# a PEUT, Le as u = NA ER de he «, k . Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft Basel. - ZAwôlfter Band. Mit te Tafeln. INHALT, Botanik. E. Steiger. Beziehungen zwischen Wohnort und Gestalt bei den Cruciferen. 373. — X. Wetterwald. Die Entdeckung der Kohlenstoffassimilation. 225. Chemie. G. Kahlbaum. Kleine historische Notizen. 1. — Versuche über Metalldestillation. 214, — Hans Kreis, Über Butteruntersuchungen. 108. Geologie. Ed. Greppin. Über den Parallelismus der Malm- schichten im Juragebirge. 402, — F. von Huene. Geologische Beschreibung der Gegend von Liestal im Schweizer Tafeljura. 293. — August Tobler. Über die Gliederung der meso- zoischen Sedimente am Nordrand des Aarmassivs. 25. Medizin. Fr. Müller. Über die Colloidsubstanz der Eier- stockeysten. 252. — A. Schwendt. I. Demonstration scharf umschriebener Tondefekte in den Hörfeldern zweier Taubstummen. 244. — II Einige Beobachtungen über die hohe Grenze der menschlichen Gehörwahrnehmung. 247. Physik. A. Schwendt. Experimentelle Bestimmungen der Wellenlänge und Schwingungszahl höchster hörbarer Töne. 149. — H. Veillon. Einige Versuche mit Cohärern. 126. Zoologie. Rud. Burckhardt. Der Nestling von Rhinochetus jubatus. 412. Nekrolog. Rud. Burckhardt. Nachruf an Theodor Bühler-Lindenmeyer. 19. F. Sarasin. Ansprache in der Aula des Museums am 10. Nov. 1899. 203. P. Sarasin. Kurze Worte der Erinnerung an Ludwig Rüti- meyer. 210. Bericht über das Naturhistorische Museum, von Dr. Theodor Engel- mann für das Jahr 1897. 136. — für das Jahr 1893. 179. — von Dr. F. Sarasin für das Jahr 1899. 266. VI Bericht über die Ethnographische Sammlung, von Dr. F. Sarasin für das Jahr 1898. 188. — für das Jahr 1899. 283. Dr. J. M. Ziegler’sche Kartensammlung. Neunzehnter Bericht. 1897. 145. — Zwanzigster Bericht. 1898. 194. — Einundzwanzigester Bericht. 1899. 288. Chronik der Gesellschaft. 430. Mitgliederverzeichnis. 435. Bestimmungen über die Publikation von Arbeiten in den Verhand- lungen. 445. Verzeichnis der Gesellschaften im Tauschverkehr. 447. Anhang. Der Basler Chemiker Christian Friedrich Schönbein. Hun- dert Jahre nach seiner Geburt gefeiert von der Universität und der Naturforschenden Gesellschaft. Verzeichnis der Tafeln. IT zu August Tobler: Profile durch die älteren Sedi- mente am Nordrand des Aarmassivs. II, III, IV zu A. Schwendt: Experimentelle Bestim- mungen der Wellenlänge und Schwingungszahl höchster hörbarer Töne. V, VI zu F. von Huene: Geologische Beschreibung der Gegend von Liestal im Schwei.er Tafeljura. VII zu Ed. Greppin: Über den Parallelismus der Malm- schichten im Juragebirge. Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft BASEL: Band XI. Heft 1. Mit 1 Tafel. EN — Kleine historische Notizen von Georg W. A. Kahlbaum.!) Bei Gelegenheit von Studien, die ich zum grösseren Teile in Gemeinschaft mit einem meiner Schüler Herrn Dr. A. Hoffmann über eine der interessantesten Zeiten in der Entwickelung der Chemie, nämlich der des Kampfes der phlogistischen Chemie mit der modernen, durch Lavoisier’s Arbeiten begründeten, angestellt habe, sind ein paar Spähne abgefailen, über die ich mit wenigen Worten berichten möchte; es sind keine neuen historischen Grundwahrheiten, die da aufgedeckt werden sollen, vielmehr sind es nichts anderes, als anspruchlose geschichtliche Kleinigkeiten, die aber dennoch verdienen, ans Licht gezogen zu werden. 1. Über die gegenseitige Beeinflussung von Priestley und Watt. Zunächst möchte ich berichten über die Folgen der eigentümlichen wechselseitigen Beeinflussung, die zwei der hervorragendsten Mitglieder der gelehrten Welt England’s an der Schwelle dieses Jahrhunderts, Joseph Priestley und James Watt, auf einander ausgeübt haben, und die für beide und für die Entwicklung der Chemie in gleichem Masse verhängnisvoll werden sollte. 1) Mitgeteilt der Gesellschaft am: 23. X. 1895, 6. V. 1896, und 17. III. 1897. À EUR Eine der einschneidendsten Entdeckungen der Chemie des vorigen Jahrhunderts war die Erkenntnis der zusammengesetzten Natur des Wassers. Die Ge- schichte dieser Entdeckung habe ich hier nicht zu geben, die ist in eingehendster Weise und mit ausgiebiger Quellen-Benutzung und Quellen-Angabe von Hermann Kopp in seinen „Beiträgen zur Geschichte der Chemie“, Stück 3, Seite 237 bis 310, erzählt worden; was ich selbst dazu habe neues beibringen können findet sich an an- derer Stelle. 1) Darnach steht fest, dass es zuerst Cavendish im Jahre 1781 gelang, Wasser durch Explosion von brenn- barer in dephlogistisierter Luft zu erhalten und die Ge- wichts- wie die Mengenteile dabei festzustellen, den Schluss aber daraus, dass Wasser aus diesen beiden Gasen zusammengesetzt ist, zog Cavendish nicht. Von diesen Versuchen erhielt Priestley Nachricht und wiederholte dieselben mit dem gleichen Erfolg, aber auch er zog den Schluss von der zusammengesetzten Natur des Wassers nicht. James Watt dagegen, der wie Priestley damals‘ in beziehentlich bei Birmingham lebte und mit diesem in der sogenannten Mondgesellschaft”) in intimen wissen- schaftlichem Verkehr stand, schloss aus Priestley’s Versuchen, dass Wasser kein Element ist, sondern ein zusammengesetzter Stoff und dass dasselbe aus einem Volumen dephlogistisierter Luft, unserem Sauerstoff, und 1) Vergl. Monographien aus der Geschichte der Chemie, her- ausgegeben von Kahlbaum, I. Heft, 2: „Kahlbaum und Hoffmann. Über den Anteil Lavoisiers an der Feststellung der das Wasser zusammensetzenden Gase.“ 2) Die Mondgesellschaft hatte ihren Namen daher, dass sich die Mitglieder an den, dem Vollmond nächsten, Samstagen ver- sammelten, weil dann für den Nachhauseweg die Strassen am besten beleuchtet waren. AS A aus 2 Volumen Phlogiston, wie er nach Stahl’s Theorie die brennbare Luft, unseren Wasserstoff, nannte, besteht. Diese hier zum ersten Male deutlich ausgespro- chene Erkenntnis von der wahren Zusammensetzung des Wassers, sollte aus einem Schreiben an Priestley in der Royal Society am 26. April 1783 verlesen werden. ') Die Verlesung dieses Briefes unterblieb jedoch auf Watt’s eigenen Wunsch, weil er inzwischen durch neue Versuche Priestley’s zu einer anderen Ansicht bekehrt worden war. Priestley hat also Watt seinen richtigen An- schauungen abspenstig gemacht und diesen somit um die Ehre, der zweifellos erste Verkünder der zusammen- gesetzten Natur des Wasser zu sein, gebracht. Das ist aber wie gesagt nichts neues und war be- kannt; übersehen dagegen ist eine Stelle, aus der hervor- geht, dass Watt seinem Freunde Priestley ganz den gleichen Liebesdienst erwies, indem er ihn von einer einmal gefassten und dann festgehaltenen richtigen An- sicht wieder abbrachte und zu einer falschen hinüberzog, an der dann, wie bekannt, Priestley bis an sein Lebens- ende festhielt. Etwa um die gleiche Zeit (1784) hatte Priestley Versuche gemacht, bei denen er Flüssiskeitsdämpfe durch glühende Tonröhren leitete und die verschiedenen dabei auftretenden gasförmigen Zersetzungs-Produkte studiert. Das gleiche hatte Lavoisier mit dem Wasser- dampf gethan, jedoch unter Anwendung eiserner und mit Eisenspähnen und Nägeln gefüllter Röhren; dabei war das Eisen verkalkt, d. h. oxydiert worden und Lavoisier hatte die brennbare Luft des Wassers, d. h. den Wasserstoff aufgefangen. Die Mitteilung über !) Kopp, Beiträge zur Geschichte der Chemie. Braunschweig» Vieweg, 1869. Stück 3, Seite 267. HER Di-P0 diese Arbeit hatte Lavoisier persönlich Priestley übersandt. Darüber berichtet nun Priestley in einer amı 24. Februar 1785 vor der Royal Society gelesenen Arbeit folgendermassen: „Nachdem ich durch die Versuche des Herrn Lavoisier besser unterrichtet worden war, ent- schloss ich mich, dieselben mit aller nur möglichen Auf- merksamkeit zu wiederholen, aber ich hätte sie mit weniger Vorteil für mich durchgeführt, hätte ich mich nicht dabei der Unterstützung des Herrn Watt erfreut, der immer nur von dem Gedanken ausging, dass die Versuche des Herrn Lavoisier in keiner Weise die Folgerungen rechtfertisten, die derselbe daraus zog. Was mich an- betrifft, so habe ich in der That lange Zeit daran fest- gehalten, dass seine (Lavoisiers) Schlüsse richtig seien und dass die brennbare Luft thatsächlich aus dem bei diesem Versuche sich zersetzenden Wasser stamme. Aber obwohl ich noch einige Zeit lang an dieser Meinung festgehalten habe, so hat mich doch das häufige Wiederholen dieser Versuche und das Licht, welches die Beobachtungen des Herrn Watt darüber verbrei- teten, zu der Überzeugung gebracht, dass die brennbare Luft hauptsächlich aus dem Eisen und der Kohle stamme.“!) Diese Meinung unterstützte er dann noch durch eine Reihe von Versuchen und kommt zu dem Schluss, „dass alle Körper, welche im glühenden Zu- stande mit Wasser brennbare Luft liefern, Phlogiston enthielten und dass dieses Phlogiston eine reale Sub- stanz sei, welche mit Hilfe von Wasser oder von Hitze die Gestalt der Luft annehmen könne.“ ?) Priestley ist also thatsächlich zuerst Anhänger der Lavoisier’schen Anschauung gewesen, hat die- 1) Observations sur la Physique 1785. T. 27, p. 173. 2) Ar ra 10'ep di: —— HS) a selbe aber unter dem Einfluss von Watt wieder aut- gegeben, gerade so wie er durch seine Versuche Watt von der zu allererst von diesem ausgesprochenen Meinung von der zusammengesetzten Natur des Wassers wieder abdrängte. Beide haben sich also in gleicher Weise unvorteilhaft beeinflusst und sich dadurch um hervor- ragende Ruhmestitel gebracht. Wie anders wäre die Entwickelung der modernen Chemie verlaufen, wenn ein Priestley aus den Gesichtspunkten Lavoisier’s her- aus sein ausserordentliches experimentelles Geschick in den Dienst unserer Wissenschaft gestellt hätte; wie wunderbar wäre der Ruhm des Entdeckers der Dampf- maschine noch in die Höhe geschnellt, wenn er auch als erster ohne Zaudern und Klauseln verkündet hätte: „also ist das Wasser eine zusammengesetzte Substanz!“ 2. „Zur Geschichte der Entdeckung des Sauerstoffes.‘‘') Noch immer lesen wır, in einer Mehrzahl von chemischen Lehrbüchern, ungefähr folgendes: „Der Sauerstoff wurde im Jahre 1774 etwa gleich- zeitig, doch unabhängig von einander, von Priestley und Scheele entdeckt.“ *) Diese Darstellung ist falsch, sie zu berichtigen ıst der Zweck des folgenden. 1) Verel. Chemiker Zeitung 1897. Jahrgang 21, Nr. 30. 2) Vergl. z. B. auch Meyer, Geschichte der Chemie, Leipzig, Veit, 1889, S. 133. In Graham-Otto, Lehrbuch der Chemie, 4 Aufl., Braunschweig 1863, B. 1, S. 123 heisst es zwar: „1771“; das beruht jedoch dort zweifellos auf einem Druckfehler; denn die angeführten Belegstellen sprechen von den späteren Versuchen. Es hätte, um 1771 zu begründen, Band 1, S. 156 von Priestley’s „Observations on different Kinds of Air“ oder Philosophical Transactions (1772) herangezogen werden müssen. ER Bei Gelegenheit der schon genannten Forschungen über die Aufnahme der Lavoisier’schen Theorie, im Besonderen in Deutschland, !) die ich in Gemeinschaft mit Herrn Dr. A. Hoffmann unternahm, musste ich die Geschichte der Entdeckung des Sauerstoffes wenigstens streifen, seither bin ich nun der Frage weiter nachge- sangen und dabei zu folgenden Resultaten geführt worden. Nordenskiöld, der bekannte Erzwinger der nord- östlichen Durchfahrt, hat sich auch das grosse Verdienst erworben im Jahre 1892, die nachgelassenen Briefe und Aufzeichnungen Scheele’s?) herauszugeben und er schliesst den stattlichen Band mit folgenden Worten: „Die hier angeführten Experimente datieren also von 1771—1772. Scheele hatte damals das Sauerstoff- gas, welches er noch aër vitriolicus nennt, durch Glühen von Quecksilberoxyd, von Silbercarbonat, von Magne- siumnitrat, von Arseniksäure mit Magnesia nigra (un- serem Braunstein) isoliert. Er wusste, dass dieses Gas geruch- und geschmacklos war, dass es die Verbrennung lebhaft unterhält und dass es einen Bestandteil der atmosphärischen Luft bildet.“*) — Die hauptsächlichsten Stellen, zwei wenig wichtige lasse ich aus, aus den Laboratoriums-Aufzeichnungen von Scheele’s Aufenthalt in Upsala während der Jahre 1771 — 1772 lauten: „Der mercurius praecipitatus ex solutione in acito nitri cum alkali fixo, giebt per des- üllation in der Blase!) aörem vitriolicum, in welchem 1) Monographien aus der Geschichte der Chemie, herausgegeben von Kahlbaum, I Heft, 1. „Die Einführung der Lavoisier’schen Theorie, im Besonderen in Deutschland“ von Kahlbaum und Hoffmann, Leipzig 1897, S. 59. 2) C. W. Scheele, nachgelassene Briefe und Aufzeichnungen, herausgegeben von A. E. Nordenskiöld, Stockholm 1892. 3) Nordenskiöld, a. a. O. 8. 466. TE ee 1/; aër fixus, ein wenig gelbes Sublimat, dann mercu- rium vivum, in welchem mit starkem Feuer noch mehr rötliches Sublimat, doch sehr wenig, und mercur. vivus folgt.“ ?) „Mercurius praecipitatus ruber destilliert, gab viel aërem vitriolicum, keinen aërem fixum, sehr wenig Sub- limat, gelbrötlich, und mercurium vivum.“?) Solutio argenti in acido nitri, mit alkali fixo krystal- lisato präcipitiert, edulcorirt und destilliert, giebt, wenn die Retorte nur recht heiss geworden, aërem fixum und die Hälfte Vitriolluft. Residuum in der Retorte ist re- duciertes und weissglänzendes Silber.“ ®) „Mercurius praecipitatus ruber, mit sale tartari des- tilliert, giebt kein Sublimat, sehr wenig aërem fixum, viel Vitriolluft und mercurium vivum.“°) „Acidum arsenici, mit magnesia nigra destilliert, gab ein wenig Vitriolluft, in welcher Feuer schön brannte, sehr wenig aër fixus.“ ©) „Als magnesia alba mit spiritu nitri saturiert und destilliert wurde, ging auf die Letzte das acidum nitri von der magnesia alba in eine mit mixt. calcis vivae angefeuchtete Blase, und eine gute Quantität Luft, welche der Vitriolluft in allem gleich war. Das Feuer brannte sehr schön in selbiger. Und ebenso ging es, als zwei Drachmen Salpeter in einer Retorte und Blase destilliert wurden, denn solange das nitrum nicht recht glühte, ging nichts über, ohne acido nitri oder aëre fixo. !) Scheele bediente sich zum Auffangen der Gase zuweilen einer angefeuchteten Tierblase, eine solche ist hier gemeint 2) Nordenskiöld, a. a. O. S. 458. 3) Nordenskiöld, a. a. O. S. 458. #) Nordenskiöld, a. a. O. S. 460. 5) Nordenskiöld, a. a. O, S. 460. 6) Nordenskiöld, a. a. O. S. 465. RE N ur Als der mercurius sublimatus mit oleo tartari präci- pitiert wurde und edulcoriert, gab es ein braunes Präci- pitat, welches bei der Destillation in einer Blase, ehe es zum Glühen kam, einen mercurium dulcem im Halse gab. Als aber die Retorte glühte, gab es eine Luft, welche der Vitriolluft ganz gleich war.“ ') Über die Identität dieser Vitriolluft, die Scheele später Feuerluft?) nannte, den Namen „Feuerluft“ be- gründet er ausdrücklich in seiner 1774 geschriebenen : „Abhandlung über die Luft und das Feuer,“ kann nach dem, was über ihre Darstellung und über ihr Unter- halten der Verbrennung gesagt wird, kein Zweifel sein. Der damalige stud. pharm. ©. W. Scheele hat also zweifellos den Sauerstoff unter Händen gehabt und ihn von anderen Gasen sehr wohl unterschieden. Eine ganz genaue Datierung ist mir bis heute noch nicht möglich, aller Wahrscheinlichkeit nach aber sind die ersten Versuche, wie dies auch Nordenskiöld be- tont, im Zusammenhang mit der Untersuchung der ma- gnesia nigra, also unserem Braunstein angestellt worden. Laut einem Brief an Gahn vom 2. Dezember 1771, sind diese Versuche im Spätjahr 1771 angestellt worden. Am 2. Dezember 1771 waren sie schon soweit gediehen, dass sie Scheele noch vor Jahresschluss beendigen zu können hoffte. ?) Danach würde sich also, im Sinne der allgemein gültigen Anschauungen, eine Priorität für Scheele gegenüber Priestley, von mindestens 3 Jahren ergeben. Eine solche wird auch sowohl von Nordenskiöld, 1) Nordenskiöld, a. a, O. S. 465. ?) Den Namen „Feuerluft“ begründet Scheele in seiner „Ab- handlung über die Luft und das Feuer“ schon im Vorwort 8, 3, sowie S. 25, Neudruck in Ostwald’s Klassiker. Leipzig 1894. 3) Vergl. hierzu Nordenskiöld, a. a. O. S. 95 und 408. Be el a. a. V. pg. 408, wie auch von Ostwald in den An- merkungen zu seinem Neudruck von Scheele’s schon genannter „Abhandlung von der Luft und dem Feuer,“ auf pg. 108 für Scheele in Anspruch genommen. An beiden Stellen wird Priestley’s Versuch der Dar- stellung des Sauerstoffes aus dem Quecksilberoxyd vom 1. August 1774, als Entdeckungstag für diesen bezeichnet. Diese leztere Auffassung ist in der That eine sehr all- gemeine, und lässt sich schon im vorigen Jahrhundert nach- weisen, z. B. um nur eines anzuführen, bei Westrumb, der direkt den 1. Augut 1774 mit Rücksicht auf Priest- ley’s damaligen Versuch: „den Geburstag der antiphlo- gistischen Chemie“ nennt.) Trotzdem ist auch diese Annahme durchaus unrichtig, denn auch Priestley hat den Sauerstoff, den er „dephlogistisierte Luft“ nennt, ebenfalls bereits im November 1771 dargestellt. In dem 10. Abschnitte des 1. Teiles seiner berühm- ten „Versuche und Beobachtungen über verschiedene Gattungen der Luft,“ schreibt er: „Alle möglichen Arten künstlicher Luft, mit denen ich jemals Versuche angestellt habe, waren für Tiere höchst schädlich, ausgenommen die Luft, welche ich aus Salpeter oder Alaun entbunden hatte; denn in dieser brannte ein Licht ebensogut wie in gewöhnlicher Luft. In einer Quantität, die ich unter anderem aus dem Salpeter erhielt, brannte nicht nur ein Licht fort, die Flamme nahm sogar zu und man hörte etwas, ähnlich dem Knistern des Salpeters in freiem Feuer. Ich stellte diesen Versuch ‘mit einer eben erst dar- gestellten Luft an, die vermutlich noch einige Salpeter- teilchen enthielt, die sich vielleicht nachher in ihr niedergeschlagen haben würden.“ 1) Gren, Journal der Physik 1792. B. 6, S. 212. SER TE Er fügt noch hinzu, dass diese Luft durch Erhitzen der Substanzen in einem Flintenlaufe, der bei den Ver- suchen stark angegriffen wurde, erhalten worden war, welchen Einfluss aber dieser Umstand auf die erzeugte Luft ausgeübt habe, das habe er nicht in Betracht gezogen. Der nächste Absatz beginnt folgendermassen: „November 6., 1772. Ich war neugierig, den Zu- stand einer gewissen Menge dieser Luft zu prüfen, welche ich länger als ein Jahr früher, aus Salpeter ent- wickelt hatte, und welche zuerst vollkommen gut (whol- some) gewesen war.“ Dieses „wholsome“ bedeutet hier: heilsam, gut ım Gegensatz zu dem oben angeführten: höchst schädlich (highly noxius), wie er die andern Luftarten gegenüber dem Sauerstoff bezeichnet. Diese Luft glaubte er dann verdorben gefunden zu haben, konnte sie aber durch Umschütteln mit Wasser, wieder in gute, d. h. dephlo- oistisierte Luft = Sauerstoff verwandeln, sodass auch eine Kerze in ibr fortbrannte. Er fügt dann 1772 hinzu: „Diese Reihe von Begebenheiten, die die Luft, welche ich aus Salpeter erhalten hatte, betreffen, scheinen mır etwas Ausserordentliches und Wichtiges zu sein, und könnten unter geschickten Händen zu wichtigen Ent- deckungen führen.“1) — 1) Philosophical Transactions 1772. V. 62, p. 245. Die Abhand- lung von Priestley , Observations on different Kinds of Air,“ ist die 19. in diesem Bande und umfasst die S. 147—252; dazu ist bemerkt: „Gelesen den 5., 12., 19., 26. März 1772.“ Da nun Priestley sich selbst auf seine Arbeit vom November 1772 bezieht, folgt, dass er auch später Beobachtetes mit angefügt haben muss. Trotz der An- gabe auf dem Titel, London 1772, muss der Druck dieses Bandes. erst 1773 wenigstens vollendet sein; denn auf S. 4 desselben wird ein Beschluss des Vorstandes der Royal Society vom 28. Januar 1778, nach welchem von nun an die „Transactions“ in 2 Bänden im Jahre herausgegeben werden sollen, mitgeteilt. Daraus geht also hervor, dass Priestley thatsäch- lich bereits im November 1771 den Sauerstoff durch Glühen von Salpeter dargestellt hatte, und das Vermögen desselben, im Gegensatz zu den anderen Gasen, die Ver- brennung und Atmung zu unterhalten, erkannt hatte. Auf diese Thatsache hat auch schon Kopp‘) hin- gewiesen, bei Scheele sagt er jedoch direkt, dass die Entdeckung von 1774 und 75 datiert;?) während wir sahen, dass Scheele ebenfalls 1771, und zwar aller Wahrscheinlichkeit nach ebenfalls im November 1771, die Versuche begonnen und bis zu einem gewissen Abschluss gebracht hatte. Es ergiebt sich demnach folgendes: Priestley und Scheele haben gleichzeitig und un- abhängig von einander den Sauerstoff bereits im Jahre 1771 entdeckt und in seinen wichtigsten Sonder-Eigen- schaften als Unterhalter des Lebens und der Ver- brennung erkannt. Ein Übergewicht lässt sich für Scheele vielleicht daraus herleiten, dass ihm, dem gewandten Chemiker, eine Mehrzahl von Darstellungs- weisen bekannt war. Eine Priorität der Entdeckung ist ihm jedoch nicht zuzuschreiben.°) 3. Der sogenannte Liebig’sche Kühlapparat.‘) Unter No. 475 und 521 des Jahrganges 1895 der Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft zu Berlin 1) Kopp. Geschichte der Chemie, Braunschweig 1845. B. 3, S. 199; und ebenso Kopp, Entwicklung der Chemie in der neueren Zeit, München, Oldenburg, 1873, S. 160. 2) Kopp, Geschichte der Chemie, B. 3, S. 200. 3) Die Arbeiten von Hales von 1727 dürften nicht zur Geschichte der Entdeckung des Sauerstoffes gerechnet werden, sondern gehören wohl nur der „Vorgeschichte“ dieser Entdeckung an. 4) Vergl. Deutsch, chem. Gesellsch.-Ber. 1896, B 29, S. 69. finden sich zwei kurze Mitteilungen des Titels: „Eine Modifikation des Liebig’schen Kühlapparates“ von J.J. L. van Rijn und von Hugo Michaelis, in welchem. dem allgemeinen (rebrauche entsprechend, die bekannte Kühlvorrichtung, bei der ein inneres Rohr durch eine, von einem weiteren äusseren Rohre umhüllte, aufsteigende Säule von kaltem Wasser gekühlt wird, als Liebig’scher Kühlapparat bezeichnet wird. Diese Bezeichnung ist, so allgemein und gäng und gebe sie auch ist, doch durchaus falsch. Dieser Kühl- apparat ist mehr als 30 Jahre vor Liebig’s Geburt von dem weiland stud. med. Christian Ehrenfried Weigel,') aus Stralsund in Pommern, erfunden und in seiner am 25. März 1771 (Liebig wurde am 13. Mai 1803 geboren) verteidisten Göttinger Dissertation: „Obser- vationes chemicae et mineralogicae“ abgebildet und be- schrieben worden. Im Facsimiledruck lasse ich unten die, wie die Unterschrift zeigt, von Weigel selbst entworfene Zeichnung folgen. | | Die Zeichnung ist bis auf Fig. 4 leicht verständlich. Diese Fig. 4 zeigt den äussern Durchschnitt bei g. h. der Fie. 2. Das innere Rohr wurde von Weigel nicht, wie wir das jetzt thun, oben und unten mit Stopfen in das äussere eingepasst, sondern unten ange- kittet, während es oben durch drei Blechstützen cen- trisch gehalten wurde; dort war der Kühler offen. Damit das Wasser nicht am Kühler herablief, war um den- 1) Ch. E. Weigel wurde am 24. Mai 1748 zu Stralsund ge- boren, studierte in Göttingen Medizin, promovierte 177}, wurde 1775 Professor der Botanik und Chemie zu Greifswald und starb daselbst am 8. August 1831. Weigel hat hervorragende Dienste um die Einführung der antiphlogistischen Chemie in Deutschland, indem er schon 1784 Lavoisier’s „Opuscules physico-chimiques“ ins Deutsche übertrug. Pa g. 6. C.E. Weigel fec- selben noch ein Blechkranz gelötet, wie ihn der äussere dunkle Kranz der Fig. 4 und die überspringenden Striche bei g. und h. Fig. 2 zeigen. Hier verwendete, es handelt sich in Observatio I um „Destillatio spiritus vini“, Weigel einen Blechkühler. In dem II. Teil seiner „Observationes chemicæ et mineralogicæ“, die 1773 in Greifswald erschienen, beschreibt er und bildet auch einen Glaskühler ab. Übrigens trifft Liebig an der Anmassung der Er- finderrechte durchaus keine Schuld. In seinem „Hand- buch der Chemie mit Rücksicht auf die Pharmacie“ von 1843 beschreibt Liebig in $ 420, der der Destil- lation gewidmet ist, u. a. auch die verschiedenen Kühl-- vorrichtungen; dabei heisst es: „Der Göttling'’sche Kühlapparat bietet ebenfalls manche Vorteile“, und nun folgt die Beschreibung des Weigel’schen Apparates. Liebig nennt den Apparat Göttling’schen, weil der Herausgeber des Almanaches für Scheidekünstler und Apotheker, Prof. Joh. Frd. Aus. Göttling)) in Jena in der Ausgabe dieses Almanachs für das Jahr 1794 den Apparat abbildet und beschreibt. Aber auch Göttling hat sich keineswegs eines Plagiats schuldig gemacht; denn der Beschreibung des Kühlers lässt er die Worte vorangehen: „Ich hatte sehr oft Gelegen- heit, verschiedene Arbeitshäuser der Pharmaceutiker zu besuchen und fand mit Bewunderung, dass man von der so bequemen und nützlichen Kühlanstalt des Herrn Professor Weigel noch gar keinen Gebrauch macht.“ In beiden Fällen sind also nicht die Veröftentlicher, sondern die wenig aufmerksamen Leser für das Unrecht, welches dem eigentlichen Erfinder zugefügt worden ist, verantwortlich zu machen. Ich will noch bemerken, dass in einer Notiz ın Crell’s Annalen von 1790 Weigel’s Kühler ebenfalls, jedoch ohne Zeichnung besprochen und empfohlen wird, und dass Weigel’s Arbeiten auch in deutscher Über- setzung 1779 in Königsberg erschienen sind. Auch in dieser Ausgabe ist der Kühler abgebildet und beschrieben. Kopp erwähnt in seiner Geschichte der Chemie von 1845, Band III, Seite 39 die Dissertation Weigel’s, ohne jedoch auf deren ersten Teil, in der sich der Kühler beschrieben findet, einzutreten, was allerdings dort in dem Zusammenhange nicht wohl möglich war. Aber Weigel hat nicht allein den „Liebig’schen Kühler“ erfunden, derselbe ist auch noch von Professor Gadolin zu Abo in Finnland erfunden, empfohlen. 1) Joh. Frd. Aug. Göttling, geb. 5. Juni 1755 zu Derenburg bei Halberstadt, war anfangs Pharmaceut, studierte in Göttingen, wurde 1789 Professor der Chemie, Pharmacie und Technologie zu Jena, wo er am 1. September 1809 starb. Auch er nahm verhältnis- mässig früh das Lavoisier’sche System an, jedoch mit einigen Modifikationen, die er an demselben anzubringen für nötig hielt. Br en) Eee angewendet, und in dem zwölften Bande der neuen Ab- handlungen der königlich-schwedischen Akademie der Wissenschaften für die Monate Julius, August, September 1791 unter dem Titel „Verbesserte Abkühlungsanstalt bei Branntwein-Brennereien“ auf Seite 178 der deut- schen Ausgabe (Leipzig, Heinsius, 1792) beschrieben worden. In der ausführlichen Arbeit geht Gadolin auf die Einzelheiten des Verfahrens ein, in denen der meiste Nutzeffekt des Kühlwassers erreicht wird. Er gibt eine neue Form für den Helm der Blase an, sucht die Röhre dadurch, dass er ihren Durchschnitt oval, statt kreis- förmig macht, zu verbessern und ändert endlich die Form des Kühlfasses so ab, dass es die des Liebig’schen Gegenstrom-Kühlers annimmt. Er sagt pag. 180: „Ich glaube dieser Endzweck (Wasser zu er- sparen) liesse sich erreichen, wenn das Kühlgefäss eben die Gestalt wie die Röhre hätte, nur rund herum etwas weiter wäre, auch wenn das kalte Wasser an dem untersten Ende hereinliefe und dann an der Röhre in die Höhe stiege.“!) Ich gebe unten in Facsimile-Druck auch die Gadolin’sche Zeichnung wieder; wir haben da ein recht interessantes Beweisstück, wie genau die gleiche Erfindung von zwei Forschern gänzlich unab- hängig gemacht werden kann, Wenn Gadolin’s Arbeit die ältere wäre, so wäre die Vermutung gestattet, dass 1) Nachdem ich meine erste Mitteilung über den Liebig’schen ‚Kühler in den Berichten der Deutschen Chemischen Gesellschaft B. 29, 1896, S. 69 veröffentlicht hatte, ging mir von Berlin die „Zeitschrift für Spiritus-Industrie“, 18. Jahrgang 1895, No. 14, 5. 111 zu, in der Herr Regierungsrat Dr. Schrohe unter dem Titel „Der sogenannte Liebig’sche Gegenstrom-Kühler, ein Brennerei- Apparat des vorigen Jahrhunderts“ die Gadolin’sche Kühlvorrich- tung bespricht, der ältere Weigel’sche Apparat ist dem Herrn Ver- fasser entgangen. EI 1 hab Weigel’s Arbeit nur eine, bestimmten Verhältnissen angepasste, Verbesserung wäre, da sie aber die ältere ist, so ist das ausgeschlossen und beide Erfindungen laufen völlig selbständig neben einander her. u ZZ TE = SE NER NUT Die Figur ist ohne weiteres verständlich, so dass ich ihr nichts weiter hinzuzufügen habe. 4, Rien ne se perd, et rien ne se crde,') Vor einiger Zeit brachte die französische Zeitschrift „La Nature“ No. 1203 einen Aufsatz aus der Feder eines Herrn Pesce, in welchem festgestellt werden sollte, dass der berühmte Ausspruch, der das welterhaltende (sesetz von der Unvergänglichkeit und der Unerschaff- barkeit des Stoffes in die wenigen prägnanten Worte 1) Vergl. Prometheus No. 406, Jahrgang VIII, 1897, S. 668. ELENA ae zusammenfasst: „Rien ne se perd, et rien ne se cr&e“, „Nichts geht verloren und nichts wird erschaffen“, nicht zuerst von Lavoisier, wie allgemein angenommen wird, ausgesprochen sei, sondern sich schon in ganz ähnlicher Fassung im Jahre 1634 bei dem bekannten P. Mer- senne, dem allzeit getreuen Jugendfreund und Vertei- diger des grossen Descartes, findet. Daran knüpfte dann Herr Ernst Krause in der deutschen Wochenschrift „Prometheus“ No. 368 an, in- dem er ausführt, dass eine ganze Reihe von derartigen Schlagworten nicht die wirklich zu Vätern haben, denen sie zugeschrieben werden. Dies gilt denn in der That auch für dies: „Rien ne se perd, et rien ne se crée“, aber noch in viel emi- nenterem Masse, als die beiden Herren Pesce und Krause annehmen, denn Lavoisier hat diesen Satz überhaupt niemals ausgesprochen, so allgemein an- genommen das auch wird. Einmal nur in seinen Werken findet sich eine Fassung des Gedankens, in welcher die ersten Worte sich an den Schluss der bekannten Sentenz anlehnen. Da wo er in seinen 1789 erschienenen alu die Gährung behandelt, sagt er: „Var rien ne se crée, ni dans les opérations de l’art, ni dans celles de la nature et l’on peut poser en principe que dans toute opération il y a une égale quantité de matière avant et après l’operation, — que la qualité et la quantité des principes est la même et qu'il n’y a que des changements, des modifications.“!) Hier findet sich wenigstens das „rien ne se crée. Noch an zwei weiteren Stellen in seinen Werken, es 1) Oeuvres de Lavoisier. Publiées par les soins de 8. E. le Ministre de l’Instruction publique et des Cultes. Paris, 1:64 PN. Ari N ER sind das bekanntlich vier grosse 4°-Bände, die von 1864 an auf Anregung von Dumas durch das Ministerium herausgegeben wurden, gibt er dem gleichen Gedanken, dem von der Erhaltung des Stoffes, Ausdruck, beide- male jedoch, ohne die beregte Fassung auch nur zu streifen. Das erstemal im Jahre 1784, wo er die zu- sammengesetzte Natur des Wassers behandelt, heisst es: „Comme il n’est pas moins vrai, en Physique qu’en Géometrie que le tout est à ses parties .-... nous nous sommes crus en droit, d’en conclure que lé poids. de cette eau était égal à celui des deux airs qui avaient servi à le former.“ '!) Gerade an dieser Stelle ist die Anwendung des Gedankens von der Erhaltung des Stoffes für ihn aller- dings einigermassen gefährlich, denn dass das Gewicht des erhaltenen Wassers gleich ist dem der verbrauchten Gase, sollte ja eben mit Mass und Gewicht erst be- wiesen werden, und das war ihm nicht gelungen. Und drittens und endlich, heisst es wiederum bei der Gährung: „J’ai été obligé de supposer que le poids des ma- tières employées était le même avant et après l’op6eration et quil ne s'était opéré qu'un changement de modi- fication.“ ?) Man ersieht also deutlich, dass Lavoisier den Ge- danken von der Unvergänglichkeit des Stoffes nicht nur empfunden, sondern auch ausgesprochen hat, dass er aber diese hübsche, concise Fassung, die ihm zuge- sprochen wird, nie und nirgends gebraucht. Woher rührt nun diese ? 1) Oeuvres T. 2 p. 339. Die Arbeit ist 1784 am Martinstag gelesen und in die Denkschriften der Akademie für 1789 auf- genommen worden. 2) Oeuvres T. 3, p. 778. N) 2) Er Wenn man von Theophrastus Paracelsus etwas so recht gemeines, niederziehendes liest, so kann man darauf schwören, dass unser Nachbar Erastus aus Auggen es aufgebracht hat, wenn man andererseits von Lavoisier ein besonders feines bon mot, einen beson- ders hübsch und abgerundet ausgedrückten Gedanken irgendwo mitgeteilt findet, dessen Authenticität sich nicht nachweisen lässt, so ist die Quelle allemal Jean Baptiste Dumas in seiner glänzenden „Philosophie chimique“! — So auch hier, ich hatte nicht lange zu suchen, um die betreffende Stelle zu finden. An zwei verschiedenen Orten in seiner so präch- _ tigen, rhetorischen Leistung, der „Philosophie chiı- mique“, bringt? Dumas den Satz in der bekannten Form vor. An der ersten Stelle heisst es von La- voisier: „Rien ne se perd et rien ne se crée, voilà sa devise, voilà sa pensée.“ !) Und 30 Seiten weiter noch einmal: „Rien ne se perd, rien ne se crée, la nature reste toujours la même, il peut y avoir des transformations dans sa forme, mais il n’y a jamais d’alteration dans son poids.“?) | Und endlich noch einmal, wo er über den von ıhm sehr hochgehaltenen, deutschen Chemiker Wenzel spricht, wiederholt er sich fast wörtlich, wenn er sagt: „Wenzel partait donc de ce principe, que les élé- ments des deux sels employés devaient se retrouver 1) Dumas, Leçon sur la Philosophie chimique. Recueillies par Bineau. 2me édition. Paris, 1878, p. 141. 2) Dumas a. gl. O. p. 171. URAN Pe dans les deux sels produits, rien ne devait se perdre, rien devait se créer dans la reaction.“ ') Etwas anders, wie wir sehen werden, mehr der des P. Mersenne sich anschliessend, lautet die folgende Fassung: „qui peut changer de place, mais qui ne peut rien gagner, ni rien perdre.“ °) Aus Dumas ist dann die Darstellung in Kopp über- gegangen und hat mit dessen „Geschichte der Chemie“ sich in Deutschland verbreitet; in derselben lautet die bezügliche Stelle: „Durch ihn (Lavoisier) wurde eigentlich zuerst zur allgemeinen Anerkennung gebracht, die Summe der Ge- wichte der Bestandteile müsse dem Gewicht der Ver- bindung gleich sein, von dem Gewichte der Materie gehe durch chemische Operationen nichts verloren und werde nichts erzeugt.“ °) Wir haben also hier die Quelle für die bestimmte Lavoisier zu unrecht zugeschriebene Fassung. Nun aber die Frage, wo hatte Lavoisier den Ge- danken her, ist er in ihm selbst erwachsen, oder hat er ihn übernommen? Denn dass dieser Gedanke von der Unzerstörbarkeit des Stoffes ıhm thatsächlich von Anbeginn an für alle seine Arbeiten Leitmotiv war, daran kann gar nicht gezweifelt werden! Ich glaube, wir dürfen die Frage, ob er den Ge- danken übernommen hat, unbedingt bejahen. Könnten wir uns nur auf den P. Mersenne berufen, wie das 1) Dumas, a. gl. O., p. 221. Wenige Zeilen später wiederholt Dumas noch einmal: „Wenzel doit conserver la gloire entiere et pure d’avoir etabli que, dans les reactions des sels, rien ne se perd, rien ne se crée, soit comme matière soit comme force chi- mique.“ Dumas Sl. Op. 219. 3) Kopp, Geschichte der Chemie, Braunschweig, Vieweg, IS ELU 12 08,070: RE Re Hr. Pesce zu Gunsten dieser Auffassung thut, so würde uns dies denn doch einigermassen gewagt erscheinen. Die allerdings seiner Zeit recht berühmten und verbreiteten „Physikalisch - mathematischen Fragen“,') in welchen der betreffende Satz vorkommt, sind rund 110 Jahre vor Lavoisier’s Geburt (1634) gedruckt worden und ausser den zwei gleichzeitigen, einer lateinischen und einer französischen Ausgabe, später nicht mehr aufge- lest worden. Zudem handelt es sich in der 36. Frage, dies ist die betreffende Stelle, um die Frage, warum die schweren Wolken in der Luft schwimmen, ohne herunter zu fallen. Die Frage wird aus einem allge- meinen Gesetze des Gleichgewichtes in der Natur be- antwortet, „qui ne perd rien d’un côté qu'il ne le gaigne de l’autre“, ein Satz, wie P. Mersenne ausdrücklich zufügt: „qui sert à expliquer une infinité de difficultés dans la Physique.“ | Hier ist also das Gesetz in der That ausgesprochen, und wie der Nachsatz zeigt, in seiner Bedeutung auch voll erkannt worden, trotzdem erscheint es uns, wegen der immerhin abgelegenen Stelle, an welcher es sich findet, wie gesagt nicht erlaubt, die Kenntnis desselben bei Lavoisier ohne weiteres vorauszusetzen. Von Herrn Krause wird an der Hand von Büch- mann an das Wort des Perseus: „de nihilo nihil“ erinnert, der übrigens nur Lucrez wiederholt, bei dem es heisst: „Nichts entsteht aus nichts, wenn selber die Götter es wollten, noch kann das geborene wieder in nichts zurückgehen.“?) Und Büchmann selbst zitiert noch den Diogenes Apolloniates und Marc Aurel, 1) P. M. Mersenne, Questions théologiques, physiques, morales et mathématiques. Paris 1634. 2) Lucretius, De rerum natura. Buch I, 150, 265; Debus, Über einige Fundamentalsätze der Chemie. Kassel, Vietor, 1894, S. 6. age LR der in seinen Selbstbetrachtungen ähnliches anklingen lässt. Herr Debus!') zitiert sogar den Demokritos selbst, den Vater der Atomistik, aus des Aristoteles Physik mit den Worten: Aus nichts wird nichts und nichts kann zu nichts vergehen.) Ja man könnte mit vollem Recht den Aristoteles selbst als einen Zeugen dieser Lehre heranziehen, denn offenbar liegt seiner ganzen Lehre von der Überführbarkeit der Elemente in einander der Neu- wie der Rückbildung durch Austausch einer der Grundeigenschaften, wenn auch unausgesprochen der Gedanke von der Unzer- störbarkeit der Materie zu Grunde, denn ohne diese Voraussetzung ist die gesamte Kosmogonie des Aristoteles überhaupt unverständlich. Ob es aber erlaubt ist, in dem besonderen Falle diese Autoritäten heranzuziehen, und ganz besonders den Aristoteles, bleibt doch zweifelhaft. Einmal be- kämpft Lavoisier gerade in seiner ersten grösseren Arbeit die Umwandlungslehre und dann liegt das grosse Erhaltungsgesetz doch bei Aristoteles nicht so klar auf der Hand. So aber lag es, und ausgesprochen war es, mit keckem Wort, durch einen Landsmann Lavoisiers, durch Edme Mariotte, in seinem „Essai de Logique“. | 1) Debus, a. gl. O. Die von Herrn Debus noch angerufenen Imanuel Kant und Lessing dürften für Lavoisier jedoch kaum in Betracht kommen. Die „Kritik der reinen Vernunft“ erschien erst 1781 zu Riga zum ersten male, ist also mit Lavoisier’s wichtigsten Arbeiten etwa gleichzeitig, und das allerdings wunderhübsche Zitat aus Lessing, um das ich Herrn Debus beneide: „Das Nitrum muss ja wohl in der Luft sein, ehe es sich als Salpeter an den Wänden anlegt“ ist doch wohl etwas zu speziell, um in dem Sinne ge- deutet zu werden; gewiss ist es aber auch ein Zeichen dafür, dass der Gedanke der Unerschaffbarkeit der Materie sozusagen in der Luft lag. ?) Aristoteles, Physik 1, 4. Debus a. gl. O. NG RE Die Werke Mariotte’s wurden posthum zweimal, zuerst 1717 in Leyden und dann nur drei Jahre vor Lavoisier’s Geburt, 1740 im Haag, beidemale in _ französischer Sprache herausgegeben, und diese Werke hat Lavoisier zweifellos gekannt. Lavoisier war ausgesprochener Bücherfreund und wenn er auch nicht alle die Werke, die er kaufte, durch- studiert haben mag, allein von seiner grossen, wissen- schaftlichen Reise, die er 1767 mit seinem früheren Lehrer, dem Mineralogen Guettard, unternahm, brachte er aus Strassburg für 500 Franken in Deutsch- land erschienene Bücher mit, so wird er doch die Werke seines grossen Landsmannes sich zu eigen gemacht haben. Wir dürfen dies um so sicherer annehmen, als Condorcet, der mit Lavoisier gleichzeitig Mitglied der Akademie war, in den 1773 (Lavoisier wurde 1768 in die Akademie aufgenommen) herausgegebenen Nachreden der von 1666—99 verschiedenen Mitglieder der Akademie, auch dem 1684 verstorbenen Mariotte einen äusserst warm gehaltenen Nachruf widmet, indem er grad dem „Essai de Logique“ besondere Aufmerk- samkeit widmet. Er sagt von demselben, man könne ihn ansehen: „comme un exposé vrai de la méthode qu'il avait suivi dans ses recherches, et il est intéressant de pouvoir observer de si près la marche d’un des meilleurs esprits dont l’histoire des sciences fasse men- kon. 1) Einen Mann, von dem das gesagt wurde und ge- sagt wurde von einem Condorcet, der sich weigerte, dem Gegner Lavoisier’s, dem Herzog von La Vril- lière einen Nachruf zu schreiben, konnte Lavoisier 1) Condorcet, Eloges des académiciens ete. morts depuis 1666 jusqu’en 1699. Paris 1773, p. 64. a a sicher nicht übersehen. Und klingt es nicht gradwegs, als wenn man Lavoisier’s eigenstes Programm liest, wenn Mariotte in dem angezogenen „Essai de Logique“ als Aufgabe der Naturwissenschaft hinstellt: „Les pre- miers principes des sciences naturelles sont des faits généraux ..... et résoudre un problème physique, n’est autre chose que constater par une suite d'expériences, un fait général, soigneusement dépouillé de circonstances étrangères.“ !) Wir dürfen also mit Sicherheit annehmen, so glauben wir, dass Lavoisier mit den Werken Ma- riotte’s und im besonderen auch mit dessen „Essai de Logique* bekannt war. In diesem findet sich denn auch T. 2 pag. 656, Ausgabe von 1717 das Gesetz von der Erhaltung des Stoffes in der wunderbar concisen Form zum ersten Male ausgesprochen, die lebhaft an Dumas Fassung erinnert, es lautet dort: „La nature ne fait rien de rien, et la matière ne se perd point.“ 1) Condorcet, Eloges p, 62. Über die Gliederung der mesozoischen Sedimente am Nordrand des Aarmassivs. Mit Benützung der Manuskripte und Sammlungen von U. Stutz. Von Aug. Tobler. Mit einer Profiltafel, ULRICH STUTZ hat während drei Jahrzehnten seine Arbeitskraft der geologischen Erforschung der centralschweizerischen Kalkalpen gewidmet. Von besonderer Wichtigkeit sind seine Unter- suchungen des Klippengebietes am Vierwaldstättersee, der centralschweizerischen Kreideketten und der Tödi- Windgällen-Titliskette. !) Die Resultate der langjährigen Aufnahmen im Klippengebiete sind niedergelest in der Arbeit: „Das Keuperbecken am Vierwaldstättersee“?), die stratigraphischen und palaeontologischen Studien in den Kreideketten zu beiden Seiten des Urnersees hat STUTZ in einem Aufsatz „xeologische Beschreibung der Axenstrasse“?°) veröffentlicht. Über die gleichfalls von STUTZ erforschten interessanten stratigraphischen 1) Vel C. SCHMIDT, Ulrich Stutz, Verhandl. d. schweiz. naturf. Cresellsch. 1895, 2) Neues Jahrbuch für Mineralogie. 1890. Bd. II. 3) Eod. loc. 1882. II Beil. Bd. SEEN Verhältnisse der Sedimente am Nordrand des Aarmassivs: hat er nur einige Notizen publiziert, die Veröffentlichung einer grössern Arbeit über diesen (Gregenstand war vorbereitet. Mit der Aufgabe betraut, das dem naturhistorischen Museum in Basel geschenkte umfangreiche und äusserst wertvolle palaeontologische Material, das STUTZ in den Gebieten der Centralschweiz gesammelt hat, einer erneuten Bestimmung zu unterziehen, hielt ich es für meine Pflicht, mich derjenigen Arbeit in erster Linie zu widmen, an deren Vollendung er durch höhere Gewalt verhindert worden ist: nämlich der stratigra- phischen Untersuchung der Sedimente am Nordrand des Aarmassivs. Bei der Bearbeitung; des reichhaltigen Materiales war es für mich von grossem. Nutzen, sämtliche, mit grösster Gewissenhaftigkeit ge- führten Stutzischen Tagebücher benutzen zu dürfen. Ebenso benutzte ich in ausgedehntem Maasse ein Manus- kript von ULRICH STUTZ, betitelt: „Die Contaktlinie zwischen Urgebirg und Sediment vom Urbach- sattel bis zum Kistenpass.“ Tagebücher und Manuskript wurden uns von Herrn Prof. Dr. STUTZ, in Freiburg i. Br., in zuvorkommend- ster Weise zur Verfügung gestellt, wofür ibm hiemit unser wärmster Dank ausgesprochen sein möge. Hrster Teil. Spezialprofile. Il. Profile westlich der Reuss. a. Rotsteinthal im Erstfelderthal. STUTZ hat im Jahre 1879 über das Erstfelderthal eine Arbeit veröffentlicht (Neues Jahrbuch für Mine- ralogie etc., p. 842), in der die topographischen Verhält- nisse desselben anschaulich geschildert sind. Am linken, nördlichen Thalgehänge sind die sog. Zwischenbildungen, d. h. der zwischen Gneiss und Hochgebirgskalk einge- schobene Schichtkomplex, in kontinuierlichem, wohl 4 km. langem Profil aufgeschlossen und von weitem als hell- gelbe, schwarze und braune Bänder sichtbar. Sie wiederholen sich bekanntlich an einigen Stellen in gleicher Reihenfolge übereinander. Westlich der Alp Matt sind in den Südabhang der Schlossbergkette zwei steile Runsen nischenartig ein- geschnitten, welche in besonders schöner Weise die ganze nordfallende Sedimentserie, sowie ihren diskor- danten Contakt mit den steil südfallenden Gneissen und krystallinen Schiefern blosslegen. Die östliche der beiden Runsen heisst Grossthal und ist ca. 20 Minuten von der Mattalphütte entfernt; wenige 100 m. westlich folgt die Rotsteinthalrunse, deren Name auf die hell- MDR NL rote Verwitterungsfarbe des daselbst anstehenden Röti- dolomites zurückzuführen ist.!) Im Sommer 1896 ver- brachte ich einige Tage im Erstfelderthal und habe speziell das durch die Rotsteinthalrunse entblösste Profil genau aufgenommen. Von allen Profilen der Sedimente am Nordrand des Aarmassivs, weist. dasjenige des Rotsteinthals die reichste Gliederung auf. Aus diesem Grunde soll das- selbe hier an erster Stelle besprochen werden. A. Vorjurassische Formationen, 1. Sandstein, Die Basis der Sedimentreihe bilden helle Sand- steinbänke, deren genaues Alter bisher nicht ermittelt werden konnte, da Fossilien vollständig fehlen. Die Mächtigkeit des Sandsteins mag 6 m. betragen. 2. Rötidolomit. Über dem Sandstein liest das auffallendste Glied sämtlicher Zwischenbildungen, der Rötidolomit. Das Gestein ist ein hellgrauer, aussen rötlich-gelb anwittern- der dolomitischer Kalkstein. Seine Mächtigkeit beträgt ım Rotsteinthal ca. 25 m. | Dem Dolomitkomplex sind einzelne dünne Schichten von schwarzem, kieselreichem Thonschiefer, sowie Nester von Kieselknollen eingelagert. Thonschiefer und Kiesel- knollen sind aber ebenso steril wie der sie einschliessende Rötidolomit. STUTZ spricht in seiner Notiz „Über den Lias der sog. Contaktzone in den Alpen der Urschweiz,“ 1) Ich gebe diese genauern topographischen Angaben, da die beiden Namen „Grossthal“ und „Rotsteinthal“ auf Blatt 390 des Sieg- friedatlasses nicht eingetragen sind, in den Stutzischen Arbeiten jedoch oft genannt werden. a pag. 16, von einer „Stelle im Rotsteinthal hinter der Mattalp, wo die oberste Lage des gelben Dolomites von unzähligen Pholaden angebohrt worden ist.“ In der Stutzischen Sammlung liegen in der That eine Anzahl von Handstücken mit diesen eigentümlichen Gebilden; es ist mir auch gelungen, jenes ca. 1 Quadratfuss grosse Stück Oberfläche des Rötidolomits aufzufinden, welches die kreisrunden Querschnitte dieser mit dunkler Sub- stanz ausgefüllten „Bohrlöcher“ aufweist. In dieser dunklen Masse ist da und dort derbe Zinkblende und Dolomit zu erkennen. Die längsten dieser „Bohrlöcher“ sind gegen 8 cm. lang, die kürzern bloss I—2 cm ; dabei zeist sich die Eigentümlichkeit, dass Länge und Weite dieser Bohrlöcher umgekehrt proportional sind. Wenn wir auch über die wahre Natur dieser Gebilde noch nicht im klaren sind, so ist doch sicher, dass es sich hier um keine Rötidolomitfossilien handelt; wenn es wirklich von Organismen erzeugte Bohrlöcher sein sollten, so müssten es jurassische, speziell liassische gewesen sein, da sämtliche Löcher an der obersten Schichtfäche des Rötidolomites ausmünden. B. Juraformation. 1. Lias. Im Engelbergerthal sind durch SCHMIDT!) und STUTZ?) wenig mächtige Liaskalkbänke bekannt ge- 1) C. SCHMIDT. Geologisch-petrogr, Mitteilungen über einige Porphyre der Centralalpen und die in Verbindung mit denselben auftretenden Gesteine. N. Jahrb. für Min. etc. 1836. Beil. Band. pag. 400. 2) A. STUTZ. Über den Lias der sog. Contaktzone in den Alpen der Urschweiz. Neues Jahrb. für Min. etc. 1884. Bd. I, pag. 14 ff. Sante worden, welche den Rötidolomit direkt überlagern. Im Profil des Rotsteinthales fehlen dieselben. An einigen Punkten des Erstfelderthales scheinen sie aber doch vorhanden zu sein, was folgende Fossilien beweisen, die in der Stutzischen Sammlung unter der Bezeichnung „Erstfelderthal“ lagen: Rhynchonella variabilis Schloth. Rhynchonella caleicosta Qu. Lima (Plagiostoma) punclata Ziet. Pecten (Chlamys) priscus Schloth. Cardinia cf. Listeri Sow. 2. Dogger. a. Opalinusschiefer. - Der Rötidolomit wird im Rotsteintal direkt von schwarzen glimmerführenden Thonschiefern überlagert, die eine Mächtigkeit von 14 m. erreichen. Sie schliessen in grosser Menge rostfarbig anwitternde, thon- und eisenhaltige Kalkgeoden ein, welche in Lagen angeordnet sind, die mit der Schichtung parallel verlaufen. Stellen- weise finden sich in dem Gestein unregelmässige An- häufungen von feinkörnigem, grauweissem Quarzsand. Ich sah mich bei meinem allerdings nur kurzen Besuche des Erstfelderthals vergebens nach den Phola- domyen um, von denen STUTZ in seinen Tagebüchern spricht und die in diesem Terrain ziemlich häufig vor- kommen sollen. Dagegen gelang es mir, die von STUTZ entdeckte Stelle wieder ausfindig zu machen, an der sich die von ihm als „Posidonia Bronni‘‘ bezeichnete Muschel in grosser Menge findet. An der Westseite der Rotsteinthalrunse ist eine Partie der sog. Zwischen- schichten einige Meter abgerutscht und bildet nun am Abhang einen kleinen Vorsprung. Ausser dem Röti- dolomit, der bei der Rutschung in Trümmer zerbarst EB ER ist die abgesessene Schichtserie bis zum obern Dogger ungestört erhalten geblieben. Am obersten Ende der Schiefer, kaum ‘/2 Meter unter der nach oben folgenden Kalkbank des Bajocien fand ich die kleine, flache Muschel wieder auf. Es ist aber offenbar nicht Posi- donia Bronni, sondern ich bestimmte sie als Posi- donia opalina Qu.; diese Bestimmung werde ich im zweiten Teil der Arbeit begründen. In den untersten Partien dieses Schieferkomplexes entdeckte ich an einzelnen Stellen Nester von kleinen Fossilien, die alle bloss als Steinkerne und Negativa erhalten sind, während ihre Schalen zu einem ockerigen Überzug reduziert sind, dessen Farbe die Auffindung der seltenen Fossilien erleichtert, Es liessen sich folgende Arten bestimmen: Pentacrinus Württembergieus Opp. Nucula Hausmanni Roe. Leda rostralis Orb. Protocardium subtruncatum Orb. Trigonia tuberculata Qu. Astarte Voltzi Hoen. Pleurotomaria cf. Quenstedti Gdf. Cerithium cf. armatum Gdf. Leioceras ? Da ich die letztzitierten Fossilien sämtliche im untern Teil der Schiefer gefunden habe, die Posidonia opalina dagegen im obersten Teile derselben, so scheint mir festzustehen, dass diese Schiefer dem Opalinusthone vollständig entsprechen, während — speziell im Rot- steinthal — der Lias fehlt. b. Bajocien. Aus Gründen, die ich im zweiten Teil auseinander- setzen werde, wende ich den Begriff Bajocien in einer a TE etwas andern Fassung an als es gewöhnlich geschieht. Ich bezeichne mit „Bajocien“ den orographisch sehr wichtigen Kalkkomplex, der die weichen Opalinusschiefer überlagert und die ebenfalls meist weichen und wenig konsistenten Gebilde des Bathoniens unterteuft. Er macht sich in der Konfiguration des Terrains als scharfe: Kante oder Rippe in sehr auffälliger Weise geltend. Im Rotsteinthal lässt sich sehr leicht die Gliederung in vier Teile: Untere Echinodermenbreccie, Kieselknauerbank, obere Echinodermenbreccie und Korallenbank durch- führen. Die zwei letzten Glieder fassen wir als Humphrie- sianusschichten zusammen. a. Murchisonaehorizont. Das unterste Glied des 4teiligen Bajocien bildet eine dunkle, fast schwarze sehr harte Echinodermen- breccie von 6,5 m. Mächtigkeit. Zur Begründung der Benennung „Murchisonaeschicht“ kann ich, für das Rot- steinthal wenigstens, nichts als die direkte Unterlagerung durch die Opalinusthone und die Überlagerung durch die dem Humphriesianushorizont entsprechenden Koral- lenbänke beibringen. Ich entdeckte wohl, dass auch hier im Rotsteinthal Fossilien in der Breccie vorhanden sind, doch gelang es mir nicht, welche aus dem überaus. harten Gestein der senkrechten Fluh herauszumeisseln. Es werden sich zweifelsohne Stellen ausfindig machen lassen, wo das Gestein gelockert ist und die Fossilien heraus präpariert werden können, B. Kieselknauerschicht. Über der soeben beschriebenen Echinodermenbreccie folgt eine von Kieselknauern ganz durchsetzte Schicht von 5,5 m. Mächtigkeit. Die Knauer sind nicht rund oder chailleartig, wie diejenigen des Rötidolomits oder RIO, a des Hochgebirgskalkes, sondern zeigen eigentümlich gezackte, unregelmässige, oft fast geweihartige Formen. Fossilien fand ich in diesen grauen, unreinen Kieseln nicht. Es liegt nahe, diese Kieselknauerschicht als Sowerbyihorizont zu bezeichnen, da aber jeder palaeon- tologische Anhaltspunkt fehlt, so ziehe ich die neutrale Benennung „Kieselknauerschicht“ vor. y. Humphriesianusschichten. Die Kieselknauerschicht wird von Echinodermen- breccie unterteuft und überlagert. Beide Breccien sehen einander ähnlich; die obere scheint durchweg etwas feinkörniger zu sein, Sie wird nach oben durch eine Korallenbank abgeschlossen, und misst mit Einschluss derselben ca. 5 m. Sie ist gleichwie jene dunkelgrau bis schwarz gefärbt, die Echinodermenreste besitzen durchschnittlich einen Durchmesser von ca. 1 mm. Fast überall treten in dieser dunkeln Breccie unregelmässige rostrote Flecken auf, nach welchen sie schon auf den ersten Blick von der untern Breccie unterschieden werden kann, in welcher zwar auch dann und wann kleine Flecken auf- treten, welche aber scharf und eckig umschrieben sind, und die gleiche gelbe Farbe wie der Rötidolomit besitzen. Jene rostrote Farbe der Flecken in der obern Breccie zeichnet besonders auch die ganze Korallenbank aus, welche sich schon aus der Ferne durch diese Farbe sowie durch ihre eigentümliche, konvexe Oberfläche kenntlich macht. Die Breccie ist im ganzen Erstfelder- thal durch reichliches Vorkommen von glatten Pectiniten, speziell Peeten (Entolium) disciformis Schübl., die eigent- liche Korallenbank dagegen durch Pecten (Chlamys) ambiguus Mü., der ebenfalls in grosser Menge auftritt, 3 charakterisiert. Ich führe in dem folgenden Petrefakten- verzeichnis auch eine Anzahl Fossilien auf, die ich ca. 2 km. östlich, in der Nähe des „Bockli* an einer leicht zugänglichen Stelle über der Kieselknauerschicht und unter der Korallenbank aus der anstehenden Echinoder- menbreccie gesammelt habe. Da manche Arten der Echinodermenbreccie und der Korallenbank gemeinsam sind, war es bei dem von STUTZ gesammelten Material in den meisten Fällen nicht möglich, eine Trennung der Faunen durchzuführen. Die Fossilliste wird die Bezeichnung Humphriesianus- schichten für diese beiden Abteilungen rechtfertigen, obwohl Stephanoceras Humpriesianum Sow. naturgemäss in diesen korallogenen Bildungen sich nicht gezeigt hat: Isastraea Bernardi Orb. Confusastraea Cotteaui Orb. Isastraea tenuistriata M’Coy. Pentacrinus ceristagalli Qu. Cidaris cucumifera Ag. Rhynchonella Pallas Ch. et Dew. Heimiu Meieri Ghojf. Pecten (Entolium) spatulatus Roe. Pecten (Entolium) disciformis Schübl. Pecten (Chlamys) ambiguus Mi. Pleuromya, SP. : Homomya sp. Pseudomelania sp. Belemnites (Megateuthis) giganteus Schloth. c. Bathonien. Als Bathonien fasse ich die im ganzen 9 m. messen- den Schichten zusammen, welche über der Korallenbank gelagert sind und nach oben bis zum wohlbekannten Callovieneisenoolith reichen. Die untere Grenze ist N een in jeder Hinsicht haarscharf; die obere ist es ebenfalls in petrographischer Hinsicht, ob sie es auch in palaeon- tologischer Beziehung ist, kann ich einstweilen nicht entscheiden. a. Bifurcatenoolith, Über der Korallenbank und orographisch voll- kommen mit dem Kalkkomplex des Bajocien verbunden, liegt eine 50 cm. mächtige, dunkle eisenschüssige Oolith- bauk. Ich habe im Rotsteinthal darin keine Fossilien gefunden. In der Stutzischen Sammlung liegen eine Anzahl Terebrateln mit der Bezeichnung ‚„Rotsteinthal,“ die offenbar diesem Horizont entstammen. Ich bestimmte sie als Terebratula Württembergica Opp. Ausserdem fanden sich in der Sammlung noch eine Anzahl Fossilien aus dem Erstfelderthal, die mit mehr oder weniger Sicherheit diesem Horizont beigezählt werden können: Placunopsis Gingensis Qu. Pinna sps. Pleurotomaria sps. ? Plerocera Bentleyi Morr. und Lyc. Die Bezeichnung „Bifurcatenoolith* werde ich unten, beı Besprechung eines Profils im Gadmenthal zu begrün- den suchen. ß. Parkinsonischiefer. Es wäre richtiger, den Namen „Parkinsonischiefer“ mit ,Parkinsonierschiefer“ zu vertauschen; noch besser wäre es, diesen Komplex von Schiefern und Schiefer- kalken als „obere Schiefer“ zu bezeichnen. Trotz eif- rigen Nachforschungen gelang es mir im Rotsteinthal nur wenige Parkinsonier darin zu finden. Sie lagen in den obersten Bänken mit zahlreichen Gastropoden verge- sellschaftet. ER et Diesen „obern Schiefer“ sind hier im Rotsteinthal, wie ich glaube im Gegensatz zu andern Gebieten, harte Kalkbänke eingelagert, welche eine ähnliche sphäritische Absonderung zeigen wie die Ohaillebänke im Bernerjura. In diesen Kalkbänken wären jedenfalls Fossilien zu finden, was ein unbestimmbarer Ammonitenabdruck be- weist, den ich gelegentlich meines flüchtigen Besuches des Rotsteinthales darin fand. Im obersten Teile werden die Schiefer sehr weich und mergelig und enthalten keine Kalkbänke mehr. Ca. 50 cm. unter dem obern Ende der Schiefer entdeckte ich eine fossilführende Lage, die ich mit dem Dentalien- thon Schwabens vergleichen möchte. Die Fossilien sind alle als Steinkerne oder als Negativa erhalten; letztere sind jedoch so scharf, dass sie eine sichere Bestimmung ermöglichen. Ich beutete eine einzige Stelle in diesem Horizont des Rotsteinthales aus und fand: Astarte depressa Qu. Limatula helvetica Opp. Posidonia Parkinsoni Qu. Trigonia Kurri Opp. Trigonia cf. angulata. Sow. Trigonia cf. impressa Sow. Goniomya proboscidea Ag. Trochus bijugatus Qu. Trochus cf. duplicatus Orb. Cerithium echinalum Qu. Parkinsonia cf. ferruginea Opp. Parkinsonia sps. Im östlich benachbarten Grossthal entdeckte STUTZ eine Bank mit Rhynchonella varians Schloth. „Die letzte der Schieferschichten, sagt STUTZ, nach oben, 2—3’mächtig und überlagert von ein par starken, hervorragenden Kalkbänken, bringt uns wieder palaeontologische Sicher- heit. Sie ist ganz erfüllt mit Rhynchonella varians Schloth. von allen Grössen und Formen.“ Es gelang mir nicht diese Variansbank wieder aufzufinden. In der Stutzischen Sammlung lagen unter der Bezeichnung „Grossthal“ folgende Fossilien: Rhynchonella vurians Schloth. (30 Exemplare.) Terebratula globata Sow. Zeilleria subbucculenta Dav. Zeilleria ornithocephala Sow. Lima (Plagiostoma) sps. Pecten (glatte Art). Pecten (Chlamys) Bouchardi Opp. Ostrea Knorri Ziet. var. planata Qu. d. Callovieneisenoolith. Der berühmte Eisenoolith, aus dem die meisten alpinen Juraversteinerungen unserer Sammlungen. stam- men, tritt auch im Rotsteinthal mit den gleichen, genüg- sam bekannten, petrographischen und wohl auch palaeon- tologischen Eigenschaften auf wie an den schon längst bekannten Lokalitäten der Unterwasserlamm, des Wind- gällengebietes und des Blegisees. Es ist dies die letzte Schicht, deren Mächtigkeit ich mit vollkommener Ge- nauigkeit bestimmen konnte. Sie misst hier genau 2 m. Infolge des grössern Widerstandes gegen die Erosion ragt der Eisenoolith zumeist beträchtlich über die dar- unterliegenden, weichen Schichten vor; die untere Schichtfläche desselben erscheint an diesen überhängen- den Stellen völlig gepflastert von grossen Perisphincten und wohl auch grossen Parkinsoniern. Sonst hat dieser Horizont im Rotsteinthal weniger Fossilien geliefert als anderwärts. Dies ist wohl bloss auf die schwierige Zugänglichkeit zurückzuführen. Hs CAE Ich fand im Eisenoolith des Rotsteinthals: Perisphinctes Orion Opp. Perisphinctes funatus Opp. Perisphinctes Moorei Opp. Belemnites (Belemnopsis) calloviensis Opp. 3. Malm. Im Rotsteinthal sind die Wände des Malm mit Ausnahme des sog. Birmenstorferschichten nicht zugäng- lich. In einigen Blöcken des letztgenannten Horizontes fanden sich ganz schlecht erhaltene Ammoniten (Oppelien) und Aptychen. Petrographisch ist das Birmenstorfer- gestein sehr leicht kenntlich, besonders an der ange- witterten Oberfläche, wo die leichter verwitterbaren, weichern Partien hellgelb, die härtern dagegen graublau gefärbt sind. . Der frische Bruch zeigt dunkelgraue bis schwärzliche Farbe mit eigentümlichem, mattem Glanze. b. Firnalpeli im Engelbergerthal. In wunderbarer Weise sind „Sockel- und Zwischen- schichten“ am Firnalpeli hinter Engelberg, am Ostfuss des Titlis aufgeschlossen. Leider war das Profil im vergangenen Sommer durch eine Lawine fast vollständig verdeckt und es war mir bloss an einer einzigen Stelle möglich, zwischen Schnee und Felswand zur Basis der Juraschichten zu gelangen, während in normalen Sommern das gesamte Profil vom Sandstein und Rötidolomit bis zu dem Hochgebirgskalk in continuierlichem Bande von der Thalsohle bis zum Firnalpeligletscher hinauf blossgelegt ist, A. Vorjurassische Formationen. Verrucano - Sandstein und Rôtidolomit sind wie immer fossilleer. Die Mächtigkeit konnte wegen der mag. Ungunst der Witterung nicht gemessen werden; die- jenige des Sandsteins schätze ich auf ca. 6 m., die des Rötidolomits auf ca. 15 m. Im Sandstein des Firnalpeli sammelte ich ähnliche Kieselknauer, wie sie sonst im Rötidolomit vorzukommen pflegen. B. Juraformation. 1. Lias. Das Firnalpeli ist die einzige Stelle der Contakt- linie, von der ich aus eigener Anschauung ächten Lias kenne. An der oben erwähnten Stelle, zwischen Lawine und Felswand, sah man den Contakt von unterm Jura und Rötidolomit aufs schönste. Über dem letztern liest eine ca. 50 cm. dicke Kalkbank. In dem dunkeln, fast schwarzen Gestein sind zahlreiche Echinodermen- reste eingestreut. Handstücke sind von solchen der wohl 13 m. höher liegenden Echinodermenbreccie kaum zu unterscheiden. Dieser Echinodermenkalk scheint sehr fossilreich zu sein. Das einzige, kleine Gesteins- stück, das ich zu lösen vermochte, enthielt eine ganze Anzahl sehr gut erhaltener Fossilien. Es wäre eine dankbare Aufgabe, diese Kalkbank bei günstigen Witte- rungsverhältnissen auszubeuten. Ich fand folgende Fossilien: Rhynchonella variabilis Schloth. Rhynchonella plicatissima Qu. Rhynchonella calcicosta Qu. Terebratula cf. Waterhousi Dao. Pecten (Entolium) Hehli Orb. Leda sps. Pholadomya glabra Ag. Gresslya Galathea Ag. Harpoceras Aalense Ziet. ? Polymorphiles sps. — A0 — Die Fossilien weisen unzweifelhaft auf Lias. Die Brachiopoden und Lamellibranchier — Pecten Hehli ist sehr häufig — deuten auf untern, die Ammoniten auf mittlern und obern Lias. Die Kalkbank scheint also den ganzen Lias zu vertreten. 2. Dogger. Der Dogger scheint im Allgemeinen die gleichen Verhältnisse aufzuweisen wie im Erstfelderthal. Die Gliederung in Opalinusschichten, Bajocien, Bathonien und Callovien, lässt sich hier genau gleich durchführen wie dort. a. Opalinusschiefer. Die „untern Schiefer,“ wie STUTZ diesen Schiefer- komplex bezeichnet, sind in einer Mächtigkeit von 12 m. entwickelt. Sie zeigen die gleichen Charaktere wie im Rotsteinthal. Zahlreiche Lagen von Thoneisenstein- geoden durchziehen parallel zur Schichtung das Gestein. Ich selbst fand hier keine Fossilien, doch glaube ich nicht fehl zu gehen, wenn ich eine Anzahl Pholadomyen, die unter der Bezeichnung „Firnalpeli und Spitzgrassen“ in der Stutzischen Sammlung liegen, als Fossilien dieses Horizontes ansehe. In erster Linie hat die Bestimmung ein infraoolithisches Alter derselben ergeben, aber auch der petrographische Charakter des Gesteins in das sie eingebettet sind, spricht für die Richtigkeit meiner Annahme. Das Gestein ist teils der nämliche Thon- eisenstein aus dem die so charakteristischen Knollen bestehen, teils ist es der eigentümliche, glänzende, dunkle Schiefer, der den Opalinushorizont unseres Ge- bietes zusammensetzt. Es sind meist Pholadomyen, wie sie in gleicher Weise im gleichen Niveau zu Gunders- hofen und a. a. O. vorkommen: MAN CE Pholadomya media Ag. Pholadomya fidicula Sow. Pholadomya reticulata Ag. # b. Bajocien. Der Kalkkomplex, der die Opalinusschiefer als über- hängende Fluh überragt, und oben von der sanften Bôschung der „obern Schiefer“ (Bathonien) begrenzt wird, mag wieder als Bajocien bezeichnet werden. Seine Mächtigkeit beträgt 7 m., wovon 1 m. auf eine dunkle, wohlgeschichtete Echinodermenbreccie, die übrigen 6 m. auf einen ziemlich dichten, schwarzen Kalk entfallen, in dessen obern Partien sich wieder zahlreiche Korallen- stöcke einstellen. Der Kieselknauerhorizont scheint auch hier, wenn auch nicht in der auffälligen und regel- mässigen Form wie im Erstfelderthal vorhanden zu sein. Ich schliesse das aus einer Notiz des Stutzischen Manu- skripts. Der Korallenhorizont des Firnalpeli hat beson- ders schön erhaltene und zahlreiche Fossilien geliefert: Thamnastraea Terquemi. Fr. Cladophyllia sps. Latimaeandra Salinensis K. Cidaris Zschokkei Ag. Rhynchonella Pallas Ch. et Dew. Terebratula cf. perovalis Sow. Pecten (Chlamys) ambiguus Mi. Trigonia signata Ag. c. Bathonien. Die „obern Schiefer“ sind, soviel ich den Stutzischen Notizen entnehmen kann, und soviel ich bei einem Besuch des Firnalpeli gesehen habe, ganz ähnlich wie im Erstfelderthal entwickelt. Fossilien besitzt die I ah Stutzische Sammlung aus den Bathonien des Firn- alpeli nicht. d. Callovien. Der Eisenoolith des obern Dogger oder Callovien ist bekanntlich das konstanteste Glied in der alpinen Juraserie, und ist mit denselben petrographischen und palaeontologischen Charakteren auch am Firnalpeli ausgebildet. Doch ist diese Lokalität von STUTZ nicht ausgebeutet worden. Ich fand am Wege, der von Firnalpeli nach Bödmenalp hinüberführt, im Callovien- Eisenoolith: Terebratula subcanaliculata Opp. und Perisphinctes sulciferus Opp. 3. Malm. Über den Malm des Ostabsturzes des Titlis fand ich in den Stutzischen Manuskripten keine Angabe, die von allgemeinem Interesse wären. Ich selbst fand in einem Block, der im Schutt des Firnalpelibaches lag, einen sehr schönen Stock von Rhabdophyllia. c. Zwächten und Spannörter. Schon Studer wusste, dass die schroffen Felszacken der Spannörter aus Jurakalk bestehen, und nur ein Erosionsrelict der frühern Sedimentdecke sind, die sich einst zwischen Schlossberg und Titlis über den Gneiss- rücken des Grassen leste. In der Hoffnung schön aufgeschlossene Profile der untern Jurastufen zu finden, untersuchte ich vergangenen Sommer, in Begleitung des Herrn Aug. Buxtorf aus Basel, das Gebiet der beiden Spannörter. Nachdem Regen und Nebel die Untersuchung des wunderbar aufgeschlossenen Profils im „Graben“ unmittelbar öst- lich der auf dem „Geissrücken“ stehenden Spannort- ROSEN ER hütten vereitelt hatte, bestiegen wir das grosse Spannort von Westen her. Gewaltige Anhäufungen von Schnee auf dieser Seite ermöglichten den Aufstieg durch ein Couloir, das sonst durchaus unzugänglich ist, die Sedi- mente an der Basis des Malm waren aber aus dem- selben Grunde verborgen. Es fiel mir auf, dass der Malm des Spannortes bis zum höchsten Punkte im Gregensatz zum gewöhnlichen Verhalten des Hochgebirgs- kalkes sehr dünn geschichtet ist. Von der Spitze des. grossen Spannortes entdeckten wir, dass der fast 2 km. südöstlich gelegene Zwächten (3079 m.) aus annähernd horizontal gelagertem Malm bestehe. Um volle Gewiss- heit zu erlangen, entschlossen wir uns, den Glattenfirn zu traversieren und den Zwächtenstock in Angriff zu nehmen. Leider verdeckt auch hier der Gletscher die wohlgegliederten Sockel und Zwischenbildungen; auf der Nordseite tritt nur dünnplattiger Malm zu Tage. Von der Spitze des Zwächtenstockes aus konnten wir dagegen beobachten, dass Trias und Dogger am Südabhang über dem Rossfirn anstehen. Von hier stammen offenbar eine Anzahl von Fössilien, die mit der Etiquette „Ross- firn-Zwächten* in der Stutzischen Sammlung lagen. Von der Zwächtenspitze aus sah ich, in der überaus. steilen Gneisswand, welche den Rossfirn gegen Osten begrenzt, steil südfallende schwarze Schichten. Es sind dies offenbar Anthracitschiefer, wie sie vom Wenden- pässli, vom Bristen, von der Windgälle, von der Röti und andern Orten längst bekannt sind. Wenn schon der Contakt vom Gneiss mit den Sedimenten am Nord- und "Ostabhang ‘des Zwächtenstockes nicht sichtbar ist, so kann die Ausdehnung des Kalkes doch ziemlich genau angegeben werden. Jedenfalls besteht der ganze Kamm, der das kleine Spannort mit dem Zwächtenstock ver- bindet, aus Malm, ebenso der Zwächten selbst, soweit NM AC derselbe aus der Eisdecke des Glattenfirn herausragt. Dass der Kalk unter dem Eise nicht mehr weit gegen Osten reichen kann, beweist ein kleines Felsriff, das vergangenen Sommer ungefähr da aus dem Firneise her- vorragte, wo die auf Blatt 390 der Siegfriedkarte schwarz punktierte Linie von der Kurve 2910 geschnitten wird. Dasselbe besteht aus Grneiss. Während diese Untersuchungen von gutem Wetter begünstigt waren, verhinderte uns ein Gewitter, das sich langsam zusammenzog, den interessanten Punkten am Süd- und Westabhang des Zwächten nachzugehen. Wir waren gezwungen möglichst rasch den Rückweg anzu- treten. Wir schlugen die Richtung nach der Schloss- berglücke ein, um die Ostseite der Spannörter kennen zu lernen. In der Nähe der Lücke machte ich die Beobachtung, dass auch hier, wie im Erstfelder- und Gadmerthal der Rötidolomit samt einigen Schichten des untern Jura doppelt liest. Soviel ich von der Ferne sah, ist auf eine beträchtliche Strecke die Malmdecke über diesen doppelt liegenden Schichten entfernt. Die genaue Untersuchung dieser Stelle in einem trockenen Sommer würde wohl einen schätzenswerten Beitrag zur Kenntnis der noch immer rätselhaften Lage- rungsstörungen in den Zwischenschichten liefern. In den Moränen des Rossfirns sammelte STUTZ fol- gende Fossilien; sie stammen zweifelsohne vom Südab- hang des Zwächtenstocks. Zeilleria sps. Heclicoceras hecticum perlatum Qu. Stephanoceras ancepsornati Qu. Perisphinctes curvicosta. Opp. aus dem obern Dogger und Perisphinctes Martelli Opp. aus dem Schiltkalk (Birmenstorferschichten). BR SE d. Gadmerflühe. Die Analogie zwischen dem geologischen Bau des (Gadmenthales und demjenigen des Erstfelderthales ist eine sehr weitgehende. Beiderorts liegen Thalrinne und Südgehänge in den südfallenden krystallinen Schiefern und Gneissen des Aarmassivs, während in halber Höhe des Nordabhanges die Contaktlinie zwischen central- massivischem Gestein und der Sedimentdecke verläuft. Beiderorts ist der untere Teil der letztern in wenig mächtige, aber lange Isoclinalfalten gelegt, welche die zwei- bis dreifache Übereinanderlagerung der Trias und untern Juraschichten —- der „Bänder,“ wie sie von den Be- wohnern des Gadmenthals genannt werden — zur Folge haben. Die Stratigraphie der mesozoischen Sedimente stimmt fast vollständig mit derjenigen im Erstfelderthal. Nur an der „Salzgebi,“ die unten unter e beschrieben werden soll, sind wesentliche Abweichungen zu con- statieren. Im Spreitgraben und Tränkigraben!) sind sehr schöne und leicht zugängliche Profile aufgeschlossen. A. Vorjurassische Formationen. Auch im Gadmenthal fehlt der Verrucanosandstein nicht. STUTZ gibt seine Mächtigkeit auf 6 m. an, während diejenige des Rötidolomites auf 30—40 m. ge- schätzt wird. Letzterer tritt gleichfalls in unveränderter Form auf und wird von den Eingeborenen als „weisse Balm“ (=Wand) bezeichnet. B. Juraformation. 1. Lias. Über das Vorkommen der Liasbank im Gadmenthaj finde ich in den Stutzischen Manuskripten keine Angaben. 1) Im Gadmenthal werden die Seiten-Runsen „Graben“ genannt, im Erstfelderthal hingegen „Thäler.“ (Vgl. Spreitgraben und Tränkigraben im Gadmen, Grossthal und Rotsteinthal im Erstfeld.) Re Desgleichen liegt in der Sammlung kein Fossil aus dem Gradmenthal, das dieser Stufe zugeteilt werden könnte. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass an einigen Punkten die Liasbank vorhanden ist, während sie an .den meisten Orten entweder von jeher fehlte oder durch Auswalzung verschwunden ist. 2. Dogger. a. Opalinusschiefer. In den Opalinusschichten der „schwarzen Naht“ ‚scheint STUTZ nicht gesammelt zu haben; ihre Mächtig- keit beträgt hier 15 bis 18 m., ist also etwas bedeuten- der als im Erstfelder- und Engelbergerthal. b. Bajocien. Die Echinodermenbreccie als Vertreter der Murchi- sonaeschichten und der Korallenhorizont als derjenige der Humphriesianusschichten sind hier in gleicher Weise ‚ausgebildet, wie wir sie aus dem Engelberger- und Erst- felderthal kennen gelernt haben. Die Gesamtmächtig- keit beträgt hier etwa 13 m. Aus dem Korallenhorizont des Südabhangs der Gadmerflühe besitzen wir: Isastraea Bernardi Orb. Confusastraea Cotteaui Orb. Isastraea Salinensis K. Rhynchonella Lotharingica Haas. Rhynchonella Pallas Ch. et Dew. Terebratula kleine, flache, sehr häufige Spezies. Alectryonia flabelloides Lam. Ctenostreon proboscideum Sow, Lima (Plagiostoma) semicircularis Gdf. Pecten (Chlamys) ambiguus Mü. Trigonia costata Park. Hinnites tuberculatus Qu. Bl le BALTZER!) erwähnt aus dem Bajocien der Gad- merflühe: Pentacrinus Würtembergicus Opp. Rhynchonella subtebraëdra Dav. Rhynchonella spinosa Schloth. Terebratula sphaeroidalis Sow. Pecten virguliferus Ph. Osirea Marshü Gdf. STUTZ?) zitiert aus dem ,Bajocien“ der Gadmer- flühe folgende Fossilien. Von allen konnte ich in der Sammlung bloss die fünf mit * bezeichneten wieder- finden, resp. bestimmen; diese gehören thatsächlich dem Bajocien an. Von den übrigen dreizehn mögen die mit (Baj.) bezeichneten entweder der Etiquetten verlustig, oder selbst verloren gegangen sein. Die mit (Lias) bezeichneten Petrefacten gehören einem tiefern Niveau an: entweder sind Fossilien verschiedener Horizonte nachträglich vermischt worden, oder die Bestimmung war unrichtig. (Lias) Pentacrinus scalaris. (Baj.) Pentacrinus eristagalli. (Baj.) Terebratula emarginata. (Baj.) Terebratula perovalis. * Rhynchonella quadriplicata. * Alectryonia Marshii. * Lima semicircularis. * Pecten tuberculosus. (Lias) Pecten textorius. (Baj.) Peclen demissus. (Baj.) Modiola gigantea. (Baj.) Modiola gregarea. (Baj.) Avieula. Münsteri. 1) BALTZER, loc. eit. pag. 45. 2) STUTZ, Manuskript. AS ue (Baj.) Pholadomya fidicula. * Trigonia costata. (Baj.) Astarle maxima (Lias) Nautilus aratus (Baj. und Bath.) Belemnites canaliculatus ce. Balhonien. Die Basisschicht des Bathonien, der Bifurcaten- oolith ist nach STUTZ auch hier entwickelt. Seine Mächtigkeit beträgt 2 m. STUTZ bezeichnet das Ge- stein als „grauen, feinkörnigen Oolith.* Über die obern Partien des Bathonien schreibt STUTZ: | „Die obern schwarzen Schiefern enthalten nirgends mehr verkieste kleine Parkinsonier als hier; leider sind sie fast immer sehr faul und brüchig; Mächtigkeit 50 Fuss.* STUTZ bestimmte folgende Fossilien der „obern Schiefer :“ Rhynchonella vurians Schl. Terebratula globata Sow. Dentalium Parkinsoni Qu. Parkinsonia Parkinsoni Sow. d. Callovien. Die Mächtigkeit des obern Eisenoolithes schätzt STUTZ auf 18 m. Ich glaube aus dieser ungewöhnlich grossen Mächtigkeit schliessen zu dürfen, dass, an den Gadmerflühen wenigstens, die untern Partien des Eisen- oolithes noch zum Bathonien gehören. So erklärt sich auch das von STUTZ besonders hervorgehobene Vor- kommen von Parkinsoniern. STUTZ fand im Eisenoolith der Gadmerflühe fol- sende Callovienarten: ENG = Macrocephaliles macrocephalus Schl. Peltoceras annulare Rein. Perisphinctes suleiferus Opp. e. Salzgebi im Gadmenthal. Die Salzgebi befindet sich am Wege, der von Gadmen nach Engstlen und dem Genthal hinüberführt, südlich des Sätteli (siehe Siegfriedblatt Nr. 390), nörd- lich ob der Birchlauialp. Das Prefil der Salzgebi bat wenig Fossilien geliefert, ist aber wegen des Auftretens der Quartenschiefer von grossem Inte- resse. STUTZ hat das Profil genau abgemessen. Ich veröffentliche hier die Stutzischen Notizen wörtlich, d. h. bloss mit der Abänderung, dass sie in die Form meines üblichen stratigraphischen Schemas gebracht wurden. A. Vorjurassische Formationen. 1. Sandstein. „Auf dem Gneiss liegen 12 m. weisser Quarzsand- stein, mehr oder weniger grobkörnig.“ 2. Dolomit. „Über dem Sandstein folgen 30 bis 45 m. gelber Dolomit in Bänken von 30 bis 150 cm.“ 3. Quartenschiefer. „Statt dass nunmehr, wie sonst überall, unmittelbar der schwarze Liasschiefer sich einstellt, treffen wir eine mächtige Lage, wohl 60 m., des sog. Wetzschiefers. Die untersten Bänke sind noch gelb wie der Dolomit, zeigen aber schon rötliche Flecken. Die Mitte ist rot oder grün, Heckig oder gebändert. Oben liegt ein grauer oder roter, sehr feinkörniger Sandstein, der häufig gelbe Flecken zeigt.“ N ET AIS B. Juraformation. 1. Lias. Die Liasbank scheint an der Salzgebi zu fehlen. 2. Dogger. a. Opalinusschiefer.') „Untere, schwarze Schiefer mit rostigen Knollen von Eisenthon. 18 m.“ b. Bajocien. „Korallenschicht?) mit Kieselknollen, 15 m.“ c. Bathonien. a. Bifureatenoolith.’) „Direkt über der Korallenschicht liegend.“ 8. Parkinsonithone. „Obere Schiefer mit Ammonites, Belemnites, Tere- bratula, 10 m.“ d. Callovien. „Eisenoolith der Macrocephalusschichten, 3 m.“ 3. Malm. „Blaufleckiges Birmenstorf, 3 m.“ „Gelbe Effingertafeln, 15 m.“ „Wände des Hochgebirgskalkes, 300 m.“ „Auch an Versteinerungen ist die Salzgebi nicht ganz leer. Ich besitze von dort: Ammonites Parkinsoni. Nautilus. Ostrea Marshi. Ostrea limaefor mis. Aptychus.“ 1) Von STUTZ als Liasschiefer bezeichnet. ?2) „Korallenschicht“ offenbar in weiterm Sinne gebraucht, also Murchisonaeschicht bis und mit Humphriesianushorizont. 3) Von STUTZ als Humphriesianusoolith bezeichnet. € SEE Diese f. Unterwasserlamm bei Innertkirchen. Die topographischen Verhältnisse der Unterwasser- lamm!) sind in den Arbeiten von BALTZER?) und MÖSCH?) ausführlich beschrieben. Diese Lokalität ist eine der berühmtesten Fundpunkte für alpine Jura- versteinerungen geworden. BALTZER und MÔSCH haben die Listen der daselbst aufgefundenen Fossilien publiziert. STUTZ bleibt das Verdienst, die strati- graphische Gliederung dieser bemerkenswerten Stelle am schärfsten durchgeführt zu haben. Neuerdings hat Prof. E. FRAAS*) ein Profil der Unterwasserlamm veröftent- licht, auf das wir unten noch zu sprechen kommen werden. Nach Zusammenstellung der Stutzischen Noti- zen, nach eigener Bestimmung der in der Sammlung liegenden Fossilien, sowie nach eigenen Beobachtungen im Terrain ergibt sich folgendes Profil für die Sediment- reihe, welche in der Unterwasserlamm blossgelegt ist: A. Vorjurassische Formationen. Auf den steil südfallenden Gneiss von Innertkirchen legt sich wie gewohnt eine 3—6 m. mächtige Schicht von weissem Quarzsandstein. Über derselben folgt der 1) „Unterwasseriamm“ = Keistenlamm. Der erstere Name von dem Unterwasser, der Vereinigung des Trift-Gadmen- und Genthal- wassers, abgeleitet; der zweite nach dem aus Rötidolomit bestehen- den Rücken „Hohe Keisten.“ Die Unterwasserlamm ist ein schönes Beispiel für ein Isoklinalthal oder Combe, deren Sohle durch die nordfallenden, weichen Doggerschichten, deren Gehänge durch gleichsinnig einfallenden Rötidolomit und Malm gebildet wird. 2) BALTZER. Mech. Contakt von Gneiss und Kalk. Beiträge zur geol. Karte der Schweiz. Liefg. XX, pag. 41. 3) C. MÖSCH. Kalk- und Schiefergebirge zwischen Reuss- und Kienthal. Beitr. zur geol, Karte der Schweiz. Liefg. XXIV. 4) E. FRAAS. Exkursionsbericht über die geol. Verhältnisse bei Innertkirchen. Compte-rendu. congr. géol, intern. 1894, pag. 471. en en Rötidolomit, wie der Sandstein nach Nordwesten ein- fallend. Seine Mächtigkeit schwillt stellenweise bis zu 60 m. an. Er ist m frischem Bruche hellblaugrau, angewittert dagegen gelblich. Er ist sehr spröde, sodass es nicht sehr leicht ist, gute Handstücke zu schlagen. Der Rötidolomit wird am Ausgang der Unterwasserlamm ausgebeutet und gebrannt. Er liefert einen mageren Kalk. Nach dieser Lokalität wird der Rötidolomit wohl auch Keistenkalk oder Keistendolomit genannt. B. Juraformation. 1. Lias. STUTZ erwähnt keinen Liaskalk. Derselbe ist an den von STUTZ besuchten Stellen wahrscheinlich ausge- quetscht. Lias ist aber unzweifelhaft hier vorhanden, was sich aus dem Vorkommen von Cardinien ergiebt. Das Gestein ist, nach den losen Fossilien zu schliessen, eine mittelkörnige Echinodermenbreccie. Die Mächtig- keit beträgt nach Fraas 0,3 m. Das thatsächliche Vor- handensein des Liaskalkes beweisen folgende Fossilien: Gardinia Listeri Sow. Cardinia crassiuscula Sow. 2, Dogger. a. Opalinusschiefer. Über den Rôtidolomit, resp. der Liasbank legen sich ungefähr 9 m. mächtige schwarze glimmerhaltige Schiefer, welche die gleichen petrographischen Eigen- tümlichkeiten wie ihre Aquivalente im Erstfelderthal aufweisen. Sie enthalten hier keine Petrefakten, wenn nicht einige Exemplare von Pholadomya fidicula Sow. und media Ag., die nicht im Anstehenden gesammelt wurden, diesem Horizont entstammen. Sie enthalten auch hier in Menge die eigentümlichen rostbraunen Greoden von Thoneisenstein. Auch fehlen die kleinen Schmitzen und Anhäufungen von feinem weissen Quarz- sand nicht. b. Bujocien. Die Gesamtheit des die Opalinusschichten über- lagernden Kalkkomplexes charakterisiert STUTZ als „ein festes Kalklager von 12 m. Mächtigkeit, das sich durch rostgelbe Flecken und ebensolchen Anflug leicht kenntlich macht.“ Meiner Erfahrung nach trifft die Charakterisierung der äussern Erscheinung für die obern Partien zu. In den untern kenne ich die „rostgelben“ Flecken nicht, _ dagegen finden sich auch hier kleine eckige Dolomit- brocken in der dunklen Echinodermenbreccie eingestreut. Etwa in der Mitte des Complexes stellen sich wieder die Kieselknauer ein, die obere Partie wird durch den bekannten Korallenhorizont eingenommen. a. Murchisonaeschichten. Ich habe in den oben besprochenen Profilen die Echinodermenbreccie, die zwischen den Untern (Opalinus-) Schiefern einerseits und den Kiesel- und den Korallen- horizont andrerseits eingeschoben ist, als Murchisonae- schichten bezeichnet, ohne diese Benennung palaeonto- logisch zu rechtfertigen. BALTZER und MÖSCH zitieren schon Ammonites Murchisonae aus der Keistenlamm. In der Stutzischen Sammlung befinden sich zwei Ludwigien, von denen die eine zweifellos die ächte typische Ludwigia Murchisonae Sow. ist. Ihr Erhaltungszustand lässt nichts zu wünschen übrig. Sie sind allerdings wohl kaum aus dem Anstehenden gesammelt worden. OA date Das Gestein der beiden Fossilien ist die Echinodermen- breccie mit kleinen hellgelben Dolomitbrocken. Es ist ausgeschlossen, dass die Exemplare aus dem unter- lagernden Schiefer oder aus dem überlagernden Korallen- horizont stammen. ß. Kieselknauerschicht und Korallenhorizont. Dass die Kieselknauerschicht auch hier vorhanden ist, geht aus folgender Notiz von STUTZ!) hervor: „Bisweilen scheiden sich ganze Haufen schwarzer Kiesel- knollen in dem krystallinischen Kalke aus.“ Aus dem Korallenhorizont befinden sich in der Stutzischen Samm- lung aus der Unterwasserlamm folgende Fossilien: Rhynchonella Pallas Ch. et Dew. Pecten (Entolium) spatwlatus Roe. Pecten (Chlamys) ambiguus Mi. und von der benachbarten Localität „Ferrichstätten“ Isastraea Bernardi Orb. c. Bathonien. Das Bathonien setzt sich auch hier vornehmlich aus weichern Gesteinsschichten zusammen. Es bildet ein ziemlich steiles Vegetationsband, über welches der schmale Fussweg in der Lamm führt. a. Bifurcatenoolith. Unter der Bezeichnung „Keistenlamm“ finden sich in der Stutzischen Sammlung eine Anzahl bullate Tere- brateln und einige wohlerhaltene Parkinsonier. Der Horizont war nicht notiert; das Gestein ist ein braun- roter Kalkstein, dem feine Oolithkörner von Brauneisen- stein eingelagert sind. Ich erkannte folgende Arten: Rhynchonella angulata Sow. Terebratula Württembergica Opp. 1) Manuskript, Sa ER he Terebratula sphaeroidalis Sow. Terebratula submaxillata Dav. Gressiya Sps. Parkinsonia Garantiana Orb. Parkinsonia bifurcata Ziet. Belemnites (Megateuthis) giganteus Schloth. Da im Gegensatz zu den Vorkommnissen im Erst- felder- und Engelbergerthal hier im ganzen Bathonien oolithische Bänke vorkommen, war mir das stratigra- phische Niveau dieses Oolithes noch nicht genau bekannt, bis ich auf einer von Herrn Prof. Dr. C. SCHMIDT geleiteten geologischen Exkursion dieselben Oolithe einige Kilometer östlich von der Unterwasserlamm, bei Wagen- kehr am Eingang in das Genthal, unmittelbar über dem Korallenhorizont und an der Basis der Bathonienkalke und Schiefer sah. An der Wagenkehr ist der Oolith äusserst fossilreich. Volle Gewissheit über die Identität der Oolithe der beiden Lokalitäten Wagenkehr und Unterwasserlamm brachten mir folgende trefflich erhal- tenen Versteinerungen, die ich aus dem Oolithgestein der Wagenkehr herauspräparierte: Rhynchonella angulata Sow. Terebratula Württembergica. Opp. Terebratula sphaeroidalis Sow. Parkinsonia baculata Qu. ß. Oberes Bathonien. Das obere Bathonien ist nur etwa 5 bis 6 Meter mächtig, und setzt sich aus schwarzen Thonschiefern zusammen, die aber stellenweise durch Aufnahme von Oolithkörnern ein rauheres Aussehen gewinnen. Aus ihnen zitiert STUTZ: Rhynchonella varians Schl. und Parkinsonia Parkinsoni inflata Qu. (polymorphus Orb.) N CNE d. Callovien. Das Gestein ist „oolithisch, grobkörnig, die Körner häufig platt, ausgewittert, rostbraun; im frischen Bruche blau“. Von dieser wie von andern Lokalitäten zitieren STUTZ und BALTZER ,, Ammonites Parkinsoni.“ Von den Eisenoolithen der Unterwasserlamm sagst STUTZ sogar: „man könnte sie Parkinsonikalke oder Triplicatenkalke heissen, denn diese beiden Versteinerungen sind die häufigsten Versteinerungen der hiesigen ganzen Jura- formation überhaupt.“ Wenn wirklich keine Verwechs- ung der beiden Eisenoolithhorizonte stattgefunden hat, so werden wohl kaum die Parkinsonier das Lager mit ächten Callovienarten, wie Macrocephalites macro- cephalus Schloth. und andern, teilen. Wenn diese Parkinsonier dem obern Eisenoolith entstammen, so werden sie wohl nur in dessen Basis vorkommen. Ich bestimmte folgende Callovienarten im oberen Eisenoolith der Unterwasserlamm: | Hecticoceras lunula Rein. Cadoceras sublaeve Sow. Perisphincles Orion Opp. Perisphinctes calloviensis Orb. Perisphinctes funatus Opp. Perisphinctes curvicosta Opp. Perisphinctes arbustigerus Orb. Perisphinctes Wagneri Opp. Belemnites semihastatus rotundus Qu. 3. Malm. Der Malm ist in der Lamm selbst nicht zugänglich. Die Gliederung desselben in Birmenstorfer, Effinger- und Hochgebirgskalkschichten lässt sich um so schöner oberhalb der Brücke nach Eppigen beobachten. Ich habe diese Lokalität nicht besucht. STUTZ berichtet darüber: en „Birmenstorf, etwa 3 m., dickbankig und wie überall fleckig. Bei genauer Betrachtung entpuppt sich mancher der blauen Flecken als entstellter Ammonit, z. B. als biplex oder complanatus. Die Effingerschichten erscheinen als feinblättrige, graue, klingende Kalktäfelchen, 12 m. Den Schluss bilden die eigentlichen Hochgebirgs- kalke. In der Lamm erscheinen sie als mächtige Fluh mit ausgedehnter Schutthalde.“ Vergleichen wir das von FRAAS!) unlängst ver- ötffentlichte Profil von der Unterwasserlamm, so bemerken wir eine weitgehende Übereinstimmung in den Fossil- angaben, wie in der petrographischen Beschreibung. Naturgemäss differieren die Mächtigkeitsangaben etwas, da die Profile offenbar nicht an der ganz gleichen Stelle gemessen worden sind. Ich bringe, um den Ver- gleich zu erleichtern, die Fraas’schen Angaben in ge- drängter Form in das gewohnte stratigraphische Schema: A. Vorjurassische Sedimente, Die Contaktfäche zwischen Rötidolomit und Gneiss ist nicht sichtbar. Die Mächtigkeit des Dolomits beträgt 70 bis 80 m. Die Hauptmasse des Gesteins ist licht- grau. Die oberste 2,5 m. mächtige Bank zeigt eine rostbraune Oberfläche, sie ist wohl etwas eisenhaltig. B. Juraformation. 1. Lias. Eine 0,3 m. mächtige, dunkle Kalkbank mit Gryphaea arcuata, var. rugosa Qu. Pecten glaber. (—Hehli.) Pecten priscus. 1) FRAAS, E. Exkursionsbericht über die geologischen Ver- hältnisse bei Innertkirchen. (Compte-rendu du congr. géol. intern. 1894, pag. 468. N ON 2. Dogger. a. Opalinusschiefer. 1,75 bis 2 m. mächtige schwarze Schiefer ohne Fossilien. b. Bajocien und c. Bathonien. 10 Meter braungefärbter, dickbankiger, oolithischer Kalkstein. Durch den Fund von Belemnites giganteus als Dogger bestimmt. ' 3 Meter dunkle Schieferthone mit viel Kalkspath- lagen; Fossilien nicht gefunden. d. Callovien. Dunkler, oolithischer, oberflächlich braunverwittern- der Kalk mit | Terebratula inlermedia. Terebratula bullata. Macrocephalites sp. 3. Malm. Unten: Dünnbankige, vielfach sericitische Kalke, wie an der Rothenfluh im Urbachthale, wo sie als juras- sisch festgestellt wurden. Oben: Graue, petrefaktenleere Kalke ohne irgend welche Spuren von Dolomit, Gips oder Quarzit. 4. Rothenfluh bei der Sandei im Urbachthal. Das Urbachthal ist das westlichste der „Contakt- thäler,“ wie wir jene auffälligen Thalfurchen nennen wollen, deren Entstehung mit dem Verlauf des Contaktes von krystallinem Grundgebirge mit jüngern Sedimenten in Zusammenhang zu bringen ist. Gegen Westen folgt der Oberländergebirgswall, wo bis jetzt die Erosion noch nicht soweit vorgeschritten ist, dass der Contakt ım OT. = Thale blossgelegt ist. Zur Aufnahme eines palaeon- tologisch-stratigraphisch verwertbaren Profiles eignet sich bloss die unterste Thalstufe des Urbachthales, „die Sandei,“ deren Nordgehänge von der „Roten Fluh“ gebildet wird. Nach den Notizen von STUTZ, den Angaben von BALTZER und FRAAS, sowie nach eigenen Beob- achtungen stelle ich folgendes Profil zusammen: A. Vorjurassische Formationen. 1. Sandstein. Auf dem Gneisse lagert discordant eine ca. 2 m. mächtige Bank von Sandstein, in der man hier wie anderwärts vergebens nach Fossilien sucht. 2, Rötidolomit. Über dem Sandstein lagert „ein sehr fester, dünn- bankiger Dolomit, der petrefaktenleer ist, aber wohl mit Recht als Rötidolomit bezeichnet wird.* STUTZ gibt seine Mächtigkeit auf 30 bis 60 m. an. B. Juraformation. 1. Lias. Über das Vorkommen von Lias finde ich in den Stutzischen Manuskripten keine Angaben. Nach FRAAS!) folgt auf den Rötidolomit „vollständig concordant im Fallen und Streichen eine späthige, dunkle Kalkbank ohne Petrefakten.“ Wir dürfen diese Kalkbank wohl mit Sicherheit als Repräsentanten des Lias ansehen. 2. Dogger. a. Opalinusschiefer. Die Opalinusschiefer, 6 bis 8 m. mächtig, zeigen auch hier ihre bekannte petrographische Beschaffenheit 1) FRAAS, E. Exkursionsbericht über die geologischen Ver- hältrisse bei Innertkirchen. Compte-rendu d. congr. géol. intern. 1894. M Me und führen zahlreiche Knollen von Thoneisenstein. „Sie sind, sagt STUTZ, fossilleer mit Ausnahme eines seltenen Seegrases, vielleicht Fucus Bollensis.* Ich habe in der Sammlung keine Reste mehr vorgefunden, welche ich mit Fucus Bollensis identifizieren könnte. b. Bajocien. Die Gruppe des untern Dogger oder Bajocien besitzt eine Gesamtmächtigkeit von 15 m. und lässt unschwer wieder die Gliederung in die 3 Unterabteilungen: Echino- dermenbreccie, Kieselknollen- und Korallenhorizont er- kennen. a. Murchisonaehorizont. In der Sohle des Bajocienkomplexes liegen wie in der Unterwasserlamm dunkle Kalke, die zahlreiche Echinodermenreste sowie die charakteristischen hell- gelben, scharfeckigen Dolomitfragmentchen enthalten. 5. Kieselknollen und Korallenhorizont. Die Mitte des untern Braunjura fällt der Zone der schwarzen Feuersteinknollen zu. Die Schichten unmittel- bar über den Kieselknollen enthalten auch hier noch Korallenreste. c. Bathonien. Die Ausbildung des Bathonien zeigt gegenüber der- jenigen im Erstfelder-, Engelberger- und Gadmenthal ganz bedeutende Abweichungen. Die scharfe Gliederung in Bifurcatenoolith und obere Schiefer lässt sich nicht mehr durchführen. Das gesamte Bathonien ist mehr oder weniger oolithisch, die feinen Schiefer und Thone, wie sie im Engelberger- und Erstfelderthal anstehen, fehlen hier vollständig. Das Bathonien der Sandei ist durch den Sammler und Bergführer Abplanalp von Innertkirchen ausgebeutet worden. a Tue Eine stattliche Anzahl von gut erhaltenen Bathonien- fossilien dieser Lokalität wurden für die Stutzische Samm- lung erworben; sie verteilen sich auf folgende Arten: | Parkinsonia Parkinsoni Sow. Parkinsonia Garantiana Orb. Parkinsonia bifurcata Ziet. Parkinsonia ferruginea Opp. Purkinsonia Neuffensis Schlönb. Nautilus subtruncatus Morr. u. Lyc. Antychus sp. Terebratula sp. STUTZ nennt von hier ausserdem: Ostrea Knorri. Rhynchonella varians. Terebratula lagenalis. d. Callovien. Der Übergang vom Bathonien zum Callovien ist in petrographischer Hinsicht ein allmäliger. Das typische Calloviengestein ist jedoch leicht vom typischen Bathonien zu unterscheiden, auch wenn beide oolithisch sind. Die Grundmasse, in welche die Oolithkörner eingestreut sind, ist im Bathonien sandigschieferig und das Gestein besitzt eine ziemlich helle gelbgraue Farbe. Dagegen ist die Grundmasse des Callovieneisenoolithes ein dichter eisen- schüssiger Thonkalk, die Eisenoolithkörner sind grösser, deutlicher umgrenzt und dunkler, weil aus reinem Hämatit bestehend, während die Oolithkörner des Bathonien, wie die Grundmasse, durch sandiges Material verunreinigt zu sein scheinen. Die Stutzische Samm- lung besitzt folgende von mir bestimmten Fossilien aus dem Callovien der Sandei: Terebratula longiplicuta Opp. Natica Crithea Orb. Na VC MURS Phylloceras (Rhacophyllites) transiens Ponp. Macrocephalites macrocephalus Schl. Der Callovieneisenoolith ist am Gstellihorn im Hintergrunde des Urbachthales besonders fossilreich an einer Stelle, die sich infolge der bekannten Faltungen und Auswalzungen nicht zur Aufnahme eines strati- graphischen Profiles eignet. Diese Fossilien sind, abge- sehen von starker Streckung, teilweise sehr gut erhalten: ‚Vom Gstellihorn liegen in der Stutzischen Sammlung. Oppelia fusca Qu. Stephanoceras coronoides Qu. Cadoceras sublaeve Son. Perisphinctes sulciferus Opp. Perisphinctes curvicosta Opp. Perisphinctes plicomphalus So. Perisphinctes arbustigerus Orb. Perisphinctes Moorei Opp. 3. Malm. Zu den Birmenstorferschichten rechnen wir ca 3 m. mächtige, ruppige, gelbgefleckte Kalkschiefer an der Basis des Hochgebirgskalkes, Der untere Teil des letztern wird durch ca. 30 m. mächtige, „dünnplattige, teilweise stark sericitische und metamorphische Schiefer gebildet, deren jurassisches Alter durch die Funde von verzerrten Belemniten gefunden wurde.“!) Nach oben gehen diese plattigen Kalke allmählich in das grau- schwarze Gestein des eigentlichen Hochgebirgskalkes über. 1) FRAAS, E. Loc. cit. pag. 470. Re en il. Profile östlich der Reuss. a. Windgällenkette bei Erstield. Etwas nördlich von Erstfeld befindet sich die wegen ihrer tektonischen Verhältnisse längst berühmte Lokalität Haldenegg oder Scheidnössli. Südlich von Erstfeld gehen zwei Runsen zu Thal, von denen die eine Brust- thal, die andere Weiherthal geheissen wird. Ich ziehe die stratigraphischen Notizen über die Haldenegg, das Weiher- und das Brustthal in ein Profil zusammen, da wesentliche Unterschiede nicht vorhanden sind. B. Vorjurassische Formationen. 1. Sandstein. Die steil nach Süd einfallenden Gneissplatten werden discordant von hellem Sandstein überlagert, der offenbar aus der Aufarbeitung des centralmassivischen Gesteines hervorgegangen ist. Seine Mächtigkeit wird von STUTZ für das Haldeneggprofil auf 1 m. angegeben. 2. Rötidolomit. Der Rötidolomit zeigt im allgemeinen sein bekanntes Verhalten. An der Basis des ca. 10 m. mächtigen, sterilen Dolomitkomplexes sind einige Lagen schwarzer, gleichfalls fossilfreier Mergelschiefer eingeschaltet. Im Brustthal ist die oberste Dolomitschicht von eigentüm- lichen Kieselnetzen durchsetzt; da und dort treten kleine Partien von Zinkblende auf. B. Juraformation. 1. Lias. Der Lias ist bis jetzt an den Ostgehängen des Reussthales bei Erstfeld noch nicht bekannt geworden. — 64 — 2. Dogger. a. Opalinusschichten. Die Opalinusschiefer konnten nur nach ihrer petro- graphischen Beschaffenheit und stratigraphischen Stellung bestimmt werden. Es sind schwarze, schüttige, glimmer- haltige Thonschiefer, ausgezeichnet durch zahlreiche Lagen von Thoneisensteinknollen. Die Mächtigkeit. beträgt ca. 15 m. b. Bajocien. Die Gesamtmächtigkeit beträgt im Brustthal 9 m, Über das Bajocien dieser Runse bemerkt STUTZ: „Ungefähr 15 Fuss über der Sohle ist eine Schicht mit ziemlich vielen Pecten, Goniomyen und andern Muscheln. Nur vier Fuss höher beginnt die Aus- sonderung der charakteristischen, unförmlichen schwar- zen Kieselknollen, welche ungefähr zwanzig Fuss Mäch- tigkeit hat. Zwei starke Kalkbänke bilden das Dach der braunen Koralleneruppe.