u. à 6 re Lange, Por orge Botte dar DS De ES Et NS hé ee à Pre Be 2 s EEE nr T RP ce 2 Ted LIEN 25 ane pi Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft in Basel. Band XXII. Mit 10 Tafeln, 1 Porträt und 3 Textfiguren. Basel Georg & Go, Verlag 194: Druck von Emil Birkhäuser, Basel. m aan Astronomie. M. Knapp. Die neu gefundene Münster-Holbein’sche Kalendertafel Botanik. G. Senn. Ein tannzapfenartiges Kieselfragment aus der Wüste bei Heluan . Geologie. E. Brändlin. Zur Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura zwischen Aare und Fricktal Physik. Hans Zickendraht. Ueber ein neues aörodynamisches Instrumentarium Praehistorie. Paul Sarasin. Ueber die Fehlerquellen in der Be- urteilung der Eolithen Zoologie. F. Zschokke. Die Tiefenfauna der mitteleuropäischen Seen . Nekrologe. H.Veillon. Worte der Erinnerung an Eduard Hagenbach- Bischoff ER De H. G. Stehlin. Mathieu Mieg-Kroh . Bericht über das Naturhistorische Museum für das Jahr 1910 von Dr. Fritz Sarasin Bericht über die Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums für das Jahr 1910 von Dr. Paul Sarasin . Dr. J. M. Ziegler’sche Kartensammlung. Zweiunddreissigster Bericht 1910. C. Chr. Bernoulli Verzeichnis der wissenschaftlichen Gesellschaften mit denen die Natur- forschende Gesellschaft in Basel im Tauschverkehr steht . [80) (or) I Verzeichnis der Tafeln. Rate 1 10 NE Ve und VIE zur Paul Sarasın: Ueber die Fehlerquellen in der Beurteilung der Eolithen. Tafel VII, VIII, IX und X zu E. Brändlin: Zur Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura zwischen Aare und Fricktal. Porträt zu H. Veillon: Worte der Erinnerung an Eduard Hagenbach-Bischoff. Die Tiefenfauna der mitteleuropäischen Seen.') Vortrag gehalten vor der Naturforschenden Gesellschaft in Basel am 2. November 1910. Von F. Zschokke. Vor 41 Jahren entdeckte F. A. Forel die ersten Spuren einer tiefenbewohnenden Fauna im Grundschlamme des Genfersees. Die nächsten Jahre brachten in rascher Folge den Nachweis, dass die Tierwelt der grossen Tiefen reich sei an Arten und Individuen und dass sie den Boden aller Randseen der Alpen bevölkere. An die Entdeckung einer Tiefenfauna im Süsswasser knüpften sich kühne Hoffnungen der Zoologie. Die Lehre Darwins von der Speziesbildung durch Selektion hielt eben ihren Siegeslauf. An einem Wohnort von so speziellen Aussenbedingungen, wie die Tief- see der Süsswasserbecken, musste die Artbildung, seit tierische Bevölkerung dort Einzug hielt, ihre eigenen Wege eingeschlagen haben. Schwerer Wasserdruck, Lichtmangel, stets tiefe Temperatur, mechanische und thermische Ruhe, ‚un calme prodigieux‘, wie sich Forel ausdrückt, Abwesenheit grüner Pflanzen, charakterisieren den tiefen Seegrund und machen ıhn zu einem der eigentümlichsten Schauplätze, auf denen sich Tierleben abspielt. Dazu kommt die scharfe Begrenzung und Abgeschlossenheit jeder Seetiefe nach aussen. Die besonderen Tiefenbedingungen herrschen unverändert schon seit geraumer Zeit, seit der Seegrund nach dem Rückzug der diluvialen Gletscher bewohnbar wurde. So lässt sich die Erwartung Forels, und mit ihm Weismanns und v. Graffs, verstehen. Die genannten Forscher hofften in der Tiefe jedes Sees ein isoliertes Schöpfungszentrum zu finden, das im Laufe der Generationen unter dem Drucke besonderer äusserer Bedingungen eine spezielle Formenwelt herangezüchtet hätte. Achn- 1) Der Vortrag bildet die gedrängte Zusammenfassung einer umfang- reichen, gegenwärtig in Leipzig im Druck sich befindenden Veröffentlichung. 4 F. Zschokke. liche Verhältnisse in den verschiedenen Seetiefen hätten an den ge- trennten Lokalitäten einer gleichwertigen Differenzierung der Tier- welt gerufen. Die Beobachtung enttäuschte die auf darwinistische Denk- weise sich gründenden Hoffnungen bitter. Statt neuer Formen brachte das Schleppnetz und die Metalldredge vom Seegrund nur bekannte Gestalten des Flach- und Kleinwassers zurück. Höchstens Differenzen in der Grösse, in der Färbung, in der Ausbildung der lichtempfindlichen Organe, der Augen, zeigten die Tiefenbewohner gegenüber den Verwandten und Artgenossen des Ufers und des seichten Tümpels. Und diese geringfügigen Unterschiede erwiesen sich zudem als von Individuum zu Individuum in weiten Grenzen schwankend. Von spezifischer Konstanz der Tiefenmerkmale lässt sich kaum sprechen; die profund lebenden Tiere verdienen im besten Fall den Rang von Varietäten litoraler Stammformen, nicht aber den Namen eigener Arten. So wandten sich die Forscher, um ihre Hoffnungen betrogen, vom Studium der Biologie der Seegründe ab und die Tiefenfauna ruhte wieder jahrelang ın ungestörter Vergessenheit. Den Wandel brachte im letzten Jahrzehnt erst der glänzende Aufschwung, den die zoologische Durchforschung des Süsswassers nahm. Die Hydrobiologie steht heute in voller Blüte. Sie hat in langen und schweren Kämpfen ıhre präzisen Fragen formuliert und ihre Methoden geschaffen, und bereits zeitigt das neubestellte Gebiet in mancherleı Richtung die ersten, vielversprechenden Früchte. Der Einsicht vom hoffnungsvollen Aufblühen der biologischen Seenkunde vermag sich nur Unkenntnis oder Leichtfertigkeit zu verschliessen. Zu den vornehmsten Hilfsmitteln hydrobiologischer Forschung ge- hören eine gewissenhafte Faunistik und, damit verbunden, ein vor keinen Schwierigkeiten Halt machender Ausbau der Systematik. Es gilt den tierischen Bestand der verschiedenen Lokalitäten genau fest- zustellen und die einzelnen Tierformen durch morphologische Ver- gleichung auf ihren systematischen Wert eingehend zu prüfen. Was auf diesem Gebiet im Lauf der letzten Jahre durch intensive Arbeit erreicht wurde, ist bewundernswert. Wir besitzen heute einen bis in viele Einzelheiten gehenden Einblick in das systematische Gebäude der Wurzelfüsser, der Wassermilben, mancher Gruppen niederer Krebse und Würmer; die Formen erfuhren Umschreibung und scharfe Definition, Kollektivbegriffe und Sammelnamen wurden aufgelöst und vom Messer des Systematikers zerschnitten. Die vielgeschmähte Faunistik aber hat uns in manchen Fällen eine genügende Uebersicht über das Vorkommen und die Verbreitung der systematisch klarer umrissenen Arten vermittelt, Die Tiefenfauna der mitteleuropäischen Seen. 5 Dabei darf allerdings nicht vergessen werden, dass faunistische und systematische Studien nur den Weg zum Ziel tiergeographischen Wissens darstellen, und so in letzter Linie zur Kenntnis der Ge- schichte und des Schicksals der Fauna in verflossenen Zeiten führen. Die Anwendung der neuen, oder doch neu geschärften Instru- mente der Faunistik und der Systematik auf das Studium der Tiefentierwelt der Seen Mitteleuropas schien Erfolg zu verheissen. Es handelte sich jetzt nicht mehr darum, in der Tiefe der Süsswasser- becken eine neue Welt zu entdecken, sondern ausgehend von fau- nistischer und systematischer Basis, Antwort auf die Fragen zu er- halten, seit wann die Bevölkerung der Seetiefen Einzug in die profunde Region gehalten habe, und woher sie gekommen sei. Ver- breitung und Vorkommen der Tiefenbewohner, sowie ihre verwandt- schaftlichen Beziehungen sollten Aufschluss geben über zeitlichen und örtlichen Ursprung der profunden Fauna. Und diesmal scheint mir die zoologische Tiefenforschung im Süsswasser nicht ohne Resul- tat geblieben zu sein. Die wirklich tiefen Seen Mitteleuropas fallen alle in das Gebiet der diluvialen Vergletscherung. Sie verdanken ihre Existenz zum srossen Teil der aushobelnden Wirkung des Eises und der auf- stauenden Tätigkeit der Moränen, oder ihre Stelle war wenigstens zur letzten Gletscherzeit von gewaltigen Eismassen bedeckt. Erst nach dem endgültigen Rückzug der Eisströme konnte tierisches Leben von den frei werdenden Becken Besitz ergreifen. Wenn auch die Annahme Recht behalten sollte, dass einige der Seemulden schon präglacial bestanden, so kann doch nicht an eine Weiterexistenz von Tieren während des letzten grossen Gletschervorstosses in den Becken gedacht werden. Die tiefen mitteleuropäischen Seen erhielten ihre Bevölkerung erst, als das Eis wich. Damit trägt die Seen- fauna, und unter ihr besonders die Bewohnerschaft der Tiefen, den Stempel einer relativ jungen, erst postglacial sich zusammenfindenden Tiergesellschaft. Nach ihren Beziehungen zur Vereisung scheiden sich die mittel- europäischen Seen leicht in drei Gruppen. Die einen, für zoologische Betrachtungen wichtigsten Becken liegen in dem einst von den alpinen Gletschern beherrschten Bezirk. Es sind die Alpenrandseen Rütimeyers im weitesten Sinn. Sie begleiten den Nord- und Südfuss des mächtigen Gebirgs von Savoyen bis nach Niederösterreich und von Oberitalien bis nach Kärnthen und Steiermark. Aus dem Be- reich der Alpen- und Voralpentäler ziehen sich manche hinaus in das Vorland. Andere gehören ganz der Ebene an, oder schmiegen sich an den Südrand des Juras. Die Stätte aller aber bedeckte einst das Eis der diluvialen Alpengletscher. Zu dieser Seengruppe mögen 6 F. Zschokke. auch die wenigen wirklich zu beträchtlicher Tiefe abfallenden Hoch- gebirgsseen der Alpen zählen. Ich nenne etwa die bekannten See- becken «les Oberengadins und den Lünersee am Südhang der Scesa- plana. Einen zweiten Bezirk nehmen die Seen des relativ schmalen Landstreifens ein, den auch zur Zeit der stärksten Vereisung die Gletscherströme der Alpen und die Eismassen des Nordens nicht erreichten. Es handelt sich um kleine Becken von nur mässiger Tiefe. Auch ihnen eignet glaciale Vergangenheit. Sie liegen in zentraleuropäischen Mittelgebirgen, die lokale Gletscher trugen. Zu dieser Kategorie stehender Gewässer gehört der Lac de Joux im Waadtländer Jura, auf dessen Gebiet die von den Jurakämmen zurückgestauten Eismassen des ehemaligen Rhonegletschers nicht übergriffen. Auch die Seen des Böhmerwalds und die allerdings seichten Teiche des Riesengebirgs zählen zu den Gewässern aus kleineren, von der nordischen und alpinen Vergletscherung losgelösten Vereisungszentren. Zu der dritten Seengruppe leiten die zahlreichen und zum Teil sehr tiefen Wasserbecken des schottischen Hochlands, die Lochs, über. Auch sie gehen in ihrer Mehrzahl auf glacialen Ursprung zurück. Ihr zuerst selbständiger Gletscherbezirk verschmolz später wenigstens teilweise mit den grossen, vom Norden her anrückenden Eismassen Fennoskandiens. Endlich liegen eine Reihe mitteleuropäischer Seen am Südrand jenes gewaltigen Bezirks, den einst das Eis des Nordens bedeckte. Diese dritte Gewässergruppe setzt sich zusammen aus den Wasser- becken Norddeutschlands und Dänemarks bis an die Küsten des Baltischen Meers. Auf dem Grund dieser Seen, das werden die weiteren Betrachtungen lehren, liegt die scharf gezogene tiergeo- graphische Nordgrenze einer mitteleuropäischen Tiefenfauna des Süsswassers. Zu den profunden Organismen der Alpenrandseen und der schottischen Berggewässer gesellen sich am Rand der Ostsee fremdartige Tiergestalten. Sie entstammen dem nördlichen Eismeer und sprechen von der wechselreichen Hebungs- und Senkungs- geschichte des Baltischen Meers und seiner Vorläufer in post- glacialer Zeit. Die Tiefentierwelt der subalpinen Seen, der Wasserbecken der deutschen Mittelgebirge und der schottischen Lochs trägt in allen wesentlichen Zügen denselben faunistischen Charakter. Auf dem Grund aller dieser über ein weites, einst vergletschertes Gebiet aus- gestreuten Gewässer finden sich zwei sehr verschiedene Faunen- elemente in enger Vermengung zusammen. Das eine sind anpassungs- fähige Weltbürger, die vor keinen extremen Lebensbedingungen -] Die Tiefenfauna der mitteleuropäischen Seen. zurückschrecken und besonders in weiten Grenzen sich bewegende Temperaturschwankungen ohne Schaden zu ertragen verstehen. Ihre Eurythermie öffnete diesen widerstandsfähigen Organismen nicht selten den Weg über den ganzen Erdball. Manche ihrer Arten be- wohnen die Arktis, wie die Tropen; sie steigen in das kalte Schmelzwasser der höchsten Gebirge und bewohnen den warmen Teich der Ebene. Viele suchen sogar ubiquistisch Gewässer der ver- schiedensten physikalischen und chemischen Beschaffenheit auf. In der Tiefsee finden diese Eurythermen von Ufer, Tümpel und Sumpf eine an Arten und Individuen reiche Vertretung, die mannigfaltig aus den verschiedensten Tierstämmen zusammenfliesst. Doch ver- mögen natürlich diese Kosmopoliten und Ubiquisten der profunden Fauna keinen eigenartigen Stempel aufzuprägen, kein besonderes Kolorit zu geben. Ganz anders die zweite Gruppe der Seebodenbewohner. Sie sind die eigentlichen und echten Tiefentiere und stempeln die Tierwelt der lichtlosen und kalten Wassergründe zu einer selbständige Züge tragenden Gesellschaft. Die neuere Faunistik und Systematik erst liess die wahre Bedeutung dieser Organismen für die Beantwortung der Frage nach der Herkunft der Tiefenfauna richtig erkennen. In die zweite Gruppe der Tiefenbewohner reihen sich aus- schliesslich stenotherme Kältetiere ein, denen auch relativ gering- fügige Temperaturerhöhungen verhängnisvoll werden. Dem warmen Ufersaum, dem sich erhitzenden Flachwasser der Ebene, dem Tümpel und Teich fehlen diese Geschöpfe ganz, oder sie treten an solchen weiten Temperaturschwankungen ausgesetzten Lokalitäten nur selten und oft nur in atypischer Gestalt auf. Desto wichtiger erscheint die Tatsache, dass die stenothermen Kältetiere der Tiefsee zugleich weit auseinander liegende Oertlich- keiten heterogenster Beschaffenheit beleben, vorausgesetzt, dass sich am Wohnort eine Bedingung erfülle, der konstant tiefe Stand der Temperatur. So steht den echt profunden Tieren eine Heimat offen ın den stets kalten Quellen und Brunnen des Flachlands, in kühlen und schattigen Bächen und Weihern der Mittelgebirge, im Schmelz- wassertümpel und Gletschersee der Hochalpen, im Kaltwasser unter- irdischer Rinnsale. Manche der Kälte suchenden Bewohner des Seegrunds bewohnen einen weit entlegenen zweiten Wohnbezirk im hohen arktischen Norden. _ Als Beispiele dieser so auffallende Verbreitung im Kaltwasser zeigenden Tiere mögen aus der Menge nur wenige orientierende Fälle hervorgehoben werden. Sie erläutern zugleich, aus wie ver- schiedenen systematischen Bestandteilen sich die Kaltwasserfauna zusammenfügt. 8 F. Zschokke. In den grossen Tiefen der subalpinen Seen lebt eine bedeutende Zahl typischer Rhizopoden-Arten. Bereits am Ufergürtel finden die meisten von ihnen keine günstigen Lebensbedingungen mehr. Einige bewohnen das Litoral in Kümmerexemplaren. Im warmen Kleinwasser der Ebene vollends gelang es dem Entdecker dieser interessanten Tiergesellschaft, Penard, trotz aller angewandten Mühe nicht, die Spuren der lakustrischen Wurzelfüsser nachzuweisen. Dagegen lehren faunistische Untersuchungen, dass die so cha- rakteristischen Rhizopoden der Seetiefe zum Teil hochgelegene Schmelzwassertümpel in Graubünden, flache Seen an den Gletscher- rändern des mächtigen Ruitormassivs in den grajischen Alpen, kühle Waldquellen der Vogesen und Sphagnumweiher im Bereich alt- olacialer Hochmoore von Jura und Schwarzwald beziehen. Ihre Spur kehrt in Schottland und hochnordisch an der Eismeerküste Lapplands wieder. Eine Wassermilbe, Lebertia rufipes, charakterisiert durch regel- mässiges und massenhaftes Auftreten die tiefen Abstürze des Vier- waldstättersees. Aus dem Warmwasser des mitteleuropäischen Flach- lands ist das Tier fast unbekannt; im Hochgebirge aber bevölkert es alle die kleinen, kalten Seen und eisigen Brunnen, die in so grosser Zahl durch das ganze Alpensystem. ausgestreut sind. In jüngster Zeit fand sich die Hydracarine in einer stets kalten Sicker- quelle ın Basels nächster Umgebung bei Michelfelden und in einem Bach in Westfalen wieder. Eine andere Milbe, Hygrobates albinus, lernten wir als wichtigen Bestandteil der Tiefenfauna des Vier- waldstättersees kennen. Das Tier scheint in Zentraleuropa nur die Seetiefen aufzusuchen. Im arktischen Skandinavien aber bevölkert es weitverbreitet Bach und Teich. Gewisse Krustazeen hochalpiner Moosquellen lokalisieren sich ausserdem in der profunden Region des Neuenburgersees. Die Asseln und Flohkrebse der Höhlen gehören mit grosser Regelmässigkeit der Tiefenfauna der Alpenrandseen an. Zur Orientierung über das Auftreten echt profunder Tiere ausser- halb der Tiefsee mögen im Rahmen eines allgemein gehaltenen Vor- trags die wenigen aufgezählten Fälle genügen. Weitere Beispiele würden den Eindruck verstärken, dass uns die zersplitterten und weit auseinander gerissenen Trümmer einer Kaltwassertierwelt umgeben. Diese Faunenreste, deren Nachweis vor allem die Arbeiten der Basler Zoologischen Anstalt erbracht haben, fristen ihr Dasein in abgelegenen Verstecken und in isolierten Refugien. Sie ersteigen die Gebirge, flüchten sich unter die Erde, ziehen sich in die kalten Quellen zurück und sinken hinab in die stets niedrig temperierte Tiefsee. So erscheint schon jetzt ein Teil der profunden Tierwelt Die Tiefenfauna der mitteleuropäischen Seen. 9 in neuem und hellerem Lichte, als ein Bruchstück einer grösseren, heute allerdings in Splitter zerrissenen faunistischen Einheit. Die verschiedenen Kolonien der stenothermen Kaltwassertiere umflutet und trennt voneinander die eurytherme, gegen Wärme- veränderungen unempfindliche und daher zum guten Teil kos- mopolitische Tiergesellschaft von Teich, Sumpf, Seeufer und Bach. Hin und wieder treten einzelne Formen von Kaltwassertieren auch im wärmeren Kleinwasser der Ebene auf. Doch gehören solche Vorkommnisse zu den Seltenheiten. Das Verbreitungs- und Häufig- keitszentrum der ‚Stenothermen“ liegt immer im Kaltwasser. Zwei Elemente, so lehrten die vorangehenden Ausführungen, treffen sich auf den Seegründen des Alpenrands, der deutschen Mittelgebirge und der schottischen Bergseen: anpassungsfähige eurytherme Weltbürger und streng an tiefe Temperaturen gebundene Geschöpfe. Es ergibt sich das paradox scheinende Resultat, dass in der subalpinen Tiefsee, wie auch in den kleinen Gewässern der Hochalpen, zwei in bezug auf Temperaturbedürfnisse den grössten Extremen angehörende Faunenelemente sich mischen. Den einen erlaubt ihre thermische Schmiegsamkeit den Aufenthalt auf dem Seegrund, den anderen ihr starres Festhalten an Wohnorten von bleibend tiefer Temperatur. Wenn nun auch die profunde Fauna auf weite Strecken, von den Alpen bis nach Schottland, dasselbe prinzipielle Gepräge trägt, so ändert doch von See zu See und in ein und demselben Gewässer von Ort zu Ort ıhr Reichtum und ihre Zusammensetzung, sowie die Art der Mischung ihrer beiden Hauptkomponenten in recht weiten Grenzen. Faunistische Differenzen sprechen sich aus zwischen den Seen der Westschweiz, besonders dem Genfersee, und dem Vierwald- stättersee. Tiere, die den Grund des einen Beckens in Menge be- völkern, gehören in dem anderen zu den Seltenheiten oder fehlen ganz. Die Seen des Berner Oberlands scheinen sich auszuzeichnen durch weites Vordringen der banalen Uferfauna in die Tiefe; Armut an Tiefentieren charakterisiert den Walensee, wenig reich belebt ist auch der Boden der gewöhnlich durch Moränen aufge- stauten Seen des Mittellands, der Becken von Sempach, Hallwil und Baldecg etwa. Die Unterschiede in der Qualität und Quantität der profunden Tierwelt von Gewässer zu Gewässer erklären sich, wenigstens zum grösseren Teil, aus dem verschiedenen Reichtum und der von Ort zu Ort wechselnden Gestaltung der Uferfauna. Die Tiefenfaunen der einzelnen Seen weisen unter sich keine grösseren Divergenzen auf, als die Ufertierwelt derselben Gewässer. In der litoralen Tier- gesellschaft werden wir die Quelle für die Bevölkerung des tiefen 2 10 F. Zschokke. Abgrunds kennen lernen. Je nachdem diese Quelle reich oder nur tropfenweise fliesst und je nach ihrem faunistischen Gehalt, ent- faltet sich auch die Tiefenwelt nach Zahl von Individuen und Arten reicher oder weniger reich. Der quantitative und qualitative Charakter der Uferfauna selbst hängt aber wieder von der Beschaffenheit des Litorals ab. Steil ab- stürzende Felsufer werden der Entwicklung tierischen Lebens viel weniger günstig sein, als ein flacher sandig-schlammiger Strand mit üppigem Wuchs von Wasserpflanzen. So spiegelt der Bestand der profunden Fauna in letzter Linie den Charakter des benach- barten Ufers wieder. Doch nicht nur die heutige Ufertierwelt findet 1hr Spiegelbild in der Fauna der Tiefe. Seit dem Rückzug der diluvialen Gletscher schickte das Ufer seine Sendlinge hinab auf den dunklen Grund. Manche dieser frühen Ankömmlinge konnten sich, wie gezeigt werden soll, auf dem Seegrund bis heute unverändert halten. So spricht die Tiefenfauna nicht allein von der Gegenwart, sondern auch von der Vergangenheit. Sie berichtet von der Geschichte der Ufer- tierwelt und damit der Uferbeschaffenheit, seit dem Moment, als nach dem Eisfreiwerden der Seen die ersten tierischen Ansiedler sich im litoralen Gürtel niederliessen. Die ausgeführten Betrachtungen gelten vorläufig für die nord- alpinen Randseen. Genügende Tiefenforschungen fehlen noch für die Wasserbecken der Ostalpen und besonders für die Seen Ober- italiens. Es wird von grösstem Interesse sein, die entwickelten Gesichts- punkte auf die insubrischen Seebecken, die der mächtige Alpenwall vom Norden scheidet, anzuwenden. An den Nachweis stenothermer Kältetiere im Luganer- und Langensee, im Lago di Como und dı Garda, knüpft sich ohne weiteres die Frage an, wie diese Ge- schöpfe postglacial die Seen des südlichen Alpenfusses erreichten, ob sie von Norden kommend das Hochgebirge übersteigen mussten, oder ob sie ursprünglich alpin, vor den Gletschern nach Süden wichen, um später von der Poebene aus in die oberitalienischen Seen einzuwandern. Der Schlüssel zu manchem faunistischen Rätsel liegt in der Tiefe der insubrischen Becken. In das allgemeine faunistische Schema, das für-die Tiefe der subalpinen Seen gilt, reihen sich leicht auch die Wasserbecken der deutschen Mittelgebirge und die schottischen Lochs ein. Ueberall kehrt auf dem Seegrund eine tierische Grundmasse eurythermer Kosmopoliten des Flachwassers wieder, überall sprengen sich aber auch in dieses faunistische Substrat die mehr oder weniger deutlichen Die Tiefenfauna der mitteleuropäischen Seen. 11 Spuren einer kälteliebenden Fauna ein. Dabei fehlt es wieder nicht an lokalen Unterschieden im Bestand der Tiefenwelt. Hieher zählt etwa die unerwartet üppige Blüte, die der Stamm der Bryozoen im Lae de Joux des Waadtländer Juras entfaltet, oder die Tierarmut des tiefen und grossen Loch Ness in Schottland, den Murray und Pullar ın so ausgezeichneter Weise untersuchten. Wieder erklärt sich in dem letztgenannten Fall die Dürftigkeit der Tiefenfauna durch den Ufercharakter des von tierarmen Torfmooren umsäumten Sees. Auch die eigentlichen Hochalpenseen, die Becken des Ober- engadins und der Lünersee im Rhätikon, passen in den faunistischen Rahmen der Randseen. Ihre Tiefentierwelt besteht aus Kosmopoliten und aus Bewohnern des Kaltwassers. Immerhin scheinen manche Bestandteile beider thermischer Tiergruppen als Ebenenbewohner am Fuss der Gebirgsmauer Halt zu machen und die hochgelegenen Seen nicht zu erreichen. Künftige Studien werden kaum alle faunistischen Lücken zwischen der Tiefsee der Ebene und des Alpen- kamms zu schliessen vermögen. Wichtig erscheint die Beobachtung, dass die Kaltwassertiere, welche am Alpenfuss, im Mittelgebirge und im Flachland die grossen Tiefen aufsuchten und dem Ufer fast vollständig fremd wurden, in den Hochalpen den seichten Litoralsaum und den von Schmelz- wasser gebildeten Tümpel bewohnen. Im flachen Gebirgssee, in den die Eiswand des Gletschers abtropft, in der stets kalten Moos- quelle und im Brunnen der Alpen sammeln wir mühelos die Milben, Wurzelfüsser und niederen Krebse, welche der Schlammschöpfer und das Schleppnetz sonst aus den Aboründen von hunderten von Metern Tiefe der Seen des Alpenvorlands heben. In dieser Beobachtung liegt ein neuer Beweis dafür, wie sehr die Temperatur auf die Ver- teilung der stenotherm die Kälte aufsuchenden Tiere ihren Einfluss ausübt. Im Flachland wichen die Stenothermen zurück in die kalten Tiefen, im Hochgebirge dagegen konnten sie sich auch im kühlen Seicht- und Kleinwasser halten. Viele Gewässer der Hoch- alpen sind faunistisch in dem Zustand der subalpinen Seen während der unmittelbaren Postelacialzeit stehen geblieben. Die Tiefenfauna belebt in diesen Hochgebirgsgewässern auch das Ufer, oder besser, sie ıst einstweilen in ihnen nicht entstanden, nicht vom Litoral abgetrennt worden. Es fehlte dazu der treibende Faktor, die am Ufergürtel der Ebene und der Voralpen seit dem Rückzug der Gletscher eingetretene Temperatursteigerung. Sie zwang stenotherme Kältetiere zum Abstieg auf den tiefen Grund und schuf so eine profunde Fauna mit typischen Zügen. Das Ufer verarmte und der Seeerund bereicherte sich um charakteristische Tierarten. 12 F. Zschokke. Eine faunistische Mittelstellung zwischen Hochalpenseen und subalpinen Becken nehmen einzelne Wasseransammlungen von mässiger Höhenlage ein. In ihnen reicht die Tierwelt der Tiefe weit gegen das Ufer hinan, ohne dasselbe indessen ganz zu erreichen. Diese Gewässer stehen auf halbem Weg zur Ausbildung einer Tiefenfauna. Die Seen Dänemarks und Norddeutschlands liegen schon im Bereich der ehemaligen nordischen Vereisung. Trotzdem die tiefsten dieser Becken wenig mehr als 40 m abfallen, beherbergt ihr Grund doch die Bestandteile einer echten profunden Tierwelt. Dafür zeugen vor allem: die Untersuchungen von Samter und Weltner am Madüsee in Pommern und die Beobachtungen Wesenberg-Lunds an dänischen Gewässern, besonders am Fursee. Eurytherme Kosmopoliten und stenotherme Kaltwassertiere des subalpinen Seegrunds finden sich auch in den Becken am Rand der Ostsee zusammen. Doch fügt sich zu ihnen ein weiteres, fremdes Element, das mit aller Deutlichkeit neue, historische Einflüsse auf die Entstehung der Tiefenfauna an- kündet und durch seine An- und Abwesenheit die Errichtung einer tiergeographischen Grenze gestattet. Die sich frisch einstellenden Tiefenbewohner des Süsswassers sind Krebse von marinem Habitus, deren verwandtschaftliche Be- ziehungen nach dem nördlichen Eismeer hinweisen. Sie zählen zu verschiedenen systematischen Gruppen und gehören besonders zu den Gattungen Mysis, Pontoporeia und Pallasiella. In überzeugender Weise ist von berufensten Forschern die Ansicht verfochten worden, dass die Meertiere des hohen Nordens Zutritt zum Grebiet der heutigen Ostsee erhielten, solange dieselbe als Yoldiameer mit dem nördlichen Eismeer in weiter offener Verbindung stand. In einer folgenden Zeit wurde das Yoldiameer durch Hebung zum isolierten, sich aussüssenden Ancylussee. In ıhm fand die allmähliche Um- bildung der marinen Organismen zu Süsswassertieren statt. Als ein neuer Meereinbruch aus dem Ancylussee das Litorinameer schuf, zog sich die Süsswasserfauna, und mit ihr die Nachkommen der einst marinen Eismeerkrebse, vor dem steigenden Salzgehalt in die Flussmündungen und die später vom Meer sich abtrennenden Buchten zurück. Heute leben die früheren Bewohner der arktischen Meere als Relikte im Süsswasser der Seen im Umkreis des Baltischen Meers. Mysis, Pontoporeia und Pallasiella zeugen für den Einfluss, den die durch Niveauschwankungen bedingten postglacialen Ver- änderungen der Ostsee auf die Gestaltung der Fauna im Süsswasser gewannen. Noch weit nach Norden, bis nach Finnland und Skandinavien und westlich bis nach Irland, soweit in Seen Tiefenfänge ausge- Die Tiefenfauna der mitteleuropäischen Seen. 15 führt wurden, lassen sich in der profunden Fauna die zwei Elemente erkennen, die uns am Alpenrand begegneten: anpassungsfähige Weltbürger und an engbegrenzte Temperaturen gebundene Kälte- tiere. Mit dem Vormarsch nach Norden aber tritt in der Tiefe des Süsswassers immer herrschender, immer reicher an Arten und Indi- viduen der dritte Faunenbestandteil auf, die sekundär an das Leben im Binnensee adaptierten Nachkommen von Organismen des nörd- lichen Eismeers. Kehren wir nach diesem arktischen Exkurs an den Alpenfuss zurück. Wie der Bestand der Tiefenfauna von See zu See in nicht unbeträchtlichem Ausschlag wechselt, so verändert sich auch der Charakter der profunden Tierwelt in demselben Becken von Ort zu Ort. Beschaffenheit des Untergrunds, des Substrats auf und in dem die profunde Tierwelt lebt, und Gestaltung des Ufers, wo die .Quelle für die Tiefenbevölkerung fliesst, heissen vor allem die den lokalen Charakter der profunden Tiergesellschaft bestimmenden Faktoren. Nur wenige Tierarten von den zahlreichen Tiefenformen des Vierwaldstättersees verbreiten sich gleichmässig über den ganzen Grund des vielgestaltigen Beckens. Wo sich auf dem tiefen Seeboden dicke Schichten vermodernder Pflanzenreste anhäufen, im Vier- waldstättersee vor Stansstaad oder Meggen, entwickelt sich ein wim- melndes Leben von Detritusfressern, von Würmern, Wurzelfüssern und Insektenlarven, und ihnen folgen die räuberischen Milben und Krebse. Ein Fang enthebt der Tiefe tausende von tierischen Organismen. Spärlicher wird die Tiefenfauna auf grobem Sand- grund, arm da, wo Bäche und Flüsse ungefüges Geschiebe in den See schütten. Doch bringen die Zuflüsse der Seetiefe auch manchen unfreiwilligen Zuwanderer. Vor der Mündung der Reuss, im weiten Deltabereich von Muota und Engelbergeraa beherbergt die Tiefe des Vierwaldstättersees regelmässig Insektenlarven und Würmer fluviatilen Ursprungs. Manche dieser Verirrten scheinen sich auf dem Grund durch Generationen fortzupflanzen und endlich defini- tives Bürgerrecht zu erwerben. Wo Sümpfe den See begleiten, wie bei Luzern, strömt auch die Sumpffauna in breiter Masse in die Tiefenregion hinab. Die Steilufer des Bürgenstocks, des Lopperbergs und die Felswände des Urnersees, an denen eine litorale Fauna kaum gedeiht, bedingen auch eine stark ausgeprägte Tierarmut in der Tiefe. So beherrscht die Uferbeschaffenheit in weitgehendem Masse die örtliche Tier- verteilung in den Seetiefen. Daneben scheinen aber noch andere Einflüsse, vielleicht mehr historischer Art, für die lokale Faunengruppierung auf dem See- grund Geltung zu besitzen. Als bestes Beispiel mag auch hier 14 F. Zschokke. der Vierwaldstättersee dienen. Seine einzelnen Teile weichen bio- logisch so weit voneinander ab, wie sonst nur vollständig getrennte Seen von verschiedenem Typus. Das eilt für das Plankton, die freischwebende Organismenwelt der einzelnen Becken des reich- gegliederten Sees, und das behält seine Gültigkeit für die Mollusken, die Schnecken und Muscheln des Ufergürtels. Die Tiefenwelt des Vierwaldstättersees scheidet sich nach ihrem Bestand ebenfalls in mehrere von Ufer- und Bodenbeschaffenheit unabhängige Bezirke, deren ziemlich scharf gezogene Grenzen nicht durch die oberflächlich sichtbare Gliederung des Gewässers, sondern durch unterseeische Linien gegeben w lens Vor dem Alpnacherbecken macht die profunde Fauna Halt. Der relativ seichte Seeabschnitt, in den die Sarner Aa und die Wild- bäche der Schlieren ihre Geschiebemengen und Lasten von feinstem Gresteinsdetritus werfen, beherbergt auf seinem nahrungsarmen Grund kaum geringfügige Spuren echter Tiefentiere. Auch von den eury- thermen Kosmopoliten bewohnen nur wenige Arten, die anpassungs- fähıgsten, den Boden des unwirtlichen Gewässers. So stellt sich der Alpnachersee durch negative Eigenschaften seiner Tiefenbevölkerung in scharfen Gegensatz zum eigentlichen Vierwaldstättersee. Das wirkt umso auffallender, als wenige hundert Meter von der See- enge bei der Acherbrücke entfernt, in unmittelbarer Nachbarschaft des Alpnachersees, sich das denkbar reichste profunde Leben ent- faltet. Die mittleren Tiefen von 80 bis 100 Meter vor Stansstaad liefern ein buntes Gewimmel ungezählter Tiefentiere aus beiden thermischen Hauptgruppen, die zur grundbewohnenden Organismen- welt zusammentreten. Noch überraschender mag die Beobachtung erscheinen, dass von Luzern ausgehend und Flüelen zuschreitend die Tiefenfauna an Arten verarmt und zwar nicht allmählich, sondern in bestimmten Etappen, ruckweise gewissermassen. Der Befund war so unerwartet, dass auf seine Prüfung mit allen für den Tiefenfang geeigneten Methoden grosse Sorgfalt verwendet wurde. Immer zeitigte die erneute Untersuchung das alte Resultat. Vor den Moränenwällen, die an verschiedenen Stellen sublakustrisch den See durchqueren, bleibt ein Teil der Tiefenarten auf dem ostwärts gerichteten Marsch stehen. Andere, im allgemeinen beweglichere Tierformen, übersteigen zwar die unterseeischen Schuttdämme, doch nımmt jenseits der Moränen ihre Individuenzahl rasch ab. Es überschreiten nur die Vorposten das der Wanderung der Art sich entgegenstellende Hindernis. An zwei Orten macht sich im Vierwaldstättersee der Stillstand der Tiefenfauna auf dem Zuge nach Osten besonders deutlich be- merkbar. Einmal an dem Moränenwall, der nördlich der Seeenge Die Tiefenfauna der mitteleuropäischen Seen. 15 der Nasen als mächtiger Halbkreis mit gegen Vitznau gerichteter Konvexität den See unter dem Wasserspiegel durchquert, und sodann vor dem gewaltigen Schuttwall, der sich sublakustrisch von der Kapelle am Kindlismord nach dem Hof Schwibogen erstreckt und dadurch den Gersauersee in zwei sekundäre Becken zerlegt. Beide Dämme stellen vom See bedeckte Rückzugsmoränen der letzten Phase der diluvialen Gletscherzeit dar. Von rund 150 profunden Tierarten des Vierwaldstättersees kommen etwa 130 in den untern Seeteilen, westlich der Nasenenge vor. Von ihnen überschreiten, nach dem heutigen Stand der Faunistik, mehr als 70 die Stirnmoräne bei den Nasen ostwärts nicht. Einige zwanzig weitere Arten erreichen die Ostgrenze ihrer Verbreitung an der Moräne beim Kindlismord. Manche Arten, die westlich der untergetauchten Trümmerwälle fast in keinem Tiefenfang fehlten, liessen sich östlich von diesen Barrieren trotz aller Mühe und Sorg- falt nicht mehr nachweisen. Dabei ergab sich das weitere eigen- tümliche Verhältnis, dass nicht die eurythermen Kosmopoliten vor den Moränen stehen bleiben, sondern vor allem die stenothermen echten Tiefenbewohner. Ihre Zahl nimmt nach Osten gehend rasch ab. Es gilt der fast paradox klingende. Satz, dass in einem der tiefsten Seeteile, im Abgrund des Urnerbeckens, typische Tiefentiere an Zahl von Arten und Individuen am seltensten auftreten. Natürlich ıst nicht daran zu denken, dass die unterseeischen Moränenwälle der Ausbreitung der Fauna auf dem Seegrund un- überwindliche Schranken setzen. Ihre Einsattlungen liegen tief ge- nus unter dem Wasserspiegel, um auch streng an tiefe Temperaturen sebundenen Tieren bequeme Pässe von einem Scebecken in das be- nachbarte zu bieten. Auch sind seit der Aufschüttung der Dämme Jahrtausende verflossen. Trotzdem gewinnt man den Eindruck, als ob die Tierwelt noch nicht Zeit gefunden hätte, mit allen ihren Be- standteilen den Seegrund gleichmässig zu besiedeln. Es ist dabei zu bedenken, dass den Tiefentieren nur der Weg langsamer aktiver Ausbreitung, nicht aber das Mittel des schnell sich vollziehenden passiven Transports durch Wind und Vogel offen steht. Den rückweichenden Eismassen folgte die Fauna. Der lange Stillstand im Rückzug des Eises, der die Aufschüttung der Moränen bei den Nasen und am Kindlismord erlaubte, bedeutete für die Tierwelt einen ebenso langen Halt im Vormarsch nach Osten. Noch . heute prägen sich gewissermassen die Ruhepausen vor der Gletscher- stirn während der Wanderung durch faunistische Grenzlinien aus, die Moränen markieren. Es mag zukünftigen Untersuchungen vorbehalten bleiben, die Bedeutung des Bodenreliefs für die profunde Tierverteilung rich- 16 F. Zschokke. tig zu erkennen. Einstweilen sei nur der Hinweis darauf erlaubt, dass die angedeuteten Verhältnisse vielleicht historischer Erklärung sich zugänglich erweisen. In vertikaler Richtung steigen sowohl die Kosmopoliten des Ufers, wie die stenothermen Kaltwasserbewohner hinab bis auf die tiefsten Seegründe. Das zeigen die Erfahrungen am Leman sowohl, wie diejenigen am Vierwaldstättersee, die Beobachtungen am Lac d'Annecy, wie die wenigen im Bodensee ausgeführten Tiefenfänge. Die auf dem Vierwaldstätterseematerial aufgebaute Statistik lehrt aber noch weiter, dass mit dem Abstieg in die grossen Tiefen die Arten der eurythermen Weltbürger relativ immer seltener werden, während die Zahl der Kältetiere gleichzeitig zunimmt. Wie weit die Tiefenfauna in ihren typischen Elementen sich bis zum Ufer erhebt, lässt sich allgemein nicht beantworten. Einige ihrer Arten erreichen sicher den Litoralsaum, andere scheinen die Tiefe nicht zu verlassen. In hochgelegenen Seen rückt, wie gezeigt wurde, die profunde Fauna nach oben. Lokale Verhältnisse der Temperatur und der Beschaffenheit des Untergrunds scheinen von Ort zu Ort die obere Marke der profunden Tierwelt zu ver- schieben. Eine allgemein gültige faunistische Grenze zwischen Litoral und Tiefe lässt sich nicht ziehen. Es mag bei der floristischen Unterscheidung der beiden Regionen bleiben, die Forel nach der Gegenwart und Abwesenheit der grünen Pflanzen gab. Forel hat als erster die Frage nach der Herkunft der Tiefen- fauna der subalpinen Seen allgemein und in heute noch gültiger Weise beantwortet. Die Tiefsee bildet einen von der Aussenwelt abgeschnittenen Wohnplatz. Nur eine Strasse führt zu ihr, der Weg vom Ufer aus. Unter sich stehen die Tiefenregionen der einzelnen Seen in keiner Beziehung, ein gegenseitiger Austausch profunder Tiere scheint ausgeschlossen. Die Uferzone jedes Sees wird so zur Quelle der Tiefenfauna desselben Beckens. Am Litoral findet sich eine Tiergesellschaft, die, wenigstens zum Teil, durch den Aufenthalt im Schlamm und Sand sich für das Leben auf dem mobilen und plastischen Tiefen- boden vorbereitet. Aktive Tiefenwanderung, passives Hinabgleiten mit den Strömungen, mit rutschender Erde, Untersinken mit Pflanzenteilen von der Seefläche aus, Import durch zufliessende Ströme und Bäche entführen Ufertiere ihrem Wohnsitz und bringen sie zur dunkeln Tiefe. Alle Beobachtungen zeugen für die Richtigkeit der Forel’schen Annahme vom litoralen Ursprung der profunden Fauna und von der Art des Transports auf den Seegrund. Die Tiefenfauna der mitteleuropäischen Seen. 17 Auch gegen die Hypothese, dass zwei bekannte und weitver- breitete Tiefentiere, die blinde Assel, Asellus cavaticus, und der ebenfalls augenlose Flohkrebs, Nephargus puteanus, aus den unter- irdischen Gewässern, ihrem regelmässigen Wohnsitz, in die Seetiefen gelangt seien, lässt sich kein Einwand erheben. Wissen wir doch durch die neuere Systematik, dass die Asseln und Flohkrebse beider Medien, von Höhle und Tiefsee, durchaus identisch sind. Eine andere Ansicht Forels dagegen dürfte kaum Geltung be- halten. Der Waadtländer Forscher betrachtet die Tierwelt der Tiefe als eine Kümmerfauna, zusammengesetzt aus schwachen, hinfälligen, dem Untergang verfallenen Tieren. Nur steter Nachschub von oben, vom Ufer her, soll imstande sein, die Lücken der in der Tiefe einen aussichtslosen Kampf führenden Fauna immer wieder auszufüllen. Höchstens durch einige Generationen sollen die Tiefenbewohner sich fortzupflanzen vermögen. Dann stirbt der Stamm aus. Es sei zugegeben, dass in der Tiefsee, wie an irgend einem anderen Wohnort, dem Ufer etwa oder der Höhle, einzelne Arten in seltenen und verkümmerten Exemplaren auftreten. Diese Formen leben dort an der äussersten Grenze der für ihre Existenz noch möglichen Bedingungen. Sie gedeihen an anderen Orten, unter ihnen besser zusagenden Verhältnissen, normal. Doch geht es nicht an, die Tiefentierwelt deshalb als Kümmer- fauna zu betiteln, so wenig als die Tiergesellschaften des Ufers oder der Höhle, in denen ebenfalls Kümmerformen vorkommen. Zugegeben sei auch, dass gewisse Arten sich auf dem Seegrund nur durch fortwährenden Nachschub von oben dauernd zu halten vermögen. Ein Beispiel soll ‘dies zeigen. In der Tiefe der Oberengadiner Seen, speziell des Silsersees, lebt in grossen Mengen eine durch bescheidene Dimensionen ausge- zeichnete Kümmervarietät der Alpenplanarie. Sie fehlt auf dem Grund der subalpinen Becken und findet dort Ersatz in einer ganz ähnlich reduzierten Form eines nahe verwandten Strudelwurms, Dendrocoelum lacteum. Das letztgenannte Tier ist eurytherm und bewohnt unter anderem häufig und weitverbreitet die Seeufer des Alpenfusses. Planaria alpina dagegen trägt den Charakter eines typischen Kältetiers; ihr Hauptverbreitungsgebiet liegt heute in den Bächen und auch im flachen stehenden Wasser der Hochalpen. Doch dürfen wir, gestützt auf faunistische und biologische Be- funde, mit voller Sicherheit annehmen, dass die Planarie in der unmittelbaren Postglacialzeit auch im damals noch tief temperierten Wasser des Alpenvorlands, das sie heute nur noch in einzelnen aus- einander gerissenen Kolonien bevölkert, weite Verbreitung genoss. Damals stieg die Alpenplanarie wohl auch vom Ufersaum der sub- 18 F. Zschokke. alpinen Seen in die Tiefe, wie heute ihr eurythermer Stellvertreter Dendrocoelum lacteum. Als sich aber das Ufer erwärmte, starb die kälteliebende Planaria alpina in seinem Bereich aus, und auch ihre Tiefenkolonie erlosch, da der stete Nachschub neuen Bluts von oben her ausblieb. Im Silsersee bestehen die alten glacialen Verhältnisse weiter, der alpine Strudelwurm bevölkert das Ufer und schickt fortwährend Sendboten zur Tiefe, die dort zur Zwergrasse verkümmern. Im übrigen aber lässt das üppige Gedeihen der Tiefenfauna den Gedanken nicht aufkommen, dass sie eine Gesellschaft verkümmerter und aussterbender Tiere darstelle, deren Weiterexistenz nur durch fortwährende Erneuerung und Nachschub von oben gesichert werde. Manche Arten bevölkern den Seegrund in ungeheuren Mengen. Auf weite Strecken hin bedecken die Moostierchen als dichte unter- seeische Wiesen den Boden. Aus wenigen Litern Tiefenschlamm lassen sich tausende von Pisidien und hunderte von Borstenwürmern herauslesen. Mückenlarven und Wassermilben, blinde Krebse und Strudelwürmer treten auch in den tiefsten Seeabstürzen oft in wimmelnder Menge auf. Immer wieder bietet sich das Bild rege pulsierenden Lebens. An Individuenfülle kommt die dunkle Tiefsee dem sonnenbestrahlten Ufer gleich, oft überbietet das Tiefseeleben dasjenige des Litorals an Reichtum. Dazu fügt sich, dass manche Tiefentiere grösser, stattlicher werden, als ihre nächsten Verwandten und Artgenossen des Ufers. Das betrifft vor allem Wurzelfüsser, manche Krebse und Würmer. Endlich übersteigt die Fortpflanzung an Ausgiebigkeit in der Tiefsee nicht selten die für den Litoralsaum bekannten Verhältnisse. Die Geschlechtsorgane wachsen, die Zahl der Eier nimmt zu und die Dauer der Geschlechtstätigkeit, die sich bei den Verwandten des Flachwassers nur auf Wochen oder Monate erstreckt, dehnt sich auf dem Seegrund über den ganzen Jahreslauf. Alles lässt Forels Ausspruch von einer Kümmerfauna der Tiefe ungerechtfertigt erscheinen. Es reiht sich eine weitere entscheidende Beobachtung an, die die Theorie vom notwendigen Tiernachschub nach der Tiefe vollends erschüttert. In der profunden Region leben