ebne des Querschnittes strahlenförmig nach allen Seiten ausbreiten. Die letztern gewinnen für die Anlage von Zwischenknospen ein immer freieres Feld, was bei jenen nur in ganz beschränktem Maasse •der Fall sein kann. Gleichwohl ist das Breitenwachsthum der Kolonie gewöhnlich so stark, dass auch bei rundem Podium schliesslich ein Raummangel sich geltend macht. Man beobachtet dann, dass in dem Kampf ums Dasein, welcher sich innerhalb des Stockes entspinnt, die Stellen mit lebhafterer Knospung die anderen einengen und sich knollenartig über die Oberfläche erheben. In Fig. 2 ist ein Längsschnitt durch eine an einem Erlenzweig angesiedelte Kolonie dargestellt, welcher erkennen lässt, wie von der Mitte aus die ältesten Röhi'en sich kriechend an der Unterlage ent- lang ziehen, wie dann die jüngeren sich darüber aufschichten , und wie die Mündungen dicht gedrängt an der Oberfläche emporschauen. Uebrigens sei hier der gewiss richtigen Bemerkung Kraepelins gedacht, dass durch Keimung der oft dicht neben einander festgehefteten Statoblasten Kolonien erzeugt werden müssen, welche sich von vorn herein in ihrer Entwickelung beeinflussen und in ihrer flächenhaften Entfaltung hemmen, und dass aus der Vereinigung so vieler Stöckchen ein Gesammtgebüde hervorgehen muss, in dessen Form und Grösse der fungoide Charakter zur stärksten Ausprägung gelangt. Obwohl der Unterschied zwischen PI. fungosa und repens erst im späteren Alter seinen höchsten Grad erreicht, zeisrt er sich doch, wie wir gesehen haben, auch schon auf den frühesten Stadien mit sinn-'^"" , '''^f" fälliger Deutlichkeit (Taf. I, Fig. 5 — 7). Dieser Unterschied findet in dem eben geschilderten Verlaufc/p^,^« ,^ i der Knospung nur zum Theil seine Erklärung ; zum Theil ist er begründet in der ungleichen Ausbildung "J ^i" ^ "^ der einzelnen Cystide, welche bei PI. repens schlank und frei entwickelt, hei fungosa verkürzt und inn,'^«"«. «/. sich zusammengezogen erscheinen. Wir wissen , dass das Cystid seine Entstehung aus der polypoiden ^^"] fj" sha Knospenanlage herleitet, deren Halszellen sich in einer die Anheftungsstelle der Knospe resp. Doppel-'«"'"' cktmcl knospe umschreibenden Zone zum Integument umbilden und durch lebhafte Wucherung eine handschuh- /-' ,, ^ ^„^ fingerartige Ausstülpung der mütterlichen Leibeswand herbeiführen. Dieser Process geht bei PI. repens fh,4 J J'"' und den ähnlichen Formen rascher und energischer vor sich als bei PI. fungosa., wo wir oft nahezu'^' /" vollendete Polypide noch im Bereich des Muttercystids, nur durch eine leichte Ausbuchtung von diesem getrennt, finden. Wir werden nicht fehl gehen, wenn wir diese Verschiedenheit auch wieder in einen , ^ rr >''■'/ ■-• ursäclüichen Zusammenhang mit dem jeweiligen Knospungsmodus zu stellen suchen. Denn je mehr ^ /" ^ui/d Material die polypoide Knospenanlage zur Erzeugung von Tochterknospen verwendet, um so weniger />i. ^«'"' '-* erübrigt sie zum Bau der Cvstide, und wo diese letzteren schon frühzeitig und typisch entwickelt werden,-^" ^*''^ °^ da sind der Knospung von vom herein engere Grenzen gezogen. Je ausgiebiger die Zellen der Knospe . , „ den Functionen der Leibeswand zu genügen haben, um so eher müssen sie ihres embryonalen Charakters, •der sie zur Begründung neuer Knospen befähigt, verlustig gehen, viel eher als dort, wo ihre definitive /- ed. /7i pirr^-T^i, f.. O^ ac/r, . '■'''- ' f Ar- a CO L' nerr,eT,ca//y e. 5* /'1,/unj ? ^1 «, Ca « Sa // l't 1 if * -nr^n J '■ — ö 36 es — Anpassung an die Leistungen des Integuments verzögert und dieses überhaupt weniger reich entwickelt wird- Im ersten Falle wird oft nur eine Tochterknospe den Zweig fortführen, während im andern, bei fungosOf die Mutterknospe zur Erzeugung mehrerer Töchter fähig bleibt. Dem entspricht, dass wir im Bereich der mit A und B bezeichneten beiden Endglieder der auf Tat". III, Fig. 43 — 45 abgebildeten Zweige von Fredericella, Fl. repens und fungosa bei der ersten Form im Ganzen 7, bei der zweiten 10, bei fungosa 15 deutliche Knospenanlagen erkennen können, und dass dabei gleichzeitig eine zunehmende Veikürzung der Cystide beobachtet wird. Die Cystide verkürzen sich also augenscheinlich im umgekehrten Verhältnis zur wachsenden Zahl der Knospen. — Nach diesen Andeutungen wird es nicht schwer fallen, an der Hand der auf Taf. I — III gegebenen Figui'en für Fredericella, Fl. repens und fruticosa , sowie andererseits für Fl. fungosa iind emarginata, die entsprechende Formel aufzustellen und sich über die feineren Unterschiede , welche an verwandten Typen zur Geltung kommen, Klarheit zu verschaffen. Wir wollen daher in unserer Darstellung darüber hinwegsehen imd gleich noch auf ein neues Moment hinweisen, welches für den Gesamtbau der Kolonien von wesentlicher Bedeutung ist : Es ist das die Consistenz der C u t i c u 1 a. Wo diese zu einer festen Masse erstarrt, vermag sie den Zweigen des Stockes einen Halt zu verleihen, der dieselben zu einem selbständigen Auftreten und zu freier Entwickelung befähigt. Wo sie dagegen dünn und geschmeidig erscheint, da ist die Kolonie nothwendig an die Unterlage gebunden , sie kann keine emporstrebenden Aeste produciren. Man findet zuweilen Formen von PI. repens, welche eine derartige, zarte, durchsichtige Cuticula zur Schau tragen. Es liegt aber augenscheinlich im Interesse einer Kolonie, die ihres wirk- samsten Schutzmittels beraubt ist, für äussere Angriffe eine möglichst geringe Fläche zu bieten, und nur da, wo die Cystide an und für sich schon weniger typisch entwickelt sind , wird eine Degeneration des Chitinpanzers sich erhalten und zur Begründung einer neuen Form fuhren können. Es ist also ganz natürlich, wenn diejenige Art, bei der diese Erscheinung zuerst permanent geworden, dem fungoiden Typus sich anreiht und wir Fl. vesicidaris geradezu als eine fungosa mit hyaliner Cuticula definiren können: Denn der Wegfall der festen Hülle bedingte nothwendig sowohl den Wegfall aufstrebender Zweige als die noch stärkere Zusammenziehung der Cystide, während alle übrigen Merkmale der Grundform auch in der Modifiation erhalten blieben. Auch Fl. vesicularis gestaltet sich zu dichten , das Podium ver- deckenden Massen, welche bei gleicher Ausdehnung über die Fläche nur nicht die Mächtigkeit der Stöcke von AlcyoneUa gewinnen. Im weitern Verlauf der auf diese Weise beschrittenen Bahn treten uns Lophopus crystallinus und Pectinatella magnifica entgegen. Die stärkste Zusammenziehung der Röhren und gleichzeitig die aberranteste Gestaltung, welche der Bryozoentypus überhaupt erfahren hat, treffen wir in Cristatella mucedo Cuv., deren Betrachtung uns nunmehr beschäftigen wird. Was diese Form auf den ersten Blick vor allen verwandten auszeichnet, ist der Umstand, dass sie gänzlich der äusseren Gliederung entbehrt. Nirgends bemerken wir, dass einzelne Zweige sich aus dem Verbände des Ganzen abheben und selbständig ihren eigenen Weg gehen. Dennoch haben wir, als es sich um die Beobachtung der Kjiospenentwickelung handelte, im Wesentlichen nur die gleichen Ver- hältnisse aufzudecken vermocht wie bei Flumatella. Wir sahen , dass auch bei Cristatella die Primär- knospe in bekannter Weise einen Tochterspross B erzeugte, und dass diesem ein zweiter, mitunter sogar noch <3 37 £:! mehrere (B' — B") folgten. Jede Knospe sorgte mit einem Theil ihres Materials zugleich auch für eine entsprechende Neubildung der Leibeswand. Ein Unterschied trat hervor, wenn mau die gegenseitige Stellung der Individuen in Betracht zog. Unter den Tochterknospen nahm stets nur die jüngste iu der Medianebne der Mutter Platz, die übrigen wandten sich nach rechts oder links zur Seite. Obwohl dieser Vorgang auch bei den Plumatellen seine Analogie fand, vollzog er sich hier doch nie mit derselben Entschieden- heit, und die Knospen folgten einander wenigstens ungefähr in der gleichen Richtung. So liegen die Polypide ABC der Fig. 44, Taf. III, nahezu in einer Ebne mit B' C und D', während der Schnitt Fig. 46, welcher die Polypide A und B' einer Cristatella median getroffen hat, die Thiere B und C ganz unberührt Hess. In Folge dessen treten die Knospen B' — B°, welche bei Plumatella hinter ihre ältere Schwester B zu stehen kommen, bei Cristatella neben oder gar vor dieselbe, weil hier den embryonalen Zellen der Mutter der freieste Spielraum geboten war. Mehr als dies aber fällt bei der Vergleichung auf, dass Cristatella ganz und gar der deutlich abgesetzten Cystide entbehrt. Nur die Duplicaturen der Einzelthiere (d) erheben sich in Gestalt seichter Wälle über die gleichförmige Fläche der obern Decke, alles Uebrige ist in dieselbe unter völligem Schwinden bestimmter Grenzen einbezogen und aufgegangen. Der Cuticularpanzer ist gänzlich in Wegfall gekommen , und das Bedürfnis nach Verkleinerung der Angriffsfläche hat zur grösstmöglichen Zixsammenziehung der Cystide geführt. Von diesem Gesichtspunkt aus ist auch die eigenthümliche Anordnung der Einzelthiere verständlich , deren Vertheilung im Stock sich annähernd nach dem Princip der Bienenwabe geregelt hat. Immerhin ist damit noch keine genügende Auskunft über den Verbleib der Cystide gegeben, die nicht allein in die obere Decke der Kolonie aufgelöst sein können. Ein Theil von ihnen, am wahrschein- hchsten der, welcher auch bei Plumatella dem Podium anliegt, muss der Sohle homolog sein, die sich ebenfalls aus Zellen aufbaut, welche fortgesetzt in der Knospenregion erzeugt werden. Vergegenwärtigen wir uns ferner, dass die Individuen ABC der Fig. 46 den- gleichnamigen der Figg. 43 — 45, also dem Endstück eines einzelnen Zweiges entsprechen, so ergiebt sich der Schluss, dass die latei-alen Partien des letzteren bei Cristatella entweder gänzlich geschwunden oder tiefgreifender Umwandlung anheim- gefallen sind. Betrachten wir eine Kolonie von oben her, etwa so, wie sie in Fig. 57, Taf. IV, dargestellt ist, so zeigt sich, dass sie im Innern von zahlreichen, senkrecht gestellten Scheidewänden (s) durchlaufen wird, welche sich seitlich zwischen den Polypiden hindurchschlängeln und im Allgemeinen vom Centrum des Stockes radial nach der Peripherie ausstrahlen. In Fig. 46, Taf. III, sieht man bei s eine solche Scheidewand von der Fläche. Sie verbindet in Form einer dünnen Lamelle die obere Decke der Kolonie mit der Sohle und ist , wie Verworn angegeben , ein rein mesodermales Gebilde , eine Duplicatur des Leibeshöhlenepithels und der anliegenden Miiskelschicht. Beide Constituenten erscheinen als directe Fort- setzung der entsprechenden Theile des Integuments. Das Ectoderm nimmt an der Bildung der Septen keinen Antheil und zeigt nur da, wo sie entspringen, zuweilen eine ganz leichte, rinnenartige Faltung. Von den Muskeln gelangen die innern, welche den Längsfasern der verwandten Formen homolog sind, bei den gestreckten Kolonien von Cristatella aber als Quermuskeln erscheinen , zu überwiegender Aus- bildung. Sie verlaufen in den Septen nahezu senkrecht. Die äussern Ringmuskeln der Kolonie treten in den Septen als Horizontalfasern auf, sind jedoch mir in der Nähe der Wandungen häufig, in der Mitte verschwinden sie fast gänzlich. --ö 38 SS-- Die Entstehung der Septen ist unmittelbar von der Eutwickelung der Knospen abhängig. Un- gefähr zu der Zeit, wo sich von der Mutterknospe (Taf. IV, Fig. 57, k) der erste Tochterspross ablöst, sehen wir am äussersten Rande der Kolonie eine verticale Lamelle (s) auftreten, die sich auf spätem Stadien der Knospe nähert (Fig. 57, k' s') und endlich zwischen ihr und der mittlerweile weiter abge- rückten Tochter Halt macht (k^ s"^). Der freie Rand dieser Lamelle verläuft nicht gleich lothrecht von oben nach unten, sondern die Lamelle zieht sich in Sichelform von der Decke zur Sohle, und zwar zur äussersten Grenze derselben, derart, dass sie fast ausschliesslich der obern Decke anzugehören scheint. Um ihre Bildung zu verstehen , müssen wir uns erinnern , dass jede Knospe einen Theil ihres Materials zum Aufbau des luteguments hergiebt, und dass dieser Vorgang allseitig, am lebhaftesten aber an der Oralseite stattfindet. Indem nun die Kuospen B und B' der beigedruckten Skizze in der durch Pfeile angedeuteten Richtung die Ergänzung der Kolonialwand bewirken, muss zwischen ihnen eine neutrale Grenzlinie auftreten, wo die hi Bildung begriffenen Partien gegen einander drängend sich die Wage halten. Das Ectoderm. erweist sich als nachgiebig genug, um auch die über- schüssigen Zellen des inneren Knospenblattes in sich aufzunehmen und zu verarbeiten. Aber das mesodermale Epithel, welches vom äusseren Knospenblatt unterstützt wird, hat für die Verwendung der ihm zu- fliessendeu Baustoffe an dieser Stelle keine Gelegenheit. In Folge dessen wird hier eine nach innen vorwuchernde Duplicatur erzeugt, welche in gleichem Maass, als das Integument fortfährt sich im bisherigen Wege zu erweitern, sich bis zur Sohle herabzieht. Die Lamelle wächst fort, so lange die Knospung anliält. Sie wäclist durch Hinzutritt frischen Materials an den Punkten, wo sie der Leibeswand eingefügt ist, an der Basis, niclit an dem freien Rande. Die Kolonialwand wird gleichsam am Grunde des Septums von diesem fortgeschoben : Das Septum bleibt stehen, die angrenzenden Theilo des Mesoderms führen es weiter, das Ectoderm weicht gänzlich zurück. Dabei wird das Septum immer n:chr ins Innere der Kolonie verlegt, und hier vermag es mit der Entfaltung der letzteren auf die Dauer nicht gleichen Schritt zu halten. Der Stock würde eine frühzeitige Hemmung ei'fahren, wenn nicht die oben beschriebene Anordnung der Muskelfasern in den Septen ein Zerreissen derselben in verticaler Richtung begünstigte. Da Horizontalftisern selten sind, so treten uns die Septen in den älteren Theilen der Kolonie bald zu dünnen Fäden, bald breiten Bändern zerschlitzt entgegen, welche stets senkrecht die Sohle mit der Oberseite verbinden (Tf. III, Fig. 46, s, rechts). Ich sagte vorhin, das Septum nähere sich der Knospe. Dies ist nur scheinbar. In Wahrheit findet das Gegentheil statt, indem, wie ich S. 26 gezeigt habe, die Knospe im Lauf ihrer Entwickelung etwas nach vorn rückt, die Mündung des fertigen Polypids also oral vor seiner ursprünglichen Bildungs- stätte gelegen ist. Der Abstand zwischen der Knospe A und dem vor ihr liegenden Septum nimmt ab, weil die Einschaltung von jungen Zellen in die Leibeswand auch an der Analseite der Knospe vor sich geht, diese somit sich selbst dem Septum entgegenschiebt. Ich muss betonen, dass nur Radialsepten augelegt werden, keineswegs solche, welche die Polypide anal von den älteren, oral von den jüngeren abgrenzen. Es ist daher völlig unrichtig, wenn in der Arbeit von Verworn „Läugssepten" neben den „Quersepten" beschrieben werden, welche vereint jedes S3 39 ES Polypid in eiuem vierseitig prismatischen Raum einschliessen und von den benachbarten scheiden sollen. Nur die secundären Verschiebungen, welchen die Septen bei den späteren Dislocationen im Stock ausgesetzt sind, konnten diesen Irrthum hervorrufen. Durch das Septum wird die Primärknospe A von der ersten Tochter B, diese von der zweiten B' geschieden, dagegen bleibt das Gebiet der letzteren mit dem der Mutter in offenem Zusammenhang. Da dies von allen Knospen gilt, welche sich durch Theilung vermehren, so werden zwischen den älteren Septen fortgesetzt jüngere eingeschaltet und die ganze Kolonie von einem System radial verlaufender Scheidewände durchzogen, welche uns gewissennassen den Stammbaum der einzelnen Polypide vor Augen führen. Denselben vom ersten bis zum letzten Individuum zu verfolgen, ist praktisch nicht immer möglich, weil der Verlauf der Septen zuweilen trotz aller Aufhellungsmittel nicht klar erkannt werden kann, die ältesten Polypide allmählich absterben und ihrer gänzlichen Auflösung entgegengehen. Einen anderen Wegweiser bietet uns die Erfahrung, dass, wenn sich von einem Polypid A die erste Tochterknospe B nach rechts abgezweigt hat, diese ihrerseits die Knospe C nach links treibt und so fort, dass also die Stamm- knospen einander im Zickzack folgen. Wir wissen indessen schon , dass auch diese Regel nur eine bedingte Gültigkeit hat, xind dass Ausnahmen stattfinden können, so oft es die Oekonomie des Raumes erforderlich macht. Immerhin setzen uns diese Hülfsmittel in den Stand, der Descendenz im Stocke so weit auf die Spur zu kommen, dass eine Vergleichung mit den Zweigen verwandter Formen ermöglicht wird. In Fig. 57, Taf. IV, ist jedes Individuum der Reihe A — G vermuthlich als Lateralspross von dem überge- ordneten erzeugt worden. Somit wäre der ganze Complex einem kriechenden Zweige von Plumatella mit entsprechender Knospenzahl gleichzustellen. Jedes Thier hat ferner einen Medianspross, B' C etc. producii-t, der bei Plum. als „Zwischenkuospe" auftreten und die Anlage eines Nebenastes begründen würde. Als solchen haben wir denn die Mediauknospe mitsamt ihrer Nachkommenschaft auch aufzu- fassen. Ein Unterschied zeigt sich nur darin, dass die Knospe nicht wie bei Plum. hinter der älteren Schwester, sondern seitlich davor auftritt, ein Umstand, der bereits früher in der verschiedenen Lagerung des von der Mutter ausgehenden embryonalen Zell- complexes seine Erklärung fand und der es bedingt, dass alle Zweige in gleicher Höhe ihr Ende er- reichen. Je zwei Knospen derselben Abstammung (B und B', C und C) werden nun stets durch ein Septum von einander geschieden. Denken wir uns diese Septen derart getheilt, dass eine Hälfte der Duplicatur links, die andere rechts zu hegen kommt, so würde die ganze Kolonie durch radiale Einschnitte von wechselnder Tiefe zerschlitzt werden, und das Stück der Fig. 57, welchem speciell unsere Betrachtung gewidmet war, würde etwa dem beigefügten Schema I entsprechen. Seine Homologie mit dem daneben stehenden Grundriss von Plum. dürfte ohne Weiteres klar sein. Ausgenommen, dass bei Crist. der Stamm A— G auf das Maass der gleich langen Seiten- F G F' i3 40 £4 zweige reducirt ist, herrscht in der Zahl und Anordnung- der Individuen völlige Uebereinstimmung. Während aber bei Plumatella die Zweige rings vom wohl entwickelten Integument umgeben sind, haben wir in der Cristatella-Yiguv statt der lateralen Partien nur die gespaltenen Septen vor Augen, und hier wird es offenbar, dass die Septen nichts Anderes sind als rudimentär angelegte Cystidtheile, Reste der Kolonial- wand, die unter dem Einfluss gegenseitigen Druckes schliesslich nur noch als raesodermale Duplicatur unter gänzlichem Wegfall des Ectoderms auftrat und so sclieinbar zu einem blossen Diaphragma der Leibeshöhle hei'absank. Halten wii- diese Deutung, die auch mit den entwickelungsgeschichthchen Thatsacheu überein- stimmt, fest, so erscheint uns die Kolonie Fip'. 57 in einem neuen Lichte. Da jede Knospe auf eine ältere und alle zusammen auf die drei ersten Individuen eines ausschlüpfenden Embryo zurückgehen, die auch wieder in engerem Verein ihre Entstehung nahmen und wahrscheinlich durch die Polypide I, II, III repräsentirt werden, so bildet der ganze Stock einen Complex dicht gedrängter, radial sich ver- breitender Zweige, welche ihm nahezu den gleichen morphologischen Werth verleihen, wie der in Fig. 20, Taf. II, dargestellten Kolonie von Alcyonella. Durch Verkürzung sämtlicher Glieder derselben könnte man sich leicht ein Stadium herbeigeführt denken, wo die Cystide lateral mit einander verschmi^lzen, und die Aehnlichkeit eine augenfällige würde. Auch bei den verwandten Formen treten Bildungen auf, welche man als „Septen" zu bezeichnen pflegt und die nicht einer gewissen Analogie, wohl aber der Homologie mit denen von Cristatella entbehren. Es sind ringförmige Diaphragmen, welche bis auf eine mittlere Oeffnung das Muttercystid von dem Tochterthier trennen (Taf. II, Fig. 21, 22, s) und Einschnürungen der Leibeswand darstellen, deren Ec- toderm auch hier die Secretion der Cuticula fortsetzt. Der Septalfalte des Integuments entspricht daher eine Duplicatur der Chitinhülle (Fig. 23, c'). Diese Septen entstehen erst auf später Entwicke- lungsstufe der Einzelthiero. Erst wenn Mutter und Tochter ihre volle Ausdehnung erlangt und sich mit einem festen Panzer umgeben haben, bedingt das nachträgliche Wachsthum ihrer cystidaien Zellen eine Verschiebung der Grewebe in der durch die Pfeile in Fig. 23 angedeuteten Richtung, und da die Cuti- cula (c) nicht mehr nachgiebig genug ist, um dem resultirenden Druck zu weichen, so setzt sich die Bewegung nach innen fort, wo die Septalfalte erzeugt wird, die zu gleichen Theilen beiden Individuen angehört. — An den kriechenden Zweigen treten die Septen meist als Halbringe auf, welche nach Art eines Thores auf der Fläche des Podiums ruhen. Es ist klar, dass diese Bildungen nur einem kleinen Stück der CristateUaSeitten entsprechen, immerhin aber war damit schon der Weg bezeichnet, auf dem bei stärkerer Contraetiou der Cystide deren Wandung melir und mehr ins Innere der Kolonie verlegt werden konnte. Und dieser Weg wii'd, wenn auch nur ausnahmsweise, in der That schon bei Plum. fungosa weiter beschritten. Zuweilen sieht man hier zwischen Mutter und Tochter, bald nachdem sie sich von einander getrennt haben, eine Scheidewand auftauchen (Taf. III, Fig. 55, s), welche lediglich eine Duplicatur des Mesoderms darstellt, das dem Ectoderm im Wachsthum voraneilte. Man wird dieselbe als eine verfrühte Anlage jener Diaphragmen aufzufassen haben, die normalerweise erst sehr viel später und dann unter Betheiligung beider Blätter gebildet werden. Ich beobachtete sie häufig oberhalb der Ovarien und Ei-Schläuche (Fig. 56, s). Sie erreicht stets nur eine geringe Ausdehnung, ist aber trotzdem den jugendlichen Septen von Cristatella direct zu vergleichen, da sie in ihrer Beziehung zu ben denachbarten Knospen und ira *3 41 £S Bau mit denselben ganz und gar übereinstimmt. Dächte man sich ihr Wachsthum fortgeführt und im Uebrigen die Cystidbildung unterdrückt, so würde die Analogie eine vollkommene sein. — Angesichts einer jungen Cristatella von rundlicher Form, wie der eben betrachteten Fig. 57, drängt sieh die Frage auf, wie hieraus schliesshch jene bandförmigen, bei einer Breite von 5 — 7 mm.*) zuweilen fusslangen Kolonien hervorgehen mögeu. Ich glaube ein hinreichendes Material in Händen zu haben, um diesen Entwickelungsprocess klarlegen zu können. Taf. III, Fig. 47 ist eine dem Ötatoblasten soeben entschlüpfte Kolonie abgebildet. Sie enthält ein ausstreckbares Polypid, zwei andere, ungleichen Alters, erst als Knospen. Sie ermöglicht auf diesem Stadium noch ohne Weiteres den Vergleich mit einer Plumatella, wie sie in Fig. 47b wiedergegeben ist. Bei beiden bemerken wir in der Mitte das Primärpolypid A, links davon die erste, rechts die zweite jüngere Knospe, B und B'. Im Lauf der Entwickelung nimmt nun die junge Cristatella eine mehr rundhche Gestalt an, wie aus Fig. 48 — 52 zu ersehen ist. Die an der Oralseite der älteren sich entwickelnden Tochterthiere häufen sicli immer mehr und breiten sich tangential in der Richtung der Pfeile — Fig. 49, 50 — aus, bis sie hinter dem Primärpolypid A den Kreis der Knospungszone zum Abschluss bringen (Fig. 52). Schon jetzt, wo man noch deutlich den hinteren Zipfel des Embryo (z, vgl. Fig. 47) erkennen kann, tritt an dieser Stelle zuweilen ein Einschnitt auf, zu dessen Seiten der Kolonialrand sich etwas hervor- wölbt. Im Allgemeinen aber stehen die Knospen vor der Hand noch weitläufig genug, um für sich und ihre Nachkommen Raum zu finden, und so wächst die Kolonie eine Zeit lang unter Wahrung ihrer bisherigen Form weiter. Das dauert fort, bis sie etwa den Durchmesser von 3 — 4 mm. erreicht hat (Taf. II, Fig. 25, 26). Auf diesem Stadium stehen die Knospen und Polypide bereits so dicht, dass sie vielfach in ihrer freien Entwickelung gehemmt erscheinen, und wir beobachten dann, dass jener Einschnitt, falls er nicht jetzt erst auftritt, sich immer schärfer markirt (Taf. II, Fig. 27, 28; Taf. IV, Fig. 57) und zu- weilen ausserordentlich tief wird (Taf. II, Fig. 29). Ich habe ihn fast an allen Kolonien vom be- zeichneten Umfange nachweisen können. Die Maximalgrösse, bis zu der die rundliche Form überhaupt gedeihen kann, dürfte das Fig. 31 abgebildete Exemplar so ziemlich erreicht haben. Möglicherweise ist dasselbe jedoch nicht unmittelbar aus einem Embryo, sondern durch Abschnürung von einer älteren Kolonie entstanden. Da die Entwickelung der jungen Knospen im Sinus der Falte nur eine beschränkte sein kann, während sie andererseits an den beiden Vorsprüngen den freiesten Raum zu ihrer Verfügung hat, so werden diese Vorsprünge immer mehr anwachsen und als breite Lappen sich abgliedern, wie wir es schon in Fig. 29 wahrnahmen. In Folge der Beweglichkeit der Kolonie, welche auf einer schlüpfrigen Secret- fläche langsam dahingleitet, werden dieselben sich aber allmählich von einander entfernen (Fig. 30, I), und in dem von ihnen eingeschlossenen Gebiet werden die Knospen, aus ihrer Zwangslage befreit, nun um so rascher das Versäumte nachholen. Mehr und mehr wird sich das Gleichgewicht in der Kolonie herstellen und der Gegensatz zwischen der concaven und convexen Seite der Kolonie verschwinden. *) In extremen Fällen mehr, auch weniger. Bibliotheca zoologica. Heft VI. Ö 42 £> Sobald dieser Process zum Abschluss gelangt uud die Kolonie von zwei nalu'zu parallelen Linien und zwei pulständigen Halbkreisen begrenzt ist, erscheint die Entwickelung der Knospen offenbar an den Polen räumlich am meisten begünstigt. Der zu den Bögen a a' und b b' des beistehenden schematischen Grundrisses gehörige Flächen- raum verhält sich nach plauimetrischen Gesetzen zum freien Rande =: _.___ . 57: Y Innerhalb der Geraden a b uud a' b' ist das ent- sprechende Verhältnis 2 r a b : 2a b. Setzen wir der Natur gemäss r = 2,5 mm. und a b = a' b' etwa = 7,5, so ergiebt sich, dass auf 1 qmm. Fläche an den Polen 0,8, zwischen denselben, d. h. inmitten der Linien aa' und bb', nur 0,4 mm. freien Randes kommen. Wo die in unserer Figur durch Punkte bezeichnete Knospungszone in gerader Front vorschreitet, ist vor jedem Indi\ iduum eigentlich bloss für die Anlage eines einzigen neuen Platz. Nur durch den Umstand, dass auch in den altern Cystiden das Wachsthum noch fortdauert und eine fernere Streckung der Kolonie bedingt, wird die Entwickelung der gegen den Rand hin sich häufenden Knospen ermöglicht. Indessen nicht über einen gewissen Grad hinaus. Schliesslich wird die Grenze erreicht sein, wo die Axe cd sich nicht weiter auszudehnen vermag, und lediglich räumliche Rücksichten werden der Knospung am Rande ein Ziel setzen, wenn nicht auf andere Art für die Erweiterung der Peripherie gesorgt wird. An den Polen dagegen erweitert sich das Gebiet jeder Knospe an der Oralseite in gleichem Maasse, als die vom Centruin des Halbkreises ausstrahlenden Radien sich stetig von einander entfernen. Die Knospungszone schreitet hier wie die Welle um einen ins Wasser geworfenen Stein in immer grösseren Bögen vor, die Zahl der Individuen kann sich beständig vermehren, und so wächst die Kolonie vorzugs- weise an diesen Punkten. Aber wie für die junge Kolonie der kreisförmige Umfang schliesslich doch nicht mehr ausreichte, sondern durch Faltung eine Vergrösserung erfuhr, so tritt auch jetzt an den Polen ein Stadium ein, wo die Knospen tangential so stark an einander drängen, dass an einer Stelle des geringsten resp. des am meisten gehemmten Wachsthums der Rand beiderseits vorspringt. Und indem nun wiederum während der Fortbewegung der Kolonie die Falte sich öffnet und in die Länge streckt, bildet ein Theil der Knospen, welche bisher von den polständigen Halbkreisen umschlossen waren, die Fortsetzung der Seitenlinien, ein anderer formirt für sich selbst einen neuen Pol. Durch mehrfache Wiederholung dieses Processes entsteht die bandförmige, zu so auffälliger Länge anwachsende Kolonie. In letzer Instanz ist dabei offenbar der Umstand massgebend, dass die Knospungszone sich tangential stärker erweitert als radial. Nur bis zu einer gewissen Grenze genügt der Umfiing einer rundlichen Kolonie für die Ausbreitung der Knospen. Je grösser der Kreis, desto kleiner wird die Peripherie im Verhältnis zur Fläche. Auf einem gewissen Stadium muss für eine Vergrösserung des Umfangs gegenüber dem Flächeninhalt der Kolonie gesorgt werden, wofern das Wachsthum nicht gänzlich erlöschen soll: Da, wo die Knospen sich durch gegenseitigen Druck am stärksten in ihrer Entwickelung hindern, entsteht inmitten zweier seitlichen Vorsprünge jene Falte, die sich rasch vertieft, weil in Folge der günstigeren Contourverhältnisse an den Vorsprüngen ein beschleunigtes Wachsthum herrscht, und die dann beim „Fortkriechen" der Kolonie allmählich geöffnet wird. Derselbe Process der Faltung und K3 43 ES Faltenstreckung wiederholt sich fortwährend an den Polen der älteren Kolonien, und indem das (ileich- gcwicht zwischen Umfang und Inhalt durch abwechselnde Zunahme bald des einen, bald des andern ge- stört wird und im Schwanken zwischen beiden Extremen bald erreicht, bald überschritten wird, erwächst die Kolonie zum lanj;'.i;estreckten Bande. Ganz so, wie wir es hier nach einem idealen Beispiel skizzirt und verallgemeinert haben, verhält sich die Sache in Wirklichkeit wohl nur selten. Durch die Fähigkeit der Locomotion, soweit man ein vom Willen des Individuums unabhängiges Fovtgleiten als solche bezeichnen kann, ist die Kolonie in den Stand gesetzt, jeder räumlichen Beschränkung sich anzubequemen, und jedem local auftretenden Bedürfnis nach freierer Entfaltung Rechnung zu tragen. In ersterer Hinsicht werden bei der dichten Häufung der Stöcke an Blättern und dünnen Stengeln oft ganz ausserordentliche Anforderungen gestellt, und die in Fig. 34 — 38, Tat". II, in natürlicher Form und Lage dargestellten Kolonien mögen einen Be- griff davon geben, wie weit denselben genügt werden kann. Aehnliche Windungen sind aber auch auf Grund jenes andern Motives denkbar. Wenn an irgend einem Piinkte der Parallelseiten die Knospung lebhafter fortschreitet, die Individuen stärker gehäuft sind, so werden die daselbst wirksamen Spann- kräfte eine Krümmung der Kolonie uaeli der entgegengesetzten Seite bedingen, und dem auf Erweiterung des Umfangs abzielenden Bedürfnis wird so lange nachgegeben werden, bis alle Theile der Kolonie sich wieder in der Gleicligewichtslage befinden. . Ueberall, wo keine äusseren Hindernisse im Spiel sind, wird den Stellen mit regerem Wachsthum eine convexe Biegung des Randes entsprechen, und in jedem Augenblick wird die Form der Kolonie der Ausdruck des Gleichgewichts ihrer tangentialen Spannkräfte sein. Nicht immer wird man entscheiden können, ob eine Windung auf äussere oder auf innere Gründe zurückzu- führen ist. Für den Erfolg ist das auch nebensächlich. In jedem Falle wird an den convexeu Stellen die Knospung lebhafter fortschreiten als innerhalb der Falten oder bei geradliniger Begrenzung und sie wird daher in der Mitte oft nicht weniger begünstigt sein als an den Polen. W^ir dürfen nun annehmen, dass sich bei längeren Kolonien die Krümmungen beider Seiten die Wage halten und etwa im Sinne des Schemas (>3C!!>v^!SC^!S3 ™^* einander correspondiren. Indem die an den Einschnitten gelegenen Knospen die räumliche Btnachtheiligung nicht auf die Dauer ertragen können, sondern ihi'erseits wieder das Ueber- gewicht über die Gegenseite gewinnen, müssen die Falten sich allmählich ausgleichen und eine Ver- längerung des Stockes auch zwischen den beiden Polen zur Folge haben. Immerhin wäre es, die Richtigkeit meiner Ausführungen vorausgesetzt, zu verwundern, wenn nicht auch an den Langseiten zuweilen lappige Vorsprünge von grösserem Umfang wahrzunehmen sein sollten. Für den steten Ausgleich der Biegungen des Randes giebt es ja kein unbedingt sicheres Regulativ; es erseheint theoretisch beinahe als eine Nothwendigkeit, dass unter den vielen Wölbungen der Kolonie zuweilen eine begegnet, die nicht wieder durch einen Einschnitt der Gegenseite aufgehoben wird, sondern zu einer selbständigeren Ausbildung gelangt. In der That ist es mir im Sommer 1888 gelungen, mehrere Exemplare aufzufinden, welche diese Eigen thümlichkeit zur Schau trugen. Dieselben sind auf Taf. II in natürlicher Grösse wiedergegeben. Man sieht in Fig. 34, III und 35 den mit * bezeichneten Lappen noch wenig entwickelt, in Fig. 37, I bereits zu einem runden, knospenartigen Vorsprung gediehen und in Fig. 38 noch mehr vergrössert. Für ihn gelten nun offenbar dieselben Verhältnisse wie für die normalen Pole der Kolonie. Auch hier finden die Knospen einen weiten Raum zu ihrer Entfaltung, und ihre er- höhte Thätigkeit wird den Vorsprung rasch nach den gleichen Gesetzen weiterentwickeln, wie wir es an 6* — i3 14 'ü den Polen gesehen liaben. In Fig. 39 u. 40 kann man kaum noch mit Sicherheit sagen, welche unter den dreien die ursprünglichen beiden Pole der Kolonie sind, und man wird die letztere einfach als eine dreispitzige zu bezeichnen haben. Bestätigen diese Funde einerseits aufs glücklichste unsere Angaben über die Art des Wa,chs- thums der Cristatellenstöcke, so zeigen sie andererseits, dass wir für die Bryozoen des Süsswassers nicht nur die Knospung von Einzelthiereu anzuerkennen haben, sondern dass sich noch eine andere, die ganzer Kolonien, constatiren lässt, welche durch Austülpungen der Wandung älterer Kolonien bewirkt wird. Denn wir sind um so mehr berechtigt, jenen seitlichen Vorwölbuugen, welche sich an der mütter- lichen Kolonie selbständig weiterentwickeln, im Verhältnis zu ihr den Werth von Knospen beizumessen, als dieselben sich ohne Zweifel schliesslich ganz loslösen und nun auch äusserlich isolirt fortbestehen. Ich habe das allerdings nicht direct zu beobachten vermocht, halte es aber gleichwohl für sicher, weil nicht nur der Zerfall gestreckter Kolonien in einzelne Theile häufig durch Abschnürungen angebahnt wird und selbst bei gewaltsamer Trennung*) die Theilstücke ungefährdet bleiben, sondern auch weil ich nie- mals Auswüchse vom Umfang einer grösseren Kolonie habe entdecken können, dieselben also vermuthlich bei Zeiten abgetrennt werden. Als unerlässliche Bedingung für das Wachsthum des Cristatellenstockes erscheint seine Be- weglichkeit auf der Unterlage, die ich hiemit zuerst in ihrer wahren Bedeutung erkannt zu haben glaube. Ausserdem gilt jedoch, und namentlich bei den Jugendformen, die Angabe Verwoi-ns, dass „die Kriech- bewegung der Kolonie die Resultante aus den von den einzelnen Thiereu auf die Fusssohle wirkenden Zugkräften" ist, und dass „ihre Richtung bedingt ist durch die Richtung der einzelnen Thiere". Unter diesen „Zugkräften" dürfte nur die Flimmerbewegung in Betracht kommen. — An die „Saugnäpfe" Reinhards**) glaube ich nicht. Die geschlechtlich erzeugten Larven (Taf. IV, Fig. 59) entwickeln sich nach ihrer Festsetzung ohne Zweifel ebenso wie die Statoblastenthiere. In der Kolonie Fig. 60 ist der mit x bezeichnete Körper wahrscheinlich der in Rückbildung l)egriftene Rest der larvalen Leibeswand. Als Curiosität habe ich in Fig. 41. Taf. II, ein Exemplai- abgebildet, das in der Mitte ein 2 mm. langes und 1 mm. breites Locli zeigt, in dessen Umgebung sich eine scheinbar normale, innere Knospungszone befindet. Von einer Weiterentwickeluug de hier gelegenen Knospen kann natürlich keine Rede sein. Ich erkläre mir das Zustandekommen dieser Missbildung aus einer dreispitzigen Form, deren beide nächstbenachbarte Pole, vielleicht in B"'olge einer Verletzung, verschmolzen sind. Der Schachtelhalm, an dem sie sich fand, war so dicht mit Kolonien besetzt, dass eine Bewegung derselben so gut wie aus- geschlossen war.***) *) hl (lie.sHiii Falle tritt iintrr C'oiitr.ictioii lii'S Wuiiilvaiiiles eine ra.sc-lic Vri-Wiiclisiiiii; dosselben ein. '■''■*) Zool. Aiiz. ISSO, S. L'lL'. ***■! Am Schluss (li>s K;i])it(>ls niöcliti' icli iiocli erwähnen, dass eine ganz ühnliclie Altersfolge, wie sie für die Individuen der Phylactolaenien-Kolonie eliarakteristisch ist, auch bei den Polypengi-uppen der Siphonophoren, speciell bei Haiistemma nachgewiesen wurde. In den Sitzungsberichten der Preuss. Akademie der Wissenschaften zu Berlin, 188s, S. 1167 ff., hat Chun gezeigt, dass diese Gruppen in der Weise auf einander folgen, w-ie es die Formel ^^''^^~~~^ ~"~^..,^ ^-.::=:r~~^ X — X ausdrückt, also genau so, wie ich es auf S. 'X^ ,-«==^^— ^^T ~-^^ A "« a b B a' C D der vorliegenden Arbeit durch das Schema A B* '& ~I- B'^ C' C D umschriel)en habe. Diese in der That auttallige l^ebereinstimmung legt die Verniutlmng nahe, dass auch das Detail der Kntwickelung manches Verwandte darbieten mochte. — ö 45 j^-rrTT^^ 3. Die Entwickelung der Einzellhiere. Nur ein Tlieil der ursprünglichen Knospenanlage, deren oberer Absclinitt für Fortpflanzungs- zwecke Verwerthung ündet, wird schliesslich dem einzelnen Individuum einverleibt. Die Wandlungen, welche derselbe erfährt, sind von Nitsche ausfüiu-lich beschrieben, aber nicht überall i-ichtig erkannt worden. Ich werde in meiner Darstellung mehrfach auf Tiiatsaehen hinzuweisen haben, welclie mit den Angaben des genannten Forselicrs im Widerspruch stehen, ohne je zu vergessen, wie viel ich diesen Angaben auch da schuldig bin, wo ich sie nicht bestätigen kann. Nach Nitsche entsteht der Darmti-actus aus dem unteren Theil des Knospensackes in der Weise, dass „sich jederseits an der Knospe eine Furche bildet, welche beide Blätter derselben nach innen gegen einander zu einstüli)t. Man muss sich den Vorgang ähnlich denken, Avie wenn man einen zweischichtigen hohlen Gummiball in beide Hände nähme und nun mit dem Finger jederseits so lange drückte, bis sich die beiden Fingerspitzen, getrennt durch die vierfachen Wandungen des Balles, gegeneinanderlegten."*) Die Furche ist äusserlich nicht gleich sichtbar, sie zeigt sich erst, nachdem jederseits „eine wuchernde der äusseren Knospenschiclit entstammende Zellleiste" das innere Blatt gegen die Medianebne vorgeschoben hat. Die Falten treffen alsdann zusammen und verschmelzen. So wird ein Stadium erreiclit, welches Nitsciic durch das in unserem Text wiedergegebene Schema veranschau- licht hat. „Wir erhalten oben einen hohlen zweischichtigen Sack, dessen Wandung die Anlage der Tentakelscheide darstellt, an den sich nach unten wie ein hohler Henkel der Darmkanal anschliesst. . . Der Darm communicirt mit zwei Oeffnungen, der Mund- und AfteröfFnung, mit dem Hohlraum der Tentakelscheide." Während hienach der Darm durcii eine Art Abschnürung von der Knospe als cont inui rli ch es Rohr seine Entstehung nimmt, vollzieht sich die letztere nach meinen Beobachtungen in folgender Weise. Die Knospe, welche anfangs in Form eines lundlichen Knopfes dem Halse der Mutter oder der daraus hervorgegangenen Cystidwand ansitzt, verlängert sicli schlauchförmig (Taf. IX, Fig. 107, B) und erscheint von da an „so zusammengedrückt, dass der kürzeste Durchmesser ihres Querschnittes in die Medianebeno fällt" (vgl. Taf. VIII , Fig. 100, B). Dies ist von Nitsche vollkommen treffend bemerkt worden. Demnächst wird ihr unterer Theil ein wenig nach vorn gebogen, so dass sie in der Mitte nach Art eines Komma geknickt erscheint (Taf. IX, Fig. 108, B». In Folge dessen markireu sich an der Oralseite zwei Abschnitte, welche durch eine Querfalte (Fig. 108, *) geschieden sind. Der obere Abschnitt bezeichnet das Feld, wo sich die Tochterkuospe entwickelt. An der Analseite springt das Lumen der Knospe ungefähr auf der Hälfte seines längsten Durchmessers im scharfen Winkel gegeu das innere Blatt vor (Fig. 108, a). Dieser Winkel ist der Beginn einer Ausstülpung, welche in der Mediane abwärts verläuft und dem unteren Theil des primären Knospenlumens sich parallel stellt (Fig. 106 — 109, an). Die Ausstülpung, welche zunächst nur das innere Blatt betrifft, erscheint aber nicht gleich in Form eines typischen Bruchsacks, sondern als ein mit langer Spalte geöffneter Falz, der sich nach unten zu düten- *) Knospiinj; S. 1:^4. — ö 46 e^ — artig in das GcM-ebe einbohrt und dessen Ränder dann durcli Verwachsung die Spalte bis auf eine an ihrem oberen Ende gelegene OefFnung (Fig. 106 — 109, a) schliessen. Auf den Quersclmitten Fig. 110, IV — VII ist dieser Process*) bereits vollendet. Etwas früher würde man im V. Schnitt den Hohlraum a n mit dem vorderen Lumen der Knospe verbunden gesehen haben. Die Schnitte beziehen sich auf ein Stadium, dessen Medianbild in Fig. 106 wiedergegeben ist. Nur hat sicli dort der Theil des inneren Blatte.'