s ed; o% 7 Th. infor: rn fenor der Zoologie und vergleichenden Anatomie zu Tübingen, Feng Kl Berli .. Berlin, nn 2 « B \ Br Kuh g ir x 3 ' ; N; BR Br N = ur } Da h “ TR ee nt “ x fer ; Erste Abtheilung. Ueber Farben, über ihre und der Zeichnung Anpassung ınd über ihre Ursachen im Allgemeinen, unter Hinweis f Biologisches und mit Bemerkungen über die Stimme der Eidechsen. 1) Sitzungsber. d. physikal.- med. Gesellschaft zu Würzburg. tzung am 1. Juni 1872. 2) Zoologische Studien auf Capri Il. Lacerta muralis coerulea, jeitrag zur Darwin ’schen Lehre, Leipzig. Engelmann 1874. 4 Mauereidechse abweichenden Eigenschaften einerseits und wegen seiner Beziehungen zu derselben andererseits einen so sehr bemerkenswerthen Fall darbietet für die Beobach- ar tung der Umwandlung der Arten in der Neuzeit. v ' Die dunkle Rückenfarbe der Eidechse suchte ich durch Anpassung an Färbungen, Spalten, Risse und Schat- ten des Gesteins, auf welchem sie lebt und welches wegen seiner Armuth an Pflanzenwuchs anderen Schutz vor Ver- folgung nicht bietet, zu erklären — unter Zuhülfenahme der Voraussetzung einer dem Organismus der Mauereidechse inhärenten, in dessen stofflicher Zusammensetzung be- gründeten „Neigung“ nach blauen und schwarzen Tönen abzuändern und der Begünstigung der Abänderung durch Isolirung. x Die Berechtigung meiner Auffassung liess sich stützen durch die hochgradige Anpassungsfähigkeit der Fär- bung der Mauereidechsen überhaupt und durch dieselbe Eigenschaft auch anderer Arten von Eidechsen. Ich er- wähnte in dieser Beziehung de Betta, welcher von Lacerta muralis sagt), dass ihre so sehr manchfaltigen Farben alle Bezug auf ihren Wohnort hätten und Leydig?), welcher von der campestris (de Betta) genannten, auf dem Sande des Lido bei Venedig von ihm beobachteten Varietät berichtet, dass sie „etwas Helles, man möchte sagen dem Sande, auf dem sie lebt Aehnliches“ habe. Ferner führte ich dieBeispiele an, welche Leydig, zum Beweis, „dass die Gegend ds Vorkommens die Färbung zu beeinflussen vermag, von einer | anderen Art, von Lacerta agilis, gibt. Es sagt derselbe nämlich im Anschluss an den soeben eitirten Satz: „Hier- bei handelt es sich besonders um die helleren oder dunk- leren Tinten der Grundfarben und um die Ausbreitung der Fleckenbildung, was mit der Bodenbeschaffenheit zum Theil zusammenzuhängen scheint. Als ich z.B. im Au gust 1866 von dem durch seine fossile Fauna und Flora ER Di a a Er 6 ae 1) De Betta, Erpetologia delle provincie Venete e del Tirol, 3 meridionale, Verona 1857. 2) Leydig, Die in Deutschland lebenden Arten der Saurier. Tübingen 1872. $. 229. a rühmten Steinbruch bei Oehningen nach Stein am Rhein ng, fiel mir an den warmen sandigen Abhängen nicht os die Menge der Eidechsen auf, sondern auch bei allen, die ich haschen konnte, waren beide Geschlechter in der Grundfarbe, gleichsam in Anpassung an den hellen Boden ‘ der Molassenhügel, äusserst licht. Bei den Weibehen war die Grundfarbe hellbraun, bei den Männchen grüngelb . Und dass es sich en um eine Anpassung an die Fär- bung des Molassensandsteins handle, bestätigte sich nur, als ich im Jahre darauf, Mitte Septembers, an der Südseite # Re des Gebhardsberges bei Bregenz die Lacerta agilis von _ der gleichen lichtgrauen Färbung traf. Von demselben Gesichtspunkte war mir eine Anzahl männlicher Thiere merkwürdig, welche ich im April 1869 an den sonnigen Bergen bei Weinheim an der Bergstrasse gefangen hatte. Hier steigerte sich das Grün während des Monats Mai zu ‚einem wahrhaft leuchtenden Grün.“ Weiter erwähnte ich zur Begründung meiner Auffas- _ sung die Bemerkung von Wallace in seinen Beiträgen zur natürlichen Zuchtwahl !), dass die Eidechsen der Wüste insgesammt die Farbe des Sandes haben. Hierzu füge ich heute noch die Nachricht von Dar- - win über eine patagonische Eidechse (Proctotretus multi- maculatus), von welcher er sagt: „sie lebt aufdem nackten ' Sande in der Nähe der Küste und kann wegen ihrer ge- ai eckten Farbe, den bräunlichen, mit weiss, gelblichroth und schmutzieblan gesprenkelten Schuppen, kann von der Ri umgebenden Fläche unterschieden werden. Wird sie er- ‚schreckt, so versucht sie dadurch der Entdeekung zu ent- . ehen, dass sie sich mit ausgestreckten Beinen, platt ge- ücktem Körper und geschlossenen Augen todt stellt. N Vird sie noch weiter belästigt, so gräbt sie sich mit gros- r Geschwindigkeit in den Ioan Sand ein. Wegen I N abgeplatteten Körpers und ihrer kurzen Beine kann diese idechse nicht schnell laufen.“ ?) 1) Wallace, Beiträge zur Theorie der natürlichen Zucht- wahl. Uebersetzt von B. Meyer. Erlangen 1870. 2) Ch. Darwin, Reise eines Naturforschers um die Welt. Vebersetzt von J. V.:Carus 1875. | Es handelt sich auch in diesem patagonischen Falle = wie bei den Reptilien der Wüste, was ich besonders her- vorheben möchte, offenbar am pflanzenarmen Boden, wel- cher den Thieren anderen Schutz nicht gewähren kann als eben den der Anpassungsverhältnisse des nackten Bodens. „Nirgends,“ bemerkte ich,‘ „wird das Bedürfniss einer ni Farbenanpassung grösser sein müssen, als bei den Repti- lien und unter diesen bei den Eidechsen, deren wahres Lebenselement das Sonnenlicht ist, dessen voller Einwir- kung sieh auszusetzen sie im höchsten, Grade bedürftig sind. Und so finden wir denn auch, dass die Abänderun- gen unserer Lacerta muralis, so verschiedenartig sie sein ; mögen, doch immer nur Ban auf Farben oder auf Mi- schungen von Farben, welche am Erdboden, an Steinen und Mauern die gewöhnlichsten sind, insbesondere von Braun, Grau und Grün“). Als eigene Erfahrung hob a ich ferner hervor, dass die verschiedenen von mir nach...» Farbe und Zeichnung aufgestellten Varietäten der Mauer- eidechse den Oertlichkeiten, an welchen sie leben, zuwei- hi len in auffallender Weise angepasst seien. So finde ich z. B. die grüne elegans, überwiegend da, wo weite, grün angebaute Flächen (Getreidefelder, Gras) sich ausbreiten; die olivenbraune modesta da, wo kahle Erd- oder Sand- flächen, etwa abwechselnd mit Grün, vorherrschen; de Eigenschaften der gezeichneten, besonders der gefleckten i endlich vorzugsweise in der Nähe von Gebüsch ausge- prägt oder da, wo sie sonst durch ihre Zeichnung auf dem Untergrunde geschützt sind — was nicht ausschliesst, dass alle Varietäten nebeneinander vorkommen können, jede in ihrer Art angepasst bestimmten Verhältnissen der Umge- bung, durch welehe der nöthige Schutz für jede einzelne ü gegeben sein kann. “ Ja im heissen September des Jahres 1877 bekam ich ; den Eindruck, als ob die süditalienischen Mauereidechsen im Spätsommer auf ausgedörrtem Boden die hervorragend grüne Farbe, welehe die Mehrzahl ihrer Individuen im 1) Lacerta muralis coerulea S.35. Frühling auszeichnet, verloren hätten, wodurch sie sich mehr der Bodenfarbe anpassten ). Die Mauereidechsen, elehen ich damals speciell auf der um die genannte Zeit in Folge der Hitze fast von allem Schmuck des R Pflanzengrüns entblössten Insel Capri begegnete, fielen mir auf durch die Glanzlosigkeit und Düsterheit ihrer Far- - ben, bedingt besonders durch das Zurücktreten von Grün. Diese Erfahrung würde in Uebereinstimmung stehen mit - der vorhin angeführten Bemerkung von Leydig bezüg- - lieh des leuchtenden Grüns der Lacerta agilis im Mai. 5 Ich will übrigens gleich hervorheben, dass solcher Farbenwechsel auch in Uebereinstimmung steht mit ande- ren Erfahrungen, welche ich späterhin ausgedehnter werde zu verwerthen haben, mit der Thatsache, dass die Farben zur Brunstzeit, im Frühling und im Sommer glänzender, - leuchtender sind, als gegen den Herbst hin und im Win- ter. Da in ersterer Zeit auch die Farben der Pflanzenwelt leuchtender und glänzender sind als in letzterer, so fallen Ins kurzweg ausdrücken wollen — des ‚freudig Grün’s“, wie Leydig sagt ?) — zusammen mit den Forderungen der tellt. Die allgemeine Kraftentwieklung, der Turgor der äfte, wie er im Frühling auftritt, er ist später nach der 'ollendung des Fortpflanzungsgeschäfts geschwunden. Auch ie Eidechsen führen jetzt eine „vita minima“) wie viele k 1) Vergl. meine Mittheilungen auf der Münchener Naturfor- cherversammlung 1877 (Amtlicher Bericht der Versammlung, $. 180). 2) Saurier 8.175. Ric, 3) Es war ein Haupt-„Heilmittel* eines meiner chirurgischen Lehrer in Berlin, eines Mannes aus der „guten“ alten Zeit, die Kranken durch Abzapfen grösstmöglicher Mengen Blutes auf „vita ninima“ zu setzen. Es scheint mir diese Bezeichnung einer Me- _ thode, welche mir mit allen ihren Folgen in lebhaftester Erinnerung R- bleibt, nicht unpassend in obigem Sinne Verwerthung auf das Ei- _ „dechsenleben zu finden, dies um so mehr als dessen Erscheinungen 3 in h der Fortpflanzung so sehr zurücktreten, dass Leydig a.a. O. Sagt, er habe einige Zeit die Vermuthung gehegt, als handle es sich B: um ein normales Erlöschen des Lebens bei diesen Thieren, nachdem a ns ‘ N I. 2 Y. x niedere Wirbelthiere unter denselben Umständen (vgl. Ley- dig a. a. O0. 8.178) und es ist selbstverständlich, dass‘ jetzt auch ihre Farben weniger glänzend sein werden. Es sind entsprechende Beispiele eines innerhalb des Sommers stattfindenden geringen, aber dem Wechsel von Grünen und Dürre anpassenden Farbenwechsels der Thiere wohl viel zahlreicher, als bis jetzt beachtet ist. So be- richtet Calberla im Anschluss an meine Mittheilung über den Farbenwechsel bei Eidechsen, „dass Mantis religiosa, die unter Opuntien lebt, im Februar bis Anfang Mai grau grün ist, dann in das Grünbräunliche spielt und im Au- gust, wenn das Gras ganz gelb geworden, diese Farbe an! genommen hat.“ !) Bekannt und jedenfalls hierhergehörig ist die Thatsache des Farbenwechsels vieler Raupen bei den Häutungen. Manche sind nach dem Auskriechen aus dem Ei, welche zur Zeit geschieht da die Belaubung der Pflanze, auf welchen sie sitzen noch sehr wenig ent- wickelt ist, die des Astwerks dagegen vorwiegt, ganz dun- kel; erst später werden sie grün. Einen sehr hübschen Fall, welcher vielleicht hierher zählt, lieferte mir set Jahren die Zucht des Eichenblatt-Seidenspinners, Sa- turnia Pernyii. Hier ist der Farbenwechsel übrigens nicht ein geringer, sondern ein sehr auffallender. Allein daes sich in diesem Falle um einen fremden Schmetterling han- delt, so wäre zur beweisgültigen Verwerthung dieses Bei- spiels die Heranziehung seiner natürlichen Lebensverhält- nisse nothwendig — ich kann mich nur auf die der künt- lichen Zucht berufen. Auch gibt es viele Fälle, in welchen die schwarze Farbe eben ausgekrochener Räupchen diesel- ben auf der Futterpflanze geradezu auffallend macht, um das Fortpflanzungsgeschäft vorüber sei. Thatsächlich scheinen die- selben, wie Leydig für Lacerta agilis schildert und wie schon Dug£s für die muralis erwähnte, dann eine Art Sommerschlaf zu halten — jedenfalls sind sie (Lacerta agilis etwa gegen Ende Juli) später selten, namentlich, nachdem sich starke Hitze einge, stellt hat. «}3 f 1) Amtlicher Bericht der Münchener Naturforscherversanm lung S. 181. & ier näher einzugehen, sie von Fall zu Fall, wie das nöthig järe, mit Rücksicht auf die vorliegende Frage zu erör- rn. Man vergleiche dazu: Weismann Studien zur Des- cendenztheorie II, über die letzten Ursachen der Transmu- _ tationen, Leipzig 1876. Gleichfalls im Anschluss auf meine obigen Mitthei- lungen machte Weismann darauf aufmerksam, wie Far- benwechsel im Laufe der Entwicklung der Schmetterlings- raupen in sehr auffallender Weise unmittelbar vor‘ der Verpuppung auftritt. Offenbar beruht derselbe auf An- passung an die Farbe der Umgebung, denn es handelt ch dabei um blattgrüne Raupen (z. B. Aglia Tau), welche thbraun werden, sobald sie das grüne Laub verlassen, m auf dem rotbbraunen dürren Laub. des Bodens um- 'herkriechend, sich einen Ort zur Verpuppung auszusuchen. Ei nehmen dann genau dasselbe schöne Braunroth des . 13*- Im renden berührte ich den Farbenwechsel der dechsen nur insoweit als es sich dabei um Anpassung er Farben handelt. Dass ein Farbenwechsel bei diesen Thieren unter dem Einflusse des Lichts zu bemerken ist, und dass derselbe in Folge erhöhten Turgors, Kraftvoller, rhöhter Lebensthätigkeit im Frühling und Sommer zur ; der Geschlechtsübung eintritt, auch nach Richtungen ‚ welche mit dem Anpassungsbedürfniss nicht zusam- nfallen (Färbungen des Bauches u. s. w.), darüber wer- wir später noch sprechen. Ich brauche indessen nicht ısdrücklich hervorzuheben, dass es sich in der berührten uffallende Erscheinung handelt, sondern vielmehr um eine he, welche in vielen Fällen bei geringer Aufmerksam- W allace (Die Tropenwelt, übers. von Brauns, Brhiinkchräik 1879) angezogene Literatur. 10 keit besonders deshalb leicht übersehen werden mag, weil an und für sich nach Braun variirende Mauereideeshen auch im Süden keine seltene Erscheinung sind. Auch stehen mir bezüglich derselben nur die erwähnten vereinzelten Beobachtungen zur Verfügung, so dass zur Entscheidung darüber, welcher Grad der Ausbildung ihr zukommen kann, inwieweit sie eine allgemeinere und in dem von mir an- gedeuteten Sinne zu verwerthen sei, noch weitere That- sachen gesammelt werden müssen. Einstweilen habe ich von maassgebender Seite eine Bestätigung der Angabe zu verzeichnen, dass die von mir aufgestellten Varietäten be- stimmten Oertlichkeiten angepasst sind, an welchen sie leben: _ In der nach: meiner Abhandlung über Lacerta coerulea er- schienenen Herpetologia europaea (1875) stellt Schreiber, ohne jene Abhandlung zu kennen, ungefähr dieselben Va- rietäten auf wie ich und bemerkt: „auch kann man bei dieser Art (Lacerta muralis) die Anpassung der Färbung an die Bodenbeschaffenheit insofern sehr gut beobachten, als die mehr grauen oder bräunlichen Formen vorzugsweise im Gestein leben, während sich die srünen Varietäten ausschliesslich auf Wiesen und Grasplätzen aufhalten.“ !) Hierzu sei bemerkt, dass auch ich z. B. die elegans zuweilen in weiten Gebieten ausschliesslich antraf, da nämlich, wo die äusseren Verhältnisse weithin gleichmäs- sig der Entwicklung derselben günstig waren, so z.B. in durchaus grün angebauten Theilen der ebenen Bezirke der Umgegend von Neapel. Die Farben Blau und Schwarz an der Manereidechse; Ursachen der Färbungen. Auslese. Zu Gunsten der Voraussetzung innerer Ursachen im Sinne Nägeli’s 2), welche das Entstehen von blauen und 1) Herpetolog. europ. S. 419. 2) Nägeli, Entstehung und Begriff der naturhistorischen Art. ÄR Akad. Rede, München 1865. 4 KR, r . Nee Ze ar ey cds Rx pr S i KARL DPDRTIE NV 11 _ sehwarzen Färbungen bei den Mauereidechsen begünstigen - oder, wie ich mich vorhin mit anderen Worten ausdrückte, - der Annahme einer „Neigung“ derselben, auf Grund der r. B; stofflichen Zusammensetzung ihres Körpers diese Farben zu erzeugen, sind zahlreiche Thatsachen aufzuführen. Es geht aus diesen Thatsachen hervor, dass die genannten Farben an - unseren Thieren gerne und viel erzeugt werden, dass sie aber _ nur ganz ausnahmsweise zu grösserer Ausbreitung gelangen: - Blautritt in'sehr vielen Fällen. am Körper der Eidechsen _ in kleinen Flecken oder in etwas grösserer Ausbreitung auf, sei es nur während der Brunstzeit oder als ständige Kleidung — im ersteren Falle beim Männchen, im letzte- ren bei beiden Geschlechtern. Es dient gewöhnlich als Zierde der geschleehtlichen Zuchtwahl, indem es in schöner Anordnung am Körper vertheilt ist: beim Männ- ehen an der Kehle, ferner in Gestalt der von mir bei der - Mauereidechse”beschriebenen blauen Augen an den Flan- ken hinter den Vorderextremitäten, welche sich, wie ich - am einer der süditalienischen Varietäten (elegans) beobach- _ tete, zuweilen zu einer Reihe von an den Seiten des Körpers gelegenen Augenflecken vermehren können 1), wie sie in vollkommenerer Ausbildung und ständig der ocellata zukommen, und endlich bei beiden Geschlechtern der Mauer- _ eideehse oder wieder nur beim Männchen die blauen Flecken, welche einzelne der äussersten Bauchschilder oder _ Theile derselben einnehmen. R Auch Schwarz ist zur Zierrath vielfach verwendet, in hübsch gestalteten und ebenso angeordneten Flecken und ‚in zierlichen Binden. R Eine blaue oder schwarze Gesammtfärbung da- } ‚gegen tritt nur ausnahmsweise auf: so kennt man (von _ der auf dem Faraglione und von den anderen auf isolirten Felsen neuerdings aufgefundenen Abarten der Lacerta mu- t 1) Schon Dume&ril erwähnt diese Reihe blauer runder Flecken längs der Flanken bei zweien der von ihm aufgeführten Varietäten (Var. d, von Trapezunt und Var. g, von Frankreich, Italien und Sorsika). Herpetologie generale Bd. V. 1839. S. 233 und 234. Be 13 certa viridis !), eine ebensolche der Lacerta vivipara, die 1) H. Gachet. Actes de la Soc. Linneenne de Bordeaux Tome VI. 1833. S. 168. Da diese „Actes“ nicht Jedermann zugäng- lich sein werden — ich verdanke die Benutzung des betr. Bandes der Kais. Univ.- und Landesbibliothek zu Strassburg — so will ich die dort unter der Ueberschrift: „Variete noire du Lezard vert (Lac. viridis)“ gegebene Notiz hier wiederholen: „Le 15. Juillet 1833, M. Dargelas, Directeur du Jardin des Plantes de Bordeaux, me donna un lezard vivant, remarquable par a couleur noire de tout son corps. Cet animal, long de neuf pou- ces, avait et& pris dans le bois de l’etablissement appel& Vincennes. Tl m’a prösente tous les caracteres organiques du Lacerta viridis, duquel j’ai dü, par consequent, le considerer comme une variete, Peut-&tre’ n’est-ce m&me qu’une variation individuelle, puisqu’il est le seul que nous avons observe, et que je n’ai encore trouve la description d’une semblable variet€ dans aucun des ouyrages d’er- petologie que j’ai lus. Le tronc, la töte, les membres et la queue de ce l&zard sont, en dessus et sur les cötes, d’une couleur noire fonc&e, ayant cepen- dant une legere nuance ardoisee. Les plaques, recouvrant la voüte eranienne, offrent un brillant soyeux qui leur donne un aspect tout autre que celui du tronec. La coloration de la partie inferieure du trone est differente Le bord libre des plaques gutturales, celui des lamelles thoraciques, des lamelles abdominales et des plaques des pattes est blanc, d’oü resulte un melange agreable des deux eouleurs sur cette face du corps. Une couleur blanche-terne est celle des ongles et de la face plantaire des pieds.. Le bord dentele des verticilles de la queue est blanc, except& ä& la face dorsale de cet organe. La membrane du tympan, les paupieres et le globe de P’oeil sont noirs. En examinant sous certains aspects la face dor- sale du tronc, on apercoit des taches assez &tendues, arrondies et d’un noir plus fonce. Apres avoir et& plonge pendant plusieurs Jours dans l’alcool, ce lözard a present& quelques changements de cou- leurs: celle du fond de la robe a pris une teinte plus claire et les grosses taches noires, dont on ne voyait que des traces, sont deve- nues tres-apparentes. Ce lezard a et& depose au Cabinet d’Histoire naturelle de la Ville.“ Auch de Betta stellt (a. a. O. S. 134) eine Varietas cinereo- nigrescens der Lacerta viridis auf. Er schildert dieselbe folgender- massen: „La parte superiore del corpo di un marcato color verdas- tro cinereo, sparso di macchie e punti neri e castani. Il di sotto di un color bianco-ceruleo con leggerissima tinta giallastra.* Ra 7m Ben - v 13 Lacerta nigra, Wolft); und Professor Studer in Bern & fand, wie der Beschreibung der Lacerta vivipara nigra bei- Er gefügt ist, eine Eidechse auf den Schweizeralpen, welche hellblau aussah. Es wird von Wolf vermuthet, dass sie _ eine nigra nach der Häutung gewesen sei ?). — Auch Ley- dig erhielt eine vivipara nigra mit einer Sendung von Eidechsen aus Dänemark. Er selbst traf sie im Münche- _ ner botanischen Garten (wohin sie wohl verschleppt war), g im Röhngebirge (Frankenhöhe) und bei Tübingen, jedes- mal in einem Exemplar °). Ich schloss aus diesen auffallenden Thatsachen eines wahrscheinlich individuellen, wohl durch äussere Umstände begünstigten (Feuchtigkeit, Leydig) Variirens der Ge- sammffärbung nach Blau und Schwarz, sowie aus der Art des Auftretens dieser Farben am Körper unter gewöhnlichen Verhältnissen, dass dieselben gerne vom Organismus der Be Eideehsen erzeugt werden — auf Grund von dessen stoff- licher Zusammensetzung oder „aus inneren Ursachen“ nach dem Ausdruck Nägeli’s, dass sie aber unter ge- Er wöhhlichen Verhältnissen durch Auslese zurückgehalten, _ an grösserer Ausdehnung verhindert werden, weil solche sie ihren Feinden verrathen würde. IE Einen bedeutenden Anhaltspunkt für diese Annahme gab mir die ‚Thatsache, dass auch die Mauereidechse der Insel Capri auffallend häufig einen Anflug von blauer Ge- 1) Sturm, Deutschlands Fauna III. Abtheil. Die Amphibien, Enenberg 1853. aa ae vivipara Bin ist charakterisirt: kereeite ohne Kiel.“ Durch letztere Eigenschaft unterscheide sie ‚sich von den Wolf bekannten anderen Arten. ö x 2) „Von ihrer Lebensart“ sagt er „ist mir nichts bekannt. Sie wurde auf dem Schneegebirge, auf der sogenannten Wengeralpe im ‚Canton Bern gefunden.“ — Diese Worte lassen nicht ersehen, ob nur ein Exemplar oder ob davon mehrere beobachtet worden sind — ob es sich, wie bei der Lacerta viridis nigra, um eine individuelle Va- rietät handelt oder um das Glied einer geschlossenen Rasse. Da ; aber spätere entsprechende Beobachtungen nicht bekannt geworden sind, so dürfte das Erstere als das Wahrscheinlichere erscheinen, 3) Leydig, Saurier, S. 220. 14 sammtfärbung zeigt, dass auch bei ihr die Farbe Blau da und dort zu grösserer Herrschaft gelangt, das Grin IE zu verdrängen beginnt, eine Erscheinung, welche meiner Meinung nach eben mit inneren Ursachen und damit in Zu- sammenhang zu bringen ist, dass ein grosser Theil der Insel arm’an Pflanzenwuchs ist, aus Felsen besteht, deren Oberfläche Farbentöne und andere Bedingungen aufweist, welche die Entstehung blauer Gesammtfärbung der Eideeh- sen nicht hindern, sondern welche sich damit in Ueberein- stimmung befinden. Ich schloss, dass an Orten mit üppigem Pflanzen- wuchs ebenso wie auf£braunem oder sonstwie, nicht blau oder grau oder schwarz gefärbtem Gestein, blau, graublau oder schwarzblau gefärbte Eidechsen durch Auslese stän- dig entfernt werden, während da, wo nicht Pflanzen, son- dern wo ausschliesslich die Verhältnisse des Bodens — dunkle Färbungen, Risse, Schatten — ihnen Schutz gewähren können, eine dunkle, schwarz- oder graublaue Rasse um so eher zur Herrschaft,kommen müsse, als eben „innere Ursachen“ diese Dunkel- bezw. Blau-, und Schwarzfärbung begünstigen. Bevor in dieser Weise „innere Ursachen“ zur Er- klärung des Ueberhandnehmens dunkler Färbung an der Mauereidechse beigezogen wurden, lag es selbstverständ- lich nahe zu fragen, ob nicht irgend welche äussere Ur- sachen, äussere Einflüsse, namhaft gemacht werden könn- ten, welche jene Aenderung nicht nur, was ja von vorn- herein nicht ausgeschlossen ist, begünstigen, sondern etwa unmittelbar und allein bedingen. Ich hob als solche Einflüsse hervor: Klima, Sonnenlicht, Nahrung. Ich konnte keinem dieser Einflüsse in unserem Falle eine entscheidende oder gar die alleinige Ursache der Dunkel- färbung zuschreiben, wenn ich auch /allen 'eine gewisse Begünstigung solcher Aenderung eventuell” durchaus und selbstverständlich zuerkannte. E Nach verschiedenen Richtungen hin sind die Ver- hältnisse "auf ‚dem?Felsen so ähnlich denen der Insel, dass jene Einflüsse theilweise für unseren Fall von vornherein wegfallen. Be 7 A Ze ame 2 ER ET BER EN 15 B- ieh in meiner ne alane über Een en kaum Je- _ _manden einfallen, anzunehmen, es sei das Sonnenlicht auf - dem Faraglionefelsen in Anbetracht seiner Pflanzenarmuth umso viel mehr wirksam, als auf der so felsenreichen Insel Capri selbst, dass auf Grund dieses Unterschiedes dort dieselbe Eidechse, welche hier grün ist, schwarz werde — dies, darf ich hinzufügen, um so weniger, als bekannt ist, mit welcher Vorliebe die Eidechsen sich auch an pflanzen- bewachsenen Oertlichkeiten auf den kahlen Steinen dem Lieht der Sonne aussetzen, so dass in unserem Falle für die Thierchen auf dem Faraglionefelsen wie auf der Insel Capri ziemlich dieselben Verhältnisse in Beziehung auf die direkte Einwirkung des Sonnenlichtes existiren müssen. — Würde aber Jemand einen Augenblick trotzdem jener Ansicht sein, so müsste er dieselbe, falls er irgend fer- nerhin auf den Namen eines objektiven und urtheilsfähigen _ Mensehen Anspruch machen wollte, sofort fallen lassen, nachdem ihm die einzige Thatsache vorgehalten worden wäre, dass die Eidechsen der pflanzenleeren sonneglühenden Sahara, im Gegensatz zu den im Norden lebenden, keine Spur von Schwarz, - auch keine Spur von Blau, sondern die Farbe des weisslichgelben Sandes haben. 3 Auch der Unterschied der Temperatur auf dem Felsen einerseits und auf der Insel andererseits kann — obsehon ich solchen Unterschied anerkenne — nicht so bedeutend sein, dass er die merkwürdige Umänderung der Farben der Eidechsen direkt verursachte. Dass aber auch - Behr hohe Temperatur nicht unmittelbare oder gar allei- nige Ursache der Dunkelfärbung sein wird, dafür spricht oder eben das Beispiel von den Eidechsen der Sahara ;“ deutlich genug. = Leydig hat zur Erklärung der schwarzen Gesammt- färbung von Thieren die Feuchtigkeit beigezogen. Es wird nach ihm dunkle Färbung begünstigt durch Aufent- halt im Feuchten. Die Exemplare von Lacerta_vivipara 16 \ nigra, welche Leydig selbst gefunden hat, stammten von sehr durchfeuchteten Plätzen. Es ist klar, dass auf dem im Meere isolirten Felsen dieses Moment mit Recht in Frage gezogen wird. Allein ebenso wie die Thatsachen zeigen, dass die Farben Blau und Schwarz an den Eidechsen gerade da, wo diese unter dem Einfluss der glühendsten Sonnenstrah- len leben, nämlich in der afrikanischen Wüste, gänzlich fehlen, so habe ich neuerdings gefunden, dass schwarze Gesammtfärbung an ihnen unter ganz denselben Feuch- tigkeitsverhältnissen entweder vorhanden sein oder auch fehlen kann. So traf ich, worüber später ausführlicher berichtet werden soll, im Jahre 1877 auf einem der mitten im Meere, zwischen Amalfi und Capri gelegenen Galli- Felsen eine nur wenig Blau zeigende, übrigens grüne Rasse von Mauereidechsen — aber hier war selbst in der heissesten Jahreszeit, im August, grüner Pflanzenwuchs vorhanden, dessen Grün die Eidechsen angepasst waren. Auch nach anderen Erfahrungen geht die Dunkelfärbung auf isolirten Felsen stets mit Pflanzenarmuth Hand in Hand und fehlt, wenn diese nicht vorhanden, an Oertlichkeiten, wo die Feuchtigkeitsverhältnisse dieselben sein müssen wie dort wo Dunkelfärbung vorkommt. Uebrigens liegen, bemerkte ich in meiner Abhandlung über Lacerta coerulea, bei Lacerta vivipara insofern be- sondere Verhältaisse vor, als die Jungen derselben schwarz aus dem Ei kommen, und Leydig sagt daher, man könnte vielleicht annehmen, ‚die ausgewachsene L. vivi- para habe einfach ihr Jugendkleid beibehalten.“ Wie nahe eine solche Annahme meiner Ansicht über die Bedeutung „innerer Ursachen“ steht, wird sich aus Späterem er- geben. Ich konnte selbstverständlich weder inneren Ursachen, noch direkten äusseren Einflüssen, noch beiden zusammen dann die Wirkung zuschreiben, eine neue Rasse oder Art zu erzeugen, wenn die Verhältnisse, unter welchen dieselbe zu leben hätte, ihren Eigenschaften ungünstig sein wür- den. Als ein Drittes ist zur Bildung einer constanten Form durchaus nöthig, dass die neuen Eigenschaften der ab- geänderten Individuen diesen Verhältnissen entweder an- gepasst, oder dass sie doch ihren Trägern in Rück- sieht auf dieselben nicht schädlich seien. Also selbst wenn Feuchtigkeit Dunkelfärbung begünstigt — und ich halte dafür, dass sie dies thut — so wird eine dunkle Rasse doch nicht entstehen können, wenn, wie dies z.B. auf jenem Galli-Felsen und auf allen reichlich mit Pflanzen _ bewachsenen, auf allen angebauten kleinen Inseln der Fall ist, von der Umgebung eine Anpassung an Grün verlangt - wird oder wenn irgend andere Forderungen der Anpassung an Farbe gestellt werden. Dagegen wäre es wohl nicht unmöglich, dass ein- zelne dunkle Individuen, sei es auf Grund innerer Ursa- _ chen oder als Wirkung direkter äusserer Einflüsse oder in Folge beider selbst im Gegensatz zu Schutzforderungen _ entstehen und ein gewisses Alter erreichen. Hierher ge- - hören vielleicht die Fälle der Lacerta vivipara nigra von - Wolf und von Leydig und derviridis nigra von Gachet. - Da freilich die von Leydig selbst gefundenen dunklen Thiere an feuchten Orten leben, so frägt es sich, ob sie an _ ihrem Aufenthalt, abgesehen davon, dass die Feuchtigkeit ihre Färbung begünstigt hatte, nicht zugleich dadurch _ eines gewissen Schutzes genossen, dass Boden und ihre B; Farbe in Uebereinstimmung standen. u Wenn nun auch sehr wahrscheinlich ist, dass in die- ‚sen Leydig’schen Fällen Feuchtigkeit die dunkle Gesammt- 3 Bee begünstigt hat (für die anderen sind die äusseren er erne am Körper der Mänerulöchsen hervortritt und dies silt auch dann, wenn von Einfluss der Feuchtigkeit keine Rede sein kann, dann, wenn die Thiere unter ganz gewöhn- ee chen Verhältnissen leben. Ob die Rassen, welche eine bedeutende Entwicklung von Schwarz am Bauche zeigen — die nigriventres — vielleicht von Feuchtigkeit beein- flusst sind, darüber zu urtheilen stehen mir keine ganz _ sieheren Anhaltspunkte zu Gebote — es scheint mir dies ‚jedoch desshalb nicht wahrscheinlich, weil die Mauerei- ‚dechsen einer Gegend, wie z.B. die der Umgebung von » 18 Genua, nigriventres sein können, ohne dass in derselben besondere Feuchtigkeitsverhältnisse wirksam sein dürften. Alle diese und andere später zu verwerthende That- sachen und Erwägungen — und unter jenen ist eine der vornehmsten die, dass die Jungen mancher Eidechsen schwarz aus dem Ei kommen — führen zu der Vermuthung, dass eine „Neigung“ :unserer Thiere, dunkle Farben im Kleide zu erzeugen angenommen werden muss, mit ande- ren Worten, dass innere Ursachen, d. i. solche, welche in der stofflichen Zusammensetzung des Körpers liegen, die Entstehung dieser Farben befördern. Jedenfalls ist aber durch das Mitgetheilte bewiesen, dass weder Feuchtigkeit noch Sonnenlicht, bezw. erhöhte Temperatur die Dunkelfärbung unserer Eideehsen unbedingt zur Folge haben müssen und dass sie nicht die einzigen Ursachen dieser’ Dunkelfärbung sein werden, während als selbstver- ständlich zugegeben wird, dass sie dieselbe begünstigen können. Leydig hat nicht nur für die dunkle Varietät der Lacerta vivipara, sondern auch für Amphibien (Die anuren Batrachier, Bonn 1877) und vor Allem für Arion empiricorum (vgl. dessen Abhand- lung: die Hautdecke und Schale der Gastropoden, dieses Archiv 1876) darauf aufmerksam gemacht, dass Variiren nach dunkler Farbe, bezw. nach Schwarz, mit Aufenthalt im Feuchten zusammen- hänge. Er beobachtete weiter, dass zugleich mit Arion empirico- rum andere Schnecken, wie Helix arbustorum, Suceinea. Pfeifferi, Helix eireinata, an solchen Orten noch dunkler werden als gewöhn- lich. Ja die Farbe wechselt in diesem Sinne bei Arion mit mehr feuchter oder mehr trockener Witterung: „Im ersten Frühjahr, bei noch sehr feuchter Beschaffenheit des Bodens und der Luft, er- scheinen an den Plätzen, wo später nur rothgelbe Exemplare gese- hen wurden, alle Thiere ..... von dunkelbrauner Farbe.“ Nament- lich waren sie in dem kühlen regenreichen Mai1873 und im Juni bei fortherrschender Kälte und starken Regengüssen in dem äusserst durchnässten Walde des Spitzberges (bei Tübingen) tiefschwarz. Zahlreiche Beispiele über Dunkelfärbung von Arion empiricorum an feuchten Orten werden ausserdem von Leydig mitgetheilt. Ich kann nur bestätigen, dass die Schnecke ceteris paribus an feuch- ten Orten dunkel gefärbt erscheint, insbesondere fand ich auch, dass sie in dem sehr feuchten Sommer 1879 an Oertlichkeiten, wo sie sonst ziemlich hell angetroffen wird, durchaus dunkel war. ve + nn Zn; = rk. IS IE NETT ERALTDE, 19 Vor einigen Jahren habe ich indessen eine Beziehung zwi- schen der Höhe des Vorkommens von Arion und der Dunkel- färbung hervorgehoben, die sich mit der Annahme eines absolu- ten Einflusses der Feuchtigkeit auf die Dunkelfärbung nicht ganz in Einklang bringen zu lassen schien. (Vortrag, gehalten im Verein für vaterl. Naturkunde zu Tübingen, 24. Juni 1878. Württemb. - nmaturw. Jahreshefte 1879.) Be. Beim Wiederdurchlesen der Leydig’schen Abhandlung über die Hautdecke und Schale der Gastropoden beachte ich erst jetzt, dass Leydig gleichfalls Dunkelfärbung in höheren Gegenden er- wähnt, allerdings nur nebenbei, indem er dabei die grössere Re- genmenge, welche in höheren Lagen fällt, also wiederum die Feuchtig- keit für das Maassgebende hält. Er sagt nämlich (S. 60 Sep.-Abdr.) im Anschlusse an die soeben über den Arion des Spitzbergs gegebene "Mittheilung: „Man muss hierbei fortwährend unwillkührlich an jene _ Käferarten denken, welche in den höheren regenreichen Alpen ihre bunten Färbungen in einfaches Schwarz umsetzen.“ Auf den Hö- hen der wasserarmen Rauhen Alb fand er dagegen dem entsprechend fast allgemein den Arion rufus. Weinland hebt (zur Weichthier- fauna der schwäbischen Alb, Jahreshefte des Vereins für vaterlän- gebung seines Wohnorts auf der Höhe der Alb gewöhnlich dunkel, fast nie gelbroth sei wie häufig im Thale. „Man könnte sagen _ fügt er hinzu, das Gebirg bringt immer das dunklere Pigment, wie bei Vipera berus die schwarze Gebirgsvarietät Vipera prester, wie in Nord-Amerika auf den White-Mountains die schwarze Klapper- sehlange. Doch hält der Schluss bei unserem Arion nicht Stich. y sum den Hohen Neuffen z. B. fand ich fast nur gelbrothe. jenes ‚ricorum in einer Gegend der Alb dunkelrothbraun, in einer an- deren Gegend hellgelbroth färbt, vermögen wir bis jetzt nicht einmal zu vermuthen. Zufällig int, es wohl nicht. Wir sind über- zeugt, dass die Farbenvariation bei den verschiedenen Arten, besonders unter Rücksicht des Schutzes vor gefunden, dass die Farbe des Arion empiricorum, wie Weinland annimmt, eine Schutzfarbe sei; ich halte vielmehr dafür, dass sie 5 ae a RE a 20 gensatz zu den Eidechsen die unmittelbare Wirkung äusserer Ein- flüsse auf die Färbung reiner zum Ausdruck kommen möchte. Ia- dessen müsste ich einem so erfahrenen Beobachter der Mollusken, wie Weinland es ist, vor dem Beharren auf einem durchaus ab- weichenden Urtheil meinerseits jedenfalls noch das Wort gönnen. Nach Obigem hat auch Weinland vor mir die Frage von dem Einfluss der Höhe auf die Dunkelfärbung des Arion berührt und wenn er, wie aus seinen Worten wohl geschlossen werden darf, an- nimmt, dass die Höhenlage von Einfluss auf die Dunkelfärbung sei, wenn auch nicht allein bestimmend, so fallen unsere Ansichten zusammen. Die Erklärung des Einflusses der Höhenlage durch die Feuch- tigkeit im Sinne Leydig’s würde nunmehr alle Räthsel lösen, so- fern man im Stande wäre, alle Thatsachen in diesen Rahmen zu brin- gen. Dabei ist als selbstverständlich im Auge zu halten, dass dess-' halb, weil Oertlichkeiten gleicher Höhenlagen aus lokalen Ursachen sehr verschiedene Feuchtigkeitsverhältnisse haben können, auf Grund jener Erklärung die Erscheinung einer grossen Mannigfaltigkeit ' der Färbungsintensität innerhalb derselben Höhenzone wohl begreif- lich wäre. Sicherlich wird auf einen grossen Theil der Farben- veränderungen dadurch allein schon erklärendes Licht geworfen. Allein ich habe Thatsachen kennen gelernt, welche mir die Frage nahelegen mussten, ob nicht die Höhenlage unabhängig von ihrer Beziehung zur Regenmenge, bezw. zum Feuchtigkeitsgehalt der Luft, einen Einfluss auf die Dunkelfärbung habe, wobei dann die trei- benden Ursachen vielleicht in den veränderten Druckverhältnissen oder, wahrscheinlicher, in der veränderten Art der Lichteinwirkung gesucht werden dürften. So sah ich wiederholt, dass der Arion, der auf trockener Höhe dunkel war, beim Abstieg in das feuchtere Thal heller und heller wurde und verschiedene Beobachtungen schei- nen mir dafür zu sprechen, dass die Dunkelfärbung mit der Höhenlage zunehmen kann, auch dann, wenn Zunahme der Feuch- tigkeit ausgeschlossen ist. Auf einzelne Thatsachen werde ich an einem anderen Orte eingehen. Ich verkenne übrigens die Schwierig- keit der Untersuchung jedes einzelnen der in Frage kommenden Fälle nicht und bin überzeugt, dass erst auf Grund ganz erschö- pfender Beurtheilung soleher Fälle und an der Hand der Vor- lage ausgedehnten Materials endgültig Entscheidung wird zu tref- fen sein. Für die Dunkelfärbung unserer Eidechsen die Frage nach in der Höhenlage gelegenen Ursachen in Betracht zu nehmen, liegt keine Veranlassung vor. | Wenngleich die Annahme — so äusserte ich mich bezüglich des Einflusses der Nahrung in meiner Abhand- 21 _ lung über Lacerta muralis coerulea — „dass insbesondere - die eigenthümliche Zusammensetzung der Nahrung die Nei- gung nach einer bestimmtenRichtung hin in der Farbe zu - variiren, bei dem auf dem Felsen isolirten Thiere begün- stigt habe, an und für sich gewiss nichts entgegensteht !), so ist dieselbe doch nach den über das Variiren der ge- _ wöhnlichen Lacerta muralis mitgetheilten Thatsachen im vorliegenden Falle durchaus nicht zwingend.“ Ich meinte damit, dass die Neigung der Mauereidech- sen, blaue und schwarze Farben zu entwickeln, welche Nei- - gung sie schon auf der Insel Capri in auffallendem Maasse zum Ausdruck bringt, die Bildung der schwarzblauen Rasse auf dem pflanzenarmen isolirten Felsen erkläre, ohne dass zwingende äussere Ursachen nothwendig angenommen wer- den müssen. Ich war der Ansicht, es werde meine Annahme, dass 2 die Farben Blau und Schwarz nur desshalb unter gewöhn- - _ liehen Verhältnissen an unseren Eidechsen nicht zur Herr- sehaft gelangen, weil sie ihnen schädlich sein würden, ‘ dass sie sich aber ausbreiten, sobald die äusseren Hinder- - nisse, welche dieser Ausbreitung entgegenstehen, beseitigt werden, auch durch das Verhalten der Farben Blau und Sehwarz, wie es unter gewöhnlichen Verhältnissen zu beob- _ achten ist, gestützt. Die folgenden Beobachtungen mögen _ dies näher zeigen. 2 Da die Farben Blau und Schwarz als Zierden an den _ Mauereidechsen unter ganz gewöhnlichen Verhältnissen vor- "kommen, da also die Fähigkeit zur Erzeugung derselben _ unter diesen gewöhnlichen Verhältnissen gegeben ist, so muss es geradezu auffallen, dass sie sich nicht ebenso "häufig über das ganze Thier ausdehnen wie jene anderen ‚Farben, wie z. B. Grün und die verschiedenen Schattirungen von Braun. (So gibt es z.B. nigriventres, welche am "Bauche dicht schwarz gesprenkelt sind, auf dem Rücken = 22 Zeichnung darin.) Vorzüglich gilt das für Blau, weil diese Farbe eben nach den zierlichen Zeichnungen, zu welchen sie verwendet wird und nach ihrer Bedeutung im Hoch- zeitskleid unserer Eidechsen zu schliessen, auch in den Augen dieser Reptilien schön ist. Allein es ist blaue Ge- sammtfärbung bei ihnen ebenso ausgeschlossen, wie blaue Zierrathen gewöhnlich sind und dasselbe ist für Schwarz zu sagen. Ferner ist auffallend, dass die blaue Farbe, ob- schon dieselbe augenscheinlich als Zierde dient, unter ge- wöhnlichen Verhältnissen niemals oben auf dem Rücken unserer Eidechsenarten sich findet, sondern nur an den Seiten und dass sie, wo sie immer auf der oberen, bezw. auf den Seitenflächen derselben auftritt, unter solchen Ver- hältnissen niemals grössere Ausdehnung annimmt: stets wird man im letzteren Falle bemerken, dass die Farbe gewissermassen auf die kleinste Aus- dehnung beschränkt bleibt, welche unter Anwen- dung anderer Hülfsmittel möglich ist, wenn den- noch eine bedeutende Wirkung im Sinne der Schönheit erzielt werden soll. So sind die blauen Flecke, welche sich bei der Mauereidechse hinter der Wurzel der Vorderextremitäten finden, so klein, dass sie von frühe- ren Schriftstellern meines Wissens gar nicht erwähnt wer- den, wie sie z.B. Bonaparte!) an keiner Eidechse abbil- det 2). Aber sie sind durch Schattirung des Blau selbst und durch Umrahmung mit Schwarz in verschiedenen Ab- stufungen zu einer ganz reizenden, pfauenaugenartigen Zierde umgestaltet. Ebenso ist das Blau der äussersten Bauchschuppenreihe sparsam und gleichsam ängstlich ge- rade an der Linie des Körpers angebracht, welche dann, wenn die Thiere sich behaglich sonnen, den Körper platt- gedrückt niederlegen, eben an den Seiten noch sichtbar ist. In grösserer Ausdehnung tritt Blau (ebenso Schwarz 1) Bonaparte, Iconografia della fauna italica. Roma 1832 —1841. II. Bd. Amfibi. 2) Auch Dumeril kennt sie nicht — er erwähnt bei zwei Varietäten, wie oben bemerkt, nur die ausnahmsweise an den Flan- ken auftretenden Reihen solcher Augen, er a er 0 m ea En a 23 bei den nigriventres!) bei unseren Eidechsen gewöhnlich _ nur an einem Theil der unteren Fläche des Körpers auf, _ nämlich an der Kehle der Männehen und zwar bei der muralis nur selten und vielleicht nur an Formen, welche unter besonderen Verhältnissen leben, unter solchen Ver- hältnissen, welche das Blau an ihnen nicht zum Verräther werden lassen !), Die Thatsachen, welche ich späterhin über Anpas- sung der Mauereidechsen zu berichten haben werde, mö- A 1) Bei Lacerta viridis scheint in der That ein solcher Fall _ worzuliegen. Es zeigt sich hier die blaue Kehle bekanntlich je- weils zur Brunstzeit beim männlichen Thiere und zwar ist die blaue Fläche hier so gross, dass dieselbe, sobald das Thier den Kopf in die Höhe hält, leicht sichtbar ist. Bei Meran nun, wo ich dieses Thier während mehrerer Tage im Freien beobachtete, fiel mir ganz ausser- _ ordentlich auf, wie leicht die blaue Kehle mit blauen Blumen verwech- - selt werden kann, wie dies z.B. vonWeitem auch gegenüber den Blüthen von Vinca möglich ist und es schien mir, ‘als ob die Thiere vorzüglich ‚häufig an Orten vorkämen, an welchen auch solche Blumen wachsen. Die Vinca wuchert bekannlich gerne am Rand von Gebüschen oder in denselben und ganz ebensolche Orte wählt sich Lacerta viridis _ mit grosser Vorliebe zum Wohnplatze, nämlich Mauern, von welchen aus sie sofort in dichtem, zumal dornigem Gebüsch Zuflucht suchen _ kann. Auch von anderen Reptilienfreunden wird diese Vorliebe der Smaragdeidechse für das Gebüsch hervorgehoben. ; Es fiel mir bei Meran auf, wie ausserordentlich schwer das Thier unter diesen Verhältnissen zu fangen ist. Es ist dasselbe Kr dort ungemein scheu — vielleicht wird es von den Menschen sehr stark verfolgt, weil diese die „Groanzen“, wie sie die Smaragdei- ® dechse nennen, thörichterweise, für giftig halten. Bei der Annähe- rang des Menschen flieht diese sofort entweder in das Gebüsch oder in ein Mauerloch und lange muss man gewöhnlich warten, bis sie sieh im Eingang des letzteren vorsichtig den Kopf herausstreckend, ‚wieder zeigt. Im Gebüsch fühlt sie sich sicher und ist das Männ- _ chen dem Kundigen dort oft leicht von Weitem an der blauen Kehle, che wie eine blaue Blume ihervorleuchtet, erkennbar. Weil es nir wegen dieser grossen Scheu schwer wurde, die Thiere zu er- chen, kam ich allmählich auf die Methode, ihnen während oder o möglich vor der Flucht einen leichten Schlag mit dem Stock den Rücken zu versetzen und sie so momentan zu lähmen. War Schlag nicht zu stark, so erholten sie sich bald wieder vollstän- _ dig ohne jede schädliche Nachwirkung. 24 gen es rechtfertigen, wenn ich den Satz ausspreche: es können sich auffallende oder leuchtende Farben, es könne sich speciell Blau und Schwarz anin dieAugen springendenStellen desKörpers unserer Eidecehsen, — vielleicht einzelne individuelle Fälle aus- genommen — in grösserer Ausdehnung nur eben im Zusammenhang mit bestimmten Lebensverhält- nissen, d.h. nur da entwickeln, wo es durch An- passung an Farben der Umgebung, an die Farben des Bodens oder an die z. B. von Blumen und etwa zu- gleich durch vorsichtigste Wahl des Aufenthalts- ortes — also z. B. in der Nähe von Gebüsch — mehr oder weniger unschädlich gemacht wird oderda, wo die Anpassungsnöthigung wegfällt. x Sesshaftigkeit der Eidechse und ihre Bedeutung für die Bildung von Varietäten. Wem nicht eingehende Beobachtungen in derfreien Natur zu Gebote stehen, der wird leicht geneigt sein, Beziehungen wie die angedeuteten und wie andere, später zu schildernde, in Abrede zu stellen. Wer sich dagegen sorgfältig und an- dauernd mit dem Studium unserer Thiere auch in ihrem freien Leben abgibt, der wird mehr und mehr finden, dass dieselben in viel ausgeprägterer Weise Lebensgewohnhei- ten besitzen, die nicht nur auf Erscheinungen ihrer Bil- dung überhaupt, sondern speciell auch und ganz besonders ihrer Färbung ein Licht werfen. Ich bin nach dem, was ich seit Jahren in Beziehung auf diese Verhältnisse beob- achtet habe, davon überzeugt, dass ich nicht zu weit gehe, wenn ich annehme, dass die irgend eine bestimmte Oert- lichkeit seit Generationen bewohnenden Mauereidechsenfa- milien mit Rücksicht auf ihre Lebensverhältnisse den spe- ciellen Eigenschafteu dieser Oertlichkeit in Färbung und Zeichnung hochgradig angepasst sind: selbstverständlich kann aber die Farbe und Zeichnung, welche solcher An- passung entsprechen wird, nur die Resultirende sein aus zahlreichen und eventuell schwer festzustellenden, im äus- 25 ‚seren Leben unserer Thiere maassgebenden Faktoren — ' ganz abgesehen von inneren Ursachen und äusseren Ein- flüssen, welche dabei modifieirend, hemmend oder fördernd, in Betracht kommen. In Rücksicht auf diese Fragen mag mir gestattet sein, noch das Folgende zu bemerken: eingehende Beobachtung der Eidechsen im freien Leben zeigt, dass ein Individuum sich stets nur innerhalb eines begrenzten, sehr beschränk- ten Gebietes aufhält und dass es innerhalb dieses Gebietes alle Schlupfwinkel und wohl ebenso alle übrigen Verhält- nisse, welche seinem Schutze dienlich sind, genau kennt. Einem Jeden, der sich mit dem Fang der flinken Mauer- - eidechse abgegeben hat, ist es bekannt, mit welcher Si- cherheit die Thiere, wenn sie verfolgt werden, einem be- stimmten Schlupfwinkel zueilen, um darin zu verschwin- den. Erreicht man es aber, sie von- diesem Schlupf- winkel abzutreiben, so irren sie verzweifelt umher, an zahlreichen Löchern, welche ihnen ebenso gut wie das ihnen bekannte Versteck Schutz gewähren könnten vor- _ über, und es ist nun häufig nicht schwer, sie so lange zu hetzen, bis sie ermüdet sind und sich dem Verfolger ergeben müssen '). 1) Eine sehr hübsche bezügliche Beobachtung machte ich vor _ einigen Jahren, als ich zu Fuss von Italien über den Splügen herüber _ wanderte, inder Nähe von Chiavenna. Die stark abfallende Strasse ist _ hier auf langer Strecke, nachdem sie unterhalb Campo doleino — bei 4 San Giacomo —_ wiederum it in das Bereich der Kastanienhaine eingetre- Enelche mals neu aufgeführt oder ausgebessert, jedenfalls frisch geweisst war. Ich war, als ich im Gebiete des Urgebirges, eines dunkel- braunen Gneiss, in jener Gegend auf der Südseite der Alpen die sten Mauereidechsen traf, in hohem Grade erfreut zu sehen, wie hr dieselben der Farbe des Gesteins angepasst sind: es ist eine sgesprochen braune — kupferbraune — Rasse, die dort lebt. Ich war begierig, einige dieser Thierchen zu erhaschen. Auf der weis- sen Mauer sass von Stelle zu Stelle ein solches und hob sich von dem Untergrund stark ab. Während des Vorübergehens suchte ich #jedes derelben zu fangen — ohne dass ich ihrer unter einem halben _ Hundert mehr als etwa drei mit dem Stocke hätte treffen können: 3 26 Es ist, eine grosse Anpassungsfähigkeit und Anpassungsnothwendigkeit bei den Mauerei- deehsen vorausgesetzt, zu erwarten, dass die es zeigte sich bei dem ersten Fangversuche schon, dass jede Eidechse in der Nähe eines ihr wohlbekannten Loches sass, in welchem sie sofort bei meiner Annäherung verschwand. Ganz dieselbe Erschei- nung wiederholte sich bei jeder folgenden: jede hatte Stellung in der Nähe eines solchen Schlupfwinkels genommen, und dieses Verhält- niss war um so auffallender, als die neubemörtelte Mauer im Ganzen nur wenige solcher Löcher frei liess. Allerdings, gerade weil die Eidechsen in der Farbe von der weissen Mauer sehr abstachen, muss- ten sie um so.mehr auf ihrer Hut sein. In meinem Garten beobachte ich seit mehreren Jahren eine Lacerta agilis, die im Sommer, so oft ich komme, sie zu besuchen, nahe- zu auf derselben Stelle des Grasbodens in unmittelbarer Nähe eines Loches sitzt, welches nach Herausziehen eines Pfahls dort geblieben ist — und in diesem Loche verschwindet das Thierchen bei An- näherung einer Störung. In diesem Jahre hat eine andere ebenda ihren regelmässigen Aufenthalt an einer ganz bestimmten Stelle einer von Tuffsteinen gebildeten, sonnigen Grotte. Auch Thiere, welchen man wohl noch geringere geistige Fä- higkeiten zutraut als den Eidechsen, scheinen in ähnlicher Weise lokalkundig zu sein, mit derselben Sicherheit gewohnte Schlupfwinkel aufzusuchen wie diese. Ein komisches Zeugniss dieser Thatsache habe ich vor Jahren auf Capri mit einem Taschenkrebs — Careinus maenas— beobachtet. In einem grossen aus den Felsen herausgefressenen, rings vom Meere abgeschlossenen und nur bei hoher See überspülten Wasser- becken stand ein Fischer und verfolgte einen Carcinus, indem er dem- selben mit beiden zu einemSchöpfapparat vereinigten Händen nachging, um ihn herauszuschöpfen. Der Krebs schwamm in gerader Linie direkt auf die einige Meter entfernte gegenüberliegende Wand des Beckens zu. Sachte, vorsichtig folgte ihm mit den Händen der Fischer, sichtlich erfreut zu sehen, dass der Krebs auf den Felsen zusteu- erte, denn zwischen diesem und seinen Händen hoffte er ihn sicher zu fangen — allein, als diese Hände das Thier eben zu greifen ver- meinten, mussten sie finden, dass der verfolgte Gegenstand unter ihnen in ein Loch in der Wand geschlüpft war und sie wurden von ihrem enttäuschten Besitzer unter dem Gelächter der zahlreichen Um- stehenden, welche dem Fangversuch mit Spannung zugesehen hat- ten, zurückgezogen. Es ist kaum anders anzunehmen, als dass der Krebs das ganze Becken durchschwommen hatte in sicherer Kenntniss u“ 27 Sesshaftigkeit dieser Thiere, wie man die That- sache nennen kann, dass sie innerhalb ganz be- stimmter, eng begrenzter Gebiete ihr Leben ver- bringen, von grösster Bedeutung sei für die Ein- riehtung ihres Kleides nach Farbe und Zeichnung und für die Fixirung bestimmter Variation über- > haupt. « Nach meiner bisherigen Ausführung schon dürfte zu ' schliessen sein, dass sich — von der Bedeutung unbehin- derter Wirkung innerer Ursachen für die Gestaltung der Kleidung hier abgesehen — puritanischer Anpassungs- zwang und der Luxus der Zierrath, welcher der geschleehtlichen Zuchtwahl dient, im Kleide un- sererEidechsen streiten und dass sie sich je nach ' den Umständen mehr zu Gunsten des einen oder des anderen darin abwägen — dass speciell die Farben Blau und Schwarz am Körper derselben _ zwar gerne auftreten, dass sie aber am grösse- u ner Ausbreitung durch ständige Auslese soweit B beseitigt werden, als dies für die Sicherheit der Thiere nöthig, dass sie nur soweit als Zierden belassen werden, als es mit Rücksicht auf diese Sicherheit möglich ist — dass sie dagegen zur Herr- schaft gelangen werden, sobald die Hindernisse ihrer Aus- breitung wegfallen. _ Constitutionelle Ursachen können, wenn keine Anpassungs- forderungen bestehen, allein zur Bildung von Varietäten führen. m Es muss hervorgehoben werden, um so mehr, als es \ ‚Allen, die sich nach mir mit der Frage beschäftigt haben, entgangen ist, dass meine Voraussetzung einer Mecheh Sohlüpfwinkels; und dass von allen Zuschauern eine solche bewusste Absicht des Thieres vorausgesetzt und der Fischer als der ‚Betrogene angesehen wurde, bewies der Spott, den er zum Schaden zu tragen hatte. a ; ' 28 „Neigung“ der Mauereidechse, nach blauen und schwarzen Tönen zu variiren, die Entstehung einer blau und schwarz gefärbten Varietät auf einem isolirten Felsen allein, jedenfalls ohne Zu- hülfenahme der Anpassung an äussere Verhält- nisse, dann erklären würde, wenn die Thiere auf diesem Felsen keine Feinde hätten. In diesem Falle müsste die durch „innere Ursachen“ begünstigte, eventuell durch äussere Einflüsse, wie Klima, Nahrung geförderte Ausbildung der genannten Farben nach der Isolirung der Eidechsen auf dem Felsen allmäh- lich zur Herrschaft kommen, indem andere Farben, wie Grün und Braun, welche unter den gewöhnlichen Verhält- nissen des Bodens und der Vegetation auf dem Festlande oder auf einer grösseren Insel an der Stammform bis da- hin allmählich künstlich gezüchtet worden waren und künst- lich erhalten wurden, zurücktreten, sobald die Auslese, das „Ausjäten*, welches sie am früheren Wohnorte der Thiere erhielt, aufgehört hat. Das Endziel würde unter diesen Voraussetzungen dasselbe sein, gleichviel welche Farben- verhältnisse der Umgebung gegeben sein würden. Ich werde im Folgenden Gelegenheit bekommen, diese Voraussetzungen zu verwerthen. Statt der etwas mystischen Bezeichnung „innere Ursa- chen“ werde ich in Zukunft, gemäss ihrer Bedeutung, wel- che in der stoffliehen Zusammensetzung des Körpers gele- gene bei der Variation thätige Faktoren, begreift, den Ausdruck „eonstitutionelle Ursachen“ wählen und werde eine Eigenschaft, welche wir durch sie zu erklären genöthigt sind, einfach eine eonstitutionelle nennen. Farbenstudien an Steinen. Die Erwartung, welche ich nach Auffindung der La- certa muralis coerulea hegte, es möchten anderwärts auf im Meere isolirten Felsen ähnliche abgeänderte Formen der Mauereidechse gefunden werden, hat sich erfüllt, nicht 29 „ so die andere, es möchte durch solche Befunde eine er- L- rn Erklärung der Erscheinung gegeben werden können, als sie mir an dar Hand meines Materials mög- _ lieh gewesen ist. Ja, die Frage ist durch diese Befunde scheinbar sogar der Lösung ferner gerückt, indem die Be- i reehtigung meiner Schlussfolgerungen angezweifelt worden ist. Ich glaube aber zeigen zu können, dass dies gesche- bezw. Studiums meiner Abhandlung, theils wohl in Folge missverständlicher Auffassung meiner Angaben. Freilich - hätte ich durch einige nähere Erklärungen zur Vermeidung - dieser Missverständnisse beitragen können. Was aber aller- ' dings ‘hauptsächlich zu Gegensätzen in der Beurtheilung 4 des Gegenstandes führen musste, das ist die Thatsache, dass einige Derjenigen, welche über denselben geschrieben haben,_die Schwierigkeiten, die er darbietet unterschätzten und im Glauben, es handle sich dabei um höchst ele- mentare Dinge, ohne jede ernste Untersuchung geurtheilt Fr 1) Ich habe hiebei besonders einen Schriftsteller im Auge, wel- @ ‘cher zwei Jahre, nachdem meine Mittheilung über Lacerta muralis (, - eoerulea in den Würzburger Verhandlungen erschienen war und ob- schon er diese Mittheilung kannte, durch die Vorgabe abermaliger 2 Entdeckung des Thieres günstige Veranlassung einer Dissertation z "finden zu dürfen glaubte, in der er dasselbe von Neuem beschrieb und mit einem 'neuen Namen belegt hat. In der Beschreibung der _ eoerulea und der neapolitanischen Mauereidechse und in der Be- dabei die Absicht hatte, meiner angekündigten ausführlichen - Abhandlung über den Gegenstand seiner Dissertation zuvorzukom- men und es ist um so mehr zu bedauern, dass der Fakultät zu Jena Annahme der Dissertation jenes Verfahren entgangen ist, als der Inhalt derselben, soweit er eigenes Produkt des Autors ist, geradezu jeder Kritik spottet. Ich habe’mich denn auch seiner Zeit veranlasst gesehen, in einer „Nachschrift* zu meiner inzwischen erschienenen Abhandlung über „Lacerta muralis coerulea“ diese _ Dissertation zu beleuchten und will, theils um mein Urtheil zu r echtfertigen, theils um zugleich an dieser Stelle die Theorie zu 30 Was dureh meine Schilderung begünstigte Missver- ständnisse angeht, so muss ich in dieser Beziehung meine erledigen, welche der Autor zur Erklärung der Entstehung der Farbe der coerulea gegeben hat, das Wesentlichste des Inhalts die- ser „Nachschrift“ folgen lassen. „Als meine Arbeit über „Lacerta muralis coerulea* eben zur Ausgabe gelangt war, erhielt ich eine Schrift zugesendet, „Ueber die Entstehung der Farben bei den Eidechsen“* von Jaques v. Bedriaga, Jena 1874, deren Inhalt mich zu einigen nachträglichen Bemerkungen veranlasst. Die Thatsache, dass die Farben der einzelnen von Herrn v. B. beobachteten Arten von Eidechsen mit jenen übereinstimmen, die das Chamäleon unter der vermehrten und verminderten Einwirkung des Lichtes erlangt, brachte denselben zur Ansicht, es seien die Farben der Reptilien überhaupt unmittelbar und ausschliesslich entstanden durch Einwirkung des Lichtes, in der Art, dass durch successives Emporsteigen des in der Haut befindlichen „schwarzen Pigments“ und schliessliche Superposition desselben über das ursprünglich dar- überliegende „weisse Pigment“ im Laufe der Zeit allmählich dunk- lere Töne hervorgebracht wurden, gleichwie das Chamäleon durch dieselbe Einwirkung momentan dunkler wird. Als Urform der Ei- dechsen wird daher eine „Lacerta alba“ angenommen, eine Hypothese; die sich dadurch rechtfertigen soll, dass die Jungen der Eidechsen gewöhnlich hell gefärbt oder weiss aus dem Ei schlüpfen. (!) Der Herr Verfasser suchte so, wie er sagt, „eine philosophi- sche Art und Weise im Behandeln der Objekte“ an Stelle der Ar- beitsmanier der bisherigen Herpetologen zu setzen, deren Versuche, die in Rede stehende Frags zu lösen, ihm, weil sie „uns auf eine so zu sagen nackte oder wenigsagende Ursache hinweisen — — — so viel als nichts gelten“ (S.4). Die Arbeiten von Leydig und Wittich über den Gegen- stand sind Herrn v. B. offenbar unbekannt. Wie er bemerkt, wagte er auch ohnedies lange nicht, seine An- sichten auszusprechen, denn es fehlten ihm noch Eidechsen, welche die schwarze Farbe zeigen, die das Chamäleon unter starkem Lichtein- fluss erlangt. „Erst die Reise nach Italien“ sagt er auf $.6, „mein Aufenthalt im vergangenen Frühling auf der Insel Capri, halfen mir aus der Verlegenheit, denn ich kam in den Besitz einer Eidechse, welche die schwarze Farbe zeigte.“ Auf S. 16 beschreibt Herr v. B. nun ‚unter dem Namen „Lacerta faraglionensis“, wenngleich in ho- hem Grade mangelhaft, so doch erkennbar genug — die Lacerta muralis coerulea als diese Eidechse und fügt bei: „Unzweifelhaft er | 31 Farbenbezeichnung beschuldigen oder vielmehr den Um- stand, dass ich die Bedeutung derselben nieht ausdrücklich ‚ist. die Faraglione-Eidechse eine Varietät der Lacerta muralis nea- politana. Ich fand sie auf dem Faraglione-Felsen bei Capri.“ (!!) Schon vorher werden als Kennzeichen der neapolitanischen Mauer- eidechse die blauen Augen über der Wurzel der Vorderextremitäten genannt und in der Beschreibung der „faraglionensis““ werden die grünen erwähnt und beide aufeinander bezogen — Alles ohne Hin- zufügung von Citaten, welche den Leser vor dem Irrthum zu be- wahren geeignet wären, als habe der Herr Verfasser irgend etwas Neues aufgefunden oder beschrieben. Citirt wird allerdings mein im Juli 1872 in der physikal.-med. Gesellschaft zu Würzburg gehaltener und in deren Sitzungsberichten im Auszug niedergelegter Vortrag, in welchem ich von meiner Ent- E deekung der Lacerta muralis coerulea zuerst Kenntniss gegeben, { dieselbe beschrieben und vorgezeigt, benannt und auf die neapolita- ‚ nische Mauereidechse zurückgeführt habe, allein eitirt nur als Ap- pendix und nur um einige Ausstellungen an den darin enthaltenen „Bemerkungen über den Werth des Thieres als Art zu machen, Aus- ; & stellungen, welche durch meine jetzt veröffentlichte ausführliche und damals angekündigte Abhandlung, deren Erscheinen abzuwarten nicht - in den Intentionen des Herrn v. B. gelegen ist, gegenstandslos ge- macht sind. Die Hypothese des letzteren nun stützt sich im Speciellen auf die Theorie Brücke’s über den Farbenwechsel des Chamäleons und zwar, mit seinen eigenen Worten ausgedrückt, in folgender Weise: nach Brücke’s Ansichten „können wir sagen, dass die ursprünglich - (nämlich bei den ungefärbten Ureidechsen) gelb erscheinenden Stel- len bei den Eidechsen durch die Strahlenwirkung grün und dass 4 die weiss erscheinenden grau, blaugrau, violetgrau oder schwarz # werden. Bei einigen Exemplaren möglicherweise war die Zahl der - ursprünglich weiss gefärbten Stellen eine geringe nur ...... auf diese Weise wurde die grüne die prädominirende Farbe. Die hie und da zerstreuten grauen, vielleicht auch schwarzen Stellen ver- schwanden mit der Zeit, indem sie durch die herrschende Färbung verdrängt wurden.“ (!1) 9 Desshalb sei die Lacerta viridis eine der ältesten Eidechsen. . Ihr Bauch aber sei weiss geblieben, weil sie wesentlich auf der ebenen Erde krieche. Die Thatsache, dass ihre Kehle zuweilen blau wird, rührt da- her, dass das Thier gerne den Kopf in die Höhe hält und so die Kehle dem Einfluss der Sonne preisgibt. (!!) 32 hervorgehoben habe und hole ich dies hier schon desshalb nach, weil es für meine nachfolgenden Beschreibungen Ebenso ist die Seitenschuppenreihe jederseits blau, weil die- selbe gleichfalls dem Einfluss der Sonne ausgesetzt wird, wenn die Eidechsen sich, wie gewohnt, im Sonnenlicht platt auf die Erde legen. i Die coerulea ist am Bauche blau, weil sie den Bauch beim Aufsteigen an den senkrechten Wänden des Felsens der Sonne aussetzt. Ihr Rücken ist schwarz, weil die Thiere oben auf dem Felsen, wo sie sich hauptsächlich aufhalten, sich beständig der Sonne aussetzen. (!!) Das Auge über der Wurzel der Vorderextremitäten ist bei der coerulea grün, weil es durch das gewohnte Anstemmen des Knies an den Körper gewöhnlich im Schatten liegt — und aus der- selben Ursache sind die entsprechenden Stellen bei der neapolitani- schen Mauereidechse — blau! Ich bemerke hier, dass Herr v.B den Augenflecken in seinen Zeichnungen eine Lage und auch eine Grösse gibt, welche sie in Wirklichkeit nicht besitzen, aber allerdings besitzen müssten, wenn seine Hypothese begründet wäre. Ihrer hatsächlichen Lage nach können sie nur zufällig in den Schatten zu liegen kommen. Dagegen liegen die Knie-, Ellbogen -, Vorderarm- und Oberschenkelbeugen fast stets im Schatten, sind aber trotzdem nicht anders gefärbt als die Umgebung. Der Herr Verfasser wünscht eine Kritik seiner „Theorie“. Durch Beachtung der zum Theil absoluten Widersprüche, welche in seinen eigenen Sätzen liegen, durch das Studium der Arbei- ten Leydig’s und Wittich’s, endlich durch einen Versuch, die folgenden Fragen zu beantworten, sowie die schon angeregten Ein- . wände zu entkräften, wird er diese Kritik leicht selbst auszuüben im Stande sein. Warum ist die Lacerta muralis nigriventris am Bauche schwarz, am Rücken hell gefärbt? Warum kommt die Lacerta vivipara schwarz aus dem Ei und wird später heller? Warum sind die Reptilien der in Sonnenstrahlung glühenden Wüste nicht schwarz, sondern von der Farbe des Sandes? Warum sind gerade die tropischen Reptilien gegenüber den unsrigen in glänzende, vielfach‘ sogar bunte Farben gekleidet, nicht schwarz, oder, wie jene so oft, braun? ‘Warum ist speciell unsere deutsche Mauereidechse braun und wird um so heller — grün, gelbgrün u. s.w. — gefärbt, je mehr man nach Süden kommt? 33 wichtig ist. Ich habe die Bezeichnung „graublau“ bis „schwarzblau“, durch welche ich den Rücken der Lacerta Warum ist, wie Leydig erwähnt, die Kehle des Männchens der Lacerta viridis viel häufiger blau, als die des Weibchens — hält dieses vielleicht den Kopf weniger oft in die Höhe? Warum sind die blauen „Seitenstreifen‘“ der muralis ebenfalls häufiger und stets ausgebildeter beim Männchen vorhanden, als beim Weibchen, welches sich doch ebenso wie jenes in platter Lage auf der Erde sonnt? Warum tritt diese blaue Zierde der Flanken nicht in Form eines ununterbrochenen Streifens auf, ist vielmehr nur auf - dieses und jenes Schildchen beschränkt, während die dazwischen- _ liegenden weiss bleiben, wenn die Sonne sie unmittelbar bervor- gerufen hat? Herr v. B. sagt allerdings von der neapolitanischen Mauereidechse „die erste longitudinale Bauchschuppenreihe ist blau“, was wiederum ganz mit seiner Hypothese übereinstimmen würde — wenn es richtig wäre. > Woher die weissen Rückenstreifen mancher Eidechsen? — eine Frage, welche sich übrigens der Herr Verfasser für die Lacerta - viridis selbst aufwirft. j Warum sind die Flecken über den Vorderextremitäten scharf umgrenzte, offenbar eine Zierde darstellende Augen? Warum be- finden sich ebensolche Augen oben auf der Oberfläche der Hinter- extremitäten bei der coerulea? Warum werden diese Augen im Winter dunkel wie ihre Umgebung? Warum werden ebenso die Hinterextremitäten der männlichen coerulea im Sommer grün, wäh- rend sie im Winter nahezu schwarz sind? Warum wird endlich die Oberseite des Schwanzes im Sommer heller gefärbt? Sapienti sat! ......2. | Allein auch die anatomische Begründung fehlt der Hypothese des Herrn v. B. durchaus. Statt anatomischer Thatsachen führt der- selbe eine schematische Figur vor, welche auf Alles eher als auf den _ Bau der Eidechsenhaut sich zurückführen lässt. So finden auf seine ' Schrift mit Fug und Recht die Worte Lessing’s Anwendung: „In diesem Buche steht viel Wahres und Neues, Aber das Neue ist nicht wahr und das Wahre ist nicht neu.“ Auf diese meine Aeusserung hin hat der russische Autor ein 'amphlet gegen mich veröffentlicht, dessen Inhalt wohl zu dem Nie- drigsten gehört, was unsere Literatur seit Jahrzehnten aufzuweisen Baht. Nicht nur werde ich darin auf unbezeichenbare Weise an- gegriffen, sondern auch Professor Leydig wird mit den Charakter @ beschmutzen sollenden Beschuldigungen bedacht — aus keinem an- ‚deren Grunde als desshalb, weil er in der Frage nach den Ursachen 34 coerulea erklärte, in der Weise verstanden, dass ich mit der ersten Hälfte des zusammengesetzten Wortes, mit „Grau“, bezw. „Schwarz“ die Hauptfarbe ausdrücken ‚wollte, mit der zweiten Hälfte dagegen die Nebenfarbe. „Es sollte also „Graublau“ heissen: „Grau mit bläulichem Ton“ der Dunkelfärbung der Eidechsen meiner Ansicht entsprechend und gegen die des Pamphletisten sich ausgesprochen hatte. Niemand, der diese Angriffe kennt, wird mir zumuthen mögen, ihren Urheber einer Erwiderung zu würdigen, noch wird er selbst Anderes von mir erwarten, als dass ich auch seine mir später oder etwa noch in der Zukunft zu Tage tretenden literarischen Produktionen als nicht exi- stirend betrachte. So würde ich ihn sicher auch an dieser Stelle nicht berührt haben, wenn mich nicht der Inhalt einer weiteren inzwischen über unseren Gegenstand erschienenen Schrift nöthigte, dies zu thun. Der Pamphletist hatte eine ganze Reihe meiner An- gaben ohne Gegenbeweis einfach als unrichtig bezeichnet. In einer Abhandlung betitelt: Lacerta Lilfordi und Lacerta muralis, Würz- burg 1877 von Dr. Max Braun, hat deren Autor sich ohne jede Begründung regelmässig auf die Seite desselben gestellt. Er geht darin so weit, auf 8.2 zu sagen, es seien meine Behauptungen be- treffend die Beziehungen der Farben der Faraglione-Eidechse zu jenen des Wohnorts von dem Pamphletisten „als unwahr zurückgewie- sen“ worden. Dass ich auf Grund des Inhalts einer solchen Schrift, wie sie das Pamphlet ist, der Unwahrheit geziehen, und dass meine Urtheile überhaupt denjenigen eines Schriftstellers nachgestellt wer- den, über dessen Leistungen auch Herr Dr. Braun, da er seine Abhandlung und meine Illustration derselben kannte, nicht im Zweifel sein konnte, dies beklage ich von allgemein moralischen Gesichtspunkten aus um so mehr, weil Herr Dr. Braun als Assi- stent am zoologischen Institut der Universität Würzburg wissen musste, dass mir eine bestimmte Erklärung für seine Stellung gegen mich sehr nahe liegen werde, eine Erklärung, die, wie er sich leicht überlegen mochte, bei mir nur in erhöhtem Masse das Gefühl des Mitleids erwecken konnte, welches unter der Maske der Wissen- schaft ausgeübte persönliche Angriffe an sich schon hervorrufen. Um zu zeigen, wie wenig gerechtfertigt die Ausstellungen an meinen Angaben sind, werde ich für diese da, wo ihnen Herr Braun die Berechtigung abspricht, gelegentlich eintreten, obschon, wie ich wohl hoffen darf, das neue Material, welches ich im Laufe meiner vorliegenden Abhandlung und ihrer Fortsetzung vorführen werde, zur Genüge selbst für die wesentlichen meiner Auffassun- gen sich verwenden wird. Y 35 oder „Bläulichgrau“ u. s. w. Es ist diese Art der Bezeichnung entsprechend der von Chevreul in seiner Farbenscala angewendeten. Ich hätte ihre Bedeutung, als ich sie in der Abhandlung über Lacerta coerulea annahm, aber um so mehr hervorheben sollen, als sie mit dem vulgären Sprachgebrauch nicht überall übereinstimmt. Allein ich unterliess dies, weil meine Abbildungen deutlich genug wiedergeben, was ich unter meinen Farbenbezeichnungen verstanden wissen wollte ‘und bedeutet es doch z.B. in Hinblick auf die Fig. 1 und 2 meiner Taf. I. !) die Negation _ alles wissenschaftlichen Ernstes, wenn mir auf Grund meiner Beschreibung eine „himmelblaue“ Eidechse unter- geschoben wird, doppelt leichtfertig, wenn dies auf Grund der Bezeichnung coerulea geschieht. Denn eoeruleus heisst bekanntlich nicht himmelblau, ‘sondern: „blau im weite- sten Sinne des Wortes, die Seala von dem schönen Blau des südlichen Himmels mit Einschluss des Indigoblaues, desWaidblaues, des Blaues der menschlichen Augen, selbst der blaugrünen Farbe, ebenso wie die blaugraue nicht _ ausgenommen, bis herab zur dunkeln Beere des Laurus tinus, die schwarz ist mit stahlblauem Anfluge?).