Lyte ate nity Ya hit ptiaeh } OAM bath VENA NT AG yep gf Ae 7 '" ny atte Papaya th BN WON NN Yo tat UD A 10,8. Yih Den Ny ao teydatyy HPV DuteyZ4r ag yay! RUNS NN aa ht oy ve vy yy fy i , Mn) : nhibe r H vin ! on ‘ (inca as Neg hilary S ’ AV hae, dona yn ; . whee beh y H BN a Hy . ‘As iy ta SVP beget ee AN Dy Lyd arta ‘} 41 ve j AAT Ia) nial ish iy Hp tn yoy f h ‘ H AR Yi ee Tae ae ttyl tatty I Ae RA a Tiare taubetaey H yh PEP Pa aya Alay Halny. tara F Eye a bby 8 GAN Wilt t'e he cele Cha tbs rents f vp Woe POH KY, EY HH. WOM toh Hinearacien i a} tt a) TY RA Me aac yg ei EPC ETL MOT Ny Sette pe man Hay Oe Ne Ninl ty, a : ran Se Veh ts bstes N's Nen wah a Bt aaah saves gL i . MAAS bom onrm bimane “Sindee a ASYM Ah Vy : , ashen st ht gS R F Weel ale iMate Any py VRS GST urLai ts Bh i LMitetiney aie 4 Waterhants SNAG Nh hea A Aaa os Roa ' SoA Bip R : uy Stitatn isereiteadit 80 aA Rasy al nn 8 Wilt bh Rif hae. he. he oA my SM ye ied Ye r4 His Ya pond ye i VIA y Pew he tare POM a Cay at CORRG TATU TO Be Ties Paced SE seats ’, TTPO EY ero ra “ = Diets ad ary (n fai At ay PT ta! ‘ } ats SF URE eH HEREDIA} Vyasa 2h SED WO BD WN anges i ingatuparaety Maryy ’ My ata tata ptecgtes a fis) vit ifs yinsar yen asa , YAP niga 4 : \ Frye? . P. 4 ‘ Woy y ” SMe bee Aa ge Pyne Vash aie We Wad ae ; ay yan I ) v ‘. 7 ey vescvee 5 WN ? : aad wae qn tienss ere ihe > }, Nyy Fae eRe ata ard Nan be inthe aa ae Sh Rg be, ets A ne ‘ : Meena ayy SORA eh ab eeu OB Sea Leesa A ae Ma Be 7, ' ie ik ep eit? ahh ia vier y ye bad HARVARD UNIVERSITY e Library of the Museum of Comparative Zoology - Wr gh im ih: ye VEROFFENTLICHUNGEN der ZLOOLOGISCHEN STAATSSAMMLUNG MUNCHEN = ““" 5B. zoo. APRQ 4977 MARY A rep UNIVERSITY Herausgegeben von DR. WALTER FORSTER Schriftleitung: DR. FRITZ TEROFAL Band 17 1974 Im Selbstverlag der Zoologischen Staatssammlung ies ea Mes ee Be INHALT K6lbing, Alexander: Der Starnberger See und die seinem Trophie- zustand angemessene Bewirtschaftungsweise des Coregonenbestandes Modell, Hans +: Die Najaden des Neckar-Gebietes (Bivalvia, Unionacea) . Benl, Gerhard und Fritz Terofal: Beitrage zur Kenntnis der Belontiinae (Pisces, Perciformes, Anabantoidei, Belontiidae) Teil lI Hemmer, Helmut: Untersuchungen zur Stammesgeschichte der Pantherkatzen (Pantherinae) TeilIII. Zur Artgeschichte des Lowen Panthera (Panthera) leo (Linnaeus 1758) Hennig, Otto, Rigoilf und Hilke: Die Bedeutung der ,,Sinnesgreif- hinde“ fiir die stammesgeschichtliche Entwicklung des Menschen Kiriakoff, S. G.: Neue und wenig bekannte asiatische Notodon- tidae (Lepidoptera) 109 139 167 281 371 bam VEROFFENTLICHUNGEN der ZOOLOGISCHEN STAATSSAMMLUNG MUS. COMP. ZOOL MUNCHEN LIBRARY JAN 13 19/5 HARVARD UNIVERSITY Der Starnberger See und die seinem Trophiezustand angemessene Bewirtschaftungsweise des Coregonenbestandes von Alexander Kolbing (Mit 3 Tafeln und 16 Abbildungen im Text) | Veroff. Zool. Staatssamml. Miinchen | Band 17 | S. 1—108 | Minchen, 1. Febr. 1974 | Der Starnberger See und die seinem Trophiezustand angemessene Bewirtschaltungsweise des Coregonenbestandes von Alexander Kolbing (Mit 3 Tafeln und 16 Abbildungen im Text) | Veroff. Zool. Staatssamml. Miinchen | Band 17 | S. 1—108 | Miinchen, 1. Febr. 1974 | Fur die Uberlassung des Dissertationsthemas, fiir Anregungen und Hilfen bedanke ich mich herzlich bei den Herren Dr. G. Keiz und Dr. J. Lamina. Ferner gilt mein Dank den Fischermeistern Franz Lidl, Hans Schu- ster und Michael Zistl1 ftir tatkraftige Unterstutzung bei der Durch- fuhrung fischereilicher Aufgaben auf dem Starnberger See. Auch dem Bayerischen Staatsministerium fttr Ernah- rung, Landwirtschaft und Forsten sei an dieser Stelle fur die finanzielle Forderung der Untersuchung gedankt. Besonderer Dank gebuhrt Herrn Direktor Conrad Lenz (Fa. Stein- ecker, Freising) und der Fischereigenossenschaft Wiirmsee mit ihrem Vorsitzenden Hans Schuster, die durch finanzielle Beitrage die Drucklegung der Arbeit entschieden forderten. - Meinen Eltern gewidmet - INHALT . Einleitung . Der Starnberger See I. Entstehung und geographische Lage II. Hydrographie und Zufiusse III. Morphologie . Literatur I. Der Coregonensee und seine Eutrophierung II. Die Coregonen 1. Nomenklatur und Virbretuneseewies 2. Artensystematik III. Fischereibewirtschaftung . Material und Methodik I. Wasseruntersuchungen II. Fischvermessungen III. Fischereibiologische Arbeiten IV. Auswertung der Fange . Ergebnisse I. Witterungsverhaltnisse wahrend der Untersuchungszeit II. Tiefenprofile III. Coregonenbiometrie IV. Fischereibiologische Beobachtungen . Abnormitaten, Ernahrungszustand, Maseninwalt . Parasitierung : . Laichtermin, Laichplatze, Verkalinis der Gecchlechter . Eidurchmesser, Eigewicht, Eizahl/1 . Dauer der Eientwicklung, Langenmessung an frischgeschlapticn LAnen . Zur Funktionstichtigkeit der Laichplatze V. Renkenfischerei 1. Ertragsstruktur Sen inag 2. Altersklassenzusammensetzung 3. Wachstum 4. Bon ccuumosineeneiat 5: Netze aoul1rwnhds kr . Besprechung der Ergebnisse I. Trophiezustand II. Die Coregonenpopulation 1. Der x~?-Test . 2. Das disproportionale Wachs tur III. Bewirtschaftung des Coregonenbestandes . Zusammenfassung der Ergebnisse H. Verzeichnis zitierter und der Arbeit zugrundeliegender Literatur Anhang I. Tabellen statistischer Auswertung II. Monatsprotokolle Tafeln und Tafelerklarungen 88 94 Alexander Kolbing: Der Starnberger See 5 A. Einleitung Der Starnberger See galt bisher als klassisches Beispiel eines oligotrophen Coregonensees (Burkhardt 1941). Durch die starke Randbesiedlung der letzten Jahrzehnte und seiner damit verbundenen Abwasserbelastung ver- anderte sich der Trophiezustand des Sees schneller als erwartet. Sinnfallig fand dieser Tatbestand Ausdruck in Vegetationsfarbungen und Wasser- bluten. Es folgte ein Ruckgang des Geleges. Die Wechselbeziehungen zwischen Trophiezustand und Produktions- biologie eines Gewassers werden in besonderem Mae am Fischbestand — dem Endglied der Produktionskette — sichtbar. Waren die Fangergebnisse ursprunglich vergleichsweise gering, so fuhrte die zunehmende Eutrophie- rung zu deutlichem Anstieg. Das Verhaltnis der Fischarten zueinander er- fuhr Veranderungen. Daraus erwuchsen Folgen ftir die Fischereiaustibung und die fischereiliche Bewirtschaftung des Sees. Fur den Starnberger See ist in diesem Zusammenhang die Untersuchung des Coregonenbestandes im Hinblick auf eine dem Trophiezustand ange- paBte fischereiliche Bewirtschaftungsweise von Bedeutung. Bisher fehlten fur den See eingehendere Untersuchungen seines Wasserchemismus, seiner Coregonenpopulation und seiner Fischereibewirtschaftung. Vorlegende Arbeit soll diese Lticke schlieBen helfen und gewissermafien einen Zustandsbericht ftir die Jahre 1971/72 abgeben. B. Der Starnberger See I. Entstehung und geographische Lage Der See entstand in der Wiirmeiszeit.*) Die mehrfach vom Gebirge vor- dringene Zunge des Isar-Wturm-Gletschers schob eine tiefe Rinne aus, die in nord-stidlicher Richtung verlauft. Als das Eis zurtickging, fullte sich das Becken mit dem abtauenden Gletscherwasser. Nachdem sich die Wurm durch das dem Nordende vorgelagerte Moranengebiet AbfluB schaffen konn- te, brachte sie allmahlich den Seespiegel so zum Absinken, da8 am Nord- und Stidende flacher Seegrund zutage trat, der heute noch in Form eines Niedermoors bei Starnberg und des Ostersee-Hochmoors bei Seeshaupt zu erkennen ist. Das nérdliche Seende befindet sich 20 km stidwestlich von Munchen. Der sudlichste Punkt ist 20 km vom Gebirge entfernt. Der mittlere Wasser- spiegel hat eine HGhe von 584m tiber NN. Damit liegt der Seespiegel 20m hoher als die Fliisse Loisach im Osten und 50m hoher als Ammer und Am- mersee im Westen. *) Urspriinglich wurde der See nach seinem Abfiu8 der Witirm ,,Wtirmsee“ genannt. Seit 1962 ist die amtliche Bezeichnung ,,Starnberger See“. Sein Abfiu8 heiBt weiterhin Wurm. Alexander K6lbing: Der Starnberger See DER STARNBERGER SEE 1. DIE GROSSTEN ZUFLUSSE 2. 84 UND 114m JSOBATHE 5 km STARNBERG ‘a POSSENHOFEN .- Ly Ss FELDAFING/A 4 AMMERLAND BERNRIED A A AMBACH SEESEITS-BACH — SEESHAUPT 4 Alexander Kolbing: Der Starnberger See 7 I. Hydrographie und Zufliisse Der See ist durch keinen Zulauf mit dem Gebirge verbunden. Dadurch weist er einige hydrographische Besonderheiten auf: a) Das Wassereinzugsgebiet ist klein. Es bleibt auf die allernachste Um- gebung beschrankt und miBt mit 310 km? nur das etwa flinfeinhalbfache des gesamten Seeareals (Fels 1914). b) Die Wasserzufuhr ist gering. Sie wird von Bachen bestritten, die in den Moorgebieten der unmittelbaren Umgebung entspringen. Tab. 1: Die wichtigsten FlieBgewdsser im Wassereinzugsgebiet des Starnberger Sees und ihre Ergiebigkeit (Naher 1963). Wasserein- Wasserfiihrung in 1/sec. GewaAsser- zugsgebiet langj. Mittel Niedrigw. Mundungs- bezeichnung [km?] MQ MNQ stelle im Ostersee Bach 57,4 940 235 Stiden Lus Bach 90,7 810 125 Norden Maisinger Bach 44,9 675 110 Norden R6thl Bach 13,8 200 35 . Westen Singer Bach 8,8 150 25 Stiden Seeseits Bach 6,3 90 15 Sudwesten Starzen Bach 4,7 70 10 Westen StraBgraben , 3,7 60 10 Sudosten Marzen Bach 2,9 50 10 Stiden Wirm 310,0 4610 2810 Norden c) Der Wasserstand des Sees ist nur unbedeutenden Schwankungen unter- worfen, die Folge des direkten Niederschlags sind. Im Marz 1972 wurde nach einer ca.18 Monate dauernden Periode minimalen Niederschlags ein Absinken des Wasserspiegels um ca. 60 cm beobachtet. d) Der See hat eine sehr lange theoretische Wassererneuerungszeit. Fur 1955 wurden 16, fiir 1956 tiber 19 Jahre angegeben (Naher 1963). Zum Vergleich betragt die Wassererneuerungszeit am Ammersee 2 bis 2,5 Jahre, am Kochelsee 6 Wochen. Der See mu8 daher als ein stehendes Gewdasser aufgefaBt werden, dessen Durchstromung und Wassererneuerung fur kurzfristige Zeitraume ver- nachlassigt werden kann. It. Morphologie Der See ist 20 km lang. Die maximale Breite stidlich von Tutzing betragt etwa 5 km. Das Langen/Breitenverhdaltnis schwankt zwischen 6:1 und 12:1. Damit ist der See sehr langgezogen. Die Uferlinie mi8t 48,5 km und umfafit eine Flache 57,1 km”. Der Rauminhalt betragt 3,1 km?. Mit einer mittleren Tiefe von 54 Metern ist der See zu den tiefen Vorlandseen zu stellen. Die groBte Tiefe betragt 127m. Dieser Wert wurde von Wachter 1955 ge- funden und wird durch eigene Messungen bestatigt. Die groBte Tiefe liegt auf der Héhe des Bayerischen Hauses (zwischen Leoni und Ammerland) 9 Alexander K6élbing: Der Starnberger See ca. 1 km vom Ostufer entfernt*). Wahrend sich am Ostufer der Seeboden steil zur Tiefenrinne hinunterzieht, ist am Westufer besonders der Nord- und Stidteil des Seebodens sehr flach. An der im Gegensatz zum Ostufer uneinheitlich ausgebildeten Halde des Westufers liegt die einzige Insel des Sees — die Roseninsel — in Hohe der Ortschaft Feldafing (s. Abb. 1, S. 6). L 20 lange und F = Flache des Sees ist. Der Wert besagt, dai der Seeumfang 1,87mal groBer ist als der kleinstmogliche fur die Seeflache (Wachter 1959). Hieraus geht die geringe Gliederung des Seeufers hervor. GroBte Bucht ist der Karpfenwinkel siidlich von Tutzing. Die Uferentwicklung ergibt sich aus U = = 1,87 , wobei L — Ufer- C. Literatur I. Der Coregonensee und seine Eutrophierung Der fiir den Umfang der organischen Eigenproduktion wichtige Nahr- stoffreichtum eines Gewdassers wird zum einen durch die Begriffe oligotroph und eutroph, zum anderen durch die in der Hauptsache anzutreffende Fischart charakterisiert. Oligotrophe Seen sind tiefe Seen mit relativ schmaler Uferbank. Die Wassermasse des Hypolimnions ist im Vergleich zu der des Epilimnions groB. Das Wasser ist klar, von blau bis blaugriiner Farbung, arm an Nahr- stoffen, aber sauerstoffreich. Gegen den Grund zeigt die Sauerstoffkurve nur geringe Abnahme. Am Seegrund sind ungiinstigstenfalls noch Satti- gungswerte von 60 bis 70 °/o vorhanden. Faulschlammablagerungen fehlen in der Regel ganz. Eutrophe Seen sind meist flach und weisen eine breite Uferbank auf. Die Wassermasse des Hypolimnions ist klein im Verhaltnis zu der des Epilim- nions. Das Wasser ist wenig durchsichtig, die Farbung gelb- bis blaugrun. Ein solcher See ist nahrstoffreich und besonders im Spatsommer im Tiefen- wasser arm an Sauerstoff. Uferbewuchs und Planktongehalt sind sehr viel starker ausgepragt als im oligotrophen See. In der Tiefenregion kommt es zu Faulschlammablagerungen. Die naturgegebene Entwicklung vom oligotrophen zum eutrophen See uber Jahrtausende hinweg wird durch die Verflachung des Seebeckens in- folge Verlandungserscheinungen eingeleitet. Dadurch andert sich die Mor- phologie insofern, als das Verhaltnis von trophogener zu tropholytischer*) Schicht ungtinstiger wird (Thienemann 1928, Grothe 1934). *) Als Orientierungshilfe denke man sich eine zur Seelangsachse senkrechte Linie von der Bootshitte an der stidlichen Grundstiicksbegrenzung des Bayer. Hauses ca. 1 km in Richtung Seemitte. *) 'Trophogene Schicht: Oberflachenschicht (= Nahrschicht) eines Sees, in der Aufbau organischer Substanz aus anorganischen Stoffen mittels Lichtenergie erfolst. Tropholytische Schicht: Tiefenschicht (= Zehrschicht) eines Sees, in der organische Substanz abgebaut wird (vgl. Ruttner 1962). Alexander K6lbing: Der Starnberger See 9 Mit der Verkleinerung der tropholytischen Schicht verringert sich der fur den Abbau der organischen Substanzen zur Verfugung stehende Sauer- stoffvorrat. Die Entwicklung gelanet an den Punkt, wo der Sauerstoffvorrat wegen des verkleinerten Hypolimnions nicht mehr zur Mineralisierung der organischen Substanz ausreicht. Das Verhaltnis von Auf- und Abbau der organischen Substanz ist gestort. Diese Storung infolge fehlenden Sauer- stoffs bezeichnet man als die naturliche Seenalterung oder natiirliche Eutrophierung eines Gewassers. Bei der sog. rasanten Seenalterung durch zivilisatorische Ein- schwemmungen tritt dieser kritische Zustand bereits ein, wenn die Mor- phologie des Sees noch der des oligotrophen Typus entspricht (Ohle 1953b). Der Zustand wird nicht wegen der Verringerung der Sauerstoffkapazitat erreicht, sondern wegen der Erhohung der Eigenproduktion, die infolge des vergroBerten Nahrstoffangebots einsetzt. Dieser Vorgang kann sich inner- halb weniger Jahrzehnte vollziehen. Insbesondere wird die Entwicklung durch die EKinleitung von Abwassern hervorgerufen, die vor allem den Phosphatspiegel des Sees standig anhebt. Neben Kohlenstoff und Wasser- stoff ist Phosphor wichtigster Baustein lebender Substanz. Er gilt als Initialfaktor der Gewé€assereutrophierung (Ohle 1953a). Bei der lim- nologischen Beschreibung eines Gewassers sind Angaben der Phosphat- konzentrationen von entscheidender Bedeutung (Einsele 1936, 1938, 1941a; Ohle 1953a, 1955). Im Wasser liegt Phosphor in anorganischer Form als Phosphat vor. Das im Wasser gelodste Phosphat entstammt ur- sprunglich meist der Verwitterung phosphorhaltigen Gesteins, wie z. B. Apatiten. Innerhalb der Eigenproduktion eines Gewassers ist Phosphat haufig Minimumstoff. Die quantitative Entwicklung einer Organismenpopu- lation wird durch denjenigen auBeren Faktor begrenzt, welcher gemessen an seiner Inanspruchnahme im Minimum vorliegt. Die von Natur aus ge- ringe Konzentration des Phosphats bewirkt in der Regel eine Begrenzung des Phytoplanktonwachstums. Im Wasser oligotropher Seen ist Phosphat etwa in der Gr6Benordnung von 1/1000 mg/l nachzuweisen. Planktonalgen verwerten solche geringen Mengen als lebenswichtigen Nahrstoff und be- sitzen Uberdies die Fahigkeit, bei ausreichendem Angebot Phosphat in der zehnfachen Menge ihrer normalen Konzentration durch Inkorporation zu speichern (EFinsele 1941a). Die Tatsache, da® der Minimumstoff Phosphor besonders durch eingelei- tete Abwasser vermehrt und in seiner Wirkung als begrenzender Faktor aufgehoben ist, hat zur Folge, daB sich die Produktion organischer Substan- zen erh6ht und sich damit die im See vorhandene Biomasse vergrofert. So ist seit 1920 am Bodensee-Obersee die Produktion von Phyto- und Zoo- plankton um das 10- bis 30fache gestiegen. Die Sichttiefe nahm innerhalb von 35 Jahren dabei um 2m ab (Elster/Nttmann 1961). Nicht nur in quantitativer Hinsicht, sondern auch in seiner Zusammensetzung werden im Plankton Veranderungen beobachtet. Es treten neue fur die Verschlechte- rung des Trophiezustandes charakteristische Arten auf. Am Bodensee ka- men zu den bis 1955 bekannten Planktonkrebschen in den darauffolgenden 10 Alexander KGibing: Der Starnberger See = 6 Jahren 6 neue Arten hinzu (Elster/Ntwmann 1961). Auch ein Wechsel in der Vergesellschaftung der Fischarten des Pelagials war fur die Ent- wicklung charakteristisch (Kriegsmann 1955). Die vergréBerte Eigen- produktion des Gewassers bewirkt, daf der zur Verfugung stehende Sauer- stoff kaum mehr zum aeroben Abbau der abgestorbenen organischen Sub- stanz ausreicht. Innerhalb dieser Entwicklung setzen zunachst in der Schlamm-Wasser-Kontaktzone, spater in den dartiber liegenden Wasser- schichten anaerobe Prozesse ein. Der Trophiezustand verschlechtert sich. Innerhalb der jahreszeitlich bedingten Zirkulationsperioden, wahrend derer die Schichtungszustande in stehenden Gewassern zerstort werden, kommt bei Seen in der Regel der groBte Teil der Wassermasse mit der atmo- sphérischen Luft in Beruhrung und wird mit Sauerstoff gesattigt. Das Was- ser eines Sees mit geringer Tiefe kann innerhalb eines nur kurze Ze:t an- haltenden Sturms total umgewalzt werden und eine Sauerstoffsattigung er- fahren. Bei einem tiefen See mtissen dagegen Homothermie”*) tiber die ge- samte Seetiefe und Windeinwirkung viel langer zusammen wirksam sein, | um totale Umwalzung zu erreichen. In ungunstigen Fallen kann es vor- kommen, dafi wegen ruhiger GroBwetterlage die Umwalzung nur sehr unvollkommen stattfindet und der See mit einem Sauerstoffdefizit in die Sommerstagnation eintritt. Unter Voraussetzung homothermer Schichtungsverhaltnisse ist der Sat- tigungsvorgang von 2 Faktoren abhangig: 1. vom Wind 2. von der GroBe der umzuwalzenden Wassermasse Nach dem Losungsgleichgewicht muBte erwarmtes Wasser weniger Sau- erstoff enthalten als kaltes Tiefenwasser. In Wirklichkeit liegt bei durch- gefuhrten Sauerstoffbestimmungen das Gegenteil vor. Das Epilimnion ist sauerstoffreicher als das Hypolimnion. Im Epilimnion steht die gesamte Wassermasse Uber die Oberflache im Gasaustausch zur Atmosphare. Das Wasser ist sauerstoffgesattigt. Zu Zeiten starker Assimilationstatigkeit des Phytoplanktons kommt es sogar zur Sauerstofftibersattigung der obersten Wasserschichten. Die Abnahme des Sauerstofis im Meta- und Hypolimnion ist die Folge von Abbauvorgangen, die sich im freien Wasser oder am Bo- den des Seebeckens, in der Schlamm-Wasser-Kontaktzone abspielen. Das Ausmaf} der Sauerstoffverarmung wird durch die Menge oxydierbarer Sub- stanzen, die der Eigenproduktion des Sees entstammen, bestimmt. Der Nahrstoffreichtum eines Sees kann daher anhand der Sauerstoffkurve be- urteilt werden. Neben der chemischen Analyse charakterisiert die in der Hauptsache an- zutreffende Fischart den Trophiezustand eines Gewdssers. Unter den fische- reiwirtschaftlichen Seentypen sind nach Schaperclaus (1953, 135) Co- regonenseen ,,meist groBere Seen der Alpen, Voralpen und des norddeut- schen Hugel- und Flachlandes, von 20m und mehr Tiefe. Ufer ziemlich steilscharig. Kein oder wenig Faulschlamm in der Tiefenregion. Sommer- *) Homothermie: Temperatur-Gleichheit Alexander Kolbing: Der Starnberger See 14 liche Sichttiefe etwa 2—15 m.“ Diese Seen gehoren dem oligotrophen Typus an. Burkhardt (1941) hat innerhalb der oberbayerischen Seenplatte Chiemsee (Weitsee), Starnberger See, Ammersee, Staffelsee (no6rdlicher Teil), Schliersee, Tegernsee und Kochelsee zu den ausgesprochen oligotro- phen Seen gerechnet. In den zurucklegenden 30 Jahren hat sich der Tro- phiezustand der Seen infolge erhohter Abwassereinleitung durch die sich ausweitende Randbesiedlung verschlechtert. Die zunehmende Eutrophierung hat fur Coregonen veranderte Lebens- bedingungen geschaffen. Der heutige Coregonensee entspricht einem Ge- wasser, das nach der fischereilichen Seentypenlehre ein ,,tiefer Bleisee“ ist. Dieser weist eine nahrungsreiche Faulschlammschicht auf, mit Sauerstoff- schwund und gegebenenfalls Schwefelwasserstoffvorkommen. Im Zuge solch einer Entwicklung tauchte am Bodensee beispielsweise die Frage auf, ob der See besser als Coregonensee oder als Barschsee zu bewirtschaften sei (Nimann 1964). Am Starnberger See hegen die Verhaltnisse ahnlich. Hier sind es in der Hauptsache Weibfische, die ins Pelagial vorstoBen und steigende Anteile am Gesamtfang stellen. ,An Rotaugen herrscht im Wurmsee nach wie vor eine wahre Plage. Es bedarf weiterhin erheblicher Anstrengungen, um den allzugro8en, ftr manche Nutzfische schadlichen Bestand, angemessen zu reduzieren“ (Ano - nymus 1970). Im Hinblick auf den Trophiezustand des Starnberger Sees zitieren Wachter (1959) und Naher (1963) Ubereinstimmend einen Hinweis Zorells (1954), wonach tber Starnberger- und Ammersee keinerlei sy- stematische Untersuchungen des chemischen Zustands existieren, wenn man von einigen Gesamtanalysen des Abdampfungsrtckstandes absieht, die fiir die Beurteilung des Trophiezustandes ohne Bedeutung sind. Hier- unter fallt die Arbeit von Gebbing (1902), eine Untersuchung von HalbfaB8B (1923) tiber die Alkalinitat und eine Geschmacks- und Geruchs- bestimmung des Starnbergerseewassers von Demoll (1958). Erst Wach- ter und Naher liefern vergleichbare chemische Analysen. Erganzt wer- den diese Arbeiten in letzter Zeit durch Mitteilungen von Hamm (1968), der die Auswirkung der SanierungsmaBnahmen an den oberbayerischen Seen beobachtet, und der Gewassergtiteaufsicht der Regierung von Ober- bayern (1968 — unveroffentlicht). 1. Wachters umfangreiche Sauerstoffmessungen in der Tiefenrinne ergaben: November 1955 4,11 mg/l = 30 °/o der Sattigung*) April 1956 10,70mg/1l = 92 °/o der Sattigung*) November 1956 3,46mg/l = 35 °/o der Sattigung*) Der dartiber hinaus aufgestellte Jahreszyklus der Temperatur des Sees zeigt die weitgehende Abhangigkeit des Warmehaushalts von den jahres- zeitlichen Witterungsbedingungen. Der Temperaturanstieg des Oberflachen- *) Prozentsatze nach Tab. 2, S. 23, ermittelt. 12 Alexander K6élbing: Der Starnberger See wassers innerhalb der ersten Jahreshalfte kann ungehindert vor sich gehen, da die Wirkung groBerer Zufliisse fehlt. Kurzfristige Wetteranderungen werden durch Reaktionen des Epilimnions, besonders der Sprungschicht angezeigt. In ihrer Lage und Ausgepragtheit unterliegt sie vor allem im Friihjahr Veranderungen, die sich aus Niederschlagen, plétzlichen Abktih- lungen oder kraftigen Winden, die wegen der ausgesetzten Lage des Sees ungehindert angreifen kénnen, ergeben. Wachter halt es fiir méglich, daB die Vollzirkulation nicht immer in die Tiefenrinne hinunterreicht. Mit- teilungen tber Phosphatgehalte sind in der Arbeit nicht enthalten. 2. Phosphatgehalte sind den Untersuchungen Nahers zu entnehmen, dessen Literaturteil dartberhinaus eine umfangreiche Aufstellung aller Arbeiten enthalt, die sich mit dem See in den verschiedenen naturwissen- schaftlichen Disziplinen beschaftigt haben. Phosphathochstwerte (Juli 1960): o-Phosphat = 0,15 mg/l G-Phosphat = 0,17mg/l Der Verfasser schreibt dazu: ,,Kin Vergleich (der Phosphatwerte) mit an- deren Seen zeigt zunachst, dal’ deren Werte weit tiberschritten werden, diejenigen des schon leicht eutrophierten Bodensees sogar noch teilweise um uber das Zehnfache. Dieser auffallend hohe Phosphatgehalt des Wurm- seewassers kann nur auf die einflieSenden Abwasser zuruckgefuhrt wer- den...“ (S. 426). Die Sauerstoffkonzentrationen wurden weder in der Tiefenrinne noch zu den fur die Beurteilung des Trophiezustandes wichtigen Zeitpunkten (vor Beginn und am Ende der Sommerstagnation) ermittelt. Besonders weist der Autor in seinem limnologischen Vergleich mit dem Ztrichsee auf die un- gunstigen Bedingungen hin, die durch das Fehlen eines Durchflusses ent- stehen (S. 441). 3. Hamm macht in seinem Bericht die allgemein gehaltene Angabe: , Hine Untersuchung zur spaten Sommerstagnation 1967 zeigt noch die na- hezu gleichen Verhaltnisse an, wie sie aus den angefiihrten Arbeiten von Wachter und Naher bekannt sind“ (S. 138). 4. Die Gewasserguteaufsicht findet im Oktober 1968 in 116m Tiefe 3,3 mg Sauerstoff = 34°/o der Sattigung. Phosphathochstwerte dieser Untersuchung betragen: o-PO, = 0,45 mg/1 G-EO i Oni2ameyl Alexander Kélbing: Der Starnberger See 13 Ii. Die Coregonen 1. Nomenklatur und Verbreitungsgebiet Die Gattung Coregonus gehort zur Familie der Salmoniden. Im Sprach- gebrauch sind die Fische unter verschiedenen Namen bekannt (vgl. Wag - ler 1937a, 375f). Allein am Bodensee werden den Fischen die Namen Blaufelchen, Silberfelchen, Sandfelchen, Samtfelchen, Braunfelchen, Gang- fisch und Kilch gegeben. Am Starnberger See und im oberbayerischen Vor- alpengebiet werden die Fische Renken genannt. Der Grund ftr die Viel- zahl der Namen liegt im Formenreichtum der Gattung begriindet. Die Un- terscheidung der einzelnen Arten innerhalb der Gattung Coregonus ist fiir den Fachmann schwierig. Herkunft und Hauptverbreitungsgebiet der Coregonen ist der Norden. Der sog. ,,Coregonengurtel“ erstreckt sich zirkumpolar Uber die nordlichen Teile von Amerika, Asien und Europa. In Europa verlauft er von Irland uber Schottland, England, Jutland, Norddeutschland, tuber Skandinavien, Finnland, Polen und die baltischen Staaten nach NordruBland (Meek 1916). Die alpinen Vorkommen nehmen eine geographische Sonderstellung ein. Die Verbreitung in sudlicher Richtung war von Einwanderungsmoglichkei- ten abhangig, die durch nacheiszeitliche FluBverbindungen gegeben waren. So finden sich die Coregonen nur in solchen Becken, die mit dem nordlichen Vorland in Verbindung stehen oder gestanden haben. Auf der Alpenstid- seite fehlen sie ursprtinglich ganz. Die oberitalienischen Seen wurden erst durch die Verpflanzung von Coregonen aus Schweizer Seen und dem Bo- densee besiedelt (Wagler 1937a). | 2. Artensystematik Beitrage zur Artensystematik sind seit den ersten genaueren Beschrei- bungen der Coregonen durch Mangolt (1557) und GefSiner (1575) in der gesamten Coregonenliteratur zu finden. Die Arbeiten Wartmanns (1777), Blochs (1783) und von Rapps (1853) haben versucht, die For- menftille der Gattung Coregonus systematisch einzuordnen, wobei sich die Schwierigkeit ergab, ein wissenschaftlich haltbares System zu entwickeln. Ausganspunkt aller dieser Arbeiten war der Versuch, die einheimischen Formen mit den nordischen Vertretern in Verbindung zu bringen. Bei dem > Bemuthen, die Arten zu differenzieren, fiihrte man sich ergebende Unter- schiede auf oberflachliche Unterscheidungen nach Gestalt, Farbung und GroBe zuriick, so daB die Aussagen keinen wissenschaftlichen Halt hatten. Erst NUBlin (1882) wandte Methoden an, Korpermerkmale durch Messungen und Ermittlung von Proportionalzahlen festzulegen. Sein Ver- such, die Artenunterscheidung nach Lange und Anzahl der Kiemenreusen- dornen vorzunehmen, ging als charakteristisches Merkmal der Artendiffe- renzierung ein. Wagler (1937a, 367 ff.) faBt alle bis zu diesem Zeitpunkt erschienenen Beitrage zusammen, wobei er darauf hinweist, daB sich annahernd alle Un- 14 Alexander Kélbing: Der Starnberger See tersuchungen auf die Coregonenpopulation des Bodensees beziehen. Bei der ~ Ausarbeitung seines Systems stutzt er sich auf eigene Untersuchungen, bei Genen taxionomische Werte von uber 13000 Exemplaren aus den Seen des alpinen Bereichs biometrisch ausgewertet wurden. Er unterscheidet 4 Core- gonenarten, wobei diese allein im Bodensee und Thunersee nebeneinander vorkommen: 1. Coregonus wartmanni Bloch — Blaufelchen = groBe Schwebrenke. Diese besitzt in der Regel 30—40 lange Reusendornen auf dem ersten Kiemenbogen, selten unter 30 oder uber 40. Der Rucken ist dunkelblau bis dunkelgrtin. Die Flossen sind mehr oder weniger stark geschwarzt. Beim Blaufelchen handelt es sich um einen reinen Freiwasserfisch, der nur Plankton oder freischwebende Organismen (z.B. Insektenpuppen) friBt. Das Laichgeschaft wird im freien Wasser verrichtet. 2. Coregonus macrophthalmus NuBlin — Gangfisch = kleine Schwebrenke. Sie besitzt 35 bis Uber 40 lange Reusendornen — selten weniger als 35. Der Gangfisch ist ein Freiwasserfisch, bevorzugt aber Ufer- und Boden- nahe. Das Laichgeschaft findet in der Uferregion und in Bodennahe statt. 3. Coregonus fera Jurine — Sandfelchen = groBe Bodenrenke. Sandfelchen haben 20—30 kurze Kiemenreusendornen. Der Fisch lebt an der Halde und in flachen Seeteilen immer in Bodennédhe. Als Nahrung dienen in der Hauptsache Bodentiere, besonders Muscheln und Schnek- ken. Die Laichplatze liegen im flachen Wasser. 4. Coregonus acronius von Rapp — Kilch — kleine Bodenrenke. Der Kilch weist im Mittel weniger als 25 Kiemenreusendornen auf. Er ist ein Tiefseefisch, der dort in Bodennahe lebt und Bodentiere friBt. Die Kiablage findet immer in gr6Rerer Tiefe statt. Er ist der seltenste Vertre- ter der 4 Arten. Nach Ansicht Waglers lassen sich die Coregonenpopulationen der ein- zelnen Seen in eine oder mehrere der 4 Arten aufspalten, wobei sich die Arten durch ihre Biotope streng voneinander abgrenzen. Die von anderen Autoren geftihrten Untersuchungen der Coregonenpo- pulationen zeigen im Gegensatz dazu, da fast jeder See seine ihm eigen- tumliche Form hat. Man erklart die Formenftlle mit der Neigung der Co- regonen, nach Zuwanderung in die Seen durch den Druck der veranderten Umwelt in verschiedene Formen aufzuspalten (Klunzinger 1884, Thienemann 1912, Dottrens 1959, Karbe 1964a, 1964b) Nach Thienemann soll aus dem Silberfelchen (Coregonus fera = Bo- Alexander K6élbing: Der Starnberger See 15 denrenke) des Bodensees nach seinem Einsatz in den Laacher See in einem Zeitraum von 40 Jahren eine ganzlich verdnderte, planktonfressende Schwebrenke geworden sein. Dieser Tatbestand, Inhalt einer neueren Ar- beit uber die Laacher Coregonen (Miegel 1966), ist in die Fachliteratur als Beispiel fur eine ,, milieubedingte Artumwandlung“ eingegangen. Dottrens hat mittels statistischer Methoden versucht, die Kenntnis cer europaischen Coregonenarten zu vertiefen. Bei seiner Arbeit stand ihm auch Untersuchungsmaterial vom Starnberger See zur Verfiigung. Seine Erkenntnisse fat er wie folgt zusammen: ,,Les quelque 60 populations que j’ai étudiées biométriquement peuvent se classer, quant a la variabilité du nombre des branchiospines, mais d’une maniéere quelque peu arbitraire, en trois catégories: populations pures ou relativement pures, populations relativement peu modifiées par mélanges, introgression ou hybridations, populations nettement altérées“ (S. 31). Dottrens kommt zu dieser Anschauung durch die Verteilung der fierkmalswerte. Verlauf und Variationsbreite des Haufigkeitspolygons ge- ben Aufschlu8 uber den Grad der Einheitlichkeit einer Population. Nach diesen Kriterien teilt er die Coregonen der Seen ein in Populationen, die anndhernd einheitlichen oder leicht bis stark heterogenen Charakter auf- weisen. Karbe ordnet die sog. Braunfelchen, die in letzter Zeit in den Fangen des Bodensees vermehrt auftreten, keiner der klassischen Coregoneniormen zu, sondern sieht in ihnnen Bastardformen, die man mehr oder weniger an eine der bekannten Arten anlehnen kann. Erste Angaben Uber Coregonen des Starnberger Sees finden sich bei Westenrieder (1784) in seiner ,,Beschreibung des Wurm- oder Staren- bergersees“. Das Btchlein stellt eine bibliophile Raritat dar. Ein Kapitel ist den Fischen des Sees und dem gehandhabten Fischfange gewidmet. Von der Anschaulichkeit der Darstellung soll das Nachstehende tiberzeugen. Al- le Zitate wurden den Seiten 131 bis 139 entnommen. »Der Renke (Salmo) gehdrt unstreitig unter die gestndesten, und schmackhaftesten Fische in ganz Deutschland. Er wird fast in allen baieri- schen Seen, aber von der vortreflichsten Art in dem Wurmsee angetroffen. In seiner ersten Jugend wird er Ziingel, nach einem Jahr Riedling, und wenn 7 bis 8 ein Pfund wagen, Bodenrenke genannt. Sie erreichen 7 bis 8 Pfund, und wohl etwas dartiber.“ Was Westenrieder an Namen an- fiihrt, sind nicht Speciesnamen im heutigen Sinne, sondern Bezeichnungen durch die Fischer. Auf die Beschreibung der Renken, wobei besonders auf das ,,lanzetf6rmige“ des Fischk6rpers und auf dessen Farbung eingegangen wird, folgen Angaben zur Artensystematik in Form von Auszahlung der Flossen- und Schwanzstrahlen. Er schreibt: ,,Diese unvergleichliche Forel- lenart durfte wahrscheinlich in einem System zwischen der groBen und kleinen Marane, die Hr. Dr. Bloch in seiner Naturgeschichte der Fische be- schrieben hat, in der Mitte stehen. Naher kommt sie der letztern, unter- scheidet sich aber durch eine ansehnlichere GroBe, eine kleinere Mundoff- nung, und die Punkte an den Silberschuppen.“ 16 Alexander Kélbing: Der Starnberger See Auf Einhaltung der Fischordnung wurde strengstens geachtet. ,,Der Ren- kenfang ist vom ersten Sontag in der Fasten bis Galli erlaubt, und aufier dieser Zeit bey Verlurst der Fischergerechtigkeit verboten.“ Die Fischer unterstanden festen Anordnungen tber den Einsatz der Fanggerate (Segen und Angeln). ,,Ferner haben die Fische ihr Pritlmaa8, und die zu gering befunden werden, muB man nach dem See zurtickwerfen... Zur Handha- bung dieser und anderer Gesatze ist der Seerichter gehalten, viermal das Jahr Untersuchungen vorzunehmen, und allenthalben streng auf Ordnung zu dringen.“ Die Einhaltung der Ordnung war deshalb von besonderer Be- deutung, da zur damaligen Zeit die Zahl der Fischereiberechtigten fast dreimal so hoch war wie heutzutage (37). Es sind 99 Fischereigerechtigkeiten um den See, deren Inhaber gluck- lich sind, wenn sie in einer glticklichen Einfalt und MaBigkeit ihres Lebens friihzeitig gelernt haben, mit dem sparsamen Erwerb, den sie in dem Schwei®B ihres Angesichts erlangen, gentigsam zu seyn. ,Wir haben weder diesen noch ienen Fisch, den wir oft gefangen haben, iemals gegessen’, sag- ten sie, als ich sie fragte, wie ihnen die Fische geschmeckt haben. Sie sind von der Hofnung, iemals zu grofen Reichthimern gelangen, oder entgegen in eine schmutzige Armuth verfallen zu konnen, gleichweit entfernt, und leben gewohnlich bey einer guten Gleichmitthigkeit in einer fast beneidens- wurdigen Ruhe. Sie erreichen meist ein hohes Alter, und sterben, wie die Baume, zur Zeit, wann die Natur ausgebraucht ist.“ Erst sehr viel spater erscheint ein weiteres Werk, in dem zu Fragen der Artensystematik im Starnberger See Stellung genommen wird. Grote, Vogt, Hofer (1909) unterscheiden zwei Formen: 1. Bodenrenke oder Weiffelchen. Diese Fische laichen in der zweiten No- vemberhalfite, wobei sie in Ufernahe in 2—3 m Wassertiefe ihre Eier ab- legen. Der Bestand hat gegentiber friiheren Verhdaltnissen abgenommen, woftir der Rtickgang der Laichkrauter (Characeen) infolge Wellenschlags der Dampfschiffe verantwortlich gemacht wird (vgl. Schneider 1893). iw) .Kleine Starnberger Renke. Ihr Gewicht bleibt so gering, da lediglich 3—4 Fische auf ein Pfund gehen. Dem Aussehen nach ahnelt diese Art sowohl dem Blaufeichen wie auch dem Gangfisch. Nach den Angaben der K6rperproportionen stimmt die kleine Starnberger Renke aber mit bei- den Formen nicht tiberein, sondern bildet eine Zwischenform. Das Laich- geschaft findet in der zweiten Novemberhalfte in Seemitte statt. Seligo (1926, S. 342 f.) schreibt: ,,.Der Blaufelchen des Wtirmsees bleibt viel kleiner als der Bodensee-Blaufelchen, er wird in der Regel nur 125 bis 165 g schwer, in den 90iger Jahren des vorigen Jahrhunderts gab man das Durchschnittsgewicht mit 70 bis 85 ¢ an“. Nach Haempel (1930) werden von den Fischern des Starnberger Sees 2 Renkenformen ,,bezeichnet“: 1. Bodenrenke oder WeiBfelchen, die der Bodensee-Bodenrenke (Coregonus fera) ahnlich sein soll und 500 bis 750 g schwer wird. Alexander Kolbing: Der Starnberger See 17 2. Eine pelagisch lebende, zwischen Coregonus wartmanni Bloch und Core- gonus macrophthalmus NuBlin stehende Form, die 125 bis 165 g schwer wird. Wagler (1937a) weist unter Angabe seiner Arbeitsmethoden fiir den See 2 Formen nach: 1. Coregonus macrophthalmus NuBlin. 2. Coregonus fera Jurine. Etwas spater (1939, 4) schreibt er: ,.Jm Wtirmsee kommt, wie das von vornherein zu erwarten war, neben dem Gangfisch der Blaufelchen vor...“. Die Methodik der Artenbestimmung ist von Wagler (1937, 347 ff.) aus- fuhrlich beschrieben worden. Hauptaugenmerk legte er bei seinen Analy- sen auf die Zahl der Kiemenreusendornen und auf den ,,Abwachs“ der Fi- sche, einem Kriterium, in dem er ,,ein ganz hervorragendes Merkmal“ ftir die Unterscheidung der Arten im alpinen Coregonenraum erkannte. Die Erforschung der Starnberger See-Coregonen scheint Wagler nicht glei- chermafien am Herzen gelegen zu haben, wie die Kenntnis der Coregonen- populationen anderer ,,alpiner“ Seen. In diesem Verhalten dtrfte die Er- klarung ftir die Unsicherheit bei der Artenbestimmung der Starnberger See-Coregonen zu sehen sein. Eine gréBere zusammenhadngende Unter- suchung der Coregonenpopulation des Starnberger Sees hat Wagler nicht durchgefuhrt. Weder in seinen Veroffentlichungen noch in unveroffentlich- ten Aufzeichnungen, die in der Zoologischen Sammlung des Bayerischen Staates einzusehen sind, finden sich jene ausfuhrlichen Beschreibungen, wie sie von Wagler etwa tiber Coregonen des Ammersees, Chiemsees, Te- gernsees oder Bodensees angefertigt worden sind. Angaben beispielsweise uber Aussehen oder charakteristische Verhaltensweisen liegen nicht vor. Lediglich in der ,,Systematik der Voralpencoregonen“ (1937, 390) findet sich die Abbildung eines Kiemenreusenapparates von einem ,,Gangfisch“ aus dem Starnberger See. In der gleichen Abhandlung (S. 347 ff.) sind dar- uber hinaus in tabellarischer Form Werte fur taxionomisch wichtige Kor- permerkmale enthalten, nach deren Auswertung Wagler auf das Vorhan- densein von Gangfisch und Sandfelchen schlof8. Ill. Fischereibewirtschaftung Die von Jahr zu Jahr schwankenden Renkenertrage kennzeichnen sowohl die Seen des Voralpengebietes (Wagler 1938), wie auch die norddeut- schen (Willer 1934) und nordischen Coregonenseen (J arvi 1928, Svard- son 1949). . Willer teilt die Seen nach ihren Ernten ein in: 1. schlechte Maranenseen — 25°— 250 kg/km? 2. maBige Maranenseen — 250 — 500 kg/km? 3. gute Maranenseen — 500 —1000 kg/km? 4. sehr gute Maraénenseen — <1000 kg/km? 18 Alexander K6élbing: Der Starnberger See Ertragsunterschiede einzelner Seen sind nach seiner Ansicht Folge jewei- liger Gew4ssereignung fiir die Coregonen. Damit ist die Ertragsfahigkeit durch die Bonitét des Gewdassers limitiert und der Versuch, durch langfristige Bestandsverbesserungen zu Ertragssteigerungen zu kommen, zwecklos. Im alpinen Coregonenraum machte man die Ertragsschwankungen zum einen von der Gr6Be des Bestandes an Laichfischen abhangig (Wagler 1938, Nuimann 1970). Dieser Bestand wird durch die Befischungsintensi- tat und die Maschenweite der Fanggerate reguliert, so daB es den Fischern selbst an die Hand gegeben ist, durch mafivollen Einsatz ihrer Mittel zu hoheren Ertragen zu gelangen. Kinen anderen Grund sah man in der aufer- ordentlich hohen Vernichtung der Laichprodukte. Elster (1944) hat bei einer Untersuchung der Abhangigkeit des Fangergebnisses von der Laich- menge flir den Bodensee eine Vernichtungsziffer von 1100 bis 21 000 nach- gewiesen, d. h., so viele Hier mtissen zur Erzeugung eines fangfahigen Fi- sches abgelegt werden. In den Schwankungen der jahrlichen Vernichtungs- ziffer ist mit ein Grund ftir die unterschiedlichen Ertrage zu sehen. Um trotz dieses Sachverhalts zu den erwunschten Hochstertragen zu gelangen, fiihrte man die sog. kunstliche Erbrutung ein. Hierbei werden die Hier in Brutanstalten mit ktnstlich zugefuhrtem Wasser bis zum Schlupfen der Larven erbrutet. Die Brut wird anschlieBend dem Gewasser ubergeben. Fur die Anlage von Brutanstalten hatte man folgende Grunde: a) Hoéhere Befruchtungszahlen. Man glaubte namlich, dai bei naturlicher Eiablage nur ein geringer Prozentsatz der Hier befruchtet wurde. b) Schutz vor der Eivernichtung durch Laichrauber (Trusche, Saibling, : Kilch). c) Erzeugung vitalerer Brut. Dagegen hatten die Versuche Elsters (1933) mit der Schlittendredge erwiesen, dafi annaéhernd 90°/o der Eier beim natiirlichen Laichvorgang be- fruchtet werden. Zudem lehrte die Praxis, daB Laichfischfang keine Vor- teile fur die Seenbewirtschaftung bringt. Es werden namlich stets ebenso viele oder mehr unreife, fur die Gewinnung der Laichprodukte ungeeignete Rogner dem Gewasser entzogen, so daf dartiberhinaus nattrliche Fort- pflanzung verhindert wird. Uberdies geht von den Laichmengen, die in die Brutanstalt gelangen, ein groBer Teil durch Absterben verloren, was z. T. auf unsachgemaBe Behandlung der Laichprodukte durch die Fischer zu- ruckzufthren ist. Nach Elster (1950) entspricht das Erbriitungsergebnis nur etwa 15°/o der dem See entzogenen Eimenge. ,,Auch die Behauptung, die ausgesetzte Brut sei lebenskraftiger als die im See entstandene und kame daher besser fort als jene, vor allem, weil-sie den Aufstieg vom See- boden spare und sofort in die belichtete Zone gelange, entbehrt jeder Be- grundung (Wagler 1941, 491)“. Die im Bodensee in den dreiBiger Jahren durchgefuhrte kunstliche Erbriittung hatte keine Verbesserung der Fang- ergebnisse zur Folge (NUmann 1937, Elster 1944). Alexander Kélbing: Der Starnberger See 19 Man kam nun zu der Ansicht, dafi die Nachwuchsvernichtung weniger mit den vermuteten Gefahren, denen der Laich ausgesetzt ist, zusammen- hangt. Einsele (1941b, 296) spricht von triftigen Griinden, die zur An- nahme fuhren, ,,...daf} weitaus die meisten Brtitlinge uber das Briitlings- stadium nicht hinauskommen, sondern im See absterben, bevor es ihnen gelingt, die Anfangsschwierigkeiten beim Ubergang zu selbstandiger Er- nahrung zu uberwinden.“ Elster (1950) begrundet diese These mit der ungentigenden winterli- chen Nahrungskenzentration und der Schwierigkeit der Coregonenlarven, ihrer Nahrung erfolgreich nachzustellen (vgl. Braum 1964). Auch Kriegsmann (1949) glaubt an eine hundertprozentige Vernichtung kurz nach dem Schlupfen ausgesetzter Brut, die neben dem Nahrungsproblem mit der mangelnden. Schwimmfahigkeit der Larven zu begriinden ist. Um den Nahrungsengpaf} zu umgehen, schlug man am Bodensee zwei Wege ein: Die Erbrutung des Laiches wird jetzt mit kunstlich abgekiihltem Wasser durchgefuhrt (Kalterbrutung). Hierbei betragt die Wassertemperatur ca. 1°C. Durch die Temperaturerniedrigung wird der van T’Hoffschen RGT- Regel gemaB die Entwicklung der Kier verlangsamt, so daB das Schliipfen der Brut zu einem Zeitpunkt erfolgt, bei dem im See ftir die ausgesetzte Brut gunstigere Nahrungsbedingungen vorherrschen. Dartiberhinaus ist _ Kaltbrut kraftiger und weist geringere Sterblichkeit auf. ,,Die Kaltbrut hat im allgemeinen gegensatzlich zu den uns bekannten warmerbrtteten Fel- chen nur noch einen relativ kleinen Dottersack. Daraus kann man schlieBen, daB die Nahrungsreserven, die im Ei mitgegeben worden sind, bei dieser Art der Erbriitung wesentlich weiter zum Aufbau des K6rpers verwendet werden, als dies bei der fruhgeborenen Warmbrut mit ihrem grofen Dot- tersack der Fall war. Entsprechend diesen Vorstellungen sind die Kaltbritit- linge vitaler, lebhafter und vor allem beginnen sie nach ktirzerer Zeit zu fressen“ (Grim 1951b, 31). Der Vollstandigkeit halber sei erwadhnt, daB schon einige Jahre vorher in der Schweiz (Ammann, Steinmann 1948) und im Salzkammergut (Hinsele 1941b) die Relies tia mit eu Erfolg durchgefuhrt wurde. Eine andere Méglichkeit sieht man in der Anfiitterung der geschliipften Larven. Wagler (1927) hatte mthhelos Brutlinge in Aquarien und Ver- suchsteichen vorstrecken kénnen. Die Nahrung hatte er mit Motorboot und Planktonnetz aus dem Bodensee gewonnen. Das Anfuttern dauert gewohn- lich 2—4 Wochen (Elster 1950), dann haben die Fische das Fressen ge- lernt und finden bei ihrem Aussetzen in den See tberdies gtinstige Nah- rungsbedingungen vor. Vorstreckbrutlinge von 20 mm Lange sind bereits gut zum Aussetzen geeignet, da sie den Gefahren durch die niedrige ,,Greif- - barkeit des Planktons“ (Demo11 1933) jetzt voll gewachsen sind (Hinse- le 1941b). An den Seen, an denen Kalterbritungsanlagen vorhanden sind, hat man beide Moglichkeiten zu kombinieren versucht. Nach dem Schlupfen der Brut, Ende Marz bis Mitte April, wird ein Teil in Vorstreckbecken angefut- tert, der Rest sofort ausgesetzt. In der Menge der anzufutternden Brut ist 20 Alexander Kélbing: Der Starnberger See man abhangig von der Arbeitszeit, die fur Planktonfang zur Verfugung steht. Seit 1950 haben sich Kriegsmann und Mitarbeiter um Automatisie- rung des Planktonfangs bemuht, wobei mehrere Anlagen versuchsweise im Einsatz waren. Seit 1968 arbeitet vor der Insel Reichenau im Untersee des Bodensees eine Planktonfanganlage, die es gestattet, ohne Einsatz von Per- sonal jahrlich 5 Millionen Brutlinge auf 20 mm vorzustrecken (Kriegs- mann 1970). Nachdem von wissenschaftlicher Seite aus durch Anwendung beider Methoden Voraussetzungen zu Ertragsverbesserungen geschaffen waren, droht dem Coregonenbestand erneut Gefahr. Die zunehmende Eutrophierung hat durch das gesteigerte Nahrungsan- gebot fiir alle Fischarten beschleunigtes Wachstum und dadurch deutlich hohere Ertrage erbracht. Da dieser Tatbestand auch flr die Coregonen Geltung besitzt, geht seit Mitte der funfziger Jahre aus den Fangstatistiken der Coregonenseen hervor. Im ehemals oligotrophen Bodensee wurden von 1910 bis 1915 jahrlich etwa 120 000 kg Felchen gefangen. In der nachfolgen- den Zeit stiegen die Ertrage langsam an. In den dreifiger Jahren lagen sie zwischen 120000 und 500000 kg. 1956 kam es dann zu einer Rekordernte von 840 000 kg. Am Starnberger See ist im Zuge dieser Entwicklung aus dem 36 Jahre (1920 bis 1956) lang schlechten Maranensee (Willer) ein sehr gutes Ge- wasser geworden. Dies wird durch Ertrage von fast 1300 kg/km? (13 kg/ha) verdeutlicht. DaB die Coregonen tatsachlich bei verbessertem Nahrungan- gebot doppelt so schnell wachsen konnen, hat Probst (1939) durch Versu- che mit Renken in Karpfenteichen nachgewiesen. Mit der Wachstumsbe- schleunigung stieg auch Fettgehalt und Nahrungswert (Morawa 1963). Andererseits wachsen die Fische durch das vergro8erte Nahrungsangebot so schnell, daB sie bereits im zweiten Lebensjahr (Altersklasse I--) tber das Schonmai hinauswachsen und fortgefangen werden, ohne je gelaicht zu haben. Die nattirliche Erhaltung der Coregonenbestande ist damit gefahr- det. Da die Geschlechtsreife der Fische nicht nur vom Alter sondern auch von der Korperlange beeinfluBt wird, werden durch das beschleunigte Wachstum auch Fische der Altersklasse J+ reif (Niimann 1962). Den bis- herigen Erfahrungen zufolge weisen die Fische verminderte Qualitat des Rogens auf, so da} von Fruhreife gesprochen werden mu. Gonaden und Eier sind bei fruhreifen Fischen kleiner. Kleinere Eier bewirken kleinere Brttlinge, die von ihrer Konstitution her geringere Uberlebenschancen haben. Damit in Verbindung stehend hat sich die Sterblichkeit der Embry- onen von 20 auf 50 °/o vergroBert (von Kraft et al. 1963). In den Langen- klassen ist die Zahl der nicht reif gewordenen Rogner erheblich gestiegen. In den Klassen 29 bis 31 cm sind heute im Gegensatz zu den Verhaltnissen, wie sie aus den dreiBiger Jahren bekannt sind, 50 bis 65 °/o unreif. Neben der Verschlechterung der Laichprodukte mu auch damit gerech- net werden, dafi bei weiterer Sauerstoffverringerung am Seeboden die Laichplatze ihre Funktionsttichtigkeit verlieren. Die Coregoneneier erstik- ken dann wahrend ihrer Entwicklung infolge Sauerstoffmangels (Kriegs- mann 1968). Alexander K6élbing: Der Starnberger See 21 Eine dritte Gefahr erwachst den Bestanden aus der Art und Weise ihrer Befischung. In erster Linie wurde und wird die Coregonenfischerei mit Net- zen betrieben. Man unterscheidet zwischen Zuggarnen (Sege) und Stellnet- zen. Zuggarne bestehen aus rechteckigen Netzstucken, die, nachdem sie kreisformig ausgelegt worden sind, sofort wieder eingeholt werden. Die ge- fangenen Fische werden in einem Sack am Ende des Netzes aus dem Wasser gehoben. Abbildung und Beschreibung einer Renkensege, wie sie am Wurmsee in Gebrauch war, findet sich bei Wagler (1938, 75). Die Ma- schenweite des engmaschigen Sackes kann durch schnelles Einholen ver- kleinert werden, so da} die Gefahr der Befischung untermassiger Bestande besteht. Aus diesem Grunde ist das Fischen mit der Sege verboten — am Starnberger See seit 1960. Derzeit wird ausschlieBlich mit Stellnetzen ge- fischt. Stellnetze sind einwandige Netztiicher von langrechteckiger Form. Sie werden im Wasser mehr oder weniger beweglich aufgestellt, so daB sie die Wanderwege der zu fangenden Fische versperren. Sie sind passive Fischerei- gerate, die von den Fischen aufgesucht werden mtssen. Um zu guter Fangig- keit zu gelangen, mu8 das Fanggerat so gestaltet sein, daf die Netzwand auf die Fische nicht abschreckend wirkt. Die Fangigkeitsfaktoren sind nach von Brandt (1952): a) die Starke des Netzgarns b) Weichheit des Netzmaterials c) Geruch der Netze — besonders bei frischkonservierten Netzen d) Farbe und Sichtbarkeit der Netze e) Fischverhalten Weiterhin ist zu berticksichtigen, daB die Fangigkeit eines Stellnetzes mit cer Zahl der schon im Netz gefangenen Fische abnimmt (Kennedy 1951). Die Fische fangen sich besonders nachts in den ftir sie schlecht bemerk- baren Netzwanden, wobei sie sich, bei dem Versuch durch die Maschen zu gelangen, je nach Fischart hinter den Kiemendeckeln oder vor der Rucken- flosse einklemmen. Ist ihr gr6Bter Umfang kleiner als die Maschenweite, konnen sich die Fische hindurchzwangen. Ist ihr Umfang grofer, bleiben sie hangen. Auf diese Weise wirkt das Netz wie ein Sieb. Die Maschenweite bestimmt das Schonmafs. Sie wird in der Praxis durch Angabe ihrer Kan- tenlange gekennzeichnet. Die Anpassung der Maschenweite an die biologi- schen Gegebenheiten wurde und wird als wichtige Forderung zur Ertrags- verbesserung der Coregonenfischerei angesehen (Wagler 1937b, Elster 1944, Numann 1962). Die Praxis hat es versaumt, die Maschenweite der Netze dem beschleunigten Wachstum der Fische anzugleichen. Die daraus resultierende teilweise Befischung der Altersklasse I+ bewirkt, daB das bis zur Laichzeit weggefangene Material fur die Regeneration des Bestandes ausfallt. Die Schonung der Bestande ist nicht gewahrleistet. Die Intensitat moderner Befischung bewirkt, daf sich der Ertrag beinahe ausschlieBlich aus der Befischung eines Jahrgangs ergibt. Bei Erreichen des Schonmafies wird 99 Alexander K6élbing: Der Starnberger See dieser Jahrgang innerhalb einer Fangperiode fast vollstandig herausgefan- gen. Nattirliche Verluste treten nicht mehr auf. Die verschiedenen Eigenschaften des Netzmaterials in bezug auf die Fangigkeit trat besonders deutlich hervor, als Baumwolle als Netzmaterial durch synthetische Faserstoffe ersetzt wurde. Diese Entwicklung nahm in Deutschland 1950 ihren Anfang. Synthetische Stellnetze sind, abgesehen von der Unfaulbarkeit und besseren Haltbarkeit des Materials, ,,in vielen Fallen den baumwollenen in bezug auf die Fangigkeit erheblich tberlegen“ (Steinberg 1961, 174). Aus der Vielzahl synthetischer Faserstoffe eignet sich die Gruppe der Polymidfasern mit ihren wichtigsten Vertretern Nylon und Perlon am besten ftir Fischnetze (Klust 1957). Durch die Verwen- dung synthetischer Materialien hat die Fischerei seit Mitte der funfziger Jahre einen auBerordentlichen Aufschwung erlebt, der zum Teil zur Uber- fischung der Bestande geftihrt hat (NUmann 1961). Der Einsatz von Perlondraht als Netzmaterial, groBerer Netzhohe sowie zu niedriger Maschenweite wird den veranderten biologischen Verhaltnis- sen der Seen nicht mehr gerecht. Die Bestande gehen teilweise wegen Feh- lens ausreichender Nachkommenschaft zuruck. D. Material und Methodik I. Wasseruntersuchungen Fir die Entnahme der Wasserproben mit einer Ruttner-Schopfflasche stand ein Fischerboot mit Motor zur Verfugung. Die Methoden zur Sauer- stoff- und Phosphatbestimmung entsprechen dem ,,Deutschen Einheitsver- fahren zur Wasser-, Abwasser- und Schlammuntersuchung“ (Weinheim 1960). Die Wasserproben wurden innerhalb der Tiefenzone (110—120m) vor Beginn und am Ende der Sommerstagnation genommen.*) Das Loésungsgleichgewicht von Gasen in Wasser ist nicht nur von dec Temperatur, sondern auch vom Druck abhangig. So ist die Sauerstoffsatti- gung von Gewassern verschiedener Hohenlage gegentiber der Luft unter- schiedlich. Der angefiihrten Tab.2 sind die Sauerstoffsattigungswerte des Starnberger Sees zu entnehmen, die mit Hilfe eines Sauerstoff-Kalkulators der Fa. Loga/Schweiz berechnet wurden. Die Werte sind — wie allgemein ublich — in mg/l] angegeben. Die Fixierung der aktuellen Sauerstoffgehalte erfolgte bereits im Boot. Alle weiteren Proben wurden ohne Vorbehandlung im Laboratorium der Gewassergtteaufsicht der Regierung von Oberbayern untersucht.**) Der angesammelte Schlamm auf dem Seeboden in der Tiefenzone setzte den Aufsatzmechanismus des Schopfers auBer Betrieb. Das Gerat fand beim *) Ausfithrliche Angaben hinsichtlich Untersuchungsart und -zeitpunkt, sowie Ein- zelheiten der Sauerstoff- und Phosphatbestimmung siehe K6lbing (1972). **) Fur die grofiztigige Unterstiitzung dieser Arbeiten bedanke ich mich herzlich bei. den Herren RD Dr. W. Fritsch und ORR Dr. W.Naher. Alexander Kolbing: Der Starnberger See 93 Aufsetzen keinen genigenden Widerstand, so dai sein SchlieBmechanismus nicht funktionierte. Von oben lief} sich wegen der ,,weichen Landung“ nicht genau feststellen, wie der Schépfer reagierte. Um ,,klare“ Proben zu er- halten, wurde nach dem vermeintlichen Aufsetzen immer ein wenig auf- ‘gezogen und der VerschluBmechanismus von oben ausgelést. Alle Angaben sind daher nur fiir die Verhdaltnisse ca. 0,5 m tiber Grund verbindlich. Tab. 2: Sauerstoff-Sattigungswerte des Wassers in Abhadngigkeit von t, bezogen auf 600 m uber NN (Starnberger See: 584 m), angegeben in mg/l, berechnet mit dem 0,-Kalkulator der Fa. Loga. eG 0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1 12,78 12,74 12,70 12,66 12,62 12,58 12,54 12,50 12,47 12,43 2 12,40 12,37 12,34 12,30 12,25 12,21 12,17 12,13 12,10 12,07 3 12,04 12,00 11,96 11,93 11,88 11,85 11,82 11,79 11,66 11,73 4 TL 11,67 11,64 11,61 11,58 11,55 11,52 11,49 11,46 11,44 5 11,42 11,39 11,36 11,33 11,30 11,25 11,23 11,20 aly 11,15 6 11,13 11,10 11,07 11,04 11,02 11,00 10,97 10,94 10,91 10,88 7 10,85 10,82 10,79 10,77 10,75 10,73 10,70 10,67 10,64 10,62 8 10,60 10,58 10,56 10,54 10,52 10,50 10,47 10,45 10,43 10,40 9 10,38 10,35 10,32 10,29 10,26 10,23 10,20 10,18 10,15 10,14 - 10 10,12 10,09 10,06 10,04 10,02 LOOM asc 9,96 9,94 9,92 11 9,90 9,88 9,86 9,84 9,82 9,79 9,77 9,75 9,73 S70! 12 9,68 9,66 9,64 9,63 9,61 9,99, 9,56 9,53 9,51 9,49 13 9,47 9,45 9,43 9,41 9,39 9,37 9,35 9,33 9,31 9,29 14 9,26 9,24 9,22 9,21 9,19 9,18 9,16 9,14 9,12 9,10 TG) 9,08 9,06 9,04 9,02 9,00 8,98 8,96 8,95 8,93 8,91 16 8,90 8,88 8,87 8,85 8,84 8,82 8,80 8,78 8,76 8,74 17 8,72 8,70 8,69 8,67 8,66 8,64 8,62 8,60 8,58 8,96 18 8,55 8,53 8,51 8,50 8,49 8,47 8,45 8,43 8,42 8,41 19 8,40 8,38 8,36 8,34 8,32 8,31 8,30 8,28 8,27 8,25 20 8,23 8,21 8,19 8,18 8,17 8,16 8,14 8,12 8,10 8,09 21 8,08 8,06 8,05 8,04 8,03 8,02 8,00 7,98 7,96 7,95 22 7,94 7,93 7,91 7,89 7,88 7,87 7,85 7,83 7,82 7,81 23 7,80 7,78 7,76 7,75 7,74 7,13 7,71 7,69 7,68 7,67 24 7,66 7,64 7,63 7,61 7,60 7,09 7,07 7,06 7,09 7,04 25 7,03 7,51 7,00 7,49 7,48 7,47 7,46 7,49 7,44 7,43 ii. Fischvermessungen Unterschiede im Korperbau konnen durch biometrische Analysen sicht- bar gemacht werden. Innerhalb der biometrischen Betrachtung einer Po- pulation wird eine mathematisch-statistische Behandlung zahlenmaBig er- faBter Korpermerkmale vorgenommen (Weber 1972). Unter Berticksich- tigung einer groBen Stichprobe kann nach dem Verlauf der Haufigkeitsver- teilung auf die Zusammensetzung einer Population geschlossen werden. Von der Grundgesamtheit aller Renken des Starnberger Sees wurde in der Zeit von Marz bis Oktober 1971 eine Stichprobe von 487 Exemplaren ge- zogen. Von jedem Fisch wurden nachstehende Werte von taxionomisch wichtigen Merkmalen bestimmt, D4 Alexander K6élbing: Der Starnberger See ps x) ice) .Die Anzahl der Kiemenreusendornen Es wurde der erste Kiemenbogen herausprapariert; nach anschlieBender Spilung lieB sich die Dornenzahl einwandfrei bestimmen. Die Zahl der Schuppen auf der Seitenlinie der linken Korperseite Es wurden nur diejenigen Schuppen gezahlt, die einwandfrei vom Seiten- linienkanal durchbohrt waren. . Die Gesamtlange — Lt = Longitudo totalis Die Schwanzflosse wurde dabei normal gespreizt . Die Korperlange — Le = Longitudo corporis Sie ergibt sich aus der Entfernung der Schnauzenspitze zur Projektion des Punktes auf die Korperlangsachse, an dem die proximalen dorso- ventralen Begrenzungen der Schwanzflosse in den Schwanzstiel Uberge- hen . Die Hohe des Schwanzstieles Die Messung erfolgte an der schmalsten Stelle . Die Kopflange Sie stellt die Entfernung zwischen Schnauzenspitze und Hinterecke des Suboperculums dar . Der Augendurchmesser Er wurde quer zur Korperlangsachse gemessen. Bei der Entnahme der Stichproben wurden alle Bezirke des Sees wenig- stens einmal erfaft. Durch die Verwendung des Netzsatzes als Schweb- und Bodensatz erfolgte eine Befischung von der Seeoberflache bis zur Tiefe von ca. 40m. Durch die unterschiedliche Fangigkeit der im Satz verwendeten Netze mit verschiedenen Maschenweiten fand eine selektive Auswahl wie bei Verwendung einheitlicher Maschenweiten nicht bzw. nicht in dem Aus- maB statt. Tab. 3: Anzahl und Maschenweite der bei der Entnahme der Stichproben verwendeten Netze. MW [mm] 2 n 35 37 1 40 12 44 3 48 2 Genauere Beschreibung des Netzmaterials siehe Kap. EV, 5, S. 60. Belegmaterial der Coregonen befindet sich in der Zoologischen Samm- lung des Bayerischen Staates in Munchen unter der Katalognummer SMM 24 738. Alexander Kolbing: Der Starnberger See 95 II. Fischereibiologische Arbeiten Bei mehrjahrigen Untersuchungen der Parasitenlast von Renken ober- bayerischer Seen hat Reichenbach-Klinke (1969, 1971) gezeigt, dah Fleischqualitat und Fleischansatz vom Befall durch die Bandwurmgattun- gen Triaenophorus und Proteocephaius in larvalem und adultem Zustand abhangig sein konnen. Im Rahmen seiner Untersuchungen wurden vieler- orts starke Zunahmen dieser Cestoden beobachtet. Vom Ammersee und Chiemsee ist daruberhinaus Massenbefall der Renken durch den Kiemen- krebs Ergasilus sieboldii bekannt. Uber die Parasitierung der Coregonen- population des Starnberger Sees liegen keine Untersuchungen vor. Die Renken wurden deshalb auf Befall mit Triaenophorus crassus, Proteoce- phalus longicollis und Ergasilus sieboldi uberpruft. Die Arbeiten fanden im Zeitraum von Marz bis September 1971 statt und wurden im Zoolo- gisch-Parasitologischen Institut der Universitat Miinchen durchgefthrt.*) AuSerdem wurde der allgemeine Gesundheitszustand tberprtft. Jeder Fisch wurde auBerlich auf MiSbildungen hin gemustert. Nach Offnung der Leibeshohle wurde das Geschlecht festgestellt und auf die Ausbildung der inneren Organe geachtet. Bei einigen Exemplaren war die Geschlechtsbe- stimmung der schwach ausgebildeten Gonaden schwierig und mute unter dem Binokular erfolgen. Die Ermittlung des Geschlechts war dann zwar moglich, die Ausbildung der Gonaden bis zur Reife erschien jedoch frag- lich. Bei solchen Fischen ist in den Tabellen im Anhang unter der Rubrik ,Gonaden‘ ein Minuszeichen eingetragen. Der Eidurchmesser wurde mit einer geeichten Stahlblechschablone be- ° stimmt, die Bohrungen im Abstand von !/10mm aufwies. Der Durchmesser wurde erstmals eine Stunde nach der Befruchtung festgestellt. Die Messun- gen wurden in regelmaBigen zeitlichen Abstanden fortgefuhrt. Coregonen- eier sind selten vollkommen rund, meist dagegen ovid. MeBfehler werden naturgemaB durch grofere Serien ausgeschlossen. So wurden von der Al- tersklasse I+ und II+ jeweils 100 Eier gemessen und das arithmetische Mittel gebildet. Eine Stunde nach der Befruchtung wurde das Eigewicht festgestellt. Hierbei wurde eine Sauterwaage vom Typ 404 (Genauigkeit + 0,0001 g) verwendet. Es wurden 10 mal 10 Fier gewogen. Von der Einlieferung des Laichs in die Brutanstalt an wurde die Wasser- temperatur wahrend der Erbrtitungsdauer morgendlich an einem Thermo- meter mit '/10°-Einteilung abgelesen. IV. Auswertung der Finge Zur Ermittlung des Renkenwachstums in Abhangigkeit von der derzeit durchgeftihrten Fischerei mit Stellnetzen der Maschenweiten 40 und 42mm wurden neben der Gesamtlange (Lt) folgende Untersuchungen durchge- fuhrt: *) Mein herzlicher Dank gilt Herrn Prof. Dr.H.Reichenbach-Klinke. Alexander Kélbing: Der Starnberger See JIOMTEWION J0jUN Ss{Ie4 ‘19qn S[lo} ese[YDS1apeIN ‘UlIeM NZ UdYoOI} NZ SJIOIETOIA WIeEM YOIT}}TUYosyoINpJeqn WaIesse[YOSIopelu ey NZ qyuyosyoIng JejuN SeTYyOSIapsIN: aSSTIUI[VY IAIN eISEdwiay, sjews0U ULIeSse[YOSIepelu Yol[jUepsOrTegne yey nz seMmyo ose[YOSIOpslN asuries nz yer nz aSE[USIOPeIN USI[YTes WIeM NZ Yolersse[Yyosiepetu ryas: aSSIU][eYIOAIN eJedway, speusou eZ, “CZ matt “0Z “OT “NT “TT “OL corp ae “T : ONS “eke rs hehe “We er “0Z “NT “OT TT “9 aap “9 2 Gory “oe “6Z “97 “OZ BGG Corer? BCG STi “0Z “OT “OT “Cl “TI “OL “9 “9 : “97 “Oz “ez “e7 BG “TZ “OT “OT “CL call Core oT 0 Ge 8 G9 Cas ChecG “oe “07 “OT COTTE Be re oT TH HL OL AGE AVAL BCT “TT “OL x6 sip) “9 “¢G oD Ee E7, eT AN Ole EGG#9C -GG VG @CGscG ec = 0G col “OT “CT “TT “OL “op “G OE CFe mC IE €0 LL 16 OT OT 69 61 vas ywIeIE}1aM Sep Yornp SuN[IoJINeg JUIBWIAST[e jIoJneeg YOeu useyIeSpUIM € < UepulMm ualJeugsy IW syeuOoyT Sep ose, assTU}[eYIOAPUTM GI—9 947e4s -puIM HUI a8eL (0961—TE6T) T T T T ° — —) Q i) n 5 t+ Car oO — n seus (aa 67 8L TOT IT GE 69 ayousseyps1epaiNn | -19peIN uUd[PULION WOA SUNIDIOMqYy OTT WOM TO} IAL (096I—T€6T) Jostiye (suey [Do] KCAL injeredure4 -SJBUOJ. 9.107} 1UT Inyerodwis}4jny{ weyus}} V7 NN S99 weyus}}V ZIO.L ped ZIOL ped NN 7&9 ZIOL ped puepiowuy pueprewuy NN 0€9 pueliowuy UOT}EYS TeIAL Tidy ZICIN Ieniqa,7 rJenuer IL6T Jaquiezaq Jaquisaon 12q40}40 OL6T JeuoyN ‘PUIM PUN SeTYOSIepeIN ‘injeredw94jjnT] uoA SuNstyYpIsyonieg Ia1eapuoseq Je}UN JlezssuNyoNsiejuy Joep PUsIYRM Us}JepSSUNII}}IM ‘Ff ‘Get 27 Alexander Kolbing: Der Starnberger See BSETUPSIIPSIN YYOT[YOToI yey nz semyo UdyooI} NZ [SIA WIeM. NZ uUeyooI} NZ [eTA — wIeM nz UsyPOI} NZ [eIA SsaMmyoInp WieM NZ seMjo UdyIOI} NZ [SIA S][I9jUe}JoIs WIeM NZ qluypsyoIng Jeqn suejsteul ISE[YOSIOPSIN ‘Tey nz semjyo UdeYyOOI} NZ [SIA [ewiou Injerodwoay, ueyooI} NZ susjsTeul — [YyNyY nz yuypsypinq Jeqn eseTyosIepetn WIeM NZ uaypor} nz — WIeM nz yluYpsyoINGg Jeqn sj10Ue}sToU ISL[UDSIOPSIN ‘Tey nz GGeao Ge Gum Gale GaiGe “0Z “OT “DT “TT “9 coy “9 mG me ee Ti PTGh O86. 8G ia 9G “DG Ber “OT “NT “Cl “eT “Ol an | AG voter? “0Z “61 Ona “DT “OT “TT ne ee “TE “6% “07 ie CRAG CamsG Ged) sO eas lees eee eer . “Te “6Z aE GuACCL Ml Com 0 GaaGle al Oi mGnee nar are me “OZ “OT “pat “OL “OL “9 “9 SOG GSC AGG Ne “0Z “OT “OT “eT CO) “9 AG “Ep bor “62 vonye satire “OT Gi “TT “9 se) “9 Coe “Te “og “97% paliz “CZ nie “61 “OT “VT “DT “eT Bacall 2p “9 “D “9O7 vOyE “0Z “OT “Cl hh “9 Be OCI GCG “1c. abr “OT “NT “OL “eT “DT “eT well “6 Cor) By I61 €0T GG €L €IT (G4 9cI €T cI G9 8T LOT 8éT €9 98T weyueyyy uresuE}}V weyue}} Vy weyus}yy wieyuey} Vy weyus}} Vy weyuey}Vy weyueyy weyus}}V weyxus}}V weyue}}V Tidy ZIBCTAL reniqe7 renuer GL6T Iaquiezeq IaquisAon 19q0130 Jaquieydes isnsny TNL tune 928 Alexander K6élbing: Der Starnberger See 1. Altersbestimmung Hierzu wurde eine Schuppenprobe stets an der gleichen Stelle zwischen Bauch- und Afterfiosse entnommen (Einsele 1943). Die Altersbestim- mung erfolgte durch Auszahlung der Zuwachszonen auf der Schuppe (vgl. Schleich 1966, 25 ff.). Die Arbeiten wurden mit einem Binokular- mikroskop der Firma Leitz/Wetzlar bei 16facher VergroBerung durch- gefuhrt. . Der Korperumfang Der Umfang wurde unmittelbar vor der Ruckenflosse mit einem schmalen Bandma} gemessen. . Das Gewicht Die Fische wurden mit und ohne Leibeshéhlenorgane einschlieBlich Nie- ren gewogen. Eine Waage mit Grammeinteilung lieferte hinreichend ge- naue Werte. 4. Der Korpulenzfaktor Der Korpulenzfaktor wurde nach der Larsen’schen Formel Gy - 100 K ae bestimmt. 5. Die Maschenweiten der verwendeten Stellnetze wurden mit dem von Florin (i957) entwickelten Gerat der Fa. Keller in Rorschach/ Schweiz nach der bei NUmann (1957) angegebenen Methode gemessen. iw) ae) E. Ergebnisse I. Witterungsverhdltnisse wahrend der Untersuchungszeit Die Ergebnisse der Wasseruntersuchungen mtissen im Zusammenhang mit den vorherrschenden Witterungsverhaltnissen gesehen werden. Den monatlich erscheinenden Mitteilungen des Wetteramtes Minchen wurden deshalb Angaben tiber Lufttemperatur, Niederschlag und Wind- verhaltnisse entnommen. Da die unmittelbar am Ostufer des Sees gelegene Wetterstation Ammer- land im Dezember 1970 geschlossen wurde und erst im April 1971 an ihrer Stelle die Station Attenkam (ca. 2 km 6stlich der Seeufergemeinde Ambach) ihre Arbeit aufnahm, wurden ftir die Monate Januar, Februar, Marz 1971 Werte der nahegelegenen Station Bad Tolz tbernommen. Bei den Wind- verhaltnissen handelt es sich um zusammengefaBte Beobachtungen inner- halb des stdbayerischen Raumes. Zusammenfassende Beurteilung der GroBwetterlagen durch das Weiter- amt Munchen: 1. Das Kalenderjahr 1970 war insgesamt etwas zu kiihl, auch zu wenig son- nig und niederschlagsreicher als normal. 24.1971 war es bei fast normaler Mitteltemperatur insgesamt sonniger und merklich trockener als normal. Alexander Kélbing: Der Starnberger See 99 II. Tiefenprofile Im weiteren Verlauf werden die zu verschiedenen Terminen gewonne- nen Ergebnisse der Wasseruntersuchungen mitgeteilt, wobei jeweils eine tabellarische Ubersicht der graphischen Darstellung vorangestellt ist. Durch Angabe der Wassertiefen, denen die Proben entstammten, wird der Aufbau des Tiefenprofils deutlich. Weiterhin sind Temperaturverhaltnisse, vorgefun- dene Sauerstoffwerte und die dazugehorenden Sattigungswerte enthalten. In der graphischen Darstellung ist Sauerstoff-Ubersaéttigung durch Senk- recht-Schraffierung, Sauerstoff-Defizit durch Waagrecht-Schraffierung dar- gestellt. In der Tabelle sind dariiberhinaus die Werte fiir Ortho- und Ge- samt-Phosphat angegeben. Fur Ortho-Phosphat war manchmal ein Nach- weis wegen zu geringer Konzentration nicht mdglich (nn), zuweilen waren auch nur Spuren (Sp) festzustellen. In den Bemerkungen zu den Tiefenprofilen finden im wesentlichen die Witterungsverhaltnisse wahrend der Untersuchungszeit Bertcksichtigung. Abb. 2: 1. Tiefenprofil vom 4. Dezember 1970 Tiefe t O, Sattig. Sattig. o-PO, E=BO, m Le mg/1 mg/1 7/9 mg/l] mg/l] 0 6,6 10,6 11,0 96 0,04 0,04 30 6,7 10,6 11,0 96 0,03 0,04 80 4,6 3 10,1 11,5 88 0,04 0,05 110 4,3 7,5 11,6 65 0,12 0,18 12. 13. (14 15 mg/L 24 26 28 30 +°C N =. wv [=) 1 N °o t 120 Sauerstoff: Der erste Termin ftir eine Sauerstoffminimumbestim- mung war zu spat angesetzt. Aus der Temperaturmessung in 110m Tiefe (4,3° C) kann geschlossen werden, daB sauerstoffreiches Wasser hdherer Schichten in diese Tiefe vorgedrungen ist. Das hat zur Erhohung der Tem- peratur um 0,1 bis 0,2° C gefiihrt und das Sauerstoffdefizit des Tiefenwas- sers verringert. Der Grund hierftir ist die Wetterlage mit ihren fur die Wasserumwaizung ginstigen Windverhaltnissen. 86 Alexander Kélbing: Der Starnberger See Windverhdltnisse vom 1.10. bis 4.12.1970: 40 Tage 2 3, 15 Tage 2 6. Phosphat: 1. Orthophosphat 0,04 bis 0,12 mg/l; 2. Gesamtphosphat 6,04 bis 0,18 mg/l. Durch die fortgeschrittene Wasserzirkulation hat sich ein Ausgleich der Phosphatkonzentration vollzogen. Nur die tiefste Probe bringt einen leichten Anstieg der Werte. Abb. 3: Tiefenprofil vom 21. April 1971 Tiefe t O, Sattig. Sattig. o-PO, G-PO, m oe mg/1 mg/l 0/9 mg/l mg/1 0 10,0 15,3 10,1 142 0,04 0,10 2 5) 14,2 10,7 133 0,04 0,31 3 6,9 13,0 10,9 119 5 5,6 11,9 11,2 106 8 5,0 12,0 11,4 105 10 4,6 11,8 11,5 102 0,20 0,36 15 4,2 11,5 11,6 99 0,09 0,17 20 4,2 11,4 11,6 98 40. 4,1 11,4 11,7 98 60 4,1 aD, 11,7 96 80 41 11,0 TINY, 91 107 3,8 10,5 11,8 89 0,10 0,61 ata 3,8 10,3 11,8 87 0,07 0,18 112 3,8 10,2 11,8 87 0,12 0,37 113 3,8 10,3 11,8 87 0,20 0,43 SRO RDS vets Wat ana en SU cP Oa ban Da IR aoe Ae LSS Le BN BUA Se [m] 122 #23 #4 #215 mg/l = & 6 28 30 +°C t Sauerstoff: Die Temperaturskala zeigt die Ausbildung einer ersten nahe der Oberflache gelegenen Sprungschicht. Bleibt ein plotzlicher Wetter- sturz aus, beginnt sich der Wasserk6rper zu schichten. Die Zirkulations- periode ist damit abgeschlossen. Eine Verbesserung der Sauerstoff-Tiefen- werte ist nicht mehr zu erwarten. Die Sauerstoffwerte der ersten 20 m zeigen assimilationsbedingten Sauer- stoff-UberschuB. Mit zunehmender Wassertiefe fallen die Werte langsam Alexander Kélbing: Der Starnberger See 234 ab. An der tiefsten Stelle sind 10,3 mg O,/1 bzw. 87°/o der Sattigung vor- handen. Obwohl in der Zeit von Dezember bis April gunstige Windverhaltnisse vorherrschten, war der Zirkulationsvorgang nicht ausreichend, um 100°/oige Sattigung zu bewirken. Der See beginnt die Sommerstagnation mit einem 13°/oigen Defizit. Windverhaltnisse vom 4.12. 1970 bis 21.4.1971: 61 Tage 2 3, 1oelage:= 46 Auch der Zustand der Homothermie hielt lange genug an. Dies geht aus Temperaturmessungen in der Brutanstalt der Fischereigenossenschaft Wurmsee in Tutzing hervor. In der Zeit vom 21.12.1970 bis 19. 3.1971 wur- de 2,0°C nicht unter- und 4,5°C nicht tiberschritten. Die Méglichkeit der fruhzeitigen Beendigung der Zirkulation durch Wasserschichtung bestand damit nicht. DaB der See vollstandig umgewalzt hat, geht aus der Temperatur des Tiefenwassers hervor. 3,8°C ab 107m Tiefe deuten darauf hin, daB&B die Abkuhlung des Tiefenwassers, die durch Vermischung mit Oberflachen- wasser (ca. 2,0° C) erfolgt, entweder von der noch in den Winter hinein dauernden Herbstzirkulation herrthrt oder wahrend der Fruhjahrszirku- lation erfolgt ist. Die relativ ungtinstigen Werte konnen somit nicht auf meromiktische’*) Schichtungsverhaltnisse zuruckgeftihrt werden. Phosphat: 1. Orthophosphat 0,04 bis 0,20 mg/l; 2. Gesamtphosphat 0,10 bis 0,61 mg/l. In allen Wasserschichten sind die Phosphatgehalte jetzt hdher als im Dezember. Durch die Vollzirkulation ist das geléste Phosphat (o-PO,) recht gleichmaBig verteilt. Nur in den obersten Schichten hat das beginnende Algenwachstum zur Verknappung gefuhrt. Die Konzentrations- schwankungen des Gesamtphosphats sind vermutlich durch unterschied- liche Vertikalverteilungen des Planktons bedingt. *) Meromiktische Seen werden bei winterlicher Abkthlung nur teilweise bis zu einer durch die Dichteschichtung bestimmten Tiefe durchmischt (Ruttner 1962). 39 HNSSEnaIee Ole: | Der + Starnberger See Abb. 4: Tiefenprofil vom 7. Oktober 1971 Tiefe t O, Sattig. Sattig. o-PO, (G20); m 2¢ mg/l] mg/1 0/9 mg/1 meg/1 0 14,6 9,2 9,2 100 nn 0,19 4 14,5 8,8 9,2 100 8 14,6 9,4 9,2 101 nn 0,27 12 13,8 8,7 9,3 94 14 11,1 6,5 9,9 : 66 Sp. 0,36 16 9,4 6,3 10,3 61 nn 0,11 18 8,3 6,8 10,5 65 nn ~ 1,08 20 Uo Us 10,7 67 nn 0,29 23 6,6 7,9 11,0 72 nn 0,85 50 4,5 9,8 11,6 86 nn 0,60 80 4,2 9,2 11,6 79 116 4,2 21 11,6 18 0,11 0,42 fr] 10 1 #12 «+13 «14 «15 mg/l 20 22 24 26 28 30 +°C 120 t Sauerstoff: Die Temperaturkurve zeigt die Ausbildung einer Sprung- schicht zwischen 12 und 20m. Diese sperrt vorlaufig das Hypolimnion gegen eine Zirkulation von oben ab. Wegen der ruhigen Wetterlage sinkt die Sprungschicht nur langsam ab. Windverhaltnisse vom ll. 9. bis'7. 10. 1971: 15 Rage = 3,2 Mage 6. Das Epilimnion ist sauerstoffgesattigt. Deutlich erkennbar ist das meta- limnische Sauerstoffminimum zwischen 14 und 23m. Es entsteht, weil die h6here Temperatur dieser Schichten, der RGT-Regel gema8, schneller ver- laufende Sauerstoff zehrende Abbauprozesse bewirkt (Grimm 1955). Im mittleren Hypolimnion (50—80m) — dem Sauerstoffspeicher eines tiefen Sees — werden die Sattigungswerte mit 85°/o bzw. 79°/o schon deutlich unterschritten. Bei 116m Tiefe sind in Bodennahe 2,1 0,/1 bzw. 18 °/o der Sattigung vorhanden. Phosphat: 1. Orthophosphat nn bis 0,11 mg/1; 2. Gesamtphosphat 0,11 bis 1,08 mg/l. Bis 50m ist fast kein freiverftigbares Phosphat vorhanden (Nachweisgrenze ca. 0,01 mg/l). Der Grund hierftir ist wahrscheinlich die Inkorporation des Orthophosphats im pfianzlichen Plankton. Das absinken- de Phytoplankton verursacht in allen Wasserschichten h6here Gesamt- phosphatkonzentrationen. Alexander K6lbing: Der Starnberger See co co Abb. 5: Tiefenprofil vom 5. November 1971 Tiefe t O, Sattig. Siittig. o-PO, G-PO, m AGS mg/1 mg/1 %/o meg/] mg/l 0 10,5 9,7 10,0 97 0,02 0,24 5 10,5 9,7 10,0 97 Sp. 0,18 10 10,4 9,7 10,0 97 Sp. 0,19 15 9,7 8,0 10,2 78 Sp. 0,18 20 6,6 7,5 11,0 68 Sp. 0,27 30 5,2 8,5 11,4 75 nn 0,46 40 4.8 9,0 11,5 78 0,02 0,16 50 4,6 9,2 11,5 80 0,03 0,16 70 4,3 8,9 TGS ey coat 0,03 0,41 110 4,3 3,2 11,6 28 0,15 0,72 115 4,25 1,8 11,6 15 0,20 0,56 116 a5 1,9 116 16 0,18 0,87 117 4,25 1,7 11,6 15 0,19 0,50 118 4,2 2,0 nee 17 0,18 0,44 MN 13% 15 mg/l 24 26 28 30+°C = & = o {=} ' nN {o) Sauerstoff: Zwischen 15 und 20m Tiefe ist noch ein unbedeutender Temperaturabfall erkennbar. In diesem ,,zerfallenden“ Metalimnion ist das Sauerstoff-Minimum deutlich ausgepragt. Die Zehrungswerte des mitt- leren Hypolimnions haben sich erhéht. Die ruhige Wetterlage hat die Ver- eroBerung des Sauerstoffdefizits bewirkt. Mit 15 °/o der Sattigung wurde der niedrigste Sauerstoffwert fiir 1971 und der niedrigste Wert bisher uber- haupt im Starnberger See bestimmt. Windverhaltnisse vom 8.10. bis 5. 11.1971: 9 Tage 2 3. Phosphat: 1. Orthophosphat 0,02 bis 0,20 mg/l; 2. Gesamtphosphat 0,16 bis 0,87 mg/l. Die durchwegs sehr viel hoheren Werte der untersten 10m lassen vermuten, da8 am Sediment Phosphor in Freiheit gesetzt wird. Planktonorganismen sorgen durch das in ihnen gespeicherte Phosphat fur einen hohen Anteil im Gesamtphosphat. 34 Alexander Koélbing: Der Starnberger See Abb. 6: Tiefenprofil vom 3. Dezember 1971 Tiefe t O; Sattig. Sattig. o-PO, G-PO, m 2c mg/l mg/l] 9/9 mg/1 mg/1 0 5,9 10,1 11,2 90 0,09 0,48 20 6,0 10,2 11,1 91 40 Bm, 9,0 11,4 79 0,11 0,24 60 4,4 9,5 11,6 82 80 4,3 8,7 11,6 75 0,10 0,20 100 4,3 7,2 11,6 62 0,11 0,20 114 4,2 6,3 11,6 (54 0,24 0,44 116 . 43 6,2 11,6 53 0,16 0,31 117 4,2 6,2 ~ 11,6 53 0,13 [1,86] 12.13. 14 15 mg/L 2% 26 28 30+°C 120 t Sauerstoff: Die gesamte Wassermasse ist annahernd homotherm geschichtet. Die Windverhaltnisse haben bewirkt, daB sich der Sauerstoff- gehalt des Tiefenwassers von 1,7 mg O,/1 auf 6,2 O,/1 verbessert hat. Windverhadltnisse vom 6.11. bis 3. 12.1971: 11 Tage 2 3, 3 Tage26. Phosphat: 1. Orthophosphat 0,09 bis 0,24mg/l; 2. Gesamtphosphat 0,20 bis 0,48 mg/l. Die schon fortgeschrittene Herbstzirkulation hat fur eine Verteilung des Phosphats gesorgt. Bei dem in Klammern gesetzten hohen Gesamtphosphatwert handelt es sich um die Bestimmung einer Probe aus der Schlamm-Wasser-Kontaktschicht. Im Schépfer war Bodensatz mit her- aufgekommen. Nach dem Sedimentieren wurde — soweit médglich — Was- ser entnommen, das frei von Bodensatz war. Alexander K6lbing: Der Starnberger See 35 Abb. 7: Tiefenprofil vom 3. Marz 1972 Tiefe t O, Sattig. Sattig. o-PO, G-PO, m 2 mg/1 mg/1 0/9 mg/1 mg/] 0 3,6 10,5 11,8 89 0,11 0,15 5 3,7 10,5 11,8 89 0,08 0,25 10 3,8 10,5 11,8 89 0,19 0,70 15 3,8 10,5 11,8 89 0,08 0,08 20 3,8 10,5 11,8 89 0,07 0,10 50 3,8 10,6 11,8 90 0,15 0,15 80 4,1 8,6 11,7 74 0,46 2,60 100 4,3 6,8 11,6 59 0,19 0,19 110 4,4 6,1 11,6 53 0,15 0,22 113 . 433 5,9 11,6 51 0,19 0,19 117 4,4 5.3} 11,6 46 0,20 0,23 24 26 28 30 +°C oa) N ray wo Oo ' ww (oe) Sauerstoff: Die Temperaturskala zeigt annahernd gleiche Tempera- turen ftir alle Wassertiefen (Homothermie). Dennoch erkennt man zwei Be- reiche unterschiedlicher Temperatur. Zwischen 50 und 80m lhegt die Gren- ze, bis zu der kaltes Oberflachenwasser vorgedrungen ist (3,8° C). Darunter erfolgt ein Anstieg der Temperatur auf 4,4°C. Bedingt durch die relativ ruhige Wetterlage wahrend der Monate Dezember, Januar und Februar konnte Oberflachenwasser nur bis etwa 80m Tiefe vordringen und in die- sem Bereich 90°/oige Sattigung herbeiftihren. Unterhalb 80m fallt der Sau- erstoffgehalt von 8,6 auf 5,2 mg O,/I1 ab. Windverhdaltnisse vom 4. 12.1971 bis 3.3.1972: 32 Tage 2 3, 12 Ta- ge 2 6. Phosphat: 1.Orthophosphat 0,08 bis 0,46mg/1; 2.Gesamtphosphat 0,08 bis 2,60 mg/l. Mit diesen Werten liegen die héchsten Konzentrationen wahrend der Untersuchungszeit vor. 36 Alexander Kélbing: Der Starnberger See Abb. 8: Tiefenprofil vom 3. Mai 1972 Tiefe t O; Sattig. Sattig. o-PO, G-PO, m AG mg/1 mg/l] 9/9 mg/1 mg/1 0 9,2 17, 10,3 122 0,02 0,80 5 UZ 12,6 10,8 117 10 6,0 11,8 11,1 105 0,03 0,41 20 5,5 11,5 11,3 102 0,06 0,36 50 5,0 10,9 11,4 95 80 4,6 10,6 11,5 91 0,05 0,55 112 4,3 10,0 11,6 85 0,06 0,26 114 4,3 9,8 11,6 84 0,06 0,21 115 4,3 10,0 11,6 85 0,04 0,40 116 4,3 8,8 11,6 75 0,11 0,40 2 3 4 5 6 7 8 Oe he ee 14 Bs tare Lb 30 +°C ro) oO 02 -Defizit Sauerstoff: Die Temperaturskala zeigt die Ausbildung eines schwach ausgepragten Epilimnions. In den ersten 10 m herrscht assimilationsbeding- ter Sauerstoffuberschuf. Mit zunehmender Wassertiefe nimmt der Sauer- stoffgehalt langsam ab. An der tiefsten Stelle sind im bodennahen Bereich nur 8,8mg O,/1 vorhanden. Der See tritt hier mit einem 25°/oigen Sauer- stoffdefizit in die Sommerstagnation ein. Windverhaltnisse vom 4.3. bis 3.5. 1972: 31 Tage = 3, 8 Tage 2 6. Die seit der Marzuntersuchung etwas giinstigeren Windverhaltnisse haben eine Verbesserung der Sauerstofftiefenwerte herbeigeftihrt. Innerhalb von 61 Tagen stieg der Sauerstoffgehalt in etwa 117m Tiefe von 5,3 auf 8,8 mg O,/l. Wegen der fortgeschrittenen Jahreszeit ist eine umfangreiche Verbes- serung der Sauerstofftiefenwerte nicht mehr zu erwarten. Phosphat: 1.Orthophosphat 0,02 bis 0,11 mg/l; 2. Gesamtphosphat 0,21 bis 0,80 mg/1. Alexander K6lbing: Der Starnberger See 37 III. Coregonen-Biometrie Die Ergebnisse der fur die Artendifferenzierung innerhalb der Corego- nenpopulation des Starnberger Sees wichtigen biometrischen Groen wer- den auf den folgenden Seiten mitgeteilt. Den Tabellen sind die Werte der monatlichen Untersuchungen taxionomisch wichtiger K6rpermerkmale zu entnehmen. Die graphische Darstellung der Verteilung der Werte fiir die Korpermerkmale der Gesamt-Stichprobe erfolgt anhand von Haufigkeits- polygonen. Weiterhin sind den Ubersichten die Mittelwerte (x) und die Variationsbreiten (Vb) zu entnehmen. Abb. 9: Anzahl der Kiemenreusendornen auf dem ersten linken Kiemenbogen (a) a Marz April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Summe 30 1 1 31 2 2 32 3 3 4 1 2 1 14 33 4 5 4 1 3 2 3 22 34 4 6 8 2 8 5 6 7 46 35 9 10 ri 5 9 8 7 4 59 36 9 6 10 9 6 8 8 5 61 Sy 4 12 9 11 8 8 6 3 61 38 10 8 8 8 10 10 8 a 69 39 9 7 5 9 13 7 8 4 62 40 1 5 5 6 3 8 6 5 39 41 1 4 2 5 4 4 4 4 28 42 2 1 1 2 2 2 3 13 43 1 3 4 44 1 2 3 45. 1 1 60 63 66. 57 70 64 64 43 487 me — 487) <2 — 37,07 Vib*): 30-45 *) Vb = Variationsbreite 70 10 30 35 40 45 Alexander K6élbing: Der Starnberger See 38 Abb. 10: Schuppen der Seitenlinie Okt. Summe April Mai Juni Juli Aug. Sept. Marz 10 10 21 26 80 81 29 48 10 82 45 12 83 84 33 43 31 86 87 34 33 26 30 15 15 88 89 90 91 92 93 94 485 64 43 62 70 57 66 63 60 x = 84,9 Vb: 72—98 485 x n = 95 Alexander Kolbing: Der Starnberger See Abb. 11: K6orperlange (Lc) : Gesamtlange (Lt) in °/o Marz 73,2—78,5 79,0—79,4 1 79,5—79,9 1 €0,0—80,4 4 80,5—80,9 4 81,0—81,4 9 81,5—81,9 13 82,0—82,4 10 82,5—82,9 8 83,0—83,4 1 83,5—83,9 4 84,0—84,4 2 84,5—84,9 85,0—85,4 2 85,5— 86,2 1 60 Me—u486) x — 8125) Vib2 73,2 86.2 1004 i 50 - April Mai Juni Juli Aug. Sept. 2 1 il 1 2 1 1 1 2 1 6 2 >| 4 1 8 8 7 3 4 20 8 8 9 11 15 11 13 15 14 9 8 10 11 14 11 16 18 6 " 9 12 5 ql 2 12 8 4 2 2 5 2 1 1 1 2 1 1 63 66 57 70 64 63 IX hX Vo / \ / ~ / / \ iy, \ j \ / \ ye \ oA ; ‘ A = = : peso > % 39 Okt. Summe 1 3 1 6 3 12 8 24 7 48 5 74 11 101 1 81 5 70 37 1 16 6 1 4 3 43 486 40 Alexander K6lbing: Der Starnberger See Abb. 12: Hohe des Schwanzstiels : Lt (°/o) Marz April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Summe 5,2 1 1 2 5,3 1 1 2 5,4 1 1 1 i 2 5 11 5,5 1 1 2 1 1 6 5,6 1 6 5 10 3 25 5,7 3 1 3 2 4 13 5,8 2 10 1 1 4 3 6 3 38 5,9 4 4 5 2 9 7 6 37 6,0 3 5 4 3 4 6 7 7 39 6,1 4 5 3 6 7 7 4 4 40 6,2 2 6 8 3 8 5 6 38 6,3 2 7 4 6 6 6 8 4 43 6,4 5 4 6 7 15 8 2 47 6,5 8 1 6 7 5 2 3 1 33 6,6 8 2 6 5 3 3 3 1 31 6,7 2 1 10 5 8 3 1 eal 31 6,8 2 5 5 3 3 18 6,9 6 2 2 5 4 3 22 7,0 4 2 1 7 7,1 1 i 1 3 72 1 1 2 7,3 1 2 3 7,4 1 1 7,5 1 1 7,6 1 1 on 1 1 60 63 66 57 70 64 64 43 487 a == CRY 5k == (GOEL Ane Oy 5.5 6.0 6.5 7.0 7.5 Alexander Kolbing: Der Starnberger See 41 Abb. 13: Kopflange : Lt (°/o) Marz April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Summe 13,6—14,3 7 14,4 2 1 2 5 14,5 1 2 1 4 14,6 2 1 3 14,7 1 1 1 2 5 14,8 1 3 1 1 6 14,9 2 3 5 15,0 2 1 1 5 1 10 15,1 1 1 2 1 3 2 10 15,2 2 3 2 3 5 3 2 20 15,3 3 1 3 2 2 3 5 19 15,4 5 3 4 2 5 4 3 1 27 15,5 4 2 2 2 5 3 3 1 22 15,6 5 1 4 4 1 1 3 19 15,7 4 8 7 1 2 4 4 5 35 15,8 3 2 4 1 4 2 6 2 24 15,9 4 2 3 5 4 4 4 19 28 16,0 3 3 2 5 6 3 4 1 27 16,1 3 5 1 3 5 2 1 4 24 16,2 3 3 1 2 3 3 3 2 20 16,3 4 4 2 3 2 1 2 2 20 16,4 2 4 3 1 3 3 4 1 21 16,5 4 7 5 2 2 5 4 29 16,6 1 3 2 i 4 1 12 16,7 5 1 2 2 3 2 18 16,8 1 2 4 3 1 1 12 16,9 3 2 3 oa 2 1 12 17,0 1 1 3 17,1 1 3 2 3 1 11 i. 1 1 3 i 6 17,3 1 1 1 1 4 17,4 1 17,5 1 1 1 3 6 17,6 1 1 1 3 ale a 8 60 63 66 57 70 64 64 43 487 ih = 2oy KS Ibo Woe Ieee n 40 " ae oe ee! % a eats = ~~ > 145 + T 15.5 16.5 17.5 49 Alexander Koélbing: Der Starnberger See Abb. 14: Augendurchmesser : Lt (°/o) Marz April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Summe 2,6 1 1 Dy 1 1 2,8 3 1 4 2,9 1 2 2 By 5 18 3,0 1 1 3 3 7 10 5 30 3,1 2 2 1 3 5 7 9 7 36 29 8 1 6 6 8 10 9 3 51 38 5 3 3 9 11 14 11 Zi 63 3,4 10 12 8 6 9 11 8 4 68 3,5 5 15 8 10 14 9 2 7 70 3,6 6 12 9 7 10 5 1 1 51 3,7 8 7 14 2 6 1 2 40 3,8 3 3 11 6 2 1 26 3.9 2 3 3 3 11 4,0 4 2 3 1 10 41 3 1 4 4,2 1 1 2 4,3 44 4,5 1 1 60 63 66 57 70 64 64 43 487 i SS AY Se = SLL los DR is 507 304 3.0 3,5 49 Alexander K6élbing: Der Starnberger See 43 Abb. 15: Augendurchmesser : Kopflange (°/0) Marz April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Summe 17,2—17,9 1 2 3 18,0—18,4 1 il 1 5 4 12 18,5—18,9 1 1 3 2 8 5 20 19,0—19,4 3 il il 1 4 11 D 23 19,5—19,9 22 3 7 3 6 il 3 31 20,0—20,4 4 4 4 5 11 14 11 53 20,5—20,9 7 3 6 8 12 11 4 2 53 21,0—21,4 6 3 5 8 a 5 6 6 46 21,5—21,9 3 10 4 4 1@. 