!, welcher die anale Ausstülpung vom primären Lumen der Knospe trennt, schon deutlich in zwei Lamellen geschieden, ein Vorgang, der in Fig. 110, V u. VI unmittelbar bevorsteht. Man sielit, wie selir dadurch der Schein einer blossen Abschntirung im Sinne Nitsclies erweckt wird, zumal scliliesslich aucli das äussere Blatt dem inneren folgt und zwischen dessen beide Lamellen jederseits eine Duplicatur hineintreibt, deren Ränder zusammenstossen und verschmelzen (Taf. VIII, Fig. 100). Hiefür ist aucii das Gleichnis vom Gummiball zutreffend, insofern im unteren Theil der Knospe (Taf. IX, Fig. 109, bei X) die Zellen des inneren Blattes vereint bleiben und nur oberhalb dieser Stelle (bei XX) durch das äussere getrennt werden. Das Wesen der Sache wird jedoch durch das Bild nicht bezeichnet: Die Voi-gänge, welche sich im Innern der Knospe vollziehen und an denen das äussere Blatt nur einen secundären Antheil nimmt, sind anderer Art. Das Wichtigste ist, dass dadurch kein ununterbrochener Kanal, sondern ein Blind schlauch erzeugt wird, welcher sich nur an der Ursprungsstelle in das primäre Lumen der Knospe öffnet. Diese Oeffnung (a) bezeichnet den After , der Schlauch selbst nicht den gesamten Darm, sondern den Theil desselben, welcher Magen und Rectum aus sich entstehen lässt. Die ursprüngliche Knospenhöhle, die auf dem Querschnitt als breiter Spalt ei-scheint, ist das Atrium, in dessen Bereich die Tentakelkrone, das Nervensystem und der Pharyngealtheil des Darms gebildet werden. Alles dies ist in Fig. 106 noch nicht deutlich geschieden. Nur an der hinteren Wand des Atriums ist durch den stumpfen Winkel bei or die Stelle markirt, wo sich in Form einer flachen, trichterartigen Vertiefung der Munddarm anlegt. In Fig. 107 hat sich derselbe schon erheblich verlängert. Er besteht in einer Ausstülpung des inneren Blattes, welche gegen das blinde Ende des Analschlauchs vorgedrungen und damit auf einen Widerstand gestossen ist, der ihr das Gleichgewicht hält. Ueber dem Munddarm bemerkt man in Fig. 107 eine zweite, weit umfongreichere und mehr rundliche Ausstülpung, dfe Anlage des Nerven- systems. Auch sie wird vom inneren Blatt gebildet , und zwar von dem mittleren Comples jener Zellen, welche die hintere Wand des Atriums zusammensetzten und in Fig. 108 u. 9 mit n* signirt sind. Taf. VIII, Fig. 99, I sieht man das Ganglion im Querschnitt, ungefähr auf dem nämlichen Stadium wie in Fig. 107. Seitwärts davon erkennt man zwei Wülste, denen äusserlich eine Einstülpung Ih entspricht, wo die Leibeshöhle gegen das Innere der Knospe vordi-ingt und zunächst die Abschnürung des Ganglions, andererseits die Bildung der Lophophorarme anbahnt, die wir in jenen Wülsten zu erblicken haben. Die Einstülpung Ih bedeutet die Lophophorhöhle. Die AVülste ziehen sich in Form von zwei sich verschmälernden Leisten am Rande der analen Platte des Atrianis, welche der Schauplatz all dieser Vorgänge ist, nach vorn und endigen vordem Munde in einer leichten Erhebung des inneren Blattes (P"'ig. 107, ol). Dies ist der Ort, wo die oralen Tentakeln ihre Entstehung nehmen. Der Verlauf der Lophophorleiste ist in Fig. 107 duixh die punktirte Linie angedeutet. *.) Derselbe erinnert einigermassen an ilen von BaiTois i Reclierches sur rpinbrvologie des Bryozoaires, Lille 1877, S. 253 f.) für Alcyoiiidium, mylili, eine Ctenostome, beschriebenen, wo die Darnirinne mittels der „Basilart'alte'" ge- schlossen wird. ö 47 ■:; Wir sind jetzt schon im Stande, den Theil der Knospe, wclelier das eigentliche Polypid, d. h. den Darm und die Tentakelkrone, erzeugt, bestimmt zu umgrenzen. Alles, was unterhalb des Lophophors gelegen ist, bildet mit diesem zusammen das Polypid, und da alles dies aus der Aualplatte des Atriums hervorging, so folgt, dass schliesslich nur sie und die angrenzende Fläche des äusseren Blattes das Polypid liefert. Letzteres wäre also auf die in Fig. 108 durch Schraffirung aus- gezeichnete Region der Knospe zurückzuführen. In der darüber gelegenen Zone (ts) entsteht die Tentakelscheide, noch weiter hinauf, im Gebiet des Knospenlialses, wird das Cystid mitsamt den Tochter- knospen entwickelt. Wenn wir die Stelle, wo der Oralschlauch mündet (Fig. 107, or), mit dem definitiven Munde (Taf. V, Fig. 61, o) vergleichen und in. Erwägung ziehen, dass der Ganglienknoten dort an der hinteren Wand des Pharynx, also unterhalb des Mundes, gelegen ist, während er sich hier über demselben zu befinden scheint, so ergiebt sich, dass beide nicht homolog sein können, dass der embryonale Mund keineswegs dem definitiven entspricht. Der letztere würde auf dem Stadium Fig. 107 da zu suchen sein wo die Lophophorleiste den Oralsciilauch und die Anlage des Nervensystems umschliesst, sein medianer Durchmesser würde sich von dem oralen Wall ol bis dicht an die Afteröffnung erstrecken, etwa bis zu der Kante al. wo sich später über dem Epistom die analen Tentakeln bilden. Auf diese Weise sind schon jetzt die beiden Theile des Vorderdarms gekenuzeiclmet, welche uns beim fertigen Polypid, histo- logisch und physiologisch gesondert, als Pharynx und Oesophagus entgegentreten. Der kurze Oralschlauch repräsentirt den Oesophagus, die darüber gelegenen Partien, welche erst secundär in den Verlauf des Darmtractus einbezogen werden, den Pliaryux. Das Zellgewebe ist zur Zeit noch überall gleichartig. Später nimmt es im Pharynx den Charakter eines Flinnnerepithels an, im Oesophagus gewinnt es die Fähigkeit, ein Secret abzuscheiden, das ohne Zweifel bei der Verdauung eine Rolle spielt und dem Speichel vergleichbar ist. Je mehr sich die Ganglienblase ihrer völligen Abschnürung nähert, um so deutlicher zieht sich der Kreis des definitiven. Mundes zusammen. Der Buckel des Nervenknotens, dessen grösster Durch- messer in den Querschnitt der Knospe fällt, wölbt sich immer stärker hervor und nimmt die Gestalt einer Hohlkugel an, welche nur noch durch eine feine OefFnung mit dem Atrium in Verbindung steht. Dabei denke man sich die Spitze der Sichel, welclie das Organ in Fig. 107 repräsentirt, gegen ihre Basis herabgebogen, den Punkt al jedoch nicht verrückt, sondern nur unterlialb desselben Zellen ein- geschaltet, welche die anale Wand des Atriums in ihrem ursprünglichen Verlauf wieder herstellen. Hat sich das Ganglion gänzlich abgescimürt, so ist dicht über dem Trennungspunkt die Analseite des Mundes zu suchen, d. h. die Stelle, wo sich das Epistom entwickelt. Seitwärts davon wachsen die Arme des Lophophors in der Richtung gegen den Knospenhals fort. Jeder der beiden Darmschläuche wird rings vom äusseren Blatt umhüllt, welches in den zwischen ihnen befindlichen Spalt eindringt und nur da aus- geschlossen bleibt, wo die blinden Enden gegen einander drängen. An dieser Stelle erfolgt ein Durch- bruch der beiderseitigen Hohlräume, und jetzt erst treten dieselben derart in Communication, dass von einem continuirlichen Darmtractus die Rede sein kann. An der Durchbruchsstelle bildet sich die Cardial- klappe (Taf. III, Fig. 45, ca), eine das Darmlumen verengernde Falte des inneren Blattes, welche trichter- artig in den Magen hineinragt und aussen von einer ringförmigen Einschnürung begleitet wird. Eine andere Einschnürung (Fig. 45, py) bezeichnet, indem sie den oberen Theil des Anaischlauchs vom unteren *G 48 ES trennt, die Grenze des Enddarms und des Magens. Der letztere gewinnt seine mächtige Ausdehnung durch blindsackartige Verlängerung des unterhalb der Pyloricalklappe gelegenen Theils der Darmschlinge, die aus der Form eines U allmählich in die eines Y übergeht. Der Cardialtheil erscheint somit als der primäre Abschnitt des Magens, an dem durch secundäre Erweiterung der Blindsack entsteht. Dieser ist seiner Gestalt nach der am spätesten entwickelte Theil des gesamten Darms, er geht aber aus Zellen hervor, welche behufs Uebernahme entodermaler Functionen am frühesten aus dem Verbände des noch indifferenten inneren Knospenblatts ausschieden und als Constituenten des Analschlauclis die Bildung des Darms ursprünglich begründeten.'') Zugleich mit dem Darm, speciell dem Pharynx, wird aucli das Nervensystem vom äusseren Blatt, wie von einem Neurilemm, überzogen. Das Blatt nimmt aber an der Abschnürung des Ganglions von der inneren Pharyugealwand keinen Theil, sondern umschliesst Ijeide gemeinsam und befestigt dadurch das Ganglion dauernd an seinem Ursprung. Nur einige versprengte Zellen dringen nach und nach in den Spalt, wo die Abschnürung erfolgte, hinein und dienen daselbst zur Bildung der Ringmuskeha des .Schlundkopfs, die ich wenigstens bei Plumatella auch an dieser Stelle erkennen konnte. Die Ganglien- blase ist an der Analseite dickwandiger als vorn. Ihr Lumen entspricht der definitiven Hirnhöhle. Die Darstellung Nitsches, der die durch Abschnürung entstandene Blase später solid werden und durch noch- malige Faltung das „niereuförmige" Ganglion bilden lässt, der also in der Hirnhöhle eine secundäre Einstülpung sieht, kann ich nicht bestätigen. Noch vor vollendeter Abscimürung tritt an der Blase jederseits eine ohrförmige Ausstülpung auf (Taf. VIII, Fig. 100, in), welche die gemeinsame Wurzel der Lophophornerven bildet. Sie treibt nämlich in analer Richtung einen mächtigen Fortsatz in den Lopho- phorarm der betreffenden Seite hinein, in oraler Richtung einen andern, der in der Höhe des Mundes den Schlund umgreift. Es gehen also im Ganzen vier grosse Stämme vom Ganglion aus, ein Paar hintere für die Lophophorarme und ein Paar vordere, welche den „Schlundring" bilden. Von ihnen zweigen sich die Fasern für die Tentakeln ab. Sie ziehen sich zwischen dem äusseren und inneren Blatt der Knospe hin, so dass sie, wie das Ganglion selbst, an einer Seite dem Ectoderm direct anliegen, an den übrigen vom mesodermalen Epithel des äusseren Blattes umgeben werden. Nach diesen Bemerkungen wird man sich schon über die definitive Forni des Nervensystems, die ich auf Taf. V klarzulegen versucht habe, Orientiren können. Die vordere, dem Schlünde benach- barte Wand der Ganglienblase gestaltet sich zu einer ganz feinen Lamelle (Fig. 61, 62, og), deren nervöse Natur Kraepelin aufgedeckt hat und M^elche bei Plumatella viel deutlicher ist als bei Cristatella. Sie ist von dem hinteren, mächtig entwickelten Theil des Ganglions sehr scharf abgesetzt. Dieser auf Medianschnitten nierenförmige Theil ist etwa doppelt so breit als hoch. Er besteht aus einem Basalstück (bg) und einem dasselbe rings umlaufenden Wulst (wg). Beide sind bereits in Fig. 100, Taf. VIII, der Anlage nach kenntlich. Sie werden an der Innenseite durch eine Furche geschieden, welclie oberhalb *) Diese Art iler Dannliildung scheint im Princip völlig mit derjenigen übereinzustimmen, welche Barrois bei Lepralia unicornis beobachtet und in den Annales des scienees naturelles, ser. VIT, t. I (1886), p. 73 ff. beschrieben und in Fig. 46 — 50 abgebildet hat. Ein wesentlicher Unterschied würde jedoch darin liegen, dass nach Barrois der Oesophagus aus dem analen Theil der Darmanlage hervorgeht, während er nach meiner Darstellung durch den Oralschlauch repräsentirt wird. Ich vermuthe indessen, dass der Abschnitt, den Barrois als Oesophagus bezeichnet, vielmehr dem Cardialtheil des Magens einer Phylactolaeme entspricht. — ^ 4!i £> des Basalstücks am tiefsten ist (Taf. V, Fig. 61). Hier erscluint aucli der Wulst etwas dicker als unter- wärts. Die Ganglienzellen sind peripher angeordnet und bilden auf diese Weise eine Rindenschieht, welche die im Innern verlaufenden, überaus zarten Faserzüge umschliesst. Ueber die letzteren kann ich nur so viel sagen, dass sie in dem Basalstück meist quer, d. h. dem längsten Durchmesser des Ganglions parallel, in dem AVulst concentrisch verlaufen, um alsdann zum grössten Theil in die lateral entspringen- den Lophophorstämnie einzutreten. Dies hat auch Ki'aepelin in seinen Figuren angedeutet. Ich vermuthe, dass die Centra der Lophophorfasern vorzugsweise in Bereich des Wulstes gelegen sind, wäiu-end vom Basalstück die kleineren Zweige für den Darm abgehen. Die Hirnhöhle (nh) setzt sich direct in die Lophophorstämnie fort. In den hinteren Hörnern, welche die Arme versorgen, lässt sie sich weithin verfolgen (Fig. ü2, IV, hin ; vgl. die Skizze .S. .56), nielit so in den vorderen, welche den ]Mund umkreisen und bei Cristatdla nur aus wenigen feinen Fasern bestehen, etwas deutliclier bei den Flumatellen, verhältnismässig am stärksten bei Fredericnlla (Fig. 64, I, vln) entwickelt sind. Diese verschiedene Ausbildung dürfte wohl darin begründet sein, dass bei ungefähr gleicher Zahl der zu innervirenden Tentakeln — die Differenz der Gesamtzahlen fällt lediglich auf Rechnung der Lophophorarme — die betreffenden Fasern einen sehr ungleichen Weg zu durchlaufen haben, bei Cristatella einen weiteren als bei FrecUricella mit ihrem engen Schlünde. Sie erscheinen daher bei Frechriceila gleichsam contrahirt, die gangliösen Anschwellungen, die wesentlich von der Tentakelzahl abhängen, liegen dichter beisammen, und der ganze Schlundring gewinnt ein massigeres Aussehen als bei Cristatella, wo seine Theile viel mehr auseinandergezogen sind. Er verläuft nun zwischen den beiden Blättern des Mundrandes in einer vom pissci;ri Epithel gebildeten Falte, wo er auch auf Medianschnitten kenntlich ist (Fig. 61 a, vln). Der letztere Umstand spricht dafür, dass die vorderen Hörner sich zum wirklichen Ringe schliessen, wie zuerst Nitsche behauptet hat und neuerdings Kraepelin und besonders eingehend Saefftigen*) nachzuweisen bemüht waren. Ich selbst habe auf Querschnitten die Verbindungs- fasern nicht unzweifelhaft zu erkennen vermocht. In welcher Weise die Tentakeln mit Nerven versorgt werden, werden wir unten erfahren. Jetzt müssen wir zunächst die Vorgänge in Beti-acht ziehen, welche die Abgrenzung der mannichfitcheu Hohl- räume der Lophophorregion herbeiführen. Beim erwachsenen Polypid setzt sich die Lophophorhühle, die selbst ein Divertikel der Leibes- höhle ist und mit dieser durch die EinstülpungsöfFnungen der beiden Arme in bleibender Verbindung steht, nach vorn in Gestalt des „Ringkanals" fort (Fig. 61; 63, I; 64, I: i'k), welcher gerade so, wie die vorderen Hörner des Nervensystems, unterhalb der oralen Lophophorleiste den Schlund umgreift. Er wird nach abwäi'ts durch eine den Pharynx mit der gegenüberliegenden Leibeswand verbindende, halbmondförmige Membran, bestehend aus doppelter Mesodermlage (Fig. 61 a, m) geschlossen. Bereits Nitsche liat dieses Verhältnis richtig erkannt und auch Angaben über die Entstehung des Kanals gemacht.**) Dieselbe vollzieht sich nach ihm, „indem von den beiden seitlichen EinstülpungsöfFnungen der Lophophor- arme eine Rinne nach der Mundseite der Knospe zu sich bildet. Diese Rinne der Aussenseite der Knospe erscheint in dem Hohlraum der Tentakelscheide als eine erhabene Leiste, welche den Mund *) Zool. Anz. 1888, No. 272. **) Kiionjiiing S. 136. Eibliotbeca zoologica. Heft VI. fö 50 Di. umzieht. Vor dem Munde stossen bald die Rinnen resp. Leisten jeder Seite zusammen. . . . Durch spätere Vertiefung dieser Rinne und dui'ch Verwachsung ihrer Räuder wird dann der Ringkanal aus- gebildet." Was ich dem hinzufügen möchte, betriö't lediglich das Detail des Vorgangs, der mir nicht ganz so einfach erschienen ist, wie Nitsche ihn schildert. Ich sehe in der Anlage des Ringkanals, die ich vorzugsweise an Statoblastenthieren studirt habe, nicht bloss eine Rinnenbildung. Der Sagittalschnitt Taf. XIII, Fig. 149a hat den Kanal einseitig getroffen. Man erkennt letzteren in dem spitz zulaufenden Winkel rk, welcher nach Ausweis des Querschnitts Fig. 150b einer hörn- oder trichterförmigen Einsenkung des mesodermalen IMattes entspricht, die, von Dottennasse erfüllt, bei s blind zu endigen scheint. Dass dies wirklich der Fall ist, lehrt der zugehörige Medianschnitt Fig. 149, weklier noch keine Spur von Kanalbildung, am wenigsten eine rinnenartige Vertiefung der Aussenseite bemerken lässt. Auf den benachbarten Schnitten ist aber ein Stück des Ringkanals schon wieder sichtbar, eine kleine Anzahl von Zellen hat sich an der Oralseite des Mundes zwischen das äussere und innere Blatt der Knospe geschoben. Offenbar haben wir es mit der äussersten Spitze jener Einstülpung zu thun, die in Fig. 149a der Länge nach getroffen war und die, den Pharynx umgreifend, etwas abseits von der Mediane ihr Ende erreicht. Demnach glaube ich die Entstehung des Ringkanals in folgender Weise denken zu müssen. Die Lophophorhöhle setzt sich in Form einer dem Mundrande parallel laufenden Furche bis auf die Seitenwände des Pharynx fort (Fig. 150c, Ih). Indem sie hier, immer schärfer einschneidend und sich gleichzeitig verjüngend, die beiden Blätter der Knospe mehr und mehr einbiegt, nähert sie die Ränder der Furche schliesslich derart, dass die benachbarten Theile des äusseren (mesodermalen) Knospen- blattes sich berülu'cn und mit einander verwachsen (Fig. 150b, rk). Sie endigt dann jederseits mit einer kurzen Düte, bestehend aus Mesodermzellen und ausgefüllt von dem naciidriugenden Dotter, welche zwischen die ursprünglichen Constituenten der Knospe eingesetzt ist. Diese Düte bezeichnet den Anfang des Ringkanals. Die Weiterentwickelung desselben geschieht nun nicht mehr im Wege der Rinnenbildung, sondern durch allmähliche Verlängerirng der beiden Düten, welche unterhalb des mesodermalen Epithels das Ectodei'm des Schlundes umwaciiscn und endlich, hornförmig gekrümmt, in der Mediane gegen ein- ander stossen. Nachdem dann unter l)urclil)ohrung der an ihrer Spitze gelegenen Scheidewand die beiderseitigen Hohlräume in Communication getreten sind, stellen sie einen continuirlichen Kanal in Form eines Halbringes dar, der zur Linken und Rechten des Pharynx in die Lophophorhöhle einmündet. Schon bevor der Ringkanal zum völligen Abschluss gelangt ist, zeigen sich an der Oralseite des Pharyngealrandes ganz leichte, zackige Erhebungen des Ectoderms, welche sich bis an die Basis der Lophophorarme fortpflanzen, um sich dort in einer einfaclien Leiste zu verlieren. Sie treten bald deut- licher auf, und nach Fertigstellung des Kanals beginnt sich dns Lumen desselben zunächst in die der Mediane benachbarten Zinken hinein zu erstrecken, dann folgen der Reiiie nach die übrigen. In diesen Neubildungen haben wir die Anlage der Tentakeln vor Augen. Nitsche hat ilire Entstehung vollkommen treu geschildert, indem er sie „an der vor dem Munde, d. h. an seiner abanalen Seite gelegenen Lopho- phorleiste, und zwar als einfache Ausstülpungen der beiden Blätter dieser Anlage sich bilden" lässt.*) „Die Höldung der Tentakeln steht also in directer Verljiudung mit der Höhlung des Lophophors, und jeder Tentakel besteht ans einer inneren dünnen Zellauskleidung, die der äusseren Schicht der Knospen- ^",1 Kiiosimim S. lliC) f. K3 51 & anläge entstammt, und einer äusseren Zellbekleidung, von der sich spätcrliiii die Wimperzcllbekleidung der Tentakeln auf der dem Munde zugewendeten Seite differenzirt." Die Tentakelbildung schreitet nun am Aussenrande des Lophophors von der Basis bis zur .Spitze der Arme vor, und die basalen Tentakeln sind bereits weit entwickelt, wenn die an der Spitze eben erst angedeutet erscheinen. „Am spätesten bilden sich die Tentakeln an den einander zugewendeten Kanten der Lophophorarme", hier aber nich von der Basis an aufwärts, sondern umgekehrt von der Spitze zur Basis herab, derart, dass die Tentakeln über dem Epistom die Reihe schliessen und als die letzten von allen erst nach der Geburt des Thieres zum Vorschein kommen. Durch die Bildung des Epistoms ist in der Lophophorregion mittlerweile ein Hohlraum ein- geschaltet, der zur Lophophorhöhle selbst in keiner Bezieh img steht und vielmehr wie diese direct von der Leibeshöhle ausgegangen ist. Das Epistom, eine Vorstülpung des analen Mundrandes (Taf. V, Fig. 61, ep), die bei Fredericella kegelförmig, bei Cristatella breit zungenförmig erscheint, nimmt das äusserste Ende eines grösseren Hohlraumes (eli) in sich auf, der allseitig geschlossen hinter dem Nervenknoten herab- läuft und dicht unter demselben, zwischen den beiden Oeflfnungen der Lophophorhöhle, in die Leibeshöhle einmündet. Er wird von der Lophophorhöhle jederseits durch eine senkrecht gestellte Duplicatur des äusseren Knospenblattes (Mesoderm) geschieden, welche den Rücken des Ganglions mit der über dem After gelegenen Leibeswand verbindet (Fig. Q2, I, es). Die Entstehung dieser Lamelle habe ich nicht beobachtet. Vermuthlich lindet eine Verwachsung der betreffenden Partien der Ganglienhülle mit dem anal gegenüberliegenden Epithel statt, zur Zeit, wo diese noch eng benachbart sind. Die Epistomhöhle selbst erscheint als Fortsetzung desjenigen Theils der Leibeshöhle, welcher in Form eines schmalen Spaltes den Vorderdarm und das Nervensystem vom Afterdarm trennte. Sie ist bereits deutlich von der Lophophorhöhle abgegrenzt, wenn der eigentliche Munddeckel, der erst kurz vor Vollendung des Polypids angelegt wird, noch nicht sichtbar ist. Durch die Einschaltung der Epistomhöhle inmitten des Lophophorraumes entsteht nun eine Schwierigkeit bezüglich derjenigen Tentakeln, welche als die mittelsten der inneren Bucht des Hufeisens anal über dem Munddeckel zur Bildung gelangen sollen. Denn da die Tentakelhöhlen insgesamt Derivate der Lophophorhöhle sind, der Platz zwischen Mund und After jetzt aber gegen die letztere gleichsam abgedämmt erscheint, so ist diese genöthigt, in irgend einer Weise die Epistomhöhle zu um- gehen und sich über dieselbe hin einen eigenen Weg zu bahnen. Dies geschieiit vermöge eines Kanals, für den ich an anderer Stelle*) die Bezeichnung „Gabelkanal" vorgeschlagen habe, weil er nach Art einer Klammer oder Gabel die Epistomhöhle überbrückt. Nach den Figuren der Tafel V wird man sich leicht über den Bau und die Lage desselben orientiren können. Die Lophophorhöhle (Fig. &2, HI, 1 h) verengert sich zu beiden Seiten der Epistomhöhle (eh) zu zwei kurzen Kanälen (gk) , welche über die Epistomhöhle hin (Fig. 62, IV) aufwärts und gegen einander streben und sich in der Medianebne zu einem unpaaren Abschnitt (Fig. 61, gk) vereinigen. Nach oben führt der Gabelkanal in die Tentakelhöhlen, welche der Reihe nach in ihn einmünden, in der Weise, wie es das Schema III der folgenden Seite darstellt und auch aus den Figg. 61 und 63 zu ersehen ist. Die Wand des Kanals ist eine directe Fortsetzung der inneren Auskleidung der Lophophorhöhle und erscheint als solche bei Fredericella und *; Zool. Anz. 1889, Nr. 324. 7* -S3 Plumatella weit weniger differenzirt als bei Cristatella. Hier gewinnt sie den Cluiiakter eines cubischen Fliunuerepithels, welches namentlich in den paarigen Gängen typisch entwickelt ist, aber auch in den uupaaren Theil hiraufreicht, um daselbst rasch in das gewöhnliche Platten epithel überzugehen. Am Grunde der Tentakeln setzt sie sich in die innere Auskleidung derselljen fort, und hier ninnnt auch die Wand der paarigen Gänge die Form des Plattenepithels an. Nacli aussen grenzt sie theils an das Ectoderm der Lophophorwand, theils an das innere Epitliel der Epistomhöhle. Der unpaare Theil des Gabelkanals zeigt l)ei Cristatella eine eigenthümliche, beutelartige Erweiterung (Fig. Gl ; 63, V — VIII: gk), in welcher die in iier Leibeshöhle fluctuirenden Fonneleniente durch das Flinimerepithel der Kaualwand zusammengetrieben werden. Namentlich zur Zeit der Geschlechtsreife wird dieser Theil von Spermatozoon und Restkörpern strotzend erfüllt, er tritt dann in Form eines ansehnlichen Ballens an der inneren Biegung des Hufeisens hervor, oft noch mehr als es in unsern Figuren der Fall ist. Aber auch sonst birgt er meist eine Anzahl von schleimig degenerirten Zellen (Fig. 61), welche in das Lumen der nächstgelegeueu Tentakeln hineinragen und durch die Thätigkeit der flimmernden Cilien festgehalten werden.*) Sie scheinen hier bis zum Zerfall des Polypen selbst zu verweilen. Irgend eine besondere Oeffnung, durch die sie nach aussen gelangen könnten, habe ich niemals aufzuflnden vermocht. Bei Fredericella und Plumatella fehlt die Erweiterung des impaareu Theils des Kanals, der in seinem ganzen Verlauf als einfache Fortsetzung des Lophophorhöhleuepithels erscheint, dem gegenüber er nur durch lebhaftere Flimmerung ausgezeichnet ist. Ich hal)e darin auch keinerlei Ansammlungen von Producten der Leibeshöhle bemerkt. Die Enstehung dieses Kanals dürfte nun ahnlich wie die des Ringkanals vor sich gehen. Der schematische Frontalschuitt I, den man sich durch die Stelle gelegt denke, wo die Tentakeln über dem Epistom (ep) ihren Platz finden sollen, giebt einen Zustand wieder, wie er vor Bildung des Gabel- kanals herrscht. Die Lopho|)horhöhle (Ih) ist hinter dem Pha- rynx, dem das Gan- glion (g) aufliegt, duich die Epistomhöhle (eh") in zwei den Armen des Hufeisens er.tsprechende Hälften geschieden. Indem sie von beiden Seiten in der Richtung der Pfeile gegen die Mediane vordringt, bilden sich zwei kurze Ein- stülpungen des mesodermalen Blattes (II, gk), welche, zwischen dem äusseren und inneren Blatt der hinteren Epistomhöhlenwand sich hinscliiel)end, mit ihren blinden Enden demnächst an einander stossen. Unter Schwund des trennenden Septunis treten dann beide in oft'ene Communication (III). Da die Einstülpungen schräg gegen einander geneigt sind, so bilden sie gleichsam die Zinken einer Gabel, deren Wittelstück an dem Verbindungspunkt der «jeiden Tuben liegt. ■I Ich li;il»f ))ci iiHMiu-n Boübaclitiiiij^fii aiii lcl)i-ndon Thii're leiiicr vci-siiuiiit, mir die Kiclitung, in ilt-r diese Ciliiii .sclihigcii, ;ui.sdrUckliirli ;uizuinei-ken, üocli k;inn dii'selbe kaum zweifelhiift .sein. I. — *3 53 f-;^— - Der Gabelkanal sjiielt nun an seiner Stelle die näniliclie Rolle, welche dem Halbringkanal an der iicgenüberliegendeu Seite zukonunt : Wie von diesem die Bildung der oralen l'entakeln. so geht von ihm die Bildung der analen aus*. Er rejiräsentirt das Leitungsrohr, welches der Lophophorhöhle zu der analen Tentakelleiste Zutritt verschafi't. Er ist es, der die Loplio|ihorhöhle zum wirklichen Ringe schlicsst, einem Ringe, in dessen Verlauf die Hohlen der Lophophorarme gleichsam als Verdickungen eingeschaltet sind (vgl. die obige Skizze IV). Könnte man sieh entschliessen, den unpassenden Namen des Ringkanals für den oralen Theil der Lophophorhöhle fallen zu lassen, so würde man einfacher und besser von einem vorderen und hinteren vSuljientakular- cider Lophfij)hoikanal sjireelien ; mit jenem wäre der Ringkanal, mit diesem der (rabelkanal ))ezeiehnet. Der Erste, der auf den Gahelkanal aufmerksam machte, wai' Verworn in seiner Arbeit über CrlstatfUa. Er vergleicht ihn dem Excretionsorgan der Endoprocten und den Segmentalorganeu der Würmer. Es soll sich nämlich „an der Basis des inneren Tcntakelkranzes, und zwar zwischen den beiden Tentakeln, welche als die iiniersten im Bogen dem Epistora gerade gegenüberstehen'', eine „kleine Oeffnung" befinden, mittels deren der Kanal nach aussen mündet. Ich habe mich indessen vergeblich bemüht, von dieser Oeftnung irgend eine S])ur zu entdecken, und zweifle an ihrer Existenz schon aus dem Grunde, weil der Kanal für die Tentakelbildung notliwendig und die Deutung Verworns daher tiber- flüssig erscheint. Auch stehen in vielen Fallen über dem Epistom nicht zwei, sondern drei Tenakeln, also der eine in der Mediane, gerade da, wo die unpaare Mündung gelegen sein soll (vgl. Fig. 63, VIII — XI). Dem Kanal einen besonderen Werth beizumessen, fühlt mau sich angesichts des starken Wimpcrepithel und der Erweiterung des unpaaren Theils bei CristnteUa freilich versucht, aber beides erscheint weniger bedeutsam, wenn man die Verhältnisse bei PJmnateUn und Fredericella in Betracht zieht, wo die Er- weiterung fehlt und das Flimmerepithel sich nur wenig von dem der Lophophorhöhle unterscheidet. Gleichwohl hat die „Entdeckung" Verworns eine Bestätigung ei-fahren durch .1. Cori in Prag, der in einem Aufsatz „lieber Nierenkanälchen bei Bryozoen" *) den Gabelkanal der C'risfatella zur Niere macht und ein Gleiches auch für Plmnatella und Fredericella in Aussicht stellt. Diese Bestätigung ist indessen, soweit es sich um Thatsachen handelt, eine nur scheinbare. Denn hinsichtlich der äusseren Oeffnung, auf deren Nachweis es doch in erster Linie ankommt, wird die Angabe Verworns nicht ein- mal erwähnt, sondern es wird eine neue Oeffnung beschrieben, die der, welche Verworn zu sehen glaubte, gerade entgegengesetzt ist. Während Verworns Oeffnung an der Stelle liegt, wo in Fig. 61 der unpaare Theil des Kanals in den Tentakel hinaufführt, befindet sich diejenige Coris am unteren Ende der Er- weiterung, bei CO, so dass also beide Autoren sicli auf Grund eines gegenseitigen Dementis bestätigen. Ich kann Cori gegenüber nur das wiederholen, 'v\ as ich Verworn erwiderte : Ich habe mich nach meinen Präparaten von der Existenz einer Oeffnung nicht üljerzeugen können, so sehr ich seiner Zeit der Annahme einer solchen geneigt war. Wiederholte Prüfung hat mich zu keiner Aenderung meiner Auf" fassuug geführt. Bilder wie Coris Fig. 3 habe ich nicht gesehen, obwohl manche zu einer ähnlichen Deutung verführen konnten. Die Auskleidung des Kanals würde nach Cori dem Ectoderm angehören, was ich mit meinen Beobachtungen nicht vereinigen kann. Auch verstehe ich nicht, wie sich Cori die Bildung der analen Tentakeln denkt. Im Allgemeinen glaube ich nicht, dass nacli seiner Darstellung *) „Lotos" 1S90. Neue Folge, Bd. XI. K3 54 £^ „das Hohlraumsystem der Tentakelkrone ungleich einfacher" sein würde als nach meinen Auseinander- setzungen. Das Fadengewirr innerhalb des Kanals bei Gristaiella halte ich noch heute für die Schwänze der zusammengetriebenen Spermatozoon, die sich auch hier und da in den übrigen Theilen der Lophophor- höhle nachweisen lassen. Neben den Samenfäden linden sich die Restkörper der Spermatoblasten. Xur an Thieren, welche notorisch geschlechtsreif waren, habe^ ich derai-tige Ansammlungen aufgefunden. Später zeigen sich an ihrer Stelle Conglomerate von degeiHBteu Gewebstheilcn, deren zelligc Natur mir niemals zweifelhaft war. Von Harnconcrementen sah ich keine Spur. Da, wo Cori seine Oelfnung beschreibt, bin auch ich allerdings über eine solche im Zweifel gewesen, nicht über eine Mündung nach aussen, sondern über eine Verbindung mit der Epistomhöhle. Die Erweiterung des Kanals reicht nämlich etwas unter die Vereinigungsstelle der paarigen Aesu^ hinab — (Joris Ausfülirungs- gang — , und es schien mir möglich, dass hier, zwischen den Aesten hindurcii, eine feine Oetfnung nach der Epistomhöhle führen könnte. Ich habe sie jedoch niemals deutlich gesehen, und in Fällen, wo der Gabelkanal weit aufgetrieben war, doppelte Mesodermlage nachweisen, nichts gewonnen gewesen. konnte ich an zuverlässigen Medianschnitten hier nur eine sehr zarte Für ein Excretionsorgan wäre mit einer solchen (Teffuung natürlich Vielleicht ist die beigedruekte Zeichnung im Stande, das gegenseitige Verhältnis der verschiedenen Hohlräume der Lophophorregiou, wie ich sie verstehe, übersichtlich zu machen. " Die Leibeshöhle nebst der median gelegenen Epistomhöhle sind durch horizontale Schrafiirung gekennzeichnet. Die Lophophor- höhle, welche bei c jcderseits mit der Leibeshöhle communicirt und von dieser resp. der Epistomhöhle durch die basale Wand des Ring- und des Gabeüianals getrennt ist, ist dunkler gehalten. Die Tentakeln sind von Nitsche so sorgfältig [)esehrieben worden,*) dass mir nur wenige Ergänzungen übrig bleiben. Auf dem Querschnitt Taf. VHI, Fig. 103 erkennt man als Grund- lage die homogene Stützmembran hm, welche nach Nitsche überall in enger Verbindung mit der Tunica muscularis auftritt. Kraepelin hat ihre Existenz in Abrede gestellt, doch habe ich sie gerade in den Tentakeln ganz sicher zu constatiren vermocht. Ich vermuthe in ihr ein Product des äusseren Knospenblattes, welches die innere Zellauskleidung des Tentakelmlirs bildet und sich seitwärts in Form zweier Leisten (m) an demselben hinaufzieht. Aber auch vorn und hinten lässt es sich nachweisen und hier diffe- renzirt es die Muskelfasern, welche Ursache der grossen Beweglichkeit der Tentakeln sind und nicht nur das plötzliche Schlagen derselben behufs Herbeiführung eines Nährkörpers, sondern auch ein spiraliges Einrollen ermöglichen. Aeusserlich ist die homogene Membran von Ectodermzellen (ec) umgeben, deren Cilien das Wasser zur Mundöffnung herabstrudeln. In welcher Art dies geschieht, dürfte bekannt sein: Die Cilien der dem Munde zugekehrten, vorderen Tentakelfläche schlagen nach abwärts, die seitlichen *) Im I. Hfft der Beiträge (Alct/oneUa). — ö r>ö ES — einwärts, in der Ebne des Querschuitts der Tentakeln. Die Erregungswelle schreitet hier an der rechten Seite empor, an der linken herab. Dadurch müssen die zum Munde verlaufenden Einzelströme eine leichte Aljlenkung nach links erfahren, und der ganze Strudel in eine drehende Bewegung versetzt werden, die durch die Hufeisenform der Tentakelkrone nocli mehr coniplicirt wird. Das zusammen- getriebene Wasser fliesst an der Basis der Tentakeln, zwischen denselben hindurch, wieder nach aussen, wobei durch den reusenartig wirkenden Apparat der seitlichen Cilien und durch die Kelchmembran die Nahrungstheilchen zurückgehalten werden. Die grossen lateralen Cilien lassen sich durch den Leib der Zelle bis in die Nälic der Stützmembran verfolgen. An der Vorder- und Rückseite der Tentakeln finden sich bei allen Süsswasserformen jene starren Tastfiiden, welche Nitsche zuerst bei Alcyonella entdeckt hat. Dass die Teutakelspitze gewisse Besonderheiten zeigt, hat schon Eichhorn*) bemerkt. Nach ihm befindet sich daselbst „eine Vertiefung", nach Allnian**) „ein kleiner Hohlraum, der von dem übrigen Theil der Röhre wie abgeschnitten erscheint," was nach A^itsche dadurch geschieht, dass die innere Epithelschicht hier „eine die Höhlung durchsetzende Scheidewand" (Fig. 102, s) bildet. Ich habe an lebenden Thieren und an Schnitten wiederholt zu erkennen geglaubt, dass diese obere Kammer durch eine an ihrer äussersten S])itze gelegene OefFnuug mit der Aussenwelt in Verbindung stehe. Die Oeffnung erschien viel bi-eiter, wenn der Tentakel seitwärts, als wenn er von vorn oder vom Rücken betrachtet wurde, so dass sie ein spaltförmiges, der Sjmmetrieebne des Tentakels parallel gerichtetes Lumen besitzen muss. "Welchem Zweck diese Einrichtung dient, darüber bin icli zu keiner klaren Vorstellung gelangt. Ein Sinnesorgan zu vermuthen, liegt nahe. Bei allen Phylactolaemen werden die Tentakeln an der Basis durch eine Membran verbunden, welche zwischen ihnen mehr oder weniger bauschige Falten schlägt und als Kelch oder Intertentakular- membran bekannt ist (Taf. HI, Fig. 46, k). Sie besteht aus einer doppelten Schicht äusserst niedriger Ectodermzellen, denen eine Fortsetzung der homogenen Membran zur Grundlage dient (Nitsche). Die Zellen der Lmenseite, welche dem Mundepithel angehören, scheinen von besonders zarter Structur zu sein, da ich an conservirtcn Exemplaren von Cristatella fast nur ihre Grenzen erkennen konnte, die sich als feine häutige Rippen auf der Memliran erhoben, während der Leib grösstentheils geschwunden war. Die sein- energischen Contractiouen der Kelchfalten, welche am lebenden Thier zuweilen beobachtet werden, lassen auf Querfasern schliessen, die ich bei FredericeUn und FJum. fruHcosa auch wirklicli zu sehen glaubte. Die Membran wird dadurch gebildet, dass die ganze Leiste des Lopliophorrandes, auf der die Tentakeln entstehen, schliesslich als Duplicatur mit dieseiv emporgehoben und zu einer dünnen Lamelle ausgezogen wird. Bei Cristatella und Plum. fruticosa verschmelzen die benachbarten Lateraltheile der Kelchfalten mit einander, so dass dann eine continuu-liche Aussenlamelle durch Quersepten mit den Tentakeln verbunden ist (vgl. Taf. V, Fig. 63, XI). Bei Fredericella, Plum. repens und finigosa ist das nicht der Fall (Fig. 64, V). lieber Plum. pmnrfjinafa und vesicidaris habe ich nichts notirt. *) Beiträge zui- Nutiirgfsehiolite der kleinsten Wasserthiere S. 4.^). **) Monograph S. 21. 56 f>- Bei allen Phylactolaemen mit Ausnahme von Cr istatella (Loijhopus? Pectinatella'?) findet zu beiden Seiten des medianen Tentakelpaars der Oralseite eine sehi' auffällige Durchbrechung der Kelchmembran statt (Fig. 64, IV, V), die an diesen zwei vStellen, dem Epistom gegenüber, völlig unterdrückt wird. Die Lophophoräste des Nervensystems, vordere und hintere, entsenden in der Weise, wie die beigefügte Zeichnung es darstellt, intertentakuläre Zweigfasern, welche beim lebenden Thier sehr gut sichtbar sind. Sie verlaufen zwischen den beiden Blättern der Lophophorwand in unmittelbarer Nähe des Ectoderms. An ihrer Ursprungsstelle liegt eine Ganglienzelle (Fig. 70, g), welche nach Saefftigen*) zwei Fortsätze, die ich nicht erkennen konnte, in den Stamm hinali, einen dritten zur Peripherie hinauf- schickt , wo derselbe zwischen den Tentakeln abermals zu einem Ganglion (ig) anschwillt. Dieses entsendet in der Richtung des Hauptnerven einen F'>rt^atz, der ,,an der Basis der Tentakelmendjran mit tlieils unmittelbar unter dem Ectoderm, theils zwischen den Ectodermzellen selbst gelegenen Sinnes- zelleu in Verbindung tritt", wofür ich die Bm'gschaft Saefftigeii über- lassen muss. Dagegen kann ich bestätigen, dass vom Ganglion seit- wärts zwei Fasern in die nächstgelegenen beiden Tentakeln abgehen, und dass also zur Innervirung eines jeden derselben zwei Haujituerven beitragen. Die Fasern sollen sieh dann „wiederholt dichotomisch'' tlioilen, und in der That findet man auf Querschnitten der Tentakeln an der Ausseuseite der homogenen Membran sehr zahlreiche feine Pünktchen (Taf. VIII, Fig. 103), welche als A'ervensclniitte zu deuten sind. Von anderen Fasern, welche in die Tentakeln eintreten und unterhalb des Ganglions entspringen sollen, hal)e ich nichts gesehen. Die hinteren Ilorncr (hin) verzweigen sich iu den Lophophorarmen nach beiden Seiten, da sie je zwei Tentakelreihcn zu versorgen haben. Die ersten Zweige der Innenseite (en) entspringen über dem Ganglienknoten und sind für die Tentakeln oberhalb des Epistoms bestimmt. Sie ziehen vereint zwischen dem Ectoderm des Mundrandes und dem inneren Epithel der Epistomhöhle und des Gabelkanals (Taf. V, Fig. 63, I — IV; 64, III: en) nach oben, um sich dann allmählich zu trennen uud einzeln ihren besonderen Weg zu verfolgen (Fig. 62, IV, atn). Für diejenigen unter ihnen, welche zu den der Mediane am nächsten gelegenen Tentakeln verlaufen, gilt nun, nach Umgehung der Epistomhöhle, ganz dasselbe, wie für die Nerven, welche den Schlund umgreifen, und wir werden mit Saef^'tigen der Ver- muthung Raum geben, dass hier ein zweiter, kleinerer Nervenring gebildet wird. Ob etwa von diesen Bündeln auch Zweige nach dem Epistom selbst abgehen, weiss ich nicht sicher zu sagen. Bei Cristatella findet man im Deckel jederseits eine schmale Höhlung (Fig. 62, III; 63, III : s h), welche sich auch äusserlich iu Form einer Leiste abzeichnet und dadurch entstanden ist, dass die beiden Keimblätter, welche sonst überall dicht anciuanderliegen, sich an dieser Stelle getrennt haben. Der Zwischenraum wird von zahlreichen feinen Fasern durchzogen, welche das mesodermale Blatt mit dem ectodermalen verbinden. Etwa in ihrer Mitte befindet sich ein Kern, und hier pflegt sich die Faser nach dem Ectoderm zu in zwei Aestchen zu theilen, welche divergirend an den nächsten *) Zool. Anz. isss, Nv. Tti. ¥3 .")7 E> Zellen des Randos sich festheften. Auch am Ursprung der Faser, im Mesoderm, ist oft ein Kern zu bemerken. Ich liielt diese Fäden anfangs für Muskeln, Lin aber später zweifelhaft geworden, weil dies das einzige Beispiel wäre, dass Fasern der Tunica muscularis — von dieser könnte, der Lage wegen, hier nur die Rede sein — in solcher Selbständigkeit auftreten. Indessen ist es mir nicht gelungen, eine Verbindung mit den allerdings in nächster Nähe befindlichen Fasern des Nervensystems aufzudecken, was der von anderer Seite geäusserten Vermuthung,**) dass unsere Thiere für Geschmackseindrücke empfänglich seien, eine Grundlage geben würde. Ich muss mich daher eines bestimmten Urtheils über diese Bildung, die den anderen Bryozoen fehlt, enthalten. Die Gabelung der Fasern würde nicht gegen ihre Muskelnatur sprechen können, da sie, obwohl selten, auch an den Duplicaturmuskeln beobachtet wird. Die paarigen Stränge, welche nach Allman, Kraepelin und Saefftigen vom unteren Theilc des Ganglienknotens nach dem Oesophagus verlaufen sollen, habe ich ebensowenig wie Nitschc erkennen können. Dagegen glaube ich mit Saefftigen, dass am Grunde der beiden Lamellen, welche Epistom- und Lophophorhöhle trennen (Fig. 62, I, e s), einige Fasern zum Enddarm hinabziehen. Mit der Bildung des Epistoms hat der Darmtractus im Wesentlichen seine Vollendiuig erreicht. Das Wachsthum dauert freilich noch lange fort, erst lange nachdem die Nahrungsaufnahme begonnen hat, findet die Ausgestaltung der einzelnen Theile, zuletzt die des Magens, insbesondere des Blindsacks, ihren Abschluss. Die Regionen, welche schon durch ihren Ursprung gesondert waren, heben sich auch in der definitiven Form von einander ab und sind in histologischer und physiologischer Hinsicht gekenn- zeichnet. Der dem Analschlauch entstammende, am frühesten differenzirte Abschnitt, der den Magen und Enddarm umfasst, hat die Resorption übernommen, sein inneres Blatt repräsentirt das eigentliche Entoderm. Der Oralschlauch mitsamt dem secundär in den Verlauf des Darms einbezogenen Pharynx stellt das Leitungsrohr dar, welches die Nahrungskörper dem Magen zuführt. Dieselben werden durch das "Wimperepithel der Tentakeln herbeigestrudelt, von den Flimmern der Mundhöhle ergriffen und unter lebhaften Schluckbewegungen, wobei der Deckel den Mund zeitweilig zu schliessen scheint, durch die conische Projection des Oesophagus in den Magen hinabgeschleudert. Hier werden sie durch peristaltische Bewegungen, bei voi-- und rückschreitender Contraction der starken Ringmuskulatur, einem Umtrieb unterworfen, mit dem Magensaft durchknetet und so viel als möglich zerrieben. Dies ist namentlich am Ende des blindsackförmigen Theils der Fall, wo die Contractionswelle den Darminhalt zusammendrängt und beim Fortschreiten gewaltsam durch die Einschnüi'ung hindurch nach voi-n presst. Gleichzeitig mit der Verdauung findet die Resorption statt, die indessen den Nährwerth der aufgenommenen Substanzen nicht völlig erschöpft. Die bis zu einem gewissen Grade zerkleinerten und zersetzten Theile des Speisebreies gelangen nach und nach in den voluminösen Enddarm, wo sie sich ansammeln und in Ruhe vollends verdaut werden. Ist dies geschehen, so wird der unbrauchbare Rest in Gestalt eines festen Kothballens ausgeworfen. Der elastische Anus öffnet sich dabei nur so weit, als es für den Durchtritt der Masse nothwendig ist. In dem Bestreben, sich wieder zu schliessen, schneidet er wahrscheinlich die noch nicht ganz verdauten, weicheren Bestandtheile vom eigentlichen Koth ab, um sie bis zur nächsten Entleerung zurück zu behalten. **) Kraepelin S. 60. Bibliotheca zoologica. Heft VI. ö 58 5^ - Das innere Epithel der Mundhöhle besteht aus cyliiidrischen Wimperzelleii, zwischen denen nach Verworn „schmale Spalträume'^ auftreten sollen. Ich habe die letzteren auf Schnitten auch zuweilen gesehen, sie sind aber sicher nur künstlich hervorgerufene Erscheinungen. Unterhalb des Ringkanals geht das Wimperepithel in die eigenthümlich geformten Zellen des Oesophagus über, deren basaler Theil leer und durchsichtig ersohemt (Nitsche). Dies ist bei allen Phylactolaemen der Fall, aucli hei Cristatella, (Taf. IX, Fig. 111), wo es Kraepelin nicht bemerkt hat. Der Kern liegt gewöhnlich auf der Grenze zwischen dem plasmatischen und dem durchsichtigen Theil, jedoch auch unterhalb des letzteren an der Basis, und das ist besonders bei Cristatella häufig. Was diese „Vacuolenl)ildung" bedeutet, ist mir unklar geblieben, doch glaube ich nicht, dass man wie Kraepelin mit dem blossen Hinweis auf die Blasenzellen der äusseren Leibeswaud darüber hinweggehen kann, zum wenigsten wird n^an eine bestimmte Beziehung zur Function des Oesophagus vermuthen dürfen. Die Oesophagealzellen sind von denen des Pharynx nicht streng geschieden, sondern treten selion im Bereich des Wimpcrepithels aaf, wo sie dann ebenfalls mit Cilien versehen sind. Bei Plumutella reichen sie Ijis in die Nähe des Deckels. Unterwärts schwindet die Bewimperung gänzlich, und statt ihrer bemerkt man kleine, rundliche Zapfen einer homogenen, schwach färbbareu Substanz, die wie aiTs dem Innern der Zelle herausgequollen erscheint, Nitsche hat diese Zäpfchen als „eine innerste Epithelscliicht des Oesophagus", Kraepelin*) als rudimentäre Cilien gedeutet, die zu „kurzen protoplasmatischen Spitzchen" herabsanken. Die erste Auffassung ist sicher nicht zutreffend, aber aucli diejenige Kraepelins muss ich bezweifeln. Wäre sie richtig, so müssten da, wo die Cilien aufhören, die Zäpfchen am längsten sein, um dann allmählich abzunehmen, während sie in Wirklichkeit etwa in der Mitte der Speiseröhre ihre gi-össte Ausdehnung haben und nach oben und unten etwas kürzer werden. Auch scheint mir der Gegensatz zwischen beiden Gebilden zu unvermittelt, um ihre Homologie glaubhaft zu finden. Die „protoplasmatischen Spitzchen'' würden ausserdem nur einem Conglomerat von Cilien entsprechen können, da sie als einfache Verkürzungen derselben jeder Zelle in grösserer Zahl aufsitzen müssten. — Ich finde nun den Cuticularsaum der Wimperzellen des Pharynx besonders bei Plumatella sehr deutlich entwickelt. Er besteht aus kleinen, stark lichtbrechenden Plättchen, die nach dem Oesophagus zu unter allmählicliem Verlust ilires Liclitbrechuugsverniögens immer dicker werden und dann fast unmerklich in die Zäpfchen des 0 e sophageale pi th eis übergeh n. Diese selbst, in denen ich also eine Modification jenes Cuticularsaums erblicke, halte ich für ein bei der Conservirung erhärtendes Seci-et, welches mit den verschluckten Körpern in den Magen gelangt und bei der Ver- dauung mitzuwirken bestimmt ist. Alle Bilder, welche ich auf Schnitten erhielt, scliienen mir eine solche Auffassung zu unterstützen. Vielleicht dienen die Vacuolen am Grunde der Zellen dazu, durch den Druck, welcher beim Schlucken auf sie ausgeübt wird, einen vermehrten Austritt des Zellsecrets zu veranlassen. Magen und Enddarm bestehen aus Zellen von wesentlich gleichem Typus: An der Basis, in der Umgebung des Kerns, erhält sich das Protoplasma unverändert, im Uebrigen zeigt es eine lockere, körnige, hie und da blasige Beschaffenheit, wobei es gleichzeitig seine Färbbarkeit nahezu einbüsst. In den zahlreichen kleinen Vacuolen, welche diesen Theil der Zelle durchsetzen, vermuthe ich Fetttröpfcheu, die durch die Behandlung der Schnittjjräparate gelöst werden. Wie Verworn dargethan hat, sind im inneren Epithel des Magens die Zellen nach zwei verschiedenen Richtungen hin differenzirt, je nachdem *) 1. c. S. 48. — <3 59 E> ihr Plasma der angegebenen Wandlung mehr oder minder anheimfiel. Dieselbe ist an den Längswülsten eine durchgreifende, an den Furchen kommt sie nur wenig zur Geltung, nur die Zellspitzen werden von ihr beeinflusst. Indessen lassen sich doch so mannigfache Uebergänge zwischen beiden Variationen nachweisen, zumal an Stellen, wo der Wulst sich gabelt,*) um einer neuen Furche Platz zu machen (Fig. 112, bei *), dass von einer „durchaus differenten Natur" derselben kaum die Rede sein kann. Die Auskleidung des Enddarms trägt den Charakter der Wulstzellen, nur dass sie die Höhe der letzteren nicht erreicht, sondern ein niedriges, durchweg gleichartiges Cjdinderepithel darstellt, in dem bloss in der Nähe des Kerns ein Rest normalen Plasmas erhalten blieb (Fig. 112, ED). Wie Kraepelin habe auch ich den Eindruck gewonnen, dass die veränderte Structur der Zellen hauptsächlich eine Folge ihrer resorbirenden Thätigkeit sei. Diese würde daher in erster Linie den Magenwülsten, ferner der ganzen Fläche des Rectums zuzuerkennen sein. Die Wülste sind schon durch ihre Lage für die Aufnahme von Nährstoffen ganz besonders geeignet und zumal bei der Contraction des Magens treten sie fast allein mit dem Speisebrei in Berührung, während die Furchen dann völlig verdeckt nnd höchstens für Flüssigkeiten zugänglich sind. Damit scheint mir die verschiedene Ausbildung der Furchen- und Wulstzelleu, die sich doch als Modificationen ein und desselben Typus kundgeben, hinlänglich erklärt und ich tinde niclits Zwingendes in der Behauptung Kraepelins, dass die ersteren „echte Leberzelleu"' seien. Immerhin mag man der seit Alhnan gangbaren Ansicht folgen und die bräunliche Färbung des inneren Magenepithels zum Theil der Anwesenheit von Gallenflüssigkeit zuschreiben, die aber nicht nachweislich an bestimmte Zellen gebunden ist. Sowohl die Zellen des Magens als des Rectums besitzen die Fähigkeit, ein Secret abzuscheiden, welches vermuthlich die Aufgabe hat, den Inhalt zu zersetzen und für die Resorption vorzubereiten. Im Enddarm tritt es in Form einer ziemhch starken cuticulareu Schleiraschicht auf, aber auch im Magen ist es als dünnes Häutchen sichtbar. Wo sich dasselbe im Präparat von der verdauenden Fläche abgelöst hat, erkennt mau, dass es die Zellen der Wülste und Furchen gleichmässig überzieht (Fig. 112). Zur Wahrnehmung dieser Verhältnisse erwiesen sich Thiere, welche, ehe sie conservirt wui'den, mit Chloral- hydrat betäubt waren, am günstigsten, wohl deshalb, weil während der Narkose die Peristaltik erlischt, das Secret also nicht mit dem Speisebrei vermengt wird, sondern an der ruhenden Darmwand haftet und seine eigenthümliche Beziehung zu dieser dann deutlich ziir Schau trägt. Die Grenze zwischen dem Secret und der secernirenden Fläche ist namentlicli im Enddarm eine überaus scharfe. Kraepelin hat, wie er sagt,**) „die Mombranlosigkeit sämtlicher Epithelzellen des Darmtractus zweifellos erwiesen", d. h. er hat gefunden, dass die Zellen des Darmdrüsenblatts im Rectum und Magen „häufig mit ungemein zarten hyalinen Zipfeln von sehr variabler Gestalt" in das Lumen hineinragen oder daselbst „überhaupt nicht schart begrenzt" sind. Ich habe sie nun zwar weder im Magen so zerzaust, noch im Rectum so bis zur Auflösung aller Grenzen verschwommen gesehen, wie es Kraepelin in seinen Figg. 55 und 56 darstellt. Vielmehr luibe ich sie in den meisten Fällen auch an der Innenseite ganz glatt und bestimmt contourirt gefunden, und für den Enddarm ist mir ihre Membranlosigkeit allerdings zweifelhaft. Dennoch glaube ich, dass im Magen und zumal an den Wülsten die verdauende Fläche *) In Folge solcher Gabelungen nimmt die Zahl der Wülste nach dem blinden Ende des Magens zu. Bei Crislatella zählte ich im Cardialtheil 6 — 9, am blinden Ende 12 Wülste. **) 1. c. S. 31. 