und gedeihen vortreff- lich zahlreiche Tiere, die dem Flachwasser und dem Ufersaum heute ganz oder fast. ganz fehlen. Es sind die stenothermen, Kälte suchenden Organismen. Ihr Bestand kann vom Ufer her nicht er- neuert werden; er muss sich seit der Einwanderung in die Tiefe, die, wie gezeigt werden soll, gerade für diese Geschöpfe weit zu- rückliegt, durch ungezählte Generationen profund erhalten haben. \ Die Tiefenfauna der mitteleuropäischen Seen. 19) Fore! kannte nur eine kleinere Zahl von Tiefentieren, die am Ufer nicht vorkommen oder die dort selten sind. Er steht ihnen ratlos gegenüber und verzichtet darauf, ihre Gegenwart auf dem Seegrund zu erklären. Seither hat sich die Zahl der bekannten stenothermen Tiefen- bewohner beträchtlich vermehrt. Diese Organismen gehören den ver- schiedensten systematischen Einheiten an. Die neuere Faunistik und Systematik gıbt uns die Mittel an die Hand, die Anwesenheit von am Ufer fehlenden Kältetieren in der profunden Region zu deuten und die Zeit ihrer Einwanderung auf den Seegrund zu be- stimmen. Auch die stenothermen Tiere müssen der Flachwasserfauna entstammen; ein anderer faunistischer Weg: in die Tiefsee, als der vom Ufer ausgehende, stand nie offen. Aus der heutigen Ufer- bevölkerung können die Stenothermen nicht hervorgegangen sein, also ist ihre Quelle in der Vergangenheit zu suchen, in einer Litoral- fauna, die der heutigen vorausging. Auf der anderen Seite bildete sich die Uferfauna und aus ıhr die Tierwelt der Tiefe erst, nach- dem sich die diluvialen Gletscher definitiv aus dem Gebiet der sub- alpinen Seen zurückgezogen hatten. Der Eintritt der Kältetiere in die Tiefenwelt liegt somit zeitlich zwischen dem Schluss der Glacial- periode und der Jetztzeit. Von selbst drängt sich der Gedanke auf, dass die stenothermen Tiefenbewohner Ueberreste einer einst im kalten Schmelzwasser der Gletscher- und Nachgletscherzeit weit- verbreiteten Tierwelt seien. Die postelaciale Temperatursteigerung verwies diese Kältetiere aus dem sich erwärmenden Flachwasser der Ebene und aus dem Ufergürtel. Sie schränkte ıhre Verbreitung auf kleine Bezirke von stets niedriger Temperatur ein und ver- bannte die einst herrschenden Organismen in die Refugien der Tiefsee, der Höhle, der kalten Quellen und der Gebirgsgewässer. Die Auffassung der stenothermen Tiefentiere als Trümmer einer Schmelzwasserfauna findet biologische, systematische und faunistisch- geographische Stützen. Biologisch spricht für den glacialen Ur- sprung dieser Tiere ihre Vorliebe für das kalte Wasser, systematisch und faunistisch-geographisch das Auftreten derselben Organismen an weit entlegenen Lokalitäten von heterogener Beschaffenheit, die: nur das eine Merkmal der tiefen Temperatur gemeinsam haben. Zu diesen Zufluchtsorten zählen die Gewässer des hohen Nordens, und in Mitteleuropa die tiefen Seegründe, die unterirdischen Wasser- adern, Tümpel glacialer Moore, Gebirgsgewässer und eisige Quellen. In diesen Schlupfwinkeln lebt die Eiszeitfauna weiter. So erscheint die Entstehung der mitteleuropäischen Tiefsee- fauna als ein historischer Prozess, der mit dem Rückzug der dilu- 20 3 F. Zschokke. vialen Gletscher einsetzt und unter dem Druck eines klimatologischen Freignisses, der postglacialen Temperatursteigerung, sein typisches Gepräge erhält. Auf dem eisfreien Streifen Zentraleuropas fand sich während der maximalen Vergletscherung eine aus verschiedenen Elementen gemischte Tierwelt des Festlandes und des Wassers zusammen. Sie bestand aus Tieren, die vor den Eisströmen des Nordens nach Süden wichen, aus Arten, die vor den Gletschern von den Gebirgen, besonders den Alpen, in die Ebene stiegen und aus resistenten präglacialen Bewohnern des Flachlands, denen ihre Eurythermie er- laubte, auch während der Gletscherzeit in Mitteleuropa auszuhalten. Diese Mischfauna erweiterte postglacial ihren Wohnbezirk, indem sie den gegen die Arktis und in die Gebirge zurückweichenden Gletschern folgte. Sie ward auch zur ersten Quelle der neu ent- stehenden Tiefentierwelt. Zuerst besetzte sie die eisfrei werdenden Seeufer; allmählich sanken ihre Bestandteile aktiv oder passiv auch auf den tiefen Grund und erwarben sich dort, wenigstens teil- weise, bleibendes Bürgerrecht. Die sich einstellende Temperatursteigerung liess die nordischen und alpinen Kältetiere am Ufergürtel aussterben oder selten werden und verbannte sie vollends in die Refugien glacialer Organismen, das Gebirge, die Quelle, die Höhle und vor allem in die Tiefsee. Dagegen stellten sich am Litoral während der Nachgletscherzeit bis heute neue Zuwanderer von verschiedenen Seiten ein, zum grossen Teil eurytherme Kosmopoliten, die wieder ihre Sendboten in die Tiefenregion schicken. Der Prozess der Bildung einer profunden Fauna wickelt sich heute immer noch weiter ab. So stellt die heutige Tiefenfauna das Spiegelbild der Tierwelt des Ufers und ihrer Geschichte seit dem Gletscherrückgang dar. Es fällt nicht leicht, die Mischfauna der Tiefe auf ihre ein- zelnen, ursprünglichen Komponenten zu analysieren, zu entscheiden, welche heutigen Bewohner der profunden Region präglacıal dem Norden, welche den Alpen, welche endlich dem Flachland Mittel- europas angehörten. Vielleicht müssen diejenigen Formen, welche am Schluss der Gletscherzeit das Hochgebirge nicht erstiegen, wohl aber nach Norden zurückwichen, als auch ursprünglich nordische Tiere angesehen werden. Präglacial alpin sind vielleicht die Tiefentiere, welche heute auf dem Grund der Seen des nördlichen und südlichen Alpenfusses zugleich Zuflucht gefunden haben. Sie wären vor den Gletschern in das nördliche und südliche Vorland hinabgestiegen und hätten postglacial die Tiefe sowohl der nördlichen Randseen, als der insubrischen Becken erreicht. Die Tiefenfauna der mitteleuropäischen Seen. 21 Alle diese ungelösten Fragen harren der Prüfung an einem reicheren faunistischen Beobachtungsmaterial. Besonders die noch ausstehende gründliche Tiefendurchsuchung der oberitalienischen Seen verspricht Einblicke in die Zusammensetzung der profunden Fauna aus ihren ursprünglichen Elementen. Ebenso schwer fällt es, heute einen weiteren Bestandteil der Tiefenfauna nach seiner Herkunft zu deuten. Es sind Tiere, die im Süsswasser isoliert dastehen, und deren nächste Verwandte im Meer, und zwar besonders an den nördlichen Küsten Europas, leben. Sie zählen zu der Gruppe der stenothermen Kaltwasser- organismen und gehören besonders zu zwei weit auseinander liegenden systematischen Einheiten, zu den Cytheriden, einer Familie der Muschelkrebse, und zu den allöocölen Turbellarien. Die beiden Gruppen von marinem Habitus besitzen in der Tiefe unserer Seen, und seltener im mitteleuropäischen Flachwasser, eine Reihe typischer Vertreter. Wie wir uns die postelaciale Einwanderung dieser Meertiere in die Tiefsee des subalpinen Süsswassers zu denken haben, lässt sich nach dem heutigen Stand von Faunistik und Systematik nicht entscheiden. Am ehesten möchte ich der Ansicht zuneigen, die Vorfahren der Cytheriden und Allöocölen hätten sich, wie manche Bewohner des nördlichen Eismeers, in dem der heutigen Ostsee vorausgehenden Ancylussee an das Süsswasser angepasst. Diesen See nennt ein so erfahrener und vorsichtiger Kenner der limnophilen Fauna wie Wesenberg-Lund, das gewaltige Anpassungs- und Dis- persionszentrum, das für die postglaciale Besiedlung des mittel- europäischen Süsswassers die grösste Bedeutung gewann. Als später der Ancylussee zum salzigen Litorinameer sich ver- wandelte, zogen, wie die relikten Krebse der dänischen und nord- deutschen Wasserbecken, so vielleicht auch die Cytheriden und allöoeölen Strudelwürmer durch das reiche Schmelzwassersystem der Nacholetscherzeit landeinwärts. Sie erreichten nach langer aktiver oder kürzerer passiver Wanderung den Fuss des mitteleuropäischen Hochgebirgs und seine Seetiefen. An der Alpenmauer erst machte die vom baltischen Meere ausgehende Wanderung Halt. Dasselbe Ereignis, das den Seen Dänemarks und Norddeutschlands fremd- artise Bewohner von marinem Anstrich brachte, warf seine faunistischen Wellen vielleicht bis in die Tiefen der subalpinen Wasserbecken. Der Tiefsee fehlen gewisse am Litoral blühend vertretene Tier- gruppen ganz. Es kommen, um nur weniges zu nennen, auf dem tiefen Grund keine Enten- und Malermuscheln, keine Najaden vor, es leben dort keine ausgewachsenen Wasserinsekten, es fehlen 22 F. Zschokke. fast ganz die Egel und Spongillen des Ufers, der Flusskrebs bleibt vom Grunde ausgeschlossen. Die Tiefe mit ihren spezialisierten Lebensbedingungen hält unter der Litoralfauna scharfe Auslese. Sie weist manche Form und Gruppe ganz zurück, sie lässt andere Arten nur in spärlichen Exemplaren und in kurzer Generationenfolge weiter vegetieren, so dass nur steter Nachschub vom Ufer die profunde Kolonie dauernd halten kann. Zahlreiche andere Litoralarten dagegen ge- deihen auf dem Seegrund vortrefflich. Ihre Gesamtheit bildet die definitiv eingebürgerte Tiefenfauna. Die profunde Zone wirkt auf die Ankömmlinge vom Ufer faunistisch auslesend, aber nicht, oder nur in bescheidenem Masse, morphologisch umgestaltend. Einige allgemeine, in Worten oft schwer auszudrückende Ver- änderungen der Tiefentiere gegenüber ihren uferbewohnenden Stamm- formen lassen sich allerdings nicht leugnen. Doch bleiben diese Umwandlungen von systematisch nur geringer Bedeutung. Sie beziehen sich etwa auf die Grösse. Einige Arten ver- kümmern in der Tiefe, sie werden kleiner, andere nehmen dagegen an Körperumfang zu. Die bunten Farben des Ufers verblassen, die Augen werden rudimentär, ihr Pigment verliert die dunkle Färbung. Luftatmende Organe, wie die Lungen der Tiefenschnecken passen sich der Wasseratmung an. Die Molluskenschalen werden schwach und zerbrechlich. Am Ufer festsitzende Tiere, wie die Bäumchen der Bryozoen, stecken profund lose im zarten Tiefen- schlamm. Alle morphologischen Umgestaltungen aber erweisen sich als wenig konstant. Ihr Umfang schwankt nicht selten von Indi- viduum zu Individuum in recht weiten Grenzen. Den Tiefenformen gebührt höchstens die Bezeichnung von oft noch flüssigen Varietäten, ih aber von festgelegten en Auch biologisch bleibt die Tiefe auf ihre Bewohnerschaft nicht ganz ohne less Einige Arten scheinen in der Tiefe ihre Fort- pflanzungstätigkeit im Vergleich zu den Verwandten des Ufers zu steigern. Die Geschlechtsorgane schwellen an, und die Vermehrungs- zeit dehnt sich über das ganze Jahr. So verhalten sich konver- gierend die Tiefenvarietäten der Alpenplanarie und von Dendro- coelum lacteum. Auch die blinde Assel der Seetiefen vermehrt sich, im Gegensatz zur Assel des Flachwassers, während des ganzen Jahrs. Umgekehrt scheint der in der Tiefe häufig und in statt- licher Grösse auftretende Cyclops viridis seine Fortpflanzung auf eine kurze Epoche des Spätsommers einzuschränken. Allgemeine Schlüsse sind auch hier noch nicht erlaubt; denn die Biologie der Tiefentiere bildet heute ein fast unbestelltes Feld. Die Tiefenfauna der mitteleuropäischen Seen. 23 Die zoologische Tiefenforschung im Süsswasser hat eine kurze aber lehrreiche Geschichte hinter sich. Vor vier Jahrzehnten wies Forel als erster den Weg nach den biologisch unbekannten See- sründen des Alpenrands. Das bleibt das grosse und für immer unbestreitbare Verdienst des Waadtländer Forschers. Der geöffnete Pfad aber führte nicht weiter; es fehlten die Werkzeuge, um ihn gangbar zu machen. Und heute, da die verbesserte Faunistik und Systematik end- lich einen genügenden Ueberblick über das von Forel entdeckte Land erlaubt, gestaltet sich die Aussicht ganz anders, als die ersten Erforscher es erwarteten. Die Hoffnungen, in der Tiefe einen Ein- blick in das Schaffen der den Tierkörper formenden Kraft zu ge- winnen, sind enttäuscht worden, dafür aber haben sich Blicke in die Vergangenheit der Fauna geöffnet. Die Tiefe der mitteleuropäischen Gewässer erwies sich nicht als Schöpfungszentrum neuer Formen, wohl aber erzählt ihre Be- wohnerschaft durch Zusammensetzung, Verbreitung und Lebens- weise von den Schicksalen, welche die Süsswassertierwelt seit dem Rückzug der diluvialen Gletscher trafen und von dem Einfluss, den klimatologische und geologische Ereignisse auf die Fauna aus- übten. Ueber die Fehlerqueilen in der Beurteilung der Eolithen. Von Paul Sarasin. Abhandlung gelesen in der Sitzung der Basler Naturforschenden Gesell- schaft am 30. November 1910. In einem am 25. November 1908- in Zürich gehaltenen Vor- trage, betitelt: „Einige Bemerkungen zur Eolithologie“, in welchem ich in kurzen Sätzen meinen Standpunkt gegenüber der Eolithen- lehre präzisierte, habe ich das folgende geschrieben :1) „Hiezu kommt noch eine weitere Beobachtung, welche ich in Nizza anstellen konnte. Dort zwischen der Mündung des Paillon und dem Palais de la Jetée findet man in der Brandungszone Glas- scherben fortgeworfener Flaschen, welche von der Welle samt den gerundeten Rollkieseln hin- und hergeworfen werden. Während nun die einen die schon ganz abgerundete Form von Rollkieseln ange- nommen haben, zeigen andere die denkbar typischeste Form von Eolithen, Schaber, Spitzen, Bohrer mit schönster Retuschierung, aber namentlich auch die so auffallenden Randausbuchtungen, welche wie Abbisse aussehen und welche, an Eolithen vorkommend, zur Deutung derselben als Hohlschaber geführt haben. Die Aehnlichkeit dieser, von der Natur aus Glasscherben zurecht retuschierten Gebilde mit ächten Artefakten ist um so grösser, als diese Stücke, aus Glas- scherben entstanden, flächenhafte Gesamtform haben, während die sedimentären Eolithen dreidimensional oder myriomorph sind. Ich gedenke an einem anderen Orte diese Sache von Abbildungen be- gleitet eingehend darzustellen.“ Dieser Zusage möchte ich nun mit dem folgenden nachkommen. Als ich in Nizza an jener bezeichneten Stelle des Strandes auf und ab spazierte, wurde mein Blick von den glänzenden, frisch 1) Jahresbericht der Geographisch-Ethnographischen Gesellschaft in Zürich, 1908— 1909, Zürich, 1909, Seite 214. Ueber die Fehlerquellen in der Beurteilung der Eolithen. 25 benetzten Glasscherben angezogen, mit denen ein Kind in der Frühlingssonne sitzend sich vergnügte, und indem ich beschaulich darauf hinsah, fiel mir an einem dieser Glasstückchen, mit dem es soeben spielte, plötzlich auf, dass es eine seltsame, abbissartige Einkerbung an seinem Rande aufwies, eine Einkerbung, wie sie allzemein als das Hauptmerkmal der Eolithen gilt, ich hatte auf der Handfläche einen Eolithen aus Glas von typischer Ausbildung. Und nun war es ein lustiges Schauspiel, als ich die Scherbe an mich nahm und dem Kind dafür einen Sou schenkte; es hob das Geldstück in die Höhe und machte den andern, welche am Strande spielten, von seinem Glücksfund laute Mitteilung, worauf alle nach dem Wasser rannten, ihre Taschen und Schürzen mit gerollten Gläsern füllten und sie vor mir ausschütteten, so dass ich bald eine ganze Kollektion von Glaseolithen beisammen hatte. Nach diesem kleinen Kinderfeste, das nach Verteilung einiger Kupfermünzen zu Tanzen und Jauchzen sich gesteigert hatte, be- gab ich mich selbst zum Strande hinab, wo bei heftigem Winde eine starke Brandung die Wogen ans Ufer warf, suchte unter den Roll- kieseln nach und fand bald von Stelle zu Stelle eins Glasscherbe, welche in den Kreislauf des Strandkieses geraten und mit demselben zum Spiel der Wellen geworden war, und von diesen Grlasscherben zeigten eine grosse Anzahl die erwähnten Randabbisse, in der Form wie von einem. Kind angebissene Schokoladetafeln, so wie deren einige auf Tafel I dargestellt sind. Wir sehen in den Figuren 1 und 2 zwei solcher Scherben mit einfachen halbmondförmigen Randabbissen, welche, auf Figur 3 doppelt angebracht, eine Art von Dorn zwischen sich gelassen haben, welcher, wenn an eolithischen Feuersteinen vorkommend, zur Bezeichnung derselben als Bohrer geführt hat; wird dieser Zwischendorn breiter, so erhalten wir Formen wie Figur 8, erhält er eine seitliche Neigung, solche wie Figur 9, oder er wird gar zur hakenförmigen Spitze, Figur 6, ähnlich den ächten unter dem Namen bec de perroquet bekannten Artefakten. Betrachtet man die Ränder dieser Glasscherben genau, so er- kennt man, dass sie durch ausserordentlich viele kleine Anschläge mit muscheligem Bruche zugerichtet sind, weshalb sie für die Hand nicht schneidend, sondern stumpflich anzugreifen sind. Die Form der erwähnten Randabbisse an diesen Glasscherben ist aber identisch mit solchen, wie sie als Hauptcharakteristikum jener Eolithen bekannt geworden sind, welche man als Hohlschaber auf- gefasst und bezeichnet hat. Um nun einen neutralen Ausdruck zu haben, nenne ich hinfort diese Gläser und eolithischen Feuersteine 9} 26 Paul Sarasin. mit Randabbissen ,, Bisssteine‘* oder „Daktolithen‘‘,2) und wir wollen uns nun mit der Frage beschäftigen, wie die so auffallende Form dieser Glasscherben zustande gekommen ist. Wie schon eingangs angedeutet, werden an der erwähnten Stelle des Strandes häufig zerbrochene Flaschen vom Strassendamme herab auf den Brandungskies geworfen, wo sie in Scherben zer- schellend liegen bleiben, bis bei heftigem Winde eine an jener Stelle stets besonders lebhafte Brandung sich erhebt, welche die scharf gerandeten Splitter in den Bereich ihrer Macht zieht, und nun rollt sie dieselben zusammen mit den Strandkieseln unaufhörlich heftig hin und her, wobei es geschieht, dass die Glasscherben infolge derben Zusammenprallens mit den gerundeten Kieseln eben jene Abbisse bekommen, welche sie zu Daktolithen machen und wie deren einige in den erwähnten Figuren dargestellt sind. Durch vielfältiges weiteres Anschlagen an die Kiesel werden ferner alle Schärfen des Scherbenrandes infolge kleinster Abbrüche in eine sanft anzu- fühlende, wohl retuschierte Kantenfläche umgewandelt. Nun kann man alle Stadien der Entwicklung von der ursprüng- lich scharfen Scherbe bis zu ihrer durch Rollung zugerundeten End- gestalt auffinden, indem die erst jüngst ins Wasser gelaneten noch scharfkantig und gefährlich anzufassen sind, darauf aber retuschiert sie die Welle mit Hilfe der Rollkiesel zur Vollendung, und wenn ein solch rollender Glaseolith bei Sturm und Hochflut durch eine besonders starke Welle weit strandaufwärts geschleudert und dann mit schützendem Sand oder Geröll bedeckt wird, so bleibt er in diesem Zustande für immer erhalten; entrinnt er aber nicht den Armen der Brandungshyder, so schleift er sich von allen Seiten her immer mehr ab, bis er zuletzt selbst zum allseitig rundlichen, körnig trüben Rollsteine aus Glas wird, deren man viele im Bran- dungsbereich auflesen kann. Die Glasdaktolithen also sind eine Naturerscheinung und stellen zugleich ein Entwicklungsstadium flintartiger Steinscherben dar, welche in die Mühle der Brandung geraten sind; denn der Flint, der Feuerstein ist dem Glas seiner Konstitution nach aufs nächste verwandt. Ich nenne diese Scherben Daktolithen oder Bisssteine deshalb, weil, was an Glasscherben vorkommt, auch an Feuersteinscherben, welche in das Getriebe der Brandung geraten, geschehen muss und von denen, wie ich hier vorausnehme, es in der Natur wimmelt; ich bilde einige Beispiele solcher auf den Figuren 10—14 der Tafel II und III ab, von denen das der Figur 10 aus der oligocänen Schicht von Boncelles, die der Figuren 11—14 aus der pleistocänen 2) von ddxvo, beissen. Ueber die Fehlerquellen in der Beurteilung der Eolithen. 27 Ablagerung von Spiennes stammen, letztere das Mesvinien Rutot's repräsentierend; die Aehnlichkeit dieser Flintdaktolithen mit den Glasdaktolithen der Figuren 1 und 2 tritt an den Stücken selbst noch schlagender hervor, als an den Photographien, welche all die feinen Retuschenbrüche der Ränder nicht gut sichtbar werden lassen. Wir haben nun also an unseren Glasscherben gezeigt, dass ächte Daktolithen von der Natur, und zwar ganz speziell durch den Wellenschlag, in Masse gebildet werden und zwar sogar noch in besserer Ausführung, als sie die daktolithischen Eolithen aus Feuer- stein zeigen, welche man als Beweise menschlicher Tätigkeit an- gesehen hat und damit als Beweise menschlicher Existenz. Ich bestreite darum die Richtigkeit des Satzes von M. Ver- worn,?); welcher lautet: ‚Der Faktor, welcher auf anorganischem Wege Eolithen hervorbringt, ist nicht die Rollung im Wasser. Von dieser wissen wir heute zur Genüge, dass sie gerade das nicht macht, was die menschliche Bearbeitung des Feuersteines hervorbringt,“ vielmehr erzeugt sie allerdings dasjenige, was Verworn und seine Gesinnungsgenossen als Eolithen und damit als Artefakte be- zeichnen, und die von Rutot*t) ausgesprochene Erwartung, ,,çqu'on ne parlera plus, désormais, de la premiere taille des silex par les cours d’eau hat sich nicht erfüllt. Die daktolithische Form ist indessen nicht die einzige, welche von der Brandungswelle aus Glasscherben zurechtmodelliert wird, sondern, wie wir schon an Figur 3 sehen, es kommt durch Ver- schmälerung des Zwischendornes zwischen zwei Einbissen eine deut- liche Spitze zustande, welche in manchen Fällen vollständig die Form einer paläolithischen Wurfspeerspitze gewinnen kann, wie die Figuren 4, 5 und 7 zeigen, an denen die Randpartien aufs sorg- fältıgste zurechtretuschiert erscheinen; man erkennt auch, dass kleine halbmondförmige Ausbrüche vielfach zum Endresultat einer Spitze geführt haben, wie man speziell an Figur 4 sieht, welcher Form aber doch meistens die ursprünglich gespitzte Gestalt des Glassplitters entgegengekommen ist. In Figuren 15—18 sehen wir eine Reihe von Gegenbeispielen : Feuersteinspitzen aus oligo- und pleistocänen Schichten, welche für Eolithen und damit für Produkte von Menschenhand erklärt worden sind. So gross die Aehnlichkeit derselben mit denen aus Glas ist, so müssen die letzteren. deren natürliche Entstehung wir sicher wissen, als noch besser ausgeführt, als sorgfältiger retuschiert 3) M. Verworn, Reisestudien in Belgien und Frankreich, Korresp.-Bl. nich 2 1910, S: 37. 4) A. Rutot, La fin de la question des éolithes, Congr. préhist. France, III: session, Autun 1907, Le Mans 1908, separat p. 6. 28 Paul Sarasin. erklärt werden, als die von Herrn Rutot selbst mir geschenkten Feuersteinspitzen der erwähnten Figuren, weshalb die Auffassung auch der letzteren als Naturprodukte oder Isifakte nur um so leichter zu vertreten ist. Solche durch Retuschierung oder, wie ich das Wort übersetzt habe, Nachbesserung modellierte Spitzen und Hohischaber schafft also die Natur in Menge aus Glas und somit, wo Feuersteine von Kreideküsten herab auf den Strand niederfallen, aus Feuerstein, sie bildet mit Hilfe der Brandung Isifakte, welche Artefakten so täuschend ähnlıch sehen, dass wir sie mit solchen für ident erklären müssen. Dies ist wahrlich keine Erleichterung unseres Urteils über Feuersteinscherben, welche auf Menschenhand verdächtige Merk- male an sich tragen und welche vielfach übereilt als sichere Be- weise menschlicher Existenz in frühen Erdepochen angesprochen worden sind. Da wir nun, um die frühesten Artefakte des Menschen und damit, bei Abwesenheit von Skeletteilen, das Alter seiner Existenz einwandfrei nachzuweisen, was bis jetzt noch nicht gelungen ist, sorgfältig die Fehlerquellen aufdecken müssen, deren es in diesem. Gebiete eine ganze Reihe gibt, so ist denn auch zu betonen, dass die beschriebene Masse von Isifakten, welche ich, da sie die Bran- dungswelle hervorbringt, Wellenscherben oder C’ymoklasten?) hin- fort nennen werde, eine von diesen Fehlerquellen bildet. Während ich nun mit meinen Glaseolithen ein wissenschaft- liches Novum mitgeteilt habe, hat man schon Feuersteinscherben mit Retuschen und Einbissen in der Brandungszone europäischer Küsten aufgelesen, ächte Cymoklasten also aus Feuerstein; von den Eolithophilen aber, wie ich die Anhänger der Artefaktnatur aller Eolithen genannt habe,$) wurden diese Feuersteineymoklasten nicht als Fehlerquelle anerkannt, indem ihr erster Wortführer Rutot auf die Ankündigung dieser Steine antwortete, das seien eben eolithische, in die Brandungswelle hineingeratene Artefakte.?) Da bei den von mir gefundenen Glasscherben diese Erklärung ausgeschlossen ist, dieselben aber mit den unter gleichen Umständen gefundenen Feuersteinen, ihren „Retuschen“ entsprechend, über- einstimmen, so sind auch die letzteren als Isifakte anzusprechen und unter den Begriff der Cymoklasten zu subsummieren. Mit Recht sagt auch Warren®): ‚one very much doubts whether the explanation of Rutot would always meet the case. Indeed, Mr. 5) von xdua, Welle und #/2do, brechen. 6) Bemerkungen etc., Seite 211. ?) Rutot, Défense des Eolithes, Bull. Assoc. Anthr. Bruxelles, 20, 1902, p. 43, zitiert nach Warren, Journ. Anthr. Inst., 35, 1905, p. 346. 8) Journ. Anthr. Inst., 35, 1905, p. 346. Ueber die Fehlerquellen in der Beurteilung der Eolithen. 29 George Coffey has found such objects which had been only recently chipped by the sea.“ Uebrigens würden ächte Feuersteinartefakte, welche zufällig einmal in die Brandungswelle geraten sollten, eine gleiche neue Zurichtung erfahren müssen, wie unsere Glaseolithen und damit zu Isifakten, zu Cymoklasten umgewandelt werden. Einen etwas kuriosen Versuch, die Cymoklasten, speziell die Daktolithen als Artefakte zu retten, machte ganz neuerdings Lewis Abbot,?, indem er den Satz aufstellte, die Feuersteine mit Abbiss- marken, die man an Küsten findet, seien zwar allerdings durch die Brandungswelle retuschiert und zu Hohlschabern verwandelt, aber, fährt er fort: ,„I have no doubt that ıt was such a nature-formed specimen that mans progenitors first used, and so deeply did the love of this form sink down into his nature that, throughout the whole of the succeding stone-ages he still clung to it.“ Da nun aber Abbott zugibt, dass die an den Küsten gefundenen Eolithen tatsächlich Retuschen durch die Brandungswelle erhalten können, woran sollen wir dann erkennen, dass der Vorfahre des Menschen sie als Werk- zeuge gebraucht hat ? Soviel über die Fehlerquelle der Cymoklasten im Eolithen- problem, wozu auch der in meiner früheren Abhandlung!) kurz geschilderte bekannte Versuch in der Cementfabrik von Mantes zu rechnen ist, wo eine im Wasser befindliche Masse von Feuerstein- knauern in rasche drehende Bewegung versetzt wird, sodass die Knauer in Scherben zerplatzen und diese sich gegenseitig zu Eolithen zurechtretuschieren; es geschieht das nicht durch den Anschlag der in bestimmter Entfernung (20 cm) vom Boden angebrachten, das Wasser in drehende Bewegung setzenden eisernen Rechen,!1) wie von gegnerischer Seite obstinat behauptet wird, sondern es gilt hier das Urteil eines, übrigens eolithophilen, Forschers, welcher den Ver- such in jener Fabrik am genauesten angestellt hat, von Capitan,!?) des Wortlautes: ,,J’ai recueilli dans les malaxeurs des échantillons de silex, de deux heures en deux heures, depuis le commencement du travail des malaxeurs jusqu’à la trentieme heure. J’ai done pu examiner un nombre considérable de ces silex a tous les états du faconnement par le roulis d’un sur l’autre des rognons mis en mou- vement par les herses rotatives des malaxeurs. Il y a, en effet, des pieces reproduisant exactement des formes que nous considerions Jusqu'ici comme certainement dues à une action intelligente et qui 9) W. J. Lewis Abbott, the eolithic problem, Man, 1909, p. 148. 10) Bemerkungen etc., Seite 213. 11) M. Boule, l'origine des éolithes, L’Anthropologie, 16, 1905, p. 261. 12) Congrès préhistorique de France, 1905, p. 97. 30 Paul Sarasin. la se sont produites par le seul fait d'actions naturelles. Je crois done que, sans abandonner en aucune façon la notion des éolithes, il y aura lieu dans l’avenir d’être beaucoup plus difficiles pour les admettre que nous ne l’étions autrefois." Mit den Worten ‚sans abandonner la notion des éolithes” be- tont er mit Recht, dass deshalb die Eolithenfrage als solche keines- wegs aufgegeben sei, der Versuch von Mantes weist vielmehr nur auf eine gefährliche Fehlerquelle in der Beurteilung eolithenartiger Steine hin, die Vorläufer der Chelleskeile müssen ja vorhanden sein, und um sie zu finden, dürfen, ja müssen wir sie unter den früh pleistocänen oder jung tertiären Eolithenmassen aufsuchen; aber es ist hier daran zu erinnern, dass die Ueberzeugung, von welcher die Eolithophilen sich leiten lassen, wonach die Vorläufer der Chelléensteinwerkzeuge notwendig in älteren Schichten von Europa aufgefunden werden müssten, nicht unanfechtbar ist, sie können da gewesen sein, müssen es aber nicht, wie dies schon M. Bonude!3) 1905 mit folgenden Worten klar ausgesprochen hat: ‚on pouvait, en se basant sur les éolithes, admettre, comme possible, l’existence de ’Homme dans nos pays pendant l’ère tertiaire, on n'avait pas le droit de l’affirmer. L’argument qui consiste à dire que les silex nommés chelléens, c’est-à-dire les silex authentiquement les plus anciens, ont des formes trop parfaites, accusent une technique trop savante pour qu'ils n'aient pas été précédés par une industrie d'ordre inférieur, est certainement en faveur de l'existence d’un Homme préquaternaire mais ne saurait prouver cette existence dans nos pays. Il faut dans cette question, qui est en somme purement paléontologique, tenir grand compte d'un phénomène qui a Joué un rôle important dans l’histoire et le développement de tous les groupes d'êtres fossiles, le phénomène des migrations. Rien ne prouve que l’évolution de l'espèce humaine ou du genre humain, comme on voudra, se soit faite sur place. Il est très possible que l'Homme ait apparu brusquement dans nos pays, au début des temps quater- naires, en même temps que la faune de Mammiferes dont ıl fait partie et qui est fort différente de la dernière faune pliocène. Comme paléontologiste je crois fermement à l'existence de ’ Homme ter- tiaire; je ne doute pas qu'on trouvera un jour ses traces sur quelque point du globe; mais pour être irrécusables, ces traces devront avoir une valeur toute autre que celle des éolithes." Dieser Umstand, dass die Vorläufer der Steinwerkzeuge des Chelleon nur möglicherweise in älteren europäischen Schichten an- zutreffen sind, erscheint seinerseits als eine Erschwerung der Nach- 13) 1. c. L’Anthropologie, 16, 1905, p. 266. Ueber die Fehlerquellen in der Beurteilung der Eolithen. Sl forschung nach einwandfreien Vorformen, andrerseits sind die Ver- suche von Nötling!*) in Indien und Schweinfurth15) in Aegypten, in plio- und pleistocänen Schottern jener Länder nach Eolithen zu suchen, nur um so gerechtfertigter, wenn sie auch bisher noch nicht mit irgendwie als gesichert zu bezeichnenden Erfolgen gekrönt worden sind.16) Ich erinnere hier noch kurz daran, dass die Brandung grosser Landseen und die Hochwasser der Flüsse und Ströme dieselbe Er- scheinung an Feuersteinen hervorrufen müssen, wie die Brandungs- welle des Ozeans. Soviel über die Fehlerquelle der Cymoklasten im Eolithen- problem. Wir gelangen jetzt zu einer weiteren Fehlerquelle, nämlich zu dem folgenden Umstande: Wenn wir die Randpartie unserer Glasdaktolithen betrachten, so fällt uns auf, dass sie steil zur Fläche abgeschnitten ist, wenn auch nicht in allen, so doch in den meisten Fällen, eine Erscheinung, die zwar auch an Feuersteineolithen zu beobachten ist, wie z.B. auf dem Figur 13 abgebildeten aus dem Mesvinien von Spiennes, aber keineswegs bei allen; viele zeigen vielmehr die Abbissstelle der Kante abgeschrägt, in spitzem Winkel also an die Flächen stossend. Dadurch werden sie in Beziehung auf den Randabbiss ächten Artefakten, den einwandfreien Hohlschabern aus Kultur- schichten sehr ähnlich, ja geradezu gleich, wenn es sich um flächen- hafte Feuersteinscherben handelt, welche zu Daktolithen geworden sind. Für diese Naturerscheinung hat schon 1905 S. Hazzledine Warren die richtige Erklärung in folgendem gefunden : Er sah, dass in Schottermassen, welche infolge grosser Regen- fluten in rutschende Bewegung geraten waren, eingeschlossenen Feuersteinscherben dadurch halbmondförmige Randkerben beige- bracht wurden, dass ein gerundeter Rollkiesel über den Rand der Scherbe langsam hinweggeschoben ward; er berichtet :17) „in wor- 14) Nötling, F., on the discovery of chipped flint-flakes in the Pliocene of Burmah, Natural Science, 10, 1897, p. 233. — Note on a worn femur of Hippopotamus irravadicus from the lower Pliocene of Burma, Records of the geological Survey of India, 30, 1897, p242; 15) Schweinfurth, G., Steinzeitliche Forschungen in Oberägypten, Zeit- schrift f. Ethnologie, 36, 1904, Seite 766. 16) Siehe darüber P. und F.$., die Steinzeit auf Ceylon, Wiesh., 1908, Seite 50; P.S., die ägyptische Prähistorie und das Dreiperiodensystem, Verh. Naturf. Ges. Basel, 21, 1910, Seite 248. 17) S. Hazzledine Warren, on the origin of Eoliths, Man, 1905, p. 181. 32 Paul Sarasin. king the paleolithie drift of High Down in the Isle of Wight, where I did most of digging myself, I found an eolith closely and tightly adhering to the rounded stone which had made it, and against which the notch accurately fitted. There is no doubt that the two stones lying adjacent to each other in the drift had, through the action of „soil-creep“ been pressed or ground together. The round stone being of an unsuitable shape, was unaffected, the flat piece of flint was converted into an „eolith‘.“ Diese Beobachtung bestätigte 1907 Worthington G. Smith.18) Wir haben also eine neue Fehlerquelle in der Deutung der Eolithen als Artefakte vor uns im Andruck gerundeter Kiesel gegen den Rand von Silexscherben in sich bewegenden Schottermassen. In meinen „Bemerkungen zur Eolithologie“ habe ich (Seite 209 und 210) den Umstand als besonders bedenklich hervorgehoben, dass schon im Oligocän der Mensch fertig entwickelt gewesen sein muss, im Falle wir gezwungen sein sollten, die Eolithen als Artefakte aufzufassen. Nun hat einer der eifrigsten Eolithophilen, M.Verworn, sich in Betreff der oligocänen Eolithen der Warren’schen Er- klärungsweise rückhaltlos angeschlossen; denn er sah, wie „ein harter Kiesel durch Druck in die Kante eines Feuersteines hinein- gepresst worden ist und so eine hohlschaberartige Retusche hervor- gebracht hat, in die der Kiesel hineinpasst.‘‘19) Dieselbe Ansicht vertreten jetzt auch die eolithophilen Forscher Bonnet und Stein- mann?’) für die oligocänen Eolithen von Boncelles. Wenn daher Rutot über die Warren’sche Beobachtung fol- gendermassen scherzte :21) ‚on se rappellera à ce sujet que les seuls silex esquillés par la pression sont ceux obtenus par M. Hazzledine Warren, qui les obtenait tout simplement par l’intermédiaire d’un presse-citron! so wird er die Lacher jetzt schwerlich mehr auf seiner Seite haben. Ich betone hier noch, dass die Boncelles-Eolithen ausserdem, bevor sie in der Schicht definitiv deponiert wurden, starkem Wellen- schlag ausgesetzt gewesen sind, wie die Fülle von Scheinwerkzeugen. welche sie aufweisen, welche in gleicher Ausbildung auch in den anderen tertiären Eolithenmassen vorkommen und welche mit meinen 15) Worthington G. Smith, Nature-made ,,Eolithic implements‘“, Man, 1907, 72.99. 1) %c., Korresp.-Bl. f. Anthr,.=41, 1910, Seiter38. 20) R. Bonnet und @. Steinmann, die „Eolithen“ des Oligocäns in Belgien, Sitz.-Ber. Niederrhein. Ges. f. Natur- und Heilk., Bonn, Sitz. 6. Dez. 1909. 21) A. Rutot, la fin de la question des Eolithes, Congr. préhist. France, III: session, Autun 1907. Le Mans 1908, p. 3, Anmerkung. Ueber die Fehlerquellen in der Beurteilung der Eolithen. 93 Glaseolithen, den Cymoklasten, übereinstimmen, dartut; auch ist augenscheinlich nur eine gewisse Anzahl der Boncelles-Daktolithen durch Schichtendruck entstanden, andere ebenso augenscheinlich durch Wellenschlag. Wie schon angedeutet, möchte ich vermuten, dass Daktolithen mit schräger Abschlagfläche durch den Warren’schen Schichten- druck entstanden sind; ein solches Beispiel findet sich in Figur 19 abgebildet, eine derbe Feuersteinscherbe mit sehr deutlichem Rand- abbiss, welche ich selbst aus der Schicht von Boncelles herausgehoben habe; man sieht an diesem Steine die Abschrägung gut, weil sie viel weniger patiniert ist, als die übrige Oberfläche desselben ; ausserdem hat sie Seidenglanz, während die letztere trüb und körnie ist. Wir werden nun sogleich sehen, dass das halbmondförmige Abgedrücktwerden des Randes eines Feuersteines auch noch auf andere Weise zustande kommen kann mit demselben Resultate, dass schräge Abbruchflächen gebildet werden. Wie schon bei der vorigen Schichtendruckerscheinung war es hier wieder Hazzeldine Warren, welcher, soweit ich die Literatur _ übersehe, 1903 zuerst auf den folgenden Umstand hinwies: Man findet in Strassenschottern, welehe Feuersteine enthalten, vielfach solche, die vollständig die Form von Eolithen haben, Hohlschaber, Schaber, Bohrer, Spitzen darstellen, hervorgerufen durch den Druck der Hufe und Wagenräder, wobei muschelige Splitterchen vom Widerstand leistenden Boden retuschenartig abgesprengt werden. „l found,“ sagt Warren,??) „that they were not made by the stroke of the horse’s hoof, nor, as a rule, directly by the cart wheels. These had supplied the necessary pressure, but the actual flaking had been executed upwards by the reaction of the ground on whom they rested. Glasscherben, welche durch den Schuh der Landleute oder den Huf des Zugviehes oder die Räder des Pfluges zu Eolithen zurecht- retuschiert waren, fand zuerst W. G. Smith und bildete eine solche Scherbe ab, welche zudem eine Jahreszahl trug; er sagt dazu :?3) „no one can look at the illustration without recognising the pure „eolithie“ form and the genuine „eolithic“ chipping as seen on the edge view. The glacial scratches on the surface should also be noticed. Prehistorie objects are not generally dated, but this example bears the date in bold embossed characters 1686. The material is 22) Man, 1905, p. 181 (siehe auch Journal Anthr. Inst., 35, 1905, p. 345). H) Nan, 1.9087 pP. 52. 34 Paul Sarasin. glass, it is a part of a thick, old dated bottle, and the vertical flaking was done by the boots of the agricultural labourers, by the hoof of farm anımals and by the contact with farm implements. I found it in a high-level palaeolithic position at Ramridge End, Lutton.“ In meinen Bemerkungen zur Eolithologie habe ich folgendes geschrieben :?24) ‚Noch viel bezeichnendere Stücke, als das von W. G. Smith abgebildete, lassen sich auf allen Kieswegen auflesen, auf denen wir Glasscherben finden. Ich besitze eine kleine Samm- lung von solchen Glaseolithen, durch den Schuh der Passanten zu so typischen Hohlschabern, Spitzen, Bohrern u. s. w. zurecht- retuschiert, dass sie jeden Vergleich mit den Eolithen aushalten. Ich denke sie an einem anderen Orte näher zu beschreiben und abzubilden.“ Dieser Zusage will ich mit folgendem nachkommen. Auf Kieswegen in öffentlichen Gärten der Städte, aber auch allenthalben auf begangenen Wegen kann man häufig Glasscherben auflesen, welche eine Randretuschierung aufweisen, die vollständig intentionell aussieht; ganz wie Warren es bei seinen Feuersteinen fand, geschieht es mit diesen Glasscherben, der Fuss der Passanten drückt sie gegen den festen Boden, und dieser letztere presst vom rauhen Rande durch Gegendruck kleine muschelige Splitterchen ab, eines neben dem andern, von unten schräg nach oben, eine wohl retuschierte schaberhafte Schneide hervorrufend. Ist der Weg mit feinem Kiesschotter beworfen, so wird die Scherbe oft gegen ein solches Kieskorn angedrückt, und es resultiert ein Hohlschaber. Wer sich für diese Dinge interessiert, wird bei einsamem Wandeln ein Vergnügen mehr haben und in öffentlichen Anlagen grosser Städte, wenn er seine Glaseolithen aufliest und einsteckt, die Augen der Spaziergänger und Kinderwärterinnen mit Staunen auf sich gerichtet sehen. Leider ist es sehr schwierig, diese Glasstückchen in der Photo- oraphie befriedigend wiederzugeben, die Retuschen werden wegen der vielen Lichtbreehungen nur schwächlich sichtbar. Dennoch seien die folgenden Beispiele Figur 20—31 auf Tafel IV und V wiederge- geben. Figur 20—22 stellen Hohlschaber dar, Figur 23—27 wohlretu- schierte Spitzen, die der Figuren 28 und 29 tragen seitliche Dornen, ein für Eolithen besonders charakteristisches Merkmal. Auf mehreren dieser Glaseolithen sieht man sehr gut die Kritze der Schuhsohlen- nägel (siehe Figur 23, 27, 29). Zwei besonders wohl retuschierte Scheinschaber ferner stellen die Figuren 30 und 31 dar. 22) MAC RS ete. 21. Ueber die Fehlerquellen in der Beurteilung der Eolithen. 35 Diese Erscheinungen, welche, wenn an Feuersteinen vorkommend, zu dem Irrtum der „neolithischen Eolithen“ geführt haben, wie wir unten sehen werden, nenne ich hinfort Podoklasten,??) und dass ich hier mit Nachdruck solche aus Glas abbilde, hat wieder, wie schon bei den Cymoklasten, seinen Grund darin, dass die Ausflucht, es könne sich ja um ächte Artefakte handeln, ausgeschlossen ist. Eolithenartige Feuersteine, ganz wie die beschriebenen Glas- scherben umgebildet, findet man in Masse auf den Plateaux von Frankreich, Belgien und England, und da Rutot?6) dieselben auf dem Plateau von Spiennes mit neolithischen Steinwerkzeugen ver- mengt fand, kam er zu der Annahme, es habe hier mitten in der neolithischen Kulturperiode eine Einwanderung von Eolithikern stattgefunden, und er nannte diese vermeintliche Kulturepoche „Flenusien“ ; der Entdecker dieser Eolithen hat mich auch selbst auf das Feld von Spiennes hinbegleitet, welches gerade bepflügt wurde; die in Masse herumliegenden Feuersteine zeigten sich dem- gemäss von den Rostspuren der Räderreifen und Hufeisen vielfach ganz überdeckt, und da sie meist weiss patiniert waren, erkannte man an ihnen auf den ersten Blick ein Fehlen der Patina an de Rändern, welche mitunter genau so retuschiert erschienen, wie die oben beschriebenen Glassplitter; Hohlschaber, Schaber, Spitzen, Bohrer, all das kommt da vor in schöner Zurechtretuschierung, wo- bei die Gesamtform des Steines natürlich gleichgültig ist, wie bei allen Eolithen; auf die Retusche kommt es ja allein an. Ich gebe in Figur 32 und 33 zwei „neolithische Eolithen aus dem Flönusien wieder, welche Hohlschaber darstellen und welche mir Herr Rutot geschenkt und deren Abbisse er mit rotem, auf der Photographie sichtbarem Striche markiert hat; ferner in Figur 34 (Tafel VI) einen solchen, den ich selbst auf dem Felde von Spiennes aufgehoben habe und der den schräg verlaufenden Abbiss besonders deutlich erkennen lässt. Es kommen aber auch Podoklasten aus Kalkstein vor; so bilde ich in Figur 35 einen solchen ab, den ich auf einem viel befahrenen Karrenweg aufgelesen habe und an dem man die abbissartigen Rand- buchten leicht erkennt, es ist ein daktolithischer Podoklast, wie die vorigen. za) Non zouc, Huss- und %*/co, brechen. Siehe auch: PR. S., die ägyptische Prähistorie und das Dreiperiodensystem, Verh. Naturf. Ges. Basel, 21, 1910, Seite 252. 26) A. Rutot, extension en France, en Belgique, en Angleterre et en Allemagne de l'Industrie flenusienne, Congr. préhist. France, IVe session, Chambéry 1908, Le Mans 1909. Hier ist auch die frühere Literatur an- gegeben. 