“ Da nun die Farben unserer Eidechse aus Schwarz, Blau und Grün bestehen, bezw. gemischt sind, indem ihre Ober- seite in der mittleren Rückenzone fast schwarz ist — schwarz mit bläulichem Ton, wobei das Blau deutlicher _ nach der Häutung hervortritt, während das Schwarz be- sonders unter der Einwirkung des Sonnenlichts mehr zu _ einem dunkeln Grau mit blauem Ton abgeschwächt wird — während nach”den Flanken mehr und mehr Blau zunimmt, um als volles Meerblau die Unterseite zu zieren; da endlich dieses Blau gegen die Schwanzwurzel hin und auf der _ Oberfläche der hinteren Extremitäten, vorzüglich beim Männ- - _ehen während der Brunstzeit, in Blaugrün bis Broncegrün -_ übergeht, welche Farbe auch die schönen Augenflecke ' hinter der Wurzel der Vorderextremitäten und auf den 1) eben meiner Abhandlung über Lacerta coerulea. 2) Klotz Wörterbuch d. latein. Sprache. Braunschweig 1877. 36 Oberschenkeln beim Männchen besitzen — da also alle Farben an dem Thiere vorkommen, welche das Wort coe: ruleus bezeichnet, so konnte ich wohl einen besseren Na- men als eben diesen für die Farbe und für das Thier überhaupt nicht finden !). Ebenso hat man auf Grund der Bezeichnung „grau- blau“ d. i. bläulichgrau, mit der ich die Farbe beschrieb, welche das Gestein von Capri hat, gegen blaue Felsen gekämpft. So glaubte mir Herr Giglioli, allerdings, wie ich später beweisen werde, ohne dass er meine Abhandlung zuvor gelesen hatte, in einem in der englischen Zeitschrift Nature ?2) enthaltenen Artikel mit Grund entgegenzutreten, indem er die Farbe des Faraglionefelsens als „grau“ be- zeichnet mit den Worten: „pace Dr. Eimer the Fara- glione is gray.“ Würde Herr Giglioli den Inhalt meiner Schrift ge- kannt haben, so hätte er — ganz abgesehen davon, dass mein „Graublau“ und sein „Grau“ einen Gegensatz nicht bilden — gewusst, dass ich meine Ansicht von der An- passung der Lacerta coerulea an Verhältnisse des Bodens durchaus nicht auf die Gesammtfärbung des Fara- glionefelsens bezogen habe. Ich sagte nämlich: „Es be- steht der Fels, wie’ die Insel Capri selbst, aus Kalkstein. Dieser Stein hat eine graublaue und, wie ich auf der Insel beobachtete, da, wo er nur wenig betreten ist, häufig eine fast schwarzblaue Farbe. So besonders in Hohlrinnen, Spalten und Klüften, welche an allen dem Unwetter und dem Anprall der See besonders zugänglichen Stellen aus 1) Herr Braun motivirt die Annahme des neuen Namens, welchen der zweite „Entdecker“ der Eidechse — der es übrigens, nebenbei gesagt, wenigstens dahin gebracht hat, z. B. in Brehm’s Thierleben als solcher mit zu figuriren — dieser gibt, durch die Bemerkung, dass „coeruleus“ eine Eigenschaft bezeichne, welche mehreren Varietäten der Mauereidechse zukomme. Es dürfte dies nach Obigem kaum zutreffen und es ist mir wenigstens keine Mauer- eidechse bekannt, für welche die Bezeichnung coerulea passend wäre wie für die vom Faraglione. 2) Jahrg. 1879. Vol. XIX. (Dezember. 1878). 37 dem Gestein herausgefressen sind, so dass dieses häufig zu einem Gerippe von scharfen Spitzen, Zacken und Gra- ten zernagt ist.“ !) Ich habe somit nicht den ganzen Fel- sen, sondern bestimmte Stellen des Gesteins für die An- passung besonders in Anspruch genommen, wie ich denn auch den in die Rinnen fallenden Schatten mit zur Erklä- rung beizog. Nun ist aber gegen mich die Behauptung aufgestellt worden, es sei das Gestein der Insel Capri nieht etwa grau mit bläulichem Ton, sondern vielmehr rothgelb oder gelb- roth. Wäre dem so, so würden allerdings irgendwelche Beziehungen der Farbe der Eidechse an Farben des Bo- dens schwerlich wahrscheinlich und meine Beschreibung würde unverständlich sein. Ich habe die Auflösung dieses Widerspruchs schon vor vier Jahren auf der Münchener Naturforscherversammlung gegeben ?) und will die Frage, . da sie Bedeutung für die folgenden Ausführungen hat, hier _ wiederholt behandeln. ” Es ist Thatsache, dass ein grosser Theil der Fels- wände von Capri okerfarben ist. Wenn man z. B. mit - dem Dampfschiffe von Neapel herkommt und sich den senk- ' rechten ins Meer abfallenden Felswänden nähert, welche sich in der Umgebung der blauen Grotte finden, und nicht minder, wenn man die nach Süden abfallenden Felswände betrachtet, welche die piecola marina und Umgebung bil- - den, so wird man diese Farbe sehen. Auch ein grosser - Theil der Wände des äusseren Faraglione-Felsens und zwar gerade diejenige Wand, welche dem Beschauer zuge- = kehrt ist, wenn dieser sich auf der Stelle befindet, von welcher aus man die Faraglioni gewöhnlich zum ersten - Male sieht — auf der punta di Tracara — hat diese rothgelbe Farbe. So mag Demjenigen, welcher sich mit einem Blick E,° auf einzelne Theile der Insel begnügt hat, nach der Rück- 1) Lacerta mural. coerulea S. 36. 7 2) Amtlicher Bericht der 50. Versammlung deutscher Natur- forscher zu München 1877. 8.180. Sitzung der Section für Zoologie vom 21. September. 38 kehr in die Heimath der Eindruck vorschweben, es sei das Gestein der ersteren überhaupt gelbroth. Wer sich aber ordentlich umsieht, dem wird auf den ersten Blick nicht entgehen können, dass diese gelbrothe Farbe nur eben an einzelnen Theilen der Insel vorkommt und zwar immer nuran durchaus senkrecht abfallenden Fels- wänden, an welchen überdies unsere Eidechsen nicht le- ben und ferner, dass diese Färbung, so ausgedehnt sie an solchen Flächen sein kann, nichts Anderem den Ursprung verdankt, als einem Niederschlag von Eisenoxydhydrat, welcher aus dem im Laufe der Jahrhunderte an den Fels- wänden herabgelaufenen, bezw. aus denselben hervorgesi- ckerten Wasser zurückgeblieben ist. Solche o ker gefärbte Stellen sind ja eine ganz gewöhnliche Erscheinung an Fels- wänden — an den Felsen von Capri nehmen sie nur aus- nahmsweise grosse Flächen ein — die Ursache ihrer Ent- stehung aber erklärt es, dass sie nirgends auf den Kuppen der Felsen, nirgends auf den betretbaren Flächen der Insel, sondern eben nur an senkrecht abfallenden Felswänden vorkommen. Das ist das gelbrothe Gestein der Insel Capri. Was nun meine vorhin wörtlich angeführte eigene Schil- derung betrifft, so muss ich bemerken, dass ich dieselbe nie- dergeschrieben habe, nachdem ich schon längere Zeit wie- der fern von Capri, in der Heimath war — andernfalls würde ich sie allerdings wohl mehr ins Einzelne gehend gegeben haben, statt, wie ich gethan, nur Das hervorzu- heben, was nach meiner Ansicht für die Erklärung der Farbe der Eidechsen von Bedeutung ist. Ausserdem war ich damals über die Ursache der graublauen oder schwar- zen Färbung einzelner Theile des Gesteins in einem Irr- thum befangen, der sich mir erst bei einem weiteren Be- such der Insel völlig löste, nachdem mein Freund Lan- gerhans inzwischen auf meinen Wunsch Augenschein von den Verhältnissen. an Ort und Stelle genommen und mir darüber berichtet hatte. Das Ergebniss dieses Berichtes und der neuen Untersuchung war dies, dass das Gestein der Insel Capri in der That überall da, wo es wenig be- treten ist, von jenen senkrecht abfallenden, rothen Wän- den abgesehen, eine graublaue Farbe hat — wie denn 39 ‚auch Herr Giglioli thatsächlich in Uebereinstimmung mit meinen Angaben den Faraglionefelsen als grau bezeichnet, nicht als gelbroth — ferner dass es stellenweise schwarz- blaue bis schwarze Töne zeigt, indem Theile der Felsen wie mit Russ angestrichen oder mit Tinte bespritzt aussehen. Die graublaue Farbe findet sich im Gegensatz zu der gelbrothen an dem weitaus grössten Theil der Felsen, überall beson- ders auf den Kuppen derselben. Ich hatte nur in der Meinung geirrt, diese Färbung rühre überall von dem fri- schen Bruche des Gesteines her, trete überall da zu Tage, wo das Gestein sich in seiner jungfräulichen Beschaffenheit zeige, während es sonst unter dem Einfluss der Witterung sehr verschiedene Farben erlangt habe. Es war aber die- ‚ser Irrthumi desshalb sehr verzeihlich, weil er auf der Thatsache beruhte, dass ein Theil der frischgebrochenen Steine der Insel jene Farbe wirklich hat. Zum Zweck des Strassenbaues nach Anacapri hinauf wurden vor weni- WR gen Jahren in grösserer Ausdehnung Felsen abgesprengt, >: und man wird heute und lange noch dort die Stellen fin- a den, welche meinem Urtheil zu Grunde lagen. Dass das Gestein nicht an allen Theilen der Insel auf dem frischen Bruche dieselbe Farbe hat, dass es sogar meistens und speeiell auch am Faraglionefelsen auf dem frischen Bruche viel heller als auf der Oberfläche ist, konnte ich damals nicht annehmen. : - Der graublaue Ton, welchen das Gestein auf dem - grössten Theil seiner Oberfläche zeigt, rührt nicht vom _ frischen Bruche her, sondern im Gegentheil von einem Ueberzug von mikroskopischen Flechten, welche meist so fein in das Gestein hinein gewuchert ' sind, dass erst eben das Mikroskop über ihr Dasein und damit über die Ursache der Färbung aufklärt. Die gan- zen Apenninen und das ganze Kalkgebirge der Alpen haben von dieser Flechte auf der Oberfläche einen grau- blauen Ton. Dabei muss aber ausdrücklich bemerkt wer- ; den, was übrigens selbstverständlich ist, dass die Färbung _ dieser Gebirge, besonders wenn sie von ferne oder doch "Mi ENTE % 40 fast weiss erscheinen kann. Man wird indessen stets um so sicherer erkennen, dass die wirkliche Farbe ein Grau- blau, d. i. ein Grau mit blauem Ton ist, je näher man.,an das Gestein herankommt und man wird nun sehen, dass dieser Ton in verschiedenen Schattirungen variirt, zuweilen sogar zu reinem Blau, zu hellerem oder dunklerem oder zu vollem Schwarz sich steigernd. Solche blaue, schwarz- blaue oder schwarze Töne sind dann meist Flecken — tintenkleksartig auf kleineren oder grösseren Strecken verbreitet — am liebsten nehmen sie die oberen Flächen, die Kuppen der Steine und Felsen ein und verbreiten sich von hier wie herabfliessend auch auf die Seitenwände. Offenbar begünstigt auch ihre Bildung der Einfluss der Witterung — Licht und Regen. Die Mauern, welche auf Capri den Grundbesitz einzäunen, sind aus lose überein- ander gelagerten Steinen zusammengefügt. An alten Mauern sind diese Steine an der freien, dem Lichte zugekehrten Oberfläche von jenen Farbentönen überzogen. Wird aber eine solehe Mauer etwa umgesetzt, so dass diejenigen Flächen der Steine nun zum Vorschein kommen, welche früher die inneren waren, so wird sie heller, aber sie sieht jetzt auch sehr wenig malerisch, nüchtern aus. Nachdem ich einmal auf diese Farbentöne und auf ihre Ursachen aufmerksam geworden war, hat mir ihr Studium viele Freude gemacht und dies immer mehr, je mehr ieh mich mit ihnen abgab. Der malerische Gesammt- eindruck von Felsen und altem Gemäuer hängt von ihnen zu einem grossen Theile ab, ohne dass dies dem Beschauer gewöhnlich klar zum Bewusstsein kommt. Ist dies aber geschehen, so ist nicht nur. das Verständniss, sondern auch der Genuss der Landschaft um ein Vielfaches grösser und vor Allem hat jetzt die Erinnerung eine Handhabe, um aus vorhandenen Einzelheiten das Gesammtbild wie- derherzustellen. Wie mit dem Pinsel angemalt sieht man die blauen und schwarzen Töne an den Felsen oder häufig machen sie den Eindzuck als ob sie durch ausgegossene Farbe entstanden wären. Das Okergelb, welches an den senkrecht abfallenden Flächen noch hinzukommt, erhöht die malerische Wirkung. In manchen Gegenden über- 41 u wiegen die dunkeln Färbungen sehr. Am ausgeprägtesten AR fand ich sie in einem der Felsendurehgänge — der Klausen — welehe die Eisenbahn auf dem Wege von Verona nach ; Botzen durchfährt — die ganze Schlucht ist hier in wei- E ter Ausdehnung in blauen und schwarzen Tönen gefärbt. Auch auf der Via mala sieht man sehr malerische Far- ben. Ausgezeichnet malerisch machen sich aber Theile des Innern vom Colosseum in Rom, sobald man einmal auf die”bezüglichen Verhältnisse aufmerksam geworden ist: befindet man sich auf der oberen Zuschauergallerie, also - in dem Raume, welcher früher vom Zeltdache unmittelbar überspannt war, so sieht man aus den Wänden hervor- ragende, von einem prächtig blauen Tone überzogene Steine und‘ man gewahrt alsbald, wie sehr diese Far- n in Verbindung mit anderen, welche unter dem Ein- fluss der Witterung am Gestein im Laufe der Jahrhun- derte entstanden sind, zu der Schönheit der Ruine beitra- gen. Aber überall wo Kalkgebirge oder wo sonst helle % Steine lange: den Einwirkungen der Witterung preisgegebeu sind, braucht man nicht weit zu gehen, um blaue, grau- _ blaue oder schwarze Ueberzüge der geschilderten Art zu finden. Der Jurakalk der schwäbischen Alb bietet oft sehöne solehe Verhältnisse und mancher durch Jahrhunderte - aufgeworfene Steinhaufen im Walde und mancher alte _ Grenzstein wird bei Beachtung seiner altehrwürdigen Far- K ben zu einem malerischen Gegenstande. Um auf die Insel Capri zurückzukommen, so hat also, ; von den senkrecht abfallenden Wänden, deren Färbung _ dureh Eisenoxydhydrat hervorgerufen ist, abgesehen, das _ Gestein überall da wo es wenig oder gar nicht betreten ist, eine graublaue Grundfarbe, die Betonung auf Grau { gelegt, also Grau mit blauem Ton. Vielfach, insbesondere ‚an den Kuppen der Felsen, wird die Farbe dunkel Grau- blau, zuweilen mit starkem Hervortreten des Blau und häufig zeigen sich kleine oder grosse dunkelblaugraue - oder selbst schwarze Flecke an ihnen. . Ohne dass ich die Ursache dieser Färbung zuerst rich- tig erkannte, hatte ich doch genau beobachtet, indem ich "hervorhob, dass die geschilderte Farbe überall da deut- 3 4 42 lich sich zeigt, wo das Gestein nicht betreten ist: da dieselbe mikroskopischen Flechten ihren Ursprung ver- dankt, wird sie überall da verdrängt, wo die Fusstritte des Menschen häufig auftreten und an solchen Stellen kommt nun die hellere ursprüngliche Farbe des Gesteins wiederum zum Vorschein. Schwarze Farbe hat das Gestein, von jenen Flechten- flecken abgesehen, auch überall da, wo es häufig der Einwirkung desSeewassers ausgesetzt ist oder da, wo es dieser Einwirkung in früherer Zeit lange ausgesetzt gewesen sein mag. So umzieht ein schwarzes Band von bedeutender Höhe, mindestens 10 m hoch, den Fuss der Felsen vom Meeresspiegel an aufwärts und dieselbe Farbe bedeckt alle jene, meist dazu noch stark zerklüfteten Fels- partbien, welche zeitweise vom Meere überspült werden. Diese Theile hatte ich im Auge bei meiner ersten Schil- derung mit den Worten: „so besonders in Hohlräumen, Spalten und Klüften, welche an allen dem Unwetter und dem Anprall der See besonders zugänglichen Stellen aus dem Gestein herausgefressen sind, so dass dieses häufig zu einem Gerippe von scharfen Spitzen, Zacken und Gra- ten zernagt ist.“ Es handelt sich somit um zweierlei, um graublaue oder schwarze Färbungen, welche in grösserer Ausdehnung oder in Flecken die Felsen überziehen an Stellen, welche das Seewasser nicht erreicht und um sehwarze Farbe an allen jenen Theilen der Felsen, die zeitweise von der See über- spült werden. Ich bin nicht oben auf dene jagapnähe gewesen und kann nicht sagen, ob der Stein dort, in der Nähe be- trachtet, stellenweise dieselben dunkeln Töne zeigt, wie sie z. B. gegenüber auf der Insel in der Umgebung der Traeara herrschend sind. Ich sagte: ‚Es besteht der Fels wie die Insel Capri selbst aus Kalkstein. Dieser Stein hat eine graublaue und, wie ich auf der Insel selbst beob- achtete, da wo er wenig betreten ist, häufig eine fast schwarzblaue Farbe.“ Ich habe mich also auf die Ver- hältnisse der Insel bezogen, welche mir allein unmittelbar zugänglich waren. Hier, gegenüber dem Faraglione setze 43 man eine Lacerta coerulea auf die graublau überzogenen Kuppen der Felsen, wie sie da und dort aus dem Boden hervorragen, während das Sonnenlicht auf den Rücken des Thieres wirkt und Niemand wird mir bestreiten mögen, dass dasselbe durch seine Farbe auf dem Gestein sehr geschützt sei. Ich hatte keinen Grund anzunehmen, dass die Oberfläche der Felsen oben auf dem Faraglione, den nur selten ein Fuss betritt, anders beschaffen sei als hier. Dabei habe ich aber noch gar nicht Rücksicht ge- - nommen auf die fast schwarzen oder geradezu schwarzen - Färbungen, welche sich am Fusse der ganzen Küste, auch am Faraglione, in bedeutender Höhe hinziehen, auch nicht _ auf vereinzelte sehr dunkle Flecke wie sie überall an den Felsen derInsel da und dort sich finden und wie sie wohl : auch oben auf dem Faraglione angenommen werden dür- fen, noch endlich auf Spalten und Risse und auf Schatten, die ich zur Erklärung des Schutzes eines kleinen dunkeln Reptils auf pflanzenarmem Boden beigezogen habe. Darauf Baehe ich alsbald näher ein. Hier wiederhole ich nur noch ausdrücklich, dass ich niemals die Gesammtfarbe der 3 Felsen von I bezw. des Faraglione als mit derjenigen der Lacerta eoerulea identisch bezeichnet habe. | Ich darf anssprechen was ich schon in München be- ‘ merkt habe, dass Jedermann, der mit mir an Ort und Stelle die Verhältnisse angesehen hat, jede andere Schil- _ derung als die meinige für unbegreiflich erklärte — so _ w.A.Dr..Bonnet aus München, der im Jahr 1877 mit - mir auf Capri war, so auch Oskar Schmidt, der auf - Grund einer ihm von mir mündlich weiter ausgeführten _ Beschreibung sich auf meine Bitte die Verhältnisse in Bezug _ auf die Frage näher ansah und der auf der Münchner Ver- - sammlung meine Angaben durchaus bestätigt hat '). Wenn sich andere Stimmen geltend machten, welche die Farbe des Gesteins als Grau mit einer kleinen Mischung von _ Gelbroth bezeichneten, so beruhen dieselben auf dem Ein- _ druck, welchen die Gesammtfarbe aus einiger Entfernung s 1) Man vergleiche den amtlichen Bericht der Verammlung. 44 gesehen besonders bei gewissen Beleuchtungen unzweifel- haft machen kann; sie berühren meine Schlussfolgerun- gen nicht. ‘ Schutz dunkler Eidechsen auf pflanzenarmem Felsboden. In allen Fällen, in welchen seit meiner Beschreibung der Lacerta coerulea dunkle Eidechsen auf isolirten Felsen bekannt geworden sind, wurden diese Felsen als pflan- zenarm beschrieben und wahrscheinlich ist auf allen derselben im hohen Sommer der wenige vorhandene Pflan- zenwuchs vertrocknet, ohne Grün, so dass grüne Eidechsen nur während ganz kurzer Zeit des Jahres, im Frühling, einigen Schutz durch Anpassung an Pflanzengrün und auch dann nur an einzelnen Stellen ihres Wohnorts haben könnten, während des grössten Theils des Jahres aber gar keinen. Ich habe nun zum Schutz der Eidechsen auf solchem pflan- zenarmem Felsboden die dunkler gefärbten Stellen dessel- ben, sowie die Risse und Spalten und die auf zerklüfte- tem Boden geworfenen Schatten beigezogen. Meinen Erfahrungen nach dürften, wenigstens abgese- hen von den regenlosen Gebieten der Erde, kaum irgendwo Felsen vorkommen, auf welchen sich nicht stellenweise — mag im Uebrigen ihre Gesammtfarbe sein welche sie wolle — jene von mikroskopischen Flechten verursach- ten dunkeln bis schwarzen Ueberzüge finden !). Durch aus- gedehnte diesbezügliche Beobachtungen habe ich mich überzeugt, dass Felsoberflächen, welche die jungfräuliche, etwa weisse oder hellgelbe Farbe des Materials, aus wel- chem der Fels besteht, ungetrübt zeigen, gewöhnlich nur da sich finden, wo jene Oberfläche kürzlich erneuert wor- den ist. Derartiges sah ich z. B. an der Südspitze von 1) Nur in regenarmen Ländern, wenigstens im südlicheren Egypten und in Nubien soweit ich aus eigener Erfahrung berichten kann, fehlen diese Ueberzüge oder treten doch nur sehr spärlich auf. Allein es erleiden auch hier die Oberflächen selbst des härtesten Gesteins die bedeutendsten Veränderungen der Farbe durch Ver- witterung. 45 Calabrien beim Cap Spartimento, wo sich dem mit der Eisenbahn Vorbeifahrenden vollkommen weisse Wände und weisse Bergkegel zeigen, die aber aus einer weichen löss- ähnlichen Masse zu bestehen scheinen, welche Abrutschun- gen oder Abschwemmungen erleidet. Selbst dann nun, wenn jene von mikroskopi- schenFlechten oder durch andere Ursachen her- vorgebrachten dunkeln Stellen klein sind und nur sehr zerstreut z.B. auf Boden vorkommen, wel- eherim Uebrigen ganz hellist, müssen sie ebenso wie Spalten und Risse und Schatten unseren dunkeln Eidechsen Sehutz gewähren. Sehen wir - ganz davon ab, dass diese der Wärme wegen unter Um- } ständen gerne auf die dunkeln Stellen des Gesteins sich _ setzen mögen, sie werden auf solchem Boden auch dann, wenn sie auf den hellen Theilen desselben sitzen, von ihren Feinden nicht sofort erkannt, sondern für Flecke, für kleine Spalten, für Schatten u.s. w. gehalten werden, ganz ebenso wie z. B. Fliegen auf einer schwarzbespritzten, _ übrigens hellen Wand schwer als solche erkenn- Ja es scheint mir in der That auf einem kahlen, den grössten Theil des Jahres über des Pflanzengrüns völlig & entbehrenden Felsen, abgesehen von völliger Farbenanpas- _ sung einen besseren Schutz für Eidechsen nicht zu geben, als dunkle Färbung ihres Körpers, welche die Verfolger Flecke oder für Schatten gehalten werden. Etwa auf dem _ kahlen Felsen hausende Räuber werden durch diese Ver- hältnisse häufig, fremde, vorüberziehende stets getäuscht - werden !). 1) Dazu kommt, dass eine dunkle Eidechse auf hellem Grunde in Folge der Wirkung der Irradiation aus der Ferne gesehen noch klei- ner erscheinen möchte, als sie ohnedies erschiene, was gleichfalls _ zu ihrem Schutze denen kann. Auch will ich nicht unterlassen, hier die mir wiederholt von Hühnerzüchtern gemachte Mittheilung _ anzuführen, dass schwarze Hühner von Raubvögeln weit seltener ge- 46 Abgesehen von einzelnen dunkleren Flecken und von Schatten, welche, wie ich hervorgehoben habe, auf helle- rem Felsboden wohl überall vorkommen werden und im Sinne der Anpassung in der besprochenen Weise wirksam sein können, hob ich die dunkeln, schwarzen Färbungen hervor, welche sich an felsigen Küsten überall so weit hinauf finden, als diese vom Seewasser von Zeit zu Zeit bespült wer- den oder so weit als sie vor Zeiten von demselben bespült worden sind !). Nirgends habe ich an felsigen, vom Wasser holt werden als die meisten anderartig gefärbten. Bei Bechstein (Naturgeschichte der Hof- und Stubenvögel, V. Aufl. herausgegeben von E. Berge. Leipz. 1870. S, 278) finde ich eine Bemerkung, welche diese Nachricht bestätigt. Es heisst dort: „Von den schwar- zen, rothgelben und aschfarbenen sagt man, dass sie am meisten legten, und auf dem Lande, wo sie auf den Wiesen und in den Gär- ten gehen, liebt man besonders die erste und letzte Art, weil sie auch den Nachstellungen der Raubvögel weniger ausgesetzt sind als die hellfarbigen.‘“‘“ Es scheint mir, dass diese Thatsache nicht leicht anders als durch eine Täuschung durch Schatten in obigem Sinne zu erklären sei — wenn nicht durch relative An- passuung. 1) Dies ist selbstverständlich mit relativer Begrenzung zu nehmen: ich fand sogar auf dem höchsten Gipfel des Monte Solaro, dem höchsten Punkte der Insel Capri, etwa 600 Meter über dem Meere, Löcher von Bohrmuscheln im Gestein, welche zeigen, dass dieses Gestein in verhältnissmässig nicht sehr alten Zeiten im Meere begraben war — die schwarze Färbung der Küste erstreckt sich dagegen an senkrechten Flächen — wenn mich meine Erinnerung und mein Augenmaass nicht trügt — nur vielleicht 10 bis 15 m weit hinauf. Ich habe diese Art der Dunkelfärbung des Gesteins, welche wohl zu unterscheiden ist von den vorhin behandelten, auf mikroskopische Flechten zurückführenden Farbentönen, nicht näher untersucht. In seiner Reise eines Naturforschers um die Welt (übers. von J. V. Carus 1875. S. 10) erwähnt Darwin eine Stelle von der Küste von Ascension, wo auf die zwischen den Fluthgrenzen gele- genen Felsen eine Inkrustation durch das Meerwasser niedergeschla- gen wird, welche Marchantien ähnlich sind. „Diejenigen Theile, welche sich unter dem vollen Einfluss des Lichtes bilden, sind von tiefschwarzer Färbung, diejenigen aber, welche sich unter überhän- genden Vorsprüngen finden sind nur grau.“ Ich vermuthe, dass es sich in diesen „durch das Meerwasser niedergeschlagenen Inkrusta- tionen“ um dieselbe Erscheinung handelt, welche ich oben im Auge 47 _ bespülten Küsten diese Färbungen vermisst. Es ist die Frage wohl kaum von der Hand zu weisen, ob nicht diese oder andere Dunkelfärbung eines Theils eines pflanzenarmen im Meere isolirten Felsens der Ausbildung einer dunkeln Rasse der an und für sich gerne nach Blau und Schwarz varlirenden Eidechsen förderlich sein könne — um so mehr als jener Schutz durch ausserdem vorhandene dunkle Flecke und Schatten noch verstärkt werden wird. Nehmen wir an, dass dieser dunkle Theil des Fel- sens sei es der Ernährung oder der Entwicklung oder sonstwie dem Fortkommen unserer Thiere günstige Ver- hältnisse darböte, so würde sogar dann die Ermöglichung der Erhaltung einer dunkeln Rasse gegeben sein, wenn die Thiere auf den hellen Bezirken des Felsens wegen Mangels der Anpassung deeimirt würden — eine Annahme, welche aber nach Obigem kaum statthaft sein dürfte. Ich werde im nächsten Abschnitte diese Frage noch näher zu berühren haben; hier möchte ich nur noch auf eine selbstverständliche Folgerung hinweisen, die sich aus Vor- stehendem ergibt. 3 Wenn Herr Giglioli mit Recht berichten kaun, dass _ die schwarzen Eidechsen auf dem Filfolafelsen bei Malta E habe, muss aber die Frage offen lassen, ob nicht hier gleichfalls _ mikroskopische Flechten im Spiele sind. — Die Syenitblöcke der Nil- _ katarakte sind, weil sie einmal — wenngleich vor Jahrtausenden — E längere Zeit hindurch von Wasser überspült wurden, wie von einem 4 schwarzen Firniss überzogen. In den Katarakten des Orinoko und ® Congo soll sich dieselbe Erscheinung finden und Darwin erwähnt sie auch von Bahia, an einer Stelle, wo ein kleiner, Bach sich ins Meer ergiesst (ebenda $. 14). In den Katarakten ist die Oberfläche des Gesteins glatt, „wie mit Reissblei polirt.“ Die Ursache der Färbung ist hier, wie Darwin anführt, nach einer Analyse von _ Berzelius Mangan und Eisenoxyd. — Es sind somit jedenfalls - verschiedenartige Ursachen, welche die manchfaltigen Dunkelfär- d Beer des Gesteins bedingen. — Auch an den Ufern des oberen Nil, soweit sie aus Eocenfelsen bestehen, sah ich vom Schiffe aus _ stellenweise, oft weit hinauf reichend, jene dunkeln Färbungen, wie sie, augenscheinlich vom Einfluss des Wassers herrührend, an den 4 Meeresküsten vorkommen. 48 von dem hellen Untergrund des Gesteins scharf sich ab- hebend herumlaufen, so fällt das Gewicht, welches er die- ser Thatsache gegen die Annahme einer Anpassung bei- legen will auf Null, sobald, wie ich das aus eigener An- schauung zu thun vermag, berichtet wird, dass ein sehr grosser Theil der Oberfläche des Filfolafelsens vollkommen russschwarz ist, obschon der Fels aus gelblichweissem Kalkstein besteht. Nachdem aber diese, wie noch näher gezeigt werden soll, in hohem Grade in die Augen sprin- gende Thatsache von Herrn Giglioli nicht hervorgeho- ben, sondern von ihm nur auf die helle Farbe des Gesteins aufmerksam gemacht worden ist, so wird man mir es — in Anbetracht entsprechender Urtheile von ihm und Ande- ten über die Farben der Insel Capri — kaum verargen können, wenn ich vorläufig auch weitere der Anpassung widersprechende Nachrichten über die Farben an Felsen, die von dunkeln Eidechsen bewohnt sind, durchaus nicht für beweiskräftig und entscheidend halten kann. Auf einen solchen weiteren Fall widersprechender Nachricht komme ich nun zu reden. Lacerta Lilfordi. Es berichtet Herr Braun von der dunkeln Lacerta Lilfordi, welche auf der kleinen Felseninsel Ayre, nahe bei Menorca, lebt, dass sie sich von dem weissgelben Gesteine der Insel in der Farbe so stark als möglich abhebe und er verwerthet sie daher in obigem Sinne gegen die An- passungstheorie. Da dieser Fall in einer besonderen Schrift ausführlich abgehandelt worden ist, so will ich denselben einer eingehenderen Untersuchung unterziehen, soweit mir eine solche auf Grund des Inhalts der Schrift ohne eigene Kenntniss der in Frage kommenden Oertlichkeiten mög- lich ist. Dabei gehe ich nicht von der Farbenfrage aus, für deren Berührung sich späterhin hinreichend Gelegenheit darbieten wird, sondern von einer Seite des Inhalts der Abhandlung, deren Beleuchtung wohl am besten von vorn- 2 49 herein die stärksten Zweifel an der Berechtigung der Schluss- folgerungen ihres Autors zu erwecken vermag. “ Es geht nämlich aus der Schilderung Braun’s her- „vor, dass nach seiner eigenen Ansicht die Existenz der dunkeln Eidechsen an den Oertlichkeiten wo sie von ihm beobachtet worden sind, eine künstliche ist und wenn man diese Schilderung liest, so muss man sich darüber wundern, dass der Verfasser nicht selbst die Einwände herausgefunden hat, welche dieselbe gegen seine eigenen Schlüsse an die Hand gibt. Ich werde die Erzählung Braun’s im Folgenden wörtlich, mit Auslassung von Un- wesentlichem, wiederholen. !) ie. 1) Ich copire auch die Interpunktion des Orieinals.. Obschon dies wegen der Fehlerhaftigkeit derselben ein mühevolles Geschäft ist, so war ich, falls ich wörtlich sein wollte, doch genöthigt, mich dieser Mühe zu unterziehen, weil ich mit der Interpunktion auch die ganze, ihr entsprechende Satzbildung hätte ändern müssen. — - Ich bin kein Freund davon, Andere öffentlich zurechtzuweisen. Allein da Herr Braun dies mir gegenüber wiederholt in spitzfin- _ digster Weise thun zu müssen glaubt, so halte ich es für passend, den kritischen Geist, mit welchem er seine literarische Laufbahn zu eröffnen für gut fand, auf das ihm zunächst liegende recht loh- _ nende Gebiet aufmerksam zu machen. — Was die Art seiner - Kritik angeht, so mag zur Charakteristik derselben Folgendes be- _ merkt sein: es wird von ihm getadelt, dass ich die quadratische Form der rechteckigen gegenüberstelle, während doch ein Quadrat _ auch ein Rechteck seil Ferner wird meine Bezeichnung der Rücken- _ schüppchen der Lacerta coerulea als „Körner“ getadelt, weil „Kör- ner doch rund seien“, was bei jenen Schüppchen nicht der Fall. Br Mir ist die Definition eines Korns als eines runden Körperchens in ganz neu: ich habe bisher wenigstens keinen Anstand genommen, _ Pulver- oder Sandkörner als solche zu bezeichnen, auch auf die Ge- fahr hin, dass sie nicht rund wären; auch hat Herr Braun wohl _ gleich mir seiner Zeit in der Schule gelernt, dass allerdings ein _ Quadrat, auch ein Rechteck ist, dass man aber unter Quadrat überall ein Rechteck mit vier gleichlangen Seiten versteht, im Gegensatze zum Rechteck im engeren Sinne, welches zwei längere und zwei kürzere Seiten hat. — Dagegen ergreife ich die Gelegenheit, einen Fehler zu corrigiren, welcher im Holzschnitt auf S. 13 meiner Ab- handlung über Lacerta coerulea mit unterlaufen ist und welchen _ Herr Braun gleichfalls kritisch behandelt: es heisst im Text, dass « 50 Unser Autor erzählt: „Die grösste Zahl der Thiere fand sich in der nächsten Nähe der Hütte des Eingangs erwähnten Salzdarstellers. Die Bidechsen huschten auf dem Boden herum oder lagen, sich sonnend, auf den spärlichen.- Pflanzen; an die Hütte schliesst sich eine kurze Mauer an, auch diese war sehr stark von den Thieren besucht; so wie man ruhig an derselben stand, kamen zu allen Ritzen dis schwarzen Köpfe zum Vorschein. ..... Ziemlich so weit die Pflanzen reichen, sahen wir auch die Eidech- sen, je weiter von der Salzhütte fort, desto seltener...... selbst der Hund des Salzfabrikanten scheint mit ihnen gute Freundschaft geschlossen zu haben, wie wir bei un- serer Mahlzeit in der Salzhütte, die uns von dem Besitzer mit spanischer Zuvorkommenheit zur Verfügung gestellt ' worden war, ’bemerkten. Dieser hatte uns nämlich er- zählt, dass die Eidechsen frische Feigen, Melonen und andere, weniger süsse Früchte oder Rüben geniessen; wäh- rend wir bei Tisch sassen, kamen die Eidechsen durch die offene Thür zu uns herein, holten sich klein geschnit- tene Stücke von Feigen, Melonen und einzelne Beeren von Trauben, die sie entweder vor unseren Augen, unbekümmert um den Hund, verzehrten, nicht nur daran leckten, oder mit denen sie davonliefen; wir sahen sie noch lange mit Frucht- stückchen im Munde herumlaufen; diese Scene wiederholt sich täglich mehrere Male, wenn eben gegessen wird resp. die Abfälle der zum grössten Theil aus Früchten bestehen- den Mahlzeiten der armen Leute fortgeworfen werden. Ich glaube, dass diese fast regelmässige Fütterung namentlich während der heissen, regenlosen Sommermonate einige Be- deutung für die Existenz unserer Eidechsen hat; die Isla del Ayre besitzt keine Quellen, keinen Bach, Monate lang fällt kein Tropfen Regen und was den Thau anbelangt, so dürfte derselbe im Sommer gleich Null sein, im Oktober ist er aller- die Oberschildehen der Lacerta coerulea rechteckig nicht quadra- tisch zu nennen seien. Im Ilolzschnitt sind dieselben nun aber ziem- lich quadratisch gezeichnet — es lag somit der Zeichnerin eine La- certa coerulea vor, deren Oberschildchen nicht rechteckig, sondern quadratisch waren! Diesen Zufall bitte ich zu verzeihen. 51 dings sehr reichlich; Jeder, der Eidechsen im Käfig gehalten hat, weiss, wie oft und wie gern diese ThiereWasser trinken; bei mässiger Temperatur trinken sie alle Tage mindestens _ einmal, meist öfter; die Lae. Lilfordi müsste viel Durst leiden, ein grosser Theil derselben ihm erliegen, wenn sie - nicht den Saft süsser Früchte lecken könnten, die ihnen ausser der Erquickung noch Nahrungsstoffe zuführen. Wir haben, trotzdem wir gründlich suchten, ausser einer Amei- senart und der Helix setubalensis nichts (im August) ge- funden, das unseren Eidechsen etwa zur Nahrung dienen - könnte; nun ist freilich, wie wir aus dem Catalogo .. de la Isla Menorka . ... eines Geistlichen wissen, der Au- gust mit der ungünstigste Monat für Käfer und so dürfte is auch auf der Isla del Ayre zu anderer Jahres- zeit die Ausbeute eine grössere sein, mithin Nahrungs- _ mangel im Herbst, Winter und Frühjahr für unsere Ei- - dechsen kaum eintreten; anders verhält sich dies im Som- _ mer, wo nach unserer Erfahrung das Leben der niederen, hier in Beiracht kommenden Thiere fast völlig erloschen ist und die Lacerta Lilfordi wohl nur allein auf das an- gewiesen ist, was ihr von der Hand des gutmüthigen Ein- % siedlers auf Ayre zufällt; dieselbe Zeit ist es auch, in der vorzüglich die Früchte genossen werden. In der Nähe des völlig von Mauern abgeschlossenen Leuchtthurms auf Ayre haben wir keine Eidechsen bemerkt, aber auch keine Abfallstoffe, welche die Thiere re hätten, de Be- _ wohner derselben scheint kein Thierfreund zu sein.“ Also eine förmliche Fütterung von Eideech- sen an einer Oertlichkeit, an welcher sie ohne thierfreundliche Menschheit nicht leben könn- _ ten! Wie kann die Thatsache, dass die Thiere an dieser Oertlichkeit in der Farbe vom Boden abstechen ohne Wei- _ teres, ohne irgendwelche Kritik als Beweis gegen die An- - passungstheorie verwerthet werden! Wenn die Eidechsen in grösserer Anzahl zu dem ‚ Thierfreunde nur kommen, um sich füttern zu lassen, wenn ‚ausdrücklich bemerkt wird, dass sie an einem anderen _ Orte, an welchem nicht gefüttert wurde, fehlten — ist - dann nicht anzunehmen, dass sie ohne Fütterung sich auch BR fe 52 bei dem Salzfabrikanten bald nicht mehr einfinden würden, wenigstens nicht im Monat August, wo Alles ausgedörrt ist, wo die Pflanzen keinen Schutz gewähren und wo alle Nahrung an Kleingethier fehlt? Drängt sich denn nicht die weitere Frage auf, ob die Eidechsen sich ohne die künstliche Fütterung nicht etwa in der heissen Jahreszeit in der Nähe des Meeresstran- des aufhalten würden, wo in den Löchern des zerklüfteten Gesteins sich gewöhnlich lange Zeit oder immer Sisswas- serlachen vom Regen erhalten, wo jedenfalls Nahrung auf den nur zeitweise vom Meere bespülten, aber gewöhn- lich etwas feuchten Felsen das ganze Jahr hindurch sich in Fülle findet — sollten diese Felsen nicht wie an ande- ren Orten so auch bei Ayre dunkelgefärbt sein und wäre es nieht zu überlegen, ob nicht diese Farbe im Zusammen- halt mit den angedeuteten Verhältnissen und mit der den Mauereidechsen, nach meiner Ansicht, inhärenten Eigen- schaft, nach Dunkel zu variiren, die Entstehung einer dunkelgefärbten Varietät bepinstigte — ohne dass dess- halb die Individuen dieser Varietät sich davon abhalten liessen, auf die weissen Steine des übrigen Theils der Insel zu laufen — wenn sie dort gefüttert werden? Es darf wohl angenommen werden, dass die Thierchen den weissen, ausgedörrten Boden der Insel, wenn sie auf dem- selben mit Süssigkeiten gefüttert werden, aufsuchen, selbst wenn das Betreten desselben zuweilen zu ihrem Schaden gereicht und ferner wird mit Sicherheit angenommen werden dürfen, dass sie die Gebiete überhaupt nicht zum gewöhnlichen Wohnplatz auswählen werden, an welchen sie während eines grossen Theils des Jahres weder Trank noch Speise finden. Setzen wir doch einmal den Fall, es würden — und wir befinden uns darin ja ganz in Ueberein- stimmung mit Herrn Braun — die Eidechsen sich ohne die ausnahmsweise thierfreundliche Hülfe nicht auf dem ausgetrockneten inneren Theile von Ayre halten können; nehmen wir weiter an, sie fänden zu dieser Zeit nur eben auf dunkelgefärbten feuchten, nahe dem Meere gelegenen Gebieten Nahrung und Schutz, würde dadurch nicht schon allein die Entstehung einer dunkeln Varietät motivirt und ve ed 53 würde es auffallend sein, wenn Individuen dieser Varietät sieh nun in denjenigen Zeiten des Jahres, in welchen sie noch auf dem weissen Theil der Insel Nahrung finden können, in welchen dort allerdings auch Pflanzen einigen - Schutz gewähren werden, sich eben auf diesen weissen Boden begeben? Wer wird ihnen dies verwehren? Selbst ' die stärkste Verfolgung vorausgesetzt, wird diese dunkle - Rasse nie ausgerottet werden können — die auch jetzt auf dem schwarzen Boden lebenden Individuen werden ' überleben oder einige der auf den weissen Boden überge- tretenen werden überleben und werden im Sommer auf die dunkeln Steine zu ihren dort verbliebenen Genossen zurück- _ kehren können. Der dunkle Boden muss der Rasse den Stem- pel aufdrücken — nur eine dunkleRasse kann die schlimmste Zeit des Jahres überleben; ihre Existenzbedingungen sind, ‚sofern wir irgend Verfolgung annehmen dürfen, Alles in Allem genommen, viel günstiger als die einer weissen. Fehlt aber alle und jede Verfolgung, so ist die von mir auf Grund von Thatsachen angenommene Neigung unserer _ Thiere nach Dunkel zu variiren der wichtigste Faktor für ihre Umbildung — es könnte eine dunkle Rasse in diesem Falle sogar auf durchaus weissem Boden ent- stehen. Soleher Gedankengang, solche Schlussfolgerung liegt rohl auf Grund schon des bis jetzt gegebenen Materials Ich muss zu diesem Material zunächst noch ein Mo- ment hinzufügen: es ist in hohem Grade auffallend, dass B. die Faraglione- (und ebenso ist es mit der Filfola-) echse, ausserordentlich gross, kräftig, viel grösser kräftiger ist, als die Stammform auf der benachbar- Insel. - Ernähren sich die Thiere so hervorragend gut oder t ihre Grösse und ihr üppiger Ernährungszustand auf lese der' Schwächeren auf dem kleinen Coneurrenzge- e zurückzuführen? In meiner Abhandlung über Lacerta ılea habe ich die zweite dieser Auffassungen vertreten ‚allein berührt. Allein es muss auf Grund inzwischen jekannt gewordener Thatsachen auch die erstere in Betracht € 54 gezogen werden. Nun steht die Armuth an Kleingethier auf den von den Eidechsen bewohnten Felsen in eigenthümlichem Gegensatze zu dem guten Ernährungszustand dieser letz- teren. Von Ayre erzählt Herr Braun wenigstens für den August von sehr spärlicher Kleinthierwelt. Nach meinen Erfahrungen ist es nicht viel besser auf dem Filfolafelsen und auf dem Faraglione. Schon aus diesen Gründen drängt sich die Frage auf, ob nicht unsere Eidechsen in der That auf Ernährung durch am Meeresrande lebende Thiere, be- sonders auch auf kleine dort sich aufhaltende Krebse, wie Ligien, Orchestien u. s. w. angewiesen seien, ferner auf die Mücken u. dgl., welche sich dort in Süsswasserlöchern ent- wickeln, sowie auf allerlei anderes, Feuchtigkeit liebendes Kleingethier. Gerade die unerschöpfliche Masse von Stoff, welche das Meer liefert, würde jene üppige Körperfülle erklären, jene vermuthete Concurrenzlosigkeit bei der Er- nährung zur Thatsache erheben — ohne entsprechende Annahme dagegen scheint mir selbst eine höchst magere Existenz für Eidechsen auf so kargen, im Sommer ausge- dörrten, stets vegetationsarmen Felsen fast nicht denkbar und übereinstimmend haben sich überall, wo dunkle kräf- tige Eidechsen sich fanden, eben magere im Meere isolirte Felsen mit Vegetationsarmuth als Wohnort ergeben. Der Gedanke, es möchten sich die Eidechsen an solchen Wohnorten, welche die von ihnen sonst vorgezogene Nahrung nicht liefern, an andere wie sie die Küste darbietet, ge- wöhnt haben, lässt sich sicher nieht von der Hand weisen, und ich bin gerade durch die Angaben Braun’s über die Armuth auf Ayre, sowie durch die Thatsache, dass trotz dieser Nahrungsarmuth der Ernährungszustand derselben auch dort ein guter ist, auf dessen Erwägung geführt wor- den '). Kehren wir nun speeiell zu diesen Eidechsen von Ayre zurück. Um die Färbung derselben in meinem Sinne zu er- klären, wäre vorauszusetzen entweder, dass sie dort kei- 1) Uebrigens sind Ameisen eine Hauptnahrung der Mauer- eidechsen, 55 * nerlei Verfolgung erleiden — in diesem Falle brauchte dunkler Boden nicht vorhanden zu sein, eine Anpassung _ wäre unnöthig — oder dass sie verfolgt werden. Das letztere erscheint von vorn herein nach irdischen Verhält- nissen als das bei weitem Wahrscheinlichere. Für diesen Fall müssten irgendwo auf der Insel an Oertlichkeiten, welehe dem Fortkommen der Eidechsen besonders gün- stige Hülfsmittel darbieten, dunkle Färbungen des Bo- dens oder Spalten und Risse und Schatten sich finden, welche die Entstehung dunkler Thiere begünstigen — es sei denn, dass die dunkle Farbe der Eidechsen Trutz- farbe wäre, d. h. dass sie in jene Kategorie von Aus- _ zeichnungen gehörte, welche die Feinde auf ihren Träger _ als ungeniessbar oder als gefährlich aufmerksam machen. R Sehen wir, für welche von diesen Möglichkeiten die Verhältnisse in Ayre, soweit wir dieselben nach der Schil- derung des Herrn Braun beurtheilen können, am meisten - Anhaltspunkte bieten dürften. j ’- #4 G Eine Thatsache, die nach den Schlussfolgerungen un- seres Autors am wenigsten erwartet wird, ist aus dieser _ Sehilderung zunächst hervorzuheben, die nämlich, dass nicht der ganze Boden auf Ayre weissgelb ist, sondern dass dunkle, graue, blaugraue, schwarze Gebiete dort vorkom- men. Auf $.2 erzählt Herr Braun: „An den Küsten, na- mentlich auf der Ost-, Süd- und Westseite, dicht am Meere wird die Farbe des hier jeglicher Erdschicht ent- E behrenden und von zahllosen tiefen Rissen durchfurchten - Gesteins eine graue, die, soweit die Brandung reicht, mehr A dunkel erscheint.“ Die „zahlreichen tiefen Risse“ welche das graue Ge- stein durchfurchen, empfehlen sich nebenbei auch einiger Berücksichtigung — vielleicht auch als Wasserbehälter. _ Auf S.22 heisst es: „Wenn unsere Eidechsen Verfolger _ hätten, so könnte eine schwarze Rasse nicht mehr beste- _ hen, sie wäre längst ausgerottet oder sie hätte eine andere Lebensweise, die sie dem ihnen verderblich werdenden _ Tageslicht entzieht, anfangen müssen oder endlich, sie hätte nach den Stellen der Insel übersiedeln müssen, “welche ibr vermöge ihrer Farbe eben einen Schutz bieten 5: EA Saas 2, Ben ice 56 konnten; ich erwähnte bereits Eingangs, dass die Isla del Ayre da, wo das Meer und die Brandung hinzukam, aus einem mehr oder weniger dunklen, blaugrauen Kalkstein besteht, der stark zerklüftet ist; diese Theile entbehren jeglicher Erdschicht, jeglicher Vegetation, auf ihnen oder in ihrer Nähe haben wir auch nicht eine Eidechse gese- hen, es meiden also unsere Thiere gerade diejenigen Stel- len, die ihnen den besten Schutz bieten könnten, wenn sie einen solchen bedürfen. Wenn man liest, wie Herr Braun anf einer anderen Seite ausführlich schildert, wie die Eidechsen um das Salz- haus herum künstlich gefüttert werden, wie sie ohnedies auf der Insel (ist einzuschränken: fern vom Meere!) keine Nahrung fänden, wie sie je weiter vom Salzhaus weg um so seltener werden, wie sie in der Nähe des Leuchtthurms nicht bemerkt wurden — weil dessen Bewohner kein Thierfreund ist, so muss man wahrlich über die Logik staunen, welche jetzt von den Thierchen verlangt, dass sie auf den dunkeln Boden am Meere sich zurückziehen sollen, obschon sie um das Salzhaus herum mit süssen Früchten gefüttert werden und welche mit Nachdruck den Schluss zieht, dass die Eidechsen auf der gansen Insel keine Feinde hätten, dass sie auch von Thieren, von räuberi- & schen Vögeln, nicht verfolgt werden, weil sie von dm weissen Boden auf dem Theil der Insel, wo sie künslich gefüttert werden, wo sie aber ohnedies nichts zu suchen hätten, lebhaft abstechen! „Gerade weil die schwarzen Eidechsen so zahlreich auf der Insel sind und weil die letztere ihnen keinen Schutz gewährt, kann von einer Verfolgung derselben nicht die Rede sein; ich glaube, sie erfreuen sich eines unbehelligten Daseins auf der stillen Insel.“ !) „Auch nicht den mindesten Schutz haben diese sonneliebenden Thiere bei der hellen Bodenbeschaffen- "heit durch ihre Farbe, im Gegentheil, die letztere macht sie auffallen.“ ?) Diese Worte drängen wohl Jedermann die in Vor- 1) 8.28. 2) 8.22. stehendem schon berührte Frage förmlich auf, ob die dunkle Färbung nicht als Trutzfarbe aufzufassen sei — zwar bin ich selbst nichts weniger als dieser Ansicht, aber ' jedenfalls sollte diese Frage von Herrn Braun gestellt und der Versuch einer Beantwortung gemacht worden sein, _ anstatt dass er einfach die Thatsache des Auffallens der Thiere durch die Farbe als einen Beweis dafür hinstellte, - dass sie keine Feinde haben. ni Auch bei Bejahung dieser Frage wäre meine”An- Bi: nahme einer den Mauereidechsen inhärirenden Neigung nach Schwarz zu variiren zu verwerthen — eine Annahme welcher überhaupt von Herrn Braun gar nicht gedacht wird, obschon sie gerade für seine Ansicht, nach weleher die Eidechsen von Ayre keine Feinde haben, von hervor- ragendster Bedeutung ist. } Aber bevor er zur Behauptung des Fehlens irgend- welcher Verfolgung schritt, hätte unser Autor sich doch jedenfalls die andere Frage aufwerfen müssen, ob nicht in - dem oben von mir geschilderten Sinne das dunkle, zerklüftete d Gestein am Meere wenigstens zu irgend einer Zeit für die amd der Thiere, Mr die ren: überhaupt, sei es . von erkung: sei? Es scheint mir, dass er sich diese F* an Ort und Stelle um so mehr aufwerfen musste, f dem hellen Boden als eine künstliche erkannte. Und weiter war, bevor zu jenem Schlusse übergegan- g ‚en werden durfte, zu fragen, ob nicht selbst auf dem h ellen Boden Verhältnisse sich finden, welche die Erken- nung einer schwarzen Eidechse für ihre Feinde erschwe- n en. Herr Braun hat unzweifelhaft Recht, wenn er tief- ‚sinnig bemerkt: „für das dunkle Versteck in Mauerritzen, in Betracht; dort sind helle wie dunkle Thiere gleich ge- schützt.“ Allein vielleicht wäre doch Veranlassung dazu gewesen, hervorzuheben, was ich für den Schutz durch lunkle Farbe geltend gemacht habe, dass irgendwelche 5 ( 58 kelgefärbte Eidechse vorgetäuscht werden kann, befinde er sich auf hellem oder auf mässig dunkelm Boden — mehr noch in ersterem Falle als in letzterem. Ferner ist zu fragen, ob nicht auch auf dem hellen Theil des Bo- dens von Ayre dunkle Flecke sich finden, welche in der früher ausgeführten Weise eine dunkle Eidechse schützen können. Da ich, wie Eingangs bemerkt, die Oertlichkeiten, um welche es sich handelt, nicht kenne, so weiss ich nicht, wie weit meine hiemit gemachten Einwendungen thatsäch- lich berechtigt und für die Lösung der Frage entschei- dend sind. Nach meinen ausführlich mitgetheilten Erfah- rungen über das allgemeine Vorkommen dunkler Färbun- gen an hellem Gestein muss ich jedoch bis auf Weiteres annehmen, dass die Verhältnisse auf Ayre in dieser Be- ziehung keine Ausnahme darbieten und ich darf wohl je: denfalls diese Verhältnisse einer neuen Prüfung auf Grund meiner Hinweise vorbehalten, bevor ich die Bereehtigung dazu zugestehen kann, dass dieser oder irgend ein an- derer Fall des Vorkommens einer dunkeln Eidechse auf „weissem Gestein* gegen die Anpassungstheorie verwer- thet werde. Als ich die Eidechse vom Faraglione beschrieb, bot sie den ersten Fall der vorliegenden Frage dar. Wenn nach- | träglich Beobachtungen gemacht würden von anderen Oert- lichkeiten her, welche meine Schlussfolgerungen umstos- sen oder welche dieselben wenigstens nicht als allgemein gültige erkennen lassen sollten, so könnte ich dadurch in keiner Weise unangenehm berührt werden; es würden solche Fälle nur der Entwicklung aus constitutionellen Ursachen, ;% welcher ich von vornherein eine maassgebende Stelle zuge- schrieben habe, erhöhte Bedeutung für die Frage geben müssen und es würde somit durch solche Fälle der Gegen- stand durchaus nieht aus dem Bereich meiner Versuche der Erklärung fallen, welche sicherlich nichts weniger als einseitig und eng begrenzt sind, sondern welche vielmehr den verschiedensten Wirkungen ein Recht einräumen. Ich ergreife desshalb die Gelegenheit, diese That- sache besonders zu betonen, weil sie in den gegnerischen 59 Behandlungen des Gegenstandes durchaus übersehen wor- den ist. Wenn ich aber im Vorstehenden mit Nachdruck die = einer Anpassung dunkler Eidechsen günstigen Momente her- 2 . vorgehoben habe und wenn ich für jeden einzelnen Fall, in welchem Anpassung auf den ersten Blick nicht Yorhane = den zu sein scheint, auf Grund der Berücksichtigung jener - Momente die sorgfältigste Prüfung für nöthig halte, so - mag sich dies erklären aus den ausserordentlich schönen und lautredenden Zeugnissen für die Anpassungsfähigkeit ' unserer Reptilien, welche ich im dritten Abschnitte dieser Abhandlung werde vorzuführen haben. In meiner Abhandlung über Lacerta coerulea hatte h. Eidechsen und Möven. ieh den auf dem Faraglione-Felsen hausenden Möven einen weiss, dass diese gefrässigen Vögel in Beziehung auf Nah- rung wohl zu den am wenigsten wählerischen ihrer Klasse ehören. Naumann sagt von ihnen: „Sie nähren sich ‚von so vielerlei, doch meistens animalischen Stoffen, dass man sie fast unter die Allesfresser zählen möchte ,und die kleinen Arten füglich die Krähen oder Raben, die grossen die Geier und Aasvögel der Gewässer vorstellen“ 1). Fress- gier ist eine ihrer hervorstechendsten Eigenschaften. „Fische und Kerbthiere bilden ihre Nahrung; die grösseren Arten - verzehren jedoch auch kleinere Säugethiere und Vögel oder 4 : "Lurche, die schwächeren Arten verschiedene Würmer und - ebenso mancherlei kleinere Seethiere“, sagt Brehm ?). Da 3 "mir ausserdem Beobachter, entsprechend obigen Nachrich- - ten versicherten, dass die Möven geradezu alles Geniess- - bare verschlängen, ja unter Umständen selbst Ungeniess- y- 1) Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands Bd.X. 1840. S. 235. j 2) Brehm, Thierleben, VI. Bd. 1879. S. 521. 60 bares, so glaubte ich voraussetzen zu dürfen, dass sie auch Reptilien nicht verschmähen werden und ich betrachtete sie demgemäss als Feinde der Eidechsen. Dem gegen- über wurde, wiederum Ohne jeden Versuch der Beweis- führung, die Behauptung aufgestellt, dass die Möven keine Eidechsen fressen und Herr Dr. Braun beeilte sich, dieser - Behauptung zuzustimmen und für seine Ansicht, nach wel- cher die Eidechsen auf Ayre ein paradiesisches Dasein ohne Feinde, ohne Verfolger führen würden, zu verwer- then. Jeder, der sich irgend mit bezüglichen Dingen be- schäftigt hat, weiss nun aber, dass die Fragen nach der Ernährungsweise vieler, selbst gewöhnlicher Vögel durch- aus nicht erschöpfend gelöst sind, ja, dass gerade hier ein sehr reiches Feld der Beobachtung noch offen steht, so dass absprechende, ohne jede Beweisführung oder eigene Erfahrung gefällte Urtheile auf diesem Gebiete weniger x als irgendwo gerechtfertigt erscheinen. Die Frage speciell, ob die Möven Eidechsen fressen, ist an und für sich für meine Auffassung von keiner gros- sen Bedeutung, denn es gibt auf Capri, abgesehen von den Möven, noch andere räuberische Vögel, wie z. B. den Thurmfalken und den Waldkautz (Strix aluco), welche als Feinde der Eidechsen anerkannt sind !). Da diese Frage nun aber einmal aufgeworfen worden ist, so entschloss ich mich, der Vollständigkeit wegen den Beweis für die Gegenstandslosigkeit der gegnerischen Behauptungen auch in diesem nebensächlichen Falle zu liefern. Ich bat daher den Direktor des zoologischen Gartens zu Frankfurt a.M., Herrn Dr. Max Schmidt, Versuche der Fütterung von in diesem Garten befindlichen Möven mit Eidechsen, welche ich ihm zu diesem Zwecke zu- schickte (Lacerta muralis und Lacerta viridis), zu machen und ich bin verpflichtet, diesem Herrn hiermit meinen be- sten Dank für die Bereitwilligkeit auszusprechen, mit wel- cher derselbe meiner Bitte nachgekommen, für die Sorg- samkeit, mit welcher er die Versuche ausgeführt und mit welcher er mir über deren Ergebniss berichtet hat. Ich 1) Vergl. Naumann, Bd.I. 1822. S. 319 u. 479. 61 - gebe im Folgenden den Bericht vollständig wieder, welchen mir Herr Dr.M. Schmidt unterm 27. Okt. 1880 zu erstatten die Güte hatte: PR; „Ihrem Wunsche gemäss habe ich mit den Eidechsen, welche mir auf Ihre gefl. Veranlassung zugesendet worden sind — es waren acht Stück — Versuche angestellt, ob diese Thiere von den Möven gefressen werden und ver- fehle nicht, Ihnen in Nachstehendem das Ergebniss der- selben mitzutheilen. a Sogleich nach Eintreffen der Eidechsen habe ich eine FR derselben, die zwar noch lebte aber etwas matt geworden - war, einigen grauen Möven (Larus canus) und einer Lach- möve (L. ridibundus), welche zusammen eine Voliere be- wohnen, vorgeworfen. Sämmtliche Möven kamen rasch herbeigelaufen, aber im Momente des Zugreifens prallten alle L. canus zurück, sichtlich befremdet von dem unge- E. wohnten Anblick. L. ridibundus war dagegen eifriger, fasste die Beute blitzschell, warf sie aber ebenso rasch _ wieder weg, als ob sie von einem plötzlichen Widerwillen ' erfasst worden wäre. Nun stellten sich die Möven um die Eidechse herum und betrachteten sie mit der grössten Aufmerksamkeit, indess diese langsam wegzukriechen ver” suchte. Nach einigen Augenblicken nahm eine L. canus ' das Thier in den Schnabel und begann dasselbe vom Kopf - bis zum Schwanze leicht zu drücken und zu kneten, liess es aber, nachdem dies mehrmals geschehen war, wieder fallen. Be: Das ganze Verhalten der Thiere zeigte mir an, dass nieht eine wirkliche Abneigung gegen die Eidechsen sie - verhinderte diese zu verzehren, sondern dass lediglich das ungewohnte Nahrungsmittel von ihnen beanstandet werde. ' Um mich in dieser Beziehung zu vergewissern, liess ich eine graue Möve in eine besondere Abtheilung bringen und - ihr unter ihr gewöhnliches, aus klein geschnittenem Pferde- fleisch bestehendes Futter eine in Stücke geschnittene Ei- deehse vorsetzen. Sie verzehrte von Beidem gleichmässig, _ liess aber doch schliesslich ein paar Stücke der Eidechse _ übrig, indess sie das Fleisch aufgefressen hatte” Wenige Stunden später hatte sie jedoch auch die Reste der Eidechse 62 verspeist, ohne dass angenommen werden dürfte, dass in- zwischen eingetretener aussergewöhnlicher Hunger sie ge- nöthigt habe, eine ihr widerliche Nahrung aufzunehmen. In zweiter Linie wurde eine etwas matte Eidechse einer Mantelmöve (Larus marinus) und zwei Silbermöven (Larus argentatus) vorgeworfen. Auch diese Vögel kamen eifrig herbeigelaufen, stutzten aber vor der fremdartigen Erscheinung, die sie sich genau betrachteten. L. marinus fasste zuerst den Muth, das Thier aufzunehmen, quetschte dasselbe im Schnabel hin und her und schleppte es dann lang herum. Schliesslich liess es jedoch seine Beute fallen und beachtete dieselbe nicht weiter. Da ich diese Thiere nicht einfangen und von einan- ander gesondert beobachten konnte, musste ich einen ande- ren Weg wählen, um zu ergründen ob sie sich überhaupt herbeilassen würden Eidechsen zu fressen. Ich liess nun solche, die vorher getödtet worden waren, bei der regel- mässigen Fütterung aus demselben Gefäss mit dem ande- ren Futter (todte Fische und Fleischstücke) den Möven vorwerfen und nun wurden dieselben von Larus marinus unbeanstandet verzehrt. Nachdem dies einige Male ge- schehen war, wurden die Eidechsen in gleicher Weise, aber nunmehr lebend, verabfolgt und regelmässig von L. ma- rinus ohne Weiteres verschlungen. ; Dass L. argentatus sich nicht an dem Verzehren der Eidechsen betheiligte, scheint mir ein ganz zufälliges Vorkommen zu sein, welches in dem bedächtigeren Wesen unserer Exemplare gegenüber der energischeren Mantel- möve seinen Grund hat. Nach meinen hierbei gemachten Beobachtungen glaube ich schliessen zu dürfen, dass die Möven verschiedener Ar- ten Eidechsen fressen und zwar sowohl lebende als todte. Selbstredend können die kleinen Möven (L. ridibundus und canus) nur entsprechend kleine Exemplare lebend hin- abwürgen. Ich weiss nieht ob es mir gelungen ist in vorliegen- der Darstellung ein klares und ausführliches Bild des em- pfangenen Eindruckes zu geben und bitte, falls Sie über den einen oder den anderen Punkt noch näheren Aufschluss 63 wünschen sollten, um gefl. Nachricht. Zur Fortsetzung dieser Versuche und zur Veranstaltung ähnlicher, so weit dies immer möglich ist, bin ich jederzeit gerne bereit.“ Bf Ich vermuthete, dass das zögernde Verhalten, welches die Möven anfangs den Eidechsen gegenüber einnahmen — - die augenscheinliche Neugierde und das Erstaunen, welche a sie denselben gegenüber zu erkennen gaben, dadurch zu er- ER klären sein werden, dass die Vögel schon lange in Ge- Br fangenschaft gehalten oder dass sie gar in der Gefan- = genschaft geboren seien, so dass sie früher niemals oder kaum je Eidechsen zu Gesicht bekommen haben mochten. L; Auf meine bezügliche Anfrage erhielt ich die folgende, meine Annahme bestätigende Antwört: „Ihre Vermuthung, dass unsere Möven wahrscheinlich noch nie in ihrem Leben Eidechsen gesehen haben und dess- wegen dieselben nicht sofort verzehrt haben, ist ohne Zwei- ev Bel ganz richtig. Die Thiere werden ja fast ausnahmslos ganz jung eingefangen, noch ehe sie selbstständig ihrer 2 E Nahrung nachgehen können. Wenn sie aber auch in ihrer Jugend schon Eidechsen gesehen hätten, so sind doch die meisten von ihnen schon so lange in unserem Garten, dass sie den ehemaligen Eindruck längst vergessen haben. So lebt z.B. die Mantelmöve seit etwa 22 Jahren hier, die Silbermöven 12 Jahre und die übrigen über 6 Jahre; _ während dieser ganzen Zeit haben sie aber kaum jemals _ eine Eidechse zu sehen bekommen, denn es gehörte jederzeit zu den grössten Seltenheiten, wenn ein solches Thier sich blicken liess.“ 3 Abgesehen davon, dass durch die Versuche des Herrn j% b RR E sen, bestätigt ist, liefert dessen interessante Schilderung von dem erhalten der in der Gefangenschaft aufgezogenen Vögel gegenüber der ungewohnten Beute einen hübschen \ "kleinen Beitrag zur Thierpsychologie. Die Möven, welche auf Capri vorkommen, sind nach _ Costa): Larus ridibundus, L. marinus und Larus Pal- = E 1) Vergl. Costa, Statistica fisica ed economica dell’ isola di 64 ante — soll wohl heissen Larus Pallasii = ichthyaätos. Von ihnen brütet auf dem Faraglione, wie mir die Eier beweisen, welche ich von dorther erhalten habe, eben die, welche bei den Frankfurter Versuchen am liebsten Eidech- sen gefresen hat: Larus marinus, was auch deshalb be- merkenswerth ist, weil diese hochnordische Art sich doch wohl gewöhnlich in ihrer Heimath fortpflanzt und nur im Winter nach Süden kommt. Sie liebt die Plattform sehr hoher Felseninseln. !) Es mag mir gestattet sein, bei dieser Gelegenheit einige eigene Beobachtungen über die Ernährungsweise von Larus argentatus hier anzufügen. Naumann sagt von dieser Art: „sie nährt sich theils von Fischen, theils von anderen Geschöpfen des Meeres; denn sie frisst, ausser kleinen und grossen, lebenden und todten Fischen auch Aeser grosser See- und Landthiere, wie todte und junge Vögel und Vogeleier, auch kleine Crustaceen und Conchylien, mancherlei Mollusken, Meer- würmer und Insekten.“ Und weiter hebt er hervor, dass sie aus den grösseren Conchylien die Thiere, auch die Pagurus Bernhardus und Eremita heraushacke, die kleinen aber sammt den Schalen verschlucke und dass sie die Jungen von Cancer moenas bis zu 1 Zoll Durchmesser ganz besonders zu lieben scheine. Bei Süderoog scheinen diese jungen Taschenkrebse ihre Hauptnahrung zu sein; „die Rücken der nicht ganz verdaueten Schalen dieser, woraus dort ihre Exceremente bestanden, machten, dass diese bröcklich wie Kalkmörtel und weiss mit Rosenroth tingirt aussahen.* — Von verschiedenen Muscheln hat Na u- mann Cardium edule, Tellina cornea und andere, einzelne bis fast zu 1 Zoll Durchmesser sammt den Schalen in von ihm erlegten Silbermöven gefunden. Ich selbst war erstaunt zu finden, in welchem Grade sich die Silbermöven, welche noch das graue Jugendkleid trugen, in Beziehung auf die Ernährungweise von den er- wachsenen unterschieden. Von zahlreichen Individuen, welche ich an der Nordsee geschossen habe, hatten jene 1) Naumann. 65 fast ausschliesslich Miesmuscheln (Mytilus edulis), diese keine Miesmuscheln, sondern Taschenkrebse verschiedener rg Arten verspeist. Sr brachen die Nahrung häufig aus, & nachdem sie angeschossen worden waren und dabei war Bir ich verwundert über die Menge des Aufgenommen. Ganze B>: Klumpen grosser Miesmuscheln waren, alle sammt den ze Schalen, von den jungen Möven ganz verschlungen worden und ebenso von den alten grosse Taschenkrebse, welche b: häufig ganz unversehrt von ihnen wieder ausgeworfen in wurden. Dies beweist zur Genüge die Gefrässigkeit un- ” serer Vögel. Auf den einsamen Sanddünen von List auf Sylt findet man den Boden überstreut von Resten der un- R verdauten Kalkschalen von Taschenkrebsen und Miesmu- scheln aus den Exerementen derselben. Jene grossartige Einöde, welche auch durch ihren Sand, selbst durch dessen Hügel- und Thalbildung und durch die mächtig in ihr wirkende Einsamkeit auf das Lebhafteste an die egyptische Wüste erinnert, ist bekannt- lieh der Nistplatz zahlreicher Schaaren von Larus argenta- tus. Naumann berichtet, dass dort zu seiner Zeit (1840) mehr als 5000 Paare nisten mochten, welche dem Inhaber der Nistplätze nach dessen Versicherung jährlich an 30,000 Stück Eier legten. Br: Brehm!) erzählt von Angriffen, welche die Mantelmö- - ven im Norden, am Porsangerfjord, auf ihn machten, als er ihre Brutplätze besuchte. Dasselbe erlebte ich, als ich - mit der Flinte, ohne übrigens vorher geschossen zu ha- ben, an den Brutplätzen der Silbermöve auf List vorüber- ging. Unter lautem Geschrei umkreisten mich Schaaren ' der Vögel und gewöhnlich war es zunächst einer dersel- - ben, der wiederholt auf mich herabstiess, in den Zwischen- - _ pausen in rascher Folge seinen schrillen Ruf ausstossend, - aber mit jedem neuen Angriff meinem Kopfe, auf welchen er zielte, näher und näher mit seiner Schnabelspitze kom- mend. Brehm sagt, dass sich die Mantelmöven zu einem Angriff mit dem scharfen Schnabel nicht erdreiste- _ ten. Ich zweifle nach meinen Erfahrungen nicht daran, T Er 1) Brehm, Thierleben. VI. Bd. S. 542. 66 dass die Silbermöven auf Sylt sich mir gegenüber dazu erdreistet hätten. Allein ich hatte nicht Lust dazu, dieses Spiel abzuwarten, zumal da mein Strohhut mir nur gerin- gen Schutz hätte bieten können. Ich war daher schliess- lich genöthigt, die angreifende Möve herunterzuschiessen und zwar war ich auf meinem Gang quer durch die Halb- insel mehrere Male in der Lage, mich in dieser Weise meiner Haut zu wehren. Ergreifend war der Schmerz, der sich im Gebahren der überlebenden Vögel um ihren gefallenen Genossen ausdrückte. Laut klagend, wirr auf und ab durcheinan- derfliegend und mir dabei so nahe kommend, dass ich eine um die andere hätte herabschiessen können, umkreis- ten sie mich und den Todten und als ich diesen verliess setzten sich ihrer mehrere zu ihm, ihn zu betrachten, sich- über seinen Zustand zu vergewissern und erhoben sich dann wieder in die Luft, um in allmählich weiteren und weiteren Kreisen klagend den Schauplatz zu verlassen. Ueber die Stimme der Eidechsen. In meiner Abhandlung über Lacerta muralis coerulea machte ich Mittheilung davon, dass ich beobachtete, wie die capresische Mauereidechse zuweilen, während sie jeweils leicht den Mund öffnete, einen Ton aus der Kehle von sich gab, dass die Mauereidechse somit eine Stimme besitze, welche den meisten Eidechsen abgespro- chen wird. Es ist auch diese Angabe bestritten worden und Herr Braun hat sich hier, wie überall beeilt, dem Widerspruch gegen mich beizupfliehten. Ich bin aber auch diesmal in der Lage, diesen Widerspruch als einen unberechtigten dar- zulegen. Dass es sich in den Lauten der Eidechsen, welche ich als Stimme erklärte, nicht um die Folgen einer catarr- halischen Affektion der Nasenschleimhaut, um einen Schnu- pfen handelte, wie Herr Braun einem Thersitesurtheil 67 _ zustimmend, meint, konnte derselbe, sofern er meine Sehil- derung genau gelesen hatte, schon daraus erschliessen, dass ich ausdrücklich sagte, es hätten die Eidechsen jeweils wenn sie den beschriebenen Ton von sich gaben, den Mund geöffnet. Bi Ich erwähnte damals, dass ich diese Stimme später monatelang nicht mehr gehört habe. Meine seitherigen Er- fahrungen bestätigen, dass die Thiere dieselbe nur äus- erst selten hören lassen; dass in den geschilderten Laut- - äusserungen aber trotzdem eine normale Erscheinung vor- liegt, beweist Folgendes: im Jahre 1877, als ich auch den mittleren der drei Faraglionifelsen bei Capri durch den jetzt alleinigen gewerbsmässigen Faraglionibesteiger, den alten Spadaro — die braven Bursche, welche mir 1871 zuerst die coerulea vom äusseren Faraglione herabholten, sind längst nicht mehr auf der Insel — absuchen liess, wartete ich in einem Boote am Fusse des Felsens auf die Rückkehr des Mannes. In dem Augenblicke als ich eine der erbeuteten Eidechsen, die er soeben aus seinem Ta- schentuche befreit hatte, in die Hand nehmen wollte, stiess ' dieselbe wiederholt, rasch nach einander einen wie „bschi“ tönenden, etwa an heiseres Pfeifen einer Maus oder eines kleinen Vogels erinnernden Laut aus. R; Es fällt also in diesem Falle der Einwand durchaus weg, es könnte sich in den von mir beschriebenen Laut- - äusserungen um Erscheinungen einer auf Grund des Au- - fenthaltes in ungewohntem Klima erfolgten Erkältung ge- Ei handelt haben, ein Einwand, der schon in Anbetracht br meiner ersten Schilderung der Art der Stimmäusserung als völlig unberechtigt dasteht. e In Bezug auf die Kenntnisse, welche wir im Uebri- gen von einer Stimme bei Eidechsen (Lacertiden) besitzen, führte ich in meiner Abhandlung über Lacerta coerulea die Worte Leydig’s aus dessen Werk über die deutschen Saurier an: „Keine unserer einheimischen Eidechsen ver- räth aueh nur die Spur einer Stimme; sie sind so gut wie die Blindschleichen völlig stimmlos. Die den Küsten des - Mittelmeeres eigenthümliche kleine Lacerta Edwardsii gibt - nach Dug&s unter Umständen einen Laut von sich, der 68 « an das Knarren der Borkkäfer erinnere; und die grosse südliche Lacerta ocellata blase im Zorne die Luft so heftig von sich, dass eine Art Stimme dadurch erzeugt werde.“ Es kann somit meine Mittheilung über eine Stimme .. der Mauereidechse um so weniger Befremdliches haben, als bei der Gattung Lacerta thatsächlich früher schon Laut- äusserungen bekannt geworden waren. Ich bin nun aber in der Lage noch.einen weiteren Beweis für das normale Vorkommen einer Stimme bei Lacerten anführen zu können und zwar durch eine Beob- achtung von H. Landois, welcher mir auf eine desfall- sige Anfrage schreibt: „In Bezug auf die Stimme der Ei- dechsen kann ich Ihnen die Mittheilung machen, dass die - grosse, grüne Eidechse (Lacerta viridis) eine lebhaft zi-- schend blasende Stimme von sich gibt. Wir hatten viele dieser Thiere von Triest aus bezogen. An warmen Som- mertagen waren sie ausserordentlich lebhaft und sehr bissig. Wenn sie dann so losfuhren auf den Angreifer, liessen sie ihre Stimmen deutlich vernehmen!