8* ö 60 E> — - eine Beschaffenheit gewonnen hat, welclie der Membranlosigkoit gleichkommt, und das» demzufolge auch ungelöste Stoffe in das Innere der Zelle gelangen können. Ich nelime daher aucli keinen Anstand, der Meinung Kracpelins zuzustimmen, dass die körnigen Elemente, welche sich namentlich in den Wulstzellen ansammeln und beim Fasten des Thieres allmählich wieder verschwinden, Nahrungspartikelchen sind, welche erst liier verarbeitet werden, bis sie durch Diffusion der die Leibeshöhle erfüllenden Flüssigkeit zugeführt werden können. Dagegen muss ich der rein hypothetischen Annahme entgegentreten, dass die „schleimige d. h. doch wohl protoplasmatische Fadenmasse", welche „die Contenta des Magens sowohl wie des Rectums" undiüllt, identisch sei mit dem protoplasmatischen Inhalt der Darmdrüsenzellen selbst, und dass die Lieferung von verdauenden Secreten allein den „echten Leberzellen" des Magens obliege, da ich die Thatsache, dass die Darmwaud an der inneren Fläche ein vom Zellinhalt sichtlich verschiedenes Secret, eben jene „Fadenmasse", abscheidet, meinerseits ebenfalls „zweifellos ei'wiesen" zu haben glaube. Was den sonstigen Bau des Darmkanals anbetrifft, so verweise icli auf die Angaben der frühem Autoren, nanientlicli Nitsches. Nur noch einen Punkt habe ich zu erwähnen. Kraepelin sagt bezüglich des Rectums. es sei „nirgend, wie Nitsehe glaubt, mit dem Cardiatheil oder gar mit dem Oesophagus verAvachsen", sondern besitze überall eigenes Epithel (1. c. S. 46). Das ist ganz und gar unrichtig. Von einer Verwachsung mit dem Oesophagus kann allerdings nicht die Rede sein, und ich wüsste auch nicht, wo Nitsehe derartiges behauptet hat. Dass aber das äussere Epithel der aneinanderliegenden Flächen des Enddarms und Magens bis in die Nähe der Cardialklappe verwachst, habe ich durchweg bestätigt gefunden (vgl. Taf. III). Deshalb ist auch die Behauptung (Kraepelin S. 74) hinfjillig, dass beim Einziehen des Polypids „ein Abbiegen des Cardiatheils vom Rectum" durch die „Cardia-Flexoren" stattfinde. Das ist weder bei Frede.ricelhx, noch FlumateUa, noch auch bei CvistateUa der Fall. Die Muskelschicht folgt der Verschmelzung übrigens nicht, sondern bleibt auf beiden Seiten gesondert. Ueber die Entstehung der Muskeln ist das Hauptsächliche schon früher (S. 28 f.) gesagt worden. Sie ist überall an das äussere Knospenblatt gebunden. Indem dessen Zellen, soweit sie dem inneren Blatt benachbart sind, die contractilc Substanz abscheiden, werden sie, hier und da an einander haftend, beim Wachsthum der Knospe zu einem feineu Fasernetz ausgezogen, welches die Tunica muscularis darstellt. Dieselbe ist in den definitiven Organen überall auf der Grenze der beiden Epithelien sichtbar. Am deutlichsten heben sich die Myoblasten am Knospeiihalse, wo das Cystid entwickelt wird, vom äusseren Blatt al), von dem sie sich in Form einer Zwischenzellschicht, die bis in das Gebiet der wirk- lichen Muskeln zu verfolgen ist, abspalten (Taf. VII, Fig. 89, 90, mb). Die Fasern der Tunica verlaufen in zwei sich kreuzenden Richtungen, theils quer, theils parallel zur Längsaxe der Knospe. Die Quer- faserschicht, welche dem inneren Blatt zunächst liegt, bildet die alleinige Muskulatur des Dai-ms und erreicht am blinden Ende des Magens, wo ihre Elemente die von N^itsche beobachtete Anordnung zeigen, den Höhepvmkt ihrei' Entwickelung. In ähnlicher Weise ist sie im Bereich der Mündung an der Duplicatur gehäuft (Taf. III, Fig. 44, bei A u. B). Auf der Tentakelscheide fehlt sie nach Nitsehe ganz. Im cystidalen Theil der Leibeswand erscheint sie bei den verästelten Formen als Ringmuskulatur, bei Cristatella verläuft sie in der Längsrichtung der Kolonie. Wahrscheinlich sind auch die senkrechten Fasern der Septen ihr zuzuzählen. Die Längsfaserschicht findet sich im Cystid und auf der Tentakel- scheide und geht auch auf die Duplicaturbänder und den Funiculus über. Sie scheidet die Ringmuskulatur Ö 61 S* vom Epithel der Leibes'nölile. Beim Zerzupfen lassen sich ihre Elemente mit Leichtigkeit isoliren, so dass sie den Querfasern nur lose aufgelagert zu sein scheinen. Sie sind von jenen auch äusserlich unterscliieden, indem sie als runde, stark lichtbrechende Fäden, jene als schmale und blasse Bänder auftreten. Bei CristateUa herrsclit kein solcher Unterschied, wie denn die Leistungen beider Systeme hier kauiii von einander vei'schieden sind. Dass die Fasern der Tunica, wie Nitsche angiebt, Kraepelin aber leugnet, in enger Beziehung zu einer „homogenen Membran" stehen, welclie sie vom mneren Knospenblatt scheidet, habe ich auf Schnitten durch die Tentakeln, den Lophophor und den Funiculus sicher erkennen können. Auch beim Zerzupfen habe ich Bilder erhalten, weiche auf eine solche Memljran schliessen lassen, am blinden Ende des Magens habe ich sie deutlich gesehen. Für ihre Existenz am Darm und auf der Tentakelscheide spricht ferner der Umstand, dass die abgestorbenen Polypide von CristateUa nach einiger Zeit von einer structurlosen Haut umgeben sind, die noch allein das äussere Blatt repräsentirt (Taf. VIII, Fig. 98, hm). Da sie inmitten der Mesodermzellen des Funiculus auftritt, und auch in den Septen von CristateUa, sowie in den Duplicaturbändern zu vermuthen ist, so kann sie wohl nur ein Product des äusseren Knospen- blattes sein. Sie entsteht A\ahrscheinlieii durch Seeretion, kurz bevor die Muskelfasern gebildet werden. In gewissem Sinne vermitteln, wie Nitsche bemei'kt, die Tentakelmuskehi zwischen den Fasern der Tuuiea und denen, welclie frei die Leibeshöhle durchziehen, insofern sie jenen der Lage nach, diesen aber bezüglich ihrer selbständigeren Wirkungsweise entsprechen. Dasselbe gilt von den Muskeln der Lophophoi'arme. Die Bildung der freien Muskeln der Leibeshöhle hat bereits Nitsche in allgemeinen Zügen fest- gestellt.*) „Jedes- Element dieser Muskelsti'änge stellt eine mit einem deutlichen Kern versehene lang ausgezogene Zelle dar." Der Kern ruiit, von einigem Protoplasma umgeben, zwischen der contractilen Substanz und dem Sarcolemm, der ursprünglichen Zellhaut (vgl. die Quei'schnitte Taf. VIII, Fig. 101). „Es sind diese Muskeln nun einfache Elemente der äusseren Zellschicht der Knospe, welche ursprünglich in dem Winkel gelegen waren, wo diese mit der inneren Zellauskleidung des Cystids zusammenhängt. Durch das Wachsthum des Cystids, welches jederzeit die Neubildung von Polypiden begleitet und welches den nöthigen Raum schafft für die weitere Entfaltung der letzteren, werden nun diese Zellen spindel- förmig ausgezogen. Es stimmt diese Angabe auch mit den Ansichten von Metschnikoff." Zu bemerken wäre noch, dass die Ketractormuskeln von vorn herein paarig angelegt werden, indem zu beiden Seiten der Stelle, wo die Tochterknospe auftritt, und da, wo durch Uebergang der Halszellen in die Leibeswand das Cystid entwickelt wird, die Zellen des äusseren Blattes, die hier etwas dichter gehäuft sind, nicht im scharfen W^inkel umbiegen, sondern theils am Cystid, theils am Knospenhals haftend, in der Mitte dagegen von ihresgleichen sich loslösend, auf dem kürzesten Wege von dem einen zum andern ziehen. Da sieh die beiden Endpunkte im Lauf der Entwickeluug immer weiter entfernen, so wird jede dieser Zellen allmählich zu einem langen Faden ausgesponnen, der nun die Muskelfaser darstellt (Fig. 99, r). Um sich den Vorgang anschaulich zu machen, denke man sich den verticalen Strich eines T als Frontal- ansicht einer Knospe, den horizontalen als die dazu gehörige Leibeswand. Die beiden rechten Winkel *) Knosjjiing S. 1H2 ö 62 Ei des T seien mit einei- fadenziehenden Masse, dem äusseren Blatt, ausgekleidet. Nun denke man sich die Verticale in ganzer Länge, die Horizontale in der Mitte dehnbar und demzufolge das T vergrössert : Die in den Winkeln betindliche Masse wird sich zu Fäden ausziehen, welche die Arme des T geradeswegs mit dem Stamm verbinden und, wie die Myoblasten der Knospe, immer länger und dünner werden, je weiter sie vom Knotenpunkt abrücken. In Wirklichkeit verlaufen die Fasern bald nicht mehr in der Frontalebne, sondern da die Cystidbildung in oraler Richtung am raschesten fortschreitet, so gehen sie von der Knospe nach seitwärts und vorn. Die letzte Bewegung gewinnt die Obei'hand, und die Muskeln, die eine Zeit lang zur Linken und Rechten der Tochterknospe hinziehen (Fig. 100), wandern mit den entsprechenden Theilen der Leibeswand immer weiter oralwärts, indem zwischen diesen und der Mündung des Polypids das typische Cystid sich entwickelt. Die Kerne des Bündels liegen dann ziemlich in gleicher Höhe, dem Integument näher als dem Polypid. m. Auch bei Cristatella werden die Retractoren in der geschilderten Weise, d. h. am Knospenhals angelegt. Sie verbinden dann die Knospe jederseits mit der oberen Decke (s. den schemat. Frontal- schnitt I). Indem ihr Ursprung weiter vor und zi;r Seite rückt, gelangt er in die Nähe der Septen (II), welche nach links und rechts das zur Knospe gehörige Stück der Kolonialwand begrenzen und, wie wir wissen, modificirte Cystidtheile sind. Mit ihnen ist nun das Schicksal der Muskeln aufs engste verknüpft. Die Septen, welche thcils neu angelegt, theils nur weiter ausgebaut und fortgeführt werden, ergänzen sich aus den Mesodermzellen der oberen Decke, in letzter Instanz aus dem äusseren Knospenblatt. So gehen denn auch die Muskeln auf die benachbarten Septen über (III), und da diesen von oben her immer neues Material zufliesst, während sie unterwärts wieder das innere Epithel der Sohle zu bilden haben, die ja in gleichem Maass, als die Knospe wächst, sich verbreitern muss, so langen sie schliesslich am Grunde der Septen auf der Sohle an (IV), wo sie nun ihren definitiven Platz linden. Derselbe entspricht ganz und gar dem, welchen sie auch bei den verästelten Formen einnehmen. Hier sehen wir den Retractor jederseits an der oralen Cystidwand entspringen, etwas oberhalb der Stelle, wo sich diese vom Mutterthier abhebt. Die Fasern ziehen dann zur Linken und Rechten des ausgestreckten Polypids nach vorn und oben, jede für sich gesondert, doch so, dass eine Ansammlung zu vier Gruppenpaaren bemerkbar wird. Ihren Verlauf hat schon AUman ziemlich gut dargestellt, einiges Neiie hat dann noch Nitsche*) hinzugefügt. Die grosse Masse der Fasern spaltet sich in zwei Bündel, welche den Weg zum *) Ueber AlcijonMa, 1SC8. --^ 63 ö Munde einschlagen und sicli da zu beiden Seiten des Ganglions theils am Pharynx, thcils au der Lophophorwand inseriren. Allman bezeichnet eleu inneren Ast als Retractor, den äusseren als Rotator. Sicher sind aber beide in erster Linie als Retractoren thätig, erst in zweiter kommen sie als „Rotatoren der Tentakelkrone" in Betracht, und hier freilich das äussere Paar mehr als das innere. Die ersten Rotatorfasern setzen sich am Ursprung des Ringkanals fest, etwa in gleicher Höhe mit der Mesoderm- lamelle, die ihn nach unten zu abschliesst, andere ziehen weiter in die Lophophorarme hinein (Taf. V, Fig. 62, I, re). Hier scheinen sie direct in die Tunica muscularis überzugehen, deren Längsfasern sehr stark entwickelt sind, anfangs nur an der Aussenseite (Fig. 62), später in der ganzen unteren Lophophorwand bis zu den Tentakeln hinauf. Bei CrisfateUa werden dadurch die einzelnen Arme in hohem Grade beweglich. — Vom Pliaryngealbündel (das theilweise noch in Fig. 62, I, bei ri sichtbar ist), zweigen sich Fasern nach dem Oesophagus (Allman) und selbst nach dem Cardialtheil des Magens ab (Nitsche). Am Ursprung des Enddarms häufen sie sich zu einem kleinen Bündel, das wir als drittes bezeichnen können (Kraepelins „Cardia-Flexor"). Ein grösseres viertes Bündel, welches theilweise schon Allman gesehen hat, inserirt sich am Blindsack. Dieses letztere, aber auch andere, höher gelegene Fasern des Retractors, sind, wie Nitsche behauptet, bei eingezogenem Polypid nach hinten gerichtet, also vermuthlich bei der Austülpuug activ betheiligt. Ich muss diese auf Plumateüa bezügliche Anga1)e dem Widerspruch Kraepelins entgegen bestätigen, die Abbildung Nitsches im Archiv f. An. u. Phys. 1868, Taf. XII, Fig. 9, entspricht vollkommen der Wirklichkeit. Für Fredericella kann ich nicht bürgen. Bei CristateUa nehmen die Fasern einen Verlauf, der jene Mit\\'irkung gleichfalls möglich erscheinen lässt, in der fertigen Kolonie sowohl wie bei der veränderten Lage im Statoblasten (Taf. XIV, Fig. 158). Das Hauptagens bei der Ausstülpung bleibt aber ohne Zweifel der durch Contraction der Leibeswand auf die Blutflüssigkeit ausgeübte und auf das Polypid übertragene Druck. Bei CristateUa, wo wegen des Mangels typisch abgesetzter Cystide der Einfluss des einzelnen Individuums auf die Compression der Leibesflüssigkeit ein verschwindender ist, ja wo praktisch nur eme einzige Leibeshöhle existirt, unterliegt diese wahrscheinlich einem beständigen Druck, welcher ohne Weiteres genügt, die Ausstülpung herbeizuführen, wenn ihr nicht mit be- sonderer Anstrengung entgegengearbeitet wird. Daher ziehen sich hier die Polypide nur in aussergewöhniichen Fällen und nur auf kurze Dauer zurück, während sie bei den anderen Formen stundenlang sich verbergen können. Beim Einziehen werden zunächst alle Muskeln gieichmässig verkürzt, dann treten die hintersten Fasern ausser Spiel, ihnen folgen der Reihe nach die übrigen. Bei einem völlig eingezogenen Thier von Plumatella sah ich einmal alle Muskeln mit Ausnahme der „Rotatoren" erschlafft und in mäandrische Windungen gelegt. Die Duplicaturmuskeln (Taf. III, Fig. 43 — 46, dm), einzellige, dünne Fasern, deren Kern meistens dem Vaginaltheil der Duplicatur genähert ist, entstehen wahrscheinlich in ähnlicher Weise wie die Elemente der grossen Muskeln. Mit Unrecht hat Verworn ihre Existenz bei CristateUa, wo die Duplicatur sehr viel niedriger ist als bei den anderen Formen, geleugnet, sie sind auch hier vollkommen deutlich. Das Epistom wird von Muskeln bewegt, welche grösstentheils in dem Winliel, unter dem sich die beiden Aeste des Gabelkanals vereinigen, ihren Ursprung haben. Von da durchziehen sie divergirend die Deckelhöhle, um sich an deren seitlicher und unterer Wandung festzuheften. Andere Fasern entspringen an der Oberseite des Deckels und laufen schräg nach abwärts und vorn. Sie sind bei CristateUa nahezu senkrecht gestellt und hier die einzigen, welche entwickelt werden (Taf. V, Fig. 61), Von den Fasern der Seitenhöhlen des Cristatella-D eckeh habe ich schon gesprochen (S. 56 f.). KB 64 E> Gleich den altern Autoren habe auch ich an den Retractorfasern Querstreifung beobachtet, und zwar wie Kraepelin am ausgestreckten Muskel. Von den Fasern der Tunica zeigen die am Blinddarm die Nitsche'sche Schrägstreifung. Die Duplicaturbänder (Taf. III, Fig. 43 — 46, db), bei Plumateüa an Zahl etwa zwölf, sind hohle, vom mesodermalen Epithel gebildete Schläuche, in denen ausschliesslich Längsfasern zur Anlage kommen (Nitsche). Sie entstehen am Knospenhalse als vom äusseren Blatt gebildete Längsrippen, die sieh dann bei fortschreitender Cystidentwickelung bis auf einen obern und untern Befestigungspunkt abschnüren und wie Stäbe eines Regenschirms zwischen dem cystidalen Theil der Uuplicatiir und dem inneren Vaginaltheil derselben ausspannen. Der Vorgang ist ähnlicli wie bei der Muskelbildung, nur dass er sich dort an einer einzelnen Zelle, hier an einer ganzen Leiste von solchen abspielt, wobei statt der freien Fasern nur eine Art Tunica erzeugt wird. Nach vollständiger Entwickelung der Leibeswand umfasst der Knospenhals ni;r nocli den Vaginal- thcil der Mündungszone. Während bei PlumateUa die Knospenhöhle oft schon frühzeitig in Form eines engen Kanals (Taf. IX, Fig. 109, B) nach aussen durchbricht, beobachten wir bei Cristatella, dass die Ectodermzellen der Halsregion sich zu einer Kugel gruppiren (Taf. VIII, Fig. 90), die anfangs compact erscheint, später immer deutlicher einen Hohlraum, die Vaginalhöhle, erkennen lässt. Nachdem das darüber gelegene Ectodermgewebe auseinandergerückt ist, wird die Wandung der Kugel zunächst am oberen Pol durchbrochen und so die Vaginalhöhle mit der Aussenwelt in Verbindung gesetzt (Taf. VI, Fig. 82). Auch am unteren Pol erfolgt dann ein Durchbrucli, der die letzte Schranke, welche vor die Knospenhöhle gelegt war, beseitigt und dem W^asser freien Zutritt gestattet. Sehr bald erweitert sich die Oeifnung in dem Grade, dass der junge Polyp die Tentakelkrone entfalten und selbstthätig seine Nahrung erwerben kann. Bisher war er lediglich auf die in der gemeinsamen Leibeshöhle der Kolonie enthaltene Blutflüssigkeit angewiesen, die er durch Diifusion in seine Gewebe aufnahm. Die zum Ringe umgewandelte Mündungskugel ist auch späterhin durch Plasmareichthum und geringere Secret- bildunff vor den benachbarten Ectodermzellen ausgezeichnet. Zuweilen wird sie an ihren beiden Enden fast gleichzeitig dui'chbrochen. Bei dem im Statoblasten eingeschlossenen Embryo sah ich die Vaginalhöhle zunächst in die Knospenhöhle sich öffnen (Taf. XIV, Fig. 158.) Das Wachsthum der Thiere dauert noch lange nach ihrer Geburt fort (Taf. III, Fig. 45, C : B : A). Schliesslich verfällt das Individuum einem Marasmus, der seinen Tod herbeiführt, ohne das Leben der Kolonie in Frage zu stellen. Bei älteren CristateUa-^iöck.&\ rindet man zuweilen das ganze Mittelfeld mit abgestorbenen Polypiden bedeckt. Das Gewebe des inneren Blattes degenerirt zu einer von grossen Vacuolen aufgetriebenen, schwammigen Masse, in der die Kerne deutlich erkennbar sind (Taf. VIII, Fig. 98). Dabei geht die normale Körperform mehr und mehr verloren, und nur mit Mühe rindet man in dem rundlichen Conglomerat von Zellen die Haupttheile des Darms wieder, in dem sich Reste des Chymus erhalten haben. Vom äusseren Blatt bleibt bloss eine structurlose Haut übrig, vermuthlicii jene Membran, welche den Muskeln der Tunica zur Grundlage diente. Das Epithel und die Muskeln sind in Fig. 98 geschwunden. Zuletzt scheint der Cadaver durch eine Art Absclmürung nach aussen entfernt zu werden, wobei auch der im Umkreise der Mündung des ehemaligen Polypen gelegene Theil des Cystids der Auf- lösung anheimfällt. Sicherlich bleibt die Zusammensetzung der die Leibeshöhle erfüllenden Flüssigkeit durch den Zerfall so vieler Individuen nicht unbeeinflusst. Ob es indessen richtig ist, „dass ein grosser i3 65 £:i Theil des protoplasmatischen Gewebes gewissermassen wieder ,eingesciimolzen' wird, um an andern Punkten des Stockes zum Wiederaufbau verwendet zu werden", wie Kraepelin meint*), ist mir sehr fraglich. Ueber die verschiedene Stellung, welche die Polypide von Cristatella und Plumatdla, nament- lich in eingezogenem Zustand einnehmen, geben die Figuren 44 — 46 der Taf. III Auskunft. Die Lophophorarme werden beim Einziehen emporgerichtet und mit der MundHäehe halb nach aussen gekehrt, so dass die der inneren Biegung des Hufeisens entsprechenden Wände dicht an einander liegen (s. den Querschnitt Taf. V, Fig. 67). Die Tentakeln werden der Länge nach zu einem cylindrischen Bündel ver- einigt, in welchem die der äusseren Leiste peripher, die der inneren central gestellt sind (Fig. 68). Die mesodermale Auskleidung der Leibeshöhle und ihrer Derivate zeigt überall , ausser in den Tentakeln und vielleicht noch im Epistom, einen zarten Fliramerbesatz , der die Circulation des Blutes zu unterhalten bestimmt ist. Ein echtes Flimmerepithel ist jedoch nur im Gabelkanal, am stärksten bei Cristatella, entwickelt, im Uebrigen sind es hie und da vereinzelte Zellen, welche mit Cilienbüscheln (Taf. IX, Fig. 105 u. 112) versehen sind. Im Lophophor ist die Flimmerung in der Umgebuug des Nervensystems am lebhaftesten. Was ich bei Plumatella über die Richtung des Cilienschlags feststellen konnte, ist, dass sie an der analen Cystidwand von unten nach oben, d. h. nach der Mündung, an der oralen von oben nach unten fortwirkt. Auch am Darm, besonders am Enddarra, schreitet die Flimmerung abwärts, am Oesophagus \\n(\ am Magen ist sie von geringem Belang. Bei dem dadurch erzeugten Kreislauf (s. das Schema) steht für die Abwärtsbewegung (b) des Blutes bei weitem der meiste Raum zur Verfügung, da der ganze Darm und die Oralseite der Leibeswand in gleichem Sinne wirken. Für den aufsteigenden Strom (a) bleibt nur das Gebiet in unmittelbarer Nähe der analen Wand frei, und demzufolge — dem kleineren Querschnitt ent- sprechend — muss die Bewegung hier eine um so raschere sein. Am blinden Ende des Magens und an der Duplicatur bezw. am After gehn beide Ströme in einander über. Da, wenn das Thier eingezogen ist, die Tentakelscheide der Cystidwand entgegenwirkt, so wird alsdann in den absteigenden Strom ein kleinerer Kreislauf (c) eingeschaltet. Aber auch sonst bleibt die Strömung nicht immer in contiuuirlichem Fluss, sondern wird, je nach der Lage und Form der verschiedenen Körpertheile, in einzelne Wirbel gebrochen, die nur von Zeit zu Zeit dem normalen Verhältnis Platz machen. Zum Schluss möchte ich noch hervorlieben, dass weder die Knospung noch der Bau der Polypide von Fredericella irgend welche anderen als formelle Unterschiede gegenüber Plumatella darbietet. Worauf man seit jeher das meiste Gewicht gelegt hat, die Rundung des Lophophors , sie ist eine so rein äusserliche Erscheinung, dass sie nicht einmal als Gattungscharakter, geschweige denn zur Begründung einer näheren Verwandtschaft mit Paludicella verwerthbar ist. Man kann geradezu sagen, dass die Tentakelkrone einer Plumatella durch blosse Verkürzung der beiden Arme in eine *) 1. c. S. 85. Bibliotheca zoologica. Heft VI. K 66 £> Form übergcfülu't werden könnte, die dem Lopliophor vijn Fredericdia völlig ähnlich sähe. Sclion Allman erkannte, dass der Lopliophor von Fredericella durch seine in der That nicht runde, sondern hufeisenförmige Bildung, durch den Besitz eines typischen Epistoms und einer typischen Kelch- nienibran alle Merkmale der Phjdactolaemen zur Schau trage. Die Hufeisenform ist im ausgestreckten und eingezogenen Zustand der Krone unverkennbar deutlich (Taf. V, Fig. 64, 68) und auch in der Knospe schon ausgeprägt (Fig. 69). DieLophophorhöhle umgreift mittels des Halbringkanals (Fig. 64, I, rk) den Pharynx, mittels des Gabelkanals die Epistomhöhle (Fig. 64, II, III). Die letztere mündet hinter dem Ganglion in die Leibeshöhle. Das Nervensystem (Fig. 64, 6.5, 66) entsendet zwei vordere Hörner (vln) zu den oralen Tentakeln (Schlundring) , zwei hintere (hin) in die Lophophorarme. Die an der Innen- seite der hinteren Hörner entspringenden Fasern vereinigen sich zu zw^ei kleinen Bündeln (en) , welche an der Basis des Epistoms emporstreljcn und sich dann in die nächstgelegenen Tentakeln vertheilen, wo- bei oberhalb der Epistomhöhle vermuthlich wieder ein Nervenring entsteht. Die Centra des Nerven- systems zeigen die charakteristischen Höhlungen. Der anale Theil der Ganglieublase, das sog. Gehirn, besteht aus dem Basalstück und dem kräftig entwickelten Randwulst (Fig. 65 u. 66, wg ; vgl. Fig. 61). 4. Die Entstehung des Funiculus. Der Funiculus, w(-lchcr als Bildungsstätte des männlichen Samens und der Statoblasten seit alters her ein besonderes Interesse in Anspruch genommen hat, ist ein Strang, der beim erwachsenen Thier das blinde Ende des Darms mit einem oral gelegenen Punkt am Grunde des zugehörigen Cystids verbindet (Taf. III, Fig. 43--46, f). Er besteht, wde Nitsche *) angiebt, „aus einer cylinderförinigen Fort- setzung der homogenen Membran der Tunica muscularis als Grundlage, mit welcher lange Fasern ver- bunden sind, die den Längsfasern des hinteren Thcils der Endocyste so ähnlich sehen, dass man wohl berechtigt ist, sie für Muskelfasern zu Jialtcn. Das Ganze wird von einer Fortsetzung der Epithelial- schicht des Magens bekleidet", welche in das innere Epithel der Leibeswand übergeht. Angesichts dieser Thalsachen verstehe ich nicht, was für „aprioristische Gründe" Kraepelin**) veranlassen konnten, den Funicularfascrn jede Beziehung zur Tunica muscularis der Leibeswand abzusprechen. Meine Beobachtungen bestätigen es durchaus, dass die Fasern des Funiculus Muskelbildungen sind, welche den Längsfasern der Tunica sowohl ihrer Form als Lage nach gleichen und hier in ganz ähnlicher Weise auftreten wie in den Duphcaturbändern. Selbst der von Nitsche betonte Unterschied, wonach die Funicularfascrn nicht auf die Tunica übergehen sollen , scheint mir nicht haltbar. Ich habe solche Ueber- gänge ganz deutlich gesehen und konnte vom Funiculus aus die Fasern ziemlich weit in das Gebiet der Längsmuskelschicht hinein verfolgen (Taf. XI, Fig. 134). In Fig. 133 ist eine dieser Fasern bei o, wo der Funiculus am Integument befestigt war, frei zu Tage getreten. Eine andere ist am gegenülier- liegendcn Ende, wo der Strang in der Nähe des Darms gerissen ist, sichtbar geworden. Im Allgemeinen wird aber die Tunica durch den Funiculus nicht erheblich berülu't , sie setzt sich vielmehr aucli unter- *) Archiv f. An. u. Pliys. im», S. 481 f. **) 1. c. S. 70 f. ö 67 K* halb seines Ursprungs fort, und ich muss deshalb der Behauptung Kraepelins widersprechen, dass am Ansatzpunkt des Funiculus „eine Muscularis der Leibeswand uieiit nachzuweisen sei." Schon auf dem in Fig. 132 wiedergegebeneu vStadium, welches einer Knospe angehört und viel jünger ist als das von Kraepelin 1. c. Fig. 26 abgebildete, ist die Muskelschicht (tm) zweifellos vorhanden, und man kann in diesem Fall nicht -wohl sagen, dass „das Funiculusinnere durchaus den Anschein erwecke, als wenn es aus dem Aussenepithel der Leibeswand hervorgegangen sei". Ueberliaupt bleibt es rilthselhaft, iu welcher Weise sich Kraepelin die „ectoderniale Natur des Funiculusinneni" , das „am Darnii'uudus plötzlich wie abgeschnitten erscheint", gedacht hat. Im eigentlichen Lumen des Funiculus, d. h. innerhalb des von der Muskelschieht gebildeten Schlauches, ist keine Spur von zelligen Elementen zu entdecken und nament- lich am Darnifundus setzt sicli der Funiculus unmittelbar in das äussere Epithel des Magens fort, olnie dass ii'geud etwas abgeschnitten oder unterbrochen wird, man müsste denn diesen Ausdruck auf die Muskelfasern, welche hier endigen, in Anwendung bringen wollen. Der Funiculus wird bereits auf einem sehr frühen Stadium der Knospenentwickelung angelegt ungefähr zu der Zeit, wo die ersten Spuren der Darmbildung sichtbar werden. Bei Pluinatella ist dann noch kerne Tochterknospe vorhanden, bei Cristatella ist sie schon deutlich abgesetzt. An der Oralseite der Knospe erheben sich nun die median gelegenen Zellen des äusseren Blattes in Form einer Längs - leiste, welche im oberen Theil der Knospe schärfer hervortritt als im unteren. In Fig. 113, I — III, Taf. X, sielit man die Leiste im Querschnitt, zunächst ist sie am oberen, dann am unteren Ende getroffen. Indem sich die Zellen des Knospenhalses am Aufbau der Leibeswand betheihgen und vom Polypid immer weiter entfernen, löst sich die Leiste als continuirlicher Strang — als Funiculus — von der L* IWÖL OX^ll VAH::j JLJtilOH.^ £<^XO V^'-'U.Li.LlU.Jil. lA^m_/l »^ll.CVXJ.w Knospe ab (Fig. 114, I — III) und verbindet dieselbe mit einem oral gelegenen Punkt des jugendlichen Cystides. An der Trennungsstelle erscheint im äusseren Blatt eine Lücke, die indessen bald durch die Thätigkeit der benachbarten Zellen wieder ausgefüllt wird. Der Funiculus ist anfänglich solid, durcli Vermehrung seines Materials gewinnt er an Dicke, und seine Zellen nehmen dann eine periphere Stellung ein (Fig. 122, IX), wobei sie nach innen die Muskelschicht difierenziren (Fig. 124, f). .Te mehr das Cystid sich ausbreitet, um so weiter rückt das obere Ende des Funiculus von der Knospe ab (Fig. 115 bis 119). Zugleich rückt es ein wenig zur Seite. Unten fahren die Zellen des äusseren Blattes fort, sich in Leistenform abzulösen, bis schliesslich der Punkt erreicht ist, wo der Blindsack des Magens zur Entwickelung gelangt (Fig. 119). Hier bleibt der Funiculus definitiv befestigt. Er weicht in seinem Verlauf bei Plmnatella mehr als bei Cristatella von der Medianebue ab, hält sich aber stets an der Oralseite der Cystidwand. An kriechenden Aesten entspringt er nahe der Stelle, wo sich das Cystid seitlich vom Podium erhebt. (In den Figg. 43—45 der Taf. III ist er auf die Medianebne projicirt.) Bei den erwachsenen Polypideu von Cristatella sehen wir ihn am äussersten Rande der Kolonie , ober- halb der Sohle entspringen (Taf. III, Fig. 46, f), von wo er zuweilen auf die Septen oder die Sohle selbst übergeht. Das letztere habe ich nur ein oder zwei Mal beobachtet, und auch da lag der Ursprung ganz an der Peripherie, so dass die schemat. Zeichnung Verworns, 1. c. Fig. 3, wo alle Funiculi dicht unter dem Polypid an der Sohle festsitzen, gewiss unrichtig ist. Wir haben dieses merkwürdige Verhalten schon früher (S. 28) erörtert und mit dem Wachsthum der Kolonie in Einklang zu bringen gesucht. Uebrigeus dürfte daneben der Umstand in Betracht zu ziehen sein, dass mit dem Absterben der ältesten Polypide auch die Funiculi, die etwa auf die Sohle herabgerückt sind, der Vernichtung anheimfallen. *3 68 £S 5. Die Bildung der Statoblasten. Seit der Entdeckung der Bryozoen haben auch jene eigenthüralichen Fortpflanzungskörper, welche Allnmu später als „Statoblasten" bezeichnete , die Aufmerksamkeit der Forscher erregt und wieder und wieder ihr Interesse wachgerufen. Schon Trembley , der 1744 die erste Beschreibung eines Süsswasser- bryozoons gegeben hat *) , berichtet gelegentlich **) auch über die Statoblasten , nachdem bereits vorher ßeaumur und Bernard de Jussieu auf Grund von Mittheilungen Trembleys dieselben aufgefunden und das Ausschlüpfen des jungen Thieres beobachtet hatten. ***) So klar und bestimmt aber die bezüglichen Angaben lauteten und so untrüglich sie waren, währte es doch fast ein Jahrhundert, ehe sie zu all- gemeiner Anerkennung gelangten, wie denn Roesel i. J. 1754 die Statoblasten für Lemna-Samen und noch Meyen 1834 für die Eier parasitischer Krebse ausgaben. Es konnte daher beinahe schon als Verdienst gelten, wenn man sich nur eigenmächtiger Conjecturen enthielt und an dem, was die Ent- decker erkundet hatten, genügen Hess. Selbstverständlich hatten die letzteren nicht daran gezweifelt, dass sie es mit den Eiern ihres vermeintlichen Polypen zu thun hätten, und man theilte diese Ansicht um so licreitwilliger , als widerstreitende Gründe kaum vorhanden A\'areu. Erst als durch Allmans um- fassende Untersuchungen die Fortpflanzungsverhältnisse näher beleuchtet und die eigentlichen Geschlechts- organe aufgedeckt wurden, sah man sich vor die Frage gestellt, ob nicht vielmehr die Statoblasten als eine besondere Art von Knospen zu deuten seien, und Allman selbst antwortete bejahend. Er gründete sein Urtheil darauf, dass die Statoblasten nicht im Ovarium entstanden, dass sie niemals den Anblick eines sich klüftenden Eies darboten und weder ein Keimbläschen noch einen Keinifleck erkennen Hessen****). Auch erschien es bedeutsam, dass sie auf einem frühen Stadium ihrer Entwickeluug sich als aus zwei Theilen zusammengesetzt darstellten, f) Ein .Jahrzehnt später verfolgte Hiurich Nitsche die Bildung der Statoblasten von Alcyonella fungosa-\j), und indem er dieselbe nicht von einer einzigen Zelle, sondern von einem Aggregat solcher ausgehen sah, gelangte er zu dem nämlichen Endresultat wie sein Vorgänger. Immerhin konnte dieses noch nicht als gesichert gelten, da der Ursprung und die Bedeutung jener Zellen, welche dem Statoblasten seine Entstehung geben, noch völlig dunkel blieb. Hypothetisch war es ja klar, dass, wenn die Statoblasten Knospen sein sollten, eine BetheiUgung beider Keimblätter uoth- wendig sei, und die Rolle, welche dieselben in diesem Falle zu spielen hätten , konnte kaum zweifelhaft sein. Nitsche hatte gezeigt, dass die „cystogene Hälfte" des Statoblasten die Chitinschale erzeuge, und Reinhard ttt) hatte hinzugefügt, dass ebendaher auch das Ectoderm des Embryo stamme. Das wäre also *) A. Trembley, Mömoires pour sei-viv a lliistoire (Fun ^enve de Polypös d'eau doiu-e. Leyden 1744, S. 20!) ff. „Polype a pennache." **) In einem Brief an Boniiet, s. dessen Considerations sur les corps ovganist-s. Anist. 17G2. II. ed. 17158, t. II, p. n-i. ***,) Reaumur, Memoire» pour servir ä l'histoire de.s Insecteä. Arast. 1748, t. VI, Preface p. 91: „Nous avons ob- serve M. Bernard de Jussieu et moi que les polypes d'eau douce k pennache . . . pondent des oeufa bruns, et un peu applatis. Nous avons v& naitre des petits de ces oeufs." ****) Monograph S. 40. t) 1. <■. S. HS. tt) Arcdi. f. An. u. Pliys. 18G8. ttt) Zool. Anz. 1880. S. 208 f. ¥3 69 ö . ■vermuthlich die Function des iuuereu Knospeublattes gewesen. Indessen fehlte in dieser Hinsicht noch jeder sichere Nachweis. Hieran wurde wenig geändert durch die Mittheilung Kraepelins *) , „dass auch die Statoblasten aus den beiden Scliichten des Funiculus (und somit indii-ect der Leibeswandung) angelegt werden, und dass ein Theil des hierzu verwandten Ectoderm die Chitinschale, ein anderer dii'ect die äussere Schicht der Leibeswand des Statoblastenenibryoneu bildet." Was war hier Hypothese und was war Beobachtung ? Inwiefern war es bewiesen, dass der Funiculus wirklich aus beiden Blättern bestehe, wo und wie war das Ectoderm an seiner Bildung betheiligt ? Darauf gerade kam es an, und dieser Nachweis blieb nach wie vor zu erbringen übrig. Denn dass der Funiculus nicht schon an und für sich zweischichtig sei, das war durch Nitsche festgestellt und seither von Niemandem widerlegt worden. Vielmehr wurde es bald noch besonders für Cristatella bestätigt, und Verworn, der die schwierige Auf- gabe hatte , der Meinung Kraepelins auf die Spur zu kommen, erwog nun die Möglichkeit, dass der Funiculus auch durch Einwanderung mehrschichtig werden könne. Er erörterte allen Ernstes die Frage, ob die Einwanderung vom inneren Epithel des Magens oder vom Ectoderm der Sohle ausgehend zu denken sei.**) Den Thatsachen entsprechend musste er beides verneinen, und das führte ihn denn a priori zu dem Resultat, dass die Statoblasten „parthenogenetis che Wintereier" seien, „welche sich im Gegensatz zu den befruchteten Eiern am Funiculus entwickeln." Auch durch die bei der Statoblastenbildung beobachteten Vorgänge meinte er diese Ansicht begründen zu können. So standen sich nun die beiden Auffassungen schroffer als je gegenüber, und eine nochmaHge Untersuchung war dringend geboten. Sollte sie von Erfolg sein, so musste sie den Statoblasten entweder auf eine einzige Zelle, das Ei , wie es Verworn gesehen zu haben behauptete , zurückführen oder seine Herkunft ans beiden Knospenblätteru durch directe Beobachtung nachweisen. Ich glaube, dass mir das letztere gelungen ist. Zur allgemeinen Orientirung wolle man zunächst den Taf. XI, Fig. 133 abgebildeten Funiculus eines erwachsenen Thieres von Plum. fruticosa in Betracht nehmen. Bei o war derselbe an der Leibes- wand, bei p am Magen befestigt. Der älteste Statoblast I liegt dem Magen am nächsten, von da ab folgen in regelmässiger Abstufung die jüngeren. V — VII sieht man dicht an einander gerückt, VII und VIII nur noch unvollkommen getrennt, und der letzte scheint sich von dem keulenförmig verdickten Ende des Funiculus, wie von einem Keimstock, abzuschnüren. An Fig. 134 kann man dasselbe be- obachten. Wenn überhaupt, so muss auf Grund einer sorgfältigen Untersuchung des Keimstocks die Frage nach der Natur der Statoblasten zu entscheiden sein. Ist der Statoblast von Hause aus zweiblättrig, so müssen seine Constituenten auch im Keimstock vertreten und auf die Elemente der Knospe zurück- führbar sein. *) Tageblatt der 59. Versammlung deutscher Naturforscher u. Aerzte 1886, S. 133 f. **) Man sieht, ai^f was für sichern Beobachtungen die Angaben beruhen müssen, die sich in solcher Weise deuteln und drehn lassen , und welch ein Gewinn sie für unser Wissen sind ! Nichtsdestoweniger meint Kraepelin die Statoblastenfrage damit entschieden zu haben. In einer liebenswürdigen Entgegnung auf meine erste Mittheilung im Zeel. Anz. scheint er meine Untersuchungen nur für Brosamen zu halten, die von der reichbesetzten Tafel seiner eigenea Weisheit gefallen sind. >n <- 70 E> Der Funicuhis ist seiner Entstehung gemcäss und den iiistologischen Befunden entsprechend an- fänglich ein durchaus einheitliclies Gebilde, zusammengesetzt aus Zellen des äusseren Knospenblatts, die sich zu einem rundlichen Strange von 1 — 1,5 fi Dicke forniirt haben. So erscheint er in Fig. 11,5. Auf einem folgenden Stadium, Fig. 116 u. 117, ist seine Gestalt bei Plumatella bereits eine andere ge- worden. Wir seilen ihn an seinem Ursprung bedeutend verdickt und bemerken, dass mit seinem Wachs- thum auch die Verdickung an Umfang und Länge zunimmt (Fig. 118). Wir haben in ihr die Anlage jenes Keimstocks zu erblicken, an dem sich durch Absclmürung die einzelnen Statoblasten bilden. In der That ist schon in Fig. 119 an dem der Knospe zugekehrten Endo des Keimstocks eine knotenförmige Anschwellung sichtbar geworden, die den ältesten Statoblasten darstellt. Während sie sich stetig ver- grössert und immer mehr isolirt, folgt ihr eine zweite, eine dritte und so fort, bis ein Gebilde nach Art der Figg. 133 u. 134 entsteht, d. h. ein typisch mit Statoblasten besetzter Funiculus. Ich habe zuweilen 12 Stat. hintereinander gezählt (bei PI. frut.). Mit der Zeit scheint sich der Keimstock an Material zu verausgaben, wenigstens habe ich ihn bei älteren Polypiden nicht mehr so kräftig gefunden wie bei ganz jungen. Es kam nun darauf an, durch genau hergestellte Quer- und Längsschnitte einen Einblick in die histologischen Verhältnisse des Keimstocks zu gewinnen und daraus die Bildung der Statoblasten herzu- leiten. In dieser Hinsicht erwiesen sich Längsschnitte weniger geeignet als Querschnitte, da es in Folge einer leichten Drehung des Keimstocks gerade an der Stelle, wo die Abschnürung der Statoblasten be- ginnt, unmöglich ist, ihn in zwei symmetrische Hälften zu spalten. Zunächst will ich noch einige Worte über die Anfertigung meiner Präparate vorausschicken. Aus den in der Regel mit Sublimat, seltener mit Pikrin- oder Chromsäure conservirten und mit Pikrokarmin gefärbten Kolonien isolirte ich entweder einzelne Zweige durch Ablösen oder ich stellte bei fungoiden Formen mittels des Rasirmessers etwa 1 mm. dicke Schnitte durch die ganze Kolonie (möglichst sagittal auf die Polypide, senkrecht zum Podium) her. Diese wurden in Nelkenöl nach ge- eigneten Knospen durchsucht und letztere vorsichtig herauspräparirt. War das ohne Verletzung des Funiculus gelungen, so wurde das Stück mit dem Prisma gezeichnet und dann allmählich in die Ein- bettungsmasse übergeführt. Aus dem Paraffin wurde es in einer dünnen Tafel herausgeschnitten und bei intensiver Beleuchtung (Lampenlicht) unter dem Mikroskop besichtigt. An der Hand der vorher entworfenen Zeichnung konnte dann unter Beseitigung nebensächlicher Theile des Objects der Funiculus mit vollkommener Genauigkeit orientirt werden. Die auf Taf. X abgebildeten Schnitte sind alle auf diese Weise hergestellt. Man betrachte zunächst die Serie Fig. 122, welche dem Funiculus der in Fig. 119 wiedergegebenen Knospe entnommen ist. Der erste Schnitt (I) hat den Keimstock dicht an seinem Ursprung an der Cystidwand getroffen und lässt auf das deutlichste eine mittlere Zellmasse erkennen, welche von einem einschichtigen äusseren Epithel umgeben ist. Die folgenden 6 Schnitte des Präparats sind nicht wiedergegeben, sie zeigten ein all- mähliches Abschwellen der inneren Zellmasse unter gleichzeitiger Verstärkung der äusseren. In Schnitt II der Figur hat dieser Vorgang seinen Gipfel ei'reicht, die innere Masse besteht im Querschnitt nur aus 3 Zellen, während die äussere durch dichte Häufung die Lücke ausfüllt. Innner bleiben die beiden Zellsorten scharf von einander geschieden. Schnitt III lässt ein abermaliges Anschwellen des inneren Blattes erkennen, zwischen III und IV denke man sich ein Abschwellen, welches langsam zu seinem Höhepunkt — Schnitt VI — ansteigt und von diesem rascher zu einem neuen Minimum — Schnitt S3 71 E> VII — abfällt. Im IV. Schnitt haben sich au der Stelle, wo das eigentliche Lumen des Funiculus sichtbar ist (f) , einige Zellen vom äusseren Blatt abzusondern und an das innere anzulehnen be- gonnen, etwa 3 oder 4, am deutlichsten die mit bm bezeichnete Zelle. In V sind es schon 7 Zellen, und in VI übertrifft die zum äusseren Blatt gehörige Zellmasse (bra) die des innern bereits um ein Er- hebliches. Das innere Blatt ist nur am Grunde des Keimstocks völlig solid, später, vom II. Schnitt an , ordnen sich seine Elemente peripher , und im VI. zeigt sich in ihrer Mitte schon ganz deutlich ein kleines Lumen. Die vom äusseren Blatt abgegliederte Zellmasse lässt eine derartige