über reicht vom Verfasser. ^& UNTERSUCHUNGEN '^g^a ÜBER GASTRUL ATION und EMBRYOBILDUNG BEI DEN CHORDATEN VON Y^i-^^^V FR. KOPSCH l DIE MOEPHOLOGISCHE BEDEUTUNG DES KEIMHAUTRANDES UND DIE EMBRYOBILDUNG BEI DER FORELLE MIT 10 LITHOGRAPfflSCHEN TAFELN UND 18 ABBILDUNGEN IM TEXT 1904 VERLAG VON GEORG THIEME LEIPZIG. o : Druck von C. Grumbach in Leipzig. Iiilialtsübersiclit. Seite I. Vorwort i II. Historischer Teil 3 (Die Ansichten übei' die morphologische Bedeutung des Keimhautrandes und über die Embryobildung bei Knochenfischen und Selachiern -von C. Vogt an bis zum Jahre 1898.) A. Vorbemerkungen 3 B. Allgemeine Übersicht 8 C. Erster Abschnitt (von C. Vogt, 1842, bis W. His, 1874) ... 4 D. Zweiter Abschnitt (von W. His, 1874, bis 1898) ...... 10 E. Zusammenfassung 33 Teleostier 33 Selachier 36 F. Fragestellung 37 III. Material und Metliodeii 38 IV. Deskriptiver Teil 46 A. Operationen 1. Operationen am Randring bei schon vorhandenem Knopf a) Operation nur auf einer Seite a) auf älterem Stadium Embryo I 46 ß) auf jüngerem Stadium Operationsstelle 45" vom Knopf entfernt Embryo II . 52 Embryo III 56 Embryo IV 59 Embrvo V 62 Embryo VI 66 Operationsstelle 90° vom Knopf entfernt Embryo VII .. 68 Operationsstelle 180° vom Knopf entfernt Embryo VIII 69 Embryo IX . . 70 Embryo X . . . 71 b) Operation an beiden Randringhälften Embryo XI 72 P51' JV Inhaltsübersicht. Seite c) Operation am Knopf selbst Embryo XII 73 Embryo XIII 74 2, Operationen am Randring vor Bildung des Knopfes 75 a) Operation seitlicli neben der Mittellinie Embryo XIV 76 Embryo XV 80 Embryo XVI 81 Embryo XVII 83 Embryo XVIII 85 Embryo XIX ' 85 b) Operationen in der Mittellinie a) vollständiges Fehlen des Embryos Embryonen XX— XXIV 87 ß) Spaltbildungen Embryo XXV 88 Embryo XXVI 90 3. Bildung des Embryos bei untei-bliebener Umwachsung des Dotters Embryo XXVII 95 B. Volumen berech nun gen 96 1. Vorbemerkungen 96 2. Methotik der Untersuchung 98 3. Übersicht der untersuchten Stadien 102 4. Volumenbestimmungen 102 a) an Keimscheiben, welche sich im Beginn der Ausbreitung be- finden und die untere Keimschicht erst an einem kleinen Teil des Randes gebildet haben 102 b) an Keimscheiben, bei welchen die untere Keimschicht schon an der ganzen Peripherie oder an ihrem grössten Teil vorhanden ist 105 c) an Keimscheiben, welche zwischen den Stadien I und II von Fr. Kopsch stehen 107 d) an Keimscheiben, welche den Stadien IV, V von Fr. Kopsch entsprechen 109 e) an Embryonen bei Dotterlochschluss, welche etwas älter sind als Stadium X von Fr. Kopsch . . 115 5. Ergebnisse der Volumenberechnungen 119 \. Ergebnisse 122 A. Die Ausbreitung des Keims über den Dotter 122 1. Über die Wachstumsriclitung des Embryos 124 2. Die Umwachsung des Dotters 124 B. Bildung und Längenwachstum des Embryos 146 VI. Literaturverzeichnis 157 VII. Tal'elerkläruiig- 163 I. Vorwort. Die folgende Arbeit ist der erste Teil einer Untersuchungsreihe, mit welcher ich seit dem Jahre 1893 beschäftigt bin und welche mit der soge- nannten Gastrulation des Froscheies beginnend, allmählig immer weitere Ausdehnung gewann , da es sich immer deutlicher herausstellte , dass ohne eine auf eigenen Untersuchungen gegründete Kenntnis von der Entwicklung der bekanntesten und infolge ihrer leichten Zugänglichkeit am häufigsten untersuchten Vertreter der einzelnen Wirbeltierklassen eine kritische Sichtung und richtige Würdigung der besonders auf dem Gebiete der Gastrulation und Embryobildung sich unvermittelt gegenüberstehenden Mei- nungen nicht zu erreichen ist.' Mit den bisher am meisten angewendeten Methoden der Beobachtung des lebenden und des Zerlegens des abgetöteten Materials sind bei unserem Gegenstande zwingende Beweise weder nach der einen noch nach der anderen Seite bisher beigebracht worden; vielmehr hat die Zahl der in grösserem oder geringerem Grade voneinander abweichenden Ansichten sich mit der Zunahme der Arbeiten mehr und mehr vergrössert. In Ermanglung einer bisher noch nicht untersuchten Spezies, an welcher vielleicht manche der streitigen Punkte hätten erledigt werden können, bleibt es nur übrig, mit neuen Methoden an die Bearbeitung des schon oft untersuchten Materials heranzugehen. Eine solche ist das Experiment, welches sich in jüngster Zeit bei der Untersuchung von Entwicklungsvorgängen als äusserst wertvolles Rüstzeug erwiesen hat. Es ist für unsere Zwecke am besten geeignet. Da nun aber viele Zeit notwendig ist, eine geeignete Versuchsanordnung ausfindig zu machen, und neben einer genauen Kenntnis der normalen Ent- wicklung (aus eigner Anschauung und aus dem Studium der Literatur), eine ausreichende Erfahrung über Beschaffung und Behandlung des Materials er- worben werden muss, so wird man es verstehen, warum ich erst jetzt eine zusammenhängende und ins einzelne gehende Darstellung eines Teils meiner Untersuchungen veröffentliche. Kopsch, Gastrulation vmd Embryobildung. 1 2 Fr. Kopsch. Nachdem nunmehr meine Arbeiten an Amphioxus , Knochenfischen, Selachiern , Amphibien , Vögeln zu einem gewissen Abschluss gebracht sind, glaube ich mit gutem Gewissen die Versuche an Knochenfischeiem und die aus diesen Versuchen gezogenen Schlüsse den Fachgenossen in abgeschlossener Form darbieten zu dürfen. In der Darstellung werden die Schilderung der tatsächlichen Verhält- nisse und die Deutungen streng auseinander gehalten werden, erstens um dem Leser und den Nachuntersuchern die Erkenntnis zu erleichtern, was beobachtet und was geschlossen ist, zum anderen, weil die sicher beobach- teten Tatsachen in alle Zeit bleiben, die Gesichtspunkte aber, unter denen wir sie betrachten, fortdauernd wechseln. IL Historischer Teil. (Die Ansichten über die morphologische Bedeutung des Keimhautrandes und über die Embryobildung bei Knochenfischen und Selächiern von C. Vogt an bis zum Jahre 1898). A. Vorbemerkiingeii. Die Grundlagen für die morphologische Deutung des Keimhautrandes sind: 1. der histologische Bau, bei welchem das Hauptgewicht auf den Nachweis der beiden primären Keimblätter und des Mesoderms sowie auf die Art ihrer Entstehung zu legen ist, 2. sein Schicksal während der Umwachsung des Dotters, d. h. die Art seiner Verwendung am Aufbau der Embryonal- anlage und des Dottersackes. Da die Aufgabe dieser Arbeit in der Untersuchung des zweiten Punktes besteht , so sollen in dem folgenden historischen Abschnitt nur die in der Literatur über die Funktion des Keimhautrandes und die Entstehung, sowie das Wachstum der Embryonalanlage vorhandenen Meinungen nebst den dafür augeführten Gründen zusammengestellt werden. Bei dieser Darstellung erwies es sich als zweckmässig , ausser den Teleostiern noch die Selachier in den Kreis der Betrachtung zu ziehen, so- wohl mit Bücksicht auf die Konkrescenzlehre , welche durch die bei Selächiern augenfällige Evidenz besonders gestützt wurde , als auch , weil die einfacheren Verhältnisse der Selachierentwicklung von jeher zur Er- klärung der schwieriger zu deutenden Kuocheufischentwicklung benutzt wurden. B. Allgemeine Übersicht. Innerhalb des oben bezeichneten Zeitraumes (1842 — 1898) können wir zwei Abschnitte unterscheiden: der erste von 1842 — 1874, der zweite von 1874—1898. Die Forscher des ersten Abschnittes sind im wesentlichen damit be- schäftigt, in deskriptiver Weise die rein formalen Verhältnisse bei der Ent- stehung des Embryos und seiner Organe zu beschreiben. Das Aussehen des zelligen Randringes auf den einzelnen Stadien wird festgestellt und sein Zusammenhang mit der Embryonalanlage wird erkannt. Zellenbewegungen 1* 4 Fr. Kopsch. und Zellenverschiebungen werden als Ursachen der Massenumlagerungen^ welche bei der Embryobildung und der Dotterumwachsung stattfinden , in Anspruch genommen. Das Studium der Missbildungen gewährt wertvolle Aufschlüsse. Der Übergang zum zweiten Abschnitt wird durch die Arbeiten von H i s gegeben , in denen versucht wird nachzuweisen , dass der Embryo durch Aneinanderlagerung der beiden Randringhälften entsteht. Zum Be- Aveis hierfür werden von anderer Seite (Rauber, Ryder) bestimmte Miss- bildungen herangezogen, welche nicht mehr als Curiosa, sondern als von der Natur angestellte Experimente betrachtet werden. Die epochemachende Bedeutung der H i s sehen Auffassung liegt — wie mir scheint — in der ausserordentlich einfachen Weise, in welcher nunmehr die Embryobildung der Wirbeltiere und der Wirbellosen auf dieselben Vor- gänge zurückgeführt werden konnte , nachdem durch die Gastraeatheorie die Homologie der beiden primären Keimblätter und der Gastrula aller Metazoen, wenn auch nicht vollkommen bewiesen, so doch ausserordentlich wahrscheinlich gemacht worden war. So handelte es sich denn für die späteren Untersucher der Knochenfisch- und Selachierentwicklung darum, Stellung zu nehmen zu der neuen Lehre, welche auch von Gegnern [Rabl (72)] als eine der wichtigsten Theorien über den Aufbau des Wirbeltierkörpers bezeichnet worden ist. Eine endgültige Entscheidung wurde aber nicht erreicht. Erst mit den experimentellen Untersuchungen von Kastschenko, Morgan und mir sind einige streitige Punkte erledigt worden, dabei aber neue Probleme aufgetaucht, welche noch der Lösung harren. C. Erster Abschnitt. (Von C. Vogt 1842 bis W. His 1874.) C. Vogt (94) ist der erste, der — bei Coregonus Palaea — den Zu- sammenhang von Embryo und Keimhautrand eingehender beschreibt , und die Vorgänge bei der Bildung der Embryonalanlage zu ergründen sucht. Den verdickten Rand der Keimscheibe hat vor C. Vogt schon K. E. von Baer (3) bei Cyprinus blicca und Cyprinus erythrophthalmus gesehen, doch kommt seine Beschreibung hier nicht weiter in Betracht , da er sich über die Bedeutung und die weiteren Schicksale des Keimhautrandes nicht äussert. C. Vogt beschreibt das hintere Ende eines Embryos mit noch ziemlich grossem Dotterloch und sagt , es hätte den Anschein , als ob die Rücken- wülste (carenes) sich in den Randring fortsetzen (94, S. 47). Die bei der Bildung der Embryonalanlage in kurzer Zeit stattfindenden Formänderi ngen des Keimes werden aut Zellenbewegungen zurückgeführt. Gastrulation und Embryobildung bei den Chordaten. I. 5 ohne dass aber die Möglichkeit ausgeschlossen würde, dass diese Änderungen etwa durch plötzliche Bildung zahlreicher Zellen an einer Stelle und Zugrundegehen an einer anderen hervorgebracht würden; ein Vorgang, der eine Zellenbewegung vortäuschen könnte (S. 42, 43). Dass ihm jedoch am wahrscheinlichsten die Bildung des Embryos durch Umlagerung des Zellenmaterials war, geht hervor aus anderen Stellen (S. 38, 45) z. ß. wenn er bei der Beschreibung eines älteren Stadiums sagt , dass die embryo- nalen Zellen nunmehr sämtlich um die embryonale Achse angesammelt wären. Die Vorstellung, dass sich die Zellen des Keimes zusammenziehen, wird von Aubert (2) bei der Beschreibung der Hechtentwicklung an einer Stelle klar ausgesprochen (S. 99); an einer anderen bleibt dieser Punkt unentschieden. Als Beweis für die Zellenbewegung wird die Tatsache angeführt, dass die Zellen an dem der Embryonalanlage gegenüberliegenden Abschnitt der Keimscheibe immer dünner und sparsamer werden. Zu einer bestimmten Vorstellung ist dieser Autor aber nicht gelaugt, denn „die erste Spur des Embryos" lässt er entstehen entweder durch „eine Zusammen- ziehung, oder Häufung, oder Wucherung der Keimzellen" (S. 99). Über das Schicksal des Keimhautrandes, welcher „den Band des Keimes bildend, wie zwei Arme oder Spangen um den Dotter" läuft und mit dem hinteren Ende der Embryonalanlage zusammenhängt , spricht sich Aubert deutlich aus: Die Spangen ziehen sich gegen den Embryo hin zurück und verschwinden später spurlos; ,.sie sind die Reste des Embryo werdenden Keims" (S. 101). Über den Modus der Dotterumwachsuug und die hierbei wirksamen Kräfte erfahren wir nichts näheres ; die Ausbreitung des Keimes bei der Umwachsung wird mit dem Zerfliessen einer auf einer Kugel liegenden Masse verglichen. Eine ganz eigenartige, aber nicht einheitliche, Auffassung über das Ver- hältnis zwischen Embryoualanlage und Randring wird von Lereboullet (58 — 61) entwickelt, der eine andere Verwendung des Randriuges bei der Entstehung von Missbildungen annimmt, als es bei der normalen Entwick- lung der Fall ist. Er hat vier Mitteilungen (1854 — 1863) über die Entwicklung von Hecht, Barsch, Forelle veröffentlicht. Die ersten drei handeln von der normalen Entwicklung der genannten Fische ; in der letzten werden eine Anzahl verschiedener Missbildungen von Hechtembryonen beschrieben. Seine Anschauung ist folgende: Die erste Spur der Embryonalanlage entsteht als eine Zellenanhäufung von dreiseitiger Form, welche direkt mit dem Raudring zusammenhängt und von demselben hervorgebracht ist [„Produktion" (61, S. 253)]. Diese Zellenanhäufung, welche als „germe embryonnaire" und „poussee du bourrelet" (S. 255, Anm. 1) bezeichnet 6 Fr. Kopsch. wird, verlängert sich bei der normalen Entwicklung und bildet den Embryo, während der Randring den Dotter umwächst und die Schwauzanlage enthält. Bei den (später von Oellacher als Mesodidymi, von Rauber als Hemididymi bezeichneten) Spaltbildungen dagegen wächst die erste Spur der Embryonalanlage, der Vorstoss des Randringes, nicht aus zur Bildung des Embryos , sondern bleibt klein und bildet nur das vorderste Ende der Missbildung. Die beiden Rumpf hälften entstehen dann dadurch, dass der Randring selbst zum Sitz der Arbeit wird, welche zur Bildung des Embryos führt, und die linke, sowie die rechte Körperhälfte bildet. Andere Missbildungen, welche nur aus dem Schwanzabschnitt bestehen, während Kopf und Rumpf fehlen, sollen dadurch entstanden sein, dass der Randring, obwohl kein „germe embryonnaire" entsteht, doch seine „faculte organisatrice" (61, S. 265) behalten hat und nach der Dotterumwachsung noch den Schwanz hervorbringt. Die Worte: „Le bourrelet embryogene doit donc etre considere comme un amas , une sorte de magasin d'elements organisateurs, et comme le point de depart de toutes les formations embryonnaires, regulieres ou anomales", mit denen Lereboullets letzte Arbeit schliesst, dürfen also nicht so gedeutet werden, wie es von mancher Seite geschehen ist, als wenn damit gesagt wäre, dass in den beiden Randringhälften die linke und die rechte Seite des Embryos enthalten wären. Eine solche Auslegung dieses Satzes findet in der ganzen Darstellung dieses Autors keine Stütze ; vielmehr wird man mit Raub er (76, Bd. 71 S. 159) sagen müssen, dass nach Lereboullet bei der Entstehung der Hemididymi der Raudring für die „zurückbleibende Embryonalanlage vikariierend" eintritt, während bei normaler Entwicklung der ganze Embryo aus der ersten Anlage, dem „germe embryonnaire" selbständig ohne Beanspruchung des Randringmaterials her- vorwächst. Lereboullet hat also die Hemididymi nicht angesehen als von der Natur angestellte Experimente (Hemmungsbildungen), welche zur Erklärung des normalen Geschehens verwendet werden können , — dies haben erst spätere Forscher [R au b er (76, Bd. 71 S. 160), Ryder (82)] ausgesprochen — , er ist vielmehr der Ansicht, dass dasselbe Material des Randringes in ver- schiedener Weise bei der normalen Entwicklung und bei der Entstehung der Missbilduugen verwendet wird. Der Vollständigkeit halber müssen wir hier noch Stricker (87) er- wähnen , welcher bemerkt , dass die Embryonalanlage ein Teil des Rand- wulstes ist (87 , S. 551) und somit „die Entwicklung des Embryos bei den Knochenfischen" eine „periphere" ist (S. 552) und dass der Randwulst schliesslich nach Vollendung der Umwachsung in das Schwanzende aufgeht. Eine eingehende, durch Abbildungen erläuterte Darstellung von den bei der Bildung der Embryonalanlage stattfindenden Zellenverschiebungen, vom Gastrulation und Embryobildung bei den Chordaten. I. 7 Längenwachstum des Embryos und der Umwachsung des Dotters durch die Keimhaut gibt Kupffer (54). Die uns hier interessierenden Vorgänge werden untersucht an den Eiern von Gasterosteus aculeatus und Gobius minutus. An beiden sind die bei der Entstehung der Embryonalanlage vorhandenen Zellenverschiebungen gleich deutlich , dagegen sind die Vorgänge beim Längenwachstum des Embryos und der Dotterumwachsung am Gasterosteusei viel deutlicher. Hier er- scheint die Embryonalanlage schon , wenn der Keimscheibenrand 45 ® vom oberen Eipol entfernt ist; bei Gobius tritt sie erst nach halber Um- wachsung auf. Die Keimhaut umwächst den Dotter in der Weise, dass der Dotter- lochschluss am unteren Eipol stattfindet (54 S. 220). Die Embryoualanlage entsteht am „Keimsaum", sie nimmt in kurzer Zeit (eine Stunde bei Gobius) bedeutend an Masse zu, während am entgegengesetzten Umfang die Wulstung des Keimsaumes abnimmt; „die Hauptmasse der Zellen des Saumes zieht sich nach der Stelle hin, wo die neue Bildung ihren Ausgang nimmt" (S. 222). Das Längenwachstum erfolgt bei Gasterosteus in zweierlei Art, erstens bis der Saum den Äquator erreicht hat), indem sein vorderes Ende nach dem oberen Pol wächst, welcher erreicht ist, wann der Saum au den Äquator des Eies gelangt ist, und zweitens (nach Überschreitung des Äqua- tors) durch gleichmässiges Vorrücken des hinteren Endes der Embryonalan- lage und des Keimsaumes. Diese Vorgänge sind bei Gobius etwas anders, da hier die Embryonalanlage erst auftritt, wenn die Keimscheibe schon mehr als die Hälfte der Dotterkugel bedeckt. Die Ursachen für die Bildung des Keimsaums und die Ausbreitung der Keimhaut über den Dotter findet Kupffer in der Gestaltsveränderung der das Mittelfeld der Keimscheibe bildenden Zellen, welche sich polygonal aneinander legen und sich abplatten, indes die Zellen des Saumes ihre rundliche Form und lockere Lagerung und damit ihre leichte Verschiebbar- keit behalten. Bei der Bildung der Embryonalaulage findet ausser der „Wanderung" der Zellen „aus dem ganzen Bereich des Keimsaumes nach der Stelle der neuen Bildung" auch wahrscheinlich noch „eine rapidere Vermehrung der Zellen in loco" statt. Das „Wandern", die „Verschiebung" spielt aber unzweifelhaft die Hauptrolle, da die „Massenverschiebuug" in äusserst kurzer Zeit, (bei Gobius nicht selten in einer Stunde) stattfindet. Kupffer benutzt zur Bezeichnung des die Umorduung der Zellen be- dingenden Vorganges bald den Ausdruck „Wanderung", bald spricht er von „Verschiebung" ; Ausdrücke, welche verschiedene Auslegungen zulassen, um- somehr, als er die Kräfte nicht näher bezeichnet, welche diese Vorgänge bewirken. Es scheint aber wahrscheinlich, dass er an Massen Verschiebungen 8 Fr. Kopsch, gedacht hat und nicht an ein amöbeuartiges Wandern der Keimzellen, in dem Sinne, wie es Rieneck (78) aus Schnittbildern durch Forellenkeim- scheiben erschlossen und Weil (95) an lebenden vom Dotter abgelösten und mit dem anhaftenden Teil des Dotters auf den Objektträger gebrachten Forellenkeimscheiben beobachtet hat, denen sich in gewissem Sinne auch Romiti (79) angeschlossen hat.^) Gegen eine solche Auffassung Avendet sich Goette (15, 16), welcher die bei den Umformungen des Keims stattfindenden Zellenbewegungen nicht als Ausdruck aktiver Bewegungen der einzelnen Zellen auffasst, sondern sie bedingt sein lässt, durch Summierung der vielen kleinen Teilbewegungen, welche bei der Zellteilung durch Formänderung und Vergrösserung der Zellen gesetzt werden. Goette behandelt nur die Entstehung der sogenannten ersten Embryo- nalanlage bei der Forelle ; über das Längenwachstum des Embryos und die Ausbreitung des Keims über den Dotter werden keine Beobachtungen mit- geteilt. Die untersuchten Stadien fangen an mit der beginnenden Aus- breitung des Keims und reichen bis zur Ausbildung der schildförmigen Embryonalanlage. Innerhalb dieses Entwicklungsabschnittes bildet eine wichtige Marke die Entstehung der sogenannten unteren Keimschicht. Am Randwulst der jungen Keimscheibe kann mau schon vor der Bil- dung der unteren, durch Umschlag entstehenden Keimschicht, einen „Em- bryonalteil" unterscheiden von dem „für den Dottersack bestimmten Keim- teil" (16, S. 693). Die Grenzen beider Abschnitte sind auf den jungen Stadien nur annähernd zu bestimmen und erscheinen erst auf dem Stadium der schildförmigen Embryonalanlage deutlicher voneinander gesondert. Der Embryonalteil ist ausgezeichnet durch die stärkere Zellenansammlung (S. 692) welche „aus einer eigentümlich geregelten Zellenbewegung und -Ansammlung" hervorgeht (S. 698). Diese Bewegung beginnt bei der Ausbreitung des Keims, findet fortwährend statt noch während der Bildung des Umschlages und ist erst beendet zu der Zeit, in welcher die Embryonalanlage von der übrigen Keimhaut ganz bestimmt gesondert ist, so dass bis zu dieser Zeit „von keinem Teile des Keims, am wenigsten aber von einer Stelle des Randwulstes, ausgesagt werden kann, dass er die Elemente jener Anlage vollständig enthalte" (S. 691, 692). üellacher (67) dagegen bezeichnet die dickste Stelle des Keims als erste, „primitive" (S. 19) Embryonalanlage. Diese Stelle enthält von An- fang an das ganze Material in der späteren Lagerung, doch entsteht aus ihr nicht allein die Embryonalanlage, sondern es wird auch ein grosser Teil der in ihr enthaltenen Zellen zur Bildung der Keimhöhlendecke ver- wendet. ») Zitiert nach His (29, S. 189. Anm. 4 und S. 218.) Gastrulation und Embryobildung bei den Chordaten. T. 9 Aus dem dicken Randwiilstabschnitt der ,.primitiven Embryonalanlage" geht unter Vergrösserung und Vermehrung der Zellen (infolge beständiger Stoffaufnahme), sowie durch histologische Sonderuug die „erste Embryonal- anlage" hervor, deren äusseres Kennzeichen das Auftreten des Embryonal- schildes ist. Als Beweis hierfür wird u. a. ausgeführt, dass die Durch- schnitte durch den Embryonalschild schmaler sind als die durch die primitive Embryonalanlage gelegten. Der äusserste Teil der dicken Stelle der Keimperipherie ist die erste Anlage der Schwanzknospe, aus welcher der eigentliche Körper des Embryos entsteht (S. 19). Das Längenwachstum des Embryos erfolgt durch „rege Zellenvermehruug" (S. 49) in der Gegend der Schwanzknospe, woselbst ein „besonderer Herd" für das „Sinnesblatt" und auch für das mittlere Keimblatt angenommen wird. Dies ergibt sich bei Betrachtung älterer Stadien aus der grösseren Mächtigkeit dieser Organe gegenüber weiter vorn gelegenen Teilen. Die Verlängerung des Embryos findet nach vorn statt, so dass die Schwanz- knospe ein punctum fixum darstellt. Infolgedessen geht die Ausbreitung der Keimhaut über den Dotter nicht gleichmässig nach allen Seiten vor sich und der Schluss des Dotter- loches kommt nicht am entgegengesetzten Pol zustande, wie es Kupffer bei Gobius und Gasterosteus beschrieben hat, sondern der Schluss des Dottersackes erfolgt bei der Forelle an derjenigen Stelle, an welcher die Schwanzknospe bei ihrer ersten Entstehung lag. (Eine schematische Figur, welche ich weiter unten in Textfigur 7 abgebildet habe, erläutert diesen Vorgang). Die Benutzung des Randringmaterials zum Aufbau der Embryonalan- lage, wie es nach Kupffer bei Gobius und Gasterosteus vorkommt, dürfte für das Forellenei „nicht mit Sicherheit" zu bestimmen sein, da es schwer zu entscheiden ist, „ob die Zellen von den Stellen, an welchen der Keimsaum dünner und schmäler geworden ist, an jene Stellen, an denen er noch gleich dick oder dicker ist als vorher, sich hingeschoben haben, oder ob die Verdünnung des Saumes bloss