“ Dass anderen Sauriern, abgesehen von den Lacertiden, eine Stimme zukomme, darüber finden sich bekanntlich Angaben bei verschiedenen Schriftstellern. So sollen die Leguane, wenn sie eingefangen werden, fauchen und zischen !); so zischt auch die am Oregon wohnende Echse Tapaya Douglasii, wenn sie gereizt wird, vernehmbar; ebenso hörte Buchholz bei Chamaeleo mon- tium, einer von ihm im Cameroon-Gebirge neu entdeckten Art, einen zischenden Laut. Von den Lorieaten ist es eine längst bekannte That- sache, dass sie eine laute Stimme von sich zu geben im Stande sind 2). Schlusswort. Ich habe mit dem Vorstehenden meinen nächsten Zweck erreicht, wenn mir gelungen ist zu zeigen, dass die 1) Brehms Thierleben. 2. Aufl. Bd. VII. S.227. 2) H. Landois Thierstimmen, S. 220 ff. 69 hier zu erörternden Fragen, so einfach auch die Gegen- stände zu sein scheinen, welche sie betreffen, nicht in der Weise behandelt sein wollen, wie das von den mir ent- gegenstehenden Seiten aus geschehen ist, sondern dass sie schwierige Probleme berühren und dass auch den scheinbar elementarsten Dingen, welehe beim Versuch der Be Lösung dieser Probleme in Betracht kommen, nicht bei - oberflächlicher Beobachtung, wohl aber bei hen Studium manchfaltige und für unseren Zweck wichtige Seiten abgewonnen werden können. & Ich selbst stelle mich, indem ich die in den folgen- - den Theilen dieser Abhandlung niedergelegten neuen Un-. _ tersuchungen vorführe, entsprechend der Absicht, in welcher ' ich dieselben unternahm, auf durchaus objeetiven Boden; ich suche die neuen Thatsachen durchaus ohne Voreinge- nommenheit zu prüfen und zu entscheiden, ohne Rücksicht darauf, ob dieselben meinen aus einem einzelnen Fall früher gezogenen Schlüssen widersprechen würden oder i nicht. = In diesem Sinne würde ich auch jede ernste und wirklich wissenschaftlich prüfende Arbeit über den Gegen- stand begrüsst haben, als Beitrag zur Lösung von Aufgaben, - welche sicher zu den interessanteren unserer Wissenschaft gehören und in Bezug auf welche unfehlbar zu urtheilen i E meiner Ansicht nach um so weniger möglich ist, als für . dieselben erst so wenig manehlältiees Material bisher vor- lag, wie dies überhaupt bei dem Herrschen der rein mor- phologischen Richtung unserer Tage mit Bezug auf alle 4 "Fragen der Fall ist, welchen biologische und physiologi- Br ‚sche Gesichtspunkte zur Grundlage dienen. Fr Ja es scheint mir, dass wesentlich in diesem Ver- - hältniss die Ursache der wenig sorgfältigen, groben Abur- - theilung zu suchen sei, welche der vorliegende Stoff erfah- _ ren hat. Die Manchfaltigkeit der Erscheinungen aller Dinge _ wächst mit der Kenntniss, die wir uns von ihnen erwer- x ben. Das scheinbar unbedeutendste Moment der Lebens- - beziehungen eines Organismus kann als mächtig wirksam _ bei der Gestaltung desselben erkannt werden und sicher \ } 4 Rob; 70 gehört volle Hingabe an biologische Studien dazu, um solehe Momente erspähen und in ihrem Werthe schätzen zu lernen — diese Hingabe ist es, durch welche Darwin zu seiner Erklärung der Thatsache der Umbildung der For- men gelangt ist, durch vieljähriges stilles Schaffen. Die Eilpresse der Zeit, welche durch keckes Auftreten in Kritik und positiver Behauptung zu erndten meint ohne mühevolle Arbeit — auf dem Boden sammelnder Natur- betrachtung kann sie keine Lorbeeren erndten. Wer hier Erfolg erringen will, der muss aus Freude an der Natur arbeiten. Ich hoffe durch die folgenden Theile die- ser Abhandlung zeigen zu können, dass unser Gegenstand andauernde Bemühung nicht weniger verdient, als irgend ein anderer aus dem Gebiete der biologischen Wissen- schaft. Zweite Abtheilung. Die Grundvarietäten der Mauereidechse. Hierzu Tafel XII und XIV. Beweise für die typische Bedeutung der früher von mir aufge- stellten Varietäten aus der inzwischen erschienenen Literatur. \ Wenngleich ich in meiner Abhandlung über Lacerta muralis coerulea der Isolirung eventuell einen die Fixirung einer neuen Varietät oder Art begünstigenden Einfluss zuerkannte, wie ieh eine solche Begünstigung auch bei der Entstehung der Lacerta coerulea selbst annahm, so musste ich auf Grund meiner Beobachtungen doch der Ansicht Moritz Wagner’s !) entgegentreten, dass Isoli- 71 ' zung zur Bildung einer neuen Form durchaus nothwendig sei, weil ohnedies, wie Wagner meint, Vermischung von Stamm- und abgeänderten Individuen stattfinden und die $. Entstehung eines neuen Typus verhindern würde. Der Ich habe in jener Abhandlung Thatsachen vorge- RL führt, wonach typische Varietäten der Mauereidechse auch R dann entstehen und sich erhalten, wenn keine Isolirung statthat, während die Individuen RER leben und ferner glaubte ich aus meinem, wenngleich wenig erschö- pfenden Material schliessen zu dürfen, dass an ganz ver- schiedenen Orten wiederholt dieselben oder ähnliche Va- rietäten auftreten. Die bezüglichen Einzelheiten der letz- teren Art verwerthete ich zum Beweis für die Herrschaft bestimmter Entwicklungseinrichtungen, somit zum ; Beweis für die Bedeutung der Entwicklung aus constitu- tionellen Ursachen. K Es sind auch diese meine Angaben als unbegründete bezeichnet und es ist, wiederum ohne alle Beweisführung, die Behauptung aufgestellt worden, dass die verschiedenen von mir als typisch beschriebenen Varietäten in allen mög- liehen Verbindungsgliedern bunt durcheinander gemischt _ vorkämen. h Aus dem Folgenden wird sich der Werth auch dieses - Urtheils zur Genüge ergeben. Es wird sich zeigen, dass _ meine neuen Untersuchungen die aus jenen früheren Be- einden gezogenen Schlüsse durchaus rechtfertigen, dass - man im Stande ist, alle die scheinbar planlos gezeichne- { ten, im Laufe der Zeit von den verschiedensten Auto- - ren in verwirrender Unzahl aufgestellten und mit ebenso a zahlreichen Namen belegten Varietäten der Mauereidechse auf einige wenige Grundformen zurückzuführen und eine - einzige solche Form als den Urtypus aller übrigen festzu- stellen; dass einige wenige passend gewählte Namen ge- _ nügen, um jeder Mauereidechse die Stellung anzuweisen, welche sich für sie in der aus dem allgemeinen Ueberblick e en Gruppirung ergibt, dass somit die Varietäten ® unseres Thieres nichts weniger als alle möglichen Zeich- ek ae, 12 ER 40: Fu dem Schlüssel einer Geheimschrift hinreichen, um selbst die dem ersten Anblick fremdartigsten Formen zu verste- hen und Bekanntem anzureihen. Es wird sich ferner über alle Zweifel feststellen lassen, dass verschiedene der von mir als typische oder Grundvarietäten der Mauereidechse bezeichneten Abarten da und dort untereinanderleben, ohne durch Zwischenformen verbunden zu sein. Und endlich darf ich schon hier hervorheben, dass die Bedeutung die- ses in Aussicht gestellten Ergebnisses meiner neuen Un- tersuchungen, sofern es die Zurückführbarkeit von Varia- tionen der Zeichnung auf ein Grundschema betrifft, über die Mauereidechse hinaus sich erstreckt, dass dasselbe, wie ich hofie, im Zusammenhalt mit den Studien Weismann’s über die Zeichnung der Sphingidenraupen, Gesichtspunkte eröffnen dürfte, welche für die Feststellung der verwandt- schaftlichen Beziehungen auch anderer Thiergruppen und damit für eine naturgemässe Systematik, welche ferner für die Erkenntniss der Gesetze der Artenbildung erfolgreich sein werden. A Zunächst berühren meine Befunde, wie ich am Schlusse vorliegender Abtheilung meiner Arbeit zeigen will, in die- sem Sinne unmittelbar die Lacertiden und verwandte Rep- tilien — in welchem Umfang die letzteren, dies zu entschei- den, fehle: mir bis jetzt ausgedehntere Untersuchungen — allein ihre Tragweite dürfte zu suchen sein eben in der Verwerthbarkeit des ihnen zu Grunde liegenden Prineips auf durch Zeichnung und Farbe gezierte Glieder des Thier- reichs überhaupt. Es sind somit durch Benutzung eines viel grösseren Materials, als es mir zur Zeit des Abschlusses meiner er- sten Arbeit zur Verfügung stand, die in dieser von mir > gezogenen Schlüsse in weit vollkommenerer Weise bestätigt worden, als ich dies selbst! erwarten mochte. Bevor ich aber an die Benutzung dieses Materials gehe, will ich einige Nachrichten aus der inzwischen erschienenen Lite- ratur vorführen, welehe beweisen, dass andere Forscher Beobachtungen gemacht haben, die an sich schon für einige der wesentlichsten der hier in Betracht kommenden . . . N Sätze meiner ersten Arbeit sprechen. F i 73 Im Uebrigen werde ich mich in diesem den Grund- A varietäten der Mauereidechse gewidmeten Abschnitte nur eben auf die Behandlung derjenigen Varietäten beschrän- er - ken, welche auf dem Festlande oder auf grösseren Inseln & leben und ich werde somit absehen von den auf isolirten Felsen vorkommenden Abarten. Diese will ich einer beson- deren Betrachtung auf Grund meiner neuen Beobachtungen - später unterziehen. di: Meine früheren Untersuchungen über typische Varie- _ täten gründeten sich wesentlich auf die Mauereidechsen “der Insel Capri und des italienischen Festlandes. Ich unterschied dieselben nach dem Vorhandensein oder dem Fehlen einer Zeichnung. Im erstern Falle unterschied ich nach der Art der Zeichnung, im letzteren hatte ich mich ‚auf die Farbe zu beziehen. | Mit entsprechenden Verschiedenheiten ging wenigstens bei einigen Formen deutlich morphologische Eigenart Hand in Hand und ausserdem war festzustellen, dass die Mauer- - eidechsen von Norditalien und die deutschen bei absolut geringerer Körpergrösse eine mehr niedergedrückte Kopf- form haben, wie ich mich ausdrückte platyceplal sind, B.. im Gegensatze zu den grösseren, pyramidocephalen Re Süditaliens. be Unter den gezeichneten Varietäten unterschied ich % eine gestreifte, striata!), und eine gefleckte, macu- 7 lata2), unter den ungezeichneten eine braungelbe, mo- F desta, welche auf der Unterseite stets farblos oder blei- E grau ist®). Unter dem Namen elegans) beschrieb ich eine Varietät, deren Oberseite im vorderen Theile, vom hinteren Rande des Kopfes an, leuchtend grün gefärbt ist, a“. 1) „Lacerta muralis coerulea“ Taf. Il. Fig. 3, sowie diese Ab- R handlung Taf. 13 bezw. 14. Fig. 1 bis 7; 10, 13 bis 15. 2) „Lacerta muralis coerulea“* Taf.Il. Fig.2 und ebenda Holz- L schnitt auf $. 27 ; diese Abhandlung Fig. 17 bis 20 und Fig. 11 u. 12, % 3) ES muralis coerulea® Taf. II. Fig. 4. 4) „Lacerta muralis eoerulea“ Taf. II. Fig. 1. 74 im hinteren Theile und nach den Flanken hin aber dunk- ler und welche in dieser Gegend ausserdem, aber nur in Spuren, gefleckt-gestreift gezeichnet sein kann. Sie zeigt häufig bläulichen Ton im grünen Kleide und dieses Blau tritt rein oft an der Unterseite auf. Unter die striata reihte ich auch die campestris_ de Betta ein, welche sich aber, wie ich schrieb, vor der ge- wöhnlichen Form der striata dadurch auszeichnet, dass die weissen Seitenstreifen an ihr sehr ausgeprägt, ferner beson- ders dadurch, dass ihre dunkeln Längsbänder „nicht wie dort aus aneinandergereihten Flecken bestehen, sondern regelmässige Binden sind“ !). Von diesen Formen hob ich hervor, dass sie ebenso- wohl auf der Insel Capri wie auf dem Festlande in der Umgegend von Neapel sich finden, ja dass z.B. die un- gezeichneten derselben, und nicht minder die campestris, im Norden wie im Süden von Italien inmitten vollkommen ausgeprägter Maeulata-Rasse vorkommen, so scharf von ihr geschieden, dass man schliessen möchte, man habe in beiden vollkommen getrennte Varietäten vor sich. Allerdings sind die Varietäten nicht alle und nicht allenthalben von einander getrennt: es gibt "Uebergänge zwischen einzelnen derselben; allein die Uebergänge sind gewöhnlich weit weniger zahlreich als die ausgeprägten Typen und sie finden sich nicht regellos durcheinanderge- würfelt, sie finden sich nicht in allen denkbaren Zwischen- formen, auch finden sich ihrer nicht zwischen allen Va- rietäten. Die Uebergänge der Zeichnung führen vielmehr alle zur striata, sie sind Ausdruck der Abstammung: die striata muss als die Stammform aller anderen angesehen werden. So zeigen sich andeutungsweise Beziehungen zwischen striata einerseits und modesta und elegans andererseits und ausgesprochene zwischen striata und maculata ?) — 1) Die vorhin eitirten Abbildungen der striata in meiner Abhandlung über Lacerta coerulea und Fig. 1 und 2 dieser Arbeit beziehen sich auf diese campestris. 2) Fig. 15 und 16, RD aber niemals ist z.B. die modesta gefleckt. Die Ueber- " gänge zwischen striata einerseits und modesta und elegans andererseits sind im Verhältniss zu den ausgeprägten Typen ‚selten, die zwischen der süditalienischen striata und maculata dagegen sehr häufig, so dass ich mir selbst die Frage aufwerfen musste, ob es sich im letzteren Falle nicht um Alters- oder Geschlechtsverschiedenheiten handle. GR Ein Jahr nach meiner Abhandlung ist Schreiber’s Herpetologia europaea ?) erschienen und ich bin erfreut zu - sehen, in wie hohem Grade die Angaben Schreiber’s be- züglich der in Frage stehenden, sowie auch anderer Ver- hältnisse mit den meinigen übereinstimmen, ohne dass Schreiber diese letzteren zur Zeit der Abfassung seines Buches gekannt hätte. Es ist mir diese Uebereinstimmung um so werthvoller dadurch, dass das Buch auf Grund | ausgedehnter Beobachtungen über die Mauereidechsen der verchiedensten Gebiete urtheilend, meinen aus wenig um- fangreichem Material gezogenen Schlüssen allgemeinere ektienng verleiht. Und in der That habe ich selbst seitdem zu meiner Freude gefunden, dass ich, aus so ver- chiedenen Gegenden ich Mauereidechsen untersuchte, in hnen stets nur alte Bekannte wiederfand, welche ich sofort n die von mir aufgestellten Gruppen einreihen konnte. In der Abhandlung über Lacerta eoerulea hatte ich bemerkt: Die Zwischenformen trüben, obschon sie nicht zwischen len Formen vorkommen, anfänglich den Ueberblick über ‚das Ganze und der Beobachter glaubt ein Chaos von Va- rietäten vor sich zu haben. Allein nach kurzer Zeit der Beschäftigung mit den Thieren löst sich das scheinbare \ Chaos in eine bestimmte übersichtliche Ordnung auf und E A jetzt erscheint jedes neue Individuum sofort als alter Be- kannter, dem ohne Besinnen seine Stelle im Kreise der Verwandten zugewiesen wird.“ Ganz dem entsprechend erklärt Schreiber, dass sich ‚seiner Ansicht nach alle bisher bekannten Formen der n 1) E. Schreiber, Herpetologia europaea. Eine systematische - Bearbeitung der Amphibien und Reptilien, welehe bisher in Europa 76 Lacerta muralis ihrer Entstehungsweise nach einfach darauf zurückführen lassen, „dass sich: 1. die Grundfarbe ändert, 2. dass sich die ee Körperbinden in mehr oder weniger getrennte Makeln auflösen, die bald als deutliche Fleckenbinden über Rücken und Seiten hin- ziehen, bald durch Vermehrung oder Zusammenflies- sen in Form einer Marmorirung oder eines unregel- mässigen Netzes oder Maschenwerkes die ganze Ober- seite des Rumpfes bedecken und . 3. dass die den dunkeln Seitenbinden anliegenden weiss- lichen Saummakeln durch mehr oder weniger voll- ständiges Zusammenfliessen zu streifenartigen Längs- bändern verschmelzen.“ Der dritte Fall findet sich ausgesprochen bei der campe- stris de Betta und ist bei deren Beschreibung, wie auch in der Zeichnung gleichfalls von mir hervorgehoben worden. Den zweiten Fall betreffend, so habe ich nach Obigem die striata als dieForm erklärt aus welcher durch Auflösung der Streifen in Flecken die maculata hervorgegangen ist. Es unterscheidet nun Schreiber der Zeichnung nach eine gestreifte (fasceiata), eine fleckenbin- dige (punctato- fasciata), eine gemarmelte (mar- morata) und eine genetzte (reticulata) Varietät. Die faseiata ist offenbar nichts anderes als meine striata, die marmorata meine maculata, die punctato - faseiata (= ma- eulata Bonaparte) eine maculata, deren Rückenflecken keine zusammenhängenden Binden bilden, sondern in Längsreihen hintereinander liegen !); die reticulata endlich, welche mir wohl bekannt war — die von mir in „Lacerta coerulea“ be- schriebene genuesische Mauereidechse ist häufig ausgespro- chen eine retieulata — hatte ich unter die maculata mit einbegriffen. Indessen ist die Bezeichnung reticulata für die Form mit langgezogenen, schmalen, untereinander netz- artig verbundenen Flecken ?) eine ausgezeichnete und wir 1) Vergl. Fig. 17 und später den Abschnitt über Lacerta mu- ralis maculata. 2) Fig. 11, 12. Ka Ka} “ ” 77 genetzte maculata, ja, dass gerade sie diejenige Form der maculata ist, welche verschiedentlich als streng abgegrenzte - Narietät auftritt. Von der faseiata (striata) sagt Schreiber, dass j ihre Zeichnung im Allgemeinen als eine Beibehaltung , = der jugendlichen betrachtet werden ‘kann und befindet sich somit auch hierin in Uebereinstimmung mit mei- men Ansichten. „Das Weiss an den Seiten ist meist sehr gut ausgebildet und gewöhnlich linienartig zusammen- fliessend. Sie scheint nur mit ungefleckter und in der Regel weisslicher Unterseite vorzukommen, während die Oberseite meistens grünlich oder hellolivenfarben erscheint, welche Färbung aber nicht selten an den Seiten allmählich in’s Bräunliche übergeht, das übrigens in seltenen Fällen auch die ganze Rückenseite überzieht.“ Die marmorata (maculata) entspricht dadurch „dass die schwarzen Flecken sowohl an den Seiten, als auch am mässig vergrössert und erweitert sind und die Tendenz, ich in die Länge zu ordnen höchstens an den Seiten noch - aber über die ganze Oberfläche des Körpers unregelmässig "u ‚vertheilt sind, wobei sie dann noch von einander geson- . i ig lässt 2 reticulata).‘“ ' Hier hat somit auch Schreiber die reticulata als ine Untervarietät der maculaia behandelt. X ic die Lacerta male bkyazek Rafın. als constante Varietät hervor. Ich überzeugte mich nun nachträglich, je . dass diese IRransa identisch ist mit meiner modesta („Lac. mur. eoer.“ Taf. IL. Fig. 4) und es hat der Name olivacea, dass er bezeichnender ist als der von mir gewählte. Die 78 Charakteristik dieser Varietät lautet bei Schreiber: „su- pra immaculata, fuscescens aut olivacea; subtus cuprea, concolor* (var. w.). Sie ist von ihrem Autor aus Sieilien beschrieben. Nun ist allerdings ihre Unterseite nicht immer kupferfarben, allein Schreiber bezeichnet sie auch als „stets einfarbig weisslich oder bleigrau.“ Er sagt von ihr: „Vollkommen einfarbige Stücke (der Lacerta muralis) sind übrigens im Allgemeinen ziemlich selten und scheinen na- mentlich in Verbindung mit olivengrüner Oberseite noch am häufigsten vorzukommen;; hierher gehört beispielsweise die besonders in Dalmatien und Sieilien einheimische La- certa olivacea Rafin., welche überhaupt eine sowohl hinsichtlich der Färbung als auch betreffs des Vorkommens sehr beständige Form bildet“ — ein Befund, welcher mit dem meinigen übereinstimmt und welcher die gegenseitige Behauptung, dass es sich in den von mir aufgestellten Varietäten um zufällige, unbeständige» regellos durcheinander vorkommende Spielarten handle, zu- nächst für einen speciellen Fall als unrichtig erweist. Ich beschrieb diese Form als aller und jeder Zeich- nung entbehrend, mit Ausnahme eines sehr rudimentären, beiden Geschlechtern eigenen gelblichgrünen Flecks an- statt des blauen Auges über der Wurzel der Vorderextre- mitäten. „Ebenso fehlen die blauen Flecken der Flanken. Ihr Rücken ist gleichmässig zimmetbraun gefärbt, welche Farbe auf der Rückenhöhe, von der Gegend des Kopfes an bis gegen die Schwanzwurzel hin, unter dem Einfluss erhöhter Lebensthätigkeit in ein schillerndes Grüngelb oder Gelbgrün übergeht. Kopfdecke, Extremitäten und Schwanz sind gleichfalls‘ zimmetbraun, die Seiten des Unterkopfes zeigen ein lichtes Grün. ... Ist nicht gerade häufig, jedoch überall zu finden“ 1). Ich habe seitdem beobachtet, dass diese modesta (oli- vacea) an einzelnen Bertlichkeiten die überwiegend häu- fige, ja die fast ausschliessliche Form ist ?). / 1) „Lacerta muralis coerulea“ S. 26. 2) Es waren dies Oertlichkeiten, welche theils nackten Erdbo- den, ausgebreitete Wege und kahle Abhänge, theils Kar Frucht- 79 Br Da die olivacea nicht minder rein und unvermit- telt auch unter anderen Rassen von Mauereidechsen vor- kommt, wie sie denn auch nach Schreiber's Urtheil - „eine sowohl hinsichtlich der Färbung als auch betreffs des Vorkommens sehr beständige Form bildet“ und da a ‚ganz dasselbe von der campestris gilt, so ergibt sich noth- Er wendig schon jetzt die Berechtigung des von mir gezoge- men Schlusses, dass sich Varietäten der Mauerei- deehse ohne Beihülfe von Isolirung aus einer E Stammform herausgebildet haben und dass sie EN sieh dadurch rein erhalten, dass sie sich weni- E ser mit anderen Varietäten als unter sich selbst ; mischen. In eigenthümlicher Weise ist weiter ein Beitrag zur Bestätigung meiner Auffassung in dieser Beziehung von Herrn Giglioli geliefert worden. Derselbe hat sich in der englischen Zeitschrift „Nature“ !) über die Farbenvaria- ii ‚tionen der Eidechsen ausgesprochen. Er tritt meiner An- sieht, dass die dunkle Färbung der Lacerta coerulea auf * Anpassung zurückzuführen sei, entgegen; er meint, dass - solche Anpassung bei den Eidechsen überhaupt nicht statt- ‘finde und führt u. A. zum Beweis dafür auch die That- sache an, dass „two most distinet varieties occur promis- euously on the small flat islet Formica di Grosseto® — dass also zwei ganz verschiedene Varietäten in ; demselben Bezirke untereinander leben können. Da ich ganz dasselbe ausdrücklich hervorgehoben und # felder nebeneinander zeigten, Oertlichkeiten zugleich, in Yahidn _ Grün des bebauten und das Braun des nackten Feldes im Laufe des Sommers miteinander abwechseln — alles Umstände, welche eine Mischung der Farbe in Braun und Grün begünstigen, ohne dass das Bedürfniss einer Zeichnung durch Schatten oder Zweigen ähnliche ‚Flecke gegeben wäre. So fing ich eines Tages in der Gegend des Dorfes Soccavo, auf dem Wege zwischen Neapel und Camaldoli, jen- seits der Grotte des Posilip, im Zeitraum einer Stunde im Umkreis etwa von 10-Minuten fünf oder sechs Mauereidechsen, welche reine olivaceae (modestae) waren. 1) Nature, Dezember 1878, Vol. XIX. 1879. S. 97. “ > 4 NITRUNAN ad . $ re: ij 1 3° 80 im Sinne der Anpassungstheorie verwerthet hatte, so schloss ich aus dieser Agusserung, sowie auch aus weiterem, auf ähnlichem Missverständniss beruhendem Widerspruch, wel- chen Giglioli gegen den vermeintlichen Inhalt meiner Abhandlung über Lacerta coerulea erhob, dass er zu der Zeit, als er den in Rede stehenden kleinen Artikel schrieb, jene meine Abhandlung nicht gelesen gehabt habe. Im Frühling 1879 hatte ich darauf das Vergnügen, Herrn Giglioli in Florenz kennen zu lernen und es bestätigte mir derselbe in der That mündlich, dass meine Vermuthung richtig sei. Herr Giglioli machte mich ferner mit seinem gros- sen Material von an den verschiedensten Orten Italiens und besonders auch auf kleinen Inseln gesammelten Mauer- eidechsen bekannt und meine mündlichen Erklärungen führten zu erfreulichen Uebereinstimmungen auch in Be- ziehung auf die Frage der Farbenanpassung. Ausserdem diente dieses Material zum schlagenden Beweis der That- sache, dass unsere Thiere in der Zeichnung in auffallender Weise nach den oben aufgeführten Richtungen hin varii-. ren und eine ansehnliche Zahl von ihnen selbst gesammel- ter italienischer Mauereidechsen, welche Herr Giglioli und sein Assistent, Herr Dr. Cavanna, später an mich _ nach Tübingen zu schicken die Güte hatten, führt, zusam- men mit dem meinigen leicht den Beweis vor Augen, dass wir in der That entweder eine striata oder eine maculata bezw. eine reticulata in allen gezeichneten Formen wieder- erkennen. Was die nichtgezeichneten angeht, so ist die zweite der von Giglioli von Formica di Grosseto (Insel - nördlich von Orbetello) erwähnten Varietäten eine solche gewesen. Da diese ungezeichneten Varietäten (modesta, ele- | gans) sich in hohem Grade von den gezeichneten auf den ersten Blick unterscheiden, auch nicht durch Zwischen- formen mit ihnen verbunden sind oder doch nur bei ge- nauer Beobachtung deutliche Spuren einer Beziehung zu ihnen zeigen, so ist es erklärlich, wie sie Herrn Gig- lioli auffielen und als „most distinet“ bezeichnet werden konnten. Br Aus der Sammlung des Herrn Giglioli geht her- 4 8 Hoc vor, dass ebenso wie auf Formica di Grosseto auf der Isola ‚del Giglio (gegenüber Orbetello) und auf Giannutri (südlich von Formica di Grosseto) zwei verschiedene Varietäten zusammen vorkommen und zwar eine nichtgezeichnete, grünbroneirte (elegans) und eine grün und braun gefärbte, 'gefleckte. Das Exemplar der letzteren Art von Giglio, wel- ches ich Herrn Giglioli verdanke, nähert sich in der Zeichnung einer reticulata. Es hat somit Herr Giglioli, indem er gegen mich ‘zu sprechen glaubte, einen sehr werthvollen Beweis für die Richtigkeit meiner Angabe geliefert, dass sich verschie- dene typische Varietäten von Mauereidechsen auch dann herausbilden, wenn die Individuen untereinander gemischt leben und weiter beweist sein Material, dass die Rich- tung des Variirens auch an ganz verschiedenen Orten durchaus dieselbe ist. | Soviel zur Bestätigung meiner früheren Angaben im "Allgemeinen. Ich gehe jetzt über zu einer genaueren Be- sprechung der ohne Isolirung entstandenen Varietäten ' der Mauereidechse, auf Grund von neuen Untersuchungen, ‚welche im Lauf der letzten Jahre von mir angestellt wor- Zunächst seien die Ergebnisse erneuter Prüfung der n mir selbst schon früher aufgeworfenen Frage behan- s hiede handle, eine Frage, welche sich aufdrängt wegen r in manchen Gegenden so zahlreich zwischen beiden 5 usschliesslich oder aussehliesslich sich fin- det und andere, in welchen die maculata durgh- ‚aus herrschend geworden ist, so zwar, dass In- dividuen der striata gar nicht mehr (abgesehen 82 von Jugendformen) oder nur ausnahmsweise (Rück- schlag?) vorkommen (reticulata). Zur Erklärung der hiebei zu berücksichtigenden That- sachen muss vorausgeschickt werden, dass sich die volle Bestätigung des Satzes, es sei die striata die Aus- gangsform für alleübrigen Varietäten, durch meine neueren Untersuchungen ergeben hat. Auf Grund die- ses Verhältnisses wiederholen alle Varietäten mehr oder weniger deutlich im Laufe ihrer in- dividuellen Entwicklung die Eigenschaften der striata: die Jungen aller sind’meist mehr oder weniger ausgesprochene striatae. Ferner zeigen sich, einem allgemeinen Gesetze fol- gend, die Eigenschaften derStammform längerund deutlicher beim Weibchen als beim Männchen !). Es macht sich, wie aus der Vergleichung der Varietäten der verschiedensten Wohngebiete der Mauereideehse zu erkennen ist, an den meisten Orten, soweit die maculata nicht schon herr- schend geworden ist, durchaus die Tendenz zur Bildung der neuen Form maculata aus der alten striata geltend und es ist deutlich, dass die erstere (einschliesslich ihrer später zu beschreibenden Mo- difieationen) die letztere allmählich verdrängen wird. An manchen Orten ist die maculata so fest eingesessen, dass sie ihre Eigenschaften schon auf die Jungen überträgt, dass also das Striata- Stadium mehr oder weniger vollkommen über- wunden ist. Demnach muss die Frage aufgeworfen werden, ob es sich in den in meiner früheren Abhandlung aufgeführten Fällen des Vorkommens verhältnissmässig weniger ausge- wachsener striatae unter einer ausgebildeten Maculata-Rasse wirklich um das Nebeneinanderleben zweier scharf ge- schiedener Varietäten, ob es sich nicht vielmehr um Rück- schlag einzelner Individuen zur striata handle, bezw. da- rum, dass einzelne Individuen die Maculata-Form nicht 1) Vergl. hiezu auch Schreiber Herpet. S. 367. 83 ‚erreichen. Noch schwieriger ist aber die Frage, ob striata und maeculata sich ohne Unterschied geschlechtlich mi- ' sehen oder nicht, dann zu entscheiden, wenn, wie z.B. in der Umgegend von Neapel und auf Capri, die ver- sehiedensten Uebergänge zwischen beiden nebeneinander vorkommen. N Ich will diesen letzteren Fall zunächst erörtern und - später auf den ersteren zurückkommen. Ich gehe von den Verhältnissen Capri’s und Neapel’s aus und beziehe mich dabei zunächst auf die in Fig. 13 bis 19 abgebildeten Formen !). Darunter sind Fig. 13 und 14 ausgesprochene striatae, 15 und 16 Zwischenformen; 17 bis 19 sind ma- eulatae. In meiner Abhandlung über Lacerta eoerulea hatte ich bezüglich dieser Formen bemerkt °): „Die striata geht “ in eine grob gefleckte Form über, welche ieh mit einem besonderen Namen, maculata, bezeichnen will, obschon die Zwischenformen zwischen der striata und ihr ebenso zahl- ‚reich oder zahlreicher sind als die Endform selbst. Es ‚stellten sich sogar nach Untersuchung zahlreicher Indivi- duen Zweifel darüber bei mir ein ob nicht die alten Topfes, überhaupt durch mehr schwerfälliges Aussehen nzeichnet. Allein wir haben es doch mit einer neuen, wenngleich äusserst inconstanten Form zu thun, denn ich d, dass auch Weibchen uud noch nicht zur Hälfte aus- ılata zeigen können.“ Es hat sich mir nunmehr, entsprechend diesen meinen eziehung zwischen striata und maculata als sicher her- sgestellt, dass sich zwar die Maculata-Eigenschaften bei capresischen und neapolitanischen Mauereidechse am ß 1) Die Abbildungen sind Thieren aus verschiedenen Gegenden _ des süditalienischen Festlandes entnommen, stellen aber Typen dar, - welche um Neapel und auf Capri zusammen vorkommen. 2) 8. 27. 1 Bar a Hall PER er 84 frühesten und am schärfsten ausgebildet und dass sie sich überhaupt am häufigsten beim Männchen finden — wie denn die am schärfsten gezeichneten maculatae alle Männ- chen sind — dass sie aber auch beim Weibehen vollkom- men charakteristisch vorkommen und endlich, dass sie auch bei ihnen schon an ganz jungen Thieren vorhanden sein können. Die letztere Thatsache zeigt, dass die Form maeulata bei diesen süditalienischen Eidechsen schon seit Langem festen Fuss gefasst hat und man möchte geneigt sein, die- selbe für die Auffassung zu verwerthen, dass die maculata auch hier in einer Summe von Individuen schon eine ge- schlechilich relativ abgegrenzte, mit der striata sich nicht mehr unbedingt mischende Varietät sei. Dann würde die Thatsache, dass es auch erwachsene Individuen gibt, wel- che zwischen striata und maeculata mitten inne stehen 1), durch Rückschlag oder durch die Annahme zu erklären sein, dass eben diese Individuen phyletisch erst im Be- griffe sind, sich zur maculata zu entwickeln. Wenn somit feststeht, dass die Eigenschaften der ma- eulata in Süditalien vorzugsweise an alten Männchen auf- treten, die der striata dagegen am Weibehen und bei bei- den Geschlechtern in der Jugend, dass aber andererseits auch Weibchen und sogar junge Weibchen maculatae sein können, dagegen augenscheinlich alte Männchen striatae, wenn auch bei Erwachsenen beiderlei Geschlechts alle Ue- bergänge zwischen striata und maculata vorkommen, so sind dies Thatsachen, welche allerdings dafür sprechen, dass eine absolute Trennung in zwei Varietäten hier durchaus nicht anzunehmen sei, welche sich aber zum anderen Theile immerhin für die Ansicht in’s Feld führen lassen, es sei eine solehe Trennung im Beginn vorhanden. Indessen würde ich zur Erwägung der letzteren Frage auf Grund der zu Capri und Neapel vorkommenden Formen wohl kaum Veranlassung gefunden haben, wenn nicht eben in anderen Gegenden eine vollständige Trennung zwischen striata und maeulata eingetreten wäre. Ohne dass man 1) Fig. 16. N 85 genau das Alter eines jeden in Frage stehenden Indivi- duums und ohne dass man die Eltern desselben kennt, ohne dass man in dieser Weise über zahlreiche Individuen “ ein Urtheil sich erworben hat, ist es unmöglich zu be- stimmen, inwieweit die Zwischenformen zwischen striata und maculata in Süditalien als Mischlinge aufzufassen, in- wieweit sie phyletische Entwieklungsstadien der maculata oder endlich, inwieweit sie Rückschlagsformen sind; ja da es stets schwer sein wird zu entscheiden, ob ein In- ‚dividuum seine volle Ausbildung erreicht hat, so muss häufig noch Zweifel darüber die Frage complieiren, ob man es in speciellen Fällen nicht mit ontogenetischen Entwieklungsstadien der maculata zu thun habe. In Anbetracht dieser Sachlage müssen wir uns einst- ' weilen mit der im Folgenden näher zu beweisenden That- sache begnügen — und prineipiell ist dieselbe für meine Auf- fassung zunächstallein wiehtig— dass sich eineTendenz zeigt zur Umbildung der striata in die maculata und dass speeciell die Variationserscheinungen r süditalienischen Mauereidechse jedenfalls nur in dem Sinne gedeutet werden können, dass r inihnen den Ausdruck des Uebergangs zu iner neuen Varietät, maculata, erkennen, gleich- viel, ob die Nachkommen aller jetzt lebenden Indivi- uen im Laufe der Zeiten in diese neue Varietät über- aen oder ob sich eine Spaltung in eine conservative, a Eigenschaften der Ahnen getreue und in eine refor- 'matorische, neugeartete Sippe vollziehen wird bezw. zu vollziehen schon begonnen hat. £ Endlich ergibt sich die wichtige Thatsache, dass die Ausbildung der neuen Varietät maculata auch dann vor sich geht, wenn die Glieder derselben t denen der Stammform zusammenleben, dass e also vor sich geht ohne Beihülfe der Iso- ung. Da uns nun aber die Verhältnisse anderer Oertlich- eiten, Verhältnisse, die wir später im Einzelnen ken- nen lernen werden, zeigen, dass in vielen Gebieten die naculata, bezw. die reticulata, welche ich unter die ma- 86 culata im weiteren Sinne mit einrechne, ausschliesslich herrsehend geworden ist, während sich in wieder anderen die striata (eampestris) rein erhalten hat, und da auch in jenem Falle überall sicher die Abstammung der maeulata von der striata zu erkennen ist, so gelangen wir, wie schon angedeutet, zu dem Schluss, dass sich an jenen Orten eine vollkommene Abspaltung der maculata von der striata thatsächlich herausge- bildet hat, wobei wir sehen werden, dass relative oder gar absolute Isolirung solche Trennung deutlich begünstigt, dass sie aber augenscheinlich nicht Bedingung derselben ist. Dies führt auf den zuerst berührten Fall zurück, wo- nach zwei vollkommen verschiedene Varietäten ohne Zwi- schenformen untereinanderleben. Nach dem meine Beob- achtungen bestätigenden Zeugniss von Schreiber und von Giglioli ist dies erwiesen für die ungezeichnete Va- rietät olivacea (bezw. elegans) einerseits und gezeichnete Varietäten andererseits. Da auch die ungezeichneten Va- rietäten mehr oder weniger deutliche Merkmale ihrer Ab- stammung von der striata an sich tragen können, so geht schon aus ihrem Zusammenleben mit den gezeichneten die Thatsache hervor, dass eine Spaltung in zweiaus geprägte Varietäten selbstdann stattfinden kann wenn Mutter- und Tochterform zusammen leben. Man könnte einwenden, dass es sich in diesen unge- 7 zeichneten Varietäten vielleicht um einen Albinismus und zwar individueller Art handle, so dass die von mir ge- zogenen Schlüsse durchaus hinfällig wären. Es ist dieser Einwand nun aber nicht gerechtfertigt, schon desshalb, weil sich wenigstens bei der einen dieser ungezeichneten Varietäten, der elegans, bestimmt auch mor- phologische Unterscheidungsmerkmale erkennen lassen: ber sonders langer Schwanz, überhaupt sehr schlanker Bau; fe ferner desshalb, weil die Varietäten ganz constant eigen- | thümliche Farben zeigen — braun, grün — weil diese ; Farben in Beziehung zu den Farben der Umgebung ste- 3 hen und weil die Varietäten, entsprechend diesen Verhält- nissen der Umgebung, da und dort die herrschenden gewor- den sind. handen wären. Ich fand z. B. inmitten lade re- tienlata nigriventris die so sehr von ihr abstechende reine - eampestris. Nach den soeben geschilderten Vorkommnis- sen bezüglich der olivacea bezw. elegans einerseits und ” gezeichneten Varietäten andererseits möchte es nahe lie- _ gen anzunehmen, dass jene analogen Fälle bezüglich der 2 eampestris und maculata (retieulata) gleichfalls auf eine - trotz des Zusammenlebens von Stamm- und Tochterform vor sich gegangene Spaltung in zwei Varietäten zurückzufüh- ren seien. Allein ich glaubte hier das Beispiel der oliva- - cea vorausschicken und auf dasselbe mich berufen zu müs- “a sen desshalb, weil nach vorstehenden Ausführungen das - Vorkommen einer geringeren Anzahl von striatae inmitten _ einer Maeulata- Varietät immerhin verschiedene Deutungen ulässt, indem es als Rückschlag oder als Ausdruck noch icht vollendeter phyletischer Entwicklung oder gar als ntogenetischer Entwicklungszustand angesehen werden önnte!). Diese Einwände fallen bezüglich des Verhältnisses 1) Beim Begriff Rückschlag — Zurücksinken auf eine frü- e phyletische Entwicklungsstufe — ist ausgegangen von den Eltern zurückgeschlagenen Individuums, welche eine höhere phyletische e erreicht hatten, als sie dieses erreicht. Geht man aber bei der wiffebestimmung aus von dem in Frage stehenden Individuum bst, so erscheint sein Verhalten als Stillstehen der Entwick- g: es bleibt auf einer tieferen Stufe der Ausbildung stehen als ist, welche es normaliter erreichen sollte. Es bleibt stehen — ‚eine Lokomotive stehen bleibt, welcher der Dampf ausgegan- ist — weil ihm die Kraft zur Vollendung seiner individuel- Entwicklung fehlt. Ich muss demnach eine Erklärung darüber eben, wie ich im Obigen „noch nicht vollendete phyletische Ent- icklung“ dem Rückschlag gegenüberstellen kann. Ich verstehe anter dieser noch nicht erreichten phyletischen Entwicklung eine _ verhältnissmässig langsame solche Entwicklung einzelner Glieder eines Stammes, derart, dass einzeine Geschlechter dieses Stammes — eine Anzahl zu einer Familienverwandtschaft im Sinne der mensch- 88 zwischen olivacea und gezeichneten Varietäten weg, schon weil die olivacea zwischen maculatae vorkommt, mit welehen sie gar keine unmittelbare Verwandtschaft hat — und desshalb dürften die diese betreffenden Thatsachen Sehlüsse auch auf die analoge Beziehung zwischen striata und ma- ceulata vielleicht zulassen, wobei allerdings jeder einzelne Fall genaue Prüfung verlangen wird. Das Ergebniss der Untersuchung ist somit dieses, dass zwar striata und maculata an manchen Oertlichkeiten durchaus gemischt vorkommen, ohne dass dann zu entschei- den wäre, ob beide Formen auch nur im Beginn sich trennende Varietäten darstellen, dass sie aber ander- wärts sich wirklich getrennt haben, dass somit eine wohlcharakterisirte Varietät striata und eine ebensoleheVarietät maculata (reticulata) in gewis- sen Bezirken als constante Form existirt; und ferner, dass die Tendenz sich zeigt, die maculata auszubreiten und herrschend zu machen; endlich, dass die neue Form auf Kosten der Stammform entsteht und wuchert ohne dass sie von dieser isolirt wäre. Ferner ist hervorzuheben, dass es die Modification campestris der striata ist, welche von der maeulata streng getrennt sieh zeigt, selbst dann, wenn sie mit ihr zu- sammen vorkommt, dass aber die gewöhnliche süditalie- nische striata es ist, welche die Uebergänge zur ma- culata aufweist. Ich werde diese süditalienische striata im Folgenden als maeulato-striata (= albiventris Bonaparte) bezeichnen. Es sei schon hier darauf hingewiesen, dass lichen Gesellschaft gehöriger Individuen sammt deren Vorfah- ren — das höhere phyletische Entwieklungsstadium, zu welchem sie prädisponirt sind und welches ihre meisten ihnen ferner stehenden Verwandten schon erreicht haben, einstweilen noch nicht erreichen. Es würde sich also hier um eine Entwicklungsbemmung handeln, welche in viel geringerem Grade der Ontogenese, der individuellen Entwicklung, zur Last fiele, als dies beim Rückschlag der Fall ist — sie wäre als Genepistase (y&vos Verwandtschaft, Geschlecht, Stamm, ?rtoraoıs Stillstand) zu bezeichnen, im Gegensatz zum Rück- schlag, welcher eine Ontepistase ist. 89 dieselbe in einigen Gebieten Mittelitaliens die herrschende AR Varietät zu sein scheint. Die campestris (striata s. str.) dagegen kommt, wie wir sehen werden, rein in Norditalien _ als herrschende Abart vor — um so auffallender ist es, dass sie ebenso rein und in derselben geringen Körpergrösse, welehe sie im Norden besitzt, unter der maeulato - striata und maculata von Süditalien sich findet. Die erwähnte Abbil- - dung in meiner Abhandlung über Lacerta muralis coerulea ist von einem solchen Individuum aus der Umgegend von Neapel. Vorläufig muss ich jedoch, entsprechend vorste- ' henden und nachfolgenden Erörterungen die Frage offen lassen, ob es sich gerade in diesem speciellen Vorkomm- - niss wirklich um eine Trennung von Varietäten handelt. * Aus diesem Grunde habe ich dasselbe nicht verwerthet, werde jedoch darauf zurückzukommen haben. Aus Weiterem wird sich nun ergeben, dass die Um- bildung der striata in die maculata, ebenso wie in andere Varietäten, nach ganz bestimmten Gesetzen und in den rschiedensten Gegenden in derselben Weise vor sich ‚eht. Auf das Deutlichste zeigen sich bei dieser Umbil- ung constitutionelle Ursachen betheiligt. Im Folgenden andelt es sich für mich in erster Linie darum, die That- hen näher kennen zu lehren, welche diese letzteren tze beweisen und welche zugleich als weitere Grund- sen für die ausserdem von mir ausgesprochenen Schlüsse enen können. Wir betrachten zu diesem Zwecke die zelnen Varietäten der Mauereidechse etwas genauer, m wir ihren Zusammenhaug auf Grund der Zeichnung folgen. ' Lacerta muralis maculata, retieulata und tigris. _ Zunächst sei hervorgehoben, dass die retieulata nie Varietät ') aus der maculata s. str. ?) in man- Gegenden in derselben Weise hervorgeht, wie die 1) Fig. 12. 2) Vergl. Fig. 17, 18, 19. -] Sr 90 maculata aus der striata: die Flecken der maculata ver- feinern sich zu netzförmig untereinander zusammenhängen- den ziekzackartigen Linien, welche den ganzen Rücken des Thieres bedecken !). Es sind wieder zuerst die alten Männchen, welche die neuen Eigenschaf ten am ausgeprägtesten aufweisen. Es sind diese Eigenschaften u. A. vorzüglich entwickelt bei der genuesi- schen Mauereidechse, während die tiliguerta von Sardinien eine noch nicht, aber nahezu vollständig ausgebildete reti- culata darstellt. Es handelt sich also auch bei dieser Va- riation um eine durchaus typische, auf bestimmten allge- meinen Gesetzen beruhende, nicht zufällige. Sie ist in gewissen Gebieten durchaus herrschend oder ausschliesslich vorhanden. Es führt nun die maculata bezw. die reticulata zu- weilen weiter zur Ausbildung einer Querstreifung, einer getigerten Zeichnung am Körper unserer Thiere: die gezackten, noch netzförmig untereinander verbundenen Flecken zeigen diese Verbindung vorzüglich nur noch in ‚einer mit der Queraxe des Körpers parallelen Richtung; zugleich sind die Flecken langgezogen, an beiden Enden zugespitzt. Die ganze Zeichnung, welche somit eine Quer- streifung ist, rechtfertigt durchaus die Bezeichnung ti- gris. Ich habe diesen Fall der Ausbildung einer tigris vor mir aus der Sammlung Giglioli’s von Modica (Siei- lien): eines von drei Exemplaren, welche ich Herrn Gig- lioli von diesem Orte verdanke, hat die geschilderte Zeichnung in ganz hervorragendem, auffallendem Maasse. Es ist dies wiederum ein altes Männchen 2). Ein zweites, ein ausgewachsenes Weibchen, ist vollkommen aus- geprägte maculata, aber mit theilweiser Netzbildung der Flecken (reticulata); das dritte Exemplar, ein jüngeres Männ- chen, ist maculata, aber die Flecken sind noch in Längs- reihen angeordnet. % Wenngleich diese tigris eine seltnere Form sein dürfte, 1) Fig. 11 zeigt solehen Uebergang. 2) Fig. 20. es ' E j Wr 91 ' Variation aus der maculata sich entwickelt, dass sie besondere Aufmerksamkeit verdient. Ihre weitere Ver- breitung beweist die Thatsache, dass entsprechende For- - men auch von einem anderen Autor kürzlich beschrie- ben und abgebildet worden sind!). Vielleicht handelt es sich bei derselben übrigens um Eigenschaften, welche eben erst bei Männchen und zwar bei alten Männchen auftreten, welche sich noch nicht auf Weibehen ausge- breitet haben. Die Lacerta muralis maculata zerfällt demnach in eine maculata s. str., eine maculata retieulata und eine ma- eulata tigris, welch’ letztere aber vielleicht erst im Be- ginn der Entwicklung steht. Nehmen wir, wie für die übri- gen, so auch für die tigris die striata als Stammform — und das eine Exemplar meiner Eidechsen von Modiea zeigt, obwohl es nahezu ausgewachsen ist, noch Andeu- tungen an die striata in der Längsreihenlagerung der Flecken — so ist bei ihr im Laufe der phyletischen ntwieklung geradezu die Längsstreifung in _ eine Bine umgewandelt worden aad die in sind, und dass sie von diesen Fr die Nachkommen vererbt, der Nachkommenschaft gewissermassen aufgepfropft werden. Ueberall sind die Eigenschaften der neuen Form beim Männchen zuerst und am deutlich- 1) Dieses Archiv 45. Jahrgang 1879. Taf. 17. Fig. 1 aus Spezia und Fig.3 aus Rom, beide Männchen. — Auch die maculata von Capri zeigt Uebergänge zur tigris (vgl. das Folgende). 92 sten ausgeprägt; am vorzüglichsten zeigen sie sich bei alten Männchen: es darf somit geschlossen werden, dass diese Eigenschaften je im Alter bei Männchen, vielleicht richtiger — Stützen für solche Auffassung werde ich später noch beizubringen ha- ben — dass sie zuerst bei besonders üppigen Männchen in der Zeit der vollsten Kraft sich entwickeln und dass sie sich vonihnen aus auf die Rasse ausgebreitet haben. Ich will hier nur nebenbei erwähnen, dass mit dem Geschilderten die typischen Zeiehnungsvarietäten noch nicht erschöpft sind: wir können von der Stammform striata _ aus — als Modification der beschriebenen — noch eine andere Richtung des Variirens verfolgen. Bevor ich zu dieser übergehe, will ich diese Stammform’ selbst einer genaueren Betrachtung unterziehen und zugleich den Weg betrachten, auf welchem ihre Umbildung in die verschie- denen Varietäten stattfindet. Lacerta muralis striata campestris. Die Grundzeichnung der he % a Mauereidechsen. RR, Es ergibt sieh aus dem reichen von mir verglichenen Material mit Sicherheit, dass jene Form der striata, welche de Betta als campestris bezeichnet hat, die Stammform aller Varietäten ist. Von ihr aus lassen sich Schritt für Schritt die Um- bildungen in die übrigen Varietäten verfolgen. Diese letz- teren zeigen auch im ausgebildeten Zustande, wenigstens an den Weibchen, Spuren ihrer Abstammung von der cam- pestris oder die Eigenschaften dieser treten doch in der Ontogenese zu Tage. £ Am reinsten kenne ich die campestris vom Lido bi Venedig, aus Exemplaren der Tübinger Sammlung !), wohl denselben, welche mein Vorgänger Leydig im Herbste 1868 dort selbst gefangen hat. Leydig's Beschreibung 1) Vergl. Fig.1. 93 er campestris in seinen „Sauriern“ bezieht sich wohl auf diese Thiere.. Leydig bemerkt dort *), nachdem er von | den bei Bonaparte und Sturm aufgeführten Abarten F gesprochen hat: „Während nun aber diese „Varietäten“ als - solehe nicht fortbestehen können, so verhält es sich anders x mit der Varietät eampestris Betta, welche sich von der i Stammform nicht blos durch die Farbe, sondern auch durch die Lebensart sehr entfernt hat. Synonym mit ihr ist - wohl albiventris Bonaparte. Das Thierchen lebt nieht an - Mauern, Felsen oder Steinen, sondern lediglich unter dem Gebüsch des freien Feldes und wie es scheint gerne ge- _ gen den Saum sandiger Flussufer und gegen den ebenso beschaffenen Meeresstrand zu.* Weiterhin bemerkt Leydig, dass er das Thierchen auf dem Lido am Meeresstrande in Menge herumspringen sah und dass es sich dort unter den Pflanzen und Sträu- chern, namentlich gern im Wurzelwerk der Grasbüsche verbarg 2), Leydig erwähnt, dass er auf die campestris zuerst aufmerksam geworden sei durch das Buch von G. Martens, eise von Ulm nach Venedig 1824, wo erzählt werde, dass h auf dem Lido, unmittelbar am Uter des Meeres eine edliche Eidechse besonderer Art aufhalte. In der That ällt die ausgesprochene campestris durch ihre Tracht ge- 1) Leydig, Saurier, S. 228. 0,2) Ich darf wohl hier die Bemerkung einschieben, dass der anke nahe liegt, e es möchte diese Jebonsweise; die Beziehung der- ‚ter ‘ der Stammform der Üniuerstächben so BEL. ae Ra) erhalten jat, dass sie als Repräsentant dieser Stammform bezeichnet werden ka . Indessen bin ich nicht im Stande, hierüber ein bestimmtes dechse zu Gebote steht. Uebrigens ist das Thierchen, wie Leydig sdrücklich sagt und wie schon Eingangs hervorgehoben worden ist, h das Helle seiner Färbung auch dem Sande, auf dem es lebt ; D > > 94 gerne auf den ersten Blick und ohne Konntridke Ik Ver: x bindungsglieder als besondere „Art“ ke E €; mag. Aus Martens’, sowie aus Leydig’s Be en geht also schon hervor, dass wir esin ihr ebenso = wie in der olivacea mit einer WO I sirten Varietät zu thun haben. 5 Statt die Schilderung de Betta’s !) oder iejene Leydig’s zu wiederholen, will ich eine übersichtliche Ein- theilung der Zeichnung der campestris zu geben versuchen, mit Hervorhebung dessen, was als Grundlage für die Ab- leitung der verwandten Varietäten besonders wichtig ist. Ich beziehe mich dabei auf meine Fig.1. Die Hinweisung durch römische Zahlen an der Abbildung zeigt auf die im Folgenden zu schildernden Zonen ihrer Zeichnung, so dass es weiterer Erklärung derselben im Texte nicht bedarf. N Man unterscheidet an der Zeichnung des Rückens der campestris im Ganzen 11 Zonen oder Längsstreifen: einen Mittelstreifen und je 5 weitere Streifen auf jeder Rücken- hälfe. Die ‚letzte, unterste Zone jederseits grenzt unmit- telbar an die ‚Bauchschilder. Ich bezeichne die Mittel- ' zone als I, die neben ihr gelegene als II u. s.w., inde m, ; ich die Zonen einer Rückenhälfte aufzähle. Bei FR Be schreibung gehe ich aus von den erwähnten Exemplaren ER der Tübinger Sammlung vom Lido, bei welchen die Strei- 26 fung am reinsten unter allen mir onen ausgespro ; chen ist und welehe unter den mir bekannten Formen die erste Stufe, den Ausgangspunkt aller Variationen wiederum - der campestris darstellen. a ie; J. Zone: Mittelband. Ein ungezeichnetes, lichtbrau- A nes, nach aussen a. durch eine nach unten unre- ER einzige mittlere Kettenlinie bildend, in den ner 7 ungezeichneten Theil der Mittelzone hereinrücken, bezw. diese ganz verdrängen können = 1) A. a. 0. S. 152. 2) Vergl. Fig.2 bis 5 ff. ax EU TREE N TEL ET Tv SR A 1 Eh 2 95 der in zwei ganz schen aber äusserst zart nesetzte Längsbänder, ein inneres helleres (grünlich) und ein äusseres dunkleres (bräunlich). Diese Abtheilung heit zweier Farbentöne, macht einen sehr feinen Ein- - druck; dieselbe ist übrigens für uns nicht weiter von _ Wichtigkeit und ist bei anderen Varietäten, ausser der eampestris, nicht mehr (oder in Spuren nur noch bei ihrer unmittelbaren Verwandten, der albiventris Bonap. zuwei- len!)) zu erkennen: sie scheint das erste Opfer zu sein, welches dem Zurücktreten der Längsstreifung gebracht wird, denn ich vermisse sie schon bei den ausgewachsenen Männchen der campestris ; ja selbst bei alten Weibchen - ist sie nur noch auf dem hinteren Theil des Rückens vor- handen, vorn geschwunden. a4 III. Zone. Obere weisse Seitenlinie. Sie beginnt un- _ mittelbar hinter dem Kopfe, mit der Grenze desselben gegen den Hals und zwar genau hinter dem Winkel, in stossen und lässt sich bis zur Schwanzwurzel oder über diese hinaus verfolgen. Zuweilen aber lassen sich Spuren Pe: ‘von ihr noch am Kopfe, längs der Linie, welche Dach - und Seitenwand desselben scheidet und zwar an der obe- "ren Grenze der letzteren bis zum Auge hin erkennen (Su- praorbital- oder Augenbogenstreifen).. Wenigstens bei den ' Süditalienern ist der vordere Theil der sonst weissen - Linie gewöhnlich grünlich ?). BAT), Sie ist nach innen und nach aussen durch’ eine schmale, unregelmässige dunkle (schwarze, braune) Linie ‚begrenzt. Dadurch , dass Verdiekungen dieser Begren- Bien der oberen weissen Seitenlinie‘ in diese mehr oder weniger weit hereintreten, bekommt sie K: Fall wohl kaum zu beobachten, dass die Beertmnen “ 1) Vergl. Fig. 14. E 2) Vergl. Lacerta mur. coerulea S. 25. ö welchem obere und Seitenwand des Kopfes zusammen- m ehr oder weniger ausgesprochen das Aussehen einer _ Kettenlinie. Uebrigens ist an erwachsenen Thieren der 4% = A be je “ 96 nien der oberen weissen Seitenlinie in ihrer ganzen Länge = ununterbrochen sind: die Verdickungen lösen sich leicht in längliche Flecken auf — zuerst an der unteren Be- grenzungslinie, an beiden aber zuerst von der Mitte des Rumpfes an gegen das hintere Ende desselben hin, wäh- rend sie je weiter vorn um so mehr ununterbrochen und E glattrandig bleiben !). j Die obere der zwei Begrenzungslinien der oberen ' weissen Seitenlinie ist sehr wichtig für die Varietätenbil- dung, denn indem die Flecken, in welche sie zerfällt, nach innen, in die zweite Zone (oberes Seitenband) übertre- ten, tragen sie am Wesentlichsten zur Bildung anderer Va- rietäten, besonders der maculata bei ?2).. Anfügen will ich noch, dass Spuren der III. Zone und besonders ihrer Be- srenzungslinien sich auf den Schwanz vieler Mauereidech- Br sen fortsetzen, dort an jeder zweiten Schuppe kleine Fleck chen bildend — obere Schwanzlinie im Gegensatze zu der später zu erwähnenden unteren. IV. Zone. Mittleres Seitenband ( Augenstreifen). RE Band, vom Auge an bis zur Schwanzwurzel. Auch die dunkle Färbung vor dem Auge bis zur Schnauzenspitze gehört hierher. Von der unteren Grenzlinie der III. Zone undvon der oberen der folgenden treten gerne mehr oder weniger st zahlreiche Fleckehen oder Flecke in das mittlere Seiten band herein und bilden aus ihm zuweilen eine von Flecken besetzte Binde oder sogar ein schwarzes Band. Dis findet sich schon gewöhnlich an der Mauereidechse vom Karstgebirge, nach — aus der Aufschrift zu schliessen — vonSchreiber 1873 geschenkten, als campestris bezeich- neten Exemplaren der Tübinger Sammlung. Damit ist dr reine Charakter der campestris schon verlassen, um so mehr als dieselben Individuen dureh Einwärtsrücken der Begrenzungslinien ‘der II. Zone an Stelle des ursprüngli- chen Mittelbandes eine schwarze Fleekenbinde aufweisen. 1) Dagegen ist es charakteristisch für junge Thiere, dass die Begrenzungslinien durchaus ununterbrochen, scharf bern sind. 2) Fig. 11, 12, 19. 3) Fig. 4. V. Zone. Untere weisse Seitenlinie (Oberkieferstreifen). Sie bildet, wie die obere, eine schmale weisse Binde, welehe am Oberkiefer, mit demselben oder hinter dem - Auge beginnt, die Ohrspalte in oder nahe ihrer Mitte - kreuzt, oberhalb der Wurzel der Vorderextremität vorbei- ‘ zieht, nach hinten aber sich auf den Oberschenkel fort- setzt, indem sie dessen hinteren Rand besetzt, somit dessen obere und untere Fläche hinten scheidet. Sie wird, wie die obere weisse Seitenlinie, gerne kettenartig, dadurch, - dass eine untere und obere schwarze Grenzlinie, ' von welch’ beiden sie gleich jener eingefasst wird, noch Er E leichter als bei der III. Zone in Flecke zerfallen and sie stellenweise einengen. — Hervorzuheben ist ferner, dass diese V. Zone mit ihren Begrenzungslinien sich als un- . tere Schwanzlinie auf den Schwanz fortsetzt und zwar häufig sehr ausgeprägt und bis zum Ende desselben, im Gegensatze zur oberen, welche, wenn überhaupt, gewöhn- lich nur bis zur Mitte des Schwanzes deutlich ist. Sie ildet aber auf diesem keineswegs eine zusammenhängende inem weissen mittleren, je einem oberen und unteren sehwarzen, entsprechend ihrer Entstehung, bezw. entspre- chend ihrer Zugehörigkeit zur V. Zone, zusammen, welche esentlich die Zeichnung des Schwanzes bilden. Sie kann hi. ‚aber auch nur aus je einzelnen hintereinander gelegenen N ehwarzen Flecken zusammengesetzt sein, indem jene zwei desmal verschmolzen sind, dann liegt hinter jedem warzen Fleck der weisse. Endlich können die Flecke eider Schwanzlinien verschmolzen sein. VI. Zone. Unteres Seitenband. Von heller oder dunk- brauner, ursprünglich fleckenloser Färbung, den Raum ischen der V. Zone und der ersten Bauchschilderreihe füllend, in der Höhe des Unterkiefers ( Unterkieferstreifen). Hier sei noch bemerkt, dass besonders bei der cam- pestris eine Reihe von schwarzen Fleckchen auf der ersten - Bauchschilderreihe, je eines auf jedem Schildchen !), über welchem zuweilen je ein weisses Fleckchen sitzt, in mehr oder weniger vollkommener Weise oft eine gezeichnete, den 6 Rückenzonen parallele Linie an den Seiten des Bauches bildet. Bei ganz jungen Thieren finde ieh diese Zeichnung als eine Reihe von scharf begrenzten, in durch- aus regelmässigen Abständen von einander, je in der Mitte eines Bauchschildehens angebrachten Pünktchen , einen äusserst zierlichen Eindruck machend !). Es handelt sich also in dieser Punktreihe offenbar um die Vorläufer der bei den Mauereidechsen verschiedenster Varietät später vorhandenen grösseren, verwaschenen blauen oder halb blauen, halb schwarzen Flecke an den entsprechenden Stel- len, um eine Zierde, wie sie den Ahnen der jetzt lebenden Mauereidechsen eigenthümlich gewesen sein wird. Die Zeichnung Fig. 3, Taf. 2 meiner Abhandlung über : Lacerta muralis eoerulea, welche ein weibliches Exemplar der campestris aus Süditalien darstellt, lässt die sechs Rückenzonen deutlich erkennen: I ist braun, II grün, getheilt ah in eine obere sattgrüne und in eine untere bräunlichgrüne Binde; III weiss, vorn grün; IV braun; V hellbraun. Die Grenzlinien vor III und V‘ sind nicht überall deutlich. Ich bin auch erst später auf die Bedeutung dieser Be- grenzung aufmerksam geworden. Wenn nun auch die beschriebene Zeichnung, wie be- merkt, an Lido-Exemplaren am schärfsten ausgeprägt ist, so finden sich doch auch unter dieser schon solche, wel- che zu sehr wichtiger Abänderung hinführen. Es sind die folgenden. Al; Die Grenzlinien der I. Zone werden durchaus in kurze rundliche Bruchstücke aufgelöst ?), treten dann von beiden Seiten her in das Mittelband herein, stossen schliess- er lich zusammen und bilden so grobe, das Mittelband in seiner ganzen Breite einnehmende Flecke °®). Bei einem 1) Fig.21 bei VI. Die Abbildung ist in doppelter Grösse gezeichnet. 2) Fig. 2. 3) Fig. 3. (Das Original ist übrigens vom Karst.) 5 IR Er = + ai #2 99 S Dies ist bei der nicht mehr reinen „eampestris“ vom a - bei Görz der gewöhnliche Fall !), tritt hier sogar schon ‘ bei den Jungen auf?) und findet sich erhalten bei den meisten der im Folgenden zu besprechenden Varietäten). Zugleich beginnen sich schon an einzelnen Individuen * IV. Zone, die der unteren in die VI. Zone. Dasselbe ge- _ sehieht mit der unteren Begrenzungslinie der III. Zone: _ ihre Flecke zerstreuen sieh über die IV. Zone. Uebrigens zeigt sich diese Aenderung nur im Beginne und ich finde _ unter meinen Exemplaren kaum je die IV. und VI. Zone in eine vollständige Fleekenbinde umgewandelt. Dage- gen ist dies gewöhnlich schon vollständig der Fall bei der striata („campestris‘) vom Karst: Fig.3 zeigt hier den Anfang der Umwandlung; in Fig. 4 ist dieselbe vol- ndet und in Fig. 5 ist sie schon beim Jungen vollständig sgebildet. Dieselbe Aenderung ist bei den übrigen Va- etäten typisch geworden *) — bei den meisten, wie wir sehen werden, unter Schwinden der Abgrenzung der Sei- 2 tenzonen. Dieser letztere Vorgang zeigt sich gleichfalls sehon angedeutet bei einzelnen Exemplaren vom Lido: die- - obere weisse Seitenlinie wird, zunächst hinten, undeut- - licher, die untere schwindet fast ganz, so dass das ganze Gebiet der Zonen III, IV, V und VI in eine einzige reite gefleckte Seitenbinde umgewandelt wird. - Dagegen bleibt Zone II rein. Zunächst führen diese Aenderungen zur Entstehung der von Bonaparte s albiventris bezeichneten und abgebildeten orm ’). 1) Fig. 4. 2) Fig. 5. 3) Fig.6 u. a. 4) Vergl. die Abbildungen. 5) Fig. 15 und 16. Alle diese, zu anderen Varietäten hinführenden Um- bildungen der reinen eampestris vom Lido fand ich wie- derum 'zuerst angedeutet bei alten Männchen; sie/sind jedoch vereinzelte Ausnahmen. ‘ h* Bu 4 Lacerta muralis maculato-striata. Es hat nach dem Mitgetheilten Leydig vollkommen recht, wenn er die Lacerta muralis albiventris Bonap. und die campestris de Betta in Beziehung bringt. Er sagt in dieser Hinsicht: „In Hinblick auf die so prächtig gera- thene Figur der L. muralis var. albiventris in Bonaparte’ s Werk über die Thiere Italiens "muss ich bemerken, dass keines der von mir am Lido bei Venedig erhaschten Thiere eine solche Grösse besass; auch die zwei grünen Rücken- g streifen waren nicht so hell, sondern alle Tinten neigten in die lichte Sandfarbe. Trotzdem möchte doch L. albiven- tris mit L. campestris einerlei sein und es ist nur zu be dauern, dass uns der Text obigen Werkes nichts über | den Fundort sagt. Uebrigens sah ich in der Sammlung. Fe de Betta’s in Verona neben der gewöhnlichen kleinen und zarten Form der campestris auch Individuen, jedenfalls ebenso gross, wenn nicht grösser sind, als d angezogene Abbildung zeigt. Sie stammten aus den Ma- ; ‘remmen von Pisa !).“ ; Die Lacerta muralis albiventris Bonap. ist in der geschilderten Weise aus der campestris de Betta her- vorgegangen. Die Abbildung Bonaparte’s zeigt, dass bei derselben das Mittelfeld des Rückens (I. Zone) von einer Reihe von Flecken eingenommen ist, welche theilweise der Länge nach durch feine Verbindungen n- tereinander zusammenhängen, theilweise getrennt hinter- einander liegen. Im ersteren Falle ist zuweilen deutlich eine Zickzacklinie durch die Verbindung der Flecke her- vorgebracht ?). Diese Erscheinung erklärt sich durch die 2 1) Saurier S. 229. 2) Vergl. Fig. 16. von mir geschilderte Entstehung des gefleckten Mittelban- des, welche darauf zurückzuführen ist, dass die in Flecken ufgelösten Grenzlinien der I. Zone medianwärts, in die "Sagittallinie, rücken und sich verbinden, wobei das eine Mal die Verbindung nach rechts, das andere Mal nach links zu liegen kommen kann, weil das eine Mal der von maassgebender in der Zeichnung wird. Weiter ist charak- teristisch für die albiventris Bonap., dass, wie schon be- merkt, die Zone II aller Zeichnung baar bleibt, _ dass dagegen Zone III bis V von Flecken besetzt werden, Seitenlinien (Zone III und V) in Zone IV und VI her- einrücken, wobei’ sie auch die zwei weissen Seitenlinien _ mehr oder weniger verdrängen, so dass also Zone III bis vı zusammen ein mehr oder weniger uniformes, gefleck- s Seitenfeld darstellen. Indessen ist schon hervorgeho- Ben, dass die obere weisse Seitenlinie (Zone III) bei die- ser Varietät mehr oder weniger deutlich am vorderen Ab- hnitt des Rumpfes bestehen bleiben kann, während das tere ganz oder fast ganz geschwunden ist: so bei den en Thieren — mehr bleiben beide deutlich beim Weib- en als beim Männchen und ist die untere dort zuweilen igstens noch als eine Reihe von ovalen Flecken zu er- kennen #); ausgesprochen sind sie beide selbstverständlich ei den Jungen. Bei dieser Beschreibung habe ich im Auge diejenige arietät, welche in Süditalien, abgesehen von der maeu- a, die gewöhnlichste ist, Aleienisan Charaktere, welche, e früher geschildert, bei der süditalienischen Mauerei- .dechse hauptsächlich beim Weibchen hervortreten. Es ist & Be Form und die campestris, welche ich zusammen als Pnata schon in meiner früheren Abhandlung bezeichnet habe. — Unter dem mir durch Herm Giglioli zugängli- an Material vom italienischen Festlande besitze ich nun Eu A. mehrere Thiere von Toscana, welehe sämmtlich, _ auch die alten Männchen, in der Zeichnung noch die be- Et - 1) Fig. 13. links, das andere Mal der von rechts einrückende Fleck E.fie dadurch entstehen, dass die Grenzlinie der weissen 102 schriebenenAnklänge an die campestris haben. Bei einem der Männchen, einem sehr grossen und kräftigen Thiere, sind sogar noch beide weisse Seitenlinien vollkommen ausgebildet vorhanden !); bei dem zweiten, noch etwas kräftigeren Männchen ist die untere dieser Linien bis auf eine Spur geschwunden ?2). Maculatae sind keine unter meinen Exemplaren aus dieser Gegend. Bei einem sehr kräftigen Männchen, welches ich aus Umbrien besitze, sind - beide weissen Seitenlinien geschwunden 2) — ihm eben entspricht die Abbildung von Bonaparte’s albiventris. — Leydig erwähnt, dass er Thiere, ebenso grosse oder noch grössere als das bei Bonaparte abgebildete, nach Art der campestris gezeichnet, aus den Maremmen von Pisa stammend, in der Sammlung de Betta’s gesehen habe. Es scheint sonach die albiventris Bonap. in jener Gegend herrschend zu sein. Obschon Leydig die Ver . ausspricht, dass albiventris und campestris identisch seien, so berührt er den Unterschied der Kleinheit der letzteren gegenüber der ersteren: „auch die zwei grünen Rücken- streifen waren nie so satt, sondern alle Tinten neigten in die lichte Sandfarbe.“ In der That ist nun die campe- stris de Betta um vieles kleiner und zierlicher als die al- biventris Bonap. Auch der Unterschied der Farben besteht so wie ihn Leydig schildert. a Nördlich der Apenninen zeigt sich gegenüber dem südlich dieses Gebirges gelegenen Theil von Italien be- züglich der Be überall der Unterschied, dass dort die unscheinbaren braunen, hier die grünen Töne in der Grundfarbe vorherrschen, ferner, dass die Thiere dort viel kleiner sind als hier, dass sie dort platycephal, hier pyramidocephal sind, endlich, dass dort die nigriventres sehr hervortreten, welche hier, so weit meine Beobachtun- gen reichen, nur an der Nordgrenze des genannten Be- zirks vorkommen. Man wird aus diesen Verschiedenheiten, abgesehen vom letzteren Punkte, auf die Bedeutung der HE a re 3 1) Fig. 14. 2) Fig. 15. 3) Fig. 14. “ 103 Isolirung schliessen. In der That wird man derselben einen Einfluss auf die scharfe Trennung der Formen zu- - schreiben dürfen. Allein es kann andererseits nicht ausser Acht gelassen werden, wie bedeutend der Unterschied des - Klima’s zwischen Nord- und Mittelitalien ist, welcher Un- terschied ja auch in der Vegetation jenseits der Apenni- - men, in der Gegend von Florenz, gegenüber dem diesseiti- gen Gebiete sich so hervorragend geltend macht. Sodann * muss ich betonen, allerdings unter Hinweis auf die früher 2 ‚gegen die unbedingte Verwerthung dieser Thatsache von mir gemachten Einwürfe, dass auch in Süditalien die be- _ bänderte, kleine, zarte campestris zwischen der grösseren Rasse vorkommt, wie denn meine Abbildung derselben in „Lacerta muralis coerulea“ daher stammt — nur das Grün des Rückens ist bei diesem Exemplar lebhafter als bei der nordischen. Auch werden wir später sehen, dass das- ' selbe in Beziehung auf eine andere nördliche Varietät der Fall ist, dass auch sie sich in Grösse und Zeichnung unter Fremden im Süden wiederfindet. Jene inmitten _ der neapolitanischen Rasse von mir aufgefundene campe- _ stris zeigt nun auf's Deutlichste denjenigen Unterschied, welcher, abgesehen von Farbe und Grösse die charakteri- stische campestris von der albiventris trennt: das Zurück- ten jeder Fleckenzeichnung auf den Binden, das Fehlen ' jeder gröberen Fleckenzeichnung. Bei der albiventris _ sind dieSeitenbinden gefleckt oder sind gar die Seiten in ein einziges Fleckenfeld verwandelt. 