Regelmässigkeit in ihrer Anordnung vermissen. Sie erscheint dem inneren Blatt gegenüber sehr scharf abgegrenzt, weniger scharf von den ihr benachbarten äussersten Zellen des Funiculargewebes, von denen sie manchmal nur mit Mühe zu uutei'scheiden ist Ihr Ursprung bleibt daher nirgends zweifelliaft. Der VII. Schnitt hat die Stelle getroffen, wo sich durch eine schon äusserlicli sichtbare Einschnürung (vgl. Fig. 119) der erste Statoblast von dem Keimstock ablöst. Auch hier ist sowohl das innere Blatt , als die vom äussern heranwuchernde Zellgruppe (bm) vorhanden. Der folgende Schnitt, Nr. VIII, geht nun durch die Mitte des Statoblasten selbst, des einzigen, welcher von vorn herein als solcher zu kennen war. Er zeigt fast dieselbe Ausbildung wie der VI. Schnitt, nur ist das innere Blatt etwas umfangreicher, sein Lumen etwas grösser geworden. Sonst bietet sich , ausser dass wir es eben mit einer vom Keimstock scharf abgesetzten Anschwellung zu thun haben, durchaus nichts Neues. Und hier stehen wir bereits auf einem Punkte , wo uns die Beobachtungen Nitsches hülfreich entgegenkommen. Nitsche sah , dass sich vom Keimstock „kleine Klünipchen von Kernen" abschnürten, und dass jedes derselben einen Stato- blasten darstellte. „Ein jeder dieser jungen Statoblasten zerfällt nun in zwei Hälften, ein Vorgang, der durch eine äquatorial um ihn herumlaufende Furche deutlich angezeigt wird." In der vom Funiculus abge\\'endeten Hälfte sollen sich dann „die Kerne in einer einfachen Lage an die Peripherie der- selben anlegen, wodurch eine mittlere Höhle erzeugt wird." Diese Hälfte bezeichnet Nitsche als „cysto- gene Schicht", die andre als „Bildungsmasse". Ist diese Benennung auch keine ganz treffende, wie sie denn auf einer unvollkommenen Erkenntnis der spätem Entwickelung beruht , so will ich sie doch fürs Erste beibehalten und nur erwähnen , dass die cystogene Hälfte nicht , wie Nitsche annahm , allein die Chitinschale, sondern auch — nach Reinhard — das Ectoderm der künftigen Kolonie liefert, welche im Uebrigen von der Bildungsmasse erzeugt wird. Der cystogenen Hälfte entspricht nun auf das genaueste derjenige Theil des Statoblasten, den wir in Fig. 122, VIII aus dem inneren Blatte des Keimstocks her- vorgehen sahen. Die Bildungsmasse Avird durch den vom äusseren Blatt abgegliederten Zellcomplex (bm) repräsentirt. Im Gegensatz zu Nitsche finden wir beide von Hause aus getrennt, so dass von einem secundären Zerfall der einheitlichen Statoblastenanlage nicht die Rede sein kann. Auch be- steht diese nicht bloss aus einem Aggregat von Kernen mit spärlichem Protoplasma zwischenein, sondern überall aus deutlichen, embryonalen Zellen. Woher die Bildungsmasse stammt, ist nicht zweifelhaft. Sie spaltet sich nach und nach vom äusseren Blatte des Keimstocks ab, und dieses wird augenscheinlich vom Funicularepithel selbst, also vom äusseren Knospenblatt gebildet. In Fig. 122, IX ist der Funiculus in der Nähe des Magens, jenseits des ersten Statoblasten getroffen. In seinem Lumen ist weder von der homogenen Membran, noch von Muskelfasern etwas bemerkbar, sie sind beide noch nicht zur Anlage gelangt. Dieses von Mesodermzellen umgebene Lumen (f) lässt sich nach abwärts bis tief in den Keimstock hinein (Schnitt IV) verfolgen, noch im IL Schnitt markirt sich bei f die Stelle des Funi- *3 72 Ei culai'stranges , und man sieht dessen Zellen ganz allmählich und ohne irgend eine Unterbrechung in das äussere Blatt des Keimstocks übergehen. Ist die Bildungsmasse mithin ein Product des äusseren Knospen- blatts, so ist doch die Bedeutung der cystogeuen Hälfte noch keineswegs aufgeklärt. Dieselbe erscheint als das verdickte obere Ende des vom inneren Blatt des Keimstocks gebildeten Schlauches, d e r aber tritt von Anfang an in so scharfer Trennung vom Funiculargewebe auf, dass seine Zugehörigkeit zu dem letzteren mindestens fraglich bleibt. Eine sichere Auskunft über seine Abstammung gaben die vor- liegenden Schnitte jedenfalls niclit. Uebrigens aber erkennt man, dass im Keimstock schon vor dem Abschnürungspunkte des Stato- blasten (Fig. 122, VII) eine sehr deutliche Regionenbildung stattfindet, so wenig dieselbe auch äusserlieh (Fig. 119) offenbar war. Dem Statoblasten zunächst liegt im Keimstock eine Anschwellung, welche den VI., V., IV. Schnitt umfasst und zwischen dem III. und IV. einerseits und mit dem VII. andererseits endigt. Der cystogene Schlauch hat sich erweitert , und vom Funicularstrange her (f ) sind die Zellen der Bildungsmasse näher an ihn herangetreten, unter merklicher Abspaltung vom Muttergewebe. Wir werden nicht irren, wenn wir hierin die beginnende Entwickeluug des zweiten Statoblasten zu erkennen meinen. Ja, wir können vielleicht noch weiter gehen. Der III. Schnitt bezeichnet abermals eine leichte Verdickung im cystogenen Theil, der bis zum II. Schnitt wieder abschwillt, um von da gegen die Basis des Keimstocks stetig zuzunelimen. Eine Bildungsmasse ist hier noch nicht zu Tage getreten , obwohl die Wucherung des Funicixlarepithels im IL Schnitt auf ihre Entstehung schon hindeutet. Wir dürfen vermuthen, dass dies die Region eines dritten Statoblasten ist, der mit der Zeit in das Stadium des zweitea rücken und dann wie der erste vom Keimstock sich absetzen und endlich völlig loslösen wird. Um nicht auf einen einzigen Fall l)eschränkt zu bleiben, bilde ich noch in Fig. 123 fünf Schnitte aus einer anderen Serie ab, die einem etwas jüngeren Keimstock (etwa wie Fig. 118) entnommen ist. Der I. Schnitt trifft den Funiculus ein wenig über der Basis, die cystogenen Zellen sind bereits peripher geox'dnet. Die nächsten 2 Schnitte sind nicht gezeichnet, sie boten nichts Eigenthümliches, zeigten auch keine Einschnürung des inneren Blattes. Der folgende Schnitt, Nr. II, lässt 5 Zellen als zur Bildungs- masse gehörig hervortreten. Dann fehlen in der Figur 5 Schnitte, die im Wesentlichen die gleichen Verhältnisse zur Schau trugen, ausserdem aber zu Nr. III überleiteten, wo wir den cystogenen Theil er- heblich verkleinert, die Zellen der Bildungsmasse geschwunden sehen. Letztere tauchen bereits im folgenden Schnitt, Nr. IV, wieder auf, 2 an der Zahl. Etwas weiter, im V. Schnitt, sind es schon mehr. Diese Vermehrung schreitet Hand in Hand mit einer Anschwellung des cj^stogenen Schlauches auch ferner- hin fort, dann fallen beide von ihrem Gipfel rasch ab, und nur der einfaclie Funicularstrang bleibt übrig. Wir finden hier also den Keimstock äusserlieh noch ganz ungetheilt. Der III. Schnitt aber bezeichnet eine Einschnürung des cystogenen Bündels und eine Unterbrechung der Bildungsmasse, so dass wir in ihm die Stelle erkennen können, wo sich der erste Statoblast in Zukunft ablösen wird. Auch die Bildung des nächsten Statoblasten ist durch die Häufung der Mesodermzellen im IL Schnitt (bei bm) bereits angedeutet. Später, wenn die Statoblasten in grösserer Anzahl entwickelt sind, erscheint der Keimstock nicht mehr so massig wie früher. Der cystogene Strang besitzt dann im Querschnitt oft nur eine einzige Zelle : Fig. 124, II — IV; Fig. 125, I. Dies ist namentHch an seiner Basis der Fall, weiter aufwärts häuft sich das Material, und der einfache Strang wird zum Schlauch. Aehnliches findet sich aber auch bei ganz jungen Funiculis, die nocli keine Spur von Statoblastenbildung erkennen lassen: So ist in dem Längs- — ö 73 £i schnitt Tat'. XI, Fig. 131 der cystogene Theil überhaupt nur dm-cli eine einzige Zelheihe vertreten, deren Glieder offenbar erst durch rege Vermehrung die Anlage von Statobhisten begründen können. Dabei wäre es immerhin möglich , dass jeder dieser Zellen die cystogene Hälfte eines ganzen Statoblasten entspräche, — beweisen lässt es sich nicht einmal für den vorliegenden Fall. Viel weniger kann es zum allgemeinen Gesetz erhoben werden, denn eine Gruppirung wie in Fig. 131, entbehrt — auch als Uebergangsstadium — jeder generellen Bedeutung. Sie ist nichts als eine gelegentliche Erscheinung, eine der Gestalten, welche der Keimstock mehr nach Massgabe äusserer Umstände , als auf Grund einer constanten ent- wickelungsgeschichtlichen Nothwendigkcit annimmt. Wir werden im Folgenden sehen, dass die Füll- masse des Keimstocks meistens von Anfang an einen mehrzelligen Querschnitt hat. Um ein endgültiges Urtheil über die Natur der Statoblasten fällen zu können , müssen wir die Frage nach dem Ursprung der cystogenen Zellen zur sichern Entscheidung bringen. Vorläufig steht uns dafür noch immer kein positiver Beweis zu Gebote, so sehr uns auch die theoretische Lösung durch die Thatsachen erleiclitert wird. Erwägt man, dass eine so deutlich ausgeprägte Trennung des Keim- stocks in zwei Blätter nicht wohl begreiflich wäre, wenn beide dem nämlichen Knospenblatt angehörten, und dass die Leistungen des inneren, cystogenen Blattes des Keimstocks aufs genaueste denen des inneren Knospenblattes entsprechen, die beide — das eine im Statoblasten, dtis andere in der fertigen Kolonie — zur Bildung des Ectoderms und zur Abscheidung der Chitinhülle dienen, so lässt sich die Ver- muthung nicht abweisen, dass der Keimstock eiuem Ueber tritt von Zellen des inneren Knospen- b 1 a 1 1 s in den F u n i c u 1 u s seinen Ursprung verdanke. Ueber die Richtigkeit dieser Folgerung mussteu Längsschnitte durch den Funiculus Auskunft geben. Indessen zeigte es sich, dass dieselbe nicht so leicht zu erlangen war, wie ich gedacht hatte. Bei ausgewachsenen Thieren fand ich den Keimstock völlig abgeschlossen, das innere Blatt war vom Ectoderm der Leibeswand durch eine wohl entwickelte Tunica muscularis getrennt. Dasselbe galt auch für Knospen, die etwa die Stufe der Fig. 119 erreicht hatten (vgl. den Schnitt Fig. 132). Ja sogar noch jüngere Stadien (Fig. 131) erwiesen sich in dieser Beziehung als unzulänglich, da die cystogene Masse sich hier durch eine sehr deutliche Grenzlinie, wenn auch durch keine Muskelschicht, vom Ecto- derm abhob. Erst als ich auf ganz primitive Bildungen zurückgriff, hatten meine Bemühungen den ge- wünschten Erfolg. Die Figg. 120 u. 121 sind einer Serie von Sagittalschnitten entnommen, welche durch die in Fig. 116 u. 117 abgebildeten Knospen gelegt wurden. Die Knospen selbst (K) sind nur seitlich getroffen, der Funiculus wird an seiner Ursprungsstelle halbirt. In Fig. 120 sieht man bei a eine Zelle des aus dem Hals der Knospe hervorgegangenen ectodermalen Epithels mit einem langen Ausläufer in den Funiculus hineinragen, der grosse Kern liegt genau auf der Grenze. Dicht daneben, ganz in der Tiefe des Epithels, hat sich eine andere Zelle (/?) auf das innigste an die cystogene Masse des Keimstocks angelehnt, während sie im Uebrigen noch eine neutrale Stellung einnimmt. Hier zeigt es sich nun so klar wie möglich, dass das innere Blatt des Keimstocks in der That mit dem inneren Blatt der Knospe identisch ist, und dass dieses letztere, indem es sich anschickt, in die Bildung des Inte- guments einzugehen, zu einem Theil auch in den Funiculus übertritt.*) In Fig. 120 ist derselbe an *) In Nr. 299 des Zool. Anz. v. J. 1889 habe ich angegeben, dass ich an Stöcken von Plum. repens, die im Juni 1888 gesammelt" waren, „auch auf Schnitten nahezu fertiger Polypide die Einwanderung zu Gesicht bekam." Dies muss ich wideiTufen. Die genauere Untersuchung des betreffenden Falles hat gezeigt, dass eine Täuschung vorlag. Bibliotheca zoologica. Heft VI. ]^0 i3 74 £> seinem Ursprung schon ganz von cystogenen Zellen erfüllt, und eben dadurch ist jene keulenförmige Auftreibung veranlasst worden, welche in der Totalansicht Fig. 116 zu bemerken M'ar. Fig. 121 ist fast das nämliche Stadium. Einen kleinen Fortschritt bekundet die stärkere Entwickelung des cystogenen Theils, dessen Material bereits vollzählig eingewandert erscheint, obwold die letzte Zelle noch mit rund- lichem Contour in das ectodermale Integument liineinragt. In der Umgebung des Keimstocks ist die Muskelschicht schon deutlich zur Anlage gelangt. Ein Gebilde dieser Art geht nun durch einfache Zellvermehrung in die Formen der Figg. 118 u. 119 über, die wir bereits des näheren kennen gelernt haben. Die Zahl und Ordnung der einge- wanderten Zellen ist bis zu einem gewissen Gi'ade variabel, wahrscheinlich üben dabei die Jahreszeit und das Alter der Kolonie einen Einfluss. Die oben besprochene Fig. 131 hat daher, insofern sie vom sonstigen Typus des Keimstocks abweicht, nur den Werth einer gelegentUchen Bildung, nicht den einer bestimmten Entwickelungsstufe. Wenn übrigens die Anlage des Keimstocks auf eine „Einwanderung" zurückgeführt wird, so ist das nicht so zu verstehen, als ob die Zellen des inneren Knospenblatts thatsächlich in einen schon vorher fertig gestellten Theil des Funiculus Eingang fänden. Vielmehr bleibt der durch Abschnürung vom äusseren Knospenblatt entstandene, mesodermale Funicularstraug nach wie vor einschichtig. Er wird nur an seinem Ursprung in der Weise verlängert, dass von der Oralseite des Knospenhalses her die Zellen des äusseren Blatts fortgesetzt zu seiner Bildung beitragen, wobei sich denn gleichzeitig auch die des inneren Blattes betheiligen. Der Keimstock entsteht also gewissermassen durch Knospung, beide Blätter der Mutterknospe treten in Form einer zapfenförniigen Wucherung gegen den Ursprung des Funiculus vor und fülireu auf diese Weise zu einer directen Verlängerung desselben. Da nun der Keimstock das Material für die Ötatoblasteu liefert und diese also auf beide Blätter der Knospe zurückgehen, so ist die ihnen von Ailman gegebene Bezeichnung als „Dauerknospen" gerechtfertigt. Ehe ich auf die weitere Entwickelung der Statoblasten eingehe, will ich die etwas abweichenden Verhältnisse ihrer ersten Anlage bei Cristatella zu schildern suchen. Der Funiculus steht hier zur zweiten Tochterknospe, die wir auch als Medianknospe bezeichnet haben, in einer ähnlichen Beziehung wie bei Pliimatella zur ersten, indem- beide zwischen seinem Ur- sprung und der Hauptknospe, am Halse derselben, zur Bildung gelangen. Die erste Tochterknospe (B) entsteht bei Cristatella früher als der Funiculus, der anfangs liinter ihr (Taf. VIII, Fig. 97), dann daneben entspringt (Taf. VII, Fig. 89 ; der Fun. verläuft in der Richtung des Pfeiles aufwärts) und im Laufe der Zeit immer weiter nach vorn rückt (Taf. VI, Fig. 82 ; Taf. III, Fig. 46). Der Keimstock entwickelt sich bald nachdem das Stadium der Fig. 89 erreicht ist, etwa wenn die Mediaukuosjie äusserlich eben sichtbar hervoi'tritt. Von dem dem inneren Blatt der Hauptknospe entstammenden ZeJlcomplex , welcher zum grössten Theil in die Tochterknospen übergeht, spaltet sich eine dicht vor der Medianl^nospe (Fig. 90, B') gelegene Zell- gruppe ab und wird in den Funiculus aufgenommen, wo sie die iimere, cystogene Masse des Keimstocka bildet. In Fig. 90 — 92 sind diejenigen Schnitte wiedergegeben, welche diesen Process am besten er- kennen Hessen. Ueberall sind embryonale Zellen des inneren Knospenblatts aus dem Gebiete des Ecto- derms ohne Unterbrechung bis tief in den Fimiculus hinein zu verfolgen, in Fig. 92 ganz deutlich bis zu der Stelle, wo die Bildung des ersten Statoblasten (I) begonnen hat. <3 7o E> Der Statoblast erscheint liier als vordere Anschwellung der cystogenen Masse des Keimstocks. In dieser Verdickung sind die Kerne bereits peripher angeordnet, was schon auf die künftige Gruppirung der Zellen hindeutet. In Fig. 94 hat sich die cystogene Hälfte des Statoblasten in Form einer Kugel, deren Centrum ein kleines Lumen zeigt, isolirt. An die der Leibeswand abgekehrte vSeite der Kugel ist das mesodermale Epithel des Funiculus herangewuchert und hat so die Anlage der Bildungsmasse (bm) be- gründet. Hiebei macht sich gegenüber Pliiviatella der Unterschied geltend, dass die Grenzfläche zwischen den beiden Theilen des Statoblasten senkrecht zur Axe des Funiculus gerichtet ist, während sie derselben dort parallel lief (s. Fig. 132 u. 133). Da diese Fläche die Abplattung des ausgebildeten Statoblasten be- zeichnet, so folgt, dass die verschiedene Form der Statoblasten von Plumatella und Cristatella durch diese ver- schiedene Orieutirung bedingt ist. Denkt man sich den Statoblasten bei Cristatella zu einer senkrecht auf den Funiculus gerichteten Scheibe ausgedehnt, so walten für den Rand der Scheibe überall die gleichen Verhältnisse: die Scheibe wird eine kreisförmige Begrenzung erhalten. Bei Plumatella da- gegen liegt diese Scheibe dem Funiculus parallel, und sie hat es nun leichter, sich in der Längsrichtung desselben, als senkrecht dazu zu erweitern: In Folge dessen nimmt sie einen mehr oder weniger ellip- tischen Contour an, ihr grösster Durchmesser fällt mit der Axe des Funiculus zusammen, und bei Lophopus sind durch dei-en Verlauf sogar die beiden scharf ausgezogenen Spitzen des Schwimmrings bedingt worden. Am Grunde des Keimstocks ist in Fig. 94 bei cg eine Gruppe von cystogenen Zellen sichtbar, welche sich deutlich von ihrer Umgebung abhebt. Ohne Zweifel sind auch noch die folgenden Elemente der mittleren Zellreihe cg' desselben Ursprungs, wie weit sie aber an den Statoblasten heranreichen, war im Längsschnitt nicht mit Sicherheit zu entscheiden. Niemals ist der Keimstock bei Cristatella so massig entwickelt wie bei den Phimatellen , doch finden sich in ihm stets einige central und verhältnismässig isolirt gelegene Zellen, welche als cystogene Elemente zu deuten sind. — In Fig. 93 hat sich der Stato- blast ein wenig vergrössert, wesentliche Veränderungen sind nicht zu Tage getreten. — In Fig. 95 ist die cystogene Hälfte durch die Bildungsmasse comprimirt und senkrecht auf die Funicularaxe abgeflacht worden. Das nämliche ist in Fig. 96 der Fall. In beiden Figuren hat sich die Bildungsmasse scharf von den äussersten, platten Epithelzellen abgesetzt. Dass ich weder bei Cristatella noch bei Plumatella im Bereich des Funiculus Zellen entdecken konnte, welche durch Form oder Grösse vor den übrigen besonders ausgezeichnet und etwa für Eizellen zu halten gewesen wären, brauche ich wohl kaum noch ausdrücklich hervorzuheben. Auch solche Bildungen , wie sie Verworn in seiner Fig. 37 dargestellt hat *), habe ich nicht gesehen. Au und für sich könnten dieselben mir nur willkommen sein. Ich würde aber die Zellen, welche nach Verworn den ganzen Statoblasten liefern, ausschliesslich für die cystogene Hälfte in Anspruch zu nehmen haben, und so ist auch nach meiner Ueberzeugung die angebliche Morula in Fig. 38 u. 39 nichts als die cystogene Kugel, wie sie von mir etwa in Fig. 93 wiedergegeben wurde. Dabei ist die Verdickung des mesodermalen Funiculargewebes , von der die Bildungsmasse ihre Entstehung nimmt, in der Zeich- nung Verworns ganz gut zu erkennen, und wenn diese Stadien an Schnitten untersucht wäi-en, so würde wohl schon in Fig. 39 eine Trennung des inneren Zellcomplexes von den peripheren Elementen der *) Zschr. f. wiss. Zool. 1888. 10* <3 76 ö Verdickung hervorgetreten sein. Diese Trennung ist in Fig. 40 ohne Zweifel pcrfect geworden, die Bildungsmasse hat sich eng an die cystogene Hälfte angeschlossen, und beide zusammen repräsentiren den Statoblasten , dessen Doppelnatur Vcrworn aber übersehen hat. In Folge dessen vergleicht er nun die cystogene + Bildungsmasse in Fig. 40 der cystogenen in Fig. 39, und da sich ihm später, Fig. 42, die Zweitheiligkeit des Statoblasten herausstellt, so führt er dieselbe ähnlicli wie Nitsche auf eine secun- däre Klüftung der ursprünglichen Anlage, seiner „Morula", zurück. Auch bei Fredericella werden die Statoblasten durch Abschnüruug von einem zweischichtigen Keimstock (Taf. III, Fig. 43, st) gebildet. In der Regel finden sich ihrer nur zwei, daher denn die Di- mensionen des Keinistocks verhältnismässig geringe sind. Die Entwickelung verläuft ganz wie bei Plumatella. Fig. 129 u. 130, Taf. XI, stellen jugendliche Stato})lasten im Querschnitt dar-, in Fig. 130 sieht man, dass sich die cystogene Hälfte eng an das lutegument augelehnt hat, wie es auch bei den schwimmringlosen »Statoblasten der Plumatellen der Fall ist. — Die weitere Entwickelung der Statoblasten darf ich nach dem, was Nitsche für Alcyonella, Ver- worn für Cristatella beobachtet hat , im Allgemeinen als bekannt voraussetzen. Die cystogene Hälfte wird zu einer flachen, zweiblättrigen Scheibe zusammengedrückt (Taf. XI, Fig. 135), welche die Bildungs- masse umwächst und völlig einschliesst. Das äussere Blatt der Scheibe sondert nach innen die Chitin- schale ab (ch) , ein Tlieil seiner Zellen difFcrcuzirt den Schwimnu'ing , beim festgeliefteten Statoblasten die Kittmasse. Das innere Blatt , dem die Schale unmittelbar aufliegt , umhüllt die Bildungsmasse und stellt mit dieser zusannneu den Inhalt des Statoblasten dar, aus dem der Körper der jungen Kolonie hervorgeht. Die Zellen der Bildungsmasse nehmen, wie Nitsche gezeigt hat, allmählich die Gestalt von Spindeln an, deren Längsaxe „ziemlich senkrecht gegen die Peripherie gerichtet ist". Alsdann sollen die Kerne verschwinden und der Zellinhalt in lauter kleine, stark lichtbrechende Körner sich umwandeln. Nach Verworn hätten die Kerne direct das Material für die Körner zu liefern. Ich halte beide Darstellungen für unriclitig. Die Körnchen (Fig. 135 — 14U, dkl, die sich als Dotterelemente zu erkennen geben, ent- stehen im Protoplasma tischen Tlieil der Zelle, ohne dass eine Mitwirkung des Kerns nachweisbar wäi'c. Der Kern (mk) bleibt überall wohl erhalten, nur wird es wegen des Widerstandes, den die Dottermasse dem Farbstoff entgegensetzt, immer schwici-iger, ilin deutlich zur Anschauiuig zu bringen. Die Miss- erfolge , welche ich anfangs in dieser Richtung zu verzeichnen hatte , Hessen auch mich eine Zeit laug an sein Verschwinden glauben. Durch fernere, mit mehr Sorgfjilt angestellte Versuche gelang es in- dessen, ihn auf allen Stadien mit völliger Klarheit nnclizuweisen und in unveränderter, typischer Form aufzudecken. Die ursprünglichen Zellgreuzen, die auf den Figg. 135^ — 137 noch überall deutlich sind, gehen später verloren, so dass die Dottermasse des fertigen Statoblasten nur aus den von protoplasma- tischer Flüssigkeit umgebenen Körnchen und zwischenein zerstreuten Kernen besteht (Fig. 138 u. 139). Die Dotterentwickelung scheint aber nicht in allen Zellen der Bildungsmasse , wenigstens nicht in allen gleichmässig , zu erfolgen. Einige der dem inneren Blatt der cystogenen Hälfte anliegenden Zellen (Fig. 135, nik') bleiben unverändert, man findet sie am Rande überall in den zwischen den Dottersäckchen auftretenden Lücken. Auch da, wo die Bildungsmasse an das Epithel des Funiculus grenzt, erhalten sich solche Zellen (mk")- Hier sind sie auch von Nitsche bemerkt und richtig gedeutet worden. Mir schien es, als ob der grössere Theil der letzt erwähnten vom Statoblasten ausgeschlossen bleibt, während der andere jene Zellen liefert, welche dem inneren Blatt der cystogenen Hälfte sicii anschmiegen. . *3 77 54^ Dass dieses innere Blatt keineswegs aufgelöst wird, sondern bei der Embryonalentwickelung eine -wichtige Rolle spielt, hat Reinhard bekannt gemacht. Das Blatt ist am kräftigsten in der Nähe dea Randes der cystogenen Scheibe, da, wo seine Zellen durch Theilung die Fläche fortführen (Fig. 135). In den altern Partien gewinnt es die Form eines einfachen , platten Epitliels, und so tritt es uns auch im definitiven Statoblasten entgegen (Fig. 138, ec). Bei Cristatella sind seine Zellen höher und meist cylindrisch (Fig. 140, ec). Hier sind auch die anliegenden Zellen der Bildungsmasse weit zahlreicher als bei Fredericella und Plumatella, sie formiren eine zweite , nur hie und da unter bi'ochene Epithelachicht, durch welche die erste grossentheils von der Dottermasse gescliieden wird. Wie Nitsche angab, wird oft ein beträchtlicher Theil des Bildungsmaterials durch den immer weiter nach dem Centrum vorrückenden Rand der cystogenen Platte abgeschnürt und als überschüssiger Rest verworfen. Dieses in der Tliat häufige Missverhältnis im Volumen der beiden wesentlichsten Theile •des Statoblasten dürfte an und für sich schon gegen die Deutung als Eier in die Wagschale fallen. Die Schaleubildung beginnt, wenn der Statoblast nahezu seinen vollen Umfang erreicht hat, un- gefähr auf dem Stadium Fig. 135. Man kann in ihr zwei Perioden auseinanderhalten, die Periode des Discus und die Periode des Schwimmrings. Indem die cystogene Hälfte um die Bildungsmasse hei'um- wächst, lagei't das äussere , eigentlich schalenbildende Blatt direct auf das innere eine Chitinschicht ab (Fig. 135, ch; Fig. 13S — 140, d), wclciie natürlich an der Seite, von der die Umwachsung ausgeht, viel früher vollendet ist, als an der andern. An der Peripherie der Statoblastenfläche, wo die seceruirenden Zellen gegen einander umbiegen, entstellt im Chitin eine auch späterhin sichtbare Demarcationslinie (Fig. 138, bei *), welche den Discus in zwei uhrglasförmige Schalen trennt. Dieselben sind mit ihren äussersten Rändern nur verklebt, nicht völlig verschmolzen, und ihre Verbindung löst sich, wenn durch die im Innern vor sich gehende Keimung ein hinreichend starker Druck auf die Wände ausgeübt wird. Die eine, welche der Seite angehört, die von der cystogenen Platte ursprünglich allein bedeckt war, erscheint als die flachere und muss nach der Stellung, welche der frei schwimmende Statoblast im Wasser einnimmt, als obere bezeichnet werden. Ist nun der Discus bis auf das in der unteren Schale befindliche Loch vollendet, so beginnen in der von Nitsche geschilderten Weise die Matrixzellen des Randes von ihm abzugleiten und über die Kante der beiden Schalen hinaus vorzudringen. Sie fussen dann nicht mehr am Discus, sondern unmittelbar auf einander. Wenn man sich in Fig. 138 die Blasen des Schwimmrings von Zellen erfüllt denkt, so wird man einen richtigen Begriff von ihrer Stellung erhalten. Während dieser Verschiebungen scheint die Chitinabsonderung auf kurze Zeit unterdrückt zu werden, nur im Umkreise der unteren Oeffnung besteht sie fort. Sie beginnt aber wieder in ihrer früheren Ausdehnung, wenn die Umordnung vollzogen ist. Die über den Rand des Discus hinaus- geschobenen Zellen, sowie auch die nächstbeiiachbarten am Rande selbst, differenziren den Schwimmring, indem die Secretion nicht nur an der Basis vor sich geht, sondern die Gesamtoberfläche der einzelnen Zelle ergreift, an der sie von unten nach oben vorschreitet (Fig. 138, in der Richtung der Pfeile). Auf diese Weise wird ein vollständiger Chitinabguss jeder Zelle hergestellt, die darin eingemauert wird und spurlos verschwindet. So hat auch Verworn den Hergang bei Cristatella geschildert. Nach Nitsche da- gegen sollen sich die Zellen des Schwimmrings zuletzt aus den noch offenen Chitinbechern herausziehen und dann erst den völligen Verschluss derselben bewii'ken. Aehnliche Bilder wie Nitsches Figg. 40 u. i3 78 ES 43*) habe ich freilich auch gesehen, doch zweifle ich an der Richtigkeit seiner Deutung, zumal die be- treffenden Schnitte mich im Unklaren Hessen, inwieweit hier durch die Behandlung ein entstellender Einfluss geübt sein mochte. In anderen Fällen habe ich in den schon Aöllig geschlossenen Gehäusea noch ganz deutliche Kerne, umgeben von lockerem , im Zerfall begriffenem Plasma, erkennen können. — Zuerst werden diejenigen Kammern vollendet, welche am weitesten auf den Discus hinaufreichen (Fig. 138, s). Dadurch werden die Zellen des Schwimmrings vollständig von der Matrix der Schale ab- geschnitten und diese dergestalt isolirt, dass sie der obern und untern Statoblastenfläche in Form zweier rundlicher, unzusammenhängender Kappen anliegt. Die beiden Kappen beginnen sich aber an ihrer Peripherie auszudehnen iind über den Schwimmring fort zu erstrecken, so dass sie schliesslich an seinem äussersten Rande (s') wieder zusammentreffen und abermals eine continuirliche Matrix um den ganzen Statoblasten herstellen. Av;f diese Weise kommt, wie ich glaube, Nitsches Fig. 42 zu Stande. Man könnte von hier allenfalls eine dritte Periode der Schalenbildung datiren. Indem auch die vorgeschobenen Zellen eine Chitinschicht (w') absondern, wird die Oberfläche des Schwimmrings noch etwas verdickt; man sieht zuweilen auf Schnitten das Chitinhäutchen, welches der Zelle des Schwimmrings angehört, von der darauf abgelagerten äussern Lamelle durch eine feine Grenzlinie geschieden (Fig. 138). Auf der freien Fläche des Discus wird eine Schicht (Fig. 138 u. 140, w) erzeugt, welche zuletzt ein den Zell- grenzen der Matrix entsprechendes Gepräge erhält, wobei in der Mitte der Basis der secernii-enden Zelle ein kleiner Buckel entsteht (Nitsche). Der letztere fehlt bei Cristatella, dafür sondern die Zellen hier überall, selbst auf dem Schwimmring, ein System von Chitinbechern ab (Verworn), deren Wände in Fig. 140 und auf Taf. XIII u. XIV sichtbar sind. Die Grenze zwischen dem eigentlichen Discus und der äusseren Schicht ist namentlich bei den Plumatellen sehr deutlich, aber auch bei Cristatella ge- legentlich wahrnehmliar. Ich sprach bereits die Vermuthuug aus, dass durch die der Schwimmring- bildung voraufgehende Verschiebung die Chitinentwickelung unterbrochen würde. Dazu passt die Be- obachtung Kraepelins, dass beim Kochen in Kalilauge die Schale in zwei concentrische Blätter zerfällt, ein inneres und ein äusseres, welchem letzteren auch der Schwimmring sich beigesellt. Im basalen Tlieil der Kammern des Schwimmrings erscheinen bei allen Plumatellen helle Punkte (Taf. XIV, Fig. 166 u. 167), welche sich bei starker Vergrösserung als feine, von einem Wall umgebene Poren der seitlichen Kammerwände darstellen (Taf. XI, Fig. 138 u. 139, p). In jeder Wand befindet sich eine OefFnung, so dass die Hohlräume der sechsseitig prismatischen Kammern durch je sechs Poren mit den Nachbarzellen in Verbindung stehen. Ueber die Entstehung und den Zweck der Poren weiss ich nichts zu berichten. Bei Cristatella habe ich sie nicht auffinden können. Bei allen Formen reicht der zur oberen Schalenhälfte gehörige Theil des Schwimmrings erheblich weiter auf den Discus hei-auf als der untere Theil. Aus dieser Einrichtung, sowie aus dem Umstände, dass die obere Schale flacher ist, folgt , dass der Statoblast beim Schwimmen eine ganz bestimmte Lage einnimmt: Die flache Schale ist nach oben gekehrt, die Mitte der unteren, wo der Verschluss eintrat, bezeichnet den tiefsten Punkt des Statoblasten. Die ungleiche Entwickelung der beiden Theile des Schwimmrings erreicht ihr Extrem bei Crista- tella, wo sie eine ebenso merkwürdige als zweckmässige Modification erfährt. Auch hier wird die *) Arch. f. An. u. Phys. 1868. ö 79 & Schwimminugbildung durch eine Verschiebung des cystogenen Blattes über den Rand des Discus hinaus eingeleitet (Schema I). Dabei erlangen aber die von der oberen Schale herkommenden Zellen über die der unteren so sehr das Uebergewicht, dass sie dieselben zu einer Falte einbiegen (II, III, f). Diese IV.Cr. YPl. ^Falte" trägt also ilu'en Namen mit vollem Hecht und entsteht nicht, wie Verworn meint*), durch Spaltung einer lU'sprünglich einfachen Zellreihe. Sie vertieft sich um so mehr, je weiter die oberen Zellen (s) vordringen. Die letzteren sind es , welche den Schwimmring bilden , indem sie zunächst an ihrer Basis, dann weiter hinauf an der ganzen Oberfläche eine Chitinhülle absondern. Der so entstandene Schwimmring entspricht aber keineswegs dem vom Pluviatella, er stellt vielmehr nur die obere, grössere Hälfte desselben dar (vgl. IV, V, s). Die Zellen, welche bei Flumatella die untere Hälfte bilden, werden bei Cristatella durch das äussere, im Schema I — III durch s' bezeichnete Blatt der Falte f vertreten. Sie bleiben einstweilen völlig unthätig, erst wenn der Schwimmi'ing nahezu vollendet ist, scheiden auch sie eine feine Chitiiilamelle auf die Basis der sie begrenzenden Kammern ab. Diese Lamelle ist also homolog dem unteren Theil des Scliwimnirings von Plumatella. Wie dort die beiden Hälften des Schwimm- rings einander nur aufgelagert sind, so ist es hier mit dem Schwimmring und der Lamelle der Fall. Während aber dort zur Zeit, wo der Statoblast aufbricht und der Discus sich spaltet (V, bei *), die Ver- bindung des Schwimmrings mit einem Schlage gelöst wird , hebt sicli bei Cristatella das Häutchen nur ganz allmählich von seinem Lager ab (Taf. XIV, Fig. 157 u. 158) und bewahrt den Embryo noch vollständig vor äusseren Einflüssen. Das währt so lange, bis die Lamelle ganz gestreckt und straff ausgespannt ist (IV). Die unteren Dornen (ud) sind alsdann so gestellt, dass sie zum Schutz der Lamelle vortrefflich geeignet sind, und offenbar findet hierin ihre Aufwärtskrümmuug die beste Erklärung. Das älteste Polypid ist um diese Zeit bereits so weit entwickelt, dass es zur Nahrungsaufnahme fjihig und in unmittelbare Be- rührung mit der Aussenwelt zu treten bereit ist. Die Membran vermag dem Wachsthum der jungen Kolonie nicht mehr Stand zu halten, sie reisst an der Stelle, wo sie in den Schwimmring der oberen Schalenhälfte übergeht (IV, bei X), ab und eröffnet dadurch der Kolonie den Weg ins Freie. Mit der unteren Schale bleibt sie in Zusammenhang. Der Embryo verweilt noch einige Tage unter dem Schutz der Schalen, bis er dieselben, meist kurz bevor er sich festsetzt, von sich wirft. Ausserdem erfährt der Schwimmring bei Cristatella dadurch eine Complication, dass seine Zellen sich mannigfach häufen und gegeneinanderschieben. Schon im Schema II u. III zeigt eich, dass die am ■weitesten überragenden Zellen den höher stehenden in ähnlicher Weise gegenübertreten , wie der unter *) Zschr. f. wiss. Zool. 1888, S. 126. ^ 80 E> und obere Theil des Schwimmrings bei Plumatella. Auf Tangential- und Flächenschnitten (VI u. VII> erkennt man ferner, dass der Schwimmring namentlich in seinem oberen Theil wellige Falten schlägt^. welche auch auf die Fonn seines äussern Contours ihren Einfluss üben.^ Insbesondere wird dadiirch die Zahl der Luftkammern ausserordent- lich vermehrt, und dies erscheint nothwendig, wenn man bedenkt, dass ein einfacher Zellkranz niclit im Stande sein würde, den voluminösen Statoblasten über Wasser zu halten. Bei den angehefteten Statoblasten der Flumatellen unterbleibt die Bildung des Schwimmrings, der nur zuweilen angedeutet er- scheint. Indessen findet auch hier eine Verschiebung der Matrix über den Rand hinaus statt, daher denn die Schale ebenfalls in zwei concentrisclie Schichten, den eigentlichen Discus und die warzige Schicht, zerlegbar ist (Nitsche). Bei Fredericella soll nach Kraepelin jede Spur einer solchen Schichtung fehlen. Es würde dem- nach nur der eigentliche Discus, d. h. der in Fig. 138 mit d bezeichnete Theil der Chitinhülle, zur An- lage gelangen, die zweite Periode würde ganz wegfallen. Mir stehen darüber keine sichei-n Erfahrungen zu Gebote, da sich aber die „primitive Ausbildung" der Statoblasten von Fredericella immer nur auf die Schale beschränken würde, so erscheint sie mir nicht bedeutsam genug, um als Stütze für weit- reichende phylogenetische Hypothesen dienen zu können. Der Keimstock, von dem sich die Statoblasten abschnüren, entwickelt sich aus dem Zellmaterial der Hauptknospe. Seine Anlage geschieht nach demselben Princip wie die der Tochterknospen, nur dass er mittels des Funicularstranges dauernd an die Mutter gebunden bleibt. Die Bildung der Statoblasten steht also in völligem Einklang mit dem Knospungsgesetz: Wie alle Knospen, so gehen auch alle Statoblasten der Kolonie auf ältere Knospenanlagen zurück, deren jede einen Theil ihres embryonaJen Materials zum Ausbau des Stockes und zur Erhaltung der Art von vom herein abgab. — Für die Production von Statoblasten scheinen in erster Linie innere Zustände in Betracht zu kommen, äussere, namentlich Temperaturverhältnisse, nur insofern, als sie die Knospung allgemein beein- flussen, sie entweder beschleunigen oder verlangsamen. Man findet in den heissesten Perioden des Sommers ebenso wie in den kältern des Herbstes Kolonien, in denen die Statoblastenbildung ihren Fort- gang nimmt, und in Fällen, wo ich die auf einem bestimmten "Gebiet angesiedelte Fauna in ihrer Ent- wickelung genau verfolgen konnte, war ich vergebens bemüht, das Auftreten der ersten Keime auf die veränderten äusseren Lebensbedingungen zurückzuführen. Im Ganzen schien es mir, als wenn bei jugend- frischen Kolonien der Ertrag an Statoblasten weniger reich wäre als später, wo die Knospung nachzu- lassen beginnt •, wie man denn wohl auf einen Antagonismus zwischen Knospung und Statoblastenbildung schliessen könnte, da das für die eine aufgewendete Material der andern entzogen wird. Indessen sind schon die beiden ersten Individuen der gescldechtlich erzeugten Kolonien von Plumatella mit deutlich entwickelten, zweischichtigen Keimstöcken versehen, und bei Kolonien, welche aus Statoblasten ent- sprangen, sah ich das Zweitälteste Individuum, sowie alle folgenden, wiederum Statoblasten hervorbringen. '-'/csZ-i. / 'S l/i K? 81 t;:! Vielleicht maclit auch das erste nicht überall eine Ausnahme. — Bei Cristatella treten die Statoblasten erst dann auf, wenn die geschlechtliche Periode vorüber ist, Ende Juli oder Anfang August. Meine Beobachtungen stimmen in diesem Punkt völlig mit denen Kraepelins überein. Ob auch im Frühjahr Keimstöcke entwickelt werden , ist mir zweifelhaft. Späterliin sind schon in ganz jungen Kolonien die Anlagen der Statoblasten bemerkbar. Da neben der ungeschlechtlichen durch Statoblasten überall auch eine geschlechtliche Fort- , pflanzung constatirt ist, so ist mit Sicherheit anzunehmen, dass keine Art sich ausschliesslich durch StatO' blasten erhält, sondern dass stets auf eine unbekannte Zahl von ungeschlechtlichen Generationen eine . geschlechtlich erzeugte folgt. In diesem Sinne kann man wohl mit Kraepelin von einem Generations. ' :. ,-a" Wechsel sprechen, doch ist die Thatsache zu berücksichtigen, dass auch die aus Eiern hervorgegangenen ' ' " Kolonien der Plumatellen von vorn herein Geschlechtsproducte erzeugen, dass also ebensowohl geschlecht* /i-r ^'re/^' liehe wie ungeschlechtliche Kolonien in mehreren Generationen einander folgen können, f"''^ y // ^ «äf-.; .^ au-f .~ Uebrigens will Kraepelin der geschlechtlichen Fortpflanzung bei CW«'«.«/ yf. deutung absprechen, indem er meint*), dass die Ei-Embryonen „in unsern Breiten Scämtlich zu Grunde z"^''''^,.'^ '^.^ gehen", und dass in Wirklichkeit nur eine Fortpflanzung durch Statoblasten stattfinde. Eine solche, theoretisch unwahrsclieiuliche Behauptung könnte doch nur durch die zwingendsten Beweise gestützt werden, und diese fehlen in unserem Falle durchaus. Schon der gerade bei Cristatella ausserordentlich grosse Aufwand von Geschlechtsproducten , für deren Erzeugung die Kolonien bis zum Juli ganz allein zur Verfügung stehen, lässt es bedenklich erscheinen, alle diese Veranstaltungen für zwecklos und gleich- sam für rudimentär zu erklären. Allerdings habe auch ich geschlechtliche Embryonen nur selten und verhältnismässig spät (1. Sept.) gefunden. Das schliesst doch aber nicht aus, dass sie möglicherweise schon früher und vielleicht häufiger vorhanden waren, da ja selbst die soi-gfältigste Beobachtung in der- artigen Fällen nie unbedingt erschöpfend sein kann. Aber abgesehen davon, so würde eine im Anfang September geborene Larve — die eben erwähnte war nahezu vollendet — noch immer Zeit haben, sich zu einer Kolonie von anselmlichen Dimensionen zu entwickeln. In dem nämlichen Jahr und an dem nämlichen Orte, wo jener Fund gemacht wurde, hielt sich die Fauna beispielsweise bis zum 28. October, also noch fast 2 Monate. In der Zwischenzeit waren stets auch kleine Kolonien zu entdecken, darunter solche, welche mit Wahrscheinlichlteit auf geschlechtliche Embryonen zurückgeführt werden konnten (Taf. IV, Fig. 60 ; der bei x gelegene Körper ist vermuthlich das Rudiment des larvälen Cystides). Am 28. October fand ich ein Stöckchen , dessen grösster Durchmesser 2 mm. betrug, und welches zahlreiche Statoblastenanlagen, eine bereits fertig, enthielt. Es liegt also kein Verdacht vor, dass die Larven vor- zeitig, ohne für Nachkommenschaft sorgen zu können, durch den Frost getödtet werden, selbst wenn fernere Untersuchungen ihre späte Entstehung lediglich bestätigen sollten. *) 1. c. S. 87. r r ' _, , I I .-^ IL- ■ Bibliotheca zoologica. Heft VI. u --ö 82 Qi — b) Die Keimung der Statoblasten. Trotz des lebliaftcn Interesses, welches die Keime der Süsswasserbryozoeu seit jeher in Anspruch nahmen, ist man betreffs der im fertigen Statoblasten sich abspielenden Embryonalentwickelung bis heute kaum über die Beobachtungen von Reaumur und Jussieu hinausgekommen, welche i. J. 1748 den jungen „Polypen" das „Ei" verlassen sahen. Man hat diesen Process wiederholt vor Augen gehabt, man hat die neu geborenen Kolonien z. Th. abgebildet, man hat namentlich die erste Anlage der Keimkörper einem eingehenden Studium unterworfen , aber es ist bisher nicht gelungen , ihre weitere Entwickelung vom Augenblick der Vollendung bis zu der Zeit, wo das neue Individuum aus ihnen hen'orgeht, zur Anschauung zu bringen. Um indessen auf jeden Fall den Verdiensten Kraepelins gerecht zu werden, rauss ich erwähnen, dass derselbe im Tageblatt der Naturforschei'versammlung zu Berlin, 1886, S. 135, angiebt, dass „im Statoblastenembryonen die Knospung der Polypide ganz ähnlich wie beim erwaclisenen Stock verläuft." Ich überlasse es dem Urtheil des Lesers, festzustellen, inwiefern dieser Satz mit den von mir aufgedeckten Thatsachen übereinstimmt, resp. deren Kenntnis voraussetzt. I. Die äussern Bedingungen für die Keimung der Statoblasten. Wo man bisher das Ausschlüpfen junger Kolonien beobachtet hat, geschah es mehr auf Grund eines günstigen Zufalls als planmässig angestellter Versuche. Um aber die Entwickelung der Embrj'onen in ihren verschiedenen Stadien verfolgen zu können, war es vor Allem nöthig, die Bedingungen zu kennen, unter denen dieselbe vor sich geht, und so musste ich zunächst der Beantwortung dieser Frage, die ja auch in biologischer Hinsicht von Bedeutung ist, mein Interesse zuwenden. /gs^ I UJ -^"^ ^- September 1886 hatte ich mehrere Statoblasten von Plumatella fungosa unter ein mit j fti^ti-^'- Wachsfüsschen versehenes Deckglas gebracht und dann dcis Präparat in der feuchten Kammer aufbe- /""/"'"'^ wahrt, um es demnächst wieder zur Untersucliung heranziehen zu können. Am 7. September fand icli ZU meiner Ueberraschung , dass die Schalen einiger Statoblasten gesprengt und die Embryonen sichtbar geworden waren. Indem ich diesen Umstand als willkommenen Wegweiser festhielt, stellte ich nun in ■, ^e ^^c- grosser Zahl ähnliche Beobachtungen an und beschränkte mich dabei nicht auf die Stateblasten der '*" ^""^ ^'* Plumatellen, sondern wählte mit Vorliebe die von Cristatella, welche mir wegen ihrer Grösse für die r^tm^s.is spätere Untersuchung besonders geeignet zu sein schienen. ie especi o/ly Su.itc.kle. b&<^<^i^ s e. <->f "'ner^ S>'yf £. ^ -itr. I ~i J Ich gebe zunächst die auf Cristatella bezüglichen Resultate. Meine Bemühungen waren anfangs von geringem Erfolg. Von zahlreichen am 12. September gefundenen und bei einer Temperatur von 18 — 22" C aufbewahrten Statoblasten gelangte nui' ein einziger zur Entwickelung, die übrigen verharrten trotz monatelanger Beobachtung in völliger Ruhe. Nicht besser glückte es mit andern, die am 18. October und 7. November gesammelt waren. Erst solche, die ich am 28. November an der Oberfläche des Pregels gefischt hatte, ergaben günstige Resultate. Fast ohne Ausnahme keimten die wälu-end des Winters 1886/1887 vielfach zur Untersuchung verwertheten Statoblasten dieser Serie in kurzer Zeit, und so kam ich auf den Gedanken, dass vielleicht der im Lauf des November vorübergehend eingetretene Frost die plötzliche Wandlung bewirkt haben möchte. Schon im December konnte ich wahrnehmen, wie auch die Statoblasten älteren Datums, welche bisher versagt hatten, sämtlich ihre Embryonen ausschlüpfen Hessen, nachdem sie im Glase eingefroren und dann einige iA/o/sße-* ' läge im geheizten Zimmer gehalten waren. . 