nenne nem, sein dhihne et reinen A part ıbrarp of tbe Museum OF 'COMPARATIVE ZOÖLOGY, AT HARVARD COLLEGE, CAMBRIDGR, MASS. Founded bu private subscription, in 1861. Deposited by ALEX. AGASSIZ. No. WO, SL, Mal SE ? u ‚ TRIER 0» EN Ben j j ” I ö A { e I SUR“ ; N ü 1 un arıp oe ni ” ° wer = „ER Aue, Bu 1 1 Ü Ka l Pa era Ren RN a ee rn ’ arV Bu { - I a We bi me | h Win), 27 BA IN u nn, Mn r f N on Br 03 ni n w ML a EEE RL Ze Br [9 M/ ur UNTERSUCHUNGEN über das SEHORGAN DER ARTHROPODEN, insbesondere der SPINNEN, INSECTEN UND CRUSTACEEN, Von Dr. H. Grenacher, Professor der Zoologie und vergleichenden Anatomie an der Universität zu Rostock. Herausgegeben mit Unterstützung der Königlich Preussischen Academie der Wissenschaften in Berlin, Mit 11 lithographirten, zum Theil colorirten Tafeln. LES —ona FıDe Göttingen. Verlag von Vandenhoeck & Ruprecht. 1879. HERRN CARL THEODOR ERNST VON SIEBÖOLD, PROFESSOR IN MÜNCHEN, VOLL VEREHRUNG ZUGEEIGNET VOM VERFASSER. Vorwort. Hiermit übergehe ich eine Reihe von Untersuchungen über das Arthropodenauge, deren Beginn bis in das Jahr 1874 zurückreicht, der Oeffentlichkeit, und hoffe, damit einen nicht ganz werthlosen Beitrag zur Kenntniss dieses so eigenartig vielgestaltigen Organs sowohl hinsichtlich seines Baues, als auch einiger Seiten seiner Wirkungsweise geliefert zu haben. Schon zweimal habe ich über die meines Erachtens wichtigsten Resultate Bericht erstattet. Zuerst erschien eine nur ganz kurze Notiz in den „Göttinger Nachrichten“ vom Jahre 1874 (Nr. 26); dann ein etwas ausführlicherer, mit einigen Abbildungen ausgestatteter Aufsatz als Beilageheft für den Monat Mai zu dem fünfzehnten Jahrgang der „Klinischen Monatsblätter für Augenheil- kunde“ (1877). Die Veranlassung, mich auf dies Gebiet zu begeben, lag in dem Umstande, dass mir schon bei einer frühern Gelegenheit, bei der Entwickelungsgeschichte des Cephalopodenauges (Ztschft. f. wiss. Zool. Vol. XXIV. 1874) Gedanken über die Möglichkeit eines innigeren morphologischen Zu- sammenhanges der Retinaelemente der verschiedenen grösseren Thierabtheilungen aufgetaucht waren, die gerade an den bisher darin so spröden Arthropodenaugen zu prüfen in mehr als einer Be- ziehung Reiz hatte. Wie die Fragestellung etwa lautete, und wie die Antwort der Erwartung entsprechend ausfiel, mag aus dem letzten Abschnitt ersehen werden ; wie aber der ursprünglich kaum in’s Auge gefasste Nebengewinn, nämlich eine neue Basis für die morphologische Ver- gleichung zwischen Stemma und Facettenauge, sowie eine hoffentlich stichhaltige Beantwortung der noch immer offenen Frage über den Sehvorgang im letzteren, den Ausgangspunkt mehr in den Hintergrund treten liess, davon zeugt die ganze Disposition der Arbeit. Eine Monographie des Arthropodenauges will das Buch nicht sein; für diesen anspruchs- vollen Titel sind die Lücken zu gross. Abgesehen davon, dass die Augen der Myriapoden VI Vorwort. wegen Mangels an geeignetem Material sowohl, als auch wegen der nur mühsam zu bewältigen- den technischen Schwierigkeiten, feıner die der Schm etterlingsraupen und anderer Larven- formen vorläufig ausser Betracht gelassen sind, bleiben auch sonst noch recht fühlbare Lücken, die andere, unter günstigeren faunistischen Bedingungen lebende Forscher im Laufe der Zeit vielleicht ausfüllen werden. — Auch die ursprünglich beabsichtigte Entwickelungsgeschichte des Auges musste noch zurückgestellt werden, um die Herrschaft über das Material nicht zu verlieren, und wenigstens vorläufig zu ‚einem Abschluss zu kommen. Reichlich bemessenes per- sönliches Missgeschick mancher Art, das mir die letzten Jahre trübte, hat ohmehin wegen der dadurch verursachten oft längeren Unterbrechungen der Arbeit die Veröffentlichung der vorliegenden Studien über Gebühr verzögert, und überdies der formalen Darstellung stellenweise Spuren auf- geprägt, die völlig zu beseitigen ich leider nicht mehr im Stande: war. Obwohl ich durch die Verhältnisse mich ausser Stand gesetzt sah, die frühere Literatur vollständig und lückenlos zu berücksichtigen, glaube ich mich doch dem Vorwurf, Wichtiges und Wesentliches übersehen zu haben, nicht ausgesetzt. Auf einige neuere, erst nach Abschluss des Manuscriptes oder während des Druckes mir zu Gesicht gekommene Arbeiten darf ich wohl hier mit ein paar Worten eingehen. Der Controverse mit 0. Schmidt über die bedingte oder unbedingte Geltung der Müller’schen Theorie habe ich, da ich den betreffenden Abschnitt meines Buches unverändert zu lassen meine Gründe hatte, in einem Nachtrag (pag. 168) Rech- nung getragen, kann sie also hier übergehen. — Die Arbeit von Chatin: „Recherches pour servir & l’histoire du bätonnet optique chez les crustaces et les vers“ (Ann. sc. nat. VI. Ser. Zool. Vol. V. 1877, Vol. VII. 1878) ist, soweit sie die Crustaceenaugen angeht, denen die zweite Hälfte gewidmet ist, in der ganzen prineipiellen Auffassung von der meinigen so diametral ver- schieden, dass ich hier keine Kritik daran üben will. — Zu nennen habe ich noch die Arbeit von Berger: „Untersuchungen über den Bau des Gehirns und der Retina der Arthropoden“ (Arb. Zool. Inst. Wien, herausgegeben von Claus, Bd. I, Heft 2), der die Summe der Retinulae des Facettenauges als eine von den fünf Schichten seiner „Retima®* auffasst, von denen aber meiner Ansicht nach vier zum Ganglion opticum gehören; endlich A. Forel’s „Beitrag zur Kenntniss der Sinnesempfindungen der Insecten“ (Mittheil. d. Münchener Entomol. Vereins £. 1878), eine von einem sehr kenntnissreichen Entomologen ausgehende, auf eigene Versuche und Beobachtungen basirte Zustimmung zu der von mir vertretenen Theorie vom musivischen Sehen, die ich mit besonderer Genugthuung begrüsse. Die in die Darstellung aufgenommenen Beobachtungen über die Augen einiger Copepoden verdanken ihre Entstehung einem Aufenthalte in der Zoologischen Station zu Neapel, der sich auch durch die daselbst so reichlich gebotene Gelegenheit, Sehorgane einer Reihe anderer Thier- Vorwort. VI formen genauer kennen zu lernen, für den dem letzten Abschnitt dieser Arbeit zu Grunde gelegten Gedankengang als fruchtbringend erwiesen hat. Die Abbildungen der Tafeln sind sämmtlich von mir nach der Natur gezeichnet, die Mehrzahl derselben unter Zuhülfenahme der Camera lucida. Da die Wiedergabe mit dem Pinsel ausgeführter Tuschezeichnungen durch Gravirung und Tondruck an gewisse Schranken gebunden, und Manches deshalb nur annäherungsweise zu erreichen ist, so bin ich um so mehr verpflichtet, dem Künstler, der sich dieser schwierigen Aufgabe mit solcher Sorgfalt und solchem Erfolge unterzog, wie es Herr Funke gethan hat, meine volle Anerkennung öffentlich auszusprechen. Hinsichtlich der äussern Eintheilung der Arbeit habe ich blos zu bemerken, dass die dem Ganzen vorausgeschickte historisch-kritische Uebersicht keineswegs blos die Aufgabe hat, das successive Anwachsen unserer Kenntnisse und die Wandelungen der Vorstellungen vom Arthropodenauge vorzuführen, sondern in noch höherm Grade bezweckt, einige für die spätere Beantwortung fundamentale Begriffe an der Hand der frühern Lösungsversuche festzustellen. Dazu gab namentlich die Besprechung von J. Müller’s Behandlung der Frage Veranlassung, und man wird gut thun, dieses Umstandes bei der Lectüre des 2. Abschnittes des 2. Theils eingedenk zu bleiben. — Die Angabe der den Abbildungen zu Grunde liegenden Ver- grösserungen, sowie die Messungen sind, um den Text nicht zu unterbrechen, in die Figuren- erklärung verwiesen. Endlich bleibt mir noch übrig, dankbar der Unterstützung und Hülfe zu gedenken, der ich mich theils bei meinen Untersuchungen, theils bei der Drucklegung meines Buches zu erfreuen hatte. In erster Linie sei es mir gestattet, meimen ehrfurchtsvollsten Dank auszusprechen dem erhabenen Kanzler unserer Landesuniversität, Sr. Kgl. Hoheit dem Grossherzog Friedrich Franz von Mecklenburg-Schwerin, Dessen fürstliche Munificenz mir den Aufenthalt in Neapel, so fruchtbar an wissenschaftlichen Erfahrungen, so reich an Anregung aller Art, allein ermöglicht hat. Dass die Früchte meiner langen und mühsamen Arbeit nicht nur als selbständiges Werk, sondern auch im einer Ausstattung erscheinen konnten, die den Vergleich mit analogen Werken in keiner Weise zu scheuen braucht, dafür bringe ich meinen ehrerbietigsten Dank dar der Akademie der Wissenschaften zu Berlin, die mit rühmenswerthester Liberalität eine namhafte Summe zur Bestreitung eines Theiles der nicht geringen Herstellungskosten be- willigt hat. Möge das Buch dieser Unterstützung sich würdig erweisen ! VII Vorwort. Ebensowenig darf ich die vielfache Förderung unerwähnt lassen, welche mir m der Zoologischen Station zu Neapel sowohl von Seiten des durch die Gründung derselben um die Wissenschaft so hochverdienten Herrn Dr. A. Dohrn, als auch seiner Assistenten, besonders des Herrn Dr. H. Eisig, zu Theil geworden ist. Schliesslich ist es mir noch eme angenehme Pflicht, auch der Verlagshandlung für die Opferbereitwilliskeit, die zu bethätigen sie trotz der von der Berliner Akademie gewährten Subvention noch Gelegenheit genug fand, hier meine dankbare Anerkennung auszusprechen. Rostock, Ende November 1878. H. Grenacher. Historiseh-kritische Uebersicht seit Joh. Müller’s: Ar vergleichenden Physiologie des Gesicke smnne Ss „Non quis, sed qwd!“ Ich beginne meine Uebersicht der Leistungen auf unserm Gebiete mit Joh. Müller’s berühmten Buche: „Zur vergleichenden Physiologie des Gesichtssinnes!),* als dessen „Glanzpunkt* man namentlich in neuerer Zeit den das Sehen der Spinnen, Insecten und Krebse behandelnden Abschnitt zu bezeichnen sich gewöhnt hat. Weiter ın der Zeit zurückzugreifen, finde ich für meinen Zweck keine Veranlassung; jenes Buch bezeichnet den Beginn einer neuen Periode, und erst in dieser erheben sich die Fragen, mit deren Lösung sich die vorliegenden Untersuchungen zu befassen haben. Der Schwerpunkt der ausführlichen Darstellung Joh. Müller’s m dem genannten Werke (page. 305—390) beruht nicht sowohl in seinen eigenen ausgedehnten anatomischen Untersuchungen über den Bau namentlich des zusammengesetzten Auges — so weit sie auch die seiner Vorgänger überragen —, als vielmehr auf seiner vieldisentirten und, wie mir scheint, nicht immer in ihrer ganzen Tragweite erfassten, selbst oft missverstandenen „Theorie des musivischen Sehens“ vermittelst jenes Organes. So ausführlich diese behandelt ist, so kurz ıst auf der andern Seite die Beziehung des einfachen zum zusammengesetzten Auge im morphologischen Sinne erörtert, was ım Vergleich zu dem Umfang der umständlich besprochenen Relationen der Augen nach allen Seiten hin und zu allen Organen jetzt etwas frappıren kann. Die Stelle (l. e. pag. 388) lautet in characteristischer Kürze folgendermassen: „Der Uebergang der einfachen Augen in zusammen- gesetzte ist in den zu einem scheinbar zusammengesetzten Auge gehäuften emzelnen körnigen Augen der Asseln und Polypoden nicht zu verkennen.“ Das Wahre und Richtige dieser Ansicht zugestanden, so fehlt es doch nicht an Schwierigkeiten, die sich aus der Müller’schen An- schauungsweise bei weiterer Verfolgung dieser Vergleichung in ihren Consequenzen nothwendig ergeben müssen. Wir wollen hier der Entwickelung folgen, wie sie uns Müller selbst gegeben hat. Der erste Abschnitt handelt: „Von den beiden in der Natur möglichen Arten des Sehorgans.“ Wenn die Sonderung des von verschiedenen Theilen des zu sehenden Objeetes ausgehenden Lichtes auf den zur Lichtempfindung bestimmten Theilen als Grundbedingung für das deutliche 1) Leipzig, 1826. Grenacher, Untersuchungen über das Sehorgan der Arthropoden. 1 2 Historisch-kritische Uebersicht. Sehen festgehalten werden muss, so giebt es, wie Müller in musterhaft klarer Weise ausführt, theoretisch zwei Möglichkeiten, dieser Bedingung zu entsprechen. Die erste derselben, von sehr grosser Verbreitung in der Reihe der Thiere, erreicht diesen Effect durch Einschaltung sphärisch ge- krümmter, Iinsenartig wirkender Medien vor der concaven Retina, auf welcher durch jene die von den Punkten a, b,c,d... des Objectes ausgehenden Lichtstrahlen durch Brechung n.....d, e ba gesammelt und von den entsprechend vertheilten Endorganen pereipirt werden. — Die andre Möglich- keit, von Müller (l. e. pag. 313) aprioristisch erfasst, bedarf zu der Sonderung der discreten Licht- strahlen kemer sammelnden Medien. „Es ist begreiflich, dass auf emer Fläche auch ein Bild entstehen könne, indem dasjenige Licht, welches senkrecht auf die empfindende Fläche ein- fällt, an dieser Stelle nur allein zugelassen wird, alles andere Licht aber, welches von dem- selben Punkte ausgeht und unter andern Winkeln in näheren und ferneren Kreisen auf die empfindende Fläche fallen kann, intereipirt wird. Wenn nun auf dieser Netzhaut von jedem Punkte des Öbjectes nur das senkrecht einfallende Licht sich darstellt, wie dies immer bewirkt werden mag, so muss das Bild des Gegenstandes zwar undentlich, aber doch in den natürlichen Verhältnissen der Räumlichkeit verwirklicht werden. Auch wird eingesehen, dass eine solche Netzhaut nicht in gerader Ebene ausgebreitet sein dürfe, als welche nämlich nur von den wenigsten und kleinsten Gegenständen senkrechte Lichtstrahlen aufnehmen könnte; dass die empfindende Fläche eines Sehorgans dieser zweiten Art nothwendig kugelig sein müsse, so dass die Radien der Kugel auch denjenigen Theilen der äusseren Gegenstände entsprechen, welche in der Richtung jener Radien liegen“ (l. c. pag. 311). „Es käme nur auf ein Organ an, welches, vor der kugeligen Netzhaut gelegen, diese Sonderung [der Lichtstrahlen] genau bewirken könnte“ (l. e. pag. 312). Die Möglichkeit, dass in der hier wörtlich nach Müller angeführten Weise ein deutlich sehendes Auge sollte existiren können, lässt sich wohl nicht anzweifeln und ist meines Wissens auch nie angezweifelt worden; wie richtig seine allgemeine Auffassung des Sehvorganges war, ist noch in unsern Tagen, nachdem das Vertrauen auf das Vorkommen eines solchen Sehorganes in der Natur schon bedeutend untergraben war, noch hervorgehoben worden durch Autoritäten auf diesem Gebiete, wie Helmholtz!) und Du Bois-Reymond?). Anders aber gestaltet sich die Frage bei einer Prüfung nach der wirklichen Realisirung eines nach diesem Principe construirten Auges. Die erste Art des Auges, mit lichtbrechenden Sammellinsen, erkannte Müller in den sogen. einfachen Augen der Spinnen, Scorpionen und Inseeten, bei welchen die einzelnen Bestandtheile, ihrer Function entsprechend, eine wesentlich analoge Form und Anordnung aufweisen, wie es von den Augen der Wirbelthiere, Cephalopoden etc. schon längst bekannt war; die andere aber — und darin liest der Schwerpunkt der anatomischen Untersuchungen Müller’s — wollte er verwirklicht finden in den zusammengesetzten Augen der Inseeten und Krebse. Wir müssen hier auf Müller’s Kenntnisse vom Bau dieser Organe etwas näher eingehen. Das stark kugelig vorspringende, meist in ausserordentlich zahlreiche, gewölbte Facetten getheilte, zusammengesetzte Auge entsprach, was seinen innern Bau anbelangt, im zwei Punkten 1) Helmholtz, Physiologische Optik, pag. 3. ?2) Du Bois-Reymond, Gedächtnissrede auf Joh. Müller (Abhdlgn. d. Berl. Acad.), 1860, pag. 41 des Separat-Abdr. („— Freilich sind in neuerer Zeit, namentlich auf Grund der Beobachtungen von Gottsche, Zweifel an der Richtigkeit der Lehre vom musivischen Sehen erhoben worden. Immer würde es eine sehr feine Leistung bleiben, die das tiefste Eindringen in die Bedingungen des Sinnes verräth, eine Art angegeben zu haben, wie die bildende Natur, wenn es ihr anders beliebt hätte, auch wohl noch hätte ein deutlich sehendes Auge schaffen können. —*) Historisch-kritische Uebersicht. 3 völlig den Anforderungen, die man an dasselbe stellen musste, um in ihm eine Realisirung jener zweiten theoretisch als möglich erkannten Augenform zu sehen; und für einen dritten wesentlichen Punkt verstand es Müller, die Wahrscheinlichkeit so gross zu machen, dass es eines vollen Vierteljahrhunderts bedurfte, bis durch einseitige Betonung einer Beobachtung, die nur durch diese Einseitigkeit eine Bedeutung erhalten konnte, es gelang, das bisher allgemeine Vertrauen auf den Scharfbliek Müller’s zu erschüttern. Einer zuerst zu stellenden Anforderung für jene Theorie genügte das zusammengesetzte Auge durch die leicht zu verificirende Kugelsestalt der Retina, die convex gegen die facettirte Cornea so vortritt, dass ihre innere Begrenzung der letzteren ungefähr parallel bleibt. Ebenso war es nicht schwierig zu erkennen, dass die pereipirenden Einheiten der Retina, die pigmentirten Endieungen des Sehnerven, vom Eintritt desselben in das Auge an radıär auseinanderstrahlen, um je eine sich einer Facette zu nähern. Dass man diese pigmentirten Fasern als einfache, weiter nieht differenzirte Nervenfasern auffasste, und ohne besondere Endigung als ohne Weiteres zur Liehtperception für qualificirt hielt, lag im damaligen Zustande der biologischen Disciplinen und ihrer technischen Hülfsmittel. — Nun bleibt noch der dritte Factor, „das Organ, das, vor der Netzhaut gelegen, die Sonderung des Lichtes genau bewirken könnte“ — und diesen erkannte Müller in den durchsichtigen, zwischen Cornea und Sehnervenendigung gelegenen, von einer Pigmentscheide an ihrer Mantelfläche umhüllten, numerisch den Corneafacetten entsprechenden Krystallkegeln!). Ohne uns hier auf eine Geschichte dieser so vielfach besprochenen, so mannigfaltig gedeuteten sonderbaren Organe einlassen zu können, mag es genügen, darauf hinzuweisen, dass Müller der Erste war, der auf das allgemeine Vorkommen derselben im zusammengesetzten Auge hin- wies (l. c. pae. 345 u. 362); freilich musste er einige Jahre später, nach erneuten Unter- suchungen?), diese Allgemeinheit des Vorkommens wieder etwas einschränken, ohne doch im Wesentlichen seine. Ansichten über ihre Bedeutung für das Sehen zu ändern. Diese Bedeutung fasst Müller m folgenden Sätzen zusammen: „Wenn einer bestimmten Stelle der Netzhaut auch nur Licht von einer bestimmten Stelle des Objeetes zukommen kann, allen andern Theilen der Netzhaut dieses besondere Licht ausgeschlossen wird, so ist dadurch ein Bild gegeben. Dies geschieht in den zusammengesetzten Augen der Inseeten und Krebse durch die zwischen den Fasern des Sehnerven und den Facetten der Hornhaut gelegenen , mit beiden durch ihre Extremitäten verbundenen, an ihren seitlichen Wänden mit Pigment bekleideten, durchsichtigen Kegel. Jeder dieser um eine convexe Nervenmasse peripherisch gestellten Kegel lässt nur dasjenige Lieht zu der Faser des Sehnerven, mit welcher er an seiner Spitze verbunden ist. was unmittelbar durch die Achse des Kegels einfällt. Alles andere von demselben Punkte ausgehende, auf die Hornhaut schief auffallende Licht wird nicht die untere Extremität des Kegels erreichen und deshalb nicht zur Perception von andern Fasern des Sehnerven kommen; es wird, schief einfallend, von den mit Pigment bekleideten Wänden der nur in der Axe durchsichtigen Kegel absorbirt werden“ (l. e. pag. 363, 364). Die einzelnen, fast überall mehr oder weniger convexen Facetten der Cornea werden natürlich, ihrer Krümmung und Lichtbrechungsfähigkeit gemäss, auf die durchtretenden Licht- strahlen ihren entsprechenden Einfluss ausüben. Auch Müller erwog den Gedanken, ob sie, und mit ihnen die Kegel, nicht dazu bestimmt sein könnten, ein dioptrisches Bild behufs der 1) oder „durchsichtigen Kegeln des Glaskörpers“, wie Müller sie nennt. 2) Meckel’s Archiv, 1829, pag. 53 u. andere Stellen. 4 Historisch-kritische Uebersicht. Perception zu entwerfen, aber nur, um ihn entschieden von der Hand zu weisen. Er sagt: „Die Convexität der einzelnen Facetten der Cornea wird das in der Richtung der Achse einfallende Licht als brechendes Medium der Achse selbst zulenken und in der Tiefe des Auges zu grösserer Einigung bringen. So mag es kommen, dass das den ganzen Kegel durchleuchtende Licht in der Spitze desselben, wo es die Sehfaser affieirt, punktförmig vereinigt wird, wodurch die Bestimmt- heit des Bildes sehr gehoben werden muss. Die von der äussern convexen Fläche der Cornea bedingte Brechung ist aber nicht so gross, dass es zur Entstehung besonderer kleiner Bilder von jeder Facette aus kommen könnte. Nichts könnte eine deutliche Gesichtsvorstellung so sehr aufheben, als eben dies; denn wenn in der Vereinigungsweite der Facetten als Iinsenhafter Medien Bilder entständen, so würden alle diese nothwendig eine Umkehrung erleiden. Nicht das ganze Gesichtsfeld würde verkehrt sein, sondern die relative Lage der Bilder aller einzelnen Facetten gegen einander verkehrt und lee Wie also die Facetten in den zusammengesetzten Augen der Inseeten oft genug fast ganz ihre Convexität verlieren, so ist ihrer vordern convexen Fläche keine andere Wirkung beizumessen, als das nach den Gesetzen der Beleuchtung diver- girend in jeden durchsichtigen Kegel rlelleudle Lieht nach der punktförmigen Extremität des- selben hin zu vereinigen“ (l. c. pag. 367). Fügen wir noch den Satz hinzu: „Die Inseeten sehen weder nach dioptrischen, noch nach katoptrischen Gesetzen, sondern blos durch eine nähere Bestimmung der Beleuchtung‘ (l. e. pag. 363), so haben wir die Stellen, auf welche es wesentlich zur Beurtheilung der Stellung Müller’s in dieser schwierigen Frage ankommt, der Hauptsache nach beisammen, und können uns nun einer nähern Prüfung der gesammten Theorie zuwenden. — z Bei näherer Ueberlegung der Frage über den Modus des Sehens vermittelst des zusammen- gesetzten Auges ergiebt sich leicht, dass dieselbe trotz ihrer im Wesentlichen physiologischen Natur auch schon einer Lösung auf dem Wege einer genauen anatomischen Untersuchung fähig ist. Ich will nicht so weit gehen zu behaupten, dass die Lösung nur ausschliesslich auf diesem Wege möglich sei; aber es ist sicher nicht zu viel gesagt, wenn wir die genaue Kenntniss des anatomischen Baues der fraglichen Organe als eine unerlässliche Voraussetzung auch der rein physiologischen Behandlung ansehen. Eine nähere Betrachtung der Bedingungen, unter welchen die sog. Theorie des musivischen Sehens zu Recht bestehen kann, dürfte geeignet sein, jeden Zweifel darüber zu heben. Schon vorhin wurde der Anforderungen gedacht, die an ein durch Isolation sehendes Auge gestellt werden müssen. Dass das Hauptgewicht nicht auf die nach aussen convexe Gestalt der percipirenden Schicht zu legen ist, so lange man über die Bedeutung der einzelnen sie zusammen- setzenden Elemente nicht jeden Zweifel auszuschliessen im Stande ist, liest auf der Hand. Denn gesetzt, die einzelnen sogenannten Sehnervenfasern — ich habe, da es für den unmittelbar vor- liegenden Zweck noch völlig gleichgültig ist, vorläufig noch diesen Ausdruck hier beibehalten — erwiesen sich bei weiter eindringender Untersuchung doch nicht als so einfach, sondern als eben- soviele selbständige Retinae, so würde eine andere Deutung des Sehvorganges von der zufällig convex-kugeligen Anordnung derselben zu einem Gesammtauge in keiner Weise berührt werden. Die Totalform ist also blos unter gewissen Vor aussetzungen, die erst noch zu prüfen sind, Bedingung. Schon grössere Wichtigkeit, aber auch noch nicht fundamentaler Natur, hat die Function der einzelnen convexen Cornealinsen mit den ihnen dicht anliegenden Krystallkegeln zu bean- spruchen. Lässt sich der Nachweis führen, dass durch die ersteren, und unbehindert durch die zweiten, umgekehrte und verklemerte Abbilder vor denselben gelegener Objecte entworfen werden, so ist wenigstens der Gedanke an eine durch Linsenwirkung vermittelte Perception nach Analogie Historisch-kritische Uebersicht. 5 der einfachen Arthropoden- und der Wirbelthieraugen nicht einfach abzuweisen, sondern verdient eine nähere Prüfung. Diese Prüfung wird aber nothwendig auf den dritten Factor gerichtet sem müssen, von welchem die beiden ersten bezüglich ihrer Bedeutung völlig abhängig sind, nämlich auf die Beschaffenheit, besonders aber auf die Anzahl der zu jeder Corneafacette gehörigen perci- pirenden Elemente. Es ist klar, dass zur Perception eines wenn auch nur kleinen Sehfeldes, von welchem aus diserete Lichtstrahlen auf das Einzelauge fallen, auch wieder diserete Perceptionsorgane nöthig sind; und die Sehschärfe ıst, ceteris parıbus, ungefähr proportional der Zahl dieser Elemente, die sich bei gleichem Sehfeld in die Arbeit der Perception der einzelnen von letzterem aus- gesandten Lichtstrahlen theilen. Ist nun an der Stelle, wo die Lichtstrahlen sich zum Bilde vereinigen, nur ein einziges solches Organ vorhanden, so kann von einer Perception des ganzen Bildes in seinen nach der Natur der Ausgangspunkte. verschiedenen Lichtquahtäten, und mag dasselbe auch durch die optische Vollkommenheit der brechenden Medien noch so voll- kommen projieirt werden, unmöglich die Rede sein. Das betreffende Endorgan wird, wenn nur ein Theil des Bildchens auf dasselbe fällt, nur auf denjenigen Lichtreiz entsprechend reagiren, dem es in der gegebenen Zeiteinheit ausgesetzt ıst; die andern Theile des Bildchens werden ohne jeden Effect auf dasselbe bleiben. Ist aber das Perceptionselement gross oder das Bildchen klem genug, dass das letztere in seiner ganzen Nächenhaften Ausdehnung auf das erstere fallen kann, so kann die Erresung nur eine gemischte sein, die den Character der am meisten hervor- tretenden Lichtqualität des Bildchens trägt. Das betreffende Endorgan wird eben unter allen Umständen nur emen einzigen Reiz zu den centralen Organen leiten, und bei ausserordentlich grosser Anhäufung solcher Emmzelaugen mit vollkommenem Limsenapparat, aber rudımentärer, nur aus einem einzigen Perceptionselement bestehenden Retina, und unter der Voraussetzung der radıären Anordnung derselben in der beschriebenen Weise wird der Antheil eines Einzelauges an der Gesammtwahrnehmung functionell derselbe sein, wie bei der Perceptionseinheit des diop- trischen Auges. Damit ist aber eingestanden, dass für diese Fälle es keine andere Erklärung ausser der Theorie vom musivischen Sehen giebt. Mir ist die geringe Betonung der fundamentalen Bedeutung, welche gerade die Einheit der Perceptionsorgane hinter den Krystallkegeln bean- spruchen muss, als eine fühlbare Lücke seiner Beweisführung in dem Abschnitt über das Sehen der Insecten ete., den Müller sonst so meisterhaft und vielseitig durchdacht und behandelt hat, aufgefallen. Hätte er diesen Punkt in seiner vollen Bedeutung hervorgehoben, so würde er sich vielleicht nicht so schroff abwehrend gegen den Gedanken, die Corneafacetten könnten trotz der Krystallkegel Bilder projieiren, ausgesprochen haben, wobei er den optischen Gesetzen zuwider diese Fähigkeit ihnen überhaupt nicht zuerkennen wollte. Er scheint überhaupt darin eine Gefahr für seine Theorie erblickt zu haben, wie ich dies auch aus dem Eifer erkennen möchte, mit welchem er auf die Unverträglichkeit der Umkehrung der Einzelbestandtheile des Gesammt- sehfeldes hinweist (s. oben). Nun haben die Spinnen 6—8 einfache, unzweifelhaft bildumkehrende dioptrische Sammelaugen ; gewisse Wasserkäferlarven deren 12; die Augen der Oniscoideen und Polypoden, die Müller nur als Aggregate von ebensolchen einfachen Augen ansieht, deren 20—40 jederseits — für diese muss doch derselbe Einwand seine volle Berechtigung haben, wenn auch die Ziffern lange nicht an die bei den Facetten der Inseeten und Krebse gezählten heranreichen. Im Prineipe ist die Schwierigkeit bei diesen letztgenannten Augen der Asseln und Tausendfüsse nicht in dem gleichen Maasse geringer für unsere Vorstellung, in welchem die Zahl der Componenten des Auges hinter derjenigen bei ächten Facettenaugen zurückbleibt. Vielleicht hätte Müller diese Schwierigkeit für unsern Intellect überhaupt nicht 6 Historisch-kritische Uebersicht. so sehr betonen dürfen; er würde wohl auch kaum so grossen Nachdruck darauf gelest haben, wenn er nicht geglaubt hätte, dadurch seine Theorie vor Einwendungen sicherstellen zu können. Die anatomischen Voraussetzungen, die der von ihm vertretenen Lehre von den identischen Netz- hautstellen beim Auge des Menschen zu Grunde liegen, sind unserm Verständniss fast ebenso unzugänglich, wie die in jenem Falle sich aufdrängenden. Auf das Sehen der Onıscoideen und Polypoden kam übrigens Müller m einer um drei Jahre jüngeren Arbeit!) zurück, in welcher er seine eigenen Untersuchungen über den Bau des Auges dieser Thiere mittheilt. Die Umkehrung der Theile des Gesammtsehfeldes über- geht er mit Stillschweigen ; seine Worte sind: „Das Sehen dieser Thiere kann unmöglich scharf sein und über die nächsten Umgebungen hinausreichen. Denn von fernen Gegenständen müssen die verschiedenen Strahlen alle einfachen Augen zugleich beleuchten, wodurch alle Specifieation des Bildes aufgehoben wird. Nur Gegenstände, welche ganz dicht vor den Augen smd, können bei diesem Baue unterschieden werden, indem jedes emzelne Auge dann mehr von bestimmten entsprechenden Stellen des ganz nahen Objectes beleuchtet wird. Daher dieser Bau der Augen auch nur den Oniscoideen und Polypoden und einigen andern Aptera zukommt, Thiere, welche theils in der Erde, theils unter Stemen, theils selbst als Schmarotzer der Fische leben.“ Die anschemende Inconsequenz, die Müller hiermit beging, erklärt sich übrigens aus seinen anatomischen Befunden, die ıhn veranlassten, in den Augen dieser Thiere statt dessen, was sie wirklich sind, nämlich zusammengesetzte Augen (— ich rede hier aber nur von den Onis- coideen und Verwandten, die Myriapoden lasse ich in Ermangelung eigener abgeschlossener Untersuchung hier vorläufig aus dem Spiele —), nur einfache im grösserer Anzahl cumulirt zu erblieken. Zwei Beobachtungsirrthümer, die sich zufällig gerade ın die Hände arbeiteten, veran- lassten diese Parallelisirune. Der erste Irrthum beruhte auf der ungenauen Kenntniss des Baues der einfachen Augen, über welche Müller sowohl wıe seine Vorläufer und Zeitgenossen geboten. Der andere wurde bei der Beobachtung der vermeintlich aggregirten einfachen Augen der Oniscoideen ete. begangen. Die Cornea des einfachen Auges sollte aussen convex, nach innen aber concav sein, und in ihrer Höhlung eine biconvexe bis sphärische Linse tragen. Hinter dieser glaubte Müller einen durchsichtigen , biconvexen Glaskörper zu finden, auf welchen dann die flächenhafte, nach vorn ebenfalls ausgehöhlte Ausbreitung des Sehnerven folgte, umgeben von emer pigmentirten Chorioidea, die vor dem Glaskörper einen Diaphragma-artigen Ring, eine Irıs bildete. Der hier begangene Irrthum, die Annahme einer von der Cornea getrennten Linse, sowie eines dahinter gelegenen biconvexen Glaskörpers, wurde auch in der Untersuchung des Auges der Asseln nicht vermieden, und darauf hin hatte natürlich die vorgenommene Parallelisirung der beiden Formen des Sehorgans ihre anscheinend vollständige Berechtigung?). Bei der nur bildlich zu fassenden Ausdrucksweise des „Uebergangs“ des emfachen Auges durch das agglomerirte m das zusammengesetzte machte auch die für das letztgenannte von der Theorie geforderte, durch die Beobachtung wenigstens nicht abgelehnte Einheit des pereipirenden Nervenendes hinter dem „Glas- körper“ gegenüber der ebenfalls postulirten Mehrheit derselben bei den ersteren nicht in dem Maasse ihren störenden Einfluss geltend, wie sie es heute thun würde. 1!) J. Müller, Fortgesetzte anatomische Untersuchungen über den Bau der Augen bei den Insecten und Crustaceen. Meckel’s Archiv, Jahrgang 1829, pag. 43. 2) Vgl. darüber ferner: Müller, Ueber den Bau der Augen bei Argulus foliaceus in Tiedemann und Treviranus, Zeitschrift für Physiologie Bd. IV. 1831. pag. 97—105. Historisch-kritische Uebersicht. 7 Wir können hier von Müller’s Leistungen auf diesem Gebiete Abschied nehmen. Sie sind die grössten, trotz einzelner Unvollkommenheiten m sich am meisten logisch gesliederten, welche die Geschichte unseres Themas aufzuweisen hat. Er ist zwar noch mehrfach genöthigt gewesen, für dies geistige Lieblingskind seiner Jugend Lanzen zu brechen, wie wir noch sehen werden; in kurzem Auszuge hat er sie nur noch in seinem „Lehrbuch der Physiologie“ als Ganzes behandelt, wo auch, beiläufig bemerkt, meines Wissens zum ersten Male die Ausdrücke „mosaik- artie“ und „musivisch“ als Epitheta für diese Art der Perception zur Anwendung kommen (l. e. Bd. I. pag, 279). Wir wollen nun den Schieksalen der Theorie im Laufe der Zeit zu folgen versuchen. Den ersten Zweifel an ihrer Richtiekeit erhob R. Wagner!) auf Grund einer vereinzelten Beobachtung. Er glaubte nämlich die von ıhm gesehene Scheide um die Krystallkegel für die wahre Ausbreitung des Sehnerven, also für eine ächte multiple Retina, halten zu dürfen, womit allerdings das Loos der Theorie besiegelt gewesen wäre. Indessen verlief dieser Aneriff, wohl auch durch Müller’s?) Entgeenung entkräftet, ohne besondere Wirkung zu äussern, ziemlich resultatlos. Bald darauf erschienen die Untersuchungen von A. Brants?), die allerdings nur die morphologische Vergleichung des emfachen und des zusammengesetzten Auges zu corrieiren bestrebt waren. Die Untersuchungen haben Anspruch darauf, hier genannt zu werden, einmal, weil sie Veranlassung für J. Müller gegeben haben, die Anatomie des Arachnoidenauges durch noch- malige Prüfung desselben zu verbessern, dann aber besonders, weil später Leydig auf der Grund- lage der Brants’schen Resultate seine so allgemein acceptirte Ansicht über den morphologischen Zusammenhang beider Formen des Sehorgans aufbaute. Brants wollte m dem einfachen Auge (zunächst der Arachnoiden) eine Art von Binde- glied zwischen dem Auge der Vertebraten und dem zusammengesetzten Arthropodenauge erkennen ; er vergleicht das Spinnenauge mit dem letzteren als Ganzes, will also von einer Gleichwerthie- keit desselben mit einer Anzahl einfacher Augen nichts wissen. Er verbesserte die Beschreibung Müller’s über den vermemtlich biconvexen Glaskörper, indem er seine wahre Gestalt, vorn concav, hinten convex, erkannte; ausserdem entdeckte er in der hinter dem Glaskörper gelegenen pigmentirten Masse faserige, radiär gelagerte Röhren und vergleicht diese mit den Krystallkegeln des Facettenauges. Müller®) erklärt sich gegen diese Vergleichung, und beschreibt bei dieser Gelegenheit die Struetur des Glaskörpers als „aus pflanzenartigem Zellgewebe, mit zum Theil länglichen Zellen, deren Längsachse in der Richtung der Radien des Glaskörpers liegt“ bestehend, und erklärt ferner, dass die Linse mit der Cornea verwachsen ist. Auch über die bekannte, m mancher Beziehung recht verdienstliche Arbeit von Will5) können wir kurz hinweggehen, da sie auf die uns hier beschäftigenden Hauptfragen sich nur sehr wenig einlässt. Will drückt sich über den Modus des Sehens mit einem vorsichtigen Skeptieis- ') R. Wagner, Einige Bemerkungen über den Bau der zusammengesetzten Augen der Insecten, n Wieg- mann’s Arch. f. Naturgesch. Jahrg. I. 1835. Bd. 1. page. 372. ?) Arch. f. Anat. etc. 1835. pag. 613. ») in: Tijdschrift voor Nat.-Gesch. en Physiol. Tom. V. 1. 2; und Bull. Se. phys. und nat. en Neerl. (von mir nicht eingesehen); ferner in: Annales des sciences nat. Tom. 9. 1838 pag. 308—313; Frorieps Neue Notizen etc. 1838. Bd. VI. pag. 289—294. *) Vgl. Arch, f. Anat. und Physiol. 1838. Jahresbericht pag. CXNXXVII. °) Will, Beiträge zur Anatomie der zusammengesetzten Augen mit facettirter Hornhaut. Leipzig 1840. 8 Historisch-kritische Uebersicht. mus aus, schliesst sich aber unverkennbar näher an R. Wagner, dessen Schüler er war, an, als an J. Müller. Er sieht im zusammengesetzten Auge nur em Aggregat von einfachen, denen er einen complieirteren Bau zuschreibt als seme Vorgänger. Sie sollen nämlich „eme Hornhaut, eine Pupille, einen Humor aqueus, eine wahrscheinlich mit einer feinen Kapsel umgebene Linse (Krystallkegel), einen Glaskörper, einen Sehnervenfaden, eine Retina und endlich eine Choroidea® (l. e. pag. 30) enthalten. Was Wıll als Retina bezeichnet, ıst dasselbe, wie das, was früher R. Wagner für eine solche ansprach; bessere Gründe als dieser hat Will auch nicht für eine solche Behauptung zu liefern vermocht. — Das Hauptgewicht der Will’schen Untersuchungen beruht auf dem Nachweis des sehr ausgedehnten Vorkommens der Krystallkegel, das besonders durch sie zu einem verfrühten ausnahmslosen gestempelt wurde; ferner verdient noch hervor- gehoben zu werden, dass er der Erste war, der auf die Differenzirung des „Nervenfadens“, an welchem er beı zahlreichen Arthropoden eine „innere Röhre“ und eme „äussere Scheide“ beob- achtete, aufmerksam gemacht hat. Ein besonderes Verhäneniss für die Müller "sche Theorie vom musivischen Sehen beschwor die kleine Abhandlung von Gottsche: „Beitrag zur Anatomie und Physiologie des Auges der Fliegen und Krebsel)“ herauf. In diesem Aufsatze veröffentlichte Gottsche nicht nur Beobach- tungen über die Anatomie des zusammengesetzten Auges, sondern er schildert auch einen von ihm angestellten Versuch, der bis in die neueste Zeit himem als em unwiderlesliches Argument gegen die thatsächliche Richtigkeit der Müller’schen Theorie hat gelten müssen. Wir haben es hier vorzugsweise mit dem Versuche und den aus ihm gezogenen Consequenzen zu thun. Schon mehrfach war die Beobachtung gemacht worden, dass, wenn man die facettirte Hornhaut eines Insectes rein präparırt unter das Mikroskop lest, und den Focus desselben um eine gewisse Grösse oberhalb einstellt, ein mehr oder weniger deutliches Bild des Diaphragmas, des Fensters, vor dem das Mikroskop aufgestellt ıst, oder eines zwischen Spiegel und Objeettisch gehaltenen Gegenstandes zum Vorschein kommt; umgekehrt, wenn das Mikroskop ein einfaches, aufrecht, wenn es em zusammengesetztes, also selbst bildumkehrendes ist. Zuerst hat schon Leeuwenhoek in den Arcana naturae (die betreffenden Sätze sind neuerdings von Fr. Boll in seiner weiter unten noch anzuführenden Arbeit wieder reproducirt worden) diese Beob- achtung gemacht und beschrieben, später Baker, dann Brants?) und Grüel?®). Brants ist, wie J. Müller und Fr. Boll erwähnen, der Erste gewesen, der auf die Unvereinbarkeit dieser Thatsache mit der Müller ’schen Theorie hingewiesen hat, obschon er ın seiner frühern, oben erwähnten Arbeit nur bezüglich der morphologischen Auffassung der Arthropodenaugen als Gegner Müller’s aufgetreten war. Diese Beobachtung der Entstehung emes umgekehrten Bildehens wurde nun von Gottsche unabhängig von frühern Untersuchungen wieder gemacht, aber unter Umständen, die ihr eime weit grössere Tragweite beizulegen geeignet waren, als jene älteren sie besassen. Diese nämlich, angestellt an der gereinigten Cornea, demonstrirten nur, was eimes Beweises gar nicht erst be- durfte, nämlich die focale Vereinigung der durch eine Linse gehenden Lichtstrahlen zu einem umgekehrten, verkleinerten Bilde des lichtaussendenden Objectes. Nun liegen aber beim lebenden Thier hinter diesen Facettenlinsen die Krystallkegel, und ob diese eine solche Bilderzeugung zu- 2) in: Müller’s Arch. f. Anat. u. Physiologie 1852 pag. 433—492. (Briefl. Mittheilung an Joh. Müller.) 2) in: Tijdschrift voor naturl. Geschiedenis en Physiologie. Bd. X. 1843. (Citirt nach Boll, mir nicht zugänglich.) ®) Poggendorff’s Annalen 1844. Vol. LXI. pag. 220—222. y Historisch-kritische Uebersicht. t 9 liessen, oder ob sie vielleicht nur einem Büschel diffusen Lichtes den Durchtritt gestatteten, diese Alternative war nicht so leicht a priori zu entscheiden, wie für die Facetten allein; ausser- dem boten für eine analytische Behandlung des Problems die Kegel in sofern keine Hand- habe, als ihre wechselnde Form geometrisch wenig fassbar, ferner ihre geringe Grösse und ihre oft so ausserordentliche Veränderlichkeit unter dem Einfluss der verschiedenen Methoden auch Annäherungsmessungen schwer zugänglich war. Das Gottsche’sche Experiment schien nun den unwiderleglichen Beweis zu liefern, dass ein Bildehen trotz der Krystallkegel hinter diesen erzeugt wird. Er stellte seinen Versuch an Fliegen an, und beschreibt Müller das dabei beobachtete Verfahren ganz ausführlich, wofür ich auf seine Darstellung selbst verweise (l. ec. pag. 489). Nun werde ich später allerdings zu zeigen haben, dass bei Gottsche’s Versuch die Krystallkegel höchst wahrschemlich gänzlich ausser Spiel sind, denn sie sind hier so dünnflüssig, dass schon ihr Nachweis mit grossen Schwierigkeiten zu kämpfen hat, und sicher ist mir wenigstens, dass bei seinem in Glycerin aufbewahrten Demonstrationspräparat das Bildchen lediglich den Facetten zuzuschreiben ist, und eine Modification desselben durch die Krystallkegel deshalb hier aus- geschlossen werden muss, weil sie ausgelaufen und durch die Zusatzflüssigkeit ersetzt sind. Dies ist aber für unsern Zweck hier gleichgültig, denn, wenn ich dies schon hier anführen darf, der Versuch gelingt auch bei andern Insecten mit sehr resistenten Kegeln ganz gut (ich habe ihn bei Nachtschmetterlingen wiederholt), wenn die Kegel nur vorher von Pıgment befreit worden sind. Nun sind aber die Consequenzen wichtig, die Gottsche aus seinem Experimente zieht. Er eitirt wörtlich einen längern Auszug aus Bergmann und Leuckart, (Anat.-physiol. Ueber- sicht des Thierreichs — die, beiläufig bemerkt, eine treffliche Darstellung der Theorie vom musi- vischen Sehen geliefert, und dabei namentlich die Emheit des percipirenden Elementes hinter dem Krystallkegel als Postulat für dieselbe betont haben —), und fährt dann fort (1. ce. 491): „Wer den fadenförmigen Theil, welcher von der hintern Fläche des Krystallkörpers im Fliegenauge in seiner lockern Scheide nach der Ausbreitung der Nervi opticı zu hinläuft, für eime Sehnervenfaser ansieht, der kann diese Sätze (nämlich von Bergmann und Leuckart) nicht unterschreiben, weil dieser von mir angegebene Versuch total dem widerspricht, und m diesem Falle befinden sich fast alle deutschen Physiologen.“ Aus dem ganzen Zusammenhang geht hier unzweifelhaft hervor, dass Gottsche die wört- lich eitirten Stellen aus Bergmann und Leuckart ganz falsch aufgefasst hat. Diese nämlich behaupten mit Müller nur die aufrechte Stellung des durch das Gesammtauge vermittelten Bildes, da sie das Einzelauge für die Bildperception für untauglich, und nur zur Perception des einfachen, aus seiner directen Verlängerung herstammenden Lichtreizes qualificirt halten; Gottsche aber bezieht dies irrigerweise auf die Einzelfacette, für welche Leuckart nur aus der schon von Müller formulirten psychologischen Schwierigkeit die Unmöglichkeit, dass sie ein ganzes Partial- bild des Gesammtsehfeldes als umgekehrtes Bild pereipire, demonstrirt hatte. Das Einzige, was an der von Gottsche reproducirten Stelle des genannten Buches allenfalls zu Emwendungen Veranlassung geben kann, wäre folgender Passus: „— wäre nun bei den Arthropoden das Sehen auf dieselbe Weise vermittelt, wie bei den Wirbelthieren, entstände auch bei ıhnen hinter den einzelnen brechenden Körpern nach den Gesetzen der Dioptrik ein umgekehrtes Bild der äussern Gegenstände, dann wäre eine deutliche Gesichtsvorstellung ganz unmöglich“ — denn hier ist dem Wortlaute nach der Schwerpunkt auf den secundären Vorgang der Projection des Bildes gelegt, statt auf die Perception, was übrigens gleich darauf wieder in’s richtige Verhältniss gebracht wird. Uebrigens scheint Gottsche auch wenig geneigt, als percipirende Endorgane dasselbe Grenacher, Untersuchungen über das Sehorgan der Arthropoden. 2 r 10 Historisch-kritische Uebersicht. anzusehen, was frühere Forscher dafür erklärt hatten. Wenigstens ist seine „Retina“ etwas ganz anderes, und wir rechnen sie jetzt überhaupt nicht mehr zu den eigentlichen Augentheilen, sondern eher zu dem Ganglion optieum, dessen Ausstrahlung gegen die hintere Augengrenze, die durch eine siebartig durchbohrte Chitmlamelle bezeichnet ist, sie bildet. Seine Zweifel gegen die ältere Auffassung sucht er noch zu stützen durch den Hinweis auf ähnliche Bedenken, die Milne Edwards!) früher ausgesprochen hatte. Nur andeutend bespricht er die muthmassliche Function jener von dem Hinterende der Krystallkegel zur vermeintlichen Retina ziehenden Fäden; er hält es nämlich nicht für unmöglich, dass das ganze projieirte Bildehen durch eimen solchen Faden zur Retina geleitet werde also etwa, wie eine Depesche durch einen Telegraphendraht! — um dort erst zur Perception zu kommen. Es ist wohl völlig überflüssig, sowohl über diese Vor- stellung, als auch über andere in jenem Aufsatz enthaltene Dinge, z. B. das von ihm angenommene Doppelsehen durch das Emzelauge bei einer gewissen Objectdistanz, — das schon durch Clapa- rede (s. unt.) eime nähere Beleuchtung erfahren hat — noch viele Worte zu verlieren. Wie leicht zu ersehen, ist der wirkliche Gewinn, den die Wissenschaft aus der Arbeit Gottsche’s zog, ein sehr geringer für die Hauptfragen, und doch bezeichnet sie emen für die Müller’sche Theorie verhängnissvollen Wendepunkt in der Geschichte des Problems. Trotz aller Missverständnisse und schiefen Auffassungen, die in jenen paar Seiten enthalten sind, erhob sich das ominöse Bildchen hinter den Krystallkegeln gegen das so überzeugend aufgeführte Gebäude Müller’s, und brachte es nach und nach zu Falle. Die bald darauf veröffentlichte Arbeit von Zenker?), welche sich ebenfalls auf unser Thema emlässt, stellt sich zwar auch auf die Seite der Gegner der Theorie vom musivischen Sehen, ohne jedoch schon durch das Gottsche’sche Experiment in nachweisbarer Weise be- einflusst zu sein. Sein Gedankengang ist em wesentlich verschiedener, und wir wollen versuchen, ihn in kurzen Zügen zu skizziren. Zenker geht vom einfachen Auge aus, auf das er durch seine speciellen Studien über OÖstracoden und Copepoden gekommen war. Seine Auffassung dieses Organs weicht, namentlich was die lichtbrechenden Theile desselben anbelangt, von der bisher üblichen ab, und er führt eme Vergleichung mit dem Wirbelthierauge durch, die jetzt freilich nicht mehr aufrecht zu halten ist, aber für die damalige Zeit manche irrige Anschauung berichtiste. — Die licht- brechenden Medien theilt er ein in exogene und endogene; unter den ersteren versteht er die Cornea in den verschiedenen Formen ihres Auftretens (glatt, Iimsenartig verdickt ete.), unter den letzteren Glaskörper und Krystallkegel. Ueber die Betheiligung dieser beiden Categorieen an der Bilderzeugung spricht er sich (l. e. pag. 29) folgendermassen aus: „Vergleichen wir die Augen mit glatter Hornhaut (Östracoden etc.) denen mit optisch mitwirkender Hornhaut (Isopoden, Myriapoden, Arachniden), so tritt uns der bemerkenswerthe Gegensatz ent- gegen, dass im diesen der eigentlich lichtbrechende Körper ein exogenes Gebilde (Linse), in jenen ein endogenes (Glaskörper) ist; dass in diesen der Glaskörper zur Verminderung, im jenen zur Erzeugung der Convergenz der Lichtstrahlen bestimmt ist.“ — — „Dasselbe, was wir hier bei den einfachen Augen finden, gilt nun auch für die zusammengesetzten. Auch in ihnen findet sich der Unterschied, dass bald die exogenen, bald die endogenen Augentheile die Convergenz der Strahlen bewirken.“ — — „Bei den Asseln und Decapoden — liest die Ursache der Con- vergenz ın der Hornhaut, welche in der Mitte dicker ist, als am Rande. Dasselbe findet bei !) H. Milne Edwards, Histoire naturelle des Crustaces, Vol. I. 1834. pag. 119, wo von den „filamens vitres gelatineux‘‘ hinter den Krystallkegeln die Rede ist. ?) Zenker, Monographie der Ostracoden. in: Arch. f. Naturgesch. 20. Jahrg. Bd. 1. pag. 1—87. 1854. Historisch-kritische Uebersicht. al Insecten statt, z. B. bei Dytiscus, wo die Hornhaut innerhalb jeder Facette eine Wölbung von 160% macht. Der dahinter liegende Glaskörper, der sogenannte lichtbrechende Körper (Krystall- kegel), dient nur dazu, die Convergenz der Strahlen bis zu seiner Spitze zu verzögern.“ etc. (l. e. pag. 30.) Seine Ansichten über das Sehen mit dem zusammengesetzten Auge fasst er in folgenden Sätzen zusammen (l. e. pag. 31): „Ein zusammengesetztes Auge ist — nur als eine Aggregation einfacher Augen zu betrachten, die sich, veränderten Verhältnissen gemäss, umgebildet haben ; ein specifischer anatomischer Unterschied besteht nicht. Auch muss deshalb die Art und Weise des Sehens dieselbe sein. Die umgekehrten Bilder in den benach- barten parallel gerichteten unbeweglichen einfachen Randaugen des Scorpions können nur dadurch vereinigt werden, dass der Ort des gesehenen Gegenstandes in der Richtung des ein- fallenden Lichtstrahls nach aussen projieirt wird, und dass da, wo für je zwei Augen die Pro- jeetionsrichtungen sich kreuzen, der Körper selbst gesehen wird. Es ist hier gleichgültig, ob diese Bilder aus 2 oder 3, 4 und mehr Augen projieirt werden; die Kreuzungsstelle wird immer nur der Gegenstand selbst sein können. Durch die zahlreichen Ocellen des zusammengesetzten Auges wird also eine ebenso klare Anschauung erreicht werden, wie in jeden zwei gleichgerichteten unbeweglichen einfachen Augen.“ — „Es wäre kaum denkbar, dass die Inseeten mit ihren Neben- augen umgekehrte, mit ihren zusammengesetzten Augen dagegen aufrechte Bilder sehen sollten. Es darf aus dem Vorgange des Sehens mit beweglichen Augen kein Schluss gezogen werden für die Theorie der unbeweglichen.“ (l. ec. pag. 32.) Auge ist sicher eine eigenartige, originelle, aber, wie sich bei näherer Ueberlegung bald ergibt, nichts weniger als befriediennde. Die ganze Beweisführung zum Beispiel stützt sich auf Voraus- setzungen, die theils ungenügend begründet, theils geradezu wnrichtig sind. Unter die ersteren gehört die Annahme von der morphologischen Uebereimstimmung des einfachen Auges mit dem Einzelauge des facettirten; hier ist weder für den Krystallkegel, noch für die Retina die Auskunft eine genügende, und selbst wenn man zuzugeben geneigt ist, dass das Facettenauge als eine Aggregation von einfachen, den veränderten Umständen gemäss umgebildeten Augen (s. ob.) auf- gefasst werden kann, so frägt sich doch wieder, ob diese veränderten Umstände auf die Art und Weise des Sehens nicht auch von sehr wesentlichem Einflusse sein können. Unter die thatsächlich wnrichtigen Voraussetzungen aber rechne ich, dass Zenker mit den Einzelaugen des Facettenauges, deren Axen doch notorisch divergirend auf emer Kugelfläche angeordnet sind, so operirt, als ob sie parallel gerichtet wären. Es lhesse sich leicht Schritt für Schritt zeigen, dass das ganze System dadurch hmfällig wird. Genau genommen ist auch darin keine ernste Widerlegung der Müller’schen Theorie versucht, indem dieselbe gar nicht berührt wird; keine einzige der Prämissen, die zu jener Theorie geführt haben, ist eimer nähern Prüfung unterworfen worden. Es ist deshalb auch überflüssig, alle die sich ergebenden Einwände hier besonders aufzuzählen und zu widerlegen. Eine ganz andere, weit hervorragendere Stellung nehmen die Arbeiten Leydig’s!) über das Arthropodenauge ein, seit Joh. Müller bis auf unsere Tage die ausgedehntesten und sorg- samsten in der ganzen Reihe der einschlagenden Publicationen. Leydig hat sowohl das einfache 1) Fr. Leydig, Zum feineren Bau der Arthropoden. Müller’s Arch. f. Anat. u. Physiol. 1855. pag. 406 —444. — Lehrbuch der Histologie 1857. pag. 249—262. — Das Auge der Gliederthiere ete. Tübingen, 1864. — Tafeln zur vergleichenden Anatomie. Tübingen 1864; ausserdem zahlreiche Einzelarbeiten. DRS 12 Historisch-kritische Uebersicht. wie das zusammengesetzte Auge einer grossen Anzahl von Arthropoden sehr eingehend geprüft, und eme ganze Summe neuer Entdeckungen von grösserer oder geringerer Bedeutung dem spröden Materiale abzugewinnen verstanden. Die aus so ausgedehnten Erfahrungen erlangte Uebersicht über die sämmtlichen Er- scheinungsformen des Sehorgans hat, obschon zunächst dem morphologischen Verständnisse dienstbar, natürlich nieht verfehlen können, den Autor auch hinsichtlich der Frage über die Art und Weise des Sehens Partei ergreifen zu lassen. Um seinen Standpunkt würdigen und be- sprechen zu können, müssen wir nothwendig schon hier auf das Fundament an Thatsachen em- gehen, welches demselben zu Grunde liegt. Leydig räumte mit den bisher allgemein gehegten Vorstellungen über die Bedeutung der einzelnen hinter der Linse gelegenen Weichtheile der beiderlei Augenformen gründlich auf, und setzte eine völlig neue Auffassungsweise an deren Stelle, die sich grossentheils bis heute in der Wissenschaft erhalten hat. Mit welchem Rechte, mag hier noch unerörtert bleiben, da ich später noch ausführlich genug darauf zurückzukommen habe. Um mit dem Facettenauge zu beginnen, so erinnern wir uns, dass von den bisherigen Forschern seit J. Müller alle in dem Krystallkegel lediglich emen optischen, dem Perceptions- apparat vorgelagerten, demselben seiner Natur nach aber fremden Apparat, bestimmt, auf das durchtretende Licht in einem oder dem andern Sinne zu wirken, erblickt haben. Nicht so Leydig. Für ihn ist der Krystallkegel ein nervöser, percipirender Theil des Auges, ein Differen- zirungsproduct der „Nervenfaser* der älteren Autoren, an den sıch nach hinten ein weiteres der- artiges Gebilde, der „Nervenstab“, anschliesst, die contmwrlich mit emander zusammenhängen, und eine physiologische Einheit bilden, die ihrerseits verglichen wird mit dem Perceptionselement des Wirbelthierauges. Der Krystallkegel, das peripherische Ende der „Nervenfaser“, hat nur eine - abweichende, durchsichtige Beschaffenheit angenommen. Die grosse Schwierigkeit, eine scharfe Grenze zwischen dem Hinterende des Krystallkegels, besonders dessen Umhüllung, und dem da- hinter gelegenen Abschnitt nachzuweisen — eine Schwierigkeit, die sich bisweilen bis zur Un- möglichkeit steigert — veranlasste diese von der bisherigen so völlig abweichende Deutung, die Leydig selbst dann noch aufrecht erhielt, als er die innige Verwachsung des Krystallkegels mit der Corneafacette bei Elater noctilucus, Telephorus etc. entdeckte. — Besonders verfolgte Leydig den Bau des „Nervenstabes“ mehr in’s Einzelne. Er nimmt an demselben eine binde- gewebige, den eigentlichen, in frischem Zustande meist rosaroth gefärbten und häufig zart quer- oestreiften „Nervenstab“ umgebende Hülle an, in welcher auch sehr zarte pigmentirte Muskeln verlaufen, deren Contraction er direct beobachtete, und deren Function besonders in der Ver- engerung eines irisartigen Pigmentringes um das Hinterende des Krystallkegels bestehen soll. Ebenso abweichend von den bisherigen ist seine Interpretation der Untersuchungsresultate des einfachen Auges. Die durchsichtige Schicht radiär zum Linsencentrum gestellter Zellen im Spinnenauge, die bisher als „Glaskörper“ auch nur eine secundäre physiologische Rolle gespielt hatte, erhielt durch Leydig auch eine wesentlich andere Deutung. Nach seinen Untersuchungen endigen dieselben nach hinten zu nicht scharf und eben ab- geschnitten, wie die frühern Beobachter angegeben hatten, sondern hängen durch eme Art von bipolarer Ganglionzelle mit einem dahinter gelegenen stabförmigen Gebilde zusammen, das ım seinem Innern wieder analoge Differenzirungen zeigt, wie der „Nervenstab“ im Facettenauge. Den erstgenannten Elementen spricht er den Besitz von Kernen ab, und bezeichnet sie wegen ihrer Zerfliesslichkeit und ihres Aussehens als „Gallertkolben“, die er morphologisch und physio- logisch mit den Kıystallkegeln des Facettenauges in die gleiche Reihe stellt. Denselben Bau Historisch-kritische Uebersicht. 13 beschreibt er auch von den einfachen Augen der Insecten, wo die Theile die gleiche Anordnung zu einander zeigen. Die Schlüsse, welche Leydig in Bezug auf die morphologischen Relationen zwischen den beiden Augenformen zieht, zeigen viele Anklänge an die schon oben bei A. Brants besprochenen, und sind, die Richtigkeit der Prämissen vorausgesetzt, nicht anzufechten. Wenn der einzelne „Nervenstab“ mit seinem etwas anders entwickelten Vorderende, dem Kıystallkegel, einem einzelnen, analog complieirten Stabelement des einfachen Auges morphologisch sleichwerthig zu setzen ist, so ist gegen die Folgerung, dass auch die Summirung der eimzelnen verelichenen Factoren, das zusammengesetzte Auge auf der einen, das einfache auf der andern Seite, morpho- logisch einander gleichwerthig zu achten seien, wohl kaum etwas emzuwenden. So sieht denn Leydig consequenter Weise das Facettenauge nicht als ein Aggregat emfacher, dicht zusammen- gerückter Augen an, sondern als eine „organische Einheit, ein Einzelauge*, und berührt sich im dieser Beziehung mit A. Brants (s. ob.), wobei die Unterschiede, die freilich hinsichtlich der Deutung der einzelnen Augentheile zwischen Beiden obwalten, für das Gesammtresultat ohne Belang bleiben. Soweit wäre die Sache m der Ordnung. Nun musste aber Leydie doch auch eime Aus- nahme zulassen, die ganz direct auf den entgegengesetzten Modus der Augenbildung hinführte, also auf die Entstehung eines zusammengesetzten Auges durch Cumulation von einfachen; und, was am meisten zu denken siebt, bei Thieren, deren systematische Stellung eine solche Aus- nahmeposition a priori nicht vermuthen liess. An einem exotischen Bockkäfer nämlich hat Leydig eme Augenbildung beobachtet, die er auf eine Anhäufung von Einzelaugen zurückführen zu müssen glaubt. Damit wird aber nothwendig dem Zweifel an der Richtigkeit der einen oder der andern Deutung Zulassung gestattet, denn es wäre doch wohl ziemlich beispiellos, dass in em und derselben Ordnung, wie hier die der Käfer, dasselbe Organ äusserlich völlig den gleichen Eindruck bei den verschiedensten Repräsentanten machen, ferner derselben Function dienen, und doch hier nach diesem, dort aber nach einem durchaus verschiedenen Typus gebaut erschemen sollte. Aber man muss doch die Möglichkeit zugeben, so sehr sonst das paradoxe Verhalten den aus den gesammten Erfahrungen gewonnenen Regeln widerspricht. Anders aber ist es mit den Folgerungen bestellt, welche Leydig für die Frage nach dem Modus des Sehens vermittelst des Facettenauges aus seinen Untersuchungen zog. Nach der Art, wie er die Elemente des zusammengesetzten Auges bezüglich ihrer functionellen Bedeutung bestimmte, hätte man das Recht zu erwarten, dass er ein Vorfechter für die Müller’sche Theorie sein müsste, denn er hat ja gerade den Beweis geliefert, der bisher noch ausstand, nämlich von der Einheit des pereipirenden Elementes hinter je einer Facette, und damit jene Theorie zu einer unabweisbaren gemacht. Dem ähnliches hat schon Clapar&de in seiner gleich zu erwähnenden Arbeit richtig herausgefunden und ausgesprochen. Leydig aber stellt sich auf Seiten der Gegner Müller’s; anfänglich äussert er sich nur sehr zurückhaltend und vorsichtig, lässt aber doch zwischen den Zeilen durchblicken, dass er die Müller’sche Theorie als gefallen und unhaltbar ansehe; in seiner späteren Arbeit aber, die nach jener Abhandlung von Claparede erschien, verwahrt er sich entschieden gegen jene Folserung. Einen Vorschlag aber, den Claparede, dessen Ein- wendungen gegen die Leydig’sche Auffassung sich auf die angeführte beschränken, in vermitteln- dem Sinne macht, adoptirt Leydig, nämlich in dem Krystallkegel lichtbrechende und licht- empfindende Elemente zugleich zu sehen. Sonst aber ist er der Ansicht, dass das berufene Bildchen hinter der Cornea „schon allein genügt, die Müller’sche Theorie vom musivischen Sehen als unhaltbar aufzugeben“. Der Schwierigkeit, die grosse Anzahl der den einzelnen Facetten 14 Historisch-kritische Uebersicht. entsprechenden Bildchen für eine einheitliche Wahrnehmung zu verwerthen, sucht Leydig auf eine sehr eigenthümliche, wohl kaum als physiologisch haltbar zu bezeichnende Weise zu entgehen. Er denkt sich nämlich, die Einzelbildehen könnten auf der Bahn zum Nervencentrum hin ge- wissermassen in ein einziges grosses Bild zusammenfliessen, und zieht dafür die Art der Nerven- ausbreitung, wornach „keineswegs je ein Nervenstab einer einzigen Nervenfaser entspricht, sondern die Nervenstäbe bündelweise zu eimer Faser gehören, und diese wieder rückwärts, also zum Gehirn hin, sich abermals zu Stammfasern vereinigen“, heran, welches Verhalten er mit einer zusammen- gesetzten Dolde vergleicht. Es ist, wie ich glaube, wohl nicht nothwendig, diesen Darlegungen besonders und aus- drücklich entgegenzutreten, da sie so weit von allen wissenschaftlich festgestellten Thatsachen der physiologischen Optik abweichen, als möglich, und zur Erklärung einer Erscheinung eine Anzahl von unerklärlichen Annahmen einführen. Wir werden ohnehin noch auf diesen Vorstellungskreis stossen bei der Besprechung von Claparede’s Stellung zu der Frage. Der morphologischen Deutung der Kıystallkegel, wie sie Leydig aufstellte, kam Gegen- baur!) zu Hülfe, der an den Augen eines nicht näher bestimmten Krebses aus der Familie der Hyperiden, die völlig pigmentfrei waren, die Beobachtung machte, dass die Krystallkegel mit ihren lang ausgezogenen spitzen Enden sich bis an das Gehirn fortsetzten, und dort ohne Da- zwischentreten besonderer Elemente direct am Centralorgan endigten. Dieser Fund hat wohl auch die Auffassungsweise dieses Autors, die er bisher in seinen Compendien der vergleichenden Anatomie vertrat, mit befestigen helfen. Die schon flüchtig erwähnten Untersuchungen von Claparöde?) fördern, was das That- sächliche anbetrifft, vor Allem das bisher unangebaute Gebiet der Entwickelungsgeschichte des zusammengesetzten Auges (das einfache hat er nicht berücksichtigt), und eine Reihe von inter- essanten Beobachtungen war die Frucht davon. Da aber diese Untersuchungen selbst keinen Antheil an seinem Standpunkt bezüglich der uns hier vorwiegend beschäftigenden Hauptfragen haben, so können wir sie vorläufig aus dem Spiele lassen. Die eigentlich morphologische Seite der Frage wird von Clapar&de nur gestreift; es ist in erster Linie hervorzuheben, dass er entschieden der Vergleichung des Arthropodenauges und seiner Theile mit dem Wirbelthierauge und seinen Constituentien, wie wir sie bei Leydig finden, entgegentritt. Ueber die Vergleichung der beiden Augenformen der Arthropoden unter sich äussert er sich so unbestimmt, dass sich kein sicheres Urtheil über seine Ansicht gewinnen lässt ; indessen scheint es mir, als ob er darım seinem Vorgänger Leydig folge. Viel ausführlicher verbreitet er sich über den Mechanismus des Sehens. Auch er gehört zu den Gegnern der Müller’schen Theorie, aber seine Gründe sind ganz andere, als die seiner Vorgänger; man merkt ihm sehr deutlich die Ueberwindung an, die es ihn kostet, der Leydig’- schen Auffassung Concessionen zu machen, er betont, wie schon oben angeführt, dass sie in dieser Form auf die Müller’sche Theorie führe (l. e. pag. 207), und macht, zwischen Seylla und Charybdis, einen Vermittelungsvorschlag, der bei Lichte besehen erst recht unannehmbar er- schemen muss. Sein Widerstand gegen die Theorie vom musivischen Sehen stützt sich weniger auf das l) Gegenbaur, Zur Kenntniss der Krystallstäbchen im Krustenthierauge. in: Müller’s Arch. f. Anat. u. Physiol. 1858. p. 8S2—84. 2) E. Claparede, Zur Morphologie der zusammengesetzten Augen bei den Arthropoden. in: Ztschft. f. wiss. Zool. Bd. X. 1860. pag. 191—214. Historisch-kritische Uebersicht. 15 berufene Leeuwenhoek’sche Bildchen, als darauf, dass gewisse Consequenzen jener Theorie durch Erfahrungsthatsachen widerlegt werden sollen. Jene Consequenzen bestehen darin, dass nach jener Theorie die Schärfe des Unterscheidungsvermögens nothwendig proportional der Anzahl der Facetten sein muss. Dies ist nicht wohl zu bestreiten; aber hören wir ihn weiter. Er führt aus Will’s Arbeit Zählungen von Facetten an; die kleme Käfergattung Mordella soll über 25,000, eine Ameise hingegen nur 50 haben. „Welcher Abstand in der Schärfe des Unterscheidungs- vermögens“, fährt er fort, „müsste nicht nach Müller’s Theorie diese beiden Insecten von ein- einander trennen! Man darf ja dreist behaupten, dass nach dieser Theorie em Imsect, welches wie die Ameise nur 50 Facetten an der Hormhaut besitzt, für wirkliche Bilder völlig blind ist. Es könnte wohl Helligkeit von Dunkelheit unterscheiden, doch keine Gegenstände, keine Umrisse wahrnehmen. Dies genügt, um Müller’s scharfsinnige Lehre zu Boden zu schlagen, denn wir wissen, dass viele Insecten ein feines Unterscheidungsvermögen selbst in bedeutender Entfernung besitzen. Schon aus grosser Ferne steuert eine Biene geradlinig auf die Oeffnung des Bienen- korbes los, und es darf wohl angenommen werden, dass der Gesichtssmn ihr Hauptführer dabei ist“ — und dann berechnet er aus der ungefähren Facettenzahl (ca. 4000), dass sie schon ım einer Entfernung von 6 Fuss das Flugloch nicht mehr erkennen könne, da ja nach der Müller’- schen Theorie das Bild mehrere Facetten einnehmen müsse, um noch wahrnehmbar zu sein. Machen wir hier einen Augenblick Halt, bevor wir seine Ideen weiter verfolgen, um die hier angewandte Art des Schliessens etwas näher zu beleuchten. In der wörtlich eitirten Stelle (vel. 1. e. pag. 208) ist der Gedankengang doch nur der: es giebt Insecten, die mit zahlreichen Facetten ausoerüstet auf weite Distanzen scharf unterscheiden; andere, wie die Ameise, besıtzen nur sehr spärliche Facetten — folglich ist die Müller’sche Theorie falsch. Wie Claparede so unglücklich argumentiren konnte, ist mir unbegreiflich. Freilich wäre es für die Müller’sche Theorie ein ganz bedenkliches Ding, wenn der Nachweis geführt werden könnte, dass die Ameise, trotz ihrer geringen Anzahl von Facetten), auch unter die Inseeten mit scharfem Unterscheidungs- vermögen, und besonders in die Ferne, gehörte. Aber diesen Nachweis, den man doch eigentlich erwarten müsste, hat Claparöde nicht geführt, und er dürfte ihm, auch wenn er es versucht hätte, doch etwas schwierig geworden sein; denn Jeder, der diese Thiere je im Leben beobachtet hat, wird diesen langsamen, immer mit ihren Fühlern manipulirenden Geschöpfen nach all den empirischen Anhaltspunkten, die wir in solchen Fällen zur Anwendung bringen können, ein nur sehr wenig entwickeltes Sehvermögen zuschreiben, ebenso aber den blitzschnellen, gewandten Mordellen ein schr hoch ausgebildetes, und damit stehen die Zahlenverhältnisse der Facetten in keinerlei Widerspruch. Hätte Clapare&de seine Aufmerksamkeit etwas mehr der Insecten- classe zugewandt, so würde er gefunden haben, dass jene ersterwähnte Consequenz der Müller- schen Theorie, die er zur Bekämpfung der letzteren aufbieten zu können glaubt, durchweg ihre Bestätigung findet. Was aber ferner die so unmotivirt in die vermeintliche Beweisführung eingeführte Biene anbelangt, so ist es doch wohl sehr fraglich, ob sie nothwendig gerade das Flugloch ihres Stockes aus grossen Entfernungen sehen muss, um wieder dahin zu gelangen. Darf man einem Thier, dessen Psyche so unverhältnissmässig hoch entwickelt ist, nicht auch zutrauen, dass schon der Korb, oder das Bienenhaus, selbst dessen Umgebung, bei der Rückkehr zum Wegweiser \) Ich möchte hier beiläufig erwähnen, dass ich übrigens bei Formica rufa ca. 500 Facetten gezählt habe ; in dem Oval der Cormea stehen einige 20 in der grössten Breite, einige 30 in der grössten Länge; für unsern Zweck Oo fo} el je) oO te) ist das aber nebensächlich. 16 Historisch-kritische Uebersicht. dienen kann? Und könnten hier nicht auch ausserdem Dinge uns gänzlich unbekannter Natur ihre Rolle spielen, wie z. B. bei den Brieftauben, deren Orientirungsvermögen doch sicher nicht auf einen in’s Unglaubliche verfeinerten Gesichtssmn zurückgeführt werden kann? Ich führe dies an, weil ich einmal irgendwo gelesen habe, dass im fernen Westen Nord-Amerikas die Honigsammler die Stöcke wilder Bienen auf meilenweite Distanzen aus den geraden Flugbahnen zweier ihnen zugehörigen Bienen peilen sollen — muss aber freilich die Richtigkeit des Factums dahingestellt sein lassen. Kehren wir aber nach dieser Abschweifung wieder zu der weiteren Entwickelung zurück, die Claparede giebt. Nachdem er aus der Thatsache, dass für die zusammengesetzten Augen die Sehschärfe in die Ferne rasch abnimmt, den Widerspruch mit der gewöhnlichen Annahme, dass sie für das Fernsehen, die Ocellen aber für das Sehen in der Nähe bestimmt seien, betont hat, stellt Claparede die, wie er glaubt, nothwendige Annahme auf (l. e. pag. 209), „dass jede einzelne nervöse Abtheilung des Arthropodenauges mehrere diserete Eindrücke gleichzeitig leiten kann, und dass das Sehfeld jedes zusammengesetzten Auges musivisch aus den den einzelnen Augen- abtheilungen entsprechenden Bildehen zusammengesetzt ist.“ Die psychologische Schwierigkeit der Perception so vieler unter sich verkehrter Einzelbildehen macht ıhm wenig Sorge, indem er auf die zuweilen in grösserer Anzahl sich findenden Ocellen hinweist, für welche dieselbe auch Geltung haben müsste. Die Function jedes Theilanges als vollständiges Organ bedingt aber wieder dioptrische Medien zur Bilderzeugung, und da nach seiner Ansicht die Cornea nur in seltenen Fällen hinreichend gewölbt ist, so muss der Krystallkegel aushelfen. Da nun Clapa- röde ausser Stande ist, der Leydig’schen Auffassung des Krystallkegels, so sehr er sich auch oegen dieselbe sträuben mag, eine bessere entgegenzustellen, so wirft er die Frage auf, ob nicht der Krystallkegel lichtbrechend und pereipirend zu gleicher Zeit sei, und stützt diese Vermuthung noch durch die Krystallkegel der Hyperiden, wie Gegenbaur schon gethan. — Claparede sieht sich also veranlasst, eme Hypothese zu Hülfe zu rufen, die eigens ad hoc geschaffen ist, und für welche aus der gesammten Summe der Kenntnisse der Bedingungen des Sehens, wie sie aus andern Untersuchungen gewonnen wurde, keme Stütze geholt werden kann. Er sieht in dem Krystallkegel, ausser seiner Linsennatur, auch noch eine metaphysische Retina, wenn ich mich so ausdrücken darf, deren einzeme der Elementarwahrnehmamng dienende Theile auch nicht einmal andeutungsweise unsern optischen Hülfsmitteln zugänglich sind. Nicht uninteressant ist daneben die Art, wie er Leydig nachweist, dass er „an die Müller’sche Theorie gebunden“ sei (l. e. pag. 207). Nimmt Leydig die nervösen Abtheilungen des Facettenauges als Analoga der Stäbchen des Vertebratenauges, „der einfachsten Gebilde, in welchen die Lichtwellen einen gesonderten specifischen Bewegungsvorgang einleiten können“, so würden sie em dem Schachbrett vergleichbares Mosaik für das Licht empfindlicher Punkte dar- stellen. das Bild der Aussenwelt demgemäss in ebenso viele Stücke zerlegt werden, von denen jedes als gänzlich homogener Theil zur Perception gelangte: „jede nervöse Augenabtheilung ver- mag nur einen, niemals aber mehrere gesonderte Lichteindrücke zugleich zu leiten.“ Das Ge- sammtbild im Auge wird demnach ein aufrechtes, nicht umgekehrtes sein, wie es Ja die Müller’sche Theorie erfordert. — — Nähme aber Leydig auch an, die einzelnen nervösen Abtheilungen vermögen mehrere verschiedene Einzelempfindungen zugleich, d. h. zusammengesetzte Bilder, zu leiten. so würde dennoch die Theorie zu Recht bestehen, denn die Cornealmsen der Facetten wären in den meisten Fällen ausser Stande, ein Bildchen zu liefern, wegen zu schwacher Krümmung, und jene Leitungsfähigkeit würde nur eine virtuelle sein. Fehlt also eine weitere linsenartig Historisch-kritische Uebersicht. 7 wirkende Vorrichtung, so lässt sich die Anerkennung der Müller’schen Theorie auch dadurch nicht vermeiden. Ich habe mich absichtlich bei der Besprechung von Claparede’s Arbeit so lange auf- gehalten, weil sie so ausserordentlich instructiv zeigt, wie tief die Frage nach dem Verlassen der Müller’schen Theorie verfahren war. Die ausgezeichneten anatomischen Untersuchungen von Leydig lagen vor; ihr Urheber glaubte sie gegen die Theorie benutzen zu können, und Clapa- r&de weist ihm nach, dass sie im Gegentheil schnurstracks darauf hinführen. Da er aber selbst der Theorie nicht vorurtheilsfrei gegenübersteht, so bringt er daran ein kleines Correctiv an, das aber in seinen Consequenzen bedenklich ist, und glaubt sich so aus dem Dilemma zu ziehen. Und dabei darf man nicht vergessen, dass Claparöde hinter keinem seiner Vorgänger an Scharfsinn zurückbleibt, an Kenntniss der physiologischen Optik und ihrer Methoden sie aber sämmtlich übertrifft! Einen wieder anders motivirten Versuch, das Problem zu lösen, verdanken wir Ruetel). Ruete’s Forschung lag die morphologische Seite der Frage ferner als die physiologische, und er begnügt sich, trotzdem er sich sonst sehr an Leydig anschliesst, wegen des Leeuwen- hoek’schen Bildchens das Facettenauge für ein Aggregat von einfachen Augen anzusehen. Bezüglich des Sehvorganges im Facettenauge glaubt er sich in gewisser Weise im An- schlusse an die Müller’sche Theorie zu befinden, aber bei näherer Prüfung ergiebt sich doch, dass er in wesentlichem Gegensatz dazu steht. Während Müller dem nervösen Apparat der einzelnen Facette das Vermögen der Perception eines Bildchens, das ja nach ihm auch nicht zu Stande kommen soll, abspricht, und nur die axial einfallenden Strahlen wirksam sein lässt, sagt Ruete (l. c. pag. 17.): „Der Hauptunterschied der hier zu erörternden Ansicht von der J. Müller’s liest darin, dass nicht nur ein einziger Punkt eines Objectes Lichtstrahlen durch einen einzigen Hornhautkegel schiekt, sondern viele zugleich durch mehrere Kegel, so dass ein und dasselbe Nervenstäbchen auch zugleich von mehreren Punkten des Objectes afficirt wird. Jedes getroffene Nervenstäbchen erhält daher ein vollständiges Bild eines kleinen nahen Objectes, oder ein Stück des Bildes eines grösseren Objeetes, und dieses Stück wird einen um so grösseren Theil des Objectes repräsentiren, je mehr das Object vom Auge entfernt liest. Jedes einzelne Stück des Bildes wird nun auf das entsprechende Stück des Objectes bezogen (projieirt) und somit ist also das Totalbild, d. h. dasjenige, welches zum Bewusstsein gelangt, ein aus vielen einzelnen Bild- stücken mosaikartig zusammengesetztes.“ Unter Hornhautkegeln versteht Ruete aber nicht die Krystallkegel, die er mit Leydig als Perceptionsorgane auffasst, sondern die Facettenantheile der Cornea, die er richtiger als Horn- hautpyramiden bezeichnen würde. Auf Seite 19 seiner Abhandlung giebt er auch eime schema- tische Figur, die seine Darstellung versinnlichen soll. Ich glaube mir die Mühe sparen zu dürfen, den detaillirten Nachweis zu führen, dass auch diese vermittelnde Auffassung Ruete’s in keiner Weise die Zweifel zu beseitigen vermag, die sich dagegen erheben müssen. Sie gipfelt in letzter Instanz wieder auf der Annahme, dass der vermeintlich nervöse Krystallkegel Bilder zu percipiren im Stande sei, und Ruete sucht in der Viertheiliskeit desselben ein Argument dafür. Die in der genannten Arbeit noch ausserdem enthaltenen Bestimmungen optischer Con- stanten als nicht in den Kreis unserer Betrachtung gehörig übergehend, wenden wir uns zu dem !) Ruete, Ueber die Einheit des Prineips im Bau der Augen bei den verschiedenen Thierclassen und be- sonders über das Sehen der Insecten mit polyedrischen Augen. Gratulationsschrift der med. Fac. zu Leipzig zu C. G. Carus 50jähr. Doctorjubiläum. 1861. Grenacher, Untersuchungen über das Sehorgan der Arthropoden. 3 18 Historisch-kritische Uebersicht. fast gleichzeitig von emem andern Ophthalmologen veröffentlichten Versuch, dem Problem eine bessere Seite abzugewinnen. Dor!) sieht die Müller’sche Theorie für so gründlich beseitigt an, dass er sich der Mühe überhoben glaubt, gegen sie zu polemisiren. Vorwiegend hält er sich an die Leydig’sche Darstellung, die übrigens auch nicht seinen Beifall findet. Wie Ruete hat er sich auch vielfach mit der Bestimmung optischer Constanten beschäftigt und ich darf für den Modus der Gewinnung derselben sowohl, wie auch für die numerischen Resultate mich mit dem Hinweis auf das Original begnügen. — Da nach seinen Untersuchungen die Bildprojection immer am Hinterende der Krystallkegel zu Stande kommt, und nicht, wie man nach Leydig wohl eher erwarten müsste, am vordern, der Corneafacette zugewandten, so ist für Dor diese Thatsache hinreichend, über die Annahme einer nervösen Natur des Krystallkegels den Stab zu brechen. Als eigentliche Retina will er die conische Hülle um den Krystallkegel angesehen wissen, und nur eben diese conische Form derselben, die einer Bildprojection auf dieselbe wenig günstig ist, erregt sein Bedenken, das aber durch den Hinweis auf die auch nicht immer rein sphärische Gestalt der Retina des Menschen beseitigt wird. Auch die Unzahl von umgekehrten Bildchen kann seine Ueberzeugung nicht in’s Wanken bringen. — Dor schliesst sich, wie man daraus ersieht, hierm an die viel ältere Ansicht von R. Wagner (s. ob.) an, die ihm, wie es scheint, nicht bekannt ge- worden war. Eine ganz andere Stellung als die bisher besprochenen Arbeiten nehmen die Untersuchungen von Max Schultze?) ein, die em neues Licht auf das noch immer so dunkle Problem zu werfen bestimmt schienen. Obschon die Untersuchungen von ganz anderen, rein histologischen Gesichtspunkten ausgegangen sind, und demnach der Schwerpunkt derselben anderswo gesucht werden muss, so konnte doch die nähere Berührung mit dem Gegenstand nicht verfehlen, einen Forscher wie M. Schultze zu einem Versuch der Klärung der noch immer so verworrenen Frage herauszufordern. M. Schultze gerieth an das Problem in Folge seiner bekannten Untersuchungen über den Bau der Retina der Wirbelthiere und Mollusken. Es war ihm gelungen, dort eine eigen- thümliche Plättchenstructur der Netzhautstäbchen aufzufinden, deren ausgedehnte Verbreitung dem Gedanken Raum gab, in ihr vielleicht eine fundamentale Bedingung für die Umwandlung der lebendigen Kraft der Lichtstrahlen in specifische Nervenerregung zu erkennen; wie denn be- kanntlich Zenker unmittelbar darauf das Resultat vorläufig in eme Art von Perceptionstheorie zusammenzufassen versucht hat. Um nun auch die Arthropoden auf das eventuelle Vorkommen dieser Plättchenstructur zu prüfen, unternahm Schultze jene Arbeit; denn es musste jedenfalls zur Feststellung der principiellen Bedeutung jenes Baues von grösster Bedeutung sein, wenn Augen von sonst ganz verschiedener Architectur sich darin gleich verhielten. Auch nach M. Schultze ist die Theorie vom musivischen Sehen als „physikalisch un- haltbar“ zu verwerfen. Ebenso bestimmt aber tritt er auch den Ansichten Leydig’s über die Lichtempfindungsfähigkeit des Krystallkegels, sowie den unmittelbaren Zusammenhang desselben mit dem dahinter gelegenen „Nervenstab“ oder „Sehstab“, wie er den unbestritten nervösen Theil zu nennen vorschlägt, entgegen. Für ihn ist der Krystallkegel ein rein dioptrischer Apparat, bestimmt, bei der Erzeugung des Bildehens mitzuwirken. Es konnte einem Forscher wie !) H. Dor, De la vision chez les Arthropodes, in: Bibliotheque universelle (Arch. d. sciences phys. et natur.) 1861. Decemberheft mit 1 Tafel. 2) M. Schultze, Untersuchungen über die zusammengesetzten Augen der Krebse und Insecten. Bonn 1868. Fol. mit 2 Taf. (Vorläufige Mitth. im Arch. f, mikr. Anat. III. 1867. pag. 404.) Historisch-kritische Uebersicht. 19 M. Schultze nicht entgehen, dass die bisher vorhandenen, so ausserordentlich schwankenden und unsicheren Kenntnisse über die Nervenendigung ım Facettenauge nicht entfernt hinreichen, einer einigermassen haltbaren Vorstellung vom Wesen des Sehvorganges eine sichere Grundlage zu bieten, und dass deshalb vor Allem der Erforschung des Thatsächlichen noch eine höchst be- deutsame Aufgabe blieb. Verlässt man die Theorie Müller’s, so ist die nothwendige Consequenz das Postulat einer Retina, also einer Vielheit von pereipirenden Endorganen, die der Mannig- faltiekeit der gleichzeitig durch das projicirte Bild gegebenen Reize gerecht werden kann. Was nun diese Seite seiner Untersuchungen anbelangt, so kann man nicht behaupten, dass das Glück M. Schultze hiern eben so günstig gewesen wäre, wie nach der andern Richtung hin, nämlich dem Nachweis des allgemeinen Vorkommens der Plättchenstruetur auch im Typus der Arthropoden. Der „Sehstab“ liess sich nicht so ohne weiteres als Retina inter- pretiren, wenigstens fehlte noch sehr viel für die postulirte Vollkommenheit desselben, indem M. Schultze zwar eine Zerfällung desselben im vier, höchstens in acht, wie er glaubte, Segmente erkannte, was aber für die Anwendung jener Bezeichnung noch nicht ausreicht. Eine weitere Zerfällung in feine Fäserchen, die ja allerdings von grosser Bedeutung hätte sein müssen, war aber nur hypothetisch, und es fehlte jeder Anhaltspunkt aus Beobachtungen dafür. Nun sollte aber eine andere Beobachtung dafür eintreten. Bei einer Reihe von Insecten tritt der Nerv scheinbar einfach an das hintere Ende des Krystallkegels, bei andern aber glaubte M. Schultze ein Zerfallen desselben in äusserst feine, oft recht zahlreiche Nervenfädchen beobachtet zu haben, die sich entweder an das hintere, etwas flache Ende des Krystallkegels (Fliegen) oder becher- förmig um die Spitze desselben (Mistkäfer und Nachtschmetterlinge) legen. Hierin war für ihn die Lösung des Räthsels enthalten: Das zusammengesetzte Auge entspricht einem Aggregat von einfachen, von denen jedes mit einer aus zahlreichen feinen Nervenenden bestehenden, in der Nähe des hintern Endes der Krystallkegel gelegenen Retina versehen ıst. Nach vorn hin soll sie sich weit weniger ausdehnen, als frühere Forscher, die analoge Ansichten geäussert haben, annahmen. Es ist hier nicht der Ort, über die thatsächlichen Grundlagen, ihre Richtigkeit oder Un- richtigkeit, mich auszusprechen. Dies mag bei der Darlegung meiner eigenen Untersuchungs- resultate geschehen. Aber auch ohne Scerupel nach dieser Seite hin zu haben, kann man doch nicht behaupten, dass durch die Art und Weise der Darstellung, wie sie M. Schultze giebt, alle Bedenken zum Schweigen gebracht worden wären. Ein misslicher Umstand muss es schon genannt werden, dass es diesem im allen Feinheiten der modernen mikroskopischen Technik so ausgezeichnet bewanderten Forscher nur in einzelnen wenigen Fällen unter den sehr zahlreichen, die er einer Prüfung unterwarf, gelungen ist, jene Zertheilung in feinste Fibrillen aufzufinden, und er ausserdem genöthigt war, bei den andern das Vorkommen zu negiren. Wir haben in solchen Fundamentalfragen alles Recht, Gesetzmässigkeit zu erwarten, und wenn schon ver- einzelte Ausnahmen störend gewesen wären, so wird die Sache doch höchst bedenklich, wenn die zur Erklärung herangezogenen Beobachtungen selbst nur sehr vereinzelte unter einer er- drückenden Majorität von dagegen sprechenden bleiben. Nun erhebt sich ausserdem eine zweite Frage nach der Natur des „Sehstabes“, dessen Rolle durch den Schultze’schen Fund jener feinsten Nervenfäden eine räthselhafte wird. Er zeigt jene besprochene Plättchenstructur, die rosenrothe Färbung in frischem Zustand, er ist quellbar und höchst vergänglich, stark lichtbrechend — kurz, es vereinigen sich in ihm eine Summe von Eigenschaften, welche in den Sehorganen von Wirbelthieren und Mollusken den Retinastäbchen zukommen. Nun stehen diese anerkanntermassen mit der Umwandlung der Lichtbewegung in 3*+ 20 Historisch-kritische Uebersicht. Nervenerregung in innigstem Zusammenhang — so verschieden auch die Rolle sein mag, die man ihnen dabei zutheilt —, sollte dies num hier nicht der Fall sein? Durch seine erste Deutung ist M. Schultze gezwungen, dies zu verneinen, denn, um aus einer ganzen Reihe von Gründen hlos den einen anzuführen, bei denjenigen Augen, wo er am deutlichsten die feinsten Fibrillen erkannte (bei Mistkäfern und Nachtschmetterlingen), liegen diese „Sehstäbe“ sehr weit von der Stelle ab, wo jene Fibrillen sich ausbreiten, wo auch das Bildchen entstehen müsste, und sind mit denselben durch je einen langen Faden verbunden, der wohl in seiner Axe ein Strahlen- büschel durchtreten lassen wird, durch den aber das an semem Vorderende entstehende Bildchen gleiten zu lassen eine physikalische Absurdität wäre. — Die „Sehstäbe* können also keine Analoga der Retinastäbchen andrer Thiere sein, sie sind hier keine Endorgane der Sehnerven, und jenen Fibrillen kommen ihrerseits wieder keine Endorgane zu, wenigstens keine wahrnehm- baren, und dies ist auch wieder ein Widerspruch gegen die Erfahrung. Das Thema liesse sich noch weit ausspinnen, das Gesagte mag aber genügen, um dar- zuthun, dass auch die Untersuchungen M. Schultze’s noch zu vielen Einwendungen Raum geben, um als abschliessende betrachtet werden zu können. Dies erhellt in sehr characteristischer Weise aus dem Umstand, dass M. Schultze’s Schüler, Fr. Boll!), aus dessen Untersuchungen Consequenzen folgerte, die geradezu auf den diametral entgegengesetzten Standpunkt, nämlich auf den der Müller’schen Theorie, hinführten. Boll ist anscheinend dem Gegenstand nicht durch eigene Untersuchungen näher getreten, sondern durch eine auf anderm Gebiete der physiologischen Optik gemachte Erfahrung veranlasst worden, demselben seine Aufmerksamkeit zuzuwenden, und fusst dabei fast durchgängig auf den Resultaten M. Schultze’s. Boll ist der Erste, der mit Sicherheit und Klarheit das Leeuwenhoek’sche Bildchen auf seinen wahren Werth und seine richtige Bedeutung zurückführt — als nothwendige Consequenz der sphärischen Krümmung der vor den Nervenendigungen gelegenen Medien, womit aber keines- wegs auch der Zwang gegeben sei, demselben in der bisher üblichen Weise eine hervorragende physiologische Bedeutung zuzuschreiben, d. h. anzunehmen, dass es als solches auch pereipirt werden müsse. Er erörtert die Schwierigkeiten, welche sich dieser Auffassung entgegenstellen, etwa wie folst. In erster Linie glaubt er den von M. Schultze beschriebenen mehrfachen Nervenendigungen hinter dem Krystallkegel sowohl die morphologische als physiologische Bedeutung einer Retina absprechen zu müssen, denn einmal fehlt ihnen das den Reiz localisirende Pigment (ein Einwand, dem er selbst nur geringes Gewicht beilest), dann aber sind sie zu sparsam, um den Namen einer Retina zu verdienen, der nicht blos eine Mehrheit, sondern eine grosse Anzahl von Nerven- enden involvire. Dann weist er auf das häufig so sehr verschmälerte Hinterende der Krystall- kegel hin, wodurch blos eine sehr kleine centrale Partie des Bildchens von einer etwa dort vor- handenen Retina percipirt werden könnte; und endlich macht er die Seltenheit des Vorkommens, wie ich es vorhin bei der Besprechung von Schultze’s Arbeit gethan, sehr entschieden geltend als Argument gegen ihre Bedeutung, während der viel weiter verbreitete, einfache und nicht fibrilläre Sehstab eher als Norm aufgefasst zu werden verdiene. Eine fernere Quelle für Verlegenheiten, die nicht anatomischer, sondern physiologischer Natur ist, erkennt er im Mangel der Accomodation, da ohne eine solche die Trennung gleich- zeitig entworfener Bilder von nahen und fernen Gegenständen nicht möglich ist. 1) Fr. Boll, Beiträge zur physiologischen Optik. in: Arch. f. Anat. u. Physiol. 1871. pag. 530. Historisch-kritische Uebersicht. 1 Endlich spielt bei Boll auch die psychologische Schwierigkeit eine grosse Rolle, da die Einrichtung des Centralorgans eines Insectes, das eine Unzahl von unter sich ungleichen, ver- stümmelten und unvollständigen Bildchen zu einer einzigen Wahrnehmung combiniren soll, unser Vorstellungsvermögen weit überschreitet. So hält vor dem Urtheil des Verfassers keines der Argumente gegen die Müller’sche Theorie Stand, und er entscheidet sich — seit dem Gottsche’schen Versuch als erster — für dieselbe. Die Vorstellungen, die Boll sich über die morphologischen Beziehungen des einfachen Auges zum zusammengesetzten gebildet hat, sind in semer Arbeit nur so kurz und aphoristisch angedeutet, dass man sie gewissermassen zwischen den Zeilen herauslesen muss. Er scheint einer Vergleichung des einfachen Auges mit dem facettirten, resp. der Auffassung des letzteren als eines Aggregates von ersteren nicht gerade geneigt zu sein, ohne aber auch sich Leydig’s Auffassung zuzuwenden. Freilich sagt er nur: „Wenn man die zusammengesetzten Augen phy-, siologisch nicht mehr als eine Aggregation einfacher Augen betrachten kann, so ergiebt sich daraus die Nothwendiskeit, auch die vergleichend-anatomische Auffassung derselben, wie sie bisher in der Wissenschaft üblich war, einer Revision zu unterziehen“ — er wendet sich dann aber mehr gegen die vielfach, namentlich bestimmt von Leydig, in Anwendung gebrachte Vergleichung mit dem Wirbelthierauge. Endlich hat vor Kurzem Leuckart!) in einer allgemeinen Uebersicht über die Formen des Sehorganes in der Thierreihe sich über unsern Gegenstand ausgesprochen. Auch er hält fest an der Müller’schen Theorie, und ist trotzdem keineswegs geneist, deshalb auf die morpho- logische Zurückführung des einfachen und des zusammengesetzten Auges auf einander Verzicht zu leisten. Er sagt wörtlich: „— Da auch die typischen Formen der einfachen und zusammen- gesetzten Augen bei den Arthropoden mancherlei Eigenthümlichkeiten mit einander gemein haben, liest die Annahme nahe, dass beide auf dem Wege einer divergirenden Weiterentwickelung aus ‚einer indifferenten Urform hervorgegangen seien. Es heisst indessen den Werth morpholoeischer Beziehungen überschätzen, wenn man aus den hier hervorgehobenen Thatsachen in neuerer Zeit mehrfach den Schluss gezogen hat, dass beiderlei Augen nun auch in Bezug auf den optischen Vorgang des Sehens einander gleich ständen, und „„die Müller’sche Theorie vom musivischen Sehen als unhaltbar aufzugeben sei (Leydig).““ Die Richtigkeit dieses Standpunktes zu erweisen ist die Aufgabe der vorliegenden Arbeit, deren wichtigste Resultate zuerst im Jahre 1874 veröffentlicht wurden). Wir haben hier schon eme stattliche Reihe von Arbeiten über das so eng umschriebene Gebiet Revue passiren lassen, und dabei ganz abgesehen von allen rein descriptiv-histologischen, die keinen eigenen Standpunkt vertreten; man kann wohl sagen: quot capita, tot sententiae. Wenn trotz der besten und klangvollsten Namen, deren Träger sich mehr oder weniger emgehend mit dem Arthropodenauge beschäftigten, doch das Gefühl der absoluten Unsicherheit jeder Deutung um morphologischen wie im physiologischen Sinne nicht ferngehalten werden konnte, so wird man nicht mit Unrecht einen wesentlichen Grund des wohl kaum im Ernste zu läugnenden Misslingens in der grossen Schwierigkeit der Untersuchung selbst vermuthen. Eigene Erfahrungen haben mich darüber genügend belehrt, und ich will deshalb die von mir angewandten Methoden, die sehr einfach sind, in Kürze darlegen. !) R. Leuckart, Organologie des Auges. in: Graefe und Saemisch, Handbuch der gesammten Augen- heilkunde. Bd. II. 1. Abth. pag. 290 u. ff. *) Ueber die später erschienene werthvolle Arbeit von Exner s. unt. Bemerkungen über Methode und Technik. Dass es keine Panacee für die Untersuchung des Arthropodenauges giebt, die sich ein für allemal empfehlen liesse, das habe ich ım Verlaufe meiner eigenen Untersuchungen nur zu sehr erfahren. Da die meisten und wichtigsten Resultate wenigstens hinsichtlich der hier zu beant- wortenden Hauptfragen sich nur durch gut geführte Schnitte gewinnen lassen, so galt es vor Allem, zweckmässige Erhärtungsmittel in Anwendung zu bringen, und trotz der Menge von hiefür empfohlenen und auch für andere Zwecke äusserst brauchbaren Substanzen kann ich doch kaum ein besonders geeignetes hervorheben. Da mir mehr auf die topographischen Beziehungen der das Auge bildenden Elemente zu einander ankam, als auf den feinsten histologischen Bau derselben namentlich in frischem Zu- stande, so habe ich nur relativ selten die Untersuchung der lebenden Gewebe vorgenommen. Sie ist fast immer eine sehr schwierige, weil, ganz abgesehen von der eminenten Veränderlichkeit aller Weichtheile, das Pigment, das diesen nicht oberflächlich anhaftet, sondern in sie eingebettet ist, einer genaueren Einsicht in ihren Bau ungemein hinderlich ist, oder sie selbst ganz un- möglich macht. Eine Entfärbung im frischem Zustande, ohne die zarten Gewebe zu zerstören, ıst aber nach den mir bekannten Methoden nicht möglich, da alle dazu verwandten Substanzen stark einwirken, und namentlich frischen Geweben verderblich sind, während sie bei vorsichtiger Anwendung an gehärteten Präparaten weit weniger Veränderungen im Gefolge haben. Wie aus der späteren anatomischen Schilderung hervorgeht, habe ich Schnitte beim ein- fachen wie beim zusammengesetzten Auge sowohl parallel der Augenaxe, als auch senkrecht darauf, gemacht, und ich verdanke namentlich der Anwendung der letzteren Schnittrichtung auf das Facettenauge eine Reihe der wichtigsten Resultate. Von Erhärtungsmitteln habe ich Chromsäure und ihre verschiedenen Salze versucht, aber die dadurch bewirkte grobe Granulirung erweist sich meist als ein schwer zu überwindendes Hinderniss. Ferner habe ich mit der von M. Schultze und von Steinlin empfohlenen Oxal- säure in wässeriger und alkoholischer Lösung experimentirt; in einzelnen Fällen erhielt ich ganz brauchbare, in andern wieder völlig unbrauchbare Resultate. Auch mit Pikrinsäure eng es mir nicht besser. Nur die von Kleinenberg angegebene Mischung von Pikrin- und Schwefel- säure, deren Anwendung aus dem Anhang zu der von Kleinenberg übersetzten Entwickelungs- geschichte von Foster und Balfour ersehen werden kann, und. deren Bekanntschaft ich in der Zoologischen Station in Neapel im Winter 1875/76 machte, scheint nach den allerdings nur sparsamen Versuchen, die ich vor Kurzem noch mit ihr anstellte, wenigstens für manche Fälle gute Dienste zu leisten, obschon sie nicht jene vorzüglichen Eigenschaften zu entwickeln scheint, die ich für pelagische Thiere besonders an ihr schätzen lernte. Wo im Integumente Kalk Bemerkungen über Methode und Technik. 23 vorkommt, also bei den meisten Crustaceen, ist sie freilich unbrauchbar, da die Kohlensäure- Entwiekelung die noch weichen Gewebe aus ihrer Lage bringt und selbst zerstört. Für die einfachen Augen habe ich zuweilen gute Erfolge mit einem mir von meinem Collegen, Herrn Prof. Merkel, empfohlenen Gemenge von Chromsäure und Platinchlorid (von jedem Y,% in aq. dest.) gehabt. Aber die Verschiedenheit der Wirkung auf verschiedene Augen zeigte sich gerade hier recht auffallend. Während ich z. B. das Auge von Phalangium ganz trefflieh damit studiren konnte, ebenso diejenigen der Acilius-Larven, ergab die Anwendung auf die Augen von Epeira und andere Spinnen, ebenso auf das Facettenauge, ganz und gar negative Resultate. Dass ich auch die von M. Schultze gerade für diesen Zweck so sehr gerühmte Osmium- säure vielfach erprobte, versteht sich von selber. Ich kann aber nicht behaupten, dass ich für die von mir angestrebten Zwecke besondere Ursache hätte, sie zu empfehlen. Sie bewährt zwar ihre Eigenschaft, den Geweben bis zu einem gewissen Grade den Character der frischen zu er- halten, auch hier, wie sie denn auch am ehesten sich eignet, die Plättchenstructur des Sehstabes zu conserviren. Dazu kommen aber ein paar unangenehme Eigenschaften. Zunächst ist der am meisten zu bekämpfende Gegner das dichte, dunkle Pısment, und wenn die Osmiumsäure diesem nicht nur eine weitere Verdunkelung um etliche Schattirungen hinzufüst, sondern auch die Löslichkeit des Pigmentes so bedeutend verringert, dass man die Lösungsmittel weit länger und in concentrirterer Form, als die Gewebe vertragen können, in Anwendung bringen muss, so ist das ein bedenklicher Uebelstand. Ausserdem werden durch die Osmiumsäure manche natürlich sehr wesentliche Differenzen in der Lichtbrechungsfähigkeit ausgeglichen, so dass stark brechende Theile, wie die Stäbchen, von sonst schwach lichtbrechenden, wie das zugehörige Proto- plasma der Zelle, sich nur schwierig trennen lassen; auch die interstitielle (Blut-) Flüssigkeit gerinnt in ähnlicher Weise, und stört oft sehr. Endlich werden die Gewebe des Auges sehr spröde und brüchig, und es hält sehr schwer, gute Schnitte von ihnen zu gewinnen. Alles in Allem habe ich weitaus am meisten Weingeist in verschiedenen Concentrations- graden angewandt, obschon natürlich auch dieser seine sehr bedenklichen Seiten hat. Besonders nützlich habe ich ihn beim Facettenauge sowohl der Insecten als der Krebse gefunden, während ich beim einfachen Auge mich allerdings lieber nach andern Substanzen umsah. Ich kann auch hier für seine Anwendung kein Universalrecept geben: das eine Mal leistet 70 % iger bessere Dienste, das andere Mal 90°), iger oder absoluter etc. etc. Die durch Weingeist hervorgebrachte Gerinnung ist im Ganzen eine ziemlich gleichmässige, und es finden nicht leicht bedeutende Schrumpfungen dabeı statt, wenn man vorsichtig verfahren ist. Die hyalınen Stäbchen bleiben fast immer nach Alkoholeinwirkung klar und durchsichtig, verlieren aber natürlich Färbung, Querstreifung (wenigstens bei Insectenaugen), und, was ich als das Störendste empfunden habe, häufig einen Theil ihres ın frischem Zustande so bedeutenden Lichtbrechungsvermögens, so dass die Schwierigkeiten, sie in ihrer Zusammensetzung zu studiren, oft sehr bedeutend sind. Dies habe ich sowohl bei einfachen als bei zusammengesetzten Augen beobachtet, und manche Lücke in meinen Untersuchungen rührt davon her, dass ich kem anderes passendes Surrogat auifinden konnte. Auch der Nachweis der Zellkerne, von dem, besonders bei Spinnenaugen, oft viel abhängt, ist nach Weingeisterhärtung und darauf folgender Entfärbung häufig sehr erschwert, was als ein Uebelstand bezeichnet werden muss. Nicht minder wichtig als die Wahl der Erhärtungsflüssigkeit für den gegebenen Fall ist die Entfärbung, da die Fälle, wo das Pigment ganz fehlt, oder doch nur so wenig entwickelt ist, dass man unbehindert durch dasselbe sich über die Form und die gegenseitigen Lagerungs- 24 > Bemerkungen über Methode und Technik. verhältnisse der Augenelemente orientiren kann, zu den seltenen Ausnahmen gehören. An eine mechanische Entfernung desselben (etwa durch Abpinseln) ist nicht zu denken, denn es ist, ausser in eigenen Pigmentzellen, fast immer in reichlichen Quantitäten auch in den essentiellen Bestand- theilen der pereipirenden Schicht, zwar nicht in den Stäbchen, wohl aber in den zugehörigen Zellen, aufgespeichert. Man muss ihm deshalb auf anderm Wege beizukommen suchen, und allen Lösungsmitteln klebt der Uebelstand an, dass ihre zerstörende Wirkung sich nieht auf den Farbstoff allein beschränkt, sondern mehr oder weniger fühlbar auch den Träger desselben an- greift, den man conserviren möchte. Ich habe zuerst mit Kalilauge, selten mit Chlorwasser, dann aber zu allermeist mit der von Gottsche zuerst, später von M. Schultze empfohlenen Salpeter- säure gearbeitet. Aetzkalı löst zwar das Pigment sehr rasch, aber fast ebenso rasch folgt ihm alles Uebrige, bis auf die chitinisirten Theile, nach; nur die bekannte Moleschott’schen Kali- lauge, sofern sie als einzige Zusatzflüssigkeit benutzt wird, lässt Zeit genug, em Präparat ein- gehend zu studieren. Chlorwasser wirkt sehr langsam, greift aber zu stark die Theile an, die man zu erhalten wünscht; es hält sich ausserdem schlecht, und ist den Mikroskopen gefährlich. Dagegen leistet die Salpetersäure bei gehöriger Vorsicht recht gute Dienste, und ich kann sie nur empfehlen. Gottsche wandte concentrirte, M. Schultze 25%%ige Salpetersäure an; letzterer setzte frische Augen ihrer Einwirkung aus. Ich habe nur Schnitte damit behandelt, die schon in ver- dünntem Glycerin unter dem Deckglas lagen, da die Einwirkung derselben auf frische Gewebe viel zu intensiv ist, und sie in ihrem Zusammenhange zerstört. Ich fand, dass man am besten thut, sie recht langsam einwirken zu lassen, indem man dem Präparat am Rande des Deck- glases ein Tröpichen 20—25 'higer Säure zufügt, so dass die Beimengung allmälig erfolgen kann, was man ja immer durch vorsichtiges Lüften des Deckglases unterstützen mag, wenn es zu lange dauern sollte. Der Beginn der Entfärbung zeigt sich durch das Auftreten eines braun- rothen oder purpurnen Hofes um den Schnitt an, was seine Ursache darin hat, dass das Pigment zuerst gelöst, und dann erst zerstört wird. — Wirkt die Säure zu stark ein, so wird das Präparat zu durchsichtig, krümelig und zerbrechlich, und es treten im Innern Gasblasen auf, die wegen der Zerreissung der morschen Weichtheile das Präparat unbrauchbar machen. Man thut gut, während der Entfärbung das Präparat ab und zu zu durchmustern, denn manche Structureigen- thümlichkeiten zeigen sich besonders deutlich gerade während dieses Processes. Wie schon bemerkt, stösst nach Einwirkung von Alkohol und darauf folgender von Salpetersäure der Nachweis der Zellkerne oft auf grosse Schwierigkeiten, die nicht so bedeutend sind, wenn als Erhärtungsmittel Chromsäure und ihre Salze, Oxalsäure oder dergl. zur Ver- wendung gekommen sind. Ist der Nachweis der Kerne unerlässlich, wie beim Spinnenauge, so hat man im ersteren Falle viele Mühe, ein entfärbtes Präparat soweit wieder von der sich zähe einnistenden Salpetersäure zu befreien, dass die bekannten Tinctionsmittel für Kerne (Carmin, Haemotoxylin etc.) mit Erfolg in Anwendung gebracht werden können; es gehört oft lang- anhaltendes Auswaschen mit Wasser und Alkohol dazu, und doch ist der Erfolg nicht immer sicher, und Zeit und Mühe verloren. Häufig habe ich nun beim Spinnenauge ein Verfahren an- gewandt, das ebenso eimfach als sicher zum Ziele führt. Man färbt nämlich einfach mit dem in Lösung übergeführten Pigmente selbst, indem man nur eine minimale Spur von Salpetersäure hinzufügt, und dann das Präparat sich selber überlässt. Die Lösung muss aber so langsam er- folgen, dass erst nach 12—24 Stunden der Hof um den Schnitt auftritt. Das Pigment wirkt hier wie ein von aussen eingeführter Farbstoff; es verschwindet von jenen Stellen, wo es sich vorher befand, um sich ganz in den Kernen niederzuschlagen, wobei die andern Gewebstheile Bemerkungen über Methode und Technik. 25 nur unbedeutend daran partieipiren. Durch diese Methode der Translocation des Farbstoffes erhält man zwar keine brillanten Bilder, wohl aber solche, die an Klarheit und Schärfe Nichts zu wünschen übrig lassen, um so weniger, als auch die Gewebe wegen der schwachen Einwirkung der Säure sehr gut erhalten bleiben!). — Da durch die nachherige Behandlung der Präparate das Pigment nicht wieder ausgezogen wird, so sind sie auch einschlussfähig. Ich bin absichtlich über die von mir angewandten Methoden etwas ausführlicher geworden, als es sonst der Fall zu sein pflest. Einmal, um zu zeigen, dass ich meine Resultate keinen besonders und ungewöhnlich günstigen Zufällen verdanke; dann aber, um die Mittel und Wege zur Erklärung der Entstehung etwaiger Irrthümer, deren Quelle ja so häufig die in Anwendung gebrachte Technik zu sein pflegt, an die Hand zu geben. Dass es möglich ist, Besseres an die Stelle der hier beschriebenen Methoden setzen zu können, bezweifele ich selbstverständlich am wenigsten. 1) Eine ähnliche Erfahrung (Lösung des Pigmentes — durch Essigsäure — und Tinction benachbarter Theile durch dasselbe) hat schon Leydig (Auge der Gliederthiere, pag. 41) mitgetheilt. Grenacher, Untersuchungen über das Sehorgan der Arthropoden. 4 I. Untersuchungen. 1. Abschnitt. Vom Stemma. A. Augen von Schwimmkäfer-Larven. Die räuberischen Larven von Schwimmkäfern (Dytiseus, Acilius) besitzen Augen, die nicht nur durch ihre in einzelnen Fällen sehr eigenartige und hohe Organisation, sondern auch be- sonders deshalb interessant sind, weil sie deutlicher als andere mir bekannt gewordene Formen des Sehorgans innerhalb des Arthropodentypus die morphologische Zusammengehöriekeit der Elemente des Auges und des Integumentes (der Hypodermis) auch noch im fertigen Organe er- kennen lassen. Die Augen der Larven beider genannten Gattungen verhalten sich in dieser Hinsicht übereinstimmend, so gross sonst auch die Unterschiede sem mögen. Ich habe meine Untersuchungen an jüngeren sowohl wie an reifen Larven angestellt, aber den ersteren schliesslich den Vorzug gegeben. Bei den älteren leistet nämlich die zwar nicht sehr dicke, aber harte und spröde Cuticula dem Messer beim Schneiden grossen Widerstand, und die absplitternden, sich vor dem Messer herschiebenden Fragmente derselben zerstören nur zu leicht die Weichtheile. Zum Härten bediente ich mich anfangs des Weingeistes, gab später aber dem Platinchlorid-Chromsäure-Gemenge den Vorzug. Nach so erhaltenen Präparaten sind eimige der Figuren gezeichnet. 1. Augen der Dytiscuslarven. Die Larven der Gattung Dytiscus besitzen jederseits 6 im Kreise angeordnete Augen, von denen die beiden obersten sich durch ihre langgezogene Form von den mehr kreisrunden anderen unterscheiden. In Fig. 1 Taf. I habe ich einen Schnitt durch eines der runden Augen einer noch jüngeren, etwa 3 cm langen Larve abgebildet; die Larve gehört höchst wahrscheinlich zur Untergattung Cybister. Hinter der dünnen, bräunlich tingirten und mit klemen schuppenartigen Wärzchen be- setzten Cutieula (Ci. Fig. 1) liegen die namentlich bei jüngern Larven noch recht ansehnlichen Zellen der Hypodermis (Hp.) als senkrecht gegen jene gestellte Prismen. Sie sind farblos, und an ihrem inneren Ende, welches wieder durch eine dünne, stellenweise kerntragende Cuticula (ct.) begrenzt ist, mit grossen ovalen und sehr deutlichen Kernen versehen. Die Linse ist eine farb- lose, biconvexe Verdiekung der Cuticula (L.); ihre relative Wölbung bleibt hier noch beträchtlich hinter der zurück, welche sie bei grösseren Larven erreicht. Die der Linsenperipherie genäherten Hypodermiszellen richten sich zunächst schief, so dass ihre äussern Enden vom Auge abgewandt erscheinen, und ihre Innenenden ziehen sich spitz aus, wodurch sie an Längenausdehnung gewinnen. Die Kerne aber rücken dabei nach vorn, bis ın 1. Abschnitt. Vom Stemma. Part die Mitte der Zelle und darüber hinaus. Noch weiter gegen die Linse zu richten sich nun die Zellen mit ihren äussern Enden gegen diese hin, mdem sie sich von der ganzen Peripherie her gegen die Augenaxe zusammenneigen; zugleich tritt Pigment in ihnen auf (Pg.), welches aber in dem der Zeichnung zu Grunde liegenden Präparat zerstört war und nur durch den etwas dunklern Ton der dasselbe führenden Zellen angedeutet wurde. Die bis nahe an die Limsenperipherie herantretenden Zellen sind ihrer ganzen Länge nach pigmentirt; auf sie folgen solche, die sich an die innere Oberfläche der Linse anlegen, dann weitere, welche die Linse selbst nicht mehr erreichen, sondern in der Axe des Auges mit entsprechenden von der andern Seite herkommenden zusammentreffen. Bei den beiden zuletzt genannten rücken die Kerne successive wieder an das Hinterende der Zellen, und die Pigmentirung erstreckt sich nicht mehr über die ganze Zelle, sondern bleibt auf die hintere Hälfte, mehr oder weniger, beschränkt, während die vordere, resp. in der Bahn der eintretenden Lichtstrahlen liegende durchsichtig und klar bleibt. Dieses Zellen- ende verändert sich aber unter dem Einfluss der zur Erhärtung angewandten Agentien sehr leicht, so dass es Schwierigkeiten bietet, die Contouren mit Sicherheit zu bestimmen. Der Inhalt wird krümelig und verliert oft bedeutend an Volum, so dass nicht selten grössere Lücken im Innern des Auges zun Vorschein kommen, die sicher im lebenden Auge nicht existiren. Auf diese Zellen, welche Glaskörper- und Pigmentzellen zugleich sind, folgt nun noch weiter nach innen und hinten die Retina (Rt), welche den hintern, sphärisch oder etwas conisch vorspringenden und in den Sehnerven (N. op.) sich fortsetzenden Theil des Auges bildet, und wie der Nerv von der schon genannten zarten inneren Cutieula überzogen wird. Verfolgt man den inneren Contour des Schnittes, so erinnert Niehts daran, dass man auf einmal an der Grenze zweier physiologisch so ungleichwerthiger Zellcategorieen steht; die Richtung, Dicke und das Aus- sehen der beiden Zellformen, wie die Lage und Grösse der Kerne sind sich gleich geblieben; nur die bei näherer Untersuchung sich zu erkennen gebenden Nervenfasern, die zu den Retinaelementen treten, machen einen gewichtigen Unterschied. Die Retinazellen (Fig. 2 Taf. I) reichen mit ihren vorderen, durch besondere Bildungen — Stäbehen — characterisirten Enden (St) bis ungefähr im die Mitte des Auges, wo sie an die quergelagerten, durchsichtigen Enden der sie umgebenden Zellen stossen. Sie sind spindelförmig, liegen dicht aneinander, und sind ganz mit dunkelbraunem Pigment angefüllt. Die grossen, bläschenförmigen, ovalen Kerne derselben liegen etwas hinter dem grössten Querschnitt, und gleichen in jeder Beziehung vollkommen denen der andern Zellen des Auges. Die Stäbchen (Taf. I Fig. 1—3, St.) sind sehr schwierig zu untersuchen, und ich kann nicht behaupten, dass meine Beobachtungen über sie erschöpfend wären. Sie umgeben das cylindrisch ausgezogene Vorderende der Retinazellen als eine demselben dicht anliegende, vorn und hinten offene Röhre, wenigstens anscheinend, denn es ist mir nicht gelungen, Querschnitte davon her- zustellen, und an diesen zur Entscheidung zu gelangen, ob sie ım ganzen Umfang geschlossen, oder ob die Continwität mehr oder weniger weit unterbrochen ist. In frischem Zustande sie zu untersuchen, ist wegen der Schwierigkeit, sie zu isoliren, und ihrer wie beı allen Arthropoden ungemein starken Quellbarkeit eine undankbare Aufgabe; ich habe damit keine andern Resultate erreicht, als dass ich gesehen habe, dass ihnen der bekannte rosenfarbige Schimmer ebenfalls zukommt. — In der Platinchlorid-Chromsäure-Mischung halten sie sich relativ gut; sie erscheinen dann stark lichtbrechend und glasartig durchsichtig, ohne körnige Trübung. Sie liegen palissaden- artig neben einander, in gleichem Niveau, meist sich berührend; die Reihe verläuft bald einfach serade, bald ist sie vorn etwas concav; die seitlichen Stäbchen fand ich immer der Augenaxe etwas zugeneigt. alas 28 I. Untersuchungen. In Fig. 2 sind emige Retinazellen von einer reifen Larve von Dytiscus marginalis bei stärkerer Vergrösserung gezeichnet. Augenschemlich ist das Verhalten der stark lichtbrechenden Substanz der röhrenförmigen Stäbchen zu der ihre Höhlung bis vorn erfüllenden Fortsetzung des Zellenkörpers genau das gleiche, wie das einer Cuticula zu ihrer Matrix, d. h. es macht den Eindruck, als ob die Stäbchensubstanz eine Ausscheidung des vorderen Theiles der Retinazelle wäre. Ob dies nun wirklich die Genese der Stäbchen ist, oder ob sie ihren Ursprung einer partiellen Umwandlung des Zellenkörpers verdanken, das ist eine Frage, die sich nicht so leicht mit Bestimmtheit entscheiden lassen dürfte. Für unsern Zweck ist sie aber auch ziemlich gleichgültig; es genügt, schon hier zu constatiren, dass das Stäbchen immer seinen Ursprung einer mit ihm in innigstem Zusammenhang stehenden Zelle verdankt, die ihrerseits wieder in eme Faser des Opticus übergeht; dass das Stäbchen also nie eme selbständige, sondern immer erst eine secundäre, abgeleitete Bildung ist. — Wenn ich von nun an die Stäbchen als Cutieular- bildungen bezeichne, so geschieht das blos der Kürze wegen, und es ist selbstverständlich damit keineswegs eine Herabsetzung ihrer physiologischen Bedeutung ausgesprochen, ebensowenig als eine Gleichstellung mit den unter der gleichen Collectivbezeichnung zusammengefassten Integument- bildungen der Arthropoden und anderer Evertebraten. Die hier erörterten Beziehungen der Stäbchen zu den Zellen der Retina sind fundamental bei den Arthropoden, und, soweit sich das übersehen lässt, nicht nur bei diesen, sondern vielleicht hei allen Sehorganen in dem gesammten Thierreiche. Es mag deshalb schon hier nachdrücklich darauf hingewiesen werden, obschon die ausführliche Erörterung einem späteren Capitel vor- behalten werden muss. Kommen wir aber wieder auf unsere Beobachtungen zurück, so habe ich noch anzuführen, dass es mir zuweilen den Eindruck gemacht hat, als ob der im Innern des Stäbchenhohlraumes befindliche cylindrische Fortsatz der Retinazelle sich oft noch um em Gerimges nach vorn über das Stäbchen hmaus erstreckte; es ist aber nicht leicht, darüber Sicheres auszusagen. Der Regel nach war aber das Ende so beschaffen, wie es Fig. 2 zeigt. Wie schon angeführt, gehen die Retinazellen nach hinten, unter allmäliger Zuspitzung jenseits des Kernes, je in eme Opticusfaser über. Das ganze Verhalten ist ein so einfaches und relativ so leicht zu übersehendes, dass schwerlich ein Zweifel dagegen sich erheben kann. Es fehlen hier — wie überall bei den Arthropoden, um das gleich vorauszuschicken — durchaus jene complicirten Structurverhältnisse, wie in die Nervenbahn eimgeschobene Ganglionzellen ete., welche das Verständniss des Auges bei Vertebraten und Cephalopoden in morphologischer wie in physiologischer Hmsicht so sehr erschweren. Die einzelnen Nervenfasern gehen direct und ohne nachweisbare Grenze allmälig m den Zellenleib über, dessen Pigmentirung sich auch auf sie eine Strecke weit ausdehnt; die Ver- bindung zwischen dem Endorsan der Retinazelle und der centripetal leitenden Opticusfaser wird allen und ausschliesslich durch die Zelle vermittelt, welcher jenes erstere, das Stäbchen, seinen Ursprung verdankt. Ich möchte nun noch einige Bemerkungen über die Fig. 3 Taf. I, die einen Theil eines der länglichen Augen von einer ausgewachsenen Larve in schiefem Schnitte darstellt, hier anfügen. Die Linse ist hier ganz durch die schiefe Schnittführung in Wegfall gekommen, und mit ihr der grösste Theil der nicht percipirenden Augenzellen. Man erkennt wieder die Hypodermiselemente unter der dicken, aussen intensiv tingirten Cuticula; in der Mitte der Wölbung sieht man solche im Querschnitt. Die dicke Retina besteht aus einer grossen Anzahl von Zellen, von denen die seitlichen sich stark nach der Mitte zusammenneigen, wobei ihre Stäbchen tragenden Enden bei- 1. Abschnitt. Vom Stemma. 29 nahe horizontal zu liegen kommen; die mittleren laufen mehr gerade gegen die Linse. Die Stäbchen füllen hier, radiär gestellt, eine auf der vordern Retimaseite gelegene Furche aus, und sind weit zahlreicher vorhanden als bei den jüngeren Larven, wie auch die Linse ungleich schöner als bei jenen ausgebildet erscheint. Der Sehnerv ist bei einer solchen Ansicht nicht zu sehen. Das Präparat, das hier bei einer mässigen, ca. 120fachen Vergrösserung gezeichnet ist, war durch Erhärtung in Weingeist gewonnen, und für manche Einzelheiten nicht günstig. Wenn wir nun, besonders auf Fig. 1 fussend, den Versuch machen, den morphologischen Werth der eimzelnen Theile des Auges zu bestimmen, so ergiebt sich leicht, dass wir die sämmt- lichen Weichtheile des Auges als Modificationen der Elemente einer und derselben Zellenlage, welche zugleich die Grundlage des Integumentes ist, ansehen müssen. Alle Thatsachen weisen darauf hin, dass sowohl die nichtpereipirenden, als auch die der Perception dienenden Zellen dieser Augen nur umgebildete Hypodermiszellen sind, die entsprechend ihrer andern Function modifieirt worden sind. Die einfachen Hypodermiszellen scheiden die allgemeine Cuticula aus; die Linse ist nur eine Cuticularbildung von besonderer Art, die demnach auch den darunter liegenden Zellen ihre Entstehung verdankt. Diese Zellen sind theils ganz (in der Linsenperipherie) mit Pigment erfüllt, theils nur in ihrer inneren Hälfte, während die vordere Hälfte sich durch grosse Durchlässigkeit für das Licht auszeichnet.‘ Diese beiden Formen bilden zusammen die seitlichen Wandungen einer hinter der Linse sich bildenden Einstülpung der Hypodermis, deren Lumen aber durch das starke Wachsthum der Zellen zum Verschwinden gebracht wird. Der Boden der Einstülpung, aus ursprünglich den übrigen gleichwerthigen Elementen gebildet, diffe- renzirt sich am meisten, ohne aber aus der Reihe herauszutreten; aus ihm geht die Retina hervor. Die hier geschilderte Entstehung dieser Augenform ist nun nicht direct beobachtet, aber die topographischen Beziehungen des ganzen fertigen Organes lassen eine andere Deutung nicht zu, und was allenfalls an Beweiskraft noch fehlt, wird durch später noch anzuführende Er- fahrungen an andern Augen ergänzt. Wir können demnach schon hier eime allgemeine Folgerung ziehen und sie, wie die oben schon gemachten, vorausschicken, dass nämlich überall bei den Arthropoden das Auge mit allen seinen Weichtheilen aus einer und derselben Grundlage, der Hypodermis, durch entsprechende Umgestaltung und Umlagerung der in Mitleidenschaft gezogenen Elemente sich hervorbildet. Ein weiteres Moment, das bei diesen und den gleich zu besprechenden Augen von Acilius sich findet, und sie scharf den andern, nachher zu behandelnden Formen des Stemma gegenüber- stellt, beruht darauf, dass hier kein selbständiger sog. „Glaskörper* vorkommt. Pigmentschicht und Glaskörper, deren Functionen sich diametral gegenüberstehen, gehören wenigstens insofern zusammen, als die inneren der peripherischen Zellen mit ihrem Vorderende Glaskörper, mit ihrem Hinterende Pigment führend sind, während die äusseren lediglich zum Ausschlusse fremden Lichtes dienen, — natürlich abgesehen von ihrer Bedeutung als Matrix der Cuticula. Was mir von früheren Untersuchungen dieser Augen bekannt geworden ist, beschränkt sich auf emige spärliche Angaben, die wir Joh. Müller!) und später Leydig?) verdanken. Sonst scheint sich Niemand dafür interessirt zu haben. J. Müller beschreibt zunächst die Stellung der eimzelnen Augen zu emander; ihre Limsen sind nach ihm hinter der entsprechend gewölbten Hornhaut gelesen, klein und krystallhell, bei ı) J. Müller in: Meckel’s Archiv für Physiologie 1829. pag. 39. ?) Leydig, Das Auge der Gliederthiere. Tübingen 1864. pag. 37. — Tafeln zur vergleichenden Anatomie. Taf. VI. Fig. 4. 30 I. Untersuchungen. den runden kugelig, bei den länglichen Augen walzenförmig. Nach innen von den Linsen folst noch je eine schwarze Kugel, die bei den länglichen Augen seitlich comprimirt ist. Gegen die Linse zu zeigen diese Kugeln Grübchen, denen das schwarze Pigment fehlt, und Müller vermuthet, dass hier noch „eine dritte Materie oder Glaskörper innerhalb der becherförmigen Retinayorhanden ist“. Wenig eingehend im Vergleich mit semen sonstigen Untersuchungen über das Arthropoden- auge ıst die Beschreibung, welche Leydig von diesem Auge entwirft. Hinter der aus einer Verdickung der Cuticula hervorgegangenen Linse ist das becherförmige „Chorioidealpigment* ge- legen, umgeben von einer hellen zelligen Zone, welche unmittelbar aus dem Sehnerven hervorgeht, und die er als „Analogon der gangliösen Basıs, aus welcher etwa bei der Ameise, bei der Biene das Chorioidealpigment des einfachen Auges sich erhebt“, anzusehen geneigt ist. Ob, wie Müller meint, em Glaskörper, (d. h. nach Leydig’s Auffassung nervöse Gallertkolben, die er bei den übrigen einfachen Augen als percipirende Organe beschreibt,) vorhanden ist, lässt er unentschieden. Von dieser „nervösen Schale“, welche Leydig an dem Auge der Dytiscus-Larve be- schreibt, habe ich nichts gesehen; ich bin deshalb auch ausser Stande, eme Muthmassung‘ dar- über zu äussern. 2. Augen der Larven von Acilius sulcatus. — Noch interessanter als die vorstehend beschriebenen Augen sind die der Larven von Acılius sulcatus, die ich in der ersten Hälfte des Sommers reichlich erhalten konnte. An dem ungefähr dreieckigen, vorn verbreiterten, nach hinten gegen das erste Thoracal- segment hin sich halsartig verschmälernden Kopf, der von oben nach unten stark abgeplattet ist, fallen zwei an den Seitenrändern gelegene tiefschwarze Stellen auf, die sich scharf von. der bräunlich gelbgrauen Grundfarbe der Cuticula des Kopfes absetzen. Diese Stellen sind unregel- mässig geformt, und greifen sowohl nach oben als nach unten über. Im Bereiche dieser Flecken liegen die Augen, von denen sich auch hier jederseits sechs vorfinden. Ungemein verschieden ist die Grössenentwickelung dieser Augen, und ebenso die Totalform auch der innerlichen Weich- theile. Auf der Oberseite fallen zunächst auf die grössten, von denen je zwei dicht nebeneinander gelagert jeder Kopfhälfte angehören; sie übertreffen die übrigen vier ganz ausserordentlich, und verursachen mit ihren stark prominirenden Linsen ansehnliche Hervorragungen, die namentlich bei Ansichten des Kopies im Profil sich bemerklich machen. Ausserdem befindet sich auf der Dorsalseite des Kopfes noch jederseits ein kleines Auge, das weit nach hinten gerückt und dem Rande genähert ist; ein weiteres, ebenfalls kleines, liest gerade am Seitenrande und noch weiter nach hinten, und endlich liegen noch zwei etwas ansehnlichere auf der Unterseite des Kopfes. Ich habe sehr zahlreiche Exemplare dieser Thiere untersucht, und namentlich den Bau der Hauptaugen eingehend studirt. Genau genommen verdiente eigentlich jedes dieser Augen eine besondere Beschreibung, da bei näherer Bekanntschaft mit dem Objeete man sehr bald eine Anzahl für das morphologische Verhalten zwar unwesentlicher, aber sehr constanter Eigenthüm- lichkeiten im Bau derselben entdeckt. Ich werde mich aber auf den Bau der Hauptaugen und eines der beiden grösseren, der Unterseite des Kopfes angehörenden Augen zweiten Ranges be- schränken. Ich verdanke meine Resultate hauptsächlich der Anwendung der Mischung von Platin- chlorid und Chromsäure; letztere allein, sowie auch ausnahmsweise die Osmiumsäure, haben mir auch gute Dienste geleistet. Die Verwendung von Alcohol kann ich hiefür nicht empfehlen. Die beiden grossen Augen, mit deren Beschreibung ich beginnen will, haben dicht hinter- einander am Seitenrande des Kopfes gelegene Linsen von ca. 0,3 mm Durchmesser bei reifen Larven. Die zugehörigen Weichtheile bilden einen eylindrischen, nach hinten sich schwach ver- EEE 1. Abschnitt. Vom Stemma. 31 dickenden Zapfen, der über und über von tief blauschwarzem Pigment, und ausserdem noch von einer zarten darüber hinziehenden, sich auch auf den Sehnerven ausdehnenden Cuticula bedeckt ist; sein halbkugelig abgerundetes hinteres Ende stösst fast unmittelbar auf die Cuticula der Kopfunterseite. Die Augenaxe steht nicht senkrecht zum Integument, sondern bildet damit einen Winkel von ca. 45—50° nach hinten; dieser Neigung entsprechend ist auch die Aequatorialebene der Linse nicht in derjenigen der allgemeinen Kopfoberfläche gelegen, sondern um einen ent- sprechenden Winkel darüber erhoben, wodurch die Cuticula niedrige, schiefe Höcker bildet, die oben und vorn von den Linsen abgeschlossen werden. Die Axen der beiden Augen jeder Seite laufen im Ganzen annähernd der Medianebene des Kopfes parallel nach hinten und unten, so dass man, um die besonders instructiven Längsschnitte zu gewinnen, longitudmal durch den Seitenrand des Kopfes schneiden muss; genau parallel sind sie damit aber nicht, da die Axe des vorderen Auges etwas nach aussen, die des hinteren aber etwas nach innen dagegen geneigt ist, so dass das Sehfeld des letzteren mehr nach vorn und innen gegen das des ersteren liest. Es gelingt deshalb auch nicht, Schnitte durch die ganze Länge von beiden zugleich zu machen. Beide Augen sind sehr vollkommen organisirt, nicht nur, was ihre Dimensionen anbelangt, (auf eine Dicke von ca. 0,3 mm eine Länge von ca. 0,72 mm bei ausgebildeten Larven,) sondern auch in Hinsicht auf den Bau ihrer durchsichtigen Medien und ihrer Netzhaut; sie übertreffen hierin die Augen der nahe verwandten Dytiscus-Larven bei weitem. Die von einem solchen (hinteren) Hauptauge gegebene Abbildung Fig. 4 Taf. I ist nach einem jüngeren, nur 10—12 mm grossen Thiere entworfen; es verhält sich, abgesehen von der numerischen Entwickelung der Elemente, genau wie das Auge der grossen, welches für eine hinlänglich deutliche Wiedergabe einen zu grossen Raum beansprucht hätte. Der Aufbau des Auges aus den, verschiedenen Functionen entsprechend modificirten, Hypo- dermiszellen ist der gleiche, wie bei den vorhin beschriebenen Augen der Dytiscus-Larven. Die dünne, feste, m der Augenregion tief schwarzbraun tingirte Cuticula (Ct.) zeigt dicht stehende, nach vorn gerichtete, schuppenartige Wärzchen, die nur den Linsen fehlen. Die Linse selbst ist sehr schön biconvex, mit etwas stärkerer imnerer Wölbung; sie zeigt sehr deutlich concentrische grobe Schichten, namentlich nach Erhärtung in Chromsäure enthaltenden Flüssigkeiten, die in verschiedenem Grade die Schichten tingirt, die äussersten, ältesten am mtensivsten. Ausser diesen groben, in Fig. 4 angedeuteten Zuwachszonen sieht man, wenn bei der Entfärbung die Salpeter- säure länger emwirkt, die Linse unter Beibehaltung ihrer Form aufquellen, und -dann treten äusserst feine, dicht und continwirlich der innern Begrenzung parallel laufende Linien auf, als Andeutung einer Zusammensetzung aus sehr dünnen Lamellen. Die deutlich gekernten, farblosen, polygonalen Hypodermiszellen (Hp.) gehen nach der Linse zu unter allmäliger Aufnahme von Pigmentkörnern, Verlängerung und entsprechendem Dünnerwerden in Pigmentzellen (Pg.) über. Noch weiter gegen die Augenaxe zu zeigen die folgenden Zellen im Wesentlichen dieselben Umwandlungen, die ich schon oben beschrieben habe, nur mit dem einzigen Unterschiede, dass hier sämmtliche Zellen, mit Ausnahme derjenigen der Retina, mit der innern Oberfläche der Linse in Contact bleiben. Die Elemente des „Glaskörpers“, der den weiten Raum zwischen Linse und Retina aus- füllt (@%. Fig. 4), sind in frischem Zustande zum weitaus grössten Theil ihrer Masse völlig durchsichtig, und die Grenzen der einzelnen Zellen gegeneinander nicht zu erkennen. Nur an ihrem der Linse abgewandten Ende, welches der Mantelfläche des Augencylinders angehört, findet sich eine dieses Ende erfüllende Pigmentanhäufung, das in Gestalt von ziemlich grossen, und dann hell-, und kleinen, dann dunkelpurpurn gefärbten Tropfen den Kern umgiebt. Die 32 Untersuchungen. vordersten zu ihm zu rechnenden Zellen, welche unmittelbar auf die ım ihrer ganzen Länge pigmentirten folgen, beschreiben, wenn man vom pigmentirten Hinterende ausgeht, nur einen schwachen Bogen mit ihrem durchsichtigen Theil, um zur Linse zu gelangen; bei den weiter nach hinten gelegenen wird dieser immer stärker; die in der halben Länge des Auges von der Mantelfläche entspringenden knicken schon unter einem rechten Winkel nach vorn um, und die noch weiter nach hinten gegen die Netzhaut hin gelegenen laufen der Concavität derselben parallel bis zur Augenaxe, um dann unter einem spitzen Winkel nach vorn umzubiegen. So entsteht auf Längsschnitten ein eigenthümliches Bild; in der Mitte des Auges verläuft ein von der Linse ausgehender Stamm, der sich bis dicht vor die Retina erstreckt, und aus emer Unzahl sehr feiner Fäden besteht, die mn ganzen Umfang sich von ıhm loslösen, um in relativ dicke Aeste, wenn ich so sagen darf, sich fortzusetzen. Bei Platinchlorid-Präparaten gerinnt dabei der Zelleninhalt, und es treten Schrumpfungen auf, die das Bild weniger elegant machen; verdünnte Osmiumsäure erhält dagegen das Aussehen der Zellen recht gut, wenn ihre Einwirkung nicht zu lange dauert, und man die Präparate vor dem Schneiden in starkem Alcohol härtet. Fig. 5 Taf. I zeist die Mantel-Enden einiger Glaskörperzellen, wie sie bei Tangentialschnitten erhalten werden, von der Fläche; auch hier ist das Pigment zerstört, um die Kerne sichtbar zu machen. Das Interessanteste des Auges ist nun aber dessen Retina (Rt. Fig. 4), die eine ganz auffallende Eigenthümlichkeit der Structur besitzt. Im Ganzen ist sie halbkugelig, mit einer der Linse zugewandten flachen Aushöhlung, und besteht aus schlank pyramıdalen, stark pigmentirten, radıär gestellten Zellen, die wieder vorn je ein Stäbchen tragen, und hinten mit ÖOptieusfasern in Zusammenhang stehen. Auffallend und memes Wissens nur hier vorkommend ist eine Spalte (Sp.), welche die Retma ihrer ganzen Breite und fast ihrer ganzen Dicke nach durchsetzt, und sie in zwei Hälften theilt, die eine etwas ungleiche Entwickelung zeigen. Sowohl das vordere als das hintere Auge jeder Seite besitzt diese Eigenthümlichkeit, die den andern Augen fehlt, wenigstens nicht entfernt in dieser Weise zukommt. Die beiden unter sich gleichgrossen Retina- hälften stehen an dem Hinterende der Spalte nur durch eine dünne Brücke, die durch die dar- über streichenden Fasern des Opticus gebildet wird, in Zusammenhang. Die Spalte selbst legt übrigens etwas geneigt zur Augenaxe, und zwar so, dass ihre Ebene sich mehr emer senkrechten auf die Cuticula der Kopfoberfläche nähert. Da sie quer durch das Auge zieht, so erhält man bei Schnitten parallel der Medianebene Profilansichten derselben, wie in Fig. 4; um sie in ihrer ganzen Ausdehnung zu übersehen, muss man Querschnitte durch den Kopf, parallel dem Stirn- rande desselben, machen. Bei reifen Larven beträgt ihre Tiefe 0,08—0,1 mm. Diese Retinaspalte wird eingefasst von zwei Reihen colossaler Stäbchen, die dicht an- einander gelagert ihre Wandung im der ganzen Tiefe bilden (St! Fig. 4). Betrachtet man diese von der Seite, auf Querschnitten durch die Retinaspalte, so stellen sie sich als schmale, stabförmige, stark lichtbrechende, völlig durchsichtige und homogene Gebilde dar, die vorn ein etwas abgerundetes breiteres Ende haben, und nach hinten in eme ziemlich feine ‘Spitze aus- laufen. Ist der Schnitt nicht ganz senkrecht auf die Ebene der Spalte geführt, so kann man die Nebeneinanderlagerung derselben beim Einstellen des Focus in die Tiefe gut übersehen. (Fig. 7 Taf. 1.) Betrachtet man einen entfärbten Schnitt der Retina parallel der Ebene der Spalte, auf dem man diese in ihrer ganzen Ausdehnung verfolgen kann, so überzeugt man sich leicht, dass sie überall, durch die ganze Ausdehnung der Retina, diese bis fast ganz an ihren hintern Rand durchsetzt, und dass die unter sich parallel gelagerten Spaltenstäbchen nach beiden Seiten hin entsprechend der Dicke der Netzhaut an Länge abnehmen. Bei solchen Ansichten kann man EEE I. Abschnitt. Vom Stemma. 33 leicht noch weiteren Aufschluss über den Bau dieser sonderbaren Gebilde erhalten. Stellt man auf die dem Auge näher liegende Wand der Spalte ein, nähert sich also den Stäbehen mit dem Objectiv von ihrer der zugehörigen Retinahälfte anliegenden Rückenseite, so glaubt man anfänglich einfache, aber paarweise einander genäherte Stäbchen vor sich zu haben (Taf. I Fig. 6). Senkt man nun den Tubus langsam nach der Tiefe hin, so rücken die Stäbchen jedes Paares scheinbar ein- ander näher, und verschmelzen endlich zu einem einzigen. Bei noch weiterer Tiefeneinstellung kommen dicht darunter die Stäbchen der entgegengesetzten Wand mit ıhren vorderen freien Kanten zum Vorschein, scheinbar einfach, um sich ihrerseits bei fortgesetzter Tiefeneinstellung wieder in je zwei aufzulösen. Diese successiv auftretenden Bilder sind natürlich nur der optische Ausdruck für einen rinnenförmigen Bau der Stäbchen: sie bestehen aus zwei dünnen Lamellen, die auf ihrer dem Spaltenlumen zugewandten Seite unter einem spitzen Winkel zusammentreffen. Querschnitte zweier gegenüberhegender Stäbchen würden also etwa so aussehen ><. Frisch sind die Stäbchen ausserordentlich schwierig zu untersuchen, theils wegen ihrer grossen Quellbarkeit in andern als den natürlichen Medien, theils wegen der Schwierigkeit, sie aus der pigmentirten Umgebung frei zu erhalten. Ich kann deshalb weiter nichts über sie aus- sagen, als dass sie ebenfalls, wie bei so zahlreichen Arthropoden, rosenroth gefärbt sind. — Leichter wird die Untersuchung, wenn man die Thiere nur kurze Zeit, etwa ';—1 Stunde, in Weingeist geworfen hat. Jene Färbung ıst dann allerdings verschwunden, aber die Quellbarkeit ist beseitigt, ohne dass schon störende Veränderungen in der Form und Durchsichtigkeit Platz gegriffen hätten. Zerzupft man dann solche Augen, so löst sich, wie bei dem tiefen Ein- dringen der Retinaspalte begreiflich, die Netzhaut besonders leicht im dieser Region, und man hat dann am ehesten Gelegenheit, diese Stäbchen in zusammenhängender Reihe zu übersehen. Ein Stück eines so erhaltenen Präparates (etwa der vierte Theil des ganzen erhaltenen Fragmentes) zeigt Fig. 8 Taf. I. Die Stäbchen sind hier von der der Spalte zugewandten Seite her gesehen, und erschemen als einfache, seitlich sich berührende, in grosser Regelmässigkeit parallel-nebeneinander verlaufende Gebilde; bei Einstellung in die Tiefe erkannte ich auch deutlich das scheinbare Aus- einanderweichen in zwei getrennte Stäbchen, wie dies durch ihre Rinnenform bedingt ist. Das untere Ende derselben ıst durch eine dichte Pigmentlage verdeckt, die sich in Streifen stellen- weise in die Höhe zieht. Dieses Pıgment erkennt man auch auf Schnitten wie Fig. 4, namentlich vor der Entfärbung; es füllt die Spalte bis zur Mitte oder darüber von unten her aus. Nach der Entfärbung ist es oft nur schwer zu erkennen, da die noch übrig bleibenden Granulationen leicht übersehen werden können. Die vorderen Stäbchenenden ragen noch ziemlich weit darüber hinaus, und endigen scharf abgeschnitten alle im gleichen Niveau. Nach hinten treten unter dem Pigmente starke, sich rasch verjüngende, protoplasmatisch aussehende Fasern hervor, welche durch sehr kleine braune Körnchen und grosse gelbgefärbte Pismenttropfen, die fast wie Fett aussehen, ausgezeichnet sind. Sie sind die Ausläufer derjenigen Retinazellen, zu denen die Stäbchen als Cutieularbildungen gehören, und ihre rasche Verjüngung nach unten deutet auf den Uebergang in je eine Opticusfaser hin. Wenden wir nun noch der übrigen Retina unsere Aufmerksamkeit zu, so ist zunächst hervorzuheben, dass die beiden durch die Spalte getrennten Hälften derselben sich durch eine ungleiche Entwickelung ihrer Stäbchenlage von einander unterscheiden. Dies gilt für beide Augen jeder Seite, in denen man je eine Hälfte mit stärker und eine andere mit geringer entwickelten Stäbchen erkennen kann; aber die je einander hinsichtlich der Stäbchenentwickelung ent- sprechenden Hälften haben zu eimander eine umgekehrte Lage. Das in Fig. 4 gezeichnete Auge ist, wie schon vorhin bemerkt, das hintere; es ist nun möglich, den Schnitt so zu führen, dass Grenacher, Untersuchungen über das Sehorgan der Arthropoden. B) 34 I. Untersuchungen. man neben dem Retinalende desselben, etwa da, wo m der Figur der Sehnerv aufhört, einen Schnitt durch die Retina des vordern Auges erhält, wobei man freilich auf Uebersicht des Glas- körpers ete. verzichten muss. In dem gezeichneten Auge ist nun die vordere Hälfte der Retina, oder wenn man in Anbetracht der schiefen Stellung der Augenaxe zum Intesumente lieber will, die ventrale durch den Besitz beträchtlich stärker entwickelter Stäbchen vor der hinteren oder dorsalen Hälfte ausgezeichnet; ım vordern Auge aber ist die so bevorzugte Hälfte die hintere, respective dorsale. — Die Entwickelung der Stäbchen, besonders in der Länge, varıırt sehr auf beiden Hälften; darin aber kommen sie überein, dass die längsten immer der centralen, von der Retinaspalte durchsetzten Region angehören, und von da aus allmählıg nach der Peripherie ab- nehmen. Selbst die am meisten entwickelten Stäbchen der gewöhnlichen Categorie erreichen nicht annähernd die Dimensionen der die Spalte auskleidenden grossen, werden vielmehr von diesen um das drei- bis fünffache übertroffen; ungefähr im gleichen Verhältniss stehen wieder zu ihnen die Stäbchen der gering entwickelten Retinahälfte. Gegen die Peripherie hin werden diese so niedrig, dass sie auf Figuren im Maassstab der Fig. 4 gar nicht mehr oder nur als schwer zu bemerkender Saum wiedergegeben werden können, an welchem dann die Stäbchen selbst nicht mehr sichtbar sind. Ob übrigens die m der Abbildung wiedergegebene schräge Lage, die schuppen- artige Aneinanderlagerung derselben blos Kunstproduct oder in der Natur begründet ist, wage ich nicht zu entscheiden; ich fand es so häufig, dass ich mich veranlasst sah, die Zeichnung so wiederzugeben. Die, wie schon bemerkt, radıär gestellten Zellen der Retina sind ebenfalls von sehr ver- schiedener Länge, aber ın beiden Hälften gleich. Die peripherischen sind die kürzesten, und verlaufen, vom Kernende an gerechnet, von vorn nach hinten; je näher aber dem Retinacentrum, desto mehr wird ihre Richtung axial und von hinten nach vorn. Ihre Gestalt ist eime lang- gezogen pyramidale; hinter dem Kern verschmälern sie sich plötzlich in die Opticusfaser. Sämmtliche Fasern treten zu emem dicken Nervus opticus (N. op.) zusammen, dessen Verhalten am centralen Ende ich nicht verfolgt habe. Ueber die Natur der Stäbchen Aufschluss zu erhalten, ist mit denselben Schwierigkeiten verknüpft, die schon oben, gelegentlich der Dytiscuslarven hervorgehoben wurden. Was zu- nächst die Stäbchen der Retimaspalte anbelangt, so sind dieselben sicher als emseitige Zellen- ausscheidungen aufzufassen; die in Fig. 4 dicht neben den Hinterenden dieser Stäbchen gelegenen Kerne gehören unzweifelhaft diesen Zellen an, welche nach vorn spitz auslaufend ihrer ganzen Länge nach den Stäbchen anliegen. Die andern Retinazellen besitzen solche Stäbchenausschei- dungen blos am vordern Ende; dass sie auch hier nur einseitig, und nicht das ganze Ende um- gebend, auftreten, dafür schemen mir die Fig. 9A, B, C Taf. I zu sprechen, die nach Fragmenten gezeichnet wurden, welche beim Zerzupfen grosser Augen nach kurzer Einwirkung von Alcohol immer in Menge in der Zusatzflüssigkeit herumschwammen. Es ist nicht unmöglich, dass übrigens die unter Ö© gezeichneten Fragmente von grossen Spaltenstäbchen sind, die doch noch der Quellung unterlagen; wenigstens widerspricht die noch deutlich Vförmige Gestalt, und das Ver- halten der Stäbchen zum Protoplasma diesem Einwande nicht. Kaum dürfte derselbe die unter A und B dargestellten treffen, bei denen, besonders deutlich bei B, die Stäbchensubstanz etwa löffelförmig ausgehöhlt der Matrix anlıegt. Endlich wäre noch auf die continuirliche Reihenfolge der Kerne von der Hypodermis an durch die sämmtlichen in die Bildung des Sehorgans verflochtenen zelligen Elemente hindurch bis auf der andern Seite wieder in die Hypodermis hinzuweisen, gerade wie bei den Larven von Dytiscus, und zu denselben Folgerungen berechtigend. 1. Abschnitt. Vom Stemma. 35 Wenn man Gelegenheit gehabt hat, die Thiere lebendig zu beobachten, und dabei gesehen hat, wie ausgezeichnet sie den Nachstellungen — namentlich wenn man sich ihnen von oben nähert — zu entgehen, ebenso aber ihre Beute zu fangen wissen, dann liest der Gedanke nahe genug, in der Retinaspalte mit ihren riesigen Stäbchen eine Art von Fovea centralis, eine Stelle besonders gesteigerter Wahrnehmungsfähigkeit, zu erblicken. Dabei ist freilich die lineare Anordnung der Stäbchen in zwei einander so nahe liegenden Reihen ein sehr eigenthümliches Factum, für das eine plausible Erklärung zu geben ich ausser Stande bm. Leichter dürfte es sein, die ungleiche Ausbildung der beiden durch die Spalte geschiedenen Retinahälften sich vorläufig zurechtzulegen. Es steht wohl nichts im Wege, die Entwickelung der Stäbchen als emen anatomischen Ausdruck der physiologischen Leistungsfähigkeit anzusehen. Dann hätten wir wieder eine Art von Arbeits- theilung zwischen den beiden grossen Dorsalaugen der eimen Seite, die schon m der Divergenz der Sehaxen beider ihre erste Andeutung findet. Das vordere Auge, dessen Sehfeld mehr die nach aussen vor dem Stirntheil liegenden Gegenstände übersieht, wird namentlich deutlich solche per- eipiren, die unterhalb der Augenaxe gelegen sind, deren Bild also auf die dorsale oder hintere Retinahälfte projieirt wird; das hintere, nach vorn und etwas mehr nach innen gerichtete Auge umgekehrt die mehr oberhalb der Verlängerung der Augenaxe liegenden. Wenn wir diesen grossen Augen auf Grund ihres anatomischen Baues auch ein feines Unterscheidungsvermögen zugestehen müssen, so werden wir ihnen dagegen, auf demselben Grunde fussend, ein nur beschränktes Gesichtsfeld einräumen können, da die Netzhaut nur emen relativ sehr kleinen Theil der imaginären Kugelfläche bildet, deren Centrum mit dem der Limse zu- sammenfällt, und deren Radius die Entfernung dieses Centrums von der Retina ist. Auf dieser Netzhaut werden wohl sehr klare Bilder äusserer Gegenstände entworfen werden, nach dem voll- endet schönen Bau der Linse zu schliessen, aber nur innerhalb eines engen Rahmens. Was diesen Augen demnach zu leisten nicht möglich ist, ersetzen die vier anderen, klemeren, nach verschiedenen Richtungen hin sehenden Hülfsaugen, über welche nun noch einige Bemerkungen am Platze sein dürften. Eines der beiden der Bauchseite angehörigen Augen, und zwar das grössere, ıst auf dem Längsschnitte in Fig. 10 Taf. I gezeichnet, nach vorausgegangener Chromsäure-Erhärtung und unvollständiger Entfärbung durch Salpetersäure. Die klemen Augen unterscheiden sich von den ausführlich beschriebenen grossen zunächst durch die abweichende Form der Linse, die bei emigen vollständig kugelig, bei andern (Fig. 10, L.) eiförmig ist mit in die Augenaxe fallendem grösstem Durchmesser; ferner durch andere Gestaltung des Glaskörpers, dessen Breitendurchmesser die in die Augenaxe fallende Längendimension um ein Ansehnliches übertrifft, und endlich durch die grosse Flächenausbreitung der Retina. Durch alle diese Einzelfactoren erhält das Auge eme in der Richtung der Augenaxe etwas comprimirte sphärische Gestalt, die bis zur querovalen gesteigert werden kann. Das dargestellte Auge ist emer fast völlig ausgewachsenen Larve entnommen. Bezüglich seiner Lage ist zu bemerken, dass dasselbe sich zwischen die Hinterenden (Retinae) der beiden grossen Hauptaugen einlagert, so dass man auf Schnitten durch emes der letzteren häufig mehr oder weniger vollständig seinen Bau übersehen kann. Die Linse ist schön eiförmig, mit dem spitzeren, stark vorspringenden Pol nach aussen gerichtet. In der nächsten Umgebung der Linse verdickt sich die Cuticula bedeutend, und der ringförmige Ansatz der letzteren an erstere lässt deutlich zwei Schichten erkennen, wovon die äussere einfach die Fortsetzung des Integu- mentes bildet, das allmälıg dünner und farblos werdend ohne Trennungslinie in die vorderste + 36 I. Untersuchungen. Linsenschicht übergeht. Die innere Schicht bildet emen überall, auch von der Linse, scharf abgesetzten Ring, und trägt zur Fixirung der letzteren m ihrer Lage bei. Das Verhalten der Hypodermiszellen, ihr Uebergang in pigmentirte, dann im durchsichtige Elemente des Glaskörpers ist der Hauptsache nach dasselbe, wie bisher. Erwähnenswerth mag nur sein, dass die Piomentzellen horizontal, ja selbst mit den äusseren Enden nach himten gerichtet, gegen den Linsenumfang treten. Schon wesentlicher ist, wenigstens dem Anscheine nach, die Entwickelung und der Verlauf der Glaskörperzellen, verglichen mit denen der Haupt- augen. Während nämlich, wie wir uns erimnern, die der letzteren mit ihren nach aussen umge- bogenen kerntragenden Innenenden die Mantelfläche des Auges bilden, scheinen sie hier vor der Netzhaut, zu der sie fast gerade verlaufen, zu endigen (Fig. 10, Gk.) Vergeblich habe ich aber zwischen Netzhaut und Linse nach Kernen gesucht; selbst nach Anwendung von Reagentien, die solche sonst überall deutlich machen, und bei sehr starken Vergrösserungen gelang mir dies nicht. Man könnte annehmen, dieselben seien vollständig zu Grunde gegangen, wenn nicht in der ring- förmigen Pigmentzone vor der Netzhautperipherie eine Ansammlung von Kernen sich fände, die fast zu gross ist, um allem den Pigmentzellen anzugehören. Ich möchte im der That der An- nahme, dass ein Theil dieser Kerne den Glaskörperzellen zugehöre, deren fene, nach aussen umgebogene Hinterenden mir entgangen sein mögen, den Vorzug geben vor jener erst angedeu- teten, sie seien zu Grunde gegangen, bin aber nicht im Stande, diese Muthmassung sachlich zu begründen, und muss deshalb die Frage vorläufig noch offen lassen. Die vorn halbkugelig ausgehöhlte Retma, die mit ihrem Rande der Cuticula ganz nahe rückt, besteht aus ım Ganzen ziemlich gleichmässig entwickelten Zellen (Rt. Fig. 10), denen am Vorderende die unter sich ebenfalls wenig unterschiedenen Stäbchen ($t.) aufsitzen. Die Zellen sind hier relativ massiger, die Stäbchen ebenfalls dicker als bei den Scheitelaugen, das Unter- scheidungsvermögen demnach wohl weniger entwickelt, was aber nach der andern Seite hin durch das grössere Gesichtsfeld compensmt wird. Der directe Uebergang der Retinazellen in Nerven- fasern konnte an andern Präparaten besser constatirt werden, als an demjenigen, das der gegebenen Figur zu Grunde lag. Die Verschmälerung der Zellen in die Fasern des Opticus geschieht auch hier dicht hinter den Zellkernen, die leicht am hintern Rande der Retina in continuirlicher Reihe stehend erkannt werden. — Auch die auf den Opticus sich eime Strecke weit fortsetzende Pigmentirung der Zellen ist wie bei den Hauptaugen vorhanden. In der Mitte der Retina markirt sich eine besondere Stelle, die man als eine leichte An- deutung einer Retinaspalte ansehen kann. Man erkennt dort eine kleine, aber deutliche Unter- brechung der Stäbchenlage, der auch eine ebensolche der Retinazellen entspricht; man darf sich diese letztere aber nicht so gross im Leben vorstellen, wie sie auf der Figur erscheint, da das Präparat beim Schneiden etwas gedrückt und gezerrt wurde. Allerdings sind die Stäbchen an dieser Stelle kaum von denen der andern verschieden; aber bei einem der andern Augen, wo diese Continwtätsunterbrechung noch deutlicher ist, treten sie beiderseits vor den benachbarten schon auffällig durch grössere Länge und stärkere Diekenentwickelung hervor. Die Stäbchen (St.) sind mir auch hier nicht in der Weise klar geworden, wie ich es wünschte. Von der Netzhautfläche gesehen, bieten sie einen eigenthümlichen Anblick (Fig. 11 Taf. D); sie stellen nämlich keineswegs das von andern Thieren bekannte Mosaik dar, sondern bilden ein helles Maschenwerk , welches dunkelpigmentirte Stellen einschliesst. Die Maschen sind ziemlich regelmässig angeordnet, rundlich polygonal (4— 6eckig) und jedenfalls nur durch die Annahme von Cutienlarsäumen der Retinazellen zu erklären. Es ıst mir indessen nicht geglückt, n den hellen Stäbchen noch die Trennungslinien des Antheils je zweier benachbarten Zellen nachzuweisen, 1. Abschnitt. Vom Stemma. 3 und so zu entscheiden, ob die Säume geschlossenen, oder aber mehr oder weniger weit offenen Hohleylindern entsprechen. Nach dem oben schon Angeführten neige ich aber mehr zu letzterer Annahme, für welche auch Längsschnitte wie Fig. 10 mehr zu sprechen scheinen. Der Vollständigkeit wegen führe ich noch an, dass auch die kleinen Augen von einer femen inneren Cuticula umhüllt werden. Damit kann ich diese Darstellung beschliessen. Bevor ich jedoch zu andern Augenformen mich wende, möge es mir gestattet sein, noch eines eigenthümlichen Sinnesorganes dieser Larven zu gedenken, das nach Lage und Bau gewissermassen an eme Retina erinnert, der die licht- brechenden Medien fehlen. Betrachtet man den Kopf einer Acıiliuslarve von oben, so sieht man am medialen Rand des schwarzen Fleckes, imnerhalb dessen die Augen stehen, ungefähr neben der Linse des hintern Hauptauges, em unter der Cuticula gelegenes rundliches, etwas lappig ausgebuchtetes Organ, dessen äusserer Rand theilweise von dem sich darüber wölbenden schwarzen Flecke bedeckt wird. Es macht den Eindruck einer ziemlich massigen Scheibe; die Randpartie ıst (an lebenden Thieren) völlig durchsichtig, und lässt nur schwer Zellengrenzen und Kerne erkennen. Die obere, der Cutieula anliegende Fläche ist grösstentheils von Stäbchen bedeckt; die peripherischen derselben lesen schief, nach innen und oben gegen eine Axe gerichtet, welche die Scheibe etwas excen- trisch nach vorn durchsetzen würde; hier liegen einige Stäbchen vertical, und die andern gruppiren sich alle radiär und mehr oder weniger geneigt um sie. Ich habe das Organ sowohl bei jungen als bei reifen Larven untersucht, aber ausser den Verschiedenheiten ın dessen Grösse, und der Zahl der Stäbchen (deren es nach ungefährer Schätzung bei letzteren ca. 120—150 sein mögen), keine sonstigen Unterschiede auffinden können. Die Stäbchen sind farblos, stark lichtbrechend, und an ihrer Basis befindet sich in die Unterlage eimgebettet spärliches körniges schwarzviolettes Pigment. Auf Schnitten zeigt sich, dass das Organ ebenfalls nur aus modificırten Hypodermis- zellen hervorgegangen ist, denn am Rande desselben werden diese allmähg länger, und werden plötzlich von diesen Sinneszellen ersetzt, deren Stäbchen direct an die Cuticula stossen. Jede der langgestreckten Zellen trägt vorn ein solches Stäbchen, und hinten geht sie in eine Nerven- faser über, die sich zusammen nahe dem äussern Rande des Orsans zu einem ziemlich ansehn- lichen Nerv veremigen. — Die Cuticula zeigt keine weiteren Modificationen, sie verhält sich wie an andern Stellen der Kopfoberfläche auch. Mir ıst die Natur des fraglichen Organes, dem man die Bedeutung eines Sinnesapparates kaum wird vorenthalten können, völlig unklar geblieben. Vielleicht ıst es nur die erste Anlage eines Organes, das erst m der weitern Entwickelung zur Ausbildung kommt. Wie dem auch sei, ich bin nicht in der Lage, dem vorstehend Gesagten etwas Weiteres hinzufügen zu können, und muss mich begnügen, darauf hingewiesen zu haben. Ich möchte hier anhangsweise noch die Beschreibung einer Form einfacher Larvenaugen hinzufügen, die allerdings zu den vorigen in kemerlei Beziehung steht, sondern eine Categorie für sich bildet. Es sind dies die einfachen Augen mit krystallkegelähnlichen Vorlagerungen vor der Retina, zwischen dieser und der Linse, wie ich sie bei einer Larve von Semblis Fab. (Sialis) aufgefunden habe. Einen Schnitt durch eines der jederseits am Kopfe in der Sechszahl sich findenden Augen einer nicht näher bestimmten, in der hiesigen Gegend nicht seltenen Larve dieser Gattung zeigt 38 I. Untersuchungen. Fig. 12 Taf. Il. Die grosse, schön biconvex gewölbte, aber etwas flache Cutieularlinse zeigt äusserlich eine dünne Schicht, welche die allgemeine dunklere Tingirung des Chitins der Cutieula aufweist; der grössere Theil der Linse (L.) ist aber hell, und die feinen Porencanälchen der Cutieula hören an ihrem Rande auf. Der Linse innerlich dicht anliegend findet sich ein eigenthümlicher Körper, wie er mir bisher aus keinem andern Arthropodenauge bekannt geworden ist, wenigstens, was seine Form und Zusammensetzung anlangt. Im Gesammtumriss ist er oval oder elliptisch, mit mehr oder weniger regelmässigen, von seiner Segmentirung herrührenden gewölbten Vorsprüngen; oben und unten abgeflacht, selbst etwas concav, und mit diesen Seiten in Contact emestheils mit der Linse, anderntheils mit der Retina. Er ist stark lichtbrechend, und ziemlich resistent gegen Druck (etwa wie Wachs), und nach meinen Erfahrungen regelmässig aus acht Segmenten zusammen- gesetzt. Von diesen stehen sich je drei an den längern Seiten befindliche paarweise gegenüber, und ihre in der Mittellinie zusammentreffenden Enden bilden, da sie alterniren, eine vertiefte Zickzacklinie ; zwei andere Segmente schliessen die beiden Enden ab (vgl. Taf. II Fig. 13 A, B). Jedes dieser Seg- mente hat wieder seme Wölbung für sich, durch welche die Umgrenzungslinie sowohl wie auch die Oberflächengestaltung complieirt wird, und welche auf das durchtretende Licht von so be- deutendem Einflusse sein muss, dass wir uns das von der Linse entworfene Bild kaum anders als stark verzerrt und verschoben denken können. — Die Form dieses Krystallkörpers ist, wie schon angedeutet, ziemlich variabel; die meisten derselben, die ich gesehen habe, glichen mehr oder weniger dem im Fig. 13 A. abgebildeten. In Fig. 13 B. habe ich einen anderen, bei dem durch leichten Druck die beiden Endsegmente aus ihrem Zusammenhang losgesprengt werden, dargestellt; das eime dieser Segmente zeigt noch eine nur ein einziges Mal beobachtete Eigen- thümlichkeit, indem es anschemend wieder aus drei Stücken zusammengesetzt ıst. Der ganze Krystallkörper wird von einer feinen, nur bei starken Vergrösserungen sicht- baren Membran umschlossen, die in emem geringen Abstand von seiner Oberfläche allen Umrissen derselben folgt. Da wir es hier unzweifelhaft mit eimer Cutieularbildung von der Categorie der Krystallkegel des facettirten Arthropodenauges zu thun haben, so dürfte die Deutung dieser Mem- bran als letzter Ueberrest der sonst verschwundenen Matrix des fraglichen Körpers wohl kaum fehl gehen, und die acht Segmente werden wohl auch hier auf ebensoviele ursprüngliche Zellen zu- rückzuführen sem. Ob hier noch die Kerne der Zellen vorhanden sind, wie bei den Krystall- kegeln fast ausnahmslos, das habe ich allerdings nicht zu entscheiden vermocht. Von der Randpartie der Cuticularlinse her umgeben massenhafte, fadenförmige, ziemlich direct nach innen ziehende Pigmentzellen (Pg.), deren allmäliger Uebergang im die Elemente der Hypodermis leicht zu verfolgen ist, den Krystallkörper, Hinter dem Krystallkörper und mit diesem in Berührung finden wir die ebenfalls ganz eigenthümlich gebaute Retina (At. Fig. 12—14). Sie besteht aus einigen dreissig Zellen (ich zählte in dem in Fig. 14 gezeichneten Falle deren 33), die radiär gestellt und in zwei Schichten, die mit Hachen m einander steckenden Hohlkegeln verglichen werden können, vertheilt sind. Diese Hohlkegel richten ihre Spitzen, denen die Stäbchenenden der Zellen entsprechen, nach vorn gegen den Krystallkörper, während an die Basis der mässig entwickelte Opticus herantritt (N. op. Fig. 12), um sich zu den Zellen zu be- geben. Dem obern grössern Zellenkranze gehörten im dem erwähnten Specialfalle 21, dem untern 12 Zellen an. Die ganze Anordnung wird viel leichter aus der Combination des Durchschnittes Fig. 12, der allerdings nur eine einzige Zellenlage trifft, mit der Ansicht von hinten Fig. 14 verstanden, als aus einer Darstellung mit Worten. Die letzterwähnte Figur zeigt zu unterst den von der Linse losgelösten, in der Zeichnung etwas zu regelmässig ausgefallenen Krystallkörper ; 1. Abschnitt. Vom Stemma., 39 unmittelbar darauf liest die grössere obere Zellenschicht, deren Stäbchensäume die äussere Strahlen- rosette bilden, und auf dieser wieder die kleinere untere, zu der die innere Stäbchenrosette ge- hört. Bei allen Zellen beider Schichten sind aber die äusseren, resp. hinteren Zellenenden, in denen die Kerne liegen (vel. Fig. 12) und an welche die Opticusfasern herantreten, bei der Präparation abgebrochen und verloren gegangen. Die Retinazellen sind pyramidal gestaltet, mit der Spitze nach vorn, gegen das Centrum des Krystallkörpers, d. h. gegen die Augenaxe gerichtet, und durch und durch dunkel pigmentirt. An ihrem vordern Ende tragen sie ein Stäbchen, welcher Ausdruck eigentlich hier nicht passend ist, da er doch immer eine bestimmte Form bezeichnet, welche die hier sich findenden Gebilde nicht besitzen. Sehen wir aber im Interesse der emheitlichen Bezeichnung davon ab. Ihre Beziehungen zu den zugehörigen Retinazellen lassen sich ganz treffend bezeichnen, wenn man sagt, sie sitzen dem Vorderende der letzteren etwa so auf, wie em Fingerhut der Finger- spitze. Sie berühren sich ganz innig, und nur schwierig kann man die Trennungsflächen als feine Limien wahrnehmen. Da man sie nur im optischen Schnitte, an den seitlichen Rändern der Zellen, erkennen kann, dagegen nicht an den dem Auge zu- und abgewandten, so machen sie bei Ansichten wie Fig. 14 (St.) den Eindruck eines doppelten Strahlensystems, das um den Mittelpunkt je durch einen mehr oder weniger regelmässigen Kreis oder Ellipse vereinigt wird. Gewöhnlich laufen die Strahlen nach aussen ziemlich spitz zu, weil die hintern Ränder der hut- förmisen Cuticularsäume sich zuschärfen. Im Uebrigen kann ich blos noch hinzufügen, dass sie an erhärteten Präparaten völlig farblos und stark lichtbrechend sınd, im frischen Zustand aber rosenroth und äusserst vergänglich. Ich habe die Thiere oft und gleichzeitig mit den Aciliuslarven erhalten, und dabei wohl beobachten können, wie sehr gering entwickelt im Verhältniss zu letzteren ıhr Sehvermögen ist, wie das ja auch die Vergleichung der Augen erschliessen lässt. B. Augen einiger Arachniden. Schon in der historischen Uebersicht, welche ich meinen Untersuchungen voranstellte, sind die innerhalb der berücksichtieten Periode aufgetauchten Ansichten über den anatomischen Bau und die physiologische Leistung des Auges der Arachniden (Spinnen, Scorpione) erwähnt, und nament- lich hervorgehoben worden, wie Leydig in seinen Arbeiten zu Resultaten gelangte, welche die früheren vollständig vom Schauplatze verdrängten. Ich will schon hier vorausschicken, dass meine eigenen Untersuchungen mich keineswegs zu einer Bestätigung der Ansichten dieses Forschers geführt haben, ich vielmehr genöthist bin, ihnen fast in allen wesentlichen Punkten entgegenzutreten, und in mancher Hinsicht die ältere, nun verlassene Anschauungsweise für zu- treffender zu halten, als die semige. Was die Anzahl der von mir untersuchten Formen anbelangt, so kann sich dieselbe mit den von Leydig verarbeiteten nicht messen. Ich habe mich auf die Gattungen Phalansium, Epeira, Lycosa und Salticus beschränkt, auch die Gattung Dolomedes näher untersucht, aber hier nicht besonders erwähnt, weil ich sie im Augenbau mit Lyeosa übereinstimmend fand. Vergleicht man die aus meiner folgenden Darstellung hervor- gehenden Differenzen dieser paar Genera bezüglich der Structur ihrer Augen, so wird man es wohl kaum für unwahrscheinlich erklären können, dass in der grossen Anzahl der nicht berück- sichtigsten Gattungen auch nur der deutschen Fauna bei näherer Untersuchung noch ebensogrosse Unterschiede zu Tage treten mögen. Andererseits wird aber, trotz aller Schwankungen in der 40 I. Untersuchungen. Ausführung der einzelnen Hauptfactoren des Auges, die principielle Ueberemstimmung derselben in Bau und Lagerung wieder eine gewisse Garantie geben, dass diese nur vermutheten Oscillationen sich nicht über gewisse Grenzen hinaus erstrecken werden, sondern noch immer eine Einreihung in die hier zu Tage tretende Grund- oder Urform zulassen. Um hier schon das Allgememste des Baues des Spinnenauges (inclus. Phalangium) im Umrisse vorauszuschicken, mag bemerkt sein, dass auf den ersten Blick die Structur zwar mit der schon bei den Wasserkäferlarven beschriebenen übereinzustimmen scheint, bei näherer Be- trachtung sich aber doch einige recht gewichtige Unterschiede ergeben. Während bei jenen die ganze Anordnung der Elemente auch des ausgebildeten Auges deutlich das Hervorgehen derselben aus eimer allen gememsamen Grundlage, der Hypodermis, verrieth, deren im continuirlicher Reihe aufeinander folgende Zellen an verschiedenen Stellen ihrer verschiedenen Leistung gemässe Um- formungen erlitten haben, ist hier diese Continwität unterbrochen. Wir finden beim Spinnenauge eine deutliche Anordnung der Weichtheile m zwei anscheinend von einander völlig unabhängige Schichten, von denen die eine, vordere, allerdings ebenso wie bei jenen Larven aus der Umfor- mung der Hypodermis entstanden ist, aber nur Pigment und Glaskörper umfasst; die hintere dagegen, die Retina, ist gänzlich aus dem Verbande ausgeschieden, und ihre Herkunft verräth sich nicht auf den ersten Blick aus dem anatomischen Bau, wıe dort. Eine der bemerkenswerthesten Eigenthümlichkeiten der Augen der ächten Spinnen — also mit Ausschluss von Phalangium — besteht nun in einem, wie es scheint, weit verbreiteten Dimorphismus derselben. Jch verstehe darunter nun freilich nicht jene schon längst bekannten Variationen in der äussern Form und Grösse der einzelnen Augen desselben Thieres unter sich, sondern viel tiefer liegende, besonders die Retinazellen berührende, Verschiedenheiten, die so weit gehen können, dass man oft glauben möchte, Augen ganz verschiedener Genera, ja selbst Familien, vor sich zu haben, welche doch thatsächlich emem und demselben Individuum entnommen sind. Diesen Dimorphismus, der sicher auch mit einer Verschiedenheit der physiologischen Leistung der einzelnen Augenpaare Hand m Hand geht, schemt vor mir noch Niemand beobachtet zu haben. Eine ternere Eigenthümlichkeit des Auges der ächten Spinnen bildet das Vorkommen einer besonderen Musculatur, die schon seit lange bekannt geworden ist (zuerst durch A. Brants. c.). Soweit meine Beobachtungen reichen, ıst das Vorhandensein dieser Musculatur an eine der beiden specifisch verschiedenen Augenformen allein geknüpft, und fehlt der andern. Damit soll aber keimes- wegs gesagt sein, dass dieser Satz nicht durch fernere Untersuchungen umgestossenwerden kann. 1. Auge von Phalangıum. — Einen Schnitt durch eines der Augen von Phalangium habe ich in Figur 15 Taf. Il wiederzugeben versucht. Diese Gattung besitzt deren bekanntlich nur zwei, die seitlich an einem ziemlich spitzen Höcker des Cephalothorax so gelegen sind, dass sie nach aussen und oben gerichtet erscheinen. Ich habe die Richtung der Medianebene, in der sich die Retinae beider Augen berühren, durch eimen Pfeil in meiner Figur angedeutet. Es ist wohl nicht überflüssig, hier noch zu bemerken, dass die mit der Camera lucida gezeichnete Figur, die einem Platinchlorid-Chromsäure-Präparat entnommen ist, die Weichtheile des Auges, Glaskörper und Retina, nicht genau im ihrer natürlichen Lage wiedergiebt, weil das Präparat etwas durch die Schnitt- führung verdrückt war. Die Vorderseite der Retina müsste eigentlich concentrisch mit der Hinter- seite der Linse verlaufen, nnd der Glaskörper den Raum zwischen beiden in überall gleicher Tiefe ausfüllen. Die dieke, aussen dunkel tingirte und mit Schüppchen-Sceulptur versehene Cuticula (C#.) zeigt deutliche Schichtung und zahlreiche feme Porencanäle; in der nähern Umgebung der Linse 1. Abschnitt. Vom Stemma. 41 macht sie den Eindruck, als ob sıe in Prismen zerklüftet wäre. — Die Linse ist schön und sehr stark gewölbt; ıhre beiden convexen Flächen gehören Kugeln von ungleichen Radien an, und zwar ist die äussere Wölbung Abschnitt einer grössern Kugel als die innere. — Porencanäle, wie sie Leydig (vgl. unt.) an der Linse gesehen hat, sind mir nie zu Gesicht gekommen; auch die doch unzweifelhaft vorhandene Schichtenstructur ist so wenig hervortretend, dass man, wenigstens bei mässigen Vergrösserungen, nichts davon wahrnimmt. Die unter der Cuticula des Körpers gelegenen Hypodermiszellen (Ap.), die in der ge- nannten Erhärtungsflüssigkeit sich allerdings stark verändern, gehen in einiger Entfernung vom Rande der Linse in langgestreckte Pigmentzellen (Pg.) über, die einen dichten, für Licht un- durchlässigen Ring um das Auge bilden. Der Uebergang m die Zellen des Glaskörpers hinter der Linse geschieht ziemlich plötzlich, doch ohne nachweisbare bestimmte Grenze. Man kann am besten an der Lage der Kerne den Uebergang verfolgen, wenn durch vollständige Entfärbung die sonstigen Unterschiede ausgeglichen sind. In den Pigment führenden Zellen liegen sie nämlich vor und in der Mitte, je näher aber am Glaskörper, desto weiter rücken die Kerne nach hinten, und in den Glaskörperzellen selbst liegen sie ganz dicht vor dem gerade abgeschnittenen Hinterende. Der Glaskörper (@%.) in toto bildet um die innere Linsenwölbung eine concentrische, völlig durchsichtige Lage von überall gleicher und ziemlich ansehnlicher Dicke. Die ihn bildenden Zellen sind radıär gestellte, langgestreckte, abgestutzte Pyramiden, die mit der Basis an die Retina, mit der abgestutzten Endfläche an die Linse reichen. In frischem Zustande sind sie stark licht- brechend, und zwar im Innern ebensosehr wie an der Oberfläche, so dass man, wenn beim Zerzupfen mehrere noch in ihrem ursprünglichen Zusammenhang neben einander liegen, die Trennungslinien anfänglich gar nicht, sondern erst unter dem Einfluss der allerdings sehr bald auftretenden Quellung auftreten sieht. Sie bleiben auch nach der Erhärtung in verschiedenen Medien noch relativ sehr durchsichtig, aber ihre Membranen treten sehr deutlich hervor, wogegen der Inhalt sein starkes Lichtbrechungsvermögen einbüsst. Querschnitte durch diese Zellen zeigen dann auffallend jene Aehnlichkeit mit Pflanzengeweben, welche frühern Beobachtern, wie Müller, schon auffiel. Die Kerne der Glaskörperzellen sind ziemlich klein, kugelig, und sehr deutlich. Sie liegen, wie schon bemerkt, im retinalen Ende der Zellen, das scharf abgeschnitten, und ohne eine Spur eines innigeren Zusammenhanges mit der Retina erkannt wird. Auf Schnitten kann man immer mit vollster Sicherheit die hintere Begrenzung des Glaskörpers als eine sehr scharfe, vor den Stäbchenenden gelegene Linie nachweisen, was ich hier besonders betonen möchte, weil darin der principielle Gegensatz meiner Auffassung gegen die von Leydig vertretene ihren Ausdruck findet. Die hinter dem Glaskörper gelegene Retina (Rt.) besteht ebenfalls nur aus einer einzigen Zellenlage; die Elemente derselben sind stark verlängert, in frischem Zustand mehr cylindrisch als nach der Erhärtung, wo sie durch ungleichmässige Schrumpfung ziemlich spindelförmig werden. Sonst ist an frischem Material kaum an eine Untersuchung derselben zu denken, weil sie von vorn bis hinten mit intensiv schwarzem Pigment erfüllt sind, und selbst sehr feine Schnitte an erhärtetem Materiale zeigen aus diesem Grunde ohne vorherige Entfärbung gar nichts. An ihrem vorderen Ende ist ihnen je em Stäbchen eingelagert, und an ihren hintern Enden treten sie mit den Fasern des Opticus (N. op.) in Zusammenhang. Die Kerne liegen hinter der Mitte, sind aber nicht mehr mit solcher Regelmässigkeit in Reihe und Glied gestellt, wie wir es bei den Augen der Schwimmkäferlarven kennen gelernt haben. An Schnitten aus erhärteten Augen ist gerade die den deutlichen, runden Kern einschliessende Stelle diejenige, die das spindelförmige Aussehen der Zelle durch ihre Auftreibung verursacht. Grenacher, Untersuchungen über das Sehorgan der Arthropoden. 6 42 I. Untersuchungen. Die Stäbchen (St. Fig. 15, 16. Fie. 17 Taf. II) liegen im vordern Ende der Retimazellen so, dass sie noch ringsum durch einen dünnen Ueberzug derselben eingeschlossen werden. Besonders deutlich ist noch das Protoplasma der Retinazelle im Niveau des hinteren Stäbchenendes zu er- kennen, aber nach vorn wird dies allmälig dünner bis zum Verschwinden. Soweit sich dieses Protoplasma erstreckt, geht auch das Pigment, das m ihm enthalten ist. Die Stäbchen lassen sich etwa mit einem Getreidekorn vergleichen, spindelförmig und an beiden Enden abgerundet. Sie schemen von einer feinen Membran umschlossen zu sein, die an Schnittpräparaten zwischen sich und dem eigentlichen Stäbchenkörper noch emen geringen Zwischenraum lässt. Beı Längs- ansichten zeigen die Stäbchenkörper eime sehr feine Längslinie, die nur ihnen, und nicht auch der sie überziehenden Membran angehört (Fig. 16); dieser Linie entsprechen oft leichte Ein- kerbungen an den abgerundeten Enden. Glückt es, Querschnitte durch die Stäbchen zu erhalten, so zeigen diese leicht (Fig. 17), dass die Längslinie der Ausdruck eimer Zusammensetzung des Stäbchens aus drei gleichgrossen, der Länge nach an einander gekitteten Segmente ist, so dass man bei gelungenen Präparaten ein Mosaik von Kleeblattähnlichen Figuren erblickt, um deren jede einzelne sich zarte Contouren, als Querschnitte durch die kapselartige Membran der Stäbchen,erkennen lassen. Die Gestalt der Stäbchen ist nur insofern Variationen unterworfen, als die randständigen im Allgemeinen kürzer und gedrungener, die mehr central gelegenen aber länger und gestreckter sind. Ihre Zahl muss eine ziemlich ansehnliche sein, wie schon aus der Fig. 15, die zwar nicht ganz genau Stäbchen für Stäbchen, aber doch möglichst die richtige Vertheilung und Proportion wiedergiebt, geschlossen werden kann. Es könnte wohl der Gedanke auftauchen, die aus drei Stücken zusammengesetzten Stäbchen wären nicht auf eime einzige, sondern auf ebensoviele Zellen zurückzuführen, als Segmente da sind. Auch ich habe, namentlich nach meinen Beobachtungen am zusammengesetzten Auge, an- fänglich diese Möglichkeit ins Auge gefasst, aber mich bald überzeugt, dass der Thatbestand der oben gegebenen Schilderung entspricht. Die beiden Sehnerven treten dicht neben emander an die Augen heran; es war mir allerdings hier nicht möglich, mit derselben Sicherheit wie früher das Eintreten der einzelnen Fasern in die Retinazellen zu verfolgen, ich hege aber durchaus keinen Zweifel darüber, dass der endliche Verlauf der gleiche ist. Von Untersuchungen über das Auge von Phalangıum sind blos anzuführen die von Tulk!), dessen Darstellung, sonst ganz im alten Stil gehalten, nur deswegen hier erwähnt wird, weil er zwei an die Augen tretende Muskeln beschreibt und abbildet, von denen mir nichts zu Gesicht gekommen ist. Ich glaube, dass hier die Insertion der Muskeln, deren es allerdings in der Nähe des Anges manche giebt, irrigerweise an das Auge verlegt worden ist. — Leydig?) verdanken wir auch einige Notizen über dieses Auge, und vor Allem eime schöne Figur; er erwähnt die mit- getheilte Beobachtung Tulk’s, giebt aber nicht an, ob er sie bestätigt gefunden hat, oder nicht. Ich gehe nun über zu den ächten Spinnen. — Auf die Zahlen- und Stellungsverhält- nisse der Spinnenaugen hier näher einzugehen, liegt um so weniger Veranlassung vor, als jedes Handbuch der Zoologie, oder jedes systematische Werk über Spinnen über diese Dinge genügende Auskunft ertheilt. Ich will hier nur noch die Bemerkung vorausschicken, dass ich auch bei den zu Grunde gelegten Arten nicht alle Augen einer eingehenden Prüfung unterwarf, sondern mich 1) A. Tulk, On the anatomy of Phalangium opilio. Ann. Mag. nat. hist. 1843. Vol. XII. pag. 324, Bl ss Re 2a 2) Fr. Leydig, Arch. f. Anat. ete. 1855. pag. 432 u. fl Taf. zur vergl. Anat. VIII. Fig. 2. 1. Abschnitt. Vom Stemma. 43 auf diejenigen beschränken zu dürfen glaubte, die für die Untersuchung durch Schnitte nicht allzu ungünstig placirt waren, da ich mein Hauptziel, die Grundzüge der Architectur des Spinnenauges, der Einzelforschung nicht unterordnen wollte. 2. Augen von Epeira. — Ich stelle die Augen von Epeira voran, nicht, weil sie für die Untersuchung gerade besonders günstig wären, sondern weil man hier am deutlichsten den Ueberblick über den eigenthümlichen Dimorphismus der Spinnenaugen, und zwar bei richtiger Schnittführung an em und demselben Präparate sich verschaffen kann. Meine Beschreibung be- schränkt sich auf die zwei Paar Augen, die am obern Vorderrand des Cephalothorax, der Mittel- linie sowohl als unter sich genähert, liegen; die Randaugen sind für Schnitte reichlich klein, und liegen sehr ungünstig. — Ich beziehe mich ausschliesslich auf Epeira Diadema, da andere eben- falls untersuchte Arten (E. apoclysa, E. umbratica) genau den gleichen Bau erkennen liessen. Der in Fig. 18 Taf. II gezeichnete Schnitt ıst durch ein vorderes (A) und ein hinteres (B) Auge einer Seite ziemlich parallel der Medianebene und so geführt, dass die Augen dadurch halbırt werden. Die gleich in’s Auge fallenden Differenzen beider Sehorgane berühren hauptsächlich die Retina und viel weniger Linse und Glaskörper, die unter sich in beiden so nahe übereinstimmen, dass eine Unterscheidung nicht wohl thunlich erscheint. Eine besondere detaillirte Beschreibung der Linsen und der Glaskörper zu geben, kann ich mir um so eher ersparen, als alle wesentlichen Punkte sich hier ganz übereinstimmend finden mit dem von Phalangıum schon Bekannten. Folgende Bemerkungen werden genügen. Die Linsen von Epeira zeigen eine sehr deutliche grobe Schichtung, deren continwirliche Fortsetzung im die Cutieula sehr leicht nachweisbar ist. Dazwischen treten bei stärkeren Vergrösserungen noch viel feinere Zuwachsstreifen hervor, die auf der Zeichnung aber ausgelassen wurden. Sehr häufig, aber nicht immer, ist mir eine ganz eigenthümliche Structur aufgefallen, nämlich eine von der Vorderfläche ausgehende, bis an die Innenfläche reichende, die Linse aber in der Peripherie nicht erfüllende, zapfenartige Differenzirung im Innern, die sich durch etwas andere Lichtbrechung schwach aber deutlich genug abhobl). Es macht fast den Eindruck, als wenn die Linse ursprüng- lich diese Zapfenform hätte, und erst durch späteren, hauptsächlich in der Aequatorialebene erfolgenden Zuwachs in die definitive Form überginge. Der Uebergang der Hypodermiszellen in die Pigmentzellen (Pg., Py/.) ıst leicht zu ver- folgen, weniger leicht aber die Continuität der letzteren mit denen des Glaskörpers (Gk., GK2.). Die Pigmentzellen sind nämlich länger als die Zellen des letzteren, und greifen mit ihren hinteren önden ziemlich weit darüber hinaus. Die continuirliche Reihenfolge der Kerne, die im einer allerdings mannigfach gebogenen Linie liegen, verwischt jedoch diesen anschemenden Sprung. Die Glaskörperzellen sind sowohl ın frischem wie m erhärtetem Zustand von gleicher Beschaffenheit, wie bei Phalangium, nur relativ kürzer. Der kleine sphärische Kern, der eben- falls dicht vor dem scharf abgeschnittenen Himterende der Zelle liest, kann auf Schnitten nicht wohl übersehen werden. Eine eingehendere Beschreibung erfordern aber die Retinae der beiden Augen. Die Netzhaut des vordern Auges (Rt.) besteht aus sehr zahlreichen, langgestreckten, hinten etwas angeschwollenen und meist etwas gebogen verlaufenden Zellen, die wie bei Phalangıum intensiv pigmentirt sind. Das Pigment erstreckt sich aber nur bis an das Hinterende der Stäb- chen, so dass man auf feinen nicht entfärbten Schnitten diese als eine helle Zone zwischen Glas- körper und dem pigmentirten Theil der Retina erkennen kann (S$t., Fig. 18). Am längsten sind !) Vgl. die Linse des vordern Auges (A) Fig. 18. 6* 44 I. Untersuchungen. diese Zellen im axialen Theil der Retina; nach den Seiten hin werden sie allmälıg kürzer, wobei ihre Form im Ganzen die nämliche bleibt. Am Vorderende tragen diese Zellen die Stäbchen (St. Fig. 18, 19, Taf. I). Auch diese nehmen von der Mitte aus nach den Seiten hm an Länge, kaum aber an Breite ab. Auch hier scheinen sie, wie bei Phalangium, nicht blos dem vordern Ende der Retinazellen aufgesetzt, sondern von ihm umschlossen zu sein, wenigstens sprechen meines Erachtens die über die vordern Stäbchenenden vortretenden winzigen Kuppen, welche ich in Fig. 19 angegeben habe!), für diese Deutung, wenn auch die Umkleidung an den Seiten, zwischen den emzelnen Stäbchen, kaum noch wahrnehmbar genannt werden kann. — Die Stäbchen erschemen prismatisch, an beiden Enden rundlich abgestutzt, und, nach Erhärtung in Alcohol, von nur geringem Lichtbrechungsvermögen. Sie werden durch eine äusserst zarte Längslinie halbirt, und ausserdem habe ich zuweilen (bei sehr starken Vergrösserungen und schiefem Licht) an den Rändern eine ebenfalls höchst feine, sich nicht bis zur Mitte erstreckende, Querstreifung gesehen, als Andeutung einer auch hier sich findenden Plättchenstructur. Querstreifen und Längslinie ermnern etwa an eine sehr kleine Grammatophora, das bekannte Test-Object. Ich habe zwar keime guten Querschnitte durch diese so feinen Stäbchen anfertigen können, halte aber doch die Längslinie für den Ausdruck einer Zusammensetzung aus zwei Hälften, und ich darf zur Begründung dieser Ansicht wohl schon im Voraus anführen, dass ich bei allen Augen ächter Spinnen diese Zusammensetzung gefunden habe. Die Retinazellen tragen in ıhrer hinteren keulenförmigen Anschwellung einen deutlichen, ziemlich grossen Zellenkern; ich habe mich genügend, auch nach Untersuchung von Tinctions- präparaten (mit Haematoxylin) von dieser Lagerung überzeugt, um diese mit all der Sicherheit, die eine oft und unter verschiedenen Umständen wiederholte Beobachtung gewähren kann, behaupten zu können (Fig. 18, K.). Der Nervus optieus (N..op., Fig. 18) tritt als gerader, sehr ansehnlicher Stamm etwas. ausserhalb der Mitte (mehr dorsal) in die Retina. Wie schon Leydig hervorhebt, zeichnet er sich sowohl hier als bei andern Spinnen durch eine bei Arthropoden seltene Deutlichkeit seiner Nervenfasern aus, die auch bei erhärteten Augen noch auffallend klar und durchsichtig bleiben. Er verdickt sich beim Uebergang in die Retina allmälıg, und seime peripherischen Fasern setzen sich direct und ohne scharfe Grenze im die herantretenden Netzhautzellen fort. Die innern Fasern desselben treten aber in das Innere der Retina ein, theilen sich dort m zweı Bündel, von denen das eme kleinere dorsalwärts, das andere grössere ventralwärts zieht, um dann nach beiden Seiten hin in einzelne Fasern auszustrahlen, die wieder zu den entsprechenden Zellenenden treten. Diese Form der Vertheilung sieht man besonders deutlich an Horizontalschnitten, bei denen die Retinazellen senkrecht auf ihre Hauptrichtung getroffen werden; solche Schnitte in Verbindung mit der Länge nach geführten lassen keine andere Deutung zu. Ganz anders geartet erscheint die Netzhaut des hinteren Auges (Rt/.), verglichen mit der eben beschriebenen. Während diese eine mehr kugelige, vorn nur mässig concave, und mit dieser Höhlung den Glaskörper umfassende Masse bildet, erscheint die erstere tief becherförmig aus- gehöhlt; der grossen Anzahl schlanker Zellen der vordern Retina stellen sich hier weit weniger zahlreiche, dafür aber um so gedrungenere Elemente gegenüber; und ausserdem sind sowohl die Stäbchen selbst, als ihre relative Lagerung zu den Kernen der Retinazellen, anscheinend funda- mental von einander verschieden. 1) Sie sind in Fig. 19 etwas zu dunkel ausgefallen. 1. Abschnitt. Vom Stemma. 45 Die dieken, abgerundet prismatischen Zellen der hintern Retina zeigen, wie bei der vordern, in der Mitte die grösste Entwickelung, doch sind die Differenzen gegen die randständigen Zellen lange nicht so bedeutend, wie bei jenen. Auch ist ihre Anordnung eine mehr radıäre, und sie umgreifen die Hinterfläche des Glaskörpers weit mehr nach oben hin, so dass man auf ein grösseres Gesichtsfeld schliessen darf. (Dieses ist wenigstens auf Sagittalschnitten der Fall; bei einigen frontalen, die ich anfertigte, schien es mir, als ob nach aussen die Retina unvoll- ständig wäre; die benutzten Exemplare waren aber nicht besonders gut erhalten.) Die Zellen zerfallen in drei Abschnitte, die allerdings nicht scharf von einander gesondert sind, aber doch eine sehr ungleiche Ausbildung zeigen. Das vordere, dem Glaskörper zugekehrte Drittel ist pigmentfrei und völlig durchsichtig in frischem Zustande, (ähnlich wie die Zellen des Glaskörpers), und umschliesst den Zellenkern (K”. Fig. 18, 20 Taf. II). Der hintere Abschnitt ist durch seinen starken Pigmentgehalt ausgezeichnet, und verjüngt sich conisch in die zugehörige Opticusfaser. Der mittlere Theil ist durch die Einlagerung des Stäbchens (Fig. 18, 20 St.) characterisirt, das, an emem nicht entfärbten Präparate von der Seite gesehen, mit seinem vordern Ende frei aus dem umgebenden Pigmente hervorragt, von dem der hintere Theil bedeckt ist. Die Abnahme des Pigmentes nach vorn erfolgt allmälıg; dasselbe besteht aus sehr regelmässigen gleichgrossen Körnchen, die in ebenso regelmässigen, aber oft unterbrochenen parallelen Quer- reihen angeordnet sind. Ich möchte zu den Figuren 18 und 20 noch anführen, dass dort die kernführenden vordern Theile der Retinazellen etwas regelmässiger gezeichnet sind, als es meine Präparate thatsächlich zeisen. Dieser Theil der Zelle nämlich ıst äusserst zart und vergänglich, und alle von mir er- probten Agentien verändern denselben ziemlich stark, und durch die Gerinnung werden die Um- risse weniger deutlich und regelmässig, als ich sie wiederzugeben mir erlaubt habe. Die Stäbchen (Fig. 18, 20, 21 St.) sind auch nach Einwirkung der erhärtenden Agentien durchsichtig bleibende, stark lichtbrechende Körper von ım Ganzen prismatischer Form mit ab- gerundeten Enden. Sie liegen anscheinend in einem sie eng umschliessenden, scharf begrenzten Hohlraum, der aber wohl ein Kunstproduct, entstanden durch die Volumverringerung bei der Er- härtung, sein dürfte. An ihren seitlichen Begrenzungen lässt sich deutlich der Eimschluss derselben im Innern der Retinazelle nachweisen. Querstreifung habe ich an ihnen nicht mehr gesehen, wohl aber eine ebenfalls äusserst feine Längslinie, deren Bedeutung aus Fig. 21 Taf. II, welche Querschnitte durch die Stäbchenregion der Retina darstellt, als Ausdruck zweihälftiger Zusammensetzung hervorgeht. Der Nervus optieus (N. 0p/.) zeigt hier auch ein etwas anderes Verhalten beim Eintritt in die Retina, als beim vordern Auge. Seine Fasern breiten sich nämlich hier becherförmig über die hintere Fläche der Retina aus, und man kann bei guten Präparaten ohne besondere Schwierigkeit den Uebergang der einzelnen Nervenfaser zur Zelle verfolgen. Dass beide Augen von einer femen Cuticula (ct. Fig. 18) überzogen werden, die sich einer- seits nach der Innenfläche der Hypodermis, andererseits auf den Opticus fortsetzt, mag ebenfalls nicht unerwähnt bleiben. Endlich habe ich noch der dem Spinnenauge eigenthümlichen Musculatur zu gedenken, von der ich schon oben anführte, dass sie, soweit meine eigenen, allerdings beschränkten Er- fahrungen reichen, nur einer der beiden, durch den Bau ihrer Retina unterschiedenen Augen- formen zuzukommen scheine. Hier ist es das vordere Augenpaar, und wir werden auch in den noch zu behandelnden Beispielen sehen, dass sie sich, wenigstens an diesen, nur als ein Attribut derjenigen Augen findet, welche mit jenem den gleichen Bau haben, d. h. bei welchen die Stäbchen endständig, und die Kerne zwischen ihnen und den eintretenden Opticusfasern gelegen sind. 46 I. Untersuchungen. Wie schon oben angeführt, wurden die Muskeln des Spinnenauges von A. Brants bei Mygale entdeckt. Er sagt darüber: „Was die Muskeln anlangt, so findet man deren zwei in der Mygale, welche von dem sogenannten os hyoideum kommen, und sich an das gefässreiche Gewebe der mittlern grossen Augen begeben. So gelangten also an jedes kleine Randauge Muskelfasern, welche ihren Ursprung von den Kinnladenmuskeln nehmen.“ 1) Später scheinen sie auch Blanchard zu Gesicht gekommen zu sein, wie ich aus einem Citat in Milne Edwards, Lecons sur la physiologie ete. Vol. XII. pag. 239 ersehe?), der ihnen emen ringförmigen Verlauf in dem irisartigen Diaphragma, welches er aus dem Pigmentgürtel macht, zutheilt, und ausser- dem noch Muskelbündel von dem Auge nach den benachbarten Partien des Hautskeletes gehen lässt. — Endlich hat Leydig?) sie wohl am ausführlichsten besprochen. Er sieht im den Ring- fasern mit Querstreifung einen Sphincter zur Verengerung und Erweiterung der Pupille, und giebt ein einfaches Verfahren an, die ruckweisen Bewegungen dieser Muskeln am lebenden Thiere in ihren Wirkungen direct zu beobachten; man macht dasselbe nämlich emfach durch Abschneiden der Beine unbeweglich, und betrachtet dann die Augen im auffallenden Licht. Meine eigenen Erfahrungen über diese Muskeln, so unvollständig sie auch sind, treten nun einer solchen Deutung ihrer Function als Sphineteren entgegen, sowohl für Epeira als die folgenden Gattungen. Ich habe sie nicht zum Gegenstande eingehender Studien gemacht, sondern kann. hier nur meine gelegentlichen Beobachtungen mittheilen. — Die Museulatur besteht aus einigen (6—10) deutlich quergestreiften Fasern (M. Fig. 18) die vom Integumente dicht vor dem hintern Auge entspringend nach unten und vorn treten, um das vordere Auge schleifenförmig zu umgeben. Sie ziehen über der feinen Cuticula hin, welche das Auge einschliesst, und auf Schnitten wie Fig. 18 begeenet man regelmässig den Querschnitten der Fasern am vordern Rande, und nur hier (MZ). Ihr weiterer Verlauf ist mir nicht klar geworden, denn er ist auch auf Transversalschnitten wegen der Massen von umgebenden Zellen (die in der Abbildung fast ganz weggelassen sind, um nicht zu verwirren) äusserst schwierig zu verfolgen. Sicher scheint mir nur, dass, wo auch die Muskeln mit ihren andern Enden sich inseriren mögen, die schon hier ange- deutete Anordnung ihnen eine ganz andere Function als die emes Sphincters, oder eines Apparates zur Veränderung der Accomodation zuweist. Eine jede Contraction derselben wird nothwendig eine Lageveränderung der Axe der Retina, eime Verschiebung der letzteren zur Linse, zur Folge haben müssen, und diese Bewegungen haben mit denjenigen, die wir mit dem Begriffe der Accomodation verbinden, nichts gemein. Mögen wir nun den noch unbekannten Insertionspunkt der Augenmuskeln verlegen, wohin wir wollen, das Resultat wird immer blos für die Richtung der Verschiebung von Belang sein, aber die Art und Weise derselben nicht berühren. Eine Verschiebung der Retina in einer Ebene, welche senkrecht auf der Augenaxe steht, wird aber nothwendig zur Folge haben, dass andere Regionen der Aussenwelt auf dieselbe projicirt werden, und, wenn man einmal durchaus vergleichen will, eher in Parallele gestellt werden können mit den durch die äussern Augenmuskeln vermittelten Drehungen unserer eigenen Bulbi. — Die zuckenden Be- wegungen, die Leydig bei verstümmelten Thieren an dem Innern der Augen beobachtete, bleiben natürlich auch bei dieser veränderten Deutung derselben als Thatsachen unangefochten. Aus dem Bau und der Zahl der Stäbchen folgern wir eine grössere Schärfe des Sehver- mögens für das vordere Auge; aus der Grösse der respectiven Kugelabschnitte der beiden Retinae ein grösseres Sehfeld für das hintere. Dieser Vorzug kann für das vordere in gewisser Weise !) A. Brants, in: Frorieps Neuen Notizen etc. Vol. VI. 1838. pag. 294. 2) Das Werk von Blanchard: De l’organisation du regne animal, ist mir nicht zugänglich. ?) Arch. f. Anat. und Phys. 1855. pag. 440. 1. Abschnitt. Vom Stemma. AT compensirt werden durch die Muskeln, durch deren Action, bei feststehender Linse, die Retina nach einander verschiedene Theile des Sehfeldes percipiren kann. 3. Augen von Lyeosa. — Die bei uns in so zahlreichen Arten vorkommende Gattung Lycosa besitzt Augen, die wenigstens, was die vier rückenständigen anbelanet, an Grösse und Ausbildung diejenigen von Epeira weit übertreffen. Ich habe eine Reihe von leider meist nur kleineren Arten darauf untersucht, und, wie schon früher angeführt, die nahverwandte Gattung Dolomedes, bei allen aber den gleichen Bau getroffen. Bei den Lycosen sind die acht Augen bekanntlich so vertheilt, dass am Vorderrande des Cephalothorax vier kleine Augen in einer Querreihe stehen; in emiger Entfernung dahinter folgen zwei grössere, und ebenso in eimiger Distanz hinter diesen die beiden grössten. Die erstgenannten sind wegen ihrer Kleinheit sehr schwierig zu untersuchen, indessen gelinst es doch zuweilen, Schnitte durch sie und zugleich durch ein Auge des nächsthintern Paares zu führen, die, wie Fie. 22 Taf. III zeist, eine unmittelbare Vergleichung der beiden dimorphen Augen in bequemster Weise zulassen, wie bei Epeira. Der m genannter Figur dargestellte Schnitt ist ein Seitenstück zu Fig. 18 und die Buchstabenbezeichnung die gleiche; A ist das vordere, gegen das hintere (B) an Grösse weit zurückbleibende Auge. Die Zeichnung ist nach einem mit Haematoxylin gefärbten Präparate entworfen, um in Hinsicht auf Sicherheit und Zuverlässigkeit des Hauptmomentes, die relative Lage von Stäbchen und Kern in beiden Augen, em Uebriges zu thun. Linsen und Glaskörper sind ın beiden Augen wieder gleich gebaut, aber die Grössen- differenzen sind sehr ansehnlich. Characteristisch für die Linse ist die ungleiche Wölbung beider Oberflächen, was besonders stark am hintern Auge. zur Geltung kommt. Die imnere Wölbung bildet mehr als die Hälfte einer Kugel von einem Radius, welcher beträchtlich hinter dem zurück- bleibt, welcher zur vordern Wölbung gehört, und diese ist viel weniger als eine Halbkugel. Die Linse zeigt deshalb rings um die mnere Wölbung eine rinnenförmige, m der Ebene des Linsen- äquators verlaufende Vertiefung. Deutliche Schichtung, namentlich der inneren Partien, ist leicht zu erkennen. Die Hypodermis (Hp.) unter der in ihren äusseren Schichten stark tingirten Cutieula ist mit einem schwarzen Pigment, das selbst nach längerer Einwirkung der Salpetersäure nicht weicht, so fest imprägnirt, dass man von ihren Elementen nichts zu erkennen vermag. Besondere Pigment- zellen scheinen deswegen hier gar nicht entwickelt zu sein; unmittelbar da, wo die Hypodermis an der Basis des innern Vorsprungs der Linse aufhört, beginnen die Zellen des Glaskörpers (Gk., @%kf.). (Dieser ist, beiläufig bemerkt, nur im vordern Auge unverändert gezeichnet, das hintere hat durch das Schneiden eine, wenn auch nicht bedeutende, Zusammendrückung in der Richtung der Augenaxe erlitten, und dadurch sind auch namentlich die mittleren Zellen des Glaskörpers durch welliges Hin- und Herbiegen etwas verkürzt.) Die peripherisch gelegenen Zellen des Glas- körpers erreichen die Retina nicht, wie bei Epeira, sondern endigen mit ihren hintern Basen in der seitlichen Mantelfläche desselben, ganz analog dem bei den grossen Augen der Acilius-Larven beschriebenen Verhalten (Fig. 4), nur dass sie nie bogenförmig verlaufen. Die am weitesten von der Augenaxe abliegenden sind sehr kurz, die nächstinneren etwas länger, und so nehmen sie stetig an Grösse zu, bis sie endlich ihr Maximum, das durch den-Abstand zwischen Retina und hinterer Linsenwölbung bedingt ist, erreicht haben. Die Kerne liegen, wie überall, am Hinter- ende, das ausserdem mit Pigment erfüllt ist, und lassen sich leicht von der Retina an den Mantelflächen hinauf verfolgen, wo sie, entsprechend den Zellenkörpern, an Grösse abnehmen. Die Retina des vordern Auges (At.) schliesst sich im der allgemeinen Form und in der 48 I. Untersuchungen. Art der Ausbildung ihrer Elemente an die entsprechende bei Epeira an. Sie besteht aus lang- gestreckten Zellen, die zusammen eime kolbenförmige, hinten allmälig in den Sehnerven (N. op.) sich verschmälernde Masse bilden. Die Vertheilung der Kerne (K.) ıst in der Abbildung wieder- gegeben. Die Stäbchen (St.) habe ich wegen ihrer Kleinheit und ihres geringen Lichtbrechungs- vermögens einer nähern Prüfung nicht unterwerfen können; es ist mir aber mehrfach aufgefallen, dass sie nur auf die hintere Hälfte der Retina beschränkt zu sein schemen, und in dieser an Grösse derart verschieden sind, dass sie vom himtern Rande an gegen die Mitte hin an Grösse abnehmen, und etwas jenseits derselben gänzlich verschwinden. Ganz anders erscheint die Retina des hinteren Auges (Rt. Fig. 22, Fig. 23 Taf. ID). Sie bildet eine sehr ansehnliche Kugelschale, an deren hinten gewölbte Seite die Opticusfasern in 8—10 starke Bündel vertheilt herantreten; jeder dieser Stämme (N. 0p/.) ıst ungefähr von der Stärke des Optieus, der zur Retina des vorderen Auges tritt. Sie scheint bei der Betrachtung solcher Schnitte in drei Schichten von ungleicher Dicke und Beschaffenheit zu zerfallen, was aber natürlich nur wieder in einer analogen Differenzirung der sie bildenden Zellen wie bei Epeira den Grund hat. Dunkel und schwer zu studiren ist die vordere, dem Glaskörper genäherte Region, granu- lirt und längsgestreift die hintere, während in der hellen Mittelzone leicht die durchsichtigen, palissadenartig nebenemander stehenden Stäbchen erkannt werden. — Die Pigmentirung der Retina erstreckt sich bis an die Vorderenden der Stäbchen; diese sind aber selbst nicht allseitig von Pigment umhüllt, sondern in Reihen angeordnet, die durch Pigmentstreifen von emander ge- trennt werden (vgl. Fig. 23 872). — Es ist nicht leicht, über den Bau der Retina und die Beziehungen der anscheinend so verschiedenen Schichten derselben unter sich ms Klare zu kommen. Namentlich ist es schwierig, sich zu überzeugen, dass die an den Glaskörper angrenzende Lage nicht eine selbständige ist. Indessen ist es mir doch gelungen, Folgendes sicher zu stellen. Die Retinazellen, welche in ihrem Innern etwas vor der Mitte je eim Stäbchen emgeschlossen tragen, verlängern sich über dieses hinaus in einen allmälıg sich kolbig verdickenden Fortsatz, in welchem der Zellen- kern liegt. Diese Fortsätze verlaufen wenigstens an gehärteten Präparaten nicht gerade nach vorn, sondern sind sehr unregelmässig durch eimander gelagert und meist etwas zur Seite, gegen den freien Rand der Retina hin, gerichtet; bald sind sie rundlich, bald durch gegenseitigen Druck eckig geworden. Die meisten stossen an die hintere Begrenzungsfläche des Glaskörpes, während andere diese nicht erreichen, so dass die Kerne fast durch die ganze Dicke der anscheinend selbständigen Lage vertheilt sind, jedoch mit vorwiegender Concentration nach der vordern Be- erenzung zu. — Zur bessern Verdeutlichung habe ich m Fig. 23 Taf. III noch einen nicht entfärbten, stark mit Haematoxylin tingirten Schnitt, der seitlichen Partie der Retina entnommen, wieder- gegeben. ARt/. ist die mit Pigment erfüllte Retina, den hintern Theilen der Zellen, die nicht als solche erkannt werden können, entsprechend; auch von den Stäbchen, die von Pigmentscheiden in Reihen gruppirt und theilweise umhüllt werden (St7.), ist wenig wahrzunehmen. Aus jeder Pigmenthülle aber steigt ein solcher Kolben mit dem Kern (K7.) empor gegen den Glaskörper (GIZ) zu, dessen scharfe innere Abgrenzung hinter den Zellkernen keineswegs übertrieben dar- gestellt ist. Diese ganze Schicht ist in frischem Zustand vollkommen durchsichtig, und auch die Kerne besitzen das gleiche Liehtbrechungsvermögen wie ihre Umgebung, so dass sie dem Durchtritte des Lichtes durch Ablenkung ete. kein Hmderniss in den Weg legen. Die Stäbchen (S$t/.) sind regelmässige, gleichlange Cylinder von starker Lichtbrechung, vorn und hinten scharf und eben begrenzt, und die Enden derselben stehen mit grosser Regel- mässigkeit im gleichen Niveau. Sie halten emen gewissen Abstand von emander imne (wenigstens 1. Abschnitt. Vom Stemma. 49 in medialen Schnitten), der seitliche Ueberzug, der dem Zellenkörper angehört, ıst aber nur schwierig nachzuweisen. Mit grosser Deutlichkeit lässt sich an ihnen eine Längslinie erkennen, und Querschnitte, die nicht schwierig zu erhalten sind, zeigen, dass sie aus zwei Hälften bestehen. Die Stäbchenhälften erscheinen auf solchen Querschnitten von etwa nierenförmigem Umriss, mit der schwach concaven Seite dicht anemander gelagert; eine besondere Abbildung derselben habe ich nicht gegeben, weil die Uebereinstimmung mit den Stäbchen von Salticus, von denen ich eine Zeichnung beifüge, eime sehr grosse ist. Eine eigenthümliche Anordnung zeigen die Stäbchen des hintersten Augenpaares; sie mag auch dem eben besprochenen mittleren im Prineip zu Grunde liegen, ist aber nicht mehr so leicht herauszufinden, wie dort. Ich habe nach einem Flächenschnitt der Retina diese Vertheilung in Fig. 24 Taf. III skizzenhaft wiederzugeben versucht, dabei aber von der Darstellung der einzelnen Stäbehenquerschnitte, deren Aufeinanderfolge durch die hin- und herlaufende Linie angedeutet ist, abgesehen. Die Figur bedarf wohl keines erklärenden Commentares. Es macht durchaus den Ein- druck, als wenn die Stäbchen ursprünglich in einer einfachen Kreislinie entstanden wären, deren Peripherie sich nach und nach, bei der numerischen Zunahme der Elemente, vielfach gegen einen Durchmesser vorgebuchtet hätte, bis denn schliesslich daraus als Endresultat die vorliegende Ver- theilung hervorging. Zu bemerken wäre noch, dass die Stäbchen in der Reihe sich ganz innig berühren und kein Pigment sich zwischen sie eindrängt; dasselbe ıst auf den Raum zwischen den Schleifen beschränkt. Die Verbindung der Fasern des Opticus, oder besser der Optici, zu denen die Hinterenden der Retimazellen büschelweise convergiren, ist mir bei einer Reihe von Präparaten sehr klar und anschaulich entgegengetreten. Ich konnte ganz deutlich den allmälıgen Uebergang der hellen, scharfbegrenzten Faser in das allmälıg anschwellende und sich mit Körnchen füllende Zellenende wahrnehmen und nirgends eme scharfe Grenze zwischen beiden, oder ein sich einschiebendes neues histologisches Element auffinden. Was ich endlich bei Lycosa-Augen von Muskeln gesehen habe, ist in der Figur 22 (bei M.) durch Zeichnung wiedergegeben. Auch hier machen die paar Fasern nicht den Eindruck eines Sphincters. Wenn wir die Leistung der beiden Augenformen (ich darf hier wohl noch beifügen, dass auch das hinterste Paar den Bau des mittleren zeigt) nach den anatomischen Ergebnissen be- urtheilen wollen, so erschemen die vordern Randaugen sehr gering entwickelt gegenüber den beiden hintern Paaren, denen wir ebensowohl ein sehr grosses Gesichtsfeld, als, nach der grossen Zahl von Stäbchen zu schliessen, ein scharfes Unterscheidungsvermögen zuschreiben müssen. Die vorderen haben allerdings, wenn ich die Function der Muskeln anders richtig interpretire, eine gewisse Beweglichkeit für sich, die aber kaum zur Ausgleichung ausreichen dürfte. — Die, wie es allen Anschein hat, partielle Reduction der Retinastäbchen auf den hintern Theil der Netzhaut dürfte wohl insofern nicht sehr schwerwiegend sein, als die Gegenstände der Aussenwelt, deren Bild durch die Linse auf den Theil der Netzhaut geworfen werden würde, auf welchem keine Stäbchen nachgewiesen werden konnten, bei nicht allzu geringer Distanz auch in den Bereich des Gesichtsfeldes des nahe gelegenen grossen Auges fallen müssen; das kleine ‚beherrscht nur die mehr nach vorn und unten fallenden Theile der Umgebung. 4. Augen von Salticus. — Eimer noch viel weiter gehenden Entwickelung der Augen, verbunden mit entsprechender Ausprägung des Dimorphismus — fast könnte man sich versucht fühlen, von Polymorphismus zu sprechen — begegnen wir bei der artenreichen Gattung Salticus. Grenacher, Untersuchungen über das Sehorgan der Arthropoden. 7 50 I. Untersuchungen. Ich habe meine Untersuchungen darüber an einer leider nicht näher bestimmten Art, die ich ım Spätsommer und Herbst in den Weinbergen meiner Heimath (badisches Oberland) mir ziemlich reichlich verschaffen konnte, angestellt; keine der Beschreibungen, die ich später in dem bekannten Werke von Hahn und Koch nachsah, und noch weniger eine der bekanntlich herzlich mässigen Abbildungen dieser Autoren passte auf die Form. Ich halte diesen Uebelstand, das Fehlen der Artbestimmung, indessen für den hier in’s Auge zu fassenden Zweck für um so gleichgültiger, als mir ein zufällig in die Hände gefallenes Exemplar von S. scenicus ganz den gleichen Augen- bau zeigte, und also wohl kaum anzunehmen sein wird, jene Art verhielte sich abnorm gegen- über den andern. Die Vertheilung der Augen bei Salticus ist folgende. Am Stirnrand des Cephalothorax finden sich vier Augen, von denen das innere Paar das grösste ist (es sind vielleicht überhaupt die auch absolut grössten Augen bei Spinnen unseres Faunengebiets). Diese berühren sich in der Medianebene mit ihren weit vorspringenden Linsen. Die seitlichen Ecken des Vorderrandes des Cephalothorax werden von einem Paar Augen eingenommen, die, obschon hinter den mittleren um ein Beträchtliches zurückbleibend, doch noch sehr ansehnlich entwickelt sınd. In einiger Entfernung hinter ihnen liegt ein ferneres Paar, das ich aber wegen seiner Kleinheit nicht be- rücksichtigte; und endlich abermals in einer gewissen Distanz hinter diesem das letzte, das unge- fähr Linsen wie das vordere äussere Paar aufzuweisen hat. — Ich habe von diesen Augen die drei grösseren Paare eingehender untersucht, und nicht unbeträchtliche Unterschiede zwischen ihnen gefunden; ich werde hier mit dem zweiten Paare beginnen und daran die Schilderung des letzten, das in den gleichen Formenkreis gehört, anknüpfen, und zuletzt die medialen vorderen Hauptaugen besprechen. Einen Längsschnitt durch eines der vorderen eckständigen Augen des zweiten Paares stellt Fig. 25 Taf. III dar. Die Kerne des zu Grunde gelegten Präparates sind in der früher erwähnten Weise durch das sehr langsam, nur mit Spuren von Salpetersäure gelöste Pigment, dessen sich die Kerne bemächtigen, timgirt, wobei auch die übrigen Weichtheile einen leichten bräunlich- purpurnen Ton bekommen haben. Bei der schönen Linse (L.) entspricht die besonders stark vortretende innere Wölbung auch wieder einem kleineren Radıus, als der der äussern ist. — Der Glaskörper (@%.) bildet sich, wie beim entsprechenden hintern Auge von Lycosa (Fig. 22), aus den stark pigmentirten Zellen der Hypodermis (Hp.) hervor, anscheinend ohne Vermittlung besonders differenzirter Pigment- zellen. Sein Bau, namentlich das Verhalten seiner im Umfang gelegenen Zellen, ist der gleiche wie dort; es ist nur seine starke Entwickelung in der Richtung der Augenaxe, dagegen seine geringere Entfaltung der Dicke nach hervorzuheben, wodurch seine Gesammtform eine mehr conische wird. Der Mantel des Conus bis zur Retina ist mit reichlichem Pigment versehen, das in den Hinterenden der Glaskörperzellen um den Kern herum abgelagert ist; dieses ist durch Salpetersäure zerstörbar, gegen welche das der Hypodermis sich völlig unempfindlich erweist. — Die Kerne der Glaskörperzellen smd gross und äusserst deutlich, nach der Linse hin nehmen sie an Entwickelung ab. Besonders interessant ist nun die Retina (Rt), die, als Ganzes betrachtet, umgekehrt conisch, und mit der Spitze in den Sehnerv (N. op.) übergehend erschemt. Die dem Glaskörper zugewandte Fläche berührt anschemend diesen nicht unmittelbar, da die Wölbung des letzteren stärker ist, als die correspondirende Aushöhlung ihrer Vorderfläche, und so eme nach der Peri- pherie hin sich erweiternde spaltenförmige Lücke freibleibt, von welcher, resp. ihrer Ausfüllungs- masse, nachher noch die Rede sein wird. — Die Stäbchen ($t.) sind immer sehr deutlich, besonders 1. Abschnitt. Vom Stemma. 51 in ihrem vordern Theile, wo sie der Linse gegenüber scharf abgeschnitten sind; nach hinten hin wird es weit schwieriger zu sagen, wie weit sie reichen, weil sie allmälıg an Lichtbrechung ab- nehmen, und dafür die den Retinazellen angehörige Granulirung ebenso allmälig einsetzt. Ebenso schwierig ist der Uebergang der langgestreckten Retinazellen in die Fasern des Opticus zu be- stimmen. — Die Stäbchen sind sehr nahe an einander gerückt, namentlich in der der Augenaxe benachbarten Region, wo sie auch eine Länge erreichen, welche die der peripherischen um das Doppelte etwa übertrifft; die Dicke derselben ist aber nur ganz unbedeutenden Schwankungen unterworfen. Die durch eine feine Längslnie angedeutete Zusammensetzung aus zwei Hälften ist bei stärkern Vergrösserungen, als die der Zeichnung, nicht leicht zu übersehen. Lange habe ich mich vergeblich abgemüht, die Lage der zu den Retinazellen gehörenden, hier doch aller Wahrscheinlichkeit nach ebenfalls nicht fehlenden Kerne aufzufinden, und erst der Zufall führte mich auf die Spur, denn dort wo sie sich finden sie aufzusuchen, war mir durch meine frühern Erfahrungen noch nicht nahe gelegt. Sie haben nämlich folgende, ganz un- gewöhnliche Lage. In der Region, in welcher Glaskörper und Retina zusammenstossen, zieht rineförmis um das ganze Auge herum ein flacher breiter Wulst, der bei noch nicht entfärbten Präparaten sich durch eine besonders intensive Pigmentirung bemerklich macht. Nach geschehener Entfärbung erkennt man, dass derselbe unter der auch hier dem Auge zukommenden feinen Cutieula (ct.) gelegen ist, und fast ausschliesslich aus eimer Anhäufung ganz dicht aneinander- gedrängter Zellkerne besteht, die aber wegen der Blässe, die sie nach der Einwirkung der Salpetersäure annehmen, bei nicht speciell darauf gerichteter Aufmerksamkeit leicht übersehen oder doch unrichtig gedeutet werden können (K. Fie. 25). Aber man sieht auch bald, dass diese Kerne zur Retina in einer nähern Beziehung stehen, als ihre relative Lage zu derselben vermuthen lässt. Jener spaltenförmige Raum nämlich zwischen Glaskörper und Retina ist erfüllt von einer Unzahl äusserst feiner blasser Fäden (F. Fig. 25), die lockenartig gekräuselt im Ganzen einen centrifugalen Verlauf haben, und über deren Endpunkte bei genauer Untersuchung kein Zweifel mehr obwalten kann. Jeder dieser Fäden entspringt nämlich am Vorder- ende eines Stäbchens, tritt dann, etwa rechtwinkelig umbiegend, nach aussen, und endigt im Umfang des Auges an einem Kern. Dabei treten diese Fäden bald nach vorn (über den hintern Rand des Glaskörpers), bald nach hinten (über die peripherischen Retinatheile), soweit es eben die Breite der Kernzone erfordert; man kann ohne Schwierigkeit den Verlauf derselben bis in die äussersten Theile jenes Gürtels verfolgen. — Zwischen diesen feinen Fäden, soweit sie jene Spalte erfüllen, befinden sich ab und zu noch rundliche Lücken, auch ist hier und da (aber im Ganzen selten) ein Kern noch dazwischen nachweisbar, der, wie ich fast sagen möchte, nicht an den Ort seiner Bestimmung gelangte. — Die Kerne werden vermuthlich nicht mit Ihrer eigenen Substanz mit jenen Fäden zusammenhängen, aber sicher ist die Menge der allenfalls noch um sie vorhandenen Zellsubstanz eine minimale, die sich auch nicht direct nach- weisen lässt. Da aber die Kerne in eme so dichte Pismentmasse eingebettet sind, mir aber bei meinen Untersuchungen nie Kerne vorgekommen sind, welche selbst Pigment enthalten, so dürfte das letztere wohl in der geringen jene Kerne umhüllenden Menge Protoplasma ein- gelagert sein. Wie aus meiner Zeichnung ersichtlich, finden sich auch im Innern der Retina noch Zell- kerne. Diese haben aber sicher nichts mit den Retinazellen zu thun, denn für diese reicht ihre Zahl lange nicht aus, und ihre m baumartig verästelte Züge vertheilte Anordnung, die ganz ansehnliche Stücke der Retina unversorst lässt, weist auf ein der Retina als solche fremdes histologisches Element hin, wahrscheinlich auf das Auge versorgende Blutgefässe (Gf.® Fig. 25). Mies 52 I. Untersuchungen. u Diese Kerne erscheinen spindelförmig, während sonst überall die der in die Bildung des Auges selbst eingehenden Zellen kugelig oder höchstens etwas länglich sind. Ich möchte noch ausdrücklich hervorheben, dass ich keme Mühe gescheut habe, die Richtigkeit der hier gegebenen Schilderung über allen Zweifel zu erheben. Wenn wir uns nun fragen, ob wir überhaupt in dieser Augenform eine mit einer der beiden bei Epeira und Lycosa beschriebenen vergleichbare, oder eine specifisch von ihnen verschiedene vor uns haben, so kann die Antwort nur bejahend für erste Frage ausfallen, und die damit in Parallele zu stellende Form wird nur die mit vor den Stäbchen gelegenen Kernen der Retina- zellen sein können. Derselbe Theil der Retinazelle, welcher den Kern enthält, ist bei Epeira gerade vor dem Stäbchen gelegen; bei Lycosa dagegen schon kolbig ausgezogen, und meist etwas zur Seite gebogen, ohne aber zwischen Retina und Glaskörper herauszutreten; hier aber hat sich der vordere Zellentheil in einen langen dünnen Faden verschmächtigt, und an ihm hängt der gänzlich aus der Bahn der Lichtstrahlen hinausgerückte Kern, wie eine Beere an ihrem Stiel. Fig. 26 Taf. IV zeigt noch einen etwas schiefen Querschnitt durch ein Auge dieser Art vor der Entfärbung, um die Anordnung der Stäbchen auf Querschnitten zu zeigen ($f.). Da schon vorhm bei Lycosa von diesen Querschnitten die Rede war, so kann hier einfach auf die Figur selbst verwiesen werden. — Bei einer gewissen Einstellung traten m dem von Pigment umgebenen Rahmen des Schnittes, auf welchen die regelmässige Mosaik der Stäbchen sich nicht erstreckte, (es lagen nur einzelne, wohl durch das Schneiden selbst aus ihrem natürlichen Zusammenhang gerissene Stäbchenfragmente darin), feine radıär ausstrahlende Fäden auf; bei tieferer Einstellung kamen darunter grosse Maschen mit Zellkernen zum Vorschein. Darnach musste der Gedanke nahe liegen, dass der Schnitt etwa in der Ebene geführt worden sei, in der in Fig. 25 der Pfeil verläuft, die mit K. bezeichnete Pigmentzone demnach wohl die Kerne umschlösse. Dies verhielt sich in der That so, wie die nachträglich vorgenommene Entfärbung ergab. Die aus der Tiefe hervortretenden Zellen aber sind nur die von hinten gesehenen Endflächen der Glaskörperzellen nebst deren grossen Kernen. Das mit Py. Rt. bezeichnete Pigment gehört dagegen den hintern Theilen der Retinazellen an. Der eigenthümliche Bau dieses Auges wiederholt sich bei dem hintersten Paar sehen von der Gesammtform des Organs, die sich ziemlich enge an das grosse Auge von Lycosa anschliesst — so genau, dass es genügen wird, wenn ich auf die m Fig. 27 Taf. IV gegebene Zeichnung eines Schnittes durch eines derselben verweise. Auch hier wurde mit Sicherheit die Ueberzeugung gewonnen, dass nur die peripherischen Zellenkerne als zu den Retinazellen gehörig anzusehen abge- sind. — Die Stäbchen sind hier im Ganzen gleichmässiger entwickelt. Die sonderbarsten Augen bei Salticus, — und wohl überhaupt bei den Spinnen — sind die am Vorderrande des Cephalothorax befindlichen, dicht neben der Medianebene gelegenen, die ich oben als erstes Paar bezeichnet habe; und zwar verdanken sıe das Auffallende nicht nur ihren mächtigen Dimensionen im Verhältniss zu denen der andern Augen und zum ganzen Thier, sondern auch der abnormen Entwickelung ihrer einzelnen Componenten (Fig 28 Taf. IV.). Die mächtigen, halbkugelig hervortretenden Linsen (L. Fig. 28) können mit Leichtigkeit mit blossem Auge erkannt werden, selbst an kleineren Formen; dies wird besonders erleichtert durch einen eigenthümlichen, wenigstens der von mir untersuchten Art zukommenden, lebhaften grünlichen Perlmutterschiller, der wohl auf Rechnung der Linsenstructur zu stellen ist, und nicht innern Reflexionen zugeschrieben werden kann, weil er auch an isolirten Linsen, sowie an längere Zeit in Spiritus aufbewahrten Thieren sich noch erhält. — Wie aus der Abbildung erhellt, weichen die Weichtheile sehr bedeutend von der bisher mehr oder weniger herrschenden Kugelform ab. 1. Abschnitt. Vom Stemma. 53 Sie treten in Form eines langen eylindrischen Zapfens, der hinten durch die etwas angeschwollene Retina abgeschlossen wird, tief in das Innere des Cephalothorax ein. Die Länge des ganzen Auges bei Exem- plaren von 7—9 mın beträgt ca. 1—1,25 wm und darüber, also ungefähr '; der gesammten Körperlänge! Man wird Durchschnitte der Linse nicht immer genau so geformt finden, wie die Zeichnung ihn darstellt. Abweichungen von dieser Form smd mir zahlreich begeenet, aber ich kann sie nicht etwa einer Variabilität derselben zuschreiben, sondern eher einer geringern Dichtigkeit der Substanz der innern Wölbung, die hierbei allen m Frage kommt, und welche durch die zur Erhärtung dienenden Agentien in nicht immer sich gleichbleibender Weise der Schrumpfung unterliest. Für diese Deutung sprechen auch die oft recht unregelmässigen, kleinwelligen Con- touren, die man ab und zu trifft. Der schön gewölbten äussern Fläche entspricht eine kleine innere, die auf der Schnittfläche eines abgestutzten Kegels, umgeben von einer ringförmigen ver- tieften Delle gelesen ist. Von der ganzen innern Wölbung kann wohl nur dieser kleine centrale Theil zur wirklichen optischen Geltung kommen, da die ıhn rings umgebenden Partien durch ihre unregelmässige Oberflächenbeschaftenheit kaum Lichtstrahlen, die noch für den Sehact zu verwenden sind, durchtreten lassen. Die Schichtung der Linse ist meist eine äusserst deutliche und bis nach aussen hin nachweisbare. Die pigmentirte Hypodermis (Hp.) geht unter den seitlichen Rändern der Linse in be- trächtlich verlängerte Pigmentzellen (Pg.) über; letztere lassen sich entfärben, die erstere aber nicht. Gegen den ringsum vortretenden inneren Linsenrand hin werden diese Piementzellen wieder ziemlich kurz, und gehen dann über in die Zellen des Glaskörpers (@k.). Die sonderbare Formentwickelung des Auges ist auf den Glaskörper zurückzuführen, dessen Länge den Querdurchmesser etwa um das Doppelte übertrifft. Seine nur im Punkte der Durch- sichtiekeit übereinstimmenden Elemente sind, was ich nur an dieser Augenform kenne, in zwei hinsichtlich der Form sehr verschieden auftretende Gruppen zu sondern, von denen die erste zwar die Innenfläche der Linse berührt, aber nicht bis zur Retina reicht; die andre hingegen mit letzterer ın Contact steht, aber sich nicht bis zur Linse erstreckt. Die erste Form der Glas- körperzellen (G@k. Fig. 28) ist langgestreckt, und stösst mit dem Vorderende an die Linse, das Hinterende aber liegt in der Mantelfläche des Glaskörpers, wo es eimen Klumpen körnigen Pig- mentes, welches den Kern verdeckt, umschliesst. Die innersten, längsten Zellen lassen durch ihre Divergenz nach hinten einen conischen Hohlraum frei, der ausgefüllt wird von den Glaskörper- elementen der zweiten Form (@%#. Fig. 28), die auf Längs- wie auf Querschnitten den Eindruck eimes grosszelligen blasigen Pflanzenparenchyms machen. Ob sie einfach rundlich-blasige Zellen, oder vielfach durchemandergewundene Schläuche sind, dafür habe ich aus den Schnitten keine Anhaltspunkte gewinnen können. Auch sie betheiligen sich an der Bildung der äussern Mantel- tläche, und zwar an der des hintern Fünftels etwa, wohin die Zellen der ersten Art nicht reichen. Hier kann man deutlich Kerne, die auch stellenweise in den der Retina unmittelbar vorgelagerten Zellen zu bemerken sind, wahrnehmen; ferner ebensolche Pigmentballen, wie sie den andern Zellen zukommen. In einer noch zu besprechenden trichterförmigen Grube der Vorderfläche der Retma sind diese Zellen abgeplattet und aufeinandergeschichtet. Das Pigment fehlt natürlich vor der Retina. In der imnern Hauptmasse dieses Theils des Glaskörpers ist es mir nicht ge- lungen, Kerne ausfindig zu machen, selbst nicht vermittelst der sonst so zuverlässigen Tinctions- methoden; möglich, dass sie ursprünglich vorhanden, später aber völlig atrophirt sind. Auch die Structur der Retina (Rt.) zeigt wieder manches ganz Eigenthümliche. Bedauer- licherweise war es mir aber nicht möglich, mir über alle Einzelheiten derselben ein völlig klares und abgerundetes Bild zu verschaffen, trotz aller darauf verwandten Mühe. Wenn ich aber hier 54 I. Untersuchungen. Lücken zugestehe, so glaube ich doch auf der andern Seite hin nicht annehmen zu dürfen, dass ich wesentliche Irrthümer in dem begangen habe, was ich hier wiedergebe. Die Retina hat eme sehr ansehnliche Dicke, so dass sie als ein birnförmiger, nach hinten in den Optiens übergehender Anhang des Glaskörpers erscheint. Gegen diesen hin trägt sie eine ziemlich tiefe conische oder trichterförmige Grube, deren tiefste Stelle in der Augenaxe liegt und abgerundet endigt. Schnitte durch die Netzhaut zeigen drei anscheinend wieder selbständige Schichten; die vorderste ist durchsichtig und pigmentfrei, die mittlere enthält die von intensiv oefürbtem Pigment umgebenen Stäbchen, während in der hinteren, ebenfalls pigmentirten, eine Menge von Zellkernen auftreten. An diese Lage treten auch die Optieusfasern. Selbstverständlich sind alle diese Schichten nur als aus Differenzirung der einzelnen Zellen, die nur in einer Reihe vorhanden sind, hervorgegangen aufzufassen. Ueber das Verhalten der vordersten Schicht (F. Fig. 28) zu der Retina bin ich nicht völlig in’s Reine gekommen. Sie ist von ziemlich ansehnlicher Dicke, ausser im Centrum, wo die Concavität der Retina am tiefsten ist, ziemlich stark lichtbrechend (an erhärteten Präparaten) und fein radiär gestreift oder gestrichelt, als ob sie aus einer grossen Anzahl sehr feiner, der Länge nach leicht mit einander verschlungenen Fäden zusammengesetzt wäre. Die Stäbchen ($t.) liegen in einer nach vorn schwach concaven Fläche, die auch unter der trichterförmigen Vertiefung ohne Modification ihres Characters sich eontinwirlich hinzieht. Sie sind äusserst schwierig zu untersuchen, sowohl wegen ihrer Kleinheit, als auch wegen ihres ge- ringen Lichtbrechungsvermögens. Die randständigen sind etwas dicker als die centralen, etwa gerstenkornförmig; die in der Mitte gelegenen aber sind sehr dünn und zart, und verlängern sich sehr stark gegen den Öptieus hin. Ihre Länge ist aber wegen der undeutlichen Abgrenzung nach hinten nicht wohl genauer zu bestimmen. Dass sie wie die bisherigen zusammengesetzt sind, habe ich nicht sehen können, halte es aber für höchst wahrscheinlich. Die hintere Schicht wird aus den eigentlichen Zellenkörpern, zu denen die Stäbchen ge- hören, gebildet. Sie sind nach hinten hin divergirend, und ihre Feinheit richtet sich nach der- jenigen der Stäbchen. (Fig. 28.) Die Kerne der Zellen (K.) sind hinter den Stäbchen gelegen, zwischen diesen und den Opticusfasern; ich kann dies mit aller Bestimmtheit angeben, da der Nachweis derselben sowohl mit Hülfe des in Lösung übergeführten und von ihnen aufgenommenen Pigmentes, als auch durch Haematoxylinfärbung ein über jeden Einwand sicherer war. — Die peripherischen Zellen scheinen keine Stäbchen zu führen (Rt/.), sondern mit ihren vordern Enden direct in die erstgenannte durchsichtige Lage überzugehen. Ob nun von den diese Lage zusammensetzenden Fäden nur einer, oder, wie es mir wahrscheimlicher ist, ein ganzes Bündel zu je einer einzigen Zelle gehört, bin ich zu entscheiden ausser Stande. Sicher scheint mir blos, einmal, dass sie keine fremden, neuen Elemente, sondern directe Ausläufer der Retinazellen sind, und zweitens, dass in ihrem Bereich keine Zellenkerne vorkommen. Ueber den Optieus (N. op.) weiss ich wenig zu sagen. Er ist ziemlich ansehnlich, und seine Fasern, die sich mehrfach verflechten und kreuzen, treten becherförmig auseinander über die hintere Retinafläche hin, wo sie sich verlieren. — Auch hier findet sich die bekannte feine Cuticula (ct.). Dass das Auge bezüglich der Bildung seiner Retina-Elemente mit den vordern Augen von Epeira und Lycosa in eine Reihe gestellt werden muss, dafür brauche ich blos auf die vor- stehende Schilderung hinzuweisen. Wir haben in ihm eine dritte Form der Ausbildung, die dasselbe im Vergleich zu den andern Augen erreichen kann. Bei Epeira war diese Augenform 1. Abschnitt. Vom Stemma. 55 der andern ziemlich gleich in der Ausbildung und wohl auch in der Leistungsfähigkeit; bei Lycosa dagegen der andern sehr untergeordnet; hier aber ist ihre Entwickelung eine ganz exorbitante, was noch besonders auffällt, wenn ich hinzufüge, dass der Maassstab der Fig. 28 sich zu dem von Figg. 25 und 27 etwa verhält wie 2:3. Das Auge hat aber auch seine Muskeln, die den andern beiden Augen fehlen; ein fernerer Beleg für die obige Vergleichung. Ich habe sie m der Figur nicht gezeichnet; sie bilden einen aus ziemlich zahlreichen Fasern bestehenden Plexus, der, schräg zur Augenaxe gestellt, und von hinten nach vorn streichend, einem Theil der Mantelfläche des Auges dicht anliegt. Also auch hier ken Anhaltspunkt für die der Musculatur von Leydig vindicirte Rolle. Aus der Kleinheit der Retina und aus ihrem grossen Abstand von der Linse ergiebt sich ein sehr geringes Sehfeld für das Auge, während die Feinheit der Stäbchen namentlich in der Mitte auf ein scharfes Unterscheidungsvermögen schliessen lässt. Damit stimmt auch das Ge- bahren der Thiere überem, die ich sehr oft mit Vergnügen beobachtet habe, sowohl wenn sie ihre Beute zu erhaschen, als wenn sie der Verfolgung zu entrinnen suchten. Sie machen mit unglaublicher Behendigkeit immer Front gegen ihren Verfolger, indem sie sich „rückwärts con- centriren“, und springen dabei mit unfehlbarer Sicherheit von Blatt zu Blatt und von Ranke zu Ranke. Meine Erfahrungen über das Spinnenauge habe ich hier mitgetheilt; sie sind an nur wenigen Formen gewonnen worden, haben aber doch, wie ich glaube, manches Interessante und Eigenthümliche zu Tage gefördert. Bevor ich nun dazu übergehe, meine Befunde mit denen meiner Vorgänger auf diesem Gebiete, namentlich Leydig’s, zu vergleichen, gestatte man mir einige Bemerkungen. Es mag auffallen, dass ich in meiner Darstellung des Tapetum der Spinnenaugen mit keiner Silbe gedacht habe. Der Grund ist em einfacher. Zunächst ging meine Absicht keines- wegs dahin, Alles und Jedes, was am Spinnenauge (oder überhaupt bei den Augen des Arthro- podenkreises) vorkommt, in gleicher Weise zu berücksichtigen. Da nun das Tapetum als solches nichts bietet, was für das Verständniss des einfachen Auges und seiner Beziehungen zum zu- sammengesetzten von Belang wäre, so unterliess ich eine nähere Berücksichtigung desselben, be- sonders auch noch — und dies ist der zweite Grund — weil die Methode der Untersuchung dadurch eine ganz andere hätte werden müssen. Das Tapetum nämlich erhält sich nicht, wenn man Salpetersäure auf die Präparate einwirken lässt; es geht in kürzester Zeit, ohne eine Spur zu hinterlassen, zu Grunde, und an nicht entfärbten Augen sieht man nur irisirende Flecken oder Streifen, eingebettet in dem gleichmässig tiefschwarzen Grund. Neben dem Interesse, welches das Spinnenauge in Hinsicht seines Verhaltens zum einfachen Auge der Insecten erregen muss, verlangt der Dimorphismus der Retina auch sein Recht. Auf das erstere haben wir uns hier nicht näher einzulassen, und für den letztern werden ein paar Bemerkungen genügen. Wir müssen den Dimorphismus als eme gegebene Thatsache hinnehmen, und seine physio- logische Bedeutung als eine uns noch total unverständliche ganz auf sich beruhen lassen. Seine Entstehung, oder besser seine allmälige Weiterbildung aus gegebenen Anfängen in die jetzt vor- liegende Form können wir uns zur Noth so denken, dass die Stäbchenhälften hier ursprünglich oberflächliche Zellauflagerungen waren, wie sonst ganz allgemein, und dass diese allmälig in das Innere der Zelle emgeschlossen wurden. Welche Ursachen aber veranlassten, dass die allmälıg 56 I. Untersuchungen. nach innen rückenden Stäbchenhälften in dem einen Auge den Kern nach vorn, im andern aber nach hinten drängten, das zu erklären fehlen uns noch jegliche Mittel. Um endlich noch die Gegensätze, welche die von mir erhaltenen Resultate vor Allem gegenüber denen, welche Leydig seiner Zeit erhielt, zur Sprache zu bringen, mag das Folgende genügen. In Bezug auf die Bedeutung der beiden im Spinnenauge hinteremander liegenden Zellen- schichten (Glaskörper und Retina) schliesse ich mich, wie leicht ersichtlich, an J. Müller und Brants an, ohne jedoch die von letzterem gezogenen morphologischen Folgerungen unterschreiben zu können. Meine Opposition aber gegen die Darstellung Leydig’s bezieht sich fast auf alle hinter der Linse gelegenen Weichtheile, und ich muss, wm die Contraste hervorzuheben, näher auf jene eingehen. Nach Leydig sind die unmittelbar hinter der Linse gelegenen Elemente, seine „Gallert- kolben“, keine selbständigen, nach innen oder hinten hin abgeschlossenen Zellen, sondern sie sınd nur vordere differenzirte Abtheilungen der „Nervenstäbe“, in welche sie ohne scharfe Grenze übergehen; sie selbst sind kernlos, aber die Vermittelung mit dem „Nervenstab“ geschieht durch eine kernführende, ganglienkugelartige Zelle. Im von Pigment umschlossenen Theile des „Nerven- stabes“ treten jene eigenthümlichen, so teicht durch Quellung zerstörbaren Gebilde auf, die er auch ım Facettenauge wiederfindet; und darauf hin, und andererseits auf den vermeintlichen directen Uebergang des Krystallkegels in den Nervenstab gründet er denn auch seine morpho- logischen Folgerungen. Ausserdem beschreibt er noch im hintern Abschnitt des Spinnenauges ein Sehganglıon, das durch Aufnahme von zelligen und körnigen Elementen in die Ausbreitung des Nervus opticus zu Stande kommt, und mit dem des zusammengesetzten Auges verglichen wird. Ich habe hier die Hauptpunkte, denen ich auf Grund eigener eingehender Untersuchungen entgegentreten muss, kurz zusammengestellt — mit Ausnahme seiner schon oben erörterten Dar- stellung der Musceulatur des Spinnenauges und meiner dagegen erhobenen Einwendungen. Dass die Zellen des Glaskörpers wirkliche, unter sich und gegen die Retina hin scharf abgegrenzte Zellen sind, die ächte Kerne führen, wird wohl nach meinen Untersuchungen Niemand mehr be- zweifeln können. Ich möchte noch besonders auf die Figuren 25 und 27 hinweisen, wo schon durch die Einschiebung der Fadenlage ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Glaskörper und Retina ausgeschlossen ist. Die Function dieser Zellen muss aber dann nothwendig eine andere sein, als die von Leydig supponirte lichtempfindende; die zum „Glaskörper“ modifieirten Hypo- dermiszellen scheiden in erster Linie die Linse ab und erhalten, unter möglichst geringer Absorption des durch sie tretenden Lichtes, die Retina in der richtigen Focaldistanz. — Was Leydig als „ganglienkugelartige Zelle“ bezeichnet, dürfte bei Lycosa, die er als Unter- suchungsobject namhaft macht, wahrscheinlich der vor dem Stäbchen gelegene kolbenförmige und kernführende Theil der Retina sem; bei dem von ihm aber abgebildeten Auge von Salticus (Arch. f. Anat. 1855. Taf. XVI. Fig. 24; Histologie Fig. 135) gehören die Kerne sicher den Glas- körperzellen an. — Welches Auge von Saltiecus aber Leydig untersucht hat, ist aus seiner Zeichnung nicht zu entscheiden; sie passt auf keimes der drei Paare, die ich geprüft habe, und das winzige vierte Paar, das ich nicht beachtete, dürfte doch kaum zu der in alle Lehrbücher übergegangenen Figur Modell gestanden haben, um so weniger, als er ja selbst diese Gattung wegen ihrer grossen. Augen zu Voruntersuchungen empfiehlt. — Auch für die „Zellenschicht“ der Retina, das Homologon des Ganglion optieum des Facettenauges, muss ich behaupten, dass dem Auge selbst fremde Elemente dafür herangezogen wurden; ich habe nirgends innerhalb der Cuti- cula Andeutungen des Vorhandenseins einer solchen finden können. Dagegen lagern sich ausserhalb 1. Abschnitt. Vom Stemma. 57 derselben meist massenhaft Zellen an das Auge an, ohne aber zu demselben engere Beziehungen zu haben; vielleicht haben diese den Irrthum veranlasst. Dass ich damit nicht einem am andern, cerebralen Ende des Nervus opticus sich findenden Ganglion opticum die Existenz absprechen will, füge ich noch ausdrücklich bei, um Missverständnisse zu vermeiden. Damit können wir das Spinnenauge verlassen und uns einer nahe verwandten Form dieses Organs zuwenden. C. Einfache Augen einiger Insecten!). Von den bei ausgebildeten Insecten sich findenden einfachen Augen habe ich nur einige wenige untersucht, und will in diesem Abschnitte meine dabei gewonnenen Resultate mittheilen, die ebenfalls in einigen fundamentalen Beziehungen von den allgemein acceptirten Leydig’s sich entfernen. | Meine Aufgabe wird sein, zu zeigen, dass der morphologische Bau des Insectenstemma soweit die Untersuchungen reichen — derselbe ist wie der des Spinnenauges, oder, genauer aus- gedrückt, da wir hier ja zweierlei Formen kennen gelernt haben, wie der jener der beiden Augen- formen, bei welcher die Stäbchen vor dem Kerne der Retinazelle gelegen sind. Wir haben demnach im einfachen Auge der Hexapoden alle die dort vorkommenden Elemente wieder zu er- warten, und der ganze Unterschied besteht nur in der verschiedenen Ausbildung, welche besonders den Glaskörper betrifft, der wenigstens in den meisten Fällen weit hinter dem der Spinnenaugen zurückbleibt, und bisher eben wegen dieser geringen Entwickelung fast völlig übersehen, zum mindesten stark verkannt wurde. Es sind bekanntlich nur wenige Insectenformen, die auch als Imagines sich mit dieser Augenform allein behelfen müssen. Von diesen habe ich nur den Floh untersuchen können, und will mit ihm beginnen, weil er den besten Anschluss an die Spinnenaugen vermittelt. 1. Auge des Hundeflohes, Pulex canis. — Die Gruppe der Aphaniptera ist u. A. auch dadurch ausgezeichnet, dass bei ihren Angehörigen jederseits am Kopfe, wo sich bei den andern Insecten die zusammengesetzten Augen finden, nur ein einzelnes Stemma vorkommt. Das Auge ist wegen seiner Klemheit sehr schwer zu untersuchen, doch ist es mir geglückt, einige Schnitte zu erhalten, die wenigstens die Grundzüge seiner Architectur, wenn auch nicht die Einzelheiten, für den unmittelbar vorliegenden Zweck mit genügender Sicherheit bestimmen lassen. Ich habe einen solchen m Fig. 29 Taf. IV wiedergegeben; die Schnittfläche ist senkrecht zur Längsaxe des Thieres. Das Auge ist ringsum von eier dicken Chitmkapsel umschlossen, in welche nach vorn die Linse (L.) eimgesetzt erscheint, während nach innen nur eine relativ kleine Oeffnung zum Durchtritt des Sehnerven (N. op.) offen bleibt. Diese Kapsel (Ct?.) ıst von der Linse an äusserst intensiv schwarz tingirt und völlig undurchsichtig, so dass man, um Eimblick in das Innere der- selben zu erhalten, vorn und hinten Stücke davon abzuschneiden suchen muss; eine Entfärbung des Chitins ist nicht möglich, wenigstens nicht, ohne die eingeschlossenen Weichtheile völlig zu zerstören. Die Kapsel ist etwa birnförmig, mit der Spitze nach innen und unten gerichtet. 1) Ueber die Verhältnisse der Lage und der Zahl derselben vgl. bes.: Klug, Ueber das Verhalten der ein- fachen Stim- und Scheitelaugen etc. Abh. Berl. Akad. — Physik. Cl. für d. Jahr 1331 (1832) pag. 301. Grenacher, Untersuchungen über das Sehorgan der Arthropoden. 8 I. Untersuchungen. or [0.0] Die aus der allgemeinen Cutieula (Cf.) hervorgegangene Linse ist mässig und auf beiden Seiten gleich gewölbt; von Schichtung ist nur sehr schwer etwas wahrzunehmen. Der vordere Rand der Chitinkapsel um das Auge inserirt sich in einiger Entfernung von ihrem Umfang an der Cuticula, setzt sich aber bis zum Aequator der Linse hin fort, und ersetzt so das fehlende vordere Pigment (vel. Fig. 29). Was ich von der Beschaffenheit der Weichtheile zu erkennen vermochte, ist m der Ab- bildung niedergelest. An die imnere Linsenfläche stösst eime Schicht von ansehnlicher Dicke, mit sehr ausgeprägter radıärer Streifung, und scharfer Abgrenzung nach hinten gegen eine zweite Schicht hin. Erstere ist der Glaskörper (G%.), letztere die Retina (Rt.), die sich in den Nervus optieus fortsetzt. An dem Präparat, nach welchem die Zeichnung entworfen wurde, gelang es mir nicht, Kerne in dem Glaskörper aufzufinden und so seme Bedeutung absolut festzustellen ; wohl aber habe ich an einem andern, sonst nicht so übersichtlichen, nach Anwendurg von Haematoxylin-Färbung längs der hintern Grenzlinie der Schicht eme deutliche Kernreihe nach- zuweisen vermocht, genau also analog dem Verhalten im Spinnenauge. Von der Retina kann ich nur wenig mittheilen. Sie umfasst in Gestalt einer Kugelschale den Glaskörper; der dem letzteren anliegende Rand erschien m meimen Präparaten gezähnelt und stärker lichtbrechend, auch stärker granulirt als der hintere Theil, der vom Opticus ausgehende leichte Strichelung als Andeutung der Ausbreitung der Fasern desselben zeigte. Die abgerundet prismatisch vorspringenden Zähne sind wohl als einzige Spur der Anwesenheit von Zellen, die wohl auch Cutieularschichten als Stäbchen produciren, aufzufassen. Auch in der Retina finden sich, wie mich das oben erwähnte Haematoxylinpräparat belehrte, zahlreiche Kerne, die etwa ın einem der vordern Kernreihe concentrischen Bogen angeordnet sind. Auffallend ist mir der Mangel an Pigment in der Retina gewesen. Ich habe die Thiere in Alcohol sowohl, wie m dem Platinchlorid-Chromsäure-Gemenge gehärtet und nach meinen sonstigen Erfahrungen zerstört, wenigstens bei Insecten, keine dieser Flüssigkeiten das Pigment. Ich glaube deshalb, dass es den Augen der Flöhe überhaupt fehlt, und dass dieser Mangel einiger- maassen durch die tingirte Augenkapsel ausgeglichen wird. 2. Stemma von Musca vomitoria. — Leichter zu behandeln als die Augen der Flöhe sind die der Fliegen, von denen ich ein Stemma der blauen Schmeissfliege in Fig. 30 Taf. V im Durchschnitte abgebildet habe. An der stark biconvexen, gleichgewölbten Linse ist selbst bei stärkeren Vergrösserungen von Blätterstructur nichts zu erkennen. Die Ebene des Aequators derselben ıst um einen ge- wissen Winkel geneigt gegen die der umgebenden Cuticula, aus der sie hervorgeht; dem entsprechend steht auch die Augenaxe schräg zur letzteren, wenn auch nicht m dem Maasse, wie die Figur es zeigt, da der Schnitt etwas durch das Messer verschoben war; die richtige Lage der Augen- axe würde hier in die Verlängerung der Axe der Linse fallen. Die Hypodermis (Hp.) zeigt nur sparsame Kerne, und Zellgrenzen sind kaum nachzuweisen ; sie erscheint schärfer von den in die Bildung des Auges eingehenden Elementen abgesetzt, trotz- dem diese doch auch nur aus ihr sich hervorbilden. An entfärbten Präparaten lassen sich die Pigmentzellen, welche einen Ring um die des Glaskörpers bilden, kaum mehr von letzterem trennen. Die Glaskörperzellen zeigen schon eme relativ geringere Ausbildung (G%.), als beim Floh, bilden aber doch noch eine deutliche Lage durchsichtiger, prismatischer Zellen mit end- ständigem Kerne. Die mehr als halbkugelig gewölbte Retina (Rt.) besteht aus lang ausgezogenen, unter sich 1. Abschnitt. Vom Stemma. j 59 parallelen Zellen, die in der Mitte länger sind als in der Peripherie. Jede trägt an ihrem vordern Ende em Stäbchen ($t.) von etwas stärkerem Lichtbrechungsvermögen, das vorn abgerundet, und nach hinten scharf abgeschnitten erscheint. Die mittleren Stäbchen übertreffen ebenfalls die peripherischen um ein Ansehnliches. Die Zellenkörper sind nach hinten stark pigmentirt und enthalten vor der scharf hervortretenden Uebergangsstelle in die Opticusfasern je einen deutlichen Kern. Der Öpticus (N. op.) ist ein ansehnlicher, aus ziemlich blassen Fasern gebildeter Strang, der aus einer körnigen, gangliösen Masse (@. op.), aus welcher auch die Optici der beiden andern Stemmata entspringen, herantritt, und von der gleichen feinen Cuticula wie das Auge umhüllt wird (ct.). Ich bedaure, nähere Auskunft weder darüber, ob die Stäbchen dem vordern Ende der Retinazellen auf- oder eingelagert sind, geben zu können, noch auch, ob sie einfach sind oder wie die Stäbchen des Spinnenauges zweihälftige Zusammensetzung haben. Die in der Figur um das Auge herum gezeichneten Zellen (F7%.) gehören zum Fettkörper ; dazwischen verläuft ein Ast einer Trachee (Tr.). 3. Stemmata von Vespa communis und von Crabro eribrarius. Die beiden ge- nannten Hymenopteren sind die einzigen dieser Ordnung, deren Stemmata ich einer nähern Prüfung unterwarf, und wegen ihrer Uebereimstimmung will ich sie hier gemeinsam besprechen. Die Linsen (L. Fig. 31, 34 Taf.V) sind ungemein dick, und ihre innere Hälfte, die von der äussern durch eine bei Vespa (Fig. 31) breite aber seichte, bei Crabro (Fig. 34) schmale aber tiefe Ringfurche abgesetzt ist, springt sehr bedeutend über die innere Grenzfläche der Cutieula (Ct.) gegen die Retina hin vor. Die Schichten der Linse sind von aussen nach innen allmälig an Härte und Consistenz abnehmend, wie sowohl ihr Aussehen nach der Härtung, als ihr Ver- halten beim Schneiden beweisen. Die innern Theile nämlich zeigen nach der Einwirkung von Aleohol oder sonstigen Härtungsmitteln Erscheinungen, die sich nur durch Gerinnung und da- durch entstandene Volumsveränderungen erklären lassen. Bei Vespa treten in den innern Lagen gewöhnlich grössere oder klemere, spaltenartige Höhlen auf, oft von sehr unregelmässiger Gestalt, aber im Ganzen meist der Schichtung entsprechend verlaufend. Bei Crabro aber gewährt die innerste Schale der Linse (Fig. 34 L/.) fast das Aussehen von hyalinem Knorpel bei sehr schwacher Vergrösserung, weil die Lücken ganz unregelmässig gestaltet und vertheilt sind. Bei beiden sind die äussern Theile der Linsen klar und fest. Die Hypodermis (Hp.) unter der sehr dicken, schwarzen und spröden Cutieula ist sehr dünn und nur mit sparsamen Kernen versehen. Die am Linsenumfang aus ihr hervorgehenden Pigmentzellen (Pg.) sind langgestreckte Prismen, die sich noch eine Strecke weit über die Seiten- ränder der Retina hmüberziehen. Eine auffallend geringe Entwickelung erreicht der Glaskörper (@%.), und es ist sehr leicht, ihn völlig zu übersehen, wenn man nicht durch die Erfahrung an andern Augen geleitet speciell darauf seine Aufmerksamkeit hinlenkt; dies ist um so nothwendiger, als die Elemente desselben — in allen Flüssigkeiten wenigstens, die ich benutzte (Weingeist-, Oxalsäure, Kleinenberg’sche Pikrinsäurelösung) —, sich nur sehr mässig conserviren. Ich musste deshalb in der Zeichnung des Wespenauges Fig. 31 den Glaskörper auch etwas schematisiren, denn ich habe ihn auf Schnitten nicht so deutlich, wie ich ihn gezeichnet habe, gesehen, namentlich nicht bei so schwachen Ver- grösserungen. Die Zellen werden ausserordentlich unscheinbar, ganz krümelig; ihre Contouren sind nur auf Flächenansichten, und ihre Kerne fast gar nicht ohne Tinetion zu erkennen. Um aber sicher zu gehen, habe ich letztere Methode bei Crabro angewandt, und zeichne das Präparat 8g* 60 I. Untersuchungen. wie es sich darbietet. Während bei Vespa die Zellen des Glaskörpers aus der Flächenansicht reconstruirt wiedergegeben wurden, liessen sie sich bei Crabro deutlich als eine epithelartige dünne Lage, die der von der Linse losgetrennten Retina anhaften geblieben war, erkennen, ganz besonders leicht aber ihre dichtstehenden kleinen, intensiv gefärbten Kerne. — Die so ge- ringe Entwickelung des Glaskörpers scheimt in Correlation zu stehen mit der starken Entwickelung der von ihm ausgeschiedenen Linse; man könnte denken, die Substanz seiner Zellen sei fast ganz bei dem Aufbau der letzteren verbraucht worden. Die Retina (Rt. Fig. 31, 34) bildet, wenn man von der sie überziehenden Ausbreitung des Sehnerven (N. op.) absieht, eine überall ziemlich gleichdicke, der innern Linsenoberfläche bis an die äquatoriale Furche anliegende Schale. Sie besteht aus gestreckten, prismatischen, dicht an einander gelagerten Zellen, deren Kerne, wie besonders deutlich in Fig. 34 zu ersehen, in der mnern Hälfte gelegen sind. Ihre der Linse zugewandten Enden sind abgerundet (vgl. Fig. 32 Taf. V) und mit einer eigenthümlichen Stäbchenbildung im Innern versehen (St. Fig. 32, 33), die ich besonders bei Vespa näher untersucht habe. Soviel ich aber bei Crabro, wo die Bedingungen weniger günstig waren, gesehen habe, sind sie hier von gleichem Bau. Jedes Stäbchen besteht aus zwei dünnen, stark lichtbrechenden Platten, die aneinander- gelagert in das vordere Viertel der Zelle etwa eimgesenkt sind. Ihre Breite entspricht der Stäbchendicke, so dass ihre Ränder, wie man auf Querschnitten (St. Fig. 33 Taf. V) sieht, jederseits an die Oberfläche treten. In Längsansichten kann man sie blos erkennen, wenn man auf ihre Kanten sieht (Fig. 32 a.), in Ansichten auf ihre Fläche decken sich ıhre Contouren mit denen der Zellen (Fig. 32 d.). — Wie tief sie m das Innere des Zellenkörpers hineinragen, konnte ich mit Sicherheit nicht bestimmen, denn nach hinten werden sie weniger lichtbrechend, und gleichzeitig nimmt die Trübung des Zellenleibes, als Ueberrest des durch die Salpetersäure zerstörten körnigen Pig- mentes, stark zu. Die hier von mir gegebene Darstellung der Stäbchen stimmt nicht ganz überem mit der- jenigen, die in neuerer Zeit Leydigl) vom Bau derselben bei der Honigbiene gegeben hat, und ich bezweifle, ob die Differenz allein in der Verschiedenheit des Materiales sich begründen lässt. Leydig hat frisches Material benutzt, und darnach sind die Retinazellen (seme „Gallertkolben“) vorn stark lichtbrechend; was nach meinen Untersuchungen eigentliche Stäbchensubstanz , ge- sondert von der der Zelle ist, trennt er nicht von ihr, und im den stark lichtbrechenden Längs- linien, in denen ich die zweı Lamellen des Stäbchens erblicke, erkennt er nur Kanten. — Dafür hat er die Querstreifung dieser Gebilde beobachtet, die sich an gehärteten Augen nicht erhält. Das Verhalten des Opticus zur Retina zeigen die Figuren 31 und 34, auf welche ver- wiesen werden kann. Die feine Cuticula, welche Auge und Nerv einschliesst, ist nur ın letzterer Figur gezeichnet, zugleich mit den Kernen, welche zu ihr gehören. 4. Stemma von Phryganea grandis. — Das Stemma von Phryganea grandis habe ich in mehr als einer Beziehung recht wesentlich von den bisherigen sich entfernend gefunden, ‚bin aber, da ich nur Weingeistexemplare zur Disposition hatte, nicht m der Lage zu entscheiden, ob alle die hier aufgezählten Differenzen bei näherer Prüfung unter verschiedenen Methoden sich als beständige erweisen, oder nur der hier zur Anwendung gekommenen zur Last zu schreiben sind. Die grosse biconvexe Linse (Fig. 35, L. Taf. V) steht mit ihrer Aequatorialebene beinahe rechtwinklig auf der Cuticula des Scheitels, so dass das Auge mansardenartig hervorragt. Ihre !) Leydig, Auge der Gliederthiere etc. pag. 34; Taf. z. vergl. Anatomie IX, Fig. 3, 4. 1. Abschnitt. Vom Stemma. 61 Wölbung ist schön und ebenmässig, wenn auch nicht sehr bedeutend; die Schichtung deutlich und regelmässig. Der Glaskörper hat denselben Bau, wie bei den eben beschriebenen Augen, d. h. er überzieht als eine dünne, anscheinend epitheliale Bedeckung, aus klemen, flachen, deutlich ge- kernten Zellen bestehend (@%. Fig. 35), die innere Linsenoberfläche. Hervorzuheben aber ist das eigenthümliche Verhalten am Umfang der Linse, wo die Zellen ohne Interpolation von Pig- mentzellen ganz direct in die gewöhnlichen Elemente der Hypodermis sich fortsetzen. Dicht am Linsenrand sind die Zellen der Hypodermis noch schmal, so dass die Kerne dicht neben einander gerückt erscheinen; in grösserer Entfernung aber werden letztere viel sparsamer. Um das epitheliale Verhalten des Glaskörpers recht deutlich zu zeigen, habe ich aus den Schnitten, die ich habe, einen mehr vom Rande gewählt, und mit Haematoxylın gefärbt; er ist instructiver, als ein genau durch die Mitte geführter, weil man den Glaskörper von der Fläche, und zugleich (am untern Rande) im Profil übersieht. Auch die Retina (Rf.) entbehrt des Pigmentes vollständig. Ich glaube dies auch schon deshalb annehmen zu dürfen, weil die von mir ebenfalls untersuchten und später zu besprechenden zusammengesetzten Augen starkes Pigment völlig unalterirt aufwiesen, und kein Grund vorliegt zu der Annahme, die Nebenaugen besässen ein in Weingeist zerstörbares Pigment, die Haupt- augen dagegen ein resistentes. Die Anordnung der Retinazellen, wie auch ıhr Bau, stimmt auch nicht mit dem bisher Bekannten überein. Sie bilden ein nach vorn, gegen die Linse zu, diver- girendes Büschel nach vorn kolbenförmiger Zellen; ganz dicht vor dem Vorderende, im dieksten Theile der Zelle, befindet sich der grosse kugelige Kern. Stäbchen habe ich an ihnen vergeblich gesucht, und da mir bisher kein Beispiel bekannt geworden, dass die Stäbchen lediglich unter dem Einfluss des Weingeistes spurlos verschwinden, auch durch die Pigmentlosigkeit des Auges die Emwirkung von Salpetersäure, die ja oft störend genug ist, überflüssig gemacht wurde, so glaube ich, dass sie von Hause aus fehlen. Selbstver- ständlich muss immer die Möglichkeit offen gehalten werden, dass meine an andern Objecten gewonnenen Erfahrungen trotz aller Uebereinstimmung unter sich keine Folgerung für dieses specielle Object zulassen. Der Nervus opticus (N. op.) tritt als starker, blasser Strang, in dem dicht hinter der Retina an einer bestimmten Stelle eine starke Anhäufung von Kernen sich findet, an diese heran; er entspringt aus einer granulirten, ganglionartigen Masse (G. op.) und hat nur einen kurzen Verlauf. Wenn die hier gegebene Darstellung auch bei Untersuchung auf andern Wegen sich als eine zutreffende erweisen sollte, so können wir dem Auge kaum eine besonders hoch entwickelte physiologische Leistung zuschreiben, ja, es wird überhaupt mit Fug und Recht zu bezweifeln sein, ob dasselbe, bei dem Mangel von Stäbchen besonders, dann auch von Pigment, noch als functions- fähig zu bezeichnen ist, und nicht etwa blos die Rolle eines rudimentären spielt. Indessen ist zur Zeit eine definitive Entscheidung darüber noch unzulässig. Meine eigenen Erfahrungen über das einfache Insectenauge sind damit abgeschlossen. Sie sind, verglichen mit dem grossen nicht berücksichtisten Materiale, nur dürftig zu nennen, und es lässt sich hier wohl die gleiche Prognose wie oben für das Spinnenauge stellen, nämlich, dass eingehendere Studien voraussichtlich noch manches Eigenartige zu Tage fördern dürften. Die vorgeführten Thatsachen bedürfen keines besondern Commentares, um meine diesem Abschnitte vorausgeschickte Behauptung, das Stemma der Insecten-Imagines schliesse sich ganz 02 I. Untersuchungen. unmittelbar an das Spinnenauge an, zu rechtfertigen. Ich kann deshalb gleich zu der Ver- gleichung meiner Darstellung mit der meines Vorgängers, Leydıg, übergehen; die älteren, in der Literatur zerstreuten Angaben über diesen Gegenstand haben zu den meinen zu wenig Be- ziehung, um sie zu berücksichtigen, und sind ausserdem in den Leydig’schen Schriften schon genügend besprochen. In der Anerkennung der morphologischen Identität des Spimnen- und einfachen Insecten- auges stimme ich, wie gesagt, mit Leydig überein, wogegen sich in der Feststellung der mor- phologischen wie der functionellen Dignität der Elemente des Insectenstemma Differenzen heraus- stellen, die sich schwer vereinigen lassen. Leydig findet im Insectenstemma dieselben „Gallertkolben“, wie im Spinnenauge, und deutet sie natürlich in derselben Weise. In seimer ersten Arbeit (Arch. ete. 1855. Taf. XVI Fig 28 [e.]) zeichnet er sie von der Hornisse; später (Tafeln ete. IX Fig. 3, 4) mit besonderer Eleganz von der Biene. Ich habe nun schon oben beim Spinnenauge gezeigt, dass Leydig bei diesem, durch Uebersehen der bestehenden scharfen Abtrennungslinien, aus zwei Zellen verschiedener Schichten, des Glaskörpers und der Retina, eme vermeintliche Einheit gemacht hat. Diesen Fehler hat er hier, beim einfachen Insectenauge, vermieden; was er hier als „Gallertkolben“ bezeichnet, ist nur das Retinaelement mit dem zugehörigen Stäbchen. Die Zellenlage des Glaskörpers hat er zwar nicht ganz übersehen, wohl aber verkannt. Er spricht nämlich!) von einer die Weichtheile des Auges umhüllenden Membran (die er irrthümlich auch sich über die Vorderfläche der Retina hinüberschlagen lässt) bei der Biene und Hornisse, und zeichnet Kerne darin; nach der Fig. 4 (l. ce.) können diese Kerne (bei c.) nur den Zellen des Glaskörpers angehören. Auch die von der Maulwurfsgrille mitgetheilte Beobachtung des Vorkommens „einer gewissen zelligen Zeichnung oder Seulptur“ auf der Innenfläche der Linse?) glaube ich m diesem Sinne deuten zu müssen. Die „Gallertkolben“ hier smd demnach keineswegs dieselben Gebilde, wie die des Spinnen- auges, sondern rubriciren unmittelbar neben den Retinaelementen des letzteren nach meiner Auffassung. Von sonstigen, für unsern Zweck untergeordneten Differenzen mag hier noch erwähnt sein, dass Leydig auch bei dieser Augenform em dicht hinter dem Auge gelegenes Ganglıon opticum annımmt und 1. c. Fig. 3, f. von der Biene abbildet, von dem ich aber nichts habe er- kennen können. D. Einfache Augen einiger Copepoden. Die Beobachtungen über einfache Augen einiger Gattungen der so formenreichen Ordnung der Copepoden, welche ich hier mittheilen will, stehen in einem so lockeren Zusammenhang mit den Hauptgesichtspunkten der ganzen vorliegenden Arbeit, dass ich fast Bedenken trage, sie hier zur Sprache zu bringen. Es sind nur fragmentarische Bruchstücke, deren Ergänzung für mich allerdings weit hinausgeschoben erscheinen muss, und die nicht eimmal hinreichen, ein Urtheil über die gerade hier in’s Umabsehbare gesteigerten Variationen des Sehorgans und deren un- zweifelhaft vorhandene gesetzmässige Verknüpfung unter sich zu bilden. Mit dem Verzicht auf die Verwendung dieser Beobachtungen als triftige Argumente für das ganze Ziel der Arbeit soll !) Auge der Gliederthiere. pag. 33. *) Daselbst. pag. 36. 1. Abschnitt. Vom Stemma. 63 aber keineswegs auch gesagt sein, dass ich sie als werthlos ansehe. Ich möchte mm Gegentheil durch diese Notizen Andere auf ein sicher noch viele Früchte tragendes Feld aufmerksam machen, das trotz reichlicher Beobachtungen gerade für morphologische Studien über das Sehorgan noch mehr als eine blosse Aehrenlese in Aussicht stellt. Eine Uebersicht des Formenkreises, innerhalb dessen sich die Sehorgane der Copepoden bewegen, geben die zahlreichen Arbeiten von C. Claus, besonders dessen fast durchweg auf eigenen Beobachtungen fussende, eine reiche Fundgrube bildende Hauptarbeit!). Von den dort besprochenen zahlreichen Augenformen, vom einfachen x-förmigen Pigmentfleck an bis zu den sonderhar complieirten Augen der Corycaeiden z. B. ist ein weiter Schritt; es schalten sich eine Anzahl ‘von merkwürdigen, anscheinend ganz willkürlich gestalteten, und nicht in eine Reihe zu bringenden Organen dieser Art em, deren gesetzliche Beziehungen zu eimander bis jetzt noch sehr unklar sind. Man wird deshalb aus meinen nachstehenden Mittheilungen, die sich gerade auf die beiden Extreme dieser Reihe beziehen, auch keine Aufklärung in diesem Sinne erwarten dürfen; wohl aber dürften sie ausreichen, um zu zeigen, wie gering unsere Kenntnisse noch immer sind. Meine Untersuchungen beschränken sich auf die Gattungen Calanella, als Repräsentant der Copepoden mit x-förmigem Pigmentfleck, und die Corycaeiden-Genera Sapphirina (fulgens u. a.), Corycaeus spec., Copilia (dentieulata) als extreme Gruppe, die ich in Neapel studirte. 1. Auge von Calanella mediterranea. — Das Auge dieses schönen, durch seine Grösse, Durchsichtigkeit und namentlich beim Weibchen auch durch seine Elesanz ausgezeichneten Copepoden ist, wie schon bemerkt, in die Reihe der einfachsten Formen des Sehorgans dieser Ordnung eingefügt worden, und diese Einfachheit findet ihren Ausdruck in der fast lakonischen Kürze der Beschreibung, die man dafür bereit hält. Ein x-förmiger Pigmentfleck, mit licht- brechenden Kugeln m den becherförmigen Seitenhälften des Fleckes, allenfalls noch mit einer dritten, unpaaren Kugel von wechselnder Lage; das Ganze mit dem centralen Nervensystem ent- weder durch direete Auflagerung, oder durch einen Sehnerv verbunden: damit dürfte wohl unsere ganze thatsächliche Kenntniss im Wesentlichen zusammengefasst sein, uud nur noch erwähnt werden, dass man vielfach in jenen durch ihre Liehtbrechung ausgezeichneten Kugeln Homologa der Krystallkegel des Facettenauges erkennen wollte. Indessen ist der Bau dieses Auges damit doch noch keineswegs erschöpft. Sicher ist das vorläufig blos für die uns hier beschäftigende Gattung Calanella, und auch an einem andern, leider nicht näher bestimmten Copepoden habe ich ganz den hier sich findenden analoge Verhältnisse des Baues — wenigstens in den allgemeineren Umrissen — gesehen, ohne sie aber specieller verfolgen zu können. Wenn nun auch noch immer weitergehende Generalisationen darauf nicht zu gründen sind, so dürfte doch wohl eine nähere Prüfung auf die hier in Betracht kommenden Beziehungen hin sicher der Gattung Calanella noch manche andere anreihen. Das Stirnauge von Calanella gehört zu den vom Gehirn entfernt liegenden und mit ihm durch einen deutlichen Nervus opticus verbundenen. Ueber sein Aussehen in frischem Zu- stande giebt die Abbildung von Claus (l. ec. Taf. VII. Fig. 9) eine genügende Vorstellung?), und !) C. Claus, Die freilebenden Copepoden. Leipzig 1863. 4. (besonders pag. 44 u. fl.) . ”) Weniger zutreffend ist die Zeichnung, welche Leuckart (Arch. f. Natgesch. 1859. Taf. VI Fig. 12) von dem Auge seines Calanus erythrochilus u. sp. giebt, der nach Claus (Copepodenfauna von Nizza. 1866. pag. 9) wahrscheinlich zu Calanella mediterranea, sicher aber in die Gattung selbst gehört. 64 I. Untersuchungen. selbst beträchtlich stärkere Vergrösserungen, als die, nach der jene Figur gezeichnet ist, lassen kaum mehr erkennen. Claus zeichnet auch die am Gehirn doppelt entspringenden, sich vor dem Auge zu einem einzigen Strang vereinigenden Sehnerven, von denen sich über das Auge hin ziehende Stirnnerven abzweigen, so correct, dass mir nichts hinzuzufügen bleibt. Ganz anders aber sieht ein solches Auge aus, wenn man es der Einwirkung passender Reagentien unterwirft, und dann gewinnt man eine wesentlich andere Vorstellung von seinem Bau. Ich habe besonders Osmiumsäure (in Dampfform) angewandt, ferner auch sehr viel die namentlich für pelagische Thiere so vorzügliche Kleinenberg’sche Pikrinsäure-Mischung; auch beide in der Art mit einander combimirt, dass die mit ersterer behandelten Thiere nachträglich noch m letztere geworfen wurden. Nach so erhaltenen, durch Isolation der Augen gewonnenen Präparaten wurden meine Zeichnungen (Fig. 36 Taf. V; Fie. 37, 38 Taf. V]) entworfen. Die Kleinenberg’sche Lösung hat dabei noch das Angenehme, dass sie, wenn allein angewandt, das Pigment nach kurzer Einwirkung zerstört, so dass man der bei so zarten und winzigen Objecten immer be- denklichen Anwendung der Salpetersäure enthoben ist. In Fig. 36 Taf. V ist ein Auge von Calanella, nach Anwendung von Osmiumdämpfen allein, von oben, d. h. von der Rückenfläche gesehen, dargestellt. Jede der beiden, in frischem Zustande homogen erscheinenden lichtbrechenden Kugeln lässt nun eime zellige Differenzirung erkennen, mit von innen nach aussen verlaufenden Zelleontouren und Kernen. Deutlich sind im dieser An- sicht nur vier Zellen, eine fünfte erscheint nur angedeutet über dem Pigment. — Dieses, intensiv tief- roth gefärbt, bildet an der Berührungsfläche der Kugeln zwei nur unvollständige, sie umgreifende Schalen; der grösste Theil liest auf der Bauchseite, von der es nach oben durchschimmert, und nur hinten schlägt es sich eine Strecke weit nach der obern Seite empor (Pg.). Wo der Opticus (N. op.) in das Auge eintritt, springt am Hinterende noch eine halbkreisförmige, unter dem Nerven ge- legene Pigmentplatte (Py?.) hervor. Noch deutlicher aber gewahren wir den eigenthümlichen Bau dieser Augen an den beiden andern Figuren, Fig. 37 und 38 Taf. VI. Fig. 37 zeigt uns ein entfärbtes, vom Rücken her gesehenes Auge; Fig. 38 ein solches von der Bauchseite aus, aber noch mit Pıgment. Der Bau, den wir daraus erschliessen, ıst demnach folgender: Das Auge von Calanella besteht aus drei Theilen, zwei paarigen und einem unpaaren, medianen, der Bauchseite angehörigen. Zu jedem der drei Theile gehört eine besondere Pigment- platte, von denen wir nur noch der medianen zu erwähnen haben, die schildförmig, hinten breiter als vorn, sich mit ihrer gewölbten Seite im die Furche einfüst (Pg7.), welche durch die beiden paarigen Pigmentplatten (Pg.) gebildet wird. Zu jeder der Pigmentplatten gehört eine ganz bestimmte Anzahl von deutlichen, in frischem Zustande bis zur Unerkennbarkeit durchsichtigen und stark lichtbrechenden Zellen, die, verschieden sonst in ihrer Form, alle em conisch verjünstes Ende gegen die Eintrittsstelle des Sehnerven wenden, welcher zwischen den Augenabtheilußgen in das Auge eintritt. Zu jeder der paarigen Abtheilungen gehören acht Zellen (Fig. 36—838, T—-VIII); fünf davon gehören der obern, drei der untern Seite an. Zur unpaaren Abtheilung gehören zehn Zellen (Fig. 38), so dass also im Ganzen 26 Zellen in die Bildung des ganzen Auges eingehen. Die Constanz der Zahl wurde durch Untersuchung einer grössern Anzahl von Thieren genau geprüft, und überall ergaben sich die Verhältnisse als ganz die gleichen. Von den fünf Zellen, welche der Oberfläche jedes paarigen Abschnittes angehören, nimmt eine langsestreckte, im Umriss etwa dreieckige, den grössten Theil des Innenrandes ein (Fig. 37, ]). Von den andern vier sind zwei vor, zwei hinter ihr gelagert und richten ihre Enden etwas 1. Abschnitt. Vom Stemma. 65 convergirend nach aussen. Dasselbe Verhalten beobachten die drei Zellen der Bauchseite (Fig. 38, VI—-VIN). Die unpaare Augenabtheilung hat unter ihren zehn Zellen acht paarige und zwei unpaare. Die paarigen Zellen (Fig. 38, 53—6) umstehen in einem Kreis die eine der unpaaren, welche das Centrum der Rosette bildet (Fig. 38, 2); die andere gehört zwar demselben Kreis an (2), legt aber mehr von der centralen Zelle abgerückt und nach vorn geschoben. In allen Zellen sind die Kerne mit grösster Deutlichkeit wahrzunehmen, m keiner aber findet sich etwas, das mit einem Stäbchen, wie wir es bisher kennen gelernt haben, irgend vergleichbar wäre. In den beiden der Medianebene genäherten Zellen der obern Augenfläche habe ich zwar häufig eigen- thümliche, vor und hinter dem Kerne gelegene Concretionen gesehen und auch gezeichnet; die- selben können aber wohl kaum etwas mit Stäbchenausscheidung zu thun haben, denn sowohl ihr Vorkommen, wie ihre Lagerung entbehrten zu sehr der Regelmässiskeit. Besonderes Interesse erregt aber das Verhalten des Nerven zu den Zellen, und ich habe in Figur 37 gezeichnet, was ich darüber beobachten konnte. Der Nervus optieus (N. op.) tritt als ganz ansehnlicher Strang von sehr deutlicher Faserung an das Auge, vor dem er eine leichte Einschnürung erleidet; jenseits derselben breitet er sich fächerartig aus. Ich habe nun zwar mit grosser Schwierigkeit, aber nichtsdestoweniger völlig sicher und zweifellos beobachten können, dass die Fasern des Sehnerven sich continuirlich in die inneren, zugespitzten Zellenenden fortsetzen. Diese Beobachtung wurde speciell an den mit I und IV bezeichneten Zellen gemacht, es kann aber darnach kein Zweifel obwalten, dass das- selbe Verhalten auch für die übrigen zutrifft, an denen es wegen der Schwieriskeiten nicht con- statirt werden konnte. Der Uebergang der Faser in die Zelle war ebensowenig durch eine scharfe Grenze bezeichnet, als man um Innern eine Fortsetzung der ersteren beobachten konnte. — Diese Thatsachen aber sind nichts weniger als leicht zu sehen, und erfordern ebensowohl sehr starke und scharfe Vergrösserungen, als viele Geduld. Der ganze Augencomplex ist von einer feinen Cuticula (ct.) umgeben, die sich auf den Sehnerven fortsetzt, und sich nach vorn in conische Zipfel verlängert. Die Frontalnerven (N. fr.), von denen schon Claus nachwies, dass sie mit dem Auge selbst nichts zu thun haben, treten unter die Cuticula, ziehen dann unweit der äussern Ränder der paarigen Augenabtheilungen, und treten nach vorn wieder aus der Kapsel heraus, ohne im Innern Fasern abzugeben, wenigstens keine an das Auge. Die vorstehende Darstellung über den Zusammenhang der Nervenfasern mit den Zellen, aus denen der sog. „lichtbrechende Körper“ zusammengesetzt ist, beweist, dass an eine Vergleichung dieses Gesammtkörpers sowohl als seiner einzelnen Zellen mit den Krystallkegeln des Facetten- auges, ja selbst schon mit den gleich zu beschreibenden der Augen der Corycaeiden nicht mehr zu denken ist. Die Krystallkegel sind überall nur rein dioptrische Apparate, und stehen nirgends im Zusammenhang mit Nervenfasern, wie später noch ausführlicher erörtert werden wird. — Dagegen entspricht der „lichtbrechende Körper“ einer wenn auch noch so unvollkommenen Retina, und die einzelnen ihn zusammensetzenden Zellen sind functionell wie morphologisch mit den bisher behandelten Netzhautzellen in die gleiche Linie zu stellen. Das Fehlen des Stäbchens zeigt freilich an, wie gering die Ausbildung, wie weit zurück, wenn ich so sagen darf, sie noch ist. Dass trotz dieser Unvollkommenheit des Sehorganes die Thiere noch recht gute Licht- perceptionen haben, scheint mir ausser Zweifel, wenn ich auch die Gewandtheit, mit der sie den Versuchen, sie mit der Glasröhre zu fangen, zu entgehen wissen, keineswegs ausschliesslich auf Rechnung des Gesichtssinnes allein, oder selbst nur in besonders hervorragender Weise, stellen möchte. Grenacher, Untersuchungen über das Sehorgan der Arthropoden. fe) 66 I. Untersuchungen. Es bedarf wohl keines besonderen Hinweises, dass die hier angewandte Bezeichnung des ganzen Sehapparates als Auge schlechthin ım Grunde nicht passend ist. Es sind drei Augen vorhanden, zwei paarige und ein centrales unpaares, die hier in einen Complex vereinigt sind, während sie bei zahlreichen andern Copepoden sich getrennt finden; und diese Deutung ist schon längst gemacht. Beachtenswerth erscheint mir, dass nach Leydig!) „der paarige, braunröthliche Pigment- becher (von Diaptomus [Cycelopsine] castor) eine dreilappige, nervöse, aus Ganglienmasse bestehende Grundlage habe“. Die von Zenker?) dem lichtbrechenden Körper zugeschriebene zellige Structur, die Leydig bestimmt zurückweist, wäre doch wohl einer nähern Prüfung noch werth. 2. Seitenaugen einiger Corycaeiden. — „Um den ganzen überraschenden und fremdartigen Eindruck, den diese Gesichtswerkzeuge auf den Beobachter machen, in seiner ganzen Grösse kennen zu lernen, bedarf es im der That der Untersuchung eines derartigen Thieres.“ Diese Worte Leuckart’s bezeichnen treffend die Empfindungen, die sicher Jeder gehabt hat, der sich mit diesen hochinteressanten Thieren und speciell mit deren Auge je befasst hat. Zuerst schemt Dana (1850) im einer mir nicht zugänglichen Arbeit auf diese Eigenthüm- lichkeiten des Sehorgans aufmerksam gemacht zu haben, später foleten andere Beobachter, unter denen ich besonders Gegenbaur, Leuckart, Claus und Haeckel zu nennen habe, deren Ar- beiten noch näher berücksichtigt werden sollen. Trotzdem sind unsere Kenntnisse darüber von Vollständigkeit noch ziemlich weit entfernt, und ich hoffe deshalb, dass meine Beiträge, die wenigstens in einigen Punkten etwas fördern, nicht unwillkommen sein werden. Ich habe, wie gesagt, drei der Hauptgenera unter Händen gehabt, Sapphirina, Copilia und Corycaeus. Meine Studien beziehen sich hauptsächlich auf die erstgenannten beiden Gattungen, da mir von diesen das Material reichlicher zu Gebote stand, und ausserdem einige Schwierigkeiten, die der gedrungenere Bau und die geringere Durchsichtigkeit der letzteren be- reiten, bei ihnen nicht vorhanden sind. Ich habe aber doch Gelegenheit gehabt, mich zu über- zeugen, dass der Bau der Augen bei Corycaeus nur durch sehr germge und untergeordnete Differenzen sich von dem jener Gattungen unterscheidet; Differenzen, die kaum über unbedeutende Lage- und Formverschiedenheiten hinausgehen. Bekanntlich ist das so Characteristische dieser Augen einmal ihre ungemeine Grössen-, besonders Längenentwickelung, dann die weite räumliche Trennung zwischen der der Cuticula angehörigen Linse und den zugehörigen der Perception dienenden Weichtheilen; endlich die be- sondere Ausbildung dieser letzteren, denen noch ein krystallkegelartiges Gebilde vorgelagert ist. Wir wollen nun suchen, nähere Bekanntschaft mit diesen sonderbaren Augen zu machen ; ich verweise dabei auf die Fisg. 39 A, 39B, 40 Taf. VI, welche dem Seitenauge von Copilia denti- culata, sowie Figg. 41—43 ders. Tafel, welche dem von Sapphirina fulgens (&) gewidmet sind. Was die Lage der Augen anbelangt, so ist zu bemerken, das bei Copilia die von rothem Pigment umhüllten nervösen Endorgane bis in die Körpermitte gerückt sind, während die zuge- hörigen Linsen am Vorderrande liegen; bei Corycaeus liegen jene sogar in der hintern Körperhältte, bei den Sapphirimen aber im der vordern, vor dem Centralnervensystem. Bezüglich dieser allgemeinen topographischen Verhältnisse verweise ich auf die folgenden Abbildungen: für Copilia auf Claus (l. ce. Taf. XXV Fig. 14, copirt bei Gerstäcker [Bronn], Classen und Ordnungen etc. Arthro- !) Leydig, Bemerkungen über den Bau der Cyclopiden. Arch. f. Natg. 1859. pag. 198. ?) Zenker, ebendas. 1854. pag. 93. 1. Abschnitt. Vom Stemma. 67 poden Taf. XIV Fig. 5), sowie auf die von Leuckart (Arch. f£. Nat. 1859. Taf. VII Fig. 1). Die genannten Zeichnungen geben von der Lage des Sehorgans eine sehr gute Vorstellung, nur möchte ich dazu bemerken, dass die Zeichnung von Claus den „Pigmentkörper“ zu wenig ge- knickt, den Winkel desselben etwas zu stumpf und abgerundet wiedergiebt, während die von Leuckart (seine C. nicaeensis, auf welche sie sich bezieht, soll nach Claus!) mit €. denti- culata identisch sein) eher im den entgegengesetzten Fehler verfällt, wenigstens bezüglich der Schärfe der Umkniekung. — Für die Gattung Corycaeus verweise ich auf Claus (l. c. Taf. XXIV Fig. 1 u. 3, Taf. XXVIII Fig. 5, Taf. IX Fig. 1), Leuckart (l. c. Taf. VI Fig. 9, copirt bei Gerstäcker I. ce. Taf. XI, Fig. 24). Für Sapphirina endlich sind die Abbildungen Gegen- baur’s (Müller’s Arch. f. Anat. 1858. Taf. VI Fig. 1, 2 u. 4), sowie die von Claus (l. c. Taf. VII Fig. 2, 3, 4, 5, 6, Taf. XXV Fig. 13) und Haeckel (Jenaische Zeitschrift. I. 1864 Taf. II Fig. 13, 17, 21, 26; Taf. III Fig. 40, 46, theilweise copirt bei Gerstäcker, |. c. Taf. XIV Fig. 1 u. lc.) besonders hervorzuheben. Die Lage der Linsen varıırt bei den verschiedenen Gattungen, ja selbst bei den Ge- schlechtern einer und derselben Art ziemlich beträchtlich. Bei Copilia liegen sie weit aus- einander, an den äussern Ecken des breiten, fast geradlinig abgestutzten Vordertheils; bei Cory- caeus rücken sie fast bis zur Berührung in der Medianebene aneinander; bei Sapphirina liegen sie entweder (bei den Weibchen) einander genähert am Vorderrande, oder auf der Bauch- seite (bei den Männchen). Die Linsen selbst bieten einige Eigenthümlichkeiten auffallender Art dar, die schon frühern Beobachtern theilweise (s. u.) aufgestossen sind. Ich habe sie besonders an Copilia constatiren können, und verweise deshalb auf Fig. 39 A; L/, L/Z. Die Linse ist nämlich nur zum kleineren Theil aus der allgemeinen Leibeseutieula (Ct.) gebildet; nur der mit ZL/. bezeichnete geht continuirlich an seinem ganzen Umfang in jene über. Er wölbt sich uhrglasförmig und m der Mitte nur wenig verdickt über den hinter ihm gelegenen grössern Theil L7”. hinweg, und diesem fällt, trotz seiner germgeren Lichtbrechung gegenüber dem Cuticular- theil, hauptsächlich die Rolle zu, die Strahlen zu sammeln. Dieses innere Segment bildet eine grosse, schön biconvex gewölbte, völlig durchsichtige und structurlose Linse, die der innern Höhlung des äussern Segmentes sich einlagert, und dieselbe bis auf einen schmalen, spaltenförmigen Zwischenraum, den ich fast immer bemerkte, und deshalb auch in meiner Zeichnung wiedergab, ausfüllt. — Seiner morphologischen Bedeutung nach ist mir dieses Segment unverständlich geblieben. Es hängt nirgends direct und continwrlich mit der Cutieula zusammen, sondern ist ihr nur dicht angelagert; ebenso- wenig habe ich einen directen Zusammenhang mit der Hypodermis wahrzunehmen vermocht. Es ist mir ferner durch keinerlei Reagens oder Tinctionsmittel gelungen, Spuren einer Zusammensetzung aus Zellen daran nachzuweisen. Es macht durchaus den Eindruck, als wäre dieses Segment ein mit ganz weicher Gallerte prall erfülltes Säckchen, dessen Wandungen aber erst nach verschiedenen Manipulationen sich bestimmt als solche erkennen und nachweisen lassen. Behandelt man ein solches Thier mit sehr verdünnter Osmiumsäure (ein Tropfen etwa auf ein mittleres Uhr- schälchen mit Seewasser), so färben sich diese Segmente zuerst tiefschwarz, lange bevor man an andern Organen etwas anders als eme ganz leicht bräunlichgelbe Färbung entdecken kann, und selbst lange, bevor das Thier bewegungslos geworden ist. Bringt man nach dem Tode das Thier sehr allmälig in Weingeist (durch tropfenweisen Zusatz desselben), so entfärben sich die Linsen wieder mehr, schrumpfen aber äusserst leicht in ein unkenntliches Faltengewirr, das von einer sehr zarten Membran herrührt, zusammen; der Inhalt scheint in die Umgebung zu diffundiren 1) C. Claus, Copepodenfauna von Nizza. Marburg und Leipzig. 1866. pag. 19. 68 I. Untersuchungen. und die starke Lichtbrechung geht verloren. Hat bei stärkerem Zusatz die Osmiumsäure mehr einwirken können, so erscheint die innere Masse etwas krümelig, am Rande etwas blasig, auch fester; aber auch dann genügt die geringste Unvorsichtiskeit im Zusatz von Weingeist, oder be- sonders von Glycerin, um die Linse mn Nu in’s Unkenntliche zusammenschnurren zu lassen. Weniger leicht lassen sich diese Eigenthümlichkeiten bei den Linsen von Sapphirina (Fig. 41, ZL/Z) nachweisen. Ich habe nur Männchen der Sapphirina fulgens zu unter- suchen Gelegenheit gehabt, und bei diesen ist die bauchständige Lage, die bei der dünnen flachen Leibesgestaltung die Gewinnung von Profilansichten so schwierig macht, dafür sehr un- günstig. Die Axe die Linse steht übrigens nicht senkrecht auf der Leibesaxe, sondern neigt sich nach hinten, und in ihre Verlängerung fällt der Pigmentkörper, dessen hinteres Ende demnach etwas in die Höhe steht. — Trotzdem halte ich auch hier die Existenz emes solchen inneren Segmentes für sicher, da ganz genau dieselben Erscheinnngen wie die oben beschriebenen auf- treten, und, wenn das innere Segment durch Quellung ete. zu Grunde gegangen ist, deutlich die Contouren des äussern, der Cutieula angehörigen, sich erhalten. Ueber das Verhalten der Linse bei Corycaeus bm ich nicht ım Stande, specielle Angaben mitzutheilen, da ich keine Aufzeichnungen darüber gemacht habe; dass indessen auch hier die besagte Duplicität der Segmente sich findet, erinnere ich mich ganz bestimmt gesehen zu haben. Bei Copilia inseriren sich in der unmittelbaren Umgebung der Linsenperipherie an der Cuticula eime Anzahl Fäden (N. Fig. 39 A, 39 B, 40) die nach innen zu convergirend verlaufen, und durch ihren hinteren Vereinisungspumkt den weit hinter der Linse gelegenen zweiten Haupt- bestandtheil des Auges markiren. Ganz dieselben Fäden beobachten wir auch an den Augen von Sapphirina (Fig. 41, 42 N.), nur haben sie hier ihr vorderes Ende nicht in der unmittel- baren Nachbarschaft der Linse; ebenso fehlen sie auch bei Corycaeus nicht. Ueber die Be- deutung dieser Fäden nachher; hier nur soviel, dass wenigstens einige derselben sich bis zum centralen Nervensystem mit Sicherheit verfolgen lassen, und sowohl deshalb, als auch wegen ihres Aussehens und der Art ihrer terminalen Insertion als Nerven in Anspruch genommen werden müssen. Der zweite Hauptbestandtheil des Auges, an dessen Vorderende diese Fäden sich scheim- bar ganz imnig anlegen, ist der stabförmige Pigmentkörper, der vorn einen Krystallkegel oder -körper trägt (Pg., Kk. m Fig. 39 B, 40—43). Der Pigmentkörper ist bei Copilia und bei Corycaeus durch eine beträchtliche Längen- entwickelung ausgezeichnet, worin beide der Sapphirina um ein Bedeutendes überlegen sind. Bei Copilia ist er vor der Mitte derart geknickt, dass sein kürzerer vorderer Schenkel annähernd der Längsaxe des Thieres parallel nach vorn gegen die Linse gerichtet ist, während der längere hintere unter einem Winkel von ca. 1000 oeoen den Magen zu sanft geschweift hinzieht. Vorn ziemlich dünn, schwillt er gegen die Mitte hin allmälıge an, um nach hinten sich wieder zu ver- schmächtigen; er endigt quer abgestutzt, und an der Endfläche inserirt sich ein protoplasma- tischer Faden, der ıhn m seiner Lage fixirt. Das Pigment ist intensiv braunroth, mit emem Stich in’s Gelbliche, und lässt nur wenig von den m semem Innern enthaltenen Axengebilden durchschimmern. Bei Sapphirina ıst der Pigmentkörper, am lebenden Thiere von oben gesehen, an- scheinend gerade; an conservirten Exemplaren aber, wo durch den Druck des Deckglases die Augen leicht um ihre Axe gedreht werden, kann man sich leicht überzeugen, dass er ein wenig nach oben gebogen ist. Von vorn nach hinten verjüngt er sich schwach, ohne m seinem Verlaufe eme Anschwellung zu erzeugen. Auch an ihm können undeutliche, rundliche und längliche, von dem etwas dunkleren Pigmente umhüllte Einschlüsse erkannt werden. 1. Abschnitt. Vom Stemma. 69 Die Krystallkörper sind in frischem Zustande völlig durchsichtig und sehr stark licht- brechend (K%. der Fige.). Bei Copilia sind sie länglich, kegelförmige, und an dem breitern der Linse zugewandten Ende halbkugelig abgerundet; bei Sapphirina dagegen etwas unregelmässig eiförmig. Das hintere Ende ist m dem Pigmente versteckt, das sich in verschiedenen Stellen des . Umfanges ungleich weit über dieselben hinauferstreckt. Bei Copilia erscheint sogar an der Innen- seite des Krystallkörpers (bei x, Fig. 39 B) eine losgelöste Pigmentinsel als ein kleiner, spitzer Höcker, dessen Färbung heller ıst als die des übrigen Pigmentes. Differenzirungen irgend welcher Art sind sonst an dem Krystallkörper nicht zu erkennen ; namentlich fehlt jede Spur von Längstheilung, die bei den Krystallkegeln der Facettenaugen sich immer findet. Betrachten wir aber Krystallkörper von Augen, die mit Reagentien behandelt worden sind, so verändert sich der Anblick sehr wesentlich. Für Copilia (Fig. 40 Taf. VD) gilt dies ganz besonders, und wir haben auf den ersten Anblick einige Mühe, das Bild des veränderten Krystall- körpers auf das des frischen zurückzuführen. Unter dem Einfluss des Reagens (in dem gegebenen Falle wurde Pikrin-Salpetersäure in Anwendung gebracht, durch die allem das Pigment schon grossentheils zerstört wird) differenzirt sich der Krystallkörper m zwei Hälften der Quere nach, von denen man vorher nichts zu erkennen vermochte. Nur die vordere Hälfte gehört zum eigent- lichen Krystallkörper, der, anstatt langconisch, nun eiförmig erscheint, und hinten in eine kurze conische Spitze ausläuft; ausserdem ist er von einer deutlichen Hülle umschlossen. Er hat ım Ganzen wenig von seiner frühern Lichtbrechung und Klarheit eingebüsst, desto mehr aber der hintere Theil, der vor der Emwirkung des Reagens sich m kemer Weise von ıhm abhob. Dieser Theil ıst nun durch eine starke Granulirung ausgezeichnet, und umfasst becherförmig das hintere Ende des ächten Krystallkörpers; nach hinten zu verschmälert er sich, und geht allmälıg im die Substanz des Pıgmentkörpers über. Schwach angedeutete Längslinien, sowie Kerne (K.), die ın ihn eingestreut sind (es sind deren immer nur drei vorhanden), geben über seme zellige Zusammen- setzung Auskunft, eme Zusammensetzung, die wir beim vordern Abschnitt vergeblich suchen. — Der pigmentirte Höcker (z.) erweist sich auch als eine keineswegs oberflächliche Anhangsbildung, sondern als das Ende eines selbständigen Stranges, der hinten unter der allgememen Pigment- schicht verläuft, nach vorn aber, durchsichtig und klar, darunter hervorbiest, und mit jener Pigmenthaube seitlich an die Oberfläche kommt. In dem äussersten Ende aber liest ein kurzes, anscheinend cylindrisches, stabförmiges Gebilde eingesenkt, das schräg zur Axe des Pismentkörpers geneigt ist. Ausser durch semen Verlauf zeichnet sich dieser Strang vor den an den Krystallkörper tretenden auch noch durch seine viel gröbere Granulirung aus. Durch das Eintreten dieses Stranges unter die piementirte Oberfläche wird der innere Hohlraum des Pigmentkörpers sehr verengert. In einiger Entfernung vom Krystallkörper aber wird er ganz ausgefüllt von stabartigen, stark lichtbrechenden, durchsichtigen Gebilden, die, wie schon früher bemerkt, an frischen Augen, wenn auch nur sehr undeutlich, doch schon erkennbar durch das Pigment schimmern. Sie sind, vorn namentlich, sehr dünn und dicht zusammen- gepackt, so dass ihre Zahl schwierig mit absoluter Sicherheit zu bestimmen ist; sie endigen scharf begrenzt mit einer leichten Abrundung nach vorn, und durchziehen den ganzen Pigment- körper bis an sein Hinterende. In diesen Stäbchen (St) haben wir unzweifelhaft die lichtpercipirenden Organe, und damit auch die Homologa der bisher beschriebenen gleichnamigen und gleichfunctionirenden Gebilde vor uns, und von ihrer Anzahl hänet die Leistung ab, die wir dem Auge zuschreiben. Diese Anzahl hier, bei Copilia, durch Zählung genau zu bestimmen, ist mir nicht geglückt; wenn ich es doch 70 I. Untersuchungen. wage, dieselbe als höchst wahrscheinlich die gleiche wie bei der gleich zu besprechenden Sapphirina, zu bestimmen, so leitet mich nur die muthmaassliche Analogie, und ausserdem die Uebereinstimmung mit der Zahl der beobachteten Kerne. Wir haben bisher immer — und werden auch fernerhin auf das Gleiche stossen — die Stäbchen im Zusammenhang gefunden mit einer Zelle. In diesen Augen habe ich die zelligen Elemente nur erkennen können an den zwischen Stäbchen und Krystallkörper gelegenen Kernen, und diese möchte ich nun als auch zu den Stäbchen, resp. deren Mutterzellen gehörig in Anspruch nehmen, und dies um so eher, als der durch die leichten Trennungslinien an jener Stelle angedeutete Verlauf dieser Zellen eimer solchen Deutung nur günstig ist. Aller Wahrschemlichkeit nach verdankt der Krystallkörper übrigens auch diesen gleichen Zellen seine Entstehung, denn seine Zusammensetzung aus Zellen ist nicht nachzuweisen, und seine Lage zu den Zellen selbst spricht nur dafür. Betrachten wir nun ebenfalls mit Reagentien behandelte Augen von Sapphirina (Fig. 42, 43 Taf. VI), so treten manche Verhältnisse dort deutlicher und unzweideutiger hervor, andere dagegen weniger klar und bestimmt. Fig. 42 zeigt uns zwei freipräparirte Augen, nach Be- handlung mit Pikrin-Schwefelsäure, und durch den absichtlich herbeigeführten Druck mit dem Deckglas etwas auseinandergequetscht; Fig. 43 ein mit Osmiumsäure behandeltes rechtes Auge, nicht gedrückt, von oben bei viel stärkerer Vergrösserung. An den Krystallkörpern vermissen wir die Hülle; bei den in Fig. 42 gezeichneten ist die innere oder hintere Begrenzung durch den Druck undeutlich geworden. Ein Zerfallen des Krystallkörpers in der Art wie bei Copilıia findet deshalb hier nicht statt, weil der entsprechende kernführende Theil hier vom vordern Ende des Pigmentkörpers umschlossen wird. Die Kerne sind hier sehr schwierig nachzuweisen (Fig. 43, K); wie em Blick auf die genannte Abbildung zeigt, liegen sie aber ganz analog wie bei Copilia in den vordern, den Krystallkörper umschliessenden Enden von ebensoviel Zellen, die etwas unregel- mässige Formen haben. Dass diese drei Zellen zu den den übrigen Theil des Pigmentstabes erfüllenden drei Stäbchen die oben angedeutete Beziehung haben, dafür ist auch hier der direete Nachweis mir nicht möglich gewesen. Dass in den Pigmentkörpern von Sapphirina nur drei Stäbchen von annähernd gleicher Ausbildung sich finden, davon kann man sich relativ leicht überzeugen, und ich bewahre ausser den gezeichneten noch eine Reihe von Präparaten auf, die im Bezug auf Klarheit jenen darin nicht nachstehen. Die Stäbchen sind etwas abgeflachte Prismen, vorn und hinten eben abge- schnitten, stark lichtbrechend und völlig durchsichtig. Mit emer der schmalen Längsflächen liegen sie der pigmentirten Wand an, und hier ist hauptsächlich eine stärkere Anhäufung der granu- lirten Masse, wahrscheinlich des hinteren Theils der Zellen, zu denen die Kerne gehören, zu be- merken (Fig. 42). — Ausser den Stäbchen bemerkt man aber hinter dem Krystallkörper noch einige andere, in ihrem optischen Verhalten mit jenen übereinstimmende Körper, die vom Pigment eingeschlossen werden. Zunächst fällt ein solcher von etwa halbkugeliger Gestalt auf (Fig. 41 bis 43, y), welcher, vor den Stäbchen gelegen, diesen seine abgeflachte Seite zuwendet; ausserdem noch einige mehr seitlich gelegene (Fig. 42, 43, x) von unregelmässiger Gestalt, mit deren Be- schreibung ich mich nicht aufhalten will. Einer dieser Körper dürfte wohl dem bei Copilia (Fig. 39 B, 40) mit x bezeichneten, d. h. dem durchsichtigen Einschluss im Pigmenthöcker, ent- sprechen, aber welcher? das weiss ich nicht zu sagen. Das bei Sapphirina mit y bezeichnete Gebilde scheint dort ohne Vertreter zu sein. — Dass jene Körper, die ich in den Figuren mit bezeichnete, in einer stumpfbuckeligen Vorwölbung des Pigmentes nach der Bauchseite hin ge- legen sind, mag hier noch nachträglich erwähnt werden. Der Eintritt der Nervi optiei (N. op.) in diese sonderbaren Pigmentkörper ist auch bei 1. Abschnitt. Vom Stemma. 71 den beiden Gattungen, die hier specieller besprochen werden, etwas verschieden. Bei Copilia (Fig. 39 B.) besteht er nur aus sehr wenigen, ziemlich langen Fasern, die etwa in der halben Länge des Pigmentkörpers, also etwas hinter der Knickung desselben, in die Spitze eines pig- mentirten Vorsprunges emtreten. Bei Sapphirina treten die Fasern dicht hinter dem Hinter- ende des Krystallkörpers in den Pigmentkörper ein (vgl. bes. Fig. 41, 43, N. op.) Die Ver- einigung der Fasern mit den Zellen und ihr Verhalten zu den Stäbchen konnte nicht ermittelt werden. Ich wende mich nun zur Besprechung der frühern auf diese Augenform Bezug habenden Arbeiten, soweit sie mir bekannt und zugänglich geworden sind, und werde dabei Gelegenheit haben, noch auf einige, bisher bei Seite geschobene Punkte näher einzugehen. Ich werde hier besonders auf die Arbeiten von Gegenbaur!), Leuckart?), C. Claus?) und Haeckelt), die mehr oder weniger eingehend sich mit den Corycaeiden-Augen beschäftiet haben, ein- gehen müssen. Zunächst möchte ich einen Irrthum berichtigen, der sich seit der Arbeit von Gegenbaur eingeschlichen hat, und welcher sonderbarer Weise von allen späteren Autoren übersehen worden zu sein scheint. Dieser Irrthum bezieht sich auf die Lage der Linsen beim Männchen von Sapphirina. Gegenbaur lässt diese Linsen „oben auf dem Kopfbruststücke“ liegen (l. e. pag. 70). Bei Leuckart und Haeckel finde ich darüber keine Angaben, obschon letzterer ihren - relativen Abstand von den Pigmentkörpern als diagenostisches Kennzeichen benutzt. Claus aber sagt wieder von ihnen: „dieselben liegen beim Männchen m der Regel auf der Rückenfläche des Kopfes ete.* (Freileb. Copepoden pag. 49). — Ich habe schon oben die Lage der Linsen als eine ventrale bezeichnet, und man kann sich mit Leichtigkeit an jedem einigermassen gut conservirten Exemplar davon überzeugen, dass sıe derselben Körperseite angehören, welche auch die Extremi- täten trägt. Die Zusammensetzung der Linsen aus zwei Segmenten wurde zuerst von Leuckart an Corycaeus beobachtet und auch auf Copilia und Sapphirina übertragen (l. ec. pag. 251); Claus scheint sich, ohne die Angabe geradezu zu bestreiten, etwas zweifelhaft ihr gegenüber zu ver- halten (l. ce. pag. 49), und glaubt vielmehr, dass die centralen Schichten die peripherischen an Diehtigkeit übertreffen. Zwischen Linse und Krystallkörper erstreckt sich nach Gegenbaur ein conisches Rohr, gefüllt mit emer Art Glaskörper von gallertiger Beschaffenheit. Leuckart schliesst sich für Corycaeus dieser Deutung an, und auch Haeckel’s schöne Zeichnungen von Sapphirina scheinen zu Gunsten dieser Ansicht zu sprechen. Aber schon Claus konnte den Glaskörper nicht von der umgebenden Blutflüssigkeit unterscheiden, und wenn er auch später wenigstens den Theil der Hülle des Glaskörpers, der dem Krystallkörper zunächst gelegen ist, wahrgenommen zu haben glaubt, so lassen doch meine eigenen Beobachtungen mir die Anwesenheit einer solchen Hülle selbst mit dieser Einschränkung als sehr zweifelhaft erscheinen. !) Gegenbaur, Mittheilungen über die Organisation von Phyllosoma und Sapphirina. Müll. Arch. 1858 pag. 43. (Sinnesorgane d. Sapphirina pag. 70.) ?2) Leuckart, Careinologisches. Arch. f. Natg. 1859. pag. 247. >) C. Claus, Ueber das Auge der Sapphirinen und Pontellen. Müll. Arch. 1859. p. 269. Ferner in: Freileb. Copepoden etc. 4) Haeckel, Beiträge zur Kenntniss der Corycaeiden. in: Jen. Zeitschft. ete. Vol. 1. 1864. p. 61. 712 I. Untersuchungen. Ferner sollen nach Gegenbaur in der Scheide des Glaskörpers vier Muskeln longitudinal verlaufen, deren Contractionen, durch welche die Accomodation zu Stande kommt, er häufig ge- sehen hat. Claus aber erklärt, nachdem er sich anfangs zustimmend geäussert hatte, in Folge erneuter Untersuchung wieder schwankend geworden zu sem, und hält demnach diese vermeint- lichen Muskeln grösstentheils für Nerven (l. ec. pag. 50), deren Verlauf er theilweise genauer be- schreibt. Muskeln sollen freilich ausserdem auch noch sich finden; ob aber die durch sie ver- anlasste Bewegung als Accomodation, oder als „eine während der Schluckbewesung nothwendige Mitverschiebung“* aufzufassen seı, lässt er unentschieden. Bei Copilia sollen nach ıhm mehrere Muskeln sich am Pigmentkörper inseriren; die umfangreichste Gruppe derselben kommt von aussen und oben an denselben und besteht aus drei Fasern; andere kommen von innen, um theils den Sehnerven zu begleiten, theils sich in der Nähe des Krystallkörpers zu inseriren. Es handelt sich hier um die auch schon oben, aber nur NHüchtig, erwähnten Fäden, über deren Bedeutung ich mich hier näher aussprechen muss. Diese Bedeutung ist nicht so leicht zu bestimmen, weil es mehr Schwierigkeiten hat, sich mit genügender Sicherheit über ihren Verlauf zu informiren, als man denken sollte. Was das Aussehen dieser Fäden anbelangt, so sind sie sehr blass und protoplasmatisch, gleichdick m ihrer Erstreckung, und, wenigstens bei Copilia, zuweilen durch breite protoplasmatische Brücken mit einander verbunden. An ihrer Insertion an der Cutieula lässt sich zuweilen eme Anschwellung mit einem Zellkern im Innern erkennen. Bei Copilia endigen die meisten Fäden in der Umgebung der Linse, bei Sapphirina aber in ziem- lich weiter Entfernung von ihr, meist an dem Intesumente der Rückenseite. Bei ersterer Gattung lässt sich von emigen, bei letzterer aber von den meisten der Ursprung aus dem centralen Nerven- system nachweisen, und für diese kann dann die Deutung um so weniger fraglich sein, als (bei Sapphirina) ausserdem ihre Endigung theils in gangliösen Sinneszellen, theils in den einzelligen Drüsen, deren Kenntniss wir vorzüglich Haeckel verdanken, ihre Natur als Nerven unzweifelhaft darthut. Ich bin übrigens weit davon entfernt, allen diesen Fäden die gleiche Rolle vindieiren zu wollen; im Gegentheil, ich möchte annehmen, dass mindestens emigen davon möglicherweise blos die Rolle der Fixation des sonst frei in der Leibeshöhle suspendirten Auges zukommt. Für die Deutung derselben als Muskeln habe ich aber keine Stütze aufinden können; alle Muskeln dieser Thiere sind sowohl im frischem wie in durch Reagentien verändertem Zustand äusserst deutlich quergestreift, und dieses Criterium wird durchaus an ihnen vermisst. — Einen Muskel, der freilich nicht zu verkennen ist, habe ich ebenfalls an dem Auge von Copilia aufgefunden (Fig. 39B, M.), und dieser stimmt mit dem einen der vorhin nach Claus aufgeführten Züge überein; es ist aber der einzige, den ich sicher als solchen erkennen konnte, und m Bezug auf die andern weichen meine Ansichten von denen jenes Forschers wesentlich ab. Gegenbaur fasste den Krystallkörper im Sinne der damals eben zur Herrschaft ge- langten Deutung des facettirten Arthropodenauges durch Leydig auf; er liess ihn continuirlich sich in das Lumen der Pigmentscheide fortsetzen, und hielt ihn für den percipirenden Apparat. Die scharfe Abgrenzung desselben aber nach hinten wurde ziemlich gleichzeitig von Leuckart und Claus erkannt. — Letzterem verdanken wir auch die einzigen bisher veröffentlichten Notizen über den Inhalt des Pigmentkörpers. Er sagt (Freileb. Copepoden pag. 52): „Bei Sapphirina besteht der in den Pigmentkörper eimtretende Nerv aus nur wenigen, ziemlich breiten Fasern, die ich an äusserst glücklich erhaltenen, m Chromsäure und Glycerm aufbewahrten Präparaten im Innern des Pigmentkörpes m glänzende Stäbe umbiegen sehe. Der von Leuckart erwähnte Krystallstiel entspricht in seimer hintern Partie diesen glänzenden Nervenstäben, die vordere Partie ist eine helle Substanz, im welcher ich bei Copilia Kerne eingebettet fand.“ 2. Abschnitt. Vom zusammengesetzten Auge der Insecten und Crustaceen. 73 Fragen wir nun sowohl nach der morphologischen, wie nach der physiologischen Deutung dieser Augenform, so finden wir nach beiden Seiten hin nur minimale Beziehungen zu den bisher betrachteten. Man hat deshalb auch von jeher die Analogie ganz anderswo gesucht, und zwar beim Facettenauge, dessen Einzelfactoren, wie in dem nächsten Abschnitt zu zeigen sem wird, allerdings diese Vergleichung bis zu einem gewissen Grade zulassen. Hier mag nur soviel be- merkt werden, dass in Hinsicht auf die Leistung die Vergleichung mit mehr Recht durchgeführt werden kann, als in Rücksicht auf die morphologische Uebereinstimmung der einzelnen Theile. Naturgemäss müsste der hier als Krystallkörper bezeichnete dioptrische Apparat verglichen werden mit dem Krystallkegel des Facettenauges. Aber der letztere entsteht aus einer Anzahl (meist vier) discreter Zellen, die zu den percipirenden Stäbchen keine Beziehungen haben; hier aber liegt einstweilen die Wahrscheinlichkeit noch so, dass die gleichen Zellen, welchen die Stäbchen zugehören, auch den Krystallkörper ausscheiden. Diese Verschiedenheit, wenn sie auch noch nicht ganz ausgemacht ist, fordert doch zur Vorsicht bei der Beurtheilung auf, und darf nicht ienorirt werden. Auf die Beurtheilung der Leistung des Organs hat diese Differenz aber keinen Einfluss, und hier liegen eine Reihe von Gründen vor, dieselben für die gleiche zu halten, wie die des Einzelauges des facettirten. Freilich wird bei consequenter Durchführung der Begriffe, die ın dieser Hinsicht namentlich bezüglich der Leistung der Stäbchen und der Bedeutung ihrer Zahl für die Sehschärfe in der Wissenschaft zur Zeit existiren, diese Leistung zu einer mmimalen heruntergedrückt, und die grosse Unvollkommenheit des percipirenden Apparates, dessen anato- mischer Bau die Annahme einer Bildperception ausschliesst, contrastirt seltsam mit dem sozusagen colossalen Aufwand von Mitteln zur Erzeusung eimes Bildes, wie sich dieser namentlich im Bau der Linse ausspricht. — Die Untersuchung des zusammengesetzten Auges wird uns noch mit den Gesichtspunkten, die bei solchen Beurtheilungen maassgebende sind, näher bekannt machen. 2. Abschnitt. Vom zusammengesetzten Auge der Insecten und Crustaceen. Das zusammengesetzte oder facettirte Auge, dessen Bau ıch hier darlegen werde, ist trotz aller eingehenden Forschungen bisher noch immer eines der räthselhaftesten Organe in der ganzen Thierreihe geblieben. Das schliesst aber keineswegs aus, dass wir über eine relativ sehr beträchtliche Summe von Kenntnissen über dasselbe verfügen, die zu einem dem Verständniss zugänglichen Ganzen zusammenzufassen eben nur die Gesichtspunkte fehlen. Das Interesse, mit der die früheren Forscher dieses Organ behandelt haben, überhebt nich der Mühe, auf eine Reihe von Thatsachen, die auf seme Begrenzung nach innen und aussen, seine Gesammterscheinung ete. Bezug haben, näher einzugehen; ich kann mich be- gnügen, hier auf die Werke und Abhandlungen von M. de Serres!), J. Müller, Will, M. Schultze und ganz besonders von Leydig hinzuweisen, wo alles darauf Bezügliche sorgsam zusammengestellt ist. Wohl aber möchte ich eme kurze Uebersicht der Architeetur der innern ) M. de Serres, Ueber die Augen der Insecten. Aus d. Franz. von J. F. Dieffenbach Berlin 1826. 8°. Grenacher, Untersuchungen über das Sehorgan der Arthropoden. 10 74 I. Untersuchungen. Weichtheile, wie sie sich nach meinen eigenen Untersuchungen gestaltet, vorausschicken, theils weil die grosse Uebereinstimmung im Bau dieses Organes bei Insecten und Crustaceen dies eher ermöglicht, als bei den Formen des Sehorganes, die ich als einfache Augen zusammengefasst habe; dann aber auch, weil es auf die übersichtlichste Weise eine Vorführung der fundamentalen Punkte — und es sind deren nicht wenige —, gestattet, in denen ich von meinen Vorgängern abzu- weichen genöthiet bin. Ausserdem mag diese Skizze auch gleich zur Örientirung über die von mir angewandte Termmologie dienen, da ich mich veranlasst sehe, im Interesse einer schärferen Präcisirung der Begriffe einige der bisher am meisten üblichen Ausdrücke aufzugeben, und mich dafür neuer zu bedienen. Wie schon bemerkt, stimmen die Facettenaugen der Insecten im Principe mit denen der Crustaceen vollkommen überein. Dies schliesst jedoch keineswegs das Vorkommen sehr zahl- reicher Modificationen, die oft einen ziemlich ansehnlichen Betrag erreichen, aus; aber es ist mir doch in der ganzen grossen Reihe der hier in Betracht gezogenen Thiere nur ein einziges Beispiel bekannt geworden, welches sich gänzlich ausserhalb des sonst allen gemeinsamen Schemas stellt. Die gesammten Weichtheile des Facettenauges liegen bekanntlich ringsum eingeschlossen von einer Chitinkapsel, die besonders bei den unbeweglichen Insectenaugen eine starke Ent- wickelung erreicht. Der durchsichtige, nach aussen gerichtete, mehr oder weniger sphärisch ge- wölbte Theil, die sog. Cornea, ist aus dem allgemeinen Integumente hervorgegangen, und meist aus den eigentlichen Facetten gebildet, deren Zahl, Gestalt und Grad der linsenartigen Wölbung sehr beträchtlichen Variationen unterworfen ist, die uns aber hier nicht interessiren. Die Ab- grenzung nach innen, gegen das Sehganglion und das übrige centrale Nervensystem hin, ist eben- falls von einer im Sinne der Cornea und dieser parallel gewölbten, aber sehr viel zarteren und von Löchern für den Durchtritt der Nervenfasern durchbohrten Membran gebildet. Zwischen diesen beiden Grenzmembranen, und ringsum noch von eimer mehr oder weniger starken Hülle abgegrenzt, liegen die zum Auge im engern Sinne gerechneten Weichtheile in Gestalt radıär an- geordneter, nach aussen divergirender Stränge, von denen je einer zu einer Cornealacette gehört. Jeder Strang zerfällt in zwei Abschnitte, von denen der vordere, der Cornea genäherte meist der kürzere ist. Beide Abschnitte müssen wir morphologisch wie physiologisch von einander getrennt halten, wie Glaskörper und Retina im Spinnenauge etwa. Gemeinsam ist beiden nur die Zusammensetzung aus mehreren Zellen oder Zellenderivaten, die sich der Länge nach, und gewöhnlich in symmetrischer Gruppirung um die Axe des Stranges, zusammenfügen zu einer an- scheinenden Einheit. Der Länge der betreffenden Abschnitte entspricht jeweils auch die der zelligen Elemente desselben, so mannigfach diese in verschiedenen Höhen auch entwickelt sein mögen. Wie leicht zu erkennen, entsprechen die beiden Abschnitte des Stranges schon längst be- kannten und benannten Gebilden: der äussere, der Cornea genäherte, dem Krystallkegel der Autoren, der innere dem „Nervenstab“ (Leydig) oder „Sehstab“ (M. Schultze), den man früher als einfache Opticusfaser auffasste. Ueber den Werth und die Bedeutung dieser beiden Hauptelemente müssen wir uns zunächst klar zu werden suchen. Der Krystallkegel gilt bekanntlich nach der bisherigen Auffassung als ein typisches, aus- nahmslos jedem zusammengesetzten Auge zukommendes Gebilde. Dies ist er aber in Wahrheit nicht, denn trotz seiner sehr weiten Verbreitung im Facettenauge fehlt er doch sehr vielen Formen durchaus und zeitlebens, und bei denen, die ihn im fertigen Auge zeigen, ist er erst ein Product der Entwickelung. Wir finden überall zuerst hinter der Corneafacette eine bestimmte Anzahl von Zellen, deren Function in erster‘ Linie in der Ausscheidung der 2. Abschnitt. Vom zusammengesetzten Auge der Inseeten und Crustaceen. 75 Facette selbst besteht. Sie haben im Allgemeinen zusammen die Gestalt eines mit der Spitze nach innen gerichteten Kegels; in weitaus den meisten Fällen beträgt ihre Anzahl vier (sämmt- liche Insecten, zahlreiche Crustaceen); seltener nur zwei oder fünf (nur bei Crustaceen beobachtet). Dies ist der Ausgangspunkt, das Embryonalstadium, das allen Insecten und Crustaceen mit facettirten Augen (mit einer einzigen Ausnahme, soviel mir bekannt) zukommt. Die Augen der ausgebildeten Thiere aber sind scharf von einander geschieden nach der Metamorphose, welcher jene Zellen sich unterwerfen. Bei einer Gruppe persistiren diese Zellen in unverändertem Zustande während des ganzen Lebens. Diese Gruppe findet blos unter den Insecten Vertreter (wenigstens kenne ich bis jetzt noch keine Crustaceen, die sich darunter einreihen liessen); unter diesen aber sehr zahlreiche. Es sind nämlich folgende hierher zu rechnen: von den Coleoptera wohl alle ausser den Penta- meren; von den Hemiptera die Unter-Ordnung der Heteroptera oder Wanzen; von den Diptera wohl die überwiegende Mehrheit der Tipularidae oder der langfühlerigen Zweiflügler; von den Orthoptera wenigstens die Forficulina oder Ohrwürmer. Bei den andern Insecten, sowie bei den Crustaceen mit Facettenaugen, existiren diese Zellen als solche nur relativ kurze Zeit vor völlig erreichter Entwickelung. Schon frühzeitig beginnt in ihnen die Ausscheidung eines mehr oder weniger festen, völlig durchsichtigen und meist stark lichtbrechenden Gebildes, mit dessen Grössenzunahme die Zellenkörper selbst grösstentheils zu Grunde gehen. Gewöhnlich erhalten sich nur die Kerne, sowie Reste der Hülle. Die Zellen- ausscheidungen treten zusammen, und bilden den sogenannten Krystallkegel. dessen Segmente an Anzahl derjenigen der vorher seine Stelle einnehmenden Zellen entsprechen. Von dieser Regel sind mir nur einige wenige Ausnahmen bekannt geworden: bei einigen Crustaceen werden wohl vier Zellen angelegt, aber nur zwei derselben betheiligen sich an der Bildung des Krystallkegels, während die andern beiden die Corneafacette formiren. Es finden sich übrigens nicht überall, wo die hinter den Facetten gelegenen Zellen ausser den Facetten selbst noch andern Ausscheidungen den Ursprung geben, Krystallkegel ım ächten und wahren Sinne des Wortes. So haben z. B. die Fliegen oder kurzfühlerigen Dipteren, soweit meine Untersuchungen reichen, keine ächten, typischen Krystallkegel auizuweisen, sondern die ihre Stelle vertretenden Medien unterscheiden sich von ihnen in einigen wie mir scheint nicht unwesentlichen Punkten, so dass sie eine besondere Behandlung rechtfertigen. Ich werde daher in Nachstehendem nach dem Vorkommen oder Fehlen, sowie nach der Ausbildung der Krystallkegel die Augen der Arthropoden in folgende Gruppen vertheilen: 1. Acone Augen, d.h. solche, in welchen Krystallkegel nicht nachzuweisen sind, sondern diese zeitlebens durch typische Zellen vertreten werden. 2. Pseudocone Augen, d. h. solche, bei welchen zwar ein besonderes kegeliörmiges und lichtdurchlassendes Medium vorhanden ist, das aber nicht mit jenen Zellen, auch nicht mit den typischen Krystallkegeln morphologisch m die gleiche Linie gestellt werden kann. 3. Eucone Augen, mit ächten Krystallkegeln, wie sie bisher allen Facettenaugen zu- geschrieben wurden. Im Gegensatz zum „Krystallkegel* wende ich in Folgendem das Wort „Krystall- zellen“ für die m den aconen Augen hinter den Facetten gelegenen Zeilen an; und um den etwas schwerfälligen Ausdruck „unächter Krystallkegel* für die Gruppe der pseudoconen Augen zu umgehen, werde ich mich des Ausdrucks: „Pseudoconus“ für das stellvertretende Gebilde des Krystallkegels bedienen. 10* 76 I. Untersuchungen. Während das erste oder vordere eben discutirte Glied eines Einzelstranges sowohl nach den Untersuchungen der Mehrzahl der früheren Forscher, als auch nach meinen eigenen, lediglich einen dioptrischen Apparat vorstellt, und nichts mit der Umwandlung der Lichtbewesung m Nervenerregung zu thun hat, ist das hinter ihm gelegene zweite Glied, der Nerven- oder Seh- stab der Autoren, der eigentlich nervöse, percipirende Theil des Ganzen. Da von seiner richtigen Würdigung das morphologische wie das physiologische Verständniss des Facettenauges abhängt, so wird in der folgenden Einzelbeschreibung ein besonderes Gewicht auf ihn gelegt werden müssen. Wenn man bisher vom „Nervenstab“ oder „Sehstab* sprach, so hat man hauptsächlich das im Innern befindliche, stark lichtbrechende, stabartige Axengebilde im Auge gehabt, dessen Nachweis in den Augen der meisten Arthropoden ohne besondere Schwierigkeit gelmgt. Um dasselbe beobachtete man eine gewöhnlich intensiv pigmentirte Scheide, in der auch Kerne nach- gewiesen wurden. Im Ganzen jedoch hat man der letzteren wenig Aufmerksamkeit geschenkt, und dem entsprechend war auch die Bedeutung, die man ihr zuschrieb, in jeder Hinsicht nur eine geringe. Dass hier ein fundamentaler und für die Deutung verhängnissvoller Irrthum be- gangen wurde, wird aus dem ganzen Abschnitt, welcher der Darlegung meiner Befunde am zu- sammengesetzten Auge gewidmet ist, zur Evidenz hervorgehen. Der ganze sog. „Sehstab“ besteht nämlich aus einer Anzahl der Länge nach aneimander- liegender Zellen, die selbst eime partielle Verwachsung mit einander eingehen können. Zu jeder dieser Zellen gehört eime durchsichtige Ausscheidung derselben, die wir hier, nach Analogie des einfachen Auges, mit dem Ausdruck „Stäbchen“ bezeichnen können, obschon diese Bezeichnung nicht immer der Form des Gebildes gerecht wird. Zuweilen, aber nur selten, ıst dieses Stäbchen in das vordere oder äussere Ende der zugehörigen Zelle eingesenkt, und dann sind die einzelnen Stäbchen, soviel ihrer vorhanden sind, ziemlich von emander ısolirt; sonst aber treten dieselben meist als Säume ihrer Zellen auf, welche die nach innen, gegen die Axe des Ganzen, gerichtete Kante theils bilden, theils mehr oder weniger weit überziehen. Durch das Zusammentreten der Stäbehen sämmtlicher Zellen, welches sich bis zu einer Verwachsung ohne nachweisbare Trennungs- flächen oder -Linien steigern kann, entsteht dann jenes stark lichtbrechende axiale Gebilde, das man hauptsächlich mit den Bezeichnungen Nervenstab oder Sehstab characterisiren wollte; die Zellen aber, denen die Einzelstäbchen oder Segmente des Sehstabes zugehören, fasste man als Scheide auf. In diese Zellen aber treten die Nerven des Opticus em, und damit ıst klar, dass ihre Bedeutung in Bezug auf das Sehen selbst eine weit grössere ist, als man der ver- meintlich dem Sarcolemm der Muskelfaser, oder der Hülle der Nervenfaser eleichwerthigen Scheide zuschrieb. Gerade so, wie wir es vorhin bei dem dioptrischen Theil des einzelnen Stranges gesehen haben, ist auch hier wieder eine gewisse numerische Norm vorwaltend, die zwar oft modificirt erscheint, aber doch immer und immer wiederkehrt, und ziemlich unabhängig von der zoologischen Classification sich erweist. Die Zahl der Zellen, die wır als die grundlegende ansehen können, ist sieben, und es sind mir nur seltene Fälle vorgekommen, wo ich mehr, nämlich deren acht, gezählt habe (bei Hymenopteren und Cicaden). Viel häufiger sind Reductionen jener Zahl: fünf oder vier Zellen finden sich gar nicht selten, sowohl bei Insecten als bei Crustaceen. Weniger Zellen, die in der Art zusammentreten, smd mir nicht vorgekommen. Da, wie man sieht, meine Auffassung des „Nerven- oder „Sehstabes* ım Prineip von der der Urheber jener Bezeichnungen abweicht, so sehe ich mich veranlasst, um schon durch die Be- zeichnung selbst dieser Verschiedenartigkeit der Deutung Ausdruck zu geben, jene Namen zu verlassen, und neue dafür in Vorschlag zu bringen. Ich werde demnach für den ganzen Complex 2. Abschnitt. Vom zusammengesetzten Auge der Insecten und Crustaceen. 77 a von percipirenden Zellen hinter dem Krystallkegel oder dessen Aequivalent von nun an die Be- zeichnung: „Retinula“ m Anwendung bringen, dessen Berechtigung später, bei der Vergleichung des einfachen mit dem zusammengesetzten Auge sich noch deutlicher herausstellen wird. Ich verstehe also darunter den Sehstab nebst der Hülle der früheren Autoren. In jenen zahlreichen Fällen aber, wo die zu den eimzelnen Zellen gehörigen Stäbchen unter einander zu einem an- scheinend einheitlichen axialen Strang verschmelzen, werde ich den letzteren als „Rhabdom“!) bezeichnen, und verstehe also darunter den sog. Sehstab ohne seine Umhüllune. Wenn ich hier schon die wichtigsten Modificationen, unter welchen die Retinula und das Rhabdom vorkommen, zu skizziren versuche, so wären etwa folgende zu unterscheiden: 1. Im einfachsten Falle sind die Zellen ziemlich gut von einander isolirt, und eine der- selben, die häufig durch eime stärkere Entwickelung ausgezeichnet ist, steht in der Mitte des Ganzen, die sechs anderen palissadenartig darum. An ihrem vordern, der Lichtquelle ent- gegengerichteten Ende tragen sie je ein Stäbehen; die Mittelzelle m der Axe, die ihre Umgebung bildenden entweder am axialen Rande oder doch demselben genähert. Dieses Ver- halten finden wir bei langfühlerigen Dipteren, Wanzen, vielen Käfern und den For- ficuliden. 2. Eine weitere Art der Ausbildung besteht darım, dass sämmtliche sieben Zellen peri- pherisch um die Axe gelagert sind, und keine derselben durch besondere Entwickelung eine Ausnahmestellung einnimmt. Die Stäbchensäume derselben, die sich dann fast ihrer ganzen Ausdehnung entlang erstrecken, sind dann sämmtlich um einen gemeinschaftlichen Hohlraum angeordnet, also auf der imnern Fläche einer Röhre, durch welche die Axe zieht, und lassen ent- weder noch Zwischenräume zwischen sich erkennen, oder berühren sich gegenseitig mit den dann abgeplatteten Seitenflächen. — Dies Verhalten wurde besonders bei Coleopteren und kurz- fühlerigen Dipteren beobachtet, findet sich aber auch bei Crustaceen. 3. Eine fernere Abänderung besteht darin, dass die Stäbchensäume sämmtlicher Zellen der Retinula zu einem axialen, anscheinend einfachen Strang (dem Rhabdom) verschmelzen, an dem man zuweilen auf Querschnitten noch Spuren der Trennungslinien nachweisen kann. Häufig fehlen auch diese, und man ist dann auf die Zählung der Zellen angewiesen, die auf Querschnitten rosettenartig um den axialen Strang angeordnet sind. Dies findet sich bei Hymenopteren, Orthopteren, Cicaden, Tagschmetterlingen und bei Crustaceen. Es mag hier noch erwähnt werden, dass die beiden letzteren Arten der Anordnung sich auch finden können bei Retinulis von nur fünf oder vier Zellen. 4. Endlich modificirt sich der Zellencomplex der Retinula noch in der Art, dass nur an bestimmten Stellen der stark verlängerten Zellen, gewöhnlich an ihrer inneren oder hinteren Hälfte, Stäbchensäume zur Ausbildung kommen, die dann meist eine mehr oder weniger starke Anschwellung der Retinula verursachen. Der Uebergang zwischen der saumtragenden und saum- losen Region der Retinula ist dann bald schroff, bald allmälıg. — Diese Form ist weit verbreitet: eine grosse Anzahl von Käfern, wohl alle Schmetterlinge ausser den Tagfaltern, viele Neuropteren und ausserdem zahlreiche Crustaceen weisen sie auf. Auch hier findet sich häufig eine Reduction der Elemente bis auf vier herab: oft ıst diese aber auch nur eine scheinbare, indem man wohl ganz deutlich sieben Zellen zählen kann, aber nur vier zugehörige Stäbchen- säume des Rhabdoms, wie wir bei Crustaceen sehen werden. 1) 70 dapßdwua — 6aßdweıs, die Riefelung oder Cannelirung der Säulen in der Architectur. J. Untersuchungen. —1 [0 6) Damit dürften wohl vorläufig die von mir beobachteten Hauptformen der Retinula ge- nügend characterisirt sein. Einige mehr untergeordnete Modificationen werden im Laufe der Darstellung noch zur Sprache kommen, wie auch eine principiell verschiedene, die sich bei Limulus findet, dessen Auge, obschon ein zusammengesetztes, einem ganz und gar abweichenden Typus folgt, der sich nicht auf die hier zu Grunde geleste Form zurückführen lässt. Nachdem wir hier in dem dioptrischen und dem percipirenden Abschnitt, die jeweils zu einer Facette gehören, die wesentlichsten Bestandtheile des zusammengesetzten Auges flüchtig vorgeführt haben, bleibt uns noch em dritter, morpholosisch mehr untergeordneter, physiologisch dagegen nicht unwichtiger Factor zu berücksichtigen übrig, nämlich das Pigment. Auch dieses zeigt hinsichtlich seines Auftretens eine gewisse Constanz. Wir haben zu- nächst dreierlei Träger des Pigmentes zu unterscheiden, nämlich: 1) die Zellen der Retinula; 2) die Pigmentzellen des Krystallkegels oder der ihn vertretenden Gebilde (Hauptpigment- zellen, Pigmentzellen 1. Ordnung), und 3) Pigmentzellen 2. Ordnung, wie ich die m ihrer An- ordnung weniger constanten bezeichnen will. 1. In weitaus den meisten Fällen sind die Zellen der Retinula durch und durch mit dunklem, körnigem Pigmente imprägnirt, selbstverständlich mit Ausnahme des zugehörigen Stäbchensaumes, der immer völlig klar und durchsichtig bleibt. Nur bei den vorhin unter 4. aufgezählten Formen der Retinula ist diese theilweise, oder selbst grösstentheils, frei davon, wenigstens bei Insecten; bei Crustaceen ist mir kein Beispiel davon bekannt geworden. 2. Um die Krystallkesel, Krystallzellen und die sogenannten Pseudoconi findet sich immer Pigment, wenn auch diese Gebilde nicht immer bis zur Unsichtbarkeit darm versteckt liegen, sondern bald vorn, bald hinten etwas durchscheinen. Bei den Insecten ist dieses Pigment sehr allgemein m zwei platten, zusammen eine tüten- oder trichterförmige Hülle um die genannten dioptrischen Apparate bildenden Zellen eingeschlossen, die häufig auch nur das hinterste Ende derselben umfassen. Ich will nicht behaupten, dass unter den Insecten keme Ausnahmen vorkämen, aber sicher sind diese selten, und ich habe deswegen jene Zellen als Hauptpigmentzellen zu be- zeichnen vorgeschlagen. — Bei Crustaceen ist ebenfalls m der Umgebung des Krystallkegels mehr oder weniger Pigment vorhanden, indessen ist es mir nicht gelungen, dort das Gebundensem desselben an solche Hauptpigmentzellen nachzuweisen. 3. Zwischen den Krystallkegeln und deren Aequivalenten, wie auch zwischen den Retinulis finden sich die von mir vorhin als Pigmentzellen 2. Ordnung bezeichneten Gebilde. Sıe sind bald nur kurz, und dann meist relatıy dick; bald aber fadenförmig ausgezogen, und können dann pigmentfreie Enden haben. Meist sind sie sehr zahlreich, und dann anscheinend regellos vertheilt; bei einigen Fliegen und Nachtschmetterlngen aber habe ich eine sehr gesetzmässige Lagerung und Anordnung bei constant bleibenden Zahlen derselben beobachten können. Ausserdem findet sich namentlich bei Crustaceen eine Form von Pigment, das vermuthlich auch an Zellen gebunden ist, obschon mir der Nachweis dieses Verhaltens nicht gelang. Dieses Pigment unterscheidet sich von dem bisher besprochenen durch seinen sozusagen erdigen Character, und ist ebensowohl absolut undurchlässig für Licht, als auch unlöslich in Salpetersäure. Ich finde es meist in der Umgebung des innern Endes der Retinula, und von hier aus erstreckt es sich oft in Schleifen oder Arcaden nach vorn bis in die Gegend der Krystallkegel. Nur selten findet sich ein ähnliches, aber durch Salpetersäure zerstörbares Pıgment auch bei Insecten (bei Tag- schmetterlingen z. B.). Von ferneren, häufig auffallenden Bestandtheilen des Auges, wie z. B. den Tracheen bei 2. Abschnitt. Vom zusammengesetzten Auge der Insecten und Crustaceen. 79 Insecten, können wir hier um so eher absehen, als sie mit dem Sehorgan als solchem direct nichts zu thun haben, und ihr Vorkommen und Verhalten äusserst wechselnd ist. Es mag vielleicht auffallen, dass ich unter den essentiellen Bestandtheilen des Facetten- auges die von Leydig mit so grosser Bestimmtheit behaupteten Muskelfasern nicht aufgeführt habe; ich muss deshalb wohl meine Stellung dazu etwas näher erörtern. Bekanntlich hat Leydig!) in den zusammengesetzten Augen von Insecten Fäden be- schrieben, die bald innerhalb, bald ausserhalb der sog. Scheide des „Nervenstabes“ der Länge nach verlaufend ihrem Wesen nach als feine quergestreifte, äusserlich pigmentirte Muskelfibrillen aufgefasst werden müssen. Bei Hymenopteren hat er sogar ihre Wirkung unter dem Mikroskop direct beobachten können, indem er die verschiedene Weite der „Pupillarrmge* als Effect der Contraction dieser Muskeln, die hier um den Krystallkegel noch ein irisartiges Geflecht bilden sollen, ansıeht. Leydig ist der Eimzige, der mit positiven Angaben darüber aufgetreten ist, freilich gleich mit so bestimmt formulirten, dass es nicht Wunder nehmen kann, wenn einmal seine Darstellung in den Lehrbüchern ete. allgemem Eingang gefunden hat, und dann andererseits kaum ein Zweifel. geschweige denn offener Widerspruch sich geltend zu machen versuchte. Schon Claparede?) lässt indessen zwischen den Zeilen durchblicken, wie wenig seine eigenen Untersuchungen die muskulöse Natur dieser Fäden zu stützen im Stande sind; M. Schultze, der sonst seine Beobachtungen gewiss nicht vorzuenthalten pfleste, schweigt in sehr bezeichnender Weise völlig darüber, und einer der neuesten Beobachter, Steinlin®), spricht seine Verwunderung über die ihm erst nach Abschluss seiner eigenen Untersuchungen bekannt gewordene Deutung dieser Fäden aus, da es ıhm vorher „nicht von weitem in den Sinn kam, diese Gebilde für Muskelfäden zu erklären“. Meine eigenen Untersuchungen, die ich nach dieser Seite hin mit besonderer Sorgfalt an lebendem wie an gut conservirtem Material anstellte, machen es mir nicht möglich, die Angaben von Leydig anzuerkennen. Ich kann in den von diesem Forscher beschriebenen und abgebildeten Fasern nichts anderes sehen, als fadenförmig verlängerte Pigmentzellen, und da, wo diese ver- meintlichen Muskelfasern (bei Hymenopteren) sich mit dem irisartigen Pigmentgürtel vereinigen sollen, finde ich nur die typischen beiden Hauptpigmentzellen, 'an denen die ersteren vorbeistreichen. Ebensowenig hat die Untersuchung der Augen von Dämmerunges- und Nachtschmetterlingen ver- mocht, meine Ansicht zu Gunsten der Leydig’schen Anschauungsweise zu ändern. Ich will nun meine eigenen Untersuchungsresultate mittheilen, und dabei die Augen der Insecten und Crustaceen getrennt vorführen. A. Zusammengesetzte Augen der Insecten. a. Acone Augen. Ich beginne die Darstellung meiner Untersuchungsresultate über den Bau des facettirten Auges mit der von mir als acones Auge bezeichneten Form, und zwar zunächst der Dipteren, soweit ‚diese nicht zu den andern Abtheilungen gehören. Es sind hier nur die langfühlerigen 1) Arch. f. Anat. etc. pag. 421, 424; Histologie pag. 255; Auge der Gliederthiere pag. 11, 12; Taf. z. vergl. Anat., Erklärung zu Taf. X. 2) Zeitschft. f. Zool. X. pag. 206. 3) Steinlin, Beiträge zur Anatomie der Retina. (Verhdlgn. der St. Gallischen natw. Ges. 1865—66. pag. 110 des Separatabdr.) s0 I. Untersuchungen. Dipteren, die Tipuliden, zu berücksichtigen, denen wohl der Mehrzahl nach der nachfolgend beschriebene Grundecharacter des Auges zukommen dürfte, obschon z. B. die Euconie des Auges von Corethra zur Vorsicht hinsichtlich allzu rascher Generalisirung auffordert. Ich habe von dieser Gruppe der Dipteren drei Gattungen untersucht, nämlich mehrere Species des Genus Tipula, dann Ötenophora flaveolata, und emige Arten von Culex. Ich gebe nur von den beiden ersten Gattungen Zeichnungen, da die Augen von Öulex ziemlich mit denen von Tipula überemstimmen, und ausserdem zu kleine Dimensionen bieten, um sie gut und übersichtlich darstellen zu können. 1. Augen von Tipula spec. — Die Figuren 44 und 45 A—C Taf. VII sollen den Bau des Auges dieser Gattung versinnlichen, und zwar stellt Fig. 44 einen Schnitt durch drei Facetten nebst den zugehörigen Weichtheilen, Fig. 45 aber Schnitte durch eine Retinula in drei ver- schiedenen Höhen dar. Erstere Figur wurde nach einem Präparate entworfen, dessen Entfärbung unterbrochen wurde, als die Elemente durch das heller gewordene Pigment hindurch deutlich zu werden begannen. Die Corneafacetten (Lf. Fig. 44) erscheinen durch intensiv braun tineirte Zonen von eim- ander getrennt, die von der innern nach der äussern Oberfläche hin, allmälıg an Breite ab- nehmend, sich erstrecken. Die Wölbung der einzelnen Facetten ıst nach aussen sehr bedeutend, fast halbkugelig; nach innen sind sie dagegen sehr Nach. Die Schichtung der Chitimmasse ist nicht zu verkennen, und an der äussern Oberfläche markirt sich scharf eine dünne, von der Masse sich abhebende Lamelle. An die Innenfläche jeder Facette setzt sich em kurzer und Hacher, mit etwas einwärts geschweifter Mantelfläche versehener Kegel an, dessen Spitze nach innen gerichtet ist und sich im dahinter gelegenen Pigmente verliert. Dass dieser Kegel nicht mit dem Krystallkegel zu identificiren ist, trotzdem er wie dieser aus vier Segmenten sich zusammensetzt, ergiebt sich daraus, dass jedes dieser Segmente im Innern einen deutlichen Zellkern führt, der beim ächten Krystall- kegel sich nie da findet. Diese Zellen sind die von mir so genannten Krystallzellen (K2.), die Kerne sind homolog den bekannten Semper’schen Kernen, wie sie Claparede (l. ec.) ge- nannt hat, die bekanntlich bei den euconen Augen als Ueberreste der die Krystallkegelsesmente bildenden Zellen zwischen Kegel und Corneafacette sich erhalten. In dem um die Spitze des Kegels dicht angehäuften Pıgment erkennt man zwei durch- schimmernde Kerne; diese gehören zu den Hauptpigmentzellen (Pgy7.), deren Inhalt jene dichte Anhäufung verursacht. Ausser diesen liegen der Innenfläche der Cornea noch zahlreiche, kurz- prismatische Pigmentzellen an, welche die Zwischenräume zwischen den Kegeln völlig erfüllen, und sich nach hinten verlieren. Dies sind die Pıgmentzellen 2. Ordnung (Pg77.). Die bisher besprochenen Elemente setzen, ohne dass solche nervöser Natur sich dazwischen fänden, die vordere der beiden Schichten zusammen, welche die Weichtheile des Auges bilden. Die weit diekere hintere Schicht ist ausschliesslich gebildet von den Retmulis (.Rl.). Um den Bau der Retinula zu verstehen, wird es nöthig, ausser den optischen Längs- schnitten derselben in Fig. 44 auch die Querschnitte Fig. 45 in verschiedenen Höhen zu Rathe zu ziehen. Zu jeder Retinula gehören sieben Zellen, die senkrecht auf der imnern, das Auge abschliessenden Cutieula (ct) aufsitzen (in den Randpartien des Auges sind sie freilich mehr oder weniger stark dagegen geneigt), und als nach vorn etwas abgerundete Cylinder oder Prismen gegen jeden Krystallzelleneomplex hinstreben. Von den Zellen der Retinula umstehen je sechs peripherische eine centrale, die jene an Grösse bedeutend übertrifit. In allen lassen sich nach 2. Abschnitt. Vom zusammengesetzten Auge der Insecten und Crustaceen. s1 genügender Entfärbung die Kerne deutlich wahrnehmen (n.); die Centralzelle besitzt einen grossen, kugeligen Kern, der ihr an Durchmesser nicht viel nachsteht, und der ziemlich nahe am Hinterende derselben gelegen ist. Die Kerne der Randzellen sind etwas abgeflacht und weiter nach vorn ge- rückt. — Nach vorn convergiren die etwas abgeplatteten Randzellen gegen die Axe der Retinula hin, entsprechend der abgerundeten Zuspitzung der Centralzelle. Zu jeder dieser Zellen gehört ein Stäbchen (St, St), von denen das zur Centralzelle gehörige (St/.) sich im einigen Punkten von den den Randzellen entsprechenden unterscheidet. Die letzteren (St.) sind ungefähr von der halben Länge der zugehörigen Zellen, nach vorn, der Richtung der Zellen folgend, gegen die Axe hin zusammengeneigt und hier‘ rinnenförmig aus- gehöhlt (vgl. den Querschnitt Fig. 45 A Taf. VI), mit der Convexität gegen die Axe gerichtet. Hier liegen sie auch an der axialen Oberfläche der Zelle, so dass sie nur nach einer Seite hin von der Zellsubstanz begrenzt werden. Weiter nach hinten werden sie dünner, treten in das Innere der Zelle hinein, und die Rinne verstreicht sich völlig (vgl. Fig. 45 B); mir ist auf allen derartigen Schnitten die stärkere Lichtbrechung des axialen Randes aufgefallen. Das hinterste Ende ist völlig scharf begrenzt und läuft mit einer feinen Spitze aus. Das zur centralen Zelle der Retinula gehörige Stäbchen (St7.) bildet einen einfachen lang- gezogenen Conus, und ist wie ein Nagel in die Axe der Zelle hineingetrieben, also ringsum von der Zellensubstanz umgeben, wie besonders die Querschnitte (Fig. 45 A—C) ergeben. Es ist ziemlich gerade, länger als die der peripherischen Zellen, und ragt sowohl nach vorn als nach hinten etwas über diese hinaus. In Fig. 44 scheint es, als ob ein besonderes eiförmiges Körperchen sich zwischen das centrale Stäbchen und die Krystallzellen einlagerte, was mich anfänglich auf den Gedanken brachte, dasselbe möchte als ein etwas abnorm gelegener rudimentärer Krystall- kegel aufzufassen sein. Aber schon die Thatsache, dass dieses anscheinend selbständige Körperchen nicht ausnahmslos, ferner nicht immer im der gleichen Grösse sich fand, liess den Verdacht an ein Kunstproduct, hervorgebracht durch Volumenänderung bei der Erhärtung in Alcohol, auf- kommen, und später vorgenommene Untersuchung sowohl frischer, als mit Osmiumsäure behandelter Augen, an denen ein solches Verhalten nie beobachtet werden konnte, erhob dies zur Gewissheit. Das Stäbchen scheint mit seinem vordern Ende den Hinterenden der Krystallzellen relativ fest anzuhängen; tritt nun durch die Gerinnung in Alcohol eine Verkürzung ein, so bricht es meist quer durch, was wohl noch besonders dadurch erleichtert wird, dass das Vorderende frei aus der Zellensubstanz hervortritt. An die innere Seite der zarten, das Auge nach innen abschliessenden Cuticula (Fig. 44 ct.), welcher die Zellen der Retinula mit flacher Basis aufsitzen, treten die Nervenfasern nach ihrem Austritte aus dem Ganglion opticum heran. Die Scheiden mit den Kernen der relativ starken Fasern bilden eimen mässig dicken Ueberzug auf der hintern Seite der Cuticula; die Nerven selbst treten durch Oeffnungen derselben hindurch, um in’s Innere der Zellen einzudringen. Ich habe die Art und Weise, wie das geschieht, nur ein einziges Mal zu beobachten Gelegenheit ge- habt, und an der Centralzelle der mittleren der drei gezeichneten Retinulae darzustellen versucht; es ist, wegen der Proceduren, welche zur Entfernung des Pigmentes unerlässlich sind, weit schwieriger zu erkennen, als man von vornherein annehmen möchte. Das Ende der ziemlich dicken eintretenden Nervenfaser verbreitert sich leicht, zeigt hier eine Andeutung von Längs- streifung, und hört unmittelbar hinter der Eintrittsstelle auf, sichtbar zu sein; von einer Fort- setzung nach dem Stäbehen hin, an den Seiten des vorgelagerten, die Zelle fast im ganzen Querschnitte erfüllenden Kernes vorbei, konnte absolut nichts wahrgenommen werden. Grenacher, Untersuchungen über das Sehorgan der Arthropoden. al 82 I. Untersuchungen. 2. Augen von Ötenophora flaveolata Men. — Bei Ctenophora, von der ich einige Weingeistexemplare in sehr guter Erhaltung zu untersuchen Gelegenheit hatte, smd ın allen wesentlichen Punkten die Augen nach dem gleichen Bau gestaltet, wie bei der vorigen Gattung, und die beobachteten Abweichungen sind nur untergeordneter Natur. Die Figuren 46—48 Taf. VII zeigen sowohl die Uebereinstimmung wie die Verschiedenheiten klar genug, um mich bei der Be- schreibung kurz fassen zu können. Fig. 46 entspricht der Fig. 44, nur ist sie einer mehr randständigen Partie des Gesammt- auges entnommen, was aus dem gebogenen Verlaufe der Zellen der Retinulae hervorgeht. Da hier die Pigmentanhäufung keine allzu dichte ist, so wurde auf Entfärbung verzichtet; in Fig. 47 dagegen ist der Zubehör einer Facette, mehr aus den centralen Theilen des Auges, nach voll- ständiger Entfärbung mit Salpetersäure wiedergegeben. Die Facetten (Lf.) sind ebenfalls durch dunkle Septa, die sich zu einem Netzwerk ver- einigen (Fig. 48), von einander getrennt; vorn sind sie schwach convex, hinten dagegen leicht concav, beinahe plan. Das Verhalten der Krystallzellen ist, abgesehen von der nach aussen convex gewölbten Mantelfläche, dasselbe wie bei Tipula, auch die Hauptpigmentzellen erfordern keinen besondern Hinweis. Der Unterschied liest vorzüglich in der Retinula, besonders in dem Ueberwiegen des Stäbchens der Centralzelle (St/.) über die der peripherischen (St.), die von dem ersteren um das 3-, 4- bis mehrfache übertroffen werden. Am centralen Stäbchen zeigt sich bei Weingeistexemplaren gewöhnlich auch wieder das vordere Ende abgerissen, doch nicht ausnahms- los, wie Fig. 47 zeigt, die von demselben Auge stammt. Ferner liegt hier das centrale Stäbchen in emem weiten eylindrischen, nach hinten allmälig sich schliessenden Hohlraum, in dessen Wandung, namentlich nach hinten hin, sich das Pigment besonders dicht anhäuft. Dasselbe ist auch bei den Randstäbchen, wenn auch in weit geringerem Maasse, der Fall. Ich habe hier einfach von einer Höhlung um das Stäbchen gesprochen, bin aber dessen nicht völlig sicher ge- worden; es kann auch sein, dass der Anschein eines Hohlraums durch eine klare, schwach licht- brechende Substanz zwischen Stäbchen und Zellkörper zu Stande kommt. Auch kann ich, falls erstere Vermuthung zutrifft, dem Eimwand nicht entgegentreten, dass hier ein Kunstproduct, ent- standen durch eine starke Volumsverringerung des Stäbchens bei der Erhärtung, vorliege; ich hatte nur Weingeistexemplare zur Verfügung. Die Kerne der Randzellen der Retinula liegen auch hier weiter nach vorn, als die der centralen; erstere ungefähr in der halben Länge; die letzteren liegen dicht vor dem stark pigmen- tirten Hinterende, sind von oben gesehen kreisrund, von der Seite elliptisch, und erfüllen den Zellenquerschnitt fast vollständig. Zu Fig. 48 ist zu bemerken, dass dieselbe ein Stück eines Flächenschnittes, parallel einer Tangentialebene, darstellt. Links sind einige Reihen von Facetten (Zf.) durchschnitten, so dass die dunkeln Maschen, welche die einzelnen lichtdurchlassenden Facetten begrenzen, als ge- schlossenes Netz hervortreten; weiter nach rechts folgen die Krystallzellen (Kz.) und dann die Retinulae in verschiedenen Höhen quer durchschnitten. Die Schnitte am meisten nach oben zeigen nur das centrale Stäbchen, die randständigen sind unter dem Pigment der Hauptpigment- zellen verborgen; mehr in der Tiefe durchschnitten, kommen auch die letzteren als Kranz um das centrale zum Vorschein. — Eines weiteren Commentares bedürfen, wie ich glaube, die Figuren nicht. 3. Augen von Notonecta glauca. — Die Augen der wanzenartigsen Hemipteren schliessen sich ihrem Bau nach am natürlichsten an die eben beschriebenen von langfühlerigen Dipteren an. Ich beschränke mich bei der Darstellung auf die genannte Art, die ich, weil sie 2. Abschnitt. Vom zusammengesetzten Auge der Insecten und Crustaceen. s3 mir zufällig am leichtesten zugänglich war, am eimgehendsten untersucht habe. Ich habe übrigens von Wasserwanzen noch ausserdem Nepa und Ranatra, von Landwanzen Pyrrhocoris, emige Pentatomen und Lygaeus spec. auf den Augenbau untersucht, bei allen aber bis auf unter- geordnete Differenzen in Grösse ete. die Grundzüge des Baues so übereinstimmend gefunden, dass ich mich einer eingehenden Berichterstattung über dieselben wohl für enthoben halten darf. Dem Facettenauge von Notonecta sind die Figg. 49—53 Taf. VII gewidmet. Fig. 49 A zeigt eime Retinula mit den Krystallzellen, aber ohne zugehörige Facette, wie sie sich frisch ohne Zusatz eines Reagens oder einer Entfärbungsflüssigkeit präsentirt. Die Weichtheile des Auges erweisen sich hier etwas resistenter gegen die Einwirkung von Wasser, als man es sonst, ausser bei Fliegen, findet; sie ermöglichen demnach wenigstens bis zu einem gewissen Grade ein Studium derselben in frischem Zustande, obschon, um sie in ihrem ganzen Bau zu studiren, noch mancherlei Manipulationen erforderlich sind. Die Krystallzellen (Xz.) mit ihren deutlichen kugeligen Kernen sind ganz umschlossen von den beiden Hauptpigmentzellen, die eine becher- oder urnenförmige Hülle um dieselben bilden (Fig. 49 B), beim Präpariren sich aber häufig von ihnen loslösen, wie Fig. 49 A es zeigt. Das Pigment in den erwähnten Pigmentzellen besteht aus ziemlich ansehnlichen, gleichgrossen Kügelchen, die meist im regelmässigen Querreihen angeordnet sind. Die Beziehungen dieser Zellen zu den Krystallzellen können am besten aus Figur 51 ersehen werden, die einem entfärbten Präparate entnommen ist. Die Retinula (Rt.) ist im Ganzen etwa keulenförmig, und macht einen weit mehr einheitlichen Eindruck, als bei den vorbeschriebenen Dipteren. Sie ıst in ihrer ganzen Länge mässig pigmentirt, mit starken Anhäufungen von Farbstoff an ihrem Vorder- und Hinter- ende, sowie an eimer axialen Stelle hinter ihrer Mitte. In ganz frischem Zustande, ohne Zusatz irgend einer Flüssigkeit, oder bei gut erhärteten Augen liegen die Zellen derselben dicht anein- ander wie in Fig. 51; bei Wasserzusatz aber weichen sie in der vordern Hälfte etwas auseinander (Fig. 49 A), so dass man wenigstens eine Strecke weit die im Innern eingeschlossenen Stäbchen- säume ($t.) erkennen kann, wie auch, dass das Pigment an der Grenzfläche zwischen dem Saum und dem Zellkörper besonders dicht angehäuft ist. — Ausser den im hintern Drittel befindlichen Kernen (n.) beobachtet man noch zahlreiche grössere und kleinere unregelmässige Körper von starkem Lichtbrechungsvermögen, allem Anschem nach ein Fett. Besonders instructiv für die Zahl der Zellen der Retinula und die Beziehung der Zellen zu den Stäbchen sind Präparate wie Fig. 52, welche erhalten werden, wenn Augen nach 15 bis 20 Minuten langem Verweilen in Alcohol m Wasser zerzupft werden. Wenn durch Verletzung im vordern Theil der Zusammenhang der Zellen gelockert wird, so weichen unter dem Einfluss der Quellung, die noch nicht verloren gegangen ist, und die namentlich stark die Stäbchensäume zu betreffen scheint, die Elemente ausemander, und sie biegen sich nach aussen um. Nur ein centrales Element bleibt ziemlich gerade, weil der Widerstand, welcher der Verlängerung des axialen Stäbchens entgegengestellt wird, ein allseitiger ist; das Stäbchen ist nämlich, wie bei Tipula und Ctenophora, mitten in die zugehörige Zelle eingelagert. Mit Leichtigkeit gelmgt es, an solchen Präparaten sich von der Identität der Zahlen mit den bei jenen Dipteren ange- gebenen zu überzeugen; ebenso, dass Stäbchen oder Stäbehensaum und Zelle zusammengehörige und fest mit einander veremiete Gebilde sind, von denen die ersteren zu den letzteren sich morpho- logisch genau so verhalten, wie Cutieularbildung zur Zelle. — Auch der (entfärbte) Querschnitt durch drei aneinanderliegende Retinulae, welcher m Fig. 50 dargestellt ist, weist in nicht zu verkennender Weise darauf hin. Die Länge der Stäbchensäume in Bezug auf die zugehörigen Zellen lässt sich an Präpa- alas 54 I. Untersuchungen. raten wie Fig. 49 A, 51, 52 schwer bestimmen, weil selbst nach der Entfärbung noch so viel körnige Ueberreste des Pigmentes übrig bleiben, dass die nach hinten sich beträchtlich verjüngenden Enden darunter unerkennbar werden. Fie. 53 stellt nun ein Päparat dar, an welchem durch lange Einwirkung der Salpetersäure die Zellenkörper durch Maceration völlig zerstört waren; sie zeigt, dass die Stäbchensäume der peripherischen Zellen, wie das axial eingesenkte Stäbchen der centralen Zelle unter sich ziemlich gleichlang sind, aber auch an Länge den zugehörigen Zellen nicht viel nachstehen (die Figur ist nach der gleichen Vergrösserung wie Fig. 51 ent- worfen); ferner, dass sie nach hinten im äusserster Feimheit auslaufen. Wie sowohl Fig. 51, als der Querschnitt Fig. 50 zeigt, sind die Stäbchenbildungen ein- ander sehr genähert, und bei Betrachtung mit schwachen Vergrösserungen kann man leicht schon den Complex derselben für ein einheitliches Gebilde ansehen, das mit Längskanten versehen ist. So hat Leydig den „Nervenstab“ beschrieben, und gleichzeitig die von mir bestätigte Beobachtung mitgetheilt!), dass derselbe farblos ist im frischem Zustande. — Ausserdem liegen über das Auge der Wanzen noch Notizen vor von Müller?) und Will®), auf die ich einfach mit der Be- merkung verweisen kann, dass von ihnen das Fehlen des ächten Krystallkegels nicht erkannt worden ist. 4. Augen von Forficula. — Bei der Ordnung der Orthoptera finden sich nach meinen Untersuchungen acone Augen bei Forficula auricularıa; die übrigen dürften wohl der über- wiegenden Majorität nach in die Rubrik der Insecten mit euconen Augen einzureihen sein. Forficula (Fig. 54,55 Taf. VII) besitzt nach aussen mässig, nach innen stark parabolisch vorspringende Facetten (ZLf.), die sich durch starke Lichtbrechung auszeichnen. Die hinter ihnen gelegenen vier Krystallzellen (Kz.) haben eine etwas abweichende Gesammtform, indem sie eine Art von ziemlich dünner, der Facettenwölbung sich genau anschliessender Hülle bilden, die sich in ein kurzes, axial gelegenes Spitzchen zwischen die Hauptpigmentzellen (P97.) und gegen das Vorderende der Retinula fortsetzt. Die Hauptpigmentzellen sind sehr ansehnlich, und ragen stark nach den Seiten hin vor. Die Retinula hat etwa die Gestalt einer umgekehrten Champagnerflasche und ist sehr intensiv pigmentirt. Der Deutlichkeit wegen ıst in Fig. 54 die eine Retinula in der Längsansicht, die andere im optischen Längsschnitt gezeichnet, und unter gleichzeitiger Zuhülfenahme der Querschnitte (Fig. 55) wird es leicht, sich von der morphologischen Uebereinstimmung mit den bisher beschriebenen Augen zu überzeugen; die Zellengrenzen sind freilich, weil sie nicht beobachtet wurden, auch nicht gezeichnet. Das centrale Stäbchen (St/.) übertrifft hier wieder an Länge die peripherischen; alle aber sind vorn und hinten gleichdick und endigen nach beiden Seiten hin abgerundet. Das centrale ist ziemlich eylindrisch, und wieder im die Axe der zugehörigen Zelle eingesenkt, die randständigen bilden einzeln prismatische Cuticularsäume, die sich zu einem sechsseitigen hohlen Prisma zu- sammenfügen, welches das Centralstäbchen umschliesst (Fig. 55). Diese Figur zeigt auch die Beziehung der Stäbchen zu den Zellen, die auf solchen Querschnitten als halbkreisförmige Figuren, welche den Seiten des Hexagons aufsitzen, erscheinen. — Die Kerne liegen hinter den Stäbchen, im Beginn der halsartigen Verengerung der Retinula. Umhüllt sind die Retinulae von fadenartig 1) Arch. f. Anat. ete. pag. 425. ?2) J. Müller, Fortgesetzte Untersuchungen ete. Meckel’s Arch. 1829. pag. 50. >) Will, l. c. pag. 22. 2. Abschnitt. Vom zusammengesetzten Auge der Insecten und Crustaceen. s5 verlängerten Pigmentzellen 2. Ordnung (Pg77.), deren Kerne theilweise m das Niveau der Schnitte in Fig. 55 fallen. In dem grossen Heer der Coleoptera scheint, wie schon oben flüchtig angedeutet wurde, die Aconie des Auges eine sehr weit verbreitete Erscheinung zu sein. Wenn man aus den von mir angestellten Untersuchungen schon einen sichern Schluss ziehen könnte, so würden sich diese Insecten in zwei Reihen spalten, die der üblichen Unterabtheilung nach der Zahl der Tarsenglieder ziemlich entsprächen. Indessen sind die Untersuchungen doch noch nicht völlig genügend; sie müssten Familie für Familie umfassen, und dazu fehlte mir die Gelegenheit. In- dessen darf ich doch bemerken, dass ich keinen Käfer von der Gruppe der Pentameren (mit fünf Tarsengliedern) kennen gelernt habe, der ächte Krystallkegel vermissen liesse; dagegen keinen aus den Gruppen der Heteromeren, Tetrameren und Trimeren, der solche besässe. Ohne hier schon auf den Bau des euconen Käferauges einzugehen, werde ich einige Re- präsentanten des aconen Augenbaues, und zwar diejenigen, die ich am besten kennen lernen konnte (besonders auch hinsichtlich der Retinula) in Kürze vorführen. Vielfach war ich wegen technischer Schwierigkeit genöthigt, auf das Studium der letzteren zu verzichten, und musste mich mit der Constatirung der Abwesenheit ächter Krystallkegel begnügen. — Die mehr oder weniger eingehend untersuchten Käferarten der genannten Gruppen sind die folgenden: 1. Coleoptera heteromera. Fam. Melasoma . . . . . .... Tenebrio molitor. „ Wesicantia . . 2 . „2... Meloö proscarabaeus. 2. Coleoptera tetramera. (C. eryptopentamera.) Ss FCurculionnar 2. 2722 2aBissodes pinı. „ kLongicornia . . . . . .. Saperda, Carcharias, Rhagium spec. u. A. vu Chrysomelnare 2 22° 22:Chrysomielazspee: 3. Coleoptera trimera (©. eryptotetramera.) „ Coeeinellidae . . . . . . Coceinella septempunctata. Diese Aufzählung, verglichen mit der grossen Anzahl der hierhergehörigen Gattungen und Arten, vermag natürlich nicht zu beweisen, dass alle unter die genannten Gruppen gehörigen Käfer acone Augen haben; ebenso wenig, wie die Aufzählung der paar untersuchten Arten aus der Gruppe der Pentamera das Vorkommen der aconen Augen bei dieser Gruppe auszuschliessen vermag. Aber da die Wahl der Untersuchungsobjecte in beiden Fällen eime sozusagen zufällige und rein durch äussere Umstände bedingte war, und die Resultate immer, je nach der Categorie, mit eimander in der Hauptsache übereinstimmten, so lässt sich wenigstens die Wahrscheinlichkeit vorerst noch nicht bestreiten, dass die Charactere, die in der Bildung der Augen einerseits, ın der Zahl der Tarsen andrerseits gegeben sind, mit einander vergesellschaftet sich finden. Ich muss, wie schon bemerkt, hier von der Zusammensetzung der Retinula für die Mehrzahl der genannten Arten absehen; ich kann nur von Melo&, den beiden genannten Bockkäfern, und von Pissodes pini Erfahrungen mittheilen, die darin gipfeln, dass diese Käfer sowohl unter sich, als auch mit den vorher beschriebenen Insecten in Bezug auf Zahl und Anordnung der wesent- lichsten Theile des Auges in Ueberemstimmung stehen. Ich werde mich hier auf die Beschreibung des Auges von Melo&ö und Saperda beschränken. 5. Auge von Melo&. — Meine Untersuchungen über das Auge von Meloö proscara- baeus sind leider nicht ganz so vollständig, wie die über die andern aconen Augen, da mir nur 86 I. Untersuchungen. ältere, in etwas zu schwachem Alcohol aufbewahrte Exemplare zur Verfügung standen. Sie ge- nügen indessen für den Hauptzweck, die Abwesenheit des Krystallkegels und die Zusammen- setzung der Retinula aus den bekannten sieben Elementen zu demonstriren. Die Facetten (vel. Fig. 56 Taf. VII Lf.) smd nach aussen sehr wenig, nach innen aber ziemlich stark vorgewölbt; zwischen den innern Vorragungen sind die Zwischenräume viel grösser, als bei den bisher betrachteten Formen, was auf ein gering entwickeltes Sehvermögen hinweist, da auch die Retinulae weiter auseimandergerückt und deshalb sparsamer sind. Diesem Schlusse lest die Beobachtung des lebenden, bekanntlich recht trägen, Thieres kein Hinderniss in den Weg. — Bei diesen grossen Interstitien zwischen den Retinulis haben die Pigmentzellen 2. Ordnung (Pg77.) eine sehr bedeutende numerische Entwickelung erreicht, und füllen jene aus, indem sie als feme Fäden von der Cornea bis gegen die innere Grenz-Cuticula sich hinerstrecken. Der Complex der Krystallzellen (Kz.) sitzt m Form emer Mütze der innern Facetten- wölbung auf; ich habe freilich an meinem Materiale weder die Kerne, noch die Grenzlinien der Einzelzellen mehr nachzuweisen vermocht, glaube aber doch meine Deutung aufrecht erhalten zu können, wenn auch nur fussend auf der Analogie. Von ihnen zieht ein ziemlich dicker Strang nach hinten, gegen das centrale Stäbchen der Retinula; er ist von sehr diehtem Pigment um- geben, das den wohl auch hier nicht fehlenden Hauptpigmentzellen angehören dürfte; auch diese habe ich nicht mehr sicher zu erkennen vermocht. Weit besser hatten sich die kolbigen Retimulae (ARt.) conservirt, und an ihnen konnte ich, bis auf die Kerne, ganz gut die Zusammensetzung erkennen (vgl. Figge. 56; 57 Taf. VII). Die sechs peripherischen Zellen tragen abgerundet vierkantige Stäbchen, die etwa '„—'k ihrer Länge einnehmen, und am axialen Vorderende derselben gelegen sind, ohme sich gegenseitig, wie bei Forficula, zu berühren (vel. Fig. 57). Nach hinten endigen sie stumpf zugespitzt. Das Central- stäbchen, seiner Zelle axial eingepflanzt, verschmälert sich nach hinten ebenfalls, und ist etwa doppelt so lang als seime peripherischen Nachbarn. Vorn sah ich dasselbe gewöhnlich etwas weiter vorragen, und mit dem oben besprochenen Strang m Zusammenhang. Erwähnt mag hier noch werden, dass schon J. Müller!) bei M. majalıs die Krystall- kegel nicht aufzufinden vermochte, und in den starken innern Vorragungen der Facetten einen Ersatz dafür zu finden glaubte. 6. Auge von Saperda. — Genauer als bei Melo& habe ich das Auge von Saperda Carcharias (Figge. 58, 59 Taf. VII) untersuchen können. Die Krümmung der Facettenflächen ist beiderseits, innen wie aussen, bemahe die gleiche, mässıg gewölbte, und die einzelnen Facettenantheile der sehr dicken Cornea sind durch Zonen von intensiv brauner Färbung von einander geschieden. Jeder Facette entspricht ein Cornea- Prisma, das ungefähr doppelt so hoch als diek ıst (Zf.). Die Krystallzellen (X2.) sind hier sehr deutlich erhalten, und bilden zusammen auch einen schalenförmigen Ueberzug über die innere Corneawölbung; Kerne und Zellgrenzen lassen sich sehr scharf unterscheiden. Der von ihnen ausgehende, zwischen den beiden stark entwickelten Haupt- pigmentzellen (Pg?.) gegen die Retinula hinziehende Strang ist augenscheinlich von Fortsetzungen aller vier Zellen gebildet, worauf eine leichte Längslmie an demselben hindeutet. An der gestreckt kolbenförmigen Retinula sind die peripherischen Stäbchen ebenso lang b) J. Müller, Fortgesetzte Untersuchungen etc. in Meckel’s Arch. 1329. pag. 40. — Vgl. ferner dessen Physiologie Bd. II. 1840. pag. 309. 2. Abschnitt. Vom zusammengesetzten Auge der Insecten und Crustaceen. 87 und stark als das centrale; beide lassen sich bis in’s hintere Drittel verfolgen, wo sie, immer dünner werdend, sich der Beobachtung allmälıg entziehen. Dass die peripherischen durch gegen- seitige Berührung eine wenigstens im vordern Theil der Retinula geschlossene sechskantige Röhre bilden, ferner, dass das etwas plattgedrückte centrale Stäbchen im Innern semer Zelle eingelagert ist, das zeigen Querschnitte wie Fig. 59 zur Evidenz. — Die Kerne der Retinula - Zellen — wenigstens der peripherischen, die der centralen habe ich nicht gesehen — sind ziemlich weit nach vorn geschoben, mehr als bei den bisher besprochenen Formen, und liesen hier neben den Stäbchen, statt hinter ıhnen. Ganz ebenso habe ich den Bau des Auges von Rhagıum spec. gefunden, bis auf ganz untergeordnete Abweichungen. Wie schon oben gelegentlich angeführt, hat Leydig!) das Auge eines exotischen Prionus untersucht, und das Auffallende dabei gefunden, dass die Cornea partiell, zwischen den Facetten, eine enorme Verdickung nach innen erfährt, so dass die Retinulae — die übrigens Leydig nicht specieller erkennen konnte — in trichterförmige Höhlen eingeschlossen und isolirt werden. Die morphologischen Consequenzen, zu denen Leydig dadurch geführt wurde, sind schon Eingangs, in der historischen Uebersicht, einer nähern Erörterung unterzogen worden. — Was die übrigen der oben genannten Käfer anbelangt, so will ich hier nur noch bemerken, dass bei Pissodes die Stäbchen der Retinula eine verhältnissmässig bedeutende Entwickelung erreichen. — Das Auge von Tenebrio molitor ıst von H. Landois und W. Thelen?) auf seine Entwickelung vornehmlich untersucht worden; die Aconie desselben wird aber nicht erwähnt. Werfen wir noch einmal einen flüchtigen Blick auf die hier vorgeführten Thatsachen, so haben wir als characteristisch für die vorgeführte Augenform zweierlei gefunden: 1) das Fehlen ächter Krystallkegel, an deren Stelle vier einfache kernhaltige Zellen sich finden; 2) die Zu- sammensetzung der Retinula (des Seh- oder Nervenstabes) aus sieben einzelnen Zellen, zu denen ebensoviele Stäbchen gehören. Da diese letzteren noch immer emen gewissen Grad von Selb- ständigkeit behaupten, der wenigstens das centrale Stäbchen nicht in die dichte Anemander- lagerung, wie sie die peripherischen aufweisen können, eingehen lässt, also noch keim eigentliches Rhabdom zu Stande kommt, so haben wir hier eine weniger ausgebildete Form des zusammen- gesetzten Auges vor uns, die uns, wie wir sehen werden, für das Verständniss desselben werth- volles Material liefern wird. Dabei wird sich ferner herausstellen, dass die Kenntniss dieser Augenform die unerlässliche Voraussetzung nicht nur für die Zurückführung der einfachen und zusammengesetzten Augen auf einander, sondern auch für die Erklärung des Sehactes bei den letzteren bildet. b. Pseudocone Augen. Die von mir unter diesem Namen zusammengefasste Augenform findet sich nach meinen Erfahrungen, die der Natur der Dinge nach nur Iimitirte sein können, nur bei den ächten kurz- fühlerigen Dipteren. Ich habe eine Reihe von Formen — den Gattungen Tabanus, Haema- topota, Sarcophaga, Syrphus und Musca angehörend — untersucht, und, wenn auch einzelne mehr oder weniger erhebliche Differenzen im Bau sich finden, doch bezüglich der Hauptpunkte D) Leydig, Arch. f. Anat. ete. 1855. pag. 421. Taf. XVI Fig. 29. 2) H. Landois und W. Thelen, Zur Entwickelungsgeschichte der facettirten Augen von Tenebrio molitor. Ztschft. f. wiss. Zoologie. Bd. XVII. 1867. pag. 34 u. fl. Sehr dürftig! 83 I. Untersuchungen. grosse Uebereinstimmung erkannt. Ich werde mich deshalb auf einige wenige besonders ein- gehend studirte Formen beschränken. Von den aconen und den euconen Augen unterscheidet sich das pseudocone, wie ich es auffasse, durch folgende Charactere. Während beim aconen Auge die vier hinter der Facette ge- legenen und sie abscheidenden Zellen zeitlebens als solche unverändert persistiren; beim euconen aber ausser der Facette noch den aus ebensoviel Segmenten, als Zellen vorhanden sind, be- stehenden Krystallkegel aussondern, (und zwar erscheint jedes Segment ursprünglich im Innern der zugehörigen Zelle): scheiden die vier Krystallzellen beim pseudoconen Auge eine weiche, halb oder ganz flüssige Substanz aus, die, zusammengehalten durch trichterförmig gestaltete Haupt- pigmentzellen, functionell dem Krystallkegel zu vergleichen ist. Sie ist aber vor den Zellen ge- legen, durch deren Thätigkeit sie entstanden ist, zwischen denselben und der Facette; die Kerne jener Zellen, die man als Semper’sche bezeichnet, liegen demnach nicht, wie bei den andern zusammengesetzten Augen, der Facette stark genähert, sondern in einem oft recht erheblichen Abstand von ihr abgerückt. Damit habe ich die hauptsächlichste Differenz zwischen der pseudo- conen und den andern Augenformen präcisirt; die übrigen Modificationen treten daneben in den Hintergrund. 1. Auge von Tabanus bovinus. — Das Auge von Tabanus ist in den Figuren 60 bis 62 Taf. VII dargestellt; in Fig. 60, die einen Schnitt senkrecht auf die Cornea wiedergiebt, aber nur den vordern Theil der Weichtheile umfasst, ist der zu der emen Facette gehörige An- theil im Längsschnitt, der zu der andern gehörige in der oberflächlichen Ansicht gezeichnet. Die Convexität der Facetten ist nach aussen grösser als nach innen, obgleich auch hier noch merklich gewölbt; die eimzelnen Facetten sind hier wieder durch tingirte Zonen von einander isolirt, und überdies von der äussern Oberfläche her noch durch schmale, nicht tief ein- dringende Spalten. An die Seitentheile der innern Facettenfläche legen sich die nach aussen weit auseinander- weichenden Ränder einer Röhre an, die sich nach hinten hin in eylindrischer Gestalt fortsetzt, so dass man sie etwa mit einem Speculum vergleichen könnte. Diese Röhre (Pg?.) besteht aus zwei platten, gegen einander gerollten Zellen, deren Ränder mit einander verwachsen sind. Sie sind mit dunkelm Pigment erfüllt, und überhaupt kein neues Element, sondern nur die uns schon bekannten Hauptpigmentzellen, die hier in etwas abweichender Form und Lagerung auftreten. — Das hintere Drittel etwa des von ihnen gebildeten Rohres wird durch einen vorn eben ab- geschnittenen, durchsichtigen, an den Seiten gewölbten Pfropf (Kz.) völlig erfüllt; dieser besteht aus vier deutlich von emander abgegrenzten kernführenden Zellen, den uns auch schon genügend bekannten Krystallzellen (vel. auch Fig. 61, Kz.). Die Pigmentröhre umschliesst sie ganz dicht, schnürt sich, ihrem Umrisse folgend, hinter ihnen entsprechend ein, und endigt an der hier an- stossenden Retinula. Zwischen der hinteren Facettenfläche und den Krystallzellen bleibt noch em ansehnlicher, seitlich von den Hauptpigmentzellen umschlossener Raum übrig, in welchem man den Krystall- kegel zu finden glaubte, den die überwiegende Mehrzahl der Forscher auch den Fliegen zusprach. Indessen hat es doch seine Schwierigkeit, diesen Begriff auf den Inhalt des Hohlraumes einfach zu übertragen. Wo immer wir von „Krystallkegeln“ sprechen, haben wir Gebilde im Auge, die, wenn auch oft äusserst weich und zerfliesslich, sich durch den Besitz einer bestimmten gegebenen Form von einer beliebigen amorphen Flüssigkeit unterscheiden, und es gelingt uns durch Erhärtung immer, mehr oder weniger gut diese Form zu conserviren und zu bestimmen. NN Vin 2. Abschnitt. Vom zusammengesetzten Auge der Insecten und Crustaceen. 59 Hier versagen aber alle solchen Mittel ihre Dienste; es ist mir nie geglückt, in dieser Höhlung etwas einem Krystallkegel Aehnliches nachzuweisen, und es machte durchaus den Eindruck, als wäre sie mit eimer Flüssigkeit erfüllt, die nur passiv durch die sie einschliessenden Wände in Kegelform zusammengehalten wird. Ganz leichte granulöse Trübung durch Erhärtungsflüssigkeiten, oder Erscheinungen wie die bekannten, von Eiweisshüllen umgebenen Wassertropfen, wie sie oft dem Mikroskopiker aufstossen, und die ich bei Untersuchung ganz frischer Augen auch hier er- hielt, deuten höchstens darauf hin, dass m der wässrigen Flüssigkeit Albuminate gelöst enthalten sind, verändern aber die Sachlage dadurch nicht. Ich habe deshalb mich für berechtigt gehalten, das hier zur Beobachtung gekommene Verhalten von den Fällen, wo ächte Krystallkegel vor- kommen, abzutrennen, und diesen dioptrischen Apparat als „Pseudoconus“ besonders zu bezeichnen. Um den Pseudoconus herum lagern sich noch die Pismentzellen 2. Ordnung. Diese sind spindelförmig, ziemlich gestreckt, und bilden einen eontinwirlichen Beleg über die Hauptpigment- zellen (vgl. Fig. 60, 61, Py/7.), was besonders auf Querschnitten deutlich hervortritt. Vorn be- rühren sie die Cornea, hinten erstrecken sie sich bis auf den Vordertheil der Retinula. Die Retinula ist vorn und hinten ziemlich gleichdick und auch von nahezu gleichem Bau. Durch eine Masse von kolbigen Tracheenenden (Tr.), die sich zwischen die einzelnen Retinulae drängen, wird die Form ihres Querschnittes (Fig. 62) bedingt; sie sind meist mehr oder weniger abgerundete dreiseitige Prismen. Dass sie ebenfalls aus sieben Zellen zusammengesetzt sind, lässt sich kaum aus den Zellengrenzen erschliessen, selbst wenn man über sehr gute Schnitte verfügt, weil die Zellen sehr innig unter einander verwachsen, fast verschmolzen sind. Nur selten sieht man Spuren von gegenseitiger Abgrenzung. Was indessen hier vermisst wird, wird ersetzt durch die Leichtigkeit, sich über die Zahl der Stäbchensäume zu orientiren. Die Retinulazellen bilden zusammen ein Rohr von ziemlich ansehnlichem Lumen (Fig. 62), das durch sieben vor- springende Leisten von kreisrundem Querschnitte eingeengt wird. Diese ziehen, von der Seite gesehen, als stark lichtbrechende, gleichdicke Fäden (St.) von vorn bis hinten, wo sie allmälıg dünner und blässer werden, und vor dem hintersten Ende ganz verschwinden. Sie sind durch ansehnliche Zwischenräume von eimander s„etrennt; vorn aber, wo das Lumen der Retinula sich verengert, convergeiren sie, und treten am vordersten Ende in innigen Contact mit emander. Sie enden dort, an der Hinterseite der Krystallzellen, auf emen ganz kleinen Gesammtquerschnitt zusammengedränsgt. Diese Stäbchensäume sind auch in frischem Zustande völlig farblos, und nie habe ich, selbst bei Anwendung von sehr starken Vergrösserungen, Andeutungen der sonst so oft vor- kommenden Plättchenstructur (M. Schultze) an ihnen wahrnehmen können. Dies gilt ebenso für die andern genannten Arten, wie auch die grosse Resistenz der Stäbchensäume gegen Wasser für diese Geltung hat. Sie erhalten sich halbe, selbst ganze Stunden darm unverändert, auch wenn die übrigen Theile der Retinula schon längst durch Quellung gelockert, zerbröckelt und zu Grunde gegangen sind. Fast immer habe ich, wie auch m Fig. 62 angedeutet wurde, em Stäbchen besonders stark in das Lumen der Röhre vorspringen sehen; dasselbe sitzt dann am axialen Rande einer sehr dünnen, zum Zellenleib gehörigen Leiste auf. Ich möchte dies als eine Andeutung der ursprünglich axialen Lage der zugehörigen Zelle auffassen, die sich num der Peripherie eingefügt hat; und dies um so eher, als ich bei Musca vomitoria ganz sicher die ausgeprägt axtale Lagerung des einen Stäbchens beobachten konnte (vgl. weiter unten). Grenacher, Untersuchungen über das Sehorgan der Arthropoden. 10: 90 I. Untersuchungen. Die Kerne der Zellen der Retinula liegen unweit vom Vorderende derselben, ziemlich dicht bei einander. 2. Auge von Musca vomitoria. — Bei der Schmeissfliege smd die Abweichungen von dem eben geschilderten Bau nur untergeordneter Art; vol. darüber Fieg. 63—65 Taf. VIN. Die Facetten sind blos aussen merklich convex, nach innen fast völlig eben. Sie sind auf beiden Seiten durch schmale, spaltenartige Furchen von einander abgegrenzt, von denen die der äussern Oberfläche entsprechenden zwar schmaler, aber weit tiefer sind, als die der Innen- seite. In die letzteren sind die freien Vorderränder der die Pseudoconi umhüllenden Haupt- pigmentzellen sozusagen eingefalzt. Der von diesen Hauptpigmentzellen umschlossene Raum ist ein abgestumpfter Kegel mit rasch sich verbreiternder Basis. In die wie bei Tabanus sich verhaltenden Krystallzellen treten in eigenthümlicher Weise die Stäbchen der Retinula hinein, worüber nachher das Nähere. In Fig. 63 und 64 habe ich ein Verhalten dargestellt, das eher an die Anwesenheit ächter Krystallkegel erinnern könnte, als es sonst nach meinen Erfahrungen bei Fliegen der Fall ist. Nachdem ich mich lange vergeblich bemüht hatte, über den Inhalt jenes kegelförmigen Hohl- raums in's Klare zu kommen, führte mir der Zufall Exemplare von M. vomitoria in die Hände, deren Augenbau jene Figuren illustriren. Sie fanden sich unter einer Anzahl anderer, die im Vorrath gefangen und in Weingeist geworfen worden waren, und zeichneten sich vor den andern schon bei Betrachtung mit blossem Auge dadurch aus, dass nach eimiser Zeit die Augen das Pigment verloren hatten und weisslich geworden waren, während die übrigen sich nicht verändert hatten. Die Pseudoconi dieser Augen aber nur dieser — zeigten das abgebildete, gleich zu beschreibende Verhalten, und es ist mir nicht möglich, die Gründe dieser auffallenden Verschieden- heit anzugeben; möglich aber, dass sie mit dem Alter der Thiere, d. h. mit der seit dem Ver- lassen der Puppenhülle verflossenen Zeit m Zusammenhang steht. Wie dem auch sein möge, im Allgememen eilt für M. vomitoria das oben für Tabanus Ausgeführte. In den erwähnten Specialfällen aber fanden sich mn Innern jenes Hohlraumes vier ganz zarte blasse Stränge, die von den Krystallzellen nach der Corneafacette hinstrebten, und an beiden Enden sich fixirten (vel. Fige. 63, 64, Ps. C.); an der Facette so fest, dass sie beim Los- reissen derselben oft an ihr hängen blieben. Da sie den Raum nicht entfernt ausfüllten, und doch ım Ganzen, besonders vorn, seine Form copirten, so war der Eindruck der, als ob man hier auch nicht ein präexistirendes Gebilde vor sich hätte, sondern eme durch die Gerinnung sehr zusammengeschrumpfte, ursprünglich den ganzen Raum erfüllende, äusserst weiche Gallerte. — Fig. 64 zeigt das Aussehen der Querschnitte dieser Stränge. Die Zusammensetzung der Retinula ist die gleiche wie bei Tabanus, und ich wiederhole nur, dass hier der Gegensatz von Centralstäbchen und peripherischen deutlicher ausgeprägt ist, als dort. Dies lässt sich besonders leicht an frischen Augen constatiren. Zerzupft man nämlich ein solches sorgfältig, so findet man leicht unter den umherschwimmenden Fragmenten der Re- tinula Stücke, die so gebogen sind, dass man die Stäbchen an der Umbiesunesstelle im optischen Querschnitt übersieht, und dann ist immer eines in der Mitte der sechs übrigen gelegen, ohne aber sonst ausgezeichnet zu sein. Wie schon angeführt, treten bei M. vomitoria die Vorderenden der Stäbchen zwischen die Krystallzellen hinein. Dabei erleiden sie einige Modificationen, welche m Fig. 65 nach einem frischen Präparat gezeichnet sind (bei x), ohne die umhüllenden Krystallzellen, die entfernt sind. Die frei vortretenden Stäbchenenden sind etwas verdickt, vorn abgerundet, und viel 2. Abschnitt. Vom zusammengesetzten Auge der Insecten und Crustaceen. 91 weniger stark lichtbrechend als der übrige Faden. Aus der Mitte des Bündels sah ich immer ein einzelnes Ende etwas mehr hervorragen, als die andern, und ich vermuthe darin das Central- stäbchen. — In der Figur 65 sind übrigens, um Verwirrung zu vermeiden, nur fünf Stäbchen angegeben, und die Hülle, d. h. die Retinulazellen, im Zustande starker Quellung gezeichnet. Von den Kernen der Retinula liegen sechs im vordern Drittel, wo sie (an gehärteten Augen) buckelartige Auftreibungen verursachen; der siebente findet sich immer im hintern Drittel, und gehört wohl zum Centralstäbchen. Die Pigmentzellen 2. Ordnung sind ungleich grösser, aber sparsamer als bei Tabanus. Es sind, wenn ich nicht irre, um jede Retinula deren vier gelagert, aber so, dass jede zu zwei benachbarten Retinulae gehört (vergl. Fig. 63, Pg/7.). Sie sind kugelig mit einem vordern und einem hintern Ausläufer. 3. Auge von Sarcophaga carnarıa. Dieses weist nur sehr unbedeutende Abweichungen von den beschriebenen auf, die einer eingehenden Darstellung nicht bedürfen. — Fig. 66 Taf. VII ist einem frischen Auge entnommen; man erkennt deutlich die Grenzen der (im ihren natürlichen Farben wiedergesebenen) Hauptpigmentzellen (Pg?.) und deren Kerne; den Ort, wo die Krystall- zellen (Kz.) liegen ete. — In Fie. 67 Taf. VIII habe ich eine Zeichnung gegeben, welche die ? Stäbehenendigung am Boden des Pseudoconus-Trichters verdeutlichen soll. Die Ansicht ist von der Corneaseite her, nach Entfernung der Facette, und die sieben hellen, von dunklem Pigment umgebenen Punkte!), welche bei tieferer Einstellung im Hintergrund sich herausheben, sind die Endigungen der Stäbchen. Ausserdem verdienen die Pigmentzellen 2. Ordnung noch eine Er- wähnung. Sie sind kolbenförmig, langgezogen, purpurroth gefärbt, und in einer eigenthümlich öconomischen Weise um die Retinulae angeordnet. Fig. 68 Taf. VIII, die einen Querschnitt durch diese Pismentzellen wiedergiebt, lehrt, dass jeweils zwölf solcher zu einer Retinula gehören, dass aber jede einzelne Zelle gleichzeitig zu zwei Retinulae gehört, was durch die alternirende An- ordnung drei- und vierkantiger Zellen erreicht wird. Ich kann damit meine eigenen Mittheilungen über das Fliesenauge abschliessen, und nun dazu übergehen, meine Resultate mit denen, die frühere Untersucher darüber veröffentlicht haben, zu vergleichen. Nachdem J. Müller anfänglich in seinem Hauptwerke (Vgl. Physiol. des Gesichtssinnes) das allgemeine, ausnahmslose Vorkommen von Krystallkegeln im Facettenauge vertheidist hatte, sah er sich durch die spätere Wiederaufnahme semer Untersuchungen doch genöthigt, einige Ein- schränkungen zu machen, und zwar ausser der schon angeführten für Melo& auch für Fliegen?) (M. domestica, carnarıa), bei denen er niemals solche durchsichtige Kegel aufgefunden hat. — Will?) dagesen glaubt sowohl bei M. domestica als bei Tabanus bovinus die Kegel gesehen zu haben, wenn auch nur mit Schwierigkeit, da sie sehr klem und mit Pigment be- deckt sind. Dass es gerade Fliesen waren, an denen Gottsche (l. s. c.) sein der Müller’schen Theorie so gefährliches Experiment machte, und wie wenig gerade diese geeignet sind, für eine Betheiligung der Kıystallkegel an der Bilderzeugung herangezogen zu werden, darauf habe ich schon früher (hist. Uebersicht) hingewiesen. Ich denke, nach meiner jetzt gegebenen !) Steinlin (l. e. pag. 86) giebt nur vier an. 2) J. Müller, Fortges. Untersuch. ete. 1. ce. pag. 51. S)ElS c-na0906. 92 I. Untersuchungen. Darstellung der Constitution des „Krystallkegels“ wird man wohl zugeben, dass diese die Mani- pulationen, die Gottsche mit ihnen vornahm, unmöglich überdauern, und einen irgendwie in Betracht kommenden Einfluss auf die Bildentstehung ebensowenig ausüben konnten. Auch den neueren und ganz andere technische Hülfsmittel m Anwendung bringenden Untersuchern — Leydig, Steinlin, M. Schultze — scheint kein Unterschied zwischen der Bildung der Krystallkegel bei Fliegen und den übrigen Insecten aufgefallen zu sein. Er wird wohl als sehr weich beschrieben, aber das ist Alles. Die veränderten Lagebeziehungen des Pseudoconus zu den sog. Semper’schen Kernen scheinen auch ihnen entgangen zu sem; sowohl Leydig (Arch. f. Anat. 1855. p. 426) als Max Schultze (l. ec. pag. 22) haben sie zwar ge- sehen; aber ersterer spricht nur von „vier im’s Kreuz gestellten Kügelchen, die das Licht stark brechen“, während letzterer sie dem „Sehstab“ zutheilt, und in dem Vorkommen derselben eine Eigenthümlichkeit der Fliegen erblickt. Aus der neuesten Zeit kommt mir eine Arbeit von Ciaccıol) zu Gesicht, deren Resultate sich am meisten den von mir mitgetheilten anschliessen. Er sagt darüber (l. c. pag. 515): „En ce qui touche A la capsule particuliere, en forme de clochette (d. h. den aus den beiden Haupt- pigmentzellen gebildeten Trichter), elle enveloppe le bätonnet a son extremite anterieure, et s’at- tache entiörement ä& ce dernier par la partie superieure de son fond. Il est utile d’ajouter que cette capsule est formee d’une membrane tres delicate, homogene et &lastique et qu’elle ne renferme, dans son interieur, aucun corps ou cöne crystallin, comme l’ont pretendu la plupart des observateurs. On trouve, seulement, dans la partie terminale du bätonnet, un fluide tres limpide qui sert, & un moment donne, & maintenir la capsule distendue et & en conserver la partie terminale en son rapport avec la pupille et avec la facette sous-jacente de la cornee.* Wenn es noch nöthig sem sollte, die Homologie der von mir hier als Krystallzellen be- zeichneten Elemente mit den gleichnamigen früher beschriebenen, ferner mit jenen des euconen Auges, deren Kerne als Semper’sche bezeichnet werden, zu erweisen, so können hiefür die be- kannten vorzüglichen Untersuchungen Weismann’s?) über die Entwickelung des Fliegenauges herangezogen werden. Nach dessen Beobachtungen liegen anfänglich die vier Kerne dieht unter der zur Cornea werdenden Cuticula, und werden erst durch die Entwickelung des „Krystallkegels*“ (dessen Anlage er übrigens wegen der frühzeitigen Pigmentablagerung nicht verfolgt hat, und dessen sonstige Eigenthümlichkeiten ihm auch entgangen zu sein scheinen) von dieser abgedrängt. — Mit Unrecht bestreitet übrigens Weismann die Angaben von Claparede, der Schmetter- linge und Ameisen untersucht hat, dass diese vier Kerne zu ebensoviel Zellen gehören, und seine Behauptung, dass sie „zu kemer Zeit vier Zellen angehören, sondern immer nur eimer einzigen“, hat nur den thatsächlichen Hintergrund, dass bei semem Material ganz ausnahmsweise der Fall vorliegt, dass die Zellerenzen fehlen. Auch ich habe sie bei Musca vomitoria nicht erkennen können, dafür aber um so deutlicher bei Tabanus, und dies sowohl, wie die Analogie mit zahl- reichen andern Insecten lässt mich der Deutung von Claparede beitreten. Auch die Retinula hat ihre Geschichte, und vor Allem ıst zu notiren, dass ich bei kemem einzigen der frühern Forscher die Zahl der Stäbchen, oder, wie man sie meist nannte, der ı) M. G. V. Ciaccio, De l’oeil des Dipteres. Uebersetzg. aus: Mem. Acad. Bologna. in: Journal de Zoologie p. Gervais. Vol. V. 1876. pag. 312. 2) A. Weismann, Die nachembryonale Entwickelung der Musciden ete. Ztschft. f. wiss. Zool. Bd. XIV. 1864. pag. 280 u. ff. 2. Abschnitt. Vom zusammengesetzten Auge der Insecten und Crustaceen. 93 Nervenfäden, völlig richtig angegeben gefunden habe. — J. Müller spricht einfach von Fasern des Sehnerven, wenn er die Retinnla meint; Will lässt den „Nervenfaden“ aus einer hellen innern Röhre und einer sehr weiten Scheide bestehen, und auch Leydig hat m seiner ersten Arbeit noch nicht erkannt, dass der „Nervenstab“, dem er auch eine weite Scheide vindicirt, aus disereten Fäden besteht. Weismann erkannte diese, zeichnet auch ganz correct sieben (l. c. Taf. XXVI Fig. 55), spricht im Text aber von sieben bis acht, und meint, es schienen anfänglich nur vier zu sein. Steinlin!) spricht nur von vier Fäden, die er „bei Fliesen und Wespen“ gesehen haben will — bezüglich beider sicher ein Irrthum. — Genau dasselbe gilt von M. Schultze’s so bestimmt ausgesprochener Behauptung, er habe bei Fliegen acht solcher Fäden gezählt. Die Fliegen spielen bei ihm dadurch eine besondere Rolle, dass sie zu den wenigen Insecten gehören, bei denen er eine grössere Anzahl feinster Nervenendigungen dicht hinter dem Krystallkegel nachweisen zu können glaubte (l. ce. pag. 22). Diese feinen Fasern sollten sich wieder ın Bündel, wahrscheinlich vier, gruppiren, und etwas divergirend verlaufen. — Für mich ist kein Zweifel, dass M. Schultze hier die modifieirten Stäbchenenden gesehen, aber nach Zahl und Bedeutung verkannt hat. (Vgl. seine Fiese. 24—26 Taf. I. 1. e. von Syrphus). Ciaccio zählt fünf oder sieben solcher Fäden, die ihrem Aussehen nach mit denen des Nervus optieus übereinstimmen und durch eme homogene Substanz zusammengehalten werden sollen; er lässt sie unmittelbar hinter der Facette endigen, was ein ziemlich derber Irrthum ist. Wie ich aus einem Citat von Milne Edwards?) ersehe, hat Künckel in seiner mir nicht zu Gesicht gekommenen Monographie der Volucellen einen axialen Faden, aus der Retinula in den Krystallkegel (Pseudoconus) eintretend, als Nervenendigung in Anspruch genommen. Ich glaube mich der Mühe überhoben, dem etwas hinzuzufügen. Man könnte vielleicht geneigt sein, aus den schwankenden Zahlenangaben der genannten Autoren den Schluss zu ziehen, dass die Zahlenverhältnisse selbst Huctuirende und unbeständige seien. Nach meinen sehr zahlreichen Beobachtungen ist dies aber nicht richtig. Ich habe immer die gleiche Zahl gefunden, und die Richtigkeit wird wohl auch durch die schon beim aconen Auge mitgetheilten, und beim euconen noch weiter anzugebenden Zahlenverhältnisse gestützt. Die verschiedenen Angaben finden ihre Erklärung schon in der Schwierigkeit, auf blossen Längs- ansıchten sicher zu zählen. | Die zahlreichen kleineren Controversen gegenüber den Darstellungen meiner Vorgänger zu erörtern, lohnt nicht der Mühe. e. Eucone Augen. Die euconen Augen, alle diejenigen umfassend, bei denen hinter den Facetten ächte, typische Kırystallkegel gelegen sind, haben bisher Modell stehen müssen für die zusammengesetzten Augen der Insecten und Crustaceen überhaupt. Der Grund dürfte wohl hauptsächlich darin zu suchen sein, dass in diese Categorie die grössten und meist auch am leichtesten zur Untersuchung sich darbietenden Insecten, wie z. B. sämmtliche Schmetterlinge, die grösseren, d. h. die pen- tameren Käfer, die Heuschrecken, Libellen ete. etc. gehören. Und in der That, sieht man nach, l) Steinlin, Beiträge zur Anatomie der Retina. Verhdlgn. d. St. Gall. Nat. Ges. 1865/66. pag. 82 des Sep.-Abd. 2) H. Milne Edwards, Lecons sur la Physiologie et l’Anatomie comparee etc. Tome XII. 1° part. 1876. pag. 249. 94 I. Untersuchungen. an welchem Untersuchungsmateriale die Forscher ihre Studien gemacht haben, so überwiegen die hierhergehörigen Insecten so bedeutend, dass man sich nicht wundern kann, dass die hier sich findenden Verhältnisse ohne Weiteres als Norm angesehen, und schliesslich auch nicht hier- hergehörige Augenformen, wenn der Zufall auf solche führte, eingereiht wurden, und das Trennende nicht zur Beachtung kam. Die zahlreichen und gerade hiefür besonders ausgiebigen Vorarbeiten erleichtern mir meine Aufeabe insofern, als ich mich über manche Formverhältnisse kurz fassen kann. Be- sonders gilt dies von den Kıystallkegeln, sowie von der Configuration der Retinula im Allge- meinen, wo es überflüssig wäre, das schon längst und wiederholt Gesagte noch einmal vorzu- führen. Dagegen muss die Zusammensetzung der Retinula besonders betont werden, und ich bedaure blos, dass die grossen technischen Schwierigkeiten es mir nicht ermöglicht haben, die ursprüngliche Absicht in mehr zufriedenstellender Weise zu realisiren. Vollkommen befriedigende Re- sultate habe ich nur relativ wenige aufzuweisen, aber ich denke, sie genügen vorläufig, dasjenige, was ich als Hauptsache ansehe, unanfechtbar zu machen, nämlich den Nachweis einer ihrem Wesen nach unveränderlichen, nur durch seeundäre Modificationen in zahlreichen Variationen auftretenden Normalstructur. Hier treten hauptsächlich jene mannigfachen, Eingangs schon erwähnten Differenzirungen der Retinula in vorn und hinten verschiedene Abschnitte auf; hier ist ferner statt der isolirten Einzelstäbehen das aus ihrer Verschmelzung hervorgegangene Rhabdom vorherrschend; hier endlich varıren die Zahlen der Elemente, welche die Retinula bilden, zwischen vier und acht, obschon auch die typische Zahl sieben noch immer als der Ausgangspunkt angesehen werden muss. 1. Auge von Corethra plumicornis. — Das Auge von Corethra (Figg. 69, 70 Taf. VII), schliesst sich hinsichtlich des Baues seiner Retinula entschieden mehr an die früher besprochenen Augenformen, besonders an das acone Auge an, während die ausgebildeten Krystallkegel (Kk.) es scharf von jenem zu trennen nöthigen. Corethra nimmt dadurch eine eigenthümliche Stellung unter ihren Verwandten ein, bei denen doch wohl das acone Auge das herrschende sem dürfte. Ich habe für meine Untersuchungen nur Larven und Puppen benutzt, keine Imagines, was aber irrelevant ist, da das zusammengesetzte Auge schon bei der Larve ausgebildet ist und un- verändert durch das Puppenstadium hindurchgeht. Von den beiden Krystallkegeln nebst Zubehör in Fig. 69 ist der mit 7 bezeichnete dar- oestellt nach einem Platinchlorid-Chromsäure-Präparat, der mit 2 bezeichnete nach Erhärtung in Aleohol, beide mit nachfolgender Entfärbung. Fig. 70 zeigt Querschnitte durch die Retinula. Die Cornea (der Larven) ist, wie Leydig (s. unt.) angiebt, facettenlos. Die dahinter ge- legenen Krystallkegel (KA.) sind regelmässig birnförmig, hinten mit abgerundetem Ende, und um- geben von einer, wenigstens nach der Erhärtung ziemlich abstehenden, relativ starken Hülle (K2.). Die Längslinien der Krystallkesel sind, wie Ansichten von oben oder unten belehren, auch hier nur der Ausdruck der bei den Inseeten nach unsern bisherigen Erfahrungen allgemein vor- kommenden Viertheilung derselben. Vor dem Krystallkegel, der Innentläche der Hülle anliegend, finden sich vier deutliche abgeplattete sog. Semper’sche Kerne, Kerne der Krystallzellen, die als Mutterzellen der Krystallkegelsegmente vorher diese Stelle einnahmen, und als deren Ueberrest noch ausserdem die Hülle um den Kegel anzusehen ist. — Die neben dem Vorder- ende der Kegelhüllen gelegenen Kerne gehören wohl zu den Pigmentzellen 2. Ordnung. An ihrem Hinterende geht die Hülle in einen kurzen, feinen, von zwei sehr kleinen Haupt- 2. Abschnitt. Vom zusammengesetzten Auge der Inseeten und Crustaceen. 95 pigmentzellen (Pg7.) umschlossenen Strang über, der auf die Retinula zuführt. — Die letztere besteht, wie der Querschnitt erweist (Fig. 70) ebenfalls aus sieben Zellen, von denen wieder eine centrale mit ihrem zugehörigen Stäbchen den sechs peripherischen entgegengesetzt ıst. Die Zellen umgreifen den Krystallkegel noch eme beträchtliche Strecke weit nach vorn; nach hinten sind sie etwas verschmälert. — Die Stäbchen (St) smd weit kürzer als die Zellen, kurz eylindrisch und an beiden Enden abgerundet. In dem Platinchlorid-Präparat (Fie. 69, 7) sind die Stäbchen vorn mit einander im Contact, wie verlöthet, und divergiren nach hinten, so dass das Ganze etwa wie ein vielwurzeliger Backenzahn aussieht; im Weingeistpräparat sind die Stäbchen von einander isolirt und parallel gelagert. Beimerkt mag noch werden, dass an ersterem die Stäbchen, soweit sie getrennt sind, eine zwar feme, aber doch deutliche Streifung zeigten. Ueber die Augen von Corethra liegen, abgesehen von älteren Beobachtungen von R. Wagner!) und Leydig?), besonders die werthvollen Untersuchungen von A. Weismann?) vor. Diesem letzteren Forscher smd aber doch die Retimulae entgangen, und die Entstehung des Krystallkegels glaubt er auf eine einzige Zelle zurückführen zu können, wozu meine obigen Beobachtungen allerdings schlecht stimmen. 2. Augen von Bienen und Hornissen. — Soweit ich die Ordnung der Hymenopteren übersehen kann, gehören alle zu den Insecten mit euconen Augen. Ich habe allerdings nur ver- einzelte Formen, theils emgehender, theils nur oberflächlich untersucht (Biene, Wespe, Hornisse, Crabro eribrarıus, Ameisen und emige Ichneumonıden); bei allen aber deutliche, wenn auch immer weiche und leicht zerstörbare Krystallkegel gefunden. Am meisten hat mich bei den Hymenopteren die Thatsache der Vermehrung der die Retinula zusammensetzenden Elemente auf acht imteressirt, von der ich allerdings nicht anzugeben im Stande bin, ob sıe allgemem, oder nur auf wenige beschränkt vorkommt. Ich konnte sie nur bei Bienen (Figg. 71, 72 Taf. VIII und besonders deutlich bei Hornissen (Fig. 73 Taf. VIII) mit Bestimmtheit constatiren, es wird wohl aber nicht fehloeeriffen sem, wenn man diese Eigenthümlichkeit nicht blos auf die genannten Arten beschränkt sein lässt, bei denen sie zufällig wegen der Grösse sicher unterschieden werden kann. Bei den Hymenopteren (vel. Fig. 71, von der Honigbiene) ist die Retinula (At) ın ihren ganzen Länge fast gleichdick, und nur nach innen unmerklich sich verjüngend, cannelırt (Fig. 72) und pigmentirt. Der Krystallkegel (KX%.) ıst weich und von schwacher Lichtbrechung; in der Abbildung ist die Schattirung der Deutlichkeit wegen übertrieben. Die Trennungsflächen der eimzelnen Segmente desselben sind sehr schwer wahrzunehmen, desto leichter die Semper’schen Kerne (n) trotz ihrer geringen Grösse. Besonders gut entwickelt sind die beiden Categorien von Pigmentzellen; beide zeichnen sich durch relativ grosse Kerne aus (Pg/., Pgy?F.). — Aus dem Innern der Retinula schimmert ein axialer Stab (Rm., Fig. 71) durch, der die- selbe von vorn bis hinten, gleichmässig an Stärke nach innen abnehmend, durchzieht. Vorn endet er abgerundet m emer geringen Entfernung vom Hinterende des Krystallkegels, so dass jeder Gedanke an einen unmittelbaren Uebergang der beiden in einander widerlegt wird. Auf Quer- schnitten (Fig. 72, von der Biene; Fig. 73, von der Hornisse) erschemt er als hell aus dem 1) Archiv f. Anat. u. Physiol. 1835. pag. 313. Anmerkg. 2) Fr. Leydig, Anatomisches und Histologisches über die Larve von Corethra plumicornis. in: Ztschft. f. wiss. Zool. Vol. III. 1851. pag. 435. (Auge pag. 442). >) A. Weismann, Die Metamorphose von Corethra plumicornis. ebendas. Vol. XVI. 1866. pag. 45. 96 I. Untersuchungen. Pigment herausleuchtendes, stark lichtbrechendes Centrum emer achtstrahligen Rosette, deren einzelne Radien alternirend länger und kürzer sind, so dass der Gesammtumriss etwa rhombisch wird. Jeder einzelne Radius entspricht einer Zelle der Retinula, der axiale Stab aber kann nur aus der innigen Verwachsung aller zu den Zellen gehörigen Stäbchensäume in eine Einheit, ein Rhabdom, hervorgegangen sein. Diese Verschmelzung ist eine so innige, dass es mir selbst auf den besten Schnitten, sowie mit Zuhülfenahme der stärksten Vergrösserungen, nicht gelungen ist, mehr als ganz unbestimmte, möglicherweise rem zufällige Spuren der Trennungsflächen zu erkennen. — Nicht entfärbte Querschnitte zeigen die Rhabdome als sehr regelmässig vertheilte helle Punkte auf tiefschwarzem Grunde. Ueber die älteren Darstellungen des Baues dieser Augen ist nicht viel zu bemerken, und ich kann mich begnügen, darauf hinzuweisen, dass ich die Leydig’schen Angaben über die speciell hier besprochene vermeintliche Museulatur schon früher, die Steinlin’schen aber, der sie mit den Fliegen zugleich behandelt, gelegentlich der Besprechung dieser letzteren berührt habe. 3. Auge von Cicada grossa (?). — Die Hemiptera homoptera, die in unserer Fauna ausschliesslich durch kleme, wenig zu Querschnitten durch die Retinulae sich qualificirende Formen repräsentirt sind, schliessen sich bezüglich ihres Augenbaues in bemerkenswerther Weise an die Hymenopteren an, und unterscheiden sich von ihren sonst systematisch ihnen so nahe gestellten Verwandten, den Hemiptera heteroptera, dadurch sehr beträchtlich. Ich habe nur die unter obigem Namen in der hiesigen Sammlung befindliche Art näher untersuchen können, die Anwesenheit des Krystallkegels aber auch an einer noch unentwickelten, an Fuchsien schmarotzenden Aphrophora constatirt, die sonst zu Untersuchungen über die Retinula sich wenig eignete. Bei beiden Formen fand ich die Krystallkegel sehr wohl entwickelt, lang flaschenförmig ausgezogen, aber von schwachem Lichtbrechungsvermögen. Von der langen, cannelirten Retinula der Cicada grossa habe ich (Fig. 74, a, b Taf. VIII) zwei Querschnitte wiedergegeben; der eine (a) von dem Kıystallkegelende, der andre (d) mehr aus der Mitte; und zwar ohne vorherige Entfärbung ge- zeichnet. Bei beiden ist die Zusammensetzung aus acht Elementen ganz evident, und das ım Centrum gelegene Rhabdom unterscheidet sich von dem bei Hymenopteren beschriebenen nur durch die Anwesenheit eines in der Axe desselben verlaufenden Längscanales, der oben ziemlich eng ist, weiter nach hinten sich etwas erweitert, wobei gleichzeitig auf der Aussenfläche des Rhabdomes den einzelnen Zellen entsprechende rippenartige leichte Vorsprünge (Fig. 74, b) auf- treten. Auch hier sind keine deutlichen Trennungslinien der einzelnen Zellenantheile am Rhabdom mehr nachzuweisen. Auf die Angaben Will’s (l. c. pag. 23) über Cicada orni erlaube ich mir einfach hinzuweisen. | 4. Auge von Periplaneta und Gryllotalpa. — Die genannten von mir untersuchten Orthopteren-Genera gehören bezüglich des Verhaltens des Krystallkegels ebenfalls zu den euconen Formen, unterscheiden sich aber bezüglich der Anzahl der Elemente, aus denen die Retinula hervorgeht, sehr wesentlich von den eben beschriebenen dadurch, dass nicht eine Ver- mehrung, sondern eine Reduction derselben auf vier hier vorkommt. Figg. 75 und 76 Taf. VIII gehören zu Periplaneta orientalıs; letztere (1—4) zeigt Quer- schnitte durch die Retinula in verschiedenen Höhen, um das Verhalten des Rhabdomes zu demonstriren. 2. Abschnitt. Vom zusammengesetzten Auge der Insecten und Crustaceen. 97 Die Cornea (Lf.) besteht aus zwei deutlich von emander getrennten Lagen; die innere, etwas diekere, ist durch ein von innen her nach aussen eindringendes Netz von scharf auslaufenden Furchen sozusagen in ebensoviele Prismen gesondert, als Facetten vorhanden sind. Die äussere Facettenwölbung ist kaum merklich und bleibt weit hinter der inneren zurück. Der bauchig- eiförmige, vorn ziemlich eben abgeschnittene Krystallkegel steht in eigenthümlicher Weise mit der Retinula und dem Rhabdom in Beziehung. Die Retinula nämlich weicht an ihrem vordern Ende becherförmig auseinander, und daran participirt auch das Rhabdom, das sich m vier Stränge theilt. In die Höhlung senkt sich der hintere Theil des Krystallkegels em, so dass er davon umfasst wird, wie etwa eine Blumenkrone von den Kelchblättern. Weiter nach innen treten diese zusammen, um einen ziemlich drehrunden Stab zu bilden, der hinten scharf begrenzt und leicht abgerundet endist (Fig. 75, Rm.). — Die Querschnitte zeigen deutlich genug die Zu- sammensetzung aus nur vier Einzelstäbchen, denen wohl sicher ebensoviele Zellen zugehören. Der erste derselben (Fig. 76, 1) geht noch durch den Krystallkegel, unter dem hervor die diver- girenden Enden des Rhabdomes durchschimmern. Der zweite Schnitt (Fig. 76, 2) zeigt das Rhabdom etwa im der Gegend, wo die Divergenz beginnt; das Rhabdom hat einen ungefähr quadratischen Querschnitt und innen noch ein sehr deutliches Lumen. Auf den weiteren Schnitten 3 und 4 zeist sich das Rhabdom rund, das Lumen ist im ersteren noch kenntlich, im letzteren aber verschwunden, doch sind die Trennungslinien noch überall nachweisbar. — Zu den Ab- bildungen bemerke ich noch, dass die Hauptpigmentzellen in dem zu Grunde gelegten Präparate zu sehr zerstört waren, um wiedergegeben werden zu können, und dass mir die Kerne der Retinula nicht zu Gesicht gekommen sind. Das Auge von Gryllotalpa bedarf nach dem Angeführten keiner besondern Besprechung mehr (vel. Fig. 77 Taf. VID). Ich will blos bemerken, dass die beiden dargestellten Krystallkegel aus den grössten Extremen ausgesucht sind, welche das Präparat darbot. Der rechterseits dar- gestellte dürfte dem frischen Zustande am nächsten kommen, während der linke sehr bedeutende Schrumpfung zeigt. — Die Theilung des Rhabdoms ist hier nur rudimentär, so das nur die äusserste Spitze des Krystallkegels sich in die Vertiefung am Vorderende desselben einsenkt. Die Kerne der Retinula (n.) sind sehr deutlich; man kann mit Leichtigkeit deren vier zählen, welche Zahl auch den Theilstücken des Rhabdoms auf Querschnitten, welche fast durchaus mit Fig. 76, 4 übereinstimmen, entspricht. Ich habe noch eine Reihe anderer Orthopteren (Locusta, Acridium ete.) untersucht, aber ohne dass es mir gelungen wäre, wesentlich Neues daran zu finden. Die Längsansichten gaben über die Zahl der Elemente der Retinula keinen Aufschluss, und mit Querschnitten war ich nicht glücklicher. Von früheren Beobachtungen sind vor Allem die von Leydig hervorzuheben, der gerade an Örthopteren (Mantis, Schizodactyla) den unmittelbaren Zusammenhang und Uebergang ohne Grenze zwischen Krystallkegel und Nervenstab beschrieb!), und darauf seme Folgerungen über die Bedeutung des ersteren aufbaute. Ferner hat Leydig an den Krystallkegeln von Acrıdium Beobachtungen gemacht, die ihm genügend schienen, der von Clapar&de vertretenen Genese derselben gegenüber Opposition zu erheben. In den emzelnen Segmenten derselben hat Leydig einen runden kernartigen Fleck wahrgenommen (vgl. Arch. f. Anat. ete., 1. ec. Taf. XVII, Fig. 27) und glaubt nun, dass die Segmente einfache Zellen wären, aus denen der Krystallkegel bestehe. Was ich selbst vom Auge von Acridium kennen gelernt habe, lässt mich dieser Auf- 1) Arch. f. Anat. etc. pag. 422. — Auge der Gliederthiere pag. 22. Grenacher, Untersuchungen über das Sehorgan der Arthropoden. 13 93 I. Untersuchungen. fassung, die, wenn sie richtig wäre, diese Gattung unter die Rubrik der Insecten mit aconen Augen einreihen würde, nicht beitreten. 5. Auge von Necrophorus. — Welche Verbreitung die hier geschilderte Form des euconen Auges mit einfachem Rhabdom bei der grossen Ordnung der Käfer hat, bin ich nicht im Stande anzugeben. Ich muss mich hier auf ein einziges Beispiel beschränken, und noch dazu auf eines, dessen Bau in gewisser Beziehung berechtigte, ihm hier die Aufnahme zu versagen, um es in der Abtheilnng der pseudoconen Augen unterzubringen. Dies in mancher Beziehung interessante Auge gehört der Gattung Necrophorus, Todtengräber, an (vgl. Figg. 7S—80 Taf. VID. In erster Linie ist das Auge ausgezeichnet durch den rudimentären Character seiner Krystallkegel. Hinter den vorn glatten, hinten schwach convex vorspringenden Corneafacetten liegen, von fadenförmigen Pigmentzellen (Pg/7.) umgeben, lange zuckerhutförmige Kegel, deren Spitzen von den Hauptpigmentzellen umschlossen werden. Diese Kegel zerfallen im vier Segmente, die aber kernführend sind, und die Kerne sind etwa in ihrer Mitte gelegen (Fig. 78, bei n.); sie sind demnach nicht mit den Krystallkegeln, sondern mit den Krystallzellen identisch. Indessen sind auch die Krystallkegel nicht unvertreten; sie bestehen aus vier nicht mit einander in Contact stehenden, nahezu prismatischen Stücken, welche dicht an die Cornea anstossen, und je zu einer der Krystallzellen gehören, vel. Fie. 78, 79 K%.). Sie sind von schwacher Lichtbrechung, dreikantig, und hinten abgerundet; ihre Länge beträgt etwa '; der zugehörigen Zellen, eher weniger als mehr. Die Retinula ist wenig pigmentirt, vorn mehr, nach hinten aber viel schwächer; ım Ganzen ist ‚sie eylindrisch mit regelmässig abgerundeter Cannelirung, (vgl. besonders die Querschnitte Fig. 80). Das Rhabdom lässt sich auch ohne vorhergehende Entfärbung recht gut als ein gleich- mässig die Retinula von vorn bis hinten durchsetzender Stab erkennen (Rm. Fig. 78). Querschnitte zeigen hier mit einer im Ganzen seltenen Deutlichkeit sowohl die Zusammensetzung der Retinula aus sieben Zellen, als auch den Aufbau des Rhabdoms aus ebensovielen, zu den einzelnen Zellen gehörigen Segmenten (vgl. Fig. 80). Dass dieses Auge nur bedingungsweise in die gegenwärtig behandelte Gruppe der euconen gehört, geht aus der Beschreibung hervor. Mit den pseudoconen Augen hat es vor Allem die relative Lage der Semper’schen Kerne zu der Ausscheidung (hier dem Kegelfragmente) gemein, die bei beiden hinter derselben liegen. Sonst aber ist das Kegelfragment keineswegs so flüssig und formlos, wie dort, und insofern dürfte die Einreihung hier wohl gebilligt werden. Dieser Beschreibung sicher erkannter Augen mit gleichmässig entwickelter Retinula füge ich noch einige wenige Bemerkungen über andere, ebenfalls hierhergehörige, an, bei denen es inir nicht gelungen ist, deutlich und unzweideutig die Zusammensetzung der Retinula ihrem nume- rischen Verhältnisse nach zu bestimmen. In erster Reihe nenne ich die Tagfalter, von denen ich an mehreren Gattungen (Pieris, mehrere Arten Vanessa, Lycaena etc.) Aufschluss zu gewinnen suchte. Im Allgemeinen zeichnen sich diese Thiere durch sehr kleme Krystallkegel aus, die oft (bei Lycaena z. B.) so winzig sind, dass man scharf aufachten muss, um sie nicht zu übersehen, trotzdem sie von grosser Resistenz und starker Lichtbrechung sind. — Auf den Querschnitten der Retinulae lässt sich wohl eine mehr oder weniger deutliche Cannelirung ihrer Mantelfläche nachweisen, dieselbe ist jedoch so wenig sicher ausgeprägt, dass ich ein bestimmtes Urtheil über die Zahl der zu ihrem Aufbau beitragenden Zellen darauf hin abzugeben ausser Stande bm. Ebensowenig be- friedigend sind die Bilder, die ich auf solchen Schnitten vom Rhabdom erhalten konnte, besonders, 2. Abschnitt. Vom zusammengesetzten Auge der Insecten und Crustaceen. 99 da es unter der Procedur der Entfärbung oft sehr leidet. Die Aneinanderlagerung der Zellen ist hier eine sehr dichte und innige. Dasselbe gilt von den verschiedenen Formen der Libellen (Aeschna, Libellula, Agrion), die ich näher untersuchte. Hier sind besonders die überaus zahlreichen, in das Innere des Auges eindringenden Tracheen störend, welche die Retimulae in vielkantige Stäbe umformen, ohne dass aber die Zahl dieser Kanten irgend welchen sicheren Schluss auf die Zellenzahl erlaubte. Auf Querschnitten durch solche Retinulae hat man eime Menge sehr wnreselmässig sternförmiger Figuren vor sich, deren Strahlen von verschiedener Länge und auffallend schwankender Zahl sind. Bezüglich beider genannten Gruppen ist es mir leider nicht möglich, die älteren Dar- stellungen (vgl. besonders die von M. Schultze 1. ce.) m der bisherigen Weise zu ergänzen. Darüber jedoch, dass auch diese noch widerstrebenden Formen sich auch noch als in das Schema sich einfügend herausstellen werden, kann wohl kaum ein Zweifel obwalten. Ich glaube, dass hier wohl ebenfalls die normale Zahl durch Reduction verringert ist — wenigstens bei Libellen —; bei den Tagschmetterlingen sind die Eindrücke, die ich erhalten habe, so widerprechend, dass ich mich ausser Stande erklären muss, auch nur eine bestimmte Vermuthung zu äussern. Ein wesentlich anderes Aussehen als die bisher behandelten Retinulae bieten diejenigen dar, bei welchen die Stäbchenausscheidung nur in einem Theil ihrer Erstreckung vor sich geht. Dieser Theil ist nach den Untersuchungen meiner Vorgänger sowohl, als nach meinen eigenen, immer der innere, am weitesten von dem Krystallkegel abgelegene, und zeichnet sich gewöhnlich durch eine massige eylindrische oder spindelförmige Gestalt vor dem dann meist fadenartig ver- dünnten vordern Theil aus. Dieser fadenartige Theil kann nun seinerseits entweder unmittelbar in die ebenfalls fadenartig verdünnt ihm entgesenkommende Scheide des Krystallkegels ohne wahrnehmbare Grenze übergehen, oder am vordersten Ende wieder eine mehr oder weniger aus- geprägte kolbenförmige Anschwellung tragen, in welcher dann die Kerne der Retinulazellen zu suchen sind. — Ueber die auch hier nicht fehlenden Variationen in den Zahlenverhältnissen werden die nachbeschriebenen Beispiele Auskunft geben. 6. Auge von Melolontha. — Ich wähle als erstes Beispiel das Auge des Maikäfers, den ich als Repräsentanten der grossen Familie der Lamellicornia am eingehendsten zu untersuchen Gelegenheit hatte (Figg. 81, 82 Taf. VID). Fig. 81 zeigt drei Augenabtheilungen vom Maikäfer, die eine mit erhaltenem Pigment, die beiden andern nach Zerstörung desselben dargestellt; von diesen letzteren zeigt die mittlere den Krystallkegel im optischen Längsschnitt, die rechts gelegene die einfache Ansicht desselben. Die Cornea ist nach aussen nur sehr wenig, nach innen aber dafür um so mehr, und anscheinend parabolisch gewölbt. Dieser Wölbung schliessen sich die Krystallkegel ganz dicht, bemahe bis zur Berührung an, und zwar mit ihren entsprechend concav ausgehöhlten vordern Flächen. Wir haben demnach eines der bekanntlich nicht allzu zahlreich vertretenen Beispiele vor uns, wo die sonst meist gewölbte Basalfläche des Krystallkegels vertieft erscheint. — Die Semper’schen Kerne (vgl. die mittlere Facette) liegen seitlich neben den papillenartig vor- tretenden imnern Facettenwölbungen. — Die Scheide der Krystallkegel inserirt sich vorn am basalen Umfang dieser Wölbungen und setzt sich hinter dem Krystallkegel, dessen Umrissen sie sonst genau sich anschliesst, noch in eine langauslaufende Spitze fort, die mit dem Vorderende der Retinula (Rt) zusammentrifft. Die Abbildung erspart mir wohl eine nähere Beschreibung des Krystallkegels; ich will blos anführen, dass er sehr resistent und stark lichtbrechend ist. — 13 * 100 I. Untersuchungen. Die Zwischenräume zwischen den Kegeln werden durch massenhafte fadenförmige, nur in ihrer vordern Hälfte pigmentirte Pigmentzellen 2. Ordnung ausgefüllt, deren Verlängerungen sich bis zur hintern Anschwellung der Retinula erstrecken, und deren Kerne sehr deutlich sind (Py72.). Die Hauptpigmentzellen (Py?.) umfassen die hintere Spitze der Krystallkegelhülle. Von den drei Abschnitten der Retinula ist der mittlere, fadenartige, der längste, das kolbige Vorderende (RI) der kürzeste. Das letztere geht m den Mitteltheil ganz allmälıg über, und ebenso dieser in den hinteren Hauptabschnitt. Nur dieser trägt an seinem innersten Ende eine diehte Anhäufung von Pigment, sonst ist die ganze Retinula frei davon, und genügend durch die vorgelagerten Pigmentmassen vor dem Eintritt seitlichen Lichtes geschützt. Die bei Längs- ansichten erkennbaren Structureigenthümlichkeiten der Retinula sind auf den vordern und hintern Abschnitt beschränkt; der mittlere Faden ist anscheinend homogen. Der vordere Abschnitt zeigt deutlich Längsfurchen und eingelagerte Zellkerne; der hintere erscheint durch stärker licht- brechende homogene glänzende Kanten, die am vordern und hintern Ende desselben leicht con- vergirend sich verlieren, besonders ausgezeichnet. Bei tieferer Einstellung treten sie in die Tiefe zurück und nähern sich gleichzeitig einander; bei sehr starken Vergrösserungen erkennt man an ihnen zwischen den Haupteontouren noch eine feine und zarte Mittellinie, was auf eme Zusammen- setzung derselben hinweist. Querschnitte durch diesen Theil der Retinula (Fig. 82 Taf. VIII) vermögen allein, den Bau der- selben zu erläutern. In dem ziemlich kreisrunden Umriss der Schnitte treten sonderbare, unregelmässige Strahlenfiguren hervor, bei denen allen die Zahl der Radien die gleiche, nämlich sieben, ist. Die stark lichtbrechenden Strahlen heben sich durch ihre Durchsichtiekeit sehr deutlich von dem trüb granulirten Grunde der Hauptmasse der Retinula ab; jeder derselben erreicht die Peripherie, wodurch er m der Längsansicht als Kante oder Rippe erscheint. Ferner ist jeder durch eine zarte Linie halbirt, die sich continuirlich, am innern Ende des Strahles sich theilend, auf die beiden nächst benachbarten fortsetzt. Kurz, wır haben es hier wieder mit den schon zur Ge- nüge bekannten Cuticularsäumen, als welche wir die Stäbchenbildungen auffassen müssen, zu thun, die uns freilich hier in einer sehr eigenthümlichen Gestalt und Anordnung entgegentreten — sie überziehen nämlich die innern Flächen der meist dreikantig prismatischen Retimulazellen vollständige, und die einander zugewandten Lamellen treten in innigen Contact, um ein Rhabdom zu bilden, das man, nach Analogie der Stengelbildung bei vielen Pflanzen, als ein geflügeltes bezeichnen könnte, und das in jenen Sternfiguren seinen Ausdruck findet. Meist zeigt eine der Retinulazellen insofern eime von der der übrigen sich unterscheidende, mehr centrale Lagerung, als diese betreffende mit allen andern sechs in Berührung steht, während gewöhnlich jede dieser letzteren nur von den beiden seitlichen unmittelbaren Nachbarn und von jener mehr eentralen begrenzt wird. In der (mit Hülfe der Camera lucida entworfenen) Fig. 82 ist dies Verhalten in fünf der sieben dargestellten Querschnitte der Fall, die beiden andern be- weisen, dass jene Anordnung höchstens Regel, aber nicht Gesetz ist. Es erinnert dies an das halb central gelegene Stäbehen bei Tabanus (vel. ob.). — Gegen das Vorderende der Retinula- anschwellung hin nimmt die Lichtbrechung des Rhabdoms so bedeutend ab, dass man es nicht leicht verfolgen kann, und in der fadendünnen Fortsetzung nach vorn lässt sich ebensowenig mehr etwas davon bemerken, als in der vordern Anschwellung. Kerne finden sich in keinem andern Theil der Retinula, als in dieser vordern Anschwellung, und sie sind demnach mit Sicher- heit als die zu den sieben Retinulazellen gehörigen anzusprechen. Aehnlich wie bei Melolontha sind die Retinulae von Cetonia und Geotrupes gebaut, so weit ich ohne eingehendere Untersuchungen ein Urtheil abgeben kann. Doch habe ich beı 2. Abschnitt. Vom zusammengesetzten Auge der Insecten und Crustaceen. 101 letzterer Gattung Gelegenheit gehabt, mich von der Uebereinstimmung der Zahlenverhältnisse mit denen, die vom Maikäfer beschrieben wurden, zu überzeugen. — Bei Geotrupes hat Schultze (l. e. pag. 20) im Innern der kolbenförmigen vordern Anschwellung noch angeblich vier stark licehtbrechende und quergestreifte (also aus Stäbehensubstanz bestehende) und anscheinend in zarte Fibrillen gegen den Krystallkegel auslaufende Gebilde beschrieben. 7. Auge von Dytiscus (Cybister). —Das Auge von Dytiscus (Untergattung Cybister) demselben Typus an, zeigt aber nicht unbeträchtliche Modifieationen hinsichtlich der numerischen gehört Verhältnisse (vgl. Figg. 83, 84, 85 Taf. VID. Die Retinula (im Fig. 83 ohne Cornea und Krystallkegel dargestellt) unterscheidet sich hauptsächlich in folgenden Punkten von der des Maikäfers. Zuerst tritt uns entgegen, dass das Rhabdom nicht auf die hintere Anschwellung allein beschränkt ist, sondern sich erkennbar durch den fadenartigen Verbindungsstrang nach vorn zur vordern Anschwellung fortsetzt, und dort eine ziemlich ansehnliche kolbenförmige Masse (Rm/.) bildet (vgl. auch die Abbildungen bei M. Schultze, 1. ce. Taf. I Figg. 1—4; auch Claparede hat 1. c. Taf. XII Figg. 2 u. 3 gute Bilder gegeben). Dann aber zeigt uns der hintere Abschnitt, dass das in ihm enthaltene Rhabdom ein viel com- pacteres und anders beschaffenes sein müsse, als das bei Melolontha. In Fig. 84 habe ich durch diese Region geschnittene Retinulae abgebildet, die, neben Fig. 82 gehalten, den zwischen beiden Formen obwaltenden Unterschied klar genug hervortreten lassen. Die Retinulae sind hier vierkantige Prismen von rechteckigem Querschnitt; die Kanten sind abgerundet, die Flächen mehr oder weniger rinnenartig ausgehöhlt. Auch hier treten uns deutliche Abgrenzungslinien entgegen, welche zu den ausstrahlenden Radien des Rhabdoms in engster Beziehung stehen; aber es sind deren nur vier vorhanden, statt sieben, wie dort. Jede Seite des Vierecks gehört zu einer Zelle; die Querschnitte der zu den breiteren Seiten gehörigen Zellen treffen in der Mitte in einer geraden Limie aufeinander; die zu den kurzen Seiten gehörigen Zellen kommen nicht mit einander in Contact. Da auch hier wieder die nach innen gerichteten Flächen der Zellen mit der ausgeschiedenen Stäbchenmasse überzogen sind, so entstehen die merkwürdigen Figuren, welche die Abbildung wiedergiebt. Es ist so ziemlich ein Ding der Un- möglichkeit, (wie aus der Art und Weise des mikroskopischen Sehens wohl erklärlich ist), aus den Längsansichten allein sich eine zutreffende Vorstellung von der wirklichen Anordnung des Rhabdoms im Innern der Retinula zu bilden. Ganz anders ‚verhält sich das Rhabdom in der vordern Anschwellung, von der ich ın Fig. 85 eine Abbildung des Querschnittes gebe. Im Centrum befindet sich das schon erwähnte, conisch nach hinten sich verjüngende, mit der hintern Anschwellung in Verbindung stehende axiale Gebilde (Rm/.), an dem ich eme Theilung nicht zu erkennen vermochte. Um dasselbe herum gruppiren sich wie die Blätter einer Rosette die Querschnitte von Zellen, und wenn ich nicht sehr irre, sind es deren sechs, von deren Kernen nur einzelne in die Schnittebene fielen. Jeden- falls aber sind es hier mehr, als hinten zur Beobachtung kommen, wo die Zählung eine ungleich leichtere, weniger dem Irrthum preisgegebene ist. Welche Erklärung soll man nun für ein solches Verhalten geben? Ich glaube, dass hier von den als Norm anzusehenden sieben Zellen der Retinula nur vier vollständig entwickelt sind, und Stäbchensäume tragen, die drei andern aber unvollständig zurückgebildet erschemen. Viel- leicht tragen diese — oder doch wenigstens zwei davon — auch zum Aufbau des in der vordern Anschwellung gelegenen Rhabdomabschnittes bei; — ich sage zwei davon, denn, wenn meine oben gegebene Darstellung richtig ist, so hätten wir immer noch die siebente Zelle erst zu suchen. 102 I. Untersuchungen. Diese aber könnte recht gut vertreten, resp. angedeutet sein durch einen Zellkern, welcher hinter dem Hinterende des Haupttheiles des Rhabdoms in der grossen Anschwellung (bei n, Fig. 83) gelegen ist. Man mag diese Erklärung vielleicht für etwas zu sehr gekünstelt halten. Indessen werden später noch mitzutheilende Beobachtungen, die ich bei Crustaceen (Decapoden) machte, und die ganz analoge partielle Reduetionen meines Dafürhaltens als einziges Erklärungsmittel an- zunehmen nöthigen, der hier angegebenen Erklärung als eine nicht zu verachtende Stütze dienen können. Da ausserdem sich immer mehr die Siebenzahl der Retinulaelemente als Regel heraus- stellt, so ist memer Ansicht nach die Frage an sich gar nicht unberechtigt, was ın den Fällen, wo nur vier derselben nachzuweisen sind, aus dem Rest geworden ist, und ebensowenig a priori die Vermuthung, dass in einzelnen Fällen die abortiven Zellen sich, wenn auch nur im unter- geordneter Weise, noch erhalten und an dem Aufbau der Retinula betheiligen können. Anhangsweise füge ich hier noch einige wenige Bemerkungen über die Retinula von Carabus auratus hinzu, unter Verweisung auf Fig. 86, welche einige Querschnitte durch diese in verschiedenem Niveau zeigt. Die Verwandtschaft der Laufkäfer mit den Schwimmkäfern findet auch ım Auge ihren Ausdruck, obschon hier eime Längsdifferenzirung!) nicht überall, und namentlich nicht in der ausgeprägten Form wie bei jenen vorzukommen scheint. Häufig be- schränkt sie sich auf das Rhabdom alleın, das m semem hintern Theil eine mehr oder weniger markirte spindelförmige Anschwellung aufweist. Dass dasselbe aus nur vier Stäbchensäumen hervorgeht, dürfte durch die Figur 86 genügend erwiesen sem, welche uns allerdings über die Zahl der Retimulazellen kemen Aufschluss gewährt. 8. Auge von Phryganea. — Von Phryganea grandis, deren Stemma schon früher beschrieben wurde, habe ich auch das Facettenauge untersucht, und die Figg. 87, 88 und 89 Taf. IX geben die Resultate der Hauptsache nach wieder. Die sehr langen und schlanken, flaschenförmigen Krystallkegel (Fig. 87, Kr.) sind ziemlich resistent, stark lichtbrechend, hinten sehr scharf zugespitzt, und von eimer ziemlich festen Hülle umschlossen, die sich noch eine ansehnliche Strecke weit unter stets abnehmender Dicke nach hinten hin fortsetzt. Die Hauptpigmentzellen sind mir entgangen, fehlen aber wohl kaum; die Pigmentzellen zweiter Ordnung (Pg?7.) sind lang fadenförmig und massenhaft angehäuft. Die Retinula (Rt) ist im Ganzen wenige piementirt; nur die vordere Hälfte zeiet wenig gehäuftes, das Hinterende aber eine kurze Strecke massig angesammeltes Pigment. Von den drei Facetten, welche in Figur 87 dargestellt sind, zeigt eine das Bild, wie es sich ohne Pigment- zerstörung darbietet, die beiden andern nach Anwendung von Salpetersäure. — Wie die Figur zeigt, betrifft die Differenzirung der Länge nach nur das Rhabdom (Rm.); die Retinula selbst im Ganzen ist vorn, im der Mitte und hinten ziemlich gleichdick. Ersteres aber bildet in der hinteren Hälfte einen starken, rundlich prismatischen Stab, mit sehr schwach angedeuteter Zu- sammensetzung aus Segmenten; derselbe verjüngt sich vorn ziemlich plötzlich in einen dünnen Faden, der sich der Endigung der Krystallkegelhülle nähert, und dabei von hinten nach vorn stetig an Lichtbrechung abnimmt. Nach hinten hin ist das Rhabdom deutlich und scharf abgerundet. Von den beiden Figg. 88 und 89 zeigt die erstere die Beschaffenheit der Retinula in der Region der hintern Anschwellung des Rhabdoms, die letztere aber in der vorderen Hälfte ihrer Erstreckung. — Das Rhabdom füllt in seiner Verdickung den ganzen Umfang der Retinula fast völlig aus; von den Zellen, welche letztere zusammensetzen, ist hier wenig oder nichts mehr zu ’) Nach Leydig und M. Schultze besonders deutlich bei Procrustes ausgebildet. 2. Abschnitt. Vom zusammengesetzten Auge der Inseeten und Crustaceen. 103 erkennen, und nur die scharfen Ausseneontouren heben sich sehr deutlich ab. Das Rhabdom selbst, von sehr unregelmässigem Querschnitt, lässt dagegen, wenn auch nur mit Mühe, gewahren, dass in seine Bildung wieder die gewöhnliche Zahl von Segmenten eingehen; es sind aber weniger scharfe und gut begrenzte Trennungslinien, durch welche die Abgrenzung erfolgt, als vielmehr radiäre Streifen von anderer, geringerer Lichtbrechung, die in den als seichte Rillen auf der Oberfläche erscheinenden Vertiefungen endigen. In der vordern Hälfte ist die Retimula mit un- regelmässigen, scharf vorspringenden Kanten versehen, so dass der Querschnitt ein sehr unregel- mässiges, oft fast zerissen aussehendes Polygon darstellt (vgl. Fig. 89). Von dem hellen Centrum eines jeden solchen Querschnittes gehen aber deutlich sieben Radien aus, welche denselben in ebensoviele Dreicke theilen; die in diesen enthaltenen Kerne, welche auch auf Längsansichten leicht aufzufinden sind, lassen über die Deutung des Bildes ım bisherigen Sinne kemen Zweifel zu. Hervorzuheben ist noch, dass nicht alle Zellen der Retinula gleichmässig pigmentirt sind, sondern die Ablagerung desselben sich auf emzelne beschränkt; ferner, dass auch hier, wie bei Dytiscus, hinter dem Rhabdom sich noch ein einzelner Zellenkern (bei n? Fig. 87) findet, der möglicher-, ja wahrscheinlicherweise, trotz seiner so ganz andern Lage verglichen mit der der andern Kerne, einer der Zellen der Retinula angehört. 9. Auge von Liparis salicis und anderer Nacht- und Dämmerungsfalter. — Die Augen der genannten Art, die diese Bevorzugung nur dem zufälligen Umstande verdankt, dass sie mir eime Zeit lang in sehr reichlicher Weise zur Verfügung stand, mögen Modell stehen für die Augen der Dämmerungs- und Nachtfalter überhaupt. Meme Vorgänger auf diesem Gebiete sowohl wie ich selbst haben eine ganze Reihe von Repräsentanten der verschiedenen grössern und kleinern Familien, die in die genannten Unterabtheilungen der Ordnung der Lepidoptera gehören, untersucht, und nach allem, was ich über diese Augen weiss, scheinen sie sämmtlich nach ein und demselben Schema gebaut zu sein, was ja natürlich untergeordnete Modificationen in keiner Weise ausschliesst. Ich selbst habe mich sehr abgemüht, die Methode der Querschnitte durch die Retinula, resp. durch die Rhabdome, auch für diese Thiere so fruchtbringend zu machen, wie es mir für andere meist gelungen ist, aber leider mit wenig Glück. So wenig Schwierigkeiten der Anfer- tigung tadelloser Schnitte als solcher im Wege stehen, so viele ergeben sich für die Erhärtung besonders der Rhabdome, deren Zusammensetzung zu studiren jene gemacht werden, und es ist, nach meinen so vielfach varıırten Erfahrungen zu urtheilen, ein seltenes Glück, wenn man auf solchen Schnitten einmal mehr als blosse schattenhafte, eine bestimmte und sichere Zählung nicht gestattende Andeutungen der Rhabdomsegmente erkennen kann. Es ist im Gegensatz zu dieser wirklich nicht gering anzuschlagenden Schwierigkeit als ein ganz besonders günstiger Um- stand zu betrachten, dass bei sehr zahlreichen hierhergehörenden Schmetterlingen wenigstens durch die Lage der Zellenkerne der Retinula, die das Zählen derselben erleichtert, ein gewisser Ersatz geboten und dadurch wenigstens die Zahl der Elemente festzustellen ermöglicht wird. Nach unsern frühern Erfahrungen (bei Dytiscus) sowohl, als nach noch später, bei den Crustaceen mitzutheilenden, liegt darin allerdings noch keime absolute Garantie, dass auch die Zahl der Ele- mente, in welche das Rhabdom zerfällt, damit übereinstimmt; aber ich hoffe, durch die anzuführenden Beispiele wenigstens die Wahrscheinlichkeit dieser Ueberemstimmung begründen zu können, auf die Gefahr hin, zukünftig bei besseren Methoden numerische Correctionen mir gefallen lassen zu müssen. Ich kann mich bei Besprechung dieser Augenform um so eher auf eine geringe Anzahl von Beispielen beschränken, als dieselbe von jeher zu den bevorzugten gehörte, und demnach 104 I. Untersuchungen. zu den am relativ besten bekannten — bis eben auf das eigentliche Punctum saliens, die Zu- sammensetzung und Deutung der Retinula und des Rhabdoms — zählt. Von neueren Forschern haben besonders Leydig, noch mehr fast M. Schultze, zu ihrer Kenntniss beigetragen, und die von ihnen gelieferten Abbildungen sind als die besten darüber existirenden zu bezeichnen). Soweit meine eigenen Erfahrungen reichen, und ich die der früheren Forscher zu beur- theilen im Stande bin, haben die Schmetterlinge der genannten Gruppen, also das Gros der Ordnung überhaupt, sowohl nach Consistenz als nach Form fast völlig übereinstimmende Krystall- kegel; ferner eine hinten verdickte Retimula, die nach vorn in emen Faden ausläuft, der ohne Grenze, aber auch ohne eine vordere Anschwellung zu bilden, mit der ihm entgegen kommenden Hülle des Krystallkegels verschmilzt. Endlich mag noch erwähnt werden, dass oft die Haupt- pigmentzellen eine sehr geringe, die Pigmentzellen 2. Ordnung aber dafür eine sehr ansehnliche Entwickelung zeigen. In Fig. 90 Taf. IX habe ich eine Retinula nebst zugehörigem Krystallkegel, sowie zwei der Pig- mentzellen 2. Ordnung von L. salicis abgebildet. Der stark lichtbrechende, von einer ziemlich dicken Hülle umschlossene Krystallkegel hat hier, wie überall bei den Verwandten, etwa die Forın einer Langgranate der modernen Artillerie, d. h. er ist seiner Hauptmasse nach cylindrisch, an semem Hinterende abgerundet. (Vgl. auch Fig. 93 Taf. IX von Triphaena pronuba.) Am Hinterende um- schliesst die Hülle, die bei Liparıs da sich etwas verdickt, die Spitze des Krystallkegels nicht, sondern lässt sozusagen eine Oeffnung, durch welche der Inhalt zwischen ihr und dem Krystall- kegel olme jede wahrnehmbare Grenze ‚mit der als zarter Faden herantretenden Retinula sich vereinigt. Wenn man die ungefähre Erstreckung der Hülle nach derjenigen beurtheilen darf, welche die Contourverdickung, die an der Retinula nicht wahrnehmbar ist, einnimmt, so ist sie bei Triphaena pronuba (Fig. 93) grösser als bei Liparis und der Mehrzahl der hierher gehörigen Schmetterlinge. Hier nämlich verengert sie sich hinter dem Krystallkegel, dessen Umriss etwa entsprechend, conisch, um dann abermals sich leicht zu erweitern, und bildet so eine schwach eiförmige Anschwellung, die ihrerseits direct in die Retinula übergeht. In dieser Erweiterung er- kannte ich noch ein entsprechend seformtes, seitlich und hinten scharf begrenztes, auch durch eine sehr leicht angedeutete Längslinie als segmentirt characterisirtes Gebilde, dessen vordere Grenze ganz undeutlich und verschwommen war. An Lichtbrechung stand es hinter dem Krystall- kegel weit zurück, an den es sonst in seinen ganzen Beziehungen sehr erinnerte (K%?. Fig. 93), und ich glaube auch in der That, in ıhm ein dem Krystallkegel verwandtes Element zu erkennen. Was die Retinula anbetrifft, so varıırt sie etwas je nach der relativen Länge der An- schwellung zu dem fadenartigen vordern Theil aber immer nur innerhalb mässiger Grenzen — und ferner je nach der Lage der Kerne. — Bei Liparis liegen diese in der vordern Hälfte (bei » Fig. 90), ebenso bei Euprepia Caja, Zerene grossulariata, Triphaena pronuba (Fig. 93) und zahlreichen andern; bald sind sie dicht auf einen Haufen gedrängt, so dass der Faden an dieser Stelle eine Auftreibung erleidet (wobei im Innern desselben häufig eme axiale Längs- linie als Andeutung der Zusammensetzung desselben erkannt werden kann); bald aber einzeln hinter einander liegend. Immer aber sind sie leicht und ohne Mühe zählbar, besonders, wenn sie durch Imbibition mit Farbstoffen recht deutlich gemacht worden sind, und immer habe ich deren sieben gefunden. Bei den Schwärmern u. a. liegen die Kerne mehr nach hinten, meist da, wo der Retinulafaden in die Anschwellung übergeht, und dann bietet die sichere, jeden Zweifel !) Besonders hervorzuheben sind die hierauf sich beziehenden Figuren Leydig’s in seinen „Tafeln zur vergl. Anatomie‘ (Taf. X). 2. Abschnitt. Vom zusammengesetzten Auge der Insecten und Crustaceen. 105 ausschliessende Zählung derselben wegen ihres dichten Aneinanderrückens mehr Schwierigkeit, als in den obigen Fällen. Indessen habe ich doch auch bei Sphinx convolvuli mit Sicherheit, weniger klar bei Macroglossa deren sieben gezählt, und glaube deshalb, die Angabe von M. Schultze, der ihre Zahl zwischen vier und acht schwanken lässt, auf jenen Numerus berichtigen zu dürfen. Die Anschwellung der Retinula erinnert ungemein an jene des Maikäfers, namentlich lassen sich auch hier leicht die durch das Rhabdom verursachten Andeutungen äusserer Kanten wahr- nehmen (Fig. 90, Rm.). (Von den büschelförmig die Retinula-Anschwellung umkleidenden Tracheen, die sich hier so oft finden, habe ich nur den hinteren Theil [7r.] angegeben.) Eimen Querschnitt durch eine Anzahl Retinulae, welche die Gliederung des Rhabdoms deutlich zeigen, stellt die Fig. 91 dar. Die Retinula erscheint derzufolge eylindrisch, und das im Innern jeder einzelnen als siebenstrahliger, ziemlich regelmässiger Stern auftretende Rhabdom bedarf wohl kemes be- sonderen Commentares mehr. Ganz m der gleichen Weise, wenn auch nicht völlig so klar, gelang es mir auch, das Rhabdom von Euprepia Caja als aus sieben Theilen zusammengesetzt zu er- kennen, und bei Cossus ligniperda wenigstens zu sehen, dass es bestimmt mehr als vier Segmente sind, wenn auch eine absolut sichere Zählung hier nicht möglich war. In etwas anderer Art weist die Fig. 94 Taf. IX, die einer leider nicht näher bestimmten Noctuide entnommen ıst!), auf die dominirende Siebenzahl hin. Die Retinulae, deren Quer- schnitte dort wiedergegeben sind, sind deutlich siebenkantig, nicht ceylindrisch, wie bei Liparis und ein Schnitt durch dieselben bietet ein äusserst zierliches Bild; die einzelnen u. a. ziemlich stark vortretenden Rippen greifen fast nach Art von Kammrädern in emander en. Vom Rhabdom selbst war nichts zu erkennen, aber das Bild beweist doch wohl die Uebereinstimmung auch dieses Falles mit der gefundenen Regel deutlich und klar genug. Hinzugefüst mag übrigens noch werden, dass bei dieser Form die Zählung der Kerne das gewöhnliche Resultat ergab. In Fig. 90 sind die Hauptpigmentzellen, was hier nicht selten passırt, bei der Isolation losgeblättert. Die Pigmentzellen 2. Ordnung (Pg77.) sind hier besonders stark entwickelt; sie bilden lange, dicht mit Pigment erfüllte, an beiden Enden zugespitzt auslaufende Cylinder, deren Anordnung um den fadenförmigen Theil der Retinula Fig. 92 Taf. IX, emem Querschnitte ent- nommen, klar macht. Man erkennt, dass jede der sechs Zellen, die zu einem Faden gehören, gleichzeitig zwei Systemen zugetheilt ist, wie wir es ähnlich schon früher (bei Sarcophasa, Fig. 68 Taf. VIII) gefunden haben, wo sich zwölf Zellen analog anordnen. Was ich sonst noch über das Verhalten dieser Zellen bei andern hierher gehörigen Schmetterlingen zu sagen weiss, beschränkt sich auf sehr wenig. Nicht überall sind sie in ihrer ganzen Länge pigmentirt, es können sowohl die hinteren, als auch beide Enden frei davon bleiben ; wie überhaupt hier wohl, nebst der Lage der Kerne, die hauptsächlichsten, aber an sich völlig untergeordneten Verschiedenheiten zwischen den einzelnen Augenformen sich finden dürften. Auf eine specielle Discussion der Abweichungen von den frühern Darstellungen über den -Bau dieser Augen, wie sie sich nach meiner Auffassung derselben naturgemäss ergeben, einzugehen , dürfte kaum einen Werth haben und der Mühe lohnen; um so weniger, als wohl eine Reihe von einzelnen Angaben, namentlich von M. Schultze, eben ausschliesslich nur für das specielle Material, an dem sie gewonnen wurden, Geltung haben dürfte. Bekanntlich hat dieser Forscher gerade hier seine relativ reichste Ernte gehalten: abgesehen von der Plättchen- !) Die Exemplare kamen ganz abgestaubt in meine Hände. Grenacher, Untersuchungen über das Sehorgan der Arthropoden. 14 106 I. Untersuchungen. structur des „Sehstabes“, also unseres Rhabdoms, hat er bei den Dämmerungs- und Nachtfaltern mit besonderer Sorgfalt die unmittelbar an den Krystallkegel anstossende Partie der Retinula untersucht, und bei einer Reihe von Formen Differenzirungen beschrieben, die er als eigentliche feinste Nervenendigungen, wie sie seiner Ansicht nach als physiologisches Postulat sich ergeben mussten, in Anspruch nahm. Dass ich die von M. Schultze beschriebenen Structurverhältnisse nicht einfach negire, möchte ich hier bei dieser Gelegenheit ebensowohl hervorheben, wie dass ich sie für durchaus wuntergeordneter und nebensächlicher Natur ansehe, und nicht im Stande bin, für eine Erklärung im Sinne jenes Forschers irgendwelche Stütze zu liefern. Der Gegensatz zwischen unsern beiderseitigen Auffassungen ist, wie man sieht, prineipieller Natur: M. Schultze sieht darin den Schwerpunkt seiner Untersuchungen, dass es ihm bei einer Anzahl von Formen geglückt ist, die auf den Krystallkegel folgende Partie der Retinula durch künstliche Mittel in feinere Fäden aufzulösen, denen er dann ohne weitere Umstände die bisher substratlose Percep- tionsfähigkeit zuschreibt. Für meinen Standpunkt dagegen ist es wesentlich, dass erstens jene feinere Zertheiluing am frischen Präparate nicht wahrnehmbar ist, und zweitens, dass die Substanz, der ich .die Fähigkeit der Lichtperception zuschreibe, im hinteren, dicken Theil der Retinula als Rhabdom angehäuft ist, und wohl kaum sich über diesen hinaus erstreckt; höchstens geschieht dies in einer Weise, die das Resultat, wie ich es aus dem ganzen Befunde ziehen werde, nicht zu alteriren im Stande ist. \ Neben dieser Verschiedenheit der Auffassung treten die andern Differenzen sehr zurück. M. Schultze spricht wie Leydig vom vierkantigen oder viertheiligen Nervenstab; bei Sphinx convolvuli will er deren acht gezählt haben (l. ec. pag. 18). Wie wenig diese Zählungen sowohl der einzelnen Stäbchen des Rhabdoms, als die schon oben erwähnten der Kerne mich im meinem vorhin ausgesprochenen Urtheil über die voraussichtlich auch hier durchgängig zu Grunde hegende Zahl beirren können, brauche ich wohl kaum noch auszuführen ; ebensowenig, dass dies Misstrauen oegen die früheren Zahlenangaben nicht gegen die von M. Schultze allein gerichtet ist, sondern auch gegen alle andern. B. Zusammengesetzte Augen der Crustaceen. a. Typische Crustaceen. Wie schon in der Einleitung zu dem Abschnitt über das zusammengesetzte Auge im All- gemeinen bemerkt worden ist, haben wir in dem Facettenauge der Crustaceen ein Organ von (im Princip) identischem Bau mit dem desselben Organs bei den Insecten zu erkennen. Dieser Satz eilt jedoch nicht für alle Thiere mit Facettenaugen, die wir gewöhnlich in zoologischen Hand- und Lehrbüchern der Classe der Crustaceen einverleibt finden; wir sind genöthigt, die bekanntlich auch in andern anatomischen Beziehungen sich ganz eigenartig verhaltende Gruppe der Poecilopoda oder Xiphosura, mit der Gattung Limulus, davon auszuschliessen. Das zusammengesetzte Auge dieser Thiere ist völlig abweichend von dem Schema gebaut, mit dessen Wandelungen in die verschiedenen Gestalten wir uns bisher beschäftigt haben, und es noch ferner zu thun haben werden; ich scheide deshalb jene Augenform vorläufig noch aus, um sie an ge- eigneter Stelle für sich allein zu behandeln. Unterabtheilungen, denen entsprechend, welche ich bei den Insectenaugen in Anwendung brachte, um die Uebersicht über die Einzelformen zu erleichtern, sind hier, wie auch schon früher bemerkt, nicht auf der gleichen Grundlage durchzuführen, da acone und pseudocone 2. Abschnitt. Vom zusammengesetzten Auge der Inseceten und Crustaceen. 107 Augen mir bei den ächten Crustaceen nicht bekannt geworden sind. Ich werde demnach die Gruppirung im Allgemeinen mehr nach systematischen Verwandtschaftsverhältnissen folgen lassen, ohne mich aber streng an die hergebrachte Reihenfolge zu binden. 1. Auge von Porcellio scaber. — Das Auge von Porcellio scaber, dem die Figg. 95—98 Taf. IX gewidmet sind, mag als Modell für das Sehorgan der Isopoden dienen. In der Art und Weise der Ausbildung, welche das Auge bei der genannten Gattung zeist, ist dasselbe als eine sehr extreme Form aufzufassen; das andere Extrem findet sich, wie wir sehen werden, bei Angehörigen derselben Ordnung der Arthrostraca, nämlich bei den Hyperiden. Das Auge der Kellerasseln unter die zusammengesetzten zu zählen, und nicht unter die in etwas grösserer Anzahl ausgebildeten einfachen, wie es früher meist geschah, bedarf einer gewissen Rechtfertigung, welche ich den nachstehenden Thatsachen zu führen überlasse. Bei der Betrachtung solcher Augen von aussen, oder bei nicht völlig genügender anatomischer Unter- suchung machen sie allerdings, wie ich gerne zugeben will, weit mehr den Eindruck von gehäuften einfachen Augen; aber das Gegentheil ergiebt sich bald von selbst. Es sind bei der zu Grunde gelesten Art ca. 20 Facetten vorhanden, oder einige darüber. Dieselben stehen in solcher Entfernung von eimander, dass sie völlig kreisförmig sich entwickeln können, und sich nicht zu Vier- oder Sechsecken, wie sonst meistens, gegenseitig abplatten. — Dass die Linsen der Facetten biconvex sind, ergiebt einmal die optische Prüfung derselben in der Flächenansicht beim Zurückschrauben des Tubus, wobei das Bild des Fensterkreuzes oder derartiges auftritt; noch besser aber der Querschnitt an entkalkten Köpfen. Die innere Convexität der Linsen, die in den von mir gegebenen Zeichnungen keine Berücksichtigung fanden, passt in die vordere Concavität der Weichtheile des Auges, wie ich sie auf Fig. 96 gegeben habe, genau hinein. Diese Weichtheile sind, von der Seite gesehen, dargestellt m Fig. 95 und 96; erstere zeigt ein Einzelauge ohne vorausgegangene Zerstörung des Pigmentes, während letzterer ein ent- färbtes Präparat zu Grunde gelest ist. Bei keiner von beiden haben aber die massenhaft zwischen den einzelnen Facetten auf der Innenfläche angeordneten Pigmentzellen — relativ kleme, unregel- mässig vertheilte, pigmentirte Hypodermiszellen — Berücksichtigung gefunden; diese sind dagegen in der Fig. 97 (Facetten von innen) dargestellt. — Die innern Weichtheile bilden zusammen ein etwa urnenförmiges Ganzes, das sich den Rändern der Linse mit seiner vordern Begrenzung an- lest, und ausserdem dieselbe an ihrer innern Fläche überzieht. Mit Leichtigkeit erkennt man ein darin liegendes kugelises Gebilde von starker Lichtbrechung, während das Pigment das Uebrige völlig einhüllt und verdeckt. Beginnen wir mit den dicht an die Linse sich anschliessenden Theilen, so ist zuerst der Ueberzug derselben zu besprechen. Derselbe besteht aus zwei flächenhaft ausgebreiteten, je halb- kreisförmig gestalteten pigmentirten Zellen von mässiger Dicke (Fig. 96, 97, Z.), deren Kerne nach der Entfärbung sehr deutlich sind (Fig. 96 und 97 nZ.). Nur die Mitte ist pigment- frei, und hier sind diese Zellen in näherer Verbindung mit den an sie stossenden kugeligen, stark lichtbreehenden Körpern (Kk., Fig. 96, 97), so dass beim Entfernen dieser leicht ın der Mitte ein Loch in dem Ueberzug entsteht. Dies ist wiedergegeben in einer der drei Facetten der Fig. 97, in welcher das Centrum der beiden andern Facetten noch durch die anhaftenden Körper verdeckt wird. Der liehtbrechende Körper ist ein abnorm gestalteter Krystallkegel. Er ist hier kugel- förmig, von vorn nach hinten etwas abgeplattet, und besteht aus zwei deutlich zu erkennenden Halbkugeln, deren Berührungsfläche senkrecht auf der Ebene der Cormneafacette steht; auch fällt 14* 108 I. Untersuchungen. die Trennungslinie der beiden hinter der Facette gelegenen Zellen (Z.) in die gleiche Ebene (Fig. 97). Der Krystallkegel, wie wir ıhn nun richtig bezeichnen wollen (so wenig er auch kegelförmig gestaltet, und so unpassend demnach der Ausdruck für ıhn auch ist), ist m frischem Zustande, wie auch nach Erhärtung in Alcohol, völlig durchsichtig und klar, von starkem Lichtbrechungsvermögen ; die Undurchsichtiekeit desselben in Fig. 96 rührt von der Erhärtung des Auges, dem die Figur entnommen wurde, in Chromsäure her, durch welche er trübe und granulirt wird. — Er ist von einer ebenfalls leicht nachzuweisenden, aus zwei Zellen bestehenden Hülle umgeben, die sich seiner Oberfläche in einem geringen Abstande anpasst; die Trennungsfläche der beiden Zellen (der Mutterzellen der Segmente) stimmt überein mit der der Krystallkegelhälften. Zwei in ihnen, vorn gegen die Cornea zu gelegene Semper’sche Kerne (Fig. 96, »77.) sind ebenfalls nicht schwer nachzuweisen. Die urmenförmige pigmentirte Masse ist die Retinula, die hier insofern ab- weichend gestaltet ist, als sie nach vorn, durch Auseinanderweichen ihrer Elemente, einen Hohl- raum zur Aufnahme des Krystallkegels bildet; hinter dem letzteren ist sie compact, und enthält das kurze, dicke Rhabdom. Von diesem ist ohne vorherige Entfärbung nichts zu erkennen, weshalb es auch allen frühern Autoren entgangen ist; an entfärbten Augen erkennt man dasselbe als eme stark lichtbrechende, mit breiter Ansatzstelle an der Hinterseite des Krystallkegels sich anlegende, aus mehreren longitudimalen Stücken bestehende Masse, die hinten scharf abgeschnitten und ziemlich gerade endist (vel. Fig. 96, Rm.) Ueber die Zahl der Retinulazellen und der Theil- stäbchen des Rhabdoms geben am besten Ansichten des Auges von hinten, wie Fig. 98 eine solche darstellt, Aufschluss; hier ist der Focus tief eingestellt, um die optischen Querschnitte der Stäbchenantheile des Rhabdoms zu zeigen. — Die äussere Rosette (Rl.) entspricht den Retinula- zellen, deren Zahl sich mit Sicherheit als sieben bestimmen lässt; ım Innern derselben leuchtet ein ebenfalls siebenstrahliger Stern hervor, dessen einzelne, im Umriss etwa lanzettliche Strahlen wieder durch eine feine Linie halbirt werden. Das Zusammenstossen der Radıen des Rhabdoms im Centrum ist mir immer etwas unklar geblieben, da dort die Lichtbrechung geringer ist, als in den äussern Theilen; aber hervorheben möchte ich wenigstens, dass die Halbirungslinie der Rhabdomstrahlen nicht zusammenfällt mit der Trennungslinie zwischen je zwei Retinulazellen, wie man wohl, nach Analogie mit den von mir oben beschriebenen Retinulae von Melolontha, Dytiseus, Liparis etc. vermuthen könnte. Jedes Einzelstäbchen ist in den keilförmig zuge- schärften axialen Rand der zugehörigen Retimulazelle emgesenkt, und besteht aus zwei aneinander- liegenden Blättern, wofür wir beim zusammengesetzten Auge kein Beispiel weiter aufzu- weisen haben; die einzige Analogie dafür dürfte wohl beim Spinnenauge zu suchen sein. Die Kerne der Retinulazellen (n. Figg. 96, 98) sind sehr gross, oval, und nicht leicht zu übersehen. — Nach hinten verschmälern sich die Zellen in Nervenfasern (N. Fig. 96), auf welche sich (Fig. 95) das Pigment noch eine kurze Strecke weit fortsetzt. Soviel über den Bau dieses Organs, das in sehr vielen Beziehungen ganz eigenartig sich zu den andern Formen des zusammengesetzten Auges verhält, und es selbst nach näherer Ein- sicht in den Bau desselben nicht leicht macht, dasselbe mit Sicherheit hier einzureihen. Meiner Ansicht nach kann aber doch die Anwesenheit eines zweitheiligen Krystallkegels, sowie eimer siebentheiligen, ein aus ebensoviel Segmenten bestehendes Rhabdom bildenden Retinula nur zu Gunsten der Stellung bei den zusammengesetzten Augen in’s Gewicht fallen. Was nun die Augen der Isopoden m historischer Beziehung betrifft, so können wir für unsern Zweck von den älteren Beobachtungen absehen. — Bei Cymothoa hat Müller!) die innere 2) 1. s. c. in: Meckel’s Arch. ete. 1829. pag. 42. re a a Bl u ee eier 2. Abschnitt. Vom zusammengesetzten Auge der Insecten und Crustaceen. 109 Convexität der Cornealinse irrigerweise für eine selbständige Bildung angesehen; die Krystall- kegel, deren Bedeutung ihm freilich nicht klar wurde, hat er richtig beobachtet. Gleich allen andern Beobachtern betonte er mehr die Beziehungen dieser Augenform zu dem Stemma, als zum Facettenauge. Auch aus der viel neueren Arbeit von Lereboullet!) über die Landasseln (Cloportides) ist nicht viel Aufschluss über den Bau des Auges zu holen. Er giebt (l. c. Taf.X, Figg. 181, 182) ein paar hübsche Zeichnungen einzelner Augen, beschreibt den Krystallkegel als „petit eristallin“ hinter der Cornealinse; vor dem Krystallkegel erwähnt er ‘auch die Pigmentlage, die nur eime kleine pupillenartige Oeffnung frei lässt etc. etc. Leydig?) hat sich mit dem Auge der Asseln eingehender beschäftigt, ohne aber wesentlichen Aufschluss erhalten zu haben. Nach seiner Ansicht ist die Cornealinse innen concav, was sicher unrichtig ist; auch die Darstellung des Baues des Krystallkegels (seines „zweitheiligen licht- brechenden Körpers“) leidet an einigen Mängeln. Er soll nämlich aus zwei in der Quere liegenden Kugeln bestehen, und ausserdem kalkhaltıg sein, welch letzteres er aber blos aus seinem starken Lichthrechungsvermögen, sowie seinem Verhalten beim Zerdrücken erschliesst. Was das erstere anbelangt, so verweise ich auf meine Darstellung, die sich leicht controlliren lässt; hinsichtlich des Kalkgehaltes habe ich vergebens versucht, Anhaltspunkte für jene Behauptung durch Zusatz von Säuren zu den isolirten Krystallkegeln während der Beobachtung unter dem Mikroskop zu gewinnen, und muss sie für nicht zutreffend erklären. Auch die Darstellung der Nervenendigung, — „Stäbehen, die in ihrer Form an die Nervenstifte des „Ohres“ der Insecten gemahnen“ —, wie er sie I. c. Fig. 8 (an dem linken der drei gezeichneten Augen) wiedergiebt, beweist, dass er etwas ganz Anderes für die wirklichen Stäbchen gehalten hat; mir scheint es, nach eigenen Präparaten zu urtheilen, als wenn von der Cuticula losgelöste Pigmentzellen, deren Kerne oft stark hervortreten, hier eine Rolle gespielt hätten. Von sonstigen neueren Beobachtungen über die Augen verwandter Thiere sind mir nur noch die von G. O. Sars?) an Asellus aquaticus bekannt geworden. Der Verfasser hat leider nur mit sehr schwachen Vergrösserungen untersucht, und manche Einzelheit ist ihm deswegen entgangen. Ich hebe nur hervor, dass von den vier Augen, auf welche diese Thiere reducirt sind, drei einen zweitheiligen, eins aber einen dreitheiligen Krystallkegel — wie der Verfasser in Ueber- einstimmung mit der hier gegebenen Darstellung die betr. Kugeln nennt — haben sollen. 2. Augen von Gammarus locusta und Talitrus saltator. — Von Amphipoden aus der Gruppe der Crevettina (Familien der Gammaridae und der Orchestidae) habe ich die obigen Arten auf den Bau ihrer Augen untersucht; leider aber ist es mir nicht geglückt, entscheidende Querschnitte durch die Retinula zu machen, und ich muss deshalb meine Mit- theilungen darüber als noch der Ergänzung bedürftige, keineswegs erschöpfende bezeichnen. Bei den Augen dieser Thiere ist man bekanntlich nicht im Stande, für sie den Ausdruck „facettirte“* in dem allgemein üblichen Sinne aufrecht zu erhalten. Wie Fig. 99 Taf. IX von Gammarus locusta zeigt, zieht die Cornea ganz gleichmässig über die inneren Augentheile hinweg, ohne Facetten, resp. besondere Limsen zu bilden. 1) Lereboullet, Me&moire sur les Crustaces de la famille des Cloportides etc. (Mem. Soe. Hist. nat. de Strassbourg) 1853. pag. 113 (des Separatabdrucks). 2) Auge der Gliederthiere. pag. 40 u. ff.; Taf. zur vergl. Anat. Taf. VI. Fig. 8. ®) G. O. Sars, Histoire naturelle des Crustaces d’eau douce de Norvege. 1"° Livraison. Christiania 1867. — pag. 110—112. Taf. VIII, Figg. 11—14. 110 I. Untersuchungen. Diese inneren Augentheile stehen, was die Zusammensetzung des Krystallkegels an- belangt, im engsten Zusammenhang mit den Augen der Isopoden; sie entfernen sich aber, soviel ich wenigstens aus meinen (ungenügenden) Beobachtungen schliessen darf, von ihnen durch den Bau ihres Rhabdoms und ihrer Retinula. In den Fieg. 99, 100 und 101 Taf. IX habe ich meine Beobachtungen über das Auge von G. locusta, in Figg. 102 und 103 derselben Taf. die über das Auge von Talıtrus ım Bilde zusammengefasst. Die Krystallkegel von G. locusta sind gestreckt eiförmig, vorn abgerundet, hinten etwas abgestutzt, aber meist nicht mit gerader Fläche. Die Grösse und Gestalt derselben ist in ein und demselben Auge, je nach ihrer Lage, mancherlei Schwankungen unterworfen; am regel- mässigsten und typischsten finde ich immer die im der Mitte des Auges gelegenen ausgebildet, während die randständigen nicht blos kleiner, sondern auch unregelmässiger in ihren Formen werden, häufig sogar geradezu den Eindruck von verkrüppelten machen. Dass die Kegel aus nur zwei Segmenten zusammengesetzt sind, ist sehr leicht zu constatiren ; ebensowenig Schwierig- keit bietet es, sich zu überzeugen, dass sie, wie bei Porcellio, von den Resten der zwei Mutter- zellen umschlossen werden, in denen sich noch vorn die Kerne (Fig. 100, n.) erhalten. — Ihr hinteres Drittel etwa ist von diehtem, nach vorn allmälıg sich lichtendem Pigmente umhäüllt, das auch hier zu den, den Kegel eine Strecke weit becherförmig umschliessenden Zellen der Retinula gehört. Etwas anders sind die Kegel bei Talitrus geformt, wie die Fieg. 102 A, B und 103 beweisen mögen. Diese nähern sich schon mehr den bei den Hyperiden vorkommenden Kegel- formen, zu denen sie gewissermassen den Uebergang vermitteln. Sie sind bei unserer Art ge- streckt conisch und vorn mit ebener Endfläche abgeschnitten. Bei den mehr central gelegenen, die kürzer sind, steht diese Endfläche annähernd senkrecht zur Längsaxe des Kegels; bei den länger werdenden randständigen entsprechend schief. Um den hinteren Theil des Kegels bildet das Retinulapigment eine etwas angeschwollene Anhäufung, die nach vorn plötzlich viel lichter wird. — Die Hüllen der Kegel bleiben bei der Isolation meist an der Cornea haften, so dass man sie, wie die dargestellten, fast immer ohne sie zu sehen bekommt. Die Zahl der Zellen, aus denen die Retinula sich zusammensetzt, ist mir mit Sicherheit zu bestimmen nicht gelungen, wie schon bemerkt. Es ist zwar sehr leicht, Bilder zu erhalten, wie Fig. 100 eines zeigt, wo die Zahl der pigmentirten Ausläufer der Retinula nach innen hin mindestens als auf mehr als vier sich belaufend erkannt werden kann; aber die allen beweisenden und jeden Zweifel völlig ausschliessenden guten Querschnitte sind mir nicht geglückt. — Bei Talitrus (Fig. 102 A, B) scheint diese Zahl geringer zu sein, als bei Gammarus. Ich habe hinsichtlich der Wiedergabe entfärbter Präparate mich auf eine Retinula von Talitrus (Fig. 103) beschränkt. Die Ausbreitung der Retinula nach vorn über den Krystall- kegel, sowie die Einlagerung der Kerne ihrer Einzelzellen neben dem Hinterende des letzteren bedürfen blos der Erwähnung. Das Rhabdom ist ein vorn schwach verdickter, nach hinten hin sich leicht verjüngender Stab, dessen Querschnittsform man allerdings an Längsschnitten sich nicht wohl zu construiren im Stande ist. Er schmiegt sich mit semem Vorderende ganz dicht an das ebene, oder gar etwas concave Hinterende des Krystallkegels an, und man gewahrt leicht an ihm eine feme Längslinie als Andeutung seimer Zusammensetzung, und ebenso gar nicht selten deutliche Querstreifung (Plättchenstruetur). Ganz ähnlich sehen analoge Präparate von G. locusta aus, nur ist bei diesem die Verschmächtigung des Rhabdoms nach EEE 2. Abschnitt. Vom zusammengesetzten Auge der Insecten und Crustaceen. ati innen eine viel raschere und bedeutendere, das Vorderende desselben ein relativ breiteres, seine Masse aber eine geringere. Als ein vielleicht aushelfender Ersatz für die fehlenden Querschnitte lässt sıch allenfalls die Ansicht eines Krystallkegels von hinten ansehen, welche Fig. 101 (von G. locusta) zeigt. An solchen prägt sich gar nicht selten recht deutlich die Ansatzstelle des Rhabdoms aus in Gestalt eines Kreuzes, dessen Arme der Länge nach durch eine feme Linie halbirt werden. Nach solchen Bildern zu schliessen, besteht das Rhabdom aus vier der Länge nach rechtwinklig ge- bogenen, unter sich zusammentretenden Einzelstäbchen, wobei nur die Frage noch eine offene bleibt, ob die zur Retinula gehörigen Zellen sich in der gleichen Zahl vorfinden, oder ob es deren mehr sind. Von neueren Darstellungen des Augenbaues unserer Thiere!) ist mir nur eine einzige, von G. O0. Sars herrührende, auf Gammarus neglectus sich beziehende bekannt geworden (l. ec. pag. 61). Er giebt eine im Ganzen recht zutreffiende Schilderung, und hat, trotz der relativ geringen Vergrösserung, die er in Anwendung brachte, doch eine Reihe von Dingen, z. B. das Rhabdom, ganz richtig erkannt und abgebildet. (Taf. VI Figg. 6, 8). Ich muss blos seine Angabe, dass der Krystallkegel aus vier Segmenten bestehe, als eine entschieden irrige bezeichnen. 3. Auge von Hyperia galba und von Phronima sedentaria. — Von Hyperiden- augen, die durch ihre oft ungeheuerliche Grösse ebensowohl, als durch eine Reihe von sonstigen Bildungseigenthümlichkeiten öfters die Aufmerksamkeit der Forscher auf sich gelenkt haben, habe ich die der genannten beiden Arten näher zu untersuchen Gelegenheit gehabt. Ich kann nur von der erstgenannten Form Abbildungen geben?) (Fige. 104—106 Taf. X); diese genügen aber für unsern Zweck um so eher, als der Bau des Auges bei Phronima im Principe ganz der gleiche ist. Hyperia galba gehört nicht einmal unter diejenigen Hyperiden, die hinsichtlich ihrer Augenbildung am meisten hervorragen, und doch ist der Unterschied zwischen ihr und den Gammariden darin em sehr ansehnlicher. — Die Cornea ist ebenfalls linsenlos und zieht sich gleichdick über die Augen hin; die bei der Betrachtung von oben bemerkbare Felderung ist nur auf Rechnung der unter ıhr gelegenen Weichtheile zu schreiben. In Fig. 104 habe ich einen Krystallkegel nebst zugehöriger Retinula dargestellt, und zwar einen der Randpartie des Auges angehörigen, was sich aus der schräg abgestutzten Vorder- fläche, mit der er der Cornea anliegt, erkennen lässt. Die mehr im Centrum gelegenen Kegel sind auch hier wieder kürzer, und zwar um emen oft sehr ansehnlichen Betrag, und ebenso, wie bei Talıtrus, mit senkrecht zur Axe stehender Endfläche versehen. — Alle sind sehr in die Länge gezogen, gegen ıhr hinteres Ende hin ausserordentlich dünn, vor diesem Ende aber schwellen sie noch einmal leicht an, um mit einer mehr oder weniger deutlichen geraden win- zıgen Fläche dicht vor dem Rhabdom zu endigen. Gleich denen der Amphipoden und Iso- poden sind sie in ihrer ganzen Erstreckung gleichmässig und stark lichtbrechend. Auffallend ist die starke Entwickelung, welche die ihre Bildung veranlassenden Mutter- zellen ihrer Segmente erreichen und beibehalten (Figg. 104, 105 Mz.). Dieselben umgeben den Kegel in Gestalt einer weiten, in Querfalten (bei Weingeistexemplaren) gelegten Hülle, die den grössten Theil desselben, von der Cornea ausgehend, überzieht. Nach hinten zu lest die Hülle !) Von älteren vgl. bes.: J. Müller, in seinen Fortges. Untersuchgn. etc. 1. s. c. pag. 58. ?) Ich habe leider s. Z. in Neapel versäumt, meine Präparate von Phronima gleich zu zeichnen; und un- glücklicherweise sind sie, wie andere werthvolle Präparate, das Opfer der Rückreise geworden. 112 I. Untersuchungen. sich in zwei fügelartig abstehende Lamellen zusammen, wie besonders auf Querschnitten ersichtlich ist (Fig. 105). Dass diese Hülle mit dem Krystallkegel beiderseits an den Nähten, in denen die beiden Segmente zusammentreffen, verbunden ist, erkennt man auf solchen Schnitten auch be- sonders leicht. — Bei der geringen Schwierigkeit, die Anzahl der Kegelsegmente als nur zwei zu bestimmen, ist es fast zu verwundern, dass die Beobachter bis vor wenigen Jahren allgemein vier Segmente angaben. Entsprechend der Segmentzahl sind zwischen der Basis der Kegel und der Cornea auch nur zwei sog. Semper’sche Kerne vorhanden, die in ihrer mächtigen Ent- wickelung derjenigen der zugehörigen Zellen entsprechen. Die Kegel sind völlig pigmentfrei, und nur mit ihrer innersten Spitze senken sie sich eine kurze Strecke weit in das Pigment der Retinulae ein. Dieser Farbstoff ist, beiläufig bemerkt, so wenig resistent, dass er bei der Conservirung der Thiere in Aleohol sehr bald vollkommen ausbleicht. Die Retinula (R7.) ist im Allgemeinen spindelförmig, und etwas hinter dem von ihrem vordern Ende umschlossenen Hinterende des Kıystallkegels am umfangreichsten. Wie die Quer- schnitte durch dieselbe ergeben (vel. Fig. 106, a«—c) lässt sich sehr leicht und zweifellos ihre Zusammensetzung aus fünf Zellen constatiren, die vorn (a) eine nur sehr wenig ausgesprochene Cannelirung bilden, hinten aber (c) in ebensoviele abstehende Flügel auslaufen. — Die Kerne der Retinulazellen liegen weit nach vorn gerückt (n. Fig. 104). Das von der Retinula umschlossene Rhabdom (Rm.) ist ebenfalls spindelförmig, vorn gerade abgeschnitten, nach hinten ziemlich spitz auslaufend. Im Innern ist ein deutlicher Canal, be- sonders an den dickeren Stellen, äusserlich aber meist noch eine feine und zarte Querstreifung kenntlich. Dass die Zahl seiner componirenden Stäbchen derjenigen der Retinula-Zellen entspricht, ergiebt sich besonders aus den Querschnitten durch seine vorderen, stärkeren Partien; gegen das Hinterende zu verschwinden ebensowohl die radiären Theilungslinien der Segmente, als auch die Höhlung (Fig. 106, ce). Ich habe hier noch kleiner, spindelförmiger Zellen zu erwähnen, die, am Vorderende der Retinula beginnend, sich eine kurze Strecke weit am Krystallkegel in die Höhe ziehen (Fig. 104, Z). Ich glaube deren je zwei gezählt zu haben, bin aber meiner Sache nicht völlig sicher. Ihre Bedeutung ist mir unbekannt geblieben; sollten sie etwa die abortiv gewordenen Zellen sein, welche der Retinula noch fehlen zur Erreichung der typischen Siebenzahl? Dieser Augenform schliesst sich innig die von Phronima sedentaria an, die ich m Neapel näher untersucht habe. Bekanntlich ist hier jedes Auge, ebenso wie das zugehörige Ganglion opticum, in zwei sehr ungleich entwickelte Hälften getheilt, von denen die eine, mit ganz ungeheuerlich entwickelten Krystallkegeln, die von oben, die andere aber, mit sehr viel kürzeren und schwächeren Kegeln, die von der Seite herkommenden Lichteindrücke pereipirt. Die Kegel der erstgenannten Hälfte haben etwa die Form von sehr langen und schlanken Stecknadeln, und können in Anbetracht der geringen Körperdimensionen des Thieres, dem sie angehören, sicher den Anspruch darauf erheben, die relativ längsten ihrer Categorie im ganzen Gebiete der Arthro- poden zu sein; ja, sie rangiren selbst unter den absolut grössten, da ihre Länge bis auf 4,5mm (nach A. Pagenstecher, s. u.) steigen kann. — Beide Kegelformen bestehen ebenfalls nur aus je zwei Segmenten. Es ist mir auch hier geglückt, die Retinula näher zu untersuchen, und die Befunde stimmen, natürlich von Einzelheiten abgesehen, völlig überein mit den von Hyperia galba mitgetheilten; namentlich habe ich auch hier mich mit voller Sicherheit (auf Querschnitten) von der Fünfzählig- keit sowohl der Retinula als auch des Rhabdomes überzeugen können. PER 2 2. Abschnitt. Vom zusammengesetzten Auge der Insecten und Crustaceen. 113 Die starke Entwickelung des Auges der Hyperiden ist schon seit lange bekannt, aber eine gewisse Rolle in der Discussion einiger der Haupt- und Principienfragen, mit welchen es die Untersuchung des Arthropodenauges zu thun hat, scheinen sie erst seit der Mittheilung Gegen- baur’s!) zu spielen, der an einer nicht näher bestimmten Form sich überzeugt zu haben glaubte, dass die Krystallkegel ohne irgend welches Mittelglied direct dem Gehirne aufsitzen, demnach im Sinne Leydig’s gedeutet werden müssen. Ueber die Zahl der Segmente des Krystallkegels er- halten wir von Gegenbaur kemen Aufschluss; es scheint ihm überhaupt, was bei der Unter- suchung frischer, lebender Hyperiden leicht passiren kann, die Zusammensetzung entgangen zu sein. — Gegenbaur hat übrigens sicher die Retinulae oder Sehstäbe übersehen, die als Ver- mittler zwischen Gehirn und Krystallkegel auch hier vorhanden gewesen sein müssen; nur da- durch erklärt sich die Verwerthung seiner Beobachtung zu Gunsten der Leydig’schen Auffassung. Der gleiche Irrthum ist auch Clapare&de?) widerfahren, der freilich die Augen dieser Thiere (Hyperia Latreilleiı — unsere vorhin besprochene H. galba — und zwei Typhis- Arten) nur aus fertigen, von C. Semper erhaltenen Präparaten kennen gelernt hatte; und der gleiche Irrthum hatte auch die gleichen Folgen, die sich ebenfalls in einer Anerkennung der sonst nur mit einem gewissen Widerstreben angenommenen Auffassung Leydig’s äusserten. Er sagt: „Diese und ähnliche Vorkommnisse sprechen sehr dafür, dass Leydig, wenigstens für ge- wisse Fälle, nicht Unrecht hatte, als er den Krystallkegel für ein nervöses Gebilde erklärte“ ete., etc. — Sonst wäre noch zu bemerken, dass Clapar&de der Zusammensetzung des Kegels gedenkt, aber ihn aus vier Stücken bestehen lässt. In einer ausführlichen Arbeit über Phronima hat A. Pagenstecher?) auch die Augen dieses Thieres zum Gegenstand einer eingehenden Erörterung gemacht. Er unterscheidet m den beiden Hälften eines jeden Auges die „Stäbchen“ (Krystallkegel), und dahinter gelegene, von Pigment umhüllte „eylindrische Elemente“ (unsere Retinulae oder die Sehstäbe), deren scharfe Trennung von den ersteren, die jeden Gedanken einer ununterbrochenen Continuität ausschliesst, ihm nicht entging (l. e. pag. 32). Wie sowohl aus der Beschreibung als aus den Figuren her- vorgeht, hat er seine Studien über das Auge hauptsächlich an conservirten Exemplaren von zweifelhafter Güte gemacht; er hat zwar dıe Zusammensetzung des Krystallkegels aus zwei Hälften gesehen, aber die Bedeutung dieser Zusammensetzung so sehr verkannt, dass er darin die An- deutung einer Vermehrung derselben durch Längstheilung zu erblicken glaubte (l. c. pag. 32, 33). — Für weitere Einzelheiten seiner Darstellung verweise ich auf die Arbeit selbst. Auch M. Schultze hat eine nicht näher bestimmte Hyperide auf den Bau ihrer Augen untersucht, und sowohl die scharfe Abgrenzung der Kegel von dem Rhabdom, als auch die Quer- streifung des letzteren beobachtet (l. ec. Taf. I. Fig 9; im Texte an verschiedenen Stellen, aber nur gelegentlich erwähnt). In Bezug auf die abweichende Zusammensetzung des Krystallkegels scheint es ihm nicht besser ergangen zu sein, als seinen Vorgängern. Claus?) scheint der erste gewesen zu sen, dem das Ungewöhnliche im Bau des Hype- ridenauges auffiel, und der auf die Zweitheilung des Krystallkegels aufmerksam machte. Er 1) C. Gegenbaur, Zur Kenntniss der Krystallstäbchen im Krustenthierauge. in: Müll. Arch. f. Anat. etc. 1858. pag. 82—84. Taf. IV Fig. 6. 2) Claparede, 1. s. c. pag. 211. Taf. XIV Fige. 27, 28. >) A. Pagenstecher, Phronima sedentaria. Ein Beitrag zur Anatomie und Physiologie dieses Krebses: in Arch. f. Natgesch. 27. Jahrg. 1861. Bd. I. pag. 15. Taf. I—IN. %) C. Claus, Untersuchungen über den Bau und die Verwandtschaft der Hyperiden. in: Göttinger Nach- richten ete. 1871. pag. 149 u. fi. Grenacher, Untersuchungen über das Sehorgan der Arthropoden. 15 114 I. Untersuchungen. sagt (von Oxycephalus, 1. ce. pag. 151): „Ueber den feineren Bau des grossen mächtig ent- wickelten Auges, zu dessen Studium die Hyperiden ausserordentlich günstig sınd, mag hier nur kurz bemerkt werden, dass ich mit M. Schultze in der scharfen Abgrenzung der Krystallkegel von den Nervenstäben vollkommen übereinstimme. Gewöhnlich setzen vier Nervenelemente einen Stab zusammen, während sich der lange Krystallkegel stets aus nur zwei Längssegmenten zu- sammensetzt, und demgemäss auch nur zwei Semper’sche Kerne vorhanden sind.“ Und auch neuerdings ist er nochmals!) auf die erwähnte Eigenthümlichkeit der Zusammensetzung des Krystallkegels zurückgekommen. — Leider ist die Notiz über die „gewöhnliche* Zusammensetzung des Sehstabes, des Rhabdoms, aus vier Nervenelementen etwas aphoristisch, und namentlich daraus nicht zu erschliessen, ob die Zahlenangabe auf Querschnitte oder auf blosse Längsansichten basırt ist. Ich habe nun zwar noch keinen Oxycephaliden zu untersuchen Gelegenheit gehabt, glaube aber doch bis auf Weiteres jene Zahl vier mit emem Fragezeichen versehen zu müssen, da die geringe Verlässlichkeit solcher nicht durch Querschnitte gewonnenen Zählungsresultate, wie schon oft hervorgehoben, mir nur zu wohl bekannt ist. Selbstverständlich soll damit aber nicht die Möglichkeit, sondern nur die Wahrscheinlichkeit eines viertheiligen Rhabdoms ın Ab- rede gestellt werden. 4. Augen von Branchipus und Apus, nebst Bemerkungen über die Augen anderer Phyllopoden. — Aus der Ordnung der Phyllopoden habe ich mich mit der Untersuchung mehrerer, verschiedenen Gruppen angehöriger Gattungen abgegeben; die besten und am meisten zufriedenstellenden Resultate, besonders auch hinsichtlich der Zusammensetzung der Retinula, habe ich an den beiden genannten Genera erhalten, welche in die Unterordnung der Branchiopoda gehören. Da meme Beobachtungen hinsichtlich der Augen der andern Unterordnung, der Cladoceren, nicht von gleicher Vollständiekeit sind, so will ich das Wenige, was mir darüber zu bemerken bleibt, an die Besprechung der Sehorgane der vorhin genannten Gattungen anknüpfen. Beiden Gattungen kommen ım Wesentlichen übereinstimmend gebaute Augen zu, so gross auch die Unterschiede m der Ausbildung der einzelnen Augentheile für den ersten Anblick er- scheinen mögen. Sie weichen beide von den bisher besprochenen Crustaceenformen durch die Vierzahl der Krystallkegelsegmente ab, stimmen aber mit den Hyperiden im der Zahl der Retinula-Elemente überein. In Fig. 107 Taf. X sind die Antheile zweier Facetten von Branchipus stagnalis; ın Fig. 108 Taf. X Querschnitte durch sechs Retinulae desselben Thieres, ferner in Fig. 109 Taf. X zwei Krystallkegel nebst Zubehör von Apus cancriformis wiedergegeben?). Bei Branchipus finde ich die Cornea insofern m einzelne Facetten getheilt, als dieselbe über jedem Krystallkegel sich in leichter Wölbung erhebt. Die Innenfläche ıst aber fast in dem- selben Grade vertieft, als die Wölbung nach aussen convex vortritt, so dass von einer Linsen- wirkung kaum die Rede sem kann. Noch weniger bei Apus, wo die Cornea ganz gleichmässig eben sich über das Auge hinzieht. An den erhärteten Krystallkegeln von Branchipus fällt ein Verhalten auf, das wir m etwas anderer, noch mehr hervortretender Weise später besonders bei den Decapoden wieder finden werden. Es erhalten sich nämlich die Zellen, welchen die Krystallkegel-Segmente ihre !) C. Claus, Zur Kenntniss des Baues und der Organisation der Polyphemiden. Denkschriften d. Wien. Akad. Math.-nat. Cl. Bd. 37. 1877. pag. 9 des Sep.-Abd. >) Ich bin für die freundliche Ueberlassung des Materiales Herrn Dr. F. C. Noll in Frankfurt a/M. zu Danke verpflichtet. 2. Abschnitt. Vom zusammengesetzten Auge der Inseceten und Crustaceen. 115 Entstehung verdanken, und zwar nicht nur als einfache, für sich optisch wirkungslose Hüllmem- branen um den Kegel, sondern als Haupttheil des Ganzen der Masse nach, und obendrein unter erheblicher Umwandlung ihrer Substanz. Die eigentlichen Ausscheidungsproducte dieser Zellen, die Krystallkegel, sind als zwar scharf umschriebene und bestimmt geformte, aber an Umfang relativ geringe Gebilde etwas zurückgedrängt. So entspricht also das sanze, zwischen Cornea und Retinula resp. Rhabdom gelegene ovale, nach hinten hin spitz auslaufende Gebilde (Mz., Fig. 107) zunächst den Mutterzellen des Krystallkegels (es sind natürlich morphologisch die gleichen Elemente, die beim aconen Insectenauge als Krystallzellen bezeichnet wurden), und erst in diesem Complexe tritt der eigentliche ellipsoidische, vorn und hinten abgerundete, ebenfalls viertheilige Krystallkegel (K%.) auf. Ich bin leider nicht in der Lage gewesen, die Thiere in frischem Zustande untersuchen zu können, sondern musste mich auf schon ziemlich alte Wein- geistexemplare beschränken. Aus den vorhandenen Beschreibungen des frischen Auges geht aber hervor, dass die bei conservirten Thieren so auffallenden Differenzen im Aussehen und besonders in der Lichtbrechung der kegelförmigen Gebilde im Leben nicht zur Geltung kommen, sondern das Ganze, ähnlich wie bei den Decapoden, homogen und stark liehtbrechend erscheint. — Bei Spiritusexemplaren bleibt der eigentliche Krystallkegel ganz klar und durchsichtie, von starker Lichtbrechung, und grenzt sich wie ein scharf und bestimmt contourirter Kern von der völlig anders aussehenden Umgebung ab. Die Mutterzellen erscheinen dann nämlich grösstentheils grob granulirt, und nur der innerste zugespitzte Theil (K%?. Fig. 107) bleibt klar und zeiet dasselbe Lichtbrechungsvermögen, wie der ellipsoidische Körper ım Innern. Dieser hintere Theil erscheint in seiner vordern Begrenzung sehr unbestimmt und unregelmässig ausgezackt, wie die Figur zeigt; er steht aber im Zusammenhang mit einer dünnen Schicht, die, von ihm ausgehend, scharf abgegrenzt die Oberfläche des Ganzen membranartig überzieht. — Ich will noch hinzufügen, dass es mir nicht mehr gelungen ist, an den alten mir zur Verfügung stehenden Exemplaren die Kerne der Zellen (die Semper’schen Kerne) nachzuweisen. Ganz verschieden sehen die ebenfalls deutlich viertheiligen Kegel von Apus (Fie. 109, K%.) aus, und doch ıst der Bau ım Grunde fast der gleiche. Der Unterschied besteht nur darin, dass der ächte Krystallkegel den vorher von seinen vier Bildungszellen erfüllten Raum nach erreichter Entwickelung fast völlig einnimmt, so dass nur ein geringer Zwischenraum zwischen seiner Ober- fläche und der ihn umhüllenden Membran übrig bleibt. Vor den eigentlichen Kegeln, aber noch inner- halb der Hüllmembram habe ich noch die abgeflachten Semper’schen Kerne nachzuweisen vermocht. Bei den Augen beider Gattungen sind die Retinulae in ihrer Länge gleichmässig entwickelt, und umgreifen eine Strecke weit das Hinterende der Kegel. Wie weit, kann ich so genau nicht angeben, da der Erhaltungszustand meines Materiales die vordere Grenze (besonders bei Branchipus) fest- zustellen nicht gestattete. Dass die Retinula aus fünf Zellen besteht, zeigt der Querschnitt durch dieselben bei Branchipus (Fig. 108); bei Apus bin ich nicht so glücklich gewesen, brauchbare Querschnitte zu erhalten, konnte dafür aber um so sicherer die Zahl der hier recht ansehnlichen Kerne der Retinulazellen feststellen, und diese weisen auf dieselbe Zusammensetzung hin. Bei Apus liegen diese Kerne dicht vor dem innern Ende der Retinula (n. Fig. 109); bei Branchipus habe ich sie, wenn auch nur undeutlich, im vordern Ende, etwa im Niveau des Endes des Rhabdoms, wahrgenommen (Fig. 107, n). Bei Branchipus ist das Rhabdom (Rm.) bemahe von derselben Länge wie die Retinula, bei Apus aber viel kürzer; bei beiden läuft es nach hinten in eine Spitze aus. Diese Zuspitzung geschieht aber bei Apus so rasch, dass man das Rhabdom als conisch gegenüber dem von Branchipus, das eher ceylindrisch ist, bezeichnen muss. Bei Branchipus stösst dasselbe 119,2 116 I. Untersuchungen. nach vorn an die ihm entgegenkommende Spitze des Complexes der Krystallkegelzellen, bei Apus fügt es sich an den hinteren etwas unregelmässig gestalteten Pol des Kegels selbst an. Bei beiden habe ich deutliche Längslinien als Andeutung des Hervorgehens aus Einzelstäbchen ge- sehen; bei den Querschnitten durch die Retinulae von Branchipus habe ich mich umsonst be- müht, die als homogene Centra der fünfstrahligen Retinularosette auftretenden winzigen Rhabdom- querschnitte in ihre Einzelbestandtheile zu zerlegen. Ueber das Auge von Branchipus hat Burmeister!) wohl zuerst nähere Nachricht mitgetheilt; es ist von seiner Darstellung nur hervorzuheben, dass er den eigentlichen ovoiden Krystallkegel als Linse vorn in einem becherförmigen Glaskörper (Krystallkegel) liegend deutete, Leydige?), der die Augen später, und wie es schemt nur an frischen Exemplaren studirte, konnte die von Burmeister hervorgehobene Scheidung im eine Limse und den Kegel nicht erkennen, obschon ihm die Sonderung in eine innere festere und eme corticale weichere Schicht nicht enteing. Später hat Fr. Spangenberg?) die Beziehung der Linse zum Krystallkegel oder Glaskörper wieder ähnlich wie Burmeister beschrieben, und auch einige Bemerkungen über den Sehstab beigefügt. Weniger noch schemt das Auge von Apus berücksichtigt worden zu sein. Ausser den älteren Beobachtungen von J. Müller®) (von den noch viel älteren Schäffer’s [1756] u. A. ganz abzusehen), und von Zaddach?), die sich hauptsächlich auf die Beschreibung der facetten- losen Cornea, sowie der Form der Krystallkegel beschränken, scheint sich Niemand mit dem Bau dieses Organes specieller befasst zu haben. Im Anschluss an diese beiden Gattungen mögen hier noch einige Bemerkungen über den Augenbau jener im Systeme nahe gestellten Thiere eine Stelle finden. In die nähere Verwandtschaft mit Branchipus und Apus bringt man bekanntlich auch die Familie der Estheridae. Auch diese besitzen zusammengesetzte Augen mit Krystallkegeln, denen man früher, wie überhaupt einem jeden Arthropoden mit Facettenaugen, die als Norm geltende Zahl von vier Segmenten zuschrieb. Nun hat aber neuerdings Lenz®) an Estheria californica sowohl wie an E. tetracera den Nachweis geführt, dass die Krystallkegel derselben aus fünf Segmenten gebildet sind, und ich bin durch die freundliche Vermittelung von Seiten des Ent- deckers m den Stand gesetzt, die Beobachtung zu bestätigen. Leider aber nicht hinsichtlich der Zusammensetzung der Retinula und des Rhabdomes zu erweitern, denn die Kleinheit der Augen, noch mehr aber der zu schlechte Erhaltungszustand des mir zur Verfügung gestellten Materiales erlaubten ein näheres Eingehen nicht mehr. Soviel ich gesehen habe, erscheint das Rhabdom recht kurz und zart (nur ca. ”/; der Länge der Krystallkegel erreichend, die birnförmig oder lang- eiförmig gestaltet sind), und nach hinten zu rasch verjüngt; ausserdem umschlossen von den intensiv dunkeln Retinulazellen. !) H. Burmeister, Ueber den Bau der Augen bei Branchipus paludosus (Chirocephalus Prev.) in: Müller’s Arch. ete. 1835. pag. 529 und 613. 2) Fr. Leydig, Ueber Artemia salina und Branchipus stagnalis, Beitr. zur anat. Kenntn. d. Thiere. in: Ztschft. f. wiss. Zool. III. 1851. pag. 280. >) Fr. Spangenberg, Zur Kenntniss von Branchipus stagnalis. Ebendas. Supplem. zu Bd. XXV, pag. 1. 4) J. Müller, Fortgesetzte Untersuchungen ete. — 1. s ce. pag. 54. 5) Zaddach, De Apodis cancriformis anatome et historia evolutionis. Bonnae 1841. pag. 45. 6%) H. Lenz, Estheria ealifornica Pack. in: Arch. f. Natgesch. 1877. pag. 24. (Auch Rostocker Inaugural- dissertation.) 2. Abschnitt. Vom zusammengesetzten Auge der Insecten und Crustaceen. ak In die gleiche Ordnung der Phyllopoda brinst man bekanntlich auch die Clado- ceren, deren Auge schon gar häufig untersucht und beschrieben worden ist; besonders ein- gehend von Leydig!), der zuerst die Anwesenheit eines „Nervenstabes“* hinter den segmen- tirten Krystallkegeln der zusammengesetzten Augen dieser interessanten Thiere constatirte. Seither sind die Cladoceren in zahlreichen trefflichen Arbeiten behandelt worden, aber im Ver- hältniss zu der Summe von Kenntnissen, welche wir von den meisten andern Organsystemen be- sitzen, lassen die über das Auge noch Manches zu wünschen übrig. Wir haben bis jetzt nur Einblick in die Zusammensetzung des Krystallkegels einiger Arten; die der Retinula und des von ihr umschlossenen Rhabdoms zu bestimmen ist bis jetzt noch nicht gelungen. — Die Kenntniss der wahren Segmentzahl der Krystallkegel ist aber auch erst den Studien der letzten Jahre zu verdanken, da man früher eben auch hier, die überall vorausgesetzten vier Theilstücke gefunden haben wollte; so z. B. Weismann?) bei Leptodora, Claus?) bei Sida und Daphnia. Letzterer will auch bei diesen Gattungen eine viertheilige Sonderung des „Nervenstabes* beobachtet haben. Nun hat schon lange Leydig von Bythotrephes longimanus (l. c. pag. 245) erwähnt, dass bei diesem Thier die Krystallkegel aus fünf deutlichen Segmenten zusammengesetzt seien. Später bringt Spangenberg?) die gleiche Beobachtung für Daphniden, Claus?) für Polyphemus und Evadne, und macht denselben Bau auch für Podon wahrschemlich. (Letzteren beiden Gattungen hatte er übrigens bei einer früheren Gelegenheit 6) die Zusammensetzung des Krystall- kegels aus Segmenten abgesprochen.) Mir selbst sind diese Zahlenverhältnisse schon seit längerer Zeit aus eigenen Untersuchungen bekannt geworden. Ich fand die Fünftheiligkeit des Krystallkegels der Cladoceren zuerst nur mit Mühe an wenig günstigem Materiale (Daphnia longispina, D. pulex), und habe später m Neapel an eimem im Auftrieb sich zuweilen vorfindenden Podon, wo die Augen dafür ungleich günstiger gestaltet sind, ganz die gleiche Beobachtung gemacht, aber bis jetzt mich vergeblich bemüht, auch die percipirenden Augenelemente einer derartigen numerischen Analyse zu unterwerfen. 5. Auge von Mysis. — Von der kleinen Gruppe der Schizopoden unter den Podophthalmen habe ich die Augen von Mysis (M. vulgarıs, flexuosa) ziemlich eingehend studirt, und auf diese Gattung beziehen sich die Figg. 110—116 Taf. X. Ich halte das Studium des Auges der Arten dieses Genus in mehr als eimer Hinsicht für ein sehr interessantes, nicht allein für den Sehapparat im engeren Sinne, sondern noch weit mehr für die zugehörigen und sich dicht daran anschliessenden Apparate des centralen Nervensystems, die man schlechthin als Ganglion optieum bezeichnet. Obgleich ich im Verlaufe meiner Untersuchungen im Wesentlichen immer den gleichen Theilen hinter dem zusammengesetzten Auge begegnet bin, ist es mir doch 1) Leydig, Naturgeschichte der Daphniden (Crustacea Cladocera). Tübingen 1860. pag. 36 u. ff. 2) A. Weismann, Ueber Bau und Lebenserscheinungen von Leptodora hyalina Lilljeb. in: Ztschft. f. Zool. XXIV. 1871. pag. 349. 3) C. Claus, Zur Kenntniss der Organisation und des feineren Baues der Daphniden und verwandter Clado- ceren. Ebendas. Vol. XXVII 1876. pag. 362. #) F. Spangenberg, Ueber den Bau und die Entwickelung der Daphnien. in: Göttinger Nach- richten ete. 1876. pag. 517. 5) C. Claus, Zur Kenntniss des Baues und der Organisation der Polyphemiden. Abhdlgn. Wiener Akad. Math. nat. Cl. XXXVI. pag. S des Sep.-Abd. 6) C. Claus, Ueber Evadne mediterranea n. sp. und polyphemoides Lekt. in: Würzbg. Natw. Zitschft. d. III. 1862. pag. 238. 118 I. Untersuchungen. bei keinem Object so leicht geworden, die Aufeinanderfolge, den Zusammenhang, Bau, überhaupt die ganze ungeahnte Complcation dieser kleinen Centralorgane für das Auge so zu verfolgen wie hier, und ich habe deshalb, trotzdem es meiner unmittelbaren Aufgabe an sich ferner lag, doch der Versuchung nicht widerstehen können, ın den Figg. 110 und 116 einige Einzelheiten, die sich darauf beziehen, wiederzugeben. Ich habe in Fig. 110 einen Schnitt durch den ganzen Augenstiel nebst Auge von Mysis vulgaris abgebildet, da bekanntlich die Mysideen hinsichtlich der Insertion der Augen mit den übrigen Podophthalmen übereinstimmen. — Die Cornea des Auges ist leicht facettirt, die einzelnen Facetten sind rund, nach aussen schwach vorspringend, innen aber leicht concav, so dass dadurch die Linsenwirkung wieder etwas paralysırt wird (vgl. bes. Fig. 111, Lf.). Bei Flächenansichten (Fig. 112) erschemen unter den Facetten vier Semper’sche Kerne, von denen zwei näher an die Facette, die beiden andern mehr in die Tiefe gerückt sind. Die eigentliche Bedeutung der Zelleontouren um dieselben lässt sich nur schwer enträthseln; sie erweckt den Eindruck, als ob zwei Zellen mit den einander zugewandten, zugeschärften Rändern übereinander- geschoben wären. — Hervorzuheben sind noch kleine, dreitheilige spitze Dörnchen (Fig. 111, 112 d.), die in regelmässiger Vertheilung um die Facetten gruppirt nach innen vortreten. Die Krystallkegel (K%., Fig. 110, 111) smd in frischem Zustande ziemlich weich und quellbar; ihre Gestalt wäre etwa mit der emer ziemlich schlanken Flasche zu vergleichen. Ich habe es keineswegs leicht gefunden, über die Zahl ihrer Segmente ın’s Klare zu kommen, da sie namentlich in den verschiedenen von mir in Anwendung gebrachten Erhärtungsmitteln sich sehr gut erhielten, und die Trennungsflächen zwischen den einzelnen Segmenten nur sehr zart ange- deutet erschienen. Was mir aber die reifen Thiere so schwierig machten, erleichterten mir Em- bryonen, deren Krystallkegel erst ım Werden begriffen waren (Fig. 113). Bei diesen umschliessen die Mutterzellen der Krystallkegel ein kugeliges, aus zwei Hälften bestehendes Tröpfehen von starkem Lichtbrechungsvermögen, das unter dem Einfluss des zur Erhärtung verwandten Aleohols geronnen und dabei etwas geschrumpft ıst (X%. Fig. 113), so dass der vorher von ihm emge- nommene Raum nun als eme helle Sphäre um dasselbe erscheint und scharf nach aussen ab- gegrenzt ist. In den Augen von noch jüngeren Embryonen bildet jede Hälfte eime Kugel für sich, und diese ist von der Berührungsfläche der zwei Zellen, in denen sie entstehen, mehr ab- gerückt in’s Innere; die gegenseitige Annäherung und Berührung unter gegenseitiger Abplattung ist erst ein Resultat der Entwickelung. — Wir haben demnach in dieser Beobachtung den Beweis, dass die numerische Zusammensetzung des Krystallkegels hier, bei Mysıs, dieselbe ist wie bei den Amphipoden und Isopoden, und sich scharf unterscheidet von der der andern Podophthalmen. Um den Krystallkegel lässt sich eine feine Hülle erkennen, die sich an seinem Innenende in emen langen, gleichdicken, völlig durchsichtigen Strang fortsetzt, der sich bis zu dem vordern Ende des tief in das Innere der Retinula zurückgezogenen Rhabdoms conti- nuirlich erstreckt, und von den Retinulazellen umgeben ist. Auf dem Schnitte Fig. 110 zeigen die dunkler gehaltenen Streifen jene Stränge an, die wegen ihres etwas stärkeren Lichtbrechungs- vermögens sich ziemlich deutlich aus .den umgebenden Elementen abheben, bis sie m dem den Grund des Auges bildenden Pigment sich dem Blicke entziehen. Wenn man nun freilich frägt, ob diese Stränge zu den Krystallkeselhüllen, oder vielleicht zu den Retinulis resp. den Rhab- domen gehören, so ist die Entscheidung doch keine so einfache. Ich habe mich, wie vorstehend zu ersehen für die Deutung im ersteren Sinne entschieden, trotzdem man vielleicht versucht sein könnte, hier einen dem bei Liparis und andern Insecten geschilderten analogen Fall zu sehen. NR m u 2. Abschnitt. Vom zusammengesetzten Auge der Insecten und Crustaceen. 119 Mich hat zu dieser Deutung in erster Linie die Thatsache bestimmt, dass hier nicht, wie bei jenen Insecten, die Kerne der Retinula im Innern dieses Stranges, der dort deutlich eine faden- förmig verdünnte Retinula repräsentirt, gelegen sind, sondern daneben; dass wir also in dem Strange selbst eine Fortsetzung des Rhabdoms zu sehen hätten, wogegen aber wieder die starke Differenz im Lichtbrechungsvermögen (vgl. Fig. 114 von M. flexuosa), ebenso die scharfe Grenze zwischen beiden, und ausserdem noch gegen die Retinulazellen hin spricht. Daher meine Deutung dieses Stranges als einer ungewöhnlich verlängerten, über die Norm hinaus sich er- streckenden Kegelhülle — eine Deutung, deren mögliche Umstossung ich mir übrigens keines- wegs verhehle. Die grosse Längenentwickelung der Retinula fällt um so mehr auf, wenn man die geringe Dimension des Rhabdoms damit vergleicht. Der Antheil der Retinnlaelemente am Aufbau des Gesammtauges kann am Besten an Schnitten wie Fig. 110 übersehen werden, in welchen der gesammte Raum zwischen den hintern Enden der Krystallkegel und der hintern Grenze des inneren Pigmentgürtels von den Retinnlis eingenommen wird, und die Rhabdome nicht einmal völlig die vordere Grenze derselben Pigmentzone erreichen. Auch das Pigment selbst ist nicht sehr stark entwickelt; von seiner im Angenhintergrund gelegenen Hauptanhäufung zieht es an den seitlichen Grenzen derselben, an den Rändern des Gesammtauges, nach aussen gegen die Oberfläche hin empor, um mit einer dünnen äussern Pigmentschale, in welche die Hinterenden der Krystallkegel eingesenkt erscheinen, zu verschmelzen. Leider kann ich über die numerische Zusammensetzung der Retinula bei diesen Grustaceen keine genügende Auskunft geben, und Alles, was ich darüber in Erfahrung bringen konnte, beschränkt sich auf folgendes Wenige. Die Retinulazellen sind als solche erst vom vordern Ende der dieken, massigen, dicht aneinanderliegenden Rhabdome (Fig. 114) an zu erkennen als zarte, blasse, anscheinend eylindrische Elemente, die an ihrem vordern Ende, dicht hinter dem innern Kıystallkegelende, die länglichen grossen Kerne tragen, die in ihrer Gesammtheit eine dunkle diese Region markirende Zone bilden. Aus der Zahl der Kerne, die je einen vom Krystallkegel ausgehenden Strang umhüllen, die der Retinulazellen zu erschliessen, ist mir nicht gelungen. Ich glaube nur, dass die Zahl der Kerne mehr als vier ist, d. h. mehr als das Rhabdom Seg- mente hat; kann aber nicht sicher angeben, wieviel. Die Rhabdome (Fig. 114 Rm.) sind kurze, relativ dicke, abgerundet vierseitige Pyramiden, deren Seitenflächen etwas gewölbt, deren Spitzen nach hinten, resp. innen, und deren eben ab- geschnittene Basen gegen die Krystallkegel hin gerichtet sind. Auch sie sind stark lichtbrechend und erhalten sich in Weingeist und andern conservirenden Medien ziemlich gut, so dass man meist noch die Plättchenstructur mit Leichtigkeit daran erkennen kann. An ihrem Vorderende inserirt sich mit trompetenartig verbreiterter Fläche der schon besprochene Strang (st, Fig. 114); das scharf abgegrenzte, mässig spitze Hinterende ist meist wenig kenntlich, weil sich um das- selbe Züge eines eigenen, mit den Nervenfasern des Opticus hinter der innern Cuticula auf- steigenden erdigen Pigmentes legen, die leider durch Salpetersäure nicht zu entfernen sind; in- dessen kann man sich leicht durch Zerzupfen den Anblick isolirter Rhabdome verschaffen. Ueber die Zahl ihrer Seginente geben Querschnitte, wie der in Fig. 115 abgebildete, genügende und jedenfalls sichere Auskunft; diese Zahl beträgt hier vier. Die Querschnitte der Rhabdome er- scheinen meist annähernd quadratisch mit abgerundeten Ecken, und die Theilungsebenen der Segmente, die relativ leicht zu erkennen sind (sie markiren sich auch sehr scharf auf der Ober- fläche [Fig. 114]), halbiren die Seiten des Viereckes. — Die Plättchen des Rhabdoms, das bei- läufig bemerkt in frischem Zustande auch jene schon so oft erwähnte rothe Färbung zeigt, 120 I. Untersuchungen. sind in je zwei benachbarten Segmenten so gestellt, dass sie mit eimander alterniren; die Seg- mentgrenze erscheint dabei, wegen des gegenseitigen Uebergreifens, als eine Ziekzacklinie, wie in Fig. 114 angedeutet worden ist. Wegen des Interesses, das die nervösen Augencentren als solche beanspruchen können, möchte ich bei dieser Gelegenheit noch einige Bemerkungen über dieselben mittheilen, um die Fisg. 110 und 116, welche einige der wichtigsten Verhältnisse ihrer Anordnung versinnlichen, näher zu erläutern. Diese Mittheilungen verzichten auf den Anspruch der Vollständigkeit, da sie nur nebenher gewonnen wurden, und es vorläufig nicht in meiner Absicht lag, die Grenzen meiner speciellen Untersuchungen auch noch über diese dem Perceptionsapparat im engern Sinne nicht mehr angehörigen Nervencentra auszudehnen. Wie die Fig. 110 zeigt, sind m dem Augenstiel nicht weniger als vier discrete ganglıöse Centren (@.—@777.) eingeschlossen, die unter sich durch eine sehr grosse Anzahl feiner Nerven- fasern in Verbindung stehen. Drei von diesen Ganglien (@..—G/77.) sind massig, das vierte (@.) aber, welches dem eigentlichen Sehorgan am nächsten gelegen ist, zeigt eine mehr flächenhafte Entwickelung, und ist dabei mit seinem Centrum so vorgewölbt, dass es gegen das Auge hin eine Art von papillenförmiger Vorragung bildet. Ringsum sind die Ganglien von der Cuticula des Augenstieles abgetrennt durch eine massenhafte Anhäufung anschemend freier Zellenkerne, die an vielen Stellen eine eigenthümliche reihenförmige, d. h. in Schichten auftretende Anordnung zeigen. Ich sage „freie Zellenkerne“, weil es mir nicht gelungen ist, an ihnen einen unzweifelhaft dazu gehörenden Zellkörper nachzuweisen (vgl. Fig. 116, Km/., Km’!.). Diese Kernanhäufung — um also bis auf Weiteres ihre Natur so zu bezeichnen — erstreckt sich vor der ersten gang- liösen Masse (@.) in einem ihr entsprechend gebogenen, in zwei Schichten getheilten Gewölbe (Km? Km’7. Figg. 110, 116) quer durch den ganzen Augenstiel. Ich möchte besonders die Aufmerksamkeit auf den Verlauf der Nervenfasern, sowie auf einzelne Punkte des Baues der Ganglien selbst lenken. Zuerst vom Faserverlauf. Die Nerven, welche vom eigentlichen Sehorgan durch die imnere Cuticula durchtretend nach hinten convergiren, sind an ihrem peripherischen Ende merklich dicker und derber als an ihrem centralen (N. Fiege. 110, 116), und werden noch eine Strecke weit von Pigmentkörnchen begleitet. Die Gesammtmasse aller Fasern wird durch eine Anzahl unter sich parallel verlaufender bogenförmiger Capillaren (Cp. Fig. 110) im Blätter abgetheilt, die auf Querschnitten ein sehr zierliches Bild geben. — Dann treten die Fasern, schon sehr fein geworden, durch die erste Schicht der Kerne hindurch (Km/. Fig. 116), um dann, bündelweise gruppirt (NZ. Fig. 116), nach Durchsetzung der zweiten Kernlage (Am/Z.) sich in der ersten gangliösen Masse (G.) zu verlieren. Der Theil der Nervenfasern, der in der Fig. 116 mit NZ. bezeichnet ist (zwischen den beiden Kernlagen), zeichnet sich durch eine ganz ausserordentliche Feinheit aus, und man muss schon sehr starke Vergrösserungen anwenden, um sie überhaupt deutlich zu sehen. Im Innern des ersten Ganglion (@.) entzieht sich der Verlauf der Fasern der Beobachtung. Hinter demselben aber erscheinen sie wieder, um sich hier einer möglichst vollständigen Kreuzung zu unterwerfen (NZZ. Fig. 110, 116), der Art, dass die vom äusserten rechten Rande des ersten Ganglion (G.) kommenden Fasern zum äussersten linken Rand des zweiten Ganglion (@7. Fig. 110) treten, und umgekehrt, und nur die in der Axe des Augenstiels gelegenen ziemlich gerade durchtreten. Auch im zweiten Ganglion (@7.) ist der Verlauf der Fasern und ihr Verhalten im Innern unbekannt. Aber an semer hintern Fläche kommen sie wieder zum Vorschein, um ganz in der eben beschriebenen Weise einer abermaligen Kreuzung zu unterliegen (N/. Fig. 110), im Verlauf Dt Ten ee ee u EEE u u en 2. Abschnitt. Vom zusammengesetzten Auge der Insecten und Crustaceen. 121 von diesem zum dritten Ganglion (@/). Nach dem abermaligen Heraustreten aus diesem erfolgt eine nochmalige, aber, wie es scheint, nicht so streng geregelte, vielleicht nur partielle Kreuzung (bei N7777. Fig. 110); hierauf treten die Fasern ein in das vierte Ganglion (G//7.), wo sie wenigstens in ihren gröbern Zügen noch im Innern verfolet werden können, und treten endlich aus diesem in das Innere des Cephalothorax zum eigentlichen Centralnervensystem, wohin ich sie zu ver- folgen unterliess. Ueber die Structur der Ganglien selbst will ich mich auf folgende Bemerkungen be- schränken. Das erste derselben (Fig. 110, 116, @.) zeigt eine deutliche Differenzirung in zwei Schichten, und wiederum jede Schicht in eine grössere Anzahl anscheinend prismatischer Unterabtheilungen. Man könnte versucht sem, diese Unterabtheilungen für Zellen zu halten; ich habe mich jedoch umsonst bemüht, die nöthigen Eigenschaften von Zellen an ihnen aufzufinden. Das zweite Ganglion (Fig. 110, @.) besteht ebenfalls aus mehreren Schichten, von denen namentlich eine wieder doppeltheilige, viel hellere, weniger granulirte als etwas Besonderes vor den übrigen hervortritt. Der Verlauf dieser Schichten ist gewölbt; die in der Figur angegebene, senkrecht zu der Ebene der Schichten verlaufende Streifung, — die man sich übrigens viel feiner und zarter, als die Figur sie zeigt, zu denken hat, — steht unzweifelhaft in engstem Zusammen- hang mit dem Durchtritt der Nervenfasern; es ist aber unmöglich, über die Frage der Continuität der Fasern, überhaupt ihres nähern Verhaltens sich ein sicheres Urtheil zu bilden. In ähnlicher Weise, aber weniger deutlich, zeigt auch das dritte Ganglion (Fig. 110, G/7) sich aus mehrern Schichten zusammengesetzt, die von einer bestimmten Faserstreifung durchkreuzt werden; weniger ist mir dies am vierten (@/77.) entgegengetreten, das ich übrigens nicht genauer studirt habe. Auffallend war mir, und ist mir noch, die auffallend geringe Betheiligung nachweisbar zellig geformter Elemente an dem Aufbau dieser Centren. Man sollte doch wohl erwarten, in diesen relativ voluminösen Massen Nervensubstanz wenigstens hier und da Ganglienzellen in grösseren oder kleineren Ansammlungen, oder auch durch das Ganze zerstreut, anzutreffen. Ich kann zwar das Vorhandensein von zelligen Elementen im Innern der Ganglien nicht völlig in Abrede stellen, aber diese sind so selten, sie treten so sehr neben der „Punktsubstanz“ (wie be- kanntlich Leydig die granulirte Grundsubstanz besonders im Gehirn von Arthropoden genannt hat) zurück, dass einmal der Zweifel auftaucht, ob wir es hier überhaupt mit Ganglienzellen zu thun haben, und wenn, ob diese hier nicht eine secundäre Rolle spielen neben eben jener „Punkt- substanz“. — Eine andere Frage taucht noch auf, wenn man den Ueberfluss an Zellkernen in der unmittelbarsten Umgebung der Ganglien in Vergleich zieht mit der übergrossen Dürftigkeit an solchen im Innern der Ganglien selbst. Gehören am Ende jene so massenhaft angehäuften Kerne zu den Ganglien, ın der Art etwa, dass die Zellkörper derselben zur Bildung dieser Ganglien zusammentreten, sie selbst aber nach aussen geschoben, gewissermassen beseitigt werden, wie etwa bei den oben beschriebenen Vorderrandaugen von Salticus die Kerne der Reti- nazellen ? Die einzelnen, hier nur ganz skizzenhaft von mir mitgetheilten Thatsachen, mögen sie nun den complieirten Faserverlauf der Nerven, oder die feinere Structur der ganglösen Centren betreffen, sind für mich in morphologischem wie in physiologischem Sinne ebensoviele Räthsel, deren Lösung zu suchen ich Anderen überlassen muss. Der Zweck meiner vorstehenden Darstellung war aber nur, auf Mysis, als auf ein in vieler Beziehung sehr günstiges Object für Denjenigen, der sich mit solchen Problemen zu befassen Lust und — Muth hat, hinzuweisen. Grenacher, Untersuchungen über das Sehorgan der Arthropoden. 16 122 I. Untersuchungen. Von frühern Darstellungen des Baues der Augen von Mysis ist mir nur sehr wenig be- kannt geworden, da mir eine Reihe von Arbeiten, namentlich skandinavischer und englischer Forscher über diese Gruppe von Crustaceen, die möglicherweise ebenfalls anatomische Unter- suchungen enthalten, unzugänglich geblieben sind. Ueber das Mysis-Auge finde ich einige Bemerkungen bei Frey und Leuckart!), wo die Form der Krystallkegel beschrieben und von den Facetten mitgetheilt wird, dass sie rund er- scheinen. Zwischen ihnen und den Krystallkegeln glauben die Verfasser noch einen „zweiten dioptrischen Körper“, eine Krystalllinse, beobachtet zu haben, die in ihrem Innern mehrere rund- liche Körper, fast wie Zellen, beherbergt. Dies dürfte vielleicht die erste Erwähnung der später von Claparede benannten Semper’schen Kerne — denn dies sind unzweifelhaft jene kugeligen Gebilde, welche die Autoren erwähnen — in der: Literatur sein. Ungleich emgehender sind die Beobachtungen über das Auge von Mysis oculata, var. relicta, die wir G. O. Sars?) verdanken, und die sich nicht allein auf das eigentliche Auge beschränken, sondern auch auf die Ganglien mm Augenstiel erstrecken. Er beschreibt die Cornea und die Krystallkegel, wıe oben geschehen, nur schemt er diese für viertheilig zu halten, und ausserdem Vacuolenbildung in seiner Substanz, wie sie unter dem Einfluss von Reagentien wohl häufig bemerkt werden, für normale Vorkommnisse anzusehen (l. ec. pag. 33). Noch besser hat Sars das Rhabdom erkannt, beschrieben und abgebildet, und auch die freilich sehr ausgeprägte Plättchenstructur ist ihm nicht entgangen. Von seiner Darstellung des Bades der Ganglien im Augenstiel will ich nur soviel hervor- heben, dass seine sehr zutreffende Schilderung sich mehr auf das beschränkt, was man bei schwächerer Vergrösserung am lebenden Thier von aussen erkennen kann. Sars hat zwar auch Schnitte untersucht, aber es ist ıhm doch Manches entgangen, obschon er die schichtenartige Aufeimanderfolge der Lagen in den Ganglien, sowie die feine fibrilläre Streifung in der Richtung der Axe gesehen hat. Wenn er von Ganglienzellen spricht, die er gesehen haben will, (l. e. pag. 32: „ce n’est qu’aux points de reunion des segments [ı. e. der einzelnen Ganglien] qu’il se trouve des cellules ganglionnaires distinctes“), so bin ich leider nicht in der Lage, diese so bestimmt ausgesprochene Behauptung unterstützen zu können. Die wegen ihrer öfteren Wieder- holung so merkwürdige Faserkreuzung des Sehnerven scheint ihm nicht aufgefallen zu sein. — 6. Auge von Palaemon squilla, nebst Bemerkungen über die Augen anderer Decapoden. — Das Decapodenauge ist, wie allbekannt, trotz der Schwierigkeit, welche es der Untersuchung nach der technischen Seite hin bietet, doch schon vielfach Gegenstand eingehender Studien gewesen. Hier ist es nicht allein die Retinula, sondern auch in emem kaum geringeren Maasse der Krystallkegel, welcher der anatomischen Erforschung Hindernisse in den Weg legt. — Ich bin nicht in der Lage, zu der Summe von Thatsachen, welche wir den frühern Autoren auf diesem Gebiete verdanken, einen besonders grossen Zuwachs — im quantitativen Sinne — in Aussicht zu stellen. Ich musste mich auf die Untersuchung einiger weniger Formen ein- schränken, und will als Schema den von mir am genauesten untersuchten Palaemon wählen, von dem ich sowohl frische, als auch mit verschiedenen Flüssigkeiten behandelte Augen studiren konnte. — Auf eine Reihe von Thatsachen, welche sich am Decapodenauge beobachten lassen, !) Frey und Leuckart, Beiträge zur Kenntniss wirbelloser Thiere, mit besonderer Berücksichtigung der Fauna des norddeutschen Meeres. Braunschweig 1847. pag. 113. Sulssch par oluste 2. Abschnitt. Vom zusammengesetzten Auge der Insecten und Crustaceen. 123 [4 ist es kaum nöthig näher eimzugehen,, da von den neuern Untersuchungen namentlich die von M. Schultze (l. c.) sich mit ganz besonderer Sorgfalt hierüber verbreiten. Hinter den leicht bieonvexen Facetten (Lf. Fig. 117 Taf. XI) erheben sich die langge- streckten Weichtheile, die man schlechthn als Krystallkegel zu bezeichnen pflegt — ein lang- gezogen pyramidaler, in frischem Zustande sehr weicher, glasartig durchsichtiger Körper, der aber, nach der Erhärtung weit deutlicher als frisch, in seinen verschiedenen Theilen doch ein wesentlich verschiedenes Aussehen darbietet. Wir sind dieser Heterogeneität schon oben (bei Branchipus) begegnet; hier aber, wie bei den Decapoden überhaupt, ist sie eine ungleich mehr ausgeprägte, und scheint von allgemeiner Verbreitung innerhalb der Ordnung zu sem. — An er- härteten Palaemonaugen zeigt dieser ganze „Krystallkegel“ folgende Abschnitte. Zunächst an der Facette liegt eine dünne Lage von grober Granulirung, die durch den Besitz von Zellkernen (n. Fig. 117) wohl am ehesten Anspruch erheben darf, für dem ursprünglichen Zustand am nächsten kommendes Protoplasma angesehen zu werden. Von diesem kleinen Abschnitt grenzt sich scharf der viel dichter granulirte Haupttheil des Kegels ab, und im diesem sind an mehreren bestimmten Stellen Eimlagerungen von bedeutend stärkerem Lichtbrechungsvermögen, die auch nach der Erhärtung klar und durchsichtig bleiben, eingebettet. Die erste derselben befindet sich ganz vorn (bei KA. Fig. 117), und besteht aus vier flachen Stücken, die sich häufig kaum be- rühren. Die dann folgende zweite ist die wichtieste (K%.), eine abgekürzte, ebenfalls aus vier Segmenten bestehende Pyramide bildend (vgl. auch Fig. 119 Taf. XI, wo dieser Theil für sich allein in schräger Ansicht dargestellt ist, um seine Form “und Zusammensetzung besser deutlich zu machen). Die dritte Einlagerung endlich bildet eine Art von Corticalzone um den hinteren stark verschmälerten Theil des Kegels (KAIZ), und entspricht ebenso der mit K%T. bezeichneten Partie bei Branchipus Fig. 107, wie die ın beiden Figuren mit K%. bezeichneten Abschnitte als einander gleichwerthig anzusehen sind. Dieser Abschnitt K%., den man auch häufig mit dem auf einer irrigen Voraussetzung fussenden Namen „Linse“ bezeichnen hört, ist meines Erachtens allein der Vertreter dessen, was wir bisher als Krystallkegel im engern Sinne aufgefasst haben. Ich habe schon oben ange- deutet, dass ich in dem kegelförmigen Gesammteomplex hinter der Facette weniger das Homologon des Krystallkegels, als vielmehr seiner Mutterzellen erkennen möchte, die (bei Palaemon) nur in einem kleinen Theil, in der nächsten Umgebung der Semper’schen Kerne, sich relativ un- verändert erhalten, im weitaus grössten Theil aber sich wesentlich modifieiren, ohne doch ganz das Aussehen und die Eigenschaften des Krystallkegels anzunehmen; dies geschieht nur von relativ geringen Bruchtheilen der Gesammtmasse, und diese Stücke (K%.) stimmen dann allein in jeder Beziehung mit den Krystallkegeln anderer Arthropoden überein. Die fein ausgezogene Spitze dieser Pyramide durchsetzt, bevor sie in Contact mit der Retinula tritt, zuerst eine m Form eines Hohleylinders sie umhüllende Pigmentmasse (Pg. Fig. 117), um sich dann in das Vorderende der Retinula eine Strecke weit einzusenken. — Die Retinula (Rl.) ıst im Ganzen prismatisch, nach innen nur wenig verjüngt, und hinten mit ausgeprägteren Kanten versehen als vorn; ihre Pigmentirung ist namentlich der Mantelfläche entlang eine be- sonders intensive, und ebenso ist das Rhabdom (Rm.) an seiner Grenzfläche von eimer dichten Pigmentanhäufung bedeckt. Mit Leichtigkeit kann man sich über die Lage, weit schwieriger aber über die Zahl der Kerne orientiren (nF. Fig. 117), die ziemlich zusammengedrängt unweit vom Vorderende der Retinula sich finden. Die Zusammensetzung der Retinula uud des von ıhr umschlossenen Rhabdoms ist eine höchst eigenthümliche, wie die Querschnitte Fig. 118 A, und B Taf. XI zeigen. Eurstere 16* 124 I. Untersuchungen. Figur zeigt einen Schnitt durch vier Retinulae etwas hinter ihrer Mitte, letztere ist ganz dicht vor dem Hinterende gewonnen, und die Verschiedenheit besteht hauptsächlich in der grösseren Lockerung und Individualisirung der Zellen nach hinten hin. Auf solchen Schnitten durch die Mitte erscheint der Querschnitt durch das Rhabdom als ein Quadrat, so dass also hier der „Sehstab“ wirklich vierkantig ist, was man früher so allgemein behauptet hat, und wir doch nur in seltenen Fällen bestätigen konnten. Das Rhabdom erscheint durch Theilungsebenen, welche die Seiten des Quadrates halbiren, in vier Segmente zerfällt; aber um dieses vierkantige und vier- theilige Rhabdom gruppiren sich nicht vier, wie man wohl erwarten sollte, sondern sieben Zellen, deren Anordnung eine sehr eigenthümliche ist. Auf drei Seiten des Quadrates vertheilen sich nämlich sechs der Zellenquerschnitte in der Art, dass die Grenzlinie je zweier Zellen in der Verlängerung der Grenzlinie zwischen zwei Rhabdomsegmenten liest (vgl. Fig. 118 A); der vierten Seite des Quadrates aber liegt nur eine einzige Retinulazelle an, die dann auch eine entsprechend grössere Breite und Masse aufweist. — Nach hinten hin gleichen sich diese Grössendifferenzen unter den einzelnen Retinulazellen aus; die Zellenkörper platten sich von der Seite her ab, und berühren das auch rundlich gewordene Rhabdom nur mit einem Rande, während der andere flügelförmig nach aussen hervortritt. — Wie die Figur 117 zeigt, ist das Rhabdom spindelförmig angeschwollen, doch so, dass die grösste Dicke hinter der Mitte liegt. Gegenüber den hier mitgetheilten Thatsachen haben wir uns nun nach einer Erklärung umzusehen, und meines Erachtens dürfte der nachstehende Versuch emer solchen für’s Erste vielleicht genügen. Wir finden die uns bekannten sieben Retinulazellen, und nur vier dazugehörige Stäbchensäume, d. h. Rhabdomsegmente. Bis jetzt ist uns kein Beispiel bekannt geworden (und es ist auch a priori in hohem Grade unwahrscheinlich), dass zum Aufbau eines einzelnen solchen Saumes mehr als ebenfalls eine einzige Zelle beitrüge; es liest folglich auch in unserm Falle keine Veranlassung vor, andere Annahmen zu machen. Wir müssen also, bis wir etwa durch Thatsachen anders belehrt werden, daran festhalten, dass hier von den sieben Retinulazellen nur vier zur Ausscheidung ihrer Stäbchensäume gelangt sind, die drei andern aber nicht. Welche der Zellen das aber sind, das lässt sich nicht bestimmen; das Einzige, was man allenfalls mit einem gewissen Rechte annehmen kann, wäre, dass wohl die grösste, die mit zwei Rhabdom- seomenten in Berührung ist, wahrscheinlich gerade deswegen nicht unter die bei der Bildung derselben betheiligten gehört. An dem Rhabdom ist die Plättchenstructur äusserst deutlich, und fast immer fand ich die hellen und dunkeln alternirenden Plättchen in den aneinanderstossenden Segmenten so auf- einandertreffend, dass dem hellen Streif des einen Sesmentes ein dunkler des andern entsprach. Dass auch hier das Rhabdom nach vorn sich scharf von dem Hinterende des Krystallkegels ab- setzt, brauche ich wohl nicht mehr besonders hervorzuheben; leicht zu beobachten ist es gerade nicht, da die Lichtbrechung des Rhabdoms nach vorn hin abnimmt. Von hinten her, durch die das Auge von den Sehganglien abtrennende Cutieula, dringen nebst den Sehnervenfasern noch Streifen eines opaekn, in Salpetersäure sich nicht lösenden Pigmentes (Pyl.) in das Auge ein; es breitet sich theils in unregelmässig zerrissenen Aesten um das hintere Ende der Retinulae aus, theils zieht es in Streifen viel weiter nach vorn, um etwa in der halben Länge der Krystallkegel vielfach gebogene, unter einander zusammenhängende Arcaden zu bilden. Soviel über die Augen von Palaemon. Die mehr aphoristischen Bemerkungen über die Augen einiger wenigen andern von mir untersuchten Decapoden mögen im Anschluss hieran ihre Stelle finden. 2. Abschnitt. Vom zusammengesetzten Auge der Insecten und Crustaceen. 125 Zunächst möge des Auges der nahe verwandten Gattung Crangon (CE. vulgarıs) gedacht werden; es genügt wohl die Bemerkung, dass, wie es bei der Verwandtschaft zu erwarten ist, kein besonders hervortretender Unterschied zwischen ıhm und dem Auge von Palaemon existirt. Der Natur der Dinge nach gehört der Flusskrebs (Astacus fluviatilis) zu den am meisten und zugleich am eingehendsten auf ihren Augenbau untersuchten Decapoden, wofür be- sonders die Arbeiten von Fr. Leydig, M. Schultze u. A. Belege liefern. Ich selbst bin nicht in der Lage, neue Thatsachen von besonderer Bedeutung vorführen zu können. Ich habe zwar Querschnitte durch die Retmula und das Rhabdom angefertigt, und mich daran überzeugen können, dass das letztere ebenfalls viertheilig, auf dem Querschnitte aber ziemlich rundlich ist. Weniger glücklich aber war ich hinsichtlich der genauen, jeden Zweifel beseitigenden Zahlen- bestimmung der Retinulaelemente; ich habe indessen doch alle Ursache, auch hier die Zahl der- selben als identisch mit der bei Palaemon gefundenen anzunehmen, weil die im Vorderende des Rhabdomes gelegenen Kerne, deren es mehr als vier, höchst wahrscheinlich sieben sind, ent- schieden genug darauf hinweisen. Bestimmtere Angaben lassen sich aber für Portunus Maenas machen, von dem ich eine Retinula im Querschnitt m Fig. 120 Taf. XI abbilde. Das stabförnige Rhabdom ist hier sehr dünn und schlank, vierkantig; sein Querschnitt war aber zu klein, um daran noch die Zusammen- setzung aus vier Segmenten, die nach dem Vorstehenden wohl kaum bezweifelt werden kann, thatsächlich nachweisen zu können. Um diesen Rhabdomquerschnitt herum gruppiren sich aber in Gestalt einer Rosette unverkennbar und ganz deutlich zählbar unsere bekannten sieben Retinulazellen. — Ich will bei dieser Gelegenheit auch auf den Querschnitt eines Krystallkegels unseres Krebses m Fig. 121 Taf. XI hinweisen, dessen Verhalten mir auch nicht das allgemeine zu sein scheint. Hier sind nämlich die Segmente desselben in zwei Paare getheilt; nur die Segmente des einen Paares berühren sich im der Mitte mit breiter Fläche; die des andern Paares werden dadurch weit ausemandergehalten. Auch die von mir untersuchte Gattung Squilla liefert em Beispiel ganz derselben — dem Wesen nach — Zusammensetzung, wie Fig. 122 Taf. XI wohl genügend darthun wird. — Die einzelnen Retinulae sind (bei Weingeistexemplaren) durch ein sonderbares, aus kürzeren und längeren, stark lichtbrechenden Stäbchen bestehendes Gewebe von emander getrennt, das sich massenhaft zwischen ihnen anhäuft. Der Schnitt zeigt einmal, dass das viertheilige Rhabdom seiner Länge nach mit vier Hohlkehlen versehen ist, so dass der Querschnitt desselben kreuzförmig erscheint; dann aber, dass von den sieben das Rhabdom umgebenden Retinulazellen wieder eine die sechs andern an Grösse übertrifft. — Die Retinulazellen stehen anscheinend mit dem Rhabdom nicht in näherem Contact; ich bin aber, da der Erhaltungszustand des von mir benutzten Materiales Manches zu wünschen übrig liess, nicht in der Lage, das genauere Verhalten und die näheren Beziehungen der stärker granulirten Substanz zwischen den eigentlichen Retimulazellen und dem Rhabdome selbst anzugeben. Damit haben meine Untersuchungen über das Auge der Decapoden ein Ende. Wie man sieht, erstrecken sie sich nur über sehr wenig Formen. Indessen glaube ich, dass die unverkenn- bare Uebereinstimmung der Resultate unter sich, gewonnen an rein zufällig herausgegriffenen, systematisch weit von einander entfernten Formen, Berechtigung genug bietet, jene Uebereim- stimmung nicht als eine zufällige zu betrachten, sondern in ıhr den Ausdruck eimes sicherlich sehr weit verbreiteten Verhaltens zu erkennen, dessen Ausdehnung über den ganzen hier in Be- tracht kommenden Formenkreis zu bestimmen, Sache späterer Untersuchung sein mag. — Ich will nun noch einige wenige Worte der historischen Entwickelung unserer Kenntnisse 126 I. Untersuchungen. vom Decapodenauge widmen, halte es jedoch für unsern Zweck für überflüssig, die einzelnen An- sichten, wie sie im den citirten Abhandlungen niedergelegt wurden, einer nähern Besprechung zu unterziehen. Bekanntlich reicht die Kenntniss einzelner Theile des Decapodenauges, namentlich der Krystall- kegel, ziemlich weit zurück, mdem schon Svammerdam, Leeuwenhoek, Cavolini u. A. die- selben erwähnen. Da aber die Erörterung solcher historischer Facta einen zum mindesten nur sehr bedingten Werth beanspruchen kann, so ziehe ich vor, mit einem raschen Schritt uns ın weit modernere Zeiten hinemzuversetzen. Es dauerte noch längere Zeit nach den ersten Publicationen J. Müller’s, der die Retinula überall, und so auch hier, als einfache Nervenfaser ın Anspruch nahm, bis man zu der Erkennt- niss emer grösseren Complication derselben kam. Will!) hat von dem bei Krebsen doch meist recht ansehnlich entwickelten Rhabdom wenig genug erkannt; er spricht von der „Scheide“ und der in ihr emgeschlossenen „Röhre“ ın der uns genügend bei ihm bekannten Weise. — Der erste Forscher, dem der sonderbare Bau des „Nervenfadens“ auffiel (beim Flusskrebs) war wieder Joh. Müller?); später gab Gottsche (l. ce.) eine der Wahrheit näher kommende Darstellung davon, die dann besonders in den Schilderungen von Leydig eine wesentliche Bereicherung und vorläufigen Abschluss fand. Die neuesten und ausführlichsten Untersuchungen smd die schon so oft citirten von M. Schultze (l. c.), aber weder dieser noch einer der vorher genannten Forscher hat gerade die Dinge, auf die ich meine Aufmerksamkeit ganz speciell gerichtet habe, besonders in’s Auge gefasst, und vor Allem hat Keiner die Bedeutung des Rhabdoms — namentlich nicht in morphologischem Sinne — erkannt. Ebensowenig sind, wenn überhaupt je numerische Angaben in den bezüglichen Arbeiten sich finden — z. B. über die Kerne in der Retinula — diese für unsern Zweck brauchbar. — Man gestatte mir, noch emige Abhandlungen zu citiren, die zwar ohne besonderen Einfluss blieben, aber immerhin eime oder dıe andere beachtenswerthe An- gabe bringen: Milne Edwards®), Steinlin®) (der einige sehr sonderbare Ansichten äussert, z. B., dass bei gewissen Krebsen die Krystallkegel mit mehreren Retinulae ın Verbindung ständen ete.), L&emoine?), E. T. Newton®) ete. ete. — die specieller zu analysıren, und deren Resultate mit den meinigen zu vergleichen meiner Ansicht nach keinen Zweck hat. b. Augen von Limulus. Hinsichtlich des Baues seiner zusammengesetzten Augen steht Limulus den vorhin als „typische Crustaceen“ aufgeführten so schroff gegenüber, dass eme scharfe Trennung sich wohl auch von diesem Standpunkte aus rechtfertigen lässt. Seme Stellung im System ist bekanntlich in der neuern Zeit auf Grund neu aufgenommener anatomischer und embryologischer Forschungen mehrfach kritisch geprüft worden, und die merkwürdigen Thatsachen, zu denen uns diese SOWIE Nesssesspans 12ru> m 2) Joh. Müller, im Arch. f. Anat. u. Physiol. 1843. pag. 351. Anmkg. — Joh. Müller erkennt im Innern des Nervenfadens ‚einen gewundenen Schlauch von durchsichtig blassröthlicher Färbung‘ — wohl die erste Er- wähnung des in der neuesten Zeit zu so grosser Bedeutung gelangten „„Sehpurpurs‘‘ bei Arthropoden. >) Milne Edwards, Hist. nat. des Crustaces. Tome I. pag. 114 u. ff. %) Steinlin, 1. e. pag. 75 u. fl.; ferner in: M. Schultze’s Arch. f. mikr. Anat. Vol. IV. pag. 10. 5) Lemoime, Anatomie de l’ecrevisse. Ann. science. nat. Zool. V. Ser. Vol. IX. 1868. pag. 185 u. fl 6) E. T. Newton, The structure of the Eye of the Lobster. Quart. Journ. Mikr. Sc. 1873. New Ser. Vol. XIII. pag. 325—343. 2. Abschnitt. Vom zusammengesetzten Auge der Insecten und Crustaceen. 127 Forschungen verholfen haben, liessen mich mit emer gewissen Spannung der Gelegenheit entgegen- sehen, das Auge einer nähern Prüfung zu unterwerfen. Wenn ich auch auf mancherlei Eigen- thümlichkeiten und Abweichungen von dem bei den übrigen Crustaceen Beobachteten gefasst war, so wagte ich doch keimeswegs, an einen ganz neuen, völlig von dem der übrigen Artlıropoden abweichenden Typus des Facettenauges zu denken. Ein solcher aber findet sich hier in der That. Das zusammengesetzte Auge von Limulus hat mit den unter sich übereinstimmenden Facettenaugen der andern Crustaceen und Insecten weiter nichts gemein, als dıe Thatsache, dass es eben ein zusammengesetztes ist. Im Uebrigen aber ist es eine jenen völlig fremde Bildung, und weder die bei diesen beobachteten numerischen, noch die topographischen Gesetze haben für dasselbe irgend welche Geltung. Die nachfolgende Darstellung wird den Beweis dafür zu erbringen haben. Leider war das mir zur Verfügung stehende Material nicht geeignet, über alle bei einer anatomischen Untersuchung in Frage kommenden Punkte nach jeder Richtung hin genügenden Aufschluss zu geben. Es waren theils ältere Weingeistexemplare, die ich vom Museum Godeffroy acquirirte; theils auch frischgestorbene Thiere, welche Herr Dr. Bolau m Hamburg, dem ich dafür sehr zu Danke verpflichtet bin, mir zu senden die Güte hatte, die aber, während der ersten warmen Sommertage befördert, schon merklich in Fäulniss übergegangen bei mir eintrafen. Ich muss deshalb manche Frage noch ganz offen lassen, andere kann ich nur unter gewisser Reserve beantworten. Trotzdem aber bleibt von dem sicher Beobachteten noch so viel, um das oben im Allgemeinen ausgesprochene Urtheil über die Beziehung dieser Augenform zu denen der andern Crustaceen und Insecten zu begründen. Die beiden grossen unbeweglichen zusammengesetzten Augen von Limulus haben be- kanntlich einen etwa nieren- oder bohnenförmigen Umriss, und liegen weit getrennt sowohl unter sich, als auch von den ausser ihnen noch vorhandenen zwei einfachen Augen, die der Medianebene genähert ım vorderen Theil des Cephalothorax gefunden werden. Die zusammengesetzten Augen, die ich allein untersucht habe, sind emgeschlossen in eine dicke Chitinkapsel, deren äussere Wand die Facettenzeichnung trägt und lichtdurchlässig ist, deren innere aber, an Stärke der äusseren kaum etwas nachgebend, aus einer eigenthümlich schwammigen, von Canälen durchsetzten, leicht schneidbaren Chitinmasse gebildet ist. Beide Chitinlamellen gehen an der Peripherie des Auges eontinurlich in emander und in das allgemeine Integument über; der von ihnen abgeschnürte Hohlraum zur Aufnahme des Auges — das ihn übrigens lange nicht ausfüllt — hat etwa die Gestalt einer unregelmässigen plan- oder schwach concav-convexen Linse, wobei die Convexität der Corneaseite entspricht. Der Optieus tritt in eine Anzahl starker Aeste getheilt an die innere Lamelle etwa in deren Mitte heran, und durchsetzt sie, um zum eigentlichen Auge hin- durchzutreten. Die zum eigentlichen Sehorgan gehörigen Weichtheile bilden nur eine relativ dünne Rinden- schicht unter der Cornea, und machen sich durch ihre intensiv schwarze Pigmentirung leicht be- merklich. Der bei weitem erösste Theil der Ausgenkammer ist von einem eigenthümlichen maschigen Gewebe erfüllt, dessen Natur zu bestimmen, wenigstens mit Sicherheit, mir mein Material nicht mehr gestattete; es mag genügen, wenn ich hier anführe, dass ich, ausser den in bestimmten Richtungen durch dasselbe ziehenden und sich entsprechend der Augenausbreitung immer mehr theilenden und verzweigenden Nervensträngen, keine nervösen Elemente mehr darın zu erkennen im Stande war, also das Ganze auch nicht als eine Art von Ganglion opticum be- trachten kann. Die Pigmentzone verläuft auf Schnitten senkrecht zur Cornea in Ziekzacklinien, entsprechend den Vorsprüngen der Cornea, welche je ein Einzelauge anzeigen. 128 I. Untersuchungen. Die Cornea (Fig. 123 Taf. XD) ist auf ihrer äussern Oberfläche fast glatt, auf ihrer innern dagegen durch regelmässig vertheilte Höcker fast stachelig zu nennen. Aüsser der im Allgemeinen sehr deutlichen femeren Schichtung, welche sie mit einer so grossen Anzahl analoger Chitinbildungen gemeim hat, habe ich an ıhr noch drei gröbere Lagen erkennen können, von denen die äussere dıe dünnste, die innere aber die dickste ıst (vel. Fig. 123, 2, 2, 3). An der Bildung der den Einzelaugen entsprechenden Vorsprünge sind alle drei Schichten betheilist, aber in sehr ungleichem Grade; am wenigsten wieder die äussere Lage, am meisten die innerste. Die erstgenannte (Fig. 123, 2) zeigt sich auf Schnitten im Allgemeinen von parallelen Flächen be- grenzt, nur an den Stellen, welche einem nach innen sich erhebenden Kegel entsprechen, erscheint sie schwach linsenförmig verdickt, und es scheint nur die innere Begrenzungsfläche zu sem, durch deren Erhebung diese Verdiekung zu Stande kommt. Die zweite, dickere und gröber geschichtete Lage (Fig. 123, 2) erhebt sich über jenen Stellen, wo die erste sich schwach verdickt zeigt, schon weit stärker, so dass sie nach innen, gegen die dritte Lage hin, starke, mässig zugespitzte Kegel bildet. Die Hauptsache aber fällt der innersten Lage (Fig. 123, 3) zu. Diese übertrifft an Mächtiekeit die beiden ersten zusammen um das Doppelte und mehr, und ihre Schichtung ist ebenfalls eine viel ausgeprägtere und deutlichere. Ihre innere Grenzfläche erhebt sich in steilen, an der Spitze mehr oder weniger geradflächig abgestutzten Kegeln, die gewissermassen nur die Spitzen von viel massigeren bauchigen Kegeln sind, welche mit dem grössten Theil ihres Körpers in der inneren Cornealage eingeschlossen bleiben, und von dieser gebildet werden. Es könnte fast den Eindruck machen, als ob diese Kegel etwas der Cornea an sich Fremdes, nur von ıhr bei ihrem successiven Dickenwachsthum nach mnen allmälıg Um- und sogar Ueberwachsenes wären; sie erscheinen nämlich seitlich scharf abgegrenzt, und heben sich überhaupt m ihrer gesammten Ausdehnung von der Masse, im welche sie eingelagert erschemen, deutlich ab. Indessen kann doch davon keine Rede sein, denn die Schichtung setzt sich, wie man bei stärkerer Ver- erösserung mit Leichtigkeit sieht, continwirlich von den Zwischenräumen zwischen den Kegeln auf diese selbst fort, und die anscheinende Unterbrechung ist nur eine, allerdings nicht unbe- deutende, Veränderung in der Lichtbrechung, hinsichtlich deren die Kegelsubstanz, besonders ın ihrem Manteltheil, die benachbarten Theile der Grundsubstanz um ein Bedeutendes übertrifft. — (Es mag wohl nicht überflüssig sein zu bemerken, dass die Zeichnung hmsichtlich der Regel- mässiekeit der Schichtung hinter der Natur beträchtlich zurückbleibt.) Ohne mich vorläufig auf eine nähere Begründung einzulassen, will ich die Kegel einfach als etwas ungewöhnlich gestaltete Cornealinsen ansehen, und mit den entsprechenden Facetten der Augen der andern Arthropoden als identisch behandeln. So ungewöhnlich sich nun auch das Aussehen derselben präsentirt, so ist doch darin kein Grund gegeben, sie als etwas ganz Be- sonderes zu betrachten. Wohl aber gilt dies für die dahinter gelegenen Weichtheile, wie die Schilderung dieser ergeben wird. In Fig. 124 Taf. XI habe ich einen Längsschnitt durch ein Einzelauge (in stärkerer Ver- grösserung als die Cornea gezeichnet) wiedergegeben, und in den Figg. 125 und 126 derselben Taf. Querschnitte durch ein solches in verschiedenen Höhen, und ebenfalls in verschiedenen Maassstäben. In diesen Figuren sehen wir uns vergeblich nach den uns bekannten Bestandtheilen des zusammen- gesetzten Auges um, welche wir bisher nie völlig vermissten. Die Einzelaugen stellen über und über pigmentirte Kegel dar, welche auf ihrer nach vorn gegen die Cornea hin gerichteten Basis eine trichterförmige Vertiefung besitzen, in welche je einer der Corneakegel mit seinem inneren freien Ende sich so einfüst, dass er sie völlig ausfüllt. An die Mantelfläche des Kegels stossen eine Masse cylindrischer Pigmentzellen (Pg. Fig. 124), deren 2. Abschnitt. Vom zusammengesetzten Auge der Insecten und Crustaceen. 129 Schicht sich von Einzelauge zu Einzelauge fortsetzt; in den Interstitien sind sie relativ kurz, an dem Augenkörper selbst aber verlängern sie sich nach hinten, und scheinen sich mit ihren faden- föormigen Enden um die mächtigen noch zu besprechenden Retinulazellen herumzuziehen, um sich endlich zu verlieren. Diese Pigmentzellenlage hat da, wo die Corneakegel abgestutzt endigen, Lücken, und ich habe zwischen diesen Enden und den Vorderflächen der Retinulazellen keine zellisen Elemente mehr nachweisen können. Der wichtigste Theil eines Einzelauges ist die Retinula (Rl. Figg. 124—126), die hier eine andere Gestalt hat, als in den bisher besprochenen Fällen. Ihre Gesammtform lässt sich etwa mit der einer geschälten Orange vergleichen, da sie, wie diese, im Allgemeinen sphäroidal, vorn und hinten abgeplattet, und durch ihre Zusammensetzung aus Segmenten mit meridional verlaufenden seichten Furchen versehen ist. Die Zahl der einzelnen je einer Zelle entsprechenden Segmente habe ich, da die Grenzen derselben häufig verwischt erscheinen, nicht genau bestimmen können, ebensowenig, ob die bisherige Constanz auch hier obwaltet. Ich schätze sie auf ca. 14—16. Jedes Segment ist an seiner zugeschärften axialen Kante mit dem Cuticularüberzuge, den wir als eine so häufig vorkommende Form der Stäbchenbildung kennen gelernt haben, und welcher an den seitlichen Grenzflächen etwa das innere Drittel bekleidet, bedeckt, und soviel ich sehen konnte erstrecken sich diese Ueberzüge auf den beiden einander zugekehrten Seiten zweier benachbarten Segmente gleichweit. Auf diese Weise entstehen dann auf Querschnitten jene zweitheiligen, zarten, von einem gemeinsamen Mittelpunkt ausgehenden Strahlen, die in einer grösseren, dunkelpigmentirten Rosette gelegen sind, wie sie uns Fig. 125, die etwa der Mitte einer Retinula entnommen ist, zeigt. Ein analoges Bild, mit der Camera lucida nach einer viel stärkeren Vergrösserung entworfen, stellt Fig. 126 vor; das Präparat stammt vom äussersten Hinterende einer Retinula, und es ist möglich, dass die relativ geringe Anzahl von Strahlen da- durch ihre Erklärung findet, dass einige der Segmente vom Schnitte schon nicht mehr getroffen wurden. — Etwa in der Mitte tragen die Retinulazellen einen ziemlich grossen bläschenförmigen Kern, dessen Nachweisung übrigens an meinem Materiale nicht ohne Schwierigkeit war. Der mehr axiale Theil der Segmente der Retinula schien mir noch nach vorn, gegen die conischen Corneavorragungen hin, sich fortzusetzen in Gestalt von zarten, pinselförmig getheilten Fasern, wie sie in Fig. 124 dargestellt sind. Sıe füllen also die oben erwähnte Lücke, welche die Pigmentzellen hier lassen, wenigstens theilweise aus. Ich muss aber bekennen, dass es mir nicht gelang, den Zusammenhang dieser Fasern mit den Retinulazellen völlig sicher festzustellen. Dafür aber war der Uebergang der Zellen der Retinula nach hinten in Nervenfasern um so deutlicher zu verfolgen. Von diesen letzteren tritt eine Anzahl zu jedem Einzelauge; sie divergiren hinter ihm, und ich habe mehrfach recht deutlich den Eintritt einer Faser in den axialen Theil einer Retinulazelle verfolgen können. — Hinter der Retinula, zwischen und um die Fasern herum, schemen noch schwach eontourirte kleine Zellen angehäuft zu sein, jedoch bin ich auch hierin nicht sicher, da die Entfärbung den ohnehin nicht besonders günstigen Zustand meines Materiales nicht verbesserte. Damit kann ich meine in so vielen Punkten wenig befriedigende sachliche Darstellung zum Abschluss bringen. Nun bleibt noch übrig, die Stellung dieser eigenthümlichen Form von zusammengesetzten Augen näher zu bestimmen durch die Vergleichung derselben mit den andern Formen. Schon oben habe ich mich für die Identifieirung der Hornhautkegel von Limulus mit den Cornealinsen der andern Arthropoden ausgesprochen, und muss dies hier nun zu recht- fertigen versuchen. Grenacher, Untersuchungen über das Sehorgan der Arthropoden. 1m 130 I. Untersuchungen. Wir verdanken besonders den Untersuchungen von Leydig und M. Schultze die Kennt- niss emiger Formen des zusammengesetzten Auges, die mit dem hier beschriebenen hinsichtlich des Baues der Cornea anscheinend zusammenfallen. Wir wissen nämlich, dass bei gewissen Käfern — bei Arten der Gattung Cantharis (Telephorus), bei Lampyris, Elater nocti- lucus — Krystallkegel sich zwar finden, aber nicht als isolirbare Gebilde; sie sitzen im Gegentheil mit ihrer Vorderfläche der Innenseite der Cornea fest an, sind mit ihr verwachsen, so dass selbst jede Spur einer Grenze zwischen beiden in Wegfall kommen kann. Auch bei diesen Thieren erscheint dann die Innenseite der Cornea mit Stacheln besetzt, die oft eine relativ recht an- sehnliche Länge haben können. Man könnte nun leicht in Versuchung kommen, hier bei Limulus das gleiche Verhalten vorauszusetzen und die Erscheinung der Corneahöcker auf eine Verwachsung der Kıystallkegel mit der zugehörigen Facette zurückzuführen. Die nähere Prüfung der m diesem und in jenen Fällen zu berücksichtigenden Momente spricht aber nicht zu Gunsten einer solchen Analogie. Versuchen wir es, aus dem anatomischen Befund uns ein Bild des Vorgangs der Corneabildung bei Limulus zu machen, so werden wir kaum umhin können, ıhn uns in folgender Weise zu denken. Die gesammte Cornea wird aus- geschieden durch die pigmentirten ihr dicht anliegenden Zellen, und natürlich entstehen die einzelnen Schichten derselben in der Reihenfolge, wie sie von aussen nach innen auf eimander kommen. Zuerst also die äussere Lage, welche durch stärkere Ausscheidung an den Stellen, unter welchen je ein Eimzelauge sich findet, eine schwache linsenartige Verdickung erhält. Dann die mittlere Lage, in welcher diese Verdickung schon zu einem niedrigen, mässig zugespitzten Kegel vergrössert wird. Endlich folgt dann die dicke innere Lage, bei deren Abscheidung die schon angelegten Kegel immer mehr zunehmen, ohne aber jemals ausser Connex mit der inter- stitiellen Corneasubstanz zu treten. Ein im Wesentlichen anderes Bild ergiebt aber die Genese bei den oben genannten Käfern, deren Krystallkegel mit der Cornea verwachsen sind. Ich selbst habe nur eine einzige der oben genannten Gattungen (Telephorus), und diese nicht einmal entwickelungsgeschichtlich studirt. Nichtsdestoweniger ist der Vorgang mit voller Sicherheit auch aus dem fertigen Organe zu er- schliessen, und ich erlaube mir, eine von mir ausgeführte Zeichnung, die sich auf die genannte Gattung bezieht, m Fig. 127 hier zur Vergleichung beizufügen. Hier ist, wie im Facettenauge der Inseeten im Allgemeinen, der Krystallkegel (Kk.) von der Linsenfacette (Lf.) durch einen weiten Zwischenraum getrennt; eine augenscheinlich erst nach Bildung beider ausgeschiedene Chitinmasse (x.) hat jedoch verursacht, dass die beiden, denselben zelligen Elementen ihre Ent- stehung verdankenden Bildungen zu einem unbeweglichen und untrennbaren Ganzen verbunden worden sind. Darin aber ist auf das Bestimmteste ausgesprochen, dass das Verhalten bei Limulus nicht verglichen werden kann mit dem bei Telephorus,-und sicherlich wird dasselbe auch für die andern genannten Gattungen Geltung haben. Ich glaube aber vor Allem, dass nach dem vorstehend Ausgeführten es wohl kaum Widerspruch erregen wird, wenn ich sage: bei Limulus sind die Kegel nur eigenthümlich modificirte Cornealinsen; Homologa der Krystallkegel smd ın ihnen nicht zu erblicken. Wenn wir in den Corneazapfen aber nicht die Homologa der Krystallkegel vor uns haben, so sind sie hier überhaupt nicht aufzufinden, denn in den dahinter gelegenen Weichtheilen ist uns nichts begegnet, was wir mit ihnen, oder auch mit ihren Vertretern im aconen Insectenauge, den Krystallzellen, vergleichen könnten. Dazu kommt nun noch die Retinula mit ihrem ebenfalls ganz ungewöhnlichen Bau. Wenn sie auch in einzelnen Punkten, besonders hinsichtlich der all- emeimen Anordnung ihrer Elemente (Längsstellung derselben in der Richtung des einfallenden oO o© fe {o) 2. Abschnitt. Vom zusammengesetzten Auge der Insecten und Crustaceen. 151 Lichtes, seitliche axiale Anfügung der Stäbchensäume, Zusammentreten der letzteren zu einer Art von Rhabdom) einiges mit der Retinula der andern Arthropoden Uebereinstimmende aufweist, so ist sie doch durch die den letzteren so gänzlich fremden Zahlenverhältnisse scharf von ıhnen getrennt. Fassen wir diese beiden Punkte in’s Auge, so sind wir genöthigt, das zusammengesetzte Auge von Limulus, wie es ja auch schon hier geschehen ist, aus der Reihe der übrigen zu- sammengesetzten Augen als etwas Fremdes, Incommensurables, auszuschliessen und für sich zu be- handeln. Ich vermag wenigstens keinen einzigen Anhaltspunkt für einen genetischen Zusammen- hang dieses Auges mit den übrigen aufzufinden, und eine Zurückführung des einen auf das andere wird immer an dem Widerspruch eines so wichtigen Elementes, wie der Krystallkegel und sein Substitut ist, scheitern müssen. Es ist zwar, genau in demselben Sinne, wie die andern auch, ein zusammengesetztes Auge, und insofern hinsichtlich seiner Totalität in gewisser Beziehung jenen gleichwerthig; aber die Einzelelemente, aus denen es sich aufbaut, haben nichts mit jenen gemein, sind nicht von ihnen ableitbar, und müssen nothwendig einen andern Ursprung haben. Wir haben demnach hier ein interessantes Beispiel genetischer Processe, die nach Habitus und Function zu einem übereinstimmenden Endresultat geführt haben, obschon ihre Ausgangs- punkte aller Wahrschemlichkeit nach recht weit auseinander liegen. Wenn wir uns somit genöthigt sehen, eine andere als blos physiologische Verwandtschaft des Auges von Limulus mit den übrigen Facettenaugen der Crustaceen und Insecten in Abrede zu stellen, so ist damit die Sache noch nicht erledigt, denn es erhebt sich sofort eine weitere Frage darnach, ob diese Augenform ganz unvermittelt und eigenartig für sich bestehe. Ich bin allerdings vorläufig noch nicht im Stande, eine bestimmte Antwort auf diese Frage zu geben; vielleicht ist es mir aber gestattet, Vermuthungen, die sich mir aufgedrängt haben, natürlich unter allen in solchen Fällen gebotenen Reserven, kurzen Ausdruck zu geben. Es giebt bekanntlich wenig Thiere, deren systematische Stellung eine so unsichere ist, wie gerade Limulus nebst seinen nähern oder entfernteren Verwandten, und eine Reihe von neuern Untersuchungen hinsichtlich seiner Anatomie und Entwickelungsgeschichte hat nur dazu beigetragen, zu zeigen, wie schwierig haltbar die ihm bisher eingeräumte Stelle ist. Man hat auf eine Reihe von Punkten hinweisen können, in denen die Poecilopoden mit den sonst ihrem gesammtbiologischen Verhalten nach weit von ihnen abstehenden Arachniden Verwandt- schaft zeigen, und vorgeschlagen, aus ihnen eine zwischen Arachniden und Crustaceen zu stellende Classe zu bilden. Es ist hier natürlich nicht der Ort, zu der Frage der Berechtigung einer solchen, durch Abwiesung aller morphologischen Instanzen zu motivirenden Veränderung der Stellung im System Position zu nehmen: sicher ist aber, dass wir damit für die uns hier beschäftigende Frage keinen Gewinn erzielen, denn auch bei den Arachniden suchen wir bis jetzt vergeblich nach An- klängen an diese so sehr isolirte Augenform. Dagegen aber halte ich es nicht nur für möglich, sondern sogar für wahrscheinlich, dass sich in dieser Hinsicht verwandtschaftliche Beziehungen nicht blos zufälliger Art ergeben zu einer Arthropodenclasse, mit der sonst die Poecilopoden in Verbindung zu bringen kaum Veranlassung vorliegt. Ich meime damit die Myriapoden. Leider sind aber meine schon lange auch für diese Classe begonnenen Augenuntersuchungen wegen Mangel an brauchbarem Material noch zu unvollständig, um zu einer sichern Begründung dieser Ansicht auszureichen. Auch bei diesen Thieren finden sich bekanntlich neben einfachen auch facettirte Augen — bei Scutigera (Cermatia) z. B. — aber keine von beiden Formen weist auf die entsprechenden bei den Spinnen oder Insecten verbreiteten hin, sie sind vielmehr ganz eigenartigen Baues. Wohl aber wurde le 132 I. Untersuchungen. ich durch eine Reihe von Zügen überrascht, die sie mit dem Auge von Limulus gemeinsam zu haben schemen, die aber hier schon auseinanderzusetzen verfrüht wäre. Sollte diese hier nur vermuthungsweise geäusserte Ueberemstimmung im Augenbau sich bei näherer Untersuchung als eine thatsächliche erweisen, so käme damit noch ein weiterer Factor hinzu, um die Unterbringung der Poecilopoden im Systeme zu erschweren, und diesen Thieren den Character der anachro- nistischen Mittelformen autzudrücken. Was nun endlich die früheren Untersuchungen über das Auge dieser Thiere anbelangt, so ist mir nicht viel davon bekannt geworden. Zuerst scheint Andre!) sich damit befasst und den Zusammenhang zwischen Cornea und Kegeln beobachtet zu haben. Mir ist die Arbeit nur durch Citate von J. Müller und van der Hoeven (s. u.) bekannt geworden, und ich habe demnach kein Urtheil über ihren Werth. Später hat J. van der Hoeven?) in seiner Monographie der Poecilopoden auch das Auge untersucht und davon eine kurze Darstellung gegeben, die des Neuen wenig genug bietet. Er hebt die bernsteinfarbige Cornea, und die ihr anhaftenden gleichfarbigen Kegel, gegen deren Hinterende sich die Fasern des Sehnerven begeben, hervor. Den Sehnerv lässt er irrigerweise ganz und ungetheilt durch eine Oefinung der das Auge nach innen begrenzenden Chitinplatte durchtreten, was später Owen?) berichtigte. Aus einer ganz kürzlich erschienenen Darstellung des Baues dieser Organe von Gerstäcker‘) will ich hervorheben, dass dieser Forscher (nach Untersuchung eines jungen, 4"), em langen Exemplares von L. polyphemus) über die Vertheilung der Hornhautkegel einige eigenthümliche Angaben bringt. Er sagt (l. ec. pag. 1102): „Bei weitem am dichtesten stehen diese Zapfen längs des Vorder- und des an ihn angrenzenden Theiles des Innenrandes und hier sind sie zu- gleich am längsten, schmalsten und sich zumeist der Cylinderform annähernd. Am Aussen- und Hinterrand stehen sie sehr viel sperriger, und haben sie ein stumpf und dick conisches, zum Theil selbst warzen- oder zitzenförmiges Ansehen. Noch unregelmässiger erscheinen sie über die Mitte hin, wo sie häufig durch grössere (lache) Zwischenräume geschieden und mit kleinen bläschen- förmigen Erhebungen untermischt sind. Eine, wiewohl keineswegs regelmässige, radiäre Anordnung ist an diesen Kegeln im Bereich des vordern Drittheils der Cornea wahrzunehmen; sehr viel un- deutlicher zeigt sich dieselbe am hintern Ende, völlig geschwunden an der Innenseite. Alle Kegel convergiren mit ihrer Spitze gegen einen hinter der Cornea liegenden gemeinsamen Mittelpunkt, so dass die am Vorderrande entspringenden dem Auge des Beschauers in der Längsrichtung, die aus der Mitte hervorgehenden ihm senkrecht (mit der Spitze) entgegentreten.“ Dies sind des Verfassers eigene Worte; ich habe ihnen blos hinzuzufügen, dass mir an meinem, aus er- wachsenen Exemplaren bestehenden Untersuchungsmateriale derartige Unregelmässigkeiten in der Vertheilung der Kegel nicht aufgefallen sind; sollten es vielleicht Abweichungen sein, die sich blos an Jugendformen finden? Von der weiteren Beschreibung, welche Gerstäcker liefert, mag hier blos noch hervor- gehoben werden, dass er unsere Retinula zwar auch gesehen, jedoch ihrem Baue nach nicht ') Andre, A mieroscopie description of the eye of the Monoculus polyphemus. Phil. Trans. 1782. Vol. 72. ?) J. van der Hoeven, Recherches sur Y’histoire naturelle et l’anatomie des Limules. Leyde, 1838. avec 7 pl. Fol. — pag. 23. ®») R. Owen, Lectures on the comparative anatomy und physiology of the Invertebrate Animals. London, 1843. pag. 174. *) A. Gerstäcker, (Bronn’s Classen ete. Vol. V.) Arthropoda. pag. 1101 (in Lief. 23 und 24). le u A Zu 4 02 2. Abschnitt. Vom zusammengesetzten Auge der Insecten und Crustaceen. 133 erkannt hat. Er spricht von einer „sich in der Richtung nach hinten an die Spitze der Kegel anschliessenden gelblich gefärbten weichen Masse, in welche die zahlreichen aus dem Nervus opticus hervorgehenden Nervenfasern ausstrahlen“; ferner: „Vermuthlich correspondirt die Zahl dieser einzelnen Sehnervenfasern mit derjenigen der Corneakegel, deren Spitze sich je eine zuwendet, ohne noch ihrerseits ein lichtbrechendes Medium in Form eines Krystallkörpers zu bilden.“ Meine eigenen Beobachtungen veranlassen mich, eine Uebereinstimmung der Zahl der zu jedem Einzel- auge tretenden Nervenfasern mit der Zahl der Retinulazellen für wahrscheinlich zu halten. Das ist Alles, was mir von frühern Untersuchungen des Limulus-Auges bekannt ge- worden ist. Einige sich auf die morphologische Auffassung desselben beziehende Bemerkungen werden im folgenden Abschnitte noch ihre Stelle finden. 1. Folgerungen. In den nunmehr ausführlich mitgetheilten thatsächlichen Resultaten habe ich em Material zusammengetragen, das sich in mehr als einer Beziehung von dem durch meme Vorgänger auf diesem Gebiete erworbenen unterscheidet. Ich habe im der historischen Uebersicht über die neuere Entwickelung unseres Themas zu zeigen versucht, zu welchen Consequenzen jene Forscher nach ihren Untersuchungen kommen mussten, und dass diese Consequenzen, abgesöhen von den gar nicht selten vorkommenden inneren Widersprüchen, durch ihre Unverträglichkeit unter sich auf der einen; durch die Nothwendiekeit, ad hoc creirte Hypothesen zu Hülfe zu rufen, auf der andern- Seite ihren Credit beeinträchtigt sahen. Es fehlte ihnen eben das, was im Grossen wie im Kleinen in der Naturwissenschaft bei Verallgemeinerungen jeder Art sich von vornherem als ein Argument von fast unwiderstehlicher Kraft erweist — jene fast als selbstverständlich er- scheinende Einfachheit, welche wie eine algebraische Formel die zahlreichen Einzelfälle im knappsten Ausdruck umschliesst, und zur umfassenden Beherrschung der Thatsachen nicht jeden Moment zu „wenn“ und „aber“ greifen muss. Ich selbst bin sehr weit von dem Glauben entfernt, meinerseits nun ein solches um- fassendstes Resume ziehen zu können. Dazu stehen denn doch eine Menge, selbst von hier mitgetheilten Thatsachen in zu geringer Vermittelung unter sich da, ganz abgesehen von jenen, welche erst die Zukunft zu erforschen haben wird. Aber es sind wenigstens drei Fragen, die in mehr oder weniger genügender Weise vielleicht einer Lösung durch das von mir zu Tage geförderte Material entgegengeführt worden sind; zwei davon, wie ich glaube, so sicher, als nach dem dermaligen Zustande unserer Wissenschaft nur möglich ist, während die dritte allerdings sich auf einige Vorbehalte wird gefasst machen müssen. Zwei dieser Fragen schlagen in das Gebiet der Morphologie ein, die dritte aber ist die am eifrigsten discutirte, die nämlich über den Vorgang des Sehens in dem Facettenauge. Eine von den ersten und diese dritte glaube ich sicher entscheiden zu können, während die noch restirende, um mehr zu sein, als blosse Hypothese, wohl noch der Unterstützung einiger auf anderem Gebiete ge- worbenen Hülfstruppen sich bedürftig zeigen wird. Keine der Fragen ist neu, jede ist schon von langer Zeit her aufgeworfen, jede schon oft genug zu beantworten versucht worden. Dass auch die Antworten schon oft genug in demselben Sinne ausgefallen sind, wie hier, ist nicht zu be- streiten, ist aber auch kein Wunder, wenn die Alternative nur zwischen ja und nein gestellt ist. Nun macht aber weniger die Bestimmtheit einer Behauptung, als ihre Begründung ihre Glaub- würdigkeit aus, trotz aller Beispiele des Gegentheils in der neuern Zoologie. Und hinsichtlich der Begründung glaube ich Einiges gewonnen zu haben. Wenn wir an ein und demselben Einzelwesen zweierlei Organe neben einander entdecken, die notorisch derselben Function — wenn auch vielleicht mit unwesentlichen Modificationen — II. Folgerungen. 135 dienen, und wir dabei die Beobachtung einer weit auseinandergehenden Verschiedenheit im Bau dieser Organe machen, die uns nicht durch die Emsicht in. eben jene secundären Modifiecationen genügend erklärt wird, so wird dieser Umstand, der zu unserer gewöhnlichen Erfahrung sich in einen starken Gegensatz stellt, dem Beobachter genug Stoff zum Nachdenken geben. Derartige Beispiele sind äusserst selten, und vor Allem selten ist die Grösse des Gegensatzes, in welchem in unserm Falle die beiden Organe, die wir hier im Sinne haben, nämlich die am Kopfe un- zähliger Insecten-Imagines gleichzeitig und ın nächster Nähe vorhandenen einfachen und zusammen- gesetzten Augen, zu eimander stehen!). Dieser auffallende Contrast erklärt uns auch die Ver- schiedenheit in dem Ausdruck der morphologischen Beziehungen, die man, wie in der historischen Uebersicht angeführt, zwischen ihnen aufrichtete: während der Eine jede morphologische Beziehuug zwischen den beiden Formen läugnet, und nichts weiter anerkennen will, als dass beide Augen sind, vergleicht ein Anderer das einfache Auge dem Facettenauge in toto, während der Dritte in der Einzelfacette der letzteren den dem Stemma homologen Antheil erkannt haben will. Demnach haben wir die erste Frage so zu stellen: „Lassen sich zwischen dem Stemma und dem Facettenauge der Insecten (und Crustaceen) morphologische Beziehungen nachweisen? Und wenn, — welche Theile des einen sind denen des andern im Sinne der heutigen Morphologie zu vergleichen ?* Da es sich aber nicht allein um das Stemma der Insecten-Imagimes, sondern ebensowohl um gleich oder’ ähnlich geformte Sehorgane auch bei andern Arthropoden handelt, so wird schon dadurch naturgemäss die Frage eine weitere und mehr umfassende. Wenn wir nun gar, was uns ja nicht verwehrt werden kann, über die Grenzen des Arthropodentypus hinausschreiten, jenseits deren wir wenigstens im Allgemeinen ähnliche Formen von Augen antreffen, so stellt sich uns ein weiteres Problem dar, das aber, weil es so weit um sich greift, viel schwieriger und nur sehr vorsichtig zu behandeln ist. Die Frage können wir dann so formuliren: „Welche Beziehungen haben die verschiedenen Formen des Sehorgans der Arthropoden zu denen der andern Thiertypen? Lässt sich, abgesehen von der allgemeinen Function der Lichtperception, etwa auch eine allen Formen von Augen gemeinsame morphologische Grundlage nachweisen?“ Und endlich drittens: Das Sehen mit dem Facettenauge giebt noch immer zu vielen Diseussionen in entgegengesetztem Sinne Veranlassung, soweit es den Modus, die Mechanik an- belangt. Es darf deshalb wohl auch gestattet werden, auf Grund einer Reihe neuer Unter- suchungen die Frage einer abermaligen Discussion zu unterwerfen, um zu versuchen, Klarheit und Sicherheit in dem so schwierigen Gebiete zu erzielen. Die Frage selbst aber formuliren wir so: „Ist der zu je einer Facette gehörige Antheil eines zusammengesetzten Arthropodenauges als ein selbständig funetionirendes, zur Bildperception be- fähigtes Einzelauge aufzufassen, oder ist sein Leistungswerth nur vergleichbar mit dem einer Perceptionseinheit, eines Stäbchens?® Der Beantwortung dieser drei Fragen, wenn auch in anderer Reihenfolge, sollen die folgenden drei Abschnitte gewidmet sein. ) Solche Beispiele liefern ferner noch die Gattung Euphausia mit ihren bauchständigen einfachen Augen neben den kopfständigen facettirten (vgl. Claus, Ueber einige Schizopoden und andere Malacostraken Messina’s. Ztschft. f. Zool. 1863. Vol. XIII. pag. 422). Leider war während meines Aufenthaltes in Neapel die Ausbeute an Euphausia zu gering, um eingehendere Studien über ihre Bauchaugen zu machen. — Ferner hat neuerdings C. Semper (Ueber Schneckenaugen vom Wirbelthiertypus ete. Arch. f. mikr. Anat. 1877. Vol. XIV. pag. 114; später in einer ausführ- lichen Monographie [s. u.]) einen hierher gehörigen Fall von Onchidium beschrieben. Von diesem letzteren später. 136 II. Folgerungen. 1. Abschnitt. Das Stemma und das zusammengesetzte Auge. So lange man das Vorkommen von Krystallkegeln als mit dem Begriff eines facettirten Arthropodenauges untrennbar verbunden betrachtete, musste nothwendig der Versuch der Zurückführung beider Augenformen auf einander auf Schwierigkeiten stossen, welche sicherlich durch die Unsicherheit, das Schwankende im der Deutung derselben hinsichtlich ihrer physio- logischen Rolle nicht verringert wurden. Man hatte bekanntlich versucht, diese Elemente, deren Bedeutung und Wichtigkeit für das Zustandekommen des Sehvorgangs schon aus ihrer anscheinend ausnahmslosen Verbreitung hervorzugehen schien, auch im einfachen Auge nachzuweisen, und wäre dies geglückt, so wäre damit sicher eime Brücke für die morphologische Zurückführung beider Augenformen auf einander geschlagen gewesen; leider liess jedoch die Beweisführung noch gar Manches zu wünschen ührig. Sehen wir nun zu, wie sich die Sache gestaltet, nachdem der Nachweis geführt worden ist, dass eine ungeahnt grosse Anzahl von Insecten sich ohne Krystallkegel behelfen muss. Es wurde gezeigt, dass an dessen Stelle sich immer ein Complex von vier Zellen befindet, die functio- nell (abgesehen von ihrer geringeren Lichtbrechungsfähigkeit) wohl dieselbe Rolle zu spielen vermögen, welche bei den andern dem Krystallkegel zukommt. Zunächst sind wir noch in keiner Weise berechtist, sie mit den Krystallkegeln morphologisch zusammenzustellen; wir müssen vor- her diese letzteren noch einer nähern Prüfung unterwerfen. Zu diesem Zwecke wollen wir die Entwickelungsgeschichte des Krystallkegels, wie sie uns von Claparöde!) dargestellt worden ist, noch einmal zu Rathe ziehen. Claparöde hat Schmetter- linge und Ameisen, also Insecten mit euconen Augen, zu seinen Untersuchungen benutzt; die sonst so trefflichen Untersuchungen von Weismann, an Dipteren angestellt, kommen hier nicht in-Betracht, da diese Thiere, wie wir wissen, pseudocone Augen haben. CGlaparede hat nun den Nachweis geführt, dass in der Puppe ursprünglich an der Stelle des Krystallkegels sich ein Complex von vier Zellen findet, die mit emander einen „globulösen Klumpen“ bilden. Diese Zellen scheiden gemeinsam die zu ihnen gehörige Facette der Cornea aus, und ausserdem tritt später in jeder derselben ein durchsichtiges Kügelchen auf, das sich allmälig vergrössert, bis schliesslich alle vier Kügelchen mit einander m Verbindung treten, um zusammen den Krystallkegel herzustellen. Ich selbst habe mich bis jetzt zwar nicht mit Entwickelungsgeschichte des Auges plan- mässig beschäftigt, doch sind mir wenigstens ein paar Beobachtungen, die ich gelegentlich machte, beweisend genug für die Richtigkeit der Claparöde’schen Darstellung. Ich habe Embryonen von Mysis und von Porcellio, also von Crustaceen, unter Augen gehabt, und hier verläuft der Process (abgesehen natürlich von den hier anderen Zahlenverhält- nissen) genau in der oben geschilderten Weise (vgl. ob. pag. 118 für Mysis). In beiden Fällen bildet die Anlage des Krystallkegels zunächst ein Paar klemer Kügelchen, die tief ım Innern der zugehörigen Zellen eingesenkt an völlig farblose Fetttröpfehen erinnern; später treten sie zu- sammen, ‘und jedes derselben bildet sich zu einer Hälfte des Krystallkegels um. Bei diesen Crustaceen sowohl wie bei den Insecten bleibt von den ursprünglichen Mutterzellen schliesslich 1. e. (Ztschft. f. wiss. Zool. Bd. X. pag. 191 u. ff.) 1. Abschnitt. Das Stemma und das zusammengesetzte Auge. 137 wenig genug mehr übrig; meistens persistiren die sog. Semper’schen Kerne, und man wird wohl auch die Hülle der Kegel auf die ursprünglichen Zellmembranen zurückführen dürfen. Diese Thatsachen liefern uns einen meiner Ansicht nach unanfechtbaren Beweis dafür, dass die Krystallkegel erst eine secundäre Bildung sind, hervorgegangen aus der primären, dem Complex der Krystallzellen, die bei einer grossen Anzahl von Insecten sich beständig in dieser Form erhalten. Ich nehme auch keinen Anstoss daran, wenn man jene hinsichtlich ihrer Genese als „eine Art von innerer Cuticularbildung* (Claparede) auffasst; man darf dabei nur nicht allzu streng an der eigentlichen Bedeutung des Wortes kleben bleiben. — Jedenfalls aber berechtist uns das hier vorgelegte Material zu dem Versuch, den Anknüpfungspunkt an das Stemma im aconen Auge zu suchen. Nicht geringere Schwierigkeiten als der Krystallkegel bereitete der räthselhafte Bau des „Seh*- oder „Nervenstabes“, soweit die früheren Untersuchungen Aufschluss darüber zu geben ver- mochten. Unvermittelt stand dieser anscheinend nicht minder wichtige Bestandtheil des Facetten- auges für sich da, und man konnte weder semen stärker lichtbrechenden Axenstab — unser Rhabdom, — noch seine „Hülle* mit den Kernen — die Körper unserer Retinulazellen — im morphologischen Sinne vollgültig verwerthen. Aber ebensowenig im physiologischen; denn ich brauche nur auf Leydig, der im Krystallkegel das percipirende Element, auf M. Schultze, der diese in feinsten Fäserchen hinter dem Kıystallkegel und vor dem „Sehstab“ sah, hinzu- weisen, um das Schwankende und Unsichere in ıhrer Deutung zu illustriren. Ich habe nun aber mit Formen der Retinula — um uns jetzt wieder dieses Ausdrucks zu bedienen — bekannt gemacht, die eine sichere Bestimmung in morphologischer wie physiologischer Hinsicht ermöglichen. Ich habe zeigen können, dass die Retinula mit ihrem Rhabdom, wie sie in den Augen der bisher am meisten untersuchten Insecten sich findet, als eine ebenfalls abge- leitete Bildung aufzufassen ıst, hervorgegangen aus der Coalescenz einer bestimmten Anzahl von Einzelelementen, die sich ihrerseits wieder in typischen Anordnungs- und Structurverhältnissen bei einer andern grossen Serie von Insecten dauernd ohne Verschmelzung und selbständig erhalten. Es sind, um es hier kurz zu recapituliren, diese Elemente Zellen, die nach vorn hin, auch seitlich am vordern Theil, je ein Stäbchen ausscheiden, die nach hinten mit einer Nervenfaser in Connex stehen, und deren grundlegende Zahl sieben sowohl Reductionen auf fünf und vier, als auch in seltenen Fällen Erweiterung auf acht erfährt. Was ıst nun hier das Primäre, was das Secundäre? Auch ohne Rücksicht auf andere als blos in der Retinula selbst gelegene Umstände glaube ich nicht, dass das Urtheil hierüber einem Schwanken unterworfen sem kann; wohl Jeder wird die Retinula mit unverschmolzenen Ele- menten für das Primäre halten. Tritt an einem Organe eines Thieres eine bestimmte Anzahl von discreten Elementen auf, die unter sich gleichwerthig sind; finden wir an einer andern Thierform desselben Organısationsplanes diese Elemente durch Integration, wie H. Spencer sagt, zu einer höhern Einheit verschmolzen, so führt man, wie die Erfahrung zeist, nie den ersten Zustand auf den letzteren zurück, sondern immer umgekehrt. Man denke an die Frage über die Gliedmassen und Segmente bei den Arthropoden z. B., bei welcher doch unstreitig als der Heteronomie vor- hergehend die Homonomie vorausgesetzt wird, — und an die in mancher Beziehung allerdings etwas differirende über die Wirbeltheorie des Schädels, wo Niemand die Wirbel vom Schädel, sondern Jeder diesen von jenen ersteren ableiten wird. Hierzu kommt aber noch ein ferneres Argument. Lässt man das vorhin für den Kıystall- kegel als eine secundäre Bildung Ausgeführte gelten, so beeinflusst dies auch die Deutung der Rhabdome führenden Retinulae wenigstens in gewissem Sinne. Ich kann auf die im beschreibenden Grenacher, Untersuchungen über das Sehorgan der Arthropoden. 18 138 II. Folgerungen. Theile gegebenen Thatsachen hinweisen, aus denen hervorgeht, dass überall da, wo der dem Krystallkegel voraufgehende primäre Zustand der bleibende ist — beim aconen Auge auch die Selbständigkeit der Retinulaelemente eine relativ grosse ist. Der gewissermassen archaistische Character des aconen Auges ist demnach nicht nur durch die Abwesenheit jener neuern Bildung, des Krystallkegels, alleın ausgesprochen, sondern auch durch die noch nicht vollzogene Ver- schmelzung der Retinulazellen. Auch dies berechtist mich, bei einer Vergleichung der zusammen- gesetzten mit den einfachen Augen hinsichtlich ihrer empfindenden Apparate beim aconen Auge Anknüpfungspunkte zu suchen. Alles weist uns somit auf diese aconen Augen hin. Sehen wir nun zu, was diese mit dem Stemma Gemeinsames haben. Wenn ich unter dem Stemma ganz ım Allgemeinen auch das Spinnenauge mit einbegreife, so wird das, bei der völligen Uebereinstimmung des letzteren mit dem einfachen Insectenauge m morphologischer Hinsicht, nicht befremden. Wohl aber sehe ich mich genöthist, für jetzt wenigstens die von mir beschriebenen Larvenaugen, sowie diejenigen der Copepoden ausser Betracht zu lassen. Wenn auch von gewissen Gesichtspunkten aus betrachtet die ersteren in letzter Instanz wohl mit dem Stemma und dem Facettenauge zusammengestellt werden können, was für die Copepodenaugen noch nicht erlaubt ıst, so gehört dies doch noch nicht hierher, und für die hier zu erörternden Beziehungen fehlen uns die Mittel und Wege gänzlich. Für die Vergleichung des Stemma mit dem Facettenauge stehen uns nun zwei Wege offen. Wir können einmal, mit Leydig, sehen, ob eine Zurückführung des Stemma auf das Facetten- auge ın toto durchführbar ıst, oder ob, mit der Mehrzahl der übrigen Autoren, das erstere mit der Einzelfacette nebst Zubehör m eine Linie zu stellen ıst, und wır werden uns wohl vorbehalten dürfen, derjenigen Vergleichung den Vorzug einzuräumen, die nicht nur ‚die morphologischen Schwierigkeiten aus dem Wege räumt, sondern auch, was freilich dem Sinne nach fast damit identisch ist, uns einen Blick auf die Genese dieser Organe im Sinne der Descendenztheorie eröffnet. Für eine Vergleichung des Stemma mit dem ganzen Facettenauge erwachsen aber gleich beim Besinne Anstösse. Wir finden zwar in letzterem dieselben Elemente wieder, die das erstere zusammensetzen: vorn eine Cornea, hinter dieser eine Zellenlage als Matrix für sie, und endlich wieder hinter dieser eine aus den percipirenden Elementen gebildete Zellenschicht. Während aber ım Facettenauge alle diese Elemente durch Gruppenbildung ein fremdartiges Gewand erhalten, die Cornea diesen Gruppen entsprechend in kleine „Corneules*, wie die Franzosen sie nennen, parcellirt, jede der Gruppen ferner von vorn bis hinten durch Pigment ausser Verbindung mit ihren Nachbarn gesetzt ist, fehlt dies Alles beim Stemma gänzlich. Ferner lässt uns der Prüf- stein für die Richtigkeit der morphologischen Vergleichung, die Denkbarkeit eimer Abhängigkeit der beiden Formen von einander im Sinne der Descendenz, vollends im Stiche; denn es erfordert nur kurze Ueberlegung, um einzusehen, dass man ohne Deus ex machina, oder ohne die doch essentielle Function des Organs als Sehorgan für grosse Zeiträume während der Umwandlung völlig preiszugeben, kurz, ohne unerlaubte Hülfsmittel, nicht im Stande ist, das eine vom andern abzuleiten. Leichter wird die Aufgabe aber auf dem andern Wege, nämlich auf dem der Zurück- führung des Stemma auf den zu einer Facette gehörigen Bruchtheil eines zusammengesetzten Auges. Fassen wir das Wesentliche eines Insectenstemma oder eines Spinnenauges, ohne Rück- sicht zu nehmen auf die kleinen secundären Modificationen, wie sie uns bei verschiedenen Gattungen und Arten entgegentreten, zusammen, so finden wir überall: 1. eine mehr oder weniger linsenförmig gewölbte Cornea; 2. eine hinter dieser gelegene durchsichtige Zellenschicht, welcher die Cornea ihre Ent- stehung verdankt; 1. Abschnitt. Das Stemma und das zusammengesetzte Auge. 139 3. eine hinter dieser Zellenschicht gelegene, ebenfalls aus Zellen gebildete Retina, deren Elemente vorn ein Stäbchen eingesenkt tragen, hinten mit eimer Nervenfaser ın Verbindung stehen; 4. Pigmentzellen, welche das Ganze an seiner Peripherie ringförmig gegen seitlich ein- fallendes Licht schützen. Diese aus einer Reihe von Einzelfällen gewonnene Abstraction des Baues der hier in Frage kommenden Form des einfachen Auges passt aber buchstäblich auf den Facettenantheil des aconen zusammengesetzten Auges. Auch hier ist vorn die Cornea von varıırender Wölbung, hinter ihr die sie abscheidende durchsichtige Zellenschicht (Krystallzellen), hinter dieser ferner die Lage der Retinaelemente (hier als Retinula) vorhanden, und auf die Elemente der letzteren passt das vorhin Gesagte ebenfalls — abgesehen von der geringfügigen Abweichung, dass die Stäbchen häufig seitlich am Vorderende der Zellen aufsitzen —, und endlich ıst auch die An- ordnung der Pigmentzellen dieselbe. Soweit es also auf die unerlässliche Ueberemstimmung ın der Anordnung der Augenelemente, den Bauplan, ankommt, so ist in dieser Hinsicht gewiss alles Erforderliche geleistet; dagegen ergeben sich Unterschiede in den Verhältnissen der Zahlen der Augenelemente, sowie der Form einiger derselben. Was die Zahlenverhältnisse anbelangt, so stellen sich diese aber sowohl beim einfachen, als auch, wenngleich innerhalb engerer Grenzen, beim zusammengesetzten Auge als -schwankende ‘dar, (zwei- bis fünftheilige Krystallkegel, vier- bis achttheilige Retinulae), sodass wohl nichts im Wege steht, auch hier von ihnen geradeso ab- zusehen, wie wir es in vielen andern Fällen zu thun gezwungen sind. Noch weniger aber dürften die untergeordneten Differenzen in der Gestalt, die besonders in der nach hinten conischen Form der Krystallzellen gegenüber der mehr prismatischen der Elemente des „Glaskörpers“ im Stemma ihren Ausdruck findet, zu besagen haben; um so weniger, als, wie wir sehen werden, diese Form- umänderung mit der Modification der Function in innigstem Zusammenhange steht. Wenn demnach morpholosisch das Stemma der Einzelfacette im aconen Auge entspricht, so wird, nach dem früher Angeführten, dasselbe auch für das pseudocone und das eucone Auge Geltung haben müssen, da wir in diesen nur anders, resp. weiter differenzirte Formen vor uns haben, bei denen die Weiterbildung sich nicht nur auf die hinter der Cornea gelegenen Zellen (durch Ausscheidung des Pseudoconus und des Krystallkegels) beschränkt, sondern auch sich auf die Retinulazellen, welche unter sich in innigeren Contact treten, und deren Stäbchen zu einem axialen Rhabdom verwachsen können ete. ete., erstreckt. — So werden denn alle Formen vom Stemma an durch das acone und pseudocone, bis zu den complieirtesten Forınen des euconen Auges der Insecten und Crustaceen — Limulus selbstverständlich immer ausgenommen — zu einem über- sichtlichen Gesammtbilde veremist. Wenn wir einmal dies Resultat erhalten haben, so fällt es auch nicht schwer, dasselbe im Sinne der Descendenz zu verwenden. Freilich glaube ich, dass der Gedanke der Ableitung der einen fertigen Augenform von der andern, wie wir sie an unsern heutigen Arthropoden kennen, nicht aufkommen kann. Das Stemma, wie es die Insecten jetzt zeigen, ist, um ein Bild zu ge- brauchen, nicht als Mutter, sondern als Schwester des Facettenauges aufzufassen, und beide führen auf einen Ausgangspunkt zurück, der sich nur hypothetisch feststellen lässt. Befolgen wir den in der neuern Zeit so viel — vielleicht allzuviel — betretenen Weg, die muthmassliche Urform verschiedener, jetzt stark differirender Organe aus deren anatomischen Eigenthümlichkeiten und Verwandtschaften zu reconstruiren, so würde der Ausgangspunkt nicht weit von dem Einzel- auge des aconen Auges — etwa der Tipuliden z. B. — gelegen sein; nicht geradezu im ihm, aber in einer nur um ein Geringes davon unterschiedenen Form. Diese Form aber brauchte sich 18* 140 II. Folgerungen. von der erwähnten nur durch die nach hinten nicht conisch verjüngten Krystallzellen, sowie die unter sich gleichen Retinulazellen und Stäbchen zu unterscheiden, um als Ausgangspunkt für das Stemma nach der einen Seite, für das zusammengesetzte nach der andern dienen zu können. Es steht uns frei, mit dieser emzigen Augenform die vermuthlichen Urahnen unserer jetzigen Arthropoden auszurüsten, und im Laufe der Zeit Umwandlungen daran auftreten zu lassen, deren Ursachen wir nicht kennen, deren Resultate wir aber in der bekannten Differenzirung jener beiden Hauptformen des Sehorganes vor uns haben. Vermehrung der Einzelelemente des Urauges führt uns zum Stemma; Vermehrung der Zahl der Einzelaugen, nähere Aggregirung derselben unter leichter Umformung der Elemente dagegen leitet uns zum Facettenauge hinüber. Indessen hat diese Art und Weise, uns die Sache zurecht zu legen, auch wieder ihre Schattenseiten, die bei näherer Betrachtung nicht entgehen können. Denn einmal partieipiren unter den hier in Frage kommenden Arthropoden die Spinnen mit den Insecten an dem Besitz eines dem Bau nach bei beiden Classen völlig identischen einfachen Auges, die Crustaceen aber mit den Insecten an dem Besitz eines nicht minder morphologisch identischen Facettenauges. Sehen wir nun vorläufig ab von den Argumenten, welche man in der letzten Zeit zu Gunsten einer gesonderten Abstammung der Crustaceen geltend gemacht hat, und setzen wir den Fall, ihre Zurückführung mit Insecten und Spmnen (von Myriapoden wollen wir hier nicht reden) auf denselben Stamm unterliege keinem Zweifel. Demnach müsste dann, bei der morphologischen Zurückführbarkeit der Augen auf einander, jenem supponirten gememsamen Urahnen, dem alle drei Classen ihren Ursprung in letzter Instanz verdanken, auch der Besitz jener indifferenten Uraugen zugeschrieben werden, und die descendirenden Stämme hätten sich in der Weise in die Modification getheilt, dass den Spinnen nur die Entwickelung zum Stemma, den Crustaceen nur die zum Facettenauge (da bei ihnen ken Stemma, wie bei den beiden andern Classen, sich zu finden scheint), zufiel, während bei den Insecten beide es zu einer relativ hohen Ausbildungsstufe brachten. Nun finden wir bei beiden Classen mit Facettenaugen, Insecten und Crustaceen, diese so eigenartig und specifisch eingerichtet, und dabei so sehr unter sich übereinstimmend, dass man der Versuchung nicht leicht widerstehen kann, anzunehmen, dass diese Organe als gewichtiges Bindeglied zwischen den beiden, sonst so verschiedenen Classen dienen und in den wesentlichsten Grundzügen ihrer Form und Ausbildung schon vorhanden gewesen sein müssen, bevor diese Stämme ihre gesonderten Wege emschlugen; jeder der Stämme erhielt dieses alte Erbtheil, um es nur unwesentlich zu modificiren. Zu dieser alten Erbschaft aber gehörte auch der Krystall- kegel, denn sein Vorkommen in beiden Classen, sowie die Uebereinstimmung m Bau und Ent- stehung legen diese weitergehende Folgerung nahe genug. Bei der monophyletischen Auffassungs- weise des Facettenauges drängt sich uns aber die Frage auf: wie kommt es denn, dass ein Organ von der Bedeutung des Krystallkegels wieder verloren gehen konnte bei jener grossen Anzahl von Insecten, deren Augen wir als acone bezeichnet haben? Es ist klar, dass diese Frage auch nicht aus der Luft geschafft wird, wenn wir von der ohnehin stark bestrittenen Stammesverwandtschaft der Insecten und Crustaceen absehen, damit also schon der polyphyletischen Entstehungsweise des Facettenauges — wohlverstanden, bis zu fast identischen Endresultaten — die Thüre öffnen. Gegen die monophyletische Abstammung der einzelnen Insectenordnungen ist meines Wissens noch kein ernstlicher Widerspruch erhoben worden; wir hätten also hier freie Hand, deren gemeinsame Ausgangsform wieder mit krystall- kegelhaltigen Facettenaugen auszustatten. Aber das Facit bleibt das gleiche: entweder haben eine Menge von Formen ein durch Zuchtwahl entstandenes, für das Sehen mit dem Facettenauge en en A 2 0 1. Abschnitt. Das Stemma und das zusammengesetzte Auge. 141 vorzüglich geschicktes Organ wieder emgebüsst, oder dasselbe ist nicht vererbt, sondern poly- phyletisch innerhalb der Ordnungen der Insecten entstanden. Wie eigenthümlich in diesen räthsel- haften Beziehungen einzelne der Insectenordnungen sich stellen, wie z. B. die Coleopteren, bei denen acone und eucone, die Dipteren, bei denen acone, pseudocone und vereinzelt eucone Augen auftreten ete., braucht hier nicht weiter ausgeführt zu werden. Die Alternative, vor welche wir gestellt sind, ist eine eigenthümliche. Die monophyletische Auffassung der Insectenclasse — um bei dieser stehen zu bleiben — fordert das Aufgeben, den nach erlangtem Besitz erst eingetretenen Verlust einer Bildung, die, wenn wir aus der beständigen Anwesenheit derselben in den Organen höchster Leistungsfähigkeit einen Rückschluss ziehen dürfen, gerade für diese Leistungsfähigkeit als eine besonders günstige Vorbedingung gelten muss. Ich kann mich, ich gestehe es offen, nur sehr schwer dazu entschliessen, dies testimonium paupertatis der natür- lichen Züchtung auszustellen, die doch sonst so ungemein haushälterisch mit ihren Errungenschaften verfährt; und dies trotz aller Lehre von den rudimentären Organen, für welche doch immer eine Com- pensation nach dieser oder jener Seite gewährt wird. — Dennoch, glaube ich, werden zur Zeit wohl mehr Forscher sıch finden lassen, die sich in dieser Hinsicht zu Concessionen bereit erklären, als zu solchen nach der andern Seite hin. Denn wollen wir der monophyletischen Auffassung nicht jenes Ver- lusteonto eröffnen, so bleibt uns keine Wahl, als zur polyphyletischen zu greifen. Lassen wır diese aber auch nur für ein einziges Organ gelten, so sehe ich nicht ein, was hindern sollte, sie für die ganzen Organısmen in Anwendung zu bringen, und hier scheint mir der Eimsatz zu gross. Es ıst natürlich schon erlaubt, Versuche zu machen, um aus diesem Dilemma zu kommen. Einen solchen möchte ich hier mittheilen, trotzdem ich mir sagen muss, dass er noch lange nicht ausreicht, alle Schwierigkeiten aus dem Wege zu räumen. Vielleicht sind Andere auf diesem oder auch einem andern Wege glücklicher als ich. Ich fusse dabei auf einer Veränderung der Auffassung der Beziehungen, welche zwischen Krystallkegel und Corneafacette obwalten. Beide verdanken, wie uns die Beobachtung lehrt, ihren Ursprung denselben zelligen Elementen des Auges. Beide zeigen bezüglich ihres Baues gewisse Verschiedenheiten, von denen die am meisten in die Augen fallende Differenz die der Consistenz ist: die Facette ist immer fest und derb, oft genug ganz aussergewöhnlich hart und dick, während der Krystallkegel meist weich, oft halbflüssig und dadurch schwer isolirbar er- scheint. Es frägt sich nun, ob man berechtigt ist, auf diese und andere Unterschiede physi- calischer oder chemischer Art soviel Gewicht zu legen, um Facette und Krystallkegel als in jedem Sinne ganz verschiedene Dinge aufzufassen. Ich möchte dies keineswegs unbedingt bejahen, wenigstens nicht in dem angedeuteten Sinne, welcher nur auf das Wesen der Substanzen, aus denen sie bestehen, Bezug nimmt. Ich glaube, dass auch das Material, aus welchem die Krystall- kegel bestehen, dem Chitm der Facette sehr nahe steht, trotz seiner oft so geringen Consohdirung. Diese Wesensähnlichkeit scheint mir eine Stütze zu erhalten in den schon erwähnten Fällen, wo, wie bei Telephorus, Lampyris und Elater noctilucus, die Kegel mit den Facetten so innig verwachsen können, dass man selbst vergebens nach einer Grenze zwischen beiden sich umsieht. Giebt man aber dies zu, so wäre es vielleicht auch möglich, die Auffassung des Krystallkegels in morphologischer Beziehung etwas anders zu fassen, und in ihm blos ein losgelöstes Stück Facette, die übergross gewordene, und dann von der Hauptmasse losgetrennte innere Convexität der Cornealinse etwa zu erblicken. Dass dieses abgetrennte und selbständig gewordene Stück seine Natur in vielen wesentlichen Punkten, namentlich hinsichtlich seiner Consistenz, änderte gegenüber der immerhin einen Theil des Integumentes bildenden Facette, würde wohl kaum wundern können, obschon eine Reihe von innern Chitinbildungen sich hierin den oberflächlich 142 II. Folgerungen. gelegenen ähnlich verhält. Dann würden uns auch die aconen Augen in einem etwas andern Lichte erscheinen; wir würden dann m ihmen nicht Augen, welche die Krystallkegel verloren haben, sondern nur solche zu erblicken haben, in welchen sie mit der Facette immer un- trennbar verschmolzen bleiben, und überhaupt ihrer Masse nach so geringfügig angelegt werden, dass sie keme, oder doch nur eine geringe Vorragung nach innen hervorrufen. Mathematisch ausgedrückt: wir hätten dann den Krystallkegel nicht — 0, sondern als unendlich klein zu setzen, was für die Praxis, d. h. für die Beobachtung, natürlich völlig gleichwerthig wäre, aber nicht für die theoretische Auffassung der ganzen Frage. Das Fehlen des Krystallkegels würde dann nicht mehr völlig so störend sein, da es sich mehr um eine hochgradige Abschwächung der Aus- bildung handeln würde. Wie schon bemerkt, bin ich selbst durchaus nicht der Ansicht, hiermit der ganzen Frage die Spitze abgebrochen zu haben. Es ist nur ein Nothbehelf, den ich biete, und ich bin ausser Stande, wenn man etwa den Vorwurf der Sophistik gegen die ganze Betrachtungsweise erheben wollte, dagegen zu opponiren. Doch, wie man sich auch zu diesen Seiten des Problems allen möge: Eines scheint mir nicht erschüttert werden zu können, nämlich der geführte Nachweis der Uebereinstimmung des einfachen und des facettirten Auges in Bezug auf ihre homologen Bestandtheile. Das Auge von Limulus, um auch über dieses noch ein paar Worte hinzuzufügen, bietet uns ein ganz evidentes Beispiel einer Schemhomologie. Auf den ersten Anblick überrascht uns sicher die äussere Aehnlichkeit mit den Facettenaugen der andern Arthropoden nicht im Ge- ringsten; denn wir setzen stillschweigend voraus, dass auch der architectonische Bau derselbe sein müsse. Nun zeist sich aber bei näherer Betrachtung das directe Gegentheil, denn wir finden keinerlei Anklänge an jene Structur, als solche rem äusserlicher Art. Hier geben wir willig eine separate Entstehung, unabhängig von den andern Facettenaugen der Crustaceen und Insecten, zu, und nach den dort gewonnenen Erfahrungen werden wir diese Entstehung ebenfalls auf eine ein- fache Augenform, die durch massenhafte Anhäufung und entsprechende Umbildung ihrer Einzel- bestandtheile sie veranlasst, zurückzuführen geneist sem. Aber auch dieses emfache Auge wird schon den Keim des Gegensatzes gegenüber den andern aufweisen müssen. Dasselbe wird von den Fällen gelten müssen, welche wir aus der Classe der Myria- poden kennen; ich meine von dem Facettenauge der Seutigera. Thatsächliches kann ich darüber nur das berichten, dass es zwar em zusammengesetztes, aber mit dem der Inseeten und Crustaceen ebenso wenig auf morpholosischer Basis vergleichbares ist, als das von Limulus. Es wird späterer Untersuchung noch anheim gestellt werden müssen, die Lücken in der Beob- achtung und der Verwerthung der Funde auszufüllen. Abschnitt. Der Sehvorgang im Facettenauge. An zweiter Stelle tritt an uns die Frage heran, wie wir die im speciellen beschreibenden Theile mitgetheilten Thatsachen benutzen können, um den so oft discutirten Vorgang des Sehens im Facettenauge festzustellen. Wie abhängig das Resultat dieser Frage von der Sicherstellung der Bedeutung der einzelnen Augenbestandtheile in morphologischer und physiologischer Hinsicht ist, haben wir schon aus der historischen Uebersicht erkennen können, wo es unumgänglich war, De A m u 7 m 2. Abschnitt. Der Sehvorgang im Facettenauge. 143 auch auf die thatsächlichen Befunde der Vorgänger auf diesem Gebiete zuweilen näher einzugehen, um deren Deutung verstehen zu können. Soweit ich die Sache übersehen kann, bleibt uns zur Zeit als allen zum sichern Ziel führender Weg nur der übrig, auf den uns die morphologische Forschung hinweist; aber auch dieser führt uns nicht direct zum Ziel, sondern es ist nöthig, die Tragweite und Interpretationsfähigkeit jeder einzelnen Thatsache genau zu erwägen, und nach der Prüfung aller das Facit aus ihnen zu ziehen. Die Entscheidung wird uns dadurch wenigstens erleichtert, als es sich hier nur um die Wahl zwischen zwei Modis handelt, und ein dritter so gut wie gänzlich ausgeschlossen bleiben muss; wenigstens gilt diese Einschränkung so lange, als wir uns zur Erklärung des Sehvorganges auf thatsächliche Grundlagen stützen wollen. Die beiden sich gegenüberstehenden Ansichten sind schon Eingangs dieser Arbeit characte- risirt, und die Bedingungen, unter denen sie auf Geltung Anspruch erheben können, hervorge- hoben worden. Die erste, ältere, ist die Müller’sche „Theorie vom musivischen Sehen‘; die andere könnte man als „Bildchentheorie* ihr in Kürze gegenüberstellen, und diese fusst auf der Auffassung des Sehvorgangs, welche sich durch das Gottsche’sche Experiment eine so weitgehende Anerkennung verschafft hat. Wir erinnern uns, dass die Annahme der Müller’schen Theorie eine unabweisliche ist, sobald dargethan werden kann, dass hinter jeder Corneafacette sich nur ein einziges Perceptions- element findet, wie es ja auch der Auffassung ihres Urhebers, der je eine „Nervenfaser“ an je einen Krystallkegel herantreten liess, entspricht. Im Gegensatz dazu wird die Bildchentheorie dann das Feld behaupten, wenn da, wo das Bildehen projieirt wird, eine als Retina zu bezeichnende Vielheit von pereipirenden Nervenend- organen nachgewiesen werden kann. Was man in den verschiedenen Formen des Arthropodenauges als Elemente, welche der Perception des Lichtes dienen, d. h. der Umwandlung der Aetherwellenbewegung in Nerven- erresung, anzusehen hat, das dürfte durch meine Untersuchungen wohl nunmehr definitiv fest- gestellt worden sein. In allen einigermassen ausgebildeten Sehorganen der gesammten thierischen Reihe finden wir Gebilde einer ganz specifischen Art, die Stäbchen (ganz allgemein gesprochen), welche wir als die percipirenden Endorgane zu betrachten gelernt haben. Auch in den einfachen Arthropodenaugen, besonders dem Stemma der Insecten und Spinnen haben wir diese Stäbchen nachweisen können, und die principielle Uebereinstimmung mit denen der übrigen Thiere ist eine so grosse, dass wir ihnen auch die gleiche Bedeutung vindiciren müssen; also namentlich auch die der Lichtperception, und dies um so mehr, als wir vergeblich hier nach andern Netzhaut- elementen uns umsehen, die wir dafür m Anspruch nehmen könnten!). Demnach ist der Ort, die Region, wo sich die Stäbchen befinden, bestimmend für den Ort, wo wir die Perception hin zu verlegen haben. Bei der anerkannten Uebereinstimmung der Projection eines umgekehrten Bildchens auf die Retina eines Spinnenauges z. B. verglichen mit dem Wirbelthierauge werden wir also auch hier annehmen müssen, dass nur die Objecte der !) Bekanntlich giebt es noch immer allerdings sehr vereinzelte — Forscher (W. Krause z. B.), welche diese Function der Stäbehen für das Wirbelthierauge in Abrede stellen wollen. Hier dürfte sich aber der Nutzen des Studiums der vergleichenden Anatomie auch für den menschlichen Anatomen gerade recht evident zeigen; das einzig constante Element der entwickelteren Augen sind eben nur die Stäbchen, und diese fast immer (bei Evertebraten) in einer Anordnung, dass an eine katoptrische Bedeutung derselben nicht zu denken ist. 144 II. Folgerungen. Aussenwelt deutlich gesehen werden können, deren Strahlen auf der stäbchentragenden Region der Retina zur Vereinigung kommen. Um Öbjecte verschiedener Distanzen mit gleicher Deutlich- keit sehen, d. h. ihre Bilder mit gleicher Schärfe auf die Retina projiciren zu können, besitzt das Vertebratenauge bekanntlich einen Einstellungs- oder Accomodations-Apparat, der den ein- fachen Arthropodenaugen abgeht. Vielleicht findet er hier einen theilweisen Ersatz in der rela- tiven Längenentwickelung der Stäbchen, so dass etwa entferntere Objecte, deren Bilder auf den vorderen, der Linse zugewandten Enden der Stäbchen zur Veremigung kommen, mehr auf diese Enden einwirken, nähere Objecte dagegen, die mehr in der Tiefe der Retina projieirt werden, erst an den hinteren Enden der Stäbchen den Reiz auslösen — aber das sind nur Vermuthungen, denen man gewiss mit Recht entgegenhalten kann, dass das die Stäbchen meist bis zu ihrem Vorderende einhüllende Pigment einer Bildprojection auch in nur gerimger Entfernung hinter den vordern Stäbchenenden schon ein bedenkliches Veto entgegenstellen muss. Aber wie dem nun auch sei, für den Hauptpunkt, auf den es uns hier ankommt, ist dies rein nebensächlich, und wir haben hier nur hervorzuheben, dass wir beim Sehact die physio- logische Lichtwirkung auf die Weichtheile des Auges innerhalb einer Zone fixirt haben, deren vordere Grenze durch eine die Stäbchenvorderenden in sich fassende Fläche, deren hintere Grenze durch eine andere Fläche, im welcher die himtern Stäbchenenden liegen, bestimmt ıst. Mit andern Worten: der Lichtstrahl kann den adaequaten Nervenreiz nur da auslösen, wo das Stäbchen sich befindet. Nun habe ich aber durch meine Untersuchungen das Recht erhalten, vom Stemma aus weiter zu gehen zum zusammengesetzten Auge. Haben wır dort das Stäbchen als Grenzgebilde zwischen dem objeetiven Lichtstrahl und der subjeetiven Reizempfindung festgestellt, so müssen wir ganz dieselbe Rolle seinem morphologischen Aequivalente auch hier zutheilen. Wir haben demnach im aconen Auge von Tipula und Ctenophora die Lichtperception gebunden an die sieben Stäbchen, von denen bei letzterer Gattung besonders (vgl. Figg. 46-48 Taf. VII) das centrale die peripherischen an Länge bedeutend übertrifft, so dass wir für dieses eine viel tiefere Zone, innerhalb deren die Perception vor sich gehen kann, zugeben müssen, als für die peri- pherischen Stäbchen. Aehnlich ist es bei Forficula (Fig. 54 Taf. VI), Meloö (Fig. 56 Taf. VI), während bei Notonecta (Fig. 49 u. ff. Taf. VID) sowie bei den Bockkäfern (Fig. 58 Taf. VI) die Differenz im Ganzen nicht bedeutender ist, als bei Tipula. Gehen wir nun über zu jenen Facettenaugen, bei welchen die Einzelstäbchen zu einem axialen Rhabdom zusammengetreten sind, so müssen wir die Fähigkeit der Lichtperception auf dieses localisiren. Bleiben wir zunächst bei jenen stehen, bei denen das Rhabdom die Retinula ihrer ganzen Länge nach durchzieht, wie bei den Orthopteren, Hymenopteren, Tagschmetterlingen, vielen Käfern und Crustaceen, so haben wir eine Ausbreitung der lichtempfindenden Schicht, die ganz eigenthümlich contrastirt mit der Vorstellung, die wir gewöhnlich über eine solche uns zu bilden pflegen. Ihre Flächenausbreitung ist nämlich auf ein Minimum reducirt, auf den Quer- schnitt des Rhabdoms nämlich; dafür aber erreicht sie eine sehr bedeutende Tiefe, welche der Länge desselben entspricht, und es steht Nichts im Wege, die Umwandlung des Lichts in Nerven- erregung in der ganzen Länge des Rhabdoms vor sich gehen zu lassen. Nun existirt aber noch ein weiterer Modus der Ausbildung, nämlich der bei den Dämme- rungs- und Nachtfaltern, vielen Käfern und andern Insecten, sowie bei Crustaceen sich findende, wo die zum Rhabdom zusammentretenden Einzelstäbchen nur im innern, vom Krystallkegel ab- gewandten Theile der Retinula zur Ausbildung kommen. Nun lässt sich ja allerdings nicht mit 2. Abschnitt. Der Sehvorgang im Facettenauge. 145 absoluter Sicherheit behaupten, dass die Stäbchensubstanz überall m dem vordern, meist fadendünnen Theile der Retinula, vor der Rhabdomanschwellung, völlig fehle. Indessen halte ich es emst- weilen für höchst wahrscheinlich, dass sie in den allermeisten Fällen auf die Anschwellung selbst beschränkt ist, und dann haben wir denn auch die Licht empfindende Stelle ebenda, und nur da zu suchen. Daraus ergiebt sich weiter ein sehr bedeutsames, von uns später zu verwerthendes Factum, nämlich die grosse Entfernung der empfindenden Substanzen von den als dioptrische bezeichneten Medien. Damit haben wir den einen Gegenstand unserer Untersuchung, den Ort, in welchen wir den ersten physiologischen Vorgang beim Sehen zu verlegen haben, erschöpft, und wenden uns nun zu eimem andern. Die Grösse des Sehfeldes, das einem Einzelauge zukommt, ist ebenfalls von Bedeutung für unsere Untersuchung. Diese bestimmt sich, ganz allgemein gesprochen, für das Stemma, von dem wir wieder ausgehen, durch das Verhältniss des Kugelsegmentes, welches mosaikartig mit den lichtempfindenden Elementen besetzt ist, zur Grösse der gesammten sphärischen Fläche, von der eben jene Retina ein Abschnitt ist. Wir können auch emfach abgekürzt sagen, durch die Grösse des Oeffnungswinkels der Retina, und meinen damit einen Winkel, dessen Scheitel im optischen Mittelpunkt der Linse liest, dessen Schenkel die Retina an zwei diametral entgegen- gesetzten Punkten ihrer Peripherie berühren. — Es ist nun unzweifelhaft, dass wir dieses Verhältniss ohne weiteren Anstand auch benutzen dürfen zur Bestimmung der Grösse des Sehfeldes beim Einzelauge des Facettenauges, und zwar zunächst wieder des aconen. Hier ergiebt sich nun gleich eine beträchtliche Verringerung desselben, verglichen mit dem des Stemma, und diese rührt hier zunächst her von der Abnahme des absoluten Durchmessers der Retina, wobei wir noch absehen von der Wirkung des Pigmentes, die wir später zu discutiren haben werden. Verfolgen wir nun wieder, wie vorhin geschehen, das Facettenauge in der gleichen Reihenfolge, so treffen wir auf eine stete und schliesslich sehr beträchtliche Abnahme des Sehfeldes des Einzelauges, und diese Reduction geschieht nicht blos durch Abnahme des Durchmessers der Gesammtheit der Perceptionselemente, wie wir sie bei der Bildung des einfachen Rhabdoms finden, sondern auch durch Vergrösserung des Abstandes der Fläche, welche durch die Schenkel des Winkels gestreift wird, vom Scheitelpunkte des Winkels selbst. Dies ist ganz besonders der Fall bei jenen Augen, in welchen die Rhabdomanschwellung in den innern Theilen der Retinula gelegen ist. Wir haben damit ein zweites Factum von Belang festgestellt, nämlich dass das Sehfeld der Einzelfacette immer kleiner wird, je weiter sich das Auge bezüglich seines Baues von dem Stemma entfernt, je typischer und vollkommener es die Charactere des Facettenauges ausgebildet zeigt. Ein fernerer Punkt, den wir noch zu berücksichtigen haben, ist die Sehschärfe der Augen. Diese genau zu bestimmen hat natürlich hier seme Schwierigkeiten, die wohl kaum zu überwinden sem dürften; für viele Fälle, wo nur die allergröbsten Schattirungen zu berücksich- tigen sind, bietet uns das Verhalten des lebenden Thieres in seiner Umgebung Anhaltspunkte, die lehrreich genug sind. — Indessen lest uns schon der anatomische Bau mancher Augen darauf bezügliche Folgerungen nahe genug. So können wir uns z. B. gewisse Rückschlüsse auf die Sehschärfe des Spinnenauges erlauben, wenn wir die Vertheilung, resp. die Distanz der perci- pirenden Elemente von einander bei verschiedenen Formen vergleichen. Denn es bedarf wohl keiner besondern Rechtfertigung, wenn man es für wahrscheimlich erklärt, dass, ceteris parıbus, ein Grenacher, Untersuchungen über das Sehorgan der Arthropoden. 19 146 II. Folgerungen. Auge, welches auf der gleichen Retinafläche eime grosse Anzahl kleiner und feiner Stäbchen trägt, schärfer zu unterscheiden befähigt sem wird, als ein anderes, welches jene Fläche mit sparsameren und dem entsprechend massigeren Stäbchen garnirt zeigt. So wird also, um ein concretes Bei- spiel anzuführen, das vordere Dorsalauge von Epeira (Fig. 18 Taf. II) in dieser Hinsicht dem hinteren überlegen sein, denn die Zahl der Stäbchen, welche bei ersterem sich in das Gesichts- feld zu theilen haben, ist eine ungleich grössere, als die des hintern Auges; im Bezug auf die Grösse des Gesichtsfeldes ist dagegen das hintere Auge gegenüber dem vordern etwas im Vortheil. Tragen wir diese Betrachtungsweise über auf das Facettenauge, d. h., wie immer auf den zu einer Facette gehörigen Antheil desselben, so tritt uns hier die Thatsache der Constanz der Stäbchenzahl in einer Retinula etwas befremdlich entgegen, da durch sie die empirischen Beob- achtungen über die Sehschärfe der Thiere, so roh jene auch noch sein mögen, keinerlei Erklärung -finden. Wie wir gesehen haben, sind die Abweichungen von der als Norm anzusehenden Zahl sieben in weitaus der Mehrzahl der Fälle Reductionen auf fünf (Crustaceen) oder vier (Insecten und Crustaceen), und nur in wenigen Beispielen (Hymenopteren und Cicaden) dürften wir aus der Zählung der Retimulazellen den Schluss auf eine Vermehrung der zugehörigen Stäbchen aut acht ziehen. Nun verkleinert sich zwar ım Allgemeinen auch das Sehfeld bedeutend, und be- sonders gilt dies von jenen, bei welchen in einer hinteren Retinula-Anschwellung nur vier Stäbchen des Rhabdoms nachgewiesen wurden. Vergleichen wir aber z. B. das Auge von Dytiscus, das nur vier, und das von Melolontha, das sieben Stäbchen hier aufweist (Figg. 831—84 Taf. VID), so liesse sich doch meines Erachtens nur schwierig behaupten, dass der darin sich aussprechende Unterschied in der Sehschärfe zu Gunsten des Maikäfers etwa dadurch wieder compensirt würde, dass bei Dytiscus die vier Stäbchen sich auch in ein entsprechend kleineres Gesichtsfeld zu theilen hätten; hierzu dürfte die Differenz kaum gross genug sein. Aber dabei wissen wir doch, dass Dytiscus ein gewandter, beweglicher Räuber ist, der durchaus den Eindruck macht, als ob sein Sehvermögen besser entwickelt wäre, als das des Maikäfers. Es würde nicht schwierig sein, noch eine Reihe von solchen Beispielen vorzuführen, die alle darthun können, dass die Differenzen im Sehvermögen grösser sind, als es nach der Zahl der Perceptionselemente im Einzel- auge des facettirten den Anschein hat. Vielleicht dürfen wir aber hier eme andere Beobachtung registriren, die sich uns aufdrängt. Wenn auch nicht durchgängig, so doch wenigstens im Allgemeinen weisen diejenigen Arthropoden mit Facettenaugen, deren Sehvermögen wir als em unter ihresgleichen besonders hoch entwickeltes ansehen, die grösste Concentration der percipirenden Elemente, eine typische Rhabdombildung auf, und wie innig die Verschmelzung der Einzelstäbchen, wie täuschend die Simulirung emer anscheinend einheitlichen Bildung sein kann, haben wir früher gesehen. — Als besonderes Bei- spiel abweichender Bildung führe ich hier die Fliegen mit pseudoconen Augen an, deren Sehver- mögen wohl Niemand bezweifeln wird, deren Stäbchen aber discret bleiben, und nur im vordersten Ende der Retinula sich dicht anemander lagern (vgl. oben). Damit hätten wir einige Verhältnisse einer nähern Prüfung unterworfen, deren Resultate uns dienen sollen, die Wahl zwischen den beiden Theorien über das Sehen mit dem Facettenauge zu treffen. Wie ich schon mehrfach ausgesprochen habe, wäre eine Wahl überhaupt überflüssig, wenn unsere Untersuchungen uns die Richtigkeit der Ansicht J. Müller’s über die Anwesenheit nur eines einzigen Perceptionselementes („Nervenfaser“) hinter jeder Facette ergeben hätte. Da dies aber nicht der Fall ist, wir im Gegentheil eine zwar kleine und bestimmte, aber immerhin mehr- fache Zahl kennen gelernt haben, so sind wir genöthigt zu prüfen: 1) ob diese Veränderung der 2. Abschnitt. Der Sehvorgang im Facettenauge. 147 thatsächlichen Grundlage die Theorie Müller’s unhaltbar zu machen im Stande ist, und 2) ob dieselbe vermag, zu Gunsten der Anwesenheit einer Retina, als nothwendiger Voraussetzung der Bildehentheorie, zu sprechen. Hier aber sind wir genöthigt, zuerst das Bildchen selbst und seine Bedeutung einer ein- gehenderen Erörterung zu unterziehen. Bei der Beweiskraft, welche man dem schon so erwähnten Versuche Gottsche’s beigelegt hat, und häufig genug noch immer beilest, darf es billig Wunder nehmen, dass eine nähere Prüfung sowohl des thatsächlichen Verhaltens — namentlich auch bei andern Augenformen, als den vom Urheber des Versuches benutzten Fliegenaugen als auch eine kritische Würdigung der Bedingungen, unter denen es von jener Beweiskraft sein kann, so gut wie gar nicht von Seiten Jener stattgefunden hat, die sich eingehender um die anatomische Erforschung des Arthro- podenauges gekümmert haben. Erst die neuere Zeit hat einige Versuche aufzuweisen, das früher Versäumte nachzuholen, und es sind besonders die Arbeiten von Fr. Boll (l. s. ec.) und aus neuester Zeit die von S. Exner!) namhaft zu machen. Der Inhalt der ersteren ist, soweit er sich auf unser Thema bezieht, schon oben einer eingehenderen Analyse unterzogen worden; die letztere, die mir erst bekannt geworden ıst, nachdem meme Publication über das Arthro- podenauge in den „Klinischen Monatsblättern f. Augenheilkunde“ schon erschienen war, soll hier noch behandelt werden. Ich brauche hier nicht in extenso die Geschichte der Beobachtungen über das Bildchen zu wiederholen. Es genügt, hier nochmals hervorzuheben, dass Gottsche den Nachweis führen zu können glaubte, dass es hinter dem Krystallkegel auftrete, und demnach zu einer Modıi- fication, oder gar zum Umsturz der Müller’schen Theorie führen müsse. Um aber dies wirklich zu leisten, müsste das Bildchen einer Reihe von Bedingungen genügen. Wenn nämlich der Seh- vorgang von ihm abhängig ist, so muss es erstens überall, in allen Facettenaugen, sich finden; es muss zweitens in allen diesen Augen dahin projieirt werden, wo es als Bild auf die perci- pirenden Organe einzuwirken im Stande ist, und es darf sich ihm nichts in den Weg legen, was seine flächenhafte Ausbreitung hindern könnte; und endlich muss es da, wo es entsteht, eine in seiner Ebene sich ausbreitende, von eimer Vielzahl percipirender Elemente gebildete Netzhaut zu seiner Aufnahme vorfinden. Wir wollen nun sehen, ob und wie diese Bedingungen in der Natur erfüllt sind. Das Zustandekommen eines umgekehrten Bildehens hinter den brechenden Medien wird überall abhängig sein von der sphärischen Begrenzung derselben, wodurch sie als Linsen zu wirken im Stande sind. Dieser Bedingung ist nun allerdings in weitaus den meisten Fällen ge- nügt, und es ist dann die Cornea, deren Convexität in den verschiedensten Graden ausgebildet erscheint. Es ist aber in keiner Weise auszuschliessen, dass auch der Krystallkegel, wenn die Cornea von parallelen Flächen begrenzt ist, durch eine convexe Vorderfläche zur Bilderzeugung Veranlassung geben kann, wie z. B. bei Apus (Fig. 109 Taf. X), Branchipus (Fig. 107 Taf. X), (wo jedenfalls die ganz unbedeutende Convexität der Cornea zurücktritt neben der des Krystallkegels), bei Gammarus (Fig. 99 Taf. IX), sowie ferner auch bei Phronima, wo die kolbigen Enden der langen Krystallkegel mehr oder weniger stark convex erscheinen. Daneben aber finden wir, wenn auch nur vereinzelt, Beispiele, bei denen nicht einzusehen ist, wie ein Bildehen projiert werden kann, da alle physikalischen Bedingungen hierfür fehlen. )) S. Exner, Ueber das Sehen von Bewegungen und die Theorie des zusammengesetzten Auges. Mit 1 Taf. (Separat-Abd. aus den Sitzungs-Ber. Wien. Akad. III. Abth. Bd. LXXII. Juliheft 1875.) 19 148 II. Folgerungen. Ich weise besonders auf die Gattung Hyperia hin, bei welcher weder die facettenlose Cornea, noch auch die mit gerader Fläche an sie anstossenden Krystallkegel im Stande sind, eine linsen- hafte Wirkung in dem geforderten Sinne auszuüben. Nun giebt es aber noch eine andere Categorie von Fällen, im denen es zur Entstehung eines Bildchens nicht kommt, und es ist Exner’s!) Verdienst, zuerst darauf aufmerksam gemacht zu haben. Er hat Versuche angestellt mit Lampyris, die, wie wir oben schon erwähnt haben, zu den Insecten gehört, bei welchen Cornea und Krystallkegel untrennbar verwachsen sind, und hat dabei gefunden, dass man, auch wenn alles Pigment sorgfältig entfernt ist, nie em Bildchen hinter den Kegeln erhält, sondern dass die gesammte Cornea schwarz und von leuchtenden, den Krystallkegeln entsprechenden Punkten durchsäet erscheint, die beim Einstellen des Focus nach der Höhe oder Tiefe in Zerstreuungskreise auseinandergehen. So spärlich diese Beispiele auch sınd gegenüber der grossen Zahl derer, m welchen die Unmöglichkeit emer Bildchenentstehung noch nicht in dieser Weise dargethan wurde, so sprechen sie für sich doch schon deutlich genug aus, dass das postulirte allgemeine Vorkommen des Bildchens, wenn es wirklich die ıhm vindicirte Rolle spielen soll, in der That nicht stattfindet. Die zweite Bedinsung verlangt, dass das Bildchen da projieirt wird, wo wir die pereci- pirenden Elemente erkannt haben, also jedenfalls hinter dem Krystallkesel. Das war eben das Bestechende an dem Gottsche’schen Experimente, dass dadurch anscheinend der Nachweis ge- führt wurde, dass das von der Cornealinse erzeugte Bildchen, unalterirt durch den Krystallkegel, hinter dem letzteren, da, wo man die empfindende Region hinverlegen musste, zu Stande kommt. Wir wollen hier noch einmal auf das schon oben erwähnte Experiment zurückkommen. Wie wenig sowohl das Material — Fliegen —, mit dem Gottsche experimentirte, als auch seine Methode geeignet sind, den Antheil und Emfluss des Krystallkegels bei der Ent- stehung des Bildchens zu illustriren, darauf wurde schon wiederholt hingewiesen und gezeigt, dass der „Pseudoconus“, wie ich ihn genannt habe, vermöge seiner Constitution nothwendig zerstört werden und ausfliessen musste, so dass wir im Grunde nur das alte Experiment von Leeuwenhoek, Baker, Brants etc. vor uns haben. Und dies Experiment ist weiter nichts als die Demonstration des a priori nicht zu bezweifelnden Satzes, dass die Cornealinsen optisch denselben Einfluss auf die durchtretenden Lichtstrahlen ausüben, wie Glaslinsen. Ich habe den Versuch mit weniger zweifelhaftem Materiale wiederholt, und mit dem besten, der Bildchentheorie aber nicht gerade günstigen Erfolg. Ich bediente mich dazu verschiedener Dämmerungs- und Nachtfalter, wie sie mir in Weingeistexemplaren gerade zugänglich waren; die Erhaltungsmethode ist im diesem Falle insofern gleichgültig, als bekanntlich bei emiger- maassen resistenten Krystallkegeln, wie sie ja diese Thiere besitzen, weder die Krystallkegel2), und noch weniger selbstverständlich die Cornealinsen, welche das Bildchen erzeugen, durch den Alcohol verändert werden. Beide bleiben ebenso klar und durchsichtig wie vorher. Schneidet man nun em Scheibehen eines solchen Auges mit scharfem Messer ab, und legt es so auf den Objectträger, dass die anhaftenden Krystallkegel ihre Spitzen dem Auge zuwenden, zerstört dann durch möglichst vorsichtige Anwendung von Salpetersäure das Pigment, so lässt sich in aus- gezeichneter Weise das Gottsche’sche Experiment wiederholen. Stellt man auf die Krystall- D)El.sc-=p320.226. 2) Soviel ich urtheilen kann, scheint durch die Wirkung des Alcohols auch der Breehungsexponent der Krystallkegel nicht merkbar verändert zu werden. Dies bedürfte selbstverständlich für genaue Bestimmungen noch einer nähern Controle. 2. Abschnitt. Der Sehvorgang im Facettenauge. 149 kegel ein, deren Axe in die optische Axe des Mikroskops fällt, so sieht man da, wo man das Bildchen doch mindestens erwarten müsste, hinter oder an den Spitzen der Kegel, Nichts von einem solchen; geht man aber immer mehr in die Tiefe, so tritt es zuerst undeutlich, allmälig immer schärfer und klarer werdend, hervor, und es ıst endlich so bestimmt und scharf in den Umrissen, dass man mit voller Deutlichkeit die Form einer Staarnadel, die man zwischen Spiegel und Objeettisch hin- und herführt, erkennen kann. Aber, wie gesagt, es ist im Innern des Kegels gelegen, und hier befinden sich keinerlei Perceptionselemente. Wie tief aber im Innern, das konnte ich, da mir geeignete Vorrichtungen zum Messen fehlten, nicht näher bestimmen; es ıst für unsern Zweck übrigens auch nur von secundärer Bedeutung. — Ich brauche wohl kaum anzuführen, dass hier der Planspiegel in Anwendung kommen muss. Nun lagen aber die Präparate bei diesen Versuchen in Flüssigkeiten, welche andere Brechungsverhältnisse bieten, als die normalen Medien des Auges oder seine Umgebung. Also z. B. statt der Luft, welche die Aussenseite der Cornealinsen berührt, war diese letztere bespült von Wasser oder von sehr verdünntem Glycerin (1:10), demnach Flüssigkeiten von viel stärkerem Brechungsexponenten; und ebenso war die Augenflüssigkeit dadurch ersetzt. Dies ist natürlich von grossem Einfluss auf den Ort der Projection des Bildchens; aber es ergiebt sich, dass, wenn die Vorderfläche der Cornea an Luft grenzt, statt von Wasser oder verdünntem Glycerin umgeben zu sein, dies das Bildchen weiter gegen die Cornea hin verschiebt, also noch weiter von dem Orte entfernt, auf den es eigentlich fallen müsste, um wirksam zu sein. — Ferner habe ich bei dem Versuche die Staarnadel, als den bilderzeugenden Gegenstand, zwischen Spiegel und Object- tisch, also sehr nahe an die lichtbrechenden Augenmedien, gebracht; Bildchen weiter entfernt ge- legener Gegenstände aber müssten nach den bekannten optischen Gesetzen ebenfalls weiter nach vorn, gegen die Cornealinse hin, rücken, und demnach auch weiter von jener Stelle hinweg, an der sie allen wirksam sein könnten. So evident auch für die Augen von Dämmerunes- und Nachtfaltern die Beweiskraft dieses Experimentes sein mag, so bin ich doch gerne zu dem Zugeständniss bereit, dass es nicht aus- reicht, um eine alle Einzelfälle umschliessende Generalisation daraufhin zu bilden. Anfechtbar ist auch z. B. die Anwendung der Salpetersäure, deren man zur Zerstörung des Pismentes bedarf; es lässt sich nicht positiv nachweisen, dass sie ohne jede Wirkung auf die Krystallkegel hinsichtlich des Brechungsindex derselben sei, und dieser Einfluss kann sich sehr wohl fühlbar machen. Ich weiss aber keine Möglichkeit, solche Versuche an frischen Augen ohne Hinzuziehung derartig ein- greifender Substanzen zu machen, und ich glaube vor Allem, dass die so gewonnenen Resultate so lange ihren Werth behalten, als sie nicht zu quantitativen Bestimmungen benutzt werden. Die Beweiskraft beschränkt sich daher darauf, dass nicht nothwendig alle Krystallkegel das Zu- standekommen eines Bildchens hindern, dass aber für gewisse Krystallkegelformen wenigstens dies Bildchen im Innern derselben, vor ihrer Spitze, entsteht. Nun haben aber factisch nicht alle Kegel der Cornea zugewandte Flächen, welche so günstige Bedmgungen darbieten. Zu diesen scheint Hydrophilus zu gehören, der von Exner zu seinen hübschen Unter- suchungen benutzt wurde. Dieser Forscher verfolgte die uns hier beschäftigende Frage mit ganz andern Mitteln: er suchte durch Messung und Rechnung die optischen Constanten zu bestimmen. Ueber seine Resultate nachher; hier mag nur angeführt sein, dass dieselben mindestens ebenso- wenig wie meine eigenen mitgetheilten zu ganz allgemein gültigen Schlüssen berechtigen, da er sich auf die genannte einzige Form beschränkte. Er kommt nämlich zu dem Schlusse, dass bei den Insecten die Krystallkegel das Zustandekommen des von der Cornealinse entworfenen Bildes hindern, was, wie wir oben gesehen haben, sicher nicht auf allgememe Gültigkeit Anspruch 150 II. Folgerungen. erheben kann. Umgekehrt beweist das Beispiel von Hydrophilus, dass der Schluss auf Al- gemeingültigkeit, den man aus meinen Versuchen zu ziehen geneigt sein möchte, auch nicht zulässig ist. Ich kann Exner nicht auf seinem ganzen Gang folgen, sondern muss mich auf einige wenige Hauptpunkte seiner Deduetion beschränken. Exner beschäftigt sich zuerst mit dem von der Corneafacette allein entworfenen Bilde, ohne auf den Einfluss, den der Krystallkegel auf den Strahlengang ausüben kann, Rücksicht zu nehmen. Er wirft die Frage auf, ob sich dies Bildchen, — trotz der Schönheit desselben, die er ausdrücklich hervorhebt — als Netzhautbild verwenden lasse, aber nur um sie dahin zu beant- worten, dass uns keine Thatsachen das Recht geben, sie zu bejahen (pag. 16 u. 17, l. ec). Er findet es sehr wahrscheinlich, dass die emzelnen Antheile des Bildes in sehr verschiedenen Ebenen liegen, d. h. dass einzelne Punkte eines so abgebildeten Gegenstandes auf einer Ebene noch em deutliches Bild liefern, auf welcher andere Punkte desselben Gegenstandes nur starke Zerstreuungs- kreise entwerfen. Aus einem Versuche, den er näher beschreibt, folsert er weiter, dass „die lichtempfindliche Schicht emer Netzhaut, welche die Details an dem Bildchen wahrnehmen soll, die wir an demselben erkennen, die Dicke eines menschlichen Blutkörperchens kaum überschreiten dürfte“ (l. ce. pag. 19), eine Vorstellung, deren Schwierigkeit er mit Recht betont. Dann aber berücksichtigt er auch den Einfluss, den der Krystallkegel auf das Bildchen ausüben muss. Gleich mir verwirft er das Experiment, das Gottsche angestellt hat, und kommt überhaupt zu dem Resultat, dass noch Niemand das Bild, das am Grunde des optischen Appa- rates des Facettenauges an der Stelle, wo die percipirenden Endorgane liegen, entstehen soll, gesehen habe. Er versuchte zunächst, das Experiment in der herkömmlichen Weise an frischem Materiale von Hydrophilus zu wiederholen, aber ohne Erfolg, da er das den Krystallkegeln an- haftende Pigment mechanisch abzustreifen versuchte, aber dabei stets die Krystallkegel mit ent- fernte (pag. 20, 1. c.). Demnach versuchte er es auf einem andern Wege, die Lage des Bildchens zu bestimmen. Durch Messung wie durch Rechnung wurde zunächst festgestellt, wo das Bildchen der Cornea- facette allen sich entwerfen müsse, und dann der Einfluss des Krystallkegels m Rücksicht ge- bracht, dessen nicht mit Sicherheit festzustellender Brechungsexponent als mindestens dem der Cornea gleich angesetzt wurde. Unter dieser Voraussetzung aber ergiebt sich eine Vereinigung der Lichtstrahlen zu einem Bildehen erst in einer Entfernung von ca. 5 mm hinter der Cornea (vel. pag. 20—25, 1. c.), also weit hmter der Grenze des Auges im Ganzen. Im Krystallkegel selbst kann hier von Bilderzeugung nicht die Rede sein!); aber, selbst wenn es noch dazu käme, so wäre bei der nach hinten vollkommenen Zuspitzung der Krystall- kegel auch gar kem Raum für die Entfaltung desselben vorhanden (l. e. pag. 24). Mit dieser letzten Bemerkung aber kommen wir auf einen andern Punkt, den wir zu prüfen haben, nämlich auf den: hat das Bildchen, selbst wenn es hinter dem Krystallkegel nach Maassgabe der optischen Constanten projieirt werden sollte, hier auch den nöthigen Raum? Stellt sich seiner Projection gerade da nichts in den Weg? Sehr bald ergiebt sich bei einer Prüfung auf diesen Gesichtspunkt hin, dass es damit misslich genug aussieht. In weitaus der Mehrzahl der Fälle läuft der Krystallkegel oder sein 1) Auch ich habe, nach Kenntniss der Exner’schen Arbeit, den Versuch mit Hydrophilus nach meiner Methode gemacht, aber mit negativem Erfolg. Ich muss aber hinzufügen, dass das mir zu Gebote stehende Material Manches zu wünschen übrig liess hinsichtlich seiner Erhaltung. 2. Abschnitt. Der Sehvorgang im Facettenauge. 151 Stellvertreter, wie wir wissen, nach hinten mehr oder weniger spitz aus, und wir suchen ver- geblich nach einer Projectionsfläche für das Bildchen, das doch selbstverständlich nicht dimensions- los gedacht werden kann. Wenn dies nun schon bedenklich ist für jene Fälle, in denen die als Perceptionselemente erkannten Einzelstäbchen der Retinula oder das Rhabdom sich mehr oder weniger innig an das Hinterende des Krystallkegels anfügen, so wird dieser Widerspruch zwischen dem Postulat und dem thatsächlichen anatomischen Befund geradezu unlösbar in allen jenen Fällen, wo zwischen dem Hinterende des Kıystallkegels und dem Vorderende des Perceptions- apparates sich eine fadendünne Einschaltung befindet, die, wie in einer Reihe von F isuren dar- gestellt worden ist, oft eine recht ansehnliche Länge erreichen kann. In allen solchen Fällen ist eine Vereinigung der durch die Cornea eintretenden Lichtstrahlen zu einem Bilde im Niveau der empfindenden Endorgane, selbst wenn sie nach Maassgabe der Krümmungsradien und Brechungsindices der durchlassenden Medien gerade hier zu Stande kommen müsste, ein Ding der Unmöglichkeit, und der auch schon, wenn auch im anderm Sinne aufgetauchte Gedanke, dass das weiter vorn entstandene Bildchen durch jene Verbindungsstrecke als solches weiter nach innen geleitet werden sollte, wie etwa ein Tonstück durch einen Metalldraht, ist eine solche Ungeheuerlichkeit im Sinne der Physik, dass jedes Wort zu ihrer Widerlegung über- flüssig ist. Fehlt es nun schon innerhalb der durchsichtigen Augentheile an Raum für die Entfaltung eines Bildchens, so ist natürlich ausserhalb, neben denselben, noch weniger Platz dafür. Dies verhindern vor Allem die Pigmentzellen, und namentlich scheint es eine Aufgabe der beiden von mir als Hauptpigmentzellen besonders hervorgehobenen Gebilde dieser Art zu sein, welche, wie wir uns aus der speciellen Darstellung her noch erinnern, entweder die Krystallkegelspitze, oder jenen durchsichtigen Verbindungsfaden zwischen ihr und der Retinula mehr oder weniger dicht umhüllen, und die Ausbreitung des von vorn eintretenden Lichtes auf eine gewisse minimale Grenze einschränken. Das bisher Besprochene kann, wie leicht zu ersehen, nicht dazu dienen, die dem Bildchen vindieirte Bedeutung in meinen Augen zu befestigen oder gar zu erhöhen. Die dargelesten Um- stände können im Gegentheil schon für sich allein ausreichen, dieselbe auf’s Tiefste zu unter- ‚graben. Als Beleg dafür führe ich Boll und Exner an, die, ohne in die Anatomie der Perceptionsorgane des Facettenauges eingedrungen zu sein, schon allein auf das Verhalten des Bildchens hin sich genöthigt sehen, wieder auf die Müller’sche Theorie zurückzugehen. Aber wir müssen noch weiter gehen, nämlich sehen, wie eben diese Perceptionsorgane sich dazu verhalten, also prüfen, wie die letzte der oben gestellten Forderungen erfüllt ist. Diese verlangt, dass eine Vıelheit von Nervenendigungen zur Aufnahme des Bildchens sich nachweisen lasse, also eine Retina, und wir wollen zunächst hier völlig von dem eben ausführlicher er- örterten Umstande absehen, dass das Bildchen nicht nothwendig dahin projieirt wird, wo die von uns als Perceptionsorgane erkannten anatomischen Elemente liegen. Was wir als eine Retina bezeichnen wollen, ist eigentlich kaum zu definiren; die An- wendung dieses Wortes ist lediglich eine conventionelle, und hängt ab von der Zahl der percipirenden Organe, oder ist, genauer gesagt, vielmehr bedingt durch die grosse Anzahl der- selben. Wie viele Elemente nun noch genügen, um die Anwendung jenes Ausdruckes zu recht- fertigen — diese Frage hat eine bedenkliche Aehnlichkeit mit jener berufenen Sophistenfrage, wie viel Haare der Mensch noch wenigstens haben müsse, um nicht mehr Kahlkopf zu heissen. Jedenfalls glaube ich es vertreten zu können, dass ich durch Einführung der Bezeichnung „Retinula* sowohl der in der geringen Anzahl der Perceptionselemente beruhenden Differenz, als auch der sonst nachweisbaren morphologischen Uebereinstimmung dieser Elemente mit denen 152 II. Folgerungen. einer ächten Retina Ausdruck gab. Unsere Retinula ist demnach als eine sehr reducirte Retina mit durchschnittlich sieben percipirenden Elementen aufzufassen, und es frägt sich nun, wie wir uns die Wirkung dieser, namentlich in Beziehung auf das Bild, das wir vorläufig auf sie projieirt annehmen, denken sollen. Der günstigste Fall wäre augenscheimlich der, welcher sich uns in den meisten aconen, ferner den pseudoconen Augen darbietet, wo nämlich die einzelnen Perceptionselemente isolirt sind, wie wir es im den Augen der höhern Thiere zu sehen gewöhnt sind. Aber auch hier muss es ohne Weiteres einleuchten, dass sieben Elemente, selbst wenn jedes für sich einen Eindruck leiten sollte, unmöglich ausreichen können, dem Sensorium die Vorstellung auch nur des aller- einfachsten Objectes, dessen Bild auf sie projieirt wird, zu übermitteln. Und auch die Menge der gleichzeitig entworfenen Bilder der benachbarten Facetten würde in keiner Weise Ersatz für das äusserst Unvollkommene der Einzelleistung liefern können, was wohl nicht mehr einer besondern Ausführung bedürftig erscheint. — Immerhin lässt sich bei dieser Form der Retinula wenigstens — freilich auch nur unter der Voraussetzung, dass das Bild auf die Einzelstäbchen fällt — der Gedanke rechtfertigen, dass jedes dieser Einzelstäbchen, wegen seiner relativ grossen Selbständigkeit gegen- über den benachbarten, für sich einen disereten Eindruck erhalten, und auch zur Empfindung gelangen lassen könne, und das ist eine fundamentale Bedingung. Aber, dürfen wir nun fragen, wie steht es denn nun hierin bei den höher entwickelten Formen des Facettenauges, als welche wir nach dem früher Ausgeführten jene anzusehen haben, bei welchen die Einzelstäbchen zu einem Rhabdom zusammentreten? Sehen wir auch völlig darüber hinweg, dass gerade unter diesen sich relativ häufig Augen finden, bei denen die Zahl der zur Perception bestimmten Elemente auf fünf oder vier reducirt ist, demnach der oben betonte Einwand sich hier verstärkt geltend machen muss, — welche ungemein feine Bildprojection wäre hier nothwendig, um zu er- reichen, dass bei dem oft so minimalen Querschnitte des mehrtheiligsen Rhabdoms ein Emzel- factor des Bildehens nur eimem Einzelstäbchen zugeführt und nicht durch gleichzeitige Einwirkung auf ein benachbartes dessen Function illusorisch gemacht wird? Sicher wird der Gedanke an eine Bildperception durch diese Rhabdombildung noch um ein Beträchtliches erschwert. Wir haben hierbei nun noch angenommen, dass überhaupt eine so geringe Anzahl von Perceptionsemheiten noch ausreiche, bei gehöriger Projection mindestens zwei in der Aussenwelt (objectiv) getrennte Bildpunkte auch noch als solche für die Empfindung (subjectiv) ausemander- zuhalten. Dass es bei den Arthropoden nicht so sein soll, dürfte sich wohl schwer mit Be- stimmtheit erweisen lassen. Indessen liegen doch aus der physiologischen Optik (des menschlichen Auges) einige Thatsachen vor, die uns zum mindesten berechtigen, die dagegen sich aufdrängenden Zweifel auszusprechen. Mir best die Absicht ferne, hinsichtlich dieses Gegenstandes, namentlich was die früheren Controversen darüber anbelangt, in’s Einzelne einzugehen. Ich möchte nur auf eines der neuern Werke über physiologische Optik, auf die treffliche Bearbeitung derselben durch Aubert in dem neuen grossen Handbuch der Augenheilkunde von Graefe und Saemisch!) hinweisen. Nach den Angaben Aubert’s, auf welche ich mich hier beziehen möchte, gehört, um einander sehr genäherte, aber noch räumlich getrennte Punkte, resp. Objecte, als von einander getrennte zu erkennen, dazu eine Winkeldistanz von 50—70“, je nach Farbe und Beleuchtung, während die entsprechende Winkeldistanz zweier Perceptionselemente der Retina von einander etwa 10“ beträgt; mit andern Worten: um zwei Punkte noch als gesonderte zu erkennen, genügt !) Bd. 2, Theil 2 (vgl. besonders pag. 584). 2. Abschnitt. Der Sehvorgang im Facettenauge. 153 es nicht, dass ıhre Bilder noch auf zwei nebeneimanderstehende Stäbchen fallen, sondern es müssen mehrere nicht affieirte zwischen den beiden gereizten liegen. Hat dieser am menschlichen Auge gewonnene Erfahrungssatz allgemeine Geltung, so ist an eine, wenn auch noch so einfache Bildperception in keiner der Formen des Facettenauges zu denken. Aber auch ohne auf einer solchen, zum mindesten unbewiesenen, also sehr fragwürdigen Generalisation zu fussen, lässt sich von andern Erwägungen aus mit Sicherheit das Gleiche be- haupten. Nehmen wir irgend einen Retinulaquerschnitt, etwa Fig. 82 (von Melolontha), oder Fig. 84 Taf. VII (von Dytiscus), und denken uns darauf möglichst einfache Figuren, etwa einen Kreis, dann ein Quadrat, durch die optisch vollkommen gedachten dioptrischen Medien projieirt. Ein jeder Rhabdomantheil (jedes Einzelstäbchen einer Retinulazelle) würde durch den auf ihn ent- fallenden Bildantheil entsprechend gereizt werden, aber in keiner Weise können wir uns denken, dass dadurch ein Urtheil über die Form des den Reiz erzeugenden Objectes, ob Kreis, ob Quadrat, ermöglicht würde, denn das Einzelstäbchen reagirt auf den Eindruck ganz einerlei, gleichgültig, ob dieser Eindruck von dem Fragment eines Kreises oder eines Quadrates erregt wird. Bei der so überaus innigen Annäherung der Stäbchenantheile des Rhabdoms in diesen und verwandten Augenformen muss es auch in hohem Grade zweifelhaft erscheinen, ob überhaupt ein Stäbchen für sich reizungsfähig ist, ohne das benachbarte mit hineinzuziehen. Bis jetzt war es unsere Aufgabe, die Vorgänge, welche‘ bei der Annahme der Bildchen- theorie als unerlässliche, als ganz nothwendige postulirt werden mussten, einer Prüfung, und zwar einer jeden einzeln für sich, zu unterziehen. Wie wir gesehen haben, fiel diese analytische Art der Prüfung ungünstig genug für sie aus. Recapituliren wir das Ganze noch einmal in aller Kürze, so haben wır Folgendes als Resultat gefunden. In veremzelten Fällen kann von emer Bilderzeugung wegen Mangel an entsprechend sphärisch gekrümmten lichtbrechenden Medien keine Rede sein. In anderen Fällen aber wäre höchstens, nach der Natur dieser Medien, die Annahme einer Bilderzeugung weit hinter dem Gesammtauge zulässig. Wieder in anderen hat das Experiment die Entstehung eines Bildes, trotz der Anwesenheit der Krystallkegel, bewiesen, aber dieses Bild liest ebenfalls nicht da, wo allein ' eine Wirkung, vergleichbar der ım Vertebratenauge, denkbar wäre, sondern viel weiter nach vorn. Einer wirksamen Projection dieses Bildes weiter nach hinten stellt sich aber die hauptsächlich durch impenetrables Pigment verursachte Beschränkung des Querschnittes entgegen, zu der sich in sehr zahlreichen Fällen noch das oft sehr beträchtliche Zurücktreten der percipirenden Elemente von den brechenden Medien geselt. In allen Fällen ohne Ausnahme aber würde auch die schärfste Bildprojection auf die Perceptionsfläche effectlos sein wegen der Insufficienz dieser letzteren; denn wir haben gesehen, dass man, sowohl was die Zahl, als auch was die Art der Zusammensetzung ihrer Elemente anbelangt, kaum Grund hat, ihre Wirkung qualitativ viel höher anzuschlagen, als die einer Perceptionseinheit (eines einzelnen Stäbchens). Ich glaube, all das An- und Ausgeführte dürfte genügen, die Bildchentheorie, wie wir sie der Kürze wegen genannt haben, definitiv zu Grabe zu geleiten. Nun müssen wir aber auch versuchen, aus der bisher blos negirenden Kritik herauszu- treten, und zu sehen, wie wir uns den Gang der Lichtstrahlen sowie deren Einwirkung, zu denken haben. Wir können dies am leichtesten und einfachsten für jene Fälle durchführen, welche für die Bildchentheorie am schwierigsten zu erklären sind; nämlich für jene euconen Augen mit hinterer Rhabdomanschwellung, vor der sich em dünner Faden befindet, also etwa für die Augen per Nachtschmetterlinge, der Maikäfer ete. etc. Wir haben noch zudem für einige dieser Augen Grenacher, Untersuchungen über das Sehorgan der Arthropoden. 20 154 II. Folgerungen. den Vortheil voraus, dass wır über den Ort, wo das Bild zu Stande kommt, durch das Experiment unterrichtet sind. Betrachten wir ein solches Einzelauge, so wissen wir gleich, welche Strahlen sicher dahin gelangen, wo sie physiologisch wirksam werden können, d. h. in’s Rhabdom. Es ist augen- schemlich in dieser günstigen Lage em dünnes Strahlenbüschel, welches die optische Axe ein- einschliesst, und dieser Axe parallel den ganzen Facettenantheil von vorn bis hinten durchsetzt. Der Querschnitt eines solchen Strahlenbüschels wird durch zweı Factoren bestimmt: einmal durch die Krümmung der brechenden Medien, dann aber durch das Pigment und die dünnen Ver- bindungsfäden. Bei sehr zugespitzten Krystallkegeln, wie bei Phryganea z. B. (vgl. Fig. 87 Taf. IX) wird diese Verschmächtigsung des Strahlenbüschels naturgemäss eine sehr beträchtliche sein müssen, da ja nur diejenigen Strahlen geradlinig, d. h. ungebrochen, durchtreten können, für welche die Ein- und Austrittsflächen als parallel angesehen werden können, was sıch für die Spitze des Kıystallkegels wohl nur auf einen minimalen Theil beschränken wird. So einfach der Gang für die axial einfallenden Lichtstrahlen ist, so schwierig schemt es mir, denselben für die in einiger Distanz von der Axe einfallenden Strahlen zu bestimmen. Diese werden mehr oder weniger gebrochen werden, und je weiter entfernt sie von der Axe eimfallen, um so mehr wird ihre Richtung verändert. Ihr Verlauf wird sie nothwendig an die Mantel- fläche des Krystallkegels führen, und dort wird der Winkel, unter welchem sie auffallen, be- stimmend sein dafür, ob sie mehr oder weniger vollständig reflectirt, oder, nach aussen durch- tretend, von dem umgebenden Pigmente absorbirt werden. Je nach der Configuration des Krystallkegels lässt sich sehr wohl zugeben, dass durch (em- oder mehrmalige) Reflexion solche Strahlen schliesslich auch noch auf das Rhabdom, und damit zur physiologischen Verwerthung gelangen; zu Gunsten der Bildehentheorie können sie aber unmöglich verwerthet werden. Meiner Ansicht nach wird unter allen Umständen dem schmalen, ungebrochen durch- gehenden axialen Strahlenbüschel die Hauptbedeutung zufallen. Diese Strahlen kommen aber, der Natur der Dinge nach, aus der directen Verlängerung der Axe des Einzelauges her; da die Einzelaugen, bei ihrer radialen Anordnung um einen hinter ihnen gelegenen Mittelpunkt, unter sich kleinere oder grössere Winkel bilden, so erhält jedes sem Licht für sich, und ein solches von einem bestimmten Punkte ausgehendes Axenbüschel kann nur ein emziges der zahlreichen Einzelaugen aus dem gesammten Facettencomplex afficiren. Diese Affection wird aber ihrer Art nach bestimmt durch die Qualität und Quantität des Lichtes, durch die Farbe also und durch die Intensität desselben, wie wir uns ungefähr die Vor- gänge auch in der menschlichen Retina zurechtzulegen pflegen. Wie ich zu zeigen versuchte, ist die Annahme, dass die axialen Strahlen ihrer Zusammensetzung und Herkunft nach wieder ge- sondert auf die Einzelstäbchen einwirken könnten, von nur mimimaler Wahrschemlichkeit, und daraus würde dann folgen, dass die kleinsten Theile des Gesammtgesichtsfeldes nur ihrem allgemeinen Lichtcharacter nach, ohne weitere Sonderung, zur Perception gelangen, und das Rhabdom, obschon morphologisch einer Mehrheit von Stäbchen gleichwerthig, dennoch physio- logisch nur einem solchen als Einheit verglichen werden muss. Ist dies zugegeben, so ist eine weitere Folgerung ebenfalls nicht abzuweisen. Da, wie er- wähnt, die Einzelaugen radıär divergirend nach aussen gerichtet sind, so müssen die in sie fallenden axialen Strahlen convergirend dem hinter den ersteren gelegenen Centrum zustreben. Demnach müssen diejenigen Stellen des Gesammtauges, in welchen die dem entsprechenden Lichtcharacter zugehörigen Erregungen zu Stande kommen, nothwendig zu einander dieselbe Lage im Raume haben, wie die Stellen der Aussenwelt, von denen jene Strahlen ausgehen. Es ee 119 2. Abschnitt. Der Sehvorgang im Facettenauge. 155 existirt also ein bestimmter Gegensatz zu dem Auge der Wirbelthiere sowohl, als zu dem Stemma der Arthropoden, wo die Erregungsstellen das umgekehrte Vorzeichen derjenigen Stellen in der Aussenwelt haben, von welchen die Erregung ausgeht. Diese Relation der Lage der Perceptions- stellen zu derjenigen der lichtaussendenden Punkte hat man andeuten wollen mit dem Ausdrucke des „aufrechten Bildes“ im Facettenauge; einem Ausdrucke, der trotz seiner Klarheit, wenn man sich die fundamentalen Anschauungen emmal zu eigen gemacht hat, doch nicht vor Missverständ- nissen hat schützen können, namentlich dann nicht, wenn es auf die Erörterung der Bedeutung des dioptrischen Bildchens ankam. Die beiden zuletzt angeführten Erwägungen haben uns aber vollständig auf den Boden der Müller’schen Theorie geführt, während die frühere Prüfung, die wir über das Bildchen so- wohl, als über die zu seiner eventuellen Aufnahme geschickten Organe angestellt haben, nur dazu dienen konnten, die Basis der mit ihr rivalisirenden Bildehentheorie zu untergraben. Den unversöhnlichen Gegensatz beider Auffassungen können wir aber noch in folgender Weise formuliren. Die Bildchentheorie muss nothwendig eine gewisse Vollkommenheit des Einzelauges, sowohl in seinem Projections-, als auch besonders in seinem Perceptionsapparat, voraussetzen, und ihre Anerkennung steht demnach in einem Verhältniss der Abhängigkeit vom anatomischen Nachweis dieser Vollkommenheit. Im directesten Gegensatze dazu fusst die Müller’sche Theorie auf der Unzulänglichkeit des Einzelauges gegenüber der Summe von Reizen, welche ein Bildchen zur Perception beanspruchen muss, und, wie in diesen Zeilen schon oft genug betont, sie würde über jede Discussion hinaus sicher stehen, wenn die Reduction der Retina sich bis auf ein einziges Element vollzöge. Zu Gunsten welcher der beiden concurrirenden Theorien unsere anatomischen Untersuchungen sprechen, haben wir gesehen. Dies betrifft aber nur das Einzelauge aus der Gesammtsumme, die ja auf mehrere Tausende sich belaufen kann. Lassen wir nun die Summirung dieser Einzelaugen zu dem voll- ständigen Organe vor sich gehen, und prüfen wir dann den Gesammteffect, so ergeben sich wieder nicht zu unterschätzende Vortheile zu Gunsten der Müller’schen Theorie. Eine Anhäufung von vielen Tausenden an sich relativ vollkommener, zur Bildperception befähigter Augen wäre für uns unverständlich. Hier würde Müller’s Einwand vollkommen zu Recht bestehen, wenn er nämlich hervorhebt, dass dann jeder einzelne Theil des dem Gesammtauge zukommenden Sehfeldes für sich umgekehrt werden müsste!), was eine Orientirung im Raume, wenn nicht ge- radezu unmöglich, doch für unsern Verstand unzugänglich erscheinen lassen würde. Der an- scheinende Vortheil, welchen die Vollkommenheit des Einzelauges bei dieser Auffassung darböte, ginge demnach für uns völlig wieder verloren. — Ganz anders bei der Rolle, welche die Müller’sche Theorie dem Einzelauge zuspricht: die Unvollkommenheit des Einzelauges wird aus- geglichen durch die Summirung derselben; jedes individuelle Auge tritt zurück, geht unter in der Gesammtheit aller, und diese Gesammtheit erhebt sich dadurch zu einem einheitlichen Organ, dessen Leistungen sicher zu den bedeutenderen unter den verwandten Organen in der Thierreihe gehören. Die hier erörterte Verschiedenheit in der Art und Weise der Leistung beim einfachen Arthropodenauge auf der einen, dem zusammengesetzten Auge auf der andern Seite scheint aber eine so principielle zu sein, dass sie sich nicht mit der im vorigen Abschnitt ausführlich er- örterten morphologischen Uebereinstimmung in Einklang bringen lässt. Der Widerspruch ist aber nur ein scheinbarer, der ohne Schwierigkeit durch folgende einfache Ueberlegung beseitigt werden kann. Y) Arch. f. Anat. u. Physiol. 1835. pag. 614. 156 II. Folgerungen. Wir haben als Ausgangspunkt für die beiden divergenten Augenformen eine hypothetische Urform zu construiren versucht, auf welche beide sich morphologisch zurückführen lassen. Wir haben dieser Urform des Auges einen möglichst indifferenten Bau gegeben, wie es die ganze Art und Weise der morphologischen Vergleichung mit sich brachte, und namentlich mussten wir die Zahl der in seine Bildung eingehenden Elemente — sowohl des Projections-, als auch des Per- ceptionsapparates — innerhalb gewisser Grenzen einschränken. Dabei ergiebt sich freilich für jenes hypothetische Urauge eine sehr ‘geringe Leistungsfähigkeit, die sicher nicht bis zum deut- lichen Sehen heranreichte. Diese Leistungsfähigkeit erhöhte sich aber im Laufe der Zeiten und zwar auf zwei Wegen, die nach diametral entgegengesetzten Richtungen hinführten. Die eine derselben leitete unter Ausbildung immer besserer Linsen und unter immer zunehmender Vermehrung der Perceptionselemente zum Stemma, das seine höchste Ausbildung bei den allen darauf ange- wiesenen Arachnoideen findet. Die andere Richtung aber drängte die Entwickelung des Einzel- auges immer mehr zurück, compensirte aber entsprechend diesen Rückschritt durch die Massen- haftigkeit, in welcher sie diese Augen neben einander, in bestimmter Richtung und Anordnung, anhäufte; durch leichte Umwandlung in der Form, und unter Mitwirkung des Pigmentes ge- stalteten sich die brechenden Medien statt zum Sammeln, wie beim Stemma, nun zum Iso- liren des von einem bestimmten Punkte ausstrahlenden Lichtes um, das für eine gegebene Zeiteinheit nur auf ein einziges, ihm gerade zugerichtetes Rhabdom einzuwirken im Stande ist. Aber die Tausende solcher combinirten Perceptionsorgane, symmetrisch angeordnet und unter sich in gleichmässiger Winkeldistanz radiär vom Centrum einer Kugel nach deren Oberfläche, jenseits welcher das Gesammtsehfeld liegt, ausstrahlend, sind schliesslich im Stande, dasselbe zu leisten, wie die ebenfalls sehr zahlreich vorhandenen, auf einer concaven Retina angeordneten Stäbchen eines Stemma. Möglicher, ja selbst wahrscheinlicher Weise existirt hinsichtlich der Lichtstärke ein Unterschied zwischen beiden, und zwar zu Gunsten des Stemma, da hier die gesammte Menge des auf die Cornealinse fallenden Lichtes durch die Linsenwirkung auf die einzelnen Stäbehen concentrirt wird, während von der durchschnittlich viel kleineren Facette wahrscheinlich ein grosser Theil, der peripherischen Strahlen namentlich, so gebrochen wird, dass sie schliesslich vom Pigment absorbirt werden. Indessen liesse sich wohl die Frage aufwerfen, ob nicht die im Allgemeinen ihrer Masse nach recht ansehnlichen Rhabdome eben durch ihre Masse, sowie durch ihre Zusammensetzung aus mehreren Einheiten, die doch wohl wieder jede für sich mit einer Nervenfaser in Verbindung stehen werden, diesen Nachtheil auszugleichen im Stande sind. In- dessen dürfte es wohl noch lange dauern, bis sich darauf eine bestimmte Antwort geben lässt. Damit können wir dieses Capitel abschliessen. Es sind nur noch ein paar Bemerkungen, die ich hier anzufügen habe, welche sich auf die Sehorgane der Corycaeiden, sowie des Limulus beziehen. Man wird es vollkommen begreiflich finden, dass ich nach dem oben über die Leistung des einzelnen Facettenantheils aus dem Gesammtauge Gesagten auch dem sonst hinsichtlich seines Projeetionsapparates so complieirten Auge der Corycaeiden keinen höhern physiologischen Werth beilegen kann, als einer jener Einheiten. Die beste Bildprojeetion wird nicht im Stande sein, mit Hülfe von nur drei pereipirenden Elementen viel mehr zu erreichen, als eine allgemeine Licht- empfindung mit ihren gradweisen Abstufungen von Dunkel und Hell. In dieser Hinsicht wird man, wie ich glaube, jene Augen getrost mit den Einheiten in emem Facettenauge in dieselbe Linie stellen können, selbst wenn, was immerhin nicht unmöglich ist, durch die Kenntniss der Genese jener Augen ihre morphologische Stellung zu diesen etwas verschoben werden sollte. Ferner bedarf es wohl keiner besonderen Ausführung, dass das Endresultat dieses Capitels, 3. Abschnitt. Das Retinaelement im thierischen Auge. 157 wornach ein zusammengesetztes Auge nur nach dem von J. Müller formulirten Modus eine Ge- sichtswahrnehmung vermitteln kann, auch für das Auge von Limulus Geltung haben muss, ob- schon dieses seinem morphologischen Aufbau nach als ganz verschieden von den andern Augen sich erweist. Ein Blick auf das im Querschnitt sternförmige Rhabdom wird wohl kaum den Gedanken aufkommen lassen, dass hier eme Bildwahrnehmung im Einzelauge anzunehmen sei, selbst wenn die dioptrischen Apparate noch ungleich besser zur Bildprojeetion geschickt wären, als sie es in der That sind. 3. Abschnitt. Das Retinaelement im thierischen Auge. Es bleibt uns nun zum Schlusse noch übrig, das Arthropodenauge nach einer andern Seite hin zu betrachten, nämlich nach seinen Beziehungen zu den verschiedenartigen Augen- formen, welche uns die Thierreihe darbietet. Derartige vergleichende Betrachtungen füllen in der ältern Literatur einen nicht wnansehnlichen Raum, und die Ausdrücke wie „Glaskörper“, „Chorioidea“, „Iris“, „Cornea“ u. a. m., von denen auch wir hier einige wegen ihres erworbenen Bürgerrechtes beibehalten haben, sprechen an und für sich deutlich genug über den Modus der Vergleichung, den man früher nicht blos für zulässig, sondern für geboten hielt. In diesem Sinne soll hier die beabsichtiste Vergleichung nicht durchgeführt werden, und es bedarf heutzutage keines Wortes der Rechtfertigung für diese ablehnende Haltung. Denn es ergiebt sich auf den ersten näher auf das Wesen der Dinge gerichteten Blick, dass die Augen- formen der grossen Thierkreise, mögen sie auch bei allgememerer Betrachtung noch so sehr übereinstimmen hinsichtlich der Anordnung der einzelnen Elemente, doch für sich so bestimmten Gestaltungsgesetzen folgen, dass das Suchen etwa nach einer gemeinsamen Grundform des Auges für alle Thiere, sowie die Reduction verschiedener Augenformen — z. B. der Arthropoden und Weichthiere oder Wirbelthiere auf eimander, eme undankbare, weil resultatlose Arbeit wäre. Immerhin aber ergeben sich gewisse Momente bei dem eingehenderen Studium der Mor- phologie des Sehorganes, die weiter zu verfolgen wohl der Mühe verlohnen möchte. Es kann aber nicht meine Aufgabe sein, alle hier möglicherweise in Frage kommenden Gesichtspunkte in die Discussion hineinzuziehen: manche erledigen sich fast von selbst, während für andere wieder erst dıe nöthige empirische Basis durch die Forschung zu gewinnen ist. Damit ergiebt sich das von mir beanspruchte Recht der Beschränkung auf eine kurze, skizzenhaft gehaltene Uebersicht aus der Natur der Sache. Von allen Bestandtheilen des Auges der Arthropoden, von dem wir hier wieder ausgehen wollen, und das wir nun in einer ziemlichen Anzahl von Modificationen kennen gelernt haben, ist es allein das Retinaelement, das wir hier in speciellerer Weise vergleichend betrachten können. Nur das Retinaelement, d. h. die Einheit, durch deren Anhäufung und Combmation wir eme Retina oder Retinula zu Stande kommen sehen, zeigt nach semem anatomischen Bau sowohl, wie auch nach semer Genese Beziehungen zu den entsprechenden Elementen m den Augen anderer Thierformen, die zu Fragen herausfordern. Ob diese Fragen überhaupt, und m welchem Sinne sie beantwortet werden können, darüber mögen die Ansichten weit auseinander gehen; es mag uns hier wenigstens verstattet sein, auf die Punkte hinzuweisen, die für eine sichere und bestimmte Beantwortung festgestellt werden müssen, wo sie es noch nicht sind. 158 II. Folgerungen. Betrachten wir noch einmal die Retinaelemente der Arthropoden, wie wir sie kennen gelernt haben, im flüchtigen Rückblick, und sehen wir von allen secundären Modificationen ab, die in den verschiedenen Einzelformen des Auges ihre äussere Gestalt, ihre Grösse ete. ete. be- einflusst haben, so können wir nach den vorliegenden Untersuchungen als Abstraction aus der Gesammtsumme unserer Erfahrungen den Satz formuliren: das Retinaelement besteht aus einer Zelle, die nach derjenigen Seite hin, von welcher das Licht einfällt, mit einem Stäbchen, nach der entgegengesetzten Seite aber mit einer Nervenfaser des Opticus in Verbindung steht. Das Stäbchen ist nicht selbständig, sondern em von der Zelle abhäneiges, von ihr nach Art einer Cuticularbildung ausgeschiedenes Product; für einen directen Zusammenhang zwischen ihm und der Nervenfaser (d. h. mit Ausschliessung der Vermittelung durch die Zelle) fehlen bisher noch alle Indicien. Diese Characteristik passt auf alle in dieser Arbeit behandelten Formen des Arthropoden- auges, mit Ausnahme von zweien: das Auge des Copepoden Calanella (Figg. 36—38 Taf. V, VD, sowie das Stemma von Phryganea (Fig. 35 Taf. V). Dadurch aber dürfen wir uns, wie ich glaube, nicht anfechten lassen. Das Retinaelement ist schon eine recht complicirte Bildung in morphologischer Beziehung, und der Sitz nicht minder complicirter Vorgänge in Hinsicht auf seine Function. Die beiden genannten Formen haben als gememsames Moment das Fehlen der Stäbchen, während der Zusammenhang der Retinazelle mit der Nervenfaser unzweifelhaft ist. Aber dies Moment bringt die beiden Augen blos scheinbar zusammen: meimer Ansicht nach können wir in der erstgenannten Form wohl eime noch unentwickelte, in der zweiten aber eine vielleicht zurückgebildete erblicken. — Sicher aber passt auf alle übrigen die angegebene Definition. Der zweite Punkt, auf den es wesentlich ankommt, betrifft die Herkunft des Retinaelementes. Was diese anbelangt, so haben wir auch emige Beispiele kennen gelernt, die uns in einer Weise, die kaum etwas zu wünschen übrig lässt, diese Abstammung klarlegen; nur schade, dass sich so wenige andere anfügen lassen. Mit den ersteren meine ich die Augen der Schwimm- käferlarven (Figg. 1—10 Taf. I), die uns so evident als möglich nicht nur die Abhängigkeit des Retinaelementes, sondern auch aller übrigen Augentheile von dem Integument, der Hypodermis mit Cuticula, erkennen lassen. Damit ist aber für diese Thiere auch zugleich die Abstammung des Retinaelementes vom ersten, äussern embryonalen Keimblatt, dem Ectoderm, gegeben. Nicht so günstig steht es mit den übrigen Formen von Larvenaugen, sowie def einfachen Augen der Spinnen und Insectenimagines. Wenn auch über die Herkunft einzelner Augen- theile, über die Abstammung derselben von der Hypodermis, namentlich bei den erstgenannten beiden Categorien, kein Zweifel obwalten kann, so ist doch hier die Retima in den von mir untersuchten Zuständen ausser aller Continuität mit ihr und jenen Augentheilen, und der er- forderliche strenge Nachweis dieses jedenfalls höchst wahrschemlichen ursprünglichen Zusammen- hanges ist erst noch zu führen. Ganz andere Schwierigkeiten aber erwachsen uns für das zusammengesetzte Auge, vor- züglich für das der Dipteren (Museiden), deren Entwickelungsgeschichte uns durch A. Weis- mann’s!) berühmte Untersuchungen als eine so sonderbare und räthselhafte erscheinen muss. Hier ist es besonders die Entwickelung des Integumentes (nebst seimen Anhängen) des Vorderkörpers der Imago, mit welcher die Entwickelung des Facettenauges auf’s Innigste verknüpft 1) Ztschft. f. wiss. Zool. Bd. XIV. pag. 221—328; vgl. bes. pag. 280 u. ff. 3. Abschnitt. Das Retinaelement im thierischen Auge. 159 ist, die uns fremdartis berührt. Dasselbe geht bekanntlich aus Bildungselementen hervor, die weit entfernt liegen von der Körperoberfläche, aus den sog. „Imaginalscheiben“, die, angeheftet an die Hüllen von Tracheen oder Nerven, sich frühzeitig anlegen und ausbilden. Die sog. „Augen- scheiben“ speciell bilden sich als Appendices der Hülle eines Nerven, und aus ihnen gehen alle Bestandtheile der fertigen Augen, die dioptrischen sowohl wie die percipirenden, auf eine Weise hervor, die hier ım Einzelnen auseinanderzusetzen keine Veranlassung vorliest. Ob man nun den Umstand, dass m diesem Falle die Anlage von einem Nerven ausgeht, in anderen Fällen aber die Imagimalscheiben, die zu Integumentbildungen werden, an Tracheen suspendirt sind, geltend machen kann zu Gunsten einer tiefer liegenden Heterologie zwischen beiden Categorien — darüber lässt sich wenig disputiren. Mir scheint dieser anscheinend eine Trennung herbeiführende Um- stand mit nur geringem Gewicht versehen zu sein. Anders aber steht die Frage, wie diese Imaginalscheiben sich hinsichtlich ihrer Zugehörigkeit zu den Embryonalanlagen verhalten; ich glaube, wir thun gut, die Entscheidung hierüber vorläufig noch in suspenso zu lassen, trotzdem auch hier die Wahrschemlichkeit eine nicht geringe ist, dass in letzter Salz das neo den Ausgangspunkt für Alles bildet. Mir scheint vor Allem das Verhalten von Corethra, nach den Untersuchungen desselben trefflichen Forschers!), zu Gunsten dieser Wahrschemlichkeit zu sprechen. Wir finden hier, wie schon oben angeführt worden, das zusammengesetzte Auge schon in der Larve fertig ausgebildet, und hier geht es aus der Larvenhypodermis, also aus dem Ecetoderm, hervor, ohne jede Ver- mittelung eines an die Imaginalscheiben erinnernden Vorstadiums. Dass diese aber, wenn auch in anderer Weise — namentlich auch verschieden von denen der Musciden hinsichtlich ihres zeit- lichen Auftretens — sich bei Corethra am Aufbau des Thorax betheiligen, und hier nachweisbar von der Larvenhypodermis ausgehen, ist sicher geeignet, als Basis für jene Vermuthung zu dienen. Genau genommen haben wir durch diese Fälle wenigstens das Eime in den allgemeinern Umrissen ziemlich sichergestellt: die Entwickelung des Auges geht — wie mehr oder weniger positiv nachgewiesen worden ist aus denselben Elementen vor sich, aus denen die Hypodermis der Imago sich aufbaut. Wie sich aber diese Imaginalhypodermis hinsichtlich ihrer Abstammung von dem äussern Keimblatt verhält, bleibt zwar für eine Reihe einzelner Fälle erst festzustellen ; im Ganzen aber darf der Gedanke an eine directe Ableitung derselben vom Ectoderm auch in den complicirteren Fällen noch keineswegs aufgegeben werden. Diese beiden Gesichtspunkte: allgemeime morpholosgische Beschaffenheit des Retinaelementes, dann Stellung desselben zu den Keimblättern, also vornehmlich zu dem äussern, sollen nun hier in einer kurzen Uebersicht über die in der Thierreihe vorkommenden wichtigsten Augenformen, soweit sie näher bekannt sind, berücksichtigt werden. Ich habe aber keineswegs die Absicht, mich in die Unmasse von anatomischen Detailangaben, die im der Literatur aufgespeichert sind, irgend tiefer einzulassen, um so weniger, als es für den in’s Auge gefassten Zweck genügt, aus den verschiedenen Gruppen einen oder den andern Repräsentanten herauszugreifen; ich werde dabei besonders solche zu bevorzugen mir erlauben, über welche mir eigene Erfahrungen zu Gebote stehen, oder über welche wenigstens neuere und zuverlässige Mittheilungen vorliegen. Damit ergiebt sich schon, dass wir von den Protozoen abzusehen haben. Erst für die Coelenteraten, und auch bei diesen erst für einige wenige, haben wir durch ganz neuer- dings veröffentlichte genauere Untersuchungen den Bau emiger schon seit längerer Zeit als Augen !) A. Weismann, Die Metamorphose von Corethra plumicornis. Ztschft. f. wiss. Zool. Bd. XVI. 1866. pag. 45—127; vgl. bes. pag. 60—65, 112—121. 160 IH. Folgerungen. in Anspruch genommener Pigmentflecke soweit kennen gelernt, dass wir ihnen diese Bezeichnung mit vollem Rechte geben dürfen. Ich meine hier die Gattungen Lizzia und Oceania, deren Ocellen von ©. und R. Hertwig!) untersucht, ferner Charybdea, deren Augenbau uns von Claus?) mitgetheilt worden ist. Von den genannten Gattungen besitzen die erste und die dritte lichtbrechende Körper (Linsen), die der zweiten fehlen. Die dahinter gelegenen Weichtheile enthalten unter ihren zelligen Elementen, neben Pigment- und Ganglienzellen, auch sog. „Sehzellen“, die mit unsern Retinazellen im Wesentlichen als identisch anzusehen sind, und mit einem relativ zarten Fortsatz an dem einen, dem Licht zugewandten Ende, mit einer Nervenfaser an dem andern versehen sind. Ob der genannte Fortsatz schon morphologisch als Stäbchen in unserm Sinne aufzu- fassen ist, oder nicht, muss noch dahingestellt bleiben. Sicher ist aber die Abstammung der Augenelemente vom Ectoderm, dem sie angehören. Auch bei der Gruppe der Echinodermen können wir von Augen sprechen, obschon auch hier nur wenige, nämlich nur die Asteriden, uns mit solchen entgegentreten, in denen Retinaelemente nachgewiesen worden sind. Ich verweise hiefür auf eine der neuesten Darstellungen des Asteridenauges, die von W. Lange?) gegebene, bei dem auch die Angaben seiner Vorgänger auf diesem Gebiete zusammen- gestellt sind. Nach seiner Schilderung ist das Seesternauge, d.h. das von Asteracanthion ru bens, auf das er sich beschränkt, in toto nichts als eine kegelförmige Einstülpung der Epidermis, ein rein epitheliales Gebilde; die das Auge zusammensetzenden Elemente gehen unmittelbar aus den daneben gelegenen FEpidermiszellen hervor. Was aber für uns besondere Bedeutung hat: sie tragen an ihrem äussern, dem Lichte zugewandten Ende ein kurzes Sehstäbchen, dessen wahr- scheinliche Natur als Cutieularbildung der Verfasser noch ausdrücklich hervorhebt. — Für die specielleren Angaben über diese Zellen, ihr Pigment etc. muss auf das Original selbst ver- wiesen werden. Auch über die Herkunft dieses Auges in letzter Instanz sind wir genügend unterrichtet, obschon meines Wissens sich noch Niemand mit der Entwickelung des Auges selbst beschäftigt hat. Indessen lässt sich am reifen Thiere die morphologische Zugehörigkeit des Auges zur Epi- dermis nicht verkennen, und diese letztere stammt, wie wir besonders durch E. Metschnikoff’s Untersuchungen) wissen, direct ab von der Epidermis der Echinodermenlarve, geht also bei allen den complicirten Vorgängen der Metamorphose in gerader Linie zurück auf das Eetoderm im seiner ursprünglichen Anlage. Ungleich mehr Formen sind in dem grossen, vielgestaltigen Kreise der Würmer mit Augen ausgerüstet, und doch wäre es schwierig zu behaupten, dass unsere Kenntnisse des Baues dieser Organe hier über das Gröbste hinausgingen. Es sind im Grunde nur ein paar Anneliden, deren Sehorgane eingehender studirt worden sind, und von diesen allein die Aleiopiden soweit, 1) ©. und R. Hertwig, Das Nervensystem und die Sinnesorgane der Medusen. Leipzig 1873. 40%. — vgl. bes. pag. 100—103, sowie Taf. VII. 2) C. Claus, Untersuchungen über Charybdea marsupialis. Wien 1878. (Sep. Abd. aus d. Arb. d. zool. Inst. Wien. Heft 2) — pag. 27—39; Taf. V. 3) Wichard Lange, Beitrag zur Anatomie und Histiologie der Asterien und Ophiuren, in: G egenbaur’s Morphol. Jahrbuch Bd. II. 1876. pag. 242—286; vgl. bes. pag. 257 —264. 4) E. Metschnikoff, Studien über die Entwickelung der Echinodermen und Nemertinen. Mem. Acad. St. Petersb. 1869. VII. Ser. Tom. XIV, Nr. 8. ee 3. Abschnitt. Das Retinaelement im thierischen Auge. 161 um sie mit einiger Sicherheit interpretiren zu können, wobei wir freilich noch von den fundamen- talsten Vorgängen der Entwickelungsgeschichte des Auges völlig abzusehen haben. Die Augen der Aleiopiden haben von jeher die Aufmerksamkeit der Forscher wegen ihrer hohen Ausbildung m besonderem Grade auf sich gelenkt, wie die älteren und neueren Abhandlungen darüber beweisen. Für unsern Zweck ist es durchaus genügend, auf die trefflichen Publicationen hinzuweisen, welche Greeff!), der neueste der Autoren darüber, unlängst veröffent- licht hat, und deren hierher bezügliche thatsächliche Resultate ich nach eigenen ziemlich ein- gehenden Untersuchungen ım Wesentlichen völlig bestätigen kann. Das grosse, sphäroidale, vorn mit einer schönen Linse ausgerüstete Auge dieser Thiere hat eine ausgezeichnet entwickelte Retina von frappırender Einfachheit des Baues. Sie besteht nur aus einer einzigen Zellenlage, einer einfachen Schicht langgezogener, radiär zum Augen- mittelpunkt gestellter Retinazellen — Greeff giebt ihr den etwas schwerfälligen Namen einer „kernhaltigen Säulenschicht* —; diesen Zellen sitzen nach vorn, gegen die Linse hin, stark entwickelte Stäbchen auf, und nach innen gehen sie in die Fasern des Optieus über. An der Basıs der Stäbchen findet sich eine dichte Pigmentanhäufung, die aber, wie ich übereinstimmend mit Greeff gefunden habe, kein besonderes Stratum bildet, sondern aus den Retinazellen selbst differenzirt erscheint. Die Stäbchen selbst bestehen aus zwei rinnenförmigen Hälften, ganz ähnlich denen, die wir oben von einer Reihe von Spinnen kennen gelernt haben, und diese schliessen in ihrem Hohlraum eime Verlängerung der Retinazelle ein. Greeff will ausserdem noch einen im Innern der Stäbchen axial verlaufenden feinen Faden beobachtet haben, den er als eine Nervenfaser auffasst; das Stäbchen selbst soll nach ihm blos zur Stütze für diese Faser dienen. Wir haben hier ein ganz ausgezeichnetes Schema des Retinaelementes, wie es oben prä- cisirt worden ist, vor uns, wenigstens soweit es seinen anatomischen Bau betrifft. Ich habe diesen nur ım allgemeinsten Umriss gegeben, ohne mich auf die vielen Einzelheiten einzulassen, welche Greeff 1. c. sehr ausführlich mittheilt; aber auch, ohne mich an des Letzteren Deutung zu binden, die mir in manchen Punkten verfehlt erscheint. So verstehe ich z. B. nicht, was Greeff veranlassen kann, die Retinazellen, d. h. seine „kerntragenden Säulen“, als bipolare Ganglien- zellen aufzufassen (l. e. p. 110), und ebensowenig, welche Gründe ihn bestimmen, die Rolle der Stäbchen so herunterzudrücken, um aus ihnen blos eine stützende Hülle für ein Fädchen zu machen, dessen Natur als Nervenfaser doch zum mindesten äusserst problematisch und noch sehr der nähern Prüfung bedürftig ist. — Was den ersteren Punkt, nämlich die Natur der Retina- zellen, anbelangt, so bewegen mich Gründe allgemeiner Natur, ihm einen andern als den von Greeff supponirten Character zuzuschreiben. Obschon wir von den specielleren Vorgängen der Augenbildung der Alciopiden zur Zeit noch Nichts kennen (die paar Bemerkungen von Claparöde und Panceri reichen hier lange nicht aus), so kann es doch für eine fast als sicher anzusehende Erklärung betrachtet werden, dass die Retina sich vom Integumente aus — entweder durch ein- fache Einstülpung, oder durch Verdiekung desselben mit darauf folgender Abspaltung — gebildet hat. Die ganze Anordnung der Augentheile lässt keinen andern Schluss aufkommen. Aber aus diesen Epidermiszellen, die ihren ursprünglichen Platz verlassen haben, um zu den wichtigsten ) R. Greeff, Ueber das Auge der Aleiopiden. Ein Beitrag zur Kenntniss des Baues der Retina. Marburg 1876. Mit 2 Taf. — Ferner: Untersuchungen über die Aleiopiden. Nova Acta Acad. Leop. Carol. ete. Vol. AXXIX, Nr. 2. 1876. — Vgl. bes. pag. 92—112. Grenacher, Untersuchungen, über das Sehorgan der Arthropoden. 1 162 II. Folgerungen. Bestandtheilen eines Sinnesorgans zu werden, werden dadurch noch keine Ganglienzellen, um so weniger, als sie ihren epithelialen Character, den eines Neuroepithels, nur unbedeutend modi- fieirt sich bewahren. Es ist m hohem Grade wahrschemlich, dass das hier in dieser Familie so ungemein hoch entwickelte Sehorgan nur eine ungewöhnliche Ausbildung eines Augentypus ist, der sich, natürlich ım allgemeimeren Grundschema, bei der Classe der Anneliden einer weiten Verbreitung erfreut. Eine Reihe von Beobachtungen wenigstens, die mir für Nereiden und Heteronereiden aus dem Golfe von Neapel zu Gebote stehen, lässt mich dies annehmen. Unter den Anneliden sind noch die Hirudineen, die Blutegel, als Besitzer ganz eigen- artiger Sehorgane bekannt. Dieselben sind bekanntlich besonders eingehend von Leydig!), und in neuerer Zeit von Ranke?) untersucht worden, und Letzterer hat aus der äusseren Partie des Auges kleme kugelige Zellen beschrieben, die gegen die Oberfläche hin mit einem feinen stäbchen- förmigen Fortsatz versehen sein, nach innen aber mit Nerven zusammenhängen sollen. — Ich muss die thatsächliche Rıchtigkeit dieser Angaben vorläufig auf sich beruhen lassen; sicher aber scheint mir, dass uns das Auge des Blutegels für unsere Zwecke noch keinen Nutzen zu ge- währen vermag. — Günstiger, als für die Augen der Würmer, steht es um unsere Kenntniss des Baues und — wenigstens in einer Reihe von Fällen — auch um die der Entwickelung der Sehorgane bei den Mollusken. Hier haben wir wenigstens für die wichtigsten der typischen Abtheilungen anatomische Darstellungen, theilweise von hervorragender Bedeutung, die uns für die Gesichts- punkte, von denen wir die Sachlage auffassen, reichliches Material an die Hand geben. Beginnen wir mit den Lamellibranchiaten, so möchte ich allerdings kaum glauben, dass bei diesen Thieren Alles, was in der Literatur darüber als Auge gedeutet worden ist, auch ın der That dahin zu rechnen sei®). Indessen kommen unter diesen zum mindesten recht zweifel- haften Sehorganen auch Augen vor wie die von Pecten und Spondylus, und über diese so hochorganisirten Sinneswerkzeuge kann hinsichtlich ihrer Function keine Meinungsverschiedenheit obwalten. Das Auge von Pecten kennen wir besonders aus der mustergültigen Darstellung von V. Hensen®), und wir dürfen Angesichts dieser von Erwähnung der ältern Beobachtungen Um- gang nehmen. Ich selbst habe über diese Augenform eingehende Untersuchungen angestellt, und kann jener Schilderung nur bis in’s Einzelne beipflichten®). Ich habe mehrere Arten untersucht, und im Wesentlichen überall das Gleiche gefunden; auch bei Spondylus stimmt nach meinen Untersuchungen der Bau bis in’s Einzelne damit überein. Dies Auge hat bekanntlich durch zwei besondere Eigenthümlichkeiten die Aufmerksamkeit der Forscher auf sich zu lenken vermocht. Zuerst nämlich durch die Thatsache, dass hier die Stäbchen, wie bei den Vertebraten, vom Centrum des Auges abgewandt sind, ihr freies Ende also !) Fr. Leydig, im Arch. f. Anat. und Physiol. 1861. pag. 588—605; ferner: Taf. zur vergl. Anat. 1864. I—U. 2) J. Ranke, Beiträge zur Lehre von den Uebergangs-Sinnesorganen. Ztschft. f. wiss. Zool. Bd. XXV. 1875. pag. 148; vgl. bes. pag. 152 u. ff. ®) Vgl. darüber die Zusammenstellung in Bronn, Classen und Ordnungen etc. Vol. III. 1. pag. 399—402. 4) V. Hensen, Ueber das Auge einiger Cephalopoden, in: Ztschft. f. wiss. Zool. Bd. XV. 1865. pag. 155— 242, vgl. bes. pag. 220 u. ff. °) Nur die etwas schematisirte Uebersichtsfigur (Taf. NXI, Fig. 95) lässt Einiges zu wünschen übrig, besonders hinsichtlich der Linse und deren Umgebung. «a 3. Abschnitt. Das Retinaelement im thierischen Auge. 163 in der Peripherie des Bulbus liegt. Dann aber durch das andere, noch merkwürdigere Factum, dass der Nervus opticus, kurz vor seiner Ankunft am Bulbus, sich in zwei annähernd gleichstarke Aeste theilt, von denen der eine sıch direct zu den Stäbchenzellen, der andere aber zu einer zwischen Linse und eigentlicher Retina gelegenen Zellenschicht wendet, um dann von dieser aus wieder in feinsten Fasern an die Stäbchen der Retinazellen heranzutreten!). Wir haben uns jedoch hier nur mit den Retimaelementen als solchen zu beschäftigen, und hier liegen die Verhältnisse kaum minder klar vor, als bei den Alciopiden. Auch bei Pecten und Spondylus finden wir als Grundlage des ganzen Perceptionsapparates Zellen, die an dem einen Ende, das allerdings diesmal vom Lichte abgewandt ist, em Stäbchen hervorbilden, an dem andern aber sich in eine Nervenfaser fortsetzen. — Die Thatsache, der wir hier zum ersten Male begegnen, dass ausser diesen Nervenfasern noch andere in innige Beziehung zu den Stäbchen treten, ist sicherlich eine sehr wichtige, aber kaum bis jetzt schon eine mit völliger Sicherheit zu interpretirende; da ihre Bedeutung aber ausschliesslich auf dem physiologischen Gebiete liegt, so wird man es begreiflich fmden, wenn hier von einer Discussion derselben abgesehen wird. Entschieden ungünstig aber steht es um unsere Kenntniss der Entwickelung des Pecten- Auges, von der wir gar nichts wissen. Bei der eigenthümlichen Anordnung der gesammten Augentheile ist es nicht einmal möglich, auf Grund gewisser, an sich wahrscheinlicher Voraus- setzungen sich einen provisorisch functionirenden Modus. für diesen Vorgang zurechtzulegen, den in Wirklichkeit zu beobachten wohl die vielen Schwierigkeiten noch länger hinausschieben dürften. Ein besonderes Interesse verknüpft sich mit dieser Entwickelungsgeschichte durch den zu erwartenden Aufschluss über die oben angegebene, wie bei den Vertebraten umgekehrte Lage der Stäbchen zur Richtung des Lichteinfalls, die wir für die Wirbelthiere nun zu erklären im Stande sind, die Erklärung aber nicht auf Pecten übertragen können. Bis vor Kurzem war das Auge von Pecten das einzige, das einen solchen anscheinenden Anschluss an das Wirbelthierauge darbot; jetzt aber theilt es sich in denselben mit sonderbaren Sehorganen, die bei Schnecken vorkommen. Wir wollen mit diesen die Aufzählung der den Gasteropoden zukommenden Sehwerkzeuge beginnen. Semper?) gebührt das Verdienst, uns mit dieser eigenthümlichen Augenform bekannt ge- macht zu haben. Sie findet sich bei einer Anzahl von Arten der Gattung Onchidium in wechselnder Zahl auf dem Rücken derselben. Sie besitzen eime aus wenigen Zellen gebildete Linse, und hinter dieser — wenigstens bei den ausgebildeteren Formen — eine flächenhaft ausge- breitete Retina, in welcher eine centrale Oeffnung zum Durchtritt des Nervus opticus sich findet. Dieser tritt ganz ähnlich wie bei den Vertebraten durch die Retina zwischen diese und die Linse; hier strahlen seine Fasern radıär auseinander, um sich zu den innern, d. h. vordern Enden der Retinazellen zu begeben. Die äussern, d. h. hintern Enden der Retinazellen zeigen bei den gut ausgebildeten Augen einiger Arten deutliche, in ihre Substanz eingelagerte Stäbchen, die an Pigment anstossen. Nicht nur über den Bau, sondern auch über die Entwickelung brinst Semper Mit- 1) Ich verdanke es der freundlichen Aufmerksamkeit von Herrn Prof. Hensen, mit dem ich einige Wochen in der zool. Station in Neapel zu verweilen das Glück hatte, dass ich in diese so schwierig nachzuweisenden Verhält- nisse einen nähern Einblick erhielt. Herr Prof. Hensen zeigte mir eine Anzahl frisch angefertigter Präparate, die gar keinen Zweifel gegen die Richtigkeit seiner frühern Darstellung aufkommen oder bestehen liessen. — 2) C. Semper, Ueber Schneckenaugen vom Wirbelthiertypus etc., in: Arch. mikr. Anat. Vol. XIV. 1877. pag. 118—122. — Ausführlich: Ueber Sehorgane vom Typus der Wirbelthieraugen auf dem Rücken von Schnecken. Wiesbaden 1877. 4°. mit 5 Tafeln. al 164 II. Folgerungen. theilungen; er hält die Abstammung dieser Augen von der Epidermis für ebenso wahrschemlich, wie eime eventuelle Neubildung derselben. Ich citire sein Resume mit semen eigenen Worten: „An der Spitze einer Papille entsteht durch Wucherung der Epidermis zuerst eine oder mehrere Drüsenzellen, diese werden durch weitere Wucherung und Ausbildung eines Blasenzellhaufens zur Seite geschoben; der letztere wandelt sich in den wunregelmässig gestalteten Augenpfropf um, welcher durch Umlagerung von Pigment und Verbmdung mit dem Sehnerv zu einem ganz gleich- artigen Augenbulbus wird; die innerhalb derselben liegenden Zellen des früheren Augenpfropfens bilden sich — — direct um zu den Linsenzellen, Retinafaserschicht und Stäbchenzellen- lage“ etc. etc. Ob diese Darstellung dem Sachverhalt entspricht, ist eine weitere Frage. Ich gestehe, dass mir die ganze Darstellung noch nicht den Eindruck hinterlassen hat, den der Verfasser derselben, nach den kräftigen Ausdrücken zu urtheilen, mit denen er jedem Skeptiker von vorn herein entgegen- tritt, zu erwarten sich berechtigt glaubt. Ich kann noch nicht ersehen, wie nach dem ange- gebenen Entwickelungsmodus die Stäbchen zu ihrer Umkehrung kommen, und das ist für mich ein wesentliches Moment. — Es mag übrigens hier noch beigefügt werden, dass bei Onchidium auch am Kopfe noch Augen vorkommen, diese zeigen aber den normalen Bau der Schneckenaugen. Diese normalen Formen kennen wir besonders gut aus den Darstellungen Hensen’s!) und Anderer, und ich kann mich um so eher auf die ganz kurze Erwähnung beschränken, dass auch hier die Retinazelle den von uns bisher überall aufgeführten Bau in ausgeprägter Weise darbietet, d. h. ein nach vorn, gegen die Lichtquelle gerichtetes Stäbchen aufweist, und nach innen mit einer Nervenfaser in Verbindung tritt. Ueber die Bedeutung anderer, zwischen diese Retinazellen eingelagerter Elemente haben wir zu discutiren hier keme Veranlassung. — Ferner sind wir hier im Stande, die Abstammung der Retinaelemente von dem Integument als mit völliger Sicherheit erwiesen zu betrachten. Die so auffallend entwickelten Augen der Heteropoden lassen sich hinsichtlich der all- gemeinen morphologischen Grundzüge ihres Baues leicht auf den Typus des Gasteropodenauges zurückführen, so sehr sie diese auch hinsichtlich der speciellen Ausarbeitung dieses Planes über- treffen. Auch bei ihnen finden wir das Retinaelement m der gleichen Weise wieder, und wenn wir von eier Reihe specieller Modificationen secundärer Natur absehen, so besteht es aus den- selben integrirenden Bestandtheilen, mit denen wir es bisher zu thun hatten. Es mag genügen, zum Belege hierfür auf die Untersuchungen von M. Schultze?) hinzuweisen, vor Allem auf die characteristische Tafel II seiner unten erwähnten Arbeit. Dies führt uns zu den Cephalopoden, deren Sehorgane hinsichtlich der Complieation ihres Baues nicht nur unter den Evertebraten auf höchster Stufe stehen, sondern auch nicht wenigen Augen von Wirbelthieren, besonders auch functionell, überlegen sein dürften. Wie auch bei diesen Augen das Retinaelement der gleichen Formenreihe, die wir nun so vielfach kennen gelernt haben, sich einfügt, darüber vermögen uns die trefflichen Arbeiten von V. Hensen?), M. Schultze®) u. A. evidentes Beweismaterial an die Hand zu geben. Hinsichtlich der Genese des Cephalopodenauges, die darthut, dass auch hier die Retina durch directe Eetodermein- ») 1. ec. pag. 217; ferner: Ueber den Bau des Schneckenauges und über die Entwickelung der Augentheile in der Thierreihe. Arch. mikr. Anat. Vol. II. 1866. pag. 399 —429. 2) M. Schultze, Die Stäbchen in der Retina der Cephalopoden und Heteropoden. Arch. f. mikr. Anat- Vol. 3V: 1869 pag. 17u. f. Tot 27 3) 1. s. c. (Ztschft. f. w. Zool.) Salgesge: ee nn en ei ee re Mr u. Mu 3. Abschnitt. Das Retinaelement im thierischen Auge. 165 stülpung entsteht, darf ich vielleicht auf die von mir selbst veröffentlichten Untersuchungen hinweisen !). Bei den Cephalopoden treffen wir aber zuerst auf eine Complication der Retina, welcher wir bis dahin noch nicht begegnet sind. Bei allen bisher besprochenen Thiergruppen bestand die Netzhaut mehr oder weniger deutlich aus einer eimzigen Zellenlage, deren Elemente meist, wenn auch nicht immer, einen durchweg gleichartigen, sicher aber immer einen epithelialen Character haben. Hier aber lagern sich hinter die die Netzhaut nach vorn abschliessende epitheliale Schicht noch eme Anzahl anderer Strata an, deren Elemente in jeder Beziehung, in morpho- logischer wie in physiologischer, wesentlich von denen abweichen, die jene zusammensetzen. Diese Complication des Baues, welche die Retina der Cephalopoden mit derjenigen der Wirbelthiere theilt, hat nicht wenig dazu beigetragen (besonders, weil diese Augen die Forscher sehr früh beschäftigten), das Verständniss dessen, was begrifflich zu einer Retina erforderlich ist, zurück- zudrängen, mdem man unwillkürlich der Versuchung unterlag, mehr darin zu erblicken, als der Natur der Dinge nach in Wirklichkeit darin liest. Die Genese dieser verschiedenen Schichten, deren anatomische Kenntniss wir hauptsächlich Hensen in seiner meisterhaften Arbeit über das Cephalopodenauge (l. s. c.) verdanken, ist noch nicht genügend aufgeklärt; für unsere Zwecke aber reicht die ‚wohl beglaubigte Thatsache aus, dass die Retina ursprünglich eine einfache Zellenlage ist, auf deren Vorderseite, gegen das Licht hin, die Stäbchen hervorsprossen; ferner die That- sache, dass bei Nautilus, dessen ganzes Auge auf dem embryonalen Stadium verbleibt (es kommt bekanntlich hier nicht einmal zum Verschluss der Ectodermemstülpung, die zum Auge wird), auch darin der embryonale Character sich zeitlebens erhält, dass die Retina nicht jene Schichten zeigt. — Welche geringen Anhaltspunkte eine Vergleichung der Retina der Wirbelthiere mit den verschiedenen Retinaformen bei Evertebraten in morphologischer Hinsicht bis m die neueste Zeit hinein — trotz der fast wnübersehbaren Literatur über die erstere — darbot, ist eine zu be- kannte Thatsache, als dass es nöthig wäre, lange dabei zu verweilen. An Versuchen hat es zwar nicht gefehlt; aber diese konnten schon deswegen keine genügenden Resultate liefern, weil man theils auf rein secundäre Momente,‘ wie die verschiedene Lage der Stäbchen zur Lichtquelle, besonderes Gewicht legte, und theils, weil man als Maassstab die menschliche Netzhaut ver- wandte, und auf diese die der Evertebraten zurückführen wollte, statt richtiger den Versuch in umge- kehrter Reihenfolge zu machen. Dies hatte zunächst den Erfolg, dass man der Versuchung, die den höhern Thieren eigenthümlichen complieirten Structurverhältnisse auch auf die niedern zu übertragen, nicht genug widerstand, und auch die Geschichte der Kenntnisse des Arthropoden- auges weiss davon zu erzählen. So musste aber natürlich die ganze Fragestellung ver- schoben werden. Erst im der neueren Zeit hat man hmsichtlich der morphologischen Auffassung der Wirbel- thierretina beträchtliche Fortschritte aufzuweisen, die uns hier näher berühren, als die rein histologischen, die so oft damit verwechselt werden. Unter diese ist ganz besonders zu rechnen die Einsicht, dass die Retina aus zwei Unterabtheilungen besteht, die auch morphologisch scharf auseinanderzuhalten sind. Die eine derselben, die sog. Neuroepithelschicht, umfasst die Stäbchen- und Zapfenschicht, die sog. äussere Körnerschicht, nebst der Membrana limitans externa; 1) H. Grenacher, Zur Entwickelungsgeschichte der Cephalopoden. in: Ztschft. f. wiss. Zool. Bd. XXIV. 1874. pag. 419—499. 166 I. Folgerungen. die andere aber, die sog. Gehirnschicht!), umfasst den ganzen übrigen Complex (äussere und innere granulirte, innere Körner-, Ganglienzellen-, Nervenfaserschicht nebst Membrana limitans interna), je nach Maassgabe seiner Ausbildung in der Wirbelthierreihe. Gehen wir nun von den Evertebraten aus, so ist für uns blos die Neuroepithelschicht von Belang, ausser wenn wir die Cephalopodenretina besonders accentuiren wollen. Nur in ihr finden wir die entsprechenden morphologischen Elemente wieder, welche bei den Evertebraten vorkommen, hier aber zu allermeist die Retina ganz allein bilden; die sog. „Gehirnschicht* aber können wir, wenn denn einmal durchaus verglichen sein muss, noch am passendsten mit einem flächenhaft ausgebreiteten, mit der eigentlichen percipirenden Retina in innigstem Connex stehenden Ganglion opticum in Parallele stellen. Im Gebiete der Neuroepithelschicht aber finden wir die uns hier beschäftigenden Elemente wieder in den sog. „äussern Körnern“ nebst den damit in Verbindung stehenden Stäbchen und Zapfen; erstere bilden den Haupttheil der Retina-, oder, wie man sie hier auch genannt hat, Sehzellen, letztere die zu ihnen gehörigen Cuticularbildungen. Darüber dürfte nun kaum mehr ein Zweifel obwalten können. Die genannten Beziehungen wurden bekanntlich, schon vor langen Jahren, durch Kölliker?), wenn auch nur dem damaligen Standpunkte der Gewebelehre ent- sprechend, ausgeführt, aber später weniger im Auge behalten, als sie es verdienen. Wenn nun so an der morphologischen Uebereinstimmung dieser zelligen Elemente mit den entsprechenden der Evertebraten nicht zu zweifeln ist, und wohl ebensowenig an der functionellen, so ergiebt eine Prüfung ihrer Genese auch hier die gleichen Resultate, wie dort. Nur mit einem einzigen gewichtigen Unterschiede. Bekanntlich entwickelt sich bei den Vertebraten die Retina (incl. Pigmentschicht) vom centralen Nervensysteme aus, was wir bei Evertebräten, soweit Unter- suchungen darüber reichen, nicht gefunden haben, und hierin liest die Differenz. Aber das centrale Nervensystem geht seinerseits wieder vom ersten Keimblatte aus, und damit stellt sich die Uebereinstimmung wieder her. Wie dieser ganze Entwickelungsgang die relative Lage der Stäbehen zur Lichtquelle, die den älteren Autoren so Vieles zu rathen aufgab, aufklärt, hat M. Schultze3) flüchtig angedeutet; ich selbst habe dann später Veranlassung gefunden, ausführ- licher darüber zu sprechen), und habe zugleich ausgeführt, dass auch darin die Ascidien- larven mit den Wirbelthieren übereinstimmen. Nach neueren Untersuchungen?) fügt sich auch das unpaare, rudimentäre Sehorgan von Amphioxus hinsichtlich seiner allgemeinen Topographie in das Vertebratenschema ungezwungen ein, obschon hier von Retina im eigentlichen Sinne keine Rede sein kann. Damit können wir nun unsere Uebersicht abschliessen, und sehen, was wir als Gewmn derselben zu verzeichnen haben. Dies wird sich in wenig Worten zusammenfassen lassen. Wir haben überall als lichtempfindende Elemente solche gefunden, die wir nach ihren wichtigsten morphologischen Eigenschaften als fast völlig übereinstimmend bezeichnen dürfen, da keine 1) Vgl. bes. die Darstellung der Retina, welche Schwalbe in dem Handbuch der ges. Augenheilkunde von Graefe und Saemisch gegeben hat. (Vol. I. pag. 354—457). 2) Kölliker, Mikroskopische Anatomie. II. 2. 1852. pag. 730. 3) M. Schultze, Art. Retina in Stricker’s Gewebelehre. II. pag. 1011. 4) H. Grenacher, Zur Entwiekelungsgeschichte der Cephalopoden ete. Ztschft. f. wiss. Zool. Vol. XXIV. 1874. pag. 487. (Ich darf wohl hier bemerken, dass mir damals die vorhin eitirte Bemerkung M. Schultze’s entgangen war). Zu den gleichen Resultaten sind auch neuerdings O. und R. Hertwig (Nervensystem etc. der Medusen. pag. 173. 174) gekommen, ohne, wie es scheint, meine früheren Ausführungen darüber zu kennen. 5) W. Müller, Ueber die Stammesentwickelung des Sehorgans der Wirbelthiere. Festgabe ete. Leipzig, 1874. 3. Abschnitt. Das Retinaelement im thierischen Auge. 167 Differenzen derselben zwischen den einzelnen zoologischen Typen nachweisbar sind, die grösser wären, als die innerhalb der Typen zwischen den Retinaelementen der Classen oder Ordnungen vorkommenden. — Was die Herkunft dieser Elemente von den Embryonalanlagen anbelangt, so ist die Auskunft darüber stellenweise noch bedauerlich lückenhaft; aber noch keine einzige That- sache hat eine Ableitung derselben von einem andern als dem ersten Keimblatte ergeben, und da die überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine gesetzmässige Zurückführung der Perceptions- organe auf jenes Keimblatt spricht, so dürfen wir wohl mit ziemlicher Ruhe dem Ergebnisse weiterer Untersuchungen auch über jene noch unaufgeklärten Fälle entgegensehen. Setzen wir nun als streng bewiesen voraus, was es ja freilich noch nicht ist, dass das morphologisch übereinstimmende Retinaelement bei allen den Thieren, welche durch Differenzirung von Keimblättern sich entwickeln, sich auf das äussere derselben zurückführen lasse, so würde der Gedanke sich fast von selber aufdrängen, diese Uebereinstimmung auch in phylogenetischer Beziehung zu verwerthen. In der That würde dann auf ein Alter des Retinaelementes hinge- wiesen werden, das dasjenige eines jeden zoologischen Typus bedeutend überträfe; Anhänger der Gastraeatheorie würden sich für befugt halten, das Auftreten von bestimmt configurirten lichtper- cipirenden Zellen schon auf die Gastraea zurückzuführen, und von diesen Sehzellen dann, den Typen gemäss, die so vielfach verschiedenen Sehorgane der Thiere sich aufbauen lassen. Dieser Versuch würde aber sehr bald auf Hindernisse stossen, die schwer zu überspringen oder zu umgehen sein dürften. Ich meine damit besonders die so verschiedenartige Lagerung der fertigen Sehorgane bei den verschiedenen Thierformen; wir haben bei Pecten und Spondylus Augen allen am Mantelrand (bei andern Muscheln sollen solche an den Siphonen sich finden), bei Euphausia bauchständige Augen neben normal beschaffenen kopfständigen, bei Onchidium rückenständige accessorische Sehorgane neben kopfständigen typischen kennen gelernt u. s. £. u.s.£. — kurz eine Reihe von Einzelfällen, wo Thiere sich von ihren nächsten Verwandten durch den Besitz abnorm gelegener Sehwerkzeuge, unterscheiden. Die Isolirtheit solcher Einzelfälle läss den Gedanken an eine Vererbung von Alters her nicht aufkommen. Denn, liest auch kein Grund vor, bei der hypothetischen Gastraea — wenn man eime solche als Ausgangspunkt der höhern Thiertypen anerkennen will — eine Localisirung der lichtempfindlichen Elemente im ihrem Substrat, dem Ectoderm, anzunehmen, so fehlt doch nach der andern Seite hin die Möglichkeit, nachdem einmal die Localisirung sich m der oralen (Kopf-) Region vollzogen hat, anders gelegene accessorische Sehorgane mit den kopfständigen in einen genetischen Zusammenhang zu bringen. Sowenig ich Bedenken tragen kann, die typischen Sehwerkzeuge der cephalophoren Mollusken, der Arthropoden, Vertebraten und zahlreicher Würmer auf eine einzige Ausgangsform für jede dieser Abtheilungen zurückzuführen, so sehr würde es mich freuen, wenn es gelänge, diese ver- schiedenartigen Formen noch weiter zurückzuverfolgen, und noch fester mit eimander zu ver- knüpfen. In diesem Kreise aber haben jene abnormen Augen keinen Raum; es bleibt nichts übrig, als sie, unabhängig von den bereits bestehenden normalen Augen, für sich entstehen zu lassen — eine Concession, die auch Semper!) für die Rückenaugen von Onchidium schon ge- macht und ausführlich discutirt hat.2) lach & je 8) mL ne 2) Auf die nämliche Frage kommen auch O. und R. Hertwig (l.s. c. pag. 173), die ebenso die Mantelrand- augen von Pecten, sowie die Gehörorgane von Mysis und der Heuschrecken anführen. Sie versuchen auch eine Erklärung zu geben, indem sie die Entstehung dieser abnorm gelegenen Sinnesorgane durch die Zurückführung derselben auf überall in der Haut verbreitete indifferente Sinneszellen unserm Verständniss näher zu bringen glauben. — Gegen die 168 Nachträglicher Zusatz, Man übersehe aber dabei nicht, dass mit dieser Concession ein Keil in die ganze Art und Weise des Argumentirens hineingetrieben worden ist. Denn was giebt uns dann ein Recht, wenn wir der Anpassung die Fähigkeit zuschreiben, morphologisch nicht von dem durch Ver- erbung Entstandenen zu Trennendes hervorzubringen, andererseits wieder diese morphologische Uebereinstimmung zu Schlüssen für eben diese Vererbung zu verwerthen? Namentlich in Fällen, wo die Dinge nicht so klar liegen, wie in unserm ? — Mit dieser Frage können wir schliessen. Wir haben schon ohnehin den Boden der That- sachen hinter uns gelassen, und eme Discussion der Prineipien, welche gegenwärtig in unserer Wissenschaft — nicht immer zu ihrem Heil — mit einer früher ungeahnten Lebhaftigkeit be- fehdet und vertheidigt werden, kann nicht in unserem Plane liegen; Es galt hier blos, auf ferne, am Horizonte aufdämmernde Umrisse hinzuweisen, auf die wir durch unsern Curs ge- trieben wurden, und die in’s Auge zu fassen nicht gut zu umgehen war. Mögen sie sich als feste Klippen und Gebirge — oder mögen sie sich als eitel Dunst und Wolken erweisen, wer kann das voraussagen ? Nachträglicher Zusatz. In einem erst nach Abgang des Manuscriptes vorliegender Arbeit in die Druckerei er- schienenen Aufsatz kommt O. Schmidt!) zu dem Schlusse, dass schon in vielen Fällen aus der Form der Krystallkegel die Unzulässigkeit der Bildehentheorie, nicht minder aber auch der Ansicht der Allgemeinsültigkeit der Müller’schen Theorie vom musivischen Sehen, wie sie Exner und ich vertreten, gefolgert werden müsse. Die Regelmässigkeit der Form der Krystallkegel, als nothwendige Voraussetzung der letzteren, sei durchaus nicht überall vorhanden; bei einer Anzahl von Formen, besonders Crustaceen (Phronima, Palaemon, Astacus, Palinurus etc.) und Insecten (Dytiscus) kämen Kesel von gebogenem Verlauf, unregelmässig gestalteten End- flächen etc. ete. vor, die nothwendig das Zustandekommen einer Wahrnehmung auf dem durch die musivische Theorie formulirten Wege ausschlössen. Ich wıll mich, obschon ich die anatomischen Befunde 0. Schmidt’s auf Grund meiner mehrjährigen Erfahrungen auf diesem Gebiete, die mich gründlich mit den Schwierigkeiten der technischen Behandlung (namentlich der Crustaceen) bekannt gemacht haben, nicht als völlig über jeden Zweifel erhaben anzusehen im Stande bin, doch hier nicht auf eine ausführliche Discussion aller einzelnen Punkte, die mir mehr oder weniger anfechtbar erscheinen, einlassen, sondern ein- fach seine Darstellung acceptirend prüfen, ob daraus die Berechtigung folgert, für solche irreguläre Formen den Boden der Müller’schen Theorie, die für reguläre Krystallkegel auch O. Schmidt nicht beanstandet, zu verlassen. Ich meinerseits muss die Frage verneinen. Annahme solcher indifferenter Sinneszellen überhaupt lässt sich meiner Ansicht nach nichts einwenden; wohl aber scheint mir die mit ihrer Hülfe versuchte Erklärung verfehlt. Sollten bei den Heuschrecken z. B., als die so nahe verwandten Gattungen Acridium und Locusta sich von einander oder von einem gemeinsamen Stamme trennten, ihre späteren Gehörorgane noch nicht über das Stadium indifferenter Sinneszellen hinausgekommen gewesen sein? Und die andern Sinnesorgane derselben Thiere ? ) O0. Schmidt, Die Form der Krystallkegel im Arthropodenauge. in: Ztschft. f. wiss. Zool. — Suppl. zu Vol. XXX. 1878. pag. 1—12. Taf. I. Nachträglicher Zusatz. 169 Leider hat O. Schmidt bei seiner Untersuchung dem Rhabdom so ganz und gar keine Aufmerksamkeit geschenkt, und demgemäss die Rolle, die dasselbe als Hauptinstanz in jeder Beziehung bei dieser Frage spielt, allein dem Krystallkegel übertragen, der in seinen Fällen wohl der Bildchentheorie verhängnissvoll werden kann, bei der Discussion über die musivische Theorie sich aber durchaus nicht von gleicher Bedeutung erweist. In der Geradaxigkeit der lichtbrechenden Medien, also besonders des Krystallkegels, den Punkt zu erblicken, mit dem die Müller’sche Theorie steht oder fällt, liest meines Er- achtens durchaus nicht im Wesen der Theorie. Wenn O. Schmidt vielleicht auf einen auch von ihm ceitirten Passus aus meiner zweiten Mittheilung (Klin. Monatsbl. für Augenheilkunde etc. pag. 39), in dem ich von den centralen Strahlen als den einzigen spreche, die geradlinig und ungebrochen durchtreten und das Rhabdom erreichen, besonderes Gewicht legt, so darf ich dies vielleicht dahin erläutern, dass für gerade Krystallkegel, die ich nach meinen Erfahrungen als Regel ansehen und demnach auch behandeln muss, die centralen geradlinigen Strahlen eben die einzigen sind, die zur Wirkung gelangen. Krümmen wir nun em solches System stetig und gleichmässig, so sehe ich nicht em, dass damit auch gleich das Princip aufgegeben zu werden braucht, sofern nur durch innere Reflexion (sei es im Krystallkegel, sei es in einer fadenförmigen Verlängerung der Retinula vor dem Rhabdom) dem axialen Strahlenbüschel die Möglichkeit be- nommen ist, aus dem System auszutreten, sondern dasselbe genöthigt ist, das Rhabdom zu durchstrahlen. Einen zweiten Einwand erhebt O. Schmidt speciell für Phronima, bei der die Absorption seitlich in die Kegel eintretender Strahlen nicht vorkomme. Durch Pigment, das nur ganz hinten an den Krystallkegeln sich findet, allerdings nicht; indessen schreibt Schmidt, und ganz mit Recht, den vordern gewölbten Enden eine Linsenwirkung zu, und damit haben wir doch wieder den Gegensatz von axialen Strahlen, die ungebrochen durchtreten, und von mehr oder weniger gebrochenen, ausserhalb der Axe einfallenden, die doch nach der Vereinigung zum Bilde ihren Weg gegen die Mantelläche des Krystallkegels fortsetzen, und dort je nach Maassgabe des Auffallswinkels aus demselben austreten können. Wenn O. Schmidt etwa aus dem pag. 7 l. c. beschriebenen Versuch mit Glasstäben, denen die Form solcher Krystallkegel gegeben wurde, die er als vorzügliche Lichtleiter beschreibt, und von denen er sagt: „genau so, wie diese Glasstäbe, müssen sich die Krystallkegel der Phronima verhalten“ — etwa die Beweiskraft desselben ureiren sollte, so möchte ich doch an den bedeutenden Unterschied hinsichtlich des Einflusses auf die innere Reflexion — denn um diese dreht es sich — zwischen Glasstäben, umgeben von Luft einerseits, und Krystallkegeln, umgeben und durchtränkt von Wasser andrerseits hinweisen. In letzterem Falle sind bekanntlich die Bedingungen für den Austritt schief auf die Grenzfläche fallender Strahlen ungleich günstiger, als in ersterem. (Mir scheint überhaupt, beiläufig bemerkt, O0. Schmidt dem Umstande, dass bei den Crustaceen Wasser das die Augen umspülende Medium ist, nicht überall genügend Rechnung getragen zu haben.) Indessen mögen immerhin noch genug der sehr schräg auffallenden Strahlen zum Rhabdom geleitet werden; dann tritt eben der Fall, der oben pag. 154 erwähnt wurde, ein, ohne dass meiner Ansicht nach die musivische Per- ception aufgegeben zu werden braucht. Ueberhaupt darf meines Erachtens auch aus dem Eintritt von Lichtbüscheln oder Licht- kegeln, die OÖ. Schmidt speciell für Phronima behauptet (l. ec. pag. 6), in das einzelne Auge des facettirten noch nicht die Unhaltbarkeit des musivischen Sehens für diesen speciellen Fall gefolgert werden. Diese Lichtbüschel entsprechen den Einzelbestandtheilen des Gesammtsehfeldes, den „Differentialen“ desselben, wie ich sie früher auch genannt habe; verbreitern sie sich, so nimmt Grenacher, Untersuchungen über das Sehorgan der Arthropoden. 22 170 Nachträglicher Zusatz. eben dies „Differential“ an Grösse zu, und damit die Sehschärfe ab, wie umgekehrt die Ver- schmälerung derselben, unter Voraussetzung des dichtern Aneinanderrückens der Einzelaugen, eine Steigerung der Sehschärfe theoretisch bedingt. Werden die Lichtbüschel, die in den Krystallkegel eintreten können, so divergirend nach aussen, dass sie sich mit ihren Mantelstrahlen in einem grösseren oder kleineren Abstande vom Auge kreuzen, können also, mit andern Worten, Theile des Sehfeldes, die jenseits dieses Abstandes gelegen sind, in mehr als nur eines der Einzelaugen Strahlen senden, so wird allerdings jenseits dieser Grenze dıe Sonderung der Lichtqualitäten völlig aufhören, die diesseits derselben noch in einem gewissen Grade besteht, das Thier also neben geringer Sehschärfe auch noch eine geringe Sehweite haben. Der ganze, wenn auch noch so mangelhafte Sehact wird aber, wie aus der Natur des Rhabdoms als höchstwahr- scheinlicher Perceptionseinheit folgert, trotzdem auf musivischem Wege vor sich gehen. Auf die andern, von O. Schmidt für das Decapodenauge betonten Irregularitäten, die vor allem die unregelmässigen Grenzflächen der verschiedenen Bestandtheile des sog. Krystall- kegels betreffen, (den ich im beschreibenden Theil memer Arbeit als modifieirte Mutterzelle mit verschiedenen Einlagerungen auffasse), brauche ich um so weniger eimzugehen, als dieselben im frischen, lebenden Auge wegen der dann wohl allermeist geringen oder gar nicht vorhandenen Differenzen der Brechungsindices kaum von nennenswerthem Einflusse sein können. Diese Differenzen treten freilich nach Erhärtung der Augen um so deutlicher hervor. Nur noch ein paar allgemeinere Bemerkungen bei dieser Gelegenheit. Wenn O©. Schmidt (l. e. pag. 2) sagt, dass die bekannte Arbeit von M. Schultze über unsern Gegenstand unter einer’ „anthropomorphischen Anschauung“ gelitten habe, so muss dieser Vorwurf oder Tadel, wenn es einer sein soll, auch meine Arbeit, und in weıt höherm Grade, treffen. Wenn dagegen ich selbst an jener Schrift etwas auszusetzen habe, so ist es das gerade Gegentheil: hätte M. Schultze die Summe von Erfahrungen über die Natur des Stäbchens, die ihm von den Vertebraten wie Evertebraten zur Verfügung standen, bei seiner Untersuchung des Arthro- podenauges mitsprechen lassen, statt sich auf die Jagd nach den „physiologisch postulirten* feinsten Nervenfasern zu begeben: sollte ihm da die Lösung des Problems vorenthalten geblieben sem? — Auch bei O0. Schmidt sähe ich emige Concessionen an den „Anthropomorphismus“ lieber, als die vermuthungsweise eingeführte Beziehung der Krystallkegel-Krümmungen zu emem durchaus hypothetischen „Raumsinn“, von dem wir doch absolut nichts wissen. — Dagegen unterschreibe ich gern und willig, wenn auch wahrscheinlich m einem etwas andern Sinne, als der des Ver- fassers ist, ©. Schmidt’s Satz (l. c. pag. 11): wenn der Krystallkegel nicht nur vortrefflich Licht leitet, sondern auch die Perception von Lichtstärke und Farbenschattirungen vermittelt, „so sind wir allerdings wieder bei einer besondern Species von einfachem Auge angelangt“. Diesem Nachweise ist ja der grösste Theil memes Buches gewidmet. Ob es mir nun gelungen ist, den geehrten Gegner von einem blos bedingten Anhänger der musivischen Theorie zu einem unbedingten Vertreter derselben umzuwandeln, trotz einiger Irregularitäten, auf die wir im Bereiche der organischen Schöpfung ja immer gefasst sein müssen — das weiss ich nicht. Hoffentlich aber ist es mir — und nicht nur durch diesen Zusatz — gelungen, ihn wenigstens zu überzeugen, dass wohl kaum der Krystallkegel mit senem Formenreichthum ein günstiger Angrifispunkt auf dieselbe ist; hat sie überhaupt Gefahren zu befürchten, so liegen diese für sie viel tiefer, im Rhabdom; denn darin liest eben ihr Wesen, dass sie nicht, wie ihre Rivalin, eine Projections-, sondern eme Perceptionstheorie ist. Brklärung der Abbildungen. 1. Bedeutung einiger öfters wiederkehrenden Buchstaben. Ct. == Aeussere (Leibes-) Cuticula. et. Innere, das Auge abgrenzende Quticula. Hp. == Zellenlage der Hypodermis. Pg. == Pigment, Pigmentzellen ; letztere meist aus der Hypodermis hervorgegangen. I —liinse. Rt., Rt’. = Retina. St., 8. — Stäbchen derselben. Gk., @k!. — Glaskörper, aus der Hypodermis hervorgegangen. N.0op. = Nervus opticus. Lf. == Facette des zusammengesetzten Auges. 2. = Kystallzellen. Kk. = Kıystallkegel. Ps. 0. — Pseudoconus. Mz. == Mutterzellen der Krystallkegelsegmente, morphologisch identisch mit den Krystallzellen. Pa'. = Pigmentzellen erster Ordnung, oder Hauptpigmentzellen des Facettenauges. Pg", = Pigmentzellen zweiter Ordnung. Rl. = Retinula. Rm. = Rhabdom. 2. Erklärung der Figuren. NB. Die eingeklammerten Buchstaben und römischen Zahlen bedeuten die Combination der Zeiss’schen Objective und Oculare, mit denen die darauf folgende Vergrösserung erzielt wurde. — Die Behandlung des Präparats ist meist ebenfalls in Abkürzung angegeben, z. B. Plat. chl., Chroms., Ac. nitr. heisst: das Auge wurde in Platinchlorid und Chromsäure erhärtet, der Schnitt mit Salpetersäure entfärbt, etc. ete. — Die Zahlen am Ende geben einige Dimensionen in Millimeter. Tafel I. Fig. 1. Durchschnitt, durch ein Auge einer jungen, ca. 3 cm langen Dytiscuslarve (E. I. 350). Plat. chl., Chroms., Ac. nitr. — Man erkennt das Hervorgehen sämmtlicher Augenweichtheile (Pigment, Glaskörper, Retina) aus modifieirten Hypodermiszellen, Durchmesser des Auges (quer) = 0,12 mm. ” ” ” (längs) — 0,12 „ 5 deralnnsewesers a 20:0452, Dicke er ” —20:0212, Länge der Stäbchen . — 30.0185, 22* 172 Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 92 Fr g. 10. ale Erklärung der Abbildungen. Drei Retinazellen nebst Stäbchen aus dem Auge einer fast völlig ausgebildeten Dytiscuslarve (Imm. 2, II. 590). Plat. chl., Chroms., Ac. nitr. Länge der Stäbchen ca. = 0,026 mm. Eines der in die Quere verlängerten Augen einer Dytiscuslarve, schräg durchschnitten (Vergr. ca. 130fach). Alcoh., Ac. nitr. — Bei dieser Schnittführung ist die Linse nicht getroffen. Querdurchmesser des Auges ca. 0,33 mm. Eines der grossen Scheitelaugen einer noch jungen, ca. 10—12 mm langen Larve von Acilius sul- catus im Längsschnitt (E. II. 350). Plat. chl., Chroms., Ac. nitr. — Die Hauptmasse des Auges hinter der Linse wird gebildet von dem Glaskörper, der aus grossen, theils mehr gerade, theils gebogen verlaufenden, der Hypodermis angehörigen Zellen gebildet wird. Die dicke convex-concave Retina wird durch eine tiefe Querspalte ($p.) in zwei Hälften getheilt; die Wände der letzteren sind mit riesigen Stäbchen (S#.) garnirt, welche weit grösser sind, als die auf der Vordeıfläche der übrigen Retina befindlichen. IDriekerderAlunses re A ee — 0,075 mm Durchmesser derselben . 0,12 Länge des ganzen Auges (inclusive il a) ca. 0,4 5 Länge der Spaltenstäbchen : 0,054—0,066 „ Länge der Stäbchen auf der linken Retinahälfte — 0,015—0,021 Ansicht der inneren, resp. Mantelenden der Glaskörperzellen desselben Auges; man erkennt darin die Kerne, die vor der Entfärbung von Pigment umhüllt sind. Die colossalen Stäbchen der Retinaspalte desselben Thieres, gesehen von ihrer dem Spaltenlumen abgewandten Seite; man glaubt anscheinend paarweise einander genäherte Stäbchen zu sehen, die aber bei tieferer Focaleinstellung einander näher rücken und schliesslich zusammenfliessen (Imm. 3. II. 1030). Dieselben, auf einem Schnitte schief zur Spalte gesehen (E. I. 350). Alcoh., Ac. nitr. — Man sieht nach der Tiefe hin ihre palissadenförmige Stellung neben einander; ihre rinnenförmige Gestalt ist so nicht zu erkennen. Dieselben; von einem Auge, das nach kurzem Verweilen des Thieres in Alcohol in Wasser zerzupft wurde (Imm. 2. II. 590). — Die dem Beschauer zugewandte Seite ist die, welche gegen das Lumen der Spalte gerichtet ist; das dichte, schwarze, die Stäbchen von unten herauf bedeekende Pigment erfüllt die Spalte theilweise. Nach unten gehen die mit gelben Tropfen und braunrothen Pigment- körnchen erfüllten Retinazellen in die Nervenfasern des Opticus über. A, B, C; Fragmente kleinerer Stäbchen, ebendaher; etwas verändert (Imm. 2. II. 590). Eines der nach der Unterseite gerichteten Augen einer Acilius-Larve, nach vorhergegangener Erhärtung in Chromsäure unvollständig mit Ac. nitr. entfärbt (E. II. 350). IN ” Durchmesser des Auges (quer) — 0,24 mm ” ” ” (längs) —= 0,16 „ R derTimsesnsr 0 01092 Dicke n Er. nheen udesı.Glaskörpersue ca 003er „ der Stäbchenschicht . . = 0,015 „ Flächenansicht der Stäbchenschicht von einem solchen Acilius- Auge (Imm. 2. III. 800). — Die Stäbehensäume der einzelnen Retinazellen, auf solchen Ansichten nicht auseinanderzuhalten, bilden ein rundlich-polygonales Maschenwerk, aus dessen Tiefe das Pigment durchschemt. Tafel II. . Durchschnitt durch ein Auge einer Larve von Semblis (Sialis) spec. (E. II. 350). — Alcoh., Ac. nitr. — Hinter der grossen Linse liegt ein querdurchschnittenes Gebilde, das mit dem Krystallkegel des Facettenauges morphologisch vergleichbar erscheint (X%); hinter diesem die Retina, aus zwei Schichten von Zellen bestehend, von denen aber hier blos eine zu sehen ist. Jede Zelle trägt vorn einen Stäbchenüberzug. Fig. 13. Fig. 14. Fig. 15. Fig. 19. Erklärung der Abbildungen. 13 Durchmesser der Linse . = 0,15 mm Dicke ” Re — 0.0727, Länge der Retinazelen. . ca. = 0,036—0,045 ,„ Dicke des „Krystallkegels“ ca. —= 0.02 A, B. Zwei solcher „Krystallkegel“ von der Fläche gesehen, um ihre Zusammensetzung aus acht Segmenten zu zeigen; der in B dargestellte ist zersprengt, und das eine der abgesprengten Segmente hat eine abnorme Bildung. Retina und „Krystallkegel“ eines Auges einer Semblis-Larve isolirt und von innen (hinten) gesehen (Imm. 2. II. 590). Ale., Ac. nitr. — Man erkennt die beiden Zellenlagen, aus denen die Retina besteht ; durch das Zusammentreten der Seitentheile der Stäbchen, welche zu den Retinazellen gehören, ent- stehen die strahligen Figuren (St... H. —= Hülle aus dem „Kırystallkegel“. Länge des „Krystallkegels“ — 0,085 mm Breite „ . — 0,078 „ Schnitt durch ein Auge von Phalangium opilio, frontal gerichtet (DD. II. 235). Plat. chl., Chroms., Ac. nitr. — Der Pfeil neben der Figur giebt die Richtung der Medianebene des Thieres an. Glaskörper und Retina sind etwas gedrückt und aus ihrer Lage verschoben. Der continuirliche Uebergang der Hypodermiszellen in Pigmentzellen und Glaskörperelemente ist deutlich. Durchmesser der Linse. . = 0,18 mm Dicke ” a — Ola Länge der Glaskörperzellen — 0,051—0,12 , is „ Retinazelln. . = 0,12 —0,15 „ iy „ Stäbchen . — 0,021—0,04 „ Durchmesser der Retina O2; . Vorderenden von drei Retinazellen mit (kurzen) Stäbchen von Phalangium opilio (Imm. 2. I. 590). Ale., Ac. nitr. — Man erkennt die Hülle der Stäbchen und deren Längstheilung. Querschnitt durch drei Stäbchen desselben Thieres; gleiche Vergrösserung wie vorhin. — Plat. chl., Chroms., Acid. nitr. — Hülle der Stäbchen, sowie Zusammensetzung derselben aus drei Stücken sind deutlich. . Längsschnitt durch ein vorderes (A) und ein hinteres (B) Dorsalauge von Epeira diadema (DD. IH. 235). Ale., Ac. nitr. — Zur Demonstration des Dimorphismus der Retinaelemente, die bei dem vordern Auge (A) die Stäbchen an ihrem Linsenende, die Kerne an ihrem Opticusfaserende tragen, während sie bei dem hintern Auge. (B) die Kerne vor den massigen Stäbchen aufweisen. K. Kerne der Retinazellen im vordern, X’. im hintern Auge; $t. Stäbchen im vordern, Sf. im hintern Auge. _M. quergestreifte Muskelfasern, welche, vom Integument entspringend, das vordere Auge anscheinend schleifenförmig tragen; sie fehlen dem hintern Auge. M’. Querschnitte dieser Muskel- fasern (am linken Rand der Zeichnung des vordern Auges). Länge des vordern Auges. — (eh; 0,32 mm Dicke ” ” ” —u 0,25 „ Länge „ hintern en — 025, Dicke „ ” ” = . WENNS Durchmesser der Linsen = . Hl Dicke ” ee — 0.15, Länge der Glaskörperzellen . bis „ 0,036 „ Länge der Stäbchen, vorn . — „ 0,018—0,024 „ r r as hinten —o 0,025 „ Dicke „ ” vorn. — 0,004 „ ” ” ” hinten = „0,0085—0,009 „ Vier Stäbchen aus dem vordern Rückenauge von Epeira diadema (Imm. 2. II. 590. Man erkennt ihre Zweitheiligkeit, sowie die zarte, auf die Seitenränder beschränkte (@uerstreifung. Gk. Hinterende der Glaskörperzellen, scharf abgesetzt, mit Kernen. Fig. 20. Fig. 21. Erklärung der Abbildungen. Vier Retinazellen nebst den eingeschlossenen Stäbchen aus dem hintern Rückenauge desselben Thieres, bei gleicher Vergrösserung wie Fig. 19, besonders, um die relative Lagerung der Stäbchen zu den Zellkernen, die Form und Halbirung der ersteren zu zeigen. Eine Anzahl Stäbchen aus dem hintern Rückenauge von Epeira diadema im Querschnitt, um ihre Zusammensetzung zu zeigen (Imm. 2. II. 590). — Sowohl in Fig. 21 als in Fig. 20 (das Stäbchen links) sind die Theilungslinien, der Deutlichkeit wegen, markirter angegeben, als der Natur entspricht. Tafel III. Fig. 22. Längsschnitt durch zwei Augen von Lycosa spec., parallel der Medianebene (Vergr. ca. 140). Fig. 23. Fig. 24. Fig. 26. Ale., Ac. nitr. — Der Schnitt entspricht dem in Fig. 18 von Epeira gezeichneten, liegt nur umgekehrt. A demnach vorderes, B hinteres Auge; ersteres ist viel kleiner als das letztere, ent- spricht aber hinsichtlich der relativen Lage der Kerne (X.) zu den Stäbchen, sowie hinsichtlich der Musculatur dem mit A bezeichneten in Fig. 18, sowie auch B dem dort mit dem gleichen Buch- staben bezeichneten. — Die Kerne sind mit Haematoxylin tingirt. Dicke der vordern Linse . — 0,093 mm „ "ealinternese, Se ee EAN PO Länge der Glaskörperzellen des vordern Auges — 0,1 n ” ” » „ hintern ” = 02 ” „ „ Stäbchen g N yore Dicke der Gesammtretma . ; ee ul. Stück der Retina nebst den angrenzenden Hinterenden der Glaskörperzellen eines hintern Auges von Lyceosa spec. (E. II. 350). Ale. — Pigment noch erhalten, Haematoxylinfärbung. Zur Demon- stration der relativen Lage der Retinazellenkerne (X’.) zu den Stäbchen (St!.), welche im Pigment versteckt liegen. Die Zeichnung ist den peripherischen Theilen der Retina entnommen. Anordnung der Stäbchen auf der Retina eines der Augen des hintersten Paares von Lycosa spee. (DD. II. 235). Die Stäbchen, die hier nicht einzeln gezeichnet sind, erscheinen auf Flächenansichten der Retina in einer solchen Schlangenlinie neben einander angeordnet. _ Längsschnitt durch eines der äussern Vorderrandaugen von Salticus spec. (DD. II. 235). Ale., Ac. nitr.; Tinetion durch langsam gelöstes Augenpigment. Die Kerne der Retinazellen (X.) bilden eine ringförmige Anhäufung um das Auge; mit ihren zugehörigen Retinazellen stehen sie nur durch die feinen Fäden (F.), welche zwischen Glaskörper und Retina eine ansehnliche Lage bilden, im i Zusammenhang. — Die mit Gf. (?) bezeichneten, in verästelten Zügen aus dem Optieus in die Retina eintretenden Zellkerne gehören vermuthlich zu einem in das Auge eintretenden Blutgefäss. Dicke der Linse . . . . = 0,14-0,16 mm Durchmesser der Linse — 0,21—0,22 „ Länge des Glaskörpess . . = 0,18-02 „ „ der Stäbchen — 0,12—0,15 ,„ Tafel IV. Stück eines Schnittes quer durch ein solches Auge (Fig. 25, Taf. III), schräg, etwa in der Richtung des Pfeiles in Fig. 25 geführt (E. II. 350). Ale. — Man erkennt aus dem Querschnitt der Stäbchen (f.) ihre Zusammensetzung aus zwei Hälften, ferner die Fäden, welche zu der pigmentirten Zone der Retina- zellkerne (K.) verlaufen, und unter ihnen durchscheinend die hintern Enden der Glaskörperzellen. . Ein Auge des hintersten Paares von demselben Thiere (DD. II. 235). Alc., Ac. nitr. — Der Bau des Auges ist der gleiche, wie in Fig. 25, abgesehen von dem Ueberwiegen des Querdurchmessers. . Inneres Vorderrandauge desselben Thieres im Längsschnitt (CC. II. 145). Ale., Ac. nitr. — Das Auge ist durch die ungeheure Entwickelung des Glaskörpers in Oylinderform verlängert; die Elemente des hintern Theils dieses letzteren (G@%’.) sehen aus wie ein vegetabilisches Zellgewebe. — Das Pig- ment in den peripherischen Zellenenden des Glaskörpers ist noch als erhalten gezeichnet. Die Retina Fig. 29. Fig. 30. Erklärung der Abbildungen. 175 zeigt vorn eine centrale trichterförmige Vertiefung, vor den Stäbchen eine anscheinend aus Fäden gebildete Schicht (F.), und die Kerne derselben befinden sich hinter den Stäbchen. Diese sind in der Mitte der Retina besonders lang und sehr fein. Länge des ganzen Auges 1,25 mm. Dicke der Linse . —Z0P He Durchmesser derselben — a0 Te; Länge des Glaskörpers —Z0 De, Länge der peripherischen St; Ahehen — (0,036 „ Schnitt durch ein Auge von Pulex canis, frontal (E. II. 350). Alec. — Das pigmentfreie Auge ist von einer dunkel tingirten Chitinkapsel (C#.) umhüllt, an welche sich Muskeln ansetzen. Im Innern derselben sind die Elemente des Glaskörpers (G@%.), sowie Andeutungen der Stäbchen (St.) vor der Opticusausbreitung (R£.) zu erkennen. 7r. — Tracheen; M. = Muskeln. Länge des Auges . . . . = 0,126 mm Grösste Breite desselben — N) Durchmesser der Linse . . = 0,06 " Dicke n .; ı = MI Länge der Clhckönperzeilene = Dicker der Retimar. car —20:00977, Tafel V. Stemma von Musca vomitoria im Längsschnitt (E. II. 350). Ale., Ac. nitr. — Die einzelnen Bestandtheile des Auges sind noch alle deutlich zu erkennen. Das Stemma sowohl, wie der Sehnerv, sind umgeben von Zellen des Fettkörpers (F%.), zwischen denen Tracheen (7y.) verlaufen. Länge des ganzen Auges —= No) mn Dicke ” ” ” — 0,066 „ Durchmesser der Linse . —z0.0552 Dicke‘ derselben — 0062, „ des Glaskörpers 0012 Länge der Retinazellen (ohne Stäbchen) = N ” „ längsten Stäbchen. . . . = 0,024 „ Fig. 31. Stemma von Vespa communis im Längsschnitt (DD. II. 235). Ale., Ac. nitr. — Die Linse ist in ihrer innern Hälfte stark durch das Schneiden zerklüftet. Zwischen sie und die Retina schiebt sich die sehr dünne, in der Darstellung hier etwas schematisirt gehaltene Schicht der Glaskörper- zellen (@%.) ein. Länge des ganzen Auges — ca. 0,47 mm Dicke desselben . =: 0,36 „ Durchmesser der Linse = 0230, Dicke r a2 — 0,26 „ „ des Glaskörpers —2033.0:006,, „etderolsetnasse 2. 20:20, Fig. 32. Vorderenden einiger Retinazellen desselben Auges (Imm. 2. II. 590), um die plattenförmigen, zwei- theiligen Stäbchen zu zeigen. Stäbchen bei den mit « bezeichneten Retinazellen im Profil, bei den mit b bezeichneten von der Fläche gesehen. Fig. 33. Dieselben Elemente im Querschnitt, bei gleicher Vergrösserung. Durchmesser der Retinazellen ca. 0,005—0,008 mm. Fig. 34. Schnitt durch ein Stemma von Crabro eribrarius (CC. I. 145). Pikrinschwefelsäure, Ale., Ac. nitr., Haematoxylin. — Retina sowohl wie Glaskörper, dessen Elemente hier ebenfalls äusserst klein sind, haben sich von der Linse losgelöst; letztere ist durch eine tiefe, ringförmig verlaufende Furche in ihrer Aequatorialgegend in zwei Hälften getheilt. (Z., L/.) Fig. Fig. Fig. . 35. . 36. 238: 99. . 40. 41. Erklärung der Abbildungen. Länge des ganzen Auges . . = 0,4 mm Durchmesser desselben... =04 ,„ n deralnnseg. re. 2033 Dicke a — ME Stemma von Phryganea grandis, im Mnknasschuitt (DD. HD. 235). — Alc., Haematoxylin. — Der Schnitt ist mehr durch die Seitentheile des Auges gelegt; die innere Wölbung der Linse ist bedeckt mit den epithelartigen Elementen des Glaskörpers. — Die Retinazellen sind ohne Stäbchen und ohne Pigment, sie tragen die Kerne vorn. Auge von Calanella mediterranea, 9, juv., von oben (Imm. 2. I. 590). Osmiumdampf. — Man sieht nur die paarigen Theile, die nach oben und aussen gerichtet sind; von den dazu gehörigen Pigmentplatten kommt nur der nach oben geschlagene hintere Innenrand (Pg.) zur deutlichen An- sicht. Pg’. — Pigmentplatte des untern, unpaaren Theils. — Die Zellen der paarigen Theile sind hier, wie in den folgenden Figuren, mit denselben römischen Zahlen (I—VIII) bezeichnet. — N. fr. — Nerven, welche durch die Hülle des Auges hindurch nach der Stirn treten. Tafel VI. . Auge von Calanella mediterranea, ausgebildetes Weibchen, von oben (Imm. 2. I. 590; Fr einige Details mit Imm. 3. I. 760). — Pikrinschwefelsäure. Pigment zerstört, wodurch die einzelnen Zellen in ihrer Lage, sowie auch in ihrem Zusammenhang mit den Nervenfasern deutlich werden. x. — wahrscheinlich ein Kern, der zur Matrix der Cuticula des Auges gehört. Länge des Auges — 0,06 mm Breite „ vellid . j Auge von Calanella mediterranea, 9, juv., von der Bauchseite (Imm. 2. II. 590). Osmium- dampf. — Die Zellen des unpaaren, unteren Theiles sind hier mit arabischen Zahlen (1—6) bezeichnet; die römischen s. ob. Fig. 36. Py. — Pigmentplatten der paarigen Theile; Py/. — Pigmentplatte des unpaaren Theiles. A. Linse des rechten Seitenauges von Copilia denticulata, von unten gesehen, frisch (DD. II. 235). 2’. = Linsenantheil der Cuticula; L’. — dahinter gelegene, weit stärkere Gallertlinse. At. — Antennen; N. — Nerven unbekannter Bedeutung, welche zur Cutieula treten. Durchmesser der Linse == 0,22—0,24 mm Dicke derselben .. . = 0,12 ” . B. Das eigentliche Auge, der sog. „Pigmentkörper“ nebst „Krystallkörper“ desselben Thieres von derselben Seite; der Raumersparniss wegen für sich gezeichnet, mit Auslassung der langen Nerven (N—N), die sich vom Krystallkörper (K%.) nach der Peripherie der Linse hin erstrecken. & kleine, dem Krystallkörper seitlich anhaftende Pigmentanhäufung. M. einziger deutlich quergestreifter Muskel des Auges, seitlich zum Integumente tretend. Ganze Länge des Pigmentkörpers, im Bogen gemesen . . = ca. 0,4 mm Entfernung des Krystallkörpers, vom Hinterrande der Linse = „ 0,9—1,0 „ Krystallkörper und vorderer Theil des Pigmentkörpers desselben Thieres, rechte Seite, von oben (Imm. 2. II. 590). Pikrinsalpetersäure. — x (vgl. Fig. 39, B) zeigt einen schräggestellten, licht- brechenden Körper im Innern. K. die drei Kerne vor dem Vorderende der Stäbchen $8. Länge des Krystallkörpers — 0,066 mm Breite „ — 0,042 , Dicke des Pigmentkörpers = 0,012—0,015 „ Linkes Auge von Sapphirina fulgens, von oben, frisch (DD. II. 235). L. Linse, d.h. innerer, gallertartiger Theil derselben (wie in Fig. 39, A). Md. unpaares medianes Auge. — Am Pigment- körper sieht man die Stäbchen ($#.), sowie, vor diesen, einen rundlichen lichtbrechenden Körper (y) durchschimmern. Bedeutung der übrigen Buchstaben wie in den vorhergehenden Figuren. Durchmesser der Linse — ca. 0,075 mm. . Seitenaugen von Sapphirina, freipräparirt, etwas gedrückt (E. II. 350). Osmiums., Alec. — Die Krystallkörper sind besonders stark gedrückt, so dass sie Falten auf ihrer Fläche zeigen; auch die Fig. 44. Fig. 46. Fig. 48. Erklärung der Abbildungen. ulzer Pigmentkörper sind comprimirt, wodurch, besonders in dem rechts gelegenen Auge, die im Innern derselben gelegenen Stäbchen (Sf.) sehr deutlich hervortreten. x lichtbrechende Körper, die in einer dem Krystallkörper seitlich ansitzenden Pigmentinsel liegen, welch letztere bei der Ansicht Fig. 41 nicht sichtbar ist. y wie m Fig. 41. Länge des ganzen Auges. . = ca. 0,18 — 0,22 mm r „ Pigmentkörpers . = „ 0,075—0,09 „ . Rechtes Auge von Sapphirina, von oben, Vordertheil (Imm. 2. II. 590). Osmiums., Ale. — Bedeutung der Buchstaben wie vorhin; ci. Cuticula des Pigmentkörpers; K. die drei Kerne, welche vor den Stäbchen gelegen sind, wie in Fig. 40. Tafel VII. Stück eines senkrechten Schnittes durch das zusammengesetzte Auge von Tipula spec., drei Einzelaugen darstellend (Imm. 2. II. 590). Alc., Ac. nitr., Entfärbung nicht vollständig. — Hinter jeder Corneafacette (Zf.) liegen vier Krystallzellen (Xz.), von denen nur zwei dargestellt werden; der hintere, verengte Theil derselben wird von zwei Hauptpigmentzellen (Pg’.) um- schlossen. — An diese schliesst sich die Retinula (Rl.) an, aus sieben Zellen (sechs peripherischen, einer centralen) bestehend, von denen nur je drei gezeichnet sind. Zu jeder derselben gehört ein Stäbchen (St., 81!.). Die centralen Stäbchen (S7.) sind vorn quer durchgebrochen, das vordere Stück hängt mit den Krystallzellen zusammen. — 7y’’. Nebenpigmentzellen, Pigmentzellen zweiter Ord- nung. — n. Kerne der Retinulazellen. ci. innere zarte Outicula, durch welche die Fasern des Opticus treten. Durchmesser einer Facette Dicke u » ad Länge eines centralen Stäbchens 0,027 mm 0.025, 0,028—0,03 III . Durchschnitte durch drei Retinulae, in verschiedenen Höhen, um das Verhalten der Stäbchen zu den Retinulazellen, sowie die Zahlenverhältnisse der letzteren zu zeigen (Imm. 2. II. 590). Ale., Ac. nitr. — A. Schnitt aus dem vordersten Theil, B. aus der Mitte, ©. durch das hinterste Ende des centralen Stäbchens. Senkrechter Schnitt durch drei Facetten von Ctenophora flaveolata, eine vierte ist gestreift (F. II. 550). Alec., ohne Pigmentzerstörung. Der Schnitt ist dem Randtheile des Gesammtauges entnommen. Bedeutung der Buchstaben wie oben in Fig. 44. Durchmesser einer Facette . — (0,027 mm Dicke = er a He: Länge eines centralen Stäbchens . = 0,05 „ , „ peripherischen „, ——Z 00 . Einzelauge desselben Thieres, aus der Mitte des Gesammtauges, mit Ac. nitr. entfärbt (Imm. 2. I. 590). Es wurden zwar die peripherischen Stäbchen, aber nur zwei der zu ihnen gehörigen Retinula- zellen wiedergegeben. Länge der Krystallzellen 0,036 mm „ „ Centralstäbchen . — 0,056 , ss „ peripherischen Stäbchen Fr (0 0:02 Entfernung der innern Cuticula von der Cornea — 0,935 „ Flächenschnitt durch das Auge desselben Thieres, ohne Entfärbung (F. II. 550). Links sind die Corneafacetten im Querschnitt, umgeben von intensiv tingirten Säumen; bei X. treten die vier Krystall- zellen auf; weiter nach rechts zuerst die centralen Stäbchen allein, hervortretend aus den Haupt- pigmentzellen; dazu ihnen kommen endlich noch die peripherischen. . A, B. Eine Retinula nebst Krystallzellen aus dem Auge von Notonecta glauca (E. II. 350). Frisch. Bei B der aus den zugehörigen Hauptpigmentzellen gebildete Becher, welcher die Krystall- zellen umgiebt. — Die Retinulazellen sind durch Quellung etwas auseinander gewichen, und man erkennt sowohl das centrale (St’.) als die peripherischen Stäbchen (S?.) eine Strecke weit. Ganze Länge der Retinula == ca. 0,25 mm Länge der Krystallzelen . — 0,042 „ Grenacher, Untersuchungen über das Sehorgan der Arthropoden. 93 178 Fig. Fig. Fig. Fig. 61 50. I il 92, . 59. . 54. 55. 56. ar Qt an Erklärung der Abbildungen. Querschnitt durch drei Retinulae desselben Thieres (E. II. 350). Ale., Ac. nitr. in mässiger Ein- wirkung, so dass das Pigment nicht völlig zerstört ist. — Pg’’. fadenförmige Pigmentzellen zweiter Ordnung im Querschnitt. — Der Schnitt geht durch den vordern Theil der Retinulae. Eine Retinula nebst Krystallzellen von demselben Thier (E. II. 350). Ale., Ac. nitr. — Im hintern Theile der Retinula sind stark lichtbrechende Körner eingelagert, zwischen denen die Kerneder Retinula- zellen durchschimmern. Eine Retinula desselben Thieres, nach kurzem Verweilen in Alec. in Wasser gebracht, wodurch die einzelnen Retinulazellen vorn auseinandertreten. Dieselbe Vergr. — Pigment noch erhalten. St!. centrales Stäbchen. Die einzelnen Stäbchen desselben Thieres nach längerer, intensiver Maceration mit Ace. nitr. freigelegt. Gleiche Vergr. Zwei Einzelaugen von Forficula auricularia (E. II. 350). Ale., Ac. nitr. — In der Retinula links sind die Stäbchen in der Längsansicht, in der rechts gelegenen aber im optischen Längsschnitt gezeichnet. Durchmesser der Facette = 0,033 mm Dicke h 5 ;» = 0,023, Länge der centralen Stäbchen . — 0,04 ,„ 5 „ peripherischen „ — 00322: Dicke des Gesammtauges — Querschnitt durch zwei Retinulae desselben Thieres, um die Zusammenfügung der peripherischen Stäbehen zu zeigen. — Gleiche Vergr. wie vorhin. Die Kerne um die Retinulae gehören zu Pigment- zellen zweiter Ordnung. Durchmesser einer Retinula —= 0,024 mm. Zwei Einzelaugen aus dem Facettenauge von Melo& proscarabaeus (Imm. 2. II. 590). Alc., Ac. nitr. — Linke Retinula mit Längsansicht, rechte mit optischem Längsschnitt der Stäbchen. — Die Krystallzellen sowohl wie die Hauptpigmentzellen sind wegen mangelhafter Erhaltung des Exemplars nicht mehr speciell nachzuweisen. . Querschnitt durch eine Retinula desselben Thieres, dieselbe Vergrösserung und Behandlung. . Eine Facette_ nebst Retinula aus dem Auge von Saperda Carcharias (E. I. 350). Ale., Ac. nitr. — Retinula im optischen Längsschnitt. Die Stäbchen endigen nach hinten ohne scharfe Abgrenzung. Durchmesser einer Facette . = 0,045 mm Dicke n > — 0,096 „ Länge der Krystallzellen De zur Beiinula — 0,021: , Länge der Retinula ca. 0,135 —0,14 „ Durchmesser derselben MR: > 0,024 ,„ Länge der Stäbchen . . . . 5 0,075 „ . Drei Retinulae aus dem Auge desselben Thieres im Querschnitt, dicht hinter dem Vorderende. Gleiche Vergr. II . Zwei Facetten nebst den vordern Enden der Retinulae von Tabanus bovinus, als Typus eines pseudoconen Auges; links in der Längsansicht, rechts im optischen Längsschnitt (Imm. 2. II. 590). Ale., Ac. nitr. — Hinter den Linsen der Cornea erblickt man den Raum des Pseudoconus (Ps. (.), eingeschlossen von den beiden Hauptpigmentzellen (Py’.), und nach hinten begrenzt von den vier Krystallzellen (Kz.). Zwischen den Retinulae liegen zahlreiche Tracheenblasen (77.). Durchmesser der Facette. . . . .. = 0,054 mm Dicke n e — 20,054, Entfernung der Retinula von der Vorcea — 70,008; Durchmesser der Retmula 2.2222 —0,027 . Querschnitt durch einen Pseudoconus aus dem Auge desselben Thieres (Imm. 2. II. 590). Gleiche Behandlung. Pg’. Hauptpigmentzellen; Pg’!. Pigmentzellen zweiter Ordnung. Kz. Krystallzellen. Fig. Fig. 63. Fig. Fig. 62. 64. 65. . 66. Ste . 68. 8. 69. il: 3 lo or Erklärung der Abbildungen. 179 Zwei Retinulae desselben Thieres, im Querschnitt (Imm. 2. II. 590). Ale., Ac. nitr. — Die Retinulae sind von den Tracheen (7r.) eingeengt; die Zellen der ersteren sind nur undeutlich von einander gesondert. Zu jeder gehört ein Stäbchen; eines von den sieben tritt mehr als die übrigen in’s Lumen des von den Zellen gebildeten Rohres vor, und spielt so gewissermassen die Rolle eines Centralstäbchens. Tafel VII. Zwei Facetten nebst Zubehör aus dem Auge von Musca vomitoria (Imm. 2. II. 590). Ale. — In den conischen, von den Hauptpigmentzellen umschlossenen Hohlräumen sind die sehr zarten Reste der Pseudoconi (Ps. C.) noch zu erkennen. — Bei x. die Verlängerung der Vorderenden der Stäbchen zwischen die Krystallzellen hinein. — Py’. kugelige Pigmentzellen zweiter Ordnung mit Ausläufern. Durchmesser der Facette. . . ... = 0,03 mm Dicke » NONE Länge des Pseudoconus . . . ... = (0,036 „ Entfernung der Retinula von der Cornea == 0,042 „ Querschnitt durch den Pseudoconus desselben Auges (Imm. 2. II. 590), um die vier im Innern des selben gelegenen Stränge zu zeigen (Ps. C.). Vorderende einer Retinula von Musca vomitoria, frisch, in Wasser (Imm. 2. II. 590). Zellen- körper der Retinula durch Quellung verändert. Um die Vorderenden der Stäbchen (x.) zu zeigen, welche sich (vgl. Fig. 63, x.) zwischen die Kırystallzellen einfügen. Pseudoconus und Vordertheil einer Retinula von Sarcophaga carnaria (E. II. 350). Frisch in Jodserum. Um die Pigmentvertheilung zu zeigen. An den Hauptpismentzellen (Pg?.) erkennt man eine der trennenden Nähte, sowie die Kerne; ferner schimmern die Krystallzellen hindurch. Nach Entfernung der Corneafacette sieht man in die Tiefe eines Pseudoconus desselben Thieres hinein (E. II. 350). Frisch. — In der Tiefe des Hintergrundes erkennt man die Vorderenden der Stäbchen dicht aneinandergedrängt. Querschnitt durch die keulenförmigen rothen Pigmentzellen zweiter Ordnung desselben Thieres, in ihrer natürlichen Anordnung um die Retinulae (die nicht gezeichnet sind). (E. II. 350.) Zwei eucone Einzelaugen aus dem Facettenauge von Corethra plumicornis (Larve), ohne die zugehörige Cornea (E. II. 350). Das rechts gelegene (1) nach Einwirkung von Plat. chlor. und Chroms., das links gelegene (2) nach Erhärtung in Ale., beide mit Ac. nitr. entfärbt. ». sog. „Semper’sche Kerne“, d. h. Kerne der Mutterzellen der Krystallkegelsegmente. Länge der Kıystallkegel = 0,02 mm Dicke „ „ = 0,012 „ Länge der Stäbehen . . = 0,012 — 0,015 „ Querschnitt durch drei Retinulae desselben Thieres, ebenfalls von der Larve (Imm. 2. I. 590). Um die Zahl und Anordnung der Stäbchen zu zeigen. Vordertheil zweier Einzelaugen aus dem Facettenauge von Apis mellifica (Imm. 2. II. 590). Ale., Kali causticum. »n. Semper’sche Kerne. Rm., Rhabdom, aus den vereinigten Stäbchen der Retinula gebildet. — Schattirung der Krystallkegel etwas zu stark ausgefallen, da sie nur schwach lichtbrechend sind. Länge der Krystallkesel . . = 0,057—0,06 mm Dicke derselben an der Basis = 0,015—0,018 „, Dicke einer Retinula (vorn) . — 0,015 „ Dicke eines Rhabdoms. . . = 0,003 ,, Querschnitt durch eine Anzahl Retinulae desselben Thieres, um Form und Anordnung der Retinula- zellen, deren hier acht vorhanden sind, um das Rhabdom zu zeigen. An letzterem ist eine Theilung in Stäbchen nicht zu erkennen (Imm. 2. II. 590). Ebensolche Querschnitte von Vespa crabro (Imm. 2. II. 590). Ale., Ac. nitr. — Dicht hinter dem Krystallkegel entnommen. Hier ist die aus acht Zellen bestehende Retinula, um das anscheinend einfache Rhabdom gelagert, noch deutlicher zu erkennen. 23% 180 Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 74. 75. 76. Me 18. „Ss. Erklärung der Abbildungen. Durchmesser einer Retnulla = 0,02 mm ; eines Rhabdoms — 0,0018—0,002 „, Retinulaquerschnitte von Cicada grossa (?) (Imm. 2. II. 590). Ale. — a. dicht hinter dem Kıystallkegel; b. näher an der Mitte. — Die Retinula ist hier ebenfalls deutlich achttheilig. Durchmesser der Retinula — 0,025 mm. Zwei Einzelaugen aus dem facettirten von Periplaneta orientalis (E. IH. 350). Ale., Ac. nitr. — Das Rhabdom (Rm.) weicht hier nach vorn in vier Theile auseinander, welche die Spitze des Krystallkegels zwischen sich aufnehmen. Die Hauptpigmentzellen kamen nicht zur Beobachtung. Durchmesser einer Facette . . . =0,03 mm DickereinergRlacettiern rn 0,036, Länge des Kıystallkegels . . . . = 0,086 „ Durchmesser des Rhabdoms (unten) — 0,009 „ Querschnitte durch den Krystallkegel (1) und Retinula nebst Rhabdom (2—4) in verschiedenen Höhen, von demselben Thier (E. II. 350). In (1) sieht man bei Rm. die vier divergirenden Blätter des Rhabdoms durch den Kıystallkegel hindurchschimmern. Zwei Einzelaugen aus dem zusammengesetzten von Gryllotalpa (E. II1..350). Ale., Ac. nitr. — Das viertheilige Rhabdom ist ebenfalls, aber in weit geringerem Maasse, gespalten; der Krystallkegel links ist in stark geschrumpftem Zustande dargestellt. n. Kerne der Retinulazellen. Aus dem Auge von Necrophorus, vorderer Theil der Retinulae, Krystallkegel etc. (Imm. 2. II. 590). Ale. — Die vordern, glatten Flächen der Corneafacette sind nicht mit gezeichnet. Die Krystallkegel (Kr.) sind kurz; ihre Segmente sind von einander isolirt, und stecken in ihren sehr grossen Mutter- zellen (Xz.). — Die Retinulae sind im optischen Längsschnitte dargestellt. Dicke der Facetten . = 0,07 mm Länge der Retinula . —, Domes > „ Mutterzellen der ee — 0,039—0,04 ,„ ” „ "Kıystallkegelsesmante ... = 0.02, . Querschnitt durch drei Krystallkegel desselben Thieres a 22.1172:590): . 80. Querschnitt durch drei Retinulae desselben Thieres (Imm. 2. II. 590). Sowohl Retinula als Rhabdom zeigt deutlich die Zusammensetzung aus sieben Stücken. Drei Einzelaugen aus dem zusammengesetzten von Melolontha vulgaris (E. II. 350). Ale,, Ac. nitr. — Das eine (linke) derselben ist dargestellt, wie es sich mit seinem Pigment vor der Ent- färbung präsentirt, die beiden andern nach derselben. Bei dem mittleren ist der Krystallkegel im optischen Längsschnitt, bei dem rechten aber in der Längsansicht wiedergegeben. Ihre Hülle ver- längert sich stark nach hinten; die Retinula zeigt zwei durch einen fadenartig verdünnten Strang verbundene Anschwellungen (Rl., RI’.), von denen nur die hintere die Cannelirung des Rhabdoms (Rm.), die vordere aber die Kerne der Retinulazellen erkennen lässt. Dickerderl@orneafacetten nr 0 VIE Durchmesseräderselben‘. . re — a0 Länge der Kıystallkegel . . . . — MU Länge des fadenartigen Theils der Krystallkegelkille —Z 0.0455, Länge der Retinulla . . . . er — 0255 Länge der hintern Anschwellng, A a ON . Querschnitt durch sieben Retinulae desselben Käfers, um die Entstehung der Cannelirung derselben durch das siebenfach geflügelte Rhabdom zu zeigen (Imm. 2. II. 590). Durchmesser der Retinula == 0,017 mm. . Eine Retinula von Dytiscus (Cybister), ohne zugehörigen Krystallkegel etc. (E. I. 350). Osm., Ale., Ac. nitr. — In der vordern Anschwellung ebenfalls ein lichtbrechendes Axengebilde, das mit dem in der hintern Anschwellung befindlichen durch einen feinen Faden zusammenhängt. n. Kern hinter dem Hinterende des Rhabdoms. Länge der Retinulla. . . . — ca. 0,45 mm Länge der hintern Anschwellung — ONlDer, Fig. 85. Fig. 86. Fig. 87. Erklärung der Abbildungen. 181 . Querschnitte durch acht Retinulae (hintere Anschwellung) desselben Käfers, um die Viertheiligkeit und die specielle Configuration des Rhabdoms zu zeigen (Imm. 2. II. 590). Ale. Grössere Dimension . = 0,022 mm kleinere 32 = MT 5 Querschnitt durch die vordere Anschwellung der Retinula desselben Thieres, um die anscheinend sechs Zellen um das axiale Gebilde zu zeigen (Imm. 2. II. 590). Einige Querschnitte durch Retinulae von Carabus auratus in verschiedenen Höhen (Imm. 3. II. 1030). Alc., Ac. nitr. Durchmesser der Retmula . = ca. 0,0137 mm „ des Rhabdons —= „ 0,005 Tafel IX. Drei Einzelaugen aus dem zusammengesetzten Auge von Phryganea grandis (E. D. 350). Ale., Ac. nitr. — Das linke vor der Entfärbung gezeichnet. Die Retinula ist überall ziemlich gleichdick, das Rhabdom zeigt in der hintern Hälfte der ersteren eine starke Anschwellung. Die Hauptpigmentzellen wurden nicht erkannt. Im Vordertheil der Retinula liegen Kerne (n.), auch hinter dem Rhabdom wurden noch solche beobachtet (n?.). Durchmesser der Corneafacette . — 0,03 mm Dicke der Corneafacette — 70,024, Länge der Krystallkegel — a Länge der Rhabdomanschwellung = 0,063 „, Fig. 88. Querschnitte durch einige Retinulae desselben Thieres in der Gegend der Rhabdomanschwellung (Imm. 2. II. 590). Alc. — Man erkennt die Siebentheilung des Rhabdoms. Durchmesser des Rhabdoms — ca. 0,014 mm. Fig. 89. Querschnitte durch dieselben, aber weiter nach vorn, in der Region der Zellkerne; gleiche Versr. Die siebenfache Zusammensetzung der Retinula ist deutlich; auch die ungleiche Vertheilung des Pigmentes. Durchmesser der Retinula = 0,016 mm. Fig. 90. Retinula nebst Krystallkegel von Liparis salicis (E. II. 350). Frisch in wässeriger Lösung von Ac. oxal. zerzupft. — Die Hülle des Krystallkegels geht anscheinend continuirlich in den faden- artigen Theil der Retinula über; bei ». liegen in diesem deutlich zählbar sieben Kerne. Von den stark entwickelten Pigmentzellen zweiter Ordnung (Pg”.) sind zwei dargestellt. Die cannelirte An- schwellung des Rhabdoms ist von sehr feinen Tracheen eingehüllt, von denen die hintern Enden gezeichnet wurden (7r.). Länge des Kıystalkesds . »... = 0,054 mm Bangce.der Reunulaeıı Ener ar 04 » Länge der Anschwellung des Rhabdoms — ,‚„ 0,135 „ Fig. 91. Querschnitt durch einige Retinulae desselben Schmetterlings (Imm. 2. II. 590). Alc. — Die Strahlen des Rhabdomquerschnittes sind deutlicher gezeichnet, als sie im Präparate selbst erscheinen. Durchmesser der Retinula == 0,01 mm. Fig. 92. Querschnitt durch den fadenartigen Theil der Retinula desselben Thieres, um die Anordnung der Pigmentzellen um denselben zu zeigen (E. II. 350). Fig. 93. Vorderer Theil der Retinula nebst Krystallkegel von Triphaena pronuba (E. H. 350). Nach kurzer Einwirkung von Alcohol zerzupft. Hinter dem Kırystallkegel befindet sich noch in einer Erweiterung eine stärker lichtbrechende Einlagerung (K%?.). In dem Retinulafaden lassen sich eben- falls leicht (bei n.) sieben Kerne zählen. Fig. 94. Querschnitt durch eine Anzahl Retinulae einer Noctua spec. (Imm. 2. II. 590). Nach Einwirkung von Oxalsäure. Weder das Rhabdom, noch die Grenzen der Retinulazellen sind zu erkennen, aber die constante Siebenstrahligkeit der Querschnitte deutet auf entsprechende Zusammensetzung. Fig. Fig D-* Fig. Fig. b ebh 96: ig. 97. 5 Sk ig. 99. 100. 101. 102. 103. g. 104. Erklärung der Abbildungen. Ein isolirtes Einzelauge von Porcellio scaber (ohne Facette dargestellt) (E. II. 350). Alec. — Pigment noch erhalten; aus seiner vordern Partie ragt der sphäroidale Krystallkegel hervor. Ein ebensolches Auge (F. II. 550). Chroms., Ac. nitr. — Der Krystallkegel, durch die Chrom- säure opak geworden, zeigt seine Zusammensetzung aus zwei Hälften, sowie die ihn umgebende Hülle; die Kerne der letzteren liegen bei n’‘. Z ist die nur aus zwei Zellen bestehende, die Facette innen überziehende Lage, n’. die zugehörigen Kerne. — Die nach vorn über den Krystallkegel über- greifenden, stark pigmentirten Retinulazellen haben ihre Kerne bei n. — N., Nervus opticus. Das ‚ Rhabdom (Rin.) liegt dem Krystallkegel mit seinem Vorderende dicht an. Querdurchmesser des Ba — 0,045—0,54 mm Länge des Rhabdoms . . . .. — 0,027—0,036 ,, Facetten desselben Thieres von innen gesehen, zwei davon mit noch anhaftenden Krystallkegeln, von der dritten ist er losgerissen (E. II. 350). Alec., Ac. nitr. — Z., wie in voriger Figur; n?. ebenso. Pg., pigmentirte Hypodermiszellen zwischen den Einzelaugen. Optischer Querschnitt durch eine Retinula desselben Thieres (F. II. 550). Ale., Kali caust. — Man erkennt die sieben Retinulazellen, sowie das siebentheilige Rhabdom. Schnitt durch ein Auge von Gammarus locusta (CC. I. 145). Ale., Ac. nit. — Der Schnitt ist parallel der Längsaxe des Thieres und senkrecht auf die Längsaxe des Gesammtauges geführt. — Unter der facettenlosen Oornea liegen die Krystallkegel von verschiedener Grösse, nach innen im Connex mit den Retinulae. Dicke der Outicula . . Ez 0,02 mm Durchschnittliche Länge dr en stallkegel — Ca 01055, Br Dicker derselben „7... —z,, 006, Ein Krystallkegel von demselben Thier, mit anhängender Retinula, noch mit Pigment. An ersterem noch die Hülle mit den Semper’schen Kernen (n.) sichtbar (E. II. 350). Ein Kıystallkegel desselben Thieres, frei präparirt, von hinten gesehen (E. II. 350). Die kreuz- förmige Ansatzstelle des Rhabdoms an seiner Spitze weist auf Viertheiligkeit desselben hin. A, B. Zwei Krystallkegel mit noch pigmentirten Retinulae von Talitrus saltator (E. I. 350). Ale. — A. stammt aus der Mitte, B. vom Rande des Gesammtauges, letzteres mit schräger Endfläche. Krystallkegel und Retinula desselben Thieres, bei gleicher Vergrösserung, mit Ac. nitr. entfärbt; man erkennt das stabförmige Rhabdom mit feiner Querstreifung im Innern der Retinula. ». Zell- kerne der letzteren. Länge des Kıystallkegels .. . . = ca. 0,12 —0,14 mm Durchmesser desselben an der Basis = MOD zn Tänserdes; Rhabdoms 7.7. — 0,075—0,09 „, Tafel X. Kıystallkegel mit Retinula aus dem Auge von Hyperia galba (H. Latreillei). (E. DM. 350.) Ale., Ac. nitr. — Der Kıystallkegel, aus den peripherischen Theilen des Auges, ist von einer weiten Hülle (Mz.) umgeben, deren Kerne vorn bei n’. gelegen sind. Z., besondere Zellen um das Hinterende des Krystallkegels. Das fein quergestreifte Rhabdom hat in seinem Innern einen deutlichen Canal. Länge des Krystallkegels hier —= 0,5—0,6 mm (sonst auch weit darüber), Durchmesser desselben . . . = ca. 0,03 „, Länge des Rhabdoms . .. = ,„ 0,16 „ a., b. Querschnitte durch den Krystallkegel desselben Thieres in verschiedenen Höhen, um das Verhalten desselben zu seiner Hülle (Mz.) zu zeigen. a., b., c. Querschnitte durch die Retinula desselben Thieres in drei verschiedenen Gegenden (a. oben, b. Mitte, c. unten). (Imm. II. 590.) An allen ist die Zusammensetzung der Retinula aus fünf Zellen, an den beiden ersteren auch die des Rhabdoms aus ebensoviel Stäbchen, sowie der centrale Canal desselben zu erkennen. Fie. 107. Fig. 110. Fig. 111. Bier 612, ‚Big, 113. Fig. 114. Erklärung der Abbildungen. ; 183 Durchmesser der Retinula, oben (a.) . —= 0,015—0,018 mm „ des Anden in der Mitte (b) — 0,009 „ Zwei Einzelaugen von Branchipus stagnalis (E. II. 350). Ale., Ac. nitr. — In den grossen Zellen (Mz.), welche den eiförmigen Kıystallkegel (K%.) ausscheiden und umschliessen, waren die Semper’schen Kerne nicht mehr zu erkennen; an ihrem imnern Ende zeigen sie stark lichtbrechende Partien (K%?.), mit denen sie etwas in die Retinulae sich einsenken. Die Gestalt der Vorderenden dieser letzteren wegen mangelhaften Erhaltungszustandes nicht speciell ausgeführt. Länge der Hülle um die Krystallkesel — 0,075 mm r „ Krystallkegel — 0,03 —0,033 „, Durchmesser der Krystallkegel —Z0,018-0,02185,; Länge des Rhabdoms — 0,12 —0,15 , Dicke der Retinula (hinten) = O2, „ des Rhabdoms = 0,002 „, Einige Retinulae von demselben Krebs, im Querschnitt (E. II. 350). Ale., Ac. nitr. — Die Retinulae erweisen sich ebenfalls als fünftheilig. Zwei Einzelaugen aus dem zusammengesetzten von Apus cancriformis (E. I. 350). Ale., Ac. nitr. — Hinter der glatten Cornea liegen die Krystallkegel, vor welchen sich, innerhalb der sie umgebenden Hülle, noch die Semper’schen Kerne erkennen lassen (n?.).,. — In den Retinulae lassen sich mit Bestimmtheit fünf Kerne (n.) zählen. Länge der Kıystallkegel — 0,06 mm Dicke „, — 0035 Länge der Rekmula : — 0,075—0,08 ,, „ des Rhabdoms = 0,033 „, Schnitt durch einen Augenstiel nebst Auge von Mysis vulgaris (CO. II. 145). Ale. — Hinter den Corneafacetten erkennt man die ihnen anhaftenden ner schen Kerne (n.), hinter den Kıystallkegeln die grossen dicht gehäuften Kerne der Retinulazellen (n»?.). Hinter dem die Rhabdome einhüllenden, das Auge nach innen begrenzenden Pigmentgürtel erkennt man die Ausstrahlung der Opticusfasern (N.), durchzogen von Blutgefässen (Cp.). Die massenhaft zwischen der äusseren Cuticula und den Ganglien gelegenen Kerne (Km.) bilden vor dem ersten Ganglion (G.) eine doppelte Lage (Km’., Km’’.), zwischen denen die Fasern des Opticus als äusserst feine Fäden (N’.) zum Vorschein kommen. Zwischen den einzelnen Ganglien (@., @’., @’., @’!!.) beobachtet man mehr oder weniger regelmässige Kreuzungen der Opticusfasern (N’’., N!!,, N!) M., Muskeln zur Bewegung des Augenstiels. Länge des ganzen Augenstils . ..... = 12 mm Grösste Breite desselben = MD 5 Mittlere Dicke des eigentlichen een ron ls Cornea bis zur inneren Pigmentgrenze) —= NE Länge der Krystallkegel — O:07D22%, Dicke „ = = AL Ein Kıystallkegel nebst zugehöriger ee von Tihiere (E. II. 350). Ale., Ac. nitr. — d., spitzenförmige Vorragung der Cuticula nach innen. st., wahrscheinliche Verlängerung der Mutterzelle des Krystallkegels zum Rhabdom hin. Ansicht der Cornea desselben Krebses von innen, bei gleicher Vergrösserung. — d., wie in Fig. 110. Anlage des Krystallkegels bei einem ca. 3,5 mm langen Embryo desselben Thieres (E. II. 350). Ale., Ac. nitr. Länge des ganzen Complexes . = 0,043 mm Durchmesser des Kıystallkegels = 0,008 „, Zwei Rhabdome von Mysis flexuosa (Imm. 2. II. 590). Ale. — st., wie in Fig. 111. — Die mit deutlicher Plättchenstructur versehenen Rhabdome verlieren sich nach innen in einem graugelben, erdigen Pigment. Länge eines Rhabdoms . = 0,025 mm Dicke eines solchen, vorn = 0,008 „, Fig. alre 8. 118. 5. al . 120. g. 121. . 122. ig. 123. . Erklärung der Abbildungen. Querschnitt durch vier Rhabdome der gleichen Art, bei derselben Vergrösserung, um die Vier- theiligkeit derselben zu zeigen. Ein kleines Stück aus dem in Fig. 110 dargestellten Präparat, von der vorderen Wölbung der ersten gangliösen Masse (G.) (Imm. 2. II. 590). Bedeutung der Buchstaben wie in Fig. 110. Auch in der Nervenkreuzung N’’. sind Blutcapillaren kenntlich (Op.). Durchmesser der Kerne (Km?.) = 0,005 mm Diekerder, Schichtu W227. —700255%, Tafel XL. Zwei Einzelaugen von Palaemon squilla (E. II. 350). Alec; das linke davon vor, das rechte nach der Entfärbung mit Ac. nitr. dargestellt. n., die dicht hinter der Facette liegenden Semper’schen Kerne; hinter diesen die vorderste Ausscheidung stark lichtbrechender Masse (KR!) in den Krystallkegel- Mutterzellen; am hintern Ende der letzteren die hinterste (K%2.) in Gestalt eimes Hohlkegels. Der eigentliche Krystallkegel (X%.) liegt in der Mitte. Die Retinula umschliesst das spindelförmige, quergestreifte Rhabdom (Rm.), sowie die an ihrem Vorderende gelegenen Kerne (n?.). Vor ihr liegt eine starke Pigmentanhäufung (P9.), welche den hintern Theil der Krystallkegel - Mutterzellen umschliesst. Vom Opticus her treten Streifen dunkeln, erdigen Pigmentes (Py.) ein, welche zwischen den Krystallkegeln arcadenartige Schleifen bilden. Durchmesser einer Facette .. = 0,042 mm Dicke ” ” er 0,02, Distanz von der Facette bis Ak. = O:07DE, Länge des Kıystallkegels X%. = 0,0755, Von K%. bis zur Retinula — (Ola I Länge der Retinula = On „ des Rhabdoms — scan NIE A, B. Durchschnitte durch Retinulae desselben Thieres (Imm. 2. II. 590). Alec., Ac. nitr. — A. etwa aus der Mitte, B. vom hintern Ende der Retinula. Man erkennt bei erstern die Vier- theiligkeit des in der Mitte liegenden Rhabdoms (Rm.), sowie die Siebenzahl der dasselbe um- schliessenden Retinulazellen. Durchmesser einer Retinula. = 0,024 mm 33 eines Rhabdoms == ca. 0,01—0,012 „ Der Krystallkegel (K%.) desselben Thieres, freipräparirt (E. II. 350). Ale. — Um seine Gestalt und Zusammensetzung zu zeigen. Querschnitt durch eine Retinula von Portunus Maenas (Imm. 2. II. 590). Alc., Ac. nitr. — Um das dünne, vierkantige Rhabdom, dessen Zusammensetzung nicht zu erkennen ist, gruppiren sich wieder sieben Retinulazellen. Durchmesser der Retinula == 0,025 mm. Querschnitt durch den Krystallkegel desselben Thieres (Imm. 2. II. 590). Durchmesser desselben = ca. 0,029 mm. Querschnitt durch eine Retinula von Squilla mantis (E. I. 350). Alec., Ac. nit. — Der Schnitt zeigt wieder, wie bei Fig. 118, ein viertheiliges Rhabdom umgeben von sieben Retinulazellen. Durchschnitt durch die Cornea von Limulus polyphemus (BB. II. 100). — Um die Schichtung derselben, sowie das Verhalten der Corneakegel zu zeigen. 1., 2., 3. schärfer von einander abge- setzte Schichten, die ihrerseits wieder aus mehr oder weniger feinen Lamellen bestehen; aus der letzten hauptsächlich gehen die Corneakegel hervor. Dicke der Gesammtcornea, bis zur Kegelspitze . = ca. 0,82 mm Höhe der Kegel, von der Schicht 2 an gemessen — „ Os: Dicke derselben imnerhalb der Schicht 3 . . . = „ 0,23—0,26 ,, Breite der Endfläche derselben ......=,„ 0,065 „ Längsschnitt durch ein Einzelauge von Limulus, ohne Cornea (DD. II. 235). Alc., Ac. nitr. — Der nach vorn offene Trichter umschliesst in situ den freien Theil eines Corneakegels, welcher ihn Fig. 125. Fig. 126. Fig. 127. Erklärung der Abbildungen. 185 völlig ausfüllt. Gebildet wird der Trichter von Pigmentzellen (Pg.), von denen sich besonders die innern stark nach hinten verlängern. In dem Innern der massigen, kurzen Retinula (Rl.) erkennt man undeutlich einige Stäbchensäume, welche zu den Zellen derselben gehörend eine Art von Rhabdom bilden. Länge des ganzen Auges. . . — ca. 0,56—0,62 mm Durchmesser der vordern Techeröfnme — 0,33 „ Länge der Retinula. . . = 0,17—0,18 „ Querschnitt durch eime Retinula denselben Mihieres (DD. II. 235). Ale., Ac. nitr. — Die zahl- reichen Retinulazellen umschliessen in ihrem Innern ein strahliges Rhabdom ; die Strahlen entsprechen nach Zahl und Anordnung den nicht überall deutlichen Grenzflächen der kugelförmigen Retinulazellen. Querschnitt durch eine andere Retinula desselben Thieres, dicht vor ihrem hintern Ende (Imm. 2, II. 590). Alc., Ac. nitr. — Um das Verhalten der Stäbchensäume zu ihren Zellen, sowie das Zustandekommen der sternförmigen Figur in Fig. 125 zu zeigen. Zwei Facetten nebst Krystallkegeln von Cantharis fusca (Telephorus £.), zur Vergleichung mit den Corneakegeln von Limulus polyphemus (Fig. 123). x., Masse, welche den Krystall- kegel K%. mit der Oornea verkittet. Grenacher, Untersuchungen über das Sehorgan der Arthropoden. 24 Inhaltsübersicht. Vorwort. Historisch-kritische Uebersicht seit Joh. Müller’s: „Zur vergleichenden Physiologie des Gesichtssinnes* il Bemerkumeensubers Methode, und Technik 59 IS öntersuchungen”: 8° Aa sn es A Be ae ee er ee eo EN HSCchmie Non Sternım A Ave Ausen@dern Schwimmkäferlanvene IFA sen@der Diyatısieuls arvenk Er 2A usen ders Baxvensvone:enliuuse sulleatuser 30 — 2 Augen: vonaSemblıs- (Sialıs-)Parven er: 37 Be AugengemigergArachnidene 30 IP ATSeEEvon@Eh Alan num 40 Zr NET ONE RE TE ae ae ee a A 8 Alten IERr@OEEN o ae 0 e 47 PeNUCen vonESal ee 49 C. Einfache Augen einiger Fnsecten . De en Past Perg esidesig Hiumtd’e/nllollte Se meer er 7 DS E10 ma 010 @Mluls ce .v. Oma 58 3. Stemmata von Vespa communis und von Crabro eribrarius . 2 2 2 2 2 02. 59 A StemmasvonaBhuy ec ame ar enandis 60 D= Einfache, Augen emiger, Gopepoden.. 2 > I Ayusesvont Galanellaumediterr anear 63 2 SeitenaurenWeinizer2 &oryie Velden EG 2. Abschnitt. Vom zusammengesetzten Auge der Inseeten und Crustaceen . .. 3 A. Zusammengesetzte Augen der Insecten 2. u ee er as Aconel Augen, Wr ee O0 1a Auge yonv Dipwlaue pack er so 2 Neo Geenilnoellarzanlleim 0 0 rar BERuB esyonuN[o to met ag eylalulea Br > A AUSENVONT ROLLE ee ee ee Be N ee Er 34 ° Ss Augenvon, Meloee Be te}5) DEpNUSEvonE Sapern. da 56 beubsendoconey Augen . we Eee IPAuGeSvons ab amus Dion tote} 2% AB Son Ninged, vanktinmie, 0 0 0 re ar 90 SpA geRvonE Sar.co pihao an earn a. 91 188 Inhaltsübersicht. c. Eucone Augen B. Zusammengesetzte Augen der Crustaceen il; . Augen der Biene und Hornisse onnuapnr wm Auge von Corethra plumicornis . Auge von Cicada grossa (?) Augen von Periplaneta und Gryllotalpa Auge von Necrophorus Aurekvon@Mie\l'o)lonit/h ae er ee er er . Auge von Dytiscus . 8 y Auge von Phryganea . Auge von Liparis salicis und anderer Nacht- und Dämmerungsfalter a. Typische Crustaceen 1. 5. 6. Auge von Porcellio scaber 2. Augen von Gammarus locusta und Talitrus saltator 4. Augen von Branchipus und Apus, nebst Bemerkungen über die Augen anderer Phyllo- Augen von Hyperia galba und Phronima sedentaria poden Auge von Mysis b Auge von Palaemon squilla, nebst Bemerkungen über die Augen anderer Decapoden b. Augen von Limulus II. Folgerungen 1. Abschnitt. 2. Abschnitt. 3. Abschnitt. Das Stemma und das zusammengesetzte Auge . . .» .. . Der Sehvorgane ım Racettenauge . .. . . u 2 SE re Das Retinaelement im thierischen Auge . . .». 2». 2 2 2.. Nachträglicher Zusatz Hirklörumesder Abbildungen; 0. 0 mar no seen. Mn Bee ERS Druck von Oskar Bonde in Altenburg. e | 171 aa Taf: 1. MS S IM B.-- TINO U nn N Ka Ph j = au "sass 1 Fig. ID. SP. —. Pin Verlag von Vandenhoeck u.Ruprecht in Göttir n. I— 3 rt Q er er ur t Ta£ll. Fi iq. IR. Lith.Anstr; a ‚Funke Leipaig e I) Ay Taf in. N [70 ce JE ER 1 Verlag von Vandenhoeck u. Ruprecht in Göttinger 2 KuAr2 BER, Lt “; Taf. Fig. 29 Fig.27. ee ”- 7) - 7) PRBSGSZ z 9009909000006 ©ooo-, zus > Fig.26 Nop. Pkt Vandenhoeck u Ruprecht De Oh. - Rt-— Gop Nop F iq IA Tr Ih: Rt BYA Taf! 13 = Nop Ip Vandenhoeck u.Ruprecht op: ük, „Vop. Taf ll. Fig,39.A. 1 Fig.39B B.Grenacher ad nat. del = Ethänstw EA Funke, Leipzig Verlag von Vandenhoeck u.huprecht in Götimgen Pr 3 ? - IE lralsarılia I 4 u L >. ET TEN n Al at St 2 ig 8 | x ’ z i x > WY/ TI m at Sr N & 1 “Pr K Fig.60 IS) £ 1 1f. TA \ Us r € ı\ NE ni EEE v E ||| \ an 9 Jam n Ar y E \ | Ay Y >, Al. = Tr ! 31 < - | \ AR } n EN aa} ‚i I Al SE N = 15 : J ESP 14 IN N dx It\ 7 I] 3 Il | SI- Sl st ! Kr Fig.61, M nn Ip BY? ein « ” Er D “ 2 ® x . r ® en Tarlil. Fig.65. Fig.6% Fig.64, R m Fig.66 S = > R R rn RR S R S R in S I SZ Sa Et ee I« W 4 x S wu o s AN] 1 > ® j4 EIRED J ud T Bay — \ in ndenhoeck u Ruprecht in Göttin Verlag von Vaı H-5a Tar IX. 1ig.I0. | Fig.87. I = Fig.89 Kh Ak: R F ig. 99 Fig. 100. I: er kl u en Kl. Fig. il. Ir. Ke Fig.103. Jim. hm Lie Kl ' [ J FE un De IsEh FERN TR Ye / LA AA) ‚ ae U c Ü, ‚ ‘ D i 4, : Hörnacher ad nat.del, Taf: X. Big. 100 hie \ Fig.116 N N N Verlag von Vandenhoeck u.Ruprecht in Göttingen N & ‚ng -1% h / ICE El 3 rc tag so A v A? Ara ih Anst.vE. Funke - w 5 f | . r . [F “ ni im ” BAR j -.« | a D - „ N we a & - ’ Pr = Pe # Taf. Fig. 1 EN N Ah } Fig. IRA: x € IY u Fig. 126: HGrenacher ad nat.del Verlagvon Vandenhoeck u.Ruprecht in Göttingen. 4 ,) / A N 5 2 Ö ala te 20 Bu 2/7 /tsaherus da (gulis, 7 ı 3/, en it RE AntrEAFunke Leipzig u Z ’ „ au = Pic 1# E. k ‘ u = u - L “X [4 Na # Ps x » Fi “ ” b [ze “ * D 4 k - ı (HE # v- ZUR I Ne h ” 5 Mi < | } LU . R #4 = \ ErF 4 7 4 - ar . u N h = j “ "y uf u L - % in) { . Ü 5 > mL YET En ar ui N A Rn N Kin u NEN NEN NEL Ar h e DR ’ 1 A - s Yo yıhr i Fi Au j m MN Mi hy . 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