durch die fortschreitende Aus- breitung und Ausdehnung desselben und der Keimhaut hervorgebracht sei" denn wenn auch, wie es beim Forellenei scheint, die Ausbreitung des Keims und die Abnahme der Dicke des Saumes nicht gleichen Schritt halten, so kann man auf solche oberflächlichen Schätzungen hin keine Ent- scheidung mit Sicherheit treffen (S. 36, 37). Somit hält Oellacher die Umwachsung des Dotter i. e. die Bildung des Dottersackes für die wesentlichste Funktion des Randringes. Aus dieser Auffassung der normalen Entwicklung wendet er sich in der Arbeit über die Terata mesodidyma (68) gegen LerebouUets Auffassung von dem vikariierenden Eintreten des Randringes (s. oben S. 6), dessen „angebliche Beobachtung der Entstehungsweise der Mesodidymi" ihm „kaum ■j^Q Fr. Kopscb. anders als im Lichte einer unhaltbaren Hypothese erscheinen, die auf einer Täuschung in der Beobachtung beruhen mag" (68, S. 320). Überzeugt von der Einheitlichkeit der Entwicklungsvorgänge unter nor- malen und pathologischen Bedingungen sucht Oellacher die Spaltbildungen zu erklären entweder durch eine laesio continui in einem Keimblatt oder auch durch einen auf dasselbe wirkenden Druck oder Widerstand, welcher vom Dotter ausgeht (S. 322). Über die Schwierigkeit, w^arum denn die Spaltung gerade immer in der Mittellinie stattfindet und nicht auch einmal seitlich davon oder quer, sucht er sich hinwegzuhelfen, indem er sagt, dass der Embryo bei einem auf seine seitlichen Teile wirkenden Druck ausweichen würde und dass der Widerstand eines Stabes längs seiner grossen Achse geringer sei als der, den er der kleinen Achse nach leistet. Diesen Anschauungen Oellachers gegenüber entscheidet sich van Bambeke (7) auf Grund seiner Beobachtungen an den lebenden kleinen Eiern vonLeuciscus rutilus ohne Beibringung neuer Beweise für die von Kupffer(54) entwickelte Auffassung, dass die Umwachsung des Dotters eine allseitig gleich- massige ist, und dass Randringmaterial in die Embryonalanlage hineingelangt. Zum Schluss dieses Abschnittes soll noch die russisch geschriebene Arbeit Kowalevskys (51) über Selachier-Entwickluug genannt werden, von deren Inhalt mir nur dasjenige bekannt geworden ist, was Rauber (76, Bd. 71) und wasKowalevsky selber (in seiner Arbeit über Ascidieueutwicklung) zitiert haben. In dieser Arbeit sagt der russische Autor (52, S. 115), er habe bei Plagiostomen und Knochenfischen den Übergang der verdickten Keimhaut- ränder in die MeduUarwülste gesehen, während Raub er an genannter Stelle angibt, dass nach Kowalevsky die Embryonalanlage bei Mustelus und Acanthias wie eine Falte des Keimringes erscheint. D. Zweiter Abschnitt. (Von W. His, 1874 bis 1898.) His (24) formuliert seine Anschauung über die Bildung des Lachsem- bryos, welche später von anderen Autoren als Konkrescenztheorie bezeichnet und für alle Wirbeltierklassen nachzuweisen versucht wurde, zuerst in einem vor der naturforschenden Gesellschaft zu Leipzig am 5. Juni 1874 gehaltenen Vortrage folgendermassen: „Die erste Spur des Embryo erscheint in der hinteren Hälfte der Keimscheibe, wenn diese einen Durchmesser von 3 mm besitzt. Es ist eine kleeblattförmige, vom Randwulst nach vorn abgehende Platte mit breiter längsgefurchter Grube, sie umfasst zu der Zeit nur die Anlage des Gehirns und der Augenblasen. Rasch entsteht durch seitlichen Schluss der Grube das Gehirn mit seiner Gliederung und mit den flach anliegenden Augen- blasen. Gleichzeitig wächst der Embryo nach rückwärts durch Zusammen- Gastralation und Embryobildung bei den Cbordaten, 1. IX schiebiiug der an den Embryo anstossenden Strecken des Randwiilstes, Da- bei werden die an der konvexen Seite des Wulstes liegenden Substanzmassen nach vorheriger Zusammendränguug in der Rand knospe zu den Axial- gebilden, die an der konkaven Seite liegenden zu den lateralen Gebilden der Rumpfaulage. Die Zusammenschiebuug erfolgt unter gleichzeitiger Um- wachsung des Eies durch die Keimscheibe, und mit Vollendung der letz- teren ist auch die Anlage des Rumpfes und Schwanzes beisammen." Dieselbe Anschauung wird in den Briefen „Unsere Körperform und das physiologische Problem ihrer Entstehung" (25) unter Beibringung von Zeichnungen einzelner Stadien (drei vom Lachs, eine von der Forelle) und Erläuterung des Umwachsungsvorganges mittels schematischer Figuren weiter ausgeführt und durch eine indirekte Beweisführung zu stützen gesucht. Diese ist gegründet auf die Vergleichung der vier Stadien, aus welcher sich ergibt, dass die zuerst an der Keimscheibe auftretende Embryo- nalanlage nur die Anlage des Kopfes darstellt, und dass „der Rumpf sehr rasch und gleich in bestimmter Gliederung hinter dem Kopfe auftritt." Da nun bei der Annahme, dass die Rumpfanlage aus der Kopfaulage hervor- gesprosst sein sollte, eine „Rapidität des Wachstums" vorausgesetzt werden müsste, welche „völlig in Widerspruch wäre mit Allem, was wir sonst auf numerischem Wege über den Ablauf dieses Prozesses erfahren", so ist die Anlage des Rumpfes eben an anderer Stelle aufgespeichert, wofür dann nur der Randring übrig bleibt. (25, S. 188.) Somit ist „die Uranlage des Körpers ein platter Ring, dessen Breite und Dicke an einer Stelle, dem zukünftigen Kopfende, ein Maximum, am gegenüberliegenden, dem Schwanzende ein Minimum besitzt. Successiv legen sich . . . die zwei Seitenhälfteu des Ringes an einander, und vereinigen sich als symmetrische Körperhälften. Dabei bedürfen das Kopfende und das äusserste Schwanzende keiner Verwachsung, weil ihre Seitenhälften von Anfang an verbunden sind". (25, S. 189.) Weitere Beweise, und zwar volumetrischer Art, wurden ein Jahr später beigebracht (26). Es zeigt sich, „dass die Bildung der formellen Körper- anlage wesentlich auf Umgruppierung einer bereits vorhandenen materiellen beruht" (S. 22), da das Volumen eines Lachsembryos nach eben vollendeter Um- wachsung auf Grund des Rauminhaltes eines bei bestimmter (-lO-facher) Ver- grösserung hergestellten Wachsmodelles zu 0,73 cbmm, das — in derselben Weise gewonnene — Volumen einer ganzen Keimscheibe im Beginn der Embryobildung mit 0,78 cbmm bestimmt wird. Mit einer weit vollkommeneren IVIethode, welche in der Anwendung plaui- metrischer Messungen besteht, berechnet His zwei Jahre später (29, 1878) die Volumina von drei älteren Stadien — ■ zwei jüngere werden nach anderen Methoden bestimmt — und schliesst (29, S. 209): „Während, der ganzen Formungsperiode, d. h. vom Schluss der Furchungszeit bis zur 22 Fr. Kopsch. vollendeten Aufreihung des Embryos bleibt das Volumen des Keimes dasselbe. Die Bildung des Embryo aus dem Keim beruht in der Umlagerung eines Materiales, welches zum Beginn der Formungsperiode in Gestalt eines flachen Klumpens vollständig beisammen war." Die Methode besteht in der Ausmessung des Flächeninhaltes aller durch einen Embryo gelegter Schnitte der Serie mittels des Amslerscheu Polarplanimeters, woraus bei Kenntnis der Schnittdicke sich das Volumen des Embryos ergibt als das Produkt aus der Summe aller Schnittflächen und der Schnittdicke. Es wurde berechnet: 1. das Durchschnittsvolumen des Lachskeimes aus den letzten Tagen der Furchungsperiode zu 0,523 cbmm (als Rotationskörper berechnet); 2. das Volumen eines Lachskeimes bei Beginn der Ausbreitung (Durchmesser 1,7 mm) zu 0,553 cbmm (berechnet aus der Fläche der Keim- scheibe und der Dicke); 3. das Volumen eines Lachskeimes (His Stad. B) von 2,2 mm Durchmesser, etwas jünger als das Stadium der rautenförmigen Embryonalanlage [Fr. Kopsch (46) Stad. II] zu 0,543 cbmm; 4. das Vo- lumen eines Lachskeimes (His Stadium D) von 3,2 mm Durchmesser [Stad. IV, V. Fr. Kopsch (46), hufeisenförmige Embryonalanlage] zu 0,548 cbmm; 5. das Volumen eines Lachsembryos bei Dotterlochschluss zu- sammen mit dem Volumen der Dottersackhülle zu 0,546 cbmm. Aus diesen Berechnungen und daraus, dass das Volumen des Kopfes der Embryonalanlage bei Dotterlochschluss demjenigen des Embryonalschildes (Stad. D. von His) entspricht, folgt, dass der Randwulst mit 0,2 cbmm Volumen „ziemlich genau den Bedarf der Rumpfanlage" deckt. Hinsichtlich der Ursachen, welche die Keiraumformung bedingen — meint His im Gegensatz zu Kupffers Anschauungen — , komme man über den Gedanken aktiver Zellbeteiligung nicht hinaus, doch dürfe man dabei nicht an eigentliche „Massenauswanderungen" denken, sondern an Vorgänge mehr lokalisierten Charakters, welche wohl erklärt werden durch das Be- streben der Zellen zu „grösstmöglicher Obertiächenentfaltung" infolge eines Respirationsbedürfnisses. Auch für die Selachier hatte His (27) schon im Juli 1876 auf metrischem Wege zu beweisen gesucht, dass „der Körper durch axiale Verwachsung von zwei, im Raudwulste angelegten Hälften" entsteht (S. 108). Bei diesen Tieren sollen die Vorgänge bei der „Aufreihung" des Materials dadurch über- sichtlicher sein als beim Lachs, dass sie schon lange vor Beendigung der Dotter- umwachsung ihr Ende erreichen. Zugleich liegt ein Unterschied zwischen Selachiern und Knochenfischen darin, dass die Schwanzanlage bei den ersteren jederscits etwas über die Mitte der Keimscheibe hinaus d. h. dort liegt, wo der Randwulst in seinen dünneren Abschnitt ausläuft; \\as darüber hinaus- liegt, wird zum Schlussrande des Dottersackes. Gastrulation und Embryobildimg bei den Chordaten. I. 13 Als Beweise werden hier angeführt: 1. die unmittelbare Evidenz; 2. die grössere Wahrscheinlichkeit; 3. der feinere Bau des Randwulstes. Über den ersten Punkt braucht man nicht weiter zu sprechen, denn man kann die Evidenz für und wider die Hissche Anschauung ins Feld führen (Rabl 72, H. Virchow 93). Der zweite Beweis ist gegründet auf die durch Messungen gewonnene Erkenntnis, dass innerhalb einer bestimmten Entwicklungsperiode ein Längen- wachstum des segmentierten Rumpfes gar nicht vorhanden ist. Diese Er- kenntnis wird gewonnen durch die Vergleichung entsprechender Stücke eines Embryos von Scyllium catulus mit 4 Ursegmenten und eines Embryos von Pristiurus mit 27 Ursegmenten. Die Länge der vier Ursegmente des Scyllium-Embryos entspricht genau der Länge der vier ersten Ursegmente des Pristiurus -Embryos. Wenn man nun annimmt — wie Balfour — , dass das Längenwachstum des Embryos von dem unsegmentierten Stück aus- geht, so kommt man zu dem Ergebnis, dass „eine Strecke, die soeben noch im lebhaftesten Wachstum begriffen war, mit einem Male stille steht, sowie sie in den Abgliederungsbereich gelangt" (S. 117). Dies erscheint His als „UnWahrscheinlichkeit", zu welcher noch die Unmöglichkeit kommt, es „zu verstehen, wie der Rumpf aus einem rasch wachsenden und einem ver- schwindend wenig rasch wachsenden Stück bestehen kann, ohne dass in der Breitenausdehnung ein Unterschied bemerkbar ist". „Ein .... sehr geringes Massenwachstum wird dagegen beansprucht, sowie es sich heraus- stellt, dass die Substanzanlage des Rumpfes und Schwanzes im verbreiterten Teile des Randvrulstes aufgespeichert ist" (S. 117). Beim dritten Beweise wird an der Hand von Schnitten gezeigt, dass der Randwulst schon lange vor der achsialen Verwachsung denselben Bau zeigt, welcher jeder Hälfte der Embryonalanlage zukommt, und wie sich aus der Verwachsung der beiden Randringhälften die Konfiguration des hinteren Endes der Embryonalanlage mit Leichtigkeit erklärt. Beinahe gleichzeitig mit His war Rauber (75) durch Studien am Hühnchen zu denselben Anschauungen über die Bildung der Embryonal- anlage gekommen. Er suchte dann den Vorgang der achsialen Verwachsung als einen für alle Wirbeltierklassen geltenden nachzuweisen, was auch His schon in der Arbeit über die Bildung der Haifischembryonen (27) angedeutet und in den Untersuchungen über die Bildung des Hühnerembryos (28) ein- gehender ausgeführt hat. Weiter ergänzen Raubers Darstellungen die von His entwickelten Anschauungen erstens nach der morphologischen Seite hin, indem der Ver- wachsungsvorgang als Urmundschluss gedeutet wird, zweitens bringen sie einen neuen Beweis, indem die von Lereboullet und Oellacher be- schriebenen Hemididymi als Hemmungsbildungen betrachtet und als von der Natur angestellte Experimente zur Erklärung des normalen Geschehens ver- 2^ Fr. Kopsch. wendet werden (75, S. 17, 18). Drittens werden als Ursachen der bei der Entwicklung stattfindenden Formänderungen vier „Grundfunktionen" der ontogenetisclien Entwicklung erkannt (Zell Vermehrung, Zellvergrösserung, Zell Wanderung, Zelldifferencierung). Raubers Auffassung von der Entwicklung des Knochenfischembryos und der Dotterumwachsung ist in klarer Weise ausgesprochen in der Arbeit „Formbildung und Formstörung in der Entwicklung der Wirbeltiere" (77), in welcher eine Anzahl Missbildungen — darunter mehrere Hemididymi — von Hecht, Lachs, Forelle, Salmling beschrieben werden. Sie ist folgende: Nach Beendigung der Furchung beginnt allmählich eine Verschiebung und Ausbreitung der Zellenmassen über die Dotterkugel, zugleich bildet sich der Randwulst oder Keimring. Derselbe ist aber von seiner ersten Bildung an nicht überall von gleicher Mächtigkeit, sondern am mächtigsten an der Stelle, an welcher später die „vordere Embryonal anläge" auf- tritt. Diese ist die Anlage des Kopfes. Die weitere Ausbreitung des Keimes ist eine ungleichmässige (77, Bd. VI, S. 27): „Ein Teil des durch- gefurchten Zellenmateriales von excentrischer Lage erleidet die geringste centrifugale Verschiebung durch geringstes Flächenwachstum, während das übrige Zellenmaterial eine grössere^^erschiebung durchzumachen hat, durch stärkeres Flächenwachstum. Das stärkste Flächenwachstum und die grösste Verschiebung des Zellenmateriales liegt dem Orte der geringsten Verschiebung und des geringsten Flächenwachstums gerade gegenüber. . . . Zwischen beiden extremen Stellen folgen nun alle Abstufungen der Bewegung oder der Grösse des Flächenwachstums. Die Stelle der geringsten Flächenbewegung wird zur vorderen Embryonalanlage, die der grössten zur hinteren, die der ZAvischenliegenden Stufen zur mittleren Embryonalanlage. Denn es ist klar, sowie eine Stelle der Keimzellenmasse relativ Ruhe bewahrt, während die übrigen in allmählicher Abstufung beschleunigte Bewegung besitzen, muss ein bilateral-symmetrischer Längsstreifen von Substanz sich ansammeln, welcher mit seiner Achse in einem Meridian liegt." Unter vorderer Embryonalanlage versteht Raub er die Anlage des Kopfes, die mittlere Embryonalanlage ist die des Rumpfes, die hintere die- jenige des Schwanzes. Während His bisher nur den Rumpf durch achsiale Verwachsung entstehen lässt während der Kopf sowie das äusserste Schwanzende keiner Ver- wachsung bedürfen, hat Raub er aus der Beobachtung zweier Spaltbildungen (Forelle und Salmling), bei welchen die Trennung der beiden Körperhälften sich bis in das Gebiet der Augenblasen erstreckt, die Auffassung gewonnen, dass die gesamte vordere Embryonalanlage ihrer Entstehung nach ebenso wie die mittlere und hintere als ein besonders sich differenzierender, morpho- logisch aber der übrigen Embryoualanlage gleichwertiger Keimringteil zu betrachten ist. Gastrulation und Embryobildung bei den Chordateu. I. 15 Die Hissche Lehre wurde zunächst von einigen Forschern mit Freuden begrüsst, welche sich mit der Entwicklung von wirbellosen Tieren beschäf- tigten (Semper 86, Hatschek 18, 19, C. 0. Whitman 98). Bei vielen Wirbellosen ist die Tatsache, dass am Schluss der Gastru- lation eine mediane Verwachsung der Blastoporusränder stattfindet, ganz unzweifelhaft, und der Nachweis eines ähnlichen Vorganges bei den "Wirbel- tieren konnte nur dazu dienen, die Idee von dem genetischen Zusammenhang der Wirbeltiere und der Wirbellosen nunmehr auch durch den Nachweis der Gleichartigkeit in der Entstehung des Embryos zu unterstützen, zu einer Zeit, in welcher dieser Zusammenhang soeben in der Gastraeatheorie Häckels, sowie in Sempers, von Kowalevskys, Dohrns Arbeiten ausgesprochen war. Es wird darum nicht wunderbar erscheinen, dass alle Forscher, welche sich seither mit frühen Entwicklungszuständen der Fische beschäftigten, Stellung nahmen zu der Hisschen Lehre, so dass es nicht zu viel gesagt ist, wenn wir von der epochemachenden Bedeutung derselben sprechen. In diesem Sinne hat sich ein hervorragender Gegner der Hisschen Lehre noch kürzlich ausgesprochen, indem er sie bezeichnet als eine der wichtigsten Theorien über den Aufbau des Wirbeltierkörpers, welche, solange es überhaupt eine Entwicklungsgeschichte gibt, aufgestellt worden sind. (Rabl 72, S. XII). Überblickt man nun die Literatur und gruppiert man die Autoren, welche aus eigener Anschauung über die Bmbryobildung von Knochen- fischen und Selachiern urteilen, so sieht man, dass die Zahl der Gegner der Hisschen Lehre überwiegt, was His auf der Anatomischen Versammlung zu München selber ausgesprochen hat (30, S. 74). Im Folgenden wird erstens eine Gegenüberstellung der Autoren gegeben, welche in dieser Frage sich nach der einen oder anderen Seite entschieden haben. Eine zweite Gruppe enthält diejenigen Forscher, welche nicht Partei ergriffen haben. Für Konkrescenz. W. His. Rauher. Agassiz u. Whitman. Ryder. Kollmann. Cunningham. Rückert. Fed. Raffaele. Locy. Gegen Konkrescenz. Kupffer. Balfour. C. K. Hoffmann. H. E. Ziegler. Goronowitsch. Miecz. V. Kowalewski. Edw. E. Prince. Henneguy. Kastschenko. ^<:i /Q3 16 Fr. Kopsch. Eigenmann. C Rabl. Eycleshymer. Wilson. Sedgwick. Morgan. H. Virchow. Fed. RafPaele. H. K. Corning. Fr. Kopsch. J. Jablonowski. II. Perenyi. K. F. Wenckebach. Schwarz. Clapp. Koehler und Bataillon. Eine solche Gegenüberstellung könnte unnötig erscheinen mit Rücksicht darauf^ dass es (vgl. H. Virchow 93, S. 632) nicht darauf ankommt Stimmen zu zählen, sondern die beigebrachten Gründe zu prüfen; sie ist aber trotzdem sehr lehrreich und es regt zu eigenartigen Betrachtungen an, wenn man sieht, dass die Hälfte der Hisschen Anhänger Amerikaner sind, und dass unter den Gegnern eine Anzahl hervorragender Embryologen ver- treten sind. Indem wir nunmehr zu unserem Thema zurückkehren, sollen zuerst die Anschauungen, welche sich bei den Gegnern der Hisschen Theorie über die Embryobildung und die Umwachsung des Dotters finden, dargestellt werden, wobei auch die Angaben derjenigen Forscher gewürdigt werden, welche zwar nicht selber Partei ergriffen haben, deren Beobachtungen aber gegen die Konkrescenzlehre sprechen, während die dieser Lehre günstigen Beobachtungen von Perenyi und Clapp bei der Schilderung der Konkres- cenz-Anhänger ihren Platz finden. Kupffer (55) sieht gegenüber der Hisschen Anschauung „gar keinen Grund", seine 1868 geäusserte Meinung zu ändern ; er hat an lebenden Heringseiern, welche infolge ihrer gegenseitigen Lagerung fixiert waren, das Vorschreiten des Randringes beobachtet und ausserdem von einem fixierten Stichlingsei in Zwischenräumen von je einer halben Stunde eine Reihe von mikrophotographischen Aufnahmen machen lassen, und dann an den Bildern die Lage des Keimhautraudes zu bestimmten festen Punkten der Eihaut festgestellt. Aus diesen beiden Beobachtungen hat er sich überzeugt, „dass sowohl am Eie des Herings, wie des Stichlings die Umwachsung von Gastrulatioii und Erabryobildung bei den Chordaten. I. 17 Anbeginu bis nach Überschreitung des Äquators in allseitig gleichmässiger Weise vor sich geht". (S. 212.) Gegen Ende der Umwachsung kann möglicherweise — weil dann die Beobachtung schwieriger ist — eine Abweichung von dem parallelen Vor- rücken des Randringes stattfinden, erscheint aber nicht wahrscheinlich, da der Embryo bei den beiden untersuchten Formen im „Momente des Ab- schlusses" der Umwachsung 180*^ der Eikugel umspannt. Kupffer gibt zu, dass beim Lachs, dessen Embryo nach His nur etwas mehr wie 90^ bei Dotterlochschluss bedeckt, die Verhältnisse anders liegen können, doch muss erst noch bewiesen werden, dass das Kopfende des Salmoniden -Embryos einen festen Punkt darstellt, wie es His annimmt. Er kann sich der Kon- krescenzlehre „keineswegs" anschliessen, und drückt die Verschiedenheit seiner und der Hisschen Anschauung aus wie folgt (55, S. 212): „Ich nehme eine Zellenbewegung innerhalb des Randwulstes an, die gegen die Stelle der Embryonalanlage gerichtet derselben das Material liefert, nach His fände eine solche Verschiebung oder Anziehung der Zellen in der Richtung der Embryonalanlage innerhalb des AVulstes nicht statt, sondern die Hälften des Wulstes bewegten sich in toto gegeneinander. Demnach würden sich also Kopf und Hinterende in ganz anderer Weise bilden als der mittlere Teil des Rumpfes. Der Kopf teil wäre schon vorge- bildet, das den hinteren Teil des Rumpfes und den Schwanz enthaltende Hinterende wächst erst hervor, nachdem der Randwulst verschwunden ist, der Mittelrumpf allein entstünde durch Aneinanderlagerung getrennter Hälften. Schon diese Erwägung dürfte geeignet sein, Bedenken einzuflössen. Ferner meine ich, steht und fällt diese Theorie mit dem Gelingen und Misslingen des Nachweises einer ungleichmässigen, resp. durchaus einseitigen Ausbreitung der Keimhaut. Dass dieser Nachweis nicht geführt ist, habe ich oben bemerkt, dass im Gegenteil an Eiern, die zu einer präzisem Untersuchung geeigneter sind, als die grossen, sich langsam entwickelnden des Lachses, ein gleichmässiges Vorschreiten des Randwulstes dargetan werden könne. Bewegt sich der Randwulst parallel seiner ursprünglichen Stellung über die Dotterkugel hin, so umspannt derselbe bis zum Äquator des Eies stetig grössere Parallelkreise und es nicht einzusehen, wie sich dabei seine beiden Hälften aneinanderlegen sollten." „Der anderen Anschauung, die ich vertreten habe, steht nichts im Wege. Die direkte Beobachtung ergibt an den meisten Eiern (vom Lachsei sehe ich lieber ab) nicht mehr, als dass die Embryoualanlage eingeleitet werde durch eine Verdünnung des Randwulstes auf der einen und eine Verdickung auf der andern Seite. Ersteres kann bedingt sein durch zwei Vorgänge, nehmlich durch die stetig fortschreitende Ausdehnung der Keimhaut und eine gleichzeitige Bewegung der Zellen in äquatorialer Richtung nach der anderen Hälfte hin; letzteres durch dieselbe Zellenverschiebung und eine Kopsch, Gastrulation und Embryobildung. 2 2 g Fr. Kopsch. gesteigerte Zellenvermehrung in loco, Wahrsclieiulich findet beides statt, in welchem Masse aber das Eine imd das Andere zur Geltung kommt, lässt sich nicht entscheiden. Mit der Annahme einer Zellenbewegung in be- stimmter Richtung wird aber gar kein neues Moment in die Betrachtung eingeführt, denn die Ausbreitung des Keims zur Keimhaut erfolgt ja auch durch Bewegung der Zellen, ohne dass man einen äussern Zug oder Druck als Ursache zu entdecken vermag'' (S. 2ü2, 203). Ein Jahr nach Abschluss dieser Arbeit veröffentlichte Kupffer zusammen mit Ben ecke seine Untersuchungen am ßeptilienei, woselbst er die innerhalb der Keimscheibe gelegene Einstülpung zum ersten Mal eingehend beschrieb und den Vorgang ihrer Bildung als Gastrulation deutete. Er war der Meinung, dass das durch die Einstülpung entstandene Entoderm zum Epithel der'Allantois werde. Nun hatte er schon früher bei den Knochenfischen nach dem „äusseren Eindruck" die von den späteren Autoren sogenannte Kupftersche Blase als Allantois bezeichnet und sucht nunmehr zu ermitteln, ob diese Blase etwa auch „durch Einstülpung von der Oberfläche des Blastoderms entstehe" (56, S. 596). Diese ,, Voraussetzung" wird denn auch beim Hecht (56) und beim Stint (57) bestätigt, bei denen er in kurzer Entfernung vom Keimscheiben- rande eine Einstülpung fand, und ebenso bei der Forelle, wo er die auf dem Stadium der rautenförmigen Embryonalanlage auftretende Grube (57, S. 9) als Gastrula-Einstülpung erklärt. Diese Tatsachen mussten in hohem Masse einwirken auf die Auffassung, des Randringes und die Deutung der Umwachsung. Letztere kann nichts mehr mit der Gastrulation zu tun haben, zumal da am Rande des Blastoderms weder der Umschlag des Entoderms noch die Bildung des Mesoderms er- folgt, noch auch das Dotterloch etwa in Beziehung steht zur Bildung des neurenterischen Kanals. Die Ausbreitung des Blastoderms über den Dotter ist vielmehr die Blastulabildung. — Dass Kupffer aus diesen Anschau- ungen heraus die Hissche Lehre noch mehr zurückweisen muss, als er es schon früher getan hat, liegt auf der Hand. — Der Randring vollführt nur die Umwachsung des Dotters, die ihn zusammensetzenden Zellen drängen sich bei Dotterlochschluss in die Anlage des Schwanzes zusammen. Die Schwanzknospe ÖUachers ist ein Rudiment, „das vielleicht seine Erklärung in dem Abrücken der Invaginationsöffnung vom Blastodermrande findet und als Homologen der Raphe hinter dem Prostoma der Elasmobranchier auf- zufassen wäre" (57, Jahrg. 1884, S. 35). Gegen diese Beobachtungen und Deutungen wurde alsbald von ver- schiedenen Seiten energisch Einspruch erhoben (Henneguy [20], Gorono- witsch [17], H. E. Ziegler [101]). Weder Henneguy noch Goronowitsch haben bei Betrachtung der Oberflächenbilder und Schnittserien von der Forelle, in keinem Stadium, von dem Erscheinen der Embryonalanlage an bis zum Schluss des Dotterlochs Gastrulation und Embryobildung bei den Chordaten. I. 19 etwas von einer Invagination, wie sie Kupffer beschreibt, gesehen und meinen, dass die dafür gehaltene Grube die erste Anlage der Medullar- rinne darstellt. Der beim Hecht und Stint gesehene Kanal, welcher in die Kupffer sehe Blase führt, scheint Henneguy nur die Homologie dieser Gegend mit derjenigen des Canalis neurentericus zu beweisen, sodass die Schwanzknospe der Knochenfische dem Primitivstreifen der höheren Wirbel- tiere entspricht. Dieser Auffassung schliessen sich Ziegler und sein Schüler Schwarz (84) au. Dagegen wird die frühere bei Gasterosteus, Gobius, Clupea von Kupffer gegebene Schilderung der Embryobildung von einer grossen Zahl Autoren im wesentlichen angenommen. (C. K. Hoffmann, H. E. Ziegler Goronowitsch, List, Wilson). Eine etwas abweichende Auffassung, eine Kombination der Ollacher sehen und der Kupffer sehen Anschauung ver- treten Miecz. von Kowalewski, Henneguy. Nach C. K. Hoffmanns erstem Teil (35) umspannt der Forellenembryo bei eben vollendeter Dotterumwachsung 180 ^^ der Dotterkugel. Diese Tat- sache wird in dem Kupffer sehen Sinne gegen His verwendet. In dem zweiten Teil der Arbeit, welche etwas später erschien, gibt er jedoch zu (35, 1882 S. 4), dass er sich mit den 180 o geirrt habe und dass der Forellenembryo zu der genannten Zeit nur 145 ^ bis 150 o umspannt. Tat- sächliche Beweise für den Kupffer sehen Umwachsungsmodus werden aber nicht angeführt, sondern er wird erschlossen, 1. daraus, dass der Embryo 145" bis 150" der Dotterkugel umspannt; 2. dass die Embryonalanlage bei ihrem ersten Auftreten schon mehrere Grade vom oberen Keimpol entfernt ist; 3. dass das Dotterloch gegen Schluss der Umwachsung nicht immer kreisrund ist, sondern auch elliptisch sein kann, was für eine Abweichuno- von dem parallelen Vorwachsen des Keimringes spricht. H. E. Ziegler (100) kann sich „der Ansicht von His über die Bildung des Embryonalleibes" nicht anschliessen. Die Annahme Öllachers, dass die Schwanzknospe ein Punctum fixum sei, wird als „ganz willkürlich" ver- worfen. Dagegen findet Kupffers Anschauung ihre Bestätigung an dem länglichen Ei von Rhodeus amarus, bei welchem die Achse des Dotters im^ner „unzweifelhaft festgelegt" ist. Bei diesen Eiern liegt die Keimscheibe vor ihrer Ausbreitung über dem oberen Eipol. Während der ganzen Um- wachsung bis gegen das Ende verläuft die Ebene des Keimhautrandes senk- recht zur Längsachse des Dotters. Erst am Schluss der Umwachsung tritt eine Asymmetrie in der Art ein, dass das Dotterloch nicht genau am unteren Pol, sondern etwas von demselben nach der Seite der Embryonalanlage verschoben, sich schliesst. Hieraus folgert Ziegler, „dass die Ausbreitung, der Keimscheibe bei allen Knochenfischen eine allseitige sei, dass sie aber von einem für die einzelnen Spezies verschiedenen Stadium ab im embryo- nalen und im nicht embryonalen Teil nimmer gleichförmig bleibe." o* 20 Fr. Kopsch. Gorono witsch (17) ist der Meinung, class auch bei den Salmoniden sich bis zum Stadium der hufeisenförmigen Embryonalanhige [Stad. IV Fr. Kopsch (46)] direkte Beobachtungen anstellen lassen, welche die Annahme einer allseitig gleichmässigen Umwachsung rechtfertigen. Dazu benutzt er das gegenseitige Lagerungsverhältnis der verdickten ßandteile des Parablasts (H. Virchows Eand-Syncytium) zu dem verdünnten Zentralteil. Er glaubt auf Medianschnitten verschiedener Stadien nachweisen zu können, dass die Entfernung dieser beiden Parablastabschnitte während der Ausbreitung des Keims vorne und hinten gleich ist. Da nun das Lagerungsverhältnis des Keimscheibenrandes zu dem Rand-Syncytium ein festes ist und der Zentral- teil während der ganzen Umwachsung dem Zentrum der Keimscheibe ent- spricht, so ergibt sich mit Notwendigkeit, dass die Ausbreitung der Keim- scheibe eine allseitig gleichmässige ist. Dabei entfernt sich auch der Kopf des Embryos immer weiter vom Zentrum der Keimscheibe, sodass die „un- motivierte Ansicht von His, dass das Kopfende des Salmoniden-Embryo bei der Beurteilung des Ganges der Umwachsung des Dotters als unbeweglich zu betrachten sei" (17, S. 429) nicht stichhaltig ist. Goronowitsch nimmt an, „dass die Schliessung des Dotterloches beim Lachs nicht, wie His meint, weit entfernt vom unteren Pol, sondern in unmittelbarer Nähe desselben statt- findet". Die Verlängerung des Embryos erfolgt durch Zuwachs vom hinteren Ende her, wo „der centrale Teil des hinteren Achsenstranges als ein Ver- mehrungsherd von Zellen aufzufassen ist" (17, S. 392). Bei Esox und Chondrostoma geschieht der Beginn der ümwachsung in der von Kupffer bei Gobius beschriebeneu Weise. Der Gesamtverlauf der Ausbreitung wird nicht geschildert. Abweichend jedoch von Kupffers Ansicht ist die Darstellung, welche Goronowitsch gibt von der Bildung des Embryonalschildes bei Chondro- stoma; er betrachtet ihn nicht als sekundären AusAvuchs des Randriuges, sondern als „eine Anlage, die während des Ganges der Limwachsung sich allmählig ausgebildet hat" (S. 432). List (62), dessen Arbeit wertvolle Zeit- und Temperatur- Angaben über die Entwicklung der untersuchten Labrideneier enthält, beobachtet 5 ver- schiedene Crenilabrus-Arten im lebenden und im konservierten Zustande. Die Umwachsung erfolgt bis gegen das Ende hin allseitig gleichmässig, so dass das Dotterloch am unteren Eipol liegt. Dann aber wird durch stärkeres Wachstum der Endknospe das wie ein Nadelstich erscheinende Dotterloch vom unteren Dotterpol weggedrängt, sodass es etwas entfernt von demselben sich schliesst. Hinsichtlich der ersten Anlage des Embryos ist eine kleine Ver- schiedenheit gegenüber Gobius, Gasterosteus, Clupea vorhanden, indem sie bei Crenilabrus nicht ausschliesslich vom Keimscheibenrande ausgeht und gegen den oberen Pol hin auswächst, sondern auf einmal vom Keimscheiben- Gastrulation und EmLryobildung bei den Chordaten. I. 21 Fiind bis gegen den oberen Dotterpol reichend auftritt, was jedoch auch hier auf Zellenverschiebungen beruht. Miecz. von Kowalewski (53) vereinigt in gewissem Sinne die An- schauung Oellachers mit der Kupffers und führt damit eine neue, bisher noch nicht vertretene Auffassung von der Uniwachsuug ein. Er will zwar nicht bestreiten, dass die Umwachsung bei verschiedenen Teleostiern in verschiedener Weise vor sich geht, doch stimmt seine Vorstellung von diesem Prozess, wie er ihn sich nach den Befunden an lebenden und konservierten Goldiischeiern, sowie an, aus Triest stammenden, pelagischen (konser- vierten) Eiern von ellipsoidischcr Form gebildet hat, weder mit der An- schauung von Kupffer, noch der von His, noch der von Oellacher überein. Von dem Triester Material standen ihm drei Stadien zur Verfügung: ein Stadium anscheinend gegen Ende der Furchung, das zweite ungefähr halbe Umwachsung, das dritte mit einem Embryo, welcher schon so lang ist, dass er um das Ei gekrümmt, beinahe den ganzen Umfang desselben ein- nimmt, also schon weit nach Dotterlochschluss entwickelt ist. Aus der Vergleichung dieser drei Stadien „scheint" (S. 466) hervor- zugehen, dass die Umwachsung nach dem Schema Oellachers vor sich geht, aber mit dem Unterschied, dass „der hintere Blastodermrand nicht vom Anfang an fixiert wird, sondern eine kurze Zeit beweglich bleibt, indem er eine kleine Strecke noch weiter nach hinton rückt, und erst dann in seiner Lage weiterhin festgehalten wird." Derselbe Umwachsungs Vorgang soll dann auch bei den Eiern von Carassius auratus vorhanden sein; auch an den Eiern von Makropoden soll er „scheinbar" ebenso vor sich gehen (S. 468). Diesen Angaben gegenüber geht aus denZeichnungen Wenckebachs (97) der ellipsoidischen Eiern von Engraulis encrassicholus hervor, dass der Kopf in loco liegen bleibt, das Längenwachstum des Embryos nach hinten statt- findet und der Dotterlochschluss nicht genau am unteren Pol, sondern etwas nach der Seite der Embryonalanlage verschoben ist. In anderer Weise tritt Balfour in seinem Handbuche der vergleichenden Embryologie (6) der His sehen Anschauung entgegen. In bezug auf die Selachierentwicklung hatte er schon vorher (5), ohne in weitere Erörterung einzutreten gegenüber den Erklärungen von His, an seinen früheren Beobachtungen und Schlüssen festgehalten, dass die Kaudallappen von Anfang an das Schwanzende des Embryos vor- stellen und dass das Längenwachstum des embryonalen Körpers durch Einschiebung neuer Somiten am Hinterende vor sich geht wie bei den Chaetopoden. In seinem Handbuch sucht er bei Besprechung der Prinzipien des Längen- wachstums der Wirbel tierembryonen die Hissche Theorie, welche „wenn richtig, jedenfalls sehr bedeutungsvoll wäre," dadurch ad absurdum zu führen, dass er ihre letzten Konsequenzen vorführt (Bd. II S. 274, 276). 22 Fr. Kopsch. Er weist bin auf den ventral stattfindenden Dotterlochschluss, woraus folge, dass bei Anuabme der Hisseben dorsalen Längsnabt „die ganza dorsale, sowie die ganze ventrale Leibeswand des Embryos durcb die Verwacbsung der Blastoporuslippen gebildet werden müsste, was offenbar eine ßeduktio ad absurdum^) der ganzen Tbeorie ist." Den von His und Räuber beigebracbten Beweisen legt er kein grosses Gewicht bei; ja die von His beigebracbten Maasse scbeinen ibm nur zu be- weisen, dass das Wachstum des Embryos durcb Einschiebung neuer Somiten zwischen das letztgebildete Somit und das hintere Körperende vor sich geht. Die Tatsache, dass der verdickte Blastodermrand mit der Medullarfalte zusammenhängt, lässt sich weder für, noch gegen die His sehe Auffassung verwerten, da ja bei der Randständigkeit des Embryos seine Medullarplatte mit dem Blastodermrand zusammenhängen muss. „Überdies dürfte man, wenn die Verwachsungstheorie richtig wäre, erwarten, dass die verwachsenden Blastodermränder einen spitzen Winkel miteinander bildeten, was keineswegs zutrifft." Ferner weist Balfour zum ersten Male hin auf die Bedeutung, welche der Bildung des neurenterischen Kanals zukommt bei Betrachtungen über das Längenwachstum des Embryos. Sobald nämlich der canalis neu- rentericus gebildet ist, „ist es offenbar unmöglich geworden, dass irgend eine weitere Längenzunahme durch Verwachsung stattfindet." Wenn nun vor Bildung dieses Kanals der Embryo wirklich durch Verwachsung entstünde, so würde der grössere hintere Teil desselben durch Knospung entstehen, worin aber eine grosse Schwierigkeit liegt. Auf die von Raub er aus den Spaltbildungen gezogenen Schlüsse geht Balfour nicht ein. Die angeführten Betrachtungen beweisen: „erstens, dass die von His und Raub er angezogenen Umstände keineswegs von grossem Gewicht sind und zweitens, dass das Längenwachstum des grösseren Teils des Körpers durch Einschiebung neuer Somiten am Hinterende vor sich geht wie bei den Chaetopoden, so dass es im höchsten Grade überraschend wäre, wenn ein kleiner mittlerer Körperabschuitt auf ganz andere Weise wachsen sollte." Aus der vergleichenden Entwicklungsgeschichte lassen sich die Zustände bei Amphioxus ins Feld führen, dessen Blastoporus anfänglich genau am hinteren Körperende liegt und erst später „noch eben bis an die Dorsalseite" binaufrückt. Weiter weist Balfour hin auf Kupffers Beobachtungen bei Gobius, Gasterosteus, Clupea und schliesst: „Je eingehender man die Theorie von His und Raub er im Lichte der vergleichenden Embryologie prüft, desto unhaltbarer erweist sie sich ; es lässt sich vielmehr als völlig sicheres Ergebnis eines vergleichenden Studiums der Entwicklung der Wirbeltiere der Satz aufstellen, dass der Blastoporus derselben ursprünglich am Hinterende des *) Bei Balfour kursiv gedruckt. Gastrulation und Embryobildung bei den Chordaten. I. 23 Körpers liegt, dass er sich über infolge der Ausbildung eines grossen Nahrungs- dotters in den meisten Fällen auch über einen grösseren oder kleineren Teil der Ventralseite ausdehnt." Während so Balfour aus der Betrachtung des normalen Längenwachstums und aus den Tatsachen der vergleichenden Entwicklungsgeschichte die Hissche Lehre zurückweist, wobei er einen Teil der von His beigebrachten Maasse gegen dessen Anschauung ausnutzt, was die betreffenden Messungen zur Entscheidung der Frage des Längenwachstums nicht gerade sehr ein- deutig erscheinen lässt, gelangt Henneguy (21), dessen Arbeit zu den besten gehört, was über Knochenfischentwicklung bis dahin geschrieben ist, haupt- sächlich auf dem von His eingeschlagenen Wege der Messungen zu einer Zurückweisung der Verwachsungslehre. Henneguys Messungen sind nur metrischer Art; er sucht durch Ver- gleichung der Längenmaasse einzelner Körperabschnitte jüngerer und älterer Stadien (vor Dotterlochschluss) die Gegend zu bestimmen, an welcher das Längenwachstum des Embryos stattfindet. Zuerst wird nachgewiesen, dass die Entfernung des ersten Ursegments von der Kopfspitze bei Embryonen von 3, 6, 22 Somiten 1,0, 1,0, 1,1 mm beträgt (S. 587). Daraus folgt, dass das zuerst gebildete Ursegment auch das erste bleibt, wofür auch seine gleichbleibende Lagebeziehung zum Gehörbläschen spricht. Weiter wird nachgewiesen, dass die Länge des Stückes hinter dem hinteren Rande der Kupfferschen Blase und dem vorderen Ende der Schwanz- knospe annähernd dieselbe bleibt. Da nun die einmal abgegliederten Ur- segmente keine neuen erzeugen und durch direkte Beobachtung die beginnende Abgliederung neuer Ursegmente am vorderen Ende des unsegmentierten Stückes zu erkennen ist, so kann die Verlängerung des embryonalen Körpers nur stattfinden in dem zwischen dem letzten abgegliederten Ursegment und der Kupfferschen Blase gelegenen Stück, weil die letztere durch alle Entwicklungsstadien ihre gleichmässige Entfernung vom hinteren Ende des Knopfes behält und sich nicht nach vorn verschiebt, wie es der Fall sein müsste, wenn die Verlängerung des embryonalen Körpers hinter ihr durch Verwachsen der beiden Randringhälften stattfände. Wenn man nun aber annehmen wollte, dass diese Vereinigung vor der Kupfferschen Blase statt- fände, so wäre es schwer zu verstehen, dass sich die eben zur medianen Vereinigung gelangten Schichten des Randringes sofort in so differente Organe wie Medullarrohr, Chorda, differenzieren sollten, wie sie in dem Gebiete vor der Kupfferschen Blase vorhanden sind. Somit wachsen Medullarrohr und Chorda durch Litussusception, während für die Möglichkeit der Bildung lateraler Teile des Embryos die Beobachtung Ryders an Elacate heran- gezogen werden könnte. Dass der hintere Teil des Embryos durch An- fügung des Randringes entsteht, ist nicht zu bezweifeln („indiscutable"), das folgt aus der Betrachtung des Dotterlochschlusses, bei welchem die Ränder 24: Fr. Kopsch. des Dotterloches sich in der Medianlinie zusammenlegen und mit der Schwanz- knospe eine einheitliche Masse bilden. Nachdem nunmehr die Hissche Theorie zurückgewiesen ist, bleiben für Henneguy nur noch die von Oellacher und Kupffer geäusserten An- schauungen über das "Wachstum des Embryos und die Umwachsung des Dotters übrig. Beider Anschauungen sind mit seinen Beobachtungen ver- einbar und zwar in der Weise, in welcher es Miecz. v. Kowalewski für die von ihm untersuchten ellipsoidischen Eier versucht hat. Auch Prince (70) erklärt sich auf Grund von Untersuchungen leben- der Eier dafür, dass das Kopfende in loco bleibt', das hintere Ende mit dem Randring vorrückt und die Verlängerung des Embryos in der ßumpf- region und nicht durch Konkrescenz stattfindet. Die auf Veranlassung von H. E. Ziegler unternommene Arbeit von Daniel Schwarz (84) über das Schwanzende bei Wirbeltier- Embryonen (Torpedo ocellata, Lachs, Hecht, Ente) enthält über die Urawachsung des Dotters keine Angaben. Ebenso wenig wird in derselben Stellung genommen zu den vorhandenen Anschauungen über die Bildung und das Längenwachstum des Embryos, sie liefert aber durch Feststellung der feineren Verhältnisse am hinteren Körperende (des Canalis neurentericus) weitere Beweise für die oben erwähnte Anschauung von Balfour über den Canalis neurentericus, und mag darum hier genannt sein. Schwarz findet, dass die Oellach ersehe Schwanzknospe beim Lachs der definitiven Schwanzknospe der Selachier homolog ist und den Canalis neurentericus enthält. Aus dieser Feststellung können wir wohl schliessen, was Schwarz nicht ausgesprochen hat, dass von dem Auftreten der Schwanz- knospe an eine Bildung des Embryos durch Konkrescenz der Keimscheiben- ränder unmöglich ist. Bei den Selachiern (Scyllium, E,aja) ist auch vor der Bildung des Canalis neurentericus nach Sedgwick (85) Konkrescenz ausgeschlossen. Schon auf ganz jungen Stadien sind die links und rechts neben der Incisura neurenterica gelegenen Teile des Randrings die Wachstumszonen („growing points" 85, S. 566), w^elche einander parallel nach hinten auswachsen, auf älteren Stadien als Schwanzlappen über den Rand der Keimscheibe hervorragen und später zu den Seitenwänden des Canalis neurentericus werden. Die Ausbreitung der Keimscheibe geht auf jüngeren Stadien gleichmässig an allen Stellen des Randes vor sich, bis zu der Zeit, in welcher die Schwanz- lappen stärker nach hinten hervorragen. Von diesem Zeitpunkt an wachsen die denselben benachbarten Randringteile langsamer als der übrige Teil des Randes. Rabl (71) unterzieht zwei von His' Beweisen für die Verwachsung des Selachier-Embryos einer Kritik, welche mit derjenigen Balfours über- einstimmt und bringt einen neuen, bisher noch nicht geltend gemachten Gastrulation und Embryobildung bei den Chordaten. I, 25 Gegenbeweis in dem Verhalten des hinteren Chordaeudes bei Pristiurus- Embryonen. Trotzdem die „unmittelbare Evidenz-' der His scheu Auffassung nicht ungünstig ist, haben doch Balfour und Rabl selber eine andere gewonnen. Die Maassverhältnisse aber sind kein neuer Beweis, sondern nur die in Zahlen umgesetzte Evidenz. Ausserdem müsste, wenn die Hissche Anschauung zu Recht bestände, das hintere Chordaende gespalten sein; dies hat Rabl aber niemals gefunden. Überhaupt spräche auch sonst nichts zu Gunsten einer achsialen Verwachsung der beiden Randwulsthälften (S. 128, 129). Schon ein Jahr vor Rabl war eine Mitteilung von Kastschenk o (38) erschienen, in welcher auf Grund experimenteller Eingriffe an Selachier- embryonen nachgewiesen wurde, dass „das Material für die Bildung der Axenteile des Embryonalleibes von Anfang an nicht in den Randwülsten, sondern am hinteren Ende der Keimscheibe, d. h. dort, wo in der Tat die Formierung des Embryos vor sich geht, gelegen ist", obwohl der Autor anfangs geneigt war, veranlasst durch die Evidenz, sich für die Hissche Auf- fassung zu entscheiden. Da aber auch ihm die von His angeführten Beweise „nicht genug über- zeugend" schienen, wollte er „sicherere" gewinnen und unternahm eine Reihe operativer Eingriffe am lebenden Embryo , deren Resultate mitgeteilt werden (S. 456). „a) Werden die Randwülste bei dem Erscheinen der ersten Begrenzung des Embryo (Stad. VII) neben demselben durchgeschnitten, so entwickelt sich trotzdem ein normaler Embryo, welcher das VIII. Stadium durchlaufen kann; b) wird im VII. Stadium der hintere Rand des Blastoderms zerstört, so entwickelt sich normal die vordere Hälfte des Embryo, aber die hintere Hälfte desselben fehlt (der His sehen Theorie zufolge müsste man erwarten, dass diese letzte Operation die Entwickelung der vorderen Hälfte des Embryo , nicht aber der hinteren hindern würde , weil das Material für die letzte in den unbeschädigten Randwülsten gelegen sein soll) und c) wird der ganze Embryoleib mit Ausnahme des vorderen unpaarigen Höckers im Stadium VII der Länge nach in zwei Seitenhälften geteilt, so entwickelt sich jede Hälfte des Embryos einige Zeit lang unabhängig (meistens bis zum Auftreten der ersten drei Urwirbel)". Kastschenkos Operationen haben in späteren Veröffentlichungen leider nicht die Berücksichtigung gefunden, welche sie verdienen, was wohl seinen Grund darin hat, dass ausser der kurzen eben citierten Mitteilung, welcher zudem noch Figuren fehlen, in deutscher Sprache keine ausführliche Dar- stellung erschienen ist. Während Kastschenko sich so bei Selachierembryonen künstliche Marken schafft, glaubt Wilson (99) bei der Untersuchung der Eier von Serranus atrarius einen festen Punkt, auf welchen er den Embryo orientieren 26 Fr. Kopsch. kann, in der einzigen Ölkugel zu finden, welche stets den oberen Eipol ein- nimmt. Von dieser Voraussetzung ausgehend, sieht er das hintere Ende des Embryos, i. e. den Knopf, für verhältnismässig („comparatively") fixiert an; der Embryo wächst nach vorn. Er hat in der Entwicklung von Serranus keine Tatsachen finden können, welche für Konkrescenz sprächen und die gewöhnlichen Gründe, welche zu Gunsten dieses Vorgangs angeführt werden, scheinen ihm weit entfernt davon, zwingend zu sein; die einzige Tatsache, welche beachtenswert erscheint, ist die Beobachtung von Ryder an Elacate. Das einzige Stück des Embryos, welches durch Konkrescenz ge- bildet wird, ist das hinterste, hinter der Kupfferschen Blase gelegene Stück. Während die Hissche Lehre von den Forschern, welche ähnliche Vor- gänge bei Würmern gefunden hatten, bei ihrem Erscheinen freudig begrüsst, und zum Ausgangspunkt von Spekulationen über den Zusammenhang der Wirbeltiere und der Wirbellosen gemacht worden war, finden wir erst 10 Jahre später Forscher, welche auf Grund eigener Untersuchungen an Knochenfischen sich für die Konkresceuzlehre aussprechen. Als erste sind zu nennen Agassiz und Whitman (1) von denen der letztere schon 1878 bei seinen Untersuchungen an Clepsine (98) die Hissche Lehre angenommen und verwertet hatte. Die Arbeit dieser beiden Autoren habe ich im Original nicht einsehen können und