mmMWiMM^''-:y::^M^^^^ UNTERSUCHUNGEN ZUR Erforschung der Genealogischen Grundlage nES Cru STAGE EN -Systems. EIN BEITRAG ZUR DESCENDENZLEHRE VON GARL GLAUS. MIT 19 TAFELN UND 25 HOLZSCHNITTEN. WIEN. DKUCK UNI) VERLAG VON CAUL GEKOLIVS SOHN. 1876. V O R W O R T Oeit einer Reihe von Jahren mit Untersuchungen iiber Bau und Entwickelung der Cru- staceen beschiiftigt, habe ich bei alien Detailbeobachtungen stets im Auge behalten, die spe- ciellen Ergebnisse der eingehenden Studien auch zur Losung der allgemeinen und grossen Frage von der natiirlichen Verwandtschaft der Crustaceen zu verwerthen und versucht mit Anwendung der vergleichenden Methode, auf welche sich die Wissenschaft der Morphologie grundet, An- haltspunkte zu gewinnen, um unsere Einsicht in den genealogischen Zusammenhang des Cru- staceensystems zu fordern. Ueber die Schwierigkeit dieser Aufgabe habe ich mich keiner Illusion hingegeben. Durch zahlreiche Beispiele belehrt, wie leicht bei Behandlung derartiger Fragen die Phantasie zu tibereilten und haltlosen Speculationen fuhren kann, welche dann mit grosster Sicherheit als Resultate wahrer Wissenschaft verkiindigt wurden , habe ich die Principien der Descendenzlehre in moglichst objectiver und vorsichtiger Behandlung des Stotfes zu verwerthen versucht und gegeniiber der Sicherheit , welche in dem Nachweis der That- sache liegt, den Ableitungen nur selten einen hoheren Werth als den der grcisseren oder ge- ringeren Wahrscheinlichkeit oder Moglichkeit zugeschrieben. Dass durch ein so summarisches Verfahren, wie es E. Haeckel einschlagt, um ohne nahere Kenntniss unserer Thierclasse, einen Stammbaum der Crustaceen aufzustellen, nicht nur nichts gewonnen, sondern im Grunde nur verfehlte Vorstellungen von den gegenseitigen Beziehungen der engeren und weiteren Crustaceengruppen verbreitet werden, muss Jedem einleuchten, der die Organisation und Entwickelung der Crustaceen etwas sorgfaltiger studirt hat und dann die paar Satze liest, mit denen jener Autor die Begriindung seines Stamm- baumes abthut. Im Wesentlichen, kann man sagen, ist dieser fingirte Stammbaum jenes Autors nichts weiter als die bekannte, der Zahl der Ordnungen nach etwas veranderte , auf directe Abstammung von Nauplius und Zotia bezogene Krebseintheilung in Stammbaumform, also Hl^ J.3 VI eine unter Verwerthung der Fr. Miil le r'schen Entdeckung ausgefuhrte Uebertragung des Be- kanaten in die Haeckel'sche Schreibweise. Wie aber bekannt, hatte schon friiher Fr. Miiller durch den wichtigen Nachweis von Naupliusahnlichen Garneellarven den gemeinsamen Ausgangspunkt der hoheren und niederen Crustacean in der Naupliusform erkannt und aucii die Zoea als piiyletische Entwickelungsstufe aufgefasst, von welcher er annehmen zu miissen glaubte, dass sie durch eine ganze Reihe geo- logischer Formationen einen bleibenden Typus reprasentirt habe. Fr. Miiller wagte es jedoch bei seiner umfassenden Kenntniss des Crustaceengebietes und bei voUer Wurdigung der grossen Schwierigkeiten nicht, die einzelnen Faden, v^^elche die Jugendformen der verschiedenen Cru- staceen liefern, zu einem Gesammtbilde der Urgeschichte zu verweben und einen Stammbaum der Krebse aufzustellen. xMinder auf diesem Gebiete Bewanderte«, meinte er tretfend, »wur- den dann leicht auch da auf sicherem Boden zu w^andeln glauben, wo nur die Phantasie eine luftige Briicke geschlagen; Kenner dagegen wiirden bald diese schwachen Stellen des Baues herausfinden, aber dann leicht auch das als in der Luft schwebend ansehen, was auf wohl- erwogene Thatsachen gebaut wurde.« Offenbar mit eingehenden Kenntnissen iiber Bau und Entwickelung der Crustaceen aus- gestattet, wagte sich dann A. Dohrn an eine »Geschichte des Krebsstammes nach embryologi- schen und palaontologischen Quellen«, blieb jedoch hinter der Losung dieser offenbar viel zu hoch gestellten und als solcher unzeitgemassen Aufgabe so weit zuruck, dass er den Versuch mitten in der Ausfuhrung zu unterbrechen und aufzugeben fur passend erachtete. Dass dieser mit Geist und Selbstvertrauen begonnene Versuch so voUstandig scheitern musste, lag vornehmlich in der phantasiereichen, iiber den Boden der Thatsachen erhabenen Behandlung. Nicht nur, dass eine grosse Naupliuslarve der Cirripedien mit dem Namen Archizoea die Uebergangsstufe des Nauplius zur Zoea darstellen soUte, vor AUem war die vollkommen verfehlte Beurtheilung der Zoea selbst, welche auch in der Stammesgeschichte aller Entomostraceen durchlaufen sein sollte, der Grund, dass Dohrn auf eine vollkommen falsche Bahn gerieth. Bei diesen Zuriickfiihrungen spielte der Zoeastachel als morphologisches Element eine grosse RoUe, indem er in sehr mannigfaltigen Gestalten , hier als Saugnapf (E v a d n e") , dort als Stirnband (Lernaeen und C a 1 i g i d e n larvenj , in wieder anderen Gruppen als langer Kopfstil (Lepadiden) etc. figuriren musste. Solche Abwege, zu denen die Schwingen der Phantasie hinftihren, wenn sie nicht durch die Zugel umfassender Detail- forschung und einer objectiven kritischen Methode der Vergleichung zuriickgehalten werden, liessen mir das Unsichere und Gefahrvolle eines jeden Versuches, die Losung auch der be- scheidener gestellten Fragen zu unternehmen , zum vollen Bewusstsein gelangen. Doch gab mir wiederum Fr. M iille r "s treffliche Schrift "Fiir Darwin^ das Vertrauen zuruck, dass auch auf sicherer Bahn ein Fortschritt moglich ist, sobald wir unsere Specula- tionen in den engen Grenzen des Erreichbaren von dem reichen Schatze thatsachlicher Erfah- rungen leiten lassen. fern von dem Wahn. in kiihncm Fluge der Ideen das Ziel erreichen zu VIT konnen, dem uns nur ausdauernde Arbeit langsam und allmalig naher fi'ihren kann. Ausgehend von dem Gedanken, dass eine moglichst eingehende Anwendung der Darwin'schen Lehre auf die morphologisch so vielgestaltige Classe der Crustaceen ein siclierer Weg sei, urn die Richtigkeit jener Lehren zu priiten, hatte uns Fr. M tiller nicht nur mit einer Reihe wichtiger Thatsachen bekannt gemacht, deren Verstandniss keine andere Voraus- setzung als die Richtigkeit der Descendenzlehre gestattete — ich weise vor Allem hier auf die Einrichtungen der Luftathmung bei verschiedenen landbewohnenden Krabben und auf die dimorphen Mannchen der Scheerenassel (Tanais dubius) und der Orchestia Darwinii hin — sondern fiir zahlreiche Eigenthiimlichkeiten in der Organisation und Entwickelung der ver- schiedenen Crustaceengruppen Beziehungen nachgewiesen, auf welche Darwin's Lehre ein helles Licht warf, wiihrend sie unter Ausschluss derselben unerkliirt und unverstanden blieben. Indem Miiller von dem Gesichtspunkte des Darwinismus aus die Entwickelungsgeschichte der Crustaceen einer eingehenden Vergleichung unterwarf, gelang es ihm, v^achtige allgemeine Fol- gerungen abzuleiten, welche nicht nur iiber den Werth der individuellen Entwickelung und ihrer Erscheinungen neues, ungeahntes Licht verbreiteten, sondern theoretisch geradezu als die bedeutendste Bereicherung der Descendenzlehre seit Darwin zu betrachten sind. Indem er die FJntwickelung der Ordnungen und Classen, welche die Stamme genommen haben miissen, mit der Entwickelung des hidividuums verglich , kam er zu dem Schlusse, dass sich die geschichtliche Entwickelung der Art in der individuellen Entwickelungsgeschichte ab- spiegele. In kurzer Frist »fuhren die wechselnden Formen der Embryonen und Larven ein mehr oder minder voUstandiges, mehr oder minder treues Bild der Wandlungen an uns voriiber, durch welches die Art im Laufe ungezahlter Jahrtausende zu ihrem gegenwiirtigen Stande sich emporgerungen hat.« Und im innigen Zusammenhang mit dieser trefflich gestutzten Vorstellung begriindete er den zweiten, nicht minder wichtigen Satz ') von dem allmaligen Verklingen der Urgeschichte in der zusammengezogenen directen Entwickelung und von der Fiilschung, die die geschichtliche Urkunde von der in der allmalig abandernden — weil selbst dem Processe der naturlichen Ziichtung unterworfene — Entwickelung der Larven erfilhrt. So unangreifbar aber auch theoretisch die Richtigkeit dieses Miil ler'schen Satzes von der Falschung der ge- schichtlichen Urkunde erscheint, so grosser Vorsicht bedarf derselbe in der praktischen Anwen- dung, denn nur zu nahe liegt die Versuchung, denselben schlechthin als erkliirendes Princip zu benutzen und morphologische Schwierigkeiten und Widerspruche in dem Sinne der gewunschten Auflosung als erklart zu betrachten, wahrend doch umgekehrt fur jeden einzelncn Fall die Rich- ') "Die Urgeschichte der Art wird in ihrer Entwickelungsgeschichte um so vollstiindiger erhalten sein, je langcr die Reihe der Jugendzustande ist , die sie gleichniassigen Schrittes durchlauft, um so treuer, je weniger sich die Lebens- weise der Jungen von der der Aken entfernt , und je weniger die EigenthlimHchiieiten der einzehien Jugendzustande als nur spatere in friiheren [.ehensabschnitte zurlickverlegt oder als selbststiindig erworben sich auftassen lassen." (Fiir Darwin, pag. 8i.) VIII tigkeit oder Wahrscheinlichkeit einer vorliegenden Falschung durch den Zusammenhang der Thatsachen zu begrunden ist. Wie bereits hervorgehoben wurde, enthalt sich Fr. Miiller der Aufstellung eines Stamm- baumes oder, was dasselbe sagt, er fiihrte es nicht aus, den Weg, den die phylogenetische Ent- wickelung der einzelnen Crustaceengruppen eingeschlagen haben mochte, naher zu bestimmen. Indem er versuchte, die Anordnung der Crustacean in die Form eines Stammbaumes zu bringen, um Liber den wahrscheinlichen Bau der Stammeltern Rechenschaft zu geben, sah er bald ein, »dass es langjiihriger Vorarbeiten bediirfen wiirde, ehe die eigentliche Aufgabe in ernstlichen Angritf genommen werden konne«. Wenn ich es nun wage, auf dem von Fr. Miiller betretenen Wege fortschreitend, der Losung jener Aufgabe naher zu treten, darf ich mich vielleicht auf die vieljahrigen Vorarbeiten berufen , in denen ich unsere Kenntnisse vom Bau und von der Entwickelung der Crustaceen- gruppen zu fordern suchte. Immerhin aber erkenne ich gern und in vollem Umfange an, dass die gewonnene Basis eine beschrankte, eine noch immer sehr unzureichende ist, und dass wir um so weiter von dem zu erstrebenden Ziele entfernt stehen , als uns die Palaontologie bei der Verfolgung desselben so gut als voUkommen im Stiche lasst. Und desshalb wird wie in Fr. M tiller's Schrift, so auch in dem nachfolgenden Versuche manche Aufstellung verfehlt, manche Deutung misslungen sein, dennoch aber hofFe ich, wird derselbe einen Fortschritt an- bahnen, indem er nicht nur durch den wesentlichen Zusammenhang der Betrachtungen im Grossen und Ganzen die Wahrheit der Descendenzlehre zu stutzea vermag, sondern im Ein- zelnen eine Reihe von Anschauungen Fr. Muller's zuruckweist oder berichtet, eine Reihe von neuen Gesichtspunkten eroffnet und, wie ich glaube, einen besseren Ausgangspunkt zur Be- stimmung der genealogischen Verwandtschaft der Crustaceengruppen vorbereitet. Die Beobachtungen habe ich, soweit dieselben die Malakostraken betreffen, fast durchaus wahrend des Winters 1874 auf 1875 angestellt, und gab mir zu denselben eine reiche Samm- lung von in Weingeist aufbewahrten Crustaceenlarven des Hamburger Museums, die mir mit grosser Liberalitiit von dem Vorstande der zoologischen Abtheilung desselben, Herrn Dr. Bolau, zur Untersuchung ubergeben worden war, das erforderliche Material. Uie ftir die Entwickelungsgeschichte der Decapoden so iiberaus bedeutungsvolle Zoea- larve hat in neuerer Zeit zu Vermuthungen iiber die genetische Verwandtschaft von Insecten und Crustaceen und in weiterer Consequenz zu umfangreichen Erorterungen Liber die Stammes- geschichte der Crustaceenordnungen Anlass gegeben. Fritz M ii 1 1 e r i) glaubte sogar in der Zoea den Ausgangspunkt fiir den Insectenstamm gefunden zu haben, und alsbald war dieser Gesichts- punkt von anderer Seite auch fiir die Arachnoideen verwerthet. A. Dohrn^) dachte die Zoeaform als Entwickelungsstufe auch auf die Entomostraken iibertragen zu konnen und suchte in hochst wunderlicher Begriindung zu zeigen, dass die Phyl- iopoden, Ostracoden, Cirripedien und Copepoden wahrend ihrer phylogenetischen Entwickelung einmal ein freies Zoeastadium durchlaufen haben. Sonderbarer Weise aber und sehr bezeichnend fiir die moderne Art, mit Erfolg Natur- forschung zu machen, waren alio diese auf die umfassendste Verwerthung der Zoea gestiitz- ten Schlussfolgerungen gezogen worden, ohne dass man vorher auch nur den Versuch gemacht hatte, die morphologische Bedeutung der Zoea zu erforschen und die nahe liegende Frage iiber die Entstehung der Zoea, iiber den morphogenetischen Werth ihrer Gliedmassen und Leibes- regionen beantwortet zu haben. Man verlor sich, wie Dohrn, in detaillirten Speculationen, ohne das Object von so grosser Tragweite, das den Ausgangspunkt der Betrachtungen bildete, nach Bau und Entstehungsweise niiher untersucht zu haben. Ueber die Charaktere und die zum Theil hochst autfallenden Eigenschaften der Zoea, die schon fiir sich mit grosser Wahrscheinlichkeit darauf hinweisen, dass es sich um einen be- reits hoch entwickelten, durch Zusammenziehung und Vereinfachung einer Reihe von Entwicke- lungszustanden erzeugten Organismus handelt, ging man, ohne sich iiber die Griinde der auf- fallenden Erscheinungen Rechenschaft zu geben, ziemlich rasch hinweg. Fr. Mtiller^) fasste als Zoea alle Krebslarven zusammen mit zwei Paar Fiihlern, drei Paar Mundtheilen (Mandibel und zwei Maxillenpaare) und mit zwei bis drei Paar Fiissen (die spateren Kieferfusse) an der ') Fr. Mijller, Verwandlung der Garneelen. Arch, fur Naturg. i863, pag. i3: ferner: FLir Darwin. Leipzig, 1864, pag. 33 und 91. -) A. Dohrn, Die Ueberreste des Zoeastadiums in der ontogenetischen Entwickelung der verschiedenen Crustaceen- famihen. Jen. nat. Zeitsch., Tom. V, 1S70, pag. 471. *) Fr. Mliller, Bruchstuck zur Entwickelungsgeschichte der Maulf Lisser. Archiv fiir Naturg.. Tom. XXVIII, pag. 36i : "Ich mochte den Namen Zoea auf alle Krebslarven ausdehnen, die zwei Paar Fuhler, drei Paar Mundtheile und zwei bis drei Paar Fusse an der Brust besitzen, aber noch der fiinf bis sechs letzten Paare der Brustflisse entbchren." Glaus, Untersuchungen iiber Crustacean. 1 Brust, hatte also vornehmlich die Larven der Krabben und langschwanzigen Dccapoden, sowie bestimmte Entwickelungszustande der Stomatopoden im Auge, wahrend er die Schizopo- d en larven mil sechs Gliedmassenpaaren (Euphausia), die wir gewiss doch auch als Zoea- formen zu betrachten haben, nicht mit einschliessen konnte. Ein hochst wichtiger Charakter blieb in jener Definition ganz unberiicksichtigt, die Entwickelungsstufe des gliedmassenlosen Mittelleibes dem vollzahlig gegliederten Hinterleibe gegenuber. Aber gerade dieser begriindet eine wichtige Eigenthiimlichkeit der Zoea, welche der Erklarung bedarf und zugleich den Schliissel zum Verstandniss des Zoea- und Malak ostraken baues enthalt. Es handelt sich darum, das auflallende Verhaltniss des kurzen, zwischen dem gliedmassentragenden Vorderleib und dem noch gliedmassenlosen Abdomen (Pie on) sich einschiebenden Mittelleibes, an welchem die fiinf Paare von Gehfiissen der Decapoden , beziehungsweise zugleich die hinteren Maxillar- fiisse, hervorsprossen, zu verstehen und zu erklaren. Bei fast alien Larvenformen wachsen die Gliedmassen des Mittelleibes , der entwcder seinen Segmenten nach vollkommen unterdriickt ist (Decapoden) oder in Form kurzer Quer- ringe zur Erscheinung kommt (Schizopoden und Stomatopoden), spater hervor als die des Abdomens, dessen Segmente aber auch im letzteren Falle viel machtiger entwickelt sind als die kurzen Querringe (Zoniteni des Mittelleibes. Als Ausnahme freilich ist die Zoea der Penaeus-Garneelen hervorzuheben, an welcher die Gliedmassen des Thorax frtiher als die Abdominalfiisse erzeugt werden , allerdings mit Ausnahme der Seitentheile der Schwanzflosse, welche als Gliedmassen des sechsten Abdominalsegmentes friiher auftreten oder doch so ziemlich mit den Gliedmassenanlagen des Thorax auftreten. Eine zweite. nicht minder autiallende Eigenschaft der Zoea, die freilich auch erst mit dem fortschreitenden Wachsthum an etwas alteren Zoealarven hervortritt , ist die vorzeitige Ausbildung der Seitengliedmassen der Schwanzflosse, welche der Sonderung der fiinf Schwimm- fiisse des Abdomens vorausgeht. Dies trifft fiir die Penaeus-Garneelen und soweit bekannt fur alia Schizopoden und Makruren zu , dagegen nicht fiir die Squilliden und Bra- chyuren, deren Larven die Seitentheile des Schwanzfachers zuletzt bilden. Uebrigens blieben beide Eigenthiimlichkeiten der Zoealarven von Fr. M tiller keineswegs vollkommen unbeachtet; dass er dieselben aber nicht in die Definition der Larve aufnahm, diese hingegen nur auf die Zahl und Beschaffenheit der Gliedmassen stiitzte, erklart sich aus der Gestaltung des von ihm in dem Formenkreis der Penaeus-Garneelen beobachteten Entwickelungsstadiums, welches nach Abstreifung der Naupliushaut zum Vorschein kommt und trotz zahlreicher Abweichungen in Hinblick auf die allgemeine Aehnlichkeit und auf die Zahl und Beschaffenheit der Glied- massen auch als Zoea bezeichnet wurde. Indessen liegt zwischen dieser, auch in anderen Mala- kostrakengruppen wiederkehrenden Larvenform und der wahren Zoea eine tiefe Kluft, und der lange Weg, welcher von derselben bis zur Zoea zuruckgelegt wurde, freilich in der Entwicke- lung des Individuums durch Zusammenziehung zahlreicher Stadien verkiirzt, bezeichnet eine grosse Reihe aufeinanderfolgender Formen, die selbst wiederum mannigfache Ktickbildungen zu erfahren hatten. Wir werden daher jene primare, noch unausgebildete Zoea als Proto- zoea unterscheiden. Wahrend des langen Zeitraumes, der von jenem Ausgangspunkte bis zur Zoea noth- wendig war, bildeten sich nicht nur die paarigen Augen hervor, sondern auch das Herz gewann ein zweites Spaltenpaar, insbesondere aber wurden aus dem Schwanzanhang, welcher hinter der schild- oder schalenformigen Hautduplicatur des Vorderkorpers hervortrat, zwolf neue Segmente und an diesen in continuirlicher Aufeinanderfolge von vorne nach hinten eben so viele Gliedmassen erzeugt, die wiederum theilweise oder sammtlich , wahrscheinlich im Zu- sammenhang mit der Entwickelung des flossenformigen Endsegmentes, cine Ruckbildung er- fuhren. Wie ich an einem anderen Orte ') ausfiihrlich gezeigt habe, sind in der ausserordent- lich reichhaltigen Entwickelungsgeschichte der Stomatopoden (Squilliden) eine Reihe jener Zwischenstadien mit continuirlich fortschreitender Segmentzahl, sowie mit mehreren Beinpaaren, welche, soweit sie dem sich ergiinzenden Mittelleib angehoren, wiederum ruckgebildet wurden, wenn auch nach einseitiger Richtung bedeutend veriindert, gegenwartig noch erhalten. Die jungsten der bekannt gewordenen Stomatopodenlarven (siehe Holzschnitt Fig. i), denen aber wahrscheinlich Protozoealarven, vielleicht gar Naupliusformen vorausgehen, be- sitzen schon die Augenpaare in Form kurzer beweglicher Stilaugen, sowie die sechs Segmente des Mittelleibes, von denen die drei vorderen sogar ansehnliclie Spaltfusse tragen. Das ge- sammte Abdomen (Pleon) aber ist noch durch eine ansehnliche Platte reprasentirt, an deren Basis mit dem fortschreitenden Wachsthum Segment auf Segment zugleich mit der Anlage eines Schwanzfusses zur Sonderung gelangt. Fig. I. Mf"--- Ga- Fig. i. Fig. I. Jungste Stomatopodenlarve von Messina, 2 Mm. lang, A' vordere Antenne, A" zweite Antenne, Oc unpaares .4uge, Md Mandibel, Mx' und iV/.v" die Maxillen des ersten und zweiten Paares, iV//' bis Mf die funf Beinpaare (spatere Maxillarfiisse), Ga Ganglienkette, Re Rectum, An After. — Fig. 2. Etwas altere Larve aus dem atlantischen Ocean, 3 Mm. lang mit Anlage des ersten Pleopodenpaares (Erichthoidina gracilis). — Fig. 3. Aeltere 5'/., Mm. lange Larve mit den funf Pleopodenpaaren (Erichtiioid ina bre vispinosa). ') C. Glaus, Die Metamorphose der Squilliden. Abhandlungen der konigl. (iesellschaft der Wissenschaften Gottingen, 1871. 1* Somit entstehen die fiinf Beinpaare des Abdomens in continuirlicher Reihenfolge von vorne nach hinten (vergl. Holzschnitte Fig. 2 und 3). und zuletzt wachst das Gliedmassen- paar des sechsten Abdominalsegmentes, die Extremitat der Schwanzflosse hervor. Die drei hinteren Gliedmassenpaare des Mittelleibes aber, an deren Stelle spater die drei kleinen Maxillarfusspaare auftreten {Mf", Mf^\ Mf^'), verlcummern und schrumpfen zu kleinen Rudimenten zusammen, die entweder ganz verloren gehen oder zu einfachen Schlauchen riickgebildet werden, aus denen sich spater die drei kleinen Maxillarfusspaare entwickeln. (Vergl. Holzschnitte Fig. 5 und 6.) Falls die drei Beinpaare voUkommen ausfallen, um spater durch Neubildungen ersetzt zu werden, erhalten wir die sogenannte Stomatopodenzoea (Holz- schnitt Fig. 4), die wahrscheinlich in Folge eines vereinfachten , zusammengezogenen Entwicke- lungsganges (bis auf die fehlenden Fussanlagen des Abdomens) schon im Eie als solche zur Anlage kommt, und mit Bezug auf sammtliche als Querringe gesonderte Segmente des Mittel- leibes und des Abdomens (dessen Endsegment freilich noch das sechste und siebente Segment umfasst) den naher darzustellenden Zoeaformen der Penaeus - Garneele und der Erichthina genau entspricht. Fig. 6. Fig. 4. Fig. 5. Fig. 4. Junge Squilloidlarve von Messina, circa 3 Mm. lang. — Fig. 5. Aeltere Squilloidiarvc von 8 Mm. Lange, die hinteren Maxillar- fusspaare sind kurze ungegliederte Stummel. — Fig. 6. Die Gliedmassen derselbcn starker vergrossert, F Fussanlagen. Auf Grund dieser, wenn freilich noch in Folge einiger Lucken, unvollstandig geblie- benen Beobachtungsreihe und im engen Anschluss an zahlreiche auf dem Gebiete der Co- pepoden und Phyllopoden gewonnenen Erfahrungen, welche die continuirliche Entwickelung der Segmente und Gliedmassen in strenger Reihenfolge von vorne nach hinten ausser Zweifel stellen, durfte ich schon fruher die Behauptung aufstellen. dass die Zoea trotz des Besitzes von nur siebeii Gliedmassenpaaren, morphologisch eine sehr hohe Entwickelungs- stufe einnimmt, dass zwischen Nauplius uad Zoea eine gewaltige Kluft liegt, die keines- wegs so einfach und leicht durch die Annahme einer Archizoea (die nichts als die illtere Naupiiusform der Cirripedien ist), ausgefullt werden kann. Als Charakter der Zoiia tritt neben der Zahl und besonderen Gestaltung der Glied- massen, neben dem Besitz eines Kopfschildes, dem paarigen Seitenauge und einer hohen inneren Organisationsstufe, die Erscheinung in den Vordergrund, dass silmmtliche Segmente des Mala- kostrakenleibes angelegt sind, wenn auch eine Anzahl von Ringen des Mittelleibes (Brust) in Folge von Riickbildung auf eine kurze, gew^issermassen latente Region, welche sogar der Gliederung entbehren kann, reducirt erscheinen. Ich durfte als in hohem Grade wahrscheinlich annehmen, dass ursprunglich auch an diesen Segmenten, und zwar in continuirlicher Reihenfolge von vorn nach hinten, Gliedmassenpaare erzeugt waren, die aber — nach Art der so leicht zu con- statirenden zw^eimaligen Bildung des Mandibulartasters ') — spater wiederum unterdriickt wur- den, um sich zum zweitenmal von Neuem zu entwickeln. Auf diesem Wege eines ganz all- maligen langsam fortschreitenden, aber auch wiederum Riickbildungen aufweisenden Processes, der in der ontogenetischen Larvenentwickelung durch vielfache Zusammenziehungen verein- facht erscheint, wiirden die beiden Eigenthumlichkeiten der Zoea, die vermeintliche Einschiebung des Mittelleibes und das friihzeitige Auftreten der Seitengliedmassen, des sogenannten Fachers, ihre einfache und ungezwungene Erklarung finden. Fr. Muller nahm die erste Erscheinung aber als Thatsache auf, welche ihm fiir die Be- urtheilung des Verhaltnisses von hoheren und niederen Crustaceen geradezu entscheidend war. »Bei den letzteren werden alle neuen Leibesringe und Gliedmassen, die sich zwischen die Endabschnitte des Naupliusleibes einschieben, in ununterbrochener Folge von vorne nach hinten gebildet; bei ersteren tritt noch einmal eine Neubildung in der Mitte des Leibes auf, der Mittelleib, der sich auf ahnliche Weise zwischen Vorderleib und Hinterleib drangt, wie diese ihrerseits zwischen Kopf und Schwanz des Nauplius. Was schon die ^'ergleichung der Glied- massen der erwachsenen Thiere wahrscheinlich macht, findet also in der Entwickelungsgeschichte eine neue Sttitze, dass namlich den niederen Crustaceen, ebenso wie den Insecten ein dem Mittel- leibe der Malakostraken entsprechender Leibesabschnitt vollig abgeht.« Demgemass liess iM tiller auch die Schwimmfiisse der Copepoden, sowie der Cirripedien den Hinterleibsfiissen der Mala- kostraken entsprechen. Aber alle diese Schlussfolgerungen fallen in Nichts zusammen, weil die Voraussetzung zu denselben eine irrthiimliche ist. Ebenso fallt hiermit Fr. Muller's Ansicht von der Zusammensetzung des Leibes der Malakostraken. Nach dieser sollte der Korper aus vier Abschnitten von je fiinf Ringen be- stehen, einem Urleib, Vorderleib, Hinterleib und Mittelleib. Der »Urleib begreift die Ringe, die die naup liusformige Larve aus dem Ei mitbringt; spiiter wird er durch die in seiner Mitte sich entwickelnden jungeren Abschnitte in Kopf und Schwanz getrennt. Dem Ur- leibe gehoren die beiden Fiihlerpaare, die Kinnbacken (mandibulae) und die Schwanz- fiisse (posterior pair of pleopoda Sp. B.) an.« Zur Aufnahme dieser hintersten Gliedmassen in den Urleib gab eben die zweite merkwiirdige Eigenschaft der Zoea, das friihe Auftreten der Gliedmassen der Afterfiosse Anlass, die Fr. Muller wohl im Hinblick auf die Anlage im In- neren des spatelformigen Schwanzblattes -) (z. B. bei der Porcellana etc.) so weit zuriickver- ') Welcher bei Nauplius als machtiges Bein vorhanden ist, in der Zoeaform abgeworfen, in den spateren Ent- wickelungsstadien aber wieder von Neuem gebildet wird. ^) Ich will schon hier darauf hinweisen, dass uberall da, wo das sechste Gliedmassenpaar im Innern des Schwanz- blattes angelegt wird, dieses noch das sechste und siebente Segment in sich vereint. legte. Die Aehnlichkeit, welche manche Stiicke der Schwanzfusse mit Theilen des zweiten Fiihler- paares (Schuppe) zeigen, wurde ebenso wie das gelegentliche Auftreten von Sinnesorganen (Gehor- organ von Mysis) in der Schwanzplatte mit Unrecht als weitere Sttitze der Zusammengehorig- keit dieser Abschnitte herangezogen. Fur die drei iibrigen Abschnitte glaubte Fr. M tiller die zeitliche Folge ilires Auftretens in der Art bestimmen zu konnen, dass zuerst der Vorderleib, dann der Hinterleib , zuletzt der Mittelleib sich bildete. In der letzteren Annahme liegt der zweite Irrthum der Miillerschen Auft'assung, zu dem jener Forscher otfenbar durch die spate Differencirung der funf letzten Brustbeine bei der Krabbenzoea verleitet wurde. Im Allgemeinen adoptirt Alii Her die von Westwood unterschiedenen Leibesregionen und nimmt ebenso die hochst ungliicklichen Bezeichnungen dieses Autors auf. Die fiinf Glied- massenpaare des Vorderleibes (Diago nopode nj treten beim erwachsenen Thiere ganz oder theilweise zu dem Kopfe in niihere Beziehung und werden dem entsprechend zur Nahrungs- aufnahme dienstbar. Die Gliedmassen des Mittelleibes (Pereiopoden), von denen Muller mit Unrecht behauptet, dass sie sofort nach dem Auftreten der Segmente hervorsprossen, werden durch die Ungleichwerthigkeit ihrer beiden Aeste selbst in ihrer jugendlichsten Form gekenn- zeichnet, fiir die Fiisse des Hinterleibes (Pie op ode n^. unter Ausschluss der Seitengliedmassen der Schwanzflosse , die ja auf den Vorderleib bezogen wurden , wird die Gleichwerthigkeit beider Aeste als wichtig hervorgehoben, ein Umstand , der auch fiir die Parallelisirung der fiinf Copepodenfiisse und deren Leibesregion in die Wagschale fallen soil. Wenn ich spiiteren Erorterungen vorgreifend, schon an dieser Stelle eine kurze Darstel- lung der an dem .Malakostrakenleib zu unterscheidenden Regionen folgen lasse, so geschieht dies aus Zweckmassigkeitsgriinden, die es des leichteren Verstiindnisses halber wiinschenswerth erscheinen lassen, von vorn herein das aus der Entwickelungsgeschichte sich ergebende Ver- haltniss klar zu stellen. Als Fundamentalsatz , fiir dessen Begriindung ich eine Reihe von Beobachtungen bei- bringeu werde, ist an erster Stelle hervorzuheben, dass vom Naupliusstadium an die Segmentirung und G lie d massen s p r ossung vor dem Aftersegmente in continuir- licher Reihenfolge von vorn nach hinten stattfindet, ganz iihnlich wie wir die Son- derung der Segm.ente und die Sprossung der Gliedmassen am Leibe der Copepoden und be- sonders vollstiindig an dem der Phyllopoden iBranchipus, Apus) noch jetzt zu verfolgen im Stande sind. Ausnahmsfalie , wie sie in der Metamorphose von Decapoden vorkommen , er- klaren sich theils aus der Zusammenziehung von Entwickelungsreihen, in denen, wie ich zeigen werde, Verkiimmerung, Rtickbildung und Neubildung eine grosse Rolle spielen, theils aus Storungen der urspriinglichen zeitlichen Aufeinanderfolge der Neubildungen im Zusammenhang mit dem abgektirzten Entwickelungsprocesse. In diese Kategorie von Erscheinungen fallt die verspatete Sonderung der hinteren Brustregion und ihrer Gliedmassen bei den Decapoden, so wie das vorzeitige Auftreten der Seitengliedmassen des Fachers. Der Kdrper der Malakostraken zerfallt in eine primiire Kopfregion , in die Region des urspriinglichen Mittelleibes und in den Hinterleib. Die erstere umfasst die drei Gliedmassen- paare der Naupliuslarve und wird durch die Plattchen der Unterlippe, welche als P a r a- gnathen den Maxillen der kleineren Phyllopoden ahnlich sehen, abgeschlossen. Die Region des Mittelleibes und des Hinterleibes entwickelt sich aus dem Endtheile des Naupliusleibes. Der primare Mittelleib umfasst zehn Segmente, lasst aber stets die beiden vorderen mit der Schild- oder Schalenanlage und den beiden Maxillenpaaren, welche den zwei vorderen Beinpaaren der Phyllopoden entsprechen , mit dem primaren Kopf in nahere Beziehung treten, so dass eine secundare Kopfregion entsteht, die nach hinten zu entweder noch durch Hinzuziehung des dritten (Amphipoden, I so pod en), oder auch des vierten (Luemodipoden, Aniso- poden) Segmentes vom primaren Mittelleibe uiid durch Verwendung der entsprechenden Fiisse als Kieferfiisse abgegrenzt wird oder ohne Abschniirung und schiirferen Abschluss mit den Seg- menten des Mittelleibes zu einer als Cephalothorax zu bezeichnenden Region vereinigt ist. An diesem konnen sammtliche acht auf die Maxillen folgenden Gliedmassen gleichgebildet bleiben, oder die zwei, drei oder funf vorderen Paare als Kieferfiisse in den Dienst der Mundwerkzeuge getreten sein. Ein Gegensatz von Vorderleib und Mittelleib im Sinne Miiller's und von Dia- gonopoden und Pereiopoden im Sinne West wood's steiit im Widerspruch zu dem nattirlichen Gange der Entwickelung und ist demgemiiss unhaltbar. Der Hinterleib aber oder das Pleon, wie wir diese Region mit Westwood, Spence Bate u. A. bezeichnen konnen, ist vom Mittelleib scharf abgegrenzt und aus sieben Segmenten gebildet. welche mit Ausschluss des letzten oder Aftersegmentes, Gliedmassen zur Entwickelung bringen. Diese sechs Fusspaare des Abdomens ffausses pates abdominales) oder Pleopoden sind zwar der Anlage nach von den als Beinpaare verwendeten Extremitaten des Mittelleibes, den Thoracalfiissen, nicht verschieden, erhalten aber in der Regel die primare Gleichwerthigkeit ihrer beiden Aeste un- verilndert. Das sechste Gliedmassenpaar tritt hiiufig mit dem Aftersegmente (Schwanzplatte) zur Bildung einer Schwanzfiosse in nahere Beziehung. Es musste mir zunachst darauf ankommen moglichst vollstandig erhaltener Entwickelungsreihe die Richtigkeit meiner aus der Metamor phose der Stomatopoden gezogenen Schlussfolgerung zu priifen Fig. 7. an S c h i z o p o d e n und D e c a p o d e n mit neiner aus der Metamor- dass bei den Malako- Fig. 7. Nauplius von Euphausia, letzte Form unmittelbar vor der Hautung. Nach M etschnikoff Fr. S. Frontales Sinnesorgan, OL Oberlippe, UL Unterlippe etc. etc. straken der Mittelleib friiher angelegt wird als das Abdomen (Pleon), und somit der scheinbare Ausnahmsfall in der bedeutend zusammengezogenen und verkiirzten Entwicke- lungsgeschichte der Krabhen auf Falschung der geschichtlichen Urkunde beruht. Es konnte keinem Zweifel unterliegen, dass ich zu dem Zwecke unter den Schizopoden die Larven der Euphausia, unter den Decapoden die der Penaeus-Garneelen einer erneuten sorgfiiltigen Untersuchung zu unterwerfen und in erster Linie den bislang nicht naher verfolgten Phasen besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden hatte , welche auf die Naupliusform folgen und der Zoea vorausgehen, also zunachst der Protozoea und sodann den sich aus dieser ent- wickelnden Formzustanden. E. Me tschnikoff ) hat uns die Naupliusphasen von Euphausia, deren Existenz schon Fr. Muller-) vorausgesagt hatte, naher beschrieben. Von ganz beson- derem Interesse erscheint in einem spateren Stadium mit den Anlagen der Paragnathen (Unter- lippe), der beiden Maxillenpaare und der vorderen Maxillarfiisse (vergl. Holzschnitt Fig. 7) das Fi" 8. -Fr.S. Fig. 8. Nauplius von Euphausia, letzte Form unmittelbar vor der Hautung. Nach Me tscii n i koff Fr. S. frontales Sinnesorgan, OL Oberlippe, UL Unterlippe etc. etc. Auftreten der fliigelformigen Hautduplicatur, welche den hinteren Theil des Leibes mantelartig nach Art der Daphnidenschale umgibt und in einem noch spateren Stadium (vergl. Holzschnitt Fig. 8) die Ausdehnung derselben iiber den Kopftheil, iiber welchen sie kragenartig (Estheri- den- und Ostracod enschalen) emporragt. Ich werde in einem spateren Theile der Abhandlung mehrfach auf den morphologischen Werth dieser Stadien zur Beurtheilung der Verwandtschaft der Entomostraken-Ordnungen zu- riickkommen, hier will ich mich auf den Hinweis beschranken, dass die als eigenthiimliche Sinnesorgane bezeichneten Gebilde (FrS) den frontalen Sinn esorgane n entsprechen, ') E. Metschnikoff, Ueber den NaupliuszustanJ von Euphausia. Zeitschr. fur wiss. Zoologie, Tom. XXI, 1871. pag. 397. ") Fr. Miiller, FiJr Darwin, pag. 43. welche bei den Cirr ipedienlarven als Faden , bei den Copepoden haufig als ahnliche An- hiinge , bei Cypridina und den Halocypriden als frontale Zapfen oder Stilbe, bei den Phyllopoden wiederum in verschiedener Form als Ganglienanschwellungen (Branchipus) oder als zwei cuticulare Anhange (A pus, Estheriden) auftreten. Das letzte von Metschnikoff beobachtete Naupliusstadium der Euphausia will jener Beobachter direct in die jiingste von mir beschriebene Larve ') verfolgt haben. In dieser An- gabe irrt Metschnikoff entschieden. Jene von Dana bereits als Calyptopis integrifrons beschriebene Larve ist eine weiter vorgeschrittene Zoeaform mit den Anlagen sammtlicher Ringe des Mittelleibes und Hinterleibes. Dieselbe erreicht eine Lange von 2V2 — 3 Mm., vv^ah- rend die alteste von Metschnikoff beobachtete Naupliusform, nicht viel Liber 1 Mm. lang sein kann. Der noch ungegliederte Hinterleibszapfen welcher den Mittelleib und Hinterleib gewissermassen in nuce reprasentirt, mag mit dem Abstreifen der Haut eine bedeutende Langs- streckung gewinnen, sicher besitzt derselbe aber weder Segmentirung, noch die Gliedmassen des Fachers als aussere Anhange. Die aus der Naupliushaut hervorschliipfende Larve ist vielmehr eine Protozoeaform von circa 1 ";j Mm, Lange, wie ich sie auf einer etwas vorge- schrittenen Stufe (von 1 V2 Mm. Langej in Fig. 1 und 2 auf Taf. I abgebildet habe. Die sechs als Antennen, Kiefer und vorderen Maxillarfusse differencirten Gliedmassenpaare stimmen bis auf den geringen Grad der Ausbildung, so genau man es nur erwarten kann. zu den entspre- chenden Gliedmassen des spateren Zoea stadiums. Die vorderen Antennen sind freilich noch einfache Stabe mit etwas breiterem Basalab- schnitt und gesondertem Terminalglied , welches die Riechfiiden tragt. Die zweiastigen An- tennen aber stimmen vollkommen uberein, ebenso die Kiefer und Kieferfusse, dagegen tragt die Mandibel als kleinen Anhang noch den Rest des abgeworfenen Fusses oder Tasters. Unver- kennbar weist sodann die Form der Schild- oder Schalenduplicatur mit ihrem fransenartigen Randsaum auf die Euphausialarve zuriick, wie andererseits die beiden frontalen Sinneszapfen (Fr S) sich noch jetzt erhalten haben. Von Interesse scheint mir das Vorhandensein zweier ohrformiger Lappen an dem als Kragen bezeichneten Abschnitt der Panzerduplicatur {K r). Eine tiefe Einbuchtung, hinter jedem der beiden Seitenlappen ist eine Wiederholung des Aus- schnittes an der Schale der Cypridinen und Halocypriden, und weist mit vielem an- deren darauf hin, dass wir den Malakostrakenpanzer und die Schalenbildungen der Entomostraken von gleichem Ausgangspunkt abzuleiten haben. Untersucht man nun genauer die Basis des gliedmassenlosen Hinterleibes. der jetzt schon mit breiter ausgebuchteter Schwanzplatte endet, so beobachtet man eine Anzahl^) sehr kurzer Zonen segmentartig abgehoben, und hinter denselben unter der Haut eine Anordnung der Subcuticularzellen in Querreihen, genau wie sie am Hinterleibsabschnitte von Branchipus- larven der fortschreitenden Segmentirung vorausgeht. Schon diese Ergebnisse reichen aus, um die kurzen vorderen Zonen als Segmente des Mittelleibes zu bestimmen. deren Sonderung der unter der Haut durch Querreihen von Zellen vorbereiteten Segmentirung des Hinterleibes vor- ausgeht. Im nachfolgenden Stadium, in welches die Larve nach mindestens einmaliger Ab- ') C. Glaus, Ueber einige Schizopoden und niedere Malakostraken. Zeitschr. flir wiss. Zoologie. Tom. XIII, 1 863, Fig. 46 und 47. Ich habe dieselbe nun auch in Neapel lebend beobachtet. Die mittelmeerische Form unterscheidet sich von der auf Taf. I abgebildeten Larve durch den Mangel der Fransen am Rande des Kopfbrustschildes. ^) Beim Abstreifen der NaupliushiJlle sind dieselben noch nicht vorhanden, auch ist der gliedmassenlose hintere Leibesabschnitt noch nicht so lang und gestreckt. Es heben sich die Segmente vielmehr erst mit dem weiteren Wachs- thume ab. Ciaus, Untersucimngen tiber Crustacean. 2 10 streifung der Haut eintritt; sind die sieben Ringe des Mittelleibes , zwar vollstandig gebildet, jedoch noch iiberaus kurz geblieben, wahrend nun auch die Segmente des Abdomens (mil Aus- nahme des noch nicht von der Schwanzplatte gesonderten sechsten Segmentes), und zwar im Gegensatze zu jenen als umfangreiche Abschnitte eine ansehnliche Lange erreichen. Eine Larve dieser Altersstufe, die nun mehr als Zoea zu bezeichnen ist, habe ich in Fig. 3 dargesteilt. Dieselbe ist bereits friiher von mir und spater auch von A. D o h r n ') beobachtet, von letzterem aber in sehr verbreiterter Form und demgemass entstellt abgebildet worden. Auch wurde dieselbe von Dohrn irrthiimlich in den Entwickelungskreis der Penaeus- Garneelen bezogen. Uebrigens beobachtete derselbe bereits eine mehrfache Faltung an der Wurzel des noch nicht gegliederten Pleon »als soUte es da zur Neubildung der spateren Seg- mente kommen« , und an weiter vorgeschrittenen Individuen die geschiedenen Segmente des Pleon s, auch erkannte er ganz richtig die Veranderung der Schwanzplatte, an welcher der friiher neben der Afterspalte befindliche Dorn nach aussen an den Rand geriickt ist. Noch jetzt umschliesst die Panzerduplicatur nach Art einer Schale den Vorderleib, und nur die kunstliche Auseinanderzerrung und flache Ausbreitung der Seitentheile konnte zu der entstellten Dohrn- schen Abbildung Anlass geben. Untersucht man die Larve unter dem Drucke des aufliegenden Deckglaschens bei vor- sichtiger Behandlung, so werden (wie in Fig. 3) die vorstehenden gefransten Seitenrander rechts und links symmetrisch umgeschlagen, und man erhalt ein iiberaus zierliches Bild von der Haut- bekleidung, auf welche der Dana'sche Name Eucalyptopis vortrefflich passt. In dem vor- liegenden Stadium entbehrt jedoch die junge Zoea noch der frei vorstehenden Facherglied- massen, und man gewahrt erst die Anlagen derselben unter der Haut im vorderen Abschnitt des Doppelsegmentes der grossen Schwanzplatte. (Fig. 4 Af^''.) Die vorderen Antennen tragen schon an der Spitze des dreigliedrigen Schaftes die Anlage einer Nebengeissel. An der Man- dibel aber findet sich noch immer ein kleiner Rest des Tasters, der sich ja auch an entspre- chend segmentirten Apus- und Branchipuslarven, und zwar noch in ansehnlicherer Grosse er- halten hat. Auch die paarigen Augenanlagen markiren sich unterhalb des Kopfkragens in einer Form, die ganz an die sich ditterencirenden Seitenaugen von Br an chip us erinnert und spater bei Besprechung einer anderen Protozoealarve noch naher beriicksichtigt werden soil. Die Bedenken, welche moglicherweise iiber die Deutung der kurzen Zoniten am Leibe der Protozoea als Segmente des Mittelleibes zuriickbleiben konnten, werden unter Hinzu- ziehung der Entwickelungsgeschichte von Penaeusgarneelen vollkommen beseitigt. Fiir diese gelang es mir, auch die spatere Phase des Protozoeastadiums aufzufinden , in welcher hinter den frei Uegenden kurzen Segmenten des Mittelleibes, die sich schon in einem friiheren Stadium gesondert haben, die Anlagen der Abdominalsegmente unter der Cuticula deutlich her^•or- treten. (Taf. II, Fig. 1.) Fr. Mil Her"-} hat uns mit den ersten Phasen dieser Garneelenentwickelung, mit der jiingsten und ahesten Naupliusform (vergl. Holzschnitte Fig. 9 und to), sowie mit der Zoea bekannt gemacht. (Vergl. Holzschnitt Fig. 11.) Offenbar steht jedoch die letzte Form keines- wegs am Anfang der Zoiiareihe; denn der Hinterkorper iibertrifft nicht nur den vorderen. die Gliedmassen tragenden Leibesabschnitt an Lange, sondern sie zeigt bereits als kurze Querringe die Zoniten des Brusttheils angelegt und von dem noch nicht segmentirten Abdomen abgesetzt. ') A. Dohrn, Zweiter Beitrag zur Kenntniss der Malakostraken unJ ihrer Larvenformen. Zeitschr. fiir wissen- schaftl. Zoologie. Tom. XXI, 1871, pag. SyS. ^) Fr. MiJller, Die Verwandlung der Garneelen. Archiv fiir Naturg. Tom. XXIX. Derselbe, Fiir Darwin. 1864. 11 Fr. M tiller hat dies Verhiiltniss zwar nicht ubersehen, auffallenderweise aber doch nicht weiter beachtet. Es steht die von Fr. Muller abgebildete Larve etwa auf der Entwickelungsstufe, wie die oben naher beschriebene Protozoea der Euphausia (Taf. I. Fig. i und 2) mit den Anlagen der Segmente des Mittelleibes. Fig. II. Fig. 9. Fig. 10. Fig. Q unii 10. Nauplius und Metanauplius von Penaeus. — Fig. ii. Protozoea von Penaeu.s nach Fr. Muller. Das von Fr. Muller vielleicht beobachtete, jedenfalls aber seiner Bedeutung nach nicht gewurdigte Endglied der Protozoeareihe, mit dessen Hautung der Uebertritt in die Zoea- reihe erfolgt (Taf. II, Fig. 1), nimmt unser voiles Interesse in Anspruch, denn dasselbe liefert den unzweideu tigen Beweis fiir die der abdominalen Gliederung vorausge- hende Anlage und Segmentbildung des Mittelleibes. An dem langgestreckten Hinter- Icorper gewahren wir die sechs fusslosen Segmente des Thorax (Th. S) und hinter denselben unter der Cuticula als kurze Querringe die Anlagen der fiinf vorderen Abdominalsegmente (Ab. S). Dann folgt die langgestreckte in zwei Furcalfortsatze auslaufende Schwanzplatte , in der auch das sech.ste noch nicht als gesondert erkennbare Abdominalsegment enthalten ist. Ohne auf alle Einzelheiten der Organisation und Gliedmassengestaltung naher einzugehen, muss ich doch auf einige wichtige Details die Aufmerksamkeit lenken. Zunachst finden wir wiederum die beiden frontalen Sinnesorgane vor, und zwar in einer Form, wie sie ganz ahnlich an Apuslarven auftreten, als zwei kleine gebogene Hornchen (Fr S), welche vor dem Rande der Augenanlage vorstehen. Wahrscheinlich sind dieselben in der jiingsten Form der Protozoea- reihe auch relativ ansehnlicher und glaube ich sie auch in kleinen Hockern der Miiller'schen Figur wiederzuerkennen. Uebrigens finden sich diese Organe schon im Nauplius stadium und blieben an den alteren Larven auch Fr. Muller keineswegs unbekannt. Derselbe erwahnt aus- driicklich »jederseits ein kleines, durchsichtiges, halbkuglig uber den Stirnrand vorspringendes Knopfchen«, das ich fiir nichts anderes als fiir das frontale Sinnesorgan halten kann. Die vordere Antenne erscheint ausserordentlich langgestreckt und erreicht mit ihren langen Endborsten vollkommen die Lange des ganzen Korpers (1 Mm.), sie hat aber auch den Anfang zu einer secundaren Gliederung des langgestreckten ersten und zweiten Gliedes genommen, so dass sie fast den Eindruck einer Copepoden-Antenne macht. Besonders deutlich heben sich am 12 Basalstucke fiinf Glieder ab, die jedoch in der spateren Zoeaform wieder unterdriickt vverden. Auch die Anlage des dritten Maxillarfusses tritt bereits als ganz kurzer Schlauch am ersten der sechs neugebildeten Segmente des Mittelleibes auf. Dieser ganze Abschnitt, ja sogar das Seg- ment des zweiten Maxillarfusses und der hintere Theil des Segmentes, welches den ersten Ma- xillarfuss tragt, steht frei hinter dem Riickenschild des Vorderkorpers hervor und wird erst im Verlaufe der spateren Entwickelung, wahrend er sich selbst bedeutend zusammenzieht. vom Ruckenschild iiberwachsen. Das gespaltene Schwanzende verhalt sich iiberaus phyllopoden- ahnlich und bringt so vollkommen das Schwanzende von Branchipuslarven ') mit ihren beiden Furcalfortsatzen zur Wiederholung. dass ich kein Bedenken trage, die Schwanzplatte der Malakostraken direct aus dem F'urcalsegment der PhyUopoden abzuleiten. Allerdings scheint die Lage der Afteroffnung auf der Bauchseite der Facherplatte dieser Zuriick- fuhrung zu widersprechen, indess wird die scheinbare Schwierigkeit bei naherer Verfolgung der Entwickelung eine wesentliche Stiitze der Beweisfiihrung.^ An der vorliegenden Larve miindet die Afteroffnung als mediane Langsspalte genau ter- minal zwischen den beiden Furcalfortsatzen. Schon im jiingsten Zee a stadium (Fig. 2 Af) aber hat sich dies Verhaltniss etwas geandert. indem hinter der Afterspalte dorsalwarts eine kurze Querbrucke die Furcalfortsatze verbindet. Indem sich jene Querbrucke mit dem fort- schreitenden Wachsthum betrachtlich verstarkt . riickt nicht nur die nunmehr ventral gelegene Afteroffnung vom Korperende zuruck. sondern die beiden Fortsatze werden zu den Auslilufern einer terminal verbreiterten und ausgeschweiften Platte, deren Bor- sten- beziehungsweise Stachelbesatz aus den Furcalborsten hervorgegangen ist. Dass der End- darm an der Afterklappe genau wie bei den PhyUopoden jederseits von queren Muskelzugen geoffnet wird. mag hier nur kurz erwahnt sein; ich komme auf dies Verhaltniss bei der na- heren Vergleichung der Segmentbildung von PhyUopoden und der Protozoea wieder zuruck. Wenn unsere Larve nach Abstreifung der Haut in das jiingste Zoeastadium mit freien Stilaugen eingetreten ist (Taf. II. Fig. 2) , so heben sich auch die funf Abdominalsegmente als freie Ringe ab. Der Umfang derselben nimmt aber mit dem fortschreitenden Wachsthum in viel starkerem Masse zu, so dass sie bald die Thoracalringe bedeutend an Grosse iibertreffen. Hinter dem bereits zweiastigen Kieferfuss des dritten Paares folgen nunmehr auch an den funf nachfolgenden Brustringen ('6 — 10) die Anlagen von ebenso vielen Gliedmassen in Form kleiner wulstformiger Erhebungen, an deren Innenseite sich wahrscheinlich wie beiden PhyUopoden Zellengruppen zur Ganglienbildung sondern. Indessen auch an den fiinf Abdominalsegmenten finden wir paarige Zellenscheiben . von denen die vorderen Paare mit den Anlagen der Brust- fusse ziemlich gleiche Grosse und Form haben. Am vorderen Abschnitt der langgestreckten Schwanzplatte wird die grossere Anlage der Seitengliedmassen des Fachers unter der Haut sichtbar und zwar in Form einer zweilappigen Scheibe. die den vorausgehenden Gliedmassen- anlagen gegenuber einen merklichen Vorsprung bekundet. .(ene werden als Gliedmassen unter- druckt und ruckgebildet, diese dagegen bilden sich, wahrscheinlich im Zusammenhang mit dem vortheilhaften Dienst, welchen die Schwanzflosse beim Schwimmen gewahrt. fruhzeitig zu be- deutender Grosse aus. Im nachfolgenden Stadium (Taf. II. Fig. 3), welches so ziemlich bis auf eine bedeutendere Streckung des Abdomens mit Fr. Muller's Fig. 7 stimmt. sind die vorderen Antennen vier- ') Vergl. C. Glaus, Apus und Branchipus etc. etc. Abhandiungen der konigl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Gottingen, 1872. Taf. Ill, Fig. 9 und 10. gliederig geworden und die Seitengliedmassen des Fiichers iVei hervorgetreten. Die Vernieh- rung der Antenneiiglieder erfolgt auf Kosten des in zwei Absehnitte getheilten Mittelgliedes. Da- gegen sind die fiinf Gliederanlageii des langen stielformigen Basalgliedes untcrdruckt. Das End- glied mit seinen langea peitschentormigen Endborsten und kurzeren zarten Riechfadea ist die Anlage der Hauplgeissel. vSowoiil die Maxille des ersten als die des zweiten Paares tnigt eine kleine Facherpiatte mit nur vier bis fiinf Borsten (Fig. 4 und 5j. Das am hinteren Rande ein- gebuchte Zoeaschiid bedeckt jetzt wenigstens die Segmente der beiden vorderen Maxillarfusse voUstandig, wahrend die sechs neugebiideten Gliedmassen als zweizipflige Schlauche — die fiinf Beinpaare auf ganz gieicher Stufe der Entwickelung — frei vorstehen. Von den paarigen Scheibenwiilsten, welche ich als erste Anlagen der Abdominalfusse gedeutet hatte, ist nichts mehr zu sehen, wohl aber sind die Ganglien der entsprechenden Segmente, sowie ein kleiner medianer Vorsprung am Ende jedes Segmentes entstanden. Ein ganz ahnliches Verhaltniss wie bei den Larven der Penaeus-Garneelen beobachten wir an der von Dana"), als Erichthina demissa beschriebenen, leider noch nicht auf das Geschlechtsthier zuruckgefuhrten Larve. Dieselbe findet sich nicht nur im Ocean, sondern auch im Mittelmeere, und habe ich sie im Golf von Messina mehrmals angetroflfen. Die von Dana (Dana 1. c. Taf. 42, Fig. 3 d) abgebildete Form entspricht dem Endgliede in der Protozoea- reihe; die Segmente des Mittelleibes sind vollztihlig entwickelt, die des Abdomens als aussere Ringe noch nicht zur Sonderung gelangt. Die Zoea der Erichthina kenne ich auf einem schon etwas weiter vorgeriickten Stadium von 1'/., Mm. Lange iTaf, IV , Fig. 1), in welchem sammtliche Brustbeine als zweispaltige, nach vorne gerichtete Schlauche auftreten, die Glied- massen des Fiichers aber noch der Bauchflache anlieg-en. Auch Dana hat diese Altersstadien gekannt (Taf. 42, Fig. 3 cj, ohne jedoch eine genaue Darstellung ihres Baues gegeben zu haben. Nach den mitgetheilten Beobachtungen diirfte kein Zweifel dariiber zuriickbleiben, dass die der Protozoiia noch fehlenden Segmente \\enigstens bei den Schizopoden und Pe- naeiden in der Richtung von vorn nach hinten zur Sonderung gelangen. dass zuerst die Gliedmassen des Mittelleibes und nach diese n die Fiisse des Abdomens ange- legt werden und dass von den Anlagen der letzteren die des sechsten Paares sich auffallend rasch und den friiheren vorauseilend weiterbilden. Dies letztere Verhaltniss aber halte ich schon fiir ein entschieden secundiires. Auch noch fiir eine andere Garneellarve, die eine sehr merkwiirdige Gestaltveriinderung durchliiuft, werde ich spiiter den gleichen Modus der Segmentbildung nachweisen. Jedenfalls diirfen wir jetzt schon fiir die librigen Decapoden mit verkiirzter und vereinfachter Metamorphose auf den gleichen urspriing- lichen Bildungsmodus mit grosser Wahrscheinlichkeit zurlickschliessen. Auf die zahlreichen Ab- stufungen in der Zusammenziehung der Verwandlungsgeschichte bei langschwanzigen Krebsen und Krabben werde ich spater noch naher eingehen, nachdem ich als Ausgangspunkt unserer weiteren Betrachtungen die Phy llopodenlarven niiher besprochen und im Vergleiche mit der Protozoea erortert habe. Auf diesem Wege hoffe ich Anhaltspunkte zu gewinnen. um die Verwandtschaft von Malakostraken und Phy Hop od en genetisch zu begrunden. Von den jetzt lebenden Phyllopoden mochten sowohl mit Riicksicht auf den all- maligen und fast continuirJichen Verlauf der Metamorphose, als nach Bau und Gestaltung Apus und Br an chip us den iilteren Phyllopoden am nachsten stehen. Die Estheriden nebst Limnetis und Limnadia nehmen schon einen mehr abgekiirzten Entwickelungsver- *) Dana, United States Exploring Expedition etc. etc. Crustacea. 