* c. Bathonien. Die „obern Schiefer,“ die sonst dann und wann kleine Parkinsonier enthalten, sind hier sehr fossilarm. STUTZ zitiert Terebratula emarginata aus dem Brust- thal. Die Mächtigkeit des Bathonien beträgt hier wohl 15 m. d. Callovien. Der Eisenoolith ist hier ca. 15 m. mächtig und hat nur wenig Fossilien geliefert, von denen Perisphinctes. funatus Opp. hervorzuheben ist. 3. Malm. An der Basis des Malm lassen sich die gelbge- fleckten Birmenstorferschichten in einer Mächtigkeit von ee ee 3 m. erkennen. Die plattigen Kalke, von welchen die- selben überlagert werden, werden von STUTZ Effinger- schichten genannt und erreichen eine Mächtigkeit von 12 m. Wo die Gotthardstrasse, nördlich Erstfeld, den eigentlichen Hochgebirgskalk durchschneidet, fand STUTZ Rhynchonella lacunosa. b. Rübeboden (Ribiboden). Am Westabhang der kleinen Windgälle geht ein Lawinenzug zu Thal, der Rübeboden oder Ribiboden genannt wird STUTZ hat dort kein detailliertes Profil aufgenommen. Nach Mitteilung von Herrn Prof. C. SCHMIDT herrschen daselbst im wesentlichen die- selben Verhältnisse wie an der Haldenegg, im Brust- und im Weiherthal. Eine Anzahl Fossilien, die STUTZ aus einem im Schutt des Ribiboden gefundenen Block herauspräparierte, lassen mit Sicherheit darauf schliessen, dass sich hier ein in der Contaktzone bisher unbekannter Horizont an der Basis des Malm einschiebt, nämlich die Cordatusschichten. Das Gestein des Blockes ist ein braungelber Kalk von sehr charakteristischem Aussehen. Ich konnte folgende Arten bestimmen: Pieurotomaria Gypraea Orb. Cardioceras cordatum Sow. Aspidoceras perarmalum Sow. Belemnites cf. calloviensis Opp. STUTZ stellte in seinen Manuskripten die Liste sämtlicher Fossilien, die er in den verschiedenen Schich- ten des Ribiboden fand, zusammen. Ich veröffentliche sie hier wörtlich. In der Sammlung konnte ich jedoch ausser den vier obgenannten Oxfordpetrefakten keine Fossilien vom Ribiboden finden. Qt a STUTZ citiert folgende Fossilien vom Rübeboden: Oxyrhina ornati Belemnites canaliculatus Belemnites semihastatus Belemnites hastatus Ammonites hecticus > lunula. in bifurcatus n caprinus A athieta 5 macrocephalus 5 triplicatus 5 Neujfensis à coronatus a convolutus a alternaus 3 biplex Nautilus granulosus Pleurotomaria ernala Apiychus planulati Ostrea Marshi Pecten textorius. , velaius » Subspinosus lens. Motel alata. Terebratula perovalis. Rhynchonella quadriplicata. Cidaris glandifera Isastraea helianthoïdes. Demnach scheint die Geröllhalde des Ribibodens eine ergiebige Fossilfundstelle zu sein. Ich vermute, dass meine Bestimmungen folgendermassen mit den Stutzischen verglichen werden können: Pleurotomaria ornata = Pleurotomaria Cypraea Orb, Ammonites alternans > Cardioceras cordatum Sow. Ammonites athleta — Aspidoceras perarmatum Sow- Belemnites semihastatus — Belemnites cf. calloviensis Opp. c. Südgehänge der Windgälle. Am Südgehänge der Windgälle im Maderanerthal sind zahlreiche Fossilfundpunkte bekannt. Continuier- liche Profile, in denen kein Glied der stratigraphischen Reihe ausgewalzt oder stark reduziert wäre, sind jedoch wohl kaum zu finden. Ich verweise hier auf das von HEIM!) veröffent- lichte Profil der Sedimente am Contakt mit Porphyr. Um meine Nomenklatur die derjenigen HEIMS zu ver- gleichen, bringe ich das Heim’sche Profil gekürzt in das stratigraphische Schema, das unseren bisherigen Besprechungen zu Grunde lag. A. Vorjurassische Formationen. 1. Microgranit. 2. Quarzporphyr. Achter Verrucano (Sandstein) und Rütidolomit fehlen. B. Juraformation. 1. Lias. Fehlt. 2. Dogger. a. Opalinusschichten. Fehlen. b. Bajocien. 0,5 bis 1,5. Echinodermenbreccie und oolithischer Kalkstein mit vielen schlechterhaltenen Pecten und 1) HEIM. Mechanism. d. Gebbildg pag, 63. BE ERR Le Austern und zahlreichen Geröllen von Windgällenporphyr, deren Durchmesser zwischen 2 und 60 em. schwankt.) c. Bathonien. a. Bifureatenoolith. 0,2 bis 1 m. Eisenoolith mit ziemlich zahlreichen, aber wenig charakteristischen Fossilien. ß. Parkinsonischiefer. Totalmächtigkeit ca. 8 m. An der Basis 2 m. Echinodermenbreccie mit Belemniten, Austern, Limen und Pecten. In der Mitte 2,5 m. mächtige schwarze Kalkschiefer. Oben 2 bis 3 m. gelbanwitternde, inwendig dunkle Kalksteinbänke mit Belemniten und mit einer grossen Menge von Rhynchonella varians, die sehr gut erhalten ist. d. Callovien. Eisennoolith, nicht unterscheidbar vom ächten Blesi- oolith, wie er überall den obern braunen Jura bildet. Das Gestein ist inwendig meist dunkelgrün, aussen blutrot gefleckt. 3. Malm. a. Cordatusschichten. Graue und gelbe rauhe Kalkschiefer. b. Birmenstorferschichten. Grau und gelb gefleckte Kalkschiefer mit undeut- lichen Belemniten, petrographisch als typischer Schilt- kalk zu erkennen, c. Hochgebirgskalk. HEIM spricht die Vermutung aus, dass der untere Eisenoolith, den ich auch hier als Bifurcatenoolith 1) Prof. SCHMIDT teilt mir mit, dass er i. J. 1893 im Bajocien am „Rothorn“ nicht nur einzelne Porphyrgerölle, sondern auch ganze Lagen von Porphyrbreccien beobachtet habe. ee ae bezeichnet habe, eventuell noch zur Sowerbyizone zu rechnen sei. Die Analogie mit den Verhältnissen an der Wagenkehr im Gadmenthal, wo ich den untern Eisenoolith unzweifelhaft als Bifurcatenhorizont erkannt habe, ıst aber eine so vollständige, dass mir meine Parallelisierung ganz gerechtfertigt erscheint. Natur- gemäss rücken dann auch die Echinodermenbreccien, die über dem untern Eisenoolith liegen, ins Bathonien hinauf. Derartige kalkige Einlagerungen, wenn auch nicht gerade Echinodermenbreccien, kennen wir auch im Bathonien des Erstfelderthales. Höchst wichtig ist, dass für die grauen und gelben rauhen Kalkschiefer, die HEIM auch ohne Fossilien als Oxford bezeichnet, nun auch die typischen Leitfossilien, vor allem Cardioceras cordutum gefunden worden sind. (Vgl. Besprechung des Rübebodens.) In der Stutzischen Sammlung erkannte ich folgende Arten; sie waren meist mit „Alpeli ob Golzeren“ bezeichnet: aus dem Callovieneisenoolith: Hecticoceras hecticum Buch. Hecticoceras lunula Rein. Stephanoceras coronoides Qu. Reineckia Rehmanni Op». Reineckia Fraasi Opp. Perisphinctes sulciferus Opp. Perisphinctes funalus Opp. Perisphinctes curvicosta Opp. Belemnites (Belemnopsis) calloviensis Opp. aus den Cordatusschichten: Pentacrinus pentagonalis Gdf. Pleuromya sps. Hecticoceras hecticum nodosum Qu. Perisphinctes convolutus impressae Qu. Perisphinctes plicatilis Sow. ge Perisphinctes triplicatus albus Qu. Peltoceras cf. arduennense Orb. aus den Birmenstorferschichten: Pentacrinus cingulatus Mü. Eugeniacrinus Hoferi Mü. Eugeniacrinus caryophyllatus Gdf. Rhynchonella arolica Opp. d. Krämer an der Sandalp (Kin. Glarus). Die Contaktlinie zwischen centralmassivischen Ge- steinen und Sedimenten streicht am Nordwestfuss des Tödi zwischen der obern und untern Sandalp durch. Am Verbindungswege der beiden Alpen ist ein leicht zugängliches Profil aufgeschlossen, das gegenüber den besprochenen Profilen wesentliche Unterschiede aufweist. Die Lokalität heisst Krämer, Ich stelle nach den Auf- zeichnungen von STUTZ folgendes Profil zusammen. A. Vorjurassische Formationen. 1. Sandstein. Die petrographische Beschaffenheit des Verrucano- sandsteines sowie der darin eingeschlossenen Geröll- und Thonschieferlagen ist von ROTHPLETZ') beschrie- ben worden. STUTZ giebt die Mächtigkeit auf 6 m. an. 2. Rötidolomit. Der Krämer befindet sich in nächster Nähe der Röti, der typischen Lokalität, nach welcher das auf- fallende Glied benannt ist. Die petrographische Be- schaffenheit dieses typischen Rötidolomites ist zur Genüge bekannt. Seine Mächtigkeit beträgt nach STUTZ 30 m. 1) ROTHPLETZ. Die Steinkohlenformation an der Ostseite des Tödi. Abhandl. der schweiz. pal. Ges. Vol. VI 1879. ee ee B. Juraformation. 1. Lias. Der Lias, wie wir ihn vom Engelbergerthal sowie von einigen Punkten des Erstfelderthales her kennen, ist am Krämer nicht vorhanden. 2. Dogger. a. Opalinusschichten. Gleichwie der Lias fehlen auch die „untern Schiefer,“ die Opalinusschichten; wenigstens sind sie in der bisher bekannten schiefrigen Ausbildung, am Krämer nicht vorhanden. ß. Bajocien. Direkt auf dem Rötidolomit liegt eine ca. 15 m. mächtige, einheitliche Bank von blauen Kalken, die in ihrer krystallinisch körnigen Struktur, ihrer rostfleckigen Verwitterungsfarbe und einigen wenigen Fossilien, gewisse Übereinstimmung mit dem Bajocienkomplex der west- licheren Gebiete zeigt. Charakteristisch ist der stellen- weise reiche Gehalt an Kieselkörnchen, daher wohl der Name Eisensandstein. Ich konnte folgende Fossilien bestimmen: Cidaris cucumifera Ag. Rhynchonella Pallas Ch. u. Dew. Rhynchonella ucuticosta Qu. Pecten ambiguus Mü. Belemnites (Megateuthis) giganteus Schl. Eine Gliederung in Untere Echinodermenbreccie (Murchisonaehorizont) und Korallenschicht hat STUTZ nicht durchgeführt. Er erwähnt jedoch das Vorkommen jener eigentümlich geformten Kieselknollen, die wir ım Erstfelderthal und anderorts als Grenzschicht zwischen den beiden Horizonten gefunden haben, DC R. y. Bathonien. Wir vermissen an der Basis des Bathonien die feinkörnigen Eisenoolithe, welche besonders im Gadmen- thal typische Fossilien des Bifurcatenoolithes geliefert haben. Auf die Kalkbank des Bajocien folgt eine 30 m, mächtige Lage von „knorrigen, schwarzen Schiefern, Knorzenschiefern,“ wie sie STUTZ bezeichnet. Petre- fakten sind keine darin gefunden worden. „Hie und da sondern sich einzelne Lagen weissen Sandsteines aus,“ bemerkt STUTZ; es erinnert dies an das Vorkommen weisser Sandschmitzen im tiefern Niveau der Opalinus- schichten, des Erstfelder- und Gadmenthals. Die „schwarzen Knorzenschiefer“ werden von einer ebenfalls 30 m. mächtigen, grauen Echinodermenbreccie überlagert. Diese hat mit Ausnahme zahlreicher aber schlecht erhaltener Bruchstücke von Pentacrinus crista- galli noch keine Fossilien geliefert. 0. Callovien. Nach oben wird der Dogger wieder durch den wohlbekannten Eisenoolith mit Callovienfauna abge- schlossen. Er besitzt eine Mächtigkeit von ca. 5 m. und hat folgende Fossilien geliefert: Macrocephalites macrocephalus Schl. Perisphinctes Orion Opp. Perisphinctes funatus Opp. 3. Malm. a. Birmenslorferschichten. Die Birmenstorferschichten (Schiltkalk) nehmen hier im Vergleich zu den westlichen Vorkommnissen, an Fossilreichtum zu. Wir befinden uns hier in grösserer Nähe der typischen und fossilreichsten Lokalität, des en ee Schilthorns im Ktn. Glarus, Aus den Birmenstorfer- schichten der Sandalp und der Röti besitzen wir: Cidaris filograna Ag. Rhynchonella arolica Opp. Perisphinctes cf. microbiplex Qu. Perisphinctes Martelli Opp. b. Hochgebirgskalk. Die Basis des Hochgebirgskalkes wird im Hinter- grunde des Linththales von den 60 m. mächtigen „gelb- lichen Effingerschichten“ gebildet. Diese sog. Effinger- schichten bilden die Terrasse, auf der sich die hügelige Fläche der obern Sandalp ausdehnt. Den Steilhang gegen die Beckenen und den Claridengletscher bildet der eigentliche Hochgebirgskalk im engern Sinne, auf welchen sich die Kreide- und Eocängebilde von Gems- fairen und Fiseten sich legen. e. Piz Dartgas und Umgebung. STUTZ hat zwar kein eigentliches Profil der Sedi- mentreihe am Piz Dartgas aufgenommen. Dagegen liegt in der Sammlung eine ansehnliche Suite von „Gault“- versteinerungen, die STUTZ daselbst gesammelt hat. In dem stark dislozierten Gebiete kann die ursprüng- liche Mächtigkeit der Sedimente naturgemäss nicht mehr ermittelt werden. Ich reproduziere dennoch in ver- kürzter Form das Profil, das HEIM von den Sedimen- ten des Piz Dartgas aufgenommen hat,!) weil es das vollständigste am ganzen Nordrande des Aarmassivs ist. 1) HEIM. Mechanismus der Gebirgsbildung pag. 176 und HEIM Geologie der Hochalpen zwischen Reuss und Rhein. Bei- träge zur geol. Karte der Schweiz. Liefg. XXV pag. 32. Re TAPER A. Vorjurassische Formation. 1. Verrucano, 30 m., grünlich, krystallinisch schiefriger Talkquarzit mit Feldspathkörnern, in rötlichen, conglomeratischen Verrucano übergehend. 2. Rötidolomit. 6—60 Meter. B. Juraformation. 1. Lias. a. Grauer Sandstein und Schiefer, Bänke ganz an die Cardiniaschichten erinnernd, mit undeutlichen Petrefakten. _ b. Rostige Sandsteine mit Belemniten. 2. Dogger. a. Opalinusschichlen. Schwarze, wellige, glänzende Schiefer. b. Bajocien. Sandige Kalkschiefer mit kleinen rostgelben Koräll- chen, ähnlich denen der Murchisonaeschichten von Wallenstadt. | c. Bathonien. Echinodermenbreccie besonders aus Pentacriniten, dünnplattige und oolithische Kalkschiefer. d. Callovien. Eisenschiefer, funkelnd von zahllosen kleinen Magnet- eisenkryställchen. 3. Malm. a. birmenstorferschichten. | Gelbgrauer, dünnplattiger, fleckiger Schiltkalk. b. Hochgebirgskalk. Plattiger, krystallinischer, hellgrauer, oft marmor- artiger Kalk, an einigen Stellen mit gequetschten undeut- lichen Nerineen. c. Troskalk. C. Kreideformation. ') 1. Neocomien. Enthält: Exogyra Couloni, Ostraea, Toxaster com- planatus. Mächtigkeit 4 bis 6 m. 2. Urgonien. Schrattenkalk mit Caprolina ammonia und vielen undeutlichen Bivalven durchschnitten, Mächtigkeit 6 bis 10 m. 3. Aptien. Mit Orbitulina lenticularis und Ostrea. 4. Gault. Sehr petrefaktenreich, (gestreckte Belemniten. Me- chan. d. Gebbldg. Taf. XIV fig. 3) ferner Turriliten, Scaphiten, Hamiten, Ammoniten, Bivalven darunter Inoceramus, Holaster laevis. Mächtigkeit 1 bis 3 m. 5. Seewerkalk. 2 m. bis 3 m. Belemniten enthaltend. STUTZ hat bloss in den sog. „Gaultschichten“ Fossilien gesammelt. Meine Bestimmungen haben er- geben, dass es sich nicht um Fossilien des eigentlichen Gault oder Albien handelt, sondern es sind ausschliess- lich Leitfossilien des Vraconnien, das von C. BURCK- 1) Die ältern Formationen wurden an der Spitze des Piz . Dartgas gemessen, wo sie umgekehrt liegen; Kreide und Eocän sind dagegen tiefer unten, wo sie in normaler Lage und weniger reduziert sind, aufgenommen worden. BR Re HARDT!) als Untercenoman aufgefasst wird. Das Albien, die Echinodermenbreccien mit Rhynchonella lata und die Concentricusschiefer scheinen zu fehlen. Die Stutzische Sammlung besitzt folgende Vraconnienfossilien aus dem Gebiet des Kistenpasses: Corallen (vollständig verkieselt und kaura näher bestimmbar). Cidaris vesiculosa Gdf. Holaster laevis Ag. Holaster suborbicularis Ag. Holaster latissimus Ag. Serpula socialis. Gdf. Bryozoen div. sp. Avellana (Cinulia) subincrassata Orb, Nautilus cf. Montmollini Pict. Acanthoceras fissicostatum Orb. Stolizkaiu dispar Orb. Turrilites Bergeri Brongn. Hamites Favrinus Pict. ct. Rx. Hamites attenuatus Orb. Baculites Stee Crucis. Pict. ct. Rx. Schloenbachia varians Sow. Belemnites semicanalicwiatus Bl. D. Tertiärformation, Nummulitenkalk und Schiefer mit Nummulina com- planata bis 10 cm. im Durchmesser, Pecten, Cardium Nummulina Lucasana, Conoclypeus. 1) €. BURCKHARDT. Monographie der Kreideketten zwischen Klönthal, Sihl und Linth. Beitr. z. geol. Karte der Schweiz. Liefe. XXXV, pag. 81 fi. Zweiter Teil. Beschreibung der Schichtreihe. A. Vorjurassische Formationen. 1. Verrucanosandstein. An der Basis der Sedimentreihe, welche das kry- stalline Centralmassiv mantelartig umhüllt, befindet sich, wie sich aus den Spezialprofilen ergiebt, überall der Verrucanosandstein. Derselbe muss als Aufarbeitungs- produkt von Gneiss und krystallinen Schiefern betrach- tet werden, deren Bestandteile er in mehr oder weniger gerolltem Zustande enthält. Fossilien sind nie darin ge- funden worden, dagegen liegen nicht selten Kieselknauer darin ähnlich denjenigen, die fast überall im hangenden Rötidolomit angetroffen werden. In petrographischer Hin- sicht ist der Verrucanosandstein der Contaktzone am Nordrand des Aarmassivs eingehend von BALTZER ) untersucht worden. Darüber, wie sich der Übergang zum normalen Verrucano des Glarnerlandes, sowie zu der schiefrigen Talkquarzitfacies von Vättis und Felsberg vollzieht, haben weder STUTZ noch ich nähere Unter- suchungen angestellt. 1) BALTZER. Mechanischer Contakt von Gneiss und Kalk im Berneroberland. Beiträge zur geol. Karte der Schweiz. Liefrg. XX, pag. 34. ge Die Mächtigkeit des Verrucanosandsteines beträgt im Rotsteinthal ea... 64m am Firnalpeli ne ONE an den Gadmerflühen A Ca 1 an der Salzgebi "12 m. in der Unterwasserlamm OM an der Rotenfluh 2m. östlich Erstfeld _ „el sm: am Südabhang der Windgälle „ O m. am Krämer | 0m. am Piz Dartgas „ 30 m, Das stellenweise Fehlen des Verrucanosandsteines, - ebenso wie die Reduktion desselben auf 1—2 m. dürfte wohl auf Ausquetschung zurückzuführen sein. 2. Rotidolomit. Der Rôtidolomit geht mit auffälliger Constanz und Einförmigkeit durch das ganze Gebiet vom Urbachsattel bis zum Kistenpass. Ich wüsste den Beobachtungen und Beschreibungen von BALTZER, HEIM und STUTZ kaum etwas neues beizufügen. Die Mächtigkeit des Rötidolomits beträgt: im Rotsteinthal 20 bis 30 m. am Firnalpeli ca. 15 m. an den Gadmerflühen 30 bis 40 m. an der Salzgebi ca. 40 m. in der Unterwasserlamm bis 60 m. im Urbachthal 30 bis 60 m. 3. Quartenschiefer. Die roten, teilweise grüngefleckten Quartenschiefer treten zwischen dem Urbach- und dem Maderaner- thal bloss an zwei Punkten auf: im Bockitobel bei a RE Erstfeld!) und an der Salzgebi im Gadmenthal. Nähere Angaben über den gleichfalls fossilleren Quartenschiefer finden sich in den Arbeiten von BALTZER?) und HEIM), | Die Mächtigkeit des Quartenschiefers beträgt nach STUTZ an der Salzgebi 60 m. B. Juraformation. 1. Lias. Der Lias tritt nur sporadisch und in ganz schwa- cher Entwicklung auf. An den wenigen unten aufgeführten Orten liegt auf dem Rötidolomit eine 50 bis 100 cm. mächtige Bank von harten schwarzen Echinodermenkalken, welche einen nicht unbeträchtlichen Fossilreichtum aufweisen. Es ist möglich, dass dieser Liaskalk bei genauerer Untersu- chung sich an manchen, weniger leicht zugänglichen Punkten der Contaktlinie wird nachweisen lassen. Dieser ächte Liaskalk steht an: im Erstfelderthal ca. 50 cm. mächtig. am Firnalpeli „ sl: cm. ; in der Unterwasserlamm , 30 cm. En bei der Herrenrütti 00cm: N (hinter Engelberg) an der Rotenfluh el cm. à (im Urbachthal) Das Vorkommen des ächten Lias in der Unter- wasserlamm wurde auf der von BALTZER geleiteten 1) MÖSCH, ©. Geolog. Beschreibung der Kalk- und Schiefer- gebirge zwischen Reuss und Kienthal. Beitr. zur geol. Karte der Schweiz. Liefg. XXIV, III. Abt., pag. 6 und 7. 2) BALTZER, loc. cit. pag. 40. 3) HEIM. Mechanismus d. Gebirgsbildung etc. pag. 55 und Hochalpen zwischen Reuss und Rhein. pag. 20. ZUR Exkursion des internationalen Geologenkongresses 1894 zuerst sicher nachgewiesen'). Das Vorhandensein des Lias bei der Herrenrütti im Engelbergerthal erwähnen SCHMIDT?) und MÖSCH?®). SCHMIDT giebt die Mäch- tigkeit der Liasbank bei Herrenrüti auf 1 m, an. MÖSCH sagt: „In grosser Verbreitung und wie es scheint auch in ansehnlicher Mächtigkeit erscheinen da- selbst (zwischen Stäffeli und Herrenrüti) die Arieten- kalke, besonders in der gegen den Bach zwischen Herren- rüti und Niederurnen vorspringenden Ecke.“ In der Stutzischen Sammlung liegen folgende von mir bestimmte Fossilien aus dem Lias der Contaktzone. Die mit einem Sternchen bezeichneten Arten habe ich selbst gesammelt. * Pentacrinus et scoaris Qu. Firnalpeli. Rhynchonella variabilis Schloth. Evstfelderthal, Firn- alpelı. * Rhynchonella plicatissima Qu. Firnalpeli. * Rhynchonella calcicosta Qu. Firnalpeli, Erstfelderthal. Terebratula millenaria Dum. Firnalpeli, Erstfelderthal. T. millenaria wird von Dumortier selbst mit Terebratula Eudesi identifiziert. Die hübsche biplicate Form, die ich im Lias des Firnalpeli gesammelt habe und die nicht allzuselten zu sein scheint, stimmt mit T. millenaria vortrefflich, die Dumortier aus dem Lias des Rhonebeckens beschreibt. * x 1) E. FRAAS. Exkursionsbericht über die geolog. Verhältnisse bei Innertkirchen. (Compte-rendu du Congrès géologique inter- national 6e Session 1894 Zürich, pag. 471. 2) C. SCHMIDT. Geologisch-petrographische Mitteilungen über einige Porphyre der Centralalpen und die in Verbindung mit den- selben auftretenden Gesteine. Neues Jahrb. f. Min. etc. Beilage Bd. IV. pag. 400. 3) C. MÖSCH. Geol. Beschreibg. der Kalk- und Schiefergebirge zwischen Reuss und Rheinthal. Beiträge zur geolog. Karte der Schweiz. XXIV. Lieferung, 3. Abteilg. pag. 6. und 7. DCS CT RME Um jede Verwechslung auszuschliessen, ziehe ich Dumortiers alte Bezeichnung Millenaria (wegen des M-förmigen Verlaufs der Frontalcommissur) vor, umsomehr als nicht unbedeutende Grössenunterschiede unsere Liasform von der typischen Tere- bratula Eudesi unschwer unterscheiden lassen, Terebratula wahrscheinlich nov. sp. Eine elobose, dabei deutlich biplicate Terebratel, mit einem scharf begrenzten Wulst auf der Ventralschale, der sich von der Frontalcommissur bis zum Schnabel erstreckt. Ich konnte sie einstweilcn mit keiner beschriebenen Lias- form identifizieren, Terebratula cf. Waterhousi Dav. Firnalpeli. Lima (Plagiostoma) punctata (Sow.) Ziet. Erstfelder- thal. * Pecien (Entolium) Hehli Orb. Firnalpeli, Erstfelder- thal. Pecten (Ghlamys) priscus Schloth. Erstfelderthal. Modiola cf. glabrata Dum. Erstfelderthal. * Leda sps. Firnalpeli. Cardinia sps. Unterwasserlamm. Cardinia Listeri. Sow. Krstfelderthal, Unterwasser- lamm. Cardinia crassiuscula Sow. Unterwasserlamm. Pholadomya glabra Ag. Firnalpelıi. Homomya ventricosa Ag. Firnalpeli. Corbula sps. Firnalpeli. Gresslya Galathea Ag. Firnalpelıi. Harpoceras (Grammoceras) costula Rein. Grossthal | (Erstfelderthal). Harpoceras (Grammoceras) Aalense Ziet. Firnalpeli, Erstfelderthal Von ©. SCHMIDT!) werden aus dem ächten Liaskalk von Niedersurenen (Engelbergerthal) erwähnt: ER na ng k 1) SCHMIDT, €, loc. cit. pag. 400. Be RD ER Harpoceras (Grammoceras) Aalense Ziet. Terebratula teste Dum. Terebratula Eudesi Opp. Pecten (Entolium) disciformis Schubl. Unicardium sp. (nov?) Cypricardia sp. indet. Zu dieser Fossilliste wird bemerkt: „Von diesen Formen weisen die beiden ersten sicher auf Oberlias; die über dieser Bank liegenden schwarzen Schiefer ver- treten dann wahrscheinlich die Opalinuszone. Terebratula Eudesi ist offenbar identisch mit meinen biplicaten Te- brateln, die ich am Firnalpeli aus dem Liaskalk heraus- geschlagen und als Teredralula Millenuria Dum. bezeich- net habe. Was Pecten (Entolium) disciformis Schubl. betrifft, bin ich ziemlich sicher, dass es sich um einen Irrtum handelt, was bei dem oft so mangelhaften Er- haltungszustand sehr leicht begreiflich ist. C. MÖSCH!) kennt aus dem Lias der Contaktzone: Gryphaea arcuata. Zwischen Herrenrüti und Nieder- surenen. Pecten. Ebendaher. Belemnites. Ebendaher. Nautilus striatus. Rüf oberhalb der Spannortelubhütte. FRAAS?) bestimmte aus dem untern Lias der Gegend von Innertkirchen: Gryphaea arcuata, var. rugata Qu. Unterwasserlamm. Pecten glaber (Pecien Hehli). Unterwasserlamm. Pecten priscus. Unterwasserlamm. Die Fossillisten lassen keinen Zweifel darüber, dass wir es mit ächtem Lias zu thun haben und zwar ver- tritt die wenig mächtige Bank den gesamten Lias; es 1) MÖSCH, C. loc. cit. pag. 6 und 7. 2) BRAAS, BE. loc cit pag: 471. LR sind zweifellos sichere Leitfossilien des untern Lias (Gryphaea arcuata, Cardinien), sowie des obern Lias vorhanden (Harpoceras Aalense in mehreren Exemplaren). Bisher wurden fast allgemein die schwarzen Schiefer, die mancherorts direct auf dem Rötidolomit, wo die Lias- bank vorhanden ist, über dieser liegen, als Vertreter des Lias angesehen. Neben palaeontologischen Gründen, die ich unten auseinandersetzen werde, spricht gegen diese Auffassung der Umstand, dass im schwarzen Kalk auch typische oberliassische Formen vorhanden sind. Die Schiefer sind also in ein höheres Niveau, d. h. in den untersten Dogger, einzureihen. Auffällig ist das Fehlen von Arieten, während die sie sonst begleitenden Cardinien, und Pectiniden in ziemlicher Anzahi vorhanden sind. 2. Dogger. Im Maderanerthal, im Erstfelderthal, bei Engelberg, und im Gadmenthal lässt sich nach petrographischen Merkmalen sehr leicht eine Vierteilung des Doggers durchführen. Der Unterschied der vier Glieder ist ein derartig stark in die Augen springender, dass man sie in der That schon von stundenweit entfernten Stand- punkten aus leicht unterscheiden kann. STUTZ bezeich- nete die vier Glieder von unten nach oben: Untere Schiefer. Korallenbank. Obere Schiefer, Callovieneisenoolith. Ich werde unten nachweisen, dass in den Thälern von Erstfeld, Engelberg und Gadmen die beiden mitt- leren Glieder, die Korallenbank und die oberen Schie- fer noch in weitere Unterabteilungen eingeteilt werden können; in den untersten Schiefern und im Callovien- Be 1 Me eisenoolith vermag ich dagegen einstweilen keine weitere Gliederung durchzuführen. Östlich und westlich der genannten Thäler ändern _ sich die Verhältnisse wesentlich: der gesamte Dogger- komplex wird einheitlich, die scharfe petrographische Gliederung ist dort verschwunden. Im Osten, d. h. im Kanton Glarus, zeigt der gesamte Dogger die Tendenz, in eine Echinodermenbreccie überzugehen, während im Westen, im Urbachthal, die oolithische Ausbildung über- hand nimmt. Wir teilen den Dogger in die vier Glieder: Opalinusschichten. Bajocien. Bathonien. Callovien. Diese Gliederung deckt sich fast genau mit der von STUTZ eingeführten. Nur die untere Grenze des Ba- thonien musste ca. 50 cm. tiefer verlegt werden, als es von STUTZ gethan worden ist. Die oberste oolithische Schicht der „Korallenbank“, die STUTZ als Humphrie- sianusoolith bezeichnete, erkannte ich als unterstes Ba- thonien. a) Opalinusschichten. Mit bemerkenswerter Konstanz zieht sich durch das ganze Gebiet vom Maderanerthal bis zum Urbachthal eine durchschnittlich 12 m. mächtige Schicht von thonigen, slimmerführenden Schiefern, deren schwarze Farbe mit der hellrötlichgelben des darunterliegenden Rötidolomites in seltsamer Weise contrastiert. Sehr charakteristisch ist das massenhafte Vorkommen von Thoneisensteinknollen, die in parallelen Lagen zwischen den Schieferschichten angeordnet sind. Sie besitzen zumeist flach ellipsoidische SEN ue Form und sind meist ungefähr faustgross. Die Mächtig- keit der Opalinusschichten beträgt im Rotsteinthal ca. 14 m. am Firnalpeli 2 Apr an den Gadmerfiühen „ 16 m. an der Salzgebi HudlSschn in der Unterwasserlamm „ 9 m.') an der Rotenfluh I SAR: im Weiher- und Brustthal „ 15 m. Weiter östlich sind mir die Opalinusschiefer am Nordrand des Aarmassivs wenig bekannt. Im Wind- gällengebiet ist ihr stellenweises Fehlen wohl auf Aus- quetschung zurückzuführen. An der Sandalp scheinen sie vollständig zu fehlen. Ich glaube kaum, dass der untere Teil der Echinodermenbreccie, die an der Sand- alp den Rötidolomit direkt überlagert, als facielle Ab- änderung der Opalinusschichten aufzufassen ist. Vom Piz Dartgas erwähnt HEIM?) „schwarze, wellige, glän- zende Schiefer,“ die den Lias überlagern. STUTZ?) hat zum erstenmal in den „untern Schiefern“ der Contakt- zone Versteinerungen gefunden. Er bestimmte: Posidonomya Bronni. Nucula palme. Trigonia tuberculata. Trigonia navis. Astarte amalthei. Ammonites Taylori. Von diesen Fossilien lassen die beiden Trigonien auf untern Dogger schliessen, die übrigen sind Leit- 1) An der von FRAAS aufgenommenen Stelle bloss 2 m. ?) HEIM. Mechanism. pag. 176. 3) STUTZ, U. Über den Lias der sog. Contaktzone in den Alpen der Urschweiz; N. Jahrb. für Min. etc. Jahrg. 1884, Bd II, pag. 17 und 18. REES 1. formen des Lias. Ich habe die von STUTZ entdeckte Fundstelle von „Posidonomya Bronni“ im Rotsteinthal, westlich der Alp Matt, aufgesucht und gefunden. Ich sammelte daselbst die in der folgenden Liste aufgezähl- ten Fossilien und kam zu dem Resultat, dass im ganzen Schiefercomplex nur Unter-Doggerfossilien, speziell sol- che des Opalinushorizontes vorkommen. STUTZ hielt die Fossilien aus der Kalkbank unter den Schiefern und diejenigen aus den Schiefern selbst nicht scharf auseinander; deshalb figurieren in seiner Fossilliste der „Untern Schiefer* neben Unter-Doggerfossilien auch Liasformen. Die Fossilien sind im allgemeinen sehr selten. Erst nach langem Suchen gelang es mir, einige ergiebige Stellen aufzufinden, Das Vorkommen der Fossilien ist ein eigenartiges. Sie sind nicht regelmäs- sig im Schiefercomplex verteilt, sondern erscheinen in Nester zusammengehäuft. Es sind durchweg ganz kleine Fossilien, die Nester selbst besitzen nur geringe Aus- dehnung, d.h. sie sind ca. 1 bis 3 cm. lang. Die Fos- silien sind nur im Negativ erhalten; das Auffinden der- selben wird einigermassen erleichtert durch einen gel- ben, ockerartigen Beschlag, der die Negativa und Stein- kerne auskleidet. Ich bestimmte folgende Arten:!) * Pentacrinus Würtlembergicus Opp. Rotsteinthal. * Posidonia opalina Qu. Rotsteinthal. Die Posidonie behauptet in den Schiefern des Rotstein- thals einen ganz bestimmten Horizont. Sie findet sich nur in den obersten Lagen, ca. 1 m. unterhalb der obern Grenze, während die übrigen Fossilien tiefer, teilweise ganz nahe der untern Grenze vorkommen. Der einzige mir bekannte Fund- punkt dieser Posidonie ist im ersten Teil dieser Arbeit pag. 34 beschrieben worden. STUTZ bestimmte die Posidonie als Posidonia Bronni. Ich kann der Bestimmung nicht beipflichten. Der Wirbel 1) Die von mir gefundenen Arten sind mit * bezeichnet. ed: ae ee ist excentrisch nach vorne gerückt, hinter demselben ver- läuft ein gerader ziemlich langer Schlossrand, die Grösse ist etwas geringer als diejenige von Posidonia Bronni. Ich ver- glich die Posidonien unter anderm auch mit der häufigen Posidonia des Opalinusthones der Schambelen im Aargau, die von PETER MERIAN in der Basler palaeontologischen Sammlung als Posidonia exigua Mer. bezeichnet wurde. Letz- tere ist aber bedeutend kleiner, dickschaliger und viel feiner gestreift als die Posidonie des Erstfelderthals. Jnoceramus sps. Firnalpeli. * Nucula Hausmanni Roem. Rotsteinthal. * Leda rosiralis Orb. Rotsteinthal. * Protocardium sublruncatum Orb. Rotsteinthal. Trigonia luberculata Ag. Rotsteinthal. Trigonia cf. navis Lam. Rotsteinthal. Ich habe das Exemplar, das von STUTZ als Trigonia navis bestimmt worden war, in der Sammlung vorgefunden. Es ist nicht unmöglich, dass es wirklich Trigonia navis ist. Es sind bloss die Schlosspartie und die ihr zu- nächstliegenden Schalenteile erhalten, zu wenig, um eine sichere Artbestimmung zu ermöglichen. Die Bezahnung ist im Negativ vortrefflich erhalten. Dieses Vorkommen der Trigonia navis, die sonst dem Unterdogger der Schweiz fehlt, ist bemerkenswert. * Astarte Voltzi Hön. Rotsteinthal. * Pleurotomariu cf. Quenstedti Goldf. Rotsteinthal. Cerithium cf. armatum Gdf. Rotsteinthal. Leioceras sps. Rotsteinthal. Das Vorkommen von Leitformen des gesamten Lias in der Kalkbank über dem Rötidolomit liess es schon als wahrscheinlich erscheinen, dass die über der Kalk- bank folgenden Schiefer als unterster Dogger aufzufassen seien. Die eben genannten, von mir in den untern Schiefern gesammelten Petrefakten beweisen zweifellos, dass diese den petrographisch ähnlich ausgebildeten Opalinusthonen des Juragebirges entsprechen. Der Name ng: „Liasschiefer“ ist aus der Stratigraphie der sog. Contakt- zone auszumerzen. | b) Bajocien. Über dem mit Vegetation bewachsenen Band der Opalinusschiefer erhebt sich überall ein 8 bis 12 m. hoher Steilabsturz, der von harten Felsbänken gebildet wird. Ich bezeichne diesen ganzen, orographisch einheitlichen Kalkcomplex als Bajocien, obschon, wie wir unten sehen werden, der Murchisonaehorizont, der mit den Opalinus- schichten zusammen als Aalenien ausgeschieden werden sollte, sehr wahrscheinlich in den tiefsten Schichten die- ses Complexes enthalten ist. Nach petrographischen Merkmalen liess sich fast überall eine Gliederung des Bajociencomplexes in drei Unterabteilungen vornehmen. Seine Gesamtmächtigkeit beträgt: | im Rotsteinthal ca. {7 m. im Engelbergerthal la an im Gadmenthal „. tor Tm. an der Salzgebi nn in der Unterwasserlamm an an der Rotenfluh Pr Ihnen im Brustthal ehe an der Windgälle 0,5—1,5 m. an der Sandalp 15 m. a. Murchisonaeschichten. Das Hangende der Opalinusschichten bilden harte, schwarze Echinodermenkalke, die grosse Ähnlichkeit mit denjenigen des Lias besitzen. Im Rotsteinthal bestimmte ich ihre Mächtigkeit auf 6,5 m. Ich habe leider selbst in diesen Echinodermenkalken keine Fossilien gefunden; auch liegen in der Stutzischen Sammlung keine, von IS = denen ich mit voller Sicherheit behaupten könnte, dass sie aus diesem Niveau stammen, mit Ausnahme von zwei trefflich erhaltenen Exemplaren von Ludwigia Murchi- sonae Sow. aus der Keistenlamm. Das Gestein, in das die Exemplare gebettet sind, stimmt vollkommen mit demjenigen der untern Echinodermenbreccie, das ich im Erstfelder- und Engelbergerthal geschlagen habe. Ich zähle unten noch eine Reihe von Unter-Dogger- Fossilien auf, bei denen es mir aber nicht möglich war, ihre ursprüngliche Provenienz genau zu ermitteln. Man- che mögen aus den untern Schiefern, manche aus der Korallenbank oder den Murchisonaeschichten stammen. ß. Kieselknauerschicht. Im Erstfelderthal, wo die Gliederung des Bajocien am schärfsten ausgesprochen ist, folgt über den untern Echinodermenkalken eine wohl 5,5 m. mächtige Bank, die fast ausschliesslich von rauhen, unregelmässig gestal- teten Kieselkonkretionen zusammengesetzt wird. Sie bildet daselbst einen scharf begrenzten, sehr charak- teristischen Horizont und scheint auch anderwärts, wenn auch weniger deutlich vorhanden zu sein. Kieselknoilen kommen innerhalb des Bajocien am Firnalpeli, an der Salzgebi im Gadmenthal, in der Unterwasserlamm und an der Rothenfluh im Urbachthal vor. Westlich der Reuss ist die Kieselknollenschicht noch im Brust- und Weiherthal bei Erstfeld bekannt. Aus dem Maderaner- thal kenne ich sie nicht, dagegen erwähnt STUTZ ) das Vorkommen eigentümlich geformter Kieselknauer im Eisensandstein der Sandalp. Möglicherweise entsprechen die sog. Liasquarzite des Tödigebietes, z. Th. wenigstens, unserer Kieselknauerbank. Fossilien kenne ich aus die- sem Horizont nicht. 1) STUTZ, Manuskript. Ba AR y. Korallenhorizont. Gleichwie in ausseralpinen Gebieten gegen die obere Grenze der Unteroolithperiode mancherorts sich Korallen- bildungen einstellen, finden wir auch am Nordrand des Aarmassivs im obern Drittel des Bajociencomplexes eine Korallenbank, die sich vom Urbachthal weg bis ins Ma- deranerthal verfolgen lässt. Man erkennt sie schon aus der Ferne leicht an ihrer rostbraunen Verwitterungs- farbe und an ihrem massigen, plumpen Aussehen. Wir rechnen zum „Korallenhorizont“ noch einige wenig mächtige Bänke von Echinodermenbreccie die sich zwischen die Kieselknauerschicht und die eigent- liche Korallenbank einschieben. Eine scharfe Trennung zwischen letzterer und der Echinodermenbreccie wird sich wohl kaum durchführen lassen, da an allen Stellen, wo die Korallenstöcke etwas zurücktreten, auch innerhalb der eigentlichen Korallenbank Echinodermenbreccien auf- treten. Im Glarnerland scheint die Korallenbank nicht mehr als selbständiger Horizont vorhanden zu sein; von der Sandalp erwähnt STUTZ keine Korallen; dagegen fin- den sich in der Sammlung Cidariden, Rhynchonellen, Pectiniden und Belemniten, die sonst mit den Korallen vergesellschaftet sind. Vom Piz Dartgas erwähnt HEIM!) „sandige Kalkschiefer mit kleinen rostgelben Korällchen ähnlich denen der Murchisonaeschichten von Wallenstadt.“ Diese oberste Partie des Bajocien ist im allgemei- nen recht fossilreich; die reichste Ausbeute gewährten mir die Echinodermenbreccien im Erstfelderthal. Die Korallenbank selbst scheint nicht minder fossilreich zu sein, doch sind die Versteinerungen der letztern schwer erhältlich, da sie mit den Korallenstöcken durch Kiesel- masse verkittet sind. 1) HEIM. Mechanism. pag. 196. NE PETER SE EU Of Die Korallen dieses Horizontes sind von Herrn Prof. KOBY bestimmt worden, der dem ,Calcaire à _ polypiers des Alpes suisses“ einen kleinen Abschnitt seiner Monographie des polypiers jurassiques de la Suisse (Mém. de la soc. pal. puisse; vol. VII à XVI pag. 495) gewidmet hat, Die Stutzische Sammlung besitzt folgende Fossilien aus dem Korallenhorizont der Contaktzone: Isastraea Salinensis Koby. Gadmenthal. Isastraea Bernardi Orb. Erstfelderthal, Gadmenthal (Ferrichstätten). Isastraea tenuistriata M’Coy. Erstfelderthal. Confusastraea Cotteaui Orb. Erstfelderthal. Latimaeandra Salinensis Koby Firnalpeli. Thamnastraea M’Coyi E. H. Erstfelderthal. Original zu KOBY, Mon. d. polyp. jur. d- Suisse. planche CXXVIL fig 8.1) Thamnastraea Terquemi E. et H. Firnalpeli. Cladophyllia sp. Firnalpeli. | Pentacrinus cristagalli Qu. Erstfelderthal (Bockli). Cidaris cucumifera Ag. Krstfelderthal, Ribiboden. Cidaris Zschokkei Ag. Firnalpeli. Rhynchonella Pallas Ch. et Dew. Firnalpeli, Erstfelder- thal (Bockli), Gadmenthal (Weisse Balm, Spreitgraben), Unterwasserlamm. Rhynchonella Lotharingica Haas. (Gadmen. Terebratula. (Gadmenthal (Spreitgraben). Kleine flache Species von ovaler Form. 1) Als Fundort dieses Exemplars wird in Koby’s Monographie des polyp. jur. de la Suisse „Mythen“ angegeben (pag. 486). Ich habe KOBY’s Originaletiquette gefunden, sie ist nachträglich von STUTZ mit einer Korrektur des Fundorts versehen worden, nach welcher das Stück nicht vom Mythen, sondern aus dem Erstfelder- thal stammt. Übrigens ist auf Seite 486 und 487 jeweilen statt pl. CXXVII fig. 13 pl. COXXVII fig. 8 zu lesen. Ra Terebratula cf. perovalis Sow. Heimia Meriani Opp. Erstfelderthal (Bockli). Alectryonia flabelloïdes Lam. Gadmenthal (Breiter Schnee auf Wendenalp). Ctenostreon proboscideum Sow. Gadmenthal (Breiter Schnee auf Wendenalp). Lima (Plagiostoma) semicirculare Gdf. dene (Spreitgraben). Pecten (Amusium) pumilus Lam. (?) Unterwasserlamm. Pecten. (Entolium) spatulalus Roc. Kaistenlamm, Erst- felderthal (Bockli). Pecten (Chlamys) ambiguus Mü. Erstfelderthal (Bockli), Firnalpeli, Gadmenthal (Spreitgraben, Hor- lauigraben), Kaistenlamm. Hinnites tuberculatus Qu. Gadmenthal (Spreitgraben). Trigonia coslata Park. Gadmenthal (Horlauigraben). Trigonia signata Ag. Firnalpeli. Pleuromya sps. Erstfelderthal (Bockli). Homomya sps. Erstfelderthal (Bockli). Pseudomelania ef. coarctata Orb. Erstfelderthal (Bockli). Belemnites (Megateuthis) giganteus Schl. Frstfelderthal (Bockli). An der Sandalp im Kanton Glarus scheint das ganze Bajocien, vielleicht inclusive der Opalinusschiefer, durch eine sandige Echinodermenbreccie vertreten zu sein. Ich erkannte folgende Fossilien: Pentacrinus cristagalli Qu. Krämer an der Sandalp. Cidaris cucumifera Ag. dito. Rhynchonella Pallas Ch. et Dew. dito. Rhynchonella acuticostu Qu. dito. Pecten ambiguus Mü. dito. Belemnites (Megaleuthis) giganteus Schloth. dito. In der Stutzischen Sammlung fanden sich zahlreiche Fossilien vor, bei denen nicht mehr genau zu ermitteln ga, war, aus welchem Horizont des untern Doggers sie stam- men. Bei dem oft schlechten Erhaltungszustand ist die Bestimmung nicht immer so sicher, dass ich es wagen könnte, die Fossilien nachträglich in denjenigen Hori- zont einzureihen, dem sie nach dem palaeontologischen Befunde angehören würden. Ich stelle sie unter der allgemeinen Bezeichnung „unterer Dogger“ zusammen: Diastopora sps. Engelbergerthal (Spitzgrassen). Bryozoen div, sps. Erstfelderthal (Rotsteinthal). Modiola plicata Sow. Eirstfelderthal. Hinnites abjectus Morr. u. Lyc. Engelbergerthal (Spitz- - grassen). Pecten (Entolium) disciformis Schubl. Eïstfelderthal, Unterwasserlamm. Anomia (Placunopsis) gingensis Qu. Erstfelderthal. Trigonia striata Sow. Engelbergerthal (Spitzgrassen), Erstfelderthal (Rotsteinthal). Trigonia similis Ag. Engelbergerthal (Spitzgrassen, Firnalpeli). Astarte maxima Qu. Unterwasserlamm. Astarte sp. (flache Form). Unterwasserlamm. Astarte sp. (gewölbte Form). Engelbergerthai (Spitz- grassen). Astarte excavata Sow. Unterwasserlamm. Gressiya lunulata Ag. Erstfelderthal. Gresslya sps. Engelbergerthal (Firnalpeli). Pleuromya tenuistria Ag. Kngelbergerthal (Firnalpeli). Homomya calceiformis Ag. Engelbergerthal (Spitz- grassen). Pholadomya media Ag. Erstfelderthal, Engelbergerthal (Firnalpeli). Pholadomya Voltzi (Ag.) Roc. Erstfelderthal. Pholadomya fidicula Sow. Erstfelderthal, Engelberger- thal (Spitzgrassen). BR. 3 Rad Pholadomya compta Ag. Engelbergerthal (Firnalpeli). Pholadomya reticulata Ag. me (Firnalpeli, Spitzgrassen). Auffallend zahlreich sind die Pholadomyen, die meisten derselben scheinen aus den Opalinusschiefern zu stammen. c) Bathonien. a. Bifurcatenoolith. Ziemlich allgemein tritt über dem Bajocien eine Eisenoolithbank auf, die wir aus palaeontologischen Gründen mit den darüber liegenden schwarzen Schiefern als Bathonien zusammenfassen. Orographisch bildet die Eisenoolithbank das Schlussglied des Bajociencomplexes nach oben. Sie ist vom Maderanerthal weg bis nach Innertkirchen zu verfolgen, im Kanton Glarus und im Urbachthal scheint der Horizont wenigstens petro- graphisch nicht ausgeprägt zu sein. Er wurde konstatiert: Im Maderanerthal 0,5 m. mächtig. im Gadmenthal 0,5 bis 2 m. a im Erstfelderthal 0,5 m. À Es ist oft nicht sehr leicht, Handstücke dieses Unter-Eisenoolithes von solchen des jüngern Blegiooli- thes oder Callovienoolithes zu unterscheiden und es sind offenbar schon Verwechslungen dieser beiden Horizonte vorgekommen, die dann zur Entdeckung „interessanter Mischfaunen“ geführt haben. Im allgemeinen ist das Gestein dunkler, unreiner und feinkörniger als dasjenige des Callovieneisenoolithes, die oolithische Struktur nicht so scharf ausgesprochen wie bei jenem. Von STUTZ wird dieser untere Eisenoolith stets als Humphriesianusoolith bezeichnet. Zu dieser Benen- nung mag die petrographische Beschaffenheit Veranlas- sung gegeben haben, welche derjenigen gewisser ooli- Wa te thischer Bänke der Humphriesianusschichten im Aar- gauer- und Baslerjura nicht unähnlich ist. Die sichere Altersbestimmung des untern Eisenoolithes wurde durch das Auffinden charakteristischer Fossilien am Ausgang des Genthales ermöglicht.) Aus dem untern Eisenoolith enthält die Stutzische Sammlung folgende Fossilien: Rhynchonella angulatu Sow. Unterwasserlamm, Genthal (Wagenkehr). | Terebratula Würtembergica Opp. Genthal (Wagenkehr), Erstfelderthal (Rotsteinthal), Unterwasser- lamm. Terebratula sphaeroidalis Sow. (Genthal (Wagenkehr), Unterwasserlamm. Terebratula submaxillata Dav. Unterwasserlamm. Anomia (Placunopsis) Gingensis Qu. Erstfelderthal. Pinna sps. Erstfelderthal. Gresslya sps. Unterwasserlamm. Pleurotomaria sps. Erstfelderthal. ? Pierocera Bentleyi Morr. u. Lic. Erstfelderthal. Parkinsonia Garantiana Orb. Unterwasserlamm. Parkinsonia baculata Qu. Genthal (Wagenkehr). Belemnites (Megateuthis) giganteus Schloth. Unterwas- serlamm. ß. Parkinsonischiefer und -Kalke. Die Gesteinsbeschaffenheit des obern Bathonien ist eine sehr mannigfaltige. An der Sandalp im Glarner- land sind es „knorrige, schwarze Schiefer oder Knorzen- schiefer“ (STUTZ) von 30 m. Mächtigkeit. Vom Piz Dartgas beschreibt HEIM? Echinodermenbreccie, be- 1) Siehe pag. 59. 2) HEIM, Mechanism. pag. 176. a sonders aus Pentacriniten bestehend, und dünnplattige und oolitbische Kalkschiefer. Im Maderanerthal?) lässt sich eine Gliederung des im ganzen 8 m. mächtigen Horizontes in drei Unterabteilungen vornehmen. An der Basis 2 m. Echinodermenbreccie mit Belemniten, Austern, Limen und Pecten, in der Mitte 2,5 m. mäch- tige schwarze Kalkschiefer, oben 2 bis 3 m. gelbanwit- ternde, inwendig dunkle Kalksteinbänke mit Belemniten und mit einer grossen Menge von Rhynchonella varians. Im Brust- und Weiherthal sind die Schiefer ausgezeich- net entwickelt; sie erreichen eine Mächtigkeit von 15 m., sind aber sehr fossilarm. Im Erstfelderthal, speziell in den Runsen des Rotstein- und Grossthals, setzt sich der Complex der „obern Schiefer“ aus verschiedenen petrographischen Elementen zusammen. Die dünn schiefrige Gesteinsausbildung tritt zurück. Vorherrschend sind dünn geschichtete Thonkalke mit eigentümlicher Absonderung, die derjenigen der Cementkalke des Terrain à chailles nicht unähnlich ist. In den obersten Partien stellen sich im Rotstein- thal feine Schieferthone ein, deren Fauna im ersten Teil pag. 40 aufgeführt worden ist. Ich bezeichne sie als Cerithienhorizont und vergleiche sie mit den Dentalienthonen des schwäbischen Jura. Die obern Schiefer im Gadmenthal bezeichnet STUTZ als „faul und brüchig, mit sehr zahlreichen, kleinen verkiesten Parkinsoniern.“ Diese „Parkinsonischiefer“ sind daselbst 10 bis 15 m. mächtig. In der Unterwasserlamm treffen wir 5—6 m. mäch- tige, schwarze Thonschiefer, „die durch Aufnahme von Oolithkörnern ein rauhes Ansehen gewinnen.“*?) Ähn- lich wie im topographischen Jura die Aare ungefähr 1) HEIM, Mechanism. pag. 64. 2) STUTZ. Manuscript. re die Scheidelinie zwischen oolithischer und thonschieferiger Facies bildet, so finden wir auch in der Contaktzone östlich der Aare thonschiefrige, westlich der Aare oolithische Ausbildung des Bathonien: In der Unter- wasserlamm treten, wie eben bemerkt, schon einzelne Oolithkörner in den Schiefern auf, im Urbachthal wird vollends das gesamte Bathonien mehr oder weniger oolithisch, wenngleich von einem „Hauptoolith“ nicht ge- sprochen werden kann. Die Mächtigkeit bleibt eine untergeordnete (ca. 15 m.) und das Ganze besitzt im Gegensatz zum Rogensteinkalk im Juragebirge schiefri- ges Gefüge. In der folgenden Fossilliste sind die Fos- silien des ,Cerithienhorizontes“ nicht aufgeführt. In der oolithischen Facies des Urbachthales fanden sich: Parkinsonia Parkinsoni Sow. Sandei (Rotefluh) Gstelli- horn. Parkinsonia Garantiana Orb. Gstellihorn, Sandei (Rote- fluh). Parkinsonia bifurcata Qu. Sandei (Rotefluh). Parkinsonia ferruginea Opp. Sandei (Rotefluh). Parkinsonia Neuffensis Schlönb. Sandei (Rotefluh). Aplychus sps. Sandei (Rotefluh). Nautilus cf. subtruncalus Morr. u. Lyc. Sandei (Rote fluh). | In der Thonschieferfacies der Gebiete östlich der Aare fanden sich: Rhynchonella varians Schloth. Erstfelderthal (Gross- thal), Maderanerthal. Terebratula globata Sow. Erstfelderthal (Grossthal). Zeilleria ornithocephala Sow. Erstfelderthal (Grossthal). Lima Plagiostoma sp. Erstfelderthal, Maderanerthal. Pecten div. sp. Erstfelderthal, Maderanerthal. Pecten Bouchardi Opp. Erstfelderthal (Grossthal). Be SE Ostrea Knorri Ziet var. planata Qu. Exstfelderthal (Gross- thal). d) Callovieneisenoolith. Der Callovien- oder Blegi-Eisenoolith ist das be- kannteste Glied der Sedimentreihe am Nordrand des Aarmassivs, Er zeichnet sich durch bemerkenswerte Constanz in Bezug auf petrographische Beschaffenheit und Fossilführung aus. Auch die Mächtigkeit ist im allgemeinen nur unbedeutenden Schwankungen unter- worfen. Sie beträgt: Im Rotsteinthal 200 an der Salzgebi + me in der Unterwasserlamm D m. im Maderanerthal 30 an der Sandalp 5 m. Auf den Unterschied in der petrographischen Be- schaffenheit des untern und des obern Eisenoolithes ist oben hingewiesen worden. Näheres über die Petrogra- phie des Callovieneisenoolithes siehe SCHMIDT, Beiträge zur Kenntnis der im Gebiete von Blatt XIV auf- tretenden Gesteine. Beiträge zur geol. Karte der Schweiz, Lief.. XXV, Anhang pag. 66. BALTZER behauptet (Beitr. z. geol, Karte d. Schweiz XX pag. 48.), dass im Aargebiet nirgends Magnetitkryställchen im Callovieneisenoolith sich fänden. Thatsächlich sind die Eisenoolithe am Gstellihorn genau gleich ausgebildet wıe an der Windgälle und ebenso wie dort erfüllt von Mag- netitoctaëderchen. Trotzdem der Eisenoolith schon sehr zahlreiche Fossilien geliefert hat, scheinen die palaeontologischen Verhältnisse noch nicht in allen Punkten ganz klar zu sein. STUTZ, MÖSCH und BALTZER erwähnen das Vorkommen von Parkinsoniern in diesem Eisenoolith. TS ST RS DO NP Aa ma an Es wäre sehr auffällig, wenn die Parkinsonier, die sonst überall das ganze Bathonien charakterisieren, aber dem Callovien fehlen, nun hier, wo doch in jeder Hinsicht sehr einfache stratigraphische Verhältnisse obwalten, mit dem Macrocephalitis macrocephalus und der Reineckia anceps das Lager teilen würden. Ich vermute, dass zum Teil Verwechslungen mit dem untern Eisenoolith vorgekommen sind, zum Teil mögen Parkinsonier an der obern Grenze des Bathoniens gelegen haben und beim Sammeln mit den Fossilien des eigentlichen Eisenooli- thes zusammengelegt worden sein. In der That habe ich im Rotsteinthal die Beobachtung gemacht, dass die Basis des Eisenoolithes von einem vollkommenen Am- monitenpflaster gebildet wird, das sich um so schöner beobachten lässt, als die weichen Schichten des obersten Bathonien die Bildung von Erosionsnischen begünstigen, deren Dach von der untern Schichtfläche des Callovien- eisenoolithes gebildet wird. Die Stutzische Sammlung besitzt keinen Parkinsonier, dessen Versteinerungsmittel typischer Callovienoolith wäre. Ich konnte folgende Fossilien erkennen: Terebratula longiplicata Opp. Urbachthal (Rotefluh). Terebralula subcanaliculata Opp. Engelbergerthal (Firn- alpeli). Zeilleria sps. Rossfirn am Fuss des Zwächtenstocks. Natica Crithea Orb. Urbachthal. Phylloceras transiens Pomp. Urbachthal. Oppelia fusca Qu. Gstellihorn. Hecticoceras heclicum perlalum Qu. Rossfirn am Fuss des Zwächtenstocks. Hecticoceras hecticum Buch. Maderanerthal (Alpeli ob Golzern). | Hecticoceras ina Rein. Maderanerthal (Alpeli ob Golzern), Unterwasserlamm. Stephanoceras coronoides Qu. Maderanerthal (Eisen- gruben, Ribiboden), Urbachthal (Gstellihorn). Stephanoceras anceps ornali Qu. Engelbergerthal (Firn- alpeli), Rossfirn am Fuss des Zwächten. Cadoceras sublaere Sow. Gstellihorn, Unterwasserlamm. Macrocephalites macrocephalus Schl. Unterwasserlamm, Urbachthal (Rotefluh), Sandalp (Krämer). Reineckia Rehmanni Opp. Maderanerthal (Eisengruben). Reineckia Frausi Opp. Maderanerthal (Eisengruben). Perisphinctes Orion Opp. Unterwasserlamm, Sandalp, Erstfelderthal (Rotsteinthal), Maderanerthal (Ribiboden). Perisphinctes calloriensis Orb. Unterwasserlamm. Perisphincles sulciferus Opp. Maderanerthal, Urbach- thal (Gstellihorn). Perisphinctes funatus Opp. Maderanerthal (Oberes Furggeli, Staffelalp, Eisengruben), Unterwas- serlamm, Erstfelderthal, Urbachthal (Urbach- sattel). Perisphinctes curvicosta Opp. Unterwasserlamm, Made- ranerthal (Eisengruben), Rossfirn am Fuss des Zwächten, Urbachthal (Gstellihorn). Perisphinctes plicomphalus Sow. Urbachthal (Gstelli- horn). Perisphinctes arbustigerus Orb. Urbachthal (Gstelli- horn), Unterwasserlamm. Perisphinctes Wagneri Opp. Unterwasserlamm. Perisphincles Moorei Opp. Erstfelderthal (Rotsteinthal), Urbachthal (Gstellihorn). Belemnisis (Belemnopsis) semihastatus rotundus Qu. Unterwasserlamm. Belemnites (Belemnopsis) calloriensis Opp. Erstfelderthal (Rotsteinthal), Maderanerthal (Eisengruben, Ribiboden). RS SR ue 3. Malm. Über den Malm habe ich selbst im Terrain keine Untersuchungen angestellt; ich bin daher bloss auf das wenige palaeontologische Material angewiesen, das sich in der Stutzischen Sammlung befindet. STUTZ selbst gliedert in seinen Manuskripten den Malm stets in fol- sende 4 Abteilungen: | | 1. blaufleckiges Birmenstorf. 2. dünnplattige Effinger. 3. eigentl. Hochgebirgskalk. À. Attinghauserkalk, Ich kann diesen 4 Abteilungen noch eine fünfte, die der Cordatusschichten beifügen, die sich im Made- ranerthal zwischen Callovieneisenoolith und Birmens- dorferschichten einfügen. a) Cordatusschichten. Es ist schon im ersten Teil darauf. hingewiesen worden, dass HEIM!) im Maderanerthal unter den Bir- ci chien und über dem Eisenoolith ein „ün- teres Oxford“ ausgeschieden hat. Eine kleine Suite von Versteinerungen aus diesen grauen und gelben, rauhen, teilweise u Kalken hat die stratigra- phische Stellung derselben fixiert, Sie lieferten folgende Fossilien: se Pentacrinus oral Gdf. Maderanerthal (Alpeli ob Golzern). | Pleuromya sps. Maderanerthal (Alpeli ob Golzern). Pleurotomaria Cypraea Orb. Westabhang der kl. Wind- gälle (Ribiboden). Cardioceras cordatum Sow. Westabhang der kl. Wind- gälle (Ribiboden). 1) HEIM. Mechanism. pag. 66. a hecticum nodosum Qu. Maderanerthal (Al- eli ob Golzern). nn convolutus impressae Qu. Maderanerthal (Alpeli ob Golzern). Perisphinetes plicatilis Sow. Maderanerthal (Hörnli). Perisphinctes triplicatus albus Qu. Maderanerthal (Hörnli). Peltoceras cf. arduennense Orb. Maderanerthal (Ober Furggeli). Aspidoceras perarmaluin Sow. _ Westabhang der kleinen Windgälle (Ribiboden). Aplychus lamellosus. Maderanerthal (Alpeli ob Golzern). Belemnites (Belemnopsis) cf. calloviensis Opp.. Westah- hang der kleinen Windgälle (Ribiboden). b. Birmenstorferschichten. Die Birmenstorferschichten oder der Schiltkalk sind ohne Unterbruch durch das ganze Gebiet vom Urbach- sattel bis zum Piz Dartgas entwickelt. Das Gestein besitzt in angewittertem Zustande ein äusserst charak- teristisches, geflecktes Aussehen, im frischen Bruche ist es stahlgrau, seidenglänzend. Die Mächtigkeit beträgt: im Erstfelderthal m an der Salzgebi im Gadmerthal 3 m in der Unterwasserlamm m an der Rothenfluh im Urbachthal 3m im Brustthal bei Erstfeld m an der Sandalp ca. 6 m Die Fossilien sind stellenweise häufig, fast immer jedoch sehr schlecht erhalten. Ich konnte nur folgende bestimmen : Pentacrinus cingulatus Mü. Maderanerthal (Furggeli). Eugeniacrinus Hoferi Mü. Maderanerthal (Alpelı). Eugeniacrinus caryophyllatus Gdf. Maderanerthal (Alpeli). | a.“ Sb) © — 103 — Cidaris filograna Ag. Sandalp (Krämer). Rhynchonella arolicaOpp. Maderanerthal (Alpeli), Röthi. Oppelia cf. stenorhyncha Opp. Erstfelderthal (Firnalpeli). Perisphinctes cf. mierobiplex Qu. Sandalp. Perisphineles Martelli Opp. Sandalp (Krämer), Madera- nerthal (Hufialpeli), Rossfirn am Fuss des Zwäch- tenstockes. Perisphinctes plicatilis Sow. Maderanerthal (Hüfialpeli). c. Hochgebirgskalk und Troskalk. Der obere Malm erreicht eine Mächtigkeit von über 300 m. Er gliedert sich in zwei Abteilungen, erstens in den eigentlichen Hochgebirgskalk, der ungefähr die untern zwei Drittel der Gesamtmächtigkeit einnimmt und zweitens in den Troskalk, der dem Thiton parallelisiert wird. Der Hochgebirgkalk selbst ist ein blauschwarzer äusserst fossilarmer Kalk mit muschligem Bruch. Im untern Teil ist er dünnschiefrig und enthält nicht selten gestreckte Belemniten. Diese dünnen, plattigen Schiefer- kalke an der Basis des Hochgebirgskalkes wurden von STUTZ immer als Effingerschichten bezeichnet; mit wel- chem Recht bleibt dahingestellt, da ich keine Unter- ‚suchungen in dieser Richtung angestellt habe und charak- teristische Fossilien in der Stutzischen Sammlung nicht vorhanden sind. Der Troskalk ist ein heller, mar- morartiger Kalk, der hie und da einige schlecht erhaltene Nerineen, Korallenstöcke und anderes mehr enthält. STUTZ nennt dieses jüngste Malmglied in seinen Manus- kripten Attinghäuserkalk. C. Kreideformation. Die Kreideformation tritt nur im Osten der ,Con- taktzone“ auf und auch hier nur in sehr reduziertem — 14 — Maasse.!) Neocom und Urgon sind nur rudimentär, der eigentliche Gault gar nicht entwickelt. Um so bemerkens- werter ist das Auftreten der fossilreichen Turrilites- Bergeri-Schichten, die dem Vraconnien oder Untern Cenoman des westlichen Jura entsprechen. Die Liste der von STUTZ am Piz Dartgas gesammelten Fossilien findet sich im ersten Teil dieser Arbeit pag. 80. Es sind lauter typische Vraconnienformen, Albienfossilien fehlen vollständig. Dadurch wird die von C. BURCK- HARDT*) gemachte Annahme, dass der Gault fehle und das Cenoman auch hier transgredierend auftrete, bestätigt. Die Kreidegebilde werden in der Gegend des Kistenpasses durch eine 2 bis 4 m mächtige Schicht von Seewerkalk abgeschlossen, welche ihrerseits direkt von den eocänen Nummulinacomplanataschichten überlagert wird. 1) HEIM. Geologie der Hochalpen zwischen Reuss und Rhein. Beiträge z. geol. Karte der Schweiz, Liefg. XXV., pag. 32 ff. 2) BURCKHARDT, C. Monographie der Kreideketten zwischen Klönthal, Sihl und Linth. Beiträge zur geol. Karte der Schweiz. Liefs. XXXV., pag. 105. Dritter Teil. Zusammenfassung der Resultate. Die Resultate der vorliegenden Untersuchung über die Gliederung der mesozoischen Sedimente am Nord- rand des Aarmassivs lassen sich in folgende Sätze zu- sammenfassen: 1. Die Liasformation tritt nur an wenigen Stellen und in ganz untergeordneter Mächtigkeit als schwar- zer Echinodermenkalk auf. Dieser Echinodermen- kalk enthält Leitformen sämtlicher Liasstufen ; es ist also unrichtig, denselben als „Arieten- oder Gryphitenkalk* zu bezeichnen. Die „untern Schiefer,“ die oft als Liasschiefer bezeichnet worden sind, entsprechen genau den Opalinusthonen des Juragebirges. Über den „untern“ und unter den „obern Schiefern“ liest eine Kalkbildung, die wir zum Bajocien rechnen. Sie kann an den meisten Punkten der Contaktzone in drei Unterabteilungen: Echino- dermenbreccie, Kieselknauerschicht und Korallenhorizont gegliedert werden. Die Echi- nodermenbreccie scheint den Murchisonae-, der Korallenhorizont den Humphriesianusschichten zu entsprechen. Der den Korallenhorizont unmittelbar überlagernde wenig mächtige Eisenoolith ist nicht als Hum- phriesianus-, sondern als Bifurcatenoolith zu bezeichnen. D. — 106 — In der obern Region der Bathonienschiefer lassen sich stellenweise die Variansschichten nachweisen; im Erstfelderthal zeichnet sich eine Thonschieferbank durch grossen Reichtum an Fossi- lien, speziell Cerithien aus; ich vergleiche diesen Horizont mit den Dentalienthonen Schwabens. Das Bathonien der Contaktzone zwischen Urbach- thal und Kistenpass ist gewissen faciellen Ver- änderungen unterworfen. Im Kanton Glarus, in den Urkantonen und im Gadmenthal herrscht durchweg Thonschieferfacies, in der Unter- wasserlamm und westlich der Aare besitzen sämt- liche Bathoniengesteine mehr oder weniger ooli- thische Struktur. Es erinnern diese Faciesver- hältnisse an diejenigen des Bathonien in der Nord- schweiz, wo östlich der Aare eine thonschieferige, westlich dagegen eine oolithische Facies unter- schieden werden kann. Die palaeontologischen Verhältnisse des Callovien- oolithes sind noch nicht ganz aufgeklärt. Der Beweis, dass typische Callovienformen (z. B. Macro- cephalites macrocephalus) mit typischen Bathonien- formen (Parkinsoniern) thatsächlich u sind, ist noch nicht erbracht. Am Ribiboden, westlich unterhalb der kleinen. Windgälle, konnten unterhalb den Birmenstorfer- schichten die Cordatusschichten mit Curdioceras cordatum, also eigentliches Oxfordien nachge- wiesen werden. | Am Piz Dartgas und andern Stellen in der Nähe des Kistenpasses hat STUTZ nur Vraconnien- (Untercenoman-) fossilien gefunden. Der eigent- liche Gault oder das Albien scheint hier zu fehlen. rn u Fe En + 3. LE ANT Inhaltsverzeichnis. Erster Teil. Spezialprofile. I. Profile westlich der Reuss, . Rotsteinthal im Erstfeldertnal . Firnalpeli im Engelbergerthal . Zwächten und Spannörter . - Gadmerflühe . .. . Me IN Te . Salzgebi im Cadre Hall Sp Pere mr AT eue Unter wasserlamm bei Innertkirchen . Rotenfluh bei der Sandei im Urbachthal II. Profile östlich der Reuss. . Windgällenkette bei Erstfeld . ; Rübéboden Ne . Südgehänge der Wende . Krämer an der San dalp . Piz Dartgas und Umgebung Zweiter Teil. Beschreibung der Schichtreihe. A. Vorjurassische Formationen. es . Dogger . . Verrucanosandstein . Rötidolomit . Quartenschiefer . B. Juraformation. a, Opalinusschichten. b. Baj an htc A NL 2. Kieselknauerschicht Y. Korallenhorizont . ce. Bathonien &. eh P. Parkinsonischiefer und Kalke d. Callovieneisenoolith . , Malm a. mc lichten ik be Birmenstorferschichten. "2 .. 2.2020 c. Hochgebirgs- und Troskalk . Dritter Teil. C. Kreideformation . ADB: Zusammenfassung der Resultate. —_— I 95 102 103 103 105 Über Butteruntersuchungen. Von Dr. Hans Kreis, Kantonschemiker. y orgetragen in al Sitzung vom 5. Januar r 1898. Es ist wohl schon geraume Zeit her, dass ein Ver- treter meines Faches, der Nahrungsmittelchemie, vor Ihrer Gesellschaft gesprochen hat, und es haben sich inzwischen unsere Untersuchungsmethoden, wenigstens in gewissen Richtungen ganz wesentlich verändert. Namentlich glaube ich dies in Bezug auf die Analyse der Fette sagen zu dürfen und aus diesem Grunde mag es vielleicht nicht überflüssig erscheinen, wenn ich meinem Bericht über eine in besonderer Absicht durchgeführte Serie von Butteranalysen, einige Mitteilungen über den heutigen Stand der Butteruntersuchung vorangehen lasse. Es wird hiebei allerdings nicht zu vermeiden sein, aller- lei zur Sprache zu bringen, das manchem unter Ihnen bekannt sein dürfte, und ich bitte Sie, dies im Hinblick auf die meinem Arbeitsgebiet ferner Stehenden entschul- digen zu wollen. Die Untersuchungen einer grossen Zahl von Butter- proben schweizerischer Herkunft, über deren Resultate ich Ihnen heute berichten will, verdanken ihre Ausführung einer Anregung aus dem Schosse des Vereins schweiz. analyt. Chemiker und sind zu dem Zweck unternommen worden, die wissenschaftlich ebenso interessante als für die Lebensmittelkontrolle praktisch wichtige Frage zu studieren, innerhalb welcher Grenzen : die chemische Zusammensetzung des Milchfettes gesunder, normal ge- | | | ug = fütterter Kühe schwanken könne. Obwohl angesichts der Tausende von schon bekannten Butteranalysen aus verschiedenen Ländern eine Vermehrung dieses Mate- rials überflüssig erscheinen möchte, ist dem doch nicht so. Einmal sind unsere Kenntnisse über die chemische Zusammensetzung von unzweifelhaft unverfälschter Butter schweizerischer Provenienz noch ziemlich dürftig und zweitens sind bei den in der Litteratur verzeichneten Butteranalysen meist nur eine oder zwei von den be- treffenden Analytikern persönlich bevorzugte Methoden berücksichtist worden, während wir jetzt jede Butter in vier verschiedenen Richtungen untersucht haben. Um jeden Zweifel an der Achtheit der untersuchten Fette von vorneherein auszuschliessen, sind wir über- eingekommen, auf die Milch zurückzugehen und die Butter daraus im Laboratorium selbst zu bereiten. Sechs kantonale Laboratorien: Aarau, Basel, Chur, Frauenfeld, St. Gallen und Zürich haben sich an. der Arbeit seit November des vorigen Jahres beteiligt und es war beab- sichtist, dass jedes Laboratorium jede Woche einmal aus einem grösseren Stall Milch beziehen und auf Butter verarbeiten sollte. Leider ist die Untersuchung nur ın St. Gallen und in Basel konsequent durchgeführt worden, während die anderen Laboratorien nur ungefähr die Hälfte der in Aussicht genommenen Analysen ausführen konnten. Wenn sich nun auch die Hoffnung, ein mög- lichst lückenloses Analysenmaterial zu erhalten, aus diesem Grunde nicht erfüllt hat, so sind dafür in unserem Laboratorium bei dieser Gelegenheit sehr über- raschende, von den Befunden der anderen gänzlich ab- weichende Resultate erhalten worden, die, wenn sie auch in gewisser Hinsicht nicht sehr erfreuliche genannt werden können, doch von einschneidender Bedeutung für die Frage der Butterbeurteilung geworden sind. — 110 — Ehe ich aber hierauf näher eintreten kann, müssen wir einen Blick werfen auf die chemische Zusammen- setzung des Butterfettes und auf die Methoden, welche dem Nahrungsmittelchemiker auf diesem Gebiete zur Verfügung stehen. Das Fett der Kuhmilch unterscheidet sich durch seine chemische Zusammensetzung sowohl als durch seine physikalische Beschaffenheit ganz wesentlich von den meisten anderen Fetten. Berücksichtigt man zu- nächst nur die chemische Natur, so ist hervorzuheben, dass die Butter eines der wenigen Fette ist, welche ausser den stets vorhandenen Bestandteilen, den Glyceri- den der Palmitin-, Stearin- und Ölsäure, auch noch wesentliche Mengen von (Glyceriden der sogenannten flüchtigen Fettsäuren, namentlich der Buttersäure, enthält. Von den tierischen Fetten besitzen nur die Thrane einiger Meerfische - beträchtliche Mengen von Glyceriden der flüchtigen Fettsäuren, während unter den pflanzlichen Fetten das Kokosnussfett in dieser Be- ziehung als Ausnahme dasteht. Die Anwesenheit der Glyceride der flüchtigen Fettsäuren bietet überaus wichtige Anhaltspunkte für die Prüfung der Butter und gerade die Methode, welche bis vor kurzem als die massgebendste für die Butter- untersuchung galt, gründet sich, wovon später noch aus- führlich die Rede sein soll, auf die Bestimmung der flüchtigen Fettsäuren. Ich will nun versuchen, Ibnen, ohne Ihre Geduld zu sehr mit Aufzählung von Einzelheiten zu ermüden, eine Übersicht derjenigen Untersuchungsmethoden für Butter zu geben, welche gegenwärtig vorzugsweise zur Anwendung kommen. Dass ich nicht beabsichtige, von allen bis auf heute bekannt gewordenen Vorschlägen auf diesem (rebiete zu sprechen, werden Sie mir gewiss — 111 — nicht übel nehmen. Wir unterscheiden zweckmässig Vorprüfungsmethoden und quantitative chemische Prü- fungsmethoden, Die Vorprüfungsmethoden, von denen ich Ihnen einige hier vorführen kann, haben den grossen, für die Praxis nicht zu unterschätzenden Vorteil, dass sie leicht und rasch ausführbar sind, und fast immer gestatten, grobe Verfälschungen sofort zu erkennen, Da ist zunächst das spezifische Gewicht, welches uns wichtige Fingerzeige geben kann. Aus praktischen Gründen pflegt man das spezifische Gewicht der Fette im geschmolzenen Zustand und bei der Temperatur des sie- * denden Wassers mit Hülfe von Aräometern zu bestimmen. Die Werte, die man bei reinem Butterfett bis jetzt beobachtet hatte, schwankten zwischen 0,866 — 0,868, d. h. innerhalb recht enger Grenzen. Das spezifische Gewicht von gewöhnlichem Margarin, dem wichtigsten Verfälschungsmittel, ist dagegen unter den gleichen Um- ständen nur ca. 0,860. | Auf die optischen Eigenschaften des Butterfettes gründen sich zwei ungemein einfache, aber nicht minder wichtige Prüfungsverfahren. Betrachten wir frische, nicht ausgelassene Butter unter dem Mikroskop, so sehen wir ein Bild, nicht unähnlich dem, den uns ein Tropfen Milch darbietet. Bei Anwesenheit fremder fester Fette bemerkt man dagegen krystallinische Gebilde, die im polarisierten Licht besonders deutlich hervor- treten, Butter, welche ausgelassen und auch nur teil- weise geschmolzen und wieder erstarrt ist, verhält sich aber ganz gleich wie alle anderen festen Fette und es müssen deshalb die Proben für diese Prüfung mit ganz besonderer Vorsicht genommen werden.) Vor einigen Jahren ist die Aufmerksamkeit der Nahrungsmittelchemiker auf einen Apparat gelenkt — 112. — worden, der anfänglich die kühnsten Hoffnungen er- weckte. Es ist das hier vor Ihnen stehende Butter- refraktometer von Zeiss. Die an der Skala abgelesenen Werte nennt man Refraktionszahlen. Die bisher bei reinem Butterfett beobachteten Refraktionszahlen schwankten von 42—44 bei 40° C., für Margarin liegen sie um 49 herum. So einfach ist dieser Apparat in seiner Handhabung und so sicher erschienen anfänglich seine Angaben, dass es allen Anschein hatte, als ob das Butter-Refraktometer für die Butteruntersuchung eine ähnliche Bedeutung erlangen sollte, wie die allbekannte Milchwage für die Milchkontrolle, Obwohl es nun aus verschiedenen Gründen nicht. so gekommen ist und wenn auch gerade für Butter- untersuchungen die Refraktionszahl an Ansehen immer mehr einbüsst, so muss doch konstatiert werden, dass dieses Instrument in der Fettanalyse im allgemeinen sich einen geschätzten und bleibenden Platz zu erobern vermocht hat. °) So viel von unseren physikalischen Vorprüfungen. Ehe ich nun zu den quantitativ chemischen Methoden übergehe, möchte ich Ihnen noch 3 chemische Vorproben zeigen. Gelegentlich einer grösseren Reihe von Butter- untersuchungen machte sich mir das Bedürfnis geltend, ein rascheres Verseifungsverfahren zu haben, und so kam ich denn u. a. auch dazu, die Wirkung von kon- zentrierter Schwefelsäure auf verschiedene Fette zu studieren. Es stellte sich dabei die bisher noch nicht. beobachtete Thatsache heraus, dass wir in einer Schwefel- säure von ca. 91,5% Gehalt an H2SO4 ein Mittel be- sitzen um auf die einfachste und rascheste Weise Butter von Margarin, ja bis zu gewissem Grade von Margarin- Buttermischungen zu unterscheiden.°) Während nämlich reines Butterfett im richtigen Verhältnis mit solcher — 115 — Schwefelsäure gemischt, momentan aufgelöst wird, wider- stehen alle anderen Fette der verseifenden Wirkung dieser Säure viel länger, wie ich Ihnen hier an zwei Proben Butter und Margarin zeigen kann. Sehr hübsch und nicht nur bei der Butteranalyse anwendbar ist eine Reaktion von Wellmanns,*) der gefunden hat, dass fast alle Pfanzenfette, in Chloroform gelöst und mit einer Lösung von Phosphormolybdän- säure geschüttelt, diese mehr oder weniger intensiv erün färben, während tierische Fette keine Veränderung bewirken. Auf Zusatz von Ammoniak schlägt die grüne Farbe in ein prächtiges Blau um. Diese Reaktion er- möglicht demnach den Nachweis von pflanzlichen Fetten in der Butter. Endlich will ich Sie noch mit einer Farbenreaktion zur Erkennung von Sesamöl bekannt machen, die inso- fern für die Butterfrage ein aktuelles Interesse erhalten hat, weil durch das deutsche Margaringesetz den Fabri- kanten ein Zusatz von Sesamöl zu allen ihren Produkten vorgeschrieben ist. Dieser Zusatz soll auch weiteren Kreisen die Erkennung von Margarin und margarinhal- tigen Surrogaten erleichtern. Die für Sesamöl charak- teristische Reaktion rührt von Baudouin her und beruht darauf, dass dieses Öl mit Zucker und konzentrierter Salzsäure geschüttelt eine intensiv rote Färbung gibt, die durch die Anwesenheit kleiner Mengen einer noch nicht näher studierten Substanz hervorgerufen wird. In den Laboratorien wird diese Reaktion gegenwärtig nach der Modifikation von Villavecchia und Fabris ausge- führt, welche den Zucker durch Furfurol ersetzt haben.) Ich habe mir bereits zu Anfang erlaubt, Ihre Auf- merksamkeit auf den Umstand zu lenken, dass die An- wesenheit von Glyceriden der flüchtigen Fettsäuren ın der Butter die wichtigsten Anhaltspunkte für die genaue 5 — 14 — chemische Untersuchung darbiete. Grestatten Sie mir nun, dies etwas näher auszuführen, d. h. noch einiges über die quantitativen chemischen Prüfungsmethoden zu sagen. Sehen wir zunächst von den selteneren Fällen der Verfälschung mit Kokosfett oder Meerschweinthran ab, so bleiben als wichtigste Verfälschungsmittel für Butter: Talg, Schweinefett, Öle und Margarin. Von diesen spielt das Margarin weitaus die wichtigste Rolle, da bei dieser Fabrikation jedes beliebige Gemisch von Milchfett und Margarin und zwar in der Form süsser Butter hergestellt werden kann, während Zusätze von Talg, Schweinefett und Ölen als solche nur bei geschmolzener Butter möglich sind. Alle diese Verfälschungsmittel bestehen aber im wesentlichen aus Gemischen von Stearin-, Palmitin- und Olsäureglyceriden und enthalten höchstens Spuren von Glyceriden der flüchtigen Fettsäuren. Unter zwei Voraussetzungen muss es demnach möglich sein, auf rein chemischem Wege den Gehalt eines Fett- gemisches an Butterfett zu ermitteln. Diese Voraus- setzungen sind erstens die Möglichkeit der Bestimmung der flüchtigen Fettsäuren und zweitens das Fehlen grosser Schwankungen im Gehalt derselben. Bei den Methoden zur Bestimmung der flüchtigen Fettsäuren muss ich nun einige Augenblicke verweilen, weil die damit erhaltenen Resultate bei den Butter- untersuchungen, von denen ich nachher sprechen will, eine wichtige Rolle spielen. Lil Das älteste Verfahren zur Trennung der flüchtigen, wasserlöslichen und der nichtflüchtigen, wasserunlöslichen Fettsäuren ist das von Hehner.*) Nach ihm werden die Fette verseift und die löslichen Fettsäuren auf einem Filter vollständig ausgewaschen. Der Rückstand wird getrocknet und gewogen und auf 100 g. Fett berechnet. Der so erhaltene Wert ist die sog. Hehner’sche Zahl. Dieses Verfahren ist durch das nun zu beschreibende viel einfachere von Reichert-Meissl fast ganz verdrängt worden. Während Hehner darauf ausging, einen praktischen Weg zur Bestimmung der nichtflüchtigen Fettsäuren zu finden, versuchte Reichert‘) im Jahr 1879 die Bestimmung der flüchtigen Fettsäuren auf einfache Weise zu er- möglichen. Eine absolute Bestimmung des Gehaltes an flüch- tigen Fettsäuren wird nun allerdings durch seine Methode nicht erreicht und trotzdem hat sie nament- lich für die Butteranalyse eine ganz hervorragende Bedeutung gewonnen, einmal weil sie verhältnismässig rasch ausführbar ist und bei genauer Einhaltung der Vorschrift vorzüglich übereinstimmende Resultate liefert, und sodann, weil es lange Zeit hindurch den Anschein hatte, als ob die damit erhaltenen Resultate, die so- genannten Reichert-Meissl’schen Zahlen bei reiner Butter nur innerhalb sehr enger Grenzen schwanken würden. Von dem ursprünglichen Verfahren Reicherts ist heute allerdings nicht mehr viel als das Prinzip übrig geblieben, und wenn jeder, der gleich Meissl eine Modifikation an demselben angebracht hat, wie dieser dafür mit seinem Namen verewigt würde, so müsste man heute von einem Reichert-Meissl-Wollny-Sendtner-Schmidt-Leffmann -Be- am’schen Verfahren sprechen. Bei meinen Versuchen habe ich das sogenannte Glycerin-Natron-Verfahren angewendet, das hier kurz beschrieben sei: 5 Gramm wasserfreies Butterfett werden in einem Kolben mit 20 cm? Glycerin-Natronlauge durch Erhitzen über freier Flamme verseift. Zu der klar gewordenen Flüssigkeit gibt man 135 cm? Wasser und 5 cm? 20°). Schwefelsäure, um die Fettsäuren abzu- — 116 — scheiden. Hierauf destilliert man 110 cm? Flüssigkeit ab und bestimmt durch Titration mit —,-Lauge die Acidität des Destillates. Die Anzahl cm? „,-Lauge, welche zur Neutralisation des Destillates erforderlich sind, nennt man die Reichert-Meissl’sche Zahl. $) Wenn ich nun noch die Verseifungszahl*) nenne, so haben wir endlich alles beisammen, was bei der chemischen Beurteilung von Butter in Betracht kommen kann. Man versteht unter Verseifungszahl die Anzahl Milligramme Kalihydrat, welche 1 g Fett zur Verseifung braucht: diese Zahl ist abhängig von der Grösse des. Molekulargewichtes der in einem Fett befindlichen Fett- säuren und zwar wird die Verseifungszahl um so grösser sein, je kleiner dieses Molekulargewicht ist. Z. B. 1 Mo- lekül Tristearin vom Molekulargewicht 890 erfordert zur Verseifung 3 Moleküle KOH vom Molekulargewicht 3 X 56 — 168, das macht auf 1 Gramm Tristearin 188,7 Milligramm K OH, d. h. die Verseifungszahl des Tri- stearins ist 188,7. 1 Molekül Tributyrin vom Molekulargewicht 302 erfordert zur Verseifung ebenfalls 3 Moleküle K O H vom Molekulargewicht 3 X 56 — 168, das macht auf 1 Gramm Tributyrin 556,3 Milligramm KOH, d.h. die Verseifungszahl des Tributyrins ist 556,5. Auch hier bildet wiederum das Butterfett gegen- über den anderen infolge seines Gehaltes an flüchtigen Fettsäuren von niederem Molekulargewicht eine Aus- nahme. So ist beispielsweise die mittlere Verseifungs- zahl für Butter 230, für die meisten andern Fette, ein- schliesslich Margarin, dagegen ca. 195. Als das Reichert- Meissl’sche Verfahren bereits mehrere Jahre im Gebrauch war, glaubte man auf Grund zahlreicher Butteranalysen annehmen zu dürfen, dass die Reichert-Meissl’sche Zahl für unverfälschte Butter mit geringen Schwankungen nach oben und unten 28 betragen würde. So betrachteten die freie Vereinigung bayr. Vertreter der angewandten Chemie im Jahr 1885 als untere Grenzzahl 26 und im Jahr 1888 schloss sich der Verein schweiz. analyt. Chemiker in gleichem Sinne an. Würden nun diese Zahlen der Wirklichkeit mit nur ge- ringen Abweichungen entsprechen, so könnte natürlich die Entscheidung der Frage, ob in einem bestimmten Fall eine unverfälschte Butter vorliege, dem Nahrungs- mittelchemiker durchaus keine Schwierigkeiten bieten, da ja durch die Anwesenheit jedes fremden Fettes die R.M.Z. erniedrigt werden muss. Es hat sich nun aber gezeigt, dass die Voraussetzung einer konstanten Zusammensetzung des Butterfettes, namentlich mit Bezug auf die flüch- tigen Fettsäuren nur in beschränktem Masse erfüllt wird, und immer häufiger kamen Mitteilungen in der Litteratur, die z. B. von abnorm hohen R.M. Z. bis zu 34 hinauf berichteten. Es ist klar, dass durch diese Befunde die Beurteilung der Butter immer schwieriger wurde, indem jetzt ein vorsichtig operierender Fälscher unter Verwendung eines Milchfettes mit höchster R.M.Z. ca. 30 °/o eines fremden Fettes beifügen konnte, ohne befürchten zu müssen, durch die chemische Untersuchung, die sich während längerer Zeit auf die Bestimmung der R.M.Z. beschränkte, entdeckt zu werden. Dass aber die Schwankungen dieser Zahlen auch nach unten viel grössere sein könnten, vermutete man damals noch nicht. Ais ich mich in den Jahren 1890 bis 92 in Chur häufig mit Butteruntersuchungen zu be- schäftigen hatte, interessierte es mich, die chemische Zusammensetzung der Bündnerbutter genauer kennen zu lernen und es gelang mir, während eines Jahres von acht durchaus vertrauenswürdigen Landwirten aus ver- — 1185 — schiedenen Teilen Graubündens monatlich je eine Butter- probe zu erhalten. | Die Untersuchung dieser Proben lieferte das überraschende Resultat, dass von dem grössten Teil, nämlich ca. 60 °/o, die Grenzzahl 26 nicht erreicht wurde und dass ausnahmsweise die R.M.Z. bis auf 21 hinunter gingen. !°) Ungefähr um die gleiche Zeit erfuhr ich von einer umfangreichen Arbeit von Schrodt und Henzold,!') welche während eines Jahres einen Stall von 10 Kühen beo- bachteten und in Übereinstimmung mit ıneinen Resul- taten Schwankungen von 21.7—34.3 konstatierten. Aus ihren Untersuchungen ziehen sie u. a. den Schluss, dass der Gehalt des Milchfettes an flüchtigen Fettsäuren nur vom Stande der Lactationszeit abhängig und zwar zur Zeit des Kalbens am grössten sei, um dann allmählich zurück zu gehen. Einen Unterschied bei Stallfütterung und Weidegang konnten sie nicht beobachten. Von einem Einfluss der Jahreszeit wollen sie nichts bemerkt haben, während, wie die folgende Tabelle zeigt, bei meinen Versuchen in den Wintermonaten die höchsten, in den Sommermonaten die niedrigsten Zahlen gefunden wurden. Chur 1891/2. Monatsmittel der Reichert-Meissl’schen Zahlen. Dezbr. Jan. Febr. März April Mai 30.3 29.9 28.6 25.4 24.9 23.4 Juni Juli Aug. Septbr. Oktbr. Novbr. 24.1 24,7 23.7 DD 25.2 30.3 Dieses Verhalten zeigt sich auch, wie ich vor- greifend bemerken will, bei den neuen Basler Versuchen. — 119 — Basel 1896/7. Monatsmittel der Reichert-Meissl’schen Zahlen. Novhr: Dezbr. Jan. Kebr. ‚März April "Mai 29.2 28.3... ,243,7,.246. 24.41 22.3 0222 Juni Juli Aug. Septbr. Oktbr. Novbr. 20.0 19.2 20.9 21.7 26.1 24.5 In Anbetracht meiner persönlichen Erfahrungen und gestützt auf die sich mehrenden Mitteilungen in der Litteratur habe ich im Jahre 1894 in der Versammlung des Vereins schweiz. analyt. Chemiker zu Zürich beantragt, es sei die Grenzzahl für die R.M. Z. überhaupt fallen zu lassen, in der Meinung, dass man jede Butter mit R. M. Z. unter 24 als verdächtig betrachte und wenn immer möglich der Herkunft nachforsche, um eventuell auf die Milch zurückgehen zu können. Ich bin damals mit meinem Antrag nicht durchgedrungen, indem geltend gemacht wurde, dass die in der Litteratur verzeichneten Fälle doch immer noch als Ausnahmen zu betrachten seien und dass namentlich noch zu wenig schweizerisches Untersuchungsmaterial vorliege, um einen so folgen- schweren Beschluss zu rechtfertigen. Es wurde damals den Mitgliedern empfohlen, möglichst viele Analysen von garantiert reiner Butter zu sammeln, damit man später an der Hand eines reichen Analysenmaterials auf die Angelegenheit zurückkommen könne. Aus verschiedenen Gründen sind nun diese Ar- beiten erst zu Ende des Jahres 1896 aufgenommen worden. Diese Verzögerung hat aber insofern ihr Gutes gehabt, als man jetzt übereinkam, die Versuche nicht mehr wie früher auf die Bestimmung der R.M. Z. zu beschränken, sondern auch das spezifische Gewicht, die Refraktions- Zahl und die Verseifungszahl mit zu berücksichtigen. — 120 — An diesen Untersuchungen haben sich, wie bereits erwähnt, 6 Laboratorien beteiligt und über die dabei erhaltenen Resultate will ich Ihnen nun berichten. Allerdings kann ich mich bei der Berichterstattung über die in Aarau, Chur, Frauenfeld, St. Gallen und Zürich erhaltenen Zahlen ziemlich kurz fassen und muss dageren, Sie wollen mir dies nicht als Unbescheidenheit auslegen, auf die Basler Befunde etwas näher eintreten. Denn, um es gleich zu sagen, an den fünf genannten Orten sind, wie Sie aus dieser Zusammenstellung der Minimal- und Maximalwerte erkennen werden, durchweg normale Ver- hältnisse angetroffen worden. | Spez. Gew. R.M.Z. Verseifgs.-Zahl Refr.-Zahl 0,866— 0,869 26.6—33.7 224— 235.8 41— 414 Auf Grund dieses Untersuchungsmaterials könnte man nun allerdings geneigt sein, sich ganz optimistischen Hoffnungen über die Konstanz der chemischen Zu- sammensetzung des schweizerischen Milchfettes hinzu- geben; allein diese Hoffnungen sind durch die Basler Ver- suche gründlich zerstört worden. Bei uns sah es ganz anders aus. Die von mir verarbeitete Milch stammt aus dem Stall eines hiesigen Landwirtes. Er besitzt ca. 40 Kühe, die in vier Abteilungen zu je zehn Stück unter- gebracht sind, und wir erhielten die Milch immer aus der gleichen Abteilung. Die Fütterung besteht der Haupt- sache nach aus Malzabfällen, neben Gras im Sommer und Heu im Winter, Kalbende Kühe gab es das ganze Jahr hindurch in wechselnder Zahl. Als ich meine Versuche im November 1896 be- gann, hatte die aus dieser Milch im Laboratorium be- reitete Butter eine ganz normale Zusammensetzung und so blieb es auch bis gegen Ende Januar, worauf die Reichert-Meissl’schen Zahlen, die Verseifungszahlen und die spezifischen Gewichte immer kleiner, die Refrak- 121 — tions-Zahlen immer grösser wurden. Diese Veränderung nahm bis zum August zu und wir erhielten schliesslich derart unerhörte Werte, dass ich mich veranlasst sah, alles zu thun, um jeden Verdacht, es könnte eine Täuschung vorliegen, vollständig auszuschliessen. In der nachstehenden Tabelle sind die von uns beobachteten Minimal- und Maximalzahlen nach Monaten geordnet zusammengestellt. | | A pue noel Spez. Gewicht * Reichert- N) Refraktionszahl | m fort ne 1000 | Meisstscha zan | erselfuneszahl | po ui | | f 1896 | | November | 66.2 - 67.5 | 27.0 - 31.5 | 228.9 - 233.21 498 455 | ii Dezember | 66.2 - 66.7 | 27.5 - 29.2 | 999.7 - 994,5 | 44.0 - 45.5. 1897 | | | Januar 66.0- 66.8 | 23.5-9262 |2186-228.2| 43.7-4535 | Februar . | 65.0 - 67.0 | 28.7 -95.6 | 222.0 - 997.1 | 48.7 -450 | || März 650-66.0 | 22.8 - 95.5 = 44.0 -459 | | April 648-658 | 20.9-23.7 [216.9 -221.7| 446 47.0 | | Mai 65.0- 65.7 | 218-227 —*# | 415-460 | Juni 64.5 - 65.3 | 18.5 - 21.6 = 44.5 - 460 | | Juli 64.0 - 648 | 19.0 - 19.5 Me 45,9 46. | | August 63.7 65.5 | 18.2- 23.6 — 449-468 | || September! 64.9 - 66.0 | 20.7 - 22.8 = 46.1 - 46.6 | Oktober | 65.4-66.2 | 25.1-27.2 2 45.1-45.9 ii November | 64.1 - 65.5 | 22.6 — 26.3 _ 43.9 - 46.1 * Der Übersichtlichkeit wegen sind beim spez. Gewicht die immer wiederkehrenden Ziffern 0,8 weggelassen und ist das Komma um 3 Stellen nach rechts versetzt worden. ** Da die Verseifungszahl ganz resemälssig mit der Reichert- Meissl'schen Zahl sinkt und steigt, wurde von ihrer Bestimmung bald abgesehen; erwähnt sei hier der R. M, Z. 19.6 die Verseifungszahl 212 aufwies. nur noch, dass eine Butter mit Am 11. August 1897 habe ich in Gegenwart un- seres Kantonstierarztes Herrn Renz die Milchprobe selbst erhoben und die von mir daraus bereitete Butter auch in Zürich und St. Gallen untersuchen lassen. Das Resultat war bei allen drei Analysen übereinstimmend: spez. Gew. 0,8640, R.M.Z. 18.2, Refr. Z. 46, d. h. diese Butter hatte die Zusammensetzung eines Gemisches von etwa 40 °/; Margarin und 60 °/ Butterfett.*) Solche Vorkommnisse hatte man bis jetzt bei unter normalen Verhältnissen gewonnener Butter, und um solche handelt es sich doch bei unseren Versuchen, nicht beobachtet. Es hat zwar Soxhlet!?) vor zwei Jahren interessante Versuche über den Einfluss der Verfütterung von festen Fetten und Ölen ausgeführt und dabei kon- statiert, dass es möglich ist, den Gehalt an flüchtigen Fettsäuren im Milchfett bis auf die Hälfte des gewöhn- lichen hinunterzudrücken ; allein Soxhlets durch ab- sichtlich total veränderte Ernährungsbedingungen her- vorgerufenen Befunde lassen sich doch nicht ohne weiteres mit den unsrigen vergleichen.**) Ja, ich möchte *) Es sei hier noch ausdrücklich bemerkt, dass die Butter in Geruch, Geschmack und Konsistenz immer ganz normal war. **) Soxhlet teilt a. a. O. mit, dass bei seinen Versuchen trotz der Verabreichung eines ölreichen Futters eine auffallend. harte Butter, d. h. eine solche von abnormer Konsistenz produ- ziert wurde. Bei unseren Versuchen ist dagegen in der Konsistenz. der Butter gar keine Abnormität beobachtet worden. Das stimmt, auch vorzüglich mit gewissen chemischen Befunden. Es zeigte sich nämlich, dass niedere Reichert-Meissl’sche Zahlen und hoher Olëin- gehalt und umgekehrt hohe Reichert-Meissl’sche Zahlen und kleiner Oléingehalt sich immer zusammenfanden. Butter mit der Reichert-Meissl’schen Zahl 19.6 enthielt 51.5 0lo Olein. 2) 7... # > n ee Al = 48.000 9 ” ” » 7) » „ a 9 45.8 019 „ ” ” 2) ” ” 5 29.1 1 42.5 00 » n 2 n n ” ” 26.7 7 43.0 00 mn sogar sehr bezweifeln, dass die in Basel beobachteten grossen und abnormen Schwankungen im Gehalt der flüchtigen Fettsäuren durch die vorwiegende Malzfüt- terung bedingt seien, welche Fütterung ja allerdings insofern als ein Ausnahmefall zu betrachten ist, als sie nur in der Nähe von Brauereien stattfinden kann. Wollte man aber, wie es an unserer diesjährigen Versammlung in Frauenfeld von mehreren Seiten ver- sucht worden ist, dennoch die Malzfütterung für die ausserordentliche Zusammensetzung des Milchfettes ver- antwortlich machen, so bliebe es doch ganz unverständ- lich, warum bei den Basler Versuchen, analog denen von Chur im Jahre 1892, im Winter normale hohe und nur im Sommer aussergewöhnliche niedrige Werte ge- funden wurden. Ich neige deshalb eher der Anschauung zu, es möchte die Jahreszeit nicht ohne Einfluss auf diese Verhältnisse sein, obwohl ich z. Z. nicht imstande bin, eine befriedigende Erklärung für die auffallende Thatsache zu geben, dass man anderorts von einer solchen Saisonein- wirkung nichts bemerkt hat.*) Die Frage scheint mir einer Bearbeitung durch Physiologen nicht unwert zu sein. Wie aber auch in dieser Hinsicht die Lösung aus- fallen mag, für den Nahrungsmittelchemiker ist durch unsere Befunde die Frage der Butterbeurteilung recht unsicher und schwierig geworden. Wenn es einmal in weiteren Kreisen bekannt ist, dass wir grössere Zusätze von Margarin oder anderen Fetten zu Butter nicht mehr mit Sicherheit zu erkennen vermögen, so wird *) Neuestens berichten K. Farnsteiner und W. Karsch aus dem staatlichen hygienischen Institut zu Hamburg über ganz ähn- liche Beobachtungen an Butter aus Schleswig-Holstein. (Zeitschrift für Untersuchung der Nahrungs- und Genussmittel, 1898, 1. Heft.) dies ohne Zweifel nicht unbenützt bleiben. Das ist die unerfreuliche Folge unserer Beobachtungen; als ihre er- freuliche Seite darf ich es aber wohl bezeichnen, dass uns die neue Erkenntnis in Zukunft vor mancher irrtüm- lichen Beurteilung bewahren wird. Immerhin ist die Situation doch nicht so trostlos, wie Sie vielleicht nach dem Gehörten zu vermuten geneigt sind. Für süsse Butter, welche sowohl im detail, als en gros den Haupthandelsartikel bildet, haben wir in der mikroskopischen Untersuchung, die gegenwärtig, gewiss mit Unrecht, vernachlässigt wird, ein sicheres Mittel zum Nachweis von fremden Fetten. Bei ausgelassener Butter hingegen muss uns natürlich diese Methode im Stich lassen. In diesen Fällen wird man in Zukunft, wenn es nicht gelingt, vegetabilische Fette nachzuweisen, gezwungen sein, wenn immer möglich, wie bei der Milch, auf die Stallprobe zurückzugehen. Allerdings ist dieser Weg häufig nicht zugänglich und zudem schliesst er stets eine schwerfällige Verumständlichung der Lebens- mittelkontrolle in sich. Von solchen Erwägungen aus- gehend, hat der Verein schweiz. analyt. Chemiker auf meinen Antrag beschlossen, bei den Bundesbehörden dahin zu wirken, dass durch die eidg. Lebensmittel- gesetzgebung die Herstellung und der Verkauf von Ge- mischen von Butter mit anderen Fetten verboten werde. Hoffen wir indessen, dass die Lösung des aller- dings schwierigen Problems, eine Methode zu finden, welche unter allen Umständen die sichere Erkennung von Butterverfälschungen ermöglicht, der Nahrungs- mittelchemie doch noch gelingen werde. — 125 — Litteraturnachweis. . 1) Alfred Lavalle, die Margaringesetzgebung S. 123. 2) Dr. Rud. Benedict, Analyse der Fette, 1897 S. 104. 3) Schweiz. Wochenschrift für Chemie und Pharmacie 1892 S. 481 und 1897 8. 529. 4) Vierteljahrschrift für Chemie der Nahrungs- und Genussmittel 1891 S. 459. #) Zeitschrift für angewandte Chemie, 1893 S. 505. 6) Dr. Rud. Benedict, Analyse der Fette, 1897 S. 144. 7) Daselbst S. 136. 8) Schweiz. Wochenschrift für Chemie und Pharmacie, 1897 8. 530. 9) Dr. Rud. Benedict, Analyse der Fette, 1897 S. 133. 10) Schweiz. Wochenschrift für Chemie und Pharmacie, 1892 S. 449. 11) Vierteljahrsschrift für Chemie der Nahrungs- und Genussmittel, 1912829. 12) Daselbst, 1896 S. 476. Einige Versuche mit Gohärern. Von H. Veillon. Die Aufsehen erregenden Experimente von Marconi über Telegraphie ohne Draht, sowie ihre Wiederholung und Erweiterung durch Slaby, haben mit ‘erneutem Interesse die Aufmerksamkeit der Physiker auf die Branly’schen Cohärer geleitet. Die hohe Empfindlich- keit, welche diesem einfachen Instrumente verliehen werden kann, hat es seit den Arbeiten von Lodge zu einem oft willkommenen Hilfsmittel in der Erforschung und De- monstration elektrischer Schwingungen gemacht. Eine Frage, welcher nicht allein für die praktische Verwendung der Cohärer in der Telegraphie, sondern auch in wissenschaftlicher Hinsicht grosse Wichtigkeit beigemessen werden muss, ist die nach dem Einfluss leitender Körper, welche sich zwischen dem Cohärer und der Funkenstrecke, von der die Oscillationen ausgehen, befinden. Die vorliegende Arbeit soll einen kleinen experimen- tellen Beitrag zu diesem wichtigen Studium liefern. Die folgenden Versuche mögen auch deshalb von Interesse sein, weil ihre Ergebnisse kaum auf Grund einer Theorie hätten vorausgesehen werden können. Ich unternahm sie auf Anregung von Herrn Pro- fessor Hagenbach-Bischoff, welcher mir hiefür die Mittel der Physikalischen Anstalt zur Verfügung stellte, und A ie mir seinen Rat in der freundlichsten Weise angedeihen liess. | Eine Reihe von Vorversuchen hatten den Zweck einen Cohärer herzustellen, welcher neben grosser Em- pfindlichkeit und Sicherheit nicht allzu peinliche Sorg- falt in der Handhabung erforderte. Eine Glasröhre von 10cm Länge und 1 cm Durchmesser ist beidseitig mit Kork verschlossen. Durch die Korke verschiebbar ragen zwei dicke Messingdrähte in die Röhre hinein, welche an ihren innern Enden zwei gut polierte runde Messing- scheibchen, senkrecht zur Axe tragen. Diese Scheibchen, welche in passende Distanz von einander gebracht werden können, schliessen so einen Raum ab, der mit Feilicht von Bronze oder Rotguss etwa zur Hälfte gefüllt wird. Die Röhre wird horizontal befestigt, wobei das Feilicht zwischen den Scheibehen eine Schicht von bestimmter Dicke bildet. Indem man die beiden Scheibchen ein- ander näherrückt, kann man die Empfindlichkeit beliebig steigern, weil dadurch die Schicht dieker wird, und der gegenseitige Druck der Teilchen vergrössert wird. Der Abstand der Scheibchen betrug gewöhnlich 15 mm. Der Cohärer wurde, entsprechend dem Verfahren von Herrn Prof. v. Lang*) in einem Kasten aus Zink- blech von 1mm Dicke eingeschlossen, dessen Deckel und vordere Wand wegnehmbar waren. Für gute elek- trische Verschliessung war gesorgt, indem der Rand des Deckels mindestens 2cm über die Wände des Kastens griff, und die vordere bewegliche Wand unten und seit- lich in tiefen Metallrinnen eingelassen war. Ein zweiter Kasten schloss die Galvanometerspuhle und ein galva- nisches Element ein; eine Bleiröhre verband beide Kasten #) V. v. Lang. Interferenzversuch mit elektrischen Wellen. Sitz.-Ber. der K. Akad. d. Wissensch. in Wien. Math.-naturw. Cl- Bd. CIV, ‚Abti/ILr , Okt. 1895. und schützte die Drahtverbindungen, welche durch die- selbe hindurchgezogen waren. Die Galvanometernadel mit ihrem dämpfenden Gehäuse befand sich ausserhalb des zweiten Kastens in nächster Nähe der Spuhle. Der Cohärerkasten war 26cm hoch, 30 cm breit und 20 cm tief. Als Funkenstrecke wurde eine solche verwendet, welche zu Hertz’schen Spiegelversuchen von. den Herren Professoren Hagenbach und Zehnder als Oscillator ge- braucht worden war”). Dieselbe wurde parallel dem Cohärer, in gleicher Höhe über dem Horizont befestigt, so dass also die Funken parallel der Cohäreraxe ge- richtet waren. Die gerade Verbindungslinie, welche man von der Mitte der Funkenstrecke zur Mitte des Cohärers gezogen denken kann, heissen wir die Grundlinie. Für Versuche, wie die hier zu beschreibenden, war es nicht notwendig die Funken in Öl springen zu lassen, da Di- stanzen von 15m kaum überschritten wurden, und inner- halb dieser Grenze der Cohärer schon auf Funken von !/« mm, und noch weniger, reagierte. 1. Zuerst wurden einige Versuche über Abblendung der Funkenwirkung angestellt, bei weichen der Cohärer nicht in seinem Kasten eingeschlossen war. Mit kleineren Blechschirmen von 30 bis 50 cm? war es mir nie mög- lich die Wirkung abzuschneiden, und zwar ebensowenig für kurze Distanzen zwischen Cohärer und Funkenstrecke wie für längere bis zu 20 m. Erst die Anwendung einer grösseren Zinktafel von 1 m auf 2 m, senkrecht zur Grund- linie gestellt, machte es möglich, für Distanzen von 10 m an aufwärts die Wirkung abzuschneiden, und dieses auch nur dann, wenn der Schirm nicht weiter als 2 oder 3 em *) Hagenbach & Zehnder, Die Natur der Funken bei den Hertz’schen elektrischen Schwingungen. Verh. d. Naturf. Ges. in Basel. IX. p. 509. 1891. — Wied. Ann. Bd. XLIII. p. 610. 1891, 2 PR — 129 — von der Funkenstrecke abstand. Selbst für diese ge- ringe Entfernung war die Aufhebung der Wirkung nicht immer mit voller Sicherheit zu erreichen. Hierbei, wie auch im Folgenden, wurden die Versuche ebensowohl mit einzelnen Funken als auch mit einem Funkenstrom angestellt; in beiden Fällen waren die Resultate die gleichen. 2. Der Cohärer wurde jetzt in seinen Kasten ge- bracht, und dieser letztere mit Deckel und voller Vorder- wand geschlossen. Es handelte sich darum festzustellen, ob, und unter welchen Umständen, die Wirkung das 1 mm dicke Zinkblech des Kastens zu durchdringen ver- mochte. Mit Hilfe der Holtz’schen Maschine konnte ich nur dann eine Wirkung konstatieren, wenn die Funken- strecke nicht mehr als 20 cm von der Vorderwand des Kastens entfernt war. Bei Anwendung des Ruhmkorffs liess sich für Distanzen bis zu 1,5 m eine starke Wirkung durch die Wand des Kastens erkennen. Über diese Grenze hinaus fand ein Ansprechen des Cohärers nie- mals statt, was für die folgenden Versuche wichtig ist. 3. Es wurde nun die Funkenstrecke in einen Ab- stand von 5 m gestellt, bei welchem nach dem Vorigen der Kasten, wenn er geschlossen war, einen vollkommenen Schutz bot. Die volle Vorderwand wurde zuerst durch eine aus zwei vertikalen Hälften gebildete Wand ersetzt. Die beiden Halbwände griffen 2cm übereinander und lagen gut aneinander an. Bei dem so geschlossenen Kasten blieb nun die Wirkung keineswegs aus, sondern sie stellte sich stets mit voller Sicherheit ein, und zwar für alle Funkenlängen, für welche der Cohärer auch bei ganz fehlendem Kasten reagierte. Dieser Versuch liess vermuten, dass wegen des unvermeidlich mangelhaften Contactes der beiden Halbwände die Wirkung zum Co- härer dringen konnte, In der That stellte sich die 9 — lol schützende Wirkung auf den Cohärer sofort wieder ein als die beiden Halbwände aufeinander gelötet wurden. Sodann wurde eine andere zweiteilige Wand her- gestellt, die aus zwei horizontalen Metallstreifen gebildet war, welche in der Höhe des Cohärers, und also parallel mit seiner Axe, auf einer Breite von wiederum 2 cm über- einander griffen. Bei dieser Disposition blieb nun die schützende Wirkung mit voller Sicherheit bestehen, ge- rade wie mit der aus einem einzigen Stück hergestellten Wand. Diese beiden Versuche gaben somit folgendes Resultat: Vertikal durchschnitten lässt die Vorderwand die Wirkung des horizontal schwingenden Funkens auf den Cohärer ungestört hindurch, selbst wenn die beiden Hälften stark übereinander greifen; horizontal durchschnitten bietet aber die Vorderwand einen ebenso vollkommenen Schutz wie eine nicht aufgeschnittene. 4. Für die weiteren Versuche wurde die Vorderwand des Kastens mit einer runden Öffnung von 10 cm [ein anderes Mal von 14cm] Durchmesser versehen. Der Mittelpunkt dieser Öffnung befand sich in der Grund- linie und der Cohärer wurde möglichst nahe gegen diese Öffnung gerückt. Die Funkenstrecke wurde in ver- schiedenen Distanzen aufgestellt, die von 4m bis zu 12 m varlierten. Der Cohärer sprach hiebei schon für äusserst kleine Funken an; es wurde jedoch eine Funkenlänge von 3,5 mm gewählt, für welche die Wirkung am stärksten sich erwies. Nun wurde der Versuch gemacht, mit der vorhin schon erwähnten grossen rechteckigen Zinkblech- tafel von 1m Breite auf 2m Höhe die Wirkung abzu- schneiden. Dieser Schirm wurde so gestellt, dass die Grundlinie ihn normal in seiner Mitte durchsetzte. Man suchte dann diejenigen Distanzen heraus, in welchen er die Wirkung der Funken abzublenden vermochte. Eine solche Abblendung trat nur dann ein, wenn der Schirm sich in der Nähe der Endpunkte der Grundlinie befand, und zwar durfte er hiefür höchstens 2 cm von der Funken- strecke oder vom Cohärer weit entfernt sein. Je kleiner diese Distanz genommen wurde, um so sicherer war die abblendende Wirkung des Schirmes zu constatieren. Bei etwa 15cm war sie stets mit voller Sicherheit zu er- reichen. Hiebei war es gleichgiltig, ob die längere oder die kürzere Seite der Blechtafel vertikal stand. Diese Versuche ergaben also folgendes Resultat: Kleine Schirme schützen nicht, grosse nur dann, wenn sie nahe beim Erreger oder nahe beim Gohärer aufgestellt sind. 5. Es wurde jetzt der Schirm wieder ganz entfernt. An die kreisrunde Öffnung des Cohärerkastens wurde ein Rohr aus Zinkblech von ebendemselben Durch- messer, und dessen Axe mit der Grundlinie zusammen- fiel, angelötet. Für die Öffnung von 10 cm Durchmesser war das Rohr 15cm lang, konnte aber durch ein An- satzstück auf 45cm verlängert werden. Für diejenige von 14cm Durchmesser war das Rohr 20 cm lang, und 60 cm mit einem Ansatzstück. Für das engere wie für das weitere Rohr, sei es dass dieselben mit oder ohne ihre Verlängerungen benützt wurden, vermochten die Funken den Cohärer durchaus nicht leitend zu machen, obwohl zu erwarten gewesen wäre, dass die Wirkung ebensowohl eintreten könnte wie sie eintritt, wenn die Vorderwand nur mit einem Loch versehen ist. Das Rohr hatte somit, trotzdem es mit seiner Öffnung direkt gegen die Funkenstrecke gewendet war, dieselbe Wirkung wie eine geschlossene Wand; wenn es entfernt wurde, so stellte sich auch augenblicklich das Ansprechen des Cohärers ein. Es galt nun zu untersuchen, ob über- haupt ein metallenes Rohr, dessen Axe in der Grund- linie liegt, auch dann im Stande ist, ähnlich einem Schirme die induzierende Wirkung der Funken aufzuheben. Um dieses zu entscheiden, wurde die vorhin benutzte grosse Blechtafel in ihrer Mitte durchbohrt. Zwei angelötete Blechrinnen gestatteten: 1° durch Einschieben passender Diaphragmen den Durchmesser der Schirmöffnung gleich demjenigen der Öffnung des Kastens zu machen; 2° die vorhin beschriebenen Rohre an den Schirm anzusetzen; 3° durch ein volles Zinkblech den Schirm zu verschliessen. Die Distanz zwischen Funkenstrecke und Cohärer betrug bald 5 bald 10 Meter. Der so präparierte Schirm wurde nun 15cm weit von der Funkenstrecke, senkrecht zur Grundlinie aufgestellt, so, dass er die Wirkung der Funken nach den vorhergehenden Auseinandersetzungen eänzlich und mit Sicherheit aufhob, wenn seine Öffnung durch das volle Blech geschlossen war. Wenn nun der Schieber geöffnet wurde, so stellte sich die induzierende Wirkung auf den Cohärer augenblicklich ein. Wurde aber an die Öffnung eines der Blechrohre nach der dem Cohärer zugewandten Seite gebracht, so blieb wieder jede induzierende Wirkung aus,. genau so wie das der Fall gewesen war, als die Rohre am Cohärerkasten angebracht waren. Diese auffallende Erscheinung könnte vermuten lassen, dass diese Aufhebung der Wirkung durch An- bringung eines Rohres darin ihren Grund habe, dass der von der Funkenstrecke aus- gehende Strahlenkegel bei Anwendung des Rohres eine kleinere Öffnung besitzt, als wenn das Rohr fehlt, wie in nebenstehender Figur ange- deutet. ist. Dass aber der Grund nicht darin zu suchen ist, geht aus folgendem Versuch hervor. Ausser dem eben benützten Schirme S, wurde parallel zu ihm, in einer Distanz gleich der Rohrlänge, ein zweiter Schirm S, von denselben Dimensionen und mit gleicher Öffnung aufgestellt. Die induzierende Wir- kung ging nun durch beide Öffnungen ungestört hindurch; sie hörte aber sofort auf als das Rohr von gleichem Durchmesser in R, zwischen S, und S,, eingeschaltet wurde. £ZSæe20bus SR Mere Se sn ÉD mm MI mme eus dinvaszsse sur yıssumussmouym.—ms = cu te Dieser Versuch macht den Eindruck, als ob die Energie der Strahlung von den leitenden Wänden des Rohres absorbiert werde. Wir können also zusammen- fassend sagen: Eine Öffnung in einem Schirm. lässt die Wirkung ungestört hindurch, ein offenes Rohr von gleichem Durchmesser, das an den Schirm angesetzt ist, hebt da- gegen die Wirkung auf. 6. Eine weitere rätselhafte Erscheinung besteht in Folgendem. Es wurde die eben benutzte Anordnung, gleichgiltig ob mit einem oder mit zwei Schirmen, jeden- falls aber mit dem Rohr beibehalten. Die Wirkung auf den Cohärer blieb also aus. Jetzt wurde in der Nähe dieses letzteren, parallel mit der Vorderwand des Kastens, und in einem Abstand von ihr, der höchstens 5 bis 10 cm betragen durfte, eine volle, nicht durchbohrte Blechtafel Pe u COS LUS SUN mug MU EM LEA EM o (WB) RE SE NL S, vorgesetzt. Dadurch wurde der Cohärer sofort wieder leitend gemacht. Die Grösse der hiezu verwendeten Tafeln schien ohne Einfluss zu sein; es wurden solche verwendet, die gleiche Dimensionen wie $, oder S, hatten, und auch solche, welche gleich oder kleiner als die Vorderwand des Cohärerkastens waren. Wir können also sagen: Die wegen Anwesenheit des Rohres R aus- bleibende Wirkung stellt sich sofort wieder ein, wenn ein coller Schirm in die Nähe des Cohärers eingeschoben wird. 7. Statt den Schirm S, senkrecht zur Grundlinie zu stellen, kann man ihm auch eine solche Lage geben, dass seine Ebene in die Grundlinie fällt. Dann sind zwei Fälle zu unterscheiden, je nachdem er horizontal oder vertikal ist. Das Ergebnis ist folgendes: Horizontal, d. h. parallel mit Cohäreraxe und Funkenstrecke gestellt, tritt die wegen des Rohres R ausbleibende Wirkung wieder zum Vorschein; vertikal gestellt übt dagegen der Schirm diese Wirkung nicht aus. 8. Endlich wurde noch versucht, statt eines Schirmes, in S, einen geradlinigen Leiter, in Form eines Messing- stabes von 1 m Länge zu verwenden. Das Resultat war sanz analog demjenigen mit dem Blechschirm: Die durch das Rohr R aufgehobene Wirkung wird wieder hervor- gerufen, wenn der gerade Leiter senkrecht zur Grund- linie und vertikal steht; sie wird dagegen nicht wieder hervorgerufen, wenn er senkrecht zur Grundlinie und horizontal steht, und ebenso auch nicht wenn er in der Grundlinie selber liegt. Soviel über diese teilweise sehr rätselhaften Erschei- nungen. Ohne nun einen Erklärungsversuch für dieselben wagen zu wollen, was wohl auch nur auf Grund mes- sender Versuche gelingen dürfte, möchte folgendes be- merkt werden. Stellt man sich auf den Standpunkt der — 135 — Theorie elektrischer Schwingungen, welche sich in ihren Fortpflanzungserscheinungen den (resetzen des Lichtes anschliessen, so treten unsin einigen der eben beschriebenen Versuche, speziell in Bezug auf die geradlinige Fort- pfanzung im Dielektrikum entschiedene Schwierigkeiten entgegen. Selbst mit Zuhilfenahme der Beugungser- scheinungen oder auch anderer Phänomene, wie z. B. derjenigen, welche Hertz”) bei Röhren beobachtete, die in bestimmter Weise über einen Draht gesteckt in ihm das Auftreten stehender Wellen modifizieren, möchte eine Deutung, besonders des letzten Versuches, nicht einfach zu gewinnen sein, Physikalisches Institut der Universität Basel, Januar 1898. *) Hertz. Untersuchungen über die Ausbreitung der elek- trischen Kraft. Abhandlung 10. Über Fortleitung elektrischer Wellen durch Drähte. Pag. Werke Bd. II, p. 171. L] Bericht über das Naturhistorische Museum vom Jahre 1897. Von Dr. Th. Engelmann. Bei der Besprechung der Verhältnisse unseres natur- historischen Museums im abgelaufenen Jahre erwähnen wir heute an erster Stelle die baulichen Veränderungen. Nach Bewilligung der Kredite durch den Grossen Rat wurden die Büchergestelle in den früheren Räumen der Bibliothek entfernt, und dann mit den Umbauten be- gonnen. Zu Ende dieses Jahres waren von diesen Arbeiten im Erdgeschosse die neuen Gallerien in den Sälen an der Augustinergasse, ferner die Verlegung der Treppe und die Erstellung eines direkten Einganges in den grossen Saal im Westflügel vollendet. Das Tempo der Arbeiten war ein ruhiges. Immerhin hoffen wir, dass im nächsten Jahre die Umänderungen, soweit sie unsere Räume betreffen, zu Ende geführt werden können. Bezüglich der Mobiliarausrüstung für die neuen, zum Teil auch für die alten Säle besteht die Schwierig- keit in der Beschaffung eines möglichst staubfreien Ver- — 137 — schlusses. Wir haben einstweilen nur mit dem eisernen Mobiliar in dieser Hinsicht befriedigende Resultate er- halten. Zur Zeit der Kreditbewilligung für den Umbau und die Einrichtung des für die mineralogisch - geologische Anstalt bestimmten Hauses richteten wir an die hohen Behörden das Gesuch, es möchte für diese Anstalt und für das zoologische Institut je eine besondere Kommission bestellt werden, wie dies bei den andern Instituten unserer Hochschule bereits der Fall ist. Diesem berechtigten Begehren der naturhistorischen Kommission wurde im letzten Jahre nicht entsprochen. Wir hoffen aber zuversichtlich, dass nunmehr diesem Wunsche Rechnung getragen werde. Bezüglich der Bibliotheken Stutz und Rütimeyer, von denen im letzten Berichte die Rede war, können wir mitteilen, dass die erstere nunmehr eingebunden und von der Universitätsbibliothek aus katalogisiert worden ist. Das gleiche soll nun im Laufe dieses Jahres mit der Bibliothek Rütimeyer geschehen. Bei diesem Anlass erwähnen wir mit besonderer Freude, dass das Ergebnis des Aufrufes für eine Ludwig Rütimeyer-Stiftung ein sehr erfreuliches war. Es gingen Fr. 39,588. 10 ein, von denen ca. Fr. 7,000. — zur Er- stellung einer Broncebüste bestimmt sind. Der Rest Fr. 32,000. — ist angelegt und die sich ergebenden Zinsen sollen jeweilen zu Gunsten der Rüti- meyer’schen Sammlungen verwendet werden. Der mit der Anfertigung der Büste beauftragte Künstler, Herr A. Volkmann in Rom, hat das Modell fertig erstellt und die treffiche Ausführung desselben lässt uns für das Werk selbst das Beste hoften. — 138 — Unter den grossartigen Vergabungen des Herrn (Georg Fürstenberger-Vischer sel, fand sich auch unser. naturhistorisches Museum bedacht mit Fr. 10,000. —. Wir haben dieses Legat bei dem Seckelmeister des freiwilligen Museumsvereins deponiert, mit Rücksicht darauf, dass wir beim Ankauf eines besonders bedeutenden Objektes davon Gebrauch zu machen gedenken. Über die Thätigkeit in den einzelnen Abteilungen können wir uns auch dieses Jahr kurz fassen. Die Verwaltung der pualäontologischen und ver- gleichend anatomischen Wirbeltiersammlung d. h. der speziellen Rütimeyer’schen Sammlungen übergaben wir durch Kommissionsbeschluss Herrn Dr. H. Stehlin, der sich in verdankenswerter Weise zur Übernahme bereit erklärt hatte. Die schon letztes Jahr unter die Obhut des Herrn Dr. H. Stehlin gestellte Egerkinger Sammlung hat im Jahr 1897 keine Vermehrung erfahren, da die Grab- arbeiten ein ungünstiges Resultat ergaben. Es ist jedoch Aussicht vorhanden in diesem Jahre weiteres Material zu Tage zu fördern. Durch die Überführung der vergleichend ana- tomischen Sammlung in unser Museum kann die Be- sorgung derselben durch den Diener des zoologischen Instituts schon wegen der räumlichen Entfernung nicht mehr weitergeführt werden. Wir müssen deshalb die Anstellung eines Dieners und die Beschaffung von Macerier- und Entfettungs- vorrichtungen, wie sie an andern Museen schon längst vorhanden sind, ernstlich in’s Auge fassen. Glücklicherweise sind uns im Budget für 1898 die Mittel zur Anstellung weiterer Hilfskräfte, zu denen wir den erwähnten Diener rechnen müssen, bewilligt worden. An Geschenken kamen dieser Abteilung zu: Eine Anzahl guter Säugetierschädel aus der Samm- lung des Herrn Dr. J. Kober sel. Ein Nilpferdschädel von Herrn L, Baur-Buchmann von Basel. Drei Zebuschädel von Herrn Ingenieur Riggenbach. Angeschafft wurde durch freundliche Vermittlung des Herrn Direktor Büttikofer in Rotterdam das Skelett einer Anoa und eines Orang-Utan. Die paläontologisehe Sammlung erhielt eine Anzahl fossiler Knochen von Herrn Dr. E. Bischoft. In der zoologischen Abteilung wurde, von Dr. F. Sarasin unter Beihülfe unseres Assistenten eine neue Katalogisierung der ausgestopften Vögel angefangen und zwar unter Erstellung eines Zettelkataloges. Wir hoffen diese zeitraubende, aber für unsere Sammlungen durchaus wichtige und notwendige Arbeit später auch in den andern Abteilungen zur Ausführung zu bringen. Durch Vermittlung der Herren Sarasin erwarben wir eine wohlerhaltene ausgestopfte Giraffe, an Stelle des zu Grunde gegangenen alten Exemplares. Wir konnten dies bekanntlich immer seltener werdende Tier zu einem Äusserst niedrigen Preise ankaufen. Mit Geschenken bedachten diese Abteilung die Herren Dr. P. und F. Sarasin, ferner übergab Herr Prof. Zschokke eine Anzahl Tiere, die ihm von Herrn von Mechel in Indragiri zugesandt worden waren, des- gleichen gestattete uns Frau Dr. Kober eine Auswahl aus den Sammlungen ihres verstorbenen (satten zu treffen, wodurch wir 48 Exemplare, die 27 Arten repräsentieren, erhielten. Ferner erwähnen wir als Donatoren: Die Herren Prof. Rud. Burckhardt, Apotheker Th. Bühler, N. Stöcklin-Müller, Dr. R. Merian, Herr E. — 140 — Schenkel, Vater und Sohn, G. Senn, stud. phil., sämt- liche in Basel, sodann die Herren A. Dollfuss ın Paris, G. Forrer in Sumatra, Henry Suter in Christchurch in Neuseeland. Die schon seit Jahren begonnene Arbeit an der Bischoff - Ehinger'schen Sammlung wurde von unserm Assistenten Herrn E. Schenkel auch dieses Jahr weiter- geführt. Daneben ging die Bestimmung, Etikettierung und Aufstellung des geschenkten und gekauften Zu- wachses: unter letzterem erwähnen wir eine Sammlung von 51 Arten Mollusken in 252 Exemplaren, eine solche von 40 Arten Urustaceen in 92 Exemplaren, beide von Neuseeland. Ferner eine Sammlung von 46 Arten euro- päischer Myriopoden in 94 Exemplaren. Wir dürfen auch an dieser Stelle Herrn Schenkel für seine treue und gewissenhafte Arbeit unsere Aner- kennung aussprechen. Die entomologische Abteilung, die von Herrn H. Sulger verwaltet wird, erwähnt als Hauptzuwachs die Ausbeute der Herren Dr. P. und F. Sarasin an Lepi- dopteren von Celebes. Weitere Geschenke erfoleten von den Herren: L. Paravicini-Müller, Dr, Kündig-von Mechel, Prof. Cour- voisier, &. Burckhardt-von Speyr, F. Riggenbach-Stehlin und Hausvater Käser im Missionshaus. Aus den Berichten des Herın Pref. C. Schmidt über die ihm unterstellte geologische Abteilung heben wir folgendes hervor: „Das gesamte petrographische Material des Museums wurde gesichtet und in Gruppen zusammengestellt in den Schränken auf der Gallerie untergebracht, speziell die wertvollen Belegstücke zu den Arbeiten von Peter Merian sollen demnächst in neuen Schubladenschränken einge- ordnet werden. PTE 1 fées Die Arbeiten an der Sammlung „Stutz* konnten bedeutend gefördert werden. Das gesamte alpıne Material ist definitiv geordnet und bestimmt. Die wissenschaftlichen Resultate dieser Arbeit hat Herr Dr. Tobler niedergelegt in einem Aufsatz: „Über die Gliederung der mesozoischen Sedimente am Nord- rand des Aarmassivs.*“ 82 Seiten (Verhandlungen der naturforschenden Gesellschaft in Basel. Band XIT.). Ferner hat Herr Koby, Professor in Pruntrut, die Korallen der Kreide aus dieser Sammlung studiert und in seiner Monographie 15 grösstenteils neue Arten ab- gebildet. (Abhandl. der Schweiz. paläontolog. Gesellschaft. Band XXII und XXIII.) Herr Eduard Greppin beschäftigte sich mit der Ordnung und Etikettierung der aus dem Jura stam- menden Petrefakten-Sammlungen Cartier & Gillieron. Durch Ankauf ging in den Besitz des Museums über die Privatsammlung des Assistenten Herrn Dr. Tobler, welche die Belegstücke zu seinen Publikationen über Blauenkette, Huppererde von Lausen und Kalk- tuffe von Kiffis enthält. Von Herrn Cand. phil. Hagmann wurde eine grössere Anzahl von Fossilien aus dem Aargau er- worben. Geschenke erhielten wir von den Herren E. Greppin, Heinrich Meister-Stehlin, Emil de Bary in Gebweiler, Prof. Böhm in Freiburg.“ In das verflossene Jahr fiel der Besuch des 7. inter- nationalen Geologen-Kongresses in St. Petersburg durch die Herren Prof. ©. Schmidt und Dr. A. Gutzwiller. Von der Kommission des freiwilligen Museumsvereins wurde den beiden Herren ein Beitrag von Fr. 1500. — übergeben zum Ankauf von Mineralien und Gesteinen für unsere Sammlungen. Die Ausbeute der Reise war besonders in Gesteinen und Fossilien reichhaltig und interessant. Auch konnte trotz ungünstiger Verhältnisse eine hübsche Anzahl Mineralien erworben werden. Von den letztern sind 39 Nummern der mineralo- gischen Abteilung übergeben worden. Die dem Unterzeichneten unterstellte mineralogische Abteilung hat die Erwerbung eines überaus grossen und schönen Wiserin Krystalles auf Gneis aus dem Binnen- thal, in seiner Art ein Kabinetstück, hervorzuheben. Eine Anzahl weiterer Erwerbungen und Schenk- ungen harren des Platzes, um zur Aufstellung zu ge- langen. Die Rechnung ergibt an Einnahmen inklusive Balder en a. lin sShnal an" Aussaben Men. m el und schliesst mit einem Saldo von . . Fr. 642.50 Wir erlauben uns zum Schlusse einige Bemerkungen über die Raumverhältnisse und möchten dabei vor allem der Auffassung entgegentreten, als ob wir durch die Zuweisung eines Teils der früheren Bibliothek für unsere Sammlungen einen unsern Bedürfnissen entsprechenden Raumzuwachs erhielten. Das ganze Parterre wird von der vergleichend ana- tomischen Sammlung Rütimeyer vollständig ausgefüllt werden. Sie war in ihren bisherigen Lokalitäten in der Universität derart zusammengedrängt, dass sie den doppelten bis dreifachen Raum mit Leichtigkeit ausfüllen würde. Ausserdem hoffen wir noch einige grössere Ob- jekte des zoologischen Saales, der wie den Besuchern — 145 — wohl bekannt ist, sehr an Überfüllung leidet, in die untern Räumen verweisen zu können. Wir möchten dann eine getrennte Aufstellung der in der Umgegend von Basel vorkommenden Vögel vor- nehmen, für die uns schon von verschiedenen Seiten freundliche Unterstützung zugesagt wurde. Der im obern Stock frei werdende Saal soll die ebentalls seit Jahren in Kasten und Schubladen ver- wahrten geologischen und paläontologischen Sammlungen aufnehmen. Wir wissen, dass wir mit einer geologischen Über- sichtssammlung, sowie mit einer Sammlung von Jura- Petrefakten speziell aus der Umgebung von Basel den Wünschen vieler Besucher entsprechen werden. Damit sind aber dann alle unsere Räume angefüllt, und für manches, was wir noch gerne ausführen möchten, müssen wir uns auf späteren Zuwachs an Platz ver- trösten. Wir erwähnen hier unter anderm: Vermehrung und Aufstellung unserer dürftigen Ab- teilung der Fische. Aufstellung einer vergleichend zoologischen und ent- wicklungsgeschichtlichen Sammlung. Aufstellung unserer Sammlung von Meerescon- chilien. Aufstellung unserer bedeutenden Sammlung von Land- und Süsswasserconchilien. Von den letztern würde eine Zusammenstellung der in unserer nähern Umgebung vorkommenden Arten ge- wiss vielen willkommen sein. Die Aufstellung von einzelnen biologischen Gruppen von Säugetieren, Vögeln etc. vorzugsweise heimatlicher Arten, wie solche in verschiedenen Museen sich finden, wäre ebenfalls eine dankbare Aufgabe. ER CE Dabei wollen wir ausdrücklich bemerken, dass es. sich für uns durchaus nicht um möglichste Schaustellung unserer sämtlichen Objekte handelt, sondern um Schaffung von Lokalgruppen, die das Interesse an der Natur kon- zentrieren und die Lust zu eigenem Forschen wecken und erleichtern sollen. Deshalb erblicken wir in dem kürzlich erfolgten An- kaufe der Rosenburger’schen Liegenschaft die Gewähr, dass auch in Zukunft für die Sammlungen des Museums bei Volk und Behörden von Basel das Interesse und Wohlwollen zu finden sein wird, an welches Ludwig Rütimeyer jeweilen am Schlusse seiner Berichte appelliert hat, und dem auch wir unsere naturhistorischen Samm- lungen fürderhin auf’s angelegentlichste empfehlen. Basel, Januar 1898. Neunzehnter Bericht über die Dr. J. M. Ziegler’sche Kartensammlung. 1897. I. Geschenke. Iwan Strohl-Burckhardt, Paris. Carte des champs d’or du Witwaterstrandt dans les districts de Pretoria etc. 1895. 1 Bl. Carte du nord de l'Italie, de l’Autriche, de la Prusse etc. (Supplöment au Monde illustre du #5 um, 1866.) 1.1 BL Dr. R. Hotz-Linder. Special Map of Afghanistan by F. R. Johnston. Edin- burgh s. a. 1 Bl. Aug. Weitnauer-Preiswerk. Carte d’Allemagne indiquant la confederation du Rhin etc. Par E. Mentelle et P. G. Chanlaire. Paris 1806. 1 Bl. A new Map of the seat of war comprehending Ger- many Poland etc. London 1807. 1 Bl. Kanton Basel Stadtteil von F. Bader. 1838. 1 Bl. Kanton Basel. Von Nic. Hosch. 1837. 1 Bl. Kanton Bern. Von C. v. Sommerlatt. 1839. 1 BI. Plan de Paris par Hocquart et Charmont. Paris 1825. BE 10 Nouveau plan de Paris avec ses fortifications gravé par J. N. Henriot. "Paris 1849." 97BE Dr. August Bernoulli. | J. E. Weerl, Karte der Schweiz in 20 colorierten Blättern. Karlsruhe u. Freiburg 1842. 1 Bl. Emanuel Weïtnauer. Neueste Postkarte von Deutschland. 1814. Auf Leinwand gedruckt. 1 Bl. II. Anschaffungen. Wolkenhauer, Leitfaden zur Geschichte der Kartographie. Breslau 1895, 1 Bı. Miller, Die ältesten Weltkarten. Heft 5. 1 Bd. und ASE Neue Generalkarte von Mitteleuropa. Lief. 16, 17. 14 Bl. Lepsius, Geologische Karte des deutschen Reichs. Lief. 9—14, 12 Bl. Stratt, Karte von Creta. 1 : 500 000. Berlin 1897. 1 Bl. Handtke’s Spezialkarte der türkisch-griechischen Grenz- gebiete. 1:600000. 2. Aufl. Glogau, Flemming, es an lei: Kiepert, Generalkarte der Südost-Europäischen Halb- insel. Berlin 19. ı Dr Radiahrerkarte der Schweiz. 1:445000. Bern, Müll- haupt, 1897. 80) dolk Laneiani, Forma urbis Romæ. Fasc. 5. 6 BL Von der Goltz-Pascha, Karte der Umgegend von Con- stantınopel. 1: 100 000: Berlin 1897, I Bl. Manöverkarten 1897. 1:100000 und 1:25000. 4 Bl. Oechsli, W., Historische Wandkarte der Schweiz. 12.180.000. Autfcez. 1, DL Rothert, Ed., Karten und Skizzen aus der Geschichte des Altertums. Düsseldorf 1897. 1 Bd. Die grosse und durch Verschmelzung mit ander- weitig vorhandenem Material immer vollständiger und wertvoller sich gestaltende Kartensammlung hat auch im abgelaufenen Jahre sich manchen Zuwachses zu er- freuen gehabt, durch Schenkung einerseits, wofür wir den Gebern unsern besten Dank aussprechen, und durch Ankauf, wie das vorstehende Verzeichnis ausweist. Eine ganz besonders erfreuliche Gabe floss ihr zu in dem Legate des um manche akademische Anstalten hochverdienten verstorbenen Herrn G. Fürstenberger, der unserer Sammlung eine Summe von Fr. 5000 vermachte. Wir werden hiedurch in den Stand gesetzt, für weitere Vervollständigung zu sorgen und durch eine genau durch- geführte Ordnung die Benutzbarkeit zu erhöhen. Allen bisherigen Gönnern empfehlen wir die Samm- lung auch weiterhin und hoffen, dass sich neue Freunde den alten anschliessen werden. - Basel, den 14. Januar 1898. Prof, Fr. Burckhardt, Vorsteher. com a tum mu er nes J. M. Zieeler’sche Kartensammlune. 19, Rechnung üher das Jahr 1897. Einnahmen. . Saldo voriger Rechnung . Jahresbeiträge . Zinsen . Legat Georg Fürstenberger- Vischer Ausgaben. . Anschaffungen . . Buchbinder . déni . Druck des 18. Berichtes . Einzug der Jahresbeiträge . Ankauf zweier Obligationen à Fr. 5000 der a Basel. Saldo auf neue Rechnung: Status. Obl. & Fr. 5000 Hypothekenbank Basel 4 solo 0 00 Obl. & Fr. 5000 Hypothekenbank Basel a. 3 ao eu Rene Saldo pro 31. Dezember 1897 Status pro 31. Dezember 1897 Status pro 31. Dezember 1896 Vermögenszunahme im Rechnungsjahr: Der Quästor: Dr. €. Chr. Basel, den 31. Dezember 1897. Fr. 8,469. 24 e 271. — . 535,0 » 2,000. — Fr. 14219, 8% Er... (67. 08 # 18. — “ lo. Où >: 12 Fl 10,008. 25 Fr. 10,219, 659: us À BE. 24 re 89 Fr. 5,000, — = 5,000. — Fr. 10,000. — „4050.02 Fr. 14,056. 24 » 8,469, 24 Fr. 5,587. — Bernoulli. Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft in Basel. ‚Rothsteinthal im Erstfeldarthal Profile durch die ältern Sedimente am Nordrand des Aarmassivs. Hochgebirgskalk Hochgebirgskalk Malm Nach Notizen von D. Stutz, soucie nach eigenen Beobachtungen zusammengestellt von AUG. TOBLER. — Dünnplatliger Kalk Dünnplattiger Kalk Quartenschiefer 60m. |Birmenstorferschichten] |-Birmenstorferschiahten. Rothsteinthal im Erstfelderthal Co Eueneolth 2m en: Er = en F_ Obere Schiefer 6m. theme > mn —— Corallen y, = = Echinadermenkalk al Kisselknauerbank 5,5 1. ‚Echinodermenkalk: 6m. Untere Schiefer 9m. | Opstinun 3 Corallen Hochgebirgs Echinodermenkal kalk : Rötidolomit 40m. er Rütidolomit 30-60m. | Trias Rülidolomit 25m. Malm LRU Central: Central- Dünnplattiger 2 |massio- maxsiv- miaksio- Kalk ische Ge Gneiss sche Ge Gneiss ische Ge seine steine steine steine 1:1000 1:1000 1:1000 1:1000 Birmenstorfer | à ten (0b. Eisenoolith | Cattorien Rothe Fluh im Urbachthal Windgällenkette boi Erstteld Windgällenkette im Maderanerthal ‚Kramer un dor Sandalp Cerithienhoriz. Obare-Schiefer- und knollige Kalke rt —| Coraltenhorizont Hochgebirgskalk Hochgebirgskalk Eliane Bajocien Grauer. Echinodermenkalk- Malm V Hart amer TT Rate} Dünnplattiger Posidonienschieht —| Kalk Hochgebirgskalk Dünnplattiger, toil- weise stark sericiti scher Kalk -Untere Schiefer =) mit Thoneisenstein Hochgebirgskalk Opalinien Malm Birmenstorferschichten ob. Eisenoalith 5] Callovien Dännplattiger Kulk Fossinester ec hi 6m Sandigoolithische Talk. pe Birmenstorferachicht Rauhe schwarze Schiefer 30m. ? Cordatusschichten | Hathonien Rôtidolomit Trias ob, ‚Kisenoolith 15 m, Callovien E re Blaue Kalke Our Schiafer DEM. | mann mit Kieselkörnern «u. Rostflecken 15m. + ME = Dünnplattiger Echinodermenkalk 9 m, Kalk ‚Rötidolomit 45m = MG ‚Birmenstorferschichten Gpetieion "Job. Eisenoolith 3m. Rütidolomit 30m. Varianskalk 3m. Bathonien Rôtidolomit 10m. PAPE DIR Central- Central- steine massio- massfo- | Gneiss ische Ge- ische Ge steine steine steine 1:1000 1:1000 1:1000 1:1000 1:500 RAR: : an A Verhandlungen der Naturlorschenden Gesellschaft Bandol tte Mit 3 Tafeln. jr, Ä LA N we Rn ‚Experimentelle Bestimmungen der Wellenlänge und Schwingungszahi höchster hörbarer Töne. Mit Benutzung von Herrn Dr. Rudolph König brief- lich mitgeteilter praktischer Anleitungen ausgeführt von Dr. A. Schwendt, Privatdocent der Otologie und Laryngologie in Basel. Vorgetragen am 8. Februar 1899. (Mit 3 Tafeln.) Die experimentelle Bestimmung der Schwingungs- zahl höchster hörbarer Töne ist für den Physiologen sowohl als für den Ohrenarzt wichtig. Denn es ist einer- seits die normale hohe Hörgrenze noch nicht in über- einstimmender Weise festgestellt und es lassen sich andererseits unter Umständen aus Defekten des Gehörs für hohe Töne gewisse Lesionen des Grehörorgans dia- snostizieren. Wir müssen wissen, ob die angebliche Tonhöhe der Instrumente, welche diese höchsten hörbaren Töne her- vorbringen, der Wirklichkeit entspricht oder ob wir, wie es schon vorgekommen ist, durch falsche Konstruktion der Instrumente oder durch falsche Tonhöhenbestimmung derselben getäuscht wurden. 10 — 10 — Mit experimentellen Bestimmungen der Tonhöhe höchster hörbarer Töne beschäftigten sich bis jetzt folgende Autoren: Zwaardemaker in Utrecht suchte die den einzelnen Teilstrichen der Galtonpfeife entsprechende Tonhöhe zu bestimmen oder, wie er sich ausdrückt, diese Pfeife zu „aichen.“ Er stützte sich dabei auf die Beobachtung, dass er die hohe Hörgrenze jugendlicher Individuen bei Königs Klangstab e’ (mi”) und bei Teilstrich 1,25 seiner Galtonpfeife gefunden habe. Mit dem Vorbehalt, dass diese Töne auch annähernd gleicher Intensität sein müssten, setzte er diese beiden Werte einander gleich. | Die Tonhöhe der übrigen Teilstriche der Galton- pfeife bestimmte er nach der Methode seines Freundes Dr. phil. J. D. van der Plaats, indem er die gleichen Teilstriche abwechselnd mit Luft und mit Leuchtgas an- blies. Vorher war das spezifische Gewicht des benutzten Leuchtgases bestimmt worden. Die auf diese Weise sewonnenen Töne stehen zu einander im Verhältnis einer Quint. Der höhere dieser beiden Töne lässt sich immer durch Verkürzen der Pfeife oder durch Anblasen der- selben mit Leuchtgas hervorbringen. Auf diese Weise bestimmte Zwaardemaker die jedem einzelnen Teilstrich der Galtonpfeife entsprechende Tonhöhe !). (Gegen diese Tonhöhenbestimmung Zwaardemakers machten die Physiologen C. Stumpf und M. Meyer in 1) Vergl. Zwaardemaker, das presbyakusische Gesetz. Z. f. O. XXIV. Band, viertes Heft, S. 284; ferner „Der Einfluss der Schall- intensität auf die Lage der oberen Tongrenze.“ Z. f. O. Viertes Heft, S. 304. Die ursprüngliche holländische Mitteilung des gleichen Autors befindet sich in „Ned. Natuur- e Geneesk-Congress in Groningen, April 1893.“ — . 151 — Berlin geltend, dass die Stimmung des König’schen Klangstabs mi” (e‘) eine problematische sei, und dass mithin die Zwaardemakersche Tonhöhenbestimmung der Galtonpfeife nicht auf ganz soliden Füssen stehe. Herr Professor Melde in Marburg prüfte eine An- zahl zur Bestimmung der hohen Grenze der Gehör- perception dienenden Justrumente mittelst zweier 1hm eigenen Methoden !): 1° Mittelst einer- optisch-graphischen Methode. 2° Mittelst seiner objektiven Resonanzmethode. Letztere Methode kann auch von einem vollständig tauben Individuum benutzt werden. Melde untersuchte folgende Instrumente: 1° Denälteren von Georg Appunn senior konstruierten und von Preyer zu seinen physiologischen Versuchen benützten Stimmgabelapparat. | Die angebliche Tonhöhe der höchsten dieser Gabeln reicht bis zu 40000 V. D. und diese Gabel wurde von Preyer noch gehört. 2° Einen im Preisverzeichnis über Spezialitäten in seinem akustischen Institut von Anton Appunn aufge- führten Hörprüfungsapparat nach Professor Kessel in Jena bestehend aus 11 Stimmgabeln, die von 2000 bis 50,000 Schwingungen reichen sollen. 3° Die hohe Königsche Stimmgabelreihe ut? (c°) bis (TT) ©). Die Untersuchung der beiden Appunnschen Apparate ergab, dass ihre angebliche Tonhöhe in Wirklichkeit von 1) Melde „Über einige Methoden der Bestimmung von Schwin- gungszahlen hoher Töne.“ Wiedemanns Annalen Bd. 51 und 52; ferner „Über einen neuen A. Appunnschen Hörprüfungsapparat.“ Pflügers Archiv für die gesamte Physiologie. Bd. 71, S. 441. 2) Siehe Note Seite 4. a denselben nicht erreicht wird. Die höchsten Stimm- gabeln dieser Reihen erreichten keine 40000 V.D. Es hat somit auch Preyer keine 40000 V. D. gehört. Ausserdem kam es vielfach vor, dass eine angeblich höhere Stimmgabel dieser Reihen in Wirklichkeit tiefer war als die vorhergehende. Hinsichtlich dieser wert- vollen Kontrollversuche müssen wir auf die Arbeiten Meldes verweisen. Die Stimmung der Königschen Stimmgabelreihe dagegen erwies sich nach Meldes Beobachtungen voll- ständig richtig, soweit die Tonhöhe dieser Gabeln mit den beiden Meldeschen Methoden bestimmt werden konnte. Dieses war bis zum Ton €? (ut?) der Fall. Die Tonhöhe der Königschen Stimmgabeln re’, mi’, fa? (d’, e’, f7) war mittelst der von Meide angewendeten Methoden nicht mehr bestimmbar. Mittelst der Kundtschen Staubfiguren war es, wie wir aus seiner Abhandlung entnehmen konnten, Herrn Prof, Melde möglich, Tonhöhen bis zu 8000 V. D. zu kontrollieren. Als Ersatz für die hohen Stimmgabelreihen em- pfehlt Herr Professor Melde bekanntlich seine Stimm- platten !). Sie werden nach der Antolykschen Methode ange- strichen und mittelst aufgestreutem Sand lässt sich er- kennen, ob die Stimmplatte wirklich in Schwingungen versetzt wurde oder nicht. In dem Sand entsteht die dem Ton der Stimmplatte entsprechende Chladnische Klangfigur. 1) Melde „Über Stimmplatten als Ersatz für Stimmgabeln zur Erzeugung sehr hoher Töne.“ Sitzungsbericht der Gesellschaft zur Beförderung der gesamten Naturwissenschaft zu Marburg. Nr. 4. Mai 1898; ferner „Archiv für Ohrenheilkunde. 45. Band, 1. und 2. Heft,“ Referat von A. Fick in Würzburg. — 153 — Schon früher als die erwähnten Autoren hatte Rudolph König in Paris die Tonhöhe seiner hohen Stimmgabel- reihe ut? — fa? (c° —.f7) bestimmt. Die Tonhöhe des ut? (c?) bestimmte er, wie er mir schrieb, mitteist mehrerer einander gegenseitig kon- trollierender optischer und akustischer Methoden und gibt an, dass ihm diese Bestimmung mit mathematischer Ge- nauigkeit gelungen sei. Die Tonhöhe der übrigen Gabeln dieser Reihe be- stimmte er, indem er die Stosstüne oder Schwebungen zählt, welche jeweilen eine dieser Gabeln mit einer um wenige Schwingungen tieferen bereits bestimmten Gabel ergibt. Zum wirksamen gleichzeitigen Anstreichen zweier in einen eisernen Klotz eingeschraubten Stimmgabeln be- darf es eines besonderen Handgriffs, mittelst welchem Herrn Dr. König diese Tonhöhenbestimmungen mit grosser Genauigkeit bis zur Tonhöhe f’ inklusive, ja wie er mir kürzlich mitteilte, sogar noch etwas höher gelang. Es waren aber die Versuche in dieser Ton- höhe ausserordentlich anstrengend '). Herr Professor Edelmann?) in München konstruierte, auf Veranlassung von Bezold, ein verbessertes Galton- pfeifchen und bestimmte die den einzelnen Teilstrichen entsprechenden Tonhöhen nach zweierlei Methoden. 1° Durch Berechnung aus der Konstruktion, indem er diese Pfeife mit einer grösseren nach ähnlichem Prinzip 1) Vergl. Rudolph König „Quelques expériences d’acoustique. Paris, 27 Quai d’Anjou“; ferner „Catalogue des appareils d’acous- tiques, construits par Rudolph König, docteur en philosophie. Paris, 27 Quai d’Anjou, 1839, page 23.“ 2?) Verhandlungen der Deutschen Otologischen Gesellschaft in München 1896. Vortrag von Denker „Über die physiologische obere und untere Tongrenze. Seite 48.“ 0 — 14 — konstruierten, einer der beiden sogenannten Bezoldschen Pfeifen verglich. 2° Bis zur Tonhöhe, die dem Teilstrich 5,0 entspricht, mittelst der Methode van der Plaats durch Anblasen mit Luft und mit Leuchtgas. Hinsichtlich der Edelmannschen Tonhöhenbestim- mungen müssen wir zwischen älteren und neueren Exem- plaren unterscheiden. Die maximale angebliche Tonhöhe der älteren Exemplare der Edelmannschen Galtonpfeife beträgt a° — 55700 V. D.; die maximale angebliche Tonhöhe der neueren Exemplare nur a” = 27800 V. D. Diese Pfeife ist bekanntlich keine gedeckte Orgel- pfeife, wie die ursprünglich von Tisley und von König konstruierten Galtonpfeifen, sondern sie besitzt wie die Lokomotivpfeife eine ringförmige Mundöffnung. Die Tonhöhe ist sehr von der sogenannten Mand- weite abhängig, d. h. von der Entfernung, welche die Mundöffnung der Pfeife von der Öffnung des zur Leitung des Luftstroms dienenden verschiebbaren Rohrs betraot. 2 > Bei grösserer Mundöffnung wird die Weite der Öffnung dieses Rohrs gleichzeitig grösser, bei engerer Mundöffnung dagegen geringer. Es soll zum Anbiasen der tieferen Teilstriche dieser Pfeife die weite Mundöffnung benutzt werden, zum Anblasen der höheren Teilstriche dagegen die engere Mundöffnung. Bei Benutzung einer zu engen Mundöftnung ent- stehen beim Anblasen der tieferen Teilsiriche nur Ober- töne. In letzter Zeit konstruierte Anton Appunn in Hanau eine Serie von 62 Pfeifen, die von Halbton zu Halbton fortschreiten und deren angebliche Tonhöhe bis gis® — 90880 V. D. betragen soll; später konstruierte er sogar — 195 — noch Pfeifen bis zur angeblichen Tonhöhe g° — und diese Pfeifen werden noch gehört! Stumpf und Meyer!) in Berlin ergänzten die Ver- suche Melde’s; sie bedienten sich dabei einer anderen Methode, der von Ihnen zuerst angewendeten Differenz- tonmethode und bei der Untersuchung der Pfeifen einer besonderen Methode des Anblasens. Sıe untersuchten 1° die beiden schon von Melde ge- prüften hohen Appunnschen Stimmgabelreihen. 2° Eine Anzahl hoher Königscher Stimmgabeln. 3° Mehrere Exemplare der Edelmannschen Galtonpfeife. 4° Die hohe Appunn’sche Pfeifenserie. Ihre Untersuchungen der beiden Appunnschen und der Königschen Stimmgabelreihe bestätigten durchaus die Resultate Melde’s. Die Stimmung der Appunnschen &abeln zeigte sich in dem vorher erwähnten Sinn als höchst mangelhaft, diejenige der Königschen Stimmgabeln dagegen richtig. Was die Edelmannschen Galtonpfeifen betriftt, so waren die Resultate Stumpf und Meyers mit den Ton- höhenbestimmungen Edelmanns nur bis zur Tonhöhe 14000 V. D. entsprechend ungefähr dem Ton a° über- einstimmend. Die angebliche Tonhöhe der höheren Teilstriche dieser Pfeifen war nach Stumpf und Meyer viel zu hoch. Dieses lässt sich auch mittelst einer von Stumpf und Meyer empirisch konstruierten Formel °) nachweisen. 1) C. Stumpf und M. Meyer „Schwingungszahlbestimmungen bei sehr hohen Tönen,“ Annalen der Physik und Chemie neue Folge, Band 61, 1897; ferner ,Erwiderung,“ Annalen der Physik und Chemie, neue Folge, Band 65, 1898. 2) Die empirische Formel Stumpf und Meyer’s lautet: ee 98000 zn n n? wobei h = der Pfeifenlänge und n = der Schwingungszahl. Diese Pfeifen können höchstens Töne bis zu 30000 VD. liefern, also, höchstens noch a7 7273806 VD. aber niemals c° = 32768 V. D. oder gar a? = 54613,3 \ SD) Hier muss ich nun ausdrücklich bemerken, dass die angeblichen Tonhöhen c° und a° auf einem von mir vor kurzer Zeit bezogenen Exemplar der Edelmannschen Graltonpfeife nicht mehr angegeben sind; als höchster Ton figuriert auf dieser Pfeife a’. Die Untersuchung des aus 62 Pfeifen bestehenden Appunnschen Hörprüfungsapparats ergab, dass die Stimmung dieser Pfeifen nur bis zur Tonhöhe ce? richtig ıst; von dieser Höhe an aufwärts aber durchaus falsch. Das angebliche gis®° Appunns, angeblich = 50880 V.D. hat in Wirklichkeit je nach der verwendeten Wind- stärke nur zwischen 10000 und 11,000 V.D. Es wäre also höchstens ein ff; ein Unterschied von nahezu 40000 VD)! Ar Der bei der Konstruktion dieser Appunnschen Pfeifenserie vorliegende Fehler ist der, dass bei der !) Galton gibt an, dass sein Pfeifehen höchstens soweit ver- kürzt werden darf, dass seine Länge 11/2 mal so gross ist wie sein Durchmesser. Galton inquiries into human faculty pe. 375 ff. 1883 Die höchste Schwingungszahl der Galtonpfeife wird, wenn diese Annahme richtig ist, noch viel weniger hoch. ”) Gegen diese Befunde Stumpf und Meyers bemüht sich Herr A. Appunn Gegenbeweise aufzubringen. Wir müssen es dem Leser seiner Abhandlungen überlassen zu entscheiden, ob ihm die Entkräftigung der Stumpf- und Meyerschen Angaben gelungen ist. Vergl.: „Schwingungszahlbestimmungen bei sehr hohen Tönen von Anton Appunn,“ Annalen der Physik und Chemie, neue Folge, Band 64, 1898. Ferner: „Über die Bestimmung der Schwingungszahlen meiner . Pfeifen auf optischem Wege“ und „Warum können Differenztöne nicht mit Sicherheit zur Bestimmung hoher Schwingungszahlen an- gewandt werden?“ von Anton Appunn, Annalen der Physik und Chemie, neue Folge, Band 67, 1899. — Se Konstruktion nur die Länge des Pfeifenkörpers, dagegen keineswegs die Weite desselben berücksichtigt wurde. Bei den höchsten dieser Pfeifen überwiegt sogar die Breite die Länge, so dass die erwähnte Fehlerquelle ganz be- sonders fühlbar wird.) Herr Professor Hagenbach-Bischoff, welcher mir stets in freundlichster Weise in physikalischen Dingen seinen guten Rat erteilt hatte, riet mir an bei meinen klinischen Untersuchungen die hohen Königschen Stimm- gabeln, welche die Bezeichnung Präzisionsinstrumente verdienen, zu gebrauchen. Er sagte mir auch einmal, dass es ihm gelungen sei, mit einer hohen Königschen Stimmgabel in einer Kundtschen Röhre die Staubfiguren darzustellen. Dieses veranlasste mich, mit Hilfe dieser Methode, die Tonhöhe sämtlicher mir zur Verfügung stehender Instrumente zu prüfen, welche zur Bestimmung der hohen Grenze menschlicher Gehörperception dienen können. Herr Dr. Rudolph König, von welchem ıch eine Kundtsche Röhre bezog und welchen ich von meinem Vorhaben in Kenntnis gesetzt hatte, teilte mir sofort mit, dass ihm die Darstellung der Staubfiguren mittelst seiner hohen Stimmgabeln schon im Laufe des vorigen Sommers bis zur Tonhöhe c? (ut?) gelungen sei. Er schickte mir gleichzeitig zwei enge Röhren, die eine von 6 mm., die andere von 8 mm. lichtem Durch- messer, in welchen die Staubfiguren dieser hohen Töne am leichtesten zustande kommen. Die Länge der Röhre 1) Eine von Helmholtz entwickelte Formel, aus welcher die Tonhöhe solcher Pfeifen berechnet werden kann, findet sich in Helmholtz „Lehre von den Tonempfindungen,“ fünfte Auflage, Bei- lage IT. Joe soll eine solche sein, dass 10 bis 20 Wellen in derselben entstehen können. Es müssen sowohl Röhre als auch der benutzte Korkstaub vollständig trocken sein. Die Röhre wird mittelst eines Gestells mit dem offenen Ende möglichst nahe an die Schallquelle gebracht. Es ist zweckmässig, dieselbe so zu drehen, dass der gleichmässig verteilte Staub nicht ganz unten zu liegen komme, sondern etwas seitlich. Er gerät dann leichter in Bewegung und es bilden sich dann die Wellenbäuche in Form herabhängender Fäden oder Festons. Die Enden der Fäden bilden dann eine Wellenlinie, auf der man dann mit Leichtiekeit die Abstände der gleichen Höhen oder Tiefen messen kann. Gegen das verschlossene Ende der Röhre befindet sich stets ein Knoten!), am offenen Ende oder in der Nähe desselben ein Wellenbauch. Zwei Wellenbäuche begrenzen eine halbe Welle. Währenddem ich nun meine Versuche ausführte, schrieb mir Herr Dr. König, dass ihm nun auch die Staubfiguren beim Anstreichen seiner höchsten Stimm- gabeln mit Einschluss von £’ (fa?) gelungen sei. Dieses fa? wird, worüber ich noch berichten werde, auch von Normalhörenden nur selten und inkonstant gehört. Herr Dr. König bediente sich zu seinen Versuchen des Korkstaubs und erhielt bei seinem ersten Versuch eine zusammenhängende Wellenlinie von 9 halben Wellen 1) Die Wellenlinien entstehen auch in beidseits offenen, engen Röhren, dann befindet sich aber an dem der Tonquelle entfernteren Röhrenende kein Knoten, sondern ein Wellenbauch. Mode deren Länge 0,069 Meter betrug. Die Länge der einzelnen À tre halben Welle oder von in war mithin 0,00767 Meter oder 7,67 Millimeter. Diese halbe Wellenlänge ent- spricht sehr annähernd der theoretisch geforderten halben Wellenlänge von 7,79 Millimeter. Es muss also auch wenigstens annähernd die Schwingungszahl mit der theoretischen Schwingungszahl 43690 V. D. überein- stimmen. Durch später ausgeführte Versuche war aber die Übereinstimmung eine viel genauere. Die Schwingungszahl wird bekanntlich aus der Wellenlänge bei bekannter Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Schalls nach der Formel berechnet: C , N = —, wobei N = ist der Schwingungszahl, Beh C = der Fortpflanzungsgeschwindig- keit des Schalls und À = der Wellenlänge ist. Viel schöner als mit Korkstaub gelangen mir die Versuche mit semen Lycopodii; ich erhielt sofort eine sehr schöne regelmässige, die ganze Länge der Röhre einnehmende Wellenlinie. | Aus vielen Versuchen ergaben die genauesten 3 Messungen für die Staubfiguren des Tors fa’ (f7) die folgenden Werte, aus welchen ich das arithmetische Mittel zog. 34 halbe Wellen = 26,45 cm., 5 —e0. 72103 em. 34 , E AD N TE ee "8 226,5 VL, Das arithmetische Mittel dieser Werte für die halbe Wellenlänge beträgt 0,778 Centimeter, welches — 160 — der theoretischen halben Wellenlänge überaus nahe kommt. Die Messung der Wellenlinie wird mittelst eines Stangenzirkels oder auch nur eines genau gearbeiteten Masstabes vorgenommen, wobei die Röhre am besten auf schwarzem Untergrund zu legen ist. Man misst am leichtesten die Abstände der promi- nentesten Partien der beiden von einander entferntesten Wellenbäuche. Es erfordert diese Messung allerdings ein gutes Augenmass und Beobachtungsfehler sind dabei immerhin möglich. Die Resultate meiner Untersuchungen der hohen Königschen Stimmgabelreihe sind in folgender Tabelle zusammengestellt. Ich rechnete dabei nach halben Wellenlängen, weil sich der Abstand zweier Bäuche in der Röhre am leichtesten abmessen lässt. Auch sind in dieser Tabelle einfache oder halbe Schwingungen V.S. oder 2 N auf- sezeichnet, weil die Tonhöhe dieser Königschen Instru- mente nach einfachen Schwingungen angegeben ist. r / e Û OD Der Wert von —- ist immer ein aus mehreren wohl- gelungenen Versuchen und Messungen berechneter Mittel- wert. Ras de (>)w 2h 2 à Dif. in Röhre | penhachigt | berschnei | theoretisch Ir 0/00 E03 07782 43701 | 456901 251) 0.7 mi? „ | 0,8287 | 41066 | 40960 |+106 | 2,6 re? „ | 0,9224 | 36894 | 36864 | +30 | 0,8 ut? 1.0360 030806 | 5216040208 US 7.0942 | 1,1119.) 30608 30720. - 119 | 36 27) „112436 | 27366 | 27307 +59 | 2,2 sol 73920 04625 | sr A050 fa = 27551521935 | 21845 280 12 mis „. 1,6558 | 20553 | 20480 | +73 | 3,6 re® „1,8435 18460: | 18452 | 128 115 ut® 120708. 16433 | 16384 | +19 30 si? 2.929189 | 15337, 15360... 23 7715 la? = 2498013661 | 15653 | 28 006 sol? = D 1025 . 10319. 19988 | 236. | >25 fa? D 10928.1.10993 75.05 mi? 33127 11090 109202942 793 2003| 36904: 9991 29906 | 5.1.05 ut? =. 511500, 82001 8192 . v8 10 Die Differenzen der experimentell gefundenen resp. aus der Wellenlänge berechneten Schwingungszahl und der theoretischen Schwingungszahl sind, wie man sehen kann, sehr gering; diese Instrumente sind mithin ausser- ordentlich zuverlässig. Einige etwas grössere Differenzen beruhen höchst wahrscheinlich zum grössten Teil auf Beobachtungsfehler während der Messung. Ganz besonders genau wurde, wie mir Herr Dr König schreibt, die Tonhöhe des tiefsten Tons der Reihe c? oder ut? bestimmt, mittelst mehrerer einander gegenseitig kontrollierender optischer und akustischer Methoden und es ist sehr wohl möglich, dass die geringe von mir gefundene Differenz von 1°/coo nur auf einem Messungsfehler beruht. Bei stärkerem Anstreichen der Stimmgabeln ent- steht eine leichte Verschiebung des Staubs gegen das verschlossene Röhrenende, also Verkürzung der Wellen- linie bei gleich bleibender Wellenlänge. Dieses bildet eine Fehlerquelle, welcher man durch möglichst leises Anstreichen der Stimmgabeln zum grössten Teil aus- weichen kann. Den Einfluss der Temperalur auf die Fortpflanzungs- geschwindigkeit des Schalls berechnete ich nach einer mir von Herrn Privatdozenten Dr. Veillon, Assistent des hiesigen physikalischen Instituts, freundlichst mit- geteilten Formel!) @ 0506 A002 000. bei welcher C, = Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Schalls bei bestimmter Temperatur, 330,60 = der An- zahl von Meter, welche der Schall bei 0° in einer Se- kunde zurücklegt, 0,004 eine konstante und t = der Temperatur, bei welcher die Beobachtung vorgenommen wird, Meine Untersuchung der hohen König’schen Stimm- gabelreihe nahm ich stets bei 15° Celsius vor. Als Fortpflanzungsgeschwindigkeit bei 15° Oelsius erhält man durch Berechnung aus der vorher erwähnten Formel C. 15° = 340,373 Meter in der Sekunde. In der Tabelle ist auch der Radius der benützten Röhre angeführt. Den Einfluss der engen Röhren auf die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Schalls berechnet !) Abgeleitet aus der Newton-La Place’schen Formel für die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Schalls. — 165 — Herr Dr. Veillon aus der von Helmholtz und Kirchhof konstruierten Formel ): er N) wobei c = der Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Schalls in engen Röhren, © = der Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Schalls im Freien, y eine von Herrn Prof. Kaiser in Bonn berechnete konstante, 2r=dem Durchmesser der be- nutzten Röhre, zx — der bekannten zur Berechnung des Kreisumfangs und Inhalts dienenden konstanten 3,1415926 und N =der Schwingungszahl ist. Als Wert für y fand Herr Professor Kaiser 0,0235; Helmholtz hatte einen grösseren Wert gefunden. Die Photographien der Wellenlinie der drei höchsten Stimmgabeln dieser Königschen Reihe re?’ mi? fa? (d’ e’ f*) sind in Tafel I zu sehen; sie wurden wie ‚die Photographien der übrigen Präparate von Herrn H. Speiser, Mitglied unserer naturforschenden Gesell- schaft, ausgeführt. Viel schwieriger als durch Anstreichen der Königschen Stimmgabeln gelang die Darstellung der Wellenlinien durch Anschlagen der Königschen Klangstäbe. Dieselben mussten in einem eisernen Rahmen mittelst stärkster Violinsaite möglichst unbeweglich fixiert werden. Es gelang mir die richtige Stimmung derselben bis zur Tonhöhe c’, ut? nachzuweisen. Für c” war schon die Darstellung der Wellen sehr schwierig. Es erschien aber doch nach längerem Klopfen eine schöne, die ganze Länge der Röhre einnehmende Wellenlinie. Sehr gern hätte ich auch die richtige Stimmung des Klangstabs mi? e7 nachgewiesen, weil auf derselben die Zwaardemakersche Aichung der Galtonpfeife beruht. 1) Vergl. Melde Akustik. — 164 — Allein es zeigte sich gerade dieser Klangstab sehr ver- stimmt; der Ton entsprach eher einem d’ als einem e’, vergl. Photographie. Allein ich muss bemerken, dass ich diese Klangstäbe schon seit mehr als 12 Jahren zu klinischen Zwecken gebrauche und dass sie während dieser Zeit schon Gelegenheit hatten, verstimmt zu werden. Es erschien die Staubfigur für diesen Ton erst nach mehrfachen vergeblichen Versuchen, indem erst die Violinsaiten rissen, und dann erst nach ungefähr halbstündlichem, anhaltendem starkem Klopfen. Bei dem Anblasen der Pfeifen, der Galtonpfeifen, der Appunnschen Pfeifen und der höheren Oktaven der Urbantschitschen Harmonika erschienen die Staub- figuren sehr leicht. Es hatte schon am dritten Otologen Kongress zu Basel im Jahr 1885 Herr Professor Hagenbach- Bischoff mittelst der Tyndallschen empfindlichen Flammen gezeist, dass die Galtonpfeife (das von Herrn Dr. Ru- dolph König fabrizierte Instrument!) Töne hervorbringt, welche jenseits der menschlichen Gehörperception zu liegen kommen. Durch diese Demonstration Herrn Pro- fessor Hagenbachs, sowie durch die Arbeiten Burkhardt- Merians wurde diese Pfeife bald unter Öhrenärzten populär. Das ursprünglich Tisleysche Instrument hatte Herr Professor Hagenbach aus England mitgebracht. Bei dem Anblasen des der hohen Hörgrenze ent- sprechenden Teilstrichs meines Exemplars?) der Kö- nig’schen Galtonpfeife erhielt ich allerdings nur An- deutung von Wellen, keine messbaren Wellenlinien (bei 1) Die ersten Galtonpfeifen wurden bekanntlich nach der An- gabe Galtons von Tisley in London fabriziert. 2) Mein Exemplar ist nicht direkt von König, sondern von Walter Biondetti in Basel bezogen, trägt aber die Marke R. Königs. Teilstrich 2, 1). Es sind also oftenbar die empfindlichen Flammen geeignet, die Existenz noch höherer Töne zu demonstrieren als die Staubfiguren, was uns ja nicht wundern darf. Dagegen gelingt es meines Wissens bis jetzt noch nicht, die Tonhöhe (dieser nur mit den em- pfindlichen Flammen nachweisbaren Töne zu bestimmen. Die höchste messbare Wellenlinie erhielt ich für diese Pfeife bei Teilstrich 2,3; die Wellenlinie ent- sprach dem Ton f7 (fa?). Die höchsten bestimmbaren und noch sehr gut hör- baren Töne dieser Pfeife reichen also bis zur Tonhöhe der höchsten König’schen Stimmgabel bis zu 21,931 VD. Von dem Teilstrich 2,3 bis Teilstrich 9,0 inklusive entsprachen die Tonhöhenbestimmungen meines Exemplars der König’schen Galtonpfeife !) ziemlich annähernd den Zwaardemaker’schen Aichungen. Bei dem Anblasen der 3 tiefsten Teilstriche 10, 11 und 12 erhielt ich dagegen anfänglich nur Obertöne. Es kam wieder f7 zum Vorschein. Erst als ich mich einer grösseren und weiteren Röhre bediente, erhielt ich eine sehr komplizierte Wellenlinie, in welcher man wohl einen Grundton erkennen kann. Derselbe ist aber der vielen in Form von Bäuchen und Knoten kleinerer Dimension hervortretenden Obertöne wegen nur äusserst schwer bestimmbar. Die Resultate meiner Tonhöhen- bestimmung sind in folgender Tabelle mit derjenigen Zwaardemakers verglichen. 1) Es sind bekanntlich keine zwei Exemplare der Galton- pfeifen hinsichtlich der den einzelnen Teilstrichen entsprechenden Tonhöhen einander vollständig gleich. Ein Vergleich mit einem andern Exemplar ist deswegen immer nur annähernd durch- führbar. 11 — 166 — Königsche Galtonpfeife. Bestimmung der Tonhöhe d. Exemplars von Zwaardemaker n. d. Methode van den Plaats Teilstrich (Pfeifen- länge in mm) Bestimmung der Ton- höhe meines Exemplars nach der Kundtschen Methode der Staubfiguren is 1,0 Te 1,25 = d’ I — = 2,3 fi ch 2,4 — — 2 e' > 2Dr 28 — -— 3,0 ar d’ I 3,5 Ka een = 2 4,0 a g° Be 4,8 —- ENT 5,0 ah se Be 5,6 Te 6 en une ai ee fs Bee Ban — 7,0 e° = 7,5 ee d® er FT (8% 9,0 a h5 10,0 | I“ a? 11,0 Obertöne gis? 12,0 | Bei dem Anblasen meines älteren Exemplars der Edelmannschen Galtonpfeife erhielt ich die höchste mess- bare Wellenlinie bei Teilstrich 0,6 ziemlich genau der nor- malen hohen Grenze für dieses Exemplar entsprechend. Die Wellenlinie war eine komplizierte und bestand aus längeren Wellen, entsprechend ungefähr dem Ton c° und kürzeren etwas unregelmässigen Wellen, welche einer Tonhöhe von nahezu c° entsprechen. Fast ebenso verhielt sich mein neueres Exemplar der Edelmannschen (Graltonpfeife. Die höchste, gut messbare Wellenlinie erhielt ich bei Teilstrich 0,5; eben- falls war die Linie kompliziert, bestehend aus längeren Wellen entsprechend ungefähr der Tonhöhe ef und kürzeren Wellen, ziemlich genau a’. Es zeigt sich in beiden Fällen sehr deutlich, dass die kürzeren Wellen Teilwellen des Grösseren, also Obertöne der den grösseren Wellen entsprechenden Töne sind. Für mein neueres Exemplar befindet sich nach Edelmann die normale hohe Grenze bei Teilstrich 0,2. In dieser Höhe erhielt ich aber für beide Exemplare nur Andeutungen von Wellen, die nicht zu messen waren. Eine Wellenlinie erhielt ich für mein neueres Exemplar schon bei Teil- strich 0,4 (vergl. Photographie). Die Wellen waren aber noch nicht sehr genau messbar; sie erschienen ziemlich unregelmässig. Eine schöne regelmässige, der Tonhöhe a’ ent- sprechende Wellenlinie erhielt ich für beide Exemplare nur bei Teilstrich 1,3. Von der Tonhöhe a’ an abwärts entsprachen meine Tonhöhenbestimmungen ziemlich genau den Edel- mannschen Aichungen des neueren Exemplars; diese stimmt auch ihrerseits ziemlich genau mit den Stumpf und Meyerschen Tonhöhenbestimmungen, wie aus fol- gender Zusammenstellung zu entnehmen ist, überein. 168 Edelmannsche Galtonpfeife Teilstrieh Tonhöhe en un mm Im. Eine, 2. Stumpf u. Noyer a 0,5 se 30000 V.d.=h? |e’+a? bis h? een = 17 a — al ee 20000 V. d. = e’ =: 2.2 en 18400 V. d. = d' — 12,9 —- ROUE der — Er Ci — c' 3,6 a — br 3,7 = 14000 V. d: = a® = 4,8 — | 12000 V.d.=g° = ara: ee 11000 V. d. = f° u 6,4 — 10000 V. d. = ef — a 9000 V.d.=ds = 8,7 > 8000 V.d.= c° Ä (> un as = | a? Dan bb de Ne 15,3 Zee EE 18,0 CRT = | 6? 19,5 > 4000 V.d.=e | DO a — | a — 169 — Sehr wichtig ist es bei dem Gebrauch der Edel- mann'schen Galtonpfeife, sich der richtigen Mundweite zu bedienen. So entsteht bei grosser Mundweite bei dem Anblasen eines der tiefsten Töne der Edelmannschen Galtonpfeife, des Tons at beider Exemplare in einer zirka 2 cm weiten Röhre wirklich die dem Ton a’ entsprechende Wellenlinie. Nehmen wir dabei aber die enge Mundweite, so entstehen in der gleichen Röhre für den gleichen Teilstrich sehr hohe Obertöne. Meine Studien über die Obertöne, die beim Über- blasen der Pfeifen oder bei dem Gebrauch zu enger Röhren entstehen, sind vorläufig noch nicht abge- schlossen. Die Photographien der Wellenlinien Königscher und Edelmannscher Galtonpfeifen sind in Tafeln II bis Tafel III zu sehen. Sehr auffallend ist das Erscheinen der relativ tiefen Töne e°, in einem Fall sogar g? bei höchsten Teilstrichen der Edelmannschen Galtonpfeife. Dieses stimmt mit einer Beobachtung Stumpf und Meyers überein, welche angaben, dass unmittelbar vor dem Erreichen der hohen Grenze, sie das Erscheinen eines tieferen Tons mit der Difterenzton-Methode be- obachten konnten. Die Tonhöhe desselben geben beide Autoren nicht an. Jedenfalls deutet das Erscheinen dieses tieferen Tons auf einen die Konstruktion oder Ausführung der Pfeife betreffenden Fehler. Meine Untersuchung der hohen Appunnschen Pfeifenserie bestätigt diejenige Stumpf und Meyers. Die Tonhöhe des angeblichen gis® Appunns schwankt nach der Stärke des Anblasens. Sie beträgt zwischen 10,000 und 11,000 v. d. Bei dem photographierten Versuch (Tafel III) be- trägt diese Tonhöhe annähernd fisf.!) Die Tonhöhe ist von der Windstärke und von dem Durchmesser der benützten Röhre bis zu einem gewissen Grade ab- hängig. Sehr schön waren auch die Wellenlinien der hö- heren Oktaven der Urbantschüschschen Harmonika dar- stellbar. Auffallender Weise kamen nie in der Wellen- linie Obertöne in Form kleinerer Bäuche zum Vorschein, obgleich die Töne der Harmonika musikalisch an Ober- tönen reiche Klänge sind. Obertöne kamen nur dann zum Vorschein, wenn ich mich einer zu engen Röhre bediente. Stets war dabei die Wellenlinie ganz regel- mässig nur einen einzigen Ton darstellend. Bei dem Hervorbringen von Geräuschen entsteht in der Kundtschen Röhre erst eine unregelmässig ge- zackte Linie, bei fortgesetzter Einwirkung des Geräuschs eine Reihe regelmässiger, dicht neben einander liegender paralleller Fäden, | Fassen wir nun die Resultate dieser Untersuchungen zusammen, so ergibt sich zunächst, dass man mit dieser Methode die Tonhöhe der zur Bestimmung der hohen Hörgrenze dienenden Instrumente in absolut sicherer und äusserst genauer Weise bestimmen kann. Es ist jeder Physiologe und jeder Ohrenarzt im Stande, mit einigen Glasröhren und etwas Lycopodium- staub die Tonhöhe seiner Instrumente, hohe Stimmgabeln und Galtonpfeifen ohne grössere Mühe zu bestimmen. Fehlerhafte Konstruktion und falsche Tonhöhen- bestimmung der betreffenden Instrumente sind mittelst dieser Methode mit absoluter Sicherheit nachweisbar. 1) Die im Bernoullianum gemeinschaftlich mit Herrn Dr. Veillon vorgenommenen Versuehe ergaben bei 500 mm Wasser- druck entsprechender Windstärke ebenfalls fis 6. u — Hinsichtlich der normalen hohen Hörgrenze gibt uns diese Methode Aufschluss, dass, wenn die hohe Hör- grenze für Königsche Klangstäbe bei jugendlichen Nor- malhörenden e”? beträgt,!) der Ton f’ (fa?) der Königschen Stimm&abeln unter Umständen von Normalhörenden ge- hört wird. Erforderlich ist dazu, dass die Gabel sehr gut an- gestrichen werde und dass der zu Prüfende den feinen spitzen Ton von dem schabenden Geräusch des Bogens zu unterscheiden gelernt habe. | Da nun, wie ich ad oculos demonstrieren kann, die Stimmung dieser Gabel ganz zweifellos richtig ist, so wird auch f’ unter Umständen gehört. f7 hören aber Normalhörende auch, wenn der Ton von der Königschen Galtonpfeife ausgeht. Das mittelst der Staubfiguren nachgewiesene f’ meiner Königschen Galtonpfeife Teilstrich 2,3 hören alle für hohe Töne Normalhörende und zwar sehr leicht. Die normale hohe Grenze liest ja noch höher als 2,3. Ganz zweifellos hören Normalhörende aber auch den Ton a” meiner Edelmannschen Galtonpfeife (Teil- strich 1,3). Die normale hohe Grenze für diese Pfeife liest ja bei dem viel höheren Teilstrich 0,2; und bei Teilstrich 1,3 meines neueren Exemplars entsteht nach- weislich kein anderer Ton als a’. Es liegt somit nach neuesten Beobachtungen die normale hohe Hörgrenze: 1° Für die Königschen Klangstäbe bei mi? (e°) — 20480 v. d., wenn die Stimmung dieses Klang- stabs richtig ist. Für mein Exemplar ist dieser kon em dre — 18432 v. d. 1) Vergl. Untersuchungen von Zwaardemaker I. C. und von Siebenmann „Beiträge zur funktionellen Prüfung des normalen Ohres“, Z. f. O. XXII. Band, drittes und viertes Heft 1892. 2° Für die Königschen Stimmgabeln bei f‘ (fa°) 210 DE ad. 3° Für die Königsche Galtonpfeife bei f? (fa?) — 21845 v. d., vielleicht aber auch noch etwas höher. 4° Für die Edelmannsche Galtonpfeife bei a? (la°) = 27361 v.d. Vielleicht gelangen mittelst dieser Pfeife noch etwas höhere Töne zum Bewusst- sein.!) Instrumente, welche nachweisbar 40000 v. d. geben, sind bis jetzt nicht konstruiert. Es wurden Töne solcher Höhe auch noch nicht gehört. Diese Beobachtungen bestätigen die Ansicht Meldes, dass die hohe Hörgrenze auch sehr von der Intensität der geprüften Töne abhängig ist. Diese Intensität können. wir allerdings bis jetzt nicht messen. Dadurch wird aber die Zuverlässigkeit der bisherigen Versuche keineswegs in Frage gestellt. Es steht nur noch die Frage offen, welche In- tensität müssen diese höchsten Töne haben, um vom normalhörenden Gehörorgan percipiert zu werden ? Vergleichen wir nun die Methode der Tonhöhen- bestimmung höchster hörbarer Töne mittelst der Kundtschen Staubfiguren mit einigen anderen vorhin erwähnten Methoden, so verdient, glaube ich, die Kundtsche Methode in vieler Beziehung vor den übrigen den Vorzug. Denn es gelang weder Stumpf und Meyer mit ıhrer Differenztonmethode, noch Melde mit seiner !) Da es nun sicher ist, dass die erwähnten Töne von einer Anzahl von Personen gehört wurden, unter denen sich auch solche befanden, die für tiefere Töne nicht normalhörend sind, so kann eine später vorzunehmende Untersuchung Normalhörender nur noch die Frage ins Auge fassen, ob nicht Normalhörende noch etwas höhere Töne zu percipieren im Stande sind. —. la objektiven Resonanzmethode oder mit seiner optisch graphischen Methode, Tonhöhen von Stimmgabeln zu bestimmen, die höher waren als c’!') Rudolph König reicht mit seiner Tonhöhenbestim - mung durch die Stosstöne bis nahezu zur höchsten Grenze menschlicher Gehörperception, in letzter Zeit noch etwas höher als fT. Mittelst dieser Methode reichen wir aber mit Leich- tiekeit und Sicherheit bis a’, vielleicht unter günstigen Umständen noch etwas höher, was erst noch durch weitere Versuche ermittelt werden muss. Es ist mir bis jetzt nicht bekannt, ob neuerdings die Tonhöhe höchster hörbarer Töne mittelst der mano- metrischen Flammen der Schwingungszahl nach bestimmt werden konnte; es hat aber jedenfalls die Kundtsche Methode den Vorzug, dass man ihre Resultate behufs genauerer Kontrolle mit der Photographie sehr leicht fixieren kann. Ich ergreife mit grosser Freude diese Gelegenheit, um denjenigen Herren, die mir durch ihre guten Rat- schläge das Gelingen dieser Versuche ermöglichten, Herrn Dr. Rudolph König, Herrn Professor Hagenbach- Bischoff und Herrn Privatdozenten Dr. Veillon meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. 1) Die maximale Tonhöhe von Stimmplatten, welche Melde mittelst semer Resonanzmethode bestimmen konnte, betrug A 00 À NA GR — 174 — Erklärung der Tafeln. Tafel I. Königsche Stimmgabeln. le ie). x men): sw rer (du). Königsche Klangstäbe. mi? (e?) untersucht bei 15° C., verstimmt. ut? (ec?) untersucht bei 20° C., richtig. rg Hg is . de 08 08 ns de de = 8 De (1 = Röhrendurchmesser bei allen Versuchen 6 mm, Bei den Figuren 1, 2 und 3 beträgt die Röhrenlänge auf der Photographie 28 cm. anstatt 29 cm., welches der natürlichen Grösse entsprechen würde. Figuren 4 und 5 sind von natürlicher (Grösse. Datei II. Edelmannsche Galtonpfeife. (Älteres Exemplar.) Teiistrich 0,6 (angeblich a°), wirkliche Tonhöhe approximativ ef + c*. je 7 : 1,3 (angeblich c°), wirkliche Tonhöhe approximativ a”. gs bd © > en) Edelmannsche Galtonpfeife. (Neueres Exemplar.) Fig. 8 Teilstrich 1,2, approximative Tonhöhe g° + a, Fig. 9 FE 0,5, £ ef + a’. His 10 R 0,4, ù 5 e’+c”. 109 > Röhrendurchmesser für alle Versuche 6mm. Röhren- länge bei Figuren 6 und 7 28 cm. anstatt 29 cm. = natürlicher Grösse, bei Figuren 8, 9 und 10 entspricht die Röhrenlänge der natürlichen Grösse. Tafel IL. Edelmannsche Galtonpfeife. (Neueres Exemplar.) (a. Grosse Mundweite.) Fig. 11 Teilstrich 22,7, angebliche Tonhöhe a‘, wirkliche Tonhöhe a*. (b. Enge Mundweite. ) Fig. 12 Der gleiche Teilstrich, der Staubfigur ent- sprechende Tonhöhen aus Obertünen zu- sammengesetzt. - Röhrendurchmesser für beide Figuren 2,0 cm. Abbildungen in natürlicher Grösse. Königsche Galtonpfeife. Bie-13. Teilstrich 2,3, Tonhöhe f? (fa°). Fig. 14 k 3,0, 5 de we Appunnsche Pfeife. Fig. 15 Angebliches gis®, wirkliche Tonhöhe approxi- mativ fis°. Röhrendurchmesser bei Fig. 13 = 5 mm., bei allen anderen Figuren 6 mm. Alle Abbildungen sind von natürlicher Grösse. Nachtrag. Herr Anton Appunn gibt an, dass bei einem ge- wissen Winddruck, den er mittelst der von den Orgel- bauern benutzten Wasserwage in mm. bestimmte, die wirkliche Tonhöhe seiner hohen Pfeifchen ihrer angeb- lichen Tonhöhe vollständig entspricht. (Vergl. Annalen der Physik und Chemie, neue Folge, Band 64, 1898.) In der Hoffnung, dass sich diese Angaben Appunns bestätigen würden, nahm ich gemeinschaftlich mit Herrn Dr. Veillon im hiesigen physikalischen Institut eine Ver- suchsreihe vor. Herr Dr. Veillon hatte die Freundlich- keit, mittelst der im Bernoullianum befindlichen Kom- pressionspumpe den von Herrn Anton Appunn gefor- derten Winddruck herzustellen; derselbe wurde mittelst eines Manometers genau bestimmt und konnte beliebig lang auf die geforderte Höhe gehalten werden. Mittelst dieses bekannten Winddrucks gerieten die Pfeifen zum Tönen und wurde die dem Ton entsprechende Staubfigur in der kleinen Kundtschen Röhre hervor- gebracht. Wir erhielten folgende Resultate: Tabelle I. Tonhöhe À : Tonhühe nach a Temp. Als Winddruck der zunächst 2 Celsius der Rühre L Appunn in cm. mm. mm. liegenden Töne N eis® 1,459 1209 3 500 #-— 1,558 ae = 1,662 DO 1201 9 400 J ; | as = 1,847 | ee 9 1500 3 304 J ; I er | 2 À eis’ 2080 130 3 248 0° = 2,077 I 130 0 3 00900, a = 2,493 en 152 1 2 2600 1302 3 : 124) - | #-2 3,116 er 92500 3 100 ) j | ed = — 3,324 Mittelst der folgenden, in der Tonreihe tiefer ge- legenen Pfeifen war es nicht möglich, bei dem von Appunn angegebenen Winddruck die Staubfiguren dar- zustellen. Der Druck war zu schwach, und es geriet der Lycopodiumstaub nicht in Bewegung. Dagegen kamen die Staubfiguren bei höherem Winddruck zu Frs. > stande und es konnten an demselben folgende Wellen- längen gemessen werden: Tabelle If. Tonhöhe À Rad ' Tonhöhe nach = Tem en AL der zunächst 2 Celsius der Röhre mm. 2 Appunn in cm. mm. Wasser liegenden Töne a) CL 31,18 6 315 Fos 3,116 CHATS 12 6 290 EN. | d° = — 3,693 GS ne. 3,.9609,1. 1992 6 20 = h er 310 6 280 c°——4,155 “ei SL 1902 6 200 yo Pre: = / er 225309 1902 6 370 ar = 2,493 Es folgt aus diesen Beobachtungen, dass die von Herrn Appunn angeblich bei dem von ihm bezeichneten Winddruck entstehenden Tonhöhen von c? an aufwärts der Wirklichkeit leider nicht entsprechen. In Pflügers Archiv für Physiologie erschienen. A. Schwendt. * Von g* an abwärts entstehen bei dem angegebenen Druck Obertöne. Bericht über das Naturhistorische Museum vom Jahre 1898. Von Dr. Th. Engelmann. Die im letzten Berichte erwähnten Umbauten sind im abgelaufenen Jahre weitergeführt und zum grössten Teile in richtiger Weise beendigt worden. Wir er- wähnen hier besonders die prompte Installierung der wohlgelungenen Heizeinrichtung durch die Herren Ge- brüder Sulzer in Winterthur. Mit der gegenwärtig in Ausführung begriffenen Kanalisation und der damit zu- sammenhängenden Erstellung eines Macerierraumes sind die grössern baulichen Veränderungen, soweit sie unsere Abteilung betreffen, abgeschlossen. Abgesehen von dem bei solch weitgehenden und vielseitigen Arbeiten un- vermeidlichen Appell an die Geduld und Nachsicht gegen- über den ausübenden Handwerkern dürfen wir doch konstatieren, dass die verschiedenen Arbeiten und Mo- biliareinrichtungen gut ausgeführt wurden. Wir hoffen nach Fertigstellung des neuen und Um- änderung des alten Mobiliars im Laufe des Jahres 1899 einen wesentlichen Teil der neuen Aufstellung wenigstens vorläufig durchführen zu können. Ebenso erwähnen wir gerne an dieser Stelle mit besonderm Danke das stets freundliche Entgegenkommen der Baubehörden gegen- über den mannigfachen Anliegen der verschiedenen Ab- teilungsvorstände. — .. 18077 In der Sitzung vom 17. Mai ernannte die E. E, Regenz eine besondere Kommission für das minera- logisch-geologische und das zoologische Institut und entsprach damit einem von uns schon früher geäusserten Wunsche. In der gleichen Sitzung wurden als weitere Mitglieder der naturhistorischen Kommission die Herren Prof. K. Von der Mühll, Dr. H. Stehlin und E. Grepin gewählt. Bald darauf wurde die neue Verteilung der einzelnen Departemente unter die Mitglieder vorge- nommen. Die Vorsteher der verschiedenen Abteilungen sind im Berichte an den betreffenden Orten erwähnt. In zwei weitern Sitzungen im Mai wurde der Entwurf einer neuen Ordnung für das naturhistorische Museum, den Dr. Fr. Sarasin festgestellt hatte, durchberaten, darauf den zuständigen Behörden vorgelegt und von diesen gegen Ende des Jahres. genehmigt. Ein überaus wichtiges Ereignis war für uns der Ankauf der wertvollen Koby’schen Sammlung von Fossilien aus dem sogenannten Korallenkalk (Rauracien) des Berner Jura. Diese Sammlung, die im Laufe von 30 Jahren angeleset worden war, ist deshalb von hohem Werte, weil sie 962 Originalien enthält, die alle in den Abhandlungen der Schweizerischen Paläontologischen xesellschaft in den Bänden VII—XXII beschrieben und abgebildet sind. In verdankenswerter Weise hatte Hr. Prof. Koby unserm Museum zur Erwerbung den Vorzug gegeben und mit Unterstützung des freiwilligen Museumvereins und durch einen Beitrag der h. Regierung von je !/s der Kosten war es uns möglich, die Sammlung zu er- werben. Wir sprechen sowohl dem Museumsverein als auch unserer obersten Behörde für ihre thatkräftige Unter- stützung an dieser Stelle unsern besondern Dank aus. — 181 — Bei der Besprechung der einzelnen Abteilungen erwähnen wir folgendes: Dem Berichte des Herrn Dr. H. Stehlin, dem die Verwaltung und Besorgung der vergleichend-anatomischen und paläontologischen Samm- lung der Wirbeltiere übertragen wurde, entnehmen wir, dass die Ergebnisse der Ausgrabungen in Egerkingen auch im letzten Jahre gering gewesen sind. Auf einer Reise, die der Vorsteher dieser Abteilung zu den an Säugetierfossilien reichen Fundstellen in Süd- und Mittelfrankreich unternahm, gelang es ihm, einige schöne Stücke für unsere Sammlung zu erwerben, Leider zeigte es sich dabei, dass einige der alten Fundorte nahezu erschöpft, dafür aber die Preise bei den Händlern jener Gegend enorm in die Höhe gegangen sind. Dagegen gab es Gelegenheit, in dem durch seinen Fossilienreich- tum berühmten Val d’Arno superiore verschiedene Formen der dortigen Fauna für unsere Sammlungen zu erwerben. Als Geschenk erhielt diese Abteilung von Herrn Dr. Geigy einen grossen Mammutzahn, der bei Er- stellung der Geigy’schen Fabrik in Grenzach ausge- graben wurde. Ferner verschiedene Gegenstände von Herrn Bielavsky in Issoire und ihrem Vorsteher. Der im letzten Bericht gewünschte Diener für diese Abteilung wurde im Laufe des Jahres angestellt. Gewählt wurde Joh. Stuber, der sich in sein gesättigtes Pensum bis jetzt gut eingearbeitet hat. Die zoologischen Sammlungen, die mit Ausschluss der Insekten und der durch Herrn Dr. H. Stehlin verwalteten Abteilungen dem Herrn Dr. Fr. Sarasin unterstellt sind, weisen folgende Arbeiten auf: 1. Fortsetzung der schon im letzten Berichte er- wähnten Katalogisierung der ausgestopften Vögel, womit die Neubestimmung, Kontrolle des Er- 12 Re ee haltungszustandes und Ausscheidung der Doubletten verbunden ist. 2. Anlage eines neuen Säugetierkataloges durch den Assistenten, Herrn E. Schenkel. . Umräumen der gesamten Vögel- und Säugetier- sammlung wegen der Umänderung des Mobiliars. Durch Ankauf erwarb diese Abteilung ein gut er- haltenes Exemplar eines Moschusochsen (ovibos mo- schatus Blainv.). Ein immer seltener werdendes Tier, das zur Eiszeit auch in Europa und Nordasien vorkam, jetzt aber nur noch in den kältesten Gegenden von Nordamerika und den Steppen der Hudsonsbai er- lest wird. An Geschenken erwähnen wir solche von Herrn Wagen-Vollmer, Dr. R. Vogel, Frau Von der Mühll- Burckhardt, J. Chappuis, Ingenieur, B. Bieler-Oppliger, Bieler Sohn. | Zu der Abteilung der niedern Tiere ist folgendes zu bemerken. Die von Hrn. E. Schenkel weitergeführte Neuordnung der Bischoff-Ehinger’schen Käfersammlung wurde, wie alle seine übrigen Arbeiten, von ihm in gewohnter, trefflicher Weise besorgt. | Durch Kauf wurden erworben eine Kollektion von Arthropoden von Herrn Henry Suter in Christchurch, Neuseeland. Eine bedeutende Sammlung von Land- mollusken von Java. Eine Sammlung von Korallen. Geschenke kamen diesen Abteilungen zu von den Herren E. Schenkel, Prof. F. Zschokke und Dr. Th. Engelmann. Die Herrn F. Riggenbach-Stehlin übertragene und von Herrn H. Sulger verwaltete entomologische Ab- teilung hat neben Zuwachs durch Kauf folgende Schen- kungen zu verzeichnen: Von Herrn Dr. R. Vogel eine grössere Partie, zirka 200 Lepidopteren aus Westindien, oo — 1383 — darunter manche dem Museum noch fehlende Arten; von Herrn De Bary-Burckhardt, Lepidopteren (Centurie) aus Nordindien; von Herrn C. Rippe, Naturalist in Dresden, Lepidopteren von den Salomonsinseln; von Herrn N. Stöcklin-Müller einheimische (Alpine) Lepi- dopteren. Das grosse Gebiet der geologischen Abteilung wurde zur Besorgung und Verwaltung den Herren Prof. C. Schmidt, Dr. A. Gutzwiler und Ed. Grepin zugeteilt. Herr E. Grépin, dem die stratigraphischen Samm- lungen des Jura übertragen wurden, hatte vor allem die neu erworbene Koby’sche Sammlung einzuordnen und ist damit beschäftigt, einen ausführlichen Katalog darüber anzufertigen. Ebenso wurde von ihm die Be- stimmung der Cartier’schen Sammlung fortgesetzt. Als (Geschenk erhielt diese Abteilung von Seite ihres Vor- stehers Fossilien aus dem Hauptrogenstein der Umgebung von Basel. Herr Dr. A. Gutzwiler, dem die Sammlung der Tertiär- und Quartär-Periode, sowie die fossilen Pflanzen unterstellt sind, erwähnt die Neuordnung seiner von ihm an das Museum abgetretenen Sammlung, aus den genannten Gebieten der Umgebung von Basel. Ein Ge- schenk erhielt diese Sammlung von Herrn Passavant- Iselin in Allschwyl. Die gesamte Geologie und die Paläontologie der wirbellosen Tiere mit Ausschluss der oben erwähnten Abteilungen ist Herrn Prof. C. Schmidt übertragen. Es berichtet derselbe über das ihm unterstellte Gebiet: Der für die Dauer der Neuaufstellung der geologischen Sammlungen angestellte Assistent Herr Dr. Tobler hat die Originalsammlung von Peter Merian zu seinem Werk „Beiträge zur Geognosie 1821 und 1832“ neu geordnet und dieselbe in zwei besonderen Schränken zusammen- — 154 — gestellt. Ferner wurden die aus dem Jura stammenden Aufsammlungen der Herren Chr. Burckhardt-Bischoff, A. Müller, V. Chilleron, Mösch, Campisch, Stutz, Tobler etc. vereinigt und stratigraphisch geordnet. Da- bei wurden vier Sammlungen getrennt gehalten. 1. Spezielle Umgebung von Basel. 3, Östlicher Jura. 3. Westlicher Jura. 4, Kreide des westlichen Jura. „Das zerstreute alpine Material wurde je nach der Provenienz angegliedert an die bestehenden Samm- lungen, Stutz, Gilleron nnd Klippstein. Das ausländische Material wurde nach Formationen und innerhalb der Formationen regional geordnet. Besonders bemerkens- wert ist die Erwerbung einer 28 Schubladen füllenden Sammlung von Fossilien aus den französischen Alpen, welche Herr stud. A. Buxtorf im Laufe des Sommer- semesters 1898 unter Leitung des Herrn Prof. Kilian in Grenoble zusammengebracht hat. Die von Prof. C. Schmidt und Dr. Gutzwiler aus Russland mitgebrachten Sammlungen wurden in einem besondern Schranke de- finitiv geordnet und Stück für Stück als Eigentum des Museumsvereins bezeichnet.“ An Geschenken sind zu erwähnen: 1. Fossilien und Gesteine aus Schwaben und Hegau ven Dr. Tobler, stud. H. Preiswerk und Prof. C. Schmidt. 2. Fossilien von Gundershofen i. E. und Gesteine aus den Vogesen von Dr. Hagmann in Strassburg. 3. Zarka 300 Gesteinsstücke und Fossilien aus Wallis und Piemont von Prof. ©. Schmidt. 4, Belegstücke zu den geologischen Aufnahmen am Buochser- und Stanser-Horn (18 Schubladen). — 185 — Ferner Gesteine und Fossilien aus den Freiburger- Alpen von Dr. Tobler. 5. Fossilien und Gesteine aus dem Siebengebirge und der Eifel, zirka 12 Schubladen von Dr. Tobler und stud. H. Preiswerk. Die dem Unterzeichneten unterstellte mineralogische Abteilung hat die Erwerbung einer Reihe von grossen und schönen Schaustücken zu erwähnen, die in den Wandkästen des mineralogischen Saales zur Aufstellung gelangen sollen. Geschenke singen ein von den Herren Prof. C. Schmidt, H. Sulger und Dr. Th. Engelmann. Die Ord- nung und Aufstellung der den Grundstock unserer neuen Museumshandbibliothek bildenden Bücher von L. Rüti- meyer und F. Müller, die dieselben uns zu diesem Zwecke vermacht hatten, besorgte Herr Dr. P. Sarasin in dem nunmehr fertig erstellten Bibliothek- und Sitzungs- zimmer, Unsere Rechnung ergibt für 1898 an Einnahmen inkl. Saldo Er. 8947295 „ Ausgaben 8802765 und schliesst mit einem Aktivsaldo von Fr. 645. 30. Es sei uns gestattet, in Verbindung mit diesem Rückblick auf das verflossene Jahr einige Bemerkungen, die sich bei einem kurzen Ausblick auf unsre grossen Veränderungen uns aufdrängen, hier auszusprechen. Wie auf allen Gebieten unseres Wissens und Könnens müssen auch unsre naturhistorischen Samm- lungen darnach trachten, sich den immer wachsenden Zielen der modernen Entwicklung näher zu bringen. Neben der ersten Aufgabe, dem Fachmann das Material zu eingehender, wissenschaftlicher Untersuchung zu bieten, tritt auch die zweite, eleichberechtigte und — 16 — nicht minder wichtige Aufgabe an unser naturhistorisches Museum heran, dass es auch ein Volksmuseum im besten Sinne des Wortes sein und werden soll, aus dem auch der Nichtfachmann Anregung und Belehrung schöpfen kann. Dass auch diese zweite Aufgabe erreicht werde, ist nicht minder wichtig als die erste. Denn die Wissen- schaft soll sich nicht nur in intensiver Weise vertiefen und fortschreiten, sondern sie soll auch extensiv wirken. Auch weitere Kreise sollen die sichern Thatsachen und neuen Ergebnisse der Wissenschaft in sich aufnehmen. Dazu gehört aber, dass die Sammlungen so angeordnet sind, dass sie eine Sprache reden, die auch dem Laien verständlich ist und dass sie nicht nur Staunen erwecken, sondern ihn auch zum Denken anregen sollen. Auf einer Naturforscher-Versammlung hat vor Jahren der Direktor des britischen Museums, Prof. Flower, in diesem Sinne die Behauptung aufgestellt, ein Museum, das zur Volksbildung beitragen wolle, müsse eine Samm- lung wohlgeordneter und sehr eingehend gehaltener Etiketten sein, die illustriert würden durch typische Naturobjekte und instruktive Präparate. Diese Äusserung hat seinerzeit Aufsehen erregt und einigen Widerspruch gefunden. Heute aber wird niemand ihre Berechtigung bestreiten wollen. Aber schon lange vor diesem Aus- spruche hat Ludwig Rütimeyer dieser Auffassung in seinem Berichte vom Jahre 1883 Ausdruck verliehen, worin er sagt: „Ein Museum habe die Aufgabe, nicht nur eine „Schaustellung für die Mannigfaltigkeit der Natur- „produkte, sondern schon durch die Art der Einrichtung „eine der öffentlichen Erziehung dienende methodische „Lehranstalt für Naturgeschichte in ihrem vollen Um- „fange zu sem.“ — 187 — In der Hoffnung, dass diesen Zielen neben dem Wollen auch das Können beschieden sei, soweit es unsere Bedürfnisse und Verhältnisse gestatten, empfehlen wir unsere Anstalt auch fürderhin dem Wohlwollen unseres Volkes und unserer Behörden. Basel, im Januar 1899. Bericht über die Ethnographische Sammlung des Basier Museums für das Jahr 1898. Von EF. Sarasin. Wenn auch für den Fernerstehenden das verflossene Jahr in der Ethnographischen Sammlung keinerlei Fort- schritt aufzuweisen scheint, indem sämtliche Räume dem Publikum dauernd verschlossen bleiben mussten, so ist es trotzdem ein an Arbeit und an Zuwachs reiches ge- wesen. Wohl hat sich des langsamen Ganges des Museum-Umbaues halber unsere Erwartung nicht erfüllt, den neuen Saal im Parterre des Gebäudes schon im Jahre 1898 beziehen zu können, aber die baulichen Veränderungen des Saales und die Aufstellung des neuen Mobiliars sind nun so weit fortgeschritten, dass in aller- nächster Zeit mit der Überführung begonnen werden kann und wir hoffen dürfen, imstande zu sein, im Laufe dieses Jahres die Ethnographische Sammlung in ihrer neuen Gestalt dem Publikum zugänglich zu machen. Durch die erwähnten Verzögerungen haben wir aber andererseits den Vorteil gewonnen, den grössten Teil der Sammlung noch vor dem Umzug katalogisieren zu können, wodurch uns nun die Dispositionen für die neue Aufstellung ganz wesentlich erleichtert werden. Nachdem Herr Dr. Leop. Rütimeyer in den früheren Jahren die umfangreichen Bestände aus Nord-, Ost- und — 189 — Süd-Afrika durchgearbeitet hatte, ist nun im verflossenen auch West-Afrika und ein grosser Teil der central- afrikanischen Sammlung katalogisiert worden. Herr Dr. Rud. Hotz hat in der amerikanischen Abteilung weiter gearbeitet, und der Unterzeichnete Vorder- und Hinter- Indien, Java, den Bismarck-Archipel, Neu-Guinea, Au- stralien, die Südsee-Inseln und einen Teil von Japan und China erledist. Was heute von der Ethnographischen Sammlung noch unkatalogisiert ist, kann im laufenden Jahre leicht fertig gestellt werden, womit dann die Grund- bedingung für eine gedeihliche Entwicklung unserer Ab- teilung erfüllt ist. Zu gleicher Zeit wurde begonnen, einen Teil der Objekte vom jahretiefen Staube zu reinigen, und durch die Anschaffung eines Desinfektionsapparates sind nun auch die Mittel gegeben, den Kampf mit den Motten und anderen Anarchisten des Tier- und Pflanzen- reiches erfolgreich aufzunehmen. Der Zuwachs der Sammlung war in diesem Jahre ein ungewöhnlich reicher — er umfasst gegen 600 Nummern — und es dürfte kaum übertrieben sein, wenn wir sagen, dass wohl noch selten die Basler Ethnographische Ab- teilung durch Geschenke sowohl, als durch Kauf eine solche Vermehrung im Laufe eines Jahres erfahren hat. (sehen wir in Kürze diesen Zuwachs durch: 1. Europa. Ein Gürtel und zwei Lanzenspitzen, wahrscheinlich römischen Ursprungs, welche in Grenzach beim Bau einer Fabrik gefunden wurden, sind uns von den Herren Joh. Rud. Geigy & Cie. als Geschenk über- wiesen worden. 2. Afrika. Schon im letzten Jahresberichte ist vor- läufig erwähnt worden, dass im Januar 1898 der Ankauf einer grossen Sammlung aus Central-Afrika zustande gekommen war. Über diese Sammlung entnehme ich den Angaben Herrn Dr. Rütimeyer's folgendes: 90 Herr L. Woog aus Basel, Angestellter einer bel- gischen Handelsgesellschaft, brachte in den Jahren 1894—97 diese Sammlung zustande, indem er in syste- matischer Weise an Ort und Stelle direkt bei den Ein- geborenen die Objekte erwarb, deren Zahl sich auf etwa 230 beläuft. Es entstammen dieselben meist dem mittleren Congo, speziell den Gegenden und Stämmen um die Äquator-Station (N’Gombe, Mangala u. a.) und ferner der oberen Maringa, einem Zufluss des Congo. Zu den wichtigsten Objekten der Woog’schen Sammlung gehören die Eisen-Arbeiten, bekanntlich eine Spezialität der centralafrikanischen Negerstämme, über 50 Messer der verschiedensten und bizarrsten Formen, Kriegs-, Hin- richtungs- und Martermesser, Wurfeisen und etwa 40 Speere mit phantastisch gestalteten Klingen. Von grosser Seltenheit sind ferner eine Anzahl aus reinem Kupfer hergestellter Prunkwaffen von Häuptlingen, meist vom Kassai herstammend ; es erinnern die mächtigen, kupfernen Sichelmesser lebhaft an Attribute der Königswürde, wie man sie ähnlich in der Hand ägyptischer Pharaonen an Tempelwänden abgebildet sieht. Weiter sind zu erwähnen mehrere Schilde, Musikinstrumente für Frieden und Krieg, darunter grosse Elephantenzähne zu Kriegshörnern ausgehöhlt, zahlreiche Schmuckgegenstände aus Kupfer und Messing, kleinere Haushaltungsgegenstände und (seräte der Handwerker, namentlich der Schmiede, end- lich Miniatur-Pfeile und Bogen der Zwergvölker des Congogebietes und eigentümliche Holzwaffen, welche Herr Woog vom Issenghe, dem fernsten von ihm er- reichten Punkte heimbrachte. Diese Sammlung füllt nun in äusserst = Weise eine grosse Lücke in unserer ethnographischen Ab- teilung aus, indem vorher fast nichts aus dem ganzen, neu erschlossenen Centralafrika vorhanden gewesen war, — AO und wir möchten an dieser Stelle der hohen Regierung und dem freiwilligen Museumsverein, welche uns durch ihre liberalen Beiträge die Erwerbung ermöglichten, unseren verbindlichsten Dank sagen. Von sonstigen Vermehrungen der afrikanischen Ab- teilung sind zu erwähnen eine Holzmaske und ein Messing- teller von Kamerun (gekauft), ferner ein Fetischgürtel und Thongefässe, geschenkt von Herrn Missionar J. Schopf und endlich zwei Basaltplatten vom Vaal-rıver in Süd-Afrika, mit eingeritzten Buschmann-Zeichnungen (Geschenk von P. & F. S.). Die Zeichnungen stellen Antilopen dar und sind als eine der primitivsten Kunstäusserungen des menschlichen Geistes von Interesse. 3. Palästina. Ein Gypsabguss des berühmten Mesa- Steines wurde uns von Herrn Pfarrer Sam. Preisswerk- Sarasin geschenkt. 5. Vorder-Indien.. Obenan steht hier eine Schenkung des Herrn Alfred Sarasin-Iselin von 86 Objekten, welche fast jeden Zweig des vorderindischen Kunstgewerbes ın tadellosen und zum Teil sehr kostbaren Stücken reprä- sentieren. Zu erwähnen wären etwa die Kupfer-, Messing- und Silberarbeiten, namentlich grosse, reich ornamen- tierte Platten, Teller, Vasen, Becher und Schmuckgegen- stände aus Lucknow, Benares, Agra, Moradabad, Uda- japur, Kaschmir, Madras ete., die kunstvollen Elfenbein- schnitzereien aus Amritsar und Murschidabad, die Lack- arbeiten von Benares und Kaschmir, Schnitzereien in Sandelholz von Surat, in Speckstein von Agra, in Ala- baster von Djajapura, eine eingelegte Marmorplatte von Agra, ein altes Schild und Dolch der Radjputen und endlich Stoffe aus den verschiedensten Teilen Indiens. Weiter erhielten wir (Geschenk von P. & F. S.) Bogen und Pfeile der Bhils in Nord-Indien, ein Ganesa- Bild aus Stein, eine gravierte Platte von Benares und hölzerne Druckstöcke zum Bedrucken von Stoffen, ferner von Herrn Th. Meyer-Lichtenhahn einen Teppich der Afridis in Nordwest-Indien und endlich von Herrn F. Zahn einen Shawl, sogenannte Phulkari-Arbeit, aus dem Pendjab. 6. Aus Ceylon bekamen wir von den Herren Karl und Dr. Rud, Geigy einen reich mit Elfenbein einge- legten Schmuckkasten von Colombo, ferner von P,& F. Sarasin die in ıhrem Werke über die Weddas abge- bildeten Originalstücke: Bogen, Pfeile, Äxte, Grabstöcke, Rindenschürze und Feuerbohrer dieses ursprünglichen Volkes, weiter von singhalesischen Gegenständen einen primitiven Pflug und andere Ackerbau - Instrumente, Holzschnitzereien, ein Buch mit ornamentiertem Ein- band, Kopfbedeckung eines Fürsten, den Fächer eines Buddha-Priesters, eine alte bronzene Buddha-Statuette und einen Reliquienschrein, vier bemalte Dämonen- Masken, eine Lanze und anderes; von tamilischen Ob- jekten einen Bogen zum Erlegen von Fischen, von der Inselgruppe der Malediven drei Matten. 7. Nepal: Gebetmühle, Silber- und Kupferdosen, Dolche und Messer von Herrn Alfred Sarasin-Iselin. 8. China. Herr Dr. Rob. Vogel brachte uns von seiner Reise eine umfangreiche, etwa 80 Nummern um- fassende Sammlung chinesischer Objekte mit und zwar Musikinstrumente, Götterbilder, Räuchergefässe aus Bronze, Waffen, Holzschnitzereien, einen Kompass, Opiumpfeifen, Spiele, eine Wage, Brille, Schmuckgegen- stände, Fächer, Kleider und Schuhe. Es bildet diese Sammlung, welche einen guten Überblick über das täg- liche Leben des Chinesen gibt, eine sehr erwünschte Er- gänzung zu den früheren, wertvollen Schenkungen der Herren A. Krayer und K. & F. Zahn. OS ne 9. Aus Java wurden uns folgende Objekte geschenkt: Ein Blasebalg und Handwerkszeug eines Schmiedes, ein Pflug, nunmehr der dritte unserer Sammlung, woraus sich ein lehrreiches Bild der Entwicklung dieses wich- tigen Instrumentes vom Einfachen zum Höheren ge- winnen lässt, weiter Hacke, Axt, Hobel, Thon-, Kupfer-, Bronze- und Bambusgefässe, Bogen und Pfeile, Schwerter und Dolche u..s. w. (2. &:#..8.). 10. Neu-Guinea, Bismarck-Archipel, Australien und Inseln der Südsee: (Geschenkt wurden unserer Sammlung ein altes, mannshohes, seltsam ornamentiertes Holzschild, ein Do:ch aus Kasuarknochen, Steinaxt, Bogen und Pfeile. und eine geschnitzte Kopfstütze aus Neu-Guinea, eine Helmmaske von Neu-Irland, Bogen und Pfeile von den Neuen-Hebriden und Salomonsinseln (P. & F. S.); ge- kauft wurden Keulen von den Neuen-Hebriden und Au- stralien, Kopfstützen von Fidschi und Samoa, Angeln und Fischgerät von Tonga. Allen Gebern sprechen wir den aufrichtigsten Dank aus und hoffen, dass sich auch fernerhin solche und zwar in immer steigender Anzahl finden werden, da ohne intensive, freiwillige Mitwirkung unsere Sammlung nimmer- mehr gedeihen kann. Mag auch ein Zuwachs wie der des vergangenen ‚Jahres ganz ansehnlich erscheinen, so be- deutet er doch nichts im Verhältnis zu dem, was uns fehlt. Unsere Jahresrechnung schliesst mit einem Aktiv- Saldo von 740 Fr. ab, den wir uns deshalb reserviert haben, weil die Aufstellung der Sammlung in diesem Jahre und der Druck der Etiketten, wozu Restaurierungs- arbeit an vielen älteren Stücken kommen soll, unsere Kasse stark in Anspruch nehmen werden. Wir empfehlen unsere Sammlung auch fürderhin dem Wohlwollen der hohen Behörden und der Bürger- schaft. Zwanzigster Bericht über die Dr. J. M. Ziegler’sche Kartensammlung. 1898. I. Geschenke. Section Basel des S. A. C. Collection älterer Karten und Panoramen und Stadt- pläne (Doubletten der Bibliothek des S. A. C.) 33 Bl or Bde. Dr. J. Schneider. Rundschau von der Scesaplana. Gez. v. A. Baum- sariner, He ve D u Der a2 \ 1 Dr. Prof. G. W. A. Kahlbaum. Karten der kgl. preuss. Landesaufnahme. Blätter 302: Lobenstein; 437: Gotha; 438: Erfurt; 439: Jena; 464: Meiningen; 465: Ilmenau; 466: Rudol- stadt; 489: Hildburghausen ; 490: Coburg; Berlin 12:100.0002 2977. Carte du Littoral de la Méditerranée. Cannes 1880. 2 Bl Oestrr. Generalstabskarte. Blätter St. Michael, Juden - burg, Murau. .1 ::75000. 3 Bl. Blatt F. 9 (Trient) aus der Generalkarte von Central- eu:opa- 211 25300:.000. 1881. EB: Blatt Hanau der kgl. preuss. Landesaufnahme 1877. 1 :; 100000 1281. — 19 — Artaria’s Generalkarten Nr.5. Steiermark. 1:400000. Wien 1888. - 1.Bl. Cammermeyers Kart over Nonge ved Per Nissen Oberstl.1..G. 1: 2400000. Kristiania 1895. 1 Bl. Spezialkarte des Spessart. Bearb. v. ©. Welzbacher. 72100000. 'Frf.. a/M71886. 1 Bl. Neueste Distanzenkarte von Voralberg. Von G. L. Schindler, Bregenz. 1 Bl, Michel’s Karte vom Bayerischen Hochlande. 1:600000. München 1883. 1 Bl. | Hammer’s Spezialkarte des Kreises Unterfranken v. Aschaffenburg. Regensburg. 1 Bl. Croquis der Ballonfahrt Spelterinis am 8. August 1893... 1 "BL. Bodenkarte der Umgebung von Dürkheim. 1: 100000. (Beilage zum 25. Jahresbericht der Pollichia. ) Dürkheim. 1 Bl, Montreux et ses environs 1877. 1:25000. Neu- châtel. 1 Bl. | Führer durch Gelnhausen. Mit Plan der Stadt und Karte der Umgebung (Weerls Verlag). Wien. 1 Bl. Neuester Plan von Graz. 1 Bl. Plan von Wien. 1894. 1 Bl. Plan von Passau. 1 Bl. 18 Ausschnitte aus einer Karte Deutschlands (Um- gebungen von Breisach, Freiburg, Strassburg, Offen- burg, Karlsruhe, Mannheim, Heidelberg, Frankfurt a/M., Mainz, Darmstadt, Cöln, Olpe, Soest, Münster, Osnabrück, Minden, Diepholz, Liebenau, Bremen). 18 Bi. Spitzbergen. Hg. vom Hydrographie Office in Nor- wegen. 1 Bl. Norway. Hg. vom Norweg. hydrographischen Amt. 1 BI. Norway. ‘Sheet IX & XIIL. Hg. vom Norw. Hy- drogr. Amt (Nordcap. Lofoten.) 2 Bl. — 190 — Ethnographisk Kart over Finmarkens Amt No. 1.2.3. Aue A SEEN 1888. ss): Staatskanzlei Basel: Bibliographie d. schweiz. Landeskunde. IV. 6; V 9 c. IT. Anschaffungen. Siegfriedatlas. Lief. 47. 12 Bl. Kiepert. Karte der Provinz Schantung. 1 Bl. Freshfield & Sella, Exploration of the Caucasus. Vol. 1270489672 Bde. Schweiger-Lerchenfeld, Atlas der Himmelskunde. 1898. id. Deutschland und seine Kolonieen. Mit Karten u. Tafeln. MOST id. Neue Generalkarte von Europa. Lfg. 18. 8 Bl. Stubel, Vulcanberge von Ecuador. Mit Karte. Berlin 1897. 1 Dd. Rothert, Karten u. Skizzen. Bd. 3. (1517—1789) 2. Anl bd Karte von Cuba. 1 : 1500000. Wien, Hartlebens Ver- las 1898. 1 BL Handtke, Generalkarte der Vereinigten Staaten mit Cuba. 1: 6000000. Glogau, Flemming. 1898. 1 Bl. Habenicht, Karte des Americ.-spanischen Kriegsschau- platzes. Gotha, Perthes, 1898. 1 Bl. Specialkarte vom südl. Schwarzwald. 1 : 75000. Freibg. 18962 27Bl. Miller, Die ältesten Weltkarten. Hft. 6. 1 Bd. Neue Generalkarte von Mittel-Europa. Lf. 19. 15 Bl. Karte von Baselland. Entw. von F. Becker, ausgef. J. Schlumpf, 217275:0002 1. Bl. Manöverkarten für die Herbstübungen 1898. 1 : 100000 u- 1 22.000. 4rBl. — 197 — Historical Maps of England. By Ch. H. Pearson. 3 edition. London 1883. 1 Bl. Tektonische Karte von Südwestdeutschland. 1 : 500000. Gotha, Perthes. 1898. 4 BI. Longnon, Auguste, Atlas historique de la France. Livr. 1—3. 15 Bl. Richthofen, Schantung. Berlin 1898. 3 Bl. 1 Bd. Werther, ©. W. Die mittleren Hochländer des nördl. Deutsch-Ostafrika. Berlin 1898. 2 Bl. 1 Bd. Unsere Sammlung hat, wie aus vorstehender Zu- sammenstellung ersichtlich ist, nicht nur durch Ankauf, sondern besonders auch durch Schenkung sich ansehn- lich vermehrt. Ganz besonders ist die reichhaltige Schenkung des Herrn Professor Kahlbaum hervorzu- heben, die in dankenswerter Weise unserer Sammlung zugewendet worden ist. Da wir infolge des grossmütigen Legates des Herrn Georg Fürstenberger über vermehrte Hilfsmittel verfügen, finden wir es angemessen, dass vorderhand nicht sowohl an Vermehrung des Bestandes zu denken sei, sondern dass die Benützung wesentlich durch eine vollständige Ordnung des vorhandenen Materials ge- fördert werde. Diese Ordnung haben wir Herrn Dr. Hans Barth übertragen und für die Besorgung ein mäs- siges Honorar ausgesetzt. Schon das bis heute Erreichte erleichtert das Auffinden und das Benützen des Ge- wünschten ungemein; wir werden aber fortfahren bis eine vollständige Katalogisierung wird durchgeführt sein. Wir empfehlen diese unsere Kartensammlung dem fernern Wohlwollen ihrer bisherigen Gönner. Basel, den 14. Januar 1899. Prof. Fr. Burckhardt, Vorsteher. 13 — 198 — J. M. Zieglersche Kartensammlung. 20. Rechnung üher das Jahr 1898. | Einnahmen. 1. Saldo voriger Rechnung . . . . Fr. 4,056. 24 2'=Jahresbeitrase rn... nes, 261. — 3er Zinsen u 2 494, 15 PS Abrechnung. von Bern rare 5; 30. — 5. Rückvergütung betr. Druck des Be- Lichtes: A und 8; re Dr 7. — Fr. 4,848. 39 Ausgaben. as Ansehaliungen nine te ts nr DEA >. Buchbinder 7. . rd TUE 200. — 3. Druck des 19. Berichtes DEE Re 10. — 4. Einzug der Jahresbeiträge _. . a 12. — 5. Honorar für Besorgung der Sammlung 5 300. — Fı 143. 27 Saldo auf neue Rechnung: „ 4,105. 12 Fr. 4,848. 39 Status. 1 Obl. & Fr. 5000 Hypothekenbank Basel & 3laljo. Ce Re 000° > 1 Obl. à Fr. 5000 Hypothekenbank basel a, 3°/10jo 2 mn a nr | Fr. 10,000. — Saldo pro 31: Dezember 18987. 2 2... 210% 02 Status pro 31. Dezember 1898 . . :. Fr. 14,105. 12° ° Status pro 31. Dezember 1897 . . . „14,056. 24 Vermögenszunahme im Rechnungsjahr: Fr. 48. 88 Der Quästor: Dr. €. Chr. Bernoulli. Basel, den 31. Dezember 1898. Theodor Bühler-Lindenmeyer. Geb. 18. August 1859. Gest. 29. Juni 1899. Nachruf von R. Burckhärdt. Donnerstag den 27. Juni 1899 verschied in voller Jugendkraft Herr Th. Bühler-Lindenmeyer, Apotheker in Basel. Ein jähes Elementarereignis raffte ıhn dahin, mitten aus einem reichen und glücklichen Leben. In Begleitung seines Jugendgenossen, Dr. Kürz, hatte Bühler eine seiner häufigen Exkursionen unternommen; sie galt der Umgebung von Donaueschingen. Hier wurden die Wanderer von einem heftigen Gewitter überrascht, und auf offener Landstrasse zu Anfang des Dorfes Blumberg streckte ein Blitzstrahl beide Freunde nieder; Dr. Kürz erholte sich, um mit Grauen zu konstatieren, dass der entseelte Leichnam seines Freundes neben ihm lag. Der Verstorbene war geboren in St. Imier den 18. August 1859 als jüngstes Kind des Herrn Emil Bühler von Äschi, Kt. Bern, und Frau Esther geb. Heussler aus Basel. Seine Jugendzeit brachte er in Bern zu, wohin die Familie 1862 übergesiedelt war. Erst besuchte er die Lerberschule, dann die Realschule und trat 16-jährig als Lehrling in die Apotheke des Herrn Wildbolz, Drei Jahre später legte er das Ge- hilfenexamen ab und begann im Interesse seiner Aus- bildung zu reisen. Ein halbes Jahr widmete er in Neuenburg der Erlernung der französischen Sprache, trat dann in eine Stellung in Metzingen (Württemberg), später in eine solche in Kissingen und besuchte endlich London und Nizza. Nach seiner Rückkehr bezog er die Universitäten Freiburg ı. B. und Strassburg, wurde an ersterer in die Burschenschaft Alemannia aufgenommen und bestand 1885 in Bern das Staatsexamen. Bald darauf kam er als Gehilfe in die Hagenbach’sche Apotheke in Basel bei Herrn Kümmerlen und erwarb dieselbe durch Kauf 1886. Drei Jahre später fand er in Frl. Marie Lindenmeyer eine treue Lebensgefährtin; der glücklichen Ehe entsprossten vier Kinder, deren Erziehung der Vater sich mit freudiger Hingabe widmete. Mit Th. Bühler ist eine aufstrebende und vielver- heissende Kraft der schweizerischen Naturforschung all- zufrüh entrissen worden. Neben seinem Berufe suchte und fand der Entschlafene mannigfache Gelegenheit zur Vervollkommnung seiner akademischen Studien auf natur- wissenschaftlichem Gebiete. Er war ein eifriger Teil- nehmer an den geologischen Exkursionen von Herrn Prof. ©. Schmidt und an den zoologischen von Herrn Prof. Zschokke, er verschmähte es nicht, noch in den letzten Jahren Kollegien zu besuchen, legte mannigfache und musterhaft geordnete Sammlungen von Fossilien, Conchylien, Pflanzen, Skeletten, Vögeln, Eiern und Nestern an. Ihnen widmete er in gründliche Selbst- belehrung vertieft manche freie Stunde. Darin unter- stützte 1hn eine wohlgepfleste Bibliothek. Die modernen Sprachen beherrschend, hatte er sich erst neuerdings noch dem Studium des Griechischen zugewandt. Als Spezialität kultivierte er die Ornithologie und seine meisten Arbeiten bewegten sich auf diesem Gebiete. Während der ‚Jahre 1888—90 verfasste er die Berichte — 201 — der Brieftaubensektion für die Ornithologische Gesell- schaft in Basel. Während weiterer drei Jahre die Jahresberichte derselben Gesellschaft, als deren Präsidium er sich besonders die wissenschaftliche Seite der Orni- thologie angelegen sein liess. Auch den Vorsitz der schweizerischen ornithologischen Gesellschaft führte er während kurzer Zeit. Mehrfach fasste er das Resultat seiner Studien in Vorträge zusammen, die er im Schosse der Basler Sektion hielt. „Das Vordringen und Ver- schwinden der Vogelarten“, „Marcus Terentius Varro“, „zur Vogelschutzfrage“, „die Körperbedeckung der Vögel“, „über Alca impennis, den Riesenalk* sind Themata, die er zur Sprache brachte und die seine Richtung be- zeichnen, praktische und wissenschaftliche Ornithologie in gediegener Weise zu verbinden. Daneben unternahm er 1895 die dankbare, aber mühevolle Arbeit, einen „Katalog der Schweizerischen Vogelfauna im natur- historischen Museum von Basel“ anzufertigen. Ferner trat er in die weitere Öffentlichkeit durch einen sechs- stündigen populären Kurs im Winter 1898 —99, worin er hauptsächlich die einheimische Vogelwelt darstellte an Hand seiner reichen Sammlungen. Diese wurden nun- mehr zur Erinnerung von den Hinterbliebenen dem natur- historischen Museum und dem zoologischen Institut in Basel in hochherziger Weise geschenkt. Seit. Jahren führte Bühler ornithologische Exkursionen selbst an, deren Zweck namentlich die Beobachtung der Vogelwelt in der Um- gebung von Basel war. Seine Erfahrungen „über den Frühjahrsvogelzug in der Umgebung Basels in den Jahren 1895 —98“ teilte er der zoologischen Sektion der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft in Bern 1898 mit (vergl. Verhandlungen der 81. Jahresver- sammlung p. 84). Auch in der Basler Naturforschenden (Gresellschaft gehörte Bühler zu den thätigsten Mitgliedern; — 202 — er bekleidete seit einem Jahre das Vizepräsidium und war somit bereits als Vorsitzender für die Jahre 1900—02 bezeichnet. Endlich hatte der schweizerische Apotheker- verein ihn mit dem Präsidium seiner diesjährigen in Basel stattfindenden Versammlung beehrt. Ausser der Armenpflege hatte Bühler weder kommu- nale noch politische Aufgaben übernommen, sondern sein Glück in der innig geliebten Familie und den ausge- dehnten Studien gesucht und gefunden. Er war ein treuer Freund allen, die ihm im Leben näher traten, und ein munterer und liebenswürdiger Gesellschafter: ein sprechender Beweis dafür, dass die Liebe zur Natur einen integrierenden Teil einer harmonischen Persönlich- keit ausmacht. Ansprache gehalten in der Aula des Museums am 10. November 1899 bei Gelegenheit der Wiedereröffnung der Naturhistorischen und Ethnographischen Sammlungen von Fritz Sarasin. Hochverehrte Festversammlung! Ein Zeitpunkt wie der heutige, wo unser Basler Museum, wenn auch nicht auf den Tag, so doch auf den Monat seine 50-jährige Eröffnung feiert, sollte es zur Pflicht machen, die Blicke in die Vergangenheit zu richten und die halbhundertjährige Geschichte an unserem reiste vorüberziehen zu lassen, nicht um mit eitlem Stolze das Erreichte zu preisen, sondern um bescheiden zu prüfen, ob das Samenkorn, welches begeisterte Männer vor 50 Jahren gesät, zu dem geworden, was von ihm erhofft wurde, und vor allem, ob unsere Generation, welcher heute die Pfiege der nun 50 Jahre alten Pflanze anvertraut ist, dies auch im idealen Sinne eben jener Männer thue. Allein die mir zugewiesene Zeit verbietet es unweigerlich, auch nur die wichtigsten Phasen in der Entwicklung der Naturhistorischen und Ethnographischen Abtheilungen, der beiden, über welche zu sprechen mir zukäme, zu zeichnen, und ich muss mich darauf be- schränken, Ihnen in aller Kürze ein Bild der in den letzten Jahren vorgenommenen Veränderungen zu ent- werfen, den hohen Behörden gegenüber als Ausweis, wie — 204 — die in so freigebiger Art bewilligten Summen ihre Ver- wendung fanden, den Freunden des Museums als Recht- fertigung, dass für mehr als zwei Jahre die Sammlungen geschlossen bleiben mussten. Trotz dieser Beschränkung müsste es als schwerster Undank empfunden werden, wollten wir nicht wenigstens die Namen der Männer nennen, deren hingebende Arbeit unser Museum auf seine jetzige Höhe gehoben hat. Da tritt uns durchaus selbstverständlich zuerst die macht- volle Persönlichkeit des Rathsherrn Peter Merian entgegen. Peter Merian, selbst einer der Begründer und wohl der wesentlichste der Basler Naturhistorischen Sammlungen und während 52 Jahren Vorsteher der leitenden Kommission. Seine rastlose, zielbewusste Thätig- keit machte in kurzer Zeit die Räume des Falkensteiner Hofes, des ersten Heimes der Naturwissenschaft ın Basel, zu eng und füllte bald auch die weiten Säle des neuen Museums mit Schätzen wissenschaftlichster Art an. Möge es mir daher nicht als allzu unbescheiden angerechnet werden, wenn ich freudigen Herzens daran erinnere, dass Peter Merian vor 50 Jahren in der Aula die Schlüssel des neuen Hauses, das er zu so grosser Höhe bringen sollte, aus der Hand meines Vaters, als des Amtsbürgermeisters, empfine. Unter den Mitarbeitern Peter Merian’s sollen hier blos zwei hauptsächlichste Erwähnung finden, Raths- herr Fritz Müller, durch dessen kenntnisreiche Be- mühungen unser Museum in den Besitz einer Reptilien- sammlung gelangt ist, welche weit über Basel hinaus rühmlichen Klang hat, und Professor Ludwig Rüti- meyer, zugleich Merians Nachfolger. Über Rüti- meyers Verdienste kann ich hier zu reden füglich unter- lassen, da ihrer nachher bei der Enthüllung seiner Büste dankbar wird gedacht werden. — 20 — Wenn man die Rütimeyer’schen Jahresberichte von 1833 bis zu seinem Tode durchgeht, so hört man durch alle hindurch denselben Ton der Klage klingen über Raummangel und über Schädigung der Sammlungsobjekte durch Staub und Motten in ıhren alten, schlechten Schränken. Als dann endlich der Zeitpunkt heran- nahte, wo durch den Auszug der Bibliothek die Aus- sicht auf Raumvermehrung der Verwirklichung entgegen gieng, da entwarf Rütimeyer trotz seiner körperlichen Leiden Plan um Plan, um eine richtige Verwendung der neuen Räume mit möglichster Vermeidung grosser Kosten zu sichern. Ebensowenig aber, wie sein trefflicher Freund Fritz Müller, sollte er die Erfüllung der längst ge- hesten Hoffnungen erleben. In schwieriger Zeit, als es galt, die Sache von ihrem theoretischen Boden in’s praktische zu versetzen, doppelt schwierig, als mit Rütimeyer’s und Müller’s Tod altanerkannte Autoritäten abgetreten waren, wurde Herr Dr. Theodor Engelmann an die Spitze der Natur- historischen Anstalt gestellt, und es wäre ein grosses Unrecht, wollten wir nicht bei diesem Anlass auch seiner umsichtigen Fürsorge dankbar gedenken. Als man die Restaurierung der neuen Räume be- gann, war man wohl der Ansicht, dass es sich mit Aus- nahme der anzubringenden Heizung im Wesentlichen blos um eine gründliche Reinigung derselben und um Aufstellung passenden Mobiliars handeln werde. Allein bei genauerer Diagnose stellten sich nach und nach bei unserem zwar äusserlich noch gesund aussehenden 50-jährigen Jubilar allerlei schleichende Gebresten und fressende Schäden heraus, die an die bewährte Heil- kunde des lübl. Baudepartementes schwierige Aufgaben stellten; galt es doch, nicht nur äusserliche Pflaster zu momentaner, lokaler Besserung aufzulegen, sondern vor a allem prophylaktisch die Gesundheit des Jubilars wenig- stens für weitere 50 Jahre zu sichern. Für die grosse dabei bewiesene Geduld und die vortreffliche Ausführung sind wir dem löbl. Baudepartement und im Besonderen Herrn Kantonsbaumeister Flück zu grossem Dank verpflichtet. Wenden wir uns nun zu Dem, was von der Seite unserer naturhistorischen Kommission geschehen ist, so muss in erster Linie hervorgehoben werden, dass der Lieblingswunsch Rütimeyer’s, seine während fast 40 Jahren gepfleste vergleichend anatomische Skelettsamm- lung aus der Universität nach dem Museum gebracht zu sehen, verwirklicht worden ist. Diese wissenschaftlich bedeutsame Sammlung bildet nun eine hochwichtige Er- gänzung zu der der Bälge und zugleich ein unumgäng- liches Mittel zum Studium der fossilen Wirbelthiere, mit denen vereinigt sie das Erdgeschoss des Martinsflügels einnimmt, welches ausserdem noch einen Arbeitsraum für den Vorsteher dieser Abtheilung, Herrn Dr. Hans Stehlin und weiter die durch Prof. Rütimeyer dem Museum vermachte Bibliothek enthält. Der erste Stock des Martinsflügels ist der den Herren Prof. ©. Schmidt, Dr. A. Gutzwiller und Dr. E. Greppin unterstellten geologischen Sammlung, welche bisher wohl am empfindlichsten unter Raum- mangel gelitten hatte, eingeräumt worden. Die Fülle der aufgehäuften. Schätze machte eine Theilung des Flügels in zwei Räume nothwendig, von denen der eine, dem Publikum unzugänglich, in über 2000 Schiebladen die wissenschaftlichen Arbeitsmaterialien der Sammlung, d.h. die Belegstücke zu zahlreichen von hervorragenden Fachmännern veröffentlichten Arbeiten, sowie Stoff zu zahllosen weiteren Forschungen enthält. Der andere giebt dem Beschauer eine äusserst lehrreiche Übersicht über die in den verschiedenen Perioden der Geschichte unseres Planeten aufeinander folgenden Faunen und Floren, mit besonderer Berücksichtigung unseres schwei- zerischen Vaterlandes. In der Mitte dieses Saales hat das Jungfrau-Relief seine Aufstellung erhalten. Dies ist die Verwendung der Räume, welche nach dem Auszug der Bibliothek der Naturwissenschaft als Neuerwerb zugefallen sind; aber es haben ausserdem die von ihr schon früher bewohnten Säle eine gänzliche Umgestaltung erfahren. Unsere reiche mineralogische Sammlung ist durch Herrn Dr. Engelmann neu geordnet aufgestellt wor- den, so dass sie nun eine wahre Zierde unseres Museums, Geist und Auge in gleicher Weise fesselnd, bildet. Nicht minder hat der grosse zoologische Saal eine Wandlung durchgemacht. In durchweg neuen, staub- dichten Eisenschränken präsentieren sich die Hunderte, ja Tausende von Vögeln und Säugethieren nun in weit vortheilhafterer und für den Beschauer lehrreicherer Weise. Alles Schadhafte, sofern ıhm kein besonderer wissen- schaftlicher Werth inne wohnte, und alle Doubletten sind entfernt und in einem eigenen Raume untergebracht worden. Auch haben wir die frühere Vereinigung leben- der und fossiler Thierarten, welche für den Laien das Verständnis so sehr erschwerte, aufgelöst und die letzeren der geologischen und paläontologischen Abtheilung ein- sereiht. Bei der Weiterführung der zoologischen Samm- lung denken wir, da hier für ein kleineres Museum Be- schränkung aus mehr als einem Grunde geboten ist, unsere Aufmerksamkeit hauptsächlich den zahlreichen ihrem Aussterben entgegengehenden Thierarten zuzu- wenden, um diese für spätere Generationen zu erhalten. Noch unvollendet ist die Neu-Aufstellung der Rep- tilien und die der wirbellosen Thiere, Endlich sei bei- — 208 — sefügt, dass die Tausende von ausgestellten Objekten im ganzen Museum mit gedruckten Etiquetten versehen worden sind, so dass nunmehr das Buch der Natur, so weit es uns zu thun möglich war, für den Beschauer auf- geschlagen ist. Ich schliesse meine Mittheilung über die naturhistorischen Sammlungen mit der Bitte, aus ihrer Kürze nicht etwa ein ebenso kurzes Maass von aufge- wandter Arbeit folgern zu wollen. Wenn Sie mir noch zwei Worte über die Samm- lung für Völkerkunde gestatten, so sei daran erinnert, dass ihr eigentliches Lehen erst im Jahre 1893 begann, als ihre Pflege einer besonderen Kommission unter Hrn. Prof. J. Kollmann’s Leitung anvertraut wurde. Heute ist die ganze Sammlung, welche sich im Laufe weniger Jahre etwa verdreifacht hat, in einem Parterre-Saal des Museums neu geordnet und in schmucken Schränken mit genauen Bezeichnungen versehen untergebracht. Den Herren Dr. R. Hotz und Dr Bron Rucı meyer, die daran treulich mitgearbeitet haben, sei hier öttentlich Dank gesagt. Für die Sammlungen aus den schweizerischen Pfahlbauten und die Prähistorie über- haupt ist noch ein eigenes Zimmer vorgesehen. Wir hegen die feste Hoffnung, dass das Publikum der Samm- lung für Völkerkunde, welche nun zum ersten Male als integrierendes Museumsglied auftritt, sein Interesse nicht versagen werde, giebt doch eine solche Sammlung für den Denkenden ein Abbild des Werdens unserer eigenen Kultur. | Und nun, meine Herren, um zum Schlusse zu eilen, wie sollen wir uns die Zukunft unseres Museums denken? Bei aller Freude über das Erreichte und bei aller Dank- barkeit an Behörden und Mitwirkende müssen wir uns doch gestehen, dass auch diese heutige Phase nur ein Übergang zu Besserem sein kann und sein darf. Bis — 2h) — in wenigen Jahren wird zweifellos, falls nicht Stillstand oder gar Rückschritt, wovor uns ein gütiges Schicksal bewahren möge, eintreten, auch der neue Rock zu enge sein. So hoffen wir denn, in nicht allzu ferner Zeit noch zu erleben, dass am Münsterplatz an unseren heute 50-jährigen Bau sich anschliessend, ein neues edles Ge- bäude zu Basels Ehre sich erheben wird, worin die Kunstschätze unseres zweiten Stockes eine ihrer würdige Stätte finden. Der hiedurch für uns gewonnene Raum dürfte dann auf lange Zeit hinaus einer gesunden und kräftigen Entwicklung unserer Sammlungen (renüge thun. Kurze Worte der Erinnerung an Ludwig Rütimeyer gesprochen bei Gelegenheit der Enthüllung seiner Büste am 10. Nov. 1899 von Paul Sarasin. Bevor wir die neu eingerichteten Sammlungsräume des Museums betreten, ist es Pflicht für uns, -jenes Mannes lebhaft zu gedenken, welcher die letzten Jahre seines Lebens unablässig mit der immer dringender not- wendig gewordenen Umwandlung dieses Institutes sich beschäftigt hatte und für dessen künftiges Emporblühen besorgt gewesen war. Den vielen Verehrern, Schülern und Freunden unseres verewigten Ludwig Rütimeyer hat es als selbstverständlich gegolten, dass das Andenken an sein Vorbild in wissenschaftlicher und sozialer Pflichterfüllung auf eine besondere Weise seinen Ausdruck finden müsse. Es sollte ein äusseres Zeichen des Dankes ge- schaffen werden an den Mann, welcher sein ganzes Leben unserer Vaterstadt geweiht hat als begeisternder Lehrer, als berühmter Forscher und als ein treuer Arbeiter in allem kleineren, was die Allgemeinheit nicht erfährt. Es wurde deshalb von seinen Verehrern für’s erste eine Summe zusammengelegt, deren Zinsen zur Herbei- schaffung wissenschaftlichen Materiales verwendet werden sollten, und es wurde des weiteren beschlossen, die Züge — 211 — des Verewigten in einer bronzenen Büste der Nachwelt zu überliefern. Der Ort der Aufstellung derselben konnte keine Frage bilden. Der Vorraum zu den vergleichend-ana- tomischen Sälen, welche mit der von Rütimeyer geschaf- fenen Sammlung gefüllt sind, sollte von ihm beherrscht werden; sein Bild sollte dem Eintretenden grüssend ent- gegenblicken. Die Wahl zur Ausführung des Kunstwerkes fiel auf den Bildhauer Herrn Volkmann in Rom. Auch hatte Herr Architekt La Roche die Freundlichkeit, das Werk mit einer künstlerisch edlen Umrahmung zu ver- sehen, um der sonst trockenen Aufstellung der Büste die Weihe eines Denkmales zu verleihen. Beiden Künst- lern wird, wenn die Hülle fällt, unser Beifall und Dank gewiss sein. — Bei der auf den Beschluss folgenden Erwägung nun, wie es zu erreichen sei, dass die äussere Form des Kunstwerkes zu einem soweit als möglich ächten Ab- druck des inneren Wesens unseres Freundes werden möchte, war es notwendig, sich darüber klar zu werden, welche Eigenschaften seines Geistes für sein Wesen am meisten bezeichnend waren. Dies überlegend finden wir, dass er ein Mann von ungeheurem Wissen war; denn er verschloss sein In- teresse gegen nichts, was desselben würdig schien. So zog er aus den verschiedensten Gebieten Kenntnisse an sich und freute sich derselben als eines veredelnden Be- sitzes. Dabei sah er nach der Art encyclopädisch an- gelegter Menschen mehr auf das wesentliche, als auf die Ansammlung unzähliger Einzelheiten. Er riss sich von speziellster Forschung jeweilen wieder los, um sein fern- blickendes Auge über das Ganze hinschweifen zu lassen. — 212 — Seine Seele dürstete nach Erkenntniss. Sein Wesen war gekennzeichnet durch ein beständiges Suchen nach tieferer Einsicht des Weltganzen, und es gab für ıhn keine verbotene Frucht der Nachforschung. Wohl hatte er ein tiefes Gefühl vom Unzureichenden in der mensch- lichen Einsicht gegenüber dem Wesen der Welt; aber er versuchte sich an allem. So hinterliess er uns das Bild eines geharnischten Geistes, mutvoll die schwie- rigsten Probleme aufsuchend und die Stirn ihnen bietend. Es trat ıhm, als einem ersten Meister in der Pa- läontologie, die Wahrheit der Descendenzlehre sofort deutlich vor das Auge, und manche Stellen seiner Werke äussern sich in zustimmender Weise; es war ıhm ein- leuchtend, dass dieselbe sich auch auf den Menschen beziehen müsse. Als jedoch verkündet wurde, dass eine solche Lehre identisch sei mit einer materialistischen Welt- anschauung, als unduldsamer Fanatismus eine solche Auffassung zur Parteisache gestaltete, da wandte sich Rütimeyer von ihr ab und gieng schweigsam seinen eigenen Pfad. Gewohnt, die Natur mit einem Gefühle der An- dacht zu betrachten, mit dem Auge des Künstlers sıe geniessend, strebte er nach einer Erkenntnis derselben auf theistischer Basis, in Baconischem Sinne eine Ver- bindung dieser Art als die philosophische Endfrucht wissenschaftlicher Forschung betrachtend. Sein persönliches Ringen nach dieser Richtung aber blieb unverstanden von einer banalen Majorität, welcher unbegreiflich war, dass ein selbständiger Denker sich mit Fragen mühte, deren Lösung ihr von anerkannten Autoritäten als bereits geschehen zugesichert war. Dies schreckte ihn von jedem persönlichen Ein- greifen in die Diskussion allgemeiner wissenschaftlicher Dis Fragen mehr und mehr zurück, sodass jenes Wort eines berühmten Philosophen der Renaissance zuletzt für seinen Standpunkt bezeichnend wurde: Philosophia veritatem quaerit, Religio possidet. Mit der Mehrung der Jahre und der Häufung bit- terer Lebenserfahrungen, von seiner reizbaren Gemüts- art mehr als von Andern empfunden, überzog sich der Himmel seines Lebens mit einem grauen Wolkenschleier; aber wer ihm näher stand, der durfte erfahren, dass auf Augenblicke nur umso glänzender die Sonne hervor- brach, eine jugendliche Freude am Dasein und das er- habene Gefühl, grosse wissenschaftliche Thaten voll- bracht zu haben; und die grösste dieser Thaten war sein Leben selbst, die innere, beseligende Genugthuung, dasselbe idealen Aufgaben unermüdlich hingegeben, ja ohne Rest aufgeopfert zu haben. Einen solchen Sonnenblick nun giebt der vom Künstler gefasste Moment wieder, sodass uns in seinem Werke das Bild des seiner That sich freuenden Siegers entgegentritt. 14 Versuche über Metalldestillation, von Georg W. A. Kahlbaum. Die Arbeiten, über die ich hier berichte, haben mich eine ganze Reihe von Jahren beschäftigt. Zwar habe ich früher darüber bereits vorgetragen, in Lausanne vor der schweizerischen, und in Nürnberg vor der deut- schen Naturforscherversammlung; damals aber, jetzt darf ich es ja gestehen, durchaus gegen meinen Willen. Durch Indiskretion war in den Katalog eines Händ- lers mit physikalischen Apparaten der von mir kons- : truierten Pumpe hinzugefügt, dass man mit Hülfe der- selben auch Metalle destillieren könne, und da musste ich wohl oder übel doch schon sagen, was damals wahres daran war. Ich that das ungern, weil ich noch vor Schranken stand, die erst noch zu überwinden waren; heut sind dieselben gefallen, und ist das gesteckte Ziel erreicht, das Ziel nämlich, eine der bequemsten Reinigungsme- thoden der organischen Chemie, die Destillatron, und zwar die fraktionierte Destillation, auf die Metalle, und zwar auf alle Metalle, anzuwenden. Ich habe also eine neue Methode zu beschreiben. In ihrer Ausführung ist sie sehr einfach: Ein Destillier- ofen, eine Luftpumpe, und ein Manometer, das ist alles, was man braucht. Die Schwierigkeit bestand allein darin, — 215 — eine Pumpe zu bauen, die tage- und wochenlang einen Druck von einigen Hunderttausendstels-Millimetern hält, ein Manometer zu beschaffen, das solche Grössen zu messen gestattete, und handliche, nicht zu kostspielige Destillationsapparate anfertigen zu lassen, die tage- und wochenlang, ohne undicht zu werden, Temperaturen von 1000°, 1200°, auch 1400° aushielten, und auch noch eine kurze Zeit hindurch bis auf etwa 1600° erhitzt werden konnten. | Denn das musste Ja erreicht werden, wenn wirklich Metalle destilliert werden sollten, es mussten dieselben längere Zeit, bei sehr niedern Drucken, möglichst hohen Temperaturen ausgesetzt werden können. Ich begann natürlich mit den leichtest siedenden Metallen, den Alkalien, und arbeitete zunächst in Glas. Ein U-förmiges Glasrohr aus schwer schmelzbarem Glase, dessen einer geschlossener Schenkel in einen eisernen Tiegel tauchte, während der andere offene dem zur Pumpe führenden Teil des ganzen Apparates auf- geschliffen war, diente als Destilliergefäss. Erhitzt wurde in Bädern aus leichtflüssigen Metalllegierungen. Das ging gut für Kalium und Natrium, nicht mehr für Lithium, weil Lithium das Glas angreift, deshalb musste für das Letztere ein Silbertiegel in das Glas- rohr eingesetzt werden. Kalium und Natrium greifen zwar das Glas auch an, auch Magnesium thut es, aber nicht in solchem Masse, dass der Apparat gefährdet würde. Aus Glas lassen sich eine ganze Reihe Metalle destillieren, z. B. Wismuth, Silber, Cadmium, Magne- sıum, Thallium u. s. w., die ich nicht alle aufzählen will; ja es würden sich, meiner Erfahrung nach, wohl die bei weitem grössere Zahl derselben aus Glas des- üllieren lassen, wenn das Glas nicht weich und dann durch den Luftdruck zusammengepresst würde. — Das Glas hat drei grosse Vorzüge: 1.) Durchsichtigkeit, 2.) Billigkeit, 3.) bequeme Bearbeitbarkeit; alle Glas- apparate kann ich mir vor der Lampe selbst blasen. Ich eing also recht ungern vom Glas ab. So habe ich mir zunächst mit eingesetzten Tiegeln, wie ich sie für das Lithium verwenden musste, geholfen ; aber das ging auch nicht viel weiter, denn auch die Silbertiegel werden weich und zusammengepresst. Besser geht es mit Platintiegeln, aber die kosten zu viel, und zudem wird das Platin bei hohen Tempe- raturen leichter angegriffen, als man glaubt. Zudem wird der Platintiegel auch im Innern des Glasrohres hochgeschoben, indem das Glas unten zusammenschmilzt und den Tiegel hebt. Immer, um beim Glas bleiben zu können, habe ich dann Porzellantiegel in der Kgl. Porzellan-Manufaktur in Berlin bestellt, die ich in die Glasröhren einschob. Ich will hier die Gelegenheit nicht vorüber gehen lassen, der Direktion dieses Kgl. Institutes meinen auf- richtigsten Dank auszusprechen für die ausserordent- liche Zuvorkommenheit, mit der dieselbe meinen vielen Anliegen stets entgegengekommen ist. Die Porzellantiegel in Glas haben sich wohl be- währt; da der Boden der Tiegel hellglühend wird, so kann man die Vorgänge im Innern des Destillations- rohres gut beobachten; man sieht was vorgeht; man weiss, wann die Destillation beginnt. So lange dieselbe fortgeht, ist auch nichts zu befürchten, aber wenn man unterbricht und auch noch so langsam erkalten lässt, so kommt doch ein Punkt, an dem das Glas, wegen der verschiedenen Ausdehnung, um das Porzellan springt. Die Metalle sind dann noch heiss und oxydieren, und das Ziel musste ja natürlich sein, erst wenn der Appa- — 217 — rat ganz erkaltet war, Luft hinein zu lassen, ebenso wie auch erst mit der Erwärmung begonnen wird, wenn der Apparat ganz luftleer ist. Doch habe ich mir auch über dieses Springen weg- helfen können. Ich habe um die Porzellantiegel gewis- sermassen einen Verband von Asbest, den ich mir aus Asbest und Wasser, wobei man einen plastischen Teig erhält, anrührte, gelegt. Dieser Teig wurde um den Tiegel gepappt, getrocknet, und der Tiegel dann in das Destillierrohr geschoben, und dasselbe zugeschmolzen. Hat man auf diese Weise zwischen dem Glas und dem Porzellan eine Schicht Asbest, so springen, wenn nicht zu hohe Temperaturen angewendet werden, die Glas- rohre nicht mehr ; mit diesen Vorrichtungen kann man Kupfer z. B., und Gold noch aus Glas destillieren. Braucht man noch höhere Temperaturen, so tritt derselbe Übelstand ein, der schon an dem Platintiegel gerügt wurde: der Tiegel wird gehoben bis an die Biegestelle, und beim Erkalten springt das Glasrohr dort. Ganz satt hineinpassen kann man den Tiegel nicht, wegen des nachherigen Schliessens des Rohres. Ich musste also für die sehr hoch siedenden Metalle, wie Eisen, Chrom, Nickel u. s. w., zu Porzellanröhren meine Zuflucht nehmen, die für alle Metalle, die ich bisher bearbeitete, genügten. Als Heizmittel habe ich ein gewöhnliches Wasser- trommelgebläse, das Tag und Nacht ununterbrochen ar- beitete, benützt, und demselben eine kurze Zeit hindurch, etwa 1'/s, auch 2 Stunden, ein Sauerstofigebläse sub- stituiert. Läuger kann man ein solches Gebläse nicht verwenden, weil es, soweit meine Erfahrungen gehen, einfach alles durchbrennt. Natürlich habe ich längst die Metallbäder und Eisen- tiegel, auch den Rost, auf dem der Tiegel ruht, durch — 215 — Porzellan ersetzt, weil anhaltendes Erhitzen auf so hohe Temperaturen eben nur Porzellan, Steingut, Chamotte und dergl. aushält, wovon Porzellan immer das sauberste Arbeiten gestattet, Tiegel und Rost halten auch die Operation ohne jede Gefährdung aus, wenn man die kleine Vorsicht gebraucht, zwischen die Berührungsstellen dünne Asbest- plättchen zu legen; geschieht das nicht, so drückt der Rost den Tiegel, der nicht gehoben werden kann, beim Anwärmen zusammen, so dass er springt. Das Sauerstoffgebläse, resp. den Fletscherbrenner, hält auch der Porzellantiegel auf die Dauer nicht aus, er schmilzt zusammen, so dass das Porzellan abtropft und der Tiegel ein Loch kriegt, aus dem die Hupper- erde, die ich als Sandbad benütze, kalkhaltiger Sand wäre längst zusammengeschmolzen, herauslaufen würde. Dem zu begegnen, lege ich in die Tiegel dünne Quarzplatten, die dann meist halten; setzt man aber die Operation lange fort, so werden auch diese glatt rund durchgeschmolzen. Das ist mir passiert beim Zinn, wo dann schliesslich auch noch das Destillierrohr mit durchbrannte. Erst bei diesen höchsten Temperaturen ist es mir denn auch gelungen, einige Tröpfchen Zinn zu destil- lieren, während bei Gelegenheit des Elektrochemiker- Kongresses zu München, 1897, ein Herr eine ganze Flasche mit destilliertem Zinn, wie er behauptete, vor- legte, und ich auf meine bescheidene Bemerkung, dass es mir bis dahin nicht gelungen sei, Zinn im Vakuum zu destillieren, aus den Reihen der Zuhörer belehrt wurde, dass Zinn bekanntlich sehr leicht destilliere. Das, was da vorgewiesen und für destilliertes Zinn ausgegeben wurde, war natürlich nichts als mechanisch mitgerissener Flugstaub. — 219 — Die Temperaturen wurden gemessen mit einem Platin-Iridium Thermoelement; aber ich gebe keine Zahlen an, sie sind mir nicht zuverlässig genug; hier muss noch Wandel geschafft werden. Die Drucke wurden mit dem von mir angegebenen Me’Leod’schen Volumometer gemessen. Um das Ein- dringen von Quecksilberdämpfen in den eigentlichen Destillationsapparat zu hindern, waren demselben noch 6 mit Goldblatt beschickte Glaskugeln, die in Kochsalz- Eis-Kältemischung eingebettet waren, vorgelegt; man konnte an der fortschreitenden Amalgamation sehr deut- lich wahrnehmen, wie von Pumpe und Volumometer, auch bei gewöhnlicher Zimmertemperatur, fortwährend Quecksilber in die kalten Glaskugeln hinüberdestillierte. Ich habe, wenn ich nicht eines und das andere bei der Aufzählung vergesse, bisher destilliert: Selen, Tellur, Kalium, Natrium, Lithium, Wismuth, Antimon, Cadmium, Magnesium, Aluminium, Silber, Kupfer, Gold, Nickel, Eisen, Chrom, Zinn und Zirkon. Natürlich habe ich überhaupt nur Versuche mit verhältnissmässig höhersiedenden Substanzen gemacht, da es sich für mich zunächst darum handelte, die Me- thode allen Anforderungen genügend auszuarbeiten. So beschränke ich mich auch hier, die Resultate, die mit den bisher für nicht flüchtig ausgegebenen Metallen er- zielt wurden, kurz zu beleuchten. Silber destilliert, was übrigens bekannt, bei ganz niedern Temperaturen, es sublimiert; ebenso Magnesium. Kupfer war bisher nicht verflüchtist, es destilliert ohne Schwierigkeit, doch ist die Anwendung von Por- zellangefässen vorteilhaft. Dr. von Kraatz-Koschlan, der die schönen Kry- stalle, die eine zusammenhängende Schicht um den in- nern Teil des Porzellanrohres bilden, untersuchte, hat darüber folgendes festgestellt. — 220 — „Die Kupferkrystalle bilden eine zusammenhängende krystalline Masse, aus der die einzelnen Krystalle mit ausgezeichnet spiegelnden Flächen hervorragen. Die Krystallbegrenzung ist durch Würfel und Oktaëder gegeben, wobei das Oktaëder immer herrscht, manch- mal ausschliesslich entwickelt ist.* — Auch das Gold siedet unschwer und ist ebenfalls noch aus Glas destillierbar ; jedoch auch hier ist die Grenze erreicht, so dass man für grössere Mengen Por- zellangefässe anzuwenden hat. Der Siedepunkt dürfte wohl höher als der des Kupfers, dieser als der des Silbers sein, so dass die Ordnung nicht dem Atomgewicht, sondern dem Atom- volumen entsprechen würde | Silber, Kupfer, Gold. Auch Golddampf setzt sich in Krystallen an. Herr Dr. v. Kraatz schreibt darüber: „Die Gold-Krystalle sind teils Würfel, teils Okta- eder. Die Oktaëder liegen fast stets auf einer Fläche auf, zeigen dann durch Verzerrung häufig sechsseitigen Umriss und sind oft nach einer Kante gestreckt, so dass sie dann stäbchenförmig erscheinen und nur durch die endliche, schiefe Begrenzung als Oktaëder identifi- ziert werden können. Die Würfel sind immer gestreckt nach einer Hauptaxe und erscheinen dadurch als qua- dratische Säulen. Würfel und Oktaëder liegen regellos durcheinander, an einem Würfel wurde ein Berührungs- zwilling nach O (1: 1: 1) beobachtet.“ — Das Eisen lässt sich aus Glas nicht mehr ver- flüchtigen, wohl aber aus Porzellan. Es scheinen Siedepunkt und Sublimationspunkt un- gefähr zusammenzufallen, denn die kleinen, nach Gold- OR schmidt reduzierten Eisenkügelchen, die zur Destillation dienten, backten fest zusammen, ohne geschmolzen zu ‚sein; sie haben noch Form gehalten. Das Eisen schlägt sich krystallinisch mit fast sil- berweisser Farbe an den Wandungen nieder; da, wo langsamere Abkühlung die Ausbildung einzelner Krys- tallindividuen begünstigt, schiessen auch solche an. Über- dies urteilt Hr. Dr. von Kraatz: „Kleine, aber ausgezeichnet glänzende Krystalle zeigen unter dem Mikroskop die Begrenzung von (vor- wiegend) Würfel mit Oktaëder (untergeordnet). Auf den Würfelflächen zeigt sich häufig starke Riefung und Streifung parallel der Combinationskante mit einer Okta- öderfläche, und diese Erscheinung ist wohl als Zwil- lingsbildung nach O (1: 1: 1) aufzufassen. Manchmal tritt das Oktaëder allein auf und gestattet die Flächen- winkel zu 60° zu messen. Es dürften hier die schön- sten bisher beobachteten Eisenkrystalle vorliegen.“ — Bemerkenswert ist, dass, von Gold und Silber nicht zu sprechen, Eisen und Kupfer, wenn in dieser Weise durch Destillation gereinigt, in gewöhnlicher Luft so gut wie gar nicht oxydiert werden, sie sind sauerstoff- fest; es ist ganz etwas ähnliches wie das nach Gold- schmidt reduzierte Chrom und Mangan, die sich ja auch unendlich viel besser halten, als die kohlenstoffhaltigen Produkte der alten Darstellungsweise. Ich habe ein Stückchen Porzellan mit Beschlag von destilliertem Eisen, seit Ende März, also beiläufig 3/4 Jahr, in der Tasche getragen, dasselbe ist noch ganz unverändert. Gold-, Silber-, Kupfer- und Eisendämpfe greifen weder Glas noch Porzellanglasur an,!) es kann infolge- 1) Beim Kupfer bin ich nicht ganz sicher. — 222 — dessen die Verdünnung ziemlich weit, d. h. bei heller Rotglut, also bei etwa 1100° bis auf 0,00005 mm Druck getrieben werden. Nicht so weit, nur bis etwa °/ıoooo mm, lässt sich, für beiläufig die gleiche Temperatur, die Verdünnung beim Chrom bringen. Chrom greift die Glasur erheb- lich an. Nach einer gütigen Mitteilung der Direktion der Kel. Porzellan-Manufaktur in Berlin entspricht die Zusammensetzung der Glasur etwa der Formel: 0,67 CaO 0,22 MgO AbO, + 10 Si Oz 0,11 K20 Der Alkaligehalt wird durch Einführung von Nor- wegischem Feldspath erzielt, daher enthält die Glasur immer auch Natron Das Alkalı wird nun durch Chromdämpfe redu- ziert, und Kalium und Natrium destillieren als Metalle über, als welche wir, Herr Dr. Thon und ich, sie spektroskopisch, und als Platindoppelsalz, nachweisen konnten. Während also Natrium bei niedern Temperaturen Chrom aus dem Chlorid reduziert, tritt das umgekehrte Verhältnis für die Sauerstoffverbindungen bei hohen Temperaturen ein. | Das Niederschlagen von metallischem Chrom wird dadurch übrigens nicht verhindert; die deutlich im Sili- kat angegriffene Glasur überzieht sich mit einer Schicht verschiedener — wohl Oxyde, — unter denen neben einem braunen auch das grüne Sesquioxyd Urs Os auftritt. — Auf dieser schützenden Schicht setzen sich, teils ver- einzelt, teils zu einer Haut vereinigt, glänzende Kry- stalle an, die jedoch meist keine scharf begrenzten Flä- chen zeigen. Das destillierte Chrom war Goldschmidt’sches Fa- brikat; auch hier hielt sich die Verdampfung auf der Grenze zwischen Sublimation und Destillation. Zuletzt habe ich noch Versuche gemacht mit einer Legierung Aluminium-Zirkon, die ich der Güte des Herrn Professor Muthmann verdanke. Es fand deutliche Verdampfung statt, wobei die übergehenden Dämpfe die Porzellanglasur lebhaft an- griffen, sich eine ziemlich starke Schicht bleigrauen Aussehens absetzte, die mit weisser Flamme verbrannte, und die sich unter dem Mikroskop als aus kleinen an- einandergereihten, erstarrten Tröpfchen erwies, auf denen grössere Kügelchen aufsassen. Da es kein reines Alu- minium war (deutlich sprach dagegen die Sprödigkeit), so vermuten wir, Herr Prof. Muthmann und ich, dass es mit Silicium ganz durchsetzes Aluminium sei. Das Aluminium saugt ja geradezu mit Begierde Kiesel ein. Der Rückstand war wesentlich verändert, zeigte deutlich Krystallbildung und ist voraussichtlich wenn nicht reines, so doch stark angereichertes Zirkon. Schon hieraus zeigt sich, dass der Zweck, den ich ja mit diesen Arbeiten überhaupt verfolge — denn nur die Thatsache, dass alle Metalle flüchtig sind, zuerst experimentell nachgewiesen zu haben, kann mir nicht genügen — ich sage die Trennung von Aluminium und Zirkon zeigt, dass der Zweck, den ich mit diesen Arbeiten verfolge, die Metalle rein darzustellen, an- gebahnt ist. Mit einem deutlichen Beleg dafür will ich schliessen. Ich habe mich eines Münzverbrechens schuldig ‚gemacht. Ich habe eine Kaiserl. Deutsche Reichsmünze destilliert — allerdings nur ein Zehnpfennigstück. Ein solches wiegt bekanntlich 4g und enthält 25 %/, Kupfer, d. h. 1 g. — 224 — Diese 25 °/, Kupfer habe ich mühelos herausfrak- tionieren können. Das reine Nickel, unter Verlust von 0,95 g, blieb als fast weisser Metallregulus zurück; ein wenig des Nickels destillierte mit über, das sich als Silberspiegel an den Wänden niederschlug; es ging mehr und mehr ın rot über, um endlich eine dichte Haut prachtvoll leuchtendem Kupfers, mit deutlichen Krystallen besetzt, zu bilden. Es ist also das Ziel, die Anwendung der fraktio- nierten Destillation auch auf die Metalle auszudehnen, thatsächlich erreicht. — | Mit einer gewissen Befriedigung, darf zum Schluss wohl noch darauf hingewiesen werden, dass als diese Studien seiner Zeit begonnen wurden, noch so gut wie gar keine Apparate vorlagen, die eine Durchführung derselben gestattet hätten. Vom Ersten bis zum Letzten, die Schliffe und die Hähne, die Quecksilberverschlüsse, Volumometer und Selbstthätige Quecksilberpumpe, siealle und in all ihren Teilen, sind in dem hiesigen physikalischen chemischen Laboratorium, konstruiert und gebaut worden, und haben von Basel aus sich verbreitet und freundliche Aufnahme gefunden, so auch anderwärts ihren Zweck erfüllend, dem Fortschritt der Wissenschaft zu dienen. Basel, physikal chem. Laboratorium der Universität, am ersten November 1899. Die Entdeckung der Kohlenstoffassimilation. Von X. Wetterwald. Die Assimilation des Kohlenstoffes durch die Pflanzen ist einer der bedeutsamsten Vorgänge im organischen Leben, und die Erforschung derselben gehört zu den wichtigsten naturwissenschaftlichen Leistungen. Es mag sich daher wohl der Mühe verlohnen, den Gang der Entdeckung zu verfolgen, um diejenigen Männer kennen zu lernen, die auf diesem Gebiete gearbeitet haben. Ich habe vor mehreren Jahren mich mit dieser Sache be- schäftigt und die Ergebnisse meiner Studien in der Pro- grammarbeit der hiesigen Realschule vom Jahre 1895 niedergelegt; ich kam zu dem Ergebnis, dass der Genter Gelehrte Senebier der Begründer der Assimilations- theorie ist. Im Jahre 1894 erschien das Lehrbuch der Botanik für Hochschulen von Strassburger, Noll, Schenk und Schimper in Bonn, Dort heisst es!): „Die Entdeckung, dass der Kohlenstoff der Pflanze der Kohlensäure der Luft entnommen und durch die grünen Blätter gewonnen wird, knüpft sich vornehmlich an die Namen des Hol- länders Ingenhouss und des Genfer Gelehrten Theodore de Saussure und fällt in das Ende des vergangenen und den Anfang unseres Jahrhunderts.“ Der Name Senebier 1) Pag. 165. — 226 — kommt nicht vor. Ich schickte darauf Herrn Professor Strassburger meine Arbeit. In der dritten Auflage des genannten Lehrbuches vom Jahre 1898 wird nun neben Ingenhouss und Theodore de Saussure auch Senebier genannt, doch heisst es dann gleich wieder im Anschluss an eine Berechnung: „Bei der Berücksichtigung solcher Zahlen findet man es begreiflich, dass die Entdeckung Ingenhouss’ ungläubig aufgenommen, später ganz zurück- gewiesen und vergessen wurde.“ Das genannte Lehrbuch hält also daran fest, dass Ingenhouss der Begründer der Assimilationstheorie ist. Auch in einer pädagogischen Zeitschrift: Der deutsche Schulmann wird unter dem Titel: „Neues vom Gebiete der Wissenschaften“ Ingen- houss als der Entdecker der genannten Theorie be- zeichnet). Da ich nun die Überzeugung habe, dass diese Angaben mit den Thatsachen nicht übereinstimmen, — auch der Litteraturnachweis bei Strassburger ist un- vollständig -— und da ich zudem weiss, dass in Pro- grammarbeiten niedergelegte Untersuchungen gewöhnlich vergraben sind, möchte ich mir erlauben, Ihnen hier den Beweis zu erbringen, dass Senebier die Assimilations- theorie begründet hat?) Wenn wir nach dem Auftauchen des Assimilations- gedankens forschen, so führt uns die Geschichte der Botanik auf den Namen Malpighi zurück®). Sowohl in seiner Anatomes plantarum idea 1671, als auch in der Pytotomie 1674 spricht er von der Bedeutung der 1) Der deutsche Schulmann, Januarheft 1899, pag. 29. 2) Auch Pfeffer, Pflanzenphysiologie I. Bd. pag. 186 und 137 und Pringsheim, Über Chlorophyllfunktion und Lichtwirkung in der Pflanze, Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik 1882, bezeichnen Senebier als den Begründer der Assimilationstheorie; doch habe ich bisher nirgends den strikten Nachweis dafür gefunden. 3) Sachs, Geschichte der Botanik, pag. 494. a Blätter als Zubereitungsorganen des Nahrungsstoffes; auch Christian Wolff erkannte den Blättern eine Rolle beim Nahrungsgeschäft der Pfanzen zu ‘); er hatte jedoch keine Ahnung von der wahren Natur des Vorganges. Der Engländer Hales?) betrachtete es als wahrscheinlich, dass die Luft nicht allein mit der durch die Wurzeln eindringenden Hauptnahrung, sondern auch durch die Blätter in die Pflanze gelange, dass sie zu einem Grund- bestandteil derselben werde. Er bildete sich auch die Anschauung, dass eine Hauptaufgabe der Blätter darin bestehe, den Nahrungssaft in die Höhe zu ziehen; die- selbe Ansicht vertrat auch der Genfer Bonnet°), doch hat er die Erkenntnis von der Funktion des Blattes nicht gefördert. Es war übrigens bei dem damaligen Stand der Luft- chemie geradezu unmöglich, die Funktion des Blattes zu ergründen; denn es war die Chemie von der Mitte des 17. bis zum letzten Viertel des 18. Jahrhunderts von der Phlogiston-Theorie beherrscht*). Man nahm an, dass alle verbrennlichen Körper einen gemeinsamen Bestand- teil, das Phlogiston besitzen; das Austreiben desselben sei die Verbrennung; besonders viel von diesem Stoff enthalte die Kohle. Der Begriff Phlogiston war also dem heutigen Begriff des Sauerstoffes geradezu entgegen- gesetzt. Priestley bezeichnete den Sauerstoff, den er 1774 entdeckte, als eine von Phlogiston ganz reine Luft, die 1) Christian Wolff, Vernünftige Gedanken von den Wirkungen der Natur 1725, pag. 641. 2) Hales, Statik der Gewächse 1748, deutsch von Reichs- freiherrn von Wolff. 3) Bonnet, Nutzen der Blätter bei den Pflanzen, deutsch von Joh. Christian Arnold 1762. 4) Kopp, Geschichte der Chemie, I. Bd. — 228 — dephlogistisierte, den Stickstoff, als mit Phlogiston ganz gesättigt, die phlogistisierte Luft; die Kohlensäure, deren wahre Natur er freilich nicht erkannte, nannte er fixe Luft. Priestley machte auch eine grosse Reihe von Untersuchungen über die Beziehung der verschiedenen Luftarten zu den Pflanzen '). Er konstatierte nach langem Hin- und Herschwanken, dass durch die Vegetation unter dem Einfluss des Lichtes die Luft verbessert wird; den wahren Vorgang erkannte er aber nicht. In einer Fussnote zitiert er das Werk seines Freundes Ingen- houss und dessen Ansicht?), dass die aus den Blättern ausgeschiedene Luft keineswegs dem Wasser ihren Ur- sprung zu verdanken habe, sondern durch eine besondere fortdauernde Wirkung des dem Sonnenlicht ausgesetzten frischen Blattes hervorgebracht werde und Luftblasen bilde, weil das sie umgebende Wasser sie verhindert, sich in der Atmosphäre zu zerstreuen. Ingenhouss wurde durch die Arbeiten von Priestley veranlasst, seine For- schungen über den Einfluss der Pflanzen auf die Luft auszuführen®). Er sagt im ersten Band seiner „Ver- suche mit Pflanzen®)“: „Die Wissbegierde erweckte in mir das Verlangen zu untersuchen, ob die Pflanzen dadurch, dass sie das brennbare Wesen als ihre Nah- rung einsaugen, die Luft verbessern und sie solcher- gestalt in einem Stand der Reinheit zurücklassen, wie 1) Priestley, Versuche und Beobachtungen über verschiedene Gattungen der Luft 1773—1782, 5 Bände: I. Bd. pag 47, 91; ILL. Bd. pag. 287; Brief von T. Henry an Priestley am Ende des III. Bds.; IV. Bd. pag. 233, 239, 241, 266; V. Bd. pag. 15—21. Da, a. 0. NV. Bd. pag, 39. 3) Ingenhouss, Versuche mit Pflanzen, deutsch von Joh. Andreas Scherer 17795 siehe I. Bd. pag. 10, 12, 17, 38, 61; U. Bd. pas, VISION BE dipass ER 125: a. a. 021. Bd. pas. XLyYT. N 999, Priestley meint, oder ob die Pflanzen, wie ich mutmasste, eine andere bis jetzt unbekannte Kraft besitzen, wodurch sie eine verdorbene Luit in eine gute verwandeln und diese noch besser machen.“ Aus verschiedenen Versuchen glaubte er den Schluss ziehen zu dürfen‘), „dass die aus den Pflanzenblättern entwickelte Luft im Sonnen- licht ihr Brennbares in der Pflanze absetze, oder dass die Pflanze es zu ihrer Nahrung daraus gezogen habe und sich in einem Zustande der vollkommenen Reinheit befinde, in welchem sie ein schädliches Flüssige und ein wirklicher Auswurf für die Pflanze geworden, der sie, falls sie sich desselben nicht entladen könnte, krank machen würde.* An einer andern Stelle bemerkt er°): „Es scheint, dass die Gewächse die meisten wässerigen Feuchtigkeiten vermittelst ihrer Wurzelfasern aus der Erde und das Brennbare, das den Hauptbestandteil ihrer Nahrung ausmacht, aus der Atmosphäre ziehen; sie saugen die Luft aus der letztern so, wie sie ist, d.h. mit brennbarem Wesen angefüllt. Diese Luft wird in den Organen der Pflanzen dergestalt verdaut oder aus- gearbeitet, dass das Brennbare als eine ihrer Haupt- nahrungen darin zurückbleibt und der vom Brennbaren beraubte und der Pflanze zum Auswurf gewordene Über- rest durch die Abscheidungsvorgänge ausgestossen und der Masse der Atmosphäre zurückgegeben wird.“ Hier spricht Ingenhouss es allerdings deutlich aus, dass die Pflanze ein Hauptnahrungsmittel aus der Luft ziehe, von den tiefern Vorgängen sagt er aber nichts. Im zweiten Bande spricht er zum ersten Male von der „fixen Luft“ (Kohlensäure) als Nahrungsmittel der Pflanzen, freilich in einer Weise, die zeigt, dass er von & 3.0... Bd pas. 37: aD, T. Ed pası 89. a einer auch nur annähernd richtigen Erkenntnis der that- sächlichen Verhältnisse sehr weit entfernt war !); dabei erwähnt er auch die Arbeiten von Senebier: „Die fixe Luft spielt nach Herrn Senebier eine grosse Rolle bei der Vegetation und es ist schwer, dieser sinnreichen Theorie, die Herr Senebier durch seine Versuche und Beredsamkeit vielen grossen Physikern sehr wahrschein- lich gemacht hat, die Achtung zu versagen*).“ Bald jedoch äussert sich Ingenhouss wieder anders über die „fixe Luft®)“: „Nur das sei überhaupt gesagt, dass die mit andern Lüften gemischte fixe Luft den damit ein- geschlossenen Pflanzen niemals offenbar heilsam war, die Menge derselben mochte was immer für eine gewesen sein. Nun, wenn ich gleich die wirklich sinnreiche Theorie des Herrn Senebier über die Rolle, die er die fixe Luft bei dem Wachstum spielen lässt, nicht wahr finden konnte: so wird man doch kaum in Zweifel ziehen, dass die Luftsäure oder fixe Luft die mit Wasser be- deckten und an die Sonne gesetzten Pflanzen zur Aus- arbeitung der Lebensluft erwecke und sich selbst ver- mittelst der Pflanze in reine Luft verwandle*®).“ Solche Widersprüche, wie sie aus den angeführten zwei Stellen sich ergeben, finden sich noch mehrere bei Ingenhouss’). Auch im dritten Bande‘) des genannten Werkes lässt sich keine Stelle finden, welche die Bedeutung der Kohlen- säure würdigt, obschon beim Erscheinen desselben ihre chemische Zusammensetzung bekannt war. Das Verdienst Da, a2 0.211. Bd. par. 14. 2) Der II. Bd. von Ingenhouss erschien 1788, die ersten Werke von Senebier aber schon 1782. Sa 220.17. Bd pas, 75. 2) a..2. 0. MH Bd. paer 101. ja a O1 Bd pag. 106. 6) 1790 erschienen. — 231 — Ingenhouss’ besteht einfach darin, dass er durch zahl- reiche Experimente den schon von Priestley versuchten Nachweis geliefert hat, dass die Pflanzen unter dem Einfluss des Sonnenlichtes die Luft verbessern - bezw. respirabler machen. Wie sich dieser Vorgang aber ab- spiele, welche Umwandlungen er zur Voraussetzung habe und namentlich auch, welche Veränderungen dadurch in der Pflanze selbst bewirkt werden, davon sagt er gar nichts. Er hatte immer nur die eine Seite des Vor- ganges der Luftumwandlung im Auge, nämlich die Ver- besserung derselben für die tierische Respiration; er übersah jedoch vollständig, dass auch die Pflanzen selber aus der Umwandlung einen Vorteil ziehen könnten, er gesteht das später in einer andern Schrift selber auch zu!). Aus dem besprochenen Werk lassen sich also noch keine richtigen Gedanken über Kohlenstoffassimi- lation herausfinden. Auch in den „Vermischten Schriften“ von Ingenhouss®) sucht man vergebens nach einer Stelle, die auf richtige Vorstellungen über Assimilation hinweisen würde. Wenden wir uns nun zu Senebier, den wir bereits aus Zitaten von Ingenhouss kennen. Sein erstes Werk über Erscheinungen in der Pflanzenwelt waren die „Memoires physico-chimiques,“ drei Bände, Genève 1782; daran reihten sich als Fortsetzung die „Recherches sur influence de la lumière solaire, Genève 1783“; 1788 er- schienen , Expériences sur l’action de la lumière solaire dans la végétation“; diese fünf Bände bilden zunächst die Grundlage der folgenden Erürterungen. Durch alle diese Werke lässt sich der durch un- zählige Experimente gestützte und bestimmt ausge- 1) Ingenhouss, Ernährung der Pflanzen und Fruchtbarkeit des Bodens 1796, pag. 132. 2) Ingenhouss, Vermischte Schriften, Wien 1784. sprochene Gedanke verfolgen: die grünen Blätter, wenn sie in kohlensäurehaltigem Wasser dem Einfluss des Sonnenlichtes ausgesetzt sind, saugen die „fixe Luft“ auf und zerlegen sie in ihrem Parenchym; den emen Bestandteil der aufgenommenen Luft, nämlich den Sauer- stoff (dephlogistisierte Luft) hauchen sie wieder aus, wodurch die Luft für die tierischen Organismen ver- bessert wird, den andern Teil, das Phlogiston (Kohlen- stoff), aber behalten sie zurück. Senebier brachte Blätter, die er in Wasser unter einen Rezipienten tauchte, an die Sonne und bemerkte dabei ein Aufsteigen von Luftblasen; diese Betrachtung veranlasste ihn, folgende drei Fragen zu stellen): 1. Ist die erzeugte Luft bloss der Oberfläche der Blätter anhaftend und entfernt sie sich nun von derselben durch die Wirkung des Wassers ? 2. Hat diese austretende Luft ihre Quelle bloss in dem lufthaltigen Wasser, das in die Blätter eindringt, oder wird sie in dem Blatte er- zeugt? Wird die Luft durch das Sonnenlicht oder durch die Sonnenwärme erzeugt? Die erste Frage wird verneint. Um die zweite Frage zu beantworten, brachte Senebier seine Blätter in ver- schiedene Rezipienten, von denen der eine gekochtes, ein anderer destilliertes, ein dritter kohlensäurehaltiges und ein vierter mit gemeiner Luft gesättigtes Wasser enthielt. Nun beobachtete er, dass die Blätter in kohlensäurehaltigem Wasser am Sonnenlicht weitaus am meisten Luft gaben und zwar eine solche, die dephlogistisierter (sauerstoffhaltiger) war als die atmos- (20) 1) Mémoires, I. Bd. pag. 17. phärische; aus dieser und aus andern Beobachtungen folgerte er, dass die Luftblasen, die an der Sonne aus den unter Wasser getauchten Blättern aufsteigen, im Blatte selber erzeugt worden seien. Die dritte Frage entschied Senebier dahin!}, dass das Sonnenlicht die Ursache der von den Blättern er- zeusten Luft sei und dass die Sonnenwärme dabei ausser Betracht falle; verschiedene Versuche bestätigten ihm den Satz, dass die erzeugte Luftmenge proportional der Stärke des direkten Sonnenlichtes und der Dauer seiner Wirkung sei; ferner stellte er fest, dass nicht nur die ganzen, sondern auch die kleinsten Stücke zerrissener Blätter unter dem Einfluss des Sonnenlichtes Luft ab- geben. | Senebier beschäftigte sich nun eingehend mit den Luitarten, die mit den grünen Pflanzenteilen in Wechsel- wirkung treten*). Die Luft, welche die Blätter ent- weichen lassen, sei dephlogistisiert (sauerstoffhaltig), die aus dem Wasser aufgenommene dagegen „fixe Luft.“ Es sei klar, dass die Blätter die Luft, bevor sie dieselbe abgeben, verarbeiten, aus dem Zustand der „fixen Luft“ in denjenigen der dephlogistisierten Luft überführen, und dass sie in bezug auf Quantität proportional der im Wasser enthaltenen Kohlensäure sein müsse®). „Il est clair que l’action du soleil, en favorisant peut-être l’entrée de Pair fixe dans la feuille, et en combinant la lumière qu'il lance sur elle, avec les sucs qui s’y trouvent, favo- rise le changement de cet air fixe, précipite son phlo- gistique, le dépose dans la plante, et opère une partie des phénomènes de la végétation ..... c'est alors que Die. 2.0. 1. Bd. pas. 64: Barca). Bd. warn 1sl. ware 0. 4. Bd. pac 18/,und 182. aa 2 se forme l'air pur qui s'échappe, en se debarrassant de son phlogistique.“ Diese Theorie hat sehr viel Ähnlich- keit wit unsern heutigen Anschauungen über Assimi- lation und kann schon als eigentliche Assimilationstheorie bezeichnet werden, da sie auf der Vorstellung beruht, dass die Blätter eine Substanz: fixe Luft — Kohlen- säure aufnehmen, sie unter dem Einfluss des Sonnen- lichtes zerlegen, einen Theil: Phlogiston!) festhalten und dadurch verschiedene Lebenserscheinungen bewirken, während die bei diesem Vorgang sich bildende und des Brennstoffs (Phlogiston) beraubte Luft aus dem Blatte entweicht. Die bis jetzt besprochenen Forschungen Senebier’s bezogen sich auf Experimente, die er mit Blättern im Wasser angestellt hatte, das mit verschiedenen Luftarten vermischt war. Er dehnte seine Untersuchungen auch auf Pflanzen aus, die in der Luft wuchsen?), fand aber, dass es schwer sei, entscheidende und einen exakten Geist be- friedigende Versuche in der Luft zu machen. Wiewohl er dieselben nicht als hinreichend beweiskräftig ansah, so glaubte er doch daraus schliessen zu dürfen, dass die an der Sonne :wachsenden Pflanzen aus ihren Blättern eine Luft entweichen lassen, die respirabler sei als die gewöhnliche Luft, und dass sie proportional der Menge Kohlensäure sei, welche die atmosphärische Luft den Blättern vermittle. Auch im zweiten und dritten Bande seiner Memoires finden sich zahlreiche Stellen, die von der Zerlegung der Kohlensäure und der Assimilation des Kohlenstofies handeln?). 1) Senebier betrachtete die fixe Luft (Kohlensäure) als eine Verbindung der reinen Luft mit dem Phlogiston der Atmosphäre, 2) a. a. O. I. Bd. pag. 224—228. 3) z. B. à. a. O. IL Bd. pag. 18, 44. III. Bd. pag. 371—411. — 239 — Im folgenden Jahre (1783) lieferte Senebier eine Fortsetzung seiner Untersuchungen in den „Recherches sur l'influence de la lumière solaire.“ Er bezeichnete darin die Kohlensäure als die nourriture universelle des plantes!) und sagte, dass das Parenchym der Blätter nicht allein das Laboratorium ist, wo die Nahrung der Pflanze sich präpariert, sondern auch das Magazin, wo sich die Materialien anhäufen, die sie liefern sollen °). Am Schlusse der „Recherches“ gibt er eine kurze Zusammenfassung seiner Forschungen, die er in den vier besprochenen Bänden niedergelegt hat°): „On a pu voir comment mes idées se sont étendues peu-à-peu, et m'ont conduit au point où je suis arrivé. Les feuilles exposées sous l’eau au soleil m'ont fourni de l’air; j'ai trouvé que cet air était soutiré par la feuille hors de l’eau où elle plon- geait; mes expériences m'ont assuré que cet air élaboré par les feuilles était ce qu'on appelle l'air fixe et que les feuilles plongées dans l’eau et exposées au soleil fournissaient d'autant plus d’air pur, quil y avait une plus grande quantité d’air fixe dissoute dans l’eau où elles étaient, j'ai trouvé que l'air fourni par ces feuilles, était un air beaucoup plus pur que Pair commun; je me suis convaincu que la quantité de l’air fixe contenue dans l’eau était fort diminuée, quand les feuilles que j'y exposais au soleil avaient fourni leur air, et j'en al con- clu que l’air déphlogistique, produit ainsi par les feuilles, était le résultat de la conversion de l’air fixe, opéré par l’action de la végétation, qui séparait le phlogistique de Vair fixe pour le rendre propre à la plante, et qui en chassait l’air pur comme un excrément, qui lui était ın- utile.“ 1) Recherches, pag. 252. Dar a: 0, pas. 251. 2772..9..0..930,2 329. — 236 — Gerade dieser Satz beweist, dass Senebier die grosse Bedeutung, welche die Zerlegung der Kohlensäure hat, nicht in der Erzeugung der reinen Luft, sondern in der Assimilation des Phlogistons durch die Blätter erblickte. Allerdings konnte er nicht die ganz richtige Vorstellung von der Assimilation haben, weil er die Zu- sammensetzung der Kohlensäure noch nicht kannte; setzt man aber an die Stelle des Phlogistons den Kohlen- stoff, so muss man anerkennen, dass seine Anschauungen den thatsächlichen Verhältnissen sehr nahe kamen. Im Jahre 1788 verôffentlhichte Senebier , Expériences sur l’action de la lumière solaire dans la végétation“; er förderte aber darin kaum etwas zu Tage, was er nicht schon in seinen frühern Werken niedergelegt hatte. Viel wertvoller ist dagegen seine drei Jahre später in der Encyclopédie méthodique!) veröffentlichte grössere Arbeit „Physiologie végétale.“ Nachdem er?) von dem Blatt als Ernährungsorgan gesprochen, fährt er fort: „Je Crois avoir montré que l'air fixe était encore un aliment des végétaux, que la sève l'amène avec elle: qu'il est porté jusque dans les feuilles, qu’il les pénètre avec la rosée par leurs pores; qu'il y est élaboré dans leur parenchyme; que le soleil favorise sa décomposition, de manière que Pair pur s'échappe hors de la feuille, et que la partie inflammable, ou le carbone qui forme avec lui l'air fixe, se combine avec la plante.“ Schon in seinen frühern Schriften hat Senebier darauf aufmerksam gemacht, dass nur die grünen Teile der Pflanzen Luft erzeugen; auch hier spricht er den gleichen Gedanken wieder aus und fügt noch bei, dass die nicht grünen Teile keine Luft hervorbringen; er 1) Encyclopédie méthodique, Tome I, Forêts et bois 1791. 2) a..a. O. page, 196 — 231 — wies also durch seine Experimente ganz bestimmt nach, dass nur die grünen Pflanzenteile assimilieren. Im Jahre 1800 erschien sein fünfbändiges Werk „Physiologie végétale !“), in welchem er die Botanik nach dem damaligen Stand der Wissenschaft übersichtlich darstellte; doch findet man darin bezüglich der Assimi- lationstheorie keine neuen Gesichtspunkte ?). Überblicken wir nun die Senebier’schen Forschungen und seine Theorie, so müssen wir zugeben, dass manche Anschauungen nicht richtig waren; wir wissen heute, dass die Kohlensäure direkt aus der Luft und nur ver- mittelst der Blätter in die Pflanzen eintritt, während Senebier annahm, dass sie im Wasser gelöst von den Blättern und von den Wurzeln aufgesogen werde. In bezug auf das Licht stand er noch auf dem Boden der Stofitheorie und stellte sich vor, dass der Lichtstoff bei der Trennung der Kohlensäure in Kohlenstoff und Sauer- stoff sich mit dem letztern verbinde und.so die reine Luft erzeuge. Was den von den grünen Blättern unter dem Einfluss des Sonnenlichtes aus der Kohlensäure ausgeschiedenen Kohlenstoff betrifft, so bemerkt Senebier sehr richtig, dass die Kohle zu einem Grundbestandteile der Pflanze werde; welche Form aber der Kohlenstoff in der Pflanze annimmt, welche Wandlungen er durch- macht und welche Grundstoffe er bildet, darüber wusste er uns freilich nichts zu sagen; er führte bloss an, dass er zur Bildung von Harzen und Ölen verwendet werde. Aber trotz verschiedener Mängel traf Senebier mit seinen Grundgedanken das richtige; er erkannte, dass die Blätter Ernährungsorgane. sind, dass die Pflanzen einen 7) Senebier, Physiologie végétale; Genève 1800. 5 Vol. 2) Vel.: Physiologie végétale, II. Bd. pag, 319; III. Bd. pag. 149, 152-157, 166, 206, 209. — 238 — sehr grossen Teil ihrer Nahrung aus der Luft nehmen, dass die Kohlensäure eines ihrer wichtigsten Nahrungs- mittel ist, dass sie in den grünen Blättern unter dem. Einfluss des Sonnenlichtes in Kohlenstoff und Sauerstoft zerlegt wird und dass die Pflanze sich den erstern als einen Grundstoff zum Aufbau ihrer Organe aneignet. Diese Gedanken bilden auch heute noch die Funda- mentalsätze der Assimilationstheorie. Daher muss Senebier als der Begründer der Assimilations- theorie bezeichnet werden. Ich bin hier zu einem andern Resultat gekommen als Hansen, der in seiner Habilitationsschrift!) die Ehre, die genannte Theorie entdeckt zu haben, für Ingenhouss in Anspruch nimmt. Hansen stützt sich dabei auf ein kleines Werk von Ingenhouss?), das im Original erst 1796 und in deutscher Übersetzung 1798 erschien, also zu einer Zeit, da Senebier seine Theorie über die Assı- milation schon längst veröffentlicht hatte. Hinsichtlich des bereits besprochenen Ingenhouss’schen Werkes „Ver- suche mit Pflanzen“ sagt Hansen selbst*), dass dasselbe nur den Beweis leiste, „dass Pflanzen unter dem Einfluss des Sonnenlichtes die Luft verbesseren, d.h. respirabler machten, indem sie reichliche Mengen dephlogistisierte Luft aushauchten.“ Jenes Büchlein von Ingenhouss, auf welches Hansen sich beruft, erschien fünf Jahre nach der in der Ency- clopédie méthodique veröffentlichten Senebier’schen Arbeit „Physiologie végétale.“ Um den Geist des Werkleins und zugleich Ingenhouss’ Vorstellung von der Assimi- 1) Hansen, Geschichte der Assimilation und Chlorophyllfunktion ; Arbeiten des bot. Instituts zu Würzburg, II. Bd. 1882. 2) Ingenhouss, Ernährung der Pflanzen und Fruchtbarkeit des Bodens 1798. 3) Geschichte der Assimilation, pag. 545. — 239 — lation zu charakterisieren, seien einige Stellen wörtlich angeführt. „Zersetzte Luft ist die Hauptnahrung der Pflanzen. Ich zweifle nicht, dass diese ununterbrochene Zersetzung der atmosphärischen Luft auf die Erhaltung der Gewächse selbst Einfluss haben müsse, und dass sie vorzüglich ihre wahre Nahrung durch diesen Prozess bekommen, indem sie die zersetzte Luft in verschiedene Säfte, Salze, Schleime, Öle etc. verwandelten!). Von einem weitern Eindringen in das Wesen dieser Vor- gänge verspricht er sich jedoch keinen Erfolg*). Die Vorstellungen Ingenhouss’ über die Beziehung der Luft, speziell der Kohlensäure zum Pflanzenleben werden besonders durch folgende Stelle beleuchtet’): „Schon die erste Wirkung des Embryo oder der werdenden Pflanze besteht in der Zerlegung der sie umgebenden Luft, indem sie den in ihr enthaltenen Anteil Sauerstoft in Kohlensäure umwandelt. Von dieser Kohlensäure absorbiert die Pflanze bei Nacht und im Schatten den Sauerstoff, im Sonnenlicht hingegen den Kohlenstoft, indem dieselbe zu dieser Zeit den Sauerstoft allein aus- haucht und den Kohlenstoff sich als Nahrungsmittel aneignet; alle diese verschiedenen Verrichtungen haben demnach eine gemeinsame Wirkung, nämlich die Zer- setzung der sie umgebenden Luft. Es erscheint daher mehr als wahrscheinlich, dass die Gewächse ihre Haupt- nahrung von dieser Zersetzung und der Erzeugung der fixen Luft oder des kohlensauren Gases hernehmen,“ Mit dieser Stelle steht in sachlichem Zusammenhang auch die folgende‘): „Da es jetzt ausgemacht ist (d.h. nach dem neuen System der Chemie), dass fixe Luft 1) a. a. O: pag. 58. Dan 0: pas:.59. Prat 10 pacs. 1) a. a, O. pag. 76. POUR oder Kohlensäure aus Sauerstoffgas, dem der Wärme- stoff entzogen ist, und aus Kohlenstoft besteht, so ist es nicht schwer einzuselien, wie Pflanzen sich ihre eigene Nahrung bereiten, indem sie Kohlensäure erzeugen, vor- ausgesetzt, dass es ausgemacht sei, dass Kohlenstoft die Hauptnahrung der Pflanzen ausmache. Aus dieser Lehre ergibt sich von selbst, dass die Pflanzen dann am schnellsten wachsen, wenn sie die grösste Menge von diesem Nahrungsmittel bereiten. Dies geschieht, wenn sie im Dunkeln stehen. Auch lehren dies die Thatsachen selbst; denn alle Pflanzen wachsen im Dunkeln weit schneller, als im Sonnenschein, wie Du Hamel und Bonnet fanden.“ Darauf gründete er die Theorie !): „Dass die Pfanzen, welche im Dunkeln mehr atembare Luft in Kohlensäure verwandeln, als sie verdauen können, einen grossen Teil davon aushauchen und also die sie umgebende weniger respirabel machen; dass sie ferner am Tage mit der Atmosphäre so viel Wärme und Licht- stoff, welche die Sonne gibt, absorbieren, dass sie endlich nicht alles verdauen können und folglich den überflüssigen Teil davon mit Sauerstoff verbunden aushauchen. Diese Fiüssiskeit hat ganz die Natur der Lebensluft.“ Diese Worte sind für Ingenhouss’ Anschauungen sehr charakte- ristisch und zeigen deutlich, dass seine Einsicht in die Assimilationsvorgänge noch recht mangelhaft war. Was die Ernährungsorgane betrifft, so nahm Ingen- houss an, die Kohlensäure werde nicht nur durch die Blätter, sondern auch durch die Wurzeln aufgenommen’). Es muss das betont werden, um auch die weitere Be- hauptung’) Hansens, Ingenhouss habe gelehrt, dass die DAMON pas AD} 2); Verol 7 08 2a. a. 20. par 010 M00 1032 2107 137211: 142, 153. 3) Hansen, Geschichte der Assimilation etc., pag: 562. — 241 — Pflanzen die Kohlensäure nur aus der Atmosphäre in Gasform durch die Blätter aufnehmen, als falsch zurück- zuweisen. Nach den soeben angeführten Stellen hatte sich Ingenhouss etwa folgende Vorstellung von der Assimi- lation gebildet: Die Pflanzen zersetzen fortwährend die gemeine Luft und verwandeln sie in ihrem Parenchym in Kohlensäure. Die erzeugte Kohlensäure gebrauchen sie dann zur Nahrung; wird mehr erzeugt, als sie ver- dauen können, so hauchen sie den Überfluss aus, was in der Dunkelheit und im Schatten geschieht. Am Tage nehmen sie mit der Atmosphäre auch Wärme und Licht- stoff auf, was sie ebenfalls ihrem Körper einverleiben; auch hier wird die überschüssige Menge mit dem Sauer- stoff verbunden, ausgehaucht, wodurch eben die Luft verbessert wird, da diese ausgehauchte „Flüssigkeit“ ganz die Natur der Lebensluft hat‘), Man wird daraus er- kennen, dass Ingenhouss von den Veränderungen, welche die Kohlensäure in der Pflanze erleidet, also von dem Wesen des Assimilationsprozesses keine besonders klare Vorstellung hatte*), und dass seine Theorie hinter der von Senebier viele Jahre früher veröffentlichten weit zurück- steht. Zur weitern Erhärtung meiner Behauptung, dass Senebier der Begründer der Assimilationstheorie ist, führe ich noch einen Auspruch aus gegnerischem Lager an; im Jahre 1792, also vier Jahre vor dem Erscheinen der Ingenhouss’schen Arbeit über die Ernährung der Pflanzen erklärte sich der Pariser Chemiker Hassenfratz im zweiten seiner drei ,Mémoires, Sur la nutrition des 1) Vergl. Ingenhouss, Ernährung etc., pag. 109. 2) Vergl. darüber auch a. a. ©. pag. 105 und 100. vegetaux!)“ gegen die Theorie Senebier’s, „qui avait fait adopter par tous les physiciens la brillante hypo- thèse que l’acte de la végétation décomposait l’acide carbonique, que les végétaux s’emparaient du carbone de cet acide et rendaient à l’atmosphère son oxygène: qu'ainsi l’acide carbonique était une des substances nutri- tives des plantes et qu'il contribuait à l’accroissement de leur carbone.“ In seiner Antwort auf die Aus- setzungen und Ansichten von Hassenfratz hielt Senebier an seiner Theorie fest und wies dessen Einwände und Anschauungen als unstichhaltig und als nicht genügend durch Thatsachen bewiesen zurück ?). | Ich schliesse meine Ausführungen über die Arbeiten von Ingenhouss und Senebier mit dem Urteil eines ihrer Zeitgenossen, eines Mannes, dessen wissenschaftliche Tüchtigkeit und Objektivität auch heute noch allgemein anerkannt sind. Es ist Nicolas Théodore de Saussure (1767— 1845); er sagt’): „M. Senebier a découvert que les feuilles décomposaient le gaz acide car- bonique en s’appropriant son carbone et en éli- minant son oxygène. Il a observé que les feuilles fraîches exposées au soleil, dans de l’eau de source où de l’eau légèrement imprégnée de gaz acide carbonique, produisaient du gaz oxygène aussi longtemps qu'il res- tait du gaz acide dans l’eau. Il a vu que lorsque ce gaz était épuisé, et que lorsqu'on exposait les feuilles 1) Annales de chimie 1792. Tome 13, pag. 178 und 8318: Tome 14, pag. 55. 2) Senebier, Mémoire sur la grande probabilité qu'il y a que le Gaz acide carbonique est décomposé par les Plantes dans l’acte de la Vegetation; Observation sur la physique etc. Tome XLI; Paris, Juillet 1792. 3) Saussure, Recherches chimiques sur la végétation; Paris 1804, pag. 39 et 40. — 243; — dans de l’eau distillée, elles ne produisaient pas une quantité d’air plus grande que celle qui pouvait être interposée dans leur propre volume.“ Mit diesen Worten sagt Saussure bestimmt und klar: Senebier hat die Assimilationstheorie entdeckt! Und dabei darf man nicht übersehen, dass Saussure auch die Arbeiten von Ingenhouss kannte). Eine weitere Darlegung der Entwicklung der Assimilationstheorie liest ausser dem Rahmen dieser Arbeit; nur sei noch bemerkt, dass Saussure das Verdienst zukommt, der Senebier’schen Theorie durch seine treffichen quantita- tiven Untersuchungen eine solide, ächt wissenschaftliche Grundlage gegeben zu haben’). 1) a. a. O. pag. 53. 2) a. a, O. pag. 40, 43 u. ff; pag. 49, 58. 1. Demonstration scharf umschriebener Tondefekte in den Hörfeldern zweier Taubstummen. “ Nach einem am 15. November 1899 in der Naturforschenden Gesellschaft gehaltenen Vortrag. ir Der 77-jährige Taubstumme, Albert P. aus Basel ertaubte im 14. Lebensmonat in Foige von Meninsitis. Das rechte Auge ist vollständig erblindet. Die Trommelfelle sind beidseits annähernd normal. Das linke Ohr ist vollständig taub; rechts besteht dagegen ein ansehnlicher Hörrest, besonders für die mittleren Oktaven. Es werden von der rechten Seite alle Vokale gut unterschieden. Die untere Hörgrenze liest bei klein e, die obere beic hr. Das merkwürdigste bildet bei diesem Fall ein scharf abseschnittener Hördefekt für den Ton f°, währenddem e5 und g° gut gehört werden. Diese Hörlücke lässt sich am besten mit Hilfe der hohen Königschen Stimm- gabeln c°—f’ demonstrieren, welche Präcisionsinstru- mente sind und sehr laute Töne hervorbringen. Ob der Ton f°, wenn er mit noch grüsserer Inten- sität hervorgebracht wird, nicht trotzdem gehört wird, lässt sich einstweilen nicht ermitteln. Werden diese Töne mit der neuen verbesserten Edelmann’schen Galtonpfeife geprüft, so zeigt sich, dass der der Pfeifenlänge 13,6 mm entsprechende Ton f° nur in unmittelbarer Nähe des Ohrs gehört wird. Entweder werden Obertüne gehört, möglicherweise aber auch nur Taktilempfindungen wahrgenommen. ') Die zunächstliegenden Töne, welche bei Verlängerung oder Verkürzung der Pfeife entstehen, hört dieser Taub- stumme aus grösserer Entfernung. 2. Der 9-ıährige Taubstumme Karl S. aus Luzern er- taubte im 3. Lebensjahr angeblich in Folge von Influenza. Für die obere Hälfte der Tonskala ist er absolut taub. Sein Gehör ist bilateral ungefähr gleich. Die untere Hörgrenze liegt beidseits bei contra C, die obere Grenze rechts bei f!, links bei af, Die Vokale werden von ihm nicht unterschieden, dagegen besitzt er für Vokale, die laut gerufen werden, Schallgehör. Das einzige, was dieser Taubstumme von den Laut- elementen der Sprache versteht, ist das Zungen-R. Aller- dings hört er dasselbe nur mit Mühe, wenn es ganz rein, d. h. ohne jeglichen summenden Beiklang ge- sprochen wird. Sein Hörfeld, d. h. die in Prozenten der normalen ausgedrückte Hördauer für die von ihm wahrgenommenen Töne c beträgt: 1) Bei Versuchen, welche mit älteren Exemplaren der Edel- mann’schen Galtonpfeife vorgenommen wurden, wurde stets eine vollständige Hörlücke gefunden. Weil bei diesen älteren Pfeifen die Windstärke nicht bestimmt werden konnte, so schwankte diese Lücke zwischen den Pfeifenlängen 12,0—13,0 mm und 7—9 mm, je nach der angewendeten MHundweite. 16 ß Rechtes Ohr Linkes | C5 PRE TROIS ENT) | BETEN | ct ee.) EeRRENEN c3 0 re) e? Pe. ||) ee (|) al 10% la ne nor GE neue, AU ee NO c 33 0/0 ll c 34 0/0 ERS 100 | el N ran Ze (0/n Beide Fälle demonstrieren die bei Taubstummen und Ohrenkranken häufig zu beobachtende scharf be- grenzten Hördefekte für ganz bestimmte Töne oder grössere Abschnitte der Tonreihe. ‘) 1) Vergl. Schwendt u. Wagner, Untersuchungen von Taub- stummen. Basel bei Benno Schwabe 1899. 1. Einige Beobachtungen über die hohe Grenze der menschlichen Gehörwahrnehmung. Mittelst der Kundt’schen Staubfiguren hat in der allerletzten Zeit Herr Dr. Rudolph König‘) (Paris) die Existenz von Tönen bis zu 90,000 Schwingungen v. d. nachgewiesen, indem er diese Töne durch Anstreichen von Stimmgabeln produzierte. Der höchste Ton, welcher hinsichtlich seiner Schwingungszahl zu den musikalischen gerechnet werden darf, und dessen Existenz R. König bis jetzt nachwies, ist der Ton f”, nach französischer Bezeichnung fa '!, gleich 87,381 v. d. Möglicherweise wird es Herrn Dr. König gelingen noch höhere Töne darzustellen. An der letzten Versammlung der deutschen Natur- forscher und Aerzte in München demonstrierte uns Herr Prof, Edelmann seine neueste, verbesserte Graltonpfeife, Die den einzelnen Pfeifenlängen entsprechende Tonhöhe bestimmte Herr Prof. Edelmann ebenfalls mit Hilfe der Kundt’schen Staubfiguren, welche von mir zum erstenmal zur Tonhöhenbestimmung der Galtonpfeifen verwendet wurden. ?) 1) „Über die höchsten hörbaren und unhörbaren Töne von c® — 4096 Schwingungen (ut? = 8192 v. s.), bis über f9 (fall) zu 90,000 Schwingungen (180,000 v.s.) nebst Bemerkungen über die Stosstöne ihrer Intervalle, und die durch sie erzeugten Kundt’schen Staubfguren“, von Rudolph König. Annalen der Physik und Chemie. Neue Folge. Bd. 69. 2) Vergl. Experimentelle Bestimmungen der Wellenlänge und Schwingungszahl höchster hörbarer Töne von Dr. A. Schwendt, Archiv für die ges. Physiologie. Bd. 75, Heft 6 und 7, S. 346—364 und Ergänzung Bd. 76 des gleichen Archivs. Ferner: Verhand- lungen der Naturforschenden Gese!lschaft Basel. Bd. XII. Heft 2. N nt Im Gegensatz zu den älteren Edelmann’schen Galton- pfeifen, welche sich früher durch meine Untersuchungen als ziemlich mangelbaft herausgestellt hatten, liefert diese neue Pfeife durchwegs konstante und reine Töne. Die Konstanz des Tones wird dadurch erreicht, dass nicht nur die Pfeifenlänge sondern auch die von Edelmann sobenannte „Maulweite“, von welcher die Windstärke abhängig ist, genau bestimmt werden kann. Diese „Maulweite“ wird durch ein Bruchteil der Schrau- benwindung ausgedrückt, vermöge welcher das zuführende Rohr dem Labium der Pfeife genähert werden kann. Schon während der Naturforscher- Versammlung in München zeigte mir Herr Prof, Edelmann Staubfiguren, die in einer 2 mm weiten und zirka 5 cm langen Röhre entstanden waren und einer Schwingungszahl von nahezu c° entsprachen (c° = 65740 v. d.). Die Darstellung dieser höchsten Staubfiguren war damals noch sehr schwierig. Ohne allzugrosse Mühe erhielt ich selber mit dem gleichen Pfeifenexemplar Staubfiguren, deren Tonhöhe 51,000 v. d. entsprachen, also nahezu dem Ton gis . Diese Staubfiguren entstanden in einer 3mm weiten Grlasrôhre, bei einer Pfeifenlänge von 0,2 mm, und einer Maulweite d. h. Entfernung der Öffnung des zuführen- den Rohrs von dem Labium der Pfeife, wie sie zustande kommt, wenn die Schraube um 0,7 der ganzen Win- dung zurückgezogen wird. Um konstante Windstärken zu erhalten, wodurch allein konstante Töne hervorgebracht werden, sind nach der Beobachtung von Herrn Prof. Edelmann drei ver- schiedene Mundweiten genügend, 0,7 Schraubenwindung für die höchsten Töne, 1,4 für die mittleren Lagen und 2,3 für die tiefsten Töne dieser Galtonpfeife. ad > Ganz kürzlich wurde mir von Hrn. Prof. Hagenbach- Bischoff mitgeteilt, dass es Herrn Prof. Edelmann ge- lungen sei Galtonpfeifen von 2 mm Durchmesser zu konstruieren und mit Hilfe derselben Staubfiguren dar- zustellen, welche einer Tonhöhe von 106,000 v. d. ent- sprechen. Herr Prof. Edelmann hofft möglicherweise noch etwas höher zu gelangen. ‘) Wie verhält es sich nun mit der hohen Grenze der menschlichen Gehörwarnehmung ? | Während der Naturforscherversammlung in München zeigte mir Herr Prof. Edelmann, dass ich selbst den Ton c° seiner Pfeite noch ohne alle Mühe hören konnte, währenddem für die Königschen Klangstäbe und Stimm- gabeln meine hohe Grenze bei dem Ton c” gelegen ist. Dieses veranlasste mich, mit Hilfe des verbesserten Instruments einige Beobachtungen anzustellen. Es kam mir weniger darauf an grösseres Beobachtungsmaterial, als wie eine Anzahl ganz zuverlässiger Beobachtungen zu gewinnen. Diejenigen Personen, welche die Freundlichkeit hatten sich dieser Untersuchung zu unterziehen, dürften wohl alle ihrem Alter entsprechend als normalhörend bezeichnet werden. Ob sie indessen in jeder Beziehung und für alle Töne normalhörend sind, wurde bis jetzt nicht unter- sucht und kommt auch hier nicht allzusehr in Betracht, da man bekanntlich sehr hohe Töne gut, tiefe Töne da- gegen sehr schlecht hören kann und umgekehrt. Es wurde in allen Fällen die Untersuchung mehr- mals wiederholt. 1) Laut brieflicher Mitteilung von Herrn Professor Edel- mann vor kurzer Zeit auch einmal 110,000 v. d. Obere Hörgrenzen. 250 Alter ne rien Tonhöhe Schwingungszahl Pfeifenlänge mm Prof. Fritz Burckhardt . . | 69 0,8 beids. ds 37162 v. d. Dream )Des ee 0,75 © ce. dis CE 38000, , 8 Fa JS... | 41 (To (6. Ans |. 38000 7 | Era Was en], 37 0,5 beids. e3--73 c. 43000 „ „ Dr. Veillon. . . „| an 0,4 = c. 78 C 441958. Prof. Rudolf Burckhardt | 33 0,26—0,28 beids. etwas über fisd etwas über 48000 v. d. Dr. Wagner . . Be 32 03 5 ce. fiss c. 48000 v. d. rau Das eee LS | 0,5 À es— f3 c. 43000 , , Cand. med. Wyss 29 hi = a fe 17000 Kar ER 5 Dr) land. med. Eltener . 22 0,27—0,24 beids. fis8 — fast 49000 — fast 49600 v. d. RAPP AS TER RS 25 0,3 e. fis8 . 48000 v. d. Edwin Fischer, Gynınasiast 19 0,3 c. fis® c. 48000 , , Mein Sohn Albert . . 9 0,3 c. fis . 48000 „ , R 0,4 c. f8 0.441199, land. med. Scherb. . . 22 IT 0,55 | es | 41609 = \ À - bloche 21 0,25 beids. etwas oberhalb fis® etwas oberhalb 48000 v. d. Ih of IR 0,3 c. fisg Re 48000 v. d. à » ICO ans = \L 0,35 | c. 46000 , , $ u. Jet So 22 0,55—0,5 beids. e8 41609 „ , = () A}! 158 Er > , Finkbeiner 2] 7 0,05 le I a Ben z 1 9 1» ” Dietöile of 7 0,3 ce. fis8 c. 44193 , „ ñ > N CRE RE ee D 095. etwas oberhalh fis3 c. 48000 , , re 2 R 0,25 | - 5 c. 48000 „ , » » Marchesi 25 Ir 0,3 he 14108, > — 231 — Es liegt die hohe Grenze der menschlichen Gehör- warnehmung, welche mit der verbesserten Edelmann’schen Galtonpfeife gefunden wird, durchschnittlich ungefähr eine Okiave höher als diejenige, die wir mittelst der Königschen Stimmgabeln und Klangsläbe erhalten können. A, Schwendt. Über die Colloidsubstanz der Eierstockscysten. Von Fr. Müller, Vorstand der med. Klinik in Basel. Die schleimige fadenziehende Flüssigkeit oder die bisweilen gallertig aussehenden Massen, welche sich in Cystengeschwülsten des Eierstocks vorfinden, sind schon oft Gegenstand chemischer Untersuchungen gewesen. Scherer entdeckte 1852 darin einen eigentümlichen eiweiss- artigen Körper, den er Metalbumin nannte, und der sich von anderen Eiweisssubstanzen durch seinen geringeren Stickstoffgehalt unterschied. Später hat Landwehr dieses Metalbumin untersucht und er glaubte es auffassen zu dürfen als ein Gemisch aus Eiweiss und einem nicht reduzierenden Kohlehydrat von der Formel Cs Hio Os, dem er den Namen „tierisches Gummi“ gab. Doch müssen Landwehr bei seinen Untersuchungen grobe Irr- tümer mituntergelaufen sein, denn eine Nachprüfung seiner Angaben führte mich zu ganz anderen Resultaten, Das durch Spaltung mittelst Natronlauge aus grossen Mengen Metalbumins (oder Pseudomucins) dargestellte sogenannte tierische Gummi erwies sich stets als stick- stoffhaltig und zwar betrug der Stickstoffgehalt je nach der Stärke der Zerlegung des Ausgangsmaterials 5—8 Prozent. In einer eingehenden Arbeit bewies Hammarsten im Jahre 1882, dass das Metalbumin beim Kochen mit verdünnten Mineralsäuren eine reduzierende Substanz, vielleicht ein Kohlehydrat lieferte, und weil es diese — 253 — Eigenschaft mit den echten Mucinen oder tierischen Schleimstoffen teilte, so nannte er es Pseudomucin. Die neueren Arbeiten von Katharina Mitjukoff sowie von Panzer gingen darauf aus, diese reduzierende Substanz zu fassen, führten in dieser Beziehung aber zu keinem Resultat. Auch ich habe mich im Verein mit meinem früheren Marburger Assistenten, Herrn Dr. Zängerle!), mit dieser Aufgabe beschäftigt. Wir gingen in der Weise vor, dass aus mehreren Litern stark schleimiger Eierstocksflüssigkeit zunächst das Pseudomucin dargestellt wurde. Das feine grau- weisse Pulver, von dem mehr als 300 Gramm zur Ver- fügung standen, wurde mit verdünnter Salzsäure ge- spalten, nachdem durch Vorversuche festgestellt worden war, bei welcher Konzentration der Salzsäure das Opti- mum der Ausbeute an reduzierender Substanz erhalten wird (10—20°/). Nach 3-stündigem Kochen war die Flüssigkeit braun gefärbt und reduzierte stark. Durch Titration mit Fehlingscher Flüssiekeit konnte ermittelt werden, dass aus dem verarbeiteten trockenen Pseudo- mucin eine bedeutende Menge, nämlich 30 Gewichts- prozent reduzierender Substanz abgespalten worden war. Nach möglichster Entfernung der Eiweissstoffe bezw. Albumosen aus der Flüssigkeit wurde diese nach Baumanns Vorschrift der Benzoylierung unterworfen, um den vermuteten Zucker als Benzoylverbindung abzu- scheiden. Es resultierte eine gelbweisse weiche Masse, aus der nach Behandeln mit heissem Alkohol, Filtrieren und langsamem Abkühlen feine Nadelbüschel mit einem Schmelzpunkt von 196° auskrystallisierten. Nach Bau- 1) Herr Dr. Zängerle wird an anderer Stelle ausführlich und unter Beibringung der nötigen Belege und Zahlen über diese Arbeit berichten. — 254 — mann findet sich der Schmelzpunkt des Tetrabenzoyl- glucosamins bei 197—198°. Um aus den Benzoylestern das Kohlehydrat zu ge- winnen wurden dieselben mit Salzsäure ins Rohr einge- schlossen und mehrere Tage lang unter häufigem starkem Schütteln auf 100° erwärmt. Nach Öffnung des Rohrs wurde die abgespaltene Benzoësäure durch Filtrieren und Ausschütteln mit Äther entfernt und die stark salz- säurehaltige Flüssigkeit, die Rechtsdrehung zeigte, lang- sam im Vacuum bei einer Temperatur von 34—38° zum Sirup eingeengt und von der Salzsäure möglichst befreit. Es gelang dies, nach mancherlei Versuchen am besten in der Weise, dass die, vorher mit Flemmingscher Tier- kohle gekochte und filtrierte, wasserhelle Lösung in flachen Schälen in grosse Vacuumexsiccatoren über ge- brannten Kalk gestellt wurden, zu dem noch einige Natronhydratstangen gegeben worden waren. Diese Ex- siccatoren wurden, nachdem sie möglichst evakuiert worden waren, in den Brütofen gebracht. Alle 24 Stunden musste der verflüssigte Kalk durch frischen ersetzt werden. Nach einigen Tagen war die Flüssigkeit zu einem gelbbraunen Sirup eingedampft, in welchem massenhaft glitzernde, rhomboedrische Krystalle aufschossen. Diese wurden durch Alkohol von dem Sirup getrennt, die Al- kohollösung des letztern zu einer erneuten Krystallisation aufgestellt. Die gesammelten Krystalle wurden sodann aus destilliertem Wasser, dem eine Spur Salzsäure zu- gesetzt worden war, mehrmals umkrystallisiert, Es re- sultierten wohlausgebildete, blitzende, farblose Krystalle von 2—3 Millimeter Durchmesser, die Sie hier sehen. Die krystallographische Untersuchung, welche im Institut von Herrn Geh. Rat Bauer in Marburg durch Herrn Dr. Schwantke ausgeführt wurde, ergab, dass die Kıy- stallform identisch war mit der des salzsauren Glucos- a amins, das Ledderhose aus Hummerpanzern dargestellt hatte, das ich aus dem Mucin des Sputummucins und des Speicheldrüsenschleims, und das ein anderer meiner Schüler, John Seemann, aus dem Eieralbumin und dem Ovomucoid des Hühnereiweisses durch Spaltung mit Salzsäure erhalten hatten. Die wässerige Lösung dieser Krystalle drehte das polarisierte Licht nach rechts, re- duzierte die Fehlingsche Lösung wie ein Zucker und entwickelte dabei reichliche Mengen von Ammoniak. Damit, dass die reduzierende Substanz aus dem Pseudomucin der Eierstockcolloidsubstanz als Glucosamin erkannt worden war, ist erwiesen, dass dieser Stoff in naher Verwandtschaft steht zu den eigentlichen Mucinen. Alle diese Schleimsubstanzen sind demnach als Glyco- proteide aufzufassen, das heisst als Eiweisskörper, die mit einem zuckerartigen Atomkomplex verbunden sind. Diese oben genannten Glycoproteide, nämlich das Pseudc- mucin des Eierstockscolloids, das Mucin, das Eiereiweiss, haben noch eine weitere gemeinschaftliche Eigenschatt, nämlich die, dass sie beim Kochen mit Mineralsäuren eine erhebliche Menge flüchtiger Säuren in das Destillat übergehen lassen, und zwar Ameisensäure und Essig- säure. Wenn man auch vielleicht annehmen kann, dass die Ameisensäure dort auftritt, wo durch Säuren ein Zucker von sechs Atomen Kohlenstoff in Lävulinsäure (mit 5 Atomen Kohlenstoff) übergeht (Cs Hı2z Os — C5 Hs Os + CH; O> + H2 O), so muss dagegen die Entstehung der Essigsäure bei der hydrolytischen Spaltung der Glyco- proteide offenbar anders gedeutet werden. Man findet nämlich reichliche Mengen von Essigsäure überall dort auftreten, wo Glucosamin als Spaltungsprodukt be- obachtet wird, auch bei der Zerlegung des Chitins der Hummerpanzer und der der Pilzcellulose sowie des Knorpels. Es liegt also nahe anzunehmen, dass das Glucosamın — 256 = in der Muttersubstanz mit einer oder mehreren Acetyl- gruppen verbunden ist. Jedoch ist das früher erwähnte tierische Gummi, d. h. die durch Alkali oder durch Verdauungsfermente (Fränkel) oder durch Erhitzen mit Wasser im Papinschen Topf gewonnene nicht redu- zierende Substanz, welche erst durch weitere Spaltung mit Säuren reduzierende Stoffe bildet, nicht identisch mit den künstlich dargestellten Acetylelucosaminen, ent- hält auch nach meinen Beobachtungen mehr Stickstoff als die letzteren. Das Glucosamin ist bis jetzt die einzige Substanz, die wiralskohlehydratartigen Paarling von Eiweisskörpern genauer kennen (in dem Protagon bezw. den Cerebrinen, die zu den Eiweisskörpern in keiner Beziehung stehen, ist von Thierfelder die Galactose und in den echten Nucieinen von Kossel ein Lävulinsäure bildender und Furfurol liefernder Körper gefunden worden). Wepn wir vom Knorpel absehen, unter dessen Spaltungsprodukten Schmiedeberg Essigsäure nachge- wiesen und Glucosamin sowie Glucuronsäure wahrschein- lich gemacht hat, sind alle Eiweissglucoside, aus denen Glucosamin hat dargestellt werden können, als Sekrete von Zellen bezw. als Produkte der Drüsenthätigkeit auf- zufassen. Nicht nur das Mucin des Speichels und der Respirationswege sowie des Darms ist das Erzeugnis von Schleimdrüsen, sondern auch das Fiereiweiss des Hühnereies ist ein Sekret von Drüsen der Eileiter, und vom Pseudomucin der Eierstockscysten hat Pfannenstiel gezeigt, dass es von Becherzellen, welche die Innenwand der Cysten auskleiden, ausgeschieden wird. Unter- suchungen darüber, ob das Glucosamin auch als Paarling solcher Eiweisskörper auftritt, die wie z, B. das Fibrin oder das Serumglobulin nicht als Sekrete von Zellen aufzufassen sind, sollen noch angestellt werden. Das — 23 Glucosamin findet sich nicht in den Nucleoproteiden bezw. den Nucleinsubstanzen. Wie Kossel gezeigt hat lässt sich aus diesen und zwar aus der Nucleinsäure durch Behandeln mit starker Salzsäure sowohl Lävulin- säure als Furfurol gewinnen, von denen die erstere auf das Vorhandensein einer Hexose hindeutet, das letztere mit zweifelhaftem Recht als Beweis dafür angesehen wird, dass eine Pentose vorliest. Hammarsten hat darauf hingewiesen, dass dieses, die Furfurolreaktion gebende, Kupferoxyd reduzierende, und ein Osazon licfernde „Kohlehydrat“ in besonders grosser Menge aus den Nucleoproteiden der Pancreasdrüse gewonnen werden kann. Salkowski hat dann die daraus dargestellten Osa- zone genauer studiert und sie als Pentosazone charak- terisiert, Untersuchungen, welche auf meine Veranlas- sung, Herr Dr. Lüthje in Marburg begonnen hat, zeigen, dass jedenfalls im Pancreasnucleoalbumin ganz andere Verhältnisse vorliegen als bei den Mucinen, denn abge- sehen davon, dass die Benzoylverbindungen sich wesent- lich verschieden verhalten von denen der Mucinderivate, so tritt bei der Zerlegung der Pancreasnucleine im Destillat weder Ameisensäure noch Essigsäure auf, ja das Destillat reagiert überhaupt gar nicht sauer. Man muss wohl daran denken, dass hier kein eigentliches Kohlehydrat sondern vielleicht eine Kohlehydratsäure vorliegt. Diese Untersuchungen werden fortgesetzt. M. H. Sie werden sich schon lange gefragt haben, wie es kommt, dass ein Arzt, und als einen solchen möchte ich einen Lehrer der klinischen Medizin in erster Linie bezeichnen, sich mit derartiger Vorliebe auf Probleme anscheinend rein physiologisch-chemischer Art geworfen hat. Die Antwort ist leicht gegeben: Die Frage nach den kohlehydratartigen Spaltungsprodukten der Eiweiss- körper hängt aufs engste zusammen mit der Lehre, ja — 258 — auch mit der Behandlung des Diabetes. — Nun wissen wir, dass bei schweren Fällen von Zuckerharnruhr auch dann Zucker im Harn erscheint, wenn gar keine Kohle- hydrate in der Nahrung genossen worden waren; wir wissen ferner, dass dieser Zucker aus Æiweiss stammen muss, denn seine Menge steigt ungefähr proportional mit der Grösse der Eiweisszufuhr bezw. des Eiweiss- umsatzes und vermindert sich bis zum Verschwinden, wenn die Eiweissmenge der Nahrung reduziert und wenn durch reichliche eiweisssparende Fettoaben der Eiweiss- umsatz herabgesetzt wird. Untersuchungen an diabetischen Menschen sowohl, als auch an Tieren, denen durch Pancreasexstirpation oder durch Vereiftung mit Phlorizin Diabetes erzeugt wurde, haben in übereinstimmender Weise ergeben, dass bei kohlelıydratfreier Kost oder im Hunger das Verhält- nis des im Harn ausgeschiedenen Stickstoffs zum Zucker 1:3 bis 1:4 betragen kann, und daraus lässt sich be- rechnen, dass aus 100 Gramm im Körper umgesetzten Eiweisses ungefähr 60 Gramm Zucker werden können. Es erhebt sich nun die Frage, ob im Eiweiss so grosse Mengen von Zucker vorgebildet sind. C. Voit hat aus seinen Stoffwechselversuchen den Schluss gezogen, dass im Eiweissmolekül ein grosser stickstofffreier Atomkomplex vorhanden sei und Pavy hat in seinem Buche über die Physiologie der Kohle- hydrate die Anschauung vertreten, dass die in vielen Eiweisskörpern von ihm nachgewiesenen Kohlehydrat- gruppen hinreichend seien um die Glycosurie der Dia- betiker bei reiner Eiweissnahrung zu erklären. Aber es lässt sich leicht nachweisen, dass diese Anschauung un- richtig ist. Denn Pavy musste selbst zugeben, dass sich aus manchen Eiweissstoffen keine oder nur verschwindend kleine Mengen von Kohlehydraten auf chemischem Wege — 259 — abspalten lassen, unter anderem aus dem Casein der Milch und aus dem hauptsächlichsten Eiweissstoffe der Muskeln, nämlich dem Myosin. Nun hat aber schon Külz bewiesen, dass beim Diabetiker nach Darreichung von Casein Zucker auftritt; diese Angabe ist wiederholt bestätigt worden, und Dr. Lüthje hat bei einem Dia- betiker der Marburger Poliklinik die Beobachtung ge- macht, dass dieser Kranke bei Ernährung mit ungefähr 1 Pfund Casein im Tage nicht weniger als 112 Gramm Traubenzucker im Harn verlor. Ferner wissen wir, dass bei der Phlorizinvergiftung hungernder Tiere gerade deren Muskeleiweiss, also das Myosin, hauptsächlich der Verbrennung anheimfällt, dass die Tiere, wie man sich ausdrückt, ihre Muskelsubstanz einschmelzen und dass daraus ganz gewaltige Mengen von Zucker gebildet werden, die Lusk auf 60°/ der umgesetzten Eiweiss- substanz berechnet. So grosse Mengen von Zucker finden sich aber nicht einmal entfernt in jenen obenerwähnten Glycoproteiden, die daran am reichsten sind. Auch spielen diese Glycoproteide: Schleime und Mucoide, so- wie die Knorpelsubstanz (und selbst die echten Nucleine) im Stoffwechsel wahrscheinlich keine bedeutende Rolle, wenigstens im Gegensatz zu den eigentlichen Eiweiss- körpern. Es ist noch nicht einmal nachgewiesen, ob das Glucosamin, das den kohlenhydratartigen Atomkomplex mancher Glycoproteide darstellt, im menschlichen und tierischen Organismus in Traubenzucker übergehen kann. Füttert man nämlich, wie dies Fabian gethan hat, Glu- cosamin bei Kaninchen, so geht bei grösseren Dosen (15 gr.) eine erhebliche Menge unveränderten Glucos- amins in den Harn über; nach subcutanen Injektionen von 2 gr. fanden sich sogar 70 bis 80 Prozent davon im Urin wieder vor. Beim Menschen haben wir in Marburg analoge Versuche angestellt, und Lüthje fand, — 260 — dass nach Einverleibung von 8 gr. Glucosamin per os keine reduzierende oder optisch-aktive Substanz im Harn erschien. Wenn also, wie wir gesehen haben, gerade aus den- jenigen Eiweissstoffen, welche bei ihrem Umsatz im Orga- nismus die grössten Zuckermengen entstehen lassen, keine Kohlehydratgruppen durch direkte chemische Spaltung in vitro erhalten werden können, aus welchen Atomgruppen, bezw. Bausteinen derselben bildet sich dann der Zucker aus ihnen im Stoffwechsel ? Wir kennen heute für viele Eiweissstoffe in leid- licher Weise die Bausteine, aus denen sie sich zusammen- setzen, oder korrekter ausgedrückt, die Atomgruppen, in welche sie sich durch Verdauung, durch Fäulnis oder durch Kochen mit starken Säuren zerschlagen lassen. Wir wissen, besonders durch die Untersuchungen von Kossel und von Hofmeister und ihren Schülern, dass die verschiedenen Eiweisskötper, trotz ihrer so ähnlichen prozentischen Zusammensetzung aus Stickstoff, Kohlen- stoff, Wasserstoff, Sauerstoff und Schwefel, ausserordent- lich verschieden sind, was die qualitativen und quantita- tiven Verhältnisse ihrer Spaltungsprodukte anbetriftt, und die Zeiten sind vorbei, in welchen man auch in der Stoffwechsellehre alle Eiweisskörper als mehr oder weniger identisch, oder doch gleichartig zusammengesetzt auf- fassen konnte. Wir wissen ferner, dass unter diesen Spaltungsprodukten des Eiweisses die sogenannten Dia- minobasen, nämlich das Lysin, Arginin und Histidin niemals fehlen, aber nur einen relativ geringen Teil be- tragen, dass dagegen die Hauptmenge der Zersetzungs- produkte, nach Spiro bis zu 90°), von den Monoamido- säuren repräsentirt wird, unter denen Leucin, Tyrosin, Glycocoll, Asparaginsäure, Glutaminsäure und andere zu nennen sind. Nach Hausmann sind vom Gesamtstick- I Ole stoff beim Kieralbumin und Serumglobulin ungefähr 68, beim Leim 62, beim Casein gar 76°, in der Form von Monoamidosäuren vorhanden. Von diesen Amidosäuren ist das Leucin, die Amidocapronsäure, in fast allen Ei- weissstoffen in grösster Menge vorhanden, es macht in manchem, z. B. dem Casein, anscheinend über 50°/o der Grewichtsmenge des Ausgangsmaterials aus. Die anderen Amidosäuren treten an Menge gegen das Leucin erheb- lich zurück; das Tyrosin z. B. macht nur wenige Pro- zente aus, fehlt auch in manchen eiweissähnlichen Körpern, wie im Leim, ganz; vom Glycocoll ist es durch die Untersuchungen von Charles Fischer und von Gonnermann bekannt, dass es in relativ geringeren Mengen unter den hydrolytischen Zersetzungsprodukten vieler Eiweisskörper nachweisbar ist; aus Casein (und auch aus Eierstocks- colloid) liess sich überhaupt kein Glycocoll darstellen. Da nun die bisher bekannten stickstoffhaltigen Bausteine des Eiweissmoleküls, nämlich die Diamino- basen und die Monoamidosäuren und deren Amide (wie Glutamin und Asparagin) bereits 70 bis 90°/ der Kohlen- stoffmenge der untersuchten Eiweisssubstanzen aus- machen und da andererseits beim Diabetes aus 100 Teilen Eiweiss bis zu 60 Gewichtsteilen Zucker ent- stehen können, so ergibt sich, dass dieser Zucker not- wendigerweise aus solchen Atomgruppen des Eiweiss- moleküls entsteht, die uns bereits bekannt sind, und wir müssen unter diesen, also hauptsächlich den Diamino- basen oder den Amidosäuren suchen. Geht man von der einfachsten Möglichkeit aus, dass nicht aus allen diesen, so verschiedenartigen Spaltungsprodukten des Eiweisses Zucker werden kann, also sowohl aus Histidin und Arginin ebensogut wie aus Leucin, Asparagin, Glycocoll und Tyrosin, sondern nur aus einer dieser Substanzen oder doch nur aus einer 17 a solchen Gruppe von Substanzen, dann kommen nur die Monoamidosäuren und von diesen wieder nur haupt- sächlich das Leuein in Betracht, denn nur dieses ist in allen Eiweissstoffen in solcher Menge vorgebildet, dass daraus allein die geforderte Menge von Zucker erklärt werden könnte. Wenn z. B. aus Casein 50 Gewichts- prozente Leucin abspaltbar sind, so könnte daraus, da der Zucker viel sauerstoffreicher ist, über 60%, Zucker erklärt werden. Von den übrigen Amidosäuren kann das Glycocoll aus dem Grunde nicht ausschliesslich in Frage kommen, weil es in zu geringer Menge vorkommt und ausserdem im Casein fehlt, das Tyrosin deswegen nicht, weil es im Leim nicht nachweisbar ist; nun hat aber Lusk gezeigt, dass im Phlorizindiabetes nach Leim- fütterung ebenso grosse Mengen von Zucker (im Ver- hältnis zum verabreichten und umgesetzten Stickstoff) im Harn auftreten als er nach Fütterung mit Fleisch und anderen Eiweissstoffen und als Halsey nach Fütterung mit Casein und Eieralbumm beobachtet hatte. Für die Annahme, dass das Leucin die Mutter- substanz des Zuckers im Organismus ist, lässt sich auch anführen, dass das Leucin, also die Amidocapronsäure, ebenso wie der Zucker eine Kette von sechs Kohlen- stoffatomen aufweist. Gegen diese Hypothese der Zuckerbildung aus Leucin, die ich im vergangenen Jahre aufgestellt hatte (Deutsche med. Wochenschr. 1899. Nr. 13), hat Magnus Levy ein- gewandt, dass eine solche Umwandlung aus dem Grunde unwahrscheinlich sei, weil der Traubenzucker eine gerade Kette von 6 Kohlenstoffatomen aufweist, während das aus tierischem Eiweiss abspaltbare Leucin eine ver- zweiste Kette darstellt, die angeblich im Organismus nicht in eine gerade Kette übergehen kann. age ee CE CE CH im | CH NH; co OH Ich kann diesen Einwurf nicht als so schwerwiegend anerkennen, denn es ist durch eine Reihe von Arbeiten erwiesen, dass sowohl Traubenzucker als Fruchtzucker beim Kochen oder selbst nur bei längerem Stehen mit Kalkhydrat eine Tetraoxycapronsäure liefern, die als Saccharinsäure bezeichnet wird, und der eine verzweigte Kohlenstoffkette zukommt: (Über die Litteratur siehe Victor Meyer und Jakobsohn, Lehrbuch der organischen Chemie, I. Band, pag. 776.) CH» OH CH OH CH OH | CO H En CH; CO OH Wenn also durch eine einfache Reaktion in vitro eine gerade Kette im eine verzweigte übergehen kann, so kann doch wohl auch der umgekehrte Prozess im Körper gedacht werden. Über eine solche Oxycapron- säure müsste aber der Weg gehen, wenn aus Leucin Zucker werden soll. Eine Monooxycapronsäure kann aus Leucin dadurch erhalten werden, dass die Amido- gruppe bei der Einwirkung von salpetriger Säure durch eine Hydroxylgruppe ersetzt wird. Nimmt man aber, wie dies auch S. Fränkel gethan hat, an, dass eine solche „Desamidierung“ und Oxydation bei der Bildung UI dEen der Kohlehydrate aus Eiweiss vorliegt, so kommt man auf Formeln, welche eine Zuckerbildung nicht nur aus Amidosäuren, sondern auch aus ihren Fettsäuren mög- lich .erscheinen lassen. Eine Entstehung von Zucker aus Fett, bezw. Fettsäuren ist zwar-für die Pflanze, aber trotz mancher Arbeiten für den tierischen und mensch- lichen Organismus noch nicht mit Sicherheit erwiesen. In der letzten Zeit ist eine Arbeit von R. Cohn erschienen, welche geeignet ist, der oben ausgesprochenen Hypothese zur Stütze zu dienen. Dieser Forscher hat nachweisen können, dass bei Kaninchen nach Fütterung mit Leucin eine Vermehrung des Glycogens in der Leber auftritt. Dagegen hat Vamossy im Schmiedeberg’schen Laboratorium gefunden, dass nach Leucinfütterung bei Kohlenoxydvergiftung kein Zucker im Harn erscheint, während anscheinend Fütterung anderer Monoamido- säuren zu Melliturie führt. Der Kohlenoxyddiabetes ist aber von dem gewöhnlichen Diabetes so weit unter- schieden, dass sich daraus nur schwer Schlüsse auf den letztern ziehen lassen; verhindert doch z. B. gerade die Zufuhr von Kohlehydraten in der Nahrung das Auftreten der Melliturie bei der CO- Vergiftung! Halsey, der im Marburger pharmacologischen Institut beim Phlorizindiabetes der Hunde geprüft hat, ob nach Leucinfütterung eine Steigerung der Zuckerausscheidung eintritt, kam in einem Versuch zu einem negativen Re- sultat, während er in einem zweiten, noch nicht ver- öffentlichten Versuch eine Steigerung der Zucker- und Stickstoffausscheidung nach Leucinfütterung fand. Es muss also zugegeben werden, dass die Möglichkeit einer Zuckerbildung aus Leucin vor der Hand nicht als be- wiesen anzusehen ist. Zum Schluss sei darauf hingewiesen, dass E. Schulze bei keimenden Pflanzen fand, dass das Eiweiss der Samen — 265 — in der Weise aufgespalten wird, dass sich vorzugsweise Amidosäuren und deren Amide bilden (Glutamin, Phe- nylalanin, Asparagin), dass also bei dem Eiweissumsatz der lebenden Zellen ähnliche Abbauprodukte, wenn auch in anderem Verhältnis gebildet werden als bei der künstlichen Spaltung, und dass bei der Entwickelung der jungen Pflanzenteile sich das Eiweiss anscheinend regeneriert, indem diese Amide, z. B. das Asparagin, mit Traubenzucker zusammentreten. Während man also im tierischen Organismus eine Bildung von Zucker aus Eiweiss zustande kommen sieht, muss man bei den Ptlanzen eine Synthese des Eiweissesaus Amidokörpern und Glucose annehmen. M. H.! Wir haben uns mit diesen Gedanken weit von unserem ursprünglichen Thema, den Eierstöcken, entfernt, und ich muss Sie um Entschuldigung bitten, dass ich Sie auf so entlegene (rebiete geführt habe; aber es lag mir daran, Ilmen auch die allgemeineren Gesichts- punkte zu entwickeln, von denen aus die oben be- richteten kleinen Detailuntersuchungen unternommen worden sind. Bericht über das Basler Naturhistorische Museum für das Jahr 1899 von E. Sarasin. Als mir zu Anfang des Jahres 1899, nach dem Rücktritt des um unsere Sammlungen höchst verdienten Herrn Dr. Th. Engelmann, von E. E. Regenz das Amt eines Präsidenten der Kommission des Naturhistorischen Museums anvertraut wurde, waren die baulichen Ver- änderungen im Museumsgebäude schon so weit gefördert, dass mit dem Aufstellen des Mobiliars und mit dem Einräumen der Sammlungen begonnen werden konnte. Doch bedurfte es noch der unermüdlichsten Arbeit sämt- licher Sammlungsvorsteher und unserer beiden Assi- stenten, der Herren Æ, Schenkel und Dr. Aug. Tobler, um am 10. November dieses Jahres, bei Gelegenheit der Rektoratsfeier, das Naturhistorische Museum, wenig- stens seine hauptsächlichsten Säle, dem Publikum wieder öffnen zu können. Diese Wiedereröffnung bedeutete für unsere Samm- lungen den Abschluss einer langwierigen Übergangs- periode, und es schien uns daher hüchst angemessen, dem genannten Tage durch die Enthüllung des Denk- mals Ludwig Rütimeyer's eine ganz besonders festliche Weihe zu verleihen. Auch darf hier wohl daran er- innert werden, dass zur gleichen Zeit unser Basler — Lil — Museum auf ein fünfzigjähriges Bestehen zurückblicken konnte. Wenn somit das Jahr 1899 in der Geschichte der Naturhistorischen Sammlungen einen wichtigen Platz beanspruchen darf, so bedeutet es doch für uns in keiner Weise einen Abschluss von Arbeit; denn ganz abgesehen von dem jährlichen Zuwachse harren noch zahlreiche alte Bestände einer gründlichen Revision und einer neuen Aufstellung, wie aus den folgenden Mitteilungen zur Genüge hervorgehen wird. Um mit der dem Verfasser dieses Berichtes unter- stellten Zoologischen Sammlung zu beginnen, so wurde im Laufe des verflossenen Jahres die Neuaufstellung der Säugetiere und Vögel im grossen Saal des ersten Stockes vollendet, und dieser am 10. November wieder eröffnet. Weit mehr Mühe aber als die freilich allem in die Augen fallende Aufstellung der Objekte hatte die Neu- bestimmung und Katalogisierung sämtlicher Säugetiere und Vögel verursacht, welche beiden Arbeiten im Laufe dieses Jahres zu Ende geführt wurden Die zoologische Sammlung umfasst gegenwärtig an Säugetieren 547 Arten in 1097 Exemplaren, an Vögeln 2393 Arten in 4330 Exemplaren. Die Katalogisierung der ersteren wurde von unserem Assistenten, Herrn E. Schenkel, allein, die der Vögel vom Unterzeichneten mit Beihilfe des Obigen ausgeführt. Bei der Aufstellung wurde als Prinzip festgehalten, die Doubletten und ebenso die schadhaften Stücke, falls es sich nicht um besonders seltene Arten handelte, aus- zuscheiden. Die entfernten Stücke wurden in beson- deren Schränken untergebracht, wo sie für wissenschaft- liche Benützung jederzeit zugänglich bleiben. Die Aufstellung der Vögel wurde nach der Anord- nung der Kataloge des britischen Museums durchgeführt, ours die der Säugetiere nach Trouessart. Um einem vielfach geäusserten Wunsche zu entsprechen, ist auf den Familien- etiketten sowohl, als auf denen der einzelnen Arten, wo es angieng, dem wissenschaftlichen Namen auch der deutsche hinzugefügt worden. Ausserdem sind die Fund- orte der Stücke und die Namen der Donatoren auf den Etiketten vermerkt. Die Neuaufstellung der Reptilien, Amphibien un Fische konnte auf den 10. November nicht fertig ge- stellt werden; doch dürfte in kurzer Zeit auch diese Ab- teilung dem Publikum wieder zugiu glich werden. Es ist ausserordentlich zu bedauern, dass, während die Säuge- tier- und Vögelsammlung durch den Auszug der Palae- ontologie aus dem zoologischen Saal beträchtlich mehr Raum, als sie früher hatten, gewonnen haben, die Rep- tilien, Amphibien und Fische, von denen die beiden erst- genannten Sammlungen zu den wissenschaftlich wert- vollsten unseres Museums gehören, nach wie vor auf ihre beiden kleinen Zimmer beschränkt bleiben müssen. Eine unbedeutende Entlastung dieser überfüllten Räume konnte blos durch Aufstellung einiger Doublettenschränke in einem fensterlosen Nebengelass herbeigeführt werden. Die grosse Sammlung der Mollusken soll gleichfalls erst in kommenden Jahre ihre Aufstellung finden, wobei auch eine schweizerische Lokalsammlung vorgesehen ist. Nicht minder steht auf dem arbeitsreichen Programm von 1900 die Einrichtung der drei Räume hinter der Aula, wo neben den Insekten, die Spinnen, Tausendfüsse, Scorpione, Krebse, Echinodermen und Schwämme ihren Platz finden sollen. Doch hat hier namentlich in den letzt genannten Gruppen noch eine mühevolle Bestim- mungsarbeit vorherzugehen. Wenden wir uns nun zur Vermehrung der zoolo- eischen Sammlungen im abgelaufenen Jahr: a Säugetiere. Gekauft wurden eme Anzahl Stücke aus der Ausbeute des Herrn @. Schneider jun. aus Sumatra, so u. a. ein vortrefflicher Balg von Hylobates lar, ferner eine Anzahl kleiner Säugetiere aus Nord- Afrika. Als Geschenk erhielten wir den uns fehlenden celebensischen Gemsbüffel, Anoa depressicornis, von Herrn Geh.-Rat Dr. A. B. Meyer in Dresden, ferner von Herrn A. v. Mechel in Sumatra eine Anzahl dortiger Säugetiere, unter denen zwei Katzen, Felis marmorata und Temminki und weiter Hemigalus Hardwickei ge- nannt sein mögen; von Herrn Architekt W. Bernoulli Mus bactrianus von Palmyra; von der uns stets wohl sesinnten Direktion des Zoologischen Gartens einen jun- sen, reinblütigen Steinbock aus den Alpen bei Aosta und eine seltene Waschbärenart, endlich von P. und F. Sarasin Macacus maurus aus Süd-Celebes, ein be- sonders grosses, von A. B. Meyer in seiner Arbeit über die Säugetiere von Celebes abgebildetes Exemplar. Vögel. Es gelang, unsere schon durch Herrn Prof. Rütimeyer mit besonderer Liebe gepfleste Samm- lung von Paradiesvögeln durch Ankauf um weitere 5 seltene Arten zu vermehren; ferner wurden die Strausse durch die patagonische Rhea Darwini und die Kasuare durch den ceramesischen Helmkasuar vervollständigt. Unter den Geschenken ist hier in erster Linie die hochherzige Gabe der Witwe des verstorbenen Herrn Apo- thekers Th. Bühler hervorzuheben, welche uns die ganze reichhaltige Sammlung europäischer Vögel ihres Gatten zur Verfüsung stellte Wir wählten daraus 79 Exem- plare, welche für unser Museum teils wegen der Fund- orte, teils wegen des Saison-Gefieders besonders er- wünscht waren aus, während der Rest mit Einwilligung der Donatorin an Schulen abgegeben wurde. Wir sagen auch hier für diese wertvolle Bereicherung unseren aut- richtigen Dank. | Eine sehr willkommene Gabe bildsten ferner ein Nestjunges und ein Ei des auf Neu-Caledonien be- schränkten, eine eigene Familie repräsentierenden Rhino- chetus jubatus durch Herrn Benj. Amstein in Nouméa. Unsere Sammlung hat bisher von dieser sehr selten ge- wordenen Vogelart gar nichts besessen. Der Abteilung der Reptilien und Amphibien wurde, wie immer, eine besondere Fürsorge zugewandt; 3 suma- tranische Schildkröten, darunter 2 von bisher nicht ge- kannter Grösse aus den Gattungen Batagur und Liemys, ferner eine Anzahl für uns neuer Eidechsen und Schlangen, darunter der seltene Python curtus, wurden aus der Schneider’schen Kollektion erworben, weitere 9 Arten aus Nordafrika. Unser oben schon erwähnter, treuer Gönner, Herr A. v. Mechel verehrte uns 22 sumatranische Arten, dar- unter auch Eier und Junge des Zangenkrokodils, Tomi- stoma Schlegelii, Herr Architekt W. Bernoulli 6 Arten aus Smyrna. Weitere Gaben erhielten wir von den Herren £. Schenkel und J. Sluber. Bei den Fischen ist aufs Neue Herr v. Mechel zu nennen, der uns 63 Arten, worunter 29 für uns neue, sandte. Die Mollusken wurden durch eine Schenkung des Herrn Dr. H. Stehlin von den Canarischen Inseln, Spanien und den Philippinen vermehrt; die Krebse wieder durch Herrn v. Mechel, die Spinnen und Myriapoden durch die Herren E. Schenkel und N. Stöcklin (84 Arten aus dem Val d’Herens), v. Mechel (28 Arten aus Sumatra), die Scorpione endlich durch Herrn W. Bernoulli; gekauft wurden eine Anzahl nordafrikanischer Arten. Die Herrn F. Riggenbach-Stehlin unterstellte und a wie seit Jahren durch Herrn Hans Sulger treulich be- sorgte Entomologische Abteilung weist ebenfalls erfreu- lichen Zuwachs auf. Durch Kauf wurden erworben Schmetterlinge von den Philippinen, Nord-Borneo, Indo- China, den Südsee-Inseln, Ost-Afrika und Bolivia, ferner eine Sammlung einheimischer Libellen. Unter den Gc- schenken seien erwähnt sumatranische Insekten von den Herren À. v. Mechel und K. Wolfhügel, Schmetterlinge von der Insel Nias von Herrn Chr. Riggenbach, endlich eine grössere Zahl einheimischer Insekten von Herrn E. Schenkel und kleinere Beiträge von den Herren Dr. Hans Stehlin, W. Bernoulli und N. Stöcklin. Dem Berichte des Herrn Dr. Hans Stehlin über die ihm unterstellte osteologische Sammlung, d.h. die durch Vereinigung der bisher in der Universität aufbe- wahrten Skelettsammlung mit den fossilen Wirbeltieren des Museums neu geschaffene Abteilung, welche gegen- wärtig die Parterre-Räume des Martinsgassflügels ein- nimmt, entnehme ich das folgende. Das abgelaufene Jahr hat für diese Sammlung insofern noch nicht den gewünschten Abschluss eines gewissen Provisoriums ge- bracht, als die Frage nach der Mitgift, welche diese jüngste Tochter des Naturhistorischen Museums erhalten soll, noch nicht endsiltig geregelt ist. Unsere Kom- mission hat im letzten Januar der hohen Regierung die Bitte vorgelegt, es möge der Skelettsammlung der Kredit von 14—1500 Fr., dessen sie, solange sie im der Uni- versität sich befand, zur Zeit Prof. Rütimeyer’s sich er- freut hatte, auch fürder belassen werden, welcher Kredit nach dem Auszug der Sammlung aus der Universität dem zoologischen Institute zugefallen ist. Wir begrün- deten dieses Gesuch mit dem Hinweis darauf, dass eine weitere Teilung des an sich schon kleinen Jahreskredites des Naturhistorischen Museums eine empfindliche Schä- digung der anderen Sammlungen nach sich ziehen müsste. Indessen ist noch keine definitive Antwort erfolgt; doch hoffen wir zuversichtlich, dass uns diese Bitte ohne Ver- kürzung möge gewährt werden. Der grösste Teil der Arbeitszeit musste im Berichts- jahre auch hier auf die Anordnung der Schaustellung verwendet werden, so dass die vielerorts sehr nötige Revision der Bestimmungen und die Anlage eines Zeddel- kataloges nur wenig gefördert werden konnten. Diese Aufgaben bilden nun ein wchlbesetztes Pensum für die kommenden Jahre. Bei den Versuchen, eine lehrreiche Schaustellung zu formieren, zeigte es sich bald, dass die der Sammlung zugewiesenen Räume eine freie Entfaltung alles Aus- stellbaren nicht gestatteten. Im grösseren, hinteren Saale wurden Säugetierskelette und Schädel ‘unterge- bracht; in das Areal des vorderen Saales (an der Augustinergasse) mussten sich die Skelette der niederen Wirbeltiere mit den Fossilien teilen. Mehrere wichtige Serien, wie die Säugetierfossilien von Egerkingen und aus dem Quercy mussten einweilen in einem Vorratsraum untergebracht werden, welcher für den Augenblick zwar noch ausreichend, doch in wenigen Jahren auch ange- ‚füllt sein wird. Der Zuwachs der Sammlung war, Dank der eifrigen Fürsorge ihres Vorstehers, in dem abgelaufenen Jahre sehr bedeutend und zwar nicht nur nach Zahl, sondern auch nach wissenschaftlichem Wert des neu Hinzuge- kommenen. In allererster Linie ist hier die Erwerbung der Sammlung des Herrn Ludovic de Bonal zu nennen. Dieser hatte während 40 Jahren eine für einen Privat- mann erstaunlich reiche Sammlung von Wirbeltier-, namentlich Säugetier-Fossilien zusammengebracht, teils durch eigenes Sammeln in den reichen unteroligocaenen a > und obereocänen Schichten seiner engern Heimat (Dep. Lot et Garonne) und in den berühmten Phosphatgruben des benachbarten Quercy, teils durch Tausch mit zahl- reichen, über ganz Frankreich zerstreuten Forschern und Sammlern. | Der Ankauf erfolgte um den Preis von 2500 Fr. Davon sind in höchst verdankenswerter Weise’ 1000 Fr. vom Freiwilligen Museumsverein übernommen worden, während der Rest zum grössten Teil aus den Zinsen der Rütimeyerstiftung gedeckt werden kann. Diese Erwerbung, über welche Herr Dr. Stehlin an anderem Orte genauer zu referieren gedenkt, ist namentlich aus zwei Gründen für uns von hohem Werte. Einmal wird sie uns, zusammen mit den früher schon vorhandenen Beständen, ermöglichen, in nicht allzu ferner Zeit dem Publikum einen einigermassen zusammen- hängenden Einblick in die Geschichte der Säugetiere während der Tertiärzeit zu gewähren, andererseits besitzt nun endlich ein schweizerisches Museum ein palaeonto- logisches Vergleichsmaterial, wie es zur Bearbeitung unserer einheimischen Fossilien, welche vielfach wegen Mangels eines solchen liegen bleiben mussten, unbedingt erforderlich ist. Unter den kleineren Ankäufen sei eine Suite von Säugetierfossilien aus den obereocänen Ligniten von La Debruge in der Provence erwähnt, ferner solche aus den Alluvien der Chiana, worunter ein gewaltiges Stirn- stück des Bos primigenius, und weiter ein Mammuth- backzahn von Neu-Allschwyl. Die Grabarbeiten von Egerkingen lieferten dieses Jahr quantitativ nicht viel, aber als ein für diesen Fundort unerhörtes Vorkommnis die nahezu vollständige Backbezahnung eines Propa- laeotherium’s. re Auch die Sammlung von Skeletten recenter Tiere ist nicht leer ausgegangen. Angekauft wurde aus der sumatranischen Ausbeute des Herrn @. Schneider ein Skelett von Tomistoma Schlegelii von wahrhaft riesigen Dimensionen (4 m. 60 Länge), ferner in Lyon das Skelett eines europäischen Bibers, der sich in einigen Kolonien bis heute in der unteren Rhone erhalten hat, endlich vom zoologischen Garten in Rotterdam durch Vermitt- June unseres Gönners, Herrn Dr. J. Bültikofer, Skelette und Schädel vom Paka, von diversen Affen, vom Zebu und vom Marokko-Wildsehwein. Als Geschenke gingen der osteologischen Abteilung zu 1) eine Anzahl von Skeletten einheimischer Vögel von der Witwe des Herrn Apothekers Th. Bühler, 2) eine Reihe von Schädeln sumatranischer Säugetiere von Herrn A. v. Mechel, 3) Skelette von Bär, Schakal, Cepha- lophus, Condor, Pelikan und anderen Vögeln von der Direktion unseres zoologischen Gartens, 4) ein fossiler Biberschädel aus Spalten eines neuen Steinbruchs in Ziwingen von Herrn Jöri, 5) Gypsabgüsse nach Säuge- tierfossilien aus Steyermark von Herrn Dr. Redlich und 6) eine Sımmlung von (Geweihen des Molukkenhirsches, Schädel der Anoa und Skelette kleiner Säugetiere von Celebes, ferner Säugetierreste aus dem Quartär der Um- gebung von Berlin von P, und F. Sarasin. Um noch ein Wort über wissenschaftliche Benütz- ung der osteologischen Sammlung beizufügen, so wurde unsere Kollektion von Hundeschädeln aus den schwei- zerischen Pfahlbauten von Herrn Prof. Th. Studer in Bern, dessen Untersuchung über Hunderassen demnächst erscheinen wird, bearbeitet; ferner wurde eine fossile Schildkröte an Herrn von Reinach in Frankfurt gesandt, und endlich ist unser Material an recenten sowohl, als fossilen Suiden von Herrn Dr. H. Stehlin in einer eben a im Druck befindlichen Abhandlung über die Geschichte des Suiden-Gebisses eingehend benützt worden. Über die Geologische Abteilung sei den Berichten ihrer Vorsteher, der Herren Prof. C. Schmidt, Dr. A. Gutzwiller und Dr. E. Greppin das folgende ent- lehnt: Die zweckmässige Unterbringung der reichen geolo- gischen Sammlungen in einem leider verhältnissmässig beschränkten Raume, dem ersten Stockwerke des Mar- tinsflügels, machte lange Beratungen und Verhandlungen notwendig. Da bei der Fülle der angehäuften Materialien der zur Verfügung stehende Saal von vornherein eher als ein Schrankmagazın, denn als ein Öffentlicher Aus- stellungssaal behandelt werden musste, und da ausser- dem noch das Simon’sche Jungfraurelief darin seinen Platz erhalten sollte, so blieb kein anderer Ausweg übrig, als die hintere Hälfte des Saales ausschliesslich für Schiebladenschränke zu reservieren und durch eine Wand abzutrennen, während in der vorderen Hälfte das Jungfraurelief und die Schausammlungen in Glas- schränken aufgenommen wurden. Zum ersten Male sollte es hier versucht werden, eine übersichtliche, systematisch angelegte Sammlung zur Geologie der Schweiz zur Ausstellung zu bringen. Das Material hiezu wurde den bestehenden Sammlungen ent- nommen, wobei nach Möglichkeit darnach getrachtet wurde, den Wert derselben als Dokumentsammlungen nicht zu beeinträchtigen. Die ausgestellten Sammlungen umfassen nun folgende Objekte: 1. Alte Eruptivgesteine von Vogesen, Schwarzwald und Alpen und jungvulkanische Gesteine des Kaiserstuhls und Hegau’s (1 Vitrine). 2. Alte krystalline Schiefer und metamorphe Sedi- mente von Vogesen, Schwarzwald und Alpen (1 Vitrine). 3. Alpine Sedimente mit Leitfossilien und zwar a) Tertiär, b) Kreide, c) Jura, d) Trias, e) Perm und Carbon. Bei Kreide, Jura und Trias wurden die hel- vetische und die mediterrane Facies streng geschieden, wobei die sogenannten Klippengebiete vom Nordabhang der Alpen zur mediterranen Facies gerechnet wurden. (10 Vitrinen). | Die sub 1—3 aufgeführten Sammlungen wurden vom Assistenten der geologischen Abteilung, Herrn Dr. A. Tobler aufgestellt. 4. Die nicht alpine Kreide, Jura und Triasforma- tion, welche Abteilung der speziellen Aufsicht des Herrn Dr. E. Greppin unterstellt ist, nimmt 11 Vitrinen der Schaustellung ein. Es sind hiezu ganz besonders Stücke ausgesucht worden, deren Fundstellen möglichst nahe an Basel liegen. Trotzdem blos 612 Arten, d. h. etwa 200/, der aus unserm Jura heute bekannten wirbellosen Tiere bei der Beschränktheit des Raumes zur Aufstel- lung gelangen konnten, so sind doch die wichtigsten Leitfossilien der verschiedenen Schichten sämtlich reprä- sentiert, und zwar meist in tadellos erhaltenen Exem- plaren, wozu die neu erworbene Kodby’sche Sammlung, ferner Herr Dr. Jenny und der Vorsteher dieser Ab- teilung selbst vieles beigetragen haben. 5. Die Tertiärformution von Jura und Mittelland ist durch 4 Vitrinen repräsentiert, wobei wiederum wesentlich nur die Schweiz und ihre unmittelbare Nach- barschaft berücksichtigt wurden. Diese Abteilung wird, wie die beiden folgenden, von Herrn Dr. A. Gutzwiller verwaltet. 6. Diluvium, 2 Vitrinen. Die ausgestellten Objekte entstammen vorzugsweise der Umgebung von Basel und SI — sind mit wenigen Ausnahmen vom Vorsteher dieser Ab- teilung selbst gesammelt worden. 7) Und endlich füllen die fossilen Pflanzen 5 Glaswandschränke an; es sind etwa 360 Exemplare zur Ausstellung gekommen und zwar mit Ausnahme der Kohlenpflanzen fast lauter Stücke schweizerischen oder benachbarten Ursprungs. Wenn somit, wie aus dem Vorhergehenden erhellt, die ausgestellte, geologische Sammlung auch an Umfang klein ist, so ist sie doch mit solcher Sorgfalt ausgewählt worden, dass sie für den Beschauer einen nicht hoch senug zu veranschlagenden Lehrwert besitzt. Den Rahmen dieses Jahresberichtes würde es über- schreiten, wollten wir noch die verschiedenen Samm- lungen namhaft machen, welche in der oben genannten hintern Hälfte des geologischen Saales oder in dem mit Schränken überbesetzten Arbeitsraum oder endlich auf der Gallerie ihre Unterkunft fanden; es wird in künftigen Berichten jeweilen von ihnen die Rede sein, wenn darin ausgeführte Arbeiten zur Sprache zu bringen sind. Es führt uns dies über zu der neben der Aufstel- lung der Schausammlung in der geologischen Abteilung im abgelaufenen Jahre geleisteten Arbeit. Hier ist die durch Herrn Dr. A. Tobler ausgeführte Neuordnung und Neuetikettierung sämtlicher Sammlungen aus den Schwei- zeralpen und Westalpen zu nennen, ferner die Herstel- lung eines Zeddelkataloges für die Koby’sche Sammlung durch Herrn Dr. E. Greppin und die eingehende Revision der dem unteren Dogger angehörenden Fossilien der P. Merian’schen Sammlung durch ebendenselben. Die Sammlungen wurden zu Studienzwecken von den Herren stud. geol, A. Buxtorf und K. Strübin viel- fach benützt; ferner wurde Herrn von Lorentz- Liburnan 18 a in Wien auf seimen Wunsch eine Suite Flysch- und Kreidefucoiden zur Neubearbeitung zugesandt. Wenden wir uns nun zur Vermehrung der Geolo- gischen Sammlung: a) Gekauft wurden: Eine Suite Dogger- und Kreide- Ammoniten aus den lombardischen und Tyroler-Alpen, ferner Kreide und Tertiärfossilien aus den Alpen am Thunersee und einige Stücke aus dem Klettgau. Zu er- wähnen sind endlich einige besonders schöne Petrefacten wirbelloser "Tiere, welche aus der oben besprochenen Sammlung de Bonal für diese Abteilung abtielen. b) Geschenke: Den wesentlichsten Zuwachs verdanken wir Herrn Dr. Aug. Tobler. Von ihm erhielten wir 1) eine stratigrapbischeSammlung aus den schweizerischen Kalkalpen und zwar die Originalsuiten zu dessen Arbeit über „Faciesunterschiede der unteren Kreide in den nördlichen Nchweizeralpen“ (ca. 20 Schiebladen), 2) eine stratigraphische Sammlung aus den lombardischen Alpen (10 Schiebladen), 3) eine solche aus der Umge- bung von Montpellier, 4) eine sehr umfangreiche Fos- siliensammlung aus dem Basler und Berner Jura (28 Schiebladen), endlich 5) Tertiärfossilien aus der Umge- bung von Basel. | | Herr Prof. C Schmidt schenkte Petrefacten aus dem Tertiär Sumatra’s, Gesteine von Ceylon, Malacca, Sumatra, Borneo, Java und Suiten zur Erläuterung der Lateritbildung, Herr Dr. A. @utzwiller ca. 200 Tertiär- fossilien diverser Fundorte, Herr Dr. E. Greppin zahl- reiche Jurafossilien, Herr Dr. H. Stehlin eine Suite von Fossilien von der berühmten Lokalität der Falaises d’Houlgate in der Normandie, Herr Dr. F. Jenny Jura- fossilien und Keuperpflanzen von der Neuen Welt, Herr Dr. F. Leuthardt tertiäre Petrefacten, Herr Hans Passavant-Iselin zwei sehr schöne Sandsteinplatten mit fossilen Pflanzen von Allschwyl, Herr Dr. E. von Fellen- berg einen Querschnitt durch den vermeintlichen Stamm im Gneiss von Guttannen, Herr Dr. G. Senn Demon- strationsstücke zur Gesteinsbildung durch Desmidiaceen, Herr Ingenieur Spiess Fossilien und Gesteine aus den lombardischen Alpen, Herr 4. Buxtorf tertiäre Fossi- lien und Demonstrationsstücke für allgemeine Geologie, ebenso Herr K. Strübin, endlich Herr H. Preiswerk eine petrographische Sammlung aus dem Schwarzwald und dem Odenwald. In der von Herrn Dr. Th. Engelmann verwalteten Mineralogischen Abteilung konnte im Frühjahr mit der Wiederaufstellung der systematischen Sammlung in den neuen Pultkasten begonnen werden. Alle Stücke wur- den revidiert, gereinigt und nach der neuesten (13.) Auf- lage des Lehrbuches von Naumann-Zirkel aufgestellt; diese Sammlung füllt nun 30 von den 32 neuen Pult- kasten in der Mitte des Saales und hat gegen früher dureh die günstige Beleuchtung und bequeme Übersieht- lichkeit sehr gewonnen. Weit mehr Arbeit verursachte das Waschen und Neuordnen der übrigen mineralogischen Sammlung, die in schlecht schliessenden Schiebladen untergebracht zum Teil mit 40-jährigem Staube bedeckt war. Aus diesen gereinigten und neu etikettierten alten Beständen konnte nun die Auswahl für eine Anzahl neu aufzustellender Sammlungen getroffen werden. Es waren dies:. 1) Eine terminologische Sammlung, 2) eine Sammlung einzelner, gut ausgebildeter Krystalle, 3) eine Sammlung von Mineralien, die als Schmucksteine Verwendung finden, nebst den gebräuchlichsten Schliffformen von Edelsteinen, 4) eine technologische Sammlung und 5) eine Anzahl hervorragender, grosser Schaustücke. Besondere Schwierigkeiten verursachte die Auf- stellung der beiden letztgenannten Sammlungen, da für die technologische Abteilung ausser einer Anzahl grösserer Gangstücke von Manganerzen und grossen Eisenstufen aus Elba so zu sagen nichts vorhanden war und von hervorragenden Schaustücken nur einige wenige in den alten Sammlungen d’Annone und Präsident Bernoulli sich vorfanden. Es hatte daher Herr Dr. Engelmann in den letzten Jahren sein Augenmerk vornehmlich auf solche Erwerbungen richten müssen, wobei aber stets mit dem bescheidenen Budget zu rechnen war. In zwei Pulten endlich ist eine Auswahl ver- arbeiteter und geschliffener Quarzmineralien und eine Sammlung von Diamantkrystallen und geschliffenen Edel- steinen aufgestellt worden. Vermehrung der mineralogischen Sammlung : Als bedeutendste Erwerbung dieses Jahres sind ın erster Linie drei grössere Schaustücke zu erwähnen, deren Ankauf durch die Unterstützung des Freiwilligen Museumsvereins ermöglicht worden ist. Es sind: 1) Eine prächtige Gruppe von grossen, violetten Flussspath- krystallen, 2) eine ähnliche, etwas kleinere mit einem wohlausgebildeten, grossen, aufgewachsenen Krystall von Bleiglanz, beide aus Cumberland und 3) eine grosse Gruppe von Kalkspathkrystallen mit einem aufgewach- senen Bleiglanzkrystall von 5 cm. Kantenlänge, ein seltenes Vorkommnis aus den alten Bleibergwerken von Cumberland. Angekauft wurden ferner eine vorzügliche Gruppe von Adularkrystallen vom Scopi, eine prächtige Stufe von faserigem Malachit von Siegen, Hämatit von Cum- berland, eine grosse Bleiglanzkrystallgruppe von Mies (Böhmen) und verschiedene der berühmten Pseudo- morphosen von Speckstein aus Göpfersgrün (Bayern). Ferner erwähnen wir, dass die angekauften Modelle der — 281 — diversen. Edelsteinschliffformen nicht, wie sonst üblich, aus Glas, sondern für unsere Sammlung eigens aus Bergkrystall angefertigt worden sind. An Geschenken sind zu verzeichnen einige schöne Schaustücke von Herrn Hans Sulger, eine grössere An- zahl interessanter, schweizerischer Vorkommnisse von den Herren Dr. Aug. Tobler, Dr. von Fellenberg und Prof. C. Schmidt, endlich diverse Mineralien von den Herren Dr. Hans Stehlin, Dr. Th. Engelmann, Drs. P. & F. Sarasin, E. Schenkel und H. Steiger. Über die Naturhistorische Museumsbibliothek, welche wir zum grössten Teil einem Legate des Herrn Prof. Rütimeyer, zum kleineren einem solchen des Herrn Rats- herrn Müller verdanken, berichtet ihr Vorsteher, Herr Dr. P. Sarasin, dass sie nun in allen Teilen geordnet worden ist- Sämtliche Werke sind nach den Namen der Autoren in alphabetischer Reihenfolge aufgestellt. worden, wobei aus praktischen Rücksichten Oktav, Quart und Folio besondere Serien bilden. Die Bro- schüren sind, gleichfalls alphabetisch geordnet, in Pappschachteln untergebracht worden. Leider ist die Benützbarkeit der Bibliothek dadurch noch beemträchtigt, dass die Mittel, welche die öffentliche Bibliothek, als die gesetzliche Eigentümerin, uns zum Einbinden zur Verfügung stellte, bis auf weiteres erschöpft sind, so- dass der grösste Teil vorderhand noch ungebunden bleiben muss, Endlich sei beigefügt, dass der Assistent der Geo- logischen Abteilung, Herr Dr. Aug. Tobler, dessen sach- kundige Dienste unserer Sammlung in hohem Maasse zu (Gute gekommen sind, mit Ende dieses Jahres wegen Abreise seine Stellung niedergelegt hat. Eine Neuwahl ist noch nicht endgiltig getroffen worden. Wir sind mit unserem Berichte zu Ende. Möge daraus der Eindruck hervorgehen, dass unser Natur- historisches Museum sein fünfzigstes Altersjahr in voller Kraft und Lebensfülle erreicht hat und hoffnungsfreudig dem neuen Jahrhundert entgegen gehen kann. Wir empfehlen dasselbe auf’s beste der Fürsorge der hohen Behörden und dem Wohlwollen des Publikums. Bericht über die Ethnographische Sammlung des Basler Museums für das Jahr 1899. Von F. Sarasin. Das abgelaufene Jahr ist insofern für die Geschichte unserer Sammlung ein bedeutungsvolles gewesen, als am 10. Nov. die Neueröffnung stattfand, und unsere Ab- teilung sich nun zum ersten Male als ein integrierendes Glied des Basler Museums präsentiert, noch bescheiden zwar und recht klein, aber doch nicht ohne frohe Zu- versicht auf eine kräftige Weiterentwicklung. Da der uns zugefallene Saal im Parterre des Museums durch seine Bauart in drei Abteilungen zerfällt, so musste die Aufstellung dieser Einteilung angepasst werden. Afrika und Asien, die beiden am reichsten vertretenen Teile unserer Sammlung bekamen je einen Dritteil des Saales, während Amerika, Australien, Papuasien und die Inseln der Südsee sich im restierenden Drittel fried- lich vertragen müssen. Bei der Aufstellung wurde dar- nach getrachtet, eine möglichst klare Übersichtlichkeit zu erreichen, und diese glaubten wir am besten dadurch zu erzielen, dass wir die oft in grosser Zahl vorhandenen Doubletten thunlichst auszuscheiden suchten und, wo es irgend anging, nur schöne und charakteristische Stücke ausstellten, Zur Aufbewahrung des Ausgeschiedenen dienen die dem Publikum unzugänglichen Schränke auf der Gallerie des Saales. Desgleichen wurde grosse Sorgfalt auf eine eingehende Etikettierung der ausge- stellten Stücke verwandt. Auch ist die Katalogisierung der Sammlung nun bis auf ganz wenige Reste durch- geführt worden. Noch sei beigefügt, dass, da der uns zugewiesene Saal nicht gestattete, die Sammlungen aus den schweizerischen Pfahlbauten und die übrigen prä- historischen Reste auch noch aufzunehmen, für diese ein eigener, kleiner Raum vorgesehen ist, dessen Ein- richtung im Laufe des kommenden Jahres fertiggestellt werden soll. Die Anschaffungen des vergangenen Jahres standen, wie bei fast allen ethnographischen Sammlungen der Welt, unter dem Zeichen Benin’s. Man erinnert sich, dass bei der Zerstörung der Stadt Benin (West-Afrika) durch die Engländer im ‚Jahre 1897 Erzeugnisse eines alten Kunsthandwerkes von durchaus eigenartigem und in der Höhe ihrer Ausführung für Neger unerhörtem Charakter zum Vorschein gekommen sind, in erster Linie Arbeiten in Bronze, dann auch Schnitzereien in Elfenbein und Holz. Die Benin’sche Kriegsbeute wurde in diesem Jahre auf den Markt geworfen, und wir hielten es für unsere Pflicht, auch für unsere Sammlung wenigstens einige Proben dieser nun für immer verschwundenen Kultur zu retten. Doch wäre es uns, angesichts der infolge von Konkurrenz sehr hohen Preise, unmöglich gewesen, irgend etwas Nennenswertes anzukaufen, wenn wir nicht Gönner gefunden hätten, durch deren liberale Unterstützung wir schliesslich etwa 4500 Fr. auf Benin verwenden konnten. Die heute in unserer Sammlung vertretenen Objekte aus Benin sind folgende: Ein Elephantenstosszahn von 1,90 m Länge, über und über bedeckt mit in Hochreliet geschnitzten Bildnissen von Kriegern, Schlangen, Kroko- — 25 — dillen u. s. w., angekauft mit Unterstützung des Frei- willigen Museumsvereins, ein Bronzekopf, Geschenk von Frau Ratsherr E. Sarasin-Sauvain, ein Hahn aus Bronze von grosser Lebenswahrheit, (reschenk von Herrn Km. Passavant- Allemandi, ein Schlangenkopf aus Bronze, an- gekauft aus Beiträgen der Herren Dr. Aud. Geigy- Schlumberger, Alfr. Sarasin-Iselin, Alfr. Stähelin-Gruner und anderer, eine Plaquette aus Bronze mit Relieffigur eines Kriegers, wie sie zur Bekleidung der Wände oder Säulen des Königspalastes gedient hatten, eine Bronze- glocke und ein Scepter, ein bronzenes Armband, das letztere ein Geschenk von Herrn Dr. Welh. Vischer-Iselin, endlich ein Holzbrett mit Skulpturen, eine mythische Figur darstellend, deren Beine in Fischschwänze auslaufen, auf einer Seite von einem bewafineten Portugiesen, auf der anderen von einem Neger in Kriegsrüstung flankiert, wahrscheinlich ein Stück eines Thronsessels, Geschenk von m SR. Von anderen afrikanischen Erwerbungen ist noch die Kriegsausrüstung eines Massai-Kriegers, bestehend aus einem bemalten Schild, Lanze und Kopfschmuck aus Straussenfedern zu erwähnen, von Geschenken drei sehr merkwürdige steinerne Idole aus Sherbro, West- Afrika, von Herrn F. Ryff in Bern und eine altägyptische Malerei, einen Apis darstellend, von Herrn Dr. L. Rüti- meyer. Aus China gelang es, um einen verhältnismässig sehr billigen Preis, an welchen unser Kommissionsmit- glied, Herr A. Krayer-Förster, uns einen Beitrag ge- währte, eine Sammlung von 63 antiken Bronzen, welche in Kiautschou bei der Anlage von Festungswerken aus- gegraben sein sollen, zu erwerben. Ausser einigen ornamentierten Schalen, zahlreichen Täfelchen und Schüsselchen mit Inschriften und mehreren Statuetten — 2866 — sind es hauptsächlich Münzen, darunter eine grössere Zahl der sehr gesuchten messerförmigen. Von Gegenständen aus Japan sind zu erwähnen drei aus Holz geschnitzte und bemalte Gottheiten, ein Hausaltar mit der Statuette Fudö’s, des Feuergottes und eine Schlafstütze für Mädchen (Geschenke von P. & Ja Sa): Vorderindien ist dieses Jahr nur durch ein einziges Stück vertreten, einen Hausaltar aus Benares (Geschenk von pP ns So) Übergehend zum Malayischen Archipel, ist eine ‘reiche Schenkung des Herrn A. von Mechel aus Sumatra zu erwähnen, bestehend aus einem sehr grossen Modell eines malayischen Hauses aus der Gegend von Indragiri, mit allen Nebengebäulichkeiten und Mobiliar sehr sore- fältig ausgeführt, ferner aus Fallen für diverses Wild, der Spitze einer zur Elephantenjagd gebrauchten Lanze mit einem an einer Kette befestigten Widerhacken, endlich aus Feuerbohrer und allerlei Flechtwerk. Aus Java erhielten wir 17 silberne Schmuckgegen- stände, darunter hübsche Schlussstücke von Frauen- gürteln, aus der Minahassa (Celebes) eine steinerne, etwa 200 Jahre alte Grabkiste einer Häuptlingsfamilie, mit reich ornamentiertem, gleichfalls steinernem Deckel, das (sanze von ca. 2m Höhe. Es hatten sich darin Überreste von 9 Skeletten und allerlei Beigaben gefunden ; am Deckel sind namentlich Darstellungen des celeben- sischen Gemsbüffels, Anoa depressicornis, merkwürdig; das Material ist ein ziemlich brüchiger, vulkanischer Tuff (Geschenk von P. & F. 8S.). Aus dem Südsee-G&ebiete konnten mehrere schöne Stücke angeschafft werden, so eine prachtvolle alte Keule von den Marquesas-Inseln, ein Baumstamm mit einge- wachsenen Menschenknochen, Überresten einer Kanniba- a e len-Mahlzeit, von Fidschi, eine Keule von Malty und eine mit Haifischzähnen besetzte Waffe von den Kingsmüll- Inseln. Ferner konnte ein Krieger aus letztgenannter Inselgruppe in seiner ganzen Ausrüstung aufgestellt werden, indem uns die hiezu noch fehlenden Kleidungs- stücke, nämlich Jacke und Beinkleider aus Kokostaser, geschenkt wurden (P. & F. 8.); Panzer, Helm und Gürtel stammen aus der reichen Schenkung der Herren K. & R. Geigy vom Jahre 1887. Nicht minder wichtig sind einige Erwerbungen aus Neu-Seeland, einem Gebiete, aus welchem es mit jedem Jahre schwieriger wird, gute, alte Stücke zu erhalten. Die gekauften Objekte sind ein Beil aus Nephrit von 29 cm Länge, ein Amulett aus Nephrit und ein reich geschnitzter Wasserschöpfer aus einem Kriegsboot der Maori. Ein sehr erwünschtes Geschenk endlich war ein Pflug aus Viterbo bei Rom, dessen primitive Konstruktion auf’s äusserste überrascht. Die Donatoren sind die Herren Dr. @. Bernoulli, G. Finsler, Dr. L. Rütimeyer und Dr. W. Vischer. Unsere kleine Pflugsammlung erfuhr hiedurch eine höchst interessante Bereicherung. Wir empfehlen die Basler Ethnographische Samm- lung auch fernerhin dem Wohlwollen der hohen Be- hörden und dem Interesse der Bürgerschaft. Einundzwanzigster Bericht über die Dr, J. M. Ziegler’sche Kartensammlung 1899, | I. Geschenke. Staatskanzlei Basel: Bibliographie d. schweiz. Landeskunde. Fasc. III. — Rase, \. bie. Herr August Weitnauer. Plan de Mulhouse et de ses faubourgs en 1830 par Jean Henri@ Hofer. "1 : 2000. Baxuıs, 121: II. Anschaffungen. Bretschneider, A., Map of China. Supplementary Maps. St. Petersburg 1898. 6 Bl. Neue Generalkarte von Mitteleuropa. . Lfg. 20. 7 BI. Pauliny, J. J.. Schneeberg, Raxalpe und Semmering nach seiner Kartendarstellungsmethode entworfen und ge- zeichnet. 1 : 37500. Wien. 4 Bl. Haardt, v. V., Nord-Polar-Karte, Hauptkarte 1 : 5000000. Nebenkarten 1 : 25000000 und 1 : 50000000. Wien. 4 Bl. — 289 — Haardt, v. V., Süd-Polar-Karte. Hauptkarte 1 : 10000000. Nebenkarten 1 : 50000000 und 1 : 100000000. Wien. Au Oberhummer, R. und Zimmerer, H., Durch Syrien und Kleinasien. Berlin 1899. 1 Bd. Karte der Vogesen 1 : 50000. Herausg. vom Central- Ausschuss des Vogesen-Clubs. Blatt 8—12. 16. aufgez. Strassburg, Heitz, 1894—1898. 6 BI. Langhans, Paul, Karte der deutschen Verwaltungsbezirke der Karolinen, Palau und Marianen. 1 : 5000000 Geihar 1899. 1. Bi. Heer, J. C. Schweiz. (Land und Leute V.) Bielefeld und Leipzig. 1899. 1 Bd. Neue Generalkarte von Mitteleuropa. Lfg. 21. 9 Bl. Topographischer Atlas der Schweiz. Lig. 48. 12 Bl. Lanciani, Rud., Forma urbis Romae. Fasc. 7. Mediolan. 1898. Kiepert, H., Politische Schul-Wandkarte von Europa. 6. Auflage. Neubearbeitung von Richard Kiepert. 1 : 4000000. Berlin. Aufgez. mit Stäben. 1 Bl. Neue Generalkarte von Mitteleuropa. Lfg. 21. 9 Bl. Herrich, A., Neue Special-Karte der Südafrikan. (Trans- vaal-) Republik, des Oranje-Freistaats und der an- srenzenden Gebiete. Aufl. 3. 1: 3000000. Glogau. Beiträge zur alten Geschichte und Geographie. Fest- schrift für Heinrich Kiepert. Berlin 1898. 8. 1 Bd. Kiepert, H., Neuer Atlas von Hellas und den hellenischen Kolonien in 15 Blättern. Berlin 1879. 1 Bd. — 290 — In unserm vorjährigen Berichte haben wir mitge- teilt, es sei unsere Absicht, zunächst nicht sowohl an die Vermehrung als an die Ordnung der Sammluns zu denken. Der an Hrn. Dr. Hans Barth erteilte Auftrag wurde denn auch in der Weise ausgeführt, dass die ganze Sammlung geordnet und die der Schweizerkarten katalogisiert wurde. Wir hoften hierdurch die Benützbarkeit der Samm- lung erhöht zu haben und gedenken mit der Arbeit in entsprechender Weise fortzufahren, bis die Katalogi- sierung vollständig wird durchgeführt sein. ee Basel, den 16. Januar 1900, Prof. Er. Burckhardt, Vorsteher. — 291 — J. M. Zieglersche Kartensammlune. Rechnung üher 1899. Einnahmen. Aktivsaldo voriger Rechnung . . . Fr. 4,105. 12 Albresbeitrase. Seien. 261. — KAISER ne a the Douce Cog 461. 15 Br 4.820527 Ausgaben. nehmen. „or. DT. 260. 20 Honorar en een rer 2 Sul, — Bimzus der Jahresbeiträge -........ 12. — ae Saldo auf neue Rechnung „4,255. 07 Fr. 4,827. 27 Status. 2 Obl. à Fr. 5000 Hypothekenbank Basel 1 2 3.20, a 3,3% .. Er 100007 Saldo pro 31. Dezember 1899 „> 4.255..07 Status pro 31. Dezember 1899 Fr, 14,255. 07 Status pro 31. Dezember 1898 „ 14,105. 12 Vermögenszunahme 1899 Fr. 149. 95 Basel, den 15. Januar 1900. C. Chr. Bernoulli, Quästor. Verhandl. d. naturf. Ges. in Basel, Band XII, Heft 2. Tafel II nn Là in AL “ie 4 MET “ Verhandl. d. naturf. Ges. in Basel, Band XII, Heft 2. Tafel III Les VO 0 ch ae EEE AT Li 6e ni F î Verhandl. d. naturf. Ges. in Basel, Band XII, Heft 2. ER ng ee KT an E. ERRESBTE? SR Seh. ne me LE û on € 0107) AND 1601719771008 DINIUTTDTDETN un Ru ATEN TL TT EAN LIOMTBRUEK VON N. SPEISEN Bat eis TER De », Geologische Beschreibung der Gegend von Liestal im Schweizer Tafeljura, an Hand von Blatt 30 des Siegfriedatlas. Von Dr. F. von Huene. (Mit zwei Klapptafeln und zwei Textfiguren.) Häufige Exkursionen, die ich im nordschweizerischen Jura zu unternehmen Gelegenheit hatte, weckten den Wunsch, einmal ein grösseres Gebiet des Tafeljura genauer zu untersuchen. Denn bald hatte ich erkannt, dass sich deutlich gewisse Leitlinien herausfinden lassen würden. Auch die Schichtenfolge des mittleren braunen und des weissen Jura musste hier an der Scheide von argovischer ind rauracischer Facies eine Fülle von interessanten Beobachtungen liefern. In dem gehofiten Umfange konnte die Arbeit aber leider nicht ausgeführt werden, da die nötige Zeit fehlte, ganz abgesehen davon, dass eine Reihe benachbarter Blätter von anderer Seite jetzt in Angriff genommen sind. So habe ich mich denn auf Blatt Liestal be- schränkt, weil dort die meisten tektonischen Komplikationen der Entzifferung zu harren schienen. Im Sommer 1896 und Frühling 1899 war ich mit der Aufnahme beschäftigt, bei der mich folgende Herren zu Dank verpflichtet haben: in erster Linie Herr Dr. Ed. Greppin, sodann Dr. Jenny und Dr. Tobler in Basel, Dr. Leuthard und Herr Strübin in Liestal. Da die knapp gewordene Zeit nicht aus- reichte, die ganze Stratigraphie auszuarbeiten, musste ich mich wesentlich auf den weissen Jura beschränken, Tübingen, Juni 1899, 19 Inhalt. Seite T-.Teil: Dektonik. .*. NEE 295 A. Topographische Übersicht EM RE BREI) PB. Dektonik. 7. One ETAT Ne OL, 1. Allgemeine Orientierung . . Ne 0 Literatur für Geologie und Mon re 2.2998 2. Spezielle Tektonik . . . 299 Munzachberg bis Oristhal- Wndenthal Verwerling 239 Seltisbere-Planetzen 11" Due. 20 202020508 Blomd-Galms-Grammont . . Je en Me UN Unklenthal-Landschachen- Stoekhalden De N Thalrain-Ramlinsburg-Winterhalden . . . . . . 312 Kleiner Grammont-Limberg-Schward . . . . . 317 Bannhalden-Itinsen, 2.0. «sen 2 sn Aunzeerhard.. Ms nee ee a Zunzgerberg-Sissach . . … . ee Limburgehöfe-Lucheren- Seite MR ee OU Lenvukertuh-Risselhalden 2... 20,2 22.227229 3. Kurzer tektonischer Überblick. . . . . . . . 331 4. Nektonische, Voreanse 2.02... ze. BE. Teil: Stratioraphie tous 20 Da ee an Eiteratur forsStratisraphien ne ee nodn Schichtenfolee: 2 aa, Laune var 946 Dosger u. a ei Malone) 2, ee. 1. NE dl A De TN a Lio OO) 295. Schward 24.1.0 an ee N ef) 39.Sonnenbers >... wre er ae 4 Galmshubelarser.ı.. CNET re Be ee #5. Blomd 9,2 ee ee dt b22Murenber onen en ee an 1: Liandschachen „ur... re ni a Ne 32 Ehalram. 20 LEE ie Re RT DE 9. Ramlinsburg- Wolfseraben EN er Bo 10, „Aunzeerbere u. na re ga Ba een Zusammenfassung. vu ae See 0 Merian a er Sa Dune mme en, PRE er Ra Sa ee a I. Teil: Tektonik. A. Topographische Übersicht. Von Osten nach Nordosten wird das Gebiet des Blattes Liestal von dem breiten Ergolzthal durchzogen in einer absoluten Höhe von 380—310 m. Von Norden empfängt die Ergolz keine bedeutenden Zuflüsse, von Süden dagegen drei. Im Osten beginnend ist zuerst der Diesterbach zu nennen, der bis Zunzgen in verhältnis- mässig schmalem Thale fliesst; hier aber wird es plötz- lich fast 1 km breit und bleibt so bis Sissach. Wenig oberhalb Liestal ergiesst sich die Frenke in den Nebenfluss des Rhein; beim Hofe Morgenthal bildet sie sich durch Vereinigung der (westlichen) hinteren und der (östlichen) vorderen Frenke, die von Reigoldswyl und von Langenbruck herkommen. Endlich ist noch das von Südwesten her bei Liestal ausmündende Oris- thal zu erwähnen. Hiermit ist die Zahl der von dilu- vialem Schotter erfüllten Thäler erschöpft. Die durch diese Flüsse zerteilten Höhen bilden durchaus nicht etwa ein ebenes Plateau, wie der für den nördlichsten Teil des Jura gebrauchte Name anzu- deuten scheint, sondern es reihensich hohe Kuppen, lang- gezogene Rücken und flache Berge aneinander, deren Erhebungen zwischen 702 und 479 m schwanken, die Mehrzahl erreicht zwar ca. 530 m. Ganz isoliert über- ragen folgende Spitzen ihre Umgebung: der Schward mit 656 m, die Lucheren mit 662 m und die Sissacher- fluh mit 702 m. Von hochgelegenen Aussichtspunkten (Schleifenberg oder Sissacherfluh) bietet sich dem Auge — 296 — stets eine wechselnde Berglandschaft, nie eine typische Tafel wie sie das Gempenplateau oder die Gegend von Rüneburg und Wenslingen oder manche Punkte des westlichen aargauer Jura darstellen. Es hängt dies auf’s innieste mit dem Gebirgsbau zusammen. Überhaupt lässt sich eine schönere Übereinstimmung von Orographie und Tektonik als hier kaum denken. Die genannten grösseren Thäler sind reine Erosions- thäler. Die meisten Quellen entspringen auf Verwerfungen, Schichtenquellen sind seltener, da die Störungslinien so ausserordentlich dicht beisammen liegen. Dieser Punkt ist von praktischer Wichtigkeit, da die Schichtenquellen dieser Gegend bei Trockenheit rascher versiegen als die aus grosser Tiefe kommenden Verwerfungsquellen. Das die Landschaftsformen hauptsächlich aus- machende Gestein ist der schwer verwitternde Haupt- rosenstein. Er nimmt horizontal und vertikal den grössten Raum ein. Fast ausnahmslos ist er mit Buchen- wald bewachsen. Der untere und der obere Dogger, die fruchtbare Erde liefern, tragen meist Wiesen nnd Felder. Die Effingermergel sind oft schon aus der Ferne an den sterilen, mit einzelnen Kieferngruppen bewach- senen Weiden erkennbar. Sehr häufig ist der den weissen Jura bedeckende Buchenwald mit Nadelholz unter- mischt, B. Tektonik. 1. Allgemeine Orientierung. Etwas nördlich von der Überschiebungszone und wenig östlich von den gegen das Rheinthal vorgeschobenen Juraketten befindet sich das Gebiet, in welches diese Untersuchungen fallen. Das Südende des Blomd ist nur einige hundert Meter von den letzten Spuren der Fey. Holzenberg-Überschiebung (bei Hof Kleckenberg) ent- fernt. Das Blatt Liestal liegt also in der Südwestecke des Tafeljura, der sich als annähernd rechteckiger Streifen mit ostwestlicher Längserstreckung zwischen dem Ketten- jura und dem Urgebirgshorste des Schwarzwaldes hin- zieht. Nureinen einzigen bedeutenderen Vorsprung sendet die Sedimenttafel nach Norden, das Dinkelberg-Plateau. Im Westen wird es von der grossen Schwarzwald-Spalte, im Norden und Osten von der ebenfalls bedeutenden Sekundär-Verwerfung Kandern - Hausen - Säckingen be- grenzt. Von Säckingen, wo die genannte Verwerfung auf den Tafeljura trifft, strahlen viele kleinere Störungs- linien nach Südwesten aus; sie erreichen teils die Über- schiebungszone (in spitzem Winkel), teils die vorge- schobenen Ketten, in die sie überzugehen scheinen. Auffallend ist das beinahe vollkommene Fehlen von Querverwerfungen. Die angedeuteten Verhältnisse sind schon auf der Mühlberg’schen tektonischen Kartenskizze (l. c. 1894) erkennbar; besser stellt sie die tektonische Karte Südwestdeutschlands dar, aber auch dort fehlt noch reichlich die Hälfte der Verwerfungen. Ein Fehler, der das Gesamtbild etwas stört, ist die Verbindung der Verwerfung Dornach-Gempen mit derjenigen, die das Munienfeld im Süden begrenzt. Die letztgenannte setzt sich in der Richtung von Röseren fort und die erste steht wahrscheinlich mit jener von Hochwald in Ver- bindung. Auf diese Weise fällt die ostwestliche Linie Dornach-Nuglar weg. Die stets gleichartige Richtung der Verwerfungen erklärt sich am besten als Auslösung von Spannungen, die bei der Vorschiebung und Auf- faltung der nördlichsten Juraketten (Steinegg- bis Blauen- kette) einerseits und der Bildung der bedeutenden Spalte von Säckingen durch das Absinken des Dinkelberg- Plateaus andrerseits entstanden (cf. Kap. 4). Der fast — 298 — regelmässige Wechsel von Horst- und Grabenbruch deutet mit der gleichen Bestimmtheit auf inneren Zusammen- hang mit den Ketten wie ihre Richtung auf die soeben genannte Ursache. Blatt Liestal liegt mitten im Gebiete dieser Störungen, wie sie nun im einzelnen betrachtet werden sollen. Die Tektonik ist namentlich in folgenden Arbeiten berücksichtigt: Literatur für Geologie und Tektonik: 1821. P. Merian, Beiträge zur Geognosie. Bd. I. 1856. A. Müller, Geognostische Beobachtungen aus dem mittleren Baselbiet. Verh. d. naturf. Ges. zu Basel. Bd. I, H. 3, pg. 438 —455 u. tb. III. 1862. — Geologische Skizze des Kantons Basel. Beitr. z. geol. Karte d. Schweiz. Lief. I. 1867. ©. Mösch, Geologische Beschreibung des Aargauer Jura. Beitr. z. geol. Karte d. Schweiz. Lf. IV. 1870. J.-B. Greppin, Description geologique du Jura Bernois. Beitr. zur geol. Karte der Schweiz. Lief. VII. 1892. G. Steinmann, Bemerkungen über die tekto- nischen Beziehungen der oberrheinischen Tief- ebene zu dem nordschweizerischen Kettenjura. Ber: d. naturf. Ges. in Freiburg i/Br. Bd. VI, H. 4. | 1894, F. Mühlberg, Bericht über die Exkursion der schweizerischen geologischen Gesellschaft in das Gebiet der Verwerfungen, Überschiebungen und Überschiebungsklippen im Basler und Solothurner Jura vom 7.—10. September 1892. Verh. d. naturf. Ges. an Basel- Bd, X, E22 1899, F. von Huene, Ein Beitrag zur Tektonik und zur Kenntnis der Tertiärablagerungen im Basler Tafeljura. Ber. d. oberrhein, geol. Vereins. 999 = 1900. À. Buxtorf, Verwerfungen im Tafeljura. Ecl. geol. helv. Vol. VI. No. 2. pg. 176 f. (reologische Karten: 1821. P. Merian, Karte in: Beiträge zur Geognosie. Bd. I 1862. A. Müller, Karte vom Kanton Basel. 1: 50.000. 1867. ©. Mösch, Blatt II der Dufour-Karte. 1: 100.000. 1870. J.-B. Greppin, Blatt VII der Dufour-Karte. 1 : 100.000. 1894. A. Heim u. ©. Schmidt, Geologische Übersichts- karte der Schweiz. 1:500.000. 1898. Tektonische Karte Südwestdeutschlands.1:500.000, - Bi. 2. Spezielle Tektonik. Indem wir uns an den Rahmen des Blattes Liestal halten, sollen im Westen, resp. Nordwesten beginnend die Verwerfungen und die durch sie gebildeten Schollen, Horste und Gräben im einzelnen verfolgt werden. Munzachberg bis Oristhal- Windenthal-Verwerfung. Der Munzachberg besteht, soweit er auf das Blatt fällt, aus einer mächtigen Decke von Hauptrogen- stein, die mit 5—6° S 25°0O red.') einfällt (gemessen bei der Weggabelung südlich Ostenberg). Die Basis bildet unterer Dogger mit namentlich fossilreichen Blag- denischichten am Nordabhang, die bis zu 400 m hin- aufreichen. Wenig westlich der Grenze des Blattes be- findet sich der berühmte, immer noch reiche Fundort von Cainocrinus Andreae am sogenannten Glattweg im tiefsten Hauptrogenstein. Etwa 100 m südlich von Ostenberg sind noch Reste der Discoideenschichten er- halten, 1) Als Deklination ist 120 angenommen. Textfigur 1. Die Zähne der Verwer 1 fungslinien deuten nach dem emgesunkenen Flüoe 'e ktonische Skizze des Blattes Lie Spalten nur vermutet. stal. lÆ soweit punktiert sind die — 301 — Steist man von dort den Weg nach Süden durch Hauptrogenstein hinab bis zu 440 m Höhe, so trifft man auf fossilführende Variansschichten, konstatiert also eine Verwerfung von 30—40 m Sprunghöhe, die sich nord- östlich bis zum Ausgang des Bienenthales verfolgen lässt. Die Variansschichten von Thalacker erstrecken sich mit leichtem Ansteigen nach Südosten hinauf zu den Schanzen von Sichtern, wo sie bis vor kurzem einen der be- vorzugtesten Fundorte der ganzen Gegend bildeten. Im Walde „Waldesel“ ist die Auflagerung auf Discoideen- schichten (Höhe 470) gut zu beobachten. Die Haupt- masse der Sichternhöhe wie der von Breitenrüti besteht wiederum aus Hauptrogenstein (im „Tiergartenhölzli“ liegt eine nur teilweise noch erhaltene Lokalmoräne darauf), der bei P. 409 (Sonnhalde) mit 6° noch N 40° W red. einfällt. Auf dem Tiergartenfeld und etwa 10 m hoch am nördlichen Oristhalabhang kommt unterer Dogger zum Vorschein (Blagdenischichten). Im Bette des Orisbaches sind südöstlich von P. 334 bei Liestal Humphriesi- schichten anstehend mit 15—20° westlicher Neigung und dieselben kamen ım Frühling 1899 auf Höhe 360 auf dem „Weid“ genannten Ausläufer des Seltisberges mit Leitfossilien zum Vorschein. Durch A. Müller ist schon 1856 (l. c.) eine grosse Menge von Versteinerungen aus dem Eisenbahneinschnitt von Liestal namhaft ge- macht worden, die beinahe alle Niveaus des unteren Dogger repräsentieren. Leider wurde damals das Profil nicht aufgenommen, jetzt ist alles verbaut; nur an wenigen Stellen ragen noch die schwach nordwestlich geneigten Schichtköpfe aus der Mauer. Das Oristhal verläuft von der Orismühle bis zur Wendung des Flusses nach Norden kurz vor Liestal auf einer Verwerfung. Während die nordwestliche Thalseite noch Blagdenischichten zeigt, steht auf der südöstlichen — 302 — überall Hauptrogenstein an (allerdings nur an wenigen Stellen unter dem Gehängeschutt sichtbar). In einer kleinen Grube direkt südlich von dem Buchstaben „L* von „Oristhal“ auf der Karte steht zerklüfteter Haupt- rogenstein an mit 27° Neigung nach N 20° W red. So- weit ist die Dislokation zweifellos, wenn sie auch nirgends direkt aufgeschlossen ist. Südwestlich von Orismühle verlässt die Verwerfung das Thal und streicht gegen das Plateau von St. Pantaleon. Auf der nördlichen Seite der Ergolz bildet der Schleifenberg die direkte Fortsetzung der Sichtern- höhe. Die gewaltige Rogensteinplatte fällt mit einigen unregelmässigen, welligen Biegungen schwach nach Süd- westen (bei Erzenberg 10° S 60° W red.). Die darunter- liegenden Schichten sind am Südabhange mehrfach auf- geschlossen und haben auch eines von Greppins Profilen des unteren Dogger (l. c. 1898) geliefert. Etwas östlich von Erzenberg ist eine Verwerfung von ca. 30 m Sprung- höhe sichtbar, indem dort Sowerbyischichten gegen öst- liche Blagdenischichten stossen. Ob dies die Fortsetzung der Verwerfung von Nuglar - Thalacker - Bienenthal ist, lässt sich nicht sagen, zumal mir auch die eventuelle Fortsetzung auf Blatt Kaiseraugst nicht bekannt ist. Der steile Ostabhang des Schleifenberges entspricht einer bedeutenden Verwerfung, denn von der Nordgrenze des Blattes Liestal bis zum Waldrande westlich von Windenthal berührt der untere Hauptrogenstein die öst- lich anstossenden Effingerschichten. Es ist dies nichts anderes als die Verlängerang der Oristhal-Verwerfung; ich habe sie bis Grumatt auf Blatt Kaiseraugst ver- folgt, wo unterer und oberer Dogger sich berühren. Seltisberg-Plänetzen. Die langgestreckte, nach Nordosten streichende Höhe von Seltisberg besteht in ihrer Hauptmasse wiederum — 303 — aus Rogenstein. Die scheinbar so bedeutende Mächtig- keit desselben erklärt sich durch schwaches Einfallen der Schichten nach Nordwesten; Aufschlüsse sind selten, einer davon ist oben erwähnt. Gehängeschutt bedeckt in dem Geologen unliebsamer Weise fast den ganzen bewaldeten Nordwestabhang. Die Hochfläche wird von Discoideenschichten nach Süden und gegen den Galms hin von Variansschichten eingenommen, deren organische Reste man auf den Feldern in Menge sammeln kann. Beim Graben einer Wasserleitung wurden etwas west- lich des Brunnhof vor einigen Jahren von Dr, Leuthardt verkieste(!) Fossilien der Macrocephalusschichten ge- sammelt. Ein schönes Profil der Discoideen- und Varians- horizonte ist beim Brunnhof selbst zugänglich (unter- halb und zu beiden Seiten des Hauses). Die Südost- abhänge „Sonnhalden“ und „Stockhalden“ bildet Haupt- rogenstein, der sich ım Thal des Riedbächli bis zum Erlifeld aufwärts zieht. Der Berg „auf Kapf“ träst eine Decke von Effingerschichten, die nach Südwesten mächtiger wird und zwischen Kleckenberg und Östel (Blatt Gempen) noch einen Rest der Holzenberg-Über- schiebung in Gestalt von Hauptrogenstein trägt. Auf der Ostseite des Riedbächli, etwa beim Buchstaben „D* von „Blomd“ auf der Karte ergaben kleine Schürfungen im Walde Variansschichten; bei P. 464 sind sie aufge- schlossen und die südwestlich davon gelegenen Felder am Waldrande sind reiche Fundstellen ihrer Fossilien, sie befinden sich aber dicht neben einer bisher noch nicht erwähnten Verwerfung, der Zyfen-Galms-Ver- werfung, die unten besprochen werden soll. Auf der Blomatt steht an der Ostseite der Störungslinie mittlerer weisser Jura, Geissberg- und Crenularisschichten, im Blomdwalde Effingerschichten an, während der Westen von Variansschichten eingenommen wird. Aus unteren — 304 — Effingerschichten besteht auch der Galmshubel, die Sprunghöhe beträgt hier gegen 70 m, an der Blomatt ungleich mehr. Bei der unteren Sonnhalde stossen die - Oxfordthone und weiter südlich die Variansschichten gegen Hauptrogenstein. Die steile Böschung nördlich vom Brunnhof wird von Hauptrogenstein gebildet, die Fläche direkt unterhalb jedoch von Variansschichten. Hierdurch ist die Fortsetzung der Galms-Verwerfung nach Norden konstatiert, aber weiter als bis zum Müller- acker lässt sie sich nicht verfolgen, sie scheint hier aufzu- hören. Der bewaldete Ostabhang des Seltisberges, der Glindenrain, wird durch teilweise südlich geneisten Hauptrogenstein gebildet: Steinbruch nördlich P. 362: 219 S 459 O red. und an der Strasse südlich P. 420: 6° S 10° O red. Hieraus ergiebt sich eine, wenn auch schwach ausgesprochene Antiklinale, welche mit der Längserstreckung des Seltisberges ungefähr zusammen- fällt und die von zwei Verwerfungen begleitet wird, der Oristhal- und der Zyfen- Galms-Linie. Die letztere schneidet zwar vom Galms an nördlich ziemlich in die besprochene Zone ein, ihre Rolle wird aber, wie ich vorgreifend bemerke, von einer südlich des Hofes „Weid“ beginnenden anderen Dislokation (cf. Karte) aufgenommen und weitergeführt. Unter der Wiese „im langen Haag“ verstecken sich die Humpbhriesischichten, die auch von P. 337 an west- lich mehrfach aufgeschlossen sind. Im Bett der Frenke unter dem Stege (P. 337) stehen die ganzen Murchi- sonae- und der obere Teil der Opalinusschichten an. Von hier stammt Greppins Profil 1 (l. e. 1898). Die Schichten fallen 12° S 10° O red. ein, legen sich nach Norden flacher, nach Süden steiler. — 305 — Dieser Neigungswinkel stimmt ganz gut mit dem der Humphriesischichten an dem auf der Karte unbe- nannten nördlichen Ausläufer des (Bubendörfer) Galms (13° S 50° O red.). Der bewaldete Berg selbst besteht aus südostfallendem Hauptrogenstein; in dem kleinen Steinbruch nördlich P. 375 mass ich 15° S 44° O red.; nur am Nordwestrande und im Eisenbahneinschnitt stehen sehr fossilreiche Humphriesischichten an. Der kleine Hügel, der sich schon orographisch vom (Bubendörfer) Galms trennt, wird durch eine Verwerfung von letzterem. abgeschnitten, ihr Verlauf ist durch den Fussweg im Walde sehr genau wiedergegeben; auf der Südostseite stehen Murchisonaeschichten an. Es ist die Fortsetzung der angedeuteten Verwerfung von „Weid*. Auf den Wiesen von Unterfeld biegt die Spalte etwas mehr nach Norden, sie tritt orographisch selten schön heraus. Im Ergolzbett beim Militärschiessplatz ist süd- ostfallender Hauptrogenstein mit seiner Basis, dem Cainocrinus- Niveau, bei niedrigem Wasserstand zu- gänglich. Der Plänetzen mit dem Windenthal bildet ein gut ausgesprochenes, wenn auch schwaches und etwas einseitig ausgebildetes Gewölbe, wie dies schon Mühl- berg (l. c. 1894) erwähnt und in einem schemati- sierten Profil darstellt. Plänetzen und Sigmünd, sowie das sie trennende Windenthal bestehen aus einem Kern von Hauptrogenstein (Neigung im alten Bruch „im Brühl“ 20° S 50° O red. und bei P. 421 an der Strasse Liestal- Windenthal sehr wenig nach NW), um den sich mantel- artig die Varians- und schliesslich die Effingerschichten legen. Die Discoideen- bis Macrocephalusschichten reichen vom Hofe Rüti durch den Wald nach Norden bis zur Weggabelung Arisdorf-Hersberg und noch etwas er weiter, anderseits von da nach Südwesten am Schleifen- bergabhang über den Hof Windenthal hinaus bis zur Strasse, an der noch die Maxillataschichten aufgeschlossen sind. Etwas westlich von Windenthal bis auf die plateau- artige nördlich gelegene Passhöhe stehen die tiefsten Effingerschichten an, in denen Perisphincten und Colly- rites bicordata Desm. vorkommen. Wie früher erwähnt stossen sie ab gegen den Hauptrogenstein des Schleifen- berges. Auch am Westabhange des Grammont ist ein kleiner Streifen von Effingerschichten übrig geblieben ; er zieht sich nordöstlich von Rüti im Walde etwa 600 m weit hin. Dicht östlich nebenbei stehen jedoch wieder die Blagdeni- und Humphriesischichten an. Dieselbe Verwerfung sieht man wunderschön an der Strasse nach Hersberg, wo die Varians- und Blagdenihorizonte aneinander stossen; unten im Thale bei Lochmatt spielen Hauptrogenstein und Murchisonaeschichten die- selbe Rolle. | Zwischen der Kirche von Lausen und Rüti, unter- halb P. 353 sind an der Verwerfung Fetzen aus ver- schiedenen Horizonten des unteren Dogger in den Haupt- rogenstein fest hineingepresst. Eine Erklärung des merk- würdigen Vorkommens will ich bei Besprechung der tektonischen Vorgänge versuchen. Wir haben nun die östliche Grenzverwerfung des Zuges Seltisberg-Plänetzen kennen gelernt, indem wir sie von Weid (diese Stelle siehe unten) über den nörd- lichen Ausläufer des Galms und über Rüti bis Lochmatt verfolgen konnten. Die flache, von Verwerfungen ein- gesäumte Antiklinale der Seltisberghöhe senkt sich gegen Norden bis sie im Windenthal bei deutlicherem Gewölbe- bau in einen typischen Grabenbruch übergeht, eine „Scheitelversenkung“. Schleifenberg und Grammont bilden die zugehörigen Ost- und Westschenkel. u N Be Blomd-Galms-Grammont. Die Untersuchung des Blomd hat mir manche er- folglose Exkursion eingetragen und viel Kopfzerbrechen verursacht, da es namentlich an seinem Westabhange fast ganz an Aufschlüssen fehlt. Schliesslich aber blieben die Wanderungen doch nicht ohne Resultat, namentlich auch in stratigraphischer Beziehung (s. unten). Die den West- abhang anschneidende Verwerfung haben wir bereits oben kennen gelernt, ihre Festlegung hat mit am meisten Schwierigkeiten verursacht. Die Höhe des Blomd bildet ein Dach von weissem Sequan-Oolit, zuckerkörnigem Kalk mit Diceras eximium und korallen- und echino- dermenreichen Crenularisschichten (inklus. Seewen- schichten); nördlich oberhalb Zyfen kommen die Geiss- berg- und Effingerschichten darunter hervor. Letztere. sind auch am Nordende des Blomd im Walde etwa auf Höhe 490 durch einen kleinen Bruch blossgelegt, dort fallen die Schichten 17° S 30° W red. und die Crenu- larisschichten südwestlich von Falkenrain in der Nähe des P. 447 31° S 20° O red. Unmittelbar neben dieser letzteren Stelle beobachtete ich anstehende Variansschichten (Höhe 450 m), also wieder eine grosse Verwerfung. Nach Süden lässt sie sich gut verfolgen; der östliche Öschberg besteht aus Haupt- rogenstein mit horizontaler Schichtung, die bei P. 506 in einer Grube zu beobachten ist. Beim gleichnamigen Bauernhofe liegt Bohnerz auf der Spalte, ebenso wieder direkt südlich von hier an der Grenze des Kartenblattes. Am Südabhang des Berges kommen unten schon die Blagdenischichten zum Vorschein, während westlich noch weisser Jura (Effingerschichten) anstekt. Die Varians- schichten des Falkenrain ziehen sich nach Norden bis zur Engelsburg; dort stellen sich auch Macroce- 9 — 308 — phalusschichten und Oxfordthone ein. Infolge der Ver- werfung fehlen am Ostabhang des Blomd die Effinger- schichten. In der Schlucht zwischen Hinter Kapf und Engelsburg ist die Verwerfung gut zu sehen; von hier streicht sie nach P. 411 (mördlich Engelsburg), wo Variansschichten an südlichen Hauptrogenstein stossen, hier beträgt die Sprunghöhe genau 30 m, am Öschberg aber 150! Weiter nördlich konnte ıch von der Ösch- berg-Engelsburg-Verwerfung keine Spur mehr entdecken; jenseit des Thales am Bubendörfer Galms wäre ja die nächste Môglichkeit, sie wiederzufinden, aber dort ist sie nicht mehr vorhanden, muss also in dem durch die Frenke erodierten Grebirgsteil ihr Ende gefunden haben. Der Hügelvon Bärhalden, Vorberg des Galms- hubel, besteht bis zum oberen Wald- resp. Weinberg- rande aus Hauptrogenstein. Bei der unteren Sonnhalde lesen sich in regelmässiger Folge darauf die Discoideen- schichten u. s. w., bei der oberen Sonnhalde dagegen beginnt die uns schon bekannte Verwerfung Weid- Plänetzen ; Variansschichten berühren den Oolit und im Thale bei P. 362 beträgt die Sprunghöhe schon ca. 10 m zwischen Hauptrogenstein und Humphriesi- schichten. Es ist ca. 200 m südöstlich von dieser wohl noch eine kleine zweite, der eben genannten parallele Ver- werfung aber mit entgegengesetzter Verschiebung anzu- nehmen, da bei den beobachteten Fallwinkeln nicht schon auf Höhenkurve 390 nördlich von Engelsburg die obere Grenze des Hauptrogensteins sein könnte, wie es der Fall ist. Diese Verwerfung von Bärhalden ist jedoch, wie ich ausdrücklich betone, nicht beobachtet, sondern in ihrer ganzen auf der Karte angegebenen Länge ledig- lich eine Hülfskonstruktion. — 9309 — Ein Bindeglied zwischen dem Anstehenden des Galms und demjenigen von Engelsburg bildet der nach allen _ Richtungen ‘stark zerklüftete Hauptrogenstein am Süd- ufer der vorderen Frenke von der Brücke bei P. 362 an bis 400 m östlich von hier. Deutliche Schichtung ist nicht erkennbar. Wenige Schritte südöstlich vom letsten Rogenstein tauchen auf dem gleichen Niveau die tiefsten Bänke der Perisphincten-reichen Effingerschichten auf. Dies ist der südlichste Punkt, an dem man die Verwerfung Furlen-Hersberg schön beobachten kann. Vermutlich ist sie die Fortsetzung der Störung, die sich bei Beuggen, südlich von Bubendorf, in einem flexurartigen Einsinken des Hauptrogensteins zu erkennen gibt, wie dies später besprochen werden soll. Der Galms besteht wiederum in seiner Haupt- masse aus südostfallendem Hauptrogenstein. Östlich vom Bubendörferbad mass ich 25° S 20° O red. Von der West- bis Nordseite des Berges tritt der ganze untere Dosger bis zu den Opalinusschichten hinab zu Tage. Von den Feldern bei Neuhof besitzt das Basler Museum Inoceramus dubius (gesammelt in letzter Zeit von Dr. Leuthardt); dieselben Schichten finden sich auf dem Unterfeld, südlich von Lausen.- Die Fundorte an der West-, Nord- und Nordostseite des Galms sind bekannt und brauchen nicht besonders namhaft gemacht zu werden. Die Spitze des Berges trägt Maxillata- und Discoideenschichten. BeiP.470 und südlich davon, auf der Passhöhe zwischen Galms und Landschachen treten die Variansschichten heraus, was aus dem südöstlichen Einfallen der Schichten leicht erklärlich ist. Sie stossen an den gleichfallenden Effingerschichten des Landschachen ab. Südlich von Lausen berühren sich die Opalinus- schichten mit dem Hauptrogenstein des östlich gelegenen Stockhalden. 20 — 30 — Indem wir dem Zuge unseres Horstes folgen, denn mit einem solchen haben wir es vom Galms an zu thun, gelangen wir nördlich der Ergolz zum Grammont, dessen z. T. südostfallender Hauptrogensteingrat sich auf einem hohen Sockel von unterem Dogger aufbaut, der nördlich von Lausen schöne fossilreiche Profile bietet. Wie schon erwähnt ist der Grammont als Ostschenkel der Antiklinale von Windenthal aufzufassen. Der kleine Grammont wird wieder aus Hauptrogenstein gebildet, während sich der Oolit des westlichen Berges nach Osten etwas aufstülpt, so dass hier eine Verwerfung von 100 m Sprunghöhe besteht. An der Strasse Liestal-Hersberg ist sie in der Nähe von P. 519 auch sehr schön zu be- obachten, indem Blagdenischichten westlich und mittlerer Hauptrogenstein östlich in geringer Entfernung von einander anstehen. Die Verwerfung zieht weiter durch das Thal von Lochmatt und streicht auf Blatt Kaiser- augst am Südostabhang des Domberges hin. Unklenthal- Landschachen-Stockhalden. Den horizontalen Hauptrogenstein des Oschberges haben wir oben kennen gelernt; nicht wenig überrascht daher das steile Einfallen derselben Schichten auf der östlichen Thalseite, wo der Oolit in dem nach Schloss Wildenstein hinaufziehenden Fluhbachthal gut aufge- schlossen ist. 150 m östlich der noch horizontalen Lage- rung fällt er schon mit 30° S 50° O red. Weiter nach Osten lest sich die ganze Schichtenfolge darüber, immer mit ähnlicher Neigung (bis 35°). Käpplen steht auf Variansschichten, bei Unklenthal ist die Grenze zwischen Effinger- und Geissbergschichten und im Walde folgt Sequanoolit. Am Hauli liest konkordant darauf gelber Thon mit schaligem Bohnerz und grauen Jaspiskugeln. Da die östliche Hälfte des mit Wiesen und Feldern bedeckten OR Murenberg-Plateaus aus einer Decke von Variansschichten auf Hauptrogenstein besteht, erkennt man hier wieder eine bedeutende Verwerfung (Wildenstein- Weissbrunnen). Die Nordspitze des Murenberges zeigt Effinger- und Crenularisschichten, erstere lernten wir schon am Ufer der Frenke neben dem Hauptrogenstein kennen. Die Geissbergschichten stossen mit südöstlicher Neigung bei Unter-Thalhaus (südlich P. 375) mit nordwestlich fal- lendem Hauptrogenstein zusammen (30° nur an diesem Punkt). In derselben Zone nördlich der Frenke folgt der Landschachen, der überall eine Schichtenneigung von 8--11° SSO zeigt Am Wege bei P. 411 und in der Nähe von P. 410 am Westabhang des Berges treten Oxfordthone zu Tage, die oberhalb Furlen Fossilien der Athleta- bis Lambertischichten geliefert haben (s. 11. Teil), darüber liegen die beim Reckholderhaus sehr ver- steinerungsreichen Birmensdorferschichten (s. II. Teil) u. s. w. bis hinauf zum Sequanoolit. Es fehlt nicht an reichen Aufschlüssen sämtlicher Schichten. Auf der der östlichen Verwerfung anliegenden bewaldeten Höhe des Landschachen befindet sich in wechselnder Mächtigkeit und einer Flächenausdehnung von gegen 1000 m? Hupper- erde mit Jaspiskugeln. Von Furlen nach Nordosten geht in der Einsatte- lung ein Zug von Varians- und Discoideenschichten. Die Auflagerung der letzteren auf Maxillataschichten und Hauptrogenstein ist in der Nähe von P. 375 an der Strasse nördlich Weissbrunnen in gutem Profil (s. LI. Teil) aufgeschlossen. Der sogenannte Stockhalden be- steht wiederum ganz aus Hauptrogenstein, er fällt mit 11° nach S 30—40° O ein. Auch bei P. 350 an der Eisenbahnlinie („Dellenboden“) steht noch Hauptrogen- stein an. — 312 — Bis zu dem eben erwähnten Punkt lässt sich die uns vom Murenberg her bekannte Verwerfung out ver- folgen. Zunächst überschreitet sie die Frenke kei Unter- Thalhaus, zieht sich dann durch das Thal zwischen Landschachen und Homberg. Verschiedene Niveaus des Malm stossen am Hauptrogenstein des Homberges ab. Etwa auf Höhe 420 der Thalsohle biegt die Verwerfung im scharfen Winkel aus der ONO- in die NO-Richtung um und streichtin schnurgerader Linie nach Weissbrunnen und dem Dellenboden hin. Die genaue Feststellung der- selben stiess anfänglich insofern auf nicht unbedeutende Schwierigkeiten, als auf der Höhe der „Wasserschöpfe“ und im Kohlholz die aneinanderstossenden Gesteine beide Oolite und an manchen Stellen petrographisch auf keine Weise zu unterscheiden sind ; erst das Auffinden von Fossilien schaffte Rat. Die namentlich im Kohlholz ausnahmsweise sehr breite Verwerfungskluft ist ganz mit Huppererde angefüllt, darin liegen teils einzelne grosse Blöcke, teils aber auch Gebirgsschollen beider Oolite, die natürlich nicht zur raschen Entzifferung der Ver- hältnisse beitragen. Auf der Müllerschen Karte ist daher auch der ganze Landschachen als Hauptrogenstein angegeben. Thalrain-Ramlinsburg-W interhalden. Es wurde schon erwähnt, dass auf dem Plateau des Murenberges Variansschichten liegen; beobachtet wurden sie südwestlich P. 517 auf Höhenkurve 500 bis 510. Der Berghang Thalhalden besteht aus Hauptrogen- stein, der nahezu horizontal liegt und nur bei Unter- Thalhaus sich steil gegen die Verwerfung senkt. Die Fortsetzung bildet der Homberg, dessen 10° S 40° O red. — fallender Hauptrogenstein auf der Höhe von P. 504 an nach Nordosten eine schmale Zone von ar Discoideen — und in der Nähe der Strasse Varians- schichten trägt. Unten an der grossen Strasse im Thal kommen an der Böschung recht fossilreiche Humphriesi- schichten zum Vorschein. Nur an der westlichsten Stelle des Homberges reicht der Hauptrogenstein bis zur Thal- sohle; es treten Felsen hervor, an denen man deutliche Störungserscheinungen beobachtet. Dies ist eine kleine Sekundärverwerfung, die den scharfen Bogen der Spalte von Thalhaus abschneidet. Beide Dislokationslinien sind kaum 180 m von einander entfernt. Die auf der Karte unbenannte Höhe, welche den Murenberg nach Osten abschliesst und von ıhm nur durch eine Waldschlucht abgetrennt wird, besteht wieder- um aus südostfallendem weissem Jura. Der Ostabhang, Thalrain, wird grösstenteils von Effingerschichten ge- bildet, die auch noch im Bache auf Höhe 400 anstehen; die Spitze nehmen Geissberg- und Crenularisschichten ein. In der nordwestlichen Schlucht sind Birmensdorfer- schichten auf Kurve 440 aufgeschlossen. Die westliche Murenberg-Homberg-Verwerfung besitzt an dieser Stelle eine Sprunghöhe von ca. 140 m, folgt man ihr über die Frenke, so sind es bei der Strasse noch etwa 120 m, denn die Basis des Hauptrogensteins im Westen liegt auf gleicher Höhe wie die Discoideenschichten im Osten. Wandert man im „Zelgli* neben dem Homberg auf- wärts, so stossen immer die Variansschichten gegen den Hauptrogenstein des genannten Berges, und zwar gegen fortwährend höhere Schichten desselben, schliesslich vor der Strasse, westlich von P. 477 gegen Discoideen- schichten und dann hört die Verwerfung auf. Geht man von der Haltestelle Lampenberg auf der Strasse in das südliche Nebenthal der Frenke, so hat man am Thalrain, wie gesagt, Malm, am östlichen Berge, Pfifferratten, dagegen wieder südostfallenden Hauptrogen- — 314 — stein vor sich, der bis in die Einsenkung östlich von Grubweid anhält; dort stösst er an eine andere, etwas steiler geneigte und tiefer liegende Rogensteinscholle, die - bei P. 475 von Variansschichten überlagert wird. Die Verwerfung von der Lampenbergstrasse ist nördlich der Frenke sehr schön zu beobachten: zunächst östlich vom Homberg steht oberer Hauptrogenstein an der Strasse an und bei ihrer Biegung nach Süden liegen Discoideen- und Variansschichten darüber, jenseit des Winkels der Strasse Macrocephalusschichten und wenige Schritte weiter nach Süden ragt eine hohe Wand von Haupt- rogenstein empor. In einem kleinen Bruch nordöstlich von der erwähnten Strassenecke haftet die Reibungs- breccie noch an der Verwerfungskluftfläche an, sie be- steht aus kantengerundeten nuss- bis kopfgrossen Rogen- steinbrocken. Die Sprunghöhe, die südlich der Frenke noch über 150 m betrug, ist schon auf 40--50 m her- abgesunken und hört ca. 80 m südöstlich von P. 477 ganz auf. | Ramlinsburg steht auf Variansschichten, die auf dem Rücken des Eggwaldes eine schmale Zunge nach Südwesten senden. Wo der Weg von der Haltestelle der Strassenbahn abbiegt, stehen noch Maxillataschichten an. Wandert man aber die Poststrasse nach Osten weiter, so starrt plötzlich der Hauptrogensteinklotz des Spitzberges mit ebenfalls südöstlicher Neigung bis zu einer Höhe von beinahe 500 m (494) empor, während doch auf dem danebenliegenden Eggwald bei 460 m nach Südosten fallende Variansschichten waren: also wieder eine Verwerfung von 80—100 m Sprunghöhe. In der Senke von Bubenried liegen Discoideen- und Varians- schichten auf dem hier 18° S 40° O red.— fallenden Hauptrogenstein. Sie stossen östlich an Blagdenischichten und Hauptrogenstein mit 150 m Vertikalverschiebung. — 315 — Dieser selben Verwerfung begegneten wir vorhin bei Grubweid. Sie lässt sich mit einiger Mühe von hier nordwärts erkennen bis zur Ostgrenze des Steinberges „Oberberg“, wo Varians- und Effingerschichten zusammen- stossen. Nämlich von P. 465 (nördlich von Bubenried) an begleiten den Ostrand der Spalte Cordatus- bis Effingerschichten, indem dort eine kurze Verwerfung nach Nordosten abzweigt nach Buchen und noch etwas weiter; diese scheidet den östlich von Bubenried an- stehenden Hauptrogenstein von den nördlich anliegenden Cordatus-, Birmensdorfer- und Effingerschichten. Bei Oberberg trifft auch die bei der Strassenbahnhaltestelle von der Eggwaldspalte abgehende „Querverwerfung von Ramlinsburg“ mit der Hauptspalte Grubweid-Itingen zu- sammen. Westlich und nordwestlich von Oberberg wird das Ramlinsburger Plateau von Variansschichten be- deckt, im Norden steht Hauptrogenstein an, Selbst auf den Feldern ist sehr deutlich die Grenze zwischen diesen und den östlichen Effingerschichten zu sehen. An der Waldecke nördlich von Ramlinsburg ist im Hauptrogenstein ein Steinbruch im Betrieb, die Schichten fallen dort 14° S. Einige Meter nordöstlich, wo die Landstrasse mit einer Kurve in’s Weissbrunnenthal ein- biegt, stehen die Effingerschichten an und wieder einige Schritte weiter tritt an der Strasse nochmals Haupt- rogenstein hervor. Selten ist eine Verwerfung schöner zu sehen! Hält man von diesem instruktiven Punkte aus Umschau, so glaubt man im Osten eine typische „Oxfordeombe“ des Berner Jura vor sich zu haben; die Effingerschichten bilden dort eine breite halbkreisförmige Senke von mageren Wiesen bedeckt und mit Kiefern- sruppen bestanden. Dagegen die Kante des Berges („Im Berg“ auf der Karte) im Nordosten tritt nicht nur orographisch scharf hervor, auch in der Vegetation ist — 9316 — ein deutlicher Unterschied, links reiner Buchenwald, rechts mit Nadelholz untermischter Wald; und sieht man näher zu, so erkennt man bald, dass genau an dieser Stelle die Verwerfung in nordöstlicher Richtung über den Berg (Itinger Winterhalde) streicht; sie zieht sich in schnurgerader Linie bis Itingen. Im Bachriss des oberen Weissbrunnenthales (Buchhalden) ist sie direkt aufgeschlossen. In der unteren Partie des Thales be- finden sich am Bach mehrere Fundorte in den Hum- phriesischichten, die Fossilien zeichnen sich hier durch besonders schöne Erhaltung aus. Auf der Höhe der Winterhalde stösst der Hauptrogenstein mit den Hume- ralisschichten des Sequan zusammen; die Sprunghöhe beträgt ca. 180 m. — Wir haben soeben ein Gebiet besprochen, welches von zwei Hauptverwerfungen begrenzt wird, im Westen von der Wildenstein-Weissbrunnen-Verwerfung, im Osten von der Grubweid-Winterhalden-Ver- werfung. Die im Westen und Osten von ihnen abge- schnittenen Gebirgsteile liegen geologisch tiefer, sind eingesunken; der von ihnen begrenzte Teil kann also gewissermassen als Horst betrachtet werden. Aller- dings liegen die Verhältnisse nicht so einfach, da im Süden der Thalrain sich als Grabenbruch in der Mittellinie dieser Zone darstellt, er beginnt bei Ramlins- burg und nimmt nach Süden an Intensität zu. Die östliche Thalrain-Verwerfung verbindet sich mit der Grubweid- Winterhalden-Verwerfung durch die Quer- verwerfung von Ramlinsburg. Es bleibt nun übrig, die Fortsetzung sowohl der besprochenen ‚Zone als diejenige des eingesunkenen Landschachen und Stockhalden nördlich der Ergolz weiter zu verfolgen. — 317 — Kleiner Grammont-Limberg-Schward. Der kleine Grammont besteht aus Hauptrogenstein, der mit 80—100 m Sprunghöhe an die Humphriesi- schichten des grossen Grammont stösst. Die Verwerfung, die Fortsetzung derjenigen von Furlen ist, macht auf der Sattelhöhe einen nicht unbedeutenden Winkel nach Osten. Im nördlichen Edenthal kommen die Blag- denischichten zum Vorschein. Der „Kirchhöfli“ ge- nannte Berg ist wieder Hauptrogenstein; bei P. 513 an der Strasse nach Hersberg fällt er 12° N 40° W red. Auf der Ostseite von P. 507 an nordwärts bis zur Strasse Hersberg-Nusshof (beide auf Blatt Kaiseraugst) stehen Variansschichten an, die mit einer Verwerfung an die Effingerschichten des Schward stossen. | Auch der Brunnenberg besteht aus Hauptrogen- stein; an seinem Südende befindet sich eine vielbesuchte Fundstelle der Humphriesischichten und die darunter- liegende Felswand am Ergolzufer zeigt ein schönes Profil von den Murchisonae- bis zu den Sauzeischichten (cf. Greppin 1. c. 1898). Die Schichten fallen hier mit ca. 10° nach NW, diese Neigung hält an bis zum westlichen Limberg, der bruchlos mit dem Brunnenberg zusammen- hängt, andererseits ist auch das untere Edenthal eine reine Erosionsbildung. Das nordwestliche Einfallen der Schichten ist überraschend und nicht leicht erklärbar, da ja auf der Südseite der Ergolz die Neigung (Stock- halden) gerade umgekehrt war. Kleiner Grammont und Stockhalden können wohl noch in Einklang gebracht werden, mit dem Brunnenberg geht es unmöglich. Wenn man dagegen eine kleine Querverwerfung annimmt, die westlich von dem Hauptrogenstein im Dellenboden (P. 350), also von der Wildenstein - Weissbrunnen- Verwerfung, ihren Ausgang nimmt und zur Mündung des — 318 — Edenthales streicht, so heben sich die Schwierigkeiten (s. Karte). Am oberen Ende des Kufthales liegen Varians- _ schichten am Waldrande, die durch eine Verwerfung, aus der zwei reiche Quellen ausbrechen, mit Effinger- schichten auf das gleiche Niveau gebracht sind; es ist die östliche Schward-Verwerfung, die weiter unten näher behandelt werden soll. Der Limberg wird wesentlich aus Hauptrogenstein zusammengesetzt; auf der Südostseite reicht letzterer tiefer herab als auf der Südwestseite des Berges, dabei fallen die Schichten bei P. 579 10° NNW, etwa 150 m südlich von P. 594 aber 5—10° N 40° O red. Daraus und aus einigen anderen Messungen schliesse ich, dass eine kleine Verwerfung den Limberg längs (d. h. nordöstlich) durch- schneidet, etwa so wie sie auf der Karte angegeben ist; direkt beobachtet ist sie aber nicht. Dies würde die nördliche Fortsetzung der Wildenstein- Weissbrunnen- Verwerfung sein, die an der östlichen Schward-Ver- werfung ihr Ende erreicht. An der unteren Partie des Ostabhanges des Limberges tritt unterer Dogger zu Tage, der von Sonnenberg bis Limberghöfe an Effingerschichten stösst, die Fortsetzung der Grubweid- Winterhalden-Ver- werfung, Von Limberghöfe bis Müllersweid berühren sich Varians- und Humphriesischichten. Auch diese Spalte endete an der östlichen Schward-Verwerfung. Beide den Schward begrenzenden Verwerfungen sind gelegentlich schon erwähnt. Interessant ist es, zu beobachten, wie dieselben im oberen Kufthalgraben ihren Anfang nehmen. Biegt man vom Edenthal rechts ab und tritt in den Kufthalgraben ein, so gelangt man zu- gleich aus den Blagdenischichten in das Gebiet des Hauptrogensteins. Im Bache auf Höhe 450 fällt der Oolit (mit schwarzen Thoneinschaltungen) 20— 25° S 20° Bar. RE O red. Am Wege auf der linken Thalseite steht Haupt- rogenstein auf Höhe 470 mit 5°N. Nördlich von hier sind Maxillataschichten auf Höhe 500 mit 25° N 25° O red. Etwas weiter nördlich folgen dunkle Gesteine der Macrocephalusschichten und auf Kurve 570 auf einer Markscheide in der Nähe von P. 562 Effingerschichten, während überall dicht westlich von der durch die Punkte gegebenen Linie Hauptrogenstein ansteht. In der kleinen Schlucht südwestlich Weidli beobachtete ich Birmens- dorferschichten und westlich direkt darüber auf Höhe 560 Variansschichten. Von hier nordöstlich bis zur Strasse Hersberg-Nusshof stossen letztere mit den Ef- fingerschichten zusammen. Das ist die westliche Schward-Verwerfung, die im Kufthalgraben sehr all- mählich beginnt. Der Schward selbst (s. II. Teil), dessen Spitze von horizontal gelagertem Sequan gebildet wird, setzt sich grösstenteils aus Effinger- und Geissberg- schichten zusammen, aber es fehlt leider an guten Auf- schlüssen. Südlich von Nusshof (Blatt Kaiseraugst) stossen die Geissbergschichten an steil westfallenden Haupt- rogenstein. Diese östliche Schward-Verwerfung zieht sich im Bogen bis zum oberen Kufthal, östlich immer Hauptrogenstein, westlich meist Effingerschichten abschneidend. Nur vom Westabhang des Limberges bis auf die Höhe des Brunnenberges liegen auf der nicht eingesunkenen Seite der Spalte Varians- bezügl. Discoideenschichten, so dass also die Sprunghöhe auf dem Rücken des Brunnenberges nur noch ca. 30 m be- trägt, und auf dem Westabhang dieses Berges heilt die Kluft vollständig aus. Das ist etwa 200 m südlich der Stelle, wo die westliche Schward-Verwerfung be- ginnt. 2 Bannhalden-Itingen. Oben schon sahen wir, dass südlich der Frenke bei Grubweid zwei Hauptrogensteinschollen zusammenstossen, von denen die östliche höher liegt. Auch die Verwerfung von Bubenried lernten wir kennen. Die Höhe der Bann- halde östlich Bubenried wird von südostfallendem Haupt- rogenstein gebildet (17° S 30° O red.), nur am Südende unten treten die Blagdenischichten hervor. Die west- lichste Ecke des Schoren gehört geologisch auch noch hierher; man sieht an der Landstrasse sehr schön wie nicht weit von P. 410 Hauptrogenstein und Blagdeni- schichten gegeneinander stossen. Im Bannhaldenthal stehen von Höhe 440--50 Discoideen- und Varians- schichten an, auf der östlichen Seite dagegen Humphriesi- schichten. Bei der Vereinigung des Bannhaldenbaches mit seinem östlichen Zufluss ist bei trockenem Wetter im Bachbett selbst die Verwerfungskluft sichtbar, man kann mit einer Hand zugleich beide Formationen be- rühren. Vom oberen Ende des Bannhaldenthales ziehen sich die Variansschichten etc. nach Norden bis zum Quellengebiet des Baches von Buchen, in dessen Bett sie zu Tage treten. Von hier an aufwärts ist die regel- mässige Schichtenfolge bis zu den Effingerschichten zu beobachten, geht man den Bach abwärts, so stösst man auf Hauptrogenstein, dann aber wieder auf Effinger-, Birmensdorfer- und Cordatusschichten (s. II. Teil). Die soeben konstatierte Verwerfung von Buchen läuft von hier am Westabhang der Bannhalde hin bis P. 465 nördlich Bubenried, wo sie von der Grubweid-Winter- halden- Verwerfung abzweigt. Von Buchen an nördlich konnte ich sie nicht mehr verfolgen, sie muss dort auf- hören. Die ganze Gegend östlich Ramlinsburg besteht, wie schon gesagt, aus Effingerschichten; Geissbergschichten = konnte ich nicht beobachten. Etwa auf Höhe 540 be- ginnen im „Hau“ die Crenularisschichten, die auf der Ostseite bis 500 m herabreichen. Auf der Höhe steht der Humeralishorizont an (s. II. Teil. Die „Obere Schweine“ benannte Waldgegend ist mit einer dünnen Lage Huppererde mit Jaspiskugeln bedeckt. An einem Wege östlich unterhalb dieser Stelle treten Crenularis- und Geissbergschichten zu Tage. Auf Höhe 350 im Wolfsgraben ist die Verwerfung in geradezu klassischer Weisse aufgeschlossen neben der Strasse: Rechts liegen die Mergelbänke der unteren Effingerschichten, links Hauptrogenstein (23° S 40—50° O), beide nur durch eine dünne Breccie getrennt. Auf der östlichen Seite des unteren Wolfgrabens (Langmattacker) steht Sequan an, welches mit demjenigen auf dem Rücken der Winter- halde zusammenhängt (Neigung nördlich P. 556: 18° S 60° O red.). Folgt man einem kleinen Wege von Itingen . auf der östlichen Thalseite im Walde, so trifft man beim Eingang in den Wald beinahe horizontale Schichtung, ca. 300 m südlich eine Neigung von 20° S 60° O red. und noch etwas weiter 48° bei gleichem Streichen. Hier steht man aber dicht vor der Verwerfung, denn gleich folgt ein steiler Abhang von Hauptrogenstein. Es ist dies wieder die Bannhalden - Wolfsgraben - Verwerfung. Dies so plötzliche steile Abbiegen der Schichten ist eine typische Stauchungserscheinung, durch nachträgliche seit- liche Zusammenpressung hervorgerufen. Eine Schleppung müsste sich in umgekehrtem Sinne äussern. Ein wenig überraschend scheinen zunächst die Ver- hältnisse, wenn man der Verwerfung von hier nach Norden zu folgen sucht. Zur Rechten behält man immer den Oolit, links aber treten plötzlich wieder Effinger- schichten auf, die an zwei Punkten im „Grempenhölzlı“ und an der Bernhalde gut aufgeschlossen sind. Bei den — 922 — östlichsten Häusern von Itingen ist an der Bahnlinie oberster Hauptrogenstein zu beobachten und nördlich der Ergolz zwischen Wühri und Weinmatt ebenso. Hier- aus geht deutlich hervor, dass vom Grempenhölzli nach Itingen eine Querverwerfung die Grabenversenkung Bann- halden-Itingen durchschneidet. Zunzgerhar dt. Es wurde schon hervorgehoben, dass die West- und Südseite des Schoren (mit Ausnahme einer kleinen Ecke) aus Humphriesi- und Blagdenischichten besteht, die Höhe selbst aus Hauptrogenstein. Die Schichten liegen, so- weit auf Blatt Liestal, nahezu horizontal (kaum merklich nach Südosten geneigt. Von Höhenkurve 530 (mit kleinen Schwankungen: Amselhalde 515) liegt miocäne Juranagelfluh darüber. Sie nimmt einen grossen Teil der Zunzgerhardt ein. Die nördliche Grenze der an- stehenden Nagelfluh befindet sich südlich des Wolfs- grabens auf Höhen von 570, 540 m, steigt wieder auf 570 und sendet nach Norden (Basis auf 600 m) einen Ausläufer zur Nordspitze des Berges. Letztere wird von westlich fallendem Hauptrogenstein zusammengesetzt, dem im oberen Wolfsgraben noch oberer Dogger auf- lagert; jedoch bei „Untere Schweine“ im Wolfsgraben- walde stülpen sich die Schichten wiederum auf (Haupt- rogenstein 25° S 50° O red.) Am Wese sind die Variansschichten aufgeschlossen, gegen Westen stossen sie an weissen Jura; auf der Verwerfung findet man Bohnerz. Es besteht also eine kleine Synklinale neben der Verwerfung. In diesem Falle glaube ich sie nicht oder doch nicht allein auf Stauchung zurückführen zu sollen; da der Schoren südöstliche, die nördliche Zunzgerhardt aber westliche Neigung aufweist und dort auch jüngere Schichten auftreten, so muss man entweder — 9323 — eine Querverwerfung unter der (oder durch die) Nagel- fluh annehmen, oder — und ich glaube, dass dies der Fall ist — man denkt sich eine leichte schraubenartige Drehung der Schichtenplatte; dann ist auch die Syn- klinale, die vom Wolfsgraben direkt nach Süden ziehen muss, gut erklärlich, ja notwendig. Während die Nordspitze der Zunzgerhardt mit 607 m Hauptrogenstein und Maxillataschichten zeigt, stehen auf Höhe. 550-—-40 des Nordabhanges Variansschichten an. Auf der bewaldeten kleinen Terrasse fand ich durch leichte Schürfungen Rhynchonella varians und andere Leitfossilien. Dies nötigt zur Annahme einer Querver- werfung (s. Karte). Der wieder steile tiefere Nordab- hang der Zunzgerhardt besteht aus Hauptrogenstein, welcher mit 14° S einfällt. Dieser Umstand kann die Annahme der Querverwerfung nur stützen. Die Kluft- fläche dieses Hauptrogensteins an der Wolfgraben-Ver- werfung ist im Walde an einem kleinen Bach gut auf- geschlossen. Nördlich vom Walde auf der Wiese (Bern- halde) auf Kurve 420 ist neben einer alten Scheune eine Grube in glimmerreichen Mergeln der Sowerbyi- schichten, die mit Kalkbänken wechseln, sie fallen 45° S 35° W red.; einige Schritte östlich neben dem Bach stehen die Murchisonaeschichten an. Zunzgerherg-Sissach. Der dicht bewaldete Bergabhang „in den Weiden“ nördlich vom Hofe Holdenweid (Blatt Höllstein) liess an einigen Stellen anstehende Effingerkalke mit Peri- sphineten erkennen. Nach oben hin werden sie von Jura- nagelfluh eingedeckt, die sich diskordant darüber legt. Das Thal zwischen Schoren und diesem Abhange ist ein Verwerfungsthal, da ersterer aus Hauptrogenstein sich zusammensetzt (s. oben). Die Verwerfung geht von ae Holdenweid nicht nach Südwesten, wie zu erwarten wäre, sondern nach Süden weiter (zum Löwenberg u. s. w. Blatt Höllstein). Die Juranagelfluh des Zunzgerberges bildet mit der der Zunzgerhardt eine zusammenhängende, etwas nach Westen fallende Decke. Beim Hofe Zunzger- berg reicht sie bis Kurve 580, nach Osten zieht sie sich bis auf die Höhe des Störzen (590). Bei einem Bauern- hofe bei P. 580 (westlich vom Wege) wurde im April 1899 ein Brunnen gegraben; bei 8 m Tiefe stand unter der lehmigen Erdschicht ein harter gelber Thon an, der jaspisähnliche Knauer in grosser Zahl einschloss'). Ein Weg nordwestlich des Hofes Stöckler schneidet die Nagelfluh auf Höhe 580 an, dort tritt das lokal sehr slimmerreiche Bindemittel mehr als anderwärts hervor. Die nach Osten geneigte Wiese Hardtfeld wird vom Zunzgerberg bis Erzberg aus Effingerkalken und -mergeln gebildet, die Schichtenstellung ist 15° S 65° O red. Der östlich von hier liegende Störzen oder Schlatten besteht wieder aus Hauptrogenstein; am Wald- rande und z. T. im Bachbett zieht sich die Verwerfung hin. Direkt südlich vom Hofe Erzberg (P. 495) stehen noch Effingerschichten im Strassengraben an, das Haus selbst aber befindet sich schon auf Hauptrogenstein; nördlich von hier ist nur noch Hauptrogenstein, gelegent- lich mit Variansschichten. Hier verläuft also wieder eine bedeutende Querverwerfung, welche die beiden das Hardtfeld einsäumenden Spalten im rechten Winkel . verbindet. Neben der westlichen Längsverwerfung zieht bis zum Ende der Wiese. ein Streifen oberen Doggers hin; in dem kleinen Gehölz neben den Hardthöfen be- finden sich aufgelassene Thongruben (vielleicht Renggeri- schichten). Der bewaldete Ost- und Nordabhang be- 1) Wie die Grabung weiterging, ist mir nicht bekannt, da ich gleich darauf abreiste. a steht aus Hauptrogenstein; im Norden beginnen bei Höhe 460 die Blagdenischichten, wo ich Fossilien im Anstehenden fand. Bei Erzberg sind noch zwei unbedeutende Längs- verwerfungen zu erwähnen. An der Waldspitze zunächst Erzberg treten Felswände hervor, die teils glatt, teils mit Breccien beklebt sind (hier entspringt eine starke Quelle). Darüber beobachtete ich die Korallenbänke der Maxillataschichten (Kurve 500), am Wege und in den Weinbergen östlich Erzberg auf Höhe 460 treten eben- falls Maxillata- bis Discoideenschichten auf. Etwa 10 m unter dieser Stelle neben den Weinbergen stehen wiederum die Maxillataschichten auf Hauptrogenstein an. Es muss gesagt werden, dass die Neigung überall 5° nach S be- trägt. Daher habe ich zwei sekundäre kleine Spalten angenommen, wie sie auf der Karte eingetragen sind, die östliche mit 10, die westliche mit 20— 30 m Sprung- höhe, Limberghöfe-Lucheren-Sissacherfluh. Die Verwerfung, die von Sonnenberg über Limberg- höfe nach Norden zieht, wurde schon oben angedeutet. Sie ist als Fortsetzung der Grubweid- Winterhalden- Verwerfung anzusehen. Am Thalrande von Wühri bis Weinmatt steht Hauptrogenstein an, darüber oberer Dogger. Das Dreieck, welches durch die Punkte Sonnen- berg, Wegteilung bei Weinmatt und Limberghöfe ge- seben ist, nehmen die Effingerschichten ein. Der Reb- berg östlich von Weinmatt besteht aus Keuper. Die Vertikalverschiebung der die beiden trennenden Spalte (Fortsetzung der Wolfgraben-V erwerfung) beträgt 300 m (!) wenigstens, die bedeutendste Sprunghöhe, die in dem ganzen Gebiet beobachtet werden konnte. Nördlich von dem Effingerareal ziehen sich die Varians- und Discoideenschichten bis zum Thalrande 21 — 326 — hin; bei einer Quelle nordöstlich von den Limberghöfen fallen die Discoideenschichten 25° SW. Ein schmaler Zug von Discoideenschichten reicht bis hinauf auf die Müllersweid, er berührt sich immer westlich mit unterem Dossger. Die östliche Verwerfung (von Weinmatt) zieht sich durch das Brunnenthal aufwärts, biegt also nach Osten von der bisherigen Richtung etwas ab. Sie reicht bis in die Nähe von P. 556. Östlich von ihr lieet immer | Keuper, westlich Hauptrogenstein bis Opalinusschichten. Schon bei Weinmatt stülpen sich die Schichten steil nach Osten auf, das nimmt je weiter nach Norden desto mehr zu. Auf der Linie P. 386 (nördlich Weinmatt) — P. 587 (am Lucheren) ist die steilste Stellung, öst- lich und westlich von hier wird sie flacher: am Wald- rande Zelgli (Höhe 470) Blagdenischichten mit 45° W, im Thal südlich von Müllersweid an einer Stelle 35° NW, hinter einem der östlichsten Häuser des Dorfes Nusshof (an der Grenze des Blattes) 25° NW. Im Thale von Müllersweid treten über dem Hauptrogenstein noch etwas Discoideen- und Variansschichten auf. Die ganze Wiese und ein Teil des Waldes am Südabhang des Lucheren besteht aus unterem Dogger, der sich nach Osten ziem- lich flach lest. Östlich von Alpbad berühren sich Opa- linusschichten und oberer Keuper, etwas weiter nördlich erstere mit Arietenkalk. Im Walde am Lucheren, nicht weit östlich von P. 587 sind Cephalopoden- und Brachio- poden-reiche Sowerbyischichten aufgeschlossen, dieselben schwarzen Kalke, die auch bei Tenniken und bei Sommerau zu Tage treten. Am Lucheren selbst greift der Haupt- rogenstein wieder stark nach Osten vor; erst etwas nord- westlich von Unter-Hinteresg setzt der untere Dogger ein. Die Höhe des Lucheren wird im Süden von Kurve 620, im Norden von 630—-40 an von Juranagel- — 327 — fluh eingenommen, deren Rogenstein- und Muschelkalk- gerölle einen nur geringen'), deren Bundsandsteingerölle aber einen sehr hohen Grad von Rundung besitzen. Eigentümlicher Weise ist nordöstlich von der kleinen Scheune von Unter-Hinteregg in einem Bruch am Wald- rande wieder Hauptrogenstein blosgelegt, der dort mit 20° N 15° O red. einfällt; es ist ein schmaler Streifen, der hier beginnt und bis Kurve 590 nach Norden reicht. Ich kann mit ihm vorläufig nichts anderes machen, als ihn für eine Reliktscholle zu halten, Im Osten stösst mittlerer Lias an diese isolierte Rogensteinscholle; er begleitet die Strasse Sissach- W inter- singen von Voregg bis Kurve 590 nördlich der Pass- höhe; bei Kurve 590 beginnt schon der Keuper und dazwischen liest Arietenkalk. Letzterer reicht östlich bis Botenmatt, wo er von Hauptrogenstein abgeschnitten wird, westlich hört er bei der erwähnten Rogenstein- scholle auf. Der Vorsprung bei P. 612an der Strasse nach Nusshof besteht aus Keuper. Dieser reicht an der Nordgrenze des Blattes bei Kurve 540, an. der Ostgrenze bis 500 hinab; tiefer folgt in der Ecke des Blattes nur noch oberer Dolomit des Muschelkalks. Die Verhältnisse bei Ruchegg (südöstlich von Nusshof) ganz zu entziffern, ist mir nicht gelungen, da Aufschlüsse an den entscheidenden Punkten fehlen. Nur soviel steht fest, dass das von der Rogensteinscholle, der Nagelfluh des Lucheren, dem westlichen Rogenstein und dem östlichen Keuper eingeschlossene Gebiet aus unterem Dogger, vielleicht auch Lias besteht; Bruch- stücke aus sehr verschiedenen Horizonten ragen aus der Erde heraus, aber Neigungswinkel waren nirgend zu messen. Vermutlich besteht eine Verwerfung nach dem westlichen Hauptrogenstein, weiter nach Norden ist eine 1) Im Gegensatz zur Zunzgerhardt. N solche jedenfalls vorhanden (Blatt Kaiseraugst), ich habe sie bis Haglisten auf dem Küller verfolgt (westlich Haupt- rogenstein, östlich Arietenkalk). Dass der sogenannte Rebberg bei Sissach aus Keuper besteht, wurde gesagt. Er ist bestreut mit Fos- silien des Arietenkalkes, die aus einer dünnen, 7. T. ero- dierten Decke stammen, welche bei Höhe 460 beginnt und sich ansteigend an der westlichen Kante des Hügels bis in die Nähe von P. 556 hinzieht. In der Gegend des Hofes Halden ist der Lias mit Relikten aus ver- schiedenen Niveaus des Dogger bedeckt, am auffallendsten ist ein Wall aus Hauptrogensteintrümmern, der sich von P. 491 nach Südosten zieht. : Die Wiesen nördlich von Sissach Mühlestätten, Bösch- matt, die Höfe Fluhberg und Voregg liegen auf grauem thonigem Kalk des unteren Dogger, wohl Murchisonae- ‚schichten grossenteils. Dieser stösst westlich an den Keuper und Lias des Rebberges, an der Strasse etwas westlich Voregg an mittleren Lias und östlich an der durch die Punkte 371 (in Sissach) und 479 (nördlich von „In den Letten“) gegebenen Linie an Keuper. Die Verwerfung, welche zwischen Rebberg und Fluhberg- liest, ist die Fortsetzung jener, die wir von Holdenweid über den Zunzgerberg und an den Hardt- hôfen vorüber bis in’s Ergolzthal verfolgten. An der Strasse bei Voregg ist sie noch deutlich, verliert sich aber schon vordem sie den nördlich gelegenen Wald er- reicht. Dort geht sie über in ein stufenartiges Abbiegen der Schichten, die fossilreichen Murchisonaeschichten fallen im Walde 30° O red. Bei „Untere Fluh“ und am Waldrande nach Osten sind gute Fundstellen in den ‚Humphriesi- und Blagdenischichten. Den Waldboden bedeckt ein Haufwerk von Rogensteinblöcken, die von der Sissacherfluh herabgestürzt sind. Die Sissacherfluh besteht aus 10° ostfallendem Hauptrogenstein bis zur Spitze. Die nördlich und öst- lich gelegenen Wiesen und steileren Abhänge werden von unterem Dogger gebildet, der an manchen Stellen viele Fossilien liefert, z. B. westlich von P. 681 (Sower- byi- bis Humphriesischichten), Beinahe auf der Karten- grenze, im Walde nördlich von der Fluh stösst der untere Dogger an Hauptrogenstein, der abwärts bis Botenmatt reicht und ca. 25° NW einfällt. An einer Stelle etwa auf Kurve 660 ist eine mit Epheu bewachsene Felswand als Kluftfläche zu betrachten. Auf der Wald- wiese nordöstlich der Fluh treten Variansschichten her- vor, sie befinden sich auf gleicher Höhe mit dem unteren Hauptrogenstein der Sissacherfluh. Die Wiese von Isleten wird von Opalinusschichten und höheren Niveaus gebildet, darüber wölbt sich der nach Nordosten streichende Hauptrogenstein des Kien- berges (ca. 25° NW bei P. 697 und 12° SO östlich P. 658 auf Blatt Gelterkinden). Vom viereckigen Rogen- stein-Plateau des Kienberges geht nach Südwesten eine Verwerfung aus, welche sich weiter nach Süden am Westabhang des Bischofsteins hinzieht, westlich vom Hofe Kienberg den Waldrand und die Grenze des Blattes trıfft und auf der Wiese „Bützenen“ das Ergolz- thal erreicht. Der Waldabhang südöstlich der Isleten- wiese wird von steil südostfallendem (bis 30%) Haupt- rogenstein und unterem Dogger gebildet. Nördlich von „in den Letten“ bis „auf Stutz“ zieht sich der Lias hin und darunter bis zur Ergolz in Sissach liegt Keuper von den beiden Verwerfungen eingesäumt. Östlich von „im Berg“ stehen jenseit der Kienberg-Verwerfung die Humphriesischichten am Waldrande an, Tennikerfluh-Risselhalden. Am südlichen Ergolzufer findet man die Humphriesi- — 30 — schichten von Kienberg wieder auf dem Nordabhang des Bürgerrain bis in eine Höhe von ca. 450 m. Nach Osten stossen sie am Waldrande bei Grabacker (Blatt Gelter- kinden) an Arietenkalk,. Der Bürgerrain, Wölflistein, Halden und der ganze Ostabhang des Zunzgerthales besteht aus ca. 10° S 50° O red.-fallendem Hauptrogen- stein. Nur bei P. 477 („hinterm Horn“) liegen Dis- coideenschichten darauf. Östlich stossen die Murchi- sonae- und Opalinusschichten an dieses Rogensteinband. Die Verwerfung erreicht bei Tenniken das Thal und zieht dicht westlich vom Dorfe vorüber. Der Haupt- rogenstein von Hägler, Heftlenrain und Eichhalden ge- hört auch dazu. Beim Hofe Hägler westlich von Tenniken sind die Maxillataschichten an mehreren Punkten gut aufgeschlossen, darüber folgen Discoideen-, Varians- und Macrocephalusschichten. Letztere stossen an der Süd- srenze des Blattes, 300 m westlich vom Hofe Hägler an Humphriesischichten. Diese Verwerfung ist im Hefleten- thal sehr schön zu beobachten. Die Risselhalde setzt sich wieder aus Hauptrogenstein zusammen, aber zwischen dieser und demjenigen des Eichrain zieht sich ein schmales Band von Humphriesischichten an der Barmhalde hin. Der Steilabsturz am Bachufer südlich von Zunzgen zeigt an seinem südöstlichen Ende noch SO-fallenden Hauptrogenstein, im übrigen aber diesen unterteufend dunkle Mergelkalke der Blagdenischichten mit Urinoiden und Ostrea aff. Knorri. Bei P. 441 stehen steil SO-fallende Humphriesischichten an. Wir haben es also mit einer starken Schleppung an der Westseite der Grabenver- senkung zu thun. Dicht westlich von P. 441 muss sich die Verwerfung hinziehen. Dieselbe Spalte ist es ver- mutlich, die wir in ihrer nördlichen Fortsetzung vom Bischofstein und Kienberg oben kennen lernten. Risselhalde und Schlatten bestehen aus Haupt- — 331 — rogenstein und die Höhe „auf Störzen“ wird von Jura- nagelfluh eingenommen. Die den Berg im Westen be- srenzende Verwerfung wurde früher erwähnt. Am Wald- rande neben dem Hofe Horen sind die Schichten zerquetscht, mit brecciösen Gängen; es treten auch Maxillata- und Discoideenschichten auf (Schleppungser- scheinung). Im Diegterbach steht (W von P.388) Arieten- kalk und oberer Keuper an, die zur Zone Risselhalde- Isleten gehören, während die Sowerbyi- und Humphriesi- schichten des Himmelrain :schon jenseit der östlichen Verwerfung liegen. Die Tennikerfluh (Oberg) ist, soweit bewaldet, hauptsächlich aus Hauptrogenstein zusammengesetzt, der auf der Hochfläche von tertiärer Muschelbreccie bedeckt wird. Der Sockel des Berges besteht aus unterem Dogger bis zu den Opalinusschichten hinab, Murchisonae- und Sowerbyischichten sind fossilreich aufgeschlossen. Der Nordabhang des Stockrain zeigt dieselben Horizonte. Genau in der Südostecke des Blattes Liestal stossen Sowerbyischichten an Hauptrogenstein. Diese Verwerfung streicht auf Blatt Gelterkinden nach Nordosten gegen Gisiberg hin, beim Durchqueren des Thales tritt sie orographisch sehr schön hervor. 3. Kurzer tektonischer Überblick. Nachdem das Wesentlichste von den vielen Einzel- beobachtungen mitgeteilt ist, wird es gut sein, sich über das Detail zu erheben und so auf das Gesagte nochmals zurückzublicken. Im Nordwesten des Blattes Liestal bildet das ganze Grebiet bis zur Oristhal- Windenthal- Verwerfung eine mehr oder weniger nach Nordwesten geneigte Platte, die nur von der Thalacker- und der kleinen Schleifen- — 9332 — berg-Verwerfung durchschnitten wird. Nach Südosten folgen Seltisberg und Plänetzen, in denen eine wenigstens im nördlichen Teil deutliche, aber gegenüber den östlich und westlich anliegenden Zonen grösstenteils einge- sunkene Antiklinale erkannt wurde. Den zugehörigen Ostschenkel bilden Grammont und Bubendörfer Galms mit südöstlicher Neigung. Das Malmgebiet des Blomd ist noch tiefer versenkt als der anstossende Seltisberg, es gehen mehrere kurze Spalten nach Nordosten von hier aus. Neben dem steil südöstlich geneigten weissen Jura des Blomd liegt horstartig horizontaler Dogger, der jenseit des Frenkethales plötzlich zur Tiefe biegt und am Murenberg wieder Malm trägt. Dieses jähe Absinken führt weiter nach Norden zum Bruch, der sich östlich von Galms und Grammont bis jenseit Hersberg fortsetzt. Der südöstlich anliegende beinahe bis zur Ergolz reichende Malm bildet eine Grabenversenkung, die nach Norden durch den angenommenen Querbruch des Dellenboden ab- geschnitten wird und sich erst im Gebiet des Schward wieder zeigt, resp. dort neu entsteht. Die diesen um- gebenden Hauptrogensteinmassen des Kirchhöfli, des Brunnenberges und der westlichen Hälfte des Limberges sind nordwestlich geneigt, also umgekehrt wie Stock- halden, Landschachen und Murenberg. Die nächste Zone, eine kaum geneiste Platte, wird im Westen von der Murenberg-Landschachen-Limberg-Verwerfung, im Osten von der Grubweid-Winterhalden-Müllersweid-Ver- werfung begrenzt; nur im südöstlichen Gebiet fallen die Schichten nach aussen, d. h. gegen die Grenzspalten ; ebendort ist die Zone von besonderer Breite und in der. Mitte derselben befindet sich der tiefe Grabenbruch von Thalrain-Grund, der aber schon bei Ramlinsburg auf- hört, also gerade dort, wo die Zone sich um die Hälfte verschmälert; der Querbruch von Ramlinsburg ist als — 933 — sekundäre und unbedeutende Erscheinung aufzufassen, Von der nächsten Zone Bannhalden-Itingen könnte man das südlichste Stück, soweit es von Hauptrogenstein ge- bildet wird, eigentlich noch zu der westlich anstossenden Gegend ziehen. Der Malmgraben (tektonisch ausge- drückt) des Hau, den im Osten die Wolfgraben-Ver- werfung begrenzt, beginnt nördlich von Bannhalden bruchlos, nördlich von Bubenried aber mit einem kurzen Querbruch!); wie überhaupt meist in der ganzen Gegend fallen die Schichten südöstlich ein; der Querbruch von Itingen schneidet die Zone ab. Die nördliche Fort- setzung derselben fasse ich als Einheit mit dem östlichen Gebiet zusammen bis zu der Verwerfung Zunzgerberg- Zunzgen-Sissach-Sissacherfluh. Denn dort sind, indem wir zunächst den nördlichen Teil in’s Auge fassen, deut- lich ausgeprägt Ost- und Westschenkel eines Gewölbes (s. Profile), nämlich die Streifen Limberghöfe bis Lucheren einerseits und Sissach bis Sissacherfluh andererseits; der Grabenbruch von Rebberg und Halden zwischen beiden ist als Scheitelversenkung aufzufassen. Netzhalden und Hardtfeld mit ihrer südöstlichen Neigung schliessen sich der gleichfallenden Zone nördlich von Sissach an. Der Querbruch von Erzberg, der Hardtfeld und Zunzgerberg zum Grabenbruch macht, und besonders die kleinen Längsspalten ebendort haben nur sekundäre Bedeutung. Die Zunzgerhardt ebenfalls mit einem unwichtigen Quer- bruch zeigt im Norden nordwestliches, im Süden süd- östliches Fallen, stellt also eine in der Längsachse schraubig gedrehte Platte dar. Sie ist die südliche Fort- setzung des Rebberges. Die Wolfgraben-Brunnmatt- 1) Man kann hier wohl von einem Querbruch reden, da er von einer Längsspalte ausgehend bis in die Mitte des Grabens reicht, obgleich er mit den Längsverwerfungen beinahe parallel läuft. — 394 — Verwerfung verbindet sich mit derjenigen, welche von Ruchegg am Lucheren nach Norden geht durch eine Linie mit besonders steilem Einfallen der Schichten, die gerade dort auf die Brunnmatt-Spalte trifft, wo diese nach Osten abbiegt, so dass die Linie Ruchegg-W olts- graben u. Ss. w. eine einheitliche zusammenhängende Dislokation bildet. Da nun das westliche Gebiet bis zur Verwerfung von Müllersweid gleichsinnige, wenn auch geringere Neigung hat, fasse ich es noch mit der östlichen Zone als Einheit zusammen. Die Zone Rissel- halde-Isleten bildet wieder einen zusammenhängenden Horst, an dem im Norden eine deutliche Antiklinale konstatiert wurde, Darauf folgt der Grabenbruch Hägler- Wöltflistein und endlich die Tennikerfluh als Horst; nach Osten (auf Blatt Gelterkinden) schliesst sich wieder ein (Graben an. Es besteht somit im Gebiete des Blattes Liestal ein fast regelmässiger Wechsel von Horst und Graben; in einigen von ihnen wurden Antiklinalen und Syn- klinalen erkanut, die alle, wie auch die Längsverwerfungen, von Südwest nach Nordost streichen. Das Gesamtbild wird gestört durch überwiegendes Südostfallen der Schichten, durch mehrere Querbrüche und einige überzählige Längsverwerfungen. Ausserdem hebt sich der gesamte Schichtenkomplex nach Nordosten in die Höhe. 4. Tektonische Vorgänge. Um sich dem Verständnis des Wesens der tekto- nischen Vorgänge zu nähern, ist es notwendig, sich über die ganze Situation völlig klar zu werden. Die tekto- nischen Verhältnisse, wie sie im Vorhergehenden von Blatt Liestal eingehend beschrieben wurden, reichen über dieses ee Gebiet zwar hinaus, beschränken sich jedoch auf den westlichen Tafeljura. Letzterer wird im Süden begrenzt von dem Kettenjura mit seinen kompliziert gebauten und meist nach Norden überschobenen Falten. Auch im Westen stösst gefaltetes Gebirge an den Tafeljura, es sind die gegen das Rheinthal vorgeschobenen Ketten. Denn das Rheinthal nördlich von Basel ist bekanntlich ein riesiger Grabenbruch, dessen Entstehung kurz vor der Kettenfaltung begann. Da also hier kein Hemmnis dem Druck entgegentrat, konnte auch die Faltung der Sedimentdecke weiter nach Norden sich fortpflanzen!). Die weitere Begrenzung bildet die grosse Schwarzwald- spalte (des Rheinthalbruches), von der die Sekundärver- werfung Kandern-Hausen-Säckingen mit ca. 800 m Verti- kalverschiebung abzweigt, Hierdurch veranlasst bog sich das jetzige Dinkelbergplateau, ein zungenförmiger Aus- schnitt aus der ehemals weit über das Gebiet des jetzigen Schwarzwaldes reichenden Sedimentdecke, nach Norden abwärts. Achten wir nun auf die Richtung und Verbreitung der Längsverwerfungen im Tafeljura, so ergibt sich, dass sie in dem annähernd rechteckig umgrenzten Gebiete diagonalen, d. h. nordöstlichen Verlaufhaben. In breitem Schwarm gehen sie aus von den westlich anstossenden Ketten (Blauen-, Wisig- und Steineggkette), sowie von dem westlichen Teil der südlich gelagerten Falten; be- merkenswerter Weise ist dies gerade derjenige Teil des Kettenjura, in dem die weiter südwestlich so zahlreichen Ketten sich von 5 auf 2 reduzieren. Die dicht ge- scharten Spaltenzüge sammeln sich in der Gegend von Säckingen, oder wohl richtiger ausgedrückt, von der 1) cf. Steinmann: Ber. naturf. Ges. z. Freiburg. Bd. VI, H. 4, 1892. — 336 — grossen Verwerfung strahlen die kleineren Spalten nach Südwesten aus. Soweit die Thatsachen. Es ist klar, dass eine so grosse Spalte wie die von Säckingen nicht an einer Stelle plötzlich aufhören kann, sondern dass sie entweder allmählich geringer werden oder sich in viele kleinere Spalten auflösen muss. Dass das letztere der Fall ist, braucht nicht nochmals gesagt zu werden. Eine Richtung der Spalten war hierdurch noch nicht gegeben. Es tritt aber ein anderer Umstand hinzu, der diese bestimmte. Die genannten im Westen an den Tafeljura stos- senden Ketten konnten in ihren östlichen Endpunkten nicht wie mit dem Messer abgeschnitten aufhören, sondern mussten auf die im Osten befindliche flache Sediment- decke ziehende und spannende Wirkungen ausüben. Diese mussten sehr kräftig gewesen sein, wenn man be- denkt wie weit die Flühen- und Bürgerwaldkette nach Norden vorgeschoben sind. Der genetische Zusammen- hang zwischen diesen Ketten einerseits und den Längs- spalten andererseits wird noch wahrscheinlicher durch die häufig beobachtete, mehr oder weniger deutliche Gewölbestruktur der von den Verwerfungen einge- schlossenen Schichtenkomplexe; meist ist die Antiklinale als Scheitelbruch versenkt, und gerade Scheitelbrüche sind in den vorgeschobenen Ketten eine sehr häufige Erscheinung. Möglich ist es auch, dass die von den im Süden befindlichen überschobenen Falten ausgehenden Längsverwerfungen einen ähnlichen Zusammenhang mit diesen haben, da ja doch gerade hier eine Anzahl von Ketten ihr östliches Ende erreicht, resp. in die sich erhaltenden Falten übergeht. Auch nördlich von den vorgeschobenen Ketten kommen im Tafeljura manche Verwerfungen mit östlicher bis nordöstlicher Richtung vor. Ich glaube, auch sie stehen mit der Jurafaltung in einem ER gewissen Zusammenhange; denn es ist anzunehmen, dass durch den südlichen Druck an Intensität abnehmende Wellen der Sedimentdecke weiter nach Norden sich fortpflanzten als jetzt an der Oberfläche sichtbar, da die jurassischen Schichten nördlich der Flühenkette durch die Rheinthalversenkung flexurartig in die Tiefe ge- brochen sind. Ist doch auch schon die Flühenkette un- gleich niedriger als die Blauenkette und deutet somit. eine allmähliche Abnahme der Faltungsintensität an. Die Wirkungen solcher früher vorhandener abnehmen- der Faltungen glaube ich an den zuerst von Tobler ') erwähnten Ausbiesungen der Flexurlinie nach Westen zu sehen. Bei dem stärksten dieser „Vorgebirge,“ wie man sie nennen könnte, ist es mir auch in der That. gelungen, eine recht deutliche Antiklinale (mit sehr schmaler Falte) nachzuweisen, die in dem Thal zwischen Rütihardt und Asp (an der Flexurbiegung) beginnt und von hier über Sulz, Wald südlich Eglisgraben, „Thal“ südlich Ebnet bei Pratteln bis zum Adlerhof zieht. Es sind gegenseitige Neigungswinkel von 25 und 30° vor- handen. ‚Ist es einleuchtend, dass heftige und mit ihren Wir- kungen ziemlich grosse Gebiete beherrschende Span- nungen von Säckingen sowohl als hier vom Westen und Südwesten ausgingen, so musste in dem Moment als beide Wirkungssphären sich erreichten, die Resultante eine gemeinsame nordöstliche werden. Die Spannungen hatten ihre natürlichen Handhaben und Endpunkte erreicht. Andere Richtungen waren fortan ausge- schlossen. Nun kann allerdings die Frage aufgeworfen werden, weshalb denn nicht wenigstens im südwestlichen Teil 1) Diese Verhandl. Bd. IX, H. II, 1896, pg. 317—24, Ab. IV Ed. — 338 — statt der Spaltenzüge sich Faltungen bilden konnten. Und sind auch schliesslich Andeutungen von Gewölben faktisch vorhanden, warum wurden sie von Spalten so regelmässig der Länge nach zerrissen ? Es ist dies nicht nur eine auffallende Thatsache, sondern sogar ein notwendiges Postulat, das von den hier zusammenwirkenden Kräften gefordert wird. Einer- seits ist die heftige Tendenz vorhanden von Westen und Südwesten aus ostwestliche Falten zu bilden; die Ur- sache ist oben angegeben. Andererseits wirkt in der Längsrichtung der sich zu bilden, resp. nach Osten oder Nordosten fortzusetzen strebenden Falten eine nicht minder kräftige auseinanderziehende Spannung. Die Ursache der letzteren liest in dem Gegenstand folgender Erwägung: Durch Faltenbildung wird natürlich der in der Basalebene gemessene Flächenraum einer bestimmten Schichtenfläche verkleinert, und zwar verringert sich in erster Linie die senkrecht zu den Anti- und Synklinalen gemessene Distanz, in geringerem Grade aber auch der Längsdurchmesser; denn wir haben es ja nicht mit für Experimente herausgeschnittenen, rings begrenzten Stücken zu thun, sondern mit der ganzen Erafläche. Die Falten müssen sich in ihren Enden wieder verflachen, werden also ın der Richtung ihrer verlängerten Längsachsen eine Zugwirkung auf die dort befindlichen Teile aus- üben, Diese Wirkung muss eine sehr beträchtliche sein. Die sich von Südwesten nach Nordosten zu erheben beginnenden Scheitellinien der Gewölbe verstärken das in derselben Richtung wirkende Auseinanderziehen ) : 1, Es ist dies eine ähnliche Korrelation, wie der gefangene Vogel durch die Anstrengung, sich loszureissen, die Schlinge nur um so fester zieht. —. 339 — hierdurch wachsen die von der grossen Spalte Kandern- Säckingen bei letzterem Orte ausstrahlenden kleineren Spalten von Nordosten nach Südwesten immer weiter in das von den ersten Anfängen der Faltenbildung be- troffene Gebiet hinein. Die nächste Folge davon ist die, dass die höheren Antiklinalen, da sie ja von Spalten auf beiden Seiten eingesäumt werden, zwischen den Flanken und Synklinalen einbrechen und auf diese Weise die Kraft der Zugwirkung wieder herabsetzen, indem sie den Flächenverbrauch in der Längserstreckung (NO bis SW) vermindern (s. oben). Vielleicht lassen sich die wenigen bisher beobachteten Querverwerfungen auf die auseinanderziehende Kraft zurückführen; und das um so mehr als sie nach meiner Erfahrung die Längs- verwerfungen nicht schneiden, sondern nur von einer zur anderen reichen und nicht in die nächste Scholle übersetzen. Es sind also mannigfache Wechselbeziehungen ver- schieden wirkender Kräfte, diediesenkomplizierten Vorgang zustande brachten. Textfigur 2 soll die besprochenen Thatsachen dar- stellen. Auf einige nicht uninteressante Details möge hier noch aufmerksam gemacht werden, die absichtlich bisher unerwähnt blieben. Beim Verfolgen der Längsver- werfungen ist mir häufig aufgefallen, dass da, wo die Spalten ein Thal passieren, sie oft von der geraden Linie abweichen, im Grunde des Thales einen nach dem eingesunkenen Teil schwach konvexen Bogen schlagen, um auf der nächsten Anhöhe wieder in die ursprüngliche Richtung zurückzukehren; das umgekehrte Verhältnis zeigt sich, wenn eine Bergspitze durchschnitten wird. Zu- erst will ich einige Beispiele nennen und zwar nur solche Punkte, an denen der Verlauf der Verwerfung 340 sehr genau und sicher festgestellt werden konnte (s. Textfigur 2. Tektonische Situationskarte Ko des westlichen Tafeljura. ö 1: 500,000. Ketten LOURDS \ S = Sr palten IN ai Dee © | & y} jf Ihn ee Die Plänetzen-Verwerfung biegt im Lochmattthal nach Westen aus und kehrt auf dem Domberg (Blatt Kaiseraugst) in die alte Richtung zurück. Dieselbe Spalte macht einen starken Bogen nach Nordwesten zwischen Weid und dem nördlichen Ausläufer des Galms, also wiederum gegen den eingesunkenen Teil. Das um- sekehrte Verhalten zeigt sich am Galmshubel, verbindet man Mülleracker und hintere Sonnhalde durch eine Geraden, so wird der nach Seltisberg konvexe Bogen deutlich. Die beiden Schward-Verwerfungen bilden nach aussen gekrümmte Bogen im Kufthalgraben beginnend; um das ganz klar zu machen, gebe ich ihren Verlauf noch ein Stück weit auf Blatt Kaiseraugst an: Die Westspalte geht von „Bsätze“ genau in der Thallinie abwärts östlich von Buchmatt vorüber in das Thalbächli- Thal; die Ostspalte geht von dem Oberfeld über die westlichsten Häuser von Nusshof nach dem Ostrande des Rebberges „Niederfeld“ und biegt hier nach Nord- osten, dem Abhaug des Küller in halber Höhe folgend. So bildet die Schward-Versenkung einen linsenförmigen Ausschnitt; die stärker gebogene Ostseite liegt mit ihrem konvexesten Teil auf Höhe 632, mit Anfang und Ende aber (soweit beschrieben) auf 525 und 490 m, die gleichen Punkte für die andere Spalte sind 560 einerseits und 500 und 410 m andererseits. Als weiteres Beispiel mag die Wolfgraben-Verwerfung dienen, dort wo sie das gleichnamige Thal schneidet. Auch die Bubenried- Winterhalden-Verwerfung zeigt eine Andeutung davon bei der Durchquerung des oberen Weissbrunnenthales. Die wie mir scheint einzige Deutung für diese merkwürdige Erscheinung ist die Annahme, dass die eingesunkenen Zonen nach der Tiefe sich keil- förmig zuschärfen müssen. Dies beweist auch (was bisher stillschweigend vorausgesetzt wurde und auch 99 a von vorne herein am natürlichsten scheint), dass die Grabenbrüche wirklich eingesunken und nicht etwa die Horste gehoben sind. Auch Schleppungen und ähnliche Vorkommnisse mögen hier noch kurze Erwähnung finden. Im Gebiete von Liestal finden sich nur wenige Schlep- pungen. Bei der Kirche von Lausen sind in Klüfte und Schichtfugen des südostfallenden Hauptoolits des Plänetzen relativ weiche und zähe Gesteinsmassen aus verschiedenen Niveaus des unteren Doggers hineingepresst. Sie werden wahrscheinlich von dem anstossenden Grammont her- rühren, wohl in der Weise, dass die Masse des Plänetzen sie beim Einsinken mitgerissen hat, was ja leicht denk- bar ist, da oben gezeigt wurde, dass der dislozierte Gebirgsteil sich in der Tiefe keilförmig zuschärft. Eine typische Schleppung ist das allerdings nicht, sondern es handelt sich eigentlich nur um die in die Tiefe mitge- rissenen Gesteinsblöcke. Ein ähnliches Vorkommnis ist an der Strasse bei Horen südlich Zunzgen ; dort sind brecciöse Partien von Maxillata- und Discoideen- schichten in den Hauptrogenstein hineingequetscht, die von der westlich anstossenden Scholle mitgerissen wurden. Als Schleppung lässt sich besser ein anderes Vor- kommen ansehen. An der Verwerfung dicht südlich von Unter-Thalhaus biegt der bis dahin kaum geneigte Haupt- rogenstein plötzlich mit 30° gegen den eingesunkenen Malm in die Tiefe und auf der nördlichen Seite der Frenke, am Homberg, bildet sich ein kleiner Bruch heraus, man sieht erst die Blagdenischichten steiler ein- fallen und plötzlich erscheint an einer kleinen Spalte der Hauptrogenstein im gleichen Niveau. Diese Er- scheinungen können nur als Schleppung aufgefasst werden. Es ist auch nicht zufällig, dass sie gerade an dieser Stelle auftreten, denn da die Längsspalte hier einen — 943 — scharfen Bogen nach Westen beschreibt, muss an dieser Stelle die stärkste Spannung bestehen, zumal wir uns die Grabenversenkungen unter bedeutender Zugkraft stehend denken (s. oben), darum müssen sie allen Hinder- nissen, die sie aus der geraden Linie herauszudrängen streben, Widerstand leisten, auf sie einen seitlichen Druck ausüben. Eine sehr schöne Schleppung ist oben be- schrieben vom linken Ufer des Diesterbaches südlich von Zunzgen. Die in diesem Abschnitte bis hierher betrachteten Vorgänge wollen wir als die primären bezeichnen. Im folgenden sollen die sekundären tektonischen Vor- gänge ihre Beschreibung finden, d. h. solche, welche die primär gebildete Tektonik gemeinsam, also erst nach deren Abschluss betraf. Als Ausserungen dieser späteren Bewegung des Felsgerüstes sind Stauchungen und ge- neigte Tertiärablagerungen, die Längsspalten überdecken, zu besprechen. Eine gut ausgebildete Stauchung findet sich im Wolfsgraben südlich von Itingen. Die genauen Daten sind in der „speziellen Tektonik“ gegeben. Dicht vor der östlichen Spalte stellt sich der eingesunkene Malm plötzlich steil (45° SO) gegen diese. Eine Schleppung müsste sich natürlich umgekehrt äussern. Als Erklärung lässt sich nur annehmen, dass nach vollendeter Graben- und Horstbildung wieder der Druck von Süden einsetzte und die schon dislocierten Schichten nochmals zusammen- presste, wobei der Rand der Scholle umgebogen wurde. Da ohnedies schon schwach südöstliche Neigung der ganzen Scholle vorhanden war, konnte das um so leichter geschehen. — Dieser selbe Druck musste die Schleppung von Unter-Thalhaus natürlich auch beeinflussen, aber jene war sachgemäss schon früher da, wurde nur jetzt vermutlich noch intensiver. sh An mehreren Stellen werden Verwerfungen von miocäner Juranagelfuh bedeckt, müssen also älter sein als diese; lagert sie doch diskordant bald auf weissem, bald auf braunem Jura. In der Zunzgerhardt, am Zunzgerberg und am Lucheren ist das zu beobachten. Vergleicht man die Höhenlage der Konglomeratbasis an verschiedenen Punkten, so kommt man zu dem Resultat, dass sie sich nach Südwesten senkt. Sie wird durch folgende Punkte bezeichnet: 550 m Oberende des Wolt- grabens, 605 m Tennikerfiuh (Oberg), 630 m Lucheren. Diese Thatsache wird wohl auch (wenigstens teilweise) auf postmiocäne Dislokation zurückzuführen sein. Wenn wir nun kurz die historische Seite der be- sprochenen Vorgängeüberblicken, so sehen wir im Oligocän den Rheinthaleinbruch beginnen, sodann die Jurafaltung und die Dinkelbergversenkung und als direkte Folge die Längsverwerfungen im Plateaujura entstehen. Das mag im oberen Olisocän und unteren Miocän gewesen sein. Eine Pause!) bezeichnet der miocäne Meereseinbruch (es ist die Rede nur vom Tafeljura, der im Oligocän nicht vom Meere bedeckt war) und die Ablagerung der obermiocänen Juranagelfluh. Als schliesslich der Ketten- jura immer kräftiger zusammengefaltet und zuletzt nach Norden überschoben wurde (Muschelkalk über Miocän), äusserte sich dies auch im Tafeljura in Stauchungen und ungleichen Niveauveränderungen der miocänen Nagelfluh. Diese Bewegungen haben jedenfalls bis in die Pliocän- zeit, wahrscheinlich aber noch länger angedauert. 1) Eine solche verlangt auch die von F. Jenny für die Rangier- kette beschriebene doppelte Lagerung des überschobenen mittleren Dosger. (cf. Diese Verhandl. - Bd. XI. H. 3 1897, pe. 467 10 Ale) II. Teil: Stratigraphie. Wie schon anfangs hervorgehoben, kann ich mich hier nicht mit der detaillierten Stratigraphie sämtlicher auf Blatt Liestal vorkommenden Schichten befassen, sondern muss mich im Wesentlichen auf den weissen Jura beschränken. Das Diluvium soll überhaupt nicht berücksichtigt werden. In folgenden Schriften ist die Stratigraphie des Blattes Liestal berührt: 1821. 1858. 1856. 1862. 1867. 1870. 1892 1594 1894 Literatur für Stratigraphie: P. Merian, Beiträge zur Geognosie. Bd. I. B. Studer, Geologie der Schweiz. Bd. II. A. Müller, Geognostische Beobachtungen aus dem mittleren Baselbiet. Verh. d. naturf. Ges, za Basel Bd; Il, H. 3. , Geologische Skizze des Kantons Basel. Beitr. z. geol. Karte d. Schweiz. Lief. I. C. Mösch, Geologische Beschreibung des Aar- gauer-Jura. Beitr. z. geol. Karte d. Schweiz. Lief. IV. J.-B. Greppin, Description géologique du Jura Bernois. Beitr, z. geol. Karte d. Schweiz. Pie NL . E. Greppin, Der Dogger der Umgegend von Basel. Ber. d. oberrh. geol. Ver. 1892. . À, Gutzwiller, Die Diluvialbildungen der Um- gebung von Basel. Verh. d. naturf. Ges. zu Basel. Bd. X. . F. Mühlberg, Bericht über die Exkursion der schweizerischen geologischen Gesellschaft in das Gebiet der Verwerfungen, Überschiebungen — 946 — und Überschiebungsklippen im Basler und Solothurner Jura vom 7. bis 10. Sept. 1892. Verh. d, naturf. Ges. zu Basel. Bd. X, H. 2. 1897. L. Rollier, Relations orographiques du Malm du: Jura, clos seol hely. 2 Vor. No 1897. A. Tobler, Über fossilführenden Quarzit aus der eocänen Huppererde von Lausen. Ber. d. oberrh. geol. Ver. 1897. 1898. M. Mühlberg, Die Beziehungen des Hauptrogen- steins der Schweiz zum Dogger im benach- barten schwäbischen Faciesgebiet. Ber. d. oberrh. geol. Ver. 1898. 1898. E. Greppin, Description des Fossiles du Bajocien supérieur des environs de Bâle. Mém. soc. pal. suisse. Vol. XXV. 1899. L. Rollier, Beitr. z. geol. Karte d. Schweiz. Lief. 38. 1899. F. v. Huene, Ein Beitrag zur Tektonik und zur Kenntnis der Tertiärablagerungen im Basler Tareljura. Ber. d. oberrh. zeol. Ver 1833. Schichtenfolge. Vom oberen Muschelkalk bis zum Sequan ist die gesamte Schichtenfolge vertreten, ferner Bohnerz, Huppererde, Miocän und Diluvium (fuviatil und gla- cial). Die Aufschlüsse in der Trias und im Lias sind durchaus ungenügend. Lettenkohle, Rhätsandstein, Jurensisschichten gelang es überhaupt nicht nachzu- weisen. Dogger. Ein gutes Profil durch die unteren Opalinusschiefer ist nirgend zugänglich; dagegen sind die oberen Partien — 947 — derselben und die Murchisonaeschichten im Bett der Frenke südlich von Liestal schön aufgeschlossen (cf. E, Greppin, 1. c. pg. 5, 6), die Fortsetzung am besten am rechten Ergolzufer zwischen Itingen und Lausen bis zu den Sanzeischichten (cf. E. Greppin, 1. c. pg. 7, 8), für die Humphriesi- und Blagdenischichten bieten Schleifen- berg, Grammont, Brunnenberg, Limberg, Sissacherfluh und Homberg gute Aufschlüsse. Soweit reichen auch die Greppin’schen Profile. In den Sowerbyischichten ist ein blauschwarzer Kalk voller Brachiopoden und Cephalo- poden beachtenswert, der bei Tenniken, an der Sissacher- fluh und beim Alpbad zu Tage tritt. Der Hauptrogen- stein beginnt mit einer nur wenige Dezimeter starken Echinodermenbreceie, die nirgend fehlt; sie liefert häufig die bekannten schönen Kronen von Cainocrinus Andreae. Die Masse des Oolits ist unten ziemlich feinkörnig und schneeweiss, meist dünnplatug, wird nach oben hin sröber, stellenweise aber fast kompakt und dann von hell- grauer bis bräunlicher Farbe. Etwa 20 m unter der Maxillataschicht liegt ein braunes steriles Mergelband und 10 m tiefer noch eines; selten sind es drei. Ober- halb der Mergelbänder stellen sich häufig grosse blaue Flecken ein. Die Maxillataschicht enthält ausser grossen Mengen des Leitfossils stets zahlreiche Korallenstöcke, die oft nach oben hin eine förmliche Bank bilden. Am besten orientiert man sich in den Steinbrüchen beim Hofe Engelsburg bei Bubendorf, von wo ich folgendes Profil mitteilen möchte (es ist jetzt teilweise schon wieder verstürzt in der unteren Partie): Variansschichten. Krümelige, groboolitische Mergel der Dis- coideenschichten (ca. 5 m mächtig). 3,90 m Maxil- lata- schicht. — 348 — 0,35 Harter grauer Kalk, verstecktoolitisch, einzelne Korallen. | 0,90 Mergel mit zahllosen Terebratula maxil- lata. 0,60—-70 Korrallenbank fast nur aus Korallen bestehend, kieselig, überaus hart, fast keine Muscheln, grosse Kalkspathdrusen. 0,40 Brauner Oolit, oben grau. 0,80 Mergel, unten dunkler als oben, Kon- glomerat von Terebratula maxillata. 0,85 Dichter, harter, grauer Kalk. ca. 10 m Kreideweisser Oolit. ca. 15m Oolit, oben mit grossen blauen Flecken ; rauhe Schichtflächen, auf denen grobe Steinkerne hervorragen; dazwischen selbe sandige Partien, bisweilen mit hell- rosa Anflug. 0,50 m Teils dunkle schieferige, teils gelbe krümelige Kalkbank. + 12 m Hauptrogenstein. Etwas anders ist das Profil an der Strasse nördlich von Weissbrunnen bei Lausen (P. 372): 3,90 m Groboolitische Discoideenschichten mit grossen Austern, : 1,50 m Brauner oolitischer Kalk. 0,50 Grauer bis brauner Kalk mit Terebra- tula maxillata, kleinen Austern, Pecten, Lima corduformis, Korallen. 0,10 Gelbe Mergel mit vielen kleinen Austern und einzelnen Terebratula maxillata. 1,00 Fester grauer Oolit, z. T. eisenschüssig. 0,40 Harter grauer korallogener Kalk. Weisser Oolit des Hauptrogensteins. — 349 — So wechselt der Aufbau der Maxillataschicht an jedem Aufschluss, aber nirgend zeigen sich die Nerineen der nordwestlich anstossenden Gegend. Im ganzen Ge- biete des Blattes Liestal fehlt jede Spur des fälschlich sogenannten „Forest marble“ (des anderwärts zwischen Maxillata- und Discoideenschicht liegenden Oolits), der noch bei Mönchenstein, 9 km westlich 15 m mächtig ist. Unmittelbar auf der Korallenbank der Maxillataschicht ruht der grobe Discoideenoolit mit Parkinsonia Parkin- soni; die besten Lokalitäten sind Engelsburg, der Wald („Waldesel“) südlich Sichtern, der Westabhang des Blomd. Darauf folgen die überall fossilreichen Varians- schichten, deren Gestein man beim Kartieren nicht mit den Blagdenischichten verwechseln darf, was ohne or- ganische Reste leicht möglich ist. Die Macrocephalus- schichten sind nur an wenigen Punkten aufgeschlossen, so an der Engelsburg, beim Hof Rüti am Plänetzen und am Häfletenrain bei Tenniken, kurze Zeit waren sie auch beim Brunnhof bei Seltisberg zugänglich und wurden damals von Dr. Leuthardt ausgebeutet, sie lieferten merkwürdiger Weise verkieste Ammoniten. Die Grenzthone des braunen und weissen Jura sind hier leider ein undankbares Sammelgebiet; sie sollen bei der nun folgenden ausführlichen Besprechung des Malm ge- lesentlich Erwähnung finden. Malm. Da wir uns hier im Gebiet des raschen Facies- wechsels befinden, werden wohl am besten zuerst die einzelnen Vorkommnisse des weissen Jura der Reihe nach beschrieben und nachher das Facit daraus ge- zogen. Im Gebiete des Blattes Liestal ist anstehender Malm an zehn verschiedenen Lokalitäten vorhanden: — . 890 — Nördlich der Ergolz: 1. Windenthal. 2. Schward. 3. Sonnenberg, Südlich der Ergolz: 4, Galmshubel. 5. Blomd. 6. Murenbereg. 7. Landschachen. 8. Thalrain, 9. Ramlinsburg- Wolfsgraben. 0. Zunzgerberg. 1. Windenthal. Östlich neben der grossen Schleifenberg-Verwerfung zieht sich ein schmaler, nach Nordosten breiter werdender Streifen von Effingerschichten hin, sowohl Kalk als Thon. In ersterem sind nicht selten: Perisphinctes plicatilis, Sow. Pecten vitreus, Roem. Collyrites ovalis, Cotteau (Leske). Gute Aufschlüsse fehlen. Die Geissbergschichten sind nicht mehr vorhanden, Birmensdorfer- und Lamberti- schichten nicht sichtbar. Am Plänetzen neben der Grammont- Verwerfung stehen ebenfalls die Effingerschichten an, aber noch schlechter aufgeschlossen. Bei einer Wassergrabung fand Herr Strübin seiner Zeit ca. 50 m östlich vom Hof Rüti verkieste Ammoniten der Lambertischichten. 9, Schward. Der hoch über seine Umgebung emporragende Berg (656 m) besteht aus der ganzen Schichtenfolge des ın dieser Gegend noch vorhandenen Malm. Trotzdem aber erlaubt er keinen guten Einblick in die Stratigraphie- — 351 — Vollkommen typische und sehr fossilreiche Birmensdorfer- schichten wurden im Frühling 1899 von einem Feldwege etwas westlich von Nusshof auf Höhenkurve 540 ca. 50 m nördlich der Grenze des Blattes Liestal angeschnitten. Das Gestein ist ein ruppiger aschgrauer bis brauner Kalk, welcher sich von demjenigen am Kreisacker oder in Birmensdorf selbst nicht unterscheidet, Im Laufe einer Stunde sammelte ich dort: Glyphaea sp. Belemnites hastatus, Blainv. Perisphinctes plicatilis, Sow. — colubrinus, Rein. — virgulatus, Quenst. Oppelia arolica, Opp. — lophota, Opp. — stenorhyncha, Opp. Aspidoceras Oegir, Opp. Pleurotomaria sp. Plicatula sp. Hinnites (Velopecten) velatus, Gt. Isocardia cordiformis, Lang. — Lochensis, Quenst. — 2% Terebratula bisuffarcinata, Ziet. — Stockari, Mösch. — KRollieri, Haas. Cidaris propinqua, Münst. — cervicalis, Ag. Collyrites ovalis, Cotteau (Leske). Asterias jurensis, Quenst. — impressae, Quenst. Balanocrinus subteres, Goldf. Zahlreiche Schwämme. Die Mächtigkeit der Schicht liess sich nicht be- stimmen, sie kann aber nur gering sein (I—2 m). Gleich darüber folgen die grauen thonigen Kalke der Effinger- schichten, die in ihren tiefsten Lagen viele grosse Peri- sphincten enthalten. Balanocrinus subteres, Goldf. und Perisphincten-Abdrücke fand ich auch am Oberende des Kufthales an der west- lichen Thalseite, wo einige Felsbänder im Walde her- vortreten; diese gehören zu den untersten Effinger- schichten. Die Kalke und namentlich die Mergel der letzteren machen sich rings um den Schward herum be- merkbar, aber es fehlt an guten Profilen. Ihre Mächtig- keit erreicht wohl SO m. An dem westlichen Ausläufer des Lucheren findet man gelbe Kalke, die wohl den Geissbergschichten angehören, Fossilien sind mir daraus nicht bekannt. Am Nordabhang des Schward im Walde liegen darüber schneeweisse Oolite, die in ihren unteren Lagen zahlreiche Korallen einschliessen; ich halte sie für Crenularisschichten. Höher nach oben wechselt korallogener, gelblicher Kalk mit weissem, z. T. grobem Oolit, welch letzterer auch die Spitze bildet, dort fand ich | Plicatula sp. Cidaris Blumenbachi, Goldf. — aff, filograna, As. Diese höchsten Schichten des Schward scheinen mir nach Analogie der Profile von Niederdorf und Bach- halden südlich Itingen (s. unten) den Humeralisschichten des Sequan zu entsprechen. 3. Sonnenberg. Nordwestlich von Sissach wird das kleine Dreieck W einmatt-Sonnenberg-Limberghöfe von den Mergeln und — 353 — Kalken der Effingerschichten eingenommen, die von mehreren hohen Wegrändern angeschnitten sind, leider ohne Fossilien. Es ist dies der letzte Ausläufer des Malmzuges, der bei Ramlinsburg beginnt. 4. Galmshubel. Der weisse Jura dieser kleinen Kuppe wird im Westen von einer Verwerfung begrenzt. Auf der Pass- höhe zwischen Weid und vorderer Sonnhalde (445 m) befinden sich alte Lettengruben, in denen nach Aussage der Bauern früher, als sie noch in Betrieb waren, ver- kieste Ammoniten gefunden wurden. Es sind wohl Lambertischichten, denn in einem wenig tieferen Niveau nur einige Schritte von da fand ich einmal bei günstiger Gelegenheit zahlreiche Fossilien der Athleta- und Macro- cephalusschichten. Von Höhenkurve 450 bis 490 stehen dunkle Thone an, in denen nach oben sich häufende grosse Chailles enthalten sind. Das Basler Museum (coll. .P. Merian) besitzt ein schönes Exemplar von Cardioceras cordatum, Sow., das von hier stammt. Diese Cordatusschichten sind mehrfach, z. B. im Bachriss beim Brunnhof aufgeschlossen. Von Birmensdorferschichten war nichts zu entdecken. Von hier an aufwärts bis zur Spitze (521 m) folgen die hellen Kalke der unteren Effingerschichten, deren Fossil- reichtum von diesem Punkte bekannt ist. Ich fand folgendes: Perisphinctes plicatilis, Sow. sehr häufig. — colubrinus, Rein. häufig. — Choffati, de Riaz. — divisus Quenst, var. macer Qu. Pecten vitreus, Roem. schwarze Schalen häufig und charakteristisch. Lima Renevieri, Et. — 304 — Arca quadrisulcata, Sow. Gervillia cf. Mayeri, Mösch. Cercomya sp. Pholadomya hemicardia, Roem. Kriechspuren und Holz. Dr. Leuthardt in Liestal besitzt einen schönen Nau- tilus giganteus, d’Orb. von hier. 5. Blomd. Bei P. 484 südwestlich von Engelsburg bei Buben- dorf stehen graue Thone an, die zum Oxford zu rechnen sind. Die untere Partie ist reich an Balanocrinus subteres, Gf. Plicatula sp. und Kleinen Belemniten. Die obere Partie wird eisenschüssig und reich an Pyritknollen, dort konnte ich nur ein unbestimmbares Stück eines Perisphincten entdecken, jedoch sollen sich in der E. Greppin’schen Sammlung in Aarau viele ver- kieste Ammoniten von hier befinden. Leider schneidet eine Verwerfung die Schichtenfolge nach Westen hin ab, Jenseits derselben stehen auf gleichem Niveau die oberen Effingerschichten an. Es sind dies harte weisse bis hell- graue dickbankige Kalke mit Perisphinceten und den ge- wöhnlichen Pholadomyen (Fundplätze sind ein kleiner Steinbruch im Walde westlich P. 484 und der Weg, der von Engelsburg zum Biomd führt etwa auf Kurve 520). Der westliche bewaldete Teil des Blomd ist leider fast ohne Aufschlüsse bis zu der grossen Verwerfung. Am Nordende des Blomd sind die Geissbergschichten nicht gut zu verfolgen, um so besser aber an dem Wege, der etwas nordwestlich Falkenrain hinaufführt. Zu unterst (an der Verwerfung) steht gelber Kalk mit Perisphincten (colubrinus, Rein. u. a.) und Pecten episcopalis, P. de Loriol an; dann folgt ein Wechsel von gelbbraunem Kalk und sandigen Mergeln, in ersterem fand ich Rhynchonella corallına, Leym., in letzterem Cidaris florıgemma, Phill. — DBlumenbachi, Münst. Hemicidaris intermedia, Forbes. Pentacrinus amblyscalaris, Thurm. — pentagonalis, Goldt. Das Gestein hat grosse Ahnlichkeit mit den Seewener Schichten von Seewen und Niederdorf, dazwischen und darüber aber liegt immer wieder brauner Kalk. Die obersten Schichten sind in einer kleinen Steingrube leicht auszubeuten. Das Gestein ist nicht zu unterscheiden von dem der Geissbergschichten bei der Säge von Seewen, über denen dort die vielgenannten Seewenerschichten folgen. Ich fand darin Nerinea contorta, Buvigner (häufig). Pholadomya paucicosta, Roem. Pecten vimineus, Sow. — vitreus, Roem, Lucina sp. Cercomya sp. Apiocrinus sp. Nerinea contorta, Buv. sammelte ich auch im losen Schutt am Westabhang des Blomd. Diese ganze Schichtenfolge mit ihrer eigentümlichen Mischfauna erreicht an diesem Punkt eine Mächtigkeit von ca. 30 m. Darüber liegen kompakte helle Kalke der Crenularis- schichten, die zahlreiche Korallen einschliessen, Montli- vaultien sind nicht selten. Ihre Mächtigkeit wird hier 15 m nicht übersteigen. Hierauf folgt eine Echinodermen- und Muschel- breccie, aus der sich aber nichts bestimmbares heraus- klopfen lässt. Die wenig mächtige Breccie bildet das Liegende eines zuckerkörnigen weissen Kalkes, der Korallenreste und Diceras eximium, Bayle einschliesst; der Fundort befindet sich etwas nördlich von P. 554 an der Nordspitze des Blomd. Auf dem Rücken des Blomd nach Süden hin liest darüber schnee- weisser Oolit, der dem Hauptrogenstein sehr ähnlich ist. Am Südende des Blomd (Waldrand Rebhalden) sind östlich erst die Seewenerschichten und nach Westen die sie überlagernden Crenularisschichten gut aufgeschlossen und namentlich letztere sehr fossilreich. Meine Funde in diesen Schichten von Rebhalden und von dem ca. 300 m nördlich gelegenen Punkte am Waldrande bei Blomatt sind folgende: Nerita sp. Pecten erinaceus, Buvigner. — episcopalis, P. de Loriol. Rhynchonella corallina, Leym. — spinulosa, Opp. Cidaris florigemma, Phill. Hemicidaris intermedia, Forbes (2 Körper). Acrocidaris formosa, Ag. Glyptieus hieroglyphicus, Ag. (2 Körper). Eugeniacrinus Moussoni, Des. Zahlreiche Korallen u. a. m. Bei konsequenter Ausbeutung kann diese Stelle ein ausgezeichneter Fundpunkt werden. 6. Murenberg. Der ganze Westabhang des Murenberges wird von östlich fallenden Weissjuraschichten gebildet (34, 15 und 10°) Über den schwarzen Oxfordthonen sind im Unklenthal Effingermergel und -kalke aufgeschlossen, in denen ich — 397 — Terebratula Bourgueti, Et. fand. Nach Aussage und Beschreibung der Bauern kommen Perisphincten und Pholadomyen in dem dortigen kleinen Steinbruch vor. Die tiefsten Effingerschichten mit grossen Perisphincten stehen am linken Ufer der vorderen Frenke beim sogenannten Landgraben an. In einer Grube auf der rechten Bachseite bei Unklenthal stehen ca. 4m graue Effingermergel an, darüber ca. 2 m graubrauner sandiger Kalk, über welchem harter brauner Kalk folgt; die beiden letzteren gehören zu den (Greiss- bergschichten. Ein wenig höher an der Strasse steht kreideweisser Oolit an, der wohl dem Sequan angehören dürfte (Neigung 24° O). Weiter nach Norden am Ab- hang findet man weissen plattigen Kalk, namentlich bei P. 435. An einer Stelle im „Hauli“ liest darauf harter selber Thon mit schaligen Bohnerzknollen und Jaspis- kugeln. 7. Landschachen. Der Landschachen ist die nördliche Fortsetzung des westlichen Murenberges; die Schichten neigen sich nach Südosten. Oxfordthone stehen an zu beiden Seiten des Weges, der vom Bubendörferbad nach Furlen führt (Höhe 390 m); ich fand nur Balanocrinus subteres, Gf., doch erzählen die Bauern auch von verkiesten Ammoniten. Auf der Nordseite des Berges kamen 1897 bei den Überschwemmungen am Wege unterhalb des Reckholder- hauses (südlich von Furlen) dieselben zum Vorschein. Aus früheren Zeiten besitzt das Museum zu Liestal folgende Arten der Lambertischichten, die ich dort ge- sehen habe: Quenstedticeras Lamberti, d’Orb. — . Mariae, d’Orb. — 998300 Peltoceras athleta, Phill. — Eugenii, d’Orb. Hecticoceras hecticum, Hartm. — Junula, Ziet. Perisphinctes convolutus, Qu. Die darüberliegenden Birmensdorferschichten waren 1896 kurze Zeit aufgeschlossen beim Fundamentieren des Cementofens beim Reckholderhaus, es waren die typischen aschgrauen bis rosthraunen ruppigen Kalke ca. 1m mächtig. Ich fand damals darin: Belemnites hastatus, Blainville. Perisphinctes polygyratus, Rein. — colubrinus, Rein. = cf. colubrinus, Rein. — crotalinus, Siemirdalski. — Schilli, Opp. — Cholatr de Rıaz. — Martelli, Opp. — plieatilis, Sow. — virgulatus, Quenst. Peltoceras transversarium, Quenst. (2 St.). — perarmatum, Sow. Oppelia arolica. Opp. — semiplana, Opp. — Pichleri, Opp. — cf. Gmelini, Opp. Isocardia cordiformis, Lang sp. — Lochensis, Quenst, Opis virdunensis, Buvigner. Pecten sp. Lima sp. Alectryonia rastellaris, Goldf. Nerita sp. Pleurotomaria sp. — 399 — Terebratula bisuffareinata, Ziet. (ausserordent- lich gross und häufig). Zeilleria delemontana, Opp. Megerlea pectunculus, Schloth. Cidaris propinqua, Münst. Dysaster granulosus, Münst. Balanocrinus subteres, Goldf. Zahlreiche Schwämme, Die untere Partie der Effingerschichten ist charakte- risiert durch ihren Reichtum an grossen Perisphincten. In dem Steinbruch beim Reckholderhaus beobachtete ich folgendes Profil (von oben nach unten): + 0,60 m Dunkler, weicher Mergel. 1,05 m Harter, spröder, heller Kalk (grosse Am- moniten). 2,30 m Grauer bis schwarzer Mergel mit Alsen- resten und Belemniten (pressulus). 0,35 m Heller Kalk wie oben. 1,10 m Grauer Mergel mit braunen und schwarzen Flecken (mit grossen Ammoniten). + 1,10 m Heller Kalk mit grossen blauen Flecken (mit grossen Ammoniten, Terebratula bisuf- farcinata und Pholadomya canaliculata, Roem). Von den ausserordentlich zahlreichen Ammoniten sind namentlich zu nennen: Perisphinctes plicatilis, Sow. — subrota, Choffat,. — rhodanicus, Dumortier. Diese Perisphincten finden sich auch mit den ge- wöhnlichen Pholadomyen (pancicosta und canaliculata etc.) und Pecten vitreus Roem. in dem grossen Cementstein- — 360 — bruch bei Unter-Thalhaus. Dort fand Dr. Leuthardt eine Blattfeder von Pachyphyllum Meriani, Heer. In der oberen Partie der Eiffingerschichten an der Stelleweid (alter Bruch) fand ich in mergeligem Kalk: Perisphinctes sp. Pholadomya exaltata, Ag. — pancicosta, Roem. — canaliculata, Roem. Die Mächtigkeit der Effingerschichten beträgt am Landschachen etwa 60 m. An der Südwestseite des Berges folgt darüber ein wenig mächtiger thoniger Kalk mit eingesprengten rost- gelben Oolitkörnern, der schon zu den Geissbergschichten gehört. Darin fand ich: Perisphinctes colubrinus, Rein. Corbis orbignyana, P. de Loriol. Pleuromya cf. varians, Ag. Pholadomya canaliculata, Roem. Darüber liest gelbbrauner harter oder etwas sandiger Kalk mit: Natica hemisphaerica, Roem. Nerinea contorta, Buv. Pseudomelania Heddingtonensis, Sow. Gryphaea dilatata, Sow. Lima Drya, P. de Loriol. Pecten vitreus, Roem. Lucma valfinensis, P. de Loriol. Astarte sp. (gross). Gervillia sp. Pleuromya cf. varians, Ag. Dieser überaus fossilreiche Geissbergkalk ist leider nur schlecht aufgeschlossen, daher auch die jedenfalls — 31 — unbedeutende Mächtigkeit nicht zu bestimmen (10-15 m). Die Lokalität ist an der alten Drahtseilbahnlinie ober- halb Teufflengut. Aus dem Schutt von derselben Stelle stammt ein schönes Exemplar von Neumayria (Oppelia) trachynota, Opp. gefunden von Dr. Leuthardt in Liestal und ich fand dort Cyprina Brognarti, P. & R*. Nach dem an- haftenden Gesteine gehören beide zu der besprochenen Schicht. Unmittelbar auf diesen Schichten, die teils dem Geissberger Niveau, teils (in den oberen mergeligen Partien) den Schichten von Seewen entsprechen werden, liegen kompakte weisse, splitterig brechende Kalke der Crenularisschichten mit vielen Korallen, namentlich Montlivaultien. Im Gebiete des Landschachen sind sie am besten am Profil der Drahtseilbahn im Walde süd- lich Furlen aufgeschlossen, dort in Mächtigkeit von über 10 m. Direkt darüber folgt brecciöser gelblichweisser Oolit, der aber bald in feinen weissen Rogenstein über- geht. An der genannten Stelle ist das Profil sehr gut zu verfolgen. In der Huppergrube selbst ist das Gestein ein zuckerkörniger Kalk. Der Rücken des Landschachen trägt sieben teils verlassene, teils in Betrieb stehende Huppergruben, die alle auf diesem Oolit liegen. Lokal wird der Oolit auch in den höheren Lagen sehr grob, z. B. in der alten Grube nordöstlich Teufflengut. Im Kohlholz ist er kaum von typischem Hauptrogenstein zu unterscheiden (gegen den er auch faktisch im Osten an einer Verwerfungsspalte abstösst); da ersterer aber ziemlich fossilreich ist, wird man sich doch immer wieder zurechtfinden. In dem Bacheinschnitt östlich vom Reck- holderhaus fand ich in Höhe 470--80 m: Exogyra bruntrutana, Thurm. Gervillia Mayeri, Mösch. 15 860. = Pecten vitreus, Roem. — Nicoleti, Et. — vimineus, Sow. In dem nördlichsten Steinbruch des Kohlholz: Pecten vimineus, Sow. Ctenostreon aff. proboscideum, Sow. Terebratula bicanaliculata, Ziet. Cidaris florigemma, Phill. Ebendort fand Herr E. Greppin vor längerer Zeit: Diceras (nach seiner Erinnerung an das Stück arietinum, könnte aber auch eximium gewesen sein). In dem Steinbruch nordöstlich Teufflengut sam- melte ich: | | Cerithium limaeforme, Roem. Grervillia pernoides, Desl. Exogyra cf. nana, Et. Pecten vitreus, Roem. Astarte minuta, Roem. (fand Herr Strübin). Rhynchonella corallina, Leymerie. Cidaris florigemma, Phill. — DBlumenbachi, Münst. Pentacrinus buchsgauensis, Cartier. Apiocrinus sp. (Stielglieder häufig). Dieser Oolit ist mit den korallogenen Crenularis- schichten eng verbunden und es wäre unnatürlich, beide zu trennen. 8. Thalrain. Der bewaldete östliche Teil des Murenberges, west- lich der Strasse, die nach Lampenberg führt, besteht wiederum aus der ganzen Serie des Malm; aber die Aufschlüsse sind sehr schlecht. In dem tiefen Bachriss — 369 — südlich von Ober-Thalhaus stehen auf Kurve 440 fossil- führende Birmensdorferschichten an, dort fand ich; Belemnites hastatus, Blainv. Perisphinctes colubrinus, Rein. — convolutus, Quenst, — . Delgadoi, Choffat. Es folgen die Effinger-, Geissberg- und Crenularis- schichten. 9. Ramlinsburg- Wolfsgraben. Wenig südlich von Itingen hat Herr Strübin im Oxfordthon des Wolfsgrabens ein verkiestes Exemplar von Hecticoceras lunula, Ziet. gefunden. Auch am Bach südlich von Buchen bei Ramlinsburg stehen dieselben Schichten an, doch sind mir keine Fossilien bekannt. In einem etwas höher liegenden hellen Mergelkalk fand Herr Strübin, der die Lokalität bei Buchen ausgebeutet hat, vier Exemplare von Cardioceras cordatum, Sow. Aus den gleichen darüber liegenden Birmensdorfer- schichten (Gestein typisch) besitzt er: Aspidoceras Oegir, Opp. Haploceras Erato, d’Orb. Perisphinctes plieatilis, Sow. Reineckia (?) sp. Pleurotomaria sp. Terebratula bisuffarcinata, Ziet, Collyrites bicordata, Desm. [ch kann hinzufügen: : Pecten cf. subarticulatus, d’Orb. Darüber sind ebenfalls noch aufgeschlossen die untersten hellen Effingerkalke, in denen ich sammelte: Perisphinctes plicatilis, Sow. (bis zu 40 cm Dm.). — 9364 — Perisphinctes colubrinus, Rein. — polygyratus, Rein. Pholadomya multicostata, Ag. Aus den mergeligen mittleren Effingerschichten des Wolferabens besitzt Herr Strübin Belemnites hastatus, Blainv. Im südwestlichen Teil des sogenannten „Hau“ findet man nicht selten Perisphincten in den obersten Effinger- schichten. Die Geissberg- und Seewener-Schichten sind von einem Wege im Walde „Obere Schweine“ angeschnitten, in ersteren sammelte ich: Hemicidaris intermedia, Forbes. Megerlea pectunculus, Schloth. Darüber liegen die spröden hellen Crenulariskalke und etwas höher in dem weissen Oolit fand ich bei 2. 547 | Hinnites (Velopecten) velatus, Goldf. Auf der Felsspitze des Hau südlich Itingen tritt das Sequan deutlich zu Tage. Über dem hellen Crenularis- kalk folet der bekannte kreideweisse Oolit, nach oben hin verliert er stellenweise die reine Farbe, es schalten sich immer häufiger helle und gelblichbraune kompakte Kalke ein, welche oft grosse Mengen von Korallen ein- schliessen. In den höchsten Lagen sammelte ich: Zeilleria humeralis, Roem. Rhynchonella corallina, Leymerie. Cyprina sp. Pecten vimineus, Sow. — episcopalis, P. de Loriol. Ostrea sp. Cidaris florigemma, Phill. Korallen. — 865 — J.-B. Greppin führt an von der „Zunzgerhardt“ (es kann aber nur diese Stelle gemeint sein), 1. c. 1870, pg. 104 und 105: Zeilleria humeralis, Roem. Pecten Rauracensis, Grepp. Pygurus Blumenbachi, Ag. Pentacrinus Desori, Thurm. Das ist also ächtes Mittel-Sequan, Humeralis- niveau. 10. Zunzgerberg. Die grosse Wiese „Hardtfeld,“ westlich von Zunzgen befindet sich auf südostfallenden Effingerschichten, die sich aus Wechsel von grauem Kalk und dunklem Mergel zusammensetzen. Etwas südwestlich von P. 455 fand ich am Bach Haploceras lingulatum, Quenst, und an der Strasse einige Schritte südwestlich von P. 547 sammelten Dr. Tobler und ich: Exogyra quadrata, Et. Cidaris propinqua, Ag. — florigemma, Phill. Der Abhang „in den Weiden“ bei Holdenweid wird ebenfalls von Effingerschichten eingenommen. Hiermit ist die Rundschau über die Malmvorkomm- nisse auf Blatt Liestal beendigt, Es bleibt nur noch übrig, die Resultate vergleichend in’s Auge zu fassen- Zusammenfassung. Auf den Macrocephalusschichten (die Dalle nacrée fehlt) liegen die Athieta- und Lambertithone in bernischer Facies mit verkiesten Ammoniten. Nach oben hin stellen sich (nur am Galms bei Seltisberg zu beo- bachten) immer häufigere Kalkknauer (Chailles) ein, die bald in hellen Kalk übergehen, welcher Cardioceras zu 0600. cordatum, Sow. geliefert hat (Mächtigkeit der Cordatus- zone 40 m am Galmshubel),. Unmittelbar auf dieser rauracischen Schichtenfolge liegen typisch argovische Birmensdorferschichten (fehlen am Galms), die sich in dem ganzen Gebiet gleich bleiben. Auch die Effinger- schichten sind in dem nordöstlichen Teil des Blattes Liestal durchaus wie im östlich angrenzenden Jura; nur ist die Basis schon ganz verkalkt und stets eine Haupt- fundgrube grosser Perisphincten, Die oberen Partien bleiben mergelig. Je weiter man aber nach Süden und Südwesten geht, desto mehr wird der Mergel durch Kalk verdrängt. Zugleich stellen sich die Pholadomyen zahl- reicher ein. Merkwürdiger Weise hat sich auch Phola- domya exaltata, Ag. noch in den obersten Partien dieses Niveaus am Landschachen gefunden. Die ganz kalkigen Effingerschichten im Südwesten gehören schon zum rau- racischen Faciesgebiet (Pholadomyenkalk). Während diese bis zu 60 m anschwellen, besitzen die Geissberg- schichten nur 15 m Mächtigkeit im Nordesten, wachsen jedoch am Landschachen auf ca. 20 m und am Blomd auf 30 m an. Zu den ächten Geissbergfossilien gesellen sich am Blomd und Landschachen einige Arten, die man sonst im eigentlichen Rauracien oder erst im Sequan anzutreffen gewohnt ist: Nerinea contorta, Buvigner. Natica hemisphaerica, Roem. Lima Drya, P. de Loriol. Pecten vimineus, Sow. Lucina valfinense, P. de Loriol. Sie muten fremdartig an neben Formen wie: Pholadomya canaliculata, Roem. Neumayria trachynota, Opp. Perisphinctes colubrinus, Rein. ee . Es ist eine Mischung östlicher und westlicher Faunen. Über dem groben braunen Geissbergkalk folgen unmittelbar weisse korallogene Kalke, die nach Lage- rung und Beschaffenheit die Crenularisschichten reprä- sentieren müssen; namentlich im südöstlichen Gebiet werden sie ziemlich mächtig (und erreichen bei Nieder- dorf ihr Maximum), im übrigen beschränken sie sich auf wenige Meter. Bald mit ihnen wechsellagernd (Blomd), seltener unter ihnen (Wolfsgraben) befinden sich die gelben fossilreichen Seewener Mergel; ich rechne sie daher ebenfalls zu den Crenularisschichten. Das Vor- kommen von Acrocidaris formosa, Ag. in diesen Schichten (Blomatt) sowie die schon an das Sequan anklingende Fauna (s. oben) der darunterliegenden Geissbergschichten, könnten die Unterbringung der in Rede stehenden Ab- lagerungen im Sequan befürworten. Das Hangende ist zweifelloses Unter-Sequan mit Diceras eximium, Bayle und Astarte minuta. Roem. (weisser Oolit und zucker- körniger Kalk). Darüber folgen bräunliche und helle. Kalke mit Zeilleria humeralis, Roem. als jüngster hier vorhandener Malm (Mittel-Sequan). Die Hauptschwierigkeit für das Verständnis des weissen Jura dieser Gegend liest in den eigentümlichen Faunen der Geissberg- und Crenularisschichten, sowie in dem mehrfachen Facieswechsel. Um die scheinbar so bedeutende „vertikale Faunen- mischung“ einigermassen plausibel zu machen, erinnere ich nur an die doch eigentlich kurze Zeitspanne, in welche die genannten Schichten fallen: Das schwäbische ce umfasst die Birmensdorfer- und Effingerschichten, die Geissbergschichten fallen in & (Bimammatus-Zone), und was von hier an bis zu den Badenerschichten folgt, muss in Ober-%(?) und dem untersten y untergebracht werden, — 368 — denn in Mittel-y ist die Tennilobatus-Zone (= Badener- schichten). Es muss also das ganze Sequan in einem Teil von ß und von y Platz haben. Neumayria trachy- nota, die wir aus dem Geissberg-Niveau kennen, versetzt Oppel in die Tennilobatus-Zone. Überhaupt haben £ und y, ja sogar « und y in Württemberg sehr viele Arten gemeinsam. Von diesem Gesichtspunkt aus er- halten die vielen Schichten und Unterabteilungen des mittleren schweizerischen Malm, deren Bedeutung zwar nicht unterschätzt werden soll, immerhin einen mehr lokalen Charakter; es ist nur eine weitere Gliederung eines natürlichen, anderwärts einheitlichen Komplexes, der durch lokale Schwankungen des Meeresbodensraschem Facieswechsel unterworfen ist. Tertiär. Unter den tertiären Ablagerungen tritt namentlich die obermiocäne Juranagelfluh hervor. Sie ist so be- kannt, dass hier nichts hinzuzufügen ist. Auf dem Zunzgerberge und dem Lucheren steht sie an. Die Nagelfluh, die ich mir namentlich am Lucheren näher angesehen habe, besteht dort hauptsächlich aus Gesteinen, welche aus nächster Nähe stammen (besonders Haupt- rogenstein und Muschelkalk);. diese Bestandteile sind nicht stark gerollt, nur die etwas seltener vorkommenden Buntsandsteingerölle zeigen durchweg einen sehr hohen Grad von Rundung, auch ist das Eisenoxydhydrat aus- gelaugt, nur äusserlich sind sie rostbraun; das alles deutet auf einen weiten Transportweg, wahrscheinlich vom Schwarzwalde. Die Tenniker Helicitenmergel, die unter der Nagel- fluh liegen, treten auf Blatt Liestal nicht zu Tage. Direkt unterlagert wird die Nagelfluh auf dem Oberberg — (869 = von einer littoralen Muschelbreccie, die keine bestimm- baren Reste liefert; sie ruht diskordant auf der von Pholadenlöchern bedeckten Fläche des Hauptrogensteins '). Andere Tertiärgebilde sind die Bohnerze. Am westlichen Murenbergabhang liegen schalig struierte Bohnerze in hartem gelbem Lehm mit grauen Jaspiskugeln konkordant auf Malm. Nichts spricht da- gegen, sie für alttertiär anzusehen wie diejenigen des Berner und Solothurner Jura. Mit diesen alten Bohnerzen nicht zu verwechseln sind solche, welche in ihrem Vorkommen an die Längs- spalten gebunden zu sein scheinen. Teils sind dies strukturlose Brauneisensteinklumpen, die häufig Calcit- partikelchen einschliessen, teils auch nur „Pseudobohn- erze,“ d. h. mit Brauneisen überrindete kleine kanten- bestossene Steinchen. Sie kommen vor am Öschberg südwestlich Bubendorf, im oberen Wolfgraben („Obere Schweine“) und bei Holdenweid südwestlich Zunzger- berg. An letzterer Stelle. fand ich ein faustgrosses Bohnerzstück, das ein Juranagelfluhgeröll (aus Haupt- rogenstein) von der Grösse eines Taubeneies in seinem Innern barg. Brauneisenerz von der gleichen Struktur- losigkeit überkleidet zolldick eine Kluftfläche im Kohl- holz, die zu der Längsverwerfung des Landschachen gehört. Es mag jedoch dahingestellt bleiben, ob die jüngeren Bohnerze mit solchen Vorkommnissen genetisch zusammenhängen oder nicht. Jedenfalls aber ist die Beziehung zu den Längsverwerfungen zweifellos und die Zeit der Entstehung resp. Ablagerung lässt sich mit grosser Wahrscheinlichkeit als postmiocän bezeichnen wegen des eingeschlossenen Juranagelfluhgerülls. Das 1) Pholadenlöcher zeigt auch der Groboolit (= Discoideen- schichten) der Spitze des Bubendörfer Galms. junge Alter dieser Bohnerze kann an und für sich nicht verwundern, da ja auf der schwäbischen Alb auch so junge Bohnerze vorkommen neben älteren. Zu den jüngsten Tertiärablagerungen ist wohl die sogenannte Huppererde zu rechnen. Sie findet sich auf dem Landschachen in einer Flächenausdehrung von gegen 1000 m” und auf dem Hau („obere Schweine“) in geringerer Verbreitung. Am Landschachen ist sie in etwa einem Dutzend alter und neuer Gruben erschlossen ; sie bedeckt dort den zerrissenen und vielfach ausgewaschenen Malm. Man verwendet sie technisch als feuerfeste Erde. Ihre Farbeistschneeweiss, grünlich oderrot. Die Huppererde be- steht aus Quarzsand mit thonigem Bindemittel. Die einzelnen wasserhellen, seltener milchweissen Körnchen sind gut gerundet und bezeugen schon dadurch ihren Transport durch fliessendes Wasser!). Schichtung habe ich nirgends beobachten können, denn die unregelmässigen Bänder verschieden gefärbter Substanz kann man nicht als solche auffassen. Überhaupt habe ich den Eindruck, dass die ganze Masse einer raschen Einschwemmung in die Klüfte, Taschen u. s. w. ihre jetzige Lagerung ver- dankt. In der Huppererde liegen in grosser Zahl graue Jaspiskuseln, die aus jetzt in der ganzen Gegend ero- diertem oberem Sequan oder Kimmeridge stammen; die Knauer enthalten oft Fossilien (s. Tobler, 1897 I. ec). Aber auch grosse kantige Blöcke von halb bis ganz ver- kieseltem Gestein kommen neben den Jaspiskugeln vor. Da das unterliegende Sequan (mit Diceras [eximium ?]) auch stellenweise silifizierte Oberfläche zeigt, dürften diese kantigen Blöcke wohl auch dazu gehören. Sollte 1) Es ist schwer denkbar, dass, wie Tobler (l. c. 1897) anzu- nehmen scheint, Quarzkörner des in der Tiefe befindlichen Bunt- sandsteins von Quellen in den Spalten emporgerissen wurden und an der Oberfläche zur Ablagerung kamen. man darausnicht vielleicht auf SiO°-reiche heisse Lösungen schliessen, die natürlich mit der Huppererde selbst nichts zu thun haben? In einer Grube südöstlich vom Reck- holderhaus, in der diese Verhältnisse besonders gut auf- geschlossen sind, beobachtete ich zwischen dem an- stehenden Malm und der Huppererde eine allen Uneben- heiten folgende wechselnd dicke Lage von fettem gelbem Lehm, so dass die Huppererde nirgend dem Anstehenden direkt auflag. In dem Lehm waren Konkretionen von Eisenoxydhydrat häufig. Im Kohlholz ist an einigen Stellen die Einlagerung der Huppererde in die weite Kluft der Verwerfung deutlich zu sehen. Es sind grosse Partien von Weiss- jura-Oolit und von Hauptrogenstein hineingestürzt. Es ist klar, dass die Huppererde sich erst nach Bildung der Verwerfung abgelagert haben kann. Sie könnte also frühestens miocänen Alters sein. Vor Bildung der ober- miocänen Nagelfluh, in deren Gebiet sie auftritt, kann sie jedoch nicht entstanden, resp. in ihre jetzige Lage- rung geraten sein, da sie in der bewegten Brandung Jedenfalls wieder ausgewaschen worden wäre. So bleibt als Zeit der Ablagerung der Huppererde nur noch das allerhöchste Miocän oder vielleicht eher das Pliocän übrig. Mit einer genaueren Präzisierung des Alters muss man auf zu erhoffende Fossilfunde warten. Diluvium. Über das Diluviumhabeich keine zusammenhängenden Beobachtungen angestellt und kann nur ganz fragmenta- risch einzelne Punkte hervorheben. Die verschwemmte Moräne von Sichtern, die aus Rogenstein besteht, ist schon bekannt. Im Tiergarten- hölzli reicht sie von 400—430 m Höhe. In der alten — 32 — Hauptrogensteingrube am Laubeberg bei P. 391 sieht man etwa 3 m unter der Oberfläche den Oolit wirr auf- gearbeitet und durch Kalksinter fest verkittet, darüber liegt wieder eine intakte Decke von Hauptrogenstein. Ich bin geneigt diese Verhältnisse so zu deuten, dass hier dicht neben der Moräne eine nach Süden offene Nische im Gestein bestand, die durch den Druck des Gletschers nach Art einer Lokalmoräne (rihk) aufgearbeitet wurde. Eine andere Moräne, gebildet aus grossen Blöcken von Muschel- kalk, Rogenstein und krystallinen Felsarten, befindet sich quer vor dem Ausgang des Bienenthales von Widhueb bis Munzach in einer Höhe von 340—50 m. Die höchsten geschichteten Thalgerölle, die ich sah, sind bei Morgenthal nördlich Bubendorf; sie reichen dort 40 m über das Niveau der Frenke. Ein eigentümlicher schmaler Schuttwall aus Haupt- rogenstein gebildet reicht von P. 491 bei Halden (auf dem Rebberg nördlich von Sissach) nach Osten bis zum Abhang des Hügels. Müller hielt ihn für anstehend und zeichnete ihn auf seiner Karte (1862) auch so ein, aber das ist unrichtig; es sind lose Blöcke, die direkt auf Lias liegen. Sie sind wahrscheinlich als Erosions- relikte aufzufassen. Zu den schon bekannten erratischen Blöcken kann noch einer hinzugefügt werden. Es ist eine Gneissplatte von 40 em Länge und 20 cm Breite, die am Westabhang des Blomd auf Höhe 420 an einem steilen Waldabhang nahe dem Riedbächli liegt, nicht weit von P. 407. Beziehungen zwischen Wohnort und Gestalt bei den Cruciferen. Von E. Steiger, Apoth. Vorgetragen am 14. März 1900. Nachdem uns diesen Winter Herr Dr. Wetterwald aus- einandergesetzt hat, dass wir die wichtige Entdeckung der Kohlenstoff-Assimilation den Forschungen eines Schweizers, des Genfers Senebier, verdanken, dürfte es Sie wohl interessieren zu vernehmen, dass dessen Verdienste auf dem Gebiete der Botanik auch sonst gewürdigt worden sind, indem Poiret im Jahre 1806 das frühere Cruciferengenus Coronopus (Mnch meth.) nach diesem Gelehrten mit dem Namen ,Senebiera“ belegte. Veranlassung zu den fol- senden Bemerkungen gab mir das Auffinden der Sene- biera im Weichbilde unserer Stadt, wo ich sie im De- zember an der Altkircherstrasse bei der Schützenmatte noch blühend, z. T. auch in Frucht, antraf, übrigens im Sommer auch am St. Johannringweg. Die Senebiera gehört zu den Cruciferen, Abteilung Siliculosae und umfasst ca. 12 Arten, von denen 2 in der Schweiz vorkommen, nämlich unsere Basler Pflanze Senebiera Coronopus Poir. und die S. didyma, welch letztere verschleppt und äusserst spärlich bei Genf, Lau- sanne und Bern auftritt. Unsere Senebiera Coronopus ist ein unscheinbares einjähriges Kraut, dessen verzweigte Stämme dicht dem 24 Se Boden anliegen. Es besitzt schmale, tief fiederspaltige Blätter, deren seitliche Zipfel meist einfach sind, wäh- rend die Endzipfel meist Einschnitte aufweisen. In den Blattwinkeln entspringen kurzgestielte Doldentrauben mit kleinen weissen Blüten vom typischen Bau der Cruci- feren. Recht interessant ist die Frucht. Dieselbe bildet ein Schötchen von nierenförmiger Gestalt, das von der Seite flach zusammengedrückt und von einem kurzen Griffel gekrönt ist. Von der Basis des Schötchens laufen strahlenförmig nach der Peripherie Streifen, welche als kurze Zähnchen über den Rand hervorragen. In diesen Zähnchen, die besonders beim Eintrocknen der Frucht stärker hervortreten, dürfte der Pflanze ein Mittel zur Ausbreitung gegeben sein, indem sie sich in das Fell der Haustiere, vielleicht auch der Mäuse, festhäkeln, von den Tieren fortgeschleppt und gelegentlich wieder abgestreift werden, wo dann die Samen zu geeigneter Zeit zur Keimung gelangen. Die Senebiera findet sich mit Vorliebe auf nitrat- reichem Boden in der Nähe der menschlichen Wohnungen, an Häusern und Wegborden; so mitten im Dorfe Istein, in Rixheim und in Alt-Breisach, wo ich sie auf der Ex- kursion sah, die unsere Gesellschaft dorthin machte; — die Flora Schneiders erwähnt die Pflanze auch noch von einigen Dörfern des Baselbiets. In der übrigen Schweiz tritt sie nur spärlich im Westen, im Waadtland, Zürich und Schaffhausen auf, wird aber als flüchtig und nicht häufig bezeichnet. In’s Wallis ist sie beispielsweise noch nicht vorgedrungen. Obwohl schon von Schneider zwischen Binningen und der Schützenmatte angegeben, dürfte die Pflanze die besagten Standorte in der Stadt doch erst vor kurzem bezogen haben, weil die Oberfläche dieser Örtlichkeiten durch Bauten erst in jüngster Zeit umgestaltet worden ist, und es scheint, dass sie im Begriff steht ihr Ge- biet zu erweitern. Die Heimat der Senebiera Coronopus ist der Orient; von da geht sie in starker Verbreitung durch die Mittel- meerländer bis Portugal; so begegnete ich ihr beispiels- weise zwischen den Pilastersteinen in einem Bergdörfchen Istriens in der Nähe von Abbazia; dann folst sie, offen- bar spärlicher werdend, dem Westen Europas über Eng- land bis Südschweden. Koch gibt sie zwar für ganz Deutschland an, aber nicht in allen Bezirken verbreitet; sie ist auch schon in Nordamerika eingewandert. Die Senebiera didyma dagegen ıst aus dem sub- tropischen Amerika nach Europa herübergekommen, wo sie sich hauptsächlich an Schuttplätzen in der Nähe von Hafenorten niedergelassen hat. Die Standorte in der Schweiz können wir daher als äusserst versprengte Vor- posten im Binnenlande auffassen; im übrigen ist sie bis Afrika, Madagascar und Nordaustralien vorgedrungen. Die übrigen Arten des Genus gehören subtropischen Grebieten an, so findet sich z. B. die S. nilotica in À gypten. Nach den gegebenen Schilderungen kennzeichnet sich unsere Senebiera in Beziehung auf ihre Standorte als Ruderal-, d. h. Schuttpflanze, in Bezug auf ihre Ver- breitung als Planta adventiva, als ein Ankömmling in unserem (rebiete. Sehen wir uns nun unter den letztern, d. h. den neuen Bürgern unserer Flora um, so konstatieren wir, dass es meist Pflanzen sind, die ihre Einführung in der Regel der Thätigkeit des Menschen verdanken. Sie finden sich daher im gebauten Boden der Felder als Unkräuter, wo sie mit der Aussaat der Nutzpflanzen ausgestreut wurden; oder sie bewohnen aufgeschüttetes Land, Schutt, Dämme, Wegränder u. s. f., kurz Stand- — 9160 — orte, die dem Fortkommen überhaupt günstig sind, da das Substrat einen grossen Vorrat von Nährstoffen und diese in geeigneter Zubereitung enthält. Nachdem in den letzten Jahrzehnten der inter- nationale Verkehr so ungeahnte Ausdehnung erlangt hat, ist es nicht zu verwundern, dass auch in der Pflanzen- welt für ein gegebenes Gebiet, wie eine Lokalflora es ist, täglich neue Gestalten neben den alten auftauchen. Be- trachten wir die einzelnen Beispiele nach dem Alter ihrer Einbürgerung, so werden wir diejenigen Fremd- linge zuerst zu berücksichtigen haben, die von der Flut. der Ereignisse zu uns hereingeworfen, noch nicht im Stande waren, ihr neues Feld definitiv zu behaupten, sondern nur flüchtig auftauchen, vielleicht wenige Jahre bleiben, dann aber meist wieder spurlos verschwinden. Dahin gehören z. B. verschiedene aus dem Süden mit Luzerne- samen eingeführte Arten, wie die gelbe Flockenblume, Centaurea solstitialis, die Umbellifere Ammi majus, auch Plantago arenaria u. s. f., die alle in der Umgebung unserer Stadt öfters gesehen werden. Dann ferner: Vicia varia, der ich letztes Jahr bei Wyhlen begegnete; Ornithopus sativus, eine Papilionacee Portugals, fand ich vor zwei Jahren am Damm beim Elektrizitätswerk bei Rheinfelden, suchte sie aber diesen Herbst vergeblich wieder. So ferner Impatiens parviflora, aus dem altaischen Sibirien stammend, die dieses Jahr in einem Hof am Äschengraben reichlich blüte, und in Genf seit längerer Zeit auftritt. Der in der neuesten Schweizerflora ebenfalls noch nicht erwähnten Nonnea lutea, einer Borraginee mit gelben Blüten, in Spanien und dem Süden zu Hause, begegnete ich dieses Frühjahr in einem Rebberge vor der Stadt Zürich. — 911 — Bei einer Aufzählung der jüngsten pflanzengeo- graphischen Ereignisse unserer Umgebung ist auch die interessante Florula zu erwähnen, die vor 2 Jahren am ‚Rande des Säckinger Sees auftauchte, obgleich die be- treffenden Pflanzen als Sumpf- und Wasserbewohner nicht zu den Ruderaipflanzen zu rechnen sind. Die interessantesten Vertreter waren: Die Scrofularineen Lindernia pyxidaria und Limosella aquatica; die Lythra- riee: Peplis portula; dann Heleocharis ovata, Scirpus NSCUS UL SL. Im Gegensatz zu diesen meist wieder bald von der Bildfläche verschwindenden Arten hat die Canadische Goldruthe, Solidago Canadensis, im Laufe weniger Jahre das ganze Rheinufer auf Erstreckung vieler Stunden er- obert und ist von der schönen Zierpflanze zu einem lästigen und gefürchteten Unkraut herabgesunken, das alle andern Gewächse seiner Umgebung verdrängt. Mit diesem Beispiele sind wir übergegangen zu denjenigen Arten, die sich bei uns behauptet haben. Und da wir gerade von den Compositen reden, die aus Amerika zu uns herübergewandert sind, so will ich nur an Erigeron canadensis erinnern, der seit 1655 sich durch ganz Europa ausgebreitet hat, und an Stenactis annua, die ebenfalls sich immer mehr ausdehnt. Diese letztere ist noch jüngern Datums. Linne kannte sie nur aus botanischen Gärten; 1770 erschien sie in Altona; 1805 tauchte sieim Wallis auf, und jetzt dürfte sie in der ganzen Schweiz verbreitet sein. In allerneuster Zeit beginnt eine Einwanderung der Galinsoga parviflora aus Südamerika, hauptsächlich im Süden der Alpenkette, ich traf siein einem Dorfe Veltins, (sremli kennt sie jetzt ausser dem Tessin auch von Brusg. — 318 — Doch es würde uns zu weit führen, hier alle die Ruderal- pflanzen zu besprechen und ich möchte mich nun etwas eingehender mit der Familie der Cruciferen befassen, die uns durch die Senebiera Veranlassung zu diesen Er- örterungen gegeben hat, hauptsächlich aber darum, weil die Cruciferen einen sehr hervorragenden Anteil an der Zusammensetzung dieses jüngsten Gliedes unserer Flora nehmen. Nach Abzug der Kulturpflanzen Brassica und Armoracia, sind nämlich nicht weniger als 41 von den 68 Cruciferenarten der Basler Flora Acker- und Ruderal- pflanzen; und im Verzeichnis der Adventivpflanzen in Jaccards Katalog machen die Cruciferen 140/, aus, wo- bei nur solche angeführt sind, die sich nicht definitiv einbürgern konnten, während bei den Basler Pflanzen es sich allerdings um wirklich einheimische Pflanzen handelt. Gehen wir auch hier chronologisch vor. Unter unsern Augen vollzieht sich die Einwanderung der fol- genden Arten: Lepidium Draba, ruderale, und perfolia- tum, Calepina Corvini, Farsetia incana, Erucastrum in- canum, Conringia orientalis. Lepidium Draba ist ursprünglich wildwachsend in Südost-Europa und den Gegenden des Kaukasus zu Hause. Als ächte Wiesenpflanze sah ich sie am Meer- ufer in der Bucht von Capo d’Istria. Gaudin kennt sie 1829 noch gar nicht in der Schweiz. 1842 wird sie von Hagenbach als neuer Bürger begrüsst, es war ihm aber nur der Standort aus den Reben vom Gren- zacher Horn bekannt. Durch die Eisenbahnen wird sie jetzt überall hin verschleppt und ist bis in die Stadt selbst (badischer Bahnhof, Güterstrasse), dann nach Mönchenstein und Liestal vorgedrungen; auch wird sie aus der Umgebung von 12 verschiedenen Schweizerstädten — 319 — zitiert; die Pflanze steht mithin im Begriff, gemein zu werden. | Das schmächtige kleinblütige Lepidium ruderale fehlt ausser Waadt und Wallis der übrigen Schweiz. In Basel war sie zwar Hagenbach anno 1834 von ver- schiedenen Orten um die Stadt bekannt, doch sagt er in seinem Supplement von 1843, sie sei erloschen (hodie evanuit). Seither hat sie sich auf Bauplätzen, haupt- sächlich aber auf Bahnhöfen, z. B. St. Ludwig, wieder reichlich eingestellt. Wenn auch nicht in Basel, so doch hie und da ver- einzelt in der Schweiz aufgefunden, muss an dieser Stelle noch eine. dritte Kressenart, das Lepidium perfoliatum genannt werden. Diese Pflanze ist durch den Hetero- morphismus ihrer Laubblätter ausgezeichnet. Die untern Stengelblätter sind nämlich gestielt und mit vielteiligen feinen Fiedern versehen, wogegen die obern: sitzend, ungeteilt, ganzrandig, tiefherzförmig und stengelumfassend sich zeigen, eine Divergenz, wie sie bizarrer kaum ge- dacht werden kann; sollte die Pflanze je fossil vorkommen und es würde sie ein Paläontologe in ihren 2 Hälften getrennt auffinden, er käme nie auf den Gedanken, dass ihm die Bruchstücke von ein und demselben Pflanzen- stocke vorliegen. Lep. perfol. stammt aus dem Orient, die für uns zunächst liegende bleibende Wohnung ist Unterösterreich, Calepina Corvini wurde 1863 von Apotheker Schneider am Eisenbahndamm "bei Leopoldshöhe entdeckt. De Jandolle sagt von ihr, dass sie an feuchten Orten in den Wüsten nördlich vom Caspischen Meer ihre eigent- liche Heimat habe, und in Zante, Sizilien und Italien in Wiesen wachse, ausserhalb dieser Gebiete jedoch nur an mehr oder weniger künstlichen Standorten wohne, — 9880 — sodass ihr Vorkommen in Mittel-Europa als noch jungen Datums erscheine. In der Schweiz ist sie nur von Branson im Wallis bekannt, und zwar schon seit Anfang des Jahrhunderts, (Murith.) Eine interessante Wandlung hat die Kolonie bei Leopoldshöhe durchgemacht. Ursprünglich wuchs die Pflanze an der Freiburger Linie; durch die strategische Bahn Lörrach-Hüningen wurde jedoch diese Lokalität infolge Wegverlegung zerstört und sie fehlte während einigen Jahren, bis sie plötzlich am gegenüberliegenden Damm der zuletzt genannten Linie wieder auftrat, wo sie sich jetzt ein neues Terrain erkämpft. Offenbar waren die Samen während ihres Latentseins im Boden vergraben, ihr erneutes Erblühen gibt uns somit einen Fingerzeig, wie lange die Keimkraft der Samen bestehen bleibt. In Deutschland hat die Pflanze nur einen Wohn- ort, findet sich aber dort sehr häufig, nämlich in dem Dreieck zwischen Rhein und Mosel, das durch die Städte Coblenz, Maien und Andernach bezeichnet wird. Farsetia oder Berteroa incana hat sich seit 1879 am Rheinufer bei Hüningen eingebürgert. Nymann zitiert sie schon in den fünfziger Jahren aus dem Elsass. Auch sie folgt meist den Eisenbahndämmen, so z. B. in der Umgebung Colmars (ebenso sah ich sie längs der Bahn im Tyrol). Eine ebenfalls neue Einwanderung zeigt Erucastrum incanum, meist unter Luzerne an Bahndämmen wach- send Früher bei uns nur als Seltenheit bekannt, ist sie jetzt bis Schauenburg hinauf gewandert. — Durch flüchtiges unbeständiges Auftreten ist schliess- lich noch Erysimum oder Conringia orientalıs gekenn- zeichnet, die vor einigen Jahren sich zahlreich am — . 381 — Steindamm des Rheinufers zwischen der alten und der Johanniterbrücke einstellte, während die von Hagenbach angegebene Lokalität bei der „Sandgrube* eingegangen sein dürfte. (rehen wir nun einen Schritt weiter, so folgen Arten die seit einigen Jahrhunderten bei uns zu Hause sind. Obgleich sie jetzt den Eindruck von wildwachsenden Pflanzen machen, sind sie als Überreste früherer Kulturen zu betrachten, Unter diese Kategorie fallen: Isatistinctoria, Cheiran- thus Cheiri, Hesperis matronalis, Barbarea praecox, Lepi- dium latifolium. Bekanntlich wurde der Waid, Isatis tinctoria, in früheren Jahrhunderten kultiviert zur Gewinnung eines dem Indigo ähnlichen Farbstoffs, so sollen sich schon die alten Bretonen desselben bedient haben, um die Haut blau zu färben. Bei uns findet sich Isatis haupt- sächlich an Rainen, Eisenbahndämmen, unkultivierten Plätzen und dergl., Standorte, die wie die fremdartige Erscheinung überhaupt, bekunden, dass der Waid bei uns kein ächtes Landeskind ist. Der Goldlack, Cheiranthus Cheiri, wächst ursprüng- lich wild auf Felsen in Griechenland und Syrien. Nord- westlich von diesem Ursprungszentrum aber kommt er nur auf Mauern und Ruinen vor, was darauf deutet, dass er hier fremden Ursprungs ist. Hesperis matronalis, die Nachtviole, findet sich hie und da mitten im Gelände, an Bachufern und im Gebüsch. Es scheint, dass in früherer Zeit die Pflanze allgemein in Gärten gepflegt wurde und dass wir in den jetzt wild auftretenden Kolonien, — in grösserer Masse sieht man die Nachtviole bei uns nicht, — die Descendenten jener kultivierten Generation vor uns haben. — 382 — (Ähnlich verhält es sich mit Barbarea praecox, die in Mönchenstein vorkommen soll, und mit Lepidium lati- folium.) Einer noch älteren Einwanderung dürfte die pyre- näische Brunnenkresse, Nasturtium pyrenaicum ange- hören, obgleich sie Bauhin noch nicht kannte, da dies nicht beweist, dass die Pflanze damals noch’ nicht vor- handen war. | In Deutschland kommt sie nur in Baden bei Frei- burg-Emmendingen, hauptsächlich aber in grösserer Menge in den Vogesenthälern des Elsasses vor; von da müssen wir, um sie wieder zu finden, in die südlichen Alpen- thäler des Wallis und Tessin, oder nach Centralfrank- reich und in die Pyrenäen gehen. Da Christ auf die Bedeutung des Westwindes für die Flora der Vogesen aufmerksam macht, in welchen verschiedene Arten der Pyrenäen oder des Centralplateaus von Frankreich eine Westgrenze finden, so dürfte nach meiner Annahme das Elsässer Nasturtium pyrenaicum eher von Westen als aus den Alpen angesiedelt worden sein und von daher auch unsere Basler Pflanze sich herleiten lassen. Bis hierher haben wir Arten kennen gelernt, deren Einwanderung in die historische Zeit fällt; schon etwas ausserhalb derselben stund die zuletzt besprochene pyre- näische Brunnkresse. Wenn nun auch nicht mehr in historischem, so sind doch in geologischem Sinne neuesten Datums noch eine grosse Anzahl unserer einheimischen Cruciferen. Obgleich wir diesesjugendliche Alter nichtmehr mit der- selben Sicherheit behaupten hönnen, da eben historische Beweise mangeln, so ergibt sich dieses doch aus der ganz ähn- lichen Natur der Wohnorte; Wohnorte, deren äussere Ver- hältnisse entweder der Dazwischenkunft des Menschen — 383 — ihre Entstehung verdanken, oder die von der Natur in einer Weise gestaltet wurden, die leicht erkennen lässt, dass sie das Resultat der allerneuesten geologischen Vor- gänge sind. Wollte man, um mich eines Bildes zu be- dienen, die Standorte dieser Pflanzen auf einer geo- logischen Karte aufzeichnen, so würden sie vorzugs- weise in das Weiss des Alluviums einzutragen sein. Zur ersten Klasse, d. h. den Bewohnern künstlicher Standorte, gehören die eigentlichen Schuttpflanzen und die Ackerunkräuter, zur letztern solche Pflanzen, die sich auf dem Sand- und Kiesboden unserer Flussniede- rungen angesiedelt haben. Die diesen Kategorien eg Arten sind die we . Auf aufgeschüttetem Lande, Schutt und an Weg- 4 finden sich: Barbarea vulgaris Sisymbrium offcinale und Sophia Alliaria officinalis Conringia orientalis Erucastrum obtusangulum und Pollichü Die Diplotaxis-Arten Alyssum calycinum Berteroa incana Lepidium sativum, ruderale, latifolium und perfoliatum Capsella bursa pastoris und rubella Die Senebieren Calepina Isatis. 2. Ausschliesslich oder doch vorwiegend den Getreide- äckern angehörend sind: Sisymbrium Thalianum Erysimum cheiranthoides — 9384 — Sinapis arvensis und alba (Erophila) Draba verna Camelina sativa und dentata Thlaspi arvense (auch ruderal) Teesdalia nudicaulis Iberis amara Neslea paniculata Rapistrum rugosum Raphanus Raphanistrum — 3. Vorwiegend auf dem bebauten Boden der Weinberge: Cardamine hirsuta und Thlaspi perfoliatum. Von diesen finden sich nun einige auch an Rainen und grasigen Abhängen und bilden somit einen Über- gang zu mehr natürlichen, daher auch ältern Besiede- lungen, so: Draba verna, Thlaspi perfoliatum, wohin auch Draba muralis zu rechnen ist. Auf den Flussanschwemmungen der Thäler sind zu Hause: Turritis glabra, Arabis hirsuta, insofern als sie vom Gebirge niedersteigt, und arenosa, Sinapis cheiranthus, Lepidium campestre, Alyssum calycinum. Allen diesen stehen nun gegenüber dieächten Aboriginer auf Fels, Wald, Sumpf und Wiese — nämlich: a) Auf Fels: Arabis alpina, auriculata, hirsuta, Turrita Alyssum montanum Draba aizoides Kernera saxatilis Thlaspi alpestre Iberis saxatilis | b) Im Wald: | Arabis brassicaeformis | — 389 — Cardamine sylvatica und Impatiens Die verschiedenen Dentaria- und Lunaria- Arten. y) In und am Wasser: Nasturtium oficinale, palustre anceps, sylvestre, amphibium Cardamine amara d) Auf Wiesen: Cardamine pratensis. Treten wir nun aus dem engen Rahmen unsrer Um- gebung heraus und sehen uns die Verbreitung der Acker- unkräuter und der Schuttpflanzen, welche den Cruciferen angehören, auf der Erdoberfläche überhaupt an, so finden wir, dass sie Cosmopoliten sind, die über ungeheuer weit ausgedehnte Wohngebiete verfügen. Einige Beispiele mögen die Thatsachen illustrieren. Capsella bursa pastoris bewohnt nicht nur ganz Europa und Nordasien bis Kamtschatka, sondern ist auch in Persien, Indien und Japan zu treffen. In den Ver- einigten Staaten Nordamerikas ist die Pflanze eingeführt ebenso in Chili bis zur Magellansstrasse; aber auch am Cap und in Abessynien fehlt sie nicht. Erysimum cheiranthoides, obwohl gerade bei uns nicht sehr häufig, beschreibt ebenfalls einen Kreis, der fast die ganze nördliche gemässigte Hemisphäre umfasst: ganz Europa, Nord-Asien bis Kamtschatka, den Nord- westen Amerikas, Canada und die Vereinigten Staaten. Cardamine hirsuta geht ebenfalls bis Kamtschatka, setzt über die Inseln des pacifischen Oceans nach den Vereinigten Staaten, die von West nach Ost gequert werden, wobei aber die Linie im Süden durch die Staaten Oregon und Kentucky begrenzt ist. Dann stellt sie sich jedoch in Buenos Aires, Chili und Patagonien wieder ein. — — 386 — Sisymbrium Sophia ist in Spanien, Sizilien, Süd- Russland, Mittel-Europa, im nördlichen Europa bis zum 69sten Breitegrad; in Algier, im Kaukasus, in Afshani- stan, in Nordindien und bis an die chinesische Grenze zu Hause. Von ruderalen Cruciferen waren schon in den vier- ziger Jahren in Nordamerika eingeführt: Nasturtium sylvestre Hesperis matronalis Sisymbrium officinale * thalianum Sinapis arvensis Camelina sativa Thlaspi arvense Senebiera coronopus Lepidium campestre Capsella Raphanus Raphanistrum. Fragen wir nach den Ursachen dieser cosmopoli- tischen Verbreitung, so haben wir schon bemerkt, dass wir den bebauten Boden, den die Unkräuter und Schutt- pflanzen bewohnen, als einen durch den Menschen künst- lich geschaffenen Zustand auffassen müssen, welcher der Entwicklung dieser Organismen zum vornherein viel günstiger ist als die ärmere Unterlage, welche der Fels des natürlichen Bodens gewährt. In der von Menschen nicht berührten Natur sind in Bezug auf Verbreitung noch am günstigsten gestellt diejenigen Grewächse, welche in und am Wasser als dem auf der Erdoberfläche verbreitetsten und beweglichsten Elemente wachsen. Das zeigen uns die Strandpflanzen; unter den Cruci- feren: Die Cakile maritima, die an allen Küsten Europas sich einstellt; aber auch die Brunnenkresse unsrer Bäche — JS — geht von den Capverdischen Inseln durch ganz Europa und Nordasien bis Japan und zur Behringsstrasse, fehlt -in Nordamerika nicht; im Süden ist sie in Algier, Abes- synien und ‘Armenien gefunden. Fast noch grösser ist die Verbreitung ihrer Schwester, des Nasturtium palustre, welches mehr die ruhigen Wasser aufsucht. Auch die Gardamine amara, die quellenbewohnende Species ihrer Gattung ist bis nach Sibirien verbreitet. An höher gelegenen Orten vertritt sie die ihr auch äusserlich ähnliche Brunnenkresse. Nur nebenbei sei bemerkt, dass wenn diese Vertretung auch in kulina- rischer Beziehung stattfindet, wie z. B. im Gasthause auf dem Ballon de Soultz, dies dann weniger zur Annehm- lichkeit der Gäste beiträgt, da wie ihr Name sagt, sie einen ausgesprochen bitteren Geschmack besitzt. Bein Einfluss des Menschen auf den Standort ver- hält sich die Pflanze selbst passiv. Gibt es nun aber nicht auch Ursachen, welche die grosse Verbreitung dieser Pflanzen, und ich gehe damit zur Betrachtung aller Cruciferen, nicht nur der Adventiv- pflanzen, im allgemeinen über, aus ihrer Organisation, ihrem ganzen Wesen, herleiten lassen? Wenn wir in dieser Hinsicht die Cruciferenarten der künstlichen Wohn- orte, die wir auch als die jüngsten erkannten, mit den Arten vergleichen, die in der ursprünglich freien Natur, wie auf Fels-, Wald- und Sumpfboden gedeihen, mitein- ander vergleichen, so fällt uns sofort auf, wie jene erstern fast ausnahmslos ein- oder zweijährige, diese dagegen vor- wiegend ausdauernde, perennierende Gewächse aufweisen. So stehen sich gegenüber: Die einjährige Arabis thaliana der Äcker den aus- dauernden Arabis alpina, coerulea etc. des Gebirgs (eine Ausnahme macht Auriculata). — 9388 — Die ausdauerden Cardaminen alpina, resedifolia, etc. der Hochalpen und die pratensis der Wiesen: der einjäh- rigen Cardamine hirsuta des Schutts und der Weinberge. Die sylvatica des Waldes ist zwar auch einjährige, lehnt sich aber so nahe an hirsuta an, dass sie als aus dieser hervorgegangene Standortsform betrachtet werden kann. Die Dentarien und Lunarien unsrer Wälder sind sämtlich perennierend. Von Alyssum ist die Schuttpflanze calycinum ein- jährig, das montanum der Felswände ausdauernd. Ebenso verhält sich die unsere Schlösser und Jura- riffe zierende Draba aizoides gegenüber der Draba muralis und verna der Felder, ferner die ächt jurassische Berg- pflanze Thlaspi montanum und das alpestre der Alp- weiden gegenüber den Thlaspi perfoliatum und arvense unserer Kulturen. Iberis saxatilis, ein Sträuchlein auf dem kühnen Felsenblatte der Ravellenfluh ist ausdauernd, die Iberis amara ist ein einjähriges, zwar schönes Un- kraut auf den Feldern. Die alpinen Erysimum helveticum pumilum, dann das ochroleucum im Geröll des höhern Jura, sind alle perennierend, das cheiranthoides in den Saatfeldern ist einjährig. Der Gegensatz ist also schlagend. Um sich über den Einfluss der Lebensdauer der Pflanzen auf ihre geo- graphische Verbreitung ein klares Bild zu machen, seien hier folgende Betrachtungen De Candolles angeführt. Er teilte die Erdoberfläche in 50 Territorien ein, die zwar mehr klimatischen Verhältnissen entsprechen, als räumlich gleich grosse Gebiete umfassen, und stellte die Pflanzen zusammen, je nach der Anzahl von Terri- torien, in denen eine gewisse Species vorkommt, ob nur in 1, 2, 3 oder mehr Territorien. Je mehr Territorien eine Art bewohnt, um so grösser natürlich ist ihre Verbreitung. — 389 — Ebenso können wir Pflanzengruppen als um so ver- breiteter erklären, je mehr Arten eine Gruppe aufweist, die in mehreren Territorien zugleich vorkommen. So enthält denn die Familie der Cruciferen mit ihren 977 Arten!) 74 Arten = 7,6°/,, welche in mehr als 2 Terri- ritorien wachsen. Von 24 Pflanzenfamilien, welche alle viele einjährige Arten enthalten, nimmt bei einer solchen Vergleichung diejenige der Cruciferen den siebenten (7) Rang ein in Bezug auf weite Verbreitung; d. h. in Prozenten ausgedrückt, weisen die Cruciferen 7.6°/ Arten auf, die in mehr als 2 Territorien vor- kommen, während 6 andere Familien einen höheren, 17 weitere Familien einen kleineren Prozentsatz von solchen Arten besitzen. | Zur Vergleichung seien hier die Tabellen reprodu- ziert von 3 grossen Familien, deren Arten in Bezug auf ihre Verbreitung je nach der Lebensdauer nebeneinander gestellt sind: In der Familie der Compositen bewohnen eh als 2 Territorien von 1229 Annuellen 96 = 7, 0h zugleich „ 243 Bisannuellen IT, on „ 2941 ausdauernden Us 3.00% „ 21756 Halbsträuchern ind Sträuchern 20 —.0,7°/o A 81 Holzpflanzen (ohne genauere Bezeich- | nung) je 1.20 n 5 75 grössern o. kleinern Bäumen 0 = 0,0% £ „ 1201 unbestimmter Le- bensdauer 25 20h n „ Total 8526 267 = 3,1%o 1) Zählung zur Zeit De Candolle’s, jetzt werden über 1500 angencmmen. 25 — 990 — In mehr als 2 Territorien verbreitet sind in der Familie der Umbelliferen: Von 140 einjährigen Arten 17 = 12,2 auf 109 „. 59 zweijährigen „ 9 = 15,2 „ D24 ausdauernden , 33 — 6,3 . 40 Sträuchern u. Halb- sträuchern VE HB: TETE : 0 Bäumen ln, + 253 Unbestimmter Le- bensdauer dr Na RR Es sind in mehr als 2 Territorien etc. verbreitet in der Familie der Scrofulariaceen: Von 428 einjährigen Arten 61 = 14,2 auf 100 „ 60 zweijährigen , 670,0 „ 621 ausdauernden , AD 0000 » 260 Sträuchern u. Halb- sträuchern Es ee, „ . 18 Bäumen a ee ie » 491 Unbestimmten DA = #0 0) es „ 1878 Arten LA 208, Aus dieser Zusammenstellung ergibt sich also deut- lich, dass im allgemeinen die einjährigen Arten ein weiteres Verbreitungsgebiet besitzen als die ausdauernden, oder mit andern Worten: Je kürzer die Lebensdauer einer Art ist, um so grösser ist der Teil der Erdoberfläche, der von ihr be- wohnt wird. Es sei hier daran erinnert, dass auch in den andern Pflanzenfamilien, wie den Solaneen, den Borragineen, * den Chenopodiaceen, den trivialen Euphorbien und anderen es gerade die einjährigen Repräsentanten der bezüglichen Familiensind, welche die Rolle der wanderlustigen Ruderal- sewächse übernommen haben. alle Eine andere Seite der Betrachtung zeigt uns nun aber, wie anfangs erwähnt, dass unter den Ruderal- pflanzen gerade die Cruciferen in Bezug auf die grosse Zahl von Arten eine so mächtige, herrvorragende Rolle spielen. Berücksichtigen wir diese Erscheinung, sowie den Umstand, dass ihre Vertreter bereits in verhältnis- mässig kurzer Zeit eine so weite Verbreitung erlangt haben, so können wir uns des Eindrucks nicht erwehren. dass wir in den Cruciferen einen Stamm des Pflanzen- reichs vor uns sehen, der gegenwärtig in mächligem Aufschwung begriffen ist, dass seinen Arten ein grosses Expansionsvermögen zukommt. Wir können dies auch so ausdrücken: In den Cruciferen erkennen wir eine Gruppe von Organismen, deren Arten mit den jelzigen klimatischen Verhällnissen in bestem Einklange stehen ; Arten, deren: Organisation fähig ist, sich leicht ihrer Umgebung anzupassen und so die Konkurren!'en aus dem Felde zu schlagen. Durchgehen wir nun weiter die Mittel dieser Adap- tionsfähigkeit. In der kurzen, einjährigen Lebensdauer haben wir soeben eines derselben besprochen, welches sich eine grosse Zahl von Arten zu Nutze macht. Mit diesem Mittel verknüpft, steht die geringe Kürperfülle, welche vielen einjährigen Cruciferen eigen ist. Ich erinnere an das kleine Alyssum calycınum gegen- über dem stärkeren montanum, hauptsächlich aber im Gegensatz zu den holzigen strauchförmigen Arten der süd- lichen Gegenden, z. B. des spinosum von Granada und halimifolium der Seealpen; an die schmächtige Draba muralis und verna gegen das polsterförmige Aizoides; an die minime Clypeola Jonthlaspi, die dünnleibigen Sisymbrium thalianum, Lepidium ruderale und gramini- folum, die kleine Iberis amara gegenüber den stattlichen Sträuchern an den Gestaden des Mittelmeeres wie semper- — 9392 — virens, semperflorens, Tenoreana etc. Fast alle haben schmale, ungeteilte Stengelblätter, die sie zur Besiedelung zwischen den dicht aufschiessenden langhalmigen Cerea- lien äusserst geeignet erscheinen lassen. Die etwas mehr Raum beanspruchende Blattrosette bleibt auf den Boden beschränkt und ist überdies meist von kurzer Dauer. Von den ackerbewohnenden Üruciferen be- sitzt zwar Sinapis arvensis eine grössere Laubmasse, doch ist mir aufgefallen, dass sich die Pflanze oft auf Brachäckern oder zu einer Zeit entwickelt, wenn die Saaten vom Felde verschwunden sind. Dahin gehört auch die auffallende Erscheinung, dass verschiedene Arten in äusserst reduzierten Indivi- duen auftreten, so z. B. Thlaspi arvense und perfoliatum, die Form praecox der Draba verna, die ja von vielen Laubmoosen an Grösse übertroffen wird. Von Thlaspi arvense fand ich einst am Neudorfer See eine Kolonie dicht gedrängter Individuen, die mit 3 bis 4 Öentimeter Höhe schon in Blüte standen und deren Blätter äusserst klein blieben, so dass man sie für eine ganz andere Pflanze hätte halten mögen. Der Beobachter erhält dann den Eindruck, als eile eine solche Pflanze zur Samenbildung. Dieselbe Empfindung ruft übrigens schon der Blütenstand der meisten Cruciferen hervor, bei denen fast immer die untersten Blüten des Corymbus schon in Frucht stehen, während die Axe nach oben stetsfort noch neue Blütenanlagen erzeugt; ja bei Sisymbrium Irio überragen die heranwachsenden Schoten die jungen Blüten. Sie werden vielleicht einwenden, dass diese redu- zierten Pflanzengestalten nur ein Ausdruck der Stand- ortsverhältnisse seien, was ich gern zugebe, ja bestätige. So sah ich letztes Frühjahr in einem Rebberg, dessen Boden völlig kahl war, wo mithin die Mitbewerbung — 393 — anderer Pflanzen fehlte, Thlaspi perfoliatum in einer Grösse und einem Reichtum von Verzweigung, wie sie sonst nicht angetroffen wird. Dies bestärkt aber nur die Auffassung von dem starken Adaptionsvermögen dieser Pflanzen. Wir finden somit auch bei unsern Cruciferen das Gesetz bestätigt, das besagt: Das durchschnitlliche Verbreitungsgebiet der Arten des Pflanzenreichs ist um so grösser, je kleiner im ganzen die Grösse des Pflanzenleibes ist. So führt uns in den . beiden gefundenen pflanzengeographischen Regeln unsere Betrachtung dahin, dass wir auch im kleinen, d. i. dem organischen Reiche des Lebendigen das durchs ganze Universum herrschende Gesetz von der Erhaltung des Stoffs und der Kraft im Speziellen wieder erfüllt sehen. Setzen wir die Untersuchung darüber fort, durch welche Mittel die Cruciferen sich ihrer Umgebung anzuschmiegen vermögen, so erkennen wir ein weiteres in der Schei- dung, die ihre Arten vollzogen haben und die darin be- steht, dass sie je nach dem Wohnort den hygrophilen oder den xerophilen Typus annehmen. Ausser den aquatilen sind unsere Feld-, Schutt- und Sandpflanzen sämtlich Hygrophyten entsprechend dem durch Niederschläge und Feuchtigkeit hinlänglich mit Wasser versehenen Boden. Am ausgeprägtesten zeigen diesen Charakter die gross- und dünnlaubigen Dentaria- Arten, die Lunarien, die Cardaminen sylvatica und Im- patiens, die Hugueninia tanacetifolia, welche alle den tief- gründigen humusreichen, feuchten Waldboden nie ver- lassen, Dagegen sind die Pflanzen auf den trockenen warmen Felsen teils durch ihre Bekleidung mit Sternhaaren, deren Ausgestaltung für viele Cruciferen typisch ist, ie = wie bei Alyssum und alpinen Draba-Arten, wie tomen- tosa, frigida, incana u. s. f., teils durch die lederartige Konsistenz der Blätter wie Thlaspi montanum, südliche Iberis, Draba aizoides, durch ein xerophiles Gepräge ausgezeichnet, d. h. mit solchen Schutzmitteln versehen, die den Verbrauch des diesen Pflanzen nur knapp zu- gemessenen Wasserquantums herabsetzen sollen. Von den Ruderalpflanzen erweisen sich durch diese Bekleidungsweise nur 2 Arten als Xerophilen: Die filzig- grauen Berteroa incana und Erucastrum incanum und bezeugen somit auch durch ihre Organisation, was wir durch historische Betrachtung gefunden haben, nämlich dass sie Neulinge bei uns sind, die das Kleid ihrer Heimat noch nicht umzuändern in der Lage waren. Übrigens finde ich in Koch die Notiz, dass Berteroa incana an’ schattigen Orten mit spärlicherem Flaum und mit mehr grasgrünem Kraut angetroffen werde, somit doch eine beginnende Akklimatisation bekundet. Eine fernere Eigentümlichkeit bekundend, erscheinen die Cruciferen gegen extreme Temperaturen des Klimas gefeit, besonders gegen grosse Kälte widerstandsfähig. Capsella, Cardamine hirsuta, Draba aizoides und verna, Erucastrum Pollichii beginnen ihre Entwicklung im Winter und oft werden ihre Blüten von Schnee und Frost über- rascht. — Prof. Schimper erzählt von einer Cochlearia fenestralis aus Sibirien, die durch den Frost mitten in der Blüte an der Entwicklung gehemmt, diese unbe- schadet der monatelang andauernden Kisdecke, im folgenden Frühjahr fröhlich fortsetzte, weiter blüte und fruktifizierte. | Durch dieses geringe Bedürfnis für Wärme sind denn die Cruciferen besonders geeignet zur Ansiedlung in den Polarländern und in den kalten Regionen der Hochgebirge, wo sie in beiden Fällen eine grosse Rolle — 39 —. spielen. So sind die Oruciferen in Grönland und Spitz- bergen die artenreichste Familie nach den Gräsern und Scheingräsern. Prof. Schimper entwirft ein anschauliches Bild vom Leben der genügsamen Hungerblümchen, die in 10 verschiedenen Arten auf den Tundren des Taimyr- landes an der äussersten Grenze des Pflanzenlebens ihr kärgliches Dasein fristen, wobei er auch aufmerksam macht, wie rasch die Früchte erscheinen; er sagt: „Ab- hänge, welche kurz vorher mit Schnee bedeckt waren, sind wenige Tage später mit mehreren Blumen ge- ziert; die Entwicklung derselben kann so schnell ge- schehen, dass man bald auch wie bei den Drabae Früchte findet.“ Der Reichtum der Polarländer an Cruciferen ist aus folgenden Tabellen ersichtlich. Es kommen in Spitzbergen auf 74 Phanerogamen 14 Cruc.=19%), im östl. Lappland „402 „= NÉ ern zwischen Ar- changelsku.d.Ural „ 342 , Be 000 Saukda Bärger Insel 271, LEE 9,9975 „ Melvilles Insel „ 67 Be oral, „ Island „402° 5, | 2123,02 9% Granz ähnlich verhält es sich im Hochgebirge, wo nach Heer bis 10,000 Fuss Höhe die Compositen domi- nieren, dann d. h. noch höher wird diese Familie jedoch von den Cruciferen, Gräsern und Saxifragen an Arten- zahl übertroffen. In den eigentlichen Tropen fehlen dann die Cruci- feren, um erst in Südafrika und Südamerika wieder aufzu- tauchen. Über die Regungen und Rückwirkungen des Ge- staltungstriebs der organischen Substanz auf die Aussen- — 996 — welt dürfte uns ferner eine vergleichende Betrachtung der Form der Laubblätter einigen Aufschluss geben. Alle Cruciferen haben einfache, d. h. nicht artı- kulierte Blätter. Bei vielen ist die Blattspreite über- haupt ungeteilt, bei andern jedoch oft in sägeförmige oder fiederspaltige Zacken aufgelöst. Beide Typen sind durch mannigfaltige Übergänge verbunden. Diese Über- gänge treten oft an ein und derselben Art auf, z. B. Capsella, Kernera, Calepina u. v. a. oder aber an ver- schiedenen Arten desselben Genus; in beiden Fällen ruft die Erscheinung den Eindruck hervor, als taste der bildungsfähige Organismus nach derjenigen Form, die ihm am meisten Vorteile biete; allerdings ohne dass uns das Wesentliche bekannt wäre, worin dieser Vorteil liest. Als Beispiel möge Erysimum dienen. Erysimum helveticum ist ganzrandig; die Varietät pumilum für ge- wöhnlich auch, doch finde ich im Herbar einzelne Blätter, die zu jeder Seite einen einzigen winzigen Zahn zeigen; deutlicher und bis zu 4 Zähnen weisen einzelne Blätter der ebenfalls sehr nahe verwandten E. rhaeticum auf, auch ochroleucum hat hie und da und zwar lange Zähne, bis schliesslich im E. carniolicum, das ja demselben Formenkreis angehört, der ganze Rand buchtig gezähnt ist, sodass wir das Blatt schrotsägeförmig heissen. Ein weiteres Propagationsmittel besitzen die Cruci- feren ferners in den zahlreiehen kleinen und daher leicht transportfähigen Samen, die wie schon angedeutet, so rasch zur Reife eilen. Sie ersetzen an Zahl, was ihnen an besondern Flugapparaten abgeht, denn Pappus, Flügel, oder Federkronen fehlen ihnen. Es werden diese vielbesprochenen Einrichtungen oft in Hinsicht auf ihre Wirksamkeit überschätzt. Die so ausgerüsteten Samen sind ja gewiss zur Ausbreitung der — 997 — Art geeignet, doch scheint sich ihre Hilfe mehr auf die nähere Umgebung als auf weite Entfernungeu zu erstrecken. So sind z. B. bei den Compositen Über mehr als 2 Territorien verbreitet von 7565 mit Pappus nur 222 also 2,9%), während | von 993 ohne. Pappus „ 45. , 4,9% also weit der höhere Prozentsatz. | Auch die Ranunculaceen mit nackten Früchten haben mehr Arten einer grossen Verbreitung, als die mit ge- fiederten Schwänzen versehenen (wie Pulsatilla etc.) und zwar im Verhältnis von 7 gegen 59/5. — Für die Erweiterung des Areals wäre es auch vor- teilhaft, wenn die Keimkraft der Samen eine lang an- dauernde ist, um mit der Zeit eintretende für die Kei- mung günstige Umstände abwarten zu können. Wie lange die Cruciferen-Samen keimfähig bleiben, lasse ich dahingestellt; das erwähnte Wiederauftauchen der Calepina nach mehrjährigem Verschwinden würde in dieser Be- ziehung günstig aussagen, dagegen ergaben Versuche, bei denen die Samen von 34 Cruciferenarten nach 15- jähriger Aufbewahrung ausgesät wurden, ein negatives Resultat. Wichtiger und günstiger erscheint mir der Umstand, dass die Cruciferen im Frühling und Vor- sommer bereits die Samen reifen, sodass ihre Ausbildung eine ungeschmälerte und gründliche ist, wodurch der Keimungsakt leicht und schnell von statten geht. Die Energie und Kraft, mit welcher die Cruciferensamen keimen, ist denn auch schon vom Volke wahrgenommen worden, was der Ausspruch des Volksliedes bekundet, wenn es sagt: „Der Liebsten Nam ich säen möcht auf jedes frische Beet, mit Kressensamen, der es schnell ver- — 398 — rät.“ — Die verschiedenen Kressenarten haben wir aber ja gerade als die charakteristischsten Ruderal- und Ad- ventivpflanzen kennen gelernt. Und nun noch einen Blick auf den Ursprung der Arten, wobei ich mich jedoch auf die einjährigen be- schränke; speziell auf die Frage, welches sind die ur- sprünglicheren Formen, die einjährigen oder die peren- nierenden? Denn wenn wir auch die einjährigen als junge Einwanderer erkannten, so bleibt uns doch noch die Prüfung übrig, ob auch ihre Entstehung eine Junge ist, und wenn ja, wo und wann haben sie sich von ihren Stammformen abgegliedert? Christ hat gezeigt, dass unsere Ebenen, nachdem die frühere Flora des Tertiärs durch die Gletscheraus- breitung verdrängt war, bei ihrer Wiedererwärmung hauptsächlich aus dem temperierten Nordasien wieder bevölkert wurden; wogegen an den Küsten des Mittel- meeres die Flora des Tertiärs z. T. erhalten blieb, z. T. auch infolge des neuen Klimas sich mit neuen Typen schmückte. Insofern dürfen wir wohl die strauchigen Iberis-Arten und die holzigen Alyssum wie spinosum, halimifolium als Gebilde betrachten, die aus alter Zeit stammen. Und da könnte man annehmen, dass bei dem Vordringen dieser Pflanzen in unsere nördlichen Gegenden die sich stetig erneuernden Generationen durch Ver- minderung des Volums ein besseres Fortkommen ge- funden hätten und so schliesslich die einjährigen Arten entstanden seien. Allein dieselben Mittelmeerküsten besitzen in den nämlichen Gattungen auch eine grosse Zahl einjähriger Species, so z. B. Iberis die umbellata, divaricata; Alys- sum die Species: maritimum u. s. f.; wir bleiben daher im Zweifel. — BI) Oder liesse sich vielleicht der Frage beikommen durch Veranschlagung der relativen Zeit, die zur Aus- prägung der Arten nötig war? Ich denke an das Genus Draba. Die gelbblühenden Draben vom Typus aizoides erstrecken sich durch sämtliche Gebirge Mittel- und Süd- Europas von den Pyrenäen bis zum Orient. Die Species aizoides selbst ist dabei mit zahlreichen Varietäten ver- treten; aber überdies haben sich vom Haupttypus eine grössere Zahl guter Species abgezweigt, sowohl in horizon- taler als vertikaler Richtung; nämlich: in vertikaler die D. Zahlbruckneri in den höchsten Regionen der Hoch- alpen; in horizontaler die Sauteri in den österreichischen Alpen, die Aizoon in den Balkanstaaten und einige andere in den Bergen des Mediterrangebietes, im ganzen 8 Arten. — Diesen gegenüber haben die annuellen Draben nur 3 Arten aufzuweisen: nämlich die 2 nahverwandten muralis und nemorosa und die verna, welche zwar aller- dings auch einige Varietäten hervorgebracht hat. Müssen wir da nicht annehmen, dass die erstern eines viel längeren Zeitraums bedurften zu ihrer Ausbildung, mithin ihr Ursprung älter ist als der der einjährigen; zumal da jene mindestens pliocäner, vielleicht auch älterer, diese sicherlich erstpostpliocäner Einwanderungangehören? Die Paläontologie gibt uns wenig Auskunft, da sich fast keine Cruciferen fossil erhalten haben. Einzig im Miocän von Öningen sind einige Samen gefunden worden, die von Heer als zu den Gattungen Lepidium und Oly- peola gehörig angesprochen werden. Wenn gleich deren Identifizierung nach Zittel angezweifelt werden kann, so wäre der Befund für die Entscheidung unsrer Frage eher misslich, da diese Genera gerade vorwiegend einjährige Arten aufweisen. Wenn wir nun auch die Schwierigkeit oder Unmög- lichkeit anerkennen müssen, im konkreten Fall den Ur- — 400 — sprung bestimmter Arten angeben zu können, so sei doch darauf hingewiesen, dass die Verjüngung der Cruciferen fast ausschliesslich durch Samen erfolgt. Vegetative Vermehrung kommt bei den einjährigen gar nicht, bei den perennierenden nur selten vor. Einen der wenigen Fälle liefert uns die Dentaria bulbifera, die in den Achseln der Laubblätter Brutzwiebelchen erzeugt, die von der Mutterpflanze losgelöst zu neuen Pflanzen her- anwachsen. Auch einige im Geröll lebende Gebirgs- pflanzen wie Arabis stolonifera und ähnliche mit ver- zweigten Blattrosetten dürften sich auf ungeschlechtlichem Wege vermehren, doch sind das Ausnahmen und Regel bleibt die sexuelle Vermehrung. Nun hat Kerner gezeigt, wie nur auf dem Wege der Befruchtung die Pflanzen fähig sind, neue Arten zu erzeugen, indem nur durch Vererbung neu erworbene Eigenschaften, die der Ausdruck des in Zeit und Raum | veränderten Mediums sind, auf die Nachkommenschaft übertragen werden können. Für den Erfolg der Befruchtung ist aber bekannt- lich die Kreuzung, speziell die Dichogamie, von grossem Einfluss. Die Dichogamie nun ist in der Blütenanlage der Cruciferen strenge durchgeführt, indem sie alle pro- terogyn gebaut sind, da ihre Narbe belegungsfähig ist, bevor die Antheren der gleichen Blüte ihren Pollen aus- bieten. Wir erkennen somit, wie auch schon im Blütenbau Mittel und Wege angebahnt sind zur Erzeugung zweck- entsprechender Nachkommen, mithin zum siegreichen Vordringen dieser Pflanzengruppe. | Nachdem wir so versucht haben, die dominierende Stellung der Cruciferen aus ihrer Gestalt, d. h. den Formen ihrer Organe zu. begreifen, möchte ich diese Charakteristik nicht schliessen, ohne noch kurz an Vor- — 401 — gänge zu erinnern, die zwar unserm Auge verborgen, sich im Innern des Organismus abspielen, für unsere Familie jedoch höchst eigentümlich sind. Es ist dies die Erzeugung der verschiedenen Arten des chemischen Typus Senföl (verschiedene Ester der Sulfocyansäure), welche im Senf, dem Löffelkraut, der Kresse und Brunnen- kresse, dem Rettig und vielen anderen auftreten und wohl für die Ökonomie der Pflanzen selbst, jedenfalls aber für die menschliche von grosser Wichtigkeit sind. Über den Parallelismus der Malmschichten im Juragebirge. Von Ed. Greppir. Mit einer Profiltafel. Die so wichtige Parallelismusfrage der verschiedenen Stufen des Malms im südwestlichen und im nordöstlichen Jura ist in den letzten Jahren durch die Arbeiten von Rollier!) wiederum sehr zur Diskussion gebracht worden. Von jeher war man der Ansicht, dass das Argovien, bestehend aus den 3 Unterstufen : Birmensdorfer-, Effinger-, Geissbergschichten, identisch sei mit dem Oxfordien ; man nahm an, dass das erstere die pelagische Facies des letzteren sei. Der Gesamttypus des Argovien ist in der That demjenigen des Oxfordien sehr ähnlich. In beiden Fällen haben wir zu unterst eine an Individuen überaus reiche Cephalopoden-Fauna. Darüber folgen Thone und Thon- kalke, welche ihrerseits von Schichten überlagert werden, die eine Unmasse von Pholadomyen enthalten. Ihr Verhalten gegen die Erosion ist absolut gleich. Beiden Stufen verdanken wir diese so charakteristischen isocli- nalen Thälchen, die sogenannten Comben. Demgemäss war es gegeben die Birmensdorferschichten mit dem untern Oxford (Renggerithone), die Effinger- schichten mit dem mittleren Oxford (Thurmannischichten) und die Geissbergschichten mit dem obern Oxford (Pho- ladomyenkalk) gleichzustellen. 1) Eglogae geol. Helv. vol. 1--5. — 403 — Die Analogie der Ablagerungen in beiden Regionen setzt sich sogar nach oben noch weiter fort. Über den Geissbergschichten haben wir einerseits die Crenularis- schichten, über den Pholadomyenkalken anderseits die Glypticusschichten (Unteres Rauracien). Crenularis- und Glyptieusschichten enthalten eine Fauna, die einander ausserordentlich ähnlich sieht. Wer je eine grössere Suite von Fossilien vom Hofbergli bei Günsberg ım Solothurner Jura und vom Fringeli im Berner Jura gesehen hat, wird. sofort geneigt sein die Schichten, aus welchen dieselben stammen, für gleich alt zu erklären. Crenularis- und Glypticusschichten sind wiederum von mächtigen corallogenen Sedimenten gedeckt, die einander täuschend ähnlich sind. Es sind dies im süd- östlichen Jura die St. Verena- oder Wangenerschichten, im westlichen Jura der eigentliche Korallenkalk oder das Rauracien supérieur. Beiliegendes Schema giebt ein ungefähres Bild über den Parallelismus der Malmschichten, wie dieser bis anfangs der 70er Jahre ausnahmslos von den schweize- rischen Jurageologen angenommen wurde. Berner Jura Aargauer und Solothurner Jura Korallenkalk St. Verena oder Wangener- schichten Glypticusschichten Crenularisschichten Pholadomyenkalke Geissbergschichten Thurmannischichten Effingerschichten Renggerithone Birmensdorferschichten Bereits schon im Laufe der 60er Jahre machte indessen mein Vater eine ganze Reihe von Beobach- tungen, die mit dem obgenannten Parallelismus nicht übereinstimmen. — 404 — Einige dieser Beobachtungen, die in seinem Werke „Description géologique du Jura bernois“ aufgezeichnet sind, lauten : 1. Der Korallenkalk nimmt in südlicher Richtung an Mächtigkeit ab und verliert vollständig seine ae graphische Beschaffenheit. 2. Die Pholadomyenkalke vom Pichoux (Geissberg- schichten) sind jünger, als diejenigen des obern Oxford mit Pholadomya exaltata und sind vielleicht die pela- gische Facies der Glypticusschichten. 3. Bei Envelier, Elay etc. (Grenzregion zwischen beiden Gebieten) sind typische Fossilien der Glypticus- schichten gemischt mit solchen des Sequans. 4. Die Lokalität von Hochwald mit den hübschen Brachiopoden (Megerlea, Dictyothyris) gehört dem Cal- caire à Scyphies inférieur an, d. h. den Birmensdorfer- schichten. 5. Die St. Verenaschichten oder Wangenerschichten gehen nicht in den Korallenkalk über, sondern sind viel jünger; sie sind identisch mit dem obern Sequan. Die vier erstgenannten wichtigen Beobachtungen hat mein Vater nicht näher untersucht. Den Parallelis- mus indessen der St. Verenaschichten mit den obern Sequansehichten hat er mit aller Schärfe präzisiert. Diese Anschauung fand lange Zeit keinen Anklang, heute wird sie allgemein als richtig anerkannt. Gegen Mitte der 70er Jahre hat Choffat die Parallelismusfrage wieder aufgenommen. Dieser Forscher verfolgte das Argovien in nordwestlicher Richtung und kam zum Schlusse, dass die Birmensdorferschichten in der Zwischenzone unzweifelhaft Beziehung haben mit den Renggerithonen, dass aber, gegen den Berner Jura hin, die Birmensdorferschichten die Oxfordschichten überlagern, und zwar zuerst die Renggerithone, dann succesive die — 405 — mittlern und obern Partien des Oxfordien, um sich end- lich an gewissen Stellen sogar mit den Glyptieusschichten zu fusionieren. Da Choffat den von ihm konstatierten Übergang der Birmensdorferschichten in die Glypticusschichten als Ausnahmefall betrachtete, hielt er daran fest, dass das Argovien das Aquivalent des Oxfordien sei und erklärte sich diese sonderbare Überlagerung des Oxfordien durch das Argovien durch Schwankungen in der Meerestiefe. Die Birmensdorferschichten mit ihren vielen Schwämmen sind typische Tiefseebildungen. Durch Senkung des Meeresbodens im nordwestlichen Jura konnte sich die pelagische Facies der Birmensdorfer- schichten in dieser Richtung ausdehnen und successive die sich inzwischen bildenden Sedimente des Oxfordien überlagern. Im Aargauer und im Solothurner Jura haben wir jedoch über dem Argovien die Crenularis- und St. Verena- schichten, die corallogener Natur sind. Da Choffat die- selben für identisch hielt mit den Glypticusschichten und dem Korallenkalk, so musste er, um ihr Dasein im süd- östlichen Jura zu erklären, am Ende des Oxfordien sofort wieder eine weit in dieser Richtung sich er- streckende Hebung annehmen. Gut vertraut mit der Litteratur betreffs dieser Parallelismusfrage hat nun Roilier in den 80er Jahren die diesbezüglichen Untersuchungen fortgesetzt. Ganz besonders waren es drei Punkte, die noch aufgeklärt werden mussten. 1. Da, wie Choffat gezeigt, die Birmensdorferschichten sich mit den Glypticusschichten mischen, wie verhalten sich beziehungsweise die darüberliegenden Eftinger- und (reisshergschichten ? 26 — . 406 — 2. Ist es thatsächlich richtig, dass die Birmensdorfer- schichten dennoch Beziehung haben mit den Renggeri- thonen, oder ist das Argovien überhaupt nicht jünger, als das Oxfordien? Handelt es sich hier nicht eher um eine bedeutende Transgression des Argovien über die Oxford- sedimente ? 3. Wenn dies der Fall ist, was wird aus dem Oxfordien in südöstlicher Richtung, also im Aargauer und im Solothurner Jura? Im Laufe seiner Untersuchungen wies Rollier nach, dass der Korallenkalk nicht, wie es mein Vater ange- nommen hatte, in südöstlicher Richtung allmählich an Mächtigkeit abnimmt und in den südlichen Ketten nur schwer zu erkennen ist, sondern dass diese kreideweissen Kalke, die eine Unmasse von Korallen einschliessen und beinahe aus reinem kohlensaurem Kalk zusammen- gesetzt sind, gegen Südosten durch Aufnahme von Thon nach und nach eine gelbliche Farbe annehmen, die Schichtung des ganzen Komplexes besser hervortritt, Mergelablagerungen sich einschalten und die Farbe immer dunkler wird. Die Korallen verschwinden, an ihrer Stelle treten Cephalopoden (grosse Perisphincten) auf; ferner Zweischaler, ganz besonders Pholadomyen. Dieser so stark veränderte Korallenkalk ist aber nichts anders, als die Effinger- und die Geissbergschichten zusammen. Das Argovien wäre somit nicht die pelagische Facies des Oxfordien, sondern der Glypticusschichten und des Korallenkalkes, d. h. des Rauracien. Die Crenularisschichten haben dann naturgemäss mit den Glypticusschichten nichts mehr zu thun, diese gehören dem untern Sequanien, die Wangenerschichten dem obern Sequanien an. Die zweite Beobachtung meines Vaters ist somit ganz richtig. Die Pholadomyenkalke vom Pichoux sind in der That jünger, als diejenigen vom Fringeli mit Pholadonya exaltata, da sie sich, allerdings nicht wie mein Vater glaubte, mit dem untern, sondern sogar mit dem obern Rauracien verschmelzen. Wir müssen uns auch nicht wundern, dass wir in den Crenularisschichten typische Sequanfossilien finden; sie gehören ja dem Sequanien an. Die Lösung des ersten Problems bedingt aber die Lösung des zweiten. Es war Rollier thatsächlich nicht möglich auch nur eine Lokalität aufzufinden, in welcher ein direkter Übergang des Argovien in das Oxfordien zu konstatieren war. Um die dritte Frage zu beantworten stösst man schon auf grössere Schwierigkeiten. Das Oxfordien mit seiner mergeligen Beschaffenheit ist meistens mit einer üppigen Vegetation überwachsen. Die Aufschlüsse sind nicht häufig; es ist deshalb schwierig seine horizontale Ausdehnung zu verfolgen. Im Aargauer und Solothurner Jura finden wir, aller- dings nichtüberall, zwischen dem obern Callovien (Athleta- schichten) und den Birmensdorferschichten eine meistens sehr dünne, stark eisenschüssige, okergelbe Schicht, im welcher Cardioceras cordatum ausserordentlich häufig ist. Neben dieser Art finden sich aber andere Cephalopoden, die, wie erstgenannter, für's Oxfordien leitend sind. Diese Schicht betrachtet nun Rollier als Vertreter des Oxfordien, Die im Berner Jura 80 Meter mächtigen Sedimente reduzieren sich gegen Südosten schnell und verschwinden teilweise oder ganz im Aargauer und im Solothurner Jura, Da diese Gesamtanschauung so grundverschieden ist von dem, was die Altmeister der Jurageologie gelehrt, — 405 — muss man sich nicht wundern, dass diese neue Theorie auf grossen Widersand stiess. In meiner Arbeit über die Fauna der St. Verena- schichten!) habe ich die Crenularisschichten mit dem obern Rauracien und ganz besonders mit der Echinidenschicht von Seewen, die darüber liest, parallelisiert. Damals konnte ich mir noch kein richtiges Urteil bilden betreffs des Übergangs des Argovien ins Rauracien. Auch schien mir die ausserordentlich schnelle Reduktion des Oxfords gegen Süden sehr zweifelhaft. Bei Seewen hat diese Stufe immer noch 50 Meter Mächtigkeit. Bei Reigoldswil aber, kaum vier Kilometer davon entfernt, liegt das Ar- govien direkt auf dem obern Callovien, von Oxford- schichten ist nichts mehr zu sehen. Ich schloss mich im Prinzipe der Anschauung von Choffat an. Seither habe ich mir alle Mühe gegeben die Unter- suchungen von Rollier zu kontrollieren und muss ge- stehen, dass ich dieselben als richtig anerkenne. Die Umgebungen von Büren und Seewen sind für die Lösung der Frage sehr geeignet. Die Echiniden- schicht, die südlich Seewen in einem Steinbruche schön aufgeschlossen ist und die mein Vater für Glypticus- schichten hielt, ist sogar entscheidend. Die Echinidenschicht bildet an der typischen Loka- lität die Basis der Crenularisschichten, die dort nicht zu verkennen sind. Diese Echinidenschicht liegt aber bei der Kirche von Seewen über dem Korallenkalk. wie wir ihn im Basler und Berner Jura vorfinden. Im Stein- bruche aber treffen wir unter der Echinidenschicht keinen Korallenkalk mehr, sondern Geissbergschichten mit Phola- domyen und grosse Perisphincten. Darunter folgt der ganze Komplex der Effingerschichten. Diese letzteren 1) Abhandlungen der schweiz. palaeont. Gesellsch., Bd. XX. 1893. — 409 — sind an der Strasse, längs dem Basler Weier schön aufgeschlossen. Wie man sieht, ist der Übergang des Rauracien ins Argovien dort sehr klar und geht merkwürdig schnell vor sich. Wie bereits erwähnt, ist das Oxfordien bei Seewen noch mächtig; sogar zwei Kilometer südlich von Seewen bei Gaushard haben wir eine breite Oxfordcembe. Die Renggerithone sind ebenfalls gut entwickelt. Am Südende des Basler Weiers habe ich selbst vor vielen Jahren verkieste Ammoniten gesammelt. Über die Renggerithone folgen die Thurmannischichten mit den bekannten Chailles, in denen Cardioceras cordatum recht häufig ist. Diese mittlere Partie des Oxfords wurde vor wenigen Jahren in der Nähe von Unterackert, süd- westlich Seewen, beim Anlegen eines Weges gut entblösst. Sie mag dort wohl noch 50 Meter mächtig sein. Im ganzen Gebiete ist das Oxfordien stets vom Argovien überlagert. Mein Vater hatte ganz recht, die bereits erwähnte Lokalität von Hochwald zu den Birmensdorferschichten zu rechnen. Er ging allerdings zu weit. Die blauen Letten, auf denen die gelblich sandigen Mergeln mit Megerlea, Dietyothyris und die ganze Schar der Echiniden der Glypticusschichten liegen, gehören dem Oxford an: Cardioceras cordatum, Rhynchonella Thurmanni, Milleri- crinus echinutus u. s. w. sind dort häufig. Nur die eben- erwähnten Mergel und Mergelkalke sind Birmensdorfer- schichten, aber auch Glypticusschichten. Wir haben hier eine Mischung beider Facies. Aus dem Gesagten geht hervor, dass wir es ohne Zweifel mit grossartigen Erscheinungen zu thun haben, die zum Aufstellen von allen möglichen und un- möglichen Hypothesen Anlass geben können. — 40 — Der Facieswechsel des Rauracien gegen Süden ist ja leicht denkbar, wenn wir eine Zunahme der Meeres- tiefe in dieser Richtung annehmen. Da der Wechsel - ausserordentlich schnell vor sich geht, ist es nicht unmöglich, dass der Übergang zur Tiefsee ein sehr rascher war. Diese Auffassung stimmt übrigens mit Thatsachen überein. Sondierungen haben gezeigt, dass Kontinente von einem Gürtel wenig tiefer Seen umgeben sind, da- rüber hinaus folgt eine stark geneigte Fläche, die zur Tief- see führt. Als Kontinent können wir in diesem Falle Schwarzwald und Vogesen annehmen, die zur mittleren Juraperiode bereits aus dem Meere hervorragten. Auf dem Gürtel siedelten sich die Korallen an und mit ihnen die vielen schönen Gastropoden und Bivalven. Auf der geneigten Fläche haben wir den Facieswechsel zu suchen, es folgt dann Tiefsee mit seinen charakteri- stischen Bewohnern. In dieser Beziehung möchte ich ganz besonders aufmerksam machen auf die im Jahre 1843 erschienene Arbeitvon dem berühinten Geologen d’Archiac: „Note sur les formations diles pelagiques, et sur la profondeur à laquelle ont dû se déposer les couches de sédiment.“ (Bulletin de la société géologique de France, tome XIV, p. >17): | Betreffs der Reduktion des Oxfordien könnte man auch hier die fürs Rauracien besprochene Hypothese anwenden, mit dem Unterschiede allerdings, dass sich in der Tiefseeregion wenige oder beinahe keine Sedimente gebildet hätten. Ich glaube indessen eher annehmen zu dürfen, dass sich das Oxfordien weit gegen Süden mit seiner vollen Mächtigkeit ausgedehnt hat. Infolge einer Hebung im südlichen Gebiete konnte der Fall eintreten, dass die Oxfordsedimente nur noch wenig überflutet oder gar — AÎl — stellenweise trocken gelegt wurden und nach und nach entweder submarin oder durch die Atmosphaerilien der Erosion anheim fielen. Wir kennen Erscheinungen, die zu einer solchen An- nahme berechtigen. Die Cordatusschichten, die, wie wir gesehen haben, das Oxfordien repräsentieren, haben im Aargauer, Solothurner, Neuenburger Jura etc. eine sehr verschiedene Mächtigkeit. Im günstigsten Falle über- steigen sie kaum einen Meter. Meistens handelt es sich blos um wenige Centimeter. Vielerorts fehlen sie ganz, die Birmensdorferschichten ruhen direktaufdem Callovien, dem selbst oft seine obern Abteilungen fehlen. Ferner konstatieren wir in gewissen Lokalitäten, so bei Herznach, dass in ein und demselben Block Cepha- lopoden der Athletaschichten, der Cordatusschichten, ja der Birmensdorferschichten beisammenliegen. Durch die Brandung wurde der Meeresgrund aufgewühlt und Sedi- mente verschiedenen Alters zusammengewürfelt, wie dies heutzutage an der Küste der Normandie beobachtet werden kann. Die besprochenen Fortschritte der Stratigraphie der Juraformation werden begreiflicherweise grosse Ände- rungen in mancher Beziehung mit sich bringen. Ich möchte nur auf die geologischen Karten hinweisen. Überall sind Argovien und Oxfordien mit der gleichen Farbe bezeichnet. Rollier hat indessen bereits schon einige geologisch kolorierte Siegfried-Blätter publiziert!), in denen das Argovien die Farbe erhalten hat, die ihm infolge seiner Lage gehört. !) Beiträge zur geolog. Karte der Schweiz. 38. Lieferung. 1898. Der Nestling von Rhinochetus jubatus. Von Prof. Rud. Burckhardt. Im Jahre 1860 veröffentlichten die französischen Ornithologen Verreaux und Des Murs ein Verzeichnis neucaledonischer Vögel, in welchem unter anderm auch ein vorher unbekannter Stelzvogel figurierte, den die Eingeborenen jener Insel Kagu nennen und dem die Autoren den Namen Rhinochetus jubatus beilegten. Der Gattungsname war gewählt worden wegen eines eigentümlichen Merkmales, das leicht in die Augen springt. Die Nasenöffnung des Kagu ist nämlich über- deckt mit einem harten von der Hornhaut des Schnabels entspringenden längs verlaufenden Deckel oder Waulst. Der Artname wurde dem aufrichtbaren Schopfe ent- nommen, welcher das Hinterhaupt dieses Vogels ziert. Eine nach dem Urteil aller spätern Autoren unzurei- chende Abbildung begleitete die Beschreibung seines Äussern, die also lautet: „Der ganze Vogel ist von schön aschgrauer Farbe, welche rein ist auf Kopf, Schopf und Hals, Brust und Bauch, welche aber an Schultern und Rücken ins Bräunliche sticht. Alle Flügel- und Schwanzfedern sind grau und gelb gesprenkelt oder vielmehr geschlängelt. Die grossen Schwingen sind an ihrem Ursprunge weiss geschlängelt bis auf ein Drittel ihrer Länge, ausserdem schwarz und braun gebändert, im zweiten Drittel schwarz gesprenkelt und im letzten mit zwei alternierenden schwarz und weissen Bändern versehen, Die Seiten sind leicht graubraun mit einem dunkleren Tone derselben Farbe gebändert.* Beizufügen ist, dass die Beckengegend mit chokoladebraunem Gefieder be- deckt ist. Die Höhe des Vogels beträgt etwa 60 cm. Die Autoren waren der Ansicht, dass der Kagu einen nächsten Verwandten in einem südamerikanischen Nacht- reiher, Tigrisoma, habe. Nachdem einmal die Aufmerk- samkeit auf diesen Vogel gelenkt war, wurden verschie- dene Versuche gemacht, ihn lebend zu transportieren und wissenschaftlich zu verwerten, So wurde ein Exem- plar 1860 durch einen französischen Arzt nach Sidney gebracht und ging im dortigen zoologischen Garten bald ein. Benett schildert seine Lebensweise und vergleicht sie mit der Wekaralle. Dabei kommt er zu dem Schluss, dass der Kagu eine Zwischenform zwischen Kranichen und Rallen sei. 1862 ergänzten Verreaux und Des Murs ihre Beobachtungen. Die Iris des Kagu sei rosarot, das Auge sehr gross und schön. Er sei in der Umgebung von Port-de-France (Nouméa) allein zu finden, lebe bei Tage in dichtem Gestrüpp und laufe nachts an den Meeresufern umher, wo er Krebschen und Insekten suche. Er laufe mit grosser Geschwindigkeit, wobei ihn die Flügel unterstützten, die ihm sonst nicht zum Fluge dienen können. Damit stehe in Verbindung die Klein- heit des Brustbeins und des Schultergürtels überhaupt, den die Autoren als einen der wichtigsten Teile des Skeletts ausführlicher beschreiben. „Gereizt, so fahren sie fort, breitet der Kagu seine Flügel aus und ist dann einer der schönsten Vögel.“ Am Brustbein machen sie auf die geringe Höhe des Kammes aufmerksam und auf die parallelogrammatische Form des Schildes, wodurch. der Kagu innerhalb der Reiher einzig dastehe und nur mit dem Trompetenvogel (Psophia) aus der Reihe der Kraniche übereinstimme. Schon im selben Jahre war ein Exemplar des Kagu in den zoologischen Garten zu London gebracht werden und gab dem Director Bart- lett Anlass zu einer Mitteilung, worin er hervorhob, dass Rhinochetus auf den ersten Blick an andere Wald- vogelgattungen (Eurypyga, Oedicnemus, Cariama, Pso- phia, Nycticorax, Scopus) erinnere. Seine Bewegungen sind lebhaft, ganz verschieden von den „chamaeleonar- tigen“ der Reiher. Dennoch ist er er zu diesen zu zählen. Er jagt gerne die andern Vögel, ist sehr spiel- lustig, steckt den Schnabel in den Sand und führt tolle Tänze auf. Dann sucht er wiederum Schnecken und Würmer, verschmäht aber auch Brod nicht. Die Puder- dunen sind bei Rhinochetus sehr ausgedehnt. Die Ähn- lichkeit seiner Flügelzeichnung und die Lebensgewohn- heiten lassen ihn mit den Sonnenreihern (Enrypyga) näher verwandt erscheinen, als mit irgend einem andern Vogel. In demselben Jahre erhielt Benetf wiederum ein Paar Kagus, von denen der eine grösser war, als der andere. Er stellt fest, dass der als „Buschkagu“ bezeichnete, grössere, das Weibchen, der als „Graskagu“ bezeichnete, kleinere, das Männchen ist. Nest und Eier seien unbekannt, doch habe ihm Mr. F. Joubert ver- sprochen, solche zu beschaffen. Endlich gibt auch noch Jouan 1863 eine Schilderung des Kagu, worin er diesen als Bewohner der farnkrautbewachsenen Plateaus längst des Meeres schildert. Er mache sich nützlich durch Vertilgung grosser Heuschrecken, sei sehr fressgierig, in Gefangenschaft mit rohem Fleisch zu füttern. Er sei ein sehr zartes Wild und werde, wie übrigens auch schon Benett angibt, von den Eingebornen des Fleisches wegen eifrig verfolgt. Er lebe solitär, vereinige sich aber um Sonnenaufgang zu Trupps, welche ein gebellähnliches .— 415 — Greschrei verfübren, als ob eine Meute junger Hunde in der Nähe wäre. Die Iris sei braun, die Füsse und der Schnabel nicht blos gelb, sondern im frischen Zu- stand orangerot. Auf diese Periode der Entdeckung und der ersten Beschreibung dieses Vogels, folgte eine zweite, in welcher die Beobachtungen über die Lebensweise kaum eine nennenswerte Erweiterung erfuhren. Nur das Ei wurde 1867 von Bartleit nach einem im zoologischen Garten zu London abeelesten beschrieben und abgebildet und machte Bartlelt in Verbindung mit den Beobachtungen am lebenden Tiere den Eindruck, dass Rhinochetus näher mit den Kranichen verwandt sei als mit den Reihern. Jetzt gelangten wiederholt Exemplare des Kagu lebend nach Europa und wurden Gegenstand mannigfacher, wenn auch bis jetzt keineswegs erschöpfender, anatomi- scher Untersuchungen, die sich über die Jahre 1864 bis 1891 erstrecken, und welche sowohl selbständigen Spekulationen zur Unterlage dienten, als auch von den grossen Klassifikationen verwertet wurden. Dem Gefieder und seiner Stellung galten die Untersuchungen von Murie und Forbes; doch verlegte sich ersterer so aus- schliesslich auf das Studium der Puderdunen, das seine Arbeit kein wesentliches Resultat ausser der Feststel- lung der Puderdunenflecke zeitigte; nicht einmal die Beziehungen dieser Bildungen zu der übrigen Pterylose wurden erörtert. Forbes bezeichnete die Pterylographie von Rhinochetus als ein Desiderat, dem er infolge man- gelhaften Materials nicht nachkommen könne. Die Ein- geweide stellt Murie dar, den Kehlkopf später Beddard. Die Muskulatur wurde von letzterem und von Garrod untersucht, welchem es nur darauf ankam, seine Formel für die Oberschenkelmuskeln festzustellen. Die Osteo- logie in ihrem ganzen Umfange beschäftigte zuerst W. — 46 — K. Parker, doch dürfte sich auch hier ein Vergleich lohnen zwischen Rhinochetus und allen verwandten For- men, die nicht von Parker herangezogen wurden. Das Nervensystem ist bis jetzt noch nicht untersucht. Neben diesen anatomischen Bemühungen gehen her die Versuche der Systematiker, Rhinochetus seinen Platz im System anzuweisen. Für diesen vielfach diskutierten Punkt verweise ich auf die drei umfassendsten neueren Quellen: 1. das Werk von Fürbringer, worin die Rhino- chetidae mit den Eurypygidae einerseits und den Aptor- nithidae anderseits die Eurypygae bilden, denen die Grues (Gruidae, Psophiidae, Cariamidae) parallel gestellt und mit ihnen zu der grösseren Gruppe der Gruiformes vereinigt sind. 2. @Gadow’s Bearbeitung von Dronns Klassen und Ordnungen, worin die Gruiformes einfach in Familien eingeteilt sind, Aptornis aber zu den Rallen gestellt wird. 3. Sharpes Katalog, worin nach Sclaters, Vorgang, als Alectorides vereinigt werden die Aramidae | Eurypygidae, Mesitidae, Rhinochetidae, Gruidae, Psophil- dae, Cariamidae, Otididae. Für die übrigen systema- tischen Versuche vergleiche man die interessante Zu- sammenstellung der Vogelsysteme bei Gadom. In diesem Dezennium ist keine Erweiterung unserer Kenntnisse der Rhinochetiden erfolgt, obschon stets noch mehrfach Exemplare in zoologische Gärten gekommen sind. Es mag dies damit zusammenhängen, dass den Anatomen das Tier überhaupt kaum bekannt ist und Vogelanatomie doch vorwiegend nur im Dienste der zoologischen Systematik getrieben wird. Für diesen Zweck aber konnte die Stellung von Rhinochetus als gesichert gelten und umfassendere Untersuchungen schienen sich nicht zu lohnen ; insbesondere mussten sie Gelehrten, die an Museen sind, als zeitraubend und wenig einträglich erscheinen, ausserdem erfordern sie — 41 — anatomische Kenntnisse, die vom Museumszoologen nicht verlangt werden können. Eine Beleuchtung dieses Sach- verhaltes würde nicht erforderlich sein, wenn es sich hier bloss um einen beliebigen Vogel handeln würde. Aber Rhinochetus ist im jeder Beziehung eine „rara avis“ und läuft Gefahr auszusterben, ohne dass wir auch nur dafür gesorgt hätten, das was an ihm zu erkennen ist, festzustellen. Er nimmt nicht nur geographisch und senealogisch eine höchst eigentümliche Stellung ein, sondern auch physiologisch, da er mit seiner beginnen- den Fluglosigkeit und den entsprechenden anatomischen Folgen uns eine Zwischenstufe veranschaulicht zwischen den gänzlich fluglosen und den fliegenden Vögeln. Da- mit bildet er eine Parallele zu so vielen Vögeln, die rasch nach dem Zusammentreffen mit dem Menschen ausgestorben sind, wie das rote Huhn von Mauritius und die Kampfralle (Erythromachus Leguati) von Ro- driguez, nachdem sie in insularer Abgeschlossenheit sich lange Zeit erhalten hatten. Ja noch mehr; es sind uns eine Reihe ähnlicher Vögel nur noch aus dem Skelett bekannt (Diaphorapteryx Hawkinsi, Fulica Newtoni, Pa- laeolimnas et Nesolimnas). Wie sollen wir solche Skelette bei genauerem Studium dereinst beurteilen, wenn wir bei der letzten Art, welche noch das Zeitalter der exakteren Technik erreicht hat, leichtsinnig genug gewesen sind, die dokumentarische Festlegung ihrer Organisation zu versäumen? Gadow hat lebhaft bedauert, dass bisher das Nest- junge von Rhinochetus noch nicht bekannt sei; von Sharpe ist dieses Faktum auch im Katalog des Briti- schen Museums registriert worden. Was also 1862 Mr. Joubert versprochen hatte, war nicht in Erfüllung gegangen. — 45 — Es ist daher als ein überaus wertvolles Ereignis für die Kenntnis dieser sonderbaren Vogelfamilie zu be- grüssen, dass im Herbst 1899 ein solcher Nestling von Rhinochetus an das Naturhistorische Museum von Basel gelangt ist und zwar durch Herrn Benjan.in Amstein in Nouméa, welcher das Objekt seinem Bruder, Herrn Redaktor Fritz Amslein in Basel übersandte, mit dem Vermerk, es sei ein seltener Vogel, namens Cagou. Be- gleitet war der in Spiritus gut konservierte Nestling von einem ausgeblasenen Ei, das als zu ihm gehörend be- zeichnet war. Das seltene Objekt wurde daher von Herrn Dr. Frilz Sarasin, dem Vorsteher der zoologi- schen Sammlung des hiesigen naturhistorischen Museums, mir zur Bearbeitung übergeben, nachdem er festgestellt hatte, dass das Ei mit dem von Bartlelt abgebildeten übereinstimme, dass die Bedeckung der Nasenöffnung die Zugehörigkeit «dieses Nestlings zu Rhinochetus do- kumentiere und dass endlich der Nestling überhaupt bisher wissenschaftlich unbekannt sei. Meine erste Sorge war, den Gegenstand so frucht- bringend als möglich zu verarbeiten. Das konnte freilich nur insoweit geschehen, als es die Zwecke des Museums, das Tier ganz zu erhalten, zuliessen. Ohne Schaden liess es sich trocknen bis zu dem Punkte, wo die Fär- bung des Nestkleides zu voller Geltung kam. Die Feder- fluren und Raine waren schon in halb trockenem Zu- stande leicht abzulesen. Für das Skelettsystem be- schloss ich die Radiographie zu Hilfe zu ziehen. Dazu fand sich Herr W. Meyer, Verwalter am Basler Bürger- spital bereit, der mir verschiedene Aufnahmen anfertigte, die das Skelett grossenteils zur Darstellung brachten. Die grosse Seltenheit schon des erwachsenen Kagu, dessen ich zum Vergleich bedurfte, veranlasste mich, an den seither verstorbenen Direktor des Naturhistori- — ii — schen Museums am Jardin des Plantes, Herrn A. Milne-Edwards mich zu wenden. Er übermittelte meine Bitte dem Vorsteher der Abteilung für Säugetiere und Vögel, Hrn. Æ. Oustalet, der mir in zuvorkommender Weise einen erwachsenen Kagu, freilich teilweise ent- häutet und anatomiert zusandte. Was zunächst den Hauptpunkt betrifft, die Zuge- hörigkeit dieses Nestlings zı Rhinochetus, so würde die Bedeckung der Nasenöffnung genügen, die Angabe des Donators, das Geschöpf sei ein junger Kagu ausser Zweifel zu setzen. Ich will aber gleich beifügen, dass weitere Bestätigung aus foleenden Thatsachen hervor- geht: Der Nestling hat genau dieselbe Zahl von Hals- wirbeln, wie der erwachsene Kagu, nämlich 16, ferner genau dieselbe Zahl von Hornschuppen auf Lauf und Zehen, seine Färbung enthält Elemente, die im Kleide sowohl des Erwachsenen wiederkehren, als auch im Nestkleide der Kraniche im weitesten Sinne des Wor- tes, Sodann stimmt die Stellung der Federn auf der Haut, die Pterylose, mit der des Erwachsenen überein, soweit sich aus den unvollständigen Angaben über letz- teren ergibt. Seiner äussern Erscheinung nach ist der Nestling von Rhinochetus auffallend durch die prächtige Färbung des Gefieders; das hat wohl auch zu seiner Entdeckung geführt. Im Vergleich zu dem begleitenden Ei erscheint er sehr gross, doch fällt hiebei ins Gewicht, dass die grosse Masse seiner äussern Formen von dem Dunen- kleide ausgefüllt wird, während er, das Dunenkleid ab- gerechnet, ein sehr schlankes Geschöpf ist. Seine Höhe misst bei aufrechter Stellung ca. 16 cm. Dass er das Ei noch nicht lange konnte verlassen haben, darauf deutet die Anwesenheit zweier Eizähne, sowie die eben vertrockneten Reste des Dottergangs. Dem Flaumkleide hafteten noch Spuren grauen Lehms an, welche wohl darauf zurückzuführen sind, dass das Nest auf lehmigem Urwaldboden, vielleicht auch auf einem mit Lehm aus- sefütterten Baumstrunk, ähnlich wie beim südamerika- Nestling von Rhinochetus jubatus in halber natürlicher Grösse. nischen Sonnenreiher kann errichtet werden. Über das postembryonale Leben von Rhinochetus sind wir nicht unterrichtet, doch ist anzunehmen, dass, wenn auch der Nestling vielleicht die ersten Tage auf dem Nest zu- — 421 — bringt, er doch wohl bald ausgeführt wird und beweg- lich ist. Er gehört also jedenfalls zu den Nestflüchtern. Sein Jugendleben spielt sich wohl in feuchtem und dunklem Urwaldgebüsch ab, wie schon die dunklen Far- ben und die auf weichen Untergrund berechneten Füsse des Nestlings andeuten. Der Schnabel ist eines der hauptsächlichsten Merk- male, wodurch sich der Nestling vom Erwachsenen un- terscheidet. Beim Erwachsenen von rundlichem Quer- schnitt, ist er beim Nestling stark seitlich komprimiert. Die Hornbekleidung des Unterschnabels, welche beim Erwachsenen auf 3,7 cm. hin in der Mittellinie ver- wachsen ist, ist hier in der Mittellinie bloss erst 6,5 mm. lang. Der Kontour des Unterschnabels beim Erwach- senen concav, ist hier convex. Die Hornlippe des Nasen- lochs ist noch eine weiche und biegsame Haut, welcher übrigens eine untere verdeckte Hornlippe des Nasenlochs parallel läuft. Am vordern Ende des Oberschnabels findet sich eine weiss gefärbte Eischwiele, ausserdem eine embryonale Hornverdickung auch an der Unter- schnabelspitze, die als untere Eischwiele zu deuten ist. Hr. Gottlieb Imhof hat auch bei Krähennestlingen eine Eischwiele des Unterschnabels gesehen und macht mich darauf aufmerksam, dass dieselbe auch vom Strandläufer bekannt ist. (Vergl. W. Marshall, der Bau der Vögel.) Ist der Schnabel beim Erwachsenen, wie auch die Fuss- bekleidung orangerot, so zeigt er beim Nestling eine un- regelmässige Streifung von ockergelben und sepiabraunen Tönen. Am zweiten Finger der Hand besitzt der Nestling eine schneckenartig gedrehte Klaue, die später ver- loren geht, Die Fussbekleidung wird unter der Mitte des Un- terschenkels häutig und ist von Quer- und Längsfurchen 27 — 422 — durchzogen. Schuppenartige Wärzchen überziehen die .Gelenkhöcker der Tibia. Die Schuppen des Laufs bilden auf der Vorderseite eine kontinuierliche Reihe, welche auf die Mittelzehe direkt fortsetzt und bis zur End- phalange derselben 38 Elemente zählt, von denen etwa 18 auf den Lauf selbst entfallen. An der ersten Zehe zähle ich 10, an der zweiten Zehe 17, an der vierten 16 Schuppen. Diese Zahlen stimmen mit denen des erwachsenen Rhinochetus vollständig überein. Die ganze Unterseite des Fusses ist mit feinen polygonalen Wärz- chen bedeckt. Auf der Rückseite des Laufs aber ver- läuft eine Reihe von 11 wohlumgrenzten Schuppen. Die Farbe ist bis unter das Tibiotarsalgelenk weiss, beim lebenden wohl rosa, von da beginnt ein Sepiabraun, das nach den Zehenspitzen hin zunimmt. Die Unterseite des Fusses ist schwarzbraun. Die Zehen tragen seit- lich komprimierte Klauen. Das dichte Federkleid des Nestlings wird aus sog. doldenförmigen Dunen gebildet, die mit 15—25 Strahlen versehen sind, und in ganz verschiedener Entfaltung angetroffen werden. Ausser den kleinen den Kopf bedeckenden Dunen erreichen sie meist eine Länge von 1—2 cm. Neben diesen kommen Dunen von ähnlicher (restalt, aber geringerer Strahlenzahl und von nur 6—3 mm. Länge vor. Erstere sind in ihrer Farbe überaus mannigfaltig, nicht nur, dass eine Dune anders gefärbt wäre als die andere, auch ein und dieselbe kann meh- rere Farben auf verschiedener Höhe ihrer Strahlen auf- weisen. Die kleinen Dunen aber sind stets gleichfar- big grau. Die Stellung der Federn, die Plerylose, welche seit Nitsch als eine der bedeutungsvollsten Eigentümlich- keiten des Vogels gilt, ist beim Nestling von Rhinoche- tus in höchst charakteristischer Weise ausgebildet und = a zeigt ungefähr diejenige Anordnung, welche Forbes für den erwachsenen Rhinochetus angegeben hat. Hervor- zuheben ist, dass sich ausser den üblichen Fluren noch solche unterscheiden lassen, die mit kleinen Dunen be- setzt sind, nämlich eine nuchale, zwei praecollare und zwei intercostale, die erstere auf der Dorsalseite des Halses, das zweite Paar auf der Ventralseite, das dritte zwischen der zweiten und dritten Rippe gelegen. Diese Fluren wachsen später zu Puderdunenflecken aus. Ausser ihnen lassen sich aber bereits beim Nestlinge auch winzige Keime der übrigen Puderdunen konstatieren. Im Ganzen scheint mir, dass wenn man die Fluren unterscheiden will, diese Unterscheidungen nicht nur mit Rücksicht auf systematische Zwecke unternommen, sich an die gröbsten Verhältnisse halten sollten, wie bisher, sondern sie wären weiter zu führen; namentlich wäre dem Studium ihrer individuellen Variation und ihrer postembryonalen Entwicklung mehr Aufmerksam- keit zu schenken, als dies bisher geschehen ist. Erst dann werden wir in der Pterylose ein Mittel zu schar- fer Klassifikation erhalten. Die Färbung des Dunenkleides ist eine überaus reiche und mannigfaltige, Auf den ersten Blick ord- nungslos erscheinend, enthüllt sie uns bei genauerem Zusehn ein System, das nicht zufällig ist, sondern einer- seits auf seine Funktion, anderseits auf seine Abkunft schliessen lässt. Die Farbenskala, innerhalb der sich das Nestkleid hält, liest zwischen dunklem, glän- zend violett überflogenem Schwarz und trübem Grau- gelb; dazwischen ockergelbe, rostrote und kastanien- braune Töne. Die hauptsächlichsten Gegensätze in der Färbung konzentrieren sich einerseits nach der Bauch- seite hin, wo matte, indifferente und sehr allmählich in- einander übergehende Farben anzutreffen sind, ander- a seits auf die Mittellinie des Rückens und zwar besonders auf die zwei Punkte, welche beim Niederkauern des Nestlings am höchsten stehen, wo intensive reine und entgegengesetzte Farben obwalten. Die ventralen Farben sind wohl die primitiveren, die dorsalen die spezialisier- teren. Letztere sind Schutzfarben für den Nestling und scheinen flechtenbedeckte dunkle Unterlagen nachahmen zu sollen. Auch erweckt die Verlaufsrichtung der gelben Streifen der Oberseite den Eindruck, als ob diese Streifen über die plastischen Formen ihres Trägers hinwegtäuschen sollten; denn einmal sind sie starken Asymmetrien ausgesetzt, anderseits verlaufen sie so, dass sie gerade nicht den Kontouren der hauptsächlichen Körpermassen entsprechen, sondern über sie hinweg- führen. Wollen wir aber der gelben Fleckung genea- logische Bedeutung nicht ganz absprechen, so haben wir uns dabei an die Streifung und Zeichnung der Seiten zu halten, wo weniger an eine spezielle Anpassung zu denken ist. Die spezielle Verteilung der Farben kann hier nicht eingehend geschildert werden. Dafür ver- weise ich auf die ausführliche, von einer Farbenskizze begleitete Abhandlung. | Das Skelett zeigte sich beim Studium der Radio- graphieen als hoch entwickelt, entsprechend dem Um- stande, dass es bei der nestflüchtigen Lebensweise schon früh zu dienen hat. In der Beckenwirbelsäule lassen sich noch die einzelnen Wirbel aufs Deutlichste unter- scheiden; ebenso sind die Brustwirbel, wie bei den übrigen Kranichartigen getrennt und nicht, wie beim ‘erwachsenen Rhinochetus verschmolzen. Die Wirbel- säule zeigte 43 Elemente, von denen die 16 Halswirbel am deutlichsten entwickelt sind. Dorsalwirbel sind noch 7 vorhanden, nicht blos 5 wie beim Erwachsenen. Das Becken wird also im postembryonalen Leben um 2 Wirbel oralwärts verschoben. Der Schultergürtel war sehr schwierig zu erkennen, zeigte aber auch schon die Formen des erwachsenen. Das Sternum ist etwa 20 mm. lang, sein hinterer Rand noch nicht gerade, sondern mit Buchten versehen. Das Becken überdeckt 14 Wir- bel; Ischium und Ilium sind an ihm in diesem Stadium noch nicht verschmolzen. Sehr lehrreich sind die Proportionen und deren Verschiebungen im postembryonalen Leben. Folgende Übersicht soll uns darthun, um wie viel einzelne Organe zunehmen. Dabei können wir die Einheit der Dorsal- wirbellänge zu Grunde legen, da sie der konstanteste Bestandteil ist. Sie nımmt zu um das 2,7 fache; dies ist auch die Durchschnittszahl, die für das Wachstum des ganzen Tiers anzunehmen ist. Organ. Wachstumsquotient. 1. Auge 1,25 2. Zweite Zehe 205 3. Hinterzehe, Mittelzehe, Kopf 2,4 4. Becken 2,6 5. Dorsalwirbel, Wirbelsäule, Femur 2,7 6. Vierte Zehe 2,84 7. Hinterextremität 3.0 8. Brustbein DA 9. Coracoid, Vorderextremität, Schnabel, 3,4 10. Tibia 3 11. Metatarsus Sat Daraus ergibt sich, dass diese den wichtigsten Funk- tionen der Ernährung und Lokomotion dienenden Organe, welche auch am meisten die Physiognomie des Vogels bedingen, sich am meisten verändern. Wir haben also aus ihrer Veränderung auch auf ein Nestleben zu schliessen, das von dem Leben des Erwachsenen völlig verschieden, sich im Urwalddickicht abspielt. — 426 — Über die Nestlinge der Vögel besitzen wir noch recht wenige wissenschaftlich verwertbare Angaben. Brutverhältnisse und rein äussere Merkmale sind das einzige was einigermassen bekannt ist, trotzdem von verschiedenen Seiten auf die wissenschaftliche Bedeutung der postembryonalen Entwicklung für die Beurteilung der Verwandtschaft schon längst hingewiesen ist. Aus den vielen Merkmalen, die bei genauerer Kennt- nis der verwandten Formen verwertbar werden können, kann ich daher nur einige herausgreifen, nämlich die Proportionsverschiebungen des Fusses, die Metamorphose des Schnabels, die Färbung des Gefieders und die Beckenverschiebung. | Fassen wir das Grössenverhältnis zwischen Lauf- und Mittelzehe ins Auge, so ergiebt sich für Rhinochetus das Factum, dass im Laufe der postembryonalen Ent- wicklung dieses Verhältnis sich wesentlich verändert und zwar so, dass der Lauf- fast doppelt so stark wächst als die Mittelzehe. Damit steht nun aber Rhinochetus nicht allein da, sondern lehnt sich direkt den Kranichen an, bei welchen die Proportionen des Fausses sich in ähnlicher Weise verschieben. Wenn wir für diese That- sache eine Erklärung suchen, so erscheint folgende An- nahme als die plausibelste: das sekundär starke Wachs- tum des Laufes ist darauf zurückzuführen, dass die embryonalen Verhältnisse länger beibehalten werden, da bei den Nestjungen von Rhinochetus, wie auch bei den Kranichen, die ersten Lokomotionsversuche nicht auf trockener, sondern auf feuchter Unterlage gemacht werden. Diese Lebensbedingungen halten den Fuss noch in embryonalem Zustande zurück und erst mit der Veränderung der Lebensweise, dem Vertauschen des feuchten Dickichts mit dem Strande, bildet sich der Fuss zu einem Stelzfuss von beträchtlicher Höhe aus. Damit in Verbindung dürfte auch die Verschiebung des Beckens um zwei Wirbel in oraler Richtung zu bringen sein. Dagegen ist nochmals die Konstanz der Fuss- schuppenzahl hervorzukeben. Der Schnabel geht aus einem völlig indifferenten Zustande in den Kranich- schnabel des erwachsenen Rhinochetus über. Ähnlich verhalten sich unter dem Einflusse der Veränderung der Lebensweise andere Vögel, z. B. Numenius. Der Färbung der Nestlinge sind Fürbringer und Martorelli geneigt, eine gewisse Bedeutung für die Stammesgeschichte der Vögel zuzuschreiben. Letzterer sieht in ihnen geradezu „Briefe über die Geschichte der Art“ und stellt mehrere bedeutungsvolle Regeln über die Fleckung der Nestlinge auf. Im Gegensatz zu der Mehrzahl derselben ist bei Rhinochetus die Oberseite die lebhaftere. In Überein- stimmung mit andern Vögeln tauscht Rhinochetus gegen das längsgestreifte Jugendkleid ein quergestreiftes defini- tives ein. Wenn wir nun mit dem Nestling von Rhino- chetus die verwandten Familien vergleichen, so teilt er mit allen Gruiformen die gelbbraunen Töne. Nach der Beschreibung von Vian zu urteilen, scheint er sogar mit den Nestlingen der Gattung Grus in der Färbung am meisten übereinzustimmen; doch ist dabei hervorzuheben, dass der Nestling derjenigen Familie, auf welche der Verdacht der allernächsten Verwandtschaft fällt, nämlich der Rallenreiher (Mesites), noch gar nicht bekannt ist. Damit ergiebt sich denn auch wirklich aus der Unter- suchung des Rhinochetusnestlings ein Anhaltspunkt für die speziellere Stellung der Rhinochetiden innerhalb der (ruiformen. Zur Beurteilung der systematischen Stellung von Rhinochetus reicht das vorhandene anatomische Material noch nicht hin. Ohne mich auf eine Diskussion der über diesen Punkt herrschenden Meinungen einzulassen, Ur ue will ich nur darauf hinweisen, dass mir die Sclater’sche Auffassung von Rhinochetus, welche auch von Sharpe adoptiert worden ist, als diejenige erscheint, die gegen- wärtig vor andern den Vorzug verdient. Nach diesen Autoren umfasst die Gruppe der Alectorides die Familien der Aramidae, Eurypygidae, Mesitidae, Rhinochetidae, Gruidae, Psophidae, Cariamidae, Otididae. Eine nähere Verwandtschaft mit den Reihern, die auch im Laufe der Zeit immer mehr aufgegeben wurde, erscheint auch mir . ausgeschlossen. Es kann sich nur noch darum handeln, die Verwandtschaftsbeziehungen zu den nächststehenden Gruppen festzustellen. Augenscheinlich gleichen die Nestlinge der Kraniche denen von Rhinochetus am meisten, beide Familien nähern sich auch durch den Umtausch des braunen Nestkleides gegen das definitive sraue. Nun deutet aber auch das Nestkleid dieser beiden Familien — aus eigener Anschauung kann ich dies freilich einstweilen bloss für die Rhinochetiden be- haupten — auf Verwandtschaft mit der Färbung des erwachsenen männlichen Mesites. Hat schon Forbes nachgewiesen, dass die Pterylose Mesites und Rhino- chetus einander näher bringt, als irgend welchen andern Familien, so beweist dies nun auch das Jugendgefieder. Nicht nur die allgemeinen Eigenschaften der Farben, sondern sogar die spezielle Verteilung derselben stimmt in einem Grade, der nicht bloss auf Convergenzanalogie beruhen kann, überein. Denn dieselbe Verteilung der gelben Farbe, ein Streif über dem Auge, ein Streif unter dem Auge und die Kehlflecke, welche sich beim Mesitesmännchen vorfinden, treffen wir, wenn auch modifiziert, beim Rhinochetusnestling wieder. Leider hat Forbes kein Bild der Pterylose von Mesites gegeben, doch erschüttern meine Erfahrungen in keiner Weise seine Auffassung von der nahen pterylotischen Ver- wandtschaft beider Familien. Andererseits scheint mir, nach der neuesten Darstellung von Andrews, es sei Aptornis, welche noch von Fürbringer Rhinochetus an- geschlossen wurde, aus dessen Nähe zu entfernen und schon dem Habitus des Kopfes nach als ein Riesen- galline zu betrachten. Vermögen auch die vom Rhinochetusnestling abge- leiteten Schlüsse keinen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, so erweitern und befestigen sie doch die stehende Auffassung von der systematischen Stellung der Rhinochetiden und regen zu dankbaren weitern Frage- stellungen in derselben Richtung und in derjenigen der Nestlingsanatomie an. Eine ausführliche, mit farbiger Abbildung und Litteraturverzeichnis versehene Abhandlung über den- selben Gegenstand wird an anderm Orte erscheinen. a7. 19. 10% Chronik der Gesellschaft. Biennium 1896-1898. . Nov. Herr Nov 5 ” Dez 4 2 Dez 5 . Jan, Herr (Fortsetzung..) Vorträge. 1897. Prof. Kahlbaum: Über Andree’s Ballon- fahrt. Ferd. Immermann: Über Doppeleier. Prof. Kollmann: Über eine durch Radio- graphie nachgewiesene Anomalie der Hand. Dr. H. Rupe: Chemische Mitteilungen (Über osmophore Gruppen.) Prof. C. Schmidt: Demonstration von (resteinen und Mineralien. Dr. H, Veillon: Die Telegraphie ohne Draht. 1898. Dr.H.Kreis: Über Butteruntersuchungen. Prof. C. Schmidt: Gesteine und Photo- graphien vom grossen und kleinen Ararat. Dr. F. Suter: Die Veränderungen des Blutes im Gebirge. Dr. A. Gutzwiller: Über die geologischen Verhältnisse von Finnland. — 431 — 16. Febr. Herr Prof. Kahlbaum: Sublimation von metal- lischem Kupfer. „ Dr. Paul Sarasin: Über die Mollusken- fauna der Süsswasserseen von Central- Celebes. 16. März „ 6. Hagmann: Die dilnviale Fauna von Voklinshofen im Elsass. 4, Mai „ Prof. C. Schmidt: Ein Besuch in der Petrolstadt Baku. 1. Juni „ Prof. G. v. Bunge: Die Milch. ©). . Juli Öffentliche Sitzung. Herr Prof. Hagenbach-Bischoff: Die Verflüs- sigung der Luft. „ Prof. Kahlbaum: Neue Methoden zur Erreichung sehr hoher Temperaturen. Am 19. Mai fand in Gemeinschaft mit der Frei- burger Naturforschenden Gesellschaft ein Ausflug nach Müllheim und Staufen statt. Herr Prof. Steinmann leitete diese Excursion. Biennium 1898-1900. Beamte. Präsident: Herr Prof. Dr. R. Burckhardt. Vize-Präsident: „= Dh: Buhler. Erster Sekretär: „. Prof. Dr. K. VonderMühll. Zweiter Sekretär: „ Dr. H. Veillon. Bibliothekar: ruse Wr..G.-Kahlbaum. 16. -1 21. ble 15: . Nov. Nov. Sehr. . März März Herr — 432 — Vorträge. 1898. Prof. F. Zschokke: Bericht vom inter- nationalen Zoologen-Kongress in Cam- bridge, Prof. Kahlbaum: Die Berzeliusfeier in Stockholm. Prof. Hagenbach-Bischoff: Mitteilungen über die Versammlung deutscher Natur- forscher in Düsseldorf. Prof. Kollmann: Büste einer Frau aus der Steinzeit von Auvernier. Dr. Polis (aus Aachen): Meteorologische Mitteilungen. | Dr. R. Sticher: Die Luft als Trägerin von Krankheitskeimen. 1899. Prof. Kahlbaum: 1) Wilhelm Eisenlohr. 2) Eine Begegnung. | Prof. C. Schmidt: Eine geotektonische Karte der Umgebung Basels. Dr. A. Tobler: Über den Gebirgsbau der Urschweiz. | Dr. A. Schwendt: Experimentelle Be- stimmungen der Wellenlänge und Schwin- sungszahl höchster hörbarer Töne. Prof. Hagenbach-Bischoff: Die kinetische Grastheorie. Prof. Kahlbaum: Neuerungen an Hähnen und Schliften. Dr. F. Fichter: Das Pappelöl. Dr. H. Rupe: Chemie des Rosenöls. 10. 10. ler. 20. — 4355 — Mai Herr Dr. H. Geiger: Über Rosenöl. „ Prof. A, Jaquet: Uber die physiologische Bedeutung der Schilddrüse. . Juni „ Dr F. Sarasin: Artenbildung und Formenketten celebensischer Landmol- lusken. . Juni „ Dr. 6. Wolff: Uber die Regeneration der Tritonenlinse. . Juli Öffentliche Sitzung. Herr Prof. R. Burckhardt: Vorurteile der modernen Zoologie. . Nov. „ Prof, G. Kahlbaum: Über Metalldestil- latıon. . Nov. „ Dr. A. Schwendt: Demonstration einer scharf begrenzten Tonlücke im Hörfeld eines Taubstummen. „ Dr. X. Wetterwald: Die Entdeckung der Kohlenstoffassimilation. . F. Klingelfuss: Über Funkeninduktoren. Dez. „ Prof. F. Müller: Über Colloide des Eierstocks. 1900. Jan. Herr Dr. F. v. Huene: Oberflächengestaltung und innerer Bau des westlichen Tafel- jura. 31. Jan. „ Prof. E. Noelting: Über natürlichen und künstlichen Indigo. 7. Bebr. „ Prof. C. Schmidt: Goldlagerstätten ım Ural und in den Alpen. 21. Febr. ,„ Prof. F. Goppelsroeder: Capillar- und Adsorptionserscheinungen., . März . Mai - Juni Jul — 434 — . März Herr E. Steiger: Beziehungen zwischen Wohn- ort und Gestalt bei den Cruciferen. Dr. E. Greppin: Die Stratigraphie des - Malms im Juragebirge. A. Buxtorf: Das Alter der Verwerfungen im. Basler Jura. Prof. R. Burckhardt: Zoologische Mit- teilungen. Dr.F.Sarasin: Referat über Dr. Henning’s Schrift: Samuel Braun aus Basel, der erste deutsche wissenschaftliche Afrika- reisende, Prof. Hagenbach-Bischoff: Die elektro- magnetische Kraft. Öffentliche Sitzung. Herr Prof. Carl Schmidt; Geologische Reisen auf Sumatra, Java und Borneo. Verzeichnis der Mitglieder der Naturforschenden Gesellschaft, Juli 1900. a. Ehren-Mitglieder. 1. Herr Max von Pettenkofer, Professor in Mün- 2. 7 chen ER EN ce Alexander Agassiz, Direktor des Mu- seums für vergleichende Anatomie in @omheidee Mas a Albert Günther, Konservator am Bri- tish Museum in London . à Simon Schwendener, Professor in Berlin Dr. Karl Sudhofi, prakt. Arzt, in Hochdahl bei Düsseldorf Karl Engler, Professor in Karlsruhe . Eduard Schär, Professor in Strassburg AIDE b. Kerrespondierende Mitglieder. . Herr E. de Bary-Gros in Gebweiler E. Benecke, Professor in Strassburg Robert Billwiller, Direktor der schweiz. meteorolog. Central-Anstalt in Zürich Giov. Capellini, Professor in Bologna Ed. Cornaz, Dr. Med. in Neuchâtel James D. Dana, Professor in New-Haven Dr. Charles Dufour, Professor in Morges Mitglied seit 1860 1850 1850 1880 1895 1599 1899 Mitglied seit 1867 13880 1887 1875 1856 1860 1895 — 4560 — 8. Herr Carl Euler in Bom Valle, Brasilien 1865 9. FO: 1918 112% 15. 14. 19. 16. 12, 13. 2 Erneste Favre, Greolog in Genf . . 1875 Dr. F. A. Forel, Professor in Morges 1880 Dr. Emil August Goeldi, Direktor des Museums in Para, Brasilien °. ..2 1899 Dr. Paul Groth, Professor in München 1880 Dr. Bernhard Hagen in Deli, Sumatra 1892 n „ Dr. A. Hirsch, Professor in Neuchätel 1881 „ Berewal de Eorıol ın Gent, rt "SSD „ Louis Lortet, Direktor des Museums in yon... Al Re „ Dr. Forsyth Major in dons mile „ Dr. F. Mühlberg, Professor in Aarau 1893 „ Müller, Apotheker in Rheinfelden . . 1867 „ E. Renevier, Professor in Lausanne . 1880 „ Gust. von Tschermak, Professor in Wien 1880 c. Ordentliche Mitglieder. Aufnahmsjahr. Herr Manfred Alıoth, stud plu = . 77.1900 „ Rud. Alioth-von Speyr, Oberst . . . 1883 „. Wıilh. Alioth-Vischer, Oberst . . . 1890 Eusen Andres, stud. ph. 2.2 9 Ernst Anneler, Chemiker. „2.2... l0706 Hritz. Anselm, Dr’ phil. 02.202, ee 00 Max Auerbach, stud. med. .,». . .7.1899 J. Bachofen-Petersen . . yo RMS Dr. med. Ernst Baumann, Drake A MERE RUE Le Ernst Baumberger, behren Be) Dr. Carl Chr. Bernoulli, Oberbliblio- thekarzer en ne la Dr. Wilh. Bernoulli-Sartorius . . . 1862 Henri Besson, Ingenieur . . . . . 1888 — A3T — 14. Herr Dr. Aim& Bienz, Sekundarlehrer 15. >16. AN: 18. 219). 20. 2 22. 23. 24. 25, 26. 24: 28, 29. 30. a: 32: 33. 34. 35. 36. Sie 38. 39. 40, 41. AR 43. 44, 45. 46. Dr. August Binz, Reallehrer Fritz Bischoff . : Dr. Eugen Bischoff- ee. Prof. Dr. Ad. Bolliger . J. Bollinger-Auer, Lehrer . J. Brack-Schneider, Chemiker Dr. Emil Bucherer, Gymnasiallehrer Emil Bürgin, Oberst Prof. Dr. @. Bunge. : Gottlieb Burckhardt, Dr. able in Benz burg 5 SET Dr. Karl ardt Prof. Dr. Rudolf Burckhardt Ad. Burckhardt-Bischoff Prof. Dr. Fr. Burckhardt-Brenner . Prof. Dr. Albrecht Burckhardt-Friedrich Gottlieb Burckhardt-Heusler, Dr. med. August Burckhardt-Heussler . Dr. Martin Burckhardt-His Ad. Burckhardt-Merian August Burckhardt-Schaub Hans Buss, Dr. phil, Chemiker August Buxtorf, Dr. phil. . Dr. Pierre Chappuis-Sarasin in Sèvres Dr. Herm. Christ-Socin Dr. Aug. Collin, Chemiker Dr. H. K. Corning, Professor Felix Cornu, Chemiker in Vevey Prof. Dr. L. Courvoisier Jules Curchod, Dr. med. Hermann Debus, Dr. med. et nn in Brombach Wilhelm Dietschy- Für M énhese ger Friedrich Egger, Dr. med. 1892 1896 1876 1884 1891 1877 1892 1876 1883 1886 1894 1594 1892 1876 1853 1881 1868 1896 1847 1892 1893 1900 1900 1880 1857 1886 1893 1868 1889 1898 1898 1896 1899 28 — 438 — 47. Herr Theodor Engelmann, Dr. phil. et med., : Apotheker: ur. ve m essen ASS LM kichard: Karcher, 20221900 49, „ F. E. Falkner-Rumpf, Chemiker 0.151802 50. , Emil Feer, Dr. med., Privatdocent . 1896 51. ; Fritz Bichter, Dr. phil, Privatdocent 1896 52. „ Julius Finckh-Siegwart, Dr. phil. | . 1896 „ Robert Flatt, Dr. phil, Privatdocent . 1887 AR Norcart Bachotemt ne 0 eo Do 0, 2" Rürstenbereer Ryhmer y. 7. 1869 56. „ Hermann Geiger, Dr. phil. No. 1897 „ Karl Geigy-Burckhardt, Ingenieur . . 1892 »= Or Gerey Hagenbach? 4.2. ,2. 2.221890 DOME Jon Rud..Geioy Meran 2. 2 2.2.1806 602°, Dr. Rud. Geiey-Schlumberser ... 2.1888 er >. Dr Gelpke Arzt insBiestal? 22221892 62 Dr Armand Gerbern np Arret ee 63.7 Prof. Dr. Robert Gnehm im Zürich 7 1837 64. „ Prof. Dr. A. Goenner-Burckhardt . . 1884 6520, Prof. Dr. EPriedr. Goppelsroeder . . . 11859 66.2 „> Dr Bd. Greppin, Chemrker@.2 2.211835 GT Pr. -Greuter-Razelv.ı 2 lo 08200. Den Hem Crniesbach Pa dcr in Mülhausen . . Ne Rene ul 00) GO Pro CDR Bron RIRES TES MIS US 70%, usentérossmann 2 Dr phil 2 2.7, 1909 Tl. DrKar Grünmsersen .0%...02 000200 022, 11 Gruner-Hıs, Ingemieur > .....:,2.7.1860 13°, Dre 2A Gutzwaller-Gonzenbach 7. °. 7.221876 70°, DesiE Haasen-Ihurneysen en 2 ol to, Klermann Haetelin, Dr.phil ae. 2.2. 189% 16: Dre Ad. Heeler-Gutzwillr on. 1863 77. , Dr.Karl Hægler-Passavant, len 1892 178. „ Dr. Eduard Hagenbach, Chemiker . . 1888 As > 79. Herr Dr. Hans Hagenbach, Ohemiker . 30. SE, 82. 83. 84. 85. 36. 87. 88. 39. 90. Prof. Dr. Ed. Hagenbach-Bischoft Prof. Dr. Ed. Hagenbach-Burckhardt Dr. Karl Hagenbach-Burckhardt . Fr. Hagenbach-Merian ie: L. Gottfried Hagmann, Dr. phil. Dr. med. Otto Hallauer, prakt. Arzt CA on Eye rn. er Brot. Dr Otto Eildebrand Emil Hindermann, Dr. phil, Chemiker Prof. Dr. Wilh. His in Leipzig Prof. Dr. F, Hosch-Jaquel . Dr. Rud. Hotz-Linder Dr. Carl Hübscher-Schiess Friedrich von Huene, Dr. phil. Dr. Julius Hurwitz, Privatdocent . Asmus Jabs, Direktor in Moskau Alfons Jäckle, Dr. phil., Chemiker Prof. Dr. Alfred Jaquet-Paravicini Dr. Fridolin Jenny . Gottlieb Imhof, Lehrer Dr. Friedrich Kägi Hans Kägi-Stingelin ee Prof. Dr. G. W. A. Kahlbaum Dr. med. Hans Karcher . Prof. Dr. Eduard Kaufmann Ernst Keller, Zahnarzt ie, Dr. Herm. Keller in Rheinfelden . Guido Kern, Ober-Ingenieur Prof. Dr. A. Kinkelin, Nationalrat Dr. J. A. Klaye, Chemiker Fr. Klingelfuss, Elektrotechniker Dr. Theophil Knapp, Spitalapotheker Carl Keechlin-Iselin, Nationalrat 1893 1855 1867 1892 1829 1897 1896 1885 1899 1898 1854 IR: 1881 1892 1896 1896 1892 1900 1888 1887 1898 1892 1896 1877 1896 1398 1899 1839 1856 1860 1879 1892 1897 1892 ri 113. Herr Dr. Paul Köchlin, Apotheker . 14, 119. 116. ze eis! 119. 120. 121. 122 123. HO 125. 126. or 198: 129. 130. 131. 132 1, 134. 135. 136, 137. 138. 139. 140. 141. 142. 143. 144. Peter Kacchlin-Kern Prof. Dr. J. Kollmann Dr. Hans Kreis, ner Ludwig Kubli, Dr. phil., Rektor Hans Labhardt, Dr.phil., Mülhausen 1. E, Alfred La Roche-Iselin, Dr. jur. Dr. Fr. Leuthardt in Liestal Fr. Lindenmeyer-Seiler Rud. Linder-Bischoff Dr. Arnold Lotz Dr. Th. Lotz-Landerer Dr. Jakob Mähly-Eglinger Dr. Paul Mähly . Prof. Dr. Rud. Massini J. Mast, S. C. B. Direktor Prof. Dr. Karl Mellinger H. Merian-Paravicini Prof. Dr. Rudolf Metzner Paul Miescher-Steinlin, as Due Prof. Dr. Friedrich Müller Heinrich Müller, Chemiker Robert Müller, Sekundarlehrer . Dr. Friedrich Münger, Reallehrer Adalbert Mylius, Chemiker Dr. Casimir Nienhaus, Apotheker Prof. Dr. Rud. Nietzki à Dr. Emil Nelting, Direktor der Che: mieschule in Mülhausen 1. Els. Dr. Rudolf Oeri-Sarasin . j Prof. Dr. Alfred Osann a 1. Els. ! Carl la Hiener Emanuel Passavant- Semen 2 1888 1900 1879 1893 1899 1899 1899 1891 1892 1892 1890 1867 1856 1899 1876 1392 1891 1893 1897 1889 1899 1889 1898 1895 1887 1581 1554 1897 1877 1897 1900 1892 A 145. Herr Dr. Hermann Pauly 146. 147. _ 148. 149. 150. 151. 152. 153. 154. 155. 156. 157. 158. 159. 160. 161. 162. 163. 164, 165. 166. 167. 168. 1:69. 170. DER. 172. 173. 174, 175. Brof.. Dr) Precard Dr. Benj. Plüss . Dr. Gustav Preiswerk, Zahnarzt Hans Preiswerk-Preiswerk, Gymna- siallehrer Arn. Refardt- ren Dr. med. Ludwig Reidhaar . Dr. med. Ludwig Reinhardt Prof. Dr. A. Riggenbach-Burckhardt A. Riggenbach-Iselin Fr. Riggenbach-Stehlin Ed. Riggenbach-Stückelberger, ner Dr. Christ. Ris, Chemiker Otto Roechling Eugen Rognon-Schönbein J. Rohner, Sek.-Lehrer in Richen. Dr. med. Leopold Rütimeyer, Privat- docent . AL Dr. Hans Rupe, ee Dr. Traugott Sandmeier, Chemiker De SR Sarasın. Dr. Paul Sarasın Peter Sarasin-Alioth Gust. Schaffner, prakt. Arzt Ehrenfried Schenkel, Assistent am Naturhistorischen Museum Dr. Paul Scherrer . Dr; »Pr. Schetty.. Prof. Dr. H. Schiess Prof. Dr. Wilhelm Schimper Benedict Schlup, Sek.-Lehrer Peter Schmid Prof. Dr. Carl Schmidt 1897 1870 1874 1895 1886 1889 1895 1896 1880 1876 1867 1892 1889 1892 1899 1891 13388 1896 1889 1836 1886 1896 1594 1892 1892 1892 1564 1899 1891 1896 1888 — 442 — 176. Herr Emil Schmoll, Dr, med. INC TE 178. 179. 180. 181. 182. 183. 184. 185. 186. 187. 188. 189. 190. RON 192. 195. 194. 195. 1.310: 197. 198. 199. 200. 201. 202, 203. 204. 203. 206. 207. Dr. G. Schröder Dr. ©. O. Schulthess- nie Dr.med. Anton Schwendt, Privatdocent Gustav a Dr. phil. Prof. Dr. Fr, Siebenmann Dar en a raten, Hermann Siegrist, Dr. jur. . Re E. Siegwart, Chemiker in Schweizer- hall . ER QE Dr. Carl Simon, Chemiker Charles Socin, Dr. med. . Hans Speiser, Photograph Re Prof. Dr. Paul Speiser-Sarasin, Re- gierungsrat 5 W. Speiser-Strohl Alfr. vonSpeyr-Merian Carl vonSpeyr O. Spiess-Fäsch, a Dr, Alfred Stähelin in Aarau . Dr. Hans Stehlin Dr. Karl Stehlin Emil Steiger, Apotheker Dr. Theod. Stingelin, Bil in Olten Dr. Ad. Strecke Bar ad August Strub, Sek.-Lehrer in Riehen H. Sulger, Ingenieur Rud. Sulger Georg Surbeck, Dr. ll Emil Suter, Optiker ; Dr. med. Fr. Suter-Vischer . Eduard Thon, Dr. phil. : Dr. August Tobler, Privatdocent . Dr, Friedrich Tschopp, Gymnasiallehrer 1899 1873 1892 1898 1896 1888 1897 1899 1892 1897 1596 1894 1887 1877 1876 1893 1873 1864 1892 1896 1889 1895 1892 1896 1870 1842 1899 1883 1896 1899 1894 1886 208. 209. 210. 211. 212. 213. 214. 215. 216. it, 218. 219, 220. 221. ND ND ND ND DD COMMON ERINS DD oo ni O1 (SR) — 443 — Herr Emanuel Veillon, Dr. med. . Dr. Henri Veillon, Privatdocent Fr. Vischer-Bachofen . Th. Vischer-Vonder-Mühl] Prof. Dr. H. Vöchting in Tübingen Dr. jur. Hans Völlmy, Strafgerichts- präsident Carl VonderMühll- Burckhardt ; Prof. Dr. Karl VonderMühll-His . Dr. Paul VonderMühll-Passavant G. Wackernagel-Merian Joh. Weinmann, Chemiker Joseph Weiss, Dr. med. . Dr. Rudolf Weth, Reallehrer Dr. X. Wetterwald Dr. Emil Wieland, prakt. Arzt Dr. Paul Witzig nn Wolf, Chemiker . Gustav Wolff, Pad cn a . Zahn-Geigy . @er. Zimmerlin-Boelger Dr. Wilh. Zinstag Dr. Edw. Zollinger Prof. Dr. Fr. Zschokke Jos. Zübelen, Chemiker 1898 1890 1883 1876 1879 1898 1876 1867 1002 1892 1881 1900 1895 1892 1897 1892 1898 1898 1876 1892 1892 1892 1887 1890 ET AAN NE Seit Veröffentlichung des letzten Mitgliederverzeich- nisses (Juni 1897) sind 13 Mitglieder aus der Gesell- schaft ausgetreten, wegen Fortzugs von Basel: a Herr Prof. Dr. G. Klebs .. . . . 1.1888 1893 - Prof. Dr, von benhossek ... .., 218891898 „Dr. Adod Oswald ot re 8 2221891899 Dr. G. ven Wirkner ; v°. 22.271892 1898 Dr. MoruzeWolr 2.2.22, 1896 — 1899 Durch den Tod sind der Gesellschaft entrissen worden die korrespondierenden Mitglieder: Mitglied seit Herr Charles A. Joy, Professor in New-York . 1865 „ı Adolt Krayer Forster ın Basel’... 7.7. 1862 » Dr. Franz Lang, Professor in Solothurn . 1867 - Der Frdolin von u Professor in NVurzburen 1808 » A. Scheurer-Kestner, Chemiker in Thann 1866 „ Dr. G. Wiedemann, Professor in Leipzig 1854 die ordentlichen Mitglieder: Mitglied von bis Pierre Dr. I2.J.Balmer cr D 1892 1898 „ Theodor Bühler, Anotheker 2,1886 189 „ .J). de Bary-Burekhardt. . LOTS TEE 1890 „ Professor Dr. Hermann Immermann 1871—1899 »„ Joh. Rupe-Fischer . . sa 10 18741899 „ Joh. Schmiedhauser- A des . . + 1867—1898 „ brot. Dr Aug, Socin { %. 7. 2°.18641899 Bestimmungen über die Publikation von Arbeiten in den Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft in Basel. (Von der Gesellschaft beschlossen am 1. Juni 1892, abgeändert am 16. November 1898.) Die „Verhandlungen“ haben den Zweck die wissen- schaftlichen Mitteilungen, welche der Gesellschaft in einer Sitzung vorgelegt worden sind. möglichst bald durch den Druck zu veröffentlichen. Jede für die Verhandlungen bestimmte Abhandlung ist dem Sekretär als druckfertiges Manuskript einzureichen und zugleich ist die Zahl der vom Autor gewünschten Separatabzüge anzugeben. Ueber die Aufnahme einer Abhandlung entscheidet die Redaktions-Kommission, bestehend aus zwei von der Gesellschaft auf sechs Jahre gewählten Mitglie- dern, sowie dem jeweiligen Präsidenten, Vizepräsi- denten und Sekretär der Gesellschaft. | Dem Autor einer in den Verhandlungen veröfent- lichten Abhandlnng steht es frei, dieselbe auch noch in andern Zeitschriften oder besonders zu publizieren. Siehe jedoch Art. 10. Die Kosten für den Druck trägt die Gesellschaft. Wünscht jedoch der Autor den für die Verhandlungen hergestellten Satz auch noch zu anderweitiger Pu- blikation zu benützen, so kann dies gegen Ver- sütung eines im Verhältnis zur Zahl der hiefür (pP) 1 5 10. — 46 — erforderlichen Extraabzüge stehenden Beitrages an die Kosten des Satzes geschehen. Die Kosten, welche aus erst bei der Korrektur des Satzes erfolgten Abänderungen des Manuskripts er- wachsen, trägt der Autor. Der Autor erhält auf Wunsch 50 Separatabzüge gratis, eine beliebige Zahl weiterer Abzüge zum Selbstkostenpreise (50 Expl. pro !/s Bogen à 75 Ots,, pro 1/ı Bogen à Fr. 1.—, pro Titel à Fr. 1.—, exclus. Buchbinderkosten). Die dem Autor übergebenen Separatabzüge dürfen nicht in den Buchhandel gebracht werden; dagegen steht der Gesellschaft das Recht zu auf ihre Rech- nung Separatabzüge in den Handel zu bringen. Der Verkehr des Autors mit dem Drucker wird, so weit er sich nicht auf Korrekturen bezieht, durch den Sekretär vermittelt. Wird auf Wunsch des Autors der für die Verhandlungen hergestellte Satz zur Veranstaltung besonderer Ausgaben benützt, so ge- schieht dies ebenfalls durch Vermittlung des Sekre- tärs. Falls der Autor die Kosten des Satzes seiner Ab- handlung auf eigene Rechnung übernimmt, fallen die Bestimmungen des Art. 9 dahin, jedoch dürfen auch in diesem Falle separate Publikationen nur im Verlage der von. der Gesellschaft für die Ver- handlungen gewählten Buchhandlung erscheinen. ae Verzeichnis der Gesellschaften und Institute, mit welchen die Naturferschende Gesellschaft in Schriftenaustausch steht. Juli 1900. Aachen. Meteorologische Station I. Ordnung. Aarau. Naturforschende Gesellschaft. Abbeville (France). Societe d’Emulation. Aguascalientes (Mexico). Redaccion de El Instructor, Albany (State New York, U.St.A.) New York State Museum. Altenburg. Naturforschende Gesellschaft des Oster- landes. Amiens. Société Linnéenne du Nord de la France. Amsterdam. Koninklijke Academie van Wetenschappen. — Koninklijk zoologisch Genootschap Natura Artis Magistra. Angers (France). Société d’études scientifiques. Annaberg (Sachsen). Annaberg-Buchholzer Verein für Naturkunde. Augsburg. Naturwissenschaftlicher Verein für Schwa- ben und Neuburg. Aussig (Böhmen). Naturwissenschaftlicher Verein. Bamberg. Naturforschende Gesellschaft. Batavia (Nederlandsch Indie). K. Natuurkundige Ver- eeniging in Nederlandsch Indie. Bautzen (Sachsen). Naturwissenschaftliche Gesell- schaft Isis. Bergen (Norwegen). Bergens Museum. Berkeley (Cal. U. St. A.). University of California. Berlin. Kel. preussische Akademie der Wissenschaften, Berlin N. W. 7. Universitätsstrasse 8. ae Ati er Berlin. Deutsche geologische Gesellschaft, Berlin N. Inva- lidenstr. 44. — Deutsche physikalische Gesellschaft, Berlin N. W., Reichstagsufer 7/8, : — Kgl. preussisches meteorologisches Institut, Berlin W., Schinkelplatz 6. | | — Kgl. preussische geologische Landesanstalt, Berlin N., Invalidenstrasse 44. — Redaction des Prometheus, (Prof. Dr. Witt, Westend, Berlin). — Redaction der Zeitschrift für Luftschiffahrt. — Botanischer Verein der Provinz Brandenburg, Berlin W., K. Botanisches Museum, Grunewaldstrasse 6/7. Bern. Naturforschende Gesellschaft. — Schweizerische entomologische Gesellschaft, Natur- historisches Museum. — Bibliothek der schweizerischen naturforschenden (resellschaft. Besançon. Société d’emulation du Doubs. — Institut botanique de l’université de Besançon. Béziers (Dép. Hérault, France). Société d'étude des sciences naturelles. Bistritz (Siebenbürgen). Direktion der Gewerbeschule. Bonn. Naturhistor. Verein der preussischen Rheinlande. Bordeaux. Société des sciences physiques et naturelles. Boston (Mass. U. St. A.). American Academy of Arts and Sciences. — Society of Natural History. Braunschweig. Verein für Naturwissenschaften. Bremen. Naturwissenschaftlicher Verein. — Meteorologisches Observatorium, Bremen, Freihafen, Hafenhaus. Breslau. Schlesische Gesellschaft für vaterländische Kultur. — 449 — Brookville(Indiana,U.St. A.). Indiana Academyof Science. Brünn (Mähren). Naturforschender Verein. Bruxelles. Académie royale de Belgique, Palais des Académies. — Société belge de microscopie. — Société entomologique belge, rue du Musée 20. — Société royale malacologique de Belgique, Boule- vard du Nord, 108. Buda-Pest. Ungar. Akademie der Wissenschaften (Magyar Tudomänyos Akadémia). — K. ungar. geologische Anstalt, V., Palatingasse. — K. ungar. naturwissenschaftl. Gesellschaft, VIE, Erzsebet-Körut 1 Sz. — K, ungar. Nationalmuseum, VIII. (Magyar nemzeti Muzeum). Buenos-Aires. Museo nacional. Buffalo (State New York, U. St. A.). Buffalo Society of Natural Sciences, Museum in the Library Building. Calcutta. Geological Survey of India. Cambridge (Mass, U. St. A.). Museum of Compara- tive Zoology at Harvard Kollege. Cassel Verein für Naturkunde. Catania. Accademia Gioenia di scienze naturali. Chambéry. Académie des sciences, belles-lettres et arts de Savoie. Chapel Hill (N. C.,U. St. A.). Elisha Mitchell Scien- üfic Society. Charleville (France). Societe d’histoire naturelle des Ardennes, | Charlottenburg. Physikalisch-technische Reichs- anstalt. Charlottesville (Virginia, U. St. A). Leander Me. Cormick Observatory of the University of Virginia. Chemnitz. Naturwissenschaftlicher Verein, — 450 — Cherbourg. Société des sciences naturelles et mathé- matiques. Chicago (Illinois, U. St. A.). Chicago Academy of Sciences. Chistiania. K. Norske Universitet. Chur. Naturforschende Gesellschaft Graubündens. Cincinnati (Ohio, U. St. A.). Cincinnati Museum Association. — Library of the American Association for the Ad- vancement of Sciences, care of University of Cin- cinnati. — Cincinnati Society of Natural History, 312 Broadway. Colmar. Naturhistorische Gesellschaft. Colorado-Springs (Colorado, U. St. A.). Colorado College Scientific Society. Cordoba (Argentinien). Academia nacional de ciencias de Argentina. Danzig. Naturforschende Gesellschaft. Darmstadt. Grossh. Hessische geologische Landes- anstalt. —- Verein für Erdkunde. Davenport (Jowa, U. St. A). Davenport Academy of Natural Sciences. Dijon. Academie des sciences, arts et belles-lettres. Dresden. Genossenschaft „Flora“, Gesellschaft für Botanik und Gartenbau. — Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. — Naturwissenschaftliche Gresellschaft Isis. Dublin. R. Irish Academy, Dawson Street 19. — R. Dublin Society. Dürkheim (Rheinpfalz.) Pollichia, naturwissenschaft- licher Verein der Rheinpfalz. Edinburgh. Royal College of Physicians. — Royal Society. — AD — Edinburg. Royal Physical Society. Elberfeld. Naturwissenschaftiicher Verein. Emden (Preussen). Naturforschende Gesellschaft. Epinal. Société d’emulation du département des Vosges. Erlangen. Physikalisch-medicinische Societät. Firenze. Accademia economico-agraria dei Georgofili. — Società botanica Italiana. Frankfurt a. M. Senckenbergische naturforschende (resellschaft. — Physikalischer Verein. Frankfurt a. OÖ, Naturwissenschaftlicher Verein des Regierungsbezirks Frankfurt a. ©. Frauenfeld. Thurgauische naturforschende Gresell- schaft. Freiburg i. Br. Naturforschende Gesellschaft. Freiburg i. Schw. Societe fribourgeoise des sciences naturelles. Genève. Institut national genevois. — Société de physique et d'histoire naturelle, pr. Adr. Musée d'histoire naturelle. Genova. Museo civico di storia naturale. — Docietà Ligustica di scienze natural e geografiche. Gent (Belgique). Kruidkundig genootschap Dodonaea. Giessen. Oberhessische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. Glarus. Naturforschende Gesellschaft des Kantons Glarus. Glasgow (Scotland). Natural History Society. Goerlitz. Naturforschende Gesellschaft. — Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften. Göteborg (Schweden). Kongl. Vetenskaps och Vitter- hetssamhællet (pr. Adr. Göteborgs Stadsbibliotek). Göttingen. Kel. Gesellschaft der Wissenschaften. Granville (Ohio). Denison Scientific Association. Be Graz. Steirischer Gebirgsverein. — Verein der Aerzte in Steiermark. — Naturwissenschaftlicher Verein für Steiermark. Greifswald. Geographische Gesellschaft. — Naturwissenschaftlicher Verem von Neu-Vorpom- mern und Rügen. Gross-Lichterfelde bei Berlin. Redaktion der Naturwissenschaftlichen Wochenschrift (Dr. H., Potonie), Potsdamerstr. 35. Güstrow (Mecklenburg). Verein der Freunde der Naturgeschichte in Mecklenburg. Halifax (Nova Scotia, Canada). Nova Scotian In- stitute of Science. | Halle a.S. Kaiserl. Leopoldino-Carolinische Deutsche Akademie der Naturforscher. — Verein für Erdkunde, Domstrasse 5. — Naturwissenschaftlicher Verein für Sachsen und Thüringen. Hamburg. Deutsche Seewarte. -— Naturwissenschaftlicher Verein in Hamburg-Altona. — Verein für Naturwissenschaftliche Unterhaltung. Hanau (Hessen-Nassau). Wetterauische Gesellschaft für die gesammte Naturkunde. Hannover. Naturhistorische Gesellschaft. Harlem. Fondation de P. Teyler van der Hulst, Musee Teyler. — Hollandsche Maatschappij der Wetenschappen. Heidelberg. .Naturhistorisch-medicinischer Verein. Helsingfors. Commission géologique de la Finlande, Boulevardsgatan 29. — Societas pro fauna et flora Fennica. — Finlands Geologiska Undersökning. Hof (Oberfranken). Nordoberfränkischer Verein für Natur-, Geschichts- und Landeskunde. Innsbruck. Ferdinandeum. — Naturwissenschaftlich-medicinischer Verein. _Jurjew (Russland). Naturforschende Gesellschaft bei der Universität. Karlsruhe. Centralbureau für Meteorologie und Hydrographie. — Naturwissenschaftlicher Verein. Kiel Naturwissenschaftlicher Verein für Schleswig- Holstein. Kiew (Russland). Société des Naturalistes. Klagenfurt. Naturhistorisches Landesmuseum von Kärnten. Klausenburg. Siebenbürgischer Museumsverein. Königsberg. K. Physikalisch-ökonomische Gesell- schaft. Krakau. K. Akademie der Wissenschaften. Krefeld. Verein für Naturkunde. Kremsmünster (Oberösterreich). K. K. Sternwarte. Landshut (Niederbayern). Botanischer Verein. Lausanne, Société vaudoise des sciences naturelles. Lawrence (Kansas, U. St. A.). The Kansas Univer- sity. Leiden. Nederlandsche dierkundige Vereeniging. Leipzig. Fürstl. Jablonowski’sche Gesellschaft. — Naturforschende Gesellschaft. — K. Sächs. Gesellschaft der Wissenschaften, Univer- sitätsbibliothek. — Verein für Erdkunde. Liège (Belgique). Société médico-chirurgicale de Liège. Lincoln (Nebraska, U.St A). University of Nebraska Agricultural Experiment Station. Linz. Verein für Naturkunde in Oesterreich ob der Enns. ; Lisboa (Portugal). Commiss&o dos trabalhos geologicos. 29 At Lisboa. Sociedade de Geographia. London. British Association for the Advancement of Science, London W., Piccadilly, Burlington House. — Royal Institution of Great Britain, London W., Piccadilly, Albemarle Street. — Chemical Society, London W., Piccadilly, Burling- ton House. — Linnean Society, London W., Piccadilly, Burlington House. — Royal Microscopical Society, London W., 20 Hanover Square. — Royal Society, London W., Piccadilly, Burlington House. Lübeck. Naturhistorisches Museum. Lüneburg. Naturwissenschaftlicher Verein. Lund. Universitätsbibliothek. Luxemburg. Fauna, Verein Luxemburger Natur- freunde. — Institut grand-ducal, section des sciences naturelles. — Société botanique. Luzern. Naturforschende Gesellschaft. Lyon. Académie des sciences, belles-lettres et arts. — Société d'agriculture. — Société. Linnéenne. Madison (Wisconsin, U. St. A.). Wisconsin Academy of Sciences, Arts and Letters. — Wisconsin Geological and Natural History Survey. Magdeburg. Naturwissenschaftlicher Verein. Manchester. Literary and Philosophical Society. Mannheim. Verein für Naturkunde. Marburg. Gesellschaft zur Beförderung der gesammten Naturwissenschaften. Marseille. Bibliothèque de la faculté des sciences. Meriden (Conn., U. St. A.). Scientific Association. RS dE. SE — 49 — Messina. R. Accademia Peloritana. Mexico. Instituto geolögico de Mexico, Calle del Paseo Nuevo nüm. 2. — Observatorio meteorolögico central. — Secretaria de fomento, Calle de San Andres, nüm. 15. — Sociedad cientifica: „Antonio Alzate“. Milano. R. Instituto Lombardo di scienze e lettere. — Societä italiana di scienze naturali. Milwaukee (Wisconsin, U. St. A.) Wisconsin Natural History Society. — Publie Museum of the City of Milwaukee. Minneapolis (Minnesota, U. St. A). Minnesota Aca- demy of Natural Sciences. — Geological and Natural History Survey of Minnesota. Montbeliard. Société d’emulation. Montevideo (Uruguay). Museo Nacional. Montpellier. Académie des sciences et lettres. Moskau. Société impériale des naturalistes. Mount Hamilton (Santa Clara County, Cal., U. St. A.). Lick Observatory (University of California). Mülhausen i. E. Industrielle Gesellschaft. München. Kgl. bayr. Akademie der Wissenschaften. — Bayr. botanische Gesellschaft. Münster. Westfälischer Provinzialverein für Wissen- schaft und Kunst. Nancy. Académie de Stanislas. — Societe des sciences de Nancy. Nantes. Societe des sciences naturelles de l’ouest de la France, au Museum. Napoli. Accademia delle scienze fisiche e matematiche. Neisse, Philomathic (wissenschaftliche Gesellschaft). Neuchâtel Société Neuchäteloise de géographie. — - Sociéte des sciences naturelles. — 456 — New Haven (Conn., U. St. A). Connecticut Academy of Arts and Sciences. — Astronomical Observatory of Yale University. New York (U.St.A.). New York Academy of Sciences, Columbia University, New York City, Sub-Station 84 West, 116th Street. — American Museum of Natural History, New York, West, 77th street and Central Park. — American Geographical Society, New-York, No. 11 West, 29th Street. Nijmegen (Nederland). Nederlandsche botanische Ver- eeniging. Nürnberg. Naturhistorische Gesellschaft. Odessa. Observatoire magnétique et météorologique _ de l’université impériale. Offenbach. Verein für Naturkunde. Osnabrück. Naturwissenschaftlicher Verein. Padova. Societä Veneto-Trentina di scienze naturalı. Palermo. Societä dei naturalisti Sieiliani. — Societä di scienze naturali et economiche. Parä (Brasilien). Museu Paraense de historia natural e ethnographia. Paris. Ecole polytechnique, rue Descartes 5 et 21. — Museum d’histoire naturelle, au Jardin des Plantes, rue Cuvier 57. — Revue desrevues d’histoirenaturelle, 11 1ter rue d’Alésia, — Société d'anthropologie, 15 rue de l’école de Médecine. — Société française de minéralogie, au Laboratoire de minéralogie de la Sorbonne. Passau (Niederbayern). Naturhistorischer Verein. Perugia. Accademia medico-chirurgica. Philadelphia (Pennsylvania, U. St. A). Academy of Natural Sciences, Philadelphia S. W. Corner of Race and 19th street, a Philadelphia. Wagner Free Institute of Science. — The American Philosophical Society, 104 South Fifth Street. — Zoological Society. Pisa. Societä Toscana di scienze natural. Porrentruy. Société jurassienne d’émulation. Portland (Maine, U. St. A.). Society of Natural History. Potsdam. Meteorologisch-magnetisches Observatorium. Prag. K. böhmische Gesellschaft der Wissenschaften. — Lese- und Redehalle der deutschen Studenten. — K. K. Sternwarte. — Deutscher naturwissenschaftlich-medizinischer Verein für Böhmen „Lotos“. Presburg. Verein für Natur- und Heilkunde. Quito (Ecuador). Observatorio astronomico de Quito. Regensburg. Kegel. botanische Gesellschaft. — Naturwissenschaftlicher Verein. Reichenberg (Böhmen). Verein der Naturfreunde. Riga. Naturforscher-Verein. Rio de Janeiro. Museu nacional. — Observatorio astronomico. Rochester (State New-York, U. St. A.). Academy of Science. Roma. R. Accademia dei Linceï. — R. Corpo delle miniere; Ufficio geologico, via 8. Susanna 1 A. — Redazione della Rassegna delle scienze geologiche in Italia. — Specola Vaticana. — Società Romana per gli studj zoologici, Istituto zoologico, R. Universitä, Via della Sapienza. Rovereto (Tirol). J.R. Accademia degli Agiati. Salem (Massachusetts, U. St. A.). Peabody Academy of Science. — 458 — Salem (Massachusetts, U. St. A.). Essex Institute. San Francisco, U. St. A.) California Academy of Sciences. Sankt Gallen. St. Gallische Naturwissenschaftliche Gesellschaft. Sankt Jago (Chile). Deutscher wissenschaftlicher Verein. — Société scientifique du Chili, fondée par un groupe de Francais. | San J osé (Costa Rica). Instituto meteorologico nacional. — Museo Nacional. St. Louis (Mo, U. St. A.) Academy of Sciences. — Missouri Botanical Garden. Sao Paulo (Brasilien). Museo Paulista. St. Petersburg. K. Akademie der Wissenschaften. — Physikalisches Central-Observatorium. — Russische geographische Gesellschaft. San Salvador (Centralamerika). Observatorio astro- nömico y meteorolögico. Serajevo (Bosnien). Bosnisch-herzegowinisches Landes- museum. Sèvres (Dép. Seine-et-Oise). Bureau international des poids et mesures, | Siena. R. Accademia dei Fisiocritici. Sitten. La Murithienne, société Valaisanne des sciences naturelles. Solothurn. Naturforschende Gesellschaft. Stockholm. Entomologiska Föreningen, — Sveriges Geologiska Undersökning. — Kongl. Svenska Vetenskaps-Akademie. Strassburg i. E. Commission für die geologische Landesuntersuchung. — Centralstelle des meteorologischen Landesdienstes in Elsass-Lothringen. — Kais. Universitäts- und Landesbibliorhek. — 459 — Stuttgart. Verein für vaterländische Naturkunde in Württemberg, Kgl. Naturalien-Kabinet. Tacubaya (Mexico). Observatorio astronömico nacional. Thorn. Coppernicusverein für Wissenschaft und Kunst. Topeka (Kansas, U. St. A.) Kansas Academy of Science. Torino. R. Accademia delle scienze. — Musei di Zoologia ed Anatomia comparata della Università. Toulouse. Société d'histoire naturelle. Trenton (New Jersey, U. St. A.). New Jersey Natural History Socicty. Triest. Museo civico di storia naturale. — K.K. astronomisch-meteorologisches Observatorium, Bosco Pontini. — Società Adriatica di scienze naturali. Upsala. Geological Institution of the University of Upsala, Kgl. Universitätsbibliothek. Urbana (Illinois, U. St. A.). Illinois State Laboratory of Natural History. Washington, D. C. Bureau of Ethnology. — U.S. Departement of Agriculture. — Smithsonian Institution. — Library of the U. S. Geological Survey. Wernigerode. Naturwissenschaftlicher Verein des Harzes. Wien. K. Akademie der Wissenschaften. — K.K. Centralanstalt für Meteorologie und Erd-- magnetismus. — K.K. zoologisch-botanische Gesellschaft. — K.K. Naturhistorisches Hofmuseum. — K.K. geologische Reichsanstalt. — Verein zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse, Wien IV., K.K. Technische Hochschule. — 460 — Wiesbaden. Nassauischer Verein für Naturkunde. Winterthur. Naturwissenschaftliche Gesellschaft. Würzburg. Physikalisch-medizinische Gesellschaft. + Zürich. Schweizerische meteorologische Centralanstalt. — Schweizerische geologische Kommission (Bibliothek des eidgen. Polytechnikums). — Schweizerische botanische Gesellschaft, zu Handen des Herrn Prof. Jaeggi. — Naturforschende Gesellschaft. — Physikalische Gesellschaft. Zwickau (Sachsen). Verein für Naturkunde. Basel, Jule 1900. Georg W. A. Kahlbaum, Bibliothekar der N aturforschenden Gesellschaft. F Verhandlungen der D CT à in Basel. Mattugen von "Rogensteingeröll. Bohnerz auf Spalten, Tetlär, Mel, Hupper- drde Morane, a. Nagelluh Mit, Malm Unt, Malm Mu Dogyer genstein, Doyger Keuper chelkalk. rfu es 00 x su — Enqalx Hirrglarten € BER A é DO ee #4 I AL kl Te BLATT LIESTAL, geologisch aufgenommen von 14 Li 1 à FRIEDRICH VON HUENE. A J à N n 4 | Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft in Basel, Lan & Tertiar. Mittl. Malm. Unt. Malm, Ob, Dogger. Uni. Dogger, Lias, Hintere Frenke Keuper. =-RE ie ee Se Lnklenlhal Muschelkalk, PROFILE ZU BLATT LIESTAL. 25000. ee Tafel VII. gen der Naturforschenden @esellschaft in Basel. Band XII Verhandlun < a. Te 0 uayaı fISDUO. 01 IS + nunp J2n06.10ÿ uaıuonbag = “a Do Er 19 ae \ Vet ] nn — Sao none) SER FIR QUOZUIYISIM 7 uelp40/XQ USI9DINDy - PR uaıupnbag I # = ee — Den x pee le 9} Na? DIN — | UIJYIUfISDUIUI À JS DIN Jeuiag U9Ip10jXQ U919D4ND4 uarunnbag Der Basler Chemiker Christ. Friedr. Schönbein Hundert Jahre nach seiner Geburt gefeiert von der UNIVERSITÄT und der NABURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT. Anhang zum zwölften Bande der Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft in Basel. BASEL. Geors & Co, Verlag. 1899. Buchdruckerei Emil Birkhäuser, Basel. Feier zur Erinnerung an Christian Friedrich Schönbein. Auf Einladung der Universität und der Natur- forschenden Gesellschaft versammelten sich Mittwoch den 19. Oktober 1899 Nachmittags 4 Uhr im obern Saale des Stadtkasinos zahlreiche Verehrer Schönbeins, um bei der hundertsten Wiederkehr seines Geburtstages der grossen Verdienste dieses genialen Forschers auf den Gebieten der Wissenschaft und der Technik zu gedenken. Die Familie des Gefeierten und eine grössere Zahl von auswärtigen Ehrengästen nahmen mit den Vertretern der Behörden und der wissenschaftlichen Vereine an der akademischen Feier teil. Nachdem Herr Professor Hagenbach-Bischoff die Versammlung begrüsst hatte, sprachen Herr Professor Kahlbaum über Leben und Wirken des Gefeierten, sodann Herr Prof. Piccard über seine Leistungen auf dem besondern Ge- biet der Chemie, während die Herren Professoren Schär aus Strassburg und Hagenbach - Bischoff die Bedeutung der Schönbeinschen Entdeckungen für die Physiologie und für die Physik hervorhoben. Die vier Reden sind ET NE nachstehend abgedruckt. Hierauf nahm Herr Geheimrat Karl Engler aus Karlsruhe das Wort, um den Dank der auswärtigen Gäste zu übermitteln; er überbrachte die Grüsse seiner königlichen Hoheit, des Grossherzogs Friedrich von Baden. Herr Professor Schär sprach im Namen der schweizerischen Naturforschenden Gesell- schaft. Von der k. Bayerischen Akademie der W issen- schaften war ein Schreiben mit nachfolgendem Wortlaut eingegangen: Die königlich Bayerische Akademie rechnet es sich zur Auszeichnung an, dass sie im Jahr 1854 auf Vor- schlag des Mitgliedes der mathematisch-physikalischen Klasse, des Mineralogen von Kobell, den genialen Chemiker Christian Friedrich Schönbein zu ihrem korre- spondierenden und im Jahre 1859 zu ihrem ordentlichen auswärtigen Mitgliede gewählt hat. Vor wie nach seiner Wahl hat Schönbein in den Publikationen unserer Aka- demie Abhandlungen veröffentlicht und es gereicht der- selben zur Ehre, dass sich ‘unter ihnen die vom 10. April 1840 aus Basel datierten „Beobachtungen über den bei der Elektrolyse des Wassers und dem Ausströmen der gewöhnlichen Elektricität aus Spitzen sich entwickelnden Geruch“ befinden, worin Schönbein der gelehrten Welt erstmals von den Ergebnissen seiner Versuche Mitteilung machte, die ihn zu der berühmten Entdeckung des Ozons geführt haben. Die Arbeiten Schönbeins waren bahnbrechend und von dauerndem Erfolge. Unsere Akademie glaubte ihrer Teilnahme an der Erinnerungsfeier bei Anlass des hundertsten Geburts- tages keinen bessern Ausdruck verleihen zu können, als indem sie das Erbieten ihres Altpräsidenten, Seiner SAVE eme Excellenz des Herrn Geheimen Rates Dr. Max von Pettenkofer, annehmend, denselben nach Basel delegierte und ihn zum Übermittler der herzlichsten und wärmsten (Glückwünsche machte, mit denen unsere Akademie die Feier des Andenkens an Uhristian Friedrich Schönbein freundschaftlicher Gesinnungen voll begleitet. München, den 14. Oktober 1899. | Der Präsident: Dr. v. Zittel. Ferner hatte die naturwissenschaftliche Fakultät der Universität Tübingen den Glückwunsch übersandt: Die Naturwissenschaftliche Fakultät der k. Eberhard- Karls-Universität zu Tübingen beglückwünscht die Uni- versität Basel bei Gelegenheit der 100jährigen Wieder- kehr des Geburtstages Christian Friedrich Schönbeins, dass sie den berühmten Gelehrten zu den Ihrigen zählen konnte, und bringt dem Andenken des auf schwäbischem Boden entsprossenen Forschers und Experimentators, dessen Entdeckungen in der Chemie längst zum Gemein- gut der Wissenschaft und Industrie, der Kriegskunst und der Technik geworden sind, ihre aufrichtigste Huldigung dar. Tübingen, den 18. Oktober 1899. Im Auftrag der Fakultät Dr. H. Freiherr von Pechmann, Dekan. Die akademische Feier schloss mit Verlesung dieser beiden Dokumente und der Einladung, die kleine Aus- stellung zu besichtigen, die Herr Prof. Kahlbaum von a ae Bildern, Dokumenten und Apparaten in einem Neben- zimmer zusammengestellt hatte. Abends 8 Uhr fand ein Festessen im Musiksaal statt. Mit den drei Töchtern und vier Enkelinnen des Gefeierten zierte ein reicher Kranz von Damen die Tafelrunde; von auswärts hatten sich auch hier frühere Kollegen des Gefeierten und die Vertreter der Chemie an den schweizerischen und den benachbarten deutschen Hochschulen eingefunden. Der Abend wurde verschönt durch Vorträge des Reveillechors der Liedertafel und durch ein Festspiel; er wird allen Teilnehmern in lieber Erinnerung bleiben. Begrüssung der Festversammlung durch Hagenbach -Bischoff. Im Auftrage der Universität Basel und der Basler Naturforschenden Gesellschaft heisse ich Sie alle hier herzlich willkommen. Wir haben uns hier versammelt, um gemeinsam uns darüber zu freuen, dass heute vor hundert Jahren in der württem- bergischen Stadt Metzingen Christian Friedrich Schönbein geboren wurde. Die Universität Basel, an welcher dieser Forscher während vierzig Jahren die Fächer der Physik und Chemie vertrat, und in deren Laboratorium er seine für den Fortschritt der Naturwissenschaft wichtigen Untersuchungen angestellt und die für die Technik be- deutungsvollen Entdeckungen gemacht hat, fühlte sich vor allen veranlasst, seiner heute in Ehren zu ge- denken. 5 Ihr schliesst sich die Basler Naturforschende Ge- sellschaft an, welcher er ebenfalls 40 Jahre angehörte, deren Sitzungen er mit einer musterhaften Gewissen- haftigkeit besuchte, und welcher er die Resultate seiner Forschungen zuerst mitzuteilen pflegte. Universität und Naturforschende Gesellschaft haben deshalb diese Feier veranstaltet, sind aber in der glück- lichen Lage, dass sich weitere Kreise ihnen angeschlossen haben. mean Wir begrüssen vor allem die hohen Behörden unseres Kantons und unserer Stadt, welche stets nach Kräften besorgt sind, in unserem kleinen Gemeinwesen für die Förderung der Wissenschaft und des Unterrichts zu sorgen, sowie die Vertreter der Vereine, welche dabei den Staat durch freiwillige Spenden unterstützen. Ich darf bei dieser Gelegenheit hervorheben, dass Schönbein, der aus der Fremde zu uns berufen wurde, nicht nur den Titel eines Ehrenbürgers der Stadt Basel sich erwarb, sondern mit ganzer Seele in alle unsere teils sehr bescheidenen Verhältnisse sich hinein- lebte; er wirkte in opferwilliger Erfüllung seiner Bürger- pfhicht treulich mit in verschiedenen Behörden und Kommissionen auf dem Gebiete des öffentlichen Lebens und der Gemeinnützigkeit. Wir begrüssen ferner die Männer der Wissenschaft, die vom Auslande und aus den verschiedenen Teilen unseres Schweizerlandes zu uns gekommen sind, um den heutigen Tag mit uns zu feiern. Vor allem freut es uns, verschiedene Vertreter der gelehrten Gesellschaften, denen Schönbein angehört hat, bei uns zu sehen; und in dieser Hinsicht möchte ich besonders an den regen Verkehr erinnern, in welchem er zur bayerischen Akademie der Wissenschaften ge- standen hat; leider ist es uns nicht vergönnt, den durch Unwohlsein am Kommen verhinderten Vertreter per- sönlich zu begrüssen. Grosse Freude bereitet es uns auch, dass frühere Kollegen Schönbeins in Erinnerung an die Stunden gemeinsamen Zusammenwirkens den weiten Weg nicht scheuten, um zu uns zu kommen; wir dürfen hoffen, dass bei dieser Gelegenheit manche alte Erinnerungen wieder auftauchen und frühere Freundschaften erneuert werden. BERGE enr Den besten Beweis dafür, dass Schönbeins wissenschaftliche Arbeiten allgemein geschätzt werden, finden wir darin, dass manche Fachgenossen, die jetzt kräftig zur Förderung der chemischen Wissenschaft beitragen, hieher gekommen sind, um ihrer Ehrerbietung für die Schönbein’schen Leistungen Ausdruck zu geben. Zu besonderm Danke sind wir noch dem Kol- legen aus Strassburg verpflichtet, der uns bei der Dar- stellung des wissenschaftlichen Wirkens von Schönbein behiltlich sein will. Auch ist es uns vergönnt, Kinder und Verwandte Schönbeins hier unter uns zu sehen; sie sind uns besonders willkommen, weil sie ein lebendes Band mit dem teuren Verstorbenen darstellen. Auch dem Vertreter des deutschen Reiches, aus dem Schönbein stammt, und den Gästen aus der Stadt Metzingen danken wir dafür, dass sie zu unserem Feste gekommen sind; wir dürfen uns gemeinsam über den Besitz des geistreichen Forschers freuen; Metzingen als Stadt seiner Geburt und Basel als Stadt seines Wirkens. Und nun wende ich mich zum Schluss noch an all die Damen und Herren, die den verschiedenen Kreisen unserer Bevölkerung angehören, und die durch ihre Anwesenheit uns deutlich zeigen, dass Schönbein nicht nur als Gelehrter hoch geschätzt wird von den Männern der Wissenschaft, sondern dass auch weitere Kreise unserer Stadt sich über den Besitz eines solchen ganzen Mannes freuen. Das Wirken Schönbeins be- schränkte sich nicht auf die Studierstube und das La- boratorium; er trat hinaus unter das Volk seiner Mit- bürger, teilte mit ihnen Freud und Leid und war auch serne mit gemütlichem und heiterem Humor dabei, wo es galt die edle Geselligkeit zu pflegen und zu heben. SE TO Se Deshalb hat seine liebenswürdige Persönlichkeit die Herzen vieler gewonnen, vor allem derer, die ihn noch persönlich kannten, dann aber auch der jüngern Gene- ration, die von Vätern und von Lehrern manches über diesen genialen Forscher erfahren hat. Der Zweck der heutigen akademischen Feier, die ich hiermit eröffne, besteht darin, die ganze Persönlich- keit Schönbeins nach den verschiedenen Seiten seines Lebens und Wirkens uns wieder in Erinnerung zu bringen, und wir haben gedacht, dass das am besten geschieht, wenn die Darstellung nicht nur von einer, sondern von verschiedenen Seiten geboten wird. Herr Prof. Kahlbaum, der sich in der letzten Zeit viel mit historischen Fragen aus dem Gebiete der Chemie befasst hat, und der durch sorgfältiges Studium der Briefe die Beziehungen Schönbeins zu manchen berühmten Zeitgenossen klargestellt hat, wird uns eine allgemeine Übersicht seines Lebens geben; daran schliesst sich die Darstellung seiner wissenschaftlichen Leistungen von der clremischen Seite durch Herrn Professor Piccard, der sein Nachfolger auf dem Lehrstuhle der Chemie ist, während Herr Professor Schär aus Strass- burg, der als junger Apotheker in Basel von Schön- bein zu wissenschaftlichen Arbeiten angeregt wurde und auf der von ihm eröffneten Bahn erfolgreich weiter gearbeitet hat, die physiologische Seite hervorheben wird; schliesslich werde ich, der zuerst als Schüler und dann als jüngerer Kollege und Freund während längerer Zeit in persönlichem Verkehr mit Schönbein stand, von der physikalischen Seite noch einiges beifügen. Christian Friedrich Schönbein. Von Georg W. A. Kahlbaum. Als der Knabe Christian Friedrich Schönbein, noch nicht vierzehnjährig, ein Lehrlinge, 1813 in die chemische Fabrik von Metzger und Kaiser in Böb- lingen eintrat, wurden daselbst Enzian und Schlangen- wurzel, Zittwer und Meerzwiebel, Kardamomen und Myrrhe zu Theriak und Blutreinigungspillen verarbeitet, und. dazu für Dekokte und Purganzien, für ziehende Pflaster. und blutstillende Mittel, ein schwunghafter Handel mit Wurzeln und Kräutern, mit Blättern und Samen, die in dem waldigen Gelände des Schönbuch gesammelt waren, getrieben. Kurz, es war das, was Paracelsus verächtlich mit „Suppenwust für die Apotheken“ bezeichnete, hauptsächlichstes Handels- objekt. Erst als um das Jahr 1815 der Apotheker J. G. Bonz in das Geschäft eintrat, vollzog sich ein Um- schwung. Statt dieser Galenischen- wurde nun die Darstellung Paracelsischer -Heilmittel an die Hand genommen. Es wurden Antimon- und Quecksilber- präparate, so Sublimat und Kalomel, roter Praecipitat und anderes mehr gemacht. Das will also besagen, Schönbein erlebte an sich selbst noch, als Lehrling, bis zu einem gewissen Grade den Übergang von den angewandten alchemistischen Lehren zu denjenigen der Jatrochemie, ein Übergang, der sich in jenem kleinen weltfernen Filder-Städtchen, um 300 Jahre verzögert, damals erst abspielte. Neben den eigentlichen Medikamenten wurde aber auch aus gläsernen Retorten, die in Sandkapellen kreis- förmig um den Herd angeordnet waren, mit Schwefel- säure und Kochsalz Salzsäure destilliert, wozu die Schwefelsäure aus Strassburg, über Basel, hier befand sich die nächste feste Rheinbrücke, Schaff- hausen, Tuttlingen per Axe und Pferd geholt werden musste. | Und ein Jahr bevor Schönbein starb, 1867, eilte halb Europa, von Dampfesgewalt gezogen, auf eisernen Schienensträngen nach Paris zur Ausstellung, wo der dritte Stand, und die diesen recht eigentlich repräsentierende Dynastie, ihr Erntedankfest feierte, bei dem all das gewaltige, umwälzende, was dieser bürgerliche Stand in den kurzen 70 Jahren seiner Herr- schaft geleistet hatte, vor dem bewundernden Auge der Welt ausgebreitet lag. Seither ist es Winter worden, und die Männer des vierten Standes rüsten sich, die Freiheit am Halfter- band, dem neuen Jahrhundert und dem Siege entgegen ! Drei Wochen nach Schönbeins Geburt, am 18. Brumaire des Jahres 8 der Republik, am 9. No- vember 1799, stürzte Bonaparte das Direktorium und liess sich zum ersten Konsul wählen. Das führte zu Maringen, Hohenlinden und dem Frieden von Lune- ville, damit zum Reichsdeputationshauptschluss, dem Ende des alten Reiches. Im Todesjahre Schönbeins wurden die letzten Wälle von Luxemburg, gemäss dem Londoner Pro- tokoll vom Mai 1867, geschleift und damit der Schluss- akt der Ohnmacht des staatenbundlichen Deutschland vollzogen. DE, Als der Tag seiner Bestattung sich zum zweiten Male jährte, wurde die Kapitulation von Sedan unterzeichnet! — Das etwa giebt den Rahmen ab für die politischen und wirtschaftlichen Umwälzungen, für die sozialen und technischen Fortschritte, die sich während des Verlaufes von Schönbeins Leben abspielten. Er, ganz ein Mann des dritten Standes, aus schlich- testen Verhältnissen zu gedeihlichem Wohlstand, durch unablässige treue Arbeit sich emporringend, mit herz- licher gesunder Freude an dem Behagen des Lebens. Bei unveränderlicher Anhänglichkeit an Stammesgenossen und Heimat — zeitlebens ein fester Schwabe — hat er nicht minder dem Gemeinwesen, in dem er die zweite Heimat gefunden, Treue gehalten und all sein Wissen und Können in dessen Dienst gestellt. Bis in die letzten Tage eines gesegneten Alters hinein emsig den Pflichten eines Berufes, der ıhn nur zum Teil ganz befriedigte, und der von ihm mit jugend- lichem Feuer umfassten Wissenschaft obliegend, hat er sich dennoch den Anforderungen, die die Öffentlichkeit in politischer wie in gemeinnütziger Beziehung an ihn stellte, nie entzogen; ohne den Ehrgeiz sich vorzu- drängen, war er doch immer zu finden. Streng konservativ von Gesinnung, war er dem Angestammten, Erwachsenen, Volkstümlichen, dem Her- gebrachten von Herzen zugethan und deshalb allen ge- waltsamen Umwälzungen zuwider, ohne sich darum den Forderungen eines gesunden Fortschrittes entgegenzu- stemmen. So wahrhaft religiös er in seinem tief Innersten empfand, so sehr lehnte sich sein lauteres (remüt gegen die zur Schau getragene Gottesgefälligkeit pietistischen Muckertumes auf, er ee Schlicht bürgerlich in Thun und Treiben, immer arbeitsam und nie verdrossen, bot sein äusseres Leben kaum Gelegenheit zur Bethätigung bedeutender oder hervorragender Charakterzüge, etwa neben seinem gol- denen Humor die geradezu wunderbare Fähigkeit aus- genommen, sich in allen Gesellschaftsklassen mit der- selben Leichtigkeit zu bewegen und überall die Herzen sich im Sturme zu erobern und dauernd zu erhalten. Er selbst bezeichnet dies als eine Kunst, die er- lernt und ständig geübt werden müsse; und doch be- stand sie für ıhn allein darin, sich unter allen Ver- hältnissen ganz so zu geben, wie er war. Gerade, dass in ihm und an ihm nichts gemachtes, kein Falsch war, dass er immer ganz er selbst blieb, gerade darin lag das Geheimnis seiner Erfolge. Aufgewachsen in der streng pietistischen Luft, die damals auf dem ganzen Schwabenlande lastete, die aber, dank dem gesunden Sinne eines Vetters des Vaters, Johann Andreas Schönbein, in diesem engeren Kreise nicht durch Zelotismus vergiftet war, sondern in dem weichen Kindergemüt, neben einem bleibenden unbestimmten Hang nach dem Wunderbaren, dem Mys- teriösen, wirklichen frommen Glauben sprossen liess, und erzogen in den kleinbürgerlichen Verhältnissen eines Bedarfsfärbers, seines Vaters, der lieber klaste, als dass er sich zu männlicher Abwehr des Ungemaches aufraffte, hatte der Knabe offenbar schon in der Farb- küche des tüftelnden, pröbelnden Vaters die Liebe zu seiner künftigen Wissenschaft eingesogen. Mit hellem Kopf und brennendem Wissensdurst begabt, suchte er, noch ein Kind, über alles sich Be- lehrung zu verschaffen und setzte durch seine überlegenen und überlegten Fragen seinen Lehrer nicht selten in staunende Verlegenheit, a fn In die Fabrik getreten, fand er nach einem schweren Beginn, der ihm noch durch bitteres Heimweh doppelt vergällt wurde, in dem Apotheker Bonz einen neuen Lehrherrn, der sich des Knaben mit warmem Eifer annahm, so dass er, unterstützt von dem eigenen mächtigen Streben, sich schnell einen reichen Schatz positiver Kenntnisse erwarb, der alsbald in ihm drängte und gährte und nach Bethätigung rang, die sich neben der Berufsarbeit zuerst in dem Amte eines Lehrers, der er seinen Lerngenossen wurde, fand. Durch den besonderen Gang seiner auf das prak- tische gerichteten Erziehung ganz um den klassischen schwäbischen Schulsack gekommen, empfand der Knabe dies schon als einen Mangel, dem er mit solcher Energie abzuhelfen wusste, dass er sich während seiner schweren Lehrzeit neben den modernen auch die Sprache Roms so ganz zu eigen machte, dass er bis in sein hohes Alter mit Vorliebe die Vulgata oder den Seneca und andere Lateiner las. Nach siebenjähriger Lehrzeit verliess er Böblingen, um erst zu Dr. Dingler nach Augsburg, und bald darauf nach dem Erlangen nahe gelegenen Hem- hofen überzusiedeln. Zu letzterem Schritt hatte ihn das Streben nach Vertiefung und Ergänzung seines Wissens getrieben, wozu ihm allein eine Universität die Möglichkeit bot. Durch schwäbische Landsleute, insbesondere durch Gotthilf Heinrich Schubert, den Naturhistoriker, und Johann Wilhelm Pfaff, den Mathematiker und Physiker, trat er der Universität näher und lernte bei Schubert am Weihnachtstage 1820 Schelling, den Philosophen, kennen. Mit glühendem Eifer gab er sich nun philosophischen Studien, an die er sich vordem nur schüchtern gewagt Ba rues hatte, hin und liess Schellings mächtige Persönlich- keit voll auf sich wirken, der zu dem lernbegierigen Schüler eine an Freundschaft grenzende Neigung fasste und ihn auf einsamen Spaziergängen in die Mysterien seiner Potenzenlehre einweihte. Die gute praktische Schule, die Schönbein durch- gemacht hatte, bewahrte ihn zwar vor blinder Heeres- folge, doch hat Schelling auf ihn und seine ganze Anschauungsweise tiefgehenden Einfluss geübt. ‚Ja jener eine Gedanke, in dem sich Schönbeins chemische Theorie, der Hauptsache nach, niedergeschlagen hat, ist zweifellos dem Schelling’schen Begriff von Potentia und Actus und dem Grundsatz, dass nichts ist, was ist, ohne auch die Möglichkeit seines Gegenteiles zu sein, entsprungen. Den finden wir wieder in seinem aktiven und passiven Eisen, in seinem Ozon und Antozon und in seiner ganzen Lehre von den verschiedenen Zuständen des Sauerstoffes überhaupt. Nachdem ihm das Entgegenkommen seines Hemhofer Fabrikherrn für den Sommer 1821 schon die Möglich- keit engeren Anschlusses an die Erlanger Hochschule gewährt hatte, siedelte er, nun von aller praktischen Thätigkeit befreit, nach rührendem, von Dank über- quellendem Abschied von Schelling, an die schwäbische Landesuniversität über, ohne aber dort so recht das zu finden, was er suchte; und in seinem besonderen Fache nur von dem bedeutenden Kielmeyer angeregt und unter- stützt, von Christoph Gottlob Gmelin nur halb befriedigt, gerät er immer mehr in das philosophische Fahrwasser. Unter dem Einfluss Fichtes, und beraten von Jüngern Pestalozzis, wendet er sich besonders pädagogischen Problemen zu, die ihn, nach einem kurzen zweiten Aufenthalt in Erlangen, entgegen dem Wunsche Schellings, im Herbst 1823 als Lehrer an Friedrich N Fröbels „Allgemeine deutsche Erziehungs- anstalt“ nach Keilhau in den Thüringer Wald führten. Hier, wo mit allem, nur nicht mit frischer Luft, Wasser und Philosophie gekargt wurde, verlebte er zwei Jahre einer für ıhn äusserst wichtigen Gähr- und Klär- zeit, in der sich, zu einem mehreren Teil wohl unter dem Einfluss Karls Herzog, des späteren Berner Historikers, sein gährender Most in Wein wandelte. Diesem Aufenthalt in Keilhau schloss sich ein für sein inneres Ausreifen, nach diesen pädagogisch- philosophischen Extravaganzen, nicht minder günstiger als Lehrer an der Erziehungsanstalt des Dr. Mayo in Epsom an. Während ihm in England Thätigkeit, Leben und Menschen in gleicher Weise zusagten, eilt das Gegen- teil von Frankreich, wohin er sich dann wandte. Langsam, nur ganz langsam, kann er sich in die neue Umgebung hineinleben, die ihm einzig mit der Fülle der von ihm fleissig benutzten Bildungs-mittel und -institute und deren an Können wie an Methode gleich glänzenden Leitern Bewunderung abzwingt. Im Begriff, sich in England von neuem niederzu- lassen, erhielt er den Ruf, zur Vertretung des er- krankten Peters Merian nach Basel zu kommen, dem er nach einigem Zögern im November 1828 Folge leistete. Das ganz provisorische seines ersten Aufenthaltes, die Julirevolution mit ihren für Basel so verhängnis- vollen Folgen, waren ernster Arbeit wenig günstig. Erst als Basel auf die Vergewaltigung durch den Beschluss der eidgenössischen Tagsatzung vom 17. August und den ungeheuerlichen Obmannsentscheid vom 9. Nov. 1833 die richtige Antwort gefunden hatte, trotz alledem zu 2 PR ar bleiben, was es immer gewesen, der Vorort von Kunst und Wissenschaft in, der Schweiz, und als mit dem 9. April 1835 der Plan der Erneuerung der Hochschule Gesetzeskraft erlangte, womit Schönbeins Stellung so gesichert war, dass er im Juli in den Ehestand treten konnte; erst dann begann für ihn auch die Zeit ernster wissenschaftlicher Thätigkeit. Noch im gleichen Jahre, am 23. Dezember, legte er der Naturforschenden Gesellschaft seine erste epoche- machende Arbeit vor, die von der Passivität des Eisens. Eisen wird unter gewöhnlichen Verhältnissen von verdünnter Salpetersäure angegriffen, unter bestimmten Bedingungen aber, unter denen es augenfällige Ver- änderungen nicht erleidet, wird es gegen diese Säure festgemacht, es wird, wie Schönbein das nannte, passiv. Ein Stück solchen Eisendrahtes z. B. macht durch blosses Berühren einen zweiten, dieser einen dritten u. s. w. passiv, und diese Eigenschaft bleibt auch, wenn die Berührung wieder aufgehoben wird, Als Elek- trode benützt, wird es von dem nascierenden Sauerstoff nicht angegriffen, sondern bleibt blank und intakt wie die Edelmetalle, wie Gold und Platin. Das etwa waren Schönbeins erste Beobachtungen. Sie sind in der That merkwürdig genug, um die Auf- merksamkeit der gesamten gelehrten Welt auf sich zu ziehen, und dass sie bekannt wurden, dafür sorgte Schönbein selbst durch direkte briefliche Mitteilung an alle massgebenden Persönlichkeiten, so an Poggen- dorff, Berzelius, Faraday. Also das Eisen erleidet, ohne dass es als chemisches Individuum verändert wird, eine Verwandlung seiner Eigenschaften; es wird von einem unedeln zu einem Edelmetall. Erg So fasst er zunächst wenigstens die Passivität auf. An die damals noch neue Thatsache der Isomerie, der Begriff war 1830 von Berzelius eingeführt worden, anknüpfend, die ihn, den Schüler Schellings, von Be- ginn an auf das Lebhafteste interessieren musste, glaubte er an eine molekulare Umordnung des Eisens zu einer isomeren, wir würden sagen polymeren, Modifikation. Dadurch wurde ihm die Annahme der Möglichkeit einer Metallverwandlung überhaupt, wenn auch nicht im streng alchemistischen Sinne der Transmutation, nahe gelegt. Das war nun ein Thema so recht nach dem Herzen des damaligen Schönbein, denn trotz seiner unge- künstelten Bewunderung vor der französischen Methode mit ihrer klassischen Präzision und dem Anhäufen ex- perimentellen Materiales zum Beweise oft nur einer einzigen Wahrheit, stand er der Zeit noch viel zu sehr im Banne einer spekulativen Philosophie, die von der philiströsen Forderung der Erfahrung ganz absehen zu können glaubte, um nicht an einen einzigen Versuch eine Fülle abenteuerlicher Spekulationen zu knüpfen. Doch es macht sich Faradays Einfluss, der seine direkte Mitteilung freundlich aufgenommen hatte, mählich auf ihn geltend. Indirekt wirkt er auf ihn durch seine Art zu publizieren, die nicht unbedingt gelobt werden soll, die aber doch mit der Masse aufgestauter Versuche bei Schönbein die einst so bewunderte französische Methode wieder in Erinnerung bringt; und dann direkt, indem er ihn auf die Bedeutung des mit dem Auftreten der Passivität zusammenfallenden Er- löschens der elektrischen Thätigkeit für die Theorie der voltaischen Säule hinwies. Ist das Vorausgehen einer chemischen Aktion für das Auftreten der Elektricität notwendig, oder genügt aa das blosse Berühren, der Kontakt z. B. heterogener Metalle? — Um diese Frage stritten seit dem Beginn des Jahrhunderts Chemisten und Kontaktisten auf das Hef- tigste! Schönbein tritt zunächst unbedingt der Partei Faradays, den Chemisten, bei. Aber er ist doch zu ehrlich, um die Theorie nicht immer von neuem am Versuch zu prüfen, und da erkennt er denn alsbald, dass es Fälle giebt, bei denen eine chemische Wirkung nicht nachweislich ist, die Tendenz zu einer solchen scheint ihm allein schon zu genügen, Das macht ihn schwankend und gebiert in ihm im Lauf der Zeit jene Theorie, die, vermittelnd zwischen Kontaktisten und Chemisten, die Übertreibungen auf beiden Seiten ver- meidet und das fünfzigjährige Ringen beendet; ja er erlebt die Freude, dass ihm Faraday schreibt: „Ich habe Ihre Theorie der Säule mit grossem Vergnügen gelesen, und ich denke, ich kann mich Ihnen bis zu den äussersten Konsequenzen anschliessen.“ Wie diese Arbeiten über die Theorie der Säule direkt an die Passivitätserscheinungen anschliessen, so auch die über die elektrische Polarisation der festen und flüssigen Leiter, die er zunächst aus einer durch den elektrischen Anreiz veranlassten Umordnung der kleinsten Teilchen, d. h. also wiederum aus einem Über- gang in eine isomere Modifikation, erklären zu können meint. Ja er glaubt diese Erklärung für die Anderung in dem elektromotorischen Verhalten dadurch noch be- sonders erhärten zu können, dass er die Störung des elektrischen Gleichgewichtes aus dem Auftreten von. Strömen da nachweist, wo sich ohne chemische Um- setzung eine Umordnung der kleinsten Teilchen durch Farbänderung augenfällig macht, Nun aber macht er ganz plötzlich eine volle Wen- dung und lässt diese ganze Erklärungsweise fallen. Er Er entfernt sich sichtlich von seinem bisherigen Weg. Die ihm so tief im Blut steckende Auffassung, dass der- selben Substanz je nachdem verschiedene Eigenschaften zukommen können, Schellings Potenzenlehre, das He- ranziehen der Isomerie, Polymerie, Allotropie, wird unterdrückt und die viel nüchternere hervorgeholt, nach der sich all das veränderte Verhalten aus Gashäutchen, die sich um die Elektroden legen, erklären lassen. Es ist nicht wohl ersichtlich, was ihn zu dieser plötzlichen Richtungsänderung veranlasst hat. Ist auch die anf Faradays Rechnung zu schreiben, oder merkte er allmählich, dass sich nach Schelling viel deuten lasse, ohne deshalb erklärt zu werden. Der Erfolg ist jedenfalls der, dass er auf Jahre hinaus, und das nicht zu seinem Vorteil, das eigentliche Leitmotiv seines Forschens gewaltsam unterdrückt und wie hier, so auch bei der Passivität, die Paraphrase mit der Gashaut gelten lässt, die zwar bequem, aber durchaus nicht im stande ist, alle von ihm beobachteten Phänomene zu er- klären, z. B. die durch Herrn Ostwalds Beobachtungen am Chrom neuerlich wieder so interessant gewordenen Pulsationen. Noch während er mit diesen Arbeiten beschäftiet ist, tritt er mit den Entdeckungen hervor, die seinen Namen am berühmtesten gemacht haben, mit der des Ozons und der der Schiessbaumwolle. Ais Knabe hatte er unmittelbar nach einem Blitz- schlag, der die heimische Metzinger Kirche traf, im Schiff derselben den intensiven Elektricitätsgeruch wahr- genommen; an diesen wurde er erinnert, als er im Be- ginn des Jahres 1839 die gasförmigen Produkte der Wasserelektrolyse längere Zeit in die Luft seines kleinen Laboratoriums gehen lies. Am 13. März gab er ersten Bericht darüber. Im Sommer des gleichen ua re Jahres schlug der Blitz in die Kapelle auf der Rheinbrücke, 150 Schritte von Schönbeins Woh- nung, ein, und noch nach sechs Stunden konnte der heimkehrende Hausherr den von der Fämilie un- mittelbar nach dem Schlag beobachteten Blitzgeruch in einem seither verschlossen gebliebenen Zimmer kon- statieren. Kurz darauf reiste er nach England und liess dort die erste grössere Grove’sche Zink-Platin-Batterie bauen. Gleich bei der ersten Probe fiel ihm wieder der intensive Geruch, den er phosphorartig nennt, auf. - Durch den Phosphorgeruch wird er denn auch, so widersinnig das zunächst schien, dies so oxy- dationskräftige Gas mit Hülfe eines so leicht oxydier- baren Stoffes machen zu wollen, darauf geführt, das ‚Ozon auf chemischem Wege vermittelst Phosphor zu gewinnen, und in der That führt ihn dieser Weg zum Ziele. Alle seine Beobachtungen beweisen sich als genau und zuverlässig, aber seine Erklärungen, dass das Ozon ein Edukt des Stickstoffes, und dann, als er dies fallen gelassen hatte, dass es eine höhere Oxydationsstufe des . Wasserstoftes, eine Art Wasserstoffsuperoxyd, sei, sind falsch. Ja, auch als 1845 Marignac und De la Rive die rechte Erklärung: Ozon ist ein modifizierter Sauer- stoff, geben, will Schönbein nichts davon wissen; er lehnt die Annahme, dass der gleiche Stoff, wenigstens das gleiche Gas, in verschiedenen Modifikationen über- haupt vorkommen könne, nun direkt ab, und erst 1854, durch eine Arbeit Baumerts bewogen, nimmt er die rechte Erklärung an. Seine Studien über die Natur des Ozons brachten es mit sich, auch mit anderen Oxydationsmitteln, in denen er das gleiche Prinzip vermutete, Versuche an- zustellen, so mit der Salpetersäure, über deren Konsti- Bere tution er von den gewöhnlichen abweichende Ansichten hegte. Diese zu prüfen, liess er ein Gemisch von Schwefel- und Salpetersäure zunächst auf alle möglichen anorganischen Stoffe und endlich auch auf ölbildendes Gas einwirken; dadurch wurde er auf organische Stofte, zunächst Zucker, dann Papier geführt, und die interes- santen Reaktionsprodukte, die er erhält, veranlassten ihn, wie er unter dem 27. Februar 1846 an Faraday schreibt, in gleicher Weise „die gewöhnlichsten vege- tabilischen Stoffe“ behandeln zu wollen. Drei Monate später, am 27. Mai, trug er zum ersten, Male über Schiessbaumwolle vor. Wir sehen also den Weg, den er geschritten, genau vor uns. Wir sehen, dass er zu seiner Erfindung ganz unabhängig von dem Braconnot’schen Xyloidin ge- langt ist, und sehen andererseits, wie sehr leicht er es Nacherfindern machte, auch ihrerseits Schiessbaumwolle herzustellen; denn wer sich die Mühe gab, seine damals veröffentlichten Arbeiten auch nur dem Titel nach zu lesen, konnte über den Weg, der ihn zur Schiessbaum- wolle geführt hatte, überhaupt nicht im Zweifel sein; ganz abgesehen von den gelben Fingern, die an ihm zu Verrätern geworden sein sollen. Es ist schwer, sich eine Vorstellung von dem ausser- ordentlichen Aufsehen, das diese Entdeckung in der ganzen civilisierten Welt hervorrief, zu machen. Heute kennen wir eine ganze Reihe von Spreng- mitteln, die alle mehr oder minder auf Schönbeins Entdeckung basieren; damals aber behauptete immer noch des schwarzen Berthold Schiesspulver, wie seit mehr denn 506 Jahren, seinen Platz als einziger Explosivstoff von technischer Bedeutung. Nun wird dieser weit übertroffen, übertroffen durch präparierte Baumwolle, durch die unschuldige Baum- DE de wolle. Das schien unerhört, der Erfinder musste über ganz besondere Künste verfügen. In der That wurde Schönbein durch diese Entdeckung einer der popu- lärsten Männer der Zeit, die Tagesblätter bringen fort und fort Nachrichten über ıhn und seine Erfindung, sein Name ist in jedes Mannes Mund. Und doch liest Schönbeins Bedeutung für die Chemie durchaus nicht in diesen seinen bekanntesten Entdeckungen, der von der Passivität des Eisens, der des Ozons und der Schiessbaumwolle, zu denen sich noch das Lösungsprodukt der letzteren in Âther-Alkohol, der für medizinische wie photographische Zwecke gleich wichtige Klebäther, das Kollodium, gesellt. Nur weil sie den Namen des Entdeckers am weitesten bekannt gemacht haben, durften sie nicht übergangen, sondern mussten auch hier vorausgenommen und am eingehendsten behandelt werden, obwohl, sehen wir von den Arbeiten über das Ozon ab, sie für Schönbein selbst nur Episoden darstellen, die er später, z. B. in seinen Briefen an Liebig wiean Wöhler, vollkommen mit Stillschweigen übergeht. Für die Chemie liegt die Bedeutung Schönbeins vor allem darin, dass er die herrschende Richtung, die sich mit ungesunder Ausschliesslichkeit auf die Bear- beitung der Chemie eines Elementes, des Kohlenstoftes, geworfen hatte, und von dieser aus die aller anderen Elemente theoretisieren wollte, rundweg ablehnte, und unbekümmert darum, dass man ihn mit seinen „Ketze- reien“ völlig totschwieg, sich auch nicht zu der aller- geringsten Konzession herabliess. Während die Chemie jener Zeit, sowie ja wohl cie von heut zum grossen Teil auch noch, gleichartigen Atomen Gleichwertigkeit dekretierte, indem sie es über- sah, zu scheiden zwischen den inmanenten und relativen BE a dei Eigenschaften, nahm Schönbein an und bewies es in vielen Fällen, dass dies durchaus irrtümlich sei, und z. B. zwei Sauerstoffatomen, die in irgend einer Verbindung enthalten sind, ein durchaus verschiedener Wert, ein durchaus verschiedenes Verhalten zukommen könne. Er gab diesem Befund auch in besonders geschriebenen chemischen Zeichen Ausdruck, die aber ebenso wie seine sonstigen Lehren ignoriert wurden und bis heut noch nicht den Weg von der Litteratur ın die Lehr- und Handbücher gefunden haben. Von solchen Voraussetzungen ausgehend, betrieb er seine Chemie und, da er mit vollem Recht, wieder im strikten Gegensatz zur rechtgläubigen Schule, an- nahm, dass sich zwischen Ausgangs- und Endprodukt einer chemischen Reaktion der interessantere Teil der Vorgänge, das chemische Werden, abspielte, so war sein lebhaftes Bestreben darauf gerichtet, diese zu be- lauschen. Deshalb brachte er auch solchen Prozessen, wie z. B. der langsamen Verbrennung, wo die Möglichkeit vorlag, an Zwischenprodukten den eigentlichen Gang der Handlung studieren und daraus den Aufbau der Endresultate ableiten zu können, die grösste Aufmerk- samkeit entgegen. Aus dem gleichen Grunde betont er auch immer und immer wieder die Wichtigkeit der Elektrolyse, die ihm, wieder ganz mit Recht, als in eminentem Masse fördernd für die Erkenntnis der Art, wie die Elemente in den zusammengesetzten Stoffen gruppiert und ge- ordnet sind, erscheint, und zu einer Zeit, wo sonst auch gar niemand daran dachte, empfiehlt er bereits die Elektrolyse auch für organische Stoffe, um mit ihrer Hilfe den Aufbau derselben zu ergründen. Überhaupt plädiert er mit eindringlichen Worten für eine neuer- liche, engere Verbindung der Chemie mit der Physik, DT ME und mehr denn vierzig Jahre, ehe durch die Begründung der ersten deutschen Heimstätte für physikalische Chemie in Leipzig die Angeln für. die so nötige Wendung der Chemie geschaffen wurden, betont er es laut, dass der wahre Fortschritt für die Theorie der Chemie allein aus dieser Vereinigung zu erwarten sei. Dabei geht er bald solchen Problemen aie die von der Schule mit einer gewissen Scheu gemieden, oder was immer das bequemste, einfach abgeleugnet werden, wie der Katalyse, und weist ihr häufiges Vorkommen nach; oder aber er. geht auf ausgetretener Strasse, um immer da noch zu ernten, wo die anderen längst die letzten Ähren gelesen glaubten, so bei seinen so wich- tigen Arbeiten über Nitrithildung und über das Wasser- stoffsuperoxyd. Für alle seine ungemein zahlreichen Arbeiten, die allerdings in der Überzahi seinem einen „chemischen Helden“, dem Sauerstoff, gewidmet sind, dienen ihm die einfachsten Mittel, aber er weiss sie so anzuwenden, dass sie in seinen Händen zu machtvollen Agentien werden, mit denen er seine Position immer von neuem befestigt, dagegen in die Werke seiner Gegner mehr als eine Bresche legt. Zu seinen Lebzeiten mehr als ein Sonderling in seiner Wissenschaft betrachtet, und nur von den weit- blickendsten wie Liebig und Wöhler, Pettenkofer und Bunsen, Poggendorff und Faraday, Graham und Grove, De la Rive und Henri St. Claire Deville u. s. w., mit denen allen ihn engste Freund- schaft verband, voll gewertet, hat die neuere (’hemie in 1hm einen ihrer ersten Pioniere erkannt, den sie mehr und mehr verehrt und als einen von denen an- erkennt, der die Tradition einer grossen Werdezeit hochhielt „als alle untreu wurden“. Aus seinen ganz originellen, eigenartigen, den starren Atomen mit ihren quasi versteinerten Eigenschaften, als Schüler Schellings natürlich widerstrebenden An- schauungen, hat er, auf diesen ganz bestimmten philo- sophischen Grundlagen fussend, von höherer Warte he- rab als die grosse Mehrzahl seiner Fachgenossen, die solchen Fragen ängstlich aus dem Wege gingen und gehen, seine Wissenschaft betrieben, darum aber auch dauernderes für die Theorie geschaffen als „kaleidos- kopische Formeln“. SS | Und wenn er auch manches Mal, ja wenn er auch oft geirrt hat, und, ganz wie sein grosser Meister, sich während all’ seines Lebens in einem Stadium fortdauernder Entwicklung befand, so wird doch sein Name bestehen bleiben und dauern, weit über die seiner einstigen Anti- poden in der Chemie hinaus, die verblassen werden, so leicht und schnell wie die zarten Farben, die sie einst erkünstelten, und die auch das Licht des Tagesgestirnes nicht ertragen können. Sein Name wird leuchten in die Zeiten hinaus, ferner zwar, doch heller stets, mit jenen zwei zusammen, die um die Mitte des scheidenden Säkulums der deutschen Chemie den grössten Glanz verliehen, ein strahlend Dreigestirn, die Namen: Liebig, Bunsen, Schönbein! Les travaux et les découvertes chimiques de Schünbein par J. Piccard. Après M. Kahlbaum qui vous a parlé de l’homme et de sa vie, j'aurai à vous entretenir du savant et de ses travaux, plus spécialement de quelques-unes de ses découvertes chimiques. Mais, il est plus facile de fixer des limites que de les maintenir: en face de cette puis- sante individualite, toutes les distinctions tombent d’elles- mêmes: Schönbein reste un et indivisible. Dès qu’on a prononcé le nom de Schönbein, un attribut qui en est devenu inséparable se presse sur les lèvres; ce mot qui caractérise l’homme, comme il ré- sume son œuvre, qui fait le fond de toutes les notices biographiques qui ont précédé cette fête, comme il for- mera ce soir la synthèse de tout ce que nous aurons entendu, c’est celui d’„original“. Ceci admis, et sans trop souvent répéter le mot, je vais essayer de montrer, d’abord en général, puis ensuite dans quelques cas particuliers, de quelle manière l'originalité, ce trait distinctif de l’homme, s’est mani- festée dans l’œuvre scientifique du savant. Même ainsi restreint, le sujet reste si vaste que, dans la petite demi-heure dont je dispose, je pourrai à peine l’&baucher. Pour ne pas perdre un instant, veuillez me permettre de m'exprimer dans ma langue maternelle qui est aussi celle de quelques amis de la Suisse fran- ed caise qui ont bien voulu venir feter avec nous cet an- niversaire. Dans la conversation familière, Schönbein aimait à disserter. Un de ses thèmes favoris consistait à établir des comparaisons entre les divers savants d’après leur tempérament scientifique. Les uns, disait-il, suivent leur flair instinctif; ils vont de droite, de gauche, découvrent des pistes, mettent à jour des matériaux, en construisent quelque abri provisoire qu'ils ne tardent pas à abandon- ner pour se jeter en avant et aller fourrager plus loin: ce sont les initiateurs, les pionniers qui ouvrent des voies nouvelles à la science. Derrière eux, d’autres viennent prudemment, pas à pas, et rectifient la voie; ils procèdent avec ordre et méthode, trient les maté- riaux, posent pierre sur pierre et finissent par élever l'édifice définitif sur un plan mürement préparé. Schönbein sympathisait incontestablement avec les premiers, pour lesquels il réservait le titre d'hommes de génie. Quant aux seconds, il leur accordait son estime et le titre d’hommes de talent. Les classifications risquent toujours d’être incom- plètes ou artificielles; les étiquettes sont souvent trom- peuses. Aussi ne voulons-nous pas nous arrêter à dis- cuter celle-ci. Mais, dans le cas particulier, on peut af- firmer que Schönbein était, si jamais il en fut, un type parfait de la premiere catégorie. Schönbein est absolument spontané, prime - sautier dans le choix de ses sujets d'étude; il s'attaque comme de préférence aux plus difficiles, aux plus impré- vus; il essaie tout ce qui lui tombe sous la main ou lui passe par la tête, même les choses les plus ın- vraisemblables. Il a ainsi déconcerté non-seulement ses contemporains; mais il nous étonne encore aujourd'hui. C’est ce qui explique pourquoi la plupart des questions qu'il a soulevées il y a 60, 50, 40 ans et qui devraient, semble-t-il, avoir depuis lors recu une solution, ne sont pas encore définitivement classées aujourd’hui et restent l’objet de discussions presqu’aussi vives qu'au premier jour. Si Schönbein pouvait assister aux débats actuels sur le poids moléculaire de l'ozone, sur le rôle de Peau oxygénée dans un grand nombre de réactions, sur les phénomènes de catalyse, sur la nitrification de l'azote atmosphérique — et bien d’autres encore — 1l ne man- querait pas de se frotter les mains et de dire avec sa grosse bonne humeur: „Eh bien, je leur ai taillé pas mal de besogne, à ces gens-là, comment vont-ils s'en tirer ?* Ce n’est pas seulement dans le choix de sujets particulièrement ardus que se montre l'originalité de Schönbein; mais aussi et surtout dans sa manière para- doxale de les traiter. A première vue, on croirait qu'il manque de méthode, parce qu'il en a une à lui per- sonnelle. Comme les alchimistes, 1l ne travaillait guère que qualitativement: la question du „comment“ l'inté- ressait davantage que celle du ,combien“. Il igno- rait presque l’usage de la balance et des autres instru- ments de précision qui ont transformé la science mo- derne. Quelques éprouvettes et quelques réactifs lui suffisaient le plus souvent; mais quelle virtuosité à s’en servir et quel coup-d’eil! N’y avait-il pas aussi un reste d’alchimiste en lui lorsque, à sa premiere décou- verte du fer passif, il entrevoyait la transmutation d’un vil métal en un métal plus noble? Schönbein étonne les „classiques“ par sa manière de raisonner, par la rapidité avec laquelle il lance une idée nouvelle, construit une théorie, tire des conclusions, et par la facilité non moins grande avec laquelle il aban- donne tout cet échafaudage pour en élever un autre ab- solument different. On lui a même fait un reproche de trop aimer discuter, théoriser, philosopher; mais c'était dans sa nature: il avait beaucoup d’imagination et ne sen cachait pas; ıl se considérait comme un semeur d'idées, laissant à d’autres les soins de la culture et de la récolte. Ce n’est pas à dire que Schönbein n'ait pas su récolter les fruits de son travail et de son génie. Ceci m'amène à faire ressortir encore un côté de cette cu- rieuse et vigoureuse individualité. Avec sa tournure d'esprit philosophique, on pourrait s'attendre à le trou- ver peu pratique; cela va souvent ensemble, autrefois du moins, chez les savants allemands; mais ce n’est pas le cas ici. Schönhein avait un tres-grand fond de ce qu'on appelle la , Weltklugheit*, un jugement sain des choses et des hommes; il savait la manière de les ga- gner. Ayant pleinement conscience de sa valeur il a su se faire valoir. Grâce à sa persévérance et à sa pré- voyance, il à su tirer un parti légitime de ses décou- vertes. En somme, on peut dire que, malgré son extrême originalité, il était admirablement équilibré; ses facultés intellectuelles, sa santé morale étaient aussi excellentes que sa santé physique était proverbiale. C'est ce qui explique ses succès comme homme et comme savant. Dans ce qui précède j'ai tâché de donner le ton général de l’œuvre scientifique de Schönbein. Sur ce fond encore un peu vague, je vais essayer de dessiner quelques traits plus précis, sans oublier que je m'adresse à un public cultivé, et non pas à des chimistes de profession. Commençons par l'ozone. Comme chacun sait et comme en indique le nom, l’ozone a été découvert par le moyen de l’odorat. Cela peut paraître tout simple puisque, sans être exception- D 0 ds nellement doué à cet égard, chacun peut percevoir une odeur particulière dans le voisinage d’une machine élec- trique ou d’une pile voltaïque en fonction. Et pourtant, de là à découvrir et à saisir la cause de cette odeur. à isoler le corps dont elle émane, il y avait un grand pas et des dificultés dont on ne peut plus guère se rendre compte aujourd'hui. Dans la disposition d’esprit où l’on se trouvait alors, on pouvait fort bien considérer cette odeur comme un phénomène subjectif, comme par ex. les couleurs dans l’idée de Göthe. On pouvait aussi la considérer comme un phénomène d’ordre physique: un mouvement, une vibration dans le genre du son ou de la lumière, de la chaleur, de l'électricité qui ne sont pas en eux-mêmes matériellement saisissables, De prime- abord la substantialité de l’odeur ne s’impose nullement à l'esprit; ainsi, ne connaissons-nous pas tous l’odeur particulière que dégage une pluie fraîche sur un sol desséché? Ne connait-on pas depuis des milliers d'années celle que produit le choc de deux morceaux de quartz? Pourtant, personne jusqu'ici n’a rénssi à en découvrir les causes et encore moins à en isoler un corps odorant. Avec son bon-sens et son coup-d’eil innés, Schönbein devait donc dès l’abord se rendre compte des difficultés considérables qui lattendaient cans cette étude. Mais cela ne l’a pas arrêté; il avait foi en son étoile et il possédait à un haut degré une qualité indispensable à l'inventeur: la curiosité scientifique. Suivons-le plus loin dans son étude de l'ozone, comme l’on suit de la vallée les hardis ascensionnistes qui montent à l’assaut d'une cîme vierge. On les voit tour à tour apparaître et disparaître, tantôt sur un flanc de la montagne, tantôt sur une arête; ils escaladent un rocher de front, ils en contournent un autre. Quand ils ont fait fausse route, ils reviennent sur leurs pas pour er ea essayer dans une autre direction. De même Schönbein. A peine a-t-il entrevu l’ozone qu’il le baptise et le prend à partie; d’abord il le considère comme une espèce d’eau suroxygénée semblable au chlore pour lequel il reprend la vieille théorie du ,murium“. Bientôt après il pro- clame l’ozone un élément nouveau et annonce au monde scientifique quil a dédoublé l'azote en hydrogène et ozone. Mais il ne s'arrête pas longtemps à cette hypo- thèse: dès que d’autres savants, Marignac et de la Rive à Grenève, eurent démontré que l’ozone n’est finalement qu'une forme „allotropique“ de l’oxygène, Schönbein se range à cette idée et, pour l'expliquer, lance sa fa- meuse théorie qui fait de l’oxygène ordinaire une com- . binaison d’ozone et d’antozone, chargés l’un d'électricité négative, l’autre d'électricité positive. Il faut que Soret, ie physicien genevois, plus calme et rompu à l’école quantitative, reprenne la question et, la serrant de plus près, prouve, par la méthode des densités, la vraie cause de l’allotropie entre l'oxygène ordinaire et l’oxygène ozomfé: le premier se compose de molécules diatomiques, le second de molécules triatomiques. Bien d'autre savants encore, que je n’ai pas nom- més, chimistes et physiciens éminents, ont pris part à cette discussion. Enfin, lorsque l’on croyait la question définitivement réglée, voici que, tout dernièrement, Laden- burg à Breslau, qui a réussi à obtenir de grandes quan- ütés d'ozone liquide à l’état de pureté presque parfaite, rouvre l'enquête, la soumet à une révision, y trouve des lacunes, des fautes de calcul. D’autres répliquent. Ladenburg duplique. Voilà où l’on en est aujourd'hui, soixante ans après la découverte de l’ozone par Schön- bein. C'était, n'est-ce pas, un fort beau lièvre qu’il avait levé là. Cet exemple vient à l’appui de mon dire que Schönbein s’attaquait instinctivement et avec une audace 3 ae en inouïe aux questions les plus ardues devant lesquelles d’autres plus craintifs eussent reculé. Mais, comme je l’ai aussi dit, Schönbein n'avait pas seulement une predilection pour les problömes les plus difficiles; sa tournure d’esprit le portait à les abor- der par le côté le plus inattendu, le plus invraisemblable, le plus paradoxal. En voici quelques exemples: Le phosphore, corps éminemment oxydable, de- vrait, semble-t-ıl, absorber l’ozone, par conséquent en empêcher la formation, Or, c’est précisément le contraire qui a lieu: dans ce vase ne contenant que de l’air hu- mide et un morceau de phosphore, j'introduis une bande de papier Schönbein qui, en se colorant en bleu, va nous démontrer qu'il s’est formé de l’ozone. On dirait le contraire du bon sens. Dans ce grand bocal rempli d’eau, je projette quel- ques parcelles de salpêtre dont l’acide nitrique va être mis en liberté par quelques gouttes d'acide sulfurique, Quoique très-riche en oxygène, l’acide nitrique n’a pas la force d’oxyder l’iodure de potassium que j'ajoute. Dans ce mélange resté incolore je vais introduire un morceau de zinc et presqu’aussitöt le liquide se colorera, conséquence d’une oxydation de l’iodure de potassium. On dirait, n'est-ce pas, que c’est le zinc qui a opéré cette oxydation, ce qui serait un non-sens chimiqne. Bien au contraire, le zinc en enlevant de l'oxygène à l’acide azotique a transformé celui-ci en acide azoteux lequel, quoique plus pauvre en oxygène, se trouve être plus disposé à en céder que son frère plus fortuné. C’est le pauvre qui est plus généreux que le riche. On pourrait aussi exprimer paradoxalement la même idée en disant : „Pour rendre un oxydant plus fort, commençons par Paffaiblir. “ Voici un autre oxydant, l’eau oxygénée, qui n’a pourtant pas la force de décolorer l’indigo. Je lui en- lève un peu de son oxygène au moyen de vitriol de fer et, aussitôt, elle est disposée à livrer le reste et à détruire la matière colorante organiqne. Dans un cas le zinc, dans l’autre le fer, ont , décroché“ la réaction. Le „declanchement“ peut aussi se faire de deux côtés à la fois: Dans ce liquide rouge nous avons un manganate suroxydé: dans celui-ci de l’eau suroxydée. Dès que nous les mélangeons, il y a décoloration et dégagement d’oxygene ordinaire: les deux riches se sont dépouillés réciproquement. Aujourd’hui on pourrait citer des centaines de phénomènes analogues, sur lesquels la thermochimie nous a quelque peu ouvert les yeux ; mais alors c’étaient autant d’enigmes; c'était comme qui dirait se chauffer avec la glace ou se rafraîchir avec le feu; ou bien: peindre en rouge avec de la couleur verte. On comprend l’étonne- ment que devaient produire de pareilles réactions à une époque où, pour plusieurs, chimie était presque synonyme de magie. En citant au hasard les exemples ci-dessus, je n’en- tends nullement réclamer pour Schönbein la priorité exclusive dans ce vaste domaine des phénomènes d’oxy- dation indirecte et de catalyse; mais je tenais à le mon- trer dans ce milieu où il se sentait vraiment chez lui. Pour lui, comme pour Lavoisier, l'oxygène était le centre de la chimie, la chimie presqu’une monographie de l'oxygène. Je tenais aussi A vous le montrer travaillant dans son laboratoire. Seulement, au lieu d'opérer dans de grands bocaux, comme je l’ai fait pour être vu à distance, il ne se servait guère que de petits tubes de verre qu'on appelle des „eprouvettes“, C’est l’&prouvette en main quil s’est fait photographier plusieurs fois et Bu Naher c’est aussi l’éprouvette en main qu’il est représenté sur ce grand portrait à l'huile, qui orne cette salle, entouré de lauriers. *) Quand Schönbein avait découvert quelque réaction intéressante, il bouclait son sac et partait en tournée scientifique pour Zurich, Carlsruhe, Göttingen, ou plus loin encore, et donnait là de vraies représentations dont le succès résidait autant dans la personnalité du conte- rencier que dans l'originalité du sujet. C’est dans une de ces tournées que je lai vu pour la première fois, en 1862 je crois. Je travaillais au la- boratoire de Städeler à Zürich; un après-midi la nou- velle se répand que Schönbein était à l’auditoire pre- parant une conference à notre adresse. Nous nous y précipitons pleins de curiosité. Gravement ıl suspendait à un cordon tendu à travers la salle, de petits chiffons d’etoffe et des morceaux de papier buvard préalablement trempés dans une cuvette. On aurait dit une lessive de poupée. Ses yeux à moitié fermés comme sur la photo- graphie de notre carte de fête, clignotaient de bonne humeur ét avaient l’air de dire: „Ca vous amuse, eh bien, moi aussi.“ Mais, il s'agissait de bien autre chose que d’un amusement. Dès que, après ces préléminaires, il eut commencé à développer son sujet, on sentit qu'on n'avait pas affaire à un simple conférencier, mais à un savant de large envergure dont le regard hardi se por- tait bien au-delà des petites expériences de laboratoire qu'il avait si gentiment préparées. A côté et au-delà d’une question spéciale de chimie, il y avait une ques- tion biologique de la plus haute portée, celle de l’evo- #) Dans les expériences que M. Piccard a répétées à cette occasion, il a été secondé par M. E. Linder qui était déjà aide- préparateur de Schönbein il y a 32 ans. A Bâle on est, comme l’on sait, resté conservateur. : lution de l’azote entre le règne minéral et le monde organique. On sait que l’azote des organismes finit par s’en aller, en partie à l’état de nitrates ou de sels am- moniacaux dans le sol ou dans la mer d’où ils ne sont qu'incomplètement repêchés par les plantes; en partie dans l’atmosphère sous la forme d’azote inerte. Si ce dernier n’etait vraiment pas assimilable, le bilan se bouclerait par un déficit qui, avec le temps, finirait par amener l’extinction de toute vie organique. Quelles sont les forces naturelles qui, en ramenant l’azote dans le cycle de rotation, couvrent les pertes auxquelles nous avons fait allusion ? Schönbein croit avoir démontré que dans les phénomènes d’evaporation et d’autres, l’azote atmosphérique et l’eau, peuvent en s’additionnant former de lazotite d’ammoniaque, lequel est assimilable. L’ex- plication et les expériences sont des plus ingénieuses. De fait, ce phénomène de la mise en activité de l'azote inactif, est beaucoup plus compliqué qu'il ne paraissait alors. Depuis le temps qu’elle est soulevée, cette question est encore à l’ordre du jour et préoccupe vivement chimistes, physiologistes et agronomes. Mais ce n’est pas ici le lieu d'exposer les diverses solutions par- tielles qu’elle a reçues (énergie électrique, réactions endo- thermiques, symbiose). Je dirai seulement que cette sé- ance où tout était ingénieux et génial, m’a laissé une forte impression. Plus tard, il est vrai, j’ai appris que nous n'avions pas été, à Zürich, les seuls à jouir de ce privilège *), *) Wöhler écrit de Göttingen à Liebig: „Schönbein ist schon seit acht Tagen bei mir. Ich ver- „anlasste ihn, einen Vortrag mit Versuchen über seine so merk- „würdigen Beobachtungen über die Bildung des salpetrigsauren „Ammoniaks zu halten. Es fanden sich etwa 150 Zuhörer ein, die „dem Vortrag des originellen Kerls mit grossem Interesse folgten. a J'ai laissé beaucoup de côté et des choses les plus intéressantes. Je voudrais encore parler du coton-poudre ; mais le temps me manque; une observation seulement. On a écrit que Schönbein n’était qu'un „initiateur“ et qu'il n'avait „rien termine.“ Eh bien, dans ce cas du fulmi-coton, il faut reconnaître qu'après avoir lutté avec une rare énergie contre des difficultés pratiques sans nombre, il a réussi à donner à sa découverte toute la perfection dont elle était susceptible alors. Voyez ce fusil à aiguille, voyez ces cartouches à balles fabriquées ıl y a 50 ans. N’a-t-on pas dit que le coton-poudre de Schön- bein ne se conservait pas sans altération et qu'il per- dait sa force? Eh bien, 25 ans après la préparation de ces cartouches, je me suis permis d’en brûler une dont l'effet a été merveilleux. Aujourd’hui, après 50 ans, j'ai sacrifié la seconde des cartouches originales de Schön- bein. Voici le résultat: une balle aplatie contre le mur après avoir transpercé ces quatre fortes planches. On a aussi dit que le coton-poudre était trop bri- sant et qu'il faisait éclater les armes à feu: C’est peut- être vrai; mais, pour le moment, ce fusil a bien résisté à l'épreuve. La démonstration sera plus concluante si tous les vingt-cinq ans mes successeurs répètent l’expé- rience avec les vingt cartouches qui restent dans cet étui. Aujourd’hui, plus que jamais, le fulmi-coton domine le monde. Sous la forme granulée de poudre sans fumée, ou bien en combinaison avec d’autres explosifs tels que la nitroglycérine, l'acide picrique, sous le nom de méli- „Ja, hätten wir nur seinen Magen und ich ausserdem seine „Rinozeroshaut! Er wird morgen seine Nordpolfahrt, wie er es „nennt, antreten, d. h. eine Excursion auf den Harz machen.“ Hoffmann. Aus Liebig’s und Wöhler’s Briefwechsel II. 122. se es nite, fulminite, lyddite et autres engins de destructions et sous le pavillon de la civilisation, il fête à cette heure, aux Philippines, au Soudan et au Cap, des orgies san- glantes. — Du reste, il a aussi fait son chemin sous d’autres formes plus pacifiques, telles que le collodium, la celluloide, la celloidine, la soie artificielle; il a aussi aidé à percer les isthmes qui séparent les mers et les montagnes qui séparent les nations. L’esquisse que j’ai täche de faire de Schönbein et de quelques-unes de ses découvertes chimiques est bien fragmentaire; mais je voudrais au moins que l’impres- sion générale fût juste. J’ai cherché à éviter toute exagé- ration de circonstance. La figure de Schönbein est assez grande et assez caractéristique pour n'avoir pas besoin d'être surfaite. Lui assigner un rang parmi ses confrères est d'autant plus difficile qu'il n’est comparable à aucun d'eux et ce serait provoquer la controverse. Mais, pour fixer sa place dans le courant scientifique de son époque, il reste un point à noter: Schönbein a imprimé à son œuvre le cachet de sa puissante individualité, non-seu- lement par ce qu'elle lui a fait produire, mais aussi par ce qu’elle ne lui a pas permis de faire. Schönbein, ‘qui est né en 1799 et mort en pleine activité en 1868, a donc assisté complètement à la gran- diose évolution qu'a faite la chimie entre ces deux dates, l’évolution atomique, l’une des plus riches en conséquences qu’ait jamais subies une science en si peu de temps. Préparée par les recherches quantitatives de Lavoisier, Wenzel, Richter, la science moléculaire a été fondée par Dalton, Gay-Lussac, Ampère, D'autres, Berzelius, Wöhler, Liebig, Dumas, Stas y ont travaillé sans re- lâche, pesant, mesurant, analysant, reconstituant ces milliers de corps qui forment aujourd’hui un trésor sans égal. EAN N Quel a été le rôle de Schönbein dans ce grand mouvement? Qu plutôt — puisque tout le monde n’est pas appelé à jouer un rôle actif — quel intérêt a-t-1l té- moigné à ce mouvement ? Eh bien, il faut le dire: au- cun! Il a laissé passer le courant de loin, en indifférent. C’est d'autant plus étonnant que Schönbein ne vivait pas en ermite isolé du monde, mais qu'il était en rela- tions très fréquentes, intimes même, avec la plupart des chimistes et des physiciens de son époque. On ne peut s'expliquer ce fait curieux que par le développement excessif de sa personnalité. L'indépendance est, comme l’on sait, un trait caractéristique de cette forte race. de Souabe dont il a été un illustre représentant. En consacrant ses forces et son génie à une nou- velle patrie, il est resté de cœur attaché à l’ancienne ; mais il a surtout travaillé pour une patrie intellectuelle plus vaste encore, la science. C’est pour célébrer sa mémoire à ce triple point de vue que nous sommes réunis ici, gens de la Souabe, Suisses et savants étrangers. Die Arbeiten Schönbeins auf physiologisch- chemischem Gebiete. Von Professor Eduard Schär in Strassburg. Die Hochschule Basel besitzt bekanntlich nicht allein das Privilegium ehrwürdig hohen Alters, sondern er- scheint auch dadurch ausgezeichnet, dass sie seit ihrem ersten Bestehen bis auf unsere Tage der Wirkungs- kreis zahlreicher Gelehrter von besonderer Vielseitigkeit und Originalität gewesen ist, welche, ob auch nicht immer bei ihren Lebzeiten voll gewürdigt, doch nicht verfehlt haben, durch ihre Schriften und Arbeiten einzelne Wissens- zweige in eigenartigster Weise zu fördern, ja teilweise in neue Bahnen zu lenken. | In die Reihe der hier zu nennenden Namen gehört zweifellos auch derjenige des Mannes, dem diese aka- demische Feier gewidmet ist, Christian Friedrich Schönbeins. Liest doch der deutlichste Beweis für die Produktivität und zugleich für die Besonderheit dieses Basler Lehrers und Forschers m der für sich sprechenden, einfachen Thatsache, dass es bei Vorbe- reitung dieses Gedenkfestes für geboten und nahezu selbstverständlich erachtet wurde, die Besprechung des Lebens und Webens Schönbein’s in dieser Stadt mehreren Rednern zu übertragen, die teils mit dessen Persönlich- keit, teils mit einzelnen seiner Forschungsgebiete näher Le vertraut, in der Lage wären, den mit Basel und seinen höheren Unterrichtsanstalten so enge verbundenen Ge- lehrten, soweit menschlicher Unzulänglichkeit möglich, der hier tagenden Festversammlung voll und ganz vor- zuführen. Auf diese Weise gelangte der Sprechende zu dem Auf- trage, in gedrängtester Kürze und an die bereits gehörten Vorträge anknüpfend die im Rahmen der physiologischen Chemie sich bewegenden, somit in das hochwichtige biologische Gebiet überspielenden Schönbein’schen Unter- suchungen zu behandeln, — eine Aufgabe, der er nicht ohne tiefere Erregung nachzukommen vermag, denn sie bedeutet für ihn zugleich die dankbare öffentliche Be- zeugung einer vor bald 4 Jahrzehnten in Schönbeins Vorlesungen empfangenen mächtigen Anregung, welche niemals eine Abschwächung erfahren hat. Wenn wir uns nun einem Überblick über diejenigen Arbeiten Schönbein’s zuwenden, welche auf die Pflanzen- und Tierchemie hinzielen und ihn namentlich im letzten Dezennium seiner Forscherarbeit intensiv beschäftigten und auch in hohem Maasse anregten und befriedigten, so müssen wir vor allem darauf hinweisen, dass diese Untersuchungen in engsten Beziehungen stehen zu der Erforschung einer Substanz, welche hinwieder die wich- tigste Rolle in Schönbeins berühmter, wenn auch eifrig bekämpfter Theorie der Sauerstoff-Polarisation spielt nämlich des Wasserstoffsuperoxyds. | In dem Kollegienhefte über die Vorlesung des Wintersemesters 1861/62 finde ich bei dem von Schön- bein besonders ausführlich behandelten Kapitel Wasser- stoffsuperoxyd die einleitende Bemerkung: , Wasserstoff- superoxyd, auch oxydiertes Wasser genannt, ist eine Substanz, die in mehr als einer Beziehung ausserordent- lich interessant und vorzüglich deswegen belehrend ist, weil darin eine Modifikation des Sauerstoffs enthalten ist, deren Eigenschaften sich gerade durch die Eigen- IE NEL schaften des Wasserstoffsuperoxyds am besten erkennen lassen.“ In der That zieht sich das Studium dieser merk- würdigen Verbiudung wie ein roter Faden durch die langjährigen chemischen Arbeiten unseres Gelehrten und lernbegierige junge Chemiker, die sich für das Gebiet des Sauerstoffs interessieren, werden es auch heute noch lohnend finden, sich in die überaus zahlreichen Schön- bein’schen Beobachtungen über jenen Körper zu ver- tiefen. Dieselben sind nur zum kleineren Teile in die chemischen Werke übergegangen; aber welches auch die Ansichten sein mögen, welche seit Schönbein auf Grund neuerer Erfahrungen über Wesen und Zusammensetzung des Wasserstofisuperoxyds geäussert worden sind, —- noch jetzt muss diese Substanz zu den rätselhaftesten und theoretisch interessantesten chemischen Stoffen ge- zählt werden, und lebte Schönbein noch unter uns, so würde er zu seiner Verwunderung und vielleicht auch zu seiner Beruhigung konstatieren können, dass das letzte Wort über die Verbindung, die so unzählige Male durch seine Hände ging, noch keineswegs ge- sprochen ist! Sein besonderes Interesse für das Wasserstoffsuper- oxyd stand erwähntermassen im engsten Zusammen- hange mit seiner Theorie der Polarisation des Sauer- stoffs, als deren Quintessenz die Annahme gelten konnte, dass der Sauerstoff nicht allein in seinem gewöhnlichen Zustande, sondern ausserdem in zwei anderen, durch besondere chemische Beweglichkeit ausgezeichneten Zu- ständen zu bestehen vermöge, und dass bei einer Reihe wichtiger chemischer Vorgänge, so besonders bei jenen Einwirkungen des Sauerstoffs, die man als langsame und rasche Verbrennungen bezeichnet, gewissermassen eine Spaltung desselben, d. h. ein Übergang in die beiden RE Modifikationen erfolge, die von Schönbein die Namen Ozon und Antozon erhalten hatten. Da nun andrerseits nach seiner Überzeugung das Wasserstoffsuperoxyd aus einer Verbindung des Wassers mit der von ihm Antozon genannten Sauerstoffart her- vorgeht, somit ein sogenanntes Antozonid darstellt, so lag für ihn die Ansicht nahe, dass diese Verbindung überall da auftreten werde, wo sich bei chemischen Pro- zessen die Erscheinung der Sauerstoffpolarisation ın Gegenwart von Wasser abspielt. Und diese Annahme musste ihn selbstverständlich dazu führen, nicht allein die Eigenschaften jenes Superoxydes gründlich zu er- forschen, sondern auch demselben bei den verschiedensten chemischen Vorgängen, an denen Sauerstoff beteiligt ist, nachzuspüren. Es ist zur Genüge bekannt, wie es Schönbein gelungen ist, bei zahlreichen chemischen Ver- änderungen, wie z. B. der Zersetzung des Wassers durch den elektrischen Strom, der langsamen Verbrennung des Phosphors, mancher Metalle und vieler organischer Stoffe die Bildung von Wasserstofisuperoxyd nachzuweisen und wie er andrerseits auch zuerst gezeigt hat, dass dieser Verbindung, in auffälligem Gegensatze zu manchen so- genannten Oxydationsmitteln aus der Gruppe der Ozo- nide, neben gewissen oxydierenden Wirkungen auch ausgesprochene reduzierende Wirkungen zukommen. Diese eingehende Beschäftigung mit den Eigen- schaften der genannten Verbindung, welche Schönbein in einer hier nicht weiter zu erörternden Weise durch seine Hypothese der Sauerstoffpolarisation zu erklären bestrebt war, führte ihn nun aber auch dazu, jene eigen- tümlichen Einwirkungen verschiedener Substanzen auf das Wasserstoffsuperoxyd, welche schon dessen Entdecker, der französische Chemiker Thenard, beobachtet hatte, eingehender zu studieren und diese Studien erweiterten Rue sich in der Folge zu den höchst bemerkenswerten Unter- suchungen über gewisse Merkmale und Wirkungen der sogenannten Fermente oder Gährungserreger. Nachdem Schönbein, wenn auch nicht zuerst, so doch eingehender gezeigt hatte, dass unter den sogenannten anorganischen Stoffen namentlich das pulverförmige Platin und einige andere verwandte Edelmetalle die Eigenschaft besitzen, nicht nur das genannte Superoxyd unter heftiger Sauerstoffentwicklung zu zerlegen oder wie er sich aus- zudrücken pfleste, zu katalysieren, sondern auch dem- selben, gegenüber sauerstoffbegierigen Substanzen die- selben energisch oxydierenden Wirkungen zu erteilen, wie sie dem ozonisierten Sauerstoffe oder Ozon zukommen, fand er, dass ein ähnliches Vermögen nicht allein diesen Metallen, sondern auch manchen organischen Stoffen zu- kommt, welche wir in pflanzlichen Geweben, sodann aber auch in tierischen Sekreten, wie Blut, Milch, Speichel u. s. w. verbreitet finden. In einer Abhandlung betitelt „über das \Vasser- stoffsuperoxyd, als Mittel, die fermentartige Beschaften- heit organischer Materien zu erkennen,“ der letzten von ihm verfassten, im Manuskript hinterlassenen Arbeit, die nach ihrem Inhalte für alle Zeiten klassısch bleiben wird, fasst Schönbein die grosse Summe seiner Experi- mente und Beobachtungen über das Verhalten orga- nischer Stoffe zum Wasserstoffsuperoxyd in wenige kurze Ausführungen zusammen; er lest in denselben dar, dass zahlreiche, eiweissartige und daher in der Hitze gerinn- bare Substanzen pflanzlicher und tierischer Natur, die das rätselhafte Vermögen zeigen, in dem vieltausend- fachen (rewichte gewisser organischer Verbindungen be- sondere Zerlegungen zu bewirken und die deshalb die Bezeichnung: Fermente oder Gährungserreger führen, zugleich auch die Eigenschaft besitzen, in dem Wasser- SR N stoffsuperoxyd eine eigentümliche Zustandsveränderung des Sauerstoffs zu bewirken, infolge deren das Super- oxyd entweder in Sauerstoff und Wasser zerfällt oder aber, unter gewissen Bedingungen, d. h. bei Gegenwart oxydabler Körper die Wirkungen des ozonisierten Sauer- stoffs äussert. Nach Schünbein bildet deshalb die letztere Ver- mögen, welches er als ,ozonübertragende“* Eigenschaft zu benennen liebte, ebenso wie die zuvor genannte kata- lytische oder zersetzende Wirkung auf das Superoxyd ein charakteristisches Merkmal für gewisse Klassen fer- mentartiger Materien. Welcher Art freilich die bei diesen Vorgängen anzunehmende Zustandsveränderung des Sauerstoffs im Superoxyde wirklich ist, ist uns heute noch ebensowenig genau bekannt, wie der Grund, warum diese Verbindung je nach Umständen Sauerstoff abgibt oder aber andern sauerstoffhaltigen Substanzen Sauer- stoff entzieht und als energisches sogenanntes Reduktions- mittel wirkt? Wenn es nun ganz selbstverständlich erscheint, dass wir bei dieser nicht für Fachmänner, vielmehr für einen weiteren Kreis von Verehrern Schönbeins be- stimmten Besprechung nicht weiter auf den Inhalt noch auf die Erörterung der zahlreichen Aufzeichnungen und Versuche dieses Forschers über die Eigenschaften der sogenannten Fermentmaterien eintreten dürfen, so würde es doch unverantwortlich sein, drei wichtige in die spätern Arbeitsjahre Schönbeins fallende Forschungsergebnisse zu übergehen, in welchen er seiner Zeit gewissermassen prophetisch vorangeeilt ist, und ohne deren Erwähnung mein kurzer Vortrag eitel Stückwerk bleiben müsste! Wir meinen erstens die Signalisierung und erste Unter- suchung der sogenannten Oxydationsfermente, sodann die Hervorhebung und Verteidigung der nahen Über- ee einstimmung der unorganisierten, löslichen Fermente oder Enzyme und der organisierten Fermente oder Gährungs- organismen und endlich die Entdeckung des merkwürdigen hemmenden Einflusses, den ein bekanntes Gift, die Blau- säure, auf die Wirkungen der Fermente, namentlich auf die zuerst von Schönbein beschriebenen Eigenschaften derselben ausübt. | Über den ersten Punkt, die Oxydationsfermente, darf sich der Sprechende umso kürzer fassen, als er vor Jahresfrist die Ehre hatte, an der allgemeinen Sitzung der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft in Bern über die neuere Entwicklung der diesbezüglichen Schönbein’schen Arbeiten vorzutragen. Es genüge des- halb die Bemerkung, dass die Oxydationsfermente, eine heute in physiologisch-chemischen Kreisen in aller Munde stehende Gruppe von Fermentmaterien, welche den Luft- sauerstoff zu ozonisieren vermögen, ausserdem aber auch dem Wasserstoffsuperoxyd gegenüber sowohl katalysierend wie ozonübertragend wirken, nebenbei die salpetersauren Salze energisch reduzieren, von Schönbein schon relativ frühe, wenn auch nicht in reinem Zustande isoliert, doch nach ihrer Gegenwart und ihren eigentümlichen Wirkungen klar erkannt und besprochen worden sind, während es der neuesten Zeit und zwar zunächst fran- zösischen, später auch deutschen Chemikern vorbehalten blieb, mehrere dieser Stoffe als chemische Individuen zu fassen und in ihren hauptsächlichsten Eigenschaften zu charakterisieren. Dabei ist für uns von Interesse, dass die Ansichten, welche von Schönbein bereits vor De- zennien über die vermutliche Bedeutung dieser eiweiss- artigen Substanzen für den Chemismus im Pflanzen- und Tierkörper geäussert wurden, anlässlich der neuern Arbeiten in der Hauptsache bestätigt, wenn auch in der einen oder andern Richtung modifiziert und erweitert worden sind. ER ous In ähnlicher Weise führen neuere und neueste, wenn auch noch nicht abgeschlossene Untersuchungen über die Isolierung der in Gährungsorganismen, vor allem in den bekannten Hefezellen vorhandenen, die Gährung, d. h. den Zerfall des Zuckers bewirkenden Substanzen, zunächst der sogenannten Zymase, von selbst zu den Schönbein’schen Arbeiten und Schriften zurück, Denn obwohl seit den klassischen Experimentaluntersuchungen besonders von Pasteur und Schwann und den Kontro- versen mit Liebig mehr und mehr die scharfe Trennung der nichtorganisierten Fermente oder Enzyme und der Gährungsorganismen als wissenschaftlich geboten galt und obwohl man die durch jene erstgenannten Fermente oder Enzyme verursachten Zersetzungen organischer Substanzen als direkte Wirkungen der betreffenden Materien betrachtete, die durch die Gährungsorganismen bewirkten Spaltungen aber, — die wir mit den Worten Zuckergährung oder Alkoholgährung, Essiggährung u. s. w. bezeichnen — als Ausserungen oder Begleiterscheinungen des Lebensprozesses genannter Organismen, demnach als untrennbar von dem Bestande der lebenden Hefezellen u. s. w. erklärte, hat Schönbein, auf seinen Erfahrungen und Studien über das Wasserstofisuperoxyd und dessen Verhalten zu den verschiedensten fermentartigen Sub- stanzen fussend, wiederholt und zwar schon geraume Zeit vor Abschluss seiner Thätigkeit die Ansicht vertreten und festgehalten, dass bei dem typischen Repräsentanten der organisierten Gährungserreger, der Hefe, nicht nur der durch dieselbe bedingte Gährungsprozess, sondern noch anderweitige wichtige Vorgänge in den lebenden Zellen von der Gegenwart und Thätigkeit einer wenn nicht praktisch, doch theoretisch isolierbaren oder ex- trahierbaren Fermentmaterie, eines Enzymes abhängen. An diese Anschauung knüpfte er die weitere Folgerung, Ze ge dass alle Einflüsse, die eine dauernde oder vorüber- gehende Aufhebung gewisser chemischer Eigenschaften des Hefeenzyms so besonders des katalytischen Ver- mögens verursachen, sowohl die Sistierung der Gährung, als auch des Lebens der Hefezellen zur Folge haben müssen, Nachdem in diesen letzten Jahren aus der Hefe ein Saft dargestellt werden konnte, welcher nur Inhalts- stoffe der Hefezellen, nicht aber letztere selbst enthält, dennoch aber Zucker energisch zu vergähren vermag, wird bei theoretischer Diskussion und Verwertung dieser neuern Thatsachen notwendig auf die Schönbein’schen Ferment-Arbeiten zurückzukommen sein! Endlich soll auch der schon erwähnten, von Schön- bein kurz vor seinem Tode gemachten Entdeckung ge- dacht werden, nach welcher gewisse chemische Wirkungen der in Gährungsorganismen, wie andrerseits z. B. ın keimenden Samen oder in tierischen Sekreten enthaltenen Fermente, namentlich die Einwirkung auf Wasserstoff- superoxyd, zugleich aber auch die spezifische Ferment- oder Gährungswirkung schon durch kleinste Mengen Blausäure wesentlich abgeschwächt oder aufgehoben werden, — jedoch nur für so lange, als die Berührung der Fermentmaterie mit der erwähnten giftigen Substanz andauert. Diese von Schönbein durch unzählige Versuche 1ns- besondere mit keimfähigen Samen, mit Hefe und mit Blutkörperchen bestätigte Erfahrung darf, wie mir scheint, gegenwärtig mehr denn je als eine der theore- tisch interessantesten und vielleicht auch wichtigsten Beobachtungen angesehen werden, welche der originelle und geistreiche Forscher während seines der chemischen Wissenschaft gewidmeten Lebens gemacht hat. Ihre Bedeutung dürfte vielleicht gerade darin liegen, dass 4 Ir np sie, bei sorgfältiger Erwägung, gewisse Fingerzeige für die immer noch ausstehende gründliche Erklärung der so merkwürdigen Fermentwirkungen und Gährungser- scheinungen zu geben vermag. Noch wäre nun freilich, um dem Pensum dieses Vortrages gerecht zu werden, der Hauptinhalt der Schön- bein’schen Untersuchungen über chemische Eigenschaften von Blutbestandteilen, namentlich des Blutfarbstoffes zu besprechen, ein Thema, dessen Erörterung, so verlockend sie an und für sich scheinen mag, an diesem Orte schon deshalb ausgeschlossen scheint, weil sie ein tieferes Ein- gehen auf physiologisch - chemische Gegenstände er- heischen würde. Es mag deshalb genügen, daran zu erinnern, dass auch auf diesem Gebiete der tierischen fermentartig wirkenden Materien, wie solche namentlich im Blute sich finden, von Schönbein eine nicht geringe Zahl von che- mischen Thatsachen aufgedeckt worden sind, welche niemals werden ignoriert werden dürfen, wenn es sich um Zusammenstellung und Sichtung derjenigen über- reichlich vorhandenen chemischen Beobachtungen über das Blut handelt, auf welchen dereinst ein befriedigendes Verständnis der so bedeutungsvollen Vorgänge der At- mung und der Oxydation in den animalischen Geweben, wie in der vegetabilischen Zelle sich aufbauen wird. Und wenn wir nunmehr zum Schlusse nach den dominierenden Gedanken fragen, welche heute die- jenigen erfüllen müssen, die vor Ihnen über Christian Friedrich Schönbein zu sprechen die Ehre haben, so lassen sie sich wohl am besten in die sichere Erwartung und Überzeugung zusammenfassen, dass aus den Be- obachtungen, welche der vor 100 Jahren geborene Basler Gelehrte und Forscher so reichlich ausstreute, wie aus ebenso vielen keimfähigen Samen, noch manche köstliche wissenschaftliche Frucht erwachsen wird, und dass Basel mehr denn je allen Grund hat, mit Stolz und in unge- trübter Befriedigung einen Mann den seinigen zu nennen, welchen Naturforscher von dem Range und der Bedeu- tung eines Berzelius, Faraday, Clausius, Eisenlohr, Liebig, Pettenkofer u. a. eines freundschaftlichen Briefwechsels und Verkehrs gewürdigt haben. Sein Andenken wird in dieser Stadt und ihrer Hochschule nie erlöschen ! Schönbeins Leistungen für die Physik. Von Hagenbach-Bischof. Es sei mir gestattet, als Ergäuzung zu den gehaltenen Reden noch einige Worte beizufügen über die Leistungen Schönbein’s auf dem Gebiete der Physik. Bis zum Jahre 1852, wo an unserer Universität besondere Lehrstühle für die Physik und für die Ühemie errichtet wurden, hatte Schönbein zugleich die beiden genannten Wissenschaften zu vertreten; er lehrte somit neben der Chemie auch die Physik, sowohl an der Uni- versität als an dem damals mit der Universität näher verbundenen oberen Gymnasium. So war es mir ver- sönnt, schon als Gymnasiast durch ihn in die physi- kalische Wissenschaft eingeführt zu werden; ich darf deshalb aus eigener Erfahrung über seinen Physikunter- richt sprechen. Die streng.mathematische Behandlung der Aufgaben war nicht seine Sache; aber dieser Mangel wurde reich- lich aufgewogen durch seine feine geistreiche Auffassung der Natur und durch den von klarer innerer Über- zeugung getragenen Vortrag, der besonders zur Geltung kam, wenn er einen seiner Lieblingsgegenstände be- handelte. Aber nicht nur als Lehrer, sondern ganz be- sonders als Forscher hat Schönbein wesentliche Ver- dienste um die Fortschritte der physikalischen Wissen- schaft. eg In erster Linie sind hier seine Forschungen auf dem Gebiete des Galvanismus zu erwähnen, die sich auf den Zusammenhang der elektrischen und chemischen Thätigkeiten beziehen. Im Jahrzehnte lang dauernden Kampfe zwischen Kontakttheorie und chemischer Theorie spielt er eine hervorragende Rolle und hat durch eine srosse Zahl sinnreicher Versuche und sorgfältiger Be- obachtungen wesentlich zur Aufklärung dieser für die Erzeugung und Wirkung der Elektrizität höchst wich- tigen Frage beigetragen. Nachdem er zuerst entschieden für die chemische Theorie in die Schranken getreten war, nahm er später mit seiner T’endenztheorie eine mehr _ vermittelnde Stellung ein, indem er annahm, dass die blosse Tendenz zweier Körper, sich chemisch zu ver- binden, deren elektrisches Gleichgewicht stört und so die statische Spannung der voltaischen Kette bedingt, während erst beim Schliessen der Kette die chemische Verbindung eintritt und die Arbeit für den auftretenden elektrischen Strom liefert. Wenn auch diese strenge Trennung zwischen der che- mischen Thätigkeit beim Erzeugen der Spannung in der offenen und bei der Unterhaltung des Stromes in der ge- schlossenen Kette mit unseren modernen Anschauungen sich kaum vereinigen lässt, so darf dennoch behauptet werden, dass Schönbein wesentlich mitgeholfen hat, den Zusammenhang der elektromotorischen Kraft und der potentiellen chemischen Energie ins richtige Licht zu stellen; auch haben seine Beobachtungen und theo- retischen Betrachtungen vieles zur Aufklärung der Pola- risation und der sekundären Ströme beigetragen. Ähnliches gilt auch von den chemischen Wirkungen des elek- trischen Stromes, wo besonders die mit der Elektro- lyse zusammenhängende Leitung nach verschiedenen Seiten untersucht und besprochen wurde, | or | Die Studien auf dem Gebiete des Gralvanismus haben auch nach der praktisch-experimentellen Seite Erfolge aufzuweisen; wir erinnern an die erste Ausführung einer grösseren Grove’schen Platinbatterie und die Erstellung wohlfeiler Eisen-Zink- und Eisen-Eisen-Elemente; auch dürfen seine Untersuchungen über die Wirkung des Bleisuperoxydes in der Säule als Vorläufer für die jetzt in der Elektrotechnik eine so bedeutende Rolle spielenden Akkumulatoren betrachtet werden. Aber noch auf manchen anderen Gebieten der Physik hat Schönbein geforscht und beobachtet; er hatte stets und nach allen Seiten ein offenes Auge für die Natur und wandte sich mit besonderer Vorliebe den Erschei- nungen zu, die von der gewöhnlichen Schulwissen- schaft unbeachtet gelassen wären. Wir erwähnen hier nur seine feinen Beobachtungen über die Farbenver- änderungen, welche manche Körper unter dem Einfluss der Wärme erleiden, die Abhängigkeit der physi- kalischen Eigenschaften eines Körpers von der Errest- heit des in ihm enthaltenen Sauerstoffes, die Erklärung der Nobili’schen Farbenringe durch Bildung von Blei- superoxyd, die Untersuchungen über das Leuchten des Phosphors, über elektrisches Papier, über den Einfluss des Sonnenlichtes auf die Zersetzung der Körper und die chemische Thätigkeit des Sauerstofis, über die elek- trischen Wirkungen des Zitteraales, über den Ursprung der Wolkenelektrizität und der Gewitter, über die Bil- dung einiger fluoreszierender Körper, über die Trennungs- wirkung, welche die Haarröhrchenanziehung des Papiers bewirkt, und anderes mehr. Auf alle diese Forschungen, die noch manche Keime für weitere Untersuchungen enthalten, näher einzutreten, erlaubt uns die Kürze der Zeit nicht; es sei mir des- halb zum Schluss nur noch gestattet, in allgemeinerer nes Form von einer etwas höheren Warte aus die Verdienste Schönbeins um die Fortschritte der Physik zu be- leuchten. Es wird von allen Seiten anerkannt, dass die grosse Entwicklung der physikalischen Wissenschaft auf der stets wachsenden Erkenntnis des einheitlichen Zusammen- hanges und der mannigfachen Wechselwirkung der Naturkräfte beruht; dabei kommen aber zwei zwar zu- sammenhängende aber doch zu unterscheidende Stand- punkte zur Geltung, die wir als den quantitativen und qualitativen bezeichnen können. Der quantitative Standpunkt hat seinen Ausdruck gefunden in dem mechanischen Satze der Erhaltung der Energie, welcher nach und nach auf den verschiedenen Gebieten der physikalischen Forschung mit stetem Er- folg seine Verwendung gefunden hat. Bei dieser Gelegenheit darf hervorgehoben werden, dass in diesem Punkte von unserer Universität Basel in bahnbrechender Weise eingegriffen wurde. Es war Johann Bernoulli, der im Jahre 1717 in seinem von Basel aus an Varignon geschickten Briefe den Begrift der geleisteten Arbeit genau mathematisch definierte, dafür das seither allgemein gebrauchte Wort „Energie“ in die Wissenschaft einführte und den Satz der Erhal- tung der potentiellen Energie bei den statischen Pro- blemen in klarer Form zum Ausdruck brachte; auch ist er in seinen Schriften so wuchtig für das Leib- nitz’sche Mass der Kräfte in die Schranken getreten, dass ihn Kant den Gott der lebendigen Kräfte nannte. Ferner hat sein Sohn Daniel Bernoulli, der den hiesigen Lehrstuhl der Physik hundert Jahre vor Schön- bein inne hatte, die Bedeutung des Energiemasses bei vielen physikalischen Problemen klar gelegt und als Schöpfer der kinetischen Gastheorie auf weite Zeit hin- aus bahnbrechend gewirkt, — 56 — Für diesen quantitativen Standpunkt hatte Schön- bein bei seiner nicht sehr weit gehenden mathematischen Vorbildung vielleicht nicht ganz das richtige Verständ- nis; Ja er konnte sogar etwas absprechend und spöttelnd über diese rein mechanische Naturauffassung sich äussern. Immerhin hat er die Bedeutung dieser quantitativen Beziehungen bei Aufstellung des mechanischen Aqui- valentes der Wärme zu schätzen gewusst; es beweist dies der Umstand, dass auf Schönbeins Antrag Robert Mayer zum korrespondierenden Mitgliede der Basler Naturforschenden Gesellschaft ernannt wurde; bekannt- lich die erste öffentliche Auszeichnung, die diesem lange verkannten genialen Manne zu Teil geworden ist. Der qualitative Standpunkt in Betreff der Wechsel- wirkung der Naturkräfte hat den quantitativen ergänzt und dadurch erst zu voller Geltung gebracht, dass man abging von der früheren Imponderabilienlehre, wo die Agentien der Natur auf ihrem Wesen nach verschiedene in einander unüberführbare unwägbare Stoffe zurück- geführt wurden, und dafür vor allem die Wechselbe- ziehungen, die Umwandlungen und Umformungen bei den mannigfaltig auftretenden Naturerscheinungen ins Auge fasste. | Nach dieser Richtung hin hat Schönbein Bedeu- tendes geleistet, besonders was die Abhängigkeit der chemischen Vorgänge von den physikalischen Kräften betrifft, und er ist in mancher Beziehung mit seinen Ideen der Zeit vorangeeilt. Es lässt sich nicht leugnen, dass er dabei teilweise unter dem Einfluss der Schel- ling’schen Naturphilosophie stand; was jedoch bei dem grossen Philosophen in dialektischer Form eine etwas nebelhafte mehr der kühnen Spekulation als der sach- lichen Naturbetrachtung entsprungene Gestalt annahm, N erhielt bei Schönbein, der vor allem als feiner und scharfsinniger. Forscher sich an die Natur selbst hielt, eine klare für die Erfahrungswissenschaft wertvolle Form. In wie fern Schönbein schon vor mehr als einem halben: Jahrhundert, wo in der Schulphysik mancher- orts noch die Lehre der Imponderabilien thronte, von der Einheit und Umwandelbarkeit der Naturkräfte über- zeugt war und insbesondere eine richtige Auffassung und Erklärung der chemischen Vorgänge nur aus dem Studium ‘ der physikalischen Kräfte erwartete, mögen folgende seinen Schriften entnommene Sätze zeigen. Er schrieb im Dezember des Jahres 1838”): „Wie mir scheint, berechtigen uns manche That- „sachen zu der Ansicht, dass die elektrischen Er- „scheinungen ebensogut als die Licht- und Wärme- „phänomene eigentliche Bewegungszustände seien, und „dass drei Arten von Erscheinungen durch eine und „dieselbe Ursache »(nämlich durch den chemischen , Prozess)« veranlasst werden können.“ Und ferner im Jahre 1844 in seinem Vorwort der Beiträge zur physikalischen Chemie **) : „Die Physik, welche es mit den allgemeinen „Naturthätigkeiten zu thun und namentlich die Er- „forschung derjenigen Agentien zu ihrer Aufgabe hat, „welche eine so wichtige Rolle auf dem Gebiete der „Chemie spielen, nämlich mit der Erforschung der „Wirkungen der Wärme, des Lichtes und der „Elektrizität; diese Wissenschaft muss noch mehr, als *) Neue Beobachtungen über die Volta’sche Polarisation fester und flüssiger Leiter. Poge. Anm XLVII po. 121. **, Beiträge zur physikalischen Chemie. Basel 1844. Vorwort De: Ba CU LE „bisher geschehen, zur Erweiterung des Verständnisses „chemischer Erscheinungen benützt und in den Dienst „der Chemie gezogen werden.“ | Diese eigenen Worte Schönbeins, denen noch mehrere ähnlich lautende beigefügt werden könnten, sprechen so deutlich, dass ein weiterer Kommentar dazu nicht nötig ist; sie berechtigen zu der Behauptung, dass bei der grossen Entwicklung der physikalischen Wissen- schaft in der einheitlichen Auffassung der Natur, die ın frühern Jahrhunderten angebahnt wurde, in unserem Jahr- hundert auf den einzelnen Gebieten zur Durchführung gelangte und dadurch zu weitgehender praktischer Verwertung der Naturkräfte führte, und die wohl erst in künftigen Jahrhunderten zur vollen Entfaltung kommen wird, auch Schönbein als bahnbrechender Pionier mit- geholfen hat. So dürfen auch wir hier uns darüber freuen, dass zu den Männern verschiedener Nationen, denen wir die grossen Fortschritte in der physikalischen . Erkenntnis verdanken, unsere Universität Basel neben Johann und Daniel Bernoulli auch noch als dritten Stern erster Grösse Schönbein geliefert hat. Fi 2 x es ; à LE MENT Rai x x D iF I dar =