36 Paul Sarasin. Nun weiss ich wohl, dass einwandfreie Nachretuschierung tat- sächlich vorkommt, sekundäre Neuschärfungen der Schneide von schon gebraucht gewesenen Steinwerkzeugen, wie ich denn selbst einen Moustérienschaber aus Tasmanien besitze, bei dem die alte hell- graue Patina der Schneide wegretuschiert ist, so dass daselbst die dunkle Kernfarbe zum Vorschein kommt, und ähnliche Beispiele, be- sonders auch frisch zugeschliffene neolithische Steinbeile, sind zahl- reich bekannt, es gilt also auch hier, sorgfältig zu unterscheiden. Weiter habe ich in meinen „Bemerkungen“ folgendes ge- schrieben (Seite 218): „Nun ist es wahr, dass im Kulturboden von Höhlen und von freien Lagerplätzen Steine sich finden, welche von gewissen Eolithen, nämlich den flachen Splittern mit gescharteten Kanten, nicht zu unterscheiden sind. Sie sind entstanden zu denken durch rohen Gebrauch ihrer ursprünglich zarten Schneiden, wie infolge der Bearbeitung von Holz, als Kerbenschlagen in Baum- stämme, oder von Knochen. Auf diese Weise, durch Gebrauchs- abbruch, entstehen selbst gewellte Kantenlinien, wie man sie auch an neolithischen Steinbeilen sehen kann, deren Schneide durch den Gebrauch sehr stark mitgenommen ist. Es müssen die Schneiden von Splittern auf diese Weise ebenso geschartet werden, wie Natur- scherben von Feuerstein durch gegenseitiges Aneinanderschlagen. Ferner findet man vielfach Steine vom Mousterientypus in Höhlen, welche einen dorn- oder flügelartigen Fortsatz an der Schneide an- gebracht zeigen; derselbe ist zweifellos beabsichtigt, ich möchte diese Steine geflügelte oder gedornte nennen. Man findet sie häufig auch in der Mousterienlithoglyphie von Tasmanien. Dieser Dorn kann aber auch auf natürliche Weise zufällig zustande kommen, unter anderem durch das Abgetretenwerden des Splitter- randes. So ist es denkbar, dass eine freiliegende Kulturschicht mit oberflächlich liegenden Feuersteinscherben, nachdem sie verlassen worden war — und sehr viele Kulturplätze, foyers der Franzosen, sind nachträglich periodisch verlassen und wieder besetzt worden — von schweren Waldtieren wie Auerochsen, Bisonten, Elentieren, Pferden invadiert wurden, deren scharfe und harte Hufe an den Schneiden der Steingeräte Abbrüche hervorriefen, analog wie letztere jetzt auf den Plateaux durch das Zugvieh entstehen.“ Solche sinnlos gezähnte Feuersteine findet man tatsächlich be- sonders häufig an frei liegenden Kulturplätzen ausserhalb von Höhlen wie z. B. in La Micoque an der Vezere, von wo ich zwei Stücke in Figur 36 und 37 abbilde, die ich als Podoklasten ansehe. Nehmen wir hinzu, dass auch der Frost scheinbare Feuerstein- werkzeuge hervorruft, welche ächten sehr ähnlich werden können Ueber die Fehlerquellen in der Beurteilung der Eolithen. 37 nach der Beobachtung von Meunier°T) und dass die sogenannte Desquamation in Wüsten oder sehr trockenen und heissen Klimaten ebenfalls dergleichen in Menge erzeugt, welche, durch Sonnenhitze hervorgerufen, den vom Frost gebildeten vielfach genau gleichen, 28) so kann die Vorsicht in der Beurteilung frühester Steinwerkzeuge, welche, auch wenn sie Artefakte sind, Naturprodukten sich immer mehr nähern müssen, je älter sie sind, nie weit genug getrieben werden. Ich wiederhole hier den in meinen „Bemerkungen“ (Seite 219) geschriebenen Satz: „es ist aber höchst wichtig für den gesamten Fortschritt der Prähistorie, dass wir die Naturbildungen, die so mannigfaltig sind und Artefakten so täuschend ähnlich sehen können, aus dem uns überlieferten Schatz der menschliehen Stein- werkzeuge ausscheiden lernen, damit für eine der wichtigsten Fragen, nämlich das Alter des Genus Homo, an Stelle unsicheren Tastens wissenschaftliche Gewissheit tritt.“ Im obigen habe ich eine nähere Darlegung der kurzen Zusätze gegeben, welche ich meinem in Zürich am 25. November 1908 ge- haltenen Vortrag: ‚Bemerkungen zur Eolithologie“ nachträglich angefügt hatte mit der Bemerkung: ‚diese Ausführungen erfolgen im wesentlichen unverändert wie sie damals gehalten wurden, mit Hinzufügung einiger weniger seither vom Autor gewonnener neuer Erfahrungen. Unterdessen erschienene Publikationen sind nicht mehr berücksichtigt.“ Ich möchte nun hier speziell nachholen, dass kurz vor dem definitiven Erscheinen meines Vortrages eine kritische Beleuchtung 21) St. Meunier, sur quelques formes remarquables prises par des silex sous l'effet de l'éclatement spontané par la gelée, Comptes rendus du Congrès des Sociétés savantes en 1902, Paris, 1903. 28) P.S., über Wüstenbildungen in der Chelleen-Interglaciale von Frankreich, Verh. Naturf. Ges. Basel, 20, 1910, Seite 255. Wenn bei desquamierten Feuersteinen gemässigter Klimate die braune Patina und die Politu: fehlen, so dürften sie Frostbildungen darstellen, als welche ich den in Figur 16 jener Abhandlung abgebildeten Feuerstein jetzt betrachten möchte, der nicht, wie die französischen aus dem Chelléen, wüstenhaftes Kleid hat; auch hat mir unlängst Herr Dr. F. Leuthardt in Liestal einen solchen Feuerstein, auf dem die abgesprengte Schuppe noch in situ lag und der im Lehm eingebettet gefunden wurde, zum Geschenk gemacht. Ausserdem aber habe ich unlängst aus Tunis geformte Feuersteine erhalten, welche als Faustkeile, als Artefakte also, vom Sammler betrachtet worden waren und welche doch nur desquamierte Isifakte sind, gleich dem in Figur 12 meiner Abhandlung über Wüstenbildungen dargestellten Stücke. Dennoch fehlen denselben die braune Patina und die Politur. Wie auf diesen befindliche Rostflecke beweisen, stammen sie aber aus Ackerboden und nicht aus der Wüste, weshalb sie eben auch kein Wüstengewand tragen, sondern hell, wie gebleicht aussehen, obgleich die Sonnenhitze sie durch Desqua- mation zu Scheinartefakten geformt hat. 38 Paul Sarasin. der Eolithenfrage durch Rudolf Hoernes erschienen ist in Form eines Vortrages am 7. November 1908 in Graz gehalten, welche in folgendem Satze gipfelt (Seite 401) :29) „Ich finde in dem Mangel jeder weiteren Entwicklung der an- geblichen Eolithenindustrie vom oligocänen Fagnien an durch die übrigen tertiären Eolithenstufen den schwerwiegendsten Beweis gegen die ganze Eolithentheorie. Dabeı darf ich nun doch daran erinnern, dass ich auf diesen verhängnisvollen Umstand in der Berliner Anthropologischen Ge- sellschaft am 14. März 1908 zuerst hingewiesen habe (publiziert in der Zeitsch. f. Ethn. 40, 1908, S. 433). Darauf hat den Ge- danken Obermaier?®) aufgenommen und weiter ausgeführt, wonach er von Aud. Hoernes an die Spitze seiner Abhandlung gestellt worden ist. Zum Schlusse sagt Rud. Hoernes: „Die bisher zu Gunsten der Eolithentheorie vorgebrachten Tatsachen vermochten. für die An- sichten Rutot’s, für die Annahme der Existenz des Menschen oder eines Steine zu Werkzeugen schlagenden Vorläufers desselben zur Oligocänzeit keineswegs zu entscheiden, es ist auch höchst unwahr- scheinlich, dass neue Tatsachen aufgedeckt werden könnten, durch deren Gewicht wir zu dieser Annahme gezwungen werden könnten. Die höchst zweifelhaften Eolithen reichen nicht hin, die Frage nach der Existenz des tertiären Menschen endgültig zu lösen.“ Dazu mag man den von mir 1906°1) geschriebenen Satz heran- ziehen, welcher lautet: „Ich betone nochmals, dass die Chell&enkeile ihre rohen Vorläufer notwendig gehabt haben müssen, die man ge- wiss noch finden wird, sei es im untersten Pleistocän oder im Pliocän, dass aber die plio-pleistocänen Eolithen Rutot’s oder die miocänen von Puy Courny oder die oligocänen von Thenay diese Vorläufer nicht sind,“ sowie den Schlussatz meiner „Bemerkungen“, des Wortlauts: ‚im Hinblick auf die Möglichkeit einer natürlichen Entstehung der sedimentären Eolithen ist die Behauptung, dass sie menschliche Artefakte darstellen, nicht bewiesen.“ Wenn, wie ich daran erinnere, die Eolithophilen Bonnet, Stein- mann und Verworn die oligocänen Eolithen als denen aus anderen Schichten ungleichwertig fallen lassen, so ist doch zu betonen, dass Rutot, der Entdecker jener Eolithenmassen von Boncelles, mit Ent- [a] 23) Rudolf Hoernes, über Eolithen, Vortrag, gehalten am 7. November 1908, in Mitt. Naturw. Ver. f. Steiermark, 45, 1908, Seite 372. 30) Mitt. Geolog. Ges. Wien, 1, Seite 303, zitiert nach Rud. Hoernes. %1) P.S., Zur Einführung in das prähistorische Kabinett der Samm- lung für Völkerkunde im Basler Museum, Basel, 1906, Seite 21. Ueber die Fehlerquellen in der Beurteilung der Eolithen. 39 schiedenheit für ihre Gleichwertigkeit mit allen anderen Eolithen eintritt; er schreibt: „A Boncelles, le caractère de l’industrie n’est nullement pré- éohithique; nous n’y trouvons pas moins de vingt instruments ou outils à usage spécialisé, notamment : des percuteurs (simples, pointus, tranchants, tranchets, pilons, retouchoirs, enclumes), des couteaux, des racloirs (simples, à encoches, doubles, ete.) des burins, des ins- truments improprement appelés grattoirs (simples, à encoche, à tranchant oblique, à tranchant sinueux, ete.), des perçoirs (droits. à pointe oblique); outils auxquels s'ajoutent des pierres de jet et des pierres à friction paraissant destinées à faire du feu. Mais ce n’est pas tout, à Boncelles nous trouvons, nettement indiquées et par- faitement réalisées, d’abord la retouche d’accomodation qui assure la bonne préhension de l’outil, et la retouche de l’utilisation, par laquelle on ravive les tranchants émoussés par l’usage, ce qui en permet plusieurs emplois successifs. A Boncelles, nous en sommes par conséquent déjà a la pure industrie éolithique."#?) ,,Ces outils montrent, dans tous leurs détails, les caractères des autres industries éolithiques tertiaires et quaternaires authentiques et bien connues." „Et voilà maintenant que la notion de l'existence d’une humanité oligocene, plus ancienne que celle de Thenay, vient s'affirmer avec une force et une précision qui faisaient quelque peu défaut à celle-ci.‘“ 33) Nach all dem, was ich von tertiären Eolithen bis jetzt gesehen habe und was besonders durch die Erscheinung des von mir soge- nannten Myriomorphismus®*) ein sehr einheitliches Gepräge zur Schau trägt, möchte ich in der Gleichwertung aller tertiären Eolithen Rutot beitreten, umsomehr, als es sich ja nicht nur um Daktolithen handelt, die, wie wir gesehen haben, auf verschiedene Weise zustande kommen können, sondern um noch viele andere Scheinwerkzeuge, wie sie von Rutot aufgezählt werden und welche in allen tertiären Eolithenmassen ein äusserst ähnliches Aussehen haben. Dass man nun schon Eolithen nicht nur in oligocänen, sondern auch in eocänen Schichten gefunden hat, wird niemanden ver- wundern können, man wird Daktolithen und verwandte Isıfakte ın noch älteren Schichten aufdecken, die Feuersteine einschliessen, nur haben sie nichts zu tun mit der Existenz des Menschen. Das betonte 32) A. Rutot, Annexe au syllabus du cours de préhistoire, 1909. 33) A. Rutot, un grave probleme, Bull. soc. Belge de Géologie, 21, 1907, Seite 8 und 12. 34) Siehe darüber Verh. Naturf. Ges. Basel, 19, 1908, Seite 182 und Bemerkungen zur Eolithologie, 1. c., Seite 214. 40 Paul Sarasin. schon A. Laville’5) der erste Entdecker eocäner Eolithen mit den folgenden Worten: ,1l est évident qu'après avoir reconnu ce fait que des silex recueillis dans un gisement appartenant à l’éocène in- férieur, peuvent offrir tous les caractères mis en avant jusqu'ici par les préhistoriens, pour reconnaître un silex taillé et peuvent par conséquent être confondus ensemble, il est évident, dis-je, qu 1l est impossible à un préhistorien non emballé sur la pente éolithique de prendre en considération de semblables pièces, sans valeur scientifique aucune, pour conclure à la présence, pendant l’époque du dépôt dans lesquelles elles gisaient, d'un être ayant pu les produire artifi- ciellement." Ferner erschien soeben ein Aufsatz von H. Breuil*6) über eocäne Eolithen, welche sehr schöne ‚‚Retuschierung‘“ zeigen und doch zum grössten Teil in der Schicht selbst durch Schichtendruck ent- standen sind, wie daran zu erkennen war, dass viele dem Mutterstein, von dem sie abgesprengt waren, noch anlagen. Der Autor berichtet: „mis en présence d’une série choisie et en l’absence d’une donnée stratioraphique M. Rutot les a considérées comme si nettement faconnés qu'il les a déterminés comme appartenant à la transition de l’Eolithique au Paléohithique ou au Strepyen (notre Chelléen primitif francais).“ | Es ist dies eine Bestätigung meines schon 1906 ausgesprochenen Satzes: „dass es in einer ausserordentlichen Menge von Fällen von vornherein überhaupt nicht zu unterscheiden ist, ob natürliche oder künstliche Feuersteinsplitterung vorliegt und wo, wenn uns der einzelne geschartete Stein in die Hand gegeben wird, wir ganz ausser Stande sind zu unterscheiden, ob wir ein Artefakt oder ein Isifakt vor uns haben und in einzelnen Fällen sogar nicht, wenn wir die Fundumstände kennen.‘ 37) Von dergleichen Bedenklichkeiten aber liess sich A. Cels 3) nicht anfechten, welcher ebenfalls Eolithen aus dem unteren Eocän anmeldete und darüber folgendes feststellte: ‚ma conviction est que plus les recherches des traces de la présence de l’homme dans les couches géologiques se poursuivront et se perfectionneront, plus l’existence de l’espece humaine sera reconnue dans un passe de plus 3) A. Laville, Les pseudo-éolithes du Sénonien et de l’Eocène in- ferieur, Feuille des Jeunes Naturalistes, 1905, p. 33. 36) H. Breuil, sur la presence d’Eolithes à la base de l’Eocene Parisien, L’Anthropologie, 21, 1910, p. 385. #7) P.S., zur Einführung in das prähistorische Kabinett der Samm- lung für Völkerkunde des Basler Museums, Basel, 1906, Seite 19; ferner in den Bemerkungen zur Eolithologie, Seite 219. 3) Alphonse Cels, évolution géologique de la terre et ancienneté de l’homme, Bruxelles, 1909, Seite 219. Ueber die Fehlerquellen in der Beurteilung der Eolithen. 4 en plus éloigné de l’époque actuelle; les découvertes de silex tailles n'en sont qu'à leur début, ne l’oublions pas, et il n’est pas im- possible, à mon avis, qu'elles ne s’arreteront que la où toute trace de vie aura disparu de la croûte terrestre." Der Mensch ist für Cefs also ebenso alt als das Leben, als das Protoplasma auf der Erde überhaupt, und da nun die eifrigsten Eolithophilen bei solchem Widersinn anlangen, so muss notwendig der Weg, dem sie gefolgt sind, ein Irrweg sein, und sie täten besser, sich des Satzes zu erinnern, zu welchem einer ihrer Mitstreiter, M. Verworn,°?) gelangt ist, des Wortlauts: ‚ein einzelnes Merk- mal, das allein gestattete, den einzelnen Stein von unbekannter Her- kunft als Manufakt zu erkennen, existiert nıcht, und ich erinnere hier, dass sogar Rutot,*%) welcher sonst allen Bedenken Trotz bietet, doch vor Missdeutungen von durch die Natur hervorgebrachten An- schlaomarken an Feuersteinen mit den folgenden Worten warnt: „je réserve aussi mon opinion au sujet de certains rognons allonges portant des esquillements aux extrémités, mais Je ne les rejette pas parce qu'ils ne peuvent être des éolithes; je les écarte simple- ment parce qu'on ne peut prouver que ce soient de vraies éolithes, la percussion intentionelle et les chocs mécaniques produisant exacte- ment les mêmes résultats." Auch wird es gut sein, wenn die Wogen des Streites sich wieder etwas zu legen beginnen, ist doch der ganze von Rutot ins Werk gesetzte Eolithenkr’eg #1) nur eine Wiedererweckung eines ebensolchen, welcher mit nicht geringerer Heftigkeit unter der Führung des hochverdienten Gabriel de Mortillet gewütet hat und doch spurlos verlaufen ist. Zu welcher Erbitterung dieser erste Eolithenkrieg sich gesteigert hatte, mag der folgende 1884 ge- schriebene Satz von L. Martinet?) erkennen lassen, des Wortlauts: „En resume les silex de Thenay prouvent avec evidence que, pendant l’oligocene, ıl existait un être connaissant le feu et sachant le produire, et que cet être savait également tailler le silex, sinon par la per- cussion, au moins par l’etonnement au feu. La question religieuse, qui, sans qu'ils osent avouer ouvertement leur arrière-pensée, forme le véritable objectif de tous les opposants." 3) M. Verworn, ein objektives Kriterium für die Beurteilung der Manufaktnatur geschlagener Feuersteine, Zeitsch. f. Ethnol., 40, 1908, Seite 548. 4) A. Rutot, Eolithes et pseudo-éolithes, Mem. Soc. d’Anthropol. de Bruxelles, 25, 1906, p. 3 (sep.). #1) Siehe den grundlegenden Aufsatz von Rutot: sur la distribution des industries paléolithiques dans les couches quaternaires de la Belgique, L’Anthropologie, 11, 1900, p. 707. 42) Ludovic Martinet, in: L'Homme, 1884, p. 54. 42 Paul Sarasin. Im zweiten, nun allmählich abflauenden Eolithenkriege sind ähnliche Waffen ins Feld geführt worden. Ich füge hier bei, dass der zweite Eolithenstreit auch dem Material nach dem ersten sehr ähnlich ist; man kannte schon damals diese Steine aus den frühen tertiären Schichten, so aus dem Oligocän von Thenay und Ota, wie aus dem Miocän von Puy Courny, wonach diese zweite Eolithenkampagne als eigentliches Novum wesentlich nur die eocänen Eolithen hinzugebracht hat. Wir können uns aber getrösten, dass dieselbe nicht gleich der ersten ohne jede Frucht sein wird, indem wir unser Auge schärften für das, was die Natur aus Feuersteinscherben herzustellen ver- mag, indem wir eine Masse von Feuersteinen, welche vielen als Artefakte erschienen waren, nun aus dem Fache der Anthropologie, aus der Vitrine der Prähistorie in die der Geologie einzureihen gelernt und so den Weg, welcher zur Erkenntnis des Alters des Genus Homo führt, vom verhüllenden Dickicht befreit haben; wir sind uns der Fehlerquellen in der Beurteilung der Eolithen klarer bewusst ge- worden, und dies ist ein nicht zu missachtender Gewinn des heissen Streites. | Von dem Gesichtspunkte ausgehend, dass die Chelleskeile ihre roheren Vorläufer notwendig gehabt haben müssen, den die meisten Eolithophoben, als welche die Bedenklichen unter den Beurteilern der Eolithen von Rutot bezeichnet worden sind, teilen, erscheint das vorsichtige Weiterforschen unter den früh pleistocänen und spättertiären Bolithenmassen nach einwandfreien Artefakten durch- aus gerechtfertigt, und gerade in dem pleistocänen Mesvinien Rutot’s dürften möglicherweise primitivste Steingeräte zu finden sein. So wie ich im Chelléen selbst eine ganze Gruppe von Feuer- steinscherben, welche bisher als Artefakte galten, als Desquama- tıonen, als Isıfakte also, ausscheiden konnte, ohne dadurch im mindesten das Chelléen als solches anzutasten, ich läuterte es viel- mehr,*3) so kann es noch mit Rutot’s Mesvinien geschehen und auch mit pliocänen Feuersteinmassen; aber die Schwierigkeit der Erkennung einwandfreier Artefakte wird mit dem geologischen Alter der Schichten steigen, und ich halte an meinen, in den ,,Be- merkungen“ gegebenen Ausführungen, wonach die Existenz des Menschen im Oligocän oder gar im Eocän höchst unwahrscheinlich, ja diese Annahme, nach der Summe unserer bisherigen paläonto- logischen Erfahrungen, überhaupt unvernünftig sei, vollständig fest. Noch ist in der Eolithologie folgendes zu beachten: es ist selbstverständlich, dass nicht nur auf natürliche Weise zersprungene 4) P. S., über Wüstenbildungen in der Chelleen-Interglaciale von Frankreich, Verh. Naturf. Ges. Basel, 20, 1910. Ueber die Fehlerquellen in der Beurteilung der Eolithen. 45 Feuersteinscherben durch Zusammenschlagen im bewegten Wasser Retuschen bekommen und zu Daktolithen werden können, sondern auch ächte Artefakte, vom Menschen geschlagene Glyptolithen #*) werden dieselbe Erscheinung zeigen müssen, wenn sie, von den Plateaus, worauf sie hergestellt wurden, in die Flüsse herabge- schwemmt, heftigem Wellenschlag oder später, nach ihrer Ab- lagerung, dem Schichtendruck unterworfen wurden; dann bekommt man ein Artefakt und Isifakt zugleich, und solche Stücke könnten sich unter den Mesvinieneolithen finden, glaube ich doch solche Anschlagmarken an vielen Randverletzungen von Chelléenglypto- lithen zu erkennen. Zusammenfassend ist zu sagen: Wissenschaftlich einwandfrei ist bis jetzt die Existenz des Menschen, einer Spezies des Genus Homo, nur bis etwa zur Mitte des Pleistocäns nachgewiesen, näm- lich bis zur Periode des Chelléen, wogegen auch der Heidelberger Fund, der von Schötensack*5) beschriebene Unterkiefer von Mauer, nicht spricht, dessen Alter wahrscheinlich überschätzt worden 1ist,16) es dürfte sich hiebei um Homo primigenius handeln, und schon diese mittelpleistocäne Spezies zeigt augenscheinlich phylogenetisch tiefere Merkmale als der spätpleistocäne und holocäne Homo sapiens. Das Genus Homo erscheint darum nach den bisherigen Fundergeb- nissen als eine paläontologisch gesprochen junge Bildung. Als Be- weismittel für höheres, ja für sehr hohes paläontologisches Alter des Genus Homo haben die Eolithen versagt. Uebrigens bin ich nicht der Ansicht, dass das erste Steinwerk- zeug eine aufgelesene Feuersteinscherbe gewesen sei und die erste technische Bearbeitung desselben die Retuschierung, was, wie schon bemerkt, zu deutsch Nachbesserung heisst; sondern ich glaube, dass das erste Steingerät ein aufgelesener gerundeter Rollstein war, ganz gleichgültig von welcher Steinart, und dass dieser das ein- fachste Mittel abgab, den Arm zum Hammer und zur Keule zu machen. Er diente zum Aufschlagen und Zerquetschen harter Gegen- stände und zur Wehr, im letzteren Fall ebensowohl als Keule wie als Wurfstein. Diesen Stein, welcher durch gewohnten Gebrauch eine körnige Schlagfläche zeigen muss, nenne ich den Protolithen, und ich finde ihn in der gesamten Prähistorie vom Chelléen bis #4) Ueber diesen Ausdruck für Steinwerkzeug siehe Jahresbericht über das prähistorische Kabinett des Museums Basel, Verh. Naturf. Ges. Basel, 20, 1909, drittes Heft. 45) Otto Schötensack, der Unterkiefer des Homo heidelbergensis, Leipzig, 1908. 46) Emil Werth, das geologische Alter und die stammesgeschichtliche Bedeutung des Homo heidelbergensis, Globus, 96, 1909, Seite 229. 44 Paul Sarasin. zum Neolithieum, wo er als Klopfhammer dient, ja in gewissen Formen bis zur Gegenwart im Gebrauch zähe beibehalten. Der zweite Schritt in der Herstellung des Werkzeuges geschah durch Benutzung der scharfen Fragmente eines gerundeten Proto- lithen, der Steinscherben, welche bei seinem Zerplatzen infolge derben Dreinschlagens entstanden und welche das erste Spalt- und Schneidewerkzeug abgaben, als künstlichen Ersatz des ursprüng- lichsten Schneidewerkzeuges der Zähne und Nägel; diesen ersten in Gebrauch gezogenen Steinscherben nenne ich den Protoklasten. Der Protolith selbst aber, dessen Schlagfläche durch das Abspringen von Fragmenten sich zugespitzt hatte, wurde, wie ich vermute, zur Ur- form des Faustkeiles. Endlich kam dann die dritte Arbeit, die Zu- richtung dieser Urgeräte zu speziellen Zwecken mit Hilfe von zweck- mässiger Zubehauung und von Retuschierung oder zu deutsch: Nachbesserung. Damit schliesse ich meine jetzigen Ausführungen mit diesem Hinweis auf eine spätere, den soeben angedeuteten Gedankengang näher begründende Argumentation. Ueber die Fehlerquellen in der Beurteilung der Eolithen. 45 Tafelerklärung. Sämtliche Bilder sind photographische Aufnahmen von meinem Vetter Dr. Fritz Sarasin. Tafel I. Glasscherben, welche von der Brandungswelle in eolithenförmige Gebilde ver- wandelt worden sind, sogenannte Cymoklasten, siehe den Text Seite 1—4. Tafel II. Feuersteineolithen mit Randabbissen: Daktolithen, siehe den Text Seite 4 u. 5. Tafel III. Figuren 14 und 19: Feuersteindaktolithen, siehe den Text Seite 4, 5 und 10. Figuren 15—18: Feuersteineolithen, entsprechend den gläsernen der Figuren 4, 5 und 7, offenbar durch Wellenschlag entstanden: Cymoklasten, siehe den Text Seite 4. Tafel IV. Glasscherben, welche durch den Tritt der Passanten auf Kieswegen zu eoli- thischen Gebilden zugerichtet wurden, sogenannte Podoklasten, siehe den Text Seite 11 und 12. Tafel V. Figuren 28—31: Glaspodoklasten wie die auf der vorigen Tafel abgebildeten. Figuren 32 und 33: Neolithische Feuersteinpodoklasten: podoklastische Dakto- lithen, siehe den Text Seite 12. Tafel VI. Figur 34: Podoklastischer Daktolith, siehe den Text Seite 12. Figur 35: Podoklastischer Daktolith aus Kalkstein, siehe den Text Seite 12. Figur 36 und 37: Feuersteinpodoklasten von der Station La Micoque, siehe den Text Seite 13. Worte der Erinnerung an Eduard Hagenbach-Bischoff, geboren in Basel am 20. Februar 1833, gestorben in Basel am 23. Dezember 1910. Von H. Veillon. Für die Basler Naturforschende Gesellschaft wurde der Schluss des verflossenen Jahres durch einen schweren Verlust getrübt, der nicht allein von den sämtlichen Mitgliedern tief empfunden wurde, son- dern auch im Gemeinwesen unserer Stadt eine offenkundige Teil- nahme erweckte. Am Tage nach Weihnachten erwiesen eine grosse Zahl Schüler, Freunde und Verehrer unter Anteilnahme der ganzen Bevölkerung Basels Herrn Prof. Dr. Ed. Hagenbach-Bischoff mit Gefühlen herz- licher Trauer die letzten Ehren. Nach dem Hinschied eines Mannes, der so sehr im öffentlichen Leben seiner Vaterstadt hervorgetreten ist, geziemt es sich, der Arbeiten und trefflichen Eigenschaften zu gedenken, welche seinen Namen weit über die Grenzen seines Heimatlandes als den eines sorgfältigen Forschers und ausgezeich- neten Lehrers hinaustrugen. Ueber seine politische Laufbahn haben wir hier nicht zu berichten; die Presse des In- und Auslandes hat ihn als den Vater des Proportionalen Wahlverfahrens bereits ge- würdigt. Geboren am 20. Februar 1883 als Sohn des Kirchenhistorikers und Universitätsprofessors Karl Rudolf Hagenbach, absolvierte er das humanistische Gymnasium und das Pädagogium, um sich den exakten Wissenschaften zu widmen. In Basel, Berlin, Genf und Paris holte sich der junge lebens- und arbeitsfrohe Hagenbach die soliden wissenschaftlichen Grundlagen, auf welchen seine spätern Anschauungen, Urteile und Methoden beruhten, und noch bis in sein hohes Alter erinnerte er sich lebhaft seiner ersten akademischen Lehrer. Fördernd wirkte in Basel Rudolf Merian auf ıhn ein; in Berlin zogen ihn Heinrich Wilhelm Dove an, der in Optik, Wärme- Lichtdruck Alfred Ditisheim, Basel, nach Phot, C. Ruf & Piützner. Worte der Erinnerung an Eduard Hagenbach-Bischoff. 47 lehre und Meteorologie sich auszeichnete, und Heinrich Gustav Magnus, der neben seinen wissenschaftlichen Vorlesungen auch öffentliche populäre Vorträge veranstaltete; in Paris genoss er die slänzenden Lektionen von Jules Célestin Jamin, der zuerst in srösserem Massstabe das Experiment in seinem Unterrichte sprechen liess. Die Zeit der Studentenjahre Hagenbachs war eine für das wissenschaftliche Leben Europas besonders hervorragende; man denke nur daran, wie viele weltberühmte Errungenschaften von genialen Männern aus der ersten Hälfte der 1850er ‚Jahre herrühren. Die Laboratorien sind noch spärlich vorhanden und ihre Aus- rüstungen nach jetzigen Begriffen noch höchst unvollkommen ; aber was konnte damals trotzdem der wissbegierige Student nicht alles miterleben! Fizeau misst mit seiner Zahnradmethode die Geschwin- diekeit des Lichtes, welche vor ihm nur auf astronomischem Wege hatte gefunden werden können; Foucault macht im Panthéon zu Paris seine klassischen Versuche über die Erdrotation; Clausius publiziert seinen zweiten Hauptsatz der Thermodynamik; Faraday lest den Grund zu unserer heutigen Theorie des Kraftfeldes ; Hittorf formuliert seine Hypothese der Wanderung der Ionen; Plücker erstaunt die Physiker mit seinen lichtelektrischen Versuchen, welche ein Glied sind in der Geschichte der Entdeckung der Röntgenstrahlen ; Kohlrausch fördert die elektrischen Messmethoden ; Riemann bereichert die Mathematik mit seinen genialen Theorien. Für all diese Dinge besass der junge Student Hagenbach ein offenes Auge und ein rasch erfassendes Verständnis. Diese glück- liche, an Eindrücken so reiche Studienzeit beschloss er 1855 mit seinem Doktorexamen. Im darauffolgenden Jahre begann er seine Lehrtätigkeit durch Uebernahme des Unterrichtes in Physik und Chemie an der damaligen Gewerbeschule, jetzt obere Realschule zu Basel. Nach einer sechsjährigen Tätigkeit an dieser Anstalt, in welche Zeit auch seine Habilitation fiel, wurde ihm die ordent- liche Professur für Mathematik an der Universität übertragen, die er nur ein Jahr beibehielt. Wiedemann siedelte nämlich 1863 an die Technische Hochschule zu Braunschweig über, und da war Hagenbach der gegebene Mann, um den freigewordenen Lehrstuhl der Physik zu besetzen. Diese Professur hatte er bis 1906 inne, wo er aus Rücksichten für seine Gesundheit und sein vorgerücktes Alter sein Amt niederlegte. Während dieser fünfzigjährigen Tätig- keit trat Hagenbach wissenschaftlich mit etwa 60 Publikationen hervor, denen er noch viele andere angereiht hätte, wenn seine rege öffentliche Tätigkeit im Gemeinwesen seiner Vaterstadt nicht viele Opfer an Zeit und Musse von ihm verlangt hätte. Einige seiner Ar- keiten mögen hier besonders hervorgehoben werden. 48 H. Veillon. Eine seiner allerersten Untersuchungen betraf die Viscosität oder Zähigkeit der Flüssigkeiten. Sie entstand im Jahre 1860, erschien ın unsern Verhandlungen und bekundete, wie sehr es Hagenbach verstand, bei seinen Lesern volle Klarheit zu erwecken. Er definiert sorgfältig den Begriff der Zähiekeit, stellt experi- mentell die des Wassers in absolutem Masse fest, ermittelt ihre Abhängigkeit von der Temperatur und leitet die Gesetze für das Fliessen einer Flüssigkeit in engen und weiten Röhren ab, wobei er für letztere als Hilfsbegriff den ‚Erschütterungswiderstand“ einführt. Arbeiten lagen über die innere Reibung von Flüssig- keiten kaum andere vor als diejenigen von Coulomb, Navier und Poiseuille, worunter diejenigen des letztern die wichtigsten waren. Hagenbachs Resultate bedeuteten einen Schritt vorwärts, indem seine Theorie die Resultate von Poiseuille als einen Grenzfall seiner eigenen Formeln erkennen liess. Die nächste grössere Arbeit Hagenbachs beginnt 1869 und befasst sich mit den Erscheinungen der Fluorescenz, die seit den Entdeckungen von Brewster und Stokes das Interesse der Physiker auf sich lenkten. Stokes hatte sein berühmtes Gesetz aufgestellt, nach welchem das Fluorescenzlicht immer von grösserer, höchstens von gleicher, Wellenlänge als das erregende Licht sei. Ganz be- sonders befasste sich Hagenbach mit dem Studium dieses Cresetzes und in erster Linie bildete das Blattgrün in alkoholischer oder ätherischer Lösung den Gegenstand seiner Experimente. Flu- orescenz und Absorption findet er ın dem Zusammenhang, dass im Spektrum die stärkste Absorption da ist, wo auch die stärkste Fluorescenz auftritt. Er entdeckte den Einfluss der Konzentration oder Schichtdicke auf die Farbe und zeigte, dass in dünner Schicht grün, in dicker rot auftritt. Diese Tatsachen bestätigen alle das Stokes’sche Gesetz. Die weitern Arbeiten über Fluorescenz be- reicherten die Wissenschaft mit einem auf zirka 30 verschiedene Substanzen ausgedehnten Beobachtungsmaterial, wodurch die Gren- zen und Maxima der Fluorescenz, die Absorptionsspektren und die spektralanalytische Untersuchung des Fluorescenzlichtes bekannt wurden. Besonderes experimentelles Geschick forderte die Elimi- natıon des reflektierten Lichtes, welches als störender Faktor die Erscheinungen maskieren konnte, da die Untersuchungen bei senk- rechter Incidenz geschahen. Ueberall fand Hagenbach das Stokes’sche Gesetz bestätigt und er hielt sich für berechtigt, den Satz aufzu- stellen, dass keine Theorie der Fluorescenz annehmbar sei, welche nicht das Stokes’sche Gesetz zur Folge habe. Die Ansichten der Physiker über den Gültigkeitsbereich des Stokes’schen Gesetzes gingen damals auseinander und Lommels Einwendungen gaben zu Worte der Erinnerung an Eduard Hagenbach-Bischoff. 49 einer wissenschaftlichen Polemik Anlass. Nach den heutigen Kennt- nissen, insbesondere nach den hervorragenden Arbeiten von Wood weiss man jetzt, dass das Stokes’sche Gesetz doch nicht die unum- schränkte Gültigkeit besitzt, welche ihm Hagenbach zuschrieb. Ein anderes Arbeitsgebiet fand Hagenbach in unserer mäch- tigen schweizerischen Gletscherwelt. Das Gletscherkorn, sein Leben, sein Wachstum, die Struktur der Eiskristalle beobachtete er an Ort und Stelle mit dem Polarisationsmikroskop, er studierte im Gletscher die Tyndall’schen Eisfiguren, mass mit seinem Freunde Forel die Temperatur des Eises im Innern des Gletschers und verfolgte mit dem lebhaftesten Interesse die grossen Vermessungen, die infolge einer Anresung des Schweizerischen Alpenklubs während fünfundzwanzig Jahren am KRhonegletscher vorgenommen wurden. Als Präsident der Gletscherkommission der Schweizerischen Naturforschenden Ge- sellschaft war er berufen, vor grösseren auswärtigen Gesellschaften über diese Messungen und über seine eigenen Untersuchungen am Gletschereis zu referieren. Vor dem VII. internat. Geographen- Kongress in Berlin 1899 bespricht er die 25jährigen Vermessungen am Rhonegletscher und für die Berichte des I. internat. Physiker- Kongresses in Paris gibt er eine Uebersicht seiner und anderer Studien über Eis und Gletscher. Seine Theorie über das Wachstum des Gletscherkorns steht auf der sichern physikalischen Grundlage der Plastizität und der Regelation. Im Jahre 1886 finden wir eine Arbeit Hagenbachs über die Fortpflanzung der Elektrizität ım Telegraphendraht; die Linie Basel-Olten-Luzern hatte das Versuchsfeld gebildet. Die Studie enthält eine bequeme und übersichtliche Zusammenstellung aller frühern von andern Forschern erhaltenen Resultate; die eigenen Versuche Hagenbachs, welche sich hauptsächlich auf die Ladungszeit beziehen, zeigten, dass diese dem Quadrat der Länge proportional ist. Die benützte Methode beruhte auf den Lissajou’schen Klang- figuren, wobei eine Phasenverschiebung zweier senkrecht zu ein- ander schwingender Stimmgabeln optisch sichtbar gemacht wird. Aus dem Jahre 1891 stammt eine gemeinschaftlich mit seinem damalıgen Assistenten Prof. Zehnder publizierte Untersuchung über die Natur der Funken bei den elektrischen Schwingungen, welche drei Jahre zuvor von Hertz entdeckt worden waren, und welche eine so feste Stütze für die Maxwell’sche elektromagnetische Lichttheorie gebildet hatten. Hagenbach und Zehnder wiederholten auf das sorgfältigste die Versuche mit den beiden parabolischen Spiegeln, deren einer den Hertz’schen Oscillator in seiner Brennlinie trug und deren anderer den Receptor enthielt. Die Elektroden des letzteren führten zu einem Mascart’schen Quadrantelektrometer oder 50 H. Veillon. zu einem Galvanometer, je nachdem man das Potential oder die Stromstärke messen wollte. Die Autoren fanden so, dass den stets gleichgerichteten Entladungen im primären Leiter Entladungen im sekundären entsprechen, welche bald die eine, bald die andere Richtung bevorzugen, was schwer in Einklang zu bringen war mit der Hertz- schen Deutung des Phänomens. Dadurch machten Hagenbach und sein Assistent auf verschiedene Schwierigkeiten aufmerksam, welche noch den aufkommenden Theorien im Wege standen. Ganz naturgemäss führten solehe Versuche Hagenbach auch zum Studium der elektrischen Entladung in verdünnter Luft. Er beschäftigte sich hier mit der altbekannten Erscheinung der elek- trischen Ventilwirkung. Seit längerer Zeit hatte man nämlich beobachtet, dass in einer aus Spitze und Platte gebildeten Funken- strecke die elektrische Entladung leichter den Weg von der Spitze zur Platte als umgekehrt einschlägt. Hagenbach untersuchte diese Verhältnisse im luftverdünnten Raum und entdeckte, dass bei einem gewissen Grade der Verdünnung die Wirkung sich umkehrt, und dass gerade in diesem Augenblicke die Röntgenstrahlen, die kurz zuvor entdeckt worden waren, auftreten. Es darf erwähnt werden, dass diese Arbeit mit Hilfe der Kahlbaum’schen Quecksilber-Luft- pumpe ausgeführt wurde, die damals noch ziemlich neu war. Von grössern Arbeiten sei noch die letzte von Hagenbach publi- zierte erwähnt. Sie ist als Programm der Basler Universität 1900 gedruckt worden und behandelt den elektromagnetischen Rotations- versuch und die unipolare Induktion. Diese aus der Experimental- physik bekannten Versuche hatten Prof. Lecher in Prag zu einer Kritik veranlasst, welche die herkömmliche Deutung als auf einem Trugschluss basierend darstellte. Mit grossem experimentellem Ge- schick und streng logisch-mathematischen Deduktionen bewies Hagenbach, dass das Biot-Savart’sche Gesetz in Verbindung mit dem Satz der Erhaltung der Energie vollkommen ausreichen, um die sämtlichen hierher gehörenden Erscheinungen zu erklären. Von kleineren Arbeiten Hagenbachs finden wir beim Durch- blättern der Zeitschriften eine grössere Anzahl, welche alle von seiner scharfen Kritik und von seinem experimentellen Geschick Zeugnis ablegen. Wir erwähnen eine Studie über die Begriffe der Mechanik in der Physik, die Angabe eines sinnreichen Apparates zur Demonstration der Planetenbewegung und der Kepler’schen Gesetze, seine Untersuchungen über die Schmelzung von Bleige- schossen beim Aufschlagen auf eiserne Platten, einige Versuche über Reibungselektrizität, eine Rede über die Zielpunkte der physi- kalischen Wissenschaften, die Polarisation des Lichtes in der At- Worte der Erinnerung an Eduard Hagenbach-Bischoff. 51 mosphäre, seine hübschen, mit Prof. Emden ausgeführten Vor- lesungsversuche der auf einem Wasser- oder Luftstrahl schwebenden Kugel, seine Anwendungen der Wahrscheinlichkeitsrechnung auf die Statistik, die Uebertragung hoher Töne durch das Telephon, ver- schiedene Notizen über Blitzschläge und Meteore, eine Untersuchung über die im Grellingerwasser enthaltene Luft, eine Studie über die Barometerformel, eine über das spontane plötzliche Springen von Glaswaren, einige Messungen über die Leistung beim Gramme’schen Ring. Diese Messungen, welche mit Herrn Ingenieur Bürgin gemein- schaftlich an einer von letzterem erbauten Dynamo ausgeführt worden waren,- demonstrierte er auf einer Jahresversammlung der Schweiz. Naturf. Gesellschaft in Andermatt. Folgen noch eine Arbeit über die falsche blaue Fluorescenz des Glases und historische biographische Notizen. Nicht unerwähnt sollen die Versuche über die Sprengwirkung des gefrierenden Wassers bleiben, welche im besonders kalten Winter 1880 ausgeführt wurden. Each hielt stete Fühlung mit der Technik. Er war von der Idee durchdrungen, dass der Lise ous und der Physiker müg- lichst viel Berührung haben sollen. Die ausgezeichnete mechanische Luftpumpe von Burckhardt, welche im Bernoullianum vom Sou- terrain aus in kürzester Zeit in einem der Hörsäle oder Laboratorien 115 mm Vacuum erzielt, entstammt solchen Gesichtspunkten. Als in die Technik gehörend sagen wir noch ein Wort von den so wich- tigen Messungen, welche an der Kraftanlage bei Solothurn im Jahre 1887 von einer besondern 5gliedrigen Messungskommission ausge- führt wurden und in welcher Hagenbach sich befand. Die Fabrik Oerlikon hatte die erste grössere Kraftübertragungsanlage erbaut, welche die Arbeit einer in Kriegstetten disponiblen Wasserkraft von 30—50 PS nach Solothurn mit Hilfe einer Spannung von 1250 Volt befürderte. Die Distanz von 8 Kilometer für dieses’ Unternehmen erregte damals grosses Erstaunen und es lag im Interesse der Technik, eine möglichst genaue Prüfung des Nutz- effektes vorzunehmen. Die Anregung war von Prof. J. Amsler in Schaffhausen ausgegangen und die genannte Kommission setzte sich ans Werk. Diese Untersuchung, welche, beiläufig gesagt, zu einem ausserordentlich die Erwartungen übertreffenden Ergebnis führte, ist für uns besonders darum interessant, weil dort die Stromstärken mit der Tangentenbussole und die Spannungen mit Galvanometern gemessen wurden, denn die damaligen technischen Volt- und Amperemeter waren nicht einmal auf 1°/, zuverlässig. Berichterstatter war Prof. H. F. Weber in Zürich. Damit beschliessen wir die Uebersicht über Hagenbachs wissen- schaftliche Arbeiten. 52 H. Veillon. Den grossen Umwälzungen, welche die Anschauungen in der Physik während der letzten Dezennien so gründlich modifizierten, stand Hagenbach oft etwas skeptisch gegenüber. Seine Ansichten wurzelten im Boden der Newton schen Hypothese von der unver- mittelten Fernwirkung, und die gewaltige Herrschaft, welche noch heutzutage die Newton’schen ‚Prinzipien in einzelnen Teilen der Physik, wie insbesondere bei der allgemeinen Gravitation besitzen, liessen Hagenbach überzeugt sein, dass viele der neuentdeckten Erscheinungen und Gesetze noch nicht mit zwingender Notwendig- keit eine Zuflucht zu den jetzt verbreiteten Ansichten der ver- mittelten Fernewirkung erfordern. (Gehen wir jetzt über zu Hagenbachs Leistungen als Tchuass der Physik, als Förderers des Than ahéenrenens in Basel und als Popularisators der Wissenschaft. Als Professor wirkte er besonders segensreich durch die grosse Ueberzeugungskraft seiner Rede, durch das meisterhafte Anordnen des Stoffes und durch den nie ver- sagenden Eifer, mit welchem er sich so offenkundig bemühte, den Eindruck vollkommener Klarheit zu erwecken. Durch das grosse technische Geschick seines treuen Vorlesungs- gehilfen und Mechanikers unterstützt, gestaltete er sein Haupt- kolleg zu einem musterhaften Gesamtbilde der Physik, in welchem alljährlich nach Möglichkeit auch die neuesten Errungenschaften ihren Platz erhielten. In Spezialvorlesungen, Seminarien und Uebungen war er ein echter Meister und Pädagoge, und wer Ge- legenheit gehabt hat, in Spezialforschungen mit ihm tätig zu sein, der wird nie vergessen, wie er es verstand, bei wissenschaftlichen Fragen die Untersuchungen an einer unwidersprochenen Tatsache zu beginnen. Wer unter vier Augen ihm eine wissenschaftliche Frage vorlegte, kehrte in der Regel auch mit einer beruhigenden "klaren Antwort zurück. Für das Basler Unterrichtswesen war der Bau des Bernoul- lıanums (1872) von ganz hervorragender Bedeutung, und das eminente Organisationstalent Hagenbachs bildete einen der wichtigsten Fak- toren in der Konzeption und Durchführung des für die damaligen Verhältnisse grossen Unternehmens. Es ist hier nicht der Ort, eine geschichtliche Darstellung der Entwicklung jenes Baues zu geben; wir wollen nur anführen, dass es hauptsächlich Hagenbachs persönlichem Einfluss zu verdanken war, wenn etwa 90 Prozent der auf etwas über 400,000 Fr. sich belaufenden Kosten durch freiwillige Spenden zusammenflossen. Die Anstalt diente ausser der Physik noch der Chemie, der Astronomie und der Meteorologie; die innere Ausrüstung, insbesondere die physikalische mit ihrer grossen gut katalogisierten Sammlung, die mehrere historisch 2 Worte der Erinnerung an Eduard Hagenbach-Bischoff. 