18.12. Taf. 42, Fis 14 lauf und scheinen auch mit Bezug auf die vollkommene Form ihrer Integumentalklappen nach einer Richtung hin bedeutender verandert; in noch hoherem Masse gilt das letztere ftir die Cladoceren, die wir von den schalentragenden Estheriden durch Grossenreduction und Ausfall der hinteren, spiiter entstandenen Gliedmassen abzuleiten haben. Vergleichen wir nun die P rotoz o eaformen mit Apus- und B ranch ipus larven von etwas holierer Gliedmassen- zahl '), so machen sich allerdings eine Reihe bemerkenswerther Abweichungen geltend, aber trotzdem durfte es moglich erscheinen, beiderlei Larvenformen von einem gemeinsamen Aus- gangspunkte unter besonderen Specialisirungen abzuleiten. Die Antennen haben durchaus den gleichen Typus, wenn auch Lange und Gliederung der ProtozoeafLihler vorgeschrittener ist und die Mundhaken an dem hier w^iederum mehr riickgebildeten zweiten Antennenpaare — wie ubri- gens auch bei den Cladoceren und Estheriden — hingefallen sind. Die gleichmassigere und demnach ursprunglichen Zustanden naher stehende Gestaltung zeigen offenbar die Phyllopodenlarven, bei denen die neugebildeten Gliedmassen untereinander in Form und Gliederung als Phyllopodenfiisse iibereinstimmen, auch die von vorne nach hinten allmalig vorschreitende Gliederung von entsprechender Gliedmassen -Neubildung begleitet ist. Am dritten Paare der Naupliusgliedmassen besitzt zvvar der neugebildete Kautheil, die vorge- wachsene Mandibel, eine bedeutende Grosse, die auf ihre kraftige Function als Kiefer hinweist, indessen ist auch noch das Bein als Tasteranhang erhalten, den wir an der Protozoea nur noch in Form eines kleinen Rudimentes voriinden. Von besonderem Interesse erscheint die Maxillarregion, nicht nur als Trager der Schalendrtisen- Anlagen , sondern auch als Ausgangs- punkt der bei Branchipus allerdings schon in der Entstehung unterdriickten Schalenduplicatur. Bekanntlich haben nicht nur Apus und Branchipus, sondern tiberhaupt siimmtliche Phyl- lopoden sehr reducirte zu vereinfachten schwachen Platten umgebildete Maxillen. Ueberall sind zwei Paare nachweisbar, bei den Cladoceren freilich beide Paare meist nur wahrend der Embryonalentwickelung. Die Maxillen der Phyllopoden sind in dem Masse reducirt, dass man auf den Gedanken kommt, diese Gebilde mit den Lappen der sogenannten Unterlippe der Malakostraken zu vergleichen und sie als Paragnathen, sei es durch secundare spiitere Sprossung, sei es durch Reduction ursprtinglich ansehnlicher Gliedmassen entstanden zu be- trachten. Fiir die Maxillen der Phyllopoden durfte, glaube ich, der letztere Modus der Ent- stehung ziemlich zweifellos sein. Sind beide Maxillenpaare von Branchipus und demgemass auch die ganze Maxillarregion auch sehr reducirt , so konnen sie nicht aus der Kategorie echter Gliedmassen ausgeschlossen werden, um so weniger als denselben kleine gesonderte Ganglien der Bauchkette entsprechen. Umfangreicher und deutlicher getrennt finde ich beide Maxillarsegmente an der jungen Estheria larve, auch gehen hier die Maxillen selbst aus grosseren Anlagen hervor . die sich ganz ahnlich wie die nachfolgenden echten Beinpaare verhalten. Auch wird aus dem iiusseren Lappen der zweiten Maxille ein sich sondernder Zapfen, welcher zur Ausfuhrung der im zweiten Maxillarsegmente auftretenden Schalendriise Verwendung findet. gewissermassen das Rudiment eines ausseren Kieferfusses , zu dem ja der Lage nach die Schalendriise der Copepoden 2) gleiche Beziehung einhalt. Auch bei Cyclops, Cant hocamptus, Diaptomus etc. findet sich die Schalendriise in dem Segmente der Maxillarfiisse , fiir dessen Gleichwerthigkeit mit dem zweiten *) Mit Larvenstadien, wie ich sie auf Taf. II, Fig. 5 — 7 und Taf. VII, Fig. 3 und 4 meiner oben citirten Ab- handlung dargestellt hahe. -) Bei den parasitischen Lernaeopoden habe ich in gleicher Weise bei Weibchen und Mannchen die Drlise auf- gefunden und den .A.usfuhrungsgang derselben an einem der Maxillarfiisse beobachten konnen. J5 Kiefersegmente der Phyllopoden hiermit ein neuer Anhaltspunkt gewoanen ist. Demnach mochte wohl die Annahme gerechtfertigt sein. dass bei den Stammformen der Phyllopoden — den Urphyllopoden — die beiden Maxillarpaare starker entwickelte und den nachfolgenden Bein- paaren ahnlicher gestaltete Gliedmassen waren, die urspriinglich zugleich vornehmlich zur Fort- bewegung des Korpers dienten, ahnlich wie noch jetzt die gleichwerthigen Maxillen und Ma- xillarfiisse der Calaniden und PonteUideii unter den Copepoden diese Beziehung zur Loco- motion und Strudelung bewahrt haben. Da nun bei den Phyllopoden die beiden Gliedmassenpaare und mit ihnen die zugeho- rigen Segmente, eine bedeutende Vereinfachung und Reduction erfahren haben, so konnte man schliessen, sei auch fiir die schon an der Zoea und Protozoea auftretende sogenannte Unterlippe der Malakostraken eine ahnliche Genese aus ursprunglich wohl entwickelten Glied- massen als wahrscheinlich anzunehmen. In weiterer Consequenz wurde man den betretfenden Theil des Korpers als riickgebildete Maxillarregion betrachten und nach Analogie der Cladoceren, bei denen sich von den beiden Gliedmassenpaaren dieser Region nur das vordere erhalt, ubereinstimmend auf den voUigen Aus- fall des hinteren Paares und des zugehorigen Segmentes zuruckschliessen , so dass die nun fol- genden beiden Maxillenpaare der Malakostraken den beiden vorderen Beinpaaren der Phyllo- poden gleich zu setzen waren. Indessen wird diese auch yon mir langere Zeit fur wahrschein- hch erachtete Anschauung durch die nahe Beziehung, die wir zwischen den spateren Nauplius- stadien der Copepoden und Malakostraken darzulegen im Stande sind, widerlegt. Bei den Co- pepoden, deren Maxillen und Maxillarfiisse nachweisbar den beiden Maxillenpaaren der Mala- kostraken entsprechen , treten zuweilen ganz ahnliche Labialplatten an durchaus gleicher Stelle wie bei den Malakostraken hinter den Mandibeln auf und auch fiir einige Ostracoden- gattungen (Halocypris, Conchoecia) habe ich diese »Pa r agnatheno nachgewiesen. Aus dem ganzen Zusammenhang unserer Betrachtungen ergibt sich mit grosser Wahrscheinlichkeit, dass derartige, zwischen Mandibeln und Maxillen (dritten und yierten Gliedmassenpaare) auf- tretende paarige Gebilde, nicht als Reste von Gliedmassen eines riickgebildeten Segmentes oder Doppelsegmentes, sondern als secundar entstandene Erhebungen zu betrachten sind, die nicht mit Gliedmassen direct verglichen werden konnen. Bei den Malakostraken bewahrten die vordern als Mundwerkzeuge (Maxillen) verwendeten Gliedmassenpaare im Gegensatze zu den Phyllopoden die wesentlichen Abschnitte des Phyllopodenfusses, wahrend die nachfolgenden Gliedmassen durch bedeutendere Streckung und einseitig beinformige Gestaltung zu Zoeaspalt- fussen wurden. Uebrigens dtirften wir uns den Gegensatz zwischen Maxillen und Spaltfiissen nicht plotzlich und mit einemmal durchgefuhrt, sondern ganz allmalig aus ubereinstimmenden Fussbildungen entstanden denken. Wahrscheinlich erfuhr zunachst nur das vordere auf die Mandibeln folgende Gliedmassen- paar, well in erster Linie bei der Einfiihrung der Nahrung betheiligt, eine dem Maxillenbau sich annahernde Umformung, wahrend das zweite Paar anfangs eine gestrecktere. den nachfolgenden spateren Spaltfiissen ahnliche Gestaltung annahm und mit dieser erst spater in den Dienst der Mundtheile iibergefiihrt , eine gedrungene, verktirzte Kieferform vertauschte. Den Wahrschein- lichkeitsbeweis fiir die Richtigkeit dieser Annahme linden wir in dem Verhaltnisse der Form- gestaltung, welches zweite Maxille und vorderer Spaltfuss bei den Protozoealarven von Pe- naeusgarneelen und insbesondere von Sergestes zeigen. (Taf. V, Fig. i.) Auch bei vielen Phyllopoden finden wir die vorderen auf die Maxillarregion folgenden Gliedmassenpaare im Vergleich zu dem blattformigen Phyllopodenfusse bedeutend umgestaltet und beinartig ge- streckt, bald einastig (Leptodora etc. etc.), bald vielastig (A pus), so dass die Ueberftihrung 16_ urspriJnglich gleichartig gestalteter Gliedmassen, wie wir sie fiir die U rphyllop o den oder Stammkrebse wohl vorauszusetzen haben , in die Spaltfiisse der Zoea und Protozoea durch- aus auch in besonderen Beinformen entschiedener Phyllopoden eine Parallele findet. Die Beschrankung der zu Spaltfussen umgestalteten Beinpaare auf ein, zwei oder drei Paare, wie wir sie an Zoea- und Protozoealarven verschiedener Podophthalmen linden, ist ofFenbar kein primares, sondern ein erst mit der Entstehung des Malakostrakentypus secundar zur Erscheinung gelangtes Gestaltungsverhaltniss. Wir diirfen wohl mit vollem Rechte annehmen, dass wie bei Branchipus und Apus, so auch bei den Urphyllopoden und bei den Stammformen der Malakoslraken urspriinglich die Anlagen der Gliedmassen, successive mit der Sonderung der Segmente in der Richtung von vorne nach hinten auftraten. Spater erst wurden dieselben im Zusammenhang mit den gewonnenen Eigenthiimlichkeiten der Spaltfusspaare unterdriickt, oder wenigstens in ihrer Differencirung der Zeit nach zu Gunsten der sich sondernden Seg- mente gehemmt. Erst auf diesem Wege unter der Voraussetzung einer zeitlichen Hemmung und Verschiebung des ursprLinglichen Modus der Extremitatensprossung wird es moglich, die Verschiedenheiten der Formgestaltung und des Entwickelungsganges zu verstehen, den die Pro- tozoea bis zur Zoea bei verschiedenen Malakoslraken nimmt und den Grund zu erkennen, wess- halb zunachst silmmtliche Segmente des Mittelleibes und Hinterleibes angelegt werden und dann erst an der weiter wachsenden Zoea die fehlenden Gliedmassen im Ailgemeinen in der Rich- tung von vorn nach hinten, aber meist gleich in mehreren Paaren und bereits unter gesetz- massigen Abweichungen in der Aufeinanderfolge der Hinterleibsgliedmassen hervorsprossen. Durch die Zuriickfiihrung der Spaltfiisse und Kiefer auf den beiden gemeinsamen Aus- gangspunkt des Phyllopodenfusses ergibt sich naturgemass die Deutung der einzelnen Theile und Abschnitte. Der proximale Abschnitt des Phyllopodenfusses (^, b) mit seinen Stammlappen geht in die Laden der Maxillen , sowie in den zweigliedrigen Stil des Spaltfusses, eventuell den zweigliederigen Stamm des Decapodenfusses iiber; der mehrlappige mittlere und obere Abschnitt des Phyllopodenfusses wird dort zum Kiefertaster, hier zum Innenaste des Spaltfusses (Taf. XllI R. i\ c, d, e, f. g\^ beziehungsweise zu dem fiinfgliedrigen Decapoden- oder Edrioph- thalmenfusse ; die borstenrandige, sogenannte Branchialplatte ist die Facherplatte der Maxillen und dem Schwimmfussast der Spaltfiisse [R. e), beziehungsweise der Anhangsplatte des Edrioph- thalmenfusses gleichwerthig , wahrend das basale Branchialsackchen (Br) dem Kiemenanhang des Spaltfusses, beziehungsweise Decapoden- und Edriophthalmenfusses entspricht. Ohne Schwierigkeit spring: auch die Homologie des Schaftes (a, b) und der beiden Aeste {R. e und R. i) des zweiten Antennenpaares (Taf. II und IV), sowie bei entsprechender Glie- derung des Mandibularfusses (Calaniden) auch der Abschnitte dieses Gliedmassenpaares, dem auch die Maxille der Copepoden sehr ahnlich gestaltet sein kann, mit den genannten Theilen des Phyllopodenfusses in die Augen, und da diese Gliedmassen mit nur geringen Modificationcn aus dem zweiten und dritten Naupliusfusspaar hervorgegangen sind, so gelangt man zu der Vorstellung, die Schwimmfiisse der Urphyllopoden oder Stammkrebse, sowie alle den- selben homologe Gliedmassen ihrem ersten Auftreten nach auf Wiederholungen der zweiastigen Extremitilten der Naupliusform abzuleiten, die in der That mit ihren miichtigen Mundhaken und kurzen Lappenfortsatzen zwischen Phyllopodenfuss und Spaltfuss die Mitte halten. So sicher nun der Kiemenanhang eine erst spater aufgetretene Bildung ist, so wahrscheinlich wird es zugleich, dass die sogenannte Branchialplatte erst im Zusammenhang mit der localisirten Athmung, zur Strudelung des Wassers an dem Innenblatte der Schalenduplicatur und an den neugebildeten Kiemenanhangen, aus dem gegliederten Schwimmfussaste, wie wir ihn an der zweiten sogenannten Antenne so machtig erhalten sehen, hervorgegangen ist. L^^>^« 17 Demnach wQrden wir zu dem gewiss nicht unherechligten Schlusse gefiihrt, dass die Extremitaten der Stammkrebse, iiher deren Bau uns leider die altesten palaontologischen Crustaceenreste zur Zeit keine Auskunft geben, keineswegs echte blattformige Phyllopodenfusse waren, sondern den GJiedmassen von Nauplius ahnlich, eine Annaherung an die Spaltfusse zeigten, welche nun um so leichter in einseitiger Streckung der Aeste, den sich nach einer anderen Rich- tung mehr flachenhaft gestalteten Phyllopodenfiissen gegenuber. ihre Eigenthiimlichkeiten ausbil- den konnten. Betrachten wir die P rot ozoealarven von Euphausia auf die Besonderheiten ihres Gliedmassenbaues, so lernen wir hier in der That in dem einzigen Spaltfusspaar (erster Kieferfuss) eine zwischen Spaltfiissen und Phyllopodenbeinen die Mitte haltende Gliedmassenform kennen, die uns moglicherweise auf die Art und Weise, wie wir uns die Gliedmassen der Ur- phyllopoden zu denken haben, zuriickweist (Taf. I, Fig. 2 Mf). Dass ursprtinglich auch in der .Malakostrakenreihe, wie bei dem Nauplius und den aus ihm hervorgegangenen Larvenformen von A p u s und Branchipus die Ruderfussantennen die Hauptfunction bei der Ortsbewegung besorgten und die neu entstandenen Spaltfusspaare nur eine untergeordnetere Rolle als Hiilfswerkzeuge der Bewegung spielten, wird durch eine Protozoea wahrscheinlich gemacht , deren Ruderfussantennen den grossen Umfang wie bei den Phyllopodenlarven bewahrt haben, wogegen die Spaltfusse klein und verkiimmert er- scheinen. Diese bereits von Dohrni) beobachtete, aber sehr unvollstandig dargestellte und theilweise verkannte Larve bin ich leider vorlaufig nicht im Stande auf das Geschlechtsthier zuriickzufuhren. Die Larve bietet aber als Zwischenform von Phyllopoden und Malako- strakenzoijen ein so hohes Interesse , dass es hier am Platze sein mag, auf dieselbe niiher einzugehen, um so mehr, als sie bisher nicht in dem verdienten Masse gewiirdiget wurde. Die vorn gewdlbte mit zwei starken Hakenfortsatzen am Hinterrande des Schildes be- waflFnete Larve erreicht kaum die Lange von 1 1/2 Mm. (Taf. IV, Fig. 2). Ihre Antennen und Gliedmassen zeigen im Wesentlichen den Typus der jtingsten Penaeus- Garneellarven, freilich unter ganz abweichenden Grossenverhaltnissen. Die vordere Antenne ist mit Einschluss der fiinf kurzen Glieder des basalen Abschnittes siebengliederig u>^d tragt schon Riechfaden an der Spitze des schmalen Endgliedes. Die unverhaltnissmassig grossen Ruderantennen [A") tragen auf einem zweigliederigen Stamm einen sehr breiten umfangreichen Schwimmfussast, an dem man wie bei der Protozoea jener Garneelen eilf Glieder deutlich zu unterscheiden vermag. Der zweite dort sehr langgestreckte Ast ist hier sehr kurz und schmiichtig und nur an der Spitze mit langen Borsten besetzt. An den Mandibeln fand ich keinen Tasterrest. Beide Maxillenpaare (Fig. 4 und 5) tragen, wie auch bei der Penaeus- Garneele, einen blattformigen Anhang, an dessen Rande sich nur wenige lange Borsten erheben. Am ersten gedrungenen Paare (Fig. 4 Mx') ist der Stamm durch zwei Kauladen bezeichnet, wiihrend der innere Fussast als dreigliederiger Taster erscheint, am zweiten Paare (Fig. 5 Mx") dagegen zeigen diese Abschnitte eine viel bedeutendere Streckung und eine grossere Zahl von ladenahnlichen Fortsatzen, genau wie an der Zoea der Penaeus-Garneele im Gegensatze zu den Schizopodenlarven, deren Kiefer und Spaltfuss bei einer betrilchtlich geringeren Zahl von Fortsatzen (Gliedern) einen weit ge- 'j Dohrn 1. c. Zeitschr. fur wissensch. Zool. Tom. XXI, pag. 377, Taf. XXX, Fig. 62. Derselbe sagt: .>Diese Larve ist in manchem Betrachte sehr merkwUrdig. Anfanglich wusste ich nicht, was aus ihr zu machen sein wurde. Ihre kuglige Gestalt, das ungegliederte Pleon und vor Allem die merkwiirdige Ausbildung der Augen , Hessen die Sache sehr problematisch erscheinen, zumal die Gliedmassen absolut unerkennbar waren. Erst als es mir gelang, mittelst feiner Pra- parirnadeln die Antennen und spater auch einige der iibrigen Gliedmassen sichtbar und unterscheidbar zu machen, ge- wahrte ich soviel, dass ich es wohl mit einer sehr autfallenden Zoeaform zu thun hatte." Glaus, Untersuchungen uber Crustaceen. 3 18 drungeneren Bau besitzen (Taf. I, Fig. 5 und 6). Die vorderen vSpaltfiasse (Fig. 6 Mf) zeigen, besonders durch drei basale mit Stachelborsten besetzte Fortsatze, eine auffallende Annaherung an die vorausgehenden Gliedmassen, auch naliert sich der aussere Schwimmfussast der Gestalt einer dorsalen borstenrandigen Platte. Uebrigens gleichen auch die. wenngleich schmaleren Nebenaste der SpaltfUsse der Erichthina und der Penaeuszoea den Kieferanhangen. Der zweite Spaltfuss ist noch kleiner und etwas einfacher gegliedert iMf"). An dem verschmalerten Leibesanhange hat sich bereits das erste Segment zugleich mit der Anlage des dritten Spaltfusses (dritten Maxillarfusses) abgehoben , wahrend hinter demselben eine Anordnung von Zellen in Querreihen hervortritt, wie sie ganz ahnlich bei Apus- und Br an chipus larven der Neubil- dung von Segmenten vorausgeht. Die beiden Furcalfortsatze laufen in zwei lange Stacheln aus, an deren Aussen- und Innenseite sich je zwei kleine Dornen erheben. Die ersteren wiederholen die bei Apus- und Branchipus larven auftretenden Hauptborsten der Furcalfortsatze. die wir in den Endstacheln des sogenannten Postabdomens der Ostra- coden wiederfinden. Die merkwiirdigste Eigenthiimlichkeit unserer Larve glaubte D o h r n darin zu erkennen, dass die grossen zusammengesetzten Augen in dem vorderen Theile des Schildes eingewachsen seien, so dass die ausseren sechseckigen Facetten eine Fortsetzung des Schildes sind. Indessen liegt die Abweichung zunachst nur in der Duplicatur des Schildes, die, anstatt sich auch um das Kopfende kragenartig zu erheben (Euphausialarvet, direct in das Kopf integument ijbergehl; ein ahniicher Gegensatz, wie wir ihn an den Schalen der Estherien und der Cladoceren beobachten. Das paarige Auge mit seinen grossen Facetten und Sehnervenganglien erfiillt eben die Seitentheile des Kopfes und ist im Begritfe, sich mit diesen zur Bildung der Stilaugen abzuschniiren. Wir finden ein ganz ahnliches Ver- haltniss wieder wie bei der B ranchipuslarve (vergl. C. Glaus 1. c. Taf. Ill, Fig. 8), deren Kopf- seiten mit den Augenanlagen sich abzusetzen beginnen und bemerken selbst die Wucherung der Hypodermis {Ma), welche das Material zur Vermehrung der Facetten und zur Vergrosserung der Stilanlagen liefert. Bediirfte die Gleich wert higkei t des Stilauges von Branchipus mit dem der Malakostraken iiberhaupt noch des Beweises. so wiirde derselbe durch den gleichen Bil- dungsmodus des Bran chip us auges und des Auges unserer Pro tozoea larve gefiihrt sein. Immerhin mag die Ansicht , die ich bereits vor vielen Jahren ') zu begrunden suchte und welche inzwischen auch in Fr. Muller2) einen entschiedenen Vertreter gefunden hat, dass die Stilaugen der hoheren Krebse nicht wie man seit M. Edwards annahm, besonderen Glied- massen des Vorderkopfes entsprechen, sondern die ahgeschniirten, zu selbststandiger Beweglich- keit gelangten Seitentheile des Kopfes sind, in diesen auch fiir die Augenbildung von Penaeus und Euphausia zutreffenden Beobachtungen eine neue und unabweisbare Stiitze finden. Zugleich aber folgt, dass wir fiir die Ordnung der hochst stehenden Malakostraken den Besitz von Stilaugen wohl als entscheidenden, aber keineswegs an sich die Hohe der Or- ganisation kennzeichnenden Charakter betrachten durfen. .Auch die Entomostraken konnen die- selben Stilaugen besitzen ; freilich haben Ringelkrebse niemals Stilaugen , indessen fehlen die- selben auch in einer ganzen Gruppe von Krebsen, die wir auf Grund ihrer gesammten Orga- nisation zu den Podoph thai m en stellen miissen , bei den Cumaceen oder Diastyliden. OfFenbar sind die Anlagen des Stilauges sowohl bei Phyllopoden (Branchipus), als bei den Podophthalmen identisch mit denen des sitzenden Augenpaares, welches die Seiten des Kopfes *) C. Glaus, Zur Kentniss der Malakostrakenlarven. Wiirzb. imt. Zeitschr. Tom. 11, iSoi, pag. 33. *) Fr. Mil Her, Fiir Darwin, pag. 9. Id bei den Edriophthalmen einnimmt und in sammtlichen Entomostraken-Ordnungen in mehr oder minder vereinfachter Form wiederkehrt. Bleiben dieselben klein und der Mittellinie geniihert, so konnen sie auch in der Larvenentwickelung von Podophthalmen spat in Stilcn zur Sonde- rung gelangen (Erichthinai. Umgekehrt kann die selbststandige Erhebung sehr fruhzeitig ein- treten und schon in das erste Protozoea alter fallen (Sergestes Taf. V, Fig. i). Ebenso gut aber ist es denkbar, dass bei verkiimmerten, der Mittellinie genaherten Augenanlagen die Bildung der Stile ganz unterdriickt wird. Dieser Fall trat wahrscheinlich in der Stammesentwickelung der Cum ace en ein. deren Vorfahren, wie ich glaube, in die Reihe der stilaugigen Malako- straken gehort haben. ; Im Bau und in der Gestaltung des Herzens beobachten wir zwischen den Phvllopo- denlarven und Zoeaformen der Malakostraken erhebliche Differenzen. Jene besitzen ein viel- kammeriges Riickengefass , welches vorn bis in die Maxillarsegmente reicht; das Herz dieser dagegen ist gedrungen und in seiner Ausdehnung bedeutend beschrankt. Bei Euphausia und der jungen Penaeuszoea besitzt das Herz nur ein einziges Paar seitlicher Ostien, und Gleiches gilt fur die von mir beobachteten My side en (My sis, Si ri ell a) auch im ausgebildeten Zu- stande. Am Herzen der Penaeuszoea bildet sich spater ein zweites und schliesslich vielleicht drittes Spaltenpaar. Die jungen Zoealarven von Pagurus (Taf. VII, Fig. i5) und der Krabben besitzen bereits beim Ausschlupfen zwei Ostienpaare am Herzen, zu denen spater (ob uberall?) noch ein drittes Paar hinzukommen wird. Viel naher stehen den zum Vergleich herangezogenen Apus- und Branchipuslarven, welche voraussichtlich auch im Herzbau eine den urspriing- lichen Formzustanden naherstehende Gestaltung bewahrt haben, die Stomatopoden und Ringelkrebse. Dieselben besitzen ebenfalls ein vielkammeriges, in die mittleren und hinteren Segmente des Leibes sich erstreckendes Riickengefass und weichen hierin von den Decapoden wesentlich ab. Auf Grund dieses so auffallenden Unterschiedes scheint auf den ersten Blick der einheit- lichen Ableitung des Malakost rake nstammes eine bedenkliche Schwierigkeit entgegenzustehen. Wir wurden diese jedoch durch die spater noch naher zu stutzende Annahme beseitigen, dass wahrend des phylogenetischen Gestaltungsprocesses der einen Malakostrakenreihe (Cumaceen, Schizopoden und Decapoden) das ursprungHch vielkammerige Herz eine Vereinfachung erfuhr und im Verlaufe der Umbildungsvorgange, welche zur Erscheinung der sogenannten Zoealarven fiihrten , die Kammeranlagen des reducirten Mittelleibes und des verschmalerten Pleon, nicht weiter zur Verliingerung des Herzens zur Verwendung kamen, wahrend in einer zweiten Reihe von Formzustanden, die schliesslich zum Auftreten der Stomatopoden und Ringelkrebse fuhrten , die Anlagen der neugebildeten Kammerabschnitte zur Verlangerung des Herzens in grdsserer oder geringerer Zahl benutzt wurden. In der That spricht fur diese Ansicht auch die Herzform, welche wir an jungen Stomatopodenlarven beobachten (Taf. IV, Fig. 8). An dem langgestreckten vielkammerigen Herzen (C) erscheint die vordere dem Maxillarsegmente zugehdrige Kammer bei weitem am umfangreichsten. Aus derselben tritt nicht nur die Kopf- aorta, sondern zu den Seiten derselben eine rechte und linke Leberarterie aus. Die nachfolgen- den Kammern sind weit schmaler und gestreckter; dieselben gehfjren den Segmenten (5. Mf) der funf Maxillarfusspaare und denen der vorderen Beinpaare an. Vielleicht entspricht dem- gemass nur die vordere Abtheilung, welche im Kiefersegmente liegt, dem einkammerigen Zoea- herzen. Wahrscheinlicher aber ist es mir, dass wir dies verkurzte sackformige Zoeaherz als durch Zusammenziehung mehrerer Kammern entstanden zu betrachten haben, und dass auch die nachfolgenden Abtheilungen der Kieferfussregion einen Antheil gehabt haben. 20 Auch bei den Phyllopodcii vollzieht sich bereits eine Reduction des Herzens, deren Ver- gleichung von Bedeutung sein mochte. Bei den Estheridenlarven finde ich hinter der grossen dem Maxillarsegmente zugehorigen Vorderkammer, liber welcher die Riickenhaut in die innere Schalenlamelle ubergeht, nur noch drei Herzkammern ausgebildet, bei Limnetis scheint das Herz nach Grube nocli um eine Kammer mehr reducirt, und so gelangen wir in der C I a- docerengruppe zu dem mit einem Spaltenpaare versehenen Herzen der Maxillarregion. Dass das ebenfalls einkammerige Herz, welches wir bei den C y p r i d i n e n und Conclioecia- den unter den Ostracoden, bei den Calaniden und Pontelliden unter den Co pep o- den antreffen , genau dem Daphnidenherzen entspricht, d. h. aus denselben Abschnitten der Riickengefassanlage wie dieses hervorgegangen ist, scheint mir iiberaus wahrscheinlich. Die Lage des Ostracodenherzens zur Schale in der Maxillarregion ist nahezu dieselbe; bei den C o- pepoden freilich liegt dasselbe halb im ersten, halb im zweiten Thoracalring und man wiirde demgemass die Annahme fur berechtigt halten konnen, dass das Herz dieser Entomo- straken auf die Kammeranlagen der auf die Maxillarregion folgenden zwei Segmente zuriick- zufiihren sei. Immerhin konnte hier aber auch eine secundare Verschiebung Grund der ver- anderten Lage gewesen sein, wie auch bei den Daphniden das Herz etwas weiter nach hinten in die Region der vorderen Beinpaare geriickt erscheint. Zur Beurtheilung dieses Verhaltnisses wird es wichtig sein, das letzte Naupli us stadium der Calaniden, die Metanaupliusform, wie ich sie nennen will, auf die Anlage der Herzkammern sorgfaltig zu priifen und ihre Lage nach den Segmenten genau zu bestimmen. Gehort dieselbe dem Abschnitte tiber dem zweiten neu gebildeten Gliedmassenpaare (der spateren Maxillarfiisse) an, so ware es kaum noch zwei- felhaft, dass das sackformige mit einem Spaltenpaare versehene Entomostrakenherz in den Segmenten der Maxillarregion seine Entstehung genommen hat. Nun ist es weiter fLir unsere Frage von grosser Bedeutung, dass wir Zoea- oder besser Protozoeaformen von Malakostraken kennen, welche aus einer dem Metanauplius sehr ahnlichen , wenn nicht iibereinstimmenden Larvenform hervorgegangen sind, ich meine die Penaeusgarneelen (Holzschnitt Fig. 1 1). Schon vor der Verwandlung dieser Larven in die Protozoea tritt in derselben nach Fr. MuUer') das Herz auf, vielleicht an gleicher Stelle, wie in der Metanaupliusform der Calaniden. Es wird daher wahrscheinlich, dass das einkam- merige Herz der Penaeuszoea, welches ja auch in den gleichen Segmenten liegt, dem Co- pepodenherzen gleichwerthig ist. Freilich bleibt hiermit die oben aufgeworfene Frage noch un- erledigt. Eine Reihe weiterer Erwagungen scheinen nun freilich fiir einen anderen Modus der Bildung des Zoeaherzens zu sprechen, indem sie die Ansicht unterstiitzen, dass dasselbe durch Zusammenziehung eines urspriinglich mehrkammerigen und langgestreckten Ruckengefasses ent- standen und einem mindestens dreikammerigen Abschnitte desselben entspreche. Das Auftreten eines zweiten und eventuell dritten Spaltenpaares im Decapodenherzen weist schon auf eine solche Deutung hin. obwohl man immerhin die Vorstellung aufrecht er- halten konnte, dass die spater entstandenen Spaltenpaare keine Wiederholungen urspriinglicher Kammerspalten, sondern secundare Durchbruchsstellen seien. Indessen wird wiederum diese letztere Moglichkeit durch das Herz der Diastyliden oder Cum ace en-), die wir trotz der ') Fr. Muller, Die Verwandlung der Garneelen. Arch, fur Naturg. i863. *) Vergl. G. O. Sars, Beskrivelse al" de Paa Fregatten Josephines Expedition fundne Cumaceer. Schockholm, 1871. Taf. I.X, Fig. 42 und 43. 21 Verkummerung des Auges der stilaugigen Malakostrakenreihe einzuordnen habcn. widerlegt, deaa hier vertheilt sich das gestreckte Herz auf drci Segmente, denen die drei Spaltenpaare zugehoren. Von ganz besonderem Interesse scheint niir fur die vorliegende Frage die Herzform der Nebalia zu sein, einer ganz isolirt dastehenden Cr ustaceenform. die man friiher mehr nach ausseren Anhaltspunkten der Kdrperform mit Unrecht als P h v 1 1 o p o d e betrachtete. Im in- neren Bau und in der gesammten morphologischen Gestaitung steht Nebalia offenbar den Malakostraken sehr nahe , ohne jedoch auf irgend eine Abtheiiung derselben direct bezogen werden zu konnen. Wie mich eine eingehende Untersuchung der bisher sehr unzureichend ge- kannten Organisation') von Nebalia belehrt hat, durchsetzt das langgestreckte Herz von der Maxillarregion an. nicht nur die kurzen Segmente der acht phyllopodenahnlichen Fusspaare, sondern auch noch die vier niichsten vie! umfangreicheren Leibesringe , ■; welche die grossen zweiastigen Ruderfusspaare tragen, um in der Mitte des letzten dieser Segmente mit einer hin- teren medianen Oeftnung auszumunden. Aus demselben entspringen mehrere Gefiisse, eine vor- dere wahre Aorta und eine Aorta abdominalis, die sich bis w^eit in das Abdomen hinein ver- folgen lasst. Aber auch noch zwei seitliche Arterien gehen am hinteren Ende aus dem Herzen hervor. Complicirte Verzweigungen scheint das System der Arterien nicht zu bilden, dagegen sind die Ramificationen der blutflihrenden Caniile im Korper und in der Schale ausgezeichnet entwickelt. Die vordere Aorta verlauft zwischen den beiden vorderen Leberschlauchen oberhalb des Kaumagens und flihrt in einen paarigen Blutsinus, in welchem dicht hinter dem Augen- und Antennenursprung grosse schwingende Klappen die Ausstromung des Blutes in diese Organe reguliren. Am Herzen selbst linden wir ein Paar sehr breiter seitlicher Spaltofthungen im dritt- letzten Segment der Brustregion (siehe Taf. XV, Fig. 5 und 6). In dieses Ostienpaar tritt der Hauptstrom des zuriickkehrenden Blutes ein; dazu kommt ein zweites kleineres Spaltenpaar nahe der vorderen Ausmlindung des Herzens in der Kieferregion und ferner noch vier Paare ganz kleiner dorsalwarts liegender Spaltenpaare zwischen den beiden seitlichen Ostienpaaren. Durch das vordere derselben wird vornehmlich das aus dem Mediancanal der Schale stromende Blut in das Herz zuriickgefuhrt. Wahrend die beschriebene Herzbildung bei kleinen noch nicht fort- pflanzungsfahigen Individuen angetroffen wird, war es mir sehr auffallend, bei grossen Mann- chen und Weibchen ganz regelmassig noch ein drittes seitliches Ostienpaar dicht vor dem ersten der vier kleineren Spaltenpaare zu linden, das somit als eine spiiter zum Durchbruch gelangte Bildung zu betrachten ist. Offenbar zeigt das Nebaliaherz dem vielkammerigen Riickengefasse der Phyllopoden gegeniiber eine Reduction ganz anderer Art, als wir sie fiir die Estherien kennen gelernt haben. Dasselbe ist noch in bedeutender Ausdehnung erhalten, hat aber bereits die ganze Reihe der hinteren Spaltenpaare verloren und die ^•orderen zum grossten Theil ruckgebildet. Ein seitliches Paar etwas vor der Mitte des Herzens pravalirt durch seinen be- deutenden Umfang, ein und spater zwei kleinere seitliche Ostienpaare liegen nahe am vor- deren Ende. Aus dem vielkammerigen segmentirten Riickengefass hat sich ein zwar sehr lang- gestrecktes Herz herangebildet, an dem wir keine deutliche Segmentirung mehr, aber bereits Anfange zu Arterien nachzuweisen im Stande sind. Vergleichen wir mit demselben das gestreckte, bereits mit Arterien versehene Schizo- podenherz, z. B. von Siriella (Taf. XV, Fig. 3), so werden wir uns kaum des Eindruckes ^) Dieselben geJenke ich in einer besoaderen Arbeit uber Nebalia demnachst ausfuhrlicli darzustellen. 22 entschlagen kdnnen, dasselbe als erne weitere Stufe der Umformung aus dem langen viel- kammerigen Phyllopodenherzen abzuleiten, von dem sich nur noch das mittlere Ostienpaar erhalten hat. Von hier aus aber wurden wir ungezwungen zu dem gedrungenen Herzen der Protozoea- und Zoealarve gelangeii. In der zweiten Malakostrakenreihe, bei den Stomatopoden und Edriophthalmen hat das Herz unter vielfachen Modificationen eine dem vielkammerigen Rtickengefasse der Phyllopoden naher stehende Gestaltungsweise bewahrt. Ich kann Angesichts der ausserordent- lichen Mannigfaltigkeit. welche wir an der Herzform dieser Crustaceengruppen beobachten, Fr. Miiller') nicht beistimmen, wenn er das Amphipodenherz mit drei Spaltenpaaren als die Urform des Edriophthal menherzens betrachtet Fr. Miiller hat otfenbar iibersehen, dass das Herz der normalen Amphipoden, der Gammarinen, gar nicht drei, sondern sechs Paare seitlicher Ostien besitzt. Ich kann terner hinzufugen, dass auch bei den Hyperiden keines- wegs immer wie bei Phronima drei, sondern nicht selten eine grossere Zahl von Ostien- paaren auftritl. Die Lagendiflferenz des Herzens der Isopoden, das iibrigens auch keineswegs, wie Fr. Miiller angibt, so weit ins Abdomen riickt, vielmehr vornehmlich den hinteren Thoracal- segmenten zugehort, mochte viel besser durch die Annahme erklart werden, dass von einem ur- spriinglich vielkammerigen Herzen des Edriophthalmenstammes aus, im Zusammenhang mit der verschiedenen Localisirung der Athmungsorgane, der Zahl und Lage nach verschiedene Kammern des Riickengefasses erhalten blieben, die iibrigen aber eine mehr oder minder vollkommene Riickbildung erfuhren. Da nun fiir beide Malakostrakenreihen durchweg (von spater zu erkliirenden scheinbaren Ausnahmsfallen abgesehen) dieselbe Zahl von Leibessegmenten und Gliedmassen zutrifft, und auch im Bau des Abdomens (Pleon^ mit seinen Pleopoden eine grosse Uebereinstimmung be- steht, so wird es unumganglich, fiir beide einen gemeinsamen Ausgangspunkt morphologisch vorgeschrittener Difterencirung anzunehmen und fiir diesen die bereits vollzahlige Seg- *) Fr. MiJller aussert sich in folgender Weise: "Da ausser den Scheerenasseln , welche anderweite Grlinde, als der Urassel besonders nahestehend anzusehen berechtigen, und ausser den Amphipoden auch die Krabhen und Krebse ein Herz mit drei Spaltenpaaren und in wesentlich gleicher Lage besitzen — da dieselbe Lage des Herzens sogar bei den Embryonen der Heuschreckenkrebse wiederkehrt , wo das Herz des erwachsenen Thieres und selbst schon, wie ich anderwarts zeigte , das weit von der Reife entfernter Larven als langer Schlauch mit zahlreichen Oeffnungen sich w^eit durch den Hinterleib streckt — so darf man unbedenklich das Amphipodenherz als Urform des Edriophthalmen- herzens ansehen ; da ferner bei diesen Thieren das Blut von den Athemwerkzeugen ohne Gefasse dem Herzen zustromt liegt es auf der Hand, wie vortheilhaft eine moglichst genaherte Lage dieser Organe sein muss. Als Urform der Ath- mungsweise hat man Grund, das bei den Scheerenasseln bestehende Verhaltniss zu betrachten. Wo nun spater, wie bei der Mehrzahl der Asseln, Kiemen am Hinterleibe sich entwickelten, anderte sich. indem es ihnen naher riickt, Lage und Bil- dung des Herzens, ohne dass fur diese )ungere Bildungsweise sich wieder ein gemeinsamer Plan herausstellte , entweder, well diese L'mwandlung des Herzens erst nach der Scheidung der Stammform in untergeordnete Gruppen stattfand , oder well wenigstens zur Zeit dieser Scheidung das abandernde Herz sich noch in keiner neuen Form befestigt hatte. Wo da- gegen die Athmung dem vorderen Theile des Leibes verblieb, sei es in der ursprunglichen Weise der Zoea, wie bei den Scheerenasseln, sei es indem Kiemen am Mittelleibe sich entwickelten. wie bei den Amphipoden . da vererbte sich unver- andert auch die Urform des Herzens, well etwa auftauchende Abweichungen eher Nachtheil , statt Vortheil brachten und sofort wieder untergingen." Die Zugehorigkeit des von Fr. Miiller als Squi 1 liden embryo abgebildeten Embryo's zu den Heuschrecken- krebsen scheint mir keineswegs erwiesen. Ich halte dieselbe sogar fiir uberaus unwahrscheinlich. Die jungste mir be- kannt gewordene Squ illi denlarve entbehrt, wie ich an einem anderen Orte gezeigt habe, des Abdomens (Pleon) noch vollstandig, steht also der Segmentzahl nach weit unter der Zoealarve, hat aber ein vielkammeriges Ruckengefass. Und nun soil nach Fr. Muller der Embryo schon auf der Zoeastufe stehen und wie diese ein einfaches pulsirendes Herz haben, aus dem doch nachher ein Ruckengefass werden mlisste. 23 m e n t i r u n g d e s L e i b e s , s o w i e die A a w e s e n h e i I s a m m 1 1 i c h e r G 1 i e d m a s s e n p a a r e vorauszusetzen. Wollen wir uiis die von den Urphyllopoden abzuleitende Stammform der Malakostraken nach Massgabe der in gemeinsamen Ziigen der Organisation gegebenen Anhaltspunkte niiher ausmalen, so diirften wir anzunehmen haben, dass dieselbe nach Korperbau und Gestaltung der Giiedmassen manche Beziehungen zu den Phyllopoden darbot. Der Korper besass eine an- sehnlich entwickelte Schildduplicatur des Integuments, die in der Maxillarregion ihren Ursprung hatte und vielleicht schon mit unpaaren und paarigen Stachelfortsiitzen bewafFnet war. Ausser den beiden Maxillarsegmenten waren die acht Segmente des Mittelleibes mit ihren Beinpaaren und das sechsgliederige Abdomen mit Schwimmfiissen und Filcherplatte ge- sondert. Ein vielkammeriges Herz pulsirte oberhalb des Magendarms. Die seitlichen Augen er- hoben sich wahrscheiniich schon als bewegliche Stilaugen. Die vorderen Fuhler waren Trager von Riechhaaren, die hinteren vornehmlich Bewegungsorgane, vielleicht mit gesondertem Schuppen- anhang. Auf das Gehirn. welches ausser den Augen und Vorderfuhlern frontale Sinneszapfen mit Nerven versorgte, folgte eine langgestreckte Bauchkette mit Ganglien fur sammtliche Seg- mente. Die unter ansehnlicher Oberlippe beginnende Speiserohre war an ihrem hinteren Ab- schnitte schon zur Bildung eines Vormagens mit Cuticularplatten bewatinet und mit starken Muskelzijgen bekleidet. Ein nach vorn gerichteter und zwei nach hinten dem Darm entlang verlaufende Leberschlauche sassen jederseits am Anfange des Chylusdarmes. Der kurze musku- lose Afterdarm, an der Leibeswand suspendirt und durch Dilatatoren in weit klaftendem Lumen geoflfnet, miindete mit ventraler AfterofFnung am Endsegmente aus. Von den Giiedmassen war der Mandibularfuss wahrscheiniich im Laufe der Entwicke- lung geschwunden , aber schon durch einen secundar erzeugten Taster ersetzt worden. Hinter der Mandibel erhob sich eine paarige als Unterlippe fungirende Erhebung von Paragnathen. Die zwei aus den beiden vorderen Beinpaaren hervorgegangenen Maxillenpaare hatten viel voll- standiger als die entsprechenden bedeutend reducirten Kiefer der jetzt lebenden Phyllopoden die Theile der urspriinglichen Giiedmassen bewahrt. Die Glieder des Stammes erschienen zu Kieferladen ausgezogen und ihrer Function entsprechend nach vorn gerichtet; der obere Ab- schnitt des Hauptastes war zu einem mehrgliedrigen Taster reducirt, der Aussenast (Branchial- platte der Phyllopoden) zu einer schwingenden Platte umgestaltet, welche den Athemstrom des Wassers unter der Schale regulirte. Wahrscheiniich zeigte das zweite Kieferpaar eine dem ur- spriinglichen Gliedmassenbau noch naher stehende Form und Gliederung, entbehrte aber ebenso wie das vordere Kieferpaar des Kiemensackchens, welches iiberhaupt als eine spatere, bei den Urkrebsen noch fehlende Bildung aufzufassen sein mochte. Die folgenden acht Bein- paare fdrei Kieferfusspaare , fiinf Beinpaare der Decapoden) mochten in ihrer Gestaltung den Spaltfiissen naher stehen und trugen sammtlich einfache Kiemenanhange. Die weiblichen Ge- schlechtsorgane miindeten am letzten, die mannlichen am drittletzten Beinpaare aus. Endlich waren die sechs nach hinten gerichteten Giiedmassenpaare des Abdomens (Pleopoden) durch die Grosse des einfachen Stammes und durch den Besitz von zwei mehr gleichartig gestalteten Schwimmfussasten von den vorausgehenden des Mittelleibes verschieden. Da wir in sehr verschie- denen Malakostrakengruppen wie Stomatopoden, Schizopoden (Siriella), Thalassini- den (Callianidea) etc. Kiemenschlauche an den Pleopoden antrelfen, so ist wohl anzunehmen, dass auch an den Hinterleibsftissen der hypothetischen Stammform einfache Kiemenanhange sassen, wie andererseits das iibereinstimmende Auftreten des als Retinaculum wirksamen Zapfens an den Pleopoden der Stomatopoden, von Atya und der Megalopalarven der Krabben auch auf das Vorhandensein dieses Gebildes hinweist. 24 Es war mir von grossem Interesse, diesen Anhang auch an den Beinpaaren von N e- b a 1 i a ') aufgefunden zu haben, jener merkwiirdigen in der Lebewelt einzig dastehenden Gat- tung. welche durch die Combinationen von Phyllopoden- und Malakostraken-Charakteren die besondere Aufmerksamkeit der Naturforscher auf sich gezogen hat. Wenn ich schon bei einer friiheren Gelegenheit, von einem anderen Ideengange geleitet, zu der Ueberzeugung gelangte, dass Nebalia neben den leider so unzureichend bekannten palaozoischen Formen, wie Hymenocaris, Peltocaris etc. fiir das Verstandniss des Malakostrakenstammes iiberaus be- deutungsvoU sei und einem Gliede aus einer sehr alten Crustaceengruppe entspreche, welches allein den grossen Kampf') siegreich bestanden und his in die Jetztwelt hinein sich gerettet hat, so werde ich nunmehr von einem ganz anderen Gesichtspunkte aus, indem ich mir die Anfor- derungen vergegenwartige, welche wohl an die muthmassliche Stammgruppe der Malakostraken zu stellen sein diirften, in dieser Auffassung bestiirkt. Eine Reihe von Eigenschaften, die wir fiir die Stammgruppe vorausselzen, finden wir ziemlich vollstandig an Nebalia wieder, in an- deren Charakteren freilich ergeben sich merkliche Differenzen, die indessen vielleicht nicht hoher als die Unterschiede verschiedener Unterordnungen und Familien anzuschlagen sein diirften. Die Vorderantennen scheinen freilich auf eine Ausnahmsstellung hinzuweisen, indem sie als Nebenast eine borstenbesetzte Platte tragen, welche mit der Schuppe an der zweiten Antenne der langschwanzigen Decapoden verglichen werden kann und vielleicht auch bei der Schwimm- bewegung eine ahnliche Function ausiibt. Indessen ist es auch bei den Malakostraken gar nicht ungewohnlich, dass diese urspriinglich nur durch eine Gliederreihe bezeichnete Extremitat einen kurzen (Amphipoden) oder auch langen geisselartigen Nebenast erzeugt. Bei den Stomatopoden und einigen langschwanzigen Decapoden tragt die vordere Antenne sogar drei Geisseln, von denen zwei Nebenasten entsprechen. Der Vorgang, durch welchen die Bildung eines secundaren (nicht mit dem ausseren oder Schwimmfussast zu verwechselnden) Nebenastes eingeleitet wird, vollzieht sich iiberall in hochst einfacher und wesentlich iibereinstimmender Weise, indem sich ein Glied in einen Fortsatz auszieht, der sich mit dem weiteren Wachsthum beweglich ab- setzt und mit einer spilteren Hautung in zwei oder mehrere Glieder zerfallt. Auch an anderen Extremitaten finden wir, und zwar schon bei den Phyllopoden zutretfende Belege fiir diese Entstehungsweise von Nebengeisseln, wie z. B. am vorderen Beinpaar von Apus, an welchem gewissermassen zum Ersatz der hinwegfallenden hinteren Antennen jedes Glied des Hauptastes seinen anfangs kurzen Fortsatz in einen geisselartig geringelten Nebenast fortbildet. Die Haupt- geissel der Vorderantennen von Nebalia zeigt die schon bei den Phyllopoden auftretenden und bei den Malakostraken so haufig wiederkehrenden sexuellen Unterschiede. Die Antenne des Mannchens ist nicht nur starker ausgebildet , sondern tragt an den kantig verdickten Glie- dern der meist i4gliedrigen Geissel einen weit reicheren und dichteren Besatz von feinen Riech- haaren. An dem zweiten Fiihlerpaar, an dessen dreigliedrigem knieformig gebogenem Schaft nur ein Ast in Form einer vielgliedrigen Geissel erhalten ist, wiederholt sich ein fiir die Cu- maceen bekannt gewordener Geschlechtsunterschied. Die vielgliedrige Geissel. beim Weibchen kurz und etwa i5- bis lygliedrig, erreicht bei geschlechtsreifen Mannchen die Lange des ganzen Korpers und besteht aus nahezu 80 Glie- ') Vergl. C. Claus, Ueber den Bau und die systematische Stellung von Nebalia. Zeitschrift fiir wissensch. Zoologie, Tom. XXII, Taf. 23, Fig. \2d. ') Bei der Beobachtung lebender Nebalien, die ich mir von Triest nach Wien senden Hess, ist mir die ausser- ordentliche Lebenszahigkeit dieser Crustaceen aufgefallen. In ganz kleinen Gefassen mir Seewasser hielten sie sich den ganzen Winter uber bei Uberaus sparlicher Nahrung, unter haufig wiederkehrendem Schalenwechsel, am Leben. 25 dern, welche sammtlich mit zarten Sinnesfaden besetzt sind. Die Mandibel tragt im Gegensatz zu den Phyllopodea einen machtigen, nach vorne emporgerichteten dreigliedrigen Taster, wie wir ihn ganz ahnlich gestaltet bei den Amphipoden und Mysideen wiederfinden. Wahrschein- lich ist derselbe auch bei Nebalia secundiir erzeugt, d. h. nach Verlust des ursprunglichen Bein- paares im Verlaufe der Stammesentwickelung als Neubildung am Coxalabschnitt entstanden. Ueberaus merkwiirdig erscheint die Gestaltung der Nebaliakicfer, denn waiirend das hintcre Paar — von den fehlenden Kiemensiickchen abgesehen — noch voUkommen die Charaktere des Phyllopodenfusses ') tragt, ist am vorderen Paare die fiir die Malakostraken so charakteri- stische Duplicitat der Kauladen bereits vorhanden , der Hauptast der Gliedmasse aber keines- wegs auf einen Taster reducirt, sondern in Form eines riickwarts gebogenen peitschenformigen Anhangs ausgebildet, welcher an der unteren Flilche der Schale den Seiten des Mittelleibes aufliegt und hier ofFenbar die Rolle des Putzfusses spielt. In diesem Anhang aber handelt es sich wahrscheinlich um eine den Lebensverhaltnissen von Nebalia angepasste Specialisirung, die wir nicht etwa in gleicher Weise fur die Stammform der Malakostraken voraussetzen diirfen. Auch die zweilappige Unterlippe iinden wir zwischen Mandibel und vorderem Maxillen- paar bei Nebalia entwickelt. Die nun folgenden acht Paare von blattformig gelappten Fiissen, welche vornehmlich zur Unterhaltung einer continuirlichen Wasserstromung dienen, erscheinen so unmittelbar als Zwischenformen von Phyllopodenfussen und Spaltftissen, dass eine nahere Betrachtung iiber- gangen werden kann. Hochst wahrscheinlich aber waren diese Gliedmassen in der einstmals wohl sehr verbreiteten Crustaceengruppe, welcher Nebalia angehorte, ihrer besonderen Ge- staltung nach bedeutenden Schwankungen ausgesetzt. Bieten auch die gronliindische Nebalia bipes und die mediterrane N. Geoff royi keine bedeutenden Abweichungen, so finde ich die- selben ganz auftallend bei einer von Willemoes - Suhm in den Corallenbuchten Bermuda's entdeckten Art, deren Fussaste geisselartig^) verlilngert sind, wahrend der blattformige Kiemenanhang auf cin zweizipfliges Sackchen reducirt ist. Mehrfache und wichtige Eigenthiimlichkeiten bietet das Abdomen, dessen vordere drei Segmente noch vollstandig von der Schale bedeckt sind. Das vierte Segment erzeugt jederseits eine fiiigelformige Integumentplatte, die sich merkwiirdigerweise der Beachtung der seitherigen Beobachter ganz entzogen hat. Von den sechs Beinpaaren, die ich keinen Anstand nehme, den Pleopodenpaaren der Malakostraken gleichzusetzen ■''), wiedcrholen nur die vier vorderen, grossen- thcils von der Schale bedeckten Paare, als zweiiistige Schwimmfiisse im Allgemeinen den Bau der Pleopoden, wahrend sich die zwei letzten Paare auf kurze einastige Anhange reducirt haben. Aber auch jene zeigen in Bau und Bewegungsweise Besonderheiten , durch die wir unver- kennbar an die Copepodenfiisse erinnert werden. Nicht nur, dass die machtigen Schafte eines jeden Fusspaares medianwarts mittelst eines wirbelahnlichen Zwischengliedes unter einander zu gemeinsamer Leistung verbunden sind, und die Schwimmfussiiste in Form und Bewaffnungs- weise manche Achnlichkeit mit den RuderfiJssen der Copepoden darbieten, auch die Be- ') Wie lihrigens auch das zweite Maxillenpaar von Mysis und Verwandten. -) Wil 1 e moes - S u hm hat deshalb diese neue Nebaliart N. longipes genannt. Vergl. The Transactions of the I.innean Society of London. .Second series vol. I. iSyS. ^) Ich mochte nicht unerwahnt lassen, dass das vordere der vier Beinpaare von den drei nachfolgenden durch den continuirlichen Besatz des Aussenastes mittelst dicht gestellter Dornen, welche heim Mannchen einfach, beim Weibchen mit dreizackiger Spitze enden, verschieden ist. Glaus, Unlcrsucliungcn iibcr Crustacean, 4 2f. wegungsart der kriiftigen Beinpaare, durch deren Ruderschlage der Korper in hupfenden Be- wegungen fortgeschnellt wird, wiederholt tauschend die Locomotionsweise von Cyclops. Vor A Hem aber ist die Segmentirung des Abdomens eine reichere als bei den Malako- straken. Anstatt des sechsgliedrigen mit Schwimmflosse und Afterplatte endenden Pleons finden wir einen achtgliedrigen Hinterleib, dessen Endsegment wie bei Branchipus in zwei lange borstenbesetzte Furcalglieder ausltiuft. Zur Erkliirung dieser allerdings wesentlichen Abweichung, die bei der sonst so grossen Uebereinstimmung mit den Malakostraken um so auffallender er- scheint, konnten wir uns etwa vorstellen, dass die Schwanzplatte der Malakostraken, die wir meist als siebentes Segment des Abdomens betrachten , durch Reduction eines urspriinglich mehrere Segmente umfassenden Abschnittes entstanden ist, wie ja auch in der That beispielsweise die Penaeuslarven (Taf. Ill) einen so lang gestreckten, noch nach Art der Phyllopoden und Neb alia endigenden Hinterleibsabschnitt besitzen, dass man in demselben ausser dem sechsten noch nicht gesonderten Segmente auch noch die Anlagen eines siebenten und achten nicht mehr zur Sonderung gelangenden Segmentes vermuthen konnte. Im Hiablick jedoch auf den erstaunlichen Polymorphismus, den die Phyllopoden in Zahl und Gestaltung der Leibesringe bieten, wiirde andererseits die Annahme nicht unbegrundet sein, dass an der alten vielleicht antipalaozoischen Gruppe von Crustaceen, aus welcher sowohl die echten Malakostraken als Nebalia hervorgegangen sind, die Zahl der Hinterleibssegmente eine schwankende, noch nicht fixirte gewesen sei. Auch die innere Organisation der merkwurdigen Crustaceen diJrfte an diesem Orte eine kurze BerLicksichtigung erfahren, und will ich einer ausfiihrlichen monographischen Darstellung vorgreifend, die Hauptergebnisse meiner Beobachtungen, insoferne dieselben ftir die vorliegende Frage von Interesse sind, folgen lassen. In alien Organsystemen finden wir bereits eine bedeutende Entfernung von den Phyllo- poden, zu Gunsten eines mehr oder minder unmittelbaren Anschlusses bald mehr an die Am- phipoden, bald mehr an die Mysideen. Das Nervensystem besteht aus einem grossen zweilappigen Gehirn und einer langgestreckten durch alle Gliedmassen tragende Segmente verlaufenden Bauch- kette, an der wir, wie bereits eine Abbildung Metschn ikoff" s ') vom embryonalen Stadium zeigt, iibereinstimmend mit der Zahl der Gliedmassenpaare, 17 Ganglienanschwellungen unter- scheiden. Im ausgebildeten Zustand sind nur die letzten sechs Ganglien, welche im Abdomen liegen und mit ihren Nerven die Musculatur dieser Region und der sechs Gliedmassenpaare versorgen, durch langere Commissuren getrennt; der vorausgehende dem Mittelleib zugehorige Abschnitt der Bauchkette zeigt eine bedeutend grossere Concentration, da nicht nur die me- diane Sonderung der Langscommissuren unterbleibt, sondern diese sich in dem Masse verkurzen, dass die Ganglien fast unmittelbar auf einander folgen und weniger als Anschwellungen, denn als paarige Ganglienkerne, von denen je zwei Paare von Nerven austreten, an dem Bauchstrang sich bemerklich machen. In der Kiefergegend, welcher Ganglienkerne fur die drei Kieferpaare zugehoren, beginnen die Seitenstrange nach dem Schlundring zu zu divergiren. Wir beobachten also eine von der strickleiterformigen , gleichmassig gestalteten Ganglienkette der Phyllopoden, deren Seitenhillften durch breite Quercommissuren getrennt sind, wesentlich abweichende, mit der Bauchkette der Mysideen sehr nahe iibereinstimmende Gestaltung des Nervencentrums. Die geringere Grosse der beiden letzten Ganglien des Abdomens stcht in Beziehung zu der rudimen- *j Siehc dessen in russischer Sprache geschrielienc Broschure liber Nebalia. Taf. II, Fig. 25. 