7^.r «i-ro /-v Um mich zu überzeugen, dass auch in der Natur das winterliche Einfrieren der Statoblasten /r'^eei.,v<; »^ stattfindet, suchte ich im Januar 1887 in der schneefreien Eisdecke des Pregels nach diesen Körpern ir»Toa<.y^srji und es gelang mir in der That, an einer Stelle, wo ich ihr Vorkommen vermuthen durfte, vier derselben lu j~^^. /gg-, zu entdecken. Ich konnte bei ihnen allen schon nach 3 bis 4 Tagen zwischen den geöffneten Schalen ''"'= su.^-fi die weit gediehene Embryonalbildung nachweisen. ^<' p^^ecett Auch die im Herbst 1887 und dem darauf folgenden Winter fortgesetzten Versuche bestätigten die früher gemachte Erfahrung. Von vielen Hundert am 13. September gesammelten Statoblasten, welche im Zimmer bei ungefähr 15" C. aufbewahrt wurden, entwickelten sich nur zwei.*) Die übrigen blieben, ^ auch wenn sie höheren Wärmegraden ausgesetzt wurden, gänzlich unverändert. Dagegen konnte, nach- dem sie vom October ab der im Freien herrschenden Temperatur, die gelegentlich bis 8" unter den „^< ^ . . — Nullpunkt sank , zugänglich gemacht waren , seit Ende November unter den geeigneten Umständen auf °^ < "'"" reguläre Entwickelung gerechnet werden, und der Erfolg wurde hier sowohl wie bei zahlreichen andern, 'J^<^"^t-^^^ am 24. October aus lebenden Kolonien gewonnenen Statoblasten, die den gleichen Bedingungen unter- aiready af lagen, durch mehrfache Proben festgestellt. Das gesamte während der strengen Kälte im Januar bis ^e '^o/.fVi'd. März 1888 fast beständig eingefrorene Material gelangte dann gegen Mitte April lediglich in Folge der '^' grtc-rt^ Jahrestemperatur zur Entwickelung. Am 17. April hatte ein grosser Theil der Embryonen die Schalen ^,:C,<,/,.'^. verlassen und an den Wänden der Glasgefässe sich angeheftet. ^^ >»-fc'"^""s'*o Nicht minder klar trat im Winter von 1888 auf 1889 der entscheidende Einfluss des Frostes zu ^^^'^ l'^^ n Tage. Am deutlichsten zeigte er sich dann, wenn von den Statoblasten der nämlichen Kolonie nur '"''^' S'^cceei' TT in 1 TT. L^'-""^* ^'•~' eine Ualtte dem J^rost ausgesetzt wurde, die andere daa:egen ihm entzogen blieb. Während in diesem i-i^-v^* r-ne jalle die erste sich zur Erzeugung von Embryonen durchweg als tauglich erwies, konnte jene einst- st'*>^'""">';^*^^^ weilen durch keine Bemühung zur Entwickelung gebracht werden, selbst dann nicht, wenn die Tempe- srrtroriLnii ratui' dem Nullpunkt sehr nahe gestanden hatte. Man sieht also, dass bei der völligen Gleichartigkeit sefsi-- 'Z_ ^i' des Materials nur der Frost das ausschlaggebende Moment bilden konnte, und dass fei'ner gerade die ^ doZ^ nr Erstarrung der Flüssigkeit, nicht bloss eine verhältnismässige Abkühlung von Bedeutung ist. '5ef^i"£^*»' T■■>oT-^/u^-E ;* (THc /?6SC>1 *) Das Versuchsmaterial war nur zum Theil direot den Kolonien entnommen. Es liegt daher die Möglichkeit '■^^ ^^'^"^ "Z;, vor, dass die keimenden Stat. nicht gleichzeitig mit den andern, sondern schon im "Vorjahre producirt waren: Siehe da- frcjryj ^r^e co rn schon im "Vorjahre producirt waren: Siehe da- frcjryj ^e • rüber S. 92f. y^e/?e iS eitn, r3i-ri=L'i> Th skis poH.^ TVe PotSim l.i-rv mur^-r r-He GE'Z/^,/vJ^r//^(^ 4^ ai-i y 'i^o' ffii^ce z>tr/7fi>'i'^'/'^& söurz/'J^e ^arf,a/or£i.r uncU^ve^V even. tj/zcV -7V£-v -!/£■/«£ s.'.pasen ri ///a.^t/? T-f-^ ''£"•« "'■'-■■*'= • ' Tthe" r^i''2>OL£ 0/= PttJr-l tf! ■/ Cor/sc Q u£ f^ CS. ci (=■ TTv e te.^is's -remPciz in-f-u ri-E . O/V fi^ä. "Uli. /g MmToHlTy 6p T%^ £ '=^ry/T> ^' TH £1^ S B UU S S ON " -- ~ ^ S 6 &Lf^ss /tece fr ftcLss ■ -Lue fjc =■ Pf^osT '^.i-ms i. =«o < <' i3 84 5* Gleichwohl ist das Einfrieren nicht der einzige Umstand, welchen man zu beachten hat. Auch da, wo die Aussen temperatur ungehindert gewirkt hatte, zeigte sich immer erst in den letzten Tagen des November oder zu Anfang December die volle Keimfähigkeit, wochenlang nach Eintritt der ersten intensiven Kälte. Ein Beispiel mag dies erläutern. Eine Menge von Statoblasten, welche ich aus grossen, am 28. October 1888 noch lebend gesammelten Kolonien gewonnen hatte, war vom 5. bis 8. November, bei etwa — 5" C. gefroren. Vom 9. bis 14. November stieg das Thermometer auf -|- 3", hei dann am 15. und 16. wieder auf — 1,.5'' und zeigte bis Mitte December eine dauernde Erhöhung bis zu + 6 oder 7 ". Von diesem Material wurden seit dem 8. November 20 Statoblasten im offenen Schälchen bei einer mittleren Wärme von -|- 20" C. gehalten. Nach einigen Tagen entwickelten sich davon 3, die übrigen zeigten noch zwei Monate später keine Veränderung. Am 19. November wurde der Versuch mit 20 anderen wiederholt, wovon sich bereits 6 als keimfähig erwiesen. Als dann am 2. December eine neue Probe gemacht wurde , ergab sich zum ersten Mal ein voller Erfolg , indem nun sämtliche Statoblasten ihre Kolonien ausschlüpfen Hessen, und dieses günstige Resultat blieb auch fernerliiu ein beständiges. Man muss danach annehmen, dass es nicht allein der Einwirkung des Frostes , sondern ausserdem einer gewissen Zeit bedarf, um das ganze im Sommer und Herbst erzeugte Fortpflanzungsmaterial zur Reife zu bringen. Oli diese Zeit nur deshalb erforderlich ist, damit die durch den Frost bedingten Veränderungen unbekannter Art im Statoblasten zum Abschluss gelangen können, oder ob iln- als eigent- licher Ruhei)ause eine selbständige Bedeutung zukommt, ist nicht leicht zu entsclieiden. Im letzteren Falle würde man die Zeit von der Vollendung des Statoblasten bis zum Eintritt der Keimfähigheit in Rechnung zu stellen haben und so auf eine Frist von etwa zwei Monaten schliessen können.*) Dass einige Statoblasten so viel früher keimten als andere, nämlich schon vor Mitte November. Hesse sich dann wohl aus dem ungleichen Alter derselben erklären. Denn da die letztvollendeten der Kolonie mindestens um einen Monat jünger zu schätzen sind als die ersterzeugten, so konnte für diese der Reifezustand be- reits zu einer Zeit eingetreten sein, wo jene das erforderliehe Alter noch nicht erreicht hatten. Gegen diese Auffassung spriclit aber, dass der nicht keimfähige Rest der am 8. und 19. November zm- Unter- suchung verwertheten Statoblasten , trotzdem er noch bis Mitte December beobachtet wurde, keine Em- bryonen mehr ausschlüpfen Hess, was doch hätte geschehen müssen , wenn nur eine gewisse Zeit der Ruhe und nicht vielmehr die Dauer der Kiütewirkung in Frage käme, unter deren Einfluss das ganze übrige Material schon am 2. December keimfähig geworden war. Auffällig ist aber auch hier die Un- gleichheit, mit der sich dieser Process bei den verschiedenen Keimkörpern abspielte. Denn während ein Theil der Statoblasten schon am 8. November, nach viertägiger Frostwirkung, in den Besitz seiner vollen Keimkraft gelangt war, geschah das bei andern • erheblich später, bei den letzten erst gegen Ende des Monats. Man wird daraus schliessen dürfen, dass die durch den Frost eingeleiteten Vorgänge je nach der Constitution der Statoblasten bald mehr, bald weniger Zeit in Anspruch nehmen, zugleich aber bemerken, dass im Verlauf dieser Vorgänge nicht ein ununterbrochener Frost, sondern nur eine gewisse niedrige Temperatur erforderlich ist. Immerhin scheint es, dass auch der Frost nicht allzu flüchtig sein darf, und dass er wenigstens einige Tage anhalten muss, wenn sein Einfluss deutlich hervortreten soll. So hatte ich eine grössere *) Ich nehme an, dass in der oben erwähnten Kolonie die meisten Statobhisten schon zu Anfang Octobei- vollendet waren. Die ersten reifen Statoblasten beobachtete ich an dem betreffenden Ort aiii 15. September. S3 85 ES Anzalit von Statoblasteu, welclu^ frisclieu, am 15. Septemher 1888 gcsammelteu Kolonien entnommen waren, am 16. September auf künstlichem Wege einfrieren lassen, und in diesem Zustand waren sie 24 Stunden hindm'cli verblieben. Dennocli war Iiievon weder bald darauf, nocli während des folgenden Winters irgend welche Wirkung zu spüren, vielmehr widerstanden diese Körper allen Versuclien, sie zur Keimung anzuregen, obwohl sie, wie sich später herausstellte , die Fähigkeit dazu keineswegs eingebüsst hatten. Ich vermuthe also, dass die Dauer von 24 Stunden nicht hingereicht hat, um die sonst so offen- kundige Wirkung des Frostes zum Durclibrach kommen zu lassen. Hier wird nun die Frage zu erörtern sein, ob die Statoblasten von Cristatella behufs Erlangung ihrer Keimfähigkeit unbedingt einfrieren müssen, oder ob auch auf andere Weise ein gleicher Erfolg erzielt werden kann. Ich war lange Zeit sehr geneigt, das letztere zu verneinen oder auf ganz vereinzelte Ausnahmen zu beschränken , bis ich beinahe durch einen Zufall anderer Meinung geworden bin. Die eben erwähnten Statoblasten vom 15. September 1888 waren den Winter über im verschlossenen Glase im Zimmer gehalten und das Gefäss dann im Frühjahr einige Male geöffnet und auf diese Weise ge- lüftet woi'den. Als am 15. Juni 1889 mein Blick wieder auf das Glas tiel, fand ich zu meiner Ver- wunderung , dass in einem grossen Theile der Statoblasten , welclie icli schon für unbrauchbar gehalten hatte, die Embryonen entwickelt waren. Dies veranlasste mich zur Anstellung eines ähnlichen, jedoch klareren Versuchs. - Ich hatte am 28. October 1888 eine Menge frisch producirter Statoblasten zu 20 bis 30 in verschiedene kleine Gläschen vertheilt, welche mit destillirtem Wasser gefüllt und luftdicht verkorkt wurden. Meine Absicht war, diese Statoblasten für spätere Zeit aufzubewahren, um zu er- mitteln, wie lange sie etwa zur Erzeugung von Elmbryouen fähig bleiben könnten. Am 15. Juni 1889 öffnete ich nun eins der Gefässe und unterwarf seinen Inhalt den für die Keimung nöthigen Bedingungen. Trotzdem hier eine auch nur vorübergehende Einwirkung des Frostes gar nicht in Frage stand, waren die jungen Kolonien sämtlich bereits am 21. .Jiini ausgeschlüpft. Es war also kein Zweifel, dass der Frost unter Umständen entbehrt und durch andere Einflüsse ersetzt werden könne. Dass diese nur in dem Abschlnss der Luft zu suchen seien, ging zur Evidenz daraus hervor, dass 20 Statoblasten vom 18. September 1888, welche unter sonst gleichen Bedingungen im offenen Glase gehalten waren, keine Spur von Keimung erkennen Hessen. Ich glaube demnach, dass die so oft erprobte Wirkung des Frostes nur darin besteht, dass sie die Athmung des Statoblasten unterbricht und den Inhalt desselben zu ab- soluter Ruhe zwingt. Uebrigens scheint ein allzu langer Aufenthalt an der Oberfläche bei höherer Temperatur den noch nicht keimfähigen Statoblasten direct zu scliädigeu , da es mir beispielsweise bei einer Anzahl von Keimen, welche über 4 Monate hindurch einer Wärme von 8 — 17 " C. und dann erst dem Frost aus- gesetzt wurden, nicht gelang, die Embryonalentwickelung zu veranlassen. Nach Erfüllung der erwähnten Bedingungen vermag sich der Statoblast unter geeigneten Um- ständen zum jungen Stock zu entwickeln: Er ist keimfähig. Es bedarf nur eines bestimmten An- stosses von aussen her, um die in ihm ruhenden Kräfte zur Entfaltung zu bringen und die schlummernden Zellen zu frischer Thätigkeit zu erwecken. Der keimfähige Statoblast kann in diesem Zustand geraume Zeit, vielleicht miehrere Jahre, an der Oberfläche des Wassers verharren, vorausgesetzt, dass die Temperatur sich niclit weit über den Nullpunkt erhebt. Er kann unterdessen beliebig oft einfrieren , und ohne Zweifel wii'd gerade durch *3 86 ö-- den Frost sein Inhalt am wii-ksamsten eonservirt, so dass auf diese Weise die Keimung für unabsehbare Zeit hinausgeschoben werden könnte. Ueberschreitet nun aber die Temperatur eine gewisse minimale Grenze, so treten die bisher gebundenen Kräfte in Thätigkeit, die Entwickelung des Statoblasten beginnt und führt um so rascher zur Bildung der jungen Kolonie, je mehr die Wärme sich derjenigen Höhe nähert, bei welcher schliesslich die Zellen selbst ihren Tod finden. Die folgenden, mit völlig keimfähigen Statoblasten unternommenen Versuche werden diese Rolle der Temperatur erkennen lassen. Leider war mir die Herstellung einer constanten Wärme nicht möglich*), doch dürfte der Mangel eiuigermassen durch die Genauigkeit aufgewogen werden, mit der jeder Wechsel in meinen Tabellen verzeichnet wurde. Die Statoblasten von Cristatella waren bei einer mittleren Temperatur von Minimal- Teinperatnr von Maximal- Temperatiir von I. + 8" C. + 6« + 90 in 10 Tagen noch nicht geöffnet. II. 8 7 11 V 11 . ji 77 77 III. 10 7 15 v 8—12**) „ eben geöffnet. IV. 12 10 15 T) 6-7 n 77 V. 13 12 15 71 ^ n 77 VI. 13 10 18 )I 6 i „ n 77 VII. 15 12 25 V 5 » 77 VIII. 16 13 22 n ö „ 1) 77 IX. 17 13 20 n 4 57 77 X. 17 12 22 T) 4 77 77 XI. 17 12 22 T) 3-5 77 77 XII. 22 15 35—40 n 10 nicht geöffnet. Wir richten unser Augenmerk zunächst auf die Bestimmung der obern und untern Grenze^ innerhalb deren die Keimung überhaupt stattfindet. Bei einer Temperatur, die sich andauernd auf der Höhe von 6—7° C. hielt, konnte ich den ganzen Vorrath meiner Statoblasten aufbewahren, ohne durch vorzeitige Keimung Verluste zu erleiden. Dies scheint nach Nr. I u. II der Tabelle auch noch bei durchschnittlich 8" der Fall zu sein. Indessen reichte in den erwähnten Beispielen die Temperatur ver- möge ihrer Schwankung doch um Einiges über dieses Mittel hinaus, und nach weitern Beobachtungen habe ich Grund zu der Annnahme, dass schon bei 9 — 10" C. eine wenn auch langsame Entwickelung *) Erst i. J. 1889 ist das Zool. Institut der Albertina in den Besitz eines Thermoregulators gelangt. **) Die erste Zahl giebt an, wann die ersten, die zweite, wann der Rest der Statoblasten geöftnet war. Die Keimung wiuxle in dem Augenblick eonstatirt, wo sie durch das Auseinauderweichen der Schalen äusserlith eben sicht- bar geworden war. K? 87 ^ «inzutreteii beginnt. Als niinilich die Statoblasten, welche dem unter I augefülirten Versuche gedient hatten, am elften Tage einer Wärme von 9 — 12'' C. ausgesetzt wurden, zeigten einige von ihnen schon 4 Tage später den Erfolg der Keimung, und da die letztere nur in den günstigsten Fällen (IX — XI) so rasch vor sich gelit, so wird man vermuthen müssen, dass sie bereits früher, also bei dem sub I ver- zeichneten Maxiraum von 9" C. begonnen hatte. Auch für Nr. II lässt sich auf indirectem Wege das nämliche wahrsclieinlich machen. Nach Verlauf der 11 Tage trat hier eine Abkühlung bis unter den Nullpunkt ein, und es zeigte sich nun, dass die Statoblasten ihre Keimkraft überhaupt eingebüsst hatten. Dies hätte nicht geschehen können, wenn sie ganz unentwickelt geblieben wären, da alsdann eine Schädigung durch den Frost ausgeschlossen gewesen wäre. Sie mussten also bei der zeitweiligen Er- höhung der Temperatur auf 9 — 11" ihren Ruhezustand verlassen haben, ohne dass freilich eine äusser- lich merkbare Veränderung mit ihnen vorgegangen wäre. Aus den folgenden Versuchen III — XI ist zu ei'kennen, wie die Keimung sich in immer rascherem Tempo vollzieht, je höher die Grade, unter denen sie stattfindet. Nr. XII zeigt dann ein plötzliches Versagen offenbar deshalb , weil durch die Maximal- temperatur von 40" die Statoblasten getödtet waren. Nun wurde indessen die Höhe von 40" C. erst am vierten Tage erreicht, während bis dahin die Temperatur Ijei einem Mittel von 22" zwischen 15" und 35" geschwankt hatte. Da, nach den vorhergehenden Versuchen IX — XI zu urtheilen, schon in dieser Frist eine Keimung sehr wohl hätte erfolgen können, thatsächlich aber keine Spur einer solchen zu be- merken war, so ist anzunehmen, dass bereits die Erwärmung auf 35" zu Anfang des zweiten Tages einen nachtheiligen Einfluss geübt hatte. Andererseits habe ich durch einen in der Tabelle nicht auf- geführten Versuch festzustellen vermocht, dass noch ein Maximum von 32" zeitweilig ertragen wird, und so ergiebt sicii der Schluss, dass zwischen 32 und 35" C. die Grrenze liegt, bei welcher die Statoblasten ■dauernd in ihrer Lebensfähigkeit Ijeeinträchtigt werden. Immerhin bleibt diese Bestimmung insofern problematisch, als jenes Maximum von 32" doch nur ein vorübei'gehendes war und daher bei constanter Wirkung möglicherweise auch schon geschadet hätte. Zwischen -{- 9 und, sagen wir, 30" C. geht also die Entwickelung der Statoblasten vor sich, und zwar nach Ausweis unserer Tabelle um so schneller, je mehr sich die Wärme ihrem Höhepunkt nähert: bei durchschnittlich 10" in 8—12 Tagen, bei 12 u. 13" schon in 6 — 7, bei 15 u. 16" in 5 und bei 17 oder 18" in 4 Tagen. Ich muss bemerken, dass diese Ziffern nahezu die günstigsten Resultate wiedergeben, die ich erlangen konnte, und dass ich bei den zu Grunde liegenden Versuchen Alles zu vermeiden strebte, was den Gang der Entwickelung irgendwie hätte stören können. Um von Zufälligkeiten ab- strahiren und Ausnahmen als solche erkennen zu können, wurde stets eine grössere Zahl von Keimkörpern, •meist 10 — 20 auf einmal, der Beobachtung unterworfen. Es zeigte sich nämlich, dass die Entwickelung nie so gleichmässig fortschreitet, dass alle Statoblasten in demselben Momente sich öffnen : Bei niedrigem Stande des Quecksilbers währt es Tage, bei höherem wenigstens einige Stunden, ehe die letzten dem Aufbrechen der ersten folgen. Zuweilen versagt auch bei sonst befriedigendem Ergebnis der eine oder andere gänzlich. Diese Verschiedenheit kann bei der überall gewahrten Gleichheit der äusseren Um- stände nur in der Verschiedenheit der inneren Anlage begründet sein. Mein erster Gedanke war, dass dabei die Zeit der Entstehung eine wesentliche Rolle spielen möchte, indem die im Sommer producirtea Statoblasten zur Keimung einer grösseren Wärme bedürften als die späteren. Dies bestätigte sich in- dessen nicht. Ich fand, dass Statoblasten, deren Alter um mehr als einen Monat differirte, bei der näm- S3 88 E> liehen Temperatur sich entwickelten , und dass diese Temperatm" keineswegs die Höhe zu erreichen brauchte, welche zur Zeit der Entstehung geherrscht hatte. So begannen z. B. Statoblasten, die Anfang September 1887 älteren Kolonien entnommen und ohne Zweifel z. Th. sclion in dem sehr warmen August vollendet waren, bereits bei 9 — 12" C. zu keimen und Hessen Mitte April des folgenden Jahres, wo sie zwischen den Doppelfenstern eines ungeheizten Zimmers aufbewahrt wurden, bei einer Maximaltemperatur von 15" ihre Embryonen ausschlüpfen. Gleichwohl war zu bemerken, dass diese Statoblasten längerer Zeit, als sonst gewöhnlich, zur Entwickelung bedurften, und da gerade sie durch eine in der Tiiat auf- fallende Grösse (bis zu 1,03 mm. im Durchmesser) ausgezeichnet waren, schien es mir, als ob hierin der Grund für das erwähnte Verhalten zu suchen sei. Wenn ich auch dieser Vermuthung keinen hohen Werth beizulegen vermag , so lialte icli es docli für möglich , dass das ungleichmässige Aufbrechen der Statoblasten bei sonstiger Uebereinstimmung der äusseren Umstände durch ihre Grösseuverhältnisse be- dingt sein könne. Als Folge dieser Ungleiclilieit ist es begreiflich, wenn die Keimung mitunter bei liöherer Tempe- ratur etwas länger dauert als in anderen Fällen bei tieferer, wie es z. B. in Nr. IV und V unserer Tabelle geschehen ist. Dass aber solche Dinge keinen massgebenden Einfluss auf die zusammengestellten Experimente gewonnen haben, geht daraus hervor, dass für die Mehrzahl der letzteren (II — IV, VI, VII, IX — XII) Statoblasten gedient haben, die von ein und derselben Kolonie producirt waren, und in- dem ferner bei Nr. II, IV, IX und XII diese Statoblasten, welche unter absolut gleichen Bedingungen in demselben Glase gehalten waren, im nämlichen Augenblick dem Gefäss entnommen und zu je 5 dem Einfluss verschiedener Wärmegrade ausgesetzt wurden, kam die Wirkung der Temperatur in ungetrübter Weise zum Ausdruck. Leider bietet die Tabelle insofern eine Lücke, als zwischen den beiden letzten Nummern, XI und XII, noch Raum für Versuclie bleibt, in welchen die Keimung bei Graden, die sich der Maximalhöhe nähern, zu verfolgen wäre. Ich vermag also nieht genaur anzugeben, wie weit die Embryonalentwickelung günstigstenfalls beschleunigt werden kann. Immerhin lassen sich meine Beobachtungen in der Weise zusammenfassen , dass , wenn man bei gleichmässig steigender Temperatur die jeweilige Dauer der Keimung graphisch veranschaulichen wollte, dieses durch eine Curve geschehen müsste, "welche bei -|- 9" C. beginnend, sich anfangs rascher, dann langsamer zu ihrem Gipfel, dem Punkt der grössten Beschleunigung, erhebt, um endlich steil gegen den zweiten Nullpunkt abzufallen. Ein Ueberschreiten der Minimalgrenze nach abwärts schädigt den in der Entwickelung begriffenen Statoblasten nicht, so lange er vor dem Gefrieren bewahrt bleibt. Vei-mutlilich wird aber in solchen Fällen die Keimung periodisch unterbrochen oder doch aufs äusserste verlangsamt, so dass der Gefahr, die Embryonen möchten bei vorzeitigem Ausschlüpfen der Ungunst der Witterung zum Opfer fallen, einigermassen vorgebeugt wird. Nach dem eben wahrnehmbaren Aufbrechen währte es in der Regel noch etwa 4 Tage, bis der Embryo die Schalen verliess und an den Wandungen der Gefässe sich festsetzte. Ausser der Wärme haben wir nun noch einen anderen Umstand ins Auge zu fassen, welcher bei der Keimung der Statoblasten in Betracht kommt. Für die Ent^vickelung dieser Körper ist es von Wichtigkeit, dass sie an der Obei^fläche des Wassers mit der atmosphärischen Luft in Berührung treten, und der Schwimmring scheint in erster Linie diesem Athmungsbedürfnis zu entsprechen. Wui'den State- i3 89 E> blasten von Plumatella unter einem mit Wachsfüsschen versehenen Deckfijlase vertheilt, so erschlossen sich zunächst nur die randständigen, etwas später folgten die benachbarten, während der in der Mitte gelegene Theil oft gar keine Embryonen erzeugte. Dagegen war die Entwickelung an dem Wasserspiegel eines unverdeckten Schälchens stets eine durchaus gleichmässige. Ferner wurden 15 keimfähige Statoblasten von Cristatella, welche zu gleicher Zeit producirt und unter gleichen Bedingungen aufbewahrt worden waren, in einem Glase von 15 cm. Tiefe derart untergebracht, dass 5 an der Oberfläche schwammen, die übrigen 10 durch ein darüber gestülptes kleines Gefäss in der Tiefe gelullten wurden. Unter dem Eiu- fluss von 12 — 16" C. waren die oberen Statoblasten binnen 8 Tagen sämtlich geöffnet und bald darauf ausstreckbar, die unteren zeigten auch nach 4 Wochen noch keinen Fortschritt. Erst als sie dann aus ihrer Zwangslage befreit und bei der nämlichen Temperatur in einem offenen Schälchen gehalten wurden, gelangte die Mehrzahl von ihnen in kurzer Zeit zur normalen Ausbildung. Wir werden auf diesen Umstand bei der Betrachtung der Schicksale, welchen der Statoblast in der freien Natur unterliegt, noch besonders zurückkommen und ihn in seiner weittragenden Bedeutung ermessen lernen. Die durch den Schwimmring bedingte horizontale Lage, wobei sich immer eine ganz bestimmte Fläche nach oben kehrt, ist von untergeordnetem Werthe. Die vermöge der ineinandergreifenden Dornen häufig zu Conglomeraten verketteten Statoblasten von Cristatella zeigten trotz ihrer verschiedenartigen Stellung in diesen Bündeln eine gleichmässige Entwickelung, und 8 andere, die auf einem Objectträger so hingelegt waren, 'dass ihre sonst nach oben gekehrte Hälfte nun die Unterseite bildete, und die dann in dieser widernatürlichen Lage durch ein mit Wachsfüsschen unterstütztes Deckglas festgehalten wurden, öffneten sich in völlig normaler Weise. Auch die mikroskopische Untersuchung Hess keine Abweichung vom Regulären erkennen. Trockenheit wird von den Statoblasten in Folge ihres festen Verschlusses in ausgiebigem Maasse ertragen, namentlich im Winter. Statoblasten von Plumatella, welche ich im Januar trocken an den Steinen eines Baches vorfand, wo sie voraussichtlich durch das Hochwasser des Spätherbstes angeschwemmt waren, erwiesen sich zum grossen Theil als entwickelungsfähig, und ein Gleiches war der Fall bei andern, die bis Ende April wohl länger denn einen Monat trocken im ungeheizten Räume verweilt hatten. Trembley erwähnt sogar*), dass er die Keime einer Plumatella vom September 1745 bis zum folgenden Januar im Trocknen aufbewahrt habe, und dass dann im Frühjahr mehrere dei'selben sich geöffnet hätten. Im Sommer sind die Statoblasten einer anhaltenden Wasserentziehung offenbar weniger gewachsen, da dieselbe gewiss nur so lange unschädlich ist, als die Feuchtigkeit der embryonalen Zellmasse vor gänzlicher Ver- dunstung bewahrt bleibt. Für die freien Statoblasten der Plumatellen gilt im Allgemeinen dasselbe, was bei Cristatella zu constatiren war, nur sind hier die Ausnahmen, in denen die Winterruhe entbehrlich ist, häufiger. Von den im Sommer und Herbst ohne besondere Rücksicht auf ihre Herkunft gesammelten Statoblasten keimten in der Regel etwa 5 Procent, bald mehr, bald weniger, schon vor Eintritt der Winterkälte, und von 160, welche laut meinen Notizen einer am 6. August gefundenen und bereits absterbenden Kolonie von typisch fungoidera Gepräge entnommen wurden, öffneten sich bis zum 13. August im Ganzen 9, die übrigen blieben bei monatelanger Beobachtung unentwickelt. Kraepelin bezeugt S. 86 seiner Monographie, Q *) In dem Brief bei Bonnet, Considerations sur les corps organises; Amst. 1762, II. ed. t. II, p. 132, Bibliotheca zoologlca. Heft VI. 1 2 43 90 et dass Statoblasten einer am 1. Juni gefundenen Alcyonella Benedeni „bei'eits am 10. Juli wieder zu jungen Kolonien entwickelt waren, die auf den Trümmern der nunmehr abgestorbenen Frülijahrsgeneration sich häuslich eingerichtet hatten, ja ihrerseits schon wieder in Statoblastenbildung begriffen waren". Ein Theil der im Sommer producirten Keime lässt also nach dem Zerfall der Kolonien schon im nämlichen Jahre die jungen Stöckchen hervorgehen. Ein sehr günstiges Resultat ergab ein Versuch mit Statoblasten, welche am 11. October 18S0 aus lebenden Kolonien genommen und schon am 15. October fast sämtlich geöffnet waren, freilich ohne sich weiterzubilden.*) Dennoch ist es gewiss, dass die Mehrzahl der im Sommer erzeugten Statoblasten ihre volle Keim- fähigkeit erst während des Winters erlangt. Schon die ersten Nachtfröste, welche Ende October oder Anfang November die Oberfläche der stillen Gewässer mit einer vergänglichen Eiskruste bedeckten, schienen dieselbe zu begünstigen, und überall, wo während des Winters die Ausseutemperatur ihren Einfluss geübt hatte, bewirkte eine nachfolgende Erhöhung des Wärmegrades die Weiterbildung der Fortpflanzungskörper. 40 Statoblasten von Plum. repens wurden den am 30. Juni 1888 in frischem Zustande gefundenen Kolonien entnommen und bis zum 28. Juli beobachtet. Trotz der Aufbewalu'uug in einem von der Mittagssonne erwärmten Zimmer blieben sie unentwickelt. Sie wurden darauf ungefähr 3 Stunden lang künstlich erzeugtem Frost ausgesetzt und dann wieder auf einem mit Deckglas versehenen Objectträger bei 22 — 27" C in der feuchten Kammer gehalten. Bis zum ö. September war kein Statoblast gekeimt. Am 8. September wurde nun die Temperatur bis gegen 35'' C. erhöht, und nach Verlauf von 4 Tagen zeigte es sich, dass 12 Statoblasten weit aufgebrochen, 10 davon bereits ausstreckbar waren. Dieselbe Wärme hatte von 50 Statoblasten einer anderen Kolonie (vom 8. August) keinen zur normalen Entwickelung veranlasst, nur uin einziger war geöffnet, aber ohne dass eine Polypidknospe sichtbar geworden wäre. Ich glaube mit Kücksicht auf einen ähnlichen Fall bei Cristatella nicht, dass die vorübergehende Wirkung des Frostes hier wesentlich in Betracht kommen kann, dagegen ergiebt sich der Schluss, dass unter Um- ständen durch bl( isse Steigerung der Keimtemperatur innerhalb ihrer beiden Grenzen die Statoblasten zur Entwickelung angeregt werden können. Denn es ist zu erwägen, dass die letzteren sich dauernd unter Graden befanden, welche sonst an und für sich schon die Keimung zur Folge hatten, dass dieselbe hier aber erst auf Grund einer noclimaligen Erhöhung, in der man schwerlich ein nebensächliches Ereignis erblicken darf, eintrat. Die Keimung war bei durchschnittlich 17 — 18" C. in 2 Tagen so weit gediehen, dass die Schalen sich spalteten, an einigen Körpern war dieser Vorgang schon nacii 24 Stunden zu constatiren. Bis zur Vollendung des ersten Polypids verstrichen 4 — 5 Tage. Durch Erniedrigung der Temperatur wurde die Embryonalbildung auch hier verlangsamt. Was die angehefteten Statoblasten der Plumatellen betrifft, so verfüge ich nur über eine kleine Zahl von Versuchen. Keime aus Kolonien, welche am 7. Juni 1889 gesammelt waren und den Sommer *) Dass aber Kraepelin „auf Sc-liiiitti'U dmrli eine im Anfang September gesammelte Alcyonella-\s.(Aiim& von den noch in den ßöhreAi befindlielien Statoblasten selbst die verschiedensten Stadien sich entwickelnder Embryonen'" erhalten habe, dass also die Keimung bereits im Jlutterleibe beginnt, ist nach meinen Erfahrungen unerhört. — K? 91 a — über geruht hatten, öffneten sicli im Decembcr desselben Jahres bei einer constanten Temperatur von 25" C. in 2^2 Tagen. Dies war auch bei andern der Fall, die seit dem 28. October 1888 aufbewahrt worden waren und auf die der Sommer 1889 ebenfalls keinen sichtbaren Einfluss geübt hatte. Dem Frost waren diese Statoblasten nicht ausgesetzt gewesen, und überhaupt konnte ich eine Wirkung desselben hier nicht constatiren. Es scheint wesentlich auf eine längere Dauer der Ruhepause anzukommen. — Dass die auf künstlichem Wege gewonnenen Resultate d e n in der freien Natur waltenden Umständen aufs beste entsprechen, ist bei einigem Nachdenken offenbar. Namentlich scheint die Anpassung an die Winterkälte eine nothweudige Bedingung für die Erhaltung der Art zu sein, da andernfalls das im Sommer uud Herbst erzeugte Fortptlanzungsmaterial durch alsbaldige Weitcreutwickelung verbraucht uud mit Einti'itt des ersten Frostes die gesamte Nachkommeuschaft vernichtet werden würde. Nachdem die Statoblasten den Winter überdauert haben, eutwickeln sie sich im folgenden Frühjahr, sobald die Temperatur des Wassers das ungefähre Minimum von 9 — 10" C. überschritten hat, an der Oberfläche der Gewässer zu jungen Kolonien, um so rascher, je beträchtlicher die Erwärmung. Durch eine unter- dessen eintretende Abkühlung des umgebenden Mediums wird zwar die Bildung der Embryonen zeitweilig gehemmt, das Leben derselben aber nicht gefährdet. Das Primärindividuum heftet sich, durch die Bewegung des Wassers, z. Th. auch wohl durch die Action der Tentakeln fortgetrieben, an einer geeigneten Unterlage fest, ehe sein specitisches Gewicht durch weit vorgeschrittenes Wachsthum dem des Wassers vorangeeilt ist. Dies ist iusofern wichtig, als das in die Tiefe hinabsinkende Thier dort nur selten diejenigen Bedingungen vorfinden würde, welche für seine Existenz uothwendig sind, klares, reichlich gelüftetes Wasser und ein sicheres Podium. Wasserpflanzen aller Art bieten daher meist die günstigste Gelegenheit zur dauernden Ansiedelung. Man findet an den Blättern und Stengeln von Nuphar, N^ymphaea, Limuanthemum und Sagittaria, an Binsen, Schachtelhalmen und Schilf bereits im Juni eine ausgebreitete Bryozoenfauna, die sich vermöge der geschlechtlichen Fortpflanzung bis tief in deu Herbst erhält und auf weite Strecken die Vegetation überkleidet. Vor Allem erweisen sicli die schwimmenden Pflanzen als zur Anheftung geeignet, uud zwar deshalb, weil sie der überaus starken Senkung des Wasserspiegels unserer Teiche im Hochsommer zu folgen und somit die auf ihnen befindlichen Kolonien der Gefahr einer Austrockuuug zu entziehen vermögen. Dieser Gefahr sind beispielsweise die an den starren Halmen der Binsen befestigten Individuen in hohem Grade ausgesetzt. Anfang August 1887 stand der durch seinen Reichthum an Bryozoen ausgezeichnete Preiler Teich bei Königsberg wohl 5 Fuss unter seinem sonstigen Niveau und das in der Nähe des Ufers befindliche Reisig, die Blätter von Scirpus, Acorus Calamus, der Typhaceen, sowie die Schafte A-on Equisetum, ragten nun mit den abgestorbenen Stöcken der Plmnatellen weit über die Oberfläche empor. Da die Moosthierchen des süssen Wassers mit Ausnahme von Fredericella und Paludicella in einer Tiefe bis zu 2 Fuss ihre reichste Entfaltung zeigen, so ist klar, dass die Reduction, welche ihr Bestand auf diese Weise erfährt, eine ganz ausserordentliche sein würde, wenn sie nicht eben dadurch, dass die überwiegende Mehrzahl der Kolonien an schwimmenden Blättern, namentbch denen von Nuphar, ihren Aufenthalt hat, beschränkt wäre. Uebrigens ist auch Cristatella keiueswegs, wie man vermuthen könnte, durch ihre Beweglichkeit vor den im Gefolge einer Senkung des Wasserspiegels auftretenden Gefahren geschützt. Im September 1887 fand ich im Alle-Fluss an den frei emporragenden Blättern von Sagittaria sehr häufig Statoblasten nebst Spüren angetrockneter Kolonien, welche offenbar nicht im Stande gewesen waren, sich bei Zeiten 12* ^. 92 ES unter die Oberfläche zurückzuziehen ; wie mau es denn überhaupt aufgeben muss, die Beweglichkeit dieser Form nocli ferner als eigentliche Locomotion, welche durch äussere Umstände bedingt und auf bestimmte Ziele gerichtet wäre, zu deuten, da sie, wie ich bereits gezeigt, habe, lediglich in den Wachsthums- verhältnissen begründet ist, vermöge deren die anfangs rundliche Kolonie allmählich in die Form eines langen Bandes übergeführt wird. Natürlich sind es nicht ausschliesslich pflanzliche Stoffe, die zur Besiedelung gewählt werden. Auch die am Boden liegenden Steine werden von Formen wie Plumatella fungosa, emarginata und Paludicelta Ehrenbergii bedeckt. Indem die auf der Wasserfläclie treibenden Statoldasten nach Massgabc der Witterung Ixild früher, bald später, in der Regel wohl im Mai, ihre Kolonien entwickeln, legen sie den Grund zur Fauna des folgenden Sommers. Es wäre indessen ein Irrtiium, zu meinen, dass nun das gesamte vom Vorjahre her ül)erlieferte Material mit einem Schlage verliraucht wäre. Vielmehr lehrt die Erfohrung, dass bis in den Herbst hinein die Erzeugung von Statoblasten-Stöckclien fortdauert, wie ich denn noch im August und September sehr liäufig jugendliche Exemplare von Plum. repens, fruticosa und emarginata gefunden habe, welche durch die ihnen anhaftenden Schalen der Mutterstatoblasten ihren Ursprung in unverkennbarer Weise zur Schau trugen. Meine anfängliche Vermuthung, sie seien aus den Keimen hervorgegangen, welche im Lauf des nämlichen Sommers producirt waren, wurde durch die Erkenntnis, dass diese sich nur i-usnahmsweise ohne Beihülfe des Frostes entwickelten, nicht ganz nach W\insch unterstützt. Auf eine andere Bahn wurden daher meine Gedanken gelenkt, als ich am 1. September 1888, wo die im Preiler Teicli bei Königsberg massenhaft auftretenden Cristatellen noch keine fertigen Statoblasten enthielten — die Anlage derselben hatte am 8. August eben begonnen, Mitte September waren die ersten gereift — , eine Menge leerer Schalen an der Oberfläche des Wassers schwimmen sah, welchen ohne Zweifel erst vor Kurzem die Embryonen entschlüpft waren. So musste ich annehmen, dass nur ein The il der vorjä,hrigen Statoblasten schon im Frühhng zur Entwickelung gelangt war, ein anderer dagegen sich auf irgend eine Weise für spätere Zeiten erhalten hatte. Dadurch allein schien es mir aueli erklärlich, wie sich vom Juni bis tief in den October hinein neben fusslangen Kolonien' stets kleinere in allen Abstufungen bis zur Grösse eines Stecknadelkopfs und zwar in solcher Fülle vorfinden konnten, dass ich sie bei der Seltenheit der geschlechtliehen Emljryonen aus diesen herzuleiten Anstand nahm. Auf Grund der. experimentell belegten Thatsache, dass die Statoblasten nur dann keimen , wenn sie an der Oberfläche des Wassers ihren Aufenthalt haben, wurde mir eine schon früher gemachte Beobachtung jetzt von besonderer Bedeutung. Ich hatte bemerkt, dass alle freien Statoblasten die Neigung besitzen, sich an schwimmenden Gegenständen festzuheften, und dass namentlich die von Cristatella vermöge ihrer Dornen Ueberbleibsel der verschiedensten Art um sich versammelten, welche, wenn sie in Fäulnis übergingen, die Keimkörper mit in die Tiefe zogen. Im Kleinen hatte sich dieser Vorgang selbst im Aquarium constatiren lassen. Er musste, so schien es, dazu führen, dass ein grosser, wo nicht der grösste Theil aller Statoblasten im Lauf des Herbstes und Winters den Grund der Gewässer erreichte und hier so lange unentwickelt blieb, bis er durch einen günstigen Zufall sich wieder zur Oberfläche erheben konnte. Ich wünschte nun den Beweis zu führen, dass dieser Folgerung, welche aufs glücklichste alle Fragen zu lösen schien, die Wirklichkeit entspräche. Am 15. September 1888, wo die ältesten diesjährigen Stato- blasten eben zur Reife gelangt, alle aber noch von den Mutterkolonien umschlossen waren, füllte ich an — ^ 93 e:^ — einer von zahlreichen Cristatellen besiedelten Stelle des Preiler Teichs einige Flaschen mit Schlamm, der mittels eines dichten Netzes aus der Tiefe von etwa einem Meter gewonnen war. Die Hoffnung, dass ich hierin keimfähige Statoblasten würde entdecken können, bestätigte sich in vollem Maasse. Indem ich den Mulm in. Schaloji goss und mit reinem Wasser verdünnte, sodann das Ganze mit einem Stabe umrührte und wieder ruhen Hess, bewirkte ich, dass die darin enthaltenen Statoblasten emporstiegen, und gewann so nach und nach mehr als 50 dieser Körper , welche ihre Herkunft aus früheren Jahren, wenn noch ein Zweifel hätte bestehen können , durch ihre dunkle , den langen Aufenthalt im Schlamm kennzeichnende Färbung, vor Allem aber durch ihre Keimfiüiigkcit an den Tag legten. Denn mit wenigen Ausnahmen hatten sie sich bereits am 22. September zu jungen Stückchen entwickelt, während ich bei den diesjährigen Statoblasten bis zum December warten musste, ehe ein günstiger Erfolg eintrat. Ich habe diese Beobachtung dann noch einigemal wiederholt und stets mit dem nämlichen Resultat. Am 7. Juni 1889 ei-hielt ich aus etwa Va Liter Teichschlamm,, der an derselben Stelle geschöpft war, wo ich im Vorjahre Cristatellen in solcher Menge entdeckt hatte, jetzt aber überhaupt keine Kolonien auf- zufinden vermochte, nicht weniger als 120 wohl erhaltene Statoblasten, die schon nach 4 oder 5 Tagen bis auf verschwindende Ausnahmen die Embryonen ausschlüpfen Hessen. Auch Statoblasten von Plwna- tellen kamen vielf^ich zum Vorschein, doch habe ich sie keiner weitereu Prüfung unterzogen. Angesichts dessen werden wir uns nun von dem natürlichen Schicksal der Statoblasten folgendes Bild zu entwerfen haben. Die während des Sommers erzeugten Keiine gelangen durch den Zerfall der Mutterkolonien in Freiheit. Da aber bei der complicirten Verästelung vieler Stöcke das Schwinden der Gewebe allein die Zerstreuung der Fortpflanzungskörper noch nicht herbeiführen würde, so muss auch für die Zersetzung der chitinigen Gehäuse gesorgt sein. In dieser Hinsicht wird man die Thätigkeit der zahlreichen Larven von Dipteren und andern Insecten, welche sich schon zu Lebzeiten der Kolonien in diese einbohren, und so ihr Zerstörungswerk beginnen, in Anschlag zu bringen haben. Immerliin wird nur ein Theil aller Statoblasten vor Eintritt der kalten Jahreszeit die Oberfläche erreichen, ein anderer wird bis zum Winter von den Röhren umschlossen bleiben. Soweit nun die Bryozoenfauna an die Vegetation ge- bunden ist, welche das Ufer unserer Flüsse und Seen an seichten SteHen bedeckt, werden die abge- storbenen Kolonien im Herbst, oder wenn das Wasser zeitweilig gethaut ist, spätestens also im Frühjahr, mit den verwesenden Pflanzenresten zu Boden sinken. Dasselbe gilt auch von einem grossen Theil der freigewordenen Statoblasten, die vermöge der Adhäsion ihrer Flächen, bei Cristatella mittels der Dornen, an Blättern, Fasern u. s. w. haften geblieben sind. Bei Cristatella kann man ferner beobachten, wie sich im Herbst die ermattenden Kolonien von ihrem Podium loslösen und mit dem ganzen Inhalt an Fortpflanzungsmaterial*) zu Grunde gehen. Nach und nach wird sich also die Mehrzahl aller vorhandenen Keime in der Tiefe des Wassers anhäufen. Hier werden ähnliche Bedingungen herrschen, wie etwa in einem festv erpfropfteu Glase: Auch diejenigen Statoblasten, welche vom Frost unberührt gebHeben sind, werden durch den Abschluss der Luft keimfähig werden und in diesem Zustand einstweilen auf unbe- stimmte Zeit verharren. Sobald dann im Frühhng die Temperatur des Wassers auf den erforderlichen *) Eine Kolonie von 12 mm. Länge (15. October 1887) enthielt CS) reife Statobla,sten , eine solche von 65 mm. (18. October 188G) deren 496. i3 94 £S Minimalgrad der Wärme gestiegen ist, vollzieht sich die Keimung zunächst in den Körpern, welche an der Oberfläche umhertreiben und daselbst auch den Winter überdauert haben. Aus ihnen gehen die ersten Individuen hervor , welche die Fauna des folgenden Sommers begründen und durch geschlecht- liche Vermehrung wenigstens bei den Plumatelleii bald eine reiche Nachkommenschaft ins Leben rufen. Aber die Einhaltung der Art ist nicht allein von diesen mauclicr Grefährdung ausgesetzten Körpern , die namentlich durch die Nachtfröste im Frühjahr oft stark decimirt werden mögen, abhängig. Am Grunde der Gewässer ruht eine grosse Quantität von Reservematerial, welches nur des Augenblicks harrt, wo es sich mittels des Schwimmrings erheben und zur Ergänzung der vorhandenen Kolonien beitragen kann. Es fragt sich jedoch , auf welche Weise dieses Emporsteigen aus der Tiefe bewerkstelligt wird. Zu- nächst ohne Zweifel durch die fortschreitende Auflösung derjenigen, wie wir sahen, pflanzlichen Stoffe, an welchen die Statoblasten, ehe sie hinabsanken, einen Hylt fanden. Aber dieser Zerfall wird nur selten genügen. Die Keime werden durch ihn zwar von ihrer früheren Unterlage befreit, sind indessen wohl meist schon von einer dünnen Humusschicht überdeckt, welche sie an den Boden fesselt. Sie Avürden hier vielleicht dauernd zurückbleiben und schliesslich der Verwesung anheimfallen , wenn nicht durch das gerade in der Nähe des Ufers so reich entwickelte Thierlebcn der Grund in einer fort- währenden Bewegung erhalten würde. Die unzähligen Würmer, Crustaccen und Insecten, die Schnecken und Muscheln, welche daselbst ihren Aufenthalt haben, durchwühlen das Erdreich und tragen zur Mischung und Lockerung seiner Theile beständig bei. Sie stöbern gleichsam auch unter den in der Tiefe ruhenden Statoblasten und Ijewirken dadurch ihr Aufsteigen und indirect ihre Keimung. Daneben könnte die Entwickelung des Grubengases von Einfluss sein. Auf diese Weise wird bis in den Herbst hinein der sommerliche Bestand an Bryozoen aus dem Material des vergangenen Jahres ergänzt. Es Hesse sich sogar annehmen, dass die Statoblasten auch mehrere Jahre am Grunde verweilen können, ohne ihre Keimfähigkeit einzubüssen. Dafür den Nachweis zu fuhren , ist mir jedoch nicht gelungen : Aus Keimen von Cristatella, die seit dem Octobcr 1888 in verkorkten Gefässen gehalten waren, ver- mochte ich im Sommer 1890 keine Embryonen mehr zu erziehen. Die angehefteten Statoblasten der Flumatellen dienen da, wo dauerhafte Gegenstände das Podium der Kolonie bilden, ohne Zweifel zur Erhaltung des vStandorts auch für die kommenden Geschlechter. Ein Irrthum ist es jedoch, wenn Kraepelin behauptet, dass sie vorzugsweise auf festem Substrat zur Anlage gelangten. Ich habe sie ebenso häufig an den leicht vergänglichen Blättern der Nymphaeaceen, an Binsen und Schachtelhalmen gefunden und niemals bemerken können, dass das Material des Podiums einen bestimmenden Einfluss auf ihre Erzeugung ausgeübt hätte. Da sie nun in vielen Fällen nothwendig zu Boden sinken, ohne sich wiederum an die Oberfläche erheben zu können , so ist wohl anzunehmen , dass ihre Keimung im Gegensatz zu der der schwimmenden Statoblasten auch in tieferen Regionen vor sich geht. — • Zum Schluss möchte ich noch einen Gedanken aussprechen, der mir, wiewohl nicht beweisbar, doch einer Erwägung Averth scheint. Ich sagte oben, dass es nur eines gewissen Anstosses bedürfe, um den keimfähigen Statoblasten zur Entwickelung anzuregen und „die schlummernden Zellen zu frischer Thätigkeit zu erwecken". Den Ausdruck „schlummernd" verstand ich hier nicht bloss bildlich. Ich halte es in der That für möglich, dass das von den Schalen umschlossene Zellmaterial in einem Zustande verweilt, welcher für den unseren Thieren mangelnden Schlaf einen Ersatz leistet. Ich habe oben gezeigt, dass jede Knospe, welche im Stock angelegt wird, aus einer älteren sich herleitet, und dass <3 95 ö folglich die Tausende von Individuen der erwaelisenen Kolonie von jeuer bescliräulcteu Zahl embryonaler Zellen geliefert werden, welche in die Bildung der ersten Knospen Aufnahme gefunden hatten. Ich ■wies ferner nach , dass aus dem überschüssigen Material jeder Knospenanlage nicht allein die jüngeren Knospen, sondern auch die Statoblasten gebildet werden, die aus den nämlichen beiden Blättern, welche die Knospe zusammensetzen, ihre Entstehung nehmen. Vergegenwärtigen wir uns nun, eine wie ungeheure Arbeit die einzelne Zelle zu leisten hatte , ehe sie nach Abgabe so vieler Theilproducte an die Kolonie, an die Generationen von Individuen, welche darin enthalten sind, wieder dazu gelangte, in einem neuen Statoblasten Ruhe zu finden, erwägt man ferner, dass sie, um ihre Thätigkeit fortsetzen zu können, nun wirklich einer Ruhe bedarf, die zwar unter die in der Natur eingehaltene Dauer (Winter über) herab- gedrückt, aber nur selten, und dann vielleicht zum Schaden der Kolonie, ganz übergangen werden kann, so erscheint die Auffassung nicht so frenul, dass diese Ruhe, diese Periode des latenten Lebens, in dem nämlichen Gesetz ihren Grund hat, welches die höher organisirten Wesen treibt, ihre animalen Processe von Zeit zu Zeit zu unterbrechen und lediglich die vegetativen Functionen walten zu lassen. 