muss mich desshalb darauf beschränken, einen von Wilson (99) wörtlich zitierten Passus wiederzugeben, welcher lautet: „It appears quite certain to us that the principle of concrescence uuderlies the formation of the embryo. The concrescence appears under the disguised form of a migratory movement of the cells, wich acompanies the epibolic growth of the blastoderm". Zu den energischsten Verfechtern der Konkresceuzlehre gehört Ryder (82), dessen Befund an Eiern von Elacate canada mit Unrecht so grosse Bedeutung beigelegt worden ist. Dieser Beobachtung durfte niemand, welcher die Spaltbilduugen Lereboullets und R a u b e r s gesehen hatte , und das Verhältnis der Kuj) ff ersehen Blase zur Chorda kennt, auch nur die geringste Bedeutung als Beweismittel zuschreiben. Ryder hat eine Anzahl von Eiern des genannten Fisches untersucht, welche ungefähr auf dem Stadium der 2/3 Umwachsung waren. Der vor- dere Teil des Embryos ist normal ausgebildet, das hintere Stück aber bietet einen Befund , welcher sich insofern mit einigen von Lereboullet und Raub er beschriebenen Missbilduugen deckt, als der das Dotterloch umkreisende Randring eine Strecke weit in ürsegmente geteilt ist. Abwei- chend von den bei Lereboullet und R a n b e r mitgeteilten Fällen ist Gastrulation und Embryobildung bei den Chordaten. I. 27 aber, dass in dem Winkel, welchen die beiden Randringhälften bei ihrer Vereinigung mit dem Embryo bilden, eine Zellenmasse liegt, in welcher die geschlängelte Chorda eine Strecke weit differenziert ist und die Kupffersche Blase in Gestalt eines kugelrunden Bläschens vor dem hinteren Chordaeude und links von der Mittellinie liegt, so dass also Achsialgebilde des Körpers sich in der Medianlinie nach hinten fortsetzen, die ürsegmente aber im Eandring enthalten sind. Das Vorhandensein der mittleren Zellenmasse erscheint ihm selber „a little puzzling" und während der Niederschrift kommen ihm Bedenken, ob das Gebilde, welches er zur Zeit der Untersuchung als Chorda angesprochen Jiat, sie auch wirklich ist. Sehr einfach ist die Beweisführung von Cunningham (11), welcher Eier von Gadus merlangus, morrhua, aeglephiuus, gurnardus und von Clupea harengus untersucht. Er argumentiert so : Der Embryo umspannt nach Dotterlochschluss 180^ der Eiperipherie ; während der Umwachsung der Dotterkugel aber verschwindet der Randring allmählich. Da nun kein Grund dafür vorliegt, anzunehmen, dass seine Zellen wieder absorbiert werden, so ist es wahrscheinlicher („much more probable"), dass der Embryo durch Konkrescenz der Randriughälften entsteht. Auch E y c 1 e s h y m e r (13), dessen Arbeit unter Whitmans Leitung entstanden ist, lässt bei Amiurus catus und Lophius piscatorius den Embryo durch Verwachsung der Randringhälften entstehen. Gründe für diese Ansicht werden jedoch nicht beigebracht. Besonders interessant und in gewissem Sinne die Lehre von der Kon- krescenz unterstützend, ist das Verhalten des Randringes bei Lophius pisca- torius. Dasselbe ist ähnlich, wie es bei Batrachus tau von Miss Clapp (9) beschrieben ist. Bei diesen beiden Fischen kommen lange vor Schluss des Dotterloches die beiden Randringhälften hinter dem Knopf zur medianen Vereinigung, so dass wie bei Selachiern eine Dottersacknaht entsteht und ein sogenannter Dotterblastoporus gebildet wird. Dieses Verhalten beweist (meines Erachtens) aber noch nicht, dass auch der Embryo in derselben Weise durch Verwachsung der Keimhautränder entsteht, ebensowenig wie bei den Selachiern die Dottersacknaht den Vorgang der Nahtbildung auch für den Embryo beweist. Das Wertvolle an dieser Tatsache scheint mir zu sein, dass bei sehr dotterreichen Knochenfischeiern der Randring sich ähnlich wie bei den Selachiern verhält. Für die Konkrescenz bei Selachiern haben sich Kollmann (43), Rücker t (80, 81) und Locy (<>3) ausgesprochen. K 0 1 1 m a n n (43) betont mehrfach die Übereinstimmung seiner Ansichten mit den von H i s und R a u b e r geäusserten , bei Schilderung seiner Befunde an Torpedo ocellata und der Forelle. Er unterscheidet am Rand- ring der Selachier, welcher als Area opaca bezeichnet wird, einen hiliteren Abschnitt, in welchem das Material der Rumpfanlage gelegen ist und einen 28 Fr- Kopsch. vorderen, welcher die Umwachsung des Dotters ausführt. Der hintere Abschnitt tritt nach Ablauf der Gastrulation zuerst in Form einer Sichel auf, aus welcher sich durch Konkrescenz die „mittlere" und „hintere" Embrjonal- anlage bildet, während die „vordere" Embryonalanlage im Bereich der Keim- scheibe selber dicht vor der mittleren auftritt. Das Material zur Rumpf- anlage, welches bei den Selachiern im hinteren Teil des Keimscheibenrandes „aufgespeichert" ist, „gelangt dadurch an seinen Ort, dass die Zellmassen an das hintere Ende des Embryos sich heranschiebeu" (S. 290). Das hintere Ende des Embryos „bleibt wie ein fixer Punkt in der Nähe des Äquators stehen, während der übrige Umwachsungsbezirk sich über die Dotterkugeln hinweg- schiebt und sich am Schwanzende des Embryos bis auf einen kleinen Rest schliesst. Das ist natürlich nur relativ zu nehmen; denn auch er rückt vor bis zum Äquator, allein sehr langsam und nur minimal im Vergleich zu dem übrigen Teil des Randwulstes" (S. 290, Anm. 1). Bei den Teleostiern betrachtet K o 1 1 m a n n den Knopf und den unmittelbar an ihn grenzenden Teil des Randwulstes als Primitivstreifen. Im übrigen gilt von der Bildung der „vorderen", „mittleren", und „hin- teren" Embryonalanlage mutatis mutandis dasselbe, was oben für die Selachier auseinandergesetzt ist. Rück er t glaubt annehmen zu müssen, dass bei Torpedo „ein Teil des palingenetischen Urmundrandes nachträglich in die axiale Anlage auf- genommen wird" (80) und „möchte das wenigstens von dem hinteren Abschnitte dieses Randes, in dessen Bereiche Urwirbelanlagen gebildet werden, mit ziemlicher Bestimmtheit behaupten". Die Erklärung für diesen Vorgang sieht er in den mechanischen Verhältnissen bei der Ausbreitung des Blasto- derms über den Dotter, bei welcher der hintere Rand sich nicht allein rückwärts, sondern auch „medianwärts gegen die axiale Anlage des Embryo" verschiebt. Dabei tritt jedoch keine „mediane Nahtbilduug" auf, „sondern die beiderseitigen Zellenmassen gehen ohne Angrenzung ineinander über". R ü c k e r t unterscheidet am Keimscheibenrand embryonales und ausser- embryonales Peristom. Beide Abschnitte sind scharf voneinander getrennt und schliessen sich zu verschiedenen Zeiten, und unabhängig voneinander. Der embryonale Abschnitt schliesst sich zuerst und bildet den Canalis neurentericus, der ausserembryonale umwächst den Dotter und kommt gleichfalls auf der Rückseite des Eies zum Verschluss in der Dottersacknaht. Somit bestätigt Rückert die Hissche Anschauung „für einen beschränkten (hinteren) Abschnitt des Embryo" (S. 155). Auf einem anderen Wege beweist Locy (63) unter Beibringung von „geradezu abenteuerlichen" (wie H. Virchow 93, S. 636, mit Recht sagt) Figuren, die Aufnahme des Randringes in die achsiale Anlage des Embryos. Er findet bei jungen Keimscheiben von Acanthias zahlreiche primitive Neuromeren sowohl innerhalb der Embryonalanlage als auch an Gastrulation und Embryobildung bei den Chordaten. I. 29 den mit ihr zusammenhängenden Randringteilen und schliesst daraus auf die Entstehung des Embryos durch Konkrescenz der Keimscheibenränder. In der Zwischenzeit hatte His (30) auf der anatomischen Versamm- lung zu München 1891 die Konkrescenzlehre auch auf die Amnioten zu übertragen versucht. Hierbei nahm er Gelegenheit, seine früher geäusserten Anschauungen in unveränderter Weise in gedrängter Form vorzutragen und die Beweise hierfür hintereinander aufzuzählen. Für die Verwachsung bei Selachiern führt er als neuen Beweis die von ihm bei Pristiurus-Embryouen beobachtete Spaltung des hinteren Chordaendes auf — eine Tatsache, welche schon fünf Jahre vorher von P e r e n y i (69) bei Torpedo marmorata be- schrieben worden ist. In der sich an His Vortrag anschliessenden Diskussion bestreiten R a b 1 und R ü c k e r t das Vorhandensein einer Gabelung des hinteren Chordaendes. Rück er t nimmt ausserdem Gelegenheit, sich über die Experimente Kastschenkos zu äussern. Er habe ebenfalls, wie dieser Autor, „den Randwulst einer Seite bei Pristiurus abgetrennt, habe aber die operierten Embryonen sich bis zu einem älteren Stadium entwickeln lassen, als der genannte Forscher, und dann in der Tat eine geringere Ausbildung, resp. einen Defekt auf der operierten Seite (bei Oberflächenbetrachtung) gesehen" (81). Darum glaube er auch jetzt noch, „dass Zellenmaterial aus dem Randwulst in die axiale Anlage aufgenommen werde". Drei Jahre später veröffentlichte His eine Reihe von Aufsätzen (31 — 33), in denen er wieder Bezug nimmt auf die Konkrescenzlehre, ohne aber neue tatsächliche Beweise beizubringen. Dagegen war auf Veranlassung von Whitmau, also aus dem Kreise der Anhänger der Konkrescenztheorie heraus, eine Arbeit angefertigt worden deren Ergebnisse — vor allem die auf experimentellem Wege gewonnenen — die Verwachsungstheorie schwer erschütterten. Morgan (65, 66) untersucht die normale Entwicklung von Ctenolabrus; die Experimente wurden an Funduluseiern angestellt. In bezug auf die normale Entwicklung deckt seine Auffassung von der Entstehung der Embryonalanlage und dem Verhalten des Randringes sich mit den von Kupffer bei Gobius, Gasterosteus, Clupea beschrie- benen Vorgängen, indem er für die Bildung der Embryonalanlage Zellen- wanderungen in Anspruch nimmt. Bei der Verlängerung des Embryos findet eine achsiale Konzentration des Zellenmaterials und eine Verschiebung desselben nach rückwärts statt, so dass das hintere Ende pari passu mit dem Keimhautrand fortschreitet. Das Material des zelligen Randringes geht zum Teil in den Embryo über, zum Teil wird es benutzt zur Bildung des Dottersackes, indem fortdauernd Zellen an den ausserembryonalen Teil des Blastoderms abgegeben werden. Dies ergibt sich einmal direkt aus der Betrachtung der Flächenbilder, zweitens durch Bestimmung der Zellen- 3Q Fr. Kopsch, zahl des ausserembryoualen Blastoclermsabschüittes auf verschieden weit ent- wickelten Stadien. Die Experimente au Funduluseiern zeigen, dass der Kopf, sobald er seine Ausbildung beendet hat, ein punctum fixum darstellt, weil die Ope- rationsstelle, welche zur Zeit der Bildung des zelligen Randringes mit einer heissen Nadel in der Mitte des Blastoderms angelegt wird, immer dicht vor dem Kopf des Embryos liegt. Das Material, aus welchem die Kopf- anlage hervorgeht, hat nie am Blastoporusrande gelegen. Wenn nun der Kopf festliegt, so kann das Längenwachstum des Embryos nur nach hinten erfolgen. Ob nun die Verlängerung durch Kon- krescenz der Eandringhälften vor sich geht oder nicht, entscheiden die Operationen am Randring. Derselbe wird an jüngeren Stadien auf einer Seite des Embryos mit einer heissen Nadel durchgebrannt. Es zeigt sich an den auf späteren Entwicklungsstadien untersuchten operierten Embrj^onen dass „The embryo cut off from all connection with the germ ring on one side elongates backwards producing an embryo having both right and left sides alike and equal". Daraus folgt, dass der „germ ring takes no impor- tant part in the formation of the body of the fish embryo". Diese Anschauung erfährt aber durch Beobachtungen an anderen operierten Em- bryonen und an Missbilduugen, welche durch Einbringen der Eier in ver- dünntes Seewasser (Seewasser .50, Süsswasser 25 Teile) erhalten sind, eine Änderung dahin, dass der Randring doch Anteil hat am Aufbau des Embryos, indem das Mesoderm derjenigen Seite, an welcher der Randring vom Embryo getrennt war, schwächer ausgebildet ist, als auf der anderen Seite, während Chorda und MeduUarrohr anscheinend normal sind. Aus diesen Tatsachen ergibt sich, dass der Embryo auch ohne Benutzung des Randringes nach hinten auswächst, dass aber aus ihm unter normalen Verhältnissen eine gewisse Menge von Zellenmaterial in den Embryo gelangt. Eine Tatsache, welche Morgan schon bei der Betrachtung der normalen Entwicklung erkannt hatte. H. Virchow (89 — 93) hat sich in einer Reihe von Veröffentlichungen über das Längenwachstum des Embryos und die Verwendung des Rand- ringes bei Teleostiern (Salmo fario, irideus) und Selachiern (Raja, Scyllium, Pristiurus) ausgesprochen. In der ihm eigenen logischen Weise zerlegt er die zusammengesetzten Probleme in die sie zusammensetzenden Einzelfragen, und erwägt bei jeder einzelnen das Für und Wider, indem er alle Möglichkeiten aufsucht und Gesichtspunkte aufstellt. Wenn er dabei manchmal nicht zu einer bestimmten Antwort gelangt, so liegt die Schuld an der Unzulänglichkeit des bisher vorhandenen Tatsachenmaterials. A. Teleostier. I. Längenwachstum des Embryos, a) Mit der von His und seinen Anhängern herangezogenen Evidenz ist in dieser Frage Gastrulation und Embryobildung bei den Chordaten. I. 31 nicht dlirclizukoinmen, da auf Grnnd des Tatsachenmaterials manches mit Evidenz für Verwachsuug, manches dagegenspricht (89, S. 72). b) Messungen der Länge des Embryos und des Randringes an Stadien zwischen halber ümwachsuug und Dotterlochschluss haben ihn nicht die Überzeugung gewinnen lassen, dass eine „strenge Gesetzmässigkeit zwischen der Abnahme der Randlänge und Zunahme der Embryonallänge besteht". Ausserdem ist der Randring manchmal dünn, manchmal dick, was zwar an sich nicht gegen die Konkrescenz spricht, den Beweis aber undurchsichtiger gestaltet (92, S, 203). c) Vergleichungen der Längenmaasse der einzelnen Körperregionen jüngerer und älterer Stadien ergeben, dass „die Ver- längerung der Embryonal-Anlage oder wenigstens die des embryonalen Mesoderms nur durch Zunahme im Bereich der ungegliederten Region" sich vollziehen kann. Nun könnte man ja daran denken, dass das Material dieser Region vom Randring stammt, wenn man es — mit His — für unmöglich hält, dass die neugebildeten ürsegmente aus- schliesslich durch Vermehrung der Zellen dieses Körperabschnittes erzeugt werden können. „Diese Vorstellung verliert" jedoch „gänzlich ihre Beweis- kraft, wenn man bedenkt, dass nach Schluss des Dotterloches im „Schwanz- ende" ganz dieselben Verhältnisse fortbestehen, d. h. ein verhältnismässig kurzes und an Mitosen nicht sehr reiches Stück von unsegmentiertem Meso- derm die weiteren Urwirbel zu produzieren hat." (92, S. 204.) Der nach Dotterlochschluss vorhandene, bei 25 ürwirbeln 0,7 mm lange, unsegmentierte hintere Körperabschnitt hat noch 38 Urwirbel hervorzubringen, ohne dass ein Zuschuss von irgend woher dazu kommen kann, folglich kann doch wohl das unsegmentierte Stück eines jüngeren Embryos, welches z. B. bei 11 Ürwirbeln 0,8 mm lang ist, dasselbe auch ohne Zuschuss vom Randringe her leisten. Mit diesen Erwägungen ist jedoch, was H. Virchow selber anerkennt, weder für noch gegen die Konkrescenz etwas bewiesen. II. Verwendung des Randringes: Bei dieser Frage kommt neben a) dem möglichen Übergang von Material in die Embryonalanlage in Betracht, die auch von Morgan gewürdigte Tatsache, dass es b) in die Fläche ausweichen kann, d. h. zur Bildung des Dottersackes verwendet wird. Ferner findet c) wahrscheinlich ein Zerfall von Randringmaterial gegen Dotterlochschluss statt. Wie viel jedoch dadurch verloren geht, ent- zieht sich bisher der Bestimmung. III. Der morphologische Beweis: Dieser ist gestützt auf den Nach- weis, dass im Randring dieselbe Anordnung der Keimblätter besteht, wie sie in jeder Embryohälfte vorhanden ist, da spezifische Gewebsformen oder embryonale Organe im Randring nicht nachgewiesen sind. Diese Tatsache ist ohne Zweifel von grundlegender Bedeutung, recht- fertigt aber nicht „so weitgehende Schlüsse, wie sie in der Konkrescenz- Lehre gezogen werden". Vielmehr muss ein genauer Nachweis verlangt 32 Fr. Kopsch. wenden, in welcher Weise Teile des Randes in die Embryonal -Anlage eintreten. Da ein solches Eintreten nur am hinteren Ende des Embryos, wo Randring und Knopf zusammenhängen, vor sich gehen kann, so muss diese Gegend zuerst ins Auge gefasst werden. Bei dieser Betrachtung vertritt H. Virchow die von Balfour, Henneguy, H. E. Ziegler und Schwarz vertretene Anschauung, ,.dass der , Schwanz' bei Salmoniden schon in der Zeit vor dem Dotter- lochschluss angelegt ist", indem im Knopf „dieselben Lagerungsverhält- nisse von Canalis neurentericus, Kupfferscher Blase und Endwulst bestehen, wie sie während des ganzen Schwauzwachstums der Salmoniden und Selachier zwischen Canalis neurentericus, postanalem Darm und Mesoderm des Schwanzendes existieren". (92, S. 216). Damit ist die Konkrescenzlehre in ihrer ursprünglichen Form zurück- gewiesen, wenngleich „auf die Frage, in welcher Art und in welchem Grade bei Salmoniden der Keimhautraud für den Aufbau des Embryos verwendet wird, bisher eine genügende Antwort noch nicht gefunden" ist. B. Selachier: Im Anschluss an die Schwanzbildung der Knochen- fische werden dieselben Vorgänge bei Selachiern analysiert und wird gezeigt, dass bei ihnen dieselben Beziehungen zwischen Canalis neurentericus, Meso- derm u. s. w. bestehen, wie bei den Salmoniden. In der Mitteilung über Schwanzbildung bei Selachiern tritt H. Virchow w^esentlich auf den Befund einer „auf einem oder vielleicht zwei Schnitten hinter dem Vorderrande des Canalis neurentericus" (93, S. 647) gespaltenen Chorda bei einem Raja- Embryo von 20 Urwirbeln, für eine achsiale Kon- krescenz ein, welche ihm „w^ahrscheinlich" und „zwingend" (91, S. 118) er- scheint, schliesst sich jedoch keiner der „herrschenden Konkrescenzlehren" an und weist nach, dass die — auf jungen Stadien — lateralen Teile der Kaudallappen nicht zur achsialen Vereinigung kommen, sondern eine ventrale Naht bilden. Mit einem bisher noch nicht benutzten Beweise tritt Corning (10) gegen die Konkrescenz bei Salmoniden auf. Seine Beweisführung ist ge- gründet auf der strengen Abhängigkeit zwischen zelligem und syncytischem Randring, welche H. Virchow ganz besonders betont hat. Corning glaubt unter Voraussetzung dieses Verhältnisses aus den Vorgängen im syncytischen Randring auf gleiche Vorgänge im zelligen Randring schliessen zu können. Im Syncytium sind es vor allem die Kerne, aus deren Lage und Orts- veränderung er Schlüsse zieht auf „A^"achstumsvorgänge innerhalb der Keim- scheibe, ja innerhalb und in nächster Nähe der Embryonalanlage" (S. 110). An Flächenpräparaten älterer und jüngerer Stadien sieht man eine „Einstellung" der syncytischen Kerne auf den Rand, derart, dass die ovalen Kerne, welche unter den vorhandenen Formen die Mehrzahl bilden, „ihre Längsachse senkrecht auf den Umwachsungsrand stellen" (S. 112). Daraus Gastrulation und Embryobildung bei den Chordaten. I. 33 folgt mm unter Bezugnahme auf das Abhängigkeitsverhältnis zwischen den AVachstumvorgängen des zelligen und des syncytischen Randringes, dass der Keimhautrand „sich durchaus gleichmässig verengert" (S. 124) und dass die Stellung der syncytischen Kerne „geradezu den Gegenbeweis" gegen die Kon- krescenztheorie liefert. Bei der Umwachsung des Dotters geht Material vom Randring in den Embryo über, nimmt aber „keinen wesentlichen Anteil an der Bildung der Embryonalanlage" (S. 127), das Längsenwachstum des Embryos findet statt „zwischen der vorderen Wand der Kupff ersehen Blase und dem letzten Urwirbel" (S. 130). Zum Schluss dieser Übersicht seien noch die Ansichten von Raffaele mitgeteilt, welcher anfangs (73) bei den ellipsoidischen Eiern von Engraulis das Längenwachstum des Embryos durch Konkrescenz auf Kosten des Rand- ringes vor sich gehen lässt, da aus der Form des Eies hervorgeht, dass der Kopf in loco liegen bleibt und die Verlängerung des Körpers nach hinten erfolgt. In einer sieben Jahre später erschienenen Arbeit (74) aber ist er auf Grund von Beobachtungen über das Verhalten der Deckzellenschicht am Keimhautrande zurückhaltender, er betont, dass an den ellipsoidischen Eiern von Engraulis durch ihn und durch Wenckebach sicher nachgewiesen sei, dass der Kopf des Embryos ein fester Punkt ist. Er will aber nicht in die Erörterung der Streitfrage über Wachstum des Embryos und Um- wachsung des Dotters eintreten. Koehler und Battaillön (42) schliessen sich für Leuciscus jaculus der Anschauung Kupffers an. Als Beweis wird benutzt das gegenseitige Lagerungsverhältnis des Embryos und des Blastodermrandes zu demjenigen Punkt des Dotters, welcher auf jungen Entwicklungsstadien am oberen Pol liegt und an konservierten Eiern, durch seine dunklere Färbung erkannt werden kann. Das von Fr. Kopsch (44) für den Umwachsungsmodus bei der Forelle entworfene Schema entspricht dem von His (29) gegebenen Bild. E. Zusanimenfassuiig. Wenn wir die Literatur überblicken und die vorhandenen Anschauungen klassifizieren wollen — ein Unternehmen, welches stets an einer gewissen Gewaltsamkeit leidet — , so finden wir in den jungen Stadien der Tele o stier - entwicklung, in dem Zeitraum vom ersten Auftreten der Embryonalanlage bis zum Dotterlochschluss, eine Reihe von verschiedenen Anschauungen 1. über das Längenwachstum des Embryos; 2. über die Art der Dotter- umwachsung; 3. über den Anteil des zelligen Randrings am Aufbaii des Embryos und des Dottersacks. L Über die Art des Längenwachstums sind zwei entgegengesetzte Anschauungen geäussert worden: Kopsch, Gastrulation und Eiubryobildung. O 34 Fr. Kopsch, A) Nach der einen wächst der Embryo von seinem ersten Auftreten bis zur Erreichung der endgültigen Zahl von Segmenten durch Ver- mehrung der Zellen seines hinteren, noch ungegliederten Körperabschnittes (Kupffer 54, 55). B) Nach der Anschauung von His und Rauber (24, 29, 75) entsteht der Rumpf des Embryos durch achsiale Verschmelzung der beiden Randring- hälften. IL Über den Modus der Dotterumwachsung sind vier verschiedene Ansichten geäussert worden: A) Das Vorrücken der Keimhaut über dem Dotter erfolgt concentrisch d. h. allseitig gleichmässig (Kupffer 54, 55). B) Das hintere Ende der Embryonalanlage bleibt in loco, die Keimhaut breitet sich excentrisch aus, der Verschluss des Dotterloches findet dicht hinter der Stelle statt, an welcher bei Entstehung der ersten Embryonal- anlage der Knopf liegt (Oell acher 67). C) Die Ausbreitung der Keimhaut findet excentrisch statt, das vordere Ende der Embryonalanlage bleibt in loco (His 29). III. Der zellige Randring findet Verwendung: A) Für den Embryo (Kupffer 54, 55; His 29). B) Nur zur Bildung des Dottersacks (Oellacher 67). C) Für Embryo und Dottersack (H. Virchow 93; Morgan 65, 66). Von den zahlreichen mittels dieser acht Komponenten möglichen Kom- binationen finden sich in der Literatur vier vertreten: Die älteste Anschauung, welche am meisten Zustimmung gefunden hat, ist die von Kupffer (1868, 1878) für die Eier von Gobius, Gaste- rosteus, Spinachia, Clupea harengus entwickelte, dass der Embryo wächst durch A'ermehrung der Zellen seines hinteren Körperendes, während der Randring allseitig gleichmässig vorschreitet und sein Zellenmaterial Anteil nimmt am Aufbau des Embryos. Diese Anschauung wird (allerdings nur im allgemeinen) vertreten durch : van ßambeke 1876 für Leuciscus rutilus; CK. Hoffmann 1881 Forelle; Balfour 1881; H. E. Ziegler 1882, Salmo salar, Rhodeus amarus; Gorono witsch 1885 Salmoniden, Esox, Chondrostoma; Prince 1886 Ga- diden, Trigla, Clupea harengus; List 1887 Labriden; Raffaele 