4 benso ist dieMittelzone desRückenseinFlecken- band und zwar verleiht die grobe Beschaffenheit dieser ecke derselben vorzüglich ihre Eigenart. Sie ist somit von ler campestris de Betta wohl zu unterscheiden, wenn auch - letztere den Beginn von Abänderungen zeigt, welche zu der letzteren überführen. Es wird Ar Unterschied wohl ım besten dadurch ausgedrückt, dass man die campestris als eine striata s. str., die albiventris als eine maculato- * striata bezeichnet und ich werde diese Nomenklatur im Folgenden festhalten, aus Gründen, die sich von selbst ergeben werden: es handelt sich für mich nicht um die 104 wird, um die systematische Durchführung meiner Ableitung der Varietäten, für welche ich schon zu Gunsten des in- neren Zusammenhangs meiner Darstellung, sodann aber auch zu dem Zwecke, um unmotivirter Aufstellung und Be- nennung von Abarten für die Zukunft ein Ende zu machen, eine Nomenklatur aufstellen muss, welche natürlich ist, weil sie die genealogischen Beziehungen der Formen aus- drückt. Es wird in Zukunft Jedermann leicht werden, auf Grund dieser Nomenklatur nicht nur jede Varietät kurz und genau zu bezeichnen, sondern auch die bisher veröffentlichten Abbildungen in das natürliche Schema ein- zureihen. Dabei beabsichtige ich keineswegs die alten Namen durch neue zu ersetzen — man mag und wird jene beibehalten, wie ich dies ja selbst thue, vor Allem da, wo ihre Täuflinge durch gute Abbildungen verewigt sind — aber man wird sie passend mit meiner Nomenklatur ver- binden. Für sich allein, sind übrigens die Bezeichnungen nach der Farbe des Bauches: albiventris, rubriventris ete. desshalb unbrauchbar, weil sie sekundären Eigenschaften entlehnt sind, welche bald der, bald jener der typischen, ächten Zeichnungsvarietäten zukommen können und welche ausgeprägt sogar oft nur dem Hochzeitskleide des Männ- chens angehören. = Während nun die maculato-striata albiventris ihre eigentliche Heimath jenseits der Apenninen hat, istes mir sehr auffallend gewesen zu finden, dass die striata vom Karstgebirge, welche räumlich so weit von ihr getrennt lebt, Eigenschaften der Zeichnung zeigt, die fast durchaus mit den ihrigen übereinstimmen. Der Unterschied ist nur der, dass das Mittelband des Rückens der Bewohnerin des Karst aus feineren Flecken zusammengesetzt ist, so dass sie in Beziehung darauf genauer als punetato-striata zu bezeichnen wäre. Zuweilen bleibt auch die innere Be- grenzungslinie der III. Zone lange oder durch das ganze Leben hindurch eine ununterbrochene Linie, wie dies an dem jungen in Fig.4 dargestellten Männchen zu sehen ist. Meist zeigen die Thiere dagegen schon frühe den Habitus der Fig.5. — Fig. 4 zeigt den Uebergang zur strengen campestris. Wir werden später sehen, dass die Mauer- 105 Mn is Schreiber’schen Ezeinphile der Tübinger Samm- lung, auf welche ich mich beziehe — den Uebergang von der campestris zu der deutschen Mauereidechse vermittelt. Dieselbe hat noch andere bemerkenswerthe Eigenschaften: als ich diese Eidechsen zuerst zu Gesicht bekam, hatte ich durchaus den Eindruck, junge kleine Mittel- oder Süd- 3 italienerinnen vor mir zu haben, einmal wegen des Vor- Ft. herrsehens von Grün im Kleide und dann wegen der - Kopfform, welche, ganz im Gegensatz zu den übrigen nord- italienischen Varietäten, pyramidocephal genannt werden 4 muss. — Diese Bildung einer maeulato-striata in Nordita- lien war mir besonders desshalb auffallend, weil alle an- deren mir von jenseits der Apenninen bekannt gewor- denen Varietäten von der albiventris Bonap. sehr verschie- SER den sind. “ "| Bevor wir diese Varietäten behandeln, müssen wir noch einen Blick auf die maculata des Südens werfen. Lacerta muralis maculata s. str. Ich habe die albiventris Bonap. als maculato-striata ezeichnet, weil sie eine striata ist, deren Rückenstreifen us Flecken sich zusammensetzt und weil die unverän- dert hervortretende Zone II, ebenso wie der Umstand, dass ie Zone III (obere weisse Seitenlinie) wenigstens theil- eise deutlich ist, dem Thier noch wesentlich den Aus- uck des Gestreiften geben: es hat daher in der Nomen- latur das striata voranzutreten ; das vorgesetzte maculato bezeichnet eine Eigenschaft der Streifung, welche nun bei - der weiteren Umbildung zum Haupteharakter wird. Die j _ zunächst entstehende Varietät könnte man bezeichnen als triato-maculata, d. h. sie ist noch gestreift, aber die _Streifung ist auf Kosten von Flecken mehr zurückgetreten: ig. 15, 16 und 17 gehören hierher. Ich fasse aber alle Fälle, in welchen die Oberfläche des Rückens durch drei oder fünf gleich weit von einander abstehende Reihen von groben Flecken gezeichnet ist, ohne dass noch etwas von R 8 106 den weissen Seitenlinien tibrig wäre, und ebenso die sel- tenen Fälle, in welchen jene die Fleckenreihen trennen- den Zwischenräume ganz oder bis auf Spuren geschwun- den sind, so dass die Oberseite von groben, vieleckigen, nicht netzartig oder zu Tigerstreifen verbundene Flecken bedeckt ist, als maculatae s. str. zusammen. Man hat dabei folgende Modificationen zu unter- scheiden: 1) (Fig. 17) die Oberseite zeichnen drei Längsreihen von einander getrennter Flecken, gebildet von den Grenz- linien der I. und III. Zone. Die II. und III. Zone sind durch die entsprechenden Zwischenräume vertreten. Die Seiten nimmt je ein marmorirtes Fleckenband, a aus den übrigen Zonen, ein; 2) statt dieses marmorirten Fleckenbandes ist gleich- falls eine Reihe hintereinander gelegener Flecke vorhan- den, welche der IV. Zone entspricht; somit decken fünf Längsreihen von Flecken die Oberseite. Die Zwischen- räume zwischen den fünf gleich weit von einander abste- henden Fleckenreihen werden gebildet durch die H. IH. und IV. Zone; Zone VI bleibt bestehen. 3) (Fig. 18 und 19) die Oberseite wird durch drei Bänder zusammenhängender Flecken bedeckt, welche durch zwei nur ganz schmale Zwischenräume — entspre- chend Resten der II. Zone — getrennt sind. 4) Auch diese Zwischenräume sind nur noch in Spu- ren vorhanden (vgl. mural. coerul. S. 27, Holzschnitt) oder geschwunden. Modification 2) kenne ich nur nach Abbildungen, doch dürfte die gegebene Deutung ihrer Entstehung richtig sein. Dahin gehört die Abbildung maculatus rubriventris bei Bonaparte und — allerdings der nordischen Fauna angehörig — die von Seps muralis Laur. fem., die übri- gens, wie auch Leydig hervorhebt, ein Männchen sein wird, während das dort als Männchen bezeichnete Stück vr wohl ein Weibchen ist !). 1) Es sei daran erinnert, dass Schreiber diese durch Reihen von getrennten Flecken gezeichneten Formen — wohin auch Fig. 17 gehört — zu seiner punctato-fasciata rechnet. 107 - Es überrascht bei der Vergleichung dieser und an- derer Abbildungen, wie sie alle auf das von mir gegebene Schema zurückzuführen sind, wie sie durch dasselbe erklärt und übersichtlich gemacht werden. Unter allen Abbildungen Bonaparte’s und unter allen guten Abbildungen, die ich überhaupt kenne, fällt es nur bei einer schwer, sie sofort in meinem Schema unter- ER zubringen: bei der Podareis muralis nigriventris, die mir _ übrigens gegenüber den anderen Darstellungen von Ei- 3 dechsen in der Iconografia gerade den Eindruck weniger feiner, sorgfältiger Ausführung macht. Sie lässt sich be- schreiben als eine maculata mit fünf Reihen Rückenflecken, welehe aber nicht schwarz, sondern grünlich sind, woge- gen die Zwischenräume zwischen diesen Flecken schwarz sind. Uebrigens ist anzunehmen, dass die hellen Flecke Ueberresten der Zwischenräume der schwarzen Zeichnung ’ entsprechen. Und in der That zeigt die Abbildung des jungen Thieres (b auf Bonaparte’s Tafel) deutlich, dass diese nigriventris eine maculata ist, bei welcher die schwarze Zeichnung durch Zusammenfliessen in angedeuteter Weise Bi: y überwuchert haben muss. Das Junge ist eine maculata, deren Flecke in Längsreihen stehen, also eine striato-ma- eulata und es muss sich demnach auch in dieser Podareis S liventris schon um eine sehr eingewurzelte maculata handeln, da schon die Jungen Maculata-Eigenschaften be- Ve der Eigenart der Färbung, besondere morphologische Ei- _ gensehaften. Es sagt Bonaparte, dass ihr Schwanz in der Regel länger sei als der der gewöhnlichen Mauer- , eidechse; auch seien die Zehen der Hinterfüsse länger und mehr ungleich. „Suol comparire fin dal Febrajo, abita or- | dinariamente ne’ eiocchi degli alberi, tende alle boscaglie; mentre quell’ altra (die gewöhnliche) e piü tardiva a sbucare da’ muri e si solazza in campo aperto, che piü? Le figliuo- lanze si dell’ una come dell’ altra sogliono aver macchie piü minute, e meglio eircostritte delle adulte, ma quando eredi vederle simili nel resto al padre ed alla madre, le scorgi piü tra loro differenti che non da quelle d’una di- versa covata; e cosi di pelle in pelle ecangiando, pria della sitzen. Auch hat sie nach Bonaparte, abgesehen von ak “ % | 108 qual funzione sogliono divenir luride, mutano si fattamente che piü non rieognosei la razza ne quali fossero il giorno inanzi; mentre dalla stessa mutabilitä prendi argomento, che quantunque si varie, siano sempre le stesse.“ Die Vorliebe dieser stark gefleckten und auffallend dunkeln Varietät zum Gebüsch würde ganz mit frülrer von mir mitgetheilten Thatsachen stimmen; aber auch abge- sehen von der Wahrscheinlichkeit einer Anpassung der Fleckenzeichnung an das Leben in blätterreicher, Fleck- schatten werfender Umgebung beweist die Angabe von Bonaparte jedenfalls auf's Neue, dass sich die ver- schiedenen Varietäten der Mauereidechsen an bestimmt gearteten Wohnplätzen aufhalten. Lacerta muralis punetulato-faseiata. Nachdem ich im Vorstehenden die Entwicklung der pyramidocephalen in Mittel- und Süditalien lebenden Zeiehnungsvarietäten aus der campestris de Betta geschil- dert habe, gehe ich nun über zu den fast durchgehends pla- tycephalen Bewohnern von Norditalien und des deutschen Gebietes. Zunächst verfolge ich die Umbildung, welche die campestris unmittelbar jenseits der Alpen, in denselben und in Deutschland erfahren hat. Es stehen mir zur Ver- gleichung Thiere zu Gebote aus der Gegend von Cleven ), von Bozen und aus Süddeutschland, welche ich selbst ge- fangen und andere aus „Bozen“, „Tyrol“ und „Süddeutsch- land“, die ich in der Tübinger Sammlung vorfand. Eine eigentliche striata s. str. = campestris finde ich unter diesen Thieren nicht. Sie haben aber im Uebrigen die- selben Eigenschaften mit Bezug auf Grösse, Körperform, Zeichnung und, von Modificationen (besonders Unterschie- den in der Färbung des Bauches) abgesehen, auch in der Farbe. Bezüglich der Zeichnung sind die Charaktere bei der grossen Mehrzahl der Stücke die der maculato-striata, bezw. der punctato-striata vom Karst, mit besonderen Ei- 1) Italienisch Chiavenna. Ve A PN N A dr Par RT BAER LTE 0 EL TAU 1 a AN EN 109 - genthümlichkeiten, und sie treten vorzüglich ausgesprochen ‚gewöhnlich nur beim Männchen auf, während das Weib- chen meist wiederum eigenartige Umbildung aufweist. Männchen!) : maculato - striata insofern, als statt der ursprünglichen freien Mittelzone des Rückens durch Her- einrücken der dunkeln Begrenzungslinie dieser Zone ein gefleckter Mittelstreif entstanden ist. Es besteht also - hierin durchaus dieselbe Umbildung wie bei den pyrami- - docephalen Südländern und bei der punctato-striata vom Karst; allein die entweder ausgesprochen zu einer zusam- - menhängenden Linie verbundenen oder isolirten Flecken des Mittelbandes sind meist kleiner und auch unbestimm- ter gezeichnet, als selbst bei der letzteren. Besonders am Halse sind sie gewöhnlich nur noch unzusammenhängende Punkte, die sich zuletzt unmittelbar hinter dem Kopfe ganz verlieren. Es sei gleich bemerkt, dass diese Auflösung des Mittelbandes des Rückens beim Weibchen die Regel, aber dass sie hier insofern weiter geführt ist, als die Flecken ‚viel kleiner geworden sind, was schliesslich zu fast völli- gem Verschwinden des Mittelbandes führt. Dadurch wird er weibliche Charakter vorzüglich mit bedingt ?). II. Zone. Man unterscheidet zwei Modificationen: a) die II. Zone enthält eine Längsreihe von dunkeln Fleckehen oder von Punkten, abstammend, wie bei den pyramidocephalen striato-macnlata, von der obe- en Grenzlinie der III. Zone. Diese Fleckchen®) sind aber ge- öhnlich mehr oder weniger nach innen verwaschen, übri- u erbunden. Es liegt diese Linie in der Regel nicht in der ; Mitte, sondern mehr gegen die äussere Grenze der Zone II, so dass in dieser ein grösserer Bezirk unmittelbar neben der Zone I von Zeichnung frei bleibt als unmittelbar neben 1) Fig. 8. 2) Fig. 7. 3) Fig. 8 bei x. ens vielfach zu einer retikulirten Linie untereinander nn 110 marmorirte oder reticulirte Zeichnung dar oder sie sind ‘in feine Spritzflecke oder in Punkte aufgelöst oder sie bilden eine zart marmorirte Zeichnung !). Fast immer ist indessen auch in letzterem Falle die Spur der eingerück- ten Grenzlinie der III. Zone als solche noch deutlich er- kennbar ?). In allen Fällen sind die Zeiehnungen der Zone II wenig stark hervortretend, so dass die Zone II hell gegen- über der Mittelzone und gegenüber den alsbald zu beschrei- 'benden Seiten absticht. Dennoch ist zu erkennen, dass in dem Hereintreten der oberen Grenzlinie der II. Zone in die Zone Il und in dem Aufgelöstwerden jener Grenz- linie in Flecke gewissermassen ein Versuch zur Bildung einer striato-maculata oder einer maculata vorliegt. Wir werden später sehen, dass dieser Versuch zuwei- len thatsächlich zur Ausführung kommt. Nach der gegebenen Schilderung unterscheidet sich der bisher beschriebene Theil der Zeiehnung des Männ- chens der deutschen Mauereidechse — wie ich diese nördliche Varietät in meiner Abhandlung über Lacerta mu- ralis coerulea kurzweg nannte — von derjenigen vom Karst mit gefleckter Mittelzone nicht allein durch die fei- nere Zeichnung dieser letzteren, sondern auch durch die ausgesprochene, feine Punktirung der Zone II, so dass ihr die Benennung punetulata mit Recht zukommt. In ihrer zweiten Hälfte wird sich die Bezeichnung punetulato- faseiata durch das Folgende, besonders aber durch die Ei- genschaften des Weibchens rechtfertigen. DieMauereidechse vom Karst unterscheidet sich von der punectulato-fasciata der Alpen und Süddeutschland übrigens auch durch dieFärbung. Die Grundfarbe der letztern ist braun oder braun mit grünlichem Schimmer; die erstere zeigt, nach den mir vorliegenden Spiritus-Exemplaren zu schliessen, viel mehr südliches Grün im Kleide. Und wie die Zeich- nung, so erzielen auch die Farben, im Gegensatz zur deut- schen, ausgesprochenere Längsstreifung auf dem Rücken. 1) Fig. 9. 2) Fig. 9 bei x. Hi nr x r 2 11 St Die III. Zone — obere weisse Seitenlinie — ist deutlich vorhanden oder doch eben noch erkennbar !), _ verwaschen, dadurch, dass ihre obere Grenzlinie in diese gerückt ist. 4 Ebenso ist die V.Zone — untere weisse Seiten- ‘ linie — aber meist nur am vordersten Abschnitte des - Rumpfes, an Kopf und Hals, deutlich. " Die IV. Zone »ist gewöhnlich dunkler als die VI. - und bildet zuweilen ein nach oben scharf, nach unten un- deutlich oder, wenn die untere weisse Seitenlinie vorhan- den, auch hier bestimmt abgesetztes Band. Diese Einzel- heiten ergeben sich bei genauerer Betrachtung der Seiten des Thieres. Bei oberflächlicher Betrachtung macht aber die Gegend der IV. bis VI. Zone häufig den Eindruck gleich- mässiger Marmorirung: oft erscheinen die Seiten dann in der That als je ein gleichmässig marmorirtes Band ?) — punetulato-faseiata. — Das Weibchen dagegen erhält den Charakter des Bebänderten, wie’wir sehen werden, beson- ders durch Ausprägung und sattbraune Färbung der IV. Zone. Wie die Abbildung bei Sturm, Seps mural. & ‚Laur. fem. zeigt, kommt letztere Eigenschaft ubpBens Bi zu halten. 2 a Weibchen: I. Zone als dunkle, mehr oder weniger = aus Flecken oder Punkten bestehende BEehUNR um eaeT angedeutet #) oder ganz fehlend. In letzterem Fall ist _ die I. Zone mit der II. jederseits in ein einziges breites, helles Rückenfeld verschmolzen. Dieses 1) Fig. 8 u. 9, IU. 2) Fig. 9. ’ 3) In dem Exemplar Fig. 6 war sie ausnahmsweise kräftig und E: erhält dieses dadurch einen männlichen Charakter. 4) Fig. 7, I. häufig aber in den äusseren Theil der II. Zone hinein ee a an - e er IE 12 Rückenfeld ist gewöhnlich fein punktirt, ebenso dieZonen II, wenn diese durch ein Mittelband getrennt sind — her- vorgerufen ist diese Punktirung dann durch Auflösung und Zerstreuung der oberen Grenzlinie der II. Zone, event. durch Auflösung des Mittelbandes. Obere und untere weisse Seitenlinie sind scharf, oft kettenartig ausgeprägt, dazwischen liegt die IV. Zone als ein sattbraunes scharf- begrenztes Band, eingefasst unmittelbar von der oberen dunkeln Grenzlinie der V. und der unteren dunkeln Grenz- linie der III. Zone. Die VI. Zone stellt eine hellbraune Binde dar. Aber in ihr tritt, wie auch in der IV. Zone, Fleckenzeichnung sehr zurück oder fehlt völlig, so dass beide Zonen gleich- mässig gefärbte Binden darstellen. In der Abbildung Seps muralis Laur. mas bei Sturm, welche ein Weibchen ist, sind Zeichnung und Färbung des letzteren sehr gut ausgesprochen.” Der dunkle Mittel- streif (I. Zone) ist dort noch deutlich vorhanden — wie es die Regel ist, ausgeprägter hinten als vorn. Auch ist dort zu sehen, wie sich die IV. Zone und ebenso die II. u. V. (die beiden weissen Seitenlinien) auf dem Schwanz fort- setzen, während Zone I vor der Schwanzwurzel aufhört. Dureh diese Eigenthümlichkeiten: 1) das Zurücktreten der Mittelzone; 2) das Hervortreten von Zone III, IV und V in Form von ausgesprochenen Längsbändern; 3) das Zurücktreten der Fleekenzeichnung, welche in Spritzung oder Punktirung verwandelt ist, erhält das Weibchen der deutschen Mauereidechse etwas sehr Charakteristisches. Uebrigens zeigt Fig. 6, wie schon angedeutet, dass auch Zeichnungscharaktere des Männchens an. ihm mehr oder weniger vorherrschen können. Es tritt somit die Streifung beim Weibchen an den Seiten in den Vordergrund, während sie in der Rücken- mitte zurücktritt. Auch bilden die Streifen fast gleichfarbige und meist breite Bänder: Bebänderung ist der bezeich- nende Ausdruck und es ist das Wort „fasciata“, welches 113 Sehreiber statt striata für die gestreiften, auch für die gefleckt-gestreiften Varietäten der Mauereidechse überhaupt _ anwendete, nicht sowohl in diesem weiteren Sinne als viel- mehr im Hinblick auf den Charakter des nordischen Weib- chens passend. Das Männchen lässt sich meistens, wie besehrieben, nur insofern als „bebändert“ bezeichnen, als entweder die IV. Zone, wie beim Weibchen, hervorragend dunkel gefärbt, oder als Zone IV bis VI zu einem marmo- _ rirten Ganzen verschmolzen sind und in Gegensatz zu - einem hellen Rückenfelde treten. Somit sagt Leydig mit Recht vom Männchen: „Rücken vorn mit deutlichen dunkeln Flecken überzogen und auch das Seitenband oftmals in Flecken aufgelöst.“ BR Und vom Weibchen: „Die dunkeln Flecken der Rücken- farbe geringer zahlreich, auch kleiner; das Seitenband - nicht selten ein zusammenhängender Streifen.“ Die Vergleiehung zeigt, dass der gewöhn- liehe Typus der männlichen punctulato -striata ähnlich ist demjenigen der weiblichen gestreif- _ ten Mauereidechse Süditaliens. Die Jungen der deutschen Mauereidechse sind wiederum dem erwachsenen Weibehen ähn- 7 lieher als dem Männchen: sie führen die seitlichen j Streifen, bezw. Binden und zwar ungefleckt, und auf dem Rücken ist entweder die dunkle Mittelzone in Gestalt einer rten Linie oder einer Reihe von Punkten vorhanden oder > fehlt. Die II. Zone ist ohne Zeichnung und, wenn die - Mittelzone fehlt, ebenso der ganze Rücken bis zur III. Zone, - Somit tritt ibn die I. Zone in der Gestalt, in welcher sie _ bei der ursprünglichen campestris vorhanden ist, nicht Ri mehr auf, während dies bei der punctato-striata vom Karst _ zuweilen noch geschieht. Bezüglich der Zeichnung stellt diese letztere deutlich € ne Zwischenform zwischen der reinen campestris und _ der punetato-striata dar. Während es bei dieser wiederum die Männchen sind, welche neue ‚positive Eigenschaften _ annehmen, so ist es auffallend, dass die Weihehen dersel- ‚ben die Rückenstreifung nieht wiederholen, dass sie durch "Verlust derselben ein so eigenartiges Aussehen erhalten 114 haben. Alles deutet darauf hin, dass diese, ausserdem sehr kleine, zarte, ausgeprägt platycephale, braungefärbte punetulato - striata eine seit langer Zeit ausgebildete Form sei. Es fällt demnach bei ihrer Entwicklung sehr die Ten- denz auf, Längsstreifung am Rücken, sowie ausgeprägte Fleckenzeiehnung zu verwischen und wie ich vorausgrei- fend hier bemerken will, stimmte die Verkleinerung der Flecke zu Punkten, die Punktirung oder Berieselung des Rückens, das Zurücktreten auch der Flecken der Seiten für welche beim Weibchen ein breiter brauner Streifen erscheint, ebenso wie die ganze Färbung des Körpers we- nigstens in den Fällen, in welchen ich die Thiere im Freien in ihren natürlichen Lehbensverhältnissen beobachtet habe, sehr zu dem Gestein, auf welchem sie leben (Gneiss bei Cleven, Porphyr bei Bozen, bunter Sandstein im nord- östlichen Schwarzwald). Allein es ist deutlich, dass die Forderungen der Anpassung sich anschmiegen müssen den- jenigen der Vererbung, dass sie nur in einer solchen Weise realisirt werden können, welche die Constitution des Or- ganismus gestattet und so sehen wir deutlich die Neigung zur Ausbildung der Eigenschaften der Ahnen im Kleide der deutschen Mauereidechse sich Ausdruck verschaffen. Ich werde alsbald zeigen, dass dies zuweilen in einem weit höheren Maasse geschieht, als wir bis jetzt erfahren haben. Ausserdem will ich gleich hier andeuten, dass auch die gewöhnliche unscheinbare Zeichnung und die unSehein- bare Färbung der nordischen Mauereidechse meiner An- sicht nach nicht minder wie die geringere Körpergrösse zurückzuführen ist auf die „vita minor“, die sie gegenüber ihren südliehen Verwandten führt, also auf constitutionelle Ursachen, welche in der Wirkung des Klimas in letzter Linie begründet sind. Ich werde aber diese Frage später aus- führlich behanden. Die Thatsache des Vorkommens einer Lacerta muralis faseiata in Sicilien, über welehe ich anschliessend an die Beschreibung der deut- schen Mauereidechse alsbald berichten will, mag, abgese- sehen von schon Mitgetheiltem, als Beweis für die Rich- 115 nächst bezüglich der Färbung sprechen, während die - Identität des Schema’s der Zeichnung beider Formen in cher bestimmte Richtungen der Entwicklung eingehalten werden. Rt Ich berufe mich für diesen bemerkenswerthen Fall auf eine Zeichnung Bonaparte’s. Bevor ich zu demsel- ben übergehe, möchte ich aber eine andere Abbildung dieses Autors berühren, welche sich auf eine auch in der Farbe mit der punetulato-fasciata übereinstimmende Form bezieht. e Bonaparte bildet unter dem Namen Podareis muralis rubriventris eine Mauereidechse aus Italien mit brauner Rückenfarbe ab, welche, abgesehen von dem etwas kräftigen Körperbau, die Eigenschaften der deut- sehen punetulato - fasciata hat, in Kopfform und Grösse mehr die der männlichen, in Zeichnung und Farbe mehr die der weiblichen. Der Rücken ist ohne Punktirnng, ohne _ jede Zeichnung, die IV. Zone als braunes Band stark aus- geprägt, darüber deutlich die obere weisse Seitenlinie, die übrigens nicht weiss, sondern gelblich ist. Der rothe Bauch gibt selbstverständlich keinen wesentlichen Unterschied von der deutschen Varietät ab. Auf das Vorkommen dieser Eidechse lassen nur die Ei Worte Bonaparte’s schliessen: „la Lucertola de’ monti a paneia rossa non tende al verde, e non porta macchie deeise, ma suole avere il dorso terrea mareggiato di bi- Y ancastro.“ Vielleicht, dass etwa im mittleren oder gar im südlichen Italien in höherer Lage im Gebirge, dieselbe 4 Varietät sich findet, die am Abhang der Alpen und in _ Deutschland vorkommt — möglich aber auch, dass Bona- parte mit der „Lucertola de’ monti“ eben die Mauerei- dechse aus einer Gegend der Alpen meint, also die von mir als die „deutsche‘‘ bezeichnete. Ich muss übrigens # hervorheben, dass sich in meinem Material aus Mittel- und Süditalien keine Varietät findet, welehe mit der Zeichnung Bonaparte’s — auf welche ich somit, wegen der Un- kenntniss der Heimath des Originals, die Beweisführung "Fr R 116 betreffs der Constanz bestimmter Entwicklungsriehtungen nicht gründen konnte — Aehnlichkeit hätte. Dagegen liefert diesen Beweis das erwähnteVorkommen einer Mauereidechse auf Sieilien, welche in der Zeich- nung vollkommen mit der weiblichen deutschen, bezw. mit der Podarcis muralis rubriventris Bona- parte übereinstimmt, während sie in der Farbe üppigsüdlichen Typus zeigt. Ich beziehe mich auf die Podareis muralis siculus olivaceus albiventris, welche Bonaparte in seiner Iconografia abbildet. Der Rücken des betreffenden Thieres, eines Weibchens, ist hell- grün, ohne jede Zeichnung, mit Ausnahme der „Spuren einer aus kleinen Flecken zusammengesetzten Mittellinie‘ im hinteren Abschnitte (I. Zone, secundäre Bildung !) — ganz das Verhalten der deutschen Varietät. Die II. Zone zeigt keinerlei Zeichnung. Die III. Zone (obere weisse Seiten- linie) ist durch eine relativ breite, scharfbegrenzte gelbe Linie dargestellt. Die IV. Zone ist eine sattbraune Binde | wie bei der deutschen. Die V. Zone (untere weisse Sei- tenlinie) ist nicht/angedeutet; die VI. Zone, wie bei der deutschen, braun. Die Vergleiehung dieser Abbildung der Podareis mu- ralis siculus olivaceus albiventris mit der deutschen, bezw. mit der auf der Tafel vorher von Bonaparte dargestell- ten Podarcis muralis rubriventris, muss in höchstem Grade _ überraschend wirken: im Wesentlichen durchaus dieselbe Zeichnung bei beiden, bei der Sieilianerin aber diese Zeich- nung viel kräftiger ausgeprägt und dann die satten, süd- lichen Farben Grün und Gelb, bei der nördlichen das un- scheinbare Braun und Weiss! Sehen wir zunächst von der Frage ab, inwieweit die Farben beider Untervarietäten oder Rassen auf Anpassung zurückzuführen seien oder inwieweit die Einwirkung des südlichen Klima’s bei der Erzeugung der prächtigen Far- ben Hand in Hand mit.der Frage nach Schutz oder Trutz E in’s Spiel kommen könnte, so fällt eben gegenüber der % 1) Unter „secundärer Bildung“ der ersten Zone verstehe ich “ den Fall, in welchem dieselbe von eingerückten Flecken besetzt ist. “ grossen Verschiedenheit der Farben in Nord und Süd um ;0 mehr die Thatsache auf, dass dort wie hier in der eichnung ganz dieselben Varietäten, zurück- führbar auf denselben Ausgangspunkt sich ent- - wiekelt haben, entwickelt in einer Schärfe, welche auf das Nachdrücklichste für die Bedeutung constitutioneller R Ursachen beim Variiren, für die Ansicht spricht, dass die- R ses nur nach ganz bestimmten Richtungen hin gesche- hen kann. In diesem Sinne spricht freilich allein schon die be- schriebene Art der Entstehung des charakteristischen Typus der deutschen Mauereidechse im Vergleich mit der süditalie- nischen maculato-striata. Ich hob hervor, dass in dem f Kleide jener gewissermassen deutlich der Versuch zu er- kennen ist, eine Entwicklung zu nehmen, entsprechend der letzteren oder gar der striato-maeulata, hbam, maculata s. st. : und retieulata, dass dieser Versuch jedoch gewöhnlich nicht zur Ausführung komnt. Es findet somit auch in Beziehung auf die deutsche uereidechse und auf die südlichen dieselbe Regel An- wendung, welche ich aus der Aehnlichkeit des deutschen reiblichen Typus mit der sicilianischen olivacea Bonap. ezogen habe. Es sollen nun aber noch weitere Beispiele zeigen, s ausnahmsweise auch die Bildung einer striato-macu- er einer maculata, ‚bezw. reticulata bei der deut- Ich habe in dieser Beziehung wieder überraschende ergleiche an älteren Abbildungen anzustellen: die Abbil- ung von Seps muralis Beat, fem. (— an in Deutsch- h ‘Man vergleiche nun dnee Seps muralis Laur. mit r Podareis muralis sieulus rubriventris Bonap. 118 und man wird wiederum überrascht sein, in welchem Grade die Zeichnung des Rückens bei der glänzend grünen süd- lichen und bei der bescheiden braunen nördlichen Mauer- eidechse identisch ist! Und, da wir annehmen müssen, dass die Entstehung dieser Zeichnung in beiden Fällen, dass sie im Süden wie im Norden auf ganz dieselbe Weise aus der Campestris-Streifung der Stammform erfolgt sein werde, so ergibt sich, in welchem Grade auch da und dort Anpassung im Spiele sein mag, in wie hohem Grade constitutionelle Ursachen bei der Umbildung mit wirksam sein müssen und wie zähe dieselben ihre Wirkung ver- erben. Im Anschluss hieran sei noch bemerkt, dass sich in der Tübinger Sammlung unter vier Stück Mauereidechsen in einem mit „Tyrol“ als Fundort des Inhalts bezeichne- ten Glase drei befinden, welche den gewöhnlichen deut- schen Charakter haben, während das vierte eine ausge- sprochene reticulata ist. Im Uebrigen ist der Punetulato-faseiata-Charakter der deutschen platycephalen Lacerta muralis im Ganzen sehr streng durchgeführt, so dass es sich in ihr um eine be- stimmt ausgeprägte weithin herrschende Varietät handelt. Aus dem folgenden Abschnitte wird sich ergeben, dass überall in nördlichen Gebieten nur entweder dieser ihr Charakter oder aber jene bestimmten Variationen dessel- ben, welche wir soeben behandelt haben (besonders punetu- lato-fasciata, reticulata) da oder dort herrschend sind, dass sich dagegen nirgends unserem Schema fremde Abänderun- gen finden. ; Nachdem ich im Vorstehenden sämmtliche Grundva- rietäten der Mauereidechse aufgeführt und beschrieben habe, will ich im Folgenden auf das Vorkommen derselben ge- nauer eingehen und zwar will ich zunächst die nordischen, platycephalen, wie sie in meiner Sammlung enthalten sind, aufzählen. An die platycephalen werde ich sodann die pyramidocephalen Formen anreihen. r u 119 Vorkommen der nördlichen platycephalen Varietäten der Mauereidechse. Die von mir in meiner Abhandlung über Lacerta eoerulea schon beschriebene genuesische Mauerei- deehse ist eine ausgesprochene platycephala retieu- lata nigriventris‘). Unter zahlreichen Stücken, die ich von Genua besitze, zeigen die Männchen ganz Bone yr die entsprechenden Biiensshafeh Auch bei Weibehen und 3 Jungen treten dieselben auf, in der Regel schliessen sich diese beiden in der Zeiehnung aber der deutschen, beson- ders dem deutschen Weibchen an: nur fehlt die Mittellinie des Rückens noch öfter als bei diesem, wogegen der- selbe stärker punktirt oder gefleckt ist. # Die Spiritusexemplare dieser Eidechse sehen anderen gegenüber ausserordentlich dunkel, blauschwarz aus — das Schwarz durch die Z eichnung von Rücken und Bauch, „der blaue Ton, als Spiritswirkung in den Zwischen- Aus Lucca besitze ich durch die Güte des Herrn Giglioli ein hen, dessen SuM mit derjenigen tieulata nigriventris ist, rl ist es Er die Genueserin und damit übereinstimmend ist seine j weit die Varietät dort in sich Ehe schinchek ist. Ent- - sprechend der mehr südlichen Heimath ist ds Eidechse grösser als die von Genua. Von Rimini besitze ich, ebenfalls durch re Gi- lioli, ein Männchen, welches die Eigenschaften der vori- Fi; ‚gen hat, retieulata nigriventris, aber im Gegensatz zu br; derselben platycephal ist, auch ist bei ihm die Netzzeich- 1) Vgl. Lacerta muralis coerulea $. 38 fl. 120 j iR nung auf dem Rücken nicht vollkommen geschlossen, was übrigens in ähnlicher Weise, wenn auch nicht so deutlich, bei der vorhergehenden der Fall, so dass Beziehungen zur maeulata s. st. erkennbar sind !). Die bedeutendere Grösse gegenüber der Genueserin bildet ausserdem bei dieser Ei- dechse einen Uebergang zu dem südlichen Volk. Auch von ihr habe ich nur ein einziges Stück. Ein altes Männchen aus Verona, welches ich in der Tübinger Sammlung vorfand — leider wiederum als ein- ziges Exemplar aus dieser Gegend — entspricht in den Eigenschaften der Zeichnung der Bewohnerin von Rimini, nur ist sie grobfleckiger und das Netzförmige derselben tritt auf Kosten dieser Eigenschaft mehr zurück. Uebri- gens ist die Eidechse noch als eine reticulata zu be- zeichnen und zwar ist sie, gleich der vorhergehenden, eine ausgeprägte nigriventris. Der Kopf ist ähnlich be- schaffen wie bei der Luccanerin — nahezu pyramidoce- phal, jedoch in’s platycephale übergehend. Es mag hervorgehoben werden, dass von den bisher genannten reticulatae die Genueserinen am dunkelsten sind, sowohl was die Zeichnung des Rückens, als was die ds \ Bauches angeht. £ Weiter ist bemerkenswerth, dass ich unter den süd- italienischen (ausgesprochen pyramidocephalen) Mauerei- dechsen. keine nigriventris angetroffen habe — dieselben scheinen ihre Heimath vorzüglich in Nord-Italien, nörd- lich von den toskanischen Apenninen zu haben, südlich derselben nur selten vorzukommen, hier vielleieht häufiger nur wieder im nördlichen Gebiete, so, nach meinem Ma- terial zu schliessen, bei Lucca. Ebenso sind alle Thiere, welche ich von Inseln besitze, die südlich von der Insel Pianosa (im Südwesten von Elba) gelegen sind, so schon von Monteeristo, nieht mehr nigriventres, sondern ohne schwarze Flecke an der Unterseite und sie zeigen auch im Uebrigen den südlichen Habitus. Nicht minder sind die von „Toscana“ (Giglioli) vollkommen ausgesprochene 1) Fig. 11. - 121 -- Siüidländer: pyramidocephalae, maculato - striatae - albi- ventres !). Von der Insel Pianosa verdanke ich Herrn Giglioli zwei Weibchen ?), reticulatae, ganz vom Charakter der - obengenannten — etwa so gross wie die genuesischen Männchen, eine Grösse, welche jener von kräftigen süd- deutschen Männchen gleichkommt. Was die Färbung der Unterseite angeht, so ist diese theilweise schwarz gefleckt: - so die Kehle ausgiebig, dann die Seiten und hinten auch der mittlere Theil des Bauehes — wir haben also noch eine nigriventris, aber bezüglich dieser Eigenschaft eine Zwischenstufe zwischen den bisher betrachteten nörd- lichen Typen und den südlichen. Was die Kopfform an- geht, so kann ich darüber kein Urtheil fällen, weil ich nur Weibchen vor mir habe, bei welchen der Unterschied zwischen platycephal und pyramidocephal nicht scharf aus- gesprochen ist. Es fällt auf, dass es gerade das Festland des nördlichen Italiens ist, auf welchem die ausge- sprochensten nigriventres vorkommen, nicht aber die Inseln, auf welchen im Durchschnitt doch eine grössere Feuchtigkeit anzunehmen ist, als auf jenem, besonders auf solchen Inseln, die, wie z.B. Montecristo, sehr weit im Meere draus- sen liegen und sehr klein sind. Ich habe nun aber zu bemerken, dass auch die Mauer- - eidechsen von Cleven, wenngleich spärlich — ungefähr wie die von Pianosa — schwarzscheckige Unterseite zeigen, dass ferner auch die Tyroler und die übrigen süddeutschen Thiere häufig schwache Andeutungen derselben Eigen- schaft aufweisen: vorzüglich an der Kehle und an den seitlichen Rändern des Bauches. Ein Männchen der Tü- _ binger Sammlung von der Seiser-Alp zeigt sogar, wenn- = 1) Die nigriventris Bonaparte’s ist, der Zeichnung nach zu schliessen, eine pyramidocephala, welche auch in der Grösse - durchaus südlichen Typus zeigt. Sie wird also jedenfalls in Mittel- oder Süditalien zu Hause sein. 2) Fig. 12. 122 gleich nur matt, schwarze Flecke auf der ganzen Unter- seite — jede Schuppe hat einen schwarzen Fleck in der Mitte des vorderen Randes oder es nimmt dieser Fleck den vorderen und mittleren Theil der Schuppe ein und fast ebenso finde ich das Verhältniss bei Thieren aus Bozen. Während die bisher aufgeführten Formen, mit Aus- nahme der faseiata von Cleven, Tyrol und Siüddeutsch- land, retieulatae und zwar reticulatae nigriventres sind, fordert die Mauereidechse von Corsica, von welcher ich dureh die Güte des Herrn Giglioli vier Stück, davon drei Männchen und ein jüngeres Thier besitze, besondere Besprechung. Es schliesst sich diese Eidechse in zwei der erwach- senen Exemplare so vollständig der von Cleven oder von Süddeutschland nicht nur in Zeichnung, sondern auch in Grösse an, dass man auf den ersten Blick versucht wäre, beide für identisch zu halten — sie sind punetulato- fasciatae. Nur tritt die Fleckenzeichnung der II. Zone im hinteren Theile des Rückens kräftiger hervor — die Flecke sind gröber und auch dunkler, wodurch bewirkt wird, dass der bei der deutschen durch die Spärlichkeit der Zeichnung der II. Zone hervorgerufene Eindruck eines gebänderten Rückens schwindet. Auch die Seiten sind kräftiger gefleckt. — Ein drittes Stück, ein offenbar sehr altes Männchen, ist ganz grobfleckig: striato - maculata, ähnlich wie das in Fig. 17 dargestellte Thier aus Sieilien: die Punetulato-faseiata-Eigenschaften sind also in’s Süd- liche übersetzt, indem an Stelle der Punktirung grobe Fleckenzeichnung getreten ist. Das junge (halbgewach- sene) Exemplar zeigt sehr schön die zwei weissen Seiten- linien in ihrer ganzen Länge. Die obere Grenzlinie der oberen weissen Seitenlinie ist von ihr noch nieht abgelöst, bildet aber eine ziemlich breite Linie; die sekundäre Mit- tellinie ist stark entwickelt. Es ist indessen die Mauereidechse von Corsiea nach dem Mitgetheilten von der Clevenerin oder von der deut- schen nur sehr wenig abweichend, gehört näher zur Rasse derselben als die von Genua, obschon die letztere zwischen ersteren mitten inne wohnt — sie ist insbesondere heller Be NR y y a A a a ET RR Ya u? e , . | Br sie mehr oder weniger reichlich schwarze er “ Flecke an der Kehle und auch an den äusseren Bauch- schildern führen kann. Die’Lacerta muralis punetulato-faseiata ist nach dem mir zugänglichen Material die herrschende Rasse vom südlichen Abhange der Alpen an (Cleven) nach Nor- ‚den, in Tyrol, im südlichen Gebiet des deutschen Reichs, selbst bis zu den Grenzen ihres Vorkommens z. B. in Württemberg, wo ich sie, wie bemerkt, bei Teinach im Schwarzwalde noch gefunden habe !). Auch ein Exemplar, ” 1) Die Mauereidechse erstreckt sich in diese Gegenden, wie über- "haupt nach Württemberg herein, durch die Nebenflüsse des Rheins, . bezw. des Neckars. Die Teinach ist ein westliches Nebenflüsschen ' der Nagold, welche durch die Enz mit dem Neckar in Verbindung : steht. Im Nagoldthal, welches von Süd nach Nord zieht, kommt -- die Mauereidechse noch über die Einmündungsstelle des Teinwehz jales in das Nagoldtbal vor, und zwar ungefähr so weit als der unte Sandstein reicht, bis zum Beginn des Muschelkalks, etwas ber das Städtchen Wildberg hinaus. Teinach liegt 412 m, Wild- - berg 414m über dem Meere. Ich fand die Mauereidechse noch ‘ziemlich höher als ersterer Ort gelegen ist, an den Abhängen des Teinachthales.. Auch durch die Enz und andere Nebenflüsse des Neckars erstreckt sich unser Thierchen in jener Gegend noch wei ter hinauf. So durch die Enz bis Enzklösterle (630 m ü. d. M.). ‚Ferner verhreitet sie sich unmittelbar vom Rhein, von Westen und Nordwesten her im Murgthal bis Freudenstadt (765 m ü. d. M.), im zigthal bis gegen den Ursprung der Kinzig hin und entlang der Sutach, einem südlichen Seitenflüsschen der Kinzig bis Tryberg i (685 m ü. d. M.). Es erstreckt sich somit die Mauereidechse hier über- all, bis zu ziemlich bedeutenden Höhen in ziemlich unwirthliche Gegenden in den ächten, tannendichten Schwarzwald hinein. Um so mehr ist es auffallend, dass sie in den tiefergelegenen, ungleich sonnigeren, wärmeren Gebieten des Neckarthales von der Nähe Lud- Be an aufwärts fehlt, ebenso in den Nebenthälern, welche von diesem Punkte an in dasselbe einmünden. In gleicher Weise fehlt (im unteren Donauthal wird ihr Vorkommen erwähnt vom schwar- R zen Meere am bis zur westlichen Grenze von Niederösterreich). - . x sie den Zuflüssen der Donau und dieser selbst in unserem Gebiet s { “7 welches die Tübinger Sammlung aus der Bretagne besitzt, hat denselben Charakter. Wie weit sich die Varietät über das südwestliche und das östliche Europa erstreckt, ist mir nicht bekannt. Die abweichenden Eigenschaften, wel- che die Mauereidechse vom Karst zeigt, habe ich einge- hend geschildert; auf die Bewohnerinnen von Dalmatien komme ich noch zu reden. Ich kann hier dem Mitgetheil- ten nur noch einige unvollkommene Notizen betreffs der Gebiete anreihen, welche sich an die bisher behandelten anschliessen, besonders mit Bezug auf die Schwarzfärbung des Bauches ihrer Eidechsen. Nach dem Material zu urtheilen, welches ich bei Herrn Giglioli gesehen habe, findet sich die nördliche reticulata nigriventris auch in der Nähe von Spezia (bei Vernazza), sowie auf Elba, an beiden Orten zu- gleich mit einer gestreiften Form (der Charakter dersel- ' ben ist mir nicht mehr genau erinnerlich) mit ungefleck- ter Unterseite. Auf der Insel Caprera, auf Gorgona und Pelargona muss, meinen Notizen zufolge, gleichfalls Schwarzfleckung der Unterseite vorhanden sein. Von Florenz habe ich mir das Vorkommen einer Ihre Verbreitung in den Seitenthälern des Rheins, bezw, Neckars bei uns scheint somit darauf hinzuweisen, dass sie das Urgebirge und den bunten Sandstein gegenüber dem Muschelkalk und dem Jura bevorzugt, wenigstens in denjenigen Gebieten, welche an der Grenze ihres Vorkommens liegen, in welchen die ihnen günstigen Existenzbedingungen spärlicher geworden sind. Nach dem früher Mitgetheilten liegt es nabe zu denken, dass der Anpassung der Farbe und Zeichnung des Thieres an den Untergrund bei dieser Verbreitungsweise Bedeutung zukomme. Indessen könnten dabei zugleich noch andere Umstände massgebend sein, welche sich auf Erhaltung des Individuums oder der Art beziehen, denn der Unter- schied in der Vegetation der wasserreichen, üppigen Urgebirgsna- tur, bezw. den Gebieten des bunten Sandsteins einerseits und des trockenen Muschelkalk- oder Jurabodens andererseits ist ein ausser- ordentlich grosser. Auf einigen dem Rhein näher gelegenen Mu- schelkalkgebieten kommt die Mauereidechse bei uns zwar noch vor; auf dem Jura und Keuper dagegen scheint sie hier ganz zu fehlen. (Vergl. Paulus, Verbreitung’ der Lacerta muralis, Jahreshefte des Vereins für vaterländ. Naturkunde in Württemberg 1857.) 125 „nigriventris, ähnlich der Genueserin“ — also wohl reti- eulata — als Besonderheit auf den Höhen der Umge- bung, nach der Mittheilung Giglioli’s angemerkt, nicht - aber, ob das Thier im Uebrigen südlichen oder nördlichen Habitus hatte. 7 Es finden sich somit die Mauereidechsen, welche . eharakterisirt sind durch: Br 1) kleineren Körper, 2) Platycephalie, GR 3) Vorwiegen einer feinen Fleckenzeichnung des h Rückens, gegenüber der groben der südlichen % Formen, 4) vorwiegend brauner Rückenfarbe und ihrer Modi- fieationen gegenüber dem Grün der südlichen, 5) Neigung zur Bildung von schwarzen Flecken an der Unterseite (nigriventres), soweit ich auf Grund des mir zu Gebote stehenden Ma- terials urtheilen kann, jedenfalls innerhalb einer Grenze, die von Corsica über Genua und Cleven bis in den Schwarzwald und von da nach Verona, Venedig, Rimini, von hier herüber nach Lucca und über Elba auf die Insel Pianosa !) gezogen ist. Nach dem mir zugänglichen Ex- emplar aus der Bretagne zu schliessen, dürfte dieses Gebiet nach Nordwesten bis zur französischen Küste zu erweitern sein; es gehören in dasselbe ohne Zweifel auch die nördlichsten Stellen des Vorkommens der Mauereidechse in Deutschland; dieselbe findet sich wahrscheinlich am gan- zen Niederrhein, jedenfalls bei Nymwegen und ausserdem sogar bei Groningen. Die nördlichen Bewohner dieses Gebietes — von Cleven an nordwärts — sind punctulato-fasciatae, theilweise mit Andeutung von Schwarzfleckung der Unterseite; die südlichen sind, abgesehen von der Corsikanerin, vorzüglich reticulatae, meist nigriventres. Wo sie südlich der toska- De Sa FE er 5 Fi Sn ee Fa 2 Fa Hr N ee 1) Ob die Rückenfarbe der Bewohnerinnen von Elba und von Pianosa mehr die südliche oder die nördliche Eigenschaften hat, ob sie mehr braun oder mehr grün ist, kann ich nach meinen Spiritus- exemplaren nicht sagen. 126 X; nischen Apenninen noch vorkommen, haben sie beträcht- lich an Grösse zugenommen und damit Hand in Hand an pyramidocephaler Bildung. Aber schon die Bewohner der an die nördliche Seite der Apenninen grenzenden Bezirke zeigen Uebergänge zu diesem Verhalten. Die Ausgangsform aller, die striata s. str. mihi = cam- pestris de Betta, hat sich in der Gegend von Venedig er- halten. Nordöstlieh von hier findet sich die augenschein- lich mit ihr in unmittelbarem Zusammenhange stehende punctulato-striata vom Karst, mit ihrer Hinneigung zu süd- lich grüner Färbung und zur Pyramidocephalie. Wir wer- den sehen, dass diese wiederum Beziehungen zeigt zu der dalmatinischen Mauereidechse. Vorkommen der südlichen, ‚pyramidocephalen Varietäten der Mauereidechse. Das Gebiet, welches dieselben bewohnen, umfasst, nach dem mir zugänglichen Material, in Italien vom mitt- leren oder südlicheren Toskana und Umbrien an das ganze südliche Festland, ebenso die Inseln, welehe von Monte- eristo an südlich gelegen sind, einschliesslich diesem selbst. Während im Norden die punetato-striata und die retieulata sich aus der striata (campestris) entwickelt ha- ben, zielt die Entwieklung im Süden auf die Bildung der maculato-striata (albiventris Bonap.), striato-maeulata und. maculata s. str. ab: Haupteharakter ist, abgesehen von der pyramidocephalen Kopfform und der bedeutenden Körper- srösse, grobfleckige Zeichnung; dazu kommt, wie oben sehon erwähnt, das Hervortreten von grüner Färbung statt der braunen. Bevor ich jedoch die Fundorte dieses grobfleekigen Typus näher bespreche, muss ich besonders die Mauerei- dechse von Sardinien behandeln, die Ameiva tili- guerta Meyer!). Dieselbe ist bei Sehreiber charakterisirt 1) Synops. reptil. 1795 — Lacerta tiliguerta Latr. hist. nat. d. rept. 1802. ei Au u), ‘ r “LE, ARTE 127 5 „supra obseure viridis (7) aut fuscescens (2), maeulis nigris retieulata 2 aut fasciata Q subtus albida.“ Die tiliguerta verbindet in interessanter Weise nörd- liche und südliche Eigenschaften, sowohl in Körpergrösse als in Zeichnung und in Färbung, endlich auch in der Kopfform. “ Nach Grösse und Kopfform steht sie in der Mitte zwischen den nördlichen und den südlichen. Der Kopf wird dadurch auffallend lang und spitz, dass er nicht ebenso in den Querdurehmessern wie im Längendurchmesser ver- grössert ist und dies gilt auch für den ganzen Körper, welcher auffallend lang und verhältnissmässig dünn, also schlank ist. Der Rückenzeichnung nach ist sie ausgespro- = chen reticulata; nur die Weibchen zeigen an der Seite Andeutung einer Bindenzeichnung, wie sie der faseiata e zukommt. Interessant ist besonders der Fortschritt in 5 Bezug auf südliche Eigenschaften gegenüber der Bewoh- - nerin von Corsica. v Dass diese tiliguerta eine constante Varietät sei, ist längst anerkannt. Allein sie wird nicht mit grösserem Rechte in diesem Sinne aufgefasst als die reticulata von Genua oder von Pianosa und andere, oder die punetulato- striata von Norditalien und Deutschland, bezw. von Cor- sica. Nur ist selbstverständlich, dass die Varietäten auf dem Festlande gewöhnlich an den Grenzen ihres Verbrei- tungsgebietes mehr oder weniger ineinander übergehen E ‘werden, während sich auf den Inseln die Uebergangsfor- “ men früher verlieren als dort — ein durchaus unwesent- lieher Unterschied für die Frage von der Entstehung der Art, denn auf den abgeschlossenen Inseln wird nur rascher ee was auf weiterem Gebiete langsam aber doch - sicher gleichfalls geschieht — die Entstehung der Typen, E welche wir als „Arten“ bezeichnen. ! Anhangsweise sei hier bemerkt, dass ein Exemplar _ der Mauereidechse, welches ich von der Insel Giglio (west- lich von Orbetello) besitze (gesammelt von Giglioli), ganz die Eigenschaften der tiliguerta hat — nur ist der Rücken _ nicht so dunkel gezeichnet. Bi Maculato-striata (albiventris): schon aus„Tos- Kr v y { ERS N N Y Na % 1 „ J RR Pe Y' £ '* ö 17 Hl Ay > wir " r Een X * N he - SRMe: y Bf E) Big: r ) 128 ’ Ws je" ho cana“ apa ich dieses Thier in RE typischer süd- licher Ausbildung, sowohl was Zeichnung als was Farbex und was Körpergrösse angeht a Ich verdanke dasselbe, wie die meisten im Folgen- den zu erwähnenden, Herrn Giglioli (einige sammelte _ dessen Assistent, Herr Cavanna). Der Unterschied zwischen dieser gestreiften Toska- nerin und ihrer nördlichen Landsmännin, der toskanischen reticulata nigriventris, ist ein ganz ausserordentlicher, ab- gesehen von der Kopfform, welche auch bei der letzteren fast pyramidocephal ist. Noch grösser ist dieser Unter- schied gegenüber den übrigen reticulatae, den platycepha- len des Nordens. Die drei Exemplare, welche ich von „Toscana“ be- sitze und die also dicht an der Grenze der Platycephalen wohnen, sind von bedeutender Grösse und Ueppigkeit. Ich Inase hier die a des grössten, eines Männchens, folgen. Gesammtlänge des Thieres 200, Länge von Kopf und Rumpf zusammen 68, Länge des Kopfes 18 mm. Wir haben somit schon die Körperlänge der neapoli- tanischen maculata — wenn wir vom Schwanz absehen, "weleher bei dem ersten Maasse mit in Betracht kommt und welcher wohl zufällig bei dem von mir gemessenen tos- kanischen Exemplare kürzer ist, als sonst in der Regel. Ebenso sind auch die Maasse des Kopfes: Höhe, Breite, Umfang, schon die der Neapolitanerin. Für diese (macu- lata) habe ich in meiner Abhandlung über Lacerta muralis coerulea ?) angegeben: Gesammtlänge 215, Länge von Kopf und Rumpf zusammen 72, Länge des Kopfes 18,7. Für die platycephale Grundform dagegen: Gesammtlänge 150, Länge von Kopf und Rumpf zusammen 60, 1) Fig. 14 und 15. 2) 8. 33. 129 Länge des Kopfes 16,5 !). Die Zeichnung ergibt sich aus meinen Abbildungen; sie ’ ist bei Männchen wie bei Weibehen diejenige der albiven- - tris Bonap., aber mit ausgeprägter oberer weisser Seiten- linie 2), Rest der Campestris-Bildung. Ganz die Zeichnung der albiventris Bonap. haben zwei alte Männchen, welche ich von den Herren Giglioli und Cavanna aus Umbrien erhalten habe ?), während diejenige eines etwas jüngeren Männchens, gleichfalls aus _ Umbrien (Giglioli) stammend, vollkommen mit den Tos- kanern übereinstimmt. Auch meine Exemplare von der Insel Er ;. und von Lipari (Gigl.), ferner von Caramarico a EEE TERIBEE ' der toskanischen, bezw. umbrischen, selbst wenn sie alte Männchen sind. Wie weit es an diesen Orten zur Ausbil- dung der maculata s. str. gekommen ist, kann ich auf Grund meines wenig reichlichen Materials nicht sagen. Allein es scheint doch aus demselben hervorzugehen, dass in manchen Gegenden — wie gerade z.B. in Tos- an und in Umbrien — die Ausbildung einer ausgeprägten maculata s. str., wie sie z. B. Fig. 18 u. 19 darstellen, nicht erreicht ist oder wenigstens in der Regel nicht erreicht wird, dass vielmehr selbst die alten Männehen dort noch ‚die Eigenschaften erhalten haben, welehe inmitten der maculata-Rasse nur jüngeren Männchen oder Weibchen noch zukommt, indem sie mehr noch der Stammform sich nähern, noch Längsstreifung zeigen. Es scheinen vor- züglich dieimNorden desGebietes der Pyramido- = cephalen auf dem italienischen Festlande leben- ef den Formen zu sein, welche auf diesem Stand- a ET er ne “ u ee Den ae ET m kit Mrntuachan zu u, dass in der Regel die Männchen der nördlicher leben- } 1) Alle Zahlen geben das Mittel aus den Messungen zahlrei- _ cher der anscheinend ältesten männlichen Individuen. 2) III Fig. 14 u. 15. 3) Fig. 16. (Abruzzen) (gesammelt von Cavanna) haben die Zeiehnung an, _ 130 den Varietäten in ihren Eigenschaften sich den südlicher lebenden Weibehen nähern. ® So ergibt sich jedenfalls aus meinem Material, dass, abgesehen von gewissen Inseln, auf dem italienischen Fest- lande im Süden die am meisten grobgefleckten Formen vorkommen. In der Umgebung von Neapel und auf Capri haben, wie aus früherem hervorgeht, die striato- maculata und maculata s. str. das Uebergewicht er- langt oder zeigen wenigstens die alten Männchen durchaus deren Eigenschaften. Auf Capri neist die maculata aus- serdem insofern häufig zur tigris hin, als die Flecke der Seite — nicht die des Mittelbandes — in scharfe Quer- streifung übergehen. Die Zeichnung ist dann ähnlich 3 Fig. 18: die Mittelzone ist breit und grob gefleckt, von es II. Zone ist höchstens noch eine schmale Linie übrig, die anderen Zonen (III—VI) sind in ein einziges Flecken- . feld verwandelt, aber dieses Feld ist — was in Fig.18 nicht ausgesprochen der Fall — quergestreift, getigert. Die- selbe Bildung wie auf Capri, geht auch an anderen Orten vor sich, wie z. B. aus Fig. 19 von der Insel Ventotena (westlich von Neapel) zu ersehen ist, in welcher der Beginn 4 einer Tigerung der Seiten deutlich vorliegt. eg Maculatae s. str. sind durch Fig. 18 und 19 darge- N) stellt, die Form Fig. 17 kann man als striato-maculata bezeiebnen. Die letztere ist so entstanden, dass, abgese- ; h hen von der Bedeekung des Mittelbandes durch unzusam- menhängende Flecken, auch die II. Zone theilweise von Mi solchen Flecken besetzt ist (III a), welche, ursprünglich die obere Grenzlinie der III. Zone darstellten, aber in die II. Zone hereingerückt sind. Die III. Zone .— obere. ° weisse Seitenlinie — ist als solche noch deutlich erkenn- bar (II) und dieser Umstand eben ist es, welcher der Varietät noch den Charakter des Gestreiften gibt: striato- maculata, während bei der maculata s. str. die III. Zone verwischt ist und höchstens noch die Ueberreste der I. Längsstreifung bilden. 7 Ich besitze nun solche maeulatae, abgesehen von der y Umgebung von Neapel und aus Capri und Ventotena ), F 1) Fig. 19. n Calabria ulteriore (Cavanna) von Ischia (Gigl.), n Messina und von Modica auf Sieilien (Gigl.), an welch’ letzterem Orte auch die in Fig. 20 abgebildete tigris h orkommt, von den Inseln Monteeristo, San Stefano un d Stromboli. Ausgeprägte striato-maeulata ist das dı itte meiner Thiere von Modieat), ähnlich ist dasjenige von Messina — aber ich finde diese Form nirgends herrschend. Retieulatae, wie sie unter den Platycephalen’ des Nor- .dens vorkommen, finde ich im Süden nicht. Die tieris on Modiea ?2) muss also aus der maeulata s. str., wie sie i on Ventotena in ne 19 ist, Ve ES Ganz besonders dunkle — starkgefleckte Zeichnung de em vulkanischen Boden ; zusammen, worauf ich noch zu- kkomme. een a meinem aan zufolge f macnlatae, Kain ende dürften His die Macilai- $ Eigenschaften der chin: des Dh in ee phalen der Fall Yr Skaprehhend a früher errikntän wonach es schwierig zu Fr ob ; Südens uiaht, abe shcheh von a unter den Piälyee- en geschilderten Tebergähkkforkien des nördlichen Ge- b tes des südlich der toskanischen Apenninen gelegenen ienischen Festlandes. Ich schliesse als pyramidocephale Varietät hier an: Die dalmatinische Mauereidechse, soweit ich 1) Fig. 17. 2) Fig. 20. 132 deren Eigenschaften nach einigen in der Tübinger Samm- lung befindlichen Exemplaren beurtheilen kann. Es sind dies allerdings nur ihrer drei. Zwei davon sind mit dem Namen Lacerta Merremii bezeichnet, unter welchem, wie Schreiber bemerkt, in neuerer Zeit besonders durch den bekannten Naturalienhändler Erber in Wien eine in Dalmatien und Griechenland gesammelte Mauereidechse versendet wird. Schreiber schildert diese Eidechse, zu- gleich mit der in Fig. 17 von mir abgebildeten striato-ma- eulata, als typisch für die punctato-fasciata unter den vier von ihm aufgestellten Hauptformen der bei Mauereidechsen vorkommenden Zeichnung. Sie entsteht nach ihm dadurch, „dass die gewöhnlich längs den Seiten und der Rückenmitte hinziehende dunkle Fleckenbinde in mehr weniger zahl- reiche, meist ziemlich grosse Makeln zerfällt, die bald von einander getrennt, bald wieder theilweise untereinan- der zusammenhängend, als meist ziemlich breite Marmel- binden über Rücken und Rumpfseiten hinziehen, von der ursprünglichen Grundfarbe oft nur schmale und manchmal ganz scharf begrenzte streifenartige Zwischenräume übrig lassend. .... Das sonst den Seitenbinden beigegebene Weiss ist bei typischen Stücken dieser Varietät gewöhn- lich nur in geringem Grade vorhanden, ja sehr häufig we- nigstens im Alter vollkommen geschwunden.“ Aus meiner Abbildung !) geht einfach hervor, welche Stellung diese Mauereidechse gegenüber den übrigen Va- rietäten einnimmt: sie ist auch in meinem Sinne eine punctato-fasciata, deren unmittelbarer Zusammenhang mit der Bewohnerin von Karst ?) in die Augen springt — ebenso ist ihre Zeichnung fast identisch mit den auf dem Rücken gröber gefleckten Individuen der punctulato-fas- ciata °) aus Cleven, und solcher Zusammenhang entspricht ° ja durchaus der geographischen Bezeichnung der Wohn- orte dieser Varietäten. Des Näheren sind ihre Eigen- schaften: 1) Fig. 10. 2) Fig. 5. 3) Fig. 6. u De Dr N ED 133 I. Zone, sekundäre Mittelzone, aus mittelgroben, von inander getrennten Flecken bestehend, welche nach vorn mmer kleiner werden. — H. Zone, ungefleckt. IE Zone, die obere weisse Seitenlinie, löst sich nach hinten mehr und mehr in hintereinanderliegende Flecke > uf, welche nach oben von ehem nach unten En sehr scharfen schwarzen Flecken der gleichfalls zer- fallenen Seitenlinien begrenzt werden. Se Die V. Zone, die untere weisse Seitenlinie, ist kaum noch deutlich, so dass die Seiten in je eine marmorirte Binde verwandelt sind. k - — DieseMerremii ist also wie die Bewohnerin vom Karst, aber im Gegensatze zur punctulato-fasciata von Cleven ' und Deutschland, pyramidocephal. Sie ist auch grösser ' und kräftiger als diese beiden, ungefähr so gross wie die tiliguerta von Sardinien, nahezu wie die kräftigen Süd- italiener. Ihre Farbe ist, soviel nach den Spiritusexempla- ren geschlossen werden kann, nieht braun, sondern bun- ter als die der nördlichen Varietäten. Bei Schreiber ist sie übrigens als „supragriseseens“ beschrieben (Var. m, 8. 409). be in Nm Eine andere, als Podareis muralis rubriventris aus Dalmatien bezeichnete Mauereidechse der Tübinger Samm- lung, ein junges, nicht ausgewachsenes Männchen, hat na- ie noch die Eigenschaften der campestris. In meiner Abhandlung über Lacerta muralis eoerulea bemerkte ich, das Variiren der Mauereidechse finde den tärksten Ausdruck „in einer von RB eitirten Be- Die Mauereidechse von Malta schliesse ich hier an, als Bewohnerin des Südens, aber als Ausnahmserscheinung bezüglieh ihrer Eigenschaften gegen- über den so charakteristischen pyramidocephalen Südita- lienern. Sie ist für eine Sidländerin ausserordentlich klein — nicht grösser als die von Corsica, welche wieder nicht viel grösser ist als die deutsche. Ausserdem ist sie platycephal und weiter ist sie eine reticulata, mehr oder weniger nigriventris, indem der Hals, sowie Seiten und hinterer Abschnitt des Bauches gewöhnlich vereinzelt oder zahlreicher schwarze Flecke zeigt. Ist diese letztere Eigenschaft auch nur andeutungsweise vorhanden, so ist es doch in hohem Grade bemerkenswerth, dass sie hier, wie so häufig in Norditalien, zusammenfällt mit dem Zurücktreten der groben Flecke auf dem Rücken und zwar an einer Oertlichkeit, welche so weit von dem Wohn- gebiete der platycephalen retieulatae entfernt und davon durchaus isolirt ist. Auch fällt sehr auf, dass die Kopf- form sieh zugleich ändert mit den Eigenschaften der Grösse, der Farbe und Zeichnung — denn es muss bemerkt werden, dass die Malteserin nicht so viel Sattgrün wie die Süditalienerinen, sondern mehr Braun und Gelb im Kleide hat. Es handelt sich somit hier augenscheinlich um correlative Beziehungen zwischen der Kopfform und den anderen oder mehreren der genannten Faktoren. Da der Abkömmling der Malteserin, die grosse kräftige, schwarze Eideehse vom Filfolafelsen pyramidocephal ist, so scheint das correlative Verhältniss wesentlich zwischen Kopfform und sehr kräftigem Körperbau zu suchen zu sein. _ Die Rückenzeichnung der Malteserin anlangend, muss übrigens bemerkt werden, dass dieselbe sich einerseits zu einer Punktirung verfeinert, während unklare Seiten- binden bestehen bleiben, so dass sie den Charakter der deutschen punetulato-faseiata bekommt (besonders die Weib- chen), dass sie aber andererseits dureh gröbere Ausbildung der Flecken fast zur maculata wird. Dabei ist noch zu 135 etonen, dass die alten Männchen am stärksten gezeichnet scheinen. Ich bedauere, dass mein Material zu klein ist, als dass ich untersuchen könnte, ob sich eine Regel wischen der Art der Bauchfleckenzeiehnung gegenüber dieser Verschiedenheit der Zeiehnung des Rückens fest- tellen lässt — ich konnte nur wenige der ausserordent- lieh flinken Thierchen auf Malta erhaschen und war so n den meisten Fällen darauf angewiesen, ihre Zeichnung us einiger Entfernung zu studiren. Die Rückenfarbe der Mauereidechse von Malta hat nige Aehnlichkeit mit der von Genua, indem auch diese ‚häufig einen gelblichen Rückenschimmer zeigt. Aber dies - Gelb ist bei der Malteserin viel mehr ausgesprochen. Häufig "ist es allerdings mit Grün oder Braun und Grün stark ge- mischt, aber es kann auch derart hervortreten, dass man ‚geradezu von einer auf dem Rücken gelben Eidechse ‚reden kann. Dieses Hervortreten von gelber Farbe fällt enn auch sofort in die Augen: nirgends sonst habe ich ne gelbgefärbte Mauereidechse gesehen — und zwar ist das selb unseres Thieres ein ganz helles Gelbgrün oder Schwe- felgelb. Diese hellgelbe Farbe tritt besonders dann be- "herrschend in den Vordergrund, wenn die Zeichnung des _Mittelrückens zurücktritt, wenn die Thiere darin mehr der deutschen punctulato-faseiata sich nähern. WUebrigens ist auch die Zeichnung nicht schwarz wie bei anderen Mauer- Seitenflächen des Kopfes. Der untere Theil der hläfe und der Rand des Oberkiefers sind schwefelgelb, nterkiefer, Seiten und untere Fläche des Halses und juches safrangelb. Im Frühling (Mai) 1880 fand sich unter 136 war, eine Farbe etwa, wie sie entsteht, wenn man Kirschroth mit Weiss mischt. Die Kehle aber zeigte das schönste Roth. Es ist bemerkenswerth, dass selbst in den Fällen, in welchen safrangelbe Farbe an der Unterseite von Mauer- eidechsen vorkommt, wie bei der punctulato-fasciata von Bozen und Meran, der Rücken keine Spur von Gelh zeigt, — er ist z. B. in dem soeben genannten Falle braun und dieses Braun und die Zeichnung passen das Thier ausserordentlich an das in jener Gegend zu Tage ste- hende Urgebirge an: selbst im Vorüberfahren bemerkt man auf der Landstrasse von Bozen nach Meran im Sommer, wie hübsch diese Anpassung bei den auf den Grenzsteinen am Wege sich sonnenden Thierchen ist. Es sind aber gerade diese und andere Verhältnisse und es ist insbeson- dere das Ausnahmsweise der Erscheinung gelber Farbe auf dem Rücken der Malteserin, was die Frage aufdrängt, ob es sich in derselben nicht auch hier um eine Anpas- sung handle — um so mehr als die schwarze Farbe der Filfola-Eidechse den vollsten Gegensatz zu der gelben Stammform auf Malta bildend, mit der vollkommen russ- schwarzen Farbe eines grossen Theils dieses Felsens im vollsten Einklang steht. Die gelbgrüne Mauereidechse huscht überall in grosser Anzahl äusserst flink an den Mauern umher, mit welchen der Grundbesitz auf Malta sorgfältig abgegrenzt ist. Be- kanntlich war auf der Insel ursprünglich viel weniger Erddecke vorhanden als jetzt. Der Fels lag fast überall nahezu nackt zu Tage und erst durch Einfuhr von Erde und dureh Nachhülfe, welche man der Verwitterung des Gesteins angedeihen liess, hat man es allmählich dahin gebracht, dass die Insel im Ganzen von einer dünnen Erd- schichte bedeckt ist, welche im Frühling (April 1879), als ich sie besuchte, in üppigem Grün junger Getreide- und Kleefelder dastand. Bäume können auch heute auf Malta nicht ordentlich Wurzel fassen und bleiben daher, z.B. die Feigenbäume, klein; nur der Johannisbrodbaum, welcher selbst auf Felsboden üppig gedeiht, indem er seine Wur- zeln gewaltsam in dessen Spalten drängt, macht eine “ 137 Ausnahme und bietet mit seiner mächtigen Krone einen malerischen Anblick dar, wo er die Einförmigkeit des sonst schattenlosen Landes unterbricht. Aber dies ist selten und meist nur in abgelegenern Theilen der Insel der Fall !). Fast überall brennt die Sonne heiss auf das, wo irgend ‚möglich, sorgfältig angebaute Land, welches somit, da ihm ‚auch jede nennenswerthe Ansammlung von Gebüsch fehlt, im Frühling wie ein weites grünes Feld, durchzogen von den das Eigenthum der einzelnen Bezirke abgrenzenden Mauern sich ausbreitet. An und in den Mauern leben unsere Eidechsen. Zur Zeit nun, als ich Malta besuchte, waren alle _ Wegränder und Raine, war besonders auch der Boden am Fuss der die Wege begrenzenden Mauern derart besät mit einem Unkraut, mit einer reizenden, leuch- tend hellgelben Blume, der Oxalis cernua, dass dadurch geradezu eine in die Augen springende Eigenthümlichkeit der Insel gegeben ward. h= Wer die Mauereidechsen nicht in der Nähe der gelben, zwischen den saftig grünen Blättern der Pflanze heraussehenden Blumen selbst gesehen hat, der wird vielleicht der Idee, die Farben von Eidechsen und Pflanzen in Zusammenhang zu bringen, nur wenig Ver- trauen entgegenzutragen geneigt sein. Für mich aber, der ieh Gelegenheit hatte, die Dinge an Ort und Stelle wäh- rend einer Woche zu beobachten, liegt die Annahme zwin- gend nahe, dass das Grün und Gelb der Pflanzenwelt auf Malta, auf der schattenlosen Insel, dieselbe Wir- kung auf die grüne und gelbe Färbung der Eidechsen gehabt haben werde, welche die Farbe des Wüstensan- des auf diejenige der Wüsteneidechsen gehabt hat. Auf - Malta sind es gelbe und grüne Fleeke, nieht ausge- dehnte helle Flächen, welche mit der Ausbildung der gelben Rückenfarbe der Eidechsen augenscheinlich in Be- ziehung stehen. Auch wenn solche Eidechsen an nicht E von Pflanzen bewachsenen Stellen von Mauern sitzen, wer- (AR & E2 FE ID TERRA ER RE hi. 1) Schöne Bäume finden sich ausserdem fast nur in dem sorg- fältig mit prachtvollen südlichen Pflanzen angelegten Garten des Gouverneurs. E.\ 10 138 den sie eine Täuschung hervorrufen müssen. Gerade auf dem schattenlosen Boden von Malta aber bietet solche Anpassung in besonders naheliegender Weise Schutz vor Verfolgung — die Sonne hätte auf Malta mehr als auf dem Faraglione-Felsen bei Capri Kraft, die Eidechsen schwarz zu färben — sie färbt sie nicht. Dagegen sind sie voll- kommen schwarz auf dem °/, Stunden von Malta gelegenen pflanzenarmen, ausserdem zur Hälfte russschwarzen Fil- fola-Felsen. Ich komme auf dieses letztere Verhältniss bei Gelegenheit der Behandlung anderer Beispiele für die An- passung zurück. Einstweilen wollte ich nur hervorgeho- ben haben, dass es, abgesehen von den Wüsteneidechsen, einen schlagenderen Beweis gegen die Annahme der unmit- telbaren Wirkung des Sonnenlichts bei der Dunkelfärbung der Mauereidechse nicht geben könnte, als eben das der Lacerta muralis von Malta und vom Filfola '). 1) Wenn ich im Vorstehenden die Färbung der Mauereidechse von Malta im Frühling mit der zu dieser Zeit üppig grünenden Vege- tation und mit gelb blühenden Blumen in Beziehung gebracht habe, so wird man mit Recht erwidern, dass diese Beziehung wohl nicht den ganzen Sommer über vorhanden sein werde, indem beide, Blu. men und Grün, auf der heissen Insel kaum die Höhe des Sommers überdauern dürften. Solchem Einwand gegenüber kann ich auf die in der ersten Abtheilung dieser Arbeit gegebenen Mittheilungen über den Farbenwechsel der Mauereidechse hinweisen: es darf wohl vorausgesetzt werden, dass auch die Mauereidechsen auf Malta das glänzende, grüne und gelbe Frühlingskleid nicht den ganzen Sommer über beibehalten. Uebrigens kann ich nicht darüber ur- theilen, wie die Vegetationsverhältnisse der Insel sich im Hoch- sommer und später verhalten und ob und welche Beziehungen zwischen den Farben der Eidechsen und derjenigen ihrer Umgebung dann vorhanden sind. Zu Gunsten meiner Annahme der Beziehungen zwischen der Farbe der Oxalis cernua und derjenigen der Eidech- sen mag indessen sprechen, dass die Blüthendauer der ersteren, nach Angabe der Botaniker, eine lange ist: vom ersten Frühling bis in den Juni hinein, wobei ich allerdings über die Verhältnisse spe- eiell auf Malta nichts erfahren konnte. 4 139 Zusammenfassung. Die von mir aufgestellten Zeichnungs- bezw. Farben- varietäten der Mauereidechse sind sonach die folgenden : Bi -I. Lacerta muralis striata. 1. L. m. striata s. str. = campestris de Betta. (Vgl. m. Abhalg. über Lacerta mur. coerulea Taf.2. Fig.3; hier Fig. 1 und 2.) 2. L.m. maculato -striata = albiventris Bonaparte Y (vgl. Fig. 13, 14, 15). Re 3. L. m. punetato-striata (Fig. 4 u. 5) )). | 4. L. m. punctato -faseiata (Fig. 10). 5. L. m. punctulato-faseciata (Fig. 6 bis 9). % U. Lacerta muralis maeulata. Br 6. L. m. striato-maculata (Fig. 16, 17). 7. L. m. maculata s. str. (Fig. 18) f 8. L. m. reticulata (Fig. 11, 12). at 9. L. m. tigris (Fig. 20). DI. Lacerta muralis concolor. 10. L. m. modesta = olivacea Rafin. (vgl. „Lac. mural. Be eoerul.“ (Taf. 2. Fig. 4). 21. L.m. elegans („Lac. mural. coerul.*“ Taf.2. Fig. 1: Das dort abgebildete Exemplar ist nicht ganz typisch, da es nicht ganz ohne Zeichnung ist). Um Gleichar- 5 tigkeit der Benennung herzustellen, würde man diese Varietät eigentlich besser L. m. viridis heissen 2). 15} . Die über diese Abarten im Vorstehenden mitgetheilten _ Thatsachen lassen sich im Wesentlichen in folgende Sätze zusammenfassen: 1. Die genannten Varietäten vertheilen sich auf eine nördliche, kleinere, platycephale und auf eine südliche, 1) Vgl. 8.340. 2) Ich unterlasse den Versuch, die von Dum6ril und von _ Schreiber aufgestellten Varietäten auf die meinigen zurückzufüh- “ren. Bei manchen derselben ist dies leicht, bei anderen auf Grund der Beschreibung nicht möglich, Es hätte diese Zurückführung auch nur Werth zu irgend zwingendem Zwecke — nur zu solchem wird man überhaupt wohl in Zukunft sich die Mühe nehmen, die bisherigen Beschreibungen entziflern zu wollen. 140 P- grössere, pyramidocephale Rasse. Bei Ben ersteren Ty- pus, zu welchem übrigens auch die Bewohnerin von Malta gehört, ist, abgesehen von der geringeren Körpergrösse'), die Fleckenzeichnung, wo sie vorhanden, feiner, daher finden sich auch die Formen punctato-striata und punctato- bezw. punetulato-faseiata wesentlich im Norden. Ferner herrschen im Norden im Gegensatze zum Süden düstere Rückenfarben, herrscht vorzüglich Braun vor, während Grün und Blau zurücktritt, und endlich zeigt sich unter den platycephalen eine hervorragende Neigung zur Bildung der nigriventres. 2. Alle Varietäten lassen sich auf die striata s. str. = campestris zurückführen. 3. Alle Umwandlungen der Zeichnung gehen auf die Umbildung der längsgestreiften Mauereidechse in eine gefleckte und schliesslich in eine quergestreifte (tigris) hinaus. 4. Alle Umwandlungen geschehen durchaus auf demselben Wege, auf dieselbe Art und Weise: es sind überall die Grenzlinien der I. IH. und V. Zone, welehe durch Auflösung in Flecke und durch Einrücken dieser Flecke in. die benach- barten Zonen den Charakter der maculata, bezw. 1) Um die Grössenunterschiede der deutschen und der süd- italienischen Mauereidechsen zu zeigen, füge ich hier noch die Maasse eines grossen männlichen Thieres aus Bozen an, welche mit den früher gegebenen Maassen der Süditaliener verglichen werden mögen. ; Das Thier hatte eine Gesammtlänge von 185 mm, welche wesentlich durch den wohl ausnahmsweise langen Schwanz bedingt ist. (In mei- ner Abhandlung über Lacerta muralis coerulea habe ich die mitt- lere Gesammtlänge kräftiger männlicher Genueserinnen nur zu 150mm angegeben. Die genueser Rasse ist aber im Durchschnitt etwas grösser als die deutsche, ohne dass ihr Schwanz verhältnissmässig kürzer wäre.) Die übrigen Maasse des Tieres sind: Länge von Kopf und Rumpf zusammen 58 mm Länge des Kopfes . 2 } ; Be: Grösster Breitendurchmesser des Kopfes 10 „ Grösster Breitendurchmesser der Decken- schilder des Kopfes . > Bad Grösster Höhendurehmesser des Kopfes Eure 141 reticulata oder der tigris oder der punetulata hervorbringen. — Ueberall, im Norden wie im Süden, im Osten wie im Westen und ebenso auf allen isolirten Inseln wird durchaus eonstant dieser Weg bei der Um- - wandlung eingeschlagen. 5. Ueberall zeigt sich die Tendenz zur Entstehung gefleckter Typen aus den gestreiften und diese Tendenz ist siegreich auch dann, wenn Stamm- und neu sich bildende Form untereinander leben. Sicher wie das Fliessen des Wassers nach der Tiefe, geht die Umbildung überall in ganz bestimmter Richtung vorwärts nach einem bestimmten Ziele — wie Krystalle aus der Mutterlauge ausschiessen, so erscheinen die Typen der Zeichnung in bestimmter Ordnung am Körper. Man vergleiche die zwei Reihen von Umbildungen, , = * 4 welche in Fig. 1 bis 12 einerseits und in Fig. 12 bis 20 | anderntheils dargestellt sind: im Norden wie im Süden der - Apenninen geht mit der striata Fig. 1, bezw. Fig. 13, ganz dieselbe Umbildung vor: es entsteht eine gefleckte (punk- - En tirte) und speciell netzfleekige (retieulata) Form: Fig. 8, 11, 12 einerseits, Fig. 17 bis 20 andererseits. (Zum Be- _ weis der Uebereinstimmung der Entwieklungsrichtung in und von den späteren Umwandlungen, Fig. 11 u. Fig. 17.) Pr 6. Isolirung ist demnach zur Bildung einer abge- ei grenzten Varietät nicht nothwendig, wenn sie auch die 2 Entstehung solcher begünstigt. Die ausgeprägte Retieu- A ee ist vollkommen ausgebildet und abgeschlossen bei Genua; sie hat sich entwickelt bei Lucca, Rimini, Dr 2 ebenso wie auf Malta und auf Sardinien (tiliguerta); die punetulato-fasciata ist in den Alpen und in Deutschland mehr abgeschlossen als auf Corsieca. Gezeichnete und un- gezeichnete Varietäten leben vielfach ohne Spuren der - Vermischung an sich zu tragen untereinander. Die gezeichneten Bewohner des süditalienischen Fest- landes zeigen am wenigsten abgeschlossenen Typus, sind am meisten durch Uebergangsformen gemischt. Nach dem mir zugänglichen Material ist das Letztere aber weit mehr auf den kleinen süditalienischen Inseln der Fall. beiden Fällen vergleiche man, abgesehen von der ersten | 142 7. Während die Entwieklungsrichtung eine ganz be- stimmte ist, so dass man mit Fug und Recht sagen kann, sie strebe bestimmtem Ziele zu !), zeigen sich, trotz des allmählichen Ueberganges von einer Zeichnungsvarietät in die andere, bestimmte Stufen der Entwicklungsreihe, indem sich abgeschlossene Varietäten herausbilden und eine Zeit lang erhalten. Man kann sich somit dahin aussprechen, es halte die Entwicklung auf ihrem Wege stufenweise still und vereinige Alles zu einem ausgesprochenen Typus, ähnlich wie die Figuren im Kaleidoskop wechselnde, aber bestimmte Typen darstellen, welche je aus einer Anzahl von Componenten sich zusammensetzen. Ich möchte das diesen Thatsachen zu Grunde liegende Gesetz bezeichnen als Gesetz der stufenweisen Entwicklung. 9. Unter beiden Hauptgruppen, der platycephalen wie der pyramidocephalen, erlangen die südlicher leben- den Thiere die neue Bildung ausgeprägter und’ früher, die nördlichen behalten mehr weiblichen Charakter; die nörd- - liehen Männchen gleichen den südlichen Weibchen. 9. Alle neuen Charaktere zeigen sich zuerst bei Männchen und zwar bei kräftigen älteren Männchen. Von da übertragen sie sich auf Weibehen und auf Junge. 10. Die Jungen wiederholen die Zeiehnung aller Ahnenformen oder doch eines Theils derselben im Laufe der Entwicklung: sie sind zuerst fast immer striatae; in- dessen hat sich die Maculata-Form: im manchen Gebieten schon auf sehr junge Thiere übertragen. Die Jungen der meisten Rassen zeigen überhaupt nicht mehr die ursprüng- liche Campestris- Zeiehnung (Fig. 1), sondern die secun- däre, bei welcher die Mittelzone eine Fleekenbinde dar- stellt (Fig. 5. Fig. 22) — sie überspringen also die älteste Form. 1) Aus dem Folgenden wird sich zur Genüge ergeben, dass die „Zielstrebigkeit“, welche ich hier vertrete, mit teleologischer Auffassung nichts gemein hat — ich suche vielmehr die beschrie- bene Entwicklungsweise zu erklären durch nothwendige, aus der Composition des Organismus resultirende, aber vom Zwang der Anpassung regulirte Formbildung. ir N; r A 143 11. Bemerkenswerth und im Vorhergehenden ‚nieht zu- _ sammenfassend hervorgehoben, wohl aber in den mitgetheil- ten Einzelheiten enthalten ist die Thatsache, dass die ju- ' gendliche Zeichnung sich in der Regel viel deut- Hieher und länger im vorderen Theil des Kör- pers unserer Eidechsen erhält als im hinteren: vorn, gegen den Hals hin, hat derselbe häufig auch dann noch deutlich Striata - Charakter, wenn hinter jener die Maculata durchaus herrschend geworden ist — besonders erhalten sich vorn die beiden weissen Seitenlinien (Au- genbogen- und Oberkieferlinie) dort am deutlichsten. Es ' scheint demnach, dass die Neubildung der Zeichnung im m hinteren Theile des Rumpfes — von der Höhe dessel- ben an — zuerst beginnt und von da nach vorn vor- x schreitet. B 12. Ueberbliekt man die ganze Varietätenbildung der gezeichneten Formen vom phylogenetischen Standpunkte aus, so lässt sie sich auffassen als eine wellenförmig _ über die Art Lacerta muralis im Laufe der Zei- ) ten hinwegziehende Reihe von Umwandlungen: neue Formerscheinungen treten auf zuerst beim Männchen _ und werden von diesem der bestehenden Varietät aufge- pfropft, die alten Eigenschaften wiederholen sich noch lange im Jugendkleide auch der Männchen, länger in je- nem der Weibehen. Schliesslich geht die älteste Eigen- schaft verloren, die zweite wird zur jugendlichsten, aber währenddem ist eine neue eventuell entstanden. So wer- den im Laufe sehr langer Zeiträume bestimmte Eigen- sehaften über den Organismus gewissermassen wellenför- mig hinziehen — eine Auffassung, für welche ja bezüglich amatomischer Charaktere die Entwicklungsgeschichte hin- - reichend Beispiele darbietet. BE; Fassen wir die Vorgänge an einem einzelnen Indivi- _ duum Eidechse in’s Auge, so scheint hier die wellen- förmige Entwicklung, wie wir den Prozess nennen ‘ wollen, von der hinteren Hälfte des Körpers nach der vor- - deren vorzuschreiten, so dass die neuen Eigenschaften in jener beginnen und auf diese sich fortsetzen. Freilich - sind an einem gegebenen Individuum nicht gleichzeitig u Re 144 mehrere Stufen, wie sie im Laufe der individuellen Aus- bildung nacheinander auftreten, sondern nur etwa zwei und auch diese nur undeutlich geschieden vorhanden. Anhang: Die typischen Variationen der Zeichnung der Mauer- eidechse treten auch bei anderen Reptilien und selbst bei Amphibien auf. Die Bedeutung der von mir an der Mauereidechse beschriebenen, bestimmte Zonen darstellenden Längsstreifung wird sehr durch die Thatsache erhöht, dass dieselben Zonen auch bei anderen Reptilien, zunächst bei den Ver- wandten der Mauereidechse, nachzuweisen sind und ebenso die Bedeutungd er von mir bei dieser festgestellten Ge- setzmässigkeit der Variation dadurch, dass sie genau in derselben Weise bei anderen Reptilien auftritt. Zum Beweis wähle ich zunächst eine Eidechse, wel- che der L. muralis ziemlich, aber doch nieht unmittelbar nahe steht, die Lacerta viridis, und berufe mich zum Zweck der leichten Vergleichung auf die von Bonaparte von diesem Thiere gegebenen Abbildungen. In der zweiten der Tafeln Bonaparte’s, welche Abbildungen von Lacerta viridis enthalten, ist unter 1) die ungezeichnete, so häufige Varietät dargestellt, welche, leuchtend grün, der L. muralis concolor elegans entspricht. Unter 3) derselben Tafel ha- ben wir eine ausgesprochene siriata, in Wesentlichem ge- zeichnet wie das Weibehen der deutschen Mauereidechse: die Zeichnung der Mittelzone ist geschwunden, Zone Il und II stellen ein einziges, gleichfarbiges Feld dar. Sehr scharf ausgeprägt ist die III. Zone: obere weisse Seiten- linie = Augenbogenlinie mit ihrer oberen und unteren schwarzen, fleckigen Grenzlinie. Dann folgt die IV. Zone, einfarbig grün; dann die V., die untere weisse Seitenlinie — Oberkieferlinie, aufgelöst in einzelne, hintereinanderge- legene weisse Flecke, welehe oben schwarz berandet sind — Reste ihrer oberen schwarzen Grenzlinie. Die VI. und VII. Zone sind verschmolzen, einfarbig. 145 Das unter 2) gezeichnete junge Thier hat ebenso die Eigenschaften der weiblichen deutschen Mauereidechse. Auf der Tafel vorher sind zwei Lacerta viridis ab- rebildet, von welchen die obere als maculata, die untere als mento-coerulea bezeichnet ist. Die erstere lässt den 'ypus der L. muralis maculato-striata = albiventris Bonap. srkennen: die in Flecken aufgelöste secundäre Mittelzone ‚ist stark ausgeprägt, auch die II. und V. Zone sind wie- der vorhanden, von der letzteren allerdings nur Flecke, welche Resten einer schwarzen Grenzlinie der Zone ent- sprechen. Die andere Abbildung, die der mento-ceoerulea, ist eine ausgesprochene striato-maculata, nach dem von mir in Fig.17 abgebildeten Typus! Endlich vergleiche man auf der Tafel mit Notopholis _ nigro-punctata etc. die Abbildung der Lacerta viridis var. . strigata. Ich will mich mit diesen Beispielen der Lacerta vi- # ridis begnügen und will nur hervorheben, dass ich nach - dem mir vorliegenden Material an Spiritusthieren leicht _ die Uebereinstimmung auch noch anderer Varietäten mit en von mir aufgestellten Muralis-Varietäten nachweisen nd zeigen könnte, dass dort im Wesentlichen ganz dieselben und nur dieselben Ööder weitergehende Umwandlungen stattfinden wie hier! In höchst interessanter Weise lässt sich auch die La- erta agilis in ihren Varietäten auf die für die muralis on mir gegebene Grundzeichnung und auf successive Ab- nderungen derselben zurückführen. Ungemein war ich erst durch den Anblick junger — halbausgewachsener — serta agilis der Tübinger Sammlung aus Sarepta über- scht, deren Rückenzeichnung bezüglich der vier ersten Zonen vollkommen diejenige der reinen muralis striata eampestris ist, wogegen sie sich von dieser dadurch un- - terscheidet, dass das Gebiet der V. und VI. Zone von _ drei Längsreihen weisser Flecke besetzt ist, deren mittlere offenbar der V. Zone entspricht '). Selbst an einzelnen A 1) Dies möchte ich — ohne dass ich alle Uebergangsstufen bis B3 etzt zur endgültigen Entscheidung hätte beiziehen können, daraus schliessen, dass dieselbe Zeichnung der Flecken auch z. B. bei der erwachsenen Thieren von Sarepta lässt sich die Campe- stris-Zeiehnung des Rückens noch erkennen. Die gewöhn- i liche Erscheinung unserer deutschen L. agilis aber entsteht dadurch, dass die Mittelzone sich in eine helle (weisse) Pleckenreihe auflöst, welche schliesslich mehr oder weniger schwinden kann; dass die II. Zone, wie bei Varietäten der E muralis, mit dunkeln Flecken besetzt wird; dass auch de III. und die V. Zone sich in weisse Fleckenreihen auflö- sen. So entstehen Formen, welche man als striato-maecu- FR; latae bezeichnen kann, während andererseits der Rücken zuweilen, wie beim Weibchen der deutschen Mauereideehse, zeichnungslos wird. Rt Es wäre für mich unmöglich, hier erschöpfend aut die Beziehungen dieser und anderer Varietäten zu denje- Lacerta viridis vorkommt und dass sie bei einem als Lacerta Micha- hellesii bezeichneten Exemplar der Tübinger Sammlung aus Zara scharf ausgeprägt vorhanden ist in der Weise, dass die mittlere Punktreihe deutlich der V. Zone entspricht. Die zwei anderen dürf- ten von dieser abgelöst sein. Man vergleiche hiezu auch die Ab- bildung von Lacerta teguixin Lin. in Cuvier, regne animal, Reptiles, Taf. 11 und besonders die Abbildung von Lacerta oce- lata ebenda Taf. 12 mit drei Längsreihen blauer Flecke (Augen- flecke) an den Flanken: diese blauen Augenflecke der ocellata sind, soviel ich auf Grund der Vergleichung allerdings nur geringen Ma- terials vermuthe, auf die soeben angegebene Weise aus der Ober- kieferlinie entstanden. Die mittlere Augenreihe entspricht der Lage der Oberkieferlinie selbst und der mittleren Reihe der Flankenflecke der viridis und der agilis: die obere und untere Reihe sind davon. abgelöst. In vielen Fällen sind dann die blauen Seitenaugen der ocellata ganz zerstreut. Einen sehr schönen Fingerzeig für diese Art der Entstehung der blauen Seitenflecke der ocellata gibt mir weiter eine als Lacerta Samharica Blanford aus Abyssinien be zeichnete, in meinem Besitz befindliche Art, welche sehr schön die sechs Zonen ausgebildet hat, mit der V. aber ist nach oben eine Reihe in regelmässigen Abständen stehender blauer Augenflecke noch in Verbindung, jedoch in die IV. Zone hineingerückt: dieselbe _ Reihe von blauen Augenflecken, welche ich nach meiner Mittheilung in „Lacerta muralis coerulea“, zuweilen bei „Lacerta muralis ele gans“ gefunden habe und von welcher der vorderste hinter der Wurzel der Vorderextremität gelegene nach meiner Beschreibung bei der Mauereidechse als Zierde scharf ausgeprägt oder doch in Spuren als typische Eigenthümlichkeit vorhanden ist. 147 en der muralis einzugehen und es würde Gegenstand ner besonderen Arbeit sein müssen, zu zeigen, wie weit ie Uebereinstimmung in der Ausbildung und in der Ent- ung derselben mit jenen der muralis geht und ferner Einzelne hinein zu zeigen, wie weit die verwandt- aftliehen Beziehungen der Zeiehnung über die Saurier, selbst über andere Reptilien sich erstrecken. - Ein Bliek auf die Abbildungen der Reptilien z. B. bei Bonaparte wird jedem mit meiner Zonenbeschrei- bung Vertrauten in überraschender Weise sofort vor Au- gen führen, dass jene Beziehungen sehr weitgehende sind. Man vergleiche die Abbildungen von Zootoca vivipara, Acanthodaetylus Boskianus und velox, Eremias variabilis, Psammodromus Edwardsia- _ nus, Tropidosaura Algira, ganz abgesehen von der - Abbildung der Podareis taurica und oxycephala und _ der Lacerta viridis strigata, welche mit letzteren gezeigt, dass dieselben Zeichnungen führen, welehe gradig mit denjenigen der Varietäten der Lacerta mu- is übereinstimmen. So sind sämmtliche Exemplare n Egypten fing, und sämmtliche ausserdem in der hiesi- n Sammlung befindliche, retieulati; von mir in Egypten fangene Acanthodactylus Boskianus sind striato- aculati (entsprechend meiner Fig. 17 von Lacerta mu- ), während bei den in der freien Wüste gefangenen Fleekenzeiehnung zurücktritt. Ein A. vulgaris, wel- en ich bei Alexandrien gefangen habe, ist maculatus, er noch mit deutlicher Längsstreifung der Flecken, indem zwischen die hellen Längszonen noch erkennbar sind. Ind vollends die Zeichnungen der Lacerta vivipara, die jederzeit an lebenden Exemplaren verglichen werden können, sind in der Regel — und zwar viel mehr als dies aus der Bonaparte’schen Abbildung ersichtlich ist — r geringe Modificationen jener der Lacerta muralis cam- stris mit secundärer Rückenzone! Auch hier spielt 148 aber ausserdem die Auflösung der Augenbogen- und der Oberkieferlinie (III. und V. Zone) in Fleckenlinien eine Rolle bei der Umbildung, ganz wie sie bei der Lacerta agilis und wie sie auch, wenngleich in geringerem Grade, = bei der muralis beibackban ist I). N Auch die Zeichnungen mancher Skinke, Ascalabo-. ten und anderer Saurier lassen sich auf das deutlichste I selbst im ausgewachsenen Zustande auf mein Schema Ze rückführen — in noch viel höherem Maasse wird dies für die Jugendformen gelten. Nicht minder ist diese Zurück- führung bei vielen Schlangen möglich. Ich will mich aber hierbei nicht aufhalten, will vie- mehr auf die höchst überraschendenErgebnisse hinweisen, welche eine Vergleichung der Zeichnung von Amphibien mit meinem Schema ergibt. Ei Vielleicht würde es selbst vorzüglichen Kennern der Amphibien auf Grund der bisherigen Behandlung, welehe den Ueberblick über das Typische der Zeichnung wenig pflegte, schwer fallen, in wenig Worten diese Zeichnung bei einer Anzahl der gewöhnlichsten unserer Amphibien, etwa unserer Frösche, scharf und bestimmt aus dem Gedächtniss x zu beschreiben und das Wesentliche ihrer Varietäten kurz \ h | anzugeben. Ein Blick auf eine Tafel guter Abbildungen N von Fröschen unter Vergleichung mit meinem Schema der Eidechsenzeiehnung wird zeigen, dass mit diesem auch der Schlüssel für das Verständniss der Zeichnung von Am- 20 phibien gegeben ist. # ar Ich empfehle zum Beweis wiederum die Bonaparte- schen Abbildungen. Nehmen wir zunächst eben die Tafel 1) Alle Arten der Gattung Lacerta, die ich bis jetzt auf diese gi‘ Verhältnisse angesehen habe, lassen sich auf die Campestris-Zeich- nung oder auf die beschriebenen Variationen derselben zurückfüh” ren. Sehr schön ist dies auch bei der kräftigen Lacerta Galloti aus Teneriffa der Fall, von welcher ich eine Anzahl Exemplare meinem Freunde Langerhans verdanke: die Männchen derselben sind meist reticulatae bezw. tigres, die Weibchen zeigen in der Mehrzahl ausgesprochen Striata-Charakter mit starkem Hervortreten besonders der zwei weissen Seitenlinien. Auf nähere Beschreibung muss ich hier verzichten. : Bi 149 b mit Hyla viridis (arborea), Rana eseulenta und temporaria _ vor: man erkennt in der gelben Mittelrückenlinie der Rana eseulenta sofort die helle Mittelzone der reinen La- certa muralis striata eampestris wieder; dann kommt die ' I. Zone, mit schwarzen Flecken auf grünem Grunde, - welehe Flecke in der linken der beiden Abbildungen deut- En in Längsreihen und theilweise (hinten und vorn) so gestellt sind, als ob sie aus schwarzen Grenzlinien der Mi ‘* und Ill. Zone wie bei der Lacerta muralis hervorge- gangen wären, während sie in der rechts stehenden Ab- ‚ Bildung die II. Zone wie bei Lacerta muralis maculata bezw. maculato-striata besetzen. — Die Ill. Zone — Au- i En sonlinie — ist bei allen auf der Tafel dargestellten - Frösehen als gelber Streifen ebenso stark ausgeprägt wie die I., reicht aber nur bis zum Auge hin. Bei Hyla so- wohl als bei Rana eseulenta ist die untere schwarze Grenzlinie derselben, wie wir sie von der Mauereidechse er kennen, scharf ausgebildet: ihr entspricht als Fort- setzung wohl der schwarze Streifen, welcher vor dem Auge, ' diesem an, bei beiden rn bis zur Schnauzen- ze sich hinzieht, der „Augenstreifen“ der Amphibiolo- . Bei Rana esculenta ist die untere schwarze Grenz- linie der III. Zone bis zum Auge theilweise oder ganz (in der rechts stehenden Abbildung) in Flecken aufgelöst. s sind also augenscheinlich die Rückenflecke Rana eseulenta ganz ebenso entstanden wie enigen der gefleekten Lacerta muralis: durch rücken der dunkeln Grenzlinien der I. und . Zone in die benachbarten !). — Auch eine Ober- 4) Entsprechende Entstehung gilt wohl auch für die Flecke ° Seiten: Leydig, „Die anuren Batrachier der deutschen Fauna“ an 1877) sagt in der Beschreibung von Rana esculenta: „Rücken 'bgrün mit vereinzelten dicken Flecken, hellere Mittellinie, je eine sgelbe Seitenlinie. .... . Seiten des Leibes gefleckt und mar- 'irt, doch immer so, dass ein mittleres, grünes, unregelmässiger gsfeld frei bleibt. Der Ohrfleck und die zwei Reihen dunkler cken sind Fortsetzungen, Verbreiterungen und Auflösungen jener ei Seitenstriche des Kopfes, wovon der obere an der Schnauze :ch das Auge, der untere längs der unteren Kinnlade geht, be- a Rab I A LH nn, abe ZEN Re BEER TNER, Via DER”) Sal, DET Rt a er en ra ZUR 150 kieferlinie mit unterer (linke) bezw. oberer (rechte Abbil- dung) schwarzer Grenzlinie erkennt man als hellen (weis- sen) Streifen am Hals und am Oberkieferrand bei Rana eseulenta. Gelb ist er bei Hyla und bei der abgebilde- ten temporaria ‘und er setzt sich bei letzterer über die ganze Flanke hin fort. Die abgebildeten Hyla und Rana temporaria si Sn sprechen in der Zeichnung im Wesentlichen dem Weibehen der deutschen Mauereidechse, bezw. der Podareis muralis sieulus Bonaparte, sie sind faseiatae (man vergleiche die Abbildung des Podareis muralis sieulus bei Bonaparte mit denjenigen von Hyla desselben 2 Autors!); die Rana esculenta dagegen ist maeulato-striata. Ich habe von der letzteren übrigens Stücke aus der hiesigen Umgegend vor mir, welche ähnlich der Rana hispanica Bonaparte’s, in der I. Zone eine Längs- reihe von in regelmässigen Abständen stehenden Fleeken tragen, ausserhalb weicher dann die deutliche II. Zone r folgt. Spuren solcher Fleckung oder selbst einige grö- grenzt nach oben von dem weissen Streifen.“ Die beschriebene An ordnung der Flecke der Seiten des Leibes, derart, dass ein grüne Mittelfeld (IV. Zone) frei bleibt, würde also vielleicht wohl auf ihr Entstehung aus je einer der Grenzlinien der III. und V. Zone zu rückzuführen sein. Der obere Seitenstrich des Kopfes ist oben nac meinem Schema zu erklären versucht worden, ebenso der untere welcher aber — so ist die Beschreibung Leydig’s wohl auch z verstehen — am Oberkiefer, längs dessen Rande, allerdings pa- rallel mit dem Rande der unteren Kinnlade, hinzieht. Dem ent- sprechend bildet auch Leydig die Zeichnung auf seiner Taf. II be: Rana arvalis, fusca und ageilis ab. — So viel ich aus dem mir au genblicklich zugänglichen Material ersehe, sind die Zeichnungen de: Extremitäten bei R. esculenta folgendermassen zu erklären: die Fle cken der unteren Grenzlinie der Augenbogenlinie setzen sich auf den vorderen Rand der hinteren Extremität fort (dies stimmt nicht überein mit dem Verhalten der Mauereidechse, wo die V. Zone dies« Rolle spielt). Die schwarze Zeichnung des Oberkieferstreifen. setzt sich auf die Vorderextremitäten fort und bildet weiterh die untere Fleckenlinie der Seiten. Die Fleckenzeichnung des hi teren Randes des Hinterschenkels endlich ist Fortsetzung. a Rückenflecke, { L u N TE TR a re 151 bere, entsprechend symmetrisch gestellte Flecke trägt ‚auch eine mir vorliegende temporaria, bei welcher ausser- em die untere schwarze Grenzlinie der III. Zone gut wusgeprägt ist. R: Der striato - maculata entsprechende Zeichnung zeigt _ auch auf der folgenden Tafel die rechts stehende Abbil- dung von Discoglossus pietus, während die links- stehende maculata ist. Der ebenda abgebildete Peloba- . tes punetatus ist striato-maculatus — entsprechend Er meiner Fig. 17 der Mauereidechse. (Man verglei- i E che damit auch die Abbildung des Podareis mu- _ ralis siculus rubriventris bei Bonaparte!!) Noch mehr stimmt mit letzterem Typus die auf der folgen- den Tafel abgebildete Rana hispaniea überein, wäh- rend die Rana maritima, wie auch Discoglossus Sar- coglossus pietus zeigt prachtvoll den Uebergang von > Campestris - Zeichnung zu ROrenigen der maculato- Bufo aaa ae eine ee im Gegensatze zur _ vulgaris der folgenden Tafel, welche eine maculata ist. Auch bei den Caudaten unter den Amphibien erkennen _ wir unser Zeichnungsschema wieder: häufig sind Exemplare ER on Salamandra maculata '), bei welchen statt unregel- | nässig zerstreuter gelber Flecken auf der Oberseite zwei stellenweise unterbrochene gelbe Fleckenbinden vor- den sind, deren obere der III. Zone (Augenbogenlinie) tspricht, indem sie, wie bei den Mauereidechsen, über Augendach her bis auf die obere Seite des Schwanzes verläuft, während eine zweite ebensolche Linie, aller- gs, wie dies mit der ihr entsprechenden V. Zone stets h bei der Mauereidechse der Fall ist, mehr unterbro- ehen, vom Oberkiefer, bezw. Mundwinkel, an der Seite hin zieht. Auch in den Abbildungen Bonaparte’s ist Peine hierauf zurückführbare Anordnung der Flecke deut- lich zu erkennen — abgesehen von dem jungen Thiere, K Kr 1) Vergl. die Abbildung in Cuvier, regne animal, Ge bei welchem die Flecke über den Rücken zusammengeflos- sen sind. Und in der Regel sind die hellen Seitenlinien so oder in anderer Weise in Flecke aufgelöst. Salaman- dra maculata und die erwähnten Caudaten unterscheiden sich dadurch, dass bei letzteren die Mittellinie des Rückens hell, also in primärem Zustande verblieben ist, während sie bei ersterer schwarz und mit der II. Zone zu einem dunklen Feld vereinigt ist. Eine helle Mittellinie haben übrigens zahlreiche andere Caudaten. Auf den Tafeln Bonaparte’s endlich, welehe die Tritonen darstellen, wird man wiederum die Ueberein- stimmung der Fleckenzeichnung mit jener der Lacerta muralis erkennen: Triton palmatus, lobatus, marmo- ratus entsprechen meiner Fig. 17, dem Podacris muralis siculus rubriventris Bonaparte; wie weit aber genauere Beziehungen der Zeichnung bei beiden- vorhanden sind, dies festzustellen bedarf eingehenderer Untersuchung. Durch die vorstehenden Hinweise wollte ich nur im Allgemeinen auf die wunderbaren Beziehungen der Zeichnungen hinweisen — speciellere Durchführung ist hier nicht möglich. Das mir zugängliche Material würde mir zwar Stoff geboten haben, schon jetzt weitere Be- lege für das von mir aufgestellte Zeichnungsgesetz der Amphibien und der Reptilien beizubringen, aber ich glaubte gerade durch den Hinweis auf die Thatsache, dass ohne Kenntniss dieser Gesetzmässigkeit entworfene Abbildungen dieselbe in so beredter Weise illustriren, Dritte am besten und am leichtesten von der Sicherheit der Grundlagen meiner Aufstellungen überzeugen zu kön- nen. Eigenes Material habe ich schon jetzt benutzt, inso- weit dies für meine nächste Aufgabe nöthig war, nämlich um mich selbst davon zu überzeugen, dass eben die Grund- lagen meiner Folgerungen sich innerhalb gewisser Gren- zen überall bewähren und ferner davon, dass speciellere I Untersuchung des Gegenstandes die Gesetzmässigkeit der An Zeichnung nur weiter und noch glänzender in’s Einzelne hinein beweisen dürfte. Jeder, auch der scheinbar unbe- deutendste, unmotivirteste Fleck im Kleide unserer Thiere löst sich nunmehr durch die Vergleichung in ein Bekanntes auf und bietet sich frei dem Verständniss dar. Welch’ weite _ nenen Einblickes in die Gesetzmässigkeit der Zeichnung, in die Zähigkeit ihrer Vererbung auch auf die übrigen Gruppen des Thierreichs darbietet, soll später näher be- Bea rı E rührt werden. Dritte Abtheilung. IR; Ueber neue und über sehon bekannte auf Felsen isolirt lebende Varietäten. Besondere Beweise für höchste Farbenanpassung der Mauereidechsen. Hierzu Tafel XV. Eingangs meiner‘ Abhandlung über Lacerta muralis coerulea bezeichnete ie die Faraglioni bei = auf de- g Felsen, von welchen einer mit dem Lande noch SH schma- er Verbindung stehe, zwei südlich von diesem im Meere isolirt liegen, während der vierte, auf der dort von mir ;gebenen Abbildung nicht sichtbare, gleichfalls im Meere olirt, durch Spuren auf seiner Kuppe befindlicher römi- cher Bauten bemerkenswerth sei. Dieser vierte Fels, R welcher nach Ost-Nord-Ost von den übrigen und in grös- E; ‚serer Entfernung von ihnen gelegen ist, als sie selbst von ıl a 154 einander entfernt sind, wird, was ich erst später erfuhr, von den Capresen Monacone genannt. Ich kannte damals nur Eidechsen von dem südlichsten der drei eigentlichen Faraglioni, eben die Lacerta muralis coerulea, die „himmel- blaue“ Mauereidechse, wie ein gewisser Schriftsteller über- u. setzen zu müssen glaubte. Das Spiel des Schicksals wollte es, dass ich seitdem nur wenige Meter von dem Standort der schwarzblauen eoerulea entfernt, auf dem mittleren der drei Faraglioni, eine Mauereidechse gefunden habe, .& welche man in der That himmelblau nennen könnte, wenn ; man das tiefste Blau des südlichen Himmels der Bezeich- : nung zu Grunde legte. ” Im Jahre 1877 liess ich den jetzigen Faraglioni- besteiger diesen von ihm nur höchst selten oder kaum e betretenen Felsen erklettert, um denselben nach Eidech- F sen abzusuchen. Der Mann brachte mir einige solcher herunter, welche an Schönheit und Glanz der Farbe Alles übertrafen, was ich je zuvor gesehen hatte. Sie waren auf dem Rücken von dem soeben geschilderten prachtvollen, tiefen Blau — Kornblumenblau ist die beste Bezeichnung für diese Farbe — welches nur auf der Rückenhöhe durch Beimischung von Grau gedämpft erschien, am Bauche waren sie wenig heller blau. Gegen die Schwanzwurzel hin ging das Blau oben in ein Blaugrün über, welches sich weiterauf die Oberfläche des Schwanzes und der hinteren Extremitäten verbreitete. Dieses Grün, durch die zartesten Uebergänge mit dem Blau verbunden, war bei beiden Geschlechtern vorhanden und erstreckte sich auch nach vorn über die Seiten des Rumpfes, bei einzelnen Individuen ausgedehn- ter als bei anderen. Es ist dies Blaugrün nur eine leuch- tendere, mehr in’s Blaue gehende Variation des Bronce- grüns, welches ich beim Männchen der coerulea vom äussersten Faraglione beschrieb, wo es in geringerer Aus- dehnung als das Blaugrün bei der neuen Varietät, nämlich an der Schwanzwurzel und auf den oberen Piztr nr und zwar nur im Sommerkleide vorkommt. { „Ah com’ e bello!“ rief der mit mir im. Kahne den R Alten tan Fischerknabe in grösstmöglichster Dehnung R und höchstem südlichem Pathos aus, ar jener die erben B: teten Eidechsen dem Taschentuche entwand, um sie mir zu zeigen. Und in der That, man kann sich prachtvollere ‚Farben nicht denken als dns volle glänzende Blau mit den zarten Uebergängen in Grün, in welche diese Eidechse gekleidet ist, wobei nicht vergessen werden darf zu be- merken, dass die strahlende Farbe des Rückens kaum An- deutungen der Zeichnung desselben durchschimmern lässt. Erst nach Einwirkung von Weingeist, nach dem Tode, trat diese deutlicher hervor. Das Grün im Kleide ist augenscheinlich nichts Ande- res als einErbstück von der ursprünglich grünen Stamm- form — nur ist es in einen schöneren, glänzenderen Ton abgeändert und zum Schmucke geschmackvoll ver- theilt. Es steht die neue Varietät der auf der Insel Capri lebenden Stammform um ein Wesentliches näher als die eoerulea vom äusseren Faraglione, wie auch der Fels, wel- _ ehen sie bewohnt, wenngleich nicht weniger leicht zu- _ gänglich als der letztere, doch der Insel näher gelegen ist als dieser: seine Entfernung von der Insel, bezw. von dem mit ihr in Verbindung stehenden inneren Faraglione, be- trägt, ebenso wie der Zwischenraum zwischen ihm und dem äusseren Faraglione, nur wenige Meter. Was die Grösse angeht, steht die ceoeruleo-eoe- rulescens, wie ich die neue Varietät nennen will, we- nigstens in den Exemplaren, welche ich beobachten konmib, - hinter der eoerulea etwas zurück. Das Thier scheint übri- gens an seinem Wohnorte nur sehr spärlich vorzukommen, = denn ich habe bei wiederholten Exeursionen nur einige - wenige Exemplare desselben erhalten können. - Der mittlere Faraglione ist, so viel ich mich erinnere, noch kahler als der äussere, indem er fast gar nichts von Er Pflanzenwuchs trägt. Ebenso kahl ist der innere mit der Insel zusammenhängende. Auch auf diesem finden sich Eidechsen, die aber mit denjenigen der Insel ständig sich mischen können. Ein einziges Individuum, welches ich von diesem Felsen herab bekam, zeigte gegenüber den die Insel bewohnenden keine besonderen Eigenthümlichkeiten als die, dass Braun in ihrem Kleide das Grün verdrängt WET Er a 156 Eine weitere, sehr interessante Eidechsenform lernte ich von dem Monacone-Felsen im Jahre 1876 kennen. Es liegt dieser Fels, wie schon bemerkt, ostnordöstlich von den übrigen, in einer Entfernung von etwa 100 m vom äussersten Faraglione und in einer Entfernung von 140 m von der Insel, vor einer von sehr hohen, senkrecht ab- fallenden Felswänden umschlossenen, nach Osten sich öffnenden Bucht. Während die übrigen isolirten Felsen eine ziemlich bedeutende Höhe erreichen und sämmt- lich nach oben mehr oder weniger spitz zulaufen, ist der - Monacone ein niedriger (etwa 70 m hoher) Klotz, von einem Umfang von etwa 400 Quadrat-Meter, dessen Wände gleichfalls senkrecht in’s Meer abfallen, dessen obere Fläche aber nicht viel weniger umfangreich ist als sein horizon- taler Durchmesser in der Höhe des Meeresspiegels. Er kann mit verhältnissmässig geringen Schwierigkeiten be- stiegen werden. An der nach Westen — nach der Bueht zu — abfallenden Wand findet sich nämlich in geringer Höhe über dem Meere ein Loch, welches in eine Höhle mündet, die schachtartig nach aufwärts durch den Felsen führt. Nachdem man den von der anprallenden See zu spitzen, senkrecht stehenden Nadeln zerfressenen Abstieg vor dem Felsenloche überwunden hat und in die Höhle eingetreten ist, zwängt man sich von dieser aus zwischen glatten Felswänden und Felsblöcken hindurch und gelangt, sich emporschwingend, auf halber Höhe des Monacone an’s Licht, worauf man auf schmalem, aussen an der Felswand hinlaufendem Pfade den ebenen Gipfel erreicht. Diese Ebene fällt gegen Osten etwas ab und ist zu einem gros- sen Theil mit niedrigem Pflanzenwuchs bedeckt, der jedoch während der heissen Jahreszeit vollkommen vertrocknet ist. Dann tritt theilweise brauner Erdboden zu Tage. Im Uebrigen wird der Boden von Fels und von Steinen ge- bildet. coerulescens, indem sie eine vollkommene Zwi- schenform zwischen dieser und zwischen der Be- Hier auf diesem Felsen lebt eine Mauerei- r dechse, welche dieEntstehungder coeruleainnoch viel früheren Anfängen zeigt als die coeruleo- 1 m EN NOTEN U HERDL VUN a A a 7. 4, Ale) J EN Ä ki) v 157 wohnerin der Insel darstellt !). Sie zeigt deutlicher als jene die Zeichnung der capresischen Mauereidechse, da- gegen höchst eigenartige Rückenfarbe: ein Mattgrün mit nach den Seiten zunehmendem, bläulichem Ton, auf der Rückenhöhe und auf den Kopfschildern bei vielen Indivi- duen mit ausgesprochener Mischung von Braun. Diese bescheidene Färbung erhält bei gewisser Beleuchtung aber _ eine höchst erde und wichtige Veränderung: hält man das Thier so zwischen die Sonne und das Auge, dass dieses über seinen Rücken hinblickt, so erscheint letz- Ei terer prachtvoll dunkelblau, ähnlich der Rücken- farbe der eoeruleo -ceorulesens, ähnlich dem Schimmer, Sonnenlichtes zu beobachten ist. Dieselbe Erscheinung kann man an den Flügeln der so schön gefärbten Was- serjungfer Calopteryx virgo beobachten, welche bald mehr ii gern, bald blaugrün, bald tiefblau Serchemien, das letztere, zeichnet habe: auch die Töne des Grün und des Blau der Calopteryx virgo, ebenso wie die Uebergänge beider ineinan- der, haben die grösste Aehnlichkeit mit dem Grün und Blau der Lacerta muralis eoeruleseens monaconen- sis, wie ich die Mauereidechse vom Monacone nennen will — das Blau der Libelle wenigstens ist mit den tieferen Tö- So finden wir also den Anfang der blauen Färbung - des Rückens unserer Thiere auffallender Weise in einem u, welches nur bei gewisser Beleuchtung auftritt, wel- :oeruleo-coeruleseens. Diese Erscheinung steht nun aber in Zusammenhang mit folgender: auch die Unterseite un- seres Thieres ist nicht wie bei der gewöhnlichen Mauer- ® eidechse weiss, sondern sie hat einen blauen Ton, der sich welcher am Rücken der‘ coerulea bei Einwirkung des gen, blauer Ton überzieht den Rücken auchohne besonderen Einfall des Lichtes, das Grün desselben $ . ist ausserdem leuchtender geworden, während das Braun 8 zurückgetreten ist. Endlich tritt die blaue Färbung a schöner, satter beim Männchen hervor !). Ks naheliegenden Schlüsse aus diesen Thatsachen zu ia SIE OR Ba BE u ERDE 2 1 Oetan 2 Ba a a a an. er. 3; 2° h FO SThl, are Ba BIT ER ART CE DER oe BR REN ’ gt a: ek ft SAUER ’ “ 158 Diese blaue Färbung der Unterseite setzt sich über die Bauchschilder nach den Seiten der Eideehse hin fort in das-Blau des Rückens. u Die geschilderten Verhältnisse der Farben beziehen sich auf im Monat August, zur Zeit der grössten Dürre, an Ort und Stelle beobachtete Thiere. In der Gefan- genschaft lässt sich leicht erkennen, dass mit dem Wechsel der Jahreszeiten auffallende Far- f benveränderungen zu Tage treten: im Herbst und ; Winter schwindet dasBlau desBauches fast voll- ständig — dieser wird blaugrau bis weiss — im Frühling und im ersten Sommer erreicht esseine höchste Ausbildung, jetzt ist auch das Blau des Rückens am schönsten zur Anschauung zu brin- Es ergibt sich hieraus deutlich, einmal, dass das Blau des Rückens und dasjenige der Unterseite von An- fang an in Zusammenhang stehen. Ferner wird man so- fort veranlasst sein, das Blauwerden der Unterseite in Zu- sammenhang zu bringen mit der blauen Färbung, welcke die Kehle der Mauereidechse auch in nördlicheren Gegen- den beim Männchen in der Brunstzeit annehmen kann. Man wird somit die Ursache des ersten Auftretens der Blau- färbung überhaupt auf eine Begünstigung durch erhöhte Lebensthätigkeit, durch den Zufluss (Turgor) Bi Säfte und auf geschlechtliche Zuehtwahl mit zu- rückführen dürfen. So würde auch der Nutzen, der nur bei bestimmter Stellung des Beschauers sehtbascn ann 9 E blauen Färbung des Rückens mit den Forderungen der geschlechtlichen Zuchtwahl übereinstimmen, Bevor ich die be “3 wer Mr a Ze 2 RENT # BR dba u y Su Be“, 35 q ) FR tritt sehr zurück — Sk schwarze Bückenlecke z. B. erscheinen nur leicht dunkler als die übrige Bückenfarhe, a ER = 1 Der BARTETTN \ Au a ET möchte ich noch eine andere einen Felsen bewohnende Mauereidechse besprechen, welche der eoerulescens mona- eonensis sehr nahe steht, ich meine die früher schon ge- legentlich erwähnte Galli-Eidechse. Die Galli sind einige weit draussen im Meere gele- gene Felsen von geringem Umfang, an welchen man auf der Bootfahrt von Amalfi nach Capri nahe vorüberkommt. - Im Jahre 1877 habe ich einen dieser Felsen auf Eidechsen _ untersucht und fand dort eine Varietät, welche ebenfalls beginnende blaue Färbung an Rücken und Bauch zeigt, aber noch weniger entwickelt als bei der monaconensis, so dass sie der gewöhnlichen Mauereidechse noch näher steht als diese. ‘ Im August, als ich den Felsen besuchte, traf ich die Bauchfarbe dieser Lacerta muralis eoerulescens gallen- sis blau angehaucht, der Rücken war entweder vollkommen grün wie bei der Lacerta muralis elegans oder grün mit einer Spur von Blau; besonders die Seiten zeigten letztere Be Farbe ausgeprägter. Manche Individuen hatten auch Braun im Rückenkleide; die Jungen hatten am meisten Braun, am _ wenigsten Blau. Bei,den Männchen war das blaue Auge - hinter der Wurzel der Vorderextremitäteu ausserordentlich gross; bei einzelnen beobachtete ich mehrere solcher Flecke in einer Linie hintereinander. Bei den Männchen war _ die blaue Färbung von Bauch und Rücken viel satter als bei den Weibchen, besonders war bei jenen ' auch die äusserste Bauchschilderreihe jederseits mit einem satten blauen Fleck versehen, an dessen Stelle bei den Weibchen ein grüner trat. 4 Auch diese Thiere habe ich längere Zeit in der Ge- fangenschaft gehalten und habe beobachtet, dass sie im ' Winter fast jede Spur von Blau verloren, in der _ Farbe gewöhnlichen Mauereidechsen ganz ähnlich wurden, dass dagegen zur Zeit der höchsten Lebensthä- tigkeit, im Frühling und im Sommer, das Blau sehr lebhaft hervortrat und zwar in höherem Maasse bei Männchen als bei Weibehen. Hier sei angefügt, dass ich auf dem nicht fern von den Galli, aber viel näher dem Lande zu, nahe bei Prajano Dan Para hr Da Fall a IE KT Date er N ac RR Ah PIE Kae. er BR, 160 gelegenen, sehr kleinen Isca - Felsen eine Mauereidechse gesehen habe, aber nicht fangen konnte, welche braun ge- färbt war. Wenn ich mich nicht irre, so entsprach diese Farbe derjenigen des kahlen Felsens — indessen ich habe es versäumt, mir über diesen Fall Aufzeichnungen zu machen. Dagegen hielt ich fest, dass ich in hohem Grade überrascht war, als ich in der heissesten Zeit, im August, die Galli-Eidechsen an ihrem Wohnort beobachtete, zu se- hen, dass das Grün ihres Kleides mit lebhaftem, wenn- gleich spärlichem Pflanzengrün übereinsti mmte,welches sich in jener Zeit auf dem Felsen vorfand. Dadurch glaubte ich mir die Thatsache erklären zu dürfen, dass diese Thiere, obschon ihr Wohnort so weit draussen im Meere isolirt liegt, nicht ebenso wie die auf anderen isolirten Felsen, die grüne Farbe verloren und eine andere dafür angenommen haben. In Uebereinstimmung damit würde stehen, dass ich auf Capri die Mauereidechsen öfters mit blauer Färbung antraf, und zwar in mindestens derselben Intensität wie bei der Galli-Rasse !). Insbesondere war es, wie ich in „Lacerta muralis coerulea“ bemerkte, die von mir elegans genannte Varietät, welche zu blauer Färbung hinneigt. Auch hier zeigte sich das Blau fast nur schön oder auffallend im Frühling und im Beginn des Sommers und wiederum am ausgesprochensten bei Männchen. Dass blaue Farbe auch auf Capri an Ei- deehsen zur Ausbildung kommen kann, würde, angesichts der Sesshaftigkeit dieser Thiere, damit übereinstimmen, dass ein grosser Theil der Insel aus kahlen Felsen besteht und dass selbst da, wo üppiger Pflanzenwuchs vorherrscht, kahle Felsparthien mitten aus dem Grün hervorragen, auf welchen die Eidechsen sich gerne sonnen. ” Sehen wir von den Verhältnissen auf den Galli und Isca ab und berücksichtigen wir nur Capri und die ihm 1) Vergl. hiezu auch Schreiber, Herpetol. europ. S. 408, wo Var. b charakterisirt ist: „supra fascescens, dorso eyaneo-coerule- scenti, abdomine margaritino (Cyclades, Capri),“ Br META 0 > ln ne EN le ar EB a ER a 161 nnhst gelegenen Felsen, so ergibt sich, dass die bläu- liehe Mauereidechse auf Capri, „eoerulescens caprensis“, R - die Blaufärbung am schwächsten zeigt, dann kommt die vom Monacone, die eoerulescens monaconensis, dann die eoeruleo-eoerulescens vom mittleren, dann die eoerulea vom äusseren Faraglione. Diese vier Formen stellen ebensoviele Stufen der Umbildung dar, deren erste nur eine geringe * Abweichung der Farbe von der gewöhnlichen süditalieni- e schen Mauereidechse zeigt, sonst mit derselben identisch ist, während die letzte, in der Rückenfarbe fast schwarz und von auffallender Körpergrösse, von ihr ausserordent- lich verschieden ist, auch in der Beschuppung von ihr abweicht. In der Mitte stehen die Bewohner des Mona- cone und jene des mittleren Faraglione, welche in der . Körpergrösse die gewöhnliche Mauereidechse nicht über- ragen, ja von welchen die eoerulescens monaconensis dieser gegenüber sogar eher klein zu nennen ist. Bevor ich auf die Vergleichung der vier Formen und mit Bezug darauf auf die Vergleichung auch der von ihnen bewohnten Oertlichkeiten näher eingehe, um dieselbe für I. die uns beschäftigenden Fragen auch aus anderen Gegen- Br beiziehen. Beahst möchte ich aber einige Bemerkungen ein- her ahtersn an ilniekdlen Eidechsen in ihrem erhalten gegenüber dem Menschen. Es war mir nämlich ı hohem Grade die Thatsache auffallend, dass die Mona- \ ‚one-Eidechsen und ebenso — nur ticlleicht in etwas ge- ngerem Grade — die von den Galli, ausserordentlich cheu sind, in vollkommenem Gegensatze zu jenen von en Faraglioni, welche sich, wie ich in meiner Abhand- ig über Lacerta coerulea eingehend geschildert habe, durch fast absoluten Mangel an Furcht vor dem Mähschen auszeichnen. Die coerulescens monaconensis erschien mir ‚nicht minder scheu, ja eher scheuer und flinker als die ; gewöhnlichen Mauereidechsen und auch nach mehrjähri- ger Gefangenschaft haben sie diese Scheu nicht abgelegt. Es hängt dies jedenfalls damit zusammen, dass Menschen sie zuweilen stören und verfolgen mögen; aber man sollte meinen, dass dies doch viel weniger gesehehe als auf dm Festlande — oder interessiren jeden Menschen, der auf solch’ isolirten Felsen kommt, die einzigen dort vorhande- nen grösseren lebenden Wesen derart, dass er ihnen be- sondere räuberische Aufmerksamkeit schenkt? Auf dem Monacone huschten die Thierchen mit ge- radezu rasender Schnelligkeit von mir fort, sobald sie meiner ansichtig wurden. Ich verzweifelte zuerst daran, ihrer einige auch nur in der Nähe ansichtig zu werden, geschweige denn zu erhaschen. Auch die auf der Insel so erprobte Grasschlinge wollte nicht zum Ziele führen. Um die Eidechsen näher kommen zu lassen, setzteich mich schliesslich in der glühenden Mittagssonne regungslos auf einen Stein, um auch bald für meine Ausdauer belohnt zu werden. Nicht allzu lange dauerte es, da lugte eine Ei dechse, die sich vorher bei meiner Annäherung in einem S Loch verborgen hatte, aus diesem hervor, um, als sie meiner ansichtig ward, rasch wieder hineinzuschlüpfen. Bald wagte sie sich wieder hervor, diesmal weiter. Den Kopf schief aufhaltend, äugte sie nach mir und als sie & nichts Verdächtiges an dem Gegenstand ihrer Aufmerk- bi samkeit zu bemerken glaubte, rückte sie aus ihrem Ver- steck vollständig heraus. Die Neugier, welche im Leben der Eidechsen offenbar eine grosse Rolle spielt, machte sich, nachdem das Thierchen angefangen hatte sich zu be- ruhigen, alsbald geltend und gewann die Oberhand. Bald rasch vorwärts laufend, bald einen Augenblick stille hal- tend, aber ohne mein Gesieht auch nur einen Moment aus j dem Auge zu verlieren, rückte mir die Eidechse näher. An meinen Füssen angekommen, untersuchte sie neugierig prüfend meine Stiefel, indem sie dieselben genau betrach- E tete und einigemale mit der Zunge betastete. Darauf sprang sie auf einen Stiefel hinauf, kletterte — immer wieder einhaltend und prüfend — an meinen Beinkleidern in die Höhe, mir auf's Knie, dann am Arm empor, bis ich sie durch einen raschen Griff erhaschte. | Die Verschiedenheit der, Eidechsen in ihrer Vorsicht ee N 2 ER RR N NN la I, EN A STE FEN EN N a 2 RE RERTT EN en 3 Ye . g ‘ BFH TEEN ae b 163 e gegenüber dem Menschen auf den verschiedenen im Meere gelegenen Felsen gibt wohl einen Maassstab ab für den Grad der Isolirung der letzteren und wird desshalb später n ‚verwerthet werden müssen. Be < B; _ Die Anpassung der Wüsteneidechsen an die Farbe des Bodens ). — _ Verwandtschaft des Genus Acanthodacetylus mit Lacerta muralis. Bi ;; Ein mehrmonatlicher Aufenthalt in Egypten und Nu- RE bien gestattete mir im Jahre 1879 die wunderbare Anpas- sung der Wüstenthiere an den von ihnen bewohnten Boden zu beobachten. Ich fand, dass in dieser Beziehung alle Erwartungen, welche man auf Grund der Berichte Anderer hegen mag, dureh die Thatsachen selbst übertroffen wer- _ den. In vollendetem Maasse gilt dies auch für die Ei- dechsen, in Egypten speciell für die dort die Mauereidechse ersetzende und mit derselber unmittelbar verwandte Gat- ang Acanthodactylus. Als ieh in den ersten Tagen des Januar genannten Jahres die erste dieser Eidechsen in der Umgebung Alex- ' andriens auf dem Erdboden dahin laufen sah, entrang sich mir ein lauter Ausruf des Erstaunens über die wunderbare Aehnliehkeit, welehe das Thierchen in Farbe und Zeich- mung an die Verhältnisse des ersteren zeigte. Wie im Um- _ kreis vieler unter den egyptischen und anderen Städten des Alterthums, so finden sich auch vor den Thoren Alex- andriens Hügel von ziemlicher Höhe, welche sich im Lauf der Zeiten aus dem aus der Stadt entfernten Schutt Be haben. Es bestehen diese Hügel aus einem Grund- material von Erde und Sand, welches ungefähr noch die Farbe des Wüstensandes hat, vermischt jedoch mit sehr zahlreichen Bruchstücken von röthlichen Thongefässen. Auf einem dieser Scherbenberge sah ich bei Alexan- drien zuerst den Acanthodactylus vulgaris. Die Grundfarbe des Rückens dieses Thieres war vollkommen gelbbraun wie der Erdboden; darauf liefen, von kleinen FE ET 1) Vergl. Taf. XV. Fig. 26. E7 r N Er Ae Eu % Nr: +” »igi .* “ BO NDR BLUT 09 SER HEBT Ad A ER a spe ehr PER RO LERNEN USE ie 164 x-förmigen schwärzlichen Zeiehnungen unterbrochen, yier Reihen von leicht kupferrothen Fleeken, ganz von der Farbe der erwähnten Thonscherben. So wa- ren die Farben des Sandes und der Thonseherben in wun- derbarer Weise im Kleide der Eidechsen nachgeahmt und es schien mir alsbald im höchsten Grade wahrscheinlich, dass es sich in diesen Flecken um eine reizende Anpas- sung an die Scherbenfarbe handle. Ich konnte diese Auf- fassung jedoch erst dann als durchaus berechtigt erklären, als ich Schritt für Schritt auch fernerhin andere in ähn- licher Weise fein ausgeführte Uebereinstimmung zwischen Zeiehnung und Färbung der Thiere einerseits und jener des Bodens andererseits beobachtete !). In dieser Beziehung sei gleich bemerkt, das der Acan- thodactylus der freien Wüste niemals schwarze Flecken auf dem Rücken zeigt — höchstens braune Flecken, wel- che wieder mit der Sandzeichnung übereinstimmen — dass ich jene an ihm dagegen überall da fand, wo auch in der Umgebung Gegenstände häufig waren, zu welchen Flecken- zeichnung passt, besonders da, wo sich reichlicher Pflanzen finden, die durch ihre Blätter einen Schatten werfen, der solcher Zeichnung entsprechen mag: dieselbe Art Acan- thodactylus Boskianus, welche in der freien Wüste absolut von der Farbe des Sandes und ohne jede auffallendere dunkle Zeichnung ist, zeigtemirsofort nach dem Eintrittin eine kleine Oase, sobald wieder Pflanzenwuchs vorhanden war, dunkle, an Schwarz anstreifende Flecke auf dem Rücken. Die Gattung Acanthodactylus gehört nach den we- sentlichsten ihrer Eigenschaften nieht nur unmittelbar ne- 1) Nicht den Farben des Bodens angepasst sind die Stellio’s, welche in Unzahl an den alten, halbzerfallenen, aber ernsthaft von Soldaten bewachten Festungsmauern von Alexandrien herumlaufen. Aber diese Thiere sind ausserordentlich scheu und flink und sie finden einerseits sicheren Schutz in dem Labyrinth der Löcher der hohen Mauern, andererseits mag gegenüber von Raubvögeln auch - ihnen die Möglichkeit einer Verwechslung ihres fast schwarzen Kör- pers mit Spalten und mit Schatten von Vortheil sein. ‚ben Lacerta muralis, es würde meiner Meinung nach ebenso 4 gerechtfertigt sein, sie als eine Unterart der letzteren aut- R zuführen, ‘wie man sie als besondere Gattung hinstellt. Von älteren Autoren werden die Acanthodactylus wenig- RE stens in die Gattung Lacerta gestellt. Kopf, Rumpf und Sehwanz bei Acanthodactylus verhalten sich durchaus so R wie bei Lacerta muralis — erst genauere Untersuchung R zeigt die Unterschiede, welche zuerst um so weniger ge- - sucht werden, als auch die Art der Bewegung und die 5 übrigen Lebensäusserungen bei beiden Formen durchaus dieselben sind. Der Gestalt des Kopfes nach stehen die 8 Acanthodaetylus der Gruppe der Lacerta muralis am näch- - sten, welche ich als pyramidocephale, im Gegensatz zu den platycephalen, bezeichnet habe, also den südlichen der europäischen Mauereidechsen, enjeniken, welche sie ja geographisch allmählich ersetzen. ' Die Unterschiede zwischen Lacerta und Acanthodae- tylus beziehen sich wesentlich darauf, dass letzterem das ipitalschild gewöhnlich fehlt, während es bei Lacerta ' vorhanden ist, dass bei Acanthodactylus ein erstes und viertes Supraoenlare (Palpebrale) meist fehlt, durch kleine Körner ersetzt wird, während beide bei Taerki vorhan- den sind, ferner dass das Frontale bei Acanthodactylus nach kinsen stark verengt ist und im Alter eine Längs- urche hat, während es bei Lacerta nicht stark nach hin- ten verengt ist und flach oder gewölbt bleibt. Ein we- > sentlicher Unterschied, von welchem der Name Acantho- dactylus genommen ist, beruht endlich in der Zähnelung und Kielung der Zehen. Die Kielunx der Rückenschuppen, welche z.B. in Schreiber’s Charakteristik der Gattung canthodaetylus gegenüber Lacerta angegeben ist, ist diirch: nicht allen Acanthodactylus eigen — überall ist sie el ebenso wie bei Lacerta muralis am Schwanze deutlich — so u er den von mir untersuchten bei Acanthodactylus vul- garis und seutellatus: hier schreitet sie von der Schwanzwur- nel aus auch ein Stück auf dem Rücken fort, aber erst bei A. Boskianus hat sie auf diesem eine bedeutendere Ausdeh- Kir ung erreicht. Bei A. vulgaris ist auch die Zähnelung der Zehen eine sehr wenig ausgebildete, so dass diese ar Bi. ML» \ Dt 166 Art kaum den Namen Acanthodaetylus verdient — am stärksten ist sie bei Boskianus. Wir haben also sehon bei Lacerta muralis Spuren der Kielung der Schuppen, welche bei Acanthodactylus Boskianus eine so bedeutende Aus- bildung erreicht, mit den Uebergangsstufen von A. vulga- ris und scutellatus. Und ebenso zeigt die Zähnelung der Zehen innerhalb der Gattung Acanthodactylus theilweise eine so geringe Ausbildung, dass nahezu die Eigenschaf- ten der Mauereidechse auftreten und zwar findet sich bei derjenigen Art nach beiden Richtungen am meisten An- näherung an die europäische Lacerta muralis, welche an diese in der Verbreitung sich anschliesst, nämlich bei Acanthodactylus vulgaris, der ausser in Nordafrika auch in Südfrankreich und Spanien vorkommt. Ich glaube mit Grund den Satz vertreten zu können, dass die Kiele der Schuppen, die Fort- sätze der Zehen, welche letzteren der Gattung Acanthodactylus den Namen gaben, sichindem Grade mehr entwickelt haben, als die Thiere in warmen, trockenen oder regenarmen Gegenden leben. Hand in Hand mit der Entwicklung die- ser Eigenschaften geht die weitere, dass die Schuppen des Rückens aus der Form von klei nen, wenig Oberfläche darbietenden Körnernsich zu umfangreichen, platten, schliesslich dachzie- gelartig übereinander gelagerten, nur im Grade der höchsten Ausbildung mit den freien Rändern weit von einander abstehenden Schuppen ge- stalten. Diese Umwandlung beginnt am Schwanze, ist vorzüglich deutlich zuerst in der Gegend der Schwanzwur- zel und schreitet von da allmählich nach vorn über den Rücken (Boskianus). Aehnliche Umwandlungen er- fahren die Bauchschilder — bei Boskianus gestalten sie sich zu dachziegelähnlich übereinander gelagerten Schuppen. j Alle diese Eigenschaften — soleher Schluss drängt sich nothwendig auf — müssen aus den Eigenschaften der Lacerta muralis entstanden sein, aus denselben Ursachen, welche bewirken, dass von Pflanzen einer und derselben PD Den Se eh E20 ED 2 U = erden Din nach 5 u HL Et, am a ER EEE ERLEBEN TATEN ‚g a AS Een in. 1 1 a RN Rh rk henden Haaren besetzt, die letzteren nackt sein können: ‚die borstige Oberfläche von Pflanzen trockener Standorte, 4 Planen und die starkschuppige, theilweise borstige (Ze- BR. Een) Haut der Wüsteneidechsen haben offenbar denselben Zweck, den nämlich, durch Darbieten einer grösseren Ober- fläche des Körpers bei der herrschenden Trockenheit der Luft möglichst viele Feuchtigkeit von aussen aufnehmen und in dem rauhen Kleide längere Zeit hindurch festhal- a ten zu können. Die Stacheln und Schuppen sind gewisser- massen Feuchtigkeitssammler und Feuchtigkeitsaufbewahrer. M In dieser Auffassung werde ich bestärkt durch die Thatsache, dass unter den Varietäten der Lacerta muralis umgekehrt diejenigen die kleinsten Rückenschüppchen haben, welche an verhält- nissmässig sehr feuchten Orten leben, so die La- u eerta muralis coerulea vom Faraglione, von welcher ich ' sehon in meiner ersten Arbeit hervorhob, dass ihre Rücken- schuppen so klein seien, dass man sie als Körner bezeich- en müsse. : Somit würden sich die wesentlichsten Unterschiede zwischen Lacerta muralis und Acanthodaetylus erklären lassen als solche, welche in Folge des Lebens in troekener ni uft bei letzterem zum Zweck der Wasseransammlung all- ihlich entstanden sind. Allein auch die übrigen als charakteristisch für Acan- dactylus angegebenen Merkmale lassen einen unmittelba- ' ren Zusammenhang zwischen ihm und der Mauereidechse bi: ‚deutlich erkennen. 9 Das Oceipitalschild fehlt bei Acanthodactylus nicht mer gänzlich: es ist häufig durch ein kleines Kom er- | t, Ja bei mehreren jungen (halbgewachsenen) Acantho- “m tctylus der Wüste habe ich es überall sogar gut ent- ckelt gefunden '). Al ie u 1) Ich habe diese jungen Acanthodactylus an verschiedenen Zi en der Wüste gefangen, ohne zugleich die flinkeren, vorsichtige- ren Alten erwischen zu können und ich bin desshalb nicht im 168 Was die Supraorbital- (Palpebral-) Schilder angeht, so fehlt das vordere und das hintere nicht allen Acantho- dactylen, sondern es hat Savignyi und Boskianus deren vier wie Lacerta. Bei A. scutellatus und vulgaris dage- gen sind vorderes und hinteres, wie die Diagnosen lauten, fehlend, d.i. durch Körner ersetzt. Ich erkenne nun aber bei meinen A. vulgaris deutlich ein ziemlich grosses erstes Supraorbitalschild, allerdings nach innen von Körnern be- setzt, und bei seutellatus ist dasselbe noch viel deutlicher. “Bei letzterem liegt ferner hinter dem dritten Supraorbital- schild eine Anzahl Körner — das hinterste, innerste dieser Körner ist aber gleichfalls deutlich als Rest des vierten Supraorbitalschildes zu erkennen — es ist sehr gross, ein kleines Schildehen. Auch bei vulgaris erkenne ich in einem grösseren Korn einen solchen Rest. Ein reichliche- res Material als es mir zu Gebote steht, würde wohl auch in diesen Beziehungen ein häufigeres Variiren nach ; der Richtung der Eigenschaften der Mauereidechse finden lassen, welche vier Palpebralschilder besitzt, von denen “ aber das erste und vierte klein sind — ja es sind diese | letzteren häufig auf mehrere kleine oder auf ein einziges kleines Korn geschwunden, so dass hierin die Acantho- dactylus- Eigenschaften erreicht, bezw. übertroffen werden. Es geht aus dem Mitgetheilten hervor, dass die Gat- tung Acanthodaetylus geradezu als die südliche Mauerei- dechse betrachtet werden muss — beide sind ursprünglich offenbar eine und dieselbe Form und haben sich nur auf Bi Stande zu sagen, zu welcher Art sie gehören mögen, weil ihre Ei- genschaften noch nicht im Sinne einer jener Arten differenzirt sind. N Sie haben aber alle — wenn ich nicht irre, so fing ich die meisten & derselben bei Suez — in der Beschilderung des Kopfes die Eigen- 4 schaften des A. vulgaris, mit der an A. scutellatus anschliessenden % Ausnahme, dass der untere Rand des Subocularschildchens nicht immer zwischen die beiden letzten Labialia eingekeilt ist. Die stark aufgeworfene Schnauze spricht dagegen für A. Boskianus. Ihre Kör- perbedeckung ist glatt. Merkwürdig ist die Rückenzeichnung dieser jungen Thiere; sie besteht nur aus einigen zerstreuten runden, sandbraunen Fleckchen — offenbar den Ueberresten der ursprünglich (bei den Ahnen) gröberen Lacerta-Zeichnung. Im Alter tritt diese Zeichnung noch mehr oder ganz zurück. MR 169 Grund verschiedener Lebensverhältnisse und wohl zugleich durch Correlation verschieden gebildet. Mir lag daran, - diese Beziehung hervorzuheben, einmal, um die Variation des Acanthodaetylus für die Frage von der Variation der Mauereidechse unmittelbar verwenden, besonders aber, um darauf hinweisen zu können, wie eine morphologische Umgestaltung der Körperbedeckung, die so weit geht, dass man sie zur Aufstellung nicht einer neuen Art, sondern sogar einer neuen Gattung benutzt hat (die Hautstacheln der Füsse, die gekielten, abstehenden, grossen Schuppen ‘ der Haut), hier auf das Deutlichste auf Anpassung an kli- matische Verhältnisse zurückzuführen sei. Dazu die Anpassung der Farbe. Alle Acanthodaety- lus, mag die in Spiritus deutlicher hervortretende Zeich- nung sein wie sie wolle, alle die, welche ich in loco gesehen, zeigen die fabelhafte Anpassung an die Farbe der Umgebung, von welcher ich früher speciell mit Be- ziehung auf A. vulgaris von Alexandrien geredet habe. Auf dem Boden der fast pflanzenlosen Wüste sind sie so absolut hellgelbbraun wie der Wüstensand gefärbt, so gleichmässig ohne alle Zeichnung, dass sie nur dann als lebende Wesen erkannt werden, wenn sie vor den a sind alle ausserordentlich scheu und äussern eine ganz un- gemeine Behendigkeit. a TE N RZ - eine vollkommene, eine absolute. Zwischen Suez und der Oase Ain Musa = der arabischen Wüste, auf asiatischem jagte, wiederholt Stellen des Wüstenbodens, an welchen _ der Sand, wahrscheinlich durch aufsickerndes, mit dem nahen Meere in Verbindung stehendes Wasser, feucht war. Die von mir über solche Stellen verfolgten Eidechsen ho- ben sich nun von dem durch die Feuchtigkeit etwas dun- _ kel gewordenen Sande so sehr ab, dass sie demselben gegenüber fast weiss erschienen: so hell ist die Farbe _ dieser Wüsteneidechsen! # Ich bedaure sehr, dass ich es versäumt habe, die von _ mir gesammelten Eidechsen genau nach den Oertlichkeiten 12 Schritten der Karawane über den Sand dahinfliehen. Sie ir Die Anpassung an die Sandfarbe ist, wie ich sagte, j Boden, überschritt mein Weg, während ich Eidechsen wi % Wi "u OR a ziemlich stark ausgeprägte schwarze Flecken- “ f sie ist angebaut mit Getreide, Gemüse und anderen Nutz- 170. | = zu sondern, an welchen ich sie gefangen habe. So bin ich leider nicht mehr im Stande, anzugeben, wo überall ich vulgaris, seutellatus und Boskinten erbeutete.e. Aber . so viel kann ich versichern, dass ich trotz der vielfachen Erfahrungen , welche ich über die Anpassungsfähigkeit der Eidechsen doch schon besass, immer wieder im höch- sten Grade darüber erstaunt war, wie hochgradig und wie sehr in’s Kleinste ausgeführt dieselbe mir überall ent- gegen trat. Auf dem zu Esel in 2 Stunden auszuführenden Wü- stenritt vom neuen Hafen von Suez nach der Oase Ain Musa traf ich überall nur Acanthodactylus von absoluter Wüstensandfarbe, ohne jede Spur von Grün, ohne jede Spur von Schwarz. Die Oase, von einem Umfang von nur etwa 1 Kilometer, liegt mitten in der Wüste und ist reich an Pflanzenwuchs, an Palmen, Akazien, Tamarisken, und THU, pflanzen. Denn sie ist reich an Quellen, deren Wasser zwar in verschiedenen Grade salzhaltig, jedoch von eini- gen trinkbar ist — so von der grössten, welche für den Brunnen erklärt wird, welehen Moses durch seinen ‚Stab E: ‚aus ‚der Erde gerufen oder für das Salzwasser, welches 3 er in süsses umgewandelt haben sollt). Wie war ich erstaunt, mit dem Eintritt in diese kleine Oase plötzlich Acanthodaectylus vor _ mir zu haben, welche auf dem Rücken einen Schimmer von Grün zeigten und ausserdem eine zeichnung, entsprechend einer Lacerta muralis striato-maculata ?)! nr Es ist nicht anders denkbar, als dass das Grün de :$ Pflanzen, der Schatten den sie, besonders ihre Dr E 1) Zu de Aufstellung dieses letzteren Wunders könnte en die Thatsache Veranlassung gegeben haben, dass das Wasser einiger Quellen zwar salzhaltig, aber doch trinkbar ist. j 2) A. Boskianus. Das in Fig. 26 abgebildete Thier steht zwi schen der reinen Wüstenform nnd der vollendeten Oasenvarietät in der Mitte. on 171 sodann auch andere Gegenstände auf der Oase werfen, die geschilderte Zeiehnung und Färbung wieder zur Ent- wieklung kommen lassen, während die Eidechsen der pflanzenarmen Wüste einen Schutz nur in der absoluten Anpassung an die Sandfarbe finden. Der Gluth der afri- kanischen Sonne von oben, der Gluth des Sandes von unten fast ständig ausgesetzt, ohne Pflanzenschutz, sind diese Eidechsen auf der Oberseite weissgelb geworden in Folge von allmählicher natürlicher Auslese. Welcher Unterschied zwischen ihnen und der schwarzen Lacerta muralis Lil- fordi auf Ayre, der auf dem Filfola-Felsen bei Malta oder der eoerulea vom Faraglione! Ebenso ist Acanthodacty- lus vulgaris, dasselbe Thier, welches ich in Alexandrien in der Farbe des Sandes, ohne Spur von Grün und mit sehr zurückgedrängtem Schwarz antraf, in Frankreich viel dunkler gefärbt: „un noir quelquefois tr&s fonce, d’au- 'tres fois passant au brun, regne sur toutes les autres par- fies (abgesehen von Kopf und Schwanz) superieures du - eorps“ ete. sagen Bibron und Dum&6ril von den Erwach- senen; von den Jungen aber sagt Schreiber: „Ganz - junge Thiere sind auf der Oberseite tief sammtschwarz, mit sieben bis neun weissen Linien über den Rücken.“ Somit würde es viel eher sachgemäss sein, anzuneh- men, dass die Eidechsen von der südlichen Sonne ge- bleieht werden, als zu behaupten, dass sie sich durch dieselbe schwarz färben. \ 4 Die Erfahrungen über die wunderbare Anpassung der - Wüsteneidechsen — von anderen Thieren, bei welchen diese _ Anpassung nicht minder hochgradig ist, hier nicht zu reden — hatten auf mich die Wirkung, dass ich über 5 zeugt war, an keine der Falk nnaxsune widersprechen- den Angaben auch bezüglich dunkelgefärbter Eidechsen ıuben zu dürfen, che ich mich mit eigenen Augen von der absoluten Richtigkeit dieser Angaben überzeugt hätte; ich sprach bestimmt die Erwartung aus, dass auch der Filfola-Fels bei Malta, der nach Giglioli’s Angabe weissgelb sein sollte, so dass die schwarzen Eidechsen E- sich scharf von ihm abheben, dass auch dieser Fels, trotz Re Giglioli, dunkle Farben zeige, wie das Kalkgebirge { 14 . Erg rg 172 überhaupt, und ich beschloss, statt von Cairo aus, wohin ich kürzlich aus dem Süden zurückgekehrt war, direkt über Alexandrien nach Italien zu reisen, einen Abstecher nach Malta zu machen, indem ich in Ismailia, wo die grossen, aus Indien kommenden, über Malta nach England gehenden Dampfer anhalten, mit meiner mich begleitenden Frau einen solehen Dampfer zur Fahrt durch den Suez- kanal nach Port-Said bestieg. Die Mauereidechse vom Filfola-Felsen. Am 29. März, am Tage nach unserer Ankunft in Malta, machten wir uns auf nach dem Filfola-Felsen. Derselbe liegt nach Süden von der Insel. Der Weg führt zu Wa- gen in etwa zwei Stunden von La Valetta quer durch letz- tere nach Zurigo. Von da hat man noch Y, Stunde zu Fuss bis an die Küste zurückzulegen. Hier sieht man den Filfola-Felsen, einen mächtigen Felsklotz, fern draussen im. Meere liegen. Ich ergriff das Fernglas — als eine russ- schwarze Felswand bliekte mir die ganze von meinem Standpunkte aus sichtbare Seite des Eilandes entgegen, Schon vor unserer Ankunft an der Küste hatte ich den Wirth zum Imperial-Hötel, welcher uns begleitete, nach der Farbe des Filfola gefragt. Der Mann kannte den Fel- sen genau, er hatte ihn schon früher öfter mit Gästen be- sucht. Seine Antwort war kurz und bündig „nero!“, Es war mir, auch abgesehen von den Angaben Gig- lioli’s bekannt, dass Malta aus gelbweissem Gestein be- stehe und ich hatte desshalb meine Erwartungen von schwarzer Färbung des Filfola-Felsens von vornherein auf Flechtenüberzüge gesetzt, wie ich sie vom Kalkgebirge a früher beschrieben habe. a Als wir uns auf der Reise nach Malta der Insel na herten — wir steuerten von Osten her auf dieselbe, um ihren östlichsten Punkt herum der Hauptstadt La Va- letta zu — sah ich nichts oder nur wenig der Art. Das blossliegende Gestein zeigte hier meist seine natürliche, K 173 gelbweisse Farbe und nur an den Festungsmauern der Stadt bemerkt man zuweilen dunkle, rauchgraue oder ° sehwärzliche Färbung. Die Felsen sind in jener Gegend wohl in verhältnissmässig neuer Zeit angebrochen — viel- leicht erst vor wenigen Jahrzehnten zum Bau der noch neuen Festung. Ganz andern Anblick bot das Gestein auf der Süd- seite der Insel, gegenüber dem Filfolafelsen. Es gab mir dieser Anblick die volle Gewissheit, dass meine Vermu- thungen über die Farbe des Filfola richtig seien, noch bevor ich diesen selbst sehen konnte. Ehe man von Zurigo aus an die dem Filfola gegenüberliegende Küste, an eine dort einschneidende, von einem Wartthurm über- ragte, Fischern zum Ausgangspunkt ihrer Fahrten dienende Bucht kommt, durchschreitet man ein, linker Hand von mächtigen Felswänden begrenztes Thälchen. Diese Felsen - sind durchaus schwarzgrau, theilweise vollkommen schwarz, von einem Ueberzug mikroskopischer Flechten!). Die Farbe ist eine so intensive, dass es stellenweise den Ein- - druck macht, als seien die Felsen mit Tinte übergossen. Ganz ebenso sah der Filfola-Fels durch das Fernrohr aus. Wie liess sich mit dieser Thatsache die Angabe des Herrn Giglioli vereinigen, dass die schwarzen Eidechsen auf dem weissen Filfola-Fels herumlaufen ? Ich schloss dar- . 1) Ich kann die Art dieser schwarzfärbenden Flechte nicht ange- ‚ben, ebensowenig wie die der schwarzfärbenden Flechte der Kalkalpen und. der Apenninen, bezw. von Capri, mit welcher sie vielleicht Eaatech ist. Dagegen hole ich hier die Mittheilung einer Aus- kunft über die die graublauen Töne des letztgenannten Gebietes her- N ıfenden Flechte nach, welche ich der Vermittelung meines zen Collegen Hegelmaier verdanke. Derselbe schrieb mir, auf sendung einer Gesteinsprobe von Capri an ihn, im Oetober 1876: en Form von Pyrenodesmia Agardhiana Mass. (Callopisma Agardhiana Ach.), einer specifischen Kalkflechte, welche auch auf den süddeutschen Kalkalpen und sogar au unseren württembergischen _ Weissjurafelsen vorkommt. Wie mir Herr Arnold in Eichstätt mittheilt, ist dieselbe kleinfrüchtige Form auf weissem Marmor bei Athen gefunden worden.“ 174 aus, dass ein Theil des Felsens in der That hellfarbig sein werde, aber unbegreiflich war und bleibt mir, wie Giglioli die mächtigen russschwarzen Flächen, wie sie dem von Malta heransteuernden Besucher desselben ent- gegenstarren, haben entgehen können. Ein Besuch des Filfola war mir heute nicht möglich. Die See ging so hoch, dass man an eine Ueberfahrt nicht denken konnte. Das nächste Schiff nach Sieilien ging erst in fünf Tagen ab; so lange mussten wir noch auf der Insel verweilen, wenn ich günstigere Gelegenheit zum Be- suche des Filfola abwarten wollte. Inzwischen hatte ich Zeit, die früher mitgetheilten Beobachtungen an den Mauer- eidechsen der Insel zu machen. Nach zwei Tagen kam die Nachricht für uns nach La Valetta, dass jetzt die See hinreichend beruhigt sei, um die Ueberfahrt auf den Felsen ausführen zu können. Bei hohem Wogengang, aber unter günstigem Wind, er- reichten wir den Filfola von der Küste aus in ®/, Stunden. Während der Ueberfahrt starrten uns die schwarzen Wände desselben deutlicher und deutlicher entgegen. Schwierig wie die Abfahrt vom Lande gewesen, war auch die Landung an zackigen Felsstücken, die wir bestiegen, um ein wogensicheres Plätzchen zu suchen, auf welchem wir uns von der wilden Seefahrt erholen könnten. Von da aus suchte ich mir bald auf theilweise allerdings schwie- riger Wanderung nähere Kenntniss von der Beschaffenheit des Felsens zu erwerben. Der Fels fällt nach Norden steil gegen das Meer ab und ist hier, wie geschildert, fast vollkommen schwarz, zum grossen Theil tief schwarz gefärbt. An seinem Fusse lagern mächtige Felsblöcke, wie abgebröckelt, in dasMeer hinein und sie haben grösstentheils dieselbe Farbe. Nach Süden zu fällt der Fels weniger steil ab, er ist hier mehr zerklüftet und zahllose Felsblöcke lagern in einer Weise zusammen, welche den Eindruck macht, es haben hier Felsstürze stattgefunden, die gewaltige Theile des Felsens übereinander warfen. Der Umstand, dass hier auf der Oberfläche des Gesteins die schwarze Farbe meist fehlt, möchte andeuten, es habe dieses Ereigniss in verhält- te jr u ee ARE A 175 mn - nissmässig neuer Zeit stattgefunden. Für solches Ereigniss schien mir zu sprechen nicht allein das ziemlich neue Aussehen der Bruchflächen der Felsblöcke, sondern auch der Umstand, dass sehr verschieden gelagerte Flächen der - Blöcke, zuweilen auch solehe, welche nach innen und unten gewendet waren, die schwarze Farbe wiederum zeigten. Die Plattform des Filfola ist von spärlichem Pflan- zenwuchs, speciell von einer Distel mit acanthusartigen Blättern theilweise bewachsen; ebenso wuchern allerlei Pflanzen zwischen und an den Blöcken seines Südabhan- ges. Allein es ist anzunehmen, dass dieses Grün auf dem heissen Felsen im Sommer nieht weniger zurücktritt, ver- dorrt, wie dies in Italien.der Fall ist. Indessen hat das - Gestein hier oben eine helle Farbe. | - Herr Giglioli hat vollkommen recht, wenn er sagt dass man die pechschwarzen Filfola- Eidechsen auf gelb- weissem Gestein des Filfola herumlaufen sieht. Wer aber die thatsächlichen Verhältnisse unbefangen berücksichtigt, dem wird, in Anbetracht der ungemeinen Anpassungsfähigkeit der Mauereidechsen, die Frage sich _ aufdrängen müssen, ob nicht die russschwarze Farbe eines. ossen Theils der Oberfläche des Filfolafelsens mit der en schwarzen Farbe der dort lebenden Eidechsen in - ursächlichem Zusammenhang stehe, selbst dann, wenn nicht, wie mir das als wahrscheinlich erscheint, früber ein noch ‚viel grösserer Theil dieser Oberfläche schwarz gewesen h sein sollte. Ich bin auf Grund meiner Erfahrungen fest 2 „davon überzeugt, dass ein solcher ursächlicher Zusammen- hang wirklich besteht. = Zunächst will ich nun die wesentlichsten Eigenschaf- ten der Filfola-Eidechse beschreiben. Abgesehen von der Farbe ist die Grösse der Thiere öehst auffallend. In meiner Schrift über Lacerta muralis coerulea hob ich hervor, dass die coerulea auf dem Faraglione um ein Ziemliches grösser ist als die. Mauereidechse der Insel Capri und von Unteritalien. Noch viel bedeutender zu Gunsten der isolirten Form ist der Grössenunterschied zwischen der Mauereidechse von Malta und derjenigen vom er j un a Filfolafelsen. Die. letztere ist iberkanpe die grösste Mauer- eidechse,, welche ‚ich "kenne !), grösser auch als die coerulea, während die von Malta verhältnissmässig klein ist — um ein Ziemliches kleiner als die gewöhnliche süd- italienische. re a Das Männchen misst mit Schwanz etwa 22cm in der Länge, wovon 7 cm auf den u, 2 auf BR Kopf und 13 auf den Schwanz kommen. Von Bedeutung für den Eindruck der Grösse ist aber besonders der Umfang von Kopf und Rumpf: das Thier ist von ausserordentlicher Kraftfülle. Das Weibchen erscheint dem be sehr zierlich: Länge nahe an 15 cm, davon ep 4,2; y Kopf 1,35, Schwanz 9. A Leider sind mir von mehreren Männchen, die ah ' gefangen hatte, durch die zu weiten Gitter des Käfigs alle bis auf eines, ein altes Thier, auf der Reise Be dessen Beschreibung ich im Wolsenden, zunächst was die Farbe betrifft, geben will, und zwar in dem Zustand, welchen es zeigte, kurz nachdem es die Häutung yollzogen hatte. Der Rumpf ist auf der Oberseite tiefschwarz, mit Ausnahme kleiner Fleckehen, welehe Ro werke längliche Streifen, theils feinste Pünktchen dar- stellen , theils von unregelmässiger Form sind, die aber, je weiter nach aussen desto mehr rundlich werden. Im Ganzen sieht die Oberseite wie von diesen Fleekchen angespritzt aus. Im mittleren Bezirk der- selben sind diese „Spritzer“ gelb mit grünlichem Schimmer; beiderseits davon tritt eine Reihe von Fleck- chen auf, in ‚welchen ein bläulicher Ton im Gelb sich zeigt, besonders im äusseren Theil, so dass die Fleckchen zuweilen innen gelb, aussen blau sind. Beiderseits von diesen Fleckehen treten völlig blaue auf. Nach der Schwanzwurzel zu nehmen die Fleeke allmählich ab. Die Oberseite des Schwanzes ist im ersten Viertel schwarz mit etwas Rothbraun gemischt, nach hinten mehr und mehr grau. 1) Der Schwanz ausser Rechnung gelassen! j ae a | ba Pan ’ Ä u 72 wenk** ız + BAN.- * X in? 177 Hinter den Vorderschenkeln ist, ganz im Schwarzen liegend, ein kobaltblauer Fleck vorhanden, entsprechend dem broncegrünen, blau und schwarz umrahmten Auge, welches ich, beim Männchen der coerulea beschrieben R A - r ‘habe und welches einem blauen Augenfleck der gewöhn- lichen Mauereidechse an derselben Stelle entspricht. Ein 'solehes Auge ist auch beim Männchen der Malteserin vor- handen. Die unmittelbare genetische Zusammengehörigkeit der Filfolaform und der maltesischen zeigt sich aber, wie ‚hervorzuheben eigentlich nicht erst nöthig ist, in den gel- ben, gespritzen Fleekchen der ersteren — diese sind augenscheinlich der Ueberrest der ursprüng- „lieh zwischen einem Netz von schwarzen, zusam- menhängenden Flecken vorhandenen gelben, bezw. gelbgrünen Grundfarbe, welche die Malteserin auszeichnet. Der Kopf ist auf der Oberseite einfach schwarz. - Die Oberseite der vorderen Extremitäten zeigt ein weniger sattes Schwarz, der untere Theil der Vor- derarme. und die Yorderfisse sind an der Oberfläche stahlgrau. An bestimmten Stellen finden sich einzelne blaue Flecke oder Schüppchen, so um das Ellbogengelenk. Die Oberseite der hinteren Extremitäten ist schwarz, mit Spuren von Braunroth. Am Hinterrand des Unter- und des Oberschenkels je zwei kleine blaue Fleckchen. Bauch: braun-(rost-)roth. Die Schuppen zeigen diese "arbe in ihrem vorderen Theile; der kleinere, hintere Ab- schnitt ist schwarzgrau mit Neigung zu Blau. Die so im Ganzen rothbraune Färbungs.des Bauches ist nahezu die- selbe, welche ich von einem Männchen der Malteserin be- schrieben habe — nur ist sie etwas dunkler, satter als bei dieser, schwarzblau angeflogen. Also auch hierin ist genetischer Zusammenhang zwischen beiden Formen augenscheinlich sichtbar. Ebenso hat, wie bei jenem Männchen, die Kehle und die Unterseite des Schwanzes der Filfola Braunroth ; an der Kehle ist indessen das Schwarzblau vorherrschend, und nach vorm, a finden sich im Schwarz kleine, meist annährend runc Oberseite von Kopf, Schwanz und Extremitäten war etwas 178 Sr. # im Winkel zwischen den Unterkieferschilder, finden sich an ihr mehrere blaue Sechüppchen. „4 Die Unterkieferschilder sind schwarz mit ee SB. Ton, rothbraun gescheckt. Am Winkel der BOLD jeder- seits ein kleiner blauer Fleck. | Seiten. AmBauch jederseits neun ganze oder halbe blaue Schuppen. . ; h Das Weibchen zeigte bei mehreren ee Hi etwas Violettbraun im Schwarz der Oberseite des Rum- ; pfes, insbesondere ging ein in dieser Weise gefärbter Streif vom ersten Drittel derselben an bis zur Schwanzwurzel in | der Mittellinie. Jederseits vom Kopf an bis zur Behwälk: wurzel ist das Schwarz 2mm breit durch ein schwaches | Grün theilweise verdrängt, unmittelbar hinter dem Kopfe auch in der Mittellinie. Nach aussen von dieser Zon blaugrüne oder blaugrüngelbe Fleckchen. — Auch die heller als beim Männchen, die erstere mit Grünlich und Rostbraun. Bauch: leicht roströthlich, Untersetkeider Extremi- täten und des Schwanzes röthlichbraun . is fleischfarben. Kehle!) hellblau mit grossen, schwarzen, "mit Rothbraun (besonders an den Rändern) gemischten Flecken. Ebenso Unterkiefer. Die Seiten des Kopfes (bis zum Unterkiefer) schwarz mit drei kleinen blauen Flecken. Schon Günther ?) sagt von der Filfola-Eidechse, sie sei nicht schwarz, sondern: „the back and sides orna- mented with small bluish - green specks and the lower parts are bluish black.“ Allein die Beziehungen dieser Färbung zu derjenigen der maltesischen Eidechsen sehe ich nirgends hervorgehoben. Nun finden sich aber m der Filfola-Eidechse nicht nur die Spuren der gelben Farbe eh Zur DE ER I nen 2 anlıı A ,m A önhar a nl zn U le hdeiä nn Ink 7 Lö du uraibln nu 3 Sn cin Anne nr en “ 1) Fig. 28. Ei 2) Ann. of natural history Vol. XIV. 4. Ser. 1874. 8.158 und 159. 179 der Malteserin wieder — auch ihre Zeichnung lässt eine bestimmte, auf diese zurückführbare Regel erkennen. Es scheinen zwar die hellen Fleckchen auf ihrem Rücken bei oberflächlieher Ansieht durchaus unregelmässig zer- N ”\ ö er 2 Ka » streut zu sein. Sucht man aber nach einer Ordnung, so wird man wohl in den meisten Fällen — auch in unserer Zeichnung ist dies möglich — deutlich erkennen, dass die Fleekchen wenigstens im Gebiete der Angenbo- gen- uud der Oberkieferlinie (der zwei weissen Sei- tenlinien) im je einer, diesen Linien entsprechen- den Längsreihe einzeln hintereinander stehen und oft ist solehe Ordnung auch im Gebiete der II. Zone zu erkennen. Nun besitze ich aber ein Exemplar, welches auf das Deutlichste die Entstehung dieser Zeichnung vor Augen führt. Dasselbe ist eine punctato -striata, am P meisten ähnlich Individuen der auf Corsiea heimischen Rasse, mit ziemlich grobgezeichneter, secundärer Mittel- zone, mit sehr verdickten, nach innen zackigen Grenzlinien "der III. und V. Zone. Diese Grenzlinien müssen dadurch, dass sie allmählich mehr zackig, fleckig wurden, nach einwärts rückten und die hellen Zonen bis auf jene Fleck- chen ausfüllten, die schwarze, gelbgespritzte Filfola-Rasse gebildet haben. Auch die Malteserin zeigt, wie früher bemerkt, häufig noch Längsstreifung. Das in Rede ste- hende von mir auf dem jFilfola gefangene, gestreifte Stück ist ein Weibchen, bei welchem die ursprünglich. gelblichgrünen Längsstreifen des Rückens in Spiritus fast weiss geworden sind und dessen Bauch ebenfalls durchaus ohne Schwarz oder Braun ist !). x 1) Der neueste Beschreiber der Lacerta Lilfordi schliesst aus Aehnlichkeiten zwischen derselben, bezw. den Mauereidechsen der kleineren Inseln bei Menorka, und der filfolensis auf eine nähere Verwandtschaft beider und vermuthet desshalb auch eine beiden gemeinsame Anordnung der Rückenzeichnung. Es versteht sich - für uns von selbst, dass weder Aehnlichkeit der Farbe oder der Rückenzeichnung, noch auch gewisse Uebereinstimmungen z. B. in der Schuppenbildung (vergl. das Folgende) oder der Körpergrösse auf eine unmittelbare Verwandtschaft der auf isolirten Felsen leben- 180: PN Was die Schilder und SchnppER der Filfola-Ei- Re, dechse,angeht, so zeigt sich in Beziehung auf die Rücken- schuppen bei ihr nach derselben Richtung bin eine Abweichung von der Stammform (der Malteserin) wie bei der coerulea ‚gegenüber der capresischen, bezw. süd- italienischen. Die Rückenschuppen sind bei der Filfols _ Eidechse kleiner als bei der Malteserin. Bei Fe mit der Lupe erweisen sie sich als rundliche, nicht ge- ‚kielte Körner. Diese örner unterscheiden sieh ‚ferner von den Rückenschuppen der Malteserin dadurch, dass sie nicht, wie bei dieser, dicht ‚aneinanderliegen , sondern von runder dureh einen freien Raum getrennt sind, in welchem ein ganz kleines, sthwer sichtbares Körnchen liegt. Es sind’ hierin Kish Eigenthümlichkeiten gegeben, welche es allein rechtfertigen würden, die Filfola-Bidechse als eine besondere Art der Malteserin ‚gegenüber aufzustellen, ganz abgese- hen von der Körpergrösse, der Kopffoni und. der Farbe, während andererseits ihr Zusämmen- hang mit dieser so augenscheinlich ist, dass man sie ebenso gut als Varietät derselbeh be- zeichnen kann — dasselbe was ich auch für die Be- ziehungen der coerulea zu den italienischen Mauerei- dechsen hervorgehoben habe. Gerade die Schuppen und Schilder sind es ja, welehe wesentlich zur systematischen Abgrenzung benutzt werden. Die Rückenschuppen zeigen ‘ nicht nur gewöhnlich sonst innerhalb des Variationskreises der Mauereidechse eine hochgradige Constanz bezüglich ihrer Grösse und anderweitigen Beschaffenheit, es erstreckt sich diese Gleichartigkeit über die Grenze der Art hinaus, denn die Mehrzahl der der Gattung Acanthodactylus un- ‚ ‚terstellten Formen stimmt mit ihr im Wesentlichen darin überein. Um so bemerkenswerther ist die schon früher hervorgehobene Thatsache, dass innerhalb des Gebietes der Art Lacerta muralis und des ihr unmittelbar verwand- den Mauereidechsen verschiedener Gegenden unter sich schliessen lassen — auf eine Verwandtschaft unter sich, die etwa grösser wäre, als die mit ihren bezüglichen nächsten Inselnachbarn. Be te a ee a a u 181 ten Acanthodactylus‘ in Beziehung anf. die Beschaffenheit der Rückenschuppen sich Abänderungen bemerken lassen, | welehe deutlich mit klimatischen Verhältnissen in Bezie- hi hung stehen: ich habe die Grösse, die ‚blattförmige Aus- breitung der. Rücken- und Bauchschuppen, das stärkere Hervortreten der Kielung der ersteren, das Auftreten von stacheligen Fortsätzen an den Zehen u. s. w. bei Acantho- daetylusarten auf Anpassung an die Trockenheit der Luft, in welcher die Thiere leben, bezw. auf Wasserarmuth. des Landes zurückgeführt, indem ich‘ umgekehrt auf den Be- fund an der Lacerta coerulea und zum Voraus auch auf jenen an der Filfola-Eidechse im Vergleich mit den übri- gen Mauereidechsen hinwies, wonach an den .auf isolirten Felsen im Meere, also in feuehter Luft, lebenden Formen die Rückenschüppchen kleiner als bei den Bewohnerinnen des Festlandes seien !). Bei der Filfola-Eidechse sind nun ‚die Rückenschüppchen sogar auseinandergetreten: sie liegen nicht mehr dicht aneinander wie bei den übri- gen Mauereidechsen, sondern es bleibt ein Raum zwi- schen ihnen frei. Während bei Acanthodactylus- species ein dachziegelfürmiges sich Ueberlagern der Rücken- (und auch der Bauch-)Schuppen in Folge der Flächenvergrösserung derselben auf- tritt, zeigt dieFilfola-Eidecehse eine derartige Ver- kleinerung der Schüppchen, dass dieselben die Körperoberfläche gar nicht mehr deeken und in den Zwischenräumen, welche zwischen ihnen auftreten, sehen wir eine Veränderung, die in weiterer Ausbildung, mit weiterer Verkleinerung der Schüppchen Hand in Hand gehend, zur Bildung einer gleichartigen, glatten Rücken- fläche führen müsste. Diese Veränderung dürfen wir aber auf Grund des Vergleiches mit Acanthodactylus. darauf zurückführen, dass der Körper unserer Eidechsen in der v 1) Auch bei der Malteserin sind sie kleiner als bei den Fest- landformen (grösser aber als bei der Filfola-Eidechse) und stehen eng aneinander, so dass ein ganz anderes Bild der Beschuppung entsteht als bei diesen. N f wre ' sachen der Entstehung dieser Bekleidung stützt. # ne °F hg Br e u. 188 u feuchten Luft unizefieha wasseraufnehmender Schup- penbildungen nicht bedarf. Es braucht kaum ausdrücklich datanf hingewiesen " 3 zu werden, in welchem Maasse ein Bliek auf die stark schuppige Bekleidung so vieler Wüsten- und Steppenrepti > lien aus anderen Gruppen meine Auffassung von den Ur- u A $ Die übrigen Schilder und Schuppen der Filfola-Eideehse ir anlangend, so mag zuerst bemerkt werden, dass auf den äussersten Bauchschuppen jederseits, und zwar stets auf den mittleren und häufig auch auf den vorderen, gewöhn- lich aber nicht auf den hinteren der Reihe, jene kleinen Schildehen aufsitzen, welche ich bei der eoerulea als ‚Ober- er schildehen bezeichnete, und die bei dieser unverhältniss- mässig häufig zu einer neuen Reihe von Bauchschildern L sich vergrössern. — Auf dem hinteren Theil der 'Aussersten Bauchschuppenreihe findet sich, wie bemerkt, bei der Fil- fola gewöhnlich kein eigentliches ee ‚statt desselben sind vielmehr drei kleine Sehüppchen vı rhan- den, von welchen allerdings das hinterste das grösste ist und so den Beginn der Oberschilderbildung andeutet !). Entsprechend den Eigenschaften der Filfola-Eidechse 1) Es muss bemerkt werden, dass die Zeichnung, welche Braun auf Taf. I. Fig.14, e von den Bauch- und Rückenschildern der Filfola-Eidechse gibt, in jeder Beziehung unrichtig ist. „Er wirft übrigens selbst die Frage auf: ob der Zeichner nicht „mehr nach Willkühr“ gezeichnet habe. Derselbe Autor sagt auf S.14 es wolle ihm scheinen, dass die Oberschildchen aus allmählich sich vergrössernden Rückenschup- % pen hervorgegangen seien, eine Ansicht, deren Beweis den. Haupt- inhalt der gleich nachher von ihm eitirten p. 13 meiner Abhandlung über L. coerulea bildet. Hier sei übrigens zugleich die Bemerkung gestattet, dass als Auctor von „Lacerta filfolensis“ Günther zu setzen ist und kein Anderer. Günther hat diese Eidechse a. a. O. als „Filfola-Rasse“ behandelt und die Literatur wird der Eitelkeit eines Dritten, der nach Jahren kommt und hinter den Namen Lacerta filfolensis sei- nen eigenen setzt, ohne sonst auch nur das mindeste Verdienst um dieses Thier zu haben, sicher schon aus moralischen Gründen die Unterstützung zu versagen haben. Re 183 / finden sich auch bei der Malteserin Oberschildehen; allein sie sind nicht überall deutlich, am schönsten allerdings in der Mitte und etwas vor der Mitte. Wir hätten also einen kleinen ‚Unterschied zwischen Malteserin und Filfoleserin h darin, dass bei ersterer die Oberschilder eine grös- _ sere Ausbreitung zeigen. Indessen wird diese Regel bei Untersuchung zahlreicher Formen wohl Ausnahmen auf- Er. weisen lassen. Bi En gehen wie bei der eoverulea, so auch bei der Fil- R. fola-Eidechse 4 bis 5 Rückenkörner auf ein Bauchschild ; bei der Malteserin 4, bei der süditalienischen und bei ar . deutschen 3—4. Bei der deutschen fehlen die Oberschil- der, bei der süditalienischen treten sie da und dort auf. i Bei der eoerulea entwickeln sie sich sehr häufig zu einer P neuen Reihe von Bauchschuppen. Wir haben also eine ‘Vermehrung der Zahl der auf Fo mai en der deutschen zu verzeichnen. Die hin- eser Körner gehen bei den südlichen zunächst in { ildchen über, entwickeln sich aber zuweilen zu einer neuen Bauchschuppenreihe. Hier füge ich einige Maasse der Filfola- und der maltesischen Mauereidechse bei, um die bedeutenden Grös- u ausgebildete Thiere von der gewöhnlichen Grösse , senunterschiede vor Augen zu führen. Die angegebenen Maasse beziehen sich nicht auf zahlreiche Messungen, aber _ Hr ; filf. 2 fill. malt. mal.g -Gesammtlänge . . . . . 222mm 150 145 135 nfänzen .,.. .%...2#20.0185 17 15 Rumpflänge . x . . .. 70 42 45 38 Schwanzlänge . . Ba 9b“ Bro J Grösste Breite derKopfdecke 11 80 77 Grösste Kopfbreite NEE 11 10 — Grösste Kopfhöhte . . . 1 8,2. 755 _ ehung der Formen hatte den Zweck, zu zeigen, nach wel- - ehen Richtungen hin bezüglich der Beschaffenheit der — Sehuppen und Schilder dieselben besonders variiren und wie sich durch Herrschendwerden von Variationen allmäh- Die im Vorstehenden gegebene ausführliche Verglei- 184 lich constante Eigenthümlichkeiten herausbilden, die zur Aufstellung neuer Arten und selbst Gattungen führen kön- nen (Acanthodactylus), ohne dass absolute Grenzen vor handen wären, welehe irgend die Auffassung einer ur sprünglichen organischen Selbstständigkeit dieser Gruppen stützen könnten. Ich hatte seiner Zeit desshalb die Auffindung der La- certa eoerulea für sehr werthvoll und einer monographi- schen Behandlung für würdig gehalten, weil in ihr zum ersten Male eine Form vorlag, welche, wie ich mich aus- drückte und, wie ich oben wiederholte, ebenso gut als neue Art wie als Varietät von einer unzweifelhaften Stamm- form unterschieden werden konnte, von der sie augen- seheinlich durch zufällige Verhältnisse vor Zeiten getrennt worden war. Jeder Systematiker würde, wie ich mich damals ausdrückte, die coerulea als neue Art erklären können, während andererseits ihre Uebereinstimmung mit Lacerta muralis in Beziehung auf die wesentliehsten für diese Art gültigen Eigenschaften, sie mit demselben Recht nur als Varietät bezeichnen lässt. Wir hatten somit in ihr einen Fall von Naturzüchtung vor uns, welcher, wie kein anderer dies bisher zu thun vermocht hat, die ab- solute Relativität der Begriffe Varietät und Art beweist. Ganz ebenso ist dies nun nach meinen heutigen Angaben mit der Filfola- Eidechse, nur dass diese noch mehr von ihrer Stammform abweicht, als die coerulea von der ihrigen. | Die Vergleichung zwischen Lacerta und Acanthodacty- lus mag aber weiter andeuten, welche Quelle der Feststel- lung von Beziehungen eine Elek: methodische Verglei- chung auch geographisch entfernt lebender, verwandter, aber selbst in verschiedene Gattungen eingereihter Formen darbieten mag, Fragen, auf welche ich zurück- kommen werde. iM i h 185 Die Mauereidechsen auf dem Aetna, _Sehon vor Jahren hatte ich Gelegenheit zu beobach- ten, dass die auf den Lavablöcken des Vesuvs herumlau- Belen Mauereidechsen dunkler erscheinen, als die sonst in der Umgebung Neapels vorkommenden Thiere dieser _ Art. Meine Beobachtung war aber nur flüchtig, im -Vor- _ übergehen gemacht und ich hatte es versäumt, die Ver- hältnisse auf dem Vesuv nach dieser Richtung genauer zu verfolgen. Der Aetna, welchen ich von Malta aus unschwer erreichen konnte, musste wegen seiner ausgedehnten Lava- felder einen noch viel günstigeren Boden für meine Untersu- chungen darbieten, als der Vesuv. Denn eine vollkommene "Anpassung der Mauereidechse an die Farbe des Lavabodens konnte ich nur auf grösseren Lavafeldern erwarten, indem anzunehmen ist, dass auf weniger ausgedehnten solchen Fel- dern, je kleiner sie sind um so mehr, gleichzeitige Anpassung andie Verhältnisse der grünen Umgebung sich zeigen, auch 4 eineMischung der etwa entstandenen Varietät mit den grünen - Thieren aus der letzteren stattfinden und dass so die Fixirung einer ausgeprägten Rasse verhindert werden mag — dies besonders desshalb, weil die Lavafelder verhältnissmässig neue und vorübergehende Bildungen sind, indem sich auf ihnen nach nicht allzulanger Zeit wieder üppiger Pflanzen- n ug entwickelt. Gerade der letztere Punkt kommt hier Ä in Betracht bei der Beurtheilung etwaiger Farbenan- „. Passung, macht diese hier hervorragend beachtenswerth. f Wohl schliesse ich aus der Thatsache, dass unter den zahl- reichen Varietäten der Mauereidechse gern bestimmte Farben und stets bestimmte Zeichnungen sich zeigen, dass sich diese Varietäten trotz der möglichen Vermischung allmählich entwickelt haben aus constitutionellen Ursachen - — aber eventuell zugleich unter Regulirung durch die For- - derungen der Anpassung an örtliche Verhältnisse, welche wie der Schatten derBlätter, wie Sandfarbe und grüne Vegeta- ‚tion, seit unendlich langer Zeit wirksam sind und in Folge immer wiederholter Auslese durch althergebrachte und im- . mer neu» sich stärkende Vererbung sich im Organismus 13 A 186 mehr und mehr befestigt haben müssen. Ganz im Gegen- satz zu diesen gewöhnlichen Verhältnissen der letzteren Art ist ein Lavafeld eine gewissermassen künstliche Er- scheinung auf der Erdoberfläche und seine eigenartigen Far- ben haben nicht an einer und derselben Stelle seit sehr lan- . ger Zeit eine bestimmende Wirkung auf jene der auf ihnen lebenden Thiere ausüben können. Desshalb mag von vornherein weniger erwartet werden, dass auf kleinen La- vagebieten eine. ‚ hochgradige Anpassung der Mauereidech- sen sich zeige. Dagegen erwartete ich sie, nachdem ich selbst auf solch kleinen Gebieten am Vesuv eine relative Anpassung schon gesehen hatte, mit Sicherheit auf den grossen Lavafeldern des Aetna. Diese meine Erwartung wurde fast übertroffen, und die im Folgenden mitzuthei- lenden Thatsachen liefern den schönsten und unwiderleg- lichsten Beweis für die mächtige Wirkung der Farbe der Umgebung auf die Farbe unserer Eidechsen und eines der merkwürdigsten Beispiele von Farbenanpassung der Thiere überhaupt. Ich besuchte von Catania aus die Lava, welche sich zwischen Cefali und Misterbianco von Nicolosi an bis nach Catania herabzieht, hier sich in’s Meer ergiessend. Es mag dieser Lavastrom etwa zwei Stunden lang sein und er geht nach Süden fächerförmig in drei Hauptströme aus- einander, von welchen jeder etwa "/, Stunde breit sein dürfte. Der mittlere dieser Ströme ist es, welcher sich Ca- tania südlich von Cefali nähert, aber bevor er an ‚die Stadt herantritt, abermals in zwei schmale Ströme sich spaltet. Der nördliche derselben zieht unmittelbar südlich | von Cefali vorüber und er ist es, den man auf dem Weg von Catania über Cefali nach Miklörbiando hin zuerst be- tritt. Das Dorf Cefali ist schon grösstentheils aus Lava aufgebaut. Jenseits desselben begrenzen überall aus Lava- steinen aufgeschichtete Mauern die Strasse. Diese selbst ist schwärzlich an Farbe, Lavaboden, welcher beiderseits _ auf den Feldern längst wieder mit üppigem Grün be- deckt ist. Es war ein kühler Morgen am 5. April 1879, 4 als wir diese Strasse fuhren. Den Tag vorher, vor unse- rer Ankunft, hatte es in Catania heftig gestürmt und durch- r | - W er | 187 einander geregnet und geschneit. Jetzt schien die Sonne dann und wann durch die zertheilten Wolken und bald wurden einzelne Mauereidechsen an den braunschwarzen Strassenmauern siehtbar: es waren, so weit ich im Vor- beifahren erkannte, Exemplare der süditalienischen Striato- maculata-Rasse, alle schön grün wie sie irgend auf Capri oder in Süditalien im grünen Gebüsch vorkommen. Wir schritten weiter vor, die Vegetation wurde ärmer, sterile Lava kam mehr zur Herrschaft, aber immer noch war ziemlich reichlich Vegetation vorhanden. Jede auf der Mauer sitzende Eidechse wurde genau gemustert. So zeigte es sich, indem wir in vegetationsärmeres Gebiet kamen, dass die Farbe unserer Thiere sich änderte: es erschienen zuerst einzeln, dann mehr und mehr zahlreich solche, bei welchen ein Theil der Körperoberfläche die Farbe des Gesteins angenommen hatte, so dass sie, auf diesem sitzend, weniger leicht sichtbar wurden. Und zwar waren es Kopf, vorderer und hinterer Theil des Rückens und Schwanz, _ welche zuerst die braune Farbe angenommen hatten, während der mittlere Theil des Rückens noch grün blieb. Es war nun im höchsten Grade interessant zu sehen, wie Schritt für Schritt, je weiter wirin vegetationsärmere Gegend gelangten, die Ei- deehsen dunkler wurden, in der Weise, dass das grüne Gebiet ihres Rückens immer geringer an Ausdeh- we ward, bis es nur noch als kleiner, nach vorn und Ainien in Braun übergehender Sattel sich zeigte und bis es endlich ganz geschwunden war. Noch war Grün ® da und dort zwischen der Lava ziemlich reichlich vorhan- den, aber die nackt daliegende Oberfläche des Gesteins _ beherrschte die Landschaft. Jetzt schon, trotzdem dass die Vegetation noch nicht durchaus geschwunden, dass wenigstens in dieser frühen Jahreszeit einiges Grün da und dort vorhanden war, hatten alle Eidechsen das braune _ Lavakleid angelegt. Endlich kamen wir in die pflanzen- lose Lavaeinöde. Wir befanden uns inmitten des übri- .gens nur etwa !/; Stunde breiten Lavastromes zwischen R 'Cefali und Misterbianeo — etwa 1Ys Stunden von Cata- _nia entfernt. Das Thierleben hatte allmählich fast voll- E ‘ 188 ständig aufgehört — nur höchst selten huschte da oder dor eine Mauereidechse über die wildgethürmten Blöcke der Lava, die hier eine tiefbraune Farbe hat. Die Anpas- - sung der Farbe der Eidechsen an die der Steine war eine vollkommene. Die Thiere waren alle ohne jede Spur von Grün und auch die schwar- zen Flecke des Rückens schienen, so viel ich zu 2 erkennen vermochte, ohne eine der Hideksgn in der Hand beobachten zu können, in Braun verwandelt, kurz, das ganze Thier war braun mit etwas dunkleren Zeichnungen. Leider trat heftiger Platzregen ein, wäh- rend ich mitten auf dem Lavafelde mich befand. Damit waren meine Beobachtungen zu Ende, bevor ich auch nur eines der scheuen Thierchen hatte fangen können. Durch die mitgetheilten Thatsachen sind die äusser- sten Anforderungen, welche an die Farbenanpassungsfä- higkeit unseres Thieres gestellt werden können, befriedigt und es sind durch sie die Annahmen, welche ich in die- ser Beziehung gemacht habe, indem ich das Gelb der Malteserin, das Blau der viridis durch Anpassung an Blu- n men erklärte, in höchstem Grade gestützt. Dagegen ist die vollkommen haltlos hingestellte Behauptung, es sei die direkte Einwirkung der Sonne, welche die Eidechsen dunk- ler macht, abermals — wenn dies überhaupt noch nöthig war — ad absurdum geführt. Brennt die Sonne oben auf den Laväfeldern heisser als unten in Catania *) und brent sie die Eidechsen auf der Lava und auf den im isolirten Felsen dunkel, so hätte sie auf den Lavablöck eine ganz andere Wirkung als z.B. auf dem a i würde sie schwarz, dort Han färben. va Wenden wir uns zur Betrachtung eines väiR Ba positiven Gewinnes, welchen wir aus den am Ba wonnenen Thatsachen ziehen dürfen. Diese Thatsachen liefern uns nach einer Ba ie 8 j . 1) Was erst zu beweisen wäre, denn die il, a dunkeln Felsen wird jedenfalls zu einem guten Theil durch die Höhenlage ausgeglichen, in welcher im speciellen Fall die Eidech- R sen dunkel gefunden wurden. BE ST NP nu 189 - hin einen Fall, wie er in ähnlicher Weise ausser eben auf _ Vulkanen kaum wieder vorkommen dürfte, indem sie uns ke e Möglichkeit an die Hand geben, mit grösster Sicher- heit — ja eventuell auf den Tag nachzuweisen, innerhalb welehen Zeitraums eine Naturzüchtung stattgefunden ha- ben muss. Die Lava, welche ich besuchte, und auf wel- eher ich die vollkommene Anpassung der Farbe der Ei- dechsen an die des Bodens fand, stammt aus dem Jahre 1669. Es ist also die vollkommene Anpassung innerhalb eines Zeitraums von 200 Jahren geschehen. Es wird nun aber die, Aufgabe weiterer Untersuchung sein, zu er- forschen, ob vollkommene Anpassung sich nicht, was ich für wahrscheinlich halte, auf viel jüngeren Lavafeldern & findet und es dürfte solcher Untersuchung nicht schwer _ werden, eine äusserste Zeitgrenze für den Process festzu- stellen. Leider hatte ich dazu keine Zeit am Aetna, weil ich veranlasst war, an demselben Tag die Reise nach Nor- - Schlussbemerkungen zur Anpassungsfrage. DE Die mitgetheilten Thatsachen lassen erwarten, dass in der Regel eine hochgradige Farbenanpassung der Mauereidechsen an den Untergrund allerorten wird fest- gestellt werden können, wenn man alle dabei in Betracht ommenden Faktoren genau kennen gelernt hat und in hnung zieht, und sofern man.sich vor Augen hält, dass Beschaffenheit des Kleides unserer Thiere, auch wenn ler Umgebung angepasst ist, nicht immer auf den ersten als hochgradig übereinstimmend mit derselben zu inen braucht, sondern vielmehr vielleicht ein fein searbeitetes Mittel sein wird aus zahlreichen Anforde- ingen, welche die Anpassung zu gleicher Zeit stellt. Es wurde s he n berührt, dass persönliche Unterredung unter Berücksichtigung des reichen Materials, über welches Gi- ‚glioli verfügt, im Gegensatz zu der früher von diesem ‚ Autor ausgesprochenen Meinung, welche Farbenanpassung bei Mauereidechsen leugnete, weitere zahlreiche Beiträge zu Gunsten meiner Ansicht geliefert hat. Giglioli hat So 2} 190 auf allen möglichen Inseln und im Meere isolirten Felsen Italiens gesammelt und die Schilderung, welche er mir von den meisten der von ihm besuchten Oertlichkeiten machte, liess Beziehungen der Anpassung zwischen Eidechsen und Boden erkennen, sowie man die von mir zur Berücksich- tigung empfohlenen Gesichtspunkte der Beurtheilung zu Grunde legte; nur an einzelnen scheinen solche seiner Er- zählung noch zu fehlen. Vergleichung der Verhältnisse an Ort und Stelle würde sicher darin in’s Einzelne hinein sehr hübsche Ergebnisse im Sinne der Anpassungstheorie lie- fern, denn die in Frage kommenden Oertlichkeiten sind sehr verschieden — theils steril, theils reich an Pflanzen- wuchs, theils mit Kalk, theils mit Urgebirgsboden, meh- rere vulkanisch. Einige wenige Bemerkungen über die- selben und über die sie bewohnenden Eidechsen will ich nach den Angaben Giglioli’s hier noch anfügen. Schon früher habe ich bemerkt, dass die Mauereidechsen von Stromboli auf Grund ihrer Zeichnung, aber auch ihrer Grundfarbe, so auffallend dunkel sind, dass man durch sie sofort an vulkanischen Boden, auf dem sie leben, gemahnt wird. Die Isola di Santo Stefano besteht aus Kalk und ist nach den Angaben Giglioli’s dunkel. Die Eidechsen ‚seien fast & schwarz (ihre Zeichnung, sowie auch die der Bewohnerinnen von Se Stromboli wurde früher behandelt — ich kenne sie nur nach Spi- ritusexemplaren, an welchen die Farben verloren gegangen sind). Ihr Rücken sei grüngefleckt, ihr Bauch blau. Es wäre zu unter- suchen, ob nicht auch der Rücken einen blauen Anflug habe; übri- gens scheint die dunkle Farbe des Rückens wesentlich durch die Zeichnung hervorgerufen zu sein. % r Die Isola del Toro, eine sehr kleine Insel im Südwesten von Sardinien, bei Sant AntiochoSardegna, welche übrigens Giglioli nicht selbst besucht hat, bestehe aus dunkelm Gestein. Ihre Mauer- eidechsen seien auf dem Rücken intensiv schwarz, der Bauch sei gelb, schwarz gefleckt. Tinetto, Eiland in der Nähe von Spezia, aus dunkelm Bes bestehend, führt dunkle Eidechsen. a" La Scuola, ein Felsen bei Pianosa, ‚ähnlich dem Filfola, aus. Kalkstein bestehend, sei dunkel gefärbt; seine Eidechsen seien schwarz mit grünen Flecken. Linosa bestehe aus schwarzer Lava. Eidechsen und Gongy- lus darauf seien schwarz. 191 Monteeristo bestehe aus Granit; die Eidechsen zeigen theil- weise Granitzeichnung. \ Pianosa, eine platte, weisse Insel, aus Tuff. Ihre Eidechsen seien, die Farbe betreffend, im Ganzen hell. Doch kommen hier Pflanzengrün und Pflanzenschatten in Betracht; nach ersterem sind die Eidechsen theilweise grün; die helleren wurden auf den Steinen, - an den Mauern gefunden. Palmajola, eine kleine, aus dunkelm Gestein (Kalk) beste- hende Insel, gegenüber Elba, auf der übrigens Pflanzenwuchs vor- handen ist. Demgemäss sind die Eidechsen grün, schwarzgefleckt (nigriventres). Salina, eine der liparischen Inseln, vulkanisch, sei ganz grün : h*. entsprechend seien die Eidechsen gefärbt (nigriventres). ; e So bieten auch die Eidechsen auf Lipari und überhaupt auf allen Inseln mit reichlicherem Pflanzenwuchs nichts Besonderes in der Färbung dar. Zu diesen Mittheilungen Giglioli’s, füge ich hinzu, dass nach den Angaben von Eingeborenen die Eidechsen nicht nur der Insel &0zo, welche ziemlich gross, sondern ch die der Insel Comino, welche nur vielleicht viermal 80 gross ist als der Filfolafels, durchaus die gewöhnliche E Rarhe haben. Beide Inseln, bei Malta gelegen, sind mit en a Diese Thatsachen führen mich auf die Mauereidech- sen der eapresischen Felsen zurück. Trotz der so laut‘ redenden Beispiele von Farben- ame der Mauereidechse, wie ich sie’besonders aus igener Beobachtung kenne und im Vorstehenden geschil- 4 : t habe, erschiene, wie ja im ersten Theile dieser Schrift eingehend erörtert worden ist, solche Anpassung für den Fall, ‚dass Verfolgung der Eidechsen dureh räuberische 2% fehlen würde, durchaus nicht nothwendig. Dann ürde die Wirkung constitutioneller Ursachen, bezw. der re Einfluss äusserer Einwirkungen auf die Con- tion, im Kleide unserer Thiere rein zum Ausdruck Br. "kommen können, wie ich das z.B. für Arion empirieorum Wehseskeinlich angegeben habe !). — Von Trutzfarben i ‚glaube ich bei der Mauereidechse abstehen zu dürfen. 1) Hier füge ich, nach neuerlicher Besprechung mit Dr. Wein- ie N RE 1er ER ELT R 192 Auf der Münchener Naturforscherversammlung!) habe ich von der Lacerta muralis coeruleseens monaconensis gesagt: „das Thier ist dessen (des Monaconefelsens) Far- ben nicht so angepasst, dass auf eine Auslese durch Feinde geschlossen werden müsste, während alle Thatsachen der von mir vertretenen Auffassung günstig sind, dass der Mangel an Grün im Untergrund — pflanzenarmer Boden — die im Organismus der Thiere gelegene Neigung nach Blau zu variiren zum Siege kommen lässt, wogegen diese Farbe auf dem Lande verdrängt wird, indem hier um so mehr Grün an ihnen auftritt, je mehr grüner Pflanzenwuchs sich findet.“ Das Gestein auf der Kuppe des Monacone- Felsens ist in der That erheblich heller, als die dort le- benden Eidechsen und ohne dunkle Flecke. Die Farbe dieses Gesteins ist ein helles Grau mit bläulichem Ton, von welchem sich die Eidechsen ziemlich stark abheben. Wenn eben- solcher Boden oben auf den Faraglioni vorhanden ist, so müssen sich die noch dunkleren Faraglioni- Eidechsen dort noch stärker von demselben abheben. Wenn man die dunkeln Thiere auf einem Boden, welcher in weiterer Ausdehnung hell ist, wie das Gestein oben auf dem Mona- ‘ . 5. . u," e cone, herumlaufen sieht, so drängt sich das eine der von mir für die Erklärung der Farbenänderung in Anspruch genommenen Momente, die Neigung blaue und schwarze land an, dass derselbe von seiner Ansicht, die Farben des Arion empiricorum könnten Schutzfarben sein, durchaus zurückgekommen ist: Versuche haben ihm gezeigt, dass diese Schnecke von Vögeln verschmäht wird. — Ein Beispiel von Farbenanpassung dagegen, welches den von der Mauereidechse gelieferten nicht nachsteht, ist mir in diesen Tagen wieder aufgefallen: ich hatte längst beobachtet, dass unsere Acridium coerulescens und germanicum die Farbe ihrer Oberflügel in verschiedenen Gegenden ausserordentlich nach jener des Bodens ändern. Hier bei Tübingen copiren sie in den Weinbergen in überraschender Weise den röthlich braunen Erdboden. Dagegen > fand ich Acridium coerulescens da, wo steinige Stellen hellen Keu* persandsteins die Weinberge unterbrechen, wie diesen hell, event. grau mit bläulichem Ton gefärbt — ganz nahe dabei, auf rothem Boden, waren die Thiere wieder rothbraun! 1) Amtlicher Bericht S. 180. BR: # Be 193 Farben zu erzeugen, d. i. die constitutionellen Ursachen, in den Vordergrund, und man möchte annehmen, dass jene Neigung ohne Weiteres gerne zum Ausdruck komme, sowie Pflanzengrün wegfällt, an welches sich die Farbe der Eidechsen nach allen von mir mitgetheilten Thatsa- chen fast sofort mit seinem Auftreten anpasst. Allein die so ganz ausserordentlichen Fälle von Af- passung, welche ich beobachtet habe, seitdem ich die Mo- nacone-Eidechse kennen lernte, die Thatsache, dass auch auf isolirten Felsen, welche Pflanzengrün tragen, die Mauereidechsen grün sind, die Thatsache, dass das Feh- len von Anpassung bei unseren Thieren geradezu als auf- fallende Ausnahme bezeichnet werden müsste, führen zu der im ersten Abschnitte erörterten Ansicht zurück, dass die dunkeln Eidechsen auch auf den hellen Theilen unserer Felsen geschützt sein werden, weil sie Schatten und weil sie ‚dunkle Flecken !) vortäuschen, wie sich diese, wenn auch nicht auf der Kuppe, so doch auf dem gan- zen übrigen Umfang des Monacone in der That auch fin- den 2). Und heute, nachdem ich die geschilderten wun- " Br 1) Betreffs der früher besprochenen merkwürdigen Angaben, Br dass schwarze Hühner von Raubvögeln weniger häufig geholt wer- den als andersgefärbte, erzählt mir auf Befragen Dr. Weinland, der landwirthschaftliehe Erfahrung besitzt, es seiihm dieselbe That- sache schon seit seiner Knabenzeit von den Tauben bekannt: es werden schwarze Tauben vom Habicht weit seltener geholt als anders- gefärbte (weisse natürlich ausgenommen). Sein Vater habe die Sache " durch die Annahme erklärt, es möchten die schwarzen Tauben vom Habicht für Krähen gehalten werden. Dagegen ist einzuwenden, 1 ' dass der scharfsichtige Habicht, wenn er überhaupt auf den schwar- re. S zen Fleck einmal aufmerksam geworden ist und ihn als Vogel er- B. kannt hat, leicht auch dessen Art erkennen wird. Die Annahme einer Verwechselung mit Schatten dagegen, welche sich wesentlich # auf Schutz in der Nähe bezöge, würde voraussetzen, dass der Raub- E. vogel auf das Objekt gar nicht aufmerksam wird. 2) Durchaus dieselben Farbentöne, wie sie die Felsen von Yu zeigen, findet man, wie ich kürzlich beobachtete, sehr schön an den mächtigen Jurafelswänden des oberen Donauthals zwischen : en und Sigmaringen. Ich führe dies an, um die Möglichkeit, 3 der Beurtheilung der bezüglichen Verhältnisse auf Capri näher - zu legen. 4 EN N a 194 derbaren Beispiele von Farbenanpassung der Mauereidechse kennen gelernt habe, gewinnt für mich bezüglich der Mo- nacone-Eidechse auch noch ein anderes Moment Bedeu- tung, welches ich früher nicht zu verwerthen gewagt hätte: die Thatsache, dass ein Theil der Kuppe des Mo- nacone -Felsens braunen Erdboden aufweist, welcher be- ®onders in der heissen Jahreszeit zu Tage tritt, in der ich die Eidechsen auf demselben braun gefärbt sah. Wie ich aber mittheilte, wechseln die Monacone-Eidechsen die Farbe, und zwar tritt im Frühling mehr Blau und leuchtendes Grün in ihrem Kleide zu Tage als im Spätsommer vor- handen ist. Hier mag auch die früher schon berührte Thatsache einen Platz finden, dass nieht minder die eoerulea und die coeruleo -coerulescens von den Faraglioni einen Far- benwechsel zeigen. Diese Thiere werden, sobald sie der Sonne ausgesetzt sind, heller: während sie, behaglich sich sonnend, platt ausgebreitet, an den warmen Steinboden sich anschmiegen, nimmt ihr Rücken, in grauen und bläulichen Tönen schillernd, eine mehr matte Gesammtfarbe an, im vollen Gegensatz zu der Annahme, es sei die direkte Ein- wirkung des Sonnenlichts, welche sie dunkel gefärbt habe, indem sie das dunkle Pigment in die äusseren Lagen der Haut zog. Man kann sich von der Richtigkeit meiner Angabe auch bei unserer schwächeren deutschen Sonne leicht überzeugen, wie ich dies u. A. Herrn Dr. @. Seidlitz auf der Münchener Naturforscherversammlung zeigen konnte. Im Uebrigen erscheinen mir als die wichtigsten Er- gebnisse meiner neuen Beobachtungen über die Mauer- eidechse diejenigen, welche sich auf den Beweis der Be- deutung constitutioneller Ursachen beziehen und ich freue mich, darauf hinweisen zu können, in welchen: Maasse diese Ergebnisse als Bestätigung der Ansichten erscheinen, die ich in meiner Abhandlung über Lacerta muralis coe- rulea aussprach, zu einer Zeit, als auf zoologischem Ge- biete von einer Bedeutung constitutioneller Ursachen unter dem Druck der Macht, welche man dem neuen Prineip der Anpassung zuschrieb, kaum die Rede war. Seitdem a Pa Be Je vi 195 hat ihnen Wallace in seinen Untersuchungen über die Tropenwelt eine bedeutende Stelle zugeschrieben und es wird sich zeigen, dass die Resultate meiner, wenngleich nur in einem beschränkten Rahmen ausgeführten Unter- suchungen mit den extensiven Erfahrungen dieses For- schers in manch wesentlicher Uebereinstimmung stehen. Vierte Abtheilung. Ergebnisse meiner neuen Untersuchungen für die Theorie von der Entwickelung aus constitutio- nellen Ursachen. Zeichnungen und Farben der Raubvögel. Zeichnungen der Säugethiere und der Raupen. x N hi Kraftfarben. ht Benutzen wir nun das uns zu Gebote stehende Ma- terial zum Versuch einer Erklärung der letzten Ursachen des Herrschendwerdens der Farben Blau und Schwarz bei den Mauereidechsen, so ergibt sich das Folgende. Es liegen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass äussere Einwirkungen direkt und allein die fraglichen ‚Farben hervorgebracht hätten. Diese Farben treten auf an den Bewohnern im Meere isolirter, pflanzenarmer Felsen oder kleiner pflanzen- armer Inseln, deren Bodenfarbe ihnen entweder entspricht oder grau oder blau oder weiss ist; auf anders — etwa braun gefärbtem Boden entsprechender Oertlichkeiten sind sie nicht als herrschend bekannt. Vielmehr scheint hier Braun auch im Kleide der Thiere stets herrschend zu werden. Die von den capresischen Felsen gemeldeten That- sachen zeigen auf das Deutlichste, dass dort Blau das erste Stadium der Farbenänderung ist und dass diese 1 Te N er 2 Sa a ir ee 196 \ Farbe securdär in Schwarz übergegangen sein muss, soweit sich dieses findet. Selbst das Blau kommt nieht zur Herrsehaft auf kleinen weit im Meere isolirten Felsen, so- wie diese grünen Pflanzenwuchs tragen (Galli), — ebensowenig auf dieht neben den Wohnorten blau oder schwarz gefärbter Eidechsen gelegenen pflanzenbewach- senen Inseln. . Dagegen beginnt Blau sich gerne über den Körper auszubreiten auf grosser Inselfläche selbst mit Pflanzen- wuchs, da wo grössere Stücke entsprechend gefärbten Bodens zu Tage liegen (Capri — Cyeladen?). Obwohl Thatsachen bekannt sind, welehe beweisen, dass Feuchtigkeit die Ursache der Dunkelfärbung von Eidechsen sein kann und obwohl diese Färbung auch in den uns beschäftigenden Fällen durch sie begünstigt wer- den mag, so sprechen diese Fälle doch auf das Entschie- denste dagegen, ihr dabei einen irgend entscheidenden Einfluss zuzuschreiben — es sei denn, dass man der Ab- sorbtionsfähigkeit der Pflanzen gegenüber Wasser eine so grosse Bedeutung zuschreiben wollte, dass man jener ent- behrende Felsen für feuchter "erklärte als von ihnen be- wachsene, während eher das Umgekehrte richtig sein dürfte — denn die grössere Luftfeuchtigkeit im ersteren Falle wird wohl weit aufgewogen durch die grössere Bo- denfeuchtigkeit im letzteren. Wenn wir also von der Bedeutung des Pflanzenwuch- ses für die Feuchtigkeit auf isolirten Felsen, bezw. auf kleinen Inseln für unsere Frage absehen dürfen, da anzu- nehmen ist, dass sogar eher pflanzenreiche derartige Oert- lichkeiten feuchter sein werden als pflanzenarme !), so fin- 1) Es schrieb mir seiner Zeit Dr. Günther, dass sich die Schwarzfärbung von Reptilien auf Schildkröten erstrecke, die auf Inseln isolirt seien von der Grösse Württembergs und mit tropischer Vegetation — es müsse demnach diese Schwarzfärbung einen viel tieferen Grund haben, als die Färbuug des Gesteins. Es ist, meine ich, selbstverständlich nicht nöthig, dass sie überall, wo sie vor- kommt, auf dieselbe Hauptursache zurückzuführen sei — so ist es 3 ä 3 | 2 | i 3 x 197 den wir, dass ohne Rücksicht auf Kleinheit des Wohngebietes und ohne Rücksicht auf die Ent- fernung derselben vom Lande die Farben Blau oder . Sehwarz herrschend werden oder nicht, dass also Feuch- tigkeit für ihre Entstehung nicht massgebend sein kann. Andernfalls müssten auch die Eidechsen bezw. die Reptilien auf allen in den grossen Meeren gelegenen Inseln und Eilanden schwarz sein. Es wurde im ersten Theil die Frage aufgeworfen, ob nieht die Ernährungsweise Einfluss auf die kräftige Körperbeschaffenheit der dunkeln Eidechsen gewonnen habe. Da diese sich trotz der Sterilität ihrer Wohnorte gerade bei ihnen findet, so könnte man daran denken, dass sie sich an den Genuss von kleinem Seegethier ge- ‘ wöhnt hätten, sofern man die Ausbildung einer grösseren Rasse nicht auf die Verdrängung des Schwächeren durch den Stärkeren zurückführen will. Solche Aenderung der - Ernährungsweise könnte nun auch eine Aenderung der ; Färbung bewirken. Leider habe ich inzwischen keine Ge- _ legenheit gehabt, genauer zu untersuchen, wie sich z. B. _ die Faraglione - Eidechsen an Ort und Stelle nähren. Es könnte auch eine speeifische oder fast ausschliessliche Er- - nährung auf den betreffenden Wohngebieten durch Land- ‚thiere in solcher Weise wirken. Dabei ist auffallend, dass die Rasse je mehr sie in der Farbe abgeändert, je mehr sie blau oder schwarz ist, auch um so kräftiger wird (eoerulea, filfolensis). Es ist übrigens kaum denkbar, dass der Unterschied in der Vegetation auf den verschiedenen Wohngebieten in demselben Verhältniss auf die Emäh- rungsweise der Eidechsen gewirkt kaben könnte, dass darauf die vorliegenden Unterschiede in Farbe und Con- ‚stitution zurückzuführen sein dürften, kaum denkbar, dass sich z. B. die fast grüne coerulescens gallensis oder die monaeonensis wesentlich anders ernähre als die filfolensis. ER möglich, dass jene dunkeln Schildkröten der Feuchtigkeit der tropi- schen Inseln die Ursache ihrer Färbung verdanken, ebenso wie die “von Leydig berichteten Fälle des Vorkommens dunkler Eidechsen wohl auf Feuchtigkeit zurückzuführen sind. 198 Allerdings ist es nicht kurzweg von der Hand zu wei- sen, dass selbst die auf hohen, steilen Felsen lebenden Eidechsen wenigstens zu Zeiten des Mangels an Landnah- rung sich am Fusse der Felsen, an der Meeresgrenze, Nahrung suchen, allein es ist doch nicht anzunehmen, dass die Nahrungsnoth auf Felsen mit so wenig Pflanzenwuchs, wie ihn der von mir untersuchte Gallifels hat, eine so viel geringere sei als z. B. auf den Faraglioni — man müsste denn zugeben wollen, es sei dieser Unterschied immerhin dazu ausreichend, dass er die Bewohner der letzteren schon früher und ausschliesslicher zur Gewöh- nung an eine neue, reichliche Nahrung veranlasst habe, als die des ersteren — oder dass jene überhaupt viel länger an Ort und Stelle eingebürgert und von neuer Nah- rung beeinflusst seien als diese. Diese Gesichtspunkte bieten sich auf Grund meiner neuen Untersuchungen der Erwägung dar: da die Frage durch gelegentliche Untersuchungen zu lösen sein wird, so darf ihrer Erledigung hier nicht weiter vorgegriffen wer- den. Möglich also ist, dass auch die Ernährungsweise die Blau- und Schwarzfärbung begünstige — allein schon weil sie ihre Anfänge auf grösseren Wohngebieten (Capri) zeigte, ist nicht zu schliessen, dass sie massgebend sei. Ausserdem steht die Thatsache, dass die Blaufärbung der Kehle, be- sonders der Männchen, während der Brunstzeit vor- kommt, an ganz gewöhnlichen Wohnorten auftritt und dass sie auf das Deutlichste auf dieselben Ursachen wie die Gesammtblaufärbung zurückzuführen ist,‘ im Wider- spruch zu einer entgegengesetzten Annahme und führt uns zugleich auf die Erklärung der wirklichen Ursachen dieser Färbung. Wie jene Blaufärbung der Kehle, so tritt die erste Spur der blauen Gesammtfärbung, eine leichte ‚Blaufär- bung der Unterseite und schliesslich des ganzen Thieres, nach meiner Beobachtung zuerst an Männchen im Früh- ling und Sommer — als Hochzeitskleid deutlich auf, und erhält sich so lange als die Eidechsen im Zustande der höchsten Lebensthätigkeit sich befinden. Dabei ist die neue Färbung nicht ununterbrochen in absolut derselben EEK; BESt Fe ü ” at , u Ch, Y we A Fr > N 199 Intensität ausgeprägt: nach einer Folge heisser Sommer- tage ist sie glänzender, satter, lebhafter; nachdem die Thiere bei ungünstiger Witterung längere Zeit in der Kälte, im Versteck zugebracht haben, tritt sie zurück und macht am Bauche einem Blaugrau Platz, wie es bei den vorge- sehrittenen Formen im Winter sich zeigt, während es, wenn sie nur Sommerkleid ist, im Winter völlig schwindet. Es ist somit ursprünglich der Zustand er- höhter Lebensenergie, der Turgor der Säfte in der Haut, welcher die Blaufärbung hervorruft und es ist bemerkenswerth, dass auch hier, wie bei der Zeiehnung das Männchen es ist, bei welchem die neue Eigenschaft zuerst auftritt. Diese Erklärung ergibt sich fürdie Galli-, Monacone- und Faraglioni-Eidechsen, bei welch’ letzteren der Uebergang eines Theils der Rückenfarbe in Schwarz (eoerulea) deut- lieh eine höhere Stufe der Umbildung bezeichnet, welche, da sie hier vorerst nur eben am Rücken auftritt, die An- sieht herausfordert, dass sie durch Anpassung begünstigt werde, eben in dem Sinne, dass die Thiere Flecke und Spalten vortäuschen. Bei der Filfola-Eidechse ist theilweise gleichfalls rei- nes Blau vorhanden (blaue Flecke des Rückens, Kehle des Weibehens), theilweise zeigen sich (am Bauch, Kehle des Männchens, an Stellen der Oberseite) Mischungen von Farben, welche darauf schliessen lassen, dass hier nicht minder Blau als Uebergangsfarbe wenigstens an einzelnen Körpertheilen eine Rolle gespielt habe, wogegen das frü- her von mir beschriebene gestreifte Exemplar (punetato- striata) allerdings darauf schliessen lässt, dass das Schwarz des Rückens wesentlich einem raschen Ueberhandnehmen NE ee 7. Ei und Zusammenfliessen der ursprünglichen schwarzen Zeich- nung seinen Ursprung verdanke. Die sehon berührte Thatsache, dass es hier wie dort eine ganz besonders kräftige Rasse ist, welche die Kraft- farben annimmt, bezw., dass diese Farben mit üppiger - Constitution zusammenfallen, stimmt mit der anderen, dass sie (Blau wie Schwarz) auch sonst bei kräftigen Männ- - ehen zuerst in vorzüglicher Ausbildung auftreten und bei- Be. ET RE 2. A 200 des stimmt mit der von mir für dieses Auftreten gegebe- nen Erklärung überein. ; Wenn wir aber die Zähigkeit des Auftretens einer Längsstreifung bei den Jungen, bezw. Weibchen der Rep- tilien auf Vererbung setzen, so ergibt sich von selbst die Frage, ob nicht auch die blaue, bezw. schwarze Farbe der Mauereidechsen einer solchen Ursache mit ihre Ent- stehung zu verdanken habe, ob nicht die Neigung die- selbe zu erzeugen, dadurch begünstigt werde, dass ur- sprünglich Dunkelfärbung bei unseren Thieren herrschend gewesen sei. In der That liegt es nahe, anzunehmen, dass der grosse Feuchtigkeitsgehalt der Luft, wie er in der Vorzeit geherrscht haben muss, in dieser Weise wirkte und die Thatsache, dass heute noch die Jungen verschiedener Eidechsenarten dunkel oder schwarz aus dem Eie kom- men, spricht für eine solche Annahme. Sie würde das zeitweilige Auftreten von dunkeln Individuen einer sonst hellen Rasse mit auf Rückschlag zurückführen lassen, wie denn Leydig, wie früher bemerkt, bezüglich der Lacerta vivipara nigra sich dahin äussert, man könnte vielleicht annehmen, die ausgewachsene Lacerta vivipara nigra habe einfach ihr Jugendkleid beibehalten. Interessant für unsere Fragen und hier nicht zu übergehen ist schliesslich die Thatsache, dass an der Un- terseite mancher Varietäten von Mauereidechsen andere Farben als Blau und Schwarz auftreten, wie Gelb und Roth, beide offenbar auf Grund derselben Ursache, welche die ersteren erzeugt: sie sind Kraftfarben, dienen speciell dem Schmuck, bezw. geschlechtlicher Zuchtwahl. Auch bei der Gattung Acanthodactylus traf ich im heissen Fe- bruar Egyptens in der Wüste von der Kloakenöffnung der Thiere an nach rückwärts über die Unterseite des Schwan- zes hin ein schönes Ziegelroth, und ebenso fand ich zu derselben Zeit die Kehle von männlichen Agama solanaıe. mit dieser Farbe gefärbt. Rothe Unterseite ist besonders bei südlichen Mauer- eidechsen bekannt, theils bei solehen, deren Rücken grün, theils bei solchen, wo er braun ist. Weiter im Norden, bei Bozen, trifft man safrangelben Bauch bei braunem Rücken a a“ Hr uk ne Lu ” 201 und die männliche Malteserin verwandelt das Gelb der Unterseite zur Kraftzeit in Roth. Dass in allen diesen Fällen die glänzende Farbe der Unterseite nicht auf den Rücken übergreift, lässt sich auf das Bestimmteste durch die Forderungen der Anpassung erklären, wie umgekehrt die durch diese Forderungen bedingte Rückenfarbe corre- lativ Einfluss auf die Farbe der Unterseite haben muss, in der Weise, dass jedenfalls braune oder sandfarbene Ober- seite viel Blau im Kleide auszuschliessen scheint, dagegen Roth und Gelb der Unterseite zulässt, während bei grü- nem Rücken unten nicht nur Blau, sondern auch Roth und Gelb vorkommt, was eben auf besondere, nicht greif- bare Unterschiede in der Constitution, der physikalisch- chemischen Zusammensetzung des Körpers sich beziehen muss, in speciellen Fällen vielleicht auch mit beginnen- \ dem Uebergang einer Farbenvarietät in die andere zu thun hat. Bei der maltesischen Mauereidechse findet sich _ nmieht die Kraftfarbe Roth auf Unterseite und Rücken, wohl aber Gelb. Dieser einzig in seiner Art dastehende Fall R:. erklärt sich eben durch die Anpassung des gelben Rückens an gelbe Blumen und er lässt vermuthen, dass bei diesem hier das Gelb der Unterseite von Akne an von dem der Oberseite abhängig war, bezw. mit demselben entstan- den ist. 5 Es sind demnach in der That innere, constitutionelle Ursachen, welche die erste Entstehung der neuen Farben - unserer Mauereidechsen erklären. Geschlechtliche Zucht- wahl mag die weitere Ausbildung und Fixirung dersel- ben begünstigt haben, jedenfalls aber muss auf den Wohn- orten der blauen bezw. schwarzen Rassen eine solche Be- P ‚günstigung durch äussere Verhältnisse vorhanden sein, - — es müssen hier Hindernisse weggefallen sein, #elche ihrer Ausbildung und Fixirung an gewöhnlichen Orten - entgegenstehen. Ich sehe auch heute, auf Grund der - TPhatsachen, welche mir mein neugewonnenes Material an - die Hand gibt, diese Hindernisse in der unter gewöhnlichen 5 Verhältnissen der Umgebung stattfindenden Auslese nach 3 ‚Grün und Braun, bezw. Sandgelb. In Folge der nöthigen - Anpassung an das Grün des Pflanzenwuchses und an das 14 ik 202 = , Braun des Erdbodens, an das Gelb des Sandes. Jene Be- günstigung aber finde ich im Wegfallen dieser Hindernisse auf kahlen, von Erdboden entblösten, pflanzenarmen Eilan- den, in der Möglichkeit, die Farben Blau und Schwarz frei zum Ausdruck kommen zu lassen, weil dieselben, sei es auf dunkelm, sei es auf hellem Boden ihre Träger nicht verrathen — sei es auch, weil diese da oder dort an sol- chen Orten keine Feinde haben. Ursachen der Entstehung neuer Zeichnungen. Das Zeichnungs- gesetz der Raubvögel. Zeichnungen von Säugethieren. Geheimnissvoller als die Entstehung der Fixirung des Farbenkleides erscheint bei den Mauereidechsen der ver- schiedensten Gegenden und bei den Eidechsen überhaupt das so wunderbare Gesetz der Ausbildung von Flecken- zeichnungen ganz bestimmter Art aus gemeinsamer gestreif- ter Anlage, durch Abänderung ganz bestimmter und immer derselben Theile dieser Streifung, vor sich gehend stets in einer und derselben Richtung. Man kann nicht anders sagen, als dass die Umwand- lung der Streifen- in die Fleckenzeichnung wie nach einem | vorgezeichneten Plane, nach vorgezeichneten Mustern statt- findet. Warum rücken die Flecken, in welche sich die Grenzlinien der ersten Zone auflösen, immer nach ein- wärts und bilden die sog. sekundäre Mittelzone — wa- rum rücken sie nicht umgekehrt auch einmal nach aus- wärts ? Zone entstehenden Flecken stets nach auf- bezw. ein- wärts in die IL, die Flecken der unteren Grenzlinie der- selben Zone stets nach ab- bezw. auswärts in die IV. Zone? u.s.w. — würde doch auch auf anderen Wegen das augenscheinliche Hauptziel der Umwandlung, die Ent- stehung eines Fleckenkleides erfolgen können! Auf diese Fragen haben wir keine andere Antwort Warum rücken die aus der oberen Grenzlinie der III. 203 als die, dass es die Constitution des Körpers sein wird, welche die bestimmte Richtung der Umwandlung vorzeich- net, indem sie gewisse kleine Abänderungen erzeugt hat, die sich, weil sie nicht im Widerspruch mit äusseren Bedin- gungen standen, fixirten, vererbten, um wieder neuen, sich vererbenden den Ursprung zu geben. Zur näheren Erklärung der bestimmten Richtung der Variation fehlt uns ein phy- siologischer Gesichtspunkt vom Werthe desjenigen, welcher zum Verständnisse der Farbenumwandlung gedient hat, es sei denn, dass wir eine ganz bestimmte Vertheilung der Ernährungsbezirke des Organismus und deren correlative Beziehungen zu Hülfe nehmen wollen, eine Annahme, welche allerdings zum Zweck des Begreifens der auffallen- den Neigung des Organismus, symmetrische Zeichnun- - gen überhaupt zu erzeugen, gemacht werden muss. Beruht 3 doch das Verständniss der Symmetrie auch der Körper- form auf entsprechenden Thatsachen und Annahmen, hier freilich mit dem Hintergrund der Erklärung des Urspruinge der Symmetrie durch Anpassung an die Umgebung, durch die Nothwendigkeit z. B. bestimmter Richtung der Ortsver- änderung. Ich komme auf diese Fragen zurück. Sehen wir zunächst ab von den Einzelheiten der Um- bildung und fassen wir ihr Gesammtergebniss in's Auge, so finden wir für dieses Gesammtergebniss vielleicht eine Erklärung in Anpassungsnöthigung. Die Thatsachen weisen sämmtlich darauf hin, dass - die Fleckenzeichnung eine neue Errungenschaft ist, dass _ die Stammform sämmtlicher Mauereidechsen und wohl die der Eidechsen überhaupt eine längsgestreifte war. Und - verschiedene Fälle zeigen, dass auch heute stark fleckige - Formen wesentlich an Orten mit Fleckenschatten, längsge- streifte mehr auf Grasboden u. s. w. vorkommen. Sollte nun nicht der Gedanke Berechtigung haben, dass die Thatsache ursprünglicher Herrschaft der Längsstreifung in Zusammenhang stehen möchte mit der ursprünglich herrschenden mono- kotyledonen Vegetation, deren Streifen und Strei- fenschatten die Streifenzeichnung unserer Ei 2 \ I 204 dechsen entsprochen haben würde, und ferner, dass die Umwandlung der Streifenzeichnung in eine Fleckenzeichnung in Zusammenhang stehe mit der Ausbildung einer Vegetation, welche Flek- kenschatten wirft? In der That sprechen zahlreiche Erseheinun- gen dafür, dass in früheren Zeiten unsere Fauna viel mehr gestreift gezeichnete Glieder aufzu- weisen hatte, als dies heute der Fall ist. Ganz davon abgesehen, dass die Jungen vieler, ja vielleicht der überwiegenden Mehrzahl der Reptilien und der Amphibien längsgestreift sind — auch bei Säugethie- ren zeigen die Jungen vielfach diese Streifung da, wo sie bei den Alten geschwunden ist: ich erinnere nur ar unsere Rehe, Hirsche, an die Tapire, an das Wildschwein. Sodann hebe ich hervor, dass es Verwandte soleher nur in der Jugend längsgestreifter Formen gibt, welche noch heute zeitlebens Spuren der Längsstreifung erkennen lassen, wie der Axishirsch, während andere, wie z. B. viele ausländi- sche Nagethiere, längsgestreift bleiben, wogegen sonst ge- wöhnlich Fleckenzeichnung oder Mangel an Zeichnung bei den Säugern herrschend ist. Auch manche Nacktschnecken zeigen in der Jugend Längsstreifung, während sie dieselbe im Alter vermissen lassen (z. B. Arion empiricorum). Besonders gehören hier- her bekanntlich die von Weismann studirten Sphingiden — und, wie ich hinzufüge, auch zahlreiche andere, viel- leicht die meisten Raupen, sofern sie nicht zeitlebens längs- gestreift bleiben. Der Annahme einer Beziehung zwischen Längsstrei- fung, bezw. Fleckenzeichnung der Mauereidechsen und Ve- getation scheint die Thatsache zu widersprechen, dass das letzte Glied in der Reihe der Umwandlungen der Zeichnung derselben eine Querstreifung ist: aus der Längsstreifung wird zuletzt eine Tigerzeichnung. Gegen diesen Einwand könnte man vorbringen, dass es sich in der Varietät tigris vielleicht um eine an besondere Verhältnisse angepasste Form handelt — und in der That würde diese Zeichnung passen zu der Zeichnung und den Schatten z. B. des Ge- ee en > N Te RE 205 zweiges von Holzpflanzen, ebenso wie dieselbe Zeichnung der wilden Katze im Geäste der Bäume nicht auffällt. Jeden- falls wird Niemand, der Thiere im freien Leben zu beob- achten gewohnt ist, sich gestatten, eine mögliche Anpas- sung zu verneinen, bevor er auf das Genaueste die Le- bensweise des betreffenden Thieres mit Bezug auf seinen Wohnort studirt hat und stets wird er hervorheben, dass jeder einzelne Fall für sich in dieser Weise genau geprüft - sein will, ehe er Aburtheilung erlaubt. Gleichviel aber, ob es im einzelnen Falle möglich ist, eine Anpassung nachzuweisen oder nicht, es ist für uns zunächst vor Allem wichtig, dass vorliegenden That- sachen zufolge überhaupt in der Thierwelt die Ten- denz einer Umwandlung von Längsstreifung in Querstreifung, und zwar durch das Zwischen- stadium einer Fleckenzeichnung hindurch an- genommen werden muss. | Es kann nicht meine Aufgabe sein, hier diesen Ge- N genstand zu erschöpfen; ich muss mich darauf beschrän- - ken, einige besonders auffallende Beispiele zur Illustration des soeben ausgesprochenen Satzes anzuführen, welche zugleich zeigen werden, dass mehrere der für die Eidech- sen festgestellten Gesetze eine allgemeinere oder eine all- gemeine Verwendung finden. Das biogenetische Gesetz, die Erfahrung, dass im - Laufe der individuellen Entwicklung die Stammentwick- lung wiederholt wird, spricht sich, abgesehen von den - Reptilien und abgesehen von den Sphingidenraupen (Weis- mann), in der Zeichnung zahlreicher anderer Thiere in glänzender Weise aus. # Ebenso das Gesetz der männlichen Präponde- ranz, wie ich die Thatsache nennen will, dass neue, auf _ die Art übergehende Eigenschaften, wenigstens der Farbe und Zeichnung, zuerst am Männchen auftreten. i Junge Vögel von verwandten Gattungen oder Arten 2. B. haben dieselbe Zeichnung und dieselben Farben, selbst dann, wenn sie im Alter in beiden Geschlechtern ‚oder wenn jedenfalls ihre Männchen im Alter von den Jungen sehr verschieden sind. Die Weibchen behalten 206 Pr . i gewöhnlich mehr oder weniger die domeittsailen here: die Jugendeigenschaften, die Männchen der verschiedenen Arten dagegen weichen am meisten von einander ab. Man nehme zum Beweis verwandte Gattungen oder Arten ir- gendwelcher Vogelgruppe heraus, z.B. Amseln und Dros- seln oder die verschiedenen Würgerarten: in diesen und in sehr zahlreichen anderen Fällen ist zugleich zu beob- achten, dass das Jugend-, bezw. das bleibende weibliche Kleid durch der Länge des Thierkörpers entsprechende strichartige Flecke gezeichnet ist, dasjenige des erwachse- nen Männchens durch solche Flecke, welche der Quere nach gerichtet sind oder durch Mangel der Zeichnung, im letzteren Falle aber durch besondere Färbung. Geradezu auffallend erscheinen diese Beziehungen bei den Raubvögeln: die Jungen fast aller unserer einhei- mischen Raubvögel haben nach Abwerfen der Dunen ein Jugendkleid, welches braun gefärbt und mit schwarzen Längsspritzern gezeichnet ist, die zuweilen so aneinander gereiht sind, dass sie schwarze Längslinien darstellen, später aber in längsgestreifte Flecken sich auflösen. Die Weibchen behalten dieses Kleid häufig; zuweilen wird es aber auch bei ihnen, wenigstens im Alter, in ein querge- streiftes umgewandelt. Dies ist die Regel beim Männchen schon zur Zeit seiner Reife. Die Längsstreifung erhält sich am längsten an der Unterseite ; der Rücken dagegen verliert, wieder zuerst beim Männchen, später die Zeich- nung, während die Querstreifung, wenigstens in Form von Querbinden an der Unterseite des Schwanzes und der Flügel oder an der ganzen Unterseite, bestehen bleiben kann. Zu- letzt wird auch die Unterseite einfarbig. Zugleich ändern sieh die Farben aus Braun in Braunroth, in Grau, Grau- blau, Blau, zuweilen in Schwarz und in Weiss. Die letz- tere Farbe ist, wenn sie am ganzen Thier, auch am Rücken auftritt, wohl mit Ausnahme der Fälle, in welchen es sich um Anpassung an Schneefarbe handelt (Schneeeule, Falco islandieus) eine Alterserscheinung, gleich dem Bleichen der Haare des Menschen. Dagegen zeigt sich im Auftreten der Farben Grau und Blau, auch Braunroth oder Rothbraun, bezw. Schwarz, Ra 207 Nußg- B Mr offenbar eine aus constitutionellen Ursachen vor sich ge- hende Umwandlung nach Art der Ausbildung der Quer- streifung: es sind die Männchen einzelner Arten, bei welehen diese Färbung typisch geworden ist und andere bei welchen sie sich auch schon auf die Weibchen ver- breitet hat. Es ist somit die Rückenseite unserer Vögel, welehe zuerst neue Eigenschaften annimmt. Zahlreiche Thatsachen sprechen aber dafür, dass sich die jugend- liche Zeichnung wie bei den Eidechsen am läng- sten im Vordertheile des Körpers erhält, dass die neue zuerst im hinteren Theile desselben auftritt. Zuweilen trifft man alle Stufen der Umbildung zugleich am Körper eines und desselben Vogels: Kehle längsgestreift, Brust längsgefleckt, nach unten in kurze, abgerissene Fleckenzeichnung übergehend, welche den Ue- bergang zur Querstreifung bilden, die am Schwanze aus- gesprochen ist, während die ganze Rückenseite schon ein- farbig geworden. Genaue Untersuchung der Umbildung der Kleider wird zeigen, dass das Gesetz der wellenförmigen Entwicklung hier ebenso deutlich oder deutlicher aus- gesprochen ist als bei den Eidechsen. Ich empfehle zur Prüfung meiner Angaben Demjenigen, welchem eine Sammlung nicht unmittelbar zur Verfügung stehen sollte, einen Blick auf die Abbildungen von Riesen- ‚th al, „Die Raubvögel Deutschlands“ zu werfen. Er wird überall ohne Weiteres nach den gegebenen Regk junge Thiere und Weibchen von den Männchen zu scheräeh im Stande sein und wird auch für die übrigen meiner Aufstel- lungen hinreichend Belege finden. Die Thatsache des allmählichen Uebergangs der Streifung in eine Flecken- und schliesslich in Band- zeichnung ist u. a. schön an den Abbildungen von Falco gyrofaleo, Faleo areticus, Falco Feldeggii zu erkennen. Ferner ist an zahlreichen Abbildungen zu erkennen, wie dieselben Umbildungen, welche die Zeichnung an _ einem und demselben Individuum aufweist, in ihren ver- schiedenen Stufen auf junge Vögel, Weibchen und Männ- chen vertheilt sind. Das Weibchen behält entweder die “ nn Wat u ee 208 Se 3 jugendliche Zeichnung oder es ist längsgestreift, während das Männchen schon quergestreift ist; oder es hat das Weibchen eine höhere Stufe erreicht, es ist quergestreift, nun ist aber das Männchen schon mehr oder weniger ein- farbig, grau, graublau oder sattbraun, rothbraun geworden, wenigstens auf dem Rücken — das Männchen steht immer auf einer höheren Stufe als das Weibchen und sei es auch nur darin, dass die nächsthöhere Zeichnung am Körper um einen Schritt weiter nach vorn sich ausgebreitet, die ju- gendlichere um ein Stück mehr verdrängt hat. Sehr be- lehrend in dieser Beziehung sind die Abbildungen einiger Falken, welche eine sehr vorgeschrittene Entwicklung er- reicht haben, vorzüglich die von Falco rufipes, aesalon, cenchris, tinnuneulus. Bei diesen ist wenigstens beim Männchen das einfache Grau, Graublau,, Rostroth der höchsten Stufe im Zustand der vollsten Ausbildung des Vogels oder im Alter aufgetreten, theilweise sogar zur Herr- schaft gelangt. Man vergleiche auf Taf. XXXIII bei Rie- senthal die Abbildungen von Faleo rufipes: der junge Vogel hat das längsgestreifte, braune Kleid wenigstens noch an der Unterseite, der Schwanz ist schon quergestreift; das Weibchen hat unten noch deutliche Spuren der Längs- streifung, oben ist es grau, quergestreift; das alte Männ- chen ist einfach grau, am hintersten Theil des Bauches und an den Hosen rostroth — Rest der braunen Bauchfarbe der Jugend, aber intensiverer Ton. Vergleichung der Ab- bildungen auch der übrigen genannten Arten ergibt ähn- liche Beziehungen. Faleo cenchris und tinnunceulus 4 ge- ben insofern noch Anlass zu einer Bemerkung, als die einfarbige graue Färbung von Schwanz, bezw. Schwanz und hinterem Theil der Flügel zwar das Gesetz bestätigt, dass neue Eigenschaften am hinteren Theile des Körpers zuerst auftreten, wogegen hier zugleich der Kopf die neue Farbe angenommen hat — eine Beziehung, welche auch sonst sehr häufig zu beobachten ist, so bei Astur nisus, der, gleich Astus palumbarius, auch in Anderem sehr hübsche Ilustra- tion der von mir aufgestellten Gesetze liefert. Im Gegensatz zu diesen vorgeschrittenen Typen er- hält sich zuweilen die jugendliche, bezw. weibliche Zeich- ” Ce 7 u En A BE HE = rt nd make nn un u 2 u 0 1 net 209 nung auch beim Männchen durch’s ganze Leben. Dies seheint auf den ersten Blick besonders bei vielen Eulen- arten der Fall zu sein, nur dass der Schwanz hier ge- wöhnlich schon Querstreifung zeigt. Indessen haben mir _ einige Fälle hier sehr bemerkenswerthe Verhältnisse vor- geführt und diese Fälle beweisen, wie nothwendig zu end- _ gültiger Beurtheilung der Bedeutung der Zeichnung jeder einzelnen Art ein sorgfältiges Studium ihrer Kleidung von der jugendlichsien an bis zur ältesten ist. Bubo maximus, Syrnium Alueo, Otus vulgaris machen im ausgebildeten alten Kleide ohne nähere Untersuchung den Eindruck, dass sie im Wesentlichen, wenigstens an der Bauchseite längsgefleckt, bezw. längsgespritzt seien. Es überrasehte mich desshalb im höchsten Grade, zu sehen, dass die Jungen aller drei Arten schon im bräun- lichweissen Dunenkleid eine vollkommene Querstreifung führen und es schienen diese Fälle somit einen vollen Gegensatz zu dem aufgestellten Gesetze darzubieten. Genaue Beobachtung des Kleides der Alten zeigt nun aber, dass die Federn, wo sie längsgespritzt erscheinen, nur im mitt- leren Theile eine entsprechende Zeichnung haben, am Rande dagegen schön quergestreift sind, so z. B. prächtig am Bauche von Bubo maximus. Die Zeichnung der Deck- fügelfedern erweist sich als eine solche, welche mit jener der Lacerta muralis reticulata zu vergleichen ist — offen- bar ist sie aus Querstreifung hervorgegangen, die auch am Schwanz und bei Aluco und Bubo an der Unterseite der Flügel und an den Schwanzfedern auch oben zu be- merken ist. Wir haben es also hier mit sehr vorgeschrittenen For- men zu thun, welche indessen immerhin etwas Auffallendes, Besonderes darin darbieten, dass die ursprünglich reine Querstreifung durch eine Zeichnung ersetzt wird, die theil- In, 1) Ich verdanke diese und andere Beobachtungen den Schätzen des Stuttgarter Naturalienkabinets, welche so reich besonders an württembergischen Stücken, durch die unermüdliche, nunmehr 40jäh- rige Thätigkeit des Direktors der Sammlung, des Oberstudienraths Dr. von Krauss, zusammengetragen worden sind. a 210 | Be weise, wenigstens an Abschnitten der Unterseite, Längs- spritzung in’s Auge fallen lässt, obschon sie mit Qnersitei- fung verbunden ist. Und zwar werden die so gearteten Federn, wie Uebergangskleider deutlich zeigen, stets zuerst an Deskitmnteh Stellen eingesetzt, während im Uebrigen das Dunenkleid mit seiner feinen Querstreifung noch be- steht. Man wird versucht, bei diesem Verhalten an einen theilweisen Rückschlag in ein früheres phylogenetisches Stadium zu denken, für dessen Erklärung das Nachtleben der Eulen Anhaltspunkte geben könnet. Aehnlich wie bei den genannten Eulen ist die Zeich- nung auch bei anderen beschaffen, wogegen bei wieder anderer, z. B. bei Athene noctua, welche den Tagraubvö- geln in der Lebensweise näher steht, Fleckenzeichnung vorherrscht; bei Otus brachyotus aber ist das rein jugend- liehe Kleid der Längsspritzung bestehen geblieben, ohne dass die Federn irgend Querstreifung zeigen — nur Un- terseite des Schwanzes und ein Theil der Flügel sind quergestreift. Ich kenne die Jungen der Brachyotus im Dunenkleide nicht, allein ich glaube schliessen zu dürfen, dass dieselben nicht quergestreift sind, ich glaube somit die Ansicht vertreten zu können, dass Otus vulgaris und brachyotus im System nicht zusammengestellt werden soll- ten, sondern dass sie sehr wenig nahestehende For- men sind. Kurz zusammengesfasst ergibt sich für die Raubvögel: 1) dass in der Jugend (abgesehen vom Dunenkleid, welches in der Regel meist ohne Zeichnung ist) Längs- zeichnung und braune Grundfarbe vorherrschen; 2) dass sich beide beim Weibchen am längsten erhal- ten, während neue Eigenschaften zuerst beim Männ- chen und zwar bei älteren Männchen auftreten; 3) dass als solehe neue Eigenschaften ErSchen ze a) Querstreifung;; b) graue, graublaue und dunkel- oder rostbraune, auch schwarze Farbe, und zwar, dass die Querzeichnung zuerst, die neue Farbe später auftritt, endlich, dass beide eine Zeit lang zusam- Be Ir “ 5 ©; 91 F men bestehen können, dass aber zuletzt die Zeiehnung ganz sehwindet. Weiter ist hervorzuheben, dass die Längszeiehnung zuweilen noch den Eindruck einer Längsstreifung machen A kann (am Halse und am Kopf öfter sich erhaltend), dass sie dann in Längsspritzung sich umbildet, dass aus dieser : letzteren grobe, nicht längsgerichtete Flecke hervorge- 1 hen können, welche endlich zur Querstreifung führen. - Das erste Stadium ist übrigens in der Regel nicht mehr | deutlich. fr Wir hätten somit folgende Stufenreihe: x &) hellbraune Färbung mit schwarzer Längszeichnung; Bi, aa) Längsstreifung, PB) Längsspritzung, 'ß) braune Färbung mit Fleckenzeichnung, ohne beson- - dere Ausdehnung der Flecken nach irgend welcher - Richtung; y) graue oder rothbraune Färbung mit: Querzeichnung ' (event. auch mit Fleckenzeichnung); ö) dieselbe Färbung ohne Zeichnung. Immer die nächstfolgende Zeiehnung tritt zuerst bei den _ kräftigen, älteren Männchen auf; stets machen die Formen mit den fortgeschrittensten Eigenschaften die vorhergehenden - im Ehufe ihrer Entwicklung durch, stets bleiben die Weib- chen auf einer tieferen, gewöhnlich der nächsttieferen Stufe stehen. b 4) Endlich geben die Abbildungen Belege dafür, dass die x neuen Eigenschaften, dass vorzüglich die Querstrei- fen im hinteren Theile des Körpers beginnen und nach vorn vorschreiten, dass sich am Kopf am läng- sten die jugendliche Zeichnung erhält, ferner, dass die Oberseite der unteren in der Entwicklung voran- geht, besonders auch was die Farbe betrifft. Ye PRREN ERBEN Als auffallende Thatsache mag nun nach Behand- lung der Raubvögelzeichnung zunächst hervorgehoben wer- den, dass sich nicht nur, bezüglich der Zeichnung, son- dern auch beziglich der Farbe eine eigenthümliche Pa- - rallele zwischen den Mauereidechsen und den Raubvögeln 212 NR 4 findet: nicht dass die satteren, glänzenderen Farben bei bei- u den zuerst am Männchen auftreten, denn dies gilt ja für die Thierwelt überhaupt — es ist speciell ein Grau mit blauem Ton, dann ein Graublau, jaein ausgesprochenes Blau und schliesslich sogar ein Schwarz als solche neue Farbe bei den Raubvögeln wie bei den Mauereidechsen zu verzeich- nen, welche Farbe hier wie dort zuerst beim Männchen und zwar bei älteren Männchen als Schmuckfarbe er- scheint. Es ist wohl gerechtfertigt, anzunehmen, dass diese Schmuckfarben der Raubvögel, wie das Wallace für die Schmuckfarben überhaupt als das Wahrscheinlichste an- nimmt, gleichfalls Kraftfarben seien und zwar solche, welche das Männchen zur Zeit der üppigsten Kraftfülle, im kräf- tigsten Alter entwickelt hat, erhalten konnte, weil gleich- | zeitig seine Vertheidigungs- und Angriffswaffen sich aus- gebildet hatten und so den Luxus schönerer Farben ge- statteten, und dass das Männchen diese Farben allmählich auf das Weibchen und auf die Art übertrug, dies um so leichter, weil sie zur Zeit der höchsten Kraft und Begat- tungslust am üppigsten sein mussten. Andererseits ist vielleicht die Frage zu stellen, ob nicht gewisse matte Farben, wie lichtes Grau, wie es bei manchen Raubvögeln phylogenetisch in der Entwicklung begriffen ist oder sich entwickelt hat, auf die Folgen des Alters der Art zurückzuführen seien, gleichwie das Alter des Individuums ein Verblassen der Farben zur Folge hat — dabei ist nicht ausgeschlossen, dass die Wir- kung der Fortpflanzung alter Männchen, die kräftig und gechiekt sind um jüngere Nebenbuhler zu verdrängen, den Process beschleunigte oder doch den Einfluss der kräftige- ren Farben des eigentlichen Hochzeitalters abschwächte. Ich berühre diese Frage deshalb, weil man ähnliche Beziehungen in der menschlichen Gesellschaft thatsächlich antrifft: man begegnet zuweilen Kindern mit auffallend altem Gesichtsausdruck und wenn man nachfrägt, so wird man in solchen Fällen in der Regel erfahren, dass irre Eltern, oder dass ihr Vater zur Zeit der Zeugung in sehr hohem Alter stand! Fortgesetzt müsste dieselbe Ursache 213 eine schon in der Jugend sehr alt aussehende Menschen- rasse allmählich hervorbringen. B. Uebrigens hat solche hellere Farbe in Verbindung h - mit schöner Zeichnung die Wirkung, den Eindruck der letzteren bedeutend zu erhöhen. Niemand wird daran zweifeln, dass die Querbinden unserer Raubvögel eine Zierde sind —geschlechtlich mögen sie hervorragend beim Männchen auch an der Unterseite der Flügel wirken, wenn diese, die gewöhnlich verborgen sind, beim Flügelschlag oder beim majestätischen Flug zur Entfaltung kommen. Anderer- seits lässt sich nicht läugnen, dass die der Querstreifung vorangehende grobe Fleckenzeichnung gegenüber der Längs- spritzung, bezw. Längsstreifung, den Eindruck des Kraft- vollen macht und so einen besondern Reiz auf das Weib- ehen ausüben mag, und endlich ist die Annahme nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisen, dass diese Zeich- nung als Wirkung kräftigen Säftezuflusses vielleicht auch entstanden oder inihrer Entstehung begünstigt worden sei. Die Uebertragung dieser Auffassung auf die Eidechsen würde auch dort eine Erklärung für die Entstehung der Fleckenzeichnung aus der Längsstreifung, abgesehen von Anpassung, geben und stimmt vollkommen mit den dort geschilderten Thatsachen überein. Deckt sich vollends die Forderung der Anpassung und der geschlechtlichen Zucht- wahl mit der Wirkung constitutioneller Ursachen, so würde die Erklärung der Umbildung nichts zu wünschen übrig lassen. = Der Umstand nun aber, dass, wie gesagt, die Ten- E: denz der Umwandlung der Längsstreifung in Flecken- zeichnung und schliesslich in Querstreifung bei den ver- schiedensten, nicht unmittelbar verwandten Thiergruppen in gleicher Weise zu Tage tritt, scheint doch sehr für die Annahme, dass es allgemeine äussere Verhältnisse seien, welehe Antheil an dieser Umwandlung haben, scheint _ speciell für den Einfluss der allmählichen Umänderung _ der Vegetation in der berührten Weise zu sprechen — gleichviel, in welchem Maasse diesem Einfluss durch ge- schlechtliche Zuchtwahl und durch eonstitutionelle Wirkung die Arbeit erleichtert wurde. 12 Nr ‚214 Am auffallendsten sind die Analogien, welche die 8 Zeichnung der Säuger zu jener der bisher behandelten Thiere darbietet. Ich werde diese Frage an einem ande- ren Orte specieller behandeln und führe an dieser Stelle nur an, dass die T'hatsachen hier nicht nur auf das Deut- lichste auf ursprünglich weit häufigere Längsstreifung, wie schon bemerkt wurde, hinweisen, sondern dass da, wo Fleckenzeichnung vorhanden ist, diese oft genug nachweis- bar aus der Längsstreifung sich entwickelt hat, ferner, dass dies ebenso für die Querstreifung gegenüber der Fleckung gilt — und bekanntlich sind es diese drei Zeich- nungstypen, welche fast ausschliesslich auch bei Säuge- thieren vorkommen. Zuletzt schwindet häufig. jede Zeich- nung, dann ist sie indessen in der Jugend oft noch. deut- lich, z. B. bei jungen Löwen, deren Rücken gefleckt ist und deren Stirne noch eine Anordnung der Flecke in Längsreihen zeigt! Ueberhaupt bietet die Familie der Katzen die elän- zendsten Beweise für das von mir aufgestellte Zeichnungs- gesetz der Säugethiere dar. Ich werde anderwärts zeigen, dass man bei den gefleckten derselben in der Anordnung der Flecken selbst im Alter an gewissen Körperstellen vielfach noch Spuren ehemaliger Längsstreifung erkennt und dass diese in der Jugend viel deutlicher sind. Aber nicht minder glänzende Beweise geben andere Säugethier- gruppen in entsprechendem Sinne ab. In manchen Fällen sind die letzten Spuren einer typischen Zeiehnung noch vorhanden bei Thieren, an welchen kaum Jemand, ohne besonders darauf hingewiesen zu sein, überhaupt Zeich- nung suchen wird, Fälle, welche zugleich ausserordent- lich sprechende Belege für die Zähigkeit abgeben, mit welcher diese sich vererbt. So haben zahlreiche Arten der Gattung Canis, die Wölfe, Schakale u. a., auch unser Haushund zuweilen, noch Andeutungen einer Querstreifung, welche auf die Zeichnung der Hyänen zurückzuführen ist! Dass das schliessliche Schwinden aller Zeichnung bei die- sen und bei anderen Säugethieren durch Anpassung zu erklären sei, lässt sich nicht bezweifeln. Ebensowenig dürfte daran zu zweifeln sein, dass dasselbe mit der Ent- 4 ' 215 stehung der Fleckenzeichnung z. B. von Arten der Gat- tung Felis der Fall. Ist dem so, so dürfen wir wohl auch für die Querstreifung nach Anpassung fragen und für das Baumleben der quergestreiften Katzen wird in der That die Querstreifung ganz passend sein. Der Tiger mag x br R im Geäste und im Schilf Schutz finden, für viele andere quergestreifte Säugethiere wird gleichfalls Uebereinstim- mung der Querstreifung. mit der Lebensweise thatsächlich sein — in wieder anderen wird sie ein Ueberrest frühe- ren Anpassungszustandes, vielleicht auch eine unschädliche Zierde darstellen, zuweilen wird sie vermuthen lassen, dass ihre Träger gegenüber ihren Ahnen die Lebensweise ge- ändert haben — jeder einzelne Fall bedarf selbstverständ- lieh besonderer, sorgfältiger Untersuchung. Uebrigens zeigt sieh, wie schon aus dem Vorstehen- den zu erschliessen ist, dass überall die Zeichnung für die Beziehungen der Formen im höchsten Grade wichtig, dass jeder, auch der unbedeutendste Schattenfleck für die Stellung seines Trägers im System von grösster Bedeutung ist, eine T’hatsache, welcher man bisher, weil man ihre Grundlage nicht beachtete, in der Systematik nicht mehr als etwa instinktiv gelegentlich Rechnung getragen hat. % Zeichnung der Raupen. In welchem Maasse die Entwicklung der Zeichnung das biogenetische Gesetz stützt und wie dieselbe systema- tisch zu verwerthen, hat Weismann durch seine Unter- suchungen über die Sphingidenraupen gezeigt, zu deren Resultaten meine Befunde an Eidechsen um so mehr eine eigenthümliche Parallele bilden, als ich nicht wesentlich durch Untersuchung der ontogenetischen Zustände, wie Weismann, sondern vorzüglich durch Vergleichung der Varietäten des ausgewachsenen Tbieres zur Feststellung einer Gesetzmässigkeit gelangt bin, welche mit den Er- gebnissen Weismann’s hochgradig übereinstimmt, nicht minder mit schon früher und wiederum kürzlich von Wür- 2 wer 216 tenberger auf Grund von paläontologischen Untersuchun- 3 gen an Ammoniten abgeleiteten Sätzen. Hier ist mir zu- nächst wichtig, darauf hinzuweisen, dass die von Weis- mann beschriebenen Arten der Zeichnung sich, entsprechend den von mir für Reptilien, Vögel und Säugethiere festge- stellten Typen als eine längsgestreifte, eine gefleckte und eine quergestreifte erweisen, wenn auch nicht mit ganz den- selben ontogenetischen Beziehungen und nicht mit ganz dem- selben gegenseitigen Ersatz in der Zeitfolge wie dort. (Bei Amphibien ist Querstreifung wenig vertreten. Die Zeich- nung erreicht dort meist nur die Stufe der Fleckung.) Ich führe Weismann’s eigene diesbezügliche Worte an: „Alle Daten der Entwicklungsgeschichte“, sagt er, „laufen darauf hinaus, dass von dem’drei, bei Sphingiden vorkommenden Zeichnungsformen der Längsstreifung, den Schräg- strichen und den Flecken, die erstere die älteste ist. a Unter den Arten, welche mit Schrägstrichen oder mit Flecken geziert sind, finden sich viele, deren Jugendsta- dien längsgestreift sind, das Umgekehrte aber findet sich nicht: niemals zeigt die junge Raupe Flecken oder Schräg- striche, wenn die erwachsene Raupe nur längsgestreift ist. Die erste und älteste Zeichnung der Sphingiden-Raupe war also die Längsstreifung, oder genauer der Subdorsal- streif, zu welchem ein Dorsalstreif und ein Stigmalstreif j noch hinzukommen konnte.“ Es mag hier nebenbei darauf hingewiesen werden, dass es auffallenderweise dieselbe Abtheilung des Körpers durch helle Längslinien ist, wie bei Reptilien, bezw. Amphi- "bien, welche wir bei den Sphingidenraupen wiederfinden: E die Subdorsallinie entspricht der oberen weissen Seitenlinie (Augenbogenlinie), die Stigmallinie der unteren weissen Seitenlinie (Oberkieferlinie), die Dorsallinie der ursprüng- ‚lich bei den Mauereidechsen gleichfalls hellen Mittelzone. Dagegen würden nach Weismann’s Schilderung be- züglich der Entstehung der Querzeichnung bei den Raupen Verhältnisse gegeben sein, welche von jenen der Repti- lien, der Vögel und der Säuger abweichend sind. Bea „Man kann nicht eigentlich sagen“, bemerkt Weis- mann, „dass die zweite Form der Zeichnung, die Schräg- 217 j stziche, sich aus der ersten entwickelt hätte.“ Beide kom- _ men nämlich gleichzeitig nebeneinander vor. Aber die Thatsachen beweisen, dass sie später in der phyletischen - Entwieklung erschienen sind als die Längsstreifen: „Ein- _ mal treten sie in der Ontogenese einiger Arten später auf, ‚ als die Längsstreifen .. .. dann verschwinden die Längs- " streifen häufig im Laufe der Ontogenese, während die ’ Schrägstreifen allein das Feld behaupten. So schwindet i die Subdorsale bei allen einheimischen Smerinthus-Arten schon sehr früh bis auf geringe Reste; ich suchte aber oben zu zeigen, dass neue Charaktere nur im letzten Stadium hinzugefügt werden und dann, wenn wiederum neue hinzu- kommen aus dem letzten Stadium verschwinden und auf die jüngeren zurückrücken. DieCharaktere verschwinden - also aus einem Stadium in derselben Ordnung, in welcher sie gekommen sind.“ } Die Uebereinstimmung dieser Thatsachen mit den von mir für die Eidechsen, bezw. Vögel festgestellten, braucht ; - Dicht besonders hervorgehoben zu werden. In den letzten las Gesetz der wellenförmigen Entwicklung be- zeichnet habe. Es sind die Sätze, welche schon früher # und neuerdings wieder Würtenberger für die Ammoniten en hat !). nF 7 Chez 1) Würtenberger: Neuer Beitrag zum zoologischen Be- weise der Darwin’schen Theorie. Ausland 1873. Nr.1 u. 2, und: Studien über die Stammesgeschichte der Ammoniten. Ein zoologischer jeweis für die Darwin’sche Theorie, Leipzig 1880. Würtenber- ‘er findet für die Ammoniten, dass alle Skulpturveränderungen sich Be ‚auerst auf dem letzten (äusseren) Umgang zeigen, und dass dann eine er solche Veränderung bei den nachfolgenden Generationen sieh nach ‚hin fortschiebt, bis sie den grössten Theil der Windungen be- - * herrscht. Dann können wieder neue auf dem nun äussersten Um- - gang entstehen, die vorigen verdrängen u.s.w. D. h. die Ammo- - den von ihren Eltern ererbten Entwicklungsgang möglichst genau ' durebgemacht haben, die Fähigkeit sich nach einer neuen Richtung ‚hin abzuändern — es kann sich diese Veränderung aber in der Weise AR _ und nach immer weiter gegen den Anfang des spiralen Gehäuses _ niten erhalten erst im vorgeschritteneren Lebensalter, erst wenn sie _ Eine männliche Präponderanz ist bei den Ratıpen . A nicht festzustellen, aber die Präponderanz des Alters ist hier maassgebend wie bei den Eidechsen und Vögeln — neue Eigenschaften treten zuletzt hinzu und werden auf er die Nachkommen vererbt. Und wie dort, so treten “ auch hier die neuen Eigenschaften in der Regel am hinteren Theile des Körpers zuerst aufund breiten sich suecessive — mit-dem ontogenetischen und phyletischen Alter— nach vorn aus: poste ro-ante- triore Entwicklung. Vorn kann die alte Zeichnung noch vorhanden sein, während hinten die neue herrschend geworden ist — also wiederum ganz dieselben Verhält- nisse wie bei den Eidechsen und Vögeln: man verein ” vererben, dass sie bei ae folgenden Generation immer ein wenig früher auftritt, bis sie selbst wieder den grössten Theil der Wachs thumsperiode charakterisirt. Es geht aus den früher mitgetheilten Thatsachen hervor, dass dieses „Gesetz der frühzeitigeren Vererbung“, wie es Würtenberger nennt, ebenso für die Eidechsen gilt.‘ Die Stadien der „wellenförmigen ale illustriren dasselbe auf das Deutlichste; die am ‚meisten von der längsgestreiften Stammform ” in der Ausbildung der Zeichnung entfernten Formen (tigris) behalten die Längsstreifung nur noch ganz kurze Zeit, bald folgt Fleckenzeich- nung; die maculatae dagegen behalten die Längsstreifung länger a und entsprechend verhalten sich alle die verschiedenen Unterstufen & jeder neueren Zeichnung gegenüber der Längsstreifung sowohl als ge genseitig: immer die um eine Stufe mehr vorgeschrittene Form ver- ; kürzt auf Kosten dieser neuen Stufe die früheren, bis die‘ ältesten 2 zuletzt aus der Entwicklung schwinden. VRR Die Alterspräponderanz („Gesetz der Ahpassung im reilsreh Te" vo bensalter“, wie es Würtenberger nennt, eine Bezeichnung, welche = jedoch den Theil der Umbildung, welcher auf constitutionellen Ursachen beruht, ausschliessen würde) erklärt Würtenberger da- E durch, dass der Kampf um’s Dasein im reiferen Lebensalter, wo die Fl Bedürfnisse am grössten waren, wohl auch am stärksten gewesen N A sei, wesshalb sich zufällige, nützliche Abänderungen in dieser Pe riode am leichtesten befestigt haben mögen. RR Die Vebereinstimmung der paläontologischen, durch die Ammo- Wr niten uns überlieferten Thatsachen mit denjenigen, welche uns die, lebenden Wesen darbieten, ist im höchsten Grade interessant. Ei; erhebt die ganz allgemein herrschende Gesetzmässigkeit: aurseik Be über allen Zweifel. f REN ler Beziehung z. B: die Abbildung der Raupe von Smerinthus ocellata bei Weismann (dessen Fig. 70)! D% ‚Die Flecken entstehen bei den Sphingidenraupen entwe- r aus der Subdorsallinie oder unabhängig von derselben ; 2 die Fleekenzeiehnungen sind auch hier später als die Länge, streifung entstanden. ' Längsstreifung und Scehrägstreifung schliessen sich "hier aus!), nicht erstere und Fleckenzeichnung, nieht auch ‚diese und Schrägstreifung. Dies wird dadurch zu erklä- ren gesucht,” dass Längs- und Querstreifung sich in ihrer I Anpassungswirkung beeinträchtigen würden, letztere und ‚Schrägstreifung nicht, ebensowenig ie und ‚Fleekenzeichnung. stets die primäre Zeichnung, Flecken und Schrägstriche ‚sind secundär. Die Frage nach dem relativen Alter der nigen Fällen verschwindet die Schrägstreifung, wenn die . zur vollen Entwicklung a: und man Wir hätten also Verschiedenheiten in er Zeichnungs- erhältnissen zwischen Sphingidenraupen einerseits und idechsen, Vögeln und Säugethieren andererseits darin, ss bei ersteren Fleckenzeichnung nicht der Quer- (bezw. hräg-) ‚Zeiehnung vorangeht und zweitens, dass diese ht aus jener entsteht. Aber es muss hervorgehoben verden, dass Weismann verschiedentlich eine Punkt- ‚streifen entwickelt „durch Zerlegung derselben in Punkte oder kleine Felder“ (z. B. S. 59 für die Gattung Pterogon) und welche zuletzt (bei Oenotherae) völlig selbständig wird.“ 4 e dieser nicht vielleicht eine grössere Rolle ‘bei der ge- Ar setzmässigen Umbildung Zeichnung zukommt? Oder ob a 1) Abgesehen von wenigen Fällen: Calymnia Panopus, Macro- ix 'glossa Corythus. Diese Fälle werden als Beweis dafür aufgeführt (S. 126), dass beide Zeichnungen nicht aus einander entstanden sein können. Längsstreifung ist also bei den Sphingidenraupen etzteren beiden lasse sich nicht allgemein beantworten. „In 220 nicht da, wo Schrägzeichnung auf Längszeichnung unmit- telbar folgt, das Zwischenstadium der Fleckenzeichnung. verloren gegangen ist? Die complieirten Zeichnungen, _ welehe eben bei Sphingidenraupen auftreten, möchten an- deuten, dass überhaupt hier weniger als anderwärts ele- mentare Verhältnisse zu erwarten sein werden. Dagegen mache ich auf die elementaren Zeichnungen aufmerksam, welche andere Raupen, z. B. die der Eulen, dann die der Spanner, weniger, aber immer noch mehr als jene der Sphin- giden, die der Spinner darbieten. Ein Blick auf irgenwelehe gute Abbildungen zeigt, dass Längsstreifung, Fleckenzeich- - nung und Querstreifung überall die drei typischen Zeich- nungsarten auch hier sind. Dabei erhalten die Euler im Allgemeinen den primitivsten Zustand, indem ihre Raupen vorwiegend längsgestreift sind. Die Fleckenzeichnung der genannten Raupen ist nun auch eine einfachere als jene der Sphingiden. Bei letzteren deutet besonders die Bildung der complieirten Augenflecke auf sehr vorgeschrit- tenen Zustand hin !). Es dürfte somit wohl erst die genaue Untersuchung der Ausbildung der Zeiehnung bei solehen Raupen, welche noch primitivere Verhältnisse aufweisen, zeigen, wie weit die hier stattfindenden Umbildungen gegenüber den von mir behandelten Thiergruppen Analogien darbieten. Nebenbei will ich nicht versäumen, darauf hinzuwe- sen, dass gerade bei den Eulen der Schmetterling eine Querstreifung als Zeichnung führt, dass somit gerade hier Bi wiederum die Längsstreifung im Lauf der Entwicklung mes eine Querstreifung umgewandelt worden ist. Dasselbe gilt für viele andere Schmetterlinge, und häufig ist bei diesen auch deutlich die Tendenz der Umbildung der Flecken- zeichnung in Querstreifung zu beobachten. 1) Zu solcher Annahme würde stimmen, dass z. B. bei Eu- phorbiae „nach der ersten Häutung plötzlich und unvermittelt 4 eine schon sehr complieirte Zeichnung auftritt“ (Weismann 8. 25), während allerdings im Allgemeinen für die Sphingidenraupen ebenso wie für die Eidechsen das Gesetz gilt, dass die einfachsten Zeich- = nungen zuerst auftreten und allmählich in complicirtere übergehen. N te . 221 Wenn man annimmt, dass die Herrschaft der drei Zeich- nungstypen mit auf Anpassung an äussere Verhältnisse, an - Wechselder Vegetation in der von mir hervorgehobenen Weise Br zu beziehen sei, so wird man es auffallend finden, dass ich eine analoge Art der Umbildung derselben bei so ganz - verschiedenen Thiergruppen überhaupt suche. Es läge doch näher anzunehmen, dass bei diesen verschiedenen Gruppen ähnliche Zeichnungen auf ganz verschiedenen We- gen entstanden sind, wie dies in der That sogar für die EN, - verschiedenen Genera der Sphingiden von Weismann an- genommen oder bewiesen ist. Wenn ich solche Analogie wenigstens als Regel und in groben Zügen suche, so bin - "ieh dazu veranlasst dadurch, dass dieselbe nicht nur zwi- - schen Vögeln und Reptilien besteht, wo noch unmittelbare genealogische Beziehungen als massgebend in die Wag- schale fallen könnten, sondern dass dasselbe für diese 'Thiere einerseits und für die Säuger andererseits gilt. Ganz wie bei den Eidechsen und bei den Raubvögeln, wird auch bei den Säugethieren die Längsstreifung in die er Fleckenzeichnung und diese in die Querstreifung unmit- | telbar umgewandelt! e Diese Analogien lassen sich vielleicht durch die An- - nahme verständlich machen, dass die Natur überall vor- _ handene einfachste Mittel zur Herstellung nützlicher Ein- richtungen benutzen wird. ax. Mögen sich aber die dreiZeichnungstypen im einzel- e nen Fall bilden wie sie wollen: es bleibt eine höchst bemerkenswerthe Thatsache, dass sie bei so verschiede- nen Thbiergruppen in gleicher Weise typisch sind und es 3 sprechen auch die Zeichnungen der Raupen wohl eher dafür als dagegen, dass in der That in der hervorgeho- benen Weise der Wechsel der Vegetation dabei seinen _ " Anpassungszwang geltend gemacht hat. B Weismann führt nicht auf diesen Wechsel, wohl Pflanzen während des jetzigen individuellen Lebens, theil- _ weise auf Wechsel des Wohnorts während dieses Lebens, alle verschiedenen Typen der Raupenzeichnung zurück, * kommt übrigens der von mir in den Vordergrund gestell- 4% % ME A % N Fi A N: ten Auffassung sehr nahe, wenn er die Frage aufwirft: = & „dürfte nicht vielleicht — wenn gefragt wird, warum zu- ee die Längsstreifung und später erst die Schrägstrei- I fung bei den Sphingidenraupen sich ausbildetee — auch daran gedacht werden, dass die ältesten Sphingiden vor- wiegend auf niedrigen Pflanzen, zwisehen Gräsern eb } und erst im Laufe der Zeit allmählich auf Sträucher und En Bäume übersiedelten?“ Die Bejahung dieser Frage, . welche, entsprechend meiner Annahme, die Vererbung "als wesentlichste Ursache des Auftretens ‚der Längsstrei- .i fung der jungen Thiere betont, lässt strenge Anpassung R aller, auch der Jugendstadien an die jetzigen Verhältnisse A der Vegetation nicht als nothwendiges Postulat hinstellen. Auch Weismann erkennt in der That die wesentlichste 13 “ Ursache der jugendlichen Längsstreifung in der Vererbung, hi sucht aber ausserdem der Anpassung möglichst hohe Be- deutung einzuräumen. WEN „Schon der erste Anfang einer Streifung“, sagt ers; zur Erklärung der Längsstreifung als Anpassungserschei- E nung, „muss nützlich gewesen sein, denn er zerlegte für das Auge des Beschauers bereits die grosse, auffällige 3 Fläche des Raupenkörpers in mehrere Stücke und machte sie dadurch weniger auffallend“. & ERS „So ist auch nicht schwer einzusehen, wie eine ganze n a von Gattungen sich mit dieser a Stufe der Zeichnung bis heute behelfen konnte. Färbung und Zeichnung sind ja nicht das einzige Sehutz- und Trutzmit tel dieser Thiere, und gerade die Raupen der so einfac) gezeichneten Mäproglossii besitzen z. B. die schützend Gewohnheit nur bei Nacht zu fressen, bei Tage aber sich zu verbergen. Uebrigens kann unter gewissen Lebensbe- dingungen die Längsstreifung auch für die Sphingiden- Raupe ein besserer Schutz sein, als irgend eine andere ‚ Zeichnung, und alle die Arten, bei denen sie heute noch die bleibende Zeichnung ist, leben entweder zwi- schen Gräsern oder an Coaikerenk Weiterhin: ' „Auch heute noch leben die meisten Sphingiden-Raupen auf niedern Pflanzen, wenige und meist nur die Aue, } rigen ganzer Gattungen auf Bäumen.“ Bin AT Die N ekietreifiine wird durch Anpassung an ge- _ rippte Blätter, die Ring- bezw. Augenfleekenzeichnung als "Nachahmung von Theilen der Nahrungspflanzen (Beeren: ‚Hippophaös) oder als Schreckmittel oder als Widrigkeits- greichen aufgefasst. „Die unregelmässige Gitterzeichnung u Gewirr von Lichter und Schatten, Streifen und ‚entsteht — sie bildet sich übrigens eventuell aus der Y Sehrägstreifung.“ Rs Das über die Lebensweise der in den verschiedenen typischen Arten gezeichneten Sphingidenraupen Mitge- theilte stimmt überein mit dem, was in Bezug auf die 5 Mauereidechsen bis jetzt bekannt oder wahrscheinlich ist. Die Thatsache aber, dass: die jungen und weiblichen Ei- dechsen u. s. w. heute noch längsgestreift sind, lässt sich "wohl nieht auf Anpassung zurückführen, wenn man dies der Zeichnung der Alten thun will, und so möchte be- iglieh dieser Zeichnung vielleicht Arch für die Raupen jei dem Versuch der Erklärung mehr die Vererbung als ıbsolute Anpassung in den Vordergrund gestellt werden — e Schutz- und Trutzmittel als Färbung und Zeiehnung ben !). Indessen muss bezüglich der Anpassungsfrage 1) Dass in der That auch die Sphingidenraupen nicht in allen bensstadien äusseren Verhältnissen angepasst sind, beweisen z. B. , Nachrichten, welche Weismann über die Entwicklung von Deile- Re Phila Euphorbiae gibt S. 25: „Die jungen Räupchen messen unmit- _ telbar nach dem Ausschlüpfen 4 mm, sind zuerst etwas heller, wer- en aber schon nach einer Stunde für das blosse Auge tief sammt- en grünlich schwarz und später schwärzlich grün . ... wenn ‚Räupchen die Länge von 7 mm erreicht haben, sind sie oliven- rün und stechen dann nicht mehr so grell ab von dem Grün der Bup orbia-Blätter wie vorher.“ Die spätere auffallende Zeichnung er Raupen, für welche der Anpassung günstige Anhaltspunkte nicht aufgefunden werden können, wird. allerdings als Widrigkeitszeichen aufgefasst ; so könnte man auch die ursprünglich schwarze Farbe der 3 „Jungen Bäupchen als Trutzfarbe auffassen — allein dann kann man AK da ja, wie Weismann hervorhebt, die Raupen auch an- jeweils demwUrtheil Desjenigen der Vorrang bei einer be- FERN stimmten Thiergrupe gelassen werden, welcher dieselbe darauf vorzüglich studirt hat — denn ich weiss wohl, wie sehr Der, welcher das Leben der Thiere in der freien Natur | beobachtet und wie häufig er durch Anpassungen über- rascht wird, welche bei Betrachtung derselben im Insek- ” tenschrank oder in der Sammlung überhaupt undenkbar : oder unglaublich erscheinen. “ “4 Die Fleckenzeichnungen aber, welche Weismann behandelt, sind meist sehr hochentwickelte Bildungen, die vielleicht doch, wie ich schon andeutete, aus früheren, verloren gegangenen, einfacheren Fleokenzeikuu lt ent- standen sein könnten, wie sie zahlreiche andere Raupen ge (z. B. viele der Eulen u. s. w.) besitzen, wie sie übrigens ° auch unter den Sphingiden (Nicaea und Euphorbiae) vor- _ kommen. KR Ob also bei Raupgn eine jener der übrigen ber handelten Thiere an oge Umwandlung der Zeichnung FauR stattfinde, würde weiterer Untersuchung bedürfen — ich habe die Frage nur aus den angegebenen Gründen angeregt. Auch ist zu betonen, dass bei so kleinen, auf ADpuBES an die unmittelbare Des die sie bewohnen, ange- wiesenen Thieren immerhin andere Anpassungsanforderun- gen in erster Linie als wirksam gedacht werden Kong als sie den grösseren Reptilien, Vögeln, Säugern, wo den Schatten bedeutender Schutz zugeschrieben werden darf, gemeinsam sind — so dass es nicht wunderbar sein ir nr 1% wenn die ersteren den für letztere geltenden allgemeinen 9 Regeln sich entzögen. Diese Frage tritt aber überhaupt in ihrer Bedeutung völlig in den Hintergrund angesichts der. .=n Uebereinstimmng, in welcher die Ergebnisse meiner Un- BE tersuchungen gegenüber jenen Weismann’s sich befinden: ge diese Uebereinstimmung erlaubt nun auch die Erklärung zu versuchen für einige der aufgestellten Gesetze, für welche ein solcher Versuch bis jetzt nicht überall unternommen worden ist. x K: ee. x Y " 225 ö Entwicklungspräponderanz des Alters und des Männchens.. B Postero-anteriore Entwicklung. { Die Brihohradrk anz des Alters erklärt sich zunächst EN dadurch, dass diejenigen Individuen, welche am meisten der Umgebung angepasst sind, in der Regel auch die ältesten - werden, und dass sie am meisten Zeit haben, ihre Eigen- schaften fortzupflanzen. Für. die Raupen bemerkt Weis- mann in dieser Beziehung: dass die neuen Charaktere "zuerst im letzten Stadium der Entwicklung auftreten müs- sen, erkläre sich hier durch die Grösse zn Thieres und alkch die längere Dauer des letzten Stadiums: die Raupe werde ihrer Grösse halber im letzten Stadium viel leich- ‚ter en und sei längere Zeit der Gefahr ausgesetzt, nen Raupe" die nothwendige Folge einer Aenderung f eine neue Futterpflanze) sein müsste, ge als hervorragend massgebend zur Erklärung beizie- en zu dürfen: eben weil die mit der neuen Zeichnung rsehenen Individuen am längsten leben, bezw. die neue ichnung am längsten tragen, wird diese auch dem Or- ismus am festesten gewissermassen eingeimpft und d desshalb auch vorzüglich gerne auf die Nachkom- n übergetragen werden. Je länger sie also von dem betreffenden Individuum schon getragen worden ist, um ? EM nachdrücklicher wird sie sich aus constitutionellen achen vererben, und da sie um so länger getragen ‚ je nützlicher sie ist, so wird sie sich um so leichter en, je nützlicher sie ist, d.h. es ist die conservative, mit auf constitutionellen Ursachen beruhende An- } passung, welcher für die Frage eine bedeutende Rolle zu- geschrieben werden muss und die selbst auch durch die + MR w Lebensbedingungen derselben (z.B. die Uebersiedelung Ich glaube nun aber noch einen anderen Gesichts." m £ ZI Die männnliche Präponderanz liesse ich aus ähnlichen Gründen, speeiell dadurch erklären, dass die ag- gressiveren Männchen, so lange nicht ne Schutz- oder Tenseieohsehafler bei ihnen ausgebildet sind, zuerst in der Zeichnung sich anpassen werden, dass eben diese ag- gressiveren zugleich die kräftigeren sind; welche wiederum ihre Eigenschaften am meisten übörkragen und vermehren. Ebenso liesse sich die postero-anteriore Ent- wieklung durch Anpassung verstehen: der vom Kopf am meisten entfernte Körpertheil wird am meisten anpas- | sungsbedürftig sein, daer am wenigsten anderweitig, durch die Sinnesorgane, geschützt und da er besonders dadurel im Nachtheil ist, dass er zuletzt der Verfolgung dureh den Feind sich entzieht. In der Nähe des Kopfes dagegen, ebenso wie an der Unterseite der Thiere gegenüber der * Oberseite, kann sich eine veraltete, nicht mehr brauchbare i Zchiaune am nern; erhalten. nung zuerst vorn auftritt. Dies gilt aber für einen Fall, ‚in welchem die neue Zeichnung Augen IE zu stehen kommen N. Elpenor) — EN = handelt sich um verwandte Formen, deren Erklärung. 3 in dieser Weise von vorn nach hinten geht, möchten : entsprechende Erklärungen finden lassen, welche. ‚der A nahme günstig sind, dass Schutzbedürtuiss, sei es am einen oder am andern Körperende, die Veranlassung zur Aus b dung dr neuen Bigenschaft gegeben hat. Mana — symmetrisch — nach vorwärts, bezw. ii rückwärts am Körper, um sich allmälig gleichmäs: ig, über denselben zu verbreiten? Diese Frage, deren Beantw ns die wellenförmige Entwieklung erst dem Ver- ıdniss näher bringen würde, führt uns wiederum auf die Bedeutung constitutioneller Ursachen für die Umbil- "dung der Zeichnung zurück. Vorher möchte ich nur noch ; erwähnen, dass die stufenweise Entwieklung, die Thatsache, dass nur wenige ganz bestimmte Typen der Ye Zeichnung existiren, auf deren jeder ein Thier im Laufe “ ‚seiner Stammesentwicklung eine Zeit lang stehen bleibt, Ki "späterhin noch nähere Erörterung finden wird. -_ Wellenförmige Entwicklung (Undulationsgesetz). Allgemeine Betrachtungen über die Bedentung a er Ursachen, de " Es wurde im Vorstehenden Blogs dass sich Br zwar wohl die Endresultate der Zeichnungsumänderung im a oben und Ganzen als durch Anpassungsnöthigung mit- bestimmt erklären lassen, wogegen die Thatsache, dass se Umbildung innerhalb weiter Grenzen, selbst bei ver- schiedenen Gattungen, ja bei verschiedenen Typen (Rep- e ee Amphibien), überall auf ganz dieselbe Weise, bei ‚den näher verwandten Formen auch im Kleinsten durch- aus ‚gleichartig geschehe, nur auf constitutionelle Ursachen Bi werden könne. Zum Verständniss der Wir- g dieser wurde auf eine bestimmte Vertheilung der _ Ernährungsgebiete hingewiesen, welche unmittelbar und an die gegenseitigen, wie durch andere correlative Be-. ehungen für das Einhalten bestimmter Richtungen der Um- aderung ebenso maassgebend sein dürften, wie sie zur Er- eine auch der Symmetrie herbeigezogen werden müssen. - Bei der Umwandlung der Längsstreifung der Eidechsen in 'Fleckung und Querstreifung handelt es sich um eine in seitlicher Richtung vor sich gehende Umbildung. Hier scheint j jener Erklärungsversuch weniger deutliche Stützen zu haben, als bei einer Umbildung von vorn nach hinten oder umgekehrt, weil im letzteren Falle bei den behan- * delten Thieren die metamerische Gliederung. des a Br Er 298 fachsten erscheint die Verbreitung einer ZeicknäugeN in de 3 Längsrichtung des Körpers bei Thieren verständlich, welehe N jene Gliederung auch äusserlich darbieten. Hier fnden wir zunächst nichts Auffallendes in der Thatsache, dass jedes Segment die Eigenschaften der übrigen zeigt, denn ein solcher Körper, z. B. eben der der Raupen, ist ja bis zu einem gewissen Grade als eine Kolonie von gleic- werthigen Theilen, den Segmenten, zu betrachten. Hier | kann es nicht auffallen, wenn eine neue Eigenschaft von einem Segment sich auf das nächstfolgende und suceessive symmetrisch weiter auf die übrigen verbreitet — eben aus constitutionellen, bezw. correlativen Ursachen — wie dies Weismann thatsächlich auch für seine Raupen annimmt. Was bei solehen mehr oder weniger homonom gegliederten Thieren uns einleuchtend erscheint, darf nun wohl auch Kr auf die metamerisch gegliederten höheren Formen Zur Erklärung der in der Längsaxe fortschreitenden symmetri- schen Umänderung chem: angewendet werden und mag zuletzt auch als Handhabe zum Verständniss einer lateral gerichteten Umbildung dienen, indem wir die That- sache zu Hülfe nehmen, dass das Bestreben des bilateralen Organismus, Rechts und Links gleich zu gestalten, sich überall gerne auch in der Erzeugung bilateral symmetri- scher Zeichnung ausspricht — ich sage als Handhabe zum Verständniss, denn ich weiss wohl, dass wir bis jetzt nicht im Stande sind, die feinen morphologischen und die phy- siologischen Ursachen der Gestaltung hier zur Demonstration zu bringen. Würtenberger nahm es, sagt Weismann, ohne nähere Begründung gewissermassen als selbstverständlich an, dass das Zurückrücken der Charaktere in frühere Sta- dien der Ontogenese auf Naturzüchtung beruhe, dass somit die treibende Kraft, welche das Zurückrücken bewirkt, dieselbe sei, welche nach seiner Ansicht den betreffenden ; Charakter zuerst im letzten Stadium hervorgerufen hat.“ “ Die. Entwicklung der Raupen scheint, fährt er fort, dar gegen Thatsachen zu zeigen, welche beweisen, „dass ein solches Zurückrücken der Charaktere bis zu einem 229 dass es daher auf eine andere Ursache zurückgeführt wer- Ä den muss, auf die Bildungsgesetze, welche innerhalb eines jeden Organismus walten. Demnach ist bei segmentirten - Thieren die Neigung vorhanden, die gleichen Cha- raktere auf allen Segmenten zu wiederholen. (Cor- B relation, Darwin)“ }). Ich hebe diese’ mit der meinigen übereinstimmende Auffassung Weismann’s zum Zweck späterer Verwerthung 9 re hervor. er Zugleich finde ich Veranlassung zu betonen, dass das { Gesetz der wellenförmigen Entwieklung — kurz: Undu- lationsgesetz zu nennen — nicht zusammenfällt mit dem biogenetischen Gesetz, indem das erstere die That- sache behandelt, dass während des individuellen Lebens des Thieres von diesem bezw. von der Art im Lauf der ' Zeiten, neue Eigenschaften erworben werden, und dass diese neuen Eigenschaften in bestimmter Richtung ber den Thierkörper hinziehen, so zwar, dass sie enselben eine Zeit lang beherrschen, um dann ieder vor neuen zu weichen. Jede Eigenschaft er- icht somit einmal den Höhepunkt ihrer Herrschaft, um wieder zu schwinden, wie sie auch von bescheidenen rg aus entstanden war. So läuft eine Eigenschaft 1 im = im Lauf der Phylogenie über die . Das biogenetische Gesetz betont nur diese Ueber- nstimmung der ontogenetischen Entwicklung mit der j ogenetischen, nichts weiter. Das Undulationsge- - setz schliesst das biogenetische ein; es begreift nicht wie N 1) Für die Thatsache aber, dass diese neuen Charaktere auf e » jugendlichen Stadien zurückrücken, selbst dann, wenn sie diesen nicht nützlich sind, scheint mir in dem Satze Weismann’s: „Ver- , haben die Tendenz, sich im Laufe der phyletischen Entwick- nach rückwärts auf die jüngeren Stadien zu übertragen‘, das ärende Wort nicht ausgesprochen — es ist dies doch wohl Pe dieses allein die auf Vererbung beruhenden Thatsachen in sich, sondern zugleich solche, welche auf constitutionelle ' Ursachen zurückzuführen sind, nämlich die Ausbildung neuer Eigenschaften am Körper überhaupt und die Ver- breitung derselben über diesen in bestimmter Richtung. Ya Auch in Bezug auf weitere Fragen finden sich Be ziehungen zwischen den durch Weismann berührten That- sachen und meinen Befunden, nicht minder den schon in a meiner Abhandlung über Lacerta muralis coerulea be % sprochenen, wie den vorliegenden. | En; Dass eine und dieselbe Art gleichzeitig auf zwei ver- RS schiedenen Wohngebieten auf zwei verschiedenen phyleti- schen Stadien angelangt sein kann, wäre nach Weismann bewiesen, wenn die Abbildung Horsfield’s von Chaero- campa Celerio aus Indien wirklich eine Celerio darstellt. Dieselbe besitzt Augenflecke auf allen Segmenten vom vier- ten bis zehnten, die europäische hat nur auf Segment 4 und 5 Augehflecke. — Schon in „Lacerta muralis eoerulea® Y habe ich erwähnt, dass in den verschiedensten Gebieten stets dielben Varietäten der Mauereidechse auftreten, und meine neueren Beobachtungen zeigen deutlich, dass die Verschiedenheiten er Zeichnung im Wesentlichen ea ver gelangt ist, so dass der von Weikinan gesuchte a % für die Eidechsen zweifellos geführt ist. — PN en denheiten, in enge auf Farbe und Zeishnini ee in denselben Varietäten auftritt“, hatte ich schon damals zum Beweis dafür, dass das Variiren nur nach ganz be- Stimmten Richtungen hin stattfinde, verwerthet, entsprechend # 3 der zuerst von Nägeli!) bestimmt ausgesprochenen Ansicht. N „Während Darwin“, sagte ich, „das Variiren regellos nach a MR 1865. % vr it wenigen, Nah dessen chemische und physika- lische Zusammensetzung bedingten Richtungen stattfinden könne. Es scheint mir. dieser Satz, zu dessen Gunsten neuerdings Askenasy!) zahlreiche Belege aus dem Pflan- = zenreiche vorgeführt hat, und der unter den Zoologen auch on Weismann?) vertreten wird, nicht minder nothwendig " ‚richtig zu sein, wie die Thatsache, dass bestimmte chemi- E sche Elemente nur bestimmte Verbindungen eingehen und dass diese Verbindungen charakteristische Figenschaften zeigen“. Weiterhin sprach ich aus, dass eine Abände- rung (Varietät) nichts anderes sein könne, „als das noth- Beäigp Krystallisationsprodukt aus einer veränderten Zu- mensetzung des Organismus. Dasselbe nothwendige " Kıystallieationsprodukt aus einer Mischung gegebenen Ma- terials stellt die neue Rasse dar, welche wir durch Kreuzung srschiedener Eltern erzeugen. Und ganz in derselben ise müssen alle sogenannten eorrelativen Eigenschaften ärt werden.“ Ferner, und im Zusammenhang mit solcher Auffassung, } onte ich die Bedeutung N Eigenschaften ge- ‚dem Nützlichkeitsprineip in folgende Sätze zusammen: s werden 1. aus inneren Ursachen Organisationsverhältnisse tehen, gleichsam auskrystallisiren können, welche dem 3) Askenasy, Beiträge zur Kritik der Darwin’schen Lehre. zig 1872. Hier ist auch gezeigi, inwieweit bei Darwin schon vornherein die Annahme regellosen Variirens eingeschränkt war elation) und inwieweit er späterhin ein Variiren nach bestimm- Richtung anerkennt. 2) Weismann, Ueber die Berechtigung der Darwin’schen 'heorie. Leipzig 1868, S.27. Diese Bemerkung passt insofern nicht ele Variationsrichtungen annimmt; indessen ist unsere Differenz sch wohl nur eine scheinbare (vergl. später). Pr 232 Organismus ebenso nützlich sind, als wenn sie durch dn Kampf um’s Dasein entstanden wären. In diesem Falle werden die Anforderungen des Nützlichkeitsprineips zu- fällig von dem Produkte der Entwicklung aus inneren Ursachen erfüllt und dessen Bedeutung bleibt daher unge- schmälert. 2. Es können aus inneren Ursachen für das Fort- kommen des Organismus indifferente und 3. sogar schädliche Eigenschaften entstehen .. ... Mit schädlichen Eigenschaften behaftete Organismen wer- den sich aber nur dann erhalten und werden nur dann ihre Eigenthümlichkeiten durch Generationen vererben können, wenn jene im Vergleich zu den ihnen eigenen nützlichen nicht in Betracht kommen oder sofern sie in Correla tion stehen mit anderen, die nützlicher sind als “ sie selbst schädlich“). u Die Bedeutung der Constitution des Körpers für ar Ru Richtung des Variirens erscheint als selbstverständlich. Vielleicht gerade desshalb aber wurde sie, um mit Weis- mann zu reden, bis dahin vernachlässigt. Ich hatte zu- erst an der Variation eines Thieres in meiner ersten 'Eideehsenarbeit einen thatsächlichen Beweis für jene Be- deutung zu liefern gesucht. Es folgten die Thatsachen, welche in Weismann’s Untersuchungen über die Zeich- nung der Sphingidenraupen zu seinen Gunsten enthalten © sind, und neyestens hat Wallace in seiner „Tropenwelt“ denselben Standpunkt vorzüglich herrarselscheh Im Uebri- gen muss er auf zoologischem Gebiete auch heute als sehr. Re vernachlässigt bezeichnet werden; und doch ist klar, Jun wir nur auf seinem Boden zu den Fragestellungen gelangen welche uns zu der Erkenntniss der letzten Ursachen der Formumbildung und der definitiven Formgestaltung ehren können. Man hat sich, wie mir ‚scheint, zu sehr a 4 überall nur nach dem unmittelbaren Nutzen irgend einer Eigenschaft, überall ausschliesslich nach Anpassung zu fragen, statt von vornherein der Entwicklung aus eonsti- tutionellen Ursachen ebenbürtige Rechte, ja das ersteRecht Erunee aha FT »4 s 3 en R 84 1) „Lacerta muralis coerulea“. S. 42 und 43, - unmittelbaren Zusammenhanges zwischen unorganischer und organischer Welt am lebhaftesten vertreten, äussern sich viel- fach so, als ob das Nützlichkeitsprineip allein die letztere ER rebiere — und doch würde dies nichts anderes heissen, als dass ein prineipieller Gegensatz zwischen beiden be stehe, und doch ist thatsächlich der Nutzen, die Conceurrenz nichts als der Regulator der constitutionellen Veränderun- gen der Organismen und selbst dies nur in einem gewissen Grade, indem eine grosse Anzahl von Formbildungen augen- scheinlich gar nicht in den Bereich dieser Coneurrenz fällt, vom Nützlichkeitsprineip gar nicht unmittelbar berührt sich gestaltet hat. PN Allerdings ist es, wie schon Darwin hervorhebt, für uns oft schwer oder unmöglich zu entscheiden, ob eine ' Eigenschaft ihrem Träger von Nutzen sei oder nicht, denn - oft beruht dieser Nutzen auf sehr mittelbaren Birch jicht zu reden von Rigenschaften, welche, weil sie corre- tiv mit nützlichen entstehen oder von solchen, welche auf othwendigen molekulären Bau- und Öompösitignnverkäle nissen, etwa auf feinster, Festigkeit, Elastieität ete. bedin- gender Mechanik beinheh, In letzter Linie ist ja über- haupt alles Bestehende irgendwie in seiner Gestaltung be- einflusst von der Aussenwelt, mit anderen Worten, in letzter Linie steht jedes Bestehende in Beziehung zu allem übrigen Bestehenden. In diesem Sinne muss schliesslich auch alles Bestehende zweckmässig sein — und in diesem Sinne hat der Darwin’sche Satz, dass jede an einem Organis- ‚mus auftretende Eigenschaft demselben jetzt nützlich sein ‘oder einmal nützlich gewesen sein müsse, Berechtigung — jer auch nur in. diesem. Dane Kenntniss aller dieser mittelbaren, der letzten Be- die Kenntniss der Mechanik des Weltganzen. Das Dar- - win’sche Nützlichkeitsprineip aber hat es eben damit nicht, sondern nur mit den unmittelbaren Beziehungen der Or- 16 D einzuräumen. Gerade biejenigen, welche die Annahme eines 234 stimmten die ganze Fülle der Formgestaltungen fast durch- ir aus erklären will, dies gerade erscheint als seine angreir bare Seite. Wenn anders auf der Bahn der Erkenntniss über die Darwin’sche Anpassungskunde hinaus, selbst wenn in dieser reell fortgeschritten werden soll, so scheint es nöthig, von Fall zu Fall zu fragen, inwieweit die Rigen- schaften der Organismen etwa als unbeeinflusst von jenen . wandelbaren, unmittelbaren Beziehungen, also als „indiffe- rent“, inwieweit sie etwa nachweisbar als die Wirkung constitutioneller Ursachen, d. i. feststehender physikalisch- chemischer Bedingungen sich darstellen. Da scheint mir denn eine Fülle von Thatsachen vorzuliegen, welche die . Wirkung constitutioneller Ursachen, welche die Bedeutung BE+- nr 2 indifferenter Eigenschaften bei der Formgestaltung erweisen. 9 Warum haben die aus den Zellen einer Spongie heraus- AR krystallisirenden Kalk- oder Kieselkörperchen, warum haben die Kalkkörperchen der Korallenstöcke, warum die’ Kalk- körperehen der Holothurienhaut gerade diese oder jene A zierliche und keine andere Form? — doch wohl aus denselben Gründen, aus welchen ein Krystall seine bestimmte Form hat und nicht aus Gründen der Nützlichkeit. Warum die, 5 zierliche Form der Radiolarien-, warum die zierlichen Skulp- turen, Zeichnungen und Farben derSchneekengehäuse, welehe letzteren noch dazu meist zeitlebens von Schlamm oder Schmutz bedeckt sind und deren Zeichnungs- und Farben- zierden sogar oft erst nach dem Poliren hervortreten? Warum die schwarze Färbung des Bauchfells mancher Wirbelthiere? Warum die so manchfaltigen, fein ausge arbeiteten Muster der Blätter unserer Laubbäume? Warum x das Rothwerden der Blätter im Herbst? Warum Bleichen der Haare und alle anderen Veränderungen im Alter, bei Thieren und Menschen? Warum die Nothwendigkeit des 2 Stoffwechsels, des Todes nach Erwerbung eben des höch- sten Grades von Vermögen und Wissen, der höchsten „An- passung“ an die Umgebung — sicher nicht wegen Nutzens für das Individuum, noch auch der Art — höchstens zu Nutzen der Erhaltung des Kreislaufs des Lebens auf der Erde, welchen Nutzen im Werthe über den der Dauer der eigenen ‘kräftigen, lebensfrohen leiblichen Existenz zu 235 N. stellen, dem consequenten Verfechter der Bedeutung un- - mittelbarer Nützlichkeit schwer werden muss!). .. Nieht zum Nutzen seiner selbst allein kann das Individuum eingerichtet sein — nur undenkbar grober Egoismus könnte dies ernstlich annehmen — es ist das Individuum nichts als ein Rädchen im Uhrwerk des Weltganzen — diesem müssen seine Eigenschaften dienen, diesemsind sie „angepasst“; fürdas Rädchen, für das Individuum selbst aber fällt nur soviel Procent- satz von Nutzen ab, als die Ordnung des Ganzen ; ihm gutschreibt, als durch diese ihm zukommt. Würden - wir die mathematische Weltformel kennen, so wären wir im Stande, diesen Procentsatz zu berechnen. Wie die Dinge Bi liegen, sind wir weit genug davon entfernt. Es wirken also zum Bestand der augenblicklichen Gestaltung der Or- 9 ganismen und zur Umbildung derselben zu einer anderen Kräfte, die einem gegebenen dieser Orgänismen wohl mög- herweise unmittelbar zu Gute kommen können, die ihm aber nicht unmittelbar zu Gute kommen müssen und die rotzdem in seiner Bildung zum Ausdruck kommen önnen — es sind dies die allgemein, nach feststehenden mechanischen Gesetzen wirkenden physikalisch-chemischen Naturkräfte, die als „constitutionelle Ursachen“ zur Er- klärung eines Theils jener Bildung somit beigezogen wer- - Es ist ein grosser, aber im Verhältniss zum Ganzen doch nur ein unendlich kleiner Theil der Organisations- verhältnisse der Natur, welche der specielle Darwinismus, W „welehe sein Nützlichkeitsprineip erklären hilft. „Der mensch- Mlche Geist fordert, dass das Werdende in der Natur bei aller Beeinflussung und Abänderung dureh das schon Vor- andene d6ch im Grunde nach gewissen grossen feststehen- n Prineipien sich gestalte* sagt Leydig?) gelegentlich 1) Man vgl. hierzu Askenasy über Verhältnisse aus dem Ge- 2 biete der Botanik. Unter zahllosen anderen zoologischen Beispielen Pet eines der sprechendsten das ewig zerstörte Hymen — eines der- jenigen allerdings, welche auf unmittelbare Correlation (vgl. später) bezogen werden können. | 2) Leydig, Vom Baudesthierischen Körpers. Tübingen 1864. 8.7. , 236 einer Beurtheilung der Darwin’schen Theorie. In der That ist ja die Erkenntniss dieser grossen, feststehenden Prineipien das Endziel der Naturforschung auch auf dem Gebiete des Organischen. Zu diesem Zwecke handelt es sich zunächst darum, das Wesentliche, das ursprünglich Maassgebende loszulösen von dem, was Folge der nächsten Beziehungen zur Aussenwelt ist, das durch Beeinflussung durch das schon Vorhandene Abgeänderte wegzunehmen von dem Kern, der sich im Wesentlichen aus sich’ heraus entwickelt, um diesen, nachdem er freigestellt, so erschö- pfend wie möglich durchforschen zu können. Und nehmen wir an, dass die complieirten Erscheinungen der jetzigen organischen Welt sich aus einem einfachen Organischen ge- bildet haben und dass dieses in letzter Linie auf ein Unor- ganisches zurückzuführen sei, so sehen wir ja, je weiter zurück, jene Beziehungen um so mehr sich verringern, wir kommen nothwendig zuletzt auf einen Punkt, wo sie fehlen, von wo an allein constitutionelle Entwicklung nach vor wärts, zu complicirteren Bildungen, leiten konnte. Es sind noch andere Gesichtspunkte als die bisher berührten, welche mich längst dazu geführt haben, auf den Werth der Entwicklung aus constitutionellen Ursachen be- sonders aufmerksam zu sein. Ich habe schon in meinen Untersuchungen über das Nervensystem der Medusen!) da- rauf hingewiesen, welch wichtige Beweise die vergleichende Anatomie beibringt durch die Thatsache hochgradig ähnli- chen Baues von Organen, die zwar demselben physiologischen Zweck dienen, aber gänzlich unabhängig von einander, bei Thieren ohne alle unmittelbaren Verwandtschaftsbeziehun- gen, entstanden sind, Beweise, nicht zwar direkt dafür, dass die Bildungsfähigkeit des gegebenen organischen Materials eine wenig grosse ist, jedenfalls aber dafür, dass mitHülfe dieses Materials nur in geringer Variation Einrichtun- gen geschaffen werden können, welche einer ganz be- stimmten und constanten äusseren Anforderung alle aufs & . Beste genügen. Es führt diese Thatsache in glänzender ER 1) Das Nervensystem der Medusen, anatomisch und physio- N logisch untersucht. Tübingen, Laupp 1878, 237 Möse die Illustration des allerdings selbstverständlichen, aber, wie gesagt, gerade desshalb vielleicht viel zu wenig bertieksichtigten Satzes vor Augen, dass jede Forderung, welehe das Nützlichkeitsprineip an einen Organismus stellt, S ke wenn überhaupt, so nur innerhalb gewisser, durch die Com- position, bezw. durch die Bildsamkeit des Organismus vor- en hedinge Grenzen, d. i. in einer durch jene Composi- ” _ tion bedingten Art, erfüllt werden kann. Wie der Hand- werker aus einem Beenden Material nur ganz bestimmte ' zu einem bestimmten Zwecke ‚taugliche Werkzeuge zu ferti- a gen im Stande ist, so der Organismus. Dementspreehend findet man Sinnesorgane, z. B. Seh- oder Hörorgane von Thieren, welehe gar nicht unmittelbar mit einander ver- N . wandt sind, oder deren Verbindungsglieder der betreffen- den Organe vollständig entbehren, nach demselben Prineip . gebaut. Ich erinnere an die Augen der Wirbelthiere einer- se its und der Tintenfische andererseits; an die Facetten- 2 7 edusen andererseits. Das Hörorgan ist in den meisten len dieselbe, auffallend ähnlich gebaute, mit Flüssig- t gefüllte, mit Hörhaare tragenden Zellen ausgekleidete psel, in welcher ein Hörstein als Klöpfel wirkt — es ist zelne hinein. Dagegen Een wie ich ackeriela u.A. B zweites Prineip des Baues eines Hörorgans zur Aus- rung, darauf beruhend, dass der von Ben a. um- während rerseiii ein Theil dieser Thiergruppe erstere Bauart angenommen hat — also haben verwandte 238 schränkung auf zwei zweckentsprechende Bildungsmöglieh- keiten deutlich ausgesprochen. Die wunderbaren Modifi- cationen, unter welchen die Anwendung desselbenPrineips zuweilen ausgeführt ist und auf welche ich an dem er- wähnten Orte näher eingegangen bin, erhöhen noch das Interesse, welches diese Verhältnisse bieten und sind von besonderem Gewieht für die Beweisführung in dem von mir vertretenen Sinne. Nur zu zahlreiche widerrufene oder des Widerrufs bedürftige „Stammbäume“ zeigen, wie sehr diese Gesichts- punkte vielfach missachtet werden, wie häufig man analoge | Beziehungen für homologe ausgegeben hat und ausgibt. Der Grund hiervon ist der, dass die Riehtung der Zeit fast ausnahmslos auf die Feststellung der Homologien gewen- det erscheint, während die nicht minder morphologisch wie physiologisch wichtigen und interessanten analogen Beziehungen der Form fast vollkommen vernachlässigt werden. 2% Auch Weismann hat, wie im Vorstehenden erwähnt, schon früher sich dahin ausgesprochen, „dass die Zahl der möglichen Variationen für jede Art zwar sehr gross sein mag, keineswegs aber im buchstäblichen Sinne genommen unbe- = grenzt ist, dass die physische Natur einer jeden Art eine nicht E minder kicker Rolle bei der Hervorbringung neuer Cha- 2 raktere spiele, als Naturzüchtung, welche doch immer erst“ Ex mit den Ausflüssen jener physischen Natur, nämlich mit den Variationen operiren und Neues schaffen kann“. Dies führt uns darauf, seiner und Wallace’s Stellung zur Frage von der constitutionellen Entwieklung etwas näher zu treten. Weismann’s Untersuchungen stellen fest, „dass die Zeichnung der Sphingidenraupen sich äusserst allmählich, gesetzmässig und nach ganz bestimmten Richtungen hin TaR phyletisch entwickelt hat“. En Die Entwieklung der Deilephila-Arten zeigt, „dass die je Entwicklung der Zeichnung eine durchaus gesetzmässige ist, dass sie bei allen Arten in derselben Weise vor sich geht, Alle Arten scheinen auf dasselbe Ziel loszusteuern / und es macht desshalb ganz den Eindruck, als ob ein inneresEntwicklungsgesetzes wäre, welcher als 239 treibende Kraft die phyletische Weiterbildung der Arten veranlasse®. _ Ben Er führt auf innere Ursachen die Thatsache zurück, dass bei gegliederten Thieren die Eigenschaften eines Seg- mer s sich auf die übrigen übertragen. " Bei drei Arten von Smerinthusraupen erscheinen gegen inde der Ontogenese rothe Flecken, ohne dass Ererbung von einer gemeinsamen Stammform möglich wäre, denn sie fehlen in den jüngeren Stadien der Ontogenese. Dass diese N drei Arten (Smer. Populi, Ocellata, Tiliae) unabhängig von a einander in analoger Weise variiren, dafür, sagt Weismann, habe er keine andere Antwort als die, dass aus ähnlicher Ei physischer Constitution auch Ähnliche Variationen mit Notb- _ wendigkeit hervorgehen müssen — der Fall biete viele Aehnlichkeit mit dem von mir bezüglich der Farben bei La- certa muralis eoerulea beschriebenen. - "Auch gewisse Fleekenzeichnungen von Sphingiden- ' upen, für welehe eine andere Erklärung nicht möglicd ‚ werden auf constitutionelle Ursachen zurückgeführt. r Es erkennt also Weismann die Bedeutung consti- a utioneller Ursachen durchaus an, wenn er auch wenig Ver- lassung findet, denselben für seinen Gegenstand grössere farkatız anschreiben: | Dagegen kämpft er gegen bestimmt gerichtete Va- eN: ion(Askenasy), Vervollkommnungsprineip (Nägeli), E haupt gegen eine unbekannte treibende Entwicklungs- Me t, die er als phyletische Lebenskraft bezeichnet?). X j Die Thatsachen, welche ich bezüglich der Farbe, be- i) h { ders aber der Zeichnung der Eidechsen mitgetheilt habe, di weisen die Existenz einer bestimmt gerichteten Variation, 5. so fern als 1) selbst bei räumlich getrennten Varietäten x ner Art ganz dieselbe Richtung der Zeiehnungsänderung OR eobachten ist, 2) selbst bei verschiedenen Arten bezw. ungen (sogar einschliesslich der Amphibien!) nur diese be und keine andere Art der Umbildung der Zeichnung rkommt. er 1) Vgl. besonders 8. 113 ff. und die Einleitung. , 240 Die typische Gleiehmässigkeit, mit welcher dieser N Process vor sich geht, ist so wunderbar, dass ich lange Zeit kein Bedenken trug, auch die Uebereinstimmung der typischen Hauptformen der Zeichnung bei Reptilien (bezw. Amphibien), Vögeln und Säugethieren als den Ausdruck einer gemeinsam im Organismus dieser Thiere begründeten Entwieklungsriehtung aufzufassen. In der That schien mir, bis ich auf den Gedanken kam, die typische Umwandlung der Vegetation zu Hülfe zu ziehen, ein anderer Weg der Erklärung für die merkwürdige Thatsache nicht offen. Das Bedürfniss, die Möglichkeit näher liegender, greifbarer Erklärungsmomente aufzufinden, zu erschöpfen, hat mich auf jenen Gedanken geführt — sollte er sich bei weiterer Prüfung als nicht begründet erweisen, so wird man auf die auf constitutionellen Ursachen beruhende Variations- richtung zurückgreifen müssen. Es will mir nun aber scheinen, dass auch Weismank > verschiedenes ‚sehr hübsches Material zu Gunsten der An- nahme bestimmter Variationsrichtungen beibringt. Ist es nicht als bestimmte Variationsriehtung zu bezeichnen, wenn bei segmentirten Thieren die „Neigung* zum Ausdruck kommt, die Eigenschaften eines Segments auf die übrigen zu übertragen? An ganz derselben Stelle und mit den- selben Merkmalen, höchstens zuerst etwas abgeschwächt, erscheint der auf einem Raupensegment aufgetretene Fleck später auf dem nächstliegenden und so fort! Es ist dies. u in der That, wie schon hervorgehoben, kein anderer Fall als jener der in ganz bestimmter Richtung vor sich gehen- E den typischen Veränderung der Eidechsenzeichnung — nur dadurch vor diesem und vor anderen ausgezeichnet, dass Ei; wir für das Verständniss seiner Ursachen im gleiehartigen 4 Bau der Segmente deutlichere morphologische und physio- x logische Anhaltspunkte haben. Be So ist doch auch die Thatsache, dass De 3 Hippophaös in einzelnen Individuen Ringflecke besitzt wie sie den meisten Arten von Deilephila zukommen, ohne dass Vererbung möglich wäre, ein Beweis für bestimmt gerichtete Variation, obsehon oder vielmehr weil die eh E flecke auf segmentaler Vermehrung des auch bei den übri- gen: Individuen von Hippophaös auf dem 11. Segmente be+ Ef dlichen Fleekes beruhen. Damit ist auch die Thatsache paralleler Entwieklungsreihen berührt — auch sie spricht in diesem Sinne für bestimmt gerichtete Variation. Die rscheinung, dass die drei vorhin genannten Arten von insranpen in analoger REN varliren, wird nun wirklich, wenn ich Weismann recht verstehe, von ihm als in gewissem Sinne bestimmt gerichtete Variation E. anerkannt, ebenso wie der Fall, wonach mehrere Arten von Sphinx in ganz gleicher Weise und unabhängig von ein- ander Flecken bekommen, welche zur Bildung farbiger Säume führen. Wie mir scheint weisen aber nicht minder & K composition, also auf Grund von constitutionellen Ursachen, ‚etwa befördert durch direkte äussere Einflüsse, verwandte genschaften an verschiedenen Organismen erscheinen — skrystallisiren können und dass sie sich wieder auf Grund r genannten Verhältnisse bei ihnen in ganz derselben Weise, nach derselben Richtung, also überall nach be- mmter Richtung umbilden können, dass also wirklich ıe bestimmt gerichtete Variation besteht, welche von ‚auf den Organismus wirkenden Anpassungsforderungen veder unberührt bleibt. oder durch sie gehemmt oder elenkt, bezw. in ihrer Wirkung modifieirt, aber auch Reh ‚andere eonstitutionelle Processe — correlativ — mo- ; Variation mit phyletischer Lebenskraft zu identifieiren, vielmehr der Ansicht, dass die erstere rein physikalisch- _ ehemisch, ohne dahinter stehenden Spiritus reetor minde- stens ebenso verständlich sei wie mit dieser Kraft, und ich wube mich am bestimmtesten auszudrücken, wenn ich die ihr zu Grunde liegenden Vorgänge als organische Kry- Eemon bezeichne. Auch mit dem Nägeli’schen Ausdruck „Vervoll- mmnungsprineip“ möchte sich mechanische Auflassung Vorstehenden ja angedeutet habe, dass thatsächlich eine ‚als diese letzteren auch die vorgenannten Thatsachen da- rauf hin, dass auf Grund von Verwandtschaft der Körper- eunden können, indem sie berücksichtigt, wie ich dies 242 Umbildung zu complieirteren Formerscheinungen in der Natur zu beobachten ist, ohne dass diese Entwieklung nach 4 „vorwärts“ etwa ausschliesslich als die Folge compleirterer Wechselwirkung der Organismen, als Folge verschärften Kampfs ums Dasein betrachtet werden könnte. Wie ge- ‘ sagt, nehmen wir einen unmittelbaren Zusammenhang zwi- sehen anorganischer und organischer Natur an, so müssen „vollkommenere* Verbindungen bezw. Formen thatsächlich ohne Einwirkung des Kampfs ums Dasein entstanden sein und geben wir dies zu, so wird es uns auch nicht schwer fallen, einen weiteren Fortschritt zum „Vollkommeneren“ — sofern wir darunter ein Zusammengesetzteres verstehen, d.i. die Bildung complieirterer Verbindungen — aufGrund oder mit Zuhtilfenahme von constitutionellen Ursachen, an- zuerkennen. Dazu ist nun aber, wie Nägeli selbst ja Aus Er lich bemerkt, die Annahme einer immateriellen Triebkraft durchaus nieht nothwendig. Dasselbe gilt für die bestimmt gerichtete Variation, sofern man dieselbe nur in dem von mir vertretenen Sinne auf rein materielle Veränderungen bezieht, die eventuell von der Naturzüchtung beeinflusst oder benutzt werden, die aber nicht etwa nach einem wirk- lich vorgezeichneten „Plane“ zu einem bestimmten, vorge- setzten Ziele führen. Fi Es ist übrigens hier keineswegs meine Aufgabe, diese und andere Fragen unter kritischer Behandlung auch der vorliegenden speculativen Literatur erschöpfend zu behan- deln — es ist meine Aufgabe, Thatsachen aus dem Bereich der Zoologie zur Lösung dieser Fragen ah nd “ sen und dieselben zu‘ dieser Lösung selbs zu verwertlfen. Solcher Thatsachen sind von anderer Seite bisher nur wenige beigebracht — aus dem Gebiete der Botanik da gegen durch Askenasy, auf dessen Schrift auch be züglich der hierhergehörenden Auffassungen Darwin’s und Anderer hingewiesen werden mag. Botanische ud zoologische Thatsachen bringt ferner Wallace in seiner „Tropenwelt“ bei, besonders bezüglich der Ursachen der 3 “ Farben. Dieselbei verlangen Dee eingehendere Berück- sichtigung. a ande. Wallace tritt zunächst der Ansicht entgegen, welche mer noch von Manchen vertreten werde, dass die Farbe e direkte Folge der Einwirkung des Lichts und der En der Sonne sei. Die in der gemässigten Zone, gegen- iber der tropischen vorkommenden glänzenden Farben widerlegen diese Ansicht, ebenso auf der anderen Seite die "Thatsache, dass in so vielen Gruppen von Thieren..die tropischen Arten vor denen der gemässigten Zone in der Farbe durchaus nicht bevorzugt sind. Ti Wallace sucht das Darwin’sche Prineip der ge- schlechtlichen Zuchtwahl als nicht wirkend hinzustellen, ohne dass man den von ihm für die Behauptung, dass das Weibehen niemals auswähle, beigebrachten Beweisen ent- ‚seheidendes Gewicht beilegen könnte. Dagegen ist für uns die Auffassung wichtig, dass die Farbenpracht der Männchen vieler Vogel- und Insectenarten gegenüber der Fär- bung der Weibchen durch die höher gesteigerte Lebenskraft le s Männchens zu erklären gesucht wird. Wallace deutet um Beweise dessen ‘darauf hin, dass die Färbung der iere bei Krankheit und Abmagerung gewöhnlich matter, ale kräftigem Zustande lebhafter wird. Dies sei ‚ sehr wichtiger Erfahrungssatz von grosser Tragweite, wirklich ein allgemeines Gesetz zu enthalten scheine. tte Färbung des Pelzes der Säugethiere ist ein Anzeichen a Krankheit oder Schwächezuständen, straffes, glänzen- ; Haar mit leuchtendem Auge sind sichere Anzeichen Kraft und Gesundheit; dasselbe gelte von der Farbe ' Vögel; auch die schönen Farben der Raupen werden itt, sobald dieselben träg werden und sich zum Ein- innen anschieken. Auch an den gesundesten, kräftigsten emplaren der Pflanzen sei die Färbung der Blätter am tigsten, die der Blüthen und Früchte am schönsten. Die rbung wird beim Männchen am intensivsten während "Zeit der Paarung, wo die Lebensthätigkeit am höchsten steigert ist. Auch besondere äussere Anhänge des Körpers, % elche sich beim Männchen ‚gerne entwickeln, werden so tstanden erklärt. Indem Wallace die Wirkung geschlechtlicher Zucht- wahl ausschliesst, kommt. er dazu, auch die schönen, regel- Os Pi # u. r S =. re Dt Pech rt wer DI BF en Dapn Mi ee Dar a 5 nn > LER EIN AN mässigen, mit Farben verbundenen Zeichnungen, wie z.B. die Augen der Pfauenfedern, einfach als Ausfluss der Or- ganisation, ohne Theilnahme irgendwelchen anderen Ein- flusses, erklären zu wollen, wie denn, nach Darwin selbst, bei Hausthieren die Farbenabänderungen ohne Einfluss der geschlechtlichen Zuchtwahl eine Tendenz zeigten, sich N symmetrisch auszubilden. Zur Erklärung der bezüglichen E Erscheinungen, besonders der Zierfedern der Männchen zahlreicher Vogelarten, macht Wallace „ohne damit das Räthsel vom Ursprung und Zweck derselben vollständig lösen zu wollen“, darauf aufmerksam, dass die reichste Färbung und Zeiehnung auf den Federn vorkommt, welche am meisten abändern und welche am ungewöhnlichsten entwickelt sind (z. B. Schwanzfedern desPfaues, des Hahns). Nun sei leicht einzusehen, dass während dieser abnormen Ausbildung auch hehe Farbenvertheilung auf den ein- zelnen Theilen einer und derselben Feder eintreten konnte und dass solche Flecken und Streifen sich auch zu ab- schattirten Augen auszubilden vermochten, ähnlich wie die Farbenringe auf einer Seifenblase mit Abnahme der Dicke: der Wandung zunehmen. £ Ich kann nun allerdings dieser Auffassung nicht ganz beistimmen, weil ich es nicht für erwiesen und aus ver- schiedenen Gründen auch nicht für wahrscheinlich halte, dass die geschlechtliche Zuchtwahl bei der Bildung gewisser. Zierden keine Rolle spielt. Dagegen muss hervorgehoben werden, dass gerade diese Auffassung eben das Aeusserste leistet in den Anforderungen an constitutionelle Ursachen und ferner muss anerkannt werden, dass die symmetrische Umwandlung der Zeiehnung der Eidechsen einer andern Erklärung nicht wohl zugänglich ist als der, dass in der That der Organismus auf Grund von eonktituliensiiee Ursachen gerne regelmässige, symmetrische Tr (bezw. Vertheilung von Farben) erzeugt !). R Sehr interessant für uns ist ferner der Abschaill von $ N N 1) Eine en ale. von dieser Regel bi abgesehen von den die Nutzhausthiere betreffenden Fällen, das schweinchen (Cavia cobaya) dar. Wallace’s Schrift, welcher über lokale Ursachen der 3 y enentwicklung handelt. Ein thatsächlicher, aber bis jetzt unerklärter Einfluss auf die Färbung geht von der ttlichkeit aus. Sehr oft sind Arten ganz verschiedener jierfamilien in einer Gegend gleich gefärbt und ihre reisen Verwandten anderer Landstriche sind ganz schieden von ihnen und wieder unter sich gleich. Dar- w in, Bates und Wallace haben viele derartige Fälle "bekannt gemacht. „Die wahrscheinlichsten Ursachen dieser gleichzeitigen Farbenvariation möchten in besonderen Stoffen des Bodens, des Wassers oder der Luft, oder vielleicht auch in besonderen Pflanzenprodukten zu suchen sein; der $ chemischen Analyse ist somit ein weites Feld bei der fer- neren Untersuchung dieses interessanten Punktes eröffnet“. _ Die von den drei genannten Forschern aufgestellten Bei- spiele werden im XVL Capitel, welches eine von Wallace vor der biologischen Section der British Association in ow 1876 gehaltenen Rede wiedergibt, mitgetheilt. Die meisten derselben finden sich auf Inseln. Meist wird lie Färbung blasser, zuweilen aber. auch dunkler, lebhafter oft geht mit dieser Farbenveränderung eine gewöhnliche Zunahme der Grösse Hand in Hand. wird besonders durch Beispiele von Schmetterlin- ‚belegt. (Es würde dies darauf hinweisen, dass nicht ron mir als möglich hervorgehobene Umänderung der U ngsweise die Ursache der Grössenzunahme sein aber auch wohl die Verdrängung des Schwäche- durch-den Stärkeren auf kleinem Wohngebiete: es wür- ‚dann wohl allgemeine klimatische Verhältnisse beige- gen werden müssen —an Vermehrung des Stoffwechsels in g ‚der „zehrenden‘“ Luft wäre aber bei der für die Ei- n aufpflanzenarmen Felsensospärlichen Nahrung kaum ken, wie überhaupt die gute Ernährung gerade an sol- 7 9 Icb muss bemerken, dass ich das Buch von Wallace erst genau kennen lernte, als der grösste Theil dieser Arbeit schon rieben war und dass ich die auf dasselbe bezüglichen Citate im Ve stehenden übersehen. ch en Oertlichkeiten wieder ein grosses Fragezeichen würde)!). st nachträglich einfügte. Die hier berührte Stelle hatte ich dabei ‘bar zusammenstellt, was aber, wenn es auf der Voraus- 246 In einem anderen Abschnitt wird der Einfluss der Farbe der Körperhülle auf die Sinneswahrneh- mung behandelt: die Anwesenheit von dunkelm Pigment trage zur Schärfe der meisten Sinne bei. Daraus. wird ge: schlossen: wenn das Ueberwiegen der weissen Farbe ge- meiniglich mit einem minder scharfen Wahrnehmungsver- mögen in Verbindung stehe, so sei diese Farbe doppelt gefährlich. Darin liege vielleicht ganz einfach der Grund, dass auf Inseln die weisse Farbe stärker entwickelt ist, denn hier sei der Kampf um’s Dasein minder hart, die Zahl der Feinde geringer. Darin sei es auch er : ; det, warum der Albinismus sich im wilden Zustande nicht halten könne, wohl aber der Melanismus. Die Eigenthim- & lichkeit mancher Inseln, z.B. der Galopagos, dass sie nur = Thiere von düsterer Härhone besitzen, lasse sich vermuth- ; lich auf dieselbe Weise erklären: es mögen dort giftige Früchte wachsen, welche die weissen oder hellfarbigen Varietäten. ausrotten, da bei diesen das Schmecken und Riechen mangelhaft ist. Nur sei kaum anzunehmen, dass das Nämliche von den hellfarbigen Schmetterlingen gelte und vielleicht sei dies der Grund, warum die Wirkung des insularen Wohnorts auf die Färbung bei diesen Insekten “ viel augenfälliger sei, als bei Vögeln und Säugethieren. Een Da aber hervorgehoben wird, dass auf manchen Inseln. En andere Farben, z. B. lebhaft Roth, begünstigt werden (nur Re auf den Molukken und auf Neu- Ar kommen zu zwei ” ganz verschiedenen Familien gehörige, prachtvoll rothe N Papageien vor) so muss ich gestehen, dass ich- nicht in “ der Lage bin, die Wallace’schen Mittheilungen in dieser Beziehung für den besonderen Fali der Eidechsen verwer- 4 then zu können, es sei denn die Thatsache, dass er dunkle Mn Farbe rundweg als Schutzfarbe bezeichnet und sie in dieser Beziehung mit der Umgebung angepasster Farbe unmittel- EEE setzung von mit 1 Farbe verbundener Sinnesschärfe be h ruhte, wiederum auf unsere Eidechsen kaum Annan ne finden könnte, ängen erheblich wachsen oder mag eine allgemeine unahnıe von Energie vorhanden sein. Ferner werden die rben dureh Nahrung, durch chemische oder photogra- phische Einwirkung Und Lichtstrahlen (Umfärbung von nat lokale ae verändert; letztere en ithmasslich in besonderen Eigenschaften des Bodens oder der Pflanzen einer bestimmten Gegend. Von Feuchtigkeit ist nirgends die Rede. Nachdem ich nachträglich auf einige Acusserungen. Weismanns aus früherer Zeit, in seiner Schrift über den -Saison-Dimorphismus?) aufmerksam geworden bin, sehe mich veranlasst, hier "noch Bemerkungen über den Um- des Begriffes „constitutionelle bezw. innere Ursachen‘ an, a dessen sich Weismann dort ge- Wort zu reden, so sehr möchte ich auch hier wieder be- aen, dass die Umwandlung einer Art nur zum Theil auf ren Einflüssen beruht, zum anderen Theil aber auch der specifischen Constitution dieser einen Art. Speei- nd eine andere Art. Wir müssen annehmen, dass von ‚ ältesten Zeiten der Organismenbildung an durch alle vischenstufen hindureb sich bestimmte Eigenschaften, achsthums-, Ernährungs- oder Entwicklungstendenzen bis die heute lebenden Arten übertragen haben, dass jede 248 von diesen eine gewisse Summe solcher Tendenzen in sich y trägt, dass diese es sind, welche seine äussere und innere Erscheinung zu jeder Zeit seines Lebens bestimmen, welche Pi in ihrer Reaktion gegen die Aussenwelt das individuelle Leben wie das der Art selbst darstellen“ ..... darausget „mit Nothwendigkeit hervor, dass verschiedene Arten ver- schieden reagiren müssen auf solche äussere Reize, welche - Abänderung ihrer Form hervorrufen. Dies heisst nun nichts Anderes, als dass jeder Art durch ihre physische Consti- tution (in dem soeben definirten Sinne) bestimmte Varia tionsmöglichkeiten vorgezeichnet sind. Dieselben sind offen- bar ausserordentlich zahlreich für jede Art, aber nicht un ‚endlich, sie gestatten der Naturzüchtung einen weiten Spie- raum, aber sie beschränken dieselbe auch, indem sie sie zwingen, gewisse, wenn auch breite Entwicklungsbabnen einzuhalten“. ra Es bezieht somit Weismann alle Veränderungen den 4 Organismus auf Vererbung und Anpassung in der Weise, 798 dass er, um seine eigenen Worte wiederzugeben, unter. | „Vererbung auch die Vererbungssummen, das heisst die jeweilige physische Constitution einer Art“ begreift, „also die beschränkte und in obigem Sinne bestimmt ge- richtete Variationsfähigkeit, unter Anpassung aber die direkte und indirekte Reaktion dieser physischen Con- stitution auf den Wechsel der Lebensbedingungen.“ Eine Transmutation rein nur aus inneren Ursachen könne nicht gedacht werden, „könnten wir den Wechsel äus- serer Lebensbedingungen absolut sistiren, so würden die vorhandenen Arten stationär bleiben, denn nur die Einwirkung äusserer Reize im weitesten Sinne des Wor- tes vermag Abänderungen zu erzeugen und selbst die, N, nie fehlenden „individuellen Variationen“ scheinen mir neben der ererbten Ungleichheit der Anlage wiederum auf ungleichen äusseren Einflüssen zu beruhen, und auch die ererbte Anlage selbst ist nur deshalb ungleich, weil von . jeher die einzelnen Individuen len, verschiedenen äusseren _ Einflüssen unterworfen waren.“ es Die gegebene Constitution des Organismus wird ai durchaus der Vererbung zugeschrieben, bezw. es wird diese vs — dureh Enz im Lak der Zeiten erfahren hat. Hierzu möchte ich zunächst wiederholen, dass die Be- Bichuung „Anpassung“ für alle die Verandeninden; welche 4 Sinti unter sen Begriff nur RR, Eiopuichailen ' des Organismus stellen, durch welche er sich im Kampf ums Dasein äusseren Verhältnissen angepasst, welehe er _ erworben hat, weil sie ihm nützlich sind — nicht aber Eigen- schaften, welche wesentlich die Folgen der direkten Ein- 5 wirkung äusserer Einflüsse sind, wie z. B. die dunkle Haut und die dunkeln Haare der Südländer Folge der Einwir- kung des Sonnenlichts, wie dunkle Färhuis von Reptilien ‚etwa Folge der Einwirkung der Feuchtigkeit ist — und ' welche völlig indifferent für den Örsanisıhus im Kampf ms. Dasein sein können. Solche TIERE durch äussere ” Ei 2 & Ye Da sich nun ein Organismus während seines indivi- uellen Lebens BERN Nr verändern kann, so ist tig, dass die Constitution no auf Vererbung ol An- sung zurückzuführen sei. Ausserdem wird nun solche Impression sofort Anlass Sa Compositionen im Org anismus geben, welche ssen Grade fortwirken, eventuell ganz neue ildungen treiben und welche jetzt allerdings mit der ı gegebenen Gesammteonstitution auf die folgenden Ge- ionen sich vererben, eventuell verändert durch neue wirkungen von Aussen, ohne dass sie irgend nützliche ‚deutung für den Öreaniinhs zu haben brauchten. Aber auch bei geschlechtlicher Mischung wird die nische Krystallisation in der Weise wirksam sein können, s einzelne Eigenschaften des Nachkommen nicht in der iie jener eines oder des andern der Eltern liegen, son- 17 r ” Fr D dern vielmehr in einer dritten, neuen Linie, dass also , 1 durch Vermischung zweier Eigenschaften eine neue dritte entsteht. PR Weil somit im individuellen Leben neue Zusammen- setzungen des Organismus entstehen können, welehe, wenn anders die allgemeinen physikalisch-chemischen Gesetze für denselben gelten, in unübersehbarer Complication n ihm fortwirken werden und weil solehe neue Zusammen- setzungen sogar durch geschlechtliche Mischung entstehen können, ist die in jedem Augenblick gegebene Constitution nicht absolut als die Summe aller Vererbungen zu be . zeichnen!). r u 1) Mit der Erklärung der Constitution als der Summe der Vererbungen hat auffallende Aehnlichkeit die betr. Aeusserung einer ein Jahr später als Weismann’s Schrift in der weiland Jenaischen Literaturzeitung erschienenen Kritik meiner Abhandlung über La- certa muralis coerulea, deren Verfasser dieser letzteren kein an- deres Verdienst lassen zu dürfen glaubt, als das, „auf eine ausser- ordentlich günstige Gelegenheit zur Vermehrung und Vertiefung wahrer Naturerkenntniss nachdrücklich aufmerksam gemacht zu haben“. Vielleicht zeigt der Inhalt meiner vorliegenden Abhandlung, dass der Kritiker einen ganz richtigen Instinkt gehabt hat, wenn er die Bedeutung eines Stoffes ahnte, welchen damals nicht erschöpfen zu können, noch zu wollen ich ausdrücklich selbst erklärt hatte. Nur wundere ich mich darüber, dass derselbe, Herr Benjamin Vetter, - nieht die Gelegenheit ergriffen hat, durch Behandlung dieses Stoffes, e zum Zweck der „Vertiefung wahrer Naturerkenntniss“, eine Ab- wechslung in seine gewöhnliche Thätigkeit, bestehend in gewerbs- mässiger Kritik und Bücherübersetzung, , zu bringen und zu zeigen, was er in der Förderung dieser Erkenntnis durch eigene Arbeit zu leisten vermöchte. Leider geht sogar aus der Kritik nur zu deutlich hervor, dass ihr Verfasser nicht nur die landläufigste Literatur über den Gegenstand nicht kannte, sondern dass er nicht einmal die von ihm kritisirte Abhandlung ordentlich gelesen hatte, ’ denn sonst würde er sich in seinen vernichtenden Angriffen ‚gegen “ die Bedeutung „innerer Ursachen“ an die Adresse Nägeli’s und nicht an die meinige haben wenden müssen, auch würde er sonst wohl kaum den Muth dazu’ gehabt haben, der Welt zu erklären, das „auch Wir“, nämlich Herr Benjamin Vetter, „innere Ursachen® _ anerkennen und was „Wir“ (im Gegensatz zu meiner Wenigkeit) dr runter verstehen, ohne die bekannten bezüglichen Ansichten 2 FR Naturforscher irgend zu berühren. ve ae j auch indifferente sein können, so ist es nicht die liehe (Dar win'sche) Anpassung allein, welche dabei en ist. Weil nun Weismann in der 2 Doch, nur die un- sowie man die „äusseren Reize“ im weitesten Sinne des Wortes nimmt, E h. darunter alle direkten und indirekten Enter den. Inlirekien aber abo: versteht. Fasst man die Sache 80, SO ist gewiss N ie es in letzter t dem „absoluten Sistiren dis Wöchaeks der äusseren bensbedingungen die vorhandenen Arten stationär bleiben einen Tod. Darwin’ schen unmittelbaren Correlation als gleichbe- leutend mit constitutionellen inneren Veränderungen über- jaupt zu setzen. Schliesslich ist freilich Alles correlativ keine Gestaltung besteht oder entsteht, wie früher her- ehoben, ohne Beziehung zu anderen (Cuvier), Aber in hat den Ausdruck correlative Variation doch nur ein Atmosphärendruck nöthig sei, um ein gegebenes Volumen issers um !/yoooo Zu verkleinern und der also keine Ahnung davon was unter Capillarattraction zu verstehen, dass ihre Druckwirkung Die Keckheit des literarischen Gründerthums in Kritik wie im t stützt sich auf die Erwartung, dass man es ignorirt. Ich dass es die Pflicht gegen die Allgemeinheit erfordert, jene rei tung wenigstens gelegentlich zuweilen zu täuschen, ar, den“ — wir hätten ohne diesen Wechsel eben den all- - Uebrigens schiene es nicht gerechtfertigt den Begriff { gewöhnlicher Druckwirkung nicht entfernt zusammenzustellen ist. 252 schen zwei Eigenschaften, der Art, dass die zweite in noth- wendigem Zusammenhang mit der ersten auftritt. Mit jenen y eonstitutionellen inneren Veränderungen dagegen wird das allgemeine Wechselspiei der im Stoff an sich gelegenen Kräfte betont, welche um so manchfaltigeren Ausdruck finden, d.h, zu um so manchfaltigeren Formgestaltungen führen müssen, je eomplieirter die Mischungen des Stoffes werden. Wer diese allgemeinen physikalisch-chemischen Beziehungen dem Begriff der Darwin’schen Correlation unterordnete, würde dies nur deshalb thun können, weil er der gewisser- maassen aktiven Wirkung der ‘ersteren bei der Umbildung der Form eine verhältnissmässig geringe Bedeutung zu schriebe, indem er die direkten Beziehungen zur Aussen- welt für weit wichtiger für dieselbe hielte, während ich eben jene sehr hochstelle. ER In letzterer Beziehung scheint mir in der That einge- wisser Unterschied zwischen der Weismann’schen Auf fassung und der meinigen zu bestehen. Dieser Unterschied * { drückt sich eben in unserer beiderseitigen Fassung des Be- ; griffes „Constitution“ aus, welchen man, wie gesagt, meiner Meinung nach nicht ais die Summe aller Vererbungen wird definiren dürfen, sondern in erster Linie wesentlich mit als das Produkt eigener, allerdings von der Aussenwelt beeinflusster physikalisch-chemiseher Thätigkeit des Or- ganismus, die keineswegs mit dem Aufhören der An- passungsnöthigung im Darwin’schen Sinne — was ja denk- bar wäre — wohl aber mit dem Stillstand im Wechsel _ aller ‚Lebensbeziehungen, d. i. mit dem allgemeinen, abso- luten Tode, aufhören würden, im "Sinne organischer Form- gestaltung thätig zu sein. = Bei solcher Auffassung ist es durchaus nicht Aiihäe Rn eine phyletische Lebenskraft als treibende Kraft vorauszu- setzen, wie ich schon früher hervorhob selbst dann wicht, wenn wir, worauf ich hier noch mit ein paar Worten ein- sehen muss, eine „Vervollkommnung“, d.i. einen ‚Fort- E: schritt in der Complieirtheit der Gestaltung in der Natur annehmen. Auch Weismann macht darauf aufmerksam Einfachen zum Complieirteren fortschreitet. Und einen sol L chen allmäligen Fortschritt beobachten wir in der ganzen organischen Natur. Ist derselbe nur auf die wachsenden - Anpassungsforderungen zu setzen oder mit darauf, dass durch die auch ohne Mithülfe der nützlichen Anpassung - fortgesetzt complieirter werdenden Verbindungen der Materie . im Laufe der Zeit eine grössere Manchfaltigkeit der For- men entstanden ist? Es scheint mir sehr viel für die letztere Auffassung zu sprechen, wie ich schon früher auf- - merksam gemacht habe auf die Thatsache, dass je weiter - zurück zu einfachen Verhältnissen um so mehr die An- passungsnöthigung zurücktrat und dass zuletzt Organisches aus Unorganischem doch wohl nur auskrystallisirt gedacht werden kann, wenn man ihm nicht eine besondere Ent- stehung zugestehen will. Es darf aber vielleicht in diesem Sinne auch darauf hingewiesen werden, wie auffallend es ist, dass Organismen, welche einmal auf einer gewissen Höhe der Ausbildung angekommen sind, sieh verhältniss- 'mässig nur sehr selten rückbilden, trotzdem dass der Kampf ı’s Dasein jeder Form ausserordentlich zahlreiche Wege zur Fortsetzung der Existenz auch bei einfacherem, z. B. gendwie zurückgezogenem Leben darbieten würde. Wäre er unmittelbare Anpassungszwang so sehr maassgebend für e Formgestaltung wie Viele annehmen, so müsste, wie mir heint, eine unübersehbare Manchfaltigskeit ‘von Formen tiren — jeder gegebene Organismus müsste sich, sobald e Existenzbedingungen schwierige werden, nicht nach er oder wenigen Richtungen einfach diehotomisch, wie s thatsächlich der Fall ist, nach vorwärts, zu compli- ng nach ausserordentlich vielen Richtungen gleichmässig, hlenförmig, also nach rückwärts wie nach vorwärts attfinden, Brirechend der so ausserordentlichen Manch- nfacherer, passiverer Lebensweise Raum bieten. Ueber- pt scheint es schwer, anzuerkennen, dass das Compli- . eirtere immer das Bessere, das Praktischere sei, und allein schwierigen Anforderungen zu genügen vermöge. Auch aus ? Pe Gründen ist wohl die oben gestellte Frage berechtigt. erer Gestalt umbilden, sondern es müsste diese Umbil- ss = Passr ä ri he TE Ei En ER 7 ER 3 BB La NT rn AT EEE EEE EN BR ER, BEE TEE 4 Ai; : Kleinsten, die Entwieklung det Zeichnung z. B. der Er i REF A a NR 6% “Eure Fi E ir RT. DR WR ir Me! i Rn PASAE A N NET IR N \ ME & % ; En, Abgesehen von der Lösung dieser Frage aber seheint der Unterschied in den Auffassungen von Weismann und mir (bezw. Nägeli, Askenasy) auch darin Ausdruck zu finden, dass ich nicht wie er viele, sondern nur wenige mögliche Variationsrichtungen, allerdings für jede Eigen- schaft des Organismus?), gegeben und nur eine er. ? tung zur Zeit herrschend sehe. Der ganz bestimmte Weg, welchen im Einzelnen, ii dechsen verfolgt, führt mich nicht nur zu diesem Schlusse, sondern er dürfte auch darauf hinweisen, mit inc Sicherheit die Constitution, ganz unbeschadet des Wech- sels der äusseren Lebensbeziehungen, durch lange, lange Zeit hindurch in Umänderungen fortwirkt. Ich Ba: daraus, dass nicht entfernt jede Variation von den augen- blicklicehen Lebensbedingungen sofort beeinflusst wird und ich halte es auf Grund der bezüglichen Thatsachen für wohl denkbar, dass solehe weit gehenden Variationen in bestimmten Riehtungen sich ausbilden werden, auch dann, wenn jene Beziehungen lange dieselben blieben). Bedeutung der Entwicklung aus constitutionellen Ursachen für die Entstehung neuer Arten ohne Mithülfe der Isolirung. Corre- BL; lative Variation. RR Die felsenbewohnenden Eidechsen scheinen für wesent- liche Theilnahme der Isolirung bei der Artbildung im Sinne Moritz Wagners zu sprechen. Auf den bei Capri ge legenen Felsen sind die Thiere in der That um so mehr abgeändert, je sicherer ihr Wohnort isolirt ist. Den Maass- stab für den Grad dieser Isolirung gibt nieht nur die re- lative Unzugänglichkeit der Felsen durch den Menschen selbst ab, sondern, wie früher bemerkt, auch der Grad der 1) Vielieicht fasst Weismann die Sache ebenso auf! 2) Man vergleiche hierzu auch das im Folgenden über d: Ueberhandnehmen von dunkler Haut- und Haarfarbe bei uns u schen GERNE) RE Verkehr übertragen werden. Allein bei genauer Betrachtung hält die absolute Be- deutung der Isolirung für die Umbildung unserer Eidechsen Beer Stand. Der Filfolafels ist gegenüber dem Men- ‚schen nicht mehr Bee als 2. B. die pa und doch findet ein wir haben = den Eidechsen vom Aetna Sesehen, verhältnissmässig wie kurzer Zeit wenigstens vollkom- ne Farbenumänderung unserer Thiere durchgeführt werden kann — es schiene, eben wegen der geringeren { lirung des Mönacone und der Galli, eher anzunehmen, iss diese Felsen schon seit längerer Zeit von Eidechsen wohnt sind als die Faraglioni, denn umgekehrt. ‚Ich spreche der Isolirung, wie früher gezeigt wurde, nen Werth für die Umbildung durchaus nicht ab; ich le aber, dass bei näherer Betrachtung in dem speciellen l der Ausbildung der Felseneidechsen nicht sie der in ter Linie maassgebende Faktor ist, sondern eben die esenheit oder der relative oder absolute Mangel an flanzenwuchs, und es scheint mir nichts gewisser als dies, 58 trotz des Mangels der Isolirung, trotz der Möglichkeit "Mischung der sich abändernden mit der Mutterrasse alle uereidechsen irgend eines Bezirks des italienischen Fest- landes schwarzblau würden, sowie derselbe in Beziehung auf Pflanzenarmuth und Bodenbeschaffenheit den Fara- glioni entsprechende Verhältnisse annähme. Die Mauerei- i® dechsen des Aetna liefern den direkten Beweis für meine Ansicht. r Damit wäre eine abgegrenzte, in sich Shrenchlendan neue Form noch nicht gegeben. Nun ist aber der Satz ‚anerkannt, dass irgendwelche Variation andere Verände-r ungen im Gefolge hat. Mehr als irgendwie sind wir ‘bei diesen correlativen Veränderungen berechtigt, das Beispiel von der Krystallisation der Anorgane zu gebrauchen, die Vergleichung mit der kaleidoskopischen Bildung von Figuren zu verwerthen: sowie irgend Etwas im ursprüng- lichen Zustand, in der ursprünglichen Anordnung von Theil- chen des Organismus verändert wird, kommen auch andere Theilchen in Bewegung, alles ordnet sich zu einem neuen & Ganzen an, hat — oder bildet — „eine neue Art“. EN. So Ale ich die Thatsache eorrelativ stattfindender. ’s Abänderung in vielen Fällen für die Entstehung neuer, in sich abgeschlossener Formen, Arten, von maassgebender Be- deutung. Sie macht die Entstehung neuer Arten ohne Mithilfe | R % der Isolirung ohne Weiteres verständlich, sie wirft aber auch einLichtaufdas Fehlen von Zwischenformen. Ich stütze mich bei dieser Auffassung auf Thatsachen: wir haben gesehen, dass bei mehreren der beschriebenen Eidechsenvarietäten mit der Aenderung der Farbe und Zeichnung auch ziemlich erhebliche Formveränderungen Hand inHand gingen!). Andere habe ich darauf hin nicht genauer, nur einige der Festlandvarietäten habe ich ebenso wie die coerulea und die Filfolaeidechse auf etwaige feine morphologische Unterschiede untersucht (Oberschilder, Zahl der auf ein Brustschild gehenden Körner) — genaue Unter- | suchung verwandter Varietäten und Arten, unter Berück- 1 sichtigung der geographischen Verbreitung und besonders unter BEE RU der schon früher berührten N 1) Vielleicht ist es auch auf correlative Beziehungen ee ; ‚zuführen, dass vorzüglich die platycephalen Mauereidechsen, welch gewöhnlich zugleich auf dem Pauken wenig kräftig gezeichnet: sind, ' form des er führen. Die. correlativ entstehenden Abänderungen können die ge haben, dass eine Vermischung der neuen Form mit er alten gar nieht mehr möglich ist, indem sie, worauf h sehon vor Jahren aufmerksam gemacht habe), die Ge- schlechtsprodukte, sei es nach ihrer stofflichen Zusammen- setzung, sei es gar nach ihrer Gestalt betreffen ?). Hehrigens ist es, wie bemerkt, durchaus unrichtig, © nehmen, dass eöschlechlliche Vermischung verschie- dener Formen nothwendig zu einem Ausgleich der bei- ge Eigenschaften führen müsse. Weismann usserte sich dahin, es sei die Se unter allen Be- a escher Natur, d. ii für den Kampf um’s Dasein 1) „Ueber den Bau und die Bewegung der Samenfäden“ in ‚oologische Untersuchungen“, Würzburg, Stahel 1874 und Verhand- ngen der physikalisch-med. Gesellsch. zu Würzburg, N. F. VI. Bd. 2) Ich erinnerte damals daran, wie grob selbst morphologisch B. die Samenfüden ganz nahe verwandter Arten (Rana esculenta | temporaria!) häufig verschieden sind und dass die Unmöglichkeit Erzeugung von Bastarden im speciellen Falle demnach schon in lichen mechanischen Hindernissen ihre Ursache haben kann, onn sie nicht auf Verschiedenheiten der stofflichen Mischung beruht. - Ausserdem habe ich auch früher darauf aufmerksam gemacht, ee selbst nahverwandte Varietäten gerade von Eidechsen az Lust zeigen freundschaftliche Beziehungen zu erhalten, wie zu tödten, SHArdE den Mendhienän Belichäireil, welche unter an Menschen am ausgeprägtesten unter ungleich gearteten Verwand- ‘vorkommen. Dabei ist keineswegs Brodneid, wie mir entgegen- alten worden ist, die Ursache — meine Beobachtungen hatten dies vornherein ausgeschlossen, und seitdem habe ich z. B. er- nischen zusammengethan hatte, unter Ausschluss des Brodneids u De aplare zeigen forigesetzte Wahrnehmungen entsprechende Ge- n müssen, dass mir Clevener Mauereidechsen, die ich mit nea- iebfeder, von den letzteren sofort umgebracht wurden; auch ” „ # gleichgültig sind!). Doch sprach er die Meinung = dass namentlich ba Pflanzen zahlreiche Beispiele und Ruin dene der Kreuzung (Amixie) beiggbrineen . soih Anbeh.. Allein es hat Nägeli gerade für binnge % “ derlich, sondern ed orlich ne Und . are haben darauf UST RER gemacht, dass. es 8° um’s Dasein unwichtigen Meike sn: ei sich a m 0 zähesten erhalten. ; Dass bei Rimmaung. veraeedener Karaes 2 Pro weise Bar nie: -) Produkte sich ER: ebenso lässt sich De der AUDI von Hausbllus ‚be- so auffällt Und ganz entsprechende Nachrichten liegen fi die Mischung von Varietäten as lebender us a en fast ihre nur die anseskreiie und dazwi chen 4 die fünfstreifige Varietät, trotzdem, dass beide. häu Bei sattung mit Bde een werden. Aehnlicl bildung. DAR 1872. 2) Nägeli: Das gesellschaftliche Entstehen neuer Sitzungsber. d. Münchener Akad. 1872.' ormen, sondern nur die extremen gefunden werden. Das a R eriment muss allerdings auf Grund der oben hervorge- snen Möglichkeiten für jeden einzelnen. solchen Fall ji dieser divergirenden Entwicklung offenbar um den Aus- Iruck eorrelativer Verhältnisse, welche die Form nur eben der einen oder in der anderen Weise „auskrystallisiren* assen. Die correlativen Beziehungen im Körper einerseits des männlichen, andererseits des weiblichen Individuums u ‚eben eine greifbare Handhabe hierfür. Ganz abgesehen aber von Alledem — sobald wir der ntwieklung aus constitutionellen Ursachen ihr Recht ein- "räumen, besonders sobald wir zugeben, dass diese Ent- cklung in wenigen, ganz bestimmten Hauptrichtungen ehieht, erscheint Isolirung zur Bildung neuer Arten entfernt nöthig — mag man dabei im speeiellen 1 eonstitutioneller Arbeit allein die Wirkung zuschreiben s Organismus jene Arbeit beeinflussen. igkeit entstehen, wie aus einem bestimmt gearteten r allmälig ein anderes wird, trotz allen Mangels der "ung. Speciell zeigt das Gesetz der Alters- bezw. der an chen Präponderanz aber auch, in welcher Weise nicht z, sondern in Folge stattfindender Mischung neue Eigen- n allmälig herrschend werden. x Nie ganz ohne Anpassungszwang, rein aus eonstitutionellen hen, eine Eigenschaft, nachdem sie einmal, sei es in Folge von ung oder in Folge von direkter Einwirkung äusserer Verhält- aufgetreten ist, trotz fortwährender Vermischung mit der alten haft allmälig sicher die Oberhand bekommt, das beweist u. A. f das Deutlichste auch das Uebergewicht, welches in Deutschland 2 ‚dunkeln Haare über die blonden gewinnen, Es scheint nämlich zweifellos, dass dieses Fortschreiten der dung in bestimmter Richtung nicht etwa auf andauernde rkung neuer äusserer Verhältnisse — mehr Sonnenlicht in Folge Culturveränderung — zu schieben ist, sondern dass die einstige F mag man erkennen, dass die äusseren Beziehungen f ststellen, ob die Begattung wirksam ist. Es handeltsich nd Si E B: NW f . a Pipe ; Zr [57 > Er N A “ »- ee RN a ar - DI FE a a ARE y a At.) 260 werden muss — denn sonst müsste im Norden annähernd diene) Umbildung schon jetzt deutlich sein, was nicht der Fall. Uebrigens a ist die vertretene Auffassung ja auch statistisch erwiesen durch die Br: Thatsache, dass die Dunkelfärbung überall von den grossen Heer- h 'strassen aus fortschreitet. Dass die Dunkeln vermöge grösserer Sinnes- Br: sehärfe im Kampf um’s Dasein einen Vortheil hätten, welcher ihnen h zur Herrschaft verhilft, wird unter den gegebenen Culturverhältnissen auch Wallace nicht annehmen wollen. Er schreibt im Gegentheil = E den Blonden eine höhere Intelligenz zu, die sie erworben haben, 3 weil sie im Kampf um’s Dasein eben in Folge mangelnder Sinnes- schärfe auf dieselbe angewiesen sind. Trotzdem nun dass die blon- den Elemente ursprünglich in bedeutender Mehrheit vorhanden ge- wesen sein müssen und vielfach noch sind, schreitet die Dunkelfär- Ei bung mehr und mehr vorwärts. Dabei wiederholen sich bekänntlich die bei den Ahnen vorherrschenden Eigenschaften auch hier in der Jugend: bei den deutschen Kindern tritt der Blondkopf in den Vor- > dergrund, mit zunehmendem Alter tritt die Dunkelfärbung hervor. S \ Am auffallendsten ist mir solche Thatsache im Oberengadin entgegen- . = getreten, wo offenbar eine Mischung von dunkeln Romanen mit blon- den Deutschen stattgefunden hat, auffallend um so mehr, als in jener 2. hoben Lage das Klima geradezu Blondfärbung begünstigen sollte. Die Thatsachen zeigen aber umgekehrt, dass letztere vollkommen ver Y drängt wird: die alten Einwohner haben vollständig südliche Haar- und Hautfarbe, auch ganz dunkle Augen, so dass man sie demnach -für fast reine Italiener halten wird — nur aus dem sanfteren Aus druck des Auges besonders blickt germanisches Wesen heraus, ‚wie dieses auch aus der ganzen Art der Leute zu erkennen ist. Nun zeigt es sich aber, dass die Kinder häufig vollkommen germanisch. sind in blonder Haarfarbe, mit blauen Augen, und die Kinder ganz S dunkler Eltern bieten oft in ihrem Aussehen einen solchen. Gegen- satz zu diesen, dass man zögern möchte, sie für deren Nachkommen. zu halten. Bald gewinnt aber die dunkle Farbe bei ihnen das Ueberge- wicht und zuletzt bekommen sie ganz die Eigenschaften der Alten. Vielleicht sind solche Thatsachen bei den üblichen statistisch Re” Erhebungen noch nicht genügend berücksichtigt. Im Oberengadin ist die Ausrottung von Blond durch Bali bei den Alten vollendet. Andererseits haben wir ih unseren. ‚süd deutschen, vielfach mit südlichem Blut gemischten Landsleuten häufi Kindern auseinandergehalten werden. In vielen Dörfern, z. B. hier in der nächsten Nähe von Tübingen, findet man einen vollkom enge fast ee und einen rein germanischen Typus % = er DD BZ a. - { ; a ® re nicht wesentlich sind, sei es die al in - neuer Formen, sei es das Hieschen einer neuen Eigenschaft, nicht aber ein Mittelzustand das Ergebniss der Mischung sein kann, "auch dann, wenn diese Mischung fortwährend stattfindet und wenn im _ letzteren Falle nach dem Zahlenverhältniss des gegebenen Materials 38 ‚entgegengesetzte Resultat erwartet werden sollte — ganz ERRES teten Bestreben Köllikers mit seiner Entwicklungs- 'pothese, von welcher wir alsbald noch zu reden haben rage von der möglichen Beobachtung der Bildung neuer Arten. Köllikers Entwicklungshypothese. immer noch die Behauptung, es sei noch niemals der te Uebergang einer Art in die andere beobachtet jorden. Noch kürzlich hat Kölliker diese Behauptung vecken dienen soll, in der zweiten Auflage seiner „Ent- = i 2 a Be gegen den Darwinismus führt, und formen in einander übergehen, dass wir nicht im Stande. De. Ich will demgegenüber nieht wiederholen, was ü die Relativität des Begriffes Art schon Alles gesagt worden ist, noch will ich die nicht minder bekannten Thatsachen erholen, welche zeigen wie die Formen ganzer Thier- gruppen heute vor unseren Augen derartig durch Zwischen- sind, Arten abzugrenzen, noch endlich will ich das bezügliche so lautredende paläontologische Material hier in’s Feldführen. Ich glaubte, wie früher bemerkt, schon dureh meine Taken unge über Lacerta muralis coerulea eine Behaup- Fe tung wie die angezogene durch einen speciellen Gegenbe- weis hinfällig gemacht zu haben, und die im Vorstehenden niedergelegten Ergebnisse hefefn diesen Gegenbeweis wie- _ derholt so bestimmt wie ein Beweis überhaupt verlaug werden kann. Man sieht in der That bei den Mauereidechsen die Entstehung neuer Arten vor sich gehen — nicht weniger gewiss wie man das Wachsen eines Organismus orkann ralis coerulea, man könne dieses Thier mit demselben Rec als neue „Art“ wie als Varietät bezeichnen; ich benannt es als Varietät — ein ruhmbedürftiger Aula hat es richti später mit einem neuen Namen als Art belegt. Dieselbe Ss Relativität gilt für die Mauereidechse vom Filfolafelsen die Lacerta muralis filfolensis. 5 Wissenschaftlich ist die Frage „ob man den Ue gang einer Art in die andere beobachtet habe“, wohl mit erledigt und sollte nicht mehr verneint werden. H cipiellen Widerspruch, tendenziöse Verneinung kann nicht eh aber im Interesse der Wahrheit ‚halte ; wird mit Nachdruck auf das Thatsächliche hingen Allerdings vertragen sich solche Thatsachen mit < Herrschaft einer „sprungweisen Entwicklung“, wie Kölliker annimmt, nieht. Es verträgt sich mit Abwei eriode ineinander beobachtet und gehen die Varietäten, die snnt, seien sie. nun gezüchtet oder von selbst entstanden, nds so weit, dass man von der Entstehung neuer Species zu ( . berechtigt wäre. 2) Es finden sich keine Uebergänge einer Thierform in eino andere unter den fossilen Resten früherer Kpöchen. 69) Der von Darwin angenommene Kampf um die Existenz 4) Eine Bandene der een ttzliche Varietäten zu bil- und eine natürliche Züchtung existiren nicht. er 5) Pelzeln hat eingewendet, dass, wenn die späteren Organis- ne m aus den früheren hervorgegangen sind, nicht jetzt noch die ; anze Entwicklungsreihe von den einfachsten bis zu den höchsten anismen existiren wie vielmehr müssten in diesem Falle die er 6) Sehr wiehtig ist der Einwurf, di. selbst Huxley betont, IE keine Varietäten kennen, Ei sich unfruchtbar begatten, 2 Zum Verständniss der gesetzmässigen, harmonisch vom Ein- en zum Vollkommeneren fortschreitenden Formenreihe aller Or- en bedarf man nicht der Entwicklungstheorie von Darwin“?). Was Kölliker nach dieser vernichtenden Kritik in selben Aufsatz, sowie auch in einer folgenden Arbeit?) Sinne der achten These an Stelle des Darwin’schen ps bietet, ist das Folgende: Er nimmt eine Entwicklung der Formen aus inneren en — auf Grund eines allgemeinen Entwicklungs- es — an, unter Ausschluss der Wirkung des Niütz- keitsprineips und zwar auf Grund der Annahme poly- ischer Descendenz, Dabei spielen die Eier auch der höheren und höchsten den jetzt lebenden Thieren als „Urorganismen“ eine dere Rolle: es wird angenommen, dass z. B. die Eier, x) Ueber die Dar win’sche Schöpfungstheorie. Zeitschr. für ch. Zoologie. Bd. XIV. es nebst allgemeinen Betrachtungen zur Descendenzlehre, rt 1872. ) Morphologie und Entwicklungsgeschiehte des Pennatuliden- as ” EERT BI RG re: i en ne eb a € ar EEE RE en z A dp A > „br TE N TEN PN, BE A Aa aus inneren Ursachen geänderten Entmektongee | neue Formen übergehen konnten — die neuen Formen konnten mehr oder weniger verschieden von einander sein — im ersteren Falle Eden sich „Geschöpfe“, die. weiter von einander abstehen und einer anderen Familie, Gattung, Ordnung u. s. w. angehören — im letzteren Falle verhal- ten sich die neuen Formen wie Varietäten und Arten vzu einander. > Zr Weiter wäre nach Kölliker „daran zu denken“, ob nicht neue Formen durch innere Keime oder äussere Knos- pen erzeugt werden. Hierfür werden die Erscheinungen des Generationswechsels beigezogen. Drittens, ob nicht Sbeteg. wie as Keime und Knos Be hehe einzuschlagen. Endlich wird auch der Möglichkeit einer Sonhell Umbildung fertiger „Geschöpfe“ in andere gedacht. | In allen diesen Fällen hätten wir eine ee Stadien derselben zu verlegen“) A: Ausserdem wird auch eine langsamere a x geringeren Grades als möglich anerkannt und derselben einige Wirkung zugeschrieben, indessen soll sie im Wese; lichen gleichfalls in die embryonale Zeit fallen. ER | Wir hätten sonach eine Entwicklung „nach oben, höheren Formen“ aus inneren Ursachen, es müssten de nach Urorganismen — Eier — aus inneren Ursachen sich sprungweise zu höheren Formen; z. B. zum Säugethie hinaufgebildet haben und es wäre ihnen dies gelungen gleichviel ob’ sie da und dort angestossen hätten, gleiel viel wie die äusseren Verhältnisse, in welchen sie lebte 5 oder leben sollten, beschaffen waren. Anpassung k N gar nicht in Frage — ob ein neu entstandener Thei lich oder schädlich war, ist gleichgültig — es ist x 1) 8. 48. 6) ntwicklungsplan wird wiederholt gebraucht und zwar Bei der ganzen Behandlung, sowie auch speeiell bei den angewendeten Beispielen ist durchaus ausser Acht gelassen, dass wir innerhalb zahlreicher Thiergruppen schon durch die lebenden bezw. fossilen Uebergänge deut- lich einen bestimmten Zusammenhang der Formen erkennen — überall ist ausser Acht gelassen die Handhabe, welche ür Feststellung eines solchen Zusammenhangs durch die Yiederholung der Formenreihen in der individuellen Ent- Be BepeDen ist. Die Bedeutung des biogenetischen edlen wiederholt für die: sprungweise Ent- wicklung verwerthet, während gerade dieser Fall das nzendste Beispiel für eine allmählige, in Rücksicht auf passung an äussere Verhältnisse erfolgte Umwandlung here Entwicklung) der Formen ist, das man sich über- ipt denken kann, besonders auch deshalb, weil hier individuelle Entwicklung die vollkommenste Wieder- ung jener phylogenetischen Entwicklung darstellt. - Da diese Entwieklungshypothese') im Wesentlichen nur t „Möglichem‘ und „Denkbarem“ rechnet, somit wesent- ı spekulativen Charakters ist, so gehört ihre Behand- eigentlich eher in eine philosophische, als in die iegende Abhandlung. Wenn ich sie trotzdem hier be- ihre, so. geschieht dies aus zwei Gründen: 1) weil Kölli- ker von „inneren Ursachen“ spricht, 2) weil auch ich eine „sprungweise Entwicklung“ vertrete — ohne dass in bei- 18 Fällen innere Beziehungen zwischen unseren Auffassun- Tr + Br) RA a h) TE Nas LEO Pr w Bas! R .. ER RE) Me Mr RT 265 IR Ay zu chen, He dass dem Urorganismus aus inneren Be Jrsachen die ganze Laufbahn, die er durchzumachen hatte, x enau vorgezeichnet war und dass dieser Plan (das Wort ’ Bezüglich 1) ist zu bemerken, dass Kölliker ee in seiner zweiten Abhandlung die Bezeichnung „innere U- sachen“ angenommen hat, jetzt allerdings dieselben auch als physikalisch-chemische erklärt. Dies, wie aus seinen eigenen Worten zu schliessen, in Folge des Widerspruchs, welchen seine in der ersten Abhandlung gegebene Auf- fassung erfuhr. i sen Entwicklungsplan“, welcher den Umbildungen zu Grunde liegen soll — und es lässt sich nicht läugnen, dass die grossen Sprünge, welche er in der Natur für möglich er- klärt, sowie die Thatsache, dass, wenn seine Hypothese rel haltbar sein soll, von vornherein eine Ueberein- stimmung der von ihr angenommenen Entwicklungsmög- lichkeiten mit den Forderungen der Aussenwelt voraus- gesehen sein musste, nur durch die Annahme eben eines schon von vornherein gegebenen „Entwicklungsplanes“, nicht aber auf dem Wege der allgemein wirkenden physi- kalisch-chemischen Gesetzmässigkeit, verständlich sein wür- den. Somit deckt sich die Hypothese mit den Forderungen der letzteren nicht, die Concession, welche ihr Autor in. zweiter Linie nach as Richtung hin gemacht hat, muss als mit dem Inhalte derselben nicht vereinbar bezeichnet werden. Die Hypothese ruht, wie gesagt, auf spekula- tiver, auf philosophischer Grundlage, nicht auf natur- wissenschaftlicher und mit jener Grundlage hört sie auf zu sein. Thatsächlieh haben also die von Anderen und mir angenommenen Entwicklungsursachen als physikalisch- ehemische in dieser Hypothese keine Verwendung — „con- stitutionelle Ursachen‘ müssen in ihrer Wirkung dureh die Beziehungen der Aussenwelt zum gegebenen Organismus in jedem Augenblick beeinflusst werden können — das Endziel der werdenden Form ist bei dieser Annahme dnerd aus in keiner Weise vorausgesehen. Se Zu 2 ist zu bemerken: in meiner Hervorhebung der gebend sein kann. Ich halte diese sprungweise Entwick rt lichen Ka da Veränderungen, welche bei der Umwandlung eines Axolotl in ein Amblystoma oder in der sehr raschen Umwandlung einer Kaulquappe in einen ‚Frosch vor sich gehen — aber mit, der Einschränkung, irzung der Entwieklung mit in Rechnung zu ziehen ist, so dass die correlativen Wirkungen nicht rein zum Aus- druck Enaen, Meine Annahme einer N se der olötefichen Entstehung ganz kleiner Veranderuann - welche jedoch immerhin so ee wären, dass sie dazu oder ‚doch die Veranlassung zu dieser Trennung abzugeben. N Ei diese Weine würde sich die MN elliehe BCRAclE Ab- } e aber muss ich ee darauf hinweisen, dass Falsch die von Würtenberger, Weismann und mir festgestellten Thatsachen die Vorsassbinne dieser Hypo- these, dass der Anstoss zur Umbildung einer Form, bezw. er Anfang einer neuen Entwicklungserscheinung, „im 'esentlichen auf die embryonale Zeit, ja selbst auf die x en Stadien derselben zu verlegen sei“ derart widerlegt i iaass das Gegentheil als richtig erscheint. Denn jene That- B hen lassen die letzten Stadien des individuellen Lebens r der genannten Beziehung als maassgebend erkennen?). er a. Entstehung neuer Arten durch Genepistase. ER NE erübrigt mir hier noch eine Frage zu berühren, che sich an der Hand or Im Vorstehenden dargelegten < Pr f u ra ai % Is R ‚2) Man sieht daraus, um mit den Worten Kölliker’s zu „Wie vorsiehtig man“ im Spekuliren sein muss. “ Ursachen, bezw. die Annahme bestimmter Varia ions tungen, nothwendig ergeben muss, die Frage nämlich, welche Weise dabei die Bildung’ neuer, diechotomise zusammenhängender Species zu Stande kommen kann Wie kann bei jener Annahme überhaupt nur e Spaltung in Varietäten, bezw. Arten entstanden geda werden? Richtung führt von der striata zur RER bezw lata und tigris. Alle gezeichneten Varietäten lassen sich auf diese Typen zurückführen. Ganz dasselbe gilt nicht allein für die Art Lacerta muralis, nicht allein für . die Gattung Lacerta, sondern auch für die meisten Rep- tilien. Be Es gibt also Aka nur Varietäten der Art Lace ta rietäten sind, BE 0 keinem Zweifel. Aber auch erstere Frage konnte nicht absolut verneint werden Ueberlegungen gegen eine solche Verneinung. Es zeigte sich, dass alle Zeichnungsvarietäten, wir kennen lernten, Stufen auf der Entwicklungsl zur maculata, bezw. reticulata und tigris darstellten. Wo immer eine wohlcharakterisirte, in sich: £ geschlossene Varietät sich ausgebildet hat, sie eine solche Entwieklungsstufe dar. Es muss somit die Abspaltung in die versch Varietäten so entstanden gedacht werden, dass Gen tase, d. h. Stehenbleiben auf einzelnen wie Kölliker in seiner Hypothese meint, tzliche Aenderung der Entwicklungsrichtung. Was Bee - diese Varietäten gilt, gilt auch, wie die Zeichnung berall beweist, für Arten und für Gattungen -— überall nd sie als genepistatische zu erkennen!!) Dieses Gesetz der Genepistasie oder Phylepi- ‚sie (Gesetz der stufenweisen Entwicklung) erweist sich sein höchst wichtiges, als ein solches, welches eine Menge on Formbeziehungen klarlegen, Besonders aber desshalb, seine Anwendung zeigen wird, dass überall in der ur bestimmt gerichtete Variation, dass nirgends zufällige, ee etrr Hberall conshitutionelle Ursachen fr. die Um: lung der Formen in erster Linie maassgebend sind. Für die drei Hauptformen der Zeichnung: Längs- Unterstützung des Stehenbleibens in der bestimmten Rieh- g der Entwicklung auf den betreffenden Stufen durch jassungszwang als möglich erklärt. Wir hätten also eventuell nicht reine Genepistase in dem früher er- en Sinne zu verzeichnen. Bei dem hohen Anpassungs- rfniss der Mauereidechse ist nach den gegebenen Aus- gen anzunehmen, dass in der That auch heute die men. So ist unter Berücksichtigung der Sesshaftigkeit idechsen unschwer zu erklären, dass z. B. ebenso eonservative) Striata- und eine (forigeschrittene) Ma- ta-Varietät in Folge von Anpassungszwang abge- sen zwischen einander leben, als dies mit Striata, "Maculata einerseits und EN Rn VarıaEhkon rseits der Fall ist. dass die äusseren Verhältnisse an beiden in charak- scher Weise entsprechend verschieden wären, so dass » Vgl. vorn 8. 87 und 88. Man kann statt Genepistase auch Vort ee ae eifung, Fleckenzeichnung, Querstreifung habe ich eine dort augenscheinlich die phyletische Entwicklung nur aus constitutionellen Ursachen nicht das Ziel erreicht hat, zu welchem sie hier gediehen ist (reine Genepistase) — und ' dasselbe, was in dieser Beziehung für die Hauptformen der Zeichnung der Art Lacerta muralis gilt, gilt eo ipso für die Zwischenformen dieser Zeichnung, durch welche be- stimmte Varietäten ja gleichfalls charakterisirt sind — eben- dasselbe ist aber auch auf die Arten und auf die Gattun- \ gen anderer Reptilien anzuwenden — jede derselben stellt im Wesentlichen eine Stufe auf der Leiter der bestimm- ten Richtung der Entwicklung dar, so dass die äusse- ren Verhältnisse auf das Bestimmteste nur als. der eventuelle Begünstiger des Stehenbleibens auf soleher Stufe, nicht aber als das von vorn herein die Stufe bestimmende Moment ee nen. Dasselbe silt für die anderen der von mir bezüglich 5 der Zeichnung behandelten Thiere. So hob ich für Be ; wisse Zeichnungen der Raubvögel die Bedeutung der Zierde statt des Schutzes als solche Begünstiger hervor: es kann neben oder es könnte sogar trotz der schützenden Anpassung auch geschlechtliche Zuchtwahl® sein, welehe sich bestimmter Stufen bemächtigt und a 3 selben eine Zeitlang festhält. Es braucht aber selbstverständlich die Zeichnung nicht . in allen Fällen, auch nicht bei den so anpassungsbedürfti gen Mauereidechsen, absolut der Umgebung angepasst z sein oder der geschlechtlichen Zuchtwahl zu dienen, dann. nämlich, wenn andere Eigenschaften diese Aufgabe der Art in die Hand nehmen, dass die Bedeutung der Zeichnu SA zurückgedrängt wird — wie schon hervorgehoben wurde, wird diese sich in solchen Fällen ohne Schaden, aber auch ohne Nutzen für den Organismus in bestimmter Riehtu 8. entwickeln können — umgekehrt wird sie durch Anpassungs- bedürfnisse anderer Art, z.B. durch das Bedürfniss der A passung an einfache Färbung, zurücktreten, zuletzt schw den können: die dunkeln Felseneidechsen, die Wüstenei- dechsen, die Wüstenthiere überhaupt und besonders viele Säugethiere bieten hervorragend Beweise hier Da alle Zeichnungen, sei Anpassung mit im z er so müssen wir zu an Schluss an dass Va- rietäten, Arten, Gattungen eventuell nichts als solehe auf verschiedenen Stufen der Entwicklung ‚stehende Formen sein werden, sei es, dass einfach ihre Genossen ihnen in der Weiterentwicklung sehr rasch Ei % vorauseilten, so dass die Verbindung durch Zwischenformen Ä bald verloren ging — wie beim Ausziehen eines dehnbaren Ki he - Fadens der mittlere Theil dünn und dünner wird und schliesslich reisst — oder dass örtliche Trennung die E me begünstigte. Dabei setze ich als erlaubt voraus, ka ich nicht son als mit jenen der Zeichnung Hand in Hand ee annebme. ellı en Ursachen allein Hegesikän: selbst ohne ıss man dabei irgend correlative Veränderun- zu Hülfe nehmen müsste. Dazu ist nun noch das Folgende zu bemerken. - Bleibt eine Form aus constitutionellen Ursachen auf er tieferen phyletischen Stufe stehen, so wird sie, je ‚ger siestehen bleibt um so mehr, aus rein con- tutionellen Ursachen eine andere werden, in- a ihre Eigenschaften sich dem Organismus ohne wei- res Zuthun von Aussen fester und fester einprägen (con- W titutionelle Imprägnation). Sie wird also nach einer wissen Zeit nieht mehr dieselbe sein, welche sie damals war, als ihre Verwandten sich von ihr trennten. Sie wird ‚je länger sie mit diesen Eigenschaften zu existiren vermag x A N Han ee zu erhalten und es wird ink dieser letztere Kr mit grösserem Erfolg auf Umänderung auf andere Miss - . schaften werfen. SL Bildung neuer, in dichotomischer versand a ‚verwandter Formen geben können, eventuell ganz ; = Es zeigt sich in der That, dass nicht alle Varietäte ©»; ‚der Mauereidechse, ebenso nicht alle Arten und Gattunge lich auf eine RN ee a verwandtschaftlichen Beziehungen hinführen. Für die rietäten der Mauereidechse zeigt ein Blick auf die Tafel XIH dargestellten nördlichen Formen solche weichungen in der Zeichnung, welche Hand in Hand gehen mit anderen der Fär bung etc. Betreffs der südlichen eu € des No auf das Sichtbarste nützliche Kipa derungen chend gewesen. Re > y Wenn auf der einen Seite reine Genepistase di | bi. stehung dichotomisch verzweigter Formen erklären so wird auf der anderen Seite der a ee solche Entstehung selbstverständlich begünstigen. benannten Formen nicht erwähnt. 2) Ich werde an einem anderen Orte die Verwandtschaft der Arten und Gattungen unserer Eidechsen überhaupt Bern zustellen suchen. | ya ' Allein die Thatsachen weisen auf eine fortdauernde htige Wirkung der ursprünglichen Entwicklungsriehtung : niemals scheinen, mögen die äusseren Einwirkungen , welche sie wollen, strahlenförmig vom Wendepunkt Umänderung ausgehende Linien die Wege der neuen we m ihr divergirend, BE weiterziehen. Der Grad ‚ unter Mithülfe der Nützlichkeitsanpassung; die An- erung an die ursprüngliche Bewegungsrichtung ist die ® des Fortwirkens der ursprünglich thätigen consti- iellen Ursachen. — In ähnlicher Weise können nun n der Neben- wie von der Hauptlinie weitere Abzwei- gen stattfinden, die ersteren werden zu successive grös- Abweichung von der ursprünglichen Richtung führen. ‘ und mehr werden im Laufe der Zeit die äusseren chen, soweit sie die Divergenz bedingten zu consti- tutionellen Veränderungen führen. Allein es scheint viel- fach ausserordentlich lange zu dauern, bis dies geschehen und so lange hat die divergirende Linie die Neigung, der ünglichen Entwieklungsrichtung wieder vollkommen > zu laufen, bezw. mit ihr wieder zusammenzufallen letzteren Falle reden wir von Rückschlag, Ontepi- e. Vergleicht man die divergirende Linie mit einer ge- Een elastischen Feder, so kann man sagen, dass sie ı dem Aufhören der äusseren, sie spannenden Ursachen kschnellt in der Richtung der früheren Lage. So können wir den ganzen Process der Umbildung %, fremde Gebiete. Die einen Geschlechter bleiben, er zurück (Genepistase), wieder andere erreichen ein Divergenz deutet die Wirkung der constitutio- eichen mit den Folgen einer Völkerwanderung über 'sie nicht die Kraft haben zu folgen, früher, andere fernes Ziel. Die einen erhalten ih Eigenschaften in de ® neuen Heimath oder festigen sie sogar, ändern sie corre- lativ um, andere verändern sich unter der Einwirkung äusserer N &rhaltnikee und passen sich eventuell der Um- gebung an. Je eher die Verbindung zwischen den einzel nen Geschlechtern verloren geht, um so eher erscheint jede derselben als eine neue Art, als eine neue Gattung — aber alle tragen den Stempel gemeinsamer Abstammung in die Haut eingebrannt und diese Zeichnung weist überall zu rück auf eine einzige Hauptrichtung der Wanderung und auf einen Ausgangspunkt derselben. That weisen alle een der organischen Nakııa | einKommen und Gehen, auf allmäliges Entstehen, aufBlüthe zeit und Absterben Sat der Arten. Ich kann nach meineı Beobachtungen die Ansicht nicht ‚theilen, dass dieser et einfach als ein Naturgesetz hin, ohne zu verlangen, ( bei dem bestimmten MeB eich Sapselbe einhält, el die Auffassung in Ba Entwicklung der .- se re RN ‚haft gespielt hat. Nicht mehr und nieht minder noth- ndig scheint mir bei der Annahme eines solchen phyle- Beuen Kreislaufs, bezw. eines in ganz bestimmter Rich- ne Lebenskraft beigezogen werden zu müssen. ‚Es scheint mir immerhin verständlicher, dieses Wachs- thum, jenen Kreislauf, den individuellen wie den phyleti- ohen, als die Wirkung physikalisch-chemischer Kräfte, als anische Krystallisation zu bezeichnen, welehe beeinflusst rd durch den Zwang des Nützlichkeitsprineips, der Ver- bung und Anpassung, als dritte, ungreifbare Kräfte zur Erklärung beizuziehen. Allein ich sehe keinen Makel der ve: 'aturforschung darin, zu erkennen und es auszusprechen, dass wir bei consequenter Verfolgung der vorliegenden Fragen ın eine Grenze kommen, von wo an ein unbefangenes Ur- ' subjeetiver Auffassung volles Recht einräumen muss. Kein Physiker, kein Chemiker wird es versuchen, e gesetzmässige Harmonie der anorganischen Natur durch inmittelbare Nützlichkeitsforderungen zu erklären; so gross ' Bedeutung ist, welche man dieser, dem Darwinismus, ‚der Gestaltung der organischen zuerkennen muss, man wird sie nicht als das treibende, sondern nur als ein WAR D regulivendes Prineip dieser Gestaltung, mit Grund erkennen Solche Auffassung thut dem Darwinismus kein Unrecht sie gesteht ihm volle Berechtigung zu nicht nur, sondern eunde ihm bereitet haben und bereiten — sie mag auch R r setzmässige und damit idealen Boden vermissen. Cnemidophorus. Mit der weiteren Verfolgung der Gesetzmässigkeit der 'hierzeichnung beschäftigt, machte ich nachträglich eine obachtung, welehe auf einen bestimmten Theil der Zeieh-. ing der Mauereidechsen erklärendes Lieht wirft und © ‚sehützt ihn vor den Blössen,. welche allzu zudringliche s eiellen Darwinismus das für die ganze Natur gleich E..& a EEE EN NE I Da N N a z - Se Ur FT welche. ae an Yigenschaftn a urspringl ichsten weissen Linien geben dem Arten ein eharaklrit Bi sches Aussehen — ‚daher auch 38:40, ? n N Ich habe i in der Beschreibung der Zeichnung der s ne e 13 und 14 Ile) ud ein äusseres hate bräunlich | - (Fig. 13 und 14118). Diese Abtheilung der zweiten Zone in zwei Längsstreifen scheine das erste Opfer zu ne welches dem Zurücktreten der Tan ne se e niet ). Auf den von mir angezogenen Abbil u e hat der Lithograph den Unterschied in den zwei Lä ss streifen etwas zu scharf, die innere derselben etwa hell gezeichnet. Diese.letztere ist nun aber offeı bar nichts Anderes als ein Ueberrest der a ne unmittelbar ns der Eidechsen und elleich der Rep- ilien überhaupt vor uns und wir erkennenin der ttung Cnemidophorus eine Form, welche die Mk ae in dieser Beziehung : am aan. „bestätigt von Neuem die en 2 Erscheinung, dass die Thbier- wie Pflanzenformen Nord- nerika’s letidch älter sind als die europäischen, wie dies in gleicher Weise auch bei Deil. Lineata, der vicari- enden Form von D. Livornica hervortrat. Ganz in Ueber- ıstimmung damit entbehrt die Raupe von Pt. Gaurae“ das ursprüngliche, wenn auch kleine Sphingidenhorn.“ Cnemidophorus sexlineatus gibt abermals einen Be- veis für diese höchst interessante Thatsache, gibt abermals inen Beweis dafür, welch fruchtbares Feld die weitere Ai ganz zu ignoriren, es jedenfalls für a finden, zu sen, was dieselben nicht und dass sie überhaupt nichts 1) Was eigene Erfahrungen in diesem Gegenstande, und zwar h beiden genannten Richtungen hin betrifft, so stehen die ge- sentlich meiner Untersuchungen über das Nervensystem der Quallen penquallen und Medusen) gemachten obenan. Man vergleiche zu meine „Medusen“. W (gegenüber von der europäischen Oenotherae) „auch des st als die de bewundernden Phönixe emporzusteigen'!). SE ae a Fe s Es Eu ? beschrieb ich die ee de in Italien verbreitete Bi thode, mit welcher dort ‚die Knaben die Eidechsen fangen: 2 Schlinge, welche sie etwa durch Speichel noch mit eine Mn schillernden Spiegel füllen. Sie halten den Grashalm-der _ Eidechse hin, und diese, neugierig wie sie ist, kommt n | und näher, Se den Apparat zu besehen, und lässt sie dieser Neugierde leicht die Schlinge über den Kopf zieh Die berühmte Statue des Saur oktonos?) stellt. b "Ui von welehem der Stab ein Stück darstellen würde, ent: h der zu kitzeln oder zu durehbohren. Das letztere Urtheil Er bezieht sich, so viel ich weiss, auf die Angabe von ] & % nius?): „fecit“ (ex aere Praxiteles, welchem die Statue von ihm zugeschrieben wird) „puberem- Apollinem suh penti lacertae eominus sagitfa insidiantem quem saure tonon vocant. Apollo soll aus den Zuekungen der 1 Sayrocionde Corinthius“ (d. i. aus korinthische „Ad te reptandi, puer insidiose, lacertae ee Parea, eupit digitis illa perire tuis.“ urn ' Die Eidechse kriecht also zu dem Knaben Be Dies und die eu ung des Sauroktonos, w Han die Art, wie diese 5: Stabstück in den I 1) o«vooxrovos, Eidechsentödter. 2) Hist. nat. XXXIV, 70. 3) XIV. 172. iedliche, eher Spiel als ernste Uebung andeutende Aus- deu ck des Gesichts — Alles dieses scheint mir auf das Bestimmteste darauf hinzuweisen, dass wir imSaurok- onos einen Knaben vor uns haben, welcher mit r Grasschlinge auf die Hidechae lauert, nicht t einem Pfeile. Erst durch diese Erklärung wird die altung der ganzen Statue verständlich und erscheint diese ihrer ganzen lebenswahren Harmonie. Bekanntlich fin- t sich eine Nachbildung des Originals in Marmor, welche ı Jahre 1777 auf dem Palatin ee wurde, im fanden, in der Villa Albani in Rom, eine u. "% in Paris. [ch kenne die beiden ersteren aus eigener Anschauung n genauer. An der bekanntesten und schönsten, der vatikani- 1.sind die beiden Arme von den Schiftern ab neu. Am mplar der Villa Albani sind die Arme alt, nach einer mir im Augenblick zugänglichen Angaben soll die eHand auch hier restaurirt sein!). Sei dem wie ihm ‚jedenfalls ist die Haltung von rechtem Arm, von nd und Fingern in beiden Fällen übereinstimmend eine he, dass sie nur auf die leichte Handhabung eines shalms bezogen werden kann, nicht aber eines Pfeils. auptgewicht möchte ich aber auf die, wie gesagt, mit ersterer Auffassung in Einklang zu bringenden gen Verhältnisse der Statue legen. lechsenfangs mit der Schlinge auch in Griechenland ge- wird, was bei den alten Beziehungen der Griechen und ner wohl wahrscheinlich ist — aber selbst wenn dies t der Fall wäre, würden diese Beziehungen dazu hin- hen, dem Praxiteles den Stoff zu seiner Statue an die nd. gegeben zu haben. y ' Damit wäre die Uebung jener Methode als eine sehr ‘erwiesen. Auf wie alte Zeiten sich ähnliche Uebun- 1) Auch am Pariser Exemplar sei der rechte Vorderarm mit Hand nen, wie auch die Finger der linken, 4 24 ' Es wäre interessant zu wissen, ob die Methode des a a in Are & 280 gen zurückführen lassen, wie zäh sie sich auf die Nach- welt vererben und in ihr erhalten, dafür liefert mir den Beweis ein Freskogemälde im etruskischen Museum im Vatikan, einen Knaben darstellend, welcher einen durch einen Bindfaden an den Beinen festgehaltenen Vogel flattern lässt, ein Verfahren, welches heute noch zu den gewöhn- lichsten Thaten der täglichen Thierquälerei in Italien ge- hört und welches sonach "mindestens seit dem in’s Dunkel einer unbekannten Vorzeit ragenden Leben des Etrusker- volkes gedankenlose Menschenkinder beschäftigt hat. Rom am 16. Oktober 1881. Erklärung der Abbildungen auf Taf. XIII—XV. Allgemeine Bezeichnungen der Tafel XIII und XIV: I bis VI erste bis sechste Zone. Ia Grenzlinie der ersten, Illa innere Grenzlinie der dritten, IIIb innere Grenzlinie der dritten Zone. Il« inneres, II # äusseres Band der zweiten Zone, das erstere der medianen weissen Seitenlinie von Cnemidophorus sexlineatus entsprechend. Tafel XII. Fig. , 1. Lacerta muralis striata s. str. — campestris de Betta. Lido bei Venedig. Fig. 2. Dieselbe. Fig. 3. striata @ vom Karst bei Triest — noch nahe der typischen campestris, aber mit dem Beginn‘der Bildung einer sekun- dären Mittelzone (I). Fig. 4. striata: punctato-striata vom Karst. 4 juv. Fig. 5. ebendaher:; punctato-striata, jung. Fig. 6. striata: punctulato-fasciata @ von Cleven mit sehr kräfti- ger Fleckung.der Mittelzone. Fig. 7. striata: punctulato-fasciata 9 von Teinach, Schwarzwald. Fig. 8. striata: punctulato-faseiata 9 aus Süddeutschland. Fig. 9. striata: punetulato-fasciata g\ aus Bozen. Fig. 10. striata: punctato-fasciata (Meremmii) aus Dalmatien. jaculata: reticulata * Insel Besag) % v Tafel XIV. N ‚ Dorselb Typus R“ Toskana. 07 “ erselbe Typus, aber mehr der maculata sich nähernd. g. Toskana. maculata: striato-maculata d; Umbrien. maculata: striato-maculata *. Modica, Sieilien. maculata s. str. Insel San Stefano. maculata s. str. An den Flanken ne zur retioulate bezw. tigris. Insel Ventotene 4*. maculata: tigris. 4‘. Modica. * punctato-striata vom Kärst, mit der Punktreihe auf den äussersten Bauchschuppen (welche sich auch bei Schlangen findet). - a Ein sehr junges Thier vom Karst, bei welchem schon die‘ 2 (sekundäre 1 Mittelzone ausgebildet ist. ne Bo; e' ne a Tafel XV. N 23. Eee coerulescens monaconensis 4‘. _ Lacerta muralis filfolensis S. Kopf des 9 derselben von der Unterseite. er } . Acanthodactylus Boskianus g' aus der Wüste der Sinai- er En RaBel (vgl. den Text 8. 170). * „or Tohalk Erste Abtheilung. eber Farben, über ihre und der Zeichnung a "Anpassung und über ihre Ursachen im Allge- i - meinen, unter Hinweis auf Biologisches und u mit Bemerkungen über die Stimme der ER N dechsen ARE, MR 7 Allgemeines über a ne Fidechsen Die Farben Blau und Schwarz an der ee gs Ursachen der Färbungen. Auslese . . . Sesshaftigkeit der Eidechse und ihre Bedeutung ‘ für die Bildung von Varietäten . . .... Constitutionelle Ursachen können, wenn keine Ant passungsforderungen bestehen, allein zur "Bildung von Varietäten führen. . . . 2... Farbenstudien an Steinen . . Schutz dunkler en auf planzenermem Fels. sighoden.;*.: . E a kN Lilfordi - Eidechsen und Möven.. . Ueber die Stimme der Fidechsen . Schlusswort, # Be. i SEETERn DS RN Zweite Abtelkasg, Dar € Die Grundvarietäten der Mauereidechse ’ Beweise für die typische Bedeutung der Fe mir aufgestellten Varietäten aus der inz erschienenen Literatur. .... . 2... I Die Beziehungen der Lacerta muralis. ii A maculata. . . . Re: ea za op N 5 Lacerta muralis eetlatas reticulata und Se Lacerta muralis striata campestris. ‚Die Grundzei. nung der Mauereidechsen ? Lacerta muralis maculeiöratriata b "Lacerta ipzalis, maculata s. Bern. Lacerta murali Punctulato-fasciata ; täten dar Mauereidechse . Vorkommen der südlichen, 'rietäten der Mauereidechse . Die Mauereidechse von Malta ee % BR SInbaltee, Er" dry " 3 N Seite Zusammenfassung N 2 20.0...139—144 Anhang: Die et N en a Zeich- nung der Mauereidechse treten auch bei an- deren Reptilien und selbst bei Amphibien auf 144—153 Dritte Abtheilung. IR: höchste Farbenanpassung der Mauerei- dechsen FON NT 183.195 Neue Beobachtungen. über auf alerten Felsen bei Capri vorkommende Varietäten der Mauerei-. dechse: Lacerta mauralis coerulea-coerulescens, Lacerta murslis coerulesceens monaconensis . . 153—163 Die Anpassung. der Wüsteneidechsen an die Farbe des Bodens. Verwandtschaft des Genus Acantho- daetylus mit Lacerta muralis . . . .....168-172 Die Mauereidechse vom Filfola-Felsen . . . . . 172-184 Die Mauereidechsen auf dem Aetna. .. . .... 185-189 _ Sehlussbemerkungen zur Anpassungsfrage. . . . 189-195 Vierte Abtheilung. g bnisse meiner neuen Untersuchungen für Theorie von: ‚der Entwieklung aus consti- at itionellen Brsaghen Zeichnungen und Far- ben der Raubvögel. Zeitfinungen der Säuge- thiere und Räupeu‘....., ST FR EL 5195 280 a ER. “Eraftfarben . . kn 2 TR 20 ' Ursachen der a neuer x Zeichnungen. | Das " Zeichnungsgesetz I Raubv ii reg r hr von Säugethieren. . . . 2... 202—215 z Zeichnung der Be BE: A . Na L Entwieklungspräponderanz des Alters und des Männ- = re chens. Postero-anteriore Entwicklung . . . . 225—227 RN eir Entwicklung (Undulationsgesetz, iR ; | eine Betrachtungen über die Bedeutung . E x constitutioneller Ursachen te 00.2.2277 —254 "Bedeutung der Entwieklung aus ang en: für die Entstehung neuer Arten ohne r ar Sr der Isolirung. Correlative Variation . 254-1 ” las rage von der möglichen Beobachtung dr E ng eg Arten. Kölliker’s Entwicklungs- u hypothes nn. 261-267, SA Bi > Entstehung neuer #: durch Genepistne % tt - Cnemidophorus . Br j \ RR M Ba roktonus re a8 — tn Taf X. m Eee nt“ ee wie any. il: PR RRE h, Li = EEE z N ( > lisa en a Seen y z en 1 ne nu AR WERE ER vi rn re nd C.F Schmidt Litk A Euneru Erath del Fe j 2 1 — 2 x ‚ | h u Si) # er v \ ne J nn Dr n | = * N ne ren ner enden -- - - nz Taf XIV. Rz I -. ru CR un FEuDn -. | u Bheeug ( We E rec a an ie IX h Pu u GE u Sl Nee. ee ne VUBR hie E Aueansesien e® 7881. A. Eimer u Erath del öl ku N N. N Anna Eimer ad nat. del. ir TafıXV. C. F Schmidt Lith eM i 4 ee. za Fre a * % Bin rag A [2 > } t K Ne F v Pe: T N { g > Al a3: en