27 taren Entwickelung des fiinften und sechsten Pleopodcnpaares und zu dem mehr phyllopoden- ahnlichen Schwanzende. Von Sinnesorgancn haben wir ausser den bereits erwiihnten Spiirfaden beider Antennen- paare die beweglichen Stilaugen hervorzuheben, deren Bau sich am nachsten dem Mysideen- auge anschliesst. Immerhin sind sowohl die Hornhautfacetten, als die hintcr denselben liegenden viergliedrigcn Krystallkegel relativ gross und in entsprechend geringer Zahl vorhanden. Der Augennerv schwilit im hinteren Abschnitt des Stiis zu einem Ganglion an. Von dem unpaaren Entomostrakenauge gelang es mir nicht Reste aufzulinden , moglicherweise aber wcrden solche noch am Embryo nachgewiesen warden. Auch nach den Frontalorganen der Phyllopoden babe ich vergeblich gesucht. Da ich dieselben sowohl an der Protozoea von Euphausia (Taf. I, Fig. 2 Fr. S) als an Pcnaeus- larven (Taf. II, Fig. 1 Fr. S) beobachtete, so ist es klar. dass diese unter den Entomostraken so verbreiteten Sinnesorgane auf den Organismus der Malakostraken iibertragen wurdcn, hier aber sich keineswegs iiberall erhielten. Fur die naheliegende Vorstellung, das Gehororgan der Deca- poden auf eine Fortbildung der frontalen Sinnesorgane zuriickzufiihren, habe ich keine Anhalts- punkte gefunden. Bei Nebalia fehlt, so weit meine Beobachtungen reichen , das Aequivalent der Gehorblase, die ja auch unter den Podophthalmen bislang weder bei den Stomatopoden noch S chizopoden ') bekannt, bei den Edriophth aim e n aber ganz allgemein vermisst wurde. Seitdcm ich jedoch gezeigt habe, dass in der A mp hipod en- (Hyperiden-) Familie der Oxycephaliden eine paarige Gehorblase vorhanden ist und von dem vorderen Nerven- paare des Gehirns innervirt wird (siehe Taf. V, Fig. 1 und 2), hat die Annahme Grund und Boden, dass schon zu einer Zeit, in welcher die Edriophthalmen- und Podophthalmenzweige noch nicht gesondert waren , vor dem Gehirn ein blilschenformiges Sinnesorgan gelegen war, auf welches wir das Gehororgan von Decapoden und Oxycephaliden zuriickzufuhren hiitten. Oder sollen wir voraussetzen , dass die beiden so ahnlich gestalteten Organe von ott'enbar gleicher Function an nahezu gleichem Orte unabhangig von einander erst in den bcidcn nahe verwandten Malakostrakengruppen entstanden seien? Waren dieselben aus einer Umbildung des frontalen Sinnesorganes der Entomostraken hervorgegangen, so miissten wir moglicherweise aus der P en ae us metamorphose Aufkliirung linden. Wie es scheint , schwinden nun aber die frontalen Sinneszapfen im Zoeastadium, wahrend viel spater, erst in der letztcn Phase des Mysisstadiums, die Gehorblasen in der Antennenbasis bemerkt werden. An Nebalia gelang es mir leider nicht, zur Entscheidung dieser Frage irgend wclche Stutzpunkte zu gewinnen. Was den Darmcanal von Nebalia anbetritit, so trelfen wir auch hier neben ganz speci- fischen Eigenthumlichkeiten Beziehungen, die bald mehr zu den Amphipoden und Isopoden, bald mehr zu den Mysideen und Podophthalmen hinneigen. Der kurze nach vorn und oben emporsteigende Oesophagus fiihrt in einen mit complicirten Chitingebilden bewatfneten Kau- magen, an dem wir einen vorderen und einen hinteren Abschnitt unterscheiden kcinnen. Schliesst sich Form und Grossenverhaltniss beider Theile mehr dem Magen der Amphi- poden an, so beobachten wir in Lage und Zahl der Chitinplatten des Triturationsapparates eine gewisse Annaherung an die Isopoden, aber auch an den Pylorusabschnitt des Mysideenmagens, dessen umfangreicher und sackformig aufgetriebener cardialer Theil der hinteren auch bereits abweichend gestalteten Oesophagealpartie von Nebalia zu entsprechen scheint. Beide Abschnitte 'j Das Gehororgan im Fachcr der Mysideen ist oflenbar eine analoge. sccundar erzeugte Neiibildung , die sich auf die Mvsideengruppe beschrankt. 4* 28_ sind durch paarige Muskelgruppen am Integument befestigt. Das gestreckte Darmrohr, in der ganzen Lange seines Verlaufes mit einem gleichmassigen Belage von Ringmuskeln iiberkleidet und an der Innenseite der Tunica propria mit einem grossen fettreichen Epitel besetzt, reicht bis zum Anfang des letzten Segments, welches grossentheils der muskulose Afterdarm ausfiillt. Am Ursprung des Chylusdarmes erheben sich zwei vordere und vier (zwei starkere und zwei schwachere) nach hinten gerichtete Leberschlauche, welche letztere durch ein reichentwickeltes Fettgewebe der Serosa an der Darmwand zusammengehalten, bis weit in das Abdomen herab- reichen. Die beiden nach vorn gerichteten Leberschlauche reichen bis zum Antennensegment und sind ebenfalls haufig von Fettkugeln ihrer Serosa ganz umhiillt. Offenbar entsprechen sie den beiden vorderen Leberschlauchen, die wir so oft wenn nicht ganz allgemein in Podoph- thalmenlarven Phyllosoma, Sergesteslarven etc.) antrctfen, wahrscheinlich aber auch bei manchen Edriophthalmen noch in Rudimenten kennen lernen werden. Der histologische Bau der Leberschlauche zeigt mit dem des Darmes grosse Uebereinstim- mung, doch bleiben die Ringmuskeln zerstreut und durch breite Intervalle getrennt. Das Epitel besteht aus kleineren und grosseren meist mit grossen Fettkugeln gefullten Zellen, deren Secret aJs gelblich tingirte Fliissigkeit das oft weit aut'getriebene Lumen der Schlauche erfiillt. Nun entspringen in auffallcnder Weise am unteren Abschnitt des Darms noch zwei lange aufsteigende Anhangsschlauche, ebenfalls in der Regel fest in die von Fettkugeln strotzende Masse des Fett- korpers eingebettet. Die hinteren Darmanhiinge von Nebalia, in denen ich die gefarbten Secrete der Leberschlauche vermisste , erinnern an die sogenannten Malpighischen Schlauche der Gam- mariden, welche dicht am Anfang des viel langeren, die drei hinteren Abdominalsegmente durch- setzenden Rectums entspringen. Bei Nebalia fiihrt das verhaltnissmassig kurze Rectum, mittelst zahlreicher Muskelbi'indel am Integument suspendirt, die bei Phyllopoden so haufig beobachteten Bewegungen aus , durch welche Wasser in fast rhythmischem Wechsel eingezogen und wieder ausgestossen wird. Der After miindet, von zwei dreieckigen Chitinplatten des Endsegmentes uberdeckt, zwischen zwei kleinen Seitenklappen, die ganz ahnlich bei den Protozoea larven von Penaeus (Taf. II) an der Innenseite der Furcalanhilnge wiederkehren. Von den schleifenformigen Driisenpaaren, welche im Korper der Phyllopodenlarven als Antennendriise und Schalendriise auftreten, bei den Malakostraken aber eine wesentliche Reduc- tion erfahren, finden wir das vordere Paar als langgestreckten Driisenschlauch im Basalglied der Antennen des zweiten Paares wieder (Taf. XV, Fig. 3 und 4). Das Verhalten dieser Driise, welche bei den Phyllopoden im Laufe der Metamorphose verkiimmcrt, bei den Malakostraken aber ziemlich allgemein als einfacher oder gewundener Driisengang sich erhilit, spricht wieder- um fiir die nahe Verwandtschaft von Nebalia zum Malakostrakenstamme. Von der gewundenen SchalendriJse sind bislang bei Malakostraken keine Ueberreste bekannt geworden. Was man bei den Decapoden als Schalendriise zu bezeichnen pf^egt, ist nichts anderes als die vordere Driise, die niemals der Kieferregion angehort, sondern am Basalglied der zweiten Antenne aus- miindet. Hochst wahrscheinlich aber werden wir bei sorgfaltiger Untersuchung lebender Ma- lakostrakenlarven Ueberreste auch der wahren Schalendriise zu den Seiten der Kiefer nachzu- weisen im Stande sein. Bei den Stomatopodenlarven glaube ich einen solchen Rest als ein- fachen, etwas gebogenen Driisenschlauch gefunden zu haben, wie auch an dieser Stelle Residuen des Schalenmuskels erhalten sind. Von milchtiger Entwickelung, ganz ahnlich wie bei den Schalen tragenden Phyllopoden, erscheint der Schalenmuskel bei Nebalia. An jeder Seite der Schale beobachten wir unterhalb der Mandibel, etwas dorsalwiirts einen grossen rundlichen Ein- druck mit einer oberen und unteren etwas gekriimmten Reihe von Muskelfacetten. An dem oberen Ende der Muskelgruppe aber, innerhalb der Schale, findet sich noch ein klciner Drusen- ^9 schlauch, der mit verengcrtem Hals nach der Kiefcrgegend sich erstreckt und wahrschciiilich nichts anderes als der Ueberrest der echten Schaleiidruse der Entomostraken ist. Ueber Form und Bau des Herzens habe ich oben bereits eine kurze Beschreibung vor- ausgeschickt , aus der wir ersehen, dass das Centralorgan des Blutkreislaufes Charaktere des Phyllopoden- und Malakostrakenherzens vereinigt. Schliesst sich das langgestreckte, zwolf Seg- mente durchsetzende Ruckengefass in seiner Form und durch die grossere Zahl der Ostien an das vielkammerige Ruckengefass der Phyllopoden an, so weist das Verhalten der beiden Enden mit der Kopf- und Schwanzaorta nebst dem hinteren Arterienpaare in gleichem Masse als der rasche und regelmassige, in tiberaus complicirten und gefassahnlich begrcnzten Blutbahnen sich bewegende Kreislauf auf die Malakostraken bin. Besonders interessant ist die Uebereinstimmung des Schalenkreislaufes der Stomatopoden und Mysideen mit dem von Nebalia. Die Bahnen , in denen das reich mit amoboiden Zellen erfiillte Blut stromt, wurden bereits von Grube verfolgt, aber nur hochst unvollstandig beschrieben. Das wahrend der Diastole in die Ostienpaare des Herzens eintretende Blut wird aus dem vorderen und hinteren (je durch ein Klappcnpaar verschliessbarcn) Herzende ausgetriehen. Aus der vorderen ganz kurzen Aorta bewegt sich die Flussigkeit theils in geraderer Richtung durch einen medianen Canal nach der Basis des flach schaufelformigen Schnabels, theils durch zwci Paare von Seitenstromen schrag nach vorn in der Richtung zu den Antennen hin. Der tiefere und vordere Seitenstrom fiihrt medianwarts von den beiden vorderen Leberschlauchen in zwei seitliche Sinus, welche vorn mittelst besonderer Wand blasenartig abgegrenzt sind. Wahrend der Diastole des Herzens erweitern sich diese paarigcn Blutbehalter, und man sieht nicht nur die Leberschlauche etwas auseinanderwcichen, sondcrn auch die Vordcrwand jedes Sinus unter- halb der Schnabelbasis sich klappenartig heben. Diese Bewegungen erfolgen rhythmisch und fallen der Zeit nach genau mit den Contractionen des Herzens zusammen. Man glaubt zuerst den Eindruck von Nebenherzen zu empfangen, bis man sich uber- zeugt, dass die klappenartigen Hebungen nicht etwa durch eigene Muskeln veranlasst werden, sondern rein mechanisch von dem ausgetriebenen Blutstrom abhiingig sind. Dicht vor den beiden Sinus findet sich eine paarige Bahn, aus welcher die Blutfliissigkeit aus dem Ende des Mediancanals eintritt. Aus dieser begibt sich ein guter Theil des Blutes rechts und links in die grossen Seitencanale des Schildes, ein kleiner Theil mengt sich dem aus den Augen und Antennen zuruckkehrenden, abwarts f^iessenden Strome bei. Somit ist es nur ein Theil des aus der vorderen Herzpartie ausgetriebenen Blutes, welcher die Schale versorgt. Derselbe wird durch die nahc dem Schalenrande verlaufenden Hauptgange theils direct, theils mittelst eines complicirten Netzes von Canalen in den weiten Mediancanal an der Riickenseite der Schale eingefuhrt, steigt in diesem wieder aufwiirts, um durch seine vordere Ocffnung etwas hinter und ober dem vorderen kleinen Spaltenpaare des Herzens in die Pericardialsinus zuruckzustromen. (Ganz ahnlich verhalt sich unter den Mala- kostraken der Schalenkreislauf der Mysideen und Stomatopoden.) In dem breiten als Schnabel bezeichneten Stirntheil der Schale steigt das Blut umgekehrt in der Verliingerung der kurzen Aorta durch den Mediancanal bis zur Spitze empor, um durch netzformige Queranasto- mosen in mehreren seitlichen Canalen abzufliessen und in die oben erwahnte paarige Blutbahn unterhalb des Schnabels zu gelangen. Aus den grossen klappenartig geschlossenen Seitensinus fiiesst das Blut nach dem Gehirn und in die Augen und Antennen, in denen man je einen aufsteigenden und absteigenden Strom in canalartigen Giingen kreisen sieht. Der aufsteigende Strom verliluft — und Gleiches gilt auch fiir die nachfolgenden Extremitatenpaare — tiefer und mehr median, in den Antennengeisseln 30 aber an der oheren die Haare und Sinnesfaden tragenden Flache, wiihrend sich das zuriick- fliessende Blut mehr in oberflachlichen Bahnen fortbewegt und dann dem grossen Seitenstrom zugesellt, welcher zu den Seiten des Kaumagens hinter den Mandibeln herab die Mundiheile und Gliedmassen des Mittelleibes versorgt. Demselben mengt sich auch noch der untere und mehr oberflachlich verlaufende Seitenstrom der Aorta bei. Die beiden blattformigen Anhange der Beine , die zweizipflige Kiemenplatte und der flache Aussenast verhalten sich in der Gestaltung der Blutcanale ') ganz ahniich wie die Schale, indem sie einen mittleren Centralgang und einen peripherischen den ganzen Rand umziehenden Hauptcanal enthalten, welche zwar direct mit einander zusammenhangen, aber auch langs ihres Verlaufs durch ein dichtes Netzwerk von Seitencanalchen verbunden sind. Aus den einzelnen Fusspaaren steigt das Blut in schrag trans- versalen Bahnen, durch die machtige Saugwirkung des grossen Ostienpaares angezogen, in raschem Stroma dorsalwarts zum Herzen zuriick. Der hintere Abschnitt des Herzens leitet vornehmHch die Blutbewegung im Abdomen und dessen Gliedmassen. Aus der hinteren Oeffnung wird die Blutfliissigkeit in der langen Aorta und in zwei kurzeren schrag absteigendcn Arterienpaaren in die hinteren Abdominalsegmente herabgcleitet; man verfolgt sowohl in der Tiefe dieser Segmente als an der Medianseite der langen Furcalaste bis zu deren Spitze den absteigenden Blutstrom. An der Aussenseite jedes Furcalastes unterhalb des continuirlichen Besatzes der kurzen Seitendornen verlauft der breite wiederum emporsteigende Blutstrom, welcher in den machtigen Hauptstrom an der Bauchseite des Abdomens einmiindet. Indessen auch an den Seiten und selbst an der Ruckenflache ge- wahrt man eine starke zum Herzen zuriickfuhrende Blutbewegung, die in zierlicher Weise durch transversale Querschlingen dorsalwarts und ventrals fliessender Stromchen in den einzelnen Seg- menten unterhrochen wird. Die Abdominalfusse empfangen ihr Blut von dem starken vom Hinterleibsende aus aufsteigenden Strom. Von besonderem hiteresse erscheint der Geschlechtsapparat, weil derselbe nach Bau und Structur Eigenthumlichkeiten von Phyllopoden und Malakostraken (Amphipoden) in liberraschender Weise vereinigt und doch nach Lage und Verlauf dem primitiven Verhalten von Ovarien und Hoden nahe geblieben ist. Beide sind langgestreckte Schlauche, welche rechts und links an der Dorsalseite des Darmes vom sechsten Abdominalsegmente an bis in die Ge- gend des Kaumagens verlaufen und mittelst eines kurzen Querganges am Mittelleibe ausmian- den. Im mannlichen Geschlecht liegt dieser Ductus etferens am Grundstuck des achten Bein- paares, also genau an gleicher Stelle wie bei den Malakostraken. Die Epitelialwand des Hodenschlauches, der wie bei den Phyllopoden an einer Seite kuglige Ausbuchtungen bildet, erzeugt die kugligen Samenmutterzellen , welche in das Lumen fallen und in sich je vier tetraedrisch gelagerte Tochterzellen, die eigentlichen Samenkorper um- schliessen. Das Ovarium erzeugt eine einzige Reihe grosser Eier, die von einem besonderen Follikelepitel umlagert, an einer Seite jedoch mit dem grossere und kleinere Keime enthal- tenden Ovarialstrang im Connex bleiben. Otfenbar ist die Function von Ovarium und Oviduct noch nicht streng geschieden und in ganzer Liinge dient beim Absetzen der Eier der Ovarial- schlauch auch als Leitungsvveg der seitlich in Follikeln eingelagerten Eier. Denken wir uns die paarigen Schlauche oberhalb des Darmes in medianer Beriihrung und zur Bildung eines Quer- stuckes verwachsen, welches vornehmlich oder ausschliesslich die Keime liefert, wahrend die ') Den namlichcn fcineren Bau zeipen die Kiemcnplattcn an den funf Kieferfusspaaren Jcr S q u i 1 I i J c n. 31 seitlichen Schliiuche zur Aufnahme und Fortleitung der wachseiiden Eier, also als Dotterstock und Leitungsweg dienen, so erhalten wir Gestaltungsverhaltnisse, welche sowohl bei Entomo- straken (C o p e p o d e n mit unpaaren Ovarialsack, Cyclops — dcr jedoch vcrschlungcne Strange und Rohren von Keimen enthaltcn kann, C a 1 i g u s) a!s bei Malakostraken (Deca- poden) angetrott'en warden. Die Entwickelung von Nebalia voUzieht sich bekanntlich wie die von My sis inner- halb der Eihullen. Die Formzustande der primaren Metamorphose, aus denen auf die Stammes- geschichte zuriickgeschlossen werden konnte, erscheinen in der Embryonalentwickelung zu- sammengedrangt und vereinfacht wieder. Sow^eit ich aus den von Metschnikoff ') gegebenen Abbildungen und eigenen Beobach- tungen entnehme, ist eine der sogenannten Z o e a larve der Podophthalmen entsprechende Durchgangsform nicht vorhanden. In der That kann diese Larvenform aber auch noch nicht von Nebalia durchlaufen sein, falls unsere Auffassung von dem engen Anschluss dieser Gattung an die Stammform der Malakostraken richtig ist. Aus dem ganzen Zusammenhange unserer Betrachtungen ergibt sich vielmehr mit grosser Wahrscheinlichkeit, dass die Zoeaformen der Malakostraken keine andere Bedeutung als die von in spaterer Zeit durch Abanderung der urspriinglichen Malakostrakenmetamorphose secun- diir entstandenen Entwickelungsphasen besitzen und nicht etwa als Ausgangspunkt des Malakostrakenstammes gelten konncn. Ich betrachte die von Fr. Miillcr und An- deren aufgestellte Ansicht, als fuhre uns die Zoea ein Bild von der Form der alten Malako- strakenahnen vor, als durchaus irrthumlich, und hofle im Nachfolgenden den Beweis zu fiihren. Nur eine i'lbereilte, auf durchaus mangelhafte Kenntniss des thatsiichlichen Materiales gestutzte Generalisirung konnte die Stammbaumzoologie zu der Supposition einer iiltesten uns unbekannten Krebsclasse von Zoepoden (E. Hilckelj verleiten. Auch darin kann ich mit Fr. Miiller nicht einverstanden sein, wenn dieser hochgeschiitzte Forscher die Zoeaeigenthumlichkeilen bei den Scheerenasseln erhalten zu finden glaubt. Gewiss haben v^^ir Werth auf die Thatsache zu legen, dass diese sonderbaren Asselformen mit ihrem an Dccapoden erinnernden Panzer eine ahnliche Athmungsweise wie die Zoealarven auszeichnet. Hier wie dort fungiren die von reichlichen Blutstromen durchzogenen Seitentheile des Schildes als Athmungsorgane, wiihrend ein Anhang des zweiten Kieferpaares die Wasser-(Athem)str6mung regulirt. Hiermit ist nun aber noch keineswegs, wie Muller glaubt, die Zoeanatur dieser letz- teren auch nur im entferntesten wahrscheinlich gemacht. Ganz dieselbe Athmungsweise treffen wir bei Entomostraken, z. B. bei Phyllopoden und bei den Ostracoden, deren Schale sich in gleicher Weise wie das Kopfbrustschild der Decapoden und der Malakostraken auf die Schale nduplicatur in der Maxillarregion der Naupliuslarven zuriickfLihren lasst. Auch Nebalia und die S tomato pod en haben noch Reste dieser Athmungsweise erhalten, obwohl wir noch eine zweite Form von respiratorischen Flachen als Kiemenanhange gebildet sehen. Die Uebereinstimmung weist also nur auf den gleichen Ausgangspunkt hin , der in der Stammesentwickelung viel weiter zuruck reicht als etwa der supponirte Zoepode. Die Wasser- stromung selbst kann von verschiedenen Gliedmassen regulirt werden. Bei den Phyllopoden und Nebalia sind es alle Beinpaare unterhalb der Schale, bei den Ostracoden ist es bald das erste (Cypris), bald das zweite Maxillenpaar (Cypridina) oder auch noch das nachfolgende ') Schon in mcincr iVuheren Arbeit liber Nebalia habc ich zu zeigcn vcrsucht, dass die von Me ts ch n i ivo f t als Zoea gedeutete Entwicklungsphase mit der Zoealarve der Decapoden nichts zu thun hat. 32 Beinpaar fHalocypris) , welche mittelst einer grossen schwingenden Athemplatte (iiusserer Fussast) die Wasserstromung unterhalten. Wenn wir hei den Decapoden und ihren soge- genannten Zoealarven die strudelnde Athemplatte regelmassig an dem zweiten Kieferpaar finden, so diirfen wir wohl annehmen, dass wir es keineswegs mit einem primaren Verhaltniss zu thun haben. Ein Blick auf die Protozoea verschiedener Decapoden belehrt uns, dass beide zweifelsohne aus Beinpaaren hervorgegangenen Maxillen an der Erzeugung der Stromung betheiligt sind, denn auch das erste Maxillenpaar tragt die Atliemplatte (Taf. I, II, V). An dem zweiten Kieferpaar, welches seiner Form nach an die ebenfalls strudelnden Kieferfiisse der Ca- laniden erinnert, ist in jenem Alter die Athemplatte noch unverhaltnissmassig geringen Umfangs. Im Hinblick auf solchen in der Decapodenmetamorphose nachweisbaren Wechsel erklaren sich die Differenzen, welche die Ostracodengattungen hinsichtlich der Athemplatten zeigen, zumal da uns die bei den Phyllopoden bestehenden Eigenthiimlichkeiten darauf hinweisen, dass ur- spriJnglich alle Beinpaare an der Erzeugung des Athem- und Nahrungsstromes betheiligt sein mochten. Die schmachtige, im Verhaltniss zum Vorderkorper so bedeutend verschmalerte Form des Mittel- und Hinterkorpers von Zoea, die besondere Gestalt und Bewaflnung des Rucken- schildes, die eigenthumliche Gestalt der Spaltfusse, von denen bald nur das vordere, in an- deren Fallen zugleich das zweite und gar oft auch das dritte Paar vorhanden ist, das ver- kiirzte reducirte Herz, die Entstehungsweise der Segmente am Korper der Protozoea, sowie die sprungweise fortschreitende Entwickelung, finden nicht anders Erklarung und Verstandniss, als unter der Voraussetzung, dass wir die Zoeaformen als secundare erst spater im Verlaufe der freien Entwickelung durch Anpassungen veranderte, durch Zusammenziehung und zeitliche Verschiebung neu erworbener Charaktere, gegenuber den urspriinglichen, gefalschte Formzu- stilnde sind. Die Richtigkeit dieser Auftassung war mir schon fruher durch die Verfolgung der S to- rn atopodenmetamorphose wahrscheinlich geworden; denn fiir diese beobachten wir eigen- thiimliche den sogenannten Zoeaformen vorausgehende Larven mit sammtlichen Segmenten des Mittelleibes und mit fiinf Paaren von Spaltfussen, von denen die drei letzten wiederum ruckgebildet werden. (Siehe Holzschnitt, Fig. i.) Diese breitleibigen Larven, deren langge- strecktes vielkammeriges Herz eine ganz andere Gestalt als das Zoea herz zeigt, entsprechen der Segmentzahl nach einer bestimmten Entwickelungsphase, die auch in der Protozoeareihe, hier aber wohl unter abweichenden Verhaltnissen der Gliedmassenanlagen, aufgetreten sein mag. WoUten wir nun anstatt der supponirten, bereits vorher ausgemalten Stammform der Malakostraken etwa die Protozoea (noch ohne die Segmente des Mittelleibes und Hinterleibes) oder, wie es Fr. Mtiller thut. die bereits vollzahlig gegliederte Zoea als Ausgangspunkt fiir die Stammesentwickelung der Malakostraken wahlen, so wurden wir bald auf eine Reihe unlosbarer Widerspruche stossen. Im ersteren Falle wLirde die Erklarung fiir die hohe und iiberall gleiche Zahl von Leibessegmenten und Regionen vollstandig ausbleiben, denn liessen wir die Nachkommen der Protozoea schon jetzt nach Herzbildung und Augenform in mehreren Reihen divergiren, so wurde nicht einzusehen sein, weshalb sich in der weiteren Fortent- wickelung iiberall die gleiche Zahl der Segmente und Gliedmassen und der iibereinstimmende Gegensatz der Regionen des Mittelleibes und des Pleon heranbilden konnte. Wollten wir aber von der Zoea mit sammtlichen Segmentanlagen des Mittelleibes und des Abdomens ausgehen , so wurde uns nicht nur die Stomatopodenlarve, welche nicht zwei;, sondern fiinf Paare Spaltfiisse tragt und anstatt des Pleon eine einfache Platte besitzt, unerkliir- bar sein, sondern wir miissten welter, da jene Zoeaformen nachweisbar eine Reihe von Riick- 33^ bildungen in sich einschliesseii, diese mindestens durch Krgiinzung dcr Segmentc dcs Mittel- leibes und sammtlicher Gliedmassen beseitigen, zumal ja beispielweise die Pleopoden dcr ver- schiedensten Malakostrakengruppen die grosste Uebereinstimmung zeigen konneii. Dann aber batten wir schon gar keine ZoL-a mehr, sondern eine unserer hypothetisch vorausgesetzten mit Neb alia in mancher Hinsicht verwandten Stammform sich annahernde Crustaceenform. Nach den vorausgeschickten Erorterungen, die einerseits die Unhaltbarkeit der Aulfassung der Zoea als Stammform der Malakostraken nachweisen , andererseits den Weg andeuten sollten, den wir zur Erforschung der genetischen Entwickelung des hoheren Crustaceentypus zu betreten haben, wird es meine Aufgabe scin, die Zoealarven der verschiedenen Decapoden- gruppen eingehender zu betrachten und den Entwickelungsmodus derselben einer nalieren Ver- gleichung zu unterziehen. Wir werden so am besten die Richtigkeit der versuchten Ableitung auf die Probe steilen, zugleich aber auch eine Reihe von Anlialtspunkten gewinnen, um uns iiber die Natur der Zoea aufzuklaren und den Grad der Verwandtschaft, in welchem die Decapodengruppen ver- bunden sind, genetisch zu begriinden. Zunachst mochte es am Platze sein, die Schizopodenverwandlung, die wir fiir Euphausia bis zur sogenannten Zoeaform verfolgt batten, in ihrem weiteren Fortgange bis zu Mysis- stufe kennen zu lernen. Ich darf mich hier im Wesentiichen auf die Darstellung beziehen, die ich bei einer friiheren Gelegenheit (Zeitschrift fur wissenschaftl. Zoologie, Tom. XlIIj verotfent- lichte, inzwischen aber zu ergiinzen und zu vervollstandigen Gelegenheit gefunden habe. Die Bedeutung der Euphausia verwandlung liegt nicht nur in der eigenthiimlichen Zoeaform, die ja nur ein einziges, noch dazu kurzes Spaltfusspaar besitzt und auch durch verhaitnissmassig einfache Kiefer ausgezeichnet ist, sondern in der allmaligen, ganz continuirlich fort- schreitenden Entwickelung, welche wir fiir die Gliedmassen des bereits segmen- tirten Mittelleibes beobachten. In dieser Beziehuna steht dicselbe dem Entwickelungsmodus der Phyllopoden am niichsten. Immerhin findet sich jedoch auch bei Euphausia, wenigstens am Hinterleib, der primare Vorgang der Gliedmassensprossung verandert, da die Abdominal- fusse in rascherer Folge und noch vor Ausbildung der Thoracalfusse hervorwachsen und zur DifFerencirung gelangen. Auch ist in dem vorzeitigen Auftreten der Facheranlage eine Ver- anderung der primaren Gliedmassenfolge zum Ausdruck gelangt. Euphausialarven von 3 — 3 '/-^ Mm. Lange, aus der Calyptopis (Dana) zur Furcilia- form ubergegangen, besitzen auch den zweiten Maxillarfuss, freilich noch als einfachen Anhang. An dem Abdomen erhebt sich die Anlage des ersten Bcinpaares. An alteren Larven von 3 '/.2 — 4 Mm. Lange ist jene Gliedmasse zu einem Spaltfuss mit Kiemensegment geworden, und hinter demselben der dritte Maxillarfuss als einfacher Anhang hervorgetreten. Zuvor aber sind der Reihe nach das zweite und dritte Abdominalfusspaar gebildet. Auch die Knospe des vorderen Thoracalfusses ist deutlich zu sehen, und am Abdomen sind die Aniagen des vierten und fiinften Fusspaares hervorgewachsen. Hat der Leib eine Lange von 4'/2 — 5 Mm. erlangt, so markirt sich der zweite Maxillarfuss bereits durch die charakteristische Haltung seines funfglicdrigen Hauptastes, der knieformig umgebogen, offenbar schon als Greiffuss bei der Nahrungsaufnahme fungirt. (Siehe Glaus 1. c. Zeitschrift fur wissenschaftl. Zoologie, Tom. XIII, Taf. XXIX, Fig. 52.) Diese Haltung bewahrt das entsprechende Gliedmassen paar, wenn auch als gedrungener und ver breiterter Kieferfuss bei alien Decapoden. CI aus, TJntorsuchunqcn ub^.r Ciustaci;i;n. 5 34 Nun ist auch der dritte Maxillarfuss ein wenn auch kiirzerer Spaltfuss geworden (Taf. I, Fig. 7 Mf") mit funfgliedrigem Hauptast, rudimentarem Geisselanhang und zweiiistigen Kiemen, die nachfolgende Gliedmasse (erster Decapodeiifuss) erscheint noch als ungegliederter Schlauch mit Kiemenanlage, die viel kiirzere Aniage des zweiten Decapodenfusses enthalt bereits die Doppelknospe der Kiemen, die an alien Gliedmassen friiher als der Geisselanhang auftritt. Schon sind am Abdomen sammtliche Schwimmfusspaare in voller Thatigkeit und unterstutzen wesentlich die Wirkung der Schwimmfussantennen , die ihre fruhere Form noch genau bewahrt haben. Der fruhzeitigen Thatigkeit der Abdominalfiisse entsprechend bleiben die Schwimmfussaste bedeutend zuruck und wahrend wir umgekehrt bei den Garneelen sehen, dass sich an der neugebildeten Gliedmasse zuerst der Schwimmfussast differencirt, wahrend der Hauptast ein kurzer Stummel ist, beobachten wir hier das entgegengesetzte Verhaltniss. Auch am vorderen Maxillarfuss bleibt der Nebenast kurz und einfach, der innere Hauptast dagegen wachst und gliedert sich allmalig, um in einem spateren Stadium dieselbe Form und Haltung zu gewinnen, welche der zweite Maxillarfuss darbietet und auch alle nachfolgen- genden Gliedmassen annehmen. Das Herz ist jetzt schon von mehreren Spaltenpaaren durch- brochen. So folgen noch eine Reihe von Larvenformen mit continuirlich fortschreitender Glie- derung der Fusse des Mittelleibes. Larven von 5 — 5 '/2 Mm. Liinge, welche auch die Maxillar- fiisse des dritten Paares winklig umgebogen tragen, lassen hinter dem noch einfachen zweiten Decapodenfuss die Anlagen der zwei nachfolgenden Gliedmassenpaare in verschiedener Grosse erkennen. Etwas grossere 6 Mm. lange Larven besitzen drei umgeschlagene Beinpaare, vor denen nun auch der bedeutend gestreckte vordere Maxillarfuss die gleiche Haltung anzunehmen beginnt, das fiinfte Beinpaar (der zweite Decapodenfuss) ist bereits ein Spaltfuss, dagegen ist der sechste noch einfach, ihm folgen die Knospen des siebenten und achten Paares. Spater werden auch das fiinfte und sechste Beinpaar knieformig umgeschlagen , wahrend der Fussast am siebenten und achten Paare als kleiner Stummel auftritt und bei Euphausia zeitlebens bleibt. Bei Thysanopus bilden sich bekanntlich auch diese Gliedmassen zu Beinen aus. Was die Eigenthiimlichkeiten der Antennen- und Kieferentwickelung der Euphausia im Vergleich zu denDecapoden anbetrifl't, so fallt zunachst an den Vorderfiihlern die friihzeitige Bildung der beiden Geisselanlagen, die bis zur Zoeaform zurtickreicht, in die Augen. Allmalig wachsen beide Anhange zu ansehnlicher Lange aus und erreichen schon an Larven von 5 ^l-i Mm. Lange die Grosse des dreigliedrigen Stiles, ohne bis dahin eine Gliederung erfahren zu haben. In diesem Alter beginnt auch die Umformung des zweiten Antennenpaares, welches so lange die Form des Protozoea stadiums bewahrt hat. Der Aussenast mit der dicht- gedrangten Gruppe von Schwimmborsten wird direct zu der verbreiterten borstenrandigen Schuppe, uber welche der innere schlauchformig verlangerte Ast schon merklich hinausragt. An Larven mit drei bis vier Paar umgeschlagener Spaltbeine, deren Ruderast (wenigstens an den vorderen) zwei Abschnitte und am Ende kurze borstentragende Ringe unterscheiden lasst, tragen die Vorderfiihler langere geringelte Geisseln, und ebenso hat sich die Geissel der zweiten Antenne neben der Schuppenplatte gegliedert. Die Kiefer bewahren verhaltnissmassig lange die urspriingliche Form (Fig. 4 und 5 Mx' und Mx"), an der vornehmlich am zweiten Paare die Verkummerung des Facheranhangs auf- filUt. Indessen wird derselbe an beiden Maxillen fortgebildet, so dass im ausgebildeten Zu- stande (Fig. 8 und 9) beide Kieferpaare Facherplatten tragen, ein Verhaltniss, wel- ches auch fur M y s i s und wie es scheint fiir die Schizopoden iiberhaupt Geltung hat. Hier ist also noch nicht die fiir die Decapoden so charakteristische Speciali- 35 sirung durchgef iihrt, welche unter volligem Ausfall des vorderen Fiicheranhangs den Fticher der zweiten Maxille als » Athemplatte« zu bedeutender Entfaltung gelangen lasst. Die Mandibehi erzeugen auch hier einen neuen Taster, der anfangs einfach, am ausgebildeten Thiere jedoch dreigliedrig ist. Sehr interessant ist das Formverhilltniss des vorderen Kieferfusses, welcher von einer indifferenten (Fig. 2 Kf') zwischen Kiefer und Spaltfuss stehenden Form allmiilig zu einem den nachfoigenden Beinpaaren ahnlichen Spaltfusse sich gestaltet. Bei My sis tVeilich nimmt diese Giiedmasse schon eine weit gedrungene Form an und bringt auch aus dem Stamm einen grossen ladenartigen Kieferlappen zur Sonderung, iiber welchem sich der grosse fiinfgliedrige Fuss erhebt. Damit ist schon eine Anniiherung an die Gestaltung erreicht, v^elche der vordere Kieferfuss bei den Decapoden gewinnt. Auch der zweite Kieferfuss von My sis fuhrt durch seine gedrungene Form und Haltung zu der gleichwerthigen Giiedmasse der Decapoden hin. Unter den langschwanzigen Decapoden mochten durch die geringe Grosse und Einfach- heit der Organisation die Sergestiden mit am tiefsten stehen. Die als Mastigopus beschrie- benen Jugendformen derselben zeigen die Eigenthiimlichkeit, dass die langen Kieferfusse des dritten Paares, ebenso wie die nachfoigenden Gliedmassen des Geisselanhangs entbehren und als Beine fungiren, wahrend die Gliedmassen der beiden hintern Brustsegmente als kleine rudimen- tare Schlauche hervorsprossen und in der Entwickelung weit zuriickbleiben. Fr. Miiller hat eine wahrscheinlich zu den Sergestiden gehorige Larve w^egen der Lange der Fuhlergeissel auf eine durch diesen Charakter ausgezeichnete Penaeusart bezogen (Fr. Miiller fur Darwin, pag. 43, Fig. 33) und als besonders wichtig hervorgehoben, dass in der Entwickelung derselben eine mit Mysis in Zahl und Bildung der Gliedmassen vergleichbare Stufe fehle, da sich weder die Fiisse des Mittelleibes noch die des Hinterleibes gleichzeitig bilden. Dem ist jedoch, wenigstens fiir den von mir untersuchten Sergestiden, keineswegs so. Viel- mehr ist die Mysis stufe mit sammtlichen Beinpaaren des Mittelleibes als ein friiheres Stadium von geringe rer Grosse (4 Mm. Lange) in der Entwickelung schon zuruckgelegt, und nichts anderes, als die von mir fruher ') beschriebene Acantho- soma-Larve; erst aus dieser geht unter Neubildung der beiden Beinpaare und gleichzeitiger Anlage der Abdominalfiisse die M astigopusform mit ihren langen Antennengeisseln hervor. Die weitere Verfolgung der Acanthosoma aber fiihrte mich zu dem autl^allenden Funde, dass diese aus der merkwurdigen, von Dohrn beschriebenen Elaphocaris hervorgeht, zu der ich nun aber auch die Protozoeaform naher kennen gelernt habe. Diese letztere, nicht viel iiber 1 Mm. lang (Taf. V, Fig. 1), besitzt einen mit breiter Basis beginnenden und mit zahlreichen Seitenstacheln bewatlheten Stirnstachel, ferner zwei seitliche und einen dorsalen Stachel von gleicher Beschaffenheit. Antennen und Kiefer zeigen genau die fiir die Protozoeastufe der Penaeusgarneelen und Verwandten bekannt gewordenen Eigen- thiimlichkeiten. Die fiinfgliederige Theilung der Antennenbasis, die Facherplatte des vorderen Maxillenpaares kehren auch hier wieder; ebenso iindet sich ein Facheranhang an dem zweiten, sehr langgestreckten, fussahnlichen Kieferpaar (Hg. 2), an dessen Grund ein gewundener Drusen- ') C. Claus, Ueber einige Schizopoden und niederen Malakostrakcn Messina's. Zeitschr. fur wissenschaftl. Zoo- logic. Tom. Xlll. pag. 4J7, Taf. XXVII, Fig. 1 3. 6* 36 schlauch mundet, den ich fiir nichts anderes als das Aequivalent der Schalendriise an- sehen kann. Zu den beidcn Spaltfusspaaren kommt noch ein kleines, aber bereits zweiastiges drittes Paar hinzu, hinter welchem die funf Segmente des Mittelleibes als wohlgesonderte kurze Ringe hervortreten, wahrend das ganze Abdomen noch durch einen ungetheilten Abschnitt repra- sentirt ist. Das breite, phy llopodenartig gespaltene Ende desselben zeichnet sich durch die ausserordentlich starken, stabformig verlangerten Furcalborsten aus. Eine besonders auffallende und interessante Abweichung von den hisher beschriebenen Formzustanden der Protozeareihe liegt in der vorgeschrittenen Entwickelung des Auges, welches bereits als umfangreiches Stilauge voUstandig gesondert, weit tiber den Schildrand hinausragt, wahrscheinlich eine Zuriickverlegung eines erst in der Zoeareihe sich ausbildenden Charakters in eine fruhere Entwickelungsstufe. Die Zoeaform wurde auf einem etwas friiheren Stadium als in dem von mir abgebil- deten (Taf. VI, Fig. i) von Dohrn beschrieben, im Einzelnen freilich nicht voUkommen richtig dargestellt. Am Schilde tritt noch ein vorderes Seitenstachelpaar rechts und links neben dem schmachtiger gewordenen Stirnstachel auf, zu dem dasselbe, wie es scheint, auch der Entstehung nach in nilherer Beziehung steht. Die Spaltung der Seitenstacheln in terminale Zacken habe ich iibrigens vermisst. da nur kleine Spitzen an den starken Stachein vorhanden sind. Auch jetzt noch hat sich an der vorderen Maxille der Facheranhang mehr vom Ansehen eines Nebenastes als einer Athemplatte erhalten. Auch die Maxille des zweiten Paares tragt einen kleinen Facher- anhang, ist aber wahrscheinlich auch mit ihrem Hauptast in ahnlicher Weise, wie das Kiefer- fusspaar der Calaniden, bei der Erzeugung der fur die Athmung wichtigen Wasserstromung betheiligt. Die drei Spaltfusspaare (Kieferfiisse) , von denen das noch nicht voUkommen ausge- bildete hintere Paar nur an dem Hauptast Schwimmborsten triigt, zeigen, von der besonderen Streckung abgesehen, keine bemerkenswerthen Eigenthumlichkeiten. Dohrn's auffallende Angabe, nach welcher sich an der Wurzel des letzten Kieferfusspaares zwei an einem gemeinsamen Stile sitzende Kiemensacke vorfinden sollten, beruht auf einer Verwechselung mit dem ersten Bein- paare, welches zugleich mit alien nachfolgenden Beinpaaren des Mittelleibes, die ebenfalls von Dohrn irrthiimlich fiir Kiemenschlauche ausgegeben wurden, bereits gebildet ist; in der jiing- sten Zoea phase sind dieselben nach vorn gestreckt und dachziegelformig iiber einander gelegt, in der spiiteren (Taf. VI, F'ig i) auseinander gebreitet und in gleicher Lage mit den Spaltfiissen des dritten Paares nach hinten gerichtet. Das Abdomen zeigt, bis auf die Einfachheit des End- stiickes (mit dem sechsten Segment und der Schwanzplatte), sammtliche Segmente und zwar mit starken Seitendornen bewalfnet, das vordere Segment zwischen den hinteren Beinpaaren des Mittel- leibes ziemlich versteckt. An dem Endabschnitt aber treten die Seitengliedmassen des Fiichers als zweiastige, nach vorn gerichtete Schlauche von ganz bedeutender Lange hervor. Von der inneren Organisation vermochte ich das Gehirn mit dem unpaaren Augenfleck, den grossen Augennerven und Antennennerven, die Ganglienkette mit den neu gebildeten Ganglien des Ab- domens zu verfolgen. Zwei ansehnliche vordere Leberschlauche, dieselben, welche bei Leu- cifer eine bedeutende Lange erreichen und auch bei Phyllosoma und Amphion bekannt sind, erstrecken sich iiber das Gehirn hinaus bis in den vorderen Kopftheil. An den altesten, vor der Hautung stehenden Larven (Fig. i) tiberzeugt man sich nun, dass mit der Abstreifung der Haut das complicirte Stachelkleid verloren geht, indem sich nur einfache, zugespitzte Aus- litufer der weichen Matrix in den sonst leeren, durchsichtigen Stachelfortsatzen vorfinden. Auch die bciden Gabelaste des Schwanzendes gehen verloren und werden durch einfache Dornen der Schwanzplatte ersetzt. So vermag man leicht die Gestaltveranderungen der spiiteren Larve im Allgemeinen abzuleiten, welche, wie ich durch eine wahrend des Hiiutungsprocesses beob- achtete Form direct zu beweisen im Stande bin, die von mir fruher beschriebene A cant ho- 37 soma') wird. Dies aber ist nichts anderes, als das Mysisstadium der Sergestidcn, an dem freilich spiiter die beiden hinteren Beinpaare eine Riickbildung erfahren und sich auf leere Integumentalschlauche reduciren, welche mit der nachfolgenden Hautung abgeworfen warden. Indem ich mich auf meine friihere Darstelliing beziehe, fiige ich nur einige fiir die Bil- dung der Entwickelungswcise wichtige Details hinzu. Die jLingeren Acanthosomen sind niciit viel iiber 3 Mm. lang. (Taf. V, Fig. 6.) Der lange gezackte Stirnstachel, an dessen Basis die beiden vorderen Seitenstacheln entspringen, hat noch eine bedeutende Lange, kiirzer sind die beiden nachfolgenden Paare von Seitenstacheln des Schildes, denen die ebenfalls gezackten Seitenstacheln der Abdominalsegmente an Umfang kaum nachstehen. Die vorderen Antennen, noch ohne Gehorblase im Grundglied (Taf. V, F'ig. 3 A')^ besitzen bereits den auch fiir spiitere Zustande charakteristischen basalen Zackenfortsatz, tragen sehr lange Borsten und als Anlage der Hauptgeissel ein langes mit einigen Riechhaaren besetztes Terminalglied, an dessen Basis Fig. 12. Gliedmassen von Aca n t hosom n. sich schon ein zweiter der Nebengeissel entsprechender Fortsatz erhoben hat. (Fig. 3'.) Die hinteren Antennen zeichnen sich schon durch die ausserordentliche Lange ihrer Geissel aus, neben welcher an Stelle des vielgliedrigen Schwimmfussastes ein offenbar die Schuppe reprasentirender stabformiger Nebenanhang entspringt. (Fig 3 A".) Die beiden Kieferpaare bewahrcn noch im 'j \'ergl. Zeitschr. fiji' wissenschaftl. Zoologic. Tom. XIII. 38 Wesentlichen die Gestaltung des Elaphocarisstadium. Auch der gewundene Driisenschlauch im Grunde der zweiten Maxille ist noch erhalten (vergl. Holzschnitt Fig. 12 Mx"), dagegen erscheint der vordere Spaltfuss (mit reducirtem Nebenastj nach aufwarts gerichtet und mehr nach Art eines Kieferfusses verwendet. Die Schwimmfussaste der nachfolgenden sieben Glied- massenpaare mit langgestrecktem Grundglied, auf welches zahlreiche kurze Glieder mit langen Schwimmborsten folgen, sind sammtlich in voller Function und erreichen an den mittleren Beinpaaren die grosste Lange. An den beiden Hauptasten der beiden vorderen Paare, welche spater Kieferfusse werden, treten jetzt schon Merkmale hervor, welche an alteren A can tho- se men von 4 bis 5 Mm. Lange weit bestimmter ausgepragt, die Eigenthtimlichkeiten der Kieferfussform von Mastigopus vorbereiten; an dem ersten Paare (zweiter Kieferfuss) die gedrungene kraftige Form, an dem zweiten Paare (dritter Kieferfuss) die bedeutende Langs- streckung. Die Fiisse des vollzahlig gegliederten Abdomens fehlen keineswegs, wie ich friiher irr- thiimlich glaubte, sondern sind sammtlich als kleine aber einfache Zellenschlauche vorhanden. Die Gliedmassen des sechsten Segmentes aber, vor der scharf abgesetzten zweispitzigen Schwanz- platte eingelenkt , bilden eine langgestreckte mit langen Haarborsten besetzte Doppelflosse (Taf. V, Fig. 4 4/"*-) I^ie alteren grosseren Acanthosomen, von den jlingeren mindestens durch eine einmalige Hautung getrennt, zeigen bei einer Lange von 4 bis 5 Mm. nur wenige Beson- derheiten, die vornehmlich auf einer vorgeschrittenen Ausbildung der Gliedmassen beruhen. Das Endglied der Vorderantennen besitzt eine bedeutendere Lange, ebenso die Geissel der hin- teren Antenne, deren Nebenast (Facher) an der Spitze einen ausseren Stachel gewonnen hat. In der Basis der Vorderantennen bezeichnet eine Wucherung des subcuticularen Gewebes often- bar die Anlage der Gehorblase. Die vorher erwahnten Eigenschaften des zweiten und dritten Maxillarfusses treten jetzt viel scharfer hervor, ferner sind die Abdominalfiisse zu langen Schlauchen ausgewachsen. An einem Exemplare mit stilformig verlangerter, gablig gespaltener Schwanzplatte (Taf. V, Fig. 5) fanden sich sogar an alien Schwanzftissen mit Ausnahme des vorderen Paares ansehn- liche Nebenschlauche. Diese offenbar zu einer anderen Sergestesart fiihrende Acanthosoma zeichnet sich auch durch die bedeutende Starke des Endstachels am Facherstabe der zweiten Antenne aus. Die altesten Acanthosomastadien , welche unmittelbar vor der Hautung stehen, lassen ebenso wie die von Elaphocaris unter der Cuticularhulle die Gestaltveranderungen nach- weisen, welche die Gliedmassen mit dem Eintritt in das nachfolgende Larvenstadium erfahren. Zunachst ijberzeugt man sich, dass die beiden letzten Beinpaare des Mittelleibes nicht durch neue Gliedmassen ersetzt werden, sondern wie die Schwimmfussanhange der vorausgehenden Beinpaare verloren gehen. Dieselben bieten das Ansehen heller fast leerer Cuticularanhange, an deren Basis sich das subcuticulare Gewebe zuriickgezogen hat. Ferner constatirt man die Umgestaltungen der Maxillen und vorderen Kieferfusse an den vom Integument umschlossenen Zellenschlauchen und vermag auf diese Weise die Mastigopusform unter der Cuticula der Acanthosoma festzustellen. Die hauptsiichlichste Abweichung, welche die Sergesteslarve als Mastigopus (Holz- schnitt Fig. i3) von Acanthosoma unterscheidet, liegt abgesehen von den mangelnden Glied- massen des neunten und zehnten Paares, in der bedeutenden Vergrosserung des Abdomens und in der Reduction der Schildduplicatur des Cephalothorax. Dieser erscheint minder breit, wenn auch nicht seitlich comprimirt, wie das Abdomen, insbesondere in seinen hinteren Ab- schnitten. Von den Stacheln des Schildes sind nur noch kleine Rudimente zuriickgeblieben, nur 39 der Stirnstachel markirt sich als ansehnliches Rostrum. Die Augenform ist nahezu dieselbe ge- blieben. Die vordere Antenna tragt bereits cine kleine mit Riechhaaren besetzte Geissel, deren Gliederzahl mil dem fortschreitenden Wachsthum eine grossere wird. Am Grunde des Stiles da wo der bereits fruher erwalinte Zackenfortsatz entspringt, liegt die Gehorblase mit ihrem kreisrunden Otolithen. Die lange Geissel des zweiten Antennenpaares fuhrt ebenso wie die Ge- staltung des zweiten und dritten Kieferfusses und der drei Beinpaare auf Acanthosoma zuriick, an welchen freilich die Schwimmfussanhange hinweggefallen sind. Auch die Maxillen und vorderen Kieferfusse, die jetzt noch im Processe der Umgestaltung begriffen sind und erst in etwas alteren Stadien (von 6 — 7 Mm. Lange) die fruher von mir beschriebene Form er- langen, schliessen unmittelbar an die frlihere Larvenform an. Fig. i3. Mast i gop usstiKlium von Sc igLstes. Die langgestreckten Beine des Abdomens, dessen Schwanzplatte mit Acanthosoma iibereinstimmt , sind bereits mit Schwimmborsten besetzt, entbehren jedoch noch des zweiten Schwimmfussastes, der nur an den hinteren Paaren als kleine Knospe bemcrkbar ist, mit dem 40 weiteren Wachsthum aber bis auf das stets einastige vordere Paar erganzt wird. Eine voll- kommene Uebereinstimmung beider Aeste besteht auch an den Schwimmfussen des Abdomens nicht, wie aus der Entwickelung und Gestaltung derselben bei den Sergestiden hervorgeht. Der innere Ast, obwohl zu einem Schwimmfussast gestaltet, entspricht dem Fusse, der Aussenast dem Gelsselast der Brustfusse. Die Veranderungen, welche die Mastigopuslarven mit der Grossenzunahme erfahren, sind keineswegs unbedeutend. Allerdings bleibt die Korpergestalt im Wesentlichen erhalten, wahrend Kiefer und Gliedmassen ihrer Ausbildung entgegengehen. Die Geissel der vorderen Antennen gliedert sich reicher und gewinnt eine immer grossere Zahl von Riechfaden, die Geissel der zweiten Antenne nimmt an Lange zu, die Mandibeln treiben nicht weit vom Kau- rand einen Taster hervor, der anfangs noch einfach ist, dann zweigliedrig wird und auch bei Sergestes zweigliedrig bleibt. Die vorderen Maxillen dagegen tragen nur noch ein Tasterrudiment. (Taf. VI, Fig. 2.) Auch die Gestaltung des zweiten Maxillenpaares (Fig. 3) ist durch Reduction des vielgliedrigen Hauptastes bei enormer Ausbildung der Facherplatte leicht abzuleiten, schwieriger schon die ab- weichende Form des vorderen Kieferfusses, an dessen Basis bereits der Kiemenanhang hervor- gewachsen ist. (Fig. 4 Br.) Indessen gaben mir fiir die Ableitung dieser Gliedmasse aus dem fruheren Zustand Hilutungsstadien den erwunschten Aufschluss, indem sie mir zeigten, dass nur der aussere Taster dem Nebenast entspricht, wahrend der innere Tasteranhang aus dem Bein, die grosse Platte aus dem zweiten Abschnitte des Stammes hervorgegangen sind. Diese U m- gestaltung gilt auch fiir die im Wesentlichen iibereinstimmenden vorderen Ma- xillarfiisse der Makruren uberhaupt. Der knieformig gebeugte, dicke und kraftige Kieferfuss des zweiten Paares erhalt sich bis zur Sergestesform, ebenso der betrachtlich vcrlangerte dritte Maxillarfuss, welcher bei den Ser- gestiden voUkommen die Bedeutung eines Beines bewahrt. An dem zweiten und dritten Beine findet man fruhzeitig die terminalen Scheerenanlagen schon zu einer Zeit, in welcher die neu- gebildeten hinteren Beinpaare noch ganz kurze Schlauche darstellen. (Vergl. C. Glaus 1. c. Taf. XXVII, Fig. 14.) Ob die zum zweiten Male erzeugten Beinpaare an den beiden hinteren Segmenten des Mittelleibes voUstandige Neubildungen sind oder aus zuruckgebliebenen Zellen- gruppen der fruheren Spaltfiisse hervorgehen, konnte ich nicht entscheiden. .ledenfalls sprossen sie als aussere Gliedmassen zum zweiten Mai hervor, ein wichtiger Hinweis auf die Unzulassig- keit, aus der zeitlichen Aufeinanderfolge der Gliedmassensprossung ohne Weiteres auf urspriing- liche Wachsthumsvorgange zuriickzuschliessen und demgemass Homologien fiir Leibesregionen zu begrilnden. Von besonderem Interesse erscheinen diese Neubildungen der Sergesteslarve noch deshalb, weil sie uns die abnorme, vom Malakostrakentypus abweichende Gliedmassenzahl einiger verwandter Gattungen, insbesondere von Leucifer, erklaren. Diese schon von Dana als geschlechtlich erkannte Crustaceenform ist nichts anderes als ein Sergestide mit ungewohn- lich verlangertem Kopf und riickgebildetem Schild ohne die Neubildung der beiden hinteren Beinpaare. Dieselbe erscheint in dieser Hinsicht gewissermassen als persistenter Mastigopus. Das gleiche Verhaltniss wiederholt sich fiir die M. Edwards'sche Gattung Acetes, die, nach der Lange der Antennengeisseln zu schliessen, in der That einem geschlechtsreifen Sergestiden ent- sprechen mochte. Uebrigens mogen mancherlei Besonderheiten fur die Entwickelung einzelner Sergestiden bestehen, so dass moglicherweise selbst die bereits oben erwahnte Larve Fr. M tiller's (Fiir Darwin, pag. 43, Fig. 33j hierher gehort. u Fiir Penaeus und Verwandte haben wir bereits die Metamorphose der Zoeaperiode im Detail besprochen, aber noch nicht die Umgestaltungeii zur Mysisform uad von dieser bis zur Garneelstufe erortert. Fr. Miiller hat dieselbe zwar im Allgemeinen bereits dargestellt, indessen einige Verhaltnisse, auf die wir besonderen Werth zu legen haben, wie z. B. die Umgestaltung der Kiefer und Kieferfiisse, nicht beriihrt. Die von mir beobachteten alteren Penaeuslarven aus dem Mittelmeere und dem Atlantischen Ocean beziehen sich freilich wohl auf andere Arten, als die von jenem Forscher beschriebenen Formen, indessen ist der Umbildungsprocess — von untergeordneten Details abgesehen — bei den verschiedenen Arten im Wesentlichen der nam- liche. Uebrigens wird es nicht leicht, die Grenze zu bestimmen, an welcher sich My sis- und Ga rn e e 1 formen scheiden, nicht nur weil die Gestalten ganz allmiilig in einander ubergehen, sondern weil bei Penaeus, Sicyonia und Verwandten die Schwimmfussanhange der Beine persistiren. Wir werden am besten diejenigen Formzustiinde der Garneelstufe — als letzter Larvenform — zurechnen, an welchen der Totalhabitus schon durchaus einer kleinen Garneele gleicht, die Beine mit bereits reducirten Schwimmfussiisten die Gestalt und Bevs'affnung des ausgehildeten Thieres erkennen lassen und auch die Mundvs^erkzeuge sich dem delinitiven Zu- stande annahern Zwei auf Penaeus zu beziehende Larven wurden von mir in alien Grossen- und Entwickelungsstadien von der jungeren Mysis- bis zur Garneelform beobachtet. Die eine (vergl. das spatere Garneelstadium Taf. Ill, Fig. 2), dem Mittelmeere und dem Atlantischen Ocean angehorig, besitzt ein ausgezeichnetes Erkennungsmerkmal in dem langen Riickenstachel '), in welchen der Hinterrand des zweiten Abdominalsegmentes auslauft und fallt mit M. Edward's Gattung Euphema zusammen. An jungen 2^/-, bis 3 Mm. langen Larven erreicht der Stachel seine grosste Lange und liegt bei bauchwarts eingeschlagenem Schwanz mit dem ausser- ordentlich langen Stirnstachel so ziemlich in gleicher Ebene. Der Stirnstachel lauft an seiner breiten Basis in einen kurzen dorsalen Nebenstachel aus, eine Eigenthumlichkeit, die sich auch an den nachher zu beschreibenden Larven einer zweiten Penaeusart wiederholt. An dem verhaltnissmassig kurzen Rlickenschild findet sich der charakteristische Augenstachel, sowie ein Randstachel in der Gegend der Oberlippe, ganz ahnlich wie an der von Fr. Miiller abge- bildeten Penaeuslarve (Miiller, Verwandlung der Garneelen, Taf. II, Fig. 9). Auch das dritte, vierte und fiinfte Abdominalsegment ist dorsalwilrts mit einem kleinen Stachel bewatfnet, ebenso das langgestreckte sechste Segment, dessen Endstachel wiederum eine ansehnlichere Grosse er- reicht. Die zugespitzte Schwanzplatte endet tief gespalten mit Furca iihnlichen Staben. (Fig. 6.) Die zweite Larvenform, ebenfalls aus dem Atlantischen Ocean, ist durch eine bedeutendere Korpergrosse und durch die Liingstreckung des Abdomens, insbesondere dessen sechsten Seg- mentes ausgezeichnet und an dem ausserordentlichen Umfange der ausseren Facherplatten lauf einem spateren Stadium abgebildet. Fig. j) sofort kenntlich. Auch hier finden sich dieselben Stacheln der Riickenlinie, von denen jedoch der Stachel des zweiten Abdominalsegmentes kurz bleibt und sogar hinter dem des nachfolgenden dritten Segmentes an Starke zuriicksteht. Das Riickenschild erreicht einen grosseren Umfang und entbehrt des vorderen Randstachels. Die Schwanzplatte endet mit trigonalen bestachelten Fortsiitzen. (Fig. 8.) In Form und Bildung der ■'Kjliedmassen stimmen die beiden Larvenreihen bis auf geringe Abweichungen so ziemlich iiberein. Verfolgen wir nun den allmaligen Umbildungsprocess, so fallt zunachst fiir die Thoracal- fiisse der Mysisform der liingere Stillstand in der Entwickelung des letzten Beinpaares auf. Das ') Dieser Riickenstachel tritt auch bei andcren Garneelenlarven, z. B. bei Hippolyte auf und scheint die Be- deutung eines weit verbreiteten Erbtheils zu besitzen. Glaus, Untersiicimngeii ubcr Crustacccii. 