1897 Exocoetus; Wenckebach 1888 Engraulis; Koehler et Battaillon 1893 Leuciscus jaculus; Morgan 1893, 1895 Ctenolabrus. Serranus, Fundulus; Fr. Kopsch 1894 Salmo fario; Corning 1896 Salmo. Die genannten Autoren fügen zu den durch Kupffer beigebrachten Beweisen, welche bestehen in der direkten Beobachtung lebender Eier und in der Serienphotographie eines fixierten Gasterosteus-Eis noch andere hinzu : So Gor onowitsch und Corning das Verhältnis der einzelnen Teile des Dottersackentoblasts zu einander und zum Keim, H. E. Ziegler, Raffaele, Gastrulation und Erabryobildung bei den Chordaten. I. 35 Wenckebach die Beobachtungen an ellipsoiclischen Eiern, Fr. Kopsch die Analyse der Oberflächenbilder, Morgan experimentelle Untersuchungen. Die Einschränkung, dass die genannten Autoren sich im wesentlichen der Kupfferschen Ansicht anschliessen, soll ausdrücken, dass sie durchaus nicht in allen Punkten mit ihr und untereinander übereinstimmen. Die Ver- schiedenheiten beziehen sich meist auf die Stelle, an welcher sich das Dotter- loch schliesst und wie weit das vordere Ende des Embryos an den oberen Eipol heranreicht. Sie erklären sich wohl in erster Linie aus dem ver- schiedenen Material, mit welchem die einzelnen Autoren gearbeitet haben. Bei den runden kleinen Knochenfischeiern des Meeres bedeckt (nach den Autoren) der Embryo bei Dotterlochschluss meist 180*' der Eiperipherie. Bei den ellipsoidischen Eiern findet eine Abweichung statt, indem der Schluss des Dotterloches nicht genau am unteren Pol, sondern etwas nach der Seite des Embryos hin verschoben ist. Bei den giossen Eiern von Lachs und Forelle endlich bedeckt der Embryo bei Dotterlochschluss nur ungefähr 90 *- der Eiperipherie. In allen denjenigen Fällen, in denen der Schluss des Dotterlochs nicht am unteren Eipol stattfindet, müssen aber früher oder später die einzelnen Abschnitte des Keimhautrandes ungleich schnell über den Dotter wachsen. Trotzdem aber müssen wir im Interesse der Klassifikation die genannten Autoren in diese Gruppe bringen. Als nächste Anschauung finden wir die von Oellacher 1873/74 auf- gestellte, nach welcher der Knopf einen festen Punkt darstellt, der Embryo durch Zellvermehrung in der Gegend der Schwanzknospe nach vorn wächst, die Keimhaut nicht gleichmässig, sondern excentrisch sich über den Dotter ausbreitet, und das Randringmaterial nur zur Bildung des Dotter- sacks dient. Beweise werden von diesem Autor nicht beigebracht. Dagegen sieht AVilson (99), der einzige Autor, welcher diese An- schauung ohne wesentlichen Einwand annimmt, eine feste Orientierungsmarke in der einzigen Ölkugel des Serranus-Eies, und kommt bei dieser Voraus- setzung zu dem Resultat, dass der Knopf verhältnismässig festliegt. Die dritte Ansicht, von His (29) und Räuber (75), lässt den Embryo entstehen durch Konkrescenz der Keimscheibenränder. Hierbei wird das ganze Randringmaterial zum Embryo. Das Kopfende bleibt in loco liegen, die Verlängerung des Körpers findet nach hinten statt. Der Dottersack wird gebildet lediglich durch Ausbreitung der (von His) sogenannten Mittel- scheibe, d.h. desjenigen Abschnitts der jungen Keimscheibe, welcher nach Wegnahme des Embryos und des Randringes übrig bleibt. Diese Theorie ist, wie schon oben erwähnt wurde, besonders von ameri- kanischen Forschern aufgenommen worden, so (für Teleostier) von Agassiz und Whitman 1884; Ryder 1882 — 85 (besonders zu bemerken der Befund an Elacate); Kollmann 1885 Forelle; Cunningham 1886 Gadiden, Trigla, 3* 36 Fr. Kopscb. Clupea liarengus; Eaflaele 1888 Engraulis; Eyclcshymer 1895 Amiurus catus, Lophius piscatorius. An Beweisen führt His an: 1. die numittelbare Evidenz; 2. Messungen, a) metrischer, b) volumetrischer Art; 3. die Erwägung der bei der Um- wachsung stattfindenden mechanischen Vorgänge. Dazu fügt Räuber den Be- weis aus den Spaltbiklungen (Hemididymi), wozu auch Ryders Befund au Elacate zu rechnen ist. Von allen anderen Autoren sind weitere Beweise nicht beigebracht worden. Aus der Entnahme von Längenmaassen bestimmter Körperregionen sind Henneguy und H. Virchow 3u einer Ablehnung der Konkrescenztheorie gekommen. Letzterer freilich nicht zu einer unbedingten. Die vierte durch Miecz. v. Kowalewski aufgestellte Anschauung ist eine Verschmelzung der Ansichten von Kupffer und Oellacher. Als Beweis dienen die Befunde an konservierten ellipsoidischen Eiern einer un- bekannten Fischspezies. Der einzige Autor, welcher sich Kowalewski angeschlossen hat, ist Henneguy, Bei der Selachier-Entwicklung liegen die Verhältnisse viel ein- facher. Hier kann über die Ausbreitung des Keims wenigstens für die Stadien nach Bildung des Canalis neurentericus gar kein Zweifel bestehen. Die an diesem Material vorhandenen Differenzen betreffen lediglich die Bildung und das Längenwachstum des Embryos. Nach Balfour 1878, 1881, Kastschenko 1888, Rabl 1889, 1896, Sedgwick 1892, H. Virchow 1895 findet die Verlängerung statt durch Ver- mehrung der Zellen am hinteren ungegliederten Stück des Embryos, während His die Keimscheibenränder in der Medianlinie zur Bildung des Rumpfes und Schwanzes zusammentreten lässt (187(1, 1878, 1891, 1894). Seiner Auffassung haben beigestimmt Rauber 1877—1885, Kollmann 1885, Rückert 1887, 1891, Locy 1894. His nimmt hier als Beweis ebenfalls die unmittelbare Evidenz in Anspruch, ferner werden Messungen an verschiedenen Embryonen ausgeführt und dazu kommt dann im Jahre 1891 die von Perenyi schon früher vertretene Ansicht, dass das hintere Ende der Chorda gegabelt sei. Diese Tatsache wird A'on Rabl und Rückert in Abrede gestellt, von H. Virchow aber in einem Fall bestätigt. Gegen His sprechen besonders die Experimente von Kast- schenko; doch haben ähnliche operative Eingriffe Rückerts zu einem der Konkrescenztheorie günstigen Resultat geführt. Die von mir an Scyllium- Embryonen ausgeführten Operationen, über welche ich auf der Versammlung der Anatomischen Gesellschaft in Kiel 1893 berichtet habe (47), erbringen von der experimentellen Seite her den Beweis für die Richtigkeit der Anschauungen von Balfour, Rabl, Kast- schenko, H. Virchow. Von Locys Neuromeren am Keimhautrande der Selachier haben die späteren Untersucher nichts gesehen. Gastrulation und Embryobildung bei den Chordaten. I. 37 F. Fragestellung. Die vorhandenen Streitfragen bei der Embryobildung und der Dotter- umwachsung der Knochentische sind demnach: 1. Ist der Kopf des Embryos ein fester Punkt; mit anderen Worten: findet die Verlängerung des Embryos nach vorne oder nach hinten statt? 2. In welcher Weise schreitet der Keimhautrand bei der Umwachsung der Dotterkugel vor? 3. Welchen Anteil nimmt der zellige Randring am Aufbau des Embryos oder embryonaler Organe {Dottersack, Mesoderm etc.)? Die ersten zwei Fragen sind bei kritischer Verwertung des in der Literatur niedergelegten empirischen Materials mit einiger Sicherheit zu beantworten. Auf die letzte Frage aber ist die Entscheidung nur durch das Experi- ment zu finden, wie es Morgan (65, 66) und ich (45) getan haben. Dabei finden dann die beiden ersten Fragen gleichfalls ihre Beantwortung, und zwar wesentlich in dem Sinne, wie es die Mehrzahl der Autoren im An- schluss an Kupffers Darstellung (aus den Jahren 1868, 1878) getan hat. Behufs rationeller Auswahl der Operationen sind folgende Über- legungen anzustellen: 1. Wenn der Embryo in die Länge w^ächst durch Vermehrung der Zellen seines hinteren Körperendes, so muss a) nach Zer- störung dieses Körperabschnittes das Längenwachstum aufhören, b) nach Zerstörung des vor ihm gelegenen Teils vom Embryo doch noch der Rest des Körpers gebildet werden. 2, Wenn im zelligen Randring die Organe des embryonalen Rumpfes und Schwanzes potentia enthalten sind, so müssen sie nach Zerstörung der ihnen entsprechenden Stellen des Randringes fehlen, und zwar: a) bei trotz Operation eingetretener Konkrescenz auf der ent- sprechenden Seite des embryonalen Körpers, b) wenn durch die Operation die Konkrescenz verhindert ist, innerhalb des sich in situ differenzierenden Randringes. Die unter 1. aufgeführten Operationen können auf älteren und jüngeren Stadien angestellt werden; die Operationen am Randring gestatten zahlreiche Variationen, da man erstens auf älteren und jüngeren Stadien, zweitens nur auf einer Seite des Knopfes in grösserer oder geringerer Entfernung, drittens aber auf beiden Seiten und zwar ebenfalls näher oder weiter vom Knopf operieren kann. \>X:iAl III. Material und Methoden. Die benutzten Eier stammeu von Salmo faiio und Salmo irideus. Sie sind bezogen aus der Kaiserlichen Fischzucht -Anstalt bei Hüningen, deren Leiter Herr Kommissionsrat H a a k , bereitwillig und liebenswürdig auf meine Wünsche einging, so dass ich ihm grossen Dank schulde. Da es sich im Lauf der Untersuchung als wünschenswert erwies, dass die Eier von einem Weibchen stammten, um so die Schwankungen und Ungleichheiten der Ei- und Keimscheibengrösse, sowie der Entwicklung, wenn möglich, zu vermeiden, sind die letzten sechs Eiersendungen (an acht wurde im ganzen operiert) stets Eier von einem Weibchen gewiesen, be- fruchtet mit Samen von einem Männchen. Trotzdem ist die Eigrösse oft sehr verschieden und damit auch die Grösse der Keimscheibe ; man hat aber doch ein gleichartigeres Material zur Verfügung, wenn man die kleinen Eier ganz unberücksichtigt lässt. Zugleich hat man auch eine bessere Grundlage für die Vergleichung der operierten und der nichtoperierten Embryonen derselben Sendung. Die Eier werden in einem Bruttrog gehalten, welcher im Arbeitszimmer in der Nähe der Wasserleitung aufgestellt, mit anhaltendem Zulauf und Abfluss versehen ist. Unter diesen Bedingungen entwickeln sich die Embryonen ganz vorzüglich und bleiben auch von Pilzen verschont, wenn man nur täglich die toten Eier herausliest und das Wasser durch eine Glasplatte vor Staub schützt. Übrigens habe ich dabei, wie auch Keibel (40) die Bemerkung gemacht, dass, seitdem in der Anatomie das Formal- dehyd angewendet wird , die Gefahr des Verpilzens eine sehr geringe ge- worden ist. In demselben Bruttrog hängen noch zwei kleinere (10:10:G cm) Käst- chen aus Messingdrahtgeflecht (Maschenweite 1 mm). Jedes ist durch Querwände in vier Unterabteilungen von je 25 qcm Bodenfläche geteilt, auf Avelcher bequem 50 Eier Platz haben. Jedes Fach ist numeriert und be- stimmt zur Aufnahme der operierten Eier, welche sich so mit den nicht- operierten unter gleichen Bedingungen entwickeln , wodurch die Ver- gleichung der operierten Embryonen mit den normalen an Sicherheit gewinnt. Gastrulation und Embryobildung bei den Chordaten. I. 39 Wie gross die Zahl der von mir operierten Embryonen ist, vermag ich nicht anzugeben, da ich darüber keine genauen Aufzeichnungen besitze. Die Zahl der von mir als Dauerpräparate eingelegten beträgt gegen 300. Ehe man an die Operationen herantritt, muss man eine genaue Kennt- nis der normalen Entwicklung erworben haben , sonst ist es nicht möglich, mit Sicherheit bestimmte Stellen der Keimscheibe zu operieren. Denn, wenn es schon äusserst schwierig ist, am konservierten Material auf Stadien vor Auftreten des Knopfes die Stelle der ersten Einstülpung zu er- kennen, so ist es selbst bei grosser Übung oft unmöglich, durch die wenig durchsichtige Schale des Salmoniden-Eies die einzelnen Keimbezirke zu er- kennen. Ganz unbrauchbar zur Anstellung der Operationen junger Stadien sind Eier, welche äusserlich wie mit feinem Puder bestreut erscheinen, wegen der geringen Durchsichtigkeit der Schale. Selbst bei durchsichtiger Eischale sind die Keimscheibe und ihre einzelnen Teile nur dann so deutlich, wie es für die Operationen erforderlich ist, wenn man das Ei stark durch- leuchtet. Dies geschieht am bequemsten mittels des Abbe sehen Beleuch- tungsapparates und zwar in folgender Weise: Man entferne den Tubus eines grösseren Mikroskops vom Stativ, so dass nur der Objekttisch nebst Beleuchtuugsapparat übrigbleiben. Stelle das Mikroskop so vor sich hin , dass die Säule nach rechts oder links ge- richtet ist und sende mittels des Hohlspiegels Tageslicht oder Lampenlicht durch den Kondensor, Die Öffnung im Objekttisch enthält ein Korkstück- chen, in welchem eine Durchbohrung von 3 — 4 mm Durchmesser angebracht ist. Dieselbe erweitert sich nach oben hin trichterförmig bis höchstens .5,5 mm (nicht weiter, da der durchschnittliche Durchmesser des Forellen- eies 4,5 mm beträgt). In diese trichterförmige Erweiterung wird das Ei gelegt und kann in ihr beliebig gedreht werden mittels einer Pincette oder eines Pinsels. Der Lichtkegel des Beleuchtuugsapparates durchleuchtet das Ei genügend, sobald das auffallende Licht durch eine vorgestellte Metall- oder Pappplatte ausgeschaltet ist. Man erkennt alsdann den Rand der Keimscheibe und die Embryonalanlage oft mit grosser Deutlichkeit. Eier, an denen die einzelnen Teile trotz Durchleuchtung nicht scharf hervortreten, werden nicht benutzt; man findet stets eine genügende Zahl, welche zur Operation geeignet sind. Unter besonders günstigen Verhältnissen gelingt es, bei dieser Anord- nung die einzelnen Keimbezirke schon auf Stadien zu erkennen, in welchen der Umschlag eben an einem Teil der Peripherie aufgetreten ist, und die Operation an der gewollten Stelle mit Sicherheit auszuführen. Denjenigen Punkt, an w^elchem der Umschlag zuerst aufgetreten ist, erkennt man an der grösseren Dunkelheit. Die Medianlinie des späteren Embryos schon auf diesem Stadium mit Sicherheit festzustellen, gelingt auch an besonders durchsichtigen Eiern, wie man sich an Keimscheiben überzeugen kann, welche 40 Fr. Kopsch. wenige Stiindeu nach der Operation konserviert sind. Überhaupt empfiehlt es sich, zunächst an einer Anzahl operierter Eier nach einigen Stunden nachzusehen, ob die Operation auch die gewollte Stelle getroffen hat. Stellt sich dies an den konservierten Keimscheiben heraus, so wird man wohl annehmen dürfen, dass dies auch bei der Mehrzahl der operierten Eier der Fall sein wird. Auf etwas älteren Stadien — eben gebildeter Knopf oder rauten- förmige Embryonalanlage (Stad. I, II von Fr. Kopsch 46) — ist die Erkennung der Topographie viel leichter, namentlich durch die Anordnung der Olkugeln in der Gegend der Embrjonalanlage und des Keimscheiben- randes. Ausserordentlich günstig sind solche Eier, an denen der „innere Ring" (H. Virchows) vorhanden ist. Unter innerem Ring verstehen wir eine Bildung innerhalb des unter der Keimhaut befindlichen Dotters, welche durch eigenartige Lagerung der Olkugeln und des optischen Verhaltens der oberflächlichen Dotterteile ausgezeichnet ist, wie sie sich sonst nur im Bereich des syncytischen Randriuges findet. Er ist auch an durchgefärbten, in toto eingelegten Keimscheiben noch zu sehen ; an Schnitten aber gelingt es nicht, ihn aufzufinden. Statt eines Ringes können deren zwei oder drei vorhanden sein (siehe die Textfiguren 12, 13, 14). Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie weder zu einander, noch zum Rand der Keimscheibe concentrisch verlaufen. Sie liegen einander am nächsten im Bereich der Embryonalanlage und sind am weitesten voneinander entfernt an dem gegenüber der Embryonal- anlage befindlichen Teil der Keimhaut, Sie entsprechen meiner Auffassung nach den Stellen, an welchen der Randriug sich auf jüngeren Stadien befunden hat. Ihr Wert für die Operationen liegt darin, dass sie im Bereich der Embryonalanlage am dichtesten aneinanderliegen und dass sie auch durch die Eischale hindurch bei Durchleuchtung deutlich genug gesehen werden können. Dadurch ist eine genaue Bestimmung der Medianlinie des Embryos möglich. Von dem Stadium der birnförmigen Embryonalanlage ab [Stad. III, Fr. Kopsch (46)1 ist das Erkennen des Embryos und des Randrings meist sehr leicht, wenn der letztere nicht gerade ausserordentlich dünn ist. Aber auch in diesem Falle ist durch die Anordnung der Olkugeln immer noch ein gewisser Anhalt gegeben. Was nun die Technik der Operationen anbetrifft, so handelte es sich darum, eine Methode zu finden, w^elche ohne Durchbrechung der Eischale mit Sicherheit und in jedem Falle die Zellen an der bestimmten Stelle abtötet, oder so verändert, dass sie auf späteren Stadien erkannt werden können. Dabei ist erstens durchaus erforderlich, dass die Ei- schale unverletzt bleibt, weil nach Anstechen derselben der Dotter bald gerinnt, und zweitens, dass die Verletzung des Embryos oder des Rand- Gastrulation und Embryobildung bei den Chordaten. I. 41 ringes oder irgend einer anderen Stelle der Keimliaut nicht derartig ist, dass der Dotter durch die gesetzte Wunde ausfliessen kann. Wenn dies geschieht, ist das Ei ehenfalls verloren, da die den Dotter fest umspan- nende Keimhaut den Inhalt gewissermassen herauspresst, eine Eigenschaft des Keims, welche sehr bekannt ist und noch kürzlich von Morgan zu Versuchszwecken benutzt wurde. Am grössten ist die Spannung nach Über- schreitung des Äquators bis gegen Dotterlochschluss, was ja die Betrach- tung der normalen Entwicklung zeigt, indem der noch nicht umwachsene Teil des Dotters oft heruienartig hervortritt. Darum gehen bei Eiern, deren Eand- ring nach Überschreitung des Äquators operiert wird, entweder gleich nach der Operation oder im Lauf der folgenden Tage verhcältnismässig mehr zu- grunde als bei den auf jungen Stadien operierten Eiern. Drittens darf der Dotter an der Operationsstelle nicht zur Gerinnung gebracht werden, da der Fischdotter die unangenehme Eigenschaft hat, dass Gerinnungen, welche an einer Stelle auftreten, sehr leicht den ganzen Dotter in Mit- leidenschaft ziehen. Der elektrische Strom ist am besten geeignet (nach meinen Erfahrungen) die genannten Bedingungen zu erfüllen ; 1 . durch die unverletzte Eischale hindurchzuwirken; 2. die Zellen so zu alterieren, dass sie entweder zu- grundegehen oder sich in atypischer Weise weiter entwickeln, ohne dass der Dotter an der Operationsstelle ausfliessen kann oder gerinnt. Die notwendigen Instrumente sind ein Akkumulator, eine Doppelnadel, eine Einschaltungsvorrichtung. Der Akkumulator besteht aus drei Zellen, sogenannten Tudorzellen, deren jede eine Spannung von 2 Volt besitzt, so dass im ganzen 6 Volt zur Verfügung stehen. Die Doppelnadel ist die gewöhnliche zur Elektro- punktur verwendete mit Platin- Iridiumspitzen. Als Einschaltevorrichtung, um den Strom beliebig unterbrechen und einschalten zu können, kann schon ein einfacher Druckknopf dienen, wie er bei elektrischen Klingelleitungen- zur Anwendung kommt. Die Spitzen der Doppelnadel sind durch einen Lacküberzug bis auf die vordersten Punkte isoliert, damit der Strom nur zwischen den beiden Spitzen übergehen kann. Durch längeres oder kürzeres Abschneiden der Spitzen mittels einer Scheere kann man die Polenden nach Belieben kleiner oder grösser gestalten, je nachdem man die Operations- stelle gross oder klein wünscht. Dies hängt aber, wie gleich bemerkt werden soll, auch von der Stärke des Stroms, seiner Einwirkungsdauer, und der Stelle der Keimhaut ab, an welcher operiert wird. Die Entfernung beider Spitzen voneinander wählt man für gewöhnlich mög- lichst gering, doch kann sie auch nach Belieben vergrössert werden; man muss dann aber stärkeren Strom anwenden und die Stromschleifen sind grösser. Dies ist insofern ein Nachteil, als durch dieselben auch andere Teile des Keims in Mitleidenschaft gezogen werden können. 42 Fr. Kopsch. Statt zwei Elektrodenspitzen kann man auch drei oder vier oder mehr wählen. Diese Anordnuugsweise wird man anwenden z. B., wenn man zu beiden Seiten des Knopfes symmetrische Stellen des Eandringes abtöten, oder ein Stück Embryonalanlage von bestimmter Länge markieren will. Alsdann muss man aber darauf achten, dass die beiden Spitzen, welche Marken hervorbringen sollen, mit dem negativen Pol in Verbindung stehen, die dritte mit dem positiven. Zur Ausführung der Operation bringt man das betreffende Ei auf den durchbohrten Korken in geeignete Lage, benetzt es mit ein paar Tropfen physiologischer Kochsalzlösung, setzt die beiden Nadelspitzen auf die Eischale und drückt sie etwas an, wobei man darauf achtet, dass der negative Pol als der wirksamere auf die Stelle kommt, welche man operieren will. Die Dauer der Einwirkung des Stroms beträgt 10 bis 15 Sekunden. Die Übertragung der Eier aus dem Bruttrog geschieht am schonendsten mittels einer genügend weiten Pipette (5 — 6 mm lichten Durchmesser). Mit dieser überträgt man sie in eine Glasschale und stellt diese dann auf den Arbeitstisch. Man darf zu gleicher Zeit immer nur wenige Eier in der Glasschale auf dem Tische stehen haben, damit das wärmer werdende AVasser die Eier nicht schädigt, denn die Forelleneier sind beinahe ebenso, wie die erwachsenen Forellen gegen höhere Temperatur und Sauerstoffmaugel empfindlich. Aus der Glasschale werden die Eier auf den Objekttisch des Mikro- skopes gebracht mittels eines kleinen Löffelchens, welches gerade ein Ei aufzunehmen imstande ist. Innerhalb des erweiterten oberen Teiles des Korkstückchens werden sie in die richtige Lage gebracht, mit physiologi- scher Kochsalzlösung benetzt, und dann in der oben beschriebenen Weise operiert. Das Befeuchten mit Kochsalzlösung ist ein Avesentlicher und wich- tiger Faktor. Es erlaubt mit verhältnismässig schwachen Strömen zu arbeiten, während vor ihrer Anwendung stärkere Ströme benutzt werden mussten, welche meist zum Gerinnen des Dotters an der Operationsstelle und alsdann des ganzen Eidotters führen. Wenn nämlich das Ei in der angegebenen Weise auf dem Operationstisch liegt, so ist seine Oberfläche zwar noch feucht und mit Wasser durchtränkt, leistet aber dem Durch- treten des Stromes erheblichen Widerstand. Ausserdem wird die Umgebung des positiven Pols schnell trocken und damit der Leituugswiderstand noch grösser, so dass zu seiner Überwindung ein zu starker Strom gehört, welcher auf das Ei in der genannten Weise schädlich einwirkt. Alle diese Miss- stände werden durch Anwendung der Kochsalzlösung vermieden. Erstens wird der Leituugswiderstand geringer, da das Leituugsvermögen mit der Gastrulation und Embryobildung bei den Chordaten. I. 43 Zunahme des Kochsalzgehaltes wächst, und ausserdem werden die Pole nicht so leicht trocken. Mau kommt daher mit sehr schwachen Strömen aus. Die Kochsalzlösung schädigt bei der geringen Menge und der kurzen Zeit das Ei nicht; selbst wochenlang zur Probe in 0,7 ^Jq Kochsalzlösung gehaltene Eier entwickelten sich normal. Bei festem Andrücken der Nadelspitzen kann die Eihülle durchbohrt, und das Ei verletzt werden ; dadurch geht das Ei natürlich völlig verloren, weil der Dotter sofort gerinnt und ausläuft. Nach Beendigung der Operation sieht man an der Stelle, an welcher die Eischale von den Nadelspitzen berührt wurde, nur einen helleren Punkt. Am unterliegenden Keim ist noch nichts zu sehen. An ihm tritt erst etliche Stunden später ein grösseres oder kleineres weissliches Fleckchen auf, welches die Operationsstelle bezeichnet. Wenn es sehr kurze Zeit (innerhalb der ersten 10 Minuten nach der Operation auftritt, so ist Ver- dacht vorhanden, dass der Strom zu stark war oder zu stark eingewirkt hat. In diesem Eall kann man darauf gefasst sein, nur wenige oder gar keine der operierten Eier einige Zeit weiter zu züchten. Sobald mau aber nach den angegebenen Regeln verfährt, ist die Operation leicht und schnell auszuführen und der Erfolg sicher. Übung und Erfahrung sind natürlich notwendig, denn im ersten Winter 1894/95, als ich noch nicht auf die An- wendung der Kochsalzlösung gekommen war und mit zu starken Strömen arbeitete, erhielt ich nur einige wenige Embryonen, welche sich längere Zeit entwickelten. Bei jeder der folgenden Serien aber wurde das Resultat immer besser, so dass bei den letzten, von 50 operierten Eiern, im Laufe des nächsten Tages nicht ein einziges, im Laufe der ganzen folgenden Woche nur acht Stück abstarben. Nach der Operation werden die Eier sehr sorgfältig mittels des Löffel- chens in eine Schale mit frischem Wasser übertragen und von dort in die oben beschriebenen Drahtkörbe, welche sich in demselben Bruttrog, wie die normalen Eier, befinden. Die einzelnen Eier können zur Verfolgung des Operationsresultates in den folgenden Tagen wiederholt herausgenommen und durchleuchtet werden, ohne Schaden zu nehmen, nur muss man Sorge tragen, dass die Betrachtung nicht zu lange dauert. Dem Anfänger im Operieren ist anzuraten, mit Stadien von 1/3 bis 1/2 Umwachsung anzufangen und zwar mit Operationen am Knopf oder am Randring. Bei jüngeren Stadien ist die Orientierung zu schwierig und ältere gehen leicht zugrunde. Die Ursachen dafür sind oben entwickelt worden. Führung eines genauen Protokolls , Konservierung von normalen Eiern zur Beurteilung der Operationsresultate brauchen wohl nicht angeraten werden; ohne sie schwebt ein Teil der Schlussfolgerungen in der Luft. 4^ Fr. Kopsch. Die Konservierung erfolgt ausnahmslos in der von mir früher (46) ge- schilderten Methode von H. Virchow. Die Betrachtung der Oberflächenbilder erlaubt schon ein gewisses Urteil über den Ausfall der Operation ; viel mehr aber ergeben schwach gefärbte, in Kanadabalsam liegende Objekte. Zu ihrer Anfärbung, welche bei der späteren Zerlegung in Schnittserien nicht entfernt zu werden braucht, dient eine kurz vor dem Gebrauch frisch bereitete Mischung von Boraxkarmin und salzsäurehaltigem Alkohol. (Alkohol 70^;,, 100:HC1. 1.) Hierin bleiben die Embryonen 2 bis 24 Stunden. Bei zu starker Färbung kann man nachträglich mit dem Säurealkohol ausziehen, bei zu geringer Färbung muss man die Menge des Boraxkarmins etwas vergrossern. Bei diesem Verfahren wird der Dotter fast garnicht gefärbt, seine Kerne aber treten deutlich hervor; der Embryo ist nach Aufhellung in Nelkennöl und Einlegen in Kanadabalsam so durchsichtig, dass das Verhalten der euibryonalen Organe zueinander deutlich genug erkannt werden kann. Das Einlegen in Kanadabalsam geschieht in kleine, niedrige Glaszellen, welche auf dem Objektträger festgekittet und mit einem Deckglas bedeckt werden. In ihnen wird der Balsam noch nach Jahren nicht völlig hart, der Embryo wird nicht gedrückt, kann jederzeit herausgenommen, eingebettet und ge- schnitten werden. Bei grossem Material ist eine solche Art des Ein- schlusses schon allein der Übersichtlichkeit und des bequemen Aufbewahrens wegen zu empfehlen ; sie bietet aber ausserdem noch den Vorteil vor dem Aufheben in Spiritus, dass die Färbefähigkeit der Objekte noch nach Jahren so gut erhalten ist, wie in den ersten Tagen, während sie bei Spiritusmaterial im Lauf der Zeit mehr und mehr abnimmt. Jeder zur Zerlegung in eine Schnittserie bestimmte Embryo wird vorher bei genau ausgemessener Vergrösseruug entweder photographiert oder ge- zeichnet, wobei mit Kücksicht auf Keib eis Vorschlag (39) darauf zu achten ist, dass die Vergrösserungszahl durch 5 teilbar ist. Nach Anfertigung der Schnitte wird aus ihrer Zahl und den Maassen der Flächenzeichnung die Paraffinverkürzung berechnet, um die einzelnen Schnitte auf die entsprechenden Stellen des Flächenbildes beziehen zu können. Hier müssen die Worte H. Virchows wiederholt werden: „Man kann über gewisse Einzelfragen überhaupt nicht diskutieren mit jemandem, der nicht bereit oder nicht imstande ist, jeden seiner Schnitte sofort auf ein Flächen- bild zu beziehen". Den grossen Wert der Schrumpfungsbestimmung wird man am besten erkennen bei den Volumenberechnuugen der Embryonen und der Keim- scheiben. Die Schnitte werden in der üblichen Weise mit Eiweissglycerin aufge- klebt, mit Hämatoxylin nachgefärbt und in Kanadabalsam eingeschlossen. Gastrulation und Embryobildung bei den Chordaten. I. 4.5 Die Zeichnungen der Sclinittbilder sind nach Photographien angefertigt, Avodnrch erreicht Averden sollte, dass möglichst jeder Kern in seiner richtigen Grösse an seiner Stelle sich befindet. Wenn das vielleicht für manche Kerne eines Schnittes nicht genau zutrifft, so liegt es an der Schwierigkeit bei hundertfacher Yergrösserung, in welcher die meisten Zeichnungen der Schnittbilder ausgeführt sind, dieser Forderung gerecht zu werden. Bei loOfacher Yergrösserung, in welcher einzelne Figuren ausgeführt sind, gelingt es schon besser wie Figg. 10—14, Taf. I, 67 — 7 2, Taf. VI zeigen, doch musste der Raumersparnis wegen mit Rücksicht auf die zahlreichen Zeich- nungen die geringere Vergrösserung gewählt werden. IV. Deskriptiver Teil. A. Operationen. 1, Operationen am Randring bei schon vorhandenem Knopf. a) Operation nur auf einer Seite, a) auf älterem Stadium. Embryo I. (Figg. 1—8 Taf. I.) Allgemeines: Dieser Embryo war während des Winters 1894/95 neben zwei anderen die einzige Frucht meiner Bemühungen, welche darauf ge- richtet waren, eine leicht und sicher zu handhabende Operationsmethode für Salmonideu-Keimscheiben ausfindig zu machen. Das Stadium , in welchem die Operation vorgenommen wurde , war ein schon ziemlich weit vorgeschrittenes [ungefähr Stad. VII oder VIII von Fr. Kopsch (46)]. Die Operationsstelle (Fig. 2) befindet sich am Randring auf der rechten Seite ungefähr 30 — 40*^ entfernt von der Mittel- linie des Embryos. Vier Tage nach der Operation wird das Ei konser- viert. An den nicht operierten Eiern ist zu dieser Zeit der Dotter bis auf ein kleines Loch von der Keimhaut umwachsen. Flächenbild: Der Embryo (Fig. 1) besitzt auf jeder Seite 18 Urseg- mente von normaler Gestalt und Grösse. Die beiden vorderen Drittel zeigen keinerlei Abweichungen von dem Aussehen der nicht operierten gleichaltrigen Embryonen. Die Veränderungen, welche durch die Operation gesetzt sind, betreften das hintere Drittel des Embryos und den zelligeu Randring. An ersterem bemerkt man eine s- förmige Krümmung, deren vorderer Bogen flach ist und mit seiner Konkavität nach der Operations- stelle sieht , während die Konkavität des hinteren , stärker gekrümmton Bogens nach der linken Seite gerichtet ist. Der Knopf, nebst dem vor ihm gelegenen Teil begrenzen mit ihrer rechten Seite das Dotterloch, Avas bei normalen Embryonen nur die hintere Fläche des Knopfes tut. Das kaudalste Stück des Embryos ist also von der geraden Richtung nach der unverletzten Gastrulation und Embvyobildung bei den Chordaten. I. 47 Seite hin abgewichen und erscheint — rein deskriptiv ausgedrückt — ge- wissermassen als ein Teil des linken Randringabschnittes. Von dem Verhalten der einzelnen Organe lässt sich Folgendes fest- stellen. Das Medullarrohr ist von dem seitlich liegenden Mesoderm deut- lich abzugrenzen bis in diejenige Gegend des Knopfes, in welcher bei tieferer Einstellung des Mikroskopes eine hellere Stelle die Kupffersche Blase bezeichnet und das hintere, verbreiterte Chordaende ohne deutliche Grenze übergeht in die aus anscheinend gleichartigen Zellen zusammen- gesetzte Zelleumasse, welche hinter der Kupfferschen Blase liegt. An den genannten Organen sind bei Betrachtung des Flächenbildes im Vergleich mit normalen Embryonen keine Veränderungen zu erkennen. Dagegen macht sich ein bedeutender Grössenuuterschied bemerkbar an den unge- gliederten Mesodermstreifen. Der rechte, auf der operierten Seite befind- liche, wird nach hinten zu immer schmaler, während er hinter dem letzten abgegliederten Ursegment und noch eine Strecke weit von dort aus nach hinten, genau so kräftig entv,'ickelt zu sein scheint, als der linke. Der Kandring hat bedeutende Veränderungen erfahren. Vor allem fällt die eigentümliche Gestalt und Lage des Dotterloches auf, welches an den gleichaltrigen Embryonen eine kleine, runde Öffnung ist. Hier erscheint es als schmale, in die Länge gezogene Spalte, deren Längsachse einen spitzen Winkel bildet mit der durch die beiden vorderen Drittel des Embryos ge- zogenen Mittellinie. In der Nähe des vorderen Endes dieser Spalte, in der Höhe der letzten ürsegmente, liegt die Operationsstelle kenntlich durch grössere und dunkler gefärbte Zellen, sowie eine beträchtliche Anhäufung von Dotterkernen, deren lauggestreckte Formen wesentlich radiär auf die Mitte der Operatiousstelle gerichtet sind. An den einzelnen Abschnitten des Randringes finden sich Unterschiede hinsichtlich der Menge der vor- handenen Zellen. Am dünnsten ist er zwischen der Operationsstelle und dem hinteren Stück des Embryos, etwas stärker an dem jenseits der Ope- rationsstelle befindlichen Abschnitt, welcher dem erstgenannten gegenüber- liegt. Dagegen ist der an die linke Seite des Embryos sich anschliessende Randringteil ausserordentlich kräftig entwickelt. Schuittbilder: Die Durchsicht der Serie ergibt für das vordere Stück des Embryos in Übereinstimmung mit dem Befunde am Flächbild keinerlei Abweichungen von dem normalen Verhalten. Die ersten deutlich erkenn- baren Veränderungen trifft man in der Nähe der Operationsstelle. Hier befindet sich innerhalb des mit zahlreichen, ungefähr kugeligen Hohlräumen durchsetzten Dotters eine bedeutende Anhäufung von Dotterkernen, was für die Operationsstellen sämtlicher von mir untersuchter Embryonen charakte- ristisch ist. Überhaupt zeigen die Operationsstellen eine Reihe gemeinsamer Eigenschaften, welche bei jedem Fall bald in stärkerem, bald in schwächerem Grade ausgeprägt sind. 48 Fr. Kopsch. Man kauu au jeder Operationsstelle zwei Abschnitte unterscheiden : 1. eiueu mittleren Teil, in welchem die Zellen stark geschädigt und entweder im Absterben begriffen oder schon abgestorben sind. In letzterem Falle lösen sie sich von dem darunter befindlichen Dotter mehr oder weniger los, so dass er frei zu Tage liegt. 2. Einen peripherischen Abschnitt im Umkreis des punkt- förmigen mittleren Teiles. Die in ihm befindlichen Zellen haben ihre typische Form und Lagerung sowie ihre feinere Struktur verloren. Sie sind grösser und blasig geworden, enthalten oft zwei oder drei Kerne, welche sich manch- mal stärker, manchmal schwächer färben, als es bei den normalen Kernen der Fall ist. Infolge dieser Gestalts- und Grössenveränderungen der Zellen bildet der peripherische Abschnitt gewissermassen einen Wall um den mitt- leren Teil. Wenn aber in letzterem die Zellen noch nicht abgestossen sind, so bilden beide Abschnitte zusammen einen kleinen, knopfartig nach oben vorspringenden Höcker. Der entsprechende Abschnitt des Dottersackentoblasts zeigt dieselben beiden Teile. 1. Einen mittleren, in welchem die Reste zerfallener Dotter- kerne durch Färbung noch auf späteren Stadien nachgewiesen werden können und 2. um diesen herum eine ausserordentlich reichliche Anhäufung von Dotterkernen, deren Längsachse meist radiär zur Mitte der Operations- stelle gerichtet ist. Dabei ist besonders bemerkenswert, dass diese Anhäufung an der Peripherie des toten Dottermaterials soweit in die Tiefe reicht, wie letzteres, während die Dotterkerne sonst (unter normalen Verhältnissen) dicht unter dem zelligen Randring in den oberflächlichen Schichten des Dotters liegen, und nur bei Dotterlochschluss, wohl infolge der dabei stattfindenden Zusammendrängung des Randringmaterials auch in tieferen Schichten ge- funden werden. Ob diese Anhäufung der Dotterkerne an der Operations- stelle das Resultat aktiver Wanderungen ist oder auf andero Weise erklärt werden muss, soll nicht erörtert werden. Nach diesen Bemerkungen kehren wir zur Beschreibung der Schnitt- bilder zurück. Ein Schnitt, welcher durch die Mitte der Operationsstelle geht (Fig. 3), zeigt am Embryo keine Abweichung vom normalen Verhalten — über das Aussehen der Operationsstelle ist nach der vorhergehenden Schilderung nichts mehr zu sagen — . Dicht hinter dem abgebildeten Schnitt macht sich die Ungleichheit der linken und rechten Körperhälfte bemerkbar. Sie ist am deutlichsten zu erkennen an den paarigen Organen (Ursegmenten, Seitenplatten), während sie am Medullarrohr und der Chorda nicht zu be- merken ist. Zuerst nehmen auf der operierten Seite die Seitenplatten immer mehr an Breite ab, auch die Ursegmente werden kleiner. Schliesslich sind Seitenplatten überhaupt nicht mehr vorhanden (Fig. 4), und die Menge des Mesoderms auf der operierten Seite ist bedeutend geringer wie auf der anderen Seite. Am Medullarrohr ist eine Ungleichheit der linken und rechten Hälfte kaum zu erkennen, an der Chorda ist dies überhaupt nicht Gastrulation und EmbryobilrJung bei den Chordaten. I. 49 möglich. Die Kupffersche Blase hat eine asymmetrische Gestalt. Die Zellen ihrer Wand setzen sich nach links fort in ein zweischichtiges Ento- clerm, welches vom Mesoderm dentlich ahgegrenzt ist; nach rechts sind die Zellen der Wand von dem. Mesodermstreifen nicht abzugrenzen. In der Zellenmasse hinter der Kuplierschen Blase ist noch eine Strecke .weit das Gebiet des Medullarrohrs vom seitlichen Mesoderm abgegrenzt (Fig. 5), etwas weiter kaudal ist das typische Bild des Knopfes vorhanden in der konzentrischen Schichtung der Zellen. Noch weiter nach hinten (Fig. 7, 8) haben wir den Durchschnitt des Randringes, dessen linker Teil bedeutend zellenreicher ist als der rechte. Das Dotterloch ist von der Deckschicht bedeckt, wie es bei Dotterlochschluss in der Regel der Fall ist. Über die Dotterkerue ist weiter nichts Besonderes zu bemerken. Ergebnisse und Folgerungen: Fassen wir die Ergebnisse dieses Versuchs zusammen, so zeigt sich: 1. dass die Abtötung eines dem Knopf benachbarten Raudringstückes bei einem Embryo von 1 — 2 Ur- segmenten, das Längenwachstum des Körpers nicht gehindert hat, denn es sind beiderseits 18 Ursegmente und das hintere ungegliederte Stück bis zum Knopf vorhanden ; 2. dass innerhalb eines grossen Teils des nach der Operation gebildeten Rumpfabschnittes (bis zum 18. Ursegment) linke und rechte Seite noch vollkommen symmetrisch ausgebildet sind, dass aber 3. hinter dem 18. Ursegment die Seitenplatten der operierten Seite immer schmaler w^erden und schliesslich ganz verschwinden; 4, dass der unge- ^gliederte Mesodermstreifen nach dem Knopf hin immer schwächer wird, 5. dass die Operationsstelle das gleichmässige Vorwärtsschreiten des be- troffenen Randringabschnittes und der benachbarten Teile gehindert hat; 6. dass der Randring zwischen Knopf und Operationsstelle ausserordentlich dünn geworden ist: 7. dass am Medullarrohr nur eine äusserst geringe Ungleichheit beider Hälften, an der Chorda gar keine Veränderungen nach- zuweisen sind. Die Vergleichung der ursprünglichen und der späteren Lage der Ope- rationsstelle (Fig. 2 und Fig. 1) zeigt, dass der Randringabschnitt, welcher durch die Operation gekennzeichnet ist, bei der Umwachsung des Dotters nicht viel näher an den Embryo gelaugt ist. Daraus darf nun weder ge- schlossen werden, dass der ganze zwischen Knopf und Operationsstelle zur Zeit der Operation gelegene Randringabschnitt an der Vereinigung mit dem Embryo gehindert worden wäre, noch dass der von der Operation selbst be- troffene Teil nichts mit der Bildung des Embryos oder eines Teils desselben zu tun habe, wenn man sich nicht einer ähnlichen Oberflächlichkeit schuldig machen will, wie alle diejenigen Autoren, welche bisher lediglich nach dem Ausfall der Operationen an Froschgastrulis sich für Konkresceuz erklärt haben. Nur die eingehende Analyse des einzelnen Falls unter Berücksichtigung der normalen Entwicklung und unter Benutzung vollständiger Schnittserien Kopsch, Gastrulation und Embryobildiing. 4 50 Fr. Kopsch. kann dnrch Aufsuchung und Erörterung der in Betracht kommenden Mög- lichkeiten die nötige Sicherheit der Beurteilung geben, welche zur Erlang- ung einer richtigen Entscheidung notwendig ist. Der operierte Eandringteil hat sich, wie der Augenschein lehrt, bei der Umwachsnng des Dotters in meridionaler Richtung langsamer bewegt als die angrenzenden Teile. Hiernach darf man wohl annehmen, dass auch nach anderen Richtungen hin eine ähnliche Behinderung der Bewegung vor- handen gewesen ist und dass die annähernd gleiche Entfernung der Opera- tionsstelle vom Knopf bezw. Embryo zur Zeit der Operation sowie am kon- servierten Embryo auf Rechnung dieser Bewegungshinderuug zu setzen ist. Daraus würde dann wieder folgen, dass der zwischen Operationsstelle und Knopf gelegene Ringabschnitt keinen Anteil nimmt am Aufbau des Embryos. Einem solchen Schluss widerspricht aber die Zellenarmut dieses Rand- ringteils und es muss zunächst untersucht werden, wozu sein Zellenmaterial verbraucht ist. Zunächst könnte an seine Verwendung zur Bildung des Dottersacks gedacht werden. Dagegen spricht, dass die anderen Raudringabschnitte trotz eines teilweise grösseren Weges, welchen sie bei der [Jmwachsung des Dotters (d. h. Bildnng des Dottersacks) zurückgelegt haben, bedeutend zellenreicher sind. Wenn wir nun davon absehen, dass das Material ganz oder teilweise zugrunde gegangen ist, wofür sich keinerlei Anhalt aus dem tatsächlichen Befund ergibt, so bleibt nur noch seine Verwendung für den Embryo oder die Operationsstelle übrig. Da nun letztere selbst sehr wenig Zellen enthält, so kommen wir per exclusionem zu dem Schluss, dass das Material des Randringabschnittes, welcher zwischen Knopf und Operationsstelle liegt, zum Aufbau des Embryos verwendet worden ist. Hier erhebt sich nun die neue Frage, in welcher Weise die Verwendung stattgefunden hat: 1. entstehen aus ihm bestimmte Organe des Embryos, 2. wird es den einzelnen Organen mehr oder weniger gleichmässig zugeteilt oder 3. bildet es die ganze Hälfte eines entsprechenden Teils des Embryos, wie es nach der Anschauung von His der Fall sein müsste. Betrachten wir zunächst die letzte Möglichkeit: Zur Zeit der Operation ist der ganze Kopf des Embryos schon angelegt, vom Rumpf 1 bis 2 (vielleicht auch mehr) Ursegmeute und ein etwa 0,8 mm langes unsegmentiertes Stück, von welchem man allerdings nicht weiss, wieviel es vom Körper des Embryos darstellt. Da nun aber die Keimscheibe zur Zeit der Operation den Dotter noch nicht einmal halb bedeckt und bei Dotterlochschluss ungefähr 18 bis 28 Ursegmente vorhanden sind, so wird man nach der Hisschen Anschauung wohl erwarten können, dass das Randringmaterial, welches das dem Embryo von 1 — 2 Ursegmenten am nächsten liegende Achtel des gesamten Randrings (Viertel der Randringhälfte) ist, das Stück der rechten Seitenhälfte des Embryos, Gastrulatiou und Embryobildung bei den Chordaten. I. 51 ungefähr eutsj^irechend der Gegend des 10. bis 20. Ursegmeuts enthält. — Die hinter dem 20. Ursegmeiit liegenden Teile der rechten Körperhälfte müssten alsdann aus dem Eandringmaterial entstehen, welches jenseits der Operations- stelle liegt. Bei diesem Embryo müsste also, wenn das Zellcnmaterial, welches zwischen Operationsstelle und Knopf liegt, zum Embryo gekommen ist, der vordere Teil symmetrisch ausgebildet sein; seinem hinteren Abschnitt aber müsste, da der Anschluss des jenseits der Operationsstelle liegenden ß,and- materials an den Embryo verhindert ist, die rechte Hälfte völlig fehlen. Beides ist nicht der Fall. Daraus folgt nun aber noch nicht ohne weiteres, dass die Hissche Anschauung widerlegt ist. Es ist vielmehr noch nötig, zu untersuchen, ob und wie weit etwa Vorgänge regenerativer und umdifferenzierender Art im Knopf, welcher hierfür allein in Betracht kommt, stattgefunden und dadurch das geschilderte Kesultat hervorgerufen haben könnten. In bezug auf die unter Umständen im Knopf einsetzenden Kegenerationen und Eegulationen ergibt die Untersuchung der Spaltbildungen (s. weiter unten S. 88), dass der Knopfabschnitt jeder der beiden Körperhälften im- stande ist, einzelne Teile der fehlenden Körperhälfte nachzubilden und zwar in Gestalt mehr oder weniger kräftig ausgebildeter Ursegmente, indess aus der Hälfte der Chorda und dem halben MeduUarrohr bilaterale aber nicht symmetrische Organe hervorgehen, von denen die Chorda anscheinend gleiche, das MeduUarrohr aber ungleiche Hälften besitzt, so zwar, dass die der fehlenden Seite zugekehrte Hälfte stets zellenärmer ist als die andere, ferner ist bei diesen Missbilduugen die Regeneration des Mesoderms der fehlenden Körperhälfte unvollständig und zwar 1. der Grösse nach insofern als nur ein ursegmentartiges Gebilde von geringeren Dimensionen gebildet wird, Seiteuplatten, Urnierengaug, intermediäre Zellmasse aber fehlen, 2. dass die Nachbildung des Mesoderms zeitlich (und infolgedessen örtlich) verschoben ist, indem sie wie jede Regeneration erst nach Verlauf einer bestimmten Zeit einsetzt. Dadurch kommt es, dass eine grössere oder ge- ringere vordere Strecke der Hemididymi ohne nachgebildetes Mesoderm ist. Betrachten wir nun unter Zugrundelegung dieser Erfahrungen den operierten Embryo und nehmen wir als Ausgangspunkt das Stadium an, in welchem der zwischen Knopf und Operationsstelle befindliche Randringab- schnitt verbraucht ist, um das entsprechende Stück der rechten Hälfte des Embryos zu bilden. Dann müsste 1. der bis zu dieser Zeit enstandene Körperabschnitt des Embryos vollkommen symmetrisch sein und bei weiterer Differenzierung der linken Randringhälfte müsste der entsprechende Teil der rechten Körperhälfte fehlen, weil ja der jenseits der Operationsstelle liegende Teil der rechten Randringhälfte sich nicht mit dem linken Randringteil ver- einigen kann. Es müsste also ein Stück des Embryos nur die linke Hälfte 52 Fl'- Kopsch. der Organe der linken Seite enthalten und falls eine Nachbildung von Mesoderni der fehlenden Körperhälfte eingetreten wäre, so würde dieselbe eine Strecke weit fehlen oder rostral schwach begonnen haben und nach dem Knopf zu immer stärker geworden sein. Ferner könnte man allenfalls erwarten, dass der jenseits der Operationsstelle liegende Randringteil sich zu seiner Zeit in die entsprechenden Organe des Embryos differenzierte. Nichts von alledem ist bei unserem Embryo vorhanden. Am Meso- derm der operierten Seite findet sich geradezu ein entgegengesetztes Ver- halten; es wird nach dem Knopf zu immer schwächer. Danach scheint es ausgeschlossen zu sein, dass der Randring den Embryo enthält. Dagegen könnte das allmählige Schmalerwerdeu und das Aufhören der seitlichen Teile des Mesoderms in einer gewissen Abhängigkeit von dem allmähligen Verbrauch des zwischen Knopf und Operationsstelle gelegenen Zellenmaterials stehen, und der Randring würde alsdann ausser zur Bedeckung des Dotters in erster Linie zum Aufbau der Seitenplatten, welche ja auch zur Dottersackwand gehören, und etwa noch anderer Organe verwendet. Ge- nauere Erkenntnis hierüber lässt sich jedoch an diesem Fall nicht gewinnen. Für das Längenwachstum des Embryos und die Art der Dotterum- wachsung ergibt sich, dass der Knopf nach hinten auswächst und dass der Randring nicht gleichen Schritt hält mit dem Längenwachstum des Embryos, sondern dass der dem Knopf gegenüberliegende Punkt den längsten Weg zurücklegt, während die sich daran anschliessenden