2. Die Entwickelimg der Embryonen im keimenden Statoblasten. Nachdem ich mir über die äusseren Ursachen der Keimung klar geworden war, konnte ich der Betrachtung der inneren Vorgänge meine ganze Aufmerksamkeit zuwenden. Ich war jederzeit im Stande, in einem beliebigen Theil meines Vorraths an keimfähigen Statoblasten den Entwickeluugsprocess einzuleiten, und durfte hoffen, die verschiedenen Stadien vom ersten Beginn der Keimung bis zum Aus- schlüpfen der jungen Kolonie in lückenloser Reihe zu erhalten. Hier stiess ich indessen auf eine Schwierigkeit, die ich in solchem Grade kaum erwartet hatte. Es zeigte sich , dass die Statoblasten von Cristcdella , aucli wenn ihre Schalen bereits merklich gelüftet wai'en, den Embryo so nachdrücklich gegen äussere Einflüsse schützten , dass es fast unmöglich schien, ihn ohne tiefgreifende Verletzungen für Farbstoffe und Einbettungsmasse zugänglich zu machen, und dass selbst Conservirungsflüssigkeiten nur schwer Zutritt erhielten. Dies war eine Folge der Anwesenheit jenes Chitinhäutchens, dessen Entstehung und Wirksamkeit ich oben beschrieben habe (S. 79). Da das- selbe eine eigenthümliche Modification des Schwimmrings darstellt, welche allein bei Cristatella beobachtet wird, so bieten z. B. die Statoblasten der Plumateüen den grossen Vortheil, dass sofort nach dem Auf- brechen der Embryonalkörper zu Tage tritt und von Flüssigkeiten aller Art erreicht werden kann. Sie ermöglichen ferner durch ihre längliche Form ein leichtes Orientii'cn in bestimmter Richtung. Dagegen stehen sie an Grösse weit hinter denen von Cristatella zurück, die als runde Scheiben mit einem Durch- messer von ungefähr 1 mm. die Längendimension jener um das Doppelte bis Dreifsiche übertreffen. Aus diesem Grunde hatte ich vorzugsweise Cristatella für meine Untersuchungen ausersehen, doch bedurfte es vieler und niclit immer glücklicher Versuche, ehe es mir gelang, den bis zur Unnahbarkeit festen Verschluss der Statoblasten zu überwinden und mikroskopisch ins Innere derselben vorzudringen. Ein Anstechen oder -schneiden in frischem Zustande ist deshalb verwerflich , weil der flüssige Dotter alsbald zur Oeffnung heraustritt und der ganze Inhalt zu einer confusen Masse sich auflöst. Es <3 96 ö ist daher unter allen Umständen zunächst nöthig , den Statoblasten in geeigneter Weise zu fixireu , und dies gelang am besten durch Einwerfen in heisses Sublimat conc. Lösung, welches die Schalen schnell durchdrang und keine Schrumpfung bewirkte. '') Nachdem der Statoblast etwa 10 Minuten in der er- kaltenden Lösung verblieben war, wurde er in destillirtes Wasser gebracht und dann sogleich durch Anschneiden mit einem scharfen Rasinnesser geöffnet. Anstechen ist nicht zu empfehlen, weil dabei ein Druck ausgeübt wird, der den Inhalt versehrt, und weil durch eine verhältnismässig kleine Oeffnung stets schon eine beträclitliche Verletzung bedingt wird. Von grosser Wichtigkeit ist nun die Entscheidung der Frage, an welcher Stelle man den Schnitt anzubringen hat. Nach mehrfachem Fehlen erkannte ich, dass die untere, stärker gewölbte Fläche durchaus zu vermeiden sei, weil liier die Bildung des Primär- polypids vor sich geht. Ebenso sind Abtragungen des Randes nach Beginn der Keimung nicht rathsam, weil man dabei Gefahr läuft, wichtige Partien zu beseitigen. Der geeignetste Ort für äussere Eingriffe ist die beim Schwimmen nach oben gekehrte, flache Seite der Schale, die man am besten durch einen Tangentialschnitt mit einer kleinen Oeffnung versieht. Ich legte dabei den Statoblasten mittels eines befeuchteten Pinsels auf die Spitze des Zeigefingers der linken Hand , drehte die flache Seite nach oben , und indem ich durcli den entgegengestellten Daumen eine Verschiebung zu hindern suchte , führte ich mit der Rechten einen der Fläche des Statoblasten parallel gerichteten Schnitt gegen die Wölbung der oberen Seite. Bei einiger Ucbung gelingt es auf diese Weise leicht, eine Oeffnung zu erzeugen, welche genügt, den sonst unverseiirten Inhalt für flüssige Substanzen zugänglich zu machen. Nur in Fällen, wo der Discus bereits gesprengt und die Chitinlamelle zu Tage getreten ist, bleibt diese Methode von zweifel- haftem Erfolg, und zog ich es dann meist vor, den Statoblasten durch Abtragung eines Theils des Schwimmiings oder durch einen seitwärts ausgeübten Druck zu erschliessen. Ich Hess den Statoblasten kaum 1 Stunde entwässern und führte ilni dann allmählich in immer stärkere Lösungen von Alkohol, zuletzt in solche 96 ";„. Dies schien mir im Interesse einer deutlichem Färbung wünschenswerth. Nachdem er etwa einen Tag lang darin geweilt hatte, brachte ich ihn ebenso allmählich wieder in Wasser und darauf in Pikrokarmin , wo er mindestens 24 Stunden, meist länger, verblieb. Der genannte Farbstoff' hat mir von allen, die ich erprobte, weitaus die günstigsten Resultate ergeben. Da durch das Karmin vornehmlich die Kerne und daneben das Zellprotoplasma gefärbt werden, nicht aber der Dotter, auf den wiederum nur das Pikrin wirkt, so hebt sicli der letztere, wie die Figuren der Taff. XII — XIV zeigen, sehr schön von den zusammenhängenden Geweben des Embryonal- köi'pers ab. Die weitere Behandlung bis zur Einbettung ist die gewöhnliche. Vor dem Einbetten habe ich den in Nelkenöl befindlichen Statoblasten bei intensivem Lampenlicht unter dem Mikroskop (Zeiss Oc. 2 + Obj. A) besichtigt und die Lage des ersten Polypids, falls ein solches bereits vorhanden war, nebst dem Umriss der künstlichen Oeffnung so genau als möglich skizzirt. An der Hand dieser Zeich- nung gelang es dann in der Regel, den in Paraffin eingeschlossenen Statoblasten, natürlich ebenfalls mit Hülfe des Mikroskops, so zu richten, dass die gewünschten Schnitte, namentlich Sagittalschnitte, her- gestellt werden konnten. Da nach der Einbettung die Durchsichtigkeit des Objects nur eine geringe war, so hielt ich mich jetzt vornehmlich an die Contouren jener Oeffnung, die ich in der Zeichnung ver- merkt hatte, und nach der ich auf die Lage der Hauptknospe zurückschliessen konnte. Das Messer des *) Auch Pikrinsäure ergab brauclibare Eesultate. - — i3 97 ö Mikrotoms wurde ausser bei Frontaisclinittei) iniiiier so geführt, dass das Priiuar|)olypid zunäehst an der Analseite getroffen wurde, und in diesem Falle pflegte ich den Theil des Statoblastenrandes, welclien die Schneide zuerst berühren musste , vorher mit dem Rasirmesser abzutragen, damit abspringende Cliitin- stückc nicht, wie es sonst leielit gescliah, die Paraffinblättchen verletzen oder gar der ganze Statobhist aus dem Lager ausbrechen müclite. Ich wende mich nun zur Darlegung meinei' Befunde. Wir hatten in einem früheren Abschnitt den Statoblasten bis zu dem Stadium verfolgt, wo die untere, stärker gewölbte Schalenhälfte sich schliesst und das ganze Gebilde in seiner äussern Vollendung uns entgegentritt. So gelaugt es nach dem Zerfall der mütterfichen Kolonie ins Freie und wird hier im Verlauf der kalten Jahreszeit, selten schon früher, keimfähig. Welche Veränderungen der Statoblast daljci erleidet, habe ich aus der Vergleichung notorisch keimfähiger mit frisch producirten Körpern nicht zu entnelmien vermocht. Wahrscheinlich sind sie derart, dass sie sich überhaupt dem Bereich unseres mikroskopischen Sehens entziehen : Sie mögen sich eher auf die moleculare Structur der Zellen als auf ihren anatomisch erkennbaren Bau erstrecken. Im ungekeimten Statoblasten finden wir zunächst jene Zellschicht wieder, welche aus dem inneren Blatt der cystogenen Hälfte, also in letzter Instanz aus dem inneren Knospenblatt, ihren Ursprung nahm. Sie bildet ein einschichtiges, der Cliitinschale anliegendes Epithel (Taf. XI, Fig. 140; Taf. XIV, Fig. 159 : ec), aus welchem das Ectoderm der künftigen Kolonie hervorgeht. Nach innen zu grenzt sie theils un- mittelbar an den Dotter, theils an diejenigen Zellen der Bildungsmasse, welche unter Wahrung ihres ur- sprünglichen Charakters an das Ectoderm Anlehnung suchten. Derartige Zellen finden sich bei Pluma- tella nur wenige (Taf. XI, Fig. 13!-!, m), bei Crhtatella sind sie weit häufiger, ja sie bilden hier eine zweite, dünnere Epithelschicht, welche der ersten eng angefügt und mit ihr zu einer die Dottermasse um- schliessenden Zellzone vereinigt ist (Taf. XIV, Fig. 159, m). Die Dicke der ganzen Zone beträgt bei Cristatella, auf welche sich die folgenden Angaben immer zunächst beziehen, 1,5 — 2 /<. Etwa ^/a davon kommen auf die äussere, V;: auf die innere Zellschicht. Die Kerne haben einen Durchmesser von 0,4 bis 0,5 i-i. Die innere, mesodermale Schicht ist aber kein vollständiges, rings geschlossenes Epithel, sondern wird von epithelartig nebeneinandergelagerten Zellen gebildet, welche öfters und ohne bestimmte Ordnung Lücken erkennen lassen, in denen das Ectoderm bis dicht an den Dotter heranreicht. Am regelmässigsten erscheint sie im Bezirk der unteren Schalen hälfte. Inmitten derselben, da wo der end- liche Verschluss des Statoblasten erfolgte, findet sich stets eine Stelle, wo die mesodermale Bekleidung fehlt und die periphere Zone lediglich von Ectodermzellen gebildet wird (Taf. XI, Fig. 140). Im üebrigen ist der Statoblast von der Dottermasse erfüllt, welche mit den Zellen der inneren E))itlielschielit gleichen Ursprungs ist. Sie besteht aus zalillosen stark lichtbrechenden Kügelchen unge- fähr -^-on der Grösse der Ectodermkerne (Taf. XIV, Fig. 159, dk), neben welchen sich kleinere in allen Abstufungen bis zu den allerkleinsten vorfinden, die als feinkörnige Masse in der das Ganze durch- spülenden protoplasmatischen Flüssigkeit eingebettet sind. Diese Flüssigkeit kann man leicht durch Zerdrücken von Statoblasten , welche eine Zeit lang trocken gelegen haben, zur Anschauung bringen_ Die Dotterkugeln sind an und für sich farblos und erscheinen daher in ihrer Gesamtheit bei der Be- trachtung mit blossem Auge weiss resp. gelblich. Durch Karmin werden sie nicht gefärbt, dagegen er- halten sie durch Pikrinlösung einen Stich ins Gelbe, was je nach der Dicke der Schnitte mit grösserer Bibliotheca zooiogica. Heft VI. ^ o ö 98 ES oder geringerer Intensität hervortritt. Wie oben (S. 76) erwälnit, sind sie ein Product des protopL-isnia- tischen Tlieils e- sonders diftbrenzirten Theil der Randzone, den wir als „Keim seh e ib e" bezeichnen wollen. Hier ist es, wo die beginnende Entwiekelung zuerst zum deutliehen Ausdruck gelangt. Der Ort ist unter allen Umständen der gleiche, er ist namentlich, wie die S. 89 aufgeführten Versuche lehren unabhängig von der jeweiligen Lage des Statoblasten : Die Zellen m^hmeii ihre Thätigkeit steis da wieder, auf, wo sie beim Verschluss des Statoblasten inmitten derselben unterbrochen wurden. Auch sonst hat sich die Mesodermsehicht der Randzonc deutlich vom Ectoderm abgesetzt und zu einem vollständigen Epithel entwickelt, welches die Dottermasse allseitig umschliesst. Die früher be- obachteten Lücken, namentlich jene grössere am Boden der untei'on Schale, wo jetzt die Keimscheibe Platz gefunden hat, sind durch Neubildungen ausgefüllt worden, zu denen vermuthlich die in der Nälu^ befindlichen Dotterkerne Anlass gegeben haben. Die letzteren dürften , indem sie eine Anziehung auf die unter dem Einfluss dei' Keinitemperatur verflüssigte Dottersubstanz ausübten , diese theilweise um sieh versammelt haben und so zu Zellen angewachsen sein , welche der inneren Epithelschicht sich an- IQ 99 [> reihten. Dass Zellliililaiiu'cn im Dotter tliiifsiiclilieii und zwar wälireinl des "•aii/.eii N'erlaufs dei' Keiiiiuiiü: stattiinden. lässt sich an Sclmittpi'aiiarateii mit Sieherlieit coustatircn. iMan Ijemerkt daselbst (ifters An- sammluni^eu feinster Dotterkörnchen in l»estimmten l)Iäsclienti)nnii;:en Territorien (Taf. XII, Fig. 148, h\), an deren Perijjlierie'' in vielen Fällen ein deutlicher Kern nachweisbar ist (Taf. XIV, Fig. 160). .Je mehr die Lösuni;- des körnigen Inhalts fortschreitet, um so mehr nimmt das Gebilde den Typus einer ein- fachen Zelle an. Mau beobachtet solclie häufig inmitten des Dotters, nKÜst einzeln, seltener gruppen- weise (Fig. 161). Da sie sich auch in unniittelba^'er X'ähc der Epithelschicht vorfinden, mit der sie dann mehr oder weniger eng verbunden sind (Fig. 162 u. 163), so wird mau annehmen dürfen, dass die im Dotter entstandenen Zellen mit der Zeit an die Peripherie rücken und hier das mesodermale Blatt durch directe Einlagerung ergänzen. Etwas Aehnliches hat möglicherweise Verworn gesehen, der augiebt*), ..dass sich das Mesoderm aus der Oentralmasse anlege, in der spärlich zerstreut Zellkerne mit K(.-rn- körperchen auftreten, welche iiai'h dem äusseren Eande wandern und sich mit wenig Protoplasma als Mesoderm an die Ectodermschicht anlegen." Ausserdem hat aber der Dotter die Unterhaltung der jungen (iewebe durch Lieferung von Nähr- stoffen übernommen. Indem sich während der Keimung die körnigen Eli'niente , zuerst natürlich die kleinsten, dann auch die gröberen, in der sie umspülenden protoplasmatischen Flüssigkeit auflösen, werden die Zellen von dem Prodi\ct der Dotterschmelzung durchtränkt und zu fernerem Wachsthum angeregt. Möglichenlalls ist es für die Ernährun.g des Ectoderms nicht ohne Bedeutung, dass es an manchen Stellen und insbesondere da, wo die Keimscheibe zur Anlage gelangen soll, dircct an den Dotter grenzt, von dem es erst später durch die Vervollständigung des mesodermalen Epithels getrennt wird. Im weiteren Verlauf der Entwickelung nimmt vor Allem die Keimscheibe an Höhe und Breite zu. Sie erscheint dann in der auf Taf. XII, Fig. 142 wiedergegebenen Bildung. Ihr Rand ist an der Innen- seite wulstig verdickt, und demzufolge weist ihr centraler Theil eine leichte Vertiefung auf. Unmittell)ar nachdem das Stadium der Fig. 142 erreicht ist, beginnt von der äussern, der Schale benachbarten Seite her eine ringförmige Furche (Fig. 143 bei h) in das Ectoderm der Keimplatte ein- zuschneiden und schräg auswärts gegen den Wulst derselben vorzudringen. Dieser tritt daher mit um so grösserer Schärfe hervor , u.nd die ganze Keimscheibe zeichnet sich deutlicher vou ihrer Umgebung ab: Wir halien einen fest umschriebenen Schauplatz der wichtigen Vorgänge, welche hier folgen, vor Augen. Indem sich die Kingfurche gleichmässig vertieft und erweitert , behält die Keimscheibc ihre radiäre Gestalt bis auf Weiteres bei. Sie ändert ihre Form nur insofern, als die Ränder der Furche sich immer stärker zusammenziehen, so dass der in Fig. 143 mit breiter Fläche der Schale anliegende mittlere Theil der Keimscheibe (bei *) dieselbe bald nur noch mit seiner centralen Spitze Iterührt, bis auch diese letzte Verbindung aufgegeben ward und der von der Furche umschriebene Zellcomplex als Hacher Kegel in die Dottermasse einsinkt. Ein Flächensehnitt durch die Keimscheibe bietet uns alsdann den Anblick der Fig. 144 a, welche einer Serie entnommen ist, nach der in Fig. 144 der zugehörige Querschnitt construirt wurde. Wie der letztere andeutet, treten an die Stelle der weichenden Inneni'änder der Falte die Aussenräuder derselben (vgl. Fig. 143, h h), und indem sie sich mehr und mehr bis zur *) I. e. .S. 12«. 13* ö 100 ö völligen Berührung und gegenseitigen Verschmelzung einander nähern , schliessen sie nach Art eines zu- sammengezogenen Tabaksbeutels die Oeffnung, welche über dem mittleren Theil der Keimscheibo ent- standen war (Fig. 145, hh). So ist nun die Ringfurche und der von ihr begrenzte mittlere Theil der Keirascheibe von der Peripherie der äusseren Zellzone ins Innere derselben verlegt worden. Die Keimscheibe hängt wie eine Glocke von der zweiblättrigen Wand des Statoblasten herab, mit der sie ursprünglich Eins, gleichen Ur- sprungs und gleicher Bildung war. Sie ruht eingebettet in dem nährenden Dotter, dem sie belmfs stärkerer Resorption eine beträchtlich vergrösserte Oberfläche zuwendet. Gleiclizeitig ist aber auch die radiäre Form der Keimsclicibe verloren gegangen und in die bilaterale übergeführt worden. Diese wird dadurch angebahnt, dass die Aussenränder der Ringfurche nicht gleichmässig nach der Mitte zu vordringen, sondern dass sie sich auf der einen Seite stärker zu- sammenziehen als auf der andern, daher denn ihr Vereinigungspunkt exccntrisch und nacli der Kante des Statoblasten zu gelegen ist. Die ganze Keimscheibe wird dadurch in eine schräge Riclitung gebracht, welche in Fig. 14.5 u. 144 bereits angedeutet, in Fig. 145 a noch schärfur zum Ausdruck gekommen ist Indem wir uns nun den Statoblasten so um seine Axe gedreht denken, dass die Keimscheibe uns zugeneigt ist, können wir an derselben eine rechte und linke, eine Vorder- und Hinterseite unter- scheiden. Ueber die specielle Bedeutung dieser Theile wie des ganzen Gebildes, welchem sie angehören, hat uns die bisherige Entwickelung noch keinen Aufschluss gegeben. Ich will daher im voraus mit. theilen, dass die Keimscheibe nichts Anderes ist als die Anlage des ersten Polyp ids der künftigen Kolonie, die erste typische Knospe des Stocks, an der wir die Front fortan als Oralseite, den Rücken als Analseite zu bezeichnen haben. Der aus der Ringfurclie hervorgegangene Hohlraum der Keimsclieibe entspricht dem primären Knospenlumen, dem Atrium. Das Ectoderra der Statoblastenwand liefert das innere, das Mesoderm das äussere Knospenblatt. Man bemerkt, dass durch die ungleichmässige Zusammenziehuug der Keimscheibe das Polypid, wie bei der Knospenentwickelung im Stock (S. 26), vom Ort seiner Entstellung fort und nach vorn rückt, dass dies aber nicht durch Uebergang von Zellen der polypoiden Anlage in die Leibeswand, sondern dadurch geschieht, dass die Zellen der primären Leibeswand sich an der Polypidbildung be- tliciligen, ja die letztere ganz und gar erst begründen. LTnabweislich drängt sich hierbei die Frage auf, inwiefern in der radiären Keimplatte das bilate- rale Verhältnis schon vorgezeichnet ist, denn schwerlich können wir annehmen, dass bei den Ver- schiebungen, durch welche dasselbe zum Ausdruck kommt, alle Seiten gleich berechtigt und der Erfolg am Ende von blosser Willkür abhängig sein sollte. Denkbar wären zwei Möglichkeiten. Einmal könnte es sein, dass die Stelle, wo der Verschluss des Statoblasten erfolgt, in Wirklichkeit nie ganz genau im Centrum der Schale liegt, und dass daher für die Keimscheibe schon eine gewisse bilaterale Symmetrie gegeben ist. Eher aber möclite ich glauben, dass in der Natur der für die Polypidbildung bestimmten Zellen auf dem Wege der Vererbung von vorn herein die Art und Weise ilu-er Function angedeutet ist, und dass sich die Keimscheibe ebenso nothwendig in einer bestimmten Symmetrieebne orientirt, wie es die Tochterknos))e im Verhältnis zur Mutter thut. In den Figuren der Taff. XII und XIII ist, soweit sie Sagittal- oder Flächenschnitte darstellen, die Oralseite der Knospe nach links gekehrt. — K-; 101 ö — Nachdem sich die Ränder der Ringfurche über dem kegelförmigen Tlieil der Keimscheibe ge- schlossen haben, entsteht am Fuss des Kegeis, median und anal, eine bruchsackförmige Ausstülpung (Fig. 145, an) , welche sich kommaförmig gegen den oralen Theil der Knospe hinwendet. Von diesem her tritt ihr ein Gebilde ähnlicher Art entgegen , welches auf dem Stadium der Fig. 14ö eben zur An- lage gelangt und zwar nicht genau am gegenüberliegenden Pol der Knospe , sondern etwas über dem- selben am oralen Abhang des Centralkegels (bei or). Indem es in der Richtung auf das blinde Eude des hinteren Bruchsacks fortwächst (Fig. 146 u. 147), verschmilzt es mit demselben an der Berührungs- stelle, und die beiderseitigen Hohlräunu; treten unter Durchbrechung der Scheidewand in offene Com- munieation (Fig. 148). Der so gebildete Kanal stellt die Anlage des Darms dar. Der kürzere und weniger scharf von der Keimscheibe abgesetzte orale Schlauch repräsentirt den Munddarm, der genetisch ältere anale das Rectum und den erst spät zu deutlicher Differenzirung gelangenden Magen. An der Durchbruchsstelle bleibt eine Verengerung des Kanals in Form der Cardialklappe bestehen (Taf. XIII, Fig. 149). Unterdessen ist auch der obere Theil de^' Knospe zum Schauplatz wichtiger Veränderungen ge- worden. Er hat in Fig. 145, neben welcher man 145 a in Betracht ziehen wolle, im Wesentlichen noch die Gestalt einer rundlichen Scheibe oder eines flachen Kegels bewaiirt, nur bemerkt man gegenüber der Fig. 144, dass er sich an der Oralseite tiefer nach abwärts geneigt hat, und diese Bewegung nimmt auch auf den folgenden Stadien, wie Fig. 147 und der Sagittalschnitt Fig. 148 a lehren, ihren Fortgang. Dabei rückt die Knospe, speciell der Halstheil derselben, in oraler Richtung noch weiter vor, so dass sie mehr seitwärts im Statoblasten zu liegen kommt. Offenbar ist dies nur eine Fortsetzung jener Ver- schiebung, welche schon durch die ungleichmässige Zusammenziehung der Ringfurche eingeleitet war: Auch nachdem sich die Ränder geschlossen haben, bleibt die Thätigkeit der betheiligten Zellen eine un- gleichmässige, indem die im Umkreis des Knospenhalses anal (Fig. 145 etwa bei x) gelegenen Zellen sich lebhafter theilen als die vorderen. Ferner hat sieh während der Anlage des hinteren Darmschlauchs (an) vom After her eine Furche in das Ectoderm des Centralkegels einzusenken begonnen, um in gerader Richtung nach vorn bis zu der Stelle vorzudringen, wo der Munddarm (or) seine Entstehung nimmt, der gewissermassen als letzter Aus- liiufer dieser Furche erscheint. Seitwärts derselben, zur Linken und Rechten der Mittellinie, wölbt sich der Centralkegel immer stärker empor, ei" bildet auf diese Weise zwei kurze Zapfen oder Düten, welche mit ihren Spitzen gegen den Knospenhals , die spätere Ausstülpungsöffnuug, gerichtet sind. Der Hoiil. räum der Düten (Fig. 145 a u. 148 a, Ih) ist von dem mesodcrmalen Blatt ausgekleidet und gänzlich von der kernhaltigen Dottermasse erfüllt, die durch die abwärts gekehrten Mündungen in das Lumen eindrang. Der bisher einfache Conus der Keimscheibe hat somit die Form eines gabeligen Gebildes an. genommen. Wir erkennen darin den hufeisenförmigen Lophophor (1 der Figg.), dessen dottererfüllte Arme durch die beiden Zinken der Gabel repriisentirt werden. In Fig. 148 u. 149 sieht man den äussern Contour der letzteren, welche bereits auf den Stadien Fig. 145 u. 146 als niedrige Wülste an- gelegt sind, mittels der Linie 1 als Projection auf die Medianebne wiedergegeben. — Der zwischen ihnen befindliche Einschnitt, welcher anfangs fast horizontal gestellt ist, dann aber, der Bewegung der Knospe folgend, einen mehr und mehr senkrechten Verlauf nimmt (Fig. 147), lässt schon früh eine leichte Vertiefung erkennen (Fig. 145 — 147 , n), die sich bald stärker einbuchtet (Fig. 148) und dem- i3 102 ES nächst ein kug'eltünniges (i-eljüde rcjn-äscntirt, dessen Hohlraum nur noch durch eine feine Oeftnuni;- mit dem Lumen der Knospe verbunden ist (Taf. XIII, Fig. 149). Es ist dies die Auhige des Ceutrahiorveu- systems, das naturgemäss aus beiden Blättern der Knospe , der Hauptsache nach aber aus dem ectoder- malen bestellt, während das mesodermale Blatt nur als schützende Hülle, als Neurilemma, Vcrwerthung findet. Der eigentlich nervöse d. h. ectodermale Theil der Ganglienblase treibt nach seitwärts — mau sehe den Flächenschnitt Tai'. XIII, Fig. 150 d, der so genau wie müglich dem Stadium der Fig. 14'J entspricht — zwei Ausstülpungen in Form hohler Horner (In) , welche zwischen Feto- und Mesoderm des Lophophors ihren Platz tinden und die Hauptäste des Nervensystems, die Lophophorstämme , dar- stellen. Dieselben verlängern sich in der Richtung der beiden Arme und differenziren nach vorn den Schlundring. Die sonstigen Wandlungen, welche das Nervensystem seinem definitiven Zustand eutgegen- führen, ei-geben sich aus der Vergleichung. Um die geschilderten Vorgänge nochmals vor Augen zu führen, miiehte ich den Blick des Lesers auf die Figg. 151 u. 152 der Taf. XIII lenken, wo die Poly])idanlagc in der Ansicht von oben daro'estellt ist. Nur die Halsregiou, welche über der Tafelfläelie zu denken ist, wurde nicht wieder- o-eo-eben. Flu-. 151 ist ein .Stadium wie etwa Fii;'. 145, Fig. 152 steht in der Mitte zwischen Fij;-. 147 und 148. Mit an ist der hintere Theil des Darras, mit or die Stelle des emb; yonalen Mundes bezeichnet. Der Oralschlauch selbst ist in Fig. 151 noch nicht zur Anlage gelani^t^ in Fig. 152 ist bereits ein con- tinuirlicher Darm vorhanden. Vom After zum Munde sieht man die i\Iediau;urche verlaufen, welche den ursprünglich einfachen Centralkegel in die beiden seitlichen Loben 1 i'aeilt, die sich zu den Armen des Tentakelträgers heranbilden. Sie sind in den Figuren der Fläche des Statoblasten parallel durchschnitten, dahei' man deutlich die beiden Blätter der Anhige und die in die Lophophorhöhle eingedrungene Dotter- masse erkennt. AVäre der Schnitt etwas höher geführt worden, so würde der mit !h bezeichnete Raum vollständig ^-on der Knospein\and ubei-wiilbt erseheinen. Darüber würde sich das j)iimäre Knospenlununi innerhalb einer kreisförmigen Umgrenzung ausbreiten, welche von dri- Aussi'nlanK'ile der Ringfalte ge- bildet wird und der spätem Tentakelscheide homolog ist. In Fig. 151 erkennt von ihr bei ts ganz deutlich den tiefer gelegenen oi-alen Theil, im Bereich der Lophophorarme ist nur der untere Rand ge- troffen, d. h. die Stelle, wo die Arcssenl.-unelle in den Centralkegel, specioU in die Wandung des Lopho])hor.s übers'cht. Vor dem Munde vereinigen sieh die flacher werdemlen Lopjiophorwülste zur oralen Lophophor- Iciste 1. Dirsc ist in Fig. 152 von den stärker hervortretenden Armen beinahe schon ganz verdeckt, z. Th. auch deshalb, wed sich der orale Tiieil der Knospe immer mehr senkt und die anfangs flach aus- gebreiteten Organe zusammengezogen und übereinandergelagert werden. Das gilt namentlich auch von denen, die im Bereich der Medianfurche gelegen sind. In dei- Mitte derselben bemerkt man bei n eine Erweiterung, welche als erste Anlage des Nervensystems zu deuten ist und deren seitliche Buchten die Bildungsstätte der Lophophorstämme bezeichnen. Da in Fig. 151 der Oesophagus noch nicht kenntlich ist, so werden wir das Ganglion als das ältere Organ anzusprechen und ihm seinen Platz zwischen After- und Munddarm auch in genetischer Beziehung anzuweisen haben: Am ISoden der Keimscheibe entsteht zunächst, gleichsam durch Knospung, der hintere Tiieil des Darms, dessen inneres, der peripheren Zell- schicht des Statoblasten entstammendes Blr.tt specifisch entodermalc Functionen übernimmt und vorzugs- weise der Resorption zu dienen :.erufen ist. In der vom After orahvärts vorrückenden Medianfurclie bildet sich dann aus dem nämlichen Material die Ganglienblase. Zulotzt vertieft sich die Furche an S3 103 ■> — ilireiii vorderen Ende zum Oesophagus, der iiik-list der Tentakelknnie den am \venii;steii dittercnzirten Tlieil des ursprün.ü-lielien Knospengewebes darstellt. Die weitere Entwickelung des Polypids bietet nichts P^igenthümliches dar, und kann ich auf das über die Knospung im Stock Gesagte zurückverweisen. Xur die Lagerung des aus dem Analscldauch hervorgehenden, blindsaekförmigeu Tbeds des Wagens (Pyloricaltlieil) ist merkwürdig, insofern dieser im Statoblasten nicl\t wie sonst unter den Oesopliagus (Taf. TU. Fig. 46), sondern uaeli liinten über das Rectum geschlagen wird (Taf. XIV, Fig. 158), veinuithlich weil andernfalls die an der Oralseite befind- lichen Knospen räumlich zu sehr beeinträchtigt würden. Dass der Pharynx, zumal die anale, bis auf- wärts zum Epistom reichende Wand desselben, erst secundär in den Darnitractus einbezogen wird, die embryonale Mundöffnung also nicht genau der definitiven entspricht, sei hiei- nochmals betont. Noch auf dem Stadium Taf. XIII, Fig. 149 sieht man den (langlienknoten im Bereiche des Lophophors zwischen den beiden Armen liegen, während er später (Taf. XIV, Fig. 158), auf dem Schlundrohr ruhend, durch direete Abschnürung von der Darmwand entstanden zu sein scheint. Die Muskeln bilden sich, wie immer, aus Zellen des mesodermalen Blattes; die der Tuuica muscularis in völliger Uebeveinstimmung mit der gewöhnlichen Knospe, die freien jedoch nicht durch die früher (S. 61 f.) beschriebene, eigenthüm liehe Art der Abspaltung vom Knospenhals aus, sondern, wie ich glaube, so, dass an gewissen Punkten , wo das junge Polypid mit der cystidalen Leibeswand zeit- weilig in Berührung tritt, die benachbarten Zellen mit einander verwachsen und sich dann, bei gegen- seitiger Entfernung, unter Entwickelung der coiitractilen Substanz zu langen, sjiindeliornngen Fasern ausziehen. Die ersten Spuren der grossen Retrador- resp. Rotatormuskeln habe ich zur Zeit der Anlage des Ringkanals wahrgenommen : Auf den letzten zu Fig. 149 gehörigen Sagittalschnitien sah ich auf jeder Seite des Mundes ein Bündel von Fasern sich inseriren, welche, schräg nach unten und etwas nach hinten verlaufend, vom inneren Epithel der Statoblasten wand ihren Ursprung nahmen. Auf eine ähnliche Weise dürfte auch der Funiculus der ersten Knospe gebildet werden, doch stehen mir darüber keine Beobachtungen zu Gebote. Sowohl die Muskeln, welche die Leibeshöhle durchsetzen, als auch das ganze mesodermale Blatt, welches dieselbe umgiebt, weisen von Anbeginn eine innige Beziehung zu dem die Leibeshöhle erfüllenden Dotter auf, der, wie wir wissen, selbst aus Mesodermzellen seinen Ursprung genommen hat. Ja wir sahen, dass jenes Epithel, welches nun zugleich das äussere Blatt der Polypidknospe und die innere Schicht der Statoblastenwand darstellt, z. Th. aus den Kernen hervorging, welche sich aus dem Dotter auf das der Schale anliegende Ectodenn gleichsam niederschlugen. Schon damals musste behufs Er- gänzung der Kerne zu vollständigen Zellen eine Wiederumsetzung des Dotters in protoplasmatische Sub- stanz erfolgen, und um so weniger kann es uns Wunder nehmen, wenn eine solche auch bei allen ferneren Neubildungen im Statoblasten zu constatiren ist. In der That beobachten wir, dass überall, wo Mesodermbildungen auftreten , au der Leibeswand , in der Umgebung der Knospen , an der Muskulatur, die Dottermasse den engsten Anschluss sucht. Sie erfüllt sämtliche von Mesoderm ausgekleideten Hohl- räume der Polypide, das Lophophorlumen, den Ringkanal, die Epistomhöhle , die Tentakeln. Noch bei Thieren , welche die Schale bereits verlassen haben, findet man sie an all diesen Stellen, z. Th. dem Epithel angeschmiegt, z. Th. in Ballen oder zu einzelnen Körnchen versprengt, in der Leibeshöhle um- hergefiuthet. Der Grund dieser Erscheinung ist ohne Zweifel der, dass die Dottermasse fortdauernd zur *3 104 E> Unterhaltung der jugendliehen Gewebe beiträgt. Die Art, wie das geschieht, ist eine doppelte. Einmal findet, wie wir gesehen haben, im Anschluss an die im Dotter enthaltenen Kerne, welclie selbst auf den spätesten Stadien der Keimung nocli nacliweisbar sind, eine Neuljildung von Zellen statt, andererseits dient der Dotter zur Ernährung der sämtliclien scliou voriiandenen Embryonalgewebe. Nach Aufbruch des Statoblasten erscheint er in Folge der stärkeren Verflüssigung wolkig zerklüftet, und nach dem Ver- lassen der Schale sieht man die Reste desselben, sofern sie nicht bereits festen Anschluss an die Kolonial- wand gefunden haben, in dem die Leibeshöhle erfüllenden Fluidum, dem Product der Dotterschmelzung, unihergetrieben. Dieses Fluidum dient nun, indem es auf dem Wege der endosmotischen Dift'usiou durch die Membran ins Innere der Zellen gelangt, in ganz derselben AVeise zur Ernährung des Embryonal- körpers, wie s])äter die Leibeshöhlenflüssigkeit des erwachsenen Stockes die Ernährung der Kolonie be- werkstelligt. Es unterhält dabei nicht nur die Zellen des inneren Epithels, sondern es kommt, indem es durch diese weiter geleitet wird, auch denen der Muskelschicht und des Ectoderms zu Gute. Ausser- dem scheinen aber während des Embryonallebens auch g e f o r m t e Theile des Dotters aufgenommen zu werden. Fast überall sind im niesodormalen Blatt die wohlerhaltenen Kügelchen zu erblicken, welche namentlich an der Leibeswand so zahlreich auftreten , dass sie zuweilen fast den alleinigen Inhalt der Zelle ausmacliini (Taf. XIV, Fig. 164). Die Verflüssigung des Dotters findet demnach nicht nur in der Leibeshöhle, sondern auch im Innern der Zellen selbst statt, und dies gilt fü;- beide Blätter der Knospe in gleicher Weise. Indem das Mesoderm mehr Nährstofi^e in sich aufnimmt . als es für seinen eignen Bedarf verwerthcn kann, gicbt es den Ueberschuss an die tiefer liegenden Gewebe ab, und so wandern auch die Dottorkörncr, die Membranen durchsetzend, weiter fort iu das Ectoderm, wo man sie gelegent- lich auf allen Stufen des Uebergangs zu Gesieht bekommt. Sie verlieren dabei allmählich, wohl in Folgen fortschreitender Zeii-etzung, ihr Lichtbrechungsvermögeu , und man sieht sie zuletzt nur noch mit Mühe als blasse, schwach contDurirte Höfe vom Protoplasma sich abheben. An eine Aufnahme im flüssigen Zustand und nachherige Ablagerang innerhalb der Zellen ist hier gewiss nicht zu denken, da die lebhafte Tliätigkeit aller Zellen die Bildung von Reservenährmaterial ausschliesst. Nelien andern Functionen ist also dem Mesodenn auch die wichtige Rolle eines Vermittlers der Nährstoffe übertragen, die es nach Deckung des eignen Bedarfs den entlegneren Geweben zuführt. Jede der zahlreichen Faltungen der Knospe hat, ausser dass sie dieselbe ihrer definitiven Gestalt nähert. zugleich den Wertli, durch Vergrösserung der resorbirenden Fläche eine ausgiebigere Ernährung zu er- möglichen. Ist auf diese Weise das Embryonalpolypid zu einem Stadium gediehen , wo mit den bis- herigen Mitteln nichts mehr erreicht werden kann, so ist es gezwungen, durch eigene Tliätigkeit seinem gesteigerten Bedürfnis zu Hülfe zu kcmimen . und es erfolgt dann der Durchbruch nach aussen auf dem nämlichen Wege, wie wir ihn für die reguläre Knospung kennen gelernt lial)en. Eines geringfügigen Unterschiedes ist schon damals gedacht worden (s. S. t)4j. Ehe der Embiyo aber diese Stufe erreicht, ehe der Statoblast seine Schalen gesprengt hat, sind andere Bildungen in ihm aufgetreten, welche im Ftilgeiideu der Gegenstand unserer Aufmerksamkeit werden sollen: Ich meine die Secundärkn osp <■ u. Wenn vvir auf einem Stadium wie dem auf Taf. XII, Fig. 146 abgebildeten die Wand des Statoblasten betrachten, so bemerken wir oral vor dem Primärpolypid , dem Schwimraring gegenüber, eine Verdickung, an der beide Blätter betheiligt sind (KZ). Das Ectoderm, welches beispielsweise in- <3 105 5^ mitten der flacheren Schale, also unterhalb der Hauptknospe, noch c;anz den Charakter eines regulären, einschichtigen Cylinderepithels in Höhe von 1 — 1,5 /< bewahrt hat, zeigt hier eine Dicke von 3 — 3,5 fi und ist durch Uebereinanderlagerung der Producte der Zelltheilung zwei- und mehrschichtig geworden. In Folge dessen sehen wir unter seiner äussersten Schicht eine Zellgruppe sich ausljreiten , welche nicht bis an die Schale heranreicht, deren Elemente aber gegenwärtig noch keine Abweichung von dem all- gemeinen Typus der Ectodermzellen erkennen lassen. Später, wenn sich das Ectoderm in bestimmter Weise den Leistungen des Integuments angepasst hat, heben sie sich , indem sie iln-e embryonale Natur bewahren, schärfer von der Umgebung ab. Parallel dieser Gruppe erscheint auch das Mesoderm kräftiger entwickelt als an den übrigen Punkten der Peripherie. Während es sonst etwa eine Stärke von 0,5 fi besitzt, gewinnt es hier eine solche von nahezu 1,5 ft, und das niedrige Pflasterepithel geht in eine Schicht eng gefügter, cubischer bis cylLndrischer Zellen über, welche zusammen mit denen des Ecto- derms diese Stelle der Leibeswand in auffälliger Weise auszeichnen. Um uns über die Gestalt und Lage der Verdickung näher zu inforniiren, wollen wir den Flächeu- schnitt Taf. XIII, Fig. 151, der einem verwandten Stadium angehört und etwa in der Mitte zwischen den obern und untern Dornen geführt ist , zu Ratlie ziehen. Wir flnden die Zellgruppe KZ , welche sich hier von der äussersten Ectodermschicht deutlich abgliedert, oral vor der Knospe wieder und con- statiren, dass sie in der Breite eine Ausdehnung von 25 — 30 jn besitzt, also ihre Höhendimension, die wir auf 10 — 15 /< veranschlagen können, um etwa das Doppelte übertrifft. Neben ihr erscheint auch die Anschwellung des inneren Blattes , und so vereinigen sicli die beiden Constituenten der Leibeswand zu einem Gebilde von ganz besonderer Differenzirung, wenngleich seitwärts desselben die Charaktere des normalen Integuments fast unmerklich wieder zur Geltung kommen. Die doppelte Frage nach der Herkunft und nach der Bestimmung dieses Gebildes suchen wir zunächst in ihrem zweiten Theil zu beantworten, indem wir die späteren Stadien einer Betrachtung unterwerfen. Und das Resultat derselben vorwegnehmend, will ich erklären, dass die Verdickung den Mutter- boden darstellt, auf welchem die jüngeren Individuen der Kolonie, die Secundärknospen, ihre Entstehung nehmen, vor Allem jene beiden Polypide, welche sich zur Rechten uud Linken des ältesten gruppiren und zur Zeit, wo der Embryo die Schale verlässt, zwar noch als Knospen, aber immerhin schon auf hoher Entwickelungsstufe uns entgegentreten. In Fig. 152 hat sich die ectodermale Zellgruppe erheblich vergrössert, sie hat namentlich an Dicke gewonnen, und zwar weniger in der Mitte als an der linken Seite (bei B) , wo das Mesoderm in Form einer flachen Beule nach innen hervortritt. Bald zeichnet sich diese Beule schärfer von der Um- gebung ab, und es bleibt dann kein Zweifel, dass wir in ihr die Anlage einer neuen Knospe, der zweiten des Stockes, zu erblicken haben. Diese Knospe entwickelt sieh fast genau so, wie es späterhin Regel ist, zuweilen jedoch treten auch an ihr Erscheinungen zu Tage, welche an die Entstehung des ersten Polypides erinnern und zwischen den Extremen vermitteln. In Fig. 153 ist im Sagittalschnitt ein Stadium dargestellt, wo sich das Lumen der Knospe dadurch zu bilden beginnt, dass der ectodermale, unter der äussersten Epithel- schicht (ec) gelegene Zellcomplex sich an der Peripherie zusammenzieht und in Folge dessen stärker nach innen hervorwölbt, wobei sich sein mittlerer Theil von der äussersten Ectodermlage entfernt. Das geschieht etwa so, wie wenn man die Hand flach auf den Tisch legt und dann, indem man die Finger- Bibliotheca zoologica. Heft VI. 14 spitzen der Handwurzel nähert, die Hohlhand entstehen lässt. Je mehr sich der Zellcomplex coutrahirt, um so deutlicher wird sein Lumen und um so schärfer heben sich die einander genäherten Ränder von dem centralen Theil der Knospe ab (Fig. 154). Demnächst entsteht eine zweischichtige Hohlkugel (Fig. 149, B), welche keine Unterschiede mehr von einer gewöhnlichen Knospe gewahren lässt. Augenscheinlich ist dieser Vorgang nur eine abgekürzte Wiederholung der Zusammenziehung jener Keimscheibe, welche dem ersten Polypid seine Entstehung gab. Wälirend die Keimscheibe in ihrer ganzen Ausdehnung noch unmittelbar an die Schale grenzte, ist ihr Homologon, die ectodermale Zellgruppe nebst dem zugehörigen Mesoderm, bereits mehr nach innen verlegt und durch eine zum Integument sich heranbildende Zellschicht (Fig. 153 u. 154, ec) von der Schale getrennt. Von diesem Unterschied abgesehen , ist dei- Process der Zusammenziehung der Knospenanlage behufs Bildung des Lumens der nämliche. Wie dort die Keimscheibe von der Schale, so zieht sich hier eine bestimmte Zellgruppe von der äussersten Ectodermschicht zurück und in sich selbst zusammen, wodurch denn beide- mal die Anlage eines neuen Individuums begründet wird. In Fig. 154 finden wir sogar ganz deuthch die Ringfurche wieder, welche den Centralkegel (bei *) von dem peripheren Theil der Knospe scheidet (vgl. Taf. XII, Fig. 144). Aber nicht immer konnnen in der zweiten Knospe die beregten Erscheinungen noch zum Aus- druck. Mitunter stimmt die Entwickelung so vollständig mit der gewöhnlichen überein, dass man sich die Knospe gar wohl auch in einer älteren Kolonie könnte entstanden denken. Das ist z. B. bei der in Fig. 155 abgeliildcten der Fall. Hier ist der Centralkegel schon ganz in die anale Wand der Knospe einbezogen worden, wo er etwa bei * seine Stelle gefunden hat. Er tritt erst secundär zu Tage, wenn bei Beginn der Dannbildung der After kenntlich geworden ist, und er wird alsdann durch jene „Anal- platte" repräsentirt, welche als Bildungsstätte des eigentlichen Polypids bereits früher (S. 46 f.) unsere Aufmerksamkeit in Anspruch nahm. Wir sehen auf diese Weise in der Knospe von vorn herein ein Verhältnis obwalten, wie es beim ersten Polypid nur ganz allmählich erreicht wurde, indem der anfangs horizontal gestellte Centralkegel sich an der Oralseite mehr und mehr senkte und endlich eine fast senk- rechte Lage im Statoblasten einnahm (vgl. Taf. XII, Fig. 144 u. 148a). Mit der Zusammen ziehung der Knospe B ist aber nicht der ganze Zellcomplex, den wir auf Taf. XIII, Fig. 151 u. 152 bei KZ sich ausbreiten sahen, verbraucht worden. Ein Theil desselben, und zwar der auf der anderen Seite (Fig. 152 bei B') gelegene, bleibt davon ausgeschlossen. Seine Elemente, die wir auch auf späteren Stadien constant neben der Knospe B wiederfinden (Taf. XII, Fig. 148, b; Taf. XIII, Fig. 150d, B') , fahren unter Wahrung ihres embryonalen Charakters fort, sich zu vermehren, und begründen dadurch die Anlage eines dritten Sprosses, dessen Bildung sich nun wohl ausnahmslos ebenso wie im freilebenden Stock vollzieht. Um diese Zeit hat die Kolonie in der Regel bereits die Schalen des Statoblasten gesprengt und auseinander zu treiben begonnen, ein Process, der in Fig. 149 als unmittelbar bevorstehend zu denken ist. Die beiden jüngeren Knospen orientiren sich an der Oralseite der ältesten unter allen Umständen so, dass sie zur Linken und Rechten derselben zu liegen kommen. Die Mehrzahl der von mir beob- achteten Fälle zeigte den ersten Tochterspross B auf der linken, den zweiten B' auf der rechten Seite der Hauptknospe. Zuweilen aber trifft auch das umgekehrte Verhältnis zu, wie auf dem Taf. XIV, Fig. 156 wiedergegebenen Situationsbilde. — f3 107 ES Immerhin ist selbst nach der Production von zwei Tochterthieren das embryonale Material der Knospenzone noch nicht verausgabt. Zwischen B und B' ist ein Rest von Zellen übrig geblieben, aus denen eine dritte Knospe, B^, hervorgeht, die nun median vor dem Primärpolypid ihren Platz findet (Tai". XIV, Fig. 157 u. 158, B^). Ja es ist nicht ausgeschlossen, dass ihr noch eine vierte oder gar eine fünfte folgt, wie wir denn einen solchen Fall bereits früher zu erörtern Gelegenheit hatten (S. 25). Ueber kurz oder lang muss sich jedoch der Vorrath der fortpflanzungsfähigen Zellen, welche innerhalb der Knospenzone angehäuft waren, erschöpfen. In der Wandschicht des Statoblasten, vor Allem im Ectoderm, treten immer deutlicher die Veränderungen auf, welche das Integument der ausge- bildeten Kolonie vor dem embryonalen Gewebe der Knospen auszeichnen, und welche die betrefi'enden Zellen unfähig machen, anderen Functionen zu dienen als den einmal übernommenen. Wir beobachten daher, dass die Knospen der dritten Generation (C, C u. s. w.) sich aus dem Material entwickeln, welches bereits in die der zweiten Generation (B, B' u. s. w.) Aufnahme gefunden hatte, und dass von jetzt ab die Form der Doppelknospe zu typischem Ausdruck gelangt. Die Knospe C geht aus den im Ha Ist heil der Knospe B befindlichen Zellen hervor, und nach diesem uns bekannten Princip folgt nun Knospe auf Knospe und Zweig auf Zweig, bis endlich der reich verästelte, complicirt gebildete Stock uns entgegentritt. Aber nicht bloss für die jüngeren Kjiospen, sondern auch für das Cystid muss fortan jede Knospe na n läge selbst sorgen. Die Leibeswand ist nicht mehr im Stande, der fortschreitenden Häufung der Polypide aus eigenen Mitteln Rechnung zu tragen, sie muss ihre Baustoffe an anderen Stellen suchen, und sie bezieht sie von da, wo sich allein loch Reste des embryonalen Materials des Statoblasten erhalten haben, d. h. aus dem Halstheil der jungen Knospen. Diese anscheinend neue Art der Entwickelung beginnt schon auf einem Stadium, wo der Embryo noch von den Schalen umschlossen ist. Auf Taf. XIV, Fig. 157, hat die Knospe B zwei Tochterknospen (C u. C'), die Knospe B' deren eine getrieben, B^ ist selbst eben erst angelegt. In Fig. 48 — 50, Taf. III, sind einige Kolonien kurz nach der Geburt dargestellt. Nachdem wir die Knospenzone, die uns zuerst in Fig. 146 begegnete, nunmehr in ihrer ferneren Entwickelung kennen gelernt haben, bleibt mir noch Einiges über ihren Ursprung hinzuzufügen. Ich habe sie nach abwärts nicht weiter verfolgen können, als bis zu dem Stadium Taf. XII, Fig. 144, wo sie durch das cubische Epithel des inneren Blattes der Statoblastenwand, welches sich oral vor der Hauptknospe in der Höhe des Schwimmrings ausbreitet, schon ganz deutlich gekennzeichnet wird. Sie ist hier bereits vollständig von der Hauptknospe getrennt, zu der sie auch später in keine nähere Be- ziehung tritt. Durch die Zusammen ziehung der Keimscheibe werden offenbar die nächstliegenden Theile der Statoblastenwand stark in Mitleidenschaft gezogen, da sie das Material hergeben müssen, welches für das ins Innere verlegte, bisher an die Schale grenzende Stück der Keimscheibe einen Ersatz leistet. In Folge dessen linden wir sie dann als äusserst niedriges Plattenepithel entwickelt (Fig. 145 u. 146), das in doppelter Lage (Ect. -|- Mes.) nur eine Dicke von etwa 0,5 /< aufweist, während die übrigen Partien der Wandschicht ein Gewebe von mehr als der dreifachen Stärke darstellen. Die Keimscheibe wird also durch einen Hof von Plattenepithel gleichsam isolirt, und es erscheint daher als ausgeschlossen, dass um diese Zeit irgend ein Uebergang von Zellen der Hauptknospe in das Gebiet der Secundärknospen stattfindet, wie man wohl a priori zu glauben versucht sein könnte. Möglich bleibt es jedoch, dass schon 14* 13 108 ES im ersten Beginn der Entwickeliing- (Stadium der Fig. 141) mit den Elementen der Keimscheibe auch die der Knospenzone in einen gewissen Gegensatz zu den übrigen Theilen der Statoblastenwand traten, und dass beide zusammen eine Einheit bildeten, die erst durch die Zusammenziehung der Keimscheibe zum Primärpolypid definitiv gelöst wurde. Wie dem auch sein mag, so werden wir doch in jedem Fall annehmen müssen, dass die Zellen der Knospenzone von vorn herein für ihre spätere Aufgabe ausersehen waren , und dass es nicht etwa dem Zufall oder äusseren Einwirkungen überlassen blieb , ob dieser oder jener Theil der Peripherie die Tochterknospen erzeugte. Wir müssen annehmen, dass ebenso nothwendig , wie sich das Primärpolypid in dieser bestimmten Weise, mit dieser bestimmten Seite als Oralseite, im Statoblasten orientirte, ebenso nothwendig auch die Tochterknospen an dieser bestimmten Stelle ihre Entstehung nahmen.