6 42 dritte Kieferfusspaar, schon im Zoeaalter den nachfolgenden fiinf Beinpaaren vorausgeeilt, ge- winnt zuerst die voile Gliederung des inneren fimfgliederigen Beines. Die inneren Fussaste der nachfolgenden vier Beinpaare bleiben der Reihe nach in allmaligen Abstufungen bedeutend zu- riick, wiihrend die Schwimmfussaste {Re) mit ihren kurzen borstentragenden Endgliedern in voller Thatigkeit sind. Dagegen findet sich an Larven von 4 Mm. Lange das letzte Beinpaar noch im Stadium des zweispaltigen Knospenschlauches (Taf. Ill, Fig. 1), ein Verhaltniss, das auch fiir die zvveite Larvenform Geltung hat. Die Kiemenanhange wachsen friihzeitig, aber wie es scheint nicht vor der Anlage des Fussastes hervor. Die Abdominalfusse sprossen erst im Verlaufe der Mysisreihe, zuerst das vordere Paar Af und zwar an der Penaeuslarve mit langem Riickenstachel in Form eines grossen, kugelig angeschwoUenen Zapfens angelegt, hervor. (Fig. 1, Af'.) Die nachfolgenden Paare entstehen ziemlich gleichzeitig, doch eilt das zweite Paar den tibrigen merklich voraus. Auch an den Fiissen des Hinterleibes wachst der aussere Ast zuerst hervor, wahrend der innere langere Zeit eine kurze Knospe bleibt, ein neuer Be- vft\s fiir die Ungleichheit beider Fussaste auch der Pleopoden. Die Kiemenanlagen bleiben hier unterdriickt. Erst in den altesten zur Garneelform bezogenen Larvenstadien er- langen die Abdominalfusse ihre voile Ausbildung , sowie ihren reichen Besatz mit langen Schwimmborsten. Die vorderen Fiihler zeichnen sich wahrend der Mysisperiode, welche bei der ersten Larvenform bis zu einer Korperlange von etwa 6 Mm., bei der zweiten bis zu der ansehn- lichen Lange von g bis 10 Mm. fuhrt, durch die verhaltnissmassig kurzen, noch ungegliederten Geisselschlauche aus, die sich am Ende des langgestreckten dreigliedrigen Stieles erheben. Erst an alteren vorgeschrittenen Larven dieses Stadiums beginnt die Hauptgeissel mit den Riechfaden unter der Cuticula mehrere (3) Glieder zu bilden. Die Entstehung der Gehorblase in der aufgetriebenen Antennenbasis fallt ebenfalls erst in die Mysiszeit. An dem zweiten, viel tiefer eingelenkten Fiihlerpaare tragt der kurze zwei- gliederige Schaft anstatt des vielgliederigen Schwimmfussastes der Zoealarve eine breite borsten- randige Schuppe, dercn Aussenrand in einen Stachel auslauft. Der innere Ast der fruheren Zoeaantenne wird durch einen stabformigen, nach der Spitze zu verjiJngten Schlauch reprasen- tirt, der sich fruher als die Geisselaste der vorderen Antenncn gliedert und die Geissel des Fiihlers aus sich hervorgehen lasst. Fr. M u 1 1 e r neigt sich der Ansicht zu , diesen Geisselast als eine Neubildung zu betrachten, die neben dem inneren voUstandig geschwundenen Aste des Zoeafiihlers hervorsprosse; dem ist jedoch nicht so. An alteren Larven der Mysisreihe ragt die gegliederte, wenn auch noch borstenlose Geissel, weit iiber die Spitze der Schuppe hinaus. Von den Mundesgliedmassen bildet die Mandibel schon im Verlaufe der Mysisperiode den anfangs einfachen, spater zwei- und dreigliederigen Taster. An den vorderen Maxillen reducirt sich allmalig der dreigliedrige Taster zu einem kurzen einfachen Stummel (Fig. 3 Ri), wahrend das Facherrudiment vollkommen zu Grunde geht. Dahingegen vergrossert sich der Facheran- hang (Aussenast) des zweiten Kiefers zu einer grossen zweilappigen Athemplatte, der funfglie- drige Innenast aber erfahrt allmalig eine bedeutende Reduction und bleibt schliesslich als tri- gonaler Zipfel erhalten. Die vier Fortsatze des Stammes dagegen bilden sich zu ansehnlichen Kauladen aus. (Fig. 4.) Die vorderen Kieferfiisse endlich erhalten, ahnlich wie bei Sergestes eine grosse ladenartige Platte, welche sich aus dem zweiten Abschnitte des Stammes erhebt und vom Basalglied des Stammes mehr oder minder scharf abglicdert. Am ausseren Rande derselben inseriren sich die beiden Fussaste, der funfgliedrige innere Ast und der Schwimm- fussast, wahrend am Hintcrrande des Basalgliedes der zweizipfelige Kiemenschlauch hervorge- wachsen ist. (Fig. 5.) In solcher Gestaltung, die im Wesentlichen bei sammtlichen Makruren 43 wiederkehrt, freilich unter zahlreichen fi'ir die Gattungen charakteristischcn Besonderhciten, trctcn die Mundwerkzeuge in die Garneelform iiber, dcren Beinpaare des ersten, zweitcn und dritten Paares bereits mit rudimentaren Scheeren endigen. (Taf. Ill, F'ig. 2 und 7.) Die Beine des vierten und fiinften Paares sind verhiiltnissmiissig kurz, sammtliche Nebenaste aber von mach- tiger Entwickelung. Und hierauf beruht vornehmlich die weitere Umgestaltung unserer Larven zur definitiven Garneele, dass die Schwimmfussaste eine Riickbildung erfahren, wahrend die Antennengeisseln sich weiter gliedern und die SchwimmfLisse des Abdomens zur vollen Ent- wickelung gelangen. Die Kieferfusse des zweiten und dritten Paares bewahren am voUstiindig- sten den urspriinglichen Bau des Spaltfusses, und Gleiches gilt, wenn auch in verschiedenen Abstufungen, fiir die entsprechenden Gliedmassen der Makruren. Die Kieferfusse des zweiten Paares sind kniefdrmig umgebogene Greiffusse mit Geisselanhang und Kiemen, die des dritten Paares aber langgestreckte Gehfusse, an denen ebenfalls der Geisselanhang persistirt. Dieselben bei Penaeus und Verwandten als Kieferfusse zu bezeichnen, ist wohl nur aus Liebe zur Theorie geschehen, denn viel zutreftender mochte es sein, diesen Crustaceen scchs Beinpaare zuzuschreiben, ein sehr langes vorderes Paar mit wohlentwickelter Geissel, drei nachfolgende mit Scheeren bewaffnete und zwei kiirzere mit Klauen endigende hintere Paare. Die Garneel- larven der ersten Form habe ich bis zu 12 Mm., die der letzteren bis zu 16 Mm. Lange ver- folgt, ohne die Penaeus arten, welchen sie zugehoren, mit Sicherheit bestimmen zu konnen. Ich muss sogar bekennen, dass mir diese Auffassung, mit der freilich die Bezeichnung »Decapoden« beseitigt wLirde, fiir die meisten Garneelen zutreffend erscheint, da bei den- selben der vordere Spaltfuss zwar kurzer wird, aber immer noch nahezu die Liinge der nach- folgenden sogenannten Gehfusse ohne Geisselanhang erreicht (Caridina, Hippolyte, Lys- mata, Palaemon etc.). Jedenfalls wird durch die besprochenen Verhaltnisse der Entwicke- lung iiber alien Zweifel klar, dass der von englischen Autoren eingefuhrte Gegensatz von Gna- thopoden und Pereiopoden nicht einmal fur den Mittelleib der Decapoden durchfiihrbar ist, geschweige denn fiir den Malakos t ra ke n typus uberhaupt zutretfend erscheint und auf- recht erhalten werdcn konnte. Die Entwickelung der iibrigen Garneelen bietet, so viel bis jetzt bekannt, kein weiteres Beispiel fiir das Ausschliipfen der Larve in Naupliusform und demgemiiss fiir eine so voll- standige Reihe von continuirlich fortschreitenden Jugendformen, wie wir sie fiir die Schizo- poden und Penaeusgarneelen kennen gelernt haben. Auch die Protozoeareihe, die bei den Sergestiden noch in die Zeit des freien Lebens fiillt, erscheint vielleicht iiberall in die Periode der fotalen Entwickelung zuriickgedrangt, ja selbst die Zoea tritt uns beim Verlassen der Eihiillen auf vorgeschrittenerer Stufe und in bereits durch Charaktere der Mysis gefalschter Form entgegen. Zu diesen Merkmalen rechne ich in erster Linie die schon vorhandene Schuppe am Stamme der zweiten Antenne, welche sich bei Penaeus, Sergestes und Euphausia viel spater aus dem ausseren vielgliedrigen Nebenast hervorbildet. Auch die Reduction des Hauptastes, der als kurzer, mit terminalen Borsten besetzter Griffel neben der Schuppe hervortritt, entspricht einem urspriing- lich spateren Stadium. Dagegen scheint die vordere Antenne jenen primaren Zoeaformen gegen- iiber eher vereinfacht als vorgeschritten, so wenigstens bei den jiingsten Caridina-') und '1 Joly, Sur la Caridina Desmarestli. Ann. scicnc. nat. Tom. XIX l-ic. if^43, Taf. IV, Fig. 6? — 74. 44 Hippolytelarvcn 1), die relativ noch jener Zoeaform am nachsten stehen. Sodann ist der Schuppenanhang der vorderen Maxille bereits rtickgebildet, wahrend der dritte Maxillarfuss als wohlentwickelter, fu nctionsfahiger Spaltfuss zu den zwei Spaltfusspaaren der Zoea hinzu- tritt, ein Fortschritt, der uns, von der unterdriickten Anlage der fiinf nachfolgenden Beinpaare abgesehen, mitten in die Mysisreilie hineinfuhrt. Endlich entbehrt das Abdomen mit seinen grossen wohlgesonderten Segmenten der Fachergliedmassen noch vollstandig, wah- rend das Linpaare, vom sechsten Segmente abgetrennte Facherstiick die primare, an den Phyllo- podenschwanz erinnernde Form iangst verloren hat und eine verbreiterte, am bedornten Hinter- rande wenig ausgebuchtete Platte darsteilt. Wahrscheinlich besitzen unsere Larven beim Aus- schlLipfen bereits zwei Spaltenpaare des Herzens. (Vergl. Taf. VII, Fig. i5.) Die Entwickelung der noch fehlenden Gliedmassen des Mittelleibes und Hinterleibes schreitet — und hierin liegt eine wesentliche Abweichung — bei den Garneelen in ganz anderer Weise vor, als wir dieselbe fiir die P en aeus garneelen und Sergestiden beschrieben haben. Die vorderen Paare der spiiteren Gehfusse wachsen friiher als die hintern als Knospen hervor und gelangen demgemass weit friiher zur Ausbildung. Wir haben es otfenbar bezuglich der Extremitatensprossung mit einem Process der Abkiirzung und Zusammenziehung zu thun, der von dem erorterten betrachtlich ditferirt und auch in den einzelnen Garneelgattungen verschie- den ist. Bei einer auf Gran go n (?) bezogenen Helgolander Larve zeigte ich, dass hinter den Fig. 14. Fig. 1 5. Fig. 16. drei Spaltfusspaaren der Maxillarfiisse das erste Beinpaar als Schwimmfussast bereits in Thiitig- keit ist, wenn das zweite und dritte noch kleine einfache Knospenschlauche sind, wahrend das vierte und fiinfte, ebenso wie die Fusse des Abdomens, die Fachergliedmassen ausgenommen, noch vollkommen fehlen. Fiir eine wahrscheinlich zu Hippolyte gehorige Larvenreihe ver- mochte ich den Vorgang der Gliedmassenbildung vollstilndiger darzuthun. An dieser gross- augigen. durch einen spatelformigen Stirnfortsatz, so wie einen langen Stachcl des zweiten Ab- '.) C. Claus, Zur Kenntniss der Malakostrakenlarvcn. WLirzburt;t;r naturvvissenschaftl. Zcitschr. Tom. II, iSGi, Taf. Ill, Fit;. I. 45^ dominalsegmentes kenntlichcn Lar\'e (Holzschnitte Fig. 14 und i5), erschcinen die zwei ersten Geh- fusspaare und mit ihnen die Anlagen der Fachergliedmassen gleichzeitig (Fig. i5 und 16), erst wenn jene zweiastig geworden sind, treten die Knospen der drei nachfolgenden Fusspaare auf. Bei einer Liinge von 5 Mm. schwimmt die Larve mit fiinf Spaltfusspaaren (Holzschnitte Fig. 17 und 18) umher, tragt aber hinter denselben Jederseits noch drei kurze zweiastige Fussschlauche mit sich herum, welche den noch nicht zur vollen Entwickelung gelangten hinteren Beinpaaren entsprechen. Die Vorderfiihler besitzen jetzt die beiden Geisselanlagen, am Abdomen aber fehlen noch sammtliche Fusse, mit Ausnahme der bereits umfangreichen Fachergliedmassen. Erst mit der Ausbildung der drei hinteren Spaltfusspaare des Mittelleibes im iilteren Mysisstadium spros- sen die Abdominalfusse hervor. Indem sich die Antennengeisseln gliedern, die Fussaste ihre terminale Endigung mit Scheere oder Klaue kenntlich werden lassen und die Abdominalfusse weiter auswachsen, wird die Mysis- in die Garneelform iibergefuhrt. Die Umbildung der Maxillen und Kieferfusse in die definitive Form erfolgt im Veigleiche zu Penaeus und Sergestes verhaltnissmassig spilt, wie iiberhaupt bei sammtlichen mir bekannt gewordenen Garneellarven diese Mundtheile wahrend des Mysisstadiums die Larvencharaktere bewahren und die Umfor- mungen erst im Stadium der Garneelform erfahren. Fig. 18. I Fig. 17. Im Wesentlichen wiederholen dieselben die schon fur Sergestes und Penaeus eror- terten Gestaltungsverhaltnisse, freilich unter zahlreichen Besonderheiten ij , welche wohl ver- dienten, in erster Linie unter den Gattungscharakteren verwerthet zu werden. Nehmen wir die ') Die zahlreichen und charakteristischen Besonderheiten, die sich sammtHch erst in der letzten Zeic dcT Meta- morphose ausbilden, verdienen unsere Beachtung in voUem Masse, besonders mit RLicksicht aul" die Aufgabe, den Werth der bisherigen vornehmlich auf mehr in die Augen faliende Merkmale der Fiihler und Seine basirten Gruppirungen zu prlifen. Es wijrde hier zu wcit fi'ihrcn, wolke ich die angeregte Frage im Detail beantworten. Nur in so wcit werde ich aut" dieselbe eingehen, als es sich darum handeit, die wichtigsten Modificationen als Beson- derheiten des Entwickelungsganges zu erklaren, welchen die anfangs so ijbereinstimmend gebildeten Kiefer und Kieferfusse 46 Mandibel aus, die wohl iibcrall nach ihrer besonderen Gestalt, sowic auf Vorhandensein oder Mangel ihres Tasters von den Systematikern seither beriicksichtigt wurde, so vermissen wir fijr die nachfolgenden drei Paare von Mundesgliedmassen eingehende Detailangaben bei den GattLingsbeschreibungen der Autoren fast durchaus. Ucbrigens wird schon bei manchen Garneelen die Metamorphose durch die Verlangerung der Embryonalentwickelung merklich abgekiirzt. So besitzt die C r a n g o n larve beim Aus- der Larven genommen haben. Was die Mandiheln anbetrifft, so mag die kurze Bemerkung genugen, dass der flir zahlreiche Gattungen nachgewiesene Mangel des Mandibulartasters sich wohl in der Kegel aus der unterbliebenen Neubildung erklart, wahrend allerdings im einen oder andern Fall die Moglichkeit nicht ausgeschlossen bleibt, dass auch die neugebildete Sprosse wiederum eine Ruckbildung erfahrt. Die vorderen Maxillen zeigen einen ijberaus gleichmassigen Bau. Ueberall die heiden grossen Laden, wenn auch im Speciellen nach Form und Grossenverhaltniss abweichend , und der reducirte meist eingliedrige und hakig gebogene Taster. Relativ am machtigsten entwickelt stellt sich derselbe in der Penaeiden gruppe heraus, wo er sich sogar (P. cari- natus) in einen Geisselfaden fortsetzen oder eine recht complicirte Gestalt und Bewaffnung gewinnen kann (P. affinis). Verklimmert finde ich die untere Lade nur bei Pasiphaea. Weit mannigfaltiger sind die Verschiedenheiten, welche das zweite Maxillenpaar bietet. Die aus dem Stamm her- vorgegangenen vier Ladenstlicke erhalten sich nur in der Penaeidengruppe und auch da beginnt fiir das untere Stiick bereits eine Reduction (Para penaeus n. gen. und Sicyonia). In der Alp heide ngruppe (Alpheus, Hippolyte, \'ir- bius, Athanas), sowie bei Pandalus, dann bei Atya und Caridina bildet das Basalglied nur noch eine einzige Lade, liber welche die beiden grossen Ladenstlicke des zweiten Stammabschnittes weit hinausragen. Ganz besonders um- fangreich wird die zweite Ladenplatte bei Atva und Caridina. Aber auch diese fallt weg , wie in den Gattungen der Palaemon id e n gruppe (Palaemon, Anchistia, Palaemonetes, Typton, Pontonia). Endlich aber werden auch die oberen Laden bis zum volligen Verschwinden reducirt, so dass der aus dem Innenaste hervorgegangene langgestreckte Taster die einzige am Ende des Innenrandes entspringende Erhebung bildet, so bei den Crangoniden (Grangon, Nika) und bei Pasiphaea. Den Taster finde ich uberall eingliedrig , meist fingerformig schwach gebogen und mit wenigen Borsten oder auch Hakchen besetzt. Sehr lang ist derselbe bei Stenopus, fast rudimentar bei Alpheus, Hippolyte, Virbius und Athanas. Ueberall isl die borstenrandige Athemplatte mit ihrem unteren verbreiterten Zipfel machtig entfaltet. Die vorderen Maxillarflisse, deren morphologische Gestaltung ich oben bereits fur die Sergestiden aus dem Spalt- fuss der Larve abgeleitet habe, bieten ebenfalls mannigfaltige Abweichungen , die ziemlich gut zu den angefuhrten Unter- familieii der Garneelen stimmen. Unter den Penaeiden bewahrt bei Penaeus und Parapenaeus n. gen. der vier- bis fiJnfgliedrige Innenast seine ursprungliche Gliederung und erscheint zu einem langgestreckten Tasterfuss umgestaltet, der hinter der machtig vorragenden vom Basalglied des Stammes abgesetzten Lade hervorragt, nur an seinem unteren verbreiterten und stark bewaffneten Ab- schnitt von dem Aussenast uberdeckt, welcher einen langen borstenrandigen oberhalb des Kiemenschlauches abgestutzten Anhang bildet. Bei Sicyonia ist derselbe jedoch nur zweigliedrig, sonst aber wie bei Penaeus, auch bei .Stenopus ist der- selbe zweigliedrig, aber facherformig. Bei den Alpheiden erscheint der Taster schmal und gestreckt, jedoch nicht weiter gegliedert, aber in naherem Verband zu dem ausseren Ast getreten, der an der Basis lamellos verbreitert, nach aufwarts in eine schmale langgestreckte Geissel auslauft. Bei Caridina und Atya bleibt die Geissel kurz, wahrend der Basalabschnitt einen breiten Facheranhang bildet, der blattformige Taster aber in einem fingerformigen Endabschnitt auslauft. Hier schliesst sich Pandalus am nachsten an, dessen Aussenast freilich eine sehr lange peitschenformige Geissel entsendet. Eine solche beobachten wir auch bei sammtlichen Palaemoniden , deren Taster jedoch ein verhaltnissmassig kurzer fast unbewaffneter und etwas gekriimmter Fortsatz bleibt. Am weitesten differiren die zu den Crangoniden gestellten Gattungen. Bei C rang on niihert sich der vor- dere Kieferfuss in der Gestaltung seiner Abschnitte dem Spaltfusse der Larve. Der .4ussenast ist dem Geisselast des mitt- leren Maxillarfusses voUkommen gleichgestaltet , der Innenast oder Taster bildet ein schmales lanzettformiges Blatt, unter dessen Basis keine Ladenplatte am Stamme vorspringt. Auch hier wird der zweizipflige Kiemenanhang nicht vermisst. Bei Nika ist die Ladenplatte machtig entwickelt und an deren Ruckenseite der massig gebogene Taster gedrangt , bedeckt von der ausserordentlich umfangreichen Facherplatte des Aussenastes. Bei Pasiphaea endlich, welcher Du Cane eine separate Stellung angewicsen hat, wird die Berechtigung einer solchen Auffassung auch durch die ganz autfallende Gestaltung des vorderen Kieferfusses bewiesen , die zu einer lang- gestreckten Facherplatte reducirt, leicht fiir einen Geisselast des mittleren Kieferfusses gehalten werden konnte. Das obere abgerundete Ende entspricht wohl dem Innenast, wahrend der Aussenast zu dem schmalen aber scharf abgesetzten Fiicher- saume am Aussenrande verklimmert. 47 schliipfen die Anlage der beiden vorderen Gehfusspaare. Fiir Palaemon zcigtc Du Cane schon vor mehreren Decennien, dass die Larve beim Verlassen der Eihiille hinter den drei Spaltfusspaaren die drei nachfolgenden Beinpaare als aufwarts geschlagene dem Leibe anlie- gende Schlauche tragt, und neuerdings wurde die Richtigkeit jencr Beobachtungen durch Bobretzky's »Untersuchung iiber die Embryonalentwickelung von Palaemon«, bestiltigt. An den jungen Palaemonlarven finden sich bereits beide Geisseln der Vorderfuhler angelegt, wahrend im Uebrigen Korperform und Gliedmassenbildung durchaus die Eigenthi'imlichkeiten der sogenannten Garneelzotia zeigen. Schwanzfusse sind noch nicht vorhanden, ja nicht einmal die Anlagen der Fachergliedmassen, die jedoch im nachsten Stadium hervortreten. Von dem wei- teren Verlaufe der Metamorphose warden wir uns nach den wenn auch unzureichenden Be- schreibungen und Abbildungen Du Cane's') einige Rechenschaft geben konnen. Zunachst entwickeln sich die drei neugebildeten Beinpaare zu Spaltfussen, wiihrend zugleich der Facher am Abdomen in Function tritt, ferner die zwei fehienden Thoracalfusspaare, sowie die Beine des Abdomens als Knospen zur Anlage gelangen. So wird die Mysisform und nach ihr das Stadium der Garneelform erreicht (Du Cane 1. c. Taf. VI, Fig. 5, Taf. VII, Fig. 6), in wel- chem die Antennen und die Mundtheile ihre definitive Ausbildung erlangen, die Beinpaare der Brust den Geisselanhang riickbilden und die zweiastigen Abdominalfiisse die Schwimmborsten gewinnen. Hier diirfte sich am besten eine kurze Betrachtung von Amphion anschliessen. Im Habitus ihrer Erscheinung stehen freilich die unter der Gattung Amphion begritfenen Formen den Phyllosomen so nahe, dass sie Milne Edwards zugleich mit Phyllosoma in seiner Gruppe der i)Stomapodes bicuirasses« aufnehmen konnte. Nachdem die Larvennatur der ersteren dargethan war, lag es nahe, auch fiir Amphion eine ahnliche Beziehung als Larven langschwanziger Decapoden zu vermuthen. Um so mehr musste es auflallen, dass neuer- dings A. Dohrn die Ansicht aussprach, Amphion stelle ein geschlechtsreifes Thier vor. Da mir eine grcissere Anzahl jiingerer und alterer Am phionexemplare zum Vergleiche vorliegen, habe ich, soweit es an theilweise mangelhaft conservirten Weingeistexemplaren moglich war, die Frage zu prufen und zu entscheiden versucht. Zunachst muss ich hervorheben, was Dohrn ganz entgangen zu sein scheint, dass M. Edwards in der Deutung der Gliedmassen von Amphion einen Irrthum begangen hat, indem er die Unterlippe fur das erste Kieferpaar ausgab, und damit auch die nachfolgenden Gliedmassenpaare morphologisch falsch beurtheilte. Naturlich musste alsdann das erste Kiefer- paar zum zweiten, dieses mit seiner ovalen Facherplatte zum vorderen Kieferfuss, der vordere zum mittleren Kieferfusse werden. So bleiben die sechs an Phyllosoma erinnernden Paare von Spaltfussen iibrig, die thatsiichlich aber den mittleren und hinteren Kieferfiissen, sowie den vier nachfolgenden Beinpaaren entsprechen. Das letzte noch einfache Beinpaar ohne Nebenast ist M. Edwards unbekannt geblieben. Wahrscheinlich hat unser Autor das Stadium beobachtet, in welchem das letzte Beinpaar erst als kleine Knospe angelegt ist. Die jungsten mir bekannt gewordenen A mphionlarven stimmen mit den von Dohrn bereits beschriebenen Formen uberein (Dohrn 1. c. Taf. 3i, Fig. lO) und wiirden etwa als sehr lang gezogene vorgeschrittene Garneelzoeen zu charakterisiren sein, deren vorderes Spaltfusspaar (Taf. VllI, Fig. loj bereits ganz in den Dienst der Kiefer iibergetreten ist und den vorausgehenden beiden Maxillenpaaren dicht anliegt. Das zweite von den Mundtheilen ') Du Cane, On the Metamorphoses ol' Crustacea. .'\nn. and Mag. of nat. hist iSjo. 48 weit abwarts geriickte Spaltfusspaar, ist ebenso wie das dritte Spaltfusspaar durch die stilfor- mige Verlangerung des zweiten Stammgliedes ausgezeichnet. Von den Gehfiissen tritt das vor- dere Paar in Form einfacher anliegender Schlauche auf, auch sind am Abdomen die Seiten- platten des Fachers schon in voller Thatigkeit. Nach Dohrn sollen die Mundtheile bereits vollstandig mit denen des erwachsenen Thieres iibereinstimmen, bei genauerer Vergleichung finden wir jedoch eine Reihe von Abweichungen, die eben die niedere Stufe der Ausbildung bekunden. Insbesondere ist die Athemplatte des zweiten Maxillenpaares, dessen Taster {R i) ebenfalls plattenformig verbreitert ist, noch sehr rudimentar (Fig. g Re), ferner der Stamm des vorderen Maxiilarfusses noch keineswegs in den grossen Ladenfortsatz ausgezogen (Fig. lo Mf), der erst in den nachfolgenden Entwickelungsphasen zur Ausbildung kommt. In diesen werden paarweise der Reihe nach die noch fehlenden Spaltfusspaare erganzt, so dass wir mit der steigenden Grossenzunahme Stadien mit drei, vier, fiinf und sechs Spaltfusspaaren (von dem vorderen Maxillarfusse abgesehen) beobachten. Formen mit drei und fiinf Beinpaaren habe ich allerdings nicht gesehen, vermuthe jedoch, dass sie existiren, da bei den Amphionexemplaren mit zwei, vier und sechs Spaltfusspaaren stets nur ein einziges neues Beinpaar angelegt, auch die Intervalle zwischen den einzelnen Beinpaaren, sowie die Grossendifferenzen der Stadien be- deutend sind. Bei den Formen mit sechs Beinpaaren — und eine solche hat M. Edwards abge- bildet — tritt die Anlage des siebenten und letzten Beinpaares als kleine Knospe und spater, wenn das sechste Spaltfusspaar fast die Lange des vorausgehenden Beinpaares erreicht, als langerer bereits gegliederter Schlauch ohne Nebenast hervor. Schon vorher sind am Abdomen die fiinf Beinpaare als zweiastige Schlauche bemerkbar. Auch tragen jetzt, worauf Dohra die Aufmerk- samkeit gelenkt hat, die Spaltfusspaare kleine kammformige, unter der seitlichen Ausbreitung des zarten flachen Schildes verdeckte Kiemenanhanae. Damit freilich ist noch nichts fiir die Auttassung des mit sieben Fusspaaren versehenen A m p h i o n als Geschlechtsthier gewonnen, denn Kiemenrudimente treten schon im Larvenleben auf. Freilich glaubt Dohrn zwei lange Eierstockschlauche in dem Innenraum des Vorder- korpers aufgefunden zu haben, von denen es schien als miindeten sie am letzten Segmente des »Pereion.« Bekanntlich liegen aber an dieser Stelle bei keinem Malakostraken die weiblichen Geschlechtsoffnungen , die ganz allgemein dem drittletzten Brustsegmente angehoren. Auch hat uns Dohrn keinesweg den Beweis geliefert, dass die pflasterformigen Zellen, welche den In- halt des schmalen Schlauches ausmachen, wirklich Eizellen sind. Leider finden sich bei Dohrn keinerlei Angaben weder iiber die BeschalFenheit der Antennen noch des letzten Beinpaares. Doch geht fiir dieses aus Dohrn's Abbildung hervor, dass es noch mit sehr schmiichtiger Basis beginnt. Dagegen zeigt die Abbildung, welche Dohrn von einem Abdominalfusspaare dieses Amphion gegeben hat, dass die Schwimmborsten desselben noch fehlen. Die altesten von mir beobachteten Amphionlarven (Taf. VIll, Fig. 8j besitzen die gleiche Form von Ab- dominalfiissen und eher noch eine grossere als geringere Lappenzahl der Kiemen. Sie tragen solche nicht nur an dem zweiten his fiinften, sondern auch am sechsten Spaltfusspaare. Somit mochte es kaum wahrscheinlich scin, dass Dohrn ein wesentlich welter vorgeschrittener Am- phion vorgelegen hat, zumal die Abbildungen der Mundtheile genau iibereinstimmen. Nun aber weisen schon die in der Bildung begriffenea Kiemenrudimente (vergl. Dohrn 1. c. Taf. XXX, Fig. 9), sowie die Abdominalfiisse auf Larvencharaktere hin und wie welter die Untersuchung der Antennen und des inneren Baues ergibt, finden wir auch hierin die Larvennatur von Am- phion bestiltigt. Die beiden Aeste der vorderen Fiihler sind ziemlich gleich lange Schlauche, unter deren Cuticularhiille erst die spiitere Gliederung vorbereitet wird. Im Grundgliede des 49 Stiles fchit noch die Anlage dcr Gehorblase, und wenn auch die lange Geissel dcr Aussenan- tennen aus zahlreichen Gliedern zusammengesetzt wird, so vermag dieses Merkmal unseren Amphion kaum liber die Acanthosom astute der Sergestiden zu erheben, welchcr derseihe iiberhaupt auch in anderen Eigenthiimlichkeilen am naclisten steht. Die grossen von Dohrn beobaciiteten Zellen sind mir keineswegs entgangen, doch habe icli nicht die Ueberzeugung ge- winnen konnen, dass sie mit dem Ovarium etwas zu tliun haben. Somit diirfte Ampliion als Crustaceenlarve zu rehabilitiren sein. Auf welche Makruren- gattung dieselbe aber zu beziehen ist, wird nach den vorliegenden Anhaltspunkten mit Sicher- lieit nicht entschieden werden konnen. Am nachsten steht sie jedenfalls den Acanthosomcn und somit den Sergestiden. Weit bedeutender und in einzeinen Gattungen beinahe vollstiindig ist die Reduction der Metamorphose bei den Astaciden. Ueber Nephrops fehien bislang, so viel mir bekannt, jedwede Angaben liber die Entwickelungsweise, dagegen sind wir uber den Hummer und Fluss- krebs in erster Linie durch die classischen Arbeiton Rathke's eingehend orientirt. Der Hummer verlasst das Ei als Spaltfussler mit vollstandiger Leibesgliederung, aber noch ohne die Abdo- minalgliedmassen und mit einfacher Facherplatte. Man konnte zweifelhaft sein, ob die junge Larva, die neuerdings von Sidney J. Smith') genau beschrieben wurde, noch in die Mysis- reihe gehort oder schon auf das Geisselgarneel- Stadium zu beziehen sei. Hier wurde jedenfalls die Abgrenzung beider Larvenstadien in anderer Weise als in der Familie der Garneelen zu begriinden sein, da die zeitliche Aufeinanderfolge in der Ausbildung der Merkmale, im Zusam- menhang mit der directen Entwickelung, abermals eine Verschiebung erfahren hat. Mundtheile, Kieferfusse und Thoracalfiisse treten in weit vorgeschrittener Ausbildung entgegen, so dass wir auf Grund derselben unsere Larve schon als Geisselgarneele zu bezeichnen hiitten. Dagegen sind die Vorderfuhler noch einfach und ohne doppelte Geisselanlagen, also kaum auf der Entwickelungs- stufe der Zoea, die hinteren Fiihler aber wiirderi durch den Besitz einer breiten, machtig ent- wickelten Schuppe neben der kurzen noch ungegliedertcn Geissel etwa das Mysisstadium reprii- sentiren. Fast in gleichem Masse als die Vorderfuhler erscheint das Abdomen zuriickgeblieben, dessen Entwickelung nicht iiber den Hinterleib dcr Garneelzoea hinaus vorgeschrilten ist und in seiner Bewaffnung mittelst spitzer Riicken- und Seitendorncn die Bestachelung dcr Sergestiden- und Penaeidenlarven wiederholt. (Vergl. Taf. III.) Mundwerkzeuge und Beine weisen gleich- falls auf die nahe Verwandtschaft der Astaciden mit den Penae id en 'hin, denen sie unter den Garneelen mit am nachsten stehen. S. J. Smith unterscheidet noch zwei spiitere Larvenstadien-) bis zur Ausbildung der jugend- lichen Geschlechtsform. In der zunachst folgenden Larvenperiode — von den Veriinderungen des Schnabels und der Antennen, sowie von den geringfligigen Abweichungen der Mundtheile abgesehen — treten am zweiten bis funften Abdominalsegment Fussstummel auf, erst nach den- selben werden die Facheranlagen gebildet, freilich um schon im dritten Larvenstadium die ') Sidney J. Smith, The early Stages of the American Lobster (Homarus Americanus Edw.) Transactions of the Connecticut Academy of Arts and Sciences. Vol. II, Part. 2, 1S73, pag. 35 1. ") Dieselben drei Larvenstadien kehren beim europaischen Himimer wieder, wie jlingst G. O. Sars (Om Hummers post embrvonale UdviUIing. Vidensv. Selsk. Forh. Christiania 1874) gezeigt hat. CI aus. tJnlLTsucliunycn ubur Cruslacccn. * 7 50 vorausgehenden noch borstenlosen Fiisse an Umfang und Ausbildung zu tibertreffen und be- reits einen rudimentaren Facher darzustellen. Hier wiire also das normale Verhiiltniss in der Reihenfolge der hervorknospenden Extremitaten wieder hergestellt, freilich unter Ausschluss des Fusspaares am ersten Abdominalsegmente, welches auch noch an den ganz jungen hidividuen der Geschlechtsform mit abgeworfenen Geisselanhangen der Beine fehlt, indessen nachtraglich wahrcnd des spateren Wachsthums in beiden Geschlechtern zu ungleicher Dilferencirung hervor- sprosst. Wir beobachten hier ein uberaus interessantes Verhaltniss, welches nicht nur von Neuem darthut, wie wenig wir berechtigt sind, aus der zeillichen Reihenfolge der Extremitatenknospen morphologische Schliisse abzuleiten, sondern welches auch fiir den Mangel des ersten Abdominal- fusspaares bei den Panzerkrebsen und Krabben einige Aufklarung gibt. Schon bei den Ser- gestiden und den Penaeusarten zeigen sich Abnormitaten am ersten Rcinpaare, wie auch fiir die Ausbildung des inneren Fussastes der nachfolgenden Beinpaare die umgekehrte Reihen- folge als fiir die Brustfusse, bezeichnend ist. Bei den Flusskrebsen endlich fallt bekanntiich die Metamorphose fast ganz hinweg, und die .lugendformen stimmen beim Verlassen der Eihiillen mit Ausnahme der noch einfachen P^acherplatte und der fehlenden Vorderbeine des Abdomens mit der Geschlechtsform iiberein. Ein besonderes Interesse bietet die Entwickelung der Panzerkrebse iLoricata), nicht nur wcgen der fiachen, zarthiiutigen Phyllosoma form, in welcher die Larven die Eihiillen verlassen, sondern vornehmlich aus morphologischen Griinden mit Rticksicht auf die eigenthiimlichen Ent- wickelungsvorgange, die ein merkwiirdiges und erst im Zusammenhange mit der Metamorphose der Sergestiden begreifliches Spiel von Riickbildung und Fortbildung in sich begreifcn. Offenbar gehort die junge, eben ausgeschliipfte Phyllosoma nach Extremitatengestaltung des Thorax in die Mysisreihe, wiihrend die hinteren Maxillen eine viel einfachere Form zeigen, die vorderen Maxillar- fiisse sogar ganz fehlen und das stummelformige Abdomen in seiner Dilferencirung nicht iiber die Stufe der Protozoea hinausgekommen zu sein scheint. Ziehen wir jedoch die Embryonalentwicke- lung zu Rathe, so weit sie uns bekannt geworden ist, so findcn wir doch fiir viele der beim ersten Anscheine unerklarbaren Abnormitaten im Lichte der Descendenzlehre einiges Verstandniss. Wenn ich friiher aus einem Vergleiche der jiingsten Phyllosomcn fScyllarusi mit den Em- bryonen von Palinurus die Zusammengehorigkeit beider nur im Falle einer bedeutenden Ver- anderun<^ unter Riickbildung der vorderen Maxillarfusse und anderer Gliedmassentheile fiir denk- bar erklarte, so scheint es sich nunmehr durch D ohm's i) Beohachtungen herausgestellt zu haben, dass der a priori fur unwahrscheinlich gehaltene Ruckschritt in der That zutrifft. freilich wenigstens bei ScyHarus grosstentheils schon in die Periode des Embryonallebens hineinfallt. Bei Scyllarus vereinfacht sich die hintere Maxille bedeutend, wahrend der vordere Maxillar- fuss noch vor dem Ausschliipfen der Larve vollkommen hinwegfiillt, bei Palinurus wird der- selbe, wenn nicht vollstandig, so doch zu einem bedeutungslosen Rudiment rtickgebildet. Auch die hinteren zweiastigen Antennen erfahren eine, wenn auch geringe Reduction, indem die An- lage des Nebenastes (Geisselast oder Facher) zu einem kleinen Hocker wird, aus welchem spater im Laufe der Phyllosoma metamorphose bei Scyllarus und Verwandten der breitere Schuppen- ') A. Dohrn, Untersuchunpen iJber Bau und Enwickelung der Arthropodcn. 6, Zur Entwiclieiungsgeschichtc der Panzerkrebse. i Decapoda loricata.) Zeitschr. fur wiss. Zool. Tom. XX, pag. 24^. 51 fortsatz dcT lamellosen Antennen hervorgeht. Auch die Panzerkrebse kcinnen daher einc rudi- mentare, wenn auch nur durch einen Fortsatz reprascntirte Schuppe ') besitzen. Eine weitere Riick- bildung zeigt sich sodann an dem zweiten, beziehungsweise (Scyllarusi auch dritten Maxillar- fusse, welche ihren Geisselast verlieren, endlich in der Gliederung des Abdomens. Hinter den beiden kurzen Segmenten des Mittelleibes, welche die kleinen Knospen der vorletzten und letzten Thnracalfiisse tragen, werden behn Embryo die Umrisse sammtlicher Abdominalsegmente sicht- bar, bei Palinurus-) sogar als aussere Glieder tief abgeschnurt, der Endtheil lauft in die primaren Furcalfortsatze aus, wie wir sie noch am Hinterleib der Penaeuslarven gefunden haben. Die junge Phyllosoma (Scyilarus) hat die Segmente der beiden Paare von Extremitatenknospen als aussere Ringe eingebusst und besitzt ein (iberaus kurzes Abdomen mit nicht scgmentirter Cuti- cula, unter der freilich die vorderen Segmente als Querbinden hervortreten und endet mit zwei seitlichen Furcalstummeln, welche wie bei der Protozoea von Penaeus die Langsspalte der Afteroffnung zwischen sich nehmen (Holzschnitt Fig. ig). Spater werden diese Abschnitte zur Bildung der Schwanzplatte zusammengezogen (Holzschnitt Fig. 20). Fig. 20. Fig. 19. Abdomen einer g:inz jungen Sc y 1 la I'us- 1' It y 1 1 osom a. Abdomen cincr ctwas alteren Pa 1 i n u rii s- P h y M o so ma. Vergleichen wir nun die merkwiirdigen mit Ruckbildungen verbundenen Umgestaltungen, welche die als Elaphocaris, Acanthosoma und Mastigopus benannten Sergestidenlarven erfahren, so wird fiir uns kaum noch ein Zweifel zuriickbleiben konnen , dass die with rend der Embryonalentwickelung der Panzerkrebse stattfindenden Ruckbildungen alsUeberreste einer Reihe von Ruckbildungen zubetrachten sind, welche sich ein St with rend des freien Lebens der Larve vollzogen. Wenn wir z. B. sehen, dass die beiden Kieferfusse des zweiten und dritten Paares 3) die Anlage von Geisselanhangen be- sitzen, die noch am Embryonalkorper wieder verschwinden, so werden wir in dieser Erscheinung einen Hinweis linden, dass es einst Formzustiinde gab, welche diese Gliedmassen als Spaltfiisse benutzten, anfangs vielleicht zugleich mit den spaltfiissigen vorderen Maxillarfiissen, ahnlich wie bei Elaphocaris und der Garneelzoiia, spater noch neben den neu gewonnenen Spalt- ') Bei Willemoesia unJ der fossilen Gattung Eryon ist die Schuppe als schmale Platte wie bei den AstaciJcii vorhanden. '') C. Glaus, Ueber einige Schizopoden etc. 1. c. pag. 432. Taf. XXV, Fig. i. *) Bei der blinden, der Tiefseefauna zugehorigen Wille moes ia fehlen die Geisselanhange auch ini ausgcbildeteii Zustande an beiden Maxiilarfusspaaren, wie auch flir die fossile Gattung Eryon das Vorhandensein derselben keineswegs sicher erwiesen zu sein scheint. 7* 52 fussen wie bci den Acanthosomen der Garneelzoeen und in dcr Zeit der Mysisperiode. Dass wir in unserem Vergleiche bis zur Mast igop us form vorschreiten diirfen , die ja den Geissel- anhang an Kieferfiissen und Beinen abgeworfen, freilich auch die beiden hinteren Beinpaare ver- loren hat, mochte ich bezweifeln, da keine directen Andeutungen ') einer erneueten Bildung der beiden hinteren Thoracalfusspaare vorliegen, zadem auch die Entwickelung des Abdomens zu jenen Larven in directem Gegcnsatze steht. Freilich glaube ich die so bedeutende Retardirung der Abdominalentwickelung als eine mit verkiirzter Entwickelung verbundene Falschung auf- fassen zu mussen, die sich den Bewegungs- und Lebensbedingungen einer so abnormen, flachen- haften Gestalt des Kopfschildes und des Thorax adaquat ergab. Am Embryonalleib tritt iibrigens die flache Scheibenform in weit geringerem Grade als bei der jungen Phyllosoma hervor, indem der Kopf gewolbter, der Thorax relativ schmaler erscheint, ein Hinweis auf die friihere, vor der normalen Garneellarve minder difterente, im verlangerten Eileben unterdriickte Larvenge- stalt. Der voUstandige Schwund (Scyllarus) oder mindestens die sehr bedeutende Riickbildung (Palinurus) des vordern Maxillarfusses kann wohl kaum in anderem Sinne gedeutet werden, als der Verlust der beiden hinteren Beinpaare, den wir bei dem jungen aus Acanthosoma hervorgegangenen Mastigopus beobachten. Sonderbar, dass gerade die dickschaligen Panzerkrebse durch zarthautige, schildformige Larven vorbereitet werden, deren Uebergang in die Decapodenform der Vorstellung grosse Schwierigkeiten bereitet. Leider haben sich bislang die Uebergangsglieder der Phyllosoma zur Decapodenform unserer Kenntniss entzogen; zwar sind zahlreiche und sehr grosse Phyllo- somen -j, sowie jugendliche Loricaten mit Geisselanhangen der Gehfusse bekannt geworden? zwischen beiden aber mussen, wie auch aus dem Vergleiche der Mundwerkzeuge hervorgeht, noch Zwischenformen existiren, welche in der Gestaltung des Bruststiickes den Uebergang ver- mitteln. Morphologisch enthalt otfenbar die vordere grosse Kopfplatte den Panzer des ganzen Ri'ickenschildes, wahrend die zweite schildformige Platte mit den Kieferfiissen und Beinen von jener schliesslich voUstandig uberwachsen und seitlich iiberwolbt, zum »plastron sternal" wird. Ergibt sich ja auch aus der Entwickelungsgeschichle der Zotia mit Sicherheit, dass urspriing- lich die acht hinteren Segmente des Mittelleibes unter dem Zoeaschilde frei liegen (Euphausia) und dass so mit der Panzer aus einer Integument-Duplicatur des vorausliegenden Maxillartheiles hervorgegangen ist. Allerdings ist meist auch schon im Zoea stadium das Riickenschild iiber dem nicht deutlich mehr gesonderten Segmente des zweiten Maxillarfusses dem Anschein nach verwachsen, indessen handelt es sich da schon um ein secundiires Verhiiltniss, wie sich mit Sicherheit aus der jugendlichen Penaeuslarve ergibt (Pro tozoea stadium), bei der die Segmente auch des mittleren und vorderen Kiefer- fusses frei liegen. Bei der Euphausia larve sind die sieben hinteren Segmente des Mittel- leibes unter dem Riickenschilde als Ringe gesondert, wahrend bei Neb alia, den Squilliden- larven und manchen Mysideen wiederum alle acht Segmente von der Schale getrennt bleiben, und so diirfte sich das Verhaltniss auch fiir die Phyllosoma gestalten, deren Brustschild den Segmenten der drei Maxillarfiisse und funf Beine entspricht. Man iiberzeugt sich somit von der viel naheren, einer friiheren Zeit entstammten Beziehung der beiden Maxillarsegmente zu demjenigen Korpertheil, auf welchen die Panzerduplicatur zuriickzufuhren ist, zu dem Kopf, ') Immerhin verdient darauf hingewiesen zu werden, dass sich an den hinteren Beinpaaren zuerst der Fuss und dann der GeisselasL entwickelt, also in umgekehrter Folge wie bei den Garneeien , ubereinstimmend aber mit dem zum zweilenmale gebildeten Ast der Maxillarfusse. ") Vergl. F. Richter's, Die Phyllosomen, auch in Zeitschr. fur wiss. Zool. Tom. XXIll, i.'^73. 53 wie ja auch die Form uiid Function jener Gliedmassen hci alien Malakostraken auf den Ge- brauch zur Nahrungshearbeitung hinweist. Der vordere Maxi I lar fuss ist erst spater, a b e r b e i s a m m 1 1 i c h e n Malakostraken in u n g I e i c h h (i h e r e m Grade a 1 s der s o g e- nannte zweite und dritte Kieferfuss, im Dienste des Kaugeschaf tes umgestaltet word en. Die primitive Form aber, von welcher jene Schalenduplicatur abzuleiten ist, ist in der Nau- pliusreihe zu suchen; hier wird sogar die erste Anlage jener Duplicatur zu einer Zeit bemerkbar, in welcher die Gliedmassen des vierten und fiinften Paares noch gar nicht gebildet sind. Ich halte es daher fur gerechtfertigt, den primaren Ausgangspunkt der Schale in dem Schilde der Naiipli us larj'e zu suchen. Mit der Umbildung der beiden Gliedmassen- paare zu Kiefern beziehungsweise Kieferfiissen (Copepoden), war die Bildung des secundaren Kopfes vollzogen, mit welcher die Rtickenduplicatur — mag sie sich nun zu einem Sack oder einer zweiklappigen Schale oder zu einem Panzerschilde entwickeln — zusammenhiingt. Dass wir aber berechtigt sind, bei den Malakostraken zu einem so weit zuriickliegenden Ausgangspunkte zuriickzugreifen, beweist wiederum die Naupliusreihe der Euphausia- und Penaeusgar- neelen. Bei den letzteren beobachten wir eine Larvenform, welche bis auf alle Einzelheiten den Vergleich mit den Copepodenlarven zulasst, an welcher das Riickenschild in derselben Form und Lage wie hier, als Duplicatur des Kopfes erkannt wird. (Holzschnitt Fig. to.) Erst spater wird — wie ubrigens auch bei den Copepoden — das sechste Segment mit iiberwachsen, womit die Bildung des freilich oft als Kopf (Arthrostraken) bezeichneten Kopf- bruststuckes eingeleitet ist. Bei den Squilliden bleibt ubrigens die ganze Region der Kiefer- fiisse vom Ruckenschilde getrennt, das Segment des ersten Kieferfusses geht hier unterhalb der Schildplatte in die Innenlamelle iiber. In ahnlicher Weise verhalten sich die interessanten grossen Tiefsee-Schizopoden, von denen W illemoes-Suhm hervorhebt, dass das Riickenschild mit den funf letzten Segmenten des Mittelleibes (Pereionsegmenten) nicht verwachsen sei, son- dern denselben wie bei Apus aufliege. Aber auch in der Gattung Siriella bleiben sechs Seg- mente (Taf. XV, Fig. 3j dauernd gesondert, und bei alien Mysideen ist ein in grosserem oder geringerem Umfang frei erhaitenes Riickenschild erhalten. Kehren wir nach diesem Excurs wiederum zur Phyllosoma zuriick. Die Metamor- phose, welche mit dem weiteren Wachsthum der Phyllosomen verbunden ist, habe ich an einem anderen Orte erortert, und sind meine Angaben spater durch den Vergleich einer grosseren Zahl von Phyllosomen durchaus bestatigt worden. Demgemass gehoren die Phyllo- somen mit lamellosen ') Aussenfuhlern zu den Loricatengattungen mit Fiihlerplatten , die lang- hornigen Formen zu Palinurus. Im Speciellen haben fiir uns diese Umgestaltungen, die ohne- hin nicht sehr bedeutend sind , kein Interesse. Erwahnenswerth aber mochte die Thatsache sein, dass hintere Maxilien und vordere Maxillarfusse wilhrend der ganzen Phyllosomaperiode rudimentiir bleiben und als Kautheile nicht in Verwendung kommen. An den Kiefern bildet sich allerdings die Facherplatte aus, ohne einen relativ bedeutenden Umfang zu gewinnen. Auch die Sprossung des Mandibeltasters fitllt in eine spiitere Zeit. Von den Fiissen des Abdomens, die ziemlich gleichzeitig vorsprossen, gewinnen die Seitenplatten des Fiichers zuerst einen be- deutenderen Umfang. Wichtig erscheint, dass die Fussbildung am ersten Segmente des Abdomens vollkommen unterdriickt bleibt. M An den jlingsten Phyllosomen besteht freilich dieser Gcgensatz noch nicht , dat'Lir schcinen aber andere .\Ierl male (Beingestaltung; zur Erkennung ausreichend. ' 54 Ueber die Verwandlung der Galatheiden, welche wegen ihres halbumgeschlagenen Schwanzes zu den Anomuren gestellt wurden, indessen entschieden zu den langschwanzigen Krebsen gehoren, ist leider bislang nur Weniges bekannt geworden. Couch ') hat eine von Beir^j reproducirte Abbildung der jungen eben ausgesch'.upften Galathealarve gegeben, nach- dem schon vorher Rathke-') die von Couch auch bestatigte Beobachtung gemacht hatte, dass dieselbe ebenso wie die Paguruslarve eine hohere Entwickelungsstufe als die Zoea von Car- cinus maenas reprasentirt, indem ausser den beiden vorderen Spaltfusspaaren auch der dritte Kieferfuss, wenngleich als noch einfache aber mehrgliederige Gliedmasse vorhanden ist. Im Gegensatz zur Krabbenzoiia, die, soweit bekannt, in alien Gruppen und Familien der Bra- chyuren des hinteren Kieferfusses als fungirende Gliedmasse entbehrt, tritt somit der Charakter der Garneelzoea, wenn auch in geschwachter Form, bei Galathea hervor, die uberhaupt auch nach Korperbau, Antennen- und Kieferbildung zu den langschwanzigen Krebsen zu stellen sein diirfte. Erwahnenswerth ist nicht nur die Verkilmmerung des letzten Beinpaares, welches auch hinsichtlich der Scheerenbewatfnung an die Einsiedlerkrebse erinnert, sondern das wahrscheinlich nachtragliche Auftreten des Fusspaares am ersten Schwanzsegmente des miinnlichen Thieres. Ueber die Entwickelung der T halassiniden (Gebia, Thalassina, Callianassa etc.) liegen bislang, so viel mir bekannt, keinerlei Beobachtungen vor. Wie zu erwarten stand, zeigen die Larven dieser zum Graben im Ufersande angepassten Gattungen in Gestalt und Entwicke- lungsweise eine grosse Aehnlichkeit mit den Garneellarven, fiihren aber bereits zu den Pagu- riden hm. Die jungen Callianassa larven besitzen beim Verlassen der Eihullen eine ansehn- liche Grosse, sind sehr langgestreckt und tragen drei spaltastige Fusspaare, von denen sich das vordere schon wesentlich der Formgestaltung des spiiteren Maxillarfusses (Taf. VII, Fig. 4 Mf') nahert. Der lange Stirnschnabel, sowie die Bestachelung des Abdomens, dessen zweites Segment mit einem besonders langen Riickendorn bewaffnet ist, erinnern an die oben beschrie- bene, wahrscheinUch zu Hippolyte gehorige Garneellarve, ebenso die Form der Antennen, der Mundtheile und Spaltfusse, hinter denen jedoch bereits die kurzen, schlauchformigen Anlagen sammtlicher Thoracalfusse unter dem Integument bemerkbar sind. Den einfachen, mit fiinf Riechfaden und einem langen bestachelten Dorn besetzten Vorderfuhlern gegenuber erscheinen die hinteren Antennen bereits gegliedert und tragen neben der grossen Facherplatte einen griffel- formigen, in zwei Borsten auslaufenden Innenast. Hierzu kommt, wie bei den Paguriden, eine kleine Stachelborste {St), welche wir spater an den Antennen der Krabbenzoea in viel grosse- rem Umfange wiederfinden werden. Die nahere Gestaltung der Mundtheile und Fiisse ergibt sich aus den beigefijgten Abbildungen zur Geniige. Beziiglich der Spaltfusspaare will ich jedoch nicht unbemerkt lassen, dass der Innenast des mittleren Paares funfgliederig, der des hinteren nur viergliederig ist. Der zweigetheilte Aussenanhang tragt dort vier, hier fiinf lange Ruder- borsten. Die Facherplatte, mit dem sechsten Segment noch in continuirlicher Verbindung, ver- breitert sich stark nach dem schwach convexen Endrande, der zwischen der medianen Termi- *) Couch, On the Metamorphosis of the Decapod - Crustaceans Report. Cornw. Polyt. Soc. 1S43. ^) Bell, A History of Brit. Crustacea, 1846a pag. 2o3. ^) RathUe, Zur Entwickelung der Decapoden. Arch, fur Naturg.. 1840, pag. 241. 