55 wertvolle Instrumente enthält, ist Hagenbachs Werk. Als 1874 die Einweihung stattfand, erfreute sich die ganze Einrichtung über die Grenzen des Landes hinaus grosser Anerkennung. Enge verwachsen mit der Geschichte des Bernoullianums ist die der öffentlichen populären Vorträge in Basel. Diese Institution ist wohl eine der ältesten dieser Art, denn sie funktioniert seit 47 Jahren auf Kosten freiwilliger Beiträge. An der Gründung dieses Unternehmens, das alljährlich im Winter zirka dreissig Vor- träge aus allen Wissensgebieten organisiert, war Hagenbach sehr stark beteiligt, und er übernahm in der Kommission die Präsidentschaft, die er bis zu seinem Tode beibehielt. Diese Vorträge erfreuten sich einer so stetig zunehmenden Popularität, dass der Bau eines be- sonders hiefür bestimmten Hörsales dringendes Bedürfnis wurde. Diese Frage wurde anfangs der 1870er Jahre mit dem Plane der Gründung des Bernoullianums verflochten, und gerade dieser Um- stand bewirkte das oben erwähnte schöne Entgegenkommen eines opfersinnigen Teiles der Basler Bevölkerung. Nicht allein organi- satorisch, sondern auch mitwirkend beteiligte sich Hagenbach an dieser ,, University extension‘, indem er hier allein 123 Vorträge hielt, für welche sich der Saal stets bis auf den letzten Winkel an- zufüllen pfleste. Das Bernoullianum war in gewissem Sinne sein Haus, und des- halb glaubten wir Sie heute hieher einladen zu dürfen, um uns zu vergegenwärtigen, was er geleistet hat. In der Schweiz. Naturf. Gesellschaft sowie auch in der unsrigen war er eines der regel- mässigsten und eifrigsten Mitglieder und bekleidete zeitweise in beiden die höchsten Aemter. Dem aussergewöhnlich grossen Kreis seiner Freunde und Be- kannten sowie auch seinen Schülern und Kollegen wird Eduard Hagenbach-Bischoff in unauslöschlicher Erinnerung bleiben. 54 H. Veillon. Publikationen. Ueber die Bestimmung der Zähigkeit einer Flüssigkeit durch Ausfluss aus Röhren. Verh. Nat. Ges. Basel. 2. 533. 1860. — Pogg. Ann. 109. 385. 1860. — Uebersetzt in Arch. de Genève. 9. 281. 1860. Mitteilung über einen Blitzschlag vom 10. Mai 1863. — Verh. Nat. Ges. Basel. A. 81: 1863. Die Begriffe der Mechanik in der Physik. — Programm der Gewerbeschule Basel, 1864/5. Schweighauser’sche Buchdruckerei, Basel 1865. Ueber das Meteor vom 11. Juni 1867. — Verh. Nat. Ges. Basel. 4. 757. 1867. Ueber die Fluorescenz des mit Bleisuperoxyd behandelten Brasilins. — Verh. Nat. Ges. Basel. 4. 819 1867. Christian Friedrich Schönbein. — Programm für die Rektoratsfeier der Uni- versität Basel. Universitätsdruckerei ©. Schultze 1868. Der Kohlensäuregehalt der Atmosphäre. — Verh. Nat. Ges. Basel. 5. 59. 1868. Notiz über die Luft im Wasser der Grellingerleitung. — Verh. Nat. Ges. Basel. 5: 1901869; Bericht über einige Blitzschläge. — Verh. Nat. Ges. Basel. 5. 192. 1869. Ueber die Schmelzung bleierner Geschosse durch Aufschlagen auf eine Eisen- platte. — Pogg. Ann. 140. 486. 1870. id. 143. 153. 1871. Die Zielpunkte der physikalischen Wissenschaft. — Rektoratsrede an der Basler Universität 1870. Verlag F. C. W. Vogel, Leipzig 1871. Untersuchung über die optischen Eigenschaften des Blattgrüns. — Pogg. Ann. 141. 245. 1870. Ber. d. Gewerbeschule z. Basel 1869/70. Buchdruckerei G. A. Bonfantini 1870. Verschiedene Versuche über Reibungselektricität. — Carl, Rep. Phys. 8. 65. 1872. Versuche über Fluorescenz. — Pogg. Ann. 146. 65. 1872. Fortsetzung: 146. 232. 1872. Fortsetzung: 146. 375. 1872. Fortsetzung: 146. 508. 1872. Verschiedene meteorologische Notizen. — Verh. Naturf. Ges. Basel. 5. 521. 1873. Formel für barometrische Höhenmessung. — Verh. Nat. Ges. Basel. 5. 513. 1873. Ueber Polarisation und Farbe des von der Atmosphäre reflektierten Lichtes. — Verh. Nat. Ges. Basel. 5. 503. 1873. Pogg. Ann. 148. 1874. Wirkungen eines Blitzschlages am Martinskirchthurm. — Verh. Nat. Ges. Basel. 6. 209. 1874. Aphorismen zur Molekularphysik. — Festschrift zur Einweihung des Bernoul- lianums in Basel am 2. Juni 1874. C. Schultze’sche Universitäts- buchdruckerei 1874. Plötzliches Springen von Gläsern. — Verh. Nat. Ges. Basel. 6. 355. 1875. Ueber die physikalisch-topographische Aufnahme des Rhonegletschers durch Herrn Ingenieur Gosset in den Jahren 1874—%6. — Verh. der Schw. Nat. Ges. Basel, 59. Jahresvers. 1876. Physikalische Untersuchung der dynamoelektrischen Maschine von Gramme. Carl, Rep. Phys. 12. 316. 1876. Pogg. Ann. 158. 599. — Uebersetzt: Eisenbahn. 5. 132. 1876. Die auf dem Wasserstrahl schwebende Kugel. — Pogg. Ann. 159. 498. 1876. — Uebersetzt in Arch. de Genève. 56. 325. 1876. Zusammen mit J. Piccard, Joh. Jac. Stehlin: Bernoullianum, Anstalt für Physik, Chemie und Astronomie an der Universität Basel. — Carl, Rep. Phys. 16. 158. Buchdruckerei C. Schultze, Basel 1876. Worte der Erinnerung an Eduard Hagenbach-Bischoff. D (DL Propriétés optiques du Spathfluor. — Arch. de Genève. 60. 297. 1877. Anwendung der Wahrscheinlichkeitsrechnung auf die therapeutische Statistik und die Statistik überhaupt. — Verh. Nat. Ges. Basel. 6. 516. 1878. Bericht über die Ausrüstung der astronomischen Anstalt (Bernoullianum). — Buchdruckerei Fr. Bürgin, Basel 1878. Das Stokes’sche Gesetz. — Wied. Ann. 8. 569. 1879. Ueber Hagelkörner mit Eiskrystallen. — Wied. Ann. 8. 666. 1879. Transmission des sons aigus par le telephone. — Arch. de Geneve. 1 (3). 41. 1879. Uebertragung hoher Töne durch das Telephon. — Wied. Ann. 6. 407. 1879. Explosion par congélation. — Arch. de Genève. 3 (3). 531. 1880. La Nature. 8. 209. 1880. Sprengwirkungen durch Eis. — Wied. Ann. 10 351. 1880. Verh. Nat. Ges. Basel. 7. 185. 1880. x Falsche blaue Fluorescenz des Glases. — Carl, Rep. Phys. 16. 53. 1880. Hipp’sche Bussole zum Messen starker Ströme, — Carl’s Zeitschr. f. angew. Elektricitätslehre. 2. 64. 1880. Sur le glacier du Rhöne. — Sur les proprietes optiques de la glace des glaciers. — Arch. de Genève. 4 (3). 384. 1880. Die internationale Ausstellung für Elektricität in Paris. — Eisenbahn. 115. 1881. Das Gletscherkorn. — Verh. Nat. Ges. Basel. 7. 192. 1882. Johannes Bernoulli und der Begriff der Energie. — Verh. Nat Ges. Basel. 8. 833. 1882. Fluorescenz nach Stokes’ Gesetz. — Wied. Ann. 18. 45. 1883. Verdienste von Johannes und Daniel Bernoulli um den Satz der Erhaltung der Energie. — Verh. Nat. Ges. Basel. Anhang zu 7. 19. 1884. Leonhard Euler’s Verdienste um Astronomie und Physik. — Verh. Nat. Ges. Basel. Anhang zu 7. 72. 1884. Balmer’sche Formel für Wasserstofflinien. — Verh. Nat. Ges. Basel. 8. 242. 1886. Fortpflanzung der Elektricität im Telegraphendraht. — Verh. Nat. Ges. Basel. 8. 165. 1886. — Wied. Ann. 29. 377. 1836. — Uebersetzt in Arch. de Genève. 12 (3). 476. 1884; in Journal Telegraphique. 9. 6. 1885. Zusammen mit F. A. Forel: La Température interne des glaciers. — Comptes Rendus. 105. 859. 1887. Zusammen mit F. A. Forel: Die Temperatur des Eises im Innern des Gletschers. — Verh. Nat. Ges. Basel. 8. 635. 1888. — Uebersetzt in Arch de Genève 21 8): 3. 1882. Weiteres über Gletschereis. — Verh. Nat. Ges, Basel. 8. 821. 1889. Exner, Rep. Phys. 25. 776. 1889. Erdbeben des 30. Mai 1889. — Verh. Nat. Ges. Basel. 8. 853. 1889. Ueber Gletschereis. — Exner, Rep. Phys. 25. 776. 1889. Le grain du glacier. — Arch. de Genève. 22 (3). 373. 1890. Zusammen mit L. Zehnder: Die Natur der Funken bei den Hertz’schen elektrischen Schwingungen. — Verh. Nat. Ges. Basel. 9. 509. 1891. Die Entwicklung der naturwissenschaftlichen Anstalten Basels. 1817 bis 1892. — Verh. Schw. Nat. Ges. Basel. Eröffnungsrede. 1892. Communication relative aux experiences de H. Hertz. — Bull. Soc. vaudoise desese-2nat227%(8)7 2632 1892. Die Umkehrung der Ventilwirkung in Entladungsröhren. — Wied. Ann. 63. 1. 1897. Zusammen mit R. Emden: Versuche mit Druckluft. 1899. Gustav Wiedemann f. Nachruf. — Naturw. Rundschau. 14. 1899. 56 H. Veillon. Der Basler Chemiker Christ. Friedr. Schönbein hundert Jahre nach seiner Geburt. — Verh. Nat. Ges. Basel. Anhang zu 12. 7. 1899. 1 Vermessungen am Rhonegletscher während 25 Jahren. — Verh. des VII. intern. Geogr.-Congresses in Berlin. 269. 1899. Der elektromagnetische Rotationsversuch und die unipolare Induktion. — Ann. d. Phys. 4. 233. 1901. — Programm zur Rectoratsfeier d. Univ. Basel, Universitätsdruckerei Reinhardt. 1900. — Uebersetzt in Arch. de Geneve. 11 (4). 142. 1901. | La glace et les glaciers. — Rapports présentés au Ier RU intern. de Physique. III. 409. 1900. Worte der Erinnerung an Georg W. A. Kahlbaum. — Verh. Nat. Ges. Basel, 1823792 1905: Zur Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura zwischen Aare- und Frick-Tal. Von E. Brändlin. I. Einleitung. Der von mir untersuchte Teil des Aargauer Jura ist dargestellt auf Bl. III der Dufourkarte 1 : 100 000 und auf den Blättern 20, 22, 32, 33 und 36 des eidgenössischen topogr. Atlasses 1:25000. Die Um- srenzung des Gebietes wird gegeben durch folgende Linien: 1. Im Norden: der Rhein von Leibstadt bis Murg. 2. Im Süden : Frick-Geissacker bei Mönthal-Nasser Berg bei Bött- stein. 3. Im Osten : Böttstein-Hagenfirst-Leibstadt. 4.Im Westen: Frick-Murg. _ Nach der geologischen Struktur gehört dieses Gebiet ganz zum Tafeljura und dessen südliche Begrenzung ist gegeben durch den Hauptrogenstein- und Parkinsonischichtenkamm des Südflügels der „Mandacher Verwerfung‘. Unsere Gegend ist zum erstenmal eingehend von Casimir Moesch untersucht und von ıhm ın folgenden Publikationen geschildert worden : 1. Das Flözgebirge im Kanton Aargau. 1857. 2. Geologische Beschreibung des Aargauer Jura und der nördlichen Gebiete des Kantons Zürich. Beiträge zur geol. Karte der Schweiz. IV. Lieferung. 1867. 3. Der südliche Aargauer Jura und seine Umgebungen enthalten auf Blatt VIII des eidg. Atlasses. Mit einem Anhang zur vierten Lieferung der Beiträge zur geol. Karte der Schweiz. X. Lieferung. 1874, 4. Geologische Karte der Schweiz in 1: 100 000 Bl. III u. Bl. VIII. Als wichtigste ergänzende Arbeiten sind zu nennen: C. Schmidt : Geol. Beschreibung des östlichen Aargauer Jura. Livret-guide géol. dans le Jura et les alpes de la Suisse ete. 1894. J 58 E. Brändlin. F. Mühlberg: Geotektonische Skizze der Nordschweiz, Massstab 1: 250 000. Livret-guide géol. ete. PL. VII. 1894. M. Mühlberg: Vorläufige Mitteilung über die Stratigraphie des braunen Jura im nordschweiz. Juragebirge. Eclog. geol. Helv. Vol. VI, Nr. 4. A. Tobler : Tabellarische Zusammenstellung der Schichtfolge in der Umgebung von Basel. 1905. E. Bloesch: Zur Tektonik des schweizerischen Tafeljura. 1910. R. Lang: Beitrag zur Stratigraphie des mittleren Keupers zwischen der schwäbischen Alb und dem Schweizer Jura. Geol. und paläontol. Abhandlungen, herausgegeb. v. E. Koken. Neue Folge. Band IX. 1910. Die nachstehende Arbeit unternahm ich auf Anregung von Herrn Prof. C. Schmidt. Die Aufnahmen im Felde wurden ausgeführt in den Jahren 1908 und 1909. Den Herren Prof. Dr. C. Schmidt und Privatdozent Dr. A. Buxtorf bin ich für mannigfache Unterstützung zu Dank verpflichtet. Herr Geh. Bergrat Dr. F. Schalch hatte die Freundlichkeit, die Druckbogen durchzulesen und mir wertvolle Rat- schläge zu erteilen. II. Stratigraphie. 1. Grundgebirge. Die Gneisformation des Schwarzwaldes tritt bei Laufenburg und gegenüber Hauenstein auf die linke Rheinseite über. Gegenwärtig wird die Gneiskuppe von Laufenburg auf ihrer ganzen Länge durch den Bau des Kraftwerkes in prachtvollster Weise aufgeschlossen. Eine eingehende petrographische Untersuchung der mannigfaltigen Ge- steine wäre wünschenswert. Der vorherrschende Biotilgneis ist im alloemeinen flach gelagert und zeigt hauptsächlich westliches Ein- . fallen. Bemerkenswert sind mannigfache Gangbildungen in dem- selben. Pegmatitische und aplitische Gänge in einer Mächtigkeit von bis 2 m fallen meist zirka 45 0 nach Osten ein. Mehrere lamprophy- rische, annähernd saiger stehende Gänge, deren Gestein sehr zersetzt ist, sind am Rheinufer unterhalb Laufenburg zu beobachten. Im Gneis des Laufens setzen Trümer von grobkörnigem Biotitpegmatit auf, der grosse, schwarze Turmalinkristalle, roten Granat und Orthit enthält. In der Gegend der Stauwehranlage im Schäffigen, wo der Gneis unter der Niederterrasse verschwindet, ist derselbe auf zırka 100 m Länge in eine weiche, braunrote, tonig-sandige Masse zersetzt.!) Im Gneis in der roten Wage bei Etzgen beobachtete ich rote Pegmatite. 1) E. Bloesch: Die grosse Eiszeit in der Nordschweiz. Beiträge zur geol. Karte der Schweiz. Neue Folge. 31. Lieferung, 1911. Profil p. 6. Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura, 59 2. Rotliegendes. Innerlalb des untersuchten Gebietes ist das Rotliegende heute nirgends aufgeschlossen. Bis vor kurzem war Rotliegendes im Schäf- figen etwa 1 km unterhalb Laufenburg sichtbar. Dieses Rotliegende ist jetzt durch den Bau des Kraftwerkes Laufenburg gänzlich ab- seoraben worden. Peter Merian hat das Rotliegende vom Schäffigen in „Beiträge zur Geognosie, zweiter Band, 1831, p. 162—164 be- schrieben. Unter der Niederterrasse waren nach meinem Befunde rote, tonige, glimmerreiche Sandsteine sichtbar, die nach unten durch Ein- lagerungen von eckigen Gneisbrocken allmählich in ein Konglomerat übergingen, das direkt dem Gneise auflagerte. Der Gneis war am Kontakt tonig zersetzt. 3 Trias. (Verol. Darel- II, Rio. 1.) Verbreitung. Die nördliche Hälfte des untersuchten Gebietes wird vorherrschend von triadischen Sedimenten aufgebaut. Ausserdem tritt in der südlichen Hälfte infolge von Lagerungsstörungen obere Trias nochmals in langem, schmalem Zuge zwischen Mandach und Sulz zutage. Vgl. Taf. I. A. Buntsandstein. Im untersuchten Gebiete tritt der Buntsandstein nur an zwei Stellen zutage. Etwa 1 km unterhalb Schwaderloch wird das Rhein- bett von einer harten, carneolführenden Sandsteinbank gequert, die Veranlassung gibt zur Bildung einer kleinen Stromschnelle. Man be- obachtet von unten nach oben im Detail folgendes Profil: 1.0,2 m rote und grüne Sandmergel. 2.0,2 m löcherige, grauviolette Sandsteine mit graugrünen und gelben dolomitischen Einlagerungen. 3.0,4 m weisser bis grauvioletter, harter Quarzsandstein mit Carneol. Das bezeichnende Auftreten von Carneol verweist diese Schichten in den unteren Teil des oberen Buntsandsteins. Südlich der Säge von Etzgen stehen rötliche Mergel und tonige, glimmerarme, sowie gelbe, malachitführende Sandsteine an. Nach den Angaben von J. Stitzenberger?) waren die gleichen Schichten sichtbar beim Graben des Kellers der Wirtschaft zum Waldeck bei 2) J. Stitzenberger: Ueber die beim Bahnbau zwischen Koblenz und Stein zu Tage getretenen Triasgesteine. Vierteljahrsschrift der Nat. Gesellschaft in Zürich. Bd. XXXVII, Heft 2. *) Beim Hinweis auf die Tafeln sind die unteren der beiden auf den Tafeln aufgedruckten Nummern zitiert. Schicht- | Mächtig- d ; ; Er Stratigr. à RS, Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. A nummer. keit. Gliederung. 1. [0,2 m.| Graue und hellgelbe, dünn- (unten.) plattige Dolomite von = dunkeln Häuten durch- = zogen. = > © E Se à Re 2 2. 10,25 m.| Graue Steinmergel. = 3. |0,3 m.| Harter, grauer, knolliger D Dolomit, eine kleine = Stromschnelle bildend. a = 4. 1 m.| Heligraue, plattige, kal- | Wirbeltierreste in den obe- = | kige Dolomite ren Lagen häufig. = ne =) (Bonebed). 60 E. Brändlin. Etzgen. J. Stitzenberger weist sie dem Röt zu, ich kann dieser Auf- fassung beipflichten. Da diese Aufschlüsse keine genügenden Anhaltspunkte über die Stratigraphie des Buntsandsteins liefern, möchte ich ein voll- ständigeres Buntsandsteinprofil erwähnen, das zirka 4 km nord- östlich Schwaderloch auf badischer Rheinseite im Tälchen hinter Dogern sichtbar ist und in Taf. III, Fig. 1 verwertet wurde. Der Buntsandstein erreicht dort schätzungsweise eine Gesamtmächtigkeit von 20 m und ruht direkt dem Grundgebirge auf. Im unteren Teile dieses Profiles beobachtete ich über dem Grundgebirge zuerst eine zirka 0,6 m mächtige weissliche Quarzsandsteinbank, stellenweise mit Quarzknollen; dann folgen bunte Mergel und harte, vorwiegend weiss- liche Sandsteine mit Carneol. Diesen Schichten sind die Carneolsand- steine von Schwaderloch gleichzustellen. Ueber den Carneolschichten folgen bei Dogern die Mergel und Sandsteine des Röt, ihnen ent- sprechen die Buntsandsteinschichten, die südlich der Säge Etzgen anstehen. Das Buntsandsteinprofil von Dogern deutet darauf hin, dass auch auf schweizerischer Rheinseite, wenigstens im nordöstlichen Teil meines Untersuchungsgebietes unter den Carneolschichten gleichfalls sofort der Grneis auftritt. Wie überall im südöstlichen Schwarzwald fehlt im Untersuchungsgebiet der untere Buntsandstein vollständig, der mittlere ist vielleicht noch durch die 0,6 m mächtige Bank an- gedeutet: der obere Buntsandstein, Carneolschichten und Röt um- fassend, erreicht 20 bis 30 m Mächtigkeit. B. Muschelkalk. I. Profile. Profil I. Unteres Wellengebirge (Wellendolomit). „Laufen* im Rhein bei Schwaderloch. Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura. 61 icht. | Mächtig- . s ie Straticr. See Be Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. Se nummer.| keit. Gliederung. - SG}: 0,6 m. | Blaugrauer, harter, ruppi- | Lima lineata. ger Kalk, löcherig an- witternd, bleiglanzfüh- rend, fossilreich, Strom- schnelle bildend. Profil IH. Lima ef striata Terquemia complicata. Pecten discites. Gervilleia socialis. Gervilleia sp. Myoconcha Goldfussi. Myophoria vulgaris. Myophoria elegans. Homomya sp. Pinna sp. Gastropodensteinkerne. Dentalium sp. Coenothyris vulgaris. Enerinus sp. Pentacrinus sp. Wirbeltierreste. Untere Bleiglanz- und Trochiten-Stufe. Mittleres Wellengebirge (Wellenkalk). Am Südufer des Baches bei Etzgen, gegenüber dem Gasthaus zur Sonne, Unteres Wellengebirge. Schicht- | Mächtig- = e = . = fe Stratigr. BR Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. en nummer. keit. .Gliederung. 1. |1 m.| Graugelbe, dickschiefrige | Lima liueata. (unten ) Mergel. Myophoria cardissoides. 2. |0,35 m. | Graugelbe Kalke, in dünne Platten spaltbar. 3. 10,6 m.| Graugelbe, selten dunkel- graue,unten harte Mergel. A 1 m. | Graugelbe Mergel mit Kalk- knollen. 5. 10,18 m.| Knolliger, grauer Kalk, dicht oder kristallin. Pleuromya sp. Pecten sp. Pleuromya sp. Lima lineata. Pecten discites. Myophoria cardissoides, Gervilleia socialis var. funicularis. Lingula sp. Knochenreste. Homomya Albertii. Lima lineata. Pleuromya sp Myophoria cardissoides, Gervilleia socialis var. funi- cularis. Pleuromya sp. ? Pseudocorbula gregaria. Mittleres Wellengebirge. 62 E. Brändlin. Schicht- | Mächtig- $ { En 3 RE Stratigr. su Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. Se nummer.| keit. Gliederung. 6. 10,3 m.| Graugelbe, schiefrige Mer- | Lima lineata. gel mit 2, je 0.02 m. | Pecten discites. dicken Kalkbänkchen. 7. |0,03 m.| Graugelbe, harte Mergel- bank mit geraden, 2—3 mm. breiten, langen Wül- sten. 8. |0,3 m.| Graugelbe Mergel, unten | Lima lineata. mit Kalkplättchen. Myophoria cardissoides. 9. 10,3 m | Graugelbe Mergel mit | Lima lineata. schiefrigen, sandigen, | Placunopsis ostracina. glimmerführenden Kalk- lagen. 10. |0,2 m.| Graugelbe, harte Mergel- bank, in dünne Platten spaltbar. 11. |0,3 m.| Graugelbe Mergel mit einer | Myaciten. 0,1 m. dicken, knolligen Kalkbank. © = : de = 12. |0,1 m.| Graue Mergel. Pecten discites. = a se © Posidonia sp. D ; = 15. |0,8 m.| Graugelbe Mergel mit einer | Homomya Albertii. > Lage knolligen, kristal- | Gervilleia costata © linen Kalkes. Gervilleia mytiloides. = Mvophoria cardissoides. = Lima lineata. 5 D) Q = Pecten sp. = Myaciten. = = 14. |0,08 m. | Harte, kristalline Kalk- | Lima lineata. bank. 15. |0,2 m.| Graue, schiefrige Mergel. | Gervilleia costata. 16. |0,1 m.| Grauer, dichter Kalk. 17. 0,25 m.| Graue, schiefrige Mergel. | Posidonia sp. Pecten discites. 18. 10,7 m.| Graugelbe, harte Mergel- | Myophoria cardissoides. bänke. Pecten discites. Pecten ? laevigatus. Myaciten. Knochenreste. 19. |0,6 m.| Mergel mit 0,03—0,1 m dicken Kalklagen. 20. 10,35 m.| Graugelbe Mergel. Lima lineata. Pecten discites. 21. |0,7 m.| Gelbgraue Mergel mit drei | Knochenreste mit Blei- dünnen Kalklagen. olanz. Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura. 63 echt Archtie: Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. EE Stratigr. nummer. keit. Gliederung. 22. [0,6 m.| Graugelbe Mergel. Pecten discites. Homomya impressa. Myacites sp. 23. |0,35 m.| Graugelbe Mergel, unten | Myophoria cardissoides. mit einer Lage knolligen | Pecten discites. Kalkes. | Gervilleia sp. 24. |0,9 m.| Graugelbe, harte Mergel | Myophoria cardissoides. mit einem 0,01 m. dicken | Pecten discites. Bänkchen harten, blau- | Lima lineata. grauen Kalkes. | Homomya Albertii. ? Placunopsis ostracina. 7 | Myaciten. 25. |0,9 m.| Graugelbe Mergel und här- | Lima lineata. tere Mergelbänke. Myophoria cardissoides. Homomya Albertii. Pecten discites. | Do m. | Graugelbe,vorwiegend har- | Pecten discites. | te Mergel mit grau- | Lima cf striata. schwarzen Schieferlagen. 5) = 27. |0,1 m.| Harte, graugelbe, feinsan- = dige u. glimmerführende = Mergelkalke, in dünne = Platten spaltbar. Die un- = er 2 a © tere Schichtfläche mit un- = regelmässigen Wülsten. | 2 | 28. |0,1 m.| Graue Schiefer. = 5 29. [0,9 m.| Graue, harte Mergel, an | Cidaris grandaeva. = der Basis mit "harten, Terquemia Sp. fossilführenden Kalk- Pecten discites. knollen, Myophoria cardissoides. 90. |0,6 m.| Graugelbe Mergel mit | Pecten discites. wulsttragenden Kalk- | Myophoria sp. plättchen. Myaciten. 31. /0,35 m. | Harte, graublaue, ruppige | Spiriferina fragilis. Kalkbank pyritführend, löcherig anwitternd. Fos- silreich sind nur die untersten 0,15 m. Dendriten auf Lima lineata häufig. Spiriferina hirsuta. Lima cf striata. Lima lineata. Terquemia complicata. Terquemia spondvloides. Prospondylus comtus. Pecten discites. Pecten ? laevigatus. Cidaris erandae va. Mytilus eduliformis. Discina sp. Enerinus sp. Spiriferinenzone. 64 : E. Brändlin. Schicht- | Mächtig- à £ 3 S EG Stratigr. Be Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. nummer. keit. Gliederung. 32. [0,85 m. | Graugelbe u. graue Mergel, | Gervilleia socialis var. funi- an der Basis eine harte cularis. Mergelbank. Myaciten. 33. [0,5 m.|Graugelbe und dunkel- | Pecten discites. oraue Mergel mit meh- | Gervilleia socialis var. funi- reren Kalklagen. cularis. 34. 10,2 m.| Harte, graue, gutspaltende | Pecten discites. Mergelbank. Leda”? excavata. 35. |0,9 m.| Graue Mergel. Pecten discites. « Gervilleia? costata. Myophoria cardissoides. Mvacites. 36. .|1 m.| Graue Mergel. Pecten discites. Gervilleia sp. Mittleres Wellengebirge. O5 ] m m. | Graugrüne Mergel, an der | Pecten discites (gross). Basis mit harten Kalk- plättchen, die oft mas- | Gervilleia socialis, var. fu- senhaft Gervilleia führen. nicularis. Profil Ill. Anhydritdolomit und unterster Hauptmuschelkalk. Steinbruch am Strässchen P. 448—P. 461 nordwestl. Bütz. Schicht- | Mächtig- B : 5 : 5 en Stratigr. ne Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. Be nummer. keit. Gliederung. 1. |0,65 m. | Sandige, schiefrige, hell- (unten). gelbe Dolomite mit Knol- len und bis 0,1 m dicken Lagen von hellgrauem Quarz, der Calcitdrusen einschliesst und Pyrit in Spuren führt. 2. [0,85 m. | Gelbliche, dünnschichtige Dolomite. 3. 0,15 m. | Unten graugelbe, feinge- bänderte, oben gelbe, sandige Dolomite mit Cal- citadern. Anhydritdolomit. Anhydritformation. 4. |0,55 m.| Hellgraue Dolomite mit Dendriten und zersetztem Brit 5. 10,8 m.| Diekbankige an Dendriten und Calcitadern reiche Dolomite. Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura. 65 PE icht- | Mächtig- N ; N . ee tratigr. ou A Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. > a nummer.| keit. Gliederung. 6. [0,25 m.| Dünnplattige Dolomite mit dunkelgrauen, linsenför- migen Hornsteinlagen. 7. [0,7 m.| Hellgraue Dolomite mit kleinen Nestern frischen und zersetzten Pyrites. 2 = 8. [0,7 m.| Dolomitbank. = 5 z ; à E œ 9. [0,65 m. | Hellgraue Dolomite mit 2 = Hornsteinlagen, der Horn- = = stein ist stellenweise mit 5 = Calcit durchsetzt. > = = = = . .. = > 10. |1 m.) Grauweisse sehr dünnplat- < = tige Dolomite. < 11. [0,9 m.| Gutgebankte, hellgraue Do- lomite. 12. [0,5 m.| Weissgrauer Dolomit, oben in weissgraue Mergel übergehend. 15. /0,1-0,3m.| Gelbe, braune, kalkreiche x Mergel. 1 = — 14 /0,1 m Ockergelber, weicher, san- £ = diger Kalk. 5 52 = =) 15. |2,2 m.|Unten dickbankige, oben = 5 gutgeschichtete, rauch- = =; graue Kalke mit Stylo- & lithen. = Profil IV. Anhydritdolomit und unterer Hauptmuschelkalk. Diendelgraben nördlich Mettau. Schicht- | Mächtig- à ; : : : ee Stratigr. En Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. Cie nummer keit. Gliederung. 1 à = 70 ; ee 1. 10,1 m.| Weissgelbe, weiche Dolo- E = (unten ) mite. £ € ZE 0,18 m. 0,2 m 0,8 m Graugelbe etwas sandige, braun gefleckte, oben schiefrige Kalke. Unten gelbe, oben braun- graue, harte Kalkbank. Heilgraue, grobkörn., oben etwas spätige Kalkbank. Coenothyris vulgaris. Trochitenkalk. Hauptmuschelkalk. 66 | | E. Brändlin. Schicht- | Mächtig- { = 2 x s Sa ier. Se Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. Selen nummer keit. Gliederung. 5. |0,6 m.| Grobkörnige und spätige | Coenothyris vulgaris. oder dichte Kalkbank, dichten, grobkôrnigen | Pleuromya sp. Kalkscherben. Knochenrest, 7. |0,25 m. | Dunkelgraue, dichte, glatt- spaltende Bank. 8. |1,5 m.| Dunkelgraue, vorherr- schend dichte, gutge- bankte Kalke mit Stylo- lithen. - B Fo Mv DE 7 9. [1,8 m.| Dunkelgraue, dichte, dünn- | Myophoria sp, bankige Kalke. 10. [0,32 m.| Hellgraue, unten dichte, | Coenothyris vulgaris. oben körnige, terebratel- reiche Bank. 11. |1 m.| Dunkelgraue, gutgebankte, | Coenothyris vulgaris. x dichte Kalke. = à LR otages de = NS 12. |0,6 m.| Dunkelgraue Kalkbank, | Enerinus liliiformis. = 5 oben trochitenreich. = = A Poe 3 £ n 13. |0,25 m.| Graue, kristalline Kalke | Enerinus liliiformis. = = mit vereinzelten Trochi- = + ten und einer 0,03 m F = dicken Lage typischen = Trochitenkalkes. 14. |0,45 m. | Helloraue. erobkörnige | Enerinus liliiformis. Kalkbank mit vereinzel- ten Trochiten. 15. |0,5 m.| Hellgraue,feinkörnigeKalk- bank. 16. [0,02 m. | Gelbbraune Mergel oder Kalkscherben. 17. |0,2 m.| Trochitenkalk. Enerinus liliiformis. 18. 0,25 m. | Dichte, in der Mitte grob- | Encrinus lihiformis. körnige Kalkbank mit ganz vereinzelten Tro- chiten. 19. |0,15 m. | Trochitenkalk. Enerinus liliiformis. 20. [0,4 m.| Gelblich anwitternde, dich- te, dunkelgraue Kalke, senkrecht zur Schichtung zerspringend. oben mit vereinzeltenTro- chiten. 6. [0,2 m.| Mergel mit dunkelgrauen, | Gastropoden (klein). N wi Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura. 67 Schicht- | Mächtig- a e x Ä à ok ier. BE Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. Suauer nummer.| keit. Gliederung. 21. [0,25 m.| Dichte bis grobkörnige, | Encrinus liliiformis. trochitenreiche Kal- ke. 22. 0,2 m.| Oben dichte, unten körni- | Encrinus liliiformis. ge, terebratel- und tro- | Coenothyris vulgaris. chitenreiche Kalk- k bank. = LE 25. [0,5 m.| Dichter, dunkelgrauer Kalk = = mit gelber Mergellage, x = - = = : : ; Ss ; 2 C2) 24. [1,05 m. | Dunkelgraue, dichte Kalke | Encrinus liliiformis. = =) mit Trochiten, die sich = E stellenweise anhäufen u. = = typische Trochiten- œ kalke bilden. Z 25, 10,5 m.| Dunkelgrauer,dichter Kalk. 26. |0,15 m. | Spätiger Kalk mit verein- | Encrinus liliiformis. zellen Trochiten. 27. |0,5 m.| Dunkelgrauer,dichterRalk. Profil V. Hauptmuschelkalk und unterer Trigonodusdolomit. Steinbruch am Käsiberg an der alten Strasse Kaisten-Itenthal. Schicht- | Mächtig- : - : 3 Le Stratigr. Se Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. Be numıner. keit. Gliederung. 1. |0,3 m.| Dunkelgraue, kristalline (unten.) Kalkbank. 2. |0,78 m. | Dichte, graubraune, dünn- bankige bis schiefrige Kalke mit braunroten Flecken. R = 3 10,5 m.| Dunkelgraue, körnige, à E dünnbankige Kalke. = = G S & & A— 4. 10,18 m. | InMergel eingebettete Kalk- © FA plättchen. = = [| = = 2 = 5. |1,2 m. |DunkelgraueKalkbänkemit | Encrinus liliiformis. EE = Trochiten, die sich an- 55 häufen und stellenweise typische Trochiten- kalke bilden. 6. |5 . m.| Dünnbankige, dunkel- bis helleraue, dichte oder | körnige Kalke, 68 E. Brändlin. Schicht- | Mächtig- e à à Er i (are are Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. Sale nummer. keit. Gliederung. 7. 0,18 m. | Unten körnige, oben dichte | Encrinus liliiformis. Kalkbank mit vereinzel- ten Trochiten. 8. |0,2 m.| Körnige Kalke mit ziem- | Enerinus liliiformis. lich häufigen Trochiten. Trochitenkalk. OR m. | Vorherrschend dünnbanki- se, hell bis dunkelgraue, dichte bis körnige Kalke mit glaukonitartigen Ein- schlüssen. 10. ‚2 m. | Graue und braune Schiefer. | Myacites sp. 0 11. |0,56 m.| Grauweisse und graue, dünnplattige, körnige Kalke mit Mergelschiefer- lagen. 12. [0,5 m. | Dunkelgraue, dichte Kalke. 13. [0,15 m. | Dünne, dunkelgraue Kalke mit gebuckelten Schicht- flächen. 14. [0,15 m. | Körniger Kalk. 15. |1,3 m. | Gutgebankte, dunkelgraue, dichte Kalke. | 16. [0.25 m. | Hellgraue, kristalline Kalk- | bank. Hauptmuschelkalk. Plattenkalke. 17. |0,5 m.| Hellgraue, orobkôrnige, | Echinodermenresle. grüngefleckte (? Glauko- nit) Bank. 18. |0,45 m. | Dünnplattige, klingend har- te, grob kristalline. hell- graue Kalkplatten, wech- sellagernd mit Schieiern und dichten Kalkplatten. 19. |0,4 m. | Dunkelgraue Kalkbank von | gelben, linsen- bis stäb- | chenformigen, wenige | mm. grossen Kalkpartien | durchspickt. | 20. |0,1 m.| Kalkbank wie 17. | PA LEA m. | Graugelbe bis dunkelgraue, | Coenothyris vulgaris. | dichte bis feinkörnige, dünnbankige Kalke. 22. |0,3 m.| Kalke wie 21. Coenothyris vulgaris. Pecten laevigatus. «à lo eu. keit. Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura. 69 Gesteinsbeschaffenheit. Stratigr. Fossilien. Gliederung. 0,25 m. m. m. m. m. m. m. m. m. m. m. m. Dunkelgraue bis hellgraue, dichte bis feinkörniee Kalke; fossilreich, stel- lentes eine Luma- chelle darstellend. Andeutung eines Bone- beds. Dunkelgraue, brockige Kalke. Graue, körnige Kalke. a dünngebank- etre Kalke, in der en Hälfte lagern graue, rundliche Kiesel- konkretionen, oft von Kalk umrindet. Dunkelgraue, dichte, dünn und regelmässige ge- bankte Kae Graue, teils gelbe feinkör- nige Kalke. Dunkelgraue, dichte Kalke, unregelmässig gebankt. Dunkelgraue, feinkörnige Kalke. Mergelschiefer und Kalk- ineekon. Fein bis grobkörnige, rup- pige, dünngebankte Kalke. Dunkelegraue, dichte kaum 0,1 m dicke Kalkbänk- lein. Dichte, dunkelgraue Kalke, zu gelben Dolomiten ver- witternd. Dichte, gutgebankte, dun- kelgraue Kalke. Sehr harte. graue bis blau- schwarze oolithische Kalkbank, pyritfüh- rend, stellenweise sehr fossilreich. Coenothyris vulgaris. Gervilleia socialis. Mytilus eduliformis. Terquemia Sp. Knochenreste. Plattenkalke. Hauptmuschelkalke. Gervilleia socialis, Gastropodensteinkerne. unbestimmbare 10 E. Brändlin. Schicht- | Mächtig-| u... N = Stratigr. Fe Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. ra nummer.| keit. Gliederung. 37. |0,85 m. | Dünnbankige, hell- bis | dunkelgraue Kalke, stel- lenweise etwas dolomi- tisch. 38. [0,5 m.| Dichte, dunkelgraue oder | Coenothyris vulgaris. graugelbe, feinkörnige Kalke à = 39. |0,6 m.) Gutgebankte, meist grau- = gelbe etwas sandige und Pr = dolomitische Kalke. = = = | © x : = 40] m.| Gutgebankte, graugelbe bis 2 =; dunkelgraue,meist dichte = 5 alke. pu = Kalke = x . 3 . Go] 41. |0,14 m. | Graugelber, feinkôrnig er z Dolomit. 42. |2,8 m.| Grauer, dolomitischer, gut- gebankter Kalk mit schimmerndem Glanze auf den ruppigen Bruch- flächen ; Ca!citdrusen häufig 43. |0,85 m. | Gutgeschichteter, graugel- [|Lingula sp. == ber, feinsandiger Dolo- = 5 mit. es — Profil VI. Oberer Hauptmuschelkalk-Trigonodusdolomit. Steinbruch am Strässchen an der Kapellhalde im Nordosten von Leidikon. Schicht- | Mächtig- à . ; ! Se Stratigr. AE Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. Sr nummer. keit. Gliederung. 1. |1,2 m.| Dichter. dunkelgrauer, ge- (unten.) bankter Kalk. - 2! .. . r = 2. |0,5 m.| Grauer, körniger Kalk. = 3 = RR en BER. & = 3. [0,02 m. | Dunkelgrauer, oolithi- | Gervilleia socialis. & © 9 x Zu. BER: r- = 0,2 m.| scher Kalk, pyritfüh- = © rend, fossilreich, © 2 . = oben mit unkonstanter, = E rostiger Mergellage. CR = 0 (ss) 4. 10,32 m. Hell- bis dunkelgraue, plat- = tige Kalke mit Schiefer- lagen. Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura. 71 a — icht- | Mächtig- rn : 5 ß : er Stratigr. Bericht "s Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. : = nummer. keit. Gliederung. 5. |0.06 m.| Dunkelgrauer, körniger Kalk. | 6. |0,05 m. | Dunkelgrauer Kalk, zu “a sraugelbem Dolomit ver- = witternd. a = S£ © = - 3 : à Ss = 7. 10,25 m.| Grauer Kalk mit schim- = 2 merndem Glanz auf den © = ruppigen Bruchflächen, = 5 zu gelbem Dolomit ver- a = witternd. G=} pe 8. |0,2 m.| Grauer, körniger Kalk. 9. |0,1 m.| Wie 7. . U 10. |1,2 m. | Helleraue, sandige, gutge- E= bankte Dolomite mit Cal- =s citadern. ee m II. Verbreitung, Stratigraphie und Fossilführung. a) Wellengebirge. (Unterer Muschelkalk). Gesamtmächtigkeit ca. 40 m. Verbreitung. Das Wellengebirge tritt im untersuchten Gebiete nur 1m Rheintale zwischen Schwaderloch und Laufenburg auf, frei- lich meist bedeckt von einer mächtigen Gehängeschuttdecke, oder be- graben unter den Schottern der Niederterrasse des Rheines. Auf- schlüsse beobachtete ich an folgenden Stellen : 1. Circa 250m westlich Rheinsulz, ob der Strasse nach Laufenburg. 2. Im Rheinbett zwischen Rheinsulz und Etzgen. 3. Südlich Etzgen am Mettauerbach (siehe Profil II). 4. In der ‚„Michelsrüti‘‘ am Gehänge, ob der Strasse Etzgen- Schwaderloch. . Im Rheinbett bei Schwaderloch (siehe Profil I). Stratigraphie. Der gebräuchlichen Gliederung entsprechend ist auch innerhalb des Untersuchungsgebietes eine Dreiteilung des Wellen- gebirges in 1. Wellendolomit (Unteres Wellengebirge), 2. Wellenkalk (Mittleres Wellengebirge) und 3. Orbicularisschichten (Oberes Wellengebirge) OT möglich. 12 E. Brändlin. 1. Unteres Wellengebirge. (Wellendolomit.) Das untere Wellengebirge tritt bei niederm Wasserstande im „Laufen“ 1 km unterhalb Schwaderloch zutage. Profil I gibt die be- obachteten Verhältnisse wieder. Von besonderem Interesse ist ın Profil I Schicht 5. Ihre Bleiglanzführung, die reiche Fauna, sowie das Auftreten von Dolomiten im Liegenden machen es höchst wahr- scheinlich, dass diese Bank der unteren Bleiglanz- und Trochitenstufe des südöstlichen Schwarzwaldes und des Dinkelberges angehört; sie wäre dann auch zu vergleichen mit den oberen Schichten der ‚‚liegen- den Dolomite“, die M. Schmidt aus der Gegend von Freudenstadt beschrieben hat.%) Hervorheben möchte ich auch noch den hellgelben, feinkörnigen, staubigen Dolomit der Schicht 1. Anlässlich des Baues der Bahnlinie Koblenz-Stein wurden dieselben Schichten, ausserdem aber auch ihr Hangendes entblösst. J. Stötzenberger (loc. cit.) er- wähnt über der blauschwarzen Dolomitbank des Laufens mit Tere- brateln und Encriniten (es entspricht diese Bank meiner Schicht 5) noch Im azurblaue Mergel mit ÆEncriniten und darüber ein 0,6 m mächtiges, gelbliches Dolomitband. Fossilführung. Echinodermen. Encrinus sp. Pentacrinus sp. Brachiopoden. Terebratula (Coenothyris) vulgaris Schl. Lamellibranchiaten. Lima lineata Schl. Myophoria elegans Dunk. Lima cf. striata Schl. Myophoria vulgaris Br. Pecten discites Schl. Gervilleia socialis Schl. Terquemia complicata Goldf. Gervilleia sp. Homomya sp. Pinna sp. Myoconcha Goldfussi Dunk. Gastropoden. Dentalium sp. Steinkerne. Pinna, ein im Wellengebirge seltenes Fossil, ist meines Wissens noch nie in so tiefem stratigraphischen Niveau gefunden worden. 3) M. Schmidt: Das Wellengebirge der Gegend von Freudenstadt. Mitteil, der geol. Abteil. des kgl. württ. Stat. Landesamtes. Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura. 13 2. Mittleres Wellengebirge. (Wellenkalk). Bei Schwaderloch ob dem Laufen, unterhalb der Fähre ist das Rheinbett im Wellengebirge eingeschnitten. Bei tiefem Wasserstande konnte ich dort von unten nach oben folgende Schichten beobachten : 1. 0,05 m graue Mergel mit Pecten discites und Gervilleia socialis var. funicularis. 2.0,04 m hartes, kristallines Kalkbänklein, Lima lineata und be- sonders (rervilleia socialis var. funicularis sind darin häufig. 8.0,2 m graugrüne bis grauschwarze Schiefer, an der Basis mit zahlreichen Exemplaren von Gervilleia socialis var. funicularis ; oben mit einer Schieferlage, die massenhaft Pecten diseites führt. (Auf einem Handstück gewöhnlicher Grösse bis 10 Exemplare.) Etwas flussaufwärts ergab ein zweiter Aufschluss nachstehendes, sehr wahrscheinlich den unteren Teil des mittleren Wellengebirges darstellendes Profil. 1. 1 m graue Mergelschiefer. (unten) 2. 0,9 m harte, dolomitische Mergel. 3. 0,1 m graubraune, harte, löcherige Kalkbank, reich an Gastro- poden und Knochenresten. Ziemlich häufig ist Myoconcha sp. und ? Unicardium Schmidi. Ferner 4. 0,2 m harte, graublaue Kalke. 5. 1 m graue Schiefer mit Lima cf. striata. 6. 0,08 m hartes, glimmerführendes Mergelbänklein mit Myaciten. (oben) Ein sehr schönes Profil der mittleren und oberen Bänke des Wellenkalkes zeigt sich am Mettauerbach bei Etzgen, die Details desselben sind aus Profil II ersichtlich. Die zirka 15 m mächtigen Mergel unter der Spiriferinenbank sind durch das häufige Auftreten von Myophoria cardissoides und von Homo- mya Albertii gekennzeichnet. Die Posidonienschichten, 7—9 m unter der Spiriferinenbank und die Wulstplatte 1,6 m unter derselben, finden sich in ähnlicher Lage wieder in dem Profil, das F. Schalch vom Wellenkalke am Ufer der Wutach beı der Dietfurter Mühle un- weit Boll bei Bonndorf veröffentlicht hat.*) Ausgezeichnet charak- terisiert ist in Profil II auch die Spiriferinenbank. Sie stimmt nach Gesteinsbeschaffenheit und Fossilführung gut überein mit der ent- sprechenden Bank, die von F. Schalch am südöstlichen Schwarzwald allerorts nachgewiesen worden ist (loc. cit.). Unter den Fossilien sind 4) F. Schalch: Beiträge zur Kenntnis der Trias am südöstlichen Schwarz- walde. 1873. Profil’ 127und p. 37. 6 74 E. Brändlin. die zwei Arten Spiriferina,®) ferner Lima cf. striata und Terquemia complicata als bezeichnende Formen hervorzuheben. Die Schichten unmittelbar über der Spiriferinenbank führen keine bezeichnende Fossilien, neben grossen Formen von Pecten discites tritt Gervilleia socialis var. funicularis durch ihre Häufigkeit hervor. Fossilführung. Würmer. Serpula (Spirorbis) valvata Goldf. Echinodermen. Encrinus sp. Cidaris grandaeva Goldf. Brachiopoden. Spiriferina fragilis Buch. Discina discoides Schl. Spiriferina hirsuta Alb. Lamellibranchiaten. Lima lineata Schl. Gervilleia mytiloides Schl. Lima cf. striata Schl. Homomya Albertii Voltz. Pecten discites Schl. . Homomya impressa Alb. ? Pecten laevigatus Schl. Myacites sp. Terquemia complicata Goldf. Posidonia sp. Terquemia spondyloides Schl. ? Leda ? excavata Goldf. Prospondylus comtus Schl. Pseudocorbula gregaria Mstr. Gervilleia costata Qu. Myoconcha Goldfussi Dunk. Gervilleia socialis Schl. var. funi- Unicardium Schmidi Gein. cularıs Schmidt. Myophoria cardissoides Schl. Gastropoden. Steinkerne. Wirbeltiere. Knochenreste. 3 Oberes Wellengebirge. (Orbicularisschichten. Das obere Wellengebirge ist zur Zeit nirgends aufgeschlossen. J. Stitzenberger (loc. cit.) hat bei Schwaderloch in den beim Bahnbau 5) ©. Moesch erwähnt nur Spiriferina fragilis, dagegen zitiert er in seiner Fossilliste eine Rhynchonella decurtata Girard. Es ist möglich, dass hier eine unrichtige Bestimmung vorliegt und dass Moeschs Rhynchonella decurtata identisch ist mit meiner Sp. hirsuta. Vgl. €. Moesch: Geol. Beschreibung des Aargauer Jura etc. Beiträge zur geol. Karte der Schweiz. Vierte Lieferung 1867, pag. 15. Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura. 19 geschaffenen Aufschlüssen Schieferplatten, dicht bedeckt mit Myo- phoria orbicularis, beobachtet. b) Mittlerer Muschelkalk. (Anhydritformation) Gesamtmächtigkeit zirka 80 m. Verbreitung. Der mittlere Muschelkalk bildet zwischen Leib- . stadt und Kaisten allerorts den Fuss der Muschelkalkberge und lässt sich von hier jeweils auf kurze Strecke in die vonSüden einmündenden Nebentäler verfolgen. Meist ist freilich das Ausgehende verhüllt vom Gehängeschutt des überlagernden oberen Muschelkalkes. Weiter süd- lich erscheint die Anhydritformation wieder an verschiedenen Stellen in der Umgebung von Sulz und Mettau und zwar sınd diese Vorkomm- nisse, wie im tektonischen Teil gezeigt werden soll, an die ,,Mettauer- überschiebung‘“ gebunden. Stratigraphie. Aus Mangel an Aufschlüssen ist eine detaillierte stratigraphische Gliederung nicht möglich. Immerhin ist eine Zwei- teilung unverkennbar. Eine untere Abteilung, bis 70 m mächtig, durch das Vorherrschen von Ton, Mergel und Gips charakterisiert, kann einer oberen etwa 12 m mächtigen, rein dolomitischen und horn- steinführenden Schichtfolge gegenübergestellt werden. Im Osten und im Westen des untersuchten Grebietes ist bei Koblenz und bei Rheinfelden-Riburg Steinsalz in der unteren Ab- teilung der Anhydritformation erbohrt worden. Innerhalb des Unter- suchungsgebietes ist bis jetzt noch durch keine Bohrung Salz nach- gewiesen worden. Eine salzige Quelle, die im Sulzertal zwischen Bütz und Leidikon aus den Schichten der Anhydritformation hervortritt und die vielleicht die Ortsbezeichnungen Sulz, Sulzhaide veranlasst hat, deutet darauf hin, dass auch im untersuchten Gebiet Steinsalz nicht gänzlich fehlt. Von Interesse ist es, dass schon im Jahre 1804 Arbeiten ausgeführt wurden, um die Salzquellen von Bütz praktisch verwerten zu können.®) Die obere Abteilung der Anhydritformation, der Anhydritdolomit, ist in Profil III gut aufgeschlossen. Die Grenze gegen den Hauptmuschelkalk ist, wie auch Profil IV zeigt, scharf. c) Oberer Muscheikalk. Gesamtmächtigkeit zirka 60 m. Verbreitung. Das landschaftliche Gepräge der nördlichen Hälfte des aufgenommenen Gebietes wird hauptsächlich durch den oberen Muschelkalk bestimmt. Seine Kalk- und Dolomitmassen bilden ausgedehnte Hochplateaus, welche von relativ engen, steilwandigen Tälern zerschnitten sind. Ferner bildet, wie die Karte zeigt, der obere Muschelkalk an der Südgrenze seines Auftretens zwischen dem Kaister- 6) Isis: Eine Monatsschrift von Deutschen und Schweizerischen Ge- lehrten. 1805, p. 649—652. 76 E. Brändlin. tal im Südwesten und Leibstadt im Nordosten stellenweise einen das nördliche Tafelland überragenden Höhenzug. Stratigraphie. Der obere Muschelkalk setzt sich aus Haupt- muschelkalk und Trigonodusdolomit zusammen. 1. Hauptmuschelkalk. Der im ganzen etwa 36 m mächtige Hauptmuschelkalk lässt sich nach dem Auftreten von Trochiten und nach lithologischen Merkmalen zerlegen in Trochitenkalk und Plattenkalk. a) Trochitenkalk. Die speziellen stratigraphischen Verhältnisse sind aus den Pro- filen III, IV und V ersichtlich. Ueber den weisslichen, weichen, obersten Lagen des Anhydritdolomites stellen sich gelbbraune Mergel oder sandige, bräunlichgelbe Kalkbänke von 0,1—0,3 m Mächtigkeit ein; darüber folgen typisch rauchgraue, an der Basis noch trochiten- freie, in der oberen Hälfte trochitenreiche Kalke von 11—13 m Mäch- tigkeit. Die Verteilung der Trochiten wechselt von Aufschluss zu Aufschluss. In Profil IV lassen sich zum mindesten 8 mehr oder weniger trochitenreiche Horizonte erkennen. Fossilführung. Echinodermen. Encrinus liliiformis Lmek. Brachiopoden. Terebratula (Coenothyris) vulgaris Schl. Lamellibranchiaten. Gervilleia socialis Schl. Pleuromya sp. Lima striata Schl. Gastropoden. Steinkerne. Wirbeltiere. Knochenreste. B) Plattenkalk. Profil V umfasst den gesamten Plattenkalk, Profil VI den oberen Teil desselben. Von besonderem Interesse ist die in beiden Profilen gleichartig entwickelte, pyritreiche, fossilführende Oolithbank. Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura. 17 (Schicht 36, Prof. V u. Sch. 3, Prof. VI.) Zwischen Kaisten im Westen und Mettau im Osten habe ich diese Bank in den oberen Plattenkalken in allen Aufschlüssen gefunden; sie kann direkt als Leithorizont dienen. Im Osten von Mettau lässt sich ferner in stratigraphisch gleicher Lage eine harte, pyritführende Bank bis nach Schwaderloch (Steinbruch @» der Hub) nachweisen; sie dürfte der Vertreter der Oolithbank des Westens sein. Die Kieselkonkretionen (Profil V, Schicht 26) sind auch in den Steinbrüchen von Ober-Kaisten in den Plattenkalken unter der Oolithbank nachweisbar. Eine grosse Ver- breitung zeigen im ganzen Grebiete gewisse Kalke, die der Schicht 19 des Profiles V ähnlich sind, ob es sich dabei immer um denselben Horizont handelt, kann ich zurzeit mangels guter Aufschlüsse nicht entscheiden. Die Plattenkalke über der Oolithbank erleiden von Südwesten nach Nordosten eine bedeutende Reduktion; sie zeichnen sıch durch dolomitische Zwischenlagen und einen oft ruppigen, schimmernd- glänzenden Bruch aus und verwischen die Grenze zwischen Haupt- muschelkalk und Trigonodusdolomit. Ganz im Nordosten des unter- suchten Gebietes, in den Steinbrüchen von Leibstadt scheinen diese obersten Plattenkalke ganz zu fehlen ; dadurch tritt hier die Grenze des Hauptmuschelkalkes gegen den Trigonodusdolomit sehr scharf her- vor. Interessant ist in diesen Steinbrüchen eine spärlich trochiten- führende Bank, die nur zirka 10 m unter dem Trigonodusdolomite liest; die unterteufenden Schichten sind nicht aufgeschlossen ; es lässt sich daher nicht entscheiden, ob hier schon die oberste Bank des dann ungewöhnlich mächtigen Trochitenkalkes vorliegt oder, was vielleicht wahrscheinlicher ist, noch ein vereinzeltes Vorkommen von Enerinus in den Plattenkalken. Im ersteren Falle würden die Plattenkalke nur die auffallend geringe Mächtigkeit von 10 m aufweisen. Fossilführung. Echinodermen. Terebratula (Coenothyris) vulgaris Schl. Lamellibranchiaten. Gervilleia socialis Schl. Mytilus eduliformis Schl. Pecten laevigatus Schl. Myaciten. Terquemia sp. Gastropoden. Steinkerne. Cephalopoden. Ceratites sp. (nicht aus anstehendem Gestein). 18 E. Brändlin Wirbeltiere. Knochenreste. 2. Trigonodusdolomit. Am Aufbaue dieses 20—25m mächtigen Schichtenkomplexes beteiligen sich Dolomite und dolomitische Kalke von recht verschie- denem Aussehen. Wir finden weissgraue, graurötliche, ziegelrote, seltener rauchgraue, dichte bis grobkörnige, weiche bis sehr harte Ge- steine. Kontinuierliche Profile des ganzen Trigonodusdolomites fehlen gegenwärtig; noch am besten ist die Schichtfolge im T’uttz- graben bei Oberkaisten erkennbar. Ueber dem Hauptmuschelkalk ist dort die folgende Schichtserie entwickelt: 1. 4-5 m hellgraue bis hellgelbe, feinkörnige Dolomite mit Lin- gula sp. 2. 6—-7 m graue, seltener gelbliche und rötliche Dolomite, vielfach ruppig und löcherig, an der Basis eine auffällige, sehr harte, rauchgraue Bank. 3. 8—10 m graugelbe bis rötliche, fein- bis grobporöse Dolomite mit typischer, reicher Fauna und mit Hornsteinlagen. Die Fossilien sind in der unteren, die Hornsteineinlagerungen in der oberen Hälfte besonders häufig. 4. Dolomite und Schiefer der Lettenkohle mit Estheria minuta. Die unteren grauen, feinkörnigen Dolomite dieses Profiles treten auch im Prof. V und in den Steinbrüchen von Leibstadt auf und führen ebenfalls eine Lingula. Die untere Grenze des Trigonodusdolomites ist schon oben besprochen worden. Die oberste Bank desselben ist meistens fossilreich (siehe die nachfolgenden Prof. VIII u. IX); Trigonodus Sandbergeri ist darin nicht selten. In Profil VII liest unter typischer Lettenkohle eine Dolomitbank, die reichlich Knochenreste und Fisch- schuppen führt, sonst aber fossilfrei ist. Ihrer Gesteinsbeschaffenheit und Hornsteinführung wegen stelle ich sie noch zum Trigonodus- dolomit. K. S{rübinT) hat bei Augst und bei Giebenach unter der Lettenkohle gleichfalls ein Bonebed gefunden, dessen Zugehörigkeit zum oberen Muschelkalk durch Trigonodus Sandbergeri bewiesen wird. Fossilführung. Brachiopoden. Lingula sp. 7) Strübin: Beiträge zur Kenntnis der Stratigraphie des Basler Tafel- jura etc., p. 23. Prof. Nr.5 und 6. braun anwitternd. Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura. Us) Lamellibranchiaten. Lima sp. glatter Steinkern. Myophoria ovata Goldf. Gervilleia costata Schl. Myophoria laevigata Alb. Trigonodus Sandbergeri Alb. Pleuromya sp. Mvophoria Goldfussi Alb. Unicardium Schmidi Gein. Myophoria rotunda Alb. Myaciten. Gastropoden. Pleurotomaria sp. Loxonema sp. Zygopleura sp. Naticopsis sp. C. Keuper. I. Profile. Profil VII. Unterer Keuper, Lettenkohle. Südliches Bachufer im Hubacker westl. Wil. Schicht- | Mächtig- = 0 ) Q ! EG i | De Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. Ss nummer.| keit. Gliederung. | 1. [1,5 m.| Hellgraue, sandige Dolo- | Trigonodus Sandbergeri. = (unten.) mite mit Hornsteinlagen. | Gervilleia Goldfussi. =) Gastropoden. = 3 220,6 m. Grauweisser, harter Dolo- | Knochenreste. 3 mit mit Hornstein, und e besonders an der Basis = mit reichlichen Knochen- = resten. a 3. 0,04 m. | Grauer, dichter, in scharf- kantige Stücke zerfallen- der, schwarz und gelb a anwitternder Dolomit. = À =} 4. 0,01 m. | Graue Mergel. © SZ 5. 10,05 m. | Dolomitbänklein wie 3. Estheria minuta. € = EN S 11e 6. |0,03 m. | Braunschwarze, krümelige S = (=) Mergel. = 2 = 7. |0,03 m. | Graugrüne, feinschiefrige £ D rod iee ler = = und kurzbrüchige Mergel. =) e x 7: = 8. |0,01 m.| Wie 6. 2 © 9. 0,34 m.| Graue Dolomite, auf den = Spaltflächen gelb und 80 E. Brändlin. Schicht- | Mächtig- à > c E98 Stratig. 8 | Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. a nummer.| keit. Gliederung. Unten gelbe, bröckelige, | Estheria minuta. oben graublaue, schief- | Myacites sp. rige Mergel. à = Rostige Mergel. © 2 2 £ Graue, schiefrige Mergel, | Estheria minuta. 2 0,10 m unter der oberen | Equisetum sp. 2 Grenze deutlich sandige, | Pflanzenreste. 5 olimmerführende Lagen = mit Pflanzenresten. = an Li Bröckelige Dolomite mit Calcitdrusen und unre- selmässigen Mergellagen (zerdrückt). Gelbgraue, feinkörnige, | Lingula tenuissima. klüftige Dolomite mit | Myophoria Goldfussi. Calcitdrusen und Den- driten. Graugelbe, sandige Dolo- mite oder Mergel mit Dolomitbrocken und Ein- lagerungen von Quarz, dem Kalk spat beigesellt ist. Lettenkohle, unterer Keuper. mn a m nn nn nn nn nun nn nn nn nn nn nn m nn 10. 0,3 m. 11. |0,01 m. 12. |0,65 m. 1. KO: mm. la OX ; 15 0,3 m 16. |0,6 m.| In Blöcke aufgelöster und in gelbe Mergel einge- betteter Zellenkalk : in Grenzdolomit. den Zellen sind grau- erüne Mergel einge- schlossen. 0,3 m.| Ockergelbe und graue Mergel mit Dolomit- brocken. I — [0 0) I [LS] : = — 0,18 m. | Staubiger, ockergelber, zel- liger Dolomit mit Caleit- ‘rusent Mergel einschliesseu. Gipskeuper. 20. Nr ed ner m. | Graugelbe Mergel, Mittler. Keuper. Alluvium. Sand mit Keuperein- schlüssen. 19. |0,4 m.| Gelbe u. grüne Mergel, mit Dolomitbro cken, die bunte 22. |2,5 m.| Bachschutt m.Keuperlagen. 21. |1,5 m.| Grauer, verunreinigter Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura. 81 Profil VIII. Unterer Keuper, Lettenkohle. Westliches Bächlein „im Brüggli“ im NO. von Leidikon. ————— U u nn dünnplattige, sandige Do- lomite, oft fein porös. Beh Dents Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. | SEasER nummer.| keit. Gliederung. 1. |1 m.| Poröser, graugelber, fos- | Myophoria Goldfussi. = — (unten.) silreicher Dolomit. Trigonodus Sandbergeri. Es 2. |0,16 m. | Dünnplattige, graue Dolo- mite, gelb und braun E anwitternd. 2 E © 3. |0,2 m | Grauebisockergelbe Schie- © fer. = = 4. |0,26 m. | Dünnplattige, kubisch zer- = springendeDolomite,gelb = und braun anwitternd. 5. [0,2 m.| Graugelbe, feinsandige, et- | Estheria minuta. was glimmerführende Schiefer. 6. |0,7 m.| Graugelbe bis graublaue, | Estheria minuta. 2 ob.etwassandige Schiefer.| Anoplophora sp. 5 | ee = 7 0,1 m.| Graues etwas sandiges Do- | Estheria minuta. S 2 l lomitbänklein mit mas- 5 | = senhaften Estherien. = x 5 = 8. [0,17 m. | Dunkelgraue, harte Dolo- = D mite mit Calcitdrusen. 17 S = = 9. 0,16 m.| Grauer und gelber Dolomit | Knochenreste. = mit einer Schieferlage, a | die ein Bonebed dar- = stellt. © = © 10. |1,5 m. | Graugelbe und graue etwas E ruppige Dolomite. Sr 11. |0,1 m.| Graue und graurötliche, harte Dolomitbank. 12. [0,7 m.| Gelberaue, harte, feinkör- nige Dolomite mit Calcit- Fr adern. = © 15. |0,18 m. | Graugrüne,aufdenSchicht- Ss flächen ockergelbe Schie- N fer. = (>) 14. |0,5 m | Gelbe, sandige Dolomite mit Kristalldrusen. 15. |0,14 m. | Caleitbank. 16. |0,65 m.! Bald harte, bald weiche, 82 E. Brändlin. Schicht- | Mächtig- Ô : : ER S iger. en Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. re nummer.| keit. Gliederung. 17. |0,2 m.| Gelbbraune, sandige Kalke mit graugrünen, eckigen Toneinschlüssen. 18. |0,25 m.| Dickblättrige, grünliche u. gelbe Schiefer. 19. |0,07 m.| Graugelber Dolomit. ao © 20. 10,18 m. | Graublaue, dickblättrige = Schiefer. S 21. |0,2 m.| Dünnplattige, graue, san- Q = dige Dolomite. = 2 © [e>) ale = + 22. [0,05 m.| Grünliche Mergel. = = = =) ss 23. [0,07 m. | Graues und blaugraues, a a rostig und schwarzanwit- Ss = terndes Dolomithänklein. iS = 24. |0,25 m.| Graue, rostig anwitternde 2 ES SS Schiefer. © r . . . — 25. 10,05 m. | Grauer Dolomit mit Calcit- drusen. 26. 10,35 m. | Graugelbe, ruppige und zellige Kalke mit Quarz- einschlüssen. Typisches Bonebed. Knochenreste. 27. jraune oder graugrüne S Je selten schwach rötliche ek à à = © I u Mergel mit zelligen Kalk- ı = = Dee = a 3 2 stücken. es = == (a) Profil IX. Unterer Keuper, Lettenkohle. Bannrüti westlich Kaisten. Schicht- | Mächtig- : ; - , = gs Stratigr. SE Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. Be nummer. keit. Gliederung. 1. |0,4 m.| Sandige, hellgelbe, horn- ; (unten.) steinreiche Dolomite. = S 2. |0,25 m.]| Dichte, braungelbe Dolo- © mite mit Hornsteinein- 2 schlüssen. = © 5} x “478 + . = 3. |0,45 m.| Gelbe und graurötliche, | Trigonodus Sandbergeri. S poröse, fossilreiche Dolo- | Myophoria Goldfussi. = mite. Unicardium Schmidi F Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura. 83 TR ne TO, Schicht- | Mächtig- : : Be ier. 8 | Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. Sera nummer.| keit. Gliederung. 4. 0,01 m.| Graues, hartes, dichtes Do- lomitbänklein, ockergelb anwitternd. © 5. 10,07 m. | Dichter, scharfkantig zer- = springender Dolomit. Ss [=] 6. |0,4 m.| Graugelber u. grauer fein- = körniger Dolomit in 8 SE Bänke geteilt, gelbbräun- = lich anwitternd. = 7. 10,05 m. | Gelbes, rostig anwitterndes Dolomithänklein. | 8. |0,17 m.| Graugelbe bis ockergelbe, | Estheria minuta. dolomitische Schiefer, oben vollständig von Estherien bedeckt. 9. |0,36 m. | Graue bis braungelbe dick- | Estheria minuta. blättrige Schiefer mit | Myacites sp. (2 Arten). a: feinsandigen Zwischen- | Pflanzenreste. = lagen, die Pflanzenreste E | führen. = D 10. |0,1 m.| Grauschwarze, rostig an- z ’ ’ © d witternde Schiefer. 5 I 11. [0,05 m | Unten braune, krümelige, z Fi oben gelbe Mersel. = = © = 12. |0,05 m. | Graue, knollig zerfallende = S | Steinmergelbank. 2 x © = 15. [0,2 m.| Grauschwarze, stellenweis = a rostige Mergelschiefer. wl = : = 14. 10,5 m.| Dunkelgraue und grau- = gelbe Dolomite mit Cal- citdrusen und Pyrit. 15. |0,02 m. | Blaugraue Schiefer. Knochenreste. 16. |0,1 m.| Sandiges Dolomitbänklein, | Knochen u. Pflanzenreste, i7. |0,08 m. | Schwarzgraue Schiefer. 18. |0,15 m.|3 Dolomitbänklein, das | Knochenreste. oberste mit Bonebed- spuren. 19. [1,7 m.) Hellgraugelbe, sandige, un- deutlich dickbankige Do- : lomite mit Calcitdrusen. = c = > : AR S 20. 10,2 m.| Dünnplattige Dolomite mit | Lingula sp. = Mergelzwischenlagen. iS = 21. |0,65 m. | Graugelber, sandiger Dolo- | Lima sp. & mit, senkrecht zur Schich- tung klüftend. Missgebildete Form, die sich Lima costata nähert. 84 E. Brändlin. Profil X. Mittlerer Keuper. Aureigraben östlich Wil. Schicht- | Mächtig- N ; 5 & De Stratigr. Si Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. BER nummer.| keit Gliederung. 1. |0,16 m. | Graue, grobporöse Dolo- (unten.) mite. 2. |0,25 m. | Grauschwarze, harte Dolo- mite mit Calcitdrusen. 3. [0,15 bis | Vorherrschend dichte, dun- “ 0,5 m.| kelgraue, seltener poröse = und graugelb gefärbte 3 Dolomite. = Æ 4. [0,3 m.| Gelbe, poröse, oder graue, S dichte Dolomite, stellen- weise auskeilend und durch Schiefer ersetzt. = or = . . = 5. 10,55 m. | Knollige, graugelbe, dichte = Dolomite. eZ | S 6. |9,36 m.| Graugrüner, glimmerrei- 5 cher Sandstein. = se 7. |0,25 m. | Dünnschiefrige, glimmer- = = reiche, graugrüne Sand- N steine. al |? 8. |0,5 m.| Dickschiefrige, graugrüne, = = slimmerreiche Sand- a | e steine. = | 4 25 9. 10,4 m.| Dunkelgraue, dickblättrige, | Equisetum sp. are | etwas glimmerführende | Estheria laxitesta. Due NÉ ETAT | © Schiefer. = | SG .. Qi — 10. |0,05 m.| Dunkelgraugrünes Sand- | Pflanzenreste. steinbänkchen mit Pflan- zenresten. Profil XI. Mittlerer Keuper. Steinbruch auf der Nordseite des Rötberges nw. Gansingen, Schicht- | Mächtig- “ ; à : See Stratigr. à Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. ER nummer. keit. Gliederung. 12:4 m.| Grobgebankter, graugelber © | .: nr un = (unten) meist braunrot geflamm- als| = ter Sandstein. =|2| & = = a5 = = U SS & 2. 10,4 m.| Graugelber u. braunroter, à 62 ES oben grünlicher, schief- silel = riger Sandstein. EN = = Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura. icht- | Mächtig- : - Er Stratigr. Dune se Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. we nummer.| keit. Gliederung. 3. |0,08 m.| Grüne, brockige, sandige Mergel. 4. 0,9 m.| Kubisch zerfallende, unten violette, oben hellrote Mergel. 5. 10,2 m.| Violettrot u grüngefleckte, feinsandige Mergel. 6. 10,35 m. | Rote, kubisch zerbröckeln- de Steinmergel. 2 € + B Bang Ana o, 7. 10,3 m.| Graue bis rötliche Stein- Sul: mergelbank. | © =, | 5 D = - n + > 8. |0,55 m. | Rote, kubisch zerfallende 2 Steinmersel, "in der = 3 Mitte mit feinsandigem, a |S glimmerreichen, grünen el = ICE Bänkchen. mn |= = <= A © a € lo = | 9. |0,2 m.| Graurotes, hartes Mergel- a) 2 bänklein. = = | X 10. 0,75 m. | Unten violette, oben grau- Fi grüne, oft etwas fein- 2 sandige Mergel. a ee) = 11. |0,5 m.| Gelbe, harte Steinmergel- = bank. 12. [0,45 m.| Dünngeschichteter, fein- 5 körniger, glimmerreicher Sandstein, bald rot, bald erün gefärbt. 13. |0,2 m.| Vorherrschend grüne, ku- bisch zerbröckelnde, un- ten etwas feinsandige R Mergel. © Sn > S 14. |0,25 m | Rötliche u. graugrüne, ku- = bisch zerfallende Mergel © mit dolomitischen, harten = Einschlüssen. 2 D 15. |0,25 m.| Harte, graurötliche Stein- 2 mergelbänke. 5 16. [0,1 m.| Rötliche Mergel mit Stein- mergelbrocken. 86 E. Brändlin. Schicht- | Mächtig- a c 2 \ ae Stratigr. ER a Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. SE nummer keit. Gliederung. ae 2 12 m. | In Blöcke aufgelöster, bald | Typische Fauna des Gan- dichter, bald poröser, singer Dolomites. kalkiger Dolomit mit Ton- = einschlüssen ; die Blöcke = sind in gelbe Mergel ein- Ss gebettet und schliessen = F = 5, eu = sich oben zur Bank zu- © © D 2. sammen. = 5 Die in der Mitte und in 2 > der oberen Hälfte liegen- 5 den Blöcke sind fossil- = "eiC = reich. E Fu ._ E = Pets = = = 18. |1,5 m.|Rötliche, seltener grün- + liche, kubisch zerfallende = Meroe © lergel. = | l'OIT m. | Graue Mergel mit Linsen 5 | | | roter und grüner Mergel. = | Profil XII. Mittlerer Keuper. Sandsteinbruch im Wäldchen zwischen den beiden Bächen im Südwesten von Sulzerbere: Schicht- | Mächtig- À : à a Stratigr. non Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. es nummer. keit. Gliederung. | 1. 10,8 m.| Graue und graugelbe Sand- | | unten) steine, rötlichgrau ge- Ö | .n [en streift. = 2. [0,2 m.| Schiefrige, graue, grau- 5 rötlich gestreifte Sand- = steine. 7 3.20 8E m. Kompakter, grauer, grau- = a rötlich gestreifter Sand- le à 5: . — = © stein. = stein = = = ın = 4. |1 m.|Ockergelbe, unten grau- PASS gelbe Sandsteine. 2|©| £ Sl Etes 5. |0,5 m.| Graue, unten gelbe, san- =|S| © EUR = Des — | = dige Schiefer in 4. über- =| © gehend. E = 6. |1,5 m. | Violettrote Mergel mit grau- = = grünen Mergelstreifen an z der Basis. = 7. |0,8 m.| Oben grauviolette und 2 grüne, unten grauviolette = Mergel. 072 9. 0,2 m.| Hellgraugrüner Sandstein 5 (etwas verrutscht). = Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura. 87 Profil XIII Mittlerer Keuper. Südbord des Bächleins südwestlich Obersulz, 440 -460 m. ü. M. ——— icht- ächtig- i © EE ier. SR Se Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. SRE nummer. keit. Gliederung Sandstein mit Pflanzen. 3. [0,1 m.| Graugelbe Sandsteinbank | Equisetum. mit 2—5 dunkelgrauen, feinkörnigen Steinmer- gellagen, die Pflanzen führen. 4. |0,3 m.| Graublauer u. gelber Sand- stein. 5. |0.1 m. | Graugelber, schiefriger | Pflanzen. Sandstein. 6. [0,5 m.| Grauschwarze, rostig und | Pflanzen. buntfarbig anwitternde, schiefrige bis bröcklige Mergel mit gut erhal- tenen Pflanzen in einigen Lagen. 7. 0,05 m. | Sandsteinlage. Ca 0.1 m.|Schieferlage wie 6. 9 m Ss 0,4 m.) Graue, glimmerführende | Pflanzen. Sandsteine mit schwar- zen Schieferlagen, die kleine Sandsteinlinsen einschliessen. 1. |eca.10m.| Sandstein. (unten.) 2. \0,3 m. | Grobkörniger, gelbbrauner, | Equisetum. wenig glimmerführender 10. |0,3 m.| Blauschwarze, dünnblätt- | Equisetum rige, rostig und bunt- farbig anwitternde Schie- fer, Pflanzen führend. 11. 10,45 m | Blauschwarze, dickschief- | Estheria laxitesta. rige Mergel, oben mit bis | Pflanzen. 0,15 m. dieken Knauern von hartem, bräunlichem, feinsandigem und glim- merführendem Mergel, der Pflanzen und Esthe- rien umschliesst. 12. |0,03 m. | Ockergelbes und graues, hartes Dolomitbänklein. 15. [0,03 m.| Hellgraue, schiefrige Mer- gel. Untere Schilfsandsteingruppe. Schilfsandsteingruppe. Mittlerer Keuper. 88 Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura. oo nn Schicht. | Mächtig- : = 5 So trati == Se Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. 3 ans nummer. keit. Gliederung. 14. 10,12 m.| Unten hartes. graues, oben | Estheria laxitesta. bräunliches, feinsandiges | Equisetum. Mergelbänklein mit ver- einzelten grauvioletten Einschlüssen. | Unt.Schilfsst. 15. |1.35 m. | Graue, bröcklig zerfallende Mergel. 16. |0,15 m. | Graugelbe, harte Stein- mergel. 17. |1,5 m.| Graue bis graugrüne, gelb- gestreifte Mergel, bröcke- lis zerfallend. 18. |0,1-0,2m.| Graugelber, ockergelb und braun gefleckter, knol- liger Dolomit. 19. |0,75 m. | Violettrote, grüne und gelbgefleckte, bröckelige Mergel. 20. |0,25 m | Unten grüne, oben gelb- graue, feinsandige Mergel. 21. |0,1 m.| Grünliche, bröckligeMergel. Schilfsandsteingruppe. gel. 93. |0,15 m.| Hellrote, gelbgefleckte Steinmergel, Mittlerer Keuper. Obere Schilfsandsteingruppe. 24 0,7 m.| Violettrote, in der Mitte grüne, bröcklige Mergel. 25. |0,4 m.| Unten hellrote, darüber vio- lettrote u. zuoberst gelb- liche, bröcklige Mergel. 26. |0,4 m.| Harte, grüne, feinsandige Mergel. 97. |0,5 m.| Violettrote u. gelbgefleckte Mergel. 28. 10,6 m.| Graugrüne, schiefrige, fein- körnige und glimmer- führende Sandsteine. 29. [0,9 m.| Vorherrschend rôtliche, schiefrige, feinsandige u glimmerführende Mergel. 30. 1 m. | Grünliche, kubisch zer- brockelnde Mergel, oben mit gelben Steinmergel- bänkchen und -Knauern, Untere bunte Mergel. 22. |0,35 m. | Violettrote, bröcklige Mer- Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura. 89 Schicht- | Mächtig- 3 2 à Re igr. Re Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. SUR nummer.| keit. Gliederung. 31. 2 m. | Oben gelbliche, oft fein- Ss# | poröse, unten etwas röt- e5 = liche, grob poröse Dolo- 205 = mite. SUR —__—_ = : 1 = © 32. 1 m. | Graugelbe Mergel mit os 5 5 ER S D = einem harten Bänkchen. £ = = = = = Profil XIV. Mittlerer Keuper. Sandsteinbruch nördlich Itenthal. Bricht PRE Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. sos nummer. keit. Gliederung. ENG m.| Graugrüner, kompakter = (unten.) Sandstein, Be : Ra 2. |0,1 m.| Gelbe, etwas sandige, stellenweise auskeilende Steinmergelbank. 3. 0,4 m.| Unten violettrote, oben hellrote Mergel. 4 10,4 m.| Violettrote, feinsandige Mergel. 5. |0,05 m.| Gelbgrüne, feinsandige Mergel, 2 | S : 6. 0,8 m.| Dunkelbraunrote, in der ze = Mitte hellrote Mergel, >|2 e. schiefrig bis brôckelig al) 3 zufallend. aıe| 1. \0,2 m.| Gelbliche, rot und grün- =|5 D gefleckte, von harten EI © Plättchen durchzogene Ze) 5 (zellige) Mergel. = | = 8. |0,6 m.| Grüne oder rote, bröcklige ® bis schiefrige feinsandige > Mergel. S 9. [0,15 m.| Gelbe, stellenweis auskei- lende Steinmergelbank. | 10. [1,8-2,2m.! Hellgrauer, stellenweis un- 1 gebankter Sandstein, un- 1 ten mit Mergeleinschlüs- | sen; die Mächtigkeitszu- | nahme geschieht auf Kosten der liegenden Mergel. 90 E. Brändlin. 15. ca. 1 m. Schicht- | Mächtig- ; : 6 Dre Stratigr. N Gesteinsbeschaffenheit Fossilien. er nummer.| keit. Gliederung. 11. |0,25 m.| Unten braunrote dann É gelbrote, oben graugrüne, © Re c B => c [=] bröcklige bis schiefrige = Mergel. = 2 ae 12. |0,2 m.| Gelbe Steinmergelbank. = a . .. . = = don m. | Violettrote, oben grünliche = So Mergel mit gelben Stein- S = La mergelbänkchen und = = Knollen. = > a rss Do el U te aim TT RE Fe See ge TE en re je ‚-# € . 14. [1,5 m.|Hellgraue bis gelbgraue 555 = Dolomite. SES a Obere Mergel- gruppe. Graugelbe Mergel. II. Verbreitung, Stratigraphie und Fossilführung. a) Unterer Keuper, Lettenkohle. Gesamtmächtigkeit zirka 6 m. 1. Verbreitung, Stratigraphie und Fossilführung. Die Lettenkohle tritt hauptsächlich in dem nördlich der ‚‚Met- tauerstörung‘ gelegenen, triadischen Plateaugebirge zutage. Ihre Verbreitung schliesst sich daher enger-an diejenige des oberen Muschel- kalkes als an diejenige des Keupers an. Am Aufbaue der 51/,—61/,m mächtigen Lettenkohle beteiligen sich vorherrschend Dolomite, dann tonige, mergelige, dolomitische und sandige Schiefer, untergeordnet sind zellige Kalke mit Caleit- und Quarzlagen. Die Profile VII—IX zeigen, dass innerhalb der Lettenkohle die Anordnung dieser verschiedenen Gesteinsarten eine bestimmte ist. Wir können eine Dreiteilung in unteren Dolomit, Estherienschichten und oberen Dolomit durchführen, die im allge- meinen derjenigen ähnlich ist, die F. Schalch am südöstlichen Schwarz- wald nachgewiesen hat. 1. Der untere Dolomit wırd von 0,5—0,6 m mächtigen, dichten, bunt anwitternden Dolomitbänkchen, die in Profil VII durch Schiefer- lagen getrennt sind und Estheria minuta geliefert haben, gebildet. 2. Die Estherienschichten bestehen aus tonigen und dolomitischen, dunkelgrauen bis grellgelben Schiefern mit untergeordneten Dolomit- bänkchen und feinsandigen Mergelzwischenlagen. In den Schiefern und Dolomiten ist Estheria minuta häufig, vereinzelt treten darin auch Myaciten auf. Von besonderem Interesse ist das Auftreten von Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura. 91 sandigen Zwischenlagen mit Pflanzenresten. Bonebeds konnten in Profil VIII und IX in den Estherienschichten nachgewiesen werden. 3. Der obere Dolomit, Grenzdolomit, beginnt mit einer 1,7 bis 2,3 m mächtigen, geschlossenen Dolomitmasse, die in Profil VII Lingula tenuissima und Myophoria Goldfussi führt. Die über diesen Dolomiten folgenden Schichten zeigen in den drei Profilen wenig Uebereinstimmung und ihre Zugehörigkeit zur Lettenkohle ist nicht ganz sicher. Die Grenze zwischen Lettenkohle und Gipskeuper wurde in Profil VII und VIII da gelegt, wo zum erstenmale buntgefärbte Mergel auftreten. Die Fossilien der Lettenkohle sind folgende: Pflanzen. Equisetum sp. Brachiopoden. Lingula sp. Lingula tenuissima Br. Lamellibranchiaten. Myophoria Goldfussi Alb. Myaciten. Lima ? cf. costata Münst. Crustaceen. Estheria minuta Goldf. Wirbeltiere. Knochenresté. 2. Vergleich der Lettenkohle des Untersuchungsgebietes mit andern Lettenkohlenvorkommnissen der Nordschweiz. Da über die Lettenkohlevorkommnisse der Nordschweiz bisher nur vereinzelte Angaben vorliegen und bis jetzt nur F. Zeller, ge- stützt auf die Profile von ©. Moesch und von K. Strübin, eine allge- meine Uebersicht der Lettenkohle der Nordschweiz gegeben hat,$) so 8) F. Zeller: Beiträge zur Kenntnis der Lettenkohle und des Keupers in Schwaben, p. 6. 92 E. Brändlin. scheint es mir von Interesse, die wenigen vorliegenden Profile meinen Befunden gegenüberzustellen. Aus'westlich benachbartem Gebiete sind durch X. Strübin Letten- kohlenprofile von Augst und Giebenach bekannt geworden.) Ein Vergleich dieser Profile mit denen meines Gebietes zeigt, dass sowohl bei K. Strübin als auch in meinem Profil VII die Unterlage der Lettenkohle von einem Bonebed gebildet wird, mit dem wir über- einstimmend den Trigonodusdolomit nach oben abschliessen. Während aber bei Augst und Giebenach über diesem Bonebed sofort die Estherienschichten folgen, schiebt sich weiter östlich der untere Dolomit ein, der in meinen Profilen VII—IX stets wiederkehrt. Die Estherienschichten sind im Westen toniger, schiefriger und sand- frei entwickelt. Der geschlossene Dolomit, den K. Strübin im Hangenden der Estherienschichten erwähnt, ist wohl als Grenzdolomit zu bezeichnen, wohin ıhn auch schon F. Zeller gestellt hat. Die (Gesamtmächtigkeit der Lettenkohle von Augst und Giebenach ist, da die Profile von K. Strübin unvollständig sind, leider nicht be- kannt. Aus den Erläuterungen zur geol. Karte des unteren Aare-, Reuss- und Limmal-Tales von F. Mühlberg1®) lässt sich über die Ausbildung der Lettenkohle dieses Gebietes folgendes entnehmen : An der Basis tritt ein Bonebed auf, das F. Mühlberg noch der Letten- kohle zuweist, während K. Strübin und ich, wie schon früher mit- geteilt wurde, ein in gleichem stratigraphischen Niveau auftretendes Bonebed wegen des Vorkommens von Trigonodus Sandbergeri bei Augst noch zum oberen Muschelkalk stellen. Ueber dem Bonebed folgen auch im Untersuchungsgebiet von F. Mühlberg Estherien füh- rende Alaunschiefer; auch hier scheint also ein unterer Dolomit- horizont zu fehlen. Das Hangende der Alaunschiefer bilden Dolomite mit Wyophoria Goldfussi, die ich als Grenzdolomit ansprechen möchte. Die Cresamt- mächtigkeit der Lettenkohle gibt F. Mühlberg zu 7—14m an; viel- leicht ist die Mächtigkeit geringer, da die obersten zellig entwickelten Dolomite der Lettenkohle des Untersuchungsgebietes von F. Mühl- berg möglicherweise schon dem Gipskeuper zuzuteilen sind. Die Lettenkohlenprofile, die ©. Moesch aus dem Aargauer Jura beschrieben hat (loc. eit. p. 32), sind neuerdings von F. Zeller be- sprochen worden (loc. cit. p. 5 u. 6). Ich möchte hier nur noch das Bonebed hervorheben, das ©. Moesch von der Schambelen als unterste 9) K. Strübin: Beiträge zur Kenntnis der Stratigraphie des Basler Tafel- jura-.190,,97.232 Bros 5 und 10) F. Mühlberg: Erläuterungen zur geol. Karte des unteren Aare-, Reuss- und Limmattales in 1:25,000. Eclog. geol. Helv. Vol. VIII, Nr.5, p. 511 und 512. Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura. 95 Lettenkohle erwähnt, und das dem von K. Strübin und mir dem Trigonodusdolomit zugerechneten Bonebed entspricht. Auch F. Zeller ist geneigt, dieses Bonebed dem Trigonodusdolomit beizuzählen dc p 6). Während aus früherer Zeit über Beschaffenheit und Mächtigkeit der Lettenkohlengruppe in der Nordschweiz nur sehr unklare Angaben vorliegen, lässt sich heute aus den Arbeiten von F. Mühlberg, K. Strübin, F. Zeller und mir übereinstimmend erkennen, dass die Entwicklung der Lettenkohlengruppe in dem genannten Gebiete eine sehr reduzierte ist. Die Mächtigkeit schwankt zwischen 6 und 14 (?) Metern. Charakteristisch ist dabei das Vorherrschen dolomitischer Ge- steine. Grosse Beständigkeit zeigt namentlich ein oberer Dolomit- horizont. Die allerorts wiederkehrenden Estherienschiefer, die ım Westen und Süden anscheinend direkt dem obersten Trigonodusdolo- mit (oft als Bonebed entwickelt!) aufruhen, während im Osten in ihrem Liegenden ein unterer Dolomit ausgeschieden werden kann, sınd wenig: mächtig und erst im östlichen Teile meines Untersuchungs- gebietes zeigen sıch in ihnen feinsandige, dünne Einlagerungen, die wir als erste Andeutungen der Lettenkohlensandsteine des nordöstlich benachbarten Wutachgebietes ansprechen können. b) Mittlerer Keuper. Gesamtmächtigkeit zirka 100 m. a) Verbreitung. Im westlichen Teile des Untersuchungsgebietes zwischen dem Fricktale und dem Kaisterbach bildet der mittlere Keuper eine zirka 21/, km breite, geschlossene Decke. Durch das Auftreten zweier wichtiger tektonischer Linien, der ,,Mandacher Verwerfung‘ und der noch zu beschreibenden ,,Mettauer Ueberschiebung‘“ wird die Keuperdecke weiter ostwärts in drei Streifen zerlegt. Ein nörd- licher Streifen tritt auf den Hochplateaus direkt südlich des Rheines auf und wird nach Süden durch die ,,Mettauer Ueberschiebung‘ be- srenzt. Im Süden dieser Linie finden wir den Keuper vorwiegend an den Talgehängen und in den Talsohlen der Seitentäler des Rheins. Durch die sog. Mandacher Verwerfung endlich wird am Südrand des Gebietes der Keuper in höhere Lage gebracht und tritt als schmaler, rings von jurassischen Sedimenten umschlossener und quer zu den Tälern streichender Zug zutage. 8) Stratigraphie. In Anlehnung an die im südöstlichen Schwarzwald gebräuchliche Gliederung lassen sich im Untersuchungsgebiet folgende Stufen unter- scheiden : 94 E. Brändlin. 1. Gipskeuper, 2. Schilfsandstein. 3. Untere bunte Mercel, 4. Gansinger Dolomit (? Hauptsteinmergel), 5. Obere Mergelgruppe. 1. Gipskeuper. Innerhalb des bis 80 m mächtigen Schichtkomplexes bunter Mergel und Gipse, welche den Gipskeuper zusammensetzen, ist eine weitere Gliederung nicht möglich. Fossilhorizonte wurden keine be- obachtet. Die Basis des Gipskeupers wird von Zellenkalken mit bunten Mergeleinschlüssen gebildet, die nur schwer von den obersten Lagen der Lettenkohle zu trennen sind. Das Auftreten des Gipses ist an kein bestimmtes Niveau gebunden. Die mächtigsten Gipslager sind immer in der oberen Hälfte des Gipskeupers erschlossen worden (z. B. in den Gipsgruben von Frick, Bütz und Oberhofen). Der Gips ist meistens gut geschichtet, oder aber in Blöcke aufgelöst. Mächtige, ge- schlossene Stöcke, wie sie der Anhydritformation eigentümlich sind, fehlen hier. 2. Schilfsandsteingruppe. Besonderes Interesse bot die genauere Verfolgung der Schilfsand- steingruppe, die innerhalb des engbegrenzten Untersuchungsgebietes schon sehr wechselnde Verhältnisse erkennen lässt. Die genauere Stratigraphie dieser Gruppe ist aus den Profilen X— XIV ersichtlich. Ausserdem habe ich die Profile XIV, XIII und XI noch besonders in Tafel III, Fig. 2, dargestellt, um die einzelnen Horizonte genau in Parallele setzen zu können. Aus den Profilen ist ersichtlich, dass innerhalb der Schilfsand- steinstufe allgemein eine Zweiteilung durchführbar ist. Der strati- graphische Wert dieser Zweigliederung ist nicht gross, da in jedem Profile die Grenze zwischen beiden Abteilungen anders liegt, ich führe sie aber der Uebersichtlichkeit wegen doch durch. Ein unterer Teil besteht aus geschlossenen, mehr oder weniger mächtigen Sandsteinbänken. Die Sandsteine sind charakterisiert durch gleichmässiges, feines Korn und durch das Vorherrschen grauer bis graugelber und rötlicher Farbtöne. Stellenweise beobachten wir, dass die Sandsteinbänke ersetzt werden durch glimmerreiche, sandige Schiefer (Profil X, Schicht 7, 8 und 9). Ein oberer Teil (vergl. Profile XI—XIV) besteht zunächst aus einer 1,3—3,5 m mächtigen Lage buntgefärbter Mergel, die im ganzen Gebiete wiederkehren. Das Dach der Mergel bildet eine Sand- Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura. 95 steinbank, die von West nach Ost allmählich an Mächtigkeit abnimmt (vergl. Tafel III, Fig. 2) und dabei schiefrig wird. Mit dieser Sand- steinbank schliesse ich den Schilfsandstein nach oben ab. Eine nähere _ Besprechung erheischt Profil XIII. Unter der obersten Schilfsand- steinbank finden wir in gewohnter Weise bunte Mergel, die die un- gewöhnlich grosse Mächtigkeit von 6,5 m erreichen. Während in den andern Profilen im Liegenden dieser Mergel sofort der ge- schlossene untere Schilfsandstein folgt, schiebt sich hier eine 2,8 m mächtige Wechselfolge schwarzer Schiefer und gelber bis grauer Sand- steine ein, ausgezeichnet durch das Auftreten von Estherien, unbe- stimmbaren Lamellibranchiaten und Equiseten. Wie unten noch näher erörtert werden soll, betrachte ich diesen Fossilhorizont als Aequi- valent der „Neuen Welt‘‘ bei Basel. Ich habe auf Tafel III, Fig. 2, die Ansicht vertreten, dass diese Fossilschichten als Aequivalent des oberen Teiles des unteren Schilf- sandsteines zu deuten sind. Ist meine Annahme richtig, so muss der Uebergang von der fossilführenden Schieferfacies in die gewöhnliche Sandsteinfacies ein sehr rascher sein, da Profil XII und XIII kaum 150m auseinanderliegen und in Profil XII von schwarzen Schiefern, Pflanzen und Estherien keine Spur mehr vorhanden ist. Ohne auf diese Frage weitereinzutreten, genügtesfestzustellen, dassder Fossilhorizont in jedem Falle innerhalb der Schilfsandsteingruppe auftritt, ein Ergeb- nis, auf das wir unten noch zurückzukommen haben. Zu bemerken ist noch, dass auch in Profil X in gleichem Schichtverbande Schiefer und Sandsteine mit Pflanzen und Estherien auftreten. Die Gruppe des Schilfsandsteines ist ferner durch raschen und grossen Wechsel der Mächtigkeit ausgezeichnet und zwar wird nicht nur der untere, geschlossene Sandstein, sondern auch die obere Mergel- abteilung davon betroffen. Ein gutes Beispiel dieser Mächtigkeits- schwankungen bietet die Gegend von Itenthal. Hier schätzte ich die Mächtigkeit des Schilfsandsteines in Aufschlüssen ob der Trotte auf zırka 8m (vergl. Taf. III, Fig.2). Etwa 300 m weiter im Süden, im Steinbruche nördlich des Dorfes erreicht der untere Schilfsandstein nach Aussage ehemaliger Ausbeuter etwa 20 m und nach Angaben von ©. Moesch 16,8 m Mächtigkeit, dazu kommt noch die etwa 4m mächtige obere, mergelige Abteilung. Die Gesamtmächtigkeit des Schilfsandsteines beträgt dann im Steinbruch mindestens 20 m. Die Grenzfläche von Schilfsandstein und Gipskeuper liegt ob der Trotte 8 m und im Steinbruch 20 m unter den hangenden, unteren bunten Mergeln. Das Anschwellen des Schilfsandsteines geschieht daher nach unten auf Kosten der Mergel des Gipskeupers. (Vergl. Tafel III, Ho 2.) 96 E. Brändlin. Diese durch raschen Wechsel der Mächtigkeit charakterisierte A us- bildungsweise des Schilfsandsteines ist in der Nordschweiz und in Süddeutschland weit verbreitet und wurde von H. Thürach als Flut- bildung bezeichnet. Dieser Forscher hat in Franken nachweisen können, dass der abnorm mächtige Schilfsandstein in ausgewachsenen, grabenartigen Vertiefungen, d. h. in alten Erosionsrinnen, abgelagert ist.11) Vielleicht bildet auch der untere Teil des Schilfsandsteines des Bruches von Itenthal die Ausfüllung eines durch Wasser im Gips- keuper ausgewaschenen Grabens, doch kann der strikte Beweis mangels genügender Aufschlüsse nicht erbracht werden. Aehnliche Mächtig- keitsschwankungen wie bei /tenthal sind im Untersuchungsgebiet ver- breitet. Eine gewisse Gesetzmässigkeit scheint vorhanden zu sein. So bezeichnet die Linie Itenthal—Sulz—Rötberg nw. Gansingen eine Zone mächtigster Schilfsandsteinentwicklung, die durch mehrere Steinbrüche gut aufgeschlossen ist. Fossilführung. Pflanzen. Equisetum sp. Crustaceen. Estheria laxitesta Sandb. Lamellibranchiaten. Unbestimmbare Reste. 3. Untere bunte Mergel. Die 0,8—1,9 m mächtigen Mergel über der obersten Bank der Schilfsandsteingruppe und unter dem Gansinger Dolomit der Pro- file XI, XIII und XIV stelle ich ihrer stratigraphischen Lage wegen den unteren bunten Mergeln von F. Schalch gleich. Sie sind wenigstens teilweise zu vergleichen mit den dunkeln Mergeln von R. Lang.!?) 4. Gansinger Dolomit (Hauptsteinmergel). Die stratigraphische Lage des fossilführenden dolomitischen Kalksteins von Gansingen ist in Profil XI dargestellt. Im ganzen 11) H. Thürach: Uebersicht über die Gliederung des Keupers im nörd- lichen Franken im Vergleiche zu den benachbarten Gebieten. Geognostische Jahreshefte. Erster Jahrgang, 1888, p. 132—141. 12) R. Lang: Beitrag zur Stratigraphie des mittleren Keupers zwischen der schwäbischen Alb und dem schweizer Jura. Geol. und palaeontol. Ab- handlungen herausgegeben von E. Koken. Neue Folge. Bd. IX. Heft 4. Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura. 97 Untersuchungsgebiet lassen sich als Aequivalente desselben in glei- chem Niveau dichte bis grobporöse Dolomite und dolomitische Kalke von grauer, rötlicher, gelber oder rauchgrauer Farbe nachweisen. Sie bilden bis 3 m mächtige Lager, die im Gelände als deutliche Kanten hervortreten ; stellenweise hingegen lösen sie sich in einzelne, in gelbe Mergel eingebettete Blöcke auf; im extremsten Falle verschwinden die Blöcke fast ganz und die Mergel herrschen vor. Von besonderem Interesse ist die Ausbildungsart dieser Dolomite in Profil XV. Ihre oberen Lagen werden von einem Konglomerat gebildet. Das Konglo- merat besteht aus bis 2 cm messenden weichen, dunkel bis hellgrauen oder rötlichen Dolomitstücken, die meist entweder eckig oder kanten- rund, seltener vollkommen abgerundet sind und durch einen gelben Mergel verkittet werden. Auf einer in SW—NO-Richtunge 61/4 km langen Strecke zwi- schen Sulz und der Hüslimatt nordöstlich Wil sind folgende Fossil- fundpunkte wichtig. 1. Weg südlich P. 417 im NO. der Kirche von Sulz, westl. Punkt. . Westlich P. 583 im Süden des Gugli bei Sulz, südl. Punkt. . Schwerzholz östlich Bütz. . Kaltmatt und Rötberg (altbekannte Lokalitäten bei Gansingen). . Nordwestlich des Buchackers im NW. von Oberhofen an der „Mettauer Ueberschiebung‘“. 6. Berghang östlich Oberhofen. 7. Hüslimatt nordöstlich Wil, nördlichster und östlichster Punkt. O1 & © à Im Aargauer Tafeljura zwischen Frick- und Aare-Tal kann so- mit der Gansinger Dolomit als Leithorizont betrachtet werden. Seine stratigraphische Lage stimmt mit derjenigen des Hauptsteinmergels des südöstlichen Schwarzwaldes darın überein, dass beiderorts im Liegenden der untere bunte Mergel auftritt. Die hangenden Schich- ten scheinen hingegen verschieden zu sein. Die Identität von Gansinger Dolomit und Hauptsteinmergel ist daher noch fraglich. R. Lang (loc. cit.) stellt den Gansinger Dolomit, soweit er fossil- führend ist, also nur die oberen Schichten desselben, dem Stuben- sandstein gleich. Ich komme darauf noch zurück. Fossilführung. Lamellibranchiaten. Avicula Gansingensis Alb. Anoplophora asciaeformis Alb. Gervilleia sp. Pseudocorbula elongata Pichl. Myophoria vestita Alb. Cardita Gümbeli Pichl. 98 E. Brändlin. Gastropoden. Natica von Gansingen Alb. Neritarien. Zygopleura Gansingensis Alb. In dieser Fossilliste sind ausnahmsweise auch Formen zitiert, die nicht von mir gefunden wurden. 5. Obere Mergelgruppe. Die Mergel dieser Gruppe sind in den Profilen XI, XIII und XIV teilweise, und in Profil XV in ihrer ganzen Mächtigkeit er- schlossen. Ihre vorherrschende Färbung ist gelb; doch sind in fast allen Aufschlüssen, wenn auch nur untergeordnete, schwach rötliche und grünliche Farbtöne zu beobachten. Lokal treten auch intensivere bunte Farben auf. (Profil XI.) In der unteren Hälfte des Mergel- komplexes sind wenig mächtige Dolomitlagen nachweisbar. Im Westen des Untersuchungsgebietes sind einige Millimeter dicke Dolomitplätt- chenregellosindie Mergeleingelagert. Die obersten, direkt die Insekten- mergel unterteufenden Keuperschichten werden überall von intensiv ockergelben, von schwarzen Häuten durchzogenen, brôckligen Mer- geln gebildet. Darunter liegen im ganzen mehr graugelb gefärbte Mergel. Die stratigraphische Deutung der Mergel zwischen Gansinger Dolomit und Las ist schwierig; sie stimmen weder mit den oberen bunten Mergeln, noch mit den Zanclodonletten überein. R. Lang hat in seiner oben zitierten Arbeit den mittleren Keuper meines Untersuchungsgebietes besprochen und von demselben auch mehr oder weniger detaillierte Profile gegeben. Ich kann dieseiben, was die Darstellung der Schichten betrifft, im grossen und ganzen be- stätigen. Die stratigraphische Deutung dieser Profile durch R. Lang ist zum Teil neu. So betrachtet R. Lang den fossilführenden Gan- singer Dolomit, wie ich schon betonte, und die darüber lagernden Schichten als zum Stubensandstein gehörig. Er geht dabei von Be- obachtungen aus, nach welchen die „bunten Mergel“ südlich Schleit- heim auskeilen und die Stubensandsteinschichten direkt dem Haupt- steinmergel auflagern, und ferner die Stubensandsteinschichten im Ge- biete zwischen Donau und Randen ihre Facies zu wechseln beginnen, indem die Sandsteine durch Dolomite mit Konglomeraten und durch Mergel ersetzt werden. Sind diese Beobachtungen richtig, so ist die Zugehörigkeit der oberen fossilführenden Partien des Gansinger Dolomites und der über- lagernden Mergel zum Stubensandstein wahrscheinlich. Das Auftreten von konglomeratischem Sandstein über dem Haupt- steinmergel von R. Lang an der Lägern beobachtet, sowie die Zer- legung des fossilführenden Gansinger Dolomits in eine Art Konglo- Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura. 99 merat und das von mir beschriebene typische Konglomerat bei Sulz scheinen diese Deutungen zu unterstützen. Doch lässt der heutige Stand der Keuperforschung in der Schweiz diese Fragen nicht mit Sicherheit entscheiden. y) Vergleich des fossilführenden Schilfsandsteins von Sulz mit den Keuperschichten der „Neuen Welt“. Fossilführende Schichten des mittleren Keupers, die neben Pflan- zen- auch noch Tierreste enthalten, sind in der Nordschweiz bis jetzt nur von der Neuen Welt bekannt geworden. Ich kann diesem Fund- punkte zwei weitere, diejenigen von Sulz und Wil beifügen. Da der stratigraphische Verband der fossilführenden Schichten von Sulz, dank der ungestörten Lagerung klar erkennbar ist, und die stratigraphische Deutung der fossilführenden Schichten der Neuen Welt lange Zeit eine unrichtige war, so bietet ein Vergleich: beider Lokalitäten ein besonderes Interesse. Lithologisch sind die fossilführenden Schichten beider Fund- punkte durch dunkelgraue bis schwarze Schiefer charakterisiert. Palaeontologisch ist die Aehnlichkeit geringer. Bei Sulz konnte ich von Pflanzen bis jetzt nur Equiseten erkennen; diese aber häufig und gut erhalten. Estherien treten in beiden Aufschlüssen auf. Von Lamellibranchiaten fand ich in Sulz nur unbestimmbare Bruchstücke. Grabungen versprechen hier noch einige Ausbeute. Die stratigraphische Lage beider Fossilschichten ist die gleiche ; sie liegen in der unteren Abteilung einer in der Neuen Welt 10— 15m, beiSulz 11m mächtigen Schichtserie, dievon geschlossenem Schilfsand- stein unterteuft und von gelben Dolomiten überlagert wird. Die Esthe- rienschichten liegen in beiden Profilen über den eigentlichen Pflanzen- horizonten. Stratigraphische Ungleichheiten ergeben sich aus der grösseren Anzahl von Pflanzenhorizonten, sowie dem Auftreten von Sandsteimlagen in den fossilführenden Schichten und den bunteren Farben der Mergel direkt unter dem Dolomite im Auf- schlusse von Sulz. Die fossilführenden Schichten der Neuen Welt scheinen daher auch der Schilfsandsteingruppe anzugehören. Wir haben hier wie an manchen Orten des Aargauer Jura eine mergelige Ausbildung der oberen Partien der Schilfsandsteinstufe. Die neuerdings von A. Bux- torf vorgeschlagene Einreihung des fossilführenden Horizontes der „Neuen Welt“ in die unteren bunten Mergel erscheint mir demnach nicht notwendig zu sein.t3) 13) ©. Schmidt. A. Buxtorf. H. Preiswerk: Führer zu den Exkursionen der deutschen geologischen Gesellschaft ete. August 1907, p. 13, Fig. 7. 100 E. Brändlin. 4. Jura. Jurassische Sedimente bauen vorwiegend die südliche Hälfte des untersuchten Gebietes äuf. A. Schwarzer Jura-Lias (vergl. Tafel III, Fig. 3). Gesamtmächtigkeit zirka 25 m. I. Profile. Profil XV. Mittlerer Keuper-Lias. Südöstlich „Stig" im Südosten von Sulz. Schicht- | Mächtig- à : \ N = Les Stratigr. re Gesteinsbeschaffenheit, Fossilien. = nummer.|‘. keit. Gliederung. 1. |1 m.|Graugelbe Mergel mit | (unten.) eingelagerten Dolomit- S brocken, an der Basis (Ste eine Konglomeratbank, 22 die grauem Dolomite auf- ea 2 liegt. 5 = = DOME m. | Grünliche und rôtliche 2 Mergel. SD A > Al = D 3. |2 m.| Graue Mergel. = = D = B x N = TS = 4. 0,5 m. | Graurötliche Mergel. = = 4 = © = 5. |3 m.| Graugelbe Mergel. = = 6. 10,5 m.| Graugelbe, oben ocker- S gelbe von dunkeln Häu- = ten durchzogene Mergel. 7. |ca 7m.) Graublaue, rostig anwit- > So | ternde, schiefrige Mergel = (schlecht aufgeschlos- = sen), zu oberst mit S | Knollen grauen, dichten = Kalkes. ED à — a Sale = 8 10,3 m.| Grauschwarzer, v. gelben, | Schlotheimia angulata. .— eisenschüssigen Körnern | Schlotheimia sp. S 5 durchspickter, merge- | Cardinia sp. = = liger bis schiefriger Kalk | Cardinia Listeri. © = mit Einlagerungen grau- | Cardinia concinna. rs D . . . . [72] er, dichter, angebohrter | Cardinia crassiuscula. S Kalkknollen. Lima gigantea. = Ostrea sublamellosa. 5 rpm = Terebratula sp. = Pholas sp. Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura. 101 hicht- | Mächtig- : c a ; Ê ai Stratigr. = TE 5 Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. r sr nummer.| keit. Gliederung. 9. |0,1 m.| Spätige,dunkelgraueKalke.| Gryphaea arcuata. 10. |0,2 m.| Dunkelgrauer , spätiger Gryphaea arcuata. 5 a Kalk mit Einschlüssen | Cardinia sp. = iS grauen, dichten Kalkes. | Oxytoma sinemuriensis, eo — B = Rhynchonella cf. belemni- > = tica. = = © D © + 2 = TE 3 à =. 11. |1,7 m.| Spätige, etwas eisenschüs- | Gewöhnliche Arietenkalk-| % sige Kalke. fauna. Profil XVI. Unterer Lias. In der Kaltmatt nordwestlich Gansingen. Schicht- | Mächtig- N ® ; S ER Stratigr. Re Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. nummer.| keit. à Gliederung. 1. [0,3 m.| Hellgrauer, dichterbis spä- | Lima sp. (unten.) tiger Kalk in Knollen auf- gelöst und in gelbe Mergel eingelagert und graue. © c - > weiche Mergelkalke, da- 5 rüber eine geschlossene E ue 7 = spätige Kalkbank. S x © a = 2. |0,15 m. | Schwarze, dickschiefrige | Modiola? glabrata, häufig Mergel mit Pyritkristal- zerdrückte Ammoniten. len. reste und Zweischaler. Schlotheimia angulata. Cucullaea? hettangiensis Cardinia Listeri. 3. |0,1 m.| Grauschwarze und gelbe Merge) mit Stücken, spä- tigen Kalkes, pyritfüh- rend, Cardinia crassiuseula, Ostrea sublamellosa. Zeilleria cor. Lima sp. Myaciten. 4 Eisenschüssige, spätige | Gryphaea arcuata. Kalke Angulatenschichten. Arieten- schichten. Unterer Lias. 102 E. Brändlin. Profil XVII. Unterer Lias. Oestlich der Trotte Itenthal. Sehicht- | Mächtig- x . An : à : S igr. SE Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien rauen nummer. keit. Gliederung. 1. /0,2 m.) Hellgraue, dichte Kalkbank ran) in blaue Schiefer einge- 5 bettet. = = = = 2. 10,4 m.|Schuttbedeckung. = £ 4 3. |0,3 m.| Blauschwarze Schiefer, @ à = oben eine Lage gelben = Schiefers. 4. |0,19 m. | Spätiger, blaugrauer, unten | Cardinia Listeri. dichter Kalk, pyritreich | Cardinia sp. und etwas eisenschüssig, | Lima suceincta. Rhynchonella Deffneri. 5 er] Rhynchonella cf. gryphi-| 5 oh = tıca. 2 Rhynchonella sp. 5 En Pecten textorius. Ss = 2 = Pecten Hehli. =? = Ostrea sublamellosa. = a Gryphaea? arcuata. = Oxytoma sinemuriensis. >) 5. 10,35 m. | Spätiger, harter Kalk. Gryphaea arcuata. Arietiten. Pecten Hehli. Oxytoma sinemuriensis. Cardinia Listeri. à = Cardinia gigantea. 2 = © 6. |0,02 m. Rostize Mergel. Gryphaea arcuata. > 2 : R £ 7. |0,55 m. | Eisenschüssige Spatkalke. | Gryphaea arcuata. © = Nautilus striatus. < Pecten textorius. Pecten priscus, Rhynchonella belemnitica. Rhynchonella Detfneri. 0 oo EEE Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura. Profil XVII. Mittlerer Keuper. — Unterer Lias. Südlich P. 529 im Westen von Frick.14) icht- | Mächtig- à 5 2 © igr. SS a Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. Ste nummer.| keit. Gliederung. E | = AE m.| Graugelbe, oben ocker- = = > 2 D a (unten.) gelbe von dunkeln Häu- Ss |. = = = ten durchzogene Mergel. nie = | = 9, 11,8 m.| Schwarzblaue oft etwas 5 rostig anwitternde Mer- = gelschiefer, S = 3. |0,1 m.| Dichter, grauer Kalk. 2 4, |0,65 m. | Blaugrauer, spätiger, eisen- | Psiloceras cf. psilonotum oolithischer Kalk, pyrit- plicatum. reich und mit Einschlüs- | Schlotheimia angulata. sen grauen, dichten | Cardinia Listeri. S Kalkes, Cardinia sp. = Lima suceincta. oO Pleuromya sp. > 2 £ 5. |0,2 m.| Graue, spätige und dichte | Schlotheimia angulata. = 2 à FAURE x ; = . Kalke, in Brocken auf- | Cardinia Listeri. = gelöst und in Mergel ein- | Cardinia sp. < 1 gebettet. Kohlenspuren. | Lima gigantea. a Pleuromya sp. zT Gryphaea sp. = D = £ 6. |0,3 m.| Graue, eisenschüssige, spä- | Arietiten. = tige Kalkbrocken und | Gryphaea arcuata. = graue,dichte Kalkknollen. | Cardinia sp. Terebratula sp. 7. 10,3 m.| Graublauer Spatkalk. Arietiten. ; Nautilus striatus. 5 Belemnites acutus. = Gryphaea arcuata. = Lima punctata. 2 | Pholadomya cf. corrugata.| & | Knochenreste, 2 < 8. 0,08 m. | Grauweisser,spätiger Kalk. | Arietiten. | 14) In A. Erni: Gryphaea arcuata. Belemnites acutus. Spiriferina rostrata. Cardinia Listeri. Zeilleria sp. „Das Rhät im Schweizerischen Jura“ p. 45 ist dieses Profil z. T. ebenfalls beschrieben und aus den Angulatenschichten werden auch Ammoniten der Zone des Psiloceras planorbe angeführt. 104 E, Brändlin. Sachs Ms Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. SH nummer.| keit. . Gliederung. | 9. 104 in.| Graublaue, spätige Kalke | Arietiten. mit Toneinschlüssen. Pentacrinus sp. | Belemnites acutus. Nautilus striatus. Gryphaea arcuata. Spiriferina Walcotti, Zeilleria cor. Cardinia sp. 5 g An © = 10. |0,2 m.| Graugelbe Mergel. Arietiten. = Rhynchonella belemnitica. 2 5 Belemnites sp. © 5 © = = = 11. |0,1 m.|Brockige Kalke. < = 12. [0,2 m.| Braungelbe bis graue | Gryphaea arcuata. Mergel. | 15. |0,3 m. | Gelbgraue Mergelmit Bänk- | Gryphaea obliqua. chen sandigen Kalkes. | Profil XIX. Lias. Grüntschholz östlich Bütz. Sn en Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. | Sn nummer. keit. Gliederung. age 1. |5 m. | Hellgraue, bröcklige, etwas Se | (unten.) olimmerführende Mergel. = = S 2 =3 2. |0,2 m.| Bräunliche Mergel mit | Gryphaea obliqua. | Stücken ruppigen, oft | Pecten textorius. etwas spätigen Kalkes, | Belemnites acutus. | stellenweise in schwarze | Pecten Hehli. Mergel übergehend. Oxytoma sp. Serpula sp. 3ryozoen. = = £ 3. |0,2 m.| Graue, pyritreiche, etwas| Gryphaea obliqua. 5 spätige Kalke. Pholadomya sp. S Terebratula sp. 2 Rhynchonella variabilis| = var. squamiplex. = Rhynch. cf. curviceps. o Belemnites sp. 4. [0,2 m.| Grauer, pyritführender, et- | Gryphaea obliqua, was spätiger Kalk, stel- lenweise durch Mergel ersetzt. Belemniten. Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura. 105 icht- ig- : 5 Se Stratigr. SE Machtig Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. AS nummer.| keit. Gliederung. 5. |0,55 m. | Dunkelgraue bis gelbe, | Gryphaea obliqua. sehr harte Mergel mit | Nautilus intermedius. einzelnen Kalkstücken. | Pleuromya sp. < : N = a zelemnites Sp. 2 Plicatula spinosa S ST Diastopora ef. liasica. = As Serpula sp. 8 2 = 5 : & 6. [0,25 m.| Graue, harte, fleckige | Gryphaea obliqua. = = Kalke. Belemniten. = 5 7. |0,15 m.| Graugelbe und schwarze | Mergel. 8. 03 Roue bröcklige, sehr harte Mergel mit Pyrit und Kalkstücken. 9. |0,05 m. | Schwarzer bis ziegelroter Gryphaea obliqua. Belemniten. Pecten priscus. Hinnites velatus. Belemnites cf. paxillosus. Rhynchon. variabilis mut. minor. Pholadomya sp. Pentacrinus sp. Mergel mit Pyrit und 5 Fasergips. = © 10. |0,45 m. | Graue, fleckige Kalke, teils | Belemnites clavatus. 5 durch gelbe Mergel er- | Pecten priscus. "> setzt. Pecten Hehli. £ Belemniten, a 11. |0,15 m. | Unten gelbe, oben graue, | Deroceras Davoei. pyritführende Mergel; auf | Lytoceras fimbriatum. den Ammoniten „Nagel- | Lytoceras cf. fimbriatum. kalk.“ Aegoceras capricornu. Liparoceras sp. Pholadomya sp. Pentacrinus Sp. Serpula sp. 12. 0,2 m.| Graue Mergel mit Pyrit u. | Amaltheus margaritatus. = Kalk in Knauern. Belem- | Aegoceras capricornu. = niten massenhaft. Am. amaltheus coronatus. | .2 | Belemnites paxillosus. 5 Phylloceras sp. 2 Liparoceras Bechei. S Plicatula spinosa. = Myaciten. = Serpula sp. = Belemnites cf.compressus.| = 15. |0,5 m.|Graue und gelbe Mergel | Amaltheus spinatus. = mit Knauerlagen. Belemnites paxillosus. = Plicatula spinosa. Ss Hinnites velatus. = Pecten sp. = = Mittlerer Lias. 105 E. Brändlin. Ss ne Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. | Stetien nummer. keit. Gliederung. 14. 10,3 m.| Knauern grauen und grau- | Amaltheus spinatus. blauen Kalkes, in Lagen | Belemnites paxillosus = 5 ‘ geordnet. (sehr gross). = = 15. |0,3 1m. | Graugelbe und graublaue, | Belemnites crassus. 5 = harte Mergel mit Kalk- | Belemnites paxillosus. = = knauern. Rhynchonella amalthei. = = Serpula triedra. ‚| = = Plicatula spinosa. 16. |0,2 m.| Graue, oben etwas schief- | Belemnites paxillosus. rige Mergel. Plicatula spinesa. a Rhynch. amalthei. 17. |0,4 m.| Bräunliche Schiefer, pa- | Posidonia Bronni. pierdünn zerfallend. Inoceramus sp. Belemnites paxillosus. 18. |0,18 m. | Stinksteinbank. Fischreste. 19. |0,25 m. | Bräunliche, papierdünn | Posidonia Bronni. zerfallende Schiefer. Dactylioceras commune. Harpoceras sp. Belemnites acuarius. Inoceramus dubius. Pseudomonotis substriata. 20. [0,1 m. | Stinksteinbank. 21. [0,6 m.| Graue, an der Basis und | Dactylioceras anguinum. im Dach bräunliche und | Harpoceras sp. À gelbliche Schiefer. Aptychus sanguinolarius. & 0 | Aptychus cf. Lythensis. 2 | Belemnites acuarius, 5 7 Pseudomonitis substriata. 2 a Fucoiden. = D 22. |0,25 m. | Stinksteinbank, oberer Teil 3 = in feine Platten spaltbar. 5 © 23. [1,7 m.|Dunkelgraue, dickblättrige | Dactylioceras commune. Schiefer, an der Basis | Dactylioceras anguinum. fucoidenreich. In der | Harpoceras exaratum. unteren Hälfte eine bis | Harpoceras serpentinum. 0,025 m mächtige Gagat- | Inoceramus undulatus. linse, die in rostige und | Posidonia Bronni (oben). gelbe Mergel eingebettet | Aptychus Lythensis ist. Pyrit. Ostrea sp. Belemnites sp. Onvychites runcinatus. Fischreste. Fucoiden. 24. |0,2 m.) Bankdunkelgrauen harten | Belemnites sp. Kalkes mit rostigen Ein- schlüssen, unten in grau- rötliche Schiefer über- gehend. 25. |0,02 m.| Schieferlage. D 2 N: Schicht- | Mächtig- nummer.| keit. Gliederung. Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura. OR R 2 5 = ae Stratigr. Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. x 26. |1,8 m.| Gelbe, an der Basis graue | Lytoceras jurense. Mergel mit Kalkknauern, | Harpoceras subplanatum. die sich stellenweise in | Harpoceras striatulum. Lagen anordnen. Nautilus jurensis. Belemnites longisuleatus. Bel. parvus. Bel. acuarius macer. Bel. Blainvillei. Bel. pyramidalis. Bel. tripartitus. Bel. exilis. Ostrea sp. Diastopora liasica. Serpula sp. Jurensisschichten. Oberer Lias. II. Stratigraphie und Fossilführung. a) Unterer Lias. 1. Insektenmergel. In den Profilen XV—XVIII bilden grauschwarze Schiefer mit Einlagerungen harten, dichten Kalkes den als Insektenmergel be- zeichneten Schichtkomplex. Die Zugehörigkeit der Schichten 1 und 2 des Profiles XVI zu denselben ist fraglich. In der alten Lettgrube in der Hasenmatt östlich Oberhofen fand ich zirka 2,5 m unter dem Dache der Insektenmergel eine Bank ruppigen, ockergelben Kalkes von unbestimmbaren Fossilien durchspickt. C. Moesch!?) zitiert aus der jetzt zerfallenen Mergelgrube des Schondli bei Gansingen Pflanzen und eine 0,06 m mächtige Kohlenlage aus den unteren, eine harte, fossilreiche Kalkbank, die neben anderen Fossilien Am. longipontinus Fraas und Am. planorbis Sow. führt, aus den oberen Schichten der Insektenmergel.16) Die Mächtig- keit der Insektenmergel reduziert sich von Ost nach West von 7 m auf 1,8 m. Die Einreihung der schweizerischen Insektenmergel in die im Donau-Rheinzuge und in Schwaben beobachteten Liasprofile, ist zur Zeit nicht sicher durchführbar. 15) ©. Moesch: Der Aargauer Jura, Beitr. zur geöl. Karte der Schweiz. Vierte Lieferung, p. 50. 16) Die Angaben von A. Erni in „Das Rhät im schweizerischen Jura,“ p. 44, nach welchen ©. Moesch diese Fossilbank über den Insektenmergeln anführen soll, sind ungenau. Tatsächlich gibt Moesch an, dass in dem ge- nannten Profile noch 0,6 m „schwarzblaue, fette Insektenmergel ohne Ver- steinerungen“ über der Fossilbank sich finden. 108 E. Brändlin. 2. Angulatenschichten. Die Gesteinsbeschaffenheit der Angulatenschichten wechselt rasch. Im Westen (in Profil XVIII) sind diese spätig und zum Teil eisenoolithisch, weiter östlich erscheinen sie zuerst als schöne Spalt- kalke (Profil XVII) und lösen sich dann in Kalkbrocken auf, die in Mergel eingebettet sind und bei Sulz (Profil XV) Eisenoolith- körner führen. Das Auftreten von Eisenoolithen und angebohrten Kalkknollen (Profil XV) ist eine Erscheinung, die auch in den Angu- latenschichten des Donau-Rheinzuges wiederkehrt. Von Interesse ist es, dass ich die von Ærni mitgeteilte Beobachtung über das Auftreten von Ammoniten der Zone des Psiloceras planorbe in den Angulaten- schichten bei Frick bestätigen kann. Fossilführung. Echinodermen. Pentacrinus sp. Brachiopoden. Rhynchonella Deffneri Opp. Rhynchonella cf. eryphitica Qu. Terebratula sp. Lamellibranchiaten. Lima gigantea Sow. Cucullaea cf. hettangiensis Terq. Lima suceincta Schl. Cardimia Listeri Sow. Pecten textorıus Schl. Cardinia concinna Sow. Pecten Hehli d’Orb. Cardina crassiuscula Sow. Oxytoma sinemuriensis d’Orb. Cardinia sp. Ostrea sublamellosa Dunk. Pleuromya sp. Gryphaea ? arcuata Lmk. Cephalopoden. Schlotheimia angulata Schl. Psiloceras cf. psilonotum plica- Schlotheimia sp. tum Qu. 3. Arıetenkäalke. Die spätigen, eisenschüssigen Kalke dieser Stufe erreichen bis 3 m Mächtigkeit (am Rötelhölzli bei Gansingen). Interessant ent- wickelt sind die oberen Arietenschichten des Profiles XVIII. Mergel mit untergeordneten Lagen sandigen Kalkes führen hier ziemlich häufig Gryphaea obliqua. Eine ähnliche Entwicklung des oberen Arietenkalkes beschreibt A. BuxtorfiT) vom Ergolzufer bei Böckten. 17) A. Buxtorf: Geologie der Umgebung von Gelterkinden im Basler Tafeljura. Beitr. zur geol. Karte der Schweiz. Elfte Lieferung, p. 20. Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura. 109 Fossilführung. Echinodermen. Pentacrinus sp. Brachiopoden. Zeilleria Cor Lamk. Spiriferina Walcotti Sow. Rhynchonella ef. belemnitica Qu. Spiriferina rostrata Schl. Rhynchonella Deffneri Opp. Lamellibranchiaten. Gryphaea arcuata Lmk. Lima punctata Sow. Gryphaea obliqua Gldf. Cardinia Listeri Sow. Pecten Hehli d’Orb. Cardinia gigantea Qu. Pecten priscus Schl. Pholadomya cf. corrugata Koch Pecten textorius Schl. und Dunk. Oxytoma sinemuriensis d’Orb. Myaciten. Lima gigantea Sow. Crastropoden. Pleurotomaria sp. Cephalopoden. Ametiten. Belemnites acutus Mill. Nautilus striatus Sow. 4. Olbtusustonme. Ueber dem Arietenkalke lagern schätzungsweise 8 m mächtige, hellgraue, etwas glimmerhaltige Tone, die fossilleer sind und ihrer stratigraphischen Lage nach der Obtususzone angehören. 5. Obliquaschichten. In Profil XIX bilden die Obliquaschichten eine zırka 1,7 m mächtige Folge von grauen, harten Mergeln und Kalken, die reich- lich Pyrit einschliessen. Fossilführung. Bryozoen. Diastopora cf. liasıaca Qu. Würmer. Serpula sp. 110 E. Brändlin. Brachiopoden. Rhynchonella variabilis var. squa- Rhynchonella ef. curviceps Qu. miplex Qu. Terbratula sp. Lamellibranchiaten. Gryphaea obliqua Gldf. Oxytoma sp. Pecten textorius Schl. Plicatula spinosa Sow. Pecten Hehli d’Orb. Pholadomya sp. Pecten priscus Schl. Cephalopoden. Belemnites acutus Mill. Unbestimmbare Ammonitenreste. Nautilus intermedius Sow. b) Mittlerer Lias. 1. Davoeischichten. Die Davoeischichten bilden eine 0,95 m mächtige Mergellage, welcher an der Basis eine Fleckenkalkbank eingelagert ist. Die Am- moniten liegen nur in der obersten etwa 0,1 m mächtigen Zone der Mergellage, Deroceras Davoei zuoberst. Auffällig ist in Profil XIX Schicht 9 durch ihren reichen Gehalt an Pyritknollen und Fasergips. 2. Margaritatusschichten. Die Margaritatusschichten stellen 0,2 m mächtige Mergel dar, die an ıhrer Basıs reichlich den leitenden Ammoniten führen, darüber liegen Belemniten in einer Häufigkeit, die im Lias sonst nirgends an- zutreffen ist. 3. Spinatusschichten. Am Aufbaue der 1,3 m mächtigen Spinatusschichten beteiligen sich hellgraue Mergel und Kalkknauern. Der leitende Ammonit ist ziemlich selten. Die Schichten des mittleren Lias, besonders die Margaritatus- schichten besitzen im Vergleich zu den entsprechenden Schichten des Donau-Rheinzuges sehr geringe Mächtigkeit. | Die Lager des Deroceras Davoei und des Amaltheus margaritatus sind kaum auseinander zu halten, so dicht liegen die beiden Ammoniten übereinander. Die Ammoniten der Davoei- und der Amaltheusschich- ten sind oft schlecht erhalten. Auf zerfressenen Steinkernen sitzen Serpulaarten, seltener Nagelkalkbildungen. Aehnliche Erscheinungen, verbunden mit bedeutender Reduktion der Schichtmächtigkeit be- obachtete ich in der Sowerbyi- und in der Macrocephalus-Zone. Sie sind vielleicht als Folgen von Trockenlegung oder Erosion zu deuten. Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura. 111 Da ein Auseinanderhalten der Fossilien der Horizonte des mitt- leren Lias schwierig ist, gebe ich sie in einer einzigen, die gesamte Fauna des mittleren Lias umfassenden Liste wieder. Würmer. Serpula sp. Serpula triedra Qu. Echinodermen. Pentacrinus sp. Brachiopoden. Rhynchonella variabilis mut.minor Rhynchonella amalthei Qu. Rau. Lamellibranchiaten. Pecten priscus Schl. Plicatula spinosa Sow. Pecten Hehli d’Orb. Pholadomya sp. Hinnites velatus Goldf. Myaciten. Cephalopoden. Deroceras Davoeı Sow. Lytoceras fimbriatum Sow. Aegoceras capricornu Schl. Phylloceras sp. Amaltheus margaritatus Montf. Belemnites clavatus Qu. Amaltheus spinatus Brug. Belemnites cf. paxillosus Schl. Ammonites amaltheus corona- Belemnites paxillosus Schl. tus Qu. Belemnites crassus Voltz. Liparoceras Bechei Sow. Belemnites cf. compressus. Stahl. Liparoceras sp. c) Oberer Lias. 1. Posidonienschiefer. In Profil XIX beginnen die Posidonienschiefer mit grauen, etwas schiefrigen Mergeln, die das Hauptlager der Plicatula spinosa und der Rhynchonella amalthei darstellen. Eine petrographisch und paläontologisch ähnliche Schicht liegt ebenfalls an der Basis des oberen Lias des Donau-Rheinzuges. Die beiden unteren Stinkstein- bänke des Profiles XIX besitzen weite Verbreitung, ich traf sie im Biegerenhölzli südlich Galten und südlich von Oedenholz im NO. von Wi. In den unteren Posidonienschichten des Donau-Rheinzuges treten ebenfalls 2 Stinksteinbänke auf. Die harten blauen Schiefer über der Stinksteinregion sind reich an Ammoniten und führen ir Profil XIX eine linsenförmige Einlagerung von Gagat. Die Mächtig- keit der Posidonienschiefer beträgt 3,9 m. Fossilführung. E. Brändlin. Pflanzen. Fucoiden. Gragat. Brachiopoden. Rhynchonella amalthei Qu. Lamellibranchiaten. Ostrea sp. Plicatula spinosa Sow. Pseudomonotis substriata Ziet. Posidonia Bronni Voltz. Inoceramus undulatus Ziet. Inoceramus dubius Sow. Inoceramus einetus Goldf. Cephalopoden. Dactylioceras commune Sow. Dactylioceras anguinum Rein. Harpoceras exaratum Joung und Bird. Harpoceras serpentinum Rein. Harpoceras sp. Aptychus lythensis Joung. Aptychus sanguinolarius Schl. Onychites runcinatus Qu. Belemnites acuarius Schl. Belemnites paxillosus Schl. Wirbeltiere. Fischreste. 2. Jurensisschichten. Die Jurensisschichten werden von graugelben Mergeln mit Kalk- knauern gebildet und sind durch eine reiche Cephalopodenfauna charakterisiert. Der Anschluss des obersten Lias an die Opalinus- schichten konnte nirgends beobachtet werden. Die Jurensisschichten erreichen zirka 2? m Mächtigkeit. Fossilführung. Bryozoen. Diastopora Hasiaca Qu. Würmer. Serpula sp. Cephalopoden. Belemnites pyramidalis Munck. Belemnites exilis d’Orb. Belemnites tripartitus Schl. Belemnites Blainvillei Voltz. Lytoceras jurense Ziet. Harpoceras striatulum Low. Harpoceras subplanatum Opp. Belemnites acuarius macer. Qu. Belemnites parvus Hartm. Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura. 113 B. Brauner Jura. (Vergl. Tafel III, Fig. 4.) (Dogger und unterer Malm. \ [oXo) Verbreitung. Das Auftreten des br. Jura ist auf das Gebiet süd- lich der ,,Mettauer Ueberschiebung‘* beschränkt. Er bildet hier zwei, das Untersuchungsgebiet in Südwest - Nordost - Richtung durch- streichende Sedimentzüge, die durch die sog. Mandacher Verwerfung von einander getrennt werden; der nördliche Sedimentzug beginnt im Südwesten in der Gegend von Itenthal und nimmt nach Nordosten konstant an Breite zu und wird durch tiefe, weite Täler zerstückelt ; der südliche Sedimentzug lässt sich, eine deutliche, das nördliche Vor- land überragende Terrassenstufe bildend, ohne Unterbrechung vom Frick- bis in das Aare-Tal verfolgen. Stratigraphie. Die Gliederung des braunen Jura ist im Aargauer Jura in ihren Hauptzügen schon von ©. Moesch festgestellt worden. Die Fragen, die sich an den Facieswechsel und die teils damit ver- bundene Reduktion der Mächtigkeit der Sedimente dieses Braun-.J ura- gebietes anknüpfen, sind von M. Mühlberg in seiner Arbeit über den braunen Jura des nordschweizerischen Juragebirges behandelt worden.!3) Ohne auf dieselben zurückzukommen, kann ich mich deshalb be- snügen mit der Wiedergabe meiner Detailbeobachtungen, die die Untersuchungen von M. Mühlberg durchwegs bestätigen. I. Profile. Profil XX. Opalinus-Sowerbyi-Schichten. Osthalde des A na a: Mergel mit Kalkknollen und. Pyrit. Schicht- | Mächti Stratigr. = Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. 3 nummer. keit. Gliederung. il, ha m.| Graue, olimmerreiche (unten.) Schiefer mit Kalkknauern er = CON VC) und Pyritknollen. 5 + £ = ; = 2 2 0,6 m.| Harte, brockige, glimmer- > 5 reiche Mergel mit Kalk- DC knauern. CU) ER NN SEEN EE = 3. 10,2 m.| Sandiger, eisenschüssiger, | Cancellophycos scoparius. 23 knolliger Kalk. Belemnites sp. d 5 & _ = = 4. |0,3 m.|Graue und rostfarbene | Pecten sp. 205 zo ENS = & = © 18) M. Mühlberg : Vorläufige Mitteilung über die Stratigraphie des braunen Jura im nordschweizerischen Juragebirge. Eclog. geol. Helv., vol. VI. Nr.4. 114 E. Brändlin. BEE ET — SeBiebt: nl Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. Suis nummer.| keit. | Gliederung. 5. 10,35 m. | Grauer, etwas spätiger, | Cancellophycos scoparius. eisenschüssiger Sand- | Verkohltes Holz. kalk. Lioceras lineatum. Lima sp. 6. !0,6 m.| Graue, schwach glimmer- | Lioceras sp. führende Mergelmit einer | Terebratula cf. infraooli- knolligen Bank sandigen, | thica var. Mühlbersi. spätigen Kalkes. Rhynchonella sp. Pholadomya sp. 7. |0.2 m.| Blaugrauer, eisenschüssi- | Lioceras lineatum. S ser, bunt anwitternder, | Lioceras cf. opalinum. = sandiger Kalk. Lioceras acutum var. sub- © laeve. = CEA ; © Nautilus lineatus. 97) Pholadomya frickensis. on a 8. |0,4 m.| Graue underünliche, eisen- | Lioceras lineatum. S schüssige Kalke, etwas | Lioceras cf. opalinum. © sandig. © © œ À : = OPEL m. | Graue, sandige, glimmer- = führende Mergel, teils = rostig anwitternd. © = ee = 10. 10,2 m.| Graue Mergel mit Knauern eines graublauen,dichten Kalkes. 11. |0.25 m. | Eisenoolithischer Kalk mit | Ludwigia cf. Murchisonae. Kalkkonkretionen, die | Ludwigia bradfordensis. von Limonit überkrustet | Lioceras acutum var. sub- sind. laeve. Lioceras Sp. Modiola plicata. Terebratula cf. infraooli- thica var. Mühlbergi. 12.- |0,4 m. | Unten eisenoolithische, | Inoceramus -polyploeus. = oben graue, glimmerfüh- | Belemnites gingensis. D rende Mergel. Kohlen- | Belemnites Blainvillei. = | spuren. Belemnites cf. giganteus, = | Sonninia Sp. © Harpoceras sp. a Cidaris spinulosa. > Myaciten. = Ostrea sp. > © 13. 10,2 m.| Graue Mergel. ao Geologie des nördlichen Profil XXI. Aargauer Tafeljura. Murchisonaeschichten. — Neutrale Zone. Osthalde des Frickbere. Schicht- | Mächtig- 115 - Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. | StHaHEn | keit. Gliederung. 1. |0,3 m.| Graue Mergel. | (unten.) 2. |0,1 m.| Dichter, graublauer Kalk. RN > 3. 10,35 m. | Eisenoolithischer Kalk mit | Lioceras concavum. S vielen, limonitüberkru- | Lioceras ef. Sinon. = steten Konkretionen. Ludwigia cf. obtusiformis. © Ê Pecten pumilus. Ss © Gervilleia subtortuosa. S à Lima cf. pseudovalis. = cé Gresslya sp, 2 | Pleurotomaria sp. = 4. 10,03 m. | Graue Schiefer. 5. [0,25 m. | Unten eisenoolithischer, | Ludwigia bradfordensis. oben spätiger, schwach | Lioceras acutum var. sub- £ eisenoolithischer Kalk. laeve. à © Ludwigia sp. = = Lioceras sp. S = Hyperlioceras sp. Es Nautilus lineatus. re Belemnites gingensis, 25 Inoceramus polvplocus. 5.2 Gryphaea sublobata. 2 Ss Pecten pumilus. an = 6 0,25 m. | Harte, eisenoolithische Mergel, oben in graue, eisenoolithfreie Mergel übergehend. | | a | Tr circa | Graugelbe und rostige Mer- 10 m.| gel mit Einlagerungen dichten Kalkes in der oberen Hälfte. 8. 10,25 m.| Spätiger, eisenoolithischer Kalk. Terebratula cf. Eudesi. Gresslya cf. abducta. Inoceramus polyplocus. Gryphaea sublobata. Harpoceras sp. Pholadomya cf. reticulata, Gryphaea sublobata. Hyperlioceras sp. Pecten pumilus. Rhynchonella ef. distracta. Rhynchonella cf. subtetra- hedra. Terebratula cf. infraooli- thica var. Mühlbergi. Lima sp. Sowerbyi-Schichten. 116 E. Brändlin. EEE ne] Schicht- | Mächtig- À À > 2 | A | Stratigr. = Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. IR nummer.| keit. | Gliederung. 9. 13,5 m. | Regelmässiger Wechsel | Cancellophycos ee grauer, sandiger und | Ctenostreon pectiniforme. | glimmerführender Mer- gel und sandiger etwas glimmerhaltiger, cancel- lophycosreicher Kalke. 10. |0,4 m.| Blaugraue, spätige, san- | Modiola plicata. dige, eisenschüssige | Ostrea cf. calceola. Kalke. Pecten Sp. 11. 10,35 m. | Graue, bröcklige Mergel. 127 10,4 m. | Wie 10. Sonninia Sp. Pecten pumilus. Terebratula sp. 13. [0,1 m.| Graue, harte Mergel. 14. [0.25 m.| Graue, gelbanwitternde, et- | Pecten pumilus. was spätige Kalke. Pecten sp. Ostrea cf. calceola. 15. |0,1 m.| Schwarzgefleckte, graue Schieferkalke. 16. |1,3 m.| Gelbe und graue, etwas | Pecten pumilus. N | DER = © & spätige Kalke, = 17. [0,2 m.|Schwärzliche und graue | Pecten pumilus. N oder rostige Mergel. © 18. |0,5 m | Graue, gelb anwitternde. S etwas spätige Kalke. 5 © 19. |0,55 m. | Graue Mergel. = 20. [0,3 m.| Blaugraue, gelb anwit- | Pecten pumilus. ternde, etwas spätige | Pecten spathulatus. | Kalke mit gelben, eisen- schüssigen Kôrnern. | 21. [0,08 m.| Schwärzliche, rostig an- witternde Mergel. 22. |0,1 m.| Wie 20. Pecten gingensis. Pecten spathulatus. 23. |1,3 m.| Blaugraue, etwas spä- tige Kalke mit gelben, eisenschüssigen Kör- nern, wechsellagernd mit grauen Mergeln. 24. |0,35 m. | Grauer, etwas spätiger, | Ctenostreon pectiniforme. eisenoolithischer Kalk. | Pleuromya sp. 25. [0,02 m.) Eisenoolithische Mergel. | Myaciten (häufig). 26. 0,32 m.| Grauer und gelber etwas | Pecten disciformis. spätiger, eisenoolithi- scher Kalk. Myaciten. Terebratula sp. Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura. 117 icht- | Mächtig- : . EG Stratigr. one cr Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. re nummer. keit. [ER Gliederung. | 2 115 m.| Blaugraue, bröckelige, | Belemnites giganteus. | | glimmerführende Mergel. | Pleuromya sp. | 28 0,2 m.| Graugelbe Mergel mit | Myaciten (häufig). Kalklagen. Acanthothyris spinosa. Pecten spathulatus. 29. |0,8 m.| Brockige, eisenoolithische | Acanthothyris spinosa. a Kalke. Acanthothyris cf. Crossi. Ss Pleuromya sp. N 30. 10,2 m.| Bröcklige, eisenoolithische | Ostrea eduliformis. = Kalke. Alectryonia flabelloides. £ Belemnites sp. = ale 10,3 m. Eisenoolithische, bröcke- | Belemnites giganteus. = -lige Kalke. 32. |1,2 m |Eisenoolithische, bröcke- | Myaciten (häufig). lise Kalke mit eisen- | Heimia Mayeri. x | oolithischen Mergelzwi- | schenlagen. Profil XXII. Murchisonaeschichten. — Neutrale Zone. Osthang des Laubberges. Schicht- | Mächtig- 6 5 : | Stratigr. =. ER Gesteinsbeschaffenheit, Fossilien. ie nummer.| keit. | Gliederung. 1. |3,3 m.| Wechselfolge grauer, san- | Cancellophycos scoparius. D (unten.) diger Mergel und grauer, | Lioceraten (häufig). = sandiger, etwas spätiger | Pholadomya frickensis. Ss Cancellophycos-Kalke, SE } oo 2 2. eirca | Graue Mergel mit harten, > 5 6 m.| rostigen Lagen. SE © © = 2 PER: : n 3. |0,3 m.| Graugelbe Kalkbank mit | Ludwigia cf. Murchisonae. men schwärzlichen Oolithkör- | Lioceras cf, uncinatum. = nern und limonitüber- | Hyperlioceras sp. B & krusteten Konkretionen. 4 [0,3 m,| Graugelber Kalk mit brau- | Sonninia Sowerbyi. : nen und schwärzlichen | Sonninia cf. adicra. = Oolithkôrnern und ange- | Hyperlioceras discites. = bohrten Konkretionen, | Hyperlioceras cf. Desori. © nach oben übergehend | Gryphaea sublobata. = in graue Mergel, die das | Belemnites gingensis. en à a . . . . a Hauptlager der Gryphaea | Belemnites Blainvillei. La und der Belemniten bil- | Astarte excavata. 2 den. Ostrea sp. © à Bryozoen (häufig). 2 Serpula sp. | (97) | Pholas sp. ergel. 5. | | Saal und sandige | Cancellophycos scoparius. | M Neutrale Zone. 118 E. Brändlin. Profil XXII. Murchisonaeschichten — Neutrale Zone. Rötelhölzli südwestlich Gansingen. i 2 ig- : 2 ß à sue Strat SEE HEGNE Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. | Aus nummer.| keit. } Gliederung. 1, il m | Blaugraue, glimmerfüh- = (unten.) rende Mergel. | 5 3. |0,4 m.| Unten graue, oben ocker- | Lioceras acutum var. sub- = selbe, eisenoolithische laeve. © Kalke mit angebohrten | Ludwigia cf. Murchisonae. = und limonitüberkruste- | Lima semicircularis. 97) ten Konkretionen. Pecten disciformis. n Pecten gingensis. | = Ctenostreon pectiniforme. S Pholas sp. = Pholadomya sp. S Lima sp. & Myacıten. = Terebratula infraoolithica 3 var. Mühlbersi. = Terebratula cf. Eudesi. o Pleurotomaria sp. 5 (verschiedene gut erhal- = tene Arten). 3. 10,3 m.| Dunkelgraue,spätige,eisen- | Gryphaea sublobata. oolithische Kalke. Hyperlioceras sp. = = Rhynchonella sp. É £ (sich jungen Formen der 3 2 Rhynch. subtetrahedra D 5 nähernd.) | IS 2 4. |0,5 m.| Sandige Mergel und Kalke | Cancellophycos scoparius. SE 8 (etwas verrutscht). 5 © |, 22 Profil XXIV. Opalinusschichten — Neutrale Zone. Gehänge nördlich Ober-Rüti im Südosten von MURS Schicht- | Mächtig- a | a Stratig SE Re Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. a nummer. keit. | | Gliederung. | 1 D € ie > m. | Graue, glimmerführende | Harpoceras sp. = = (unten ) Mergel mit Knauern dich- = S ten Kalkes. Sn = (= 02) = 4 2. 10,3 m.| Graue, Cancellophycos | Cancellophycos scoparius. S & S führende Kalke. QUES = 28,8 è * . 5 2 A — 3. |0,6 m.| Graue, giimmerhaltige Mer- | Cancellophycos scoparius. SS= gel mit Kalkknauerlage. 3 on Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura. 119 schicht- | Mächtig- N à : à a Stratigr. Dee au Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. EN nummer. keit. Gliederung. OS | Graue, sandige und | Lioceras acutum var..sub- schwach spätige, fossil- laeve. 0,3 m. 0,35 m. 12, el m. m | | 5, 02 m: 602 in: T Som 8 DIR 9. 10,65 m. En.» m. 0,02 m. 0,1 m. reiche Kalke. Graue Mergel. Graue, Kalke. Graue und gelbe Mergel. sandige, schiefrige Graue, schiefrige, sandige Kalke. Graue, sandige Mergel und sandige Kalke. Sandiger, eisenschüssiger, etwas spätiger Kalk. Unten harte, oben wei- chere, rostige Mergel. Graue Mersel, stellenweise hart, rostig anwitternd. Grauer, eisenoolithischer Kalk mit angebohrten Konkretionen. Lioceras sp. Inoceramus amyedaloides. ? Pinna opalina. Lima pseudovalis. Pecten sp. Belemnites sp. Cancellophycos sc Lioceras sp. ? Trigonia sp. Lioceras acutum. Acanthothyris Crossi. Gresslya sp. Belemnites sp. Pholas sp. Dichter, grauer Kalk mit schwär zlichen Oolithkör- nern, buntfarbig anwit- ternd, mit angebohrten Konkretionen. Graue Mergel. Eisenoolithische , harte Mergel mit angebohrten Konkretionen. 14. 15. 16. 17. ca. 7 m.| Graue, glimmerhaltige Mer- gel, wechsellagernd mit sandigenCancellophycos- Kalkbänken, zu oberst 2 je 0,6 m. mächtige här- tere, blaugraue Kalk- bänke. Gryphaea sublobata. Pecten ambiguus. Belemnites Blainvillei. Rhynchonella sp. Ctenostreon pectiniforme, Gryphaea sublobata. Sonninia Sp. Hyperlioceras sp. Pecten cf. ambiguus. Belemnites Blainvillei. Lima Mülleri. Serpula sp. Cancellophycos scoparius. Pholadomya (zerdrückt). Belemnites sp. oparius. Neutrale Murchisonae-Concavus-Schichten. Sowerbyi-Schichten. Zone. E. Brändlin. Profil XXV. Neutrale Zone. — Blagdenischichten. Rutsch am Westabhang des Schinberg. Schicht- | Mächti | < : 4 : à ns | Stratigr. He Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. IE nummer.| keit. Gliederung. 1. [0,3 m.| Spätige, eisenschüssige (unten ) Kalke. 2. 10.25 m. | Graugelbe,slimmerhaltige, bröcklige Mergel, 3. 10,2 m.| Spätige, eisenschüssige | Pecten spathulatus. Kalke. Pecten disciformis. Pecten pumilus. Oxytoma sp. Lima cf Schimperi. Acantothyris spinosa. 4. |0,7 m.| Blauschwarze, glimmer- haltige, rostig anwittern- de Mergel. 5. |1,2 m. | Spätiger, eisenschüssiger | Pecten spathulatus. Kalk. 6. 10,35 m. | Graue und blauschwarze, elimmerhaltige Mergel. 7. 10,2 m. | Eisenschüssiger Spatkalk. | Rhynchonella quadripli- 4 cata. > Pecten Dewalquei. CG Ostrea sp. 2 8. |0.2 m.| Graue, schwach eisenooli- | Terebratula perovalis. S thische Mergel. Heimia Mayeri. = Myaciten. © = 9. 10,5 m. | Eisenschüssiger Spatkalk. | Alectrvonia sp. 10. |0,15 m. | Graue, eisenoolithische | Belemnites giganteus. Mergel. 11. 0,5 m. | Oben eisenoolithischer, un- |! Pecten lens. ten spätiger, von gelben | Pecten pumilus. eisenschüssigen Körnern | Pecten disciformis. durchspickter Kalk. Pecten spathulatus. Oxytoma cf. Hersilia. Grauschwarze, glimmer- reiche, schiefrige Mergel. Gervilleia aviculoides. Cucullaea oblonga. Ctenostreon pectiniforme. Modiola cf. gigantea. Gryphaea sp. Lima sp. Terebratula cf. globata. Rhabdocidaris horrida. Pecten lens. Posidonia sp. Pholadomya sp. Ctenostreon pectiniforme. td Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura. il Schicht | Mächtig-| Cecteinsheschaffenheit. Fossilien. Sa: nummer.| keit. Gliederung. 13. /0,4 m.| Braunroter, eisenoolithi- | Pecten spathulatus. scher Kalk Pecteu disciformis, Acanthothyris cf. spinosa. Acanthothyris spinosa. Acanthothyris Crossi. Ostrea sp. 14. |1 m.|Grauer bis braunroter, | Sonninia sp. eisenoolithischer Kalk | Aleetryonia flabelloides. mit Mergelzwischenla- | OStrea eduliformis. cen: sehr reich an Au- | Ctenostreon pectiniforme. Here Ostrea sp. Belemnites giganteus. Modiola cuneata. Terebratula sp. Myaciten. 5 15. 0,15 m.| Eisenoolithische Mergel. | Alectryonia flabelloides. = Belemnites gisanteus. N | Pholadomya sp., häufig. = | Pleuromya sp., häufig. = = 16. 40,3 m.| Eisenoolithischer Kalk, | Ostrea sp. 5 sehr reich an Austern. = 17. |0,35 m.| Eisenoolithische Kalke und | Sonninia sp. Mergel. Acanthothyris spinosa. Acanthothyris Crossi. Rhynchonella sp. (Mittelf. Rh. obsoleta-concinna.) Ctenostreon pectiniforme. Lima semicircularis. Belemnites cf. Bessinus. Ostrea sp 18. 0,2 m.| Graue, unten eisenooli- | Acanthothyris spinosa. thische Mergel. Pholadomya. Myaciten (häufig). 19. 0,2 m.| Harter, eisenoolithischer | Acanthothyris spinosa. Kalk. Heimia Mayeri. 20. 10,3 m.| Eisenoolithische. bröcke- | Sphaeroceras sp. lige Kalke mit roten, | Acanthothyris spinosa. eisenoolithischen Mer- | Heimia Mayeri. x geln. Terebratula retrocarinata. = 21. |0,25 m.| Eisenoolithische Kalke. = 22, 0,5 m.| Eisenoolithische, bröcke- | Stephanoceras Humphriesi. = lige Kalke, Stephanoceras Braiken- = ridei. LD Sphaeroceras Gervillei. 1e Belemnites giganteus. fes Terebratula perovalis. = Terebratula carinata. = Terebratula subbucculenta. = Terebratula retocarinata. Pholadomya Murchisoni. Alectryonia flabelloides. Acanthothyris cf. spinosa. 122 E. Brändlin. icht- htig. à à 2 : DE ier. u moque Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. sue | nummer.| keit. Gliederung. 232 110,2 Eisenoolithischer Mergel. | Terebratula perovalis. = 5 i Terebratula sp. =3 Pholadomya Sp. =5 | Belemnites giganteus. = ” | 34. Graue, glimmerreiche, fos- = = | silfreie Mergel. ue Ei = | | = 3 | Profil XXVI. Blagdeni — Untere Acuminata-Schichten. | Rutsch am Westabhang des Schinberg. [ - ächtig- | - | A Stratigr. | Sich ae Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. | nummer.| keit. Gliederung. | | 0,3 m.| Knolliger, grauer, sandiger | a Kalk. | 2. |0,5 m.| Graue, sandige, glimmer- reiche Mergel. 3. |0,4 m. | Knolliger, grauer bis grau- | Modiola cuneata. blauer, sandiger Kalk. Oxytoma Münsteri. ? Perna sp. 4. |0,5 m.| Graue, sandige, glimmer- führende Mergel. 5. 10,25 m. | Sandiger, grauer Kalk mit | Pinna cuneata. versimweliem Oolithkôr- | Pecten lens. nern. Pecten Renevieri. Belemnites sp. Echinodermenreste. Blagdenischichten. 6. [0,8 m.| Graue, sandige, glimmer- führende Mergel. 7. |0,5 m.| Sandige, graue Kalke mit | Parkinsonia sp. vereinzelten. weissen | Oxytoma Münsteri. Oolithkôrnern. Pinna cuneata. Pentacrinus sp. Pholadomya sp. 8. |0,6 m.| Graue, glimmerführende Mergel. 9. 10,2 m.| Grauer, sandiger Kalk. 10. 10,5 m.| Graue, glimmerführende, sandige Mergel. 11. |0,3 m.| Grauer, sandiger Kalk. Untere Acuminataschichten. 12. [1,3 m.| Graue, glimmerführende, sandige Mergel. schen Kalken. | Schuttbedeckung. Weissgelbe,feinoolithische Kalke. Terebratula sp. Myaciten. Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura. 123 icht- | Mächtig- n 2 ; Er Stratigr. Se = iR Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. ; 5 nummer.| keit. Gliederung. | 13. | 0,3 m. Grauer, sandiger Kalk mit | Ostrea acuminata. | | | vereinzelten Oolithkör- | Pseudomonotis echinata. | | nern. Gervilleia sp. ne, it m. | Graue und gelbe, sandige |Ostrea acuminata. Mergel. 15. |0,1 m.| Graugelber, etwas sandi- | Ostreaacuminata(massen- ger Kalk mit vereinzelten | haft) weissen Oolithkörnern. = à 2 : © 16. |0,2 m.| Graue, sandige Mereel. Ostrea acuminata. = © 17. [0,2 m. Graue, sandige Kalke mit | Ostrea acuminata. = vereinzelten weissen | Pseudomonotis echinata. 2 Oolithkörnern. S = 18. |1,1 m. Gelbgraue, sandige Mergel | Ostrea acuminata (in den = | mitschwach oolithischen Kalken häufig). = Kalkeinlagerungen. = < 194022. m. Grauer, sandiger, etwas | Ostrea acuminata. & slimmerführender Kalk | Cucullaea subdecussata. : 5 mit vereinzelten Oolith- | Terebratula sp. = kôrnern. = 20. |3,2 m. Graugelbe, harte Mergel | Ostrea acuminata. mit knolligen, oolithi- | Pseudomonotis echinata. 2 Profil XXVII. Hauptrogenstein. Beim Bahnhof von Hornussen. 3elemnites Württember- gicus, Lima sp. Ostrea sp. Pseudopharetronen. Schicht- | Mächtig- \ : 5 6 | = En Stratigr. | ae Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. ; 5 nummer.| keit. Gliederung. | 1. [0,99 m.| Weissgelber, oolithischer | | unten.) Kalk in zwei Bänken. | DE $ = 2. |0,6 m.| Braungelbe, oolithische | Clypeus Ploti. 2 Mergel mit Brocken | Echinobrissus Renggeri. = oolithischen Kalkes, | Pseudomonotis echinata, = unten stellenweise in | Modiola sp. ° graue Schiefer über- | Limea duplicata. [7 gehend. Belemnites canaliculatus. = = = (22) Kalk mit dünnen un- konstanten Mergellagen. Terebratula sp. Belemnites giganteus. Ostrea Sp. 124 E. Brändlin. Schicht- | Mächtig- 3 3 =D 2 AN i NEE Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. Seien. nummer. keit. Gliederung. 3. |0,45 m. | Hell- bis gelbgraue, ooli- x 5 2 = thische Kalke. D Pr = 4. [0,35 m. | Bröckelige, oolithische | Cidaris sp. = SE? à 1 5 2 3 3 = Kalke und oolithische | Pseudomonotis echinata. = Mergel. Ostrea cf. flabelloides. 3 | Ostrea sp. = ee & | Terebratula Sp. 5 Myaciten, = Pseudopharetronen. an 5. [0,53 m.| Schuttbedeckung. 6. |1,4 m.| Graugelbe, groboolithische | Lima sp. Kalke. 7. |0,5 m | Bröckeliger, oolithischer | Rhynchonella obsoleta. Kalk, oben in Mergel | Pecten Dewalquei. übergehend. Lima cardiiformis. Pecten cf. discitormis. Cidaris Zschokkei. Seeigelstacheln. ?Homomva gibbosa. Serpula sp. Pseudopharetronen. 8. [0,6 m.| Grauschwarze, grobooli- | Holectypus depressus. thische Mergel mit Kalk- | Clypeus sp. brocken. Echinobrissus sp. = ue = Ostrea Sp. 2 Lima cardiiformis. 5 Terebratula sp. ‘= m PQ © 9. 10,25 m.| Graugelbe, etwas spätige 2 Kalke mit Lagen und = Nestern von Oolithkôr- = : = nern. 3 10. 10,5 m.| Grauer, oolithischer oder | Cidaris maeandrina. S körniger, etwas spätiger | Korallen. = Kalk. Pecten Dewalquei. 11. [0,25 m.| Braune, oolithische Mergel | Cidaris maeandrina. mit Stücken oolithischen | Korallen. Kalkes und häufigen | Lima impressa. Korallenstöcken. Ostrea sp. Bryozoen. 12. |0,4 m.| Graue, dünnplattige mehr | Ostrea sp. (glatte, dünne oder weniger deutlich Schalen). oolithische, eisenschüs- sige Kalke. 13. |1,3 m.| Ziemlich eroboolithischer | Seeigelstacheln. Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura. 125 Weissliche,feinoolithische, etwas spätige Kalke mit rostfarben anwitternden Dr Machtig- Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. Se nummer. keit. Gliederung. 14. |0,7 m. | Graugelbe, eisenschüssige, | Seeigelstacheln. oolithische Brockelkalke | Belemnites giganteus, und oolithische Mergel. | Hemicidaris cf. Koechlini, Ss . Ostrea acuminata. = E Ostrea cf. flabelloides, ss Nerinea sp. Se Terebratula sp. = 2 Serpula sp. Ostrea sp. (glatte Schalen). 15 m. als ve eissgelbe, schwach spä- | Ostrea acuminata. tige Oolithe mit rostigen | Rhynchonella sp. | Einlagerungen. Lima sp. 16. |1,2 m.| Braune, eisenschüssige, | Echinobrissus Renggeri, oolithische Mergel mit | Clypeus Ploti. Kalkstücken, die sich zu | Holectypus depressus. Lagen ordnen. Ostrea acuminata. . Lima scabrella. = Trichites sp. £ Pecten ambiguus. = Ostrea cf. obscura. = Ostrea sp. (glatt). D Limatula helvetica. = Pleuromya sp. = Terebratula sp. == Serpula sp. e Bryozoen. Do | 3 = | 17. |0,4 m.| Grauweisser, spätiger Oo- | Homomya sp. 3 lith. 18. [0,2 m.| Gelbe, oolithische Mergel Limatula Helvetica. mit Kalkbrocken. Seeigelstacheln. DS m. Partieen. Profil XXVIll. Macrocephalus-Ornaten-Schichten. Strasse Obersulz-Mönthal „Sulzersteig“. lise bis plattige, oft Schicht- | Mächtig- > Stratigr : stei schaffenheit, Fossilien. { ; nummer. keit. Gesteinsbeschaffenhe = € Gliederung. den 65 sl Graugelbe, sandige Schie- A (unten.) fermergel mit drei Lagen me knolligen Sandkalkes. > 5 2 x a : Er D © 2. |1,4 m.| Graugelbe, sandige, knôl- Se = © © oo S = etwas schwarzgefleckte Kalke. 126 E. Brändlin. Sue | Mots Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. | states nummer.| keit. | Gliederung. | 3. 12,8 m.| Graue, oben graurötliche | Ammonitenreste. | % & Schiefermergel mit Kalk- Ss 3 knauern. = £ 4. |0,6 m.| Graurötliche und graue, 8 = sandige Kalke, oben S 2 ockergelb anwitternd. = 5. [0,3 m.| Ockergelbe Kalke und Mer- | Reineckia anceps. gel, teilweise grob eisen- | Macrocephalites cf. macro- oolithisch mit angebohr- cephalus. ten, limonitüberkrusteten | Reineckia Greppini. Konkretionen und geroll- | Peltoceras annulare. ten und angebohrten Am- | Perisphinctes sulciferus. monitensteinkernen. Hecticoceras cf. Brighti. = Reineckia sp. Ê Perisphinctes sp. © Quenstedtoceras cf. Lam- = berti. 8 a Belemnites calloviensis. © = Belemnites latesulcatus. = = Belemnites cf. hastatus, = = Lucina zonaria. D = Cyclocrinus cf. macroce- 2 a phalus. < 2 | Pholadomya cf. Escheri, S | Pleurotomaria Cypraea. = Pleurotomaria sp. © Hinnites sp. Pholas sp. 6. [0,1 m.| Oben grauvioletter und | Cardioceras cordatum. gelber, unten ockergel- | Cardioceras cordatum var. | 4 = ber, eisenoolithischer Aspidoceras Babeanum. = = Kalk. Belemnites calloviensis. 53 Millericrinus sp. 3 © Pleurotomaria cf. Cydippe. x Terebratula Sp. Profil XXIX. Varians-Ornaten-Schichten. „Bürersteig* — Strasse Büren-Remigen. tu pause Gesteinsbeschaffenheit. | Fossilien. u | nummer. keit. | Gliederung. 1. /0,2 m.) Dunkelgrauer. eisenooli- | Rhynchonella varians. (unten ) thischer Kalk. Ostrea sp. ı An © 2. 10,05 m.| Graugrüne Mergel mit | Rhynchonella varians. SE Brockeneisenoolithischen| Ostrea sp. (gross). 5 2 Kalkes. Rhynchonella cf. obsoleta. > 9 | Holectypus depressus. | Cardium sp. | Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura. etwas eisenoolithische Acanthothyris spinosa. Ostrea sp. — Sehicht- | Mächtig-| Gosteinsheschaffenheit. Fossilien. | Denen nummer keit. Gliederung. 3. 0,35 m.| Oben ockergelber. grob- | Macrocephalites sp. im | 4 = eisenoolithischer, unten | unteren Teile der Bank). Il grau und grün gefleck- | Reineckia anceps. Fe = = ter, von ebenso gefärbten, | Perisphinetes suleiferus. = 5 = grossen Oolithkörnern | Hecticoceras hecticum. 38 8 durchspickter Kalk mit | Ctenostreon sp. s = = Konkretionen. Perisphinctes sp. 8 — = Terebratula sp. 7 = =) à 4. 0,25 m. | Ockergelber, eisenoolithi- | Cardioceras cordatum. | 5 2 £ scher Kalk mit Konkre- | Perisphinctes sp. Ce = tionen, | s53 à ® Profil XXX. Spatkalk-Variansschichten. 3eiberg, südöstlich Hottwil. sehr Bere Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. Se nummer. keit. Gliederung. 11 1 m.| Rote Spatkalke mit gelben, : (unten.) eisenschüssigenKörnern. = 2. |0,6 m.|Graugelber Spatkalk mit = gelben, eisenschüssigen =. Körnern. ee D | 0.25 m. | Blaugraue, gelbe u. bräun- | Terebratula sp. (Globata- | liche, ruppige Kalke. gruppe). Terebratula subbucculenta. 4. |0.25 m.| Graugelbe, etwas spätige | Terebratula dypticha. Mergelkalke, oben in | Holeetypus depressus. Schiefer übergehend. Clypeus Husii. Ostrea sp. Belemnites sp (Canali- _ culatengruppe). 2 = 5. [0,2 m.| Graue und schwärzliche | Rhynchonella varians. = Mergel mit graugelben, | Pholadomya Murchisoni. 2 ruppigen, buntanwittern- 2] den Kalkbrocken. = je 6. |0,2 m.|Graue Mergel mit Kalk- | Pholadomya Murchisoni. = knauern Ostrea sp. Serpula sp. Bryozoen. 7. 10,3 m.| Dunkelgraue, brockige, oft | Rhynchonella varians. | Kalke mit einer Austern- lage an der Basis. Pholadomya sp. 128 E. Brändlin. icht- | Mächtig- = = = : a | Strafi Saunen ES me Gesteinsbeschaffenheit. Fossilien. Fe nummer.| keit. Gliederung. 8. |0,35 m. | Unten bräunliche Mergel | Rhynchonella varians. | mit Knollen ruppigen | Rhynchonella cf. concinna. | Kalkes, oben knollige, | Acanthothyris spinosa. ruppige Kalke, undeut- | Terebratula Fleischeri. lich eisenoolithisch. Terebratula sp. Lima cf. duplicata. Ostrea flabelloides. Modiola Lonsdalei. Modiola striolaris. Goniomya proboscidea. Belemnites canaliculatus. Perisphinctes Sp. Oppelia sp. Lucina despecta. 9. 10,3 m.| Bräunliche . Mergel und | Rhynchonella varians. ruppige, eisenschüssige | Acanthothyris spinosa. Kalke. Rhynchonella Crossi. Terebratula Fleischeri. Collyrites ovalis. Holectypus depressus. Modiola Lonsdalei. Limatula Helvetica. Trigonia costata. Goniomya proboscidea. Quenstedtia sinistra. Pleuromya Sp. Ostrea sp. Bryozoen. Serpula sp. Variansschichten. 10. [0,1 m.| Braune Mergel mitStücken | Rhynchonella varians. eisenoolithischen Kalkes. | Modiola Lonsdalei. Perisphineten, Pleuromya sp. 11. 10,2 m.| Typisch eisenoolithischer | Rhynchonella varians. Kalk. Trigonia costata. Ostrea flabelloides. Limatula Helvetica. Belemnites canaliculatus. Pleuromya sp. II. Stratigraphie und Fossilführung. a) Opalinusschichten. Die Opalinusschichten werden von schiefrigen, oft etwas sandi- gen und glimmerführenden Tonen und Mergeln von 80—100 m Mächtigkeit gebildet. In der oberen Abteilung sind Einlagerungen von Knauern dichten Kalkes und von Pyritknollen und -plättchen verbreitet. Platten mit Pentacrinus württembergicus und die charak- teristischen Zopfplatten habe ich, ohne ihre stratigraphische Lage Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura. 129 feststellen zu können, mehrfach gefunden. Eine stratigraphische Gliederung der Opalinustone kann ich, da gute, zugängliche Profile im untersuchten Gebiete fehlen, nicht geben. Im Gelände bilden die Opalinusschichten ausgedehnte, wellige mit Wiesen bepflanzte Gehänge, deren unruhige Oberflächengestal- tung durch die, ın den durchnässten oberen Schichten vor sich gehen- den Rutschungen veranlasst wird. Zeitweise lösen sich die oberfläch- lich durchweichten Tonmassen von ihrer Unterlage los und rutschen langsam zu Tal. Es entstehen so die für die Opalinuslandschaften charakteristischen Erdschlipfe. Der im Jahre 1876 in den Gross- matten südlich Böttstein niedergegangene Erdschlipf istvon A. Baltzer ausführlich beschrieben und abgebildet worden.1°) b) Murchisonae-Concavus-Schichten. In den Profilen XX — XXIV lässt sich leicht eine Dreiteilung dieses Schichtkomplexes durchführen. Die Basis wird von grauen, sandigen cancellophycosreichen Kalken gebildet, diemitsandigen, glimmerführenden Mergeln wechsel- lagern und 2—3,5 m Mächtiekeit besitzen. Von Ammoniten fand ich darin nur Löoceras- Arten, die dem Lioceras opalinum nahe stehen ; die übrige Fauna spricht aber wenigstens teilweise für Murchisonae- schichten. (©. Moesch?) zitiert Ludwigia Murchisonae aus diesen - Grenzschichten. ) Ueber den Cancellophycosbänken folgen glimmerreiche Mergel, die 4-6 m Mächtigkeit erreichen und sehr fossilarm sind. Im Osten des Untersuchungsgebietes an der Aare werden diese beiden Abteilungen der Murchisonaeschichten durch einen geschlosse- nen zirka 7 m mächtigen Kalkkomplex ersetzt, der von einer Echino- dermenbreccie unterteuft wird, die ich westwärts bis ins „Mühletal‘ östlich von Mandach verfolgen konnte. Die bisher besprochenen Schichten der Murchisonaezone werden im ganzen Gebiet von wenig mächtigen eisenoolithischen Kalken überlagert, die neben einer typischen Murchisonaefauna wenigstens im Westen Lioceras concavum führen. Auch im Basler Tafeljura bezeichnet Lioceras concavum keine selbständige Zone, da mit. demselben auch ZLudwigia Murchisonae auftritt.21) 19, A. Baltzer: Der Erdschlipf von Böttstein, 1877. 20) ©. Moesch: Geol. Beschreibung des Aargauer Juras; Beiträge zur geol. Karte der Schweiz. Vierte Lieferung, p. 71. 2i) A. Buxtorf: Geol. der Umgebung von Gelterkinden im Basler Tafel- jura. Beiträge zur geol. Karte der Schweiz. Elfte Lieferung, p. 36. Prof. V. Schicht 7. — Ferner K. Strübin: Ein Aufschluss der Sowerbyi-Schichten im Basler Tafeljura. Eclog. geol. Helv., vol. VI, p. 333. 130 E. Brändlin. Die Abgrenzung der Murchisonae-Concavus-Oolithe gegen die petrographisch ähnlichen untersten Sowerbyischichten ist stellenweise schwierig. So führt Schicht 5 in Profil XXI neben Fossilien der Murchisonae-Concavusbank auch solche der Sowerbyizone, die aber den oberen Teil der Bank einzunehmen scheinen. Fossilführung. Pflanzen. Cancellophycos scoparius Thioll. Fossiles Holz. Brachiopoden. Terebratula Eudesi Opp. Rhynchonella (Acanthothyris) Terebratula infraoolithica var. Crossi Walk. Mühlbergi Haas. Rhynchonella sp. Lamellibranchiaten. Lima semicireularis Goldf. Modiola plicata Sow. Lima pseudovalis Waag. Inoceramus amygdaloides Gldf. Lima sp. Pholadomya frickensis Moesch. Ctenostreon pectiniforme Schl. Gresslya cf. abducta Phil. Pecten (Amusium) pumilus Lmk. ? Pinna opalina Qu. Pecten disciformis Schübl. Myaciten. Pecten Gingensis Qu. Pholas sp. Gervilleia subtortuosa Opp. Gastropoden. Pleurotomaria sp. Mindestens zwei gut erhaltene Arten stammen aus der eisenoolithischen Bank, und stehen Pl. sub-Grassi Riche und Pl. subrhodanica Riche aus den Concavusschichten des Mont d'Or lyonnais nahe. Cephalopoden.??) Ludwigia cf. Murchisonae Sow. Lioceras acutum Qu. var. sublaeve Ludwigia bradfordensis Buck. Horn. Ludwigia cf. bradfordensis Buck. Lioceras lineatum Buck. Ludwigis cf. obtusiformis Buck. Lioceras cf. Sinon Bayle. Lioceras concavum Sow. Lioceras cf. uncinatum Buck. Lioceras concavum var. pingue Hyperlioceras sp. Buck. Nautilus lineatus Sow. Lioceras cf. opalinum Rein. Belemnites sp. 22) Herr Dr. Horn hatte die Freundlichkeit einige dieser Cephalopoden zu bestimmen, wofür ich ihm hier bestens danke. Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura. Jo c) Sowerbyischichten. In Profil XXI bestehen die Sowerbyischichten aus einer zirka 10 m mächtigen Mergelserie und zwei Bänken eisenoolithischen Kalkes, die das Hangende und das Liegende der Mergel bilden. K. Strübin?®) zitiert aus der Basis der Mergel Hammatoceras Sower- byi Mill. var. costosus Qu. In den Profilen XXII, XXIII und XXIV (im Osten des Ge- bietes) ist die Sowerbyizone vertreten durch einen 0,2—0,4 m mächti- gen Eisenoolith, der nach oben in graue Mergel übergeht, die von den cancellophycosreichen Sand-Kalken und -Mergeln der neutralen Zone überlagert werden. Die Reduktion der Sowerbyischichten vollzieht sich in der Gegend von Ober-Sulz. Fossilführung. Pflanzen. Kohle, wenige Millimeter dicke Lagen bildend (ganz lokal). W ürmer. Serpula sp. Bryozoen. Viele gut erhaltene Bryozoen. Brachiopoden. Terebratula ef. infraoolithica var. Mühlbergi Haas. Rhynchonella ef. distracta Waage. Rhynchonella cf. subtetrahedra Dav. Echinodermen. Cidaris spinulosa Roe. Lamellibranchiaten. Gryphaea sublobata Desh. Pecten (Amusium )pumilus Lamk. Ostrea sp. Astarte excavata Sow. Lima cf. Schimperi Branco. Pholadomya cf. reticulata Ag. Lima Mülleri Grepp. Myaciten. Lima sp. Inoceramus polyplocus Roe. Pecten ambiguus Goldf. 23) K. Strübin: Ueber das Vorkommen von Lioceras concavum im nord- schweizerischen Jura. Centralblatt für Mineralogie, 1901. Nr. 19, p. 586. 132 E. Brändlin. Gastropoden. Unbestimmbare Steinkerne. Cephalopoden. Sonninia Sowerbyi Mill. Hyperlioceras sp. Sonninia cf. adicra. Waag. Belemnites gingensis Opp. Sonninia Sp. Belemnites Blainvilleı Voltz. Hyperlioceras discites Waag. Belemnites cf. giganteus Schl. Hyperlioceras cf. Desori Moesch. Die Erhaltung der Ammoniten ist meistens schlecht; auf den zerbrochenen und zerfressenen Steinkernen sitzen Serpula-Arten und Bryozoen. d) Neutrale Zone. Dice Schichten zwischen den Lagern der Son. Sowerbyi und des Steph. Humphriesi sind als Neutrale Zone bezeichnet worden. Sie lassen im Westen des aufgenommenen Gebietes eine deutliche Zwei- sliederung erkennen (Profil XXI). Eine untere Abteilung ist durch Cancellophycos führende, sonst fossilarme, sandige Kalke und Mergel ausgezeichnet und erreicht zırka 13 m Mächtigkeit. Eine obere Abteilung, bis 10 m mächtig, wird von an Pecten reichen, spätigen Kalken gebildet, die nach oben in typische Eisen- oolithe übergehen und dann durch häufige, grosse Austern und durch Rhabdocidaris horrida charakterisiert werden. Im Osten des Untersuchungsgebietes sind die Schichten der Neutralen Zone noch zirka 10 m mächtig. Sandige Kalke und Mergel mit Cancellophycos scoparius herrschen hier weitaus vor. Fossilführung. Pflanzen. Cancellophycos scoparius Thioll. Echinodermen. Rhabdocidaris horrida Mer. Brachiopoden. Rhynchonella (Acanthothyris)spi- Heimia Mayeri Choffat. nosa Schl. Terebratula perovalis Sow. Rhynchonella (Acanthothyris) Terebratula cf. globata Sow. Crossi Walk. Rhynchonella obsoleta - concinna. Mittelform. O2 Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura. 13 Lamellibranchiaten. Lima semicireularis Goldf. Oxytoma cf. Hersilia d’Orb. - Lima cf. Schimperi Branco. Gervilleia aviculoides Sow. Ostrea eduliformis Schl. Modiola cf. gigantea Qu. Ctenostreon pectiniforme Schl. Modiola plicata Sow. Alectryonia flabelloides Lamk. Modiola cuneata Sow. Ostrea cf. calceola Ziet. Cucullaea oblonga Sow. Pecten (A musium)pumilusLamk. Posidonia sp. Pecten disciformis Schübl. Pholadomya sp. häufig. Pecten spathulatus Roe. Gresslya sp. häufig. Pecten Gingensis Qu. Pleuromya sp. häufig. Gryphaea sp. Cephalopoden. Sonninia Sp. e) Humphriesischichten. In Profil XXI bilden die Humphriesischichten einen zirka 1,5 m mächtigen Eisenoolith, der von den grauen, fossilarmen, glimmer- haltigen Mergeln der Blagdenizone überlagert wird. Die Fauna der eigentlichen Humphriesischichten ist mehr durch Individuen-, als durch Arten-Reichtum ausgezeichnet. Fossilführung. Brachiopoden. Rhynchonella (Acanthothyris)spi- Terebratula perovalis Sow. nosa Schl. Terebratula retrocarınata Rothpl. Heimia Mayeri Choffat. Terebratula subbucculenta Chap. Terebratula carınata Dav. u. Dew. Lamellibranchiaten. Alectryonia flabelloides Lmk. Gresslya sp. Pecten ambiguus Goldf. Pleuromya sp. Pholadomya Murchisoni Sow. Cephalopoden. Stephanoceras Humphriesi Sow. Sphaeroceras sp. Stephanoceras Braikenridgi Sow. Belemnites giganteus Schl. Sphaeroceras Gervillei Sow. f) Blagdenischichten. Die Gleichförmigkeit dieser Schichten ist mehrfach betont wor- den; auch in dem untersuchten Gebiete bilden sie durchweg graue, knollige, sandige Kalke und sandige Mergel. Sie erreichen zirka 10 m 134 E. Brändlin. Mächtigkeit. Die scharfe, untere Grenze wurde schon erwähnt. Profil XXVI zeigt den ganz allmählichen Uebergang der Blagdenischichten in die unteren Acuminataschichten. Fossilführung. Echinodermen. Pentacrinus sp. Brachiopoden. Globate Terebrateln. Lamellibranchiaten. Ctenostreon pectiniforme Schl. Modiola cuneata Sow. Pecten lens. Sow. Pinna cuneata Phil. Pecten Renevieri Opp. Trigonia costata Sow. Oxytoma Münsteri Bronn. ? Perna sp. Cephalopoden. Stephanoceras Blagdeni Sow. Belemnites sp. g) Parkinsonischichten i. w. s., Hauptrogenstein. Unter Parkinsonischichten 1. w. S. fasse ich die Sedimente zwi- schen Blagdeni- und Variansschichten, d. h. die Zonen der Parkin- sonia subfurcata, der P. Parkinsoni (Parkinsonischichten 1. e. S. vergl. Taf. III, Fig.4) und der P. ferruginea zusammen. Die leitenden Ammoniten sind wenigstens im Westen selten, Parkinsonia subfur- cata ist noch nicht gefunden worden, dadurch wird diese Zusammen- fassung, die auch von F. Mühlberg durchgeführt wurde,2#) gerecht- fertigt. Die Parkinsonischichten des Untersuchungsgebietes erwecken besonderes Interesse, da sich hier der Uebergang von der oolithischen in die tonige Facies vorbereitet und zum Teil vollzieht. Bei einer Diskussion dieses interessanten Facieswechsels muss gegen Westen und Osten über das hier besprochene Gebiet hinaus gegriffen werden. M. Mühlberg??) gibt für den Hauptrogenstein der Gegend östlich Frick folgendes Profil: 21) F. Mühlberg: Erläuterungen zur geol. Karte des unteren Aare-, Reuss- und Limmattales in 1: 25,000. Eclog. geol. Helv., vol. VII. Nr. 5, p- 508. 25) M. Mühlberg: Vorläufige Mitt. üb. d. Str. des br. Jura etc. Eclog. geol. Helv., vol. VI. Nr.4, p. 316. Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura 15) (1 Untere Acuminataschichten. Sinuatusschichten. Oberer Hauptrogenstein. Spatkalk. Meine Detail-Beobachtungen, die in Profil XXVI und XXVII zum Teil niedergelegt sind, bestätigen diese Gliederung. Die unteren Acuminataschichten konnte ich vom Fricktal aus ostwärts bis zum Gugli 1.SW. von Gansingen verfolgen; kleine un- bestimmbare Parkinsonien sind darin nicht selten. Am Laubberg süd- östlich Gansingen führen die Mergel über den Blagdenischichten nur noch vereinzelte Exemplare von Ostrea acuminata; sie sind die Ver- treter der unteren Acuminataschichten des Westens und haben ein Bruchstück einer Parkinsonia geliefert, die in der Berippung P.Garan- tiana nahe steht. Der Schichtkomplex über den unteren Acuminataschichten und unter den Spatkalken wird vom Fricktal nach Osten immer mergeliger. Am Wessenberg bei Mandach stellt er eine Wechselfolge gelber bis grauer oolithischer Mergel und oolithischer, bröckliger Mergelkalke mit vereinzelten Kalklagern dar (vergl. Tafel III, Fig. 4). Als be- zeichnende Fossilien erwähne ich vom Wessenberg Hemicidaris Koech- lini, Cidaris cucumifera, Limatula helvetica, Limea duplicata, Ostrea acuminata und häufige kleine Terebrateln. Parkinsonien, die in den entsprechenden Schichten an der Aare verbreitet sind, fand ich keine. Die Spatkalke (Ferrugineus-Schichten) sind im ganzen Dogger- zuge zwischen Frick- und Aare-Tal vorhanden und durch kleine Stein- brüche erschlossen; ihre oberen Lagen zeichnen sich dureh rote Fär- bung und durch den Gehalt von Eisenoolithkörnern aus. Betreffs des Facieswechsels in den Parkinsonischichten möchte ich nur hervorheben, dass in der Richtung von Ost nach West die tonigmergelige Facies zuerst in den oberen Horizonten verdrängt wird und am längsten in den unteren Acuminatenschichten erhalten bleibt. Fossilführung. Würmer. Serpula sp. Bryozoen. Vereinzelte Bryozoen. Korallen. Stöcke und Einzeltiere. 136 E. Brändlin. Echinodermen. Pentacrinus sp. ÿ Clypeus Ploti Klein. Cidaris maeandrina Ag. Echinobrissus Renggeri Des. Cidaris cucumifera Ag. Holectypus depressus Leske. Hemicidaris Koechlini Cott. Seeigelstacheln. Cidaris Zschokkei Cott. Brachiopoden. Rhynchonella obsoleta Sow. Terebratula sp. Rhynchonella sp. Lamellibranchiaten. Alectryonia flabelloides Lamk. Oxytoma Münsteri Bronn. Ostrea acuminata Sow. Pseudomonotis echinata Sow. Ostrea cf. obscura Sow. Modiola cuneata Sow. Lima cardiiformis Sow. Gervilleia sp. Lima impressa Morr. u. Lye. Cucullaea subdecussata Gldf. Limatula Helvetica Opp. Homomya cf. gibbosa Sow. Lima scabrella Terq. u. Jourd. Homomya sp. Limea duplicata Goldf. Pholadomya sp. Pecten Dewalquei Opp. Pleuromya sp. Pecten ambiguus Goldf. Trichites sp. Pecten disciformis Schübl. Pinna cuneata Phil. Gastropoden. Nerinea sp. Cephalopoden. Parkinsonia ? Garantiana d’Orb. Belemnites canaliculatus Schl. Parkinsonia sp. Belemnites Württembergicus Opp. Belemnites giganteus Schl. h) Variansschichten. Die Variansschichten stellen ruppige Kalke und Mergel, von 0,8—2,5 m Mächtigkeit dar, die oft, und besonders in den oberen Lagen, eisenoolithisch sind. (Vergl: Profil XXIX und XXX.) Fossilführung. Bryozoen. Bryozoen treten nicht häufig auf. Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura. 157 Würmer. Serpula sp. Gastropoden. Verschiedene Steinkerne. Echinodermen. Cyclocrinus cf. macrocephalus Qu. Echinobrissus clunicularis d’Orb. Holectypus depressus Leske. Collyrites ovalis Leske. Clypeus Hugü Ag. Brachiopoden. Rhynchonella varians Schl. Rhynchonella (Acanthothyris)spi- nosa Schl. Rhynchonella sp. (Stirnrand der Rh. inconstans Sow.) Rhynchonella (Acanthothyris) Crossi Walk. Rhynchonella cf. concinna Sow. Terebratula Fleischeri Opp. Terebratula dypticha Opp. Terebratula subbuceulenta Chap. u. Dex. Terebratula sp. Lamellibranchiaten. Alectryonia flabelloides Lamk. Ostrea cf. eduliformis Schl. Ostrea sp. Pecten disciformis Schübl. Pecten Rypheus d’Orb. Oxytoma Münsteri Bronn. Limatula Helvetica Opp. Lima cf. duplicata Sow. Modiola Lonsdalei M. u. Lyc. Modiola striolaris Mer. Lucina despecta Phil. Goniomya proboscidea Ag. Cardium sp. Quenstedtia sinistra Ag. Pholadomya Murchisoni Sow. Trigonia costata Sow. Homomya sp. Pleuromya sp. Cephalopoden. Perisphincten. Oppelia aspidoides Opp. Oppelia fusca Qu. Stephanoceras sp. Belemnites canaliculatus Schl. Belemnites Württembergieus Opp. i) Macrocephalusschichten. Die Macrocephalusschichten bestehen im Westen aus bis 20 m mächtigen, sandigen Mergeln und Kalken. Die Mergel stellen den unteren Teil des Schichtkomplexes dar und verursachen im Gelände über dem Doggersteilabsturze einen schmalen, aber .deutlichen Ter- 10 138 E. Brändlin. rassenboden. Die Kalke, vorherrschend ın der oberen Hälfte der Schichtserie auftretend, bilden mit den Birmensdorfer Schichten eine Steilböschung. Ostwärts werden die Kalke immer mehr durch Mergel ersetzt. Profil XXVIII liegt ziemlich an der Ostgrenze dieser merge- ligen, kalkigen Ausbildungsweise der Macrocephalusschichten. Zirka 11/4 km östlich davon sind dieselben am Nordhange des Tälchens süd- lich den Duhhalden 1. SW. von Ober Büren als ockergelbe und violett- braune Mergelschiefer mit grossen, braunen, linsenförmigen Oolith- körnern und einer Lage graugelben Mergels entwickelt. Ihre Mächtig- keit kann hier kaum 1 m betragen (es sind zirka 0,3 m der gesamten Schichtmächtigkeit aufgeschlossen). Im Oolith und in den graugelben Mergeln sammelte ich: Macrocephalites macrocephalus Belemnites cf. latesulcatus d’Orb. Schl. : Terebratula sp. Macrocephalites Herveyi Sow. Bryozoen (auf Steinkernen von Perisphinctes funatus Opp. Perisphincten). Belemnites subhastatus Ziet. Noch weiter östlich, an der Bürersteig (Profil XXIX) und am Wessenberg konnte ich die Macrocephalusschichten nicht mehr mit Sicherheit nachweisen; wahrscheinlich ist ihnen ein wenige Zenti- meter mächtiger Eisenoolith (in Profil XXIX der untere Teil der Schicht 3), der petrographisch mit den hangenden Ornatenschichten übereinstimmt, zuzuweisen. k) Ornatenschichten. Die Ornatenschichten werden von ockergelben bis grauen Kalken mit Konkretionen und Oolithkörnern gebildet und erreichen bis 0,4 m Mächtigkeit. Im Westen lässt sich, wie die Profile XXVIII und XXIX zeigen, eine untere Bank, die die Anceps- Athleta-Schichten repräsentiert, einer oberen, dem Divesien entsprechenden Schicht gegenüberstellen. An der Sulzersteig fand ich gerollte, von Pholaden angekohrte Ammonitenreste, die ihrer Gesteinsbeschaffenheit nach den Macrocephalusschichten entstammen dürften, in den Ornaten- schichten eingebettet. Fossilführung. Echinodermen. Cyelocrinus cf. macrocephalus Qu. Millericrinus sp. Brachiopoden. Rhynchonella sp. Terebratula sp. Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura. 139 Lamellibranchiaten. Lucina zonaria Qu. : Pholas sp. Ctenostreon sp. Pholadomya cf. Escheri Moesch. Hinnites sp. Gastropoden. Pleurotomaria Cypraea d’Orb. Pleurotomaria sp. Pleurotomaria cf. Oydippe d’Orb. Cephalopoden. Reineckia anceps Rein. Aspidoceras Babeanum d’Orb. Reineckia Greppini Opp. Cardioceras cordatum Sow. Perisphinctes sulciferus Opp. Cardioceras cordatum var. Peltoceras annulare Rein. Perisphinctes sp. Macrocephalites cf. macrocephalus Reineckia sp. Schl. Hecticoceras sp. Hecticoceras cf. Brighti Pratt. Belemnites latesulcatus d’Orb. Hecticoceras hecticum Qu. Belemnites calloviensis Opp. Quenstedtoceras cf. Lamberti Sow. Belemnites cf. hastatus Blv. 4 III. Tektonik. Der nördliche Aargauer Tafeljura zwischen Aare- und Fricktal umsäumt den Südostrand des Schwarzwaldes. Er wird von einer im grossen und ganzen nach Südosten einfallenden, den allmählich zur Tiefe sinkenden Grundgebirgssockel des Schwarzwaldes überlagernden Sedimenttafel aufgebaut. Die Grenze gegen Norden, gegen den Schwarzwald ist eine reine Erosionsgrenze. Dies zeigt sich in schönster Weise auch im land- schaftlichen Gepräge des Rheintales zwischen Leibstadt und Laufen- burg. Wir sehen hier, wie sich im Norden des Rheins der Schwarz- wald allmählich südwärts bis ins Tal abdacht und wie im Süden die Terrassenstufe des Triasplateaus steil aus der Rheinebene emporrast. Die Südgrenze des Aargauer Tafeljura wird vom Faltenjura ge- bildet; sie ist eine scharfe tektonische Grenze und tritt auch land- schaftlich sehr klar hervor, indem das sanft nach Süden einfallende Plateau plötzlich von den mächtig emporragenden Ketten des Falten- jura abgeschnitten wird. Mein Untersuchungsgebiet reicht nicht in die Grenzresion von Tafel- und Kettenjura; es endet südwärts in der Zone der sogenannten Mandacher Verwerfung. Nach Osten setzt sich die Sedimenttafel des untersuchten Gebietes in den Achenberg, nach Westen in den westlichen Aargauer Tafel- jura fort. 140 E. Brändlin. Die speziellere Tektonik des Untersuchungsgebietes wird durch zwei dem Schichtstreichen parallel verlaufende Aufbruchzonen zwi- schen Frick und Böttstein im Süden und zwischen Oeschgen und Leibstadt im Norden charakterisiert. Sie gliedern das Gebiet in Süd- west-Nordost streichende tektonische Zonen, die ich von Norden nach Süden bezeichne als 1. Tafelstück südlich des Rheins. Aufbruchzone Oeschgen—Leibstadt. Tafelstück Itenthal—W il. Zone der „Mandacher Verwerfung“. (Aufbruchzone Frick — Böttstein.) go 1 1. Tafelstück südlich des Rheins. Das Tafelstück südlich des Rheins bildet eine im allgemeinen 3—5° nach Südosten einfallende Sedimentplatte, die durch die Täler von Sulz, Mettau und Kaisten zerschnitten wird. Seine Südgrenze ist durch die Linie Sennhof—Leidikon—Tannmatt, nördlich des Käsi- bergs gegeben. Innerhalb der Sedimentplatte machen sich einige kleinere, tektonische Störungen bemerkbar. So wird das Plateau des Heuberges durch eine Flexur im Süden des Kaisterkopfes um etwa 50 m versenkt (Profil Nr. 23). E.Bloesch erklärt dieses Absinken durch eine Verwerfung, die er Laufenburger Verwerfung nennt und in gewissen Dislokationserscheinungen im Gneis am Rheinufer unter- halb Laufenberg wieder erkennen will.?6) Ferner erwähnt E. Bloesch eine Verwerfung im Muschelkalk bei Leibstadt, die er als Wandfluh- verwerfung bezeichnet (loc. cit. p. 625). Wir beobachten an der Wand- fluh unterhalb des Hauptmuschelkalkbandes, das den Plateaurand bildet, ein zweites, um etwa 80 m tiefer gelegenes Hauptmuschelkalk- band, das nur auf eine kurze Strecke längs des Gehänges verfolg- bar ist. Man kann mit Bloesch diese Erscheinung durch eine Ver- werfung erklären. Es gibt aber noch eine zweite Erklärungsmöglich- keit. Wir beobachten nämlich am Plateaurande zwischen Kaisten und Leibstadt, da, wodie Anhydritformation an den Gehängen ansteht, oft solche Hauptmuschelkalkpakete unterhalb des durchstreichenden Hauptmuschelkalkbandes, die nur als abgebrochene und in die Tiefe gerutschte oder gesackte Massen gedeutet werden können. Solche Ab- senkungen werden veranlasst durch Auslaugungen und Rutschungen in der unterteufenden Anhydritformation. Ich möchte auch die tiefer gelegene Muschelkalkmasse an der Wandfluh als ein verrutschtes 26) E. Bloesch: Zur Tektonik des schweizerischen Tafeljura. Neues Jahrbuch für Mineralogie etc. -Beilageband XXIX, p. 622. Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura. 141 Schichtpaket ansprechen. Die Möglichkeit zu Rutschungen ist hier grösser, als irgendwo am Plateaurande, da die Anhydritformation in ihrer ganzen Mächtigkeit über der Sohle des Rheintales ansteht. 2. Aufbruchzone Oeschgen-Leibstadt. Zwischen dem Käsiberg im Südwesten und Leibstadt im Nord- osten tritt wie Tafel I und II zeigen, ein Muschelkalkzug zutage, der die Keuperbildungen im Norden und im Süden überragt. Dieser Muschelkalkzug ist, beiläufig gesagt, ungefähr parallel jener Linie, längs welcher die kristallinen Gesteine des Schwarzwaldes unter dem sedimentären Deckgebirge verschwinden. Ich bezeichne ihn und seine Verlängerung nach Westen in die Keupergebiete als Aufbruchzone Oeschgen—Leibstadt. Tektonisch ist die Zone charakterisiert durch Aufpressung der Schichten, verbunden mit Ueberschiebung nach Süden. Der detaillierte Bau der Zone wird durch die Karte auf Tafel I und durch die Profilserie auf Tafel IT A und IIB erläutert. Wir sehen zunächst im Westen zwischen Frick- und Kaisterbach- Tal schwache Andeutungen antiklinaler Schichtstellung (Profile 30 bis 28). Gewölbebiegungen fand ich hier keine; es ist daher möglich, dass sich Verwerfungen an den Schichtstörungen beteiligen; es lässt sich aber darüber infolge der Schutt- und Diluvialdecken, die das an- stehende Gestein verhüllen, und auch infolge häufiger Rutschungen im Keuper nichts Bestimmtes aussagen. Im Kaisterbachtale zeigen sich dagegen schon intensive tekto- nische Störungen. Profil 27 gibt die am Käsiberg am rechten Ufer des Kaisterbaches beobachteten Verhältnisse wieder. Wir sehen dort an der alten Strasse I/tenthal—Kaisten steil südfallende, weiter berg- aufwärts sich flacher legende Trigonodusdolomit- und Hauptmuschel- kalkschichten und weiter nordwärts, durch Schuttbedeckung davon ge- trennt, ein verkehrt liegendes, südfallendes Hauptmuschelkalkschicht- paket. Noch nördlicher stehen in der Wiese ob der Strasse nahe dem Waldrande westsüdwestfallende Keupermergel an. Diese Beobach- tungen lassen sich durch die Annahme einer gegen Norden überliegen- den Falte, wie sie auf Profil 27 dargestellt ist, erklären. Es ist aber möglich, dass das verkehrt liegende Schichtpaket eine verrutschte oder gesackte Scholle darstellt, dann wären im Gebiete des Nordschenkels Verwerfungen anzunehmen. In den Muschelkalkgebieten lassen sich lokale tektonische Erscheinungen immer nur schwer von durch oberflächliche Bewegungen bedingten Lagerungsstörungen unter- scheiden. Auf alle Fälle fehlt in der faltenartigen Aufpressung eine ausgeprägte Gewölbebiegung und ein normaler Nordschenkel. 142 E. Brändlin. Die nächsten schönen Aufschlüsse finden sich gegen Osten im Tälchen südlich der Tannmatt, das die ganze Aufbruchzone quert. Hier ist ein flach nordfallender Nordschenkel und ein steil südfallen- der bis überkippter Südschenkel, dessen Schichten, z. B. der Trigo- nodusdolomit, teilweise ausgequetscht sind, nachweisbar, hingegen fehlt eine deutliche Gewölbebiegung ganz. Die beobachteten Verhält- nisse sind auf dem zwischen die Profile 25 und 26 eingeschalteten kleinen Profile dargestellt. Im Gebiete zwischen den beiden oben beschriebenen Aufschlüssen lässt sich die allmähliche Aufrichtung und Ueberkippung des Süd- schenkels, verbunden mit Ausquetschung der Schichten in der Rich- tung von Westen nach Osten leicht nachweisen. Das Verhalten des Nordschenkels ist hingegen infolge der Schuttbedeckung nicht er- kennbar. Steigen wir im Tälchen bei der Tannmatt das östliche Gehänge hinauf, so sehen wir wie der Trigonodusdolomit und nach und nach auch der Gipskeuper des Südschenkels ganz ausgequetscht werden, zwischen Lauberten und Eichrüti (Profil 25) stossen schliesslich die steil südfallenden Schichten des oberen mittleren Keupers des Süd- schenkels am nordfallenden oberen Muschelkalk des Nordschenkels ab. Die Verbindung zwischen den beiden Schenkeln ist somit zerrissen. Der Charakter der Zerreissungsfläche ist hier noch nicht erkennbar, wohl aber weiter im Osten, in den Zwangfohren. Die Aufbruch- zone bietet dort das folgende Bild: zwischen flach nordfallendem oberem Muschelkalke und flach südfallendem oberem Lias schiebt sich eine wenige Meter breite Zone Gips führender Mergel des Keupers ein, die ich als Rest des Südschenkels deute. Die Linie, längs welcher der Muschelkalk am Keuper abstösst, biegt am Gehänge unter Zwang- fohren nach Norden aus, und deshalb muss der Muschelkalk den Keuper auf einer nach Norden einfallenden Fläche überlagern (vergl. Tafel I und Tafel IIB, Profil 23). Der nordfallende Muschelkalk entspricht dem Nordschenkel der ‚Falte“ im Westen, Keuper und Lias sind die zerquetschten oder in der Tiefe zurückgebliebenen Teile ihres Südschenkels. Der Nordschenkel ist daher längs einer nord- fallenden Ebene über den zerrissenen und zerquetschten Südschenkel geschoben worden und damit hat sich aus der Falte eine Ueber- schiebung gebildet, die ich als Mettauer Ueberschiebung bezeichne. Weiter nach Osten zeigt die Aufbruchzone bis nach Leibstadt immer den gleichen Bau (vergl. Profil 23—7). Besonders schön kann man diesen in den Quertälern von Sulz und Mettau studieren. Der auf- gepresste Muschelkalkzug tritt hier an beiden Talseiten orographisch klar hervor. Seine Ueberschiebung über die Tafel im Süden; d.h. die Mettauer Ueberschiebung, ist deutlich nachweisbar, indem die Ueber- D) Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura. 143 schiebungslinie, wie Tafel I zeigt, beim Queren der Täler Ausbuch- tungen nach Norden ausführt. An der Ueberschiebungsfläche zeigen sich am Stirnrande der aufgepressten Muschelkalkmasse steil süd- fallende, öfters sogar nach Süden überkippte Schichtpakete; ferner ist die Tafel im Süden der Aufbruchzone stellenweise aufgerichtet, ihre Schichten fallen dann nach Süden ein. Diese nach Süden ein- fallenden und südwärts überkippten Schichtpakete?7) sind als Reste des Südschenkels zu deuten, was besonders klar am Westhange des Tales von Sulz zu erkennen ist. Die aufgepresste Muschelkalkzone selbst entspricht dem Nord- schenkel der Falte im Westen. Der Betrag der Aufpressung der Sedi- mente erreicht bis 180 m. | In der Aufbruchzone Oeschgen—Leibstadt sind an verschiedenen Orten Anzeichen von Querstörungen vorhanden. Zu diesen rechne ich eine lokale Drehung der Mettauer Ueberschiebungsebene aus der SW.—NO.- in die SO.—NW.-Richtung, die in einem kleinen Steinbruch ob der oberen Brühhalde im Südwesten von Leibstadt in prachtvoller Weise aufgeschlossen ist. Der Hauptmuschelkalk, der senkrecht aufgerichtet, stellenweise sogar südwärts überkippt und nach unten ausgequetscht ist, überlagert auf einer zirka 40° nach Südwesten einfallenden Ebene geschieferten Schilfsand- stein. Von besonderem Interesse ist es, dass hier das Streichen des Hauptmuschelkalkes (N.50°0.) annähernd senkrecht zum Streichen der Ueberschiebungsebene und des Schilfsandsteins (N.50°W.) ver- läuft, und dass die Ueberschiebungsebene infolge der Drehung nach Südwesten einfällt. Weitere Anzeichen von Querstörungen beobachtete ich noch am Strässchen von Sulzerberg nach P. 469. Der Hauptmuschelkalk ver- schwindet hier mit verworrenem Streichen und Fallen westwärts plötzlich unter Trigonodusdolomit und im Norden der Ueberschiebung tritt oberer mittlerer Keuper im Niveau des Lias auf. Der Charakter der tektonischen Störung ist aber der Schutt- und Lehmbedeckung wegen nicht erkennbar. Ferner scheint östlich des Hoh-Bützig, dessen Hauptmuschel- kalkschichten domförmig aufgewölbt sind, eine Querdepression, die 27) Diese Schichtpakete bestehen meistens aus Hauptmuschelkalk. Im Norden des Olspels, nördlich Wil, liegt im Süden der Mettauerüberschiebung eine Keupermasse, in der ich weder Streichen noch Fallen bestimmen konnte und die ich einem solchen Schichtpakete zuteilte; sie Kann aber auch dem Tafelstücke Itenthal-Wil angehören und müsste dann vom Lias des Olspels durch eine kleine Verwerfung abgegrenzt werden (vergl. E. Bloesch, loc. eit. Taf. XX). 144 E. Brändlin. Trigonodusdolomit in das Niveau des Hauptmuschelkalkes bringt, vor- handen zu sein. Diese Querstörungen sind vielleicht durch verschiedene Inten- sität der Aufstauung bedingt. Es ist aber schwer zu sagen, ob und wie weit: sie nicht auch als Folgen der Auslaugung in der unter- teufenden, über den Talsohlen anstehenden Anhydritformation zu deuten sind. 3. Tafelstück Itenthal-Wil. Das Tafelstück Itenthal— Wil liegt zwischen den Aufbruchzonen und ist im Osten bis 5 km breit und verschmälert sich nach Westen bis auf 300 m Breite. Im Fricktale, wo die nördliche Aufbruchzone verschwindet, bilden das Tafelstück Itenthal—Wil und dasjenige süd- lich des Rheins eine einheitliche flach südfallende Platte. Im Osten, in der Gegend des Wessenberges, durchsetzt eine Nord- Nordost streichende Verwerfung, deren Ostflügel abgesunken ist, das Tafel- stück. Von besonderem Interesse sind die Lagebeziehungen der Tafel- stücke im Norden und im Süden der Aufbruchzone Oeschgen— Leib- stadt. Im Osten und in der Mitte des untersuchten Gebietes liegen die gleichaltrigen Schichten beider in ein- und derselben flach süd- ostfallenden Ebene, wie dies besonders gut aus Profil 13 ersichtlich ist. Die beiden Tafelstücke haben daher bei der Aufpressung des Muschel- kalkzuges keine, oder beide dieselbe Vertikalbewegung ausgeführt. Im Western aber, wo sich die beiden Aufbruchzonen nähern, ist das Ver- halten der Tafelstücke zueinander ein anderes. Das Tafelstück Iten- thal— Wil wird von der Bewegung erfasst und teils emporgepresst (Profil 25, 26 und 27), teils herabgedrückt (Profil 29). 4. Zone der „Mandacher Verwerfung‘‘ oder Aufbruchzone Frick-Böttstein. Längs der sog. Mandacher Verwerfung tritt zwischen Sulz und Mandach ein schmaler, äuer zu den Tälern streichender Keuperzug, rings von Jurasedimenten umschlossen zutage. Ich bezeichne deshalb dieses Gebiet und seine Verlängerung nach Osten und nach Westen als Aufbruchzone Frick— Böttstein. Auffällig ist die Richtung dieser Zone. Sie bildet mit dem Muschelkalkaufbruch gegen Westen einen spitzen Winkel und ver- läuft den Falten des Kettenjura parallel. Der tektonische Bau der Zone ist auf Tafel I und besonders auf Tafel IIA und IIB dargestellt. Am einfachsten und in der Orographie der Gegend kaum zum Ausdrucke kommend gestalten sich die Störungen im Norden des Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura. 145 Frick- und des Schinberges zwischen Frick und Obersulz. Wir be- obachten am Nordabhang dieser Berge die Keuper- und die Lias- und zum Teil auch die Opalinusschichten in doppelter Lagerung. Das untere Keuper-Lias-Opalinusband fällt flach, das obere wenigstens im Westen steil nach Süden ein. Zwischen beiden Bändern verläuft eine Verwerfung, deren Charakter sich da, wo sie die Täler quert, offenbart. Die Linie, in welcher die Verwerfung zutage tritt, buchtet in den Tälern etwas nach Süden aus (Tafel I). Die Verwerfungsebene muss daher nach Süden einfallen. Weiter im Osten, an der Aare, konnte der Einfallswinkel direkt gemessen werden, er beträgt 60°. Längs der Mandacher Verwerfung zwischen Frick—Obersulz be- obachtete ich einige interessante tektonische Erscheinungen. So ist im Sandsteinbruch nördlich Itenthal im Süden der ,,Mandacher Ver- werfung‘“ eine oben flach, unten immer steiler nach Nordeneinfallende Verwerfung prachtvoll aufgeschlossen. Sie ist auf Textfigur 1 dar- gestellt, ferner auf Tafel II, Profil 27, hier mit der Annahme, dass die Aufrichtung der Verwerfungsebene nach der Tiefe zu weiter anhält. Fig.1. Sandsteinbruch nördlich Jtenthal. Obere Mergelgruppe 10m Gansinger Dolomit Untere bunte Mergel sm m Schilfsandsteingruppe om sm 10m 15m 20m wm Erwähnen möchte ich auch ein im Breitenacker westlich Obersulz an der Mandacher Verwerfung beobachtetes, steil aufgerichtetes bis nordwärts überkipptes Liasschichtpaket, dessen Schichten zum Teil ausgequetscht sind, und das wohl als Rest des Verbindungsstückes zwi- schen den beiden Verwerfungsflügeln zu deuten ist (Prof. 22). Von Obersulz an ostwärts tritt die „Mandacher Verwerfung‘ in klarer Weise im Landschaftsbilde hervor. Die Plateauberge des braunen Jura im Norden von ihr werden vom Steilabsturze der Braun- juraplatte im Süden der Verwerfung überragt. Zwischen beide schie- ben sich, das Ausstreichen der Verwerfung bezeichnende sattelförmige Tälchen ein, die von Keuper-, Lias- und Opalinusschichten gebildet werden. Neben der ,,Mandacher Verwerfung‘ zeigen sich, wie die Profile 20—12 zeigen, oft begleitende kleinere Brüche. 146 E. Brändlin. Besondere Aufmerksamkeit verdient die ,,Mandacher Ver- werfung im Süden des Mühlberges und des Wessenberges, da sie hier eine Linie antiklinaler Schichtstellung bezeichnet (Profil 10—7). Diese Beobachtung ist für das Verständnis der Entstehungsweise der „Mandacher Verwerfung“ wichtig; ebenso die tektonischen Erschei- nungen, die weiter ostwärts am Böttenberge zu konstatieren sind. Hier streicht im Norden der ,,Mandacher Verwerfung‘ eine interessante, flach nach Süden einfallende Ueberschiebung, die auf das Gebiet des Böttenberges beschränkt ist, aus. Der Beginn der Ueberschiebung ist am Ostrande in einem kleinen Steinbruche aufgeschlossen. Text- figur 2 gibt die dort beobachteten Verhältnisse wieder. Die Ueber- schiebung erstreckt sich auf eine Länge von 1 km und hebt die Schichten um etwa 70 m empor. Die Aufbruchzone erhält durch sie hier, wie Profil 3 zeigt, den Charakter eines zerbrochenen Gewölbes. Fig.2. Kleiner Steinbruch am Böttenberg. Beginnende Uberschiebung S. W. = 2m A 1m 5m (| PA LAINE. 1m 2m sm “m — Spalkalk Varians- Ferrugineusschichten schichten Im Osten des Böttenberges ıst noch jene längst bekannte Stelle im Tobel unter den Häusern von Schmidberg an der Aare, wo das Einfallen der ,,Mandacher Verwerfung‘ zu beobachten ist, hervor- zuheben. Die dort aufgeschlossene Verwerfung ist auf Textfigur 3 veranschaulicht. Fig.3. Bachbett südwestlich Schmidberg bei Bottstein. Mandacher Verwerfung Die antiklinale Schichtstellung in einem Teile der Aufbruchzone längs der ,,Mandacher Verwerfung‘‘, ferner die Gestalt eines zer- Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura. 147 brochenen Gewölbes, die sie am Böttenberge annımmt, und auch das Einfallen der Verwerfungsebene nach Süden deuten darauf hin, dass wir die tektonischen Erscheinungen längs der ,,Mandacher Ver- werfung“ nicht durch Annahme einfacher Vertikalbewegungen er- klären können, sondern viel eher durch die Voraussetzung eines tangen- tialen Schubes. Für einen solchen sprechen auch die Lagebeziehungen der Tafelstücke, die die beiden Aufbruchzonen begrenzen. Die Tafel- stücke zu beiden Seiten des Hauptmuschelkalkaufbruches liegen, wie schon betont wurde, in ein- und derselben flachen südfallenden Ebene und das Tafelstück im Süden der Aufbruchzone Frick—Böttstein kommt in geringer Entfernung von der „Mandacher Verwerfung“ unter diese gedachte Ebene zu liegen. Die tektonischen Erscheinungen längs der ,,Mandacher Ver- werfung‘“ sind der Hauptsache nach durch Aufpressung der Gesteine, verbunden mit Zerreissungen und Ueberschiebungen längs einer zirka 60° nach Süden fallenden Ebene zu erklären. Die .,Mandacher Ver- werfung‘ dürfte daher richtiger als Mandacher Ueberschiebung be- zeichnet werden. 5. Allgemeines über die Tektonik. Die tektonischen Leitlinien des östlichen Tafeljura stehen in be- stimmter Beziehung einerseits zum Kettenjura ım Süden, andererseits zum Schwarzwald ım Norden. Ein Blick auf eine geologische Uebersichtskarte der Nordschweiz zeigt, dass die Störungslinie Frick— Böttstein ungefähr parallel ver- läuft dem Nordrande des Faltenjura, der sich 7—10 km weiter im Süden zwischen Bötzberg und Lägern, hinzieht. Diese Uebereinstim- mune der Streichrichtungen der Störungslinie und der Jurafalten scheint für den genetischen Zusammenhang der beiden zu sprechen. Der tektonische Bau der Zone Frick—Böttstein, der wie früher ge- zeigt wurde, durch Aufpressung und Ueberschiebung der Schichten nach Norden charakterisiert wird, unterstützt diese Anschauung. Das Streichen des Hauptmuschelkalkaufbruches verläuft dem Südostrande des Schwarzwaldes parallel und trifft somit gegen Westen mit der zum Jurasystem gehörenden „Mandacher Verwerfung‘“ unter spitzem Winkel zusammen. Beide Störungslinien begrenzen eine von Osten nach Westen naturgemäss sich immer mehr verschmälernde Schichtplatte (Tafelstück Itenthal—Wil). Dieselbe zeigt eine schwache Neigung gegen Südosten. Von Bedeutung ist es, dass die Schichten dieses Tafelstückes zu den gleichaltrigen im Norden und und Süden der beiden Aufbruchzonen je in dasselbe Niveau sich ein- stellen, entsprechend der Neigung der gesamten Tafel nach Süden. 148 E. Brändlin. Während man früher die tektonischen Erscheinungen des unter- suchten Gebietes mehr durch Annahme einer grabenartigen Ver- senkung der Tafel zwischen den Störungslinien Oeschgen—Leibstadt im Norden und Frick—Böttstein im Süden erklären wollte, zeigt meine Arbeit, dass es sich eher um eine Aufpressung der Sedimente längs der beiden Störungslinien handelt, wobei der Schub innerhalb der südlichen Aufpressungszone von Süden nach Norden, innerhalb der nördlichen mehr von Norden nach Süden gerichtet erscheint. Mineralogisches und Geologisches Institut der Universität Basel. Februar 1911. Bericht über das Basler Naturhistorische Museum für das Jahr 1910. Von Fritz Sarasin. Allgemeines. Die Raumnot, welche namentlich in der Geo- logischen und Osteologischen Abteilung unseres Museums mehr und mehr sich geltend macht, ist durch ein neues Provisorium gemildert worden, indem die hohe Regierung der Naturhistorischen Kom- mission den Rollerhof zur Verfügung gestellt hat, dessen erster Stock für osteologische, der zweite für geologische Sammlungen und Arbeitszimmer Verwendung finden sollen. Damit sind nun Teile unserer Bestände in vier verschiedenen Häusern ausserhalb des Museums untergebracht, wodurch Uebersicht und Verwaltung keineswegs erleichtert werden, ganz abgesehen davon, dass durch diese beständig notwendig werdenden Verschiebungen die Samm- lungen selbst Schaden nehmen. Die zur Beschränkung der Feuers- gefahr seit zwei Jahren im Schoosse der Museumskommission und der Naturhistorischen Kommission reiflich diskutierten und als wünschbar erkannten Veränderungen in der Anlage unseres Diener- laboratorıums, welches bekanntlich das Dachgeschoss eines dem Staate nicht gehörigen Nachbarhauses am Schlüsselberg bildet, konnten leider infolge der unerfreulichen Finanzlage des Staates noch nicht in Angriff genommen werden. Der Freiwillige Museumsverein hat uns auch dieses Jahr in reichem Maasse seine Förderung zuteil werden lassen, indem er uns neben seinem regelmässigen ‚Jahresbeitrag noch die Mittel zum An- kauf folgender Sammlungen in entgegenkommendster Weise zur Ver- fügung gestellt hat: Fr. 600.— für eine Sammlung von Keuper- pflanzen aus der Neuenwelt (Dr. Frz. Leuthardt), Fr. 200.— für Fossilien aus der Karpathischen Juraformation und aus dem Tertiär des Wiener Beckens (Cand. geol. W. Bernoulli) und Fr. 840.— zum An- kauf einer Serie von Antilopenbälgen und Schädeln aus dem Sudan (Dr. Ad. David); hiezu Fr. 500.— Aufstellungskosten unseres 150 Fritz Sarasin. Okapi. Wir haben es ausschliesslich dieser wertvollen Beihilfe des Museumsvereins zu verdanken, dass wir uns in den Erwerbungen etwas freier bewegen können, als dies möglich wäre, wenn wir uns bloss auf den regulären Beitrag des Staates und den gleichfalls freiwillig geleisteten Zuschuss der Gesellschaft zur Beförderung des Guten und Gemeinnützigen, sowie auf die Zinsen unserer Kapitalien (Naturhistorischer Fonds und Rütimeyerstiftung) an- gewiesen sähen. Die Zinsen der Rütimeyerstiftung sind dieses Jahr, mit Ausnahme von Fr. 200.—, ganz der Osteologischen Ab- teilung zu gute gekommen. Für Installationsbedürfnisse hat uns die Allgemeine Museums- kommission Fr. 2300.— überwiesen, für ausserordentliche Mobiliar- anschaffungen der Staat Fr.2450.— und das Initiativkomitee für die Museumsbauten Fr. 2070.—. Die Versicherungssumme der Natur- historischen Sammlung gegen Feuerschaden ist auf Fr. 770,000.— erhöht worden von Fr. 700,000 ım Jahre 1907. Herr Theodor Meyer zum Pfeil, ein treuer Freund unseres Museums, der in diesem Jahre zu Gagny bei Paris verstorben ist, hat unserer Bibliothek eine Reihe wertvoller Werke naturhistorischen und allgemeinen Inhalts durch letztwillige Verfügung vermacht und uns hiedurch zu lebhaftem Danke verpflichtet. Die Bücher sollen mit einem Stempel: ,,Legat des Herrn Theodor Meyer zum Pfeil“ zu bleibendem Andenken versehen werden. Die laufenden Geschäfte sind von unserer Kommission in vier Sitzungen erledigt worden. Wir gehen nun zu den einzelnen Ab- teilungen über: Zoologische Sammlung. (Vorsteher F. S.) Säugetiere. Unter den in der Sammlung zur Ausstellung ge- langten Stücken ist in erster Linie das Okapi zu erwähnen, welches von dem verstorbenen Dr. J. J. David am 23.November 1903 am Loyafluss, einem Nebenfluss des Ituri, erlegt worden und mit Ge- nehmigung der Kgl. Belgischen Staatsregierung dem Basler Museum geschenkt worden ist. Der seltene Balg war so defekt, dass wir lange im Zweifel waren, ob eine Aufstellung überhaupt möglich sei; schliesslich ist es aber doch der Firma Umlauff im Hamburg gelungen, das Tier in einer Weise aufzustellen, dass der Beschauer einen richtigen Eindruck von der Eigenart dieses selt- samen Vorläufers der Giraffe erhält. Das Tier ist in einem eigenen Glasschrank zur Ausstellung gebracht worden. Von grösseren Stücken wurden ferner der Schausammlung eingereiht ein Schnee- Basler Naturhistorisches Museum. 151 panther, ein Rhonebiber und ein Zebra und zwar das ostafrika- nische Equus chapmannı boehmi Matsch. Damit sind nun die wich- tigsten Zebraformen in unserer Ausstellung vertreten, das Quagga, das eigentliche Equus Zebra, Grevy’s Zebra, das typische Chap- manns Zebra und die dreı Unterarten Boehmi, Granti und Mariae. Unter den Ankäufen der Säugetiersammlung ist weitaus der wichtigste derjenige der Ausbeute des Herrn Dr. Ad. David von seiner letzten Sudan-Reise, die Bälge von 6 verschiedenen und ihrer Herkunft nach genau bestimmten Antilopenarten umfassend, von denen vier der Gattung Cobus, eine der Gattung Bubalis und eine der Gattung Tragelaphus angehören; hiezu noch ein Zebra- balg aus Britisch-Ost-Afrika, von einer früheren Reise des Herrn David herstammend. Aus Sardinien wurde ein Mufflon-Balg an- geschafft. Geschenke von Säugetieren verdanken wir den Herren ee Bontana, Dr. E. Graeter, Dr. A. Masarey, P. u. F. $., Dr. A. Vischer und dem Zoologischen Garten. Die Artenzahl unserer Sammlung wuchs um 10 (1 neue Gattung). Vögel. In der Vogelsammlung sind gleichfalls, soweit es der Raummangel noch zuliess, einige neue Erwerbungen der Ausstel- lung eingereiht worden, so der sehr seltene, noch nicht lange ent- deckte Casuarius unappendiculatus mitratus Rothsch. (Rütimeyer- stiftung) aus Neuguinea, ein Pinguin, Aptenodytes patagonica (Forst.) von den Falkland-Inseln, im sonderbaren, uniformbraunen Jugendkleid, das von dem des Erwachsenen ausserordentlich abweicht, weiter das im letzten Jahresberichte erwähnte Paradiesvogelpaar, Parotia wahnesi Rothsch. und ein Riesenkuckuck von den Salomonsinseln, Cen- tropus albidiventris Rothsch. Die Ausstellung einheimischer Vögel wurde bereichert durch eine Bruthöhle des Eisvogels mit dem Elternpaar und drei Jungen aus dem Kanton Aargau, ein Nest des Hauben- steissfusses mit den Eltern und vier Nestjungen vom Zürichsee, eine Eiderente von Ermatingen, Thurgau, Reiherente vom Bodensee und eine Sperlingseule aus dem Domleschg. Angekauft wurden ferner Bälge einiger für uns neuer Arten aus Neuguinea, Borneo, Hinterindien, Formosa, Abessinien, Madagaskar und den Galapagos- Inseln, darunter der seltene, auf dieser Inselgruppe endemische Pinguin, Spheniscus mendiculus Sundew.; unter diesen Ankäufen befinden sich 8 für uns neue Gattungen (siehe die Anhangslisten). Unter den Geschenken ist in erster Linie eine Vogelsammlung zu nennen, welche Herr Dr. A. Masarey als Schiffsarzt längs der Westküste von Süd- und Zentralamerika angelegt hat; es sind 15 Arten, von denen wir 11 noch nicht besessen hatten; willkommen waren darunter besonders einige seltene marine Spezies und 3 für uns neue Genera (siehe ebenda). Andere Gaben gingen ein von 152 Fritz Sarasin. den Herren Dr. H. Christ, Joh. Meier in Sydney, A. Wendnagel und dem Zoologischen Garten. Die Artenzahl unserer Vogel- sammlung stieg um 32, die der Gattungen um 19. Reptilien und Amphibien. Dieser Abteilung wurden 39 neue Arten und 4 Gattungen zugeführt und zwar vornehmlich durch Geschenke. Angekauft wurden bloss 5 noch nicht vertretene Spezies aus Westafrika, Uganda und Venezuela. Durch Tausch mit den Museen von Genf, Hamburg und Washington kamen 11 Arten aus Transvaal, Mozambique, Südwestaustralien und den Philippinen hinzu, worunter 7 für die Sammlung neue und die noch nicht repräsentierte Gattung Homopholis aus Südafrika. Der oben schon erwähnte Herr Dr. A. Masarey erbeutete auf seiner Reise nicht weniger als 33 süd- und zentralamerikanische Kriechtierarten, welche er uns als Geschenk mitbrachte; davon hatten uns 14 gefehlt, sowie 3 Genera (siehe die Geschenkliste). Eine Art war neu für die Wissenschaft und hat den Namen Bor- borocoetes masareyi Roux erhalten. Weiter sind als Donatoren dieser Abteilung zu nennen die Herren A. @hrdini, Genf, Dr. L. Gough, Pretoria, Dr. P. Revilliod, Basel, G. Schneider, Basel, Dr. 4" Vischer, Urfa und der Zoologische Garten. Endlich sind uns als Gegenwert für Bestimmungsarbeiten, welche Herr Dr. J. Roux für andere Museen ausgeführt hat, mancherlei Materialien zuge- sangen, so von den Naturhistorischen Museen in Freiburg, Genf, Lausanne, Neuenburg und Wiesbaden, sowie von Herrn Dr. .J. Elbert in Frankfurt a/M. Fische. Die Sammlung der Fische ıst um 64 neue Arten und 19 neue Gattungen gewachsen. Wir verdanken dies vor allem dem Leiter der Zoologischen Anstalt der Universität, Herrn Prof. F. Zschokke, welcher die Güte hatte, uns aus seiner Unterrichts- sammlung 90 Arten, von den verschiedensten Fundstellen her- stammend, zu übergeben. Wie mangelhaft unsere Fischsammlung noch ist, mag man daraus ersehen, dass von diesen 90 Spezies 36 uns gefehlt hatten, sowie 7 Genera (siehe für die Namen die Ge- schenkliste). Verhältnismässig noch grösser war der Zuwachs, den uns die Ausbeute des Herrn Dr. Masarey von der amerikanischen Westküste gebracht hat, indem von ihren 27 Arten nicht weniger als 26 und 12 Gattungen (siehe ebenda) noch nicht vertreten ge- wesen waren. Einige weitere Arten sandte uns das Naturhistorische Museum Freiburg (Schweiz). Gekauft wurde ein Coregonus aus dem Sempachersee. Wirbellose Tiere (ausser Insekten). Mollusken. Wir haben den Vorteil gehabt, für die Ordnungsarbeit in dieser umfangreichen Ab- teilung Herrn Dr. G. Bollinger zu gewinnen, was um so will- Basler Naturhistorisches Museum. 153 kommener ist, als der Vorsteher, der bis jetzt etwa 1000 Arten nach- bestimmt hatte, allein niemals die gewaltige Arbeit hätte zu Ende führen können. Herr Bollinger hat ın diesem Jahre die beiden schwierigen Gruppen der Pupen und Clausilien, so weit sie noch nicht neu bestimmt waren, fertig katalogisiert und geordnet; wir verdanken ihm auch einige Ergänzungen unserer Schausammlung schweizerischer Mollusken. Einige Achatinen von der englischen Goldküste schenkte Herr Dr. H. Christ, marine Mollusken die Herren F. Zahn-Geigy und Dr. A. Masarey. Herr Dr. E. Schenkel entdeckte wieder in Basel eine lebendige Helix adspersa Müll. und zwar an einer Mauer der Mülhauserstrasse (siehe über das Vor- kommen dieser südlichen Schnecke in unserer Gegend die früheren Jahresberichte). Ferner gelang es durch Vermittlung des Herrn P. Pallary in Oran eine ausgezeichnete Serie der so sehr eigenartigen Süsswassermolluskenfauna des Tanganıka-Sees zu erwerben, welche eine Zeit lang als jurassisch-marines Relikt in der Literatur eine Rolle gespielt hat. Die Sammlung umfasst 45 für uns neue Arten und viele neue Gattungen (Geschenk von F. 8.). Arthropoden. Die Sammlung der Krebse erhielt Zuwachs durch Herrn Dr. R. LaRoche, der dem Museum seine ın Deutsch- Ostafrika angelegte Kollektion von Süsswassercrustaceen geschenk- weise übergab, sowie durch die Herren Dr. A. Masarey und Dr. A. Vischer in Urfa. Schweizerische Myriopoden und Arachniden verdanken wir den Herren Dr. P. Revilliod und Dr. E. P. Merian. Von den im Berichtsjahre in der Zoologischen Sammlung aus- geführten Arbeiten sind zu nennen die Bestimmung und Katalogı- sierung zahlreicher Mollusken durch Herrn Dr. @. Bollinger und den Vorsteher, die Revision und Katalogisierung eines grossen Teils unserer Crustaceen durch den Custos, Herrn Dr. J. Roux, sowie die Bestimmung der verschiedenen eingelaufenen Kollek- tionen von Vögeln, Reptilien, Amphibien, Fischen u. s. w. durch Custos und Vorsteher. Ausserdem hat Herr Roux den Museen von Freiburg, Genf, Lausanne, Neuenburg, Frankfurt und Wies- baden Kriechtiersammlungen bestimmt und folgende Arbeiten erscheinen lassen oder für den Druck vorbereitet: Reptilien und Amphibien aus Uganda, Revue Suisse Zool., Neubeschreibung von Calohyla sundana Petrs., Zool. Anz., Eine neue Cystignathiden- Art aus Chile, ebenda, Les Zèbres de la Collection du Musée de Bâle, Revue Suisse Zool., Eine neue Helicopsart aus Brasilien, Zool. Anz., A propos des Genres Astaconephrops Nob. et Cheraps Erichs, ebenda, Reptilien und Amphibien von den Sunda-Inseln, Zool. Jahrb., Nouvelles espèces de Décapodes d’eau douce de Papouasie, Notes Leyden Mus. ul 154 Fritz Sarasin. Museumsmaterialien wurden ausgeliehen an Herrn Dr. R. de Lessert, Genf, Herrn Dr. E. P. Merian, St. Gallen, Herrn Dr. St. von Bolkay, Budapest und Herrn Dr. Rothenbühler in Bern. Für die Entomologische Abteilung war, nach dem Berichte ihres Vorstehers, des Herrn Prof. L. G. Courvoisier, das Jahr 1910 ein besonders stilles infolge der langen Krankheit des verdienten freiwilligen Konservators, des Herrn Hans Sulger. Doch hat der-. selbe, so weit es möglich war, das Umstecken der Schmetterlinge aus den alten kleinen Rahmen in die neuen grösseren fortgesetzt und dabei grosse Teile der Sammlung revidiert. Herr Sekundarlehrer Liniger hat die Sammlung schweizerischer Käfer und damit überhaupt die vereinigte Coleopteren-Sammlung fertig geordnet, daneben eine grössere, uns von Herrn Dr. med. Masarey geschenkte südamerikanische Sammlung von Coleopteren, Orthopteren und Hemipteren gesichtet und eingeordnet und anderes bisher unbearbeitetes Insekten-Material durchgesehen. Ferner hat er auf Wunsch des Privatdozenten, Herrn Dr. Steinmann, für die Unterrichtssammlung der zoologischen Anstalt der Universität eine kleine Auswahl der verschiedenen Insektengruppen zusammengestellt, sowie eine grössere Zahl von Libellen an Herrn Dr. med. Ris in Rheinau behufs Determination abgesandt. An Geschenken sind eingegangen die erwähnten Insekten von Herrn Dr. Masarey, sowie Schmetterlinge aus Sumatra von Herrn Dr. Baumber ger. Von Ankäufen sind besonders zu nennen grössere Schmetter- lingsserien von den Händlern Ribbe in Dresden, Rolle in Berlin und Wullschlegel in Martigny. Osteologische Sammlung. (Bericht des Vorstehers Dr. H. G. Stehlin.) Der Ausbau der osteologischen Sammlungen ist im Jahre 1910 nach dem in früheren Berichten entwickelten Programme nach Kräften weiter gefördert worden. Von der oben erwähnten, aus einem Extrakredit des Freiw. Museums- vereins erworbenen David’schen Sammlung sind der Abteilung acht Antilopenschädel zugefallen (siehe Greschenkliste). Weitere Be- reicherung an rezenten Osteologicis verdanken wir Herrn Dr. A. Masarey und der Direktion des Zoologischen Gartens (siehe ebenda). Aus den jüngern Pleistocänbildungen unserer Umgebung (Niederterrasse und Löss) sind uns wiederum eine ganze Reihe von Säugetierresten zugegangen. Sie sind in der Mehrzahl Geschenke Basler Naturhistorisches Museum. 155 von Gönnern, denen wir hier nochmals unsern verbindlichsten Dank aussprechen. Besondere Hervorhebung verdienen ein ca. 1 Meter langes Stosszahnfragment und ein Milchzahn von Elephas primi- genius aus der Kıesgrube auf dem Ruchfeld, das erstere der Samm- lung zugeführt durch Herrn cand. phil. F. Zyndel. Sehr bedeutend ist dank dem Eifer unseres unermüdlichen Korrespondenten, Herrn Pfarrer H. Iselin in Florenz, die Ausbeute aus den altpleistocänen Ablagerungen des Chianatales gewesen. Besonders hervorragende Stücke derselben sind : ein schöner Schädel von Cervus euryceros und ein noch vollständigerer von Bos primi- genius, diverse Zähne von Elephas antiquus und von Elephas primi- genius (der im italienischen Pleistocän zu den Seltenheiten ge- hört), sowie eine Mandibel von Equus asınus. Herrn Iselin sei wiederum unser wärmster Dank gesagt. Von dem inzwischen ver- storbenen Herrn Th. Meyer erhielten wir 3 Zähne von Elephas antiquus von Flins (S. et O.). Dank freundlichem Entgegenkommen von Herrn FI. Ameghino, Direktor des Museums in Buenos Aires, sind wir auf dem Tausch- wege in den Besitz von Aboüssen eines ganzen Skelettes, sowie des Hinterfusses von Machaerodus neogaeus aus der Pampasformation Argentiniens gelangt. Sie werden uns bei der Rekonstruktion des im vorigen Bericht erwähnten, nicht ganz vollständigen Skelettes des europäischen M. cultridens vorzügliche Dienste leisten. Die Hauptunternehmung des Jahres war die Fortsetzung der Ausgrabungen im Oberpliocän von Seneze. Sie hat uns neben zahl- reichen kleinern Objekten ein Antilopenskelett, zwei Pferdeskelette, drei Hirschskelette und verschiedene Pferd- und Hirschschädel ein- gebracht. Weniger bedeutend waren diesmal die Eingänge aus Val d’Arno. Vergangenen Herbst haben wir im Oligocän von Küttigen bei Aarau eine Ausgrabung veranstaltet, die nicht sehr umfangreiche, aber immerhin interessante Reste von 10 Säugetier- und mehreren Reptilarten ergab. Den Herren Prof. Mühlberg und Ingenieur‘ Rychner in Aarau, sowie den Gemeindebehörden von Küttigen, die uns bei dieser Unternehmung ihre wohlwollende Unterstützung gewährten, sei auch an dieser Stelle unser verbindlichster Dank aus- gesprochen. Endlich konnten unsere Belegserien von verschiedenen Fund- orten des Untermiocäns, des Oligocäns und des Eocäns vervoll- ständigt werden. Einige Geschenke von Fossilien aus dem älteren Tertiär und dem Mesozoïcum sind in der Geschenkliste aufge- führt. Das wichtigste derselben ist ein Ganoidfisch aus den durch 156 Fritz Sarasin. ihren Pflanzenreichtum bekannten Keuperschichten der Neuen Welt, gefunden und geschenkt von Herrn Dr. Gutzwiller. Der Raumnot der Abteilung ist durch die Ueberlassung zweier Zimmer im ersten Stock des grossen Rollerhofes bis auf weiteres abgeholfen worden. Sehr zu statten kamen uns auch Kreditgewäh- rungen des Staates und des Initiativkomitees für die Museumsbauten, welche die Anschaffung von 12 neuen Pultschränken ermöglichten. Der Assistent, Herr Dr. P. Revilliod, hat die ihm übertragene Revision der rezenten Osteologica nahezu zu Ende geführt. Auf die Naturforscherversammlung vom letzten Sommer ist das David’sche Okapiskelett aufgestellt, sowie die Schaustellung von Säugetierschädeln und -Gebissen reorganisiert und um die Vitrine im Vestibül erweitert worden. Auch ist im Laufe des Sommers eine gründliche Reinigung sämtlicher Vitrinen vor- genommen worden. Im Laboratorium macht sich immer dringender das Bedürfnis nach einer zweiten Hilfskraft geltend. Sammlungsobjekte wurden zu Studienzwecken ausgeliehen an die Herren Dr. Bluntschli in Zürich, E. Harle in Bordeaux, Prof. E. Regalia in Oornigliano ligure, Dr. W. Freudenberg und Prof. F. v. Huene in Tübingen, Dr. M. Leriche in Lille, cand. phil. W. Soergel in Freiburg 1/Br., Prof. M. Schlosser im München. Ausserdem befinden sich vom Vorjahr her noch solche in Händen der Herren Abel in Wien, Soergel in Freiburg, Staudinger in Halle, Roman in Lyon, M. Schmidt in Stuttgart, Studer in Bern. End- lich ist die Sammlung von Herrn G. Dahlander aus Stockholm benützt worden. Der Vorsteher hat den sechsten Faszikel seiner ,, Eocänen Säuge- thiere“ (Abh. d. schw. paläont. Ges.) veröffentlicht, in dem die Besprechung der Artiodactylen zu Ende geführt wird und bereitet gegenwärtig einen siebenten Faszikel vor, der die Primaten behan- deln soll. Er hat ferner zwei kleinere Arbeiten, betitelt „Zur Re- vision der europäischen Anthracotherien“ (Verh. d. naturf. Ges. in Basel) und ,, Remarques sur les mammifères eocènes et oligocenes du bassin de Paris“ (Bull. soc. géol. de France) erscheinen lassen, die z.T. gleichfalls auf Belegstücke der hiesigen Sammlung basiert sind. Sechs der im obigen genannten Herren bereiten Publikationen vor, in denen Materialien unserer Sammlung verwertet und z. T. ab- gebildet: werden. Basler Naturhistorisches Museum. 157 Geologische Sammlung. A. Petrographische und B. Indische Abteilung. (Bericht des Vorstehers, Prof. Dr. C. Schmidt.) A. Petrographische Abteilung. 1. Sammlung Alpiner Ge- steine. Die von den Herren ©. Schmidt, W.Hotz, H. Preiswerk und F. Zyndel in den Jahren 1907, 1908 und 1909 ausgeführten Untersuchungen im Splügengebiet sind im Jahre 1910 einzige von F. Zyndel fortgeführt worden, und die hauptsächlich aus Mittel- bünden stammenden Belegstücke wurden mit den ältern Aufsamm- lungen vereinigt. Die von A. Buxtorf, C. Schmidt und H. Preis- werk ım Jahre 1908 begonnenen Untersuchungen des Lötschberg- tunnelgebietes sind nach Abgabe einer grossen Zahl von Berichten an die Tunnelbauunternehmung im Sommer 1910 abgeschlossen worden. Das gesamte von den genannten Herren gesammelte Ma- terial, ebenso wie die von der Unternehmung eingesandten und fort- während noch eintreffenden Belegstücke werden in einer Lötschber g- sammlung vereinigt, die ca. 50 Schubladen. umfassen wird. Ueber den nördlichen Teil des Tunnels berichtete A. Buxtorf in den Verhandlungen d. Nat. Ges. Basel, Bd. 21. Die Belegsammlung zu den schweizerischen Erzlagerstätten ist vollständig geordnet worden, und eine Ausstellungssammlung konnte fertiggestellt werden. Die Eisenerze der Schweiz sind eingehend beschrieben worden von 0. Schmidt in dem grossen internationalen Werk: The iron ore Resources of the World, Vol. I, pag. 105—141, Tafel 4 und 5. 2. Ausländische Suiten. Gelegentlich der Untersuchung der Goldlagerstätte von Brusson in Piemont durch ©. Schmidt und W. Hotz kamen sehr schöne Stücke in unsere Sammlung. Dr. W. Hotz hat eine vorläufige Beschreibung des interessanten Vorkommens gegeben (Zeitschr. f. prakt. Geol., März 1910). Eine sehr reiche Ausbeute brachte ferner ©. Schmidt von seiner zweimonatlichen Reise in Skandinavien, anlässlich des elften internationalen Geo- logenkongresses, zurück. Es handelt sich um Granite, Syenite etc. der Küstengebiete von Sundvall im mittleren Schweden, um Silur- gesteine und krystalline Schiefer der Ueberschiebungsregionen in Jämtland und am Torneträsk in Lappland, ferner um Erzlager- stücke aus Lappland und aus Mittelschweden und endlich um silurische Sedimente und Eruptiva des Christianiagebietes. Unsere durchweg geordnete Sammlung skandinavischer Gesteine umfasst ca. 25 Schubladen. Herrn Dr. H. Preiswerk verdanken wir eine Suite von Kupfererzen und Eruptivgesteinen aus der Dobrutscha (Rumänien). 158 Fritz Sarasin. Eine Beschreibung der Sammlung von Areselguhr aus Hessen, Hannover und der Auvergne ist von ©. Schmidt veröffentlicht worden (Note sur les gisements de Tripoli ete. — Ann. d. Mines, Avril 1910). B. Die Indische Abteilung konnte im Rollerhof eine Unter- kunft finden, die endlich deren Benützung ermöglicht. Sie um- fasst im ganzen neum Schränke. Die neuern Sendungen von Herrn Dr. A. Tobler konnten noch nicht ausgepackt werden. C. Alpin-sedimentäre Abteilung. (Bericht des Vorstehers, Dr. A. Buctorf.) Unterbringung der Sammlungen. Da im verflossenen November der geologischen Abteilung 3 Zimmer im zweiten Stock des grossen Rollerhofes zugewiesen wurden, konnten die bisher im Hause Münsterplatz 5 aufbewahrten Sammlungen aus den West- und Ost- Alpen, sowie ein grosser Teil der Schweizer-Alpen-Sammlung, die sich bisher im geologischen Institut befand, umgezogen werden nach dem Rollerhof, wo diese Sammlungen nunmehr in zwei Zimmern gut untergebracht worden sind. Im geologischen Institut verbleiben noch 2 Teilsammlungen : 1. Sammlung Gillieron, Freiburger Alpen, 5 Schränke. 2. Sammlung Tobler, Vierwaldstätter-Klippen, 4 Schränke. Wissenschaftliche Benützung erfuhren die Aufsammlungen aus dem Bürgenstockgebiet am Vierwaldstättersee, in einer Arbeit von A. Buxtorf: ‚Erläuterungen zur geologischen Karte des Bürgen- stocks", welche, begleitet von Karte und Profilserie, von der schweiz. geolog. Kommission herausgegeben worden ist. Bestand der Sammlungen. Die Geschenkliste (siehe den An- hang) zeigt, dass namentlich die Abteilungen ‚‚Schweizeralpen“ und „Ostalpen“ Vermehrung erfahren haben. Als Donatoren sind zu nennen die Herren cand. phil. W. Bernoulli, Dr. W. Hotz, Dr. H. Preiswerk, das Geologische Institut und der Vorsteher. Ange- kauft wurden nur Fossilien von Iberg. Bei den Ordnungsarbeiten waren als Assistenten tätig die Herren cand. geol. W. Bernoulli und stud. O. Gutzwiller. D. Mesozoisch-Jurassische (ausseralpine) Abteilung. (Bericht des Vorstehers, Dr. E. Greppin.) Im Laufe des Jahres konnte an der Katalogisierung des meso- zoischen Materials eifrig gearbeitet werden, und der Zettelkatalog Basler Naturhistorisches Museum. 159 hat um 1181 Nummern zugenommen. Er besteht heute aus 6107 Nummern. Die Mergel aus dem Unteren Rauracien, welehe der Vorsteher letztes Jahr von Schönrain bei Hochwald kommen liess, konnten fertig geschlämmt werden, und das Resultat ist recht befriedigend ausgefallen. Wir besitzen nun aus dieser interessanten Lokalität ca. 50 Arten, von denen einige durch Exemplare in tadelloser Er- haltung vertreten sind. Ausser den schon längst bekannten Brachio- poden, welche den Stempel ächter aargauischer Fazies tragen, sind noch 2 hinzugekommen, Rhynchonella triloboides Qu. und Rhyn- chonella striocincta Qu.; beide Arten sind ebenfalls typisch für die Birmensdorferschichten. Verschiedene Arten von Spongien und be- sonders recht hübsche Bryozoen sollen noch bestimmt werden und sind in obiger Zahl nicht inbegriffen. Vom Divesien der Normandie bekamen wir dieses Jahr wieder eine Reihe von Sendungen, welche neben sehr oft wiederkehrenden Arten auch solche enthielten, welche für unsere Sammlungen neu sind. Diese Fossilien lassen sich mit Aetzkali ausserordentlich schön präparieren, indem sämtliches anhaftendes Gestein vom Aetzkali sauber weggeätzt wird. Aus dem Rest der Salzbohrkerne vom Bohrloch XII der Saline Schweizerhalle, welche in der Ausstellungsvitrine keinen Platz fanden, wurden einstweilen 4 Sammlungen ausgeschieden und fol- senden Instituten zugewiesen: Geol. Sammlungen des eidg. Poly- technikums, Museum in Aarau, Museum in Liestal und Lehrsamm- lung der obern Realschule in Basel. Herr Prof. Heim hatte die Güte, uns mit einer Gegengabe zu erfreuen, bestehend aus einer prächtig gefalteten Gneissplatte (64 cm lang und 27 cm breit) aus der Schlucht von Dazio Grande. Das wertvolle Ausstellungsstück wird nicht verfehlen, die Besucher unserer geol. Sammlungen zu interessieren. Weitere Geschenke gingen ein von den Herren cand. geol. W. Bernoulli, Dr. A. Buxtorf, Dr. Th. Engelmann, Prof. Ed. Hoff- mann-Krayer, Dr. L. Rollier, Zürich und Dr. K. Stehlin (siehe die Geschenkliste). Zum Schlusse sei noch el dass Herrn Dr. Wepfer aus Freiburg 1. Br. eine Oppelia und Herrn Dr. Oppliger in Küsnacht bei Zürich Spongien aus den Birmensdorferschichten zu wissen- schaftlichen Zwecken übergeben worden sind. 160 Fritz Sarasin. E. Mesozoisch-Cretacische (ausseralpine) Abteilung. (Bericht des Vorstehers, Dr. E. Baumberger.) Infolge Krankheit des Berichterstatters konnten die Arbeiten in dieser Abteilung erst im Herbst wieder aufgenommen werden. Vorerst sind die Materialien, welche der Vorsteher in der nun abge- schlossenen ,, Monographie der Ammonitiden der untern Kreide im westschweizerischen Jura” abgebildet und besprochen hat, neu etiket- tiert und in die einzelnen Sammlungen wieder eingereiht worden. Die Sammlung Gilliéron hat 3, die Sammlung Peter Merian 7 und die Sammlung Baumberger 29 Originalstücke geliefert. Anschliessend möge erwähnt werden, dass es möglich war, von den in obgenannter Arbeit aufgestellten neuen Typen von Astierien und Polyptychiten, soweit die Basler Sammlungen keine Belegstücke besitzen, Gips- abgüsse zu erlangen; eine Reihe von Abgüssen französischer Typen, welche bei neuen Arbeiten als Vergleichsmaterial grossen Wert haben werden, verdanken wir der Güte des Herrn Prof. Kilian in Grenoble und des Paläontologen @. Sayn in Montvendre. Die im verflossenen Berichtsjahre an Herrn E. Ganz ın Zürich zum Zwecke wissenschaftlicher ‘Bearbeitung abgegebenen Materialien aus der obern Kreide sind wegen Abreise des betreffenden Herrn leider un- bearbeitet wieder zurückgesandt worden. Die Kreidesammlungen haben im Berichtsjahre keine bedeutende Vermehrung erfahren! Herrn Mathieu Mieg in Mülhausen verdanken wir einige unter- cretacische Pyritammoniten aus Tunis, und der Berichterstatter schenkte eine Serie von Barreme-Ammoniten aus Südfrankreich. Im Oktober wurde die bisher im geologischen Institut deponierte Belegsammlung zu den Aufnahmen des Berichterstatters im Gebiet der subalpinen Molasse der Kantone Luzern und Schwyz im Arbeitszimmer (Rollerhof, Parterre) untergebracht und bei dieser Gelegenheit gebietsweise neu zusammengestellt; dieses Material kann erst nach der wissenschaftlichen Bearbeitung an die Ab- teilung für Tertiär abgegeben werden. F. Tertiäre und Quartäre (ausseralpine) Abteilung und G. Abteilung fossiler Pflanzen. (Bericht des Vorstehers, Dr. A. Gutzwiller.) F. Tertiäre und Quartäre Abteilung. In 84 neuen Schub- laden konnte die ganze Quartärsammlung untergebracht und be: dieser Gelegenheit neugeordnet werden. Ebenso wurde die ge- samte Tertiärsammlung des ausseralpinen Gebietes der Schweiz und speziell die der Umgebung von Basel, mit Einschluss des Basler Naturhistorisches Museum. 161 Elsass und des badischen Oberlandes, revidiert. Diese Sammlung findet sich in sieben Schränken so geordnet, dass neues Material zugefügt werden kann, wie dies auch in der Sammlung tertiärer Fossilien aus Frankreich der Fall ist. Dagegen sind die Schränke für Italien, Oesterreich, Deutschland (speziell das Mainzerbecken), Belgien, England und Aegypten bereits überfüllt. Angekauft wur- den eine Sammlung von Tertiärfossilien (376 Arten) aus dem Wienerbecken und ca. 100 meist kleine Arten aus dem Mainzer- becken. Geschenke verdanken wir den Herren W. Bernoulli, Ch. Falkner, St. Gallen, Dr. L. Rollier, Zürich, Dr. E. Schaad, W. Schweizer-Gossweiler, Dr. H. G. Stehlin und dem Vorsteher. Als Hilfsassistent war in der Sammlung Herr Fritz Müller tätig; er hat speziell ‘die Sammlung des Mainzerbeckens, sowie diejenige von Querey und die österreichischen Bestände bestimmt und ge- ordnet. G. Phytopaläontologische Abteilung. Wie bereits ım letzten Bericht erwähnt, konnte noch vor Schluss des vorigen Jahres von Herrn Dr. F. Leuthardt in Liestal eine Sammlung von ca. 500 Stück Keuperpflanzen von Neuewelt erworben werden. Unsere ganzen Bestände an Keuperpflanzen des genannten Fundortes, ca. 1350 Stück, wurden von Dr. Leuthardt im Laufe des Sommers neu be- stimmt und systematisch geordnet. Wir dürfen uns über den Besitz dieser reichen und schönen Sammlung freuen, für die kaum mehr ein erheblicher Zuwachs zu erwarten ist, da es gegenwärtig schwer hält, an Ort und Stelle neue Exemplare zu erhalten. Herr C. Geldner schenkte uns eine Anzahl fossiler Pflanzen, ca. 70 Stück, aus dem Karbon von Lüttich. Diese Sammlung ent- hält eine Anzahl grosser und schöner Stücke, besonders von soge- nannten Stigmarien, Rhizomen, die ihre feinen Faserwurzeln wohl erhalten zeigen. Durch Herrn Dr. H. G. Stehlin sind eine Anzahl pliocäner Pflanzen von Seneze der Sammlung einverleibt worden, während aus den übrigen tertiären Horizonten kein Zuwachs zu verzeichnen ist. Unsere phytopaläontologische Sammlung hat nun nachgerade einen solchen Umfang erreicht, dass der Wunsch ge- rechtfertigt erscheint, es möchte zu ihrer Besorgung eine neue Kraft sich finden, welche ausschliesslich diesen Wissenszweig in unserem Museum pflegen würde. Mineralogische Sammlung. (Bericht des Vorstehers, Dr. Th. Engelmann.) Von den in der Sammlung ausgeführten Arbeiten seı erwähnt, dass die Neu-Etikettierung der erworbenen Meteoritensammlung 162 Fritz Sarasin. fortgesetzt und bis auf einige noch ausstehende Stücke vollendet worden ist. Von Erwerbungen erwähnen wir hier an erster Stelle folgendes. Zu Anfang September erhielten wir von Herrn Dr. Ohr. Tar- nuzzer, dem Direktor des Naturhistor. Museums in Chur, die Mit- teilung, dass in der Nähe von Alt-Felsberg zwei grössere Gesteins- stufen, reich an Gold, gefunden worden seien. Die eine der Stufen seı für das Rhätische Museum bestimmt, die andere solle an ein schweiz. Museum abgegeben werden. In erster Linie werde nun das Naturhistor. Museum in Basel angefragt, ob es sich für die Erwerbung dieses Stückes interessiere. Auf diese freundl. Berücksichtigung sind wir natürlich gerne eingegangen und haben dieses schöne und seltene Vorkommnis für unser Museum erworben. Ueber den Fund selbst wollen wır in Kürze aus dem umfangreichen Fundbericht des Herrn Dr. Chr. Tarnuzzer folgendes mitteilen: „Letztes Jahr fand der Besitzer des ca. 1 km westwärts von Alt-Felsberg gelegenen Gutes Hohenrain beim Ausbessern der untersten der dort terrassenförmig übereinander ragenden alten Weinbergmauern zwei Blöcke von Braunem Jura (Dogger), die er beiseite legen liess und sie durch frischeres Material ersetzte. Im Sommer ı1910 betrachtete er zufällig wieder die beiden Blöcke und glaubte darin neben Schwefelkies auch gediegenes Gold zu sehen, was ıhm denn auch von einem Goldschmied in Chur und der Direktion der Naturhistorischen Sammlungen des Rhätischen Mu- seums bestätigt wurde. Die Reinigung und Präparierung der beiden Gesteinsstufen ergab ungewöhnlich schöne und reiche Muster des edlen Metalls: es war das teils oktaëdrisch, meist aber in Blechen, Klümpchen und Körnern eingesprengte Calandagold in Adern von durchwachsenem Quarz und Kalkspat, ganz wie sie in den gold- führenden Gängen des Bergwerks zur ‚Goldenen Sonne“ vor- kommen; ihr Muttergestein sind quarzitische, sandige, sericit- führende bis spätige Kalkschiefer des Dogger oder Mittlern Jura, wie es von der „Goldenen Sonne“ her bekannt ist. Wie dort ent- hält es viel Schwefelkies und auch Arsenkies eingesprengt. Beide Stufen waren derart schön, dass sie die 3 im Rhätischen Museum aufgestellten, aus den Jahren 1855 und 1859 stammenden Muster bedeutend übertreffen. Diese goldhaltigen Doggerblöcke der alten Weinbergmauer von Hohenrain sind einst selbständig vom höhern Felsgehänge, an welchem die Schiefer des Mittlern Jura durch- ziehen, abgebrochen und in die Gegend von Caneu und „Hinter den Wiesen“ abgestürzt; hier wurden sie vor ca. 50 Jahren für Basler Naturhistorisches Museum. : 165 den Bau der Weinbergmauern mit Malmkalkblöcken ausgesucht und talabwärts geführt.“ Vor einiger Zeit wurde dem Vorsteher vom Verwalter des Brockenhauses die Mitteilung gemacht, es sei ihnen eine alte Mineralien-Sammlung übergeben worden. Bei der sofortigen Be- sichtigung ergab sich in den Schubladen eines alten Sammlungs- kastens eine wunderbare Mischung von Gesteinen, Versteinerungen, Muscheln, Knochen, Mineralien, römischen Scherben, Schachteln und Etiketten, alles bunt durcheinander. Unter den Mineralien befanden sich eine Anzahl guter Vor- kommnisse aus der Schweiz und dem Schwarzwald, die trotz der fehlenden Etiketten doch genau bestimmt werden konnten. Beim Durchsehen der Etiketten fand sich eine alte, recht ausführliche über „ein Fragment vom dem 2'/s Zentner schweren Stein, so 1492 bei Ensisheim im obern Elsass aus der Luft gefallen‘ u. s. w., unter- zeichnet von H. Huber, Prof. Math., 1804. Auf das hin wurde eine neue Untersuchung sämtlicher in zwei grossen Körben zusammengeworfener Stücke vorgenommen, und es gelang, nach langem Suchen das kleine Stück zu finden und an Hand unserer 5 Exemplare vom Ensisheimer Falle unzweifelhaft als das zu der erwähnten Etikette gehörige Fragment zu bestimmen. Durch Kauf wurden ferner erworben: Eine grüne Flussspat- gruppe vom Säntis, Hydromagnesit von Emaras, Aostatal, Oaleit nach Coelestin, Cianciana, Sızılien, grüner Flussspat in grossen Hexaedern aus den alten Gruben von Wolfach, Schwarzwald und Steinsalz in schönen wasserklaren Würfeln von Cianciana, Sızılıen. Geschenke gingen der Sammlung zu von den Herren J. Jori, Faido, Dr. S. Schaub, H. Sulger und dem Vorsteher (siehe die Ge- schenkliste). An Herrn F. Zyndel wurden aus der Sammlung zwei in- teressante Quarzkrystalle zur Messung und Beschreibung übergeben. Bibliothek. (Vorsteher Herr Dr. H. @. Stehlin.) Den Hauptzuwachs der Bibliothek verdanken wir dem Legate des verstorbenen Herrn Th. Meyer zum Pfeil. Von grösseren Werken seien erwähnt: Meyer’s Konversationslexikon, Geogr. Lexikon der Schweiz, Ritter’s Lexikon, Brehm’s Tierleben und verschiedene Atlanten. Andere Gaben gingen ein von den Herren Dr. A. Gutz- willer, A. Müller-v. Mechel, P. und F. Sarasin und dem Vorsteher. Mit den Katalogarbeiten ist gegenwärtig im Auftrag der Oeffent- lichen Bibliothek Frau Dr. Schaub beschäftigt. Wir hoffen, dass 164 Fritz Sarasin. der vom Staate erbetene Zuschuss von Fr. 2000.— es ermöglichen werde, im Laufe des nächsten Jahres die Katalogisierung sowohl, als die nötigen Buchbinderarbeiten zu Ende zu führen und damit unsere Bibliothek in benützbaren Zustand zu setzen. Wir sprechen zum Schlusse allen Donatoren und Förderern unserer Anstalt den lebhaftesten Dank aus und empfehlen aufs neue das Naturhistorische Museum dem Wohlwollen der hohen Be- hörden und der Bürgerschaft unserer Vaterstadt. Herr ” bie Herr Herr A, Herr Mit: Herr Ai: Verzeichnis der Geschenke an das Naturhistorische Museum im Jahre 1910. 1. Zoologische Sammlung. a) Säugetiere. P. Fontana, Chiasso: Vesperugo kuhli (Natt.) von Chiasso. Dr. Ed. Graeter, Basel: 2 Vesperugo pipistrellus (Schr.) und Mus decumanus L. von Basel. Dr. A. Masarey, Basel: Eutamias townsendi Bachm. und Citellus annulatus Aud. u. Bachm. aus Nord- und Zentral- Amerika (beide für die Sammlung neu, erstere auch der Gattung nach). Freiwilliger Museumsverein: Beitrag von Fr. 840. — zur An- schaffung der Antilopensammlung des Herrn Dr. Ad. David; Beitrag von Fr. 500. — zur Aufstellung des Okapı. en Drs. P. und F. Sarasin, Basel: Säugetiere von Celebes, darunter 2 noch unbestimmte Arten. Dr. A. Vischer, Urfa: Spalax typhlus Pall. und Crocidura sp. von Urfa. Zoologischer Garten, Direktion: Neugeborene Dachse, Genetta abessinica Ruepp. vom Weissen Nil, neu für die Sammlung (lebend mitgebracht von Herrn Dr. Ad. David). b) Vögel. Dr. H. Christ, Basel: Pharomacrus mocinno La Llave. Dr. A. Masarey, Basel: 15 Arten von den Küsten von Süd- und Zentral-Amerika, wovon 11 für uns neu; für uns neue Gattungen repräsentieren Ptychoramphus aleuticus (Pall.), Pelecanoides urinatrix (Gm.) und Oceanites gracilis (Elliot). Joh. Meier, Sydney: Cacatua galerita (Lath.). Naturhistorisches Museum Freiburg, Schweiz: 6 Arten aus der Sahara, davon eine, auch der Gattung nach, für uns neu, Diplootocus moussieri (Olphe-Gall.). A. Wendnagel, Basel: Sylvia curruca (L.) von Basel. Zoologischer Garten, Direktion: 5 Arten, wovon 2 für uns neu. Eine für uns neue Gattung repräsentiert die sudanische Sporren- sans, Plectropterus rueppelli Sel. (von Dr. A. David lebend mitgebracht). 166 Herr Mit: Herr Pit. ut: Fritz Sarasin. c) Reptilien und Amphibien. Dr. J. Elbert, Frankfurt a./M.: 9 Arten aus den Sunda-Inseln (1 neu für die Sammlung). A. Ghidini, Genf: 3 europäische Arten. Dr. L. Gough, Pretoria: 13 Arten aus Transvaal (2 neu). Dr. A. Masarey, Basel: 33 Reptilien- und 8 Amphibien-Arten aus Süd- und Zentral-Amerika (14 Spezies neu für die Sammlung ; drei davon Dierodon guttulatum D. B. von Ecuador, Lepido- blepharis peraccae Bler. von Columbien und Manolepis putnami (Jen.) von Mexico repräsentieren für uns neue Genera). Naturhistorisches Museum Freiburg, Schweiz: 9 Reptilienarten (4 für unsere Sammlung neu). Naturhistorisches Museum Genf: 8 Arten aus Uganda (2 neu). Naturhistorisches Museum Lausanne: 9 Amphibienspezies aus Gabun (2 neu). Naturhistorisches Museum Neuenburg: 1 Reptil vom Zambesi. Naturhistorisches Museum Wiesbaden: 1 für uns neue Schlangen- art aus West-Afrika. Dr. P. Revilliod, Basel: Rana temporarıa Schn. aus Val Livigno, 2300 m. G. Schneider, Basel: 1 Sp. aus Sumatra. Dr. A. Vischer, Urfa: 3 Arten aus Mesopotamien. Zoologischer Garten, Direktion: 5 Reptilienarten (1 für uns neue Art und Gattung, Dracaena guianensis Daud. aus Brasilien). d) Fische. Dr. A. Masarey, Basel: 27 Arten von der Westküste Amerikas, wovon 26 für uns neu. Noch nicht vertretene Gattungen repräsentieren folgende Spezies: Anableps dovi Gill., San Salvador, Trochocopus darwini (Jen.), Chile, Pomodon macroph- thalmus (Fsch.), Chile, Haplodactylus vermiculatus Say, Chile, Centronotus crista-gallı Gthr., Vancouver, Xiphidion mucosum Gir., Vancouver, Sicyases sanguineus M. u. Tr., Chile, Doy- dixodon laevifrons. (Tsch.), Chile, Seriolella violacea Guich., Chile, Chilodactylus variegatus C. u. V., Chile, Pomadasys bipunctