HARVARD. UNIVERSITY. he eA. Y OF THE MUSEUM OF COMPARATIVE ZOOLOGY. VS Dae Dog \0 0b ATS \ ld Ale N An a N As = Sal NR wa ity, ANSES Verhandlungen 7 der Deutschen Zoologischen Geselischaft auf der siebzehnten Jahresversammlung zu Rostock und Lübeck, den 21. bis 23. Mai 1907 Im Auftrage der Gesellschaft herausgegeben von Prof. Dr. E. Korschelt Schriftführer der Gesellschaft Leipzig Verlag von Wilhelm Engelmann | Mit 47 Figuren im Text 1907 we @ | Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig | Die Insektenfamilie der Phasmiden Bearbeitet von K. Brunner v. Wattenwyl K.K. Hofrat und Jos. Redtenbacher Professor am K. K. Elisabeth-Gymnasium in Wien Mit Unterstützung der hohen K.K. Akademie der Wissenschaften in Wien aus der Treitl- Stiftung = (=) I. Lieferung. (Bogen 1—23 und Tafel I-V]) Phasmidae Areolatae (Bearbeitet von Jos. Redtenbacher) gr. 4. M. 17.— II. Lieferung. (Bogen 24—43 und Tafel VII—XV) Phasmidae Anareolatae (Clitumnini, Lonchodini, Bacunculini) (Bearbeitet von K. Brunner v. Wattenwy]) gr. 4. (Im Druck.) [; & ! = Vollständig in 3 Lieferungen — J Die fossilen Insekten und die Phylogenie der rezenten Formen Ein Handbuch für Paläontologen und Zoologen von Anton Handlirsch Kustos am K.K. Naturhistorischen Hofmuseum in Wien. Das Werk erscheint in etwa 10 Lieferungen zum Preise von je „4 8.—, von denen bisher 6 vorliegen. Schon bei einem Durchblättern des Werkes muß man den Eindruck gewinnen, daß es sich um eine durchaus originelle, hochbedeutsame Arbeit handelt, denn Handlirschs Ansichten weichen in vielen wesentlichen Punkten von denen der früheren Forscher, wie Brongniart, Scudder und Brauer ab. Das Buch wird für die Weiterforschung richtunggebend sein und darf in keiner zoologischen und entomologischen Bibliothek fehlen. Verhandlungen der Zool.-Botan. Gesellschaft, Wien. LVI. 1906. Verhandlungen der Deutschen Zoologischen Gesellschaft auf der siebzehnten Jahresversammlung zu Rostock und Lübeck, den 21. bis 23. Mai 1907 Im Auftrage der Gesellschaft herausgegeben von Prof. Dr. E. Korschelt Schriftführer der Gesellschaft Mit 47 Figuren im Text Leipzig Verlag von Wilhelm Engelmann 1907 Alle Rechte vorbehalten Inhaltsverzeichnis. Seite Peinchmesnchiarh niert eenIT Gh erinnere ee ie. begin ar Bie atdawete 6 Erste Sitzung Eröffnung der Versammlung ......... Ae Lee teas thee O len Ne 6 oth. BE “Mewes 8 L. Will: Geschichte des Rostocker Zoologischen Instituts. . . . 2.2... 13 espRsaberioht des Sehriftiuhrers “2 2.2. 2 000 00 une Sees ne 19 RE re Ede 22 H. Spemann: Zum Problem der Correlation in der tierischen Entwicklung . 22 Zweite Sitzung. ee ae 50 Dritte Sitzung Be eharttiche: Miktenlinven nn jie Lie sone wis aise alee. Hee: Gt F. E. Schulze: Bericht des Herausgebers des »Tierreiche ........ 51 K. Kraepelin: Bericht iiber die Ausgestaltung des biologischen Unterrichts in den Schulen. Wahl zweier Vertreter in die betr. Kommission . . . 52 Wahl des nächsten Versammlungsortes all ER aut ee a SY re H. Lenz: Das Museum in Lübeck ...... Pp = R. Hertwig: Weitere Untersuchungen über das en ee : H. E. Ziegler: Über die Entstehung des Kopfes der Wirbeltiere. . . .. 73 V. Haecker: Uber Chromosomen- und Sporenbildung bei Radiolarien. . . 74 Steche: Leuchtende Oberflaichenfische aus dem malayischen Archipel . . . 85 Vierte Sitzung. OTE SD EEE u" oh a Be RE re U. Gerhardt: Zur Morphologie des es lonabiäsres der Ratiten ... 9 V. Franz: Über den sog. »Dotterkern«e im Schollenei .......... 99 E. Philippi: »Spermatophoren« bei Fischen . . . .. th: REDEN 2. ROG i 4 Fünfte Sitzung. Bericht der Rechnüungsrevisoren , 2.02. me 77. |. so sale ee 109 (reschiftliche Mitteilungen 22.2.2. Dee 2 ae eee ee 109 L. Will: Bau and Bildung der Neselkeppen 7 = 27. Sem ee 109 O. zur Strassen: Frlarıa medinensis und Ichthyonema.......... 110 R. Goldschmidt: Einiges vom feineren Bau des Nervensystems .... . 130 M. Braun: Uterus masculinus von Phocaena communis .... . «4 oe See P. Pappenheim: Ein Beitrag zur Osteologie des Fischschädels. . . . .. 137 Schluß der Versammiung in Rostock 2. a. -....., i. en a Eu 137 Fortsetzung der Versammlung in Lübeck. Besichtigung des Museums. ER eee) wn... Eee 137 Sechste Sitzung. R. Volk: Einiges über die biologische Elbuntersuchung des Naturhistorischen Museums in Hamburg (mit Lichtbildern und Demonstrationen) . .. . 137 G. Duncker: Schwanzneubildung bei Seenadeln (mit Demonstrationen) . . 146 Schluß .der Versammlung‘. '. .. .. .... urn un» rn 3 EEE 146 Anhang. Nerzeichnis der, Mitglieder .. a. on i een ieee ee 147 Anwesende. Vorstand: Prof. R. Herrwie (Vorsitzender), Prof. KorscHELt (Schriftführer). Mitglieder: Prof. A. Braver (Berlin), Prof. M. Braun (Königs- berg), Dr. von BurreL-ReEpen (Oldenburg), Dr. Duncker (Hamburg), Prof. Escurricu (Tharandt), Dr. Franz (Helgoland), Dr. Frrepricus (Berlin), Dr. Frrese (Schwerin), Dr. GErRHARDT (Breslau), Dr. GoLDv- scHmipt (München), Prof. V. HAsckeEr (Stuttgart), Dr. HARTMANN (Berlin), Prof. Hrymons (Berlin), Prof. JAEKEL (Greifswald), Dr. Jarta (Königsberg), Prof. KrarrerLın (Hamburg), Prof. Lenz (Lübeck), Prof. Loumann (Kiel), Dr. E. Marrri (Rostock), Prof. MartscHie (Berlin), Dr. Merron (Heidelberg), Prof. W. MüLLer (Greifswald), Dr. ParpenHeım (Berlin), Dr. Puitirrr (Berlin), Prof. Prarz (Berlin), Dr. Reısısch (Kiel), Dr. O. Scuröper (Heidelberg), Prof. Spemann (Würzburg), Dr. Steche (Leipzig), Prof. zur Strassen (Leipzig), Dr. SrroprmAann (Helgoland), Dr. Trıere (Berlin), Prof. VANHÖörFFEN (Berlin), Dr. Voss (Göttingen), Prof. Witt (Rostock), Prof. ZiEGLER (Jena). Gäste: W. AnprEr (Rostock), Prof. Barrurrn (Rostock), F. W. BERTALLOT (Rostock), Oberlehrer Dr. Borwnörr (Rostock), E. Breric (Lübeck), W. Brusch (Lübeck), Prof. Dirterıcı (Rostock), Prof. EHRENBERG (Rostock), Dr. W. Frank (Lübeck), A. Fricke (Lübeck), Prof. C. Gorrsche (Hamburg), A. Hry (Rostock), G. HirscurELpER (Rostock), Dr. T. H. JArnr (Helsingfors), J. Jost (Lübeck), Prof. Koserr (Rostock), H. Küstermann (Lübeck), Dr. A. Leowrowirsch (Kiew), H. Liscxr (Rostock), Dr. A. Mésusz (Lübeck), S. Münsam (Lübeck), Prof. Prrers (Rostock), ©. Prrersen (Lübeck), Prof. Reinke (Rostock), O. Rozsine (Lübeck), V. Scuarrensere (Leipzig), Th. SchoRER (Lübeck), Dr. A. J. Sırrara (Helsingfors), H. Spiess (Lübeck), K. STEYER (Lübeck), R. Struck (Lübeck), H. Struxck (Lübeck), G. Tess- MANN (Lübeck), M. Turepe (Lübeck), V., Torre (Rostock), K. Voer (Rostock), R. Vor« (Hamburg), Tr. Werzee (Lübeck), G. Wicumann (Lübeck), Dr. Winterstein (Rostock), A. Zscniespre (Rostock). Tagesordnung. Montag, den 20. Mai, Abends 6!/, Uhr: Vorstandssitzung. 8 Uhr Begrüßung und gesellige Zusammenkunft der Teil- nehmer im Wintergarten. Dienstag, den 21. Mai, 9—12 Uhr: Erste Sitzung. 1) Eröffnung der Versammlung durch den Herrn Vorsitzenden und Begrüßung im Auftrag des zurzeit abwesenden Direk- tors des Instituts, Herrn Prof. SEELIGER. 2) Begrüßung durch den Rektor der Universität, Herrn Prof. KORBERT. 3) Begrüßung durch Herrn Prof. Wırz und Schilderung der Geschichte des Rostocker Zoologischen Instituts. 4) Bericht des Schriftführers. 5) Wahl der Revisoren. 6) Geschäftliche Mitteilungen. 7) Referat des Herrn Prof. Spemann: Zum Problem der Cor- relation in der tierischen Entwicklung. 12—1 Uhr Besichtigung des Zoologischen Instituts. Nachmittags 3 Uhr: Zweite Sitzung. Demonstrationen. Nachher Ausflug nach Warnemünde. Mittwoch, den 22. Mai, 9—1 Uhr: Dritte Sitzung. 1) Geschäftliche Mitteilungen. 2) Bericht des Herausgebers des »Tierreich«. 3) Bericht über die Ausgestaltung des biologischen Unter- richts an den höheren Schulen, erstattet durch Prof. Krarpeuın (Hamburg). 4) Wahl des nächsten Versammlungsorts. 5) Vorträge der Herren Prof. Lenz, HErRTwIiG, ZIEGLER, HAECKER, STECHE. Nachmittags 3 Uhr: Vierte Sitzung. Demonstrationen. Vorträge der Herren GERHARDT, Franz, PHILippi. Nachher Besichtigung der Sehenswürdigkeiten der Stadt. Donnerstag, den 23. Mai, 9—12 Uhr: Fünfte Sitzung. 1) Bericht der Rechnungsrevisoren. 2) Geschäftliche Mitteilungen. 3) Vorträge der Herren Prof. WILL, zur STRASSEN, GOLD- SCHMIDT, BRAUN und PAPPENHEIM. 12—1 Uhr: Besichtigung des Zoologischen Instituts. 7 Nachmittags: Übersiedlung nach Lübeck. 8 Uhr: Begrüßung in den Räumen der Gesellschaft zur Be- förderung gemeinnütziger Tätigkeit. Freitag, den 24. Mai, 9 Uhr: Besichtigung des Lübecker Museums. 11—121/, Uhr: Schlußsitzung. Vorträge der Herren Voix und Duncker. 121, Uhr: Frühstück im Garten des Museums. 1 Uhr: Besichtigung der Sehenswiirdigkeiten der Stadt. 4 Uhr: Gemeinsames Mittagessen. Abends: Letzte Zusammenkunft im Hause der Schiffergesell- schaft. Erste Sitzung. Dienstag, den 21. Mai 9 Uhr. Der Vorsitzende, Herr Geheimrat R. HERTwIG, eröffnet die 17. Jahresversammlung der Deutschen Zoologischen Gesellschaft mit einer herzlichen Begrüßung an die Teilnehmer und Gäste. Warme Worte des Bedauerns widmet er der Tatsache, daß es dem Leiter des Rostocker Zoologischen Instituts nicht vergönnt sei, an den Verhandlungen teilzunehmen. Er verliest darauf die von Herrn Pro- fessor SEELIGER an die Versammlung gerichtete Begrüßungsrede: Meine Herren! Gestatten Sie auch mir, im Namen des Zoologi- schen Instituts, im eigenen und im Namen meines lieben Mitarbeiters Prof. Wii Sie herzlich willkommen zu heißen. Als mir im vorigen Jahre ein Telegramm unseres verehrten Schriftführers die Nachricht brachte, daß die Deutsche Zoologische Gesellschaft die Absicht hege, in diesem Jahre Rostock aufzusuchen, geriet ich in gelinden Schrecken. Was konnten wir der Versammlung Besonderes bieten, nachdem sie gerade im vorigen Jahre durch den besonders reichen Besuch ge- glänzt? In dieser Beziehung konnte ich mich keinen Illusionen hin- geben. Schon die geographische Lage von Rostock schien auszu- schließen, daß eine erheblichere Anzahl Kollegen die weite Reise unternehmen würden. Zwar haben wir mit Berlin und mit einigen Orten, an denen wissenschaftliche Zoologie getrieben wird, eine be- queme und rasche Eisenbahnverbindung, aber im allgemeinen liegen wir recht isoliert, nahe dem Gestade der Ostsee, und wir freuen uns daher besonders, daß unsere heutigen Besucher nicht nur nahe Gäste sind, sondern daß eine ganze Anzahl ferner Kollegen unter uns weilt, die der Universität Rostock besonders nahe stehen. Rostock ist in der glücklichen Lage, alle seine ehemaligen Vertreter des zoologischen Lehrstuhls, die früher einmal hier gewirkt haben, noch jetzt an ande- ren Universitäten als bekannte Zierden der Wissenschaft anzutreffen. Und ich glaubte hoffen zu dürfen, daß manche der früheren Kollegen der alten Stätte ihres ersten selbständigen Wirkungskreises in Rostock 9 eine treue Erinnerung bewahren und gern Veranlassung nehmen wür- den, den alten persönlichen Verkehr wieder aufzufrischen. Manche dieser Herren, die früher hier gewirkt haben, werden, wenn ihre Erinnerung weit genug zurückreicht, das zoologische In- stitut sehr verändert finden; die Herren, die noch unmittelbar vor mir hier wirksam waren und das jetzige zoologische Institut gebaut und zum Teil eingerichtet haben, werden vielleicht auf den ersten Blick die Veränderungen nicht bemerken, obwohl sie doch in Wirk- lichkeit tatsächlich bestehen. Geblieben ist noch immer das eine Verhältnis, daß wir die kleinste Universität sind, und daß unser Institut noch immer mit den kleinsten Summen rechnen muß. Das haben meine Vorgänger schon alle gespürt, und wenn heute die Zoologische Gesellschaft zum ersten Male hier anwesend ist, läßt sich dieser Mangel nicht länger verbergen, den wir bisher still ge- tragen haben. Ich glaube, Sie werden nichts Unbilliges von mir fordern, wenn Sie in unserem Institut nicht alles das zu sehen be- kommen, was die anderen, modern eingerichteten und mit reicheren Mitteln arbeitenden Institute zeigen. Die Mängel sind uns selbst sehr deutlich und schmerzlich bewußt, aber wir sind außer Stande, sie zu beseitigen. Raum- und Geldmangel sind uns ein unüberwindliches Hindernis. Diese Klagen sind so alt als das Institut selbst, und es ist zweifel- los, daß sich in den letzten Jahren die Verhältnisse gebessert haben, und daß namentlich für die Praktikanten günstigere Bedingungen zu wissenschaftlichen Arbeiten geboten sind als früher. Bis in die zweite Hälfte des vorigen Jahrhunderts hinein waren die Instituts- leiter lediglich darauf bedacht, eine möglichst große Sammlung von Tieren, Pflanzen und Mineralien zusammenzubringen, und gelegent- lich wurden für den Erwerb von seltenen Naturalien Summen be- zahlt, die wir auch für unsere Zeit und unsere Verhältnisse als be- deutend bezeichnen müssen. Prof. Braun hat dem Ursprung der zoologischen Sammlung mühsam nachgestöbert und eine Reihe inter- essanter Ergebnisse veröffentlicht. Vor 100 Jahren, im Jahre 1804, wurde die Lrempkesche Vogelsammlung, von der allerdings jetzt nur spärliche Reste erhalten sind, aufgekauft, für einen hohen Liebhaber- preis, der jetzt sicher nicht mehr von der Regierung für zoologische Zwecke bewilligt werden würde. 24 Jahre lang wurde für diese Vogelsammlung eine Lebensrente von jährlich 150 Taler bezahlt. Wahrscheinlich hat wohl der Spender an diese Langlebigkeit ur- sprünglich nicht gedacht. Dem Institut steht nunmehr eine Jahressumme von 1800 Mark zur Verfügung; zu ungefähr gleichen Teilen wird sie verwertet zur 10 Beschaffung von Instrumenten, Büchern, zur Sammlung der Landes- fauna und Ergänzung der Lehrsammlung und zur Bestreitung der aus- gedehnten Laboratoriumsarbeiten. In allen Ausgaben muß peinlich hausgehalten werden, um mit den ausgeworfenen Summen auszukommen. Die Verwaltung des Gebäudes ist bis zu einem gewissen Grade unabhängig von der wissenschaftlichen Leitung, und wir haben uns im Laufe des verflossenen Jahres der ministeriellen Anordnung fügen müssen, die eine wesentliche Veränderung in der Verteilung der Sammlung im Gebäude herbeigeführt hat. Einen großen Saal im Nebengebäude, der hauptsächlich einen großen Teil Vögel und einige Säugetierskelette enthielt, mußte das Zoologische Institut räumen und für Zwecke der klassischen Archäologie freigeben. Dem Zoo- logischen Institut wurden entfernter liegende provisorische Räume überwiesen, die hoffentlich schon im Laufe des nächsten Jahres, wenn der Neubau des physikalischen Instituts entsteht, durch neue Säle, die mit dem jetzigen Institut verbunden sein werden, ersetzt werden. Es besteht so die Aussicht, daß im nächsten Jahre das Zoologische Institut wesentlich vervollkommnet dastehen wird. Schon von meinem Vorgänger und auch von mir ist der Versuch unternommen worden, der Regierung gegenüber den Nachweis zu führen, daß die Notwendigkeit unabweisbar sei, das Zoologische Institut zu erweitern. So wie schon früher bei der Gründung der zoologischen Professur durch F. E. SCHULZE der Gesichtspunkt mab- gebend gewesen zu sein schien, daß die zerstreuten Teile der zoo- logischen Sammlung einer Zusammenfassung und einheitlichen Ord- nung durch einen Ordinarius bedürfen, scheint auch jetzt wieder die zoologische Sammlung bei den maßgebenden Behörden als unbedingt verbesserungsbedürftig anerkannt zu werden, obwohl nicht minder notwendig die Erweiterung der Institutsräume ist. Seit der Zeit SCHULZEs blieb es dabei, daß an unserer Universität Zoologie und vergleichende Anatomie durch ein Ordinariat vertreten wird. Als ScHauLzes Nachfolger wirkte 1873—1882 GRENACHER; ihm folgte 1882—1886 GoETTE, 1886—1891 M. Braun; 1891—1898 war BLOCHMANN hier tätig, und seit Herbst 1898 habe ich den Lehrstuhl inne. Seit 1883 wirkte Prof. WiLL zunächst als Assistent am Institut, und seit einigen Jahren ist die wesentliche Neuerung eingetreten, deren sich nicht alle deutschen Universitäten rühmen können, daß wir neben dem Ordinariat ein festbesoldetes Extraordinariat für Zoologie besitzen. Dadurch wird es möglich, der Lehrtätigkeit eine erhöhte Aufmerksamkeit zuzuwenden und durch zahlreichere Vorlesungen und genügende Praktika den Bedürfnissen der Zoologie gerecht zu werden. 11 Die Versammlung bringt ihr lebhaftes Bedauern an dem Fern- bleiben des Herrn Kollegen SEELIGER durch nachfolgendes Telegramm zum Ausdruck: Die im Rostocker Zoologischen Institut versammelten deutschen Zoologen senden ihrem lieben Kollegen SEELIGER viele Grüße, be- dauern auf das lebhafteste seine Abwesenheit und wünschen ihm von Herzen baldıge Besserung. HERTWIG. Herrn Professor SEELIGER, Warnemiinde. worauf folgendes Antwort-Telegramm einging: Warnemiinde, den 21. V. 1907. : Geheimrat Hertwic, Zoologisches Institut, Rostock. Schmerzlich bedaure ich, die Deutsche Zoologische Gesellschaft nicht persönlich begrüßen zu können und wünsche der Versammlung besten Erfolg der Arbeiten. SEELIGER. Der Rektor der Universität Rostock, Herr Prof. KoBERT, begrüßte die Versammlung mit folgender Ansprache: Hochgeehrte Herren Kollegen! Die hohe Staatsregierung hat mich durch ein besonderes Schreiben des Ministeriums beauftragt, Sie in dem tierreichen Lande Mecklenburg-Schwerin willkommen zu heißen, und hofft, daß aus Ihrer Tagung dem Lande und der Wissenschaft Nutzen erwachsen möge. Es gereicht mir zu hoher Ehre, Ihnen diesen Willkommens- gruß der Regierung zu übermitteln. Ich habe weiter das Vergnügen, Sie in meiner Eigenschaft als derzeitiger Rector magnificus namens des gesamten Rostocker Lehrkörpers in der drittältesten deutschen Universität zu begrüßen und die Hoffnung auszusprechen, daß Sie sich bei uns, trotzdem wir die kleinste Hochschule sind, eben so wohl fühlen mögen, als die Anatomen es im vorigen Jahre getan haben. Wir betrachten es als eine ganz besondere Auszeichnung, daß zwei Jahre hintereinander Männer einer exakten Wissenschaft, Hauptvertreter einer naturwissen- schaftlichen Disziplin, hier einen Fachkongreß abhalten. Es dürfte niemanden unter Ihnen bekannt, aber wohl der Er- wähnung wert sein, daß, wie ich gefunden habe, hier in Rostock schon im Jahre 1586 der vielseitige Arzt und Naturforscher MAGNuS PEGEL nicht nur über die Konstruktion eines lenkbaren Luftschiffes und eines Unterseebootes nachdachte, sondern auch die Hypothese aussprach, daß sowohl zwischen niederen Tieren und Pflanzen als auch zwischen höheren Tieren und dem Menschen Zwischenglieder 12 anzunehmen sind und existiert haben müssen, so daß man den Men- schen, wenn man einmal von seinen divinae praerogativae absieht, als zur Tierreihe gehörig und nicht einmal in jeder Beziehung als deren oberstes Glied bezeichnen muß. Gewiß für einen vor mehr als 300 Jahren lebenden Forscher ein recht beachtenswerter Anlauf zum Darwinismus! Doch kehren wir zur Gegenwart Rostocks zu- rück, so will ich nur die eine Tatsache erwähnen, daß Fr. EILHART, SCHULZE, GOETTE, BRAUN, BLOCHMANN die unsrigen waren, und daß wir auf diese ehemaligen Rostocker Kollegen nicht wenig stolz sind. Ich sagte vorhin, daß ich Sie im Namen des gesamten Rostocker Lehrkörpers zu begrüßen habe. Gerade mit den Zoologen haben nämlich die Vertreter vieler Disziplinen Berührung. Zoologie ist Biologie, und diese soll ja jetzt in die Gymnasien eingeführt und daher im allgemeinen Bildungsexamen der Philologen und Theo- logen geprüft werden. Somit dürften auch die Professoren der Philologie und Theologie der Zoologie von jetzt ab etwas näher treten als bisher. Zwei bei uns zwar sehr nötige, aber leider noch nicht vertretene Fächer, das der Veterinärkunde und das der Tierzucht, beruhen auf angewandter Zoologie. Auch die National- ökonomie kann, insofern sie sich mit der Ertragfähigkeit des Landes beschäftigt und den Volkswohlstand zu heben sich bemüht, von der Zoologie lernen. Zwischen Zoologie und Botanik ist eine breite Brücke. Ebensolche Brücken führen von der Zoologie zur Ana- tomie, vergleichenden Anatomie und Entwicklungs- geschichte. Die vivisektorischen Disziplinen der Medizin, d. h. die Physiologie, die experimentelle Pathologie und die Pharma- kologie, bedürfen gewisser zoologischer Kenntnisse; habe ich doch selbst eine Monographie der Giftspinnen, eine Abhandlung über Gift- fische, eine Studie über die Einwirkung von Saponinsubstanzen auf sämtliche Gruppen der Fauna des Golf von Neapel und mit ZIEGLER eine kleine Abhandlung über die Herzganglien von Krötenembryonen geschrieben. Die physiologische Chemie ist eine Disziplin, welche mit genau ebenso viel Vorteil von Studierenden der Zoologie als von solchen der Medizin gehört werden sollte, dä sie die Grundlage zum Verständnis zahlloser biologischer Vorgänge liefert. Doch ich will die Beziehungen Ihres Faches zu andern Fächern nicht weiter ausspinnen. Ich glaube, niemand bezweifelt, daß all- seitig Berührungspunkte mit Ihrer hochinteressanten Wissenschaft vorhanden sind; ich beglückwünsche Sie zu dieser Wissenschaft und heiße Sie auch im Namen des leider durch Unwohlsein verhinderten Kollegen SEELIGER nochmals herzlichst willkommen. 13 Begrüßungsansprache des Herrn Prof. WiLL (Rostock). Wie Sie soeben durch unsern hochverehrten Herrn Vorsitzenden erfahren haben, ist Herr Prof. SEELIGER zu unser aller größtem Be- dauern durch ernste Krankheit und ärztliches Gebot gezwungen worden, unseren Verhandlungen fern zu bleiben. So habe denn auch ich als sein derzeitiger Vertreter die Pflicht und das lebhafte Be- dürfnis, Sie, meine hochgeehrten Herren, in Rostock und unserem Institute herzlichst willkommen zu heißen. Mögen Sie trotz des un- günstigen Wetters einige frohe Tage in unserer alten Hansestadt verleben und Sie sich durch die kleinen Raumverhältnisse unseres Instituts nicht allzusehr beengt fühlen. Da sich an diese erste Sitzung nach dem Programm ein Rund- gang durch das Institut schließt, so erlaube ich mir, dieser zum Verständnis unserer Verhältnisse einige Erläuterungen voraufzusenden. Wenn auch die ersten Anfänge zoologischer Sammlungen bis in das Ende des 18. Jahrhunderts zurückreichen, und etwa seit der gleichen Zeit zoologische Vorlesungen mit größeren oder geringeren Unterbrechungen abgehalten wurden, so wurde doch die Zoologie hier in Rostock erst im Jahre 1871 zu einem selbständigen Lehrfach erhoben. Ihr erster Vertreter war FRANZ EILHARD SCHULZE, der zugleich die zoologischen Sammlungen des akademischen Museums mit denen des vergleichend-anatomischen Instituts vereinigte und damit der Begründer des zoologischen Instituts in seinem heutigen Grundcharakter wurde. Freilich war damals die Zoologie in ganz anderer Weise untergebracht, als das heutzutage der Fall ist: die Arbeitsräume, das Auditorium sowie eine Handsammlung befanden sich in einem düsteren, feuchten Hause auf dem Universitätshofe, das ehemals als Mazerierhaus erbaut worden war, die Sammlungen jedoch der Hauptsache nach im dritten Stock des sogen. Museumsgebäudes, eines ansehnlichen, zwischen der Universität und unserem heutigen Institut gelegenen Gebäudes, das bis vor neun Monaten auch noch unsere Sammlung ausgestopfter Tiere enthielt. Es war eine Befreiung aus engen Fesseln, als unter GRENACHERS Direktorat im Beginn des Wintersemesters 1880 das zoologische Institut in das Gebäude übersiedeln konnte, in dem wir heute tagen. Dasselbe hatte bislang dem ehemaligen Oberappellationsgericht als Unterkunft gedient und war für die Zwecke der Zoologie mit dem bescheidenen Aufwande von 12200 „4 durchgebaut und eingerichtet worden. Das neu eingerichtete Institut zeigte jedoch zu GRENACHERS Zeit ein ganz anderes Bild, sowohl inbezug auf den vorhandenen Raum, sowie auf die Raumausnutzung selber, als das heute der Fall ist. 14 Unten rechts war wie noch heute die Dienerwohnung, links ein Zimmer, das eine Sammlung von nur teilweise bestimmten Fischen in Alkohol enthielt, und ein weiteres Zimmer, das dann später mangels eines besseren als Aquariumszimmer eingerichtet wurde. Der erste Stock enthielt dieselben Räume wie heute, aber außer einem Direktorzimmer und dem Hörsaal dienten alle Sammlungs- zwecken. Praktikanten waren in damaliger Zeit selten einmal vor- handen, und so ist es verständlich, daß außer einem kleinen Zimmer- chen, das auf einen Assistenten harrte, keinerlei Arbeitsplätze im Institut vorhanden waren. So blieb es auch noch unter dem Direktorat von GOETTE. Das kleine Praktikum, an dem meist nur sehr wenige Herren teilnahmen, mußte im Hörsaal abgehalten werden. Das obere Stockwerk, welches heute unsere Sammlung aufnimmt, war nur teilweise ausgebaut und bildete an seiner ganzen Nordseite einen Vorratsboden. Die Sammlung hatte damals einen durchaus systematischen Charakter — eigentliche Unterrichtspräparate waren nur in verschwindend geringer Zahl vorhanden und unser heutiges Laboratorium beispielsweise fast ganz mit Conchilien angefüllt, die in breitester Weise aufgestellt waren. Übrigens fand nicht die ganze Sammlung im Institutsgebäude selbst Platz, sondern auch der dritte Stock des vorhin erwähnten benachbarten Museumsgebäudes diente noch zoologischen Zwecken, beherbergte vor allen Dingen eine Balg- sammlung, die allerdings infolge Eingehens einer früher bestehenden Konservatorstelle in starkem Verfall begriffen war, sowie eine um- fangreiche Sammlung von Skeleten, die infolge mangelhafter Maze- ration und durch den Staub von Jahrzehnten fast schwarz geworden waren. Seit der ersten Einrichtung des Instituts bis heute wurden zwei- mal wesentliche bauliche Veränderungen vorgenommen, die umfäng- lichste unter dem Direktorat von BRAUN, auf dessen Eingabe hin das hohe Ministerium die Mittel bereitstellte, einmal, um den zweiten Stock auszubauen, dann um Arbeitsplätze einzurichten. Infolge dieser Veränderungen konnte die Sammlung aus dem ersten Stock in den: zweiten verlegt, der große an das Direktorzimmer grenzende Raum © in ein Praktikanten-, der kleinere straßenwärts neben dem Hörsaal belegene in ein geräumiges Assistentenzimmer umgewandelt werden. Endlich wurde unter dem Direktorat von SEELIGER das sehr mangelhafte Aquariumszimmer einem zweckmäßigen Umbau unter- zogen, wodurch es möglich wurde, eine Anzahl großer Seewasser- 'aquarien aufzustellen, die ausschließlich Arbeitszwecken zu dienen haben und von unseren Praktikanten und uns selbst auf das leb- hafteste benutzt werden. 15 Wenn ich nun zur inneren Ausgestaltung des Instituts, zur Ver- mehrung unserer Sammlungen und Lehrmittel übergehe, so kann ich nicht meine Aufgabe darin sehen, die Verdienste der einzelnen Direktoren gegeneinander abzuwägen, ich kann nur hervorheben, daß sie alle mit einem sehr geringen Etat und mit dem Mangel an Personal zu kämpfen hatten, daß sie alle in selbstlosester Weise große persönliche Opfer an Zeit und Arbeitskraft bringen mußten, um Sammlung und Lehrmittel auf eine Höhe zu bringen, die einen erfolgreichen Unterricht gewährleistete. Ich darf aber nicht uner- wähnt lassen, daß unser Ministerium in Fällen dringendsten Bedürf- nisses noch immer bereit war, durch außeretatmäßige Bewilligung von Mitteln größere Anschaffungen, wie die von Apochromaten, Pro- jektionsmikroskop, wertvollen Präparaten usw., zu ermöglichen. GRENACHER ging nach der Übernahme unseres Gebäudes gar zu bald nach Halle, um mehr als die erste Aufstellung der Sammlung und Einrichtung des Instituts ausführen zu können, aber GOETTE, sein Nachfolger, ging sofort mit Eifer an die Herstellung von Unterrichts- präparaten, Demonstrationstafeln und mikroskopischen Präparaten und legte damit den ersten Grund zu einer Lehrmittelsammlung, an der alle seine Nachfolger weiter bauten. Wenn Sie dieselbe am Schlusse dieser Sitzung in Augenschein nehmen, so werden Sie aller- dings eine opulente Aufstellung vermissen, Sie werden auch noch, namentlich in bezug auf Organpriiparate von Wirbeltieren, manche Lücke entdecken, aber Sie werden auch manches gute Präparat finden und eine Sammlung, die für allgemeinere Vorlesungen genügt. Noch einer Schöpfung Gorrres muß ich gedenken, einer sogen. Landes- sammlung, die in einem Zimmer des oberen Stocks aufgestellt, aber aus Mangel an Mitteln, Raum und Zeit noch heute in den Anfangs- stadien sich befindet. Sie enthält vor allen Dingen die Fische und wirbellosen Tiere der Ostsee, eine Sammlung mecklenbur- gischer Vögel, eine gute Sammlung einheimischer Käfer, eine von FRIESE zusammengestellte Kollektion von Hymenopteren sowie end- lich eine erst unter dem Direktorat von SEELIGER in Angriff genom- mene, von VOELSCHOW gelieferte Sammlung einheimischer Schmetter- linge. Einen ganz besonderen Zuwachs erhielt unter BRAUN die osteo- logische Sammlung. Zwar hatten schon GRENACHER, ganz besonders auch GOETTE zahlreiche Skelete angeschafft — allein in einem Saal des Museumsgebäudes stand noch immer die vorhin erwähnte, völlig verschmutzte Sammlung von Skeletten aus der Zeit von STANNIUS. Diese, vielfach ganz ohne Bestimmung, zog BRAUN ans Licht. Sie wurden mit Hilfe des Dieners im Laufe weniger Jahre noch einmal 16 gründlich mazeriert, gereinigt, neu aufgestellt und, soweit die Größen- verhältnisse es gestatteten, in unser Institut überführt, wo sie in dem größten Raume des zweiten Stocks im Verein mit anderen eine für die Verhältnisse einer kleinen Universität ganz ansehnliche vergleichend- anatomische Sammlung bilden, für die leider der Raum ganz und gar nicht ausreicht, denn die Schädel liegen zum Teil übereinander, so daß bei der Verwendung derselben für den Unterricht Beschädigungen unvermeidlich sind. Mit dem Wachstum der Universität wurde auch das Institut vor neue Aufgaben gestellt. Seit den Zeiten GRENACHER’s und GOETTE’S hat sich die Zahl der Studierenden mehr als verdoppelt, und die Folge war ein Anwachsen nicht nur der Zuhörerzahl, sondern be- sonders auch der Zahl der Praktikanten. Direktor und Assistent, die früher einen Teil ihrer Arbeitskraft auf die Sammlung verwenden konnten, wurden mehr und mehr durch Vorlesungen und Laborato- rium in Anspruch genommen. Unser tüchtiger Diener, der früher bei Präparationsarbeiten wesentliche Dienste leistete, ist durch Exkur- sionen, Hülfeleistung im Hörsaal und Laboratorium so sehr in Anspruch genommen, daß ihm in den letzten Jahren für Präparationsarbeiten gar keine Zeit übrig blieb, zumal ihm noch die Reinigung und Heizung des Instituts obliegt. So sah sich schon BLOCHMANN, der Nachfolger BRAun’s, der sich außer der makroskopischen Sammlung ganz besonders auch der Samm- lung mikroskopischer Präparate annahm, veranlaßt, zur Entlastung des Dieners alle in der Vorlesung gebrauchten Präparate aus der übrigen Sammlung herauszuziehen und sie zu einer sogenannten »Vorlesungssammlung« zu vereinigen, die in zwei Zimmern an der Südseite des zweiten Stocks ihre Aufstellung gefunden hat. Die da- durch erzielte Erleichterung der Vorlesungsvorbereitung hatte aller- dings einen Übelstand im Gefolge, der sich bei unseren kleinen Ver- hältnissen nicht gut vermeiden läßt und darin besteht, daß alle neu hinzukommenden instruktiven Präparate der Unterrichtssammlung eingereiht werden, die übrige Präparatensammlung aber mehr und mehr mit minderwertigen Objekten belastet wird. Der intensivere Unterricht bedingte andererseits auch eine andere Verwendung der Institutsmittel. Was nicht das Laboratorium ver- schlingt, mußte mehr und mehr zum Ankauf von Mikroskopen, Präpa- rierlupen, Mikrotomen, vor allem auch zur Vermehrung der Institüts- bibliothek verwendet werden. Schon BLOCHMANN vermehrte das Instrumentarium ganz hervorragend durch Ankauf von Instrumenten, besonders eines Zeiß’schen Apachromaten sowie des hier im Hör- saal aufgestellten, von ihm selbst konstruierten Projektionsapparates, Fe und in demselben Sinne setzte SEELIGER die Vermehrung der opti- schen Ausrüstung fort, so daß wir jetzt über eine stattliche Zahl von guten Instrumenten verfügen. Ebenso lag sowohl BLOCHMANN, wie SEELIGER die Institutsbibliothek sehr am Herzen. Abgesehen von umfangreichen Neuanschaffungen, wurde sie im letzten Jahre völlig neugeordnet, in übersichtlicher Weise aufgestellt und außer dem von Braun angelegten Zettelkatalog ein systematischer ange- fangen, der fast vollendet vorliegt. Was nun den im Institut erteilten Unterricht anlangt, so werden außer einem ganztägigen Praktikum für Fortgeschrittene in jedem Semester vierstündige Kurse für Anfänger und Mediziner teils von SEELIGER und mir gemeinsam, teils von mir allein abgehalten. An Vorlesungen wurden in den letzten Semestern gelesen: im Winter von SEELIGER Allgemeine Zoologie 6stündig, im Sommer ver- gleichende Anatomie 4stündig, resp. Vorlesungen über Zeugung oder einzelne Kapitel der vergleichenden Anatomie, von mir im Winter vergleichende Entwicklungsgeschichte 3stiindig, im Sommer abwech- selnd Naturgeschichte der Wirbellosen oder Naturgeschichte der Wirbeltiere 4stiindig sowie gelegentlich Spezialvorlesungen über Parasiten, Protozoen oder Coelenteraten. Die Frequenzziffer hat sich in letzter Zeit ganz bedeutend erhöht, namentlich infolge eines großen Andrangs von künftigen Gymnasial- lehrern zur Zoologie. So zählt unser großes Praktikum in diesem Semester 13, das kleine 26 Praktikanten, Zahlen, die bei unserm geringen Personal ein Einsetzen der ganzen Kraft erfordern. Das SEELIGER'sche Kolleg über allgemeine Zoologie wurde im Winter von über 50, meine Vorlesung über vergleichende Entwicklungs- geschichte von 20 Zuhörern besucht, während das von mir in diesem Sommer gelesene Kolleg über Wirbeltiere von 30 Studierenden ge- hört wird. In der letzten Hälfte des Juli findet ein 8stiindiger Kursus mit zwei praktischen Vormittagen über Grundlehren der Bio- logie für Volksschullehrer statt. Sie sehen, meine hochverehrten Herren, daß auch wir an der kleinen Universität ein gut gemessenes Maß an Arbeit zu leisten haben, sie werden aber auch bei einem Rundgang durch unser Institut finden, daß unsere Einrichtungen bei aller Opferwilligkeit der Regie- rung doch manches zu wünschen übrig lassen, um ein gedeihliches Arbeiten zu ermöglichen. Abgesehen von dem Hörsaal, der für 80 Zuhörer bemessen ist und für fast die doppelte Zahl nicht mehr genügt, fehlt uns besonders ein Raum für das kleine Praktikum. Es ist absolut unzulässig, daß die großen Praktikanten, wie das bei uns nötig ist, ihren Arbeitsplatz räumen müssen, um den kleinen Prakti- Verhandl. d. Deutsch. Zool. Gesellschaft. 1907. 2 18 kanten Platz zu machen. Es ist unzulässig, daß die kleinen Prakti- kanten in zwei nicht zusammenhängenden Räumen, ‘dem Laborato- rium und dem Hörsaal, untergebracht werden müssen, so daß wir in einem an sich anstrengenden 4stündigen Kurs gezwungen sind, über denselben Gegenstand nach einander an zwei Stellen vorzu- tragen. Was wir aber ganz besonders schmerzlich vermissen, sind Neben- räume, die für wirtschaftliche Zwecke gebraucht werden. So sind wir gezwungen, Vorräte an Spiritus, Ballons mit Ost- und Nordseewasser, Dezimalwage und andere Dinge in unserer Fischsammlung aufzube- wahren, zu deren Besuch ich Sie infolgedessen nicht einladen kann. Ebenso fehlt uns außer unserm Zimmer für See-Aquarien absolut jeder Raum zur Züchtung von Tieren. Bei unsern photographischen Arbeiten müssen wir uns in Ermangelung einer Dunkelkammer in der kümmerlichsten Weise behelfen. Aber deshalb, meine Herren, verzagen wir doch nicht, denn es ist gegründete Aussicht vorhanden, daß alle unsere Wünsche in naher Zu- kunft befriedigt werden — und das hängt so zusammen. Sehr gegen un- sern Wunsch mußten wir im letzten Herbst mit unserer Sammlung aus- gestopfter Tiere den im Museumsgebäude noch innegehabten stattlichen Saal räumen, weil derselbe für andere Universitätszwecke benutzt werden sollte. Zur provisorischen Unterkunft wurden uns zwei Etagen in einem Flügel der benachbarten Hauptwache angewiesen, mit der Herrn Prof. SEELIGER sowie mir gegebenen mündlichen Versicherung des Herrn Vizekanzlers, daß es sich nur um ein Provisorium handle, und nach Abbruch unseres Nachbarhauses, der sog. Kommandantur, der an gleicher Stelle zu errichtende Neubau bestimmt sei, das zoolo- gische Institut zu erweitern. Dieser glückliche Zustand kann, nach neuesten Zusicherungen, schon im Laufe dieses oder des nächsten Jahres eintreten, und dann gedenken wir, im Anbau einen Hörsaal und einen Sammlungssaal, im jetzigen Institut aber Raum zu gewinnen, um alle noch übrigen vorhin erwähnten Wünsche zu befriedigen. Und nun, meine hochverehrten Herren, gestatten Sie, daß ich Ihnen zum Schlusse, zugleich im Namen des Herrn Prof. SEELIGER, unsern wärmsten Dank für Ihr zahlreiches Erscheinen ausspreche. Sie haben eine weite Reise nicht gescheut, um unserer kleinen Uni- versität einen Besuch abzustatten! | Mögen die Verhandlungen unserer Gesellschaft einen erfolgreichen Verlauf nehmen! 19 Hierauf folgte der Geschäftsbericht des Schriftführers. Vom 5. bis 7. Juni v. J. wurde unter Leitung des Vorsitzenden, Herrn Geheimrat Prof. Dr. R. HERTWIG sowie unter Beteiligung von 63 Mitgliedern und 53 Gästen die 16. Jahresversammlung in Marburg abgehalten. Der Bericht über die Verhandlungen (im Umfang von 283 Seiten, mit 31 Textfiguren und 2 Tafeln) konnte diesmal be- reits Anfang August ausgegeben werden. Möglich ist dies nur dann, wenn die Manuskripte rechtzeitig, d. h. nach der Bestimmung der Statuten spätestens 14 Tage nach Schluß der Versammlung ein- geliefert werden. Da die Versammlung in diesem Jahr ganz erheb- lich früher stattfindet, müßte es noch leichter sein, die Verhand- lungen bis zu dem genannten Termin erscheinen zu lassen; ich möchte auch diesmal wieder die dringende Bitte an die Herren Vor- tragenden richten, mich in diesem Bestreben zu unterstützen, und zwar sowohl hinsichtlich der rechtzeitigen Ablieferung der Manuskripte wie auch im Hinblick auf die rasche Erledigung der Korrekturen. Manuskripte, die 14 Tage nach Schluß der Versammlung nicht ein- geliefert sind, brauchen nach $ 4 der Publikationsordnung nicht mehr berücksichtigt zu werden. Die Zahl der Mitglieder der Gesellschaft betrug bei Ausgabe der Verhandlungen 260 und infolge des Todes dreier Mitglieder sowie des Zutritts mehrerer neuer Mitglieder am 1. April 1907 266 gegen 248 Mitglieder am 1. April 1906. Seitdem sind noch weitere 8 Mit- glieder hinzugekommen, so daß die Mitgliederzahl der Gesellschaft zurzeit 274 beträgt. Die drei Mitglieder, welche die Gesellschaft durch den Tod ver- loren hat, sind FRITZ SCHAUDINN, Dr. KARL THon und Dr. von DER OSTEN-SACKEN. CARL ROBERT VON DER OSTEN-SACKEN starb am 21. Mai 1906 in Heidelberg. Geboren am 24. August 1828 in St. Petersburg, wurde er dort erzogen und trat 1849 in den Dienst des Auswirtigen Amts. Reisen in Deutschland, England und Amerika brachten ihn in Be- ziehung zu einer Reihe von Entomologen und förderten ihn in seinen entomologischen Studien, denen er besonders auch in Amerika ob- lag, wo er von 1856—62 Legationssekretär bei der Russischen Ge- sandtschaft in Washington und 1862—71 Generalkonsul in New York war. 1871 trat er von diesem Amt zurück, unternahm Reisen in Europa und kehrte 1873 (als Privatmann) nach den Vereinigten Staaten zurück. Auf den während dieser Zeit wie auch schon früher nach verschiedenen Teilen des nordamerikanischen Festlandes und Q* 20 nach Kuba unternommenen Reisen widmete er sich besonders dem Sammeln von Dipteren, wie sich denn auch seine zahlreichen Arbeiten vor allem auf diesen Zweig der Entomologie beziehen. Im Jahre 1877 siedelte VON DER OSTEN-SACKEN nach Heidelberg über und wurde im Jahre 1886 wegen seiner Verdienste um die Entomologie von der dortigen philosophischen Fakultät zum Ehrendoktor ernannt. In seiner Vaterstadt Goltsch-Jenikau in Böhmen starb am 17. Juli 1906 Dr. Kart Tuon. Geboren im Jahre 1879, absolvierte er das Gymnasium in Schlau und studierte an der böhmischen Universität in Prag, wurde daselbst zum Dr. phil. promoviert und an den In- stituten von Prof. Fr:C und Prof. Vespovsky als Assistent angestellt, Im Jahre 1906 habilitierte er sich in Prag für systematische Zoologie. Voller Begeisterung für die Wissenschaft trat er sein Dozentenamt an, um leider schon im gleichen Semester vom Tode dahingerafft zu werden. Sein letzter Plan war die Bearbeitung einer umfangreichen Monographie der Acarinen Böhmens, wie er sich überhaupt der Er- forschung dieser Tiergruppe gewidmet und eine größere Zahl von Publikationen darüber veröffentlicht hatte, nachdem ihn unter der Leitung von R. HERTWIG bei einem Aufenthalt in München ein kurzer Abstecher auf das Gebiet der Protozoen geführt hatte. Publikationen von K. 'THON (nach Mitteilung von Prof. VEJDOVSKY): 1899. Ein neues Hydrachnidengenus aus Böhmen nebst Bemerkungen über die Hydryphantes-Arten. (Zool. Anz.) Dasselbe böhmisch in Rozpr. Ceské Akademie 189. 1899. Über ein interessantes Beispiel von Parasitismus bei Hydrachniden (Verhandl. d. zool.-botan. Gesellsch. Wien.) 1900. Zwei neue Curvipes-Arten aus Böhmen. (Zool. Anz.) 1900. Neue Eulais-Arten aus Böhmen. (Ibidem). 1900. Neue böhmische Hydrachniden. (Zool. Anz.) 1901. Über eine neue parasitische Atax-Art aus Texas. (Wien.) 1901. Neue Hydrachniden aus dem Böhmerwalde. (Daselbst.) 1903. Über die von Dr. MrazeK in Montenegro gesammelten Hydrachniden. (Sitzgsber. d. königl. böhm. Gesellsch. Wiss.) 1903. Monographie der Familie der Limnochariden. (Archiv für naturhist. Durchforschung Böhmens.) 1905. Über den feineren Bau von Didinium natatum. (Archiv f. Protistenkunde.) 1905. Über die Secretion in der weiblichen Gonade bei Hydrachniden. (Biol. Zentralbl.) 1905. Neue Luftorgane bei Milben. (Zool. Anz.) 1905. Uber die Caxaldriise der Holothyriden. (Daselbst.) 1905. Neue Excretionsorgane bei der Hydrachnidenfamilie Limmocharidae Kra- mer. (Zeitschr. f. wiss. Zool.) 1905. O zlazäch Holothyrian. (Sitzgsber. d. königl. böhm. Gesellsch. Wiss.) 1905. Uber die äußere Morphologie und Systematik der Holothyriden. (Zool. Jahrbücher.) 21 Ich komme nun zu einem ganz besonders schweren Verlust, den unsere Gesellschaft im vergangenen Jahre erlitt, denn mit Frırz SCHAUDINN wurde uns nicht nur ein hervorragender Zoologe, son- dern auch ein besonders treues Mitglied unserer Gesellschaft ent- rissen; mit regem Interesse beteiligte er sich an den Versammlungen, und mancher von uns gedenkt mit Wehmut der fröhlichen und an- regenden mit ihm verlebten Tage. Erst vor zwei Jahren auf der Breslauer Versammlung erstattete SCHAUDINN sein lichtvolles Referat über die Befruchtung der Protozoen, worin er seine Anschauungen über das ihn vom ersten Beginn seiner wissenschaftlichen Arbeit fesselnde Problem im Zusammenhang und gewissermaßen abschließend niederlegte. Wenn auch schon damals trübe Stimmungen und schwere Gedanken sein sonst so heiteres Gemüt und seine große Arbeits- freudigkeit beeinflußten, so hätte wohl keiner von uns und auch er selbst nicht geahnt, daß diese in unseren Verhandlungen nieder- gelegte Publikation seine letzte größere Arbeit sein sollte. Zur Zeit der vorjährigen Versammlung drang dann die Kunde von seiner schweren und anscheinend hoffnungslosen Erkrankung zu uns und legte sich seinen Freunden als ein düsterer Schatten auf jene Ver- anstaltung. Schon bald nachher erhielten wir dann zu unserer großen Trauer die erschütternde Nachricht von SCHAUDINNs am 22. Juni er- folgtem Hinscheiden. Ein junges, aber an eindringendster Forscher- arbeit wie an großen wissenschaftlichen Erfolgen reiches Leben wurde zu einer Zeit abgeschnitten, da weit ausschauende Pläne unter äußerlich günstigeren und freieren Bedingungen ihrer Verwirklichung entgegengehen sollten. Vielleicht wird das Tragische dieses wohl an inneren, leider aber an äußeren Erfolgen noch weniger reichen Lebens in etwas gemildert durch die allgemeine, weitgehendste Teil- nahme an SCHAUDINNS traurigem Schicksal und die uneingeschränkte Anerkennung, welche seine glänzenden Entdeckungen und hervor- ragenden Leistungen auf dem Gebiete der Protozoenkunde und ihrer praktischen Verwertung gefunden hat. Einen wie schweren Verlust die Wissenschaft durch Scuaupinns Tod erlitten hat, welche weit- klaffende Lücke durch das frühe Hinscheiden des hochverdienten, noch nicht 35 jährigen Forschers infolge der großen Eigenart seiner von reichsten Erfolgen gekrönten Forschungsweise gerissen wurde, das ist von den ihm in der Wissenschaft und im Leben Nahestehen- den in so beredten und warmen Worten geschildert worden, daß hier von einer eingehenden Würdigung seiner hohen Verdienste um so mehr abgesehen werden kann, als diese vollauf anerkannt sind und wie SCHAUDINNs ganzes Leben und Wirken bei uns allezeit im hohen Andenken stehen werden. 