7 2 5 45 22,0—22,4 6 16 8 6 13 5 2 3 59 22,5—22,9 3 a 4 11 6 6 2 1 40 23,0—23,4 7 4 14 2; 6 5 1 39 23,5—23,9 6 5 6 4 1 1 1 24 24,0—24,4 4 2 5 3 1 1 16 24,5—24,9 1 5 6 25,0—25,4 1 3 1 1 1 Yi 25,5—26,0 2 3 5 26,1—27,3 3 Al 1 5 60 63 66 57 70 64 64 43 487 i SS ANG 5 SOLS AW a) T 19.2 21.2 23.2 25.2 44 Alexander K6lbing: Der Starnberger See IV. Fischereibiologische Beobachtungen Die Ergebnisse der fischereibiologischen Arbeiten, uber die in der Folge berichtet wird, sollen vor allem die Kenntnisse vom Gesundheitszustand der Renken erweitern. Uberdies erleichert das Wissen von Verhaltensweisen der Fische — etwa wahrend der Laichzeit — die von der Praxis durchzu- fiihrenden Aufgaben. Tab. 5: Zusammenfassung fischereibiologischer Beobachtungen Marz April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Summe Gesamtfang 60 63 66 57 70 64 64 43 487 ‘a 25 40 25 27 41* 32 40 17 247* Q 35 23 41 30 28* 32 24 26 239* Wirbelsaulen- 3 2 5 deformation Morpholog. Un- 3 2 2 1 3 2 13 regelmaigkeiten Beschadigte 2 1 2 5 Flossen Beschadigte 2 2 4 Kiemendeckel BiB- 1 2 sul 4 verletzungen erkennbare 1 1 2 Krankheiten Laich- 2 1 3 verhaltung Depotfett : D 10 18 35 61 53 54 24 263 Mageninhalt —- — ef aa lees — — Besonderheiten Zwitter* 1. Abnormitaten, Ernahrungszustand, Mageninhalt Die Zahl der verkruppelten Exemplare lag innerhalb der Stichproben bei 1°/o. Von 492 Individuen muften 5 wegen Wirbelsdulendeformation von der morphometrischen Untersuchung ausgeschlossen werden. Morphologische Unregelmafiigkeiten bezogen sich auf die Schwanzflosse, das Maul und nicht vollstandig ausgebildete Seitenlinien. Hierbei brach die Linie der vom Sei- tenlinienkanal durchbohrten Schuppen etwa in der Fischmitte ab. Bescha- digte Flossen und Kiemendeckel waren ebenso selten wie erkennbare Ver- anderungen der Eingeweide beim Offnen der Leibeshohle. Zweimal wurden Alexander Kolbing: Der Starnberger See 45 Entztindungen der Gonaden festgestellt. Fische mit interkalarer Bauchflosse, wie sie von Wagler (1927) fur den Bodensee beschrieben worden waren, fehlten ganz. Die Stichprobe enthielt ein Exemplar mit paarig angelegten Zwittergonaden. Beim Offnen der Leibeshéhle gaben die angelegten Fettdepots Auskunft uber die ausgezeichneten Ernahrungsbedingungen ftir die Fische im See. Die Hauptfettspeicherung erfolgte in der Leibeshohle, wodurch die Renken zeitweilig ausgesprochen volleibig erschienen. Fett lagert sich vor allem um die Eingeweide der Leibeshohle ab. In der Zeit von Dezember bis Marz waren die Fische armer an Depotfett. Bei der Untersuchung der Mageninhalte fielen keine Besonderheiten auf. Hs wurde vor allem darauf geachtet, ob die Angaben Waglers (1941, 419) und die Annahme Grims (1951la) tiber die durch méglichen Kannibalis- mus verursachten Ertragsschwankungen Bestatigung finden konnten. Alle Magen waren frei von kleineren Artgenossen oder anderen Jungfischen. Der Mageninhalt entsprach den Ernahrungsverhaltnissen der jeweiligen Jahreszeit und dem Standort der Fische. ZPakasiiier uns Tab. 6: Parasitenbefall der Renken des Starnberger Sees. Datum n Ergasilus Triaenophorus Proteocephalus longicollis sieboldii crassus Larven Adulte 29. 3. 9 — —_ By 4 10 vereinzelt — vereinzelt — 14. 4. 6 — — vereinzelt 2 : bis mabBig 6. 5. 6 — — Massen — (1000) 26. 5. 7 _- -- Massen einzeln 6. 7. 6 — — — — 13. 9. 6 — — Massen = 18. 10. 6 — — — — 15. 12. 5 — —_ vereinzelt = Ganzjahriger Massenbefall der Coregonen durch Cestoden und Ergasi- liden liegt nicht vor. Lediglich wahrend der Monate erhohter Wassertem- peratur kann starker larvaler Proteocephalus-Befall nachgewiesen werden. Reichenbach-Klinke (1969) und Deufel (1956) beobachteten, daB der Korpulenzfaktor Schwankungen unterworfen ist, die in Beziehung zur Parasitierung gesetzt werden konnen. Bei Massenbefall (20 adulte oder 200 larvale Bandwtirmer und mindestens 100 Ergasiliden) erfolgt wenige Monate spater ein Ruckgang der Werte fiir den Korpulenzfaktor. Den Ta- bellen der Fangauswertung (S. 54) ist zu entnehmen, daf etwa 7°/o aller die Stichprobe umfassender Exemplare einen Korpulenzfaktor aufweisen, der 46 Alexander Kélbing: Der Starnberger See den Durchschnittswert geringfiigig unterschreitet, so daB aus dieser Sicht starke Parasitierung nicht zu erkennen ist. Fur die Renken des Starnberger Sees ist das Fehlen des wirtschaftswichtigen Parasiten Triaenophorus cras- sus bemerkenswert. Im Vergleich mit den Seen des bayerischen Voralpen- landes kann nach Reichenbach-Klinke (mdl. Mitteilung vom 15.12.1971) nur allgemeine schwache Parasitierung der Renkenpopulation nachgewiesen werden. 3 hatehhermin:. Lianrehp last zie. Wie rh adeumas ier Geschlechter In manchen Seen (z. B. Laacher See) 1a8t sich der Beginn der Coregonen- Laichzeit anndéahernd genau voraussagen. Am Starnberger See ist dies nicht moglich. Der Beginn der Laichzeit fallt aber im allgemeinen in die erste Dezemberhdélfte. Der fiir Coregonen charakteristische Laichausschlag ist bei einem GroBteil der Fische bereits ab Mitte November anzutreffen. Bei Ver- suchsfangen 1970 und 1971 konnte Laichfischerei jeweils ab 8. Dezember als lohnend angesehen werden. Innerhalb von 14 Tagen hat dann ein Grof- teil der Fische abgelaicht. Laichreife Exemplare werden daruberhinaus noch bis in die zweite Januarhalfte angetroffen. Die RegelmaBigkeit, mit der in vielen Gewassern die Laichreife eintritt, hat zur Erforschung sie bedingender Umwelteinflusse gefthrt. J ar vi (1921) hatte erstmalig die Beobachtung mitgeteilt, daB die Kleine Marane des Kei- telsees in Finnland bei Abktihlung des Oberflachenwassers auf 7° C zu lai- chen beginnt. KopfmullerundScheffelt (1924) hatten anhand mehr- jahriger Temperaturmessungen die Beobachtungen ftir den Blaufelchen des Bodensees bestaétigen kénnen. Da sich die Erscheinung fiir viele andere Seen nachweisen lie} (Wagler 1941), sah man schlieflich als Vorausset- zung flr den Beginn des Laichgeschafts an, dai die Temperatur des Ober- flachenwassers den Schwellenwert von 7° C erreicht. 1970 wurde vor Tutzing vom 25. November an taglich die Wassertempe- ratur in 1m Tiefe gemessen. Sie betrugen bis zum 3. Dezember rd. 7,0° C. Nach einem Sturm wurde am 4. Dezember 5,5° C gemessen. An diesem Tage brachte die Auswertung durchgeftihrter Probefange 100°/oige Unreife aller Rogner. Als am 11. Dezember die Laichfischerei begann, betrug die Tem- peratur 5,0° C. Ahnlich war es 1971. Bei Beginn des Laichfischfanges hatte das Seewasser eine Temperatur von 5,5° C. Aufzeichnungen der Fischerei- genossenschaft zufolge wurden wahrend des Laichfischfanges 1966 (8. bis 15. Dezember) am Ostufer Temperaturen zwischen 4,0 und 6,0° C gemes- sen. Am Westufer lagen Schwankungen zwischen 5,0 und 9,0°C vor. 1965 dagegen betrug die Temperatur zwischen 6. und 16. Dezember am Ostufer konstant 7,0° C und am Westufer 7,5° C. In groBen Seen wechseln- der Tiefe wird die kritische Temperatur an verschiedenen Stellen zu recht ungleicher Zeit erreicht. Wahrend innerhalb der Flachwasserbezirke der Abkuthlungsvorgang weit fortgeschritten ist, koOnnen tber den tiefen Stel- len des offenen Sees betrachtlich héhere Warmegrade vorherrschen. Aus . Alexander Kélbing: Der Starnberger See 47 den Temperaturmessungen verschiedener Jahre geht hervor, da® am Starn- berger See der Beginn der Vollreife nicht unbedingt an der Temperatur- schwelle 7,0° C erfolgt (vgl. NUmann 1966, 1970). Da Laichfischfang bisher ausschlieBlich innerhalb der Uferregion ausge- ubt worden war, wurde vermutet, dali es innerhalb des Sees von der Frei- wasserzone bis zum Flachwasserbereich zu ,,Laichwanderungen“ kommt. Um festzustellen, ob laichreife Renken auch im Pelagial anzutreffen sind, wurden wahrend der Laichzeit 1972 vom 2. bis 16. Dezember zwei Ver- suchssatze mit insgesamt 9 Netzen der Maschenweite 40—49 mm im See verankert. Die Fangtiefe betrug 1—3 m. Vor Schlo8 Allmannshausen tber der Tiefenrinne (110 m) ca. 800 m vom Ostufer entfernt, kamen 192 Renken zum Fang. Von 94 Milchnern waren 75 reif und 19 unreif. Von 98 Rognern waren 39 reif und 59 unreif. In der Seemitte (Wassertiefe etwa 70 m) auf der Linie Tutzing/Ammer- land erbrachte die Versuchsfischerei insgesamt 119 Renken. Von 38 Milch- nern waren 23 reif und 15 unreif. Von 8i Rognern waren 35 reif, 40 unreif und 6 hatten bereits abgelaicht. Das Ergebnis zeigt, daB laichreife Fische auch in der Freiwasserzone an- zutreffen sind. Die Annahme, dai sich das Laichgeschaft auch wirklich in diesem Bereich abspielt, wird dadurch gefestigt, daB sich reife Exemplare parchenweise in geringem Abstand im Netz fingen, woraus die Bereitschaft zur Abgabe der Laichprodukte geschlossen werden kann (vgl. Wagler 1927, 204 ff.). Obwohl beim Fang von Laichfischen bestimmte Bezirke des Sees von den Fischern bevorzugt aufgesucht werden, kann daher von Laich- platzen im engeren Sinn, wie solche etwa vom Laachersee bekannt sind (Miegel 1966, 421), nicht gesprochen werden. Von Ammersee, Chiemsee, Kochelsee und Staffelsee ist bekannt, daf8 Coregonen wahrend der Laichzeit das Seebecken verlassen und zur Laichabgabe in den Zuflussen oft kilome- terweit aufsteigen. Wagler (1941, 444) teilt gleiches Verhalten von Core- gonen Osterreichischer und Schweizer Seen mit und vermutet, dai die Wahl der Laichplatze in erster Linie durch den Sauerstoffgehalt des Was- sers bestimmt wird. Am Starnberger See konnten solche Laichwanderun- gen nicht beobachtet werden, da durch das Fehlen eines groBen Zuflusses die naturgegebene Voraussetzung nicht vorhanden ist. Beobachtungen an eroBeren Zulaufen (Osterseebach, Marzenbach) wahrend der Laichzeit 1972 zeigten keinen Aufstieg von Laichfischen. Das Verhaltnis der Geschlechter kann mit der sog. Sexualziffer gekenn- zeichnet werden. Diese gibt die Anzahl der Milchner pro 100 Rogner an. In der Literatur haufiger angewendet findet sich aber das Verhaltnis Milchner zu Rogner pro 100 Individuen oder auf den Gesamtfang bezogen. Erste Zahlen tiber die Geschlechterverteilung im Starnberger See hat Wagler (1941) ver6ffentlicht. Er fand ein Verhaltnis von 48:52. Unter 100 unter- suchten Individuen waren 48 Milchner und 52 Rogner. v. Lukowicz (1967) fand ein Verhaltnis von 426 : 381. Bei den Versuchsfangen 1971 ka- men 247 Milchner, 239 Rogner und 1 Zwitter zum Fang. Diesen Angaben zufolge ist innerhalb der Renkenpopulation des Starnberger Sees das Ver- 4a Alexander Kélbing: Der Starnberger See hadltnis der Geschlechter zueinander anndhernd 1:1. Es kénnen keine An- gaben gemacht werden, wann und unter welchen Voraussetzungen sich das eine oder andere Geschlecht bevorzugt fangen lieB. Die Moglichkeit wah- rend der Laichzeit eher am Boden reife Milchner fangen zu konnen, wurde durch die Beobachtung bestatigt, daB sich der reife Milchner am Grunde aufhielt und augenscheinlich die Vollreife des Rogners abwartete. 4. Fidurchmesser, EFigewicht, Eizahl/1 Tab. 7: Eidurchmesser von Coregoneneiern der Altersklasse I+ und II+ Mittelwerte der Messungen von jeweils 100 Eiern. Tag der I+ II+ Messung [mm] [mm] 11. 12. 1970 1,95 2,20 28. 12. 1970 2,20 2,40 WI, ale Ue Dag) 2,50 28. 1.1971 2,30 2,60 11. 2.1971 2,30 2,60 28. 2.1971 2,30 2,60 Die Variationsbreiten betrugen flr die Eier der Altersklasse I+ + 0,1 mm, ftir die Eier der Altersklasse II+ + 0,2mm. Vonder jeweiligen Altersklasse lag beztiglich des Eidurchmessers ausgesprochen einheitliches Material vor. Die angegebenen Variationsbreiten bezogen sich innerhalb der Serien auf einige wenige Eier. Wagler (1941, 452) gibt fur unge- augte Eier im Durchschnitt 2,06 mm mit einer Variationsbreite von 1,9 bis 2,3mm an. Aus seinen Angaben geht nicht exakt hervor, zu welchem Zeit- punkt die Fier gemessen wurden. Mit der VergroBerung des Eidurchmessers findet eine Volumenanderung statt, die innerhalb der Erbriitungsdauer in 3 Phasen erkennbar ist. Die auffalligste VolumenvergroBerung erfahrt das Ei in den ersten 14 Tagen seiner Entwicklung. Im Verlauf des nachsten Monats findet eine weitere Zu- nahme des Eivolumens statt. Im letzten Teil der Eientwicklung bleibt der Eidurchmesser konstant. Besonders auffallend sind die GroBenunterschiede, die sich im Vergleich der beiden Altersklassen ergeben. Kleinere Hier be- wirken kleinere Britlinge, die von ihrer Konstitution her geringere Uber- lebenschancen haben. Die hieraus resultierenden Probleme bei der Ver- mehrung der Coregonenbestande hat Niumann (1962, 1963) fur den Bo- densee dargelegt. Die Problematik trifft gleichermaBen auf den Starnber- ger See zu. Bei der Bestimmung des Eigewichts war das Ergebnis der Wagungen (von jeweils 10 Eiern): 1. 63,8 mg, 2. 58,6 mg, 3. 63,2 mg, 4. 62,5 mg, 5. 62,9 mg, 6. 62,9 mg, 7. 66,2 mg, 8. 56,8 mg, 9. 67,1 mg, 10. 62,5 mg. Das Durchschnittsgewicht pro Hi ergibt sich zu rd. 6,3 mg. Zur Bestimmung der Eizahl pro 1 wurde in einem MeBzylinder 10mal das Alexander K6élbing: Der Starnberger See 49 Volumen von 250 eben befruchteten Eiern ermittelt. Das Durchschnittsvo- lumen lag bei 2,5 ml. Daraus errechnen sich etwa 100 000 Eier pro 1. 5. Dauer der KFientwicklung, Langenmessungen an frisehsesichlupiten Larvien Die Entwicklungsdauer der Fischeier von der Laichabgabe bis zum Schlupftermin wird in der Regel durch die Summe der Tagesgrade ge- kennzeichnet. Man versteht darunter die Summe der durchschnittlichen Wassertemperaturen aller Bruttage (Morawa 1968). Allerdings stimmt die Temperaturabhangigkeit der Erbriitungsdauer nur im mittleren Be- reich mit den nach der Temperatur-Summen-Regel (Tagesgrade) errechne- ten Werten iiberein (vgl. Keiz 1959). Wagler (1941) halt genaue Angaben uber die Entwicklungsdauer von Coregoneneiern fiir méglich und sieht in der Unterschiedlichkeit der Tagesgrade ein gutes Unterscheidungsmerkmal fur die einzelnen Arten im Coregonensystem. Nach seinen Aufzeichnungen uber den Bodensee schlupft die Brut des Blaufelchens nach 300 Tagesgra- den, die des Sandfelchens nach 325 Tagesgraden und die Gangfischbrut nach 360 Tagesgraden. Die Entwicklungsdauer der Starnberger See-Coregonen wurde wahrend der Erbriitungszeit 1970/71 und 1971/72 beobachtet. Die Erbriitung in der genossenschaftseigenen Brutanstalt in Tutzing erfolgte mit Seewasser. Die durchschnittlichen Wassertemperaturen schwankten zwischen 1,6° C (31. 1. 72) und 5,8° C (21. 12. 1971). Der Entwicklungsgang anhand der Tagesgrade war folgender: Das Augenpunktstadium (erstes Pigment in den Augen) war am 11. Ja- nuar 1971 bei 107,5 Tagesgraden, 1972 am 4. Januar bei 126,2 Tagesgraden erreicht. Zum Vergleich gibt Wagler (1941, 456) fiir Coregonen allgemein rd. 130 Tagesgrade an. Kurze Zeit spater zwischen 120 und 140 Tagesgraden begann das Schlup- fen nicht lebensfahiger Larven. Dieser verfrtihte Schlupfvorgang ist auch von den Brutanstalten des Bodensees bekannt. Das Schlupfen lebensfahiger Larven begann 1971 am 28. Februar bei 275,5 Tagesgraden. Am 29. Marz 1971 bei 364,5 Tagesgraden waren saémtliche Coregonenlarven ausgeschlupft. 1972 fand erstes Schlliipfen am 6. Februar bei 231,8 Tagesgraden statt. Vollstandig beendet war der Vorgang am 16. Marz bei 386,6 Tagesgraden. 1972 wurde also ein anderer Entwicklungsgang festgestellt. Exakte Anga- ben Uber den Schliipftermin in Verbindung mit den Tagesgraden konnen nicht gemacht werden. In beiden Fallen zog sich das Schlupfen uber Wo- chen hin, obwohl es sich um einheitliches Eimaterial handelte, das zu glei- cher Zeit befruchtet worden war. Das Schlupfen beginnt zu einem bestimm- ten Zeitpunkt, erreicht allmahlich seinen Hohepunkt, klingt dann langsam ab und ist 4—5 Wochen nach dem ersten Schlupfen beendet. In diesem Zu- sammenhang teilt Staudinger (1887) mit, daB nach seinen Ermittlungen das Schltipfen der Renken im Starnberger See Ende Januar erfolgt. Er be- 50 Alexander K6lbing: Der Starnberger See richtet weiter, daB der Laichvorgang zwischen 8. und 20. November legt (4 Wochen eher als zur heutigen Zeit). Bei Annahme einer mittleren Was- sertemperatur von 4° C errechnet sich eine Entwicklungsdauer von etwa 290 bis 335 Tagesgraden. Die Befunde der Laichentwicklung am Seeboden konnten somit die Verhaltnisse in der Brutanstalt bestatigen. Die GrodBe der schlipfenden Coregonenbrut ist in erster Linie von der GroBe der Eier abhadngig. Ferner spielt die Temperatur wahrend des Er- briitungsvorganges eine Rolle (Braum 1964). Langenmessungen eben geschltipfter Larven von Elternfischen der Larven I+ betrugen 9,0 mm (8,8—9,3), der Altersklasse II-+- 10,5 mm (9,9 bis 11,5). Wagler (1941, 458) bestimmte die Lange mit 8,9 mm (7,4—9,6). Die Zeichnung einer Renkenlarve vom Starnberger See findet sich bei Wag- ler (1941, 457). Bei, den Larven kann wahrend der ersten Tage nach dem Schliipfen eine rasche Langenzunahme beobachtet werden. Zu Beginn der Nahrungsaufnahme wird das Wachstum verlangsamt. Die bei der Betrach- tung der Larven auffallende Grofe der Augen wird mit deren Bedeutung fiir die Nahrungsaufnahme erklart. Fur diese beginnen sich die Larven ge- gen Ende des Dottersackstadiums zu interessieren. Die einzelnen Beute- tiere werden hierbei binokular fixiert. Die Fischchen schnappen nach den Planktern, wobei ihr Mund als ,, Vakuumfalle“ wirkt (vgl. Braum 1964). 6. Zur Punktionstuchtigkeit der Larchplatze Im Zuge fortschreitender Eutrophierung der Seen wurde besonders im Bereich des Bodensees auf die Gefahr ftir die Entwicklung der empfindli- chen Coregoneneier hingewiesen, die aus den stets grdfer werdenden Sauerstoff-Zehrungswerten erwachst (Elster/Nuimann 1961, Kriegs- mann 1968). Es wird beftirchtet, daB die Renkeneier wahrend ihrer Ent- wicklungszeit infolge Sauerstoffmangels ersticken. Untersuchungen dienen dazu, eine beginnende Gefahrdung. der Funktionstuchtigkeit der Laich- platze rechtzeitig zu erkennen. Dies ist flr fischereiliche Sanierungspro- gramme von Bedeutung, da Férdermafinahmen, wenn diese den Renken- ertrag einmal zu stutzen hatten, nicht kurzfristig erfolgen konnen. Zur Feststellung der Funktionstuchtigkeit wurde Renkenlaich in ver- schiedene Tiefen des Sees abgesenkt und anhand regelmafiger Kontrollen die Eientwicklung beobachtet. Als Behalter fur die Eier dienten pyrami- denférmige Eisendrahtgestelle, die mit , Monodur 1120“ ausgeschlagen wa- ren. Die im Dezember 1971 begonnenen Versuche werden tiber den Rah- men dieser Arbeit fortgesetzt. Eingehende qualitative und quantitative Analysen der Beobachtungen sollen an anderer Stelle veroffentlicht wer- den. Den Auswertungen der Vorversuche ist aber zu entnehmen, dai vor- laufig noch in allen Tiefen eine Eientwicklung stattfand, die das Schlupfen lebensfahiger Larven ermdéglichte. Die Verluste infolge Absterbens der Eier waren sehr hoch. Die Feststellung, ob und inwieweit Gammariden an der Alexander Kélbing: Der Starnberger See 51 Kivernichtung beteiligt waren, bleibt einer weiteren Untersuchung vorbe- halten. Uber die wahrend der Eientwicklungsdauer herrschenden Sauerstoffver- haltnisse konnen keine exakten Angaben gemacht werden. Aus den Tiefen- profilen von Dezember 1970 und 1971 geht hervor, daB die Konzentrationen in 117 m Wassertiefe bei 6,2—7,5 mg/l lagen. Allerdings bleiben die Bedin- gungen in der Schlamm-Wasser-Kontaktschicht wie oben beschrieben un- bekannt. Sicher ist aber, daB fur die Schaffung giinstiger Entwicklungsmég- lichkeiten das fruhe Einsetzen der herbstlichen Zirkulationsvorgénge von Vorteil ist. V. Renkenfischerei hate aLoss Sat UrksG Ui) Am Starnberger See meldet jede der 37 fischereiberechtigten Familien am Ende einer Fangperiode dem Genossenschaftsvorstand ihren Fanger- trag. 7 Wagler (Aktenmaterial der Zool. Sammlung des Bay. Staates — un- veroffentlicht) bezeichnet den durch die Bayerische Verwaltung der Sthat- lichen Schlosser, Garten und Seen erstellten jahrlichen Gesamt-Fangertrag fur die Renken in seiner Hohe als ,,unzuverlassig“, da die Fischer ledig- lich ?/3 bis 3/4 des tatsAchlichen Fanges angeben (vgl. Jahn 1970). Von 1920 bis Kriegsende liegt annahernd einheitliches Ertragsniveau vor. Extremwerte bilden die Fangertrage der Jahre 1927 und 1938. Parallel zur Entwicklung am Bodensee/Obersee (N imann 1959) fiihrt die inden Nach- kriegsjahren starker einsetzende Eutrophierung, Uber die Bereitstellung groBerer Nahrungsmengen flr die Fische, zu leichten Ertragssteigerungen. Nach 1956 setzt ein sprunghaftes Ansteigen der Ertrage ein. Tab. 8: Renkenfischerei am Starnberger See — Durchschnittsertrage in kg/ha. Zeitraum Durchschnittsertrage Spannweite [kg/ha] 1920—1945 2,09 0,87— 5,19 1946—1956 2,83 1,02— 4,03 1957—1971 8,15 3,16—12,72 *) Unter Ertrag wird hier der der Renkenpopulation durch Fang entzogene Teil des Bestandes verstanden (vgl. Jens 1964, 34). 52 Alexander Kélbing: Der Starnberger See Abb. 16: Renkenertrage seit 1920 Jahr kg kg/ha Jahr kg kg/ha eS SOUL AA 8 Fes UE Ds Sea ee cE Se a a 1920 7537 1,31 1946 10452 1,83 1921 8673 1,51 1947 13448 2,35 1922 10966 1,92 1948 23017 4,03 1923 6587 1,15 1949 16243 2,84 1924 5912 1,03 1950 21007 3,67 1925 7901 1,38 1951 20467 3,58 1926 6615 1,15 Ia 19646 3,44 1927 4979 0,87 1953 21000 3,67 1928 6929 1,21 1954 12569 2,20 1929 11605 2,03 1955 14688 2,07 1930 14313 2,50 1956 5822 1,02 1931 15481 Pal 1957 32208 5,64 1932 11766 2,06 1958 68441 11,98 1933 8964 1,57 1959 69832 12,23 1934 7805 1,36 1960 52806 9,24 1935 8094 1,41 1961 32215 - 5,64 1936 10605 1,85 1962 18054 3,16 1937 15596 2,73 1963 21573 3,77 1938 29675 5,19 1964 21766 3,81 1939 16494 2,88 1965 45120 7,90 1940 9076 1,58 1966 72645 12,72 1941 18141 3,17 1967 34491 ~ 6,04 1942 15637 Dies) 1968 35720 6,25 1943 12311 2,15 1969 58358 10,22 1944 — — 1970 68644 12,02 1945 16231 2,84 1971 66714 11,68 1920—1936 Wagler (1938, 13). 1939—1950 Wagler (unver6ffentlichte Aufzeichnungen der Zoologischen Sammlung des Bayerischen Staates). 1853—1971 Aufzeichnungen der Fischereigenossenschaft Wurmsee. 1937/38 1951/52 Aufzeichnungen der Bayerischen Verwaltung der Staatlichen Schlosser, Garten und Seen. [kg] 4 70000} 60000 | Starnbergersee : Renkenertrage 1920-1971 i 40.000+ 30,000 20.000 10.000 1920 1925 1930 1935 1940 1945 1950 1955 1960 1965 1971 Alexander Kolbing: Der Starnberger See 52 Der von Schmid (1967) mit 23,8 kg/ha angegebene hohe Durchschnitts- ertrag flr 1966 ist der Fangertrag von nur 3 Betrieben. Da aber die Ren- kenfischerei betriebsweise mit unterschiedlicher Intensitat ausgeubt wird, sind einzelbetriebliche Angaben zur Erstellung eines Gesamt-Fangertrages nicht hinreichend reprasentativ. Auch unter Berticksichtigung zu niedriger Angaben in der Statistik, scheint dieser Wert wegen der Bewirtschaftungs- weise des Coregonenbestandes die derzeitigen Moglichkeiten des Sees zu ubersteigen. 2. Altersklassenzusammensetzung Die Untersuchung der Altersklassenzusammensetzung wurde an der 487 Exemplare umfassenden Stichprobe vorgenommen. Tab. 9: Altersaufbau des Renkenbestandes AK -Marz April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Summe t=) 1 3 31 35 Ti+ 31 17 30 39 49 36 42 10 254 IlI+ 29 46 36 18 20 28 18 2 197 IV-+ 1 1 Erstes Auftreten der Altersklasse I+ wird bei Verwendung von Netzen der Maschenweite 40 und 42 mm am Starnberger See in den Monaten Juli/ August festgestellt. Gegen Ende der Fangperiode nehmen die Anteile dieser Klasse in den Fangen zu. Den groBten Prozentsatz am Gesamtumfang bil- det die Klasse II+. Sie ist tiber die ganze Fangperiode dominierend. Auch die Klasse III+ ist bis Mai dominant am Fang beteiligt. Sie ist bis zum Ende der Fangperiode mit abnehmendem Umfang vertreten. Der Fang eines Exemplares der Altersklasse IV+ kann als Seltenheit angesehen werden. Am Bodensee wurden seit 1930 Untersuchungen der Altersklassenzu- sammensetzungen durchgefiihrt. Anfang der 30er Jahre waren 8- und 9- jahrige Fische in den Fangen keine Seltenheit. In den nachfolgenden Jah- ren setzten sich die Fange im wesentlichen aus den Klassen III+ und IV + (1934 weitaus der groBte Anteil) zusammen. Die Klasse V-> war schon weit weniger vertreten. Obwohl hinsichtlich Schonmafi und Maschenweiten kei- ne Veraénderungen vorgenommen wurden, traten wahrend der letzten 20 Jahre die jiingeren Altersklassen immer starker hervor. Die Klasse Il +, *) UbereinkommensgemaB wird der 1. Januar als Geburtstag der Coregonen an- gesehen. Solange der Fisch diesen Termin nicht wieder erlebt hat, wird er zur Alters- klasse 0 gerechnet. Im weiteren Verlauf zahlt er analog zur Altersklasse I, IJ, II usw. Vom Beispiel II+ ausgehend, bedeutet das Pluszeichen, dafi sich der Fisch als Zwei- jahriger im dritten Lebensjahr befindet (Elster 1935), 54 Alexander K6élbing: Der Starnberger See deren Vertreter zuvor nur als Vorwtichser vereinzelt im Fang erschienen, stellte bald den Hauptanteil am Gesamtfang. Heute sind schon die Vor- witchser der Klasse I+ in den Fangen nachzuweisen, obwohl zur Schonung dieser Altersklasse die Maschenweite 1965 auf 44 mm heraufgesetzt worden war (vgl. Florin 1968, 1969, 1970). Es liegt daher in letzter Zeit erneut eine Verringerung der im See vorkommenden Altersklassen um eine Al- tersklasse vor. Wegen der parallellaufenden Eutrophierungsvorgange in beiden Seen dtirfte die Entwicklung der Altersklassenzusammensetzung, so wie sie vom Bodensee bekannt ist, in 4hnlicher Form ftir den Starnberger See zutreffend sein. 3 Die Héhe des Gesamt-Fangertrages an Renken wird in erster Linie durch die Klasse II+ festgelegt. Nur dann, wenn diese Klasse zahlenmaBig so ~ stark vertreten ist, daB sie innerhalb einer Fangsaison nicht vollstandig herausgefangen werden kann, kommt es zur Ausbildung der Klasse III + mit erhohten Fanganteilen innerhalb der ersten Jahreshalfte. Die Fangan- teile gehen in der zweiten Jahreshalfte rasch zuruck. Am letzten Fangtag der Saison 1970 wurden an 337 Renken Altersbestimmungen durchgefuhrt. Nur 5 Exemplare gehorten der Altersklasse III+ an. Alle anderen Fische waren junger. Dieser Tatbestand zeigt, daB bei der Intensitat der Befi- schung nur noch wenige Exemplare der Altersklasse III+ zur Abgabe ihrer Laichprodukte gelangen. Bildet die Klasse II+ einen zahlenmafig schwa- chen Jahrgang, ist auch die Zahl der II + -Laichfische stark dezimiert. 3. Wachstum Die Bestimmung des mittleren Wachstums eines Jahrgangs erfolgt an- hand von Wachstumsrtickberechnungen aus dem Schuppenbild. Da das Wachstum von Korper und Schuppen nicht direkt proportional ist, kom- men Korrekturfaktoren nach Einsele (1943) und Elster (1944) zur An- wendung. Die Methode erlaubt es, das durch die zunehmende Kutrophie- rung beschleunigte Wachstum der Bodenseeblaufelchen nachzuweisen (N u - mann 1959, 1962, 1967, 1970). Verschlechterungen im Trophiezustand eines Gewidssers werden auf diese Weise durch Veranderungen im mittleren Wachstum einer Coregonenpopulation erkannt. Durch Art und Intensitat der Befischung werden bei Erreichen des Schon- maBes zuerst schnellwtichsige, spater langsamwtichsige Fische gefangen. Durchschnittswerte fiir K6rpermafe eines erstmalig zum Fang kommenden Jahrgangs fallen deshalb durch den Einflu8 der Vorwtichser zu hoch aus. Fur altere Jahrgange sind die Werte dagegen zu niedrig, da die Vorwtchser gefangen worden sind und nur ,,Minusabweicher“ zur Vermessung gelan- gen. Die durch genetische und Umweltfaktoren bedingten Wachstums- unterschiede werden durch ,,Spannweiten“ der Werte zum Ausdruck ge- bracht. Bei Auswertung der Fange wird auf Berechnung des mittleren Jahreszuwachses der einzelnen Parameter verzichtet und stattdessen ver- sucht, durch Einsatz von Netzen unterschiedlicher Maschenweite (36 bis Alexander K6élbing: Der Starnberger See 55 48mm) die Wachstumsunterschiede durch die Spannweiten besonders gut sichtbar zu machen. Bei Festlegung des Schonmafes fiir eine Altersklasse kann somit der Richtwert durch die Vorwiichser bestimmt werden. Damit unterbleibt die fortlaufende negative Selektion durch den Fang der Vor- wuchser. Genetisch hochwertiges Material bleibt dem Gewadsser fiir die Vermehrung der Bestande erhalten. Die Untersuchungen erfolgten jeweils zwischen dem 1. und 5. eines Mo- nats. Da das Wachstum der Fische wahrend der kalten Jahreszeit stagniert, beschranken sich die Auswertungen auf den Zeitraum von Marz bis Ok- tober. Tab. 10: Auswertung der Fange Gesamtlange (Lt) **) M Lt I+ Spannweite MLtII+ Spannweite M Lt III+ Spannweite M Lt IV+ Marz 31,1 (81) 27,7—34,5 36,6 (29) 32,5—41,4 April 30,7 (17) 28,4—33,6 35,0 (46) 32,3—38,0 Mai 31,4 (30) 28,8—33,1 35,4 (36) 32,5—40,8 Juni 32,0 (39) 29,9—35,0 36,6 (18) 33,4—40,6 Juli 29,4 ( 1)* 32,3 (49) 30,2—36,0 35,5 (20) 33,2—40,0 Aug. 33,9 (36) 31,6—36,5 36,8 (28) 35,3—39,8 Sept. 28,8 ( 3) 26,1—31,4 35,1 (42) 31,7—37,7 38,9 (18) 36,1—42,2 48,4 (1) Okt. 28,9 (31) 26,2—32,6 36,4 (10) 31,6—40,6 41,4 ( 2) 40,6—42,3 *) Anzahl untersuchter Exemplare **) M = Mittelwert Umfang (U) MUI+®@ Spannweite MUI+¢4 Spannweite MUII+@2 Spannweite Marz 16,5 (20) 14,6—18,3 April 15,5 ( 5) 15,0—16,8 Mai 16,9 (18) 14,7—18,0 Juni 17,5 (17) 16,0—19,1 Juli 15,5 ( 1) Lieven Clath) 16,2—19,0 Aug. 18,1 (16) 16,5—19,5 Sept. 14,6 (3) 14,5—14,9 18,4 ( 9) 17,3—19,5 Okt. 15,0 (21) 13,9—16,3 14,9 (10) 12;5—16,7 19,4 ( 4) 18,0—20,8 fo EE AE Or tal Oe SII SR ITE PEG Sac AE so YN Se OU ES PI Sd aaa a MUII+@ Spannweite M U III+@ Spannweite M U III+ ¢ Spannweite M UIV+@ 15,4 (11) 15,9 (12) 16,8 (12) 17,1 (22) 17,2 (31) 17,4 (20) 17,9 (33) 18,4 ( 6) 14,316,2 e170 16,0—17,7 SG 16,3—18,7 15,9—19,0 16,7—19,6 17,0—20,4 17,4 (15) 17,5 (18) 19,0 (24) 19,6 (13) 19,7 (10) 19,7 (16) 20,1 (11) 21,4 ( 1) 16,3—18,5 16,1—19,2 1'7,0-—22,3 18,0—21,4 19,4--22,9 1 aes 18,6—22,8 17,6 (14) 17,3 (28) 18,7 (12) 19°53 (5) 18,8 (10) ~ 19,1 (12) 20,8 ( 7) 20,4 ( 1) 15,3—21,3 15,6—19,2 17,0—22,0 1g 0N1 17,4—20,3 18,2—20,0 19,9—21,8 29,0 (1) Vollgewicht (Gv) Alexander K6élbing: Der Starnberger See MGvI+ Spannweite M GvII+ Spannweite M Gv III+ Spannweite M Gv IV+ Marz 273 (31) 206—333 394 (29) 293—580 April 250 (17) 206—278 363 (46) 302—442 Mai 261 (30) 159—313 386 (36) 286— 618 Juni 287 (39) 214—350 414 (18) 338—536 Juli 208 ( 1) 253 (49) 242—348 408 (20) 348—545 Aug. 330 (36) 262—382 430 (28) 361—511 Sept. 175 ( 3) 137—219 350 (42) 274—450 513 (18) 432—727 1245 (1) Okt. 185 (31) 117—270 399 (10) 272—507 579 ( 2) 567—592, Gv - 100 Korpulenzfakter (K = — ) lets MKI+ Spannweite M K II+ Spannweite MKIII+ Spannweite M K IV+ Marz 0,90 (31) 0,74—1,12 0,79 (29) 0,67—1,01 April 0,85 (17) 0,73—0,95 0,78 (46) 0,68—1,10 Mai 0,84 (30) 0,66—1,14 0,85 (36) 0,65—1,00 Juni 0,86 (39) 0,73—1,02 0,84 (18) 0,72—1,06 Juli 0,81 ( 1) 0,86 (49) 0,69—1,03 0,89 (20) 0,72—1,14 Aug. 0,83 (36) 0,72—0,95 0,85 (28) 0,69—0,98 Sept. 0,71 ( 3) 0,68—0,77 0,79 (42) 0,67—0,96 0,86 (18) 0,75—1,05 1,04 (1) Okt. 0,74 (81) 0,68—0,91 0,81 (10) 0,75—0,89 0,81 ( 2) 0,74—0,88 In Tab. 10 sind die monatlichen Mittelwerte (M) fur die in der Stichprobe angetroffenen Altersklassen mit den dazugeh6renden Spannweiten darge- stellt. Die in Klammern gesetzten Zahlen stellen die Anzahl der unter- suchten Exemplare dar. Hinsichtlich der Gesamtlange (Lt) ist flr die Altersklassen fortlaufender Anstieg der durchschnittlichen Monatswerte sowie der Eckwerte der Spann- weiten zu erkennen. Der etwas hohere Marzwert durfte mit den Resten eines Uberhanges an Vorwiichsern aus dem Vorjahr zu begriinden sein. Ein Hin- weis darauf, dafi infolge des vergroBerten Nahrungsangebotes das Wachs- tum der Renken zugenommen hat, findet sich bei Wagler (1937, 401). Bei seinen biometrischen Arbeiten am Starnberger See lag ihm ein Fischmate- rial vor, das eine durchschnittliche Gesamtlange von 25,4 cm aufwies. (Die- ser Wert ist nicht damit zu begrunden, dai zu jener Zeit mit Netzen en- gerer Maschenweite gefischt wurde. Das geringere Wachstum der Fische findet vielmehr in der Altersklassenzusammensetzung zusatzliche Bestati- gung). Die Gesamtlange der heute zum Fang kommenden Fische hat sich damit erheblich vergroBert. Vergleiche mit den Auswertungen der Fange des Bodensees zeigen, da} die Renken heute in 2 Jahren (I+) gleiche Lan- gen erreichen wie in den dreifiger Jahren nach 5 Jahren (IV+) (NU- mann 1970). Inwieweit das Wachstum noch von anderen Faktoren wie Alexander K6élbing: Der Starnberger See 57 Wassertemperatur oder Populationsdichte beeinfluBt wird, ist im einzel- nen unerforscht. Auffallend sind die grofien Wachstumsunterschiede innerhalb der einzel- nen Altersklassen, die an den Spannweiten sichtbar werden. Ein II+ Fisch kann im Marz 34,5 cm Lt und 18,3 cm Umfang messen, auBerdem 333 g wie- gen. Ein langsamwuchsiger Altersgenosse weist dagegen 7 Monate spiter im Oktober nur 31,6cm Lt und 18,0cm Umfang bei 270g auf. Auch Fische der Altersklasse I-- konnen im Oktober 32,6 cm Lt bei 270 g aufweisen. Bei solchen Exemplaren ist der Umfang deutlich geringer und der Korpulenz- faktor kleiner. Der Vergleich von Vorwtichsern und Langsamwiichsern zeigt Wachstumsunterschiede, die zusammengefabt ergeben, dai Vorwiichser am Ende des 3. Jahres (II--) fast doppelt so schwer sind wie gleichaltrige lang- samwuchsige Artgenossen. Die Messung der Kérperumfange erfolgt im Hinblick auf die Festlegung der Maschenweite unter den gegebenen biologischen Voraussetzungen. Die Maschenweite errechnet sich — bei Angabe der Kantenlange — aus dem vierten Teil des Korperumfanges. Tab. 11: Korperumfang und Maschenweite [mm] Umfang MW Umfang MW . 16,0 40,0 20,5 51,2 16,5 41,2 21,0 52,9 17,0 42,5 21,5 53,7 17,5 43,0 22,0 55,0 18,0 45,0 220 56,2 18,5 46,2 23,0 57,9 19,0 47,5 23,5 58,7 19,5 48,7 24,0 60,0 20,0 5050 Wollte man die Altersklasse I+ vollstandig schonen, ware in der Praxis so vorzugehen, dai der grote gemessene Umfang den Richtwert zur Fest- setzung der Maschenweite darstellt. Bei dem im Oktober ftir einen I+ Milchner festgestellten Umfang von 16,7cm ist die Maschenweite damit zwischen 41,2 und 42,5 mm anzusetzen. Die Tabelle zeigt weiterhin, daB die Fische nur relativ kurze Zeit in den am Starnberger See verwendeten Net- zen der Maschenweite 40—42 mm fangig sind, dann sozusagen aus der Ma- sche herauswachsen. Auch aus diesem Grunde ist der Fang eines Exemplars der Altersklasse IV-+ mit einem Umfang von 29,0cm als Seltenheit anzu- sehen. Lediglich die grofe Befischungsintensitat verhindert, da Renken- beifange in Hechtnetzen (60—80 mm) relativ unbedeutend sind. Bei Beurteilung des Wachstums durch den Korpulenzfaktor werden Lan- Gv. 100 ge und Gewicht der Fische gleichzeitig bertcksichtigt (K = — Lie ). Dabei 58 Alexander Koélbing: Der Starnberger See zeigte sich, dai die Fische im Laufe ihrer Entwicklung korpulenter werden. Dies geht aus dem Vergleich der Korpulenzfaktoren der Altersklasse I+ und II+ hervor. Wahrend die Werte fiir die Altersklasse I+ zu Beginn ihres Auftretens in den Fangen bei durchschnittlich 0,71—0,74 lagen, stie- gen sie im Laufe eines Jahres auf durchschnittlich 0,85 an. Mit dieser GroBe diirfte auch der Gesamtdurchschnittswert des Sees festhegen. Die Spann- weite liegt zwischen 0,66 und 1,14. Die Werte sind gut mit den Angaben von Reichenbach-Klinke (1967) fur Chiemsee und andere ober- bayerische Seen vergleichbar (0,8 bis 1,15). Der Korpulenzfaktor der Ren- ken des Starnberger Sees ist damit dem der Renken der tbrigen Seen des oberbayerischen Voralpengebietes ahnlich. AuBerbayerische Vergleiche mit Renken des Laacher Sees, die vom Verfasser an einer Stichprobe von 103 Exemplaren 1972 vorgenommen wurden, zeigen, da die Fische der Altersklasse II-++ dieses Sees noch ziemlich schlank sind. In den hoheren Altersklassen sind die Fische dann allerdings korpulenter als die oberbaye- rischen Vertreter. Tab. 12: Korpulenzfaktoren von Renken des Laacher Sees (Dezember 1972) AK M Spannweite n IMIS 0,76 0,70—0,86 10 TII+ 0,91 0,69—1,17 71 IV+ 1,03 0,80—1,19 22 4. Befischungsintensitat Die Befischungsintensitat entspricht dem Fangmittelaufwand wahrend eines Zeitraumes (vgl. Elster 1944). Bei den durchgeftihrten Berechnun- gen wurde die innerhalb einer Fangperiode eingesetzte Netzflache ermittelt und zur Seeflache in Beziehung gesetzt. Vergleichende Untersuchungen am Ammersee und Chiemsee sollten die Befischungsintensitat des Starnberger Sees anschaulich machen. Schwierigkeiten traten dadurch insofern auf, als an den einzelnen Seen Unterschiede in den Befischungsgepflogenheiten und der Lange der Fangperioden anzutreffen sind. Bei der Berechnung wurde daher im einzelnen wie folgt vorgegangen: a) Es wurde die Anzahl der Fischereitage der jeweiligen Seen innerhalb der Fangperiode 1972 bestimmt. b) Die Netzflache, die ein Fischer im Laufe der Fangperiode ausgebracht hatte, wurde ermittelt. Dabei wurde der am Starnberger See und Chiem- see herrschenden Gewohnheit, die Fangperiode fischereilich in 2 Ab- schnitte zu gliedern, Rechnung getragen. (Vom 3. Januar bis 2. Juni 1972 fischte jeder Fischer am Starnberger See 7 Tage in der Woche mit 1200 m? pro Tag, vom 5. Juni bis 29. September 4 Tage in der Woche mit 2000 m?. Am Chiemsee blieb im Gegensatz dazu die Netzflache unverandert). Alexander K6olbing: Der Starnberger See 59 c) Die Netzflache eines Fischers wahrend der Fangperiode wurde auf die Anzahl der Fischereiausubenden der Seen umgerechnet und zur jewei- ligen Seeflache ins Verhaltnis gesetzt. Als Ergebnis liegt die eingesetzte Gesamtflache pro ha fur 1972 vor. Tab. 13: Befischungsintensitat- 1972 Starnberger See Ammersee Chiemsee Seeflache [ha] 5710 4700 8014 Fischereiberechtigte 37 36 19 Fischereiausubende 35 24 19 Fangperiode 1972 3. 1. — 29. 9. 28. 2. — 29. 9. 3. 1. — 6. 10. Fangtage i. d. Woche 4—7 4 5—7 Netzflache/24 Std. [m?] 1200—2000 2500 2000 Netzflache/Fischer und Fangperiode 319 600 310 000 486 000 Gesamtnetzflache aller Fischereiausubenden 11 186 000 7 440 000 9 234 000 Gesamtnetzflache in der Fangperiode [m2/ha] 1959 1582 1152 Die Ubersicht zeigt, daB im Vergleichsjahr 1972 die Befischungsintensitat am Starnberger See am hochsten war. Zwischen Ammersee und Starnber- ger See besteht annadhernd Ubereinstimmung hinsichtlich der Netzflache, mit der die Fischer wahrend der Fangperiode arbeiten durfen. Auf diesem Sektor haben die Chiemseefischer groBere Moglichkeiten. Hieraus geht her- vor, daB& die Befischungsintensitat der gréBeren Seen des oberbayerischen Voralpengebietes in erster Linie von der Zahl der Fischereiaustibenden im Verhaltnis zur Seeflache bestimmt wird. 1972 war fiir Ammersee”) (84 490 kg = 17,33 kg/ha) und Chiemsee”) (158 897 kg = 19,83 kg/ha) ein ausgesprochen gutes Ertragsjahr, wahrend fiir den Starnberger See*) der Ertrag schlecht ausfiel (24984 kg = 4,37 kg/ha). Aus der GrofBe der Befischungsintensitat 1a48t sich somit die in der Coregonenfischerei allgemein anzutreffende Ten- denz ablesen, daB starke Jahrgange geschont werden, wahrend man sinken- den Ertraégen schwacherer Jahrgaénge durch Erhohung des Fangmittelein- satzes zu begegnen sucht. Aus dieser Sicht ergibt sich, daB das Verhaltnis der Befischungsintensitaten der Seen Schwankungen unterworfen und von der Hohe der Ertrage abhangig ist. So konnte eine Annaherung der Werte dann erfolgen, wenn die Ertragslage am Starnberger See gut, die der bei- den anderen Seen dagegen schlecht ist. Trotzdem kann die vergleichsweise hohe Befischungsintensitaét am Starnberger See nicht tibersehen werden. *) Muindliche Angaben des jeweiligen Genossenschaftsvorsitzenden. 60 Alexander K6élbing: Der Starnberger See dD. Netze Die Renkenfischerei wird am Starnberger See ausschlieBlich mit Stell- netzen betrieben, wobei Schwebnetze und Bodennetze wahlweise zum Ein- satz kommen. a) Schwebnetze werden in der Freiwasserzone des Sees gesetzt. Die zulas- sige Anzahl von Netzen (diese schwankt derzeit am Starnberger See zwischen 6 und 10) wird aneinandergeknotet und ergibt damit einen Netzsatz, der in gerader Linie oder bogenformig gesetzt wird. Die ge- wunschte Fangtiefe wird durch an der Oberleine in regelmafigen Ab- standen angeknotete Schnitre mit Schwimmern (flr zwei Netze werden in der Regel drei Schwimmer verwendet) eingestellt. Zwei Bojen, eine am Anfang, eine am Ende des Netzsatzes, dienen daruberhinaus der Sichtbarmachung des Fanggerates. Die Fangtiefe schwankt, von der Wasseroberflache aus gesehen, etwa zwischen 1 und 35m. Die Streckung der Netze wird durch beschwerte Unterleinen bewirkt. b) Bei den Grund- oder Bodennetzen beginnt das Setzen meist in Ufernahe und verladuft je nach Haldenbeschaffenheit in leichter Winkelstellung zum Ufer, wobei normalerweise Tiefen bis zu 40m befischt werden. Die Schwimmer fallen bei Bodennetzen fort. Sie werden durch in die Ober- leine eingearbeitete Korkstticke ersetzt, die durch ihren Auftrieb die Streckung der am Boden stehenden Netze besorgen. Am Starnberger See waren bis 1971 20 Bodennetze im Netzsatz zugelassen. Seit 1971 ist das Fischen mit Bodennetzen zur Schonung der Bestande bis auf wei- teres untersagt. Schwebsatz und Bodensatz befinden sich entweder mit Verankerung als Spannsatz oder ohne Verankerung als Treibsatz im See. Am Starnberger See betragt die Lange fertig angeschlagener Netze 50 m — die Netzhohe 4m. Die Umstellung von 2m auf 4m hohe Schwebnetze erfolgte 1971*). Die an- gegebene unterschiedliche Anzahl verwendeter Netze pro Fangtag richtet sich nach der Zahl wochentlicher Fangtage und vorherrschender Tendenzen der Befischungsintensitat. Der Ubergang zu Netzmaterial aus nicht ge- zwirnten Perlonfaéden (auch Perlondraht genannt) erfolgte 1958/59. Se’ther betragt die Fadenstarke der Renkennetze 0,15 mm. Der Weichheit:- der Netze und der Netzfarbe wird von den die Fangigkeit bedingenden Faktoren besondere Bedeutung beigemessen (v. Brandt 1940, 1948, 1952). Untersuchungen an Coregonenpopulationen (Mohr 1963) uber Hinflusse einer speziellen Netzfarbe auf den Fangertrag waren zu- mindest bei der Kleinen Marane nicht zu erkennen. Innerhalb dieser Ar- beiten fing ungefarbtes Netzmaterial erheblich schlechter. Die am Starn- berger See verwendeten Renkennetze werden alle gefarbt. wobei keine spezielle Netzfarbe bevorzugt wird. In der Regel werden Grau- oder Braun- tone verwendet. Das Farben der Netze in heiBem Wasser (60—80° C) ftihrte bei ungeeignetem Ausgansmaterial zu unerwtinschten Maschenweitenver- *) Die Netzhohe des Versuchssatzes betrug 2 m. Alexander Kélbing: Der Starnberger See 61 kleinerungen. In diesem Zusammenhang ist der Verstreckungsgrad der Polyamidfaden von Bedeutung. Hochverstreckte Sorten haben einen ge- ringer bleibenden Dehnungsanteil als normal verstreckte (Klust 1957). Damit wird die ,,Beweglichkeit“ der Polyamid-Faser gegentiber auBeren Einflussen stark eingeschrankt. Maschenweitenverkleinerungen eines hoch- verstreckten Ausgangsmaterials konnten trotz funfmintitigen Kochens nicht nachgewiesen werden. Dadurch, dafi der Ankauf der Netze genossenschaft- lich erfolgt, kann durch sorgfaltige Auswahl unter den verschiedenen Fa- brikaten mit geringem Dehnungsvermogen der Gefahr der Verkleinerung der Maschenweiten vorgebeugt werden. Die Weichheit des Netzmaterials ist nach Steinberg (1961) gegen- uber der Sichtbarkeit fur die Fangigkeit von nur sekundarer Bedeutung. Der Hinstellungswert*) am Starnberger See liegt bei etwa 50 °/0**), d.h. aus einem 100m langen Netzblatt wird nach dem ,,Anschlagen“ ein 50 m langes Netz. Die Gewichte der temperaturunabhangigen, flexiblen Unterleinen schwanken zwischen 200 und 800g pro 100m. Je nach Gewicht der Unter- leine werden die Netze als ,schwer“ oder ,,leicht“ bezeichnet. ,Leichte“ Netze sind nach Ansicht der Fischer fangiger. Sie haben aber den Nachteil, daB sie der Fisch bei seinen Fluchtversuchen mehrfach tiberschlagen kann, wobei sich die Fangflache verkleinert. Im selben Sinn ist das Netz auch ge- gen Unterwasserstromungen antfallig, wobei es besonders im Spannsatz zu erheblicher Schragstellung kommt. Unter solchen Bedingungen werden ,schwere“ Netze eingesetzt, deren schwerere Unterleine ftir senkrechte Stellung sorst. Den Aufzeichnungen der Fischereigenossenschaft sind die Anderungen der Maschenweiten von 1928 bis 1972 zu entnehmen, wobei von 1928 bis 1945 die Maschenweite fiir Boden- und Schwebnetze unterschiedlich fest- gelegt wurde. ; Tab. 14: Stellnetz-Maschenweiten der Jahre 1928—1972 Schwebnetze Bodennetze Jahr MW [mm] Jahr MW [mm] 1928 25 1928 28 1929 26 1929 28 1930 28 1930 30 1934 32 1934 34 1938 34 1938 35 1941 36 1946 36 1946 36 1953 38 1953 38 1957 40 1957 40 1972 42 1972 42 *) Hinstellungswert = Netzlange : Leinenlange **) Oberleine ca. 45°/o, Unterleine ca. 60 °/o 62 Alexander Kélbing: Der Starnberger See Die Aufstellung gibt deutlich die Anderung wider, die als Anpassung an die Verdinderungen in der Wachstumsgeschwindigkeit der Coregonen im Laufe der Zeit zu werten sind. Um durch die Veranderungen in der Wachs- tumsgeschwindigkeit nicht zu friih in die Bestande einzugreifen, wurde das Schonma®B fiir die Fische heraufgesetzt. Zur Einhaltung des Schonmafes beim Fang wurde eine Erhdhung der Maschenweite notwendig. Die Festlegung des SchonmaBes erfolgt allgemein durch Angabe der Gesamt- lange (Lt) der Fische, die zum Fang kommen diirfen. Am Bodensee bei- spielsweise betragt das vorgeschriebene Mindestma8 derzeit 35 cm. Es wer- den Netze der Maschenweite 44mm und der Fadenstarke 0,12mm ver- wendet. Zur Einhaltung des SchonmaBes geht man bei der Festlegung der Ma- schenweite davon aus, daB der groBte Kérperumfang*) der Coregonen der halben Gesamtlinge entspricht (vgl. Lukowicz 1967). Die Kantenlange der entsprechenden Netzmasche erhalt man, indem der Kérperumfang durch 4 dividiert wird. Das Verhaltnis von Korperumfang zu Gesamtlange be- tragt nicht 50°/o, sondern weist Schwankungen auf, die im Bereich zwi- schen 40 und 60 °/o liegen**). Schon Wagler (1927, 140) hat darauf hinge- wiesen. Besonders wird das Verhaltnis durch die Vergroerung der Gona- den beeinflu&t. Es wird daher fiir richtiger gehalten, bei der Zuordnung von Maschenweiten an die gegebenen biologischen Verhaltnisse eines Sees von direkten Messungen der Kérperumfange wie oben beschrieben auszugehen. Zur Schonung genetisch hochwertigen Materials in Form der Vorwutchser einer Altersklasse ist bei Festlegung des Schonmafes vom oberen Eckwert der Streuung auszugehen. Als Schonmaf fiir die Altersklasse I+ wurde ein Korperumfang von 16,7 cm (Tab. 10, S.55) ermittelt. Dieser Wert ent- spricht einer Maschenweite von 41,7mm. Wurde dagegen das Schonmah durch die Gesamtlange bestimmt, so bedingen 32,6cm Lt eine Maschen- weite von 40,7 mm. In der Praxis kamen je nach Art der Bestimmung des SchonmaBes Netze der Maschenweite 41mm (Gesamtlange) oder 42mm (Ké6rperumfang) zur Anwendung. Zur Frage der Festlegung des, Schon- mafes fiir die Altersklasse I+ der Starnberger-See-Renken ergibt sich also ein unterschiedlicher Wert flr die Maschenweite. Die von der Gesamtlange abgeleitete Maschenweite (41 mm) reicht nicht aus, die Schonung der Alters- klasse I+ im gewiinschten Mate zu bewirken. Das Fischwachstum ist nicht alle Jahre gleich. Es treten Schwankungen auf, die der wechselnden Intensitaét einzelner Wachstumsfaktoren unter- liegen. RegelmaBige Fischvermessungen innerhalb der einzelnen Fang- perioden gestatten es, Verdnderungen im Wachstum durch den Einsatz an die Verhaltnisse angepaBter Maschenweiten auszugleichen. Es wurde nun die Frage zu klaren versucht, ob die rechnerische Bezie- *) Wegen der spindelartigen K6rperform der Coregonen werden diese meist vor der Riickenflosse eingeklemmt. Nur Exemplare, deren K6rperumfange hdhere Werte als der Maschenumfang aufweisen, werden eher in Kiemendeckelnéhe gemascht. **) S. auch Fische Nr. 11 und 16 des April-Protokolls. Alexander K6élbing: Der Starnberger See 63 hung zwischen dem Ko6rperumfang und der daraus abgeleiteten GroBe der Maschenweite auch in der Praxis gilt. Ob sich also beispielsweise Fische mit einem Korperumfang von 16,0cm mit 40er Netzen fangen lassen, oder ob der Fang schon bei geringerem oder erst bei etwas groferem Umfang er- folgt (siehe auch Lampert 1971, 248 ff.). Ob es also zu Abweichungen kommt, oder ob eine Festlegung der Maschenweiten vom Korperumfang ausgehend rein rechnerisch durchgefuthrt werden kann, wurde anhand einer Stichprobe von 140 Exemplaren uberpruft.*) Die Fische wurden in ca. 35m Tiefe gefangen. Die Messungen der Korperumfange ergaben: 17,3 cm (16,0—20,2). Der aus 50 Messungen erstellte Mittelwert fuir die Maschen- weite der verwendeten Netze war 41,5 mm (40,2—42,0). Die Ergebnisse zeigen, dai sich. Fische mit 16,0 cm Korperumfang in Ma- schenweiten von 40,2 mm fangen. Unter der Voraussetzung bekannter K6rperumfange ist die Anwendung rechnerisch ermittelter Maschenweiten- groBen bei der Festlegung des Schonmafes statthaft (s. Tab. 11, S.57). Der beim Vergleich der Mittelwerte auffallend hohe Wert fiir die K6rperum- fange im Verhaltnis zum Mittelwert fur die Maschenweite besagt, daB die untersuchte Renkenpopulation bereits leicht ,,uiber die Maschen“ hinaus- gewachsen ist. Dies ist immer dann der Fall, wenn zahlenmafig starke Jahrgange bei nur geringer Befischungsintensitat genutzt werden. F. Besprechung der Ergebnisse I. Trophiezustand Der von Thienemann und Naumann geschaffene Begriff der ,,Tro- phie“ bezeichnet den fur die Urproduktion zur Verfiigung stehenden N&ahr- stoffgehalt eines Gewassers. Erhohung des Nahrstoffangebotes bedeutet Zu- nahme der Gewdasser-Produktivitaét und Anderung biozonotischer Verhalt- nisse. Indikatoren einer solchen Entwicklung sind zum einen Veranderun- gen der Sauerstoffverhaltnisse, zum anderen ein Wechsel planktischer, bodenfaunistischer, litoralprofundaler und fischereilicher Bedingungen. Be- zuglich qualitativer Auswirkungen der Eutrophierungsvorgange auf ein Gewasser decken sich die Auffassungen in der Literatur. Uber die Quanti- fizierung bestehen Meinungsunterschiede. Die Auswirkungen einer Viel- zahl zum einen bekannter, zum anderen moglicherweise unbekannter Fak- toren auf die Produktionskapazitat und von hier aus ruckwirkend auf den Gewasserhaushalt sind zu wenig erforscht, als daB eine zahlenmafige Be- urteilung des Trophiezustandes etwa anhand von Sauerstoff- und Phosphat- konzentrationen zu befriedigenden Ergebnissen fiihren kénnte. Nach Voll- wenweider (1968) kann die Beurteilung des Trophiezustandes nur eine qualitative Auskunft daruber geben, ob ein Gewasser als ,,gefahrdet“ oder *) Die Untersuchungen wurden im Januar 1973 am Chiemsee durchgefthrt. 64 Alexander Kélbing: Der Starnberger See schon als ,,geschadigt“ angesehen werden mufi — etwa im Sinne einer Sto- rung des Gleichgewichtes zwischen trophogener und tropholytischer Schicht. Ausgehend von den Untersuchungen in der Zeit von Dezember 1970 bis Mai 1972 zeigten die epilimnischen Sauerstoffverhaltnisse des Starnberger Sees die Méglichkeit assimilationsbedingter Sauerstofftibersattigung (April 1971, Mai 1972). Der mit 142°/o gefundene hohe Ubersattigungswert weist auf die umfangreiche Phytoplanktonentwicklung in der Produktionsschicht hin. Weiterhin auffallend waren die metalimnischen Sauerstoffminima, die durch der RGT-Regel entsprechend schneller verlaufende sauerstoffzehren- de Abbauprozesse bewirkt werden (Oktober 1971, November 1971). Im Tiefenprofil vom 7. Oktober 1971 gehen die Sauerstoffwerte von 9,4 mg/l in 8m auf 6,3 mg/l] in 16m Wassertiefe zuruck, um dann in 50m Wasser- tiefe wieder 9,8 mg/l zu betragen. Besonders sind auch die Sauerstoffver- haltnisse im mittleren Hypolimnion — dem Sauerstoffspeicher eines tiefen Sees — zu beachten. Im Bereich von 50—80 m Wassertiefe lagen in der Zeit von Oktober 1971 bis Marz 1972 die Werte zwischen 8,6 und 9,8 mg/l, so daB die Sdttigungswerte mit 74 und 85°/o schon deutlich unterschritten wurden. Die Sauerstoffverhaltnisse iber Grund zeigten im April 1971 nach Abschlu& der Frithjahrsvolizirkulation 10,3 mg/l, so daB der See mit einem 13°/oigen Sauerstoffdefizit in die Sommerstagnation eintrat. Im Mai 1972 wurden 8,8mg/l gefunden, die einem 25°/oigen Defizit vor der Sommer- stagnation entsprechen. Mit 1,7 bis 2,0 mg/l wurden tiber dem Boden die niedrigsten Sauerstoffwerte fur 1971 und die bisher fur den Starnberger See niedrigsten Werte tberhaupt gemessen. Wegen der methodischen Schwierigkeiten wurden die wahrscheinlich noch schlechteren Verhaltnisse an der Sediment-Wasser-Kontaktzone nicht erfabt. Herrschen an der Sediment-Wasser-Kontaktzone infolge anaerober Pro- zesse reduktive Bedingungen, so hat das zur Folge, da Fet+-, Mn*+- und o-PO,~-Ionen freigesetzt werden, die zuvor in Gegenwart von Sauerstoff am Sediment festgelegt waren (,,Phosphatfalle“). Bernhardt (1969, 165) sieht als kritische Grenze einer solchen Freisetzung Sauerstoffgehalte in- nerhalb der Mikroschichtung (5 cm. tiber Grund) an, die 2,0 mg/l unter- schreiten. Im einzelnen schreibt er: ,,Sobald die Sauerstoffgehalte hier un- ter 2 mg/1 absinken, verliert die bis dahin noch oxydativ wirkende oberste Schicht des Bodenkorpers ihr Oxydationsverm6gen, so da es zur Freigabe der Fe++-, Mnt++- und o-PO,~-Ionen aus dem Sediment und darunter lie- gendem Bodenmaterial kommt.“ Damit dienen die Mikrondahrstoffe erneut dem Aufbau organischer Substanz. Das Ergebnis des November-Tiefenpro- fils berechtigt zu der Annahme, daB innerhalb der Tiefenrinne des Starn- berger Sees solche Verhaltnisse angetroffen werden konnen. Allerdings sind sie auf den letzten Abschnitt der Sommerstagnation beschrankt. In diesem Zusammenhang ist der EinfluB8 klimatischer und hydrologi- scher Faktoren bei der Beurteilung des Trophiezustandes von groBer Be- deutung. Die gefundenen ungtnstigen Verhdltnisse sind u. a. mit der GroB- wetterlage zu erklaren, die den Erholungsuchenden den schonsten Sommer seit Jahren bescherte: Wenig Wind und Niederschlag — viel Sonne, hohe Alexander K6élbing: Der Starnberger See 65 Wassertemperaturen und besonders die sich daraus ergebende, langanhal- tende Sommerstagnation brachten eine Vergroferung der organischen Eigenproduktion mit sich. Daraus auf eine anhaltende Verschlechterung des Trophiezustandes zu schlieBen, duirfte zu falschen Vorstellungen fuhren. Es zeigt sich zwar, dali die Sauerstoffkonzentrationen Uber der tiefsten Seestelle abgenommen ha- ben (Wachter — November 1956: 3,46 mg/1; Gewadssergiiteaufsicht — Ok- tober 1968: 3,3 mg/l, November 1971: 1,7 mg/1), die Interpretation der Wer- te kann aber nur in enger Verbindung mit den vorherrschenden Witte- rungsverhaltnissen geschehen. Es wird durchaus fur moglich gehalten, dali bei stark wechselnder Witterung mit kurzer Sommerstagnation und fru- hem Einsetzen herbstlicher Zirkulationsvorgange die Sauerstoffkonzentra- tionen Uber Grund im Oktober/November wesentlich gtinstigere Werte annehmen konnen. Welche Bedeutung bei der Beurteilung die Witterungsbedingungen und besonders die Windverhdaltnisse haben, geht aus dem Vergleich der Werte fur April 1971 und Mai 1972 hervor. 1972 wurden nur 8,8 mg O,/1 vor Ein- setzen der Sommerstagnation gefunden. Hier hatte wahrscheinlich der ver- zogerte Eintritt in die Fruhjahrsvollzirkulation infolge ruhiger Witterungs- bedingungen zu Beginn des Jahres bewirkt, dafi der Sauerstoffsattigungs- grad nicht den Wert des Voriahres erreicht hat. Die in Tab. 4, S. 26, dar- gestellten Witterungsverhdaltnisse zeigen fiir die Monate November bis Marz wesentlich ruhigeres Wetter als im Marz und April, so daB angenom- men werden kann, dai ein intensiver Sauerstoffsattigungsvorgang erst von Marz an stattgefunden haben mui. In dieser Zeit stiegen die Sauerstoff- konzentrationen von 5,3 auf 8,8 mg/l. Aus der Beobachtung geht dartiber- hinaus auch der EinfiluB8 hervor, den langanhaltendes, unruhiges Winter- wetter fur den Sattigungsvorgang hat. Ungtinstig im Hinblick auf die Zir- kulationsvorgaénge ist sicherlich schneller Eintritt in die Winterstagnation und damit méglicherweise verbundene Eisbedeckung der Wasseroberfiache. Fur 1971 hatten Homothermie und Windverhaltnisse gute Voraussetzun- gen ftir eine vollstandige Sattigung des gesamten Wasserkorpers abgege- ben. DafB diese dennoch unterblieb, mu der groBen Tiefe und der entspre- chend groBen Wassermasse zugeschrieben werden. Offenbar bedarf es er- heblich intensiverer Umwalzungsvorgange, um auch in der Tiefenwanne eine komplette Sauerstoffsattigung herbeizuftihren. Die klimatischen Ge- gebenheiten im Gebiet des Starnberger Sees weisen jedoch nicht darauf hin, daB die ohnehin schon gtinstigen Windverhaltnisse des Fruhjahrs 1971 haufig ubertroffen werden konnen. Intensivere Umwalzungsvorgange sind daher nur bei ungewohnlichen Witterungsablaufen zu erwarten. Obwohl epilimnische Sauerstoffiibersattigungen, metalimnische Minima, die Verminderung hypolimnischer Sauerstoffgehalte und besonders starke- res Absinken der Konzentrationen tber Grund als Indiz fur mehr oder we- niger ausgepragte Eutrophierungsvorgange tiefer Seen angesehen werden (Findenegg 1936), durfte die Hinstufung des Sees als ,,eutroph“ — etwa nach den von Fritsch (1971) angegebenen Richtwerten — nicht tiber je- 66 Alexander Kélbing: Der Starnberger See den Zweifel erhaben sein. Eine exakte Beurteilung erscheint namlich erst dann méglich, wenn bei zuktinftigen Untersuchungen, neben technischer Vervollkommnung der Wasserentnahme im bodennahen Bereich, umfang- reicheres Zahlenmaterial regelmaBiger Probeentnahmen tber mehrere Jahre hinweg zusammengetragen und in Verbindung mit genauen Witte- rungsbeobachtungen ausgewertet werden kann. Beim Vergleich der Angaben N ahers (1963) mit den eigenen Unter- suchungen ist allerdings eindeutig ein Anstieg der Phosphatkonzentratio- . nen innerhalb der letzten Jahre als Folge der standig einflieBenden Ab- wasser nachzuweisen. Uber die zahlenmaBige Bedeutung von Phosphat- konzentrationen fiir den Gewdsserhaushalt lassen sich nach Vollenwei- der (1968) nur ,,Wahrscheinlichkeitsaussagen“ machen. Unter dieser Be- dingung kann angenommen werden, daB Gefahr fur den Trophiezustand eines Gewassers besteht, wenn die Fruhjahrskonzentrationen an ,,ausnutz- baren Phosphorverbindungen 10 mg P/m?“ betragen. Dieser Wert ent- spricht einer Orthophosphatkonzentration von 0,033 mg/l. Bevor man von dieser RichtgroBe als Beurteilungsmafistab ausgeht, mu man sich dar- . liber im klaren sein, da die quantitative chemische Analyse von Ortho- phosphat Schwierigkeiten bereitet. Man ist bemuht, die verschiedenen Storfaktoren mit unterschiedlichen Methoden zu eliminieren. Am Starnberger See wirkt sich eine Phosphatbelastung wegen der lan- gen theoretischen Wassererneuerungszeit von etwa 20 Jahren besonders ungiinstig aus. Ist Phosphor einmal in den See gelangt und nicht am Sedi- ment festgelegt, kann dieser nur auf dem Weg ltber das abflieBende Wasser den See verlassen. Selbst unter der Voraussetzung, daB es gelange, Phos- phor vollstandig vom See fernzuhalten, gestaltete sich die Seensanierung langwierig, da vor allem in niederschlagsarmen Jahren aus den geschilder- ten Grunden der Phosphatgehalt nur geringfugig abnimmt. Indizien fur hohe Phosphatgehalte und die damit verbundene erhohte Produktion sind Vegetationsfarbungen durch Massenentwicklung von Al- gen zu bestimmten Jahreszeiten. Massenauftreten der Arten Anabaena und Oscilatoria sind keine Seltenheit. Zeitweilig mu die Stellnetzfischerei im epilimnischen Bereich eingestellt werden, da die Netze sich mit einem fin- gerdicken Belag ttberziehen und in ktirzester Zeit nicht mehr fangig sind. Im Frtihjahr bildet sich nach eigenen Beobachtungen auf flachem Seegrund in der durchlichteten Zone ein dichter Algenteppich (Wassertiefe bis 2m). Bei Sonneneinstrahlung ist die Photosynthese so intensiv, daf es zum gasformigen Austritt des Sauerstoffs im Algenpolster kommt. Die Gas- blasen verfangen sich im Fadengefiecht und verleihen der Algenmasse Auftrieb. Sie lost sich vom Boden ab und bedeckt groBe Flachen der Ufer- zone. Das regelmabige Auftreten dieser Algenbltite ist erst seit etwa 10 Jah- ren feststellbar. Diese Algenbltiten sind nicht nur ftir die Fischerei eine Gefahr, sondern kénnen Nachteile ftir den Badebetrieb und damit die Er- holungsfunktion des Sees fiir den Menschen mit sich bringen. Mit der Ausbreitung des Algenteppichs durfte vermutlich der geradezu katastrophale Riickgang der Rohrbestande (Phragmites communis) zusam- Alexander Kolbing: Der Starnberger See 67 menhangen. Vorkommen sind auf den aufiersten Flachwasserbereich be- schrankt (Wassertiefe bis 50 cm). Das Rohr befindet sich in einer Ruck- wartsbewegung auf das Land zu. Dort gedeiht es derzeit am besten. Auf- falligstes Beispiel fur die Abnahme des Rohrichts ist die Roseninsel, die bis zum Jahre 1965 einen dichten Rohrgurtel aufwies. Der Zutritt zur Insel war durch diesen naturlichen Schutz erschwert. Heute ist nur noch geringer Rohrbestand anzutreffen. Von den 49 km Seeumfang konnten 1971 15 km rohrbestandenes Ufer ausgemacht werden. Nur an 2 Stellen fand noch ein Wachstum in 1,5 m Wassertiefe statt. Die Bestande sind luckig und machen einen kimmernden Eindruck. Inwieweit sich hier okologische Faktoren ge- Andert haben und sich nachteilig fiir die Rohrentwicklung auswirken, ist unbekannt. Massenauftreten von Burgunderblutalgen (Oscillatoria rubescens) als In- diz fur starkere Eutrophierungsvorgange konnten bisher nicht beobachtet werden. Es ergibt sich aber aus dieser Sicht nicht unbedingt ein Hinweis darauf, das der dazu notige fortgeschrittene Eutrophierungsgrad noch nicht erreicht sei. Vom stark eutrophierten Greifensee im Kanton Zurich ist be- kannt, daB dort niemals diese Algenart in auffalligen Mengen anzutreffen war. Vor allzu optimistischer Anschauung (Klee 1971) muB im Gegenteil an dieser Stelle ausdriicklich gewarnt werden. Auch das beschleunigte Fischwachstum, das flr die Renken des Starn- berger Sees nachzuweisen ist, kann als Indiz fur die Veranderungen des Trophiezustandes angesehen werden. Untersuchungen am Bodensee haben gezeigt, ,,daf der Fisch als Endglied der Nahrungskette und als Ausdruck flr die Summenwirkung aller Faktoren den Beginn und Verlauf der Ver- anderungen am Bodensee am klarsten wiedergibt“ (NUmann 1962, 116). Zusammenfassend wird wegen der Unvollstandigkeit vorliiegenden Un- tersuchungsmaterials eine Einstufung des Trophiezustandes als mesotroph bzw. eutroph oder die Zuordnung einer bestimmten Guteklasse etwa nach der ,,Mtnchner Methode“ ftir zweifelhaft gehalten. Inwieweit der See im Vollenweider’schen Sinne als ,,geschadigt“ angesehen werden kann, wird besser am Ausmaf der Veranderungen im Gewéasserhaushalt in Form von Algenbliiten, dem gesteigerten Fischwachstum und dem Ruckgang des Geleges sichtbar. 1964 entschlossen sich die Gemeinden zu ersten Sanierungsmainahmen, indem sie den ,,Zweckverband zur gemeinsamen Abwasserbeseitigung in den Gemeinden um den Starnberger See“ griindeten. Der Plan sah vor, in einem ringformig den See umlaufenden Rohrsystem die Abwasser einer zentralen Klaranlage zuzuleiten. 1965 wurde mit dem Bau des Hauptsamm- lers am dicht besiedelten Westufer begonnen — 1968 mit der Klaranlage in Starnberg. Bisher sind 21,5 km des Ringkanals am Westufer fertiggestellt, der die Abwasser mit Hilfe von 4 Pumpwerken in die Klaranlage fordert. Nach Ausbau noch fehlender Ortskanalisationen kann das gesamte Abwas- ser des Westufers der Verbandsklaranlage zugeleitet werden. Unter der Voraussetzung, da es den Gemeinden gelingt, durch den Ausbau der Orts- kanalisationen sémtliche Gemeindemitglieder ,anzuschlieBen", wird dann 68 Alexander K6lbing: Der Starnberger See vom Westufer aus eine Abwasserbelastung des Sees nicht mehr erfolgen. Der Bau eines Sammelkanals bis nach Berg am Ostufer wurde im Herbst 1972 begonnen. Seine Lange betragt 3,68 km. 1975 wird der restliche Ab- schnitt des Ringkanals zwischen Berg und Seeshaupt fertiggestellt sein. Von diesem Zeitpunkt an ist die Kapazitat der Anlage voll ausgenutzt (vgl. Bayerisches Staatsministerium des Innern 1971). Welche Anteile der Gesamtbelastung des Sees mit diesen MaSinahmen erfaBt werden und ob sich der See auch bei volliger Abwasserentlastung uberhaupt ,,tiefgreifend“ verbessern kann, wie das Thomas (1971) vom Zurichsee mitteilt, bleibt abzuwarten. Die Voraussetzungen sind dafur am Starnberger See wegen der geschilderten hydrographischen Bedingungen vergleichsweise ungunstig. : II. Die Coregonerpopulation Die Untersuchungen der Coregonenpopulation des Starnberger Sees, in denen in artensystematischer Hinsicht Stellung genommen wurde, blieben bisher auf diejenigen von Wagler (1941) beschrankt. Damit erhebt sich die Frage, ob die von Wagler beschriebenen Renkenarten (S. 17) heute noch anzutreffen sind oder ob es auch wie an anderen Seen zur Ausbildung von Bastardpopulationen gekommen ist. Bastardierung der Coregonen- bestande konnte besonders Dottrens (1955, 1959) nachweisen. Fur die Entwicklung verantwortlich gemacht wurden zum einen fortgeschrittene Eutrophierungsvorgange, die zur Aufhebung der naturlichen ,,Isolations- mechanismen“ zwischen den Arten gefuhrt haben, zum anderen die Anlage von Brutanstalten, die besonders der kunstlichen Bastardierung forderlich sein soll (Karbe 1964a, b). Kennzeichen solcher Bastardpopulationen sind deren einheitlicher Charakter. Haufigkeitspolygone zeigen Verteilungen, die die Annahme einer Normalverteilung zulassen. Auffallend ist auch die Erweiterung der Variationsbreiten untersuchter Korpermerkmale. Die Resultate der biometrischen Analysen sind auf den Seiten 37—43 dargestellt. Die Ergebnisse zeigen: a) GroBe Variationsbreiten (z. B. Anzahl der Kiemenreusendornen: 30—45) und b) Haufigkeitspolygone, deren Verlauf die Annahme von Normalverteilun- gen rechtfertigt. 1. x*-Test (Chi-Quwadrat—-Tes't) Bei der Deutung der Haufigkeitsverteilungen geht man von der Annah- me aus, daf} Unterschiede in den Korperproportionen der Arten spezifisch sind und sich als Maxima einer Haufigkeitsverteilung ausdrticken. Bei einer Normalverteilung (Gau8-Verteilung) handelt es sich im Gegensatz dazu um eine sog. Glockenkurve, die beztiglich ihres Mittelwertes symmetrisch Alexander Kolbing: Der Starnberger See 69 verlauft. Bei der weiteren Auswertung wird die Hypothese getestet, ob die untersuchten Korpermerkmale Verteilungen besitzen, die die Annahme fur das Vorhandensein mehrerer Arten im See rechtfertigen oder ob normal- verteilte Werte eher auf Bastardierung der Coregonenpopulation hinwei- sen. Bei der Durchftihrung des Tests wird zunachst von der Vermutung aus- gegangen, dafi die Grundgesamtheit bezuglich jeder untersuchter Korper- proportion die Verteilungsfunktion F (x) hat. Aus der Stichprobe berechnet man die sog. empirische Summenhaufigkeitsfunktion F (x). F (x) und F (x) werden in ihrem ganzen Verlauf miteinander verglichen und die Abwei- chung bewertet. Der hier angewendete y?-Test (vgl. Kreyszig 1968, 229 ff.) pruft, ob die Annahme einer Normalverteilung mathematisch halt- bar ist. Die x-Achse wird in sich nicht iberlappende Klassen oder Teilintervalle T,, Ts, ... T, unterteilt, so daB jedes Teilintervall wenigstens 4 Werte der gegebenen Stichprobe x,, X»,..., KX, enthalt. n; @ = 1, 2,..., r) ist die An- zahl der Stichprobenwerte in T,. Man berechnet auf Grund der hypotheti- schen Verteilungsfunktion F (x) die Wahrscheinlichkeit P,, daf} die Zufalls- variable X einen Wert aus dem Intervall T, annimmt. Wenn die Stichprobe den Umfang n hat, sind theoretisch im Teilintervall T; 9, = n- P, Stich- probenwerte zu erwarten. Man ermittelt nun die GroBe >)”: ie n.— @.)? Novar So ee i == il Ol Die GroBe y °, aufgefaBt als Zufallsvariable, ist unter der Vorausset- zung, das die Hypothese richtig ist, firn — co y?-verteilt mit r-1 Frei- heitsgraden. Die Nutzanwendung dieser Tatsache liegt darin, daB die GroBe %o” praktisch als y*-verteilt mit r-1 Freiheitsgraden angesehen werden kann, wenn nur allen, s 4 sind (Faustregel). Nun gibt man eine Sicher- heitswahrscheinlichkeit p °/o vor und vergleicht diese mit dem entsprechen- den Tabellenwert ee (Kreyszig 1968, 402). (r-1) Istedaniay ys = Je, wird die Hypothese angenommen, sonst wird sie verworfen. (r-1) Im vorliegenden Falle hat die zu testende Verteilungsfunktion F (x) zwei unbekannte Parameter (s = 2). Erstens den Mittelwert und zweitens die Standardabweichung. Es wird also zuerst der Mittelwert und dann die Standardabweichung nach der Formel bestimmt. Die PriifgréBe y ,° ist jetzt angenahert mit r-s-1 Freiheitsgraden ¥*-verteilt (Listen der statistischen Auswertung im Anhang). 7G Alexander Koélbing: Der Starnberger See Fiir die 7 taxionomisch wichtigen K6rpermerkmale ergibt sich nach Pru- fung der Verteilungen durch den y?-Test folgendes Bild: Tab.15: Ergebnisse der statistischen Auswertung Korpermerkmale Annahme einer Normalverteilung 1. Kiemenreusendornen ; angenommen 2. Schuppen der Seitenlinie angenommen 5}, IL@ ge angenommen 4. Hohe des Schwanzstiels : Lt verworfen 5. Kopflange : Lt angenommen 6. Augendurchmesser : Lt angenommen 7. Augendurchmesser : Kopflange angenommen Von den 7 taxionomisch wichtigen Korpermerkmalen zeigen 6 Normal- verteilung der Werte. Dies weist auf gewisse Einheitlichkeit der Renken- population des Starnberger Sees hin, wenn auch das Vorhandensein neben- einander vorkommender Arten von seiten der statistischen Aussage nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Fur Einheitlichkeit der Popu- lation spricht die Tatsache, daB alle befragten Berufsfischer nicht in der Lage waren, mehrere Arten visuell auszulesen. Wegen der ubereinstim- menden Aussage von 6 der 7 untersuchten Korpermerkmale erscheinen Zweifel tiber den Wert der Hohe des Schwanzstiels als systematisches Merkmal gerechtfertigt. . Die Beobachtungen geben eine Sttitze ftir die Theorie, dafi es auch am Starnberger See Zu Bastardierungserscheinungen gekommen ist. Im Zuge dieses Vorganges ist aus den urspriinglich von Wagler (1937a, 1939) fur den Starnberger See bestimmten Coregonenarten C. wartmanni, C. ma- crophthalmus, C. fera eine einheitliche Renkenpopulation entstanden, wo- bei sich die auf sie ausgetibten Einfltisse in den auBerordentlich grofen Va- rationsbreiten widerspiegeln. Moglicherweise haben auch die ausgeprag- ten Eutrophierungsvorgange dazu geftihrt, da die nattirlichen Isolations-- barrieren, wie unterschiedliche Laichzeiten, Laichplatze und Laichgewohn- heiten unter dem Druck veranderter Umweltverhiltnisse aufgehoben wor- den sind und damit der Genaustausch zwischen den Arten gefordert wurde. Die resultierende Genneukombination kénnte Ausgangspunkt ftir die Bil- dung einer eigenstandigen, milieuangepaiten Coregonenform sein. Im Zusammenhang mit den ausgepragten Variationsbreiten konnte auch der Einflu8B des Fremdbesatzes eine Rolle spielen. Innerhalb der Population zeigen nicht nur die untersuchten Korpermerkmale stark streuende Varia- tionsbreiten. Gleichermafien ist auch die groBe Zeitdifferenz innerhalb der sich der Schlupfvorgang der Renkenlarven vollzieht (S. 49 f.) und die Tat- sache, dafi die Laichplatze gleichmafig tiber Ufer- und Freiwasserzone ver- teilt sind (S. 46 ff.), Ausdruck fiir die Méglichkeit einer Summenwirkung auBerer Einflusse auf den Coregonenbestand. Der in diesem Zusammen- hang in Frage kommende Fremdbesatz 1la{t sich anhand der Aufzeichnun- gen der Fischereigenossenschaft Wurmsee bis zum Jahre 1900 zurtickver- folgen. Es ist daraus zu entnehmen, dafi aus verschiedenen Formenkreisen Alexander Kolbing: Der Starnberger See 71 stammende Coregonen im Laufe der Jahre eingesetzt wurden. Es wird ver- mutet, daB der Einflu8 des Besatzes gering ist, da nur kleine Mengen im Vergleich zum Gesamtbestand eingesetzt wurden. Wegen der Einheitlich- keit der Population sind Einwirkungen des Besatzes auf die Herausbildung - von Arten nicht zu erkennen. Eher ist die Annahme gerechtfertigt, daB Fremdbesatz unter dem Druck der neuen Umwelt sich der vorherrschenden Lokalform angepaft hat. Tab. 16: Coregonenbesatz durch die Fischereigenossenschaft Wiirmsee (1900—1971) Jahr Art Herkommen Anzahl Alter 1900 Sandfelchen Bodensee 170 000 Brut Blaufelchen Bodensee 430 000 Brut Maranen wahrscheinl. Angerburg/Ostpr. 2 850 Jahrlinge 1904 Blaufelchen und Gangfische Bodensee 150 000 Brut Peipusmaranen RuBland 5 000 1905 Blaufelchen und Gangfische Bodensee 180 000 Brut Peipusmaranen RuBland 9 450 Maranen Angerburg 3 000 Jahrlinge 1912 Maranen Angerburg 2 050 Jahrlinge 1914 Maranen Angerburg 3 000 Jahrlinge 1921 Blaufelchen 69 000 Brut 1922 Blaufelchen 40 000 Brut 1925 Maranen Angerburg 4 000 Jahrlinge 1927 Maranen Angerburg 1 300 Jahrlinge Maranen Angerburg 50 000 Brut 1929 Peipusmaranen 10 000 Brut Maranen Angerburg 2 500 Jahrlinge 1930 Maranen Angerburg 733 Jahrlinge 1931 Maranen Angerburg 7 000 Jahrlinge 1932 Peipusmardnen 20 000 Brut Maranen Angerburg 500 Jahrlinge 1933 Maranen Angerburg 12 450 Jahrlinge 1935 Maranen Angerburg 9 500 Jahrlinge 1936 Maranen Angerburg 3 300 Jahrlinge 1937 Maranen Angerburg 1 363 Jahrlinge 1939 Maranen Angerburg 900 Jahrlinge Maranen Angerburg 180 000 Brut Maranen Angerburg 14 700 Brut 1940 Maranen Angerburg 80 000 Brut Maranen Angerburg 11 300 Jahrlinge 1941 Maranen Angerburg 2 200 Jahrlinge 1944 Maranen Angerburg 3 000 Jahrlinge 1946 Maranen 7 000 Jahrlinge 1947 Renken 300 Jahrlinge Renken 650 000 Brut 1948 Maranen 100 000 Brut _Maranen 1 300 Jahrlinge WD Alexander Kélbing: Der Starnberger See pe Jahr Art Herkommen Anzahl Alter Pes ee 1949 Maranen 150 000 Brut 1950 Maranen 5 800 Jahrlinge 1951 Maranen 850 Jahrlinge Maranen 150 000 Brut 1954 Renken 5 000 Jahrlinge 1955 Renken 6 000: Jahrlinge Renken 100 000 Brut Maranen 4 300 Jahrlinge 1956 Renken 28 000 © Jahrlinge 1957 Renken 21 600 Jahrlinge 1958 Renken 70 000 Jahrlinge 1959 Renken 18 000 Jahrlinge 1960 Renken 40 000 Jahrlinge 1961 Renken 57 500 Jahrlinge 1962 Felchen Maria Laach 395 000 Brut Blaufelchen Bodensee 300 000 Brut Renken NuBberg*) 110 000 Jahrlinge 1963 Renken NuBberg 45 000 Jahrlinge Renken 2 000 000 Brut 1964 Renken Maria Laach 2 000 000 Brut Renken Nufberg 150 000 Jahrlinge 1965 Renken NuBberg 95 000 Brut (vorgestreckt) Renken NuBberg 15 000 Jahrlinge 1966 Renken NuBberg 46 000 Jahrlinge 1967 Renken NuBberg 101 000 Jahrlinge 1968 Renken NuBberg 145 000 Jahrlinge 1969 Renken NuBberg 150 000 Jahrlinge 1970 Felchen Maria Laach 3 000 000 Brut Renken NuB&Bberg 43 000 Jahrlinge 1971 Renken NuBberg 116 000 Jahrlinge Eine ziemlich haufig eingesetzte, alpenfremde Coregonenform ist die Pei- pusmardane. Der Fischereibiologe Hofer soll sie 1905 auf einer Fischerei- ausstellung in St. Petersburg kennengelernt und ihres schnellen Wachs- tums wegen den Besatz empfohlen haben. Mit Kriegsausbruch 1914 wurde die Einfuhr russischer Maraneneier unterbunden. Kurzfristig wurden Hier aus Estland beschafft, dann aber setzte sich die deutsche Marane durch, de- ren Eier aus Angerburg (Ostpreufen) kamen. Diese Maraneneier wurden wie zuvor die Eier der Peipusmarane in der Brutanstalt des Landesfische- reiverbandes Bayern e. V. in Starnberg erbrtitet. Die Brut wurde in kleinen Seen westlich von Bernried vorgestreckt. Die Jahrlinge konnten im Herbst auf Anforderung in die einzelnen Seen eingesetzt werden. *) Seit 1962 wird die Brutanstalt NuBberg/Bernried durch die Genossenschaft mit seeigenem Laich beschickt. Alexander K6lbing: Der Starnberger See 72 2. Das disproportionale Kérperwachstum Die Betrachtung einer Stichprobe fuhrt nicht zu vollkommen gesicherten Erkenntnissen Uber die Grundgesamtheit. Die statistische Erfahrung lehrt aber, dafi die Untersuchung einer zahlenmafig groBen Stichprobe zu ahn- lichen Ergebnissen flihrt, wie sie sich aus der Betrachtung der Grundge- samtheit ergeben. Bei der Aussage ber bestimmte Merkmale bezieht man sich in der Regel auf eine Grundgesamtheit von gewisser GroBe und Be- schaffenheit. Die Genauigkeit der Merkmalsbestimmung ist von der GrofBe der untersuchten Stichprobe und deren Varianz abhangig. Bei Aussagen iiber eine Renkenpopulation liegt eine Grundgesamtheit vor, die zum einen in ihrer GroBe nicht exakt bestimmt werden kann und zum anderen durch den EinfluB des Wachstums von nicht einheitlicher Beschaffenheit ist. Die Beurteilung einer Renkenpopulation anhand von Korperproportionen uber einen bestimmten Zeitraum hinweg ist nur unter der Voraussetzung statt- haft, daB sich fiir die einzelnen Korperteile proportionales Wachstum nach- weisen 1aBt. Betrachtet man beispielsweise die Korperproportion Augen- durchmesser : Lt. (S.42) so fallt auf, daB mit zunehmender VergroSerung von Lt in den Monaten August bis Oktober der relative Augendurchmesser kleiner wird. Dies legt die Vermutung nahe, da das Wachstum der Fische disproportional verlauft. Im Rahmen seiner biometrischen Arbeiten weist Wagler wiederholt auf die Problematik des disproportionalen Wachstums hin. ,, Wahrscheinlich hat namlich die Korperlange einen Einflu8 auf das Ergebnis. Es ist ja schon seit langem bekannt, da der Kopf beim Fisch disproportional wachst, er bleibt im Wachstum hinter dem Korper zurtick...“ (1937 a, 393). An ande- ~ rer Stelle sagt er, ,,..., daB mit zunehmender GroBe der Durchmesser des Auges relativ kleiner wird... Auch bei den Felchen haben dann die groBen Exemplare kleineres, die kleineren groBeres Auge. Der systematische Wert des Merkmals wird, wie gesagt, damit etwas beeintrachtigt“ (1937 a, 401). ,GleichmaBig groBe Fische wiirden sicherlich eine geringere Streuung und besser tibereinstimmende Mittelwerte bringen“ (1941, 387). Obwohl ihm das disproportionale Wachstum bekannt ist, verwendet Wagler die Werte mit dem Hinweis, da die 4 Arten ,,im allgemeinen“ sehr unterschiedlich abwachsen und so die vermessenen Fische ,,mehr oder weniger stark in der GroBe differieren“. Er legt damit besonderen Wert auf die Wachstumsver- haltnisse, ein Merkmal, von dem auf Grund der Eutrophierungserscheinun- gen bekannt ist, daB es in starkem Mae von der Umwelt variiert wird. In der Tatsache, daB das disproportionale Wachstum innerhalb der biometri- schen Analysen zu wenig Beachtung gefunden hat, ist u. U. mit ein Grund dafiir zu sehen, daB sich die Coregonenforscher bei den ohnehin geringen Abweichungen und sich tberschneidenden Werten einer derartigen Viel- zahl unterschiedlicher Auffassungen gegentbersehen. Fur den Nachweis des disproportionalen Wachstums der Coregonen wur- de eine Aufteilung der Stichprobe in verschiedene Langenklassen vorge- nommen. Damit konnten die Wachstumsverhaltnisse der einzelnen Korper- 74 Alexander K6lbing: Der Starnberger See teile zueinander innerhalb der VergroBerung der Gesamtlange (Lt) sichtbar gemacht werden. Tab. 17: Das Wachstum einzelner Korperteile (Mittelwerte) in Abhangigkeit von der Gesamtlange (Lt) der Renken Langenklasse 29 31 33 35 37 39 Lt [cm] M Le Beisel 25,4 26,9 28,7 30,4 32,1 Bes ete/o 81,7 Baer EULA) 81,5 82,0 82,1 82,3 M Stiel 1,82 2,08 2,16 2,17 2,20 2,26 Stiel : Lt °/o 6,27 6,70 6,54 6,20 5,94 5,79 M Kopf 4,64 5,05 5,30 5,59 5,87 6,12 Kopf : Lt °/o 16,0 16,2 16,0 15,8 15,8 15,6 M Auge 1,05 PID, 1,18 1,19 1,24 1,23 Auge : Lt °/o 3,62 3,61 3,57 3,40 3,35 3,15 Auge : Kopf °/o 22,5 22,5 22,3 21,3 geal. 20,1 Die Ermittlung der Werte erfolgte aus den Monatsprotokollen im An- hang. Beispiel: Fur die Langenklasse 29 cm Lt wurden alle Fische zwischen 28,5 und 29,4 cm Lt herausgezogen und dazu die Mittelwerte des jeweiligen Korpermerkmals bestimmt. AnschlieBfend wurden die Mittelwerte zu den einzelnen Langenklassen ins Verhaltnis gesetzt. Man erkennt, da sich die Korperproportionen im Laufe eines Fischlebens andern. Je nach Gesamt- lange des Ausgangsmaterials ist es mdglich, den Wert beispielsweise fur den Augendurchmesser : Lt mit 3,6 oder 3,2 anzugeben. Damit Untersu- chungen unter den Bedingungen des disproportionalen Wachstums zu sinn- vollen Ergebnissen fiihren, ist von biometrischen Werten auszugehen, die nur in Verbindung mit der Auswertung einer einzigen Langenklasse ermit- telt wurden. Vergleiche mit Coregonenpopulationen anderer Seen konnen nur dann in artensystematischer Hinsicht vergleichbare Werte liefern, wenn auch von diesen Seen Untersuchungsmaterial derselben Langenklasse vorliest. Eine weitere Moglichkeit zum Erhalt vergleichbarer Aussagen ergibt sich bei der Auswertung einer Stichprobe unter Berticksichtigung der Langen- klassensymmetrie. Hierzu wurde aus den Monatsprotokollen die Langen- klassenmitte der gesamten Stichprobe mit 34,0 cm ermittelt. Die Forderung nach Langenklassensymmetrie bedeutet, daB im vorliegenden Fall von der Langenklassenmitte 34,0 ausgehend, jeweils gleichviele Exemplare der Klassen 32,0 und 36,0, 30,0 und 38,0 sowie 28,0 und 40,0 zur Untersuchung gelangen sollen. In der nachstehenden Tabelle wurde die Stichprobe von 487 Exemplaren daraufhin untersucht. Die Tabelle zeigt, daB die einzelnen Langenklassen recht einheitlich in der gewunschten Form in die Untersuchung eingegangen sind. Damit be- ziehen sich die Ergebnisse der biometrischen Untersuchung auf Fische einer durchschnittlichen Gesamtlange von 34,0 cm. Alexander K6élbing: Der Starnberger See 75 Tab. 18: Anzahl untersuchter Fische in den einzelnen Langenklassen (Langenklassensymmetrie) n Langenklassen in [cm] n 241 < 34,0 < 246 120 < 32,0 36,0 < 130 51 < 30,0 38,0 << BY 8< 28,0 40,0 < 10 Ill. Bewirtschaftung des Coregonenbestandes Schwankungen der Renkenfangertrage sind Eigentumlichkeit der mei- sten coregonenbewirtschafteten Seen (vgl. S. 17 ff.). Ein mittleres Ertrags- niveau kann innerhalb weniger Jahre betrachtliche Schwankungen aufwei- sen. Von 1956 an lagen die Ertragsschwankungen am Starnberger See zwi- . schen 1,02 und 12,72 kg/ha. Ist ein Jahrgang zahlenmaBig stark, wird der Ertrag von 3 Fangperioden*) positiv beeinfluBt. Mit der bis 1972 verwende- ten Maschenweite der Renkennetze von 40 mm begann am Starnberger See die Befischung eines Jahrgangs schon wahrend die Fische noch der Alters- klasse I+ angehorten**). In der darauffolgenden Fangperiode stellte der Jahrgang nunmehr als Altersklasse II+ den gréBten Anteil am Renken- fangertrag. Auch im nachsten Jahr konnte der gleiche Jahrgang als Alters- klasse III+ noch bis Mai/Juni dominant am Fange beteiligt sein. Resultie- rende hohe Fangertrage sind damit Folge eines individuenreichen Jung- fischaufkommens der Vorjahre. Die Hohe der Ertrage ist an den entspre- chenden Jahrgang gebunden, wobei wegen der geschilderten dreiteiligen Wirkung oder dem Ineinandergreifen mehrerer guter oder mittlerer Jahr- gange die Ursache, die den Ertrag einer bestimmten Fangperiode festlegt, nicht immer leicht zu erkennen ist. Vor dem Einsetzen der Eutrophierungs- vorgange waren die Bestandsverhaltnisse wegen der erweiterten Alters- klassenzusammensetzung fiir einen gewissen Ausgleich der Ertrage gunsti- ger, so daf krasse Schwankungen wie etwa in der Zeit nach 1956 ausblie- ben. Die Einfliisse, die tiber die GroBenordnung des Aufkommens eines Jahr- gangs entscheiden und damit die Ertrage festlegen, sind im einzelnen weit- gehend unerforscht. Exakte Vorstellungen, ob beim Aufkommen eines gu- ten Jahrgangs die Vernichtungsziffer ftir die Hier, die Brut oder fur beides klein war, fehlen. Man kann nur mutmaBen, da eine Reihe von Faktoren, etwa wasserchemischer, biozénotischer und witterungsbedingter Art, die *) Fangperiode: 1. Januar bis Oktober des jeweiligen Jahres. **) Die 1972 erfolgte Umstellung auf eine Maschenweite von 42 mm sollte die Scho- nung der Altersklasse I+ und damit verbunden mindestens einmaliges Ablaichen der Fische bewirken. Von den 1971 festgestellten Wachstumsverhdaltnissen ausgehend, kann rein rechnerisch (vgl. S.57) auf Schonung der Altersklasse I+ geschlossen werden. Inwieweit diese in der Praxis erfolgt, wird erst mit dem zuktinftigen Aufkommen einer zahlenmaBig starken Altersklasse I+ zu tiberprufen sein. 76 Alexander Kolbing: Der Starnberger See biologischen Ablaufe beeinflussen. Es ist nicht unbedingt anzunehmen, dah die Anzahl der Laichfische und damit die Menge der im See abgelegten Hier auf den Ertrag direkt einwirkt, da aus den Statistiken hervorgeht, da zah- lenmaig schwache Populationen mit geringer Zahl von Laichfischen auBer- ordentlich starke Jahrgange hervorzubringen vermogen. Die Vermutung, daB die Moéglichkeit der Eivernichtung in den Tiefenzonen der Seen u. U. mit zu geringer Sauerstoffkonzentration in Zusammenhang stunde, hervor- gerufen durch das mégliche Ausbleiben oder die Unvollstandigkeit fruh- winterlicher Zirkulationsvorgange, ist nicht von der Hand zu weisen. Vieles deutet darauf hin, daS Coregonenlarven im Brutlingsstadium infolge unge- niigender Planktonkonzentrationen, die durch anhaltend kalte und windige Friihjahrswitterung bedingt sind, zugrundegehen. Auch die steigenden An- zahlen des Wassergefltigels, das am Starnberger See wahrend der Laichzeit der Renken bevorzugt deren Laichplatze in der Uferzone aufsucht, und die mogliche VergréBerung des Ruttenbestandes (Lota lota) auf Grund der nicht mehr ausgetibten Legangelfischerei, kKOnnen Grtinde der Bestands- dezimierung sein. Von den schwankenden Ertragslagen der einzelnen Jahre ausgehend, kann das Ziel der fischereilichen Seenbewirtschaftung nur sein, durch Eli- minierung schlechter Fangertrage fiir Ausgleich der Ertragsschwankungen zu sorgen. Die seit Mitte der 50er Jahre verstarkten Schwankungsbreiten am Starnberger See werden derzeit neuerlich durch einen abnorm geringen Fangertrag bestatigt. Gegentiber den sehr guten Jahren 1969 bis 1971 er- brachte 1972 mit 4,37 kg/ha ein sehr unbefriedigendes Ergebnis. Ab Marz 1973 wurde die Renkenfischerei vom GrofBteil der Fischer bis auf weiteres eingestellt, weil der Fangerfolg dem n6étigen wirtschaftlichen Aufwand an Arbeit und Materialeinsatz nicht mehr entsprach. Ob das Heranwachsen der neuen Altersklasse I+ dazu ftihrt, diesen letzten absoluten Tiefpunkt seit Bestehen der Statistik wenigstens einigermafBen auszugleichen, bleibt abzuwarten; vor allem auch deshalb, weil es noch nicht als gesichert ange- sehen werden kann, dafi bei Verwendung einer Maschenweite von 42 mm diese Altersklasse uberhaupt erfolgreich zu befischen ist. Die wichtigsten Ursachen, die zur Bedrohung von Coregonenbestanden im Voralpengebiet ftihren sind: 1. die zu hohe Befischungsintensitat, 2.die Gefahrdung der Fortpflanzungsprodukte von der Eiablage an bis zur Uberwindung der Schwierigkeiten bei der ersten Futteraufnahme. — Es kann davon ausgegangen werden, dai die Brtitlinge mit Erreichen einer Lange von ca. 25 mm den Hauptgefahren ihrer Entwicklung zum fang- fertigen Fisch enthoben sind (Einsele 1941b, Kriegsmann 1968, 1970). Demgegentiber bieten sich MaBnahmen von seiten der Wissenschaft an, die die Bestande im Zustand hoher Ertragsfahigkeit halten sollen: l.eine Regelung der Befischungsintensitat, die die Erhaltung eines ange- messenen Laichfischbestandes und damit die Voraussetzung fur ausrei- chende nattirliche Vermehrung garantiert. Alexander K6élbing: Der Starnberger See pane 2. kunstliche Fordermafinahmen, die dazu beitragen sollen, die hohen Ver- nichtungsziffern mancher Jahre zu tiberbricken. Voraussetzung fur die Festlegung von Maschenweiten unter Berticksich- tigung biologischer Gegebenheiten, ist die Kenntnis der Wachstumsver- haltnisse einer Population. Am Starnberger See ist die Maschenweite von 42mm der fur den Renkenfang verwendeten Stellnetze offensichtlich zu eng an das Wachstum der Fische angepaBbt. Es ist unter diesen Umstinden lediglich die Schonung eines Bestandes gewahrleistet, dessen K6rperum- fang 16,8 cm nicht Ubersteigt. Aus den ermittelten Korperumfangs-Werten (Tab. 10, S.55f.) geht hervor, da unter den gegebenen Voraussetzungen lediglich eine Schonung der Altersklasse I+ zu erwarten ist, und zwar un- ter der Bedingung, da sich die flr 1971 gefundenen Wachstumsverhialtnis- se nicht wesentlich andern. Damit ist die Forderung erftllt, die Fische min- destens einmal im Leben ablaichen zu lassen, sofern man davon ausgehen kann, dafB alle Fische dieser Altersklasse laichreif werden. Mit Verringerung der Befischungsintensitat etwa durch Erhohung der Maschenweiten oder Verkleinerung der Netzflache pro Fangperiode mochte man daruberhinaus die Altersklassenzusammensetzung wieder zugunsten alterer Jahrgange verschieben, da nur von dlteren Jahrgangen vollwertige Laichprodukte zu erwarten sind. Aus den Erfahrungen, die man in den Brutanstalten bei der Erbrutung von Eiern der Altersklasse I+ im Gegen- satz zu den Laichprodukten alterer Jahrgange gewonnen hat, darf vollwer- tigen Eiern bessere Widerstandskraft gegentiber moglicher Verschlechte- rung der Verhaltnisse im Profundal im Zuge zunehmender Eutrophierung zugetraut werden. Flr vitalere Brtitlinge dtirften sich die Uberlebenschan- cen bei ungunstigen Witterungsbedingungen nach dem Dottersackstadium betrachtlich erhohen. Derzeit ist, bei dem hohen Fangkoeffizient der Per- londrahtnetze in Verbindung mit dem Einsatz zu geringer Maschenweiten. die Befischungsintensitat so hoch, daB es zu starken Fluktuationen unter den Laichfischen der Altersklasse II+ kommt. Als Mindestforderung ergibt sich daher, die Maschenweite so zu bemessen, daf} eine Schonung der Al- tersklasse II+ zumindest in groBerem Umfange als bisher im Untersu- chungszeitraum ublich gewdhrleistet ist. Bei vollstandiger Schonung der Altersklasse II-+- ist von den vorliegenden Werten ausgehend, ein Korper- umfang von 20,8 cm anzusetzen. Dieser bedingt eine Maschenweite von 02,0 mm. Unter den angetroffenen Wachstumsverhaltnissen erfolgt voll- standige Schonung der Altersklasse II+ erst bei Umstellung auf dieses Ma- schenweitenmaf}. Die Anpassung der Maschenweite an die biologischen Verhaltnisse im Gegensatz zur Austibung der Renkenfischerei mit 42er Netzen zeigt, wie weit man derzeit hinsichtlich der Fangtechnik vom Zu- stand optimaler Befischung entfernt ist. Bei realistischer Einschatzung der am See gegebenen Moglichkeiten und auch in bezug auf die Anpassung an die Verhaltnisse des Marktes, wird eine sukzessive Erhohung auf 46 bis 48mm fur moglich gehalten. Mit dieser MaBnahme schafft man sich neben einer Verbesserung der Bestandsverhaltnisse den Vorteil, eine Periode schnellen Wachstums, in der die Fische ihr Gewicht auf das Doppelte ver- 732 Alexander Kélbing: Der Starnberger See groBern, wirtschaftlich zu nutzen. Im Anschlu® an die Eiablage der Alters- klasse II+ kann dann der Jahrgang intensiver befischt werden, um Platz fiir die nachfolgende Generation zu schaffen. Sollte sich eine derartige Maf- nahme nicht verwirklichen lassen, besteht die Moglichkeit, durch Verrin- gerung der Netzflache wahrend der Fangperiode, beispielsweise durch Ver- minderung der zulassigen Netzzahl und dem Einschieben sog. Seefeiertage, zur Schonung der Bestande beizutragen. Auch sollten dem Bestand langere Erholungspausen eingeraumt werden, indem die Fangzeiten vor und nach der Laichzeit einzuschranken sind. Chiemsee und Laacher See werden wegen ihrer gleichmaBig guten Er- tragslage gern als Beispiel dafur herangezogen, dafi die Maschenweiten die- ser Seen, obwohl sie auch nur 40mm betragen, ausreichen, die Bestande hinlanglich zu schonen. Untersuchungen der Renkenpopulationen des Chiemsees (Marz 1973) und des Laacher Sees (Dezember 1972) werden nachstehend mitgeteilt. Tab. 19: Altersklassenzusammensetzung und Wachstum der Coregonen des Chiemsees und des Laacher Sees 1. Chiemsee: n = 175 Altersklasse Gesamtlange Vollgewicht Korperumfang TII+ : 4°%/o 33,3 (31,0—36,2) 300 (240—375) 17,2 (16,6—18,2) IV+ :22°/o 33,9 (31,0—36,8) 315 (240—385) 17,3 (16,0—18,8) V+ :70°%/o 34,0 (31,2—37,4) 327 (240—435) 17,4 (16,2—19,2) VI+: 4°%o 34,8 (33,1—37,3) 343 (270—410) 17,5 (16,0—18,8) 2. Laacher See: n = 103 Tse 3 LOM /o 31,4 (29,8—33,5) 237 (210—260) III+ :70°/o 33,3 (30,1—36,0) 337 (210—420) IVa 20 4/0 39,3 (33,3—38,2) 454 (425—510) Ein Vergleich zeigt, daf die Wachstumskurve der beiden Renkenpopu- lationen wesentlich flacher verlaufen als die der Starnberger See-Renken. Dies hat dazu geftihrt, da8 die Befischung der beiden Seen mit etwa glei- cher Maschenweite wie am Starnberger See die Ausbildung wahrscheinlich sehr gunstiger Altersklassenzusammensetzungen bewirkt hat. Sicherlich ist hierin mit ein Grund fur die unterschiedlichen Ertragssituationen der bei- den Seen im Gegensatz zum Starnberger See zu sehen. Berticksichtigt man zusatzlich die aufgezeigte Befischungsintensitat (Tab. 13, S. 59), so zeigt sich daruberhinaus, dafi die Chiemseefischer wesentlich schonender mit ihren Bestanden umgehen. Die Beispiele zeigen die Notwendigkeit, da sich eine Beurteilung der Bewirtschaftungsweise einer Coregonenpopulation hinsichtlich des Fang- mitteleinsatzes in erster Linie nach den Wachstumsverhaltnissen der Fische zu richten hat. Wegen der Unterschiedlichkeit der Ernahrungsbedingungen und u. U. auch genetischen Voraussetzungen ftir die Renkenpopulation, die in den einzelnen Seen vorliegen, geben nur Untersuchungen tiber langere Alexander K6lbing: Der Starnberger See 79 Zeitraume hinweg uber geeignete Mafinahmen ftir die Erhaltung einer Co- regonenpopulation im Zustand hoher Ertragsfahigkeit AufschluB. , Erst die durch viele Jahre gleichartig fortgeftlhrte Bestandstiberwachung kann das Problem der optimalen Befischung seiner Lésung naher bringen“ (Biick - mann 1964, 14). Die Befunde tuber den Trophiezustand des Starnberger Sees und der ein- geleiteten Sanierungsmafinahmen, lassen unter Berticksichtigung der hy- drographischen Gegebenheiten vermuten, dais die Phosphatwerte sich vor- aussichtlich nicht rasch im wtinschenswerten Umfang vermindern. Es be- steht damit die Moglichkeit, daB es vor allem unter ungtnstigen Witterungs- bedingungen zum weiteren Absinken der Sauerstoffwerte vor allem im bo- dennahen Bereich kommt. Die Funktionsttichtigkeit der Laichplatze ist da- mit besonders in den Tiefenzonen:des Sees in Frage gestellt. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wurde dann die Vernichtungsziffer der gegen Sauer- stoffmangel empfindlichen Renkeneier ansteigen, vor allem auch deshalb, weil es sich bei einem Grofteil um Eier der Altersklasse I+ handelt, von denen noch weniger Widerstandskraft gegentiber dem EinfluB schadi- gender Faktoren erwartet werden kann. Bei Ausfall natiirlicher Fortpflan- zungsbedingungen kann die Leistung von Brutanstalten, deren Kapazitaten dabei stets im Verhaltnis zur SeegroBe gesehen werden miissen, allein nicht ausreichen, fur gute Ertrage die Grundlage abzugeben. Kriegsmann 1967*) berichtet, daB sich am Bodensee vor der Eutrophierung in jedem Jahr etwa 3,7 Milliarden Blaufelcheneier ,normaler GréBe“ auf dem Seegrund befanden. Zu dieser Zeit lag der Ertrag durchschnittlich bei 250000 kg. Demgegenuber betrug der Einsatz an Brttlingen 32 Millionen pro Jahr, was nicht einmal 1°/o der Eizahl im See entsprach. Mit kiinstlicher Erbrii- tung mufite demnach die Lebenschance ftir den Brutling verhundertfacht werden, um unter den Verhaltnissen vor der Eutrophierung gleiches Er- tragsniveau zu erreichen. Numann (1967) konnte zeigen, da durch die Kalterbrutung der Faktor 100 verbessert wird. ,,Die dann noch bleibende Spanne zum Erreichen produktionswirksamer ForderungsmaBnahmen in der GroBenordnung von 5—10 kg/ha kann aller Wahrscheinlichkeit nach nicht durch Steigerung der Bruteinsatzzahlen, sondern nur durch massen- haftes Aufziehen von Jungfischen tiberbriickt werden“ (Kriegsmann 1967, 4). Es ergibt sich damit, daB ein weiterer Ausbau von Brutanstalten und die Entwicklung technischer Konzeptionen ftir arbeitsextensive Mas- senaufzucht von Renkenlarven dann fuir die Renkenfischerei existenznot- wendig wird, wenn erste Schadden bei der Eientwicklung nachweisbar sind. Die Fischereigenossenschaft Wiirmsee betreibt seit Dezember 1970 in Tutzing am Westufer des Starnberger Sees ein Bruthaus, in dem die Er- brutung seeigenen Laichs mit Seewasser durchgeftthrt wird. Der GroBteil der Brut wird im Dottersackstadium in der Zeit von Mitte Februar bis Mitte Marz ausgesetzt. Einen geringen Teil versucht man mit Plankton vorzu- *) ,,Oberseefischerei und Seezustand“. — Vortrag anlaBlich der internationalen Be- vollmachtigten-Konferenz 1967 — unveroffentlicht. 86 Alexander Kélbing: Der Starnberger See strecken. Ertragssteigernde Erfolge daraus sind auch wegen des nicht ziel- bewuBten Einsatzes der wenigen freiwilligen Mitarbeiter einstweilen nicht zu erkennen. In erster Linie hat sich allerdings die Unwirksamkeit der » Warmerbriitung“ erwiesen (Nimann 1937, Elster 1944). Bei Umstellung auf Kalterbriitung kénnte das Aussetzen der Fische bis Zu zwei Monaten spater erfolgen, soda sich wegen der vorgeruckten Jahreszeit und der damit verbesserten Schichtung von Temperatur und Plankton die Uberlebenschancen vergroBerten. Dies spielt besonders im Hinblick auf die klimatischen Voraussetzungen des Sees eine Rolle. Héhenlage und Ge- birgsnéhe setzen ihn besonders Wind- und Temperatureinflussen aus, so daB beispielsweise erst Anfang Mai 1972 auBere Bedingungen vorlagen, die fur das Stadium des Fressenlernens der Jungfische als gunstig erachtet wer- den. Gerade wegen der oft langanhaltenden rauhen Witterungsbedingungen im Frthjahr empfiehlt sich die Intensivierung des Vorstreckens von Brut- lingen, wobei Schwierigkeiten darin bestehen, entweder Planung und Bau eines automatischen Planktonfanggerates zu verwirklichen, oder die Fi- scher zu regelmaéBigen Arbeitsleistungen ftir die Bereitstellung groferer Planktonmengen zu verpflichten. G. Zusammenfassung der Ergebnisse I. Trophiezustand 1. Ausgehend von den Untersuchungen in der Zeit von Dezember 1970 bis Mai 1972 zeigten die Sauerstoffverhaltnisse des Starnberger Sees: a) die Moglichkeit assimilationsbedingter Sauerstoffubersattigung im Epi- limnion (142 °/o) b) metalimnische Minima (6,3 mg O,/1 in 16m Wassertiefe) c) Sattigungswerte im mittleren Hypolimnion — dem Sauerstoffspeicher eines tiefen Sees — von 74 bzw. 85 °/o d) uber Grund mit 1,7—2,0 mg O,/1 die bisher fiir den Starnberger See nied- rigsten Sauerstoffwerte uberhaupt (November 1971). Wegen methodi- scher Schwierigkeiten wurden die wahrscheinlich noch schlechteren Ver- haltnisse an der Sediment-Wasser-Kontaktzone nicht erfaBt. Es wird an- genommen, dafi im letzten Abschnitt der Sommerstagnation am See- boden in der Tiefenrinne des Sees reduktive Verhdaltnisse angetroffen . werden kénnen. e) Sauerstoffsattigungswerte von 87°/o (April 1971) und 75 °/o (Mai 1972) vor Beginn der Sommerstagnation 2. EKErhebungen der Witterungsdaten wahrend der Untersuchungszeit schufen die Méglichkeit, Sauerstoff- und Temperaturverhaltnisse des Sees in Zusammenhang mit der GroBwetterlage zu sehen. Es wird als gesichert erachtet, dafi sich ausgehend von den Unter- suchungen Nahers (1963) der Phosphatspiegel erhéht hat. Auf die Be- Alexander K6lbing: Der Starnberger See 81 deutung dieser Tatsache im Hinblick auf die besonderen hydrographischen Verhaltnisse wurde hingewiesen. 4. Als Indizien der fortgeschrittenen Eutrophierung wurden neben dem Fischwachstum Beobachtungen beztiglich Auftreten der Algenbliiten und des Rohrsterbens mitgeteilt. 5. Veranderungen im Trophiezustand innerhalb der letzten 20 Jahre zahlenmaBig nachzuweisen, war nicht moglich. Die Voraussetzung ist we- gen der Unvollstandigkeit friiherer Analysen nicht gegeben. 6. Die eingeleiteten Sanierungsmafinahmen wurden geschildert. II. Die Coregonenpopulation 1. Die Zahl verkrtippelter Exemplare lag bei 1 °/o. 2. Es konnte nur schwache Parasitierung nachgewiesen werden. Triaeno- phorus crassus fehlte ganz. 3. Der Beginn der Laichzeit fiel etwa in die erste Dezemberhalfte und war nicht unbedingt von der Wassertemperatur 7,0° C abhangig. 4. Beim Laichgeschaft wurden keine Laichplatze bevorzugt aufgesucht. Laichreife Fische konnten sowohl in der Ufer- als auch in der Freiwasser- zone angetroffen werden. 5. Das Verhaltnis der Geschlechter lag etwa bei 1:1. 6. Der Eidurchmesser frisch befruchteter Eier betrug bei Eiern der Al- tersklasse I+ im Mittel 1,95 mm, bei solchen der Altersklasse II+ 2,20 mm. 7. Als Eigewicht wurde im Durchschnitt 6,3 mg ermittelt. 8. Die Bestimmung der Eizahl/1 ergab ca. 100 000. 9. Das Schltipfen lebensfahiger Larven begann bei 231 Tagesgraden; es war bei 386 Tagesgraden beendet. 10. Langenmessung eben geschltipfter Larven erbrachten im Mittel 9,0mm fur Larven der Alterskiasse I+ und 10,5mm fir die Altersklas- se II+. 11. Die Auswertung von Vorversuchen hinsichtlich der Funktionstuch- tigkeit der Laichplatze innerhalb unterschiedlicher Tiefenzonen zeigte, dal vorlaufig noch in allen Tiefen eine Eientwicklung stattfindet, die das Schlup- fen lebensfahiger Larven erméglicht. Die Verluste infolge Absterbens der Eier waren allerdings enorm hoch. 12. Die statistische Auswertung der biometrischen Analyse erbrachte fur 6 der 7 taxionomisch wichtigen Ké6rpermerkmale Normalverteilungen der Werte. Es konnte damit auf eine einheitliche Coregonenpopulation geschlos- sen werden, wobei das Vorhandensein mehrerer nebeneinander vorkom- mender Arten von seiten der statistischen Aussage her nicht mit Sicherheit auszuschlieBen ist. Auffallend waren groBe Variationsbreiten. Auf das dis- proportionale Wachstum im Hinblick auf die Auswertung der Stichprobe wurde gesondert eingegangen. 89 Alexander K6élbing: Der Starnberger See TEI. Bewirtschaftung des Coregonenbestandes 1. Die Renkenfischerei zeigte in den Jahren von 1920 bis 1971 Ertrags- schwankungen, die zwischen 0,87 (1927) una 12,72 kg/ha (1966) liegen. 2. Der Gesamtfangertrag einer Fangperiode beruhte in der Hauptsache auf der Befischung der Altersklasse II--, wobei auch schon I+ Fische zum - Fang gelangten. 3. Die Altersklassenzusammensetzung bestand im wesentlichen aus le tersklassen bis III+. Fische der Altersklasse IV+ kamen ae nicht mehr vor. 4. Das Wachstum der Renken innerhalb einer Altersklasse war aufer- ordentlichen Schwankungen unterworfen. Der Vergleich von Vorwuchsern und Langsamwtchsern zeigte Unterschiede, die ergaben, dal} Vorwuchser am Ende des dritten Jahres (II+) fast doppelt so schwer sind wie gleich- altrige langsamwtichsige Artgenossen. Ob die Griinde hierfur genetisch be- dingt sind oder durch Umwelteinflusse bestimmt werden, ist unerforscht. 5. Der Korpulenzfaktor der Renken lag bei durchschnittlich 0,85. Er wurde mit den Werten fiir die Renken des Laacher Sees verglichen. 6. Vergleiche der Befischungsintensitat am Starnberger See mit Ammer- see und Chiemsee zeigten vergleichsweise hohe Werte fur den Starnberger See. 7. Die flr den Renkenfang verwendeten Fanggerate wurden beschrieben. 8. Durch Messung der Ké6rperumfange wurde versucht, eine Anpassung der Maschenweiten verwendeter Stellnetze an die gegebenen biologischen Voraussetzungen zu erreichen. Dabei zeigte sich, da die Maschenweite von 42mm zu eng an das Wachstum der Renken angepaft ist. Es wurde eine sukzessive Erh6hung auf 46—48 mm empfohlen. Aus Vergleichen der Wachs- tumsverhaltnisse des Starnberger Sees mit Chiemsee und Laacher See ging hervor, dafi sich eine Beurteilung der Bewirtschaftungsweise einer Core- gonenpopulation hinsichtlich des Fangmitteleinsatzes in erster Linie nach den Wachstumsverhaltnissen der Fische zu richten hat. 9. Auf die eutrophierungsbedingte Notwendigkeit der Intensivierung kunstlicher Nachzucht in Brutanstalten wurde hingewiesen. Auch wurde wegen moglicherweise langanhaltenden rauhen Witterungsbedingungen im Fruhjahr auf die Entwicklung von Methoden fur erfolgreiches Vorstrecken der Brut eingegangen. Alexander K6élbing: Der Starnberger See 83 H. Verzeichnis zitierter und der Arbeit zugrundeliegender Literatur Anonymus (1970): Neues vom Wurmsee. — AFZ 95, 827. Amann, E./ Steinmann, P. (1948): Die. Verbesserungen der Methoden in der Felchenzucht. — In: Kommission zur Erforschung fischereiwissenschaftlicher Fra- gen, Sonderbericht 1, Buchdruckerei Walter Kunz, Pfaffikon Ziirich. Bayerisches Staatsministerium des Innern (1971): Seenreinhaltung in Bayern, 32 Seiten. Bernhardt, H. (1969): Die Auswirkungen der Eutrophierung auf die Trinkwasser- gewinnung aus Talsperren. — Stadtehygiene 7, 161—166. Bloch, M. E. (1779): Okonomische Naturgeschichte der Fische Deutschlands, Berlin. v. Brandt, A. 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Landesanstalt fiir Fischerei, 813 Starnberg, Weilheimer Strafe 8a Alexander Koélbing: Der Starnberger See co LOE == 7618 — LOTT = G 9/9 G6 Lei 69 Té 8st = 9/0 G6 oy 070 68 GG E8 9TLT 0 OLL80 ~*~ FG0L'0 Me! — -7S50 G06 “°° G28 ¢ €v'0 801 60°STT ELEC 0 PS0L0 ~~ T89r'0 v0 | th TE AAS} &7'G 9¢T ¢9°60T 19¢¢'0 18970 ~~~ OGG 0 CO) SO ry TESS a €10 9h b8'GL GOST 0 OcPC 0 ~~~ 8160°0 OV Omura tee G Gill aoe rte) 00° 1G 6E°CE 89900 8160°0 ~* 0S¢0°0 Coil hel 0 Ob L Sete GY 00°0 Gl Clcl 0S¢0°0 0Sc0';0 ~~~ 0000°0 Sha Cored Uses ia eee GG eh cipie 200 ee Cc: opeiss}IOyules 64‘ = 8S 6F8 = xX c8r = u SOUI[UIJIZS Jap usddnyps ‘Zz €9°L L8P L8P 0000'T Gv'0 8 80°01 40¢60°0 O000T ~~~ €62L6°0 co) “" * 0G CD OE GY 600 €T €G'éT 814¢0°0 66160 ~~~ GTS6°0 0G Sp GREE OScr ~ OS TP 0€°0 86 GG GG 81S0°0 cTc60 ~~~ L668°0 99°T cia CME OS IP " 09°07 5 00°0 6€ 67 6E TT80°0 L668°0 °° ~° 9818°0 8e'T Koo) OS 0 a OSIGE th 10 69 €8°9¢ LOTTO 98180 ~~~ 610L°0 160 Ss ASW OS'6E ~ OS'8E 700 69 GEeL9 €8E1'0 610L°0 ~~ 9€9¢°0 "0 eve ONSO OS8E ~ 5° OGLE A GT 19 67 TL 8971 0 9€9¢°0 ~* 89170 90 G0 OGLE ~ 0G°9E 89°0 19 61°L9 G6ET'0 89170 ~*~ 9LL¢'°0 Ie 0— i OO OS:9 See OSIGE b9'0 6S ET ES T6010 91L1¢°0 ~ G89T'0 6o°0— Sa Ogice OGiFE 09'T 97 8T8E v8L0°0 G89T'0 ‘~*~ T0600 NO Ore hee Osis = OS tSs 00°0 (6 $9 GG ¢970°0 T0600 °° 9€70°0 (AS ee eC 0G Ee “— (Was 6o0 bl CeCl €G¢60°0 96700 ~~~ €8100 Wa i 8 UE OSE — OG TE TILT G 168 €810°0 68100 °° ~ 00000 60°¢— ae Ore SRE Ss CO te i fa @ - z : (a ‘a) Ms YH ap 10 x — x Sr x 9SSeTM OL: OpeISS}IOYIOIT 99‘ =S LO‘LE = x L87 =U -UIUIOPUISNIIVIWIITY °T SUNJAWMSNY TIYOSISIVL}S UsT[oqey, “T Alexander Kolbing: Der Starnberger See 66-91 = Ghion — 7K c69T =~ 6 9/9 G6 A CLOT 98F 987 0000°T 6o9 L 0r'€ 01000 0000T °° O0&66°0 co 2 Ge GIs Cor C678 Gog L LO 88000 08660 ‘°° 2860 Ghee = 5 SSG G6r8 °° G6'Es 00°0 9T LE9T LEg0'0 Cr860 ~*~ G0s60 GEG So = 269 tT G6ie8 °° Gr'ss 00°0 LE PL'9E 96400 S0S60 °°° 6180 SOs ACT Gres! | | -S6ice L0 OL 67°59 CGA GVLG0. se cGrlO0 Gig S910 G6jG8 ae Siac 19°0 18 PL'88 92810 %crL0 °° 96S¢°0 COs ee GIO Gy78 °° S618 c€'0 101 CP'S6 P9610 96690 °° ZE9E0 GI0= = -Ge0= G6I8 “°° SPITS 1S°0 bh €7'08 cc9ol0 §©ce9go0 °° LLETO CSO 3 68'0-- GPI8 °° ° 608 8r'0 87 LO'S¢ G6ON0'~ LUGO 2 2 -G800.0) 2) G8 0re = 3. 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Seitenlinie 108a eL‘G €L‘0 eL‘0 €L‘0 CL‘0 CL‘0 TL‘0 0L°0 89'0 cL0 89°0 TL‘0 TL‘0 TL‘0 LL‘O LL‘0 o6L 208 ‘08 618 L‘T8 9°08 6°6L £08 108 0°08 818 G6L 8°6L ¢‘08 O18 r08 L‘G LOT LOT GOI SOI CLT L‘GT Pol O'LT rae 9°9T L‘9T O'LT l‘91 eC G‘cT L‘GT Gale 0°02 6 1Z o GG P02 PEGG 0°0Z Dales r'0 P0¢ L‘8T 8°02 GGG PIG LEG —S'6r bos a on Be Bo ve 8é GE 9€ 9€ 8€ OP 9€ CP 6E 8€ 07 LE vE 6€ 07 OrT GLI OOT 9GT LUT OFT O8T Tcl v9l e9T vrl 8éT cél Lot OLT O9T +++ ++++4+ ++ ++tH++t+H+4+H Ln ee Fe oe Boe oe | T9T G6T LIT vst 99T 691 606 6ET 68T L8T c9T 8cT vST crT G0G v6T CGT G‘CT GCI een OFT SFI OST UPI SFI LOT OFT 6ST 6EI LVI PGT 0‘ST “|SIpByseq [oxepuewleryy 9¢ + E% (; LY Ke lv GP 6T VP 0c oF 6T 6 St BP GT CP 9% 9F Dal ST 9'T oT 8‘T Welt ST 9'T ST ST 9'T Ae GT oT vey LT GG 6E% f 0G 0'%% CS GCS SOS LIZ UG 9‘8Z G‘EZ 0°8% CCG 0's OFZ G's 082 8°6% rakeyd £6C 0°82 6LZ POE OLE @0€ G6 L‘8% 1‘8z Clic SLE 9°6 26 8L 88 6L &8 €8 €8 G8 v8 06 98 G8 88 18 68 68 &8 ANHANG Tafeln und Tafelerklarungen (Tafeln I-III) Erklarung zu Tafel I Fig. 1: ,,Bodenrenke“ aus Westenrieder (1784) Fig. 2: Renke aus dem Starnberger See (Oktober 1973) Gesamtlange (Lt) : 37,7 Vollgewicht (Gv) : 535¢ Alter s JN004r Tafel I ‘ Bede rererthe Tafel II Erklarung zu Tafel II Fig. 1: Kopfansicht einer Starnberger Seerenke Fig. 2: Starnberger Seerenke — MiBbildung der Schwanzflosse Erklarung zu Tafel III Starnberger Seerenke — Kiemenreusenapparat Tafel Til VEROFFENTLICHUNGEN der ZOOLOGISCHEN STAATSSAMMLUNG MUNCHEN MUS. COMP. Zo0L- JUL 15 1974 Die Najaden usvessn des Neckar-Gebietes (Bivalvia, Unionacea) von Hans Modell + (Mit 7 Tafeln) Band 17 S. 109—138 | Miinchen, 1. Marz 1974 Veroff. Zool. Staatssamml. Miinchen Die Najaden des Neckar-Gebietes (Bivalvia, Unionacea) von Hans Modell + (Mit 7 Tafeln) Verdoff. Zool. Staatssamml. Miinchen Band 17 | S. 109—138 | Miinchen, 1. Marz 1974 Hans Modell: Die Najaden des Neckar-Gebietes ital al Die Najaden des Neckar-Gebietes von Hans Modell Das Neckargebiet hat eine Muschnelfauna, die so sehr mit der Entstehungs- geschichte des FluBgebietes selbst verkniipft ist, daB sie zum Schulbeispiel fur zoogeographische Untersuchungen wurde. Geologisch gehért das Land der Stufenlandschaft an; im Suden reicht es noch in den Jura hinein, die Hauptflache gehort aber der Trias mit Bunt- sandstein, Muschelkalk und Keuper an. Durch die Emporhebung der Rander des Rheintalgrabens war das Gebiet wahrend eines grofen Teiles des Ter- tiars von dessen Bewasserung ausgeschlossen. Die altesten Talungen ziehen demgemaéB auch vom Schwarzwald quer uber die Taler der Nagold, Enz usw. gegen die obere Donau, zu der der stidliche Teil noch in sehr junger Zeit abgeflossen sein mu. Im Norden nagte sich der untere Neckar mit der zunehmenden Erhebung des Schwarzwaldes gleichzeitig ein. Ihm war ein Gebiet tributar, das sich aus dem unteren Neckar, der Enz, der unteren Jagst und Kocher bis etwa zur Linie Steigerwald-Hall zusammensetzte. Die weite Fastebene bis zum Jurafu8 muB noch wahrend des gréBten Teiles der EKiszeit zur Donau entwdassert haben, einzelne Talruinen wie das Brenztal zeugen noch davon. Spater, nachdem auch der heutige obere Neckar ange- gliedert war, scheint die Flu8verbindung direkt zur Eger-Wornitz gegangen zu sein. Die bevorzugte Erosionslinie des jungen Neckar bis in neuere Zeit war das Tal des Kocher, das stark tibertieft wurde und in dem die hoch- gelegenen Nebentaler heute noch die Richtung zur Donau wie auch die Donaufauna aufweisen. _ Diese Geschichte des Neckargebietes 1aBt sich auch in der Muschelfauna nachweisen. Schon Zwiesele 1914 hat die Hauptabgrenzungen zwischen Rhein- und Donaufauna vorgenommen. Die Najadenfauna des Gebietes k6nnen wir nunmehr in drei Teile gliedern. 1. Die junge Fauna des Neckar-Rheingebietes. Sie enthalt neben der Buntsandsteinform der Margaritifera margaritifera L. fa. parvula Haas im Ulfenbach, die Pseudanodonta complanata elongata Hol., Unio pictorum deshayesti Mich., Unio tumidus depressus Don., Unio crassus nanus Lam. (= batavus Lam. ol.) und die Anodonta anatina avonensis Mont. .2.Die Donaufauna, enthaltend in der oberen Jagst bis etwa Crails- heim Unio pictorwm latirostris Ktister, Unio crassus cythera Kstr. und Anodonta anatina attenuata Held. Im Quellgebiet und den stidlichen Ne- benfitissen des Kocher sind nur An. anatina attenuata und U. crassus cytherea vorhanden (Lein, Aal, Buhler, Rot). 1D Hans Modell: Die Najaden des Neckar-Gebietes Z%wiesele hat auch die Fauna des oberen Neckars hierher ziehen wol- len. Ich halte diese fiir eine auf Donaugrundlage durch Neckarbeimi- schung schon weitgehend der Neckarfauna angeglichene Mischung, wo- fiir namentlich die Anodonten sprechen. Dazu kommt Ps. compl. com- planata Rossm. in der oberen Jagst. 3. Das Gebiet des alten Mittellandes, mittlere und untere Jagst, Ko- cher, Murr, Rems und vielleicht Teile des oberen Neckar. Die Fauna ist sehr arm und besteht aus einer Sonderform des Unio crassus nanus Lam., dem Unio pseudoconsentaneus Geyer und einer Form der Anodonta ana- tina avonensis Mont., der An. suevica Kobelt. Beide Artformen machen einen dirftigen Eindruck; es sind ausgespro- chene Kiimmerformen des Sandlandes mit Neigung zur Langstreckung der Schale. Nach den Ergebnissen meiner anderweitigen Untersuchungen bin ich heute der Ansicht, daB es sich bei beiden Formen um ausgesprochene Kalteformen des Zwischeneislandes aus den letzten grofen Vereisungen handelt. Auch im Lippegebiet stellte Steusloff das Ausdauern solcher Formen dieser beiden Arten in der Zone der Kaltewirkung fest. Die Inter- glazialablagerung von Mauer bei Heidelberg ergab neben einem gleich- artigen U. crassus noch einen sehr kleinen pictorum, sehr sparlich. Wir dur- fen also sicher annehmen, da nur diese beiden Formen im Gebiete die Eis- zeit selbst tiberdauerten, alle anderen aber junge Einwanderer sind. Das gilt auch fiir die Donaufauna in Jagst und Kocher und vielleicht dem ober- sten Neckar (bis zur Schichem). Wir konnen deren Einwanderung als fru- hestens postglazial auffassen, ebenso wie die der eigentlichen Rheinfauna. Heute ist die Fauna infolge der zunehmenden Industrialisierung des Landes stark im Ruckgang begriffen. So haben wir es namentlich einem Vlanne zu danken, der uns das Bild der Fauna, wie es vor 1910 bestand, in seinen wesentlichen Ztigen durch umfassende Aufsammlungen gerettet hat. Es war dies Dr. Heinrich Zwiesele, Gewerbeschulprofessor in Stuttgart, der in den Jahren nach 1908 die Durchforschung des Gebietes in Angriff nahm und mit Hilfe von vielen seiner Schuler auch im wesent- lichen beenden konnte. Seine Sammlungen, heute im Naturalienkabinett Stuttgart, standen mir durch die Liebenswurdigkeit von Prof. Dr. Rau- ther und Dr. W. G6tz zur Verfligung. Daneben hat Dr. D. Geyer eine Reihe von Einzelaufsammlungen durchgefiihrt und Herr Heinrich Wa- gele eine Reihe von Fundplatzen nachgepriift. Von beiden wurde ich regelmaBig mit Proben beliefert. Das Material, das zur Donaufauna gehort, wurde mit dieser zusammen bearbeitet. Leider war es mir unmoglich, das gesamte altere Material der Stuttgarter Sammlung durchzuarbeiten, ebenso wie die Jahreshefte des Vereins fur Naturkunde, die dartiber Notizen enthalten. Das Material liegt, im wesent- lichen die Sammlungen Zwiesele und Geyer, in Stuttgart, meine Sammlung aus dem Gebiet in der Zool. Staatssammlung Munchen (M.) und die Sammlung W a4 gele befindet sich im Besitz von Herrn L. Hasslein, Lauf/Pegnitz. Hans Modell: Die Najaden des Neckar-Gebietes 113 Margaritifera margaritifera L. Urspriinglich war die Perlmuschel nur im Ulfenbach vorhanden und zwar in der kleinen Form des Buntsandsteins, fa. parvula Haas. Seit 1760 wur- den Muscheln aus dem Bayerischen Wald zur Perlgewinnung im Steinbach bei Ziegelhausen (Heidelberg) eingesetzt und von dort dann in andere Ba- che weiterverpflanzt, so namentlich in die Steinach, den unteren Ulfenbach und den Itterbach. Gehalten hat sich die Art nur noch in der Steinach und dem Ulfenbach. Im Itterbach und dem Steinbach gilt sie als erloschen. Ne i) Steinbach bei Ziegelhausen. 1760 und 1769 von Diessenstein (Ilz) und Deggendorf hier eingeftthrt. Bald ausgestorben infolge zu reichlicher Sandfiihrung des Baches. .Steinach bei Altneudorf. 1770 aus dem Steinbach hieher verpfianzt. Die Bayerische-Wald-Form ist ohne weiteres ersichtlich. Das Gefalle des Baches ist groB. Var. archaica. leg. Dr. D. Geyer 1913, 1 Stuck; Mo- dell 4. 4. 1926, 25 Sticke. cf. Hessling 1854, Carl 1910, Haas 1908 (M.). L. 129 H.57 D. 39 mm M20 Ol 147. 10150 30 .Steinach ob. Schonau. Im Bache nur wenige Stticke, dagegen massenhaft tot im Miihlgraben, wenige lebende dabei. MaBig stark erodiert. leg. H. & H. Modell 18. 7. 1934, 15 Stticke (M.). cf. Gysser 1865. 1. 12762) D339) rane 119 58 40 93°41 2a .Steinach bei Heiligenkreuzsteinach. Bayer.-Wald-Form, var. archaica. H. Zwiesele, 9 Stucke (M.). jy 28) Nels OS) 1D), SE icaionn 122i Oils onl PACs SeeI) / 2838) . Ulfenbach bei Affolterbach. Tyenfundort der Buntsandsteinform fa. par- vula Haas 1908. 1/2Stunde unterh. Aff. bei der Heckenmuhle, reiner Sandgrund, stellenweise steinig. Die Muscheln leben an den Randern der Pflanzenzone oder bei groReren Steinen. Var. palaeozoica cf. Haas 1908; leg. Geyer 1913, 1 Sttick; Modell 3. 4. 1926, 41 Stucke; 18. 7.1934, 8 Stticke (M.). L. 101 H. 49 D.33 mm 109 000-26 Qin a3y 30 Ae SOp 2 6. Ulfenbach bei SchOnmattenwaag. Seidler 1922, kleine parvula-Form. 7. Ulfenbach bei Heddesbach. Stark erodiert und dtinnschalig, parvula- Form, nur tote Stiicke, var. palaeozoica. Modell 3.4. 1926, 30 Stucke. L. 99 H.45 N.29 mm 98 44 27 Ole 39) 24 8. Ulfenbach bei Hirschhorn. Von der fa. parvula liegen mehrere in der 114 Hans Modell: Die Najaden des Neckar-Gebietes coll. H. Zwiesele, auch 1 Sttick der Bayer.-Wald-Form. var. tenuis palaeozoica. (M.); Seidler 1922 stellte die Bayer.-Wald-Form hier fest. L. 120 H. 61 D.31 mm TPs Bik 5) 85 43 24 9. Finkenbach (zum Ulfenbach). Seidler 1922: im Unterlauf die grofe Form. 10. Itterbach bei Itterbach. Bayer.-Wald-Form, var. tenuis/archaica. Uber die Einsetzung berichtet Carl 1910; Seidler 1922 fand sie nicht wieder. In coll. Zwiesele 3 Stucke (M.). L. 135 H. 64 D. 35 mm Pseudanodonta complanata elongata Holandre Die Rheinrasse der Pseud. complatana Rossm. ist im Neckargebiet sehr sparlich vertreten. Geyer klagte dartiber, daB er in seinem Leben nicht mehr ais ein Dutzend gefunden habe. Im Neckar selbst ist sie anscheinend sehr sparlich, haufig dagegen in der Jagst und ziemlich haufig im unteren ‘Kocher. In der oberen Jagst von der Kernenmuhle bei Neidenfels ab tritt die Donaurasse auf (siehe Donaugebiet). 1 qa (op) =] ioe) We) . Neckar bei Neckargemtind. Geyer 1911, Taf. 6, Fig. 5. De Neckar bei Heidelberg. Haas 1908, als An. (Pseudan.) nicarica Haas; Kobelt, Rossm. Ikonogr. N. F. 17, 1911, Nr. 251, 252. LE. 73:H.40 DB. 22mma . Enz bei Bietigheim. Geyer 1900; Buchner 1900. . Kocher bei Gochsen. Zwiesele 1914. .Kocher bei Ingelfingen. Grofe, derbschalige Stticke, var. arenicola. — Zwiesele 1914, 2 Stticke (M.). L. 81 H.44 D.33 mm .Kocher bei Kochendorf. Zwiesele 1914, var. arenicola, kleine, schwachschalige Stucke. 15 Stticke (M.). L. 75 H.38 D.24 mm Wie ois. = - 2X0) AQ ee ec2de atts .Jagst bei der Kernenmuhle (Neidenfels). Var. typica. Zwiesele 1914, mit der Donauform untermischt. 3 Stticke (M.). L. 74 H.39 D.18 mm 10 AZ eredeG OB 3h) Io .Jagst bei Kirchberg. Zwiesele 1914, 7 Stticke, var. arenicola (M.). Ee 6 Asst D2 2a nan 604.30 yee .Jagst bei Bachlingen. H. Zwiesele 1914, 17 Stticke, var. typica und arenicola (M.). ie. 687Ee 39) Dao mand GOR? GSA shg Bo) ayy, 1s A) 9 16) 6 Hans Modell: Die Najaden des Neckar-Gebietes 115 10. Jagst zwischen Hohebach und Dorzbach. Zwiesele 1914, 20 Stucke, var. tenuis/arenicola und typica. Sculptur ganz schwach (M.). L. 56 H.30 D.15 mm 54 30 15 SOEs PAE AUG 11. Jagst bei Hohebach. Zwiesele 1914, 15 Stiicke, var. typica/arenicola. (M.). 1B, (oe Male GLEN) aly) Teghaa! Gino Olea LO HO sia ais 12. Jagst bei Klepsau. Zwiesele 1914. 13. Jagst bei Bieringen. Zwiesele 1914. 14. Jagst bei Schénthal (—Berlichingen). Zwiesele 1914; Buchner 1900; A. Micheler 1925, 1 Sttick (M.). 68) E35) 22) mm 15. Jagst bei Widdern. Zwiesele 1914, 114 Stticke; var. arenicola, typica und tenuis (M.). L. 64 H.36 D.18 mm 68 36 20 Goi Soma Lo 16. Jagst bei Méckmiihl. Zwiesele 1914, 4 Sticke; var typica und ten./ arenicola (M.). L. 56 H.30 D.16 mm 17. Jagst bei Heuchlingen. Zwiesele 1914. Anodonta cygnea L. Von den beiden Kleinarten, die in den Kreis der An. cygnea L. gehoren, ist anatina L. reichlich im Gebiete vertreten. Haufig ist eine kurz-ovale Sandformen-Ausbildung, seltener, aber auch weitverbreitet die kleinen rostrata-ahnlichen Formen der suevica Kobelt, sparlich echte groBe rostra- ta-Formen. Dagegen ist cellensis Gmelin, also auch die cygnea L. s. str. im Gebiet auBerst selten, vielleicht tiberhaupt nicht heimisch. Alle darauf ge- pruften Stticke haben sich als Wandelformen der piscinalis Nilss. (= ana- tina L.) herausgestellt. So sind die Buchner’ schen Feststellungen von 1900 auBerst problematisch geworden. Buchner’s Diagnose fur die cy- gnea-Formen: Wirbellage héher als die tibrige Schale, war ja auch auferst oberflachlich und alles, was ich von Buchner’schen cygnea aus dem Neckargebiet sah, gehorte denn auch zu anatina L.! Anodonta anatina avonensis L. Die vorherrschenden Formationen des Neckargebietes, Muschelkalk, Keuper und Jura bringen es mit sich, daB die var. arenicola als haufigste biologische Reaktion erscheint. Wie bereits gesagt, sind rostrate Formen sehr selten, einigermafen haufig noch in der Form der kleinen Bache, var. suevica Kobelt. Irgendwelche Auswirkungen der Eiszeit, wie im oberen Donaugebiet, sind auBer diesen rostraten Formen nicht zu erkennen. 116 Hans Modell: Die Najaden des Neckar-Gebietes I, 1 w 4. oar DD or Ze 13. 14. 15. IS) Oberer Neckar . Blaulach, Neckar-Altwasser bei Tubingen. Var. tenuis und fa. ponderosa, Teichform. Dr. Th. Schmierer 1898, 2 Stticke (M.). L. 132 H.68 D. 42 mm UO) = eu Aale aaa a .Unterer Klosterweiher bei Liechtenstein. GroBe piscinalis-Form, var. typica. Zwiesele, 1 Stuck (M.). Mee UPAN alata) ID), SS) saawen . Neckar-Muhlkanal bei Neckartheilfingen. Geyer 1890, sparlich, als rostrata Kok. bezeichnet. Neckar-Altwasser bei Neckarhausen. Geyer 1900, als var. cygnea L. bezeichnet. . Neckar bei Pliezhausen. Buchner 1900. . Neckar bei Hofen. Buchner 1900. . Neckar bei Berg, FloBgasse. Buchner 1900, als swevica. .Schwippe bei Darmsheim. Buchner 1900. Hier angeblich auch cel- lensis. . Aich bei Neuenhaus. Geyer 1900, als anatina L. . Aich bei Grétzingen. Kobelt, Rofm. Icon. N. F. III, Nr. 715. An. sue- vica Kobelt; Geyer 1900, als An. mutabilis suevica. . Schaich (zur Aich). Geyer 1900, als anatina L. .Authmuth, Unterlauf. Geyer 1900, als anatina L. Mittlerer und unterer Neckar Korsch-Mundung bei Zell. Var. typica, Altwasserform, grunlich gefarbt. DiwD Gey ex 1923 Stuck (Vs): L. 110 H. 60 D. 33 mm Rems bei Beinstein. Var. typica/aren., Bachform. Zwiesele, 6 Stiicke (M.). L. 87 H.46 D.29 mm 12 SOG Rems bei Waiblingen. Var. tenuis/arenicola. Zwiesele,10Stiicke (M.). L. 91 H.46 D.28 mm 19's “45 eZ . Muhlbach bei Ludwigsburg. Buchner 1900. . Neckar bei Aldingen. Buchner 1900. .Neckar bei Besigheim. Var. typica/tenuis, Flu8form. Zwiesele, 47 Stucke (M.). L. 96 H.50 D.24 mm 92° 49. 229 90 250i 0 . Neckar bei Walheim. Aus suevica entstehende Stromform, var. typica. D. Geyer 1923, 2 Stticke (M.). L.117 H.60 D.39 mm i Oil Bil Neckar bei Pleidelsheim. ,aus Baggerléchern“, var. crassa, cygnoid, eines ganz flach, hellgefarbt und symphynot, var. typica. D. Geyer 1921, 2 Stticke (M.). L. 136 H.79 D.50 mm Ue (4 LY) Hans Modell: Die Najaden des Neckar-Gebietes 117 29. 26. Ze 28. 29. 30. .Schleuse bei Pleidelsheim. Geyer 1911, Taf.2, Fig. 1, 2. ,in Menge in scho6nen, glanzend braunlichgrtin gestrahlten Stucken“. . Neckar bei Lauffen. Buchner 1900. .Sontheimer Altwasser bei Heilbronn. Buchner 1900. .Zollhafen in Heilbronn. Flache Sandform, sehr kurzoval. cf. Buchner 1900; Zwiesele 6 Sticke, ca. 1910 gesammelt (M.). Ly 80) Hi, 50° D. 20 mm 13 40)" 23 . Neckar bei Heilbronn, Salzhafen. GroBe piscinalis, var. crassa, fa. pon- derosa C. Pfr. Zwiesele, 12 Stticke (M.). L. 110 H. 62 D. 39 mm HO BAL BY 87 49 26 Neckar bei Heilbronn, an der Fahre, einer schlammigen Stelle. Var. ty- pica. H. Wagele 1932, 7 Stticke (M.); Buchner 1900. L. 90 H.51 D. 25 mm SO BY) As 81 44 24 Bach im oberen SchloBgarten Stuttgart. Buchner 1900, als An. cy- gnea, Ubergangsform vom Typus zur var. piscinalis bezeichnet, ist var. typica, Teichform. 1 Stiick, erhalten von Buchner (M.). i. 122 Hi. 69D? 49 mam Oberer Anlagensee in Stuttgart. Buchner 1909, Abb. 1—3, als An. cygnea bezeichnet, sind piscinalis-Formen. 2 Stticke, erhalten von Buchner (M.). L. 119 H.60 D.41 mm YS BO 1 BY) Unterer Anlagensee in Stuttgart. Buchner 1900. Stark verkurzte var. typica, Teichform und arenicola. Erhalten 1923 von O. Buchner (M.). L. 104 H.60 D. 39 mm 96 58 39 Monrepos bei Ludwigsburg. Teichformen der piscinalis auf hartem Grund, daher cygnoid geworden. Var. arenicola und crassa. Buchner 1900 beschreibt von hier eine Reihe Standortsformen, die er meist zu cygnea s. str. stellt, die aber alle zu anatina gehoren. Es sind dies: forma com- pressa, acutirostris, longirostris, recurvirostris, decurvata und renifor- mis Buchner. Die Formen sind meist kurz, mit mittelstandigem Wirbel und fahlgelber Farbe, dickschalig. Ich erhielt 1923 von Buchner und Geyer Belegstiicke, 7 Stucke (M.). L. 121 H.66 D. 46 mm LUG) i) ae LOMase Odi oe | AS 2G Neckar bei Neckarsulm. Grof8e piscinalis-Form, var. typica/arenicola. Zwiesele, 12 Stucke (M.). L.111 H.59 D. 40 mm 3 ba) BIL SiS) 118 Hans Modell: Die Najaden des Neckar-Gebietes ol (Se) BS (we) Ww AD eo) 40. . Neckar oberh. Gundelsheim. Flu8formen der var. typica/arenicola, stark abgerieben. Zwiesele, 14 Stucke (M.). L. 99 H.54 D.36 mm Se a BO 82 48 24 . Neckar bei Gundelsheim. Auf Baggerkieshaufen, var. arenicola. Mo- dell 5. 8. 1937, 2 Schalen (M.). L. 88 H.50 D.— mm . Neckar bei Neckargerach. Var. typica/arenicola. D. Gey er 1923, 1 Stiick; coll. Zwiesele, 13 Stticke (M.). L. 94 H.55 D.34 mm 80) O42 (3 2 LZ, . Neckar bei Eberbach. Seibert 1872, als cygnea und anatina. Geyer 1911, Taf. 2, Fig. 3, 4, coll. Zwiesele, 9 Stticke (M.). L. 79 H.45 D.25 mm 66: 41220 . Murr bei Backnang. Geyer 1900, fa. rostrata und anatina. . Murr bei Kirchberg. MittelgroBe suevica, die jungen mehr anatina. Var. typica/arenicola. Zwiesele, 110 Stticke (M.). L. 77 H.41 D.23 mm oO” (44 a2 10). eae eel . Murr bei Murr. Buchner 1900. Fa. swevica = var. arenicola, Bach- form; Dr. D. Geyer 1921, 3 Stticke (M.). L. 76 H.41 N.24 mm fee saat Vests Lo) to Ot p20) . Neckar bei Heidelberg. Var. crassa und tenuis/arenicola.O. Gaschott 1923, 1 Stitick; Modell 2. 4. 1926, Schalen (M.); Wilckers 1909. L. 90 H.48 D.26 mm 29. Tiimpel bei den Dossenheimer Porphyrbriichen. Alter Neckarlauf. Ahn- lich den Formen von Monrepos, verktirzte var. tenuis/arenicola, ero- diert, auf Lehmgrund. Dr. W. Blume 1923, 2 Stticke (M.). L. 112 H.60 D. 42 mm 111 65 45 Mannheim, Neckarauer Wald. Verktirzte var. typica/tenuis, von Lehm- boden, daher kreisrund. Brickner, 1 Sttick (M.). L. 73 H. 49 D)22) mm Enz Aus der Enz selbst und ihrem Einzugsgebiet liegt nichts vor, ebensowenig aus dem Gebiet der Nagold, da beide ja im kalkarmen Schwarzwald ver- laufen. Erst die Wurm fuhrt die Art, wenn auch scheinbar sparlich. 41 . Wurm bei Weilderstadt. Var. typica/arenicola, die suevica-Form. D. Geyer 1923, 1 Sttick; Zwiesele, 13 Stticke (M.). i, Woe. sD 2am 69) 38e 28 Ole eo one 20 Hans Modell: Die Najaden des Neckar-Gebietes 119 42. Goldbach bei Sindelfingen (bei Vaihingen, Filder). GroBe piscinalis, fast typica. Zwiesele, 20 Stucke (M.). LL. 102 H. 54 D. 32 mm HOM eS Zee oA: Game OOmnnr ak 43.Planbach bei Magstadt. Bauchige piscinalis, verkurzt, var. arenicola. Zwiesele, 12 Sticke (M.). E80, 3) D226 mim US} OGIO) PAS) Oden 42a 22. 44, Martertal beim Kurhaus Ménchsbrunnen (b. Béckingen). Var. tenuis/ arenicola, Bachform. Zwiesele, 3 Stucke (M.). L. 56 H.33 D.19 mm 45. Neuer See im Wildpark Stuttgart. Var. typica/tenuis, Teich-piscinalis. Zwiesele, 3 Stticke (M.). L. 75 H.49 D. 24 mm 46. Barensee im Wildpark Stuttgart. Piscinalis, var. typica/tenuis. Z wie- sele, 7 Sticke (M.). Bei Buchner 1900 als cellensis aufgefuhrt! LE. -92 i. 53) D: 28: mm Ph KD) ee PAL 47. Schattensee im Wildpark Stuttgart. Piscinalis, var. typica/tenuis u. are- nicola. Zwiesele, 3 Sticke (M.). L. 83 H.45 D25 mm 48. Pfaffensee bei Stuttgart. GroBe Teich-piscinalis, hellbraun, var. tenuis, leicht erodiert. H. Wagele 1930, 27 Stticke. Bei Buchner 1900 als cellensis aufgeftihrt! (M.). . L. 127 H.67 D. 42 mm P24 OSM Nod 120 64 48 A Wocher Einige Nebenfliisse des Kocher haben die Donaufauna aus alter Zeit her bewahrt (siche Obere Donau), der FluSlauf selbst fihrt dagegen die Rhein- form. Diese versucht in die Nebenfltisse aufzusteigen, doch konnte ich an dem vorliegenden Material nur an einer Stelle die Rheinform feststellen. 49. Biihler bei Obersontheim. Forma suevica Kobelt. Zwiesele, 9 Stuk- ‘ke (M.). L. 61 H.37 D.20 mm 50s oleael9 50. Kocher bei Untergroéningen. MittelgroBe Flu8form, ahnlich den Neckar- stiicken, var. arenicola. Zwiesele, 70 Stticke (M.). L. 103 H.54 D.37 mm LOM Se Or inne os: . Oona ee on 51. Kocher bei Gelbingen. Var. arenicola, Flu8form. Zwiesele, 20 Stucke (M.). 1G, 105) His 59) D231) mm 8 V49y i 24 52. Kocher bei Hall. Buchner 1900. 53. Kocher bei Braunsbach. Kleine var. arenicola/tenuis bis suevica. Zwie- sele, 6 Stucke (M.). Eaco0une 30 1 s21enamal AA ese dai die 120 Hans Modell: Die Najaden des Neckar-Gebietes 54. Kocher bei Kiinzelsau. Var. arenicola bis arenicola/typica, groB wer- dend. D. Geyer 1923, 22 Stucke (M.). Li: 105 H.56 De232mm O45. 352) 230 89) Oo a 55. Mtihlkanal bei Kuinzelsau. Var. arenicola (suevica Kob.). Zwiesele, 17 Stiicke (M.). L. 66 H. 35 D216 mm : 84°. 43) 27 UO 4S eZo 56. Kocher bei Ingelfingen. Var. tenuis/arenicola, kleine suevica-Form. Zwiesele, 12 Stucke (M.). L. 86 H. 44 D.28 mm 81 44 28 (Ae SO el 57. Kocher bei Gochsen. Var. arenicola, Bachform, ahnlich der suevica. Zwiesele, 4 Stucke (M.). L. 71 H.43 D.24 mm 58. Kocher bei Kochendorf. Var. arenicola/tenuis, FluBform. D. Geyer 1923, 2 Stucke (M.). L. 87 H.48 D.25 mm 80 42 25 59. Sauerbach bei EBingen. Buchner 1900. 60. Teich bei Gollenhofen (bei Mogglingen). Buchner 1900. 61. SchloBweiher von Neuenstein. Zwiesele 1914 ,,cygnoide Formen”. 62. Bach bei Neuenstein, westl. Ohringen. Var. arenicola, groBe Lehmform. Zwiesele, 32 Stucke (M.). L. 103 H.55 D. 38 mm 103 - 79% 333 96 254s 63. Weiher bei Wolpertshausen. Riesenform, von einer verktirzten Jugend- form ausgehend, sehr cellensis-ahnlich, aber Wirbelskulptur und Dick- schaligkeit sprechen fiir die Zugehorigkeit zu piscinalis var. typica, Teichform. Zwiesele, 13 Stucke (M.). L. 178 H. 86 D. 65mm L388 369 A ee 165 © 61 Der obere Teil der Jagst fiihrt, wenn auch sparlich, die Donauform, erst ab Crailsheim tritt die Rheinrasse auf. 64. Jagst bei Crailsheim. GroBe FluSformen, kleine suevica und wenige Stiicke, die noch an Donauformen erinnern; var. typica/arenicola. Zwiesele, 19 Stucke (M.). ib. 96H. 50) 22.9 mam 85 44 29 84 42 20 65. Jagst bei Kirchberg. Var. arenicola, normale piscinalis und suevica. Zwiesele, 3 Stucke (M.). L. 68 H.38 D.13 mm 66. Jagst bei Erlenbach. Buchner 1900. 67. Jagst bei Klephau. Var. aren./tenuis, Bachform. Zwiesele, 10 Stticke (M.). L. 79 H. 42 D.26 mm (DEO R SI PAS) 64 34 20 68. 69. 70. (ike 12. 73. 74. 79. 76. ie Hans Modell: Die Najaden des Neckar-Gebietes 124 Jagst bei Sch6nthal-Berlichingen. Fa. swevica und var. arenicola/tenuis. Zwiesele, 10 Stticke; A. Micheler 1925, 6 Stucke (M.). Wein- land 1863. L. 79 H.39 D.22 mm (ome 40M ee OR ee As ligne 2a Jagst bei Widdern. Typische suevica, Wirbel sehr weit vorne, var. typi- ca/tenuis, Bachform. Z wiesele, 79 Stticke (M.). L. 74 H.40 D. 23 mm Haye ae 9 aly) GORE oli aanks Jagst bei Méckmiihl. Fast typische swevica-Form. Z wiesele, 12 Stiik- ke (M.). L. 73 H.40 D.21 mm 12 BS) a AAD VAR HO I) Jagst bei Heuchlinger Muhle. Suevica-Form, var. tenuis/arenicola, Bach- form. Zwiesele, 66 Stucke (M.). L. 79 H.41 D.24 mm or la 2.0) COP aoa 20 Jagst, Muhlkanal bei Herbolzheim, oberh. der Muhle. Grund tiefschlam- mig, Wasser fast stehend; var. typica. Zwiesele, 10 Stucke (M.). L. 104 H.53 D.32 mm 89 48 24 SZ Foun 22 Jagstkanal bei Jagstfeld. Piscinalis-Form, var. typica/arenicola und ty- pica. D. Geyer 1923, 4 Stucke (M.). L. 69 H.43 D.23 mm (OBO oval 64 43 23 Muhlbach bei Crailsheim. Var. typica/arenicola, suevica-Form. Zwie- sele, 3 Stucke (M.). L. 72 H.38 D. 26 mm Gronach bei Ellrichshausen. Kleine Sandbachformen, ahnlich der sue- vica, var. arenicola. Zwiesele, 57 Stticke (M.). L. -72| H. 40 D. 23 mm On 4 Oar OS wooo Asbacher Weiher, OA. Gerabronn, zur Brettach. GroBe Teichform der ponderosa, var. typica. Zwiesele 1914, als cygnea L. Zwiesele, 26 Stticke (M.). L.170 H.86 D. 70 mm 1655 0578) 9768 L302 43 ale AGO Re Brettach bei Biegenstegen. Fa. swevica, var. arenicola/tenuis. Zwiese- le, 20 Stticke (M.). Ibi (iS) Jets ie) 1D); 2474 saavaol (Hee BS): S83 69 40 23 122 Hans Modell: Die Najaden des Neckar-Gebietes 78. Brettach bei Brettheim. Kleine suevica, var. tenuis/arenicola, vereinzelt scheinbar etwas Donaueinschlag. Zwiesele, 12 Stucke (M.). Li. 75. 39) De 22mm ((lisaia es tas 69°- 40.7 23 Die suevica Kobelt stellt die interessanteste Form unter den Anodonten des Neckargebietes dar. Durchaus an die kleinen Bache des Gebietes mit ihrer vorwiegenden Sandschlammfiihrung angepaBt, ist sie aber bereits zu einem Typ fiir sich geworden, neben dem oft unvermittelt die jungeren modernen piscinalis-Formen gleichzeitig leben. Es ist so anzunehmen, dai sie sich bereits in diluvialer Zeit als Kalteanpassung entwickelt hat, be- sunstigt durch die LOBbildung der Eiszeit und in dieser Form konstant ge- worden ist. AuBerhalb des Neckargebietes sind ahnliche Formen nur ganz sparlich bekannt geworden (siehe Main-Gebiet). : Anodonta cellensis Gmel. (= cygnea L. s. str.) Anodonta cellensis Gmel. bzw. cygnea L. wurde von Buchner noch als sehr haufig im Gebiet dargestellt. Bei der Nachprtifung stellte es sich aber heraus, daB Buchner die Art als solche gar nicht erkannt hat und regel- maéBig + kreisrunde Formen mit hohen Wirbel fur die cygnea L. nahm. Auch seine cellensis-Bestimmungen aus dem Neckarland sind alle fraglich. Auch Geyer hat in seiner Anfangszeit die Art nicht sicher trennen kon- nen. So bleibt mir nur Ubrig, die Fundorte aufzufthren, die ich nicht nach- prufen konnte, aber die moglicherweise hieher gehoren konnten. Es sind: Altwasser der Aich bei Aich. Geyer 1900 als var. cellensis. Schwippe bei Darmsheim. Buchner 1900. Bassin des Winterhafens b. Heilbronn. Unterer SchloBweiher in Stuttgart. Monrepos bei Ludwigsburg. Was ich von den letzten beiden.Fundorten sah, ist keine cellensis. Es ware aber doch moglich, da einige wenige Stucke unter dem von mir nicht eingesehenen Material waren. Insbesondere halte ich das Original zu Buchner 1900, cygnea fa. cellensoidea, Taf. 4, Fig. 1, fur evtl. zu cellensis gehorig. Auf jeden Fall bleibt das Resultat: wenn tberhaupt, kommt cellensis im Neckargebiet so sparlich vor, dai sie bisher kaum zur Beobachtung gelangt ist. Und diese Seltenheit kann nur damit zusammenhdangen, dai das Gebiet von den Auswirkungen der Eiszeit verschont geblieben ist. Hans Modell: Die Najaden des Neckar-Gebietes 123 Unio crassus Retz. Unio crassus nanus Lam. Der ftir die Rheinrasse nunmehr zu verwendende Rassenname nanus Lam. 1819 wurde flr eine westfranzosische Form aufgestellt, die der Stu- fenlandform des Neckargebietes sehr nahesteht. Der Name batavus Lam. wurde lange mit den Autoren Maton & Rackett verwendet, ist aber durch batavus Don., eine pictorwm-Benennung, praeokkupiert. Im Neckar- gebiet selbst herrscht im Stromlauf die Formengruppe der Rheinstrom- formen vor, in den Bachen die pseudoconsentaneus Geyer, entsprechend der suevica bei anatina, var. arenicola und in dieser Formgebung den Donau- formen etwas dhnlich und friiher viel damit verwechselt. Der obere Neckar hat Formen, die Zwiesele 1914 noch zu den Donauformen stellte. Nach eingehender Untersuchung des Materials moéchte ich sagen, dafi sie als eine auf Donaugrundlage rassenmafig bereits der Rheinrasse angeglichene For- mengruppe darstellen. Ihre Angliederung an die Rheinrasse liegt lange zu- ruck. Dagegen ist in den Zufltissen des Kocher (Rot, Aal, Lein, Buhler) und im ganzen oberen Jagstgebiet oberhalb Crailsheim die Donauform noch er- halten. Die Flu8verbindung zur Donau durfte aber in den jiingeren Zeiten nicht uber das Brenztal gegangen sein, sondern uber die Eger zur Wornitz. 1. Oberer Neckar 1. Eschach bei Dunningen. Kleine Bachform. Bei 23 Stticken ist die Wirbel- lage 8 pseudoconsentaneus, 15 reine batavus. var. tenuis. Zwiesele, ca. 100 Stucke (M.). Sis Ol Jal, 210) 1D), MS) sega DOMie Zona KS 45° 26, 17 ZOvee hier O 2.Eschach zwischen Stetten und Horgen. Meist langgestreckte, kleine Bachform vom batavus- und pseudoconsentaneus-Typ. Zwiesele, 100 Stiicke (M.). L. 46 H.26D.17mm 45% 2647016 IGN Ge 8 3. Alte Prim bei Géllsdorf. Kleine Bachform mit batavoidem Umri8, bata- vus (also einfacher), gelegentlich auch pseudocons.-Skulptur (also in Strichelchen aufgel6st). Zwiesele, 28 Stiicke (M.). L. 51 H.26 D.19 mm DOs ZOe ks A 2A ATS 4. Krollenbach, NebenfluB8 der Prim. Batavus-Form mit pseudoconsenta- neus-Skulptur. Zwiesele, 6 Stucke (M.). Ibs DS) Iels AS) ID), We) saavao. 495 268 16 124 Hans Modell: Die Najaden des Neckar-Gebietes D. (=>) a 14, 15. 16. Mths 18. We), 20. Schichem bei Sch6mberg. Batavus-Form mit vorgerucktem Wirbel und pseudoconsentaneus- und batavus-Skulptur. Zwiesele, 18 Stucke (M.). Li 53 E27 0, 12 om 52) 20 a Bl. 25 eed . Stunzbach bei Rosenfeld (zur Eyach). Auf cytherea-Grundlage batavoid umgewandelt, mittelgrof&, langgestreckt und bauchig, var. typica/tenuis (M.). L. 61 H.30 D.20 mm 61 <3 28 58/4 30 eee Miuhlkanal bei Hochdorf (Kirchheim unt. Teck). Var. tenuis, Bachform, etwas verktirzt hochoval, batavoide Skulptur. Zwiesele, 14 Sticke (M.). L 55 H.30D.17mm 50: 329) 9 46 26 18 . Hollbach (zum Neckar). Geyer 1890. . Aich bei Neuenhaus. Gey er.1890. . oschaich (zur Aich). Geyer 1890. . Authmuth, Unterlauf. Geyer i890. . Muhlkanal bei Neckartheilfingen. Geyer 1911, Taf. 5, Fig. 5. Extreme Langform; Geyer 1890. .Rottenburg a. Neckar, im LO’. Modell 1938, pseudocontensaneus- Form. PViTrtthlermnercund Unterer Neckar Rems bei Beinstein. Var. arenicola/tenuis, Bachform. Zwiesele, 15 Stucke (M.). Ib Oaks 743)1D); 222 ioaran DD). 30) 2220 1S 28 Rems bei Waiblingen. Batavus mit etwas pseudocons. sblasenles. var. typica und aren./tenuis. Zwiesele, 26 Stiicke (M.).. LER sl eto) ID), Ail Team Ney ae. BY O25 ee amen Rems bei Neckarrems. Var. arenicola/crassa, Bachform. Zwiesele, 4 Stucke (M.). L: 54 H.:30° Di 21mm Neckar bei Altbach. Var. typica, Stromform. D. Geyer 1929, 1 Stiick (M.). 62H. 33 Ds22 emia Neckar bei Berg. Seckendorf 1846. Neckar bei Cannstadt. Seckendorf 1846. Murr bei Murr. Geyer 1900, var. arenicola, Geyer 1923, 3 Stticke (M.). L. 45 H.27 D.17 mm 435 2 OLS 463 eile oielat Hans Modell: Die Najaden des Neckar-Gebietes 125 2 er 2. 28. 29. 30. 34. . Murr bei Kirchberg. Kleine pseudoconsentaneus, var. arenicola. Z wie - sele, ca. 20 Stucke (M.). Ip, (574 eal @i0) ID, 20) sonhan D2 2 eee BO) Pa NY .Eckertsbach. Geyer 1900. . WeiBach. Geyer 1900. . Bottwar bei Gro®bottwar. Rossm., Ikon. II, Fig. 754. Seckendorf 1846. . Muhlgraben bei GroBbottwar.Seckendorf 1846. . Neckarkanal bei Besigheim. Unio pseudoconsentaneus Geyer, var. are- nicola, Kanalform. Wirbelskulpturen wechselnd. Geyer 1911; Zwie- sele 1914; Geyer ca. 1921, 15 Stticke; Zwiesele 49 Stticke (M.). L. 82 H.42 D.30 mm SO S41 30 OT (Ol AS Neckar bei Walheim. Var. arenicola/crassa, groBe, starkschalige Form. Geyer 1921, 2 Stucke (M.). Ib sl, SY) 10), ais) seaban 665348 27 Neckarschleuse sdl. Pleidelsheim. Geyer 1911, Typenfundort des U. batavus pseudoconsentaneus Geyer, Taf. 5, Fig. 3; Taf. 2, Fig. 6, als ba- tavus pseudoconsentaneus und hassiae Haas. Reichlicher Schlammgrund, geringe Vegetation, ,.Bewohner des schwarzen Buhnenschlammes“. Geyer 1920, 4 Stucke (M.). I, “(il isl, Sis} ID, As) vaavan ! TO SO 25 ONS) | ul Dy Neckar-Altwasser bei Geisingen. Modell 1922; Geyer 1920, 2 Stuk- ke (M.). L. 73 H.41 D.26 mm Ge Sone. 0) . Schozach bei Ilsfeld. Var. typica und arenicola, kleine Bachform. Zwie- sele, 38 Stticke (M.). L. 54 H.30 D.18 mm DS Gil LY 48 29 ee GS . Lein bei Schluchtern. Kleine var. arenicola. A. Micheler 1925, 2 Scha- len. .Seitenkanal der Murr bei Hof und Lembach. Var. arenicola/crassa. Bachform. H. Wagele 1933, 8 Stucke. ID, 5) 1s 3510), AY) iaaveat OD Bi 2e 08 BH Ad Sandgrube zwischen Bockingen und Klingenberg. Kleine FluBform, Nie- derterrasse des Neckars; var. arenicola, leicht erodiert. Geyer 1920, 10 Schalen (M.). L. 55 H.29 D.— mm ADT 29 ADE DS) Gee Neckar bei Heilbronn. Kleine FluSform, var. arenicola. J. Schwind 1932, 2 Stticke (M.). L. 41 H. 23 D.16 mm 4) 24 14 126 Hans Modell: Die Najaden des Neckar-Gebietes 35. Zollhafen in Heilbronn. GroBe Stromform. Zwiesele, 7 Stucke (M.). L. 76 H.42 D.30 mm (le o0 een, 36. Neckar bei Jagstfeld. Z wiesele 1914. 37. Neckar bei Laufen. Zwiesele 1914. 38. Neckar bei Gundelsheim. Zwiesele 1914. Schalen aus Baggerkies; Niocdell nei. ao45. Ovo, inochalen: L. 70 H.37 D.— mm 39. Neckar bei Eberbach. Seiber 1873; Geyer 1911; Geyer 1920, 4Stuk- ke; Zwiesele, 11 Stiicke; var: arenicola/crassa (M.). L. 60 H.3f Dr22 om aye Pages IL) 545,30) sae 40. Neckar bei Neckargerach. Var. arenicola/tenuis. Geyer 1923, 2 Stticke; H. Wagele 1932, 10 Stticke (M.). L. 78 H.40 D.27 mm 11 A 3 OMe som 49>) 2G aalas 41. Neckar bei Neckargemtind. Stromformen mit etwas Urgebirgseinflu8. Geyer 1911, Taf. 5, Fig. 7 als fa. pseudocrassus Haas. Li 72) Be 38D 2 aaa 60 36 20 68 38 28 42. Sandgrube bei Mauer. Eine alte Neckarschleife, im heutigen Elsenztal. In der Fundschicht des Homo heidelbergensis kleine Formen, die von den heutigen starkschaligen Neckarformen stark abweichen, nicht sel- ten, aber sehr zerbrechlich. Modell 4. 4. 1926. Das Vorkommen 1aBt den Schlu& zu, das im Mindel-Ri®-Interglazial die Najadenfauna durch die klimatischen Verhaltnisse stark beeinfluBt war. Sandberger 1875. 43. Neckar bei Heidelberg. Var. crassa/arenicola, an der Insel unterhalb der Friedrichsbrucke. O.Gaschott 1922, 1 Stiick (M.). ; L. 60 H.35 D.23 mm 44, Neckar bei Mannheim. Var. arenicola/crassa. Voigtlander, 1 Stick (M.). L. 60 H.34 D.21 mm Bian dl Oy/ 45. Enz bei Unter-Riexingen. Seckendorf 1846, sehr klein. 46. Nagold. Abgebildet bei Lampert, Das Thierreich, als U. batavus. 47.Wurm bei Weilderstadt. Var. arenicola, kurzoval mit vorgelagertem Wirbel und braun-metallischer Farbung. D. Geyer 1920, 3 Stiicke (M.). L.. 45 H.'25°D) 15 mina Set ash ILS} Baie 2 1G Hans Modell: Die Najaden des Neckar-Gebietes D7 48. Wiirm, Nebenkanal bei Schlof Mauren. Kleine, diinnschalige var tenuis/ arenicola, Bachform. H.Wagele 1934, 21 Stiicke (M.). Li. 47 Hi. 28D: 15 mm A Gta one peels Aone 29) fe NG 49.Wiurm bei Mauren. Kleine pseudoconsentaneus-Form. Zwiesele, 6 Stticke (M.). L. 48 H.29 D.21 mm BY Seaeevall cot Ves 50. Wurm bei Merklingen. Kleine pseudoconsentaneus, var. tenuis/areni- cola. H. Wagele 1934, 4 Stticke (M.). L. 46 H.26 D.18 mm . 44 25 18 AVS ZO adh 51. Wurm zwischen Aidlingen und Ehningen. Var. tenuis/arenicola, Bach- form. Zwiesele, 7 Stiicke (M.). L. 52 H.25 D.19 mm 40 24 17 52. Wurm zwischen Schaffhausen und Doffingen. Var. arenicola, Bachform. Zwiesele, 6 Stticke (M.). JO 38) Jel Ac) ID); Ie) santa AAD) eye) e115) 53. Martertal beim Kurhaus Ménchsbrunnen bei Boblingen (oberster Zuflu8B des Goldbaches). Kleine var. typica/tenuis, wenig erodiert. Zwiesele, 126 Stucke (M.). L. 60 H.35 D.24 mm G0 3424 DU 2a © IL) 54. Goldbach bei Sindelfingen. Batavus-Form, mittelgrof, bauchig, wenig erodiert. Zwiesele, 37 Stucke (M.). L. 58 H.30 D.20 mm Dilg SoZ 61 33 24 55. Goldbach bei Boblingen. Bauchige betavus-Form, mittelgroB, schwach erodiert. Zwiesele, 24 Stucke (M.). L. 62 H.35 D. 24 mm 60). 342523 Silhoeoe Lames 56.Planbach bei Magstadt. Var. typica/tenuis, Bachform. Zwiesele, 274 Stucke (M.). L. 64 H.37 D.24 mm 58 34 24 63 34 24 57.Glems bei Leonberg. Var. arenicola/tenuis, Bachform. Zwiesele, 33 Stucke (M.). L. 49 H.28 D.19 mm aie 20 28 ABA PALE EAU} In der Nagold bei Liebenzell und der Enz um Calmbach habe ich wieder- holt, aber vergeblich nach Muscheln gesucht. 128 Hans Modeli: Die Najaden des Neckar-Gebietes 4. Kocher Von Zwiesele wurde die Muschelfauna des Kocher 1914 ausgiebig besprochen. Seiner Auffassung und Einteilung in Rhein- und Donaumu- scheln kann ich auf Grund eingehender Nachprufung seines Materials nur zustimmen. Die tiefe Eintalung des jungen Kocher fiishrt die Rheinfauna, die auf der alten Hochflache stidlich der alten Steigerwaldlinie liegenden NebenfltiBchen die Donaufauna. Es ist eines der wenigen bis jetzt durch Najaden erbrachten bzw. bestatigten Vorkommnisse der FluS8umkehr (Stromgebietsraub). 58. Kocher bei Untergroningen. Kleine Flu8form des pseudoconsentaneus. Var. tenuis, nicht erodiert. Zwiesele 1914, 22 Stticke (M.). L. 59 H. 34 D.22 mm Gy fiom vas) 1 UY) 52) 29 eal 59. Kocher bei Ottendorf, OA. Gaildorf. Psewdoconsentaneus-Form, mittel- groB, Skulptur pseudoc. oder batavus. Zwiesele 1914, 23 Stiicke (M.). L. 60 H.34 D.23 mm 60 34 24 59 Sle ahezil 60. Kocher bei Tullau. Kleine Form, Skulptur teils batav., teils pseudoc., die Form pseudoconsentaneus. Zwiesele, 4 Stticke (M.). L. 48 H.27 D.19 mm 61. Kocher bei Hall. Jugendform entschieden batavus, d.h. flach mit mafi- ger Wirbelskulptur. Altersform groBe pseudocons., hellbraun. Zwie- see (vi): L. 85 H.40 D.33 mm (hte is) So ZAL/ Oe Sl AY 40 23 13 62. Kocher bei Gelbingen. Kleine Flu8form, var. arenicola, in Form und Skulptur pseudocons. Zwiesele, 9 Stiicke (M.). L. 51 H.30 D.18 mm 50) e290) ager 44 25 16 63. Kocher bei Braunsbach. Typische pseudocons., z. T. langgestreckt. Zwiesele, 73 Stticke (M.). L. 66 H.37 D.26 mm G24 BIL | AS} 64. Kocher bei Kuinzelsau. Sandform, beim Wehr von K., var. typica. Geyer 1930, 13 Stticke. Zwiesele, 20 Stticke (M.). Ls 7 He 38D. 28 mm (By) 2S HOt Oncaea 44 25 17 Hans Modell: Die Najaden des Neckar-Gebietes 129 65. 66. 67. 68. 69. 70. ile 72. 73. Muhlkanal in Kunzelsau. GroBe FluBform, viele, sehr verlangerte Stuk- ke, pseudocons. und batavus nach Formen und Skulptur gemischt. Zwiesele, 70 Stucke (M.). Le 7 E36 Dy 25 mm (AO aes Le ePAT 66 33 23 Kocher bei Ingelfingen. Jugendform batavus, var. typica mit einfacher Wirbelskulptur, var. arenicola, fa. pseudocons. und ganz flache Stucke. Zwiesele, 15 Stiicke (M.). Ling WY ASl, Biff 1D) Ae) seat! TAS SOT aZD Pals Soaps {l 9 ae} Kocher bei Niedernhall. Var. arenicola, fa. pseudoconsentaneus, mittel- groBe FluBform. Zwiesele, 12 Stucke (M.). L. 62 H.35 D. 23mm 2A 8) 28) 60 34 23 Kocher bei Ohrnberg. Var. arenicola, fa. pseudocons., groBe FluBform. Zwiesele, 33 Stticke (M.) 1s) TSI, Sis ID) 775) senna) He aie AG) Ol Ome. oT Kocher bei Gaildorf. Mittlere FluBform, reiner batavus, nur vereinzelt aufgeloste Wirbelskulptur, haufig verktrzte Stucke. Zwiesele, 14 Stticke (M.). [74637 he 30): 25 mam D9) a2 22 DOM eZee ail Kocher bei Gochsen. MittelgroBe Flu8form des pseudocons., var. areni- cola. Zwiesele, 26 Stticke (M.). ice 62 He33) D> 23) mim SB a) <= dy) R\0P oe AD eile Kocher bei Kochendorf. Var. typica/arenicola, batavus und pseudocons. D. Geyer 1923, 9 Stucke; Z wiesele, 40 Stticke (M.). i 710 -He 38) Dy 25) mn 64 33 24 DU) al PA Salinenkanal Kochendorf. Batavus, var. typica; Wirbelskulptur pseudoc.; Zwiesele, 7 Stticke (M.). L. 45 H.24 D.14 mm 41 24 14 Buhler bei Buhlerzell, Obersontheim und Buthlertann haben Donau- cytherea, ebenso Aal, Lein und Rot b. Honig, sowie die Rot (Finsterrot). Rot bei Fichtenberg. Nur im untersten Teil der von der alten Wasser- scheide nach Stiden laufenden Rot findet sich batavus zu cytherea ein- gemischt. 2 cythera, 3 batavus; Zwiesele 1914, 7 Stucke (M.). JL aie) lel ey ID ails) saeban 2Ges lo 9 13 74 {Koy Tk 22) © ol. D. 0 Hans Modell: Die Najaden des Neckar-Gebietes .Nesselbach bei Markertshofen. MittelgroBe, engringige pseudocons., Wirbel fast immer mit pseudocons.-Skulptur, selten batavus. FlieBt zum Buhler. Zwiesele 1914, 78 Stucke (M.). yi dale a4 ID), 240) seavan 56: 223k Oey Pe Bil 20) .Schmerach bei Ilshofen. GroBe, schéne, var. typica/arenicola mit vorge- legtem Wirbel, batavus-Umri8 und batavus- oder pseudoc.-Skulptur., Zwiesele 1914, 85 Stticke (M.). Ll 10 He. 345De2 aan 69-335 2a AQ 22) ales Biber bei Michelfeld. Psewdocons. nach Wirbel und Umrif8, var. areni- cola/crassa. Zwiesele, 8 Stucke (M.). EO el sb ID) 210) iearaa Bey 9) Ohrn bei Ohrnberg. Fa. pseudoconsentaneus var. arenicola in sehr gro- Ben Stiticken, die jiingeren typische batavus. Zwiesele 1914, 49 Stuk- ke (M.). L. 68 H.36 D.28 mm 6% 32-5 26 60235 antl . Windischenbach (zur Ohrn). Grofe pseudocons., var. crassa. Zwiesele 1914, 74 Stucke (M.). L. 68 H.40 D.28 mm 66.7% Si, e2s 44 27 16 . Michelbach (z. Ohrn). Pseudoconsentaneus oder batavus, mit vorwiegend batavus- aber auch pseudoc.-Skulptur, var. crassa, Bachform. Zwie- sele, 13 Stucke (M.). L. 59 H.38 D. 24 mm 58 3407 22 Des As UY) . Pfedelbach bei Ohringen (z. Ohrn). Pseudocons.-Flu8form nach Wirbel- lage, Form und Skulptur; var. crassa/arenicola. Zwiesele, 29 Stiicke. (M.). LL. 63°E. 3200 s2a aan 62,7 50) eeeoe 61.239) 25 Brettach bei Brettach. Kleine Bachform, Umrif®B bativus und pseudoc., Skulpturen: 11 pseudoc., 10 batav., 1 cytherea; var. tenuis/arenicola. Zwiesele, 23 Sticke. L. 48 H. 25 D.18 mm 4322 Omen 2S ley 9 Jagst Die Jagstformen bleiben immer ziemlich klein. Im Gegensatz zum Kocher ist die Trennungslinie der Donau- und Rheinrassen ausgepragter und geht als kurze Ubergangsstrecke quer durch das Gebiet, so daB oberhalb fast nur mehr Donauformen zu finden sind. Hans Modell: Die Najaden des Neckar-Gebietes 121 82. 83. 84. 89. 86. 87. 88. 89. 90. Jagst bei Kirchberg. Kleine Form, Umrifi batavus, Skulptur pseudoc. und batavus, selten cytherea; var. arenicola. Zwiesele, 64 Stucke (M.). | L. 49 H.27D.17 mm AT OY ae OG) SO atte ey bei Bachlingen. Var. arenicola, klein. Zwiesele, 19 Stticke (M.). L. 44 H.25 D.18 mm Oh) eee ile: Zin AG 9 Jagst bei Hohebach. Var. tenuis/arenicola. Zwiesele, 116 Stiicke. (M.). L. 52 H.28 D.18 mm AOR ey 2ilpten., Lad A Ohi Oe, elt Jagst zwischen Hohebach und Dorzbach. Kleine batavus-Form, var. are- nicola. Zwiesele, 27 Stucke (M.). L. 45 H.26 D.15 mm ay) AL ANS) Ae Ze a he. Jagst bei Bieringen-Schonthal. Kleine Flu8form, vorwiegend pseudoc. und batavus, Wirbelskulptur bei 10 cythera, 61 batavus, Rest pseudoc. oder indifferent, vielfach bei beiden Klappen verschieden; var. typica bis arenicola. Zwiesele, 195 Stucke (M.); Weinland 1863. L. 54 H.30 D.20 mm Di Zon 20) SOM ae Jagst bei Schoénthal. Form und Skulptur vorwiegend pseudoc., verein- zelt batavus, ganz selten cytherea; var.arenicola. Zwiesele, 21 Sttk- ke; A. Micheler 1925, 5 Stticke (M.). I, Datel, a0) ID), AI) sanael AO 29a ANS) wis) I) Jagst bei Berlichingen. Kleine Form, batavoid, Skulptur pseudoc.; var. arenicola. Zwiesele, 21 Stticke (M.). i. 50) 28 DP1s8) mm Ah os ae) 85) BO wey 1B Jagst bei Widdern. Kleine Flu8form mit pseudoc.-Skulptur und Um- rissen, seltener batavus-Skulptur und Umrisse; var. arenicola. Zwie- sele, 152 Stucke (M.). I ai) dele Agi ID), Ui neat an 48 28 21 Zod 9 Jagst bei Méckmiihl. Kleine pseudocons. mit vereinfachter Skulptur, aber auch bat.-Skulptur; var. arenicola (M.). | L. 50 H.28 D.18 mm AQ 265.4 19 46 24 16 12 Hans Modell: Die Najaden des Neckar-Gebietes 91. Jagst bei Herbolzheim. Kleine pseudoc. mit vereinfachter Skulptur und batavoiden Umrissen; var. arenicola. Zwiesele, 18 Stucke (M.). L. 48 H.28 D.18 mm aay E745) 0) CIT) 41 24 14 92. Jagst bei der Kernenmuhle. Ausgesprochene batavus-Langiorm mit pseudoc.-Skulptur; var. typica und tenuis/arenicola. Zwiesele, 5 Stucke (M.). L. 48 H.27 D.18 mm “44 24 15 93. Jagstkanal bei Jagstfeld. Var. tenuis und arenicola. D.G eyer, 6 Stuk- ke (M.). L. 42 H.26 Dy lo mm Al 20 els 40-220 36 94. Miihlbach bei Goldbach. Echte batavus, Wirbelskulptur reduziert, Um- risse batavus, Wirbel etwas vorgelegt; var. typica bis arenicola, eng- ringig. Zwiesele 1914, 30 Stucke (M.). L. 63 H.34 D.23 mm GS) BA Al 23) ao 95. Muhlbach zwischen Goldbach und Crailsheim. Wie vorige, pseudoc. und batavus gleichmaig gemischt. Zwiesele, 210 Stucke (M.). L. 65 H. 34 D.25 mm 60 33 24 04°30 ais 96. Muhlbach bei Crailsheim. Umrisse vorwiegend batavus, Skulpturen meist pseudoc., seltener batavus, ganz selten cytherea. Zwiesele, 220 Stiicke (M.). L. 71 H.38D.29mm 62i) (30K es 35 21 ae 97. Flinsbach bei Groningen. Var. typica bis crassa, Wirbelskulptur schwach pseudoc., teils batavus. Form mehr batavus. Zwiesele 1914, 159 Stik- ke (M,). L. 60 H.31 D.23 mm 58) Acie ee 29 120) eal 98.Gronach bei Ellrichshausen. Kleine Bachform, var. crassa und tenuis mit vielen Krippeln und rhomboideus-Formen, engringig, dunkel, im Umrifi meist cytherea, Skulptur pseudocons. Zwiesele, 270 Stiicke. 99. Brettach bei Brettheim. Kleine var. tenuis/arenicola, etwas cytherea- ahnlich, auch in der Skulptur, Mischformen? Z wiesele, 78 Stiicke (M.). L. 49 H.26 D.19 mm AGH ileal Bae Ad) yy LD) 100. Brettach bei Biegenstegen. Var. tenuis/arenicola, Wirbelskulptur mehr cytherea, Umrisse batavus. Zwiesele 1914, 12 Stiicke (M.). L. 55) H. 28° D.19 mimi AO ean aml 4a 2D lS Hans Modell: Die Najaden des Neckar-Gebietes 133 Unio pictorum L. Unio pictorum deshayesi Mich. Die Rheinrasse des Unio pictorum L., die sich meist durch ihre elegante Form mit geschwungenem und vorgezogenem Vorderrand auszeichnet, ebenso wie durch die schmale Form und den geraden, an den Wirbeln nicht stark ansteigenden Oberrand, ist heute noch durch ihre Verbreitung im Neckargebiet als urspriingliche Angehorige des alteren Neckarsystems er- kennbar. Sie hat den oberen Neckar nicht erreicht und in Enz und Jagst gerade die untersten Teile besiedelt. Wie im Main hat sie eine Linie, ver- mutlich des groBeren Wasserreichtums wegen eingeschlagen, die in den un- teren Kocher ftihrt. Die alten, ehemals zum Donaugebiet und zum Zwi- schengebiet der An. suevica und des U. pseudoconsentaneus gehérigen Ge- biete der Stufenlandsbache sind ohne die Art, und in der oberen Jagst wird sie durch die Donaurasse ersetzt. Die weite Lucke, die zwischen den Donau- formen und den Rheinformen gerade in der Jagst vorhanden ist — und die keine zufallige Sammellticke darstellt (man vergleiche die Zahl der Zwi- schenfundorte bei U. crassus!), sondern ein wirkliches Fehlen der Art be- deutet — beweist zur Gentige, daB die Art von zwei Seiten her in verschie- denen Rassen in das Jagstgebiet gekommen ist, wobei die Donauformen ihren unmittelbaren AnschluB zur Eger und Wornitz haben und in Formen auftreten, die eher auf einen Flu8 als auf einen mittelgroBen Bach deuten. 1. Mittlerer und unterer Neckar 1. Neckarschleuse bei Pleidelsheim. Reine var. typica, ,,.Kanalform“, hell- gelb, weitringig und langgestreckt, Vorderrand eingezogen. Geyer 1900, Geyer 1911, Taf.5, Fig. 2; 1927, Taf. 25, Fig.1; leg. D. Geyer 1920, 5 Stucke (M.). L. 93 H.39 D.25 mm eB) Teil 2A5) Slama tre3 Alans TO eal Z 2. Neckarbuhne bei Geisingen (gegentiber Pleidelsheim). Geyer 1911, Taf. 3, Fig.7; Geyer 1900. . 3. Neckar bei Pleidelsheim. Geyer 1911, var. arenicola/crassa, UmriB abgerundet, Wirbel abgeschliffen, Farbe braungelb, ,, Buhnenform”%, leg. D. Geyer 1920, 2 Stucke (M.). L. 89 H.42 D.26 mm SIL Se) ZA 4. Neckarkanal bei Besigheim. Var. typica, leicht erodiert, groB und lang- gestreckt, bauchig. Geyer 1911; 1923, 3 Stucke (M.). L. 104 H. 44 D. 32 mm SO) BO) 88) G2 ame ales 134 Hans Modell: Die Najaden des Neckar-Gebietes D. SP ~] (ee) 10. he 12%, 13. 2. 14. 15. Neckar bei Walheim. Var. typica bis arenicola/crassa, groBe Form. D. Geyer 1921, 3 Stticke; H. Wagele 1933, 8 Sticke (M.). L.115 H.44 D.31 mm 99: ~ 46) oll 97.) 4b aol Neckar bei Neckarsulm. Var. typica, langgestreckt, weitringig, hellgelb. Zwiesele, 10 Stticke (M.). L. 98 H.39) Ds27 mim le = Sil saezal .Neckar bei Heilbronn. An der Fahre, var. typica, einer schlammigen Stelle im Neckar. Glanzend dunkelgelb, sehr weitringig und flach. H. W agele 1932, 16 Stucke (M.). L. 92 H.39 D. 26 mm 90 42 26 OGoH SOpumzo . Neckar bei Heilbronn, Salzhafen. GroBe Altwasserform, verkurzte var. typica in der Jugend, im Alter langer, dunkelgefarbt. Zwiesele (leg. Ertl- Heilbronn), 11 Stticke (M.). L. 103 H.43 D.29 mm 10 4 oe (1B) ee Sh) — 2S} .Zollhafen in Heilbronn. Var. typica, meist spitzschnabelig, var. areni- cola, kiirzer und hoher. Zwiesele, 58 Stucke (M.). L. 94 H.41 D.27 mm 98 43 28 OT 543 ees Neckar bei Gundelsheim. Var. typica/arenicola, gro8B, langgestreckt, weitringig und hellgefarbt. Zwiesele, 22 Sticke; Modell 27.7. 36, sparlich auf dem Baggerkies. L.103 H.43 D. 30 mm 100 438 #30 98 45 30 Neckar bei Eberbach. Var. typica/arenicola mit leicht erodiertem Wirbel, flacherer und hodherer Schale und stumpfem Schnabel. Zwiesele, 3 Stucke (M.). L. 91 H.40 D.25 mm Neckar bei Neckargerach. Var. typica bis arenicola, ,,Buhnenform“. Zwiesele, 10 Stticke; D. Geyer 1920, 3 Stiicke (M.). ) L. 97 H.43 D.28 mm 90 40 28 89° Aly 28 Sandgrube bei Mauer (Diliuvium: Mindel-Rif®-Interglazial). In der | Homo-heidelbergensis-Schicht kleine Formen, ziemlich sparlich. Mo- dell 4. 4. 1926, 1 Schale. Enz Enz bei Bissingen. Kleine Altwasserform, var. typica/tenuis. Geyer 1923, 1 Sttick (M.). L. 83 H.37 D.24 mm Enz-Altwasser bei Bietigheim. Var. typica/tenuis und recurvirostris, Hans Modell: Die Najaden des Neckar-Gebietes 135 etwas erodiert, hellgefarbt mit dunklen Anwachsringen. Geyer 1900; 1920, 2 Stucke (M.). L. 106 H. 42 D. 27 mm 99 44 30 3. Kocher 16. Kocher bei Ktinzelsau. Sehr groB, var. arenicola und typica. Vielfach wird im Alter nur der Unterrand weitergebaut, so dafi die Muscheln hoch und flach erscheinen. D. Geyer 1931, 50 Stticke (M.). L. 109 H.50 D. 32 mm LOGh DOr 6 105 46° 29 17. Muhlkanal in Ktinzelsau. Var. typica/arenicola mit erweiterter Skulptur. Zwiesele, 43 Stucke (M.). L. 95 H.42 D.26 mm Pa a 28) SO Oe aS 18. Kocher bei Ingelfingen. Var. typica und arenicola, Flu8form. Zwie- sele, 12 Stucke (M.). L. 87 H.35 D. 25 mm 86 38 > 24 a9 -. 35 23 19. Kocher bei Gochsen. Var. typica, im Alter arenicola, mittelgro8. Zwie- sele, 15 Stucke (M.). L. 86 H.40 D.27 mm 84. 37 23 (RI OE 2A 20. Kocher bei Kochendorf. Var. arenicola/tenuis, langgestreckt und flach. Zwiesele 1914, 95 Stticke; leg. Geyer 1920, 2 Stucke (M.). L. 89 H.37 D.24 mm es GAD OAT G2 39) 28 21. Ohrn bei Ohrnberg. Var. arenicola/crassa, teilweise sehr hoch und flach und var. typica. Zwiesele, 6 Stticke (M.). L. 95 H.40 D.28 mm ECB ye aie) 7X6) 88 42 26 4. Jagst 22. Jagst bei der Heuchlinger Muthle. Var. typica und, im Alter, arenicola. Haufig mit herabgezogenem oder breitem, langem Schnabel. Zwie- sele 1914, 38 Stticke (M.). L. 94 H.39 D. 26 mm Si aU ee 20 OA Om 2d 23. Jagst-Kanal bei Jagstfeld. Var. arenicola/tenuis, braungelb, Wirbel ero- diert, engringig mit herabgezogenem Schnabel. D. Geyer 1921, 14 Stucke (M.). L. 75 H.33 D. 24 mm 1) ian ad G22 Giese lil Von Crailsheim aufwarts tritt die Donaurasse der Art auf. 136 Hans Modell: Die Najaden des Neckar-Gebietes Unio tumidus Retz Unio tumidus depressus Don. Die Rheinrasse dieser Art ist schon bei ihrem ersten Auftreten im Pliozan der Rhon als starkschalige Stromungsform charakterisiert. Dementspre- chend verhdlt sie sich auch im Neckargebiet; sie folgt wie im Maingebiete den Linien der Hauptstromung, also dem unteren Neckar und dann dem Kocher. Die Jagst wird von ihr nur im Unterlauf bertihrt. Bei den Angaben der dlteren Autoren ist zu beriicksichtigen, daB fiir diese (Seckendorf, Held) der Name rostrata Lam. z.T. fur U. tumidus galt, meist jedoch fur pictorum. So sind die Angaben fiir rostrata von Cannstadt und Crailsheim wohl auf pictorum zu deuten, und hier tiberhaupt nicht bertcksichtigt. Ich selbst habe den Namen Kobelt’s rhenanus lange verwendet. Nach seiner Verbreitung gehort tumidus wie pictorwm zur Fauna des unteren Neckar. 1. Mittlerer und unterer Neckar 1. Neckar bei Heilbronn, Salzhafen. GroBe Altwasserform, var. typica/ crassa. Zwiesele, 9 Stticke (M_). L. 93 H.48 D. 34 mm 90 46 34 OZ) oom 2. Neckar-Altwasser bei Geisingen. Sehr sparlich. Geyer 1900. 3. Neckar oberhalb Gundelsheim. Var. typica und arenicola/crassa. Z wie- sele, 20 Stiicke (M.). L. 92 H.48 D.34 mm Ol 49 soe (Di AO ZG 4.Neckar bei Gundelsheim. GroBe Flu8form, var. crassa. Zwiesele, 2 Sticke (M.). L. 94 H.42 D.32 mm - 5. Neckar bei Neckarelz. MittelgroBe Sandschlammform, var. arenicola/ crassa. Zwiesele, 3 Stiicke (M_). Li. (1 Ht. 36) D225 mam 6. Neckar bei Eberbach. Var. typica und crassa. Seibert 1872; Zwie- sele, 32 Stticke (M.). L. 88 H. 44 D. 30 mm 88: 9.42)" 28 64 \31. 21 7. Neckar bei Neckargerach. Var. crassa und typica/arenicola. Zwiese- le, 7 Stlicke; Geyer 1920, 2 Stiicke (M.). . L. 82 H.41 D.26 mm OR a) All 63) 70 Somme 8. Neckar bei Heidelberg. Oberhalb der Karl-Theodor-Brticke, var. crassa/ arenicola. Modell 2.4.1926, 1 Sttick (M.). L. 80 H.42 D.29 mm 9. Tumpel im Neckarauer Wald bei Mannheim. Var. typica, Altwasserform. Voigtlander, 1 Sttick (M.). 1G (3) Jal, SID), AG saan Hans Modell: Die Najaden des Neckar-Gebietes 137 2. Kocher 10. Kocher bei Ktinzelsau. Var. arenicola/crassa. Oberster Fundpunkt nach Zwiesele 1914;D.Geyer 1931, 1 Sttick (M.). L. 90 H.47 D. 35 mm 11. Kocher bei Ingelfingen. Riesige var. typica bis arenicola. Zwiesele 1914, 15 Stucke (M.). LL. 10 HH. 53 D:35 mm 109) 2 525 ot 1065150; 33 12.Kocher bei Niedernhall. Var. typica/arenicola. Zwiesele 1914, 8 Stticke (M.). Ly, Isls ID), igataa 6577 Ome 2 UA BB 22S 13. Kocher bei Gochsen. Var. arenicola, FluBform. Zwiesele, 7 Stticke. (M.). L. 78 H.39 D. 26 mm (Onto oa e2.6 Me ys) elie 14. Kocher bei Kochendorf. Var. arenicola, FluBform. Zwiesele 1914, 76 Stucke; Geyer 1920, 16 Stiicke (M.). L. 88 H.39 D.30 mm 87 44 28 SOM 56 aneZ0 4D 8 22ND 15.Ohrn bei Ohrnberg. Var. arenicola, groB und var. crassa. Zwiesele 1914, 29 Stucke (M.). L. 95 H.46 D.31 mm 95. 42 29 De al 2 3. Jagst 16. Jagst bei Herbolzheim. Var. arenicola, etwas langgestreckt mit herab- gezogenem Schnabel. Zwiesele, 2 Stticke (M.). lig 0 Isls SY 1D) AAD seauae 17. Jagst bei Heuchlinger Mihle. Var. typica und typica/arenicola mit mit- telstandigem, starkem Schnabel, etwas verktrzt. Altere Stiicke mehr arenicola mit herabgebogenem Schnabel. Zwiesele 1914, 6 Stticke (M.). L. 69 H.35 D.24 mm 59s 220 G2) 32) 20 18. Jagst-Kanal bei Jagstfeld. Tiefschlammig, var. arenicola/tenuis, eng- ringig, etwas erodiert, Schnabel meist herabgezogen. Geyer 1921, 5 Stucke (M.). Ee lees. Ds 2. nam 5) BE 2 Cb SYA 138 Hans Modell: Die Najaden des Neckar-Gebietes Schriftenverzeichnis Buchner, O.: Beitr’ge zur Formenkenntnis der einheimischen Anodonten, mit be- sonderer Beriicksichtigung der wiirttemberg. Vorkommnisse. — Jahresh. Ver. vaterl. Naturk. Wurtt., 56, 1900: 60—190. — — : Conchologische Mitteilungen. 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Fig. 3: Steinach bei Heiligenkreuzsteinach fa. parvula Haas Fig. 4: Ulfenbach bei Affolterbach Fig. 5: Ulfenbach bei Hirschhorn Fig. 6: Ulfenbach bei Heddesbach Pseudanodonta complanata elongata Hol. Fig. 7: Jagst bei Kirchberg Fig. 8: Jagst bei Méckmiuhl Fig. 9: Jagst bei Kernenmuhle Fig. 10: Jagst bei Hohebach Fig.11: und 13: Jagst bei Widdern Fig. 12: Kocher bei Ingelfingen Fig. 14: Kocher bei Kochendorf Fig. 15: Jagst zwischen Hohebach und Dorzbach Fig.16: Jagst bei Bachlingen Fig. 17: Jagst bei Schonthal Anodonta anatina avonensis Mont. Fig. 18: Blaulach bei Tubingen —— : NS SS S)\ & Erklarung zu Tafel II Anodonta anatina avonensis Mont. Fig. 1 Fig. 2 Fig. 3 Fig. 4 Fig. 5 Fig. 6 IDS, Fig. 8 Fig. 9 Fig. 10 Fig. 11 Fig. 12 Fig. 13 Fig. 14 Fig. 15 Fig. 16 Fig. 17 Fig. 18 Zur fa. : Unterer Klosterweiher bei Liechtenstein : Rems bei Waiblingen : Martertal beim Kurhaus Monchsbrunnen : Murr bei Murr : Murr bei Kirchberg : Salzhafen Heilbronn : Oberer Anlagensee in Stuttgart : Unterer Anlagensee in Stuttgart : Wurm b. Weilderstadt : Tumpel bei den Dossenheimer Porphyrbriichen : Neckar bei Pleidelsheim : Brettach bei Biegenstegen : Neckar bei Heidelberg : Neckar ob. Gundelsheim : Zollhafen Heilbronn : Neckar bei Heilbronn : Mannheim, Neckarauer Wald : Goldbach bei Sindelfingen suevica Kob. gehoren davon Fig. 4, 9, 12. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Erklarung zu Tafel III Anodonta anatina avonensis Mont. : Weiher bei Wolpertshausen : Kocher bei Gelbingen : Asbacher Weiher : Pfaffensee bei Stuttgart : Gronach bei Ellrichshausen : Kocher bei Gochsen : Planbach bei Magstadt : Neusee bei Solitude : Kocher bei Kunzelsau : Kocher bei Ingelfingen : Kocher bei Kochendorf : Jagst, Muhlkanal bei Herbolzheim : Jagst bei Méckmuhl : Muhlbach bei Crailsheim : Jagst bei Schonthal : Jagst b. d. Heuchlinger Muhle : Jagstkanal bei Jagstfeld : Buhler bei Obersontheim woOmnnoaouw»rrwhdr fa OHNHOPWBDYS KF OO Zur fa. suevica Kob. gehoren Fig. 5, 6, 19, 11, 13, 14, 15, 16, 18. Tafel Ill Tafel IV ~< 20 NS = (6 RINK ' CE SQ))\ Ges) ———S . —s = Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Zur fa. Erklarung zu Tafel IV Unio crassus nanus Lam. 1/2: Stunzbach bei Rosfeld : Eschach bei Dunningen - Eschbach zwischen Stetten und Horgen : Lein bei Schluchtern : Schichem bei Schomberg - Alte Prim bei G6llsdorf : Krollbach - Miihlkanal bei Hochdorf : Sandgrube bei Mauer (Diluv.) : Murr bei Kirchberg : Muhlgraben der Murr zwischen Hof und Lembach : Rems bei Beinstein : Rems bei Waiblingen : Schozach bei Ilsfeld - Sandgrube zwischen Bockingen und Klingenberg : Neckar bei Altbach : Neckar bei Besigheim : Neckar bei Geisingen : Schleuse Pleidelsheim : Zollhafen Heilbronn : Neckar bei Heilbronn 23: Neckar bei Neckarsgmund 94/25: Neckar bei Neckargerach 26: Dil 28: 29: 30: 31: 32: 33: 34: 35: 36: 37: 38: 39: 40: Mannheim, Neckarauer Wald Goldbach bei Boblingen Glems bei Leonberg Martertal bei Monchsbrunnen Planbach bei Magstadt Goldbach bei Sindelfingen Wiirm bei Merklingen Wurm bei Mauren Wiirm, Mihlkanal bei SchloB Mauren Wiirm zwischen Schaffhausen und Doffingen Wiirm bei Weilderstadt Wurm bei Aidlingen Rems bei Neckarrems Neckar bei Eberbach Salinenkanal Kochendorf pseudoconsentaneus Geyer gehoren: Fi 28, 31, 32, 33, 34, 35, 36, 37, 38, 39 Figs, , UO, ail, WA, TB, wes, ile), Sy, Erklarung zu Tafel V Unio crassus nanus Lam. : Kocher bei Hall : Kocher bei Gaildorf : Kocher bei Ottendorf : Biberach bei Michelfeld : Kocher bei Gochsen : Kocher bei Kiinzelsau : Kocher bei Ingelfingen : Kocher bei Tullau : Kocher bei Niedernhall : Kocher bei Ohrnberg : Kocher bei Kochendorf : Brettach bei Brettach : Schmerach bei Ilshofen : Ohrn bei Ohrnberg : Windischenbach : Nesselbach bei Markertshofen : Pfedelbach : Muhlkanal : Michelbach : Muhlbach bei Crailsheim : Gronach bei Ellrichshausen : Flinsbach bei Groningen : Brettach bei Brettheim : Brettach bei Biegenstegen : Jagstkanal bei Jagstfeld : Jagst bei Ellwangen : Jagst bei Kernenmihle : Jagst bei Kirchberg : Jagst bei Hohebach : Jagst bei Herbolzheim : Jagst bei Bieringen : Jagst bei Schonthal : Jagst bei Widdern : Jagst bei Mockmuthl : Jagst bei Heuchlinger Mthle : Jagst bei Bachlingen Fig. 37: Jagst zwischen Hohebach und Dorzbach Fig. 38: Muhlbach zwischen Goldbach und Crailsheim Fig. 39: Mithlbach bei Goldbach Zu pseudoconsentaneus Geyer gehoren z. B. Fig. 1, 3, 4, 5, 6, 8, 13, 14, 15, 17, 18, 21, 22, 23—37 Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. onmnynooaoauw»rwhdr Go G9) 09 OG GO CO ww WwW Oo DD DS bo De Dw wh Ww yew NY HY BH He eS He eS ee eS ea DADO BPWNHNRPOCOWHAT DUH WNrRHTOWANHA DUN KHLWN FH SO Tafel V OS LX dW S : <> ) Ye \\ \ dan \ ll i Ly Va, YA ih of, Erklarung zu Tafel VI Unio pictorum deshayesi Mich. Fig. 1: Neckarschleuse bei Pleidelsheim Fig. 2: Neckar bei Pleidelsheim Fig. 3: Neckar bei Heilbronn Fig. 4: Neckar bei Walheim Fig. 5: Neckarkanal bei Besigheim Fig. 6: Salzhafen bei Heilbronn Fig. 7: Neckar bei Neckarsulm Fig. 8: Zollhafen Heilbronn Fig. 9: Neckar bei Gundelsheim Fig. 10: Neckar bei Eberbach Fig. 11: Kocher bei Kuinzelsau Fig. 12: Neckar bei Neckargerach Fig. 13: Enz-Altwasser bei Bietigheim Fig. 14: Enz bei Bissingen Fig. 15: Kocher-Mihlkanal bei Kunzelsau Fig. 16: Kocher bei Gochsen Fig. 17: Ohrn bei Ohrnberg Fig. 18: Jagst bei der Heuchlinger Muhle Fig. 19: Kocher bei Ingelfingen Erklarung zu Tafel VII Unio pictorum deshayesi Mich. Fig. 1: Kocher bei Kochendorf Fig. 2: Jagstkanal bei Jagstfeld Unio tumidus depressus Don. Fig. 3/4: Neckar oberhalb Gundelsheim Fig. 5: Neckar bei Heilbronn Fig. 6: Neckar bei Neckarelz Fig. 7: Neckar bei Gundelsheim Fig. 8: Neckar bei Eberbach Fig. 9: Neckar bei Neckargerach Fig. 10: Neckar bei Heidelberg Fig. 11: Mannheim, Neckarauer Wald Fig. 12: Kocher bei Ingelfingen Fig. 13: Kocher bei Kochendorf Fig. 14: Ohrn bei Ohrnberg Fig. 15: Kocher bei Niedernhall Fig. 16: Kocher bei Ktinzelsau Fig. 17: Kocher bei Gochsen Fig. 18/20: Jagst bei Heuchlinger Muhle Fig. 19: Jagst bei Herbolzheim Fig. 21: Jagstkanal bei Jagstfeld Tafel VII te Ne aie - VEROFFENTLICHUNGEN der ZLOOLOGISCHEN STAATSSAMMLUNG | | MUNCHEN MUS. COMP. ZOOL LIBRARY JAN 13 19/9 HARVARD UNIV&RSITY eitrage zur Kenntnis der Belontiinae (Pisces, Perciformes, Anabantoidei, Belontiidae) Teil I von Gerhard Benl und Fritz Terofal (Mit 3 Tafeln) Veroff. Zool. Staatssamml. Miinchen | Band 17] S.139—165 | Miinchen, 15. Juni 1974 Beitrage zur Kenntnis der Belontiinae (Pisces, Perciformes, Anabantoidei, Belontiidae) Teil I von Gerhard Benl und Fritz Terofal (Mit 3 Tafeln) Veroff. Zool. Staatssamml. Miinchen | Band 17] S.139—165 | Miinchen, 15. Juni 1974 Beitrage zur Kenntnis der Belontiinae 141 Beitrage zur Kenntnis der Belontiinae Teil I von Gerhard Benl und Fritz Terofal I. Einfiihrung und allgemeine Ubersicht 1. Taxonomie Nach neuerer Erkenntnis (K. F. Liem 1963) vertreten die beiden von uns behandelten Arten, Belontia hasselti (Cuvier) und B. signata (Gunther), die aus einer Gattung bestehende Unterfamilie Belontiinae. Diese bildet ge- meinsam mit zwei weiteren Unterfamilien, den Macropodinae (Gattungen Macropodus, Betta, Trichopsis, Ctenops, Parosphromenus, Malpulutta u. a.) und den Trichogasterinae (Sphaerichthys, Parasphaerichthys, Colisa, Tricho- gaster u. a.), die Familie Belontiidae, der demnach alle Gattungen der Os- phronemidae i. S. Jordans (1923: 176) — Osphronemus selbst ausge- nommen — angehoren. Die Anabantoidei (Labyrinthici ex parte), Unterordnung der Perciformes (L.S. Berg 1947, 1958), umfassen nunmehr auBer den Anabantidae (Ana- bas, Ctenopoma, Sandelia) auch die Helostomatidae (Helostoma), die Osphro- nemidae s. n. (Osphronemus) und als grote Familie die der Belontiidae. Die ebenfalls zu den ,,Labyrinthern“ zahlende monotypische Gattung Lucioce- phalus war schon von Berg (1947: 325, 486) zur Vertreterin der eigenen Unterordnung Luciocephaloidei (Labyrinthici ex parte) erhoben worden (s. a. Liem 1967: 132). Diese neue Klassifizierung (s. a. P. H. Greenwood etal. 1966, R. J. Goldstein 1971) basiert nicht auf au®eren Merkmalen, sondern stutzt sich auf vergleichend osteologische Daten, wie sie durch Liems sorgfalti- ge Untersuchungen zutage gefordert wurden; sie finden sich in bester Uber- einstimmung mit den durch andere Betrachtungsweisen fundierten phylo- genetischen Vorstellungen. 2. Nomenklatur Belontia hasseltt war 1831 von G. de Cuvier unter der Bezeichnung Le Polyacanthe de Hasselt (Polyacanthus Hasselti, nob.)“ beschrieben wor- den: ,,Un troisieéme poisson* a4 branchies labyrinthiformes, et trés-sembla- ble a l’hélostome, a aussi été envoyé de Java au Musée royal des Pays-Bas *) Die beiden anderen waren Vertreter der Gattungen Helostoma und Anabas. 142 Beitrage zur Kenntnis der Belontiinae par MM. Kuhl et Van Hasselt, qui lui avaient donné le nom géne- rique de polyacanthe, 4 cause du grand nombre des rayons epineux de sa dorsale et de son anale. Nous conservons cette dénomination a un petit gen- re, dans lequel entre cette espeéce, et qui se distingue des hélostomes par ses machoires armées de dents, de l’anabas par l’absence de dentelures aux oper- cules, et des colisa par les cing rayons mous de ses ventrales.“ Zwei Jahre vorher (1829: 227) hatte Cuvier den Gattungsnamen ,,Po- lyacanthus Kuhl“ in die Literatur eingefuhrt; der neuen Gattung wurden 1831 auch ,,Polyacanthus cupanus Cuv.“ (Le Polyacanthe d’ Arian-Coupang) und ,,Polyacanthus chinensis Cuv.“ (syn. Chaetodon chinensis Bloch 1801) zugerechnet (s.a. Canestrini 1860: 705). P, Bleeker (1850: 3; 1851: 423; 1852: 409; 1854: 59, 73; 1895;~ 162; 1855: 162; 1859b: 83; 1879: 12), J. Canestrini (1860: 704), F. Day (1878: 371: 1889: 367), Lb. Vaillant (893: 102), Co Regan (19092772) se eae Boulenger (1904: 669), G. Duncker (1904: 162; 1912: 255), D. S. Jordan (1923: 176), BP) EB. P. Deraniyagala: (1929: 104) woe. “nahmen diese Gattung. A. Giunther (1861: 378) gliederte ihr aufer has- selti und seinem neubeschriebenen Polyacanthus signatus, auBer ,,Polya- canthus opercularis“ (syn. Labrus opercularis L., Chaetodon chinensis Bloch, Polyacanthus chinensis Cuv., Macropodus ocellatus Cant.) und ,,Poly- acanthus cupanus“ auch ,,P. deissneri“ (syn. Osphromenus deissneri Bleeker 1859a: 376) ein. Dartiber hinaus suchte er den Formenkreis dieses Genus durch Einbeziehung von Macropodus (Macropus) viridi-auratus Lacép. aus- zuweiten: ,, This may prove to be a domestic variety of a species of ,,Polya- canthus“ (s. a. 1886: 867—368). Nach M. Blane (1963: 73) liegt ,,Polyacanthus (Kuhl et van Hasselt) Cuvier“ im Muséum National d’Histoire Naturelle zu Paris in Syntypen zweier Arten vor, des ,,Polyacanthus cupanus Cuvier-Valenciennes* = ,Macropodus opercularis (L.)“ und des ,,Polyacanthus Hasselti Cuvier-Va- lenciennes“. Doch hatte bereits P. Bleeker 1879 festgestellt: ,,.Les Polya- canthus ne comprennent jusqu’ ici que deux espeéces, le Polyacanthus Has- seltti CV. et le Polyacanthus signatus Gunth.“ D. S. Jordan stellte 1923 eine durch die Gattung Polyacanthus ver- k6rperte Familie der Polyacanthidae auf, nachdem schon 1893 von Th. Gill (p. 185) die Polyacanthinae als Unterfamilie der ,,Osphromenidae Cope, 1871“ konstituiert waren. Eine endgultige Klarung der nomenklatorischen Verhaltnisse wurde von G.S. Myers (1923: 63; s. a. 1926: 99) herbeigeftihrt: C.T. Regan (1909: 772) und M. Weber & L. F.de Beaufort (1922: 337) have ,,used Po- lyacanthus (Kuhl) Cuvier, 1829, for Polyacanthus hasselti Cuv. & Val., asa genus distinct from Macropodus Lacépeéde, 1803. The type (logotype) of Polyacanthus is Chaetodon chinensis Bloch, a synonym of Labrus opercula- ris Linn. The type of Macropodus is M. viridi-auratus Lac., which is conge- neric with Labrus opercularis. Both Regan and Weber & de Beau- fort regard the two species as identical. If this be true, Polyacanthus is a Beitrage zur Kenntnis der Belontiinae 143 synonym of Macropodus and the hasselti group is apparently without an available generic name.“ Als neuer Gattungsname wird Belontia Myers, abgeleitet von Belontja, einer der einheimischen Bezeichnungen fur hasselti in Palembang, aufge- stellt: ,,To supply the deficiency, Belontia, new generic name, is here propo- sed. There are two species in the genus, B. hasselti (type species) and B. si- gnata (Gunther) “. Der Familienname Polyacanthidae mufte nach Art. 5 des Int. Code Zool. Nomencl. (E. T. Schenck et al. 1956: 33) durch Belontiidae ersetzt wer- den; diese Anderung nahm K. F. Liem (1963: 40) vor. 3. Variabilitat Die zwei in Stidostasien beheimateten Belontia-Arten zeichnen sich durch eine auBergewohnliche Fahigkeit des Farbwechsels aus — innerhalb der Anabantoideen durchaus Kein seltenes Phanomen (s.S. Forselius 1957: 137). Beide k6nnen — je nach Milieueinfllssen bzw. ihrer psychischen Ver- fassung — einheitliche, unscheinbare, lehmfarbene Tone aufweisen oder dunklere, griinliche, oft auch metallisch blauviolette oder in anderen Farben irisierende Flanken zeigen. In gewissen Erregungsstadien, vor allem aber in Schlafstellung treten dunkelbraune bis tiefschwarze, mehr oder minder un- terbrochene Querstreifen hervor; gleichzeitig kann sich der Untergrund, be- sonders nach der Bauchseite hin, deutlich aufhellen. Bei langerdauerndem physischem und psychischem Unbehagen nehmen die Fische eine gleichma- Big dunkle Farbe an; ehe sie (eines nattirlichen Todes) sterben, werden sie vollig schwarz. Nicht selten 148t sich — besonders an lebendem Material — ein schwarzbrauner, mehr oder weniger ausgepragter Ocellus unterhalb der weichen Riickenflosse beobachten. An jungen Exemplaren, wo er besonders groB wirkt, trifft man ihn fast immer, doch kann er sehr wohl auch an er- wachsenen, geschlechtsreifen Tieren auftreten und dann, meist im Zusam- menspiel mit dem tbrigen Farbwechsel, voriibergehend verblassen. — Hin- zu kommt bei beiden Arten eine betrachtliche Variabilitat hinsichtlich der von Individuum zu Individuum wechselnden Korperform. Wahrend aber Belontia signata (D XVI—XVIII/7—10; A XIV—XVII/ 9—12), von sehr jungen Exemplaren abgesehen, an den tberlangen, den Rand der Caudale tiberragenden Flossenstrahlen sofort und unverkennbar zu diagnostizieren ist*, kann das typische auBerliche Merkmal von B. has- selti (D XVI—XX/10—13; A XV—XVII/11—13), naémlich ein eigenartiges Wabenmuster an den riickwartigen Partien, bei einzelnen Individuen stets, bei anderen in gewissen Phasen abgeschwacht sein bzw. vollig verschwin- den; an konserviertem Material ist es oft nur noch andeutungsweise vor- handen. *) Bei dem in ,,Aquarium Digest International“ 2 (1): 3, 1973, als Belontia hasselti ausgegebenen Fisch (phot. B. Kahl) handelt es sich eindeutig um Belontia signata. 144 Beitrige zur Kenntnis der Belontiinae 4, Synonymie Es erscheint daher verstandlich, daB man die keineswegs einheitliche Spe- zies signata nicht aufzugliedern suchte, wahrend umgekehrt die nach Kor- perbau und Farbung wesentlich homogenere Art hasselti mit funf verschie- denen Namen belegt wurde. So beschrieb P. Bleeker 1851 einen ,,Polya- canthus Einthovenii Blkr.“ (,,colore corpore pinnisque profunde viridi; late- ribus maculis vel striis verticalibus brevibus sparsis nigris... pinna caudali membrana nigro punctulata“), 1855 einen ,,Polyacanthus Helfrichit Blkr.“ (,,colore corpore pinnisque violascente-viridi“), einfarbig wie ,,Polyacanthus Hasseltii CV.“ nach Cuviers Originalbeschreibung (,,Ce poisson parait dans la liqueur d’un brun-clair uniforme’“). A. Giinther (1861: 378—379) behandelte Bleekers Neuheiten weiterhin als selbstandige Arten. P. hasselti: ,,The height of the body is nearly one-half of the total length (the caudal fin not included)... Colora- tion uniform.“ P. einthovenii: ,,The height of the body is contained twice and three-fourths in the total length... Green, with black vertical stripes; a round black spot on the middle of the base of the soft dorsal fin; caudal mem- brane dotted with black.“ P. helfrichii: ,, The height of the body is two-fifths of the total length... Coloration uniform.“ Bleeker selbst stellte ,,Ein- thoveni“ und ,,Helfrichi« spater (1879: 3, 13) in die Synonymie von ,,Hassel- tii“, gemeinsam mit einem ,,Polyacanthus Kuhli Blkr., nom. tant.“ und ,,Po- lyacanthus olivaceus V. Hass., Icon. ined.“. L. Vaillant (1893: 102) findet das fiir die ,,var. Einthoveni (errore En- thovenii) de Bleeker“ angegebene (Schachbrett-) Muster auch bei ,,Polya- canthus Hasseltii, Cuvier et Valenciennes“: ,,La caudale, ainsi que les por- tions molles de la dorsale et de l’anale, est couverte de taches disposées en quinconce et formant sur certains points une élégante réticulation a mailles hexagonales.“ 5. Phylogenie Liems osteologische Studien ergaben, da die im wesentlichen carnivo- ren Anabantiden mit ihrer relativ groBen Mundéffnung, mit ihren kaum vorstreckbaren Kiefern, der geringen Zahl von Kiemenreusen, aber mit gut ausgebildeter Bezahnung, als die ursprtinglichste Familie innerhalb der Anabantoidei zu betrachten sind. Aus den heutigen Anabantiden (im beson- deren Anabas) ahnlichen Vorfahren (Proto-Anabantoidei) dtirften sich die drei ubrigen Familien, vermutlich im Alttertiar, auf getrennten Wegen ent- | wickelt haben. Innerhalb der bereits starker spezialisierten, vielfach omni- voren Belontiiden mit einem immer ausgepragteren Vorstreckmechanismus ihrer Kiefer, einer allmahlichen Rtickbildung der Bezahnung (an Praevomer und Palatinum) und einer Vermehrung der Zahl der Kiemenreusen stellen die Belontiinen, vor allem beziiglich des Schadelbaues (Liem 1963: 48, 56, Beitrage zur Kenntnis der Belontiinae 145 Belontiidae (omnivor) Helostomatidae (planktivor) Osphronemidae (herbivor) Belontiinae ~¢, Anabantidae (carnivor) (nach LIEM) Proto-Anabantoidei 65), einen noch relativ urspriinglichen Typus dar*. Sie tragen in mancher Hinsicht intermediare Zuge zwischen einer gemeinsamen, bisher noch unbe- kannten Urform** und den progressiveren Unterfamilien, den Macropodi- nen und Trichogasterinen. Eine Reihe signifikanter Unterschiede gegentiber anderen Genera der Familie legt andererseits den Schlu8 nahe, daB unsere Gattung schon frtthzeitig*** einen Eigenweg der Evolution einschlug, ,,that Belontia forms an early, sterile, side branch of the main evolutionary line“. *) P.E. P. Deraniyagala (1937: 351) diskutiert verwandtschaftliche Beziehun- gen seiner neubeschriebenen Gattung Malpulutta zu Macropodus, zu Belontia, zu Sphaerichthys, und schlieBt mit der Feststellung: ,,A genus of small, fresh water fishes intermediate between Macropodus Lacépéde, and Sphaerichthys Canestrini“. Dazu Liem (1963: 45—46): ,Deraniyagala stated that Malpulutta is related to Belontia and Macropodus, and that Sphaerichthys is the genus most closely related to Malpulutta. There is, however, no supporting evidence for this hypothesis. Be- lontia and Macropodus are very distantly related to each other, as shown . . . Sphaer- ichthys differs in many ways from Macropodus. Malpulutta and Parosphromenus are tentatively placed between Macropodus and Spaerichthys“. **) Von einem Proto-Anabantoideenstamm ist, bevor dieser die Fahigkeit zur Luft- atmung erlangte, mit groBer Wahrscheinlichkeit die Familie der Badidae mit der Typusart Badis badis abzuleiten (S. Barlow-Liem-Wickler 1968). **k*) Darauf, daB Belontia den Vertretern der carnivoren Anabantiden naher steht, deutet auch ihr Nahrungsbild. So schreibt R. Geisler (1967: 571) tiber Belontia signata: ,,Diese Art war in der untersuchten GroBe typisch carnivor. Zur Laichzeit ist sie sehr wahrscheinlich ein starker Jungfisch-Rauber“, eine Feststellung, die schon 1935 von H. Randow getroffen und auf alle ,,.Labyrinther“ ausgedehnt worden war. Die von uns (getrennt) beobachteten Fische beider Belontia-Arten machten, so oft sie dazu Gelegenheit hatten, abendliche Jagd auf Guppys, an der sich zuweilen mehrere Tiere gleichzeitig beteiligten. 146 Beitrige zur Kenntnis der Belontiinae 6. Gattungsdiagnose Korper langlich eiformig, seitlich stark abgeflacht. Korperhche 1,8—2,7mal in der Standardlange (Stdl = Totallange [Ttl] minus Schwanzflossenlange). Kopf 2,7—3,6 in der Stdl enthalten; Profil etwas stumpf. Augendurchmesser 2,8—4,5mal in der Kopflange enthalten, fast gleich mit der Schnauzenlange. Schnauzenprofil konvex. Interorbitale gleich oder ein wenig grofSer als Augendurchmesser, gewolbt. Mundspalte relativ klein, schrag nach oben ge- richtet, reicht nicht tiber den Augenvorderrand hinaus. Kiefer (Praemaxil- lare und Dentale) fast gleichlang, Unterkiefer mit zunehmendem Alter leicht vorstehend; noch wenig vorstreckbar: Praemaxillarfortsatz ktrzer als das Praemaxillare; beide Kiefer mit zwei Reihen festsitzender, kleiner, ke- gelformiger Zahnchen hinter einer einzigen auBeren Reihe groBerer kegel- formiger Zahne. Maxillare bei geschlossenem Mund fast ganzlich vom Prae- orbitale bedeckt. Vorderer Gaumen (Praevomer und Palatinum) ohne Be- zahnung. Auf dem Pharyngealfortsatz des Parasphenoids 8—10 Zahne. Su- . praoccipitalkamm vorhanden; das Supraoccipitale ist mit den Exoccipitalia verbunden. Der Pharyngealfortsatz des Basioccipitale ist mit demjenigen des Parasphenoids nicht verbunden. Die Pterosphenoide sind miteinander vereinigt. Die Epiotica reichen nicht bis zum Foramen magnum. Das Meta- pterygoid ist iber das Symplecticum mit dem Hyomandibulare verbunden. Sechs Kiemenhautstrahlen, von denen der letzte (6.) mit dem Epihyale ver- bunden ist. Die nackenwarts gerichtete Ausdehnung der Suprabranchial- hohle wird von den ersten sechs Dornfortsatzrippen (Epipleuralia) gestutzt. Der Suborbitalring wird von den Suborbitalia 2—5 gebildet. Rand des Prae- orbitale mit oder ohne Zahnchen (Artmerkmal, s. Bestimmungsschlussel); Praeoperculum zumindest in seiner unteren Halfte fein gezahnelt; Sub-, In- ter- und Operculum ohne Zahnelung; gesamter Vorderrand des Operculums an das Praeoperculum anstofend. | Schuppen relativ groB, regelmaBig angeordnet, 27—33 in einer mittleren Langsreihe, auf dem Kopf cycloid, auf dem Korper ctenoid. Seitenlinie voll- standig, mit zwei stufenformigen Biegungen, oder unterhalb der Rticken- flossenmitte unterbrochen. , Ruckenflosse lang, vorne von 16—20 Stachelstrahlen, im riickwartigen Teil | von 7—13 gefiederten Gliederstrahlen gestiitzt; gliederstrahliger Teil der Ruckenflosse hinten in eine Spitze auslaufend, je nach Alter und Geschlecht mehr oder weniger verlangert, an der Basis beschuppt. Afterflosse lang, ahn- lich gebaut, ihr Ansatz hinter dem der Riickenflosse, vorn mit 14—17 Sta- chel-, hinten mit 9—13 Gliederstrahlen; gliederstrahliger Teil ebenfalls mehr oder weniger verlangert, an der Basis beschuppt. Schwanzflosse langge- streckt, je nach Alter mit mehr oder weniger rundlichem Hinterrand, mit oder ohne verlangerte mittlere Flossenstrahlen (Artmerkmal, s. Bestim- mungsschlussel). Brustflossen abgerundet, ca. 4—4!/2mal in der Stdl enthal- ten, 10—13 Gliederstrahlen. Bauchflossen unterhalb der Brustflossen ange- setzt, mit einem Stachelstrahl und 5 Gliederstrahlen; der 1. Gliederstrahl zu Beitrage zur Kenntnis der Belontiinae 147 zwei, je nach Alter mehr oder weniger langen Faden ausgezogen. Schwimm- blase hinten geteilt, bis in die Schwanzregion reichend. 7. Bestimmungsschliissel Belontiidae Liem, 1963 Vorderer Gaumen (Praevomer und Palatinum) ohne Bezahnung; Extra- scapularia und Ectopterygoidia fehlend; Parasphenoid mit Pharyngealfort- satz. Rand des Kiemendeckels (Operculum) ohne Zahnelung. 1 Weniger als 6 Zahne bzw. keine Zaéhne am Pharyngealfortsatz des Para- sphenoids; kein Supraoccipitalkamm; Praemaxillarfortsatz langer als das Praemaxillare; Metapterygoid nicht an das Hyomandibulare angrenzend; Pterosphenoidia getrennt; keine Ausdehnung der Suprabranchialhohle nach rlckswarts; 5—6 Branchiostegalstrahlen (Kiemenhautstrahlen) mit dem Ceratohyale verbunden; Vorderrand des Operculums nur teilweise an das Praeoperculum anstoBend; erster Gliederstrahl der Bauchflossen nicht bifid . . . . . . . . . +. + Macropodinae, Trichogasterinae 1* 8—10 Zahne am Pharyngealfortsatz des Parasphenoids; hoher Supraoc- cipitalkamm; Praemaxillarfortsatz klrzer als das Praemaxillare; Meta- pterygoid tiber das Symplecticum mit dem Hyomandibulare verbunden; Pterosphenoidia verbunden; die leicht ventrad verschobene Suprabran- chialhohle erstreckt sich weit nach riickwarts und wird von den ersten sechs Dornfortsatzrippen (Epipleuralia) gestutzt; 6 Branchiostegalstrah- len (Kiemenhautstrahlen), von denen der letzte (6.) mit dem Epihyale verbunden ist; Vorderrand des Operculums vollstandig an das Praeoper- culum anstoBend; erster Gliederstrahl bifid, zu zwei langen Faden ausge- zogen . . . . . . . . . .. Belontiinae (,,Inselmakropoden**)) 2 2 Praeorbitale nicht (oder nur schwach) mit Zahnchen besetzt. Der Ober- kiefer erstreckt sich bis zu einer Senkrechten, die zwischen den Nasenl6- chern verlauft. Gesamtzahl der Ruckenflossenstrahlen 26—33; Ruckenflos- se etwas langer als die Afterflosse. Eine am lebenden Fisch meist sehr deutliche Wabenzeichnung tberzieht den weichstrahligen Teil der Ruk- ken- und Afterflosse sowie die Schwanzflosse. Strahlen der Schwanz- flosse kaum sichtbar verlangert (~ 1 mm)**). Schwanzflossenstiel nur an- gedeutet. Vorkommen: Malaysia . .. . . . . Belontia hasselti 2* Praeorbitale deutlicn mit feinen Zahnchen besetzt. Der Oberkiefer reicht bis zu einer Senkrechten durch den Vorderrand des Auges. Gesamtzahl *) Diese zugleich fiir die Gattung gewahlte deutsche Bezeichnung ist insofern nicht sehr treffend, als Belontia hasselti auch auf dem asiatischen Kontinent, namlich auf der Malaiischen Halbinsel (Malakka), lebt. Entsprechendes gilt fiir den Ausdruck ,»Archipel-Makropode“ (s. S. 149). **) Belontia hasselti als ,comb-tail“ zu bezeichnen (s. R. J. Goldstein 1971: 53), halten wir fiir irreftihrend. 148 Beitrage zur Kenntnis der Belontiinae der Riickenflossenstrahlen 23—28; Riickenflosse nicht langer als die After- flosse. Kein Wabenmuster. Schwanzflosse mit deutlich verlangerten Strah- len (bis 10 mm und langer). Schwanzflossenstiel gut ausgepragt. Vorkom- men: Ceylon (9) 20)... 3. ee elontia siqnata II. Belontia hasselti (Cuvier) Myers (1923); Sanders (1936); Herre & Myers (1937); Fow- ler (1938);) Krull @939), 20 weedie™ (1952), Horses me Chaag: Liem (1963), Alfred (1966), Meinken (1970a), Verfurth (1970), Goldstein (1971), v.d. Nieuwenhuizen (1972), Stallknecht (1973), Pfeiffer (1973). Polyacanthus hasselti Cuvier, in Cuv. & Val. 1831*; Bleeker (1850, 1851, 1854, 1855, 1859b, 1879), Canestrini (1860), Gunther (1861, . 1886), Hyrtl (1863), Vaillant (1893), Weber (1894), Duncker (1904), Regan (1909), Maxwell (1921)**), Weber & de Beaufort (1922), Jordan (1923), R. Bader (1936), Fowler (1938), Blane (1963). Polyacanthus kuhli Blkr. 1845 (1859b, 1879), n. n. Polyacanthus einthoveni Blkr. 1851 (1852, 1854, 1859b, 1879); Cane- strini (1860), Ginther (1861). Polyacanthus helfrichi Blkr. 1855 (1859b, 1879); Canestrini (1860), Gunther (1861). Polyacanthus hasselti var. einthoveni (Blkr.) Vaillant 1893. Abbildungen: Cuvier & Valenciennes 1831, t. 195, t. 205 Cuvier 1836—1849, Poissons, t. 72 fig. 1, t. 73 fig. 4 EL yer e Genta Bleeker 1877, t. 396 Weber & deBeaufort 1922, fig. 87 Verftrth 1970: 135—137 v.d. Nieuwenhuizen 1972: 289 Stallknecht 1973: 3. Umschlagseite. *) Autor dieses Namens ist allein Georges de Cuvier, wie aus der Ver6ffentli- chung (S. XXIV) eindeutig ersichtlich; falschlicherweise werden, noch in Arbeiten aus jungster Zeit, Cuvier & Valenciennes als gemeinsame Autoren zitiert. **) The Képar (Polyanthus hasseltii) is another beautiful little fish and quite common in brackish swamps and ponds. This fish has been bred in confinement by Chinese, probably for centuries, and is known as the paradise fish to aquarium owners in Europe. In its native element, in dark or muddy water, it is of rather a drab brown colour but if kept in a bowl in clear water, it has a beautiful golden colour with red bands“ (Maxwell 1921: 217, 244, 272). Ganz offensichtlich liegt hier eine Verwechslung mit Macropodus opercularis vor. Beitrage zur Kennuiis der Belontiinae 149 Einheimische Bezeichnungen: Belontja (Palembang), Katoprak (Malaya, Ba- tavia), Salintja (Djambi, Palembang), Tambakkan, Tébakang, Tombakan (Malaya, Batavia) Deutsche Bezeichnungen: Wabenschwanz-Makropode, ,,Archipel-Makropo- de“ (s. dazu S. 147 Fun.) Heimat (Fundorte): Java (Batavia = Djakarta) Borneo (Bandjarmasin, Kahajan River, Kapuas River, Knapei, Lake Danau Sriang, Mandor, Monterado, Pontianak, Sambas, Sebruang, Semi- nis, Sinkawang) Sumatra (Danau baru, Djambi, Gunung Sahilan, Inderagiri River, Kwan- tan River, Langkat, Laut Tador, Muarakumpe, Palembang, Sungei Mahe, Sungei Si Russi) Singapore (nach Alfred, 1966, einzig zuverlassige Fangangabe von Herre & Myers*) Malaiische Halbinsel (Johor: NNO von Ayer Hitam; Pahang; Perak: Bu- kit Merah*) Okologie: ,,In fluviis et paludibus“ (Bleeker). D. Schaller fand und fing die Fische in langsamflieBenden, ganz klaren und hellen Gewdssern! Maximale Totallange: 195 mm nach Bleeker, nach Weber & de Beaufort 1. Beobachtungen an lebendem Material Import G. de Cuviers Originalbeschreibung folgten weitere Untersuchungen von P. Bleeker (1879), dem 19 Exemplare des Fisches zur Verftigung standen. J. Hyrt1l hatte schon 1863 festgestellt, daB sich die Spezies durch den Besitz einer ,,neuen Rippenart“ und durch ein besonders differenziertes Labyrinth auszeichnet (s. a. R. Bader 1936: 341). Auf die Bedeutung von F. K. Liems osteologische Studien wurde hingewiesen. In allen Fallen durfte den Autoren nur konserviertes Material vorgelegen haben. Nach H. Krull war der Fisch 1939 bei uns noch nicht lebend bekannt; unseren Informationen zufolge sind erste Importe nach Europa kaum vor 1968 erfolgt. Aber selbst im Heimatgebiet der hasselti scheinen vorher keine eingehenderen Lebendbeobachtungen angestellt worden zu sein, und wohl aus diesem Grunde spricht E. R. Alfred noch 1966 von einer ,,little- known species“. Im Sommer 1968 erwarb H. Verftirth zwei Jungfische dieser Art von einem Zierfischhandler bei Gro®B-Gerau, der die Tiere als _ ,,afrikanische *) ,.Nine specimens, 62 to 75 mm. in length, were taken with a cast net at Ayer Hitam, Johore; 2 from Singapore are 90 and 103 mm., and 1 from Bukit Merah, Perak, is 105mm. long“ (Herre & Myers 19387: 71).— G. Duncker (1904: 162): »Polyacanthus Hasselti C. V. — Sel. Mus. Nr. 425, 426: angeblich vom Singaporer Fischmarkt. Schlecht getrocknete, altere Exemplare.“ 150 Beitrige zur Kenntnis der Belontiinae Buschfische“ angesprochen hatte. Herr D. Schaller, ausgezeichneter Kenner der ,,Labyrinther“ (W. Ladiges hatte 1962 Trichopsis schalleri nach ihm benannt), entdeckte etwa um dieselbe Zeit zwei Exemplare in Kéln (,,Natura tropica“) und zwei in einem Karlsruher Geschaft, dessen In- haber, Herr Kuppler, die Fische aus Singapore bekommen hatte. Wir bezogen am 5.5.1970 vier halbwtichsige Exemplare von einem Munchner Zoohandler, der, ebenso wie die Stelle in K6ln, die Fische tber das ,,Tropi- earium“ Frankfurt vermutlich aus Singapore erhalten hatte; am 8. 9.1970 iibernahmen wir von Herrn Dr. W. Foersch die vier Tiere aus Herrn Schallers ehemaligem Besitz, sowie ein Jungtier, das Herrn Schal- ler von einem Eigenfang (April 1970) auf der Malaiischen Halbinsel (ca. 80 km nordwestlich von Singapore) noch am Leben geblieben war. Wir ha- ben keinen Grund daran zu zweifeln, dafB es sich bei unserem Versuchsma- terial um Importe und nicht um Nachzuchttiere handelte. Aquarienhaltung Belontia hasselti ist von Natur aus ein ungewohnlich scheuer Fisch. Die zudem relativ schnellwtichsige Art bendtigt daher zu ihrem Gedeihen und zur Entfaltung ,znormaler“ Verhaltensweisen méglichst grofraumige Bek- ken mit viel Versteckmoglichkeiten. Frisch importierte Fische sind nur da- durch an ihren neuen Lebensraum zu gewohnen, da man das Aquarium vor Erschtitterungen und die Tiere selbst vor plotzlichem Lichtwechsel bewahrt, wozu auch der Einfall des Schattens von Betrachtern zahlt. Unter solchen Voraussetzungen lassen sich Jungtiere im Laufe von Wochen ,,domestizie- ren“, vor allem wenn sie mit ihresgleichen vergesellschaftet sind: Sie tum- meln sich, solange sie sich unbeobachtet glauben, zu jeder Tagesstunde im freien Schwimmraum, suchen den Boden nach Nahrung ab, kommen schlieBlich auch aus ihren Verstecken hervor, wenn sich der ihnen vertraut gewordene Pfleger nahert. Sie lieben die Helligkeit, besonders den seitlichen Finfall von Sonnenstrahlen — vorausgesetzt, das Aquarium bietet ihnen an- sonsten hinreichende Gelegenheit schattige Platze aufzusuchen. Wir haben es mit physisch recht robusten Fischen zu tun, denen weder die Harte des Wassers (36° DH nach P. Pfeiffer, 15° bzw. 2 bis 5° DH nach H. Verfurth) noch dessen pH-Wert (6,8 bei Pfeiffer, 7 bis 8 bei Verftirth) viel bedeutet. Die Temperatur kann zwischen 25 und 30° C schwanken; ein Abfall von 30 auf 20° beeintrachtigte das Befinden der Tiere in keiner Weise. »Alles irgendwie erreichbare Lebendfutter“ dient ihnen zur Nahrung, doch verschmahen sie auch Trockenfutter nicht. ,, Vegetabilische Zukost f6ér- dert den Appetit und auch die Verdauung“; daher sollte man ,,etwas Kopf- salat, Vogelmiere oder Tetra-Phyll in Abstanden zuftittern’ (Verftihrt). Wir pflegten unsere neun Fische, die Ende 1970 eine Gesamtlange von 5 bis 7 cm, nach zwei Jahren Maximallangen bis zu 14,2 cm aufwiesen, in einem 240-Liter-Becken (100 4060), dessen Wasser (pH ~ 7, Gesamtharte ~ 8) Beitrage zur Kenntnis der Belontiinae 151 durch zwei Innenfilter klar und durch einen Ausstr6mer zusatzlich in Bewe- gung gehalten wurde. Hin Regler sorgte flr eine gleichmafiige Temperatur von 25° C. Durchschnittlich alle 14 Tage wurden 40 bis 60 Liter Wasser er- neuert. Weitere Manipulationen am Becken unterblieben nach Moglichkeit. Das Aquarium war mit grofflachigen, 10—15 cm hohen, in sehr groben Quarzkies eingebetteten Stucken roten Schwedengranits, an den Schmalsei- ten mit Lagenandra ovata-Buschen, gegen die Mitte zu mit Stocken ver- schiedener Anubias-Arten ausgestattet; im Ubrigen bedeckten den Boden Polster und Rasen diverser Cryptocorynen. Der Raum unmittelbar hinter der Sichtscheibe blieb von Pflanzenwuchs frei. Die Ruckwand war, zur Ver- meidung unerwunschter Spiegelung, mit schwarzem Tonpapier abgedeckt. Da Sonnenlicht nur von einer Schmalseite Zutritt hatte, wurde ktinstliche Beleuchtung uber den Deckscheiben, in Gestalt zweier 40-Watt-Leuchtstoff- rohren (Osram L 15 und 32), angebracht, die durch Automatik um 6 Uhr morgens ein-, um 10 Uhr abends ausgeschaltet werden konnte. Im Laufe von drei Jahren belieBen wir die Wasseroberflache zeitenweise ohne Schwimm- pflanzen; es zeigte sich aber, daB nach deren Einbringen die Bewegungsfreu- digkeit der Fische jedesmal zunahm. — Beigesellt waren unseren Versuchs- tieren nur drei Epalzeorhynchus siamensis und ein Gyrinocheilus aymonieri. Gefuttert wurde zunachst mit Wasserflohen und Tubifex, mit roten und weifen Muckenlarven, spater mit groBeren Futtertieren: Den Fliegenmaden wurden Fliegenpuppen, diesen wiederum die auf der Oberflache zappelnden Fliegen vorgezogen; lieber als Larven nahmen die groferen Fische Puppen des Mehlkafers, dann aber sehr gern auch die Kafer selbst, denen sie mit Ge- ~ schick das weichere Abdomen unter der Flugeldecke abbissen. (Schon Cu- vier, 1831: 356, hatte in seinem Typusmaterial Reste von Insekten als Ma- geninhalt festgestellt.) Besonders erpicht waren diese Fische (wenn auch nicht in dem hohen Mae wie Belontia signata) auf Regenwtirmer, die sie sich oft genug gegenseitig aus dem Munde rissen. Kleine Nacktschnecken wurden gierig verschlungen. Fleisch von héheren Tieren (rohes Rind- oder Kalbfleisch sowie Leber in kleinen und kleinsten Portionen) wurde, nach zweitagigem Fasten, sehr zogernd angenommen; nur einer der Fische griff bei Verabreichung von Fasern gekochten Schinkens zu. Hingegen wurden von den ausgewachsenen Tieren Futterfische (Guppys) in abendlicher Dun- kelheit sturmisch gejagt, und in einem Falle waren binnen drei Wochen et- wa hundert Sttick verspeist. — Auch wir machten die Erfahrung, daB die Fi- sche gern chlorophyllhaltige Nahrung als Zukost nehmen; eingewurzelte Wasserpfianzen wurden jedoch nie angefressen. | Farbung und Farbwechsel Ohne vorherige Stimulierung durch auffere oder innere Faktoren tragen Jungfische von Belontia hasselti ein recht unscheinbares Farbkleid zur Schau: Das stumpfe Braungelb ihrer Seiten vertieft sich etwas gegen den Rucken und hellt sich zur Bauchseite hin auf. An adulten Exemplaren k6n- 152 Beitrige zur Kenntnis der Belontiinae nen, vor allem bei dunklem Unter- und Hintergrund ihres Lebensraumes, groBere oder kleinere Partien der Kérperflanken, meist in deren oberen Halfte, je nach Lichteinfall schillernde blauviolette bis grtinliche Farbtone spiegeln. Charakteristisch ist die schon erwahnte Zeichnung der Rticken- und Af- terflossenenden, des kurzen Schwanzflossenstieles sowie insbesondere der Caudale; gelegentlich kann das Muster noch knapp auf den Kérperrand iibergreifen (Taf. II, Fig. 1). Es handelt sich um ein Netz meist sechseckiger Maschen, die in ihrer Gesamtheit an die Oberflache einer Bienenwabe erin- nern. Bei jungen Fischen (Taf. I, Fig. 3, 4) sind diese Maschen groBer und in geringerer Zahl vorhanden als bei erwachsenen: Man zahlt an der Dorsale und Anale je 12—14, an der Caudale 40—50, bei adulten Fischen je 50—80 bzw. 100—150 ,,Zellen“. Nach unserer Beobachtung sind die sechseckigen ,Zellwande“ normalerweise schwarz, ihr Lumen ist farblos. Bei Schreck- oder Schockzustaénden kehrt sich das Muster mehr oder weniger um: Anna- hernd sechseckige, dunkle Felder sind von je einem helleren Rand umschlos- sen. (Herr H. Verftirth teilte auf Anfrage mit, daB er seine Aufnahmen ,unter StreBbedingungen ftir die Tiere gemacht“ habe [Taf. III, Fig. 3], in- dem er sie vorher mittels einer 2-Liter-Petrischale im Aquarium festsetzte.) Herr Schaller beobachtete diese Umkehr, als er einen Fisch beim Her- ausfangen in die Hand nahm. Bei einer spateren Wiederholung des Versu- ches mit einem anderen Exemplar blieb das Netzmuster als solches erhalten, im Zellumen aber traten kleinere dunkelgraue, von einem mehr oder min- der deutlichen weiBen Rand umgebene ,,Kerne“ auf (Taf. III, Fig. 2). Herr Meinken sprach (in seinem Brief vom 11.5.1973) von einer ,,intermedia- ren Phase“ der Verfarbung. Die Umkehr des Wabenmusters ist indes nicht auf anomale Situationen beschrankt: Die Nacht- bzw. Schlaffarbe ist fast immer mit einem Wechsel der Wabenzeichnung gekoppelt (Taf. III, Fig. 1), wobei das ,,intermediare“ Stadium tberwiegt. Auch beim Imponieren der Fische laBt es sich beobachten. An der Basis der gliederstrahligen Dorsale sitzt ein etwa augengroBer, an juvenilen Tieren (Taf. I, Fig. 1, 3) extrem ausgepragter, an adulten weniger exakt umschriebener Ocellus. (Schaller hatte, beim Betrachten von Jungfischen im Fangkorb, den Eindruck, die Tiere schwimmten riickwarts!) Spater kann der Fleck zeitweilig verblassen oder fiir immer verschwinden; jedoch trugen fiinf unserer Versuchstiere ihren nur selten zuriicktretenden Ocellus noch bei Koérperlangen von 12—13 cm. Aus verschiedenen, z. T. unersichtlichen Grtinden, tiberzieht sich der K6r- per von Belontia hasselti mit unregelméfigen, dunklen Querstreifen. Die Verfarbung kann langsam einsetzen oder sehr pl6tzlich erfolgen. Im ersten Falle sind die verfarbten Partien dann meist nur unscharf begrenzt (Taf. I, Fig. 1) und von dunklem Braun; im zweiten Fall treten tiefschwarze, scharf abgesetzte Zeichnungen auf (Taf. I, Fig. 4). Eine sich allm&hlich vollziehende und sich dennoch zu starkstem Kontrast steigernde Umfarbung wurde nur beobachtet, wenn die Tiere im Versteck eine (,,psychisch entspannte“) Ruhe- stellung einnahmen bzw. in Schlaf ,,versanken“ (Taf. III, Fig. 1). Beitrage zur Kenntnis der Belontiinae 153 Im einzelnen 1laBt sich gewohnlich ein kleiner Fleck tiber der Augen- Mund-Gegend, ein zweiter fast iber dem Auge, ein dritter, groBerer tiber dem Kiemendeckel erkennen, der sich in Form zweier weiterer Flecken nach unten fortsetzt. Etwa in Hohe des Beginns der Dorsale folgt ein erster senk- rechter Streifen, der 3—4 Schuppenreihen umfaft und bis zum Bauchkiel durchgezogen sein kann. Ihm schliefen sich nach riickwarts 5—6 weitere Vertikalbander an, die eine mehr oder weniger deutliche Zickzackform an- nehmen kénnen, je 2—4 Schuppenreihen breit sind und jeweils 1—3 Schup- penreihen zwischen sich freilassen. Dem letzten dieser Streifen, der am Ocellus beginnt, folgt ein dunkler Fleck am sehr kurzen Schwanzflossenstiel. Dieses (fur viele Anabantoideen typische) Querstreifenmuster ist jedoch ungemein variabel. Die Bander konnen schmaler oder breiter sein als ange- geben bzw. paarweise zusammenflieBen — letzteres besonders gegen die K6r- permitte; sie konnen, statt die ganzen Flanken zu durchziehen, bereits einige Millimeter bis etwa 1 cm vor der Bauchkante enden; sie kénnen in der Flan- kenmitte unterbrochen sein, derart, daf die untere Halfte eines Streifens gegenuber der oberen leicht nach ruckwarts versetzt ist. Gelegentlich sieht man einzelne oder samtliche Streifen in Flecken aufgelost, die u. U. auch in Langsrichtung des K6rpers miteinander verbunden sind. Haufig hellt sich bei Dunkelfarbung gleichzeitig die Grundfarbe auf, wo- durch eine starkere Kontrastwirkung erzielt wird. Eindeutig treten bei dem ganzen Phanomen dunkle Bander auf hellerem Grunde hervor, nicht umgekehrt! Beschrankt man die Betrachtung auf den bereits verfarbten Fisch, dann allerdings wird man leicht zur Annahme verleitet, es konne sich um helle Streifen auf dunklem Grunde handeln. Nicht selten verschwindet mit der Streifenbildung zugleich die Waben- zeichnung, von der dann nur noch 5—6 senkrecht orientierte Wellenlinien sichtbar bleiben (Taf. I, Fig. 2). Der Ocellus geht meist in dem Streifenmu- ster auf. Das allmahliche oder plotzliche Erscheinen des Streifenmusters steht, von der Schlaffarbung abgesehen, meist im Zusammenhang mit mehr oder min- der starken Erregungszustanden. Man beobachtet es bei Flucht- und An- griffsreaktionen (im zweiten Falle nicht selten in Verbindung mit Hochstel- len der stachelstrahligen Dorsale; s. Taf. I, Fig. 2, 4), auch bei Scheinangrif- fen, sowie bei Paarungsspielen. Jedoch mu keine dieser Verhaltensweisen immer mit einer Verfarbung gekoppelt sein. Das Geschlecht spielt dabei kei- ne Rolle. Junge Tiere sind reizbarer als altere. Durch die Verfarbung wird eine optische Auflosung des Korpers bewirkt, welche die Tiere vor Sicht und damit vor Storung, Angriff und Verfolgung schutzen kann. Wie sehr diese Auflosung auch von der Umgebung abhangt, demonstrierte uns ein ausgewachsener Fisch, der seinen Schlafplatz zwi- schen zwei Lagenandra-Blattern in fast senkrechter Stellung, mit der Schnauze unmittelbar an der Wasseroberflache, einzunehmen pflegte. Fuhlte er sich ungestort, dann bezog er u. U. seine Schlafstelle, noch ehe die ktnst- liche Beleuchtung erloschen war. Unter dem Reiz des hellen Lichtes der Leuchtstoffroéhren kam es, reflexbedingt, zu einer extremen Verfarbung, die 154 Beitrige zur Kenntnis der Belontiinae soweit ging, daB aus einer Entfernung von rund 2 Metern nur tiefschwarze Flecken (unterschiedlicher GroBe) auf einem fast silberweiBien Untergrund hervortraten. Sinnesorgane und Sinnesleistungen Herr Schaller, der Gelegenheit hatte, Belontia hasselti in den Ge- wassern nordnordo6stlich von Ayer Hitam (Johor) zu beobachten, schilderte uns, daB ihn diese Fische aus einer Distanz von einigen Metern ,,argwoh- nisch fixierten“ und ihn als Feindobjekt auch nach langerem, geduldigem Verharren nicht aus den Augen lieBen, um dann bei der geringsten verdach- tigen Bewegung seinerseits das Weite zu suchen. Hine erschutterungsfreie Annéherung wurde von unseren Aquarientieren ebenfalls schon aus groBe- rer Entfernung (2—3 m) wahrgenommen und mit entsprechenden Reaktio- nen beantwortet. Mit erstaunlicher Sicherheit konnten sie selbst kleinste, auf bewegter Wasseroberflache reglos treibende Insekten aus Entfernungen ~ von 40—50 cm anpeilen und, nach mehr oder minder vorsichtigem ,, Anpir- schen“, zielsicher schnappen. Uberraschend gut sehen die Tiere in der Dam- merung und bei fast volliger Dunkelheit. Mit Vorliebe begannen unsere Versuchstiere mit ihrer Jagd auf Futterfische abends nach Ausschalten der Becken- und Raumbeleuchtung. Der enge Zusammenhang von Atemhohle und Labyrinth gibt den Laby- rinthfischen eine hervorragende Hérfahigkeit, wie wir sie sonst nur von Fi- schen mit schalleitendem Apparat kennen... Nach Ausschalten der Atem- hohle als Resonator wird auch die Hérscharfe bedeutend vermindert“ (H. Schneider, 1941: 193). Wir konnten uns oft genug davon tiberzeugen, dafi ungewohnte Gerausche die scheuen Tiere in ihre Verstecke trieben. Auch das Geruchs- und Geschmacksvermégen von Belontia hasselti scheint gut entwickelt zu sein. Konnte ein Fisch wahrend der Ftitterung (im unbeleuchteten Becken) seiner Beute nicht gleich habhaft werden, weil er sich etwa durch eine unachtsame Bewegung des Pflegers oder das Nahern eines Rivalen vertreiben lieB, so kam er bald wieder zum Vorschein und suchte an der betreffenden Stelle, um den reglosen Mehlwurm oder die zwi- schen Cryptocorynen verschwundene Fliegenmade aufzustébern. Sicherlich spielten dabei auch sein guter Orientierungssinn, die Fahigkeit im Dunkeln zu sehen und das Gedachtnis mit. Jedenfalls wurden Regenwurmstiicke, wie nicht anders zu erwarten, am schnellsten aufgespiirt. Lautauferungen Neben den tblichen Schmatz- und Schnalzgeréuschen beim Schnappen nach Oberflachenfutter waren knatternde bis knackende Gerdusche, haufig in schneller Folge (bis 7 pro 1,5 sec.), wahrend des Ergreifens untergehender oder zu Boden gesunkener Futtertiere zu vernehmen, wie sie etwa entste- Beitrage zur Kenntnis der Belontiinae 155 hen, wenn man die Zahne aufeinanderschlagt. SchlieBlich wurden, wesent- lich seltener und nur von adulten Tieren, bei halbgedffnetem Munde verein- zelte, eigenartige Bellaute — ahnlich jenen, wie wir sie von Messerfischen her kennen* — ausgestofien, z. B. bei spielerischer oder ernsthafter Verfol- gung eines Rivalen, bei gleichzeitigem Schnappen nach dessen Flanke, aber auch ohne jeden ersichtlichen Grund. Putzbewegungen, schnelles Reiben des Korpers an einem Blatt, wurden nur vereinzelt, Streckbewegungen in Form von vollig unmotiviertem Gahnen (Forselius 1957: 460) noch seltener beobachtet. Schlafstellungen Nach einigen Wochen des Eingewohnens hatte jeder unserer Fische seinen bestimmten Schlafplatz. Einige schmiegten sich voneinander getrennten, der Sichtscheibe teils zu- teils abgekehrten Stellen der kleinen Granitmauern an, andere suchten Unterschlupf zwischen den Cryptocorynen. Dabei lagen sie mit ihrer Bauchseite dem Boden auf, und nur die Rtickenflosse war ge- spreizt. Wieder andere zogen es vor, sich in aufgerichteter Position zwischen die hohen Lagenandra-Blatter zu klemmen; bei ihnen war auch die After- flosse gespreizt. An allen trat das Querstreifenmuster gut hervor, am scharf- sten bei jenen, die wahrend des Schlafes der schon oder noch kunstlichtbe- strahlten Wasseroberflache am nachsten waren (s. 0.). Einige Male lag ein Fisch wahrend des Schlafes mit seiner ganzen rechten Korperseite dem Bo- dengrund auf, so daf man ihn fur tot halten konnte**. Schlafstellung und Schlaffarbung wurden aber nicht nur nachts demonstriert; bestimmte Tiere konnte man auch untertags an ihren Stammplatzen in Ruhehaltung antref- fen. Tiefe und Dauer des Schlafes waren bei den einzelnen Individuen durch- aus unterschiedlich. Einige gaben ihre exponierten Schlafplatze auf, wenn sich die morgendliche Beleuchtung einschaltete; die zwischen den Blattern hangenden Fische lieBen sich dabei, scheinbar ganz passiv, zu Boden gleiten. Vermutlich setzten sie ihren Schlaf im winkeligen Hintergrund des Beckens *) s. Benl, G. (1959): LautéuBerungen beim Afrikanischen Messerfisch und bei Botien. — Datz 12: 108—111. Die bei Messerfischen sehr erfolgreichen Versuche, durch Zugabe von Torfextrakt ins Beckenwasser haufigere LautauBerungen zu er- zielen, verliefen bei Belontien vollig negativ. **) DaB sich der Fisch dabei reflexbedingt totstellen ,,wollte“, ist sehr unwahr- scheinlich. Jedoch wurde Totstellen (“When an Anabantid male is taken out of his aquarium, he often stiffens, displays maximal median fin erection and keeps quite still”, Forselius 1957: 428) von Herrn Schaller beim Herausfangen juveniler hasselti, von uns auch bei adulten signata beobachtet, wahrend ausgewachsene hasselti (beiderlei Geschlechts) stets ganz wild um sich schlugen, wenn man sie nicht mit den Fingern festhielt (Taf. III, Fig. 2). 156 Beitrage zur Kenntnis der Belontiinae fort. Die meisten verlieBen nach dem Aufleuchten eines Photoblitzes er- schreckt ihren Schlafplatz, wenn man sie, noch vor dem Einschalten der Be- leuchtung, photographierte. Wir haben aber auch Falle beobachtet, in denen Tiere fast unmittelbar an der Vorder- oder einer Seitenscheibe, 40—50 cm iiber dem Bodengrund, zwischen Blattern so tief schliefen, da man sie mehrmals mit Blitzlicht aufnehmen konnte, ehe sie erwachten und dann, meist ganz ruhig, zu Boden glitten. Soziales Verhalten Belontia hasselti ist kein Schwarmfisch. Von den sechs Frischfangen Herrn Schallers (nach seinen Angaben knapp 1 cm lang) aus der Ma- laiischen Halbinsel brachten sich binnen weniger Stunden fiinf gegenseitig um, indem sie sich die Augen auspickten. Das uberlebende Tier (Taf. I, Fig. 1 bis 4) erholte sich zunachst scheinbar von seinen Verletzungen, blieb aber in mehrfacher Hinsicht gestort und stark im Wachstum zurtick. Wie zu vermu- ~ ten, stand den importierten Jungfischen ein viel zu kleiner Lebensraum, namlich ein Eimer mit ca. 8 Liter Inhalt zur Verfugung. (Unter diesen Um- standen bot offensichtlich auch der Ocellus keinen Schutz!) Unter den neun Fischen unseres 240-Ltr.-Beckens kam es nie zu Angriffen mit ernsthaften Verletzungen, auch dann noch nicht, als die Fische auf das Doppelte ihrer Lange herangewachsen waren. Revierkampfe konnten wir zunachst nicht beobachten. Die Fische beanspruchten lediglich ihre Schlaf- platze, von denen sie sich gegenseitig nicht zu vertreiben suchten, da genu- gend Raum vorhanden war. Belontia hasselti gehort also weder zu den schwarmbildenden noch zu den (auch auferhalb der Fortflanzungszeit) un- ter ,normalen“ Umstanden revierbesitzenden Arten. Sie liebt die Gesellig- keit und lebt in kleinen Gruppen. Herrn Schallers Feldbeobachtungen bestatigen die Richtigkeit dieser Behauptung. Rivalitat stellte sich zunachst bei der Fiitterung ein. Ein Fisch, der einem anderen das Futter ,,.vor der Nase wegschnappte“, wurde von diesem ver- folgt und zuweilen auch gebissen; manchmal gelang es, dem Rivalen die Beute abzujagen. Im Laufe der Zeit scheint sich eine gewisse Rangordnung herausgebildet zu haben, denn kleinere und schwachere Tiere lieBen den groBeren im Konfliktfall den Vortritt: Sie kamen erst zu ihrem Futter, wenn bei den gréBeren der Hunger gestillt war. Von auf den Boden gefallenem Futter lieBen kleinere Individuen selbst im letzten Moment noch ab, wenn von oben her das Herannahen eines gréBeren drohte. Naherten sich mehrere Fische gleichzeitig einem auf der Wasseroberflache treibenden Beuteobjekt, so wurde der flinkste, mutigste oder durch zufallige Umstande begtnstigte als der ,,Sieger“ nur selten von seinen Futterrivalen attackiert. Andererseits machten diese nach ihren Fehlbemtihungen nicht kehrt, sondern schwammen zur Oberflache empor und holten dort Luft — eine sich sehr haufig abspielende Verlegenheitsgeste (,,displacement activi- iar Ubersprungbewegung), mit der die Tiere instinktiv die Konfliktsituation Beitrage zur Kenntnis der Belontiinae 157 meisterten und die fast wie ein Ritual anmutete: Sie waren ja gar nicht der Beute, sondern nur des Luftholens wegen hochgeschwommen! Spater kamen andere Motive fur Rivalitat und Aggression hinzu. Blieb etwa die Futterung ein oder zwei Tage aus, so wiesen bestimmte Tiere — und immer nur diese — eingerissene Schwanzflossen oder Bifiverletzungen an den Seiten auf; die Schaden heilten aber binnen weniger Tage vollig aus. Besonderes Angriffsziel war und blieb zunachst das bei der Nahrungsauf- nahme und darum auch im Wachstum behinderte kleinste Tier, das nach zwei Jahren noch nicht groBer als 7 cm war. Die Schreckhaftigkeit spielt im Sozialverhalten dieser Art eine grofe Rol- le. Wurden die Fische durch eine Storung von aufen her beunruhigt (meist gab dann einer das ,,Zeichen“ zur Flucht), so verschwanden sie mit Vor- liebe in der sichersten, weil dunkelsten und winkelreichsten, rechten hinte- ren Ecke des Beckens. Wer diese Zuflucht nicht gleich erreichte, gesellte sich spater den ubrigen bei, so da dann alle die vermeintliche Gefahr, z. T. eng aneinandergedrangt, gemeinsam ,,uberstanden“. Je nach Starke des erlitte- nen Schocks dauerte es einige wenige Minuten bis zu einer halben Stunde und langer, ehe sich ein Fisch (daB es immer derselbe war, kann nicht be- hauptet werden) als erster langsam zum Luftholen hochwagte, dem dann die ubrigen sogleich nachfolgten. Ein kurzer Schreck war bald vergessen. Schwieriger gestaltete sich die Lage, als wir am 29. Mai 1973 drei weitere hasselti, die uns Herr Schaller (er hatte sie kurz zuvor von einem Munchner Handler erworben) leihweise UuberlieB, ins Becken setzten; zwei von ihnen, mit sehr schwach ausgepragter Wabenzeichnung, wurden von uns als Weibchen angesprochen. In der Folge nahm unter den Fischen nicht nur die Unvertraglichkeit, sondern auch ihre Schreckhaftigkeit zu. Aus nich- tigsten Anlassen brach Panik aus: Die Tiere knallten gegen die Scheiben und Steine, versuchten z. T. sogar aus dem Becken zu springen, ehe sie ein Ver- steck gefunden. Ein solch nichtiger Anlaf konnte gegeben sein, wenn ein Fisch allzu hastig und mit laut platscherndem Gerausch von der Oberflache Luft oder Futter holte! Derartige Falle von Panik hatten sich friuher schon ereignet, jedoch sehr selten im Vergleich zur jetzigen Situation. Am ruhig- sten verhielten sich die drei Neuankémmlinge, vor allem die beiden Weib- chen, die stets als erste zum Vorschein kamen. Sie wurden immer wieder ge- jagt und schwammen stets mit eingerissener Caudale; doch waren sie nie ernsthaft verletzt. Ihre Demutsgebarde, ein Aufrichten des Korpers (etwaim 45°-Winkel) und das Darbieten der Bauchseite, bei oft gleichzeitigem, lang- samem Riickwartsschwimmen (!), wurde stets respektiert, wie das von An- fang an beim Verfolgen eines Futterrivalen zu konstatieren war. Immer haufiger lieBen sich Imponiergebarden registrieren: Die Fische stellten ihre senkrechten Flossen auf, die dann mit der Caudale einen einzi- gen schoénen Flossensaum zu bilden schienen (Taf. II, Fig. 3). Mitunter wur- den ernsthaftere Verletzungen am Kopf, unmittelbar uber den Augen, ver- zeichnet, sowie starkere Schaden (Fehlen von Schuppen) an den Flanken, die allerdings auch, bei den sinnlosen Fluchtbewegungen, durch RammstofBe an Steinen veranlaBt worden sein konnten. Mit einer empfindlichen Kopfver- 158 Beitrage zur Kenntnis der Belontiinae letzung verkroch sich das groBte (14,2 cm lange) Tier in die linke hintere Ecke des Beckens, kam selten und nur ftir kurze Zeit hervor, verteidigte aber sein Refugium verbissen gegen jeden Eindringling. Durch Zugabe von Trypaflavin in das Becken heilte auch seine Verwundung aus. -Am 22. August 1973 wurde ein Kommentkampf zwischen zwei Mannchen ausgetragen, der ca. 45 Minuten (19.45 bis 20.30 Uhr) dauerte. Er spielte sich im freien Schwimmraum ab, der schon langere Zeit zuvor zum Zwecke pho- tographischer Aufnahmen vergrofert worden und untertags fast standig von einem sehr vitalen, durch einen grofen Ocellus gekennzeichneten Mann okkupiert war, der nie Verletzungen erkennen lieB. Der Kampf entspann sich zwischen diesem Tier und einem etwas dunkler gefarbten, jedoch ebenfalls mit deutlicher Wabenzeichnung ausgestatteten Rivalen, wobei zum Impo- nierdrohen bald ein heftiges und immer wieder aufgenommenes Maulzerren — unter starken Wellenbewegungen der ruickwartigen Korperpartien — hinzukam. Gelegentlich mischte sich, flr kurze Zeit, ein drittes Mannchen ein. Sieger blieb schlieBlich der ursprtingliche Platzinhaber; der Unterlege- _ne trug eine Verletzung der Oberlippe davon und blieb einige Tage fast ein- heitlich schwarz gefarbt. Ganz offensichtlich war das Aquarium tberbesetzt. Am 29. 8. wurde daher ein erster Insasse herausgefangen, mit zwei grunen Netzen, die vier Tage lang in das Becken getaucht waren, damit die Tiere sich daran gewohnten. Der von uns entnommene Fisch war 13 cm lang, 5,3 cm hoch, und galt wegen seiner Leibesfulle als Weibchen; doch sprach die sehr ausgepragte Waben- zeichnung zunachst dagegen. Die ubrigen Tiere zeigten sich von dem Ver- schwinden ihres Artgenossen nicht beeindruckt. Tags darauf wurde, wieder- um in aller Stille, der unterlegene Kommentkampfer (13,3 4,6 cm) heraus- gefangen, als er in einem Cryptocoryne-Rasen, seinem tiblichen Schlafplatz, Siesta hielt. Auch sein Verschwinden schien unbemerkt zu bleiben. Nach- dem wir aber am folgenden Tag das groBte Tier (14,2 <5,1 cm), in ahnlicher ~ Weise wie die vorhergehenden, aus seinem Revier herausgefischt hatten, waren die Zurtickgebliebenen vollig verstort. Keiner lieB sich mehr sehen; in Abstanden von 1—2 Stunden kamen sie einzeln und blitzschnell zum Luftholen an die Oberflache. Waren die Fische noch am Tag zuvor zum Fut- terbetteln an der Frontscheibe erschienen, wenn sich der Pfleger behutsam naherte, so zeigten sie sich jetzt an jeglicher Nahrung desinteressiert. Erst funf Tage spater wagte sich ein erster (das gréRere Weibchen) nach vorn, man horte auch wieder Bellaute, zaghaft wurde etwas Futter genommen; nach elf Tagen war die alte Unbefangenheit hergestellt. Den Fischen mu8 die Dezimierung irgendwie zum BewuBtsein gekommen sein; vielleicht hat- ten wir durch Entfernen des groéBten Tieres ihre Rangordnung zerstort*. 6 Wochen spater wurden weitere Exemplare entnommen. *) ,,.Ranghochster“ mu nicht immer ein Mannchen sein: ,,If for some reason a fe- male becomes dominant, then her formula changes to that of a male... and she will show pseudo-male behaviour“ (Forselius 1957: 442). Beitrage zur Kenntnis der Belontiinae 159 Geschlechtsunterschiede, Balzverhalten Nach Verftirths Angaben ist das Mannchen ,,deutlich kraftiger in der Farbe und tragt dazu eine stark verlangerte Ruicken- und Afterflosse, wahrend diese Flossen bei dem Weibchen einfach zugespitzt sind... Nach dem Zuchtansatz tritt beim Mannchen in den ruckwartigen Flossenteilen die Wabenzeichnung noch lebhafter hervor... Das Weibchen ist ohne die Wa- benzeichnung in den Flossen.“ Pfeiffer konnte die Geschlechter nicht unterscheiden. Wir waren sehr dartiber erstaunt, daB sich das von uns am 31. 8. 1973 her- ausgefangene, grote Tier mit einem wunderschonen Wabenmuster, einer bis zur Mitte der Schwanzflosse verlangerten Dorsale und Anale bei der Sek- tion als Weibchen mit prall gefiillten Ovarien herausstellte! Das als erstes entfernte, hochrickige Exemplar, das wir wegen seiner Leibesfulle trotz sei- ner Wabenzeichnung ftir ein Weibchen gehalten hatten, erwies sich als Mannchen. Bei dem unterlegenen Kommentkampfer, in Gestalt und Far- bung von dem vorerwahnten Weibchen nicht zu unterscheiden, handelte es sich, wie erwartet, um ein Mannchen. Ein viertes Tier, das zweitgroBte (14,1 X5,05; s. Taf. II, Fig. 1) unserer kleinen Kolonie, wurde als laichreifes Weibchen diagnostiziert, dessen Ovarien ca. 1000 Eier von gelblicher Farbe und 1,3—1,4 mm Durchmesser enthielten. Nach unseren Feststellungen sind erwachsene Mannchen in der Re- gel schlanker gebaut und von gestreckterem Habitus als gleichalte Weib- chen. Die Caudale kann erheblich grofer sein; die langer und spitzer ausge- zogene, die Halfte der Schwanzflossenlange weit liberragende Rucken- und Afterflosse sind der Caudale oft so angelegt, daf ein grofer, geschlossener Saum entsteht (Taf. II, Fig. 3). Das schonere Gehange der unpaaren Flossen darf zweifellos als sekundares mannliches Geschlechtsmerkmal gelten. Die Korperfarbe der Weibchen erscheint meist eine Schattierung heller. Das Wabenmuster ist bei innen weniger auffallig, jedoch kann keine Rede da- von sein, daB dessen Einzelzellen beim Mannchen (im Gegensatz zum Weib- chen) stets einen ,,Kern“ aufweisen. Letzteres tritt, ohne Rticksicht auf das Geschlecht, bei wachen Tieren u. U. dann ein, wenn diese in an- oder aufge- regten Zustand versetzt werden, was sich in der aufgestellten Ruicken- und Afterflosse sowie in der dunklen Querstreifung manifestiert. Anfange von Balzverhalten* hatten wir in den letzten zwei Jahren im- mer wieder verzeichnet. Erwahnenswert ist folgende Beobachtung: Das von Herrn Schallers sechs Jungtieren allein tbriggebliebene Exemplar, das in unserem Becken lange Zeit nicht liber seine Anfangsgroe hinaus- wuchs, Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme und eine stete Angst vor *) Man kann selbst aus ihrem Gebaren bei Paarungsspielen nicht mit Sicherheit auf das Geschlecht dieser Fische schlieSen: ,,Characteristic of the Labyrinthici type of pair formation is also the existence of pseudo-male and pseudo-female behaviour“ (sensu Morris), Forselius 1957: 397. 160 Beitrage zur Kenninis der Belontiinae groBeren Artgenossen bekundet hatte, schien in der ersten Novemberwoche 1972 wie umgewandelt, kam als erstes zur Fiitterung, schnappte nach den groBten Brocken und kehrte, wenn es verjagt wurde, sofort wieder an den Futterplatz zurtick. Der ,,Kleine“ gedieh zusehends, seine Wabenzeichnung pragte sich noch deutlicher aus. Am Abend des 30. 11.1972 registrierten wir Liebesspiele zwischen ihm und mehreren der fast doppelt so grofen ubrigen Fische, von denen sich drei zugleich um seine Gunst bemthten, indem sie ihn in engen Kurven umschwammen, mit den Schwanzflossen befachelten, ihre Bauchflossen dabei abspreizend. Das Spiel dauerte bis in die Nacht hin- ein, zeitigte aber kein Resultat und wurde auch kein zweites Mal beobachtet. Wir fanden den Fisch bei der Riickkehr von einer kurzen Reise, wahrend der das Becken unbeobachtet geblieben, am 15.7.1973 tot vor (KorpermaBe 10,1 X 3,65 em). Die Sektion lieB, da die Eingeweide bereits in Zersetzung be- griffen waren, nicht ersehen, ob es sich bei diesem Tier tatsachlich um ein Mannchen gehandelt hatte. _ Ablaichen Verfutrth gelang die Zucht von Belontia hasselti bei einer Wasserhar- te von 2—5° DH und einem pH von 7,0—8,0; die Temperatur betrug 25 bis 28° C. Seine Fische laichten nie im Gesellschaftsbecken; er muBte das Paar allein ansetzen. Das Ablaichen spielte sich jedesmal spatestens zwei Tage nachher ab: ,,Das Mannchen treibt das Weibchen durch das...60-Liter- Becken an eine bestimmte Stelle, die ihm lichtgemaB zusagt. Zum Ablaichen wird das Weibchen vom Mannchen nach Trichogaster-Art umschlungen... beim Laichen farbt sich das Weibchen ganz hell, fast wei8 und bleibt auch nach dem Ablaichen so gefarbt.“ Pfeiffer setzte seine vier hasselti (Maximallange 18 cm!) in ein Zucht- becken mit den Wasserwerten 36° DH und pH = 6,8; er erhdhte die Tempe- ratur auf 30—32°C. ,,Der Laichakt vollzog sich wie bei allen anderen La- byrinthern. Meine B. hasselti laichten sowohl an der Oberflache wie auch in Bodennahe. Sie bevorzugten dabei Dammerlicht und laichten bei mir in den Abendstunden.“ Die Eizahl wurde von Pfeiffer auf 1000 bis 10 000 (?) geschatzt, Ver - furth spricht von 500 bis 700 Jungfischen. Seinen Angaben zufolge ent- halten die Eier je ein oder einige Olktigelchen, haben einen Durchmesser | von 1,5 mm und sind leicht gelblich gefarbt. Brutpflege Nach Pfeiffer wird kein Schaumnest gebaut; die Eier schwimmen lo- se auf der Oberflache. Bei Verfitirth begann das Mannchen nach Entfer- nung des Weibchens ,,mit einer echten Produktion von Luftblasen. Es baut ~ kein kompaktes Schaumnest. Die Eier werden mit nur wenigen Luftblasen umgeben und oft vom Mannchen mit dem Maul an einen anderen Platz ge- tragen. In dieser Phase ist das Mannchen gegen Stérungen sehr aggressiv.“ Beitrage zur Kenntnis der Belontiinae 161 Autzucht Pfeiffers Bericht zufolge schlupfen die Jungtiere nach 24 Stunden. Nach dem Freischwimmen mit Nauplien von Artemia salina und ,,Mikro“ (neben Aguillula aceti vor allem Panagrillus silusiae) gefiittert, wachsen sie gut und k6énnen nach acht bis zehn Wochen abgegeben werden. Bei Ver - fuirth schlupften die Jungen nach rund 48 Stunden und hingen dann als Ballen, vom Mannchen sorgsam bewacht, an der Oberflache. Nach weiteren zwei bis drei Tagen schwammen sie frei; einen Tag danach erhielten sie eini- ge Tropfen ,,Liquifry (rot)“ ins Becken. Ungefahr eine Woche spater ging der Pfleger zur Artemia-Futterung uber und gab zwischendurch knapp do- sierte Mengen von ,,Mikro-Min“. Im Alter von vier Wochen entwickeln die Jungen das Labyrinth. Dabei treten etwa 10°/o Verluste ein: Die Fischchen ziehen zwar zur Oberflache, fangen aber zu taumeln an und gehen offenbar an Erstickung zugrunde. Die Uberlebenden gleichen drei Monate spater den Eltern und veranstalten dann schon kleinere Imponierkéampfe. — H.-H. Stallknecht empfiehlt zwei Tage nach dem Schlupfen der Jungfische Fiitterung mit feinstem Staubfutter, méglichst mit Rotatorien. »Alle Jungfische meiner Naehzuchten hatten die wabenformige KAastelung in den Flossen... Ich wei nicht, ob sich die Kastelung bei den erwachsenen Nachzuchtweibchen verliert oder ob mein Zuchtweibchen diese Kastelung von Anfang an nicht hatte“ (Verfurth 1970: 138). 2. Befunde an konserviertem Material Material @ ix. © Of, YLS. I jus), el MOIS scan, Sill WO lets 110 mm. Es handelte sich, von dem kleinsten Tier abgesehen, durchwegs um gesunde, wohlgenahrte Exemplare, die nach dem Abtoten eingefroren und ' spater prapariert wurden. Sie werden als Belegexemplare vorliegender Ar- beit unter den Katalog-Nummern ZSM 24 949—24 956 in der Zoologischen Sammlung des Bayerischen Staates, Munchen (ZSM) aufbewahrt. Diagnose: Typus-Art der Gattung Belontia, die sich von der zweiten, bis heute bekannten Art (Belontia signata) durch folgende Merkmale unter- scheidet: Praeorbitale nicht (oder nur schwach) mit Zahnchen besetzt. Der Oberkiefer erstreckt sich bis zu einer Senkrechten, die zwischen den Nasen- léchern verlauft. Gesamtzahl der Riickenflossenstrahlen 26—33; Riickenflosse etwas langer als die Afterflosse. Eine am lebenden Fisch meist sehr deutliche Wabenzeichnung tberzieht den weichstrahligen Teil der Rucken- und Af- terflosse sowie die Schwanzflosse. Strahlen der Schwanzflosse kaum sichtbar verlangert (~ 1 mm). Schwanzflossenstiel nur angedeutet. Beschreibung (s. auch Gattungsdiagnose, S. 147): Flossen: D XVI—XX/10—13, A XV—XVII/11—13, P 11—13, V 1/5, C 1—16—1. Branchiostegalstrahlen: 6 Beitrige zur Kenntnis der Belontiinae 162 Schuppen: mLR 30—32, Ltr 5-6 — 1 — 12-15, Squ-praedorsal 20—24, Squ-praeventral 14—16, Schuppen zwischen P- und V-Ansatz 5—6, Schup- pen zwischen Augenhinterrand und Praeopercularhinterrand 3—4, Schup- pen zwischen Opercularvorder- und -hinterrand 3—4. Tab. 1: Meristische Werte der untersuchten Belontia hasselti 24 954 24 955 24 953 ZSM. Nr. 24 949 24 952 24950 | 24951 Geschlecht juv. a 3 Q Q re) 34 } Dorsale XX/11 | XVIII/12] XX/11 | XVIII/11] XTX/12 | XVIII/12| XVIII/12] XVIII/13 Anale XVII/12 | XVII/11 | XVII/11 | XVII/11 | XVII/12} XVI/12 | XVI/12 | XVII/12 Pectorale 11 13 12 12 13 13 se 12 Ventrale 1/5 1/5 1/5 1/5 1/5 1/5 1/5 1/5 Caudale 18 18 18 18 18 18 18 18 mLR 31 32 32 32 31 31 31 30 Ltr 5 19/6 114 5114 | 51 19] 5145 1145) |G ei Squ pradorsal 20 22 20 OB 20 24 23 22 Squ praventral 14 14 5 15 16 16 16 16 Der Beginn der Afterflosse liegt hinter dem Beginn der Ruckenflosse, un- ter dem 5.—6. Dorsalstachel. Die fadenformigen Verlangerungen der Bauch- flossenstrahlen reichen bis zum VII.—XI. Analstachel (je nach Alter und Geschlecht). MaBe (in mm): Tab. 2: Morphometrische Werte der untersuchten Belontia hasselti. Ex.-Nr. 24.949 | 24950 | 24951 | 24952] 24953 | 24954| 24955 | 24 956 eDitel 101 130 | 133 142 141 143 127,5 140,5 Stdl 76 95 97 110 106 104 94 102,5 Korperhohe 36,5 53 46 51 50,5 47,2 41,5 49,5 Kopflange ae 27,5 28 30,5 31 31,7 28,8 29,7 Auge : 8 8,5 8,5 9 9,5 9,3 8,9 9 Schnauze 6,5 7 7 U 7,4 7,9 6,4 6,7 Interorbitale 8,5 ia 11 11,2 11,9 11,1 10,5 11 Praeorbitale 3 3,5 3,5 4 4,1 4,2 3,5 3,9 Dentale 5,5 6 7 6,8 7,1 Uy 6,8 7,2 Praemaxillare 6,2 6,4 6,5 6,6 7,1 7,3 6,7 7,1 Praemaxillar- fortsatz 4,5 5 5,1 5,2 5,8 6,1 5,2 5,8 Pectorale 16,5 27,5 28,2 27,5 28,3 29,5 27,8 30,2 Ventrale 25 36 36,5 31,5 41,3 33,5 30,2 | 31,8 Geschlecht juv. re) } 2 Q } } } Die Korperhohe ist in der Stdl 1,8—2,3mal, die Kopflange 3,3—3,6mal in der Stdl enthalten. Der langste Pectoralstrahl ist in der Stdl 3,4—4,6mal enthalten. Beltrage zur Kenntnis Gi BE GHMWEls 163 Der Augendurchmesser (Orbita-Rand) ist 2,8—3,5mal, die Schnauzenlan- ge (Schnauzenspitze—Augenvorderrand) 3,4—4,5mal, das Praeorbitale 7,3—8,2mal und das Interorbitale 2,5—2,9mal in der Kopflange (Schnauzen- spitze—hinterer Opercularrand) enthalten. Tab. 3: Quotienten der untersuchten Belontia hasselti. Ex.-Nr. 29 949 | 29 950 | 29 951 | 29 952 | 29 953 | 29 954 | 29 955 | 29 956 Stdl : K6rperh6he 2,1 1,8 2,3 2,1 Stdl : Pectorale 3,5 3,5 3,3 3,4 Stdl : Kopflange 2,8 3,2 a7) 3,3 Kopflange : Auge 3,4 3,9 4,5 4,4 Kopflange : Schnauze 2,6 2,9 2,8 2,7 Kopflange : Praeorbitale 4,6 3,4 3,4 3,4 Kopflange : Interorbitale 7,3 7,9 8,2 ge Schriftenverzeichnis Alfred, E. R.: The fresh-water fishes of Singapore. — Zool. Verhandel. Leiden 78, 1966: 1—68. Bader, R.: Bau, Entwicklung und Funktion des akzessorischen Atmungsorgans der Labyrinthfische. — Ztschr. wiss. Zool., A, 149, 1936: 323—401. Barlow, G.W., Liem, K.F.& W. 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Staates, Ichthyologische Abteilung, 8 Miinchen 19, SchloB Nymphenburg (Nordfltigel) ANHANG Tafeln und Tafelerklarungen Tafel I bis Il Erklarung zu Tafel I Belontia hasselti (Cuvier) eer" Fig. 1: Jungtier, 3 cm Totallange, mit ausgepragtem Ocellus. D. Schaller fing diesen Fisch in einem Gewidsser bei Ayer Hitam (Johor), ca. 80 km nordwestlich von Singapore. — Foto W. Foersch. Fig. 2: Dasselbe Jungtier in Abwehrstellung mit aufgerichteter Dorsale und typischer Schreckfarbung. — Foto W. Foersch. Fig. 3: Der nadmliche Fisch, etwa zwei Monate Alter. Deutlich tritt das Wabenmuster hervor. — Foto W. Foersch. Fig. 4: Die dunklen Querbander, die bei juvenilen Belontien sehr schnell erscheinen, k6énnen sogar an demselben Individuum immer wieder anders gestaltet sein. — Foto W.Foersch. Tafel J Tafel II Erklarung zu Tafel II Belontia hasselti (Cuvier) Fig. 1: Adulter Fisch, ca. 14 em Totallange. Die Zahl der Zellen des auf den Rumpf ubergreifenden Wabenmusters hat sich erheblich vergroBert; der Schwanzflos- senstiel ist kaum zu erkennen. Die Sektion ergab, daB es sich bei diesem Tier um ein Weibchen handelt. — Foto G. Ben1l. Fig. 2: Ein Vertreter mannlichen Geschlechts. — Foto G. Benl. Fig. 3: Auch bei diesem Mannchen bildet der weichstrahlige Teil der Dorsale und der Anale mit der Schwanzflosse einen geschlossenen Saum, der den Rumpf zu verlangern scheint. Das Netzmuster ist hier besonders augenfallig. — Foto G. Benl. Fig. 1: Erklarung zu Tafel III Belontia hasselti (Cuvier) Ein Tier in Schlafstellung. Die Dorsale ist aufgerichtet, schwarze Vertikalbaénder uberziehen die Flanken, die Grundfarbe erscheint aufgehellt. Die Zellen des Wabenmusters zeigen dunkelgraue Kerne. — Foto G. Ben 1l. Fig. 2: Eine ahnliche Verfarbung der Flossenzeichnung vollzieht sich, wenn der Fisch in Fig. 3: einen Schockzustand versetzt wird. — Foto W. Foersch. Um das Fotografieren zu erleichtern, wurden die Fische in einer Petrischale fixiert. In dieser StreBsituation traten beim Mannchen tiefschwarze Kerne in den Maschen des Flossenmusters auf. — Foto H. Verfutrth. ‘Tafel Ill VEROFFENTLICHUNGEN der ZOOLOGISCHEN STAATSSAMMLUNG MUNC HEN MUS, COMP. z LIBRARY ate JAN 13 1975 HARVARD Untersuchungen 'nivers,;y zur Stammesgeschichte der Pantherkatzen (Pantherinae) Teil III Zur Artgeschichte des Léwen Panthera (Panthera) leo (Linnaeus 1758) von Helmut Hemmer (Mit 12 Tafeln und 22 Abbildungen im Text) Veroff. Zool. Staatssamml. Miinchen | Band 17 | S. 167—280 | Miinchen, 1. August 1974 Untersuchungen zur Stammesgeschichte der Pantherkatzen (Pantherinae) Teil Ill Zur Artgeschichte des Léwen Panthera (Panthera) leo (Linnaeus 1758) von Helmut Hemmer (Mit 12 Tafeln und 22 Abbildungen im Text) fp | Veréff. Zool. Staatssamml. Miinchen | Band 17 | S. 167—280 Miinchen, 1. August 1974 Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III 169 1. Einleitung Der Versuch zur Aufklarung des Evolutionsgeschehens innerhalb einer Art, der die Beschreibung ihrer Entwicklung in Zeit und Raum, von ihren Wurzeln in einer anderen Art her bis zu ihrer rezenten Formenmannigfal- tigkeit zum Ziel hat, kann grundsatzlich aus zwei verschiedenen Richtun- gen angesetzt werden, wobei jedoch nur deren letztliche Integration zum erstrebten Ergebnis flihren wird. So ist ein derartiges Problem auf der einen Seite von der Untersuchung der Fossilbelege, ausgehend von den altesten Nachweisen der betreffenden Art bis hin zu den zeitlich jlingsten Funden, anzugehen, andererseits aber auch aus dem Studium rezenter Po- pulationen in vergleichend-systematischer und biogeographischer Hinsicht. Letzterer Ansatz ist schon deshalb von wesentlicher Bedeutung, weil be- kanntlich die Evolution ein Vorgang ist, der sich nur im Blick auf Popula- tionen, nicht aber auf Einzelwesen allein richtig verstehen 1aBt (vel. z. B. Mayr 1967). Zu ihrer Erforschung ist daher eine Grundkenntnis der Va- riabilitat innerhalb von Populationen der betreffenden Art erforderlich, die sich in der Regel einwandfrei nur am Rezentmaterial erarbeiten laBht, wo der Populationszusammenhang im Zeitquerschnitt gesichert ist. Zum ande- ren spielt das Wissen um die 6kologische Anpassung und das Verhalten der Art eine Rolle, das sich nur am lebenden Tier gewinnen 148t. Zum dritten sind Verwandtschaftsverhaltnisse zwischen mehreren Populationen um so leichter abklarbar, je mehr Merkmale dafur zur Verftigung stehen. Wah- rend der Bearbeiter beim Fossilmaterial in der Regel auf osteologische Merkmale allein angewiesen ist, hat er beim Studium rezenter Artange- horiger dartiber hinaus meist eine Zahl weiterer Merkmale zur Verfugung, die ihm die Moglichkeit bieten, ein von verschiedenen Seiten her begrtinde- tes Bild von den Verwandtschaftsbeziehungen innerhalb der Art zu errei- chen. Dementsprechend bringt der im folgenden zu gebende Uberblick tiber die Artgeschichte des Léwen im ersten Teil die intraspezifischen Verwandt- schaftsverhaltnisse rezenter Lowen zur Darstellung, woran im zweiten Teil eine Ubersicht tiber die Fossildokumentation und ihre Aussagen anschlieBt. Im ersten Abschnitt, der sowohl auf Literaturauswertung aufbaut, als auch auf neuen Untersuchungen an Museumsmaterial begriindet ist, wird die Behandlung der osteologischen Merkmale bei den rezenten afrikanischen Lowen auf das MindestmaB beschrankt, das fiir das zu erreichende Ergeb- nis und auch fiir den Vergleich von Fossilformen notwendig ist, nachdem eine osteologische Vergleichsuntersuchung dieser Formen mit in den Grundztigen mit den hier dargelegten Befunden iibereinstimmenden Er- gebnissen auf der Basis auSerordentlich umfangreichen Materials derzeit von Boné (miundl. Mitt.) zur Publikation vorbereitet wird. 170 Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III 2. Material und Methode Zur vergleichenden Untersuchung der Fell- und Schadelmerkmale rezen- ter LOwen stand dem Verfasser das Material folgender Sammlungen zur Verfiigung: Zoodlogisch Museum Amsterdam, Naturhistorisches Museum Basel, Na- turhistorisches Museum Bern, Museum Alexander Koenig Bonn, Ubersee- Museum Bremen, Hessisches Landesmuseum Darmstadt, Natur-Museum Senckenberg Frankfurt/M., Zoologisches Staatsinstitut und Museum der Universitat Hamburg, Rijksmuseum van Natuurlijke Historie Leiden, Na-_ turhistorisches Museum Mainz, Paldontologisches Institut der Universitat Mainz, Zoologische Staatssammlung Miinchen, Muséum National d’Histoire Naturelle Paris, Staatliches Museum ftir Naturkunde Stuttgart, Naturhisto- risches Museum Wien, I. Zoologisches Institut der Universitat Wien, Stadti- sches Museum Wiesbaden, Zoologisches Museum der Universitat Zurich. Fossilmaterial konnte aus folgenden Sammlungen studiert werden: Institut fur Palaontologie und Museum der Humboldt-Universitat Berlin, Hessisches Landesmuseum Darmstadt, Sammlung Prof. von Koenigswald, Frankfurt/M., Geologisches Institut der Universitat Gottingen, Geolo- gisch-palaontologisches Institut der Universitat Halle, Geologisches Insti- tut der Universitat Heidelberg, Naturhistorisches Museum Mainz, Pala- ontologisches Institut der Universitat Mainz, Palaontologisches Institut der Universitat Mtinchen, Institut fur Quartarpalaontologie Weimar, Natur- historisches Museum Wien, Paladontologisches Institut der Universitat Wien, Stadtisches Museum Wiesbaden. Am Schadelmaterial wurden die gangigen Langen-, Breiten- und Hohen- mae erfaBt, teilweise auch die Hirnraumkapazitat; ferner wurde Wert auf morphognostische Merkmale gelegt, denen beim Studium der Felle und montierten Exemplare die Hauptrolle zukam. Die Messungen erfolgten am Schadel mittels Schieblehre auf 1mm, am Gebif auf '/,,mm genau. Statisti- sche Auswertungen wurden mit in den vergleichenden Systematik ublichen Verfahrensweisen vorgenommen (Mittelwert, Standardabweichung, t-Test, Korrelation, Allometrierechnung mit Bestimmung von Hauptachsen und Reduzierten Hauptachsen; vgl. z. B. Rempe 1962, Hemmer 1967b, 1970). Die Beobachtung und morphognostische Erfassung lebender Lowen mit bekanntem Herkunftsgebiet war besonders in den Zoologischen Garten von Osnabruck, Rotterdam und Stuttgart moglich. Fur Unterstutzung bei der Material-Bearbeitung in ihren Sammlungen, fur die Zurverfiigungstellung von Unterlagen zu eigenen Arbeiten, ftir die Zusendung von Maen verschiedener Stticke und von Photos, fiir Hinweise verschiedener Art und Diskussion verschiedener Einzelergebnisse gilt der Dank des Verfassers Frau Dr. Schiitt (G6ttingen) und den Herren Dr. Anderson (New York), Andrae (Osnabriick), Dr. Bauer (Wien), Dr. van Bemmel (Rotterdam, jetzt Leiden), Prof. Dr. Berg (Mainz), Prof. Dr. Boné (Louvain); (Drs (Boy (Mainz) Dre sy aneeaiee Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III 171 (Amsterdam), Prof. Dr. Briining (Mainz), Prof. Dr. Burla (Zitirich), Dr. Claude (Ztrich), Dr. Felten (Frankfurt/M.), Dr. Fill (Wies- baden), Frey (Hochstadt), Prof. Dr. Friedrich (Bremen), Dr. Gro- ves (London), Dr. Haltenorth (Munchen), Dr. Husson (Lei- den), Jakobsen (Arhus), Dr. Kahlke (Weimar), Dr. Klein- schmidt (Stuttgart), Prof. Dr. von Koenigswald (Frankfurt/M.), Dr. Kraatz (Heidelberg), Dr. Kumerloeve (Mtinchen), Prof. Dr. von Lehmann (Bonn), Dr. Mazak (Prag), Dr. Morris (London), Dritaennens (aris) Dra datita (Wien) Prot Dr kh ollas. (Hamburg: jetzt, Hannover), Prof; Dr Rothausen (Mainz), Dr. Sagesser (Bern), Dr. Schaefer (Basel), Dr. Scheer (Darmstadt), Schlawe (Berlin), Stapf (Nierstein), Prof. Dr. Starck (Frankfurt/M.), Prof. Dr. Thenius (Wien), Dr. Tignneland (Addis Abeba), Dr: Todd (Boston, Mass.), Prof. Dr. Tobien (Mainz), Freiherr von Wolff (Ad- dis Abeba). Besonderer Dank gilt auch der Deutschen Anlagen-Leasing Service GmbH, Mainz, die durch einen Druckkostenzuschu8 die Drucklegung die- ser Arbeit ermoglichte. 3. Die Lowen des Holozins 3.1 Allgemeines Bedeutende Beitrage zur Kenntnis der Unterartsystematik rezenter Lo- wen wurden in jiingster Zeit besonders durch Mazak (1968, 1970 a und b) und Todd (1965) gegeben, wobei jeweils die Kennzeichen besonders klar definierbarer Formen (Berberlowe, Kaplowe, indischer Lowe) im Vergleich zu Lowen des afrikanischen Hauptverbreitungsgebietes herausgearbeitet wurden. Die Problematik der haufig zur Diagnose angefuhrten Fellmerk- male wurde von Weigel (1961) hauptsachlich ftir die Fell- und Mahnen- farbe dargelegt, wonach die Unterschiede zwischen einzelnen der beschrie- benen Unterarten oft weit geringer als die Variationsbreite in einer einzi- gen Population erscheinen. Bei der Beurteilung des systematischen Wertes eines Merkmals wird stets die starke Modifikabilitaét sowohl von Schadel-, als auch von Felleigen- heiten in Betracht zu ziehen sein, wie sie vor allem bei Gefangenhaltung unter kthleren und feuchteren Klimaverhaltnissen als in den Heimatlan- dern zum Ausdruck kommt. Wie Hollister (1917, 1918) zeigte, konnen Schédel im Zoo aufgewachsener Lowen breiter, klirzer und massiger sein als solche von Wildl6wen, wobei es sich bei den von Hollister unter- suchten Zoolowen allerdings nach Feststellung Howells (1925) um mehr oder minder pathologische Falle handelt, die in der Knochenstruktur Symptome der Osteitis deformans oder Paget’schen Krankheit erkennen lassen. Dies ist besonders auch bei der unter Berticksichtigung der absolu- ten SchaddelgroBe im Mittel ca. 15°/o (Hemmer 1971a) geringeren Hirn- 172 Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III gréBe dieser Zootiere im Vergleich zu Wildlé6wen zu beachten. An den Fell- merkmalen konnte Hollister besonders Veraénderungen der Farbung (bei den Zooléwen dunkel braunlich-zimtfarben-ocker gegeniiber fahl und hell rotlichgelbgrau) und der Mahnenlange und -dichte finden (Ellbogen- biischel bis zu 200 mm lang gegeniiber bei Wildlowen entsprechender Herkunft gewohnlich ca. 60—80 mm). Zum Versuch der Feststellung der Verwandtschaftverhaltnisse innerhalb der Art Panthera leo sei im Folgenden der von der ,,Neuen Rassenkunde“ der Anthropologie (Schwidetzky 1962) vorgezeichnete Weg beschrit- ten, der eher zum Erfolg zu fiihren verspricht, als die haufig praktizierte Methode der Unterartenbeschreibung aufgrund eines oder zweier Merk- male ohne den nétigen Vergleich mit allen anderen Formen der Art und deren Variabilitat. Einzelne Merkmale seien dabei auf ihre systematische Brauchbarkeit hin geprift und ihre Auspragung im gesamten Verbrei- tungsgebiet, soweit nach Literatur und eigenen Untersuchungen moglich, festgestellt. Die kombinierende Verarbeitung der einzelnen Merkmalsver- teilungen soll dann die Unterscheidung voneinander abweichender Popula- tionsgruppen (taxionomisch: Unterarten) ermdglichen und ihre verwandt- schaftlichen Beziehungen aufzuzeigen helfen. 3.2 Die Einzelmerkmale 3.2.1 Mahnengestalt Noch bei neueren kurzen Unterartdiagnosen (so Weigel 1961, Ma- zak 1968b) tauchen die Begriffe ,,starke Mahne“ oder ,,schwache Mahne“ auf. DaB die Mahnenstarke, also die Lange der Haare, Dichte und Umfang der Mahne, starken duBeren Einfltissen unterworfen ist und daher in wei- tem Bereich variieren kann, zeigen aber nicht nur die Untersuchungen Hollisters (1917, 1918), sondern darauf weist bereits Selous (1908) ' ausdriicklich fiir Wildl6wen aus Siidrhodesien hin. Die starke Abhangigkeit der Lowenmahne von physiologischen Faktoren (Hormonspiegel) geht sowohl aus ihrem Verschwinden bei Kastration (Schenkel 1964: adulter Wildl6we mit vorher starker Mahne verliert 3 bis 4 Monate nach der Kastration seine Mahnenhaare; Puschmann 1964 und Vorringer 1966: bei im Zoo kastrierten Léwen verschwindet die Mahne nach 7 Monaten bzw. ‘/2 Jahr vollstandig), als auch aus einer Mitteilung Adamsons (1964) hervor, wonach zwei Jungléwen, die be- reits geringen Mahnenwuchs zeigten, diese Mahnenansitze beim Umsetzen in eine neue Landschaft wieder verloren. Im Alter ist auch bei einer Léwin leichte Mahnenbildung méglich (Schneider 1949). Kine Feststellung Adamsons (1962), nach welcher zwei unter glei- chen AuSenbedingungen aufgewachsene madnnliche Léwenzwillinge in einem Fall eine ziemlich kurze, helle Méhne, im anderen eine viel langere, dunkle Mahne entwickelten, kann als Hinweis gewertet werden, daB zur Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III 173 Ausformung der Mahne neben solchen physiologischen Faktoren auch ge- netische Verschiedenheiten eine Rolle spielen durften. GroBeres Augenmerk als auf die Starke ist auf die Gestalt der Mahne zu richten, auf die Fellbereiche also, in denen tiberhaupt Haarverlangerungen als Mahnenbildungen auftreten, in denen das Lowenfell grundsatzlich »Mahnenpotenz“ besitzt. Wie friuher (Hemmer 1966c) bereits vom Ver- fasser dargelegt wurde, sind auBer dem normalerweise vorhandenen Bak- kenbart und der Halsmahne, die sich nach hinten in einem zwischen den Schultern durchziehenden Streifen als Schultermahne verlangert, Hinter- armmahne, d. h. ein Maéhnenstreif hinter dem Oberarm, Bauchmahne und Ellbogenbtischel moglich. Davon auch an Abbildungen am deutlichsten und am leichtesten zu erfas- sen sind Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer Hinterarmmahne und einer Bauchmdahne. Da diese Mahnenbezirke am haufigsten bei beson- ders stark bemahnten Lowen auftreten, wie Berberlowen bzw. deren ein- gekreuzten Nachkommen als ,,Normall6wen“ der Zoologischen Garten oder Kapléwen (vgl. Mazak & Husson 1960, Mazak 1964a, 1970a und b, Hemmer 1966a) es meist sind, ist auch hier die Frage nach ihrer Abhan- gigkeit von auBeren Einfltissen zu stellen, nach ihrem eventuellen Zusam- menhang mit der Mahnenstarke. Fiir die Hinterarmméhne liegt der Fall dabei ziemlich klar. Weder bei den von Hollister (l. c.) untersuchten Zool6wen mit Herkunft Kenia noch bei solchen aus Ostafrika, die der Verfasser selbst tberprufen konnte, treten auch bei sonst stark bemahnten Tieren Hinterarmmahnen auf. Hoch- stens hinter der Schulter ist die Schultermahne ein Sttick nach unten ausge- zogen. Als scharfer Gegensatz hierzu wird bei berberstammigen Tieren die Hin- terarmmahne sofort zusammen mit den anderen Mahnenbezirken angelegt, bei noch schwacher Halsmahnenentwicklung. Erst spater, bei starkerer M&ahnenbildung, tritt sie mit der Hals- und Schultermahne in Kontakt bzw. wird von dieser z. T. von vorn her tiberdeckt. Ahnlich steht es mit der Bauchmahne. In ganz geschlossener Form, von vorn bis hinten durchgehend, kommt sie bei kaum einem der normalen ost- oder stidafrikanischen (Ausnahme Kapland) Lowen vor, wenn auch deren Halsmdhnen in manchen Fallen staérker sind als bei bauchm&ahnentragenden Kap- oder Berberlowen (vgl. unten). Die verschiedenen Stufen, die bei der Individualentwicklung der Halsméhne hintereinander zu beobachten sind (Akaki 1965), entsprechen den graduellen Abstufungen, wie sie zwischen den M&ahnen adulter Lowen einer Population (z. B. Ostafrika) auftreten. Welche dieser Stufen von einem Individuum letztlich erreicht wird, er- scheint im weitem MaBe, wie die oben angeftihrten Befunde lehren, sowohl von inneren, als auch von auBeren Faktoren abhangig. In systematischer Hinsicht sollten jedenfalls alle innerhalb dieser Reihe liegenden Moglich- keiten als Einheit gewertet werden. Der Verlauf der Mahnenentwicklung bei dem ostafrikanischen, keine Hinterarmmaéhne und Bauchmahne tragen- den Typ ist in Tafel I (in Anlehnung an die Darstellung Akakis 1965) 174 Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III zusammengestellt. Bei den Endstufen dieser Reihe kann es zur Bildung einzelner verlangerter Haarbtischel am Bauch, besonders in dessen cauda- lem Abschnitt, kommen, wie sie verschiedentlich bei Zootieren zu beobach- ten sind (cf. Hollister). Diese Entwicklungsreihe I der Lowenmahne unterdriickt offenbar also die Anlage von Bauch- und Hinterarmmahne fast ganz und laBt sie erst in den Endstadien in Ansatzen in Erscheinung treten, wahrend die Entwicklungsreihe II (Tafel II) die Anlage von Bauch- und Hinterarmmihne auf ein friihes Entwicklungsstadium vorverlegt. Mahnengestalt adulter Individuen in den verschiedenen Teilen des Ver- breitungsgebietes: Kapland: LA POTOeL IE UL Ie 2 Mahnenbeschreibung nach Mazak (1968, cf. Mazak 1964, 1970b, Mazak & Husson 1960): ,Die Mahne bedeckt Backen, Brust, Schul- tern, Oberarm und reicht mit einem breiten Streifen an und tiber die Schul- terblatter und dartiber hinaus bis zum Riicken. Von dort steigt ein Streifen langer Haare dem Hinterrand des Oberarmes, der gewohnlich in seinem Unterteil mahnenlos ist, entlang und schlieBt sich dem reich entwickelten Ellenbogen-Haarbiischel und der Mahne auf der Unterbrust an. Von der Brust zieht sich nach riickwarts auf den Bauch ein Streifen Langhaare. Die Bauchmihne ist hinten am Bauch am langsten.“ Eigene Befunde: Die Untersuchung der auch von Mazak studierten Kaplowen in den Museen von Leiden, Paris, Stuttgart und Wiesbaden und des méglicherwei- se ebenfalls aus dem Kapland stammenden Léwen im Museum Amsterdam (Mazak 1970b) (das herkunftsmaf8ig umstrittene Wiener Exemplar [Hemmer 1966a, Mazak 1970b] sei dabei auBer Acht gelassen) zeigt, daB zwar bei allen Individuen eine Bauchm&ahne mit der groBten Lange in der Regio mesogastrica (cf. Mazak 1964) vorhanden ist, daB aber die Ausbildung der Hinterarmmahne wechselt von kaum angelegt bis in brei- ten Streifen stark ausgebildet. Die Mahne endet hinter den Schultern und variiert von schwach bis stark, die Hinterarmmahne und Bauchmahne er- scheinen weitgehend davon unabhdangig angelegt. Samtliche Individuen las- sen sich in die Mahnenentwicklungsreihe II einordnen bzw. zu einem Mischtyp zwischen den Reihen I und II, bei dem die Bauchméhne auch bei starker Hals- und Schultermahnenentwicklung nicht besonders stark und die Hinterarmméahne nur in geringem Mafe ausgepragt ist. Transvaal: Iba weenie eM Rhye 2 Diagnose von Panthera leo krugeri nach Roberts (1929 und 1951): “The mane extends from the crown just in front of the ears and whole back Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III 175 of the head and neck to the forepart of the shoulders and chest, dorsally extending in a ridge a foot behind the clearly marked line which extends along the forepart of the shoulders.” ‘“Eigene Befunde: Nach Abbildungen von Heck (1899), Swanepoel (1962). Wells (1933) und Yates (1935) kann die Mahne als im Rahmen der Roberts- schen Beschreibung von kurz (schwach) bis lang (stark) variierend be- zeichnet werden, wobei keine Hinterarmmahne oder Bauchmahne auftritt. Sie ordnet sich in allen Fallen klar der Mahnenentwicklungsreihe I zu. Kalahari, Okavango-Becken, Stdwest-Afrika: hitenatur: Die Mahne des Lowen der Kalahari ist nach Roberts (1948 und 1951) sehr kurz und schwacher als bei den LOwen des Kruger-Parks. Im nordli- chen Teil Siidwestafrikas, in der Etoscha-Pfanne und im Kaokoveld, sowie im Okavango-Becken ist die Mahne nach Roberts (1951) und Zu- kowsky (1924) ebenfalls kurz und reicht nur bis zu den Vorderbeinen. Photos von Lowen des Etoschalandes bei Heck (1955) zeigen Mahnen- formen der Reihe I, solche von Kalaharilo6wen bei Eloff (1973) belegen die Existenz von stark bemahnten Tieren des gleichen Typs. Eigene Befunde: Bei einem Okavango-Léwen im Museum Frankfurt/M. ist die Mahne sehr kurz und schwach, nur als Backenbart und am vorderen Teil des Hal- ses entwickelt. Demgegentiber tragt ein aus Stidwestafrika importierter Léwe im Zoo Rotterdam eine tiberaus tippige Mahne, die vollkommen der Endstufe der Mahnenentwicklungsreihe I (Tafel I, Fig. 6) entspricht (Ta- fel III, Fig. 1). Gleiches gilt fiir einen stidwestafrikanischen Lowen im Zoo Stuttgart. Rhodesien und Mozambique: eeine@nna tule ee Selous (1908): “The mane usually grows round the neck and on the chest only, with a prolongation from the back of the neck to behind the shoulder blades. Sometimes large full-grown male lions will be practically maneless. Occasionally specimens will be met with in which the entire shoulders as well as the neck will be covered with mane.” Nach Selous’ Abbildungen kommen manchmal bei stark bemahnten Tieren Haarbuschel am Bauch vor; ein Individuum aus Matabeleland zeigt eine starke Mahne itiber die Schulter, Bauchhaarbiischel fast als Bauchmahne geschlossen. Ein von Krumbiegel (1952) abgebildeter Lowe besitzt einen hinter der Schulter herabgezogenen Mahnenzipfel und sehr starke Ellbogenbuschel. Abbildungen bei Carr (1962) zeigen kurze Mahne bis an die Schulter und 176 Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III dorsal einen schmalen, dariiber hinausgehenden Streifen (vgl. besonders Abb. zu p. 105 bei Carr). Fast alle in der Literatur abgebildeten Mahnenformen bei Lowen der fraglichen Gebiete sind als zum Entwicklungstyp I gehorig zu bewerten. Lediglich das von Selous (1. c.) publizierte Tier aus Matabeleland 1aBt aufgrund der tiber die Endstufe dieser Reihe hinausgehenden Bauchmah- nenbildung eine Beeinflussung aus Reihe II vermuten. Angola und siidliches Kongogebiet: Tene gan Us: Nach Lonnberg (zit. n. Roberts 1951) Mahne “extending from the ears only over the neck and with a short crest over the withers”. Nach einer Beschreibung von Jobaert (1954) kommen in Stidkasai mahnen- lose bis stark bemahnte Lowen vor (Mahne “couvrant les joues, le cou et une partie des épaules”). Eine Abbildung von Schouteden (1945) _ zeigt bei einem Stidostkatanga-Lowen eine ziemlich starke Mahne. Alle in der Literatur beschriebenen und abgebildeten Mahnenformen ae horen klar zur Entwicklungsreithe I. Tansania, Kenia, Uganda: Miteratwur: Beschreibung der Mahne nach Mazak (1958): ,,Sie bedeckt den Hals, die Brust und reicht bis tiber die Schulterblatter. Der Oberarm ist immer mahnenlos; die Bauchmahne ist iberhaupt nicht vorhanden. Auf den Ellen- bogen steckt regelmaBig ein Haarbtschel. Auer der standardmaf&ig gut ge- bildeten Mahne kann man Exemplare mit einer sehr schOnen langen Mah- ne, die jedoch nur die vorerwahnten Korperteile bedeckt, sowie sehr schwach bemahnte oder praktisch mahnenlose Lowen beobachten. Bei den letztangeftihrten fehlt sogar der Ellenbogen-Haarbtischel.“ Mahnenlos sind z. B. die bekannten Menschenfresser von Tsavo (Photo in Bombay Nat. Hist. Soc. 1929). Demgegentber kommen auch sehr stark bemahnte Tiere vor. So beobachtete Guggisberg (1960) im Serengeti-Park ein Indivi- duum mit sehr voller Mahne, die nach hinten tiber den Widerrist hinweg und nach unten bis zwischen die Vorderbeine reichte, und das ihn vom Feh- len der Bauchmahne abgesehen an Kaplowen erinnerte. Nach Holli- ster (1917 und 1918) wird die Mahne bei Massail6wen aus Kenia durch Zoohaltung auch uber den Vorderteil der Schultern ausgedehnt, die Ellbo- genbuschel werden sehr stark und z. T. bildet sich je ein Haarbtischel an den Bauchseiten als Bauchméhnenansatz. Ein derartiges Tier ist auch auf einem Gemalde von Kuhnert (in Brehm 1915) dargestellt. Ein von Kearton (1934) abgebildeter, von ihm eventuell in diesen Gebieten pho- tographierter Lowe mit sehr starker Halsméhne tragt eine anscheinend durchweg ziemlich starke Bauchméhne. Nach der Originaldiagnose von Heller (1913) ist die Mahne von Panthera leo nyanzae “short, not exten- Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III ily ding on shoulders except on medium dorsal line where it forms a narrow ridge of hair 2 inch. wide by 10 inch. long.” Eigene Befunde: Die Untersuchung von Fellen und montierten Exemplaren in den Museen von Bern, Bonn, Bremen, Frankfurt/M., Leiden, Mtinchen und Paris zeigt die ganze Variabilitat der Mahnenbildung innerhalb der Entwicklungsrei- he I (Tafel III, Fig. 2 und 3), vom ganzlich unbemahnten adulten Tier bis zu den Endstufen mit die Schulter bedeckender Mahne, auch mit ganz leichtem Bauchmahnenansatz in Form einiger schwarzer Haare im caudalen Ab- schnitt. Im Museum Wien befindet sich ein sehr groBer Lowe (NMW 558) mit der Etikettierung ,,Ostafrika 1917“, der neben einer auSerordentlich starken Halsmahne Hinterarmmahne und volle Bauchmahne besitzt (Ta- fel IV, Fig. 2). In der Mahnengestalt entspricht dieses Individuum der End- form des Mahnentyps II und ist damit mit Berberlowen oder Kaplowen zu vergleichen. Die scharfe Farbgrenze zwischen dem hellen Gelb des den Kopf umrahmenden vorderen Mahnenteils (Backenbart) und dem dunklen Schwarzbraun der tibrigen Mahne 148t eine nordafrikanische (vgl. Mazak 1970a) Herkunft sehr unwahrscheinlich erscheinen. Diese Farbverteilung gleicht vielmehr derjenigen des Kaplowen, von dem aber 1917 sicher keine Exemplare mehr lebten (Mazak 1964, 1970b). Bei Kreuzungstieren Ber- berl6we X ostafrikanischer Lowe (z.B. Tafel IV, Fig.1; Tafel VIII) ent- spricht die Mahne in Form und Farbverteilung mehr derjenigen des Ber- berl6wen. Dennoch ist die Vermutung nicht von der Hand zu weisen, daB es sich bei jenem Exemplar um einen aus dem Zoo (Schénbrunn) mit groB- zugiger Herkunftsbezeichnung in das Museum gelangten Lowen handelt. Hin eventuelles frtiiheres, hochst seltenes Vorkommen der Mahnenentwick- lungsreihe II in den besprochenen Gebieten erscheint danach zwar nicht unmoglich, ist aber mit der denkbarerweise falschen oder vertauschten Herkunftsangabe des Wiener Exemplars und der unsicheren Herkunft der Aufnahme bei Kearton (1934) keinesfalls zu belegen. Somaliland: itera tub: Nach der Beschreibung von Noack (1891) sind in der Mahne keine Un- terschiede gegentiber geographisch anschlieBenden Formen ersichtlich. Zukowsky (1964) stellt eine neue Unterart des Lowen aus dem Gebiet des Webbi Schebeli im Somaliland auf, zu deren Holotypus er ein montier- tes Exemplar im Museum Wien wahlt; als Paratypoid bestimmt er einen im Zoo Osnabrtick lebenden Lowen, der aus dem Hinterland von Mogadisho importiert worden war. ,,Die Mahne ist kurz oder von mittlerer Lange, durchaus nicht so lang und stark wie bei P. 1. somaliensis, und sie 1laBt, wie bei P. 1. massaica, ein Schulterdekolleté frei, das bei P. l. somaliensis von der Mahne tiberlagert wird“ (Zukowsky l.c.). In der Freiheit soll diese Ls Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III Lowenform eine kurze Méhne tragen; den Osnabrucker Lowen fuhrt Zu - kowsky als Beispiel daftir an, da die Mahne importierter Lowen in un- serem Klima langer und dunkler wird (cf. Hollister 1917 und 1918). Eigene Befunde: Die beiden von Zukowsky (I. c.) als Holotypus und Paratypoid sei- ner Subspezies webbiensis erwahlten Exemplare erweisen sich als Muster- beispiel der Variationspotenz der Mahne innerhalb der Entwicklungsreihe I bei Lowen etwa gleicher geographischer Herkunft. Die Mahne des Holoty- pus (Tafel V, Fig. 1) ist sehr kurz, wahrend der Paratypoid (Tafel V, Fig. 2) eine ziemlich starke Mahne tragt. An diesem Beispiel 1a8t sich wiederum anschaulich demonstrieren, daB die Starke der Mahne allein in keinem Fall zur systematischen Trennung zweier Formen berechtigt. . Nordostliches Kongogebiet: itera tar: Nach Frechkop (1943) konnen im Albert-Park zwei Extremtypen unterschieden werden, zwischen denen Ubergange vorkommen: ,,le lion 4 criniére faiblement développée, limitée au cou“ und ,,le lion a criniére fon- cée qui continue en arriére jusque derriere le garrot“. Nach Abbildungen von Allen (1924) und Schouteden (1945) entsprechen die Mahnen- formen denen ostafrikanischer Lowen. Zentralafrika, Tschadgebiet, Kamerun: Miterzat Ur: Nach Malbrant (1952) in Zentralafrika ,,criniére faiblement et plus ou moins développée et limitée au garrot et aux cétés du cou en arriére“; ,la criniere semble plus développée, 4 mesure que l’on s’avance vers les — régions les plus orientales et méridionales“. Nach Jeannin (1936) kom- men in Kamerun sowohl sehr stark als auch sehr schwach bemahnte Lowen vor; es wurden Tiere gefunden, die den Beschreibungen von senegalensis, kamptzi, somaliensis und massaica entsprechen. Eigene Befunde: Bei einem zuletzt im Zoo lebenden Tier im Museum Wien reicht die Mah- ne wie bei ostafrikanischen Lowen in einem Streifen zwischen den Schul- tern auf dem Rticken nach hinten; hinter den Oberarmen ist sie in einem Zipfel herabgezogen. Damit steht sie etwas am Rande der Entwicklungs- reihe I, da sie insgesamt nicht die Starke besitzt, bei welcher eine solche Bildung normalerweise eintritt. Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III 179 Westafrika: Ettera tua Die uberall zitierte Beschreibung der Mahne des Senegallowen (z. B Matschie 1900, Brass 1911, Weigel 1961): schwach, 1la8t die Schulter frei und lauft nach hinten in eine Spitze aus, geht offensichtlich auf die Beschreibung Fitzingers (1868) zurtick: ,hinten nicht fast ge- rade abgegrenzt, sondern gegen den Widerrist zu in eine Spitze auslau- ' fend“. Die Originalbeschreibung dieser Mahnenform betont also weniger die Spitze als solche, sondern mehr das Weiterziehen eines Mahnenstreifens auf den Widerrist gegenuber der sonst gerade vor der Schulter endigenden Mahne. Kine eigene Mahnenform des Senegallo6wen gegentiber ostafrikani- schen Lowen geht daraus nicht hervor. Mazak (1968) gibt fiir den Sene- gallowen an: ,,MittelgroBe Lowenrasse mit schwacher, verhaltnismaBig oft fast ausstehender Mahne. Soweit die Mahne ausgebildet ist, pflegt sie kurz zu sein und bedeckt den Hals und die Brust, hinten reicht sie mit einem schmalen Streifen zu den Schulterblattern. Oberarm immer mahnenlos, Bauchmahne nie ausgebildet. Ellenbogenbuschel stehen fast regelmaBig aus oder sind nur angedeutet.“ Eigene Befunde: Ein Lowenfell aus Senegambien im Museum Frankfurt/M. ist sehr schwach bemahnt, mit leichtem Backenbart, Nacken- und Halsmahne und schwachen Ellbogenbuscheln. Es entspricht damit etwa der Anfangsstufe beider Mahnenentwicklungsreihen. Die Mahne eines Senegall6wen im Mu- seum Wien ist starker und endet auf dem Widerrist: tatsachlich in einer stumpfen Spitze, ist damit aber auch nur einer der ersten Stufen der Ent- wicklungsreihe I vergleichbar, bei denen noch nicht ein Mahnenstreifen zwischen den Schulterblattern nach hinten ausgezogen ist (entspr. Tafel I, Fig. 2/3). Bei einem Junglowen aus dem oberen Nigergebiet im gleichen Museum ist die Mahne zwar erst im Ansatz vorhanden, dieser spricht aber ebenfalls fur eine Zugehorigkeit zu jener Entwicklungsreihe. Ein Senegal- - lowe im Museum Paris tragt eine nicht bis tiber die Schultern reichende Mahne der Reihe I, die zwischen den Schultern in einer kurzen Spitze aus- lauft. Abessinien: lene eneake une Uber das Aussehen der Lowen der verschiedenen Landesteile Abessi- niens besteht zum Teil nur sehr unsichere Kenntnis. Brehm sagt, in Ha- besch scheine der Kaplowe vorzukommen. Rosen (1953) bildet einen abessinischen Lowen ab (,,in the southern and western parts of the coun- try“), der eine tber Schulter und Oberarm reichende grofe Mahne tragt, 180 Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III aber keine Bauchmahne. Von Wolff (1955) schreibt: ,,The Ethiopian lion has a dark profuse mane which extends to the middle of the back and also underneath the belly“. Er bildet aber gleichzeitig einen Lowen vom ostafrikanischen Typ ohne Bauchmahnenansatz ab. (Verbreitung des Lo- wen nach diesem Autor: ,,The lion is found in the West, in the East of Dan- kali, Ogaden, Arusi, Borana and Gamo Gofa down to Kenya“.) Blan- ford (1870) schreibt: ,,The Abessinian lion has only a short mane like that of Senegal“. Der von Heller aus dem ,,Hochland von Abessinien“ be- schriebene Lowe (Panthera leo roosevelti) (nach Guggisberg 1960 kommen auf den abessinischen Hochlandern seit langem keine Lowen mehr vor) war 11/2 Jahre lang im Zoo und besitzt genau die Mahne, wie wir sie durch Hollister (1917 und 1918) von ostafrikanischem Lowen aus Zoo- haltung kennen, ist also ein Lowe dieses Mahnentyps — wie es bereits Hollister (1918) feststellt —, der vielleicht aus dem stdlichen Abessi- nien stammt. Nach _Krumbiegel (1952) tragt der abessinische Lowe eine Bauchmahne. ' Eigene Befunde: Verschiedene Umfragen des Verfassers flihrten zu keinem greifbaren Er- gebnis. So sollen nach Starck (schriftl. Mitt.) aus Abessinien europa- ischen Zoos geschenkte Lowen sehr dunkle Herkunft besitzen und norma- lerweise in Europa oder Tanger gekauft sein. Tj@g@nneland (Addis Abeba) teilte dem Verfasser tiber den abessinischen Lowen folgendes mit: ,in so far as we know there are lions in the N. E. part of the country in the Danakil area East of the Dessie-Axum Road and the escarpment of the Highlands. There are also many lons in the south, in the Boran area. It is unlikely that any exist now in the Highlands of Shoa, Wollo, or Tigre. There are none in the high ground of Semien. The exact morphology of these lions is unknown to us, but the lions in Harar etc. are said to carry dark profuse manes to the midback and along the belly.“ Von Wolff (schriftl. Mitt.) sagt (in Erganzung und Abanderung des oben Zitierten): ,,In freier Wildbahn gibt es wohl kaum Lowen mit Bauchmiahne. Ich habe eini- ge Lowen gesehen, sehr viele Felle. Mein Freund Cajdacs, der als Jager und Praparator 50 Jahre im Lande ist und etliche L6wen geschossen, noch mehr gesehen hat und viele Felle hatte, hat nie solche gesehen. So wie die Skizze (Tafel VI, Fig. 1) ist oft die Mahne bis auf die Schulter, manchmal ein Haarstrupp im Ellenbogen.“ Den Endstufen von Méahnenreihe I ent- sprechendes Aussehen (Tafel I, Fig. 5/6) haben nach Photos von Tratz, die dem Verfasser durch Vermittlung von Frey zur Verftigung standen, Lowen aus der Palastmenagerie von Addis Abeba. Ein aus dem Zirkus Kro- ne kommender, 30jahriger Lowe im Museum Miinchen soll aus dem abessi- nischen Bergland stammen. Dieses Fell ist durch eine bis hinter die Schul- tern reichende starke Mahne, Hinterarmmahne und Bauchméahne ausge- zeichnet, wobei letztere caudal am langsten ist und nach vorne auslauft. Die Mahnenbildung entspricht derjenigen von Kapléwen, deren Vorkommen in Abessinien Brehm ftir moglich hielt. Ein Fell eines ,,abessinischen L6- Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III 181 wen“ aus der Berliner Zucht im Museum Wien zeigt das gleiche Bild: allge- mein starke Mahne, Hinterarmmahne und caudal ausgebildete Bauchmah- ne. Ebenfalls aus dem Berliner Zoo bildet Krumbiegel (1952, Abb. 12) einen ,,abessinischen Lowen“ ab, dessen Mahne etwa der vorletzten Stufe der Entwicklungsreihe I entspricht, caudal mit sehr geringem Bauchmah- nenansatz. Ein Photo eines dieser ,,abessinischen Lowen“ aus dem Archiv des Berliner Zoos (Tafel VI, Fig. 2) zeigt ein Tier, das neben einer starken Hals- und Schultermahne caudal verlangerte Bauchmahne und schwache Hinterarmmahne tragt und damit wiederum die Mahnenreihe II auspragt. Schlawe (schriftl. Mitt.) teilte dem Verfasser iber diese Berliner Lowen folgendes mit: ,,Wahrscheinlich gehorten die Tiere der Dressurgruppe des Alfred Kaden (7 Mahnenlowen) an, die 1937 die Lowensteppe ,belebte‘.“ Fur keines dieser Zirkus- und Zootiere ist die wahre geographische Her- kunft nachweisbar. Immerhin kann die Vermutung nicht ohne weiteres von der Hand gewiesen werden, da sie zumindest im Erscheinungsbild doch gewissen abessinischen Léwen dhnelten. Bei Brehm (1915) ist ein da- mals im Berliner Zoo lebender Lowe abgebildet, der ein Geschenk des Ne- gus Menilek an den deutschen Kaiser Wilhelm II war und nach von Wolff (schriftl. Mitt.) sicher aus dem Gebiet des Gibbi stammt. Dieser Lowe besitzt auBer einer sehr starken Hals- und Schultermahne eine Hin- terarmmahne und eine durchgehende Bauchmahne (Mahnenreihe II). Agypten und Sudan: JLy its Sie Bye vole 2 Nach Guggisberg (1960) tragen die Lowen des Sudan meist schwa- chere Mahnen als die ostafrikanischen; die Variation reicht von mahnenlos bis zu relativ stark bemahnt (Bernatzik 1942). Nach Wagner (1841) erscheint die Mahne auf dem Widerrist gerade abgeschnitten. Im Gegensatz dazu tragt ein von Berggren (1963) beschriebener und abgebildeter, von ihm als Jungtier aus dem stidlichen Teil des Sudans (Region um Juba) nach Schweden gebrachter und dort aufgezogener Lowe bei noch nicht voll entwickelter Halsmahne im Alter von 18 bis 20 Monaten durchgehende dunkle Bauchmahne und Ansatze einer Hinterarmmahne. EHigene Befunde: Die Untersuchung zahlreicher altagyptischer Lowendarstellungen gestat- tete dem Verfasser die Rekonstruktion des Erscheinungsbildes des altaégyp- tischen Lowen (Hemmer 1968). Es stellte sich heraus, daB diese Tiere in der Regel mit schwachen bis mittelstarken Mahnen dargestellt wurden, wel- che bis zu den Schultern reichten und zwischen diesen auf dem Riticken in einer Spitze ausliefen oder als Mahnenstreifen bis hinter die Schultern auf dem Widerrist ausgezogen waren. Hinterarmmahne und Bauchméhne fehl- ten in der Regel (mit Ausnahme der Agyptischen Friihzeit), die Ellbogen- 182 Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III biischel waren gut ausgepragt. Die durch den Verfasser angefertigte zeich- nerische Rekonstruktion (Hemmer 1963, Abb. 3) stimmt mit einem mitt- leren Stadium der Mahnenentwicklungsreihe I tiberein, die Gesamtvariabi- litat liegt mit Ausnahme weniger bauchmdhniger Formen (Reihe IJ) eben- falls innerhalb dieser Reihe. Der durch Berggren (1963) aus dem Su- dan bekanntgewordene Lowe ist dagegen ein einwandfreier, Vertreter der Mahnenreihe II. Ein Sudanl6we im Museum Paris besitzt in ahnlicher Wei- se neben einer sehr starken Halsmahne den Ansatz einer Hinterarmmahne und caudal einer Bauchmdahne. Im agyptisch-sudanesischen Raum kommen oder kamen demnach wohl hauptsachlich Lowen des Mahnenentwicklungs- typs I, seltener daneben aber auch solche des Typs II und Mischformen vor, von denen allerdings nicht bekannt ist, inwieweit sie auf eine bestimmte Landschaft beschrankt sind. Atlaslander: el tebgakt Ust : Vom Aussehen des nordafrikanischen Berberlo6wen wurden bereits fruh Beschreibungen gegeben (so Wagner 1841, Fitzinger 1868); in al- ten Biichern existieren eine Reihe mehr oder weniger naturgetreuer Abbil- ' dungen (so z. B. das von Krumbiegel [1952] reproduzierte Bild aus der 1. Auflage von Brehms Tierleben von 1864). In neuester Zeit kenn- zeichnet Mazak (1968) diese Lowen wie folgt: ,,.Hine groBe Lowenrasse mit machtiger, aus langen Haaren zusammengesetzter Mahne, die den Hals, die Brust, die Schultern und Oberarme der vorderen GliedmaBen, sowie den Bauch bedeckt. Auf den Ellenbogen stark ausgebildete Haarbuschel.“ Mazak (1970 a) gibt ferner Beschreibungen und Abbildungen von 6 in den Museen von Leiden, Brtissel und Paris vorhandenen mannlichen Berber- lowen. Eigene Befunde: Zusatzlich zu den bereits von Mazak (1970) beschriebenen O'C' aus Leiden und Paris konnten ein C’ und ein @ aus der ,,Berberei“ im Museum Zurich (Nr. 10123 und 10122) studiert werden. Wie bereits Mazak (l. c.) feststellt, zeichnen sich sAémtliche dieser Berberlowen durch eine auBer- ordentlich lange und dichte Korperbehaarung aus. Ausnahmslos lassen sie sich der Mahnenentwicklungsreihe II anordnen, wobei eine besonders brei- te Hinterarmmahne und eine allgemeine Verstarkung des Haarwuchses an der Hinterseite der Vorderbeine unterhalb der Ellbogenbiischel hervorzu- heben sind. Die Mahnenentwicklung bei jiingeren Berberlowen 1aBt sich an drei wohl im 2. Lebensjahr getéteten (cf. Mazak 1970a), montierten Exemplaren im Museum Paris verfolgen. Diese Tiere besitzen insgesamt sehr langes und dichtes Fell, wobei die Haare bei einem Individuum aus Tunesien am Unterhals, um den Ellbogen herum und im hinteren Teil des Bauches noch starker verlangert sind. Das zweite Stiick (aus Algerien) tragt Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III 183 ebenfalls in Korperfarbe stark verlangerte Hals- und Bauchbehaarung, das dritte hat eine bereits bis zur Schulter reichende schwache Halsmahne und eine schwache, aber den ganzen Bauch bedeckende Bauchmahne, die als Haarverlangerung ohne deutliche Grenze aus der Flankenbehaarung her- vorgeht; ebenfalls ist eine hier dem sonstigen Korperfell gegentiber kaum verdunkelte Haarverlangerung in der Hinterarmregion feststellbar. Im Vergleican zu Berber-Mischlingstieren dieses gleichen Mahnenentwick- lungstyps (Tafel VIII) ist bei den originalen Berberlowen teilweise zu be- obachten, da die einzelnen Mahnenbezirke, besonders Bauchmédhne, Hin- terarmmaéahne und Ellbogenbuschel, nicht scharf von der tbrigen, kurzen Korperbehaarung abgesetzt sind, sondern in mehr kontinuierlichem Uber- gang zum auferordentlich dichten und langen Fell stehen. Hier ware viel- leicht an einen Unterschied von Sommerfell und Winterfell zu denken. Ahnlich dichtes Haar mit leichter Verlangerung am Hals, caudal am Bauch und an der Hinterseite der Vorderbeine ist auch bei einem Berberlowen-? im Museum Zurich zu finden (Tafel VII, Fig. 2). Die Veranderung des Ge- samteindrucks von Lowen der Mahnenentwicklungsreihe II bei allgemeiner Haarverlangerung verdeutlicht ein Vergleich von Tafel II mit Tafel IX. -Griechenland und Kleinasien: Eigene Befunde: Das Erscheinungsbild der noch in historischer Zeit in diesen Gebieten le- benden Lowen konnte wie das der altégyptischen L6wen vom Verfasser aus Kunstdarstellungen verschiedener Epochen erschlossen werden (Hemmer 1966b und 1967a, Abb. 1). Flr Griechenland und das westli- che Kleinasien lieBen sich vier verschiedene Typen der Mahnenform her- ausarbeiten, namlich 1) Mahne bis zu Schulter und Oberarm reichend, diese nicht bedeckend, sondern davor gerade endigend; 2) Mahne vor dem Ober- arm wie bei 1) endigend, aber auf dem Riicken zwischen den Schultern nach hinten spitz ausgezogen und dort erst hinter den Schultern auslaufend; 3) Mahne die Schulter tberdeckend, hinter ihr bogig tiber dem Riicken auf gleicher Hohe wie bei 2) endigend, Oberarm ziemlich méhnenfrei, Hals- mahne davor endigend; 4) Mahne wie bei 3) die Schulter tiberdeckend, aber hinter dem Oberarm noch als kleiner Zipfel nach unten ausgezogen. Haufi- ger scheinen Lowen mit der Mahnengestalt 1—3 vorgekommen zu sein, wahrend solche der Form 4 anscheinend seltener waren. Diese Mahnenfor- men entsprechen sehr gut verschiedenen Stufen (oder Zwischenstadien) der Mahnenentwicklungsreihe I (vgl. Abb. 1 und Tafel I). Nur in geringer Zahl scheinen im fraglichen Gebiet auch L6wen mit Bauchmdahne (Reihe II) vor- gekommen zu sein. Bei 2 der untersuchten Kunstdarstellungen griechischer Lowen ist auf der ganzen Hinterseite der Vorderbeine verlangerte Behaa- rung angedeutet, wie sie oben fiir Lowen mit allgemein langerem und dich- terem Fell beschrieben wurde. 184 Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III Abb. 1: Rekonstruktion der Hauptmahnentypen der Léwen des alten Griechenlands nach verschiedenen Kunstdarstellungen (aus Hemmer 1966 b). Vorderasien: Literatur: Nach Wagner (1841) sollen die Lowen um den persischen Golf mah- nenlos sein, nach Fitzinger (1868) haben die persischen LOwen weni- ger umfangreiche Mahnen als die Berberlowen, eine Bauchmahne und lan- ge Ellbogenbtischel. Nach Pocock (1930) sind die mesopotamischen Lowen typischerweise bemahnt, maéhnenlose wurden aus Bussorah (Basra) gemeldet. Ein aus Bussorah als Geschenk ftir Konig Georg IV. nach Eng- land gebrachter Lowe, den Jardine (1834) in einer Zeichnung abbildet (welche Pocock [1930] als Vorlage flr eine seiner Abbildungen diente), tragt jedoch eine starke Mahne, relativ breite Hinterarmmiéhne und durch- gehende Bauchmahne. Pocock (1930) beschreibt ein Fell mit schwacher Mahne, starken Ellbogenbtischeln und anstelle einer Bauchmahne einigen langen Haaren caudal gegen die Flanken zu. Jaekel (1927) nimmt nach Anschauung einer sumerischen Lo6wenbronce und anderen stark stilisierten Darstellungen die Existenz eines Lowen mit auf dem Riicken voll durch- gehender Mahne fiir Griechenland, Kleinasien und Mesopotamien an. Die von Jaekel benutzten Stticke erscheinen jedoch zu einer derartigen Feststellung véllig ungeeignet, da sie in keiner Weise naturalistisch sind (auch nicht einfach stilisiert: abgebildetes ,,bestes“ Stiick hat Hangeohren und Stierbeine). Brass (1911) sagt: ,Die dunkelbraune, mit einzelnen Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III schwarzen Haaren untermischte Mahne besteht aus straffen, glatten Haa- ren, reicht aber nicht weit Uber die Schulter riickwarts und auch nicht tief auf die Brust. Auch der Unterleib ist mit einer langen Mahne versehen.“ Abb. 2: Rekonstruktion der Méhnentypen klein- und vorderasiatischer Léwen nach verschiedenen Kunstdarstellungen (aus Hemmer 1967 a). 186 Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III Eigene Befunde: Wie fiir die Lowen des alten Griechenlands und Kleinasiens, so wurde auch versucht, aus Kunstdarstellungen verschiedener Kulturen und Epo- chen das Aussehen der LOwen Vorderasiens zu rekonstruieren (Hemmer 1967a; Abb. 2). Dabei lieB sich ein wechselndes Vorkommen der beiden verschiedenen Mahnenentwicklungsreihen mit anscheinend folgender Ver- breitung erkennen: als Kerngebiet des zur Reihe II gehorigen Typs er- scheint das kurdische Bergland und das ndérdliche Mesopotamien. Das Hauptvorkommen des der Mahnenentwicklungsreihe I entsprechenden Typs liegt in Griechenland und Kleinasien. In den Zwischenzonen und in der suidlichen Randzone der Verbreitung von Mahnen der Formreihe II - scheinen sowohl beide Formen nebeneinander, als auch mit Ubergangs- typen vorgekommen zu sein. Ein Fell eines mesopotamischen Lowen im Museum Wien besitzt eine tiber die Schultern ausgreifende Mahne, wobei der Oberarm im oberen Teil ebenfalls Mahnenansatzflache ist. Zwischen Hals-, Schulter- und Hinterarmmahne ist keine Trennung festzustellen; die Hinterarmméahne lauft nach hinten im Bogen in die Bauchmahne Utber. Die- se erscheint weniger deutlich unten an den Flanken von der Flankenbehaa- rung abgesetzt wie bei Kaplowen, sondern vielmehr als einfach stark ver- langerte Bauchbehaarung, wie ahnlich bereits fur Berberlowen beschrie- ben. Zu diesem Umstand tragt die Farbe der Bauchmahne bei, die hier nicht wie bei den voll erwachsenen afrikanischen Bauchméahnenléwen dunkler als die Fellfarbe, sondern hell, wei®lichgrau ist. Die Bauchmahne dieses Tieres entspricht damit dem Bild, das wir uns von einer ganz ur- sprunglichen Bauchmahne einer Pantherkatze im Sinne tbernormal star- ker Verlangerung der Bauchbehaarung machen konnen. Die Gesamitgestalt jenes Exemplars stimmt hinsichtlich der Mahne mit den aus den alten Kunstdarstellungen erschlossenen Formen gut tuberein und belegt die Mahnenentwicklungsreihe II. Indien: Gitenatwr : Die Beschreibung der Unterart Panthera leo goojratensis durch Smee (1833 und 1835) bezieht sich auf ein junges Tier, dessen M&ahne noch nicht voll entwickelt war. Die Neubeschreibung des betreffenden Felles durch Pocock (1930) zeigt folgende Mahnenform: Mahne sehr schwach, Schul- tern vollkommen unbemahnt, Ellbogenbtischel gut entwickelt, als oberer Abschlu8 einer Haarbiischelreihe am Hinterrand des Vorderbeines: ,,a very similar fringe extended along the belly and spread up to the front of the thigh, the back of which was also fringed. The fringes on the belly and the front of the thigh were not, however, sharply differentiated from the flanks, -..., but blended imperceptibly with the hairs of the flanks which, it may be inferred, were tolerably long“ (Pocock 1. c., S. 653). Pocock fuhrt Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III 187 einige weitere Felle indischer Lowen an, so einen zuletzt im Zoo lebenden Lowen von Hurriana, der starke Mahne, Hinterarmmahne und Bauchmah- ne besitzt, einen Lowen ohne Bauchmahne und mit schwachen Ellbogen- buischeln, ein Jungtier mit erst beginnender Mahnenentwicklung, sowie zwei Individuen mit starker Halsmahne, aber nur angedeuteter Bauchmah- ne in Form einiger langer Haare. Bei einem weiteren Exemplar weist P 0 - cock besonders auf die verlangerte Behaarung an der Hinterseite der Vorderbeine bis hoch zu den Ellbogenbuscheln hin. Er stellt als Unter- scheidungsmerkmal der asiatischen gegenutber afrikanischen Lowen beson- ders folgende Kennzeichen der ersteren heraus: Die Ellbogenbtschel sind relativ zur Mahnenstarke ziemlich gro8 und gehen unten in die verlangerte Behaarung der Ruckseite der Vorderbeine uber; eine Bauchmahne oder wenigstens Ansatze dazu fehlen moglicherweise nur bei jungeren Tieren mit geringerer Mahnenentwicklung; wo Ansatze zu einer Bauchmahne vor- handen sind, sind sie nicht scharf ‘von den langeren Haaren am unteren Teil der Flanke abgesetzt; die Schwanzquaste ist relativ stark entwickelt. Die .Felldichte und -lange scheint normalerweise groBer als bei afrikanischen Lowen und jahreszeitlichen Anderungen unterworfen zu sein. Gee (1964) vergleicht aus eigener Anschauung lebender Tiere ebenfalls indische und afrikanische Lowen und stellt fest: ,,.Indian lions have larger tail tassels, more prominent elbow tufts and belly fringes“ (S. 84). Aus seinen Abbil- dungen geht der Besitz einer Bauchmahne allerdings nicht klar hervor; die Halsméhne dieser Lowen reicht bis zu den Oberarmen und ist nur zwischen den Schultern auf dem Widerrist ein Sttick nach hinten verlangert. Fen- ton (1909) sagt: ,,I have noticed that in the Indian animal the mane does not extend so far under the body as it does in the African.“ Ullrich (1962) bildet einen indischen Lowen mit etwas starkerer Schultermahne ab, ein ahnliches Tier ohne Bauchmahne auch Antonius (1939). Figene Befunde: ' Kin adultes indisches L6wen-C’ im Museum Wiesbaden ist praktisch mahnenlos; auBer einem Backenbart sind die Haare im Halsbereich nur we- nig verlangert (Tafel X, Fig. 1). Dagegen ist ein gut ausgebildetes Ellbogen- buschel vorhanden. Ein Gudscharad-Lowe im Museum Zurich (Tafel X, Fig. 2) besitzt bei insgesamt relativ kurzem Fell eine nicht besonders starke Halsmahne, die in einem Streifen bis hinter die Schulter reicht, dunklen Hinterarmmahnenansatz, groBe Ellbogenbtschel, caudalen Bauchmahnen- ansatz und sehr lange Schwanzquaste. Die in der Literatur ftir indische L6- -wen beschriebenen oder abgebildeten Mahnenformen kommen wie diejeni- gen der vom Verfasser gesehenen Exemplare der Mahnenentwicklungs- reihe II zumindest sehr nahe, wobei einerseits an eine dieser gegentiber erst etwas spater im Verlauf des Mahnenwachstums einsetzende Bildung von Bauchmahne und Hinterarmmahne, andererseits an eine jahreszeitlich bedingte oder durch das Klima des Herkunftsgebietes beeinfluBte Variation der Felldichte zu denken ware. Bei kurzem Fell erscheinen Hinterarmmah- ne, Ellbogenbuschel und Bauchmahne, soweit bei allgemein verstarkter 188 Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III Méhnenbildung vorhanden, schwacher, aus weniger Haaren gebildet und schdrfer von der umgebenden Behaarung abgesetzt (z. B. Tafel X, Fig. 2), bei langem (Winter-)Fell dichter und starker, mit mehr kontinuierlichem Ubergang zu den benachbarten Fellbereichen, wie es in entsprechender Weise fiir Berberlowen und einen mesopotamischen Lowen (vgl. oben) ge- funden und flr die Mahnenentwicklungsreihe II auf Tafel [X im Vergleich zu Tafel II dargestellt wurde. Zusammenfassende Ubersicht tiber die Maéhnengestalt im Gesamtverbreitungsgebiet: Wie die Besprechung der Mahnenformen in den einzelnen Teilen des re- zenten Verbreitungsgebietes des Lowen zeigt, existiert ein groBer Komplex der Mahnenreihe I, der fast das gesamte afrikanische Verbreitungsgebiet und nach Norden ausgreifend Kleinasien und Stidosteuropa umfaBt. Die in- ’ dividuelle Variabilitat beztiglich der innerhalb dieser Entwicklungsreihe jeweils erreichten Stufe ist in den meisten Gebieten sehr gro8 und reicht im Extrem von mahnenlos bis sehr stark bemahnt. In diesem GroBraum er- scheint die Mahne als Merkmal zur systematischen Trennung verschiede- ner Unterarten unbrauchbar. Lowen mit Mahnen der Entwicklungsreihe II fanden sich in Afrika im Nordwesten (Atlasgebiet) und im auBersten Stden (Kapland) und treten ferner anscheinend vereinzelt besonders im weiteren Umkreis des abessinischen Berglandes (Sudan, Ostafrika?) auf. Die vorder- und stidasiatischen Lowen sind in der Hauptsache ebenfalls dieser Reihe II anzuschlieBen. Fur diese disjunkte Verbreitung jenes Typs (Reihe II) sind zwei verschie- dene Erklarungen denkbar, némlich 1) mehrfache, lokale und parallele Ent- stehung aus dem dann als ursprtinglich zu wertenden Typ der Reihe I, und 2) ursprunglicher Populationszusammenhang. Unter der 2. Annahme muB die Mahnenentwicklungsreihe II als die primaére Form erscheinen, die bei der Ausbreitung der dann sekundar entstandenen Entwicklungsreihe I in die Randgebiete des afrikanischen Kontinents zuriickgedrangt wurde und sich dort nur in teilweiser Isolation erhalten konnte. In den Zwischengebie- ten uberlebte sie héchstens lokal und in geringer Haufigkeit. Da es sich bei den meisten Gebieten, in denen rezent noch Mahnen der Reihe II vorka- men, um solche in kuhleren Klimazonen, Hochlandern oder Gebirgsland- schaften handelte, kann damit gerechnet werden, daf& auch 6kologische Grunde eine gewisse Rolle bei der Entstehung dieser disjunkten Verbrei- tung der Bauchmahnenlowen spielten, unabhéngig davon, welche der bei- den oben dargelegten Alternativen die zutreffende ist. Die speziellen klima- tischen Verhaltnisse mogen dort Bauchm&éhnenléwen gegentiber solchen ohne Bauchmahne begiinstigt bzw. nicht selektiv benachteiligt haben. Im Vergleich mit anderen Pantherkatzen ware dies verstandlich, da bei der all- gemeinen Verlangerung des Haarkleides bei Formen aus Zonen gemaBig- Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III 189 ten Klimas oder aus Hochgebirgslandschaften gegenuber ihren Verwand- ten aus warmeren Zonen die Bauchbehaarung besonders stark betroffen ist. So maB der Verfasser bei tropischen Leoparden (Panthera pardus) Haar- langen von 1—2 cm, dagegen z. B. bei einem persischen Leoparden eine Ruickenhaarlange von etwa 2,5 cm, aber eine Lange der caudalen Bauchbe- haarung von gegen 6 cm, bei einem Leoparden aus dem Himalaya eine Ruickenhaarlange von 1,5—2 cm, eine Bauchhaarlange (ebenfalls caudal) von 5—6 cm, bei Amurleoparden eine Rtickenhaarlange von 3,5—4 cm, eine Bauchhaarlange von 5 cm, beim Irbis (Uncia uncia) Ruckenhaarlangen von 3—3,5 em, Bauchhaarlangen von 6—10 cm. Tatsachlich ist eine solche all- gemeine Bauchhaarverlangerung auch bei den Bauchmiéhnenlowen der ktihleren Zonen Nordafrikas und Asiens zumindest saisonal zu beobachten, welche die Dichte der Bauchmahne verstarkt. So betragt bei einer Berber- léwin im Museum Zurich (Tafel VII, Fig. 2) die Lange der Bauchbehaarung caudal bis zu 7 cm und der Behaarung hinten am Vorderbein bis zu 4 cm. In Entsprechung zu dieser normalen Haarverstarkung mag eine aus einem allgemein dichten Fell hervorgehende Bauchméhne unter kuhleren Klima- bedingungen den normalen Warmeaustausch des Korpers mit der Umge- bung in weit geringerem Mafe beeinflussen als unter tropischen Bedingun- gen, womit sie in letzterem Falle negativen Selektionswert haben kénnte. 3.2.2 Fellfarbung Die Farbung des Lowenfelles erscheint, wie es besonders Hollister (1917 und 1918) an der fortschreitenden Verdunklung der Fellfarbe bei je- dem Haarwechsel von wild gefangenen Massailé6wen unter anderen Klima- verhaltnissen im Zoo zeigen konnte, starker Modifikabilitat unterworfen zu sein. Diese Farbanderung entspricht nach Hollister (1918) gerade dem Farbunterschied, der zwischen den gewohnlich mehr fahl graugelben L6- wen aus der Umgebung von Nairobi (woher die Zootiere stammen) und den meist dunkleren, mehr ockergelben L6wen Ugandas (mit feuchterem Kli- ma) besteht. Gleichsinnige Farbanderung war an zwei LOwinnen aus Nord- kenia zu beobachten. Diese beiden Tiere kamen in den Zoo Rotterdam, wahrend ihre Wurfschwester in der natiirlichen Umgebung aufwuchs (L6- win ,Elsa“ / Adamson 1960 und 1962). Nach Beurteilung von deren Fellfarbung an Hand verschiedener Farbphotos (Adamson 1962) ist die Farbe der in Europa lebenden 99 dunkler und rotlicher. Fur etwa die gleiche Lokalitaét, aus der Hollisters Massailowen stammen, gilt aber auch die Feststellung Guggisbergs (1960), daB im Nairobi-Nationalpark L6wen mit fahlgelbem, graugelbem und rdotlichgel- bem Fell nebeneinander vorkommen und die Fellfarbe groBe Variabilitat besitzt. 190 Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III Fellfarbung in den verschiedenen Teilen des Verbreitungsgebietes: Kapland: VerhaltnismaBig dunkel, braunlichgelb, graulich-sandbraun (Fitzin- ger 1868, Mazak & Husson 1960, Weigel 1961, Mazak 1968, durch eigene Anschauung bestatigt). Transvaal: Rétlichgelb; hell ockerfarben; fahl gelbbraun (Roberts 1929 und 1951, Weigel 1961, Mazak 1968b). Kalahari: Hell, fahl (Roberts 1948, Eloff 1973). Sudwestafrika: Hell, fahl (Roberts 1951); ein C im Zoo Rotterdam dunkler braun- lichgelb. Okavango-Gebiet und Rhodesien: Fahl gelblich-grau, sandfarben; variierend von fahlem Gelb bis zu ee lem Rotlichgelb (Roberts 1951, Selous 1908, eigene Untersuchung von Fellen aus dem Olena ui und Sambesigebiet in den Museen Frank- furt/M. und Leiden). Angola, sudliches Kongogebiet: Gelblich-grau, sandfarben; variierend von Gelbténen zu dunklerem Braunlichgrau; graufahlgelb (Roberts 1951, Jobaert 1954b, Mazak 1968). Tanzania, Kenia: Im ostlichen Entwasserungsgebiet des Victoriasees mehr rotliche, weni- eer graue Farbungen als in den anschlieBenden ostafrikanischen Gebieten; Unterseite im ersteren Gebiet kremweif, im letzteren fahl graur6tlichgelb (Allen 1924). Im Nairobi-Park stark variierend, fahlgelb, graugelb und r6tlichbraun (Guggisberg 1960). Massailowen fahl graugelb oder licht rotlichgelb (Hollister 1918, eigene Anschauung mehrerer Felle und montierter Exemplare). Im Kilimandjaro-Gebiet gelblichbraun bis sand- farben-grau (L6nnberg 1910). Abessinien: Fahl gelbbraun oder heller bis dunkler rétlichbraun (Rosen 1953, von Wolff 1955); variierend von gelblich, braunlich bis graulich (von Wolff, schriftl. Mitt.). Sog. abessinische Lowen aus Zoos und Zirkus- unternehmen (Felle in den Museen Miinchen und Wien) gelbbraun, z. T. ziemlich dunkel. Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III 191 Somaliland: Sehr hell und fahl; gelbgrau bis braunlichgelb; fahl graulich-gelbbraun bis graugelb-sandfarben (Noack 1891, Zukowsky 1964, Beobachtung eines lebenden Tieres im Zoo Osnabrtick und eines montierten Exemplars im Museum Wien). . Sudan: Hell fahlgelb (Guggisberg 1960). Uganda: Intensiver ockergelb-lohfarben, dunkler als Massailowen (Hollister 1918, Allen 1924); 4 Tiere vom Edwardsee im Museum Bern fahler grau- lich-gelb, etwa Massailowen entsprechend. Nordo6stliches Kongogebiet: Fahl rotlichgelb bis kremfarben rotlichgelb; hell bis tief ockerfarben (Allen 1924, Weigel 1961). Zentralafrika, Tschadgebiet, Kamerun: Fahl ockerfarben (Malbrant 1952) in Zentralafrika, in Kamerun ver- schieden intensiv rotlichgelb, fahl mit mehr Grauton bis zu starkerer Gelb- tonung (Jeannin 1936, eigene Anschauung) bzw. fahl ockerfarben (Matschie 1900a). Westafrika: Senegallo6wen lebhaft rétlichgelb; licht, fahlgelb bis réotlichgelb; rotlich- braun bis hell, fahl rétlichgelb (Fitzinger 1868, Matschie 1900a, Weigel 1961, Mazak 1968b, Felle in den Museen Frankfurt. und Wien). Aus dem Hinterland von Togo ein hellbraunes Fell (Matschie 1900 b); in Togo intensiv rétlichgelb bis hell, fahl rotlichgelbgrau (Felle im Museum Miinchen). Am Stidrand der Sahara hell fahlgelb (Guggisberg 1960). Atlaslander: Fahlbraun (Wagner 1841), lebhaft rétlichgelb, seltener gelblichfahl- braun (Fitzinger 1968), gelbgrau bis ockerfarben (Weige Pe SUYO1h), dunkel graugelbbraun (Guggisberg 1960, Mazak 1968), graulich gelbbraun bis dunkel rotlichgelbbraun (eigene Anschauung). Etwas dunkler und grauer als bei anderen afrikanischen L6wen mit Ausnahme des Kap- lowen (cf. Mazak 1970 a). Vorderasien: Fahl rétlichgelb-graulich, beinahe isabellfarben (Fitzinger 1868), fahl isabellfarben (Pocock 1930), ziemlich dunkel, schmutzig graugelb 192 Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen Ill oder graur6tlichbraun (Mazak 1968), hell rdtlichgelbbraun, Unterseite fahler mit Grauton (Fell im Museum Wien). Indien: Farbungsvariationsbreite ahnlich grof8 wie bei ostafrikanischen Lowen, fahl gelbgrau, isabellfarben bis dunkler ockergelb (Pocock 1930); grau- lich isabellgelb oder isabellgelbbraun (Mazak 1968); entsprechende Far- bung bei einem montierten Exemplar im Museum Wiesbaden, aber rotlich ockerfarben bei einem Exemplar im Museum Zirich. | Als Gesamtergebnis ist im Vergleich mit der Jahresniederschlagsvertei- lung (nach Dierke- Weltatlas) in den verschiedenen Gebieten festzustel- len, daB sich die hellen, fahlen, mehr gelbgrauen Farbungen in Landschaf- . ten mit relativ geringer Niederschlagsmenge (unter 1000 mm jahrlich) fin- den, die hellsten und fahlsten in extremen Trockengebieten wie der Kala- hari, dem Somaliland oder dem Siidrand der Sahara. In Gebieten mit 1000 bis 2000 mm Niederschlag ist die Fellfarbe in der Regel dunkler, intensiver rotlichgelb. Die dunkelsten Farbungen finden sich, hier ohne wesentliche Anderung der Niederschlagsverhaltnisse, im Kapland und den Atlaslan- dern, weisen also auch auf eine mégliche Temperaturabhangigkeit hin. Diese Klimaabhangigkeit in Entsprechung zur Glogerschen Regel zeigt sich nicht nur groBraéumig, sondern schon in verhaltnismafig kleinen, benachbarten Gebieten, wie in Ostafrika die Farbintensivierung von den trockenen Hochsteppen zu dem feuchteren Einzugsgebiet des Viktoriasees und Ugandas belegt (Allen 1924). Andererseits ist die Variationsbreite der Farbung innerhalb der Populationen aller Gebiete sehr groB und 1aft auBer der jeweiligen Grundfarbrichtung ziemlich alle Farbtypen nebenein- ander vorkommen. Infolge ihrer klimaabhangigen Modifikabilitaét erscheint die Fellfarbe als systematisches Kriterium zur Feststellung von Verwandtschaftsbeziehun- gen einzelner Populationen oder Populationsgruppen beim Lowen ungeeig- net. Bei der Beschreibung solcher Populationen ist bei Vorherrschen einer Farbungsrichtung, wie meist der Fall, diese wohl als Regelfall zu vermer- ken, als Bestimmungsmerkmal jedoch nur sehr vorsichtig zu handhaben, unter Berticksichtigung groBer Fehlerméglichkeiten; zur Bestimmung von in Zoologischen Garten unter gedanderten Klimaverhialtnissen gehaltener Lowen erscheint sie unbrauchbar. 3.1.1.2.3 Mahnenfairbung Zur Frage nach der Dunkelfarbung der Mahne vieler Lowen stellt Ma - zak (1964b) fest, daB die schwarze Mahnenfarbe nicht vor der physischen und sexuellen Reife des Individuums erscheine, die Mahne in jedem Fall am Beginn ihres Wachstums hell (k6rperfarben) sei und erst viel spater in Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III 193 der Farbe verdunkelt werden kénne, wenn sie schon relativ stark entwik- kelt sei. Fur die Halsmahne ist dies sicher zutreffend; hinzuzuftigen ware aller- dings, daB die Dunkelfarbung in den anderen von Haarverlangerungen be- troffenen Regionen unabhangig und verschieden frtsh, bereits vor starkerer Entwicklung der Halsmahne, auftreten kann. Als Beispiel sei der auf Ta- fel VIII (Fig. 1—4) dargestellte Lowe angefthrt, der als jugendliches Tier im Alter von knapp 2 Jahren, als seine Halsmahne schon angelegt, aber noch schwacher entwickelt war, bereits dunkle Hinterarmmahne und dunk- len Bauchmahnenansatz trug, wahrend die Halsmahne hell war. Im Alter von knapp 31/2 Jahren war die Mahne dieses Individuums voll und stark entwickelt, aber noch kaum nachgedunkelt. Dunkel waren zu diesem Zeit- punkt nach wie vor nur die Stellen, die es auch beim zweijahrigen Tier schon waren, zu dieser frtihen Zeit aber im Gesamteindruck viel starker auffielen, da die tibrige Mahne noch weniger stark entwickelt und ohne Zusammenhang mit jenen Stellen war. Die Verteilung von dunklen und hellen Mahnenbezirken erscheint cra- nio-caudal abgestuft, indem Mahnenbezirke um so eher dunkel werden, je weiter hinten am Korper sie liegen. Beim obigen Beispiel sind es alle iso- lierten Mahnenregionen vom Oberarm an rtickwarts, die dunkel angelegt werden; nach vollem Wachstum der Hals- und Schultermahne sind es eben- falls deren caudalen Abschnitte, die am dunkelsten sind. Die Schwanzquaste als caudalste Haarverlangerung am Léwenkorper ist auch bei 9Q oder ganz hellméhnigen C’'C’ normalerweise viel dunkler als die Kérpergrundfarbe. Gleicherweise schreitet bei Lowen, die im Laufe des Alterns dunkle Mah- ne bekommen, die Verdunklung in der Regel von hinten nach vorne fort. Zunachst werden die ventralen Bereiche, die Schultermahne und die Be- zirke hinter dem Arm dunkel, dann auch die Dorsalseite der Halsméahne. wahrend die vorderen Teile der Halsmahne langer hell bleiben und der Backenbart ganz vorne als Gesichtsumrahmung die helle Farbe behalt, wie es von Mazak (1970 b) flr Kaplowen als kennzeichnend beschrieben wird, aber auch bei anderen schwarzmahnigen Lowen zu beobachten ist. Die Schwarzfarbung der Mahne kann, entgegen der Auffassung Gug- gisbergs (1960), die der Verfasser frtther in gewissenem MaBe fuir even- tuell moglich hielt (Hemmer 1962), kaum als ein Schritt in melanistische Richtung angesehen werden, wie es Mazak (1964b) betont. Sie scheint vielmehr mit der Ausfarbung der Fellzeichnung parallel zu gehen. Wie namlich die Betrachtung der Jungl6wenzeichnung, von Bastarden des L6- wen mit Leopard oder Tiger und von flavistischen Leoparden lehrt (Hem - mer 1968), ist die Pigmentierung der Zeichnungselemente an den Distal- abschnitten von Schwanz und Extremitaten und in der Bauchregion am starksten und bleibt dort wahrend der Ontogenese des Lowen am langsten erhalten, etwa an den Stellen also, wo eine Schwaérzung von Haarverlan- gerungen zuerst einzutreten pflegt (Schwanzquaste, Bauchmahne). Die Frage nach der Ursache der Schwarzfarbung der Mahne an sich ist damit nattirlich nicht bertihrt. Moglicherweise besteht ein gewisser Zu- 194 Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III sammenhang mit der Haarverlangerung selbst, da auch bei systematisch sehr fern stehenden Gruppen ganz ahnliches zu beobachten ist. So bemerkt Ekman (1964): ,,eine gewisse Neigung zum Schwarzen ist bei:den Wild- schafen wenigstens fiir die kleine Vorderhalsmahne nicht zu leugnen“ und fulhrt daneben einen Felltyp des Gotlandschafes mit schwarzer Mahne auf dem Vorderkorper an. Bei Fitzinger (1868) war die Mahnenfarbe noch in die Diskussion und Diagnose der Lowenunterarten einbezogen, spater fand nur noch das fast alleinige Auftreten von dunkler oder heller Mahne bei den Lowen eines Gebietes als Kriterium zur Unterartenabtrennung Verwendung, so von Roberts (1948) bei der Beschreibung von Panthera leo vernayi aus der Kalahari. Mazak (1964b) halt es fur sehr wahrscheinlich, da Schwarzméhnigkeit ein Charakteristikum des Kaplowen gewesen sei, und - beschreibt die ziemlich scharfe Abgrenzung der Gelbfarbung des den Kopf umrahmenden vorderen Mahnenabschnitts gegen die Schwarzfarbung des Hauptteiles der Mahne als fur diese Form typisch (Mazak 1970b). Von an- deren Teilen des Verbreitungsgebietes wird dagegen sehr grofe Variabili- tat in der Mahnenfarbe berichtet, wie schon von Selous (1908) fur Sud- rhodesien. Es bleibt daher anhand der Verbreitung zu kontrollieren, ob ein- seitige Haufigkeit von Dunkel- oder Hellfarbung der Mahne als Unterart- kriterium verwertbar erscheint oder ahnlich wie die Fellfarbung Zusam- menhange mit dem Klima vermuten laBt, wie es Roberts (1935) fur die Kalahari-Gebiete annimmt: ,,The colour is precisely what we find in all other mammals over the same ground, an elimination of black in the dry Kalahari and an increase of black in the neighbourhood of the swamp area”. Mahnenfarbe in den verschiedenen Teilen des Verbreitungsgebietes: Kapland: Mazak (1970b) stellt als fiir die meisten Kaplowen kennzeichnend die ziemlich scharfe Farbgrenze zwischen dem gelblichen vorderen, den Kopf umrahmenden Méahnenteil (Backenbart) und dem hinteren, sehr dunklen bis schwarzen Hauptteil der Mahne heraus. Abweichungen (relativ helle Mahne bzw. allmahlicher Ubergang zum dunklen hinteren Abschnitt der Mahne) hiervon ‘treten bei dem Pariser und dem Stuttgarter Exemplar auf, die Mazak im ersteren Fall teilweise mit der noch ziemlich geringen Al- tersstufe, im letzteren mit der Vermutung einer Herkunft aus dem Rand- bereich der Verbreitung in der Mischzone mit Transvaal-Lowen zu erkla- ren sucht. Transvaal: Mahne der Kruger-Park-L6wen nach Roberts (1929 und 1951) ,,above warm buff to light ochraceous, with a large admixture of dark brown to black hairs, most plentiful dorsally and down the front of the shoulders; Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III 195 below, on the side of the neck and round the ears, uniform light ochraceous; a tuft of long hairs on the elbows pale buffy or whitish, with a large admix- ture of dark brown.“ Nach Photos von Swanepoel (1962) dunkle Mah- ne, heller Backenbart. Nach Wells (1933) auch helle Mahnen vorkom- mend. Kalahari: » lhe mane yellow, seldom with black hairs interspaced“ (Roberts 1948). In feuchteren Gegenden im Norden ofters schwarzmahnige Lowen (Roberts 1948). Nach Eloff (1973) schwarzmahnige Exemplare Seite an Seite mit hell bemahnten vorkommend. Sudwestafrika: Nach Zukowsky (1924) schwarze Méhne; desgl. dunkle Mahne auf den Photos von Heck (1955) aus dem Etoscha-Gebiet. Dagegen nach Ro - berts (1948, 1951) in der Etoscha-Pfanne und im Kaokoveld gelbe Mah- nen. Ein siudwestafrikanischer Lowe im Zoo Rotterdam besitzt eine schwar- ze Mahne mit hellem Backenbart (Tafel III, Fig. 1), ein solcher im Zoo Stuttgart eine besonders nach hinten zu wenig verdunkelte Mahne. Okavango-Gebiet: Gegenuber der Kalahari Zunahme des Schwarz in der Mahne (Ro- berts 1935, 1951). Ein im Museum Frankfurt/M. befindliches Fell hat eine sehr schwache Mahne, die kaum dunkler als die Korperfarbe ist. Rhodesien und Mozambique: Alle Ubergange von heller zu schwarzer Maéhne vorkommend (Selous 1908, Roberts 1948, Carr 1962). . Angola, sudliches Kongogebiet: Nach Lonnberg (zit. n. Roberts 1951): ,,short crest over the wi- thers blackish with buffish hairs on the sides; the mane of the neck pale buff, posteriorly blackish“. Nach einer Abbildung von Schouteden (1945) aus Stidost-Katanga dunkle Mahne mit heller Gesichtsumrahmung. Nach Jobaert (1954) in Stidkasai u. a. braune Mahne vorkommend. Nach Weigel (1961) dunkle, rotgelb und schwarz gemischte Mahne. Mazak (1968): ,,Halsmahne licht, fahlgelb bis fahlbraun, bloB oben und in der Nahe der Halsbasis dunkler gefarbt, mit schwarzen Haaren unter- mengt. Ellenbogen-Haarbuschel braunlich bis graubraun.“ Tanzania, Kenia: Nach Hollister (1918) Mahnenfarbe normalerweise hell, manchmal aber bis schwarz. Guggisberg (1960) weist auf die groBe Variations- breite der Mahnenfarbe im Nairobi-Nationalpark hin, die von Gelb tiber Rotlichbraun zu Schwarz reicht. Eigene Untersuchung mehrerer Felle und montierter Exemplare bestatigt diese Variabilitat ebenfalls. Tendenz zur 196 Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III Schwarzung besonders im hinteren Bereich der Mahne. Der méglicherwei- se aus Ostafrika stammende Lowe der Mahnenentwicklungsreihe II im Wiener Museum (Tafel IV, Fig. 2) vertritt in der Mahnenfarbung den Kap- lowentyp mit hellem Backenbart und schwarzlicher Mahne. Somaliland: GroBe Variation von hellen zu dunklen Mahnen (Selous 1908, Hoyos, zit. n. Guggisberg 1960, Zukowsky 1964). Vom Ver- fasser selbst gesehene Somalilowen haben folgende Mahnenfarben: Bei dem Exemplar des Museums Wien (Tafel V, Fig. 1) fahl graugelb, bei einem lebenden Tier im Zoo Osnabruck (Tafel V, Fig. 2) Halsmahne im vor- deren Teil hell, im hinteren Abschnitt bis dunkelbraun mit Schwarzantei- len. ~ Abessinien: Nach von Wolff (schriftl. Mitt.) Mahnen blond bis schw4rzlich. Die dem Verfasser bekannten Felle des ,,Abessiniertyps“ (vgl. Kap. 3.2.1) tra- gen dunkle, aus hellen und schwarzen Haaren gemischte Maéhnen mit hel- ler Vorderpartie und sehr dunklem hinteren AbschluB. Sudan: Bernatzik (1942) erlegte am Dinder einen L6wen mit dunkler und einen mit rotlicher Mahne. Der von Berggren (1963) abgebildete Bauchmahnenléwe hat nach seinem Farbphoto rotliche Halsmahne, aber dunkle, braune Bauchmahne. Die Halsmahne eines farblich stark ausge- blichenen Exemplars im Museum Paris durfte ursprunglich hinten ziemlich dunkel gewesen sein. : Agypten: Nach dem Vergleich von Darstellungen altagyptischer Lowen durch den Verfasser (Hemmer 1963) helle und dunkle Mahnen vorkommend. - Nordistliches Kongogebiet: Nach Frechkop (1943) zwei Extremtypen mit allen Ubergangen da- zwischen: ,,couleur fauve comme le restant du pelage et constituée de crins jaunes auxquels sont mélés des crins noiratres beaucoup moins nom- breux que les premiers“ und ,,composée de crins jaunes, marron et noirs.“ Kamerun: Kin Fell im Museum Wien hat eine besonders im hinteren Abschnitt dunkle Mahne. Westafrika: NT fach Meyer (1826) Halsmahne gleichfarbig wie der Korper, desgl. iger (1868) Mahne einfarbig rotlichgelb. Mazak (1968) nach Fitzi Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III 197 sagt: ,.Mahne ebenso gefarbt wie der Ko6rper, nur manchmal mit braunli- chen Haaren untermengt, die aber ihre Farbung nicht ausdrucksvoll ver- dunkeln.“ Im Gegensatz zu diesen Beschreibungen tragt ein Fell eines Se- negallowen im Museum Wien eine ziemlich dunkle, aus schwarzen und hel- len Haaren gemischte Mahne mit hellem Backenbart. Atlaslander: Fitzinger (1868): ,.Kopf- und Halsmahne sind fahlgelb und mit rost- schwarzen Haaren gemengt, die insbesonders an den Seiten des hinteren Teiles der Mahne reichlicher vorhanden sind, daher dieselbe in schwarzen und fahlen Flechten herabfallt. Von derselben aus Schwarz und Fahlgelb gemischten Farbe sind auch die Bauchmahne, die Haarbtschel an den Ellenbogen und den Schenkeln, und die Schwanzquaste.“ Entsprechend lau- tet die Beschreibung von Wagner (1841). Mazak (1968): ,.Kopf- und Halsmahne fahlgelb bis graubraun, nach hinten dunkler. Bauchmahne mattdunkelbraun bis fahlgelb durchsetzt. Haarbuschel am Ellenbogen auch dunkelbraun und fahlgelb durchsetzt.“ Die Mahne der Berberlowen ist zwar dunkel, aber nicht schwarz (Mazak 1970a). Von den bekannten Exemplaren erscheint die machtig entwickelte Mahne des Zuricher Lowen (Tafel VII, Fig. 1) am dunkelsten. Sie ist am Hals korperfarben und wird nach hinten zu durch starkeren Anteil dunkler Haare braunlich-schwarz; auf dem Oberkopf beginnt die Dunkelfarbung bereits in der Stirnmitte. Die Jungtiere im Museum Paris haben etwa korperfarbene Mahnenansatze. Die mit einer allgemeinen Eee ene ie einhergehende langere Bauch- ee ist hell. Vorderasien: Nach Fitzinger (1868) ist die Mahne des persischen Lowen dunkel, aus braunen und schwarzen Haaren gemischt und daher von der hellen K6rperfarbe scharf abgegrenzt, nach Pocock (1930) ist sie hingegen ziemlich hell. So zeigt auch eine von Jardine (1834) publizierte farbige Zeichnung braunliche Mahnenfarbe. Hin Fell eines mesopotamischen L6- wen im Museum Wien hat helle, korperfarbene, nur auf der Schulter dunk- lere Mahne. Indien: Nach Fenton (1909) kommen in Indien schwarzmahnige Lowen ziem- lich selten vor. Ebenso gibt Pocock (1930) an, da indische Lowen meist hell bem&hnt sind, doch auch dunkle Mahnen vorkommen. Vernay (1930) sagt: ,,The blackmaned lion has never been seen in India, the mane there being tawny, running to a very light yellow“. Ein von Antonius (1939) publiziertes Photo zeigt einen Lowen mit dunkler Mahne. Photos bei Ullrich (1962) und Gee (1964) stellen Lowen mit kérperfarbenen oder nur wenig dunkleren Maéhnen dar. Ein indischer Lowe im Museum Zurich hat eine tiberwiegend kérperfarbene Halsmahne, die dorsal vom Oberkopf 198 Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III her und allgemein nach hinten zu dunkler wird. Hinterarmmahnenansatz, Bauchmdhnenansatz und Ellbogenbiischel sind dunkel. Als Ergebnis ist festzuhalten, daB in den meisten Teilen des Verbrei- tungsgebietes die Variationsbreite der Mahnenfarbung sehr grof ist und helle und dunkle Mahnen vorkommen. Starkes Uberwiegen heller Mahnen scheint nur in ausgesprochenen Trockengebieten vorzuliegen. Um eine eventuelle Abstufung der Haufigkeit dunkler Mahnen parallel den Nieder- schlags- und Temperaturverhaltnissen 4hnlich wie fur die Fellfarbung zu erkennen, ist das Material aus den einzelnen Landschaften zu gering. Nur flr einen Ausschnitt des Verbreitungsgebietes sah Roberts (1951) eine derartige Abhangigkeit: ,,the black develops in response to prevailing cli- matic conditions“. Eine gewisse Modifikabilitat der Mahnenfarbe zeigt sich weiterhin darin, daB bei Zool6wen unter den Bedingungen gemafigten Kli- - mas die Mahnen in der Regel dunkler werden (Zukowsky 1964). Ein diagnostischer Wert diirfte der Mahnenfarbung nur bei Lowen der Mahnenentwicklungsreihe II zukommen, wo sie nach den Befunden Ma- zaks (1970a und b) beim Kaplowen in der Regel eine gute Abgrenzung zwischen der gelben Gesichtsumrahmung und der sonst braunschwarzen Mahne zeigt, beim Berberlowen aber nicht bis zum Schwarz geht und von ~ vorne nach hinten graduelle Farbintensivierung aufweist. Die Lowen der librigen afrikanischen Landschaften besitzen tberwiegend Mahnen mit gradueller Farbvertiefung; vereinzelt ist der Farbungstyp des Kaplowen besonders im stidlichen Afrika zu finden. 3.2.4 Fellzeichnung Wahrend die Fellzeichnung beim Leoparden eines der wichtigsten Krite- rien zur Unterartentrennung darstellt, wurde sie beim L6wen bisher noch kaum in gleicher Richtung auszuwerten versucht. Lediglich Gee (1964) macht die Aussage, indische Lowen hatten als Jungtiere weniger Flecken als afrikanische. Dieser Mangel liegt wohl allein darin begriindet, da die Fleckung beim Lowen gew6hnlich sehr friih in der Jugend verblaBt und spiter meist nur noch schwer oder tiberhaupt nicht mehr sichtbar ist, also einen Vergleich anhand der normalerweise gesammelten Felle adulter In- dividuen nicht zulaBt. Felle sehr junger Lowen aus freier Wildbahn bzw. mit genauer Herkunftsbezeichnung sind aber in den Museen nur selten zu finden. Ein Versuch zum Vergleich der Fleckung von Lo6wen verschiedener Gebiete mui so vorerst auf die Auswertung von Freiland-Photos be- schrankt bleiben, die Junglo6wen zeigen, nach dem in den zoologischen Gar- ten bedauerlicherweise L6wen meistens nicht nach Herkunftsgebieten ge- trennt rein gezichtet werden. Dadurch ist nur der ost- bis stidafrikanische Raum mit wenigen Ver- gleichsmoglichkeiten zu erfassen (Photos fir Kenia: Adamson 1960 und 1961, Denis 1964, Guggisberg 1960; Nordost- und Ostkongo: Schouteden 1945; Nordrhodesien: Carr 1962; Transvaal (mit Kru- Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III 199 ger-Park): Wells 1933, Yates 1935, Swanepoel 1962). Es ergeben sich keine deutlichen Unterschiede in der Gestalt, GroBe und Zahl der Ro- setten der Jungl6wenzeichnung in diesen Gebieten. Ein Zusammentreten von Rosettenflecken zu Querketten findet sich meist nur in geringem Um- fang und scheint im Gesamtgebiet gleichsinnig zu variieren. Als Abwei- chung weisen die grofen Flankenrosetten nach einem Photo von Yates (1935) aus dem Kruger-Park z. T. einen schwachen Innenfleck auf. Gleiches zeigt in Andeutung ein Photo von Wells (1933, S. 49) aus Transvaal. Ob diese Bildung aber in jener Population die Regel ist, entzieht sich vorlaufig der Kenntnis. Fur Ostafrika (Kenia) zeigen unter vielen verglichenen Pho- tos ebenfalls einige (Adamson 1961, Denis 1964) Innenflecken in manchen Rosetten. Um was es sich bei den von Heuvelmans (1955) beschriebenen klei- nen gefleckten Lowen (,,Leo maculatus“) aus den Hochgebirgsregionen Ost- afrikas handelt, ist ohne Originalmaterial kaum zu entscheiden. Ein von diesem Autor reproduziertes Photo des Felles eines O' zeigt relativ grofe Rosetten mit einigen Innenflecken, die bei diesem wohl ziemlich erwachse- nen Tier besser ausgepragt sind als bei den meisten Junglowen, aber doch offenbar auch fahle, nicht dunkelbraune bis schwarze Farbung aufweisen. Die Halsmahne dieses Individuums ist nur schwach entwickelt. Der Muste- rungstyp konnte trotz der auffalligen Groffleckigkeit an den ostafrikani- scher LOwen angeschlossen werden, da wir mit ahnlich grofer Variabilitat der Fellzeichnung innerhalb einer Population rechnen mussen, wie sie beim Leoparden zu beobachten ist. Zur Erklarung der auch fur einen jungeren L6wen ungewohnlich starken Auspragung der Fleckung, der nach Heu- velmans’ Beschreibung relativ geringen GroSe der Tiere und der schwachen Mahnenbildung kann immerhin auch die Moglichkeit einer Frei- land-Bastardierung von Lowe und Leopard nicht absolut von der Hand ge- wiesen werden. Das gefleckte Jugendkleid erhalt sich nach Guggisberg (1960) bei ostafrikanischen Lowen sehr lange; gleiches gibt Malbrant (1952) fur zentralafrikanische Lowen an. Auch bei den Lowen des alten Agypten scheint dies der Fall gewesen zu sein, wie es der Verfasser nach dem Stu- dium von Lowendarstellungen erschlieBen konnte (Hemmer 1963). Dort blieben anscheinend auch die Uberaugenflecken aus der Stirnzeichnung ziemlich deutlich erhalten. Dieses Merkmal ist aber bei den LOwen anderer Gebiete ebenfalls zu finden, auch in Indien, wie Photos bei Gee (1964) er- kennen lassen. Zum. Vergleich der Musterungselemente auBerst wichtig ware die Kennt- nis der Jugendzeichnung von Kap- und Berberlowen,; fur diese beiden For- men scheinen aber weder genaue Angaben noch gute Abbildungen sicher rein geztichteter Individuen zu existieren. So lassen sich zur Zeit nach Merkmalen der Fellzeichnung keine systematischen Gruppierungen vor- nenmen. Ob die Geesche Feststellung geringerer Fleckenzahl bei indi- schen Léwen insgesamt zutrifft, konnte mangels Originalmaterial nicht nachgepruft werden. 200 Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III 3.2.5 Kérperproportionen Fiir den Kapléwen betonen Wagner (1841) und Fitzinger (1868), daB sein Kopf breiter sei als derjenige des Berberlowen (,,Bulldog head“ bei Smith 1858/zit. n. Mazak & Husson 1960). Genau gegen- sdtzlich stellt Severtzow (1858) den Berberlowen und die asiatischen Lowen als ,,Lion a grosse téte“ den zentral- und sudafrikanischen als ,,Lion A petite téte“ gegeniiber. Uber den Lowen der Nillander sagt Severt- zow: ,le lion du Nil se range entre ceux de |’Atlas et du Darfour; c’est un lion a grosse téte, celui de Darfour a petite téte. Cependant c’est a ce dernier que le lion du Nil se rattache par des individus intermédiaires, et non a celui de 1’Atlas, a grosse téte comme lui.“ Beim Vergleich indi- sche / afrikanische Lowen meint Gee (1964): ,,Indian maned lions see- med to be longer in the head from ear to tip of nose.“ Objektive Feststellungen zur relativen GroéBe des Kopfes gegenuber dem Korper sind deshalb mit Schwierigkeiten verbunden, weil nur selten ge- naue Mae der Kopfrumpflange frisch erlegter Lowen zusammen mit den SchaédelmaBen der gleichen Individuen publiziert wurden. Als Grundlage fur die Erfassung der K6rper-Kopf-Proportionen bieten sich daher nur die von Hollister (1918) und Allen (1924) veroffentlichten Serien ost- afrikanischer Lowen an. Die Bestimmung der Diagonalgeraden organischer Korrelation ftir die beiden MaBe Kopfrumpflange und Condylobasallange fiihrt zum Ergebnis, daB beim Vergleich adulter Lowen bei steigender Kor- pergroBe der Kopf nahezu isometrisch wachst. Die gefundene Abhangigkeit erscheint ftir die Arten des Subgenus Panthera allgemein gultig und unter- scheidet dieses vom Subgenus Tigris (Hemmer, im Druck). Die unmittelbare Gegentibersteliung der beiden montierten Berberlowen mit dem Kaplowen des Museums Leiden (Photos ersterer bei Mazak 1970, des letzteren bei Mazak & Husson 1960 und Mazak 1964a) demonstriert einen gegentiber den Berberlowen auffallend schweren und breiten Kopf des Kaplowen. Da die Schadel aller dieser Exemplare nicht zuganeglich sind, ist eine Objektivierung dieser Beobachtung nicht moglich. Bei diesen auBerordentlich schlecht ausgestopften Individuen ist es auch durchaus nicht sicher, ob in jedem Fall tiberhaupt Originalschadel einmon- tiert wurden. Der Kopf des Berberlo6wen im Museum Ziirich erscheint ge- rade im Gegensatz dazu relativ sehr groB und breit. Zur Prifung der Breitenverhaltnisse des Kopfes wurde die Relation Kopfbreite/ Kopflange anhand der Schaédelmafe Jochbogenbreite und Condylobasallange ftir eine Serie ostafrikanischer L6wen (Museum Miun- chen) bestimmt. Die Hypothese der Isometrie ist flr die Beziehung dieser Mafie nicht verweribar (im doppelt-logarithmischen System als Allometrie- gerade berechnet: a= 1,08 + 0,08), das Verhaltnis Jochbogenbreite / Con- dylobasallange kann damit als auf jeder GroBenstufe gleich angesehen wer- den, was die Bestimmung von Indizes rechtfertigt. Die 6 bislang aus dem WZ Kapland bekannt gewordenen Schadel (Museum London und Stockholm Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III 201 In. Mazak 1970b], Leiden und Basel; subfossiler Schadel aus der Kar- roo [uundholm 1952]) haben einen mittleren Langenbreitenindex (M + s) von 73 = 2(m = = 0,5). Im Vergleich hierzu errechnet sich ftir 28 ost- afrikanische Lowenschadel der Zoologischen Staatssammlung Miinchen ein Mittelwert von 72,5 + 2,5 (m = + 0,5) (Indizes jeweils auf 0,5 gerundet); zwei von Mazak (1970 a) publizierte Berberlowenschadel besitzen Indizes von 73 und 73,5. Ein signifikanter Unterschied beztiglich der relativen Kopfbreite ist damit zwischen ostafrikanischen Lowen, Kaplowen und Ber- berlowen nicht feststellbar; von einer besonderen Breite des Kaplowenkop- fes kann keine Rede sein (fur die L6wen aus anderen Teilen des Verbrei- tungsgebietes vgl. Kap. 3.2.7). Im Hinblick auf die Korperhohe der verschiedenen Formen sagt Neu- mann (1900) fur den Massailowen, er sei ,,langbeiniger und demnach h6- her als andere Lowenarten“. Smith (zit. n. Mazak 1960) gibt ftir den Kaplowen an: ,,in general proportions lower than in other lions“. Es ware demnach zu erwarten, dafi gerade jene beiden Formen Extreme in bezug auf die relative Beinlange und Schulterhohe waren, falls ein solcher Unter- schied tatsachlich besteht und nicht, wie bereits Mazak (1970b) vermutet, durch eine verschieden starke Mahne und insbesonders durch Fehlen oder Vorhandensein einer Bauchmahne nur vorgetauscht wurde. Um dazu eine Vergleichsbasis zu erhalten, wurden die von Hollister (1918) und Allen (1924) fur 21 ostafrikanische Lo6wen angegebenen Kopfrumpflangen und HinterfuBlangen in Beziehung gesetzt. Auch ftir die- se beiden Mafie ergeben sich beim LOwen annahernd isometrische Verhalt- nisse (vgl. Hemmer, im Druck), die es erlauben, einen HinterfuBlangen- index zu bestimmen, fur den sich ein Mittelwert (+ s) von 21 = 1 ergibt. Die Indexberechnung nach den an 5 Stopfpraparaten genommenen Werten der Kapléwen (nach Mazak 1964a; KR tiber Kurven, HinterfuSlange als Mittel beider Seiten) fuhrt zu einem mittleren Wert von 22 + 1,5 und zeigt, daB die Relation von Korper- und HinterfuBlange bei dieser Form im glei-. chen Bereich wie bei den ostafrikanischen Lowen liegt, keinesfalls zu gerin- geren HinterfuBmafen verschoben ist. Die groBere Streuung der Kap- lowen-Werte erklart sich wohl einfach daraus, dafi genaue MaBe an den montierten Fellen nicht mehr zu nehmen sind, was beziiglich der Hinter- fuBlange in der bis zu 10°/o ihrer Gesamtlange betragenden Differenz der - Werte des rechten und linken HinterfuBes eines Individuums klar zum Aus- druck kommt (vgl. die von Mazak l.c. publizierten Mafe; beztiglich der zu groB ausfallenden Korperlange vgl. unten). Jedenfalls erweist es sich mit diesem Befund, daB in Wirklichkeit kein Unterschied in der relativen Beinlange zwischen ostafrikanischen Léwen und Kaplowen bestanden ha- ben durfte. Wenn der von Guggisberg (1960) zitierten Angabe der Grofe einer in der Kapkolonie erlegten Lowin mit einer Gesamtlange (KR + S) von 268 cm und einer Widerristhohe von 112 cm Vertrauen zu schenken ist, hatte es sich bei diesem Tier wohl sogar um ein extrem hoch- beiniges Individuum gehandelt, nachdem bei 19 von Meinertzhagen 202 Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III (1938) in Kenia gemessenen Léwen auch bei groferer Korperlange die SchulterhGhe nicht tiber 107 cm hinausgeht. Nach Noack (1891) sollen Somalilowen einen auffallend langeren Schwanz als andere Formen haben. Diese Langschwanzigkeit wird spater wieder von Zukowsky (1964) betont, der aber auch aus dem sudlichen Somaliland eine Subspezies mit gegensatzlichem Schwanzcharakter be- schreibt: ,,.Der Schwanz ist im Gegensatz zu P. l. somaliensis auffallend kurz, denn er erreicht bei normaler Haltung des Tieres mit der Spitze nicht den Boden“ (P. leo webbiensis). Die relative Schwanzlange steht damit als weiteres zu prufendes Korperbaumerkmal zur Diskussion. Bei 19 ostafrikanischen Léwen (Werte nach Hollister 1918 abziiglich der Ma8e an einem gegerbten Fell, sowie nach Allen 1924) verhalt sich die Schwanzlange nahezu isometrisch zur Kopfrumpflange (Allometrie- exponent der Reduzierten Hauptachse 1,06 + 0,21, r = 0,68) und gestattet wiederum eine Indexberechnung. Der Schwanzlangenindex betragt fur die- se Serie (M +s) 56+ 4,5 (m = +1). Die Variabilitat ist sehr grok; der Standardabweichung der Indexwerte zufolge liegt die Standardabweichung der Schwanzlange bei kleineren Lowen mit einer Korperlange von 150 cm bei = 7 cm, bei gr6Beren Lowen mit einer Korperlange von 180 cm bei + 8 em. Da die SchulterhGhe und die Schwanzlange beim Lowen im glei- chen GroBenbereich liegen, die Schulterhohe aber bei zunehmender GroBe infolge leicht positiver Allometrie (Hemmer, im Druck) auch relativ et- was groBer wird, so ist es verstandlich, da bei der genannten Schwanz- langenvariation besonders im Bereich der unteren Groenklassen ofter In- dividuen auftreten werden, deren Schwanz auffallig langer ist als die Hohe im Widerrist, wie es bei den kleinen Somalilowen der Fall sein soll. Bei der groBen Streuung der Werte durfte auch eine noch starker abwei- chende relative Schwanzlange bei einzelnen Exemplaren kaum als nicht zur gleichen Form gehorig zu sichern sein. Die von LO6nnberg (1912) ftir einen zu P. leo somaliensis gerechneten Lowen mitgeteilte Korperlange von 180 cm und Schwanzlange von 82 cm sprache in bezug auf die MafBe der von Hollister und Allen publizierten ostafrikanischen Lowen mit einem Indexwert von 45,5 sogar fur einen auBergewohnlich kurzen Schwanz. Beim Vergleich solcher MeBwerte mu jedoch stets berticksichtigt werden, ob es sich um Messungen an frischtoten Tieren oder an gegerbten Fellen bzw. montierten Exemplaren handelt. Den betrachtlichen Unterschied zwi- schen diesen beiden Gruppen veranschaulicht die Indexbestimmung fir eine ausgewahlte Museumsmaterial-Sammelserie aus allen afrikanischen Verbreitungsgebieten (Nordafrika: 3, Westafrika: 3, Zentralafrika: 3, Ost- afrika: 1, ,,Abessinien“: 1, Sudafrika: 2, Kapland: 1), die einen Mittelwert von 48,5 erbringt. Nimmt man an, dai diese Veranderung hauptsachlich zu Lasten der Korperlange geht, so wurde diese bei der Préparation des Fel- les zwischen 10 und 15°/o langer, als sie tatsachlich urspriinglich betrug. Eine solche Korrektur wird also bei der Beurteilung von anhand gegerbter Felle gemachten Grofenangaben in Betracht zu ziehen sein. Nach Gee (1956 und 1964) sollen indische Lowen stéammiger, schwerer Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III 903 gebaut sein als afrikanische. Zukowsky (1964) zieht den K6rperbau als trennendes Merkmal zwischen den beiden Somaliformen P. leo somaliensis und P. leo webbiensis heran, wobei erstere leicht gebaut sein soll, letztere aber schwer und gedrungen. Eine Objektivierung dieses Sachverhaltes ist nur schwer moglich. Als Ma®B dafur kommen die Relationen von Kopf- rumpfidnge bzw. von Widerristhéhe und Kérpergewicht in Betracht. Letz- tere zeigt bei einer Serie von Lowen aus Kenia (Werte nach Meinertz- hagen 1938) besonders im unteren Abschnitt der Schulterhohenvariation sehr groBe Variabilitat. Die Xorrelation zwischen beiden Mafien (berechnet unter Zugrundelegung der V des Gewichtes, um besserer Vergleichbarkeit des in der 3. Potenz steigenden Gewichtes mit einem LangenmaB zu be- kommen) ist zwar absolut mit 0,53 noch recht deutlich, aber geringer als die Korrelationen zwischen verschiedenen Langenmafen (K6rperlange bzw. Gesamtlange, Widerristhohe, Schwanzlange, HinterfuBlange, Condyloba- sallange des Schadels). So treten in einer Population nebeneinander gegen- uber dem Durchschnittswert sowohl ausgesprochen leicht als auch ausge- sprochen schwer gebaute Tiere auf. Meinertzhagen (l.c.) maf in Ke- nia Lowen von 86 cm Widerristhohe mit 122 kg, 158 kg und 181 kg Gewicht, was einer Variation von 41 °/o des mittleren Gewichtes auf dieser Grofen- stufe entspricht. Eine Trennung der mit den Kenialowen wohl in Popula- tionszusammenhang stehenden Somalilowen in verschiedene Unterarten durfte nach diesem Merkmal kaum moglich sein. Fur indische Lowen liegen entsprechende Messungen offenbar noch nicht vor, so da8 ein statistischer Vergleich mit den ostafrikanischen Tieren nicht durchftihrbar ist. 3.2.6 Absolute Grofe Noch in jungsten Arbeiten zur Systematik des Lowen spielt die GroBe bei der Kennzeichnung von Unterarten eine wichtige Rolle (z. B. Zukowsky 1964, Mazak 1968). Ein Vergleich der Kérpergr6éBe von Lowen aus ver- schiedenen Populationen baut am besten nicht auf der Kérperlange auf, da hierfur nur wenig an frisch toten Tieren mit einiger VerlaGlichkeit ge- nommene Mafie existieren, Messungen an gegerbten Fellen aber gewohn- lich zu hohe Werte liefern (vgl. oben). Weitaus geeigneter erscheint ein LangenmafB am Schadel, wie die Basallange, die Condylobasallange oder die gréBte Lange, da zwischen der Kérperlange und der Condylobasallinge mit r = 0,92 eine sehr hohe Korrelation besteht (Cbl = 0,176 KR, Hem- mer, im Druck). Auch zwischen diesen SchadelmaBen selbst (Condyloba- sallange und grote Lange) existiert mit sehr enger Korrelation (r = 0,98 bis 0,99) ein praktisch isometrischer Zusammenhang (a = 1,04 = 0,04 bzw. 0,05 bei P. leo massaica bzw. nyanzae nach Werten von Hollister 1918), so da ohne weiteres von dem einen auf das andere geschlossen werden kann (GL = 1,11—1,15 Chl [Ostafrika], GL = 1,13—1,15 Chl [Siidafrika aufBer Kapland], GL = 1,10 Cbl [Atlasgebiet, Indien], vgl. Kap. 3.2.7). 904 Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III Variation der absoluten GréBe in den verschiedenen Teilen des Verbrei- tungsgebietes: Kapland: GroBte Schddellange 271—394 mm (CC und 99), Condylobasallange 274 bis 340 mm (Dawkins & Sanford 1868, Lundholm 1952, Ma- zak & Husson 1960, Mazak 1970 b, eigene Messungen). Transvaal: GroBte Schadellange 301,5—395 mm, Condylobasallange 268—348 mm (Roberts 1951); vom Verfasser gemessene Schadel fallen in diesen Be- reich. Ein Schadel von 419 mm Gesamtlange stammt aus _ ,,Stidostafrika“ (Haltenorth & Trense 1956), also entweder ebenfalls aus dieser Region oder aber aus Rhodesien/ Mozambique. _ Kalahari, Okavango-Becken und Stdwestafrika: Schadel-Gesamtlange 293—401 mm, Condylobasallange 264—345 mm (Roberts 1951); vom Verfasser gemessene Schadel fallen in diesen Be- reich. Angola, stidliches Kongogebiet: GroBte Schadellange nach Roberts (1948 und 1951) 292—366 mm, nach Mazak (1968) 291—363 mm, Condylobasallange nach Roberts (1. c.) 263—313 mm, nach den gré8ten Gesamtlangenmaf8en zu schlieBen wohl bis in den Bereich um 330 mm. Rhodesien und Mozambique: Ein vom Verfasser gemessener Schadel hat eine Condylobasallange von 308 mm, die infolge Fehlens des Occiputs nicht erfaRbare groBte Lange ist auf 340—350 mm zu schatzen; ein-anderer Schadel hat eine Condylobasal- lange von 335 mm und eine Gesamtlange von ca. 370 mm. Eventuell gehort auch der von Haltenorth & Trense (1956) genannte Schadel von 419 mm Gesamtlange hierher (vgl. oben, Transvaal). Tanzania, Kenia, Uganda: GroBte Schadellange 269—419 mm (Hollister 1918, Mazak 1968, Haltenorth & Trense 1956, eigene Messungen), Condylobasallan- ge 253—339,5 mm (Hollister 1918, Mazak 1970b, eigene Messungen), nach der maximalen Gesamtlange von 419 mm bis in den Bereich um 370 mm reichend. Somaliland: Hollister (1918) gibt die gr6é8te Schadellange eines 9 mit 289 mm an, Lonnberg (1912) rechnet ein Individuum mit einer gré8ten Lange 2IQ) von 536 mm und einer Condylobasallange von 308 mm zu P. leo somalien- 40 sts Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III 905 Abessinien: Die groBte Schadellange zweier von Hollister (1918) beschriebener, wohl beide aus dem sudlichen Abessinien stammender Lowen betragt 333 mm, ihre Condylobasallange 295 bzw. 308 mm. Drei vom Verfasser un- tersuchte Schadel von Zoo- und Zirkuslowen, deren Herkunft Abessinien sein soll, haben Condylobasallangen von 262 und 331mm (C'C’) und 250mm (2). Die Gesamtlange ist bei dem groBten Schidel nicht mehr mefbar, durfte aber um 370 mm betragen haben, bei den beiden anderen liegt sie bei 295 und 276 mm. Die Gesamtvariation lage demnach nach diesen weni- gen Schadeln fiir die gréBte Lange zwischen 276 und ca. 370 mm, fiir die Condylobasallange zwischen 250 und 331 mm. Sudan: GroBte Lange 280—375 mm, Condylobasallange 246—332 mm (Mazak 1970 b; eigene Messungen). Nordostliches Kongogebiet: GroBte Schadellange 280—380 mm, Condylobasallinge 260—335 mm (Allen 1924). Zentralafrika und Kamerun: 5. vom Verfasser gemessene Schadel variieren in der GréBten Lange von 288—368 mm, in der Condylobasallange von 258—328 mm. Westafrika: Mazak (1968) gibt flr einen von ihm untersuchten Schadel eine Ge- . samtlange von ca. 348 mm an; ein vom Verfasser gemessener Schddel hat eine grote Lange von 311 mm und eine Condylobasallange von 286 mm, ein anderer eines noch nicht ausgewachsenen, 2jahrigen CO’ hat eine gréBte Lange von 297 mm und eine Condylobasallange von 276 mm. Aus der An- gabe der Variation der Basallange von 3 Schaédeln (299, 10’) nach Blainville (1843): 252—289 mm ist auf Condylobasallangen in der Gré8enordnung zwischen 270 und 310 mm und auf Gesamtlangen in der GroBenordnung zwischen 290 und 340 mm zu schlieBen. Atlaslander: Mazak (1970 a) gibt die gréBte Schddellange eines C' mit 338 mm, eines © mit 308,5 mm an, die Condylobasallange entsprechend mit 310 und 278 mm. Nach Blainville (1843) betragen die Basallangen zweier 99 245 und 254 mm, eines C 282 mm. Daraus 1aBt sich wieder grdéfenord- nungsmafRig auf den Bereich von 260—300 mm fiir die Condylobasallange und von 280—330 mm fiir die gro&te Lange schliefen. Vorderasien: GréBte Lange zweier persischer L6wenschadel im Museum Paris 328 mm und 286 mm, Condylobasallangen 295 mm und 260 mm. 206 Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III Indien: Basallange von 31 Individuen zwischen 223 und 309 mm variierend (Todd 1965 und schriftl. Mitt.: bei dem von Todd als Condylobasallan- ge bezeichneten Mai handelt es sich in Wirklichkeit um die Basallange), eroBte Lange danach wohl im Bereich zwischen 260 und 360 mm. Grofite Lange nach Mazak (1968) 267—340,4 mm, bei den groSten Schadeln in- discher LO6wen nach Haltenorth & Trense (1956) 333 und 345 mm. Wie der Vergleich der Variationsbreiten lehrt, schlieBt die Variation der ostafrikanischen Lowen (Tanzania, Kenia, Uganda) mit Ausnahme je eines nur in der Condylobasallange geringfligig kleineren Schadels aus Abessi- nien (?, vgl. oben) und dem Sudan die Variation samtlicher anderer afrika- nischer Lo6wen ein. Bei den indischen Lowen liegt das Minimum nur knapp - unter demjenigen der afrikanischen, nach oben hin endet die Variations- breite aber bei weit geringeren Werten als dem Maximum afrikanischer Lowen. Der Variationsbereich der indischen Lowen erscheint so insgesamt zu kleineren Werten hin verschoben. Die Zusammenstellung von Haufigkeitsverteilungen fiir die groBte Scha- dellange stidafrikanischer (Kapland, Transvaal, Kalahari, Okavango-Bek- West-und Zentralafrika (rezent) Ostafrika (rezent) ; Sat ae PRE ee se Sudafrika mit Kap (rezent) Jz Europa oo lictoran) a eee A eee we (cavalo Nord-Amerika (Jungpleistozan) li? ail, @ oo lorcet esas Eee T Melee Set Nc aa nse [ cor ca a Ua 300 350 400 450 GroBte Schadellange 250 Abb. 3: Haufigkeitsverteilung fiir die gréBte Schidellange rezenter west- und zentral- afrikanischer, ostafrikanischer, siidafrikanischer und jungpleistozaner euro- paischer und nordamerikanischer Lo6wen. Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III 907 ken und Stidwestafrika), ostafrikanischer (Tanzania, Kenia, Uganda, Su- dan) und west- und zentralafrikanischer Lowen nach den zitierten Litera- turangaben und eigenen Untersuchungen lat folgendes Ergebnis erken- nen (Abb. 3): Die wenigen aus West- und Zentralafrika vorliegenden Scha- del passen in die Verteilung derjenigen aus Ostafrika, die sudafrikanischen haben hingegen bei O' CO’ und 99 Doppelgipfel, deren erster noch im GréfSen- bereich der west- und ostafrikanischen Lowen liegt, deren zweiter sich aber klar bei groBeren Langen befindet. Wir haben hier offensichtlich ein Ne- beneinandervorkommen zweier Grofentypen in Studafrika vor uns. In der gesamten Variationsbreite gehen die sudafrikanischen aber nicht uber die ostafrikanischen Léwen hinaus. Wir mtissen daher von Ost- bis Stidafrika mit einer allmahlichen Zunahme der durchschnittlichen Grofe infolge zu- nehmender Haufung gr6Berer Typen rechnen, ohne dal} dabei die gesamte Variationsbreite — zumindest nach oben hin — wesentlich verschoben wurde. Die Kaplowen diirften im Durchschnitt kaum gréfer als die Lowen der etwas nordlicheren stidafrikanischen Gebiete gewesen sein. Die wenigen vorliegenden Schadellangen ordnen sich in deren Verteilung ein, die Kor- per- + Schwanzlingen (Museumsexemplare 258—306 cm/ Mazak 1964a, ein in der Kapkolonie erlegtes 9 268 cm, ein C 325 cm/Paterson und Pringle zit. n. Guggisberg 1960) entsprechen ebenfalls den aus Sudafrika bekannt gewordenen Mafien (Durchschnitt von uber 150 Indivi- duen etwa 274 cem/Stevenson-Hamilton zit. n. Guggis- berg, groBte Lange von am Zambesi und in Mozambique erlegten Lowen 345m und 33! em/Eoa und Vasse zit. mn: Guegisberg). Nach den SchadelmaBen der Kapléwen (vgl. oben) ist auf Koérper + Schwanzlan- gen von ca. 240 bis ca. 300 cm zu schlieBen, fiir die Lowen des ubrigen Sud- afrika auf Langen von ca. 240 bis ca. 325 cm. Da& die Lowen aus Nordangola und dem stidlichen Kongogebiet relativ klein sein sollen, wie Mazak (1968) angibt, 14Bt sich aus den vorliegen- den MaBen nicht bestatigen. Die Verteilung der Schadellangen ordnet sich vielmehr den Gipfeln der ostafrikanischen L6wen an. Auch unter den be- sonders klein beschriebenen Somalilowen (Zukowsky 1964: Schulter- hohen von 73—85 cm) gab es offensichtlich auBerordentlich grofe Indivi- duen (KR + S 330! und 323 em/Wolverton zit. n. Guggisberg). Fiir dieses Gebiet ist also héchstens von einer Haufung kleinerer Indivi- duen zu sprechen, nicht aber unbedingt von einer unterart-typischen Klein- heit. Die Kérper- + Schwanzlange von Sudanléwen soll bei 99 zwischen 233 und 244 cm, bei O' CO 247—333 cm betragen (Meinertzhagen 1938 und Guggisberg 1960; Gesamtvariation nach der Condylobasallange [vgl. oben] von ca. 240 bis ca. 330 cm). Eine groBenmaBige Unterscheidung der westafrikanischen von den ost- afrikanischen Lowen, wie sie noch Mazak (1968) vornimmt, erscheint ebenfalls anhand des wenigen vorliegenden Materials kaum méglich, wie es aus der Verteilung der Schaddellangen hervorgeht (vgl. oben, Abb. 3). Ma- 208 Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen Ill zak (1. c.) gibt als durchschnittliche Korper- + Schwanzlange der Ce 250 cm an, wobei offen bleibt, nach wieviel Individuen dieser Wert errech- net ist. Zwei Felle erwachsener © OC’ im Museum Wien sprechen selbst unter Beriicksichtigung eventuell starker Streckung bei der Préparation fur gro- Bere Langen. Nach den wenigen Schadeln ist auf eine Variation von KR + S zwischen etwa 240 und 275 cm zu schlieBen. Die Gesamtliange der Berberléwen variierte nach Brehm zwischen 235 und 280 cm, ein algerischer Léwe soll 325 cm gemessen haben (Pease zit. n. Guggisberg 1960); nach Mazak (1970a) gibt Pease die Durchschnittslange der C’'C' mit etwa 250 cm an. Nach den Mafen zweier Schaidel (Mazak 1970) sind KR + S-Langen bei einem Q von etwa 250 cm, bei einem ©’ von etwa 275 cm zu erwarten. Die Berberlowen waren demnach nicht besonders groB, keinesfalls gr6Ber als ostafrikanische Lowen - (ef. Mazak 1970 a), eher noch kleiner. Pocock (1930) fiihrt fiir indische Lowen Gesamtlangen von 244 bis 310 cm auf, Mazak (1968) solche von 260—290 cm fiir C’'C’, wobei die 99 wesentlich kleiner sein sollen, womit das von Pocock (1935) gegebene ~ MaB von 257 cm fur eine Lowin allerdings nicht ibereinstimmt. Die gegen- iiber den oft fraglichen Kérperlangenmessungen zuverlassigeren Werte der SchidelmaBe zeigen beim Vergleich der Haufigkeitsverteilungen indischer Ostafrika Indien a co EAR [a LC ae Ape Persien Le are Re Le noel oe a eam pel 250 300 Basallange (mm) Abb. 4: Haufigkeitsverteilung fiir die Basallangen rezenter ostafrikanischer und in- discher Lowen; zum Vergleich auch die Werte zweier Schddel persischer L6- wen. Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III 909 und ostafrikanischer Lowen (Abb. 4), daB der Sexualdimorphismus beztg-., lich der absoluten Grofe bei den indischen Lowen geringer sein konnte als bei den afrikanischen, wobei wir allerdings bei den ostafrikanischen Lowen mit dem Vorhandensein zweier oder mehrerer GroBentypen rechnen mus- sen (vgl. oben). Die Schadelmafe sprechen fir KR + S-Langen von etwa 210—300 cm. DaB&B die persischen Lowen gegentiber den indischen sehr klein gewesen sein sollen, wie es seit Fitzinger (1868) viele Autoren immer wieder tibernehmen (so auch Mazak 1968), geht aus den wenigen vorhandenen Belegen nicht eindeutig hervor. Mazak (1. c.) schreibt selbst zur Korper- eroBe: ,genaue Daten unbekannt“. Die MaBe der vom Verfasser studierten beiden Schidel des Pariser Museums lassen KR + S-Werte von etwa 230 und 260 cm erwarten, die sich also gut in die Reihe der indischen Lowen einordnen. : Insgesamt zeigt es sich, daB die absolute GroBe in allen Populationen stark variiert und im Mittel bei den Lowen aus einem Grofteil des Gesamt- verbreitungsgebietes im gleichen Bereich liegt. Vom déstlichen zum sudli- chen Afrika ist anscheinend durch eine Haufung von Individuen eines gro- Beren Typs eine deutliche Zunahme der DurchschnittsgréBe zu beobachten. Als Merkmal zur systematischen Unterteilung in verschiedene Unterarten erscheint die absolute Gré8e jedoch auch zwischen ost- und sudafrikani- schen Léwen nur wenig geeignet, da zwischen ihnen ein mehr gradueller Ubergang, aber keine scharfe Grenze beziiglich der Haufigkeit der GroBen- klassen zu bestehen scheint. 3.2.7 Schidelmerkmale Literatur: De Blainville (1843) kann an ihm vorliegenden Lowenschadeln aus dem Atlasgebiet, aus Senegal, aus dem Kapland und aus Nubien keine fur subspezifische Trennung ausreichenden Merkmale feststellen. Die nubische Form (nubica) trennt er aufgrund eines Zahnmerkmals (vgl. Kap. 3.2.8) ab. Von Reichenau (1906) bezieht sich beim Vergleich mit fossilen Lé- wen auf den Unterrand des Unterkiefers und kommt zum Schlu8, da sich von hochkonvexen bis zu schwach konkaven Lowenunterkiefern alle Uber- giinge unter den Lokalrassen finden. In extremer Form soll der hochkon- vexe Rand den Lowen des Kaplandes auszeichnen. Lénnberg (1910) benutzt zur Diagnose seiner neuen Subspezies saba- kiensis von der Nordseite des Kilimandjaro folgende Schadelmerkmale: 1. Entfernung zwischen den Laminae pterygoidea groBer als Entfernung zwischen den Bullae, bei der verglichenen Subspezies massaica etwa gleich groB; 2. Foramen magnum relativ sehr hoch, bei massaica relativ niedrig. Der gleiche Autor vergleicht spater (1912) den Schadel von somaliensis Noack mit einem Schadel des Kaplowen und stellt starken GroSenunter- 210 Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III schied, verschiedene Entwicklung der Crista occipitalis und andere Beson- derheiten fest, die nach seiner Beschreibung jedoch durchaus in die Varia- tionsbreite einer Subspezies fallen. Heller (1913) beschreibt Schadelunterschiede fur den westafrikani- schen Lowen und den ostafrikanischen massaica-Typ in Beziehung zu sei- nen beiden neuen Formen roosevelti und nyanzae. Drei Zootiere aus Abes- sinien und dem Sudan (roosevelti) sind durch groBe Schadelbreite und brei- te Fossa mesopterygoidea charakterisiert. Breite Schadel besitzen auch die westafrikanischen Léwen, wahrend die ostafrikanischen schmalschadlig sind und schmdalere Fossa mesopterygoidea haben. Der Schadel von nyan- zae ist kleiner und noch schmaler als der von massaica. Hollister (1918) sieht sich demgegentiber nicht in der Lage, irgend- welche konstanten und verlaBlichen Unterschiede im Schadelbau von mas- -saica und nyanzae zu finden. Gleicherweise kann sabakiensis Lonnberg bei Heranziehung gréBeren Materials nicht von massaica unterschieden werden. Hollister (1917 und 1918) kann bei der Untersuchung von massaica-Schadeln von Zootieren auffallige Anderungen gegentiber Wild- l6wen gleicher Herkunft besonders in der Betonung der Breitenmafie und der Massivitat feststellen (vgl. oben, Kap. 3.2.1). Sie entsprechen damit dem Formtyp von Hellers roosevelti und lassen dessen Unterscheidungs- merkmale hinfallig werden. Allen (1924) gibt fiir seine Unterart azandicus aus Nordost-Kongo als Schadelmerkmale gegentiber massaica und nyanzae etwas groBere absolute Ma8Be und relativ etwas groBere Breite an. Pocock (1930) beschaftigt sich ausftihrlich mit der Schadelmorphologie des indischen Lowen. AnschlieBend an eine fruhere Beobachtung Owens (1834) kommt er zu dem SchluB, dai diese Form durch eine Verdoppelung des Infraorbital-Foramens, die sich entweder einseitig oder beidseitig fin- det, gegentiber allen afrikanischen LOwen ausgezeichnet sei. Als weiteres trennendes Merkmal wertet er die bemerkenswert geringe Aufblahung der Bulla, die bei indischen Lowen ‘niedriger als bei afrikanischen ist, bei de- nen sie in groBem Mafe variiert. Gewohnlich stirker entwickelt als bei afrikanischen L6wen sind die Crista sagittalis und die nach vorn anschlie- Senden postorbitalen Knochenkamme. Hin anderer Unterschied liegt in der Kurze der postorbitalen Einschnirung (Pocock 1935), wobei die Entfer- nung von den Processus postorbitales zur Fronto-Parietal-Sutur ktrzer als bei afrikanischen Lowen sein soll. Wahrend nach Pocock Verdoppelung des Foramen infraorbitalis bei afrikanischen Lowen nie vorkommt, fand Haltenorth (1936) unter 124 afrikanischen Lowen in einem Fall eine solche Abweichung von der Norm. Auf die Verteilung in verschiedenen Populationen zu priifen sein wird ein Merkmal, das Haltenorth als seltene Abanderung am L6- wenschadel feststellt: ,.Die dorsale Kante des Proc. zygom. des Squamo- sum, die an ihrer Wurzel ein vorspringendes Dach tiber dem Oberrand des aufjeren Gehorganges bildet, sog. Lin. temporalis s. tympanica, verstreicht in aboraler Richtung schnell und bildet keine weiterlaufende Crista. Der Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III Dil il von Allen abgebildete westafrikanische und zwei Blainvillesche (Leo nubicus und Leo senegalensis) LOwenschadel machen jedoch eine star- ke Ausnahme hiervon.“ Roberts (1935, 1948, 1951) vergleicht die Schadelform sitidafrikani- scher Lowen. Seine Kalahari-Subspezies vernayi ist ,,cranially shorter, but nearly as broad at the mastoids and quite as broad across the maxilla when measured from the outside of P*“ (gegentiber krugeri/Roberts 1948). Unter den Lowen des feuchten Gebietes nordlich der Kalahari findet er ,,so- me with skulls in males that are as long as or even slightly longer than in krugeri, but with the mastoid, zygomatic and maxilla breadths less, though interorbitally broader; in females the skulls are shorter than in krugeri, but almost as broad“ (Roberts 1948). Spater (Roberts 1951) be- schreibt der gleiche Autor die Schadel dieser Ngamiland-L6winnen jedoch als sowohl kurzer, wie auch schmaler. Die geographisch anschlieBende Ka- tanga-Form (bleyenberghi) soll dagegen sehr kurzschadlig sein. Lundholm (1952) publiziert den Fund eines subfossilen Schadels des Kaplowen (melanochaita) und stellt auf dieser Grundlage einige Unter- scheidungsmerkmale zu anderen stidafrikanischen Lowen auf: 1. Das Occi- put ist relativ kurzer, der Condylobasal-Gesamtlangen-Index betragt 94,8 gegenuber 89,2 als Mittelwert fur Lowen aus Transvaal und Ngamiland; 2. die Schnauze ist breiter, mit einem Schnauzenbreiten-Gesamtlangen-In- dex von 30,0 gegentber 28,2; 3. ZahngroBenunterschiede (vgl. Kap. 3.2.8). Mazak & Husson (1960) schliefien ihre Kaplowenuntersuchung an Lundholm an und stellen fur den Unterkiefer bedeutendere absolute und relative GroBe fest. Todd (1965) vergleicht unter Anwendung moderner statistischer Me- thoden (Faktoren-Analyse, Abweichung der Mittelwerte von einzelnen Va- riablen und Diskriminanz-Analyse) eine Serie von 20 neu aufgefundenen indischen Lowenschadeln mit einer Sammelserie von 31 Schddeln afrikani- scher LOwen verschiedener Herkunft. Das Ergebnis der Faktorenanalyse zeigt, daB etwa 95 °/o der Gesamtvariation durch den Einflu8 der absoluten Grofe zu erklaren sind, etwa weitere 3°/o durch einen beide Serien tren- nenden Faktor und die restlichen 2 °/o nicht naher zuordenbar sind; ein klar dem Geschlecht zuzuordnender Faktor fehlt. Der Vergleich der Mittelwerte verschiedener Mafie (Gaumenlange, Schnauzenbreite, Mastoidbreite, Breite uber den Condylen) bezogen auf die Basallange (nicht Condylobasallange, wie Todd angibt) ergibt keinerlei signifikanten Unterschiede zwischen beiden Serien, wahrend die Diskriminanzanalyse eine klare Trennung zu- laBt. Die Auswertung fuhrt Todd zu folgendem Ergebnis: ,,In comparing the skulls of the two populations a differentiation into a facial and cranial portion or neuraxial and non-neuraxial portion appears. The measurements indicate that the Gir lion tends to be broader but shorter in the facial or non-neuraxial region than the African lion, while in the cranial or neura- xial region this tendency is reversed.“ Im Hinblick auf morphognostische Merkmale unterstreicht Todd (l. c.) den Befund Pococks, da die Bullae der afrikanischen Lowen weiter aufgeblasen erscheinen als diejeni- 912 Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III gen der indischen. Hingegen kommt er in Betrachtung der Haufigkeit der Teilung des Infraorbital-Foramens zum Schlu&: ,,The general decrease in frequency of foramina division over the last 140 years is suggested to be related to gene frequency shifts possibly resulting from genetic drift.“ Als weiteres Merkmal der indischen Gir-Lowen stellt Todd Reduktionsten- denzen am P, fest. : Mazak (1970 a) findet als Merkmal fiir indische Lowen und Berberlowen gegentiber den anderen afrikanischen Formen relativ geringe Postorbital- breite. Fiir den Kaplowen unterstreicht Mazak (1970 b) die relative Kurze der gréBten Schadellange in bezug zur Condylobasallange, wahrend er die von Lundholm (1952) angegebenen Merkmale der relativ breiteren Schnauze und der relativ gréBeren Unterkieferlange nicht bestatigen kann. Hingegen weist er auf eine etwas groBere Robustheit des Kaplowenunter- _kiefers im Vergleich zu den Kiefern anderer stidafrikanischer Lowen hin. Ferner zeigt er eine weit gréRere Schnauzenhohe (in °/o der Nasalialange) der Kapléwen jenen gegentiber auf und verweist auf eine ungewohnlich starke und hohe Crista sagittalis. In diesem Zusammenhang fuhrt er die in allen diesen Merkmalen gefundene hohe Variabilitat der wenigen aus dem Kapland bekannt gewordenen Lowenschadel auf eine Beschrankung des Vorkommens des eigentlichen Kaplowen auf das Gebiet der Hochebene im Inneren des Kaplandes und die Existenz von P. leo krugeri entsprechenden Lowen jenseits der Gebirgskette im Osten des Landes (Albany, Kaffraria, Natal) zuriick. Durch Messung der Hirnschadelkapazitat gelingt Hemmer (1971) der Nachweis unterschiedlicher Cephalisationsstufen bei afrikanischen und asiatischen Lowen. Letztere besitzen um 17 °/o geringere relative Hirngr6Be als erstere und ordnen sich der Allometrieachse von Panthera pardus an. Nachdem die Postorbitalbreite locker mit der Hirnraumkapazitat korreliert ist (r bei Leoparden und Lowen zwischen 0,5 und 0,6), ist anzunehmen, daB auch die Berberlowen ihrer Cephalisationshohe nach den asiatischen glei- chen. Higene Befunde: Die Relation Jochbogenbreite/ Condylobasallange (Jochbogenbreiten- index) wurde bereits oben (Kap. 3.2.5) fiir eine Serie ostafrikanischer L6- wen im Vergleich zu den Kaplowen berechnet, wobei sich kein Unterschied zwischen ostafrikanischen Lowen, Kaplowen und Berberlowen sichern lief. Hollisters (1917 und 1918) Feststellung einer modifikatorischen Ver- anderung der relativen Schadelbreite bei Zoohaltung kommt ftir die von ihm beschriebenen Schadel in einem signifikanten Unterschied der Index- mittelwerte zum Ausdruck (Wildtiere P. ieo massaica: M = 73, s = = 2,5, m = .+ 0,5; Zootiere P. leo massaica: M = 82,5, s= + 2,5,m = + 1,5). Die von Heller (1913) beschriebenen roosevelti-Schadel (Zoo) fallen mit Werten von 86,5 und 80 in diesen Zoolowenbereich, wahrend vom Verfas- ser gemessene Wildlowenschadel aus dem Sudan sich mit Indizes von 71 Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III D3 bis 73,5 ostafrikanischen Wildlowen anordnen und somit die Hinfalligkeit einer Abtrennung der Lowen des Sudans nach der Breitenentwicklung des Schadels unterstreichen (cf. Hollister 1918). Der Vergleich der von Hollister (1918) mitgeteilten Serien von P. leo massaica (M = 73,s = + 2,5,m = = 0,5) und P. leo nyanzae (M = 738, s= + 2,5,m = = 0,5) mit der Serie der vom Verfasser vermessenen L6- wenschadel aus dem ehemaligen Deutsch-Ostafrika (M = 72,5, s= + 2,5, m= + 0,5) fiihrt zum Ergebnis praktischer Ubereinstimmung. Die gering- fligige Abweichung letzterer lhegt im Zufallsbereich. Eine Trennung von nyanzae und massaica nach der Schadelbreite, wie es Heller (1913) ver- mutet, wird somit hinfallig. Fur die von Roberts (1951) publizierten Serien aus dem Ngamiland (Mii ses — cael ems —— pain (9) UG syOlme Leo Venugent). (WU —a.0) Sa + 2,m= + 1) gilt das gleiche. Die von Roberts (l.c.) als P. leo vernayi aus der Kalahari beschriebenen (unter Hinzunahme des Schadels eines Ka- laharilowen im Museum Wiesbaden) und die dieser Form nahegestellten Schadel aus Transvaal und dem Ngamiland weisen im Mittel dagegen etwas hodhere Indexwerte auf (M = 74,5,s = = 2,5,m = + 0,5), ohne daB sich dieser Unterschied infolge der geringen Seriengrofen allerdings statistisch absichern lieBe. Die Lowen aus Nordostkongo (azandica Allen) und Zentralafrika (Tschadgebiet bis Kamerun = kamptzi Matschie) konnen durch ihre durchschnittlich gréBere relative Jochbogenbreite von den ost- und den meisten stidafrikanischen L6wen abgetrennt werden. Fur die von Allen (1924) publizierte P. leo azandica-Serie von 9 Schadeln ergibt sich ein Mit- tel von 76 (s = + 3,m = = 1), fiir eine kleine Serie von P. leo kamptzi (Werte eines von Matschie [1900] mitgeteilten und 4 vom Verfasser untersuchter Schadel aus Kamerun und dem Tschadgebiet) ein solches von 76,5 (§ = = 1,m = = 0,5). Damit kann die Beurteilung Allens (1924), P. leo azandica sei relativ breitschadliger als die ostafrikanischen Lowen, als zutreffend gekennzeichnet werden. Dies stimmt auch fur die Feststel- lung Hellers (1913), die westafrikanischen Lowen besafien breitere Schadel als die ostafrikanischen, da auBer den aus Zentralafrika stammen- den Schaddeln auch ein Schadel aus dem Senegal im Berner Museum ent- sprechend eine groBe relative Jochbogenbreite aufweist (Index 80,5). Die relative Jochbogenbreite der indischen Lowen stimmt wieder mit derjenigen der ost-/stidafrikanischen Gruppe tiberein (nach Mafen bei Pocock 1930: M=73, s= + 2,5, m= + 1); gleiches gilt fiir den Ber- berlowen (73 und 73,5 nach MaBen bei Mazak (1970 a). Eine Verwendung des Merkmals relative Jochbogenbreite zu systemati- schen Zwecken ist nicht ohne Bedenken durchzuftihren, da die Schadelbrei- te stark modifikabel ist und die durch Umwelteinfllusse zu erreichende Transposition der betreffenden Achse zu groBeren Breitenwerten hin den Unterschied zwischen ost- und zentralafrikanischen Lowen noch ubersteisgt. Es scheint jedoch héchst unwahrscheinlich, daf in dem gesamten Gebiet von Westafrika bis Nordost-Kongo eine gegentber allen anderen Teilen des 914 Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III Verbreitungsgebietes der Art gleichsinnig abweichende spezielle Umwelts- beeinflussung auf das Wachstum des Lowenschadels vorlage, so daf} dieses Merkmal zur Gruppencharakterisierung von Wildlowen dennoch herange- zogen werden kann. ; Die von Roberts (1948) zur Unterscheidung von P. leo vernayi und P. leo krugeri benutzte Schnauzenbreite (auf Hohe der P*) erweist sich als negativ allometrisch mit der Condylobasallange korreliert (Allometrie- exponent [Reduzierte Hauptachse] flr eine Gesamtserie der von Ro- berts 1951 publizierten stidafrikanischen Lowen 0,62 bei r = 0,85 und zw [1 %/o-Niveau] = 0,55). Die Einzel-Allometrieachsen fur P. leo krugeri und P. leo vernayi + dieser nahestehende Formen verlaufen praktisch gleich. | Bei zunehmender absoluter GréBe wird die Schnauze also relativ schmaler. Der mittlere Index Schnauzenbreite < 100:Condylobasallange betragt, _ berechnet sowohl nach der Allometriegeraden ftir P. leo krugeri, als auch nach derjenigen ftir P. leo vernayi, bei einer Condylobasallange. von 250 mm 45, bei 300 mm 42 und bei 350 mm 40. Dadurch erklart sich die von Roberts (z. B. 1951) gefundene, etwas gréBere relative Schnauzenbreite der im Mittel kleineren Individuen von vernayi gegentiber krugeri, ohne da& tatsachlich ein Proportionsunterschied zwischen beiden Serien bestun- de. Fur die Relation Mastoidbreite / Condylobasallange ergeben sich bei der Allometrieberechnung wieder ftir verschiedene Serien um die Isometrie schwankende Exponenten (0,91 + 0,02 fur Ngamiland-Léwen, 1,04 + 0,12 fiir P. leo krugeri + vernayi [beide Serien n. Roberts 1951], 0,87 + 0,12 fiir P. leo massaica und 0,95 + 0,09 fiir P. leo nyanzae [beide Serien n. Hollister 1918]), die eine Indexbildung rechtfertigen. Es lassen sich folgende Werte (jeweils M, s, m) bestimmen: Kaplowen (Mazak 1970b, Lundholm 1952, eigene Messung) 40,5, + 1, + 0,5; P. leo krugeri (Ro- berts 1951) 44, + 1,5, = 1; P. leo vernayi + dieser nahestehend (Ro- berts 1951) 43,5, + 1, + 0,5; Ngamiland-Lowen (Roberts 1951) 42, +1, £ 0,5; P. leo azandica (Allen 1924) 43,5, = 2, + 0,5; Berber- lowen (Mazak 1970 a) 46 und 44,5, persische Lowen (eigene Messung) 44,5 und 43,5; indische Lowen (Pocock 1930) 44,5, = 3, + 1. Besonders festzuhalten erscheint die im Gegensatz zu den relativ hohen Werten der Lowen Transvaals stehende Tendenz der Kaploéwen zu sehr niederen Werten, die anscheinend auch ein weiteres Trennmerkmal des Kaplowen vom Berberl6wenschadel darstellt, da letzterer sich wie die Schadel der asiatischen Lowen den wenigen bekannten Stticken zufolge durch besonders hohe Werte auszuzeichnen scheint. In ebenfalls isometrischem Zusammenhang mit der Condylobasallange steht die Interorbitalbreite (Allometrieexponenten ftir P. leo massaica und P. leo nyanzae nach den Werten bei Hollister 1918: 1,01 + 0,13 bzw. 0,95 + 0,11). Folgende Indexwerte wurden errechnet (jeweils M, s, m): Kaplowen (Lundholm 1952, Mazak 1970b, eigene Messung) 21,5 = 1, x 0:5; P.leo kruger) (Roberts 19bi1)) 22) aca cela PM eonuenicd taaras > — dieser nahestehend (Roberts 1951) 22, + 1,5, = 0,5; Ngamilandlowen Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III 915 (Roberts 1951) 22, + 0,5, + 0,5; P. leo massaica (Hollister 1918) 2 aml OS Leona (Oli ted LONG) 225s ala 05" Pateo azandica (Allen 1924) 23,5, + 1,5, = 0,5; Senegallowe (eigene Messung) 21; Berberlowen (Mazak 1970 a) 22 und 24,5; persische Lowen (eigene Mes- sung) 24 und 24,5; indische Lowen (Pocock 1930) 24, + 2, + 1. In dieser Ma relation zeigt sich also einerseits ein ahnliches Ergebnis wie hinsicht- lich des Mastoidbreitenindex, indem gegenuber der Masse der ost- und stid- afrikanischen Lowen die Kaplowen zu niedrigeren, die Berberlowen und die asiatischen Lowen aber zu hoheren Werten tendieren, andererseits eine gewisse Ahnlichkeit zur Variation des Jochbogenbreitenindex, da auch hier die Serie von P. leo azandica im Mittel einen hoheren Wert besitzt. Wie bei den ubrigen Breitenmafien, so ist jedoch auch in diesem Fall bei der syste- matischen Wertung der Befunde Vorsicht zu wahren, nachdem die von Hollister (1917, 1918) bearbeiteten Zool6wenschadel durchschnittlich groBere Interorbitalbreiten aufweisen (Index 22,5—25), als die entspre- chenden Wildtiere. Auf den praktisch isometrischen Zusammenhang zwischen der groBten Schadellange und der Condylobasallange wurde oben (Kap. 3.2.6) bereits hingewiesen. Die Relation dieser beiden Langenmafe unterliegt kaum so groBer Modifikabilitat, wie es bei den Breitenmafien festzustellen ist; der Mittelwert des Gesamtlangenindex der P. leo massaica-Zootiere (Holli- ster 1918) ist mit demjenigen der entsprechenden Wildtiere identisch. Zwischen verschiedenen Serien zentral- und ostafrikanischer Lowen lassen sich keine signifikanten Unterschiede finden (M, + s, + m): P. leo massaica Gomis ter 198) tay ae 2 ee von leo nyanzae (Evo Mais fens 193) Dae lb, ss 10.5 leo, azandica, (Axl lem, 1924) Wi) se 2 sz 0:5. Pileo kamptzi (Matsche 1900, eigene Messung) 111,5, = 0,5, (+ 0,5). Von die- ser Gruppe weicht P. leo krugeri (n. Roberts 1951) mit den Werten 115, + 1, = 0,5 besonders stark ab, P. leo vernayi (113, = 1, + 0,5) und die Ngamilandlowen (113, = 1,5, + 0,5) (beide Serien n. Roberts 1951) nehmen eine Zwischenstellung ein. Unter den Lowen des Kaplandes finden sich, wie es besonders Mazak (1970b) feststellt, sowohl Individuen des krugeri-Typs (Schadel in den Museen von Leiden und Stockholm: mittlerer Indexwert 114,5), als auch Individuen mit sehr kurzer relativer Gesamtlan- ge (Schadel in den Museen von London und Basel und subfossiler Schadel- n. Lundholm 1952: mittlerer Indexwert 108,5), die Mazak (1970b) als die eigentlichen Reprasentanten von P. leo melanochaita aus der inne- ren Hochebene der Kapprovinz ansieht. Diese Heterogenitat in der gesam- ten Kaplowen-Serie kommt in den Streuungswerten um das Gesamtmittel (111,5) zum Ausdruck: s = + 4, m = + 1,5, die diejenigen der anderen Se- rien weit ubersteigen. Den niederen Kaplowenwerten entsprechen (cf. Mazak 1970b) diejenigen der nordafrikanischen (109, 111 n. Werten bei Mazak 1970 a), indischen (110, + 1,5, + 0,5 n. Werten bei Pocock 1930) und persischen Lowen (110, 111). Auch 2 Werte westafrikanischer Lowen (Senegallowe im Berner Museum und Lowe aus Gambia n. Mazak 1970 b) wurden hierzu passen (109, 111), ohne daB ftir alle diese letzteren Serien 216 Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III Postorbitalbreite 70 60 50 90 Interorbitalbreite Abb. 5: Allometriediagramm Postorbitalbreite/Interorbitalbreite fiir indische (@, Wer- te n. Todd 1965 u. schriftl. Mitt.) und afrikanische Lowen (OC, Sammelserie n. Todd 1965), persische Lowen (A), Berberl6wen (Ww) und Kapléwen (A); flr afrikanische und indische Léwen jeweils Hauptachse und reduzierte Hauptachse eingetragen. aber signifikante Abweichungen den ostafrikanischen gegenuber bestehen wurden. Der von Todd (1965) beschriebene trennende Faktor zwischen indi- schen und afrikanischen L6wen kommt, in Entsprechung zum Befund Ma- zaks (1970) beztiglich der Postorbitalbreite, auBerordentlich gut in der negativ allometrischen Relation der beiden Breitenmafe Interorbitalbreite und Postorbitalbreite zum Ausdruck, da erstere die GroBe (Breite) des Ge- sichtsteils des Schadels kennzeichnet und letztere mit der GroBe der Hirn- kapsel korreliert (Hemmer 1971). Wie Abbildung 5 verdeutlicht, laBt diese MaBrelation allein eine fast vollkommene Trennung asiatischer und afrikanischer L6wen — mit Ausnahme des Berberlowen — mdglich wer- den, wobei jeweils nur einzelne Individuen in den Bereich der anderen Se- rie streuen. Die Berberlowenschadel ordnen sich der Allometrieachse der indischen Lowen an (cf. Mazak 1970a), die Kaplowenschadel liegen im Bereich der anderen ost- und stidafrikanischen Lowen. Der Unterschied der relativen HirngroBe zwischen diesen Gruppen, mit dem dies zusammen- hangt, wurde vom Verfasser bereits an anderer Stelle publiziert (lena mer 1971, vgl. oben). Als wohl von der Kapazitatsstufe unabnaneises, weiteres Merkmal asia- tischer LOwen konnte eine durchschnittlich geringere Aufblahung der Bulla angesehen werden, wie es Pocock (1930) und Todd (1965) annehmen. An vom Verfasser studierten Schadeln persischer und indischer Lowen ist das Ectotympanicum relativ gro8 und z. T. stark vom Entotympanicum ab- Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III aya thy/ gesetzt und oral weiter als der Processus entotympanicum vorragend. Die von indischen Léwen beschriebene Teilung eines der Infraorbitalforamina findet sich auch bei den beiden untersuchten persischen Lowen. Als weitere morphognostische Merkmale am LGwenschadel stehen der Unterrand des Unterkiefers und der Verlauf der dorsalen Kante des Proc. zygom. des Squamosum zur Diskussion. Extrem konvexer Unterrand soll nach von Reichenau (1906, vgl. oben) den Kiefer des Kapléwen kennzeichnen. Die beiden Kaplowenschadel des Museums Leiden weichen in diesem Merkmal jedoch in keiner Weise von Schadeln ostafrikanischer Lowen ab. Der Schadel im Museum Basel vermittelt in der Unterkiefer- form zu den von Blainville (1843) und Lundholm (1952) abgebil- deten Kaplowenschadeln, die unter dem M, deutliche Ausbauchung des Unterkieferrandes besitzen. Dieser Bildung ist aber kein systematischer Wert zuzumessen, da sie sich wahrend der Ontogenese veradndert und als Kennzeichen von jungeren Tieren erscheint, bei denen das Kieferwachstum noch nicht abgeschlossen ist (cf. Mazak 1970b, Hemmer 1972). Bei zwei Schadeln persischer Lowen reicht die Massetergrube am Unterkiefer wie meist bei Panthera pardus und wie bei Panthera gombaszoegensis (vel. Hemmer & Schutt 1969) oral nur bis unter den Hinterrand des M, und nicht unter den M, selbst, wie es beim Léwen sonst in der Regel der Fall ist. Die Supramastoidcrista, wie sie Haltenorth (1936) von zwei west- afrikanischen und einem nubischen L6wenschadel beschreibt, fand der Ver- fasser bei einer Reihe anderer Schadel aus Westafrika und dem Sudan nicht. Die vergleichende Betrachtung verschiedener Mafirelationen am Schadel erlaubt anhand der relativen Hirngr68e und der damit zusammenhadngen- den relativen Postorbitalbreite die Untergliederung aller rezenter Léwen in zwei Formengruppen, die verschiedene Stufen der Hirnevolution ver- korpern. Die primitivere Stufe umfa8Bt die Lowen Nordwestafrikas, Vor- derasiens und Indiens, von denen sich die asiatischen L6wen gemeinsam durch morphognostische Merkmale von den Berberlowen absetzen. Zur hé- heren Hirnevolutionsstufe gehoren alle Lowen Afrikas stidlich der Sahara. Innerhalb dieser Gruppe lassen sich die von Mazak (1970b) als typisch an- gesehenen Lowen des Kaplandes beztiglich der relativen Ktirze der Ge- samtschadellange an die Primitivgruppe anschlieBen, sind aber durch ihre relativ sehr geringe Mastoidbreite und Interorbitalbreite gut von jenen Formen trennbar, die sich hier gerade durch hohe Werte auszeichnen. In diesem Zusammenhang sei kurz auf die fragliche Herkunft eines L6- wen im Wiener Museum (montierter Balg NMW 711, Schadel NMW 1422) eingegangen, der vom Verfasser (Hemmer 1966a) als Kaplowe angese- hen, von Mazak (1970b) als solcher aber verworfen wurde. In allen hier behandelten Indizes schlieBt sich der Schadel dieses Exemplars immerhin unter allen afrikanischen LOwenformen am engsten demjenigen des Kap- lowen an, und ist von dem des Berberlowen allein schon durch seine groBe Postorbitalbreite zu trennen (Mastoidbreitenindex 40, Interorbitalbreiten- 218 Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III index 17, Gesamtlangenindex 107, Vergleichswerte s. oben). Im Verein mit seiner Méhne der Entwicklungsreihe II verleiht dies doch wohl der Annah- me der Kaploéwenstéammigkeit jenes Lowen neuerlich Wahrscheinlichkeit; in die Betrachtung der Merkmalsvariation der Lowen verschiedener geo- graphischer Herkunft konnte dieses Stick selbstverstandlich mangels Her- kunftslokalisierung nicht einbezogen werden. Unter den Lowen Afrikas siidlich der Sahara hebt sich neben dem Kap- lé6wen im Schddelbau die zweite stidafrikanische Form, der Krugerpark- Léwe, am klarsten heraus, der gerade im Gegensatz zu aus dem Kapland stammenden Tieren durch eine relativ sehr groBe Gesamtlange des Scha- dels und relativ groBe Mastoidbreite charakterisiert werden kann. Diese Merkmale finden sich tiber Transvaal hinaus bei einzelnen, nach Ansicht Mazaks (1970b) von jenseits der stidostlichen Gebirgskette kommenden, Lowen des Kaplandes, ferner in die Populationen der Kalahari und des Ngamilandes ausstrahlend. Die Kalaharilowen nahern sich beztglich ihrer relativen Jochbogenbreite wiederum starker als die anderen Lowen Siid- und Ostafrikas den Populationen des Nordostkongogebietes, Zentral- und Westafrikas, die durch einen durchschnittlich relativ sehr breiten Joch- bogen gekennzeichnet sind. 3.2.8 Gebifimerkmale iterate: Blainville (1848) griindet die Abtrennung von P. leo nubica von an- deren Formen auf ein Zahnmerkmal. Der einzige am Typusschadel noch vorhandene P,; hat nicht die Normalgestalt dieses Zahnes, sondern er- scheint nach der Abbildung ahnlich dem Feliden-P? rudimentar. Roberts (1948) gibt bei der Neubeschreibung von P. leo vernayi die gegentiber P. leo krugeri ktirzere obere Zahnreihe (C—P%*) als abweichend an. Heller (1913) unterscheidet die westafrikanischen von den ost- und sudafrikanischen Lowen anhand der Grofe der ReiBzahne, wobei erstere durch groBe, letztere durch kleine Zahne ausgezeichnet sein sollen. Als charakteristisch fiir: die indischen Gir-Lowen findet Todd (1965) eine hohe Variabilitat des P;, bei dem er verschiedene Reduktionsstadien vom Verschmelzen der bei afrikanischen Lowen doppelten Wurzel bis hin zum ganzlichen Fehlen feststellt. In der kleinen Population des Gir-Gebie- tes scheint die erstmals bei einem aus der Zeit um 1910 stammenden Scha- del beachtete Reduktion des P, zu einem Rudiment bei in den Jahren zwi- schen 1953 und 1963 gestorbenen Tieren zugenommen zu haben. Der Verfasser selbst (Hemmer 1966a) benutzt bei der Besprechung eines als Kaplowe angesehenen Exemplars im Wiener Museum den Index Breite des M, X 100 Lange des M, zu spater Mazak (1970b) in Frage stellt. Hingegen findet Mazak (l.c.) bei zur Kennzeichnung des Kaplowen, dessen Wert hier- Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III 919 2 Kaplowenschadel im British Museum voll entwickelte P, und sieht da- mit die Tendenz zur P,-Bildung als diagnostisches Kriterium an. Zur Untersuchung fossiler Lowengebisse zieht RUh1 (1939) Langen- Breiten-Indizes der Unterkieferzdhne heran. Ebenfalls zu diesem Zweck Lange des M, X 100, Lange des P, barkeit der Verfasser diskutiert (Hemmer 1967 c), indem er zeigt, daB bei ostafrikanischen Lowen der M, bei zunehmender absoluter Grofe ge- gentber dem P, relativ langer wird, der Index damit also steigt. bildet Lehmann (1954) den Index dessen Brauch- Eigene Befunde: Die Untersuchungen des Verfassers an den Zahnen rezenter Lowen be- ziehen sich vor allem auf die relative GroBe der Zahne und auf die Langen- und Langen-Breiten-Relationen. Dem von Blainville (1843) beschrie- benen morphognostischen Merkmal zur Abtrennung des nubischen Lowen kann als Anormalitat keine systematische Bedeutung beigemessen werden, nachdem sich entsprechende Reduktion des P, bei keinem anderen der vom Verfasser studierten Lowenschadel aus dem gebietsmaBig anschlie- Benden Sudan findet und Todd (1965) fiir ahnliche P,-Veranderungen bei indischen Lowen zeigt, daB sich die Haufigkeit ihres Auftretens in klei- nen Populationen relativ rasch 4ndern kann und daher diesbeztglich keine Schliisse auf Verwandtschaftsverhaltnisse von den indischen Gir-Lowen P4 -Lange 260 280 300 320 340 Condylobasallange Abb. 6: Allometriediagramm P‘*-Lange/Condylobasallange fiir indische (A), persische (®) und zentralafrikanische Lowen (--), Berberlowen (W), Kaplowen (\7), so- wie Serien von P. leo massaica (©) P. leo nyanzae ((_]), P. leo azandica (X) und P. leo krugeri (/\); eingetragen Hauptachse fiir massaica, nyanzae und asiatische (indische + persische) Lowen. 290 Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III her gezogen werden konnen. In ahnlicher Weise darf das Vorkommen des P, bei 2 Kaplowenschadeln (Mazak 1970b) kaum als mehr denn eine lo- kale Eigenttimlichkeit gewertet werden (bei einem Kaplowenschadel im Museum Basel und bei dem von Lundholm [1952] beschriebenen subfossilen Schadel nicht vorhanden). Die diagrammatische Auftragung der Lange der oberen Zahnreihe (C—P*) (Robertssche Serien von krugeri, vernayi und aus dem Nga- miland) gegen die Condylobasallange zeigt, da diese Mae bei vernayi in gleicher Weise wie bei krugeri oder der Ngamiland-Serie variieren und sich die Einzelpunkte ersterer um die Allometrieachse letzterer scharen. Die relative Zahnreihenlange erscheint demnach als Merkmal zur Gliede- rung stidafrikanischer L6wen unbrauchbar. Zum Vergleich der relativen GroBe der ReiBzahne kann infolge der funk- tionellen Korrelation des P* und des M, wahlweise die Relation M,-Lan- _ ge / Unterkieferliange oder P4-Lange / Condylobasalliange herangezogen werden. Zwischen der P*-Lange und der Condylobasallange 1aB8t sich ein negativ allometrischer Zusammenhang errechnen (Allometrieexponent der Hauptachse fiir P. leo massaica und P. leo nyanzae n. Werten bei Holli- ster [1918] 0,62 bzw. 0,65, flr asiatische [indische Lowen des British Museum London + persische Lowen des Pariser Museums] 0,75). Um die Allometrieachse der ostafrikanischen Serien streuen die Werte stidafrikani- scher Lowen (einschlieBlich Kapland) und die von Allen (1924) publi- zierte Serie aus dem Nordostkongogebiet. Unterhalb dieser Achsen legen die Punkte einiger zentralafrikanischer L6wen, wobei der eines 9-Schadels (Museum Wien) weit aus dem Streuungsbereich der anderen Serien heraus fallt (Abb. 6). Dieser Schadel zeichnet sich allgemein durch ein relativ sehr schwaches Gebif aus. Dieser Befund spricht gegen die Angabe Hellers (1913), westafrikanische Lowen besafen besonders grofe ReiBzahne. Eben- falls relativ kurze Rei®Bzahne finden sich bei asiatischen L6wen und bei Berberlowen. Die Transposition der Allometrieachse ersterer den Achsen ostafrikanischer Serien gegentiber ist nach Berechnung des mittleren Feh- lers der Allometriegeraden in Ordinatenrichtung (n. Brody 1945) infolge der groBen Variabilitat in den einzelnen Serien jedoch nicht signifikant. Die relative Kurze der ReiBzahne asiatischer L6wen spiegelt sich in ahn- licher Weise, ebenfalls mit nicht signifikantem Transpositionsunterschied, in der negativ allometrischen Beziehung von P,-Lange und M,-Lange. wieder (Allometrieexponent der Hauptachse ftir eine Serie ostafrikanischer Lowen 0,78, fur eine Sammelserie asiatischer Lo6wen 0,87; Abb. 7). Hin- sichtlich dieser Zahnlangenproporticn tendieren aber auch die stidafrikani- schen Lowen (einschlieBlich Kaplowen) den ostafrikanischen gegentiber zu relativ groBerer P,-Lange bzw. relativ geringerer M,-Lange (cf. Hem- mer 1967c). Aus der Literatur zugdingliche MaBe von Berberlowen (Blainville 1843, von Reichenau 1906) verweisen, genauso wie diejenigen zentralafrikanischer Lowen, auf eine enorme Variabilitat dieser Langenbeziehung (Abb. 7). | Die P;-Lange steht in positiv allometrischer Beziehung zur P,-Lange Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III O97 P4 - Lange 24 26 28 30 M,-Lange Abb. 7: Allometriediagramm P,-Lange/M,-Lange fiir indische (A), persische (@), zen- tralafrikanische (++), ostafrikanische (©) und siidafrikanische Léwen (/\) so- wie Kaplowen (A); eingetragen Hauptachse ftir ostafrikanische und asiatische (indische + persische) LOwen. P3 -Lange 22 24 26 28 30 P4-Lange Abb. 8: Allometriediagramm P,-Lange/P,-Lange. Zeichenerklarung entspr. Abb. 7; eingetragen Hauptachse fiir ostafrikanische Lowen. 999 Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III (Allometrieexponent der Hauptachse fur eine Serie ostafrikanischer Lowen 1,66; Abb. 8). Dabei ordnen sich Kaplowen, zentralafrikanische L6wen und asiatische Lowen der Allometrieachse ostafrikanischer LOwen an, wahrend Lowen Stidafrikas (ohne Kapland) zu relativ groBeren P,-Langen tendie- ren und Berberlowen anscheinend relativ kurze P, bzw. lange P, besaBen (MaBe letzterer nach Blainville 1843, von Reichenau_ 1906). Bezogen auf den M, bedeuten diese Allometrieverhaltnisse, da bei zu- nehmender GroBe im LowengebiB die P,-Lange relativ etwas zunimmt, die P,-Lange aber etwa im gleichen Mafie abnimmt. Die fur die Allometrien P,-Lange / M,-Lange und P,-Lange / P,-Lange gefundenen Abweichungs- tendenzen einzelner Serien weisen auf im Verhaltnis zu beiden Pramolaren etwas geringere Molarenlange bei asiatischen Lowen und Kaplowen, auf im Verhaltnis zum P, und zum M, etwas gesteigerte P,-Lange bei den tbri- _ gen sudafrikanischen Lowen und teilweise etwas verminderte P,-Lange bei den Berberlowen hin. Fur die Relation der Lange und Breite des M, lassen sich um die Isome- trie schwankende Allometrieexponenten bestimmen, so das hier die tbliche Bildung von Langenbreitenindizes zu rechtfertigen ist. Fur eine Serie ost- afrikanischer LOwen im Muinchner Museum ergibt sich ein Mittel dieses Index von 51 (s = + 1,5m = + 0,5), fiir die ebenfalls ostafrikanischen Se- rien von P. leo massaica und P. leo nyanzae nach Werten bei Hollister (1918) lassen sich entsprechende Werte von 51,5 (+ 2, + 0,5) bzw. 51 (= 2, + 0,5) errechnen. Gleiches gilt fir LO6wen West-, Zentral- und Stidafrikas (auBer Kapland), ferner fiir Berberlowen (nach Werten bei Del Cam- pana 1915: 51,5, + 3, + 1,5). Die Werte von Kaplowen liegen zwar durch- aus innerhalb der Variationsbreite ostafrikanischer LO6wen, wie es Ma- zak (1970 b) in der Diskussion mit einer Arbeit des Verfassers (Hemmer 1966 a) feststellt, tendieren im Mittel aber zu relativ grdBeren Breiten (Schadel in den Museen von London [n. Mazak 1970b], Leiden, Basel u. subfossil aus der Karroo.[n. Lundholm 1952] 53, = 1,5, + 0,5), wah- rend asiatische Lowen eher zu geringeren Werten neigen (50, = 1,5, = 0,5). Im Vergleich zu der von Kabitzsch (1960; die von dieser Autorin selbst nicht publizierten Werte wurden den auf ihren Originalunterlagen fuBenden Tabellen bei Schtitt [1969] entnommen) allein fiir die Grup- pe west-, ost- (Uberwiegend) und stidafrikanischer Lowen festgestellten Hockerproportionierung der einzelnen Zahne wurden die entsprechenden © Mafie fur die M, und P* dreier asiatischer Lowen (2 persische, 1 indi- scher im Museum Paris) und eines Kaplowen (Museum Basel) bestimmt. Gegenuber den Mittelwerten der afrikanischen Lowen zeichnet sich der M, der asiatischen Lowen (Tab. 1) durch ein wenig kiirzeres Paraconid, wenig langeres Protoconid und groBere relative ZahnhGdhe aus (Paraconidhéhe in */o der Paraconidlange tibertrifft in einem Fall gerade die Obergrenze der afrikanischen Serie). Der Kaplowen-M, liegt in allen MaBen dhnlich dem Mittel des M, der ubrigen afrikanischen Lowen. Der P* der asiatischen Lowen (Tab. 2) hat im Vergleich zu den Mittel- werten der afrikanischen Formen einen geringfiigig relativ langeren Para- 223 Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III ¢ 6S eYLIJV ellespewuwes -dIMJEqn) UsMOTT JeYpsTUeYlsye olJesjewWeS Joule NZ Yole[s1oA WI ‘uamoldey souls pun usm N (696131 YOS U ‘yoszi1qe yf) LP 8% 0'9 ‘Es G‘Z6 6h OCT ‘18 8h OeT GCP OTT 6L, LY OTT GPS Ge GCS G‘9¢ GPS ‘6 ‘8 ‘8 Z8 ‘00 86 POL S‘90T g9¢ LG TOT g‘OT G‘6 L6 c‘cG 8G O'9T 9°9T Gce 8G-cG OST OST c‘68 ss G68 AS Ge G‘CT eGT 09 09 e'LT AE 88z «98% 186 0 “IN jesed ‘SIAL “STH “JEN puedes egeo §¢ CEL es 68 98 pg-eo GG GST Tél 19 ‘89 G09 GGT @GT 0'GZ “Bd T'GZ CL8G IN UsTPUT G°LG LZ €°9 G‘96 GST 8g ‘ST OOT ‘09 OFT GLY OTT c‘T8 6 PIT ‘09 OVI o 8% G‘9c LZ ‘9 00T val c‘09 OFT 001 ‘09 OFT 8h Gur 8 ‘6h GIT ‘09 OFT GES LV8¢ “IN G9 1 G‘L 6 PII 8g OFT ‘gO G‘T9 61 GLY GTI c‘cg 1S aall G6 PPL ana sued ‘JeN “}SIH.P ‘SNIN udIsIeg 09 G‘6% 0b ‘86 GIT 09 CPL G‘66 ¢‘09 as G6? AG G8 ZG SCI 19 ‘PT NEG udIsIod (1, %/y UT“ * (T 0/9 Ut “ sYOUlE}} BSG Ie x © (6 0/9 UI“ * (F %/o UI “* (T 0/9 UE “° ayouptuooesedg (Z 9%/o Ut” (T %/o UT “ syOUuplTuovo0jOIg (T Jp ut“ * aIoIG s[eWIXeUL ° (Z 0/y UI“ * (T %/o Ur “° osuelpluose1ed (T 0/9 UT“ * aSULIPIUOIO}OI, * asueg]}Uresat * L 9 G v € G 8T “LT 9T cT a! toa! Gl TT ‘0 6 8 T ‘yapunises G'0 Jne SoezIpul ‘(pueldey Jegne exwyepns pun -3SsoM Joureyz ‘exlIye{sO pues oT Joupstyeise ‘IAL We SezIpU] pun eget :T eT194eL Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III 224 *,UOdOIEyNIq“ = 4, ‘(99906 TOU WIA Nn 096T UISZ41q & y leq U0D0}OIg) UsUYPTEezeq NZ UOdDeIe S[e SSSIU[BYASAVISO[OWOP Jep punsy Jne (6961) 131 UIS ‘U JOsMOUdNeLY-;d x (T %/ UE“ “g +199 OUUSUUT we o}Ierg *), (Z 9/9 UE“ “9 (I 9% UL“ “g ISUB[UODEIIL ‘F (T %o UE“ “g ,ISUR[UOIe Ie, ‘Z asuURTJUIeSS ‘T 186 0 “IN Jesed SNIAL “ISTH “JEN pueldey IN A (696133 n4YIS u ‘yoszy1qey) eYLIJY ollespewuures GL8G “IN L8G IN PS8c¢ “IN sled ‘JEN STH.P ‘SNIN udIpUT udlsiag udIsIag (Tt ‘qe, “1dsjua) UIMO'T JOYISIUCYLIJZeS oIJasjawwIeS JOUTS NZ YOTe[sI9A WI ‘UaMOTdey SoUTO pUN UsMO'TT Jopstjeise ;,q We SeZIPUy pun ogej -¢ s{[eqeL Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III 925 con und ebenso gering grofiere relative Breite; gleiches gilt fiir den P* des verglichenen Kaplowen, der wie jene jedoch voll in die Variationsbreite der afrikanischen Sammelserie fallt. -Bezuglich der GebiBproportionen tendieren insgesamt die asiatischen L6- wen im Vergleich zu den meisten afrikanischen Formen zu etwas kiirzeren Reifizahnen. Die Lowen Nord- und Zentralafrikas schlieBen sich diesem Trend an, wobei sich diese Gruppen auch hinsichtlich ihrer hohen Variabili- tat des P,/M,-Verhaltnisses ahneln. Die Lowen Siidafrikas lassen eine Ten- denz zur P,-Verlangerung erkennen, wahrend sich bei den Kaplowen im Mittel etwas kurzere und breitere Molaren finden. 3.3 Gliederung der rezenten Lowen Wie aus der Betrachtung der Einzelmerkmale hervorgeht, lassen sich zur systematischen Abgrenzung verschiedener Populationen oder Populations- gruppen des Lowen besonders Merkmale der Mahnenentwicklung, des Schadels und der Zahne heranziehen. Dabei kOnnen zum Teil bereits Aus- sagen Uber das relative entwicklungsgeschichtliche Alter einzelner Merk- malsauspragungen getroffen werden. Als konservativste Form lassen sich die asiatischen Lowen ihrer niedrigen Cephalisationsstufe zufolge den mei- sten afrikanischen gegentberstellen. Als Sondermerkmale der asiatischen Lowen konnen neben der geringeren Aufblahung der Bulla wohl die Hau- fung geteilter Infraorbital-Foramina und eventuell allein bei der indischen Gir-Population in den letzten beiden Jahrhunderten Reduktionstendenzen am insgesamt schon relativ kurzen P, angesehen werden. Bei den afrikanischen Lowen finden sich als primitiv erscheinende Merk- male besonders in den Populationen der Randzonen. Die nordafrikanischen Berberlowen schlieBen sich den asiatischen unmittelbar an und kénnen mit ihnen in einer archaischen Formengruppe zusammengefaBt werden, die gemeinsame Schadelproportionen und Mahnen der Entwicklungsreihe II besitzt. Die Lowen des Kaplandes entsprechen dieser Gruppe im solchermafen als ursprunglich gekennzeichneten Mahnenentwicklungstyp, haben in ihrer typischen Form auch den relativ kurzen Schadel (Relation Schadellange / Condylobasallange) jener Formen, stehen aber ihrer grofen Postorbital- breite nach zu urteilen auf dem hdheren Cephalisationsniveau und weisen einige Eigenarten im Schadel- und GebifBbau auf, die sie von allen anderen, im starksten Mafie gerade von anderen stdafrikanischen Lo6wen absetzen, und die damit als Eigenentwicklungen erscheinen. Die Lowen der tbrigen afrikanischen Gebiete sind auBer durch ihre Ce- phalisationsstufe mit geringen Ausnahmen durch den Mahnenentwick- lungstyp I gekennzeichnet, bei dem keine Ansdtze zu einer Bauchmahne und Hinterarmmahne ausgebildet werden und der als hoher evoluiert an- zusehen ist. Den Berber- oder Kapl6wen ahnelnde Mahnenprimarformen 226 Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III Abb. 9: Schematische Darstellung der aus der rezenten Formenmannigfaltigkeit zu erschlieBenden 1. Evolutionsetappe afrikanischer und stdwestasiatischer L6- wen: Ausbreitung einer Altform mit dem Mahnentyp II. Abb. 10: Schematische Darstellung der aus der rezenten Formenmannigfaltigkeit zu erschlieBenden 2. Evolutionsetappe afrikanischer und siidwestasiatischer LG6- wen: Entstehung der hdéheren Cephalisationsstufe in Afrika stidlich der Sa- hara, Verbleiben der nordafrikanischen und stidwestasiatischen Lowen auf der urspriinglichen Stufe. Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III : DOT Abb. 11: Schematische Darstellung der aus der rezenten Formenmannigfaltigkeit zu er- schlieBenden 3. Evolutionsetappe afrikanischer und stidwestasiatischer L6- wen: Entstehung und Ausbreitung des Mahnentyps I in Afrika. Abb. 12: Schematische Darstellung der aus der rezenten Formenmannigfaltigkeit zu erschlieBenden 4. Evolutionsetappe afrikanischer und stdwestasiatischer L6- wen: mutmaBliche Entstehungszentren und Ausbreitungsrichtungen der re- zenten Unterarten wahrend und nach der letzten Hiszeit. 998 Heimut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III scheinen nur noch reliktar in manchen an das abessinische Bergland gren- zenden nordost/ ostafrikanischen Landschaften aufgetreten zu sein, wah- rend sie in den anderen ost- bis stidafrikanischen Regionen hochstens ver- einzelt bzw. in Mischtypen vorkamen. Innerhalb dieser GroBgruppe der Mahnenreihe I bestehen zwischen den einzelnen Populationsgruppen Un- terschiede besonders im Schadelbau. In Stidafrika lassen sich fur die Trans- vaal- (speziell Krugerpark-)lowen charakteristisch erscheinende Merkmals- haufungen erkennen, die in die Populationen der benachbarten Regionen des (wohl 6stlich- / stiddstlichen / cf. Mazak 1970b) Kaplandes, der Ka- lahari und des Ngamilandes ausstrahlen. Die Lowen West- und Zentralafrikas einschlieBlich des Nordostkongoge- bietes setzen sich durch eine Haufung breiter Jochb6gen von den ost- und stidafrikanischen Populationen ab, wobei eine gewisse Ausstrahlung bis in . das stidafrikanische Kalahari-Gebiet westlich entlang des afrikanischen Grabenbruches nicht unmoglich erscheint. Naheren Aufschlu8 hiertber werden wohl die an umfangreichem Material aus diesen Regionen anset- zenden Untersuchungen Bonés liefern kénnen. Andererseits scheinen Ahnlichkeiten besonders in den GebiBproportionen auch fiir gewisse Bezie- hungen der Lowen West- und Zentralafrikas zu den Berberlowen der Atlaslander zu sprechen. Die Herausbildung der Unterschiede zwischen den west- und zentral- afrikanischen Lowen und denen Ost- und Stdafrikas ist in biogeographi- scher Hinsicht infolge der Ausdehnung des Tschadsees zum Mega-Tschad in der Zeit vor etwa 22 000—8500 Jahren und der dadurch hervorgerufenen weitgehenden Isolation der westlichen und ostlichen Savannenraume (M 0 - reau 1966) historisch verstandlich und entspricht der von Grubb (1972) bei Syncerus cafjer beschriebenen Parallelsituation. Die anzunehmende zeitweise Durchlassigkeit wenigstens des westlichen Teiles der Sahara (Moreau 1966) lieBe auch gewisse Merkmalsbeeinflussungen von den Lowen des Maghreb her zu den west- und zentralafrikanischen Populatio- nen deutbar werden. Wie es sich bei einem letztmals wohl vor ca. 6000 Jah- ren erfolgten VegetationsschluB der westlichen Sahara offenbar um Vege- tation mediterranen, nicht athiopischen Typs handelte (Moreau 1966), so ist eine solche Merkmalsbeziehung beim LOwen hauptsachlich nur in Nord-Sud-Richtung zu vermuten, da die archaische Berberl6wenpopulation ihrerseits weder im Schadelbau, noch in der M&hnenentwicklung von den progressiven sudlichen Formen beeinfluBt erscheint. Nachdem solchermaBen die Differenzierung der west- und zentralafrika- nischen Form der sowohl diese, als auch die ost- und stidafrikanischen For- men umfassenden Lowengruppe mit dem Mahnenentwicklungstyp I durch Isolation spatestens im genannten Zeitraum ursdchliche Erklarung finden kann, ware die Herausbildung dieser Gesamtgruppe gegentiber den in der Mahnenentwicklung konservativen Kaplowen und anderen jenen hierin entsprechenden Relikten im 6stlichen und nordéstlichen Afrika jedenfalls vor dem Hohepunkt des letzten Pluvials (Wtirm-Glazials) anzunehmen. Nachdem in der Zeit vor um 12000 Jahren vom Siiden her Kalahari-Be- Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III 999 dingungen bis in das Kongobecken Ausdehnung fanden (Moreau 1966), ware auch eine Beeinflussung der rezenten LOwenpopulationen der Kala- hari und der nordlich von ihr gelegenen Landstriche von den Populationen des ostlichen Kongoraumes her durchaus erwartbar. Damit lassen sich aus der rezenten Formenmannigfaltigkeit mindestens 4 Etappen der pleistozanen Evolution des Lowen erschlieBen. Als erste Etappe ist die Entstehung und Ausbreitung einer Altform von Panthera leo anzusetzen, wie sie rezent noch von den nordafrikanischen und asiatischen Lowen vertreten wurde. Die zweite Phase ist in der Entstehung und Aus- breitung der hoheren Cephalisationsstufe in Afrika zu sehen, bei der die Lowen der Atlaslander als Relikt der Altschicht erhalten blieben. Als dritte Stufe kann die Entstehung und Ausbreitung des Mahnenentwicklungstyps I angenommen werden, wobei Relikte mit dem urspriinglichen Typ II im auBersten Stiden und stellenweise im Nordosten/ Osten Afrikas tiberleb- ten, wahrend im Nordosten durch das Niltal offenbar der fruher wohl vom Westen Nordafrikas bis nach Vorder- und Stidasien geschlossene Gurtel der Altform zerschnitten wurde, nachdem der Mahnentyp I anscheinend tiber Agypten bis nach Kleinasien und Griechenland verbreitet war. Als vierte und letzte Etappe ware schlieBlich die Differenzierung innerhalb der Grof- gruppe mit Mahnentyp I zu bezeichnen (Abb. 9—12). Eine taxionomische Aufspaltung der Spezies Panthera leo in verschiede- ne Subspezies macht in Anbetracht dessen fiir die Reprdsentanten der Alt- schicht aus Etappe 1 (Berberlowen — Panthera leo leo, asiatische Lowen — Panthera leo persica) keinerlei Schwierigkeiten, weiterhin auch nicht ftir die eine ebenfalls noch ziemlich alterttimliche Evolutionsstufe der Art ver- tretenden Kaplowen (Panthera leo melanochaita). Weitaus schwieriger wird es fur die evolutiv jiingste Differenzierungsgruppe, in der sich von der ostafrikanischen Form nur die Lowen West- und Zentralafrikas (Panthera leo senegalensis) und Stidafrikas (Panthera leo krugeri) noch einigermafBen gut abheben, die Beurteilung der Formen Panthera leo azandica aus dem Nordostkongogebiet (zu P. leo senegalensis oder Mischform mit Eigenpra- gung) und Panthera leo bleyenberghi aus dem stidéstlichen Kongoraum aber vorerst offen bleiben mu. Bis zur Abklarung ihrer speziellen Stel- lung, die durch Boné zu erwarten ist, seien diese Formen hier weiterhin als eigene Unterarten gefitihrt. Die ostafrikanischen Lowen haben, nachdem die Lowen Nordostafrikas dieser Untersuchung zufolge nicht mehr mit Si- cherheit von ihnen abgegrenzt werden ko6nnen, den Namen Panthera leo nubica (De Blainville, 1843) zu ftihren, der gegentiber massaica Neumann, 1900, unter welchem Namen diese LO6wenform gew6éhnlich bekannt war, und gegentiber somaliensis Noack, 1891, mit welchem Na- men sie Mazak (1968) bezeichnet, die Prioritat besitzt. Die rezenten Unterarten des Lowen, Panthera leo (Linnaeus, 1758): 1. Panthera leo leo (Linnaeus, 1758) (Berberlowe) 930 Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III Synonyma: 1758 Felis leo. Linnaeus, Syst. Nat. ed. 10, p. 41. Afrika, partim. 1826 Felis leo barbaricus. Meyer, Diss. Inaug. de genere Felium, p. 6. Berberel. 1829 Felios leo barbarus. Fischer, Syn. Mammal., p. 197. Berberei. 1829 Leo africanus. Brehm, Isis (Oken), p. 638. Afrika, partim? 1834 Leo africanus. Jardine, Naturalist’s Library, Mamm. 2, P. 118, partim? 1858 Felis leo nigra. Loche, Cat. Mamm. et Oiseaux observés en Al- gérie, p. 7. Constantine, Algerien. 1867 Leo nobilis. Gray, Proc. Zool. Soc. London, 263. partim? Locus typicus: Constantine, Algerien (nach Festlegung durch Allen 1924). Verbreitung: Atlaslander (Nordafrika). Zu Beginn des 20. Jahrhunderts ausgerottet. Ui Panthera leo persica (Meyer, 1826) (Asiatischer Lowe) Synonyma: 1826 Felis leo persica. Meyer, Diss. Inaug. de genere Felium, p. 6. Per- sien. 1829 Leo asiaticus. Brehm, Isis (Oken), p. 638. Asien. 1829 Felis leo goojratensis. Smee, Proc. Zool. Soc. London, 140. Gujerat. 1843 Felis leo indicus. Blainville, Ostéographie, Mammiferes, p. 186, Taf. 6. Indien. 1867 Leo persicus Swains., Gray, Proc. Zool. Soc. London. 1867 Leo goorgrattensis Gmel., Gray, Proc. Zool. Soc. London. 1968 Panthera leo goojratensis (Smee). Mazak, D. Pelzgew., 19 NF, p. 24. Locus typicus: Persien. Verbreitung: Im 19. Jahrhundert noch Irak, West-, Siidwest- und Stidiran, Nordwest- und Zentralindien. Heute nur noch Gir-Forest, Kathiawar (Nordwest- indien). 3): Panthera leo melanochaita (Smith, 1842) (Kaplowe) Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III 931 Synonyma: 1829 Felis leo capensis. Fischer, Syn. Mammal., addenda, p. 565. Std- afrika; Nom. praeoccup. 1842 Felis (Leo) melanochaitus. Smith, Jardine’s Naturalist’s Library, Mamm., 15, p. 177. Kap der guten Hoffnung. 1842 Felis (leo) melanochaetus. Smith, Jardine’s Naturalist’s Library, Mann., 15, Taf. 10. Kap der guten Hoffnung. 1843 Felis leo capensis. Blainville, Ostéographie, Mammiferes, p. 186, Taf. 6. Kap der guten Hoffnung. 1868 Leo capensis. Fitzinger, Sitz. ber. Akad. Wiss. Wien, Math.-nat. Cl. 58, 1. Teil, p. 488. Kapland. 1934 Panthera leo melanochaitus. Shortridge, The Mammals of South West-Africa. 1951 Leo leo melanochaitus Ch. Smith. Roberts, The Mammals of South-Africa. Locus typicus: Kap der guten Hoffnung. Verbreitung: Kapland und Stidnatal. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts ausgerottet. 4. Panthera leo senegalensis (Meyer, 1826) (Westafrikanischer Lowe) Synonyma: 1826 Felis leo senegalensis. Meyer, Diss. Inaug. de genere Felium, p. 6. Senegal. 1843 Leo gambianus. Gray, List. Spec. Mann. Brit. Mus., p. 40. Inner- gambia. . 1900 Felis leo kamptzi. Matschie, Sitz. ber. Ges. Nat. forsch. Freunde Berlin, p. 92. Yoko, Kamerun. Locus typicus: Senegal. Verbreitung: Westafrika siidlich der Sahara, Zentralafrika (Kamerun, Tschadgebiet, Nord-Ubangi-Schari). 5. Panthera leo azandica (Allen, 1924) (Nordostkongo-Lowe) Synonyma: 1924 Leo leo azandicus. Allen, Bull. Amer. Mus. Nat. Hist. 47, P. 224. 939 Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III Nordost-Kongo. 1943 Leo leo massaicus (Neumann). Frechkop, Expl. Parc Nat. i bert, Fasc. 1. partim, Nordost-Kongo. 1945 Felis (Leo) leo azandicus Allen. Schouteden, Ann. Mus. Congo Belge, C-Zoologie, Ser. 2, 3: 2. Nordost-Kongo. 1968 Panthera leo somaliensis (Noack, 1891). Mazak, D. Pelzgewerbe 19, NF, 3: 21. partim. Locus typicus: Vankerekhovenville, Nordost-Kongo. Verbreitung: Nordost-Kongo. 6. Panthera leo nubica (Blainville, 1843) (Ostafrikanischer Lowe) Synonyma: 1843 Felis leo nubicus. Blainville, Ostéographie, Mammifeéres, p. 58, Atlas Taf. 6. Nubien. 1891 Felis leo somaliensis. Noack, Jahrb. pembuee Wiss. Anstalt 9, 1, p. 120. Somaliland.., 1900 Felis leo massaicus. Neumann, Zool. Jb. Syst. 13: 550. Massai- Land, Tanzania. 1910 Felis leo sabakiensis. LOnnberg, in Sjéstedt, Wiss. Ergebn. d. schwed. Zool. Exped. n. d. Kilimandjaro, d. Meru u. d. umgeb. Massaisteppen Dtsch.-Ostafrikas 1905—1906, 1, 2: 22. NW des Kili- mandjaro, Tanzania. 1913 Felis leo roosevelti. Heller, Smithsonian Misc. Coll. 61, 19: 2. Abessinien. 1913 Felis leo nyanzae. Heller, Smithsonian Misc. Coll. 61, 19: 4. N-Ufer des Victoriasees, Uganda. 1923 Felis leo massaica ANeruonverena Loveridge, Proc. Zool. Soc. Lon- ‘dons, 11923. 1924 Leo leo hollistert. Allen, Bull. Amer. Mus. Nat. Hist. 47: 229. So- tik, Kenia. 1924 Felis leo capensis (Fitzinger). Zuko wsky, Arch. f. Naturgesch. 90. Abt. A, 1. partim? 1943 Leo leo massaicus (Neumann). Frechkop, Expl. Pare Nat. Al- bert, Fasc. 1. 1945 Felis (Leo) leo nyanzae Heller. Schouteden, Ann. Mus. Congo Belge, c — Zool., Ser. 2, 3, 2. Ruanda-Urundi. 1955 Leo maculatus. Heuvelmans, Sur la piste des bétes ignorées: 165. Hochgebirge von Kenia. Bastardform? 1964 Panthera leo webbiensis. Zukowsky, Milu 1, 5: 270. Ogaden, So- maliland. Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III 233 1968 Panthera leo somaliensis (Noack, 1891). Mazak, D. Pelzgew. 19 NE e332 parting b Locus typicus: Nubien Verbreitung: Nordost- und Ostafrika, im Stiden Ubergang zu Panthera leo bleyenber- ghi und Panthera leo krugeri in Rhodesien? MG Panthera leo bleyenberghi (LOnnbersg, 1914) (Sudkongo-Lowe) Synonyma: 1914 Felis leo bleyenberghi. LOnnberg, Rev. Zool. Africaine 3: 273. Katanga. 1945 Felis (Leo) leo bleyenberghi LOnnberg. Schouteden, Ann. Mus. Congo Belge, C-Zool., Ser. 2, 3, 2. Siid- und Siidost-Kongo. 1951 Leo leo bleyenberghi (LOnnberg). Roberts, The Mammals of South-Africa. partim? Katanga, Nyasaland, Mashonaland, Ngami- land, Ovamboland, Angola. 1954 Felis leo blevenberghi. Jobaert, Bull. Soc. Bot. Zool. Congolaises 28. Kasai. Locus typicus: Katanga. Verbreitung: Stid-Kongogebiet, Angola? Ubergang in Siidwestafrika, Ngamiland und Rhodesien zu Panthera leo krugeri, in Rhodesien zu Panthera leo nubica? 8. Panthera leo krugeri (Roberts, 1929) (Sudafrikanischer Lowe) 1912 Felis leo capensis. LOnnberg, Kungl. Svensk. Vetensk. Handl. 48: 74. 1924 Felis leo capensis Fitzinger. Zukowsky. Arch. f. Naturgesch. 90, Abt. A, 1. partim? Nordliches SW-Afrika. 1929 Leo leo krugert. Roberts, Ann. Transvaal Mus. 13: 91. Sabi Game Reserve, Transvaal. 1934 Panthera leo krugerit. Shortridge, The Mammals of South-West- Africa. SW-Afrika. 1935 Leo leo subsp.? Roberts, Ann. Transvaal Mus. 16: 210. Kalahari. 1942 Panthera leo bleyenberghi. Hill (ex Roberts, The Mammals of South-Africa). 934 Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III 1948 Leo leo vernayi. Roberts, Ann. Transvaal Mus. 21: 65. Kalahari. 1963 Panthera (Leo) leo krugeri Roberts. Pienaar, Koedoe 6. Kruger- Park. Locus typicus: Sabi (Kruger) Game Reserve, Transvaal. Verbreitung: Transvaal, wohl dstlich-stidéstlicher Teil des Kaplandes, Kalahari, Uber- gang zu Panthera leo nubica in Rhodesien, zu Panthera leo bleyenberghi in Sudwestafrika, Ngamiland und Rhodesien? 4. Die Lowen des Pleistozans 4.1 Die Lowen des Altpleistozans 4.1.1 Allgemeines Altpleistozane (Altpleistozén nach der 4-Stufen-Gliederung des Pleisto- zans durch Adam 1964) Lowenreste gr6Berer Bedeutung wurden aus ‘Europa von Mauer, Mosbach, Scharzfeld (vgl. bes. Schutt 1969), Vertes- zollds (Janossy 1969), Petralona (Sickenberg 1971), und, mit un- sicherer Datierung, aus der Dechenhohle im Sauerland (Dietrich 1968), in Afrika von Ternifine, Olduvai, Bolt’s Farm, Kromdraai und Swartkrans, (vgl. Zusammenstellung bei Hemmer 1967 c) beschrieben. Die Zuge- horigkeit sudafrikanischer Reste (,,Felis shawi“ Broom) von den Austra- lopithecus-Fundstellen Kromdraai und Swartkrans zu Panthero leo wurde hierbei sowohl von Kurten (1960) als auch vom Verfasser (Hemmer 1967 c) festgestellt. Von saémtlichen bisher absolut bzw. relativ gut datier- baren Funden ist eine Mandibel aus dem oberen Bed II von Olduvai zwei- felsohne der alteste, dem die stidafrikanischen allerdings zeitparallel sein mogen (zum Problem der Datierung jener Fundorte vgl. Oakley 1968, Wright & Skaryd 1972, Hemmer 1973, Maier 1973, Howells 1973). Wahrend naémlich Bed II und III von Olduvai nach geomagnetischen Polaritatsmessungen alter als die auf etwa 700000 Jahre datierte Grenze zwischen der Matuyama- und der Brunhes-Epoche sind (Leakey 1971), sind Mauer und die Mosbacher Hauptfauna entsprechenden palaomagneti- schen Daten zufolge junger (Koci, Schirmer & Brunnacker 1973). Aus moglicherweise spat-altpleistozanen Ablagerungen mit dem Tiraspol- Komplex nahestehender Fauna ist der Lowe ferner im auBersten Nord- osten Sibiriens, in der Kolyma-Region, belegt (Vangengeim & Sher 1970, Vereshchagin 1971b). Wohl dhnlichen Alters ist die klassische Fauna von Choukoutien, Loc. 1, aus welcher Pei (1934) unter dem Namen Felis youngi das Mandibelfragment einer Pantherkatze beschreibt, das sei- ner Feststellung nach unmittelbar mit Resten des jungpleistozanen nord- amerikanischen Lowen (vgl. 4.3) vergleichbar ist. Harington (1969) halt dementsprechend eine Zugehorigkeit zur H6hlenl6wengruppe ftir méglich. Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III 935 4.1.2 Einzelmerkmale 4.1.2.1 Schadelmerkmale Literatur: Fast vollstandige Schadel altpleistozaner Lowen sind aus Mauer bei Hei- delberg und aus der Hohle von Petralona in Griechenland erhalten, deren wahre chronologische Stellung erst in jlingster Zeit erkannt wurde (Sik - kenberg 1971). Nach der vergleichenden Bearbeitung des auBerordent- lich groBen Schadels von Mauer durch Wurm (1912) stimmt dieser in den meisten Merkmalen mit rezenten Lowen Utberein, weicht aber durch den Bau seiner Temporalregion sowohl von jenen als auch von jungpleistozanen europaischen Lowen ab. Der temporale Teil der Frontalia erscheint langer als bei einem von W urm verglichenen rezenten LOwenschadel, die Fronto- Parietal-Naht ist weit nach hinten gertickt, wie es auch beim Tiger der Fall ist. AuRerdem ist die Einschnurung in der Temporalregion viel starker als bei verglichenen rezenten und jungpleistozinen Lowen. Wurm (Il. c.) stellt fest, da infolge der starken Kompression der Temporalregion die Kapazitat der vorderen Gehirnhohle relativ klein ist und dies ist wohl das auffalligste Merkmal, das den Maurer Schadel vor allen andern mir be- kannten diluvialen L6wenschadeln auszeichnet.“ Uber den ebenfalls groBen Schadel von Petralona liegen au®er einer kurzen Diskussion seiner Subspe- zieszugehorigkeit durch Sickenberg (1971) noch keine naheren Anga- ben in der Literatur vor. Higene Befunde: Die eigene Anschauung des Schaddels von Mauer bestatigt die Wurm- sche Feststellung des grundsatzlichen Lowencharakters. Die starke Kom- pression der Temporalregion erweist sich im Allometriediagramm Postor- bitalbreite / Interorbitalbreite (Abb. 16, vgl. Abb. 5) als in der Fortsetzung des Grenzbereichs zwischen asiatischen (und Berber-) Lowen und afrikani- schen Lowen liegend; eine Entscheidung ftir die Zugehorigkeit zu einer der beiden Entwicklungsstufen ist fiir diesen Schaddel hiernach also nicht zu treffen. Eine Messung der Hirnschadelkapazitat erbrachte nur 180 ccm. In- folge gewisser Konkrementeinlagerungen im Hirnraum ist dieser Wert je- doch zu niedrig; der fiir die entsprechende GrofBe jenes Schadels auf der unteren Cephalisationsstufe des Lowen (= Stufe auch von Leopard und Ja- guar) zu erwartende Wert im Grofenbereich um 275 ccm dtirfte aber kaum bedeutend tibertroffen worden sein. Uber den Schddel von Petralona sind in dieser Hinsicht bedauerlicherweise kaum Aussagen moglich, nachdem dem Verfasser lediglich ein Photo in Norma lateralis und wenige Mate vorlie- gen (freundlicherweise durch Sickenberg zur Verftigung gestellt), ein Nachgu8, Photos oder weitere Informationen aus dem Geologisch-Paladon- tologischen Institut der Universitat Thessaloniki aber nicht zu erhalten wa- ren. Lediglich die offenbar ursprunglich sehr hohe Crista sagittalis spricht gleichfalls fur eine relativ geringe Hirngrofe. 236 Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen HI = Der von Wurm (1912) hervorgehobene Unterschied im Bau der Tem- poralregion zwischen dem Schadel von Mauer und den Schadeln rezenter Léwen, der etwa dem diesbeziiglichen Unterschied zwischen Lowe und Ti- ger entspricht, wurde von Torre (1967) und Ficcarelli & Torre (1968) in verschiedenen Diagrammen als Trennmerkmal zwischen dem re- zenten Léwen auf der einen und den Arten Leopard, Jaguar und Tiger auf der anderen Seite dargelegt. Die durch Einsetzen der Mafie des Schadels von Mauer in die Regressionsgleichungen von Torre Zu findenden Ver- hdltnisse deuten auf eine zwischen derjenigen rezenter Lowen auf der einen und derjenigen der anderen Panthera-Arten auf der anderen Seite liegende Proportionierung dieses Schadels. Eine Eintragung der Mafie in die Allometriediagramme von Ficcarelli & Torre fuhrt zu einem Shnlichen Ergebnis, indem sie nahe den Verlangerungen der Allometrie- achsen von Leopard und Jaguar zu liegen kommen. Der Schadel von Petra- lona zeigt im Vergleich der Schadelumrisse (Abb. 13) gleichfails eine gerin- gere Ruckwartsverlagerung der Proc. postorbitales, als es bei jungpleisto- zinen und rezenten Lowen der Fall ist. Damit ist diese Entwicklung im Laufe der intraspezifischen Evolution von Panthera leo zu suchen, altplei- stozane europadische Lowen besitzen diesbezuglich offenbar ein Primitiv- merkmal (cf. Hemmer 1971 bd). Beztiglich der fiir rezente LOwen verglichenen Indizes legt der Schadel von Mauer in allen Fallen innerhalb der Rezentvariationsbreite. Der Joch- bogenbreitenindex deutet mit dem Wert 71 eine relativ geringe Breiten- entwicklung an, der Interorbitalbreitenindex betragt 23,5, der Mastoid- breitenindex 42, der Gesamtlangenindex 111,5 (vgl. 3.2.7). Die Processus postorbitales der Frontalia entsprechen beim Schadel von Mauer durch ihre geringer abgestumpfte Form mehr denjenigen rezenter als denen jungpleistozaner europaischer Lowen. Die Form des aboralen Abb. 13: Vergleichende Darstellung des Schadelumrisses des Lowen von Petralona (dicke Linie, n. Foto v. Sickenberg) und jungpleistoziner eurasiatischer und nordamerikanischer Lowen (diinne Linien, n. Meriam & Stock 1932). Zu. beachten die relative Lage des Proc. postorbitalis des Frontale. Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III 237 Gaumenrandes, die Vereshchagin (197la, b) als fiir den Hohlen- l6wen kennzeichnend herausstellt, ist infolge von Zerst6rungen an dieser Stelle nicht mehr feststellbar. Insgesamt scheint der altpleistozane europadische LOwe demnach eher auf dem unteren als auf dem oberen Cephalisationsniveau der Art Panthera leo zu stehen und hebt sich von allen rezenten Formen durch die im Vergleich zu den anderen Panthera-Arten als ursprunglich zu bewertende geringere Ruckwartsverlagerung der Stirnpartie des Schadels ab. 4.1.2.2 Unterkiefermerkmale Ne HES Te AE WIE Von Reichenau (1906) kann bei einigen altpleistozanen Unterkie- ferstucken von Mauer und Mosbach im Gegensatz zu Unterkiefern des Hohlenlowen keine deutlichen Unterschiede gegenuber rezenten Lowen feststellen. Der Processus angularis entspricht demjenigen letzterer, der Processus coronoideus ragt nach hinten nicht tiber den Condylus hinaus. Auch Dietrich (1968) findet an einem Unterkiefer aus Mosbach keine Besonderheiten gegenuber rezenten Lowen. Ein Kiefer aus der Dechen- hohle (Sauerland), der nach Dietrich (1. c.) ebenfalls aus dem Altplei- stozan stammen konnte, fallt durch seinen sehr niedrigen Corpus auf. Eine Mandibel aus Olduvai bed II wird von Ewer (1965) aufgrund des Verlaufes ihres Unterrandes in die Nahe des Tigers gestellt: ,,in the tiger and in the fossil specimen the lower border is concave and from the point below P, the margin descends to form the angular process.“ Petter (1973) miBt hingegen diesem Merkmal keine systematische Bedeutung zu. HKigene Befunde: Die relative Diastemalange und die relative Hohe des Kiefers sind bei altpleistozanen europaischen Lowen in bezug auf die Gesamtlange der Mandibel nicht unmittelbar erfafbar, da vollstandig erhaltene Unterkiefer fehlen. Gleiches gilt. fir die von Torre (1967) als Panthera leo von den anderen Panthera-Arten unterscheidend beschriebene relative GréfBe des Proc. coronoideus. Die Rami wirken besonders im Symphysenteil relativ etwas massiger als bei den meisten rezenten Formen. Soweit sich die Lange eines Unterkiefers aus den Mosbacher Sanden (Museum Mainz) etwa re- konstruieren 14Bt, ergibt sich fur dieses Stlick ein Ramush6henindex (Hohe vor P, bezogen auf die Mandibellange) um 20. Der Mittelwert einer Serie rezenter ostafrikanischer Lowen (Museum Munchen) liegt demgegenuber tiefer (M = 18, s= + 1), die Variationsbreite schlieBt den genannten Wert aber ein. Auch die Mandibel aus der Dechenhohle, flr die Dietrich (1968) eine neue Subspezies aufstellt und die eventuell altpleistozanen Al- ters ist, fallt mit Ramushohe und Diastemalange in die rezente Variations- breite. 932 Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III Der Unterkiefer von Olduvai gleicht in seiner Gesamtgestalt einigen der Mosbacher Mandibeln (Tafel XI), wobei sich die von Ewer (1965) als tigrin angenommene Form des Unterrandes hier wiederfindet. Nach den aus dem Leakey schen (1965) Photo zu schatzenden Mafien legen die re- lative Ramushohe und die Diastemalange der Mandibel von Olduvai inner- halb der Variationsbreite rezenter Lowen. Eine Abtrennung nach Merk- malen des Unterkiefers von den europaischen altpleistozanen Lowen ist demnach nicht, von den rezenten kaum moglich. 4.1.2.3 Gebiimerkmale LAME en ple 2 Ein P* aus Mauer ist nach von Reichenau (1906) ,,verhaltnis- maBig kurz und breit*. Wurm (1912) erwahnt an den P* des Schadels von Mauer besonders die Andeutung eines Ectoparastyls. Freuden- berg (1914) stellt am P* die relativ niedrigen Hocker als Sondermerkmal heraus. Kurten (1960) findet, da® bei den altpleistozdnen europdischen Lowen der P? und der M, relativ breiter sind als bei den jungpleistozanen und rezenten Lowen. Nach Dietrich (1968) sind die Zahne der Mos- bacher Lowen ,,etwas kraftiger, das heiBt voluminoser bei gleicher Lange“; der P; sei im Vergleich dazu bei den rezenten Formen reduziert. Schutt (1969) weist nach, dafi die altpleistozanen gegentiber den jungpleistozanen europdischen Lowen einen relativ kurzeren Metacon und relativ langeren Paracon (zur Benennung des P*-Haupthockers als ,,Paracon“ anstelle von »Protocon“ vgl. Schutt 1969) am P?, breiteren und hdheren M, (so- wohl die Hohe der Hocker als auch der Kerbe betreffend) und gegenuber dem M, relativ langeren P, besitzen. Janossy (1969) findet schlieBlich bei den altpleistozanen europaischen Lowen den jungpleistozanen gegen- uber relativ zur Breite groBere Eckzahnlange. Broom (1948) beschreibt von Sterkfontein oder Bolt’s Farm (Stidafrika) einen oberen Canin seiner enormen Grofe und seines Querschnittes wegen als zu einer eigenen Art, ,Felis shawi“, gehorig. Von Swartkrans und Kromdraai publiziert Ewer (1956) GebiBreste des Lowen. Der P, von Swartkrans ist gegentiber Panthera leo krugeri relativ erheblich breiter, wobei das Hypoconid lingual nicht schrag zum Cingulum abfallt, sondern aus einer fast horizontalen Flache am lingual-aboralen Rand des Zahnes aufsteigt. Der P* von Kromdraai hat einen stéarkeren Paracon und damit auch eine groéBere Breite als der P* der verglichenen rezenten stidafrika- nischen Lowen. Der P® ist langer als bei letzteren und besitzt einen nur sehr schwachen Parastyl. Der P, soll sich durch grofe hintere Breite aus- zeichnen, wahrend der M, in die Variationsbreite rezenter Lowen falle. Kine Nachpruifung dieser Unterschiede durch Kurten (1960) ergibt, da der P? von Kromdraai seiner absoluten Gré8e und seiner Langen- Breiten-Relation nach sehr wohl zur Reihe der rezenten und jungpleisto- zanen Lowen gehoren kann, wéhrend der P® altpleistozdner europdischer Helmut Hemmer: Stammesgeschichte der Pantherkatzen III 239 P4-Lange 32 Wis OVA Ving kA eo) y, 30 VK VA. Yi Yi; e J Via Le 28 i per +6 if : 26 24 x 24 26 28 30 32 M,-Lange Abb. 14: Allometriediagramm P,-Liange/M,-Lange fiir altpleistozdne Lowen (© = Mit- teleuropa, ® = Petralona, + = Olduvai, plemip zeyosidoay Hoste 3 apiulwoyees Jauapungeb Shae yosualA| UHV pHeOey Japadiq ue y d pungqebuspog BUEE POEM More E dapujabuey _jepny-Sunupio uayjemuen Of auasajabjny Of WSG gt2008-00S vosuewisin | e E 6 6dadis — NANNVAve omoeteeme us. ugainayoy sep uuibeg Jaqeyosuasen |& JejeyapueeN uajjeMusa4 yosual/] igube ay a aseyd-auewnyqns uezoIsiajq = ueZOlld UeZOlIA] 336 Hennig: ,,Sinnesgreifhande“ und menschliche Stammesentwicklung angegeben wird, so entspricht sie immer noch nur der eines ausgewachse- nen Gorillas. Es ware jedoch ungenau, wenn man aus ungefahr gleichgrofen Hirnscha- delvolumina schlieBen wtirde, daB etwa ein Schimpanse und ein Australopt- thecus die gleichen Geistesgaben besessen hatten. Uber den Feinbau des Gehirns lassen sich aus Gewicht und Volumen nur beschrankte Schlusse zie- hen. Wichtiger ist die innere Aufgliederung und die Zahl der GroBhirnwin- dungen. Dartiber ist uns bei den Sudaffen jedoch noch nichts bekannt und reliefartige Knochenvorspriinge an der Innenwand des Hirnschadels konnen nur ganz grobe Anhaltspunkte geben. Mit dem Ubergang dieser Vormenschenaffen zum Homo erectus diirfte im Beginn des Pleistozans die Grenze der tierischen Intelligenz ubersehrit- ten worden sein. Leider fehlen gerade fiir diese wichtige Entwicklungszeit Fossilfunde, doch hat die Entdeckung des bisher altesten Homo erectus, des Pithecantro- pus erectus, den sicheren Beweis erbracht, da dieser Friuhmensch Verstand besaB. In unserem Diagramm 1 nimmt mit Beginn des Pleistozans die schwarze Linie einen steilen Aufstieg, da sich nun infolge der Horizontalstellung des Kopfes und des Wegfalls der hemmenden Krafte der Nacken- und Kiefern- muskulatur die Entfaltung des GroBhirns auszuwirken beginnt. Wann die Schwelle Tier— Mensch itberschritten wurde, ist nach bisherigen For- schungsergebnissen nur zu schatzen, durfte aber in die Zeit zwischen dem Auftreten des Australopithecus habilis und Homo erectus fallen. Sollten aber die SchluBfolgerungen R. Leakys aus seinem Fossilfund eines Spéthominiden im Pliozan am Rudolfsee durch weitere Funde besta- tigt werden, dann mii&te die Ubergangsschwelle vom Tier zum Menschen um fast eine Million Jahre in das Pliozan zuruckdatiert werden. In der Aut- splitterung der Homoniden im Pliozan konnte durch diese neue Entdeckung der menschliche Hauptstamm mit seiner vollendet aufgerichteten Korper- haltung, seiner erstaunlich fortgeschrittenen Schadelform und seiner be- trachtlichen Schadelkapazitat gefunden worden sein, der sich in seiner Wei- terentwicklung, vielleicht sogar unter Umgehung des Homo erectus in einem gradlinigen Verlauf bis zum Homo sapiens (Cro-Magnon-Mensch) fortsetzte. Aus der weiteren Verzweigung der Hominiden konnte ferner eine Parallel- entwicklung einer anderen Vormenschenart Uber den Homo erectus zum Neandertaler stattgefunden haben, der dann in der letzten Eiszeit aus- starb. SchlieBlich starben die ibrigen abgezweigten Varianten, die Austra- lopithecinen, die auBerlich zwar ein menschliches Aussehen hatten und auf- recht gingen, aber die menschliche Gehirnentfaltung nicht besaBen und da- mit Tiere geblieben waren als Seitenlinien im Anfang des Pleistozans aus. In dieser Betrachtung der menschlichen Entwicklung ware vielleicht bei so unterschiedlichen k6rperlichen Merkmalen fiir das gleichzeitige Zusam- menleben von Cro-magnon-Menschen und Neandertalern die Erklarung gegeben, dafi beide aus einer langen getrennten Entwicklung hervorgingen, Lassen wir nun fiir unsere weiteren Betrachtungen diese neuen Hypothe- Hennig: ,,Sinnesgreifhinde“ und menschliche Stammesentwicklung 337 sen uber die menschliche Entwicklung bis zur endgiiltigen Klarung aus dem Spiel und stellen wir aufgrund gesicherten Wissens fest, daB der Schidel des Affenmenschen durch die seit Beginn des Pleistozins einsetzende stiir- mische GroShirnentfaltung bereits bis zur Halfte der humanen Phase eine Kapazitat von 1000 cm? erreichte. Manche Forscher sprechen sogar von einem explosionsartigen Verlauf. Auffallend ist nur die Tatsache, daB trotz dieser plotzlichen GehirnvergroBerung zunachst die rein menschlichen Qualititen noch sehr zurtcktreten. Im Anfang der Entwicklung des Affenmenschen ver- lief das Leben weiter einténig und konservativ, wenn auch seit der Austra- lopithecinenzeit eine gewisse kérperliche und geistige Entwicklung bemerk- bar ist. . Naturgesetzlich stellt der Homo erectus seit etwa 700000 Jahren einen betrachtlichen Fortschritt dar. Im Vergleich zu den Australopithecinen war er ein vorzuglicher Geher, denn er hatte lange und gerade Beine, wahrend erstere sich zwar als gute Laufer aber weniger als gute Geher auswiesen, denn ihrer Fufstellung nach gingen sie in einer mehr watschelnden Gang- art. Vielleicht besa der Friihmensch bereits Laute zur Verstaéndigung und eine Zeichensprache, ahnlich wie sie die heutigen Buschmanner Afrikas bei ihren Jagden benutzen. Das Feuer hatte er in Kontrolle genommen und konnte sich seiner Macht bedienen. Die Herstellung von Gerdllgeraten war nun auch allgemein verbreitet. Der Frihmensch war davon bereits sehr ab- hangig geworden. Sie veranderten seine Lebensweise ganz allméhlich. Al- lerdings ist von Bedeutung, da diese Wesen damals noch keine Spezialisten in der Gerateherstellung waren, sondern jeder sein eigener Werkzeugma- cher war. | Warum diese Unstimmigkeit zwischen GroShirnentfaltung und Lebens- weise so lange erhalten blieb, war bisher immer noch ein Ratsel. Doch diirf- te die Erklarung leichter sein, wenn wir uns bemitihen, die Entwicklung von den Sinnesgreifhanden her zu verstehen. Wir mtissen bedenken, daB mit der Entfaltung des GroBhirns zunachst eine reine Volumenvergr6Berung ein- setzte, der dann erst, als dem Gehirn neue Aufgaben gestellt wurden, durch standige Anregung die Verfeinerung der grauen Hirnrinde unter Vertie- fung von Furchen und Windungen folgte. Zu den Anregungen aus neuen Aufgaben, die dem GroBhirn zuflossen, zahlten beispielsweise die unaufhorlichen Kontrollen und Regelungen der K6rperbalance beim aufrechten Gehen. Aber in weit groBerem Ausmafi war es die sich standig verbessernde Leistung der Sinnesgreifhande, die hier wirksam wurde. Als hochwertige Informationsorgane mit ihrer taktilen Gnosis in den Fingerbeeren und mit zunehmender verfeinerter Beweglichkeit der Finger als Ausfiihrungsorga- ne, pragten sie durch eine ,,positive Ruckwirkung“ zwischen Hand und Hirn bestimmte Reprasentationszentren, Umschaltungsstationen, Assoziations- bahnen und den gesamten Denkapparat in der grauen Hirnrinde. Hier be- deutet in der Tat ,,die Evolution der Hand die Evolution des Gehirns“, oder wie Geldmacher ausfithrt, ,,die Fahigkeit“ umsichtig mit unseren Han- den denken zu konnen. Sie fuhrte Kant zu der in ahnlicher Weise bereits 3383 Hennig: ,,Sinnesgreifhande* und menschliche Stammesentwicklung von Aristoteles geiuBerten Feststellung ,,Die Hand ist das a4uBere Gehirn des Menschen“. Der Homo erectus, die ersten Anzeichen des Verstandes Vor etwa einer halben Million Jahren trat jetzt wahrend der eigentli- chen Menschwerdung, in der sich bereits durch das sich entfaltende GroB- hirn Verstandestatigkeit regte, eine einschneidende Anderung in der Le- bensweise der Friuhmenschen ein. Die Eintonigkeit, die das Dasein vom im Hakenhandgang sich bewegenden Vormenschen bis zum Auftreten des Ho- mo erectus beherrschte, sollte jetzt endgtltig ihr Ende finden. Mit Beginn des abstrakten Denkens (Entstehung von Erinnerungsbildern, BewuBtwer- den der eigentlichen Handlungen, -Vorausdenken, geistige Verarbeitung der Fingerfertigkeit beim Anpassen an eine bestimmte Geratetechnik, Anlegen von Vorraten) konnte der Friihmensch vorausgeplante Aufgaben bewalti- gen. Damit pragte sich allmahlich seine bis dahin rein tierisch empfundene LebensdéuBerung und Lebenstatigkeit in eine menschliche Bewuftseins- sphare um. Infolge der jetzt einsetzenden positiven Ruckwirkung zwischen der Tatigkeit der Sinnesgreifhande und der von ihnen durch neue Aufgaben - ausgelosten Anregungen fiir die GroBhirnentfaltung und durch das Zusam- menspiel zwischen ,,aduferem“ und ,innerem“ Gehirn tritt mit dem ,,gei- stigen Begreifen“ eine ganz neue Lebensweise und ein verandertes Lebens- geftihl auf. Dieser Umbruch vollzog sich, verglichen mit der so zah und kon- servativ verlaufenden vormenschlichen Zeit verhaltnismaBig schnell und erregend. Den Beweis liefert uns eine vollige Stilanderung der bis dahin be- nutzten, nur angeschlagenen Gerdllgerate, die von Koenigswald Fausthaken genannt wurden. Diese wurden von jetzt an durch ringsum, wenn auch grob bearbeitete Steingerate abgelést, die sicher erkennbar von den zu dieser Zeit lebenden Fruhmenschen hergestellt und bentitzt wurden. Aus den neuen Formen und der damit veranderten Anwendungsweise laBt sich ablesen, welchem Zweck sie dienten und wie von jetzt an die ganze Le- bensweise des Homo erectus auf eine neue Grundlage gestellt wurde, die eine bessere Bewaltigung seines Daseins erbrachte. Der Beginn des Acheuléen In der nun anbrechenden Zeit, die heute allgemein unter Zusammenfas- sung verschiedener Varianten als das Acheuléen bezeichnet wird, ragen unter der neuen Gerateausstattung, die bereits auch kleinere Formen auf- weist, die fur die Zukunft auf die Moglichkeit besonderer Spezialisierung hinweisen, gleichsam als Leitformen zwei auffallende Gerate heraus. Ks sind die groBen schweren Spalter (cleavers), die entfernt unseren Ax- ten ahneln, und die dazu gehorenden gewaltigen, plumpen, mandel- bis bir- Hennig: ,,Sinnesgreifhande* und menschliche Stammesentwicklung 339 nenformigen Faustel, von denen Stticke bis zu einem halben Meter Lange gefunden wurden. Man hat sie in Afrika in groBen Mengen entdeckt, wie z. B. in FluBbetten bei Isimila (Tansania) (Abb. 15), Oylorgesailie (Kenia) und Nsongezi (Uganda). Auch in Europa konnten aus ungestorten Fundstatten in Torralba in Spanien ahnliche Formen geborgen werden, wo sie mit Fossi- lien von GrofBtieren, darunter Altelefanten und mit Holzkohlenresten ver- eint lagen, so dafi man diese Funde ftir wichtige Schlufifolgerungen auf die Lebensweise der Fruhmenschen auswerten konnte. Auf den ersten Blick scheinen diese gewaltigen Steingerate im Wider- spruch zu den kleinen Handen der knapp 1,50 cm grofen, pygmaenartigen Wesen, die sie bedienten, zu stehen. Aber eines l48t sich von vorneherein sa- gen, daB diese GroBgerate nur von zwei Handen geftihrt worden sein konn- bem: Bei genauer Betrachtung der Spalter ist der Vergleich mit einer modernen Axt nur ein oberflachlicher. Sie entsprechen eher Fallbeilen mit der Wir- kung einer Guillotine. Die scharf zugeschlagene breite Schneide verlauft nicht flach-bogenformig senkrecht zur Achse, sondern mehr oder minder schrag, so daf sie gleichzeitig sich zum Stanzen und Schneiden eignet. Am gegentberliegenden Ende, das sich seitlich verjungt und von vorn und hin- ten keilf6rmig verbreitert, fehlen die vier scharfen Seitenkanten, sowie die Kanten der ebenen AbschlufBflache einer modernen Axt. Statt dessen ist der oberste Abschnitt des Spalters entweder halbkugelig verstumpft oder nach einer Seite halbdachformig abgeschragt. Die Seitenkanten des Gerates sind durch grobe Abschlage in ihrer ganzen Lange von beiden Seiten her dach- artig zugerichtet. Auf diese Weise entsteht eine Art von First, der bis zu den beiden Enden der Schneide verlauft. In dieser Form konnten die ,,Hand- guillotinen“ kaum in einem doppelten Zangengriff gehalten worden sein. Ihre Handhabung dirfte dagegen in der Weise erfolgt sein, daB beide Dau- men parallel nebeneinander auf das verstumpfte bzw. abgeschragte Ende von oben aufgelegt wurden, wahrend die tbrigen Finger von der anderen Seite her die glatte vordere Flache umfaBten. In dieser Haltung schmiegen sich die firstartigen Seitenkanten sehr genau in den Winkel zwischen Mit- telhand und Grundglieder der Finger, wodurch Verletzungen beim Zuschla- Abb. 15: Zweischneid-Spalter aus dem friihen Acheuléen aus Mylonit, Fundstelle Ismila, wurde mit beiden Handen zum Zerlegen groBer Tiere verwandt. 240 Hennig: ,,Sinnesgreifhande“ und menschliche Stammesentwicklung gen ausgeschaltet waren (Abb. 16). Mit dieser idealen Handstellung an den »Handguillotinen“ konnte durch den Druck der Daumen von oben und der uibrigen Finger von vorne unter bester Ausnutzung des Fingerspitzengeftihls ein gezielter Schlag und Schnitt zugleich zur Zerstuckelung groBer Tiere er- reicht werden. Die zweite Leitform der Gerate des Frthacheuléen, die allseits zuge- richteten mandel- bis birnenformigen gewaltigen Faustel waren Universal- gerate, die ebenfalls nur mit beiden Handen bedient werden konnten. Gegentiber den noch mehr kugelf6rmigen Oldowaihackmessern lag der erundlegende Fortschritt bei der Fertigung dieser neuen Gerate darin, daf von vornherein das Kernsttick mehr langs-oval zugerichtet wurde. Auf die- se Weise lieBen sich an beiden Seiten Schneidekanten herrichten, sowie das eine Ende zum Zerstampfen breit abrunden und das andere Ende zu einer Spitzhacke formen. AuBerdem konnten die geglatteten Breitseiten noch an- dere Aufgaben erfullen. Diese Allzweckgerate durften sich vorztiglich mit den Enden zum Auf- schlagen von Knochen zur Markgewinnung, Einschlagen der Schadeldecke zur Gehirnentnahme, als Spitzhacke zum Ausgraben von Wurzeln und Knollen, mit den scharfen Langskanten zum Abziehen und Zerlegen von Wild und schlieBlich mit den Breitseiten zum Mlirbeklopfen von Fleisch, Zerquetschen und Zerbroseln von Nu&kernen, Samen und dergl. mehr ge- dient haben. Abb. 16: Zweischneid-Spalter aus dem frithen Acheuléen mit abgestumpfter Oberkante zum Auflegen der Daumen, dachférmig angespitzte obere Seitenkante zum EKinlegen in die Handbeugen, schrag verlaufende angescharfte untere Schnitt- kante (25 :12 :5 cm). Hennig: ,,Sinnesgreifhiande* und menschliche Stammesentwicklung 34] Was fur Hande waren es aber, die diese seltsamen groBen und schweren ,Handguillotinen“ und ,,Universalfaustel“ bedienten, welche so gar nicht recht in unsere heutigen Hande passen wollen? Man wird wohl kaum fehl- gehen, sich vorzustellen, dafi die damaligen Friihmenschen noch ,Prima- tenhande“ besaBen. Die ihrer GroSe entsprechenden kleinen ,,Primitivhin- de“ mussen die Hominiden, die sie vorher als Hangler aus ZweckmAaBig- keitsgrunden erworben hatten, wahrend der ganzen vormenschlichen Zeit des Pliozans, ja sogar die Fruhmenschen noch wahrend der ersten Halfte des Pleistozans beibehalten haben. Dies bedeutete fiir sie ja keine wesentlichen Nachteile, denn wie Kortland an freilebenden Schimpansen gezeigt hat, kénnen diese Tiere mit angelegten Daumen Stoécke halten und sehr kraftig und zielsicher auf ihre Todfeinde, die Leoparden, einschlagen. Welches waren aber die Ursachen, die den Homo erectus zu dieser umwal- zenden Wende der Geratetechnik gefitihrt haben? Mit zunehmendem Ver- stand hatten sich namlich inzwischen bei den Frihmenschen ganz andere Jagdgepflogenheiten und auch eine andere Ernahrungsweise eingestellt. Da sie bereits das Feuer kannten, konnten sie Fleischstticke braten, was ih- rer Verdauung dienlicher war, und auch Vorratsmengen anlegen. Sie waren jetzt nicht mehr darauf angewiesen, pausenlos tagaus tagein als fast reine Fleischesser durch Kleintiere ihren EiweiBbedarf zu decken, sozusagen von der Hand in den Mund zu leben. Dank ihrer Intelligenz wagten sie sich jetzt an Groftiere bis zum Elefanten heran. Durch diese Umstellung auf derartig groBe Beutestiicke konnten sie ihre Nahrung viel wirksamer beschaffen und dadurch mehr Zeit ftir sich selbst und ihre kulturellen Bedurfnisse finden. Durch Brandfackeln und Rauchschwaden trieben sie das GroBwild in Fang- gruben oder Moorlachen, oder jagten es in Abgriinde. Mit ihren Spaltern zerlegten sie die Beute an Ort und Stelle und brieten und verspeisten das Fleisch auf ihren nahegelegenen Wohnplatzen. Einen sicheren Beleg hier- fiir liefern uns z. B. die Ergebnisse einer Ausgrabungsstatte aus der Zeit vor 300 000 Jahren im Ambronatal in Zentralspanien, die von Howell gelei- tet wird. Mit fortschreitender Entwicklung der Fruhmenschen mischten sich zu den GroBgeraten des Acheuléen sog. Schaber, die an einer Spitze oder einer Sei- tenkante eines verarbeitenden Steines zapfenformige Vorsprtinge aufwei- sen und die von Rust als Nasenschaber oder Querschaber bezeichnet wur- den. Rust hat solche Gebilde im Gebiet des Homo heidelbergensis und auch an anderen Stellen gefunden und er schreibt dartiber: ... ,,Wir haben derartige alterttimlich wirkende und vom konventionellen Typenschema abweichende Artefakte unter der Bezeichnung ,Heidelberger Kultur‘ zu- sammengefaBt. Als Hauptformen zeichnen sich die ,Nasen und Querschaber* ab. Diese mit nur kurzen Arbeitskanten versehenen Werkzeuge sind an den Greifpartien in immer regelmaBiger Anordnung mit verstumpften Kerben versehen. Die verstumpften Kerben sind ein artifizieller Bestimmungsfak- tor erster Ordnung! Diese Werkzeuge sind der Hand durch Zurichtung indi- viduell angepaBt worden. Sie konnen am besten bei spinnenbeinartiger Spreizung der Finger im ,Primitiv- oder Spreizgriff' gefa8t werden (Abb. 17). 249 Hennig: ,,Sinnesgreifhande“ und menschliche Stammesentwicklung Vv Abb. 17: ,,Nasenstein“ eines Fruhmenschen aus dem Acheuléen mit Zugriff durch Pri- mitivhand (n. Rust). ; Oftmals wenden Kleirkinder noch heute diesen Griff an“. Damit durfte Rust noch einmal dargelegt haben, dafi noch zu jener Zeit Steingerate mit ,,Primi- tivhanden“ bedient wurden. Die muldenartigen, angescharften Steinkanten kénnten wohl zum Entrinden, Glatten und Anspitzen von Asten benutzt worden sein. Es war eben jene Zeit angebrochen, in der die Affenhand den opponierba- ren Daumen ausbildete. Gerade der Umgang mit Rundholzern war ideal da- zu geeignet den Daumen den tbrigen Fingern gegentiberzustellen. Mit der Bearbeitung von Asten zu Keulen, StoBlanzen oder dergleichen, wozu sich die Nasenschaber vorztiglich gebrauchen lieBen, und durch die Hantierun- gen an Rundholzern, durften die affischen Primitivhande des Homo erectus endgultig verschwunden sein. Der Grob- und Spreizgriff der Hande, erganzt durch den Feingriff, vollendete die Sinnesgreifhande mit ihrer taktilen Gno- sis der Fingerbeeren und ihrer vielseitigen Fingerfertigkeit endgiiltig zu je- nem ,,Handwunder“, wie es nur der Mensch besitzt. Erst aus dem sinnvollen Zusammenspiel der Beweglichkeit der Finger mit dem gegentiberstellbaren Daumen und dem Fingerspitzengefthl konnten die fiir die menschliche Hand typischen, von zur Verth aufgestellten Greifformen funktionell ausgenutzt werden. Diese Greifformen als Grob-, Fein-, Schliissel- oder Drehgriff, auf denen die hervorragende Leistung der Sinnesgreifhande auf- gebaut ist, wirken aber nur dann sinnvoll, wenn Gefiihl und Bewegung stets ubereinstimmend arbeiten und der Hand funktionelle Finheit geben. Hennig: ,,Sinnesgreifhande“ und menschliche Stammesentwicklung to os to Das fortgeschrittene Acheuléen Das Acheuléen mit seiner groben Steinindustrie reichte von rund 700 000 bis etwa 75 000 Jahre vor unserer Zeitrechnung. Der Homo erectus konnte bis vor etwa 300 000 Jahren nachgewiesen werden. Seine GroBhirn- entwicklung war aber schon so weit fortgeschritten, daf die Friihmenschen mit ihren klassischen Vertretern, dem Pithecantropus erectus, dem Sinan- thropus pekinensis und dem Heidelberger Menschen im Besitz geistiger Fa- higkeiten waren und sich bereits die allerersten Anzeichen von Kultur vor- fanden. Sie hausten in Hohlen. Brandspuren beweisen, daB sie das Feuer kannten. Steingerate fur deutlichen Gebrauch konnten aus ihren Nachlis- sen geborgen werden. Aber mit 300 000 Jahren bricht der Nachweis von Fossilfunden des Homo erectus ab. Wir sind fur einen Zeitabschnitt von rund 200000 Jahren fast nur auf Artefaktfunde angewiesen. Nur zwei bertihmte Schadelfossilien aus der Zeit vor etwa 250 000 Jahren, der Mensch von Swanscombe aus England und der Steinheimmensch aus Deutschland, deren geologisches Alter sorg- faltig errechnet wurde, beweisen uns die rasch fortschreitende Entfaltung des Grofhirns. Ihre Hirnschadelkapazitaten werden mit 1100 cm’ angege- ben. Auffallig ist bei diesen Schadelfunden die Tatsache, da sich das Hin- terhaupt dieser Altmenschen schneller entwickelte als der Gesichtsschadel. So nahern sich ihre Hinterkopfe bereits denen des Homo sapiens, wahrend der Gesichtsschadel des Steinheimmenschen sich mit seiner flachen Stirn und den starken Uberaugenwiilsten nur wenig vom Homo erectus unter- scheidet. Erst gegen Ende der langen Acheuléenepoche werden die Steinerzeug- nisse feiner und vielfaltiger an Spezialformen, was dann rasch zum Hohe- punkt der Steinzeitkultur vom Moustérien bis zum Magdalénien fthrte. Bereits beim Ubergang zur mittleren Altsteinzeit war inzwischen eine an- dere Menschenform in Erscheinung getreten, der Neandertaler. Mit ihm war die letzte Vorstufe des Homo sapiens erreicht. Jene Menschen, die da- mals auf den Plan traten, muBten bereits die geistigen Fahigkeiten besitzen, mit Voraussicht die richtigen schlagbaren Rohsteine auszusuchen und bei ihrem Anblick sich das zu schaffende Gerat vorzustellen, um es dann mit ihren jetzt vollendeten Sinnesgreifhanden in der gewtinschten Form zu fer- tigen und auf Vorrat zu legen. Spuren des Neandertalers finden sich rings um das Mittelmeer, in Euro- pa, Asien und Nordafrika, in der Zeit von 150 000 Jahren bis vor etwa 35 000 Jahren. Eine letzte Nachricht durch Gadschijew meldet sein Vorkom- men in Aserbeidschan vor 250000 Jahren. Man nimmt an, daf es sich bei dem Neandertaler um einen Seitenast der menschlichen Entwicklung han- delte, der am Ende der Wtirmeiszeit ausstarb. Noch zu seinen Lebzeiten wurde er vom Cromagnon-Menschen, der aus dem Osten nach Europa ein- sickerte, abgelést und dessen Kultur von rund 35 000 Jahren bis etwa 10 000 244 Hennig: ,,Sinnesgreifhande“ und menschliche Stammesentwicklung Jahren dauerte. Beide Menschenformen besafien bereits eine Hirnschadel- kapazitat von 1300 bis 1400 cm?. Fragen wir uns nach den Ursachen der langen Acheuléenzeit mit ihrer | groben Abschlagtechnik, so kann die Antwort nur lauten, da der Homo erectus im Anfang dieser Zeit noch Primitivhande besessen haben muB, die beim Abklingen des Acheuléen sich ganz allmahlich in die heutigen mensch- lichen Hande mit verlangertem und gegentiberstellbarem Daumen verwan- delten. Erst mit Erganzung des Grobgriffes durch den Feingriff (und Dreh- eriff) vollendete sich gegen Ende des Acheuléens das Wunderwerk der Sin- nesgreifhande. Damit waren auch die Voraussetzungen einer beschleunig- ten Entwicklung der menschlichen Kultur zu einem Hohepunkt in der spa- ten Altsteinzeit geschaffen. So standen denn auch in der Endphase der menschlichen Entwicklung die Sinnesgreifhande als Schrittmacher im Mit- telpunkt des Wechselspiels zwischen der sich vervollkommenden Hand- fertigkeit und dem durch anregende positive Ruckwirkung sich entfalten- den GroBhirn mit seinen geistigen Funktionen. Die Steinschlagtechnik des Abbevillien mit Absprengung gr6éBerer Stein- kanten von der Oberflache des Rohstticks mittels grober Steinbrocken und spater kleinerer Steinkanten durch Knochen- und Hornhammer wurde in dem jlingsten Abschnitt der Altsteinzeit durch neue Verfahren der ,,Druck- technik“ mit Abpressen feiner Steinsplitter mittels spitzer Werkzeuge er- weitert. Von jetzt an waren mit Hilfe des Fein- und Drehgriffes die Stein- erzeugnisse durch kleinere Retuschen an den Schnitt- und Arbeitskanten wesentlich vielseitiger, formgerechter und scharfer. Vergleichen wir nochmals die Steinerzeugnisse des Fruhmenschen aus dem Abbevillien mit der vollendeten Steinzeitkultur des Cromagnon-Men- schen, so konnten nach Solecki die Leistungen des Homo erectus je Pfund Steinmaterial etwa 5 bis 20 cm Schnittkante, beim Neandertaler be- reits die funffache Menge und schlieBlich mit der vollendeten Technik der langen und dtinnen Klingen des Cromagnon-Menschen sogar i2 Meter Schnittkante herausarbeiten. Gleichzeitig waren bei den rohbehauenen Steinerzeugnissen des Friihmenschen etwa 25 Schlage in einem Arbeitsgang erforderlich, wahrend ftir die vollendeten Steinwerkzeuge im oberen Palao- lithicum mit seiner komplizierten Technik bis zu 9 Arbeitsgaénge und etwa 250 Schlage bzw. Abdriicke notwendig waren. Durch eine erhebliche Erspa- rung des Steinmaterials waren die Cromagnon-Menschen zur Herstellung ihrer Steingerate auch nicht mehr an das bodensténdige Vorkommen von Steinmaterial gebunden, sondern konnten Feuersteinknollen zur Weiterbe- arbeitung mit sich fiihren. Als Jager und Sammler waren die Neandertaler wahrend der Eiszeit noch immer mit dem kosmischen Geschehen innig verbunden und ihm unmittel- bar ausgesetzt. Wahrend gleichzeitig die Tiere alle kosmischen Einfltisse passiv uber sich ergehen lassen muSten, lernten die Spatmenschen aber Dank der Ausreifung ihrer Sinnesgreifhande und mit zunehmendem Ver- stand Unbilden und Wechselfalle des Naturgeschehens bewuBt zu trotzen und zu uberwinden. Angewiesen und eingestellt auf hochwertige EiweiB- Hennig: ,,Sinnesgreifhinde“ und menschliche Stammesentwicklung 345 nahrung, die der Homo erectus seit Beginn der humanen Phase des Pleisto- zans aus der Beute seiner Groftiertreibjagden bezog, muBte sich der Ne- andertaler, wenn er dem sich abktthlenden Klima nicht ausweichen wollte, den veranderten Umweltverhaltnissen und den neuen Verhaltensformen der Groftiere mit ihren kontinentalen Wanderungen bis in die weiten Ebe- nen am Rande des Hises, wo sie sich in groBen Mengen versammelten, an- passen. : Dies war den Eiszeitmenschen aber nur méglich, wenn sie Dank ihrer Fin- gerfertigkeit und ihres Fingerspitzengefitihls, insbesondere seit Erwerb des Feingriffes durch Erfindung neuer Spezialformen wie Kratzer, Bohrer, Na- deln usw. aus Flint, Knochen und Horn Fellbekleidung zum Schutz vor Kal- te herstellen konnten. Gleichzeitig muBten sie, um ihren Jagdgepflogenhei- ten treu bleiben zu konnen, ihren Beutetieren (Mammut, Ren, Hirsch usw.) auf den Fersen folgen und transportable Behausungen aus Fell mit sich ftih- ren, die in den fast baumlosen Tundren Hohlen und schtitzende Walder er- setzten und in denen sie aufer der Nahrungszubereitung die notwendige Warme finden konnten. Ihre, in einer Rickkoppelung durch die Greifhand ' wahrend des Pliozans erzwungene Zweibeinigkeit erlaubte ihnen mit ih- ren kraftigen federnden Schreitbeinen lange Wanderungen durchzuftihren und dabei auch auf Schultern und Kopf schwerste Lasten zu tragen. Hierzu kam mit dem raschen Fortschreiten der Menschwerdung auch noch ein be- wuBtes kalendarisches Zeitempfinden, das sich seit Urzeiten durch Beob- achtung gesetzmafiger kosmischer Naturverhaltnisse (Tag und Nacht, Som- mer und Winter, Sonnenwenden, Mondphasen, Ebbe und Flut) eingestellt hatte, so daB sie den Zeitpunkt ihres Jagdaufbruches vorausbestimmen und notwendige Planungen fur die Jagdausrustung vorbereiten konnten. Hatten nun die Menschen der Mittelsteinzeit nach Vollendung ihrer Sin- nesgreifhande durch die Oppositionsstellung der Daumen dank ihrer Kul- turerzeugnisse materiell und geistig eine viel hohere Lebensstufe als der Homo erectus erreicht, so steht dieser Fortschritt doch ganz im Schatten eines gleichzeitig sich vollziehenden Ereignisses von so Uberragender Be- _ deutung, da die Stellung des Menschen gegenuber allen Lebewesen noch in anderer Hinsicht umstiirzend beeinfluBt werden sollte. Von jetzt an tauchen in den Hinterlassenschaften des Neandertalers als auffallende Neuheiten in groBen Mengen sorgfaltig hergestellte Pfeil- und Lanzenspitzen auf. Dies ist ein untruglicher Beweis dafur, da&B wahrend der Eiszeiten ganz neue Waffen in Anwendung kamen und zwar Fernwaffen als die ktinftigen Hauptwaffen. DaB auch bereits die Fruhmenschen durch Ver- bindung von Holz, Knochen und bearbeitetem Feuerstein immer bessere Nahwaffen, wie Keulen mit eingefiligten Steinsplittern, Hammer, Beile und mit Griff versehene Messer und Dolche herstellten, dtirfte wohl auBer Zweifel stehen. Auch daB von den Frihmenschen wahlweise Stein- oder Keulenwutrfe zur Verteidigung und zum Angriff angewendet wurden, laBt diese Gerate aber noch nicht in die Gruppe der Fernwaffen einordnen. Mit den neuen Fernwaffen (Bola, Bumerang, Schleuder, insbesondere 246 Hennig: ,,Sinnesgreifhande“ und menschliche Stammesentwicklung Wurfspeer, Pfeil und Bogen), die den Tod auf Entfernung ohne Gefahr fur den Jager brachten, wurde etwas ganz Neues in die damalige Lebewelt ein- gefiihrt. Mit der Erfindung und systematischen Anwendung der Fernwaf- fen, die nur dem zuletzt erworbenen Feingriff der Sinnesgreifhande zu ver- danken war, brach fiir den Menschen eine ganz neue Zeit an. Jetzt stand er nicht mehr auf der gleichen Stufe mit der Tierwelt wie der Vormensch, son- dern er erhob sich im Besitz der Fernwaffe tiber alle anderen Lebewesen. Von nun an beherrschte er als passionierter Jager seine Umwelt und konn- te sein Leben und seine Bedtirfnisse nach eigenem Willen gestalten. Jetzt konnte er, ohne dabei sein Leben aufs Spiel zu setzen, sogar allein auf Jagd gehen. Wie Ardrey sich ausdrtckt ,,brauchten sie einander nicht mehr, weder fiir den Erfolg, wenn sie auf Jagd gingen, noch als Schutz, wenn sie gejagt wurden“. Die Horde mit ihrer strengen Ordnung war nicht mehr unersetzlich, sie wandelte sich. Die Zeit der Aufgliederung in kleinere Ver- bande, Sippen, Familien und Einzelwesen hatte begonnen. Von jetzt an stand die Familie, wie sie fur uns ein Begriff ist, im Mittelpunkt der Gesell- schaftsordnung. In der Horde waren die weiblichen Wesen Allgemeingut fiir den Starksten gewesen, jetzt hingegen konnte der Mensch Frau und Kinder unabhangig von einer Horde erhalten. Von nun an entwickelte sich, auch wenn diese Wesen zwar noch in groeren lockeren Gruppen zusam- menlebten, eine vollig neue gesellschaftliche Verhaltensform mit Aufteilung in einzelne Arbeitsgebiete. Jetzt konnte nach Ardrey“ die naturliche Auslese die Vielfalt und soziale Gruppen mit einer Struktur der Unordnung begiinstigen. Mittelmaf und Konformitat waren nicht mehr die obersten Tugenden“. Ardrey geht sogar soweit zu behaupten, ,,daB erst mit Er- findung von Pfeil und Bogen das Individuum von der strengen sozialen Ord- nung der kooperativen Jagdbande befreit wurde.“ In der Menschheitsge- schichte habe erst die Fernwaffe, deren Bedeutung er mit der Erfindung von Atomwaffen fiir den Menschen von heute vergleicht, die Entstehung des Individuums erméglicht. Das uralte Gefangnis der Konformitat wurde ge- sprengt. Mit der Schaffung eines neuen Gesellschaftsvertrages war die Menschheit bereit zum groBen Aufbruch. Dieser Anschauung Ardreys stimmen wir nur bedingt zu. Seiner Er- klarung, daB nur die Herstellung von Pfeil und Bogen als alleinige Ursache diese gesellschaftliche Umstellung erméglichte, pflichten wir nicht bei. Nicht die Erfindung von Pfeil und Bogen brachte den gesellschaftlichen Umsturz, sondern die weitere Vervollkommnung der Sinnesgreifhande mit ihren An- reizen auf das GroBhirn, wodurch sich Hand und Hirn als ,,auBeres und in- neres Gehirn“ zu einer Einheit verbanden, die den Fortschritt in der Menschwerdung brachten. Die Zeit war reif fiir die Erfindung von Fern- waffen. Die Anwendung von Fernwaffen im allgemeinen fut auf bestimm- ten Voraussetzungen, die erst ganz allmahlich erarbeitet werden muBten. Die Erfindung und Handhabung jeder Fernwaffe ist ein sehr umfassender Vorgang, der einen erheblichen geistigen und kérperlichen Aufwand vor- aussetzte. Im Mittelpunkt steht immer wieder die Sinnesgreifhand in ihrem Zusammenspiel mit der GroShirntatigkeit. Durch die Gegentiberstellung Hennig: ,,Sinnesgreifhande“ und menschliche Stammesentwicklung 347 der Daumen hatten die Sinnesgreifhande mit dem Feingriff das endgiiltige menschliche Ma8 erreicht. Greifen wir zur Betrachtung einer Fernwaffenfiihrung beispielsweise einen jagenden Bogenschutzen heraus, so stellt schon der erste Akt des Jagdvorhabens, das Wild auszumachen, eine auf Erfahrung aufgebaute gei- stige Aufgabe dar, um im zweiten Akt aus einem gesicherten Hinterhalt den Pfeilschu8 anzubringen. Mit Erfassung der jeweiligen Situation ergreift die eine Hand mittels des Grobgriffes den Bogen und spannt in einem Feingriff zwischen dem hakenformig gebogenen Zeige- und Mittelfinger die Sehne, wobei das Pfeilende zwischen beiden zu liegen kommt. Beim Spannen der Sehne wird mit dem raumlichen Gefiihl der Fingerbeeren der ganze Korper bis zum Fu8 in den SchuBvorgang miteinbezogen und die Schubkraft der Arm- und Schultermuskeln durch das feine Fingerspitzengeftihl, unter Ein- beziehung des stereoskopischen Sehens und der Tiefensensibilitét so genau abgewogen, da der Pfeil auch sicher ins Ziel trifft (Abb. 18). Besser als vie- le Worte zeigt uns diesen verwickelten Vorgang die klassische uniiber- treffliche Darstellung eines Bogenschtitzen im Augenblick der starksten Bo- genspannung aus der Zeit der ostspanischen Levantekunst in der Valltorta- schlucht in Spanien. Korper, Pfeil und Bogen sind formlich zu einer Einheit verschmolzen. Die ubertrieben kraftig gezeichneten gebogenen Beine ver- krallen sich wie Bagger in den Erdboden, durch Breitstand wird der Schwer- punkt des Korpers bodenwéarts verlagert und der lange, keilf6rmige, sich nach unten verjungende Oberkorper sitzt wie eine gespannte Feder auf dem Becken auf. Arm und Schulter in verstarkter Darstellung deuten die Schub- kraft im Augenblick des Abschusses an. Zotz sagte dariiber: ,,Es stellt nicht nur einen Bogenschutzen dar, sondern es ist der Schu8 katexochen“. Spater gesellte sich noch als Jagdgebrauch die Verwendung von Pfeilgift hinzu, die Einzeljagern und kleinen Gruppen das Erlegen von GroBwild er- leichterte. Auf spanischen Felsmalereien wurde die Zeichnung eines Beu- Abb. 18: Berlihmter Bogenschiitze aus Cueva del Civil in der Valltortaschlucht (Ost- spanien, ostspanische Levantekunst) 348 Hennig: ,,Sinnesgreifhande* und menschliche Stammesentwicklung tels, der méglicherweise Spinnengift enthalt, dargestellt und die beruhmten Bisondarstellungen von Altamira in Nordspanien, die man fur gebarende Bisonktihe gehalten hat, diirften nach unserer Meinung Lahmungserschei- nungen durch Pfeilgift darstellen. Nach einem Bericht von Brunlinger benutzen noch heute die letzten Uberlebenden der primitiven Buschman- ner, gewissermafen Relikte der Steinzeit, in der sudafrikanischen Kalaha- riwuste fur ihre Jagden auf GroBwild Pfeilgift, das sie aus sehr giftigen Ka- ferlarven gewinnen. Sie tragen die lebenden Larven stets bei sich, um das Gift erst bei Gebrauch durch Zermalmen der Larven, vermengt mit klebri- gem Aloesaft, zuzubereiten. Wahrend ihrer tagelangen Hetzjagden, bei de- nen sie aus rituellen Griinden keinerlei Nahrung zu sich nehmen, wird das Wild neben Beschu8 mit Pfeilgift gleichzeitig noch durch gezielte Wiirfe mit Kntippeln gegen die hochempfindlichen Lefzen geschwacht. Auch das Zer- legen ihrer Beute mit primitiven Stein- und Knochengeraten und ihr Ab- transport geben uns eine vortreffliche Vorstellung von den gleichen Gepflo- genheiten, wie sie wohl bereits die Steinzeitjager ausgefuhrt haben durften. Mit der Erfindung und dem Umgang von Fernwaffen kam auch die Ent- wicklung von Nahwaffen nicht zu kurz. Auch waren die damaligen Men- schen Kannibalen und muften einem plotzlich auftauchenden Gegner ge- wachsen sein. Erstaunlicherweise kannten sie bereits die waffenlose Selbst- verteidigung, die heute unter dem Namen Jiu-Jitsu allgemein bekannt ist, und bei dem der Gebrauch der Hande die wesentlichste Rolle spielt. Fur einen gelbten Kampfer bedeuten sie die beste Nahwaffe. Wieder soll das Bild einer derartigen Nahkampfszene den tiberzeugen- den Beweis von ihrer Wirkung erbringen. Die bildliche Darstellung (Abb. 19) stammt aus etwas spaterer Zeit (Jungsteinzeit) als der eben beschriebene Bogenschutze, und wurde von Frobenius inRhotert inder Wuste Sa- hara in einer Hohle des Wadi Sora mitten unter anderen Felsmalereien ent- deckt, aber nicht gedeutet. Einem Kenner einer derartigen Situation ist ihr Sinn auf den ersten Blick verstandlich, als ein gnadenloser Zweikampf oh- Abb. 19: Felszeichnung einer Selbstverteidigung aus der lybischen Wiiste (n. Frobe- nius in Rhotert); deutlicher Zusammenhang mit der ostspanischen Le- vantekunst. Hennig: ,,Sinnesgreifhande“ und menschliche Stammesentwicklung 349 ne Waffen, wobei hier Judo und Karate miteinander verkniipft sind. Die Darstellung wurde von O. Hennig gedeutet und beschrieben: ,,Eine schlanke, grazile Gestalt flihrt einen wuchtigen gezielten Hieb mit der Handkante des linken ausgestreckten Armes gegen die Schidelbasis eines ihr an Kraft und Massigkeit tiberlegenen Gegners. Unter gleichzeiti- gem Beinstellen durch Vorstrecken des linken Beines sackt die athletische Gestalt, vielleicht todlich getroffen, zusammen. Durch Ausweichen mit dem Kopf und mit eingewinkeltem Arm versuchte der Getroffene noch eine schwache Parade, doch sie kommt zu spat, und rein reflexartig streckt er den rechten Arm aus, um den Sturz aufzufangen. In eleganter Weise wird von dem Kunstler ausgefuhrt, wie die angreifende Person, um ihr Gleichge- wicht auszubalancieren, ihren eigenen Schwerpunkt verschiebt. Auch die Grundidee des Jiu-Jitsu, die darin besteht, einem in dieser Kampfweise ge- ubten Menschen die Moglichkeit zu geben, selbst einen an GréBe und Kraft uberlegenen Gegner zu Boden zu schlagen und unschadlich zu machen, hat der Kunstler in geradezu klassischer Weise dargestellt.“ Diese Allkampfszene befindet sich als ,,Miniaturmalerei“ im Mittelpunkt einer Gruppe wilder Bogenschutzen in den verschiedensten Stellungen. Da noch weitere Darstellungen von waffenloser Nahverteidigung sich vor- finden, koénnte hier der Gedanke auftauchen, daB es sich um Lehrbilder _ handelt und die angeftihrte Szene als auBerste Form der Selbstverteidigung bewuBt auBersten Fernwaffenanwendungen gegentibergestellt wurde. Hatte die Vollendung der Sinnesgreifhande mit ihrem Feingriff und da- mit die Erfindung von Fernwaffen seit der Altsteinzeit fiir den Men- schen eine ganz neue Zeit heraufbeschworen, die sein gesellschaftliches Verhalten vollig anderte, indem sie das geordnete Hordenleben wandelte und die Ausbildung der Einzelpersonlichkeit gestattete, so fehlte als SchluB- akt noch eine dritte, sehr entscheidende Voraussetzung zum Homo sapiens, das Mitteilungsvermogen. Gerade in seinem neuen sozialen Verhalten be- durfte der Mensch der Nachrichten, die ihm gestatteten, Erfahrungen aus- zutauschen, gemeinsame Plane durchzuftihren und Wissen zu speichern. Die Aufgabe eines gegenseitigen Gedankenaustausches stellt ja auch eines der wichtigsten Urprobleme der Menschheit dar, die in der Entwicklung von Sprache und Schrift ihre Losung fanden. Aschoff, der sich in neuerer Zeit mit der Entstehung von Sprache und Schrift beschaftigt hat, schreibt dartiber: ... ,,Der entscheidende Schritt vorwarts geschah, als der Mensch begann, einzelne Laute voneinander abzu- gliedern und zueinander in Beziehung zu setzen, so dafi sich aus ihrer Kom- bination Worte und Satze bildeten. Erst jetzt konnte er sich von der unmit- telbaren Anschauung freimachen und tiber etwas nicht Gegenwartiges oder nicht Gegenstandliches berichten. Den Nachrichteninhalt der Sprache, zeit- lich bestaéndig und in groBer Entfernung tibertragbar zu machen, stellt eine Aufgabe dar, deren schrittweise Losung auf das engste mit der kulturellen und zivilisatorischen Entwicklung der Menschheit verbui%len ist“... Das gleiche gilt auch ftir die Entwicklung der Schrift. Wurden bereits durch Zei- chengeben bei der Jagd der Friihmenschen Seheindrtcke ubermittelt, so ha- 350 Hennig: ,,Sinnesgreifhande* und menschliche Stammesentwicklung ben die Sinnesgreifhande wahrend der Eiszeit Tierbilder und andere Dar- stellungen in Hohlen und an Felswanden gemalt, wobei den Menschen bald klar wurde, daB sie damit bestimmte Aussagen machen konnten, die von Be- stand waren, und daB sie sich zum konzentrierten Nachrichtenaustausch eig- neten. Spater entstand daraus die Bildsprache der alten Kulturvolker, die durch Normung von Bildreihen und Aneinanderreihung an die Stelle der beliebig vielgestalteten Bilder trat. Sprache und das geschriebene Wort be- stimmen seitdem unser Leben, und ihnen verdanken wir unsere kulturel- len und zivilisatorischen Errungenschaften. So steht er jetzt da am Ende einer unendlich langen, zuletzt aber stur- misch vorwarts drangenden Entwicklung: Der emporgestiegene, der ,,nack- te Affe“, wie er von Morris etwas spottisch genannt wird, der Homo sa- piens, wie ihn Linné wohlwollender betitelt. Stolz erhobenen Hauptes, im Vollbesitz geistiger Krafte, in straff aufrechter Haltung, mit durchge- driickten Knien und fast gestreckten Hiiften, mit einem kraftigen, ausla- denden Gesé8, wohlproportionierten Waden, mit elastischen FuBgewolben und verstarkten ersten FuBstrahlen, wie sie sonst kein Saugetier aufweist. Das Wesentliche seiner Entwicklung verdankt er letzten Endes den funf- strahligen Handen, die seit alten Zeiten fur die Wirbeltiere die wichtigsten Organe fiir die Umweltvermittlung darstellten, wozu erst spater zu ihrer Bedienung Arme geschaffen wurden. Wahrend der Millionen Jahre dauernden Hangelzeit der Menschenaffen bildeten sich die Hande zu besonderen Sinnesgreifhanden aus, die ihrer- seits eine Kette aufeinanderfolgender Entwicklungsstufen in der Mensch- werdung auslésten, von langen Greifbaggerarmen uber den Hakenhand- gang und die ZweiftiBigkeit bis zur GroBhirnentfaltung. Nicht vergessen wollen wir nocn, daB die ehemals kraftigen raubtierahn- lichen Eckzéhne bis zum Erreichen der Zweifufigkeit infolge Entlastung durch den sich sténdig verbessernden alltaglichen Waffen- und Geratege- brauch der Sinnesgreifhande an den langen freien Greifbaggerarmen auf das menschliche Mafi umgebildet wurden. So vergleicht Kortland sehr treffend den Faustkeil mit dem ,,Eckzahn in der Faust“ des Urtechnikers. Nachteile der aufrechten Kérperhaltung Wie stolz wir auch auf unsere k6rperlichen und geistigen Errungenschaf- ten sein mégen, so soll nicht verschwiegen werden, daf der Preis, den wir fiir den aufrechten Gang bezahlten, sehr hoch ist. Unsere zuletzt sttirmische Entwicklung ist verglichen mit der unendlich langen vorausgegangenen seit der endgultigen Aufrichtung unseres Korpers nicht ungestraft an uns vor- beigegangen. Diese Zeit hat nicht ausgereicht, den in Hunderten von Jahr- millionen erprobten und auf die Waagerechte festgelegten Korperbau un- serer Vierbeinervorfahren durch den senkrecht ausgerichteten fehlerlos zu ersetzen. Der Umbau unseres K6rpers und die véllige Anderung seiner Statik ist weniger durch Planung als vielmehr sehr haufig durch behelfsmafige Lo- Hennig: ,,Sinnesgreifhinde“ und menschliche Stammesentwicklung 25] sungen gekennzeichnet, so dafi sich bis heute noch ein ganzer Katalog von Beschwerden und korperlichen Nachteilen in Riickerinnerung an stammes- geschichtliche Vorgange bemerkbar macht. Das anatomische Ergebnis der evolutionaren Anpassung ist daher alles andere als befriedigend. Insbeson- dere gilt dies fur unser Ruckgrat mit seiner ,,Achillesferse“ dem Ubergang von der Lendenwirbelsaule ins Kreuzbein, jener ftir die gesamte Statik ent- scheidenden wichtigen Korperstelle, wo sich obere und untere Korperhalfte treffen und die Lendenwirbelsdule gegentiber dem Kreuzbein einen nach vorn vorspringenden scharfen Knick aufweist. Schon die alteren Anatomen betrachteten das unstabile untere Ende der Wirbelsdule, insbesondere den Lendenknick als Kaufpreis, den der Mensch ftir seinen aufrechten Gang zahlen mute. Dort zeigen sich namlich am hauftigsten noch heute die b6- sen Folgen der Korperaufrichtung. Gleichzeitig wurde durch die VergroBerung des Zwischenraumes zwi- schen der unteren Brustkorbwand und den verktirzten Beckenkaémmen die vordere Bauchwand weitgehend, besonders in ihrem unteren Abschnitt, ge- schwacht. Wenn auch die Natur sich bemuhte, durch Erfindung der ersten »»perrholzplatte“, bestehend aus kreuz- und quer verlaufenden Muskel- schichten und Faszien, dieser Wandschwache zu begegnen, so beweisen noch heute Hangebauch und Leistenbruche die Unvollkommenheit unserer Ent- wicklung. Hinzu kommen aber noch gentigend andere Nachteile am Bein- skelett, den Bauchorganen, dem Kreislaufsystem und dem Geburtskanal. Hinen weiteren Preis, den der Mensch fur seine in drei Freiheitsgraden sich auswirkende Beweglichkeit seiner Schultergelenke darbringen mubBte, ist die Neigung zur Ausrenkung, die sich bis zur ,,habituellen Luxation“ stei- gern kann. Um all diese empfindlichen und luckenhaften Stellen auszumer- zen und einmal in den vollkommenen Besitz einer gut ausgewogenen Statik unseres auf die Langsachse ausgerichteten Korpers zu kommen, durften noch viele Millionen Jahre verstreichen, bis diese Mangel durch Mutation und Selektion ausgeglichen sind. Stérung in der Zusammenarbeit zwischen Grobhirn und Stammhirn Andeutungsweise sei noch erwahnt, daB auch die Entfaltung unseres GroBhirns mit seinem abstrakten Denken noch keineswegs zu einer restlos geordneten Zusammenarbeit und Beherrschung des Stammhirns, dem Sitz unserer Triebe und Instinkte, geftihrt hat. Immer wieder schlagen die Stammhirnerregungen durch. So kann bei- spielsweise die Angriffslust schwere Argernisse und dunkle Schatten im geistigen Bereich des Homo sapiens heraufbeschworen. Diese Sachlage kann wohl kaum treffender beschrieben werden, als es Max Born in einem Aphorismus tat, der nachhaltig auch fiir den heutigen Menschen gilt: ,,Es scheint mir, daB der Versuch der Natur, auf dieser Erde ein denkendes We- sen vorzubringen, gescheitert ist, denn in diesem Wesen sind tierische In- stinkte mit intellektuellen Kraften so unheilvoll vermischt, da die Mi- schung nicht mehr unter Kontrolle gehalten werden kann“. Hennig: ,,Sinnesgreifhande“ und menschliche Stammesentwicklung Die steinzeitlichen Gegebenheiten Geolo- gische Zeiten Menschen und Vormenschen- formen Steinzeit- liche Kulturen Wichtige Fund- stellen Anmerkungen SAP We NS Allman. Eindringen | Entwicklung der heutigen afrikan. | Rassen. ? Grosse | Buschmanner SPA- TES | 50.000 MITTLE- RES Homo erectus (Pithecanthro- pus) 300 000 750 000 | FRUHES | 1 500 0Q0 Australopithecinen (+ Homo habilis) a - — Neolithische Kulturen a Wilton Kenia- Capsien STILLBAY KULTUR (Spitzen) SANGO- KULTUR ACHEULEEN (Faustkeile etc). OLDUWAI-K. (Chopping tools) ERSTE WERK- (2) =) | N Naa | Ww Ss lw | = oe ||| w D a pawagung auf de : Erdboden (Knichel) GIBBON gut entwickelte Brachiation 4 << oO (o) a a Aussterben der Tt. Tt nichtbrachiato- rischen Menschen- (Beginn der Anpassung] fen zur Brachiation) Verschiedene Linien der «dental apes» (Molaren wie bei den Menschenaffen, Bau des Oberkérpers wie bei den Affen) [Dryopithecus, Proconsul Pliopithecus, Ramapithecus(?)] MIOCAN Diagramm 3: Diagramm mit den wesentlichen adaptiven Veradnderungen bei den zum Menschen und seinen pongiden Verwandten fiihrenden Linien seit dem Miozan (n.Sarich). 354 Hennig: ,,Sinnesgreifhande“ und menschliche Stammesentwicklung Aus den sparlichen Fossilfunden der Vormenschen (bei Waldformen fallen sie fast ganz aus) wurden leider bereits bei kleinsten Abanderungen oft vor- eilige Schliisse gezogen, die dann spater in eine Sackgasse fuhrten. Es sei nur des im Schrifttum herumgeisternden, allzu wichtig genommenen Procon- suls gedacht, den man am liebsten trotz seiner Vierbeinigkeit mit vorge- streckten Zehen, seiner Schmalbrtstigkeit mit sagittal gefiihrten Gliedma- Benextremitaten, seinem langen Schwanz und seinen starken Eckzahnen als Stammvater des Menschen ansehen mochte. Aufgrund immunologischer Untersuchungen tber den Ursprung des Men- schen kommt Sarich zu einer verhaltnismaBig kurzen Zeitspanne der Menschwerdung. Er schreibt: ... ,,Bezuglich der heutigen Menschenaffen und des Menschen ergibt sich ein Zeitraum von 8 Millionen Jahren (12 I D Einheiten), seit die beiden Spezies zum letzten Male einen gemeinsamen Vorfahren gehabt haben. Ferner muB es vor ca. 6 Millionen Jahren zur Auf- spaltung gekommen sein, die zur Entwicklung des Schimpansen, Gorillas und des Menschen gefuhrt haben“... Das von ihm aufgestellte Stamm- baumdiagramm (Diagr. 3) zeigt die wesentlichen Veranderungen bei den zum Menschen und zu seinen pongiden Verwandten fiihrenden Linien seit dem Miozan. Mit diesem aufgrund neuer immunologischer Ergebnisse aufge- stellten Stammbaum lassen sich die aus der praktischen Handchirurgie ge- wonnenen Erfahrungen uber die Tasthand in ihrer Bedeutung ftir die Ent- wicklung des Menschen bestens in Einklang bringen, auch wenn sie aus einem ganz anderen Wissensgebiet erfolgen. Der Stammbaum der Summoprimaten Betrachten wir jetzt den Primatenstammbaum, wie ihn beispielsweise Heberer vertritt, so fallt sofort die tiefe Kluft auf, die er zwischen dem menschlichen Zweig und dem der tibrigen Summoprimaten zieht. Wahrend Schimpanse und Gorilla nebeneinander stehen, reicht die Kluft zwischen Schimpanse und Mensch nahezu bis ins Oligozan. Es scheint dies ganz unver- standlich, nachdem doch aus zahlreichen vergleichenden anatomischen Un- tersuchungen hervorgeht, da Menschen und Schimpansen in ihrem Ko6r- perbau, der Funktion ihrer Organe, selbst in dem chemischen Aufbau ihrer Korpersubstanz weitgehendste Ubereinstimmung zeigen, ja daB man sogar aus dieser engsten Verwandtschaft heraus an Kreuzungen, Blut- und selbst an Organubertragungen gedacht hat. Menschen und Schimpansen diirfen daher den gleichen Ahnen besessen haben, sonst miiRten wir, wenn sich die menschlichen Vorfahren aus ganz fritheren Vorstufen im Oligozan bereits abgezweigt hatten, um in der Endphase der Entwicklung doch zu weitgehen- der korperlicher und physiologischer Ubereinstimmung zu kommen, von einem Parallelismus sprechen, und fiir diesen fehlen die Beweise. Lassen wir zu dieser entscheidenden Frage der Ubereinstimmung von Mensch und Schimpanse Washburn zu Wort kommen: ... ,,Es erscheint ganz unwahrscheinlich, daB diese bis in Einzelheiten gehende strukturelle ~ Hennig: ,,Sinnesgreifhande“ und menschliche Stammesentwicklung 355 und funktionelle Ubereinstimmung von einem Parallelismus herriihrt. Pa- rallelismus bedeutet, dafi Tiere einander gleichen, weil sich ahnliche Grup- pen in ahnlicher Weise adaptiert haben, daf aber die Linien genetisch von- einander unabhangig sind. Die Annahme, der Mensch habe die Struktur eines Brachiators durch Parallelismus entwickelt, ohne die Brachiation zu ben6é- tigen, kame einer Fehldeutung der Natur, einer Parallelevolution gleich.“ Die Handfertigkeit Weitere Beweise flr die enge Zusammengehorigkeit von Menschen und Schimpansen aus einem gemeinsamen Ahnen bringen uns neuere Ergebnis- se aus Tierbeobachtungen in freier Natur und Versuche in Tiergarten. Sie zeigen, dai die Handfertigkeit des Schimpansen der des Menschen sehr nahe steht. Beide sind von Haus aus von allen Primaten die technisch begabte- sten Wesen, nur blieb nach Korrtland ,den Schimpansen die Entfal- tung zum technologischen Tier nicht etwa deshalb versagt, weil sie im Ver- gleich mit den Menschen technologisch weniger begabt waren, sondern ein- fach deshalb, weil flr sie die Mthe sich nicht lohnte“... Sie lebten weiter in der paradiesischen Fulle zentralafrikanischer Urwalder ohne Nahrungs- und sonstige Umweltsorgen. Welche erstaunliche Handfertigkeiten aber Schimpansen zu entfalten vermogen, wenn ihnen ein entsprechender Anreiz, also gleichsam nachtrag- lich ein Kulturantrieb dargeboten wird, konnten Forscher an Tieren in Ge- fangenschaft beobachten. Wie Rensch im zoologischen Garten in Mun- ster an seiner Versuchs-Schimpansin ,,Julia“ feststellte, konnte sie nicht nur virtuos mit Handwerkszeug umgehen, sondern setzte die Schraubenzieher mit beachtlicher Genauigkeit an, mit einem Zartgeftihl, genauer gesagt ,,mit nervoser Lenkung der Fingerbewegungen“, um schlieBlich zu ihren Lecker- bissen zu gelangen. Rensch faBt zusammen: ,,Die bisher vorliegenden Erfahrungen lehren, dafi Schimpansen uber eine Manipulationsfahigkeit verftigen, die der des Menschen sehr ahnlich ist“. Und Schultz aus Zu- rich erganzt die neugewonnenen Erkenntnisse tiber die Affenfingerfertig- keit zu der Vermutung: ,,Falls wir Schimpansen ein menschliches Gehirn implantieren koénnten, dann wtirden sie so gut Klavier spielen wie wir...“. Nach Ansicht von Kortland verhalten sich wild lebende Schimpansen sogar noch wesentlich menschlicher als Schimpansen in Gefangenschaft. Diese technologische Begabung der Schimpansen, verbunden mit einer die Uubrigen Primaten tibertreffenden Intelligenz, bestatigt nochmals die Zusam- mengehorigkeit von Menschen und Schimpansen und ihre Herkunft von einem gemeinsamen Stammvater. Nach Kortland wurde der Anlauf zu einer menschlichen Entwicklung durch Zurtickdrangen der Schimpansen in die Urwalder Zentralafrikas, vielleicht infolge einer Klimaveranderung, oder auch durch bereits entwickeltere Australopithecinen unterbunden, so daB hier, wo jeder fordernde Umweltdruck fehlte und auch keine Nahrungs- sorgen bestanden, die Tiere von ihrer Fingerfertigkeit so wenig Gebrauch 356 Hennig: ,,Sinnesgreifhande“ und menschliche Stammesentwicklung machten. Kortland spricht daher von einer ,,Dehumanisierung“ der Schimpansen und unterscheidet noch zusatzlich zwischen dem z. B. in der Abwehrweise von Feinden wesentlich aktiveren Savannenschimpansen und den vergleichsweise stumpf dahinlebenden reinen Waldformen. Auch Jane Goodall konnte wahrend ihres neun Jahre langen Um- gangs mit freilebenden Schimpansen in Afrika die gleichen Erkenntnisse gewinnen, da Mensch und Schimpanse eine verbltiffende Ubereinstim- mung in ihrer Lebensweise und ihren Verhaltensformen zeigen. Schimpansenkinder lutschen nicht nur wie Menschenkinder am Daumen, sondern Schimpansen sind wie keine anderen Tiere in der Lage, sich selbst Werkzeuge herzustellen. Durchgekaute Blatter benutzen sie beim Wasser- aufnehmen wie Schwaémme. Sie angeln mit praparierten Grashalmen Ter- miten aus den Léchern ihrer Bauten. Als Ersatz fehlender naturlicher Waf- fen richten sie Aste zu, um mit diesen auch stérkere Angreifer abzuweh- ren oder zu toten. Schimpansen besitzen auch ein ausgepragtes Sozialverhal- ten. Fur seine Nahrungsbeschaffung ,,arbeitete“ beispielsweise ein Schim- panse in der Regel genau sieben Stunden, wobei er seine Mittagsruhe, sowie die tagliche zweisttindige Korperhygiene mit einbezieht. Selbst in den EB- gewohnheiten unterscheiden sich die Schimpansen nur wenig von den Men- schen. Jane Goodall konnte auch hier beobachten, dafi zu deren Speise- zettel nicht weniger als 90 verschiedene Pflanzenarten, 50 Fruchtsorten, 30 Blatter- und Knospensorten und zur Deckung ihres EiweiBbedarfes auch frisches Fleisch gehort. So jagen Schimpansen Tiere bis zur GroBe von Buschschweinen. Aufgrund der neuen Beobachtungen von Jane Goo- dall mussen wir unsere Auffassung von unseren nachsten Verwandten, den Schimpansen, verbessern und sie gerechterweise gleichsam schon als , Mitmenschen“ achten. Gemessen an dem normalen Verhalten dieser Wesen in ihrer gewohnten Urwaldumwelt erscheinen gekafigte Schimpansen in Tiergaérten nach Jane Gocodallals ausgesprochene ,,idioten“, liefern ganz falsche Vorstellungen uber ihre wahre Lebensweise und leiden in dem veradnderten Milieu auf- srund dauernden Aufgabenmangels unter starken Depressionen. Atavismen und stammesgeschichtliche Vererbungen AufSer der unmittelbaren k6rperlichen Ubereinstimmung von Mensch und Schimpanse, ihrer im Tierreich beispiellosen Handfertigkeit und ihren ubereinstimmenden Verhaltensformen kénnen wir durch den Nachweis von Atavismen und Instinkten beim heutigen Menschen noch gentigend Bewei- se erbringen, die alle zusammen mit Sicherheit dafiir sprechen, daB auch der Mensch das Stadium des Hangelns (Brachiation) und des Hakenhandganges durchlaufen haben mui. Diese Beweise sind deshalb so wichtig, weil bisher von den waldbewohnenden Vorlaufern des Menschen Fossilfunde wegen vollstandiger Verwesung im Waldboden nahezu fehlen. An die Spitze der atavistischen Merkmale des Menschen stellen wir die kennzeichnende Ru- Hennig: ,,Sinnesgreifhande“ und menschliche Stammesentwicklung 357 .hestellung der menschlichen Hand, die von Chirurgischer Seite auch als die Funktionsstellung bezeichnet wird. Bunnel gibt in seinem Lehrbuch der Handchirurgie beim Eingehen auf das Muskelgleichgewicht wahrend des Handgebrauchs folgende klassische Schilderung: ,,In Ruhe nimmt die Hand eine bestimmte Stellung ein. Es handelt sich im wesentlichen um die Mittel- stellung der Gelenke, einschlieBlich des Handgelenkes und der Drehstellung des Vorderarmes. Dabei sind alle Muskeln im Gleichgewicht, so da bei un- gestortem Tonus die Hand in Ruhe die sog. Funktionsstellung (Abb. 20) ein- nimmt. Der Vorderarm steht dabei in Mittelstellung zwischen Pronation und Supination, das Handgelenk in etwa 20° Dorsalflexion und 10° Ul- narduktion. Die Finger sind in jedem Gelenk leicht gebeugt, der Zeigefinger am wenigsten und der kleine Finger am meisten. Der Daumen steht in teil- weiser Opposition und seine Gelenke sind ebenfalls leicht gebeugt. Das fur die normale Stellung und die Funktion der Hand notwendige Muskelgleichgewicht stellt sich zwischen drei Muskelgruppen ein; den langen Streckern, den langen Beugern und den Binnenmuskeln der Hand. Aus dieser Funktionsstellung heraus haben alle Muskeln den mechanisch gunstigsten Ausgangspunkt ftir ihre Aktion. In dieser Stellung paft die Hand um einen spindelfo6rmigen, langlichen Gegenstand mit einem Durch- messer von 4,5 cm, der in einem Winkel von 45° zum Vorderarm liegt. Wahrscheinlich ist es eine atavistische Stellung zum Erfassen von Asten, Waffen oder anderen Lebewesen...“. Auch die Schreibstellung unserer Hand durfte mit der Funktionsstellung identisch sein. Verweilen wir noch- mals bei einem bequem in die menschliche Hand passenden Ast mit einem Durchmesser von 4 bis 5 cm, so konnte sich vielleicht daraus ftir die Zeit der Hangelfortbewegung in den Baumen ein Hinweis ergeben, in welcher Hohe die Tiere lebten und in welchem Bereich der Baumkronen sie sich am mei- sten aufhielten. - Bei der Ausbildung der menschlichen Wirbelsaule laBt sich bei Kindern . eine Ruckerinnerung an die Zeit der Hangelfortbewegung noch deutlich er- kennen. So fehlt dem menschlichen Neugeborenen noch jede Wirbelsaulen- kriimmung, und bei seinen ersten Versuchen sich aufzurichten, fallt der Oberkérper infolge seines Ubergewichtes nach vorn. Erst ganz allmahlich gelingt es ihm durch Ubung und Kraftigung seiner die Wirbelsaule sttitzen- den Muskeln, sich zunachst mit vollig gerade gehaltenem Ruckgrat aufzu- richten. Es dauert bis in die Zeit der Geschlechtsreife, ehe die doppel-S-for- mige Kriimmung sich vollendet (Abb. 21). Fur diese Tatsache, da die Wir- Abb. 20: Menschliche Hand in Ruhe- und Funktionsstellung. 258 Hennig: ,,Sinnesgreifhande“ und menschiiche Stammesentwicklung belbiegungen sich im Laufe ihrer Entwicklung so spat und erst mit dem Eintreten bestimmter statischer Bedingungen herausbildet, durfte die stam- mesgeschichtliche Vererbung eine Hauptrolle spielen. In den Abbildungen von Mollier kommen diese kennzeichnenden Wachstumsverhaltnisse der menschlichen Wirbelsaule deutlich zur Darstellung. Aber auch unsere FuBentwicklung beweist in besonders uberzeugender Weise, wie sich nach Erlangen der ZweiftiBigkeit aus urspringlich bewegli- chen Greif- und KletterfiiB8en unserer hangelnden Vorlaufer der menschli- che FuB zu einem Stand- und SchreitfuB umwandelte. So schreibt Hoep- ke:... ,Eins ist sicher: ein primitives Merkmal ist der Fu8 nicht, wie es so oft behauptet wird. Unsere GroBzehe steht noch heute in Oppositionsstel- lung neben der zweiten Zehe. Ihr zweiachsiges Sattelgelenk ging wahrend der ontogenetischen Entwicklung verloren und ist heute nur einachsig. Der Musculus opponens wurde zurtickgebildet. Das ist nur verstandlich, wenn wir eine Abstammung von im Urwald kletternden Ahnen annehmen. Die Last des K6rpers wird erst allmahlich vom lateralen FuBrand, auf dem die Affen gehen, auf den medialen Fufrand gelegt. Erst dadurch bildet sich das Abb. 21: Menschliche Wirbelsdulen vom Neugeborenen bis zum Erwachsenen (n. Mol - lier). Hennig: ,,Sinnesgreifhande“ und menschliche Stammesentwicklung 259 Gewolbe aus, obwohl die Last des Korpers staéndig zunimmt. Es kann noch nicht allzu lange her sein, dafi der KletterfuB in einen SchreitfuB umgewan- delt wurde. Von allen auf dem Lande lebenden Saugetieren kommt nur dem Menschen eine verstarkte erste Zehe zu. Bei den Ubrigen wird sie fort und fort kleiner. Deshalb sind auch die Gelenke am lateralen FuBrand alle be- weglicher als die medialen. Das zwischen Calcaneus und Cuboides ist gera- dezu ein Sattelgelenk... “. Erbkoordination Weitere stammesgeschichtliche Anpassungen im Bereich der Hand, die als .Hrbkoordinationen™ bezeichnet werden, finden sich bei Neugeborenen. Sie verfugen Uber eine Reihe von funktionstichtigen Verhaltensweisen, die im wesentlichen Leistungen des Stammhirns und des Ruckenmarks darstellen, denn die Hirnrinde ist noch nicht arbeitsfahig. Hin kennzeichnender angeborener Mechanismus des neugeborenen Saug- lings ist der sog. Handgreifreflex. Vielleicht sollte man ihn besser als Hand- griffreflex bezeichnen (Abb. 22). Beim Aufdrucken eines Fingers oder Stabes gegen die Handflache schlieBen sich die Finger um den beruhrenden Gegen- stand und zwar wie Prechtl durch Filmaufnahmen nachweisen konnte, in einer geordneten Abfolge der Fingerbewegungen. Zuerst greift der Mittel- finger zu, dann folgen die anderen, zuletzt der Daumen. Dies durfte dem vorher geschilderten Aufgriff uber den Ast entsprechen, wobei der langste Finger zuerst in Beruhrung mit der Rinde kommt und sein Beruhrungssig- nal als erster hirnwarts abgibt. Dann folgen die anderen der Grofe nach, bis zuletzt der Daumen nur beigelegt wird. Dieser Hakengriffreflex ist ge- legentiich bei Siebenmonatskindern so stark ausgebildet, dai sich das Kind hangend an einer aufgespannten Wascheleine festhalten kann. Als dritte dieser stammesgeschichtlichen Anpassungen im Bewegungsbe- reich der Hand kann man bei Frthgeburten in Ruckenlage sich abwechseln- de, wohlgeordnete Arm- und Handbewegungen beobachten. Dabei bewegen sie den einen Arm mit geschlossener Hand abwarts, den anderen mit sich immer mehr 6ffnender Hand aufwarts. Diese Bewegung entspricht der der Arme beim Hangeln, wenn die Sinnesgreifhande abwechselnd tuber den Kopf gefiihrt und auf die Aste gelegt werden. Abb. 22: Handgriftrefiexe bei Neugeborenen (Precht)]). 260 Hennig: ,,Sinnesgreifhande“ und menschliche Stammesentwicklung Verhaltensformen Weitere Beweise, daB unsere Vorfahren einst baumbewohnende Men- schenaffen waren liefern uns Beobachtungen an Kindern. Sie haben einen angeborenen Trieb, Baume zu erklettern. Dabei fallt auf, mit welcher Si- cherheit und Unbektmmertheit sie sich hangelnd und kletternd in den Asten der Baume bewegen. Gleichsam aus einem Instinktzwang, aus der ,Urzeit des Bauhandwerks“, errichten sie, ohne jemals derartiges gesehen zu haben, in einem bestimmten Alter Baumhauser oder Liegestatten aus Zweigen in den Baumen, die eine angeborene Ruckerinnerung an ehemali- ge Schlafnester der Menschenaffenzeit darstellen durften. Im Bohmerwald luben Knaben ein seltsames Spiel. Sie klettern in die Kronen von Fichten und wechseln durch Schaukelbewegungen von Baumkrone zu Baumkrone uber. Auch eine andere Art von Spiel an hohen Fichten wird von Knaben ausgefuhrt, indem sie sich von der Spitze einer hohen Fichte an deren Au- Benseite unter standigem Nachgreifen auf den sich nach unten verbreitern- den Asten bodenwarts abgleiten lassen. Auch bei diesen seltsamen Spielen durfte es sich um eine Erinnerung an das ehemalige Baumleben handeln. Hin wichtiges atavistisches Zeichen findet sich bei Knaben, die zum ersten Male an der Reckstange hangen, wobei sie in der Art der Affenhande mit an- gelegtem Daumen im Ubergriff die Stange umfassen und den richtigen Reckgriff mit umgelegten Daumen erst erlernen mtissen. Auch hierin pragt sich noch immer der angeborene ehemalige ,,Hakenhandhangelegriff“ der Hangelzeit unserer Vorfahren deutlich aus. Ein weiterer angeborener Mechanismus wird optisch ausgelést, wenn sich Kleinkinder vom Rande eines Abgrundes instinktmaéBig zurtickhalten. Selbst dann, wenn diese gefahrliche Stelle durch eine Glasabdeckung gesi- chert wird, krabbeln sie, wie Versuche ergeben haben, erst dartiber, wenn aufgezeichnete Muster eine Absicherung nach unten optisch vortaiuschen. Selbst die eigene Mutter vermag weder mit Leckerbissen noch mit Spielzeug ein Kleinkind uber einen echten oder vermeintlichen Abgrund zu locken. Auch hier durften sich im UnterbewuBtsein Vorstellungen tiber ihr ehema- liges gefahrliches Leben in den Baumkronen erhalten haben. Einen sehr auffalligen Hinweis auf das ehemalige Hanglertum unserer — Vorfahren in den tropischen Regenwaldern bietet eine anatomische Beson- derheit am Haarwuchs unserer Arme. Beim Menschen verlauft die Richtung der Haare am Oberarm distal und am Unterarm proximal ulnar in Richtung auf den Ellbogen. Diese Tatsache dirfte ein atavistisches Merkmal sein und im Zusammenhang mit den haufigen Regen des Tropenwaldes stehen, als die Vorfahren ihre Arme schtitzend tiber den Kopt hielten, um den Re- gen uber den Ellenbogen ablaufen zu lassen. So wie wir als Beweis fiir die Zeit des Hanglertums unserer Vorfahren genugend Atavismen und angeborene Instinkthandlungen erbringen k6én- | nen, so gilt das gleiche auch fiir die Zeit des Hakenhandganges. Auch hier konnen wir mit Sicherheit an den menschlichen Handen noch Atavismen Hennig: ,,Sinnesgreifhande“ und menschliche Stammesentwicklung 261 feststellen, die dafiir sprechen, daB unsere Vorfahren diesen Ubergang zur ZweifuBigkeit durchgemacht haben. Betrachten wir die Hinde eines ilte- ren Mannes von der Streckseite her bei gestreckten und angelegten Fin- gern, so fallt sofort auf, dafi die Haut der Finger distal von den Mittelgelen- ken sich deutlich von der Haut der Grundglieder und des Handriickens un- terscheidet. Die Haut der Mittelglieder ist glatt, meist etwas blasser und zeigt dicht gedrangt querverlaufende feine Falten, wahrend die Haut der Grundglieder und des Handrtickens runzelig, welk und von zahlreichen un- regelmaffig verlaufenden Falten durchzogen ist, die sich locker von dem Un- tergrund abheben lassen und auch stehenbleiben. Im Gegensatz dazu ist die Haut uber den Mittelgliedern sehr straff und lat sich von der Unterlage kaum abheben und auch nur wenig verschieben. Vom Mittelgelenk ab fehlt bis zu den Fingerspitzen so gut wie jeder Haarwuchs. Uberstreckt man durch Gegendruck die Finger, so fallt ein deutliches Ab- blassen der Haut der Mittel- und Endglieder auf. Es beruht dies darauf, daB die von der Mittelhand stammenden Arterien trotz volarer Zuflitisse sich am Mittelglied erschopfen. Von hier ab ubernehmen die volaren Arterien allein durch Kapillaren die Versorgung des Mittelfingerrtickens. Oft sieht man auf dem Handrucken ein stark ausgepragtes Venennetz, das bis zu den Finger- mittelgelenken reicht und hier stets scharf abbricht. Ursache hierfiir ist, daB der BlutabfiuB in die Venen von der Fingerbeere und der Volarseite der Mit- telglieder in das Venennetz der Dorsalseite der Grundglieder und in den Handrucken einmundet. Die Lymphbahnen folgen den Venen grundsatzlich in gleicher Anordnung. Auch die Fingernerven verlaufen mit den Arterien zusammen entlang der Seitenkanten der Finger. Bei ihnen sind die beiden dorsalen Stammchen wesentlich schwacher als die beiden volaren. Sie er- schopfen sich an den Fingern regelmafig im Bereich von Grund- und Mittel- glieder. Die Dorsalseite der End- und ein Teil der Mittelglieder wird von vo- laren Fingernerven mit ubernommen. Sehr bezeichnend und beweisend ftir eine Rtickerinnerung an einen ehe- maligen Hakenhandgang sind besonders auch die anatomischen Verhaltnis- se der Strecksehnen an unseren dreigliederigen Fingern. Nach Verlassen des Leitkanals der langen Fingerstrecker unter dem Handwurzelband laufen ihre Sehnen frei unter der Haut auf die Grundgelenke der Finger zu, wo- bei sie aber noch durch schiefgelegte Sehnenbrticken miteinander verknupft und dadurch in ihren Bewegungen voneinander abhangig sind. Die Sehnen laufen dann tiber die K6pfchen der Mittelhandknochen in ein dreieckiges, pfeilspitzenahnliches Endsttick aus (Abb. 23), das sich fest auf den Finger- rucken anpreBt. Mit diesen seitlichen Zipfeln, die sich um das Kopfchen der Mittelhandknochen herumschlagen, vereinigen sich die Auslaufer der Mus- culi lumbricales und interossei, um als kleine Muskeln der Hand die Finger in den Grundgelenken zu beugen. Der Mittelstreif der eigentlichen Streck- sehne spaltet sich wie Abb. 23 zeigt, iber dem Grundglied in drei Langsbun- dei, von denen das mittlere in Verlangerung an dem Grunde des Mittel- gliedes sein Ende findet, dagegen die beiden Randstreifen nach ihrer Wie- dervereinigung mit den Auslaufern der Musculi lumbricales und interossei 862 Hennig: ,,Sinnesgreifhande“ und menschliche Stammesentwicklung —_ &—_ Abb.: 23: Strecksehnen eines dreigliedrigen Fingers (n. T. v. Lanz& Wachsmuth). uber dem Mittelglied bis zum Grund der Endglieder als breite Aponeuro- se enden. Somit findet sich auf der Dorsalseite der Mittelglieder der dreigliedrigen Finger keine Schmalsehne, sondern eine breite Aponeurose. Es konnte also wahrend des Hakenhandganges, bei dem die Hand mit der Ruckseite der Mittelglieder aufgestiitzt wurde, gar keine Sehne gedrtickt oder geschadigt werden, sondern der Druck verteilte sich beim Aufstiitzen stets auf eine breite Aponeurose. Infolge dieser besonderen anatomischen Anordnung des Streckapparates der dreigliedrigen Finger ist die selbst- und fremdtatige Beweglichkeit der Endglieder schwerfallig, bei einem Ak- tionsradius von kaum 20°. AuBerdem erklart sich aus dieser anatomischen Besonderheit das kennzeichnende AbreiBen der kurzen breiten Streck- aponeurose bei einem harten Sto gegen das leicht gebeugte Endglied. Alle diese auffalligen anatomischen Besonderheiten lassen sich nur er- klaren, wenn man annimmt, daB durch diese Anordnung beim Aufsetzen der mittleren Glieder der dreigliedrigen Finger wahrend des Hakenhand- ganges Gefafie, Nervenstamme und Strecksehnen nicht gequetscht und ge- schadigt werden sollten. Befuhlt man die Streckseite der Finger der Mittelfingerglieder, so er- scheinen sie breit und fast glatt, was durch die tiber den Knochen liegende Aponeurose noch verstarkt wird. Dagegen ist der Fingerrticken der Grund- glieder dachformig steil. Auch diese anatomische Besonderheit spricht fiir eine Abflachung der Mittelglieder durch den dauernden Druck beim Haken- handgang. Ein weiterer Beweis fiir den ehemaligen Hakenhandgang ist die auch beim Menschen erhalten gebliebene Fahigkeit zu einer Schaukelbewegung in den Grundgelenken der dreigliedrigen Finger nach dorsal und volar, wo- durch beim Aufsetzen der Hand im Hakenhandgang unangenehme Sto8wir- Hennig: ,,Sinnesgreifhande“ und menschliche Stammesentwicklung 363 kungen gegen die Handgelenke federnd und démpfend abgefangen wurden. Ferner spricht dafur die nach Kinbiegen der Finger zur Hakenhandstellung erhalten gebliebene, leicht bogenformige Begrenzung der Dorsalseite des zweiten bis funften Fingers. Sie ermoglicht die stufenformigen Langen der Grundglieder auszuwechseln, um so beim Hakenhandgang die giinstigste Berthrung des Bodens zu schaffen. An dieser Stelle sei noch auf eine kennzeichnende Gehweise menschlicher Kleinkinder eingegangen, die sich als kurzer Ubergang bei der Fortbewe- gung ,,auf allen Vieren“, d. h. zwischen dem Kriechen und der vélligen Auf- richtung einschaltet. Vergleichen wir in diesem Stadium Kleinkinder von Mensch und Schimpanse, so fallt, wie Abb. 24 zeigt, auf, daB die kleinen Schimpansen bereits den kennzeichnenden Hakenhandgang ihrer Eltern ausfuhren, namlich vorne durch die langen Hangelarme hoch aufgerichtet und mit hakenartig gebeugten Fingern aufgesttitzt fallt der Rumpf infolge der kurzen Beine schrag nach hinten ab. Im Gegensatz dazu ist bei mensch- lichen Kleinkindern die Beckengegend durch die in diesem Alter bereits verlangerten Beine stark uberhoht und der Rumpf fallt nach vorne unten ab, wobei sich die Hande mit ihren gespreizten Fingern dem Boden auflegen. Diese Gangart ist aber keine Riickkehr zu dem ehemaligen VierfiiBlergang, sondern bedeutet lediglich eine zeitweilige Zweckhandlung, die die Kinder anwenden, um infolge der Schubkraft aus der Beckengegend ein standiges ,auf die Nase fallen“ zu vermeiden. Diese Fingerstellung ist nur im Sinne einer starken Bremswirkung zu verstehen. Betrachten wir nochmals ruckschauend unsere Erorterungen tber die Entwicklung des Menschen vom Menschenaffen tiber den Affenmenschen zum Vollmenschen, so glauben wir genugend Beweise daftir erbracht zu ha- ben, die noch immer, besonders bei Anthropologen, vertretene Ansicht ab- zulehnen, dafB erst der aufrechte Gang es gewesen Sei, der die Voraussetzun- gen fiir die Menschwerdung schuf und da die Greifhande sich erst danach ausbildeten. In der Menschwerdung spielt die Erlangung der ZweifuBigkeit zwar eine wichtige Zwischenrolle, aber sie stand nicht am Anfang und war auch nicht ihre Ursache. Abb. 24: Temporarer scheinbarer VierfiiBlergang eines menschlichen Kleinkindes im ' Vergleich zu einem Gorillakind (n. Schultz). 364 Hennig: ,,Sinnesgreifhande*“ und menschliche Stammesentwicklung In neuerer Zeit waren es besonders Verhaltensforscher, die auf die Be- deutung der Greifhand fiir die Menschwerdung hinwiesen. Ohne die Ausbil- dung der Hangelhande mit Entwicklung eines raumlich empfindenden Fin- gerspitzengefiihls und einer entsprechenden Fingerfertigkeit zur Sicherung der Hangelfortbewegung in den Baumen und ohne den Zug des hangenden K6rpers ware der waagerecht ausgerichtete Korper der Vierbeineraffen nie zum senkrecht ausgerichteten Korper der Menschenaffen umgebildet wor- den. Dies war der entscheidende Beginn der Menschwerdung. Denn gerade wahrend der Hangelzeit wurde die obere Korperhalfte grundlegend umge- baut, namlich die Wirbelsdule gestreckt, der Rumpf und der Schultergurtel verbreitert und die Vierfti®Blervordergliedmafen zu langen, dreidimensio- nal beweglichen Greifbaggerarmen zwecks Bedienung der Sinesgreifhande ausgebildet. Die untere Korperhalfte der menschlichen Vorfahren wurde erst wahrend des Hakenhandganges an die senkrechte Kérperbauweise angepabit, als sich ndmlich eine dringende Notwendigkeit daftir ergab. Um zu uberle- ben, muten diese Wesen das Fehlen natiirlicher Waffen durch das Handha- ben kiinstlicher Waffen ausgleichen, was ihnen aber nur mit Sinnesgreif- handen moglich war. Ohne aufrechten Stand und Gang hatten sie die Waffen nicht wirksam anwenden kGnnen. Der Hakenhandgang bot ihnen jedoch die Moglichkeit zum Aufrichten. Die Sinnesgreifhande erzwangen daher die ZweiftiBigkeit, um die Arme endgultig von der Fortbewegung zu befreien. Mit Aufrichten des K6rpers wurde auch der vordem nach vorn unten han- gende Kopf waagrecht ausbalanciert, und damit der Hirnschadel vom star- ken Nackenmuskelzug befreit und dem GroShirn Ausdehnungsmoglichkeit gegeben. Fassen wir die Bedeutung der Sinnesgreifhande fur die Entwicklung des Menschen in einem Satz zusammen, so waren sie die Urheber des Hangler- tums der Menschenaften, die Erhalter der Hakenhandganger (die ausgestor- ben waren, wenn sie nicht den Mangel an korperlichen Waffen durch Ge- brauch ktnstlicher Waffen ausgeglichen hatten), die Erzwinger der Zwei- fuBigkeit aus dem Hakenhandgang heraus und die Anreger der GroBhirn- entfaltung infolge enger Wechselbeziehung zwischen Handfertigkeit und Hirntatigkeit. Mit Nachdruck sei noch einmal betont, daB in der sich gegen- seitig fordernden Wechselwirkung von Sinnesgreifhandausbildung, Korper- aufrichtung und GroShirnentfaltung die Sinnesgreifhande die ausl6sende und beherrschende Rolle bei der Menschwerdung spielten. Mit unseren Darlegungen glauben wir gentigend Unterlagen erbracht zu haben, die beweisen, dafi auch die Vorlaufer der Hominiden als Baumbe- wohner reine Hangler gewesen sind und auf ihrem Weg zur ZweiftiBigkeit ebenfalls den Hakenhandgang als Ubergang durchgemacht haben miissen. Damit durfte die Prabrachiatorentheorie ihre Gultigkeit verloren haben. Niemals konnten unsere Sinnesgreifhande von steppenbewohnenden Dryopithecinen stammen, da Vierbeineraffen mit nach vorne gerichteten FufBen ihre Zehen beim Laufen auf dem Boden als Bremse gegen das Ab- rutschen nach vorne gebrauchen, und damit an der Volarseite der Zehen- endglieder starkstem Druck ausgesetzt sind, genau an der Stelle, an der sich Hennig: ,,Sinnesgreifhande* und menschliche Stammesentwicklung 365 bei den menschlichen Handen die hochempfindlichen Tastpolster der Fin- gerbeeren befinden. Dagegen ist die Entwicklung der Hand mit ihrer Dop- pelfunktion zum Tasten und Greifen nur sinnvoll in der lebensgefahrlichen Hohe der Baumkronen, wo standig AnlaB zum Ausbilden und Vervoll- kommnen von Sicherheitsvorrichtungen an den Handen gegeben ist. Das gleiche gilt auch fur den hochspezialisierten FuBbau des Menschen, der sich nur durch ein vorausgegangenes Leben auf den Baumen erklaren laBt. Unsere FuBe waren ursprunglich sehr bewegliche Greif- und Stemm- fuBe, wie menschliche Neugeborene noch immer beweisen, die sich erst nachtraglich mit der Entwicklung der ZweiftiGigkeit in Stand- und Schreit- fuBe mit federnd versteiften Gew6lben und Verstaérkung des ersten FuB- strahles abgewandelt haben. SchlieBlich ware auch unser raumliches Sehen ftir urspriingliche Boden- wesen unnotig und nicht zu erklaren gewesen. Was letzten Endes den Anstof fur den Umbruch des waagerecht ausge- richteten Korperbaus der Dryopithecinen zum senkrecht ausgerichteten der Menschenaffen mit ihrer neuartigen Hangelfortbewegung in den Baéumen erwirkte, wissen wir nicht. Es ertbrigt sich deshalb, sich hier weiter in Ver- mutungen zu ergehen. Zusammenfassung Die Hand ist stammesgeschichtlich alter als der Arm, als die Saugetiere, als der aufrechte Gang, als das Grofhirn und als der Mensch. Erst die Ent- wicklung der Sinnesgreifhand ermoglichte die sichere Fortbewegung im Ha- kenhandhangeln der Menschenaffen. Zu diesem Zweck wurde der Oberkor- per aus der waagerecht ausgerichteten Bauweise der vierbeinigen Tierafien umgebaut in die senkrecht ausgerichtete der Hangler. Dabei wurde die Wir- belsaule gestreckt, der Bustkorb verbreitert, wurden die Arme verlangert und im Schultergelenk dreidimensional beweglich. Zum Bodenleben zu- ruckgekehrte Summoprimaten bewegten sich halbaufgerichtet im Haken- handgang, weil sie von der Hanglerzeit her mit den langen, dreidimensional beweglichen Greifarmen an einem gestreckten breiten, in senkrechter Bau- weise ausgerichteten Oberkorper ausgertstet waren. Ihre ebenfalls beibe- haltenen Sinnesgreifhande ermoglichten den Gebrauch aufgelesener Vertei- digungswaffen bei aufgerichtetem Oberkorper und damit auch den von Werkzeugen (Abb. 25). Die in einer grofraubtierreichen und daher feindlichen Umwelt erzwungene standige Aufrichtung fuhrte zum zweiftuBigen aufrech- ten Gang und damit zum Umbau auch des Unterkorpers und seine Ausrich- tung auf die senkrechte Bauweise. Der nunmehr v6llig senkrecht stehende Ko6rper balancierte den waagerecht ausgerichteten Kopf auf der Spitze der Wirbelsdule und befreite das Hinterhaupt von dem Zug einer schweren Nak- kenmuskulatur, die vordem den nach schrag-unten hangenden Kopf halten muBte. Die von der Fortbewegung vollig befreiten werkzeug- und waffen- benutzenden Hande entlasteten das GebifS in seiner Arbeit als Verteidi- gungswaffe und Nahrungsbeschaffer. So bildeten sich Schnauze und Eckzah- 366 Hennig: ,,Sinnesgreifhande* und menschliche Stammesentwicklung Abb. 25: Das Ubergewicht der Hand in der Hirnreprasentation im Vergleich zum Uubri- gen Korper (n. Verdan). ne zuruck und es kam statt einem Hintereinander der Gesichtsabschnitte zu einem stockwerkartigen Ubereinander. Erst die Waagerechtstellung des Schadels mit dem Wegfall der bremsenden Krafte auf die Gehirnentwick- lung loste eine geradezu sturmische Entfaltung des GroBhirns mit Ausbil- dung des menschlichen Verstandes aus. Der nunmehr aufrecht sich bewe- gende, weit umherblickende, auSerst handfertige, erfindungsreiche, feuerbe- nutzende und in Familien und Sippen eng zusammenhaltende und verstan- A \\ d) ) ) als | \L aD Pa Oligozan, Miozan Pliozdn Pleistozdn Tieraffe und Brachiatori- Bogenge- Aufgerichteter Raub- | sich auf- scher Men- bundener afte (Australopithecus) richtender schenaffe. Hominoide. und Homo. Dryopithecus. Hangeln Hakenhand- Bipedie Sagittalgang gang Abb. 26: Entwicklungslinie vom vierftiBigen Tieraffen tiber Dryopithecus, brachiatori- schen Menschenaffen, im Hakenhandgang sich bewegenden Hominoiden, bi- peden Australopithecinen, zum aufrechtgehenden Menschen. ‘ Hennig: ,,Sinnesgreifhande“ und menschliche Stammesentwicklung 267 digungsfreudige Summoprimate war damit Mensch geworden, was er nur den Leistungen seiner Sinnesgreifhiande fiir das Auftreten von Fortschritten an den entscheidenden Abschnitten seiner Entwicklung zu verdanken hatte (Abb. 26). Schrifttum Ankel, F. 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Bender, Saarlouis, E. Vartian, Wien, and Th. Witt, Mtinchen, with descriptions of twelve new genera and thirty-two new species and sub- species. Zusammenfassung: — Notizen tiber asiatische Notodontidae (Le- pidoptera: Notodontoidea) aus der Zoologischen Staatssammlung Miinchen und den Sammlungen Dr. R. Bender, Saarlouis, E. Vartian, Wien, und Th. Witt, Munchen, mit Beschreibungen von zwolf neuen Gattungen und zweiunddreiffiig neuen Arten und Unterarten. Im vorliegenden Beitrag sind die von Dr. E. Diehl und anderen im Orientalischen Faunengebiet gesammelten Notodontidae-Arten aufgeftihrt unter Angabe ihrer bis jetzt bekannten Verbreitung. Als ftir die Wissen- schaft neu sind zwolf Gattungen und zweiunddreiBig neue Arten und Unter- arten beschrieben. Das Material befindet sich, soweit nichts anderes angege- ben, in der Zoologischen Staatssammlung Mtinchen. Das Material wurde von Herrn Dr. W. Dier1 (Zoologische Staatssamm- lung Munchen) freundlichst zur Verftigung gestellt, woftir inm bestens ge- dankt sei. Ferner sei gedankt den Herrn D.S.Fletcher, A. Watson und W. H. T. Tams (British Museum, Natural History, London), sowie Herrn Dr. J.D. Holloway (welcher reiches Material auf dem Berg Kina- balu, Nordborneo gesammelt hat), fur ihre freundliche Hilfe, wahrend des Aufenthaltes des Verfassers im Britischen Museum zum Studium des dorti- gen Vergleichsmateriales. _Atornoptera gen. nov. Palpen den oberen Augenrand erreichend, nach oben gebogen, mit kurzer aber dichter Behaarung und winzigem, verstecktem letzten Glied. Fiihler zweireihig gekémmt (abgebrochen kurz nach der Basis) mit einem basalen Schopf. Beine mit méBiger Behaarung; Hinterschiene mit zwei Paar Spor- nen. Hinterleib mit facherfo6rmigem Basalschopf. Vorderfliigel schmal, mit schragem, gezéhnten AuBenrand; Hinterfligel breit. Rippenbau: Im Vorder- flligel: Rippe 2 von °/6 der Zellen abzweigend; 3 und 4 einander stark ge- nahert; 5 schwach, aus der Mitte der DZ; Rippe 6 aus dem oberen Zellen- winkel, aus demselben Punkt mit 7, 10, 8-9. Im Hinterflugel: Rippe 2 etwas uber 2/3 der Zelle; 3, 4 fast aus einem Punkt; DZ eingebogen; 5 aus der Mit- 274 S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae te derselben, schwach; 6, 7 kurz gestielt; 8 der Zelle bis zur Mitte genahert. Mannliche Genitalien (Abb. 1): Uncus schmal, verlangert, mit parallelen Seiten und einem Terminalhaken; Gnathi, so lang wie zwei Drittel des Un- cus, schmal, etwas gebogen. Tubus analis schmal. Valva schmal, in der Mit- te etwas breiter, am Apex gerundet; dorsaler Teil breit an der Basis, mit einem schmaler werdenden Fortsatz, welcher spitz auslauft und an der In- nenseite fein gezahnt ist. Aedeagus ungefahr so lang wie 3/4 der Valva, ziem- lich kraftig, proximal erweitert, gebogen, mit ldffelartig gestrecktem Termi- nalteil; Fultura inferior schwach differenziert. Saccus auf einem kurzen me- dianen Fortsatz reduziert. Typus Generis: Atornoptera discocellularis spec. nov. Die Gattung steht Eutornoptera Hampson habituell recht nahe, die mann- lichen Genitalien sind aber stark abweichend. Atornoptera discoceilularis sp. nov. (@at 1 Hiss) Mannnchen: Palpen graulichweif mit schokoladebrauner Oberseite; Kopf und Thorax grau; Tegulae nach auBen blasser; Kragen und Thorax- mitte etwas dunkler; Brust und Behaarung der Beine weiBlich, vorne etwas grau angeflogen; Hinterleibsrticken schokoladegrau; Ende und Unterseite weiBlich. Vorderfitigel weiBlich, schokoladebraun besprenkelt; Dorsalfeld stark schiefergrau gefarbt; Rippen schwarzlich, fein weiBlich gerandet; ein pragnanter weiBer DZ-Querstrich; innere Linie doppelt, undeutlich, braun, von !/3 der Costa nach !/3 des Dorsum laufend; 4u®ere Linie sehr schrag, von 4/5 der Costa bis nahe der inneren Linien am Dorsum, aus chokolade-umber- Abb. 1: Atornoptera gen. nov., discocellularis sp. nov. Ole S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae 375 braunen Flecken bestehend, von einer Doppelreihe schwarzer und weifer 'Rippenfieckchen gefolgt; Fransen weifBlich, an den Rippenenden braunge- fleckt. Hinterflugel mitteldunkel sepiabraun; Fransen mit weiBlichen Enden. Vorderfltiigellange 20 mm. Holotypus, CO: Sumatra, Dolok Merangir, 1967 (leg. E. Dieh]l). Paratypen: OO: Sinatar 1200m, Holzweg 3, 17. XII.68 (20°C); 30km SW Siantar 1060 m, 22. XII. 68 Holzweg 2 (1C’); ibid. 20. IV. 69 (10) (coll. R. Bender) (alle leg. E. Diehl). Tolmiana gen. nov. Palpen den oberen Augenrand etwas Uberragend, nach oben gebogen, mit dichter aber ziemlich kurzer Behaarung, und winzigem, stumpfem letzten Glied, Fuhler bis zur Costamitte reichend, bis etwas tiber die Mitte doppelt kammzahnig; basaler Schopf breit, dreiteilig, in der Mitte den Vertex be- ruhrend; Kragen stark behaart und erhaben; ein aufgerichteter Schopf auf dem Metathorax; Beinbehaarung dicht aber kurz, ausgenommen der der Hintertibien, welche zwei Paar Spornen tragen. Letzter Hinterleibsring mit kurzen Seitenschopfen. Flugel maBig breit; Costa der Vorderfltigel bis nahe dem Apex gerade, letzterer abgerundet; Termen schrag, schwach ausgebogen; Rippe 2 bei §/7 der Zelle abzweigend; 3, 4 geschieden; 5 oberhalb der DZ- Mitte; 6 aus dem oberen Zellwinkel; Areole gestreckt und sehr schmal, lan- ger als ein Drittel des Abstandes Zellende/Apex; 7, 8+9 und 10 aus dem Areolenende. Im Hinterfltigel: Rippe 2 von °/é der Zelle; 3, 4 fast aus einem ‘Punkt; DZ sehr jschrag; 5 etwas oberhalb der DZ-Mitte; 6, 7 bis fast zur Halfte gestielt; 8 mit der Zelle nahe der Basis fur ein kurzes Sttick anasto- mosierend. Mannliche Genitalien (Abb. 2): Uncus von der Basis an gegabelt, mit schmalen, gebogenen, vor dem Ende schwach verbreiterten, am Ende wie- der schmalen Fortsatzen; Gnathi fehlend. Valva schmal, vor allem distal; in der Mitte und am Apex ein stumpfer Zahn. Aedeagus ungefahr so lang wie Abb. 2: Tolmiana gen. nov., cyanosticta sp. nov, OO 76 S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae 3/4 der Valva, ziemlich robust, kaum gebogen; Fultura inferior fast vier- eckig. Saccus ganz kurz, eckig. Typus Generis: Tolmiana cyanosticta sp. nov. Eine alleinstehende Gattung; den 4u8eren Merkmalen nach steht sie noch am nachsten Destolmia aus Australien (deshalb auch der Gattungsname Tolmiana); diese Ahnlichkeit ist aber nur oberflachlich, auch die mannlichen Genitalien sind ganz sui generis. Tolmiana cyanosticta sp. nov. (Taf. I, Fig. 2) Mannchen: Kopf und Thorax oben weiflich, schokoladebraun be- sprenkelt; Palpen oben dunkel schokoladebraun, wie auch die Stirn, die Au- gengegend und der Kragen; letzterer weiBgerandet; Tegulae mit dunkel- brauner subterminaler Linie; Thoraxmitte schwarzlichbraun; der aufgerich- tete Schopf dunkelschokoladebraun, weifBlich gerandert. Hinterleib an der Basis dunkel schwarzbraun, weiter dunkel graubraun; die beiden letzten Ringe stark blaBgelblich besprenkelt. Grundfarbe der Vorderfltigel neapel- gelb mit Seidenglanz, rein an der Basis, langs der Costa und auf einem Drei- eck distal der DZ, sonst mehr oder weniger umberbraun besprenkelt; Costa und Dorsum weifigefleckt, am Dorsum schwacher; ein kurzer schwarzer Ba- salstrich welcher die reingelbe Binde begrenzt; innere Linie schrag, aus schwarzen Mondchen, doppelt, weiBlich gefiillt, die Costa nicht erreichend; Raum zwischen der Basis und der inneren Linie schwAarzlich besprenkelt, der schwarze basale Strich aber schmal gelblich gerandet; DZ-Ecken mit je einem Haufchen aufgerichteter Schuppen; eine undeutliche postmediane Mondchenreihe von ?/3 der Costa bis 2/3 des Dorsum; auBere Linie von 4/s der Costa nach 3/4 des Dorsum laufend, doppelt, aus Méndchen, teilweise weiflich gefullt; das Mondchen im Zwischenraum II groBer und mit einem weifien Mondchen davor; distal davon, eine etwas eingebogene Reihe schwarzer Punktchen, von einer geraden Reihe blaugrauer, distal rahm- weifi gerandeter Flecken gefolgt; im Zwischenraum II ein viereckiger rahm- weiBer Fleck; Subterminallinie aus schwarzen Moéndchen; Fransen rahmfar- big, schokoladebraun gefleckt. Hinterfitigel sepiabraun, nicht sehr dunkel, an der Basis blasser und gelber, Diskalbinde undeutlich, dunkler; Fransen wie am Vorderflugel, jedoch die Fransenenden weiflich. Vorderfitigellange 17mm. Holotypus CO: Sumatra, 30 km SW Siantar, Holzweg 2, 1050 m, 26. XII. 68 (E. Diehl). Paratypen: ibid., 24. VII. 68 (1C ibid., 5. VI. 70 (50 OC); Siantar 1200 m Holzweg 3, 6.1X.69 (20'C’); Dolok Merangir 17. XII. — 29. IX. 67 (1C’) (coll. R. Bender) (alle leg. EH. Dieh1). S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae 24a) Hy Grangulina gen. nov. Russel gut entwickelt. Palpen kurz, den oberen Augenrand nicht errei- chend, mehr oder weniger gerade nach vorne gestreckt, dick, mit kurzer Be- haarung und winzigem letzten Glied. Fuhler doppelt gekammt, Kammzahne */; des Ftihlers erreichend; Basalschopf vorhanden. Beine mit maSiger Be- haarung; Hintertibien mit zwei Paar kurzer Spornen. Hinterleibbasis mit kleinem facherformigen Schopfe. Vorderfltigel ziemlich schmal, mit ge- rundetem Apex und schragem, ausgebogenen Termen. Rippe 2 bei °/s der Mittelzelle abzweigend; 3, 4 gut getrennt; 5 etwas oberhalb der DZ-Mitte; Areole schmal; 6 nahe ihrem Ende entspringend; 7, 8 + 9 und 10 aus dem Ende der Areole. Im Hinterfliigel Rippe 2 nahe der Zellecke; 3, 4 aus einem Punkt; 5 aus der Mitte der DZ, schwach; 6, 7 kurz gestielt; 8 mit dem Zel- lenrande bis nahe ans Zellende anastomosierend. Mannliche Genitalien (Abb. 3): Uncus ziemlich breit, langlich elliptisch; X. Sternit sehr breit und kurz; Basen der Gnathi stark lateral erweitert; -Gnathi sehr langgestreckt, doppelt so lang wie der Uncus, C-formig gebo- gen; Apex etwas erweitert und stark behaart. Tubus analis schmal, hautig. Valva proximal breit, gegen das letzte Drittel aber schmaler werdend. Aedeagus ungefahr 3/1 so lang wie die Valva, robust, proximal léffelartig er- weitert, distal eine Art Teller bildend, mit teilweise gezahntem Rand; Vesi- ca ebenfalls teilweise gezahnt; Fultura inferior meistens hautig. Saccus kaum ausgebildet. Typus Generis: Grangulina sumatrana sp. nov. Eine weitere Art wird in vorliegendem Beitrag auch beschrieben: sie kommt in Nepal vor. Habituell erinnert die neue Gattung an die Gattungen Antiphalera und Epi- stauropus. Die mannlichen Genitalien stehen aber denen von Grangula am nahesten. Abb. 3: Grangulina gen. nov., sumatrana sp. nov, 378 S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae Grangulina sumatrana sp. nov. (Taf. I, Fig. 3) Mannchen: Palpen tief kastanienbraun; Kopf und Kragen rehfarbig; letzterer mit kastanienbraunen Seiten und Rand; Thoraxrticken grau, ka- stanienbraun gemischt; Kehlgegend und Vorderbrust tief kastanienbraun; Unterseite und Beine blaB rehfarben; Tarsen mit einer kastanienbraunen Binde; Basalschopf des Hinterleibes tief kastanienbraun; Hinterleib grau- lich-rehfarben, distal dunkelgrau werdend; Ende rahmfarbig. Vorderflugel blaB rehfarben, matt kastanienbraun gesprenkelt und gefleckt; Dorsum an der Basis rahmfarbig; Subbasallinie schwarzlich kastanienbraun, gezahnt, die blaB ockergraue Basis abgrenzend; zwischen der Subbasal- und Innenli- nie mehrere schwarze Punkte, einer davon ziemlich pragnant an der Costa, zwei direkt unterhalb der Zelle, und einer in der dorsalen Falte; innere Li- nie undeutlich doppelt, dunkel kastanienbraun, breiter und einfach unter- halb der Mittelzelle, von 1/3 der Costa bis 7/5 des Dorsum laufend und unter- halb der Basis von Rippe 2 von einem schwarzen Punkt gefolgt; Zellen- und DZ-Zeichen (die sogen. ,,typische Flecken“) rotlich kastanienbraun, blaB gelblich rehfarben gerandet; Mittellinie kastanienbraun, von der DZ-Ge- gend nach 2/3 des Dorsum laufend, aus Méndchen bestehend; diese unter- halb der Zelle gelblich gerandet, auf dem Dorsum bis Rippe 2 von einem matt kastanienbraunen Wolkchen gefolgt; 4uBere Linie ungefahr 2 mm von der Mittellinie, auf den Rippen dunkler, distal blaB rehfarben gerandet, von einer purpurgrauen Linie gefolgt; diese zu einem subcostalen Fleck und einem Dreieck am Tornus verbreitert, distal bla8 rehfarben gerandet; Costa im distalen Drittel gelblich gefleckt; Terminalfeld mit einer Reihe kasta- nienbrauner Kommata; Terminallinie dunkel kastanienbraun, in den Zwi- schenraumen etwas verbreitert; Fransen blaB rehfarben, dunkel kastanien- braun gefleckt. Hinterfliigel gelblich umbergrau mit bla®& gelblicher Basis; Terminallinie braun; Fransen rahmfarbig, Grundfarbe gefleckt. Vorder- flugellange 20 mm. Holotypus, C: Sumatra sept., Deli, Dolok Merangir 180 m, IX. 70 — 171 (leg BE: Diehl). Allotypus2 Sumatra sept.,Prapat, sete we (leg. E. Diehl) (coll. R. Bender). Paratypen: Dolok Merangir aus allen Monaten 1966—1970 (22C0'C' ZSM, 17C'O' coll. R. Bender); Brastagi 17. III. 66 (10); Siantar 1200 m Holzweg 3, 20. IV. 68 (40°C’); 30 km SW Siantar 1050m, Holzweg 2, 22.V.68 (10), Prapat 3. XII.72 (10 coll. R. Bender) (alleles. E.Diehl1). Grangulina montana sp. nov. Mannchen: Palpen sehr dunkelbraun; Kopf, Kragen, Thoraxrticken schwarzlichbraun; Vorderbrust ebenso, Rest der Thoraxunterseite graulich- braun; Tarsen braun und gelblich geringelt; der kleine basale Hinterleib- S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae 279 Abb. 4: Grangulina gen. nov., montana sp. nov. schopf schwarzlichbraun; Hinterleib dunkel graubraun; Unterseite sehr blaf gelblichbraun. Vorderfligel graulich sepiabraun; ein subbasaler bla roter Costalfleck und ein gleicher am Dorsum; innere Linie schwarz, proximal blaB gerandert, von etwas tiber '/s der Costa nach der Mitte des Dorsum lau- fend, schwach gezahnt; Zellen und DZ-Zeichen stark genahert, rotlich, oval mit dunkleren Zentren; auBere Linie schwarz, wellig, distal blaB gerandet, etwas tuber 7/3 der Costa laufend, gerade bis Rippe 5, dann ausgebogen bis Rippe 2 und endlich eingebogen, das Dorsum in der Nahe des Tornus er- reichend; davor ein roter Fleck im Zwischenraum II—IV, proximal von einer rotlichbraunen gezdhnten Linie gerandet; Terminalfeld etwas rotli- cher gefarbt, mit einer Reihe eckiger schwarzer Kommata; Terminallinie schwarz, unterbrochen; Fransen mit blasser Basis. Hinterflugel hell sepia- braungrau mit blasserer Basis; Fransen wie im Vorderflugel. Vorderflugel- lange 20 mm. Mannliche Genitalien (Abb.4): Von denen der typischen Art wie folgt abweichend: Gnathi viel kurzer, ungefahr fingerformig. Aedeagus viel ro- buster, ungefahr so lang wie die Valva; sein terminaler Teil breiter und starker gezahnt. Holotypus, CO: Nepal, Kathmandu Valley, Godavari 1600—1800 m, Gavi 60 (les. We Dierl und Woschacht), Paratypus= © ibid: 3, WAGE (OTe Obgleich diese neue Art von G. sumatrana in der Genitalien-Armatur durch den stark verschiedenen Bau der Gnathi abweicht, und obgleich das Tier auch geographisch und 6kologisch (als ein Bergbewohner, wahrend G. sumatrana im Flachlande und im Mittelgebirge vorkommt) divergiert, ist der Verfasser der Ansicht, keine eigene Gattung daftr errichten zu mussen. In den meisten Beziehungen stehen doch beide Arten recht nahe zueinan- der, so daB eine gemeinsame Gattung mindestens vorlaufig richtig scheint. 