00 nalborste und deii scitlichen Dornen rechts und links je cilf Borsten tragt. Auch wird die An- lage des Fachers untcr dem Integument bemerkbar. Wie sich Thalassina und Gebia als Larven verhalten, daruber vermag ich vorlaufig ebenso wenig, wie fiber die Details der wei- teren Entwickelung von Callianassa zu berichten. Die Einsiedlerkrebse oder Paguriden schliessen sich an die im Ufersande grabcnden Thalassinidengattungen so innig an, dass die kleinen noch symmetrischen Jugendformen von Pagurus ') von M. Edwards als Glaucothoe beschrieben und zu den Thalassiniden gestellt werden konnten. Die Kiirze der Antennengeisseln, welche als Erkennungsmerkmal voran- gestellt wurde, ergibt sich aus der geringen unvollstandigen Gliederung dieser Anhange. Auch hier finden wir wiederum vier Abdominalfusspaare vom zweiten bis funftcn Schwanzsegmente, zu denen der vollkommen symmetrische Facher als funftes Paar hinzukommt. Uebrigens spricht sich die nahe Verwandtschaft beider Familien ausser in der gesammten Conformation des Leibes und der grossen Uebereinstimmung der Antennen und Mundwerkzeuge auch in der Configura- tion des letzten Thoracalsegmentes aus. Nicht nur bei den Paguriden, sondern so weit ich die Formen vergleichen konnte bei silmmtlichen Thalassiniden, erscheint dieses Segment frei vom Brustschild getrennt, dagegen mit dem ersten Abdominalsegment in niiherer Beziehung. Die jungsten Paguruslarven (von 2 Mm. Lange) bieten ganz den Typus der Garneel- zoea, und besitzen wie diese die grossen Schuppenglieder der hinteren Fiihler, dahingegen sind wie bei der nahestehenden Galathea, die Spaltfusse (Maxillarfusse) des dritten Paares noch einfache Schlauche, die erst im Laufe der spateren Entwickelung Schwimmborsten gewinnen und sich durch Sprossung des Fussastes erganzen. Indem ich auf eine friihere Darstellung '^j verweise, die ich vor einer Reihe von Jahren uber Bau und Entwickelung der Pagurus larve ge- geben habe, beschranke ich mich an diesem Orte auf nur wenige Bemerkungen. Mit dem Wachs- thum bilden sich wie bei den Garn eellarven zuerst die Fachergliedmassen aus, wiihrend die urspriinglich fehlenden fiinf Beinpaare der Brust ziemlich gleichzeitig in dichter Aufeinander- folge hervorsprossen und als dicht gedriingte aufwiirts gekriimmte Schlauche einer Last ver- gleichbar mit umher getragen werden. (Taf. VIII, Fig. 14.) Das Mysisstadium erscheint somit in derZoeaform unterdriickt, und zwar um so vollstandiger als die neugebildeten Gliedmassen zwar Kiemenanhange, aber keine (oder doch nur ganz rudimentarej Spaltaste zeigen, eine ofFenbar auf Zusarnmenziehung und Abkurzung der ursprunglichen Entwickelung beruhende Abanderung. Hiermit sehen wir einen neuen wesentlichen Schritt weiter gefiihrt, um von den langschwanzigen Krebsen zu der Metamorphose der Krabben zu gelangen, in der wir noch weniger auf ein Mysisstadium zu rechnen haben. Am Abdomen sind gleichzeitig vier Paare von Fussen als zweiastige Stummel des zweiten bis fiinften Segmentes hervor- getreten. Mit dem Eintritt in die neue Phase sind die Schuppen der zweiten Antennen abge- worfen, die zwei Geisselanlagen der Vorderfuhler grosser geworden und die gegliederten Brust- beine ausgestreckt , wahrend die Geisselaste der Kieferfusse noch als solche benutzt werden. ') Larven kann man dieselben kaum noch mehr nennen, da sic in wesentlichen Merkmalen und auch im Bau der Mundwerkzeuge mit dem Geschlechtsthiere nahezu ijbereinstimmen. *) C. Glaus, Zur Kenntniss der Malakostraken. WiJrzh. nat. Zeitschr. 1861, Tom. II, pag. 40 etc. etc. Damals schwankte ich in der Deutung zwischen Pagurus undDromia, glaube nunmehr aber bei der grossen Uebereinstimmung mciner Larve mit der inzwischen von Fr. M tiller beschricbenen Paguruslarve zumal nach der Bekanntschaft mit alteren Stadien der Deutung als Paguruslarve sichcr zu sein. Vergleiche auch die leider unzurcichende Darstellung von Spence Bate "Carcinological Gleanings N. IV, On the Development of Pagurus » Ann. and iMag. Nat. History. Ser. 4, vol. H, i8. 9 G6 die Scitenstacheln aber bleiben wie bei den meisten mir bekannt gewordenen Krabbenzoeen kurze Dornen. Zur weiteren Charakterisirung dieser nicht naher zuruckfuhrbaren Zoea (Ombai- strasse) mag die Grosse der fast kugeligen, kurz gestilten Augen, die breite fast facherformige Gestaltung des Schwimmfussastes der Spaltbeine (Fig. 12) und die Form der kaum verbreiter- teii, minder tief ausgebuchteten Scliwanzplatte (Fig. i3) hervorgehoben werden. Hicr sind die Taster beider Maxillenpaare mit ciner grossen Zaiil (eilf bis dreizehn) dicht gestellter Borsten be- setzt (Fig. lou. 1 1), und der Kaurand der Mandibeln ist stark gezahnt. Die iiusseren Antennen (Fig. 9) tragen audi einen mit langer Borste cndigenden Schuppendorn. In Zahl und Form der Kiemen- anhange, welche den sechs neu gebildeten Gliedmassen angehoren, finde ich von dem normalen, bereits oben besprochenen Vcrhalten keine Abweichung. Die Megalopa (Taf. XIII, Fig. 1), welche aus der altesten Zoeaform nach Abstrei- fung der Haut hcrvorgeht , steht sowohl nach Gliedmassenbau als in ihrer gesammten Er- scheinung der Brachyura form so nahe, dass sie geradezu als junge Krabbe mit noch relativ grossem als Schwimmflosse benutztem Abdomen betrachtet werden kann. Die Porcellanen bleiben zeitlebens auf der Megalopastufe zurLick. Der gesammte Vorderleib von Megalopa mit alien seinen Gliedmassen triigt durchaus den Charakter der Brachyuren , wenn auch noch in der Gestalt und Bewaffnung des Kopfbrustschildes Residuen der Zoea bemerkbar sind, die mit der Grossenzunahme und dem Eintritte neuer Hiiutungen bald dem definitiven Zustande Platz machen. Spence Bate hat fur die jlingste Megalopastufe von Carcinus maenas (auf Taf. 42, Fig. E u. E') einen langen Stirn- und Ruckenstachel abgebildet und den Vorderleib so aufliallend nach vorn verschmalert dargestellt, dass man ein Mittelglied von Zoea und Mega- lopa vor sich zu haben glaubt. Mir sind Zwischenformen von so verschmiilerter Panzerform nicht bekannt geworden. Auch ist der Ruckenstachel keineswegs ein allgcmeiner Charakter der jiingsten Megalopa, vielmehr ist dersclbc wohl in d§n meisten Fallen, so z. B. bei den Por- tuniden, bereits abgeworfen. Von Bedeutung fur die Abgrenzung der Megalopa von der altesten Zoea form erscheint ausser der hervorgehobenen Uebereinstimmung der .A.ntennen, Kiefer, Kieferfusse und Beinpaare mit der Krabbenform die Ausbildung der Gliedmassen des Abdomens zu ansehnlichen mit langen Schwimmborsten besetzten Schwimmfussen. Freilich ist nur eine einzige ovale Platte am Ende des langen Stammgliedes zur Entwickelung gelangt — und Glciches gilt fiir die Fachergliedmassen, gleichwohl aber leisten diese Gliedmassen mit ihrem langen Borstenbesatz dem Thiere bei der Schwimmbewegung wesentliche Dienste. Von besonderem Interesse ist das Auftreten eines kleinen inneren Nebenastes, dessen Spitze mit kurzen Hiikchen besetzt ist und eine Art Reti- naculum herstellt. von welchem wie an den Abdominal fiissen der Stomatopoden die gleichzeitige Bewegung des rechten und linken Fusses bewirkt wird. Die zahlreichen Eigenthiimlichkeiten in Korpergestalt und Gliedmassenbau, welche die Brachyurengruppe den langschwanzigen Krebsen gegeniiber charakterisirten. erklaren sich somit im innigsten Anschluss aus dem von den Makruren abweichenden Verlauf der Metamorphose. Nur wenige Bemerkungen mogen zum Verstandniss einiger nicht genijgend beachteter oder be- rucksichtigter Besonderheiten am Platze sain. Die Kurze der .A.ntennengeisseln ergibt sich aus der relativ bedeutcnden Retardirung der Ftihlergliederung im Larvcnleben. Die oberen Glieder des sogenannten Schaftes oder Stiles der Aussenantenncn sehoren der Basis der Gcissel an; auch 67 hier ist der Stil streng genommcn so gut wie bci den Schizopodcn uiid Makrurcn zwei- gliedrig, nur fiillt im ausgebildeten Zustand in Folge dcs ausgefallenen Aussenastes (Schuppe) die Abgrenzung von der verdickten Geisselbasis nicht so unmittelbar in die Augen. Die Mandibular- taster sind nicht durchgehends dreigliedrig, wie Spence Bate fur Carcinus maenas darstellt, sondern auch zweigliedrig. Fur die vorderen Maxiilen ist der lange, fast geisselformig umgebogene Taster wie es scheint ein allgemeiner Charakter (Fig. 3). Wie bei den langschwanzigen Krebsen finden sich nur zwei Laden vor, und es ist ein Irrthum von Spence Bate '), die Ladenzahl im Zoea- und Megalopastadium (Taf. 42 u. 48, Fig 5 abc, ferner Taf. 46, Fig. 5 i? CZ>; um eine Platte vergrossert zu haben. Die Maxille des zweiten Paares (Taf. XIII, F'ig. 4) charakterisirt sich durch die zwei schmalen oft kurzen Laden des Basalstiickes, iiber welchen die mehr ab- gerundeten Ladenplatten -) des zweiten Abschnittes weit hervorragen. Der Taster erscheint griffelformig und nicht weiter gcgliedert; die grosse, ohrformig gerundete und mit langen Haar- borsten besetzte Athcmplatte fungirt in gleicher Weise wie bei den langschwanzigen Krebsen zur Regulirung der respiratorischen Wasserstromung. Kieferfusse und Beine werden uns mor- phologisch aus der Entwickelungsgeschichte vollkommen verstandlich. Auch bei der Megalopa und den Krabben tragt der vordere Kieferfuss die beiden Laden (Fig. 5 a b) , wclche aus den zwei Abschnitten des Gliedmassenstammes hervorgewachsen sind, und von denen ebenso die obere an Umfang bei weitem uberwiegt. Der Taster, welcher dem Innenaste oder Fuss ent- spricht (c bis g), ist langgestreckt und endet verbreitert mit grosser, fast trigonaler Lamelle. Sehr umfangreich und den Typus der Schwimmfussilste (Aussenastc) wiederholend ist die fiir sammtliche Kieferfiisse im Wesentlichen gleichgestaltete Geissel. Dagegen hat der Kiemenanhang (5r), welcher hier wie iiberall dem Grundgliede des Stammes angehort, offenbar im Zusam- menhang mit der besonderen Gestaltung der Kiemenhohle eine von dem entsprechenden Anhang der Langschwanzer abweichende Form gewonnen und erscheint als fiicherformige abwarts ge- wendete Platte, welche einen langen peitschenformigen Auslaufer entsendet. Auch am zweiten Kieferfuss (Fig. 6) unterscheiden wir den zweigliedrigen Stamm, den fiinfgliedrigen, knieformig umgebogenen Greiffuss, die Geissel und die Kieme, neben der ein modificirter Kiemenanhang als Anlage eines unteren Geisselfadens entspringt (Fig 9). Der untere Kieferfuss (Fig. 7) endlich besitzt ebenfalls schon im Wesentlichen die Gestalt wie im spiiteren Zustand der Krabbe. Beide Abschnitte des Stammes [a b) sind scharf geschieden, der basale mit zwei Kiemen und unteren Geisselfaden (modificirte Kieme), der obere, von Milne Edwards als Basalglied zu dem Innen- aste bezogen, tragt die Geissel und den breiten fLinfgliedrigen Fuss, der spater deckelartig die vorausgehcnden Mundwerkzeuge iiberlagert. Auch die funf Beinpaare, von denen so iiberaus constant atisschliesslich das vordere Paar mit grossen Scheeren endet, werden uns ihrer Gliederung nach erst als Modificationcn von Spaltfussen mit ausgefallenem Geisselast verstandlich. Ausser den fCinf Gliedern, welche dem Innenaste entsprechen und den Gehfuss bilden, beobachten wir die beiden Glieder des Stammes erhalten, das obere (b) in unmittelbarer Beziehung als Triiger des Beines, das Grund- glied mit dem Kiemenanhang (der am vorderen Paare doppelt ist und am letzten, beziehungs- weise zugleich vorletztcn fehlt) an der ktirzeren Aussenseite. Die Ventralfiache aber dieses Stammgliedes scheint unmittelbar an der Brustseite (Taf. XIII, Fig. 2] angewachsen und an der Bildung des sogenannten plastron sternal betheiligt. ') Die mit a bezeichnete Lade ist offenbar nichts als die sogenannte Unterlippe. -) Die Zurlickflihrung der Theile dieser wie des nachfolgenden Kieferfusses ist auch von Spence Bate versucht, hat aber — und Gleiches gilt fur die beiden Maxillenpaare — zu keineswegs richtigen Parallelisirungen gefuhrt. 9* 68 So wiJrde sich die scheinbar abnorme Lage, welche die weiblichen Geschlechtsoflhungen bei den Brachyuren auf dem plastron sternal einnehmcn, erklaren, da auch bei den langschwan- zigen Krebsen das Basalglied und nicht etwa das zweite, dem oberen Abschnitt des Stammes entsprechende died von der Geschlechtsoffnung durchbrochen wird. Die sieben Glieder, in welche somit durch Betheilung der beiden Segmente des Stammes der Gehfuss der Decapoden zerfallt, hat bereits S pence Bate ') unter besonderen Bezeichnungen unterschieden. Bei den Portuniden lindet sich am Basalglied des vierten Beinpaares ein machtiger nach abwarts gerichteter Stachel, welchcr bei der dorsalwitrts emporgehobenen Lage des fiinften Beinpaares rechts und links am unteren Winkel des Plastron sternal zu entspringen scheint. Die Zahl der Kiemcnschlauche , welche ihrer Entstehung nach dem Grundgliede des Fuss- stammcs angehoren, ist keineswegs an alien Gliedmassen die gleiche, am zweiten, dritten und bei der Megalopa der Portuniden auch am vierten Decapodenfuss erhebt sich je nur eine einzige Kieme, ebenso am vorderen Maxillarfuss, dessen unterer Geisselanhang (Flagellum) eincr modificirten Kieme entspricht. Der zweite Kieferfuss tragt ebenfalls nur eine Kieme und entwickelt friiher oder spiiter noch ein fadenformiges F"lagellum; das dritte triigt nebcn dem machtigen Flagellum, ebenso wie das vordere Beinpaar, bereits zwei Kiemen. Wahrscheinlich aber finden sich schon im Megalopastadium beziiglich der Zahl und Lage der Kiemen Abwei- chungen, aus welchen sich die grosseren, fur die Classification verwerthbaren Unterschiede in der Kiemengestaltung der ausgebildeten Krabben ableiten lassen. Zeigen doch die Megalopen verschiedener Krabbenfamilien bereits in ihrer Erscheinung so bemerkbare Abweichungen, dass Dana auf dieselben seine Gattungen Marestia, Monolepis, Cyllenc, Triloba griinden konnte. Besonders bemerkenswerth finde ich die Megalopa form der Dromien (Taf. XIV, Fig. i3), an deren Korper die hinteren Beinpaare bereits schon dorsalwarts emporgeriickt und mit schwachen Scheeren bewaffhet sind. Obwohl mir liber die Herkunft dieser kleinen Krabben- larven nichts naher bekannt ist, zweifle ich nach genauer Untersuchung des Baues nicht im Geringsten, dieselbe auf die Gattung Dromia unter den Apteruren beziehen zu diirfen. Schon die Gesammtform des Panzers, dessen fein bestacheltes, incrustirtes Integument durch regel- massige tiberaus symmetrische Furchen in eine Menge erhabene Felder abgetheilt crschcint, erinnert an die Gattung Dromia, mit der nun auch der Bau der Antennen und Gliedmassen im Wesentlichen iibereinstimmt. Auffallend umfangreich sind die Schwimmfusse des Abdomens mit ihrem als Retinaculum wirksamen Nebenast (Fig. 16), ebenso die Fachergliedmasse, an welcher im Gegensatz zu alien iibrigen mir bekannt gewordenen Megalopen wie am Fiicher der Garneelkrebse auch der innere Ast zur vollen Ausbildung gelangt ist. (Fig. 17.) Auch die zugehorige Zoea (Taf. XIV, Fig. 6 — 12) konnte ich naher untersuchea. Dieselbe besitzt eben- falls schon ein dickes und sprodes Schalenintegument, das namentlich in der Magen- und Leber- gegend mehrfache Erhebungen bildet und in einen sehr kurzen Stirn- und Riickenstachel aus- lauft. (Fig. 6.) Die Schwanzplatte ist fast viereckig, stark bedornt und auch nur sehr eng. aber tief ausgeschnitten. Antennen (Fig. 7 und 8) und Mundtheile (Fig. 9 — 11) stimmen bis in's Detail mit der Krabbenzoea iiberein. ') Spence Bate 1. c. a, Coxa; b, Basos; c, Ischium; d, Meros; e, Carpus;/, Propodos ; g, Dactylus. Die- selben kehren in gleicher Weise bei den Ringelkrebsen wieder. Ich habe dieselben Buchstaben in den Figurenbezeichnungen gewahlt und auch flir die entsprechcnden Theile der Kiefcrfiisse und Fusse beibehalten. Die Glieder c — / bilden den Innen- ast iRamus inlernus) Ki , der Geisselast ist als Re, der Kiemenanhang oder dessen Aequivalent mit Br Br' etc. bezeichnet. 69 Uebcrblicken wir die verschiedenen Gestaltungs- und Entwickelungstormen, welchc die Schizopoden sowie die einzelnen Decapodengruppen kennzeichnen, so werden wir niclit im Zwcifel bleibcn konneii, dass es sich um sehr iiahe verwandte, zum Theil fast in conlinuir- licher Reihe ableitbare Entwickelungsvorgange handelt, fiir die wir in der Annahme gemein- samer Abstammung die Moglichkeit eines annahernden Verstandnisses finden konnen. Die Frage, welche dieser verschiedenen Entwickelungsweisen der urspriinglichen am nachsten stehen mdchtc, hat bcreits schon Fr. Miiller aufgeworfen und zu Gunsten der Penaeus-Garneelen beantwortet, indessen, wie ich glaube, ohne die Eigenthiimlichkeiten der Euphauside n larven voUkommen gekannt oder mindestens gewiirdigt zu haben. Nicht nur der Korperbau der Zoea- und Protozoea-Stadien dieser Larvenreihe, sondern auch die Gestaltung der Kiefer und Kiefer- fiisse, die weitere Entwickelungsweise, vor allem die allmalige, fast paarweise fortschreitende Sprossung der Thoracalgliedmassen spricht entschieden zu Gunsten der Euphausiden, ob- wohl auch hier schon in dem fruhzeitigen Auftreten des Fiichers und der Abdominalfusse eine Verschiebung der primilren Gliedmassenfolge Platz gegrilFen haben muss. Ebenso weist der Sprung zwischen Metanauplius und Protozoea, sowie die rasche Neubildung der zwolf Segmente nebst Fachergliedmassen auf eine bedeutende Abkiirzung und Veranderung der urge- schichtlichen Entwickelung hin. Olfenbar sonderten sich ursprunglich die Segmente allmalig der Reihe nach in ahnlicher Art, wie jetzt noch bei den Copepoden- und Phyllopoden- larven, in der Richtung von vorn nach hinten, und es bedurfte eines langen Zeitraumes, um die grosse Zahl von Leibesringen entstehen zu lassen, welche fur den Eintritt der Zoeastufe bezeichnend ist. Dazu kommt, dass aller Wahrscheinlichkeit nach anfangs die Gliedmassen in continuirlicher Reihenfolge auftraten, spiiter aher die der vorderen Segmente im Zusammen- hang mit der Verwendung des neugebildeten Hinterleibes als Locomotionsorgan wieder ruckge- biidet oder wenigstens bedeutend umgestaltet wurden und dass die Sprossung der Abdominalfusse, mit Ausnahme des letzten zum Fiichcr umgebildeten Paares, in eine relativ spiitere Zeit ver- legt wurde. Eine langgestreckte Gestaltung und Gliederung des hinteren Leibesabschnittes (Pleon), in der wir mit den Ausgangspunkt erkennen mochten, um die Abzweigung der Malakostraken aus dem Stamme der Urphyllopoden und die eigenthiimliche Umgestaltung ihrer Metamor- phose zu erkliiren , musste fiir die Vervollkommnung der Schwimmbewegung von grosser Be- deutung werden und den Thieren die Moglichkeit geben, den Schlamm zu verlassen, aus der Tiefe emporzusteigen und in hoheren und klaren Schichten des Wassers den Lebensunterhalt zu suchen. Wie die meisten der gegenwiirtig lebenden Phyllopodengattungen waren gewiss auch die alten Urformen der Stammreihe auf den Roden der Gewilsser angewiesen, wo sic sich im Schlamm einwuhlten und mit Hilfe strudelnder Bewegungen ihrer zahlreichen Fuss- paare sowohl den Darm mit Schlamm anfullten, als die Respiration unterhielten. Zu einer leichteren andauernden Schwimmbewegung welche zum Leben und vorwiegenden oder doch langeren Aufenthalt in klaren Wasserschichten unter der Oberflache beftihigt, haben es von Phyllopoden nur die kleineren leicht gebauten Cladoceren mit enorm grossen Ruderantennen rnd veriinderter Fussgestaltung, sowie die langgestreckten, der Schale verlustig gegangenen Branchipodiden gebracht. Letztere, mit schlankem Leibe, unter iiberaus gracilen fischahn- lichen Bewegungen umherschwimmend, haben einen neungliederigen gliedmassenlosen Hinter- leib, der mit gespaltener Schwanzflosse endet und sicher gerade in dieser Form fiir die leichte Schwimmbewegung von grosser Bedeutung ist. Dass auch hier den Abdominalsegmenten, ahn- lich wie dem hinteren Korpertheil der Estheriden, urspriinglich Gliedmassenanlagen zukamen, die mit der allmaligen Streckung des Schwanztheiles unterdrQckt wurden, ergibt sich aus der Entwickelungsgeschichte als iiberaus wahrscheinlich. An den bciden vorderen Abdominalseg- 70 menten, die sich in heiden Geschlechtern zum Genitaldoppelsegmente umgestalten, konnte ich noch die Gliedmassenanlagen und ihre Verwendung zur Ausbildung des Genitalhockcrs direct nachweisen. (Vergl. Glaus 1. c.) Denken wir uns den muthmasslichen Process, der zur Entstchung der Eigenthumlich- keiten der Branchipodiden fiihrte, in grosserem Masse und unter entsprechenden weiteren Abanderungen ausgedelint, so wurden wir im Stande sein, von den Phyllopoden Formen wie Nebalia, und die dieser nahe stehende muthmassliche Stammform der Malakostraken ab- zuleiten, deren Entwickelungsprocess dann allmalig eine Reihe vortheilh after Umgestaltungen erfuhr und erst secundiir zu den als Zoea bekannten Larven- gestalten hinfiihrte. In den allmalig hervortretenden Modificationen, durch welche sich die Nachkommen der supponirten Stammform als Arten unterschieden, mussten zuerst die Haupt- zweige der Malakostrakengruppe zur Sonderung gelangen, die Edriophthalmen und Podoph- thalmen und unter letzteren die Stomatopoden und Schizopoden (Cumaceen) zur Schei- dung kommen. Wollten wir die von Fr. Miiller vertretene Auffassung durchfiihren, so wurden ausser den bereits friiher ausreichend erorterten Erscheinungen der Z oeaentwickelung die keineswcgs geringen Abweichungen hindernd entgegenstehen, welche die kaum noch zu der gleichen Be- zeichnung berechtigenden Larven der Stomatopoden, Decapoden und Schizopoden dar- bieten. Wir diirfen hier von den Eigenthiimlichkeiten absehen, welche die Zoea der Krabben, Sandkrebse, Paguriden und Garneelen mit Zoeabrut, von der Sergestiden- und Penaeus- zoea scheiden, da sich dieselben leicht von der letzteren aus im Zusammenhang mit fortschrei- tcnden Vereinfachungen, Abkiirzungen und zeitlichen Verschiebungen des Entwickelungsganges ableiten lassen. Die Zoiia aber der Stomatopoden hat eine wesentlich abweichende Gestaltung, sie besitzt ein vielkammeriges Herz, zwei weit in der Entwickelung vorgeschrittene Fiihlerpaare, eigenthumlich gestaltete Maxillen, grosse als Fangfiisse ausgebildete Maxillarfusspaare und grosse freie Segmente des Mittelleibes, die keine bedeutende Zusammenziehung erfahren. Das Abdomen tragt bereits sammtliche Fusspaare mit Ausnahme der Fiichergliedmassen. Die Zoea von Eu- phausia dagegen kennzeichnet sich durch ein rcducirtes Herz mit einem einzigen Spaltenpaar und durch den Besitz von nur eincm Spaltfusspaar, dem vorderen noch sehr phyllopoden- ahnlichen Kieferfusspaar, wiihrend die Penaeuszoea, von welcher die mannigfachen Zoea- larven der iibrigen Decapoden abzuleiten sind, bei gleichem Herzbau auch ein zwcites wohl entwickeltes Spaltfusspaar, sowie das rudimentare dritte Kieferfusspaar tragt, dessen Anlage sogar schon im Vcrlaufe der Entwickelungsreihe der Protozoeaformen hcrvorwilchst. Dazu kommt endlich noch das Vorhandensein der funf Thoracalfussanlagen. (Taf. II, Fig. i Mf'".) Was man Zoea nennt, bietet also keineswcgs eine so gleichmassige und iibereinstimmende Gestaltungsform wie etwa die Nauplius larve, zeigt keineswegs einen so tibereinstimmenden Typus, wie ihn eine Entwickelungsstufe besitzen miisste, die, um mit Fr. Muller zu reden, wiihrend einer langen Zeit der Ruhe vielleicht durch eine ganze Reihe zoologischer Forma- tionen hindurch als bleibende Form bestanden hat und sich dadurch der Entwickelung der Nachkommen tiefer einpragte und einen festen Kern inmitten anderer leicht zu verwischender Jugendzustande bildete. Welche der drei Zoea-Hauptformen wir auch als Ausgangspunkt wiihlen oder der primiiren Zoea am nilchsten stehend betrachten wollten, fur keine derselben ist es schon mit Riicksicht auf die Korpergestalt wahrscheinlich, dass sie jemals in der ihr eigenthi'imlichen Conformation Reprasentant einer geschlechtsreifen Thiergruppe, in der wir die Wurzel der Ma- lakostraken zu suchen hatten, gewesen sei. Vielmehr mi'issen dieselben schon dem Baue ihres Leibes nach als provisorische Durchgangsformen gelten , die erst secundar durch Abiinderung 71 der ursprunglichcn Larvenentwickelung besondere Eigeiithumlichkeilen gcwonnen habcii. Em Geschlechtsthier mit den Gliedmassen der Euphausiazoea, den sieben kurzen Zoniten des Mittelleibes und den langen Segmenten des vollstiindig gegliederten Abdomens ist nach Allem, was w i r ii b e r E n t w i c k e I u n g s v o r g a n g e der G 1 i e d e r t h i e r e w i s s e n , e b e n so w e n i g denkbar, als ein solches von der Gestalt der sogenannten Squillidenzoca oder der Zoea von Penaeus (Taf. II, Fig. 3), geschweige denn der Garneel- oder Krabbenzoea. Vielmehr fiihrte der Abanderungsprocess der Metamorphose, welchen der Malakostraken- stamm im Laufe der Zeit und im Zusammenhang mit der Abzweigung der spiiteren Malako- strakengruppen erfuhr, erst secundar zu den drei verschiedenen Zoeagestalten, zu denen wahr- scheinlich noch weitere Modificationen z. B. in den Jugendformen der Cumaceen hinzukamen. Mit demselben Rechte, mit welchem wir schiiessen diirfen, dass es friiher vollkommene Insecten gab, als Raupen und Puppen existirten, werden wir Gleiches fur die phyllopodenahnlichen Stammformen der Malakostraken gegeniiber der Protozoiia und Zoea behaupten durfen. Ware die Miiller'sche Ansicht richtig, die ilir Autor schwerlich ausgesprochen haben wiirde, wenn ihm die von mir eruirten Thatsachen der Squillidenmetamorphose und die in obiger Darstel- jung enthaltenen Einzelnheiten der Schizopoden- und Decapodenentwickelung bekannt gewesen waren, so wLirden wir vergebens nach eincr Erkiarung fur die auffallenden Uebereinstimmungen der Malakostraken im Bau von Gliedmassen und Korpertheilen suchen, deren Ursprung auf eine viel hohere Stufe morphologischer Gliederung hinvveist. Die sechs gleichartig gebauten Fusspaare des Abdomens, welche bei so entfernt stehenden Malakostraken wie z. B. bei den Amphipo- den, Stomatopoden, Garneelen und der Megalopa larve der Krabben wiederkehren und sich bei Stomatopoden larven und Me galop en bis auf die Specialisirung des Haft- apparates wicderholen, machen die Annahme einer viel hoher difterencirten gemeinsamen Stammform, als sie die Zoea stufe darstellt, unerlasslich. Von den supponirten Zoeaahnen bis zu dieser der Theorie nach unabweisbaren Stammform liegen aber eine Fiille von Ueber- gangsgliedern, die in einer einzigen bestinimt gestalteten Reihe von den Vorfahren aller Mala- kostraken hatten durchlaufen sein mussen. Die mannigfachen Abanderungen, die wir in der Formgestaltung und FJntwickelung der Zoea beobachten, waren auch erst secundar nach Ab- zweigung der Malakostrakengruppen in's Leben getreten und keineswegs von einer nach ver- schiedenen Richtungen fortschreitenden Ausbildung der "Zoeakrebse« direct abzuleiten. In Wahrheit aber bezeichnet die Zoea eine so unbestimmt und nur innerhalb gewisser Grenzen der Formgestaltung definirbare Entwickelungsstufe, dass schon deshalb die einstmalige Existenz einer solchen Thiergruppe wahrend einer Reihe zoologischer Formationen fur durchaus unwahr- scheinlich gelten muss. Nach Allem, was ich bisher darzulegen bemuht war, handelt es sich in der sogenannten Zoea um Gestaltungsformen^ die einer ganzen Reihe von Abanderungen der in der Stammesgeschichte gegebenen Urkunde ihre Entstehung verdanken. Der Kampf ums Dasein, den die freilebenden, sich schiitzenden und erniihrenden Jugendzustiinde zu bestehen hatten, fCihrte zu den wiederum indirect von den Fortschritten des erwachsenen Thieres be- trofFencn Abanderungsvorgangen, die den ursprunglich geradlinigen und gleichmiissig fortschrei- tenden Entwickelungsgang zu eincr weit complicirteren Metamorphose umgestalteten. Ob der Stamm der Ed r iophthalme n eine mit den Podophthalm en iibereinstim- mende Abanderung der Entwickelung erfahren hat, oder die Abzweigung schon vorher erfolgte und demgemiiss die spater eintretende Ahkurzung und Zusammenziehung des Entwickelungs- processes innerhalb der Eihiillen unter Ausschluss Zoea ahnlicher Larvenformen erfolgte, lasst sich, wie mir scheint, mittelst der zur Zeit vorliegenden Anhaltspunkte nicht sicher bestimmcn. Schon oben habe ich gezeigt, dass das was Fr. M tiller als treue Bewahrung von Zoeaeigen- 72 thiimlichkeiten bei den Scheerenasseln betrachten zu konnen glaubt, die Panzerbildung und Athmungsweise, mit viel grosserem Rechte eine ganz andere Deutung zu erfahren hat. Der schwingende Anhang des Kiefers und der zur Athmung dienende Wasserstrom an der inneren Schalenflache wird als Erbtheil von der Stammreihe der Urphyllopoden her ahnlich wie bei Nebalia auch der gemeinsamen Stammform der Malakostraken eigenthumlich gewesen sein, und was man sonst in der Entwickelung von Amphipoden und Ass e In als Zoeareste be- trachtet hat, den sogenannten "iVIikropylapparat«, durch welchen der Riicken des Amphipoden- embryos an der inneren Eihaut haftet, sowie die blattformigen Anhange am Rucken der jungen Wasserassel und die kegelformigen Fortsatze der Tanaisembryonen, konnen dem objectiven Forscher unmoglich als »untruglicher Beweis fiir den Ausgangspunkt des Edriophthalmenzweiges« Geltung haben; denn handelte es sich in diesen Gebilden auch wirklich um Reste von Panzer- stacheln , was immerhin moglich, nicht im Entferntesten aber bewiesen ') worden ist, und waren wirklich der Ruckenstachel und die beiden Seitenstacheln der Krabbenzoea morpho- logisch so bedeutungsvolle Gebilde, dass Reste derselben, in alien Gruppen von Podophthalmen- larven wiedergefunden, einen Riickschluss auf ihre vormalige allgemeine Verbreitung in der Malakostraken-Entwickelung gestatteten, so wurde es am nachsten liegen, den Besitz derselben der Stammform zuzuschreiben. In Wahrheit aber besitzen wohl der Stirnstachel. keineswegs aber der Rucken- und die zwei Seitenstacheln der Krabbenzoea eine allgemeine so weite Ver- breitung, wiihrend hie und da noch Stachelfortsatze an verschiedenen Panzerstellen (A cant bo- som a, Elaphocaris) hinzukommen konnen. Demgemilss erscheint es, zumal diese Gebilde beiden Euphausiden- und Penaeid enlarven ganz fehlen, doch wohl natiirlicher, dieselben als secundar erworbene Larvencharaktere zu betrachten, welche in der Medianlinie des Riickens, auf der Seitenfliiche wie am Rande des Panzers als passive Schutzwaffen , verschieden nach Zahl und Anordnung, zur Entwickelung gelangt sein mogen. Die Bestachelungsweise der Krabbenzoea aber als typische und primare Gestaltungsform zu morphologischen Schliissen so grosser Tragweite zu verwerthen, wird nach dem Vorausgeschickten und bei dem relativ spat erfolgten Auftreten der Krabbenzoea — selbst in der Beschrankung auf den Malakostraken- stamm — als vollig unzulassig zu verwerfen sein. Dahingegen sind allerdings einige Eigenthiimlichkeiten im Bau und in der Entwickelung der beiden Edriophthalm en gruppen als bemerkenswerthe Anzeichen aufzufassen, dass der Sonderung ^"on stilaugigen und sitzaugigen Malakostraken ein wenn nicht gemeinsamer, so doch sehr ahnlicher Abanderungsprocess der Larvenentwickelung vorausging. Aehnliche Larven, wie wir sie in der sogenannten Protozoea der Euphausia sehen, mochten einst auch den Stammeltern der Edriophthalmen zugehort haben. Die ubereinstimmende Bildung der sieben auf das einzige Maxillarfusspaar folgenden Beinpaare, das gleichzeitige Auftreten des Maxillar- fusses mit den beiden Maxillenpaaren am Korper des Embryos, dessen Beinanlagen in einer spateren Entwickelungsphase hervorsprossen, weisen inderThat auf Euphausiaahnliche Larven hin, mit deren weiteren Fortbildung die Panzerduplicatur, auf die Segmente des Kopfes und des vorderen Maxillarfusspaares beschrankt, und eine Consolidirung zur Bildung des Kopf- ') Wenn Dohrn die Identitat des fraglichen Riickengehildes des Amphipodenenibryos mit dem Rudimente des Riickenstachels am Embryo von Pandalus oder besser mit einem moglicherweise als Stachelrudiment zu deutenden Zellhaufen bewiesen zu haben glaubt, so zeigt er hiermit , welche .A.nforderungen cr an das Gelingen eines vollstandigen Beweises auf morphologischem Gebiete stellt. Das Gleiche gilt denn auch fur den Zellhaufen , welcher den Nacken- muskel der Evadne und der Cladoceren erzeugt . fiir das Zellmaterial des StirnbanJes \on Caligus, des Cirripedien- stiles, kurz fur die morphologisch heterogensten Gebilde, dcren Gleichwcrthigkcit der Theorie zu l.iebe ausgedacht wurde. 73 schildes erfuhr, wiihrend die sicben nachlblgcnden Segmcnte des Mittellcibes uline wcscntlichc Reduction ihres urspriinglichen Umfanges zu der fur die Edriophthalmen charakteristi- schen Gliederung des Thorax fiihrten. Dazu kommt als einc an die Zoeaentwickelung erinnernde Eigenthumlichkeit das fruhzeitige Erscheinen des sechsten Pieopodenpaares, z. B. bei Tana is unter den Isopoden , welches wie die entsprechenden Fachergliedmassen dcr Schizopoden. langsch wanzigen Decapoden und Cumaceen lange Zeit vor der Sprossung der voraus- gehenden Abdominalfusse hervorwachst , sodann das verspatete Auftreten des letzten Thoracal- beinpaares bei den Isopoden, deren Jugendformen zwar die Pleopoden (von einzelnen Aus- nahmsfallen wie z. B. den Scheerenasseln abgesehen) besitzen, sich jedoch vornehmlich durch den Mangel des letzten Thoracalbeinpaares als Larven erweisen. Das Verklingen der friiher wahrscheinlich in vollerem Umfange durchlaufenen Metamor- phose der Isopoden, insbesondere der Scheerenasseln, stimmt durchaus zu der Entwickelung der Cumaceen oder Diastyliden, welche, obwohl der Stilaugen entbehrend, in Ban und Ge- staltung den Schizopoden sehr nahe stehen, durch die Combinationen ihrer Charaktere aber diese mit jenen und mit den Edriophthalmen iiberhaupt in noch nahere Beziehung bringen. So bestimmt und sicher wir nun die Decapoden auf die Schizopoden zuriickzufuhren oder besser von denselben als spatere Formen abzuleiten vermogcn, so unsicher diirfte nach den zur Zeit vorliegenden Anhaltspunkten die Bestimmung des Weges sein, auf wclchem die Edriophthalmen, Stomatopoden, Cumaceen und Schizopoden von dem gemein- samen Stamme aus zur Sonderung gelangten. Schon die Gestaltung von Herz und Augen, der beiden systematisch in erster Linie bedeutungsvollen Organe, fiihrt zu Schwierigkeiten, welche mit Hilfc unserer gegenwartigen Kenntnisse der Entwickelungsvorgiinge nicht gelost werden konnen. Wollen wir den Weg versuchsweise bezeichnen, so durften wir unsern Ausgang von dem Herzen zu nehmen haben, dessen kurze sackformige Gestaltungsform der Stammform nicht eigenthiimlich sein konnte, vielmehr, wie ich oben zeigte, als eine neue erst secundar er- worbene zu betrachten ist. Wahrend demnach die Hauptlinie der Descendenten den langge- streckten vielkammerigen Bau des gefilssartigen Herzens unter mehrfachen, spater eintrctenden Modificationen beibehielt (Edriophthalmen, Stomatopoden), bildete sich in einer zweiten als Seitenzweig der ersten zu betrachtenden Reihe das Herz zu einer gedrungenen, dreikam- merigen Form zurLick, ahnlich vielleicht der Herzform, wie wir sie jetzt noch bei den Cuma- ceen antreflfen, aus der durch weitere Concentration im Zusammenhang mit dcr Entwickelung der Schizopoden- und Decapodenzoea, die diesen Crustaceengruppcn eigenthiimliche Herzgestalt hervorging. In der ersteren Reihe bildeten sich die Thoracalringe zu ansehnlichcr Grosse aus und erhielten sich sammtlich oder grossentheils selbststandig, ohne in die Bildung des Panzers mit aufgenommen zu werden, der nur auf den Kopfschild oder einen kurzen Cephalothoracal- schild beschrankt blieb. Gleiches gait auch anfangs fiir die Nebenreihe mit gedrungenerem Herzen, in der nicht nur die Cumaceen eine den Squilliden ahnliche Gliederung des Thorax bewahrten, sondern einige Schizopodenformen, wie Gnat h o phausia, fast siimmtliche Brustringe als zwar verkiirzten, aber freien von der Schalenduplicatur ausgeschlossenen Korpertheil crhaltcn haben. Die vollstandige Verwachsung des Thorax mit dem Ruckenschilde und die hiermit parallel schreitende bedeutende Vcrkurzung des Mittellcibes, mit welcher zugleich die eigenthumlichen Zoealarven der Decapoden zur Erscheinung kamen, sind erst spiitere, fiir die Hcranbildung dcr Decapoden gruppe bedeutungsvolle Abanderungen. Nun aber treten Sitzaugen und Stilaugen in beiden Reihen auf, wahrend letztere der Theorie nach als spatere Dilferencirungcn nur in der hoheren Reihe hatten erwartet werden diirfen. Indessen gibt uns zur Beseitigung dieses scheinbaren Widerspruches cine andcre Ucberlegung ausrcichende Anhaltspunkte. Wenn ich Claus. rtiicrsucliuniTcn uber Crustaccen. 1^ oheii wahrscheiiilich zu machcn suchte, dass die beweglichen Stilaugen der Podophthalmen morphologisch genau dieselben Gehilde sind, welche wir in den beweglichen Augen von Ne- balia und Branchipus beobachten , so folgt, dass der Ursprung der ersteren auch phylo- genetisch in die U rphyllopoden reihe zuriickreicht und bereits die Stammform der Mala- kostraken ein bewegliches Augenpaar, etwa wie Nebalia trug. Es kann demnach das Sitz- auge der Edriophthalmen nicht anders als durch Riickbildung, beziehungsweise Entwickelungs- hemmung des Seitenauges erklart werden, dessen relative Ausbildung ja auch in den gleich- werthigen Protozoea- und Zoeastadien verschiedener Podophthalmengruppen iiberaus verschie- den ist. (Vergl. Erichthina und Elaphocaris.) Wir konnen uns immerhin die Moglichkeit vorstellen, dass es bei einer bestimmten Gestaltung der Lebensweise des Krebses fiir die Art- erhaltung zum Vortheil gereichte, wenn die Abgliederung der Seitentheile des Kopfes vielleicht zu Gunsten der Ausbildung benachbarter Organe wahrend der Entwickelung eine Hemmung er- fuhr und schliesslich ganz unterblieb, so dass der Augenbau sowohl der Edriophthalmen als der Diastyliden, die in ihrem Korperbau dcm Podophthalmentypus so nahe stehen, als Bildungshemmung seine Erklarung findet. Wenn wir den Versuch einer genetischen Ableitung auch auf die niederen Crustaceen- ordnungen ausdehnen , welche den Malakostraken gegeniiber als Entomostraken zusam- mengefasst werden, so finden wir auch hier in der freien, an merkwurdigen Umgestaltungen so reichcn Metamorphose eine Reihe von Anhaltspunkten, um auf den Weg zuriickzuschliessen, den die Stammesentwickelung genommen haben mag. Von ausserordentlichem Belange erscheint die bereits von Fr. Miiller in's rechte Licht gestellte Thatsache, dass sich der urspriingliche Ausgangspunkt derselben in der Entwickelung aller Entomostrakenordnungen erhalten hat, dass die freie Metamorphose der Copepoden, Cirripidien, Ostracoden und Phyllopoden mit der- jenigen Larvenform beginnt, welcher O. F. Miiller im Glauben, dass es sich um eine selbst- stiindige Entom ostr aken gattung handle, die Bezeichnung »Nauplius« gab. Eine nicht geringere Bedeutung aber diirfen wir dem Umstande beilegen, dass sich die Umgestaltungen der Larve bis zu einer bestimmten Phase der Entwickelung in mehreren Entomostrakenord- nungen nahezu conform oder doch in sehr ahnlicher Weise vollziehen, dass diese Larven- reihe einen entschieden phyllopodenahn lichen Charakter tragt und dass sie in der Metanaupliusform zu einem Endpunkt fiihrt, der auch in der Entwickelung von Malakostraken larve n (Penaeus) aufgefunden wurde. (Holzschnitt Fig. lo.) Sind diese beiden Siitze richtig, so erscheint auch fur die Entomostraken die Stammreihe der Urphvllopod e n als Ausgangspunkt unabweisbar und das Bild von der einheitlichen Stammes- entwickelung der Krebse, fiir welches zuerst der Nachweis des unpaaren sogenannten En to- rn ostr aken auges bei den Malakostraken larven, spater der Naupliusform der Penaeus- larve entscheidend war, wesentlich vervoUstandigt. Die Naupliuslarve, deren besondere Gestalt in den einzelnen Gruppen iiberaus variirt, besitzt im Allgemeinen einen gedrungenen, stets ungegliederten Leib, an dessen Bauchseite drei Paare von Extremitaten fiir Tastempfindung, Nahrungsaufnahme und Fortbewegung sorgen. Wenn ausnahmsweise Naupliuslarven mit nur zwei Extremitatenpaaren beschrieben wurden, so blieb den Beobachtern entweder das dritte, in der That oft kleine und unscheinbare Extremi- tatenpaar unbekannt ("A pus), oder das vordere Paar, in seiner Ausbildung gehemmt und nur durch eine borstentragende Erhebung reprilsentirt, war iibersehen worden (E s t her id en). iij Das einfache dcm Gchirne auflagernde Auge, die kappenartig vorragende Oberlipi^e mit der Mundotfnung, die Driisenschleifen am zweiten Gliedmassenpaarc und der dieigetheilte (Oeso- phagus, Magendarm, Enddarm) am hintern Leibesende ausmiindende Verdauungscanal sind so bekannte und fast allgcmein sich wiederholende Charaktcre der Nauplius form '), dass ihre einfache Erwilhnung an diesem Orte ausreicht. Minder beachtet, aber von nicht geringerem morphologischen Werthe, ist eine Art Fahenbildung des Integuments, die als erste Anlage der Schildduplicatur rechts und links an der hinteren Korpergrenze auftritt und mit dem fortschrei- tenden Wachsthum der Larve den Riickentheil voa der vcntralen Partie des Korpers bestimmter abgrenzt. (Taf. XIX, Fig. 3 und 4, R S.) Beziiglich der drei Extremitiitenpaare markirt sich eine der differenten Formgestaitung entsprechende Arbeitstheilung, die vielleicht erst eine secun- dare ist und in einer friiheren dem Nauplius vorangegangcnen Urform noch nicht in diesem- Gegensatze ausgebildet war. Das vordere Extremitatenpaar, durch eine einzige Gliederreihe bezeichnet, ist vornehmlich 'Fast- und Sinnesorgan. Dahingcgen hat das zweite Paar die Be- deutung als Ruder und zugleich als Mundwerkzeug. Zweiiistig, wie auch das kleinere dritte Paar, entspringt dasselbe rechts und links von der Mitte des Korpers zu den Seiten der grossen den Mund bedeckenden Oberlippe, der Mundkappe, um wahrend und mit Hulfe seiner Schwin- gungen, welche regelmassigen Ruderschlagen vergleichbar den Korper forttreiben, durch Haken- fortsatze am Innenrand des Stammtheils Nahrungskorper unter die Mundkappe zu schieben. In beiden Functionen wird cs durch das wahrscheinlich spater entstandene kleinere dritte Paar, u'elches im Wesentlichen denselben Bau besitzt, aber betriichtlich we it h inter dem Munde entspringt, unterstutzt. Der Verlauf der nun folgenden Vorgange von Neubildungen, mit wclchen die allmalige Grossenzunahme der Naupliusform verbunden ist, scheint sich bei der Naupliusentwickelung der Copepoden in voUstandigster Reihe erhalten zu haben, wenn er auch nicht Schritt fiir Schritt als getreue Wiederholung der Urgeschichte betrachtet werden kann und in den einzclnen Gattungen grossere oder geringere Zusammenziehungen erfahren hat. Wahrend sich der Leib mehr und mehr in die Lange streckt und vornehmlich der auf das dritte Gliedmassenpaar fol- gende hintere Abschnitt an Umfang zunimmt, sprossen an der Bauchseite in allmaliger Folge von vorn nach hinten vier Paare zweilappiger Anhaage, die Anlagen von ehen so viel Glied- massenpaaren hervor. Das nilchste Stadium besitzt ziemlich allgemein, von zwei Terminal- borsten abgesehen, welche die Endpunkte der Furcaltheilung bezeichnen, einen vierten fast hand- formigen Extremitatenanhang; bei Diaptomus und den Calaniden folgt demselben ein spateres Stadium mit einem ziemlich ahnlichcn, wie jener zweilappig gewordenen fiinften Paar. (Taf. XIX, Fig. 3.) Die beiden neuen Extremitiitenpaare gehoren dem von der Schildanlage bedeckten Korpertheile an und werden spater zu den Maxillen und Maxillarfussen der Cope- poden. Beim Hervorsprossen aber verhalten sie sich ganz ahnlich wie sprossende Phyllopoden- fiisse, und Gleiches gilt von den beiden im nachstfolgenden Stadium hervorwachsenden zwei- lappigen Anhilngen, welche zum ersten und zweiten Ruderfusspaare werden. Auch an den Larven von A pus und Branchipus wachsen die Schwimmfiisse als zweilappige Wulste 2) hervor, welche dem inneren und ausseren Aste (dorsale borstenrandige Platte) entsprechen, wahrend sich der gelappte Stamm erst spater differencirt, wenn die Gliedmasse grossere Dimen- sionen gewonnen hat. Die Naupliusreihe der Copepodenlarven lasst sich also sehr wohl mit *) Vergl. C. Claus, Zur Anatomic und Entwickelungsgeschichte der Copepoden. Arch. f. Naturg. iS58. -) C. Claus. Zur Kenntniss des Baues und der EntwicUclung von Branchipus etc. 1. c. Taf. Ill, Fig. lO F lo. Fig. i J F I I etc. 10* den JLingen Phyllopodenlarven, deren Gliedmassenstummel in ahnlichcr Form zur Sonderung gelangt sind, als von einer gemeinsamen Entwickelungsreihe der Stammkrebse oder Urphyllo- poden ableitbar, zusammenstellen. Zweiastig wie die vorausgehenden Gliedmassen der Nau- pliuslarve und diesen der Anlage nach homolog aber einfacher gestaltet, dienten sie ursprung- lich vielleicht ausschliesslich der Locomotion, fi'ir die in Folge der Grossenzunahme des sich streckenden Leibes gewissermassen accessorische Hulfsruder nothwendig geworden waren. So- wohl die complicirten Lappen des Stammes, die wir am ausgebildeten Phyllopodenfusse finden, als die Kiemenanhange des Stammes sind wahrscheinlich als spatere Ditferencirungen zu erklaren, die jener primaren Entwickelungsreihe noch vollkommen fehlten. Wahrend des Hervorsprossens aber der neuen Schwimmfiisse voUzog sich zugleich eine Umbildung und hiermit im Zusammen- ■hang eine Functionsanderung ') des dritten urspriinglichen Gliedmassenpaares. Die unlerhalb des Mundes gelegene Extremitat erzeugte nahe der Basis einen Kaufortsatz, der nicht wie der Hakenfortsatz der vorausgehenden Gliedmasse zum Fangen und Einschieben, sondern zum Be- arbeiten und Zerkleinern der nun wohl auch in Form grosserer Korper zur Verwendung kom- menden Nahrung gebraucht wurde. Aus dem nur nebenher noch zur Bewegung dienenden Fusse ging ein Kiefer, die iMandibel, hervor, wahrend die grosse voraus liegende Gliedmasse ihren friiheren Functionen nach wie vor erhalten blieb. Dieser und ihrer ursprunglichen Lage gemass wird sie auch nicht vom Gehirn, sondern von unterhalb desselben gelegenen Centren innervirt, wie sie auch spater als sogenanntes zvveites Antennenpaar nur ausnahmsweise zum Sitze einer specitischen Sinnesfunction wird, sondern hochstens neben ihrer persistenten loco- motiven Function als Tastorgan dient und ihre Nerven aus der untern Par tie der Schlundcommissur empfangt. Das Endglied der Nauplius reihe, welches ich als Meta- nauplius bezeichne, hat somit vier neue zweilappige Gliedmassenpaare gewonnen und besitzt eine deutlich schildformige Umrandung des dorsalen hitegumentes, in welcher sich die Scha- lenduplicatur der Phyllopoden wiederholt. Besondere Beachtung scheint mir die Thatsache zu verdienen, dass sich ein ganz ahn- liches Metanaupliusstadium, wie in der iMetamorphose der Copepoden, in der Entwickelungs- geschichte der Penaeusgarneelen wiederholt. P>. Muller-j beschreibt als altere Naupliusform von Penaeus eine Larve (Holzschnitt Fig. lol, die wir fiiglich geradezu als Copepodenlarve gelten lassen konnten. Das Hinterende hat sich in zwei dicke kegelformige Zapfen ausgezogen, an deren Spitzen die langen Schwanzborsten stehen, nach Innen von Je zwei, nach Aussen von je drei ktirzeren Borsten begleitel. Als erste Andeutung des Ruckenschildes (der Zoeti) zieht sich ziemlich in der Mitte des Korpers eine Hautfalte quer iiber den Riicken. Die hin- ') Das dritte Gliedmassenpaar der Crustacccn bietet, wie schon seit Deceiinien bekannt , ein uberaus zutreflendes Beispiel fur eine bedeutende Umanderung der Form und Function, wclche sich im Laufe der Entwickelung an dem nam- lichen Organe vollzicht. Es handelt sich hier wie in tauscnd analogcn Fallen nach der Bezeichnungsweise des Darwi- nismiis um eine enlsprechendc A n passung und um eine mit dieser nothwendig verbundenc Functionsanderung. Neuerdings hat man diesen letzteren Ausdrucit als Schlagwort gebraucht und gar von eincm Principe des Functions- wechsels gesprochen , als sei mit demsclben eine ganz neue Begriffsblldung und Begrifl'skritik gcgeben, und ein neuer, bahnbrechender Weg der Erklarung gefunden ! Man sieht jedoch leicht ein, dass mit dem Principe des Functionswechsels nichts Neues gesagt ist , denn im Grundc handelt es sich hier genau um denselben Vorgang wie bei der .\npassung, nur dass wir mit dem neuen Wort das phy s i o lo gisc he Resultat, mit dem AusJruck Anpassung vornehmlich die morphologische Seite desselben Vorganges in's Auge fassen. Noch weniger aber tindet sich in dem Functionswechsel irgcnd eine Art erklarendes Princip, oder kann derselbe etwa der phylogeneti^chen Forschung als SchliJssel zur Losung verwickelter Probleme dienen , vielmehr bedarf der als Anpassung bezeichnete und nothwendig mit einem grosseren oder geringeren Grade von Functionsanderung verknijpfte Vorgang in jedem einzelnen Falle selbst einer Erklarung. ") Fr. Mijllcr, Die Verwandlung der Garneelen. 1. c. Arch, fijr Naturg. XXLX. 77 teren FQsse sind mehr nach vorn und naher an die Mittellinie nach dem Mundc ( Mundkappej geriickt und im kurzen, kugelig angeschwoUenen Stamme sind die Umrisse des spatern Ober- kiefers erkennbar. Hinter dem Munde, in das mittlere Drittheil der Korperlange fallend, sind an der Bauchflache vier Paare langer plumper Zapfen hervorgesprosst, die sich hinterwarts dem Korper anlegen. In der Gestalt der ersten beiden Paare lassen sich schon die spatern Unter- kiefer erkennen. Darm, Leber und Herz sind schon in ahnlicher Form wie bei der jungern Zoea (unserem Anfangsglied der Protozoca reihe) vorhanden. »Wahrscheinlich schon mit der niichsten Hautung* , fugt Fr. Muller hinzu, »treten die Fussstummel in Thatigkeit und aus -dem Nauplius wird eine Zoea (Protozoea), auf deren Anhiinge sich schon ungezwungener die fur die erwachsenen Thiere iiblichen Namen anwenden lassen. Ich bezeichne also weiterhin die beiden ersten Fusspaare des Nauplius als Fiihler, das dritte als Oberkiefer. von den vier neuen Fusspaaren die beiden vordern als Unterkiefer, die hintern als Kieferfusse.« Unter Voraussetzung der Richtigkeit dieser Beobachtungen, die w^ir zu bezweifeln keinen Anlass haben, wLirden die Malakos trake n und Copepoden nicht nur von dem gleichen Aus- gangspunkt des Nauplius sich entwickelt, sondern die ganze erste Entwickekmgsreihe und mit dieser eine entschieden phyllopodenahnliche Organisation gemeinsam durchlaufen haben. Die Protozoea und die jiingste Cyclops form bezeichnen erst die Scheidung beidcr Crusta- ceengruppen, deren sieben vordere Gliedmassenpaare somit eine directe Parallelisirung gestatten. Die Maxillen und Maxillarfiisse der Copepoden, die Gliedmassen des secundaren Kopfabschnittes oder der Kieferregion entsprechen den beiden Maxillenpaaren der Malakostraken; die beiden vordern Ruderfusspaare jener dem ersten und zweiten Spaltfusspaare (Maxillarfusspaare) der Malakostraken. Einen noch entschicdener phyllopodenahnlichen Habitus gewiihrt das bereits oben er- wahnte Metanauplius stadium von Euphausia, mit welchem uns Metschniko f f bekannt gemacht hat. (Vergl. Holzschnitt Fig. 7 und 8.) Die grossen fiiigelformigen Hautduplicaturen, welche wie die Schale kleiner Phyllopoden den Leib umhtillen, die frontalen Sinneszapfen (Apus), ferner die hinter den Mandibeln hervorgewachsenen Paragnathenanlagen (die auch bei Copepoden auftreten) und die Gestalt der zv^eilappigen Beinpaare gestatten eine directe Zuriick- fuhrung dieser Malakostrakenlarve auf Phyllopoden. Im Vergleich zu dem Metanauplius des Penaeus und der Copepoden fiillt freilich der Mangel des siebenten Gliedmassenpaares auf, und man konnte anfangs versucht sein, die als Paragnathen bezeichneten Wiilste als Anlagen eines Beinpaares zu betrachten, wodurch alsbald auch hier die Vierzahl der hinter den spatern Mandibeln gelegenen Fusspaare gewonnen ware. Indessen ist es erwiesen, dass die vordern medianwilrts niiher zusammenliegenden Paragnathenwiilste zu der sogenannten Unterlippe der Euphausiazoea w^erden. Die homologen Bildungen haben wir auch an der von Fr. Muller nur unter schwacher Vergrosserung dargestellten (und einer erneuten genauen Untersuchung dringend bedurftigen) Penaeuslarve vorauszusetzen, da zwei UnterlippenwQlste an der Pe- naeuszoea und Protozoea wie bei alien Malakostraken vorhanden sind, desgleichen werden entsprechende Erhebungen auch an der Metanau p 1 iusform derjenigen Copepoden auftreten, welche, wie z. B. Caianella etc., cine ausgebildete Unterlippe mit zwei tasterahnlichen Lap- pen besitzen. Ich glaube jedoch auf die hervorgehobene Ditferenz in der Zahl der neugebildeten Gliedmassenpaare keinen allzu hohen Werth legen zu miissen, zumal bei der Erwilgung, dass urspriinglich auch die spatern Entwickelungsstadien mit grosserer Gliedmassenzahl eine ahn- Iiche Gestaltung besassen, denn so gut als die Protozoea bei den Malakostraken, mochte auch die jiingste Cyclopsform der Copepoden, die auf das Metanaupliuss tadium folgt, durch Zuriickverlegung (und dcmgemass Zusammenziehung) spater und ganz allmalig erwor- 78 bener Charaktere in ein fruheres Entwickelungsstadium zu erklaren sein. Auf diesem Wege finden wir nicht nur die Abkiirzung der urspriinglich langeren und durch zahlreichere, allmalig differen- ter werdende Glieder bezeichneten Naupliusreihe wahrscheinlich gemacht, sondern begreifen auch den plotzlichen Sprung, mit welchem der Metanauplius hier zur Cyclops form, dort zur Protozoea iiberfuhrt. So gut es aber fur Euphausia und vielleicht noch andere Schizo- poden ein Metanauplius mit nur drei ') statt vier neugebildeten Gliedmassen gibt, konnte moglicherweise auch ein solcher mit fiinf Gliedmassenpaaren aufgefunden werden. Als Norm werden wir freilich nach dem bis jetzt vorliegenden Materiale die bei den Copepoden und Penaeus beobachtete Gliedmassenzahl fiir die Metanauplius bestimmen diirfen. Beztiglich der Entwickelungsgeschichte der Copepoden hat bekanntlich Fr. Muller in seiner oft citirten Schrift fiir Darwin die Ansicht ausgesprochen, dass die von mir gegebene Schilderung der Copepodenentwickelung fast Wort fiir Wort als Urgeschichte dieser Thiere gelten konne. Allerdings vollziehen sich die mit dem Wachsthum verbundenen Abtinderungen recht allmalig und wenn wir von einer Phase absehen, in fast continuirlicher Reihenfolge; diese eine Phase abcr bringt einen so gewaltigen Sprung zur Ausfiihrung, dass mit einemmale die Gestaltung wie umgepragt erscheint, und nach Korperform und Gliedmassenbau aus der Phy llopodengestalt ein Copepodc zum Vorschein kommt. Diese plotzliche Ueberfiihrung des Metanauplius in die erste Cyclopsform kann unmoglich als Ausdruck einer einzigen urspriinglichen Umformung gcltcn , sondern wird gewissermassen als Zeugniss einer Fiilschung der Urgeschichte darauf hinweisen, dass es sich um eine ganze Reihe allmalig und erst spater erworbener Eigenthiimlichkeiten handelt, welche in der onto- genetischen Entwickelung zusammengezogen und der Zeit nach in ein fruheres Stadium zuri^ick- verlegt worden sind. Wir konnen uns mit gutem Grunde vorstellen, dass im Zusammenhang mit dem Bediirfniss einer bessern und freiern Schwimmbewegung in den hohern klaren Wasser- schichten, ahnlich wie etwa bei Branchipus (vergl. CI aus I. c. Taf. II, Fig. 6), eine bedeu- tendere Langsstreckung des hintern Leibesabschnittes unter Riickbildung der Schalenanlage zu Stande kam, dass wahrend Antennen, Mundtheile und Beine allmalig die speciiisch Copepoden- artige Gestaltung gewannen, die Gliedmassenanlagen der Abdominalsegmente vollkommen unter- driickt wurden und hinter den Maxiilen und Maxillarfusspaaren (aus der Spaltung eines einzigen Fusspaares hervorgegangen) schliesslich nur noch sechs Paare von Gliedmassen hervorsprossten, von denen noch dazu das letzte und nicht selten wenn auch minder vollkommen das vor- letzte Paar verkummerten und als Hulfsorgane der Fortpflanzung, das funfte Paar zum Tragen der Eiersackchen oder als Fixationsorgan wahrend der Copulation, das sechste Paar zur Bildung der Genitalhocker, Verwendung fanden. Wie streng die Einheit des Copepodentypus trotz der un- endlichen Mannigfaltigkeit des Formengebietes durchgefLihrt ist, wie wir nicht nur in dem Bau der Mundtheile und Fusse, in der Gliederzahl der Antennen. der Gruppirung der Borsten, in der Lage der Riechftiden, in alien Einzelheiten der Organisation das einheitliche, auf gemein- same Abstammung hinweisende Gesetz unter den verschiedensten Variationen festgehalten sehen, das glaube ich an einem andern Orte 2) eingehend dargelegt zu haben. Ebenso diirfte das Verhaltniss der in F'olge von Parasitismus in hochst ungleichem Masse deformirten und mor- phologisch verschiedenen Abstufungen der Larvenentwickelung zum Ausdruck bringenden Schma- rotzerkrebse hinreichend aufgeklart sein, um als wichtiges Zeugniss fiir die Richtigkeit der De- ■*) Vergl. bezl'iglich der Merostomen und Xiphosiiren das Schlusscapitel dieser Abhandliing. ") Vergl. C. Claus, Die frei lebenden (-opepoden etc. Leipzig i863. _7^ scendenz- und Transmutationslehre Verwcrthung zu finden. In diesem Sinne haben noch heute die von mir fruher ') entwickelten Zuruckfiihrungen voile Geltung, wenn sie auch fur einzelne Familien^) (Lernaeen) durch die inzwischen gewonnenen Erfahrungen uberholt, einer Modifi- cation bedurfen. Aucii bedarf es beziiglich der Abanderungen, welche die Metamorphose dcr Schmarotzerkrebse erfahren hat, keiner weitern Ausfuhrung, dass es sich fast in sammtlichen Familien derselben urn eine bedeutende Zusammenziehung und Vereinfachung der Naupliusreihe, theils innerhalb der Eihullen, theils v^'enigstens innerhalb der jungsten Larvenhulie handelt. Ebenso geniigt an diesem Orte der Hinweis, dass bei denArguliden oder Karpfenlausen, welche, wie ich gezeigt zu haben glaube, nicht mit den Phyllopoden, sondern mit den Copepoden in naherem Verbande stehen, der Entwickelungsprocess eine noch voUstiindigere Abkurzung er- fahren hat, wahrend die gesammte innere Organisation, der Bau des Nervensystems und des Augenpaares, die Gestaltung von Darm und Herz eine hohere Ausbildung gewann, die verlan- gerten Gliedmassen aber eine den Cirri pedien analoge Form und Gliederung erhielten. Die auf den ersten Blick scheinbar abseits stehenden Cirri pedien, die vor wenigen Decennien noch fur Mollusken gehalten werden konnten, dann aber nach Entdeckung ihrer Larven als Arthropoden und Crustaceen erkannt wurden, sind ihrer nunmehr ziemlich genau erforschten Entwickelung nach offenbar nahe Verwandte der Copepoden, die sich von dem ge- meinsamen, oben naher skizzirten Hauptzweig unter mehrfachen und bedeutenden, eigenthiim- lichen Lebensbedingungen angepassten Modificationen gesondert haben. Die in dieser Frage bereits fruher ^) von mir vertretene Auffassung vermag ich nach den scither gewonnenen Er- fahrungen vollkommen aufrecht zu erhalten. Die junge Naupliuslarve ■♦) der Cirripedien stcht ihrer Form nach dem Copepoden- nauplius iiberaus nahe, unterscheidet sich von demselben aber in der Regel durch den Besitz zweier seitlicher Stirnfortsatze, der sogenannten Stirnhorner und durch die machtige, mehr oder minder schildformige Ausbreitung des Riickeninteguments, in welcher die Anlage der Schalendu- plicatur viel starker zur Erscheinung kommt. Noch bedeutender pragen sich diese Charaktere mit dem fortschreitenden Wachsthum der Larve aus, mit welchem zugleich die Oberlippe riissel- formig hervortritt, die Bewaffhung des Ruckens durch zwei seitliche Dornen oder durch einen langen Stachel am hinteren Ende verstarkt wird und der stark verlangerte Hinterleib gabelig getheilt in spitze Fortsatze auslauft. Wahrscheinlich hat das Schutzbediirfniss auf solche Ge- staltung einen vorwiegenden Einfluss ausgeubt. Auch die Stirnhorner mochten in diesem Sinne als Warten zu deuten sein. Dieselben erscheinen haufig an dem verbreiterten, fast lotfelformigen freien Ende in feine Cuticularfasern zerschlitzt, die ich fruher im Zusammenhang mit den grossen Zellenschlauchen, deren Auslaufe sich in die Stirnhorner hineinerstrecken, als Sinnesorgan in '; C. Glaus, Zur Morphologic der Copepoden. Wlirzb. nat. Zeitschr. 'I'om. I, i860. ^1 Falsch beurtheilt war nur die Stellung der Sacculinen, die keincswegs wie ich dort glaubte, direct auf die Copepoden zurl'ickgefLihrt werden konnen, sondern, wie inzwischen die Arbciten LiU jeborg's und Fr. Mullen's erwiesen haben, rikkgebildete Cirripedien sind. ') C. Glaus, Uebcr die morphologischen Beziehungen der Copepoden, Phyllopoden, Cirripedien etc. Wlirzburger naturwissenschaftl. Zeitschr. Tom. HI, 1862. — Derselbe, Die cyprisahnliche Larve der Cirripedien etc. Marburg 1869. ^) Vergl. die Larvenformen in Darwin's Monograph of the Cirripedia. Tom i u. 11 , London i85o und 1854, ferncr in den Aufsatzen von Thompson und Spcnce Bate. 80^ Anspruch nahm. Eine nochmalige genauere Untersuchung hat mir jedoch gezeigt, dass die Horner innerhalb des rohrenfdrmigen Endabschnittes einen hohlen, mit seiner Spitze hervorstehenden Stachel umschliessen, bis zu welchem die Fortsatze der Zellenschlauche (i)Zj zu verfolgen sind (Taf. XVI, Fig. 1 S). Die grossen Zellen, jederseits in zwei- oder dreifacher Zahl vorhanden, nehmen sich allerdings wie bipolare Ganglienzellen aus, zumal sie einen zweiten nach dem Geiiirn zu gerichteten centripetalen Fortsatz entsenden, den man fur einen Nerven auszugeben geneigt ist. In manchen Fallen (wie z. B. bei dem grossen von A. Dohrn als Archizoea benannten Cirripedien nauplius) scheint derselbe jedoch durch kurze Fasern vertreten zu sein, die nur als Suspensorien des Zellenschlauches dienen. Man weiss iibrigens langst — und ich konnte hier mehrfache andere Falle als Beispiele anfuhren, wie schwer es unter Umstanden ist, Sinnesorgane von Driisenzellen der Flaut zu unterscheiden , zumal auch an die ietzteren ein Nerv herantreten kann. Die angefuhrten Merkmale des Stachels, sowie die wahrscheinliche Bedeutung der centralen Fortsatze als Suspensorien, ferner die autfallende Grosse der Zellen bestimmen mich jedoch, meine friihere Deutung zu Gunsten der von dem letztgenannten Autor vertretenen Auflassung aufzugeben und die Zellengruppe fur eine Driise zu halten, deren Secret zu dem dolchformigen Stachel an der Spitze des Stirnhornes in naherer Beziehung steht und mit jenem zugleich als Schutzwaffe dient. Wahrscheinlich findet sich an der Basis des Stachels innerhalb der Rohre des vorn geottheten Stirnhornes die Miindung zum Austritt des Secretes. Dagegen ist die weitere von Dohrn an die Bedeutung jener Zellengruppe als Driisen- apparat gekniipfte Folgerung, dass dieselbe mit der sonderbaren Cementdriise gleichwerthig sei, dass ferner Burmeister und Darwin im Recht seien, wcnn sie die Haftantennen mit der Ausmiindung der Cementgange auf die Stirnhorner der Naupliuslarve zuriickfiihrten, eine voUig verfehlte '). Dass die Haftantennen der spateren sogenannten Cirripcdienpuppen nicht auf die Stirn- horner zu beziehen sind, ist langst durch Krohn und Fr. Miiller direct nachgewiesen worden, und ich kann die Richtigkeit der Angaben dieser Autoren , nach welchen die Haftantennen in dem vorderen Gliedmassenpaare der Naupliuslarve entstehen, durch mehrfache Beobachtungen bestatigen. (Vergl. Fig. i A.) Die Stirnhorner sind vielmehr Gebilde, deren Ursprung wie der des unpaaren Giftstachels von Argulus etwa in der Art zu denken sein mochte, dass mit Driisenzellen verbundene Stachelfortsatze des Hautpanzers einen bedeutenderen Umfang und eigenthiimliche Difierencirung gewonnen haben. Ebensowenig als die Stirnhorner konnen die beiden der Me- dianlinie genaherten Stirnfaden, welche Darwin als innere Antennen deutete, als Gliedmassen in Betracht kommen. Dieselben sind vielmehr nichts anderes als eine besondere in ahnlicher Weise auch bei Copepoden auftretende Form der frontalen Sinnesorgane, deren verbreitetes Vorkommen bei den Phyllopoden nicht nur, sondern bei alien Entomostrakenordnungen und selbst in den Larven der Malakostraken ich nachgewiesen zu haben glaube. Auch das zweite Naupliusstadium wiederholt sich in der Cirripedienmetamorphose, in- dem nach ein- oder mchrmaliger Abstreifung der Haut an grosseren Larven ein neucs viertes Gliedmassenpaar ganz nach Art der Maxillenanlage der Copepoden hervortritt (Taf. XVI, Fig. i (IV). Die drei vorausgehenden Gliedmassenpaare haben die fruhere Gestalt im Wescntlichen beibehalten, jedoch bei ansehnlicher Grossenzunahme eine reichere Gliederung und starkerc Haken- und Borstenbewatihung gewonnen, nach der sie in den einzelnen Gattungen hemerkens- werthe Abweichungen darbieten. In ungleich grosserem Masse aber als bei der Copepoden- ') Gleiches gilt von alien ubrigen Satzen , welche Dohrn zur Erklarung des Cirripedienbaues den positiven Er- gebnissen sorgfaltiger Untersuchungen als Deductionen seiner Zoeastacheltheorie entgegenstellt. Vergl. A. Dohrn, Die Ueber- reste des Zoeastadiums in der ontogcnetischen Entwickclung der verschiedcnen Crustaceenfamilien. pag. i5t). 81 entwickelung schreitet nun das Wachsthum des hinteren bewcglichen Leibesabschnittes vor, welcher gewissermassen in nuce die Segmente von Thorax und Abdomen des spatercn Ranken- fiisslers in sich fasst, diese aber nicht wie bei den Copepoden der Reihe nach in zahlreichen, all- miilig aus einander hervorgehenden Larvenformen zur Sonderung bringt, sondern gleichzeitig mit alien zugehorigen Gliedmassenpaaren anlegt und ausbildet. Die Vorgange des Wachsthums und der Neubildung, welche wir an der zweiten iilteren Naupliusform beobachten , weisen dem- nach unzweifelhaft auf eine Abkiirzung der primiiren Entwickelung, auf eine betriichtliche Reihe von Zusammenziehungen hin, durch w^elche die ursprungliche Metamorphose wesentlich ver- einfacht wurde. Die iiberraschende Aehnlichkeit aber, welche trotz bedeutender Abweichungen in einzelnen Charakteren das Endresultat des abgekurzten Entwickelungsprocesses mit dcm der Copepodenmetamorphose zeigt, macht es uberaus wahrscheinlich, dass urspriinglich auch die primiire Entwickelungsreihe beider Gruppen eine grosse Uebereinstimmung zeigte, viellcicht sogar bis zum letzten Stadium zusammenfiel. Die relativ ansehnliche und fruhzeitige Ausbildung des Hinterkorpers der Cirripedien- Nauplius als selbststandig beweglicher, gewissermassen als Abdomen wirksamer Leibesabschnitt mdchte somit als eine secundare, erst im Zusammenhang mit dem veranderten Vcrlauf der spiitern Entwickelung ervvorbene Eigenthiimlichkeit zu betrachten sein. Vergleichen wir die unterhalb der Naupliushulle angelegten Neubildungen mit den Theilen des Copepodenleibes, so linden wir, von der ctwas differenten Configuration der Kieferanlagen abgesehen, nicht, wie wir hatten erwarten sollen, fiinf, sondern sechs Paare von winzigen Ruderfussen vor. Das vierte Gliedmassenpaar des iilteren Cirripedien - Nauplius hat auch Metschnikoff ) gekannt und die Ansicht ausgesprochen, dass Mandibeln und Maxillen (von Balanus balanoides) gemeinsam in dem Innenraume einer vierten, hinter dem dritten Naupliusfusspaare hervorgewachsenen Gliedmasse ihre Entstehung nehmen, wahrend das dritte sonst allgemein zur Mandibel sich umbildende Gliedmassenpaar, gleich dem vorausgehenden zweiten Paare mit der nachfolgenden Hiiutung abgeworfen wiirde. So sicher und leicht nun auch der Verlust des zweiten Antennenpaares an jeder Cirripedienpuppe constatirt wird, so schwierig mochte der gleiche Nachweis fiir das dritte Paar erscheinen, denn wenn auch mit aller Bestimmtheit die zweiastige Extremitat als solche abgeworfen wird, so bleibt doch wahr- scheinlich an ihrer Basis ein kleiner, der Beobachtung sich leicht entziehender Ueberrest als Kieferanlage zuriick. Wiire dem nicht so, was ja als Moglichkeit a priori nicht bestritten werden kann, so wurde die Mandibel der Cirripedien morphologisch eine von der Mandibel aller iibrigen Crustaceen verschiedene Bildung sein. Entstunden wirklich die sogenannten Mandibeln und Maxillen gemeinsam in dem Innenraume des vierten Gliedmassenpaares, so waren dieselben Theilstucke eines einzigen Extremitatenpaares und es bliebe weiterhin der Ursprung der Untcr- lippe (outer maxilla Darwin's) nachzuweisen. Durch moglichst sorgfaltige Untersuchung der iiltesten grossen Naupliuszustande eines Balaniden (wahrscheinlich auch B. balanoides] bin ich nun in der That mit Bildern bekannt geworden, die mir Me tschnikoff "s Angaben iiber den Ursprung zweier Kieferpaare innerhalb der vierten Naupliusgliedmasse ausreichend erklaren, deren Deutung aber keineswegs mit der jenes Autors zusammenfallt. Ausser den in die borsten- tragenden Gliedmassenhocker einspringenden Zapfen beobachtet man (Taf. XVI, vergl. Fig. i) medianwarts ein zweites in der Mittellinie fast zusammenstossendes Zapfenpaar, welches in keine Erhebung des aussern Integuments hineinragt. Dasselbe liefert otfenbar die auch als Unterlippe ') Sitzunpsberichte dcr Versammlunp dcutschcr Natiirf(jrschcr zu Hannover i865. Pag. 21S. Glaus, Untersuchungcn ubcr Crubtjcecn. 11 82 bezeichnete zweite Maxille, wahrend die aussern Zapfenpaare die seitwarts liegenden Kiefer oder die eigentlichen Maxillen bilden mochten. Dass die letzteren Zapfen nicht die Anlagen der soge- nannten Mandibeln sind, scheint mir aus mehreren Umstanden gefolgert werden zu konnen, 1. aus dem weiten Abstand derselben von der Oberlippe, mit der bekanntlich die sogenannten Mandibeln der Cirripedien mittelst eines tasterahnlichen Anhangs innig zusammenhangen; 2. aus dem Mangel anderweitiger Kieferanlagen, welche fur die Aussenmaxille vorhanden sein miissten, wenn die in das vierte Gliedmassenpaar einspringenden Zapfen die sogenannten Mandibeln warcn. Voile Sicherheit werden uns, wenn es nicht an gunstigen Objecten gelingen sollte, die Mandibelanlagen in der Basis des dritten Gliedmassenpaares nachzuweisen, erst in der Hau- tung begritfene Larven ') verschaffen, an denen der Uebergang der Kieferanlagen in die be- treffenden Mundtheile direct verfolgt werden kann. Vorlaufig mochte nach den vorliegenden Anhaltspunkten die Deutung der fraglichen, in der Zone des vierten Gliedmassenpaares gele- genen Zapfen als Anlagen der Maxillen und Unterlippe die grosste Berechtigung haben. In diesem Falle aber bleibt die Frage zu erledigen, ob die aussern und innern Zapfen Theile eines einzigen (des vierten 1 Gliedmassenpaares sind oder ob die innern zu der Unterlippe sich umbildenden Theile einem besonderen und also demjenigen Gliedmassenpaare entsprechen, aus welchem bei den Copepoden die Maxillarfusse hervorgehen. Von der Beantwortung dieser Frage hiingt nicht nur die richtige Deutung der Mundtheile ab, sondern dieselbe hat auch fiir die Beurtheilung der nachfolgenden sechs Beinpaare und fiir das Verstandniss des Cirripedienleibes tiberhaupt riickwirkende Bedeutung, kann jedoch mit Hiilfe des verwerthbaren Materiales nicht absolut sicher entschieden werden. Sind aussere und in- nere Maxille auf dasselbe Gliedmassenpaar zu beziehen, so gewinnt die bereits von Pagen- stecher geltend gemachte AuflFassung an Wahrscheinlichkeit, nach welcher das vordere ubrigens auch sonst abweichend gestaltete Beinpaar der Cirripedien den Maxillarfiissen der Copepoden gleichwerthig ist, die funf nachfolgenden Rankenfusspaare aber den funf Paaren von Ruder- fiissen der Copepoden entsprechen. Freilich wtirde dann immerhin noch die Moglichkeit zu widerlegen sein, dass die Anlage der funften Naupliusgliedmasse bei den Cirripedien unter- driickt und somit die den Maxillarfussen der Copepoden gleichwerthige Extremitiit verloren gegangen sei. Ist hingegen die innere Maxille oder sogenannte Unterlippe aus der Anlage dieser funften Gliedmasse hervorgegangen, so hat die von mir vertrctene und auch durch andere Griinde gestiitzte Ansicht Berechtigung, dass das letzte Rankenfusspaar dem mitunter nach Art eines Fuss- rudimentes vorstehenden Hockerpaare des Genitalsegmentes, welcher nachweisbar ein riickge- bildetes sechstes Ruderfusspaar ist, entspricht. Insbesondere lilsst sich die Gestalt und Gliederung des gliedmassenlosen schwanzformigen Abdomens der Cirripedienlarve, in welchem sich das Abdomen der Copepoden mit seinen Furcalgliedern wiederholt, zur Unterstiitzung meiner Auf- fassung, die ich noch jetzt vollkommen aufrecht halte, verwerthen. Mag nun diese oder jene Deutung zutreffen, fiir unsere Hauptfrage wird jede derselben gleich werthvoll sein, indem jede den unter der Naupliushaut angelegten Cirripedienleib auf den Korper des Copepoden direct zuriickbezieht und dieselben Gliedmassen und Segmente fur den Copepoden- und Cirri- pedienleib anerkennt. ') Leider gelang es mir bislang nicht, solcher hahhaft zu werden. Wahrend ich im April i863 im Golfe von Neapel altere NaupHusformen von Balanus in grosser Menge iischte , fand ich zwei Jahre spater zur selben Zeit und am namHchen Orte nur eben ausgeschliipfte Larven in sparHcher Zahl. 8n Freilich kommt das junge Cirriped aus der Naupliushiille in scheinbar ganz abwcichen- der, seiner ausseren Form nach mehr an die Ostracoden erinnernder Gestalt hcrvor, indessen erscheint hier in erster Linie die machtige Duplicatur des Integuments als Grund der diffc- renten Formgcstaltung. Die Cypris ahnliche Cirripedienlarve oder Puppe, wie man dieses frei- schwimmende, spater sich mittelst der Haftantennen festsetzende Entwickelungsstadium mit Recht nennt, hat eine zweiklappige, der Ostracodenschale vergleichbare Schalenduplicatur ge- wonnen, welclie den nach Fussbau und Form des Abdomens iiberaus Copepoden iihnlichen, freilich im Bau der Antennen und Anlagen der Mundtheile andcren Lebensbedingungen ange- passten Larvenleib voUkommen umschliesst. Genetisch nichts anderes als der miichtig entwickelte zweiklappig gewordene Naupliusschild, erscheint dieselbe als Vorlaufer der miichtigen Mantel- umhiillung des Cirripcd's, welche muschelahnlich in ihrer Substanz feste Kalkstiicke erzeugl und dem fixirten sonst hulflosen Korper ausreichenden Schutz verleiht. Wahrend in der Larvenreihe der Copepoden die Schild- oder Schalenanlage der Nau- pliusform nicht weiter benutzt wird, und demgemass das Integument des Kopfbruststiickes der Cyclopsform vor dem der nachfolgenden Segmente keine merkliche Auszeichnung bietet, wird dieselbe bei den Cirripedien im Laufe der Entwickelung zu einem machtigen Schutzorgane aus- gebildet, welches in Verbindung mit dem Bedurfniss der Anheftung und mit der Verwendung der vorderen Antennen als Haftorgan zum Mittelpunkt einer Reihe von Anpassungen und Ab- anderungen verschiedener Gliedmassen und Korpertheile wird. Die innere Organisation der Cirripedienpuppen bietet keineswegs bedeutende und fundamentale Abweichungen von der der Copepoden. Der Mangel eines Herzens kann ebenso wenig wie die relativ ansehnliche Ent- faltung des paarigen Auges als wesentlich in Frage kommen. Auch bei den meisten Copepo- den ist das Herz, und zwar wie wir anzunehmen berechtigt sind, erst secundar durch Riick- bildung der vorhandenen Aniage verloren gegangen , ebenso freilich auch die fur die Cirripedien- larve ansehnlich entwickelte Aniage des paarigen Auges, welches sich nur in Ausnahmsfallen (Pontelliden) erhalten hat. Das vordere Gliedmassenpaar, die Tast- und Spurantenne, zum Anlegen und Fixiren des Korpers benutzt, gewinnt zunachst Haftborsten und spater an der Flache des vorletzten Gliedes einen Saugnapf, ahnlich wie wir auch an anderen mit ihrer Flache sich anlegenden Korpertheilen bei anderen Crustaceen (Argulus, Evadne) Saugnapfbildungen auftreten sehen. Die zeit- weilige Fixirung wird schliesslich unter Mitwirkung des merkwiirdigen Kittes, welchen die erst wahrend der Verwandlung der Puppe in das Cirriped sich ausbildenden Cementdriisen allmahlig absondern, zu einer dauernden, nachdem die Umgestaltung anderer Korpertheile wesentlich weiter gefuhrt worden ist. Die Genese der Cementdriisen und mit derselben zugleich die morphologische Bedeutung dieser merkwiirdigen Abscheidungsorgane ist bislang noch nicht vollkommen aufgekliirt. Wahr- scheinlich haben wir die Anlagen derselben schon in der spateren Naupliusform zu suchen, und es ist nicht unmog'lich, dass das Material derselben einer der beiden schleifenformigen Driisen entlehnt ist. In der That hat man bereits, jedoch ohne nahere Begrtindung die Cementdriise aus der Umbildung der Antennendriise abgeleitet. Beobachtungen an den sogenannten Cirri- pedienpuppen bestarken mich in dieser Aufliassung, wenngleich es moglich bleibt, dass es sich um das zweite Drtisenpaar, die sogenannten Schalendriisen handelt. Wie ich schon friiher ge- zeigt habe, erstreckt sich ein umfangreicher, hinten gelappter Drusenschlauch rechts und links in den Schalenraum der sogenannten Cyprislarve hinein. (Taf. XVI, Fig. 2 SD.) Es ist dies 11* 84 offenbar dasselbe Gebilde, dessen Anfang auch von Darwin') dargestellt und mit einem engen in die Haftantenne eintretenden Ausfuhrungsgang verbunden, als Cementdruse in Anspruch ge- nommen wurde. Eine nochmalige Verfolgung dieses aus grossen, kornchenreichen Zcllen bestehenden Ge- bildes hat mich jedoch uberzeugt, dass dasselbe keineswegs mit dem in die Antenne eintreten- den Ausfuhrungsgang in directer Verbindung steht, sondern auch am vorderen Ende in einer kurzen seitlichen Schlinge ventralwarts umbiegt. Der enge Cementgang tritt schon in Stadien der Puppe auf, in denen sich die Umwandlung in den Cirripedienleib zu vollziehen beginnt (Fig. 3). Spater ist der langgestreckte Zellenschlauch aus dem Schalenraum verschwunden, wahrend eine Menge von kornchenhaltigen Zellen entweder iiberall unter der Schale zerstreut liegen (Con- choderma) oder nach vorn in der Basis des zum Pedunculus werdenden Kopfes (Lepas) zusammengedriingt liegen. (Taf. XVI, Fig. 3.) Es sind dies die Zellen der Cementdruse-), die durch feine Canalchen und Netze von Gangen in den nunmehr deutlich hervortretenden Cement- gang eintreten und mit diesem — etwa wie die Hodenblaschen des Bandwurms mit dem vas deferens ■ — durch eine Menge feiner vasa efferentia zusammenhangen. Wahrscheinlich also hat der lange, aus mehrfachen Reihen von kornchenhaltigen Zellen zusammengesetzte driisen- ahnliche Strang durch Aufiosung seiner Elemente das Material zur Erzeugung der machtigen Driise geliefert, die nunmehr erst den Kittstoff' auszuscheiden beginnt und die Befestigung zu einer dauernden Fixirung macht. Bei anderen Lepaden wie z. B. bei Lepas pectinata (Fig. 4) findet sich anstatt der isolirten Zellenhaufen jederseits ein in mehrfachen Schleifen gewundener Zellstrang, der nichts anderes als die aus dem Schalenraum in die Basis des Stils eingetretene Druse sein kann und das Cementorgan darstellt. An dem einmal festgehefteten Thiere konnten die Fusspaare ihre friihere Function als Ruder zur Fortbewegung des Korpers nicht mehr zur Geltung bringen. und wurden nunmehr um so be- deutungsvoller als Hulfsorgane des Nahrungserwerbes, indem sie die wahrscheinlich schon bei den Urphyllopoden bedeutend hervortretende Nebenleistung der Strudelerregung und Zulci- tung von Nahrungstheilen in etwas modificirter Weise wieder aufnahmen und zu einer bedeu- tenden VervoUkommnung ausbildeten. Die zweigliedrigen Ruderaste gewinnen nicht, wie bei den Copepoden, nur noch ein drittes Glied, sondern verlangern sich cirrenahnlich unter fortge- setzter Gliederzunahme, erzeugen anstatt der Ruderborsten einen reichern, fast wirtelstandig grup- pirten Besatz langer Borsten und werden zu den mehrfach eingerollten, zur Erregung eines ^) Vergl. Darwin, A Monograph of the subclass Cirripedia. Balanidae. London 1S54. Tab. XXX /. /'. ") Noch nach einer andern Richtung dlirl'ten die Cementorgane der Cirripedien das Interesse in Anspruch nehmen, insofern sie namlich dem ausgezeichneten Monographen dieser Thiergruppe Anlass zu der Behauptung geben, dass sie in directem Zusammenhang mit den Ovarialrohren stLinden. Krohn hat bereits den Irrthum Darwin's aufgeklart, aber nicht gezeigt, wie die a priori unglaubliche Vorslellung veranlasst wurde. Mit Rucksicht auf die I.age und das Wachsthum der Ovarien scheint mir aber der Irrthum ganz begreiflich , zumal bestimmte Stadien des sich entwickelnden Eies mit den Zellen der CementdriJsen grosse Aehnlichkeit haben. Schon in den noch von der Puppenschale umschlosscnen Lepaden finden sich die Eianlagen als zwei langgestreckte, in der Medianlinie dicht zusammengedriingte Ballen kleiner Zellen. Die- selben liegen zwar an der Bauchseite des Stiles nahe der engcn Verbindungsstelle zwischen Stil und Korper. Zwei faden- formige Auslaufer, die Anlagen der Oviducte, treten durch diese so stark verengte BriJcke des winklig umgebogenen Leibes hindurch. Offenbar gehoren dieselben der RLickenseite an und sind (phylogenetisch) vom Thorax aus oberhalb der Kiefer- region in den Kopf eingewachsen , wahrend die hinter ihnen gelegenen paarigen Hodenanlagen Uber und zu den Seiten des Darmes sich au=breiten. An grosseren Exemplaren, welche die Puppenschalen abgeworfen haben, beginnt der Strang AuswiJchsc zu bilden, Sprossen zu treiben, die rechts und links zwischen die Cementzellengruppen einwachsen und von diesen so umdrangt liegen, dass bei gewissen Grossenstadien der wachsendcn Eizellen ein Verwechseln mit den Cement- zellen wohl erklarlich ist. Vergl. Taf. XVI , Fig. 6 und 8. 85 Strudels vortrclTlich befiihigten Rankcnfusscn. Das bei der F^ixirung functionslos gewordene Abdomen nimmt nicht weiter an Grosse zu und verkummert in verschiedenem Grade zu dem bedeutungslosen Schwanzanhang , an dessen Basis ventralwarts ein anfangs kurzer Genital- hocker zu einem fadenformigen Begattungsschlauche auswiichst. Die Mundwerkzeuge bilden sich gemass ihrer mehr cinformigen Aufgabe, die herbeigestrudelten Korper zu sichten und die Nahrungskorper zu zerkleinern, zu einfacheren mit Borsten und Zahnen besetzten Flatten heran. Andererseits erfahren die unter den veranderten Lebensbedingungen bedeutungslos gewordenen Sinnesorgane, die Spiirfaden der Antennen und die grossen zusammengesetzten Seitenaugen eine Riickbildung bis zum vcilligen Veriust, wahrend das Wachsthum des Korpers ganz abnorme, jedenfalls den Anforderungen eines freibeweglichen Organismus entriickte und vornej-imlich dem Zwecke der gesteigerten Brutproduction und der gesicherten Arterhaltung entsprechende Richtungen einschlilgt. In diesem Zusammenhang begreifen wir, wesshalb dieselben so uberaus versclniedene sind und im Verein mit dem grosseren oder geringeren Grade von Ruckbildungen zu solchen Gegensatzen zu fuhren vermag, wie sie in den Cirripediengruppen zur Erschei- nung treten. Wahrend mit Ausnahme der madenformigen, im Mantel anderer Cirripedien schmarotzen- den Proteolepas') iiberall die im Naupliusschild angelegte Hautduplicatur zu einer machtigcn Mantelbildung fuhrt, vvelche vom Kopfe entspringt, den hintern Korpertheil sackformig um- wachst und sich bis auf eine langere oder kiirzere SpaltofFnung der Bauchseite schliesst, zieht sich der Kopf entweder zu einem umfangreichen, frei vorstehenden Stile aus, in dessen Innen- raum das einwachsendc Ovarium Platz zu machtiger Ausdehnung findet (Lepadiden), oder plattet sich zu" einer flachen Scheibe ab, deren Integument in einer secundiiren ringformigen Falte zwei mediane und zwei seitliche Kalkstiicke in der Umgebung des Korpers zur Ablage- rung bringt (B a 1 a n i d e n). Bei den in Muschelschalen eingegrabenen Cirripediengattungen Cryptophialus 2) und Alcippe kommt es weder zur Bildung des Lepadenstiles noch der Balanidenkrone, der flaschenformig den Leib sehr vollstandig bis auf eine kleine Oeffnung um- schliessende Mantel bleibt nackt und ohne Einlagerung von Schalenstucken , fur deren Mangel die umgebende Mauer des Muschelthieres ausreichenden Ersatz gewahrt. Merkwurdigerweise aber erhiilt sich am Leib die Segmentirung, die wahrscheinlich dem verjiingten hinteren Kor- pertheil grosse Beweglichkeit verleiht und das Vorstrecken desselben mit den hinteren dicht zu- sammengedrangten Rankenfussen aus dem engen Mantelschlitz wesentlich unterstiitzt. Nur die drei letzten Paare von Rankenfussen sind als solche erhahen, wahrend die vorausgehenden Paare bis auf das vordere vereinfachte und tasterformig nach vorn gestreckte Paar der soge- nannten Kieferfusse abgeworfen wurden. Der gestreckte zwischen Kieferfiissen (erstem Cirripedienbeinpaare) und hinteren Bein- paaren befindliche Leibesabschnitt wiirde somit auch bei Alcippe nicht vier, sondern nur drei Segmenten entsprechen , denn die Gliedmassen, welche Darwin bei dieser Gattung als Abdo- minalanhange aufifasst, entsprechen, wie ich mich aus der Untersuchung dieses merkwurdigen 'j Der von Darwin als eilfgliedrig beschriebene, seiner Organisation nach leider nicht vollstandig beiiannt ge- wordene Leib dieses merkwurdigen Parasiten , dessen Gliedmassen mit Ausnahme der Haftantenncn und Kielerrudimcnte vollstandig abgeworfen sind, dlirfte wahrscheinlich in der Weise auf den Cirripcdienleib zuruckzufiihren sein, dass die sechs grossen auf das Segment der Haftantenne folgenden Segmente den Segmenten der sechs Beinpaarc entsprechen, der dreigliedrige Endabschnitt aber auf das Abdomen (oder den fadenformigen Penis) zu beziehen ist. =) Die nahe verwandte Gattung Co chlorine unterscheidet sich vornehmlich durch die viel machtiger entwickelten Kieferfusse. Bcziiglich der Mundtheile will ich bemerken, dass Noll die Mandibeln als Maxillen beschricbcn hat. 86 Cirripeds iiberzeugt habe, dem letzten (sechsten) Beinpaare, welches sich von den beiden voraus- gehenden Paaren vornehmlich durch den Mangel der polsterformigen Auftreibung unterscheidet. In voUkommen veranderter und durch vollstiindige Reduction aller Gliedmassen und inneren Organe vereinfachter Form erscheint endlich der Organismus der Rhizocephalen oder Wurzelkrebse, die man desshalb auch, aber gewiss mit Unrecht, als Ordnung von den Cirripedien getrennt hat. Antennen und Mundtheile, Rankenfiisse und Schwanzanhang sind abgeworfen, von Gliederung ist an dem einfachen, vom sackformigen Mantel umhullten Korper- schlauche keine Spur mehr nachweisbar. Mund und Darmcanal sind im Zusammenhang mit dem eigenthiimlichen Parasitismus geschwunden, verdrangt durch einen fast vegetabilischen Er- nahrungsapparat, der wurzelartig in Form verzweigter Faden am Kopfende des Leibes hervor- gewachsen und in das weichhiiutige Abdomen von Decapoden eingedrungen , Leber und Einge- weide dieser Krebse umstrickt, nicht nur als fester unlosbarer Haftapparat, sondern als aus- giebiges Ernahrungsorgan, welches den inneren Organen desWohnthieres Nahrungssiifte in reicher Menge entzieht. Auch Nerven und Sinnesorgane scheinen an solchen Brutsacken, die pflanzen- ahnlich in ihrer Ernahrungsart, nur noch gewissermassen im Dienste der Arterhaltung ihre be- schrankte aber vortrefflich gesicherte Rolle ausspielen, total geschwunden. Auf diesem Wege erweisen sich die Cirripediengruppen, wenn auch im Zustand des ge- schlechtsreifen Thieres durch so bedeutend abweichende Gestaltungsverhiiltnisse charakterisirt, als untergeordnete Abanderungen auf denselben Typus zuriickfuhrbar. Wir diirften daher wohl in dem Verstandniss des Cirripedienbaues wesentlich vorschreiten, wenn es auch nur fiir eine dieser Gruppen gelingen sollte, die Umgestaltungen der sogenannten Puppe in den Cirripedien- leib eingehender zu verfolgen und durch eine nahere Analyse der Vorgange zu erklaren. Oli'en- bar aber wurde sich zu einem solchen Versuche die Abtheilung der Lepaden am Besten eignen, nicht nur wegen der leichteren Beschaft'ung des Untersuchungsmaterials, sondern vornehmlich wegen der bedeutenden Grosse der Puppen, welche den Beobachtungen geringere Schwierig- keiten als die winzig kleinen kaum aufzutindenden Balanidenpuppen entgegensetzen. Ich habe aus diesem Grunde nicht unterlassen, meine friiher bereits begonnenen und in ihren Haupt- resultaten mitgetheilten Beobachtungen wieder aufzunehmen und glaube einige bemerkenswerthe Erganzungen zur Aufklarung des Cirripedienorganismus geben zu konnen. Vor Allem war ich iiberrascht, der Bezeichnung Puppe nicht nur durch den bekannten Mangel der Nahrungsaufnahme, sondern durch einen tief greifenden Process innerer Umge- staltungen, durch Einschmelzung und Auflosung vorhandener Organe, wie durch selbststiindige Anlage neuer Theile durchaus zutreffend und dem Begritl'e entsprechend zu linden. In der That sind die sogenannten Cyprislarven Cirripedienpuppen im voUen Sinne des Wortes. So lange die Puppe frei umherschwarmte und die Klammerantennen nur zum gclegentlichen An- haften beniitzte, erscheint das im Schalensack steckende Thier von dem jungen Cirriped weit verschieden. Das grosse seitliche Augenpaar, die schleifenformig gewundene Driise unter- halb der rechten und linken Schalenseite, die functionsfahige Druse der frCiheren Stirnhorner (Fig. 2 St.D.), vor Allem der miichtige Muskelapparat bezeichnen die Zeit kurz nach Ab- streifung der Naupliushaut vor der Verwandlung in das Cirriped. Otienbar wird der Leib von machtigen Muskelgruppen (B, F,) innerhalb der Schale kraftig angezogen und das grosse fast armformig gegliederte Antennenpaar (von den Muskeln E D C) vielseitig bewegt. Auch ein umfangreicher Schalenschliesser, nach Lage und Bau dem Schalenmuskel der Phyllopoden gleichwerthig [S M), vermag die Schalenklappen zu niihern und den hinteren Schlitz der Bauch- seite {a — i?) vollkommen zu schliessen. Dazu kommt der ziemlich longitudinale Verlauf des noch engen und gestreckten Darmcanals. 87 ^ i Verhaltnissmiissig fruhzeitig, noch zur Zeit dcr voUkommenen Integritiit des Muskeliippa- rates, gewahrt man die miichtigen Anlagen der Cirripedienfusse, die sich hald mehr und mehr von den Hiillen der Ruderfiisse zuriickziehen und bei einer ausserordentlichen Lange in schriig longitudinaler Richtung aufwiirts strecken. Augenscheinlich mit in Folge des Wachsthums der vielgliedrigen Beinpaare, jedenfalls aber noch im Zusammenhange mit dam Einschmelzen der machtigen Muskelmassen gewinnt der Darm eine mehr und mehr verticale Stellung, und wahrend sich neue Muskehi am Grunde des Rumpfes anlegen, der Adductur scutorum (Fig. 3 A S) gebildet wird, ferner die Muskeln und Bindegewebsstutzen des zum Lepadenstile sich umgestaltenden Kopfes auftreten, vollzieht sich die Lagenverilnderung des dorsalwarts aufgerichteten Rumpfes im Manteiraum. Das Material der aufgelosten Musculatur scheint grossentheils fettig degenerirt, und dicht gedrangte Fettkugeln erfullen die blasigen Raume und Lucken zwischen den binde- gewebigen Faserzugen im Kopfraum (Fig. 3). Die Wandung desselben erfahrt ventralwarts eine mehr oder minder tiefe Einbuchtung, welche mit dem Ablosen des grossen Basalarmes der Antennen und mit der Abstreifung des Augenpaares im Zusammenhang steht, zugleich aber auch die Verlangerung und Umbildung des Vorderkopfes zum Lepadenstiel vorbereitet. Unterhalb der chitinigen Schalenklappen des Puppenkorpers werden die gegitterten Kerne der fiinf be- kannten Schalenstiicke als Erzeugnisse der Hypodermis des Mantels abgesondert (Fig. 4 C, T, Sc), nach Structur und Gencse durchaus den sogenannten Ephippien der Daphnidenschale vergleich- bar (Fig. 7). Man sieht, das polygonale Gitterwerk entspricht genau den Contouren der Cy- linderzellen, welche in und unterhalb der Maschen liegen (Fig. 7). Noch bevor mit der nachfolgenden Hautung die hornigen Schalenklappen der Puppe, sowie die nach dem Ventralrand gedrangten Ruderfiisse abgestreift werden, erscheinen die Driisen- zellen des Cementapparates, aus dem mit der Bildung der Schalenkerne mehr und mehr ver- engten Schalenraum verdrangt, im Grunde des Vorderkopfes, welcher in Folge der verlangerten Mantelbucht nur noch durch eine enge Briicke oberhalb der Leber mit dem langs der Riicken- seite des Rumpfes sich erstreckenden Leibe des jungen Rankenfiisslers zusammenhangt. Dass wir es in diesen Zellengruppen, die haufig noch in Form eines gewundenen Stranges vereint (Lepas pectinata Fig. 4), in anderen Fallen isolirt neben einander ausgebreitet (Fig. 3) oder gar im Mantel zerstreut liegen (Conchode rm a), mit denselben Elementen zu thun haben, welche in Form einer gewundenen Schalendriise den Schalenklappen der Puppe anliegen, glaube ich nicht nur durch die sehr ahnliche Beschaffenheit des kornigen Zelleninhaltes, sondern durch Lagenveranderungen des Zellenstranges in Uebergangsstadien in hohem Grade wahrscheinlich zu linden (Fig. 6). Freilich verbinden sich dieselben in alien mir bekannten Lepaden einzeln durch zarte Ausfiihrungsgange mit dem langen zickzackformig geschlangelten Cementgang 'j, be- ziehungsweise einer AmpuUen ahnlichen Erweiterung desselben. Auch der Cementgang tritt schon in der spateren Puppenperiode auf und noch ehe die chitinige Schalenklappe abgeworfen ist, vermag man in den Antennen his zum Saugnapf derselben das Ende desselben leicht auf- zufinden (Fig. 3 C. g. und Fig. 6 c). Dass es schon in dieser Zeit zu einer Ausscheidung von Cementsubstanz kommt, durch welche die Anheftung des Puppenkorpers zur bleibenden Fi- xirung wird, lasst sich mittelst der gelblichen Kittschitt, die an der Saugscheibe haftet, direct beweisen. ') Die Angaben . welche wir Krohn liber das Verhaiten der Ccmentzellen zum ausfiJhrenden Apparat, sowie iiber die Ovarian und Hoden von Cirripedien vcrdanken, vermag ich volikommen zu bestatigen, wahrend ich die Zeichnungen Pagenstecher 's uber Lepas pectinata nach eingehenden Beobachtungen nicht fur richtig haltcn kann. Auch die Aniage der Geschlechtsorgane tritt bereits vor Abstreifung der Puppenhaut auf, wenigstens gelang es mir, die Ovarien in mehreren Lepadenpuppen (Fig. 3) unter anderen bei Lepas pectinata (Fig. 4) zu beobachten. Es sind zwei mit kleinen Keimzellen (Kerne mit glanzen- dem Kernkorperchen und sparlicher Protoplasma-Umlagerung) dicht gefiillte Korper, die vor den Leberschliiuchen an der schmalen Verbindungsbrucke des Pedunculus liegen und an der ven- tralen Seite in diesen eintreten (Fig. 3 und 4 0 u). Ihrem Inhalt nach stimmen dieselben mit den Keimdriisenanlagen der Copepoden ganz iiberein. Schon die Lage dieser unzweifelhaft als Keim- driisen zu deutenden Korper, deren Anfange wahrscheinlich schon weit friiher oberhalb des Darmes der Larve auftreten, kann uns kaum im Zweifel lassen, dass es sich im Zusammen- hang mit der eigenthiimiichen Gestaltung des Cirripedienleibes um ein secundares Einwachsen dieser Organe in den Pedunculus handelt. Die Entwickelung der Eizellen aus einem Theile der kleinen Zellen der Ovarialanlage ergibt sich unmittelbar aus weiter vorgeschrittenen Stadien (Fig. 8 b). Auch die Hodenanlagen sind oflenbar schon vorhanden, vielleicht sogar nicht sehr weit von den Ovarialanlagen entfernt, am Riicken des Magendarms. Schon in ganz jungen Lepaden, deren verliingerte Ovarialschlauche (Fig. 8 a.) in der Medianlinie meist dicht zusammenliegen und geweihartige Fortsatze aufwarts entsenden, hat auch der Wachsthum des Hodens bedeutende Fortschritte gemacht und man verfolgt zu den Seiten des Darmes die verastelten mit sehr kleinen Zellen erfiillten Auslaufer desselben bis an die Basis der Beinpaare hinein. Moglicher- weise sind also urspriinglich in der Stammgruppe der Cirripedien beide Geschlechtsdrusen als Abschnitte desselben Organes entstanden und haben erst secundiir mit der Heranbildung des fixirten Rankenfiisslers eine bedeutende Dislocation und Entfernung von einander erfahren, wie auch die Oefifnung der Oviducte an der Basis des ersten Beinpaares keineswegs der primaren Ausmiindung gewesen sein kann, und ganz gewiss der sogenannten Cirripedienpenis, in den Puppen als kleiner Hocker nachweisbar, als ein spater erworbener Anhang zu betrachten ist. Die so bedeutenden nur nach den am meisten in die Augen fallenden Erscheinungen kurz skizzirten Umgestaltungen , welche sich wahrend der Periode des sogenannten Puppenzu- standes vollziehen und aus einem zweischaligen freibeweglichen Crustaceen mit grossen beweg- lichen Seitenaugen und Copepodenfussen ein festgeheftetes Cirripcd mit verhaltnissmassig viel- gliedrigen und langen Rankenfussen hervorgehen lassen, mochten kaum anders als mit Hulfe der Annahme verstiindlich erscheinen, dass wir in der Verwandlung der Puppe eine Reihe von Veranderungen in abgekiirzter Form zusammengezogen linden, welche im Laufe der phyloge- netischen Entwickelung als langsam und allmalig erfolgte Umbildungen ihre Entstehung nehmen. Und diese Autfassung wird wesentlich unterstutzt durch die Thatsache, dass so ver- schiedenen Cirripediengruppen wie Lepaden und Balaniden, Cryptophialiden und Rhizocephalen von der Naupliusform an bis zu der zwolfbeinigen Puppe in nahezu iibereinstimmender Ge- staltung sich entwickeln und erst vor der Periode des Puppenlebens an die so bedeutenden, otfenbar durch verschiedenen Anpassungen bedingten Abweichungen der Korperform und in- neren Organisation datiren, welche die ausgebildeten Cirripedien bis zum Extrem der so voll- standig riickgebildeten Sacculina oder Peltogaster von einander trennen. Gegen die oben erorterte Auffassung, nach welcher sich Cirripedien und Copepoden als Zweige eines gemeinsamen Astes des Crustaceenstammes entwickelt haben, wird man einen dem ersten Anscheine nach schwerwiegenden Einwurf erheben konnen. Derselbe stutzt sich auf die in beiden Crustaceenordnungen so differente Gestaltung der geschlechtlichen Fort- pflanzung. Die Copepoden sind getrennt geschlechtlich, nicht seiten mit bedeutend ausgepragtem Dimorphismus der mannlichen und weiblichcn Geschlechtsthiere, die Cirripedien dagegen sind Hcrmaphroditen. Wir wiirden also nicht nur die dt-n beiden Gruppcn gemeinsame Stamm- form BUS der Reihe der Urphyllopoden als hermaphroditisch zu bctrachtcii habcn, sondern auch in weiterer Consequenz zu der Annahme gedrangt, dass der Hermaphroditismus in den vici spateren copepodenahnlich gestalteten und noch frei beweglichen Durchgangsstut'en der Stammes- entwickelung sich in vollem Umfang erhalten habe , wahrend hingegen die Copepoden, welche selbst in ihren durch Parasitismus am weitesten zuruckgesunkenen Gliedern keine Spur eines friiheren Hermaphroditismus mehr erkennen lassen, die umgekehrte Voraussetzung nothwendig machen, dass in jenen phyletischen Phasen bereits Trennung der Geschlechter bestand und hochstens nur geringe Ueberreste der p rim are n hermaphroditisch en Anlage in beiden oder in dem einen Geschlechte vorhanden sein konnten. Nun aber sind die Cirripedien keineswegs ausschHesslich hermaphroditisch, sondern zcigen so merkwiirdige, bislang rathselhaft dastehende Geschlechtsverhahnisse, zu deren Erklarung die crste der beiden Annahmen keineswegs ausreicht. Neben den ausschliesslich hermaphroditischen Rhizocephaliden und Balaniden tretfen wir in einzelnen Gruppen Trennung des Geschlechtes mit ausgepragtem, an die Schma- rotzerkrebse erinnernden Dimorphismus ') (Alcippiden, Cr yptophialiden) und ferner in der vorwiegend hermaphroditischen Gruppe der Pedunculaten einzelne Gattungen (lb la, Scalpel- lumj, deren Arten zum Theil getrennt geschlechtlich sind, zum Theil neben hermaphroditischen Individuen mannliche Thiere von morphologisch sehr verschiedener Ausbildung (Scalpelluni) besitzen. Im Allgemeinen nahern sich bei den getrennt geschlechtlichen Cirripedien die redu- cirten pygmiienhaft gebHebenen Mannchen , deren Untersuchung und Bestatigung mir fi'ir Cry ptoph ialus und Alcippe durch die Giite Darwin's moglich wurde, von den speci- lischen Eigenthiimlichkeiten der einzelnen Gattungen abgesehen , der Formgestaltung der sogenannten C i rripedienpuppe. Unter solchen Umstanden scheint mir die Annahme der Ueberlegung werth, dass in einer friiheren Zeitepoche, bevor sich Balaniden und Pedun- culaten geschieden und bevor die grabenden Gattungen Cry pto phial us und Alcippe unter vvesentlichen Ruckbildungen ihre eigenthiimlichen Charaktere gewonnen hatten, der P\)rm- und Grossenunterschied der Geschlechter nicht nur wesentlich geringer, sondern auch die Trennung der Geschlechter eine vielleicht noch allgemeine war. Wenn wir in's Auge fassen, dass erst mit der Anheftung des Puppenlcibes zu permanenter Fixirung die so wesentlichen Abwei- chungen der Leibesgestaltung ihren Anfang nehmen und dann weiter beobachten, dass die- selben, von den besonderea Schutz- und Erniihrungsbedurfnissen abgesehen, in erster Linie zu der machtigen Entfaltung und Lagerung des Ovariums in Beziehung stehen, sollten wir fast geneigt sein, der geschlechtlichen Zuchtwahl einen Antheil an der divergenten Entwickelung der Cirripediengruppen zuzuweisen, und anzunehmen, dass vorwiegend der weibliche Korper, der immerhin noch geringe Reste der ursprunglichcn hermaphroditischen Anlage in sich enthalten mochte, im Zusammenhang mit dem bedeutenden Wachsthum Umgestaltungen erfuhr. (Vergl. die Lernaeenentwickelung.) Das Verhiiltniss, welches wir bei der getrennt geschlechtlichen Ibla Cumingii antretfen, wurde dann vielleicht dem ursprunglichen Geschlechtsdimorphismus als am nachsten stehend betrachtet werden konnen, ohwohl hier freilich schon durch die stil- formige Verlangerung des Kopfes in beiden Geschlechtern der Charakter der Pedunculaten zum Ausdruck gelangt ist. Indessen wiederholt die Form der Schalenstucke im weiblichen Ge- schlecht die Scuta und Terga der Balaniden, wahrend das Mannchen sowohl seiner Mantclbil- dung nach als besonders durch die Reductionen der Rankenfusse an die Gruppe der Abdomi- ') VcTi;!. Mar win etc. etc. 1. c. ClauB, Untcrsuchuiii^cii uhcr Crustacean. 12 90 nalia (Crypto phialus und Alcippe) erinnert. Der schlauchformige, mcist lange und beweg- liche Penis, ein im Vergleiche zum Copepodenleib ncuer und eigenthumlicher Korpertheil der Cirripedien, wird sich erst nach der Abzweigung beider Ordnungen als Neubildung allmalig entwickelt haben. In der That fehlt derselbe bei Ibla Cumingii vollstandig, wahrend er beim Mannchen von Ibla quadrivalvis in rudimentilrer F^orm nachweisbar ist und auch bei anderen naheverwandten Mannchen innerhalb derselben Gattung (Scalpellum) iiberaus wechsehide Dimensionen zeigt. Wahrend nun der friiher — ahnlich wie bei den Siphono- stomen — allgemein herrschende Geschlechtsdimorphismus den Anpassungsbediirfnissen der ein- gegrabenen Abdominalia entsprach und sich unter fortschreitenden Reductionen zu einem noch viel bedeutenderen Gegensatze beider Geschlechter auspragte, hatte derselbe unter den beson- deren Erniihrungs- und Lebensverhaltnissen, die fur die Gestaltung der iibrigen Gruppen mass- gebend waren, keine Aussicht auf allgemeinen Fortbestand, sondern wurde, von wenigen Aus- nahmen abgesehen, durch neue fiir die Arterhaltung vortheilhaftere Geschlechtsverhaltnisse ver- drangt. Die Eier producirenden Individuen bildeten die vielleicht noch zuriickgebliebenen Reste der samenbereitenden Anlage in neuer Formgestaltung zu volliger Rcife aus, gewannen dann kiirzere oder langere Ruthenschlauche und fielen in den primaren Hermaphroditismus unter anderen Gestaltungsverhaltnissen des Geschlechtsapparates zuriick. Nur in einzelnen Ausnahms- fallen blieben die kleinen Mannchen erhalten, bald neben echten Weibchen, bald — und zwar bei den nachsten Verwandten jener als »Erganzungsmannchen« — neben hermaphroditischen Weibchen, zum Beweise der unmittelbaren Beziehung der letzteren zu den echten w^eiblichen Thieren. Somit wijrde der Hermaphroditismus der Rankenfiissler ein secundar erworbener sein, wie auch Erwagungen anderer Art friiher schon die Ansicht aufkommen liessen, dass der Her- maphroditismus den Cirripedien nicht von Anfang an eigenthiimlich gewesen sei iGerstacker). Wenn es auch aus dem ganzen Zusammenhang des Naturlebens unzvveifelhaft hervorgcht, dass der Trennung des Geschlechtes Hermaphroditismus vorausging und aus dieser altern primaren Form der Fortpflanzung jene als spatere jiingere Form hervorging, so wird man a priori keinen Einwand gegcn die Vorstellung erheben konnen, dass in einzelnen Fallen, wenn es unter veranderten Lebensbedingungen zum Vortheil der Arterhaltung gereichte, aus unvollkom- mener Trennung des Geschlechtes wiederum Hermaphroditismus hervorging. Mit dieser Annahme vermogen wir nicht nur den beim Versuche der Stammesentwicke- lung hervortretenden Schwierigkeiten zu begegnen, sondern uns auch die ganz abnormen und merkwiirdigen Verhaltnisse zu erklaren, dass Mannchen neben Hermaphroditen be- stehen, und dass innerhalb derselben Gattung Arten mit Hermaphroditen und mit echten Weibchen wechseln. Abcr noch ein zweites nicht minder merkwiirdiges Verhaltniss, fiir das wir bisher keine Erklarung finden konnten, erscheint in einem ganz anderen Lichte, die Thatsache nam lie h des Dimorphism us der Mannchen bei verschiedenen Arten ein und derselben Gattung. Die eine Reihe von Scalpellum arten, und zu diesen gehort auch das getrennt ge- schlechtliche Sc. ornatum, besilzt Mannchen, beziehungsweise Erganzungsmiinnchen von be- deutend vereinfachter und abweichender Formgestaltung, die sich wohl der reducirten Organisa- tion der iibrigen Mannchen an die Seite stellen lasst; in der zweiten Reihe dagegen (Sc. viUosum und Peronii) treffen wir vollkommen organisirte Erganzungsmannchen, welche bei freilich sehr geringer Grosse in dem Besitze der Mundtheile, der sechs Paar Rankenfiisse, sowie in der ge- sammten Korperbildung den gestilten Hermaphroditen uberaus nahe stehen. Diese letzteren Mann- chen wiirden wir als eine viel spatere und erst nach dem Untergange der friiheren Mannchen ent- standene P'orm zu betrachten und aus den Hermaphroditen durch Unterdriickung der weiblichen 91 Geschlechtstheile abzuleiten haben. Mit Hulfe Jicscr freilich etwas kuhnen, abcr immcrhin durch den Zusammenhang der Erscheinungen gerechtfertigten Hypothcse wiirc cin guter Schritt ge- wonnen, um dem bislang einzig dastehenden noch unerklarten Geschlechtsverhaltnisse der Ran- kenfusser wenigstens den Eindruck des Rathselhaften zu nehmen. Auch die Ostracoden, deren Bau und Entwickelung den seitherigen Forschungen grossere Schwierigkeit als irgend eine andere Crustaceengruppe bereitet hat und in der That verhahnissmassig am wenigsten ausreichend erforscht ist, erscheinen im genetischen Zusammen- hang mit den Urphyllopoden unserem Verstandniss wesentlich naher geriickt. Schon bei fru- heren Gelegenheiten habe ich in diesem Sinne die Organisation der Cypridinen zu erkliiren gesucht. Allerdings miissen wir uns von der willkurlichen, durch nichts begrundeten Vorstellung fern hahen, als seien die Ostracoden durch Ruckbildung zu ihren Organisationseigenthum- Hchkeiten geiangt, etwa von Stammformen aus, welche bei viel bedeutenderer Grosse eine viel grossere Zahl von Gliedmassenpaaren und eine hohere, complicirtere Organisation besessen hiltten. Ein Blick in den inneren Bau der marinen Cypridinen oder auch der Cvprisarten des sQssen Wassers belehrt uns, dass der Organismus dieser Thiere keineswegs niederer und einfacher als der des Phyllodenleibes zu nennen ist, vielmehr in einzelnen Organen, wie z. B. im Bau des Darmcanals und des Geschlechtsapparates nicht unbedeutende Complicationen er- fahren hat. Wollten wir den Mangel des Herzens und des zusammengesetzten Augenpaares bei C y t h e r e und C y p r i s als Beweis von Vereinfachung den Phyllopoden gegeniiber zur Geltung bringen, so wurde daran zu erinnern sein , dass es sich hier keineswegs um allgemeine Merkmale der Ostracoden handelt, da die Cypridinen und Verwandten beiderlei Organe be- sitzen, die Halypriden aber untcr Verlust der Sehorgane das einfache Herz erhalten haben. Wenn wir von diescn nur fiir einzelne Ostracodenfamilien giiltigen Vereinfachungen absehen, die ja ganz analog auch im Kreise der Copepodengruppe wiederkehren, so durfen wir etwa vor- handene Vereinfachungen in der Flachengestaltung vegetativer Organe kaum anders als auf Rechnung der geringen Korpergrosse und Gliedmassenzahl setzen. Den Phyllopoden gegen- iiber mcichte Gestalt und Organisation in erster Linie durch eine abweichende, wie es scheint vollkommenere und innigere Anpassung zwischen Schale und umschlossenem Leib erklarbar sein. Die Schale bildet sich in Form zweier machtiger, oft incrustirter Klappen aus. welche wie die Muschelschalen mit Ligament und Schliessmuskel versehen, einen iiberaus vollkom- menen Schutzapparat fiir den umschlossenen Leib herstellen. Hiermit im Zusammenhang er- fiihrt der Leib eine hcdcutende Concentration und gibt die Gliederung vollstandig auf, wiih- rend ihn unter verschiedenen Verhiiltnissen des Aufenthaltes und der Ernahrungsweise die besondere Gestaltung der Beinpaare bald mehr zum Umherkriechen auf schlammigen Boden seichter Gewachse , bald mehr zur freien, wenn auch langsamen Schwimmbewegung an der Oberfiiiche des Meeres tauglich macht. Der Gliedmassenzahl nach entsprechen fast sammt- liche Ostracoden der M e t a n a u p 1 i u s f o r m, nur vereinzelte Formen nehmen durch Ver- lust der hinteren Gliedmassenpaare eine noch tiefere Stellung ein. Moglicherweise entsprach die Stammform der Ostracodengruppe morphologisch der genannten Entwickelungsstufe und besass nur noch die Anlage des nachstfolgenden (achten) Gliedmassenpaares, welches sich dann beim Mannchen zum Copulationsorgan entwickelte (Cypridina- — Branchipus). Fiir die An- nahme einer morphologisch hoher vorgeschrittenen Urform mit einer grosseren Zahl von 12* 92 Gliedmassen, von deneii die hintere allmalig riickgebildet, schliesslich hinweggefallen waren, wijsste ich keinen zutreffenden Grund anzufuhren. Schon ') friiher hahe ich hervorgehoben, dass die alteste Naupliusform der Calaniden zum Ausgangspunkt auch fur die Erklilrung des Cypridinabaues dienen konne, und in ganz alinlicher Weise hat sich spater Fr. M tiller bei Gelegenheit des Vergleiches der Ostracodenkiefer und Phy llopodenfiisse ausgesprochen. Am nachsten unter den Ostracoden stehen den Phyllopoden die Cypridiniden und Verwandten, von denen aus wir die iibrigen Ostracodenfamilien abzuleiten im Stande sind. Doch auch schon hier zeigen die Gliedmassenpaare bedeutende Abweichungcn, die abgesehen von der besonderen den Cypridiniden eigenthiimlichen Art der Schwimmbewegung, in dem Gebrauche der mittleren auf den Mandibularfuss folgenden Beinpaare als Kiefer begriindet sind. Die A'erwendung des vierten, eventuell zugleich funften Extremitatenpaares beim Kauen finden wir bei den meisten Ostracoden wieder, wiihrend die auch an Metanauplius auftreten- den Paragnathen als Unterlippe (Halocypris) sich wiederholen konnen. Auch in der Gestaltung des vorderen Kieferpaares iiberrascht uns beiCypridina und besonders Halocypris die grosse Aehnlichkcit mit dem gleichwerthigen vorderen Maxillenpaare der hohercn Malakostraken; bei Cy there und Cypris erhalt sich die dort verkummerte. aus dem dorsalen Schwimmfuss- ast des Phyllopodenfusses hervorgegangene Athemplatte in machtigem Umfang, wahrend bei jenen Gattungen die Facherplatten des funften, eventuell zugleich sechsten Gliedmassenpaares als Regulatoren des Athemstromes zu voller Ausbildung gelangen. Trotz ihrer eigenthumlichen Gestaltungsverhiiltnisse lassen sich diese drei Gliedmassenpaare bei Cypridina leicht als mo- dificirte Phyllopodenfiisse nachweisen, das mittlere derselben (zweites Kieferpaar) zeigt sogar fast genau die Besonderheiten, wclche wir am vorderen Beinpaare der Ly n ceid engattung Eurycercus bcobachtcn, das, wie es scheint, vielleicht auch bei der Nahrungsaufnahme Verwendung fmdet. Weit mehr noch als bei der Gattung Cypridina erscheinen die Gliedmassenpaare der verwandten Asterope phyllopodenahnlich. Die seitherigen Beschreibungen von Arten dieser merkwLirdigen Ostracodengattung haben uns freilich weder den Kcirperbau, noch die Glied- massengestaltung derselben geniigend aufgeklart. und sclbst Fr. Miiller's^) Darstellung der beiden auf Asterope zu beziehenden Cy pri di nen (.A. Agassizii und n i ti d ula) geht iiber die so schwierig in ihrem Zusammenhang und in ihrer gegenseitigen Lage festzustellenden Glied- massen des vierten bis sechsten Paares hinweg, ohne eine Beschreibung und Deutung dieser Thcile auch nur versucht zu haben. Die schon bei einer anderen Gelegenheit geausserte Ver- muthung, dass G rube's-') Cypridina oblonga eine Asterope art sei, deren Kiemenblatter ubersehen worden sind, fand ich bei naherer Untersuchung der Triester mit Neb alia ver- gesellschafteten Cypridinen bestatigt. In der That ist durch G rube's nicht eben gliickliche Darstellung eine Verwirrung in der Deutung der fraglichen Gliedmassen veranlasst worden, so dass sich Fr. MCiller scheute, die Zahl der muthmasslichen Deutungen um eine zu vermehren. Ich glaube jedoch durch eine sorgfaltige Untersuchung der Triester C. (Asterope) oblonga nicht nur voile Sicherheit iiber Zahl, Lage und Gestaltung dieser drei Gliedmassenpaare er- langt. sondern auch die niihere Beziehung derselben zu den Phyllopoden festgestellt zu 'l C. Claus, 1. c, Wurzb. nat. Zeitschr. 1862. Ueher dii; morphologisc'nen Beziehungen der Copepodcn zu den verwandten Crustaceengruppen der Malakostraken, Phyllopoden, Cirripedien und Ostracoden. -) Fr. Muller, Bemerkungen iiber Cypridina. Jenaische Zeitschr., Tom. V, Heft 2, pap. 26b. *) E. Grube, Ein Ausflug nach Triest und dem Quarnero. Berlin 1861, pag. q3, 'I'af. V. 93 haben. Zudem sche ich, dass Brady's') wahrscheinlich mit dcr Tricstcr Art idcntische Cy lin- drolebris teres Norm, von jcncm Autor seiner Gliedmassen nach in ganz ahnlicher Weise ge- deutet worden ist. Der von G r u b e als sichelformiges Blatt bezeichnete Anhang, welcher am Ursprung der Mandibelpalpen aufsitzen sollte, ist nichts anderes als das erste Maxillenpaar, welches zum Strudeln und Schwimmen dient und ohne Schwierigkeit auf cinen Phyllopoden- odcr Nebaliafuss zuriickgefuhrt werden kann. Auch unterliegt es keinem Zweifel, dass Baird^) dasselbe Gcbilde bei seiner ebenfalls auf Asterope zu beziehenden C. Adamsi be- obachtet, unrichtigerweise aber als zweites Kicferpaar gedeutet hat. Von Fr. Miiller wurde diese Gliedmasse am Kcirper der C. Agassizii in vollkommen richtiger Lage dargestellt, auch in der Erklarung der Abbildung ganz richtig als viertes Gliedmassenpaar bezeichnet. in der That bcdeckt das sichelformig gebogene und an der Basis etwas eingerollte Blatt die Aussen- seite der Mandibel und ist ebenso wie die beiden nachfolgenden blattformigen Gliedmassen- paare mit dem verjungten Ende nicht nach hinten, sondern nach vorne gerichtet. Diese Lagcnveriinderung, welche die entsprechendcn Gliedmassenpaare so haufig erfahren haben, weist auf die Verwendung derselben im Dienste der Nahrungsaufnahme zu Mundwerkzeugen (Maxillen, Maxillartaster, Maxillarfiisse) hin. Die den beiden Maxillenpaaren ■') entsprechendcn Gliedmassen erscheinen bei Asterupc von denen der Cy p ridinide n wesentlich verschieden. Das vordere Paar, die Maxille, ist fast ') Baird. Ann. of nat. hist. II. ser. Tom. I, 1848, Taf. VII. ") G. St. Brady, A. Monograph of the Recent British Ostracoda. Transact, of the I.innean Society vol. XXVI. ^) Es kann hier nicht meine Aufgabe sein , auf das Detail des Korperbaues und der Gliedmassengestaltung niiher einzugehen. Nur soweit es nothig ist, die Gattungscharaktere von Asterope Cypridina gegenliber festzusiellen . will ich Folgendes hervorheben. Die von einem Netzwerk von Blutcanalea (ahnlich wie bei Nebalia) durchsetzte Schale (Taf XVII. Fig. 2) entbehrt der Erhebung am Hinterrande, besitzt jedoch ganz ahnlich wie die Schale von Cvpridina am Vorderrand einen tiefen Einschnitt zum Austritt der Schwimmfussantennen. welche in beiden Gattungen libereinstimmend gestaltet und gegliedert sind. und deren dreigliedriger Nebenast beim Mannchen zu einem Greiforgane umgeformt ist. Die vorderen An- tennen dagegen erscheinen weit gedrungener und bestehen nur aus sechs Gliedern. Nicht am funften, sondern am vierten Gliede (Taf. XVII, Fig. I A'Sp] sitzt die hier starke, liberaus gedrungene Splirborste, welche wie beim Weibchen in funf Faden gespaltcn ist. Das kurze, fast ganz eingezogene Endglied ist mit eincr dicken Hakenborste und fiinf oder sechs Geisselborsten besetzt, welche letztere im Vergleich zu denen von Cypridina kurz bleiben, durch den Besiiz einzelner Seitenfadchen aber als SpLirborsten sich erweisen. Auch die Mandibularfusse ladocercn und erweist sich als eine mehr oder minder comprimirte (durch mediane Verwachsung zweier Flatten entstandene) Doppelplatte, dcren unterer Rand mit einer Doppelreihe starker Dorncn bewaffnet ist. Bei den Cyprisarten des siissen Wassers blciben die stabformig gestreckten schmalen Furcal- stucke getrennt und sehen zwei einfachen mit mehreren Hakenborsten besetzten Gliedmassen ahnlich, mit denen sie fruher nicht selten verwechselt worden sind. In einzelnen Fallen aber, wie bei Cypris monacha, verschmelzen sie ebenfalls in der Mittellinie, und die Borsten dieses ein- fachen Schwanzstiickes zeigen dann auch eine paarweise zweizeilige Gruppirung. Bei den (-y- theriden endlich bleiben dieselbcn kurze getrennte Furcalfortsatze und gleichen hierin den Furcalanlagen der Cyprislarven. Die Unterschiede der Ost racodenfamilien in Korperbau und Gliedmassengestaltung sind keineswegs geringfiigiger Natur, sondern so bedeutend , dass man mit G. O. Sars Ab- theilungcn mindestens vom Werthe der Unterordnung aufstellcn konnte. Den Phyllopoden am nachsten stehen nicht nur nach Gliedmassenform, sondern auch in der inneren Organisation und durch den Besitz des Herzens und des grossen zusammengesetzten Augenpaares die Aste- ropiden und Cy pridiniden; sie wiirden den Cy theriden und Cypriden des siissen Was- sers gegeniiber in eine besondere Unterordnung zu bringen sein, wenn nicht die marinen H a- locypriden ((>on choeciaden) in der inneren Organisation den Cypridinen nahe ver- wandt, im Bau der Gliedmassen unmittelbar zu jenen beiden Familien hinfiihrten und somit als Uebergangsgruppe eine scharfere Scheidung der aufzustellenden Unterordnungen verhinderten. Die zweiiistigen Schwimmfussantennen mit ihrem miichtigen triangularen Stammgliede und dem als Greifapparat umgebildeten Nebenast des Mannchens verhalten sich ganz ahnlich wie bei Cypridinen und Verwandten; in gleicher Weise bleibt der tiefe Schalenausschnitt zum Aus- tritt des langen vielgliedrigen Schwimmfussastes und die einfache am Hinterrand mit Haken- dornen besetzte Furcallamelle, die auf die gleiche, mehr treie und schwimmcnde Locomotions- art hinweist. Der eigenthiimliche stabformig verlangerte Stirnfortsatz, schon bei Gypridina (Taf. XVIII, Fig. 4 und 5) durch einen kolhigen Stirnfortsatz vertreten, ist nichts anderes als eine Modification des paarigen frontalen Sinnesorganes, welches aber bei den Cytheriden und Cypridinen verschwunden zu sein scheint. Am Kinnbackenfuss wachst die Mandibel als kraftige Kauplatte hervor, noch von einer zweiten ahnlichen Lade (schon beiAsterope ist ein zweiter Ladenfortsatz vorhanden) des unteren Tastergliedes uberragt, und auch an der Maxille erlangen die Kauladen eine bedeutende Starke. Dahingegen verlieren die nachfolgenden Gliedmassen ihre Beziehung zum Kaugeschaft und werden zu langgestreckten gegliederten Kriechfussen , die freilich noch ihre grosse borstenrandige Athemplatte tragen, im Uebrigen aber den Kriechfussen der Cypriden und Cytheriden tiberraschend ahnlich sind. Das vordere Paar, noch mit einem nach vorn gerichteten Ladenfortsatz bewalfnet, vereinigt die EigenthiJmlichkeiten beider Familien in einer bei den Cyprislarven sich wiederholenden Gestaltung, das zweite Paar ist, wie auch bei Cypris und Cythere, vollstandig Kriech- und Klammerfuss geworden, wahrend das letzte, dorsalwarts emporgeruckte Bein verkurzt und vereinfacht, seiner Form nach zwischen Putz- fuss und Kriechfuss steht. Dass iibrigens aus blattformigen phyllopodenahnlichen Fiissen durch zweckmassige Anpassung an besondere Lebensbedingungen walzenfcirmig gestreckte, gegliederte Kriech- und Klammerfiisse werden, kann uns innerhalb der Ostracodenordnung nicht uber- raschen, da Ja selbst unter den Phyllopoden Cladocerengattungen, wie Evadne. Lepto- dora etc., gegliederte und walzenformig gestreckte Beine besitzen , wahrend uns Gattungen wie Polyphemus, Bythotrephes den Weg zeigen, auf welchem sich die Umformung des blattformig gelappten Phyllopodenfusses vollzieht. Glaus, Untcrsuciuinpcn iiher Cnistaccsn. I .j i)8 Man kann sich sehr wohl vorstellen, dass von den Halocypridcn oder vielleicht besser von einer nahestehenden, bislang nicht niiher bekannt gcwordenen ausgestorbenen Ostracoden- gruppe ') die Cytheriden und von diesen letzteren die nalie verwandten Cypriden ihren Ursprung genommen haben. Die Schwimmfussantennen verloren im Zusammenhang mit der mehr und mehr in den Vordergrund tretenden Kriechbewegung den Nebenast und bildeten sich unter Reduction des Stammgliedes in gleicher Weise wie am hinteren Korperende die ge- trennt bleibenden, oft beinformig verlangerten Furcalstticke zu Kriech- und Klammerwerkzeugen aus, wahrend sich die Organisation durch Riickbildung des Herzens, der paarigen Augen und des frontalen Sinnesorganes vereinfachte, dagegen nach einer anderen Richtung durch Compli- cationen des Darm- und Geschlechtsapparates hoher entwickeltc. Auch iibertrugen sich die allmalig erworbenen, fiir die Erhahung der kriechenden Mu- schelkrebse niitziichen Gestahungsverhaltnisse auf die Larven , von denen wir anzunehmcn haben, dass sie ursprlinglich eine andere der Naupliusreihe der Phyllopoden und Copepoden naher stehende Form und Entwickelungsweise besassen. Bei den meisten Ostracoden machte die Me- tamorphose durch Zusammenziehung der aufeinanderfolgenden Larvenstadien und Verlegung derselben in die Zeit der verlangerten Embryonalbildung einer directen Entwickelung Platz, wie wir sie jetzt wohl durchweg bei den marinen Familien antreffen. Daher erhielt sich die Metamorphose, und zwar im Gegensatze der meisten iibrigen niederen Thiere, merkwurdiger Weise gerade bei den Siisswasserformen, allerdmgs in einer veranderten, von der primaren wesentlich abweichenden Form. Ich habe bereits vor einer Reihe von Jahren den Verlauf dieser complicirten Metamorphose fiir Cypris'-) ovum und fasciata beschrieben und gezeigt, dass die Jugendformen derselben als schalentragende Naupl iuslarven die Elihullen verlassen (Holz- schnitt Fig. 21). AUerdings ist es nicht die primare, oben bereits mehrfach erorterte Nauplius- form, in welcher uns die junge Cyprislarve entgegentritt; vielmehr haben bereits spater er- worbene den Ostracoden eigenthumliche Charaktere ihren riickwirkenden Einfluss auf jungere Entwickelungsstadien zur Geltung gebracht und diese nicht unwesentlich im Sinne spater einge- tretener Gestaltungsformen verandert •'). Nicht nur die beiden Schalenklappen mit ihrem Schliess- muskel, sondern auch die eigenthumliche Form und Bewaffnung der drei den Antennen und dem Mandibularfuss entsprechenden Gliedmassenpaare sind olfenbar spater erworbene Ostra- codencharaktere, welche allmalig in fruhere Entwickelungsphasen zuriickv erlegt , schliesslich schon in der Naupliuslarve zur Erscheinung traten. So hat denn auch der weitere Verlauf der Metamorphose eine von der ursprunglichen bedeutend ditferente Gestalt gewonnen, und hochstens ') Leider wurden von den fossilen Ostracoden lediglich nur die Schalen beschrieben, wahrend die Besondcrheiten des Korperbaues und der Gliedmassengestalt ganz und gar unbekannt gebliebcn sind. Indessen ist mit der einen von mir berl'icksichtigten Familie sclbst der hihalt der lebenden Ostracoden nicht im entferntesten erschopft, wie die leider noch nicht ausreichend erforschten und soweit mir bekannt nicht in Abbildungen dargestellten Gattungen Polycope und Cy- therella bewcisen. ") C. Glaus, Entwickelungsgeschichte von Cvpris. Marburg. 18G7. ■*; Dr. Dohrn spricht von allerhanii Resultaten, welche meine Untersuchungen liber die Entwickelung der Cypriden zu Tage gefordert hatten und meint, dass diese der Vorstellung Vorschub leisten konnten, als hatten sich die Ostracoden selbststandig aus der Nauplius entwickelt. Wenn er im Anschluss an meine Meinung nun eingehend den Schluss, dass der Nauplius selbststandig zur Schalenbildung geschritten sei , bekiimpft, und zwar in einem Tone, als sei es ihm um eine ernstliche Entgegnung zu thun, so scheint er schliesslich ganz vergessen zu haben, dass es weder meine noch irgend eines Anderen, sondern lediglich seine eigene als moglich tingirte Vorstellung ist, gegen die er siegrcich zu Felde zicht. Uebrigens trifft er keineswegs das Richtige , wenn er die Naupliusgeslalt mit zweiklappiger Schale einen hervor- ragenden Fall von unmittelbarer Zusammenziehung zweier weit von einander entlegener phvletischer Entwickelungsphasen 09 in der ersten blattformigen Anlage der neusprossenden Gliedmassen und zunilchst der Maxille er- scheint die Natur des Phyllopodenfusses einigermassen wieder erkennbar (Holzschnitt Fig. 22 Mx'). Freilich ist das gekrummte und dem vorderen Fussc von Asterope ahnlich gelagerte Blatt einfach, es fehlt der Nebenast, der erst mit der nachfolgenden Hiiutung auftritt. Dann ist auch die Anlage der zweiten Maxille (Mx") in wesentlich gleicher Form hervorgewachsen ; die- selbe liegt aber in umgekehrter Richtung, nicht mit der Spitze nach vorn, sondcrn beinartig nach hinten gewendet (Holzschnitt Fig. 24. Mx"). In dieser Lage spricht sich die primare Be- Fig. 22. Fig. 21. Nx' SM ^' f-' ' /; (Mel l Mz Fia. 2?. Larvenformcn von Cvpris. Fit Furca uJer Postabdonien. deutung dieser Gliedmasse als Fuss aus, welche sie auch bei den Cytheriden zeitlebens, bei den C y p r i d e n aber nur im Larvenleben erhalt (Holzschnitt Fig. 24). Dieses schliesst mit einem Cy th erestad ium (Holzschnitt Fig. 2?), in welchem auch am Putzfuss die ursprting- nennt und das rasclic Auftreten der weiteien fertigen und dabei doch mthr oder weniger rudimentaren Gebilde, wie die schwingenden Flatten , das Pleon etc. als weitere Beweise dieser Verkiirzung hervorhebt. Einmal haben wir es iiber- haupt nicht mit einer wesentlichen Verkiirzung bei einem Entwickelungsprocess zu thun , in welchfm so allmalig die ein- zelnen Stadien fortschreiten, dann aber treten sowohl die schwingende Platte als auch das t'alschlich als Pleon ausgegebene charakteristische Furcalende erst weit spater auf. 1.3* liche, bei Cythere persistente Lage zur Geltuiig kommt (Fig. "if"']. In der jungen Cypris mit deutlicher Geschlechtsanlage ist die Ruckbildung des Beines zu Gunsten des Kieferfort- satzes wesentlich vorgeschritten, und endlich im geschlechtsreifen Thiere erscheint das Bein wie belcannt auf einen kurzen Fortsatz reducirt. Ganz anders wiirde sich die Entwickelung von Asterope oder einer Cypridinide ausnehmen, wenn fiir die eine oder aiidere Gattung noch eine Metamorphose erhalten sein soUte. Sicher wiirden wir hier noch manche Beziehung zu den Phyllopoden bestimmter ausgepragt linden. Die Phyllopoden, unter iiusserst mannigfaltigen Variationen der Grosse und Formge- staltung, von den beschilderten Apusiden an bis zu den winzigen Cladoceren, in Tumpein und Graben des sussen Wassers iiber alle Welttheile verbreitet, erscheinen nach Bau, Organi- sation und Entwickelung alten und urspriinglichen Verhiiltnissen am nachsten geblieben zu sein und in gewissem Sinne als die am wenigsten veranderten, in die Lebewelt hineinreichenden Endglieder der Stammkrebse betrachtet werden zu konnen. Aus diesem Grunde habe ich jene alten Crustaceenformen , von denen ich die Malakostraken wie Entomostraken abzuleiten versuchte, als Urphy 1 lopode n bezeichnet, ohne damit etwa eine Uebereinstimmung des en- geren Gestaltungstypus bezeichnen zu wollen. Waren wir etwa auf Grund palaontologischer Ueberreste im Stande, ein genaueres Bild von der Gestaltung des Leibes und der Extremitiiten einzelner jener alten Crustaceen der Stammreihe zu gewinnen, so wiirde dieses gewiss so bedeutend von alien jetzt lebenden Phyllopoden abweichen, dass wir die Subsumirung unter den Phyllopodenbegrifl" als unmoglich erkennen wiirden. Vor Allem diirfte als Resultat unserer vergleichenden Betrachtungen als in hohem Grade wahrscheinlich gefolgert werden, dass die Urphyllopoden, theils beschildert, theils beschalt, noch den primaren Mandibularfuss trugen, dass ihre Maxillen weit machtiger und fussahnlicher waren und dass die in verschiedener Zahl ent- wickelten Fiisse zwischen den gelappten, im Einzelnen selbst sehr verschieden gestalteten Phyllo- podenfiissen und den' Spaltfiissen der Schizopoden standen. Auch mochte ich die Kiemen- anhange am Grundgliede der Beine als ein secundares, erst in spiiterer Zeit von grosseren Stammkrebsen mit hoherer Gliedmassenzahl erworbenes Organ betrachten. nicht nur well wir an den beiden auf die Mandibeln folgenden, oftenbar aus Beinen hervorgegangenen Gliedmassen- paaren (Maxillen, beziehungsweise Maxillarfussen) in keiner Entomostraken- und Malakostraken- gruppe einen Kiemenrest finden, sondern , weil bei den ersteren — die Phyllopoden natiir- lich ausgenommen — den Kiemensackchen entsprechende Anhiinge am Grundglied der Extre- mitaten iiberhaupt fehlen, und falls Kiemen, sei es in P'orm von Faden oder von Blattern, auf- treten, dieselben als Ausstiilpungen und Anhange des Integuments an anderen Stellcn der Kor- perobcrflache erzeugt werden. Die Mantelfalten der Balaniden liefern hier ein gleich tretfendes Beispiel, wie die sieben Paare von Kiemenbliittern an der Riickenflache der Cypridinengattung Asterope. Allerdings treten auch an den vorderen Rankenfiissen der Lepaden Anhange auf, welche als Kiemen bezeichnet werden, indessen bin ich weit entfernt, zuzugeben, dass in morphologischer Beziehung diese lanzetformigen Blattchen ebenso, wie die behaarten An- hange an den Gliedmassen von Argulus auf die Kiemensackchen der Phyllopoden zuriick- fijhrbar sind. Mit der grossten Wahrscheinlichkeit diirfte ein weiterer Unterschied von den Phyllopoden in der Bildung des zweiten Antennenpaares zu suchen sein; wenigstens in der altesten Zeit mochten die Antennen der Stammkrebse neben der Schwimmbewegung zur L'nterstiitzung des Nahrungserwcrbes und der Einfuhr dor Beute zum Munde gebraucht 1(11 worden sein; sie besasscn die kriiftigcn Mundhakcn und cine Gestaltung, wie sie in dcr Larvenzeit der Copepoden, Cirripedien und Phyllopoden so iiherraschend iihnlich sich wiederholt. Zugleich aber war aucii die schlcifenformige Driise dieser Gliedmasse in volier Ausbildung vorhanden. Die jetzt lebenden Pliyllopoden scheiden sich zunachst vorwiegend nach Korpergrosse und Organisationsstufe in Branchiopoden und Cladoceren, von denen letztere ein reicheres und mannigfaltigeres durch Uebergange verbundcnes Formengebiet enthalten. Im Kreise der ersteren stehen sich die schalenlosen Branch ipodiden, die beschiiderten Apusiden und die schalentragenden Estheriden viel schiirfer und ohne Vermittlung in Gestalt und Korperbau gegeniiber, wahrend die zahlreicheren Familien der kleinen Cladoceren, wcnn auch durch mancherlei und keineswegs geringe Abweichungen in Korperform und Gliedmassenbau unter- schieden, doch einen mehr einheitlichen Typus reprasentiren. Es kann fur mich kcine Fragc sein, dass wir dieselben in eine nahere Beziehung zu den Jugendformen der Estheriden zu bringen, und wenn nicht von diesen, so doch von einer gemeinsamen iilteren Stammform ab- zuleiten haben. Von einem solchen Ausgangspunkt linden die Eigenthtimlichkciten der Clado- ceren unter der Voraussetzung, theils einer gehemmten Grossenzunahme und Fortentwickelung, theils einiger Rtickbildungen und nach den einzelnen Gruppen verschieden modilicirter An- passungen leicht verstandlich. Ziehen wir eine junge Estherien larve, an welcher die Schalenanlagen und sechs bis sieben Paare von Fussstummeln hervorgewachsen sind , zum Vergleiche heran, so ergibt sich die Beziehung zu den Daphniden so unmittelbar und ungezwungen, dass wir in der That Liberrascht sein miissen, nicht langst diesen Weg zur Erklarung des Cladoce ren baues be- treten zu finden. Die kurzen stummelformigen Antennen rnit dem Riechfadenbuschel, in der Nauplius- larve von Estheria und Limnadia noch unter der Cuticula zuriickgehalten und iiusserlich nur durch eine gekrummte Borste reprasentirt, wiederholen die kurzen bei alien Cladoceren rudimentaren Tastantennen (Taf. XIX, Fig. i A'). Bedeutender ist die Abwcichung in der Ge- staltung des zweiten Antennenpaares, welches mit seinem vielgliedrigen Nebenast und den miich- tigen Greifhaken oftenbar noch den Charakter einer friiheren Zcit zur Erscheinung bringt, der von den Cladoceren so gut wie von den ausgebildeten B ranchiopoden aufgegeben worden ist. Diese bedeutende Differenz macht uns darauf aufmerksam , dass wir auch die spiitcrcn Larvenstadien der Estheriden, in denen die friiheren Merkmale der Hakenantenncn verloren gcgangen sind, zur Ableitung der Cladoceren zu berucksichtigen haben. In diesen aber (Taf. XIX, Fig. 2 A") sind in der That diese Gliedmassen Cladoceren ahnlich, so dass wir iiber die unmittelbare Beziehung nicht im Zweifel bleiben konnen; dagegen sind neue Fussstummel gebildet, die durch Ruckbildung in jener Reihe untcrdruckt sein mochtcn. In diesem Alter weist auch das den Enddarm umfassende sogenannte Postabdomen mit seinen Furcalhaken und den beiden grosscn Tastborsten direct auf das Schwanzende der Daphniden hin, wahrend die Eigenthiimlichkeiten bcsonders abweichender Formen, wie z. B. der Lcptodora, Poly- phemus schon in dem friiheren Stadium ihren Anfang nehmen (Fig. i). Kehrcn wir zu der friiheren Larvenform zuriick, an dcr auch noch die Mandibularfusse [Md. K) ihre voile Grosse und Bedeutung erhalten, so wiederholen die Schalenflugel (S.) Lage und Form der Daph- nidenschale, deren Ausdchnung sie weder vorn noch hinten voUkommen erreicht haben. Der ganze Kopf bis zur Maxillarregion steht frei hervor, und ebenso der noch gerade gestreckte Hinterleib mit den F'urcalhakcn, wahrend die Region der Beinpaare ziemlich voU- kommen bedeckt wird. Am Darm sind die beiden Lebcrhornchcn vorhanden. vom Herzen die 102 Anlage der vorderen Kammer; iiber und etwas seitlich vom grossen Nebenauge treten die ge- trennten Anlagen des paarigen Auges hervor ; die grossen Drijsenzellen der kolossalen Ober- lippe fehlen ebenso wenig wie die Schalendruse, welche, und dies findet man wieder in einem spateren Larvenalter niiher nachweisbar (Fig. 2 5. D."), die Schalendruse der Daphniden nach Lage des ampullenformigen Sackes, nach Zahl und Form der Windungen so vollstandig wieder- holt, dass man die eine fur die andere ausgeben konnte. Was die Gliedmassenzahl anbetrifft, so finden wir hinter den beiden Maxillenpaaren ') , die beide ja auch am Daphnid enembryo nachweisbar sind, sechs deutlich gegiiederte Beinpaare, sowie ein bis zwei Paare nachfolgende.r Fussstummeln. Jene treten friiher auf und werden in einem vorausgehenden Stadium mit kaum hervorgetretener Schalenanlage ziemlich gleichzeitig bemerkbar. Einen besonderen Nachdruck mochte ich auf diese Thatsache nicht legen, da mir aus anderen Griinden die Rilckbildung und Unterdruckung der niichsten zwei bis vier Gliedmassen bei der Bildung des Ciadocerenstammes nicht unwahrscheinlich diinkt. Immerhin aber stimmt die Zahl sechs der Gliedmassenpaare nicht nur zu der hochsten Gliedmassenzahl der verwandten Entomostraceenordnungen (Copepoden und Cir ripe die n), sondern muss auch den Aus- gangspunkt weiterer Riickbildungen fiir die mit fLinf und vier Gliedmassenpaaren versehenen Cladocerengattungen gelten. Nahezu bewiesen wird diese Beziehung durch das Verhalten von Gattungen, wie Lynceus, die als Embryonen sechs Paare von Beinanlagen besitzen, von denen jedoch das letzte Paar spiiter ebenso wie wohl aljgemein bei den Cladoceren die zweite Maxille reducirt wird oder verschwindet. Auch bei den aus Wintereiern von Leptodora hyalina-) ausschliipfenden Larven treten die Anlagen sammtlicher sechs Beinpaare an der Korperbedeckung hervor. So deutlich auch hier die nahe Beziehung zu den oben erwiihnten Jugendformcn der Estheriden zum Ausdruck gelangt, so fallt doch als bemerkenswerthe Ab- weichung die bereits vorgeschrittene Ausbildung der Antennen auf, welche nicht mehr die Fang- antennen der Naupliuszeit, sondern die vollstilndigen Ruderantennen der Cladoceren darstellen. Auch die Mandibularfusse erscheinen wesentlich vereinfacht und wie der reducirte Schwimm- fussast an den Spaltfussen mancher Zoealarvcn am Ende mit vier facherformig gestellten Borsten besetzt. Von einer Naupliuslarve konnen wir im strengen Sinne kaum reden, zumal keine Naupliusform die Anlagen von sechs Gliedmassenpaaren tragt. Wir haben es offenbar mit einer Mischung iilterer und spilter erworbener in eine friihere Zeit der individuellen Entwickelung zuriickverlegter Charaktere zu thun. Wahrend die Stummel der Tastantennen an die Estherien- entwickelung anschliessen, fuhren andere Merkmale. wie namentlich die Streckung des hinteren Leibesabschnittes, zu einer gewissen Analogic mit Branchipus, die mit der fortschreitenden Streckung und Gliederung des Hinterleibes bedeutender wird und sich auch in der Gestaltung der Furcalanhange ausspricht. Zudem bleibt ja auch die Schalenanlage bei Leptodora ausser- ordentlich rudimentar, wahrend die Beinpaare den Charakter der Phyllopodenfiisse ganz auf- gaben und ebenso an die Maxillarfusse mancher Copepoden wie an die Beine gewisser frei- schwimmender Dccapoden erinnern. ^) Am zweiten sehr kleinen Paare tritt der aussere Abschnitt, wohl dem Nebenast gleichwerthig , in seitlicher Sonderung als kleiner Zapfen auf, welcher den Endgang der Schalendruse aufnimmt und an der Spitze ausmlinden lasst. Bezliglich der Trcnnung eines Gliedmassenpaares in seinem ausseren und inneren Ast vergleichc die Maxillarfusse der Co- pepoden. welche demselben Gliedmassenpaare entsprechen. ") G. O. Sars, Om en dimorph Udvikling samt Generationsvc\el hos Leptodora. \'id. Selsk. Forhandl, 1873. 103 Die bisherigen Betrachtuiigcn, wcnn auch diirch den noch immcr ubcraus bcschranktcn Gesichtskreis unserer Krfahrungcn iiber Bau uiiJ IJUwickcliing dcr icbenden Crustaceen in be- scheidene Grcnzen eingeengt, wurden ihren Zweck erreicht haben, wcnn es mit Hiiifc der- selbeii gelungen ware, nicht nur den Boden des Descendenzprincipes zu befestigen , sondern fiir die Crustaceen den Wcg im Allgemeinen anzudeuten, den die Stammesenlwickelung auf diesem Gebiete genommen haben mag. Zur Aufstellung eines formlichen Stammbaumes freilich reichen die gewonnenen Anhaltspunktc nicht aus; zu dieser Einsicht werden wir uns um so mchr bc- scheiden miissen, je vorurtheilsfreier uad unbefangener unser Urtheil auf Grund reichcr und umfassender Studien sich gestaltet. Leider sind wir freiHch zur Erforschung der Abstammung auch dcr Crustaceen auf die an den jetzt lebenden Organismen gewonnenen Erfahrungen so gut als beschrankt. Die fossilea Crustacecnreste, so gross auch die Fiille von Formen ist, die uns von den altesten versteine- rungsfiihrenden Schichten bis zur Diluvialzeit vorliegen , bieten fur unsere Aufgabe erstaunlich sparliche Anhaltspunkte, nicht einmal ausreichend um zur Controle auf die Richtigkeit unserer Ableitungen verwerthet werden zu konnen. Auch auf dem Gebiete der Crustaceen tritt die Palii- ontologie als Factor der vergleichenden Morphologie neben Anatomic und Entwickelungsge- schichte total in den Hintergrund. Wo sind uns Ucberreste von Urphyllopoden erhalten? In welchen Formationen liegen die Glieder hegraben , welche den Stamm der Malakostraken bil- deten; wo sind die Uebergangsformen von Phyllopoden und Ostracoden, von Copepoden und Cirripedien zu suchen? Alle diese Fragen bleiben vorlaufig unbeantwortet. hidessen, glaube ich, stehen die Ergebnisse der palaontologischen Forschung, wenn sie auch nicht gerade positiv zur StLitze und zum weiteren Ausbau unserer Anschauungen verwerthet werden konnen, keines- wegs in irgend welchem Widerspruche zu denselben. Ueberblicken wir das grosse Formengebiet von fossilen, freilich grossentheils unzureichend erforschten Crustaceenresten, so werden wir, von dem vereinzelten Auftreten hochst merkwur- diger Typen abgesehen, von der grossen Uebereinslimmung der vorweltlichen Crustaceenformen mit denen der Lebcweit betrotfen. Die Malakostraken beginnen schon in der Steinkohlen- formation und erscheinen in der Secundarzeit bereits als langschwanzige und kurzschwilnzige Decapoden, als Stomatopoden, als Asseln und Amphipoden gesondert. Sind es auch theilweise ganz eigenthiimliche, nach Familie und Gattung von den lebenden Typen abweichende Ge- stalten, die uns entgegentreten, und zeichnen sich manche unter den langschwanzigen Deca- poden durch die Persistenz von Larvencharakteren (wie z. B. Geisselanhang der Beine, Liings- kamm und Stacheln des RLickenschildes, Ruckenstacheln der Abdominalsegmente) aus, so bleibt doch unsere Begierde, eine grossere Zahl von Verbindungsgliedern der grosseren Gruppen kennen zu lernen, und im Speciellen Uebergangsformen zu finden , welche uns bestimmtere Vorstellungen Liber die Verzweigungen des iVlalakostrakenstammes ermoglichten, durchaus un- befriedigt. Freilich machen einzelne Ueberreste den Eindruck, als repriisentirten sie solche von der Theorie geforderten Verbindungsglieder, doch bleibt inimer unsere Kenntniss vom Bau der- selben in Folge der unzureichenden Erhaltung eine hochst iLickenhafte und ungeniigende. In dem palaozoischen Uronectes (Gampsonyx) fimbriatus glaubt man z. B. eine Zwischen- form von Podophthalmen und Edriophthalmen vor sich zu haben, da der schizopodenahnliche Habitus durch die Reduction des Schildes und die freie Lage siimmtlicher Segmente des Mittcl- leibes gestort wird , dcr letztere Charakter aber die Gliedcrung des Arthrostraken zur Er- schcinung bringt. Ja es scheint sogar, als ob iiber diese hinaus auch das erstc Segment des Mittelleibes (Segment des erstcn Kieferfussesj vom Kopfschilde gesondert erhalten sei, was um so mchr Beachtung verdiente, als ich ja auch fiir die Schizopoden (Euphausiai und Dcca- 104 poden (Penaeus, Sergestes) den Nachweis gefiihrt habe, dass im friihen Larvenlcben sammtliche Segmente des Mittelleibes vom Schilde unbedeckt frei liegen und dass dieser auch hier wie die Schale der Entomostraken aus einer Duplicatur der Maxillarregion entstanden ist. Erst allmalig dehnt sich die Duplicatur des Ruckensegments auch in der ontogenetischen Ent- wickelung successive von vorn nach hinten iiber die verkiirzten Thoracalsegmente aus, und so kommt es zur Bildung des Kopfbrustpanzers, der bei den Decapoden meist sammtliche Seg- mente, zuweilen freilich auch unter Ausschluss des letzten Brustringes iiberkleidet. Bei den Stomatopoden freilich und ebenso bei den Cumaceen und Schizopoden beharrt der ijberhaupt rudimentilre Schild auf einer Zwischenstufe, indem er nur zur Verschmelzung mit den vordersten Segmenten der Brustregion fiihrt, von v\^elcher je nach der Grosse des Schildes die vier, drei, zwei hinteren Brustsegmente oder auch ausschliesslich das letzte frei hervor- stehen , aber auch noch die vorausgehenden Segmente als kurze Zoniten vom Schilde bedeckt, nicht in die Vervvachsung mit demselben eingegangen sind. Auch bei den Schizopoden ist der Besitz eines frei en Riickenschildes keineswegs, wie Willemocs-Suhm glaubte, auf die interessanten Tiefseeformen ') beschrankt, welche wie die riesigen G na th ophausien und die ganz absonderlichen Chalar aspis und Pe talop h t ha Imus zugleich mit der Eryon ahnlichen Loricatengattung Willemoesia als Reste einer schon zur Zeit des Lias und Oolith verklun- genen Crustaceenfauna sich unter den eigenthiimlichen Bedingungen des Tiefseelebens in die Gegenwart hinein erhalten haben; fiir viele, vielleicht alle Mysideen ist der meist in gerin- gerem Umfang frei gebliebene Brustschild ein bemerkenswerther Charakter. Ragen auch in der Regel nur die beiden letzten Brustsegmente als freie Ringe hinter dem Schilde hervor, so fmdet man unter demselben noch eine Anzahl kurzer Ringe, z. B. bei Siriella (Taf. XV, Fig. 3 3 Th. S. — 8 Th. S.), die vorausgehenden Segmente des Mittelleibes voUig gesondert. So ganz vereinzelte Vorkommnisse aber wie die des permischen Gampsonyx und des hochst merkwLirdigen, in den Besonderheiten seines Baues keineswegs geniigend verstandenen Bostrichopus antiquus geben unzweideutige Beweise von der einstmaligen Existenz um- fassender Crustaceengruppen, zu deren Erhaltung als petrificirte Reste nur ganz ansnahms- weise die Bedingungen sich vereinten, und sind ahnlich wie der vereinzelte Fund des Archae- opteryx redende Zeugnisse fiir die staunenswerthe Unvollkommenheit der geologischen Ur- kunde. Beweisen sie auf der einen Seite, dass wir negative Ergebnisse der Palaontologie nur mit iiusserster Vorsicht zu Schiiissen verwerthen durfen und aus mangelnden Documenten keines- wegs die Nichtexistenz derselben zu folgern berechtigt sind, so zeigen sie wohl in jedem ein- zelnen Falle als Zwischenglieder engerer oder weiterer Gruppen des Systems den genetischen, auf Descendenz begriindeten Zusammenhang der untergegangenen mit den lebenden Gliedern der Thierwelt an. Begreiflicherweise muss sich die Deutung und Erklarung fossilcr Ueberreste zuniichst auf die bekannlen Organismen der Lebewclt stutzen. ahnlich wie wir darauf angewiesen sind, die Lebenserscheinungen niederer und fremdartiger Thicre zunachst nach Analogic unseres eigenen Organismus zu beurtheilen. Wie aber hier die unmittelbare Uebertragung der an unserem eigenen Organismus gewonnenen Erfahrungen zu grossen Tauschungen fi'ihrt, da das Eigenartige nie- derer Lebens- und Empfindungsweise weder directer Vergleichung zugangig, noch iiberhaupt fiir die beschrankte Sphare menschlicher Erkenntniss vollstandig fassbar und begreiflich erscheint, 'i Vorgl. VVil Ic moe s - S uhni , On some Atlantic CrustaLca from the Challenger Expedition. Transactions of the I.innean Society. Second Serie. Tom. I. iStS. I'af. 7 — 10. _ 10.") so wird auch aut' ienem Gebiete die directe und vollstiindige Uehertragung der den Organismen der Lebewelt entlehnteii systematischen Kategorieii nicht nur eine Quelle grosser Irrthiimer sein, sondern jeglichen F'ortschritt zu besserer Einsicht und Iirkcnntniss gcradczu abschneiden. Vor solchen Irrungen gewahrt das Descendcnzprincip sicheren Schutz und wenn es im An- schluss an dasselbe bereits gelungen ist, aus der Palaontologie zur Erganzung und zum Aus- bau des naturlichen Systems zahlreiche und wesentliche Ergebnisse abzuleiten, so sind doch noch immer gar manche auf Grund jener alten unrichtigen Methode gewonnenen und seither in der Wissenschaft eingebiirgerten Vorstellungcn ein Hemmniss besserer Einsicht. In diesem Sinne bcurtheile ich vor Allem die Deutung, welche die merkwiirdigen Cru- stacean der Primordialfauna, deren Schalen- und Korperreste theils mit Apus theils mit Nebalia ahnlich sind, als »Phyl lopoden« erfahren haben. Zunachst gab wohl zu dieser Auffassung die Deutung von Nebalia als Phyllopode Veranlassung. Seit wir aber wissen , dass diese letztere Form weder zu den Phyllopoden, noch zu den Schizopoden gestellt werden kann, viel- mehr einem besonderen, allerdings sowohl diesem und jenem verwandten Typus angehcirt, und wie ich wahrschcinlich gemacht zu haben glaube, in einer noch niiheren Beziehung zu der Stamm- gruppe der Malakostraken gestanden haben mag, wird das, was ich schon vor einigen Jahren ') aussprach, zur grosseren Gewisshcit, dass die alten palaozoischen Formen, wie Hymenocaris, Peltocaris, Dictyocaris, Dithy roca ris, Ceratiocaris keine wahren Phyllopoden waren, sondern Crustaceengruppen angehorten, von denen wir gegenwartig keinen lebenden Reprii- sentanten mehr erhalten haben, »die aber aus niederen, den Entomostraken verwandten Ge- staltungsformen die Entstehung des Malakostrakentypus vorbereiteten'<. Moglicherweise haben wir nun in diesen schildtragenden Crustaceen der Primordialfauna, liber deren Korperhau und Gliedmassenbildung wir uns leider nach den zur Zeit bekannten Anhaltspunkten keine geniigendc Vorstellung machen kcinnen, die Ictzten Ueberreste der Stammkrebse oder Urphyllopoden, deren reichere Entfaltung in die anteprimordiale Zeitperiode hineingefallen sein mag, wahrend welcher die miichtigen Formationen des Laurentischen und Huronischen 2) Systems zur Bildung gelangten. Gerade die petrographisch einformige, eine stratigraphische Determination aus- schliessende Beschaffenheit dieser machtigen (in Canada von Logan auf 3o. 000 und 18.000 P'uss Machtigkeit geschatzten) Formationen , in denen krystallinische Kalkmassen mit Gneislagen wcchseln, leiten uns im Vereine mit der durch die Elinwirkung der gliihenden, feuerfliJssigen Massen des Erdinneren bestimmten Beschaffenheit der Gesteine selbst zu dem fast unabweisbaren Schlusse, dass unter solchen zerstorenden Bedingungen organische Ueberreste sich unmoglich in Gestalt formbegrenzter Petrefakten erhalten konnten. Dass die Thierwelt aber bereits vor der Zeit der sogenanntcn Primordialfauna zu einem reichen hochorganisirten Lebcn gelangt war, geht mit grosster Wahrscheinlichkeit aus den be- kannt gewordenen Resten der Primordialfauna hervor, die schon eine grosse Reihe scharf gc- sonderter hoch differencirter Typen zur Erscheinung brachte. ') C. Claus, UebcT den Eau und die systematische Stellung von Nebalia etc. etc. Zeitschr. fiJr wissenschal'tl. Zoologie. Tom. XXII. pag. 3-29 und 33o. '-) William Logan spricht sich ijber die Bedeiitung dieser niachtigen antipaliiozoischen I^'ormations- Complexe folgendermassen aus: "La puissance reunie de ces trois ile I.aurentien superieur, inl'erieur et le Huronien) grandes sdnes pourrait peut-etre surpasser celle de toutes les formations posterieures i partir de la base de la serie pale'ozoique jusqu'^ lepoque actuelle. Nous sommes ainsi raporte en arriere a une periode si eloignee que I'apparition de la faune dit primor- diale pourrait etre consideree par quelques personnes comme un evenement comparatix ement moderne.<' Claus. Uiitorsuclmiigcn ubcr Crustaceen. 14 1U(J Es bedarf wohl kaum des Hinweises, dass wir bei der grossen Unvollstandigkeit der geologischen Urkunden und der relativen Beschrankung der palaontologischen Forschung die aufgefundenen silurischen Ueberreste nicht als erschopfenden Ausdruck der Primordialfauna betrachten diirfen, aus welchem irgend ein Verhaltniss der iiberhaupt in der Silurzeit ver- tretenen Thiergruppen zu einander abgeleitet und bestimmt warden konnte, und es ist ein fiir mich ganz unverstandlicher Irrthum, in den ein durch so umfassende Beobachtungen Liber Tri- lobiten hervorragender Gelehrter, wie Barrande verfiel, als er seine schon durch die eigene Be- schaftenheit so bestimmt als minimales Fragment gekennzeichnete Tabelle der primordialen Silurfauna zu so haltlosen Schlussen gegen die Lehre der fortschreitenden Entwickelung ver- werthen zu konnen glaubte. SoUte man es im Ernste fiir moglich halten, in den Paar grossentheils weit von ein- ander abstehenden Thiergruppen des Silurs den Complex der gesammten Primordialfauna ge- geben zu sehen, aus dem Mangel der niederen Typen wie Protozoen, Polypen, Acalephen etc. deren thatsachliche Nichtexistenz in jener alten Periode zu folgern , aus der relativen Menge der aufgefundenen Gattungen, auf die relati\e Entwickelung der systematischen Grupptfi zuruckzuschliessen und durch solchen Schein von "Realitiit" die Exactheit des Verfahrens zu bcgriinden, welches fiir sich die Pratention in Anspruch nimmt. die Transmutationslehre durch die Thatsachcn der Palaontologie zu widerlegen! Ist das etwa eine grosse auf die Resultate der Morphologic und Physik gestiitzte Naturanschauung, welche die gesammte iiber grosse Perioden der Vorzeit ausgcdehnte Lebewelt aus kaum einem Dutzend bereits hochorganisirter und von einander zum Thcil weit abstehender Thiergruppen bestehen lasst und die Wechsel- beziehungen dieser Paar Typen fiir die Existenz und Fortentwickelung des Thierlebens fur aus- reichend halt? Ganz dasselbe gilt von den Schliissen, welche Barrande aus der Abwesenheit von Uebergangsformen in der Primordialfauna und aus dem plotzlich in so reicher Gliederung auf- tretenden Formenreichthum der Trilobiten gegen die Transformationslehre gefolgert hat. Hier trennen sich Schopfungsglaube und Wissenschaft in scharfem Gegensatz und unter gegenseitigem Ausschluss, und jeder Versuch, die Resultate der letzteren zur Stiitze des ersteren und zur Widerlegung der Evolutionslehre in's Feld zu fiihren, liisst eine gewissc einseitige Beschrankt- heit hindurchhlicken. Der beschreibende Naturgelehrte aber, an welchem die reichen Ergebnisse der modernen Morphologic und Entwickelungsgeschichte spurlos voriibergegangen sind, wird sich wohl mit der Erklarung bescheiden miisscn, durch die Resultate der palaontologischen Forschung nicht von der Wahrheit der Descendenzlehre iiberzeugt zu sein. Sobald er iiber diese Grenze hin- ausgeht, gibt er thatsiichlich den Boden wissenschaftlicher Objectivitat auf. Der so klar und unzweideutig vorliegenden Unvollstandigkeit der geologischen Urkunde gegeniiber, glaubt Barrande eine grosse Zahl von fossilen Gattungen in einzelnen Thiergruppen als Beweis fur den Reichthum der palaontologischen Reste betrachten zu konnen, die ihm fur sich zu den weittragendsten Schlussen iiber Organismen-Verhaltnisse ausreichend erscheinen. Uebel- berathen uber die Grundprincipien morphologischer Wissenschaft und im volligen Missverstand- niss des Wesens der Descendenzlehre, legt er sich Ideen iiber Stufen der Vollkommenheit und iiber eine Rangordnung der Organisation zurecht, und da er findet, dass diesen die Aufein- anderfolge im zeillichen Auftreten der Paar bekannt gewordenen palaozoischen Thiergruppen nicht entspricht, glaubt er alien Ernstes zur Evidenz gezeigt zu haben, dass die Voraussetzungen der Theorie in volligem Widerspruche zu den beobachteten Thatsachen der Palaontologie stehen, 107 und dass hiermit die Lehre \on dcr Abstammung uiid Transmutation der Lcbensformcn zu Falle ') gebracht sei. Wie ich aber keinen zwingcndcn Grund gegen die Moglichkeit finden kann, die Stamm- form der Malakostraken vor oder selbst noch in die Periode der I'rimordialfauna zu setzen, so mochte ich auch die gleiche oder noch friihere Zeit fur die Abzwcigung der Entomostraken- gruppen aus der Reihe der Urphyllopoden fur wahrscheinlich annehmen. Schon der altesten Primordialfauna schreibt man Ostracoden zu und betrachtet als solche die als Primitia und Leperditia benannten Schalenreste. In Wahrheit freilich beruht diese Deutung auf einer bis- lang noch unerwiesenen Voraussetzung, deren Unsicherheit merkwiirdigerweise nicht einmal einem so sehr auf Realitiit sich stutzenden Palaontographen wie Barrande zum Bewusstsein gc- kommen zu sein scheint. Ich wenigslens vermag nicht einzusehen, weshalb Reste zweiklappiger Schalen , deren Trager wir weder nach Korperbau noch nach Giiedmassenbiidung naher kennen, Ostracoden im Sinne der gegenwartigen Ordnung gewesen sein solien und halte die Moglichkeit fur keineswegs ausgeschlossen, jene palaozoischen Ueberreste und auch spiltere, wie Beyrichia, auf Formen zu beziehen, welche dem Organismus der U rph yHopodcn niiher standcn und vielleicht, wenn Organisation und Giiedmassenbiidung derselben uns erschlossen wilren, als Reprasentanten einer besonderen Crustaceenordnung betrachtet werden miissten. Auch liber die Natur der Trilobiten, die man seit Burmeisters Arbeiten als Phyl- lopoden zu betrachten gewohnt ist, herrscht bislang vollige Dunkelheit. Wie wenig wir be- rechtigt sind , diese bereits in der Primordialfauna reich vertretene Gruppe von Organismen mit Phy llopoden gliedmassen auszustatten und ihrer Organisation nach mit Apus und Ver- wandten zusammenzustellen, darauf habe ich schon seit Jahren an verschiedenen Orten hin- gewiesen. Der Umstand, dass die Unterseite des Trilobitenleibes in keinem Falle auch nur soweit erhalten ist, dass man sich von der Beschatfenhcit und Zahl der Gliedmassen Rechen- schaft geben konnte, berechtigt gewiss nicht zu dem Schlusse, dass unter solchen Verhaltnissen die Beine die Form der Phyllopodenfusse besessen haben mussten. Nun hat man allerdings in neuerer Zeit den Versuch -) gemacht, diese grosse Lucke unserer Kenntniss auszufullen und aus extremitatenahnlichen Umrissen (an einem Stucke von Asaphus pi atycephalus), auf die Beschaffenheit der Trilobitenbeine zu schliessen, indessen mit ebenso unzureichendem und vollig unzuverlassigem Resultate. Mit dem Billing'schen durch Wood wa rd ^) erganzten Funde mag die auch aus anderem Grunde wahrscheinliche Anwesenheit von Schreitbeinen, wenn auch nicht als unzweifelhaft bewiesen, so doch als wahrscheinlich dargethan sein, jedenfalls ist die weiter- hin gefolgerte Verwandtschaft der Trilobiten mit den Isopoden auch nicht im entferntesten klar gelegt. Vielmehr bleibt die problematische Natur der Trilobiten nach wie vor unvcriindert, wie auch bereits A. Dohrn*) iiberzeugend dargethan hat. Man wird mit letzterem sogar noch weiter gehen konnen und die Frage aufzuwerfen berechtigt sein, ob die Trilobiten, die fossilen Merostomen und die Xiphosuren (Li- mulus), deren nahe Beziehung zu einander und zu den Trilobiten theils durch Verbindungs- ') Vergl. J. Barrande, Systeme Silurien du centre de la Boheme Vol. I, sowic Extrait du Supplement au Vol. I etc. Trilobites. IV Epreuve des theories paleontologiques par la realite, 1S71. ') E. Billings, Notes on some specimens of Lower Silurian Trilobites. Proceedings of the Geolog. Society of London 1S70. ^) Woodward, On the structure of Trilobites, Geologic. Magazine vol. VIII. Nr. 7. Juli 1S71. ■*) A. Dohrn, Zur Embryologie und Morphologic des Limulus Polyphemus. Jen. nat. Zcitschr. Tom. VI. pag. 627. 14* 108 gliedcr'', theils durch die trilobitenahnlichen Embryonalformen von Limulus als nahezu er- wiesen gelten kann, tiberhaupt Crustaceen sind. Natiirlich reicht die derbe, incrustirte Beschalfenheit des Integuments, wie der Aufenthalt im Wasser und das Vorhandensein von Kiemen zu dem Beweise der Crustaceennatur keines- wegs aus, und auch die durch Barrande ') fiir einzelne Trilobitengattungen (Sao hirsuta, Tri- nucleus ornatus etc.) bekannt gewordenen Entwickelungsstadien, die in gut erhaltenen Ab- driicken bis zu einer Grosse von i Mm. herab verfolgt werden konnten, geben keine Entscheidung, da das fiir die Zunahme der Segmente giltige Gesetz, wenn auch bei Entomostraceen, wie Cyclops etc., und ebenso bei Malakostraken wiederkehrend, in ganz ahnlicher Weise schon das Wachsthum der Anneliden bestimmt. Auch hier geschieht die Vermehrung der Segmente durch Neubildung und Sonderung von Ringen am Aftersegmente. Und sehr wahrscheinlich ist dieselbe Form des Wachsthums und der Segmentvermehrung eine gemeinsame Erscheinung in der phylogenischen Entwickelung der Arthrozoen tiberhaupt gewesen. Betrachten wir die Gruppen der Trilobiten, Merostomen und Xiphosurcn, untereinander durch gemeinsame Abstammung nahe vcrwandt und in engerem Verbande zu- sammengehorig, so werden wir, um ihre Beziehung zu den Crustaceen festzustellen, uns nach Entwickelungsphasen umsehen, welche einen Vergleich mit irgend welchen Stadien der Nauplius- reihe gestatten und somit ein Verwandtschaftsverhahniss zu den Urphyllopoden oder Stamm- krebsen erschliessen lassen. Leider haben uns die seitherigen, freilich noch keineswegs abge- schlossencn Forschungen fiir keine der genannten Gruppen mit Formzustanden bekannt gemacht, welche auf Phasen der Naupliusreihe bezogen werden konnten. und wenn auch A. S. Packard ein Embryonalstadium von Limulus als Naupliusstadium bezeichnen zu konnen glaubte, so bin ich mit A. Dohrn einverstanden, diesen Angaben, als eines ausreichenden Beweises ent- behrend, keinen entscheidenden Werth beizulegen. Dagegen scheint es mir wiederum zu weit gegangen, in der Organisation von Limulus uniibersteigliche Schwierigkeiten fiir die Zuriickfiihrung auf die Crustaceen zu finden. Als eine dieser Schwierigkeiten wurde das bereits schon von v. d. Ho even hervorgehobene Vorhan- densein von nur einer Extremitat, welche vom oberen Schlundganglion innervirt wird, als die andere die Stellung und Ausbildung der Unterlippe bezeichnet. Beziiglich der ersteren ware ja immer selbst untcr der Voraussetzung, dass bei den Krebsen zwei Antennenpaare vom oberen Schlundganglion mit Nerven versehen werden, der Ausfall des vorderen oder hinleren Paares M Wenn Barrande im Anschluss an dieses Entwiclielunpsgesetz, nach welchem die Formen mit grosserer Seg- nientzahl spateren und grosseren Entwickelungsstadien entsprechcn , die Trilobiten der Primordialfauna wcgen der grosseren Zahl ihrer Thoracalsegmente als die am hcichsten stehenden Formen bestimmt und nun in dem Umstand, dass Trilobiten mit geringerer Segmentzahl in spateren Perioden vorherrschen, den Beweis fiir die Unwahrheit der Descendenzlehre zu finden glaubt, nach welcher gerade das umgekehrte Verhaltniss stattfinden mlisste, so scheint derselbe nicht zu wissen, dass gar haufig in der Entwickelungsgeschichte von Gliederthieren und Wirbelthieren gerade die Beschrankung einer ursprunglich grosseren Zahl von Metameren wiederum einen spateren Fortschriit bezeichnen kann, der zu einer hijheren Organisations- stufe fuhrt. Die Reduction von Segmenten ist also an sich kein Zeichen tieferer Lebensstufe, wie auch ein Vergleieh der Myriopoden, Insecten und Spinnen, sowie die Wirbelzahl der Regionen der Vertebratengruppen zeigt. Will man jedoch die Anwendung dieses Verhaltnisses auf dieTrilobiten nicht gelten lassen, so wird man gegen dieVorstellung nicht das geringste einwenden konnen, nach welcher von den mannigfaltigen, grossentheils dur^h eine grossere Segmentzahl ausgezeichneten Trilobitengattungen der Primordialfauna gerade die Nachkommen der Formen mit beschrankter Segmentzahl in spateren Zeitperioden langer ijberdauerten und daher die vorwiegende Menge der Ueberreste einer zweiten Trilobitenfauna bilden niussten. Ob die Organisation dieser spateren Trilobiten eine vorgeschrittene und hohere geworden ist oder nicht, berlihrt die Descendenzlehre nicht direct, da dieselbe bekanntlich in vielen Fallen (rudimentiire Organe , Parasitismus , rlickschrei- tende Metamorphose) auch Riick.schrilie der Organisations- und Lebensstufe zulasst. m hei Limulus und Verwandtcn denkbar, ahnlich wie bci A pus das zweite Antcnnenpaar all- malig riickgebildet wird und bei den Cirripedien ganz verschwindet, wie ferner bei den meisten Cladoceren die vordere Antcnne verkummert. Indessen ist jene Voraussetzung cine irrthumliche, indem, wie ich gezeigt zu haben glaubc, die zweite Antenne erst secundar emporgeriickt ist und urspriinglich, wie jetzt noch bei Nauplius und den Cladoceren, vom unteren Schlundganglion ihren Nerven empfing, der erst spiiter und bei den hohcren Crustaceen aus dem wahrsdiein- lich durch Aufnahme ') des primaren subosophagealen Ganglions verstiirkten und vergrosserten Gehirn hervortrat. Da es nicht wahrscheinlich ist, dass der Nervenursprung der vorderen Gliedmasse bei Limulus eine derartige Bewegung erfahren hat und erst secundar, wie der Nerv des zweiten Antennenpaares, auf das obere Schlundganglion zu beziehen ist, so wird es gestattet sein , die vorderen Gliedmassen der Xiphosuren den vorderen Antennen der Crustaceen gleich zu stellen und die fiinf folgenden mit Kieferladen bewaffneten Extremitaten den auf das vordere Antcnnenpaar folgenden Gliedmassen der Crustaceen zu vergleichen. Da die soge- nannten Antennen des zweiten Paares im fri'ihen Larvenalter der Crustaceen und somit wohl auch in der Stammgruppe, neben der Function der Bewegung zugleich als Mundwerkzeuge dienen und machtige hakenformige Kieferfortsatze tragen, wurde das Auftreten einer Kaulade an dieser Gliedmasse bei Limulus und den verwandten Merostomen (Pterygotus, Sli- monia, Eurypterus, Stylonurus etc.) keinen Widerspruch einschliessen. Bei den Merostomen frcilich linden wir an dem grossen, halbovalen Kopfbruststiicke nicht sechs, sondern nur fiinf Paare von Extremitaten, vorausgesetzt, dass die Deutung der fossilen Reste und die auf dieselbe gegriindete Restauration des Korperbaues eine vollkommen begriindete ist. Wir wiirden hier also zunachst an den Ausfall eines Gliedmassenpaares zu denken berechtigt sein, dann aber vor der Schwierigkeit stehen, zu bestimmen, welches Paar das fehlende sei. In der That entspricht dieser Moglichkeit auch die Auffassung der Palilon- tologen. Woodward-) charakterisirt geradezu die Familie der Eurypteriden durch den Mangel der vorderen Antennen (antennules), nachdem Agassiz schon vorher den giinzlichen Ausfall des Antennensystems der Eurypteriden behauptet und Huxley die scheerentragen- den Vordergliedmassen von Pterygotus als hintere Antennen betrachtet hatte. Linden wir nun bei Slimonia, Eurypterus und Stylonurus die Coxalglieder dieser Extremitaten zu Kauplatten umgestaltet und demgemilss als Kiefer verwendet, so gewinnt der Vergleich mit dem zweiten Gliedmassenpaare von Limulus, welches ja auch bereits Kieferplatten tragt, urn so grosseren Halt, und die Deutung desselben als zweites bei den Crustaceen zu den hinteren Antennen uragebildetes Extremitatenpaar wird im Hinblick auf die urspriingliche Verwendung desselben in der Naupliusreihe und bei den Stammkrebsen, sowie durch die urspriingliche Innervirung vom primaren unteren Schlundganglion nur um so wahrscheinlicher. Die F'olgerung, zu der ich durch Verwerthung der letzterwahnten Thatsachen fur Limulus und die Eurypte- riden selbststiindig gelangte, finde ich zu meiner Ueberraschung von den Paliiontologen aut anderem Wege gewonnen und in anderer Weise begrtindet. Schon Strauss-Durkheim hat vor vielen Jahren die Gattung Limulus, die friiher mit Unrccht in die nachste Beziehung zu den Phyllopoden gestelit wordcn war, als den Arach- niden und insbesondere den Scorpionen verwandt betrachtet und demgemiiss auch das vor- ') Schon a priori schcint dieser X'orqant; kcineswcqs undcnidiar, da wir ja so hiiufig aucli die letiten Ganglien der Bauchkette, sowie henaclibarte Ganglien im Verlaufe derselben mit einander versciimolzen sehen. ") H. Woodward, A monograph of the Brit, fossil Crustacea belonging to the Order Merostomata. Palaeontogr. Society. iS65, pag. 3-. 110 dere kleine Gliedmassenpaar, welches von dem Gehirne seine Nervcn empfangt und sonach als vordere Antenne gelten muss, den Kieferfiihlern der Arachnoideen an die Seite gestellt. Seitdem man die fossilen Eurypteriden niiher kennen gelernt hat, und durch Uebergangs- formen die nahe Beziehung derselben zu den Xiphosuren klar gelegt worden ist, hat diese Auffassung einen viel festeren Roden und einen so bedeutenden Ruckhalt gewonnen, dass von mehreren Seiten, wie unter anderen von Huxley'), der genealogische Zusammenhang von Arachnoideen und Merostomen behauptet wurde. In der That hat die Ableitung der schon in der Steinkohlenformation auftretenden Scorpioniden von einer alteren , wasserbewohnenden Arthropodengruppe, welche Formen wie Pterygotus, Eurypterus, Stylonurus etc. her- vorbringen konnte, etwas uberaus verlockendes, besonders im Hinblick auf die Aehnlichkeit in der gesammten Korperform , des Kopfbrustschildes, der tibereinstimmenden Segmentzahl und der Gliedmassengestaltung. Ziemlich allgemein folgen bei den Eu ry pteriden auf das grosse Kopfbruststiick i3 Seg- mente, welche nach dem hinteren Leibesende zu allmalig schmaler werden und mit einer breiten, zugespitzten, oft in einen Stachel auslaufenden oder auch zu einem langen Stachelstab ver- langerten Platte (Endsegment) abschliessen. Betrachten wir die vorderen sieben Segmente, als in niiherem Verbande stehend, etwa als das bauchig aufgetriebene Praeabdomen, die sechs nach- folgenden Leibesringe als dem Postabdomen zugehdrig, so erhalten wir den Leib der Scor- pioniden, sobald sich das betrachtlich verengerte Postabdomen in scharferer Abgrenzung von dem breiterea Praeabdomen absetzt (Formen wie Eurypterus abesus stellen in der That diese Verbindung hen, und der Stachel des Endsegments zum Giftstachel wird, andererseits erhalten wir den Korper von Limulus durch Consolidirung des verbreiterten Praeabdomens und Verschmelzung der Leibesringe des Postabdomens (Hemmung der vom Endsegment aus erfolgten Abgliederung) zur Bildung des kraftigen Schwanzstachels. Zwischenformen wie Hemi- aspis und Bellinurus scheinen uns diesen Process unmittelbar vor Augen zu fiihren. Diese Zuruckfiihrung wird auch durch einige aus der Entwickelungsgeschichte der Scorpione bekannt gewordene Momente unterstutzt. Wenn wir z. B. durch Ganin und M etsch nikoff ^j erfahren, dass auch an dem Praeabdomen des Scorpionembryos sechs Gliedmassenpaare angelegt sind, von denen das zweite Paar zu den kammformigen Organen wird, die ijhrigen aber eine Ruck- bildung erleiden , so haben wir augenscheinlich eine Wiederholung der sechs plattenformigen Beinpaare am Praeabdomen von Limulus, dessen sicbentes Segment auch keine Gliedmasse mehr erzeugt. Wenn wir weiter sehen , dass die Anlagen der Kieferfiihler spater hervorwachsen als die der nach folgen den funf Gliedmassenpaare, und Bal- biani-'') auch fLir die Kieferfiihler der Spinnen dieselbe nachtrag liche Entste- hung hervorhcbt, so scheint unserer Gliedmassendeutung der Eurypteriden, deren rlick- *) Wie freilich Huxley die Copepoden in den engeren VerwandtschaftsUreis der Metrostomata ziehen und die Eurypteriden als Verbindungsglieder von Trilohiten und Copepoden mit den Xiphosuren zu betrachten im Stande war, das bleibt mir vollig unverstandlich und kann nach Massgabe meiner Untersuchungen nur als eine hochst ungluckliche und verfehlte Vorstellung bezeichnet werden. Sehr merkwiirdig und rathselhaft ist mir imnier gewesen, dass wir von der in der Lebewelt so uberaus reichen und weit verbreiteten Copepodenfauna in l^einer Formation und auch nicht in den jungsten Tertiarschichten auch nur Spuren fossiler Ueberreste kennen gelernt haben, wahrend doch Cirripedien, deren Entwickelung so nahe Beziehungen zu dem Copepodenorganismus bietet, von der flir mich zweilelhai'ten palaeozoischen Plumulites und Verwandten abgesehen, schon in der altesten Secundarzeit auftraten. ") E. M etschn ikoff, Embryologie des Scorpions. Zeitschr. flir wissenschaftl. Zoologie, Tom. XXI, 187 1. ■'; Balbiani. Mcmoire sur le developpement des Arachnides. Ann. sciens. nat. 5 Ser.. Tom. X\'II1. iS-j. 111 gebildete und vicUeicht luir bis auf die Aniage unterdruckte Antenncn in dcu zum Laiidaulcnt- halt und zur Luftrespiration modificirten Nachkommen wiederum fortgebildet, bezieluingsweise von Neuem erzeugt wurden, Vorschub geleistet. Aucii die Gestaltung dcr Beinpaare, von denen die beiden vorderen ladenahnliche Kauplatten tragen , sowie die Steilung und Zahl der Augen involviren durchaus keinen Widerspruch zu dem fur Merostomen und Scorpionidcn vermutheten Verwandtschaftsverhaltniss, ebensowenig die bei den Merostomen und Limulus weit nach hinten geriickte Lage der Unterlippe, in welcher A. D o li r n neben der einfachen Antennenzahl eine zweite Hauptschvvierigkeit zu erkennen glaubte, diese Thiergruppen auf Cru- stacean zuriickzufiihren. Ebensowenig aber als dem ersten, glaube ich auch diesem zweiten Punkte entschei- denden Werth beilegen zu mussen. Alierdings findet sich die Unterlippe bei den Malakostraken und auch bei vielen Entomostraken als einfache oder getheilte Platte, oder auch in Form kurzcr Lappen (Paragnathen) unterhalb der Mandibeln und vor den Maxillen, also zwischen drittem und viertem Gliedmassenpaar, dieselbe kann jedoch, wenn auch gewiss als morphologisch hochst bedeutsamer doch nicht als bestimmender Charakter des Crustaceenbegriffes gelten. Es handelt sich in der Unterlippenbildung um eine mediane, einfache oder zweispaltige Hauterhebung, die eben an der Stelle den Mund nach unten abschliesst, wo die kriiftige Kieferwirkung aufhcirt. Freilich bilden hierin die Malakostraken und Entomostraken zu den Xiphosuren und Me- rostomen einen bedeutungsvollen Gegensatz, denn wahrend es dort nur ein einziges ') Paar von Gliedmassen ist, welches eine vorwiegende, eventuell ausschliessliche Beziehung zum Kauen (oder Stechen) erhalten hat, das M andibelpaar, haben hier sammtliche nach hinten folgende Extremitaten des Kopfbruststiickes gewaltige Kauladen erzeugt, von denen meist gerade die hintere bei weitem die machtigste ist (Slimonia, Eurypterus etc.). Dem entsprechend er- folgte der Abschluss sowohl bei den Eurypteriden als Xiphosuren durch eine einfache oder gespaltene (Limulus) Erhebung erst an der hinteren Grenze des Kopfbruststuckes hinter dem letzten Beinpaare. In dieser Gestaltung der fiinf auf die Antennen folgenden Extremitatenpaare, welche sich zum Gebrauch als Kicfer und Beine heranbildeten , licgt gewiss der wichtigste und in der Stammesentwickelung fruhzeitig begriindete Charakter der Merostomata, durch welchen sie alien i'lbrigen von den Stammkrebsen aus abzuleitenden Crustaceenordnungen in scharfem Ge- gensatze gegenilberstehen. Es fragt sich nur, wie weit wir den Ursprung dieser Eigenthiim- lichkeiten zuruckzuverlegen haben, ob die Merostomen durch eine Naupliusreihe vorbereitet, mit den altesten Phasen dcr Stammkrebse zusammenfallen und von diesen aus abzuleiten sind, oder ob der gemeinsame Ursprung beider vor die Naupliuszeit zu verlegen ist. Vorlaufig sind die aus der Entwickelungsgeschichte von L, imulus bekannt gewordcnen Momente unzureichend, um Schliisse zu gestatten , mit deren Hulfe jcne Frage beantwortet werden konnte. Indessen bin ich aus einer Reihe anderer Griinde, deren Darlegung an diesem Ort zu weit abscits fuhren wurde, geneigt, das erstere Verhiiltniss fiir das bei weitem wahrscheinlichere zu halten. Stellen wir uns eine Naupl iusahnliche Larve vor, etwa wie die Metanaupliusform von Euphausia (vergl. Holzschnitt 7 und 8), an dieser jedoch den Kieferfortsatz nicht auf das dritte Gliedmassenpaar beschrankt, sondern in iihnlicher Weise auf die vorausgehenden und auf '1 Die Laden dcr Maxillen sind durch ijberaus dlinnc, zarthiiuligc Flatten, die ihrer Wirkung nach kaum mit den Mandibeln verglichen werden kiinnen, auch erst spater in die Function als Hiirsorganc der Nahrungsbearbeitung eingetretcn. 112 die nachfolgendeii Fussanlagen ausgedehnt , das Paragnathenpaar zugleich hinter dcm letzten Gliedmasse hervorgewachsen, so wiirden wir in einer gewissermassen parallelen Entwiciielungs- reihe, aus den Urphyllopoden die Merostomen abzuleiten im Stande sein. Den raonognathen Crustaceen wiirden als zweite Reihe die polygnathen Mero- stomen mit den Trilobiten, Eurypteriden und Xiphosuren gegenuberstehen, aus denen die luft- athmenden Arachnoideen hervorgegangen sein wiirden. Nachtragliche Bemerkungen. Nachdem bereits der Druck des vorliegenden Werkes vollendet ist, kommt mir die vor- lauiige Mittheilung tiber Entwickelung einiger palaozoischer Decapoden von R. v. Willem oes- Suhm aus dem Februarhett der "Annals and Magazine of nat. hist.« zu Gesicht. Dieselbe ent- halt einige interessante Notizen iiber die Gattungen Amphion, Sergestes und Leucifer, welche, falls ich sie fruher gekannt hiitte, mich zu einer etwas veranderten Darstellung des Capitels iiber Amphion veranlasst haben wiirden. Zwar wird durch dieselben meine Kritik der Dohrn'schen Deutung von Amphion als Geschlechtsthier in keiner Weise aufgehoben und das was ich iiber die Unzulanglichkeit der Kiemenrudimente der Pleopoden (ohne Borsten- anhange), sowie der Ausmiindung der vermeintlichen Ovarien am letzten Beinpaar des Thorax (iiber dessen Grosse und Gestaltung wir von Dohrn nichts erfahren), als Beweis der Ge- schlechtsreife von Amphion gesagt habe, bleibt ebenso wie die Larvennatur des von Milne Edwards') als Amphion bezeichneten und durch sechs Spaltfusspaare charakterisirten Cru- staceenform aufrecht erhalten. Indessen wird es, da Willem oes - Suhm ausdriicklich hervor- hebt, unter drei ausgewachsenen Amphionexemplaren zwei miinnliche Individuen gefunden zu haben, wahrscheinlich, dass in der That mit der Ausbildung des siebenten Beinpaares Amphion ohne seine Korperform wesentlich zu verandern in das Stadium der Geschlechtsreife eintritt. Die Gestalt der Antennen und des siebenten Beinpaares, der Bau der Kiemen, der Abdominalfiisse und des Geschlechtsapparates werden naher bekannt sein mussen, bevor wir die Frage als entschieden betrachten konnen. Jedenfalls war ich berechtigt, die grossten mir bekannt gewordenen Exemplare mit rudimentiirem siebenten Beinpaar, mit Kiemenrudi- menten und borstenlosen Abdominalfussen, welche der von Dohrn gegebenen Beschreibung entsprechen, auf Larven zu beziehen, so wie der als Ovarium zu deutenden Zellenmasse mit ihrcr Ausmiindungsstelle auf Grund der Darstellung und Abbildung jencs Autors (vergl. 1. c. Taf. XV, F'ig. 1 und 2) als Ovarium zu beanstanden. Wird Amphion aber wirklich in un- veriinderter Gestalt zum Geschlechtsthier, so haben wir in ihm eine neue interessante Schizo- podenform. deren Maxillen und vorderen Kieferfiisse • — wie dies iibrigens auch fiir Peta- lophthalmus und Chalaraspis gilt — zu den Decapoden hinfiihren und deren Riickenschild bereits mit siimmtlichen Thoracalringen verwachsen ist. Wenn Willemoes-Suhm fiir zwei andere Amphion nahe verwandte und als A m p h i o n e s bezeichnete Formen einen mchr ') Vergl. M. Edwards, Histoire naturelle des Crustacees. PI. 28. Fig. S. m Serge stes ahiilichen Korper hervorhebt und die Amphionidea mit den I.ar\en von Scr- gestes und Leucifer vcrgleicht, so finde ich hierin fiir meine Auffassung (vergl. pag. 49), nach welcher dieselhen den Acanthosomen und somit den Sergestiden am nachsten stehen, voile Bestatigung. Ja Willemoes-Suhm geht so weit, in der Larvenentwickelung von Ser- gestes geradezu ein Amphionstadium zu unterscheidcn , womit er keine andere Entwicke- lungsstufe als die Acan th osoma form gemeint haben kann, welche ich als das Mysissta- dium der Sergestiden bezeichnete. Olfenbar war Willemoes-Suhm unbekannt geblieben. dass die von ihm auf das Amphionstadium bezogene Sergesteslarve mit der von mir vor langer als einem Decennium beschriebenen Ac anthosoma zusammenfallt, auch scheint er den Bau und die Gliedmassengestaltung derselben wohl nicht so speciell verfolgt zu haben , da ein naherer Vergleich jener Larve mit Amphion (vergl. Holzschnitt Fig. 12, pag. Syj doch bedeu- tende Dilferenzen in der Kiefer- und Kieferfussbildung constatirt und durch den \iel eniicren Anschluss an die M y s i s form ') die Bezeichnung Mysisstadium rechtfertigt. Von ganz besonderem Werthe aber war es mir, in den auf lebende La r van bezijg- lichen Beobachtungen des jungen, leider so friih verstorbenen Naturforschers die Bestatigung meiner Ableitungen iiber Sergestidenentwickelung zu finden, bei denen ich auf Untersuchung von Weingeistexemplaren beschrankt war. Willemoes-Suhm hat ebenfalls die von ihm haufig gefundene Elaphocaris als Zoiia von Sergestes erkannt und wie er angiht, bis zum ge- schlechtsreifen Thiere verfolgt; dass die folgende von ihm als Amphionstadium bezeichnete Ent- wickelungsstufe meine A ca nth osoma ist, und dass die Mastigopusform dem jungen Ser- gestes vorausgeht, scheint ihm nicht bekannt gewesen zu sein. Ebenso wichtig war es mir, meine AufTassung von Leucifer, als deren Zoea von Wille- moes-Suhm die oben naher beschriehene Erichthina demissa erkannt worden ist, in gleicher Weise vollkommen bestiitigt zu sehen. Merkwiirdig ist die grosse, oben bereits hervor- gehobene Verschiedenheit in der Bildung des Seitenauges bei Erichthina und Elapho- caris. Aus derselben glaube ich mit grosser Wahrscheinlichkeit ableiten zu konnen, dass der Erichthina ein freier Nauplius vorausgeht, was ja auch Willemoes-Suhm annimmt. wiih- rend im anderen Falle die bereits mit dem langgestihen Auge versehene Protozoea (vergl. Taf. V) das Naupliusstadium im Ei durchlaufen mochte. Minder belangreich sind die Mittheilungen , welche wir Wi lie m oes - S uhm iiber die Entwickelung von Cirripedien verdanken (On the development of Lepas fascicularis and the Archizoea of Cirri pediaj, doch durfte aus denselben hervorzuheben sein, dass die grosse Archizoea "als Naupliusform von Lepas australis erkannt wurde«, auf welche Art sich wahrscheinlich auch die von mir auf Taf. XVI, Fig. 2 und 3 abgebildeten Puppen beziehen. Ebenso wenig enthalt eine inzwischen veroffentlichte Arbeit von Hock ') iiber Embryo- logie von Balanus Gesichtspunkte , welche im Zusammenhang meiner Ableitungen verwerthet werden konnten. Die hochst seltsamen Beobachtungen desselben iiber die Bildung der Ovarialschliiuche von lialanus, die mit der von mir gegebenen Darstellung (pag. 87) unvercinbar sind, erkliiren sich ') Bei Acan thosoma sin J niclit siebcn, sonJern acht Spaltfusspaare vorhanden , d. h. der vordere Kiefcrt'uss ist noch ein wahrer Spaltfuss , ferner tragen beide Maxillen Facherplatten , die vordere Maxille hat noch durchaus nicht den Decapodencharakter. 'j P. K. C. Hociv, Zur Entwickeiungsgeschichte der Entoraostraken. I. Embryologie von Balanus. Mit zwei Tafeln. Leiden 1876 (Niederl. Archiv flir Zoologie. Tom III. Glaus, Unlersuclumgcu uber Crusmcecii. 15 114 fiir mich vollig ausreichend durch eine ungliickliche Deutung der Cementdrusenzellen. Die ge- stilten, in gedrangten Biischeln »am Ende oder im Verlaufe von SchnLiren« zusammensitzenden Zellen (Taf. Ill, Fig. 5, 6, 7), welche jener Autor als Ovarialmutterzellen betrachtet (und sich mit Eiern ftillen lasst!) sind nichts anderes als die Zellen der Cementdrtisen, die iibrigens seinerzeit audi Darwin von den Eizellen nicht ausreichend unterschied. Hatte iibrigens Hock die Geschlechtsanlagen einer jugendlichen Cyclops, einer Daphnia oder Cypris gekannt, so ware derselbe sicher vor dieser starken Tauschung bewahrt geblieben. Bezuglich der Phyllosomen will ich schliesslich die Bemerkung hinzufiigen, dass es mir endlich gegliickt ist, die im Ausschlupfen begriffenen jungen Palinurus-Phy llosomen kcnnen zu lernen. In der That sind dieselben viel grosser und sowohl in der Gliedmassen- bildung als in der Entwickelung des Darmes und Nervensystems welter vorgeschritten, als die Scyllarus - Phy 1 losonien. Die vorderen Maxillarfusse haben sich als kurze Stummel er- halten. Die in meiner mehrfach erwahnten Abhandlung iiber Schizopoden etc. (Zeitschrift fur wissenschaftl. Zoologie, Tom. XI II, pag. 428) naher beschriebene und auf Tafel XXVI, Fig. 5 und 6 abgebildete Phyllosoma ist nichts anderes als die eben ausgeschliipfte P a 1 i n u r u s- Phyllosoma, wilhrend die viel kleinere Fig. 2 und 3 abgebildete Form die eben aus- geschliipfte Scyllarus - Phyllosoma vorstellt. Tafcl I. Zur Entwickelung von Euphausia. Fig. I. Protozoealarve einer Euphausia von i '^ Mm. Lange aus dem Atlantischen Ocean, in seir- licher Lage. A'. Vordere Antenne. A". Zweiiistige hintere Antenne. D. Darmcanal. Fig. 2. Dieselbe Larve von der Bauchseite betrachtet mit beginnender Segmentirung des auf die vorderen Maxillarfijsse folgenden Hinterkorpers. Fr. S. Frontales Sinnesorgan. O. Augenpaar. Md. Mandibel. U L. Unter- lippe oder Paragnathenpaar. Ma-'. Vordere, Mx". Hintere Maxille. Kf. Vorderer Kieferfuss. M. Langsmuskeln. Fig. 3. Zoealarve derselben Euphausia, von 273 Mm. Lange, in seitlicher Lage, die Segmenre des Mittel- leibes (Thorax) und Hinterleibes (Pleon) (i) — (5) sind siimmtlich angelegt. Fig. 4. Dieselbe Larve von der Bauchseite gesehen. Af^'. Anlage der Fiichergliedmasse in dem von der Schwanzflosse noch nicht abgesetzten sechsten Abdominalsegmente. Af. Afteroffnung. Kr. Kragenformiger Vordertheil des Panzers. Fig. 5. Vordere Maxille. Ri. Innerer Ast (Taster). Re. Aeusserer Ast (Fiicherplatte). a. Untere Lade. h. Obere Lade des Stammes. Fig. 6. Maxille des zweiten Paares. Re. Rudiment des Aussenastes. Fig. 7. Mf". und Mf'". Zweiter und dritter Maxillarfuss von einer 4'/„ — 5 Mm. langen Euphausialarve, nebst den Anlagen der nachfolgenden zwei Fusspaare (F'. und F".). Re. Anlage des ausseren oder Schwimm- fussastes. B r. Branchialanhang. Fig. 8. Vordere Maxille der ausgebildeten Euphausia. Fig. 9. Maxille des zweiten Paares der ausgebildeten Euphausia. Tafcl II. Protozoea und Zoea von Penaeus - Garneelen. Fig. ]. Protozoea von i '/^ Mm. Lange (die ausgestreckten Vorderantennen nicht mit einbegriffen), von der Rijckenseite aus gesehen. Die Anlagen der paarigen Augen schimmern durch das Panzerintegument hindurch, welches die Segmente des Maxillarfusses nicht bedeckt. L. Leber. Fr. S. Frontales Sinnesorgan. Die sechs Thoracalsegmente Th. S. sind hinter den Maxillarfussen des zweiten Paares zur Sonderung gelangt; am vor- deren sieht man die Anlagen der hinteren Maxillarfiisse durch die Haut hindurchschimmern. Die fiinf Abdominal- segmente Ab. S. (i) — (51 liegen noch unter der Haut verdeckt. Fig. 2. Die sechs hinteren Thoracalsegmente mit den Fussanlagen, so wie die nunmehr frei gewordenen fiinf Abdominalsegmente (.4 s. ]) — (.4 s. 5) einer etwas grosseren Larve. Af. <>. Afteroffnung. Fig. 3. Weiter vorgeschrittene Zoea derselben Form. Die Anlagen der flinf Beinpaare liegen als zwei- iistige nach vorne gestreckte Schliiuche dem Brusttheil an. Am Abdomen erhebt sich die Fiichergliedmasse des sechsten nun von der Schwanzplatte gesonderten Segmentes. Siimmtliche Ganglien der Abdominalsegmente sind gebildet. Die Buchstaben wie auf Taf. I. Fig. 4. Maxille des vorderen Paares AIx'. Fig. 5. Maxille des hinteren Paares Mx". 15* Tafel III. Larven fdes Mysisstadiums) von Pena eus - Garneelen. Fig. I. Die fiinf Beinpaare einer Penaeuslarve von 4 Mm. Lange. Re. Aeusserer oder Schwimmfussast. A f . Vorderer Fuss des Abdomens. Fig. 2. Weiter vorgeschrittene Larve von 1 1 Mm. Liinge mit langem RQckenstachel des zweiten Ab- dominalsegments. Die drei vorderen Beinpaare mit Scheeren. Af". Afterfuss des zweiten Paares. Fig. 3. Maxille des ersten Paares. Fig. 4. Maxille des zweiten Paares. Fig. 5. Vorderer Kieferfuss. Fig. 6. Schwanzplatte. Fig. 7. 16 Mm. lange Larve einer zweiten Penaeusart mit kurzen Stacheln an den Abdominalsegmenten und sehr grosser Schwimmflosse. Fig. 8. Schwanzplatte derselben. Buchstabenbezeichnung wie auf Taf. I. Tafel IV. Larve von Lcucifer und S tomatopodenlarve. Fig. I. E richt hinalarve von Messina von i '/„ Mm. Lange, bereits mit den Anlagen zu sammtlichen Brustflissen, vom RLicken aus betrachtet. Nach Willemoes - Suhm die Larve von Leucifer. Fig. 2. Phyliopodenahnliche Protozoea unbekannter Herkunft mit grossen Ruderantennen (-4"), circa I Mm. lang. G. Gehirn mit dem unpaaren Auge. Ma. Matrix fiir die Entwickelung des Stilauges. Fig. 3. Skizze der Larve in seitlicher Lage. Fig. 4. Maxillen des ersten Paares mit Facherplatte. Fig. 5. Maxillen des zweiten Paares mit Facherplatte, Kieferfuss ahnlich. Fig. 6. Vorderer Kiefeifuss. Fig. 7. Kieferfuss des zweiten Paares. Fig. 8. Stomatopod enlarve von Neapel, vom Rijcken aus betrachtet. a. Aorta, c. Vordere Kammer des vielkammerigen Herzens. S D. Schalendriise? L. Leber. S. Mf'., S. Mf"., S. Mf". Segmente des ersten, zweiten und dritten Maxillarfusses. S. Th'". Drittes Thoracalsegment , welches spater das erste Paar der Spalt- fl'isse triigt. Tafel V. Sergestiden - Entwickelung. Fig. I. Aelteste Protozoea von Sergestes (Elaphocaris), I'/aMin.lang; von der Bauchseite betrachtet. S D. Schalendriise (?) an der Maxille des zweiten Paares mundend. Fig. 2. Maxille des zweiten Paares, maxillarfussartig gestreckt. Fig. 3. Die erste und zweite Antenne des Mysisstadiums (Aca n tho soma). An der zweiten Antenne ^4" ist die lange Geissel nicht ausgezeichnet. Fig. 3'. Die Spitze mit der Haupt- und Nebengeissel der vorderen Antenne. Fig. 4. Schwanzplatte und Fachergliedmasse derselben. Af'. Fachergliedmasse. Fig. 5. Dieselben Theile einer alteren Acanthosoma. ■ Fig. 6. Acanthosoma. Jungeres Stadium vom Riicken dargestellt unter Lupenvergrosserung. Tafel VI. Serges tide n - Entwickelung. Fig. I . Aelteste Zoea von Sergestes (Elaphocaris). Sammtliche Gliedmassen ties Thorax sind angelegt. Am Abdomen nur die Gliedmassen der Afterflosse Af'. L. Leber. An der Basis der zweiten Maxille die Druse. Fig. 2. Maxille des ersten Paares der auf das Mysisstadium folgenden M as t ig op u s larve , stark ver- grossert. Fig. 3. Maxille des zweiten Paares derselben Form, stark vergrossert. Fig. 4. Vorderer Maxillarfuss derselben. Fig. 5. Maxille des zweiten Paares von Sergestes. Fig. 6. Vorderer Maxillarfuss derselben. Tafel VII. Zur Entwickelung der Porceilanen und Paguriden. Fig. I. Porcellanalarve von Helgoland in seitlicher Lage, schwach vergrossert. Sammtliche Beinanlagen des Thorax knauelformig gewunden, dem hintercn Brusttheile anliegend. Fig. 2. Vordere Antenne. Fig. 3. Hintere Antenne. Fig. 4. Die beiden Antennenpaare eines weiter vorgeschrittenen Larvenstadiums. [k\.\( Tafel durch Ver- sehen auch mit Fig. 6 bezeichnet.) Fig. 5. Vordere Maxille. Fig. 6. Hintere Maxille. Fig. 7. Hinterer Kieferfuss Mf", nebst den fianf Beinpaaren F'. — F^'. Fig. 8. Letztes Beinpaar, isolirt mit Scheerenanlage. Fig. g. Schwanzplatte der Larve. Fig. 10. Porcellanalarve des Oceans in seitlicher Lage, etvvas starker vergrossert. Fig. II. Spaltfuss des ersten Paares. (Vorderer Maxillarfuss.) Fig. 12. Spaltfuss des zweiten Paares. iMittlerer Maxillarfuss. 1 Fig. 1 3. Schwanzplatte derselben. Fig. 14. Aeltere Larve von Pa gurus (Nizza) im Mysisstadium. Mf". Maxillarfuss des dritten Paares. Fig. i5. Herz einer jungen, eben ausgeschlupften Larve von Eupagurus Prideauxii, mit zwei Spalten- paaren v s. und v i. I. Dorsales Integument. A a. Aorta abdominalis. Zu den Seiten liegen die beiden Arterien- paare, vorne die Aorta des Kopfes. Tafel VIII. Zoea von Callianassa suhterranea. — Am phi on. Fig. I. Zoea von Callianassa. c. 5 Mm. lang, in seitlicher Lage. Fig. 2. Vordere Antenne derselben. Fig. 3. Maxille des zweiten Paares. Fig. 4- Vorderer Maxillarfuss. Fig. 5. Maxillarfuss des zweiten Paares, schwacher vergrossert. Fig. 6. Maxillarfuss des dritten Paares. Fig. 7. Schwanzplatte mit den Anlagen der Fachergliedmassen unter dem Integument des noch nicht ge- sonderten sechsten Segmentes. Fig. 8. Aeltestes Larvenstadium von Amphion von 17 Mm. Liinge (die Antennen nicht mitgemessen). Das letzte Beinpaar iF-\) ein kurzer Stummel. Fig. 9. Maxille des zweiten Paares der Amphionzoea. Fig. 10. Vorderer Kieferfuss derselben. Tafel IX. Zur Entwickelung von Anomuren. Fig. I. Larve, 12 Mm. Lange (Albunear), von Zanzibar, mit quergerichteten Seitenstacheln des Panzers, von der Bauchseite aus gesehen. Fig. 2. Dieselbe mit brustwiirts eingeschlagenem Hinterleib. Fig. 3. Dieselbe von der Rijckenseite. Fig. 4. Dieselbe in seitlicher Lage. Fig. 5. Stilauge. Fig. 6. Die beiden Antennenpaare .4'. and A". Fig. 7. Mandibel. Fig. 8. Maxille des ersten Paares. Fig. q. Maxille des zweiten Paares. Fig. 10. Die drei Kieferfusspaare derselben A//'., Mf"., M f'" . Fig. II. Abdomen der Zoealarve eines Apteruriden 1^?) von 18 Mm. Lange, mit einastigen Facherglied- massen, von der Bauchseite. Fig. 12. Die beiden Antennenpaare derselben. Fig. 1 3. Weiter vorgeschrittene Larve von 24 Mm. Liinge mit den Anlagen sammtlicher Gliedmassen, von der Bauchseite aus gesehen. Tafel X. Larve von "F h i a p o 1 i t a , I n a c h u s s c o r p i o , M a j a v e r i- u c o s a. Fig. I. Zoea von Thia poll t a in seitlicher Lage. Fig. 2. Schwanzplatte derselben, stark vergrossert. Fig. 3. Die zweite Antenne. ^ Fig. 4. Vordere Maxille. Fig. 5. Maxille des zweiten Paares. Fig. 6. Innerer Fussast des zweiten Spaltfusspaares 'zweiten Kieferfusses Mf"). Fig. 7. Anlage des dritten Spaltfusses. Fig. 8. Zoiia von Inachus scorpio. C. Herz. L. Leber. Fig. 9. Schwanz einer Zoealarve von Maja verrucosa vor der embryonalen Hiiutung. Fig. 10. Maja zoea nach der Hautung. Tafcl XI. Zotia von Krabben (Brachy u rcn). Fig. I. Aeltere Zoea eines Krabhen von der Chilesischen Kuste (Portuniden\ vier Mm. lang. Das Stadium wurde der Entwickelungsstufe nacli schon der Mysist'orm der langschwiinzigen Decapoden entsprechen. Hinter den zwei Spaltfusspaaren liegen die sechs nachfolgenden Gliedmassen in ansehnlicher Grosse, wenn auch nicht functionsfahig ausgebildet. Auch die Fachergliedmasse ist als i^urzer Schlauch an dem von der Schwanzplatte ab- gesetzten sechsten Segmente gebildet. Fig. 2. Dieselbe Larve voni Rl'icken aus betrachtet. Fig. 3. Die beiden Antennenpaare A'., A". St. Stachelfortsatz. Fig. 4. Mandibel mit der fingerformigen Tasteranlage. Fig. 5. Maxille des ersten Paares. Fig. 6. Maxille des zweiten Paares. Fig. 7. Kieferfuss des dritten Paares Mf". und die nachfolgenden funf Gehfusse. Fig. 8. Auge einer Krabbenzoea mit gespaltenem Schilde (Fissocaris). Fig. 9. Mandibel derselben. Fig. 10. Maxille des ersten Paares. Fig. II. Maxille des zweiten Paares. Fig. 12. Schwanzplatte mit den Anlagen der Fiichergliedmassen. Tafel XII. ZoiJa von Krabben (Brachyuren). Fig. I. Krabbenzoea mit balancirstangenartig verlangerten Stacheln des Panzers (Pluteocaris, Ombai- strasse\ in seitlicher Lage. Fig. 2. Dieselbe von der Ruckenseite der hinteren Korperhalfte aus betrachtet. Fig. 3. Antenne des zweiten Paares. R. i. Innerer Ast. St. Stachelfortsatz. Fig. 4. Maxille des ersten Paares. a. b. Die beiden Laden des Stammes. Fig. 5. Maxille des zweiten Paares. Fig. 6. Vorderer Spaltfuss. Fig. 7. Hintere Partie des Abdomens mit den Fussanlagen und der Schwanzplatte. Fig. 8, Krabbenzoea (Ombaistrasse), mit sehr dickem rechtwinklig abgesetztem Stirn- und Rijckenstachel. Fig. 9. Antenne des zweiten Paares. R e. Aussenast. Fig. 10. Vordere Maxille. Fig. II. Maxille des zweiten Paares. Fig. 12. Facherartig entwickelter Schwimmfussast eines Spaltfusses. Fig. 1 3. Schwanzplatte derselben Larve. Fig. 14. Zoea mit flijgelformig verbreitertem Panzer von Zanzibar, acht Mm. lang, von der Ruckenseite aus betrachtet. Ptcrocaris. Fig. I 5. Dieselbe mit eingeschlagenem Abdomen, von der hinteren Flache dargestellt. Tafel XIII. Me galop a stadium von Portunus, Cancer. Fig. I. Megalopa eines Portunus mit ausgestrecktem Abdomen, vom Riicken aus betrachtet. Fig. 2. Die Brustplatte derselben mit den drei unteren Gliedern a., b., c. des fiinften Beinpaares, schwach sert. Fig. 3. Vordere Maxille. Fig. 4. Maxille des zweiten Paares. R. i. Innerer Ast = Taster. Fig. 5. Vordere Maxillarfiisse, a. basale, b. obere Lade. B. peitschenformiger Branchialanhang. Fig. 6. Maxillarfuss des zweiten Paares; a., b. die beiden Stammglieder; c. — g. die fiinf Glieder des inneren .^stes. R. e. Aussenast. B r. Kieme. Fig. 7. Maxillarfuss des dritten Paares. Bezeichnungen wie in Fig. 6. Fig. 8. Vorderer Scheerenfuss; a., b. Glieder des Stammes; c. — g. die tiinf naciifolgenden Glieder. Am Grundgliede des Stammes erheben sich die Kiemenanhange. Fig. 9. Maxillarfuss des zweiten Paares von Cancer mit peitschenformigem Anliang neben den Kiemen. Tafel XIV. Zoea und Megalopa von Krabben. Fig. I. Kleine Krabbenzoca ohne Ruckenstachel mit zwei hornformig emporgerichtcten Seitenstacheln, von der hinteren Flache betrachtet, unter starker Lupenvergrosserung. Fig. 2. Abdomen derselben. Fig. 3. Maxille des zweiten Paares. Fig. 4. Vorderer Spaltfuss. Fig. 5. Spaltfuss des zweiten Paares. Fig. 6. Aeltere Zoea von Dromia (?) in seiilicher Lage. Fig. 7. Vordere Antenne derselben mit der Oeftnung der Gehorblase. Fig. 8. Antenne des zweiten Paares. R. e. ausserer Ast, — Rest der Schuppe. St. Stachelfortsatz. R. i. Anlage der inneren Geissel. Fig. g. Mandibel mit der Tasteranlage /'. Fig. 10. Vordere Maxille. Fig. II. Maxille des zweiten Paares. Fig. 12. Schwanzplatte mit dem sechsten Segment des Abdomens und den Anlagcn der Fiichergliedmasse. Fig. 1 3. Megalopastadium derselben, vom RQcken aus dargestellt. Fig. 14. Vordere Antenne mit Hauptgeissel Ri., welche die Buschel von Riechfiiden tragt und luntgliedriger Nebengeissel. G. Ganglion im dritten Gliede des Stammes. G O. Gehorblase im Basalglied. Fig. I 5. Aeussere Antenne mit langer vielgliedriger Geissel. Fig. 16. Schwimmfuss des Abdomens mit cylindrischem Anhang, welcher die Hakchen des Retina- culum R. tragt. Fig. 17. Schwanzplatte mit zweiastiger Fachergliedmasse. Tafcl XV. Oxycephalus, SirieUa, Nebalia. Fig. I. Gehirn- und Augenganglien {GO.) nebst Retina (Re) und den heiden Gehorblasen (a.) von Oxy- cephalus (Hyperide) unter massiger Vergrosserung. Fig. 2. Gehorblase derselben, circa 40ofach vergrSssert. N a. Hornerv. E. Epitel der Blasenwand mit ein- geschlossenem Otolithen. B. Aeussere Bindegewebskapsel an einem Band suspendirt. Fig. 3. Herz von Siriella. ^ i'. Aorta cephalica. yl a. Arteria abdominalis. Seitliclie grosse Spaltoffnung. S. Suspensorien des Herzens. L. Leber. R S. Rijckenschild. 3. Th S. Drittes Thoracalsegment, der erste der freien Thoracalringe. 8. Th S. Letzter Tiioracalring. Fig. 4. Weibchen von Nebalia Geoffroyi ebendaher. G. Ganglienkette. M x. T. Taster der vorderen Maxille, als Putzfuss dienend. Bl.c. Blutcaniile des Schildes. K. M. Kaumagen. 0 L. Oberer Leberschlauch. O V. Ovarium. P'ig. 5. Mannchen von Nebalia Geoffroyi von Triest, circa loofach vergrossert. C. Herz. T. Hoden. M D. Magendarm und Leber. KM. Kaumagen. O. L. Oberer Leberschlauch. S M. Schalenmuskel. AD. An- tennendrtise. M T. Mandibulartaster. R. Schnabel. AD. Afterdarm. M d. Mandibel. Fig. 6. Herz. i. Th. S. Erstes Thoracalsegment. 8. Th. S. Achtes Thoracalsegment. Fig. 7. Samenkorper. a. Mutterzelle mit vier Tochterzellen. b. Die granuliiren Zellen mit zarten Proto- plasmastrahlen. Tafel XVI. Cirripedienlarven und Puppen. Fig. I. Balanuslarve von Neapel vor dem Uebergang in das Puppenstadium, von der Bauchseite aus betrachtet, circa 3oofach vergrossert. A'. Vordere Antenne. Man sieht den Haftnapf der Puppenfuhler durch die Bedeckung hindurchschimmern. S. Stirnhorner. A". Antenne des zweiten Paares. ///. Drittes Gliedmassenpaar der Naupliuslarve. IV. Viertes Paar mit den zwischenliegenden Anlagen der Mundwerkzeuge und den sechs auf- einander folgenden Copepoden iihnlichen Fusspaaren. Fr. S. Frontalfaden. 0. Paariges Auge. O'. Medianauge, dem Gehirn aufliegend. /):;•. Driisenzellen der Stirnhorner. O L. Oberlippe. Fig. 2. Puppe einer Lepasart (L. australis"), vor der Umwandlung in das Cirriped, von der Ausst.-n- seite der Schale betrachtet S D. Schalendriise. S M. Schalenmuskel. a b. Der freie Rand der Schalenklappen, Spalte des Mantelraumes. S D. Stirnhorndriise. E. Der grosse Dorsalmuskel der Haftantenne. B. und F. Riick- zieher des Puppenkorpers. CD. Vorzieher und Heber der Antenne. M D. Magendarm. Fig. 3. Dieselbe in einem welter vorgeschrittenen Stadium mit bereits durchgefijhrter Umwandlung in den Cirripedienleib. Sagittalschnitt von der Innenseite betrachtet. Die Muskulatur des Puppenleibes ist rijckge- bildet. Cg. Cementgang, CD. Cementdrijsen. M D. Magendarm. AD. Afterdarm. P. Anlage des Penis. AS. Adductor Scutorum. O v. Ovarium. Car. Carina. L. Leberschlauch, vor demselben das Medianauge. Ch. Abzu- stossende Chitinhaut vom eingeschmolzenen Basalglied der Haftantenne ; in der Tiefe sieht man den abzuwerfen- den Rest des Seitenauges. Fig. 4. Puppe von Lepas pectinata. S c. Durchschnitt durch das Scutum. T. Durchschnitt durch das Tergum. Fig. 5. Fettgebilde aus dem Leibesraum. Fig. 6. Theile der Cementdriise junger Lepaden, nach Abstreifung der Puppenhijlle. a. und a'. Zellen der Cementdriise. b. Cementzellen mit ihrem Ausfuhrungsapparat. c. Cementgang. Fig. 7. Stuck vom Kern eines Schalenstiickes nach eben begonnener Bildung, mit den unterliegendcn Cylinderzellen der Matrix (vergl. das Ephippium der Daphniden). Fig. 8. Ovarialschlauche junger Lepaden. a. Nach eben abgestreifter Puppenhiille. b. Blindsackformiger Auslaufer einer iilteren Form mit Eiern. CI aus, Untersuchungen libcr Crustaceen. 16 Tafel XVII. Die Gattung Asterope. Fig. I. Asterope oblonga, aus der Schale freigelegt, in seitliciier Darstellung. Weibliches Thier, circa loofach vergrossert. A'. Antennen des ersten Paares. Sp. Buschel von fiinf Spiirborsten am drittletzten died derselben. A". Ruderfussantennen. S m. Schalenmuskel. Md. Mandibularfuss. C. Herz. Br. Kiemenblatter. /". Sechstes Gliedmassenpaar. g. Putzfuss. g 6. Geschlechtsoffnung. Fig. 2. Linke Sclialenklappe von der Innenflache betrachtet. Man sieht das System von Blutlakunen B C. und die Poren der Randdrijsenzellen DP., dorsalwarts die grossen Pigmentzellen. Fig. 2'. Der Vorderrand mit der Schalenbucht, von der Aussenseite betrachtet, starker vergrossert. In dem dicken Schalenpanzer finden sich zahlreiche Porengiinge. Ein cuticularer Saum felilt. Fig. 3. Oberlippe und unpaares Auge (o') von der Bauchflache dargestellt. Fig. 4. Stirnkuppel mit deni unpaaren Auge und dem frontalen Griffel F S. Fig. 5. Mandibularfuss mit der liakenformigen Mandibel M d. und dem Ladenfortsatz [Md'.) des zweiten Gliedes, unter starker Vergrosserung. Fig. 6. Erstes Beinpaar = Erste Maxille. R c. Aussenast ^= F'aclier. R i. Innenast mit dem Endglied F g., welches durch einen kraftigen Muskel M. bewegt wird. Fig. 7. Zvveites Beinpaar = Zweite Maxille. Kh. Kieferhaken. Re. Die Facherplatte. Ri. Fussast. M. Muskeln. Die natiirliche Lage ergibt sich aus Fig. i. Fig. 8. Drittes Beinpaar. Sechstes Gliedmassenpaar. Fig. 9. Endstijck des Putzfusses, stark vergrossert. Fig. 10. Die Genitalgliedmassen eines noch unreifen, vor der letzten Hiiutung stehenden Miinnchens. Tafel XVIII. Die Gattung Cypridina und Verwandte. Fig. I. Mannchen von Cypridina stellifera unter starker Lupenvergrosserung. Die Buchstaben- bedeutung wie auf Tafel XVII. T. Hoden. V d. Samenleiler. Ma. Magendarm. O. Zusammengesetztes Auge der linken Seite. h. Genitalgliedmasse. F u. Furcalplatte. F. Sechstes Gliedmassenpaar. Fig. 2. Weibchen derselben Art. 01. Oberlippe. Mx'. Maxille des ersten, Mx". des zweiten Paares. O V. Ovarium. Fig. 3. Nebenast der miinnlichen Schwimmfussantennen, stark vergrSssert. Fig. 4. Cypridina mediterranea von Triest, Miinnchen, massig vergrSssert. Fr. S. Frontalgriff'el, vor der Kuppel des unpaaren Auges. C. Herz. M d. F. Mandibularfuss. A". Schwimmfussantenne. S AI. Schalen- muskel, unterhalb der Speiserohre. Mx'. Vordere Maxille. Mx". Zweite Maxille mit der grossen Facherplatte. F. Fuss. (^Sechstes Gliedmassenpaar.") g. Putzfuss. h. Genitalgliedmasse. Fig. 5. Das Weibchen derselben Art von Messina. Ma. Magen. Ob. Oberlippe. i. Furcalplatte. B. Hin- tere Schalenwulst. O. Zusammengesetztes Auge. o. Kleines Auge. Fig. 6. Nebenast der miinnlichen Schwimmfussantennen von Cypridina mediterranea. Fig. 7. Sechstes Gliedmassenpaar von Bradycinetus globosus. Fig. 8. Vorderer Schalenrand von Bradycinetus mit dem Cuticularsaume und dem Borstenbesatze der Innenflache. Fig. 9. Derselbe von Philomedes, zugleich mit der polygonalen Sculptur der Schale. Tafel XIX. Larveii von Est her ia und Diaptomus. Fig. I. Larve von Estheria (ticiniensis). A', und A". Die beiden Antennenpaare. O. Seitliches Aui^e. o'. Medianauge. Lb. Oberlippe. Mdf. Mandibularfuss. M x'. Maxille des ersten Paares. Mx". Hintere Ma- xille mit fingerformigem Aussenglied. AD. Antennendruse. 5. Schale. S D. Schalendrijse. F H. Furcalliai^en. Fig. 2. Dieselbe in spaterem Alter nach Ueberwachsung des Kopfes von der Schale. C. Herz. M d. Man- dibel. F'., F". etc. Fuss des ersten, zweiten etc. Paares. T B. Tastborste. F S. Frontales Sinnesorgan. NO. Zellen des Nackenorganes. Fig. 3. Aelterer Nauplius von Diaptomus. MD'. Magendarm. G. Gehirn. R S. Anlage des Rijcken- schildes. Die iibrigen Buchstaben wie in Fig. i und 2. Fig. 4. Metanaupliusstadium desselben Thieres. F' ., F" . Die Anlagen des ersten und zweiten Beinpaares. Fig. 5. Dreitheiliges Auge derselben von der Seite (ahnlich wie auch bei Cypris). 16* INH ALTS - UBERSICHT. Pag. Die Eigenthlimlichkeiten der Zoea i Die sogenannte Stomatopodenzoea 3 Korperbau der Malakos traken und Entwickelungs- geseiz fiir den MalaUostrakenleib 6 Ableitung dieses Gesetzes aus der Entwickelung von Euphausia 7 Beweis fur dieRichtigkeitdesselben aus der Penaeiden- entwickelung 10 Metanauplius und Protozoea von Penaeus . 11 Vergleich mit den Phyllopoden 12 Gemeinsamer Ausgangspunkt in den Urphyllopoden Oder Stammkrebsen lO Stammform der Malakostraken 2 3 Korperbau und Organisation der Nebalia . . . 24 Zoealarve als secundare Gestaltungsform . . . . 3i Entwickelung der Euphausiden 33 Entwickelung der Sergestiden 35 Elaphocaris als Protozoea und Zoea derselben 36 Acanthosonia als Mysisstadium von Sergestes . 37 M ast igopusform 3 9 Leucifer ein Sergestide 40 Entwickelung der Penaeiden 41 Entwickelung der Garneelen 43 Larven von Hippolyte 44 Larven von Crangon 46 Larven von Palaemon 47 Amphion 48 Entwickelung der Astaciden 49 Entwiclvelung der Loricaten ' . 5o P a li n u r u s - und S c y 1 1 a r u s - P h y 1 1 o s o m a . . 5 i Entstehung des Ruckenschildes 5 3 Entwickelung der Thalass ini d en 54 Entwickelung der Paguriden 55 G 1 a u c o t h o e form , T h i a larve 56 Entwickelung der Porcellaniden 57 Alb u n ea larve (?) 59 Entwickelung der Brachvuren 61 Pag. Zoea von Maja und Inachus 63 Fissocaris, Pluteocaris, Pterocaris . . . 65 Me galop a form der Brachyuren 66 Vergleichender Rlickblick und Schlussfolgerung flir die Herkunft und Ableitung der Malakostraken . . 69 Genealogisches Verhaltniss der Edriophthalmen zu den Podophthalmen 71 Beziehung von Malakostraken zu Entomostraken, nahe Uebereinstimmung des Metanauplius von Penaeus und der Copep o den , Phyllopoden ahnliche Ge- Gestaltung der Naupliusreihe 74 Primare Innervation der zweiten Antenne vom unteren Schlundganglion 76 Entwickelung der Copepoden 78 Entwickelung der Cirripedien -jq Vergleich der Copepoden- und Cirripedien- Meta- morphose 81 Morphologie der Cirripedien 82 Bildung der Geschlechtsorgane 88 Versuch einer Erklarung der Geschlechtseigenthlim- lichkeiten (Hermaphroditismus, Erganzungsmann- chen etc.) 89 Morphologie und Entwickelungsgeschichte der Ostra- coden 91 Die Phyllopoden und Urphyllopoden . . . 100 Palaontologischer Ueberblick io3 Gampsonyx und Bostrichopus 104 Hymenocaris, Peltocaris etc io5 Bedeutung der sogenannten Primordialfauna . .106 Trilobiten 107 Merostomen und X i phosu ren 108 Reihe der Monognathen- und der Polygnathen - Cru- staceen i i i Nachtragliche Bemerkungen 112 Amphion, Sergestes, Leucifer ji3 Die eben ausgeschlupfte Palinu rus - Phy 1 lo soma . 114 \yi I'/ M. (ill Ma M: vl/v l#f w^ ,// W': R i. w \'- Tii. 8- if m us Rr A III! \ \ Larven von Euphausia h'^^^^M Mk" Fig. 5, Fi^.2 Re Fi^.4. C. Clau9 del. Penaeus-zoea UtMinli.f Kbka.Witn. i \\l ' / 1 \\v fig ^• we/ \:- i; 8 Af ■.- Af! WJ Yii.l. • f Af' Fig.l. FiP,6. m^ Fit5 8 A \\ il A \ \ Larven von Penaeus # t Re Ft^.4. Fi^.l, _; Fig 6 S.Mf S.Mf S.Mf' Ma w \ \ %3y R.i V;, Fig. 5. ■^,. EricMhina, unbekanpte (jameellarve und StomatopodenlarvB. V. V,S 7 lith.Instv.F K6ke,Wiefi / [ -. \ '■ , ^"^ ,«* >^ ^1//^ %. xWIa' > Af 1/^ / / ! sdX^ • NIf y? \ \ \ Fi^.3.' #1\1/ Xitlili// -^ '.'rriir'f/ -i^. ^ F,J.6. C.Claus del Ser^estes-larven. Protozoea von Elaphocaris. Acanthosoma. ;th Tiislvf.Kdlfe.Wifii Taf.VI / Rl Re m' 7 1 W r b \ \ \ \ / Br Fi^l. / Fi§.6. C.Claus del. Elaphocaris. Masti^opus. Sei^esies. iith.Inst.v. F. Kiike.Wien Fi^.2. R.e Fi^.6. T;, r Yn Fi^.9 Fi^.5. r F" Fi^,12. V^ Fig.7. '. Re. Fig.ll ( //Ri / llg.'.. 19 irt^'i ^ Fig. 5. ?i4.3. }'itf6 -&.. 9 /, }'i§.7. ;i ' Fri8 Fii5.9. r. Cin.j.s Me^aiuj^a V U I I I I) I. I LI I 1 LI .3 U I 1 LJ U CJ C. Glaus del ■ a aVJ L' i; c. J u n B Fx^.l?, ra chvTiren yin lith.lnst.v.F. Koke.Wien. TafelB lithlnstv.F Kbke.Wien . C.CUus del. GeJibror^an von Oxycephalus. Herz von Siriella. Neb alia. Tkfel.m, C Ctaus del. Larven und Puppen von Cirripedien. litVListv F Kbke Wien Tafeimr. Fi^ 9 t Clai.'S Hoi. Asterope oblonga Lith.InsivF Kol(e,Wicn. •rafDi.:xvii[. jl:!! I p "I , . Cypri d i n a . l;f, A--'i vFl'a!,, C Claus del. Larven von Estheria und Diaptomiis