*) Die Wandlungen, welche die zum Ectoderm des Integuments sich entwickelnden Zellen des Statoblasten durchlaufen, sind ähnHch denen , welche später im Stock beobachtet werden. Ein Theil ge- winnt die Fähigkeit der inneren Secretion und stellt die Blasenzellen des Integuments dar (Taf. XIV, Fig. 165, b), ein anderer bleibt compact und cylindrisch und scheidet ein äusseres Secret ab (Fig. 165, a). Während aber bei der fertigen Cristatella die Blasenzellen nur in der oberen Decke entwickelt werden, die Cylinderzellen dagegen mit ihrem äusseren Secret auf die dem Podium anliegende Basalfläche be- schränkt bleiben, sehen wir beim Embryo beide Zellsorten durch das ganze Integument gleichmässig vertheilt, daher denn an der gesamten Oberfläche eine zarte Cuticula differenzirt wird. Dieselbe tritt bald nach Sprengung der Schale auf und ist in Fig. 157 mit gelber Farbe raarkirt, auch auf den Stadien Fig. 156 u. 158 Hess sie sich nachweisen. Wahrscheinlich erleicht-jrt sie das Abfallen der Schalen, indem sie diesfui gegenüber in ähnlicher Weise wirkt, wie später als Gleitmembran gegenüber dem Podium. Nach dem Ausschlüpfen erweist sich die Sohle als der conservativere Theil der Leibes- wand, da in ihr das alte Verhältnis im Wesentlichen bestehen bleibt. In der obei-en Decke werden sämtliche Zellen des Ectoderms nach und nach zu Blasenzellen umgewandelt, wobei sie jedoch, wie wir gesehen haben, die Fähigkeit belialten , sich unter Anlehnung an feste Körper zu compacten Zellen zu regeneriren (vgl. S. 27 f.). — Was die Statoblasten der Plumatellen betrifft, so halje ich ihre Entwickelung nicht so genau verfolgt wie bei Cristatella, doch unterliegt es wohl keinem Zweifel, dass die Hauptsachen übereinstimmen. Das Primärpolypid wird auch hier inmitten der gewölbteren (unteren) Schalenfläche angelegt, wo ich es auf ziemlich jugendlichem Stadium nachweisen konnte (Taf. XIV, Fig. 166). Es rückt dann in der Längsrichtung des Statoblasten oralwärts vor (Fig. 167) und ist nach wenigen Tagen ausstreckbar, wo- rauf sich der Embryo unter dem Schutz der Schalen , die der Kolonie oft noch in späterem Alter an- haften, festsetzt (Taf. III, Fig. 53 u. .54). Schon während der Statoblast sich öffnet, sondert der frei werdende Theil des Ectoderms eine dicke Cuticula ab (Fig. 166 u. 167, c). Bei den „angehefteten" Keimen entspricht die dem Podium angefügte Schalenhälfte der flacheren Oberseite der schwimmenden Statoblasten, d. h. der angeheftete Statoblast verhält sich zu seiner Unter- *) Ich brauche wohl kaum hervorzuliehen , dass ich meine frühere Ansieht, der Ort der Entstehung des ersten Individuums sei durch den Bau des Statoblasten bedingt und aus mechanischen Gründen motivirbar (Zool. Anz. Nr. 280, 1888\ bei besserer Einsicht in das We.sen der Entwickelung ganz und gar aufgegeben habe. ^3 109 3^ läge genau so, wie der schwimmende Statoblast zum Wasserspiegel! (in Fig. 167 ist beides durch deu horizontalen Strich angedeutet). Der Embryo des ersteren befindet sicli daher sofort in einer Lage, welche ihm das Weiterwacliseu am Orte der Anheftung möglich macht. Zielien wir eine Parallele zwischen der Kuospung im Statoblasteu und derjenigen im Stock, so treten uns auf deu ersten Blick zwei wichtige Unterschiede entgegen. Das erste Polypid des Statoblasteu entwickelt sich nicht aus einer Knospe, wie sie uns sonst als typisch bekannt ist, sondern entsteht durch Zusammenziehung einer Keimplatte, die erst allmählich eine weniger fremde Gestalt gewinnt. Wir sehen ferner, dass diese zusammengezogene Keimi^latte einer gewöhnlichen Knospe nur zum Theil entspricht. Sie producirt nur das Polypid mit der Tentakelscheide und der Duplicatur, während später auch das Cystid und die Tochterknospen aus der polypoiden Knospenanlage hervorgehen. In Fig. 108, Taf. IX, ist der durch Schraffirung ausgezeichnete Theil der Knospe B die Bildungsstätte des Polypids, d. h. des Darms und der Tentakelkrone. Dieser Theil, die hintere Wand des Atriums, ist das Homologon des durch die Ringfurche umschriebenen Stückes der Keimscheibe (Taf. XII, Fig. 143 und 144), welches später als „Centralkegel" vollständig ins Innere des Statoblasten verlegt wird. Die Ringfurche selbst, die den Hohlraum der geschlossenen Keimscheibe bildet, ist das Atrium. Ihre periphere Wand (Fig. 144, ts) repräsentirt diejenige Region der Knospe, aus der die Tentakelscheide hervorgeht (Taf. IX, Fig. 108, ts). Für die darüber gelegene, cystidalc Zone der F^g. 108, die auch die Tochterknospen zu liefern hat, finden wir im Statoblasten kein anderes Seitenstück als das E mb ry onalcy s tid selbst, welches hier dem Primärpolypid gegenüber ganz dasselbe leistet wie jener oberste Abschnitt der polypoiden Knospe des ausgebi'deten Stockes. Der keimende Statoblast ist also einer einzelnen Knospe des Stockes oder einem einzelnen Cystid mit dem dazu gehörigen Polypid gleich werthi g. Während sich aber im Stock das Cystid aus der polypoiden Knospe im wörtlichen Sinne entwickelt, herrscht im Statoblasten gerade das umgekehrte Verliältnis. Hier ist das Cystid die primäre Bildung, an dem Cystid entsteht durch Einfaltung und Zusammenziehung das Polypid. Die Knospung im Statoblasten und die Knospung im Stock vergegenwärtigen uns jene beiden „Knospungshauptmodificationen", nach welchen Nitsche die sämtlichen Bryozoen in zwei ver- schiedene Gruppen getrennt hat.*) Der Statoblast repräsentirt uns „die Knospung mit voraneilendem Cystid", im Stock herrscht „die mit voraneileudem Polypid". Betrachten wir indessen einen Statoblasten auf dem Stadium, wo sich die Keimscheibe noch nicht zusammengezogen hat (Fig. 141 oder 142), und vergleichen wir dieses Stadium mit den folgenden (Fig. 143—148), so erkennen wir, dass die embryonale Wandschicht nicht etwa lediglich das Cystid, d. h. die oberste Region einer gewöimlichen polypoiden Knospenanlage darstellt, sondern dass auch in ihr schon derjenige Theil der letzteren, welcher das Polypid selbst erzeugt, enthalten ist. Alle die Theile, welche wir im weiteren Verlauf als Homologa gewisser Partien der Knospe erscheinen sahen, gingen hervor aus der DifFerenziruug einzelner Abschnitte der Statoblastenwand , und wir können sie auf dieselbe mit Leichtigkeit wieder zurückführen. Der Centralkegel, die Bildungsstätte des Darms und *) Knospung S. 121 ff. ~K-? 110 £S— der Tentakelkrone des ersten Polypen, geht zurück auf den am Boden der unteren Schalenhälfte (Fig. 142, h-h) gelegenen Zellcomplex, welcher somit der hinteren Wand des Atriums einer gewöhnlichen Knospe entspricht. Die daran grenzende gürtelförmige Zone, welche die äussere Wand der Ringfalte liefert, ist dem Gebiet der Tentakelscheide homolog. Der Rest des Statoblasten repräsentirt den cysti- daleu Theil und die Region der Tochterknospen. Die nebenstehenden beiden schematischen Bilder, links einer Knospe, rechts eines Statoblasten, wer- den diese Verhältnisse vollends klarlegen. Mit P \\ f f/' "\\ ist beidemal die Region des Polypids, mit ts die der Tentakelscheide, mit C das Gebiet der cystidalen Ih ^^■^^''^==~ ^^=:=^^^ Zellen bezeichnet. Der Statoblast ist gleichsam eine voll- 'ständig umgewendete Knospe, eine Knospe, in der alle Zellen, welche das primäre Lumen (Atrium) begrenzten , nach aussen gekehrt sind, alle die, welche der Leibeshöhle benachbart waren, nach innen schauen. Der dottererfüllte Hohlraum des Stato- blasten entspricht der Leibeshöhle der Kolonie (Lh im Schema), die der Schale anliegende Aussenseite dem Lumen der Knospe. Indem ein Stück dieser Aussenseite durch Zusammenziehung nach innen ver- legt wird, entsteht das Primärpolypid mit seinem geschlossenen Atrium innerhalb des zum voraus ge- bildeten Cystids, während bei der Knospe aus dem primär angelegten Polypid secundär das Cystid sich entwickelt. Der formellen Umkehr der Knospe entspricht also aucli eine Umkehr in der Entwickelung ihrer einzelnen Theile. Es ist nun die Frage, auf welche Weise eine so merkwürdige Modification der einfachen Knospe, wie wir sie im Statoblasten verkörpert sehen, zu Stande gekommen ist, und behufs einer Lösung wollen wir unsei'e früheren Resultate hier nochmals überblicken. An der polypoiden Knospe entstanden im Stock dureli Ausstülpung ihrer beiden Blätter die Tochterknospen, und zwar derart, dass jede jüngere Tochter zwischen die Mutter und deren ältere Tochter trat. Wir erhielten das Schema A . . . B^ B' B , dessen Bedeutung wir bereits kennen. Nach demselben Princip erfolgte auch die Bildung des Keimstocks, der wie eine erste Tochter aus beiden Blättern der Primärknospe sich anlegte, mittels des Funicularstranges jedoch in dauernde Ver- B^ B' B K. Der Keimstock hat nun die Aufgabe, bindung mit dieser gesetzt blieb Schema A sein Material s o zu verwerthen , dass es nach dem Zerfall der gegenwärtigen Kolonie zur Begründung eines neuen Geschlechts dienen könne. Zu diesem Behufe producirt er die Statoblasten. Dieselben entstehen an ihm in der nämlichen Folge wie an der Knospe die Tochterknospen, nach dem Schema K . . . S^ S' S. Sogar die Entwickelung des einzelnen Keimkörpers können wir der Entwickelung der Knospe an die Seite stellen, insofern sie sich zunächst leicht als eine Ausstiüpung der beiden Blätter des Keimstocks auffassen lässt (S" in der schematischen Zeichnung der folgenden Seite). Dann aber tritt eine Abweichung zu Tage. Die Knospe bleibt mit der Mutter durch die Kolonialwand verbunden, der Statoblast schnürt sich vom Keimstock ab und hängt nur noch mittels des Funicular- 111 ES-- epithels mit ihm zusammen (S*). D.adurcli ist die Situation eine weseutlicli andere geworden. Der Statoblast ist jetzt vollständig ins Innere der Kolonie verlegt worden, sein Lumen kann nicht wie •das der Knospe durch einfache Durchbrechung der Wand mit der Aussenwelt in Verbindung treten. >O^WHmr^ s* Ebensowenig aber wäre er fähig , sich weiterzubilden , wenn er etwa auf diesem Stadium durch den Zerfall der Kolonie frei würde. Denn dasjenige Blatt, welches den Contact mit der Aussenwelt zu ver- mitteln berufen ist, ist hier nach innen gekehrt, und das äussere Blatt ist das, welches die Leibeshöhle begrenzen soll und vorläufig — als Funicularepithel — in der That begrenzt. Nur durch voll- ständige Umkehr der Keimblätter könnte also ein Zustand herbeigeführt werden, in dem eine der- artig isolirte Knospe die Anlage eines neuen Stockes begründen könnte. Diese Umkehr wird dadurch angebahnt, dass das innere Blatt der Statoblastenanlage (cystogene Hälfte) das äussere (Bildungsmasse) zu umwachsen beginnt. Wir können diesen Process der Umwachsung auch als Einstülpung deuten, d(?nn wir sehen in Wirklichkeit, dass durch eine Wucherung des äusseren Blattes (S^ m') das innere comprimirt und bis zum Verschwinden seines dem primären Knospenlumen entsprechenden Hohlraumes zusammengefaltet wird (S^). Der eingestülpte Theil stellt nun den Inhalt des definitiven Statoblasten dar, der sich unter Verengerung der Einstülpungsöifnung (S') schliesslich ganz abschnürt und von dem äusseren Theil der Anlage isolirt (S). Dieser äussere Theil dient lediglich zur Umkapselung des inneren mittels der Chitinhülle, welche den zwischen beiden befindlichen Spalt, also das primäre Lumen der Statoblastenanlage, einnimmt. Damit ist seine Aufgabe erfüllt, und nur der innere Theil kommt ferner noch in Betracht. In ihm ist die Umkehr der Keimblätter durch- geführt: das innere Knospenblatt (ec*) ist nach aussen, das äussere (m') nach innen gewendet. Er würde, wenn er jetzt an die Aussenwelt träte, dieser mit derjenigen Fläche begegnen, mit der auch die Knospe im Lauf der Entwickelung sich ihr gegenüberstellt. Denn auch bei der Knospe ist die Cystid- bildung mit einer Umkehr der Keimblätter verbunden, und diese Umkehr findet theilweise sogar momentan, nämhch während der Ausstülpung des Individuums, statt. Sie erfolgt aber hier durch Aus- stülpung der Anlage, beim Statoblasten durch Einstülpung, also in entgegengesetzter Richtung. Der zuerst ausgestülpte Theil der Knospe ist das Cystid ; dasselbe gilt von der zuerst e i n gestülpten Partie des Statoblasten, welche die Leibeswand der künftigen Kolonie liefert. Der Theil der Knospe, der sich zuletzt ausstülpt und mit der Umgebung am spätesten in Berührung tritt, ist das Polypid ; die- selbe Bedeutung hat beim Statoblasten der zuletzt eingestülpte Theil, das Polypid entwickelt sich hier an der Stelle, wo die Abschnürung der Einstülpung vor sich ging (S. bei *). Während aber bei der Knospe das Polypid den ältesten, primären Theil repräsentirt, ist es beim Statoblasten gerade der jüngste, der sich erst secundär bei der Keimung deutlich zusammenzieht. Die Knospe ist ein vom polypidalen ö IV^ Ei Pol sich entwickelndes Individuum mit secundärer Cysti dbil d ung, der Statoblast ein vom cysti- dalen Pol sich entwickelndes Einzelthier mit secundärer Polypidbilduug. Für ein dem Verbände des Stockes angehöriges Individuum sind naturgemäss die dem Nahrungserwerb dienenden Organe die wesentlichsten : der Darm und die Tentakelkrone werden bevorzugt, das Integument, dessen Leistungen einstweilen von dem mütterlichen Cystid übernommen werden, folgt in zweiter Linie. Für ein behufs Erhaltung der Art i s o 1 i r t e s Individuum kommt es dagegen zunächst auf die K ö r p e r w a n d an, erst nachdem diese geschaifen, das Individuum gegen die Aussenwelt sicher gestellt ist, kann durch Anlage der ernährenden Organe den weiteren Forderungen des Lebens Kechnung getragen werden. — Ich möchte hier gleich noch eine Bemerkung bezüglich der „Win terk nospen" y o n Paludicella anschliessen, deren Entstehung mir ganz verschieden von derjenigen der Statoblasten zu sein scheint. Die Winterknospen sind Individuen, welche, ohne sonstige Wandlungen durchzumachen, durch einfache Abschnürung vom Stock nach aussen gelangen. Der ganze Process der Keimstockbildung, wodurch die Knospe ins Innere der Kolonie verlegt und genöthigt wird, ihre Entwickelung in so eigenartiger Weise zu raoditiciren, dass es schwierig ist, dieselbe mit der gewöhnlichen Knospung überhaupt noch in Parallele zu stellen, fällt fort. Er fällt deshalb fort, weil bei Paludicella die Cystidbildung im Vordergrund steht und der ganze Stock nach einem Princip sich aufbaut, welches das einzelne Individuum unmittelbar befähigt, als Statoblast zu dienen. Nach dem Princip der Knospung mit voran- eilendem Cystid entwickelt hei Paludicella jedes ältere Individuum zunächst das Cystid des jüngeren, in diesem entsteht secundär das Polypid. Somit liegt hier von vorn herein dasselbe Verhältnis vor, wie es bei der Statoblastenbildung erst nach mehrfachen Wandlungen zu Tage tritt. Es bedarf keiner weiteren Complication als der völligen Abschnürung eines ohnehin von der Kolonie scharf abgesetzten Sprosses, um einen Zustand herbeizuführen, wie er für die Dauer knospe nothwendig ist : Die Winter- knospe ist das überlebende Endglied einer Individuenreihe, in der jedes GHed die Möglichkeit, als End- glied zu fuuctioniren, gleichsam schon in sich trug. Ganz anders der Statoblast. Im Phylactolaemen-Stock ist die Knospung mit voraneilendem Cystid der mit voraneilendem Polypid gewichen, das Princip der Doppelknospe ist herrschend geworden. Im Wege einer fortgesetzten Zusammenziehung und dadurch bedingten Abkürzung der Entwickelung ist die Cystidbildung unterdrückt und zu einer secundär en Erscheinung herabgesunken. Daher folgt nun eine polypoide Knospenanlage dii-ect aus der andern unter der Form der Doppelknospe, und auch da, wo diese Form nicht mehr zum Ausdruck kommt, weil das mütterliche Cystid bereits ent- wickelt ward, tritt doch die neue Knospe nicht innerhalb eines eignen, sondern innerhalb des Cystids der Mutter auf, von dem sie während ihres ganzen Embryonallebens umschlossen bleibt. Dieser Process der Zusammenziehung, vermöge dessen jedes jüngere Individuum ins Innere eines altern verlegt ist, gipfelt endlich in der Bildung der Statoblasten. Ich fasse den Keimstock auf als das Homologon einer Knospe, die dauernd im mütterlichen Cystid verbleibt, einer Knospe, in der die Ent- wickelung des Einzelthiers unterdrückt und das ganze Material zur Erzeugung von Tochterknospen — der Statoblasten — verwerthet wird. In welcher Weise hiebei die Knospung mit voraneilendem Cystid wieder zum Durchbruch gelangt und das eine Extrem in das andere ausläuft, habe ich schon geschildert : Durch eine Umkehr der Keimblätter wird die im Innern der Kolonie isolirte Knospe — die Tochter- ö Uo i> knospe des Keimstocks oder der Statoblast — in einen Zustand versetzt, in welchem sie nach dem Zer- fall des sie umgebenden Stockes zur Begründung einer neuen befähigt ist. Ich glaube also, dass mit der Entwickelung der Statoblasten ein vollständig neuer Weg be- schritten wurde, ein Weg, der die Bildung der Winterkuospen nicht näher berührt als die der Knospen überhaupt. Eine Gleichheit herrscht nur insofern, als in beiden Fällen ein durch Knospung entstandenes Individuum zum Zwecke der Fortpflanzung isolirt wird : Die Art und Weise, wie das geschieht, als eine •conforme aufzudecken, hat sich Kraepelin vorbehalten. Bibliotheca zoologica. Heft VI. 15 c) Beobachtungen über die geschlechtliche Fortpflanzung. Icli habe nunmelir dasjenige dargelegt, was zu behandeln mir als eigentliche Aufgabe vor- geschwebt hatte. Es konnte jedoch nicht fehlen, dass ich bei meiner Ai-beit gelegentlich auch auf" andere Verhältnisse aufmerksam wurde, denen ich nachging und über die icji hier noch Einiges mit- theilen möchte. Die Geschlechtsproducte werden nach Metschnikoflf von Zellen des mesodermalen Epithels der Leibeshöhle, also vom äusseren Kuospenblatt gebildet. Diese bereits mehrfach bestätigte Angabe stimmt auch mit meinen Beobachtungen überein. Die Eier entwickeln sich au der oralen Leibeswand der Einzelthiere, oberhalb der letzten Tochter- knospen (B"), dicht unter den Duplicaturbändern (Taf. III, Fig. 44 — 46, 56, ov). Sie betinden sich hier in Gruppen von wenigen bis zu zwölf und mehr. Bei Cristatella rückt das Ovarium oft secundär auf die Septen über, was ohne Weiteres verständlich ist, wenn man sich deren Entstehungsweise ver- gegenwärtigt (vgl. S. 38 f.). Innerhalb der jugendlichen Ovarialanlage erscheint das Ei als eine Zelle mit sehr vergrössertem, rundem Kei'n. Bald hebt sich die Zelle auch in ihrem protoplasmatischen Theil von der Umgebung,, die nun den Follikel darstellt, aufs deutlichste ab. Das Ei wächst, bis es einen Durchmesser von 3 — 4 /t erlangt hat, wovon 2 — 2,5 ." auf den Kern entfallen. Dieser besitzt von Anfang an einen scharf um- schriebenen Nucleolus und eine deutliche Hüllmembran (Taf. XV, Fig. 170). Sein Inneres wird von einem Gerüst anastomosirender Fäden der chromatischen Substanz durchzogen , welche sich strahlig zwischen der Umgebung des Nucleolus und der Kernmembran ausspannt. Im protoplasmatischen Theil des Eies treten bei Plumatella DifFerenzirungen auf, die fast wie Zellkerne erscheinen, man sieht einen kleinen, blassen „Nucleolus" innerhalb eines lichten Hofs (Fig. 170). Ueber den Werth dieser Bildungen bin ich nicht mit mir einig geworden. Oft glaubte ich den „Nucleolus" für ein Dotterkörnchen, den Hof für einen durch die Schrumpfung beim Conserviren erzeugten Hohh'aum halten zu können. Ge legentlich habe ich sogar an einen Uebertritt von Zellen aus dem Follikel gedacht. Von anderer Seite wurde nach Einsicht meiner Präparate die Auffassung geäussert, dass die Körnchen Producte des legitimen Kerns sein möchten, welche sich an der Peripherie des Eies als selbständige Kerne consti- tuirten. Diese Deutung wii-d gestützt durch den Umstand, dass die Körnchen au Lichtbi-echungs- vermögen ganz dem echten Nucleolus gleichen, während ihre blassere Färbung auf ihre geringere Grösse zurückgefülu-t werden kann ; ferner dadurch, dass der Nucleolus häufig dicht an der Peripherie des Keim- bläschens, die Körnchen andererseits so hart an der äusseren Grenze desselben liegen, dass man einen i3 115 E> ursprünglichen Zusammenhang zwisclien beiden wohl für annehmbar halten darf. Reinhard*! giebt an, dass „sich aus dem Protoplasma im peripherischen Theile des Eies einförmige Klümpchcn bilden, die stark lichtbrechend sind und die von Allman als Zellen angesehen worden sind". — Auch in anderer Beziehung ist das Ei von Pluvintella merkwürdig. In Fig. 170 sieht man zwischen der äusseren protoplasmatischen Zone und dem Kern einen Zwischenraum, den ich anfangs für leer hielt und auf eine durch die Behandlung verursachte Coutraction des Kerns zurückführte. Meist aber zeigte er sich deutlich von Plasma erfüllt und zuweilen enthielt gerade er jene kernartigen Körper, welche sonst die periphere Zone auszeichneten. Entscheidend dürfte Fig. 171 sein, wo eine Kernspindel entwickelt ist und demzufolge die Kernmembran aufgelöst sein muss, gleichwohl aber die äussere Zone sich aufs deutlichste abgrenzt. Ich glaube daher, dass im protoplasmatischen Theil des Eies von Plumatella zwei Zonen zu unterscheiden sind, eine dichtere periphere und eine weniger dichte centrale, in welcher der Kern liegt. Wie sich dieselben bei der Klüftung verhalten, weiss ich nicht zu sagen, da ich die ersten Theilungen nicht verfolgt habe. Ich habe jedoch auf Schnitten durch ganz junge Morula-Stadien an der Peripherie der Morula zahlreiche etwas abgeplattete Kerne beobachtet, welche viel kleiner waren als die der Furchungskugeln und möglichenfalls aus jener äussersten Zone des Eies hervorgegangen sein konnten. Bei CristateUa ist diese Schichtung des Protoplasmas lange nicht so deutlich, aber, wie mir schien, eben- falls vorhanden**). Die Hoden bilden sich am Funiculus, bei CristateUa auch an den Septeu (Taf. III, Fig. 46, sp; Taf. XV, Fig. 174 a). Am Funiculus, den sie zuweilen seiner ganzen Länge nach, bis zum Keim- stock hin, überziehen (Taf. XV, Fig. 176), treten sie meist früher auf als die Statoblasten. Doch giebt es auch Fälle, wo die Statoblastenbildung bereits begonnen hat, ehe die Hodenentwickelung eintrat. So fand ich an einem mit b Statoblasten besetzten Funiculus von Plum. fungosa (2. VII. 87) den Hoden zwischen dem II. und III. Statoblasten eingeschoben, ohue dass zwischen den beiden letzteren ein be- sonders auffälliger Altersunterschied zu constatiren gewesen wäre. Die Spermatozoen gehen hervor aus einer ballenförmigen Anhäufung von Zellen des mesodermalen Epithels (Fig. 175, sp; 174, a). Jede dieser Zellen besitzt ursprünglich einen deutlichen Kern mit ein- fachem Nucleolus (Fig. 174, b). Während die Zelle wächst, wird der Nucleolus in eine grosse Zahl von Theilstücken zersprengt (Fig. 174, c), die sich allmählich an der Peripherie des Kerns anordnen (Fig. 174, c 3). Nunmehr zerfällt vermuthlich die Kernmembran selbst und unter theilweiser Wieder- vereinigung rücken die Fragmente des Nucleolus in das Protoplasma ein, wo sie die Anlage von mehr oder weniger zahlreichen Tochterkernen begründen (Fig. 174, d). Inmitten der Kernzone sammelt sich ein Theil des ursprünglichen Zellinhalts in Form einer granulirten Masse (Fig. 174, d 3 u. e), die ganz allmählig in die äussere Schicht übergeht, später sich deutlicher von derselben absetzt (Fig. 174, f). Auch das Protoplasma der Kernzone klüftet sich im Sinne der einzelnen Kerne, deren jeder dann in einer Ausbuchtung der Zelle zu ruhen scheint. Dabei findet, wie ich glaube, eine Auflösung der ur- sprünglichen Zellhaut statt. Jeder von Protoplasma umgebene Kern repräsentirt ein Spermatozoon. Der Schwanz desselben wird aus dem protoplasmatischen Theil gebildet, nach Fig. 177 (Plumatella) zu schliessen, *) Zool. Anz. Nr. 54, 1880. *)* HeiTn Cand. Leichmann meinen Dank für die in diese Dinge genommene Einsicht. 15* <3 116 i^ aus der nach innen gewandten Hälfte. Der centrale Theil des Spermatoblasten bleibt nach dem Ab- schwärmen der Spermatozoen als Restköi'per zurück. Zuweilen, wie in Fig. 177, scheint er zu fehlen oder auf ein kaum erkennbares Minimum reducirt zu sein. Bei Cristatella, wo die Hodenentwickelunff eine colossale und im Juni und Juli fast die ganze Leibeshöhle von Geschlechtsproducten erfüllt ist, linden sich neben den einfachen rundlichen Spermatoblasten stets auch grössere wurstfürmige, wie der in Fig. 174, g abgebildete Schnitt zeigt. Ob diese ebenfalls auf eine einzige Zelle zurückzuführen oder ob sie aus der Vereinigung mehrerer entstanden sind, wage ich nicht zu entscheiden. Das Ei wird normalerweise im Ovarium befruchtet, wo sich die Embryonen stets nur in der Ein- zahl entwickeln (Reinhard, Kraepelin). Was ich über die Furchung und deren weitern Verlauf in Er- fahrung gebracht habe, reicht noch nicht hin, um es schon jetzt im Detail vorzutragen : In Kurzem hoffe ich vollständiger darüber berichten zu können. Hier will ich nur mittheilen, dass aus der Morula eine einschichtige, längliche Blase hervorgeht, welche in der nebenstehenden Zeichnung I im optischen Durch- •schnitt (controlirt an wirklichen Schnitten) und 220faeher Vergrösserung wieder- gegeben ist. Wie man sieht, sind die Zellen am vorderen (oberen) Pol, d. h. demjenigen, an welchem sich später die Polypide bilden, erheblich grösser und plasmareicher als am entgegengesetzten, wo sie abgeplattet und dünn ersclicinen. Durch eine am voi'deren Pol auftretende Wucherung der plasma- reicheren Zellen wird nun die einschichtige Keim blase am vorderen Pol mehrschichtig, hier dringen einige Zellen in das Lumen hinein und füllen dasselbe in diesem Theil zunächst vollständig aus. Auf dem Stadiimi Fig. II dieser Seite habe ich noch kein deutliches Lumen innerhalb der eingewan- derten Zellen constatiren können. Dasselbe bildet sich aber sehr bald beim weiteren Wachstlium der Embryonalanlage, indem die eingewanderten Zellen sich der primären Wand anlagern und von einander abrücken. Wir finden dann innerhalb der primären Blase eine zweite, welche -^lesefee jedoch noch nicht gänzlich ausfüllt, sondern am hinteren Pol einen freien Raum lässt (Taf. XV, Fig. 172). Ob nun der hintere Theil der äusseren Blase einer Rück- bildung anheimfallt oder ob die innere demnächst bis zum Ende der äusseren vordringt, konnte ich bis- her nicht entscheiden. Jedenfalls tritt uns der Embryo nach einiger Zeit als ein geräumiger, durch- weg zweischichtiger Sack entgegen, wie ihn das Schema la auf Seite 121 veranschaulicht und wie ihn bereits Metschnikoflf gesehen hat. Sein äusseres Blatt repräsentirt das Ectoderm und liefert später das innere Kuospenblatt, also auch das Entoderm der Individuen. Das innere Blatt, welches aus den ein- gewanderten Zellen hervorging, ist das Leibeshöhlenepithel und fimgü't als äusseres Knospenblatt. Die ältesten beiden Polypide bilden sich „als kleine Einstülpungen am oberen Ende des Embryo" (Metsch- nikoff), und zwar unterhalb der äussersteu Spitze an zwei einander gegenüberliegenden Punkten der Wandung, derart, dass die Analseiten der Knospen einander zu-, die Oralseiten dagegen abgekehrt sind. Das eine Polypid entsteht früher, das andere später, und das letztere ist dem vorderen Pole der Anlage etwas näher gerückt als das erste. Zuweilen sind beide fast gleichaltrig, sehr erheblich ist der Unter- schied niemals. Ihre Entwickelung verläuft ganz wie die gewöhnliche, nur dass die Leibeswand hier natürlich die primäre Bildung sein muss, die Cystide also bereits angelegt sind, ehe die polypoiden Knospen sichtbar werden ; ein Verhältnis , das schon für die nächst jüngeren Individuen , die nach dem ö 117 ES^ Princip der Knospung mit voraneilendem Polypid ihre Entstehung nehmen, sicli umkehrt. Dass bald nach dem Auftreten der Polypide „ungefähr in der Mitte des Embryonalkörpers eine Ringfalte" sich bildet, welclie allmählich nach oben wächst und als Duplicatur des Embryonalcystids den polypidalen Pol umschliesst, ist durch Metschnikoff bekannt geworden. (Vgl. 8. 121, IIa; Taf. XV, Fig. 173 u. 1G8, I:d). Sodann will ich einiger mit der Embryonalbildung unmittelbar zusammenhängender Vorgänge gedenken. Man ündet das Ei, bald nachdem die ersten Furchungsstadien durclilaufen sind, im unteren Theil eines von hohen Mesodermzellcn gebildeten Schlauches (Eig. 172, m') eingeschlossen, der wie eine Knospe an der Leibeswand befestigt ist, und der zuweilen die ganze Ovarialanlage mit sich emporgehoben hat (Fig. 173, ov). In der Regel aber liegt der Schlauch etwas von den sterilen Eiern entfernt, und zwar befindet er sich dann stets oberhalb derselben, so dass diese gleichsam au der Oralseite des Schlauches ihre Stelle haben (vgl. Taf. III, Fig. 56, ov u. Em). Zur Zeit, wo die geschlechtliche Entwickelung im vollen Gange ist, findet man bei Plumntella kaum ein Ovarium, das nicht einen mehr oder minder weit gediehenen Embryo enthielte. Der Schlauch, welcher denselben wie ein Uterus umgiebt, ist eine Wucherung der FoUikelzellen, die durch die Entwickelung des Eies angeregt wurden, sich ebenfalls zu vermehren, wobei auch die benachbarten Zellen der Leibeswand ihnen zu Hülfe kamen*). Auch das Ectoderm wurde dabei in Mitleidenschaft gezogen. Wir sehen es in Fig. 1 72 bei ec' die Innenseite des vordem, vom Embryo nicht ausgefüllten Theils des Uterusschlauches bekleiden , etwa nach Art eines inneren Knospenblatts, nur dass dies in unserem Falle an Mächtigkeit weit hinter dem mesodermalen Epithel des Schlauches zurücksteht. Später schwindet Zimmer mehr, und zuletzt geht es völlig verloren. Die Anlage der Embryonalhüllen glaube ich schon in Fig. 171, wo das Ei sich zur erstmaligen Theilung angeschickt hat, vorgezeichnet zu finden. Durch Vermehrung der bei m' und ec' gelegenen Zellen des Integuments ist das Ei von der Leibeswand, welche ihm gegenüber eine deutliche Einstülpung zeigt, bereits etwas abgehoben und nach innen gerückt. Im Verlauf dieses Vorgangs, bei gleichzeitiger Wucherung der im Umkreise des Eies selbst befindlichen FoUikelzellen m', wird uns dann das in Fig. 172 wieder- gegebene Gebilde entgegentreten. Es liegt demnach nahe, den Uterusschlauch als eine zum Ooecium umgewandelte Knospenanlage aufzufassen, um so mehr, als er sich zwanglos in die Reihe der Tochter- knospen einfügen lässt. Indessen ist zu berücksichtigen, dass er nicht wie die übrigen Knospen spontan sich entwickelt, sondern dass er dazu erst durch die Furchung des Eies angeregt wird. L'nrichtig ist jedenfalls die Annahme Metschnikofi's , dass das vom Eierstock abgelöste, in der Leibeshöhle umher- getriebene Ei mit einer unabhängig davon entstandenen „gewöhnlichen Bryozoenknospe" in Verbindung tritt und von dieser mittels einer Duplicatur, einer Art von Decidua reflexa, umwachsen wird. Im Grunde freilich deute ich mir das Verhältnis ähnlich wie Metschnikoff. Ich vermuthe, dass die im Bereich des Ovariums entspringende Knospe regelmässig zu Gunsten des daselbst sich entwickelnden Eies moditicirt wurde, und dass sie endlich nicht nur in ihrer Function, sondern auch in genetischer Hinsicht von dem letzteren abhängig wurde ; womit denn gleichzeitig auch die Thatsache erklärt wäre , warum in jedem *) Nach Reinluu-d und Kraepflin ist der Uterus lediglich eine Wucherung des Eierstocksepithels. ö 118 ES- — Ovarium nnv ein Ei zur weitern Entwickelung kommen kann. — Das Waclisthum dieser als Uterus dienenden Knospe hält nun nicht andauernd mit dem des Embryo gleichen Schritt. Auf einem gewissen Stadium hört die Neubildung von Zellen auf, und der Uterus folgt nur passiv der Volumenzunahme des Embryo, den er schliesslich in Form eines excessiv dünnen Plattenepithels umgiebt. Der Embryo liegt aber im Uterus nicht völlig frei. Au einer Stelle, und zwar in einer Zone oberhalb der Duplicatur des Embryonalcystids , steht er mit ihm in enger Verbindung , hier bildet sich im Uterus eine ringförmige Falte (Fig. 173, uf), welche sich immer mehr vertieft, je weiter die Entwickelung vorschreitet. Sie ent- steht dadurch, dass das Ectoderm der Uteruswand an seiner unteren Grenze (Fig. 172, uf) mit dem gleichnamigen Gewebe des Embryo , dessen Zellen sich in dieser Zone ein wenig erheben und auch ihrerseits innig an den Uterus anschmiegen, verwächst, und dass diese Stelle, die gewissermassen eine Placenta repräsentirt, sich später, wenn dicht darunter die Duplicatur der Larve sich bildet (Fig. 173, d; S. 121, IIa, d), in Form jener Falte ausprägt. Auf welche Weise die Larve nach aussen gelangt, habe ich nicht beobachtet. A priori möchte ioii aber mit Nitsche*) annehmen, dass ein Durchbruch an der Stelle stattfindet, wo das Ooeciura der mütterlichen Cystidwand ansitzt, während nach Reinhard**) und Kraepelin***) der Embryo durch die Mündung des nächstgelegenen Polypen, den man freilich oft (nicht immer) im Zerfall begriffen sieht, die. Kolonie verlassen soll. Was die Zeit betrifft, in der die Geschlechtsproducte entwickelt werden, so fällt sie im AU- e-emeinen in die frühere Hälfte des Sommers, in den Mai bis Juli. Bei CristattUa ist sie von der Periode der ungesclilechtlichen Fortpflanzung scharf geschieden, hier war sie z. B. am S. August 1888, wo neben den ersten Anlagen der Statoblasten nur noch einzelne Reste von Spermatozoen auftraten, für die Ko- lonien des Preiler Teichs bei Königsberg beendet. Eiuen reifen Embryo (Taf. VI, Fig. 71, Em; Taf. IV, Fig. 59) fand ich am 1. Sept. desselben Jahres, als von Geschlechtsproducteu keine Spur mein- vor- handen war. Bei den Plumatellen herrseht kein solcher Gegensatz; hier gehen beide Arten der Fort- pflanzung neben einander, und wenn die geschlechtliche auch etwa im Juni ihren Höhepunkt erreicht, so währt sie doch bis in den September fort. Noch am 28. August 1887 fand ich bei PI. fungosa Eier und Hoden, sowie junge Embryonen in Menge. Das Nämliche gilt von einer am 1. September 1888 ge- sanmielten Fredericella, wo ich jedoch keine Embryonen gesehen habe. Kolonien von PI. fungosa, die auf dem Gipfel ihrer geschlechtlichen Thätigkeit standen , enthielten gleichzeitig schon zahlreiche , weit vorgeschrittene Statoblastenanlagen. Dass, wie Coi-if) behauptet, die Bildung des Samens früher erfolgt als die der Eier, konnte ich nicht wahrnehmen. Im Juni und Juli schwärmen bei PL fungosa die Embryonen so massenhaft aus, dass sie die Sammelgefässe zu Hunderten erfüllen. Die Larve schwimmt mittels ihres Wimperkleides äusserst behend umher, in der Weise, dass sie den hinteren Pol nach vorn, die Mündung nach hinten kehrt, wobei sie *) Zschi-. f. wiss. Zool. Bd. XXII, S 467 f. **) Zool. Anz. N. 54. ***) Tageblatt der 59. Versammlung dtsoh. Naturf. u. Aerzte 1886. S. 13.3 f. i v^ t) Ueber Nierencanälchen b. Bryozoen, S. 14. 1 •» ' {Q 119 ö in beständiger Drehung nm ihre Längsaxe begriffen ist. Sie bewegt sich meist geradlinig ; stösst sie auf einen Widerstand, so prallt sie wie eine Billardkiigel unter dem Auti'allswinkel ab, um darauf ruhig ihre Bahn fortzusetzen. Verirrt sie sieh an einen Punkt, wo sie durcli eine einfache Wendung nicht wieder frei werden kann, so währt es lauge, ehe sie einen Ausweg findet. Sie zeigt dann nur Axendrehung. In einem besonders schwierigen Fall schien sie sich aus dem Gefängnis durch plötzliche Umkehr der Flimmerrichtung zu befreien. Die Umwandlung der freischwimmenden Larve zur festsitzenden Kolonie ist bislier niemals direct beobachtet worden. Auch ich hatte mich vergeblich bemüht, sie zu Gesicht zu bekommen, als ich am 8. Juni 1889 bemerkte, dass neben den Tags zuvor gesammelten Kolonien sich zahlreiche Embryonen auf einem verwitterten Holzstückchen niedergelassen hatten. Ich brachte nun einen Theil des Holzes samt einigen umherirrenden Larven in ein kleines Schälchen und konnte zu meiner Freude schon nach kurzer Zeit die Anheftung der Larven constatiren. Es gelang mir denn auch, unter dem Mikroskop die Modalität „dieses merkwürdigen Vorgangs" zu verfolgen. Auf Taf XV, Fig. 168, I — IX, sind die nach dem lebenden Object entworfenen Bilder wiedergegeben. Fig. I zeigt die Larve im ersten Moment der Anheftung. Sie ist mit dem untern, beim Schwimmen vorwärts gerichteten Pol auf ein zur Nieder- lassung geeignetes Podium gestossen, dem sie sich vermöge einer Abplattung des betreffenden Körper- theils angeschmiegt hat. Die Flimmerung dauert fort und schiebt die Larve dem Podium entgegen. Ein Secret wird nicht abgeschieden. Nunmehr verkürzt sich das Jluttercystid und treibt vermöge der Contraction die Tochtereystide, welche die künftige Kolonie zu bilden bestimmt sind, nach aussen vor (II — V). Schon auf dem Stadium IV bemerkt man, dass der dem Podium anliegende Theil der Leibes- wand dünner geworden ist, während er früher gerade eine Verdickung derselben bezeichnete und als solche bereits in der freischwimmenden Larve deutlich hervortrat. Auf Schnitten erkennt man hier ein zwischen den beideii Blättern der Leibeswand eingeschaltetes Gewebe von dicht gehäuften, radial sich verbreitenden Fäden, welche der Tunica muscularis anzugehören scheinen. Für die Bedeutung dieser „Scheitelplatte " sowie für ihr rasches Abschwellen während der Festheftung finde ich keine zuverlässige Erklärung. Vielleicht dient sie als Saugapparat, aber auch eine sensible Function wäre denkbar. — Mit Fig. V beginnt sich die Duplicatur des Cystids nach Art eines Tellerrandes umzubiegen und ein- zurollen (VI), bis ilir Vaginaltheil den Boden Ijerührt und die ganze Kolonie cmporlieljt (VII). Das Embryonalcystid ist jetzt vollständig umgekehrt, sein äusserer Tlieil ist nach innen gewandt, seine er- weiterte Mündung befindet sich unterhalb der beiden Primärthiere der Kolonie. Durch wieder eintretende Verengerung wii-d die Mündung geschlossen (VIII, IX) und die ganze larvale Hülle ins Innere des de- finitiven Stockes verlegt, den sie zuvor selbst umgeben hatte. In Fig. IX sind beide Polypide schon ausgestreckt. Das Ectoderm der Kolonie beginnt eine Cuticula abzusondern, welche man in Fig. 169 bei c wiederfindet. Diese Figur stellt einen stärkei- vergrösserteu Querschnitt durch die Mitte eines vor Kurzem angehefteten Stöckchens dar. Ein Unterschied gegenüber Fig. 168, IX ist nur insofern ein- getreten, als die Duplicatur des Embiyonalcystids sich noch weiter nach innen umgebogen hat (vgl. die Buchstaben a). Dass das larvale Cystid hiemit seinen Beruf erfüllt hat und einer regressiven Meta- morphose anheimfällt, ist bekannt. Ich zweifle niclit, dass seine im Wege einer organischen Umgestaltung nach innen verlegten Zellen, welche ja nicht, wie später die Zellen der degenerireuden Polypide, als ab- \ — Kl 120 e* — gestorbene zu betrachten sind (vgl. S. 64 f.), iu der That wieder „eingeschmolzen" und zur Ernährung der jungen Kolonie verwendet werden. Die ganze Umwandlung vollzieht sich mit bedeutender Schnelligkeit, die Stadien I — IX der Fig. 168 werden in 3 — 4 Minuten durchlaufen. Nitsche hat das Wesentliche des Vorgangs, die voll- ständige Umkehr des Embryonalcystids, durch Vergleichung richtig geschlossen, die Festheftuog selbst aber nicht beobachtet. So stellt denn das einzige von ihm wiedergegebene Uebergangsstadium, Knospuug Tal. XXV, Fig. 2, gar kein normales Verhältnis dar, sondern eine Bildung, die dann erscheint, wenn die Larve in der Anheftung gestört und wider Willen weiterzuschwimmen genöthigt wird. In einem solchen Falle ist sie nicht mehr fähig, den bereits eingeleiteten Process der Umkehr wieder rückgängig zu macheu, andererseits aber wird derselbe auch nicht vollständig durchgeführt, sondern die Duplicatur schlägt sich nach hinten um, ohne dass der übrige Theil des Cystids der Umstülpung folgt. Mehrfach habe ich die in Rede stehende Abbildung Nitsches als Endstadium einer solchen unterbrochenen Fest- heftuug auftreten sehen. Nach der Umwandlung entwickelt sich die Larve in der Weise, wie es die Figg. 16 — 18 auf Taf. II anschaulich machen. Auch die Bilder Tat. I, Fig. 4 — 8 stellen geschlechtlich erzeugte Ko- lonien dar. Die Larven sind übrigens ausserordentlich leicht durch rasches Einwerfen iu conc. kalte Subli- matlösung zu conserviren, in welcher sie momentan und ohne jede Formveränderung absterben. Selbst die einzelnen Stadien der Fig. 168 vermochte ich zu fixireu, indem ich die an einem kleineu Holz- stückchen sich ansiedelnde Larve mit diesem zusammen in einer Glasröhre aus dem Wasser hob und in die conservirende Flüssigkeit übertrug. ' ■ Vergegenwärtigt man sich, dass bei der Keimung des Statoblasten der gesamte Inhalt desselben zum Körper der definitiven Kolonie auswächst , A^ährend beim geschlechtlich entwickelten Embryo ein gro.sser Theil, nämlich das ganze larvale Cystid, der Rückbildung anheimfällt, so erhellt, dass der Stato- blasten-E'mbryo und die geschlechtliche Larve einander morphologisch nicht gleichwerthig sein können. Erst ■ wenn man sich in der Larve die primäre Hülle ganz wegdenkt, könnte man den Rest mit dem Embryo des Statoblasten in Parallele zu stellen wagen. In der That haben wir dann beidemal das Material der definitiven Kolonien vor uns. Aber bei genauerer Zusieht befriedigt auch dieser Vergleich nicht. Wir finden in_.d»r aus der Larve hervorgegangenen Kolonie von Alcyonella nicht wie bei der im Statoblasten erzeugten ei-n; sondern scheinbar zwei Primär-Individuen, welche, obwolil ungleichen Alters, doch keine näheren Beziehungen zu einander erkennen lassen. Jedes pflanzt sich unabhängig vom andern fort, jedes für sich in der bei' der Knospung sonst übHchen Weise. Beide kehren einander die Analseiten zu, ein in keinem andern Falle beobachtetes Verhältnis.*) Es scheint demnach fast, als besässe die *) Diese Stellung der Polypide macht es bedenklieh, die Zweizahl auf ein blosses „bourgeonnement premature". eine raschere Knospung, zui'Hckzuführen, wie Barrois (Aunales des scienees natiu-elles. Ser. VII. T. I. p. Gl ff.) annimmt. Wenigstens müsste man in diesem Falle weiter annehmen, dass das jüngere der beiden Individuen, das dann zum altereu 'S 'i eTin <• /^ . - '^^ f /y ;.o/''*) "i - W 1 fcir_ a '. / i 0 >^ n o^ Sü •iu-e fit^c< U- 1 ■ S ^ J r , . \, -t rl C ty ^ i>(.- t ^pp '■■ M / Kj 121 i>^ -geschlechtlich erzeugte Alcyonella den doppelten Wertli einer aus dem Statoblasten hervorgegangenen Kolonie, den Werth einer echten Zwillingshildung. Dies Verhältnis ist um so merkwürdiger, als ihm die Allgemeinheit fehlt. Nach Alhnan enthält die Larve von PI um. fruticosa nur ein Primärpolypid*), und auch bei Cristatella scheint die Zahl und Anordnung der Individuen auf ein einziges zurückzuweisen. Ist es zur Zeit auch unmöglich , das in dieser Beziehung herrschende Dunkel zu lichten, so möchte ich doch, da die Vergleichung der beiden Fortpflanzungsarten einmal angeregt ist, noch eine andere Seite derselben ins Auge fassen. Ziehen wir statt des definitiven Statoblasten die ursprüngliche Anlage in Betracht, so zeigt sich auch hier, dass nur ein Theil derselben den Körper des Embryo liefert, ein anderer aber nach Bildung der Schale verworfen wird. Der Embryo wird durch die sich einstülpende Hälfte der zweiblättrigen Anlage, welche wir in dem Schema S. 111 bei S* skizzirt sehen, repräsentirt, die andere Hälfte geht zu Grunde. Sie ist es, könnte man meinen, welche dem larvalen Cystid der geschlechtlichen Kolonie an die Seite zu setzen ist. Beide dienen nur zur Umhüllung des Embryonalkörpers, im einen Falle indirect dutch Bildung der Statoblastenschale , im andern direct als Primärcystid der geschlecht- lichen Larve. Ich will diesen Punkt etwas näher beleuchten. Wenn, was sicher ist, aus dem befruchteten Ei zunächst eine schlauchförmige, zweischichtige Blase hervorgeht, so würde diese in der Hauptsache das Primärcystid darstellen und als Ganzes vielleicht der zweischichtigen Statoblastenanlage zu vergleichen sein. Ein durchgreifender Unterschied würde aber in der Anoi'dnung der beiden Keimblätter herrschen. Bei der Larve (Schema Li) finden wir von vorn herein ein Verhältnis , wie es für die definitive Kolonie charakteristisch ist: Das eetoiiormale Blatt, welches zugleich das innere Blatt der Polypide, folglich auch das Entoderm liefert, ist nach aussen, das Leibes- höldenepithel oder äussere Knospenblatt nach innen gekehrt. Beim Statoblasten dagegen liegt das Ectoderm innen, das Leibeshöhlen- epithel aussen (Schema I b, vgl. S. 111, S*). Beim Statoblasten muss daher behufs Bildung des Embryonalkörpers eine Umkehr der Keimblätter statt- finden, und diese wird, wie wir gesehen haben, dadurch angebahnt, dass die primäre Anlage sich einstülpt und nur der eingestülpte Theil, für den die Umkehr durchgeführt ist, den Embryonalkörper und zwar zunächst das erste definitive Cystid liefert (Schema S. 111, S* — S). Bei der geschlechtlichen Larve }-m er VI im Verhältuis einer ersten Toehterknospe (B) gestanden und oral vor demselben seinen Ursprung genommen haben müsste, sich socundär um ungefähr 180» gedreht hätte. Dieses ist aber bestimmt nicht der Fall, sondern beide Polypido entspringen von vorn herein getrennt an zwei gegenüberliegenden Punkten der zweischichtigen Endn-yonalanlage und ändern ihr Stellungsverhältnis im Wesentlichen nicht mehr. *) Plum. repens und vesicularis verhalten sich wie Alcyonella. Nach Kraepelin, Fig. 127 der Monographie, wiii-de das auch für Plum. emarghiata gelten, speciell für die fungoide Form derselben (= Älc. Benedeni Allm., Plum. princeps var. spongiosa Kraep.). Da Kraepelin gleichwohl Plum. emarginata und frulicosa zu einer Species vereinigt hat, so scheint er der Angabe Allmans bezüglicli der Larve von fruticusa keine Bedeutung beizumessen. BiMiotheca 7,ooii}»i<-a. Heft VI. 1" KJ 122 E> — ist diese Umkehr entbehrlich. Aber auch hiei- wird die definitive Kolonie nicht unmittelbar von der iirsprünglichen Anlage gebildet, sondern sie wird von dieser g e k n o s p t und zwar nicht im Wege der Einstülpung, was eine Umkehr der Keimblätter bedingen würde, sondern im Wege der Ausstülpung, wo die Umkehr fortfällt. Diese Ausstülpung geschieht an dem der Mündung des Ooeciums zugewendeten Pole der Anlage. Es wird dadurcli ein Stadium herbeigeführt, welches in dem Schema IIa wieder- gegeben ist und das ich bei Alcyonella thatsächlich beobachtet habe. Der ausgestülpte Theil (ec' m') repräsenth't ohne Zweifel die definitive Kolonie, wie es beim Statoblasten der eingestülpte Theil thut (II b, ec' m'). In beiden haben wir zunächst die cystidalen Partien der Kolonien vor Augen, die Polypide bilden sich später. Der Rest der Anlage degenerirt, nachdem er beim Statoblasten die Schale erzeugt und von der Einstülpung sich abgeschnürt hat, beim Ei-Embryo zum larvalen Cystid ausgewachsen ist und mittels der Duplicatur, welche sich in Fig. IIa bei d zu bilden beginnt, die Ausstülpung einschliesst (vgl. Taf. XV, Fig. 173 u. 168, I: d). AVas nun aber die Polypide angeht, so nimmt das erste derselben im Statoblasten da seine Ent- stehung, wo die Einstülpung sich vom äusseren Theil der Anlage abschnürt, also in der jüngsten, zuletzt eingestülpten Region des eigentlichen Statoblasten, in Fig. II b bei *. Dieser Stelle würde beim ge- schlechtlichen Embryo die basale Zone der Ausstülpung entsprechen, wir hätten also die Polypidbildung theoretisch nicht am Scheitel der Ausstülpung, sondern am Grunde derselben (Fig. IIa bei x) zu er- warten. Dadurch wurden wir aber gezwungen, die mit X bezeichnete Stelle der Fig. IIa als die Ober- seite der künftigen Kolonie zu deuten, während sie thatsächlich nicht die Oberseite, sondern die Basis derselben bildet. Unser Gedankengang führt uns also zu einem Contlict mit der Wii'klichkeit, wir ge- rathen in offenen Widerspruch mit den Thatsachen. Muss uns schon dieser Umstand gegen die Richtigkeit der Voraussetzung, dass wir in dem schalenbildenden Theil der Statoblastenanlage ein Seitenstück zum Primärcystid der Larve zu erblicken haben, einnehmen, so wird jene Voraussetzung vollends entkräftet durch die Erwägung, dass uns in der Einstülpung der Statoblastenanlage ein Vorgang ganz anderer Art, eine Wirkung ganz anderer Ursachen vorliegt, als es bei der Entwickelung des Eies der Fall ist. Die Einstülpung der Statoblastenanlage ist eine rein morphologische Nothwendigkeit, eine an und für sich verständliche Erscheinung, vermöge deren die Keimblätter eine Umlagerung erfahren, wie sie nach Massgabe der Verhältnisse schlechterdings nicht zu umgehen ist. Bei der Larve kann von einer derartigen Nothwendigkeit nicht die Rede sein. Man könnte sich hier sehr wohl denken, dass die erste Anlage (Fig. la) u.nmittelbar die Polypide erzeugt und ohne Rückstand in die definitive Kolonie übergeht. Wenn dies gleichwohl in Wirklichkeit nicht der Fall ist, sondern die definitiven Cystide erst von dem larvalen geknospt werden, das larvale Cystid seinerseits aber der Auflösung anheimfällt, so ist diese Thatsache nur aus tiefer liegenden, p h y 1 o- genetischen Gründen erklärbar , Gründen , deren volles Verständnis uns erst eine genauere Untersuchung der geschlechtlichen Entwickelung eröftuen wird.*) Die Einstülpung beim Statoblasten *) Selbst die Beziehung zn anderen Larven derselben Klasse ist noch nicht klar. In den „Recherches sur Tembryologiö des Bryozoaires (1877), S. 91, vergleicht Barrois die Duplicatur (bourrelet annulaire) der Phylactolaemen- Larve mit dem Cilienkranz bezw. dem Gürtel (couronne) der Entoprocten- und Cyclostomen-Larve. Den Rest des Em- bryonalcystids stellt er dem „aboralen" Pol, den Theil, welcher die Polypide trägt, dem „oralen" Pol der genannten Typen zur Seite. Später (Ann. des sc. nat. I, S. 64 if.), nachdem er bei Pedicellina, Discopora u. a. constatirt hat, dass- ist bloss ein Umlagerungsprocess , die Ausstülpung beim Ei - Embryo wahrscheinlich eine wirkliche Knospung*). Sonach glaube ich, dass das Embrvonalcystid der Larve eine Bildung- sui generis und mit dem äusseren Theil der Statoblastenanlage nicht in Parallele zu stellen ist. — Auch das befruchtete Ei repräsentirt ein im Innern der Kolonie sich entwickelndes Individuum, welches der Erhaltung der Art zu dienen berufen ist. In dieser Beziehung liegt das gleiche Verhältnis vor wie beim Statoblasten. Der Statoblast aber ist ein durch Knosp ung entstandenes Individuum, welches im Innern der mütterlichen Kolonie verweilt, um nach deren Tode, meist erst nach längerer Ruhezeit, den alten Stamm f o r t z u f ü h r e n. Das Ei, welches den Belebungsprocess der Befruchtung erfahren hat, ist ein Individuum, welches schon bei Lebzeiten der mütterlichen Kolonie dieselbe ver- lässt, um in der nämlichen Periode einen neuen Stamm zu begründen. die Liirve sich mit dem oralen Pol festsetzt, die definitiven Polypide jiher die Aboralseite einnehmen, nachdem er ferner bei den gymnolaemen Ectoprocten eine in vieler Hinsieht ähnliehe Um- und Rückbildung eines Theils des Larvenkörpers wie bei den phylactolaeraen beobachtet hat, ändert er demzufolge seine Auffassung und sieht die Mündung des Embryonal- cystids einer Alci/onella als Aboralseite, die Basis als Oralseite an, d. h. in letzter Instanz als die Stelle, wo sich vordem der Gastrulamund befand. So wenig auch Barrois an der Richtigkeit dieser Homologie zweifelt , so bleibt es doch uu- gewiss, ob man die Situation, welche die Larve bei der Festheftung einnimmt, unbedingt als massgebend füi- die Ver- gleichung der verschiedenen Typen ansehen darf. Ja die Thatsache , dass die Phylactolaemen-Larve zunächst am poly- pidalen Pol zweischichtig wird, dass durch eine Wucherung und theilweise Einwanderung der hier gelegenen plasnia- reicheren Zellen das innere Blatt der Larve gebildet wird , scheint mir ein directer Beweis zu sein , dass wir hier den „oralen" Pol in Barrois' Sinne zu suchen haben. Denn obwohl das innere Blatt nun thatsächlich nicht die Functionen des Entoderms, sondern die des Mesoderms übernimmt, so wird uns der ganze Vorgang doch niu- im Zusammenhange mit einer Gastrulation verständlich, einer Gastrulation, welche erst sehr viel später, bei Gelegenheit der ersten Polypidbildung, wirklieh in die Erscheinung tritt, um sich dann in jedem neuen Polypid abermals zu bethätigen. Es würden demnach die Seiten homolog sein, auf denen sich in beiden Fällen die Primärpol^qjide befinden, und die Larve würde sieh bei den Pliylactolaemen mit dem „aboralen" statt wie bei den Gymnolaemen und Entoprocten mit dem „oralen" Pol festsetzen. Ich möchte dazu bemerken, dass es mir möglich scheint, der Festsetzung der letzteren beiden Gruppen phylogenetisch einen ganz anderen Wertli beizumessen als der definitiven Festsetzung der Phylactolaemen-Larve. Vielleicht haben wir die Befestigung des Phylactolaenien-Embryo im Ooecium als den entsprechenden Vorgang aufzufassen und als eine innere Festsetzung jener äusseren der Gj'uniolaemen und Entoprocten gegenüberzustellen, welche im Lauf den- Zeit in den Kreis der embryonalen Entwickelung einbezogen wurde. S. übrigens Anm. **) S. 132. *) Eine Knospung mit voraneilendem Cystid. Es ist jedoch zu beachten, dass der Gegensatz zwischen dem „ausgestülpten" Theil der zweischichtigen Embryonalanlage und dem „Embryonalcystid" eigentlich erst secundär, bei Bildung der Duplicatur, hervortritt, so dass wir die „Knospung" vielleicht auf eine Art Segmentirung der primären .Anlage (eines primären C_\stidsl zm-ückzufUhren, das „Embrj-onalcystid" aber als erstes Segment derselben zu betrachten liaben. 16=^ B. G-ymnolaemata. P alit cli c eil a E hr enb er y i l. Ich habe Paludlcella mir am lebendeu Thier studirt und kanu daher dem, was üher den Bau und die Entwickelnug dieser Form bereits bekannt ist, nicht viel Neues hinzufügen. In einem Punkt aber stehen meine Beobachtungen in einem Gegensatz zu der seit Alhuan gangbaren Ueberlieferung. Alhnan und selbst noch Kraepehn berichten von einer Quermuskulatur der Cystidwand, welche dieselbe zu einem Drittel oder Viertel ihres Umfangs „tonnenreifartig" umspannen und in Gruppen von 2 — 3 Fasern der „Endocyste", d. h. dem Integument, eingelagert sein soll. Von einer so beschaffenen Musku- latur habe ich mich bei Paludicella nicht überzeugen können. Ich finde, dass die fraglichen Fasern gerades- wegs den Hohlraum des Cystids durchsetzen und zu beiden Seiten des Polypids, also paarweise, den analen Theil der Cystidwand mit dem oralen verbinden. Sie sind zu Bündeln von 2 — 6 Fasern vereinigt und beginnen als solche etwas unterhalb der Mündung des Polypids, bei jüngeren Thieren ungefähr da, wo das Cystid in den verschmälerten Theil übergeht, bei älteren reichen sie weiter nach oben. Die Bündel des Paares divergiren ein wenig nach der Analseite zu. Die Paare folgen einander etwa in Zahl von 10. Abwärts gegen die Basis des Cystids, wo dieses durch das Septum („Rosettenplatte") von dem älteren Thier geschieden ist, rücken sie dichter zusammen. Oberhalb des Septums Hegt eine grössere, unpaare Muskelgruppe, in welcher man einzelne Bündel nicht mehr zu sondern vermag. Auch diese Gruppe wird paarig angelegt und zwar als die ei'ste von allen. Sie ist schon deutlich entwickelt zu einer Zeit, wo das Polypid noch keine speciellen Differenzirungen zeigt, sondern als eine längliche, zweischichtige Beule innerhalb des zum voraus gebildeten Cjstides dasteht (S. 128, Fig. la u. IIa). Man sieht dann im Hintergrunde des letzteren, dicht über dem Septum (s) und diesem parallel, zwei starke Bündel ver- laufen (hpm), das eine links, das andere rechts von der Mediane, bei kriechenden Zweigen senkrecht zum Podium. Aber schon früher, ehe noch das Polypid sich bemerkbar maclit und während das Septum als flacher Eingwall eben erst angedeutet ist, treten Spuren dieser Muskeln zu Tage. Sie liegen dann beiderseits fast noch im Epithel der Leibeswand, und ich möchte glauben, dass ihre Bildung in ähnlicher Weise geschieht, wie bei den Retractormuskeln, sowohl der Paludicella als der Phijlactolaemen, dass nämlich gewisse Zellen des inneren Epithels beim Wachsthum der Leibeswand sich zu langen Fasern aus- ziehen, dabei aber gleichzeitig in ihrem mittleren Theil aus dem Verbände der übrigen Epithelzellen sie loslösen und selbständig werden. Später wird das hinterste Bündelpaar, das, wie gesagt, allmählich in eins verschmilzt, durch die kleineren Bündel vermehrt, welche sich, vermuthlich in gleicher Weise, nach der Polypidknospe zu successive vom inneren Epithel abspalten (S. 128, Fig. IIc, pm). fö J25 s^ Diese Muskeln gehören also nicht mehr der Leibeswancl au, sondern stellen mit derselben nur an ihren äussersteu Enden, oben und unten, in Verbindung. Sie scheinen völlig den Parietalmuskeln zu entsprechen, welche Nitschc bei Flustra memlranacea beschrieben und ausdrücklich in einen Gegen- satz zu den Fasern der Tuuica muscularis der Phylactolaemen gestellt hat.*) Wie jene sind sie bestimmt, durch ihre Contraction das Volumen der Leibeshöhle zu vermindern und so die Ausstülpung des Polypids zu bewirken. Auch die übrigen Muskeln der PaludiceUa, d. li. jene, welche zum Polypid in unmittelbare Be- ziehung ti-eten, werden vom inneren Epithel resp. vom äusseren Knospenblatt gebildet. Obwohl ich die Muskelbildung im Detail nicht verfolgen konnte, so unterliegt es docli keinem Zweifel, dass sie sich in ganz ähnlicher V^eise vollzieht wie bei den Phylactolaemen. Der grosse Reti-actor tritt zuerst in dem Winkel zwischen dem oralen Tlieil der Polypidknospe und der Cystidwand auf (in Fig. la u. IIa auf S. 128 ist die Stelle mit r bezeichnet), dann ziehen sich seine Zellen immer länger aus, und indem sein Ursprung weiter und weiter vom Polypid abrückt, stellt er schliesslich ein Bündel dar, welches eine Stelle zwischen der Mündung des Polypids und dem unteren Septum mit dem Pharynx und, wie ich glaube, auch mit dem Cardialthcil des Magens verbindet. Da der Ursprung an der Cystidwand nur auf einen schmalen, medianen Raum beschränkt ist, so laufen die Fasern nach dem voluminösen Pharynx zu auseinander und erscheinen, von der Oralseite betrachtet, paarig geordnet (S. 128, Fig. I b, r). Zu beiden Seiten der Mündung des Polypids, d. h. am analen Ende der ursprünglichen Knospen- anlage, werden die Parietovaginalmuskeln in Gestalt zweier grosser, paariger Bündel angelegt. Es ge- schieht das zu einer Zeit, wo die wesentlichsten Theile des Polypids, der Darm, die Tentakeln und die Tentakelscheide, ferner die beiden Funiculi, bereits deutlich entwickelt sind und wo der Retractor schon längst als isolirtes Bündel differenzirt ist. Die Parietovaginalmuseln erscheinen an der Knospe zuerst in Form zweier seitlicher Leisten, in welclien die einzelnen jugendlichen Fasern senkrecht zur Längsaxe verlaufen. Indem sich alsdann lateral von der Knospe das Cystid durch Neubildungen erweitert, werden die Fasern verlängert und die beiden Bündel treten in Flügelform deutlicher zur Rechten und Linken der Mündung hervor (S. 128, Fig. II c, pvm). Ihr Ursprung an der Cystidwand rückt nun von der Mündung immer weiter ab und gelangt schliesslich auf die gegenüberliegende Seite, wo er anal und lateral seinen definitiven Platz findet (IIa u. Ib). Die Flügel schlagen also, indem sich die Knospe ent- faltet, gleichsam nach hinten zurück, wobei sie in der Querebne des Cystids eine Segmentfläche be- streichen, ein Vorgang, der ganz an die Bildung des Retractors bei Cristatella erinnert. Jeder der beiden Flügel spaltet sich im Lauf der Entwickelung in zwei Hälften, so dass uns dann 4 paarig geordnete Muskelbündel entgegentreten, die mit breiter Basis an der Cystidwand entspringen und unter Convergenz der Fasern des einzelnen Bündels nach den 4 Ecken der Mündung verlaufen. Es schien mir, als ob die Parietovaginalmuskeln in nächster Verwandtschaft zu den Parietalmuskeln stünden, und dass sie im Grunde nur eine vorderste Anhäufung der letzteren repräsentiren, welche im Mündungsbereich der Knospe in engere Beziehung zu dieser getreten sind und andere Functionen übernommen haben.**) *! Beiträge II, Ztschr. f. wiss. Zool. 1871, Bd. XXI. **; Andererseits fällt es mir scliwer, zu glauben, dass diese Fasern lediglich den Duplicaturmuskeln der Phylacto- laemen entsprechen sollen, und habe ich gedacht, ob sie vielleicht dem äusseren Bündelpaar des Retractors, dem » 126 ül Die Zellen des inneren Epithels der Cystide von Paludicella sind insofern merkwürdig, als ihr Plasma von zahlreichen Körnchen durclisetzt wird, welche ganz das Aussehen jener Dotterkugeln be- sitzen, die der Hauptbestandtheil der Bildungsmasse der Statoblasten sind. Besonders reich sind die Körnchen in den jüngsten Gliedern des Stockes vertreten. Hier bilden sie fast den alleinigen Inhalt der zugehörigen Zellen, welche als rundliche und mehr oder weniger längliche Säckchen das Ectoderm an der Innenseite bekleiden. In der nächsten Umgebung der Polypidknospen pflegen die körnchen- führenden Zellen weniger häufig zu sein, wohl deshalb, weil die Dottersubstanz bei den Neubildungen rosorbirt wird. An solchen Stellen, aber auch sonst zuweilen, erkennt man, dass sich neben den Körnchen- zellen noch andere im inneren Ef)ithel vorfinden, welche von spindelförmiger Gestalt sind und dem Ecto- derm nach Art eines Plattenepithels, wenn auch vielleicht nicht lückenlos, anliegen.*) Die Körnchenzellen stehen in enger Beziehung zu den Muskeln, welche ja gleichfalls Mesoderm- bildungen sind. Sieht mau einen jugendlichen Muskel, beispielsweise die Parietovaginalbündel, in der Lage, dass die einzelnen Fasern senkrecht auf den Beobachter gerichtet sind (S. 128, Fig. IIc, pvm), so läuft man Gefahr, ihn mit jenen Körnchenhaufen zu verwechseln, und man ist der Versuchung ausgesetzt, die Körnchen selbst für die Erzeuger des Muskels zu halten. Es kann aber nicht zweifelhaft sein, dass die Körnchen überall nur den Werth von Nährmaterial haben, und dass sie auch zu den Muskeln in keinem andern Verhältnis stehen.**) Ansammlungen von Dottersubstanz finden sich aber bei Paludicella nicht nur im inneren Epithel. Sie treten auch, und zwar in der Regel als grössere, kugel- und wurstförmige Körper, in den Polypid- knospen auf, wo sie bereits auf ganz jugendlichen Stadien die Dai-mhöhle bezeichnen, oder genauer, das Lumen des Euddarms und des Magens (S. 128, Fig. IIa u. la, D). Sie werden hier im Lauf der Ent- wickelung immer reichlicher abgelagert, und oft bildet sich dann um jede der Dottei'kugeln zunächst ein besonderes Lumen (II b), woraus durch Verschmelzung die grösseren Hohlräume hervorgehen. Noch auf späten Stadien, bei fast vollendeten Polypiden, sieht man die Dotterballen im Pyloricaltheil des Magens von den Cilien umhergewirbelt. Die der Resorption dienenden Darmabsclmitte, Magen und Enddarm, werden gemeinsam auge- legt, indem auf jeder Seite der Knospe eine Längsfalte die Wandungen nach innen und gegen einander zu einbiegt, worauf die benachbarten Theile des inneren Blattes verschmelzen und so durch eine Art Ab- schnürung das primäre Knospenlumen in den vorderen Atriali'aum und die hintere Darmhöhle getrennt wird. Das äussere Knospenblatt nimmt an dieser Abschnürung nur in der Mitte zwischen dem oralen und analen Ende der Falte Theil (vgl. S. 128, Fig. IIb : IIc). Von Nitsches Beschreibung der Darm- „Rotator" Alhiians, beigetreten sein könnten, von dem es ungewiss ist, ob er schon in dem Retractor der Paludicella ent- halten ist. Diese Annahme stösst aber auf mancherlei Schwierigkeiten, und wage ich nicht, sie mit irgend welcher Bestimmtheit zu äussern. *) Nitsche hat im inneren Epithel der Flustra „rundliche oder unregelmässig geformte Haufen runder, scharf begi-enzter, ungemein stark lichtbrechender Körner" beschrieben, „die ins Lumen der Knospe [Cystidknospe] hinein- ragen". Ich vermuthe, dass dies Bildungen ähnlicher Art sind wie die Körnchenzellen der Paludicella. **; Sollte die „masse graisseuse", welche Barrois bei den Larven mariner Formen beobachtet hat und welche nach ihm ,,in sehr vielen Fällen den Muskelfasern der erwachsenen Form die Entstehung giebt", am Ende nicht auch z. Th. auf Mesodei'mbilduugen zurückzuführen sein , welche hier im Ansehluss an ein zerfallendes Polypid einen be- sonderen Dotterreichthum eutwickeln ? Kl 127 E> bildunft' bei Flustra und vou derjenigen Barrois' bei Alcyonidium*) unterscheiden sich meine Beobaclitungen dadurch, dass icli den durch die Abschnürung- entstandenen Sack am oralen Ende geschlossen ghiube, während nach den genannten Autoren hier eine Communication mit dem Atrium als Mund persistiren soll (S. 128, Fig. IIb bei or) ; ferner dadurch, dass ich diese als Mund gedeutete Stelle auch späteriiin nicht als solchen, sondern als Uebergangsstelle zwischen dem Cardialtheil des Magens und dem Oesophagus in Anspruch nehme. Denn ich glaube erkannt zu haben, dass auch bei Paludicella der Munddarm nicht gemeinsam mit den übrigen Theilen des Darms entsteht, sondern dass er vom Atrium aus als eine gegen den oralen Theil des Magens vordringende Ausbuchtung angelegt wird, welche dann secundär in jenen durchbricht. 80 hat auch Allman in Fig. 7 u. 8 auf Taf. 11 des Monogi'aph das Vei'hältnis dargestellt**). Der definitive Mund entspricht schliesslich der ganzen oberhalb der Intestinalfalte gelegenen Platte des Atriums, an deren Peripherie die Tentakeln entstehen, und deren zuletzt in den Bereich des Darms ein- bezogene Theilc den Pharynx bilden; so dass beispielsweise in dem Medianbilde Fig. IIb auf S. 128 der eigentliche Mund nicht bei or zu suchen wäre, sondern den Raum von ot bis at einnehmen würde. Im Pharynx und im Oesophagus fehlt die Dottersubstanz. Vermuthlich ist eine zwischen dem embryonalen Mund und den analen Tentakeln vor sich gehende Einstülpung des inneren Knospenblattes als Anlage des Nervensystems zu deuten (S. 128, Fig. IIb, n). Der Ringkanal entsteht aus zwei von der Afterseite her den Mund umgreifenden Einstülpungen des äusseren Knospenblattes, offenbar ähnlich wie bei den Phylactolaemen. Eine dem Uabelkanal ver- gleichbare Bildung ist mir nicht aufgefallen und, falls bei Paludicella in der Tiiat jede Andeutung einer Epistomhöhle fehlt, auch nicht wahrscheinlich. Die beiden Funiculi scheinen aus einer Verschmelzung des äusseren Knospenblattes mit dem inneren Epithel der analen Cystidwand hervorzugehen, mit welcher das Polypid auf einem gewissen Stadium in nächste Berührung tritt (Fig. IIb, f; vgl. Allman, Taf. 11, Fig. 7 — 9). Nach Allman ent- spricht nicht jede m Funiculus eine derartige Verschmelzung, sondern beide entstehen aus einer ein- heitlichen Anlage, welche sicli in zwei Bänder theilt (Monograph S. 36). — Vergleicht man eine junge Polypidknospe der Paludicella, etwa wie sie die Zeichnung la der fol- genden Seite in der Ansicht von oben wiedergiebt, mit einem weiter vorgeschrittenen Individuum (Ib), so scheint es sicher, dass auch hier ein grosser Theil des definitiven Cystids, das ja zum anderen Theil schon vor der polypoiden Knospenanlage entwickelt war, aus dem Material dieser letzteren hervorgeht. Das folgt namentlich aus der Art und Weise, wie sieh die Muskeln bilden. In la liegen die Myoblasten des Re- tractors bei r, die der Parietovaginalmuskeln bei jjvni. In Ib, wo sich dieselben zu langen Fasern aus- gezogen haben, ist ihr Ursprung weit vo-m Polypid abgerückt. Es müssen also die zwischen dem Ursprung der Fasern und ihrer Insertion am Polypid gelegenen Cystidtheile aus der Knospenanlage der Fig. la sich entwickelt haben, mithin deren oberste Zellen in die Leibeswand übergegangen sein. Es würde *) Recherches siir l'embiyologie des Bryozoaires, p. 254. **) Der zugehörige Text (S. 3(5; lautet: „The central space between the rudimental tentacula is prolonged down- wards, constituting the first trace. of a pharynx; and iumiediately below this, the mass of the polypide is hollowed out into an internal cavity, wliich is to beeome stomacli and intestina. The cavity is at first filled with elear, round bodies, having a high refracting power, but in whieh J could not trace tlie double outline of a true cellwall" (Dottersubstanz). — -13 128 E> dann etwa der in Fig. Ib punktirt umschriebene Raum das Gebiet der polypoiden Knospenanlage reprä- sentiren. Auch hier würde, wie bei den Phylactolaemen, oral vor der Knospe, nach ilem Retractor hin, ein grösseres Gebiet der Leibeswand der Knospenanlage entstammen, als seitwärts und hinten. Es wäre 1\ tf/l la Hc Diese Figuren sind verkleinerte Copien grösserer Handzeichnungen, welche nach dorn lebenden Tliier entworfen \\iirden, zu einer Zeit, ' wo ich die Wesentlichsten Resultate meiner Arbeit noch nicht kannte. In Fig. I sind Frontal- bilder, in Fig. II Medianbilder wiedergegeben. Fig. II b u. e sind im Verhältnis ein wenig grösser als die anderen Figuren. e Cuticula. ec Ectoderni. ni Leibeshöhlenepithel, s Septum. hpm hinteres Parietalmuskelbündel. pm vordei'e Parietalmuskeln. a anales, o orales Ende der Polypidknospe ; in Fig. II b ii. c bezeichnet a den After selbst, r Retractor; in Fig. la u. IIa bezeichnet r die Stelle, wo die Myoblasten liegen, pvm Parietovaginalmuskehi, in Fig. la u. IIb die Stelle, wo die Myoblasten liegen, pvb Parietovaginalbänder. f u. f Funieulus. D die den analen Theil des Darms (Enddarm u. Magen) erfüllenden Dotterkörper; in Fig. la ist der die Dottermasse durchschneidende Strich die spaltförmige priiiiiire Knospenhöhle, welche oberhalb des Dotters zu denken und hier noch nicht mittels der Intestinalfalte von dem- selben geschieden ist. ed Enddarm, ma Magen. At Atrium, ts Tentakelscheide, at anale, ot orale Tentakeln, n Nerven- system? or Oralschlauch, der den vorderen Theü des Darms ^Oesophagus u. Pharynx) begründende Bruchsack. also das bei den Phylactolaemen herrschende Verhältnis, wo das ganze Cj^stid auf die polypoide Knospen- anlage zurückgeht, kein vollständig neues, sondern ein schon bei den Gjannolaemeu angebahntes, indöm speciell bei Paludicella ein Theil des Cystides zwar vor dem Polypid, ein anderer aber erst später angelegt und zwar aus der polypoiden Knospe selbst entwickelt wird.*) Bei der Betrachtung der Knospen von seitwärts scheint sich mir noch ein Anderes zu ergeben. Die definitive Mündung der Polypide scheint nur dem obesren, analen Ende der ursprünglichen Anlage zu entsprechen. Es scheint sich auf einem gewissen Stadium (etwa Fig. II b) am oralen Ende der Knospe eine Trennung zu vollziehen zwischen dem Theil, der in die Cystidwand übergeht, und dem, welcher dem Polypid verbleibt (im Schema III etwa längs der punktirteu Linie). Dieser Trennung ist *) Falls nicht jeder derartige Unterschied sich im Sinne der unten gegebenen Hypothese löst. S 129 E* m(Pal) IV(Ph)lJ üL-i den Pliylactolaemen ilaclurch vorgebeugt, cl;\.-^.> der ej'stidale Tlieil der Knospe, drv Kno^peidiaLs, von vorn lierein enger begrenzt ist, dass die Knospe liier nicht als liinulieher \\'ul ]i(ilyiioidoii Knospen sieb bilrlen solieu. Weit seliwieri,<;'er ist es, die Aufeinanderfolge und s't'genseitii^e Orientirnns;- der Einzeltliiere der l'nfxrh'ci'l/a mit der der Pliylaetolaenien in irgend eine Beziehung zu bringen. Dort entstanden alle jüngeren Individuen an der Oral sei te der älteren, und ferner war jedes Polypid innerhalb seines Cystides so orientirt, dass seine Mündung an der äusscrsten Spitze des- selben gelegen war. Bei Pnivdicpl/a werden die Polypide nicht an der Spitze der zugehörigen Cystide. sondern subapical angelegt, daher sich denn aueh iln-e definitiven Mündungen seitwärts, und zwar an dei- Oralseite der Cystide liefinden. Die Spitze des Cystids wächst nun fort und liefert das näelist jüngere Cystid, das also an der Analseite des älteren seine Entstehung nimmt, und in dem dann wieder das Polypid subapical an der Oralseite seinen Platz findet. Wir können daher unmöglich den Stamm des Phylactolaemen-Stockes , d. h. die Individuenreihe ABCD, den in apicaler Folge entstandenen Hau})t- gliedern einer l'alvdicolla an die Seite setzen, ebensowenig als wir die Oi'alseite der einen der Analseiet der anderen Form vergleichen dürfen. Damit Avären wir denn vor die Frage gestellt, ob wir auf eine Vergleiehung der Hauptglieder von r Kolonie e n 1 s jj i' e c h e n d e B i 1 d u n g am Scheitel der H a u p t a x e u n t e r d r ü c k t w u r d e. — K 131 E>- Diesv AniialniR- ist zur Zv'ü tVcilicli ■^■duz iiuil i:,'ar IiyiMitlictit-cli.* > Al)or sie würtlc iloeii nicht allriü (liT an<;edeuteteii Parallele eine .'^tützc liieten, souderu bie wünli- aiieli die suliapicale Entsteliun,:;- der rolvpide vrin Fiiludi-Ci'fla verstäiidlieli maelKMi. I)enk(.-n wir un? in d(/ni ljei;:etu;;i-teH Srlienia V / ■i A ein V(Pal.) VI(PknL) rudimentäres Primärpolyjnd, WH-lelies hier ur.-n 'weiss gehaltenen) Knos]ien sturk i'ibertrieben. Die Oral- und Analseite der Polypide ist in V n. VI nnt n m\i\ a hezeiehnet. ■ ■ I Die zwisehen den Apiealknospen gelegenen Septen von Paludicella wiirdeu d.iuu ^dleidings denen der Phyhieto- laemen nicdit unmitteiliav zu vergleiidien s<'in, d.n sie niidit wie j I'alud/cclla nur dcsliall) liegen, weil das zugeliöri«'e.. in der Eotwickeluiig vuraneilende Cystid genau ge- nünimeii nielit ilir eigenes, sondern das der IMutter A wäre, die ihrerseits wie bei PJumatella an der Sjiitze der Haiiptaxe zu denken wäre. ]\Ian sieht, dass auf diese Weise auch der Gegensatz zwisclien der Knospung nüt voraneilcndem Cystid und voi'aueilendeni Polypid eine Erklärung finden, ja sogai- völlig üherljrüekt werden würde ; wie denn durch jene Hypothese offenbar manches Rätlisel gelöst und der Vcrgleichung manche Aussicht eröffnet wird. GHeichwohl fehlt es niclit an i'undanientalen Differenzen, welche bestehen bleiben, aucli wenn die Entwickelungsgeschichte sich unserer Annahme günstig erweisen sollte. Dies wäre vor Allem die Beziehung der Kolonie zu ihrem Podium. Der Primärpolyp des Phylactolaemen-Stockes heftet sich mit der Oralseite am Substrat fest, hei PnlitdiceUa sind alle Individuen mit der Anal seit e demselben zugekehrt (im Schema V u. VI ist die Ebne des Podiums dui-eh die punktirte Linie bezeichnet). Das würde aucii für das problematische Primärthier gelten müssen, so dass schon in der versciiiedenen Fest- setzung der Larve der Phylactolaemen- und Gymnolacmen-t-harakter der Kolonie ausgesprochen wäre. Weiter würde dann folgen, dass wir ]'aludic<;lla nicht als Stannnform der Phylactolaemeu aufzufassen haben, sondern als (llied einer Seitenlinie einer gemeinsamen Stammform, deren Naeli- kommen sich das eine Mal mit der Oralseite (Phylactolaemen), das andere Mal mit diM- Anal sei te {Paludicelln) dem Pcidium anfügten'-'). Im ersten Falle wäre das Primärpolj-pid als solches dem Stocke verblieben, im anderen wäre es rudimentär geworden, und sein Cystid hätte die Piolle eines Stolo prolifer übernommen.**) *) Ich bt'iiicrki', (l;iss icli nucli liii-r ()r;il- und Aiialscitc in dcMi vfiii mir tluvcligängig gi'liniiirlitcii .Simii». als Muml- und Aftevseitc verst<'Iie, ilass sie also nichts y.ii thuii haben mit der „face orale" und „aborale" von Barrois, xiidmidir selbst entgegengesetzter Bedeutung- sein können. Da naeli Hatscdick i Studien zur EntwiekeUmgsgeseliicdite der Anneliden, Arbeiten des Zool. fnst. zu Wien, Bd. 1, S. 380. ISTSi die Anal- oder in diesem Falle richtiger Neuralseite des Brvozoen- Individuums der Baui-hseite einer Amieliden-Troehojihora entspricdit, so würde die Anlehnung der Neuralseite an das Podium das Ur.sprüngliehere sein. - Im ( IbigiMi ist natürlich \'orausgesetzt . dass die Fixation der (iymnolaemen-Larve nicht schon anderwärts bei den f'liyhictohioiiicn ihr Aequisalent findet. Sollte es zutreffen, dass die Befestigung des Phylactolaemen-Enibrvo im Ooeclum der definiti\en Befestigung Ai-r übrigen ürvozoen entspricht, so wurde jener auf die Abstammung bezügliche Schluss liintallig werden. **i Bei den marinen Ectoprocten ist die .Vnln'ftung thats.'icldich eine jnale. in(h'm sich dii' Lar\e hier mit dem „oralen" l'ol festsi'tzt, wnbei das Priniiirpolypid dem Podium die fveuralseite zukelu't. Dann zerfällt das l'rimärj)(dy|iid und die jüngeren lndi\i(hieii konniien nach dem Princi]i der Knospung mit \oraneilendem Cystid zur Anlage. Ninnnt man nun a.n , dass liei der < ^x nniolaemen- unlaemen-l-arve mit dem polypidalen („oralen"), die Phylactolaemen- Larve mit di-m cystiihden i ..alxn-alen" i l'nh' siidi festsetzt, so folgt, dass bei beiden gerade die entgegengesetzten T h e ile des t-, a r v en k ii r |i ers d e i' 11 ii c Iv b i I d u ii g a n ]i e i m fa 1 1 e ii . bei d !■ n Gy m n o la e m en cl a s Po 1 y p iil . bei den Ph v 1 a c t o I a e nie II das Cystid: so dass il e n n hierin in letzter Instanz das Pr i n c i p der K n os|i u n g mit vora n e i 1 e n d e III (vstiil Mi y m n o 1 a e m c' ni und mit \'o r a n e i 1 e n d e m Polypid i Phy 1 a e t o I a e m e n i be- gründet wäre. Indem nändicli bei den (xymnolaemen das Primäriiolypid A verschwindet, erscheinen die Toditerknospen B in einem gleichsam verwai.sten Cystid, das nun, da es kein<'n andern Beruf hat, thatsächlich als ihr eigenes functionirt: Das durch den Zerfall seines Polypids frei gewonh'ue Cystid A übernimmt in der Kolonie die Polle eines Coenoeciums. Gteht jedoidi eben di<'ses Cystid bei den Phylactolaemen zu Grunde, soweit wenigstens, dass der liest nur gerade noch hinreicht, um dem zugehiirigen Polypid als Behausung zu ilienen, so nelnuen alle folgenden Knospen nicht nur innerhalb eines unzweifelhaft fremden Cystids ihre F.ntstehung. sondern sie sind auch genöthigt, ihr eigenes Cystid ganz und gar aus sich selbst z\i entwickeln und sich mit demselben aus dem Bereich des Muttercystids zu ent- — -« 133 a Dies sclieint mir der einzige We^' zu sein, ;iuf dciu es inöglicii wäre, den Hauptknospen von JPaludlcella eine Homologie mit gewissen Gliedern des Pliylactolaemen-Stockes einzuräumen. Sollte er sicli als ungangbar erweisen, so Avürden, soviel ich sehe, die Hauptknospen von PaludiceUa schlechterdings Bildungen eigener Art sein. Es würden dann nur noch die Lateralknospen möglichenfalls (xegenstand der Vergieichung sein können. Denn wir haben noch zu berücksichtigen, dass an der Hauptaxe des Paludicella- Stockes Nebenzweige in der Weise angelegt werden, dass zu beiden Seiten der Mündung der Einzelthiere (im Schema V an den durch kleine Kreise bezeichneten Stellen) Wucherungen der Leibeswand auftreten, die nun als seeundäre Stolonen sich ausstülpen und einen neuen Ast nach Art des Hauptastes begründen. Sie "bilden sich nur an idteren Individuen und wohl nicht an jedem derselben, stets sind die einander opponirten Seitenäste ungleichen Alters. Sie könnte man nun vielleicht den Oralknospen des Phy- lactolaemen-Stockes gegenüberstellen und ilann beispielsweise die zu B gehörigen Seitenäste als C und "C deuten.*) Ich muss indessen gestehen . dass diese Parallele allein wenig Ueberzeugendes für mich haben würde und ich eher zu der Annahme geneigt wäre, dass die Knospenfolgc liei Paludicdln sieli überhaupt in anderer Weise regelt als bei den Pliylactolaemen. — Auf eine Vergieichung unserer Pliylactolaemen mit marinen Bryozoeugruppen, die ich anmerkungs- weise zuweilen berührt habe, lasse ich mich niciit näher ein, da mir die dortigen Verhältnisse noch zu wenig aus eigener Anschauung bekannt sind. So viel, glaube ich, ist gewiss, dass mit Ausnahme von Paludicdln die Süsswasserformen in einer solchen Geschlossenheit uns entgegentreten, dass man keine •der bekannten Arten mit Sicherheit als „Uebergangsform" zu einer anderen Gruppe bezeichnen kann. Nur das scheint unzweifelhaft, dass sich in Cristatella der Phylactolaemen-Typus am weitesten von seinem Ursprung entfernt hat, indem die Cystide derart mit einander verschmolzen, dass sie theilweise zu blossen Diaphragmen der Leibeshöhle herabsanken. Will man die älteste Art in Fredericdia erblicken, so ist fernen, da dieses nicht im Stande ist, mein- als ein erwaelisenes Poly]iid zu belierhergen. Hieraus evgiel)t sieh ferni'i- die Thatsache, dass neue Knospen nur nocli im engen räuinlielien Ansi-hluss an ältere entstehen können, da das Priuiär- cvstid A vollständig von seinem Polypid in Anspnuli genommen und unfähig ist, sich zu Gunsten neuer Knospenanlageu stolonenhaft zu erweitern. Dass bei PaludiceUa die in analer Folge entstehenden Zwischenknospen B B' B' B' . . ., bei den Phyhictolaemen aber die Oralknospen BCDE . . . den Vorzug haben, wüi-de aus der Orientirung der Primärindividuen zu folgern sein. Denn diejenige Seite, mit der sieh die Polj'pide dem Podium zuwenden, ersclieiut für die Anlage neuer Knospen gleichsam prädestinirt, da sie den Knospen die Möglichkeit bietet, sich ebenfalls an der Unterlage zu befestigen. Dass ausserdem de.shalb. weil bei den Phvlactolaemen das Primärpolypid erhalten bleibt, die Zahl der Zwischenknnspen hier nur eine beschränkte sein kann, W'urde schon oben erwähnt. — Räthselhaft bleibt immer das Auftreten des z\\eiten Polypids bei der Larve von Älci/onella und änderten Phylaetolaeiucn. Erwägt man jedoch, dass zur Zeit, wo die Ge- webe noch sämtlich einen embryonalen Charakter tragen, theciretisch jede Stelle der Leibeswand zur Hervorbringung einer Knospe befähigt ist, so möchte man annehmen, dass je nach der Grösse des Embryo eine oder mehr Primär- knospen darin zur Bildung gelangen konnten, und so wäre es erklärlich, wenn in gewissen Fällen nur eine {Plnm. friili- rdern sein. *) Nach Kraepelin iTagebl. der .')!>. Vers, deutscher Naturf u. Aerzte, ISSü, S. l'SA) entwickelt sich ,,an .Stelle des einen Seitenzweiges" der PahidiceUa bei Fredericella „je ein Statoblast" ! — Nach Fig. So der Monographie Kraepelins tritt übrigens bei PaludiceUa noch ein zweites Paar von Seitenzweigen auf und zwar unterhalb des ersten, nach dem ver- dünnten Theil des Cvstids hin und mehr ural. Ich habe rs bisher nicht beobachtet. ..-• <3 134 Qi das zwar möglich, aber wesentlich Glaubenssache. Zwingende Gründe liegen nicht vor. Für eine An- nälierung flieser Form speciell an PaluiUcella fehlt zm- Zeit jeder Beweis. Am Schluss meiner Arbeit gedenke ich d.ankbar derjenigen, welche mir dabei gefällig und hülfreich zur Seite gestanden haben. Wesentlich gefördert bin ich durch Herrn Dr. Seeliger in Berlin, der im Winter 1887/88 dem Künigsberger Institut vorstand und dem ich für manchen technischen Wink wie für sonstige Belehrung verpflichtet bin, der nicht zum wenigsten auch durch mehrfach geäusserte- Bedenken anregend auf mich gewirkt hat. Vor allen aber ist der Name mir gegenwärtig, welcher das Widmuugsblatt dieses Buches ziert. Wenn ich meine Arbeit dem Director des Königsberger Zoologischen Instituts, Herrn Prof. C Ghun, öffentlich zu überreichen die Ehre habe, so geschieht es nicht allein, weil mir von ihm die erste Anregung zu diesen Untersuchungen und im Verlauf derselben jede äussere Be- günstigung zu Theil wurde: Ich überreiche sie ihm als die Frucht einer ersten selbständigen Thätig- keit, zw. der ich unter seiner Führung befähigt, ja icii darf sagen erzogen bin. Als ich vor 5V2 Jahren, einen Irrweg verlies« und voll heisser Liebe, aber voll Zweifel au meiner Kraft, an das allgewaltige Werk der Natur trat, war er es, dessen entgegenkommende Gute meine Schritte gefördert und auf ihrer Bahn befestigt hat. Seine Theilnahme war mir ein steter Sporn, sein Vertrauen hat mich lieständig er- hoben. Möchte, was ich geleistet, ihm keine unwürdige Gabe sein! Königsberg i. Pr., im August 1890. Corrisencla. Seite 40, Zeile 15 von oben, lies: verschmölzen. Seite 49, Zeile 20, lies: vom mesodevm.ilon Epithel. Seite ö4, Zeile 6, lies: degenerirten. Seite 55. Zeile IJä, lies: mit diesen. Seite 113, Zeile ■_'. Hos: eine:* nriioii. .Seite llü, Zeile 25, lies: welche jene jedoch noch nicht pinzlich iinsfüllt. Seite 117, Zeile 21, lies: schwindet es immer mehi% Seite 122, Zeile 18, lies: Dadurch würden wir. MARY D. R03ICK 2Ü PROCPECT ST.,APT.1.K NEW ROCHELLE, R V; -T.f.-