280 S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae Gargetta nagaensis Hampson Dolok Merangir, 180 m, 23. V. 69 (leg. E. Diehl). — Terra typica: Naga Hills, weitere Fundorte: Sumatra, Celebes. Porsica ferreopicta Hampson Dolok Merangir, 180 m, 14. X. 69 (leg. E. Diehl). Terra typica: Ceylon. Bis jetzt aus Indonesien nicht bekannt. Stictogargetta umbrina sp. nov. (Taf. I, Fig. 4) Mannchen: Fuhler graubraun; Palpen proximal rahmfarbig, distal schwarzlich; Kopf bla8 umberbraun mit einem dunkelbraunen Fleck am Vertex; Kragen blaB umberbraun mit braunem Mittelstrich; Thoraxruk- ken etwas blasser; Unterseite blaB braunlich; Beine oben braun gestreift; Hinterleib blaB umberbraun, an der Basis wie der Thoraxriicken. Vorder- fligel bla8 umberbraun mit einem basalen rahmweiBlichen Fleck unter- halb der Mittelzelle, distal von einem viereckigen dunkelbraunen Fleck be- grenzt; Vorderrand dunkelbraun gefleckt; ein winziger schwarzbrauner Fleck unterhalb der Mittelzelle im weifBlichen Felde; innere Linie aus glei- chen Fleckchen bestehend, etwas ausgebogen; distaler Teil der Mittelzelle mit zwei braunen Querlinien, am rechten Flugel mit einem Vorderrand- fleck verbunden; fast unmittelbar dahinter, das dunkelbraune, orange um- zogene Querrippenzeichen; auBere Linie ausgebogen, aus winzigen Fleck- Abb. 5: Stictogargetta umbrina sp. nov. S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae 381 chen bestehend, distal bla® rahmweiBlich gerandet; Apikalteil braun ange- flogen; Rippen im Terminalfeld schwarzlich, unterbrochen von einer blas- sen, unregelmafigen Subterminallinie; Terminallinie schwarz, unterbro- chen; Fransen rahmweiflich. Hinterfligel graubraun mit dunklen Rippen, an der Basis und im Analfelde bla®8 graulich rahmfarbig; Terminallinie schwarz; Fransen rahmfarbig mit grauer Mittellinie. Vorderfliigellange 15 mm. Mannliche Genitalien (Abb. 5): Uncus kurz, zweilappig; Gnathi fehlend. Vinculum ziemlich breit. Valva gestreckt, proximal breit, nach und nach verjungt, mit abgerundetem Apex; Valvula mit einem schlanken, schra- gen Fortsatz. Aedeagus etwas kurzer als die Valva, proximal loffelformig, robust; Fultura inferior groBenteils hautig. Saccus kurz, breit zweilappig. Holotypus, ©: NO-Sumatra, Dolok Merangir, 180 m, 16. VII. 1969 (leg. E. Diehl). Steht S. albimacula Hampson am nachsten, ist aber deut- lich kleiner, viel blasser gefarbt, mit ziemlich pragnantem dunklem Fleck oberhalb des Hinterrandes. Roepkeella tornalis sp. nov. (Taf. I, Fig. 5) Mannchen: Fuhler braunlich; Palpen schwarzbraun mit blassen En- den und Innenseite; Vertex weiBlich in der Mitte, sonst braunlich; Kragen schwarzlichbraun; Thoraxrucken hell umberbraun; Prothorax mit zwei weiBlichen Punktfleckchen; Unterseite braunlichgrau; Beine brauner; Hin- terleib braungrau. Vorderflligel trib umberbraun; Vorderrand etwas blas- ser, undeutlich dunkel gefleckt; innere Linie doppelt, leicht gewel#, senk- recht; Zelle mit einem subterminalen doppelten weifen Fleck; ein weifer Fleck an der unteren Zellenecke; Mittelfeld mit einem undeutlichen dunk- len Schatten; 4uBere Linie nur dorsal deutlich, sonst aus Pinktchen beste- hend, mit dem AuBenrand fast parallel; distal davon, eine Reihe dunkler Fleckchen; Tornus mit einem schwarzen Fleck; davor ein heller Fleck; eine subterminale Reihe schwarzer Punkte, welche gegen dem Apex gro- Ber und kommaférmig werden und einen weiBen Fleck einschlieBen; Fran- sen etwas rostfarbig. Hinterfltigel graulich umberbraun. Vorderflugellange 18,5 mm. Mannliche Genitalien (Abb. 6): Uncus langlich, distal verjungt, in eine Spitze auslaufend; Gnathi nur wie ein Drittel des Uncus lang, schmal, wenig gebogen. Vinculum schmal. Valva proximal sehr breit, progressiv verjungt, ohne Harpen. Aedeagus ungefahr so lang wie zwei Drittel der Valva, sehr robust, mit subterminalem, lateralem dreieckigen Fortsatz; Distalrand er- weitert, mit kurzem lateralem krallenformigem Fortsatz; Fultura inferior proximal hautig, distal sklerotisiert, median breiter und langgestreckt, mit der Valvenbasis verbunden. Saccus nicht differenziert. Holotypus, ©: NO-Sumatra, Dolok Merangir 13. VII. 67 (leg. E. Diehl). Paratypen, 10 Atjeh 1972 (leg. E. Dieh]) (coll. R. Ben- der);10 Dolok Merangir, 180 m, 13. VII. 62 (leg. E. Dieh]). 3892 S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae Abb. 6: Roepkeella tornalis sp. nov. Steht der R. fuscicollis Gaede recht nahe, ist aber viel grauer, ohne die rostroten Tone; Tornus mit einem blassen Fleck von einem schwarzen Fleck gefolgt. Phalera procera Felder Dolok Merangir, 180 m, 9. VI.—11. IX. 70 (leg. E. Dieh 1). Weitverbreitet: India, Birma, Indochina, Malaysia, Borneo. Bis jetzt aus Su- matra nicht erwahnt. Turnaca acuta Walker Dolok Merangir, 150 m, VII.—VIII. 69 (leg. E. Dieh]). Terra typica: India. Auch Malaysia und Indonesien. Poncetia albistriga sphingoides van Eecke Nordsumatra, Holzweg 1, zwischen Siantar und Prapat, 1000—1200 m, e. 1., 11. VIII. 68 (leg. E. Dieh]). Diese Unterart kommt in Java und Sumatra vor. Norraca formosicola Strand Dolok Merangir, 15. XII. 67—26. II. 68 (leg. E. Diehl). ° Aus Taiwan beschrieben. Kommt auch in Java und Sumatra vor. Wahr- scheinlich weitverbreitet. Norraca lativitta Walker Dolok Merangir, 150 m, 8. VI. 67 (leg. E. Dieh]). Indonesien: Borneo, Sumatra, Java, S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae 383 Ceira armata sp. nov. (Taf. II, Fig. 1) Mannchen: Allgemeine Farbung blaBigelb; Fiihler braunlich; Palpen oben braun; Kopf, Kragen und Wurzel der Tegulae umberbraun; Beine oben braun gestreift; Hinterleib etwas orange angeflogen. Vorderfliigel mit einem umberbraunen Strich von der Wurzel bis zum Apex, reicht bis an die Querrippe, dann etwas breiter und gebogen; Wurzel der Rippen 2, 3 und 4 auch umberbraun; eine schwache umberbraune Besprenkelung in der basa- len Halfte, starker dorsal; eine AuBere Linie von Ptinktchen auf den Rippen; Dorsalrand fein braun, breiter in den distalen ?/3, und mit einem deutlichen langlichen Fleck im Zwischenraume I; eine schwache schrage subterminale Linie davon bis Rippe 4, von einer Reihe winziger subterminaler Piinktchen gefolgt; in der tornalen Gegend Fransen etwas braunlich. Hinterfltgel et- was gelblicher. Vorderflugellange 19 mm. Mannliche Genitalien (Abb. 7): Uncus und Gnathi wie bei der typischen Art. Valva terminal verjingt und gestreckt. Aedeagus robust, proximal stark verbreitert, mit distaler, schnabelf6rmiger Erweiterung; terminal eine Reihe (3—8) kurzer Dornen; Vesica mit einem groBen Flecke nadelfo6rmiger Cornuti; Fultura inferior schwach differenziert. Saccus ganz kurz abgerun- det. Sternit des VIII. Urites wie bei den Nachbararten. Holotypus, 0: NO.Sumatra, Deli, Dolok Merangir, 180 m, 9. VI.—1. IX. 1967; Paratypus, O: ibid., 26. VI. 1968 (beide leg. E. Dieh]). Saliocleta nannion sp. nov. (Absit JUG, Jas. 24) Mannchen: Antennen fein gezahnelt. Tornus der Vorderflugel etwas weniger angedeutet als bei dem Typus Generis, S. nonagrioides Walker. Abb. 7: Ceira armata sp. nov. 384 S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae Antennen, Palpen, Kopf, Thorax und Abdomen bla strohgelb; Pectus, Be- haarung der Beine und Bauchunterseite noch blasser, fast weiBlich. Vorder- fligel gelblichweiB, bla&8 umberbraun punktiert und benebelt; innere Linie besteht aus zwei oder drei schwarzlichen Punktchen, das Dorsum nicht er- reichend, aber mit einem Punkt auf der Analen; auBeren Linie aus schwarz- lichen Punkten gebildet, von 4/s der Costa nach ?/3 des Dorsums verlaufend, von der Costa bis Ader 4 ausgebogen, von dort ab gerade und schrag nach innen gerichtet; terminale Linie aus schwarzen Punkten; Fransen mit einer basalen hell umberbraunen Linie. Hinterfligel heller. Unterseite beider Fligel gelblichwei8. Lange der Vorderflugel 16,2 mm. Mannliche Genitalien (Abb. 8): Uncus ziemlich langlich, mit parallelen Seiten und abgerundetem Terminalrand. Gnathi schmal, gebogen, ohne den breiten mittleren Fortsatz wie bei S. nonagrioides. Valva breit basal, aber schnell verschmalert. Aedeagus basal sehr kraftig, distal etwas schméaler, mit einem terminalen Haken welcher bei dem Typus Generis fehlt; Vesica mit starker Bezahnung, wahrend sie bei S. nonagrioides unbewaffnet ist. Viel kleiner und blasser als S. nonagrioides, ohne deutliche schwarze Fleckchen tiber dem groften Teil der Vorderflugel vor der 4uBeren Linie. Holotypus, ©: Sumatra sept., Deli, Dolok Merangir, 180 m, 20. V. 66 (leg. E. Diehl). Paratypen CO: ibid., 7C’C ibid. (coll. R. Bender). Pseudoturnaca samarinda Kiriakoff Sumatra, 2. VI. 68. Aus Borneo beschrieben. Bis jetzt aus Sumatra nicht erwahnt. Ambadra rafflesi rufescens Gaede 30 km SW Siantar, Holzweg 2, 1050 m, 11. XII. 68 (leg. E. Dieh)). Terra typica: Sumatra. Abb. 8: Saliocleta nannion sp. nov. S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae 385 Hypambadra gen. nov. Russel reduziert; Fuhler ungefahr halb so lang wie die Costa, auf etwas mehr als ?/s der Lange bipektinat, langste Aste ungefahr 5 X so lang wie der Schaft breit ist; Palpen aufgerichtet, uber die Stirn reichend, das 3. Glied ganz kurz, knopfformig; Femora und Tibien lang behaart; Hinterleib mit dorsalen Schépfen. Vorderfitigel langlich und schmal; Vorderrand fast gera- de; Apex etwas abgerundet; Au®enrand sehr schrag, etwas gewellt, kurzer als 1/2 des Hinterrandes; Tornus fast nicht differenziert; Hinterrand fast ge- rade. Rippenbau: Rippe 2 von 3/1 der Mittelzelle abzweigend; 3 und 4 stark einander genahert; 5 aus der Mitte der Querrippe; Areole fehlt; 6 mit dem Stiel von 7, 10, 8 und 9 kurz gestielt. Hinterflugel breit; Vorderrand in der proximalen Halfte etwas gewolbt; AuBenrand breit abgerundet; Hinterrand mit einer Franse langer Haare. Rippenbau: Rippe 2 von 4/5 der Mittelzelle abzweigend; 3 und 4 gut getrennt; 5 aus der Mitte der Querrippe, schwach; 6 und 7 auf etwas mehr als ?/s ihrer Lange gestielt; 8 der Mittelzelle ein Stuck genahert. Mannliche Genitalien (Abb. 9): Uncus ziemlich kurz, gegen das Ende ver- jungt, terminal etwas gespalten; kurz nach der Wurzel ein gebogener Fort- satz; Gnathi kurz, ziemlich robust, gebogen. Vinculum schmal. Valva ver- haltnismafig kurz, lappenformig, mit breiter Basis, schwach sklerotisiert. Aedeagus etwas ktirzer als der Sacculus, robust, schwach gebogen, mit Abb. 9: Hypambadra speculigera sp. nov. 286 S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae einem kleinen terminalen Fortsatz; Fultura inferior an den distalen Ecken hornférmig gestreckt. Saccus ganz rudimentar. Sternit des VIII. Urites pro- ximal abgerundet, mit zwei dornfoérmigen, kaudal gerichteten Fortsatzen; Distalrand etwas gestreckt, in der Mitte ausgebuchtet. Typus-Art: Hypambadra speculigera sp. nov. Die neue Gattung gehért der Pydna-Gruppe an und zwar in die Nahe der Gattung Ambadra Moore, obwohl die mannlichen Genitalien stark abwei- chend sind. In der Pydna-Gruppe finden wir tibrigens eine grofe Variabili- titsbreite in den mannlichen Kopulationsorganen (cf. Kiriakoff, Bull. Ann. Soc. R. ent. Belg. Bruxelles, 1962, 98). Hypambadra speculigera sp. nov. (Taf. I, Fig. 6) Mannchen: Fuhler hell rétlichbraun; Basalschopf weiBlich, terminal umberbraun; Palpen weiflich; oben umberbraun; Kinn und Kehle wei und schokoladebraun gemischt; Thorax oben schokoladegrau; Tegulae und Me- tathorax blasser und grauer; Brust und Vorderbeine wie die Oberseite; Sei- ten und tbrige Beine gelblichweiB; Tarsen braun und wei geringelt; Hin- terleib umberbraun mit weiBlichen Segmentenbasen und _ gelblichweiSer Unterseite. Vorderfliigel umberbraun weiflich, sehr fein gesprenkelt; dor- sales Areal und Mittelzelle dunkler, mehr vandyckbraun; oberer Zellenteil und ein langlicher Fleck unterhalb der Zelle réotlich schokoladebraun, der letzte von einem ovalen weiBlichen Fleck gefolgt; Querrippenstrich und die Rippen im distalen Teile der Fligel weiB; Vorderrand im distalen Teile der Fliigel dunkelbraun gefleckt; 4uf8ere Linie sehr undeutlich, doppelt, dun- kelbraun; ein schwarzlicher Strich um Rippe 3; Rippen 5 und 6 distal schwarz gefleckt; Fransen basal weiBlich, sonst vandyckbraun. Hinterflugel umbergrau, mit undeutlichen weiBlichen terminalen Flecken; Fransen weib- lich basal, sonst umbergrau. Vorderflugellange 21 mm. Holotypus, CO: Nord-Sumatra, 30 km SW Siantar, Holzweg 2, 1050 m, 28. VII. 1968 (leg. E. Diehl). Suriga suriga Schaus Dolok Merangir, 180 m, IX. 70—I. 71 (leg. E. Die h]). Terra typica: Mindanao, auch aus Celebes erwahnt, aber nicht aus Su- matra. Pydnella galbana Swinhoe 30 km SW Siantar, Holzweg 2, 1050 m, 3. X. 69 (leg. E. Diehl). Aus Sikkim beschrieben. Weitere Fundorte sind dem Verfasser unbe- kannt. S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae 387 Pydnella rosacea monticola Roepke Dolok Merangir, 180 m, 9. VI—1. IX. 67 (leg. E. Diehl). Aus Java beschrieben. Wahrscheinlich ist monticola Roepke die indonesi- sche Unterart von P. rosacea. Pantanopsis gen. nov. Russel reduziert. Palpen kurz, kegelformig, aufgerichtet. Fuhler bis zum Ende doppelgekammt; langste Kammzahne ungefahr 5mal so lang wie der Durchmesser des Schaftes. Beine mit kurzer Behaarung; Hinterschienen mit ein Paar Spornen. Vorderflugel mafig breit; Costa sehr schwach gebo- gen; Apex spitz; Termen regelmafig gerundet; Dorsum schwach ausgebo- gen. Rippe 2 von 4/5 der Mittelzelle abzweigend; 3, 4 gut getrennt; 5 etwas oberhalb der Mitte der DZ; keine Areole; 6 mit 7, 8 und 9 sehr kurz gestielt, aus der oberen Zellecke; 10 aus dem oberen Zellenrand, nahe der Ecke. Im Hinterfliigel, Rippe 2 etwas tiber 3/4 der Mittelzelle abzweigend; 3, 4 ganz stark genahert; 5 schwach, aus der Mitte der DZ; 8 mit der Mittelzelle bis nahe den Ecken verschmolzen. Mannliche Genitalien (Abb. 10): Uncus ganz kurz, zweilappig; Gnathi kurz und schmal. Vinculum sehr schmal. Valva verhaltnismaBig kurz, schmal, am Apex etwas eingebogen. Aedeagus etwas langer als die Valva, robust, aber mit dem letzten Viertel stark verjiingt; in der Mitte ein groBer Cornutus, und ein Paar kleinere, subterminale; proximal, ein langer (um 1/4 langer als der Aedeagus), schlanker Fortsatz, am Ende loffelformig erweitert; Fultura inferior breit. Saccus kurz, mit zwei langeren, lappenformigen Fortsatzen. Typus Generis: Pantanopsis diehli sp. nov. Abb. 10: Pantanopsis gen. nov., diehli sp. nov. 388 S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae Diese merkwiirdige Gattung erinnert an Liparopsis Hampson und an eine kleine Lymantriide — deshalb der Name Pantanopsis. Die mannlichen Genitalien sind aber recht verschieden und fiir diese neue Gattung sehr charakteristisch. : Pantanepsis diehii sp. nov. (Taf. Il, Fig. 3) Palpen blaBbraun, das letzte Glied dunkelbraun. Stirn wei. Oberkopf braunlichweiB; Kragen graubraun; Thoraxrticken, Brust und Beine weil- lich; Brust vorn braun getént; Tarsen braun gefleckt; Hinterleib basal braunlichwei8, distal wei8; Analschopf braunlich. Flugel weiflich. Vorder- fliigel etwas braun gesprenkelt; ein subbasaler rundlicher Fleck aus starker brauner Sprenkelung, proximal und distal von einer sepiabrauner Linie be- erenzt; distale Begrenzung weiter noch orange und braun gerandet; ein sub- apikaler dreieckiger Fleck aus starker brauner Sprenkelung; Fransen braun- gefleckt. Hinterfltigel mit feiner brauner Sprenkelung ausschlieBlich sub- apikal im Costalfelde; ein dreieckiger brauner Apikalfleck, Rippe 6 errei- chend und sich langs des Termen als eine Randbinde aus schwachbrauner Sprenkelung fortsetzend; Terminallinie braunlich; Fransen wei, apikal mit braunen Enden. Vorderflugellange 10 mm. Holotypus, CO: Sumatra sept., Deli, Dolok Merangir, 180 m, 11. X. 69 (deg. E.Dieh). Paratypus, O: Kebon Balok, NW von Medan, NO-Sumatra, 12. X. 69 (leg. E. Dieh]), (coll. R. Bender). Quadricalcarifera nigribasalis tropica ssp. nov. (Taf. II, Fig. 4) Unterscheidet sich von typischen Stticken der Q. nigribasalis Wileman aus Taiwan durch eine im allgemeinen blassere Farbung. Methathorax mit weiffem, caudal dunkelbraungerandetem Fleck. Grundfarbe wei8, schwach dunkelbraun gesprenkelt; Zeichnungen dunkelbraun. Hinterfltigel wei, nicht braun wie bei der Nominatrasse; Costalfeld mit zwei Querbandern aus dunkelbrauner Sprenkelung. Vorderfligellange 20 mm. Mannliche Genitalien: Von denen von Q. n. nigribasalis nicht verschieden. EVo Wort yj se ©: Sumatra, Dolok Merangir, 12. V.—8. VI. 67 (leg. E. — Diehl). Paratypen: Dairi, NO-Sumatra, 1600 m, I. X. 70—I. 71 (50°C); Dou- lou bei Brastagi, 1200 m, 6. VI. 68 (1C’); Dolok Merangir 180 m, 8.—29. XI. 70 (10) (coll. R. Bender), (alle leg. E. Diehl). 4 Quadricalcarifera eusebia sp. nov. (abeniy MIUE, 1Dalfep, aL )) Mannchen und Weibchen: Palpen blaB rehfarben; Oberseite der Palpen und periokulare Gegend dunkelschokoladebraun; Kopf und Thorax- S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae 389 rucken weiflich grau; Kopfschopfe, Enden der Tegulae und Metathorax schokoladebraun angeflogen; Unterseite rehfarbengrau; Tarsen umber- braun geringelt; erstes Hinterleibsegment rotlichgrau, die tibrigen blaf gelblichbraun; Analbusch griinlich. Vorderfltigel ziemlich dunkel schokola- degraubraun; Basis, Costal- und Dorsalfeld, und eine schmale Terminalbin- de mit zerstreuten veronesegrtinen Schuppen; Zeichnungen dunkler braun, aber sehr undeutlich; innere Linie gewellt, fast senkrecht; rundlicher Zell- fleck und DZ-Strich schwach blaBgerandet; A4uBere Linie doppelt, mit ziem- lich weit getrennten Elementen, gewellt, von ?/3 der Costa nach */s des Dor- sum laufend, in den Zwischenraumen III—IV mit einer Ecke nach auswarts; eine subterminale Reihe kleiner Halbmondchen; unmittelbar vor dem Apex ein heller Raum vor einem dunkel schkoladebraungrauen, gritin gesprenkel- ten Viereck; Fransen schokoladebraun mit rahmfarbigen Flecken und Ran- dern. Hinterfluiigel schokoladebraungrau, hellgelblich angelaufen, nicht aber im Terminalfeld; Costalfeld mit groBem subapikalen und kleinerem proxi- malen Fleck, schokoladebraun und griin gemischt; Fransen rahmfarbiggelb. Vorderflugellange 19 mm. Mannliche Genitalien (Abb. 11): Uncus zusammengedriickt, etwas gebo- gen, ohne deutlichen Terminalhaken; Gnathi kaum langer als der Uncus, starker gebogen, wie bei allen Quadricalcarifera-Arten verschmolzen. Vin- culum schmal, in der Mitte mit einem kurzen Fortsatz. Valva mit Costa und Sacculus fast vollstandig verschmolzen. Aedeagus etwas langer als die Val- va, mehr oder weniger jochf6rmig, basal robust, terminal mit einem kurzen abgeflachten Fortsatz; Fultura inferior schmal, gestreckt, mit querer Termi- nalplatte. Saccus mit schlankem Fortsatz, welcher so lang ist wie ungefahr Abb. 11: Quadricalcarifera eusebia sp. nov. 290 S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae 2/3 des Uncus. Sternalplatte des VIII. Urites mit proximalem Fortsatz wel- cher etwas kiirzer ist als die Platte in der Mitte, und mit in der Mitte ausge- schnittenem Distalrande. Die stark griin angelaufene Basis der Vorderflugel ist ein fits Unter- scheidungsmerkmal. Holotypus, ©: Sumatra, Dolok Merangir, 180m, 1.—29.1.67 (leg. E. Diehl). Allotypus, Q: Brastagi, 20—25.V.65 (leg. E. Dieh]). Paratypen: Dolok Merangir, alle Monate 66—68 (130°C) (leg. E. Diehl). (ZSM und coll. R. Bender); Siantar 1200 m, Holzweg 3, 20. IV. 68 (1 CG) (leg. E. Dieh]) (coll. R. Bender). Quadricalcarifera bambusicola sp. nov. (Taf. II], Fig. 3) Mannchen: Palpen weiBlich, an der Oberseite schokoladebraun. Kopf und Thoraxriicken griinlichgrau, schokoladebraun gemischt; Kragen scho- koladebraun, breit wei8 gerandet; Thoraxmitte mit einem weifen Halb- mond; Unterseite und Beine blaf rahmrehfarbig; Beine an der Oberseite . blaB schokoladebraun gestreift, Tarsi mit dieser Farbe geringelt; facherfor- miger Basalschopf des Hinterleibes umberbraun; Hinterleibsoberseite rot- lichgrau; Analschopf schokoladebraun und grin gemischt; Unterseite rahm- weiB. Vorderfligel groBtenteils schokoladebraun; Dorsum rahmfarbig an der Basis; basales Funftel der Costa heller braun, grunlich gesprenkelt und rehfarbig gesAumt; Ubriges Basalfeld schwarzlich gesprenkelt, besonders di- stal, mit zerstreuten grinen Schuppen; im Zwischenraum I, an der Grenze des dunklen Feldes, ein weiBer Halbmond von einem weifen ,,V“ gefolgt; Mittelteil des Dorsum, mit Basen der Zwischenraume I und II, moosgrtn; beide sogenannten ,,typischen“ Zeichen verschmolzen, mit undeutlichen braunen Zentren, und ziemlich breit reinwei8 gesaumt; Raum in den Zwi- schenraumen I—III bis zur auBeren Linie stark violettgrau angelaufen; au- Bere Linie schrag; dem Saume parallel, aus grofBen Halbmonden aufgebaut, mit violettgrauer Fiillung, von °/4 der Costa nach /3 des Dorsum laufend, gegen die Costa undeutlich, und oberhalb des Zwischenraumes IV stark ein- warts geknickt; subterminale Linie fein, schwarz, unregelmaBig, proximal schwach weiBlich gesaumt; Fransen weif gefleckt. Hinterfliigel wei®lich, im Analfelde blaB orangerehfarbg angelaufen; Terminallinie fein, umber- braun; Costa mit groBem subapikalem Fleck, dunkelbraun und griin ge- mischt, vor einer feinen Querlinie; Fransen am Apex braunlich. Vorderflt- gellange 17 mm. Mannliche Genitalien (Abb.12): Uncus zusammengedrtckt, so lang wie ein Drittel der Costa, gebogen, mit stumpfem Ende; Gnathi etwas langer als der Uncus, aufgebogen, gegen das Ende schlanker. Vinculum schmal. Valva mit Costa und Sacculus vollstandig verschmolzen. Aedeagus um ein Drittel Janger als die Costa, ziemlich robust, im letzten Drittel schwach gebogen, proximal loffelformig; Fultura inferior oval. Saccus verhaltnismaBig kurz, S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae 39] Abb. 12: Quadricalcarifera bambusicola sp. nov. zugespitzt. Sternalplatte des VIII. Urites wie bei Q. eusebia sp. nov., mit et- was weiter gestreckten Ecken des Vorderrandes. Weibchen: GroBer und im allgemeinen grtiner; das reinweifB durch blaB rotlichgelb ersetzt; Linien viel deutlicher; 4uBere Linie nur im Mittel- felde violettgrau gefullt, sonst blaf3 rotlichgelb proximal und olivgrun di- stal, distal weiBlich gesdumt. Hinterfltigel gelblich, fein schokoladebraun besprenkelt, sonst wie beim C’. Vorderfltigellange 23 mm. Den mannlichen Genitalien gema8, gehort diese neue Art zu derselben Gruppe wie Q. eusebia. Die deutlichen, weiBgesaumten ,,typischen“ Zeichen der Vorderfligel sind ein gutes Differentialmerkmal. Holotypus, CG: Nordsumatra, Dolok Merangir, 14.V.68 (leg. E. Diehl). Allotypus, Q: ibid., 20. V.68 (leg. E. Diehl). Paraty- pen: Dolok Merangir, alle Monate 67—70 (200°C) (ZSM und coll. R. Bender); Siantar, Holzweg 3, 20. IV. 68 (20°C, 1 2); 30 km SW-Siantar, Holzweg 2, 22. V., 28. V. 68 (20°C) (coll. R. Bender). (Alle leg. E. Dieh]). Quadricalcarifera variegata sp. nov. (Taf. III, Fig. 4) Mannchen: Palpen rahmfarbig, mit schokoladebrauner Oberseite. Kopf und Kragen schokoladebraun, etwas weil gemischt; Kragen weiflich gesaumt. Thoraxrticken schokoladebraun; Unterseite bla8 rehfarben; Beine schokoladebraun angelaufen; Tarsen braun und weiBlich geringelt; basaler Haarbusch des Hinterleibes schokoladebraun, distal blasser; Hinterleib hell ockerbraun. Vorderfltigel schokoladebraun, mit goldgrunen Schuppen an der Basis, langs der Costa und des Dorsum, dazwischen die dunklen Zeich- nungen; 4uBerste Basis schwarzlich; subbasale Linie aus drei schwarzen 392 S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae Abb. 13: Quadricalcarifera variegata sp. nov. Flecken, fast senkrecht; innere Linie kaum erhalten, schwach ausgebogen, ein schwarzer DZ-Strich; Costa in der distalen Halfte schwarz gefleckt; au- Bere Linie aus Flecken, von 4/s der Costa bis nahe des Tornus verlaufend; Elemente in Zwischenraumen IV und V mehr proximal; alle Flecke distal goldgriin geséumt; terminale Linie unregelmafig; Fransen fein weiBlich ge- fleckt. Hinterfliigel bla8 ockerig-schokoladebraun, im Mittelfelde am blas- sesten, und dunkler gegen die Costa; diese schokoladebraun mit blassen Querflecken und einigen goldgriinen Schuppen; Fransen leicht schokolade- braun mit blaB rehfarbenen terminalen Strichen. Vorderfligellange 16 mm. Mannliche Genitalien (Abb. 13): Uncus mit breit abgerundeter Basis; Ter- minalteil schmal, am Ende gerundet; die verschmolzenen Gnathi kaum 1an- ger als der Uncus. Vinculum im mittleren Teile etwas breiter. Valva ziem- lich breit, mit verschmolzenen Elementen; Costa mit einem kleinen schlan- ken Terminalfortsatz. Aedeagus so lang wie die Costa, robust, distal erst et- was verschmalert, terminal aber wieder breiter werdend; ein kleiner gezah- nelter Terminalfortsatz; Fultura inferior halomondf6érmig. Saccus dreieckig mit kleinem mittlerem Fortsatz. Der Q. nitidula Kiriakoff-Gruppe aus Neu- guinea steht die neue Art am nachsten. Holotypus, ©: Sumatra, Doulou bei Brastagi, 1200 m, 4. VII. 68 (leg. E. Diehl). Paratypen: ibid., 4. VII. 68 (10) deg. E. Dieh)), (coll. R. Bender); Dolok Merangir, VIII.—IX. 67 (40°C) (leg. E. Dieh]) (ZSM und coll. R. Bender); 30 km SW Siantar, 1050 m, Holzweg 2, 16. IV. 69 (10) leg. E.Dieh)). Quadricalcarifera unicolor sp. nov. Mannchen: Fihler mit weiSlichem Schaft und rétlichbraunen Kamm- zahnen; Palpen weif8, oben dunkelbraun; Kopf und Thoraxrticken grau; Stirnseiten weiBlich; Unterseite und Beine blasser; Vorderbeine oben braun gestreift; Tarsen wei8 und braun geringelt. Hinterleib rétlichbraun mit blaBgsrauen Flecken auf den beiden ersten Ringen; Unterseite heller. Vor- derflugel hell schiefergrau mit weiBlichem, grau besprenkeltem und S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae 393 schwarzlich geflecktem Vorderrand; Wurzel bis zur Basallinie und eine dor- sale Binde griin angelaufen; Zeichnungen ganz undeutlich; nur eine dunk- ler graue subterminale Fleckenbinde etwas deutlicher, nahe dem Apex be- ginnend und Rippe 3 erreichend; im Zwischenraume I ein dunkelgrauer Fleck; Fransen dunkelgrau, weifgefleckt. Hinterfliigel grau, im Analfelde umberbraun angeflogen; Vorderrand bis Rippe 6 wie die Vorderfliigel ge- farbt, mit dunklem subapikalem Fleck; terminale Linie braun; Fransen weilich, undeutlich braunlich gefleckt. Vorderfluigellange 20 mm. Mannliche Genitalien (Abb. 14): Uncus ziemlich schmal, am Ende gerun- det; Gnathi kurzer als der Uncus, ahnlich geformt. Vinculum schmal. Val- va gestreckt, ziemlich schmal, blattformig; Sacculus terminal einen kral- lenformigen Fortsatz bildend. Aedeagus deutlich langer als die Valva, ziem- lich robust, mit gestrecktem, etwas loffelformigem Proximalteile, im di- stalen Drittel gebogen, schmal und etwas abgeplattet; Fultura inferior ge- streckt, terminal ausgebuchtet, distale Ecken mit einer kleinen behaarten schwach sklerotisierten Platte. Saccus in einem spitzen Fortsatz ausgezogen. Holotypus, ©: NW Pakistan, Prov. Swat, 71°90'L, 35°70’B, Ma- dyan 1400 m, 19. VI.—4. VII. 1971 (leg. E. Vartian) (coll. E.Vartian). 1 ParatypusO, gleicher Fundort, in ZSM. | Diese merkwiirdige neue Art aus mittleren Héhen von Nordwest-Paki- stan zeigt eine Farbung, welche an viele Arten aus Neu Guinea erinnert. Abb. 14: Quadricalcarifera unicolor sp. nov, 294 S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae Quadricalcarifera stauropodoides sp. nov. Mannchen: Fuhler blaB& rostfarbig; Palpen schwarzbraun, unten weiB; Kopf, Thoraxriicken und Seiten schwarzbraun, mit weifen Haar- schuppen gemischt; Kragen undeutlich weiflich gesaumt; Brust und Be- haarung der Beine schmutzig weiBlich; Tarsen bla umberbraun, weiflich gefleckt; groBer Haarschopf, am I. Urit wie der Thoraxrucken gefarbt; Hin- terleib sepiagrau. Vorderfliigel wie Kopf und Thoraxrtcken, aber basal, in der Zelle und entlang des Vorderrandes etwas grtinlich gemischt; innere Linie stark, doppelt, blasser gefiillt, unterhalb der Zelle eingebogen, ein sehr undeutlicher weif®licher Ring am Zellenende; auBere Linie aus etwas blasseren, fein dunkel geranderten Halbmoéndchen, mit dem AuBenrande mehr oder weniger parallel, aber in den Zwischenraumen IV und V etwas eingebogen; Rippen fein schwarzlich; subterminale Linie fein, unregelma- Big; terminale Linie schwAarzlich; Fransen wie die Flugel, mit wei®lichen Pinktchen an den Rippenenden. Hinterfligel braunlichweiB, etwas grauer im distalen Felde, mit braunen Rippen; Vorderrand graubraun, gegen den Apex dunkler, mit feinen Querlinien. Unterseite der Vorderflugel bla8 um- bergrau, distal etwas weiBlicher; Unterseite der Hinterflugel einformig weiB. Vorderfligellange 25 mm. Mannliche Genitalien (Abb. 15): Uncus verhaltnismafig gut entwickelt, ziemlich breit, terminal abgerundet; Gnathi sehr schmal, spitzer, nur we- nig kurzer als der Uncus. Vinculum schmal. Valva gestreckt und schmal; Abb. 15: Quadricalcarifera stauropodoides sp. nov. S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae 395 Costa terminal mit stumpfen Haken. Aedeagus etwa so lang wie die Valva, robust, besonders proximal, mit proximalem loffelformigen Fortsatz; Ter- minalteil gestreckt und gebogen; Fultura inferior hautig, die terminalen Ecken etwas abgerundet und haarig. Saccus dreieckig mit kurzem, schmalem, terminal abgerundetem Fortsatz. Sternit des VIII. Urites distal breit und tief ausgeschnitten, proximal mit verhaltnismafig kurzem Fortsatz. Holotypus, GO: NW Pakistan, Prov. Swat. 71°90’L, 35°70’B, Madyan, 1400 m, 19. VI.—4. VII. 1971 (leg. E. Vartian) (incoll. E. Vartian). Allotypus @ und Paratypus O vom gleichen Fundort in coll. E. Vartian und ZSM. Dies ist eine der beiden neuen Quadricalcarifera-Arten aus dem aufer- sten Nordwesten des Genusareals. Beide Arten aus Pakistan scheinen Berg- tiere zu sein, vermutlich jlingeren Ursprungs. Das Genus Quadricalcarifera ist bekanntlich vorwiegend subtropisch und tropisch mit besonderer aber zweifellos sekundarerer Artenkonzentration in Neu Guinea. Unsere Art er- innert an G. basinigra Wileman, der Basalteil der Vorderfltigel ist aber viel weniger pragnant dunkel. Parasinga cinerascens sp. nov. (Taf. III, Fig. 5) Mannchen: Kopf und Thorax weiB, schwarz gesprenkelt; Hinterleib schokoladegraubraun. Vorderfltigel grau, im Medianfelde etwas dunkler; Basis der Costa wei®; eine subbasale Reihe schwarzer Flecken, nach innen eine Ecke formend; innere Linie aus schwarzen Halbmondchen, distal weil gesdumt, stark eingebogen, von Costamitte zu Tornusmitte laufend; ein runder schwarzer Fleck im distalen Zellenviertel und ein DZ-Halbmond- Y Abb. 16: Parasinga cinerascens sp. nov. 396 S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae chen; 4uBere Linie ungefahr ununterbrochen, schmal, schwarz, von ?/s der Costa zu #/4 des Tornus laufend, regelmaBig ausgebogen, an der Costa von einem gelblichen Flecke gefolgt; im auBeren Felde eine weitere Reihe wei- Ber, schwarzgesdumter Halbmondchen; subterminale Linie unterbrochen, dem Termen parallel; Fransen braunlich gefleckt. Hinterfligel schokolade- braungrau; Costalfeld braunlichweiB mit zwei subapikalen dunklen Linien; Analrand mit gelblicher Behaarung; Fransen braunlich mit blassen Flecken. Vorderflugellange 16,5 mm. Mannliche Genitalien (Abb. 16): Uncus verhaltnismaBig klein, schmal, ter- minal etwas erweitert; Gnathi schmal, den Uncus nicht tiberragend. Vincu- lum proximal sehr breit, gegen das X. Sternit allmahlich verschmalert. Val- va wie bei den anderen Arten der Gattung: basal und terminal schmal, in der Mitte sehr breit. Aedeagus ungefahr doppelt so lang wie die Valva, sehr schlank mit Ausnahme der breiten ,,Galoschen“-formigen Basis; Fultura in- ferior breit oval, am Distalrande etwas ausgeschnitten. Saccus lang semi- elliptisch mit einem doppelten sehr schlanken Terminalfortsatz. Von den iibrigen Arten der Gattung durch das Fehlen griiner Toénungen in der Farbung leicht zu unterscheiden. Holotypus, ©: Nord-Sumatra, Dolok Merangir, 180m, 24. VIII. 69 (leg. E. Dieh1). Parasinga subapicalis sp. nov. (Gat Ti hies6) Mannchen: Fuhler orangebraun; Palpen rahmfarbig, mit dunkel- brauner Oberseite; Stirn bleich orangebraun; Kopf und Thoraxrticken blaB aschgrau; Seiten weiflich; Brust und Beine rahmfarben mit blaB orange- brauner Pilositat; Vorderbeine oben dunkelbraun gestrichelt. Hinterleib oben dunkel schokoladegrau, unten weiBlich; Analbusch grau. Vorderfltigel blaB aschgrau; in der Zelle, an der Querrippe und an der Basis des Zwi- schenraumes IJ, ein kleines Haufchen aufgerichteter weiBer Schuppen; Fli- gelwurzel mit einem dunkel schokoladebraunen Strich, welcher bald nach dem Hinterrand biegt und diesem bis nahe des Tornus folgt; ein groBer sub- apikaler dunkelbrauner Costalfleck, mit vier welligen dunkelbraunen Li- nien; subterminal eine unvollstandige Reihe feiner brauner Halbméndchen; Fransen weiflich gegen den Apex etwas braunlicher. Hinterfluigel dunkel schokoladebraun; Costalgegend bla aschgrau mit einem subapikalen brau- nen Fleck; Fransen blafi braunlich, brauner gefleckt. Vorderfliigellange 15 mm. Mannliche Genitalien (Abb. 17): Denen von P. cinerascens Kiriakoff ganz ahnlich, nur ist der Uncus kurz und abgerundet, und die verschmolzenen Gnathi terminal erweitert und abgerundet. Von den nahestehenden P. cinerascens durch das Fehlen von Fleckenver hen und die Anwesenheit eines braunen subapikalen Fleckes unterschie- den. 397 Abb. 17: Parasinga subapicalis sp. nov. Holotypus, CO: Nord-Sumatra, Dolok Merangir, 1800m, 14. VI. 1969 (leg. E. Diehl). Paratypus, 10, Doulou, N.-Sumatra, 1200—1800 m, 6. XII. 1972 (leg. E. Diehl); 10’ Zentral Atjeh, 400m, 4. III.1973 (leg. E. Diehl) (coll. R. Bender); 10 Stabat, 5. XI.73 (leg. E. Diehl) (coll. R. Bender). Vaneeckia pallidifascia ovalis (van Eecke) ©: Sumatra, Dolok Merangir, 1.—29. X. 67, 180 m (leg. E. Dieh]). Q: Sumatra, Dolok Merangir, 30. 10.—9. 12. 1967 (leg. E. Diehl). Fuhler auf 4/5 der Lange doppelt kammzahnig. Kragen in der Mitte weif- lich gerandet. Vorderfliigel sehr dunkel schokoladebraun, mit olivgrauem Terminalfelde. Hinterflligel an der Basis und in der Zelle weifb, schwach beschuppt, sonst schokoladegrau, Vorderrandfeld braunlich mit dunkel schokoladebraunem subapikalem und olivgrauem Apikalfleck. Vorderflu- gellange 18 mm. | In Indonesien verbreitet. Hypostauropus gen. nov. Ftihler kurz zweireihig gebtischelt bis etwas tiber die Halfte. Palpen sehr kurz, vorgestreckt. Thoraxrticken mit einem doppelten Langskamm. Beine ziemlich langhaarig; Hinterbeine bei dem vorliegenden Stuck leider abge- brochen (Spornen?). Vorderfltigel verhaltnismaRig schmal, mit schragem AuBenrand, der fast so lang wie der Hinterrand ist; dorsaler Schuppenzahn gut entwickelt. Rippenbau: Rippe 2 bei °/s der Zelle abzweigend; 3 von 4 fast gleich entfernt wie 4 von 5; diese letztere aus der Mitte der Querrippe; 398 S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae keine Areole; 6 mit 7, 10, 8+9 kurz gestielt. Vorrand der Hinterfligel fast gerade. Rippenbau: Rippe 2 bei */s der Zelle abzweigend; 3 und 4 fast aus einem Punkt; Querrippe einwarts stark geeckt; 5 aus der Mitte derselben; 6, 7 ganz kurz gestielt; 8 mit der Zelle bis uber die Mitte verschmolzen. Mannliche Genitalien (Abb. 18): Uncus klein, schmal, gebogen, mit termi- naler Behaarung und dreieckiger Spitze; Wurzel breit dreieckig; Gnathi mit breit abgerundeter Basis, hornformig, mit feiner Spitze. Vinculum schmal, Valva sehr schmal proximal, breiter werdend, und mit einem unregelmaBig abgerundeten Terminalteile. Aedeagus fehlt dem untersuchten Stuck. Sac- cus bis auf ein kurzes medianes dreieckiges Fortsatzchen reduziert. Diese neue Gattung steht in bezug auf die mannlichen Kopulationsorgane in der Mitte zwischen Quadricalcarifera und der Stauropus-Gruppe, und er- innert an verschiedene Gattungen des grofen athiopischen Desmeocraera- Komplexes. : Gattungstypus: Quadricalcarifera saitonis Matsumura. Hypostauropus saitonis (Matsumura) O': Taiwan, Puli, 550 m, V. 1958, Vorderfliigellange 28 mm. Sagamora umbrina Kiriakoff Nordsumatra, Kebon Balok NNW von Medan, 24. XI. 68. Aus Sumatra beschrieben. Abb, 18: Hypostauropus gen. nov., saitonis Matsumura S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae 399 Omichlis dimorpha sp. nov. (aie Ue bic s) Diese neue Omichlis-Art scheint in zwei Farbvarianten oder Phasen vor- zukommen, wie auch in Borneo, auf Grund des Vergleiches mit von Dr. Holloway am Kinabalu gesammelten Stticken. a) Dunklere Phase. Mannchen: Kopf und Korper bla8 rahmfarbig, schwach schokola- debraun gesprenkelt; Palpen brauner, mit dunkel schokoladebrauner Ober- seite; Tarsen schokoladebraun geringelt; abdominaler Basalschopf rehfar- big; distale Hinterleibsringe mit einem sublateralen braunen Streifen, wel- cher am letzten Ringe winklig ist. Vorderfluigel wie der Korper gefarbt; die Media samt den Rippen 2, 3 und 4 ziemlich pragnant schwarzlich; ein sub- basales schieferschwarzes Zeichen tuber dem Dorsum, darunter am Dorsum ein rostroter Fleck; Subbasallinie wellig, am schieferschwarzen Zeichen en- dend; Costa schwarzgefleckt; innere Linie wellig, von '/s der Costa nach '/s des Dorsums laufend; DZ-Zeichen blafB gelblich; auBere Linie von etwas Uber der Costamitte nach Dorsummitte laufend, breit, von Costa bis Rippe 4 ziemlich diffus, dann doppelt und aus Halbmondchen zusammengestellt, am Ende von der inneren Linie nur 1 mm entfernt; eine subterminale Reihe kleiner Fleckchen, mit der 4uBeren Linie auf einem Abstand von 1!/2 mm pa- rallel verlaufend, und von einem schokoladebraunen Schatten gefolgt, wel- cher von der Costa nahe des Apex nach Rippe 3 lauft, und zwei Reihen schwarzer Piinktchen enthalt; 1 mm vor dem Termen, eine Reihe dunkler Piinktchen oder Halbmondchen; Fransen vom Apex bis Rippe 3 braun, sonst rahmfarbig. Hinterfliigel an der Wurzel und im Analfelde bla gelblich, sonst gelblich schokoladebraungrau, mit schwachem dunkleren DZ-Zeichen; Analecke mit kurzem schwarzlichen Striche, von zwei Querlinien gefolsgt; Terminallinie bla® gelblich; Fransen etwas grauer, mit bla gelblichen En- den. Vorderfliigellange 17 mm. b) Hellere Phase Mannchen: Allgemeine Farbung der Vorderfligel heller, blaigelb- lich, blaBrotlichbraun gesprenkelt und beschattet; Zeichnungen wie bei der dunklen Phase, aber ohne den pragnanten schw4arzlichen Rippen. Hinterflu- gel auch blasser. Vorderfliigellange 17/2 mm. Mannliche Genitalien (Abb. 19): Uncus an der Basis dreieckig, distal schmal: am Terminalrande etwas erweitert, mit ventraler Mittelrippe; Gna- thi kurz, mit schmalem Basalfortsatz und breit sichelformigem Terminal- teil, teilweise gezahnelt. Vinculum distal erweitert. Valva stark gestreckt, gerade, mit Costa und Sacculus fast parallel, terminal nur leicht schmaler werdend; Costa in einem spitzen Fortsatze endend, sehr fein gezahnelt; im letzten Drittel der Valvula ein schlanker, etwas gebogener Fortsatz. Aedea- 400 S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae Abb. 19: Omichlis dimorpha sp. nov. gus nur halb so lang wie die Costa, ziemlich robust, gerade, terminal etwas tellerformig erweitert; Fultura inferior am proximalen Rande breit ge- wolbt; distaler Rand in der Mitte vortretend, mit eingebogenen Seiten. Sac- cus semi-elliptisch, ziemlich schmal. Es ist durchaus méglich, da die dunklere Phase eine okologische, vermut- lich eine Bergrasse darstellt. In diesem Falle ware es nétig, zwei Okosub- spezies zu erkennen, namlich die nominative Bergunterart O. dimorpha dimorpha ssp. nov., und die Unterart der Ebene, welche dann den Namen O. dimorpha pallida ssp. nov. erhalten konnte. Omichlis dimorpha sp. nov. ist bis jetzt die einzige in Indonesien vorkommende Omichlis-Art. O. rufotinc- ta Hampson ist aus Birma (Pegu) bekannt; alle anderen Arten sind auf Neu- guinea und einigen nordéstlich davon liegenden Inseln beschrankt. Eine sol- che disjunkte Verbreitung ist selbstverstandlich von groBem biogeographi- schem Interesse. Weitere Studien waren sehr wunschenswert. Holotypus, O (dunkle Phase): Nord-Sumatra, 30km SW Siantar, Holzweg 2, 1050 m, 28. V.68 (leg. E. Diehl). Paratypen (dunkle Phase): ibid., 1V.—VII. 1968/71 (60°C) (leg. E. Dieh]) (coll. R. Bender); Doulou, 6. VI.70 (10’) (leg. E. Diehl) (coll. R. Bender); Dairi, 1600 m, 3. VIII. 70 (1C’) (leg. E. Diehl) (coll. R. Bender); Dolok Merangir, 1250 m, 9. IX, 69 (1C’) (leg. E. Diehl) (ZSM). Paratypen (helle Pha- se): Nord-Sumatra, Deli, Dolok Merangir, 180m, 9. VI—11.1IX. 70 (or) (leg. E. Diehl) (ZSM und coll. R. Bender). Pseudostauropus plagosus Gaede ©’: Sumatra, Dolok Merangir, 180 m, 10. X. 69 (leg. E. Dieh1). Vorder- flugellange 17 mm. Aus Sumatra beschrieben. S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae 401 Medanella gen. nov. Palpen sehr kurz, dem Kopfe anliegend, mit kurzer doch dichter Behaa- rung; Terminalglied winzig; Fuhler kurz, kaum uber ein Drittel der Costa reichend, doppelt gekammt bis nahe dem Ende; Beine mit massiger Behaa- rung. Vorderfltigel massig breit, mit gerundetem Apex. Rippe 2 aus 4/s der Mittelzelle abzweigend; 3, 4 aus einem Punkt; 5 aus der Mitte der DZ; Areo- le klein; 6 aus deren Unterseite; gemeinsamer Stiel von 7, 10, 8 und 9 aus dem Areolenende. Im Hinterfltigel, Rippe 2 aus ?/s der Mittelzelle abzwei- gend; 3, 4 aus einem Punkte; 5 etwas unterhalb der Mitte der DZ; 6, 7 auf 1/1 gestielt; 8 der Mittelzelle bis der Mitte genahert. Abb. 20: Medanella gen. nov., subterminalis sp. nov. Mannliche Genitalien (Abb. 20): Uncus kurz, schmal, gebogen, am Ende rautenformig; Gnathi etwas ktirzer als der Uncus, schmal spitz auslaufend. Vinculum ziemlich breit. Valva gestreckt und schmal; Apex mit einer Quer- platte. Aedeagus etwas langer als die Valva, ziemlich gerade, proximal ro- bust, gegen das Terminalende diinner werdend, unbewaffnet; Fultura in- ferior breit, quer. Saccus kaum entwickelt. Typus Generis: Medanella subterminalis sp. nov. Medanella subterminalis sp. nov. (Taf. IV, Fig. 2) Mannchen: Kopf und Thoraxrticken schwarzlichbraun, Unterseite et- was heller; Hinterleib graubraun; letztes Segment und Analschopf dunkel sepiagrau. Vorderfliigel hell sepiabraun, in den basalen und costalen Fel- dern dunkler; innere Linie ganz verwischt; Costa mit schwachen graulichen Querstrichen und vier rahmweiSen Piinktchen gegen den Apex; DZ-Zeichen 402 S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae tiefschwarz, weiBlich gerandet; Spuren einer auBeren Linie schwarzlich, gewellt, von 3/4 der Costa nach Rippe 5 laufend, weiter verloschen; subtermi- nale Linie schwarzlich, von °/6 der Costa bis nahe dem Tornus, im Zwischen- raume III zu einem Fleck erweitert; terminal, kleine schwAarzliche Pfeilchen an den Rippenenden; Fransen dunkelbraun. Hinterflugel ockerigsepiagrau. Vorderfligellange 11 mm. Holotypus, CO: Nordsumatra, Dolok Merangir 180 m, IX. 70—I. 71 (leg. E. Diehl). Paratypen: ibid., 24. XI. 68 (10); Dolok Merangir, Monate IV—V., XI. 67—70 (5C0'C’) (leg. E. Dieh 1) (ZSM und coll. R. Ben - der); 30 km SW von Siantar, Holzweg 2, 16. IV. 69 und 4. VIII. 70 (20°C) (leg JE. Dave hil) (collak. Bie nde x): Peridea murina sp. nov. Mannchen: Fihler hell rotlichbraun; Palpen schwarzlichbraun mit blaBbraunem Endglied; Kopf und Thoraxrticken grau mit schwachem brau- nem Anflug; Tegulae vandyckbraun gerandet; Metathorax brauner; Unter- seite und Beine blaBbraun; Tarsen fein braun geringelt; Hinterleib hell orangebraun. Vorderfltigel hellgrau, ganz schwach braunlich angeflogen; Zeichnungen vandyckbraun; subbasale Linie kraftig, zweimal ausgebogen, distal sehr blaBgrau gerandet; innere Linie breit gezahnelt, etwas vor dem ersten Drittel am Vorderrand beginnend, und am vandyckbraunen Hinter- randzahne endend, proximal blaB gerandet; auBere Linie gezahnelt, am Vor- derrand etwas breiter blaf gerandet, davor und dahinter ein brauner Costal- fleck; Rippen distal braun gestrichelt; ein sehr schwacher Mittelschatten; im Terminalfelde einige braune Striche im vorderen Teile, und kurze Linien in den Zwischenraumen II und III; terminale Linie fein, etwas dunkelbraun, unterbrochen; Fransen weiflich. Hinterflugel blaBgrau mit einer diskalen und einer subterminalen weiBlichen Binde; Analhaar bla8 orangebraun an- geflogen; Terminallinie und Fransen wie im Vorderfltgel. Vorderfligellan- ge 20,5 mm. Mannliche Genitalien (Abb. 21): Uncus kurz, mit parallelen Seiten und leicht gerundetem Apex; Gnathi breit, kurz, gebogen. X. Segment an der Basis schmaler. Vinculum breit. Valva wie bei den tibrigen Arten des Genus, mit einem subterminalen dreieckigen Fortsatz. Aedeagus so lang wie die Valva, ziemlich robust, proximal etwas loffelformig, terminal verjiingt mit einem schlanken, hakenformigen Fortsatz; Fultura inferior breit, mit ein- gebogenen Seiten. Saccus breit gerundet. Sternit des VIII. Urites breit, mit fast parallelen Seiten, und schwach ausgebogenem Distalrande; dieser tragt in der Mitte einen ganz kurzen gerundeten Fortsatz. Holotypus, CO: Nord-Iran; 55°90’L, 37°40‘B, Gorgantal, 50 km Ostlich von Mindudasht, 460 m, 30. V. 1971 (leg. E. Vartian). (In coll. E. Wat ti am’): Allotypus, 9vom gleichen Fundortincoll.E. Vartian. Paratypen, 300 vom gleichen Fundort in ZSM und coll. R. Ben - der: S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae 403 Abb. 21: Peridea murina sp. nov. Durch hellen grauen Ton und das Fehlen eines diskozellularen Zeichens von den verwandten Arten leicht zu unterscheiden. Habituell steht die neue Art am nachsten der ostasiatischen Peridea oberthiiri Stgr. Peridea swata sp. nov. Mannchen: Fuhler kurzgezahnelt und gebtischelt, umberbraun; Pal- pen, Kopf und Thoraxrtcken dunkel ockerbraungrau; Kragen gegen den Rand blasser, fein schwarz gerandet; Tegulae und Metathorax auch schwarzgerandet; Unterseite blasser; Beine mit grauer Behaarung; Tarsen rahmfarbig und dunkelbraun geringelt; Hinterleib hell rehfarbengrau. Vor- derflligel ziemlich dunkel ockerbraungrau; Basalfeld wie der Thoraxrticken; Subbasallinie zackig; innere Linie gezahnt, fast senkrecht, im Schuppenzah- ne endend; Rippen dunkel; Querrippenzeichnung langlich, bla8 ockerbraun, mit braunem Mittelstrich; auBere Linie gezahnt, vom Vorderrand bis Rip- pe 2 ausgebogen, dann der inneren Linie parallel; Terminalfeld mit dunklen Langsstrichen zwischen den Rippen; Costalfeld weif®lich sehr fein gespren- kelt; eine terminale Reihe Halobmondchen; Fransen gleichfarbig mit dunk- len Flecken an den Rippenenden. Hinterflugel rahmwei8; Analfeld rehfar- ben angeflogen; Vorderrand bis Zwischenraum V wie die Vorderflugel, mit zwei weiBlichen gezaéhnten Linien; Analecke mit graubraunem Fleck; Ter- minallinie braun, unterbrochen; Fransen rahmwei8, graubraun terminal, mit rahmweiBen Flecken an den Rippenenden. Vorderflugellange 31 mm. Mannliche Genitalien (Abb. 22): Uncus kurz, gebogen, mit etwas eckigem Terminalrande; Gnathi mit breiter Basis, dann verjungt, gebogen, sehr schwach gezahnelt, spitz. Vinculum ziemlich breit. Valva schmal, breiter an der Basis und terminal, wo sie eine Art Scheibchen formt; davor ein spit- 404 S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae Abb. 22: Peridea swata sp. nov. zer, dornférmiger Fortsatz. Aedeagus nur wenig kurzer als die Valva, mit schmalem, l6ffelf6rmigem proximalem und robustem, rechtem Terminal- teile; dieser tragt am Ende einen kurzen etwas gegabelten Fortsatz; Vesica eine Anzahl sternfoérmiger Cornuti tragend; Fultura inferior schwach, halb kreisrund. Saccus ganz kurz, breit ausgebogen. Sternit des VIII. Urites breit und kurz, fast kreisrund, mit gestreckten distalen Ecken, und ausgebogener Mitte. Holotypus, O:NW Pakistan, Prov. Swat, 71°90’L, 35°70’B, Madyan, 1400 m, 19. VI.—4. VII. 1971 (deg. E. Vartian) (coll. E. Vartian). Steht am nachsten der palaarktischen Peridea anceps (Goeze), hat aber nur gezdhnelte und gebtschelte Fuhler. Die mannlichen Kopulationsorga- ne weisen auch einige Unterschiede auf. Peridea himalayana sp. nov. Mannchen: Fuhler braun mit blasseren Kammzahnen; Palpen grau- braun, oben dunkler; Kopf und Thoraxrucken dunkel gelblichgrau; Kragen und Tegulae weiBlich umrandet; Unterseite gelblichgrau; Behaarung der Vorderbeine dunkel graubraun; Tarsen schwarzlich und rahmfarbig gerin- gelt; Hinterleib oben dunkel graubraun, seitlich und unten gelblicher. Vor- derfligel dunkel sepiagrau, am Vorderrand grauer, basal unterhalb der Zel- - le und am Hinterrand dunkler und brauner; basale Linie dick, schwarz, schrag, am Vorderrande distalwarts verlangert; innere Linie doppelt, blaB gefullt, am Vorderrande ganz schwarz und schraég nach auBen, in der Zelle schrag einwarts, unterhalb der Zelle ausgebogen, nur Rippe 1 erreichend; S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae 405 dahinter im Zwischenraume I eine gelbliche Aufhellung; Querrippenzei- chen sehr groB, schrag-oval, braéunlich ockergelb mit briunlichem Mittel- fleck; dahinter eine Reihe teilweise verbundener schwarzer Rippenstriche; Vorderrand mit schwarzen Querflecken; 4uB8ere Linie doppelt, gezihnelt, graulich-ocker gefullt; Rippen dahinter schwarzgefleckt, sonst fein schwirz- lich; in den Zwischenréumen IV bis VII langliche ockerbraune Flecken; subterminale Linie blafi ockergelb, gezéhnt, Zahne proximal schokolade- braun gefiillt; dahinter eine Reihe schokoladebrauner Halbméndchen wel- che gegen den Tornus zu Querflecken werden; terminale Linie schwArzlich, unterbrochen; Fransen blaB ockergelb mit dunkler Mittellinie und braunli- chen Flecken. Hinterfligel weiB; Apex schmal braun; entlang des AuBen- randes von der Analecke bis Rippe 3 eine schmale graubraune Binde; Fran- sen an den Rippenenden dunkel gefieckt; Flecke an den Rippenenden 2 und 3 sehr groB; analwarts davon eine breite braune subterminale Binde. Vor- derflugellange 26 mm. Mannliche Genitalien (Abb. 23): Uncus verhaltnismaéBig sehr _ klein, schmal, gebogen; Gnathi nur halb so lang wie der Uncus, ziemlich breit, schwach gebogen. Vinculum distal schmaler. Valva breit, verhaltnismaBig kurz, subterminal stark verjungt, terminal wieder verbreitert, halbrund mit einem dreieckigen Fortsatz am Ende des Sacculus. Aedeagus ungefahr so lang wie die Valva, proximal schlank, median etwas angeschwollen und in die Lange fein gestrichelt, terminal wieder verjtingt, gebogen, mit zwei lateralen dornformigen Fortsatzen; die Spitze wieder gebogen, aber in die andere Richtung; Vesica mit einem Felde von Cornuti; Fultura inferior kreisformig, schwach sklerotisiert, ausgenommen an den Randen. Saccus nicht differenziert. Sternit des VIII. Urites breit, proximal abgerundet, di- stal mit medianer Ausbuchtung und etwas auswarts gestreckten Ecken. Holotypus, OC: India, Kumaon-Himalaya, Distr. Nainital, Bhim Tal, 1500 m, 27. VI. 1971 (leg. de Freina) (coll. Th. Witt). . Abb. 23: Peridea himalayana sp. nov. 406 S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae Paratypen: India Kumaon-Himalaya, Distr. Nainital, Bhim Tal, 1500 m, 10. VI.—5. VII. 1971 (leg. de Freina) 8OC, 19 (coll. Th. Witt) 10 (coll. R. Bender). ,Notodonta sp.“ (2 92) aus Nepal, Prov. East Nr. 1, Pultschuk, 2300 bis 2500 m, 12. und 13. VI. 1967 (eg. Dierl, Forster, Schacht), er- wahnt in Daniel, Khumbu Himal, Bd. 4. Lfg. 2, S. 256, Taf. 6, Fig. 38, ist das 2 der neuen Art. Wie bei den Gattungen Notodonta und Peridea iiblich, tragen die Hinterfliigel beider erwahnter Stucke ein breites dunk- les subterminales Band. Diese Stticke werden als Allo- (12. Juni) bzw. Paratypus (13. Juni) bezeichnet. Diese neue Art erinnert an P. hoenei Kiriakoff aus China, entbehrt aber deren rotliche Farbung. Pulia gen. nov. Masao Okano beschrieb 1958 aus Puli, Taiwan, eine Peridea albima- culata (Ann. Rep. Gakugei Facult. Iwate Univ., 1958, 13: 53, Taf. 1, Fig. 5, Taf. 2 Fig. 5—6). Seine Abbildung der mannlichen Genitalien der Art weicht aber von der typischen Struktur in der Gattung Peridea erheblich ab (siehe Kiriakoff in Genera Insectorum, Lief. 217b, S. 91, Fig. 51, und: Lier: 217 c, S. 170, Fig. 120 nec 119). In den Sammlungen F. Daniel, Dr. R. Bender und ZSM befinden sich sieben O' C’ dieser Art, ebenfalls aus Puli. Sorgfaltige Uberprtifung dieser Stiicke und ihrer mannlichen Genitalien hat die Errichtung einer eigenen Gattung fiir Peridea albimaculata als no- tig erwiesen. Im folgenden findet sich die Beschreibung dieser neuen Gat- tung. Typische Art: Peridea albimaculata Okano 1958. Fihler des CO’ stark gezaéhnelt und gebtischelt bis 7/3, dann kurz gezahnelt. Russel reduziert. Palpen kurz, etwas kiirzer als der Augendurchschnitt, vor- gestreckt, mit kurzer Behaarung; das 3. Glied verborgen. Beine dicht be- haart; Hinterschiene mit langerer Behaarung und zwei Paar Spornen. Hin- terleib mit schwachen Haarbiischeln an den proximalen Uriten. Vorderflt- gel mit schwachem dorsalem Zahn; Termen schwach gezahnt. Flugeladerung: Rippe 2 sehr nahe des Zellenendes; 3 etwas vor dem Zelleck; 4 von der Zell- ecke; DZ schrég, nahe der Zellecke schwach eingebogen; 5 aus deren Mitte; Anhangszelle sehr langlich und schmal; 6 und der lange Stiel der 10, 7 und 8 und 9 aus dem Ende davon. Im Hinterflugel Costa etwas ausgebogen; Ter- men schwach gezahnelt. Rippe 2 aus 4/5 der Zelle; 3 und 4 getrennt; DZ schrég; 5 aus dem oberen Drittel davon; 6 und 7 auf 1/5 gestielt; 8 mit der Zelle bis nahe deren Ende verschmolzen. Bei Peridea gibt es keine Anhangs- zelle. Mannliche Genitalien: Uncus langlich, sehr schmal, gebogen; Gnathi distal breit dreieckig; mit stark verlangerter unteren Ecke. Valva verhaltnismaBig schmal, terminal rundlich verbreitert. Lange des Aedeagus ungefahr wie die der Valva; proximales Drittel loffelformig; subterminal und terminal einige Dornchen; median ein Feld starker Cornuti; Fultura inferior halb- S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae 407 kreisformig. Saccus ganz rudimentar. Bei Peridea ist der Uncus breit und kurz, die Gnathi schmal, gebogen; die Valva ganz anders gebildet. Nach der Struktur der mannlichen Genitalien, steht die neue Gattung naher bei Phalera als bei Peridea. Die grofe, auffallende Art, 1958 beschrieben, soll ziemlich selten sein: Okano beschrieb sie nach nur zwei Stiicken. Ich weiB nicht wieviel wei- tere Stiicke sich in japanischen Sammlungen befinden; auBSer den obener- wahnten Stucken kenne ich nur noch zwei 99 inmeiner Sammlung, auch aus Puli (etwas grofBer, sonst nicht verschieden). Betashachia angustipennis tropica subsp. nov. (Taf. IV, Fig. 3) Von der Nominatrasse aus Taiwan (Betashachia a. angustipennis Mat- sumura) durch etwas dunklere und braunere Farbung, und einen deutlichen weiBlichen dreieckigen Fleck am AuBenrande zwischen dem Tornus und Rippe 4 unterschieden. Vorderflugellange 21 mm. Die mannlichen Genita- lien weisen keine Unterschiede auf. Holotypus, ©: Sumatra, Deli, Dolok Merangir, 180 m, 9. VI—11. IX. 70 (leg. E. Diehl). Paratypen: gleicher Fundort und Datum, 30°C. Suzukia irrorata Moore Sumatra, Dolok Merangir, 180 m; 9. VI.—1. IX. 67; (leg. E. Diehl); Dou- lou bei Brastagi, 1200 m, 25. IV. 68 (leg. Diehl) Kommt in Sikkim und Stidchina vor; aus Indonesien bisher nur aus Bor- neo erwahnt. Suzukia basistriga Moore Sumatra, Dolok Merangir, 180 m, IX. 701 71. leg. E.Dieh1) ‘Eine nordindische Art, bis jetzt aus Indonesien unbekannt. Suzukia diehli sp. nov. (Taf. IV, Fig. 4) Mannchen: Taster dunkel schokoladebraun, mit blaB rahmbraunem letztem Glied; Basalglied der Fiihler an der Wurzel weiflich, sonst braun; Kopf wei8, mit schokoladebraunen Haaren dicht gemischt; Periokularraum und Pectus vorne schwarzlichbraun; Patagien, Prothorax und Tegulae dun- kel schokoladebraun, Thorax sonst wie der Kopf; Unterseite braunlichgrau; Behaarung der Beine blasser; Tarsen braun und weiflich geringelt; Hinter- leib bradunlichgrau, mit dunkel schokoladebraunen segmentalen Ringen. 408 S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae Vorderfliigel wei8, dunkel schokoladebraun gezeichnet; ein kurzer Basal- strich unterhalb der Zellen, am Hinterrand von einem langlichen, ziemlich diffusen Fleck gefolgt; Vorderrand gefleckt und schwach gesprenkelt; der ~ restliche Fliigel mit Schokoladebraun gesprenkelt, mit ungesprenkelten Flecken in der Zelle, distal der Querader, unterhalb der Zelle, langs des Hinterrandes, und im Mittel der Zwischenraume II bis VI, distal der Zelle; Terminalfeld auch nur schwach gesprenkelt, und mit zwei Fleckenreihen, die proximale aus kleinen rundlichen Punktchen gebildet, gegen die Hinter- ecke undeutlich werdend, die distale aus groéBeren Halbmondchen oder Halbringen; ein pragnanter Queraderstrich; eine diffuse distale Binde aus brauner Sprenklung von 3/4 des Vorderrandes bis °/é des Hinterrandes, vom Vorderrand bis Rippe 3 ausgebogen, dann gerade und schrag; Fransen weil und schokoladebraun gefleckt. Hinterfliigel hell umbergrau mit dunklerem Hinterrandfelde und umbrabrauner Terminallinie; Fransen weiflich. Lange der Vorderfltigel 21 mm. Mannliche Genitalien (Abb. 24): Uncus kurz, schmal, distal erweitert; Gnathi schmal, im basalen Teile gebogen; dann gerade. Vinculum mabBig breit. Valve gestreckt, im terminalen Drittel etwas gewunden; Costa mit einem kurzen, schlanken, etwas gebogenem Fortsatz. Aedeagus ungefahr so lang wie die Valva, proximal gestreckt und gebogen, distal sehr robust, mit querem und gezahneltem terminalem Fortsatz; Fultura inferior oval mit zwei kurzen distalen hornformigen Fortsatzen. Saccus kurz, abgerundet. Holotypus, ©: Sumatra sept., Deli, Dolok Merangir 180 m, IX. 70 bis I. 71 (leg. E. Dieh1). Paratypen: Eine Anzahl OO vom gleichen Fundort. Die Art steht Suzukia irrorata (Moore) aus Sikkim, Sumatra und Borneo sehr nahe, es fehlt aber der weiBe Zellfleck, auch hat sie eine deutliche proxi- — male Binde. Ein ganz ahnliches, wohl konspezifisches Stiick befindet sich im Abb. 24: Suzukia diehli sp. nov. S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae 409 Leidener Museum, aus West Java, 1400 m, Mt. Gedeh, Tjibodas, 6. IV. 40 (leg. K. J. Toxopeus). Die mannlichen Genitalien der neuen Art sind in der Aedeagus-Struktur von der der tibrigen Suzukia-Arten stark abwei- chend: der Aedeagus besitzt einen gezaihnten queren Terminalfortsatz, weicher bei den tbrigen Arten durch kurze zahn- oder keilférmige Seiten- fortsatze ersetzt ist. Allodonta collaris Swinhoe Sumatra, Dolok Merangir, 180 m, 2. [X.—3. XII. 69. (leg. E. Dieh1) Terra typica: Khasia Hills. Das vorliegende Sttick ist von indischen Tie- ren nicht verschieden. Allodontina gen. nov. Steht der Gattung Allodonta recht nahe. Palpen, Behaarung des Korpers und Fligeladerung wie dort, ebenso das Zeichnungsmuster. Der Unterschied liegt in der Struktur der mannlichen Genitalien (Abb. 25), welche in mehreren Gesichtspunkten abweichend sind. Der Uncus ist stark gestreckt und schmal, mit vergleichsweise ktrzeren Terminalasten; die Gnathi sind breit an der Basis, in einen langlichen schmalen, spitzen Fortsatz auslaufend. Die Valva tragt in der Mitte des Sac- culus einen dornformigen Fortsatz. Der Aedeagus ist etwas langer als die Valva, robust, proximal verlangert und gekriimmt, in der Mitte einen dolch- formigen Fortsatz tragend, terminal etwas verschmdlert. Diese merkwtrdi- gen Abweichungen gestatten die neue Art ohne Zweifel generisch abzu- trennen. Typus Generis: Allodontina apicalis sp.nov. Abb. 25: Allodontina gen. nov., apicalis sp. nov, 410 S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae Allodontina apicalis sp. nov. (Taf. IV, Fig. 5) Mannchen: Palpen, Stirn, Basalschopf der Fiuhler und Oberkopf dun- kel kastanienbraun; Thorax oben mehr sepiabraun; Mitte und Rand des Kragens und Innenseite der Tegulae weiSlich; Brust nach vorn schwarzlich- braun, sonst graubraun; Hinterleib dunkelgraubraun. Vorderflugel dunkel kastanienbraun-sepia; ein costaler Basalfleck, ein groBerer an der Basis des Dorsum, ein Apikalfleck und ein viereckiger Fleck am Tornus, blaBgelblich; innere und duBere Linie gezdhnt, an beiden Seiten blaBgerandet; Zellen- raum und dariiber heller, mehr vandyckbraun. Hinterfltigel weil3lich, bleich sepiabraun angeflogen, mit undeutlichem braunerem Diskalbande. Vorder- flugellange 20 mm. Holotypus, ©: Nordsumatra, Deli, Dolok Merangir, 180 m, [X/70— 1/71 (leg. E. Diehl). Paratypen: Dolok Merangir, IX/70—1/71 (40°C) (ZSM und coll. R. Bender); 30 km SW von Siantar, Holzweg 2, 1050 m, 19. V. 69 (20°C) (coll. R. Bender); Doulou bei Brastagi, 1200 m, 4, VII. und 21. XII. 68 (20'C) (coll. R. Bender); Dairi, 1600 m, IX., XI. und XII. 70 (8C'C) (coll. R. Bender) (alleleg. E. Diehl). Allodontina unicolor sp. nov. Mannchen: Fithler hell vandyckbraun; Basalschopf etwas weiflich gemischt; Palpen unten graulich, oben dunkelbraun; Vertex und Augenge- gend dunkelbraun; Kragen weiflich grau mit undeutlicher brauner Mittel- linie; Thoraxrticken nebst den hohen Rtickenschépfen dunkel vandyck- braun; Unterseite bla8 graubraun; Vorderbeine oben braun gestreift; Tar- sen wei und braun geringelt. Vorderfliigel dunkel graulich vandyckbraun; ein gestrecker Fleck vor dem Tornus etwas blasser; ein weifer Basalpunkt; Zeichnungen recht undeutlich; innere Linie durch eine unregelmaBige senk- rechte Reihe schwarzlicher Schuppen gebildet, mit einem weiflichen Vor- derrandfleckchen davor; Querrippenzeichen kaum zu sehen, langlich-oval mit feiner gelblicher Umrandung; aufiere Linie am Vorderrand, etwas tiber zwei Drittel durch einen weiblichen Querfleck, und weiter durch eine schra- ge, mit dem Aufenrand parallele, zwischen Rippe 4 und dem Hinterrand eingebogene schwarze Fleckenlinie angedeutet; vor dem Apex etwas heller braun, mit dahinter einem schragen gelblichen Strich; zwischen den Rippen im Terminalfelde schwarze Striche; Terminallinie sehr fein, schwAarzlich; Fransen graubraun mit schwarzbraunen Flecken an den Rippenenden. Hin- terflugel gelblich graubraun mit undeutlicher braunerer Terminallinie und terminal weiflichen Fransen. Vorderfligellange 19 mm. Mannliche Genitalien (Abb. 26): Weisen praktisch keine Unterschiede zu den Genitalien von A. apicalis sp. nov. auf. Der Aedeagus ist etwas kraftiger, und terminal schlanker, weil der dolchf6rmige Fortsatz ganz gerade ist. S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae 41] Abb. 26: Allodontina unicolor sp. nov. Von A. apicalis sp. nov. unterscheidet sich diese zweite Art der neuen Gat- tung Allodontina durch die fast eintonige braune Farbung der Vorderflugel und das Fehlen der gelben Flecken; kennzeichnend sind auch die beiden weifen Vorderrandfleckchen. Obwohl die mannlichen Genitalien beider Formen fast keine Unterschie- de aufweisen, halt der Verfasser A. wnicolor fur eine bona species, nicht nur wegen der Farbung- und Zeichnungsunterschiede, vielmehr vor allem wegen der stark disjunkten geografischen Verbreitung. A. unicolor vertritt im 6stlichen Himalaya, wo sie neben den Allodonta-Arten vorkommt, die Gattung Allodontina. Holotypus, CG: India, Kumaon-Himalaja, Distr. Naini Tal, Bhim Tal, 1500 m, 3. VII. 1971 (leg. de Freina). (Coll. Th. Witt). Allotypus: Q, vom gleichen Fundort (Coll. Th. Witt). Paratypen:1 2 OC vom gleichen Fundort 30. V.—12. VI. 1971. Die Fentonia ocypete Bremer-Gruppe Wie schon Gaede (Lep. Cat., 1934, 59: 18) festgestellt hat, bildet die Form aus Taiwan eine selbstandige Art: Fentonia crenulata Matsumura (= F. baibarana Matsumura), wovon im vorliegenden Material sich auch ein CO befindet. 412 S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae Fentonia ocypete Bremer Bei Fentonia ocypete Bremer kénnen wir neben der nordlichen Nominat- rasse (F. 0. ocypete Bremer — hoc loco), welche in Ostasien vorkommt, noch zwei geografische Rassen unterscheiden, die eine aus dem Himalaja, die an- dere aus Sumatra. Fentonia ocypete altitudinis subsp. nov. (GREE ION, Is, (@) Steht im Habitus und Farbung der F. crenulata Matsumura ganz nahe, unterscheidet sich aber durch einen pragnanten schwarzen Basalstrich, wel- cher proximal breit ist, nach der Innenlinie verjiingt und den Tornus fast er- reicht. Das terminale Feld so dunkel wie oder nur ganz schwach heller als das Mittelfeld. Die Hinterfltigel terminal braunlich angeflogen. Vorderflu- gellange 16—20 mm. Holotypus,C: Nepal, Kathmandu-Valley, Godavari, 1600—1800 m, 3. °V. 1967 (leg. E. Dierl und W. Schacht): Allotypus, 9: Nepal, Pultschuk, 2300 m, 13. VI. 67 (leg. E. Dierl, Wa horsteru. W.s eh achit): Paratypen: Nepal, Kathmandu-Valley, Godavari, 1600—1800 m, 1. bis 8. VI. 1967 (leg. W. Dierl, W. Forster u. W. Schacht) (200); In- dia, Kumaon-Himalaya, Distr. Naini Tal, Bhim Tal, 1500 m, 30. V. 1971, 27. VI. 1971, (7 QQ) (leg. J. de Freina) (Coll. Th. Witt). Fentonia ocypete sumatrana subsp. nov. (Lat. Vi His. 1) Eine ganz gut differenzierte Form; da aber die mannlichen Genitalien von denen von F. 0. ocypete kaum verschieden sind, betrachtet der Verfasser sie nur als eine geografische Rasse. Sie unterscheidet sich durch einen prag- nanten rundlichen weiBen Fleck in der Mitte des Hinterrandes, mit weifer Sprenklung wurzelwarts davon; auch die auBerste Linie ist am Hinterrand distal weiB gerandet. Der Thorax ist blaf graubraun, stark weil} gespren- kelt, mit einem weifen Rand am Kragen; auch der doppelte abdominale Ba- salschopf ist weiBlichgrau mit dunkelbraunem Mittelfleck. Vorderfitigel- lange 18 mm. Holotypus, ©: N.-Sumatra, Deli, Dolok Merangir, 180 m, 9. VI. bis 11. 1X. 1970; Paratypus, ©: N.-Sumatra, Kebon Balok, NNW von Medan, 12. X. 69 (beide leg. E. Diehl). S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae 413 Fentonia helena sp. nov. (Taf. V, Fig. 2) Mannchen: Kopf, Fuhler und Taster braun; letztes Tasterglied blaB- braun; Strich am Vertex dunkelbraun; Kragen weiflichbraun mit dunkel- brauner Mitte; Thoraxrucken weiflichbraun mit dunkelbraunen Strichen; Unterseite und Beine blaB umberbraun; Tarsi dunkelbraun und weiflich geringelt; doppelter basaler Abdominalschopf dunkelbraun mit bla® ocke- rigem Ende; Hinterleib graubraun, unten blasser. Vorderfluigel sepiabraun und rotlichbraun gemischt; die letztere Farbe bedeckt das Wurzelfeld, mit einem daran verbundenen Fleck an der Basis des Zwischenraumes II, und einen langlichen breiten Strich von der Querrippe in die Zwischenraume IV und V; ein dunkelbraunes Wurzeldreieck, von langlichen Flecken unter- halb der Zelle und an der Basis des rotlichen Langsfleckes gefolgt; uber der Mitte des Hinterrandes ein rundlicher weiBer Fleck; auch die basalen */s des Vorderrandes rotlichbraun; terminal tragt der Vorderrand zwei dun- kelbraune Fleckchen; subterminale Linie weiBlich braun, wie bei den ubri- gen Arten der Gattung Fentonia verlaufend; dahinter einige dunkelbraune Flecken; Terminallinie dunkelbraun; Fransen weifBlichgrau, dunkelbraun gescheckt. Hinterfltigel bla8 gelblichbraun mit ocker angeflogenem Analfel- Abb. 27: Fentonia helena sp. nov. 414 S. G. Kiriakoff; Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae de und dunklen Rippen; ein dunkelbrauner Fleck in den Analecken; Fran- sen wie im Vorderfltigel. Vorderfluigellange 18,5 mm. Mannliche Genitalien (Abb. 27): Uncus viel ktrzer als bei den ubrigen Ar- ten; demzufolge reichen die Gnathi viel weiter terminalwarts. Valva et- was schmaler als anderswo, und ganz einfach. Aedeagus verhaltnismafhig viel schwicher, diinn, unbewaffnet; Fultura inferior schwach, distal ausge- buchtet. Saccus zweiteilig, eckig. Der F. ocypete sumatrana subsp. nov. ahnlich, aber mit nur einem ver- haltnismaBig kleinen weiBen Fleck uber dem Hinterrand; der Leib ist ganz anders gefarbt und gezeichnet. Holotypus, CO: N-Sumatra, Brastagi, 1200 m, 20.—25.V. 1965 (leg. E. Diveha): Der Verfasser hat nur dieses einzige Stuck gesehen; insofern es zulassig ist, sich ein Urteil dartiber zu machen, scheint es sich hier um ein Bergtier zu handeln, im Gegensatz zu F’. ocypete sumatrana. Fentonia notodontina Rothschild N.-Sumatra, 30 km NW von Siantar, Holzweg 2, 1050 m, 24. V. 69 (leg. E. Diehl). Terra typica: Khasia Hills. Bis jetzt aus Indonesien nicht erwahnt. Fentonia bipuncta Rothschild N.-Sumatra, Dolok Merangir, 180 m, 9. VI—11.IX. 70 (leg. E. Diehl). Aus Sumatra beschrieben. ‘ Hyperaeschrella dentata insulicola Kiriakoff N.-Sumatra, Kebon Balok, NNW von Medan, 12. X. 69 (C’); Dolok Meran- gir, 180 m, 11. I. 70 (). (beide leg. Diehl). Indonesien (Terra typica: Java.) Thaila gen. nov. Russel vorhanden; Fuhler des O' bis ?/3 gezaéhnt, dann fadenférmig; Ta- ster sehr kurz, ktirzer als die Augenbreite, schrag, mit kurzer aber dichter Behaarung; letztes Glied kurz und schlank; Beine ziemlich lang behaart; Hinterschienen mit zwei Spornenpaaren, die 4uReren Spornen doppelt so lang wie die inneren; Hinterleibswurzel mit groBem doppeltem Haarschopf. Fligelform wie bei Hyperaeschra. Fliigeladerung: im Vorderfltigel, Ader 2 von °/6 der Zelle abzweigend; 3 und 4 gut geschieden; Querader schrag; ge- S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae 415 Abb. 28: Thaila gen. nov., cinerascens sp. nov. rade; 5 aus ihrem oberen Drittel; keine Anhangzelle; Ader 6 mit dem Stiele von 10, 7, 8 und 9 kurz gestielt; 10 und 7 ungefahr vom gleichen Punkte ab- zweigend, aber 10 etwas mehr proximal. Im Hinterfliigel, zweigt Ader 2 von 3/4 der Zelle ab; 3 und 4 aus einem Punkte; Querader schrag, gerade; Ader 5 aus ihrer Mitte; 6 und 7 von ungefahr '/s von 7 gestielt; 8 der Zelle von nahe der Basis bis ungefahr zur Mitte gendhert. Mannliche Genitalien (Abb. 28): Uncus kurz, zusammengedrtckt, termi- nal ziemlich hoch, mit schhwachem Endhakchen; Gnathi gebogen, verhaltnis- mafig sehr breit, spitz. Tubus analis lang und schlank. Vinculum sehr schmal. Valve breit dreieckig mit schmaler Wurzel, groBenteils hautig, aber mit starkem Costalrande; dieser tragt am distalen Drittel einen unregelma- Bigen Fortsatz, und etwas proximal davon, einen langen, schlanken, spitzen Fortsatz, der aber nur an der rechten Valva vorhanden ist. Es 1a8t sich nicht entscheiden ob dies die ursprungliche Struktur ist oder ob der linke Fort- satz abgebrochen ist. Aedeagus etwas kurzer als die Costa, gerade, sehr ro- bust, mit kleinem terminalem Zahnchen; Vesica mit winzigen, kurzen Cor- nuti bedeckt; Fultura inferior breit proximal, mit rundlichen Ecken, distal verjungt, und mit etwas welligem Distalrande. Saccus ganz kurz, breit ab- gerundet. ‘Die mannlichen Genitalien der neuen Gattung stehen denen bei Polyae- schra Kiriakoff nahe, sind aber doch deutlich davon verschieden. Typus generis: Thaila cinerascens sp.nov. Thaila cinerascens sp. nov. (ident, IL, Iie. 5) Mannchen: Fuhler umberbraun mit grauem Basalglied; Taster und Stirn weiBlich; letztere fein braun gesprenkelt; Periokularraum dunkel- braun; Kopf grau; Kragen, Wurzel der Tegulae, und Prothorax schwarzlich- braun; Tegulae sonst, und Rest des Thorax wei, mit dunkelbraunen Haar- 416 S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae schuppen leicht gemischt; Unterseite und Behaarung der Beine schmutzig weiBlich; Vorderschienen oben dunkelbraun; Tarsen fein braun geringelt; Basalschopf des Hinterleibes an der Wurzel weifBlich, sonst hell umbergrau; der tibrige Hinterleib etwas blasser, mit schmutzig weifilicher Unterseite. Vorderfliigel weiB, mit Schokoladebraun auferst fein gesprenkelt; etwas dichtere Sprenklung eine sehr diffuse postbasale Binde, einen dorsalen Strei- fen und einen dreieckigen subapikalen Fleck bildend; Vorderrand braunlich gefleckt; innere Linie durch die oben erwaéhnte Binde vertreten; aufere Li- nie von doppelten Halbméndchen in den Zwischenraumen I, I, 1V und V gebildet; Halbméndchen in den Zwischenraumen IV und V auf dem Au- — Benrand des braunlichen subapikalen Dreieckes liegend; eine subterminale Reihe unrelgelmaBiger Zickzackfleckchen im Apikalfelde und _ schrager Strichchen in den Zwischenraumen II, I!I und IV; oberhalb der Hinterecken, im Zwischenraum I, zwei winzige Terminalptnktchen; Fransen wei. Hin- terfliigel blaS umbergrau, sauberer grau oberhalb Rippe 7; Terminallinie schwach, umbergrau; Fransen und lange Haare entlang des Hinterrandes weif. Vorderfliigellange 18 mm. | Holotypus GC: ,sSiam“ @. e. Thailand), Khzo Yzi, Il. 1973 (leg. Dr: kK: Divehi. coll Drak: bende 1): Antichadisra gen. nov. Palpen den Oberrand der Augen erreichend, aufgebogen, dick; das 3. Glied sehr kurz, zusammengedritickt. Fiihler bis 3/4 doppelt gekammt; lang- ‘ste Kammzihne sechsmal so lang wie der Schaft breit ist. Beine mit ziemlich kurzer Behaarung; Vorderfligel dreieckig; Costa gerade, nur im letzten Drittel gebogen; Apex spitz; Termen schrag, fast gerade; Dorsum schwach ausgebogen, ebenso lang wie der Termen. Ader 2 aus 2/7 der Mittelzelle; 3 und 4 etwas getrennt; 5 schwach, etwas oberhalb der Mitte der DZ; keine Areole; 6, 7, 10 und 8 und 9 aus der oberen Zellecke; 10 und 8 und 9 am langsten gestielt. Im Hinterfltigel, Ader 2 etwas tiber ?/s der Mittelzelle ab- zweigend; 3, 4 etwas getrennt; 5 schwach, etwas oberhalb der Mitte der DZ; 6, 7 auf mehr als die Halfte gestielt; 8 der Zelle bis nahe der Ecke ge- nahert. Mannliche Genitalien (Abb. 29): Uncus verhaltnismafBig sehr klein, lang- lich elliptisch, etwas spitz; Gnathi kurz, facherformig, am distalen Rande stumpf gezahnt. Valva gestreckt; Apex abgerundet; davor ein in Form dem Uncus ahnlicher aber kleinerer Fortsatz; ein weiterer, schmalerer Fortsatz gegen die Mitte; Sacculus in der proximalen Halfte gezahnelt. Aedeagus so lang wie die Valva, in der proximalen Halfte ziemlich dtinn; oberhalb der Mitte halbmondformig erweitert; einige laterale Zahnchen am Distalrande des Halbmondes; Fultura inferior schwach. Saccus ganz schwach ausgebil- det. Den mannlichen Genitalien nach, steht die neue Gattung Chadisrina Ki- | riakoff wohl am nachsten. Habituell aber weicht das Tier von der Gruppe S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae 417 Abb. 29: Antichadisra gen: nov., dentata sp. nov. Chadisra erheblich ab: Die Vorderfliigel sind deutlich breiter, das Zeich- nungsmuster ist ganz verschieden, und die Hinterfliigel tragen keine Zeich- nung in den Analecken. Typus Generis: Antichadisra dentata sp. nov. Antichadisra dentata sp. nov. (Taf. V, Fig. 3) Palpen an der Unterseite blaBschokoladebraun; Oberseite wie auch Kopf und Kragen dunkel schokoladebraun; Thoraxrticken blasser und grauer; Unterseite und Behaarung der Beine nur leicht heller; Tarsen dunkel und blaB geringelt; Hinterleib hell umberbraun; die beiden letzten Urite und der Analschopf stark sahnefarbig angeflogen. Vorderfitigel blaBgelblich, stark schokoladebraun gesprenkelt; Basaldrittel der Costa mit zwei dunkelscho- koladebraunen Fleckchen; Terminalviertel bis nahe dem Apex gleicharbig; Mittelzelle mit drei undeutlich begrenzten schokoladebraunen Flecken; Dor- sum mit drei gleichfarbigen undeutlichen Querbandchen; auBere Linie durch schokoladebraune Flecken auf und zwischen den Adern angegeben, vom Proximalende des Subapikalflecks nach dem Tornus laufend; Termi- nalfeld mit schokoladebraunen Strichen zwischen den Rippen. Hinterfligel hell umberbraun, an der Basis gelber. Vorderflugellange 25 mm. Holotypus, CO: Sumatra, Dolok Merangir, 180 m, 1966 (leg. E. Diehl). Paratypen: Kebon Balok, SW von Medan, 19.1., 12. X. 69, 23. V. 71 (50°C) (coll. R. Bender); 30 km SW von Siantar, Holzweg 2, 22. II. 68 (20°C) (coll. R. Bender). Sumatra, Atjeh, 1972 (1C’) (coll. R. Bender); Sumatra, Stabat, 2. II. 72 (10) (coll. R. Bender) (alle leg. E. Dieh |). 418 S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae Calapana basivacua Walker N.-Sumatra, Dolok Merangir, 180 m, IX. 70—1. 71 (leg. E. Dieh1) (Q) In Indonesien bis zu den Philippinen verbreitet. Erconholda mangholda (Schaus) N.-Sumatra, Kotaradja, 22.1.1972 (20°C’) (leg. E. Diehl). Diese von den Philippinen (Luzon) beschriebene Art wird hier zum ersten Mal aus Sumatra erwahnt. Panteleclita gen. nov. Russel kurz. Palpen kurz, den Oberrand der Augen nicht ganz erreichend, ziemlich schlank, etwas aufgebogen; letztes Glied winzig. Fuhler mit basa- lem Schopf, auf mehr als ?/s; Lange doppelt gekammt; langste Kammzahne ungefadhr 5 mal so lang wie der Durchmesser des Fuhlerschafts. Beine mit maBiger Behaarung; Hinterschiene mit-zwei Paar ziemlich kurzen Spornen; Hinterleibbasis mit kleinem Haarschuppenschopf. Vorderflugel gestreckt und schmal; Vorderrand auf ?/3 gerade, dann schwach gebogen; Apex suba- kut; AuBenrand stark schrag, ausgebogen, kaum kurzer als der Hinterrand. Fligeladerung: im Vorderflliigel Ader 2 bis */s der Mittelzelle abzweigend; 3, 4 aus einem Punkt; DZ eingebogen; 5 aus der DZ-Mitte; keine Areole; 6 aus der Oberecke der Mittelzelle; 7, 10 und 8 und 9 gestielt, auch aus der Oberecke der Mittelzelle. Im Hinterfltigel Ader 2 bis 3/1 der Mittelzelle ab- zweigend; 3, 4 aus einem Punkt; 5 aus der DZ-Mitte; 6, 7 etwas weniger als '/> yon 6 gestielt; 8 der Zelle bis 3/4 der Lange genahert. Mannliche Genitalien (Abb. 30): Uncus gestreckt, gerade, gegen die Spitze allmahlich verjungt; Gnathi verhaltnismafig sehr klein, schlank, gebogen. Abb. 30: Panteleclita gen. nov., viridipicta sp. nov. S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae 419 Vinculum schmal. Valva gestreckt, ziemlich breit; Sacculus weniger lang als die Halfte der Valva, proximal sehr breit, in einem spitzen Fortsatz auslau- fend; Costa mit einem schlanken apikalen Fortsatz, teilweise hautig. Aedea- gus so lang wie */3 der Valva, robust, gerade; Vesica mit einem proximalen und einem terminalen Felde von Cornuti; Fultura inferior groBenteils hiu- tig. Saccus sehr kurz, abgerundet. Habituell, der Gattung Teleclita recht ahnlich. Die minnlichen Genita- len gehoren aber einem ganz verschiedenen Bautypus an. Typus generis: Panteleclita viridipicta sp. nov. Panteleclita viridipicta sp. nov. (Taf. V, Fig. 4) Mannchen: Fihler mit weiflichem Schaft und blaB rotlichem Basal- schopf. Palpen bla8 rotlich mit dunkelbrauner Oberseite; Stirn blaB rétlich medial, dunkel schokoladebraun lateral; Kragen tief schokoladebraun; Tho- raxrucken braun, gelblichgrtin besprenkelt; Tegulae schokoladebraun mit gelblichgrinem Mittelstrich; Kehle dunkel schokoladebraun; Unterseite und Beine bla rotlich; Vorderbeine dorsal schokoladebraun angelaufen; Basal- schopf des Hinterleibes blaB rétlich; Hinterleib schokoladebraun; Saum des vorletzten und ein groBer Dorsalfleck des letzten Ringes gelblich rahmfar- ben. Vorderfltigel schokoladebraun; Basis und Vorderrand stark gelblich- grun gesprenkelt; ein dunklerer Strich unterhalb der Mittelzelle bis zu der Mitte reichend; innere Linie unterbrochen, dunkelbraun, von 1/3 der Costa bis 4/3; des Dorsum, unterhalb der Zelle eingeknickt, proximal gelblichgriin gesaumt; DZ-Zeichen gro8, proximal blaBgrin gesaumt; ein dunkelschoko- ladebrauner Strich im Zwischenraum III von der Zellecke bis zum Aufien- rand; ein zweiter, kurzer Strich im Zwischenraum II, von einem gelblich- grunen Fleck unterbrochen; dunkelschokoladebraune Subterminalflecke in den Zwischenraumen IV, V und VI, der letzte dem AuBenrande am nach- sten, alle distal gelblichgrun gesaumt; eine Terminalreihe gelblichgriiner y-Zeichen, distal dunkelschokoladebraun gesaumt; Fransen gleichfarbig. Hinterfltgel blaBschokoladebraun. Vorderflugellange 25 mm. Holotypus, CO: N.-Sumatra, Dolok Merangir, 180 m 9. VI.—1. IX. 67 (10), leg. E. Diehl). Paratypen:N.-Sumatra, Dairi, 1500—1600 m, 8.II. 70, 27.1X., 27. XII. 70, 6. V. 72 (40°C) (leg. E. Diehl), (coll. R. Bender); N.-Sumatra Do- lok Merangir, 180 m, 1968 (1C’) (leg. E. Dieh1), (coll. R. Bender). Caschara dierii sp. nov. (Taf. V, Fig. 5, 6) Mannchen: Kopf und Thorax weiBlich, umberbraun gesprenkelt; Pal- pen an der Oberseite braun; Haarbtischel am Metathorax weiflich; Tegulae am Ende hell umberbraun; Basalschopf des Hinterleibes umberbraun; Hin- 420 S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae terleib hell rehfarben mit braunerem Analschopf. Vorderflugel hell gelb- lichumberbraun; Costa rahmfarbig gefleckt; ein winziger subbasaler blaB- goldener Fleck unterhalb der Zelle, von einem kleinen blaSgoldenen semi- ovalen Fleck gefolgt; weiter ein groBerer dreieckiger ebenso blaBgoldener Fleck, und endlich ein kleiner Fleck an der Basis des Zwischenraumes I; Raum zwischen den proximalen und dem grofBen goldenen Fleck rostbraun; Zelle rahmfarbig gefleckt; Adern in der distalen Flugelhalfte rotbraun ge- fleckt; ein groBerer rahmfarbiger Fleck tber der Zelle, von der Costa bis Rippe 4, ziemlich rundlich und bla8 umberbraun gefleckt; distal davon, eine blaB umberbraune Linie auf blasserem Grunde, welcher von Ader 4 bis zum Dorsum dunkler wird; auch die darin liegende Linie wird dunkler, brei- ter und diffuser; Apex und Terminalfeld rahmfarbig, mit einer Reihe fei- ner, bla8 umber geftillten und rahmfarbig gesAumten Halbmondchen; Ter- minallinie umberbraun, gebrochen; Fransen rahmfarbig gerandet. Hinter- fliigel blaBgelb, in den terminalen ?/3 blaBumberbraun werdend; Fransen rahmfarbig. Vorderflugellange 17 mm. Mannliche Genitalien (Abb. 31): Uncus kurz, etwas loffelformig; Gnathi im mittleren Abschnitt lappenformig erweitert und mit terminalem Haken. Vinculum sehr schmal. Valva gestreckt und schmal, im terminalen Drittel noch schmdler; Sacculus im ersten Drittel mit einem dreieckigen Fortsatz. Aedeagus so lang wie die Costa, ziemlich robust, im letzten Drittel geeckt und l6ffelformig; Fultura inferior ziemlich klein, oval. Saccus kurz, abge- rundet. Sternale Platte des VIII. Urites distal verengt, terminal schwach, zweilappig. Holotypus, CO: N.-Sumatra, Dolok Merangir, 180m, 16. V. 69 (leg. E. Diehl). Allotypus: 92 N.-Sumatra, Holzweg 1, zwischen Siantar und Prapat 1000—1200 m, 25. XII. 1969 (leg. E. Dieh1). Paratypen: 20600 19 Prapat, 21.24 I) 73, 1@, Brastacii2onexears (leg. E. Diehl) (coll. R. Bender). Abb. 31: Caschara dierli sp. nov. S. G. Kiriakoff: Neue und wenig bekannte asiatische Notodontidae Neophyta sikkima Moore N.-Sumatra, Dolok Merangir, 180 m, 2. IX.—3. XII. 69: Doulou bei Bra- stagi, 1200 m, 25. IV. 68 (leg. E. Dieh 1). Aus Sikkim beschrieben; auch aus Siidchina und Java erwahnt. Unsere Stucke stellen die ersten Fange aus Sumatra dar. Pseudallata laticostalis Hampson N.-Sumatra, Dolok Merangir, 180 m, 11. X. 69 (leg. E. Dieh1) Bis jetzt nur aus Sikkim und Stidchina erwdhnt. Rodneya caudata Kiriakoff N.-Sumatra, Kebon Balok, NNW von Medan, 23. V.71 (8C'C) (leg. E Diehl). Aus Sumatra beschrieben. Clostera geminata Gaede N.-Sumaira, Dolok Merangir, 180 m, 16. V. 69 (leg. E. Diehl). Aus Sumatra beschrieben. Clostera tapa Roepke N.-Sumatra, Dolok Merangir, 180 m, 14. XII. 69 (leg. E. Dieh1). Terra typica: Java. In Sumatra zum ersten Mal festgestellt. Erythoroclostera leucoretha Tams N.-Sumatra, Dolok Merangir, 180 m, 8. I. 70. (leg. E. Dieh1) Terra typica: Singapore, also in unmittelbarer Nahe von Sumatra. Plusiogramma aurisigna Hampson Ein OC, N.-Sumatra, Dolok Merangir, Naradja, 250 m, 14. X. 1969, (leg. E. Diehl). Das vorliegende Sttick zeigt keinen Unterschied gegentiber Stticken aus Sudchina, Indochina, Birma und Tenasserim. Die Art wird hier zum ersten Mal aus Sumatra erwahnt. Ein © Nord-Sumatra, Dolok Merangir, Ketambe, 400 m, 11. XI. 1972, oh- ne Metallflecken, in coll.R. Bender. Anschrift des Verfassers: Prof. Dr. S. G. Kiriakoff, Rijksuniversiteit Gent, Zoologisch Instituut, Laboratoria voor Morfologie en Systematiek, B-9000 Gent, K. L. Ledeganckstraat 35, Belgien ANHANG Tafeln und Tafelerklarungen Matelpubis ny Fig. 1: Fig. 2: Fig. 3: Fig. 4: Fig. 5: Fig. 6: Erklarung zu Tafel I Atornoptera discocellularis spec. nov. Tolmiana cyanosticta spec. nov. Grangulina sumatrana spec. nov. Stictogargetta umbrina spec. nov. Roepkeella tornalis spec. nov. Hypambadra speculigera spec. nov. Tafel I Tafel II Erklarung zu Tafel II Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. : Ceira armata spec. nov. : Saliocleta nannion spec. nov. : Pantanopsis diehli spec. nov. : Quadricalcarifera nigribasalis tropica subsp. nov. : Thaila cinerascens spec. nov. Fwd oI Erklarung zu Tafel III Fig. 1: Quadricalcarifera eusebia spec. nov. @. Fig. 2: Idem Q. Fig. 3: Q. bambusicola spec. nov. Fig. 4: Q. variegata spec. nov. Fig.5: Parasinga cinerascens spec. nov. Fig. 6: P. subapicalis spec. nov. Tafel UI Tafel IV Fig. 1: Fig. 2: Fig. 3: Fig. 4: Fig. 5: Fig. 6: Erklarung zu Tafel IV Omichlis dimorpha spec. nov. (dunklere Phase). Medanella subterminalis spec. nov. Betaschachia angustipennis tropica subsp. nov. Suzukia diehli spec. nov. Allodontina apicalis spec. nov. Fentonia ocypete altitudinis subsp. nov. Erklarung zu Tafel V Fig. 1: Fentonia ocypete sumatrana subsp. nov. Fig. 2: F. helena spec. nov. Fig. 3: Antichadisra dentata spec. nov. Fig. 4: Panteleclita viridipicta spec. nov. Fig. 5: Caschara dierli spec. nov. 4. Fig. 6: Idem 9. Tafel V A CINE Bookbinding Co., Inc. 300 Summer Street Boston, Mass. 02210 ERNST MAYR LIBRARY 98 203 AK ep Fallot y, ETHD Craratheutetoes wpeeteraentas I fia ie LOPEZ 8 oa Oe RP OT oa AO Roriserb i hak OM pas « { it PAA lid MALLU a A Fe Macatee! da GAGs pitti WX I ; GLA i Lt \ TOA WHat ‘ i fs : nd 2 re ( ‘ Mh eheieG ae He Hay t WC drhiediny: ; Phe hr vatoreta i 1 : 3 yd " Pres} ahs PRON AOR ae LER LO iar K Fee Hua ; 4 wy ¢ t \ “¢ it iv ea TA UTA RR EN Oa UO Cee Wal PCC Ser ine Ane rd " ph WAY : VASA Ba Ho orer ped toathriohs i Lok Wer Gry! ss “Uy me ] ‘ i 4 Wingea, Hey ‘i { % as 25 c S52 ee see: Hite ip me ih Ure deat ings, PNR NH ‘ oy fa iH Gre en x il Py