Teile einen umso kürzeren Weg durchmessen, je näher sie dem Knopf sind. ß) Operation auf jüngerem Stadium. Operationsstelle 45 ^ vom Knopf entfernt. Embryo II. (Figg. 9—14, Taf. I, Fig. 16, Taf. II). Allgemeines: Die Operation findet statt am 11. Tage nach der Be- fruchtung, auf dem Stadium, in welchem die Embryonalanlage als rauten- förmiges Feld erscheint und der Knopf schon gebildet ist (Stad. II Fr. Kopsch 46). Die Operationsstelle befindet sich auf der linken Seite, sie ist 45 ^^ (1 mm) von der Medianlinie des Embryos entfernt (Fig. 16). Die Konservierung erfolgt am 15. Tage nach der Befruchtung, mithin hat sich der Embryo nach der Operation vier Tage entwickelt. Die gleichaltrigen normalen Embryonen derselben Brut haben 8 bis 10 Ursegmente. FJächeubild: Der Embryo (Fig. 9) besitzt 9 Ursegmente, welche auf beiden Seiten von gleicher Grösse sind. Abgesehen von einer leichten Krümmung seines Kopfes nach links ist er vollkommen gerade nach hinten Gastrulation und Embryobildung bei don Chordaten. I. 53 gewachsen. Das vordere Stück und die Ursegmentregion sind von ganz normalem Aussehen. Dagegen zeigt sieh, wie bei Embryo I, die Wirkung der Operation an dem auf der Operationsseite gelegeneu ungegliederten Meso- dermstreifen, w^elcher von vorn nach hinten immer schmaler wird. Am Mcdullarrohr und der Chorda sind keine Veränderungen zu erkennen. Die Operationsstelle, welche zur Zeit der Operation 1 mm von der Medianlinie entfernt war, liegt jetzt in der Höhe des 7. bis 9. Ursegmentes 0,3 mm entfernt von der Medianlinie, am Grunde einer schmalen Bucht, deren Rand links gebildet wird von dem jenseits der Operationsstelle befindlichen Randringteil, rechts von dem ungegliederten linken Mesodermstreifen des Embryos. Die Operationsstelle erhebt sich über die Fläche der Keimscheibe als kleiner Höcker, dessen Zellen grösser sind als die der benachbarten Teile des Keims. Die Dotterkerne unter ihr sind infolge der dichten Zellenmasse nicht deutlich zu erkennen. Die in der Bucht befindliche Dotteroberfläche enthält Dotterkerne und ist von der Deckschicht bedeckt. Der Verlauf des Raudringes ist auf der rechten Seite der Norm entsprechend; auf der linken Seite begrenzt er die Dotterbucht, au deren Spitze die Operationsstelle liegt, und nähert sich an einer Stelle dem Embryo beinahe bis zur Berührung (Fig. 13). Dann weicht er aber wieder zurück und verläuft in der Richtung welche dem Randring bei noch w^eitem Dotterloch zukommt. Schnittbilder: Das gesamte Aussehen der Schnitte durch das vordere Stück des Embryos bis zum 7. Ursegment entspricht vollkommen demjenigen, welches gleich weit entwickelte, nicht operierte Embryonen zeigen. Wesent- lich für unsere Betrachtung ist die vollkommene Symmetrie der beiden Seiten- hälften dieser Strecke. Die ersten Zeichen von der Wirkung der Operation finden sich in nächster Nähe der Operationsstelle und zwar am Embryo als unregel- mäfsige Lagerung der Zellen im Gebiet der linken Seitenplatten und Verschwinden der Grenzen zwischen den Keimblättern, am Dottersack- entoblast und am Dotter als Anhäufung zahlreicher Dotterkerne (Fig. 10). Die ürsegmeute sind aber links und rechts noch gleichgross; die linke Seiteuplatte jedoch ist um ein geringes schmaler als die rechte, wie in der Fig. 10, w^elche durch die Mitte des 8. Ursegmentes geht, deutlich zu erkennen ist^). Je näher man dem Knopf kommt, desto gröfser wird der Unterschied zwischen der rechten und linken Körperhälfte. Dies zeigt 1) An diesem Beispiel ist die Sicherheit in der Orientierung der Schnittbilder auf das Flächenbild, welche durch die Berechnung der Paraffinverkürzung (Schnittkorrektar) ermöglicht wird, ausserordentlich klar. Unter Berücksichtigung der Korrektur fällt der Schnitt genau in die Mitte des 8. Ursegmentes, und die Auszählung der Schnitte an der Serie zeigt ebenfalls, dafs der in Fig. 10 abgebildete Schnitt der mittelste der das 8. Ursegment treffenden Schnitte ist. 54 ^''- Kopsch. sich schon sehr deutlich auf dem nächsten Schnitt, welcher durch die Operationsstelle geht (Fig. 11). Hier fehlt ein grosser Teil der linken Seitenplatten; an ihrer Stelle liegen die durch Einwirkung des elektrischen Stroms veränderten Zellen des ursprünglich 45'' vom Knopf entfernten Rand- ringteils. Jenseits der Operationsstelle befindet sich der nur wenig ver- änderte Randring, welcher die Dotterbucht begrenzt. Die Mitte der Operationsstelle wird gebildet von locker gefügten Zellen, deren Kerne und Protoplasma mannigfache Degenerationen zeigen. In dem darunter liegenden Dotter werden Gruppen von Zellen (Fig. 11) angetroffen, von denen man nicht angeben kann, auf welche Weise sie dorthin gelangt sind. Die An- häufung von Dotterkernen ist unter der ganzen linken Körperhälfte vor- handen. Der Dotter unter dem jenseits der Operationsstelle gelegenen Randringabschnitt enthält eine dichte Lage stark gefärbter Körnchen, welche an die bei Dotterlochschluss im Randring gewöhnlich vorhandenen erinnern imd dort auf Kernzerfall zurückgeführt werden. Die Anordnung der Zellen in dem darüber befindlichen zelligen Randring ist, wie es die Nähe der Operationsstelle erklärlich macht, keine regelmässige; die Abgrenzung der Keimblätter ist erst auf den folgenden Schnitten möglich (Fig. 12, 13, 14). Der nächste der abgebildeten Schnitte (Fig. 12) zeigt Medullarrohr und Chorda anscheinend normal, das linke Mesoderm aber schwächer als das rechte und ohne Seitenplatten; auch das Entoderm ist nicht so breit als rechts. Am linken freien Rande gehen die drei Keimblätter ohne Grenze ineinander über. Der auf der linken Seite der Dotterbucht liegende Rand- ring ist ziemlich zellenreich mit deutlicher Sonderung der oberen und unteren Schicht. In letzterer und in den darunter gelegenen oberflächlichen Dotter- schichten sind die bei Fig. 11 erwähnten stark färbbaren Körnchen noch reichlich vorhanden. Sehr instruktiv ist der Schnitt durch die Mitte der Kupf ferschen Blase (Fig. 13), an welchem das bedeutende Übergewicht der rechten Meso- dermmasse über die linke ganz besonders deutlich ist. Die Medianebene des Medullarrohrs liegt etwas nach links geneigt, die Masse seiner linken Hälfte ist wohl nur um ein Geringes kleiner als die der rechten. Au der Kupf ferschen Blase aber ist von Asymmetrie nichts zu bemerken. Ento- derm, Wand der Kupfferschen Blase und Mesoderm sind in dem ventralen Abschnitt der linken Körperhälfte nicht von einander abzugrenzen. Der gegenüberliegende linke Randringteil berührt beinahe den Embryo; er ist ausserordentlich dick und zellenreich, was vor allem auf Rechnung der unteren Schicht zu setzen ist. Der Schnitt Fig. 14 geht durch das hintere Ende des Knopfes. Er zeigt die bekannte konzentrische Anordnung der Zellenkerne. Rechts hängt er mit dem Randring zusammen. Links grenzt er mit abgerundeter Fläche an die Dotterbucht. Auch hier ist die linke Randringhälfte noch sehr zellenreich. Gastrulation und Embryobildung boi den Chordaton, I. 55 Ergebnisse und Folgerungen: Die Operationsstelle, welche ur- sprünglich l mm vom Knopf entfernt war, liegt später in der Seitenplatten - gegend des 7.-9. Ursegments. Bis zum 7, Ursegment ist der Körper ganz symmetrisch ausgebildet, vom 8. Ursegment an fehlen die seitlichen Teile des Mesoderms und des Entoderms. Das Mesoderm wird nach dem Knopf zu immer zelleuärmer, die Kupffersche Blase aber zeigt keine Asymmetrie. Am MeduUarrohr ist eine nur geringfügige, an der Chorda ist gar keine Ungleichheit beider Seitenhälften zu bemerken. Die Verschiebung des Eandringmaterials ist in diesem Falle augen- scheinlich gar nicht oder nur in geringem Masse gehindert worden, wie aus der gestreckten Gestalt des Embryos und aus der unmittelbaren Nähe der Operationsstelle am Embryo folgt. Wenn aber die Zellenverschiebungen am Randring nicht gestört worden sind, so dürfte geschlossen werden, dass die Operationsstelle sich an der- jenigen Stelle des Embryos befindet, welche aus dem durch die Operation zer- störten Randriugteil bei normaler Entwicklung gebildet wird. Da nun weder das MeduUarrohr noch die Chorda, noch die medianen Teile des Mesoderms und des Entoderms irgend etwas mit der Operationsstelle zu tun haben, so folgt, wie bei Embryo I, dass der von der Operation getroffene Randring- abschnitt nicht eine bestimmte Strecke der linken Körperhälfte des Embryos enthält. Dasselbe gilt für den jenseits der Operationsstelle befindlichen Randringteil, denn der Zustand des Mesoderms der operierten Seite im hinteren Teil des Embryos ist ebenso wenig, wie dies an entsprechender Stelle bei Embryo I der Fall war, durch Regeneration oder Umdifferenzierung entstanden. Dass das Randringmaterial eine Bedeutung für den Aufbau der Seiten- platten hat, folgt aus der Lage der Operationsstelle und aus dem Verhalten der Seitenplatten. Cranial von der Operationsstelle sind die Seitenplatten schmaler als auf der anderen Seite, was wohl auf einen etwas verzögerten Anschluss des der Operationsstelle benachbarten Randringmaterials an den Embryo zu schliessen gestattet. Das durch die Operation zerstörte Material liegt in der Seitenplattenregion, und kaudal von der Operationsstelle sind überhaupt keine Seitenplatten vorhanden. Auch das Mesoderm der Ursegmente scheint einen gewissen Zuschuss vom Randring zu erhalten, denn die Somiten sind bei gestörtem Anschluss des Raudrings (s. Embryo I) schon eine Strecke weit rostral von der Operations- stelle kleiner und nehmen kaudalwärts in der Richtung nach dem Knopf zu immer mehr an Grösse ab. Die Lage der linken Randriughälfte bestätigt die beim Embryo I ge- zogenen Schlüsse über die Bewegung des Randringmaterials nach dem Embryo zu, welche für den zwischen Operationsstelle und Knopf gelegenen Abschnitt durch diesen Embryo ja direkt bewiesen worden ist. Die Lage des jenseits 56 Fr. Kopsch. der Operationsstelle liegenden Teils der linken Randringhälfte lässt das Vorhandensein zweier verschieden gerichteter Kräfte erschliessen, deren Resultante der AVeg ist, welchen jeder einzelne Teil des Randrings während der Ausbreitung der Keimhaut zurückgelegt hat. Da die Richtung dieser Resultante durch die Lage der Operationsstelle bekannt ist, so kann auch die Richtung der beiden sie erzeugenden Kräfte bestimmt werden, und da ergibt sich, dass die eine dieser Kräfte das Randringmaterial in der Richtung zum Embryo bew^egt, die andere aber den Randring in meridionaler Richtung über den Dotter schiebt. Ein Resultat, welches mit dem bei Embr^'o I gewonnenen übereinstimmt. Embryo III. (Taf. II, Figg. ]5, 16, 18-22.) Allgemeines: In bezug auf die allgemeinen Daten gilt für diesen Embryo das bei dem vorhergehenden Gesagten, da beide aus demselben Ver- such stammen. Flächenbild: Das Gehirn des Embryos (Fig. 15) weicht der Gestalt nach von demjenigen des Embryos Fig. 9 ab, ist aber symmetrisch aus- gebildet. Die Operatiousstelle ist ausserordentlich gross, sie liegt in der Höhe des Hinterhirns und der drei ersten Ursegmente. Der Rumpf ist bogenförmig gekrümmt dadurch, dass der Knopf beim Auswachsen immer mehr nach der rechten Seite von der geraden Richtung abgewichen ist. Während am Medullarrohr, der Chorda und der Kupff er sehen Blase keine sichtbaren Veränderungen festgestellt werden können, macht sich die Wirkung der Operation am Mesoderm der linken Körperhälfte viel mehr bemerkbar als beim Embryo II. Es ist schon in der Gegend des Hinter- hirns schmaler als auf der rechten Seite und wird umso schwächer, je näher es dem Knopfe liegt. Besonders deutlich tritt dies an den Ursegmenten hervor. Die drei ersten kann mau wohl als annähernd gleich gross in Vergleich zu den entsprechenden der rechten Seite bezeichnen, obwohl das Fehlen der seitlichen Begrenzung eine genaue Bestimmung ihres Querdurch- messers unmöglich macht. Das vierte Urscgment der operierten Seite ist schon kleiner als das entsprechende rechte, und an den folgenden wird der Unterschied immer deutlicher. Ausserdem hat die Abgliederung des neunten Segments links noch nicht stattgefunden. Am ungegliederten Mesoderm- streifen setzt sich die Verjüngung noch eine Strecke weit nach hinten fort, hört aber bald auf, so dass sein hinterstes Ende von ziemlich gleichmässiger Breite ist. Der Knopf springt erheblich nach links und nach hinten vor, so dass er vom zelligen Randring der rechten Seite durch eine Bucht ab- gesetzt ist. Die Operationsstelle ist sehr gross. (Vergl. Fig. 15 mit Fig. 1, 9.) Der Randring jenseits der Operationsstelle hat das gewöhnliche Aussehen, Gastrulation und Embryobildung bei den Chordaten. I. 57 er bildet mit dem Embryo imd der Operationsstelle eine Bucht, in deren Spitze wie bei den Embryonen I und II die Operationsstelle liegt. Schnittbilder: Auf den Schnitten erkennt man die Wirkung der Operation, schon vor der Region des Gehörbläschens, an den Veränderungen der Zellen nach Lage und Aussehen. Das Medullarrohr und das dicht an ihm liegende Mesoderm sind nicht verändert, die direkte Wirkung der Operation ist auf seitliche Teile des Embryos beschränkt. Ein Schnitt durch die Operationsstelle (Fig. 18) zeigt das Medullarrohr vollständig symmetrisch ausgebildet, ebenso die Chorda. Das Mesoderm der operierten Seite ist viel schwächer als das der andern. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass die Schuittrichtung an dieser Stelle nicht genau senkrecht, sondern schräg zur Medianlinie des Embryos verläuft. Infolgedessen befinden wir uns auf der linken Seite noch im Kopfmesoderm, auf der rechten schon dicht am ersten Ursegment. Da nun das Kopfmesoderm viel schwächer ist als dasjenige der Ursegmentregion, so muss bei einem Schnitt, welcher so ver- läuft wie der eben geschilderte, auch bei nicht operierten Embryonen ein scheinbarer Unterschied in der Dicke des Mesoderms beider Seiten sich zeigen. Aus diesem Grunde sind Fig. 18 und Fig. 19 für die Vergleichung der linken und rechten Mesodermmasson nicht gut zu verwerten. Erst die Schnitte Fig. 20 — 22, deren Ebene senkrecht auf der Embryonalachse steht, erlauben eine Vergleichung. Unter der Operationsstelle und in ihrer Umgebung (Fig. 18) ist bei diesem Embryo keine erhebliche Anhäufung von Dotterkernen eingetreten, dagegen sind vorhanden die feinen, stark gefärbten Körnchen, welche wir bei Embryo II (Fig. 11 und 12) kennen gelernt haben. Die Zellen in der Mitte der Operationsstelle sind gelockert und liegen unregelmässig durcheinander. In einer Anzahl derselben sind die Kerne sehr blass, in einem andern Teil dunkler gefärbt; ausserdem ist die Struktur von Kern und Protoplasma ver- ändert. Auch die benachbarten Teile des Embryos und des Eandrings zeigen Erscheinungen desselben destruktiven Prozesses, wenn auch in geringerem Maasse. Der Randring ist zellenreicher als es an entsprechender Stelle eines nicht operierten Embryos von neun Ursegmenten der Fall ist. Der nächste Schnitt liegt etwas hinter der Mitte der Operationsstelle; Embryo und linker Randring sind von einander getrennt durch einen weiten mit Deckschicht überzogenen Raum. Soweit letztere reicht, finden sich in den oberflächlichen Schichten des Dotters zahlreiche Kerne (Fig. 19). Am Embryo ist auffallender Weise die linke Hälfte des MeduUarrohrs mächtiger als die rechte. Doch sei auch hier daran erinnert, dass der Schnitt schräg zur Medianlinie verläuft, was an dem Aussehen des Mesoderms der rechten Seite deutlich hervortritt. Dass aber die Masse des linken Mesoderms viel geringer ist als die der rechten Seite, ist sicher. Die Seitenplatten und die seitlichen Teile des Entoderms fehlen auf der linken Seite vollständig. 58 Fr. Kopsch. Auf den Schnitten durch das hintere Körioerstück (Fig. 20, 21) tiitt infolge der veränderten, jetzt genau transversalen Schnittrichtung der Unter- schied zwischen linker und rechter Körperhälfte ausserordentlich klar und deutlich hervor. Am bedeutendsten ist der Grössenunterschied beim Meso- derm, welches auf der operierten Seite noch geringer ist als beim Embryo II. Dies wird besonders deutlich bei der Vergleichung der Figg. 13 und 21, welche beide durch die Kupffersche Blase*" gehen. Auch die linke Hälfte des Medullarrohrs ist zellenärmer als di§i rechte, doch ist der Unterschied gegenüber dem Verhalten des Mesoderms nur als gering zu bezeichnen. Chorda und Kupffersche Blase zeigen keine Asymmetrie. Die linke Wand der letzteren ist durch ihre ventralen Teile mit dem Mesoderm und Ento- derm in direkter Verbindung (Fig. .21), wie es auch bei Embryo II der Fall ist. Die Seitenplatten fehlen in dem ganzen hinter der Operationsstelle ge- legenen Körperabschuitt ; das Entoderm reicht in der Höhe der vordersten Ursegmente noch bis zum linken Rand des Embryos, wird aber im Gebiet der hinteren Segmente und des ungegliederten Mesodermstreifens immer schmaler (Fig. 20). Die Deckschicht und mit ihr der Dottersackentoblast überragen den linken Rand des Embryos noch eine Strecke weit. Dies wird nach dem Knopf zu immer geringer, sodass in der Höhe der Kupf ferschen Blase (Fig. 21) nichts davon mehr vorhanden ist. Die Dotterkerne erreichen hier nicht einmal mehr die linke Seitenkante des Embryos, sondern bleiben etwas von ihr entfernt (Fig. 21, 22). Ihre Zahl unter dem Embryo ist ebenso reichlich wie bei Embryo II. Der mittlere Teil des Knopfes zeigt die bekannte koncentrische Anordnung seiner Kerne; nach rechts hängt er mit den Schichten des Randringes zu- sammen; in seinem linken Teil erlaubt die Stellung der Kerne die Grenzen des linken Mesodermstreifens eiuigermassen zu erkennen. Ergebnisse und Folgerungen: Aus der Analyse dieses Falles er- geben sich dieselben Schlüsse wie bei den beiden vorher beschriebenen Embryonen. Einige Erläuterung verlangt nur die abweichende Gestalt der linken Randringhälfte und die Krümmung des Embryos. Aus ihnen geht hervor, dass die Kraft, welche das Randringmaterial in der Richtung zum Embryo bewegt, entweder nur gering gewesen, oder gegen eine in entgegengesetzter Richtung wirkende Kraft nicht zur Geltung gekommen ist. Letztere kann vor Erreichung des Ei -Äquators dadurch vorgetäuscht werden, dass der Randring beim Vorschreiten in meridionaler Richtung sich überhaupt nicht dehnt, sondern die vorher besessene Länge beibehält. Alsdann wird ein solches Verhalten wie bei diesem Embryo ausreichend erklärt Sobald aber der Keimhautrand den Äquator des Eies überschritten hat, trifft diese Gastrulation und Embryobildung bei den Chordaten. I. 59 Erklärung nicht zu. Da nun bei einem Embryo mit neun Ursegmenten die Keimhaut mehr als die Hälfte der Dotterkugcl bedeckt, wird eine andere Erklärung für den bei diesem Embryo beobachteten Zustand gesucht werden müssen. Diese wird in der Spannung gefunden, welche im Randring vor- handen ist und sich am lebenden Ei in tiefer Einschnürung des Dotters und bruchsackartigem Hervortreten der noch nicht umwachsenen Teile des Eies äussert. Wir haben somit am Randring drei zu einander in Wechselwirkung stehende Kräfte kennen gelernt: 1. Diejenige, welche bestrebt ist die einzelnen Teile des Randriugs in meridionaler Richtung weiter zu schieben, 2. die- jenige, welche in latitudiualer Richtung das Randringmaterial zum Knopf be- wegt, 3. eine im Randring vorhandene (elastische) Spannung, welche aber durch die an zweiter Stelle genannte Kraft hervorgerufen sein kann. Durch das Zusammenwirken dieser Kräfte werden die einzelnen Zellen des Randringes bei der ümwachsung an die richtige Stelle gebracht. Embryo IV. (Taf. II, Figg. 17, 23—26). Allgemeines: Die Embryonen IV, V, VI stammen aus derselben Ver- suchsreihe; sie sind an demselben Tage und in derselben Entfernung vom Knopf operiert worden, IV und VI auf der linken Seite, V auf der rechten Seite. Die Operation wurde ausgeführt am 29. I. 1896, am 11. Tage nach der Befruchtung, auf dem Stadium der birnförmigen Embryonalanlage (Fig. 17). Die Operationsstelle ist 45" (1,5 mm) von der Mittellinie des Embryos ent- fernt. Die Konservierung der drei Embryonen erfolgte am 4. III. d. i. am 6. Tage nach der Operation, am 18. Tage nach der Befruchtung, zu einer Zeit, in welcher von den normalen Embryonen dieser Zucht einige den Dotter bis auf einen geringen Teil umwachsen haben (Dotterloch 1,4: 1,1 mm) und dann 11 — 12 Ursegmente besitzen, andere mit 18 — 20 Somiten sich auf dem Stadium des eben geschlossenen Dotterlochs befinden. Flächenbild: An dem vorderen Teil des Embryos IV (Fig. 23) ist nichts Besonderes zu bemerken ausser einer geringen Krümmung, deren Konkavität nach links sieht. Die Zahl der Ursegmente beträgt auf der linken, operierten, Seite 11, auf der rechten 12. Nicht weit hinter dem letzten Somit biegt das hintere Stück des Rumpfes unter stumpfem Winkel von der Richtung des vorderen Stückes nach der rechten Seite ab. An dem hinter dieser Knickung gelegenen Teil des Embryos nimmt das Mesoderm der operierten Seite immer mehr ab, je näher man dem hinteren Körperende kommt und verschwindet in der Gegend des Knopfes anscheinend vollständig, da hier die Substanz des Medullarrohrs teilnimmt an der Begrenzung des Dotter- lochs. Bei tiefer Einstellung aber erkennt man auch hier neben der Chorda 60 Fr. Kopsch. das Mesoderm. Am Medullarrohr und Chorda sind Veränderungen nicht festzustellen. Die Operationsstelle zeigt in der Mitte ein helleres Feld, um welches der uns schon von den früheren Embryonen her bekannte Wall von dunkler gefärbten Zellen sich befmdet. Dieser Wall reicht an einer Stelle bis dicht an das Medullarrohr heran, so dass es scheinen könnte, als ob die Ursegment- zone von der Operation in Mitleidenschaft gezogen ist. Bei Einstellung auf die tieferen Schichten erkennt man jedoch, dass neben dem Medullarrohr noch Mesoderm vorhanden ist, dessen Zellen nicht das Aussehen der Operations- stelle haben. An den Knopf schliesst sich, gewissermassen als direkte Fortsetzung des Embryos, nach hinten die rechte Randringhälfte an. Gegenüber dem hinteren Abschnitt des Embryos und in gleicher Richtung verlaufend liegt die linke Randringhälfte, welche im allgemeinen zellenreicher ist als die rechte. Beide Hälften umgeben das stark in die Länge gezogene Dotterloch, an welchem man zwei Teile unterscheiden kann: einen vorderen schmalen und einen hinteren birnförmigen. Die Grenze beider liegt in der Höhe des Knopfes. Der vordere Abschnitt ist rechts vom Embryo, links vom Randring, vorn von der Operationsstelle begrenzt, ist von der Deckschicht bedeckt, und entspricht der Bucht der Embryonen IT, III. Er stellt ein älteres Stadium dar. Der hinter dem Knopf gelegene Abschnitt entspricht dem Dotterloch normaler Embryonen. Schnittbilder: Die Wirkung der Operation macht sich schon in der Höhe des zweiten Ursegments bemerkbar; sie besteht darin, dass die Seiten- platten der linken Seite nicht so breit sind als rechts. Sie laufen seitwärts auch nicht dünn ans, sondern hören plötzlich mit abgerundeter Kante auf, während auf der rechten Seite infolge der allmählichen Abnahme und der Verdünnung die laterale Grenze der Seitenplatten nicht mit Sicherheit an- zugeben ist. In der Höhe des dritten und vierten Ursegments wird die seitliche Abrundung der Seitenplatten auf der operierten Seite noch deutlicher. Fig. 24 ist der Mittelschnitt durch das vierte, linke Ursegment. Das Medullar- rohr hat eine etwas unrcgelmässige Gestalt, doch kommt ähnliches auch bei normalen Embryonen vor; ein Unterschied zwischen seiner linken und rechten Hälfte ist nicht zu erkennen. Auch die Ursegmente sind links und rechts gleich gross. Das Aussehen der linken und rechten Seitenplatten aber ist durchaus verschieden, wie es oben geschildert ist. Auch das Entoderm reicht auf der operierten (linken) Seite nicht soweit seitlich wie rechts. In der Höhe der folgenden Ursegmente werden linke Seitenplatten und linkes Entoderm noch schmaler und zwar umsomehr, je näher wir der Operationsstellc kommen. Am kaudalen Ende des 7. und am kranialen Ende des 8. Ursegments zeigen sich die ersten direkten Veränderungen an den Zellen der Seitenplattenregion als unregelmässige Lagerung der Gastrulation und Embryobildung bei den Chordaten. I. 61 Zellen und Verschwinden der Keimblättergrenzen, wie wir es ähnlich schon bei den vorher geschilderten Embryonen kennen gelernt haben. In der Höhe des 9. und 10. Ursegments wird die Menge der Zellen immer grösser, was durch den Wall in der Umgebung der Operationsstelle bedingt ist. Im Dotter beginnt die Anhäufung der Kerne in der Höhe des 8. Ur- segments. Dabei ist zu bemerken, dass innerhalb des Walles bis zur Höhe des 9. Ursegmentes, Entoderm und Mesoderm noch als gesonderte Lagen deutlich von einander abzugrenzen sind, und dass beide Keimblätter an der Bildung des Walles beteiligt sind. Mesoderm und Entoderm sind in ihm aber nicht mehr voneinander abzugrenzen. Was das Verhalten der Ursegmente in der Höhe der Operationsstelle anbetrifft, so ist die epitheliale Anordnung ihrer oberflächlichen Zellen an der dem Medullarrohr zugekehrten Seite vollständig erhalten, desgleichen die dorsale und ventrale Abgrenzung (Fig. 25), die laterale aber ist unvoll- ständig, indem der ventrale laterale Teil des Ursegments mit den Zellen des Walls direkt zusammenhängt. Dorsal und lateral von den Ursegmenten befinden sich zahlreiche Zellen, deren unregelmässige Anordnung zeigt, dass sie durch die Operation in ihrer normalen Funktion gestört sind, an denen aber die Degenerationserscheinungen der von dem elektrischen Strom stark getroffenen Zellen nicht vorhanden sind. Der Schnitt, welcher in Fig. 25 abgebildet ist, liegt dicht vor der Mitte der Operationsstelle und zeigt darum die geschilderten Störungen in stärkstem Masse; weiter nach vorn und nach hinten werden sie immer geringer und sind vor allem auf die lateralen Teile des Embryos beschränkt. Ganz besonders sei hervorgehoben, dass an Medullar- rohr, Chorda und mittlerem Teil des Entoderms nicht die geringsten Ver- änderungen durch die Operation gesetzt sind. Dass der elektrische Strom in diesem Falle sehr energisch gewirkt hat, geht aus der beträchtlichen Tiefen- wirkung hervor (Fig. 25). Die Dotterkerne sind ausserordentlich in die Länge gestreckt und zu dünnen Fäden ausgezogen. Die kaudal von der Operationsstelle befindlichen Teile des Embryos zeigen in dem allmählichen Schwächerwerden des Mesoderms nach dem Knopfe zu, in dem Fehlen der Seitenplatten und in der etwas schwächeren Aus- bildung der linken Hälfte des Medullarrohrs, dieselben Erscheinungen, welche uns schon bei den vorher geschilderten Embryonen entgegengetreten sind. Als gute Vergleichungsstelle sei auch von diesem Embryo der Schnitt durch die Mitte der Kupfferschen Blase abgebildet (Fig. 26). Auch hier tritt wieder die beinahe vollkommene Symmetrie und die der normalen Ausbildung entsprechende Grösse des Hohlraumes besonders hervor. Der dem hinteren Körperabschnitt des Embryos gegenüber liegende Teil des Randrings ist sehr dünn; an ihm sind nicht einmal die Keimblätter voneinander deutlich abzugrenzen; von irgend welchen Differenzierungen embryonaler Organe fehlt jede Spur. Der an den Knopf sich anschliessende 62 Fr. Kopsch. (rechte) Eandring ist eine Strecke weit (10 — 12 Schnitte ä 10 //) etwas dicker als die übrigen das Dotterloch begrenzenden Eandringabschnitte. Die Dotterkerne und die Deckschicht sind am rechten Eandringteil etwas weiter vorgeschritten als der zellige Randring, links bleiben dagegen die Dotterkerne hinter dem freien Rande etwas zurück, zeigen also das typische Verhalten. Die Bucht zwischen dem hinteren Stück des Embryos und dem linken Eandringteil ist von der Deckschicht überzogen ; der von ihr bedeckte Dotter enthält auch einige Kerne. Ergebnisse und Folgerungen: Bei diesem Embryo ist von Bedeutung die grosse Übereinstimmung in wesentlichen Punkten mit dem Embryo II, was dadurch von grossem Wert ist, dass die Embryonen aus verschiedenen Brüten stammen. Die übereinstimmenden Punkte sind: Die Operation hat den zwischen Knopf und Operationsstelle liegenden Eandringteil nicht am Anschluss an den Embryo gehindert; die Operationsstelle befindet sich in der Seiteuplatten- region des Embryos, Medullarrohr und Chorda sind nicht in Mitleidenschaft gezogen; dem Mesoderm der Ursegmente und dem Entoderm fehlen nur laterale Teile; die Verminderung der Breite der Seitenplatten macht sich schon weit rostralwärts bemerkbar und wird nach der Operationsstelle hin immer erheblicher. Kaudal von der Operationsstelle fehlen Seitenplatten und intermediäre Zellmasse völlig, die Ursegmente bezw. das unsegmentierte Mesoderm der operierten Seite werden nach dem Knopf zu immer schwächer. Verschieden ist die Lage der Operationsstelle. Dieselbe liegt bei Embryo II in der Höhe des 7. — 9., bei diesem Embryo in der Höhe des 8. — 10. Ursegments. Dabei ist aber zu bedenken, dass der Embryo II auf einem etwas jüngeren Stadium operiert worden ist als der vorliegende. Somit gelten auch für diesen Embryo die vorher für das Längen- wachstum des Körpers und für das Fortschreiten des Randrings bei Embryo II gezogenen Schlüsse. Embryo V. (Taf. II, Fig. 17; Taf. III, Figg. 27—31.) Allgemeines: Über die allgemeinen Daten siehe Embryo IV. Die Operation fand auf der rechten Seite statt, 45 ^ (1, 5 mm) ent- fernt von der Mittellinie des Embryos. Flächenbild: Der Embryo (Fig. 27) ist gerade, verläuft aber nicht in radiärer Richtung zur Mitte der Keimscheibe, sondern ist nach links abgewichen ; er hat jederseits siebzehn Ursegmente. Die sehr ausgedehnte Operatiousstelle liegt in der Höhe der ersten Ursegmente. Sie zeigt nicht die an den Embryonen II und IV vorhandene Wucherung. Die Verschiebung, welche sie im Lauf der Entwicklung erfahren hat, ist deutlich erkennbar durch das Vorhanden- sein von zahlreichen stark gefärbton kleinen Körnchen in den oberflächlichen Gastrulation und Embryobildung bei den Chordaten. I. 63 Dotterschichteu, Die Entferiuiug der Operationsstelle vom Embryo ist etwa ein Drittel kleiner geworden, als sie zur Zeit der Ausführung der Ope- ration war. Zwischen der Operationsstelle und dem Embryo ist die Keim- haut viel durchsichtiger als auf den entsprechenden Stellen der linken Seite und zwar wird die Verdünnung der Schichten, welche die grössere Durch- sichtigkeit bedingt, in der Nähe der Operationsstelle immer bedeutender. Jenseits der Operationsstelle schliesst sich der Randring an, welcher eine Strecke weit zum Embryo parallel verläuft, dann aber unter annähernd rechtem Winkel in denjenigen Teil des Eandringes umbiegt, welcher den Rand der Keimscheibe bildet. Letztere bedeckt erst ungefähr zwei Drittel der Dotterkugel, obwohl man nach der Zahl der Ursegmente (17) und nach dem Verhalten der normalen Embryonen aus derselben Zucht eine beinahe vollständige Umwachsung erwarten sollte. An der Umbiegungsstelle des rechten ßandringabschnittes ist eine etwas stärkere Anhäufung von Zellen vorhanden. (Fig. 27.) Am vorderen Teil des Embryos sind bis zur Höhe des dritten Urseg- ments keine Abweichungen vom typischen Verhalten zu vermerken. Zwar erscheint die linke Seite des Kopfes schmaler als die rechte, doch findet sich ähnliches auch bei nicht operierten Embryonen und braucht nicht durch eine schwächere Ausbildung dieser Seite bedingt zu sein, sondern kann durch das nach links umgelegte MeduUarrohr vorgetäuscht werden. Die vordersten Ursegmente sind links und rechts annähernd gleich gross. Vom vierten an zeigt es sich aber ganz deutlich, dass nach hinten zu die Grösse der rechten Ursegmente immer geringer wird. Seitenplatten sind auf der operierten Seite an allen siebzehn Ursegmenten vorhanden ; ihre Breite nimmt nach dem Knopf zu allmählich ab. Der Knopf springt stark nach rechts vor. Die grosse Bucht zwischen Embryo, Operationsstelle und rechtem Randringteil ist von der Deckschicht bedeckt, unter welcher zahl- reiche Dotterkerne von runder oder ovaler Form liegen (langgestreckte Dotterkerne werden in dieser Gegend nicht beobachtet). Der Dottersack- entoblast überragt auch den Knopf und den sich daran anschliessenden Teil der linken Randringhälfte ein wenig. Ob die Deckschicht an dieser Stelle ebensoweit reicht wie der Dottersackentoblast, kann am Flächenbild nicht sicher festgestellt werden. Schnittbilder: Die Wirkung der Operation am Randring ist nur gering- fügig, die Veränderungen der Zellen in der Umgebung der am stärksten betroffenen Stelle sind nur unbedeutend, betreffen aber ein grösseres Gebiet, wie auch das Flächenbild zeigt. Namentlich erstreckt sich die Ansammlung von Dotterkernen, welche bisher an jeder Operationsstelle gefunden wurde, über eine grössere Fläche. Am Embryo zeigt sich der Einfluss der Operation schon am Mesoderm der Perikardialhöhle, welche auf der operierten Seite weniger weit seitwärts 54 ^1'- Kopsch. reicht wie auf der auderen Seite. Der Unterschied beider Seiten ist aber nur unbedeutend. Deutlich wird die schwächere Ausbildung des rechten Mesoderms erst in der Region des ersten Ursegroents; sie betrifft Urseg- ment und Seiteuplatten. Von hier an wird die Grössenabnahme beider Organe immer erheblicher. Dabei zeigt sich, was in dieser Klarheit bei keinem der bisher beschriebenen Embryonen beobachtet wurde, die inter- essante Erscheinung, dass die Seitenplatten in der Höhe des 9. Ursegments, der Urnierengang in der Höhe des 11., die intermediäre Zellmasse mit dem 16. ürsegment aufhört, während nur derjenige Teil des Mesoderms, welcher im weiteren Verlauf der Entwicklung die folgenden ürsegmente geliefert haben würde, sich allmählich immer mehr an Volumen abnehmend, bis in gcnübcr]iegende Punkt des Randrings zu- sammen fünf Sechstel der Meridianlänge = 11,78 mm zurücklegen. Von dieser Strecke kommen auf Rechnung des Embiyos 3,5 mm , so dass für Gastrulatioa und Embryobildupg bei den Chordaten. T. 125 deu dem Knopf gegenüberliegenden Punkt des Randrings 8,28 mm übrig bleiben. Damit haben wir die Grundlagen zur Beurteilung der Dotterumwachsung gewonnen, denn während der Knopf um 3,5 mm auswächst, schreitet der ihm gegenüberliegende Randringabschnitt (in derselben Zeit) um mehr als das Doppelte fort. Aus dieser Feststellung folgt unter Berücksichtigung des geraden Ver- laufs des Randrings , dass die einzelnen Randringteile einen umso kürzeren Weg zurücklegen, je näher sie dem Knopf liegen. I e.F7 > Fig. 2. Profilansicht eines Forelleneies mit eingetragenem Operationsstadium und dem erzielten Resultat (nach Embryo VIII.) OperationssteUe (in der Figur punktiert) am Kandring 180" vom Knopf entfernt; ihre spätere Lage ist durch den Pfeil bezeichnet. Wir haben somit allein aus der Erkenntnis, dass der Embryo nach hinten auswächst, genaue Daten erhalten über die Art und Grösse der Verschiebung zweier Punkte des Randrings, und haben eine allgemeine Vorstellung gewonnen von dem Verhalten der anderen Randringabschnitte bei der Umwachsung. Wie sie sich dabei im einzelnen verhalten, zeigen die Ergebnisse der verschiedenen Operationen. 126 Fr. Kopsch. Betrachten wir zunächst, um ein Urteil zu gewinnen über den Einfiuss der Operation auf die Bewegung der von ihr betroffenen Kandringstelle, die Operationen am Knopf und an dem ihm gegenüberliegenden Randringabschnitt, deren Bewegungsgrösse bei der normalen Entwicklung wir schon kennen, so sehen wir, dass bei denjenigen Fällen, in welchen die dem Knopf gegen- überliegende Stelle betroffen ist, die Verschiebung dieses Punktes mehr oder weniger verringert ist, und dass die benachbarten Randringabschnitte bei Dotter- lochschluss keine kreisförmige, sondern eine spaltfürmige ()ffnung begrenzen, welche in der Verlängerung der embryonalen Achse liegt (Fig. 43 Taf. IV). Fig. 3. ForcUenoi mit den cingczoichneten OpcratioiiBstadicn und den erziclton Besultaten nach den Eml)r)- oncn XU, XIII. OperationsstcUen punktiert. Der Kiäquator ist durch die querverlaufende gebogene Linie bezeichnet. Die Länge dieses Spaltes gibt die Grösse der Hemmung an. Sie be- trägt bei Embryo VlII beinahe die Hälfte des von der operierten Stelle bei ungestörter Umwachsung zurückzulegenden Weges (siehe Text- figur 2). Ganz ähnlich scheint es bei denjenigen Operationen zu sein, welche den Knopf betreffen. Auch hier ist die operierte Stelle (s. Textfig. 3) nur wenig weiter bewegt, und an Stelle des runden Dotterlochs finden wir einen Gastrulation und Embryobildung bei den Cliordaten. I. 127 in der Verlängerung der embryonalen Achse liegenden Spalt, dessen Ränder von den beiden Randringhälften gebildet werden. Trotzdem sind diese Fälle nicht mit den vorhergehenden zusammen verwertbar, denn die Operation hat durch die Zerstörung des Knopfes die Bildung des hinteren Körperendes vollkommen verhindert, wodurch schon allein die Hemmung und damit die Bildung des spaltförmigen Dotterlochs erklärt werden kann. Somit können zur Beurteilung der durch die Operation bedingten Be- wegungshinderung nur diejenigen Fälle benutzt werden, bei welchen die dem Knopf gegenüberliegende Randringstelle betroffen ist. Aus ihnen ergibt sich, dass durch die Operation eine bald grössere, bald geringere Verminderung der Bewegung der betroffenen Randringstelle hervorgerufen wird. Dieses Ergebnis werden wir bei der Beurteilung der Operationen an anderen Randringstellen berücksichtigen müssen. Nunmehr können wir versuchen , für die einzelnen Randringabschnitte Grösse und Richtung der Bewegung aus den Ergebnissen der Operationen abzuleiten. Dies scheint am leichtesten zu sein bei denjenigen Fällen , in welchen durch die Operation die Bildung des Embryos ganz verhindert worden ist oder in welchen durch Zerstörung des Knopfes nur die Bildung eines grösseren oder geringeren hinteren Körperstücks unterblieben ist. Betrachten wir zunächst die an zweiter Stelle enväbnten Fälle, so fällt auf, dass die Länge des spaltförmigen Dotterlochs fs. Fig. Gl. Taf. VI) zusammen mit dem vorderen Stück des Embryos und der Operationsstelle ziemlich genau der Grösse eines normalen Embryos vom Stadium des Dotterlochschlusses entspricht. Aus dieser Übereinstimmung folgt unter Zugrundelegung der schon gewonnenen Kenntnisse, dass die dem Knopf gegenüberliegende Rand- ringstelle genau die Strecke durchmessen hat , welche sie bei ungestörter Entwicklung des Embryos zurückgelegt haben würde. Diese Tatsache kann verwertet werden im Sinne einer gewissen Unabhängigkeit der Dotterum- wachsung von der Bildung des embryonalen Körpers. Wenn aber der Randring für sich allein im Stande ist, den Dotter zu umwachsen und wenn dabei ein Punkt (in diesem Fall der dem Knopf gerade entgegengesetzte) die normale Richtung und Grösse der Bewegung besitzt, so könnte man geneigt sein . dies auch für die übrigen Teile des Randrings zu verallge- meinem und ihre Lage zu beiden Seiten des spaltförmigen Dotterlochs (s. Fig. G5 und Textfig. 3j als übereinstimmend zu betrachten mit derjenigen, welche sie bei der normalen Entwicklung gewinnen , wenn Bildung des Embryos und Umwachsung gleichzeitig geschehen und könnte dann weiter den Schluss ziehen, dass der Randring in der von His angenommenen Art den Embryo bildet. Solche Schlüsse wären aber nach den bisher gewonnenen Ergebnissen dieser allgemeinen Betrachtung noch nicht zulässig, denn wir 128 Fr. Kopsch. haben gesehen, class eine spaltförmige Aneinanderlagerimg der Randringhälften auch eintritt bei einer Hemmung der normalen Bewegung einer Raudring- stelle (s. Embryo VIII Fig. 43) und eine solche Hemmung liegt ja auch in diesem Falle dadurch vor, dass infolge der Zerstörung des Knopfes die Bildung des hinteren Körperendes verhindert und damit eine beinahe voll- kommene Hemmung der normalen Bewegung der an den Knopf grenzenden Randringabschnitte eingetreten ist. Genau dieselben Überlegungen sind anzustellen und dieselben Schlüsse ergeben sich bei denjenigen Fällen , in welchen (durch die Operation auf jüngeren Stadien) die Bildung des Embryos ganz ausgeblieben ist (Fig. 110, 113, 115). Auch in diesen Fällen haben wir ein spaltförmiges Dotter- loch, dessen Länge ungefähr der Grösse eines normalen Embryos bei Dotterlochschluss entspricht. Ja es ist sogar (Fig. 113) kürzer, was wohl in dem Sinne zu verwerten ist, dass die dem Knopf gerade gegenüberliegende Stelle des Randrings einen grösseren Weg zurückgelegt hat, als es bei der normalen Entwicklung der Fall ist. Dies lässt vermuten, dass bei der Um- wachsung verschiedene Faktoren in Tätigkeit treten und einander in mannig- facher Weise beeinflussen können. Einer dieser Faktoren ist uns aus der Betrachtung der normalen Ent- wicklung wohl bekannt, denn er ist des öftern beschrieben worden, und ist an lebenden Eiern leicht zu sehen. Es ist die Spannung innerhalb des Randrings, w^elche eine so bedeutende Einschnürung des Dotters hervorrufen kann, dass der noch nicht von der Keimhaut bedeckte Abschnitt des Dotters in den letzten Phasen der Umwachsung bruchsackartig aus dem Dotterloch hervortritt [s. Jablonowski (37) Fig. 3 Taf. 1]. Andere Faktoren werden wir bei der Betrachtung derjenigen Operationen kennen lernen, welche den Randring zwischen den beiden schon besprocheneu Punkten in grösserer oder geringerer Entfernung vom Knopf treflen. Aus diesen werden wir zunächst die Grösse und Richtung kennen lernen , mit welcher die einzelnen Randringabschnitte bei der ümv^^achsung über den Dotter bewegt werden ; daraus werden wir dann Schlüsse ziehen können über die Kräfte, durch welche diese Bewegungen bedingt sind, und werden ihre relative Intensität abschätzen. Sehen wir zunächst die Operationen an, bei welchen auf dem Stadium der rautenförmigen Embryonalanlage (Stad II Fr. Kopsch 4G) die Operations- stelle 45 0 vom Knopf entfernt ist (Fig. 9 Taf I). An dem aus dieser Keimscheibe hervorgegangenen Embryo liegt die Operationsstelle in der Seitenplattenregion des 7.— 9. Ursegments (s. Textfig. 4, A,B). Daraus folgt, dass die durch die Operation gekennzeichnete, 45^ vom Knopf entfernte Stelle des Rand rings während der Ausbreitung der Keimhaut in schräger Richtung die von Pol zu Pol gezogenen Meridiane kreuzend, von ihrer ur- sprünglichen Stelle aus (in der Richtung des Pfeils siehe Textfig. 4) über Gastrulation und Einbryobildung bei den Ohordaten. I. 129 den Dotter bewegt worden ist. Diese Tatsache ist umsomehr von Inter- esse, als innerhalb der Umwachsungsphase, in welcher dieser Punkt sich zum Knopf hinbewegt, der Keimhautrand länger wird, da der Durchmesser der Keimhaut bis zur Erreichung des grössten Kugelkreises wächst. Während man ohne Kenntnis dieses Operationsergebnisses annehmen dürfte, dass die Dehnung des Keimhautrandes bei der Ausbreitung der Keimhaut die einzelnen Abschnitte gleichmässig oder ihrer Dicke ent- sprechend mehr oder weniger stark betrijfft, erkennen wir aus dieser Opera- tion, dass der Keimhautrand des Stadiums der halben Umwachsung nur einem Teil des Keimhautrandes des Stadiums mit rautenförmiger Embryonal- anlage entspricht, weil die dem Embryo benachbarten Randringteile in der Zeit bis zur Erreichung der halben Umwachsung zum Kopf hinbewegt worden sind. Die Grösse des zum Embryo gelangten Randringabschnitts können wir wohl jederseits als ein Sechstel des gesamten Keimhautrandes vom Ausgangsstadium dieses Versuchs annehmen, denn wir sehen, dass auch von den jenseits der Operationsstelle befindlichen Randringteilen eine gewisse Strecke noch vor der Vollendung der halben Umwachsung den Knopf erreicht haben würde. Wir werden also berechtigt sein, zu sagen, dass der zur Zeit der halben Umwachsung vorhandene Randring nur den vor- deren zwei Dritteln des Keimhautrandes vom Stadium des rautenförmigen Embryos entspricht. Da nun der Umfang der Keimscheibe (bei Annahme eines Durchmessers von 2,5 mm) 7,8 mm gross ist, wovon zwei Drittel gleich 5,2 mm sind, und da der grösste Kugelkreis eines Eies von 4,5 mm Durchmesser gleich 14,13 mm ist, so wird zur Zeit der halben Umwachsung jeder Teil des Randrings auf annähernd das Dreifache seiner Länge, welche er zur Zeit der Operation hatte, ausgedehnt sein müssen, wenn wir von der durch Zell- teilung und Zellvergrösserung etwa erfolgten Materialzunahme absehen. Dieses Ergebnis erklärt wohl zur Genüge die ausserordentlich schwache Aus- bildung des Randriugs zur Zeit der halben Umwachsung und die Schwierig- keit zu dieser Zeit die drei Keimblätter in ihm nachweisen zu wollen. Nach dieser Abschweifung kehren wir zu den uns hier zunächst inter- essierenden Fragen zurück und sehen zu, was für Schlüsse sich aus der Bewegung der Operationsstelle auf die im Randring wirkenden Kräfte ziehen lassen. Die Annäherung der Operationsstelle an den Embryo zeigt, dass eine in der Richtung des Randrings wirkende Kraft existiert, welche die in ihm vorhandene Spannung erzeugt. Ausser dieser aber wirkt noch eine andere, in meridionaler Richtung angreifende Kraft auf die Operationsstelle. Die Resultante aus beiden Kräften ist der von der Operationsstelle zurückgelegte, die von Pol zu Pol gezogenen Meridiane in schräger Richtung kreuzende Weg. Wenn wir nun die Länge des Weges, welchen die Operationsstelle Kopsch, Gastrulation und Embryobildung. o .*{(» l'V. K()|m(di. i{iirii(!l(>,'(!lo^'t ]\i\]u'\\ wiiid»' im l<\'illo jo ciiic der Itcidcn Kiiillc :illciii ;iiir ^io f^'owirlcl, li)i,l)(ui wiinlf, :iuh dn- lAint^ii iiiid Uiclituii^' der K(isult:int(i Kowic der lOiiircrmiii^ iliriM' I^iiidpiinkto von d^r Mddianlinid des Minhryos boKtiimiicii, K(( MH^i, Hi(;li, (liiNS Hit) hridc liciiiii lio f^IcMcli ^M'OHs Kiiid. I );ir;uis wiinio nun },'OBchl()HH(tii wt(i'iili(inNHtill('ii KuHiilliil (luuli iMiilnyo II, h, I''I(,'. It — 1-I, Itl, 'l'iil. I, II), A iiMJi'lii v IUI \ iini (Irr 0|)(M"!ili()ii k(Mm«Mi }j;(>l(»riil luihiMi. I )('^^ll:lll) W(Md(Mi wir c-^ uns vorsahen niüss(^ii. i\ul' die lStiirk(i dor boidiMi Kriilh' (miicii Sidduss zu /itilicn. An die lieinicliluii;^ diosos I<\m1Is sclilitjoni^t'ii ( )p(M*ji(ioiuMi !in, Ix'i wcU^Ikmi auf ciiuMu iiltorcn Studium, diMii des liirnlormif^iMi hiiuhryos (Sind. III l^'r. l\o|)scli l(>) dio ()|unMti()iisst(dlc clicnraiis 1")'* vom Knopl onttiMMit ist. \y\o liior (>r/.i(»ll(Mi l<]rfj;«^hniss(^ ('''K- --^ ^'^i '^-' stimmen in d<'n priii/ipiidliMi l'unkttMi vollsländiir iil»(1)(M\ ircwontHMUMi. Aufli bei /wci (iaHtniliiliDti iiiiil l''iiHNt(illn hin im «Ich KmiImvo li, Tnl. I iiiid 'IN^xIfif^. 'I) kiiiiil)ii\vilr'tH vom <•. I IrnnjMinMil li<^|-',l, Itnliiiddl, hh\ iinli jirini l'liii- lii')'() 1 V (Kif<. Ü.'i/riii. 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DTE MORPHOLOGISCHE BEDEUTUNG DES KEIMHAUTRANDES UND DIE EMBRYOBILDUNG BEI DER FORELLE MIT 10 LITHOGRAPHISCHEN TAFELN UND 18 ABBILDUNGEN IM TP]XT 1904 VERLAG VON GEORG THTEME LEIPZIG. Druck von C. Grumbach in Leipzig. /'