22 Es ist noch der Rechenschaftsbericht zu erstatten; er schließt ab: Einnahmen 7... zus OR ee N Ausgaben? „. vera sie mie ‘ie ice > Bra Sr Diesen Kassenvorrat: 474.4 30.2 Hierzu kommen: Ausstehende Mitgliederbeiträge . . . 645.% In Deutscher Reichsanleihe angelegt . 11600 ./ Summa: 12719 .2 30.7 Gemäß der Bestimmung der Statuten darf ich ersuchen, zwei Mitglieder der Gesellschaft als Revisoren zu erwählen und mir nach Prüfung des Rechenschaftsberichts Entlastung erteilen zu wollen. Zu Revisoren wurden gewählt die Herren Professor Dr. PLATE und SPEMANN. Der Herr Vorsitzende machte einige auf die Ausgestaltung des biologischen Unterrichts in den höheren Schulen bezügliche Mit- teilungen und wies auf die für den nächsten Tag geplante Beratung dieses Gegenstandes hin. Ferner teilte er ein Schreiben des Herrn Privatdozent Dr. KONRAD GÜNTHER in Freiburg mit, welches sich auf den Schutz der heimischen Vögel bezieht. Die aus dem beiliegenden Flugblatt hervorgehenden Bestrebungen zum Schutz der einheimischen Vögel finden durchaus die Billigung der Versammlung. Hierauf folgte das Referat des Herrn Professor H. SPEMANN (Würzburg): Zum Problem der Correlation in der tierischen Entwicklung. Mit dem Wort »Correlation« hat man seit seiner Einführung in die Biologie durch G. Cuvier ziemlich verschiedene Begriffe ver- bunden, und es wäre nicht ohne Interesse, diese, mit dem allgemeinen Stand der Wissenschaft eng verknüpften Wandlungen genauer zu verfolgen. Wenn in der Entwicklungsphysiologie von Correlation, correlativer Entwicklung gesprochen wird, so versteht man darunter kausale, Quantität und Qualität bestimmende Beziehungen zwischen einzelnen Teilen des werdenden Organismus. Damit scheint sich das zu decken, was schon Cuvier in der Einleitung seiner Unter- suchung über die fossilen Knochen (1821) mit den Worten ausdrückt: » Jedes organisierte Wesen bildet ein Ganzes, ein einheitliches und geschlossenes System, dessen Teile sich gegenseitig bedingen und 23 zu einem gemeinsamen Endeffekt unter Wechselwirkungen zusammen arbeiten. Keiner dieser Teile kann sich ändern, ohne daß die übrigen sich gleichfalls ändern, und so sind mit jedem einzelnen Teil alle andern gegeben.« Das klingt ja, als wäre es gestern geschrieben; aber man darf nicht vergessen, daß der berühmte Gegner GEOFFROY’ Sr. HiLATRE’s mit diesen Worten nicht denselben Sinn verband, wie wir es heute tun. An eine tatsächliche Abänderung, an eine Ent- wicklung im Lauf der Generationen dachte er dabei nicht, sie lehnt er im selben Zusammenhang ausdrücklich ab. Damit fehlte aber für ihn jede Veranlassung, den Begriff causalanalytisch durchzuführen; er brauchte ihn rein deskriptiv, wie man aus den zur Erläuterung angeführten Beispielen ersieht. Wenn z. B. bei allen Tieren, welche lebende Beute im Sprung erjagen, gewisse Merkmale immer ver- einigt vorkommen, etwa Organe zum Fassen und Zerreißen der Beute im Rachen und an den vorderen Extremitäten, so ist das eine Correlation im Sinne Cuviers. Bei unserer causalen Fassung des Begriffs dagegen liegt hier aller Wahrscheinlichkeit nach keine Cor- relation vor. Das Raubtiergebiß bedingt nicht die Raubtierklauen direkt in ihrer Entwicklung oder umgekehrt, beide sind vielmehr eine irgendwie vermittelte Anpassung an ein drittes, an die Bedürf- nisse der räuberischen Lebensweise. Eine Correlation in unserem Sinn könnte dagegen bestehen zwischen den Zähnen und einigen Einrichtungen am Schädel, welche die Zähne zur richtigen Ausübung ihrer Funktionen nötig haben. Im folgenden werde ich mich nun darauf beschränken, Ihnen einige Fälle vorzuführen, wo man noch vor kurzer Zeit Entwicklungs- correlationen zwischen bestimmten Teilen als etwas fast Selbstver- ständliches vorausgesetzt hat. In allen diesen Fällen haben neuere Experimente das überraschende Ergebnis gezeitigt, daß solche Cor- relationen nicht bestehen, oder wenigstens nicht nötig sind, jedenfalls nicht in dem Entwicklungstadium, wo sie uns am natürlichsten er- schienen. Indem wir dem Grund unserer Überraschung über dieses Ergebnis nachforschen, werden wir zu einigen prinzipiell wichtigen Schlüssen gelangen. Wenn irgendwo Correlation zu erwarten ist, dann bei der Ent- wicklung zusammengesetzter Organe, deren Bestandteile, von verschie- denen, oft weit von einander entfernten Mutterböden kommend, zu- sammentreten und nach Vollendung der ihnen eigentümlichen Diffe- renzierung harmonisch in einander greifen. Nerv und Endorgan, Muskel und Skelett sind solche Paare, die auch in ihrer ersten Ent- wicklung zusammen zu gehören scheinen, um so mehr, als sie später 24 nicht nur zur Ausübung ihrer Funktion, sondern auch zu ihrer nor- malen Erhaltung mehr oder weniger auf einander angewiesen sind. Darüber wurde denn auch lange hin und her debattiert, auf Grund der normalen Entwicklung und an der Hand pathologischer Fälle, bis . exakt ausgeführte Experimente eine zwar begrenzte, aber sichere und recht überraschende Entscheidung brachten Nerv und Muskel. Besonders innig sind bekanntlich im ausge- bildeten Wirbeltieroganismus die Beziehungen zwischen Muskel und Nerv. Wird der zu einem quergestreiften Muskel führende Nerv durchschnitten, so verliert der Organismus nicht nur augenblicklich die Herrschaft über diesen Muskel, sondern der letztere leidet auch Schaden, seine Erregbarkeit nimmt ab, er entartet, atrophiert und bildet sich schließlich zu einem bindegewebigen Strang zurück, falls eine Wiederherstellung des nervösen Zusammenhangs unterbleibt. Mit dieser Abhängigkeit des ausgebildeten Muskels hängt viel- leicht sein Verhalten bei der Regeneration zusammen. E. NEUMANN (1868), E. Kirpy (1892), neuerdings BARFURTH (1901) und RuBın (1903), ferner G.:WoLrr (1902) und SCHAPER-GOLDSTEIN IRB haben darüber Versuche angestellt. E. NEUMANN (1868) konnte nach Durchschneidung des N. pero- neus am Kaninchen zum mindesten eine Hemmung der Regeneration der zugehörigen Muskeln beobachten; E. Kirpy (1892) kam nach Durchschneidung des N. ischiadicus am Kaninchen und Quetschung des von ihm innervierten M. gastrocnemius zu dem entgegengesetzten Ergebnis, »daß Nervendurchschneidung die Muskelregeneration in keiner Weise behindert, und soweit erkennbar, überhaupt gar nicht beeinflußt.« Gegen diese letzteren Resultate wurden aber von HERBST (1901 S. 57) Einwände erhoben. BARFURTH (1901) und Rugın (1903) resezierten an Axolotln, jungen und alten, die Nerven der einen vorderen Extremität, amputierten dann alle beide und verglichen ihre Regeneration. Etwa bis zum 10. Tag hielten beide Extremitäten in der Regeneration gleichen Schritt, dann blieb die nervenlose hinter der anderen zurück, um am 12.—14. Tag völlig stehen zu bleiben. Nach langem Stillstand trat in der 10.—12. Woche — nämlich wenn die Nervenverbindung wieder hergestellt war — ein neuer Fortschritt in der Regeneration ein. Die Hemmung betraf nach Rusın’s Angabe vor allem das Mus- kelsystem. Zu ähnlichen Ergebnissen kam gleichzeitig und unabhängig G. Wourr (1902). Er schnitt erwachsenen Exemplaren von T’reion cristatus die hintere Extremität ab und ließ sie bis zur Schaufel- form sich regenerieren; dann nahm er Lendenmark und Spinalganglien 25 heraus. Er beobachtete wie Rubin mehrwöchentlichen Stillstand der Regeneration, die erst von neuem in Gang kam, nachdem die ner- vöse Verbindung wiederhergestellt war. Dieses letztere hält GoLpsTEın (1904a) nicht für erwiesen, weil nicht histologisch festgestellt; bei der mechanischen Reizung, die WOLFF zur Prüfung der Sensibilität anwandte, wäre nach seiner An- sicht das ganze Tier erschüttert worden. GOLDSTEIN hält es daher für möglich, daß bei WoLrr’s Versuchen die Regeneration ohne Nerveneinfluß zu Ende geführt wurde, und bekämpft die Schlüsse, die WOLFF aus einem anderen Experiment zog. Wenn nämlich nur das Lendenmark entfernt wurde, die Spinalganglien aber intakt blieben, so regenerierte sich die abgeschnittene Extremität. WOLFF war daher geneigt, den Spinalganglien und sensibeln Nerven eine besondere Rolle zuzuschreiben. Dieser Schluß mag zutreffen oder nicht; jeden- falls ist zu beachten, daß ein ganz analoges, von SCHAPER ausgeführtes und von GOLDSTEIN (1904 a, S. 97 ff.) mitgeteiltes Experiment genau die- selbe Deutung zuläßt. Einer Larve von Triton taeniatus, 30 mm lang, wurde der Schwanz abgeschnitten, das Lendenmark durch Einführung einer Glasnadel in den Wirbelkanal schwer geschädigt und dann ein Hinterbein amputiert. Dieses regenerierte sich im Lauf von 21 Tagen vollständig. Man kann nun den Gegensatz zwischen diesem Ergeb- niß und den Beobachtungen RuBIN’s aus dem verschiedenen Alter der Versuchstiere erklären, wie GOLDSTEIN (S. 104) es tut; man kann aber auch darauf hinweisen, daß wie bei WoLrF’s Versuch die Spinal- ganglien erhalten waren. Ohne weitere Versuche scheint mir eine Entscheidung zwischen den beiden Erklärungen zurzeit nicht möglich. In dieser Frage ist das meiste noch zu tun. Aber auch wenn eine bessere Harmonie unter den Ergebnissen erzielt ist, dürfen sie nicht auf die primäre Entwicklung übertragen werden. Das wäre ganz allgemein bedenklich und in diesem speziellen Fall höchst wahrscheinlich falsch; denn es ist wenigstens für Amphibien durch mehrere Experimente einwandfrei erwiesen, daß die Differenzierung der Muskelelemente und ihre typische Anordnung zn Muskelindivi- duen ohne Einfluß des Nervensystems vor sich gehen kann. Ehe wir diese Experimente kennen lernen, wollen wir sehen, ob die reine Beobachtung der normalen Entwicklung und die Analyse spontan, d.h. ohne Zutun des Beobachters entstandener Mißbildungen schon eine Entscheidung ermöglichen. Bei den Embryonen niederer Wirbeltiere beginnt nach HARRISON (1904) die Differenzierung der Muskelfibrillen gerade in dem Zeit- punkt, wo die Verbindung zwischen motorischen Nerven und Muskel- platte zustande kommt. Und nach Nusspsaum (1896) wächst bei den 26 Froschlarven der Muskel von der Eintrittsstelle des Nerven aus, und Nervenverzweigung und Muskelwachstum halten genau miteinander Schritt. Ein solches zeitliches Zusammentreffen läßt auch causale Be- ziehungen vermuten, doch nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit; beweisend jedoch gegen eine causale Abhängigkeit ist es, wenn die Muskelfibrillen sich differenzieren, ehe der Nerv an sie herantritt, wie das BARDEEN (1900) für Schweinsembryonen festgestellt hat. Der einzige Zweifel, der hier noch übrig bleibt, knüpft sich an die Frage, ob den sichtbaren nervösen Verbindungen nicht solche voraus- gehen, die sich bis jetzt dem histologischen Nachweis noch ent- ziehen, wie neuerdings wieder Braus (1905) auf Grund experimen- teller Erfahrungen betont. Ob die weitere Entwicklung des Muskel- systems, die Gruppierung der Muskelfibrillen zu Muskelindividuen und die typische Anordnung der letzteren am Skelett ohne Einfluß des Nervensystems vor sich gehen kann, läßt sich auch für Säuge- tierembryonen aus den beobachteten Tatsachen der normalen Ent- wicklung nicht ersehen. Mißbildungen mit Defekten des Nervensystems könnten hier Ans- kunft geben. Die nicht seltenen Fälle von Anencephalie und Amyelie, bei welchen das Muskelsystem vorhanden ist, wurden dazu heran- gezogen; eine besondere Bedeutung für unsere Frage jedoch besitzen 3 ältere Fälle, von ALESsANDRINI (1829) und H. E. Weper (1551), bei denen die Muskulatur genau in den sonst wohl entwickelten Körperbezirken vermißt wurde, in denen die zugehörigen sensibeln und motorischen Nerven fehlten, im Zusammenhang mit einen völligen Mangel des entsprechenden Abschnitts des Rückenmarks. Leider kann man sich über die Deutung dieser Fälle nicht einigen; die Diskussion ergab, daß die Entscheidung von Vorfragen teils all- gemein entwicklungsphysiologischer, teils speziell teratologischer Natur abhängt, die selbst noch der Beantwortung harren. Das Nähere findet man bei Hersst (1901), Neumann (1901, 1903, 1904) und GOLDSTEIN (1904a und b). In diese recht verwickelte Situation brachten nun in den letzten Jahren planmäßig angestellte Experimente mit begrenzter, aber klarer Fragestellung Licht und Ordnung, und ich habe mich nicht gescheut, Sie den ermüdenden Weg durch das Gewirr der gegeneinander kämpfenden Gründe und halben Entscheidungen zu führen, weil sich hier zeigt, was die experimentelle Methode in besonnener Selbst- beschränkung leisten kann. Der Versuch, welcher unsere Frage wenigstens für Amphibien entschied, stammt von R. Gr. Harrison (1904). Angeregt wurde er wohl durch ein ähnliches Experiment A. ScHArEr’s (1898), das 27 jedoch mehreren Einwänden ausgesetzt und daher nicht geeignet ist, das Problem zu lösen. SCHAPER hatte bei einer Larve von Rana esculenta von 6 mm Länge durch einen schrägen Schnitt das Hirn und Nachhirn entfernt. Diese Larve entwickelte sich 6!/, Tage lang weiter und wurde dann konserviert. Bei der Schnittunter- suchung zeigte sich, daß alle Gewebe gut erhalten waren, mit Aus- nahme des Rückenmarks, welches so stark degeneriert war, daß man ihm wohl keine Funktionsfähigkeit, weder physiologischer noch morphogenetischer Art, mehr zutrauen konnte. Daraus zieht nun SCHAPER den Schluß (S. 178), »daß das Zentralnervensystem in einer gewissen frühen Entwicklungsperiode keinerlei bestimmenden Einfluß auf die typische Entwicklung des embryonalen Organismus hat«, und dehnt diesen Satz ausdrücklich auf die Muskulatur aus (S. 180). GoLpvstEin (1904a), welcher denselben Embryo noch ein- mal bearbeitet hat, schließt sich SCHAPER vollständig an. Dagegen ist nun einzuwenden, daß schon der erste Eingriff, die Entfernung des Hirns, und noch viel mehr seine unbeabsichtigte Nebenwirkung, die Degeneration des Rückenmarks, in zu späte Entwicklungsstadien fallen, um über die erste Differenzierung der Muskulatur, ja selbst ihre weitere Entwicklung und Erhaltung einen Schluß zu erlauben. Nach Harrison (1904 §. 200) ist bei Embryonen von 6 mm Länge, wie ScHAPERs Versuchstieren, die Verbindung zwischen Nerven- system und Muskelplatte schon hergestellt und die Differenzierung der Muskelfibrillen eingeleitet. Ebenso fand GOLDSTEIN (S. 78) bei einer 6 mm langen Froschlarve eine hoch differenzierte Muskulatur, im Widerspruch zu seiner eigenen Bemerkung (S. 73) gegen NEUMANN, der denselben Einwand erhoben hatte wie später Harrison. Noch viel später natürlich ist die Degeneration des Rückenmarks anzusetzen; SCHAPER (9.175) selbst verlegt sie »in die letzte Phase der Entwicklung der Larve«. Dem wird man unbedingt zustimmen, wenn man erwägt, daß am letzen Tag bei der bis dahin ganz normal reagierenden Larve die Bewegungen laut Protokoll »langsamer und schwächer, gleichsam taumelnd« wurden, und die Reflexerregbarkeit herabgesetzt war. GOLDSTEIN hält allerdings die Veränderungen des Rücken- marks für zu hochgradig, um erst in der allerletzten Zeit des Lebens der Larve eingetreten zu sein, jedoch ohne das genauer begründen zu können. Danach wäre also auch die Weiterentwicklung der Mus- kulatur bei intaktem Rückenmark, also eventuell unter seinem Ein- fluß, vor sich gegangen, und die Zeit, während welcher die Larve ohne normales Rückenmark lebte, zu kurz, um auch nur über seine Unentbehrlichkeit zur Erhaltung der differenzierten Muskulatur ein Urteil zu ermöglichen, wie Neumann (1901, S. 461) mit Recht bemerkt. 28 Dieses Experiment nahm nun HARRISON auf. Er stellte sich zu- nächst die beiden scharf begrenzten Fragen, ob ein Nerveneinfluß nötig ist, erstens, um die Differenzierung der gestreiften Muskel- fibrillen einzuleiten, und zweitens, um die Anordnung dieser Muskel- fibrillen zu typischen Muskelindividuen zu bewirken. Als Material dienten junge Larven der amerikanischen Froscharten Rana syl- vatica, virescens und palustris, bei denen die Schwanzknospe eben hervorsproßte. In diesem Entwicklungsstadium sind die Anlagen von Zentralnervensystem und Muskulatur noch ganz undifferenziert, von Nervenfasern noch keine Spuren vorhanden, die später lang- gestreckten Bildner der Muskelfibrillen noch rundliche Zellen in epithelialem Verband. Diesen Larven wurde nun mit einem feinen Messer ein schmaler Rückenstreifen abgeschnitten, von der Höhe der Vorniere bis zur Schwanzspitze, und damit das Rückenmark, die Ganglienleiste und die dorsalen Teile der Myomere vom Rumpf ge- trennt. Dieser Streifen wurde entweder ganz entfernt oder vorn im Zusammenhang mit dem übrigen Körper gelassen. Auf der Schnitt- fläche des Hauptstücks sieht man dann die Chorda frei zu Tag liegen, flankiert von den beiden Reihen der angeschnittenen Myo- mere. In 2—3 Stunden ist diese schwere Wunde gewöhnlich über- häutet, und die Entwicklung geht weiter, immer etwas verlangsamt, aber sonst, in den günstigsten Fällen wenigstens, ganz normal. Auch was die Muskulatur betrifft; nach einigen Tagen erkennt man, daß sie sich in den Bereichen, wo das Rückenmark vollständig fehlt, normal entwickelt hat; die Differenzierung der Fibrillen und ihre Anordnung zu Muskelindividuen ist, wie sich auf Schnitten zeigt, die typische. Damit sind aber die beiden von HARRISON aufgestell- ten Fragen beantwortet. Nun ist die Anordnung der Muskelfibrillen in den Längsmuskeln von Rumpf und Schwanz eine sehr einfache; es ist daher nicht be- sonders auffallend, daß sie auch ohne Nerveneinfluß erreicht werden kann, falls dieser überhaupt für die Differenziernng der Muskel- fibrillen entbehrlich ist. Harrison ließ daher unter seiner Leitung von H. L. LANG@NECKER das Verhalten der viel komplizierter ange- ordneten Beinmuskulatur nach Ausschaltung des Nervensystems prüfen. Zu diesem Zweck wurde an jungen Froschembryonen die Anlage des einen Hinterbeins nervös isoliert, indem zwischen ihr und dem Rückenmark ein horizontaler Schnitt angebracht wurde, dessen Ränder ein eingelegter Igelstachel am direkten Zusammen- heilen verhinderte; die in den Spalt eindringende Hautfalte verlegte dann dem auf die Gliedmaßenanlage zuwachsenden Nerven den Weg. In einem Fall gelang es, ein derart operiertes Tier bis zur Meta- ee ee ee eee 29 morphose aufzuziehen. Das betreffende Hinterbein sah etwas atro- phisch, aber sonst normal aus; Knorpel, Knochen und Muskeln waren normal entwickelt, die letzteren scharfin einzelne Individuen gesondert. Und das alles, obwohl das Bein völlig nervenlos war; es machte nie eine Bewegung, weder spontan noch auf mechanischen oder elektrischen Reiz, und damit stimmte das Ergebuis der Schnitt- untersuchung überein, welche das Fehlen jeglicher Nerven nachwies. Also auch eine so komplizierte Anordnung der Muskulatur wie im Bein kann bei den Amphibien nach Ausschaltung des Nervensystems erreicht werden. Dieses Ergebnis wurde durch Braus (1905) auf anderem Weg bestätigt. Braus hat bei seinen Transplantationen junger Glied- maßenknospen die merkwürdige Beobachtung gemacht, daß sich neben der transplantierten Hauptanlage sehr häufig eine zweite, accessorische Knospe entwickelt, die immer spiegelbildlich zur andern gestellt ist. Nach und nach holt sie die Hauptgliedmaße im Wachstum ein und ist in allen Organsystemen wohl ausgebildet, mit Ausnahme der Nerven, die völlig fehlen. Also auch hier haben sich Muskeln von normaler Differenzierung und Anordnung ent- wickelt, ohne irgend welchen Einfluß des Nervensystems. Für Amphibien können wir es demnach als bewiesen betrachten, daß die Muskulatur sich selbständig, ohne Einfluß des Nerven- systems, bis zu hoher Kompliziertheit entwickeln kann. Ob das auch gilt für Säugetiere, deren Mißbildungen bei den Überlegungen der pathologischen Anatomen jene oben erörterte große Rolle ge- spielt haben, läßt sich vorläufig nicht sagen; jedoch liegt keine Tat- sache vor, die sich mit dieser Annahme nicht vertrüge. Nerv und Sinnesorgan. In seiner wertvollen kritischen Zusammen- stellung von Beobachtungen und Experimenten, welche auf formative Reize in der tierischen Ontogenese hindeuten, erinnert C. HERBST (1901) daran, daß KÖLLIKER vor mehr als zwei Jahrzehnten auf die Möglichkeit hingewiesen hat, »daß gewisse Epithelzellen unter dem Einfluß der mit ihnen sich vereinigenden Nervenenden zu besonderen Sinnesorganen sich umbilden«. Darüber läßt sich jetzt auf Grund der bekannten schönen Experimente Harrisons (1903) über die Seitenlinie der Froschlarven etwas Bestimmteres aussagen. Die erste Anlage der ganzen Reihe von Sinnesknospen, welche die Seitenlinie bilden, besteht bekanntlich in einer Verdickung der Epidermis, welcher nach innen und vorn der dorsale Teil des Ggln. N. vagi angelagert ist, ganz ähnlich wie etwas weiter oral- warts das Ggln. N. acustici und die Epidermisverdickung, die das Labyrinth liefert, zusammen liegen. Von diesem Punkt aus 30 schiebt sich nun die Seitenlinie, der Epidermis dicht angeschmiegt, nach hinten, als solider Strang, dessen Zellen sich in einzelne Häufchen auflösen. Diese Ausdehnung findet durch Wachstum der ersten Anlage statt, nicht etwa durch Angliederung neuer Zellen der Epidermis am Ende des Strangs. Das wurde von HARRISON in über- zeugender Weise dadurch demonstriert, daß er das Vorderende der dunkel pigmentierten Larve von Rana sylvatica und das Hinterende der hellen Larve von Rana palustris zusammenfügte. Im Verlauf der weiteren Entwicklung liess sich schon am lebenden Objekt be- obachten, wie die dunkle Seitenlinie des vorderen Stücks unter der hellen Haut des hinteren vorrückt, sich in einzelne Zellgruppen auf- löst und zu Sinnesknospen formiert. Schon nach diesen Beobachtungen ist ja ausgeschlossen, daß etwa die Enden des Ramus lateralis N. vagi irgend welche ganz indifferente Epidermiszellen, mit denen sie sich verbinden, dadurch veranlassen, sich zu Sinneszellen zu diffe- renzieren. Dagegen könnte man vermuten, daß der mit dem Strang der Seitenlinie zugleich nach hinten wachsende Nerv auf die be- stimmte Gruppierung der Zellen des Strangs und ihre weitere Ausdifferenzierung zu Sinneszellen einen Einfluß ausübt. Daß dem jedoch nicht so ist, konnte Harrison dadurch nachweisen, daß er das Ggln. N. vagi exstirpierte und somit die weitere Bildung des Ramus lateralis verhinderte. Diese Operation läßt sich natürlich erst ausführen, wenn die Seitenlinie schon ein wenig nach hinten ausgewachsen ist, sonst wird ihre Anlage mit vernichtet. Um ganz sicher gerade das richtige Stadium zu treffen, ließ Harrison eine dunkle Seitenlinie von einem Sylvatica-Vorderende ein kleines Stück weit in einen hellen Palustris-Rumpf einwachsen und schnitt dann den Kopf mit dem Ggln. N. vagi und dem vordersten Ende der Seiten- linie wieder ab. Der Erfolg war, daß der Nerv sich nicht weiter entwickelte, wohl auch wieder degenerierte, während der Strang der Seitenlinie wie normal bis zur Schwanzspitze vordrang und sich in wohldifferenzierte Sinnesknospen auflöste und umbildete. Damit | ist die Unabhängigkeit dieses Prozesses von einem etwaigen formativen Einfluß des zugehörigen Nerven bewiesen. Eine andere, bis jetzt unentschiedene Frage ist es, ob die erste Anlage der Seitenlinie durch Berührung des Ggln. N. vagi aus einem indifferenten Stück Epidermis entsteht; dazu müßte man das Ganglion entfernen, ehe es die be- treffende Stelle der Epidermis berührt hat, was vielleicht technisch nicht ausführbar, jedenfalls bisher nicht geschehen ist. Die gleiche Schwierigkeit fand Levy (1906) bei der Untersuchung der Entstehungs- bedingungen der Hörblase und ich selbst bei bisher nicht veröffent- lichten darauf hinzielenden Experimenten. al Muskel und Skelett. Dieselbe überraschende Unabhängigkeit in der Entwicklung zweier Organsysteme, die später funktionell eng zusammengehören, wurde jüngst von Braus (1906a) für die erste Entstehung von Skelett und Muskulatur in der Selachierflosse nach- gewiesen. Die normale Entwicklung beider Organsysteme speziell bei den zum Experiment dienenden Brustflossen von Scylliwm cani- cula und Pristiurus melanostoma hätte eher das Gegenteil erwarten lassen; sie sei zunächst im Anschluss an BrAus’ zusammenfassende Darstellung kurz geschildert, soweit dies zum Verständnis der Frage- stellung und der Experimente nötig ist. Das erste, was von der Anlage der Flosse sichtbar wird, ist eine längs gerichtete Hautfalte, gefüllt mit Mesenchymzellen verschiedener Herkunft. Am Vorder- ende dieses Lappens beginnt die Skelettentwicklung mit der senkrecht zu ihm gestellten Anlage des Schultergürtels; von diesem aus wächst in der Basis des Lappens ein Fortsatz nach hinten, die Anlage des Basipterygium, weiches also die Gewebsplatte, die die Hautfalte aus- füllt, gegen den Rumpf hin abschliesst. Aus dieser Gewebsplatte nun differenzieren sich durch Verdichtung die Anlagen der Radien, ein Prozeß, der in der Mitte der Flosse einsetzt und nach vorn und hinten fortschreitet. Es handelt sich also bei der ersten Skelett- bildung allem Anschein nach um Differenzierungsprozesse, welche, zunächst rein deskriptiv gesprochen, von bestimmten Punkten eines an Ort und Stelle befindlichen Materials ausgehen und nach bestimmten Richtungen fortschreiten. Anders bei der Entwicklung der Muskulatur der Flosse. Sie entsteht bekanntlich in der Weise, daß sich am unteren Rand einer grösseren Anzahl von Myotomen im Bereich der Hautfalte Knospen bilden und abschnüren, an jedem Myotom zwei, eine vordere und eine hintere; jede von ihnen spaltet sich dann wieder in eine obere und untere Hälfte, worauf die beiden Reihen von Anlagen als Musculi radiales in breiter Front in die Flosse ein- wachsen. Ihre proximalen Teile differenzieren sich zu Muskelfasern, nachdem noch ein Austausch von Zellen zwischen den benachbarten Anlagen stattgefunden hat; die wachsende Spitze dagegen bewahrt noch lange den indifferenten epithelialen Knospencharakter. Zwischen diesen beiden Prozessen wurde nun von mehreren Autoren eine causale Beziehung angenommen; die vordringenden Muskelanlagen sollten die Differenzierung der zwischen ihnen liegenden Knorpelradien auslösen. Für diese Ansicht lässt sich das räumliche und zeitliche Verhältnis der Knorpelradien zu den Muskelradien während der Entwicklung anführen; jedes der genannten Skelett- stücke entsteht nämlich bei Seylkum und Pristiurus zwischen der dorsalen und ventralen Hälfte einer Muskelknospe, und zwar folgt die 32 Differenzierung der Skelettanlage zeitlich immer dem Vordringen der Muskulatur. Beweisend ist das freilich nicht, und Braus appellierte deshalb wieder ans Experiment. Die Aufgabe ist eine ähnliche wie bei der Prüfung des Nerveneinflusses auf die Muskulatur, daher bot sich auch ein ähnliches Mittel zu ihrer Lösung an. Es galt nämlich, einen Teil der radienbildenden Gewebsplatte von Muskeln frei zu halten, und das wurde dadurch erreicht, daß dem Vordringen der Muskelknospen durch einen dicht vor ihnen herlaufenden Schnitt eine unüberschreitbare Schranke gesetzt wurde. Eine der praktischen Schwierigkeiten dieses im Prinzip sehr einfachen Experiments ist die richtige Führung des Schnittes. Es läßt sich nämlich am lebenden Tier nicht direckt erkennen, wie weit die Muskelknospen in der Flossen- falte vorgedrungen sind, und auch der Entwicklungsgrad der anderen Organe liefert dafür keinen sicheren Anhaltspunkt. Man muss also bis zu einem gewissen Grad auf gut Glück operieren und aus dem Erfolg Rückschlüsse ziehen. Das beeinträchtigt übrigens nur die bequeme Ausführung des Experiments, nicht seine Beweiskraft. Wird nämlich der Schnitt absichtlich so geführt, daß die vorwachsenden Knospen der Muskelanlagen abgetrennt werden, so finden sich diese nachher weiter entwickelt in der lateralen Hälfte der Flossen vor; fehlen sie also hier, so sind sie auch nie dagewesen, und man ist sicher, den Schnitt richtig vor den Knospen vorbeigeführt zu haben. In einem derart von Muskeln frei gehaltenen Teil der Flosse ent- wickeln sich nun die Skelettradien normal; ihre Diffe- renzierung wird also nicht durch die Muskelanlagen ausgelöst. Wie nun hier die Aufeinanderfolge der einzelnen Entwicklungs- prozesse, des Vorwachsens der Muskelanlagen und der Differenzierung der Skelettstücke, nicht auf einer direkten Causalbeziehung beruht, so könnte es auch mit der sukzessive einsetzenden Differenzierung der einzelnen Teile des Skeletts sein. Wenn also zuerst die Anlage des Schultergürtels sichtbar wird, dann im Anschluss an ihn das Basipterygium sich nach hinten ausdehnt, und endlich die Radien zunächst im mittleren Teil der Flosse und von da nach hinten und vorn fortschreitend sich aus der Gewebsplatte heraus differenzieren, so könnte auch dieses Umsichgreifen der Differenzierungsprozesse von einer beschränkten Örtlichkeit aus nur ein scheinbares sein. Die Entwicklung würde dann in jedem einzelnen Teil selbständig ablaufen, aber aus irgend welchen unbekannten Gründen am einen Ort früher einsetzen als am andern. Der erstere Entwicklungsmodus ließe sich vergleichen mit der Fortpflanzung einer Welle über eine gespannte Saite, die man am einen Ende anschlägt; der zweite 33 dagegen mit dem sukzessiven Erklingen einer Reihe von Saiten, tiber die man mit dem Finger hinfährt. Aus dem geschilderten Experiment von Braus folgt nun schon, dass die Differenzierung der lateralen Teile der Radien nicht von den medialen abhängig ist, jedenfalls nicht vom Augenblick der Operation an. Dagegen kam Braus durch ein anderes Experiment zu dem Schluss, dab die zuerst gebildeten Radien die Differenzierung der folgenden auslösen. Es wurde nämlich der Schnitt durch die Flossenanlage in querer Richtung geführt, parallel zum Verlauf der radiären Muskeln. Dabei ergab sich, daß die Differenzierung der vor dem Schnitt gelegenen Radien unterblieb; das für sie be- stimmte Bildungsgewebe schritt zwar in der histologischen Diffe- renzierung fort, gliederte sich aber nicht in einzelne Stäbe. Braus schliesst daraus auf einen normaler Weise von hinten nach vorn fortschreitenden differenzierenden Einfluß, dem durch den Schnitt der Weg verlegt wurde. Das Vorwachsen der radiären Muskeln wird dadurch nicht wesentlich gestört; besäßen sie also die Fähigkeit, die Differenzierung der Radien auszulösen, so hätten sie sie in diesem Fall zeigen müssen. Die beiden Experimente zusammengenommen beweisen, dass die radiären Muskeln zur Auslösung der Bildung der Skelettradien nicht nur überflüssig, sondern auch unfähig sind. Wie weit diese für einen beschränkten Teil des Flossenskeletts zweier Selachierarten gewonnenen Ergebnisse verallgemeinert werden dürfen, müssen weitere Experimente zeigen. BRAus weist darauf hin, daß Bancut (1905) schon vor ihm als gelegentliche Beobachtung kurz mitgeteilt hat, daß an einer transplantierten Gliedmaße von Bufo vulgaris die Muskeln fehlten, und doch das Skelett wohl entwickelt war; vielleicht läßt diese Tatsache eine weitere experimentelle Analyse zu. Noch überraschender nun als die gegenseitige Unabhängigkeit zwischen Nerv und Muskel, Nerv und Sinnesorgan, Muskel und Skelett während ihrer ersten Entwicklung wäre es, wenn auch die Haut nicht immer einfach der mitwachsende Überzug wäre, wenn vielmehr auch ihr in manchen Fällen genau abgewogene Wachstumstendenzen inne wohnten, vermöge deren sie unter Umständen auch ohne ihren Inhalt eine normale Ausgestaltung erreichen könnte. Es wird nicht schwer sein, mittels der entwickelten Technik der embryonalen Transplantation diese Frage in zahlreichen Fällen zu lösen. Interessante Anhalts- punkte, auf welche Ergebnisse man gefaßt sein darf, liegen mir von andern Experimenten vor. Nach medianer Einschnürung von Triton- keimen verschiedenen Alters entstehen nämlich außer gewöhnlichen vorderen Verdoppelungen auch solche, welche ich nach Analogie mit Verhandl. d. Deutsch. Zool. Gesellschaft. 1907. 3 34 bekannten menschlichen Mißbildungen als Janus parasiticus bezeichnete, ohne damit über eine etwaige Ähnlichkeit in ihrer Genese etwas aussagen zu wollen. Diese Doppelbildungen besitzen außer zwei Vorderenden auch zwei getrennte Hinterenden; die Vorderenden schauen annähernd nach entgegengesetzten Seiten, liegen also fast in einer Ebene; und in einer dazu senkrechten Ebene liegen die beiden Hinterenden. Beson- ders schön ist diese für den Janus charakteristische innige Verbindung übers Kreuz in jungen Entwicklungsstadien zu sehen, z. B. unmittelbar vor dem Schluss der Medullarwülste. Parasiticus nannte ich die Janus- bildung deshalb, weil das eine Hinterende immer mehr oder weniger, oft sehr stark defekt war, und das führt uns zu unserer Frage zurück. Beide Hinterenden liefen nämlich in je einen Schwanz aus, von denen aber der defekte nie eine Chorda enthielt, in manchen Fällen allem Anschein nach auch kein Medullarrohr und keine Muskulatur; es war also nichts mehr als ein mit Mesemchymzellen gefüllter Hautlappen. In Folge davon erreichte er nie die normale Straffheit des Ruder- schwanzes, außer wenn seine erste Anlage mit der des normalen Schwanzes seitlich verschmolz, was bei etwas unregelmäßiger Aus- bildung des Janus öfters vorkommt; dann zieht er als ein zweiter Flossensaum am Hauptschwanz des Tieres nach hinten. Aber selbst wenn er diese Stütze entbehrend schlaff bleibt und sich verkrümmt, ja gelegentlich ringelt, wächst er beträchtlich in die Länge. Eine genauere Untersuchung steht noch aus; ich hoffe bald Näheres mit- teilen zu können. Ehe ich nun versuche, die allgemeinere Bedeutung dieser ein- zelnen experimentellen Feststellungen wenigstens von einer Seite her näher zu beleuchten, möchte ich noch zwei besonders merkwürdige Tatsachenreihen aufführen, welche das eigentümliche Problem noch schärfer hervortreten lassen. Das eine sind die neueren Versuche über die Entwicklungsbedingungen der Linse des Amphibienauges, das andere die Entdeckung von Braus, die Bildung des Armlochs im Kiemendeckel der Unkenlarve trotz Exstirpation der vorderen Gliedmaßenanlage. Über den Stand des Linsenproblems zu berichten ist der Zeit- punkt nicht ganz günstig, weil durch einige überraschende neue Ergebnisse alles, was so fest und klar schien, wieder in Fluß ge- kommen ist, und die entscheidenden Experimente noch ausstehen. Es handelte sich bekanntlich zunächst um die Frage, ob die Be- rührung der Epidermis durch den Augenbecher zur Entstehung der Linse nötig ist oder nicht. Zur Entscheidung dieser Frage wurde an Rana fusca im Neurulastadium die Augenanlage der einen Seite durch Anstich mit einer heißen Nadel soweit zerstört, daß sich später } oD kein oder nur ein rudimentiirer Augenbecher entwickelte, welcher die Haut nicht erreichte. In solchen Fällen unterblieb die Bildung einer Linse. Indem ich mit gutem Grund voraussetzte, daß eine direkte Schädigung etwaiger Linsenbildungszellen vermieden wurde, schloß ich aus diesem Ergebnis, daß die Berührung der Haut durch den Augenbecher zur Entstehung der Linse nötig sei. Dieses von mir für Rana fusca angegebene Verhalten wurde von Lewis (1904) für Rana palustris bestätigt, aber auf etwas anderem Wege. Lewis legte die primäre Augenblase durch Abheben der Epidermis frei, schnitt sie nahe am Hirn ab und heilte den Hautlappen wieder auf. Ein stehengebliebener Rest der Augenanlage konnte, wie später die Schnitt- untersuchung zeigte, einen verkleinerten, mehr oder weniger normal gestalteten Augenbecher bilden; erreichte dieser die Haut, so entstand eine Linse, sonst nicht. Aus diesen beiden Experimenten ließ sich nur folgern, daß der Augenbecher die Bildung der Linse veranlaßt; dagegen war noch nichts darüber ausgemacht, ob die Zellen, an denen er die Differen- zierung hervorruft, schon specifische Linsenbildungszellen sind, die nur auf einen Anstoß, ein Signal von seiten des Augenbechers zu warten haben, um in Aktion zu treten, oder gewöhnliche Epidermis- zellen, wie die der Umgebung, die erst durch einen Einfluß von seiten des Augenbechers einen specifischen Charakter erhalten. Diese Frage schien mit der andern, experimentell angreifbaren, identisch zu sein, ob sich die normalen Linsenbildungszellen durch andere Epidermis- zellen ersetzen lassen, die man entweder von andern Stellen des Körpers auf die Augenblase transplantiert, oder unter die man die Augenblase bringt. Dieses von mir vorgeschlagene (1901) Ex- periment wurde in umfassender Weise von Lewis (1904) an Rana palustris und in beschränkterem Maße von mir (1905) an Triton taemiatus ausgeführt. Lewis transplantierte in einer größeren An- zahl von Fällen die Augenblase unter die Rumpfhaut, indem er sie in der oben geschilderten Weise an ihrer Basis abschnitt und unter die abgehobene Epidermis nach hinten schob. Oder aber’ trans- plantierte er Haut vom Rumpf sogar einer andern Species (R. syl- vatica) auf die freigelegte Augenblase (von R. palustris). In beiden Fällen erhielt er eine Linse, sofern nur der Kontakt zwischen Augen- becher und Epidermis zustande kam. Das heißt aber, daß der Augen- becher befähigt ist, indifferente Epidermiszellen zur Linsenbildung zu veranlassen. LEWIS zog daraus den weiteren Schluß, daß es vor der Einwirkung des Augenbechers keine specifischen Linsenbildungs- zellen gibt. Zu dem gleichen Ergebnis kam ich (1905) an Triton taeniatus, weniger präzis deshalb, weil es nicht Haut aus größerer 3% 36 Entfernung war, sondern solche der nächsten Nachbarschaft, die zur Linsenbildung herangezogen wurde. Es wurde nämlich die stark vorgewölbte Kuppe der primären Augenblase mit den sie bedecken- den eventuellen Linsenbildungszellen abgeschnitten und bei der Ver- heilung durch andere Zellen ersetzt. Diese lieferten nun eine Linse, wenn der wiederhergestellte Augenbecher mit ihnen in Berührung kam, im andern Fall nicht. Auch ich schloß daraus auf das Fehlen eigentlicher Linsenbildungszellen. Dieser Schluß ist nun aber nicht bindend; er enthält eine still- schweigende Voraussetzung, die erst auf ihre Richtigkeit geprüft werden muß, und auf dem Ausfall dieser Prüfung beruht jetzt das Hauptinteresse der ganzen Frage. Aus den Experimenten von LEWIS und mir folgt nur, daß specifisch vorbereitete Zellen zur Bildung der Linse nicht nötig wären, da der Augenbecher über die Mittel verfügt, sich dieses optische Instrument aus gewöhnlichen Epidermis- zellen herzustellen. Daß aber der Organismus unnötige Fähig- keiten besitzen sollte, sind wir geneigt, von vorneherein abzulehnen. Sollten wir gezwungen werden, es doch anzunehmen, so würde es uns zu prinzipiell wichtigen Folgerungen führen. Es gibt nun in der Tat Wirbeltiere, deren Linse auch ohne Be- rührung durch einen Augenbecher entstehen kann, die also specifische Linsenbildungszellen haben; ja die Frage ist jetzt vielmehr die, ob das nicht bei allen Wirbeltieren so ist, und ob nicht jene ersten Er- gebnisse von mir und Lewis auf einer Fehlerquelle beruhten. Schon kurz nach der Veröffentlichung meiner ersten Versuche teilte MENcL (1903) einen Fall mit, wo sich bei einer doppelköpfigen Forelle am einen sehr defekten Kopf zwei hoch differenzierte Linsen entwickelt hatten, ohne daß von Augen etwas zu bemerken war. MENCL ver- wendete diese Beobachtung gegen meine Ansicht von der abhängigen Linsenbildung; doch schien mir der Fall zunächst nicht geeignet, meine Auffassung zu erschiittern. Denn abgesehen davon, daß es immer schwierig ist, Schlüsse aus Mißbildungen zu ziehen, über deren Zustandekommen man nach Zeit und Ursache nichts weiß, glaubte ich (1905) auch eine andere Erklärung geben zu können; die näm- lich, daß die Augen nur scheinbar fehlen, indem der Teil des Ge- hirns, dem die Linsen der Mencuschen Forelle angelagert sind, nichts anderes sei als eben eine verkappte Retina. Ähnliche Fälle hatte ich selbst beobachtet, neuerdings auch Ber (1906). Doch ist mir jetzt nach andern experimentellen Ergebnissen diese Erklärung weniger wahrscheinlich als die von MENCL gegebene. Zu demselben Ergebnis wie MexcL kam H. D. Kine (1905), und zwar für Rana palustris, also dieselbe Species, für welche Lewis die BY Abhängigkeit der Linsenbildung erschlossen hatte. Die partielle oder totale Ausschaltung des Augenbechers wurde, wie bei meinen ersten Experimenten, durch Anstich mit der heißen Nadel im Neurula- stadium erzielt. In einigen Fällen nun zeigte sich auf der operierten Seite in der Epidermis ein nach innen vorragendes, solides, kleines Knöpfchen; in dem einen abgebildeten Fall gerade da, wo die Linsenanlage zu erwarten war, einige andere Fälle waren ähnlich. Vom Auge war keine Spur vorhanden. Ich kann mich auch der Wahrscheinlichkeit nicht entziehen, daß dieses Knöpfchen eine Linsen- anlage ist, weniger wegen seiner Beschaffenheit als wegen der Stelle, wo es entstand. Doch ist der definitive Beweis für diese Deutung erst noch zu erbringen, um so mehr, als ihr das Ergebnis von Lewis’ Experiment entgegensteht. Zweifellos kann nun aber bei Rana esculenta die Linse unab- hängig vom Augenbecher entstehen und einen hohen Grad von Differenzierung erreichen, wie ich vor kurzem (1907) mitgeteilt habe. Es bildet sich nach völliger Ausschaltung des Augenbechers auf der operierten Seite nicht nur ein solches Knöpfchen, da, wo die Linse zu erwarten ist, sondern dieses schnürt sich auch ab, rückt ins Innere, produziert Linsenfasern und ist von einer normalen Linse kaum zu unterscheiden. Es ist nun wohl nicht anzunehmen, daß sich so nah verwandte Tiere, wie die verschiedenen Species von Rana, in einem so wichtigen Punkt, wie die Bedingungen der Linsenentwicklung, prinzipiell verschieden verhalten sollten, und es ist daher bis auf weiteres wahr- scheinlich, daß auch die andern Arten specifische Linsenbildungs- zellen besitzen. Dagegen könnte der Augenbecher bei der Ent- stehung der Linse mitwirken, und diese Beteiligung könnte bei den verschiedenen Arten graduell verschieden sein. Es fragt sich nun, ob darauf das verschiedene Ergebnis der Versuche an Rana fusca und esculenta beruht, oder auf einer Verschiedenheit des Eingriffs, be- ziehungsweise seiner direkten Wirkung. Die Ausschaltung des Augen- bechers war in der Tat bei Rana esculenta auf andere Weise erfolgt als bei Rana fusca, nicht durch Anstich mit der heißen Nadel, sondern durch Ausschneiden der Anlage mit der Glasnadel. Darauf könnte der Unterschied zurückzuführen sein. Doch ist zu beachten, daß Rana esculenta auch nach Zerstörung der Augenanlage durch Hitze eine Linse liefert, Bombinator igneus auch nach der schonenden Opera- tion mit der Glasnadel aller Wahrscheinlichkeit nach keine. Wie sich Rana fusca bei Vermeidung der Hitze verhält, vermag ich bis jetzt nicht mit Sicherheit zu sagen. Hier müssen also weitere Ver- suche abgewartet werden, die auch schon eingeleitet sind. 38 Vom allergrößten theoretischen Interesse wäre es nun, und damit kommen wir auf den oben angeregten Gedanken zurück, wenn die vermutete Mitwirkung des Augenbechers bei der Entwicklung der Linse so weit gehen könnte, daß er auch aus unvorbereiteten, ge- wöhnlichen Epidermiszellen ihren Aufbau zu bewirken vermöchte. Nach den Angaben von Lewis und H. D. Kine wäre diese Frage schon jetzt zu bejahen; denn für die gleiche Froschart, Rana pa- lustris, hat Lewis gefunden, daß der unter die Bauchwand ge- schobene Augenbecher dort Linsenbildung hervorrufen kann, und hat H. D. Kine angegeben, daß die Stelle der normalen Linsen- bildung in Wucherung gerät, auch wenn der Augenbecher infolge der Zerstörung seines Anlagematerials nie zur Entwicklung kommt. Was vom Experiment H. D. Kınas noch zu fordern wäre, habe ich vorhin angedeutet; das Ergebnis von Lewis müßte noch dahin er- weitert werden, daß festgestellt wird, ob auch die feinere Diffe- renzierung der Linse an dem Produkt der indifferenten Epidermis rein durch den Einfluß des Augenbechers bewirkt werden kann. Für Rana esculenta habe ich diese Frage in Angriff genommen, aber wegen technischer Schwierigkeiten, gewisse Fehlerquellen zu ver- meiden, bis jetzt keine sichere Entscheidung erzielt. Daß eine solche von großem Interesse wäre, fühlt man instinktiv; warum, will ich gleich darzulegen versuchen. Vorher wollen wir aber einen zweiten analogen Fall kennen lernen, bei dem die entscheidenden Tatsachen schon klarer liegen und sich wegen ihrer relativen Einfachheit besonders gut zur wei- teren Analyse eignen; ich meine die von Braus (1906b) entdeckte unabhängige Entstehung des Armlochs im Operculum der Anuren. Es ist ja bekannt, daß die Vorderbeine unserer einheimischen wie überhaupt fast aller Anuren nicht von Anfang an frei zu Tage treten, wie das bei den Urodelen der Fall ist, daß sie vielmehr nebst den Kiemen im Peribranchialraum versteckt sind und sich zu Beginn der Metamorphose ihren Weg durchs Operculum nach außen bahnen müssen. Dieses wird dabei durch den angestemmten Ellenbogen stark vorgewölbt, verdünnt sich an der Berührungs- stelle mehr und mehr, bis es ganz durchsichtig wird, und erhält schließlich ein Loch, durch welches dann der Arm sehr rasch vollends herausgestreckt wird. Der Mechanismus dieses Entbindungs- prozesses scheint ohne weiteres klar; es scheint keines besonderen Beweises zu bedürfen, daß es der Druck des Ellenbogens ist, was die Haut zum Schwinden bringt. Und doch ist dem nicht so. Wenn man nämlich in frühem Entwicklungsstadium das Operculum eröfinet und die knospenförmige Anlage der vorderen Extremität entfernt, 39 also jede mechanische oder sonstige Einwirkung der sich nicht re- generierenden Gliedmaße ausschaltet, so entsteht trotzdem im ge- gebenen Augenblick das Loch, durch welches der Arm heraus ge- streckt werden sollte. Und zwar nach demselben Modus wie normal: die Haut verdünnt sich erst, wird durchscheinend und schwindet. Daß es nicht immer bis zum Durchbruch des Lochs kommt, sondern manchmal bei der Verdünnung bleibt, daß ferner das Loch kleiner ist als normal und sich nicht weiter ausdehnt, alles das ist neben- sächlich; es beweist nur, daß auch der Arm bei der Bildung des Lochs beteiligt ist, beeinträchtigt aber nicht die höchst merkwürdige Tatsache, daß das Wesentliche der Vorgänge am Operculum auch beim Fehlen des Arms abläuft. Indem wir dieser Tatsache näher treten, gehen wir zu einer allgemeineren Besprechung der beschrie- benen Fälle von Selbstdifferenzierung über. BrAUS hat die theoretische Tragweite seiner schönen Entdeckung voll erkannt, und die folgenden Erörterungen decken sich zum großen Teil mit den seinigen. Diese Bedeutung liegt vor allem in der relativen Einfachheit des zu analysierenden Vorgangs, jenem Hauptmerkmal klassischer Beispiele. Einfach sind die morpho- logischen Prozesse, die vor unsern Augen ablaufen, und verhältnis- mäßig durchsichtig ist auch die Geschichte dieser Prozesse. Was für ein einfacher Vorgang ist die Entstehung eines Lochs in einer Hautfalte unter fortschreitender Verdünnung, verglichen z. B. mit der Bildung einer Linse! Und was die Linse früher war, ob sie von Anfang an in Beziehung zum Auge gestanden hat oder erst später in seine Dienste getreten ist, darüber wissen wir garnichts. Das Loch im Operculum dagegen hat sicher nie eine andere Be- deutung gehabt als die, die Gliedmaße durchzulassen, wie anderer- seits das Operculum lediglich zum Schutz der Kiemen entstanden ist und mit den Gliedmaßen nie etwas zu schaffen hatte, bis es zu- fällig in Beziehung zu ihnen trat. In welcher Weise das letztere stattfand, läßt sich natürlich nicht mehr mit Sicherheit entscheiden ; aber auch hier sind verhältnismäßig wenige Möglichkeiten vorhan- den und für die Auswahl zwischen ihnen gewisse Fingerzeige ge- geben. Die Vorfahren der Anuren besaßen wohl sicher keine die Kiemen und vollends die Vorderbeine bedeckende Hautfalte, so wenig wie noch heute die Urodelen und von den Anuren Dacty- lethra. Als nun eine solche Falte entstand und sich mehr und mehr nach hinten ausdehnte, mußte sie schließlich mit den Vorderextre- mitäten in Konflikt kommen. In welcher Weise, das hängt davon ab, ob auch bei den Vorfahren die Falte sich so früh bildete wie bei unsern Kaulquappen. Jetzt wird die Gliedmaßenanlage vor 40 ihrem Sichtbarwerden überwachsen und muß dann später durch- brechen; bei den Vorfahren wurde vielleicht eine Incisur und nach und nach ein Loch für die schon ausgebildete Gliedmaße ausgespart. Braus hält das letztere für wahrscheinlich und glaubt sogar in den versteckteren Einzelheiten des heutigen Entwicklungsverlaufs die Spuren einer solchen Incisur nachweisen zu können. Das Oper- culum verschiebt sich nämlich im Lauf der Entwicklung über der Gliedmaße nach vorn, was an angebrachten Marken zu erkennen ist. Ein Loch, das am hintersten Rand des Operculum über der ersten Anlage der Gliedmabe eingeschnitten wurde, fand sich später, zwar sehr verkleinert, aber noch deutlich sichtbar, vor dem Ellenbogen wieder. Man kann das in der Tat so auffassen, daß da, wo die In- cisur liegen müßte, das benachbarte Material des Hinterrandes zu- sammen- und nach vorn geschoben wurde, geräde so, wie es bei einem anderen Entwicklungsprozeß die Concreszenztheorie annimmt; freilich könnte die hier beobachtete Materialverschiebung auch Folge eines gleichmäßig verteilten Längenwachstums sein. Nehmen wir im folgenden die Auffassung von BRAUS an, so würde also die heutige Durchbruchstelle der vorderen Gliedmaße immer noch dem Ort jener älteren Incisur entsprechen; ihre Eröffnung würde jetzt aber erst sekundär erfolgen, unter dem Einfluß oder mindestens der Mitwirkung der nach außen vordrängenden Extremität. Hier erheben sich nun die Fragen: woher kommt es, daß die Incisur immer noch durch die ihr entsprechenden Zellverschiebungen wenigstens ange- deutet wird, wo doch die Gliedmaße kein Hindernis mehr für die vordringende Opercularfalte darstellt? Und ferner: woher kommt es, daß das Loch für die Gliedmaße auch dann entsteht, wenn ihre erste Anlage entfernt wird, und zwar entsteht unter Verdünnung und Schwund der Haut, gerade so, wie wenn der Ellenbogen von innen drückt? War die Incisur und später das Loch im Operculum von Anfang an in seiner Entstehung unabhängig vom Arm, oder ist es das erst im Lauf der (renerationen geworden? Damit stehen wir mitten in dem Problem, dessen Erörterung der Hauptzweck meiner Ausführungen ist. Soviel ich sehe, gibt es in der uns hier interessierenden Bezieh- ung vier Möglichkeiten der Auffassung; bei zweien davon sind die Abhängigkeitsverhältnisse der Vorgänge noch dieselben wie bei den Vorfahren, bei den beiden andern haben sie eine Wandlung durch- gemacht. Unabhängigkeit bestand von Anfang an nach der streng darwi- nistisch-evolutionistischen Auffassung, wie sie etwa WEISMANN früher vertreten hätte. Nachdem aus zufälligen Variationen eine Hautfalte 41 herangezüchtet worden war, welche die Kiemen vollständig bedeckte, geriet der weitere Vorteil eines noch vollkommeneren Abschlusses der Kiemenhöhle in Konkurrenz mit dem verhängnisvollen Nachteil, daß die vorderen Gliedmaßen durch die Hautfalte an den Leib gepreßt und damit außer Funktion gesetzt wurden. Es konnten also zu- fällige Variationen, bei denen die Hautfalte noch etwas weiter nach hinten reichte als bisher, einen Nutzen an Stelle eines Schadens nur dann gewähren, wenn sie verbunden mit der zweiten Abänderung auftraten, daß gerade da, wo die Falte an die Gliedmaßen gestoßen wäre, Einschnitte ausgespart blieben. Oder aber wurden, will man die Incisur nicht gelten lassen, die Gliedmaßen zuerst ganz über- wachsen, was für alle Tiere verhängnisvoll wurde, bei denen nicht zufällig ein Loch von Anfang an ausgespart blieb oder sich später im rechten Augenblick von selbst bildete. Man mag billig zweifeln, ob man bei dieser Auffassung nicht zu hohe Anforderungen an die Gunst des Zufalls stellt; zweifellos dagegen scheint mir, daß nach ihr die jetzt bestehende gegenseitige Unabhängigkeit der beiden Prozesse von Anfang an vorhanden war. Braus (S. 209) äußert darüber eine abweichende Ansicht, was jedoch wohl nur ein Ver- sehen ist. Er weist darauf hin, daß nach darwinistischer Anschau- ung die Entstehung des Armlochs vom Vorhandensein einer Glied- mabe abhängig sei, indem mit der .Gliedmaße auch der Selektions- wert des Lochs wegfalle, und stellt diese Abhängigkeit in Gegensatz zu der jetzt bestehenden Unabhängigkeit. Aber jene Abhängigkeit ist ganz anderer Art als diejenige, welche man bei der individuellen Entwicklung voraussetzen könnte. Während hier die Entstehung des Armlochs durch die Gliedmaße direkt bewirkt würde, wäre sie dort ohne jede kausale Beziehung zu ihr, und nur die Weitergabe und Ausbeutung der durch die Gliedmaße relativ nützlich gewordenen ‚Einrichtung würde dadurch indirekt erleichert, daß für ihre Besitzer durch Ausmerzung der minder begünstigten Konkurrenten Raum geschafft würde. Es könnte aber auch in anderer Weise das Verhältnis zwischen Arm und Loch noch das ursprüngliche sein, indem noch jetzt und so von Anfang an Entwicklungscorrelation zwischen beiden Teilen bestand, zwar nicht zwischen dem sich bildenden Loch und der fertigen Gliedmasse — das ist ja experimentell ausgeschlossen worden — wohl aber zwischen ihren ersten Anlagen im Keim. Wäre also das erste Mal, wo bei den Vorfahren der Anuren vordere Extremität und Hautfalte in Konflikt zu kommen drohten, ein Experi- mentator zugegen gewesen und hätte die Gliedmaßenknospe entfernt, so hätte schon er dieselbe Überraschung erlebt wie jetzt BrRAUs, 42 daß nämlich die Incisur oder das Loch entstanden wäre, obwohl keine Gliedmaße zum Durchstecken mehr da war. Es wäre das ein Fall, auf welchen die Darwin’sche Bezeichnung »correlative Varia- tion« recht eigentlich passen würde; freilich mit dem fundamentalen Unterschied gegen Darwins Auffassung, daß die Zweckmäßigkeit dieser Correlation keine zufällige sein könnte. Eine Abänderung im Mechanismus der Perforation läge dann vor, wenn früher die ausgebildete Gliedmaße bei der Entstehung des Armlochs in höherem Grad mitwirkte als jetzt oder gar es allein erzeugte, indem sie entweder eine Incisur hervorrief, oder aber, schon als Knospe ganz überwachsen, sich später ihren Weg durch die Haut brach. Nach darwinistischer Auffassung blieben dabei aber doch manche stecken, am wenigsten leicht solche, bei denen zufällig gerade an der Stelle, wo die Extremität durch wollte, schon von selbst eine Verdünnung entstanden war, und jetzt sind nur noch solche übrig, wenigstens sind nur solche BrRAus in die Hände gefallen, bei denen in Folge zufälliger Variationen die Haut dem Arm soweit entgegen- kommt, daß das für ihn bestimmte Loch auch ohne sein Zutun ent- stehen kann. Nach dieser Auffassung wäre also die frühere Ab- hängigkeit allmählich in die jetzige Unabhängigkeit übergegangen, zwischen beiden Arten des Entwicklungsverlaufs bestände aber keiner- lei causale Verknüpfung. Als das natürlichere erscheint es freilich, eine solche kausale Ver- | knüpfung anzunehmen. Dann kämen also gewisse Zellen des Oper- culums deshalb dazu, von selbst zur Bildung eines Loches ausein- anderzuweichen, weil sie früher während vieler Generationen immer wieder durch einen äußeren Reiz, den Druck der Extremität, dazu veranlaßt worden waren. Auf diese Auffassung paßt der hübsche Vergleich von BrAus mit der im Großbetrieb hergestellten Weste, welche ihrem Träger nicht auf den Leib geschnitten wird, sondern ihn erst zu Gesicht bekommt, wenn sie fertig ist. Sie kann jetzt so hergestellt werden, weil das erste Modell nach Maß gefertigt wurde. Auch für die anderen Fälle von unabhängiger Entwicklung, die wir früher betrachteten, gelten diese vier Möglichkeiten der Erklä- rung und sind auch zum Teil auf sie angewendet worden; doch liegen die Verhältnisse nicht so einfach, mit Ausnahme der Linsen- entwicklung, bei der sich einiges besonders interessant gestalten würde. Darauf kann aber erst näher eingegangen werden, wenn das Tatsächliche genau festgestellt ist. Wenn wir nun versuchen, unter diesen Möglichkeiten eine Aus- wahl zu treffen, so handelt es sich eigentlich darum, von vier Übeln 43 das kleinste zu wählen. Jede der Auffassungen hat ihre eigenen, großen Schwierigkeiten; bei welcher diese am größten sind, darüber hat das Urteil geschwankt und dürfte noch immer nach der ganzen Denkweise des Beurteilers verschieden ausfallen. . Am wenigsten Freunde dürfte die an zweiter Stelle ausgeführte An- nahme finden, daß ein Konflikt zwischen Arm und Hautfalte über- haupt nie aktuell geworden ist, indem ihm von vornherein durch »correlative Variation« vorgebeugt wurde. Braus lehnt diese Auf- fassung für seinen speziellen Fall ab, weil die besondere Art der Entstehung des Loches durch Abplattung und Verdünnung der Haut eine andere Erklärung wahrscheinlicher mache. Ich möchte dem ein Bedenken allgemeinerer Art hinzufügen. Wenn der Kiemen- deckel bei seiner fortschreitenden Ausdehnung nach hinten zum ersten Male mit der Gliedmaße in Konflikt zu kommen droht, so ist das für ihn eine ganz neue Situation. Hier nun anzunehmen, daß der Organismus imstande sei, einen solchen Konflikt zu vermeiden, indem er von vornherein eine Incisur intendiert, noch ehe Falte und Bein zusammengetroffen sind, das heißt ihm eine Voraussicht zuschreiben, gegen deren Annahme wir uns als Naturforscher so lange sträuben werden, als es irgend geht. Gerade wenn man der Ansicht ist, daß die zweckmäßigen Vorgänge im Organismus der Funktion unseres Urteilsvermögens analog verlaufen, wenn man also in den jüngst veröffentlichten Darlegungen A. Pauny’s (1905) nicht mit Semon (1907, S. 41) einen »gefährlichen Rückschritt< erblickt, sondern die Weisung eines neuen Wegs, auf dem man versuchen sollte, vorzudringen so weit es geht, gerade dann wird man sich nicht ohne zwingenden Grund zur Annahme eines solchen Wissens ohne vorausgegangene Erfahrung bequemen können. Und ein solcher Grund liegt in unserem Fall nicht vor; ob in anderen Fällen, ver- mag ich bis jetzt nicht zu übersehen. Aber selbst zu dieser folgenschweren Annahme würde ich mich eher entschließen als zu der heute noch viel geläufigeren, daß solche Einrichtungen wie das Armloch am richtigen Ort, eventuell auch die sowohl abhängig wie unabhängig entstehende Linse durch Züchtung aus zufälligen Variationen hervorgebracht sein könnten. Diese An- nahme war in solchen Fällen auch wohl immer gewissermaßen ein Akt der Verzweiflung. Ziemlich deutlich ist das zwischen den Zeilen zu lesen, z. B. bei Roux (1893). Er hatte es selbst für nicht wohl annehm- bar erklärt (S. 546), daß die von ihm entdeckte wunderbar zweck- mäßige Struktur der Schwanzflosse des Delphins durch zufällige Keimesvariationen entstanden sei, wegen der zu fordernden unge- heuren Häufung zweckmäßiger Einzelvariationen. Trotzdem hat er + sich in einem späteren Zusatz (S. 555) entschlossen, diese zuerst ab- gelehnte Annahme zuzulassen, falls hier oder in anderen Fällen wirklich die funktionelle Struktur ontogenetisch vor jeder funktio- nellen Beanspruchung sollte entstehen können. »Die funktionelle Anpassung hätte nur als Mittel gedient, um die alsdann vielleicht sehr lange dauernde Übergangsperiode während der Periode der noch nicht selbständigen Bildung zu erméglichen.« Und doch wird gerade durch diese nebenherlaufende Möglichkeit der Entstehung durch funktionelle Anpassung der vorher schon geringe Selektionswert zu- fälliger Variationen noch weiter herabgesetzt. Dieses selbe Argument hat jüngst Semon (1907, S. 15) in einem anderen Fall gegen WEISMANN geltend gemacht; in höchstem Grade würde es eventuell auch für die Linsenentwicklung zutreffen. Es mußte also die Ungangbarkeit aller anderen Wege sein, welche Roux auf diesen Ausweg bringt, und in der Tat bezeichnet er selbst die einzige sonst noch offene Möglichkeit als einen auf unserem Erkenntnißvermögen lastenden Alp. (Ges. Abh. II, S. 61). Es ist dies die an letzter Stelle aufge- führte Art der Erklärung, wonach bei unserem speziellen Beispiel die zur Bildung des Lochs auseinanderweichenden Zellen des Oper- culums das deshalb jetzt von selber tun, weil sie früher während vieler Generationen immer wieder durch einen äußeren Einfluß, den Druck der Extremität, dazu veranlaßt worden waren. Es ist immer das Zeichen eines lebendigen Denkens, wenn es sich die Druckempfindlichkeit gegen solche Alpe der allgemeinen Gewöhnung gegenüber bewahrt. Vor A. WEISMANN war man sich noch nicht so klar darüber, welche enormen Schwierigkeiten der Annahme einer Vererbung erworbener Eigenschaften (denn darum handelt es sich) hindernd im Wege stehen. Gerade solche Fälle von Selbstdifferenzierung wie die, welche uns augenblicklich be- schäftigen, werden von GEGENBAUR und seinen Schülern ohne weiteres als ein sekundärer Zustand betrachtet, der auf abhängige Diffe- renzierung zurückgeht. So kommt z. B. Bernays (1878 S. 445#.) schon im Jahre 1878 auf Grund einer eingehenden Untersuchung zu folgenden Ergebnissen: »Für die Gelenkentwicklung glaube ich zwei Stadien auseinanderhalten zu dürfen, eines der Anlage und ersten Ausbildung und eines der Vervollkommnung. In beiden sind die tätigen Faktoren anscheinend sehr verschieden .... Gerade das wichtigste, die Gestaltung, das Charakteristische der Gelenkbildung, erfolgt ontogenetisch ohne jede Einwirkung der Muskeln. Dagegen ist für das zweite Stadium, das die Vervollkommnung des Gelenks in sich schließt, die Muskeltätigkeit ein sicher berechtigter Faktor .... Indem wir so die Gestaltung der Gelenke bis zu einem bestimmten 45 Stadium ohne die gleichzeitige Muskelaktion entstanden ansehen müssen, werden wir doch der Bedeutung jenes wichtigen mechanischen Faktors auch noch dadurch gerecht, indem wir jenen ererbten Zu- stand als einen ursprünglich durch Muskelaktion erworbenen be- trachten.« Roux hat kurz darauf in seinem »Kampf der Teile« dieselbe Anschauung in größter Verallgemeinerung ausgesprochen (Ges. Abh. I, S. 348): »Es müssen also in dem normalen Leben aller Organe der höheren Organismen zwei Perioden unterschieden werden: 1. eine embryonale im weiteren Sinn, in der die Teile sich von selber entfalten, differenzieren und wachsen, und 2. eine des funktionellen Reizlebens, in der das Wachstum und bei manchen Teilen auch schon der vollkommene Ersatz des Verbrauchten nur unter Einwirkung von funktionellen Reizen stattfindet. Letztere Reize können dann auch Neues hervorbringen, welches, wenn es Generationen hindurch so erzeugt worden ist, erblich wird, d.h. ohne diese Reize sich in den Nachkommen ausbildet, also in unserem Sinn embryonal wird.« Solche Gedankengänge sind seither fast ganz aus der Literatur verschwunden, als Ergebniß des erfolgreichen Kampfes, den A. Weıs- MANN gegen die Annahme der Vererbbarkeit erworbener Eigenschaften geführt hat. Erst seit kurzem findet diese Hypothese wieder eine Vertretung auf breiterer Basis, wobei vor allem Semon (1904, 1907) zu nennen wäre. Ich möchte in diesem Zusammenhang von jeder Verallgemeinerung absehen und nur erörtern, was solche Fälle von relativer Selbstdifferenzierung wie die Entstehung des Armlochs, der Linse, für die Analyse des großen Problems bedeuten. Hier sind wir auch in einer Zwangslage, aber der Weg, der Roux ungangbar erschien, weist immer noch verhältnismäßig die wenigsten Hinder- nisse auf. Bei oberflächlicher Betrachtung scheinen sie überhaupt nicht von großer Bedeutung zu sein. Wenn immer dieselben Zellen durch hunderte und tausende von Generationen eine Linse aufbauen, zu einem Loch auseinander weichen, sowie ein bestimmter Reiz auf sie einwirkt, sollte das spurlos an ihnen vorübergehen? Sollten sie dann nicht auch einmal im gewohnten Geleise sich weiter diffe- renzieren, wenn alles übrige ist wie sonst und nur der eine Reiz ausbleibt, der ursprünglich die Auslösung bewirkte? Dasselbe be- obachten wir ja auch sonst so vielfach. Bei dieser Ueberlegung würde aber für die einander entsprechenden Zellen zweier auf ein- ander folgender Generationen dasselbe vorausgesetzt wie für iden- tische Zellen einer und derselben Generation; homolog und identisch würden also gleich behandelt. Daran, daß man das bei vergleichend- anatomischen Betrachtungen häufig tun kann, liegt es vielleicht, daß 46 die vergleichenden Anatomen offenbar nicht mehr Schwierigkeiten in der Annahme der Übertragung erworbener Eigenschaften gefunden haben. Gerade dieser phylogenetische Fortschritt homologer Gebilde über die Keimzellen hinweg ist nun aber das eigentliche Problem, welches durch Fälle wie die unsrigen scharf beleuchtet wird. Seine empirische Analyse zu versuchen, fehlt es zwar noch zu sehr an den tatsächlichen Unterlagen; doch ergeben sich, wenn man das Problem einmal zuläßt, gewisse Forderungen und Möglichkeiten, die ich zum Schluss noch kurz andeuten möchte. Selbstverständliche Voraus- setzung einer jeden Übertragung somatischer Reaktionen auf die Keimzellen ist ein Rapport zwischen beiden, und zwar ganz eigener Art. Die vom Soma erworbenen Eigenschaften müßten »aus dem entwickelten Zustand zurück in den unentwickelten, dem Keimplasma adäquaten Zustand verwandelt, also impliciert oder involviert werden«, (Roux, Ges. Abh. II, S. 61). Daß hier Rätsel vorliegen, ist klar; doch sehe ich in ihnen keine prinzipielle Schwierigkeit, die sich auch nur entfernt mit denen der vorhin angeführten anderen An- nahmen vergleichen ließe. Damit nun aber das, was z. B. die Linsen- bildungszellen der einen Generation betroffen hat, in der nächsten Generation seine Nachwirkung auch gerade wieder an den Linsen- bildungszellen zeige, muß das »Engramm« an der rechten Stelle in die Erbmasse eingefügt werden, und zwar nicht nur zeitlich, sondern auch räumlich. Aber wie? Hier kämen uns die WEIS- MANN’schen Symbole sehr gelegen. Wenn den homologen Teilen zweier Individuen einer Generationsfolge homologe Repräsentanten im Keimplasma entsprächen, so brauchte man nur einen besonderen Rapport zwischen diesen Repräsentanten und ihren Derivaten an- zunehmen, um zu erklären, warum die Wirkung auf eine bestimmte Stelle der ersten Generation in der folgenden an der entsprechenden Stelle wieder zu Tage tritt. Aber so einfach liegen die Dinge nicht. Wenn man nämlich, um bei unserem Beispiel zu bleiben, einen solchen Amphibienkeim median ein- oder durchschnürt, so entstehen nicht zwei, sondern vier Linsen; die Zellen, aus denen sie sich bilden, sind den gewöhnlichen Linsenbildungszellen nicht homolog, wenigstens nicht in dem zellgenealogischen Sinn, der für eine Re- präsentantenlehre allein in Betracht kommt; es sind »dieselben«, die »entsprechenden« Zellen nur relativ zum Ganzen. Hier mündet also jener andere große Strom von Tatsachen ein, welche die entwicklungs- physiologische Forschung der letzten Jahrzehnte zu Tage gefördert hat. In Driescu’s nichts oder nicht notwendig etwas präjudizierender Ausdrucksweise könnten wir ganz allgemein sagen: die neue Fähig- keit wird an der richtigen Stelle in die Entelechie aufgenommen. 47 Damit möchte ich schließen. Von dem Punkt, auf den ent- wicklungsphysiologische Tatsachen uns geführt haben, sehen Sie längst vertraute Ziele der allgemeinen Zoologie. Daß sie verfolgens- wert sind, brauche ich Ihnen nicht zu sagen. Es würde mich freuen, wenn meine Darlegungen in Ihnen die Überzeugung erweckt hätten, daß der Weg der experimentellen Forschung uns, wenn auch müh- sam und in kleinen Schritten, dem gemeinsamen Ziel näher gebracht hat und weiter zu nähern verspricht. Literaturverzeichnis. ALESSANDRINI. 1829. An quinam nervi conferant ad evolutionem et incremen- tum systematis muscularis. Annali di storia naturale. 1829. 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Die Beispiele, auf die er sich bezieht (Entstehung der Linse aus der Haut unabhängig vom Reiz des Augenbechers, Entstehung eines Oper- cularlochs bei der Froschlarve unabhängig vom Drucke der Vorder- 49 extremität) sind aber zu einer solchen Entscheidung ganz ungeeignet, weil Linse und Opercularloch sehr wichtige Gebilde sind und Selection daher sehr wohl eine hervorragende Rolle bei ihrer phyletischen Ent- stehung gespielt haben kann. Die passiven Anpassungen beweisen uns ganz klar die eminente Bedeutung der Selection, denn an ihnen versagt die Lamarcksche Erklärung. Zweitens glaubt SPEMANN die Existenz specifischer Linsenzellen in der Haut annehmen zu müssen, weil es vorkommt, daß bei fehlen- dem Augenbecher eine Linse gebildet wird. Diesen Schluß halte ich nicht für beweisend. Es ist sehr wohl möglich, daß das Epithel der Gehirnanlage, welches ja normalerweise den Augenbecher hervor- gehen läßt, eine chemische Substanz ausscheidet, welche die Haut reizt und die Linsenbildung veranlaßt. Schon die Tatsache, daß die Linse von Zellen der Bauchhaut eventuell gebildet werden kann, spricht gegen das Vorhandensein besonderer Linsenzellen in der Haut, denn man kann nicht annehmen, daß solche Zellen überall in der Haut existieren, wo sie normalerweise nie in die Lage kommen, eine Linse hervorzurufen. Herr Prof. SPEMANN. Herr. Prot. PLATE. Herr Prof. H. E. ZiEGLER (Jena): Der Vortragende hat die Vorgänge so vielseitig behandelt, daß ein Gegner der Lehre der Vererbung erworbener Eigenschaften seinen Ausführungen größtenteils zustimmen kann. Es ist eben eine strenge Trennung zu machen zwischen phylogenetischen Vorgängen und onto- genetischem Mechanismus (d. h. der physiologischen Entstehung in der Ontogenie). Schon der erste Fall zeigt dies deutlich; phylo- genetisch ist die Muskulatur in Zusammenhang mit den Nerven ent- standen, aber ontogenetisch kommt sie jetzt unabhängig von den Nerven zustande. Ganz analog liegt der Fall bei dem Loch für den Arm bei der Froschlarve. Das Ontogenetische variiert selbständig und kann sich also unabhängig von der phylogenetischen Entwick- lung verändern; die ontogenetischen Vorgänge unterliegen auch einer Selection, und manche Vereinfachung, manche vorzeitige Anlage ist günstig für den Gang der Entwicklung. Ich sehe also keinen Grund, die hier mitgeteilten sehr interessanten Tatsachen als einen Beweis für die Vererbung erworbener Eigenschaften zu betrachten. Herr Prof. SPEMANN. Herr Professor JAEKEL (Greifswald) vertritt gegeniiber den allgemeinen Folgerungen, die der Herr Vor- Verhandl. d. Deutsch. Zool. Gesellschaft. 1907. . 4 50 tragende aus der Inkongruenz der ontogenetischen Bildung kooperieren- der Organe zu ziehen suchte, den Standpunkt, daß die Erscheinungen und Gesetze der Correlation nur am lebenden oder mindestens zur Funktion geeigneten Körper geprüft werden können. Im Embryo wirken die Teile nicht lebensfähig zusammen. Zeit, Tempo und An- lage der Teile erfolgen in erster Linie unter dem latenten Zweck ihrer histologischen Specialisierung. Daß die Nachbarschaft dabei räumliche Rücksichtnahme der Teile bedingt, ist noch kein Beweis für deren funktionelle Correlation. Das Ergebnis der Betrachtung solcher ontogenetischen Vorgänge wird vermutlich für die Physiologie der Teile immer negativ ausfallen. Daß man derartige Fragen über- haupt aus der Embryologie statt aus der Physiologie und vergleichen- den Morphologie klarzustellen hofft, erklärt sich wohl nur aus der grenzenlosen Überschätzung des Wertes embryologischer Forschungen. Herr Prof. ZIEGLER (Jena). Herr Prof. JAEKEL (Greifswald). Herr Prof. SPEMANN. Herr Prof. JAEKEL. Herr Dr. WINTERSTEIN (Rostock). Herr Prof. SPEMANN. Herr Prof. R. HERTWIG. Hierauf erfolgte die Besichtigung des Zoologischen Instituts unter Führung des Herrn Professor WILL. Zweite Sitzung. Dienstag, Nachmittag 3 Uhr. Demonstrationen der Herren Prof. SpeMANN im Anschluß an sein Referat über Correlationsprobleme und Dr. v. BUTTEL-REEPEN über abnorme Wachsabscheidung bei Honigbienen. Nachher Ausflug nach Warnemünde. 51 Dritte Sitzung. Mittwoch, den 22. Mai 9—1 Uhr. Die Sitzung wurde mit verschiedenen geschäftlichen Mitteilungen durch den Herrn Vorsitzenden eröffnet. Sodann beschloß die Ver- sammlung, zur Feier des 200. Geburtstags von LInNE das folgende Telegramm nach Upsala zu senden: Universität Upsala. Den genialen Forscher, dessen ordnender Geist die Fundamente legte, auf denen wir jetzt weiter bauen, KARL von Linn&£, feiert in dankbarer Verehrung die in Rostock tagende Deutsche Zoologische Gesellschaft. Zugleich beglückwünscht sie die Universität Upsala, daß sie einen solchen Mann den ihren hat nennen dürfen. HERTWIG. Es folgt die Verlesung des Berichts des bedauerlicherweise an der Teilnahme verhinderten Herausgebers des »Tierreich«, Herrn Prof. F. E. ScHUuLzE (Berlin): | Im September des verflossenen Jahres wurde der erste Teil der Bearbeitung der Amphipoda, verfaßt von Herrn T. R. R. STEBBING in Tunbridge Wells, herausgegeben. Er behandelt die formenreiche Abteilung der Gammaridea. Durch den großen Umfang der Gruppe sowie durch nachträgliche Ergänzungen der Bearbeitung hatte sich die Drucklegung dieser Lieferung so verzögert, daß die Herausgabe einer weiteren Lieferung in dem Berichtsjahr nicht mehr ermöglicht werden konnte; doch gelang es noch, die Drucklegung der von den Herren Prof. Datta TorRE und KıEFFER verfaßten Bearbeitung der Cynipidae zu beginnen und soweit zu fördern, daß die Veröffentlichung dieser gleichfalls sehr umfangreichen Lieferung im Herbste dieses Jahres zu erwarten ist. In meinem vorjährigen Bericht legte ich die Gründe dar, welche die Anlage eines vollständigen Kataloges der Gattungs- und Unter- gattungsnamen als ein dringliches Erfordernis für die erfolgreiche Durchführung der Aufgaben des »Tierreich« erheischen. Die Aus- führung dieses Unternehmens, das neben der Herausgabe der Gruppen- bearbeitungen als eine zweite Arbeitsleistung der Leitung des »Tier- reich« anzusehen und als eine wichtige Vorarbeit für die künftige Entwicklung des »Tierreich« zu bewerten sein dürfte, hat im Laufe des Berichtsjahres gute Fortschritte gemacht. Einen besonderen Aufwand an Zeit und Mühe beansprucht die Bearbeitung der älteren Literatur von der 10. Ausgabe des Systema naturae Lmx&s (1758) 4* 52 bis zum Erscheinen fortlaufender, als zuverlässige Quellen zu be- nutzender Referierwerke, wie es der von der Zoologischen Gesell- schaft in London herausgegebene Zoological Record und der von J. V. Carus begründete Zoologische Anzeiger sind. Es ist geplant, mit der Literatur des Jahres 1907 den Katalog für die Drucklegung abzuschließen, so daß dieser den Zeitraum von ein und einem halben Jahrhundert seit Begründung der zoologischen Nomenklatur (1758 bis 1907) zu umfassen hätte. Der Herr Vorsitzende spricht den Dank der Versammlung für die Erstattung des Berichts aus und gibt weiter seinem Bedauern über das Fernbleiben des Verfassers Ausdruck. Die Versammlung schließt sich dem aufs lebhafteste an und beschließt, an den Be- sründer des Rostocker Zoologischen Institutes, Herrn Geheimrat F. G. SCHULZE, ein Begriibungstelegramm zu richten. Hierauf folgt die Berichterstattung und Beratung über die Aus- gestaltung des biologischen Unterrichts an den höheren Schulen. Herr Prof. KrRAErrELIN (Hamburg) berichtet über den Stand der Arbeiten der Unterrichtskommission der Gesellschaft Deutscher Natur- forscher und Ärzte, welche 1904 in Breslau eingesetzt wurde, um Vorschläge zur Reorganisation des mathematisch-naturwissenschaft- lichen Unterrichts an den höheren Schulen zu machen. Nachdem diese Kommission auf den Versammlungen zu Meran und Stuttgart bereits zwei umfangreiche Berichte erstattet hat, wird sie in diesem Jahr auf der Versammlung in Dresden nach einem Schlussbericht ihren Auftrag als erledigt betrachten dürfen und dementsprechend ihr Amt niederlegen. Leider haben indeß die seitens der Kommission ge- gebenen Anregungen bei den Unterrichtsverwaltungen bisher nicht das gewünschte Entgegenkommen gefunden, so daß ein weiterer, mit Nachdruck zu führender Kampf zur Wiedereinführung der biologischen Fächer in die Oberklassen der höheren Schulen unerläßlich erscheint. Bei dieser Sachlage hält der Vorstand der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte es für in hohem Grade wünschenswert, daß an Stelle der sich auflösenden Unterrichtskommission eine neue, noch weitere Kreise des gebildeten Deutschlands umfassende Organisation geschaffen werde, welche die Fortschritte in der Lösung der in Rede stehenden Fragen überwacht und Maßnahmen berät, durch welche dieselben zum befriedigenden Abschluß gebracht werden können. In diesem Sinne ergeht auch an die Deutsche zoologische Gesellschaft die Aufforderung, zu einem von den sämtlichen Ver- 53 tretungskreisen der mathematisch-naturwissenschaftlichen Disziplinen Deutschlands einzusetzenden ständigen Unterrichtsausschuß einen oder zwei Delegierte zu ernennen. Die Versammlung erklärt sich mit dem Antrage des Vorstandes der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte einverstanden und wählt die Herren Prof. R. Herrwic und KRAEPELIN zu ihren Vertretern in dem geplanten Unterrichtsausschuß. Nachdem Herr Prof. W. MÜLLER (Greifswald), zugleich im Namen des Herrn Prof. JAEKEL, die Gesellschaft für eines der nächsten Jahre zum Besuch von Greifswald eingeladen hat, wird auf Einladung der Herren Prof. HAECKER und LAMPERT Stuttgart als nächstjähriger Ver- sammlungsort gewählt. | Vortrag des Herrn Prof. Lenz (Lübeck): Über das Museum in Lübeck. _ Meine Herren! Es liegt mir eine Pflicht, und zwar eine sehr angenehme ob, der Zoologischen Gesellschaft den aufrichtigen Dank des Lübecker Museums dafür auszusprechen, daß dieselbe Rostock und Lübeck als diesjährigen Versammlungsort gewählt hat. Ihnen, meine Herren, dann besonderen Dank für die zahlreichen Unterschriften auf der Liste: Lübeck. Rostock und Lübeck können und werden sich vortrefflich ergänzen; hier das Zoologische Institut mit seinen vorgeschriebenen Aufgaben, dort die Sammlungen mit anderen, aber ebenso bestimmten Aufgaben; beiden gemeinsam das Ziel: die Entwicklung, Förderung und weitere Ausgestaltung der Zoologie. Hieran erfolgreich mitzuarbeiten, kann und soll auch die Aufgabe kleinerer Museen sein. Das Lübecker Museum — ich spreche hierbei insbondere von seiner Naturhistorischen Abteilung — sucht diese Aufgaben nach Möglichkeit zu erfüllen, teils durch Lokal- forschungen, insbesondere auch in der Travemünder Bucht, teils durch Bearbeitung ihm durch die zahlreich über die ganze Erde zer- streuten Lübecker zugegangener Sammlungen. Es liegt in der Natur der Sache, daß auf solche Weise einige Orte der Erde gut, z. T. recht gut, andere weniger oder gar nicht vertreten sind. Zu den ersteren gehören z. B. Kalifornien, wo ein ganzes Menschenalter Jakob BEHRENS Insekten aller Gruppen, insbesondere Käfer und Schmetterlinge, sammelte und in tadelloser Präparation mit sicheren, oft von nordamerikanischen Autoritäten bestätigten Bestimmungen zum Geschenk machte. Die Familie Avi-LALLEMANT, vornehmlich 54 der als Arzt und Reisender in weiten Kreisen bekannte Robert AvE-LALLEMANT, machte uns die Vogelfauna Brasiliens zugänglich, Kapt. JOHANNES Voss sammelte mit großem Fleiße in Kamerun und ergänzte in reichem Maße frühere Sammlungen, unter denen nur auf die Gorilla- und Chimpansegruppen hingewiesen sein mag, welche von Heinrich BREHMER im Anfang der 60er Jahre des vorigen Jahr- hunderts gesammelt und geschenkt wurden. Noch jetzt bilden dieselben eine Zierde unserer Sammlungen und fanden später eine erwünschte Ergänzung durch die Reihe von Orangs und Hylobates, welche wir den rastlosen Bemühungen des Kapt. H. Storm verdanken. Der letzt- genannte Sammler brachte uns die Tierwelt des malayischen Archipels in reicher Auswahl und oft mustergültigen Stücken. Madagaskar, das Kapland, die Meeresfauna Japans sind in einzelnen Tiergruppen gleichfalls gut vertreten. Doch ich will Sie nicht zu sehr mit Einzel- heiten aufhalten und nur noch hinzufügen, daß das Naturhistorische Museum es stets als seine Aufgabe angesehen hat, diese meist mit nicht unbeträchtlichem Aufwande von Zeit, Mühe und Geld zusammen- gebrachten Schätze durch wissenschaftliche Bearbeitung nutzbar zu machen. Unser Naturhistorisches Museum besitzt außer den zoologischen Sammlungen ein sehr umfangreiches, wohl geordnetes Herbar und große paläontologische Sammlungen; in den letzteren findet sich auch die nähere und weitere Umgebung Lübecks gut vertreten. Damit sind wir aber noch nicht am Ende. Das neue, 1893 be- zogene große Museumsgebäude umfaßt außer der naturhistorischen noch die Abteilungen: Lübeckische Kunst- und Kulturgeschichte, Kunstgewerbe, Völkerkunde, ein Handelsmuseum, eine Sammlung von Gemälden, Kupferstichen, Gipsabgüssen und Städteansichten. Diese letzteren, die ENSLEN’schen Rundgemälde, bis ins kleinste Detail genau gezeichnete und in Temperafarben ausgeführte Panoramen, möchte ich Ihnen ganz besonders empfehlen, da etwas Ähnliches, wenigstens in mitteleuropäischen Museen, nicht zum zweiten Mal existiert. Alle Sammlungen sind Eigentum der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit und werden von ihr verwaltet. Das Museums- gebäude gehört dem Staat und wird von diesem erhalten. Diesen kurzen Überblick mögen Sie als Einleitung und zur Orientierung freundlichst aufnehmen; zugleich gestatte ich mir, hier eine Anzahl »Führer durch das Museum in Lübeck« zur Ver- fügung zu stellen, in der Hoffnung, daß die Herren nicht nur auf 5D zoologischem, sondern auch auf anderen Gebieten manche Anregung in Lübeck finden mögen. Auf Antrag des Herrn Prof. M. Braun (Königsberg) beschließt die Gesellschaft, zu dem in Paris zu errichtenden Denkmal für LAMARCK 200 Mark beizusteuern. Vortrag des Herrn Prof. R. HerrwıG (München): Weitere Untersuchungen über das Sexualitätsproblem. Meine Herren! Es ist heute das dritte Mal, daß ich mir Ihre Aufmerksamkeit für ein Problem erbitte, welches mich die letzten Jahre aufs leb- hafteste beschäftigt hat und mich wohl auch noch manches zukünf- tige Jahr beschäftigen wird. Bei der Natur des Problems werden Sie das begreiflich finden. Wie schon die völligen Mißerfolge früherer, zum Teil schon vor vielen Jahrzehnten angestellter Unter- suchungen erkennen lassen, ist die Frage nach den Faktoren, welche bei Mensch und Tier das Geschlecht bestimmen, eine so schwierige und komplizierte, daß sie nur durch langjähriges, unverdrossenes Studium gelöst werden kann. Die Arbeit eines einzelnen ist hier unzureichend. Wenn ich bei unseren Versammlungen gleichsam über die einzelnen Etappen meiner Untersuchungen berichte, so geschieht es in der Hoffnung, daß es mir gelingt, Mitarbeiter zu gewinnen, daß meine Mitteilungen andere Forscher ermutigen werden, ihre Aufmerk- samkeit dem Sexualitätsproblem aufs neue zuzuwenden, nachdem sich in der Neuzeit eine Art Mutlosigkeit im Anschluß an die Arbeiten STRASBURGERS, LENHOSSEKS, CUENOTs, O. SCHULTZES u. a. entwickelt hat. Diese Mutlosigkeit zu weiterer Forschung wird nicht zum kleinsten Teil durch die von den meisten Forschern angenommene, gleichwohl völlig unbewiesene Lehre gesteigert, daß das Geschlecht ausschließlich durch das Ei bestimmt werde und schon im Eierstock der Mutter entschieden sei. Denn wäre diese Lehre richtig, so würde eine experimentelle Forschung nach den geschlechtsbestimmenden Faktoren vor die äußerst schwierige Aufgabe gestellt sein, die Er- nährungsverhältnisse im Eierstock in planmäßiger Weise zu beein- flussen. Als ich auf unserer Breslauer Zusammenkunft, ausgehend von allgemein cellularen Anschauungen, die Frage erörterte, welche Ein- flüsse wohl bei der Geschlechtsbestimmung eine Rolle spielen könnten, habe ich ein sehr umfassendes Untersuchungsprogramm entworfen; 56 ich hatte auch versucht, dasselbe gleich von Anfang in ganzer Aus- dehnung in Angriff zu nehmen. Die vielen technischen Schwierig- keiten, mit denen eine exakte Untersuchung zu kämpfen hat, und die sehr beschränkten mir zu Gebote stehenden Mittel zwangen mich jedoch bald, die Aufgabe in eine größere Anzahl Fragen aufzulösen, um dieselben in einer Reihe von Jahren, eine nach der anderen, zum Austrag zu bringen. Und so hatte ich bei unserer Zusammenkunft in Marburg nur eine dieser Fragen behandelt, den Einfluß, welchen Uberreife des Bies auf das Geschlecht besitzt. Unter anderem konnte ich an einem besonders lehrreichen Beispiel, einem Weibchen von Rana esculenta, nachweisen, daß das Sexualitätsverhältnis der Eier zur Zeit der normalen Ablage durch die Zahl 68 (d. h. 68% auf 100Q) gegeben war, während bei einer Uberreife der Eier von 3 Tagen nur noch Männchen erzielt wurden. Nun hatte ich bei meinen ersten Versuchen ferner feststellen können, daß man ebenfalls ausschließlich Männchen erhält, wenn man durch geeignetes Experimentieren eine verfrühte Reifung der Eier erzielt, d. h. wenn man es bewirkt, daß die Eier früher als normal aus dem Ovar in den Uterus übertreten. Ich schloß ‚daraus, daß das Ei im Lauf seiner Entwicklung seinen Sexualitätscharakter ändert, im frühreifen Zustand männlich ist, auf dem Optimum seiner Entwicklung zum weiblichen Geschlecht tendiert und schließlich bei Überreife wieder männlich wird. Wenn aus dem Gelege eines Froschs sowohl Männchen als Weibchen entstehen, so wäre das so zu erklären, daß die Eier zur Zeit, in der sie vermöge der Um- armung des Weibchens durch das Männchen aus dem Ovar in den Uterus treten, sich auf verschiedenen Altersstadien befinden. Die normale Befruchtung wird in eine Zeit fallen, in welcher das Ovar sich in einem mittleren Zustand der Sexualitätstendenzen befindet oder doch nur wenig von demselben nach der männlichen oder weib- lichen Richtung abweicht (Normalreife des Weibchens). Starke Ab- weichungen nach der männlichen Seite werden erzielt werden, wenn man Frühreife einleitet oder Überreife abwartet. Aus diesen Er- wägungen ergibt sich die Möglichkeit, Sexualitätskurven zu kon- struieren, sofern es nur gelingt, von einem und demselben Weibchen Eiportionen auf verschiedenen Stadien der Reifung zu erzielen und mit gleichem Sperma zu befruchten. Von einem und demselben Weibchen verfrühte Reife und Normalreife zu erzielen, ist nicht — möglich, solange wir nicht Mittel finden, die Reifung der beiden Ovarien zeitlich zu trennen. Wir sind daher gezwungen, den vor der Normalreife liegenden und den ihr folgenden Abschnitt der Sexualitätskurve an verschiedenen Tieren zu studieren. Ich habe 57 den zweiten Teil der Aufgabe im vorigen Jahr behandelt und die . Veränderungen der Eier nach der Normalreife untersucht. Über die dabei erzielten Resultate möchte ich heute berichten. Das Verfahren war dabei folgendes. Zahlreiche Pärchen von Rana esculenta wurden in getrennte geräumige Glashäfen gebracht. Sowie bei einem Pärchen das Laichgeschäft begann, wurde gewartet, bis ein genügendes Quantum Eier abgelegt war, dann wurden Männ- chen und Weibchen getrennt, im Trockenen und Kühlen aufbe- wahrt und nach 24 Stunden abermals zur Paarung gebracht. Auch diese zweite Paarung wurde unterbrochen, als ein größeres Quantum Eier abgelegt worden war. In dieser Weise wurden 3, in einigen Fällen sogar 4 Befruchtungen von demselben Weibchen erzielt. Die Kulturen wurden unter meiner Aufsicht von meinem da- maligen Privatassistenten, Herrn Dr. Hans PRAnDTL, während meiner Abwesenheit in den Sommerferien von ihm allein geführt. Es war für ihn keine kleine Mühe, die ca. 30 Kulturen, die zum Teil auf mehrere Behälter verteilt werden mußten, und zu denen sich noch 10 weitere Kulturen zur Prüfung des Einflusses des Sperma hinzuge- sellten, in akkurater Weise zu führen. Leider ist es Dr. PRANDTL nicht vergönnt gewesen, die Endresultate der Arbeit mitzuerleben und meinen Öffentlichen Dank für seine treue Mithilfe entgegenzunehmen. Wie Sie wissen, ist mein Freund und Mitarbeiter während eines Aufenthalts in Neapel der Ruhr zum Opfer gefallen, nicht nur für mich, sondern auch für die zoologische Wissenschaft ein großer Verlust. Die Frösche, welche mir das Kulturmaterial lieferten, stammten aus dem Dachauer Moor, aus der Umgegend des Dörfchens Loch- hausen. Die außergewöhnliche Wärme, welche Anfang Mai herrschte, war Veranlassung, daß in dem sich rasch anwärmenden Wasser dieser Gegend die Paarung schon am 10. Mai begann und Mitte Mai den Höhepunkt erreichte. An anderen Orten (Dorfen, Schleißheim usw.) verzögerte sich der Eintritt der Geschlechtsreife um fast 3 Wochen; durch das Anfang Juni eintretende rauhe und kalte Wetter wurde dann das Laichgeschäft so sehr gestört, daß es mir nicht mehr ge- lang, im Juni noch brauchbares Material zu erhalten, obwohl nach meinen bisherigen Erfahrungen das Laichgeschäft von Rana es- culenta für die Münchener Gegend gegen Ende Mai und Anfang Juni abläuft. Das Material, welches zur Benutzung kam, stammte demgemäß aus den Anfängen der Laichzeit. Zwar war keine künstliche Früh- reife eingeleitet worden, wie es bei einigen meiner früheren Ver- suche geschehen war, wohl aber kann man sagen, daß durch die 58 ganz abnormen 'Temperaturverhältnisse eine Beschleunigung der Ge- schlechtsreife eingetreten war. So erkläre ich mir die Erscheinung, daß die Spätbefruchtungen innerhalb der einzelnen Entwicklungs- serien sich in diesem Jahr in Bezug auf Sterblichkeit anders ver- hielten, als meine von früheren Versuchen gewonnenen Erfahrungen es erwarten ließen. Bei Befruchtungen überreifer Eier, d. h. bei Befruchtungen, welche ausgeführt worden waren, nachdem 3 oder 4 Tage zuvor das vom Männchen besprungene Weibchen einen Teil seiner Eier in normaler Weise abgesetzt hatte, hatte ich bei meinen früheren Experimenten stets beobachtet, dab viele Eier, oft weit über die Hälfte, sich garnicht entwickelten oder ausgesprochene Bil- dungshemmungen erkennen ließen. Die Eier blieben auf dem Blas- tulastadium stehen, oder wenn die Gastrulation noch gelang, besaßen sie einen mächtigen Dotterpfropf, welcher einen Verschluß der Neural- furche unmöglich machte. Derartige Bildungshemmungen traten in diesem Jahr bei den Spätbefruchtungen garnicht ein; auch ergab sich keine größere Sterblichkeit der Larven als bei den vorausge- gangenen ersten, zweiten und dritten Befruchtungen. Ich schließe daraus, daß der hohe Grad von Überreife, welcher für meine früheren analogen Versuche so charakteristisch war, nicht erreicht worden war, obwohl ich zwischen erster und letzter Befruchtung das gleiche Intervall von 3 bis 4 Tagen gewählt hatte. Es muß daher das Aus- gangsmaterial diesmal ein anderes gewesen sein wie früher und einen geringeren Grad der Reife besessen haben. In der Zeit vom 12. bis 13. Mai habe ich im ganzen 10 Ent- wicklungsserien angesetzt, welche ich nach der Zeit der ersten Ei- ablage mit 1 bis 10 numeriere. Nur ein Teil derselben ergab brauchbare Resultate, die Serien 1, 5, 6, 8 und 10; die anderen er- gaben teilweise oder gänzliche Fehlerfolge, und zwar aus sehr ver- schiedenen Gründen. Die Störung des Laichgeschäfts führt nicht selten zu einem Versagen des Männchens. Öfters bleiben einzelne Eierpakete unbefruchtet, manchmal sogar eine ganze Eiablage, so daß ich schließlich es vorzog, bei der letzten Befruchtung, der Spät- befruchtung, künstliche Besamung anzuwenden. Bei meiner dritten Serie blieb die IV. Eiablage unbefruchtet, bei der vierten die I. und III.; im letzteren Fall verlief die Entwicklung vortrefflich, als ich bei der IV. Eiablage künstliche Befruchtung anwandte. Eine große Gefahr für das Gelingen des Experimentes besteht auch darin, dab das Weibchen, trotzdem es vom Männchen getrennt, kühl und trocken aufbewahrt wird, ablaicht. So wurde die zweite Serie vereitelt. Endlich gibt es auch Fälle, in denen das Eimaterial sich als un- brauchbar zum Experiment erwies. Die Serien VII und IX mußten 59 kassiert werden, weil alle Befruchtungen, auch die normalen, un- günstige Resultate lieferten. Für die Serie IX war vielleicht die ganz außergewöhnliche Größe der Eier schuld. Bei der ‘Darstetene meiner Resultate berücksichtige ich zunächst die Serien I, VI und X, weil bei ihnen die Geschlechtsbestimmung der sb getseated oder abgestorbenen Larven von einem frühen Zeit- punkt der Entwicklung mit großer Sicherheit erzielt werden konnte und weil bei ihnen alle Kulturen, welche angesetzt wurden, sich vortrefflich entwickelten: es konnte für die Hälfte des Ausgangs- materials das Geschlecht bestimmt werden, manchmal sogar für */,. Es sind das wohl die besten Resultate, welche je erzielt worden sind. Um dies zu erläutern, erwähne cet nur das eine, dal Born bei der sehr viel leichter zu kultivierenden Rana ars nur 1/, seiner Larven so weit brachte, daß er, wie er glaubte, an ihnen das Geschlecht bestimmen konnte. Ich gebe die Resultate der Kulturen in einer tabellarischen Über- sicht, und zwar in doppelter Weise für jede Serie: in einer oberen Reihe die tatsächlich gefundenen Zahlen, darunter das aus diesen Zahlen sich ergebende Sexualitätsverhältnis, welches bekanntlich in der Weise ausgedrückt wird, daß man berechnet, wieviel Männchen auf 100 Weibchen kommen würden. Die römischen Ziffern be- zeichnen die Befruchtungen, die dazwischen eingeschobenen Zahlen die Zahl der Stunden, welche von einer Befruchtung bis zur näch- sten vergangen waren. Bei den Entwicklungsserien 1 und 10 gelang es, vier, bei der Serie 6 nur drei Befruchtungen zu erzielen. L I. IM. IV. FERN BR fae rl 1. 34 0:47 9 65 0:77 4 156:14 70:84 141 % 119 % 124 % 685 % ee 235 {5p 2 6. 640:615 1010:13899 1150:169 4 95 % 137 % 147 x ei — Bey BAe ER Sipe 10. 50:29 148 O: 87g 10:7 1790:129¢ 100 % 59 % 100 % 759 % Die voranstehende Tabelle lehrt in überzeugender Weise, daß der Sexualcharakter der Eier sich im Lauf der Zeit verändert. Denn _ keine zwei aufeinanderfolgenden Befruchtungen zeigen dasselbe Sexualitätsverhältnis. Dabei sind die Unterschiede so groß, daß sie unmöglich als zufällige Erscheinungen erklärt werden können. Die 60 durch die Tabelle veranschaulichte Veränderung in der Beschaffen- heit der Eier vollzieht sich im Uterus und hat mit den Ernährungs- verhältnissen im Ovar nichts zu tun. Denn es ist bekannt, daß die Loslösung der Eier aus dem Ovar und ihr Übertritt in den Uterus innerhalb eines kurzen Zeitraums abläuft; der Vorgang vollzieht sich so rasch, daß es gar nicht leicht ist, die Eier beim Übertritt in den Uterus als Leibeshöhleneier anzutreffen. Jedenfalls sind die Eier eines Weibchens, welches zu laichen begonnen hat, schon seit längerer Zeit in den Uterus übergetreten. Damit ist wohl die herrschende Auffassung, daß das Geschlecht schon im Eierstocksei ein für allemal bestimmt sei, definitiv widerlegt. Daß keine zufälligen Befunde vorliegen, geht auch daraus hervor, daß von einem bestimmten Zeitpunkt ab, in welchem das Optimum für das weibliche Geschlecht gegeben ist, das Sexualitätsverhältnis sich in ganz gesetzmäßiger Weise, und zwar zugunsten des männ- lichen Geschlechts verschiebt. Die hochgradige Überreife der Eier, welche ich bei meinen früheren Versuchen erreicht hatte, war bei den vorjährigen Versuchen niemals erzielt worden. Ich entnehme dies daraus, daß bei jenen nur noch die Hälfte der Eier entwick- lungsfähig gewesen war, alle übrigen infolge Hemmungsbildungen abgestorben waren, während bei diesen die Sterblichkeit sich in keiner Weise von der Sterblichkeit der Erst-, Zweit- und Dritt- befruchtungen unterschied. Daß die Zahl der untersuchten Exem- plare bei der vierten Befruchtung der ersten Serie so gering ausfiel, kam daher, daß das betreffende Froschweibchen nur noch wenig über hundert Eier im Uterus enthielt, als es zum Zweck der künstlichen Befruchtung am dritten Tag der Untersuchung abgetötet wurde. Einige dieser Eier waren offenkundig mechanisch geschädigt und starben sehr frühzeitig ab. Aus dem Umstand, daß die früher erzielte schädigende Überreife diesmal vermieden worden war, erklärt sich der Unterschied im Ver- gleich zu den früheren Ergebnissen, daß die Letztbefruchtung nicht ausschließlich Männchen ergab. Immerhin war auch hier, besonders in den Serien 1 und 10, die prozentische Zunahme der Männchen eine ganz enorme (685% in der ersten, 759% in der zweiten Serie). Die drei in Rede stehenden Serien unterscheiden sich nun weiter dadurch voneinander, daß das Optimum für das weibliche Geschlecht bei der Serie 6 schon bei der ersten Befruchtung erzielt war, während es bei den Serien 1 und 10 erst bei der zweiten Befruchtung eintrat. Dies steht nicht nur nicht im Widerspruch mit meinen An- — schauungen, sondern ist sogar ein notwendiges Postulat derselben. Wie schon daraus hervorgeht, daß die Laichperiode der Frösche 61 eines Bezirks sich je nach der Witterung über 8 Tage bis 3 Wochen erstreckt, befinden sich die Frösche in einer und derselben Gegend auf verschiedenen Stufen der Reife. So wird es vorkommen, daß vollreife Männchen sich mit Weibchen, welche noch in der Reife zurück sind, paaren, daher einen etwas verfrühten Übertritt der Eier vom Ovar in den Uterus verursachen und so einen mäßigen Grad von Frühreife hervorrufen, wie ich ihn bei früheren Experimenten in hohem Maß erzielt hatte. Frühreife begünstigt aber, wie die er- wähnten Experimente gezeigt haben, die Erzeugung von Männchen. Diese Erklärung wird im vorliegenden Fall durch zwei Momente be- sonders nahe gelegt. Zunächst war im vorigen Jahr durch auber- gewöhnliche Wärme die Laichperiode von Rana esculenta mindestens um 14 Tage im Vergleich zu gewöhnlichen Verhältnissen beschleu- nigt worden. Außerdem zeigte die Erstbefruchtung der ersten Serie — und diese zeigte ja einen ganz besonders hohen Prozentsatz von Männchen — insofern Ähnlichkeit mit Frühbefruchtung, als eine außergewöhnlich große Zahl Eier abstarb, was bei der am gleichen Tag erfolgten zweiten Befruchtung nicht mehr der Fall war. Ein für natürliche Verhältnisse außergewöhnlicher Grad von Frühreife erklärt wohl auch das starke Überwiegen des männlichen Geschlechts bei allen Befruchtungen dieser ersten Serie. Auf Grund meiner sehr unvollkommenen Erfahrungen hatte ich in meinem früheren Vortrag es als wahrscheinlich hingestellt, daß man für das Prozentverhältnis an Männchen eine absteigende und aufsteigende Kurve zu erwarten hätte, wenn es möglich wäre, von einem und demselben Weibchen befruchtete Eier von verschiedenen Graden der Frühreife, ferner von Normalreife und von verschiedenen Graden der Überreife zu erhalten. Wenn es mir auch nicht möglich war, eine komplette derartige Kurve mittels meines Beobachtungs- materials zu erzielen, so entsprechen doch die Zahlen, welche ich bei Serie 1 und 10 erhalten habe, meinen Erwartungen insoweit, als sie wenigstens einen kleinen Teil des absteigenden Schenkels der Kurve und den ganzen aufsteigenden Teil ergeben. Ich hatte ferner hervorgehoben, daß bei dem von mir erwarteten Charakter der Sexualitätskurve zwei zeitlich getrennte Befruchtungen unter Umständen zu ganz falschen Vorstellungen über die Sexualität führen könnten. Es wäre denkbar, daß zwei Befruchtungen zufällig gerade zwei korrespondierenden Stellen des auf- und absteigenden Teiles der Kurve entsprächen. Diese Möglichkeit wird auf das schönste durch die Befruchtungsserie 10 und 4 erläutert. Würden mir von der Befruchtungsserie 10 nur die durch ein Zeitintervall von 42 Stunden getrennten ersten und dritten Befruchtungen zu Gebote 62 gestanden haben, so würde ich beidesmal das Sexualitätsverhältnis 100 erhalten haben. In der Befruchtungsserie 3 ist der hier hypo- thetisch konstruierte Fall tatsächlich gegeben. Von den 4 Befruch- tungen dieser Serie ging die zweite durch einen unglücklichen Zu- fall (Umfallen des Glases) verloren, die vierte fiel aus, weil die unter dem Einfluß des Männchens abgesetzten Eier gleichwohl un- befruchtet geblieben waren und sich nicht entwickelten. So kamen nur die Befruchtungen 1 und 3 zur Untersuchung, und diese ergaben beide das Sexualitätsverhältnis 100. if 1: III. IV. Pan‘ Be Ba 1 8. 920:9G | 68 : 68 100 ¥ 100 % Zur weiteren Charakteristik der Kulturen, welche aus überreifen Eiern gezogen worden waren, habe ich noch hervorzuheben, daß sie, sofern sie sich überhaupt normal entwickelten, eine größere Wachs- tumsenergie bekundeten als Normalkulturen. Dies fiel mir besonders bei der ersten Befruchtungsserie auf und veranlaßte mich, Wägungen der Kaulquappen zur Zeit, als die Hinterbeine anfingen sich zu ent- wickeln, vorzunehmen. Am gleichen Tage wurden 94 Kaulquappen der ersten, 146 der zweiten und 57 der vierten Befruchtung gewogen; sie ergaben folgende Gewichte: I. 68,5 8; H. 101,7 g; IV. 89,5 g. Die Kaulquappen der ersten und zweiten Befruchtung wogen somit im Durchschnitt 0,7 g, die der vierten Befruchtung 1,6g. Die ersteren waren, obwohl sie zwei Tage älter waren als die letzteren, zumeist extremitätenlos oder hatten nur selten mäßig kräftige Hinter- beine; die Kaulquappen der vierten Befruchtung hatten dagegen bis auf zwei, welche nur Fußstummel besaßen, gut entwickelte, meist sogar starke Hinterbeine. Im allgemeinen tritt auch die Meta- morphose bei den aus überreifen Eiern erzogenen Kaulquappen früher ein als bei anderweitigem Material. Unter Umständen scheint auch die Größe der jungen Fréschchen zur Zeit der Metamorphose von dem Reifungsgrad der Eier abzu- hängen. Bei der aus dem Jahre 1906 stammenden, in Marburg von mir besprochenen Kultur sind die jungen Fréschchen der Normal- kultur erheblich kleiner als die aus stark überreifen Eiern gezogenen Tiere. Doch ist dieses Beispiel nicht ganz einwandfrei. Ich bin nämlich nicht ganz sicher, ob das bei der Befruchtung der überreifen Eier benutzte Männchen dasselbe war wie das Männchen der Erst- befruchtung. Meine Experimente aber haben mir gezeigt, daß Hier, 63 welche mit verschiedenerlei Samen befruchtet werden, auch eine ver- schiedene Wachstumsenergie haben können. Ließ sich in den besprochenen drei Serien bei den einzelnen Befruchtungen eine Veränderung des Sexualitätsverhältnisses mit Bestimmtheit nachweisen, so ergaben drei weitere Serien unsichere Resultate. Die betreffenden drei Serien unterschieden sich von den ersten drei durch eine ganz auffällige Indifferenz im Bau der -Ge- schlechtsorgane. Während für gewöhnlich das Geschlecht von R. escu- lenta sich mit Sicherheit bei jungen Kaulquappen, bei denen die hinteren Extremitäten noch undifferenzierte Platten waren, bestimmen läßt, war es mir hier nicht möglich, bei vollkommen ausmetamor- phosierten Tieren Männchen und Weibchen zu unterscheiden, nicht einmal bei Tieren, die längere Zeit über die Metamorphose hinaus gefüttert worden waren. Die Geschlechtsdrüse hatte hier einen eigen- tümlichen, vom gewöhnlichen abweichenden Bau. Wie ich früher aus- einandergesetzt habe, legt sich unter gewöhnlichen Verhältnissen Hoden oder Ovar als ein feiner, auf der Niere verlaufender Faden an. Wenn derselbe sich zu einem Hoden entwickelt, wird der ganze hintere Abschnitt rückgebildet, der vordere an den Fettkörper angrenzende Teil verdickt sich zu einem glatten, ovalen Körper. Im weiblichen Geschlecht dagegen entwickelt sich die ganze Länge der Genital- leiste zu einem reichgelappten Drüsenkörper. Bei den in Rede stehen- den Kulturen zeigten die Geschlechtsdrüsen bei allen, nach Hunder- ten zählenden Individuen denselben Bau, der weder mit der Be- schaffenheit der Ovarien noch der der Hoden übereinstimmte. Sie waren auffallend klein; eine jede wurde durch eine rechtwinkelige Knik- kung in zwei Schenkel abgeteilt, einen vorderen, der am hinteren Rand des Fettkörpers hinzog, und einen hinteren, welcher auf der Niere lagerte. Histologisch\ erinnerte das Organ an die Geschlechts- drüsen, wie sie bei einem großen Teil frisch metamorphosierter junger Grasfrösche vorkommen, welche PFLÜGER für Hermaphroditen er- klärte und von denen er weiter annahm, daß sie bestimmt wären, sich später zu Männchen zu entwickeln. Einer meiner Schüler, Herr MARCELL- SCHMITT, hat durch eingehende Untersuchungen die Ansicht PFLÜGER’s für Rana temporaria bestätigt. Die allgemeine Verbreitung dieses Zustandes bei manchen Entwicklungsserien von Rana esculenta und der Umstand, daß alle Individuen eines Geleges sich gleich verhalten, läßt es ausgeschlossen erscheinen, daß bei R. esculenta die beschriebenen eigentümlichen Geschlechtsdrüsen ebenfalls nur Männchen liefern würden. Ich glaube vielmehr, daß sie einen Zustand der Indifferenz repräsentieren, von dem aus die Entwicklung sowohl zu weiblichen als auch zu männlichen Tieren führen kann. 64 Von den drei Befruchtungsserien, bei denen der beschriebene indifferente Zustand der Geschlechtsorgane vorlag, entwickelte sich eine Serie ganz außerordentlich gut; es gelang mir, vier Befruch- tungen zu erzielen, welche alle gut angingen, von denen die vierte 52 Stunden später erfolgte als die erste. Überraschenderweise fand ich bei allen durch die vier Befruchtungen gewonnenen Tieren die vollkommen gleiche Beschaffenheit des Geschlechtsapparates; durch die Überreife wurde somit kein erkennbarer Ausschlag nach der männlichen Seite erzielt. Und doch, glaube ich, würde derselbe sich geäußert haben, wenn ich die Tiere aus dem Stadium der Indifferenz heraus bis zur Zeit ausgesprochener geschlechtlicher Differenzierung gezüchtet haben würde. Ich schließe das aus der dritten Befruch- tungsserie, bei welcher die Indifferenz des Geschlechtsapparates eben- falls vorhanden, aber nicht so ausgeprägt war. Bei dieser dritten indifferenten Kultur waren die Befruchtungen 2 und 3 mißglückt, die Befruchtungen 1 und 4, welche durch ein Zeitintervall von 95 Stunden getrennt waren, hatten sich gut entwickelt. Die Haupt- masse der Individuen war auch hier indifferenter Natur, es gab aber außerdem noch Individuen, die in mehr oder minder ausgeprägter Weise, sei es weibliche, sei es männliche Charaktere der Geschlechts- drüse aufwiesen. Bei den männlichen Individuen war der obere Schenkel der Geschlechtsdrüse zum Hoden differenziert, der untere Schenkel rudimentär, oder der im Winkel gelegene Abschnitt hatte Form und Größe des Hodens angenommen, während die beiden Schenkelenden rudimentär waren. Bei den weiblichen Individuen war der untere Schenkel kräftiger entwickelt, der obere rudimentär. Eine scharfe Unterscheidung der verschiedenen Formzustände war nicht möglich, weil sie durch alle nur denkbaren Zwischenformen verbunden waren. Immerhin läst sich das Material einigermaßen klassifizieren in Männchen (gt), indifferente Formen, für welche ich das Doppelzeichen Z'Q anwende, und mehr oder minder ausge- sprochene Weibchen ©. Die erste Befruchtung lieferte 83,57, 900% (intermediäre Formen), 4009, die vierte Befruchtung 90g'! 619 S! und 10 zweifelhafte ©. Es hatte sich somit auch hier eine allmähliche Verschiebung des Sexualitätscharakters bei der vierten Befruchtung entwickelt, indem das Verhältnis der Männchen zu den Weibchen + indifferenten Formen von 64 auf 127 gestiegen war, während die bei der ersten Befruchtung vorhandenen Weibchen so gut wie ganz ge- schwunden waren. Immerhin will diese Verschiebung des Sexualver- hältnisses im Vergleich zu den früher besprochenen enormen Ver- änderungen nicht viel bedeuten. Es scheinen somit die Veränderungen im Geschlechtsapparat bei indifferenten Formen viel langsamer vor 65 sich zu gehen als bei Tieren mit ausgesprochenen Geschlechts- tendenzen; die Richtung, in der sich die Veränderungen vollziehen, ist aber die gleiche. Überreife begünstigt auch hier die Bildung des männlichen Geschlechts. Die auffallende Erscheinung, daß bei überreifen Eiern propor- tional dem Grad der Überreife die Tendenzen zu männlicher Ent- wicklung zunehmen, habe ich vor einem Jahre auf unserer Mar- burger Versammlung versucht, aus den Erscheinungen der künst- lichen Parthenogenesis zu erklären. Wie Eier, welche mit Strychnin, Nikotin, Magnesiumchlorid, Fettsäuren usw. behandelt worden sind, die Fähigkeit erlangen, sich ohne Befruchtung zu entwickeln, so wird ein gewisser Grad parthenogenetischer Entwicklungsfähigkeit den Eiern auch durch längeres Ausbleiben der Befruchtung induciert. Ich nehme an, daß die Froscheier durch Überreife diesen Grad er- reicht hatten. Parthenogenesis begünstigt die Entwicklung des männlichen Geschlechts, wie die Hymenopteren erkennen lassen. In manchen Fällen, in denen befruchtete Eier nur Weibchen liefern, ergibt hier Parthenogenesis nur Männchen (Vesparien und Apiarien), in anderen Fällen ergibt Befruchtung nur Weibchen, Parthenogenesis Männchen und Weibchen (gallicole Hymenopteren), in dritten Fällen endlich liefert nicht nur Befruchtung Weibchen, sondern auch Par- thenogenesis; dann bedarf es einer durch viele Generationen hindurch erzielten kumulierten Wirkung der Parthenogenesis, um Männchen auf- treten zu lassen. Diese in Marburg schon vorgetragenen Ideengänge haben in- zwischen eine neue Stütze in den schönen Untersuchungen HERBST's gefunden. Dieser behandelte Seeigeleier mit den Mitteln, welche künstliche Parthenogenesis herbeiführen, und befruchtete dieselben. ehe die parthenogenetische Entwicklung begonnen hatte. Er erzielte hiermit tatsächlich einen Zustand, von dem ich annahm, daß er bei meinen Experimenten an Froscheiern eingetreten sei: Eier, bei denen schon eine gewisse Tendenz zu Parthenogenesis eingetreten war, welche sich aber noch befruchten ließen. Es stellte sich nun heraus, dab die parthenogenetisch angeregten Eier, obwohl sie nachträglich noch befruchtet worden waren, und die Furchungskugeln halb väterliches, halb mütterliches Chromatin enthielten, nur mütterliche Charaktere entwickelten. So sehr hatte die eingeleitete parthenogenetische Entwicklung die Wirkung der später erfolgten Befruchtung benach- teiligt. Den beiden Experimentreihen ist gemeinsam die herabge- setzte Wirkung des Samens. Die Konsequenzen derselben sind von uns beiden von verschiedenen Gesichtspunkten aus verfolgt worden, von HERBST mit Rücksicht auf die Vererbung väterlicher und mütter- Verhandl. d. Deutsch. Zool. Gesellschaft. 1907. 5 66 licher Eigenschaften, von mir mit Rücksicht auf das Problem der Geschlechtsbestimmung. Kombinieren wir die Resultate beider Ver- suchsreihen, so gewinnen wir einen Einblick in die Vorgänge der gekreuzten Vererbung, daß männliche Nachkommen im Allgemeinen die Tendenz zeigen, sich nach der Mutter zu arten. Abschwächung der väterlichen Erbmasse bedeutet eine Annäherung an Partheno- genesis, muß daher wie diese die Bildung des männlichen Geschlechts begünstigen, zugleich aber auch die Vererbung mütterlicher Eigen- schaften. Die hier von mir geäußerten Gedankengänge sind nur verständlich unter der Voraussetzung, daß bei der Geschlechtsbestimmung auch den Spermatozoen ein gewisser Anteil zukommt. Ich für meine Person halte durch die Erfahrungen über die Fortpflanzung der Hymenopteren es für bewiesen, daß die Spermatozoen in der Tat einen Einfluß auf die Geschlechtsbestimmung ausüben können, woraus aber noch nicht folgen würde, daß sie ihn überall ausüben. Ihr Einfluß könnte ja ein so geringer sein, daß er für gewöhnlich durch die stärkeren, vom Ei ausgehenden Einflüsse vollkommen aufgehoben wird und nur in Ausnahmsfällen zur Geltung kommt. Wie ich oben auseinandergesetzt habe, befinde ich mich mit diesen Auffassungen im Widerspruch mit der herrschenden Anschauung, welche den männlichen Geschlechtszellen jeglichen Einfluß auf die Geschlechtsbildung abspricht. Ich habe mich immer gewundert, auf welch unsicherer Grundlage die eine so wichtige Frage betreffende Lehre aufgebaut ist. Bekanntlich sind es vornehmlich zwei Er- scheinungen, welche zum Beweis herangezogen werden, obwohl beide für die Entscheidung unseres Problems gar keine Bedeutung besitzen. Die erste Erscheinung ist schon seit langem bekannt: daß Zwillinge, welche aus einem und demselben Ei stammen, gleiches Geschlecht be- sitzen. Da diese Zwillinge aus den getrennten zwei ersten Furchungs- kugeln eines und desselben Eies entstehen, welche von einem und demselben Spermatozoon befruchtet wurden und sich unter vollkommen gleichartigen Bedingungen entwickeln, so erläutert der Fall nur die triviale Wahrheit, daß Gleichartiges, unter gleichartige Bedingungen gebracht, Gleichartiges erzeugt. Die zweite Erscheinung, für welche gewöhnlich Dinophilus apatris als charakteristisches Beispiel ange- geben wird, welche aber auch bei anderen Tieren vorkommt, ist darin gegeben, daß man den Eiern noch vor der Befruchtung ansehen kann, ob sie sich zu Männchen oder Weibchen entwickeln werden. Die weiblichen Eier sind durch enorme Größe von den rudimentär kleinen männlichen Eiern unterschieden. Daß ein derartiger Fall extremer Differenzierung für unser Problem gar keine Beweiskraft hat, ist klar. 67 Ein etwa vorhandener geschlechtsbestimmender Einfluß des Sperma- tozoons könnte ja durch eine extreme Steigerung des vom Ei aus- gehenden Einflusses ganz unterdrückt werden. In diesem Sinne habe ich auch die Verhältnisse von Dinophilus schon früher gedeutet. Die Frage, ob den Spermatozoen ein geschlechtsbestimmender Einfluß zukommt, oder um mich der landläufigen Ausdrucksweise zu bedienen, ob der Vater am Geschlecht der Kinder beteiligt ist, ist eine uralte. Es sind dicke Abhandlungen darüber geschrieben worden, ohne daß dabei Resultate erzielt worden wären, welche der enormen, auf die Lösung der Frage verwandten Mühe auch nur einigermaßen entsprächen. Der Grund des Miberfolges ist in der angewandten Untersuchungsmethode zu suchen. Man hat die Streitfrage an Säuge- tieren zu entscheiden versucht, und zwar mit Hilfe der statistischen Methode, anstatt den Weg des Experiments zu betreten und dazu geeignete Objekte zu wählen. Solche Objekte liefern uns Tiere, welche künstliche Befruchtung gestatten, und bei denen es nicht schwer fällt, die Nachkommenschaft soweit aufzuziehen, daß man ihr Geschlecht bestimmen kann. Aus unserer einheimischen Tierwelt kommen als Formen, welche diesen Ansprüchen genügen, nur Amphi- bien und Fische in Betracht. Ich habe Rana esculenta gewählt; die Eier eines Weibchens wurden auf fünf Portionen verteilt, zugleich wurde Rücksicht darauf genommen, daß in jeder Portion sowohl der Inhalt des linken als auch des rechten Uterus und demgemäß auch beider Ovarien gleichmäßig vertreten war; diese fünf Portionen wurden mit Sperma von fünf ver- schiedenen Männchen befruchtet. Um die sich so ergebende Reihe von fünf Befruchtungen desselben Eimaterials durch eine Parallelkultur zu kontrollieren, verwandte ich noch Eier eines zweiten Weibchens und be- | fruchtete sie in genau entsprechender Weise mit dem Samen der fünf bei der ersten Serie verwandten Männchen. Ich wünschte das bis zu seiner Beendigung ziemlich viel Mühe in Aussicht stellende Experiment gleich noch zu einer zweiten Frage zu benutzen. Mir standen Froschpärchen aus verschiedenen Gegenden zur Verfügung, aus der Gegend von Loch- hausen, wo die Laichzeit ihrem Ende entgegenging, und aus der Gegend von Schleißheim, wo die Brunst erst begann. Die Frösche beider Lokalitäten zeigten einen verschiedenen Habitus, besonders verschiedene Größe. Mir lag es daran, festzustellen, ob die vor- handenen geringen lokalen Unterschiede auch in der Befruchtung zum Ausdruck kommen würden. Ich wählte daher 1 Lochhausener und 1 Schleißheimer Weibchen und 3 Lochhansener und 3 Schleiß- heimer Männchen. Wenn wir erstere als L und S bezeichnen un -etztere als 11, 12, 13 und si, s2, s3, so ergaben sich 12 Befruchtungs- 5* 68 möglichkeiten, von denen 2 (L13 u. Ss?) nicht ausgenutzt wurden, wie folgende Tabelle erkennen läßt. Li, LP, Lsi, Ls2, Ls Sli SP, Sst) 82, Sh Acht dieser Befruchtungen bilden 2 parallele Reihen, insofern zweierlei Eier von jedesmal gleichem Sperma befruchtet worden waren, für die 9. und 10. Befruchtung (Ls? und 81), traf das Gesagte nicht zu, indem hier sowohl Eier wie Spermatozoen verschieden gewählt wurden. Letzeres war geschehen, um, wenn ich es so nennen darf, die Zahl der Kreuzbefruchtungen zu vermehren; es hat sich später als unzweckmäßig herausgestellt, da die parallelen Reihen ein ganz besonderes Interesse boten. Schon auf unserer Marburger Zusammenkunft konnte ich mit- teilen, daß die Entwicklungsweise der Eier in hohem Maße sowohl von ihrer eigenen Konstitution wie von der verschiedenen Beschaffen- heit der Spermatozoen beeinflußt wurde. Zwar entwickelte sich keine der 10 Kulturen so günstig, wie die besten Hsculenta-Kulturen sich zu entwickeln pflegen. Immerhin haben doch einige einen befrie- digenden Verlauf genommen, andere dagegen gaben gleich von Anfang an trotz der größten Sorgfalt in der Pflege ganz schlechte Resul- tate. Ich habe damals schon hervorgehoben, daß die Schleißheimer Eier sich durchgängig schlechter entwickelten als die Lochhausener. Noch auffallender war der Einfluß bestimmter Männchen. Die vor einem Jahr gemachte Angabe, daß alle mit den Männchen s! und 1! befruchteten Eier, und zwar sowohl die von Schleißheim wie die von Lochhausen stammenden sich besonders schlecht entwickel- ten, hat sich auch weiterhin bewährt. Die Kultur Ss! ist sogar ganz ausgestorben, und zwar sehr frühzeitig; ihre Tiere hefteten sich nicht mit ihren Haftscheiben senkrecht an, wie es sonst Froschlarven auf frühen Entwicklungsstadien zu tun pflegen, auch nahmen sie keine Nahrung auf, so daß der Zuchtbehälter immer frei von Fäkalien war, während gut züchtende Kulturen immer einen dicken Boden- satz von Fäkalien zeigen. Ebenso ist die Kultur Ls? sehr frühzeitig ganz ausgestorben. Eine dritte Vermutung, welche ich in Marburg aussprach, daß vielleicht auch die Kreuzbefruchtung auf die Entwicklung einen un- günstigen Einfluß ausüben möchte, hat sich in der Folge nicht bewahr- heitet. Die damals vorhandenen Differenzen im Prozentverhältnis der Abgestorbenen zwischen »Bastardkulturen« und Normalkulturen waren ja nicht unbeträchtlich, haben sich aber im Lauf ausgeglichen, -so daß schließlich sogar eine »Bastardkultur« Ls? die größten Zahlen 69 geliefert hat, während eine Normalkultur (Ss!) vollkommen aus- gestorben ist. Jedenfalls überwiegen die individuellen Verschieden- heiten der Eier und Spermatozoen vollkommen die durch die ver- schiedene Herkunft bedingten Differenzen, sofern letztere überhaupt eine Rolle spielen. Die großen Unterschiede in der Entwicklung, welche Eier der- selben Mutter je nach dem benutzten Sperma erkennen ließen, machten es mir von vornherein wahrscheinlich, daß die einzelnen Kulturen sich auch im Sexualitätsverhältnis erheblich unterscheiden würden. Diese Vermutung hat sich nun in einer alle Erwartung übertreffenden Weise als richtig herausgestellt; es hat sich ergeben, daß die Spermatozoen auf die Entwicklung und sexuelle Differen- rierung der Geschlechtsdrüse einen‘ sehr energischen Einfluß ausüben. Bei dieser Sachlage ist es natürlich schwierig zu entscheiden, was in der Entwicklung der Geschlechtsdrüse des Tochtertiers auf Rech- nung der Beschaffenheit des Eies, was auf Rechnung der Spermatozoen zu setzen ist. Immerhin glaube ich doch aus den Bildern, welche die verschiedenen Befruchtungen ergaben, einiges heraus lesen zu können, was man ein Recht hat als Konsequenzen einer bestimmten Ei- beschaffenheit anzusehen, weil es bei allen Befruchtungen wieder- kehrt. Danach würden die Eier des Schleißheimer und die des Lochhausener Weibchens eine ähnliche Beschaffenheit gehabt haben, ‚eine Beschaffenheit, wie ich sie öfters beobachtete und als Zustand sexueller Indifferenz bezeichnen möchte. Ich habe sie bei drei der oben beschriebenen 10 Befruchtungsserien, welche ich ansetzte, um den Einfluß der Überreife zu studieren, ebenfalls gefunden und schon genauer beschrieben, in welcher Weise sie im Geschlechts- apparat des jungen Tieres zum Ausdruck kommt. Ich rekapituliere kurz das Wichtigste. Von der Genitalleiste entwickelt sich nur der oberste Teil; derselbe besteht aus zwei Schenkeln, die rechtwinklig geknickt oder in sanftem Bogen ineinander übergehen; der eine Schenkel liegt, wie es gewöhnlich für die Geschlechtsdrüse gilt, der Niere auf, der andere zieht dagegen an dem nach rückwärts gerichteten Rand des Fettkörpers hin. Diesen indifferenten Zustand habe ich in keiner der 8 Kulturen vermißt; er fand sich in ganz charakteristischer Form bald nur bei wenigen, bald bei zahlreichen Individuen; bei anderen Individuen war er modifiziert, und zwar je nach dem ver- wandten Sperma in verschiedener Weise, bei einigen Kulturen nach der weiblichen, bei anderen nach der männlichen Seite. Wie oben werde ich im folgenden den indifferenten Zustand des Geschlechts- apparats dadurch kenntlich machen, daß ich das Zeichen für Männchen und Weibchen hintereinanderdrucke. 70 Die Resultate der Geschlechtsbestimmung sind in folgender Ta- belle ausgedriickt: 1! st 2 eae g2 L. 294::310 9909:539 904:7094 1764 :156 Og S. 990J:65Q + M3273 OF 1001: 75 O05 13 AK 9 Digs L. AM | Sa le: PER Oc 119 In dieser Tabelle habe ich durch die Zeichen + und — ausge- drückt, daß zwei Kulturen ausgestorben sind: Ss! und Ls3, daß zwei weitere mögliche Kulturen von Anfang an nicht angesetzt wurden: Ll? und Ss?, so daß im ganzen acht Kulturen zur Untersuchung kamen. Von diesen zeigten die vier Kulturen L12, S12, Ls2, Ss2, wie schon aus den erhaltenen Zahlen der zur Geschlechtsbestimmung untersuchten Individuen hervorgeht, einen ziemlich günstigen Ent- wicklungsgang, während L1!, Sl! und Ls! eine ganz enorme Mortalität erkennen ließen. Die sich gut entwickelnden Kulturen zeigten zugleich einen ausgesprochenen männlichen Charakter, indem sich gar keine Weibchen vorfanden, wohl aber sehr viele Männchen, mehr Männchen als indifferente Formen. Nur die Kultur Ss? enthielt wenige Männchen und bestand somit fast nur aus indifferenten In- dividuen. Die zur Untersuchung gelangten Reste der sich schlecht züchtenden Kulturen enthielten fast nur Weibchen, daneben wenige indifferente Formen, dagegen gar keine Männchen. Einen intermediären Charakter besals die Kultur S13 mit 9 Männchen, 59 männchenähn- lichen indifferenten Formen, 65 weibchenähnlichen Tieren und 11 Weibchen. Ich glaube es als ein sicheres Ergebnis der Untersuchung an- sehen zu können, daß im vorliegenden Falle in der Tat der ver- schiedene Samen einen ganz bedeutenden Einfluß auf die geschlecht- liche Differenzierung ausgeübt hat. Denn wenn man sagen wollte, die Unterschiede der Kulturen seien durch die große Mortalität besonders der an letzter Stelle genannten Kulturen veranlaßt, so müßte man die ganz paradoxe Annahme machen, daß trotz völliger Gleichartig- keit der Zuchtbedingungen in einem Teil der Kultur alle Weibchen, im anderen Teil alle Männchen abgestorben seien. Der Versuch, die Verschiedenartigkeit der Kulturen auf Zufalligkeiten zurückzuführen, ist wohl mit Rücksicht auf die immerhin ansehnlichen zur Benutzung kommenden Zahlen ausgeschlossen, ferner auch ausgeschlossen durch die höchst auffällige Erscheinung, daß die verschiedene Verteilung 71 der Geschlechter im wesentlichen sich in den L-Kulturen wie in den S-Kulturen in gleicher Weise äußerte. Etwas anders steht es mit der Frage, ob man berechtigt ist, aus den zwei geschilderten Versuchsreihen jetzt schon allgemeine Schlüsse zu ziehen. Der große Einfluß, den in den vorliegenden Fällen die verschiedenen Samenarten ausgeübt haben, ist vielleicht dadurch zu erklären, daß der sexuelle Charakter der Eier sich in einem sehr labilen Gleichgewicht befand, so daß schon ein schwacher vom Sperma ausgeübter Einfluß genügte, das Züngelchen der Wage nach der einen oder anderen Seite zum Ausschlag zu bringen. Es wäre denkbar, daß in der Regel die Eier zur Zeit der Befruchtung sexuell in so hohem Grad determiniert sind, daß der relativ geringe Einfluß des Samens gar nicht zur Geltung kommen würde. Sicherheit kann hierüber nur durch ausgedehnte Untersuchungen erzielt werden. Ich habe daher in diesem Jahr mich ausschließlich mit der Lösung dieser Aufgabe beschäftigt und werde über die Resultate der ausgedehnten, zu dem Zweck angestellten Versuchsreihen nach Abschluß der Kul- turen berichten. Ich habe noch aus einem anderen Grunde mich entschlossen, die Befruchtungen von Froscheiern mit Sperma, welches von verschie- denen Männchen stammt, in diesem Jahre zu wiederholen. Ich glaube, daß es in dieser Weise möglich sein wird, sich klarere Vorstellungen zu bilden, welcher Art die Faktoren sind welche entscheiden, daß ein befruchtetes Ei sich zu einem Männchen, einem Weibchen oder einem Hermaphroditen entwickelt. Nehmen wir einmal an, was ja keines- wegs bewiesen ist, daß das befruchtete Ei geschlechtlich determiniert ist, so will das doch nur besagen, daß das spätere Geschlecht des aus dem Ei hervorgehenden Tiers im Ei der Anlage nach vorhanden ist. Wie sollen wir uns diese Anlage vorstellen? In der Literatur, so weit ich dieselbe kenne, ist diese Frage nicht einmal aufgeworfen worden, geschweige denn, daß man versucht hätte, sie zu beantworten. Doch glaube ich, daß die herrschende Vorstellung dahin zielt, geschlechtsbestimmende männliche und weibliche Substanzen im Ei an- zunehmen. Je nach dem Uberwiegen der einen oder der anderen Sub- stanz würden männliche oder weibliche Individuen aus dem Ei her- vorgehen. Würden beide Geschlechtszellen, Ei und Samen, die geschlechtsbildenden Substanzen enthalten, so würde das Geschlecht durch Addition beider bestimmt werden. Wie ich in den einleitenden Worten zu meinem Vortrag auf der Breslauer Versammlung auseinandergesetzt habe, stelle ich mir die das Geschlecht bestimmenden Faktoren nicht so einfach vor, sondern als die Konsequenzen sehr komplizierter regulatorischer Vorgänge 72 des Zellenlebens, bei denen die Affinität und das Massenverhältnis der Kernsubstanz zur Zellsubstanz eine wichtige Rolle spielen. Ich will hier meine Anschauungen nicht noch einmal entwickeln, sondern verweise auf früher Gesagtes. Parallelbefruchtungen von Eiern mehrerer Weibchen mit Sperma- tozoen, welche von verschiedenen Männchen stammen, werden vor- aussichtlich geeignet sein, Licht auf die aufgeworfene Frage zu werfen. Nehmen wir an, wir hätten die Eier der Weibchen A, B und C mit den Spermatozoen der Männchen 1. 2. 3. 4. 5 befruchtet, so würden wir nach den Eiern angeordnet drei Befruchtungsreihen erhalten: Bee we. Rae LS OS 2) to es ee OL GPS ONT ey Ye Für jede dieser Reihen würden die fünf das Sexualitätsverhältnis aus- drückenden Zahlen voneinander verschieden sein und sich in einer Kurve anordnen lassen, vorausgesetzt, daß der Samen, wie in dem von mir im vorigen Jahr angestellten Experiment, auf das Geschlecht einen modifizierenden Einfluß ausüben würde Würde nun das Ge- schlecht dadurch bestimmt, daß sich die geschlechtsbestimmenden Substanzen der Spermatozoen zu denen der Eier zu einer gemein- samen Resultante addieren, so müßten die Kurven, welche die oben aufgezeichneten drei Befruchtungsserien ergeben, drei parallele Linien liefern, deren Abstand ausschließlich durch die Verschiedenheit der Eier bedingt sein würde. Würden die Kurven diesen Bedingungen nicht entsprechen, so wäre die Annahme sich addierender männlicher und weiblicher Geschlechtsstoffe oder ähnlicher Faktoren widerlegt. Auszuscheiden wären freilich bei dieser Betrachtung von der Beur- teilung alle die Fälle, in denen etwa die geschlechtsbestimmende Kraft der Eier eine so große wäre, daß die Samenfäden auch im günstigsten Falle keinen modifizierenden Einfluß mehr ausüben könnten. Prüfen wir nun von den besprochenen Gesichtspunkten aus die durch die vorjährigen Untersuchungen gewonnenen Resultate, so sind sie vermöge der geringen Zahl der Geschlechtsbestimmungen bei den ungünstig verlaufenen Kulturen ein ungeeignetes Material. Im großen und ganzen ist ein gewisser Parallelismus der beiden Befruchtungs- reihen vorhanden. Doch paßt nicht recht dazu das Resultat der Be- fruchtungen mit dem Samen s?, insofern hier die Eier des Lochhausener Weibchens zahlreiche Männchen ergeben haben, die des Schleißheimer Weibchens nur sehr wenige. 13 Und noch einen weiteren Gesichtspunkt für neue Fragestellungen möchte ich hervorheben: Bei den Untersuchungen über den Einfluß der Überreife der Sexualprodukte auf das Geschlecht habe ich immer nur von der Überreife der Eier gesprochen. Da nun aber bei den Befrucht- ungen stets auch dasselbe Männchen benutzt wurde, so müßte man auch von einer Überreife des Samens sprechen und wäre damit vor die Möglichkeit gestellt, daß auch der Überreife der Spermatozoen ein Anteil an der veränderten Sexualität zuzusprechen wäre. Da jedoch die Spermatozoen nach allen bisherigen Erfahrungen nicht so veränder- lich sind wie die Eier und eine größere Widerstandskraft besitzen, so halte ich es nicht für wahrscheinlich, daß das durch Uberreife veränderte Sexualitätsverhältnis zum Teil den Samenfäden zuzuschrei- ben sei. Immerhin kann nur durch exakte Versuche das Problem gelöst werden. Diese verlangen eine komplizierte Anordnung, liegen aber im Bereich der Möglichkeit. Diskussion: Herr Prof. Kopert (Rostock): Gegen die Versuche mit Eiern von vier zeitlich verschiedenen, aufeinander folgenden Eiablagen läßt sich vom Standpunkte der Gegner doch einwenden, daß die weiblichen Eier sich langsamer zur Reife entwickeln und rascher ihre Entwicklungsfähigkeit wieder ver- lieren. Darum liefert die erste Eiablage noch wenig Weibchen und die letzte Eiablage ebenfalls nur wenig Weibchen. Herr Prof. HERTwIeE: Gegen den Einwand des Herrn Prof. KOBERT möchte ich bemer- ken, daß die verschiedene Eireife im vorliegenden Fall wohl schwer- lich herangezogen werden kann. Der Übertritt der Eier aus dem Ovarium in den Eileiter und die damit beginnende Eireife wird durch die Umklammerung von seiten des Männchens veranlaßt. Der Prozess erfolgt für alle Eier gleichzeitig und läuft so rasch ab, daß es schwer fällt, auch nur wenige Eier beim Übertritt vom Ovar in den Eileiter im Uterus vorzufinden. Vortrag des Herrn Prof. H. E. ZiEGLER (Jena): Über die Entstehung des Kopfes der Wirbeltiere. (Manuskript nicht eingegangen.) 74 Diskussion zum Vortrag ZIEGLER: Herr Prof. JAEKEL (Greifswald) freut sich, daß der Herr Redner in der Gliederung des primären Wirbeltierschädels jetzt zu ähnlichen Ergebnissen gelangt ist, wie er sie auf Grund vergleichend anatomischer und paläontologischer Forschungen gewonnen hat. Im besonderen betonte er, daß die höheren Zahlen von Kiemen bei Selachiern und Cyclostomen nach- trägliche Erwerbungen ihrer Träger seien, dab Amphioxus ebenso wie die Cyclostomen und Selachier von höher organisierten Formen abstammen, daß der primäre Mundbogen (O. JAEKEL: Über die Mund- bildung der Wirbeltiere. Sitz.-Ber. d. Ges. naturforsch. Freunde zu Berlin. Februar 1906) erst sekundär mit dem maxillären Nasenbogen verwachsen ist und von diesem letzteren wohl nur ein Lippenseg- ment anzunehmen sei. Vortrag des Herrn Prof. V. HAECKER (Stuttgart): Über Chromosomen- und Sporenbildung bei Radiolarien. (Zehnte Mitteilung über die Radiolarien der » Valdivia«-Ausbeute.) Die genauesten Angaben, welche bisher über die kerngeschicht- lichen Verhältnisse der Radiolarien vorliegen, beziehen sich auf eine tripylee Form, Awulacantha scolymantha. Die Untersuchungen von KARAWAJEW und namentlich von BORGERT haben erwiesen, daß die vegetativen Teilungen von Aulacantha den Charakter von mitotischen Prozessen haben, ferner dab dabei typische band- oder schlei- fenförmige Chromosomen zur Ausbildung kommen, welche außerordentlich an die bekann- ten Chromosomentypen beispiels- weise von Salamandra oder Li- lium erinnern, und endlich, dab die Zahl der Chromosomen min- destens 1200 beträgt. Auch das Material der »Val- divia« hat sehr zahlreiche gut Fig. 1. Chromosomen von Auloceros sp. konservierte Exemplare von ver- in der Prophase. schiedenen Aulacanthiden ent- halten, und es war mir auf diese Weise möglich, die Resultate BoRGERT's zum Teil zu bekräftigen, zum Teil in einigen Punkten zu ergänzen. SEE ky meee 2 15 Ich will hier aus diesen Beobachtungen nur kurz zwei Punkte hervorheben, welche mir mit Rücksicht auf die im folgenden zu besprechenden Verhältnisse von besonderem Interesse zu sein scheinen. Erstens möchte ich darauf hinweisen, daß in den Prophasen der Teilung zuweilen Doppelchromosomen gefunden werden, deren Einzel- elemente die für die heterotypische Teilung der Tiere und Pflanzen charakteristischen Überkreuzungen zeigen (Fig. 1), und zweitens will ich erwähnen, daß bei der »Koloniebildung«, d. h. bei der Entstehung von Stadien mit 8 und 16 Centralkapseln, die Teilungen der Central- kapseln nicht synchron verlaufen und daß auf die Teilung des Fig.2. Aulokleptes ramosus. Übergang vom Vier- zum Achtkapselstadium. Kerns die Durchschnürung der Centralkapsel nicht unmittelbar folgt. Vielmehr sehen wir, wie die beiden Tochterkerne eine Zeit lang innerhalb der Mutter-Centralkapsel nebeneinander liegen bleiben, so daß die zweikernigen Zwischenstadien zu Stande kommen, welche schon von R. HERTwIG für verschiedene Tripyleen beschrieben worden sind. So ist z. B. in Fig. 2 ein Exemplar von Auloceros sp. abgebildet, welches den Übergang vom Vier- zum Achtkapselstadium zeigt und in zweien der Centralkapseln bereits zwei nebeneinander gelegene Kerne aufweist. Aus diesem Stadium geht zunächst ein Sechskapsel- 76 stadium hervor, welches sich dann unter Teilung der beiden andern Centralkapseln in das Achtkapselstadium verwandelt!. Die Zahl der Chromosomen habe ich bei keiner der mir vorliegenden Aulacanthiden feststellen können. Dagegen habe ich das Glück gehabt, ein vorzüglich konserviertes Exemplar von Casta- medium variabile anzutreffen, welches zwei Centralkapseln und in jeder derselben eine sehr schön erhaltene Kernteilungsfigur aufweist. In der einen Centralkapsel waren die Tochterplatten vom Schnitte quer getroffen, und es ließ sich daher die Zahl der Chromosomen auf mindestens 1500 und höchstens 1600 feststellen. Fig.3. Centralkapsel einer sehr jungen Oroscena (Durchmesser der Central- kapsel 0,3 mm). In der intrakapsulären Sarcode verschiedenartige Concretionen. Im Kern Einzelknäuel und Chromosomenbläschen. Nach diesen Vorbemerkungen über die Kernverhältnisse der Tri- pyleen wende ich mich zu meinem eigentlichen Gegenstand, nämlich zur Sporenbildung der Oroscenen. Die Oroscenen und überhaupt die Orosphäriden sind große, einen Schalendurchmesser von meist 11/,—2 mm aufweisende Tiefsee- Radiolarien, welche von HACKEL nach einigem Schwanken zu den Tripyleen gestellt worden sind, nach der Beschaffenheit von Kern und Centralkapsel aber bei den monozoen Collodarien (Colliden im 1 In ähnlicher Weise sind zweikapselige Stadien mit einer einkernigen und einer zweikernigen Centralkapsel, sowie die (auch von anderen Autoren gesehenen) Stadien mit drei Centralkapseln als Durchgangsphasen zwischen dem Zwei- und Vierkapselstadium zu betrachten. (7 Sinne Branpt’s), also in der Gegend von Thalassicolla, Thalasso- thamnus, Cytocladus u. a., untergebracht werden müssen. Der Kern ist von einer sphärischen bis ellipsoidischen Centralkapsel eingehüllt, deren verhältnismäßig dünne Membran an ihrer Oberfläche zotten- oder leistenförmige Erhebungen erkennen läßt. Die äußerste Schicht der intracapsulären Sarkode zeigt eine deutliche radiäre Zerklüftung, die bei jüngeren Tieren vorzugsweise die inneren Schichten ein- nehmenden Alveolen enthalten eine größere oder kleinere Zahl von sehr verschieden geformten Concretionen, welche wahrscheinlich die Bedeutung von Reservestoffen haben?. Über die Struktur des Kernes und seine Veränderungen während der Fortpflanzung ist folgendes zu sagen. Bei den jüngsten von mir gefundenen Exemplaren (Fig. 3) mit sehr kleiner, nur 0,5—0,45 mm sroßer Centralkapsel ist der kuglige Raum dicht gefüllt von blassen, knäuelartigen Bildungen, welche außerordentlich an die Spiremstadien in der Spermatogenese der Metazoen erinnern und als Einzel- knäuel bezeichnet werden mögen. Ihre Zahl habe ich in einem Falle auf etwa 1600—1800 berechnet. Es handelt sich also um un- gefähr die nämliche Zahlengröße, welche für die Chromosomen von Aulacantha und Castanidium nachgewiesen werden konnte. Zwischen diesen Einzelknäueln finden sich weiterhin bläschenförmige Körper, welche innerhalb eines grobwabigen Grundplasmas eine oder mehrere Chromatinschleifen enthalten. Die geringste Zahl dieser Chro- mosomenbläschen, welche ich feststellen konnte, betrug 8, gewöhnlich findet man aber schon in sehr jungen Centralkapseln etwas größere Zahlen, nämlich 11, 12, 13, 18, 20 und mehr Bläschen. Die Bläschen sind von ungleicher Größe: die kleinsten enthalten stets: nur eine meist hufeisenförmige Schleife, die größeren meh- rere derselben. Wie mehrere Bilder mit Bestimmtheit erkennen lassen, nehmen die fig. 4. Verschmelzung der größeren Bläschen durch Verschmelzung von Chromosomenbläschen. kleineren ihre Entstehung (Fig. 4), und die Gesamtheit aller vorliegenden Bilder hat mich zu dem Ergebnib geführt, daß gleichzeitig mit dem Wachstum von Kern und 2 In einer früheren Mitteilung (VII. Mitteilung, Zool. Anz., Bd. 30, 1906, S. 884) habe ich diese Concretionen, welche schon von HÄckEL, R. HERTWIG u. a. bei Thalassicolla beschrieben worden sind und von mir auch bei Thalassothamnus und Cytocladus aufgefunden wurden, irrtiimlicherweise in direkte Beziehung zur Schwärmerbildung gebracht. 18 Centralkapsel immer neue einschleifige Chromosomen- bläschen im Kernraum ihre Entstehung nehmen und nach einiger Zeit mit den schon bestehenden größeren, mehr- schleifigen Bläschenverschmelzen. Wie die Bläschen ihre Enstehung nehmen, läßt sich nicht Schritt für Schritt verfolgen, da sich der Prozeß offenbar sehr rasch ab- spielt. Immerhin weisen ein- zelne Bilder mit Sicherheit darauf hin, daß die Bläschen durch Umwandlung je eines Einzelknäuels entstehen, und zwar in der Weise, daß sich die aufgewundenen, blassen Fäden der Einzelknäuel ver- Fig. 5. Älterer Kern von Oroscena mit kürzen und verdichten (Fig. einem sehr großen, vielschleifigen Chromo- 3a), in ähnlicher Weise wie somenbläschen. die Chromosomen in den Pro- phasen der Reifungsteilungen, und sich mit einer »Kernvacuole« umgeben (Fig. 3b). In größeren Centralkapseln von 0,5—1,0 mm (Fig. 5) ist die Zahl der kleinen, einschleifigen Bläschen im Durchschnitt etwas geringer Fig. 6. »Teilungsstadium«. als in den ganz jungen Centralkapseln, dagegen nimmt, entsprechend der Erwartung, die Zahl und insbesondere die Größe und Chromo- somenzahl der großen, mehrschleifigen Bläschen immer mehr zu, und nicht selten ist deutlich eine Längsspaltung der Chromatinschleifen wahrzunehmen. Der ganze Prozeß ist begleitet von einer erheblichen Ze) ne ae Eee 2 ee 79 _ Verdickung der Kernmembran. Zweifellos hat man es hier mit den Prophasen eines Teilungsvorganges zu tun. In einem Fall fand ich tatsächlich ein Teilungsstadium (Fig. 6) mit zwei gleichartigen, blassen Kernen, welche durchaus an die eingangs beschriebenen Doppelkerne der Tripyleen erinnern, nur daß jeder von ihnen noch von einem Hof von Neuplasma umgeben ist. Die Kerne sind erfüllt von einem feinen Fadenwerk, welches in zahlreichen, regelmäßig verteilten Herden eine knäuelartige Ver- dichtung aufweist (Fig. 9). Außerdem enthält jeder der beiden Kerne zwei große, schaumig strukturierte nucleolusartige Binnenkörper. Verhältnismäßig häufig fand ich ein Stadium, welches sich an das Teilungsstadium anschließtund welchesich das Differenzierungs- Fig. 7. »Differenzierungsstadium<. d Dauerkern. g Geschlechtskern. stadium nennen möchte (Fig. 7). Der eine Kern, der den Ge- schlechtskern (Fig. 7g) darstellt, weist noch im wesentlichen die Beschaffenheit der Tochterkerne des vorangehenden Stadiums auf, der andere, der als Dauerkern (Fig. 7d) bezeichnet werden kann, ist von der intracapsulären, die Concremente führenden Sarcode nicht mehr durch eine Zone von Neuplasma getrennt, er zeigt ein stärkeres Tinktionsvermögen und weist hinsichtlich seiner Struktur, insbesondere was das Wiederauftreten ein- und mehrschleifiger Chro- mosomenbläschen anbelangt, durchaus wieder die Beschaffenheit der in sehr jungen Centralkapseln aufgefundenen Kerne auf (Fig. 3). An das Differenzierungsstadium reiht sich, wenn auch wohl nicht ganz unvermittelt, ein Stadium an, in welchem der Dauerkern das Centrum der Centralkapsel eingenommen hat und der Geschlechts- 80 kern in vier je von einer besonderen Neuplasma-Zone umgebene Kerne zerfallen ist (Fig. 8). Auf einer weiteren Ent- wicklungsstufe sieht man, abgesehen von dem central gelegenen Dauerkern, in der ganzen intracapsulären Sarcode kleine Kerne ver- teilt, welche in ihrer Struk- tur durchaus an die dich- teren Einzelknäuel des Tei- lungsstadiums und an die- jenigen der Geschlechts- kerne des Differenzierungs- stadiums erinnern (vergl. Fig. 8. Stadium mit centralem Dauerkern und Fig. 10 mit Fig. 9). Diese vier Geschlechtskernen. knäuelig strukturierten Kleinkerne, welche als Sporenmutterkerne bezeichnet werden mögen, liegen zum Teil in den Sarcodebalken (Fig. 10a), zum großen Teil aber umhüllen sie die kleinen Concretionen (Fig. 10b), welche dann vielfach deut- liche Zeichen der Auflösung aufweisen (Fig. 10c). Wenn nun auch Zwischenstufen zwischen dem fünfkernigen Stadium und dem eben beschriebenen Stadium der Desintegration fehlen, N S LE Jarry f’ (J os RN 4 a TER EN ba | dehy DAN Wee | Ayla ale ) Sy >) od 2 ( fs {jie & oD vr EN ui ae AR 20 (Spe oh Se Ba Fig. 9. Einzelknäuel aus Fig. 10. Desintegration (Reduction) dem Teilungsstadium. der Geschlechtskerne. so dürfte doch kaum ein Zweifel darüber bestehen können, dab diese kleinen Kerne in der Weise ihre Entstehung genommen haben, dab sich die vier Geschlechtskerne des in Fig. 8 dargestellten Stadiums mittelbar oder unmittelbar in ihre Einzelknäuel aufgelöst haben, Man 1 | | | 81 kann auch sagen, daß man es gewissermaßen mit einer Reduction in großem Stile zu tun hat. Der Periode der Desintegration oder Reduction folgt nun die Periode der Teilung der Sporenmutterkerne, welche zur Bildung der Sporennester führt. Es liegt mir ein Stadium vor, in welchem in der ganzen intracapsulären Sarcode Gruppen von zwei oder drei Kernen liegen (Fig. 11), und ein anderes Stadium, in welchem die Kerngruppen oder Sporennest-Anlagen bereits aus 4—8 Kernen bestehen (Fig. 12). Nicht selten sieht man auch Teilungs- figuren, und zwar Prophasen und Metaphasen mit 15—20 körnchen- förmigen Chromosomen (Fig. 11 bei a), sowie Telophasen, welche sehr an die »Pseudoamitosen« bei anderen Objekten erinnern (Fig. 13a). Fig. 11. Erste Teilungen der Fig. 12. Sporennest-Anlagen. Sporenmutterzellen. Bei « Pro- c Concretionen. phase mit körnchenförmigen Chro- mosomen. ce Concretionen. In drei Fällen fand ich dann schließlich die ganze intracapsuläre Sarcode ausgefüllt mit Nestern von Kernen, welche teils ein Knäuel- stadium, teils Pseudoamitosen-ähnliche Telophasen zeigten (Fig. 13, 13a). Die Zahl der Kerne in den einzelnen Nestern beträgt 16—55, in der Peripherie der Centralkapsel 40—50, die Zahl der Nester in der ganzen Kapsel habe ich auf etwa 6000 berechnet. Concretionen sind auf diesem Stadium nur noch wenige vorhanden. Die endgültige Bildung der Schwärmer habe ich nicht beobachtet, ich kann also auch nicht angeben, ob es sich bei diesen Vorgängen um Iso- oder Anisosporenbildung handelt. Die gruppenweise An- ordnung und die Strukturverhältnisse der Kerne würden sich am besten mit den Verhältnissen bei der Anisosporenbildung der kolonie- bildenden Formen und der Thallassicollen in Einklang bringen lassen Verhandl. d, Deutsch. Zool. Gesellschaft. 1907. 6 82 (R. Hertwie 1876, Branpr 1885) und ebenso würde das Gesamtbild im Ganzen mit einer von BRANDT (1890) gegebenen, die Anisosporen- bildung von Thalassicolla darstellenden Skizze übereinstimmen. In- dessen habe ich auf keinem Präparate die Differenzierung der zwei Sporenarten wahrgenom- men. Die hier geschilderten Vorgänge begreifen aller- dings nur einen Teil des Fortpflanzungscyklus von Oroscena in sich, da die Entwicklung der Spore zum fertigen Radiolar nicht beobachtet wurde. Aber die bisher vorlie- sende Reihe von Stadien zeigt infolge der Größe der Kerne und Chromo- somen so klare und über- sichtlicheVerhältnisse, wie sie nur bei wenigen an- deren Protozoen vorliegen dürften. Besonders klar tritt insbesondere die Diffe- renzierung des Primär- Fig.13a. Durchschnittdurch Fig. 13. Vorgeschrittene Chromosomenbildung ein einzelnes Sporennest mit (Durchmesser der Centralkapsel 1,1 mm). Teilungsfiguren. kerns in einen Geschlechtskern und einen vegetativen Kern hervor. Solche Differenzierungen sind ja von vielen anderen Protozoen be- kannt: ich erinnere nur an den Kerndualismus der Ciliaten, an die 3 R. Branpt, Neue Radiolarienstudien. Mitt. d. Ver. Schlesw.-Holst. Ärzte, 1890, Fig. 11. 83 Befunde von CALKINS bei Amoeba proteus, von GOLDSCHMIDT bei Mastigamében. Was aber unseren Fall von allen anderen bisher bekannt gewordenen unterscheidet, ist der Umstand, daß der vege- tative Kern oder, wie ich ihn genannt habe, der Dauerkern während der Weiterentwicklung des Geschlechtskerns nochmals die nämliche Serie von Veränderungen wiederholt, welche der Primärkern in den jungen Centralkapseln vor seiner Differenzierung in den Geschlechts- kern und Dauerkern durchläuft. Er nimmt an Größe zu, seine ‚Membran verdickt sich, und ebenso ist eine allmähliche Zunahme in der Zahl der Chromosomenbläschen und ein allmähliches Ver- schmelzen derselben zu mehrschleifigen Teilkernen zu beobachten. Er verhält sich also ganz analog dem Primärkern, und da bei diesem die aufgezählten Veränderungen schließlich zur Teilung führen, so darf man wohl schließen, daß auch der Dauerkern sich abermals zur Teilung vorbereitet. Unterstützt wird diese Auffassung dadurch, daß ich trotz eines reichen Materials aus verschiedenen Örtlichkeiten und Jahreszeiten keinerlei Anzeichen dafür gefunden habe, dab bei den Oroscenen vegetative Teilungsvorgänge mit teilweiser Re- sorption und Neubildung der Gitterschale vorkommen. Man muß also mit der Wahrscheinlichkeit rechnen, dafi das nimliche Oroscena- Individuum zu wiederholten Malenin den Prozefi der Sporen- bildung eintritt, so wie ein großer Teil der Metazoen zu perio- discher Geschlechtszellenbildung befähigt ist. Der Verzicht auf die vegetativen Teilungen und die Beschränkung auf die Sporenbildung würde als eine Anpassungserscheinung zu betrachten sein, welche mit dem Besitz eines mächtig entwickelten, geschlossenen Kieselskelettes im Zusammenhang steht, und es würde also der Übergang zu der besonderen Fortpflanzungsweise in letzter Linie auf eine Art Kräfte- ökonomie und auf das Streben nach Materialersparniß zurückzu- führen sein. Die Vorgänge bei der Sporenbildung von Oroscena erinnern weiter sehr an die bei zahlreichen Protozoen beobachteten Chro- midien. Insbesondere zeigen sie Anklänge an die Befunde von R. Hertwie (1902) bei Actinosphaerium, von LEGER (1904) bei Gre- garinen (Stylorhynchus), von CALKINS (1904) bei Amoeba proteus, von SCHAUDINN (1905) bei Centropyxis und von GoLpscamipT (1907) bei Mastigamöben. Nur Cavxins führt die Entstehung der Chro- midien auf mehrfache Teilungen und auf eine sukzessive Desintegration des Amöbenkerns zurück, während speziell R. HErtwic und GOLD- 4 Eine gewisse Ähnlichkeit besteht übrigens mit den Myxosporidien, deren Körper bekanntlich bei der Sporenbildung seine selbständige Existenz nicht aufgibt, sondern vegetiert und weiter wächst. 6* 84 SCHMIDT die Entstehung der Chromidien als einen Austritt chro- matischer Massen aus dem Primärkern beschreiben. Hier bei Oros- cena liegt der Fall ähnlich wie bei der von CALkins untersuchten Amoeba proteus, nur daß die chromatischen Teile, in welche sich der Kern desintegriert, die Einzelknäuel oder Chro- mosomenanlagen des Primärkerns darstellen und also im Primärkern bereits als selbständige Elemente oder In- dividuen vorgebildet sind. Ich komme noch kurz auf einen dritten Punkt zu sprechen. Offen- bar ist die der Sporenbildung von Oroscena vorangehende Desintegration des Geschlechtskerns, wie schon erwähnt wurde, als ein Reductions- prozeß in großem Stil anzusehen, d.h. es findet, kurz gesagt, eine Verteilung, ein Auseinanderweichen von Chromatinelementen ohne vorangegangene Längsspaltung statt. Man darf, also diesen Desintegrationsvorgang zunächst mit den Reductionsteilungen bei anderen Protozoen vergleichen. Nun hat man aber, seit SCHAU- DINN. PROWAZEKR und PRANDTL das Vorkommen von Reductions- teilungen bei der Gametenbildung verschiedener Protozoen nachge- wiesen haben, noch mehr als früher ein Recht, die vorbereitenden Teilungsvorgänge, welche bei den Protozoen der Gameten-, bezw. Geschlechtskernbildung vorangehen, zu den Reifungserscheinungen bei den höheren Cryptogamen, bei Phanerogamen und Metazoen in Beziehung zu bringen. Wenn aber wirklich alle diese Erscheinungen zusammengehören, wenn man insbesondere ein Recht hat, die Desintegrationsvorgänge bei Oroscena mit den Reifungsvorgängen bei höheren Organismen in Parallele zu bringen, so wird man zu der Vermutung geführt, es möchte in Vorgängen, welche ähnlich den bei Oroscena beobachteten sind, die von vielen gesuchte phylogenetische Wurzel der Reductionsteilungen überhaupt liegen, d. h. man würde an- zunehmen haben, daß die höheren Organismen mit kleiner, streng fixierter Chromosomenzahl einen rudimentären Sporenbildungsprozeß benutzt haben, um die gewünschte Halbierung der Chromosomen- zahl in einer streng gesetzmäßigen Weise zu bewerkstelligen. Diskussion: Herr Dr. HARTMANN (Berlin). Herr Dr. GoLpscumipt (München) schließt sich den Ausführungen des Koll. HARTMANN auf Grund seiner Erfahrungen an. 85 Herr HAECKER: In Bezug auf den ersten Einwand von Dr. HARTMANN, es möchte die eigentliche Reduction erst bei der Teilung der Sporenmutter- kerne stattfinden, ist hervorzuheben, daß der Desintegrationsvorgang des Geschlechtskernes von Oroscena doch zweifellos einen tatsäch- lichen Reductionsprozeß darstellt, neben dem freilich auch noch ein weiterer Reductionsprozeß bestehen könnte, und dab die Teilungen der Sporenmutterkerne bei Oroscena und wohl auch bei anderen Formen so kleine Elemente aufweisen, daß über das Vorhanden- sein von Reductionsprozessen hier kaum sichere Angaben gemacht werden können. Daß ferner die beschriebene Zweiteilung als vegetativer Tei- lungsprozeß zu betrachten ist, möchte ich für unwahrscheinlich halten, da die Möglichkeit einer ziemlich lückenlosen Aneinander- reihung der Stadien und das Fehlen von sonstigen Spuren vegetativer Prozesse dagegen sprechen dürfte. Herr BARFURTH: Der vom Herrn Vortragenden beschriebene »vegetative« Kern hat wahrscheinlich fiir die Erhaltung des Individuums noch eine Bedeutung, wenn er auch fiir die Species wertlos wird. Denn BALprAntr hat vor Jahren den experimentellen Nachweis geliefert, daß der vegetative Kern für die regenerativen Vorgänge von Wichtigkeit ist. Vielleicht geben uns die anwesenden Herren Protozoenforscher Aufklärung über diese Frage. Vortrag des Herrn Dr. STECHE (Leipzig): Über leuchtende Oberflächenfische aus dem malayischen Archipel. Gelegentlich einer Reise durch die Molukken, die ich im letzten Winter unternommen habe, hielt ich mich ein paar Wochen auf den Bandainseln, einer kleinen Gruppe im Zentrum des malayischen Archi- pels, auf. Unter anderen interessanten Dingen hatte ich dort auch Ge- legenheit, zwei leuchtende Fische im Leben zu beobachten. Bisher hatte ich die Formen, die Leuchtorgane besitzen, für reine Tiefen- bewohner gehalten und war aufs höchste überrascht, als mir ein deutscher Herr, bei dem ich wohnte, das Vorkommen von Leucht- fischen ganz im Oberflächenwasser berichtete. Ich möchte Herrn Schilling, dessen Gastfreundschaft ich 4 Wochen genossen habe, auch an dieser Stelle meinen herzlichsten Dank für seine liebenswürdige Unterstützung bei meinen Arbeiten aussprechen. 86 Es handelt sich um zwei verschiedene Species, die beide der Wissen- schaft schon seit längerem bekannt sind. Der eine ist zuerst als Sparus palpebratus von BODDAERT beschrieben, der andere als Hete- rophthalmus katoptron von BLEEKER in seinem ausführlichen Werke über die Fische Niederländisch-Indiens. Beide Beobachter haben auch das Leuchtorgan bemerkt, ohne jedoch seine Funktion zu er- kennen. Dies hat zuerst GÜNTHER getan, der aber eben auf Grund der Übereinstimmung in diesem Punkte beide Formen als identisch ansah. Erst der Leiter der Siboga-Expedition, WEBER!, hat diesen Irr- tum aufgeklärt und in seinem Reisebericht Notizen über die Lebens- weise der Tiere veröffentlicht. Kurz vorher hatte ein holländischer Regierungsarzt, VORDERMANN, ebenfalls auf Banda Gelegenheit ge- habt, die Fische zu beobachten, und hat durchaus zutreffende An- gaben, auch über die Funktion der Leuchtorgane, publiziert?. Die beiden Formen gehören in die Familie der Carangiden, was sich neben anderen Merkmalen vor allem in der typischen Gestaltung ihrer Seitenlinien ausspricht. Sie sind untereinander so stark ver- schieden, daß WEBER sie mit vollem Recht in zwei Gattungen ge- stellt hat. Die eine Form, von der ich Ihnen hier eine vergrößerte Skizze nach dem Leben vorführe, hat den Namen Photoblepharon palpe- bratus erhalten. Es ist ein ziemlich kleines Tier. Das größte meiner Exemplare mißt 8,3 cm vom Kopf bis zum Ende der Schwanzflosse, die anderen zwischen 7 und 8cm. Das von VORDERMANN beschrie- bene Exemplar hatte ein Länge von 8 cm — es scheint sich hier- bei um ausgewachsene Tiere zu handeln, wenigstens wußten die eingeborenen Fischer von Banda nichts von größeren Exemplaren. Die Körpergestalt ist ziemlich gedrungen — die größte Höhe be- trägt 3,1 cm — und schmal — größte Dicke 1,5 cm. Die einheit- liche Rückenflosse zeigt 2 harte und 18 weiche Strahlen, die After- flosse 1 harten und 14 weiche und endlich die Bauchflossen 1 harten und 5 weiche Strahlen. Die Grundfarbe des Körpers ist ein tiefes Schwarzbraun, die Flossen sind grauschwarz, Kopf und Kiemengegend haben einen tief samtschwarzen Ton. Abweichend davon gefärbt ist die Basis der Brustflossen und ein Teil des Suboperculum, die hellbläulich-weiß erscheinen. Besonders auffallend ist die Seitenlinie. In der bei Carangiden üblichen Weise sind dort einzelne Schuppen 1 Siboga-Expeditie. — Introduction et description de l’expedition. Par M. WEBER. Leiden 1902. §.108—110. (Vgl. auch A. WEBER-vAN Bosse, Ein Jahr an Bord I. M. S. Siboga. Leipzig 1905.) 2 Natuurkund. Tijdschr. v. Nederl. Indie. 59. 1900. 8. 72. ri. “x tz a u PA ee re a a eae DI oe 87 vergrößert und erheben sich prismatisch über ihre Umgebung. Diese hervorragenden Teile erscheinen durchsichtig hell und zeigen einen irisierenden Glanz, der im vorderen Abschnitt der Seitenlinie mehr ins Hellblaue, im hinteren ins Violette spielt. In der Verlängerung der Seitenlinie befindet sich auf dem Operculum ein milchweißer Fleck. Die andere Form, Heterophthalmus katoptron hat eine schlankere Gestalt. Mein größtes Exemplar erreicht bei einer Höhe von 3,2 cm eine Länge von 10 cm. Nach den Angaben der Fischer sollen die Tiere aber etwa 30 cm lang werden. Damit würde auch überein- stimmen, daß das von BLEEKER abgebildete Exemplar 19,5 cm er- reicht. Diese Species unterscheidet sich von Photoblepharon vor allem durch eine geteilte Riickenflosse. Die vordere besteht aus 4 harten, die hintere aus 1 harten und 15 weichen Strahlen, die Afterflosse zählt 2:10 und die Bauchflosse 1:5 Strahlen. Die Färbung ist ebenfalls dunkelbraun, an der Rückenflosse ist die basale Partie hellgrau, die distale mehr schwarz, die übrigen Flossen sind durch- weg grauschwarz, die Kopfpartie tiefschwarz. Die Seitenlinie tritt viel weniger hervor, ist gestreckter und nicht abweichend gefärbt. Beide Formen haben endlich sehr kleine, samtartige Zähne und sind mit feinen Schuppen bedeckt, die den Kopf freilassen. Beiden Fischen gemeinsam ist nun vor allem auch das charakteristische Leucht- organ. In dem unter dem Auge gelegenen Teil des Orbitalringes befindet sich eine tiefe Grube, und in ihr liegt ein Gebilde, das an Gestalt und Größe etwa einer Bohne gleicht. Bei dem größten Exemplare von Photoblepharon maß es 1,1:0,5 cm in Länge und Breite, bei Heterophthalmus 0,9:04 cm, ist also bei der ersteren kleineren Form relativ erheblich größer. Das Organ ist von seiner Umgebung fast völlig unabhängig, nur im medialen Augenwinkel existiert eine von Knorpelgewebe gestützte Verbindung, die auch Gefäßen als Eintrittsstelle dient. Um diesen Stiel ist das Leucht- organ drehbar und kann bei Heterophthalmus durch Muskelzug in die Grube des Orbitalringes ganz eingeschlagen werden, so daß die leuchtende Fläche völlig verschwindet. Bei Photoblepharon geschieht dies nicht, dafür ist dort aber eine augenlidähnliche Hautfalte vor- handen, die vom unteren Rande der Grube willkürlich emporgezogen werden kann und dann das Organ verdeckt. Die Grube ist ganz schwarz ausgekleidet, ebenso ist bei beiden Formen die dem Auge zugekehrte Rückseite des Organs tiefschwarz pigmentiert, dazu bei Photoblepharon auch die eben erwähnte Hautfalte. Im Gegensatz dazu zeigt die nach außen gewendete Leuchtfläche eine durchscheinend klare, hellgelbe Farbe, von der sich scharf das Rot einer Anzahl 88 von Gefäßen abhebt, die vom untern Rande in annähernd gleichen Abständen parallel nach oben ziehen, sich dabei allmählich ver- schmälernd und in kleinere Äste auflösend. Beim Abtöten geht das klare Gelb der Grundfarbe in ein opakes gelbliches Weiß über. Die beiden in Rede stehenden Formen sind in Banda durchaus keine Seltenheit. Die Eingeborenen kennen sie sehr gut und be- zeichnen sie mit besonderen Namen, den Heterophthalmus als Laweri ayer, den Photoblepharon als Laweri batu, d. h. Wasser- rsp. Stein- fisch. Die Namen sind daher genommen, daß die erstere Form vor- zugsweise im freien Wasser, die anderen mehr am Grunde zwischen Steinen sich aufhält. Ich konnte die Tiere jeden Abend in der Bucht, etwa 10 Minuten von meiner Wohnung, bequem vom Boot aus beob- achten und die Fischer brachten mir gleich auf die erste Nachfrage eine ganze Anzahl lebendig, an denen ich genauere Untersuchungen anstellen konnte. Sie bezogen sich zunächst auf die Intensität des ausgestrahlten Lichtes. Bei der Beobachtung im Freien erscheint es außerordentlich hell. Wenn ein Heterophthalmus in einiger Ent- fernung vom Boote schwimmt, so gleicht sein grünlich-weibes Licht genau dem Reflex des Mondes auf dem Wasser, eine breite Licht- straße zieht sich über das Gekräusel der Wellen. Von den Photo- blepharon sah ich einmal eine Anzahl, 12—15 Stück zusammen am Grunde zwischen den Steinen, ihre Leuchtorgane wirkten wie eine Illumination mit Glühlampen. An gefangenen Exemplaren konnte ich das Leuchten in Muße studieren. Leider hatte ich keine Instrumente zur exakten Bestim- mung und mußte mich mit der Notiz begnügen, daß man beim Lichte eines Photoblepharon noch in 2 m Entfernung deutlich die Uhr ablesen kann, wenn das Auge etwa 5 Minuten dunkel adaptiert ist. WEBER hat bei seinem Aufenthalte auf Banda eine genauere Messung versucht. Er verfuhr dabei in der Weise, daß das Licht des Leuchtorgans durch die schmale Spaltöffnung eines Tubus in das Auge gelangte. Durch Zwischenschaltung geschwärzter Gläser wurde dann die Lichtwahrnehmung zum Verschwinden gebracht. Es ergab sich. daß die angewandten Gläser das »weife Licht« auf 1/7.) reduzierten. Die Angabe leidet von vorn herein an der Ungenauigkeit, daß für den Grad der Abschwächung, der die Lichtwahrnehmung = 0 werden läßt, ein exakter Wert nicht angegeben werden kann; immerhin sind diese Sehwellenwerte für die Lichtempfindung ziemlich scharf markiert, wie die Physiologen festgestellt haben. Ich versuchte nun auf Grund dieser Angaben, die Intensität des Leuchtens zu be- stimmen. Die Versuche wurden im Leipziger Physiologischen In- stitut ausgeführt, und ich bin Herrn Geheimrat HERING wie besonders 89 Herrn Dr. von Bricke für ihr freundliches Entgegenkommen und tatkriftige Unterstiitzung zu bestem Danke verpflichtet. Die Versuchsanordnung war sehr einfach. Als Lichtquelle wurde ein mit Pauspapier verklebter Spalt benutzt, der von rückwärts durch eine nach allen anderen Richtungen lichtdicht abgeschlossene Osram- lampe beleuchtet wurde. Davor rotierte ein Episkotister, d. h. eine schwarze Pappscheibe, in der sich ein Sectorenausschnitt von etwas weniger als !/;° befand. Es mußte also nach einfachen mathema- tischen Überlegungen das Licht auf weniger als '/75), näherungs- weise auf 1/,,) reduziert werden. Zwischen Lichtquelle und Episko- tister wurde ein keilförmiger Trog eingeschaltet, der mit Methylen- blaulösung gefüllt war. Durch geeignete Wahl der Konzentration und der Dicke der zu durchleuchtenden Schicht gelang es, eine Licht- stärke zu ermitteln, bei der das von dem Spalt ausgesandte Licht durch den rotierenden Episkotister nicht mehr wahrgenommen wurde. Leider erwiesen sich die so gewonnenen Werte aber als viel zu klein und die ganze Methode als unbrauchbar, da sie eine enorme Fehlerquelle enthält, die Adaptationsbreite. Die Lichtempfindlichkeit des dunkeladaptierten Auges übertrifft die des helladaptierten um das 1400—8000fache, je nach der Individualität, und selbst nach 3 Minuten Aufenthalt im Dunkelzimmer läßt sich die Lichtempfind- lichkeit durch fortgesetzte Dunkeladaptation noch um mehr als das 1000fache steigern!. Es war daher die WEBERsche Bestimmung, so dankenswert sie an sich ist, für meine Messungen völlig’ wertlos, und ich sah mich gezwungen, auf meine unvollkommene Beobachtung des Uhrerkennens in 2 m Entfernung zurückzugreifen. Durch ge- eignete vorgestellte Methylenblaulösungen gaben wir dem Licht einen ähnlich grünlich-blauen Farbenton und schätzungsweise eine gleiche Intensität, wie ich sie von meinen Beobachtungen am lebenden Leuchtorgan in Erinnerung hatte. Ein nach ca. 5 Min. Dunkeladap- tation angestellter Versuch ließ die Uhr in 1,75 m Entfernung er- kennen, woraus sich ergab, daß die Intensität der gewählten Licht- quelle 0,75 von der des Leuchtorgans betrug. Durch photometrische Bestimmung (Vergleich mit einer Paraffinkerze, deren Intensität — %, einer Normal-Meter-Kerze war), ergab sich für die Intensität des Leuchtorgans der Wert von 0,0024 M.-K. Dieser geringe Wert überraschte mich stark, er ist aber sicher nioht zu niedrig gegriffen, eher zu hoch. Eine nach den WEBER- schen Angaben vorgenommene Bestimmung mit ziemlich geringer Dunkeladaptation ergab 0,00012 M.-K., also !/3, des oben gefundenen 1 PIPER, Zeitschr. f. Psych. u. Phys. d. Sinn. 31. 1903. 90 Wertes. Der außerordentlich starke Lichteindruck bei der Beobach- tung im Leben dürfte zu erklären sein einmal aus der extremen Dunkeladaptation in einer mondlosen Tropennacht und bei Heter- ophthalmus vielleicht auch dadurch, daß der leuchtende Gegenstand sich in Bewegung befand und intermittierend leuchtete, was die Reiz- wirkung durch Kontrast vermutlich erhöht. Heterophthalmus hat nämlich die Gewohnheit, beim Schwimmen sein Leuchtorgan in ziem- lich kurzen Zwischenräumen einzuschlagen und dadurch völlig un- sichtbar zu machen. Bei Photoblepharon habe ich etwas Derartiges nie beobachtet, weder wurde das Organ eingeklappt, obwohl es auch beweglich ist, noch die Hautfalte vorgezogen. Dies geschah nur beim langsamen Abtöten durch Chloroform, während es bei Formol- konservierung geöffnet blieb. Das Licht selbst ist völlig konstant. Ich habe die Tiere sowohl längere Zeit im Freien beobachtet als auch in der Gefangenschaft bei Tag wie bei Nacht, ohne eine nennenswerte Intensitätsschwankung bemerken zu können. — Der Gebrauch, den die Fische von ihrem Leuchtorgan machen, ist sehr leicht verständlich. Es wirkt als Scheinwerfer und lockt kleine Kruster, Würmer und ähnliche Tiere an, die zur Nahrung der La- weris dienen. Die Lokalisation der Apparate ist dazu außerordent- lich gut geeignet. Sie liegen unter den Augen, so dab ihr oberer Rand, wenn sie aufgeklappt sind, bis zum Unterrand der Pupille reicht. Ihre Längsachsen konvergieren nach vorn, die Breitenachsen nach unten, so daß das Licht nach vorn und unten geworfen wird, genau das Prinzip einer Automobillaterne. Daß Licht in das Auge selbst fällt, wird durch einen dichten Pigmentmantel verhindert, der die Hinterfläche des Organs überzieht. Bestätigt wird diese Ver- mutung über den Nutzen des Leuchtens durch eine interessante Ver- wendung, die die Fischer auf Banda von den Organen machen. Sie schneiden sie nämlich heraus, was bei der oben geschilderten Befestigungsweise sehr leicht geht, und stecken sie an ihren Angel- haken, ca. 1/; m oberhalb des Köders. Die Leuchtfunktion bleibt erhalten, bei Photoblepharon eine ganze Nacht, bei Heterophthalmus nur einige Stunden. Die Eingeborenen ködern damit große Fische, die offenbar durch den Lichtschein angelockt werden, und zwar außer- halb der Bai von Banda, im tiefen Wasser. Dies erklärt meines Erachtens auch, warum der Besitz des Leuchtorgans für die lebenden Tiere nicht gefahrbringend ist. Sie leben im flachen Wasser, dicht am Ufer, wo diese großen Raubfische nicht hinkommen. Die Tiere scheinen sich dauernd in diesem flachen Wasser aufzuhalten und nicht etwa nur nachts an die Oberfläche zu kommen, wogegen auch das geologische Verhalten der Bai von Banda, eines isolierten | eV u ul u a A u — = 91 flachen Kraterbeckens, das rings von tiefem Wasser umgeben wird spräche. Eine geschlechtliche Differenzierung ist nicht vorhanden, das Or- gan bei beiden Geschlechtern gleichartig und gleich groß. Über Entwicklung und Verhalten der Jugendformen fehlen mir einstweilen Angaben und Beobachtungen. Die histologische Untersuchung, mit der ich erst vor kurzem be- gonnen habe, läßt das Organ mit voller Sicherheit als eine Drüse ansprechen. Der Drüsenkörper besteht aus langen, schmalen Schläu- chen, die annähernd parallel liegen und nach der Oberfläche des Organs etwas konvergieren. Bei Heterophthalmus biegen sie teilweise an dem Vorderende rechtwinklig um und bilden eine der Oberfläche parallel liegende Schicht. Sie enthalten einen Wandbelag von ku- bischen Zellen, die am Grunde eine regelmäßige Schicht bilden, gegen die Spitze hin immer vereinzelter werden und auch nicht stets scharf begrenzt sind. Bei Photoblepharon finden sich außerdem am Grunde noch einige große Zellen, deren Plasma sich mit Orange G intensiv färbt. Das Lumen ist erfüllt von einem feinkörnigen Secret, das während des Lebens völlig durchsichtig und flüssig ist. Man konnte beim Abtöten mit Formol den Gerinnungsprozeß sehr deut- lich verfolgen, der die Farbe des Organs in ein gelbliches Weiß ab- schwächte und es gleichzeitig scheinbar dicker werden ließ, da eben der durchsichtige Drüsenkörper vorher gar nicht aufgefallen war. Eingescheidet werden die Drüsenschläuche von Bindegewebe, in das Gefäße eingebettet sind; es ist besonders bei Photoblepharon stark entwickelt, und man sieht auf Flächenschnitten, wie sich die Drüsen- querschnitte rosettenförmig um die stärkeren Gefäße anordnen. Ein Ausführungsgang fehlt bei beiden Formen. | Hinter dem Drüsenkörper liegt ein starker Reflector, bestehend aus langen, welligen Bindegewebsfasern mit sehr schmalen Kernen. Bei Photoblepharon dringen Züge dieses grauen Gewebes auch zwi- schen die Drüsenschläuche ein kurzes Stück ein. Das Ganze wird rings umschlossen von einem starken Pigmentmantel, der nur die Vorderfläche frei läßt. Von ihm aus gehen auch Züge von pigmen- tierten Zellen in ein weitmaschiges Bindegewebe über, das hinter dem Reflector liegt und große Gefäße enthält. Von diesen aus dringen dann feinere Äste durch den Reflector und verzweigen sich capillar zwischen den Drüsenschläuchen. Ihnen entgegen kommen an- dere Capillaren, die sich von großen, parallel über die Oberfläche ziehen- den Gefäßen abzweigen, deren ich schon bei der macroskopischen Be- schreibung Erwähnung getan habe. Die Gefäßversorgung ist anscheinend bei Photoblepharon eine bedeutend reichere als bei Heterophthalmus. 92 Im Gegensatz zu dem Gefäßreichtum steht eine auffallende Armut an Nerven. Bei keiner der beiden Formen ist es mir bisher geglückt, Nervenfasern nachzuweisen, auch bei der macroskopischen Präpara- tion habe ich an der schmalen Anwachsstelle keinen Nervenstamm finden können. Dies Verhalten stimmt überein mit dem, was BRAUER über viele der von ihm untersuchten Leuchtorgane von Tiefseefischen angibt. Das Organ scheint also dem übrigen Körper sehr unabhängig gegenüber zu stehen, was vielleicht auch das lange Überleben er- klärt, wie die Tatsache, daß ich Intermittieren oder willkürliche Schwankungen der Lichtintensität nicht beobachtet habe. Als Stützgewebe findet sich ferner noch zwischen Reflektor und Pigmentmantel Knorpel eingelagert, bei Heterophthalmus 2 isolierte Längsstäbe oben und unten, bei Photoblepharon eine Mittelspange, die sich im medialen Ende gabelt und mit einem Aste in den Ver- bindungsstrang mit dem Kopfe übergeht. Merkwürdigerweise be- stehen diese Spangen bei Heterophthalmus aus hyalinem Knorpel, bei Photoblepharon dagegen aus Faserknorpel. Endlich wäre noch zu erwähnen, daß die ganze leuchtende Ober- fläche von einem mehrschichtigen, durchsichtigen Epithel überzogen ist. Der Leuchtkörper liegt ganz in die Cutis eingebettet, die sich vor den Drüsenschläuchen zu einer ziemlich starken Bindegewebs- schicht verdickt, in der die oben erwähnten Gefäßstämme liegen. Über feinere Details möchte ich mich nicht aussprechen, da meine Untersuchungen noch nicht weit genug gediehen sind. Das bisher Gesagte geniigt, um einen Begriff des allgemeinen Baues zu geben, und zeigt, daß es sich hier um Bildungen handelt, die mit den von BRAUER beschriebenen Leuchtorganen der Tiefseefische eine große Verwandtschaft haben, aber doch in wichtigen Punkten von ihnen abweichen. Vor allem möchte ich hervorheben, daß ihre Lage ın einer Grube des Orbitalringes meines Wissens einzig dasteht und daß sie an relativer Größe die Organe aller anderen Formen, viel- leicht mit Ausnahme der Malthiden (Coelophrys) übertreffen. Die weitere Untersuchung wird hoffentlich mehr Anhaltspunkte zu einer spezielleren Vergleichung ergeben. Sie wird auch zeigen, ob Auge und Gehirn irgendwelche Veränderung in Anpassung an die Aus- bildung des Leuchtorgans erfahren haben. Desgleichen hoffe ich, die merkwürdige Seitenlinie von Photoblepharon sowie ein bei beiden Formen sehr verschieden ausgebildetes Kanal- und Rinnensystem an Kopf und Opercularapparat näher zu untersuchen und vielleicht auch Anhaltspunkte für Herkunft und Entwicklung des Organs zu finden. a ee ee ee U nn La ee ee LU > 93 Diskussion: Herr Prof. PLate (Berlin) fragt den Vortragenden, ob nicht durch Auftriebsströmungen die ge- schilderten Fische aus grösserer Tiefe heraufbefördert sein können, ähnlich wie dies in Messina oft vorkommt. Da große Meerestiefen nach Aussage des Vortragenden in nächster Nähe des Fundplatzes vorkommen, so würden solche Strömungen nicht überraschen. Die Leuchtorgane und die Färbung lassen es doch vermuten, daß es sich hier nicht um dauernde oder ausschließliche Flachwasserbewohner handelt, sondern um deplazierte Fische aus mittleren und großen Tiefen. Herr Dr. STECHE: Die in Rede stehenden Formen sind sicher nicht nur zum Laich- geschäft in der Oberflichenregion, sondern halten sich das ganze Jahr dort auf. Tägliche Wanderungen sind durch die geologischen Ver- hältnisse ziemlich sicher ausgeschlossen. Die Strömungsverhältnisse lassen einen Auftrieb, wie bei Messina, unwahrscheinlich erscheinen, besonders da es sich bei der einen Form um ein Grundtier handelt. Herr VANHOFFEN (Berlin) bemerkt, daß die Carangiden im allgemeinen Oberflichenfische sind und dali Heterophthalınus und Photoblepharon, in ihrer Form wesent- lich von den bekannten Tiefseefischen abweichend, an echte Ober- flächenfische erinnern. Herr Prof. PLATE (Berlin). Herrn Dr. PAPPENHEIM (Berlin). Vierte Sitzung. Mittwoch, den 22. Mai, nachmittags 3 Uhr. Demonstrationen: VY. HAECKER: Chromosomen- und Sporenbildung bei Radiolarien. F. Meves: Spermatocytenbildung bei der Honigbiene: E. Putuierr: Fischspermatophoren. V. Franz: Dotterkern im Schollenei. STECHE: Leuchtende Fische aus dem malayischen Archipel. U. GERHARDT: Copulationsapparat der Ratiten. M. Braun: Uterus masculinus von Phocaena. 94 O. ScurRoEDER: Podactinelius und Echinogromia. F. BLOCHMANN: Diapositive von Coenurus (durch Prof. S. W111). E. VANHÖFFEN: Neue Publikationen der Südpolar-Expedition. Vortrag des Herrn Dr. GERHARDT (Breslau): Zur Morphologie des Copulationsorganes der Ratiten. Seit der grundlegenden Arbeit Johannes MÜLLERS! über den Penis der straußartigen Vögel ist man gewohnt, zwei Typen des Ratiten- penis und des Penis der Vögel überhaupt anzunehmen, über deren morphologische Gleichwertigkeit viel diskutiert worden ist. Der Penis aller der Vögel, bei denen er als funktionierendes Organ vor- handen ist, besitzt als feste Grundlage einen Stützapparat, der aus zwei parallelen mehr oder weniger miteinander verschmolzenen Corpora fibrosa besteht, die zwischen sich auf der Dorsalfläche eine von cavernösem (Gewebe ausgekleidete Längsrinne tragen. Das linke Corpus fibrosum ist immer stärker entwickelt als das rechte. Das Ganze ist der ventralen Cloakenfläche angeheftet und sieht mit der freien Spitze nach hinten. Während nun bei Siruthio an der ventralen Fläche des sehr großen Penis ein elastischer, im Innern cavernöser Körper liegt, der nach Johannes MÜLLER die Krümmung des Penis nach vorn bewirkt, findet sich von diesem Gebilde bei Dromaeus, Rhea und Casuarius nichts. Dagegen liegt hier im Innern des Penis, unter dem stärker entwickelten linken Corpus fibrosum, ein Blindschlauch, der beim Coitus ausgestülpt wird und dann eine Verlängerung des Penis bildet. Auch die Rinne des festen Teiles des Penis setzt sich auf den Blindschlauch fort, so daß sie in dessen Ruhelage auf seiner Innenwand, dagegen wenn er ausgestülpt ist, auf seiner Außenfläche verläuft. Bei der Zusammenstellung eines Berichtes über unsere Kenntnisse vom Bau des Penis der Amnioten fiel mir auf, daß in der Litera- tur keine genauen Angaben darüber vorliegen, welchem der beiden genannten Typen der Penis von Apteryx sich anschließt. OWEN? gibt zwar einige Abbildungen des Penis vom Krwr samt kurzer Schilderung im Text, aber aus beiden ergibt sich keine klare Antwort auf unsere Frage, da keine Vergleichung mit anderen 1 Jou. MÜLLER, Uber zwei verschiedene Typen in dem Bau der erectilen männlichen Geschlechtsorgane bei den straußartigen Vögeln usw. Abh. Berl. Akad. d. Wissensch. 1836. 5S. 137. 2 P. OwEN, On the Anatomy of the Southern Apteryx (Apteryx australis Shaw). Transact. Zoological Soc. Vol. II. London 1841. S. 257. 95 Typen angestellt wird. Gapow® gibt an, den Penis von Apteryx untersucht zu haben, ohne sich aber über dessen Bau zu äußern. Es war mir daher im höchsten Maße willkommen, daß ich durch die Güte von Herrn Geheimrat SPENGEL, dem ich auch an dieser Stelle meinen ergebensten Dank sage, in den Stand gesetzt wurde, ein gut konserviertes Copulationsorgan von Apteryx zu untersuchen. Es ergab sich, daß der Penis wesentlich sowohl von dem von Struthio wie auch von Dromaeus, Rhea und Casuarius abweicht. Der Penis von Apteryx ist wie der der übrigen Ratiten ein Aus- wuchs der ventralen Kloakenwand, der auf seiner Dorsalfläche eine Rinne zur Leitung des Spermas trägt. Der Penis spitzt sich in seinem freien Teil rasch zu, und diese Spitze ist stark nach links gekrümmt, so daß sie wieder nach vorn sieht und einen Teil einer Spirale beschreibt. Die Rinne verläuft nicht genau in der Mittel- linie des Penis, sondern etwas nach rechts, entsprechend der auch hier festzustellenden schwächeren Entwicklung des rechten Corpus 3 Hans Gapow, a) Remarks on the Cloaka and the copulatory Organs of Amniota. Philos. Transactions of the Royal Society. Vol. 178 B. 1888. 8.5. b) Bronns Klassen u. Ordn. Bd.6. 4. Abt. Vögel, L, anat. Teil. Leipzig 1891. S. 856. 96 fibrosum, durch die die Torsion nach links bedingt ist. Die Rinne endigt etwa 1 mm vor der Spitze des Penis. Von einem von der Spitze aus eingestülpten Blindschlauch ist nichts zu bemerken, ebensowenig von einem elastischen Körper an der Ventralfläche des Penis. Somit haben wir bestimmt bei Apteryc einen dritten, selbständigen Typus des Ratitenpenis, der sich weder an den von Dromaeus usw., noch an den von Struthio anschließen läßt (vgl. Fig.). Da nun ein funktionierender Penis nur wenigen und durchweg pri- mitiven Vogelformen zukommt, so ist hier die Erörterung der Frage anzuschließen, wie wir uns die Entwicklung der verschiedenen Typen des Vogelpenis vorzustellen haben. Es kann wohl kein Zweifel dar- über bestehen, daß der Penis der Vögel sich aufs engste dem der Chelonier und Krokodile anschließt, und diese Meinung ist ja auch in allen Lehrbüchern und den einschlägigen Arbeiten zu finden. Der Penis dieser Reptilien besteht aus einem unpaaren, medianen, im Gegensatz zu dem der Vögel steng symmetrischen Längswulst, der der ventralen Cloakenwand angeheftet ist und auf freier Dorsal- fläche eine mediane Längsrinne trägt. Diese Rinne ist auch hier von cavernösem Gewebe ausgekleidet, das dem hier in seiner ganzen Länge verwachsenen Corpus fibrosum aufliegt. Die Spitze des Penis zeigt bei den Krokodilen eine kompliziertere Form als bei den Schildkröten. Der Penis von Apteryx zeigt die gleichen Bestandteile wie der der genannten Reptilien. Der einzige wichtige Unterschied liegt in der starken Asymmetrie, deren Bedeutung später zu besprechen sein wird. Auch der Penis von Siruthio erinnert in seinem Aufbau an den der Krokodile und Schildkröten, doch kommt als wesentlicher neuer Bestandteil der elastische Körper hinzu. Bei Dromaeus, Rhea, Casuarius findet sich der eingestülpte, rinnentragende Blindschlauch, der eigentümlicherweise auch bei den Schwänen, Enten und Gänsen wiederkehrt. Nur in der Befestigung der Muskulatur des Penis am Becken zeigen die drei Ratitengattungen eine wesentliche Abweichung vom Vextiidaan des Entenpenis. Boas* hat darauf hingewiesen, daß das Voukdanin des mit Blindschlauch versehenen Penis bei zwei so verschiedenen Gruppen, wie bei Dromaeus usw. und den Anatiden, dafür spreche, daß diese Form des Penis primitiv sei, und daß das Fehlen des Blindschlauches beim Strauß sekundär entstanden zu denken sei. Das Corpus elasticum 4 J. E. V. Boas, Zur Morphologie der Begattungsorgane der amnioten Wirbeltiere. Morphol. Jahrb. Bd. 17. 1891. S. 271. & Parsee —— OF von Struthio sei das Homologon des Blindschlauches von Jthea. Diese Annahme scheint mir nicht wahrscheinlich, da ich mir schwer vorstellen kann, daß ein von Ectoderm bekleideter Schlauch zu einem mesodermalen Körper werden kann. Doch mag man immer- hin die von Boas angegebene Möglichkeit im Auge behalten. Für Apteryx aber kann man sich kaum eine derartige Reduktion eines früher vorhandenen Blindschlauches vorstellen, und es bleibt daher meines Erachtens nichts übrig, als einen anderen Ursprung oder doch einen getrennten Entwicklungsweg für diesen Penistypus an- zunehmen. Von anderen Penisformen von Vögeln wären zur Ver- gleichung mit Apteryx wohl nur Crax und Crypturus heranzuziehen, bei denen nach den wenigen Literaturangaben® ein zungenförmiger, allerdings rudimentärer Penis mit Rinne vorkommen soll. Ich konnte leider kein Material von diesen Vögeln untersuchen. So müssen wir für den Penis der Ratiten mindestens einen Typus Struthio-Rhea und einen Typus Apteryx, wahrscheinlich aber drei Typen aufstellen. Zu erörtern ist nun die Frage, wie man sich die Über- einstimmung im Bau der Copulationsorgane von Rhea und Dromaeus einerseits mit dem der Anatiden andererseits zu erklären habe. Hier liegt esnahe, an die Palamedeiden als vermittelnde Formen zu denken, und in der Literatur (Gapow ®) findet sich auch in der Tat die Angabe, daß diesen Vögeln ein Anatidenpenis zukomme. An einem männ- lichen Exemplar von Chauna chavaria aus dem Breslauer Zoologischen Garten kann ich diese Angabe nicht bestätigen. Ich finde hier nur eine millimeterlange Rinne an der ventralen Cloakenwand, zwischen 2 minimalen Wülsten, also einen ganz außerordentlich stark rudi- mentären Penis, der dem der Anatiden nicht zu vergleichen ist. Doch möchte ich kein verallgemeinerndes Urteil von diesem einen Befunde aus abgeben, obwohl es sich um ein erwachsenes, normales Männchen zu handeln schien. Jedenfalls sind Nachuntersuchungen in dieser Richtung sehr erwünscht, ebenso wie über die über- raschende Angabe Darestes’, daß bei Cereopsis novae hollandiae der Penis fehlen soll. Die Frage muß also vorläufig offen gelassen werden, ob die Übereinstimmung im Bau des Penis von Dromaeus, Rhea und Casu- arvus mit dem der Anatiden auf eine gemeinsame Wurzel zurückzu- 5 cf. bei JoH. MÜLLER (l. c.), S. 161, 162. 6 Bronss Klassen u. Ordn. Bd.6. 4. Abt. Vögel, systemat. Teil. Leipzig 1893. 8. 153. 7 C. DARESTE, Note sur la disposition des organes génitaux males chez la Céréopse cendre (Cereopsis cinerea). Ann. des sc. nat. 4. Ser. Zoologie. Paris 1862. Tome 17. p. 328. Verhandl. d. Deutsch. Zool. Gesellschaft. 1907. 7 98 führen ist, oder in beiden Fällen unabhängig voneinander sich ent- wickelt hat. Ferner ist noch nicht zu entscheiden, ob, wie Boas will, zwischen dem Penis von Struthio einerseits und dem von Dro- maeus, Rhea, Casuarius und der Anatiden andererseits engere ge- netische Beziehung bestehen. Der Penis von Apteryx gehört einem Typus an, der vielleicht mit dem von Crax und Crypturus zu homo- logisieren ist, jedenfalls aber mit dem der übrigen Ratiten und der Anatiden nur in ganz frühen, längst ausgestorbenen phylogenetischen Stadien zusammengehangen haben kann; der auch sonst heutzutage wohl allgemein anerkannte polyphyletische Ursprung der Ratiten wird. durch die Tatsache, daß drei verschiedene Penistypen unter ihnen existieren, noch erhärtet. Andererseits gewinnt der Vogelpenis da, wo er überhaupt vorhanden ist, als primitives Merkmal eine Be- deutung für die Systematik, und es ist auffallend, daß die verschie- denen flugunfähig gewordenen Vögel, die den Brustbeinkamm ver- loren haben, sämtlich im Besitze eines wohlentwickelten Penis sind. Daß der Penis da, wo er fehlt, wie es bei der großen Mehrzahl der Vögel der Fall ist, sekundär verloren gegangen ist, wird mit Recht von allen Forschern angenommen, die auf diesem Gebiete gearbeitet haben. Daß die Anatiden im Besitz eines Penis geblieben sind, der sogar den höchsten Entwicklungsgrad des Vogelpenis erreicht, hängt vielleicht, wie OWEN vermutet, mit der Begattung auf dem Wasser zusammen, die hier die Regel bildet. Erdlich sei noch darauf hingewiesen, daß die regelmäßig auf- tretende Asymmetrie des Vogelpenis kein Zufall ist, sondern in engster Beziehung steht zum Bau der weiblichen Geschlechtsorgane. Immer ist der Penis nach der linken Seite hin gekrümmt oder ge- dreht, und in den Fällen, wo beim Coitus ein Blindschlauch ausge- rollt wird, wird er gleichfalls nach links hin dirigiert. Hierin haben wir offenbar eine Anpassung an den Schwund des rechtsseitigen Geschlechtsapparates der weiblichen Vögel zu erblicken. Daher ist es auch verständlich, daß diese Asymmetrie nur bei den Vögeln und nicht bei den übrigen Sauropsiden mit unpaarem Penis auftritt. Wie FLEISCHMANN § gezeigt hat, zeigt sich dieses Charakteristicum des Vogelpenis bei der Ente in der embryonalen Entwicklung bereits auf frühem Stadium. — Wir müssen uns vorläufig immer noch damit begnügen, die Typen des Vogelpenis nach Möglichkeit scharf zu scheiden; unsere Kennt- nisse von dem Zusammenhang dieser Typen untereinander sind noch 8 A. FLEISCHMANN, Morphol. Studien über Cloake und Phallus der Amnioten. III. Die Vögel, von Dr. CARL RoMAYER. Morphol. Jahrb. Bd. 30. 1902. S. 614, die zitierte Stelle auf S. 646. TREE a" ah 99 in hohem Grade lückenhaft, und erneute, besonders auch embryo- logische Untersuchungen wären hier notwendig, obwohl die Material- beschaffung erhebliche Schwierigkeiten bereiten wird. Demonstration: Dr. U. GERHARDT, (Breslau): Penes einiger Reptilien, von Struthro, Dromaeus und Apteryx, von Anser, Cloake von Chauna chavaria ohne entwickelten Penis. Nachtrag zu dem obigen Vortrage. Durch die Güte von Herrn Professor GADOW in Cambridge er- hielt ich im Anfang Juli 1907 noch einen Penis von Apteryx owenr zugeschickt, der sich von dem Exemplar der Gießener Sammlung bei prinzipiell gleichem Bau durch geringere Größe unterscheidet. Herr Prof. Gapow, dem ich für seine Freundlichkeit bestens danke, macht mich darauf aufmerksam, daß als einziges verbindendes Merkmal zwischen dem Penis des Apteryx und der übrigen Ratiten noch die skeletale Penismuskulatur übrig bleibt. An beiden mir vorliegenden Exemplaren war diese Muskulatur allerdings durchtrennt. Breslau, 5. Juli 1907. Vortrag des Herrn Dr. V. Franz (Helgoland): Über die Bedeutung des sog. »Dotterkerns« im Schollenei. Sicher ist es durchaus berechtigt, wenn in KORSCHELTs und HEIDERs Lehrbuch der vergl. Entwicklungsgeschichte! gesagt wird, man habe unter der Bezeichnung »Dotterkerne« bisher ganz ver- schiedenartige Bildungen zusammengefaßt. Die an gleicher Stelle gegebene provisorische Einteilung der Dotterkernarten (in 1. eigent- liche Dotterkerne, 2. ähnliche, aber kleinere und stets in Mehrzahl vorhandene Bildungen und 3. als Attraktionssphären aufzufassende Gebilde) dürfte noch garnicht einmal ausreichen, um wirklich alle als Dotterkerne beschriebenen Bildungen zu umfassen. Wenigstens kann ich mitteilen, daß der sog. Dotterkern im Schollenei (Plew- ronectes platessa), ein Gebilde, das von CUNNINGHAM? als Dotterkern beschrieben wurde und bei KORSCHELT und HEIDER auch unter dieser 1 KORSCHELT und HEIDER, Lehrb. d. vergl. Entwickelungsgeschichte d. wirbel- losen Tiere. Allg. Teil. I. u. I. Aufl. Jena 1902. 2 J. T. CunnınGHam, On the Histology of the Ovary and the ovarian Ova in certain Marine Fishes. Quaterly Journal of microscopical Science. Vol. 40 New Series. London 1898. \ ” 100 Bezeichnung Erwähnung findet, in keine der drei genannten Gruppen gehört. Vielmehr stellt er einen aus dem Zellkern in das Ei- plasma ausgestoßenen Nucleolus dar. Zu diesem Ergebnis kam ich bei Gelegenheit von Studien über das Ovarium der Schollen, die hauptsächlich in ganz anderer Ab- sicht unternommen wurden. Bekanntlich ist der Zellkern des Teleostiereies ausgezeichnet durch eine große Anzahl Nucleolen, kleiner runder Körperchen, die der Zellmembran anliegen. Ein Mikrotomschnitt durch ein größeres Ovarialei eines unreifen Schollenovariums läßt aber eine ganze An- zahl solcher Nucleolen an der Peripherie des Zellkerns erkennen (Fig. 1). Ihre Größe wechselt etwas, ebenso ihre Gestalt, indem sie häufig kugelig, zum teil auch halb- kugelig bis glockenförmig sind und in letz- teren Fällen mit ihrer flachen Seite der Kernmembran von innen her anliegen. Ferner finden sich auch häufig noch tief der: Selle nd ds rule im Innern des Zellkernes, der stets von der Peripherie des Zellkerns. einem feinen Netzwerk erfüllt ist, einige Nucleolen, jedoch stets nur kleinere (so in Fig.2,9,18,19). Endlich scheint die Lage der an der Peripherie liegen- den Nucleolen etwas zu wechseln, sie liegen teils unmittelbar an der Kernmembran, teils etwas mehr nach innen gerückt. Diese letztere Erscheinung beruht aber nur auf einem Kunstprodukt; es hat sich nämlich bei der Behandlung der Gewebe mit dem Fixiermittel (Gilson-Lösung) die den Zellkern erfüllende Masse etwas kon- trahiert und von der Kernmembran abgelöst, wobei sie einige der Nucleolen mit sich riß, während andere an der Membran haften blieben. Die an Pseudopodien erinnernden Fortsätze des Zellkern- inhaltes in Fig. 12, 13, 17, 18 weisen deutlich auf die stattgehabte Schrumpfung hin, indem sich die Kernmasse von den randständigen Nucleolen zurückgezogen hat. Ferner sind in Fig. 9 die fädigen Verbindungen der von der Kernmembran entfernten Nucleolen mit der Kernmembran sicher als Produkte der postmortalen Zerreißungen während der Fixierung zu deuten. Solche Schrumpfungen konnten, wie Abbildungen beweisen, auch von den früheren Untersuchern nie ganz vermieden werden, nur sind sie vielleicht nicht immer als Kunstprodukte erkannt worden. Im Vergleich zu dem in Fig. 1 gegebenen Bilde eines größeren Ovarialeies der Scholle sind diejenigen, welche man von kleineren, jüngeren Eiern erhält, stets viel weniger regelmäßig. In diesen 101 sind nämlich die Nucleolen von viel ungleichmäßigerer Größe, viele sind von viel beträchtlicherer absoluter Größe, als sie je im Kern des Fig. 2—5. Kleinere Ovarialeier der Scholle. Regellose Anordnung der Nucleolen. größeren Eies vorkommen, und es liegen auch größere Nucleolen im Innern des Kerns. Fig.6. Junges Schollenei Fig.7 und 8. Junges mit eigentümlich struktuiertem Schollenei mit flockigen Nucleolus. Nucleolen. Wir sehen also, daß während des Eiwachstums die Nucleolenverhältnisse mehr und mehr geregelt werden. RW x Bia Phere Smee ae a ER > 3 is Fig. 9—11. Ausstoßung eines Nucleolus. Derselbe wird zum sog. Dotterkern. Auf welche Weise dies geschieht, konnte bis jetzt weder von CUNNINGHAM noch von mir festgestellt werden. Teilungsstadien der größeren Nucleolen in den jüngeren Eiern wurden nicht sicher 102 beobachtet. Es ist daher auch die Möglichkeit offen zu lassen, daß die größeren Nucleolen resorbiert werden und kleinere sich neu bilden. 12. Pa =< Er a 7 ~ ~~ VA I 1 3 . f N / yf At RR > \ \ | “rn | . \ x / \ / \ y J Fig. 12 und 13. Der ausgestoßene Nucleolus als Dotterkern. Nur einen Vorgang, der jedenfalls mit der Regelung der Nucleolen- verhältnisse zusammenhängt, konnte ich wiederholt in den micros- kopischen Präparaten beobachten, nämlich die Ausstoßung eines 16. un CES: Fig. 14. Der Dotterkern von Fig. 13 vergrößert. Fig. 15. Ein Dotterkern, vergrößert. Fig. 16. Dotterkern an der Eimembran. Fig. 17. Derselbe, ver- größert. Fig. 18 und 19. Der Dotterkern im Ei der Kliesche (Pleuroneetes limanda) an der Eimembran. i 103 größeren Nucleolus (Fig. 9—11). Diese Ausstoßung, erfolgt stets unter lokaler Auflösung der Kernmembran. Der ausgestoßene Nucleolus ist nunmehr dasjenige, was von CUNNINGHAM als Dotterkern beschrieben worden ist. Er vergrößert sich im Eiplasma wohl stets noch ein wenig und findet sich entweder an irgend einer beliebigen Stelle (Fig. 12 und 15), oder er gerät bis an die äußere Eimembran, wo er sich häufig zu einer glockenförmigen Gestalt abplattet (Fig. 16, 18, 19). Häufig scheint er dabei zwar noch etwas von der Eimembran entfernt zu liegen, bei genauem Zusehn mit starken Vergrößerungen er- kennt man jedoch, daß dieses Aussehen wiederum nur auf Schrumpfung beruht. So sind die in Fig. 17 erkennbaren parallelfädigen Strukturen senkrecht zur Eimembran) ein sicherer Beweis, daß hier ein post- mortales Losreißen des Plasmas von der Eimembran bei oder nach der Fixierung stattgefunden hat. Ähnliche fädige Zerreißungsprodukte finden sich auch manchmal rings um einen mitten im Eiplasma ge- legenen Nucleolus, z. B. Fig. 15. Der ausgestoßene Nucleolus oder nunmehrige Dotterkern erlangt also erst an der Eimembran die Glockenform. Letztere ist augenscheinlich durchaus vergleichbar mit der künftigen Halbkugel- oder Glockenform bei Nucleolen, die im Zellkern der Kernmembran anliegen. Beweise für die Identität des Dotterkerns mit Nucleolen liegen 1. in der Aufweisung der Ausstoßungsphase, 2. in der Größen- und Form- ähnlichkeit beider Bildungen, 3. im gleichen färberischen Verhalten, 4. in der bei beiden gleichartigen Struktur. Die letztere läßt sich nur bei Anwendung starker Vergrößerung erkennen und auch mit dieser natürlich nur dann, wenn die Färbung nicht zu stark ist. Dotter- kern wie Nucleolen nehmen nämlich sehr stark die Farbe an und werden daher bei der von mir bevorzugten Eisenhämatoxylinmethode häufig ganz schwarz. Ist die Färbung aber günstig ausgefallen, so erscheinen die kleinern Nucleolen des Scholleneis häufig wie Kugeln, bei denen nur die äußerste Schicht gefärbt ist. Auf den beigegebenen Figuren kommt diese Hohlkugelstruktur wegen der Kleinheit nicht zum Ausdruck. Bei den größern Nucleolen ist diese Struktur nur sehr selten vorhanden. Ich fand sie nämlich nur in einem Falle (Fig. 6), und in diesem Falle sah ich, beiläufig bemerkt, noch eine feine Netzstruktur im Nucleolus. Gewöhnlich sind jedoch die größeren Nucleolen von einer durch und durch feinflockigen Struktur (Fig. 7 und 8), und eine solche ist auch dem Dotterkern eigen und bei den stark vergrößerten Abbildungen (Fig. 14, 15, 17) zu erkennen. Es scheint demnach, daß ein Nucleolus, sobald er im Zellkern die flockige Struktur annimmt, schon für die Ausstoßung bestimmt ist. 104 In physikalischer Beziehung dürfen wir nach dem Gesagten den Dotterkern wohl auffassen als eine Menge körniger oder viel- leicht auch netz- oder gerüstartig untereinander verbundener Be- standteile, in einer farblos bleibenden Grundmasse suspendiert, welch’ letztere wie ein Oltropfen im Wasser Kugelform, im Falle des Adhärierens an der Wand aber Halbkugelform annimmt. Die Glocken- form könnte dann allerdings nur durch die Annahme sekundärer physikalischer Bedingungen erklärt werden, wenn sie nicht gar erst im Moment der Fixierung durch eine unvermeidliche Kontraktion des Protoplasmas und einen dabei auf den Nucleolus ausgeübten Zug nach innen hin zustande kommt. ‘Das letztere scheint mir nicht wahrscheinlich, aber immerhin möglich. Im Zellplasma, wo sich der ausgestoßene Nucleolus vergrößert, scheint eine Quellung des die Grundmasse bildenden Tropfens vorzugehen, denn die Körnelung des Dotterkerns ist ganz von derselben Art wie die des Nucleolus, nur erscheint sie etwas luftiger. Wahrscheinlich enthält ein Ei häufig mehr als einen Dotterkern zugleich. Im Microtomschnitt wird man das zwar nur selten kontrol- lieren können, und ich sah nur einmal ein Ei mit zwei Dotterkernen in einem und demselben Schnitt. Ähnliche Beobachtungen vermerkt indessen auch CUNNINGHAM?. Sicher aber findet man in vielen Eiern keinen Dotterkern. Ganz die gleichen Verhältnisse wie beim Schollenei fand ich beim Ei der Kliesche (Pleuronectes limanda), der Fig. 18 und 19 ent- nommen sind. Die Frage nach dem schließlichen Verbleib des ausgestoßenen Nucleolus scheint bereits durch CUNNINGHAM befriedigend gelöst zu sein. Sehr wahrscheinlich klingt nämlich die Angabe von CUNNINGHAM, daß mit Zunahme der Dotterkugeln diese den Dotterkern ganz um- geben und letzterer sich bald nur noch als eine etwas stärker ge- färbte Partie im Zytoplasma abhebt, schließlich aber überhaupt nicht mehr zu erkennen ist. Die Frage nach der Bedeutung des Dotterkerns beantwortet sich nunmehr dahin, daß der Dotterkern im vorliegenden Falle als solcher bedeutungslos ist. Er verdient überhaupt gar nicht den Namen Dotterkern, da er dem Untergang verfällt, sobald die Dotter- bildung einigermaßen vorgeschritten ist. Der Vorgang der Nucleolen- ausstoßung aber bewirkt offenbar eine Regelung der Nucleolen- 3 J. T. CunnincHAM: The Development of the Egg in Flat Fisches and Pipefisches. Journal of the Marin. Biological Association, Bd. III. Ply- mouth 1895. 105 verhältnisse und wohl auch zugleich eine solche der Kern- plasmarelation (d. h. des quantitativen Verhältnisses zwischen Kern- und Plasmamasse). Der Vorgang der Nucleolenausstoßung findet nicht nur bei der Scholle der Kliesche und anderen Teleostiern statt, sondern scheint im Tierreiche bei Ovarialeiern noch öfter vorzukommen. So berichtet HEMPELMANN® über eine gleichartige Beobachtung bei den Anneliden Saccocwrus. Der Hauptunterschied zwischen CUNNINGHAMS und meiner Dar- stellung vom Dotterkern des Scholleneies liegt darin, dab CUNNINGHAM den Dotterkern hypothetisch als Centrosom auffaßt (obwohl er keine echten Centrosomen im Teleostierei zu Gesicht bekommen konnte), während ich auf Grund von beobachteten Tatsachen den Dotterkern für einen abortiven Nucleolus erklären kann. Mit meinen Beobachtungen stimmen schon eher diejenigen über- ein, welche HENNEGNY®. gleichfalls am Teleostierei, und zwar bei Syngnathus acus verzeichnet. HENNEGNY sah das erste Stadium des Dotterkerns in Kontakt mit der Kernmembram und nimmt daher seine Entstehung aus Kernsubstanzen an, obwohl er sie nicht mit derselben Schärfe wie ich nachweisen konnte. CUNNINGHAM jedoch verwarf seine Meinung. Wenn ich nunmehr, trotz einiger Abweichungen, HENNEGNY bei- stimme, so bestätige ich gerade seine Beschreibung desjenigen Vor- gangs, den er als typisch für das ganze Tierreich auffassen will. Vielleicht wird also über den Ursprung und die Bedeutung derartiger, als Dotterkern beschriebener Gebilde bei vielen Tieren dasselbe gelten wie bei den Teleostiern. Vortrag des Herrn Dr. E. PnıLıppr (Berlin): „Spermatophoren“ bei Fischen. Wie ich bereits in einer früheren Notiz! erwähnt habe, drehen die Männchen der viviparen Teleostierarten Glaridichthys januarius Hensel und G. decem-maculatus Jenyns (Fam. Cyprinodontidae s. Poeciliidae) zwecks Vollziehung der Copulation ihre langgestreckte, am freien Ende einen Klammerapparat tragende Analflosse seitlich 4 F. HEMPELMANN, Eibildung, Eireifung und Befruchtung bei Saccoeerrus. Zoolog. Anzeiger. Bd. 30. 1906. 5 L. F. HenneGNy: Le corps vitellin de Balbiani dans l’ceuf des vertébrés. Journal de l’anatomie et de la physiologie, 29. Année, 1893. 1 Sitzungsber. d. Ges. naturforschender Freunde. Berlin 1906. S. 230. 106 rechts oder links so herum, daß ihr Distalende nunmehr nach vorn und etwas dorsalwärts weist. In dieser Stellung, mit eingelegter Lanze, schießen sie auf das Weibchen los, den Klammerapparat an dessen Genitalpapille ansetzend und fast noch im selben Augenblick, von der Gewalt des eigenen Vorstoßes fortgerissen, es überholend, wobei die Anale in ihre gewöhnliche Lage zurückkehrt. Die Be- rührung beider Tiere während der Copulation ist also nur eine ganz momentane, und selbst während dieser kurzen Berührung bleiben ihre Genitalöffnungen, die bei beiden Geschlechtern an der normalen Stelle am Bauch dicht vor der Afterflosse sich finden, durch einen Zwischenraum getrennt, der durch die Länge der männlichen Anale gegeben ist. Würde die Ejaculation in der bei Teleostiern üblichen Weise vor sich gehen, so wäre es unverständlich, wie das Sperma in die weiblichen Genitalwege gelangen kann, was doch bei der Viviparität beider Arten notwendig ist; es wäre um so unverständ- licher, als das Weibchen während der Copulation sich oberhalb des Männchens befindet, dessen am Bauch befindliche Genitalöffnung _ bodenwarts schaut. Da hundertfältige Beobachtung der Copula keine Klarheit brachte, beschloß ich, mir künstlich das Ejaculat zu verschaffen, was mir nach mehreren Fehlversuchen durch Anwendung einer einprozentigen Lösung von Chloralhydrat ohne nachteilige Folgen für das Versuchs- tier gelang: Übt man an der Stelle, unter der sich der Hoden be- findet, mittels der flachen Seite einer Lanzettnadel einen gelinden Druck auf die Leibeswand des narkotisierten, einem Objektträger adhärierenden Fisches aus, so sieht man das Sperma aus der Genital- öffnung heraustreten in Gestalt zahlreicher, milchweiser, dem bloßen Auge auf schwarzem Hintergrund eben noch sichtbarer Gebilde, die am ersten erreichten Gegenstande fest kleben. Bei Anwendung von Vergrößerungen zeigen sie die Gestalt eines Rotationsellipsoids mit körneliger Oberflächenstruktur, dessen große Achse 1!/, bis 21/, mal so lang ist wie die kleine. Schnittpräparate zeigen, daß die Wand dieser Ellipsoide aus radiär angeordneten Spermienköpfen besteht, die oft, den Zellen eines einfachen Cylinderepithels vergleichbar, nur eine einzige Reihe bilden und dann so dicht einander angelagert sind, daß sie als ein zusammenhängender Ring erscheinen und erst bei starker Ansziehung des Kernfarbstoffes als Einzelindividuen deutlich werden. Häufiger jedoch ist ihre Anordnung eine lockerere, indem ein Teil von ihnen die Außenfläche nicht erreicht und dafür dementsprechend tiefer in das Innere des »Spermatophors« hineinragt, was, namentlich auf Schrägschnitten und insbesondere dann, wenn diese die Nähe eines 107 Poles, also Stellen stärkerer Krümmung der Oberfläche des Rotations- ellipsoids treffen (bei a in der Fig.), den Eindruck einer mehrschich- tigen Anordnung hervorruft. Auf die äußere Schicht der Spermienköpfe folgt eine helle, schmale Zone (b), die den Hälsen der Spermien entspricht und eine sehr feine radiäre Streifung zeigt. Der ganze Rest des Binnenraumes wird nun von den Schwänzen der Spermien eingenommen, die aber nicht die radiäre Richtung der Köpfe und Hälse fortsetzen, sondern abknicken und zu einem mehr oder minder spiraligen Wirbel zu- sammengestrudelt und im Schnitt bald als Linien (d), bald als Punkte (ec) sichtbar sind. Zusammengehalten wird das ganze Gebilde durch eine Kittmasse, die mit Kernfarbstoffen garnicht, mit Plasmafarben, z. B. Eosin, ganz schwach sich tingiert und das gesamte Lumen des Hodens erfüllt, soweit es nicht von den hier bereits fertig ge- bildeten und frei flottierenden »Spermatophoren« eingenommen wird, e Schnitt durch ein Spermozeugma von Glaridichthys januarius. die meist in solcher Menge vorhanden sind, daß ihr gegenseitiger Druck die Regelmäßigkeit der Wölbung ihrer Randkontur beein- trächtigt (bei e in der Fig.). Diese Masse wird zum Teil bei der Ejaculation mit ausgestoßen und bedingt das Festkleben des Ejaculats, dem bei der Copulation die umgelegte Anale gewissermaßen als Gleitschiene zur Genitalöffnung des Weibchens dient. Eine Röhren- bildung weist aber die Analflosse nicht auf, was ich in Überein- stimmung mit GARMANS? Angaben entgegen ZOLOTNISKY? und den 2 8. Garman, The Cyprinodonts. p. 18. — Memoirs of the Museum of Com- parative Zoology at Harvard College. Vol. XIX No. 1. Cambridge, U.S. A. 1895. 3 N. ZOLOTNISKY, Les mceurs du Girardinus decem-maculatus, poisson vivi- 108 vielfachen Angaben der Aquarienliteratur betonen möchte. Das Weibchen braucht nun nur ein Vacuum in der Leibeshöhle herzu- stellen, sei es vermittels der Muskulatur der Leibeswand, sei es mittels des hier abweichend von allen andern bisher untersuchten Teleostiren vorhandenen Oviductmuskulatur, um die an oder nahe der Genitalöffnung klebenden Spermienellipsoide ins Innere gelangen zu lassen. Es fragt sich nun, mit welchem Namen diese Gebilde zu be- zeichnen sind. Daß sie nicht Spermatophoren im engeren Sinne vorstellen, ergibt sich aus dem Fehlen einer Hülle; sie für »Spermato- phoren«, in Anführungszeichen, zu erklären, mag für den Schriftge- brauch angehen, ist aber jedenfalls für den Sprachgebrauch untun- lich. Nun hat BALLowırz® für »die eigenartigen, bei den Insekten zur Beobachtung kommenden Zusammenjochungen zahlreichen Sper- matozoen« den Namen Spermatozeugma vorgeschlagen, den er später zu Spermozeugma zusammengezogen hat. Ich möchte, in Anlehnung an Waldeyer®, den Umkreis dieses Begriffes etwas erweitern und nenne Spermozeugma jede nicht von einer Fremdhülle umschlossene Zusammenlagerung von Spermien zu specifisch angeordneten Gruppen, gleichgültig, ob die Spermien in gleicher Richtung zur Erhöhung der aktiven Beweglichkeit durch den gemeinschaftlichen Geißelschlag aneinandergekoppelt oder »-gejocht« sind, oder ob, wie hier, die Aneinanderlagerung derart erfolgt, daß zur Erhöhung der passiven Beweglichkeit die harten Teile der Spermien, die Köpfe, die gesamte Oberfläche einnehmen und so eine gewissermaßen centrifugale An- ordnung der Teile vorhanden ist. pare. p. LXVI. — Archives de Zoologie Experimentale et Generale (3) IX. Paris 1901. 4 Emit BALLOWITZ, Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen usw. p. 386. — Zeitschrift f. wiss. Zoologie. L. Leipzig 1890. 5 EmıL BALLOWITZ, Die Doppelspermatozoen der Dytisciden. p. 476. Anmerk. — Zeitschrift f. wiss. Zoologie. LX. Leipzig 189. 6 W. WALDEYER, Die Geschlechtszellen. p. 153. — In O. HErtwics Hand- buch der vergleichenden u. experimentellen Entwicklungsgesch. d. Wirbeltiere. Jena 1906. 109 Fünfte Sitzung. Donnerstag, den 23. Mai, 9—12 Uhr. Die Sitzung beginnt mit dem Bericht der Rechnungsrevisoren, auf welchen hin die Versammlung dem Schriftführer die Entlastung erteilt. Auf Anregung des Herrn Professor PLATE (Berlin) sollen die mit einer größeren Summe an Jahresbeiträgen rückständigen Mitglieder aus der Mitgliederliste gestrichen werden, wie dies (nach wiederholten Mahnungen) auch bisher schon geschehen ist. Herr Professor PLATE regt ferner an, für die von der Gesellschaft verschickten «Verhand- lungen« die Schriften anderer Gesellschaften oder sonstige Pub- likationen einzutauschen, um damit den Grundstock einer Bibliothek zu schaffen. Die Versammlung überläßt es dem Vorstand, sich mit dieser Frage zu beschäftigen und der Versammlung später zu berichten. Die Versammlung beschließt weiter, beim Verlassen von Rostock an Herrn Professor SEELIGER ein Abschiedstelegramm zu richten. Vortrag des Herrn Prof. WiLL (Rostock): Bau und Bildung der Nesselkapseln. (Manuskript nicht eingegangen.) Diskussion: Herr Prof. zur STRASSEN (Leipzig): Was Herr Witt über die Nesselkapselmuskeln von Physalia ge- sagt hat, kann ich nach Untersuchungen, die vor einigen Jahren im Leipziger Zoologischen Institut angestellt worden sind, bestätigen. Die früher von Cuux beschriebene Querstreifung erschien ihm selber zweifelhaft. Mit Hilfe der Apochromate und der Heidenhainfärbung erkannten wir sogleich, daß es sich nicht um Querstreifung, sondern um dichte und regelmäßige Zickzack- oder Spiraltouren handelt. — Herr Wırr teilte mit, daß der Inhalt der Nesselkapseln nicht ho- mogen, sondern stets blasig oder körnig sei. Dies gilt wohl nur von konservierten Präparaten? Wäre der Inhalt auch im Leben keine homogene Flüssigkeit, so würde die Mechanik des Entleerungs- prozesses äußerst schwer verstellbar. Herr WILL: Gegen den Einwurf des Herrn Prof. zur STRASSEN bemerkt der 110 Vortragende, daß er geneigt ist, die Annahme der Explosion der Nesselkapsel ausschließlich infolge Quellung des Secretes zu be- zweifeln, überhaupt in der Frage der Explosionsursache sich ab- wartend verhalten möchte, bis der Nachweis erbracht ist, welche Verbreitung die von ihm geschilderten Strukturverhältnisse überhaupt besitzen. Herr Prof. ZIEGLER (Jena). Gegenüber Herrn Prof. ZIEGLER bemerkt Vortragender, dab er sich bisher nicht damit abgegeben hat, nach einer vorderen Öffnung des Nesselkapselschlauchs zu suchen. Herr KOBERT: Ich erlaube, mir bei Erwähnung der Mazeration von Nesselkapseln mit Holzessigosmium darauf aufmerksam zu machen, daß beide Kom- ponenten dieser Flüssigkeit für den Forscher, der sich wochen- und monatelang über Gefäße, die damit gefüllt sind, zu beugen hat, er- heblich schädlich wirken können. Die Dämpfe der Osmiumsaure entzünden nur die äußeren Teile des Auges; die Dämpfe des Methyl- alkohols, der in dem Holzessig enthalten ist, bewirken aber De- generation der Retina und des Optikus und dadurch schwere Schädi- gung des Sehvermögens; ja selbst dauernde Blindheit kann diese früher für harmlos gehaltene Substanz herbeiführen. Vortrag des Herrn Prof. O. zur STRASSEN (Leipzig): Filaria medinensis und Ichthyonema. Die Kenntnis des Medinawurmes ist uralt: antike Schriftsteller und sehr wahrscheinlich sogar die Bibel erzählen von ihm. Den- noch weiß man bis jetzt vom Bau des Tieres nicht viel, von seiner Lebensgeschichte fast noch nichts. Ich habe mich bemüht, durch Nachuntersuchung und Vergleich zur Aufklärung beizutragen. Bekanntlich sind die nahezu meterlangen Medinawürmer, die unter der Haut des Menschen schmerzhafte, zuletzt nach außen durchbrechende Geschwüre bilden, allesamt Weibchen. Ihr Leib ist fast seiner ganzen Länge und Dicke nach von einem cylindrischen Fruchthalter ausgefüllt, der vorn und hinten, wie eine Wurst die Zipfel, je ein vergleichsweise winziges, fadenförmiges Ovarium trägt. Im Uterus wimmelt es von Eiern, Entwicklungsstadien und langge- schwänzten, lebhaft beweglichen Embryonen. 111 Wie aber die reife Brut nach außen entleert werde, war bis- her zweifelhaft. Nach der »symmetrischen« Anlage des Genital- apparates hätte man ungefähr in der Mitte seiner Länge den Ur- sprung eines Ausführungsganges vermuten sollen: davon hatte man nie eine Spur entdeckt; und alle älteren Forscher waren einig, daß die Geburt der Embryonen nicht anders als durch Platzen des Körpers und des Uterus erfolgen könne. Neuerdings aber hat Looss in seiner Bearbeitung der tropischen Nematoden (1905 S. 183) die Hypothese aufgestellt, der Genitalschlauch unseres Wurmes kom- muniziere nach vorne zu mit dem Oesophagus und die Entleerung der Brut geschehe durch den Mund! . Hierbei beruft der erfahrene For-. - scher sich einerseits auf Schilderun- gen, die FORBES und MANSON vom Geburtsakte gegeben haben — beide sahen den Uterus aus dem Munde des Wurmes hervortreten, sobald man Wasser auf die Umgebung des aufgebrochenen Geschwiires tropfte —, andererseits auf anatomische An- gaben LEUCKARTSs. Im Parasiten- werke (1876 S. 673) hatte LEUCKART den Schlund des Medinawurmes als ein sehr. sonderbares Gebild be- schrieben (Fig. 1). Der Hauptteil des 4 cm langen Organes besteht nach ihm aus körnig-drüsenartiger, anscheinend im Zerfall begriffener Substanz und schließt ein weites, höchst unregelmäßig begrenztes, zum Teil sogar in mehrere Spalträume zerlestes Lumen ein, das hinten ol mit dem Darmkanal, vorn durch ein Fig.1. Schematischer Längsschnitt enges, schräg seitwärts emporstei- durch den Vorderleib einer F. me- gendes Röhrchen mit einem kurzen inensis nach LEUCKART. md Mund- »Munddarm« verbunden ist. An aaa eh rh Sel ear LUEz | avon die Gabelung des »Pharyn- derselben Stelle nun, wo Schlund- gealkanales«, nach Looss der Vagina. und Munddarmlumen . zusammen- treffen, entspringt noch ein anderes Gefäß: ein enger »Pharyngeal- kanal«, der an der Außenwand des Oesophagus entlang zieht, sich weiterhin gabelt und in zwei ansehnliche, dicht nebeneinander lie- gende, auf Querschnitten Ösenartig vorspringende Röhren übergeht. 112 Diese endigen nach LEUCKART blind. Looss aber nimmt an, daß sie weiter laufen, sich irgendwo mit dem Uterus in Verbindung setzen und eben nichts anderes sind als der in den Schlund mündende, weiter rückwärts verdoppelte Ausführungsgang des Geschlechts- apparates. Ich kann die Loosssche Hypothese, die das bis dahin Bekannte auf eine geschickte Art zu verknüpfen sucht, nicht bestätigen. LEUCKART hatte recht: die beiden parallelen Rohre endigen wirk- lich blind und haben mit den Geschlechtsorganen nichts gemein. Er irrte jedoch, indem er die fraglichen Gebilde sich vorn zum »Pharyngealkanal« vereinigen ließ. Die Rohre beginnen vielmehr frei in der Schlundwand, kommunizieren weder miteinander noch Fig. 2. Querschnitt durch F. medinensis in der Höhe des obliterierten Porus | excretorius (P.e.). / das Lumen des Oesophagus; n der Kern der dorsalen Schlunddriise. mit dem Oesophagus und stellen je einen allseitig geschlossenen, langeylindrischen Hohlraum dar. Daß kopfwärts davon ein enger »Pharyngealkanal« gelegen sei, der vorn in den Munddarm übergehe, trifft zu (Fig. 22), nur zieht dieser Kanal am Ursprung der beiden 113 Rohre glatt und unbeteiligt vorüber. Sein winziges Lumen findet sich, so weit die Rohre reichen, im Winkel zwischen ihnen und dem volumi- nösen Hauptteile (Fig. 3); es läuft sogar über das rückwärtige Ende der Rohre noch hinaus und — mündet in den Darm! Da nun dieser Kanal in topographischer, struktureller und fär- berischer Hinsicht als unmittelbare Ver- längerung des Munddarmlumens er- scheint, so ist zweifellos, daß wir in ihm das wirkliche, allerdings kaum noch passierbare Lumen des Oesophagus zu erblicken haben. Was ist dann aber die Bedeutung des mächtigen Hohlgebildes, das LEU- CKART für den Hauptteil des eigent- lichen Schlundes ansah, und dessen irregulär begrenzter Hohlraum rückwärts in den Darmkanal übergehen sollte? ee rey te Nene ; gleicheVergrößerung wie Fig.2; — Ich stellte zunächst fest, daß dieses ~ 7 Lumen des Oesophagus. merkwiirdige Organ knapp vor dem Be- ginne des Darmes blind endigt; nicht anders als die zwei kleineren und kürzeren Rohre der gegenüberliegenden Seite. Da nun auber- dem die Wandung der letzteren dieselbe zackige Begrenzung, körnig- drüsige Struktur und völlig gleiche Färbbarkeit besitzt wie die Masse des Hauptrohres, so gewinnt man den überzeugenden Eindruck, daß alle drei um die Schlundspalte herum gruppierten Hohlorgane gleich- wertige Gebilde sind, von denen freilich das eine an Stärke und Ausbildung die beiden anderen, gleichsam rudimentären, übertrifft und obendrein vorn durch einen feinen Kanal in das Schlundrohr mündet. i Niemandem kann die Ähnlichkeit solchen Verhaltens mit dem der körnigen »Schlunddrüsen« entgehen, die man seit SCHNEIDER bei zahlreichen Nematoden gefunden hat: auch diese der Schlund- wand eingefügten, trotz ihrer Größe einzelligen Gebilde finden sich zumeist in Dreizahl und zwar symmetrisch auf die drei Winkel zwischen den Spalten des Schlundlumens verteilt; eine davon — die dorsale — pflegt bei den parasitischen Formen (JÄGERSKIÖLD 1894 S. 503) stärker entfaltet zu sein und mündet, während die beiden anderen blind endigen, weit vorne in den Verdauungskanal. Wenn ich nun im Vertrauen auf diese Ähnlichkeit den »Haupt- teil« des Oesophagus als eine monströs entwickelte dorsale Schlund- drüse, die parallelen Rohre als rudimentäre subventrale betrachten Verhandl. d. Deutsch. Zool. Gesellschaft. 1907. 8 | Fig. 3. Querschnitt des Oeso- 114 möchte, so steht dem die asymmetrische Lage, in der man die Ge- bilde antrifft — die »dorsale« Drüse liegt neben dem Schlundlumen, statt über ihm (Fig. 2, 3) — wohl nicht im Wege. Es ist leicht zu begreifen und findet bei Durchsicht einer Schnittserie sogleich Be- stätigung, daß im Zusammenhange mit der extremen Entfaltung der Dorsaldrüse eine Torsion des Schlundes um seine Längsachse eintreten konnte. Andererseits liefert folgendes für meine Deutung einen zwingenden Beweis. Nicht weit vom Vorderende liegt in der Wandung der dorsalen Drüse, die sich hier stark verdickt, ein bohnenförmiger, von granulierter Masse und tief gefärbten Bändern erfüllter Körper, so groß, daß man ihn auf Querschnitten mit bloßem Auge gerade noch erkennen kann (Fig. 2 2). LEUCKART hielt das Gebilde, in der Meinung, es läge ventral, für ein Bauchganglion. In Wirklichkeit aber be- findet es sich, wie aus der Lage des (früher nicht gefundenen) Porus excretorius unweigerlich hervorgeht, an der Rückenseite und kann offenbar nichts anderes sein, als der — allerdings enorme — Kern einer dorsalen Schlunddrüse. Jedenfalls ist die alte Lehre, wonach der geschwür- bildende Medinawurm einer Vagina entbehren soll, wieder völlig in ihre Rechte eingesetzt. Wenn es wahr ist, woran ich nicht zweifle, daß der Uterus der reifen Würmer sich durch den Mund hervorschiebt, ehe er platzt, so muß dem eine innerliche Zer- reißung im Gebiete des Schlundes vorausgegangen sein. Osmotischer Druck, der bei Berührung mit Wasser so viele zarte Nematoden sprengt, kann das leicht bewirken. Und da die Medinawürmer mit Vorliebe an den Füßen zum Durchbruch kommen, so ist normaler- weise dafür gesorgt, daß beim Durchschreiten der Gewässer, beim Baden usw. zahllose Embryonen in Tümpel und Flüsse übergehen. Was aus den freigewordenen, im Wasser lebhaft umherschwim- menden Embryonen programmgemäß werden soll, schien nach Be- obachtungen FEDTSCHENKOs (1869 S. 71) genau bekannt. FEDT- SCHENKO entdeckte in Turkestan, daß die beweglichen Tierchen, deren langer Schwanz mit seiner klebrigen Spitze an allem mög- lichen hängen bleibt, die ihren Aufenthaltsort teilenden Cyclops befallen, indem sie durch die Bauchwand in ihren Körper dringen, öfters ein Dutzend und mehr ins gleiche Individuum. Im Leibes- raum des Krebschens wächst der junge Wurm heran und häutet sich unter Formveränderung. Sein Leib wird schlanker, sein Schwanzteil kürzer, dicker und dreispitzig. Der Oesophagus gewinnt im Ver- hältnis zum Darm bedeutende Länge und gliedert sich in zwei Ab- schnitte von ungleicher Struktur, an deren Grenze zwei auffallend AZ sn ee ER ee Oe ee ee der 115 große, helle Blasen — wohl Kerne — gelegen sind. Über dieses Stadium gelangt die Larve, selbst wenn sie wochenlang im Cyclops lebendig bleibt, niemals hinaus. Nun hatten zwar Versuche, die jungen Larven an Hunde und Katzen zu verfüttern, kein Resultat ergeben. Gleichwohl schien es so gut wie gewiß, dab die FEDTSCHENKOsche Larve ein obligato- risches Übergangsstadium, und jeder reife Medinawurm, in einen Cyclops eingeschlossen, mit dem Trinkwasser in den Verdauungs- kanal des Menschen gelangt sei; er hätte darauf den Darm seines neuen Wirtes durchbohrt und wäre unter enormer Vergrößerung quer durch die Muskulatur bis an die Haut gewandert; wozu dem Tiere — wie sich an mehreren Fällen, bei denen der Zeitpunkt der möglichen Infektion genau zu bestimmen war, ermitteln ließ — ein volles Jahr zur Verfügung stände. Aber selbst auf diese so naheliegende und früher allgemein an- genommene Vorstellung ist der Schatten des Zweifels gefallen. PLEHN hat in Kamerun (1898 S. 294) die aus dem Uterus des Medinawurmes entnommenen langgeschwänzten Embryonen direkt an einen Affen verfüttert und erzielte damit, wie er angibt, Infek- tion! Schon nach 2 Monaten entstand am Oberschenkel des Affen eine schmerzhafte Geschwulst. Als er nach 81/, Monaten starb, fand sich an gleicher Stelle in einer pilzigen, bräunlich-roten Masse, die aber die Haut völlig intakt ließ, ein 40cm langer Wurm. Diesen spricht PLEHN als Fllaria medinensis an und kommt natür- lich zu dem Ergebnisse, dab der Medinawurm auch normalerweise ohne Zwischenwirt, durch unmittelbare Aufnahme der Embryonen übertragen werde. Looss hat der Neuerung (1903 S. 184) insoweit zugestimmt, als er direkte Infektion neben der indirekten für mög- lich hält. Ich meine dagegen, es würde äußerst befremdlich, ja ohne Beispiel sein, wenn bei Filaria medinensis der Durchgang durch einen vom definitiven Träger so grundverschiedenen Zwischen- wirt, wie Cyclops, ganz nach Belieben absolviert oder übersprungen werden könnte: soll man vielleicht glauben, die charakteristische Form- und Bauveränderung, die sonst im Leibesraum des Krebschens vor sich geht, vollziehe sich ebensogut im Darme des Warmblüters? oder wird sie etwa gar bei der direkten Übertragung einfach unter- drückt? Hier gilt, wie es scheint, nur ein Entweder-oder. Ist das Ergebnis des PLennschen Infektionsversuches einwandfrei, so wird man sich zu der Meinung bequemen müssen, daß das Eindringen der Em- bryonen in Cyclops eine zufällige Verirrung, die FEDTSCHENKOsche Larve dem Untergange geweiht und vielleicht in ihren Merkmalen bereits pathologisch sei. — Wenn aber die normale Infektion des S* 116 Menschen wirklich durch Aufnahme der eben freigewordenen Em- bryonen geschieht, so tritt — in Analogie mit der von Looss ent- deckten Wanderungsweise des Ancylostoma — die früher öfter be- hauptete Einwanderung durch die Haut aufs neue in den Bereich der Möglichkeit. Völlig dunkel ist auch die Frage, was den Medinawürmern nach ihrem Eintritt in den menschlichen Körper zunächst geschieht. In viele Lehrbücher ist zwar die Angabe eingedrungen, daß englische Ärzte in Indien das Männchen der Filaria medinensis gefunden hätten; aber das ist garnicht der Fall. CHARLES beobachtete (1892) gelegentlich vorgenommener Sektionen junge Medinawürmer im sub- peritonalen Bindegewebe. Manche waren abgestorben, vertrocknet und verkalkt. Zwei andere aber, von denen eines nur etwa 15cm maß, trugen an ihrem Körper je ein weißes Fädchen ange- heftet, das aus einer Öffnung der Leibeswand hervorkam und — mit der Pinzette um einen weiteren Zentimeter herausgezogen werden konnte! CHARLES sieht diese Anhängsel ohne näheres Studium für Männchen an. Wer aber je mit zarteren Nematoden umgegangen ist und ihre unangenehme Neigung kennt, aus Bruchstellen der Leibeswand die Eingeweide hinauszutreiben, sagt sich sogleich, daß die von CHARLES gesehenen Anhangsfädchen bestimmt nichts anderes waren, als prolabierte Teile des weiblichen Genitalapparates. So urteilen auch Looss und Manson. Und somit dürfte das viel- zitierte Männchen der Fllaria medinensis fürs erste wieder aus der Literatur zu streichen sein. Wenn nun ein männlicher Medinawurm nie gefunden ist, so wird es fraglich, ob es solche gibt. Frlaria medinensis könnte ja, wie so viel andere Nematoden, als ein protandrischer Hermaphrodit erst Sperma, dann Eier produzieren und diese dann mit selbstgebildetem Samen befruchten. Vielleicht auch gelangen die Eier zu parthenogenetischer Entwickelung; da man an keiner Stelle des Genitalschlauches ein Receptaculum seminis oder irgendwo Sperma angetroffen hat, so würde eine solche Vermutung sich durch den anatomischen Befund ganz wohl begründen lassen. Gibt es aber dennoch Männchen, wie erfolgt dann die Befruch- tung? Natürlich kann die Vagina, die den reifen Würmern fehlt, in einer früheren Zeit vorhanden gewesen und nach der Begattung spurlos zurückgebildet worden sein. Doch spricht — im Anschluß an von LInstow — LEUCKART die Vermutung aus, dab das Männchen seine Spicula dem Weibchen an irgend einer Stelle in den Leib rennen, dabei den ausgedehnten Uterus treffen und Sperma in- jizieren könnte. 117 Also nichts als Probleme und Möglichkeiten. Da nun der lang- same Gang, den die Entwickelung unserer Kenntnis vom Medina- wurme bisher genommen hat, nicht eben zu der Hoffnung ermutigt, daß die vollkommene Rratklärkng seiner Lebensgeschichte in abseh- barer Zeit gelingen möchte, so wird inzwischen eine vorläufige Orientierung durch den Vergleich mit möglichst nahe ver- wandten Würmern nicht unwillkommen sein. * Das erste Anrecht, in solchem Sinne herangezogen zu werden, hat wohl ein Parasit, den der französische Helminthologe NEUMANN (1895) in einem aus Afrika importierten Python entdeckt und als Filaria dahomensis beschrieben hat. Unter der Bauchhaut der Riesenschlange fanden sich, teilweise frei im Bindegewebe, zumeist aber in lymphoide Organe eingebohrt, zahlreiche 50 bis 80cm lange weibliche Würmer, die im Bau des Kopfendes, des Uterus und Darmes und ganz Neon der Embryonen viel Ähnlichkeit mit dem Medinawurme erkennen ließen. In ihrer Gesellschaft aber lag ein kaum 5 cm langer männlicher Nematod! Dieser war von dunkelgrauer Farbe, besal eine kräftig längsgestreifte Cuticula und trug in der Weise der echten Füaria- und Spiroptera-Männchen sein Hinterende in mehrfacher Spirale eingerollt. NEUMANN sieht das Tier als Männchen der Frlarıa dahomensis an, und weil nicht weit von ihm ein jüngeres (aber doch schon 30 cm langes) Weibchen sich befunden hatte, so spricht er die Vermutung aus, das junge Weibchen sei von dem Männchen an Ort und Stelle kurz zuvor be- gattet worden. Er kommt darauf ganz folgerichtig zu dem Schluß, daß auch bei dem Medinawurme ein Männchen vorhanden sein, und die Begattung im Unterhautbindegewebe geschehen müsse. BLAN- CHARD (1895 S. 766) stimmt ihm hierin zu. Man wird aber dieses Ergebnis weder für so umfassend, noch für so sicher halten, daß der Versuch, aus der Geschichte anderer verwandter Würmer weiteren Aufschluß zu gewinnen, überflüssig wäre. Und hierzu bietet sich ein vielversprechendes Objekt: eine Gruppe von Nematoden, deren hohe Ähnlichkeit mit dem Medina- wurme schon LEUCKART zu Analogieschlüssen verwendet hat, die aber andererseits durch ihren Aufenthalt in leicht zuge Wirten, zum Teil auch ihre eigene Häufigkeit dem Untersucher und krimentster recht günstige Bedingungen stellen. Das ist die Gattung Ichthyonema. Die großen, reifen Ichthyonema-W eibchen halten sich in der Leibes- höhle und in den Keimdrüsen von Fischen auf. Da aber ihr Genital- apparat dem des Medinawurmes in jedem Punkte gleich, also auch 118 blind geschlossen ist und nur durch Platzen des ganzen Leibes ent- leert werden kann, so müssen sie zum Geburtsakte notwendig nach außen wandern: bei der Berührung mit Wasser tritt auf osmotischem Wege Entbindung ein. Und wirklich hat RupoLPH1 zwei Exemplare des bei Süßwassercyprinoiden lebenden J. sanguineum in der Schwanz- flosse ihres Trägers angetroffen. Eines davon hatte sogar mit beiden Körperenden die Haut durchbohrt. Und wie beim Medinawurm (CHARLES), so gehen auch hier nicht wenige der zarten Tiere auf ihrer Wanderung zugrunde. Man findet ihre vertrockneten, braun- schwarzen Reste an allerhand Organen der Leibeshöhle, — eine Erscheinung, die bei dem J. globiceps, einem gemeinen Parasiten von Uranoscopus, Trachinus und anderen Mittelmeerfischen sogar überaus häufig ist. Zuweilen dient wohl auch der Darm als Aus- bruchspforte. Wenigstens sah von Linsrow (1874 S. 128) mehr- fach Weibchen von J. sanguimeum, die mit dem Vorderleib in die Darmwand eingebohrt und so verendet waren. Die Ähnlichkeit der Ichthyonema-Weibchen mit dem Medinawurm erstreckt sich ferner auf den Bau der Leibeswand und ganz be- sonders auf die Beschaffenheit des Darmes. Wie bei F. me- dinensis erscheint der Darm der reifen Ichthyonemen rudimentär, ein schmales, kollabiertes, im Leben tiefbraun gefärbtes Band, aus großen und langgestreckten Zellen erbaut, worin zahlreiche, durch Amitose vermehrte Kerne gelegen sind. Ein funktionierender After fehlt auch hier: das Darmrohr heftet sich hinten durch einen soliden Strang an die Bauchwand. Am allerfrappierendsten aber ist die Über- einstimmung im Bau des Oesophagus. Von WILLEMOES-SuHm (1871 S. 195) gab an, im Schlunde des J. globiceps eine auffallend große helle Blase oder Zelle gefunden zu haben, von Linstow (l. c. S. 127) be- schreibt das gleiche für I. sanguimenm. JAGERSKIOLD aber (1894 5.497), der das sonderbare Gebilde bei seiner neuen Species pellucidum wieder- fand, erkannte in ihm den Kern einer monströs entfalteten dorsalen Schlunddrüse, deren feiner Ausführungsgang weit vorn in das Schlundlumen mündet, — ein Nachweis, den er sogleich für I. sanguineum bestätigen konnte, und der, wie ich hinzufüge (Fig. 40) nicht minder auch für globiceps gültig ist. Nun stellt das Vorhanden- sein einer so auffallenden Bildung natürlich ein systematisches Merk- mal ersten Ranges dar. Wir werden solche als Ichthyonema be- schriebene Arten, denen etwa die Drüse mit ihrem Riesenkerne fehlt — und außer bei den genannten drei wird ihrer nirgends Erwähnung getan —, in eine andere Gattung verweisen müssen. Dafür aber tritt die nahe Blutsverwandtschaft des Medinawurmes mit echten Ichthyonemen jetzt umso überzeugender hervor. Wenn man erfährt, 119 daß rudimentäre, beiderseits blind geschlossene ventrale Schlund- drüsen auch bei den Ich- thyonemen zu finden sind (JÄGERSKIÖLD), und dab der ganze Schlund bei J. sanguineum und globiceps dieselbe fast rechtwinklige Drehung um seine Lings- achse wie beim Medina- wurme zeigt, so könnte man wohl gar auf den (Gedanken kommen, »/?- laria« medinensis (die ihrem ganzen Körperbau nach durchaus keine echte Filarie ist) müßte mit der Gattung Ichthyonema! zu vereinigen sein. Jedenfalls aber haben wir zu der Vermutung alles Recht, daß die Ver- gleichbarkeit der beider- lei Formen sich nicht auf die genannten Punkte beschränken, daß vielmehr auch in ihrer Lebens- und Entwickelungsge- schichte die weitestge- hende Analogie bestehen werde. Das heißt: wir schließen in diesen Dingen mit einem sehr hohen Grade von Wahr- scheinlichkeit von Ichthyonema auf den Me- dinawurm. 1 In solchem Falle hätte der Name Ichthyonema DIE- SING 1860 vor der alten, von CoBBoLD (1864) neu aufge- nommenen Bezeichnung Dra- Fig. 4a.“ Junges Weibchen von Ichthyonema cunculus die Priorität. globiceps, 6,1 mm lang. v Vagina. * Fig. 4b. Vorderleib, stärker vergrößert. 120 Das erste, was wir in sol- chem Sinne verwerten können, ist die Tatsache, daß es bei a Ichthyonema Männchen gibt. Von Linsrow fand nach langem Suchen dasjenige von J. sanguineum. Die Männchen von globiceps sind längst bekannt und garnicht selten; sie treiben sich frei in der Leibeshöhle ihres Trägers herum, nehmen wohl auch die Gallenblase als Aufenthaltsort, aber nie — wie früher behauptet wurde — den Darm. Bei beiden Arten sind die Männchen vergleichsweise winzig klein, im ersten Falle 2,5 mm, im zweiten 6 bis 8 mm lang, dabei von fadenartiger Dünne. Ich fand den Bau des globi- ceps-Männchens recht eigenartig (Fig. 5). Der Darmkanal stimmt in den meisten Punkten mit dem der jüngeren Weibchen überein. In der dorsalen Schlund- wand liegt eine mächtige, kör- nige Drüse, die nur nicht ganz so weit vorn als dort in das Lumen mündet, und an der üblichen Stelle der charakteri- stische Riesenkern. Der Hoden ist ein gerader, einfacher Schlauch, bei reifen Männchen aber ziemlich voluminös und samt dem breiten ductus ejacu- latorius von winzigen, runden Spermatosomen angefüllt. Ganz ungewöhnlich ist die Bildung Fig. 5. @ Reifes Männchen von I globi- ‘8 Hinterleibes. Der Genital- ceps. b Hinterleib desselben, stärker SChlauch nimmt den schmalen vergrößert. Darm so weit vor dem stumpf ee ERTL Be ES ie Ds ak EEE en SF years 7. STAY ER Er a 121 gerundeten Schwanzende in sich auf, daß eine Cloake von fast einem Zehntel der Gesamtlänge entsteht. Und diese Cloake führt nicht, wie sonst, durch eine Öffnung direkt nach außen, son- dern mündet in den Spicularapparat! Die Ichthyonema-Männchen besitzen, wie schon von Linstow richtig geschildert hat, außer zwei gleichen, schlanken Spiculis ein accessorisches Dorsalstück, an dem sie gleiten. Es zeigte sich nun, daß die Cloake mit dem accessorischen Stücke in fester Verbindung steht, also an ihrer Mündung die Spicula dorsoventral umgreift. Die Spicula aber sind rinnenförmig, bilden zusammen ein Rohr und leiten darin die Samen- körper, wie durch einen wirklichen Penis, nach außen. Die Öffnung des Schwanzendes, das übrigens links und rechts je einen bohnenförmigen, muskulösen Haftlappen trägt, ist für den Durchtritt der Spicula gerade weit genug. Sind sie hinausgeschoben, so quillt bei Druck die feinpunktierte Spermamasse dort, wo sie klaffen, oft weit vom Leibesende entfernt, hervor (Fig. 5a). Männchen einer von Grund aus anderen Organisation beschreiben GEMMILL und von Linstow (1902) bei »Ichthyonema« Grayi, einer in Seeigeln schmarotzenden riesenhaften Nematodenform: die Hoden sind doppelt, das Schwanzende überragt fadenförmig die Cloaken- mündung, der Hinterleib ist spiralig aufgerollt. Da auch die Weib- chen in der Bildung des Oesophagus wie in der Form der Embryonen von Ichthyonema stark verschieden sind, so darf die Species der enggeschlossenen Gruppe globiceps-sanguineum-pellucidum nicht an- gereiht und für Vergleiche mit dem Medinawurme nicht verwendet werden. Auf die Geschichte der echten Ichthyonemen gestützt aber re- gistrieren wir, daß jetzt mit allergrößter Wahrscheinlichkeit auch für »Fılaria« medinensis die Existenz von Männchen behauptet werden kann. Diese Männchen werden relativ winzig, wie die von Ichthyonema, und in der Lebensweise und Bauart jenen ähnlich sein. Hierdurch fällt zugleich auf Neumanns Angabe, nicht weit von den Weibchen seiner Filaria dahomensis ein zugehöriges Männchen ge- funden zu haben, neues Licht. Steht diese Species dem Medina- wurme und damit auch der Gattung Ichthyonema wirklich so nahe, wie es scheint, so hat das männliche Exemplar, das eine längsge- streifte Haut, ein spitzes, aufgerolltes Hinterende und ungleiche Spicula besaß, gewiß nichts mit ihr zu tun. Vermutlich gehörte das Tier zu einer echten Flaria oder Spiroptera. * Wenn es nun männliche Ichthyonemen und Medinawürmer gibt, 122 so ist fast gewiß, daß die betreffenden Weibchen zu irgend einer Zeit und irgendwie von ihnen begattet werden. Freilich hat man im Genitalschlauch reifer Medinawürmer nie Sperma entdeckt. Bei Ichthyonema-Weibchen, besonders den etwas jüngeren, findet man jedoch in der Tat die minutiösen, vom Männchen her bekannten Samenelemente im Uterus. Und zwar nicht etwa dort, wo junge Eier aus den Ovarien in den Fruchthalter übertreten, d. h. an beiden Enden des Organs, sondern gleichmäßig verteilt über seine ganze Länge. Die Befruchtung leidet darunter keinen Schaden. Denn da die Inhaltsmasse des Uterus durch heftige peristaltische Zusammen- ziehungen seiner Muskulatur sehr gründlich durcheinandergeschiittelt wird, so liegen auch überall zwischen Furchungsstadien und Em- bryonen die winzigen jüngsten Eier, und zur Befruchtung ist aller- orten Gelegenheit. Bei den Medinawürmern verhält es sich ganz gewiß ebenso. Schon Bastian bemerkte (1863 8. 119), daß kleinste Eier im ganzen Uterus anzutreffen sind, — woraus er freilich auf ihre Entstehung an gleicher Stelle schließen zu müssen glaubt. Und die vorhandenen Spermatosome werden wohl infolge ihrer Klein- heit mit allerhand Detrituskörnchen verwechselt worden sein. Wie aber ist die Spermamasse in den Uterus des schei- denlosen reifen Weibchens hineingelangt? Von Linstows seit lange vertretene Meinung, die Weibchen von Ichthyonema würden an irgendeiner Stelle ihres Leibes vom Männchen angebohrt und durch den Stichkanal mit Samen gefüllt, wird durch den anato- mischen Befund anscheinend bestätigt, zum mindesten unterstützt: warum sollte sonst der Spicularapparat auf so ungewöhnliche Weise in einen scharfspitzigen Penis verwandelt worden sein? Für den Medinawurm, auf den schon LEUCKART die von Linstowsche Idee übertrug, gälte danach das gleiche. Die Geschichte der Ichthyonemen entscheidet die Angelegenheit jedoch in anderem Sinne. Es war nicht schwer, an jungen, etwa 8 bis 10 mm langen Weibchen von I. globiceps, bei denen der Uterus noch nicht einmal Eier, sondern lediglich, wie ein riesiges Recepta- culum seminis, eine erstaunliche Quantität Sperma enthielt, die Reste einer Vagina aufzufinden (Fig. 4a, p. 108). Sie liegt am Ende des zweiten Körperdrittels und wendet sich von da als ziemlich langer Schlauch nach vorn. Doch kommuniziert sie nicht mit dem Uterus, sondern ihr Hohlraum ist größtenteils von einer stark lichtbrechen- den Masse ausgefüllt. Nachdem mir die typische Lage des Gebildes bekannt geworden war, entdeckte ich es auch an älteren Weibchen: ein Exemplar von 51mm Länge trug, in das Bauchfeld eingebettet, noch ein stark lichtbrechendes, nach vorne verlaufendes Fädchen als 123 letzten Rest. Ebenso habe ich dann bei einem völlig erwachsenen, 44 mm langen I. sangwineum das Rudiment der Vagina ohne allzu viele Mühe aufgefunden. Die Wahrscheinlichkeit, daß weibliche Ichthyonemen auf einer frühen Stufe ihres Lebens durch eine echte Vagina begattet werden, grenzt hiernach an Sicherheit. Und dank der Häufigkeit des J. glo- biceps gelang auch der wirkliche Beweis. Spült man die Leibeshöhle der infizierten Fische gründlich aus, so trifft man mitten zwischen den reifen Männchen öfter weibliche Würmer von nur 5 mm Länge und weniger an, wobei sich zeigt, daß diese jungen Geschöpfe un- befruchtet und mit einer offenen, wenn auch engen Vagina versehen sind. Sicherlich stehen sie kurz vor der Copulation. Denn bei nur ein bißchen älteren, etwa 5,2 mm langen Weibchen ist der Uterus regelmäßig mit feinpunktiertem Sperma angefüllt, die Scheide aber durch einen homogenen Pfropfen, vielleicht eine Aus- scheidung der männlichen Leitungswege zugesperrt. Und wirklich ist mir ein Weibchen von 5,1 mm in die Hand gefallen, in dessen enger Scheide die abgebrochenen Enden der Spicula verräterisch stecken geblieben waren. | Auch diese Kenntnis übertragen wir auf den Medinawurm. Wir halten für ausgemacht, daß junge und relativ kleine Weibchen in der Leibeshöhle des Menschen — nicht aber, wie NEUMANN, BLAN- CHARD, Looss u. a. meinen, im Bindegewebe — von dem noch un- bekannten Männchen begattet werden, und zwar mit Hilfe einer am Ende des zweiten Körperdrittels gelegenen Vagina, die späterhin ob- literiert. * Größtes Interesse knüpft sich für uns an die der Copulation vorausgehende frühe Lebensgeschichte der Ichthyonemen: wie kommen die in das Wasser entleerten Embryonen in den Körper des Fisches hinein, direkt oder durch einen Zwischenwirt? Ist diese Frage doch auch für den Medinawurm noch ungelöst. Zunächst gelang es schnell, die Möglichkeit einer direkten Einwanderung durch den Mund des Fisches mit Sicherheit aus- zuschließen. Ich habe die reife Brut der beiden Arten pipetten- weise in den Verdauungskanal der betreffenden Fische eingebracht, auch längere Zeit die Fische im Wasser gehalten, das von Embryonen wimmelte. Nie erfolgte eine Infektion. Die linjizierten oder ver- schluckten Würmchen starben bald und waren nach einem halben Tage völlig verdaut. Wenn aber bei Ichthyonema die unmittelbare Übertragung der Embryonen per os unmöglich ist, so muß ich die Angabe Prenans, daß ihm die Infektion eines Affen mit Embryonen 124 des Medinawurmes gelungen sei, sehr ernsthaft in Zweifel ziehen. Der 40 cm lange Wurm, der unter der Haut des Affen eine Geschwulst her- vorrief, stammte vielleicht von einer vorausgegangenen natürlichen In- fektion; hat er sich doch bereits zwei Monate nach dem Versuche be- merkbar gemacht: eine für den Medinawurm viel zu kurze Frist. Ich halte nicht einmal für ganz gewiß, daß der von PLEHN gefundene Parasit F\ medimensis war. Die Art seines Vorkommens und seiner Wir- kung auf den Träger war jedenfalls recht ungewöhnlich. Und sehr genau hat PLEHN seineu Fund, wie es scheint, nicht untersucht. Da nun durch diese erste Erfahrung FreDTSCHENKOs alte An- gabe, die Embryonen des Medinawurmes wanderten in Cyclops ein, ihre volle Bedeutung und Glaubwürdigkeit zurückerhielt, so schloß ich einmal umgekehrt vom Medinawurm auf Ichthyonema: ich ließ die Möglichkeit einer direkten Infektion durch die Körperhaut des Fisches ä la Ancylostoma als unbeachtlich beiseite und gab den Embryonen zum Eindringen in allerhand geeignete Zwischenwirte Gelegenheit. Bei J. globiceps erzielte ich keinerlei Erfolg. Ich hielt die ruhe- los umherschnellenden Würmchen wochenlang in engem Raum mit Copepodenarten und anderen niederen Krustern zusammen, die über dem von Uranoscopus und Trachinus bewohnten Sande zu finden sind, probierte es auch mit mancherlei sonstigem Getier, deren Reste ich im Magen der Fische angetroffen hatte; vergebens. Der Zwischen- wirt des J. globiceps ist also zurzeit noch unbekannt. Dagegen ge- lang ein analoger mit J. sangwineum unternommener Versuch so- fort. Die Embryonen dieser Species dringen innerhalb weniger Stunden in Cyclops und Diaptomus ein. Drinnen bewegen sie sich träger als vorher, mehr schlängelnd, und werden auch — bei Diaptomus — oft passiv mit dem Blute umhergetrieben. Es sieht gefährlich aus, wenn einer der O,5mm langen, also relativ großen Würmer, nahe beim Herzen kriechend, vom Blutstrom er- griffen und mit Gewalt bis übers Auge hinaus nach vorn geschleudert wird; sind viele solche Gäste vorhanden — und einer meiner Cyclops beherbergte zwanzig Stück —, so folgt einer dem andern. Und hierbei leben die infizierten Krebschen wochenlang. Nach 6 Tagen häutet sich der eingedrungene Wurm zum ersten Male. Seine Ge- stalt wird schlanker, mehr gleichmäßig cylindrisch, der Schwanzfaden minder lang und dünn, die Haut, mit Ausnahme des Vorder- und Hinterendes, stärker geringelt. Besonders merklich verändert sich der Schlund: an seinem hinteren Ende tritt eine dunkle, fein punk- tierte Masse auf, darin nahe beisammen drei große Kerne einge- bettet sind (Fig. 6a). Diese punktierte Masse nimmt, während die 125 Larve langsam auf 0.55 mm heranwächst, immer schlanker wird und ihren Oesophagus auf Kosten des Darmes auffällig verlängert, die Form und Lage einer dorsalen Schlunddrüse an Fig.6. Larven des I. sangwineum aus Cyclops. «a Vorderleib einer Larve am 6. Tage nach der Infektion. 5b Larven nach 14 Tagen, schwächer vergrößert. (Fig. 6b); von den drei anfangs vorhandenen Kernen verschwinden zwei, der dritte aber vergrößert sich, liegt mitten in der Drüse und präsentiert einen echten »Riesenkern«. Es ist unverkennbar, daß die beschriebenen Schicksale sich gut mit denen der FEDTSCHENnKOschen Larve vergleichen lassen: Die Formveränderung, das relative Wachstum des Schlundes wiederholen sich; und die zwei hellen Blasen, die FEDTSCHENKO im Oesophagus gefunden hat, werden wohl auch nichts anderes, als große Drüsen- kerne gewesen sein. Um so mehr bedauerte ich, daß ich die weitere Entwickelung der metamorphosierten Larven von I. sangwineum nicht aufdecken konnte. Vermutlich gelangen sie auf der zuletzt ge- schilderten Stufe, die innerhalb des Cyclops nie überschritten wird, in den Darm ihres endgültigen Trägers. Doch lieferten meine ersten, mit spärlichem Material unternommenen Fütterungsversuche kein Resultat. Und seither sind alle meine Bemühungen, den in 126 der Leipziger Gegend äußerst seltenen Wurm in reifen Exemplaren zu erhalten, umsonst gewesen. Darum bricht jedoch die Untersuchung an dieser Stelle durchaus nicht ab: J. globiceps hilft uns weiter. Diese Species, deren Ge- schichte von der Geburt der Embryonen bis zum Abschluß des Lebens im Zwischenwirte mir unbekannt geblieben ist, ermöglichte andrer- seits durch ihre Häufigkeit, die sämtlichen Stadien, die sie inner- halb des definitiven Wirtes absolviert, im Laufe der Jahre lückenlos aufzufinden. Da nun das erste Glied dieser Kette genau in das letzte der für die Schwesterspecies festgestellten greift, so resultiert für die Gattung Ichthyonema ein ununterbrochener Cyclus bekannter Entwickelungsstufen. In der Leibeshöhle des Uranoscopus und der Trachinus-Arten be- gegnete ich außer den Männchen und copulationsreifen Weibchen jüngeren Würmern beiderlei Ge- schlechts, bei denen Scheide, Spi- cula und sonstige Genitalorgane erstin der Bildung begriffen waren. Um so ansehnlicher trat der Schlund hervor: er zeigte die dor- sale Drüse mit ihrem Riesenkern bereitsin vollerEntfaltung undkam dem eigentlichen Darme an Länge gleich. Bei sehr jungen Tieren von 1,8 bis 1,3 mm (Fig. 7) ent- hielt die Drüse caudalwärts vom kolossalenKernenoch zweiähn- liche, doch um die Hälfte kleinere — vielleicht die Kerne der beiden rudimentären Ventraldrüsen —, die später verschwinden. Außerdem aber steckten die Würmchen dieser frühen Stufe in einer halb abgewor- Fig.7. Junges Weibchen von J. globiceps, fenen Larvenhaut: Ihr stumpfer 1,3 mm lang. Hinterleib wurde von einem schlank-konischen Schwanzzipfel überragt, der in zwei feine, bilateral gestellte Spitzchen endete; im übrigen fand ich die abgestoßene Haut mit Ausnahme der beiden Körperenden deutlich geringelt, gerade so, wie ich es oben für die im Cyclops lebende Larve von J. sanguinewm beschrieben habe. Später gelang es auch, die dieser Larvenhaut entsprechen- 127 den winzigen Würmchen selbst in der Leibeshöhle der Fische aufzuspüren. Das kleinste, das ich sah, war 0,8 mm lang, sehr schlank, besaß einen Schlund, der doppelt so lang war wie der Darm, und eine langgestreckte körnige Drüse mit drei gewaltigen Kernen von gleicher Größe darin. (Fig. 8). Ganz genau dieselbe Larvenform fand sich darauf in etwas größerer Menge im Darm der Fische. Da- selbst und in den Appendices pylorici aber auch noch kleinere, gleichgebildete, bis herab zu 0,6 mm. Das ist nur wenig mehr als die Länge der Em- bryonen. Nach alledem kann natürlich kein Zweifel sein, daß I. globiceps in der zuletzt genannten Größe und Beschaffenheit mit irgend einem Zwi- schenträger in den Magen des definitiven Wirtes gelangt, nach kurzem Aufenthalt im Darme dessen Wand durchbohrt, um in der Leibes- höhle sich nochmals zu häuten und zum geschlechts- reifen Männchen oder Weibchen heranzuwachsen. Hierbei wird die ursprüngliche Dreizahl der Schlund- drüsenkerne auf einen reduziert. Nun fehlt es ja nicht an Unterschieden zwi- f ‚schen der jüngsten globiceps-Larve und derjenigen \ Stufe, die 1. sanguineum im Cyclops erreicht. Be- Bi ink sonders zeigt sich die Umwandlung der dreikerni- 7 ,lobiceps, 0.8mm gen Drüsenanlage in die einkernige, die bei lang. sanguineum schon ım Zwischenwirte von statten geht, bei globiceps auf eine spätere Stufe hinausgeschoben. An- drerseits aber ist die Ähnlichkeit beider Larven bezüglich der Größe, Körperform, der Bildung des Darmes, der Ringelung der Cuticula eine weitgehende. Durch den Besitz von seitlichen Spitzchen am Schwanze schließt sich überdies die globiceps-Larve noch im speziellen an die FEDTSCHENKO’sche Larve innig an. Und so fürchte ich denn keinerlei Widerspruch, wenn ich die jüngste Larve von JI. globiceps und die ältest-bekannte von sangwinewm für korrespondierende Stadien halte Es folgt daraus, daß unsere jüngste globiceps- Form durch Metamorphose des langge- schwänzten Embryo in einem unbekannten Zwischenwirte entstanden ist, und andrerseits, daß die im Cyclops herangewachsenen Larven von I. sanguineum nach ihrem Eintritt in den Leib eines Cypriniden direkt in die geschlechtsreifen Würmer übergehen. 128 Es findet sich allerdings eine Angabe in der Literatur, die eher den Anschein erwecken könnte, als schöbe sich zwischen die hier direkt aufeinander bezogenen Stadien noch eine weitere Metamor- phose, wohl gar ein Generationswechsel ein. MoxricerLı (1905) erhielt in Neapel die Jugendform eines Nematoden, die aufgerollt im Körper einer Sagetta bipunctata lag und deren ganze Breite in Anspruch nahm: zu seinem Erstaunen »erkannte« er in ihr die Larve von Ichthyonema globiceps. Woran er sie erkannt hat, sagt er nicht, auch gibt er keine Bilder. Da nun die jüngste, im Fischdarm von mir gefundene globiceps-Larve von den erwachsenen Würmern so radıkal verschieden ist, daß niemand sie ohne weiteres »erkennen« würde, so müßte ja MONTICELLIs neue, noch- jüngere Zwischenform dem alten /chthyonema ähnlicher sein als unsere erste Larve. Das klingt befremdlich. Auch ist aus MOoNTIcELLIs Angabe zu ent- nehmen, daß der von ihm gefundene Parasit die kleinsten globiceps- Larven an Länge erheblich übertraf, so daß er nicht unmittelbar in eine solche verwandelt werden, sondern höchstens einer besonderen Zwischengeneration angehören könnte. Ehe wir das aber glauben, verlangen wir bessere Beweise. MONTICELLI wird wohl durch zu- fällige Ähnlichkeit getäuscht worden sein. % Halten wir daran fest, dab Ichthyonema zwar eine Metamorphose und einmaligen Wirtswechsel, nicht aber einen Generationswechsel durchläuft, die langgeschwänzten Embryonen des Uterus also un- mittelbar in die geschlechtsreifen Parasiten übergehen, so ergibt sich von unserem Standpunkte aus für den Medinawurm das gleiche. Und hiermit wird die Reihe unserer Schlüsse auf die mutmaßliche Lebens- geschichte der F! medinensis komplett. In kurzer Zusammenfassung ist sie folgende. Der in das Wasser entleerte Embryo des Medinawurmes dringt in Cyclops ein und wird zur FEDTSCHENKOschen Larve. Diese ge- langt mit ihrem Träger in den menschlichen Magen, von da in den Darm, durchbohrt dessen Wandung und tritt in die Leibeshöhle. Hier häutet sie sich unter Verlust ihrer Larvengestalt. Etwa zu gleicher Zeit ist im Oesophagus die anfangs dreikernige, später ein- kernige Schlunddrüsenanlage aufgetreten. Die jungen Würmer wachsen nun stark heran und differenzieren sich teils zu Männchen vom Habitus derjenigen von Ichthyonema, teils zu Weibchen mit einer engen Vagina am Ende des zweiten Körperdrittels. Es folgt Begattung, wobei der ganze lange Uterus sich wie ein Receptaculum seminis mit Sperma füllt. Die Männchen sterben und werden resor- 129 bier. Die Weibchen aber wachsen enorm unter amitotischer Ver- mehrung der Kerne in Darm und Seitenfeldern, bringen die Scheide zum Verschluß und allmählichen Verschwinden, reduzieren auch After und Excretionsgefäß und begeben sich, ehe sie volle Reife erreicht haben, abermals auf die Wanderschaft. Das Bauchfell wird durch- brochen, die Muskulatur auf weite Strecken durchquert, und es ist möglich, daß diese lange Reise, bei der nicht wenige Weibchen stecken bleiben und elend zu Grunde gehen, durch ein gewebelösendes Secret der kolossal entwickelten Schlunddrüse erleichtert wird. Das Ziel der Wanderung aber ist die Haut, wobei vermutlich eine osmo- tische oder sonstige Zustandsänderung, die aus der häufigen Be- rührung der menschlichen Haut mit frischem Wasser entstehen kann, die Rolle eines Richtungsreizes spielt. Denn in der Regel brechen die Würmer an Füßen und Unterschenkeln, bei Wasserträgern aber am Rücken oder je nach der Tragart des immer nassen Gefäßes, am Kopfe und Halse durch. Der beim Kontakt mit Wasser platzende Wurm entleert — zumeist oder immer durch den Mund — die Em- bryonen. Literaturnachweis. CH. BAsTIAan, On the structure and nature of the Dracwnculus, or Guineaworm. London 1863. R. BLANCHARD, Maladies parasitaires. Paris 1895. R. H. CHARLES, A contribution on the life history of the male Frlaria medi- nensis founded on the examination of specimens removed from ab- dominal cavity of man. — Scientific memoirs by medical officers of the Army of India 189. A. P. FEDTSCHENKO, Protokolle der Freunde der Naturwissenschaften. Moskau 1869. J. F. GEMMILL und O. v. Linstow, Ichihyonema Grayi, Archiv f. Naturgesch. 68. Bd. 1902. L. A. JÄGERSKIÖLD, Beiträge zur Kenntnis der Nematoden. Zool. Jahrb. Anat. und Ontog. 7. Bd. 1894. R. LEUCKART, Die menschlichen Parasiten. 1. Aufl. II. Bd. 1876. O. v. Linstow, Über Ichthyonema sanguineum (Filaria sanguinea Run.). Archiv f. Naturgesch. 40. Bd. 1874. A. Looss, Von Würmern und Arthropoden hervorgerufene Erkrankungen, in MENSES Handbuch d. Tropenkrankheiten. 1. Bd. 1905. F. S. MoNTIcELLI, Sul ciclo biologico dell’ Ichthyonema globiceps Rup. Compte- rendu des séances du sixiéme Congrés International de Zoologie. Geneve 1905. G. NEUMANN, Sur une Filaire (Frlaria dahomensis n. sp.) du Python de Natal, voisine de la Filaire de Médine. Extrait du Bulletin de la Société Zoologique de France. T. XX. 1895. F. PLrnn, Die Kamerunküste. Berlin 1898. R. v. WILLEMOES-SuHn, Uber einige Trematoden und Nemathelminthen. Zeit- schrift f. wiss. Zool. Bd. 21. 1871. Verhandl. d. Deutsch. Zool. Gesellschaft. 1607. 9 130 Vortrag des Herrn Dr. R. GOLDSCHMIDT (München): Einiges vom feineren Bau des Nervensystems. Die Entscheidung der zahlreichen Streitfragen, die sich in der Lehre vom feineren Aufbau des Nervensystems im letzten Jahrzehnt ergeben haben, wird vor allem erschwert durch die ungeheure Kom- plikation der Zusammensetzung dieses Organsystems, die trotz der zahllosen Einzelergebnisse der Forschung es noch nicht erlaubt hat, auch nur in einem Falle einen nur annähernd vollständigen Einblick in sein Getriebe zu erlangen. Eine wirkliche Vorstellung vom Auf- bau des Nervensystems ist aber nur zu erhalten, wenn einmal ein solches möglichst einfaches Organ in seinen sämtlichen Bestandteilen erschöpfend dargestellt wird, d. h. von einem Nervensystem sämtliche Ganglienzellen, Nervenfasern und Verbindungen bekannt sind. Daß dies nicht so unmöglich ist, wie es auf den ersten Blick scheinen möchte, geht daraus hervor, daß ich behaupten kann, dies Ziel fast erreicht zu haben. Das Objekt ist das Nervensystem von Ascaris lumbricoides, das durch die geringe Zahl seiner Elemente, den nahezu zellenweise isolierten Zustand seiner Centren und die bekannte Eigentümlichkeit der Nematoden, daß der Muskel zum Nerven kommt, sich seine Innervierung zu holen, die vielleicht einzig dastehende Möglichkeit einer derartigen Erforschung gibt. Aus den Resultaten dieser Untersuchung, die bald ausführlich mit den zum Verständnis notwendigen zahlreichen Abbildungen, die zum größten Teil schon fertig vorliegen, veröffentlicht werden wird, seien hier einige Punkte hervorgehoben. Ein solcher Punkt ist die geradezu verblüffende Konstanz der Elemente des Nervensystems. Es gibt im Centrum im ganzen 162 Ganglienzellen, niemals eine mehr oder weniger. Von diesen gehen stets nur bestimmte Fortsätze, die in typischer Weise ver- laufen und typisch bestimmte Verbindungen eingehen, wie in der ausführlichen Arbeit für jede Zelle geschildert werden soll. Die Konstanz erstreckt sich weiterhin auf die relative Größe wie die Form der Zellen, ja bis auf Einzelheiten wie die Winkel, in denen die Fortsätze mancher Zellen vom Zelleib abgehen, oder die Lage des Kerns im Plasma. Es hat dies zweifellos eine Bedeutung für das Gesetz der specifischen Ganglienzellfunktion. Ein weiterer interessanter Punkt ist die zellenweise Symmetrie des Nervensystems: jeder Zelle der linken Körperhälfte entspricht dieselbe rechts. Eine Ausnahme machen einige genau in der Median- ebene gelegene Elemente und zwei Zellen des Bauchganglions, die ausschließlich auf der rechten Körperseite vorkommen. Es läßt sich eo tii ee ee ee » “= Gin: 6. Ph tas EL Den 151 weiterhin aber auch zeigen, daß dieser Symmetrie der Lage auch eine Symmetrie der Funktion entspricht. Wie alle lebhaft funktio- nierenden Gewebszellen zeigen auch die Ganglienzellen einen Chro- midialapparat. Dieser zeigt sich in den verschiedenen Funktions- zuständen der Zelle in verschiedener Form ausgebildet, und da kann man sicher sein, die beiden symmetrischen Zellen stets im gleichen Zustand des Baues des Chromidialapparates vorzufinden. Weitere Resultate betreffen das Verhalten der Nervenfasern in der Centralcommissur, die als ein Neuropil mit freiverlaufenden Neuro- fibrillen beschrieben worden ist. Hier gibt es keine solchen freien Fibrillen, sondern überall, auch in der Commissur, dicke plasmatische Nervenfasern. Überhaupt ist die Darstellung, die APATHY vom feineren Bau des Ascaris-Nervensystems gegeben hat, als falsch zurückzu- weisen. Auch in der Kontinuitätsfrage ergeben sich manche interessante Punkte. Natürlich herrscht vollständige Kontinuität, die sich nicht nur zwischen nahegelegenen Ganglienzellen der Centren in bisweilen überaus merkwürdiger Weise aufzeigen läßt, sondern auch zwischen weit von einander entfernten Zellen durch Vermittlung langer Bahnen. Von ganz besonderem Interesse sind schließlich die Details des Faserverlaufs, die aber nur an Hand vieler Bilder geschildert werden können. Ihre Betrachtung ergibt jedenfalls, daß hier ein System vorliegt, das bei relativer Einfachheit des Baues jede Komplikation der Wirkung möglich macht und es erlaubt, den kompliziertesten und rhythmischen Reflexvorgang als auf einem einfachen anatomischen Mechanismus basierend zu verstehen. Bei der prinzipiellen Gleich- artigkeit in den Elementarfunktionen des Nervensystems wird man dann wohl auch die allgemeinen bei Ascaris gewonnenen Gesichts- punkte auf das Nervensystem überhaupt übertragen dürfen. Diskussion: Herr Prof. BARFURTH (Rostock): Die interessanten Mitteilungen des Herrn Vortragenden verdienen auch bei Anatomen und Physiologen Aufmerksamkeit. Ich will nur zwei Punkte herausgreifen, die mich selber bei Versuchen über Nervenregeneration vielfach beschäftigt haben. Der erste Punkt betrifft die Kontinuität der Nervenelemente, die von E. PFLÜGER stets als Postulat der Physiologie gelehrt worden ist. Damit hängt zu- sammen der zweite Punkt, die Frage der Nervennetze, für die in letzter Zeit besonders O. SCHULTZE eingetreten ist. Obgleich man ja nicht ohne weiteres die einfacheren Befunde bei niederen Tieren 9%* 132 auf die komplizierten Verhältnisse bei den Wirbeltieren übertragen darf, so wird doch manche viel diskutierte Frage, besonders auch die der Regeneration peripherer Nervenstümpfe, mit Rücksicht auf die vom Herrn Vortragenden gegebenen Anregungen erneut zu prüfen sein. . Herr Prof. Kopert (Rostock). Herr Dr. WINTERSTEIN (Rostock). Herr Dr. GOLDSCHMIDT (München). Vortrag des Herrn Prof. M. Braun (Königsberg): Uterus masculinus von Phocaena communis. Die Gelegenheit, durch die Lachsfischer in Pillau frische Pho- caenen zu erhalten, hat der Vortragende in diesem Frühjahre auch zu Untersuchungen über den Genitalapparat benutzt. Er ist hierbei auf eine weitgehende Variabilität in dem Verhalten des Uterus masculinus gestoßen, die an sich nicht besonders auffällig wäre, da es sich in dem genannten Organ um ein rudimentäres handelt; der verschiedene Ausbildungszustand, in dem man den sogenannten Uterus masculinus bei Phocaena communis Cuv, antrifft, geht aber doch wohl über das gewöhnliche Mal hinaus. Ein Anologon in dieser Beziehung dürfte nur in Capra hircus gegeben sein, jedoch mit dem Unterschied, daß hier nach den Untersuchungen von R. LEUCKART! etwa die Hälfte der Tiere das in Rede stehende Organ ganz ver- kümmert, die andere Hälfte verschieden ausgebildet aufweist, während bei Phocaena ein fast vollständiger Schwund des Uterus masculinus erheblich seltener ist; eine weitere Differenz ist, daß, während Excess- bildungen des Uterus masculinus beim Ziegenbock mit Hemmungs- bildungen der äußeren Genitalien (und auch mit stärkerer Ausbildung der Milchdrüsen) verbunden zu sein pflegen, so daß solche Tiere meist als Zwitter beschrieben worden sind, von einem derartigen Zusammentreffen bei Phocaena nicht die Rede ist; stets erwiesen sich hier die äußeren Genitalien und die Hoden ganz normal und die Milchdrüsen solcher Männchen nicht im mindesten stärker ent- wickelt als sonst. Der Uterus masculinus sitzt an der Stelle, an oder in der Wand 1 Rup. LEUCKART, Das WEBERsche Organ und seine Metamorphosen. (Illustr. med. Zeitung. Vol. I. München 1852. S. 69—98 mit 22 Textabbild.) ae u Beten er 133 des Sinus urogenitalis, wo die Vasa deferentia einmünden; die hin- teren, nicht mehr stark gewunden verlaufenden Enden der letzteren convergieren nach der Mittellinie und senken sich, verschmolzen in die Urethra, unmittelbar vor der bei Phocaena sehr großen Prostata ein. Diese Endabschnitte der Ausführungsgänge der Hoden sind durch eine dünne Peritonealfalte verbunden. Sie ist es, in welcher man, wenn man sie gegen das Licht hält, in der Regel schon ohne weitere Präparation den Uterus masculinus erkennen kann; in den Präparaten, nach denen die beigegebenen Abbildungen hergestellt sind, ist der ventrale Peritonealüberzug der Falte abpräpariert worden, um das in der Falte eingeschlossene Organ wenigstens von einer Fläche freizulegen. Bei fünf untersuchten Männchen von Phocaena communis fanden sich fünf verschiedene Ausbildungszustände des Uterus masculinus. Einer derselben, und zwar derjenige, bei dem das Organ so schwach entwickelt ist, daß es über die Oberfläche des Sinus urogenitalis nicht herausragt, ist nicht abgebildet worden. Die vier anderen Fälle zeigen folgendes Verhalten: Buchstabenerklärung der Abbildungen 1—4 (Fig. 1 u. 2 sind auf 2/3, Fig. 3 u. 4 auf 1/ der natürlichen Größe verkleinert. Art Blutgefäße. H Hoden. P Penis (abgeschnitten). Pr Prostata. Ur Harn- leiter (abgeschnitten und meist aus der normalen Lage gebracht). Vd Vas deferens. Vw Harnblase (in den Abbildungen ist nur das Hinterende gezeichnet). Fig. 1. I. Fall (Fig. 1). An der Vereinigungsstelle der beiden Vasa defe- rentia (V. d.), deren Peritonealfalte hier vollständig entfernt wurde, bemerkt man ein etwas asymmetrisch entwickeltes, dickwandiges 134 Gebilde von 9 mm Länge, das nach vorn in zwei Blindsäckchen zerfallt und nach hinten mit einem Stiel sich zwischen die Enden der Samenleiter einsenkt; seine größte Breite beträgt 7,5 mm. Ob- gleich es nicht aufgeschnitten wurde, kann doch wohl angenommen werden, daß es hohl ist und daß ferner der Hohlraum nicht ein- heitlich, sondern Y-förmig ist. Die Prostata erscheint hier sehr groß, weil der sie bedeckende Muskel nicht entfernt wurde. Fig. 2. II. Fall (Fig. 2). An diesem Objekt ist die Prostata freigelegt worden, die rudimentären Beckenknochen, noch mit Weichteilen be- deckt, liegen zu ihren beiden Seiten; neben dem Hinterende der Harnblase, die man fast immer vollkommen leer trifft, bemerkt man die Peniswurzel (P), auf ihr und der Blase die beiden Samenleiter 155 (V. d.) mit der ihre hinteren Enden verbindenden Peritonealfalte. An dieser Stelle ist durch Abpräparieren des Peritonealüberzuges der Uterus masculinus freigelegt worden. Es handelt sich um einen Uterus bicornis, wie er weiblichen Phocaenen zukommt und andeu- tungsweise auch in Fall I gegeben ist. Die Länge des unpaaren Abschnittes beträgt 19 mm, die der Hörner — soweit sie sich makroskopisch verfolgen ließen — ebensoviel. Die Wand ist je- doch erheblich dünner als im ersten Fall. Im frischen Zustande war das Organ von einer hellen Flüssigkeit erfüllt, die sich leicht aus dem unpaaren Teil in die Hörner und umgekehrt treiben lieb. IH. Fall (Fig. 3). Hier sind nur die interessierenden Teile ge- zeichnet, auch wurden die Bogen, welche die Samenleiter beschreiben (vergl. Fig. 4), durch Strecken tunlichst ausgeglichen. Zwischen den hinteren Enden der beiden Vas deferentia ist der 34 mm lange un- Fig. 3. paare Teil des Uterus masculinus erkennbar, dessen größte Breite 14 mm beträgt. An ihn schließen sich die je etwa 90 mm langen Hörner an, welche ursprünglich im allgemeinen denselben Bogen beschrieben wie die Vasa deferentia, mit ihnen jedoch während der Präparation gestreckt wurden. Das ganze Organ ist sehr dünn- wandig und mit wasserklarer Flüssigkeit gefüllt, die sich ebenso wie im II. Fall aus dem Körper des Uterus in seine Hörner und wieder zurück treiben ließ, nach Füllung der Hörner den Weg angab, auf dem diese bei der Präparation verfolgt werden konnten, aber auch erwies, daß die Hörner an ihrem distalen Ende blind geschlossen sind, da eine Verminderung der Flüssigkeit durch Abfließen trotz absichtlich weitgetriebener Füllung der Hörner nicht eintrat. Im Bau weisen aber Hörner und Körper des Uterus insofern Verschie- denheiten auf, als erstere auf der Innenfläche kleine ring- oder halb- mondförmige Falten erkennen lassen, zwischen denen die Wand bei 136 starker Füllung bruchsackartig vorsprang, wovon am Uteruskörper nichts zu bemerken ist, obgleich auch er eine nur dünne, ganz durchscheinende Wand besitzt. IV. Fall (Fig. 4). Dieser Fall weist, wie ganz sicher behauptet werden kann, eine vollständige Rückbildung der einen Hälfte des Uterus masculinus auf; es hat sich nur der rechte der beiden Mürterschen Gänge erhalten, der linke ist vollständig geschwunden; demnach fehlt ein unpaarer, medianer Uterusteil. Der erhalten ge- bliebene Gang ist etwa 70 mm lang und nimmt nach hinten zu Fig. 4. an Dicke wenig zu. Sein Füllungszustand war sehr gering; es ge- lang daher nicht, den distalen Teil bis zum Ende zu präparieren, ebenso nicht, festzustellen, daß er wie im III. Fall blind ge- schlossen ist. | Der Vortragende beabsichtigt, diese gewiß weitgehende Varia- bilität des Uterus masculinus von Phocaena bei gegebener Gelegen- heit weiter zu verfolgen und kann hinzufügen, daß auch andere Organe und Organteile von Cetaceen, darunter auch solche, welche nicht unter den Begriff rudimentäre Organe fallen, auffallend variieren, eine Tatsache, die übrigens gelegentlich schon in der Literatur er- wähnt wird. Die Beschaffung einschlägigen Materials stößt jedoch, wie nicht näher auseinander gesetzt zu werden braucht, auf große Schwierigkeiten, die mit dem Aufhören des Walfanges an der nor- wegischen Küste nur noch größer geworden sind. Diskussion : Herr Pref. W. MÜLLER (Greifswald) bestätigt nach eigenen Beobachtungen die Angaben des Vortragenden und erwähnt, daß er einmal einen umfangreichen unpaaren Schlauch gefunden hat. 157 Vortrag des Herrn Dr. PArpexHeim (Berlin): Ein Beitrag zur Osteologie des Fischschädels. (Manuskript nicht eingegangen; der Inhalt soll an anderer Stelle veröffentlicht werden.) Mit Worten des Dankes an die Herren Rostocker Kollegen für die bewiesene Gastfreundschaft schloß der Herr Vorsitzende die Ver- sammlung. Es erfolgte noch eine Besichtigung des Zoologischen Instituts unter Führung des Herrn Professor GEINITZ. Am Nachmittag siedelte die größere Anzahl der Teilnehmer nach Lübeck über, wo am Abend eine Begrüßung und zwangloses Zusammen- sein in den Räumen der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit stattfand; Ansprachen der Herren Miusam und Professor HERTWIG. Sechste Sitzung. Freitag, den 24. Mai, 9—12 Uhr. Nachdem von 9—11 Uhr eine eingehende Besichtigung der reichen Schätze des Lübecker Museums unter Führung von Prof. Lenz und der Herren Abteilungsvorstände stattgefunden hatte, folgte der Vortrag des Herrn RıcHharp VoLK (Hamburg): Über die biologische Elbuntersuchung des Naturhistorischen Museums in Hamburg. I. Allgemeines und einige Ergebnisse. Seit 1899 besteht im Naturhistorischen Museum zu Hamburg eine eigene »Abteilung für biologische Untersuchung der Unter- elbe«. Ursprünglich war lediglich das eingehende Studium der Wasserfauna geplant, und es waren auch zu diesem Zweck bereits im Sommer 1898 Fangfahrten im Hafengebiet unternommen worden, als die Staatsbehörde im folgenden Frühjahr den Auftrag erteilte, mit den rein zoologischen Arbeiten auch Untersuchungen über die Einwirkung der Abwässer, die aus dem Städtekomplex Hamburg- Altona-Wandsbeck in die Elbe gelangen, auf die Tierwelt des Stromes zu verbinden. Da nun aber Tier- und Pflanzenleben eines Gewässers aufs innigste miteinander verknüpft sind und sich in ununterbrochener 158 Wechselwirkung abspielen, mußte die Wasserflora, und zwar ganz besonders die Microflora, mit derselben Sorgfalt studiert werden wie die Fauna. Und weil außerdem das Gedeihen aller hier in Frage kommenden Organismen von der Beschaffenheit des Wassers abhängig ist, waren auch chemische Analysen in das Bereich unserer Tätigkeit zu ziehen. Sie erstrecken sich indessen nur auf den qualitativen Nach- weis von Schwefelwasserstoff, Ammoniak, salpetriger und Salpeter- säure sowie auf die quantitative Bestimmung des freien Sauerstofis, der Oxydierbarkeit der im Wasser gelösten (fäulnisfähigen) organischer Substanzen und des Chlors der im Wasser vorhandenen Chloride. Von letzteren führt die Elbe, und zwar aus den Abwässern der Montan- industrie des Saalegebiets, ganz enorme Mengen (z. B. am 25. Januar 1893 bei Hamburg 693 mg Chlor im Liter). Zur Lösung der von der Behörde gestellten Aufgabe waren ver- gleichende Untersuchungen über das Verhalten der Lebewesen, sowohl innerhalb wie oberhalb des Wirkungsbereichs der Sielergüsse anzustellen. Dabei war das Vorkommen typischer Abwasserformen und die Vereinigung solcher »Saprobien« zu charakteristischen »Bio- cönosen« besonders zu beachten. In »stehenden« und in gleich- bleibender Richtung dahinströmenden Gewässern, zumal in solchen mit geringer Wasserführung, bietet die Art des Auftretens, des Ge- deihens oder des Verschwindens gewisser Ufer- und Grundbewohner bequeme und sichere Handhaben zur Beurteilung des Verlaufs von Abwasserwirkungen. In der Unterelbe dagegen, deren breites und tiefes Bett ja ganz und gar unter der gewaltigen Einwirkung der Gezeiten steht, ist dies nicht in gleich günstiger Weise der Fall wie in den Binnengewässern. Aus diesem Grund war, neben der Beob- achtung der Ufer- und Grundbewohner, auch das qualitative und quantitative Verhalten der Schwebewesen eingehend zu studieren. Nach meiner Überzeugung vermochten uns hier nur quantitative Planctonanalysen volle Auskunft über mancherlei Wirkungen sowie über den Verbleib gewisser Abwasserbestandteile zu verschaffen. Die hygienisch und wirtschaftlich wichtigen Ergebnisse dieses Teils unserer Arbeiten lieferten zugleich bemerkenswerte Beiträge zur Erklärung der von PETTENKOFER als »Selbstreinigung« der Gewässer bezeichneten Vorgänge, durch welche Fremdkörper, insbe- sondere fäulnisfähige Stoffe, die in das Wasser gelangt waren, wieder aus diesem entfernt werden. Abgesehen von den Bacterien müssen wir in unserem Arbeitsbezirk auch den absorptionsfähigen Algen des Planctons einen hervorragenden Anteil an dieser Arbeit zu- schreiben, denn nach den Zählanalysen unseres botanischen Mit- 139 arbeites H. SELK kommen im Raummeter Elbwasser zeitweise bis über 92 Milliarden Kleinalgen, darunter allein über 61 Milliarden Diatomaceen vor, deren teilweise Nahrungsaufnahme durch Absorption gelöster organischer Stoffe sicherlich hoch zu bewerten ist. Im Hinblick auf die kurz bemessene Zeit läßt sich von den reichen und vielseitigen Ergebnissen der Elb-Untersuchung hier nur noch eine kleine Auswahl anführen. Die Methoden, welche eine möglichst genaue Feststellung der in einem Raummeter Was- ser enthaltenen Organismen gewährleisten, sollen nachher erklärt werden. | Aus Hunderten von vergleichenden Zählanalysen hat sich ergeben, daß unsere Sielwässer keine schädigende Einwirkung auf die tierischen Komponenten des Elbplanctons ausüben, dal vielmehr gerade innerhalb der Sielwasserregion die Planctonkruster — ähnlich wie in einem rationell gedüngten Fischteich — eine überaus starke Vermehrung erfahren. Während im Raummeter »Reinwasser«, weit oberhalb der Sielwasserwirkung, höchstens einige Tausend Clado- ceren und noch viel weniger Copepoden nachzuweisen waren, wuchs die Zahl der Bosminen in den sämtlich im Sielwasser-Bereich ge- legenen Hafenbecken, zu Zeiten ihrer Entwickelungs-Maxima, ganz außerordentlich, sie betrug z. B. am 10. Oktober 1905 im Indiahafen 11 040 000 Individuen im Raummeter. Noch auffallender sind die Produktionsverhältnisse von Eurytemora affinis POPpE. Dieser Planc- tonkruster tritt 15 Kilometer oberhalb Hamburgs in der Elbe nur als seltener, wohl nur verschleppter Gast auf, bevölkert dagegen das Strombett vom Hafengebiet abwärts, bis zur Mündung, zeitweise in ungeheueren Massen. Als Mittel aus einer Reihe von Quantitativ- fängen im Stromquerschnitt bei Schulau resultierten (am 26. Sep- tember 1905) 6 244 000 Eurytemoren im Kubikmeter. Es läßt sich denken, daß diese Massen, trotz des geringen Gewichts der Einzeltiere, das in den betreffenden Fängen auf durchschnittlich 0,064 mg für Eurytemora affinis PoPpE und 0,0086 mg für Bosmina longirostris-cornuta JURINE (mit 17,85 bzw. 12,64°/, Trockensubstanz) fixiert wurde, sehr hohe Werte als Fischnahrung darstellen. Aus den kombinierten Resultaten unserer Zähl- und Gewichtsana- lysen ließ sich unschwer berechnen, daß die innere Hälfte des India- hafens am 10. Oktober 1905 rund 30000 kg lebender Bosminen und darın — nach Abzug von 1,46%, für Chitin — 5340 kg wertvolle Trockensubstanz enthielt. Die Copepodenmenge bei Schulau ergab sogar für einen Stromabschnitt von 2 km, bei der gleichen dort vorhandenen Breite und einer — sehr bescheiden angenommenen — Durchschnittstiefe von nur 3 Meter, 4800000 kg lebender Tiere 140 (volle Ladung eines unserer großen Vier- und Fünfmast-Seeschiffe) mit 540000 kg trocknen Nährstoffen!?). Da sich die beiden Kruster in der Hauptsache von absorptions- fähigen Protophyten nähren, außerdem aber auch zugleich Raubtiere und Detritus-Fresser sind, so dürfte im Hinblick auf die äußerst geringe Krusterproduktion im »Reinwasser«, oberhalb der Sielwasser- region, die weitgehende Inkarnation toter organischer Abwassersub- stanz allein schon an dem Beispiel dieser zwei Planktobionten zur Genüge nachgewiesen sein. Untersuchte Fische waren vielfach von ihnen geradezu vollgepfropft. Alles in allem — und zwar ganz besonders auch in der Trocken- periode des Sommers 1904, die ja bekanntlich eine Wasserarmut zur Folge hatte, wie sie seit vielen Jahrzehnten nicht vorgekommen: war, — hat dieser Teil unserer Untersuchungen den Beweis geliefert, daß der Strom die ihm durch die Sielwässer bei Hamburg zuge- führten fäulnisfähigen Stoffe, auch unter den ungünstigsten Verhält- nissen, ohne Schädigung seiner tierischen Bewohner aufzunehmen imstande ist, und daß die Selbstreinigungsvorgänge im Strom so bedeutend sind, daß von einer die Fischerei schädigenden organischen »Verschmutzung« der Unterelbe überhaupt nicht die Rede sein kann. Übrigens muß besonders hervorgehoben werden, daß wir den auf- fallend günstigen Abbau organischer Abwasserstoffe in hohem Grade der Tidenwirkung verdanken. Dadurch, das die Tiden die Ver- dünnung und Verteilung der Sielwasser im Strombett beschleunigen und fast so gut wie keine Stromschatten zur dauernden Ablagerung srober Sinkstoffe aufkommen lassen, befördern sie zugleich das Ein- setzen der biologischen Selbstreinigung. Auch sei hier noch auf die Größe der Wasserführung des Stromes hingewiesen, die allein in der Norderelbe, dem Arm, an welchem Hamburg liegt, durch- schnittlich 360 Raummeter in der Sekunde beträgt. Bekräftigt wurden unsere Feststellungen durch den sehr glück- lichen Verlauf von Fischkasten-Versuchen, die ich in Gemein- schaft mit den Herrn Professoren Dr. v. BRUNN und DR. SCHIEMENZ sowie Herrn Fischereiinspektor Lippert im August 1906 vorge- nommen hatte. Von den 55 verschiedenartigen Versuchsfischen — Barsch, Zander, Kaulbarsch, Quappe, Butt, Plötze, Aland, Güster und Aal — waren, während der viertägigen Dauer unserer Parallelver- 1 Während die Bosminen innerhalb der einzelnen Hafenbecken in auffallend gleichmäßiger Verteilung gefunden wurden, trat bei Hurytemora ein unver- kennbarer Hang zur Schwarmbildung hervor; die Schwärme kann man leicht vom Dampfer aus als mehr oder weniger dichte, hell-bräunlichgraue Wolken erkennen. 141 suche, zwei Stück an kritischen Stellen in der Sielwasserregion und zwei Stück im »Reinwasser« eingegangen, während die übrigen, ob- wohl sie bereits seit 11 Tagen in den Kasten gesessen hatten, bei Abschluß des Versuchs vollkommen gesund geblieben waren. Bei dem großen Formenreichtum unseres Arbeitsgebietes konnten wir, allein im Süßwasser, bis jetzt 427 Metazoén, 330 Protozoén und 827 Protophyten sicher nachweisen, wobei übrigens betont werden muß, daß darunter auch manche Salzwasserformen mit bemerkens- wertem Anpaßungsvermögen fürs Leben im Süßwasser vorkommen. Auffallend war der Formen- und Mengenzuwachs der Ciliaten und Protophyten während der Trockenperiode 1904, gegenüber Jahr- gängen mit normalen Niederschlagsmengen atmosphärischer Feuch- tigkeit. Anfangs September 1904 wurde eine Anzahl mariner und Brackwasserorganismen lebend in den Fängen von Schulau gefunden, ohne daß eine gleichzeitige Steigerung des Chlorgehaltes im Wasser nachzuweisen war. Unsere jetzige Tätigkeit erstreckt sich unterhalb Hamburgs bis zum 3. Feuerschiff und der Insel Neuwerk vor der Elbmündung. Außer der systematischen Erforschung von Fauna und Flora, haben wir uns die Aufgabe gestellt, das Verhalten der Süßwasserbewohner im zunehmenden und das der Salzwasserorganismen im abnehmen- den Salzgehalt der Brackwasserregion, deren Anfänge erst 20 bis 25 km unterhalb Hamburgs fühlbar werden, im Mündungsgebiet der Elbe zu studieren. Es ergibt sich übrigens aus dem angedeuteten Umfang unserer Arbeiten auch die Notwendigkeit einer umfangreichen Beihilfe von Specialforschern, die uns tatsächlich in dankenswertester Weise zu- teil geworden ist, so daß wir bis jetzt bereits neun Arbeiten ver- öffentlichen konnten. Unsere Publikationen erscheinen im »Jahrbuch der Hamburgischen Wissenschaftlichen Anstalten (2. Beiheft: Mit- teilungen aus dem Naturhistorischen Museum). II. Einige Hilfsmittel und Methoden. Zu den Untersuchungs- und Fangfahrten stehen uns, den ver- schiedenen Tiefenverhältnissen des Arbeitsgebietes entsprechend, flach- und tiefgehende Fahrzeuge zur Verfügung; zu den Lotungen, Tiefentemperatur-Messungen und Wasserprobe-Entnahmen, sowie zu den Qualitativfängen von Grund- Ufer- und Schwebeorganismen be- nutzen wir die allgemein gebräuchlichen Instrumente und Fangge- rätschaften. 142 Neu eingeführt wurde eine Vorrichtung zum Erlangen von »Planceton-Streckenfängen«, welche es gestattet, in einer Tages- fahrt die 120 km lange Strecke vom Hafengebiet bis zur Nordsee auf Plancton zu befischen. Zu diesem Zweck ließ ich zu beiden Seiten des Staatsdampfers »Norderelbe« je ein eisernes Rohr von 5m Länge und 3,5 cm lichter Weite in geneigter Lage derart be- festigen, daß das Vorderende etwa 0,5 m unter Wasser taucht, während sich das Hinterende ungefähr 1,5 m über dem Wasserspiegel befindet. Bei gewöhnlicher Fahrgeschwindigkeit steigt das Wasser in diesen Röhren soweit, daß es an deren hinteren (oberen) Enden wie aus Brunnenröhren ausfließt und alsdann seinen Planctongehalt großenteils in untergehängten Gazenetzen zurückläßt. Durch zweck- entsprechendes Entleeren und Auswechseln der Netze ist man im- stande, eine ununterbrochene Kette von Planctonfängen vom Süb- wasser des Stromes bei Hamburg, durch alle Grade der Salinität der Brackwasserregion, bis zum hohen Salzgehalte des Wassers vor der Elbmündung zu erwerben, von denen jeder einzelne, als Glied der Kette, einen Typenfang aus dem betreffenden Stromabschnitt darstellt, der in Verbindung mit dem hier gleichfalls festgestellten Chlorgehalt des Wassers, wichtiges Vergleichsmaterial zu unseren Studien liefert. Das Material zu unseren quantitativen Planctonbestimmungen erwerben wir durch Anwendung einer rotierenden Planctonpumpe. Dieselbe ist derart gebaut, daß wir durch sie aus der ganzen jeweilig zu untersuchenden Wassertiefe. vom Grunde bis zur Oberfläche gleichbleibende Wassermengen mit ihrem vollen Planctonbestand erhalten. Dabei ist es von hohem Wert zur Ermittelung der verti- kalen Verteilung des Planctons, daß uns die Pumpe auch quantitativ genaue Stufenfänge vermittelt. Die Konzentration des Planctonfanges zur Zählanalyse geschieht (nach Zusatz von Formalin) durch Sedimentierung aus je 25 oder 501 des gepumpten Wassers. Nur zur Bestimmung der Kruster, wenn ihre Mengenentfaltung auf niedrigstem Stand angelangt ist, werden größere Wassermengen, zuweilen bis zu 12001 durch Gazenetze gepumpt. Das quantitativ genau gesammelte Plancton eines vollen Fanges wird durch dünnen Quittenschleim, unter — durch Um- schwenken erzieltem — gleichmäßigem Verteilen in demselben, auf ein bestimmtes Gewicht gebracht, und schließlich werden von diesem innigen Gemisch auf der Analysenwage ausgewogene Stichproben in bekannter Weise ausgezählt. Die Zählergebnisse berechnen wir stets auf den Raummeter Wasser. Daß der Quittenschleim jede Entmischung während des Aus- 143 wägens der Stichproben verhindert, geht zur Genüge aus der Tat- sache hervor, daß eine ganze Sammlung solcher Plancton-Schleim- gemische aus den Jahren 1900 und 1901 heute noch keinen, mit unbewaffnetem Auge sichtbaren Bodensatz erkennen läßt!. Seit einer Reihe von Jahren wird in unserem Laboratorium bei dem microskopischen Durchmustern der Plancton- und Uferfänge, wie auch beim eingehenderen Studium von Einzelformen, in um- fassender Weise die durch Abblendung der centralen Strahlen erzielte, sogenannte »Dunkelfeld-Beleuchtung« ausgenutzt. Doch während ich noch bis vor kurzem diesen Effekt durch schwarze Papierscheib- chen (von empirisch gefundener Größe), die zwischen der zweiten und dritten Kondensorlinse oder über der obersten Objektivlinse ein- geschaltet waren, in einer nicht ganz vollkommenen Weise erzielt hatte, hat neuerdings H. SIEDENTOPF vom Gelehrtenkollegium der Zeıss’schen Werkstätte die altbekannte Sternblende unter dem Kon- densor mit Metallscheibchen von berechnetem Durchmesser versehen, und hat — das ist das Wichtigste — den Kondensor durch Immer- sionsöl mit der Unterseite des Objekttrigers verbunden. Die aus dem Kondensor austretenden, stark gebrochenen Randstrahlen ge- langen, durch totale Reflexion von der Oberseite des Deckglases, als »Oberlicht« auf das Objekt, das nun — unter Wiedergabe seiner natürlichen Farben — helleuchtend auf dunklem Grunde erscheint. Diese Beleuchtungsweise gestattet nunmehr eine Ausnutzung der Trockensysteme, wie sie bei durchfallendem Licht mit denselben Objektiven nicht zu erreichen ist. Abgesehen von manchen sonst nur im gefärbten Zustand sichtbaren Geifieln gewisser Mastigophoren, erkennt man im Dunkelfeld mühelos, durch das Zeıss’sche Apochro- mat 4mm (0,95 num. Apert.) in Verbindung mit dem Kompensations- Ocular 12, sogar die lebende (ungefärbte) Spzvochaete pallida SCHAUDINN im frischen Syphiliseiter, ein Erfolg, den man bei durchfallendem Lichte nur schwierig mit den stärksten Immersionssystemen erreicht. Übrigens bedingen solche Höchstleistungen die Anwendung eines Kondensors von 1,4 numerischer Apertur und, als Einbettungsmedium, Wasser oder Substanzen von ähnlichem Brechungsvermögen. Selbst- 1 Es soll nicht versäumt werden, darauf hinzuweisen, daß frisch bereiteter Quittenschleim, den man durch kräftiges Schütteln von 1 Teil Quittensamen mit 100 Teilen kaltem Wasser erhält, auch ein vorzügliches Einbettungsmittel für lebende Tiere ist. Ciliaten und Rotatorien entfalten darin ihr Wimper- spiel, und selbst die muskulösen Cladoceren und Copepoden können ihre Gliedmaßen energisch bewegen, ohne vom Platz, geschweige denn aus dem Gesichtsfelde zu kommen; darum ist man imstande sie stundenlang, und zwar besser als in Gelatine, Gummilösung usw., zu beobachten. 144 verständlich können Immersionssysteme hier nicht zur Anwendung kommen. Noch sei hier ein wichtiges Hilfsmittel erwähnt, die Micro- photographie, deren wir uns seit etwa drei Jahren mit bestem Erfolg bedienen. Bekanntlich waren die älteren Erzeugnisse dieser Technik, zumal wenn es sieh um starke Vergrößerungen handelte, so wenig befriedigend, daß sie die Handzeichnung nicht zu ersetzen vermochten, trotzdem auch dieser Art der Abbildung bedenkliche Mängel anhaften. Erst durch die Leistungen der modernen Micro- skope, die wir hauptsächlich den von ERNST ABBE berechneten und von CARL Zeiss ausgeführten Kombinationen von Apochromatobjek- tiven mit Kompensationsocularen verdanken, hat sich nunmehr die Microphotographie zu einer früher nicht geahnten Höhe aufge- schwungen!. Während das Abzeichnen microskopischer Bilder, freihändig oder mit optischen Hilfsmitteln, bekanntlich ein sehr zeitraubendes und immer subjektives Verfahren bleibt, dessen Ergebnisse von den ver- schiedensten Faktoren, wie persönliche Befähigung des Zeichners, Ermüdung des Auges, zweifelhafte Auffassung des Gesehenen usw. abhängig sind, liefert die nie ermüdende und nie phantasierende photographische Platte bei sachgemäßer Handhabung des Apparates und der Entwicklung der Platte jetzt stets absolut richtige Bilder. Allerdings darf nicht übersehen werden, daß immer nur die genau im Fokalabstand liegenden Teile des Objektes scharf abgebildet werden, doch hilft man sich bei dickeren, genügend durchsichtigen Präparaten — analog der Anfertigung von Schnittserien — durch Aufnahme von Bildserien. Unsere Elbstudien werden durch die Microphotographie haupt- sächlich nach drei Richtungen hin unterstützt: bei schwachen Ver- größerungen gewinnen wir mit ihrer Hilfe charakteristische Gruppen- bilder von microskopischen Lebensgenossenschaften, dann fördert sie das Studium bekannter Einzelformen, indem sie uns zuverlässige Bilder bis zu den stärksten Vergrößerungen und einer Wiedergabe von Feinheiten liefert, die der subjektiven Beobachtung oft voll- ständig entgehen. Außerdem dient uns noch dies unschätzbare Hilfs- mittel zum Festhalten des Bildes von unbekannten oder zweifelhaften Organismen, die im konservierten Zustand infolge von Forment- stellung, schwer oder gar nicht zu bestimmen sind. 1 Ich sehe hier ganz ab von der Photographie im homogenen, ultravio- letten Licht. 145 Diese zum Teil äußerst beweglichen Geschöpfe müssen natürlich durch Momentaufnahmen abgebildet werden. Weil wir aber unter. Umständen Dutzende von Platten und sehr viel Zeit bis zur Erlangung eines brauchbaren Negativs opfern müßten, wurde eine Vorrichtung konstruiert, welche die Beobachtung des in Bewegung befindlichen Objekts auf einer sekundären Mattscheibe und dabei seine Aufnahme im gewünschten Augenblick gestattet. In der Haupt- sache besteht der Apparat aus einem modifizierten Fallbrettverschluß mit einem total reflectierenden Prisma. Letzteres sendet die aus dem Microskop austretenden Bildstrahlen, rechtwinklig zur optischen Achse des Gesamtapparates, nach der genannten Sekundärscheibe und versperrt ihnen zugleich den Weg zu der genau wie diese ein- gestellten, lichtempfindlichen Platte in der Kamera. Da aber viele der hier in Betracht kommenden Tiere auf die Lichtmassen unserer 20 Ampére-Lampe ähnlich durch Schreck- und Schutzstellungen rea- gieren wie auf Konservierungsmittel, mußte für diese »Höchstempfind- lichen« noch ein Lichtschützer angebracht werden. Derselbe besteht aus einer bräunlichen Glimmerplatte, die zwischen Lichtquelle und Objekttisch eingeschaltet ist, dem Tier den nötigen Schutz und da- bei dem Beobachter doch noch genügendes Licht zur Beobachtung gewährt. Erscheint im Verlauf derselben das Bild des Objektes in gewünschter Stellung und Schärfe auf der Mattscheibe, so löst man den Verschluss aus, und im selben Moment, in welchem das Prisma fällt, wird die Glimmerplatte durch einen Hebel zur Seite geschoben, der Strahlengang gelangt zur lichtempfindlichen Platte, und das Tier ist photographiert, noch bevor es Zeit zu einer Gestaltveränderung gefunden hat. Alle so gewonnenen Bilder erlangen für uns den Wert wissenschaftlicher Dokumente. Zur Erläuterung des Vortrags dienten in erster Linie Plancton- präparate — insbesondere Krustermaterial — und eine Reihe von Lichtbildern. Unter diesen sind zu nennen: Karte des Arbeits- gebietes, Abbildungen der benutzten Fahrzeuge mit Planctonnetz, Streckenfang-Vorrichtung und Planctonpumpe, dann microphotogra- phische Plancton-Habitusbilder (aus Streckenfängen vom Süßwasser bei Hamburg bis zum Salzwasser der Nordsee), ferner eine aus fünf Einzelbildern bestehende Pleurosigma-Studie (vom Habitusbild bis zu 8 200facher Linearvergrößerung), weiter verschiedene, zum Teil nach dem Leben aufgenommene Planctontiere und endlich einige beson- ders schöne, scheibenförmige Diatomaceen und unter diesen wahre »Kunstformen der Natur«, und zwar — wie sich EHRENBERG ausdrückte — »in der Richtung des kleinsten Raumes«. Verhandl. d. Deutsch. Zool. Gesellschaft. 1907. 10 146 Außerdem waren Original-Microphotogramme bis zu 24 cm Durch- messer ausgelegt und zur Demonstration der verbesserten Dunkelfeld- Beleuchtung zwei ZeEIssche Microskope für schwächere und stärkere Vergrößerung aufgestellt und mit Präparaten von konserviertem Bosminenplankton und lebender Spirochaeta pallida ScHAuD. belegt. Vortrag des Herrn Dr. G. Duncker (Hamburg): Über Schwanzneubildung bei Seenadeln (mit Demonstrationen). (Manuskript nicht eingegangen.) Ein gemeinsames Frühstück vereinigte darauf die Teilnehmer der Versammlung in dem stimmungsvollen, vom Museumsbau umgebenen Domhof; die Besichtigung der Sehenswürdigkeiten der Hansestadt unter der ebenso unermüdlichen, wie belehrenden Führung von Prof. Lenz folgte; ein gemeinsames Mittagessen der Versammlungs- teilnehmer und der Lübecker Herren sowie endlich ein letztes und zahlreich besuchtes Zusammensein im Hause der Schiffergesellschaft beschloß die höchst lehrreich und anregend verlaufene Versammlung. Verzeichnis der Mitglieder 1907/1908", * = lebenslängliches Mitglied. A. Ehrenmitglied. . v. Leydig, Geh. Rat Prof. Dr. Franz. . . . Würzburg. B. Ordentliche Mitglieder. 2. Abel, Dr. Othenio, Privatdozent u. Sektions- geologe der Reichsanstalt ...... Wien, XIII Jenullgasse 2. I SIRAERERIE, ECOMOSROP IOX, Te Cambridge, Mass., Museum of Comp. Zoology, Harvard College. x *y. Apatlıy, Eroiessor Dr. St. ..... ... * . Kolozsvär (Klausenburg). Gr EBERLE PIORBEOE DEU. sk ee ee ee Kiel, Gerhardstr. 90. 6. Augener, Dr. Hermann, Volont. Assist. . . . Zoolog. Institut Göttingen. A SE A ee ete sd) 2 AT See Vile fae Speers, Pr onl ru. 5.02 °. . . . Königswinter a/Rh., Hauptstr. Fu Meg qo) 2c) oie 2 is ea 20, Kopenhagen, Malmögade 6. Bu Ferastn DE. VW a es Eigenheim bei Wiesbaden. Bley Berienaeh, ans Grat. we on‘ Schloß Berlepsch, Post Gerten- bach bei Witzenhausen. 12. Berndt, Dr. Wilh., Abteilungsvorsteher am 1S aed 57 ee a Berlin N. 4 Invalidenstr. 43. 13. *Blanchard, Professor Dr. Raphael. . . . . Paris, 226 Boulev. St.-Germain. #2 STRINIOERAEROERNDE EIE fe. ol. CR. Braunschweig, Inselpromen. 13. 15. *Blasius, Geh. Hofrat Professor Dr. W.. . . Braunschweig, Gaußstr. 17. ib. Diochmansı, Professor Dr. Er..." .'. Tübingen. 23 fannie, © Porcenor DER, ce. ee es Graz, Morellenfeldg. 33. 18. *Borzert, Privatdozent Dr. A... .‘.. .. Bonn, Kaufmannstr. 45. ina pouper, Froressot Dr. en. 2. Frankfurt a/M., Seilerstr. 6. 20: SBawer, Efofessor Dr. ID... - ! ©... ; Würzburg. 21. *Brandes, Privatdozent, Direktor des Zoolog. SCCM BE a Sid oa Halle a/S., Luisenstr. 3. a2. Brandt, »ProfessotDr. Ws ol yr il. Kiel, Beseler Allee 26. 23. *Brauer, Professor Dr. Aug., Direktor des Zoo- fonisqnen Mustuiis, 2) of 60s. Berlin, N. 4 Invalidenstr. 43. Zu Be, Erotessor tr: Mo’ 00.0.0... Königsberg i/Pr. 1 Abgeschlossen am 30. Juni 1907. 10* 25. Bresslau, Dr. Ernst, Privatdozent ... . . . Straßburg i/E, Zool. Institut. Boerne, Dr. Ts „a. 722872... 7 Sol 2 Se Halle a. $., Zool. Institut. 2. o¥. Brunn, ‚Dr. Moos) 2. 27. cae re er Hamburg, Naturhistor. Museum. 26. Burckhardt, Prof. Dr. Rudeli . . „see Basel, Elisabethenstr. 30. 29. Bürger, Professor @9r. 007-4." es: Valparaiso (Chile). 30. *Bütschli, Geh. Hofrat Professor Dr. O.. . . Heidelberg. 31. *v. Buttel-Reepen, Dr. I... SE. ; Oldenburg, Gr. 32. *Chun, Professor Dr. C., Geheimrat . . . . Leipzig, Zoolog. Institut. 33. Collin: Dr. "Anten. ., wesen ee. Berlin N. 4, Invalidenstr. 43. Museum für Naturkunde. 34. Cori, Prof. Dr. C. J., Zoolog. Station . . . . Triest, Passeggio S. Andrea. 35. *Dahi, Professor Ds r ke R Berlin, N. 4, Invalidenstr. 43, Museum für Naturkunde. 36. *v. Dalla Torre, Professor Dr. K. W. . . . Innsbruck, Claudiastr 6 II. 37. Daudt, Dr. Wilhelm, Oberlehrer...... Mainz, Bingerstr. 15. 38. Diesen mer U Prr.2, 2 2 eae, ee eee cere Berlin, Niederschénhausen, Lindenstr. 20. 39. #Doderlein,: Professor Dr. E22 ee eee Straßburg i/E., Akademiestr. 40. Doflein, Dr. Franz, Konservator an der Zool. Staatssammlung ... = oie gate whee München, Franz Josef-Str. 7, Gartenhaus. 41. Dohrn, Geh. Reg.-Rat Professor Dr. A.. . . Neapel, Stazione Zoologica. 42. Dohrn, Dr: Reinhard)... 1 2: ....... Neapel, Zoologische Station. #3, * Dreyer, Ur. Dada, %. mes © eur here Wiesbaden, Schubertstr. 1. 44, *Drieneh,, Dr: Hans oy. es soe eee eae . Heidelberg. 45.+Duneker, Weg. u 18 ein te re ae Lübeck, Moltkestr. 38. 46. *Eckstein, Professor Dr. & . ... 7... Eberswalde. 47. Ehlers, Geh. Reg.-Rat Professor Dr. E.. . . Göttingen. 48. Basıg Profeswor- Dr. 4. . = - „u nun Neapel, Stazione Zoologica. 49. Escherich, Dr. K., Professor an der Forst- akademie nis. va. en SAG Ee Tharandt. 50. Tield,. Dr. Slerbert Er «ur ern, ee Zärich-Neumünster. 51. Fischer, Professor Dr. G., Inspektor des Kgl. Naturalienkabinetts ........ . Bamberg. 52. "Fleischmann, Professor Ur. Al. 2g ve. Erlangen. 53. *Fraisse, Professor Dr. P.. . . . . ... . . Jena, Sellierstr. 6, IL. 54. Meang Dr. ‚Viktor 0.0 „Are ee Helgoland, Biol. Station. 55. Freund, Dr. Ludwig, Assistent am K. K. Tier- ärztlichen Institut d. Deutsch. Universität Prag, II, Heinrichsgasse 9. 56. Friederichs, Dr. Karl, Assistent am Zool. In- stitut der Landwirtschaftl. Hochschule Berlin N. 4, Invalidenstr. 42. 57..*Erlese, Ho) 12, Gee nae Gs ee Schwerin i/M., Kirchenstraße, Friesenhaus. 58: Fritze, Di. Ad. 9), cot lene . ee Hannover, Fundstr. 28 III. 69, * Pallashon, vd. Er. sen ge Pee; | a> eee Edinburgh, Fishery Board of Scotland. : 60. Gerhardt, Dr. Ulrich, Privatdozent. . . . Breslau, Zoolog. Institut. 61. Giesbrecht, De. ay i ee SL) ee Neapel, Stazione Zoologica. 62. Glaue, Heinrich, Korvetten-Kapitin . . . . Marburg i. H., Zoolog. Institut. Marbacher Weg 25. , 63. 64, 65. 66. 67. 68. 69. 70. Bh. 72. 73. 74. 75. 76. WA: 18. #9; 80. 81. 82. 83. 84. 85. 86. 87. 88. 89. 90. 91. 92, 93. 94. 95. 96. 97. 98. 99. 100. 101. 102. 149 Goldschmidt, Dr. R., Assistent am Zool. Institut München, Alte Akademie. *Goette, Professor Dr. A. . ..... . . Straßburg i/E., Spachallee. Gough, Dr. L., Assistant am Transvaal Museum in Pretoria. *y, Graff, Hofrat Professor Dr. L. . . . . Graz, Attemsgasse 24. *Groblien, Professer Dr. 0. |. au ws Wien XVIII, Anton-Frankg. 11. Gross Dr: ul. Ar ARM bla Ge Dahlem bei Berlin, Institut für Protozoenforschung. Gruber) Professem dir. All. An vee Freiburg i/B., Stadtstr. 3. Grinberg DEE ob ‘soja . . . Zool. Museum Berlin N., Inva- lidenstr. 43. [Berlin, NW 52, Spenerstr. 32]. Crane Donau nun eo . . Grunewald b/Berlin, Königsallee. *de Guerne, Baron Jules. ....... . Paris, rue de Tournon 6. Dust Wet eterietk - . . .. . Paris, 19 rue Gay-Lussac. Günther, Dr. Konrad, Bavatdozent . . . . Freiburg i. Br., Karlspl. 36. “Hacker, -Erasemsqg 3. V. .. 2.20. Stuttgart, Seestraße 44. Haller, Professor Dr.B. . .. ... . . . Heidelberg, Gaisbergstr. 68. Hamann, Profesedtiar.O. :.:...: kl: Steglitz b. Berlin. Hamburger, Dr. Clara, Assistent am Zoolog. Institut Heidelberg. Hoi DB... ea Berlin N. 4, Invalidenstr. 43, Zoolog. Institut. vi Hansteiny Professor Di R. . ... .. Gr.-Lichterfelde, Karlstr. 40. Hartert, Dr. Ernst, Zoolog. Museum. . . . Tring, Herts., England. *Hartlaub, Drofessor Dr. CL... . -». Helgoland, K. Biolog. Anstalt. Hartmann, Dr. M., Hilfsarbeiter am Institut für Migkidadhsankbeiten . . . . Westend b/Berlin, Spandauerberg 9. Wareneyer, Tr. Rebert:!, . . - 2...» Berlin N 4, Invalidenstr. 43, Hasse, Geh. Med.-Rat Professor Dr. C. . . Breslau. (Zool. Museum. *Hatschek, Professor Dr. B. . ..... . Wien IX, Maximilianplatz 10. Heiden, Professor De-KE . . ... 2... . Innsbruck, Falkstr. 14. v. Heider, Professor Dr. Arthur R. . . . . Graz, Maiffredygasse 2. Riera Wal ch Sit oe ee . München, Prinz-Ludwigshöhe. Heine; Ferdinand, Amtsrat . ....... Kloster Hadmersleben, Reg.-Bez. Heincke, Professor Dr. Fr., Direktor der K. [Magdeburg. lo Aa re. ie Helgoland. ei Dee . .. . . . Berlin W 62, Zool. Garten, Kur- fürstenstr. 99). Beller"Protessor Dr. C2. N pols ue) A . . Innsbruck, Tempelstr. 10. Hempelmann, 'Desphiluat! . . 3. . „2. . Leipzig, Zool. Institut. *Henking, Professor Dr. H.. . . . . . . . Hannover, Wedekindstr. 28. *Hennings, Dr. C., Privatdozent. . .. .. Karlsruhe, Technische Hoch- schule. Fee TO re Berlin NW 7, Schadowstr. 14, Aquarium. Betr DB . .:... >; München, Schackstr. 2. Hess; Professor Dr: Wie, ....2.5(l 2: Hantiover. ee ee De Bow 2. 2... Tübingen, Gartenstr. 20. v. Heyden, Professor Dr. L., Majora. D. . Bockenheim-Frankfurt a/M. *Heymons, Professor Dr. Richard. . . . . Berlin N4, Invalidenstr. 43, Zoologisches Museum. 103. 104. 105. 106. 107. 108. 109. 110. 111. 112. 113. 114. 115. 116. 18:1. 118. Mas: 120. 121. 122 123. 124. 125. 126. 127. 128. 129. 130. 131. 132. 133. 134. 135. 136. 137. 138. 139. 140. 141. 142. Miilger, “Dr. 0. ogni ae Rent Jack . . Essen, Chausseestr. 12/14. Hilzheimer, Dr. M., Zoolog. Sammlung. . . Straßburg i/E., Ludwigshafener- straße 9 III. Hofer,‘ Professor: Dr. Bruno. . . x ak ‚ui München, Veterinärstr. 6. Hoffmann, Dr. R. W., Assistent am Zool. Inst. Göttingen, Prinz Albrechtstr. 1. Hoyle, William E., Director of the Manchester MUTTERN KOPEN Gy caer un ls Manchester. Hüeber, Dr. Th., Generaloberarzt a. D. . . Ulm, Heimstr. 7. Jacobi, Professor Dr. Arnold, Direktor des Kgl. Zoologischen Museums . . . . . Dresden-Altstadt. *Jackel, Professor De. 4 se es Greifswald i. P. Jameson, Hi Dyster By. 2... . un. Tunbridge Wells, Kent, Engl. *Janet, Charles, Ingénieur des Arts et Manu- fetuter. ONO OR ate Beauvais-Oise, Villa des Roses. Japha ave, Amioldenrorges =... daran Königsberg i/Pr., Hinter Trag- heim 21. imkuu1Dr. QO) Baatspiekh ge om Windisch - Aargau b/Brugg i/Schweiz. Jordan, -H. Praivatlözent 00 Sarina) © 5.0 Zürich V, Fehrenstr. 23 II. Jordan, Dr. K., Zoolog. Museum .... . Tring, Herts., England. Kaiser, Dr adobyeiqokan 7. 5. are Leipzig-Lindenau, Kanzlerstr. Käthariner; Professor Dr! 1.’ "7-4, 4 Freiburg, Schweiz. ra. ty... Kennel; Profeso8DriJ. . .- oneal, Jurjew (Dorpat). *Kiinkhardt, Div Wermefi ©... 6 5 a: Leipzig, Turnerstr. 22. *Klunzinger, Professor Dr. C. B. . . . . . Stuttgart, Hölderlinstr. Kobeltier Di Willie Dr oe eee BOs Schwanheim a/M. Fy chy Pröfessor Dr*G. .- fe sun Darmstadt, Victoriastr. 49. Kohl, 0Br. 0... ET a Paes Stuttgart, Kriegsbergstr. 15. “Kohler; (RNAi gi COLE u: ae Ba nun Jena, Lobdergraben 11. Köhler, Professet rR, 2 zum OP. Lyon, 18 rue de Grenoble, . Monplaisir. Kolbe, Protesier dai, oi 1 se An Berlin N 4, Invalidenstr. 43, Museum fiir Naturkunde. Kollmann, Professor Dr. I... 4.8 uni, Basel, St. Johann 88. ‘Konig, Professarebmi ark 7 62 x4. . . Bonn, Koblenzer Str. 164. Konow, Pastet Pedr Walh. „won. Teschendorf b. Stargard i/Meckl. *Korschelt, Professor: Dr. BR. . . . „1... Marburg i. H. Kraepelin, Professor Dr. C., Direktor des Na- turhistorischen Museums. ...... Hamburg Krauß Br’ PASSEN 1 en OR Tübingen, Hafengasse 3. Kühn, Wirklicher Geh. Rat, Exzellenz, Pro- lessof Dr. io FT. re Halle a/S. Kaikenthal>-Professor: DG... 0. Breslau, Zoolog. Institut. Künkel, Carl, Semimarlehrer. ....... Ettlingen (Pont. Lameecre,’ Profegsor:Dr:‘Aug. . . .-. » s Brissel, 10 Avenue du Haut Lampert, Studienrat Professor Dr. K. . . . Stuttgart, Naturalienkabinett. Lane, Profemsar, BEA le Zürich IV Oberstraß, Rigistr. 50. Langhoffer, Professor Dr. Aug. ...... Zagreb (Kroatien). Lauterborn, Professor Dr. R. i/Heidelberg . Ludwigshafen a/Rh. Lehmann, Dr. Otto, Museumsdirektor . . . Altona. ee See Ki 143, 144, 145. 146. 147. 148. 149. 150. 151. 152. 153. 154, 155. 156. 157. 158. 159. 160. 161. 162. 163, 164. 165. 166. 167. 168. 169, 170. 171. 112, 173. 174. 175. 176. Lit. 178. 179. 180. 151 Leiber, Dr. A., Lehramtspraktikant . . . . Freiburg i/Br., Erwinstr. 10. Leisewitz, Dr. Wilhelm, Kustos an der Zool. Sn anne Abuıv Hohl so ew sw München, Alte Akademie. v. Lendenfeld, Professor Dr.R....... Prag. Lanz, Fraseksor Dit. aes Pos‘ eb ied» Lübeck, Naturhist. Museum. v. Linden, Dr. Maria Gräfin, Assistent am Anitoms/ingii sc dosıobsuund ois Bonn a/Rh., Quantiusstr. 13. List, Professor Dr. Th., Landes-Museum und Technische Hochschule ....... Darmstadt, Stiftstr. 29. Lohmann, Professor Dr. H., Zool. Institut Kiel. *Looss. Peoressor Dr. A. . Ion‘ asi % . . Cairo, School of Medicine. *Ludwig, Geh. Reg.-Rat Professor Dr. H. . Bonn, Colmantstr. 32. {heim 4. *Lühe, Privatdozent Dr.M......... Königsberg i/Pr., Mitteltrag- Maas, Dos BH OD. «2 6 - se et München, Zoolog. Institut. v. Mahrenthal, Professor Dr. F.C... ... Berlin N 4, Invalidenstr. 43. Maier, Dr. H. N., Assistent am Zoolog. Institut Miinchen. *Malsen, Dr. Haus Freiherr von . . . . Malseneck, Post Kraiburg, Bayern. vy; Marengeller; Dr/ Emily... . . 2... Wien VIIL., Tulpengasse 5, k. k. Naturhist. Hofmus. Martin, Dr. Paul, Professor der Tieranatomie ander Universitdty, Tl .. . ....-. . TT. "Gießen *Martini, Dr. E., Assistent am Anatom. In- Be er. un. BOL. TER Rostock. Matsehie; Paul; (Proféssomy .. .... -. . 6 as Berlin N 4, Invalidenstr. 43, Museum für Naturkunde. "Mattes, IE ll ea Pankow b. Berlin, Amalienpark 4. Meisenheimer, Privatdozent Dr. Joh.. . . . Marburg, Zoolog. Institut. *Meißner, Dr. Maximilian. ........ Berlin N 4, Invalidenstr. 43, Museum fiir Naturkunde. Werte Da Hua url 20. Heidelberg, Zool. Institut. Metzger, Geh. Reg.-Rat Professor Dr. A.. . Hann. Münden. @Meyer;/Geh,Hofräat DE-AAB.. . . .. . . Dresden. ; *Michaelsen, Dr. W. .. . . ". .. . . + . Hamburg, Naturhist. Museum. Dany, Dr. Aone lose. . 181. Pappenbeim,:Dr. Bu... .20.8 182. Pauly, Professer: DH Pin Rene 183..*Penther, „Dr. A. 2.200777, Ar 184. *Petersen, Mag. Wilh., Direktor der Petri Barlschüls, u ee an 185. *Petrunkewitsch, Dr. Alexander, Fe aklorent 186. *Pfeffer, Professor Dr./Georgiag gu... 187. Philippi, Belt, As ne Meee, on.) «4. 188. *Plate, Professor Dr. L., Direktor des Zool. Instituts d. Landwirtschafl. Hochschule 189. Prowazek, Dr. Stanislaus Edler v. Lanov 190. Purcell, Dr. W. F Se anol ata 191, Pitter BE A... UP eee BR 192. Rauther, Dr. Max, Assistent am Zool. Institut 193. Rawitz, Professor Dr. B. . ...: ge art ta 194: Bei Tito A Nee alu. 195. Reibisch, Dr. J., Zoolog. Institut. .. . . 196. *Reichenbach, Profeser Br. H-......... 197; *Bengel,, Professor Dr. 6.7... HU. . Reuß, Dr. Hans, Assistent an der Biolog. . *Rhumbler, Professor Dr. L. ET | Richters; Professor Dr: Eerd.. .: ..... ... . Rohde» Professor Decal’. 2. + ah Oye th . duomensir phir Direktari iat) 54 320% . Schwalbe, Professor Dr. G.. . . Versuchsstation. lm)... .. . . . "7 Rothschild‘ Baren Br: IW... . .,:-. . . *Roux, Geh.. Med.-Rat Professor Dr. Wilh. . *Samter, Br. OT. 2 schWwtl 2.20 kee cae Sarasın, Dr, Fritz .. gacestir«\ ores await . Sarasin; Ste Peal IE iow! . . Berlin N W, Wiklefstr. 58. 234. *Strassen, Professor Dr. O. zur. ..... Leipzig, Zoolog. Institut. (Priv.- Adresse: Leipzig-Connewitz, 235. Strodtmann, Dr. S., Lehrer. ....... Helgoland. [Äuß. Elisenstr. 35. 236. Strubell, Privatdozent Dr. Ad. ...... Bonn, Niebuhrstr. 51 237. *v. Stummer-Traunfels, Dr. Rud... .. . Graz. 238. Sturany, Dr. R., Assistent am k. k. Naturhist. N ee ae Wien I, Burgring VII. 239. Süßbach, Dr. phil., Assistent am Museum f. Meuresinide, „ur. 2 N. . Kiel, Gerhardstr. 47. 240. Taschenberg, Professor Dr. O. ...... Halle a/S. Bar POMONA Dir. na en. Frankfurt a/M., Tannenstr. 7 II. eeevemine Der Cure...) 5 en. co. Steglitz bei Berlin, Arndtstr. 341. Ernie ie Joma iy aan. ee Indian x is Berlin N 4, Invalidenstr. 43, Museum für Naturkunde. 244. Tönniges, Dr. Carl, Assistent am Zool. Institut Marburg i/H. see rkoroien Inge Dr. G. .MUE.- ya ohne sé Charlottenburg, Spreestr. 20. 246. Vanhöffen, Professor Dr. E., Kustosam . . Berlin N, Museum für Natur- Zoolog. Museum. kunde, Invalidenstr. 43. 247. Vejdovsky, Professor Dr. F. ....... Prag. 25 yo, Ernfessor ro W.. ee Sk + jes Bonn, Maarflachweg 4. 249. Voß, Dr. Friedrich, Volontär-Assistent am Monkan RHEIN. "aris ne Göttingen. 250. Vosseler, Professor Dr. I... ....... Amani, Deutsch-Ostafrika, Biol. | Institut. 251. *v. Wagner, Professor Dr. Fr... ..... Graz, Steiermark, Zool. Instit. 252. Wahl, Dr. Bruno, Assistent an der k. k. Land- wirt.-bakteriol. Pflanzenstation . . . . Wien II, Trunnerstr. 1. Zoo. Wandölleek, Dr.iBenmno. ‘3 . Sek. 1. . Dresden-Altstadt, Zool. Museum. BORN RE, En N. an, Luxemburg, Bellevue. 255. Weber, Dr. L., Sanitätsrat, Leitender Arzt am Krankenhaus vom Roten Kreuz . . Kassel. 256. 257. 258. 259. 260. 261. 262. - 263. 264. 265. 266. 261. 268. 269. 270. 271: 272. 273. 274. 275. *Weber, Professor Dr. Max.Ym.32 u We. Eerbeck, Holland. *Weismann, Professor Dr. A., Wirkl. Geh. Bat, Exzellent WER! 23 ee Freiburg i/B. *Weltner, Professor rw... 9% RE Berlin N., Imvalidenstr. 43. Zoolog. Museum. Wenck, Wilhelm (Löbbecke-Museum, Natur- historische Sammlung der Stadt Düssel- [müllerstr. 16. dorf), Oberlehrer. 17 777 Sa: Düsseldorf-Grafenburg, Burg- Werner, Dr: Bann N, Wien V, Margarethenhof 12. Wilhehar" Wr? 45, 9 Ries Re Neapel, Zoolog. Station. Will, Professor ARD eas ooo yo sae Rostock. Wolf, Dr. Eugen, Assistent am Senckenb. Musediii’ ys. dey eee PE ME DARF Frankfurt a/M. Woltereck, Professor Dr. Rich.. . . . . . Gautzsch b/Leipzig, Weberstr. *Woltersterii, Dr. 'W. Kustog2 1292, 1-78 Magdeburg, Domplaiz 5. *Wunderlich, Dr. Ludw., Direktor des Zoolog. Garten * ESBNERIE ps . . «. . Köln-Riehl. Zacharias, Professor “91.0... Sn E2 77.2 Plön-Holstein, Biolog. Station. *Zelinka, "Professor: DE.’ 2 3s U4 Czernowitz. * Ziegler! Professor Dr HE... 2% Jena. Zimmer, Dr. Carl, Kustos am Zoolog. Institut Breslau. *Zechokke, Professor Wri Fr... ees x : Basel, St. Johann 27. C. AuBerordentliche Mitglieder. *Fischer, Dr. Gustav, Verlagsbuchhändler . Jena. Nagele, Erwin, Verlagsbuchhändler . . . . Stuttgart, Johannesstr. 3. Reinicke, E., Verlagsbuchhändler, Chef der Firma Wilhelm Engelmann ..... Leipzig. Winter, F., Lithographische Kunstanstalt Werner GoW tater serait. Kun EEE Frankfurt a/M. Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig- :: VERLAG VON WILHELM ENGELMANN IN LEIPZIG :: Repetitorium der Zoologie Ein Leitfaden für Studierende von Prof. Dr. Karl Eckstein Privatdozent und Assistent am Zoologischen Institut der Forst-Akademie Eberswalde Zweite, umgearbeitete Auflage Mit 281 Figuren im Text. gr. 8. Geheftet .4 8.—; in Leinen geb. 4 9.— Vergleichende Entwicklungsgeschichte der Geschlechtsindividuen der Hydropolypen A. ot (Sonderabdruck aus der Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie, Band 87) Mit 18 Tafeln. Gr. 8. Geheftet „4 30.— REGENERATION Thomas Hunt Morgan Mit Genehmigung des Verfassers aus dem Englischen übersetzt und in Gemeinschaft mit ihm vollständig neu bearbeitet von Max Moszkowski Deutsche Ausgabe, zugleich zweite Auflage des Originals Mit 77 Figuren im Text == gr. 8. Geheftet / 12.—; in Leinen gebunden .# 13.20. Das Kausalitätsprinzip der Biologie Dr. med. Friedr. Strecker Privatdozent der Anatomie und Biologie und I. Assistent am Kgl. Anatomischen Institut der Universität Breslau 8. Geheftet M. 3.— :: VERLAG VON WILHELM ENGELMANN IN LEIPZIG :: Physikalische Chemie der Zelle und der Gewebe von Dr. Rudolf Höber Privatdozent der Physiologie an der Universität Zürich Zweite, neubearbeitete Auflage ——— Mit 38 Abbildungen im Text. 8. Gebunden 4 14.—. Das günstige Urteil. welches der ersten Auflage dieses Werkes seinerzeit auf den Weg gegeben werden konnte, hat sich durch die baldige Erschöpfung dieser Auflage als recht allgemein herausgestellt. Die vorliegende Neuausgabe ist viel- fach neu geschrieben worden und gibt auch in solcher Weise ein Zeugnis für schnelle Entwicklung der physiko-physiologischen Chemie. Man darf wohl voraussagen, daß die künftigen Auflagen sich noch schneller folgen werden, da der Kreis der Mediziner, die sich eines solchen Werkes mit Erfolg bedienen können, im lebhaften Wachstum begriffen ist. (Wühelm Ostwald.) Über die Zelle Nachgelassene Schrift von Alfred Schaper Nach dem Tode des Verfassers herausgegeben von Wilhelm Roux Mit 3 Textfiguren. Gr. 8. “| —.60. Von dem verdienten, so früh aus dem Leben geschiedenen Forscher lagen bei seinem Tode nur einige Absclinitte der Zellenlehre, die er erst als »Lehrbuch « herauszugeben beabsichtigt hatte, vor. Seinem Wunsche entsprechend, hat der Herausgeber, Herr Geheimrat Prof. Dr. Wilhelm Roux in Halle a. S., für die Ver- öffentlichung dieser, über die geschichtliche Entwicklung des Zellbegriffes, die organischen Individulalitätsstufen und über den Bau und die elementarsten Lebens- erscheinungen der Zelle, speziell des Protoplasma handelnden Kapitel gesorgt. Über „Organbildende Substanzen“ und ihre Bedeutung für die Vererbung Nach seiner am 21. Juni 1906 in der Aula der Universität Leipzig gehaltenen Antrittsvorlesung von Prof. Dr. Carl Rabl, Direktor des Anatomischen Instituts in Leipzig / Gr. 8. # 1.20. Druck von Breitkopf & Hartel in Leipzig Pears er, he Er Pe’ we . ine . 5 a M 1, 7 5 . ane = aia of, xed ‘ vr + Oe: 5. . W% Fair + . 2. 4 py yer ? ed we el "4 ae u ; ¥ cz. N, 4 . ay \ ” hubs <4 7. Fr an . x o .* on 1 * Pen ~ 4 = oe Ps % u en ir + ve N N a 5 i pe p Ul . x ui Fr 2 P 7 ‘ Gir oth er ee i ? re. “ A ie ’ 7) d a A oy Rea ys SOM GL MTNA Re Oe Wy PR BOTA U MSV Fa Rated ; \ “ 4 5 j Ri \ a ; y " ‘ k “ 4 ‘ Ve af = i vat ey, * | ass at ' % L ‘ ‘ Lag \ i d ) : . ‚ ‚un i iit tay Ms t 3 4 N { ' ‘ 7 1; ‘ N af a meaty, BY Wat a ‘ na i erg ie. LA = th i j { 5 1 a ; J ar | Ir ) ahi ’ f i wt, ° 4 f j 5 a | . | f° 14 q Br N “ ar i - Mi / ; 5) 7 4 [4 £ cr “hia A ur 4 ' A We ur nt 7 ‘ : nian J ' sD | i ‘ } UT ‘ é } j i ) a ‘ ' 4 I # ‘ a iy “Gg ’ iy i ‘ q LER La f | “) ’ be . { { r Re y is 4 > & a Da < ay N + ‘ ’ ad | i j ‘a ' f L ‘ } ‘ ' y r 7 Er i PS eg en 1 BA x I B ; ig an IF } cuts f N id vi) Yan Be, Ah fa Pee ’ WO 0 yt i i Bun ni j t +; oy A N Ube ‘ ; Ty Er i] a ” if 0] N DE | eat | ar | RN. =. er oe BR is) * Ne ATES ch A 1 (# Ati 3 at 4 ti Ns; i Y AN Ae) AYE 3 2044 106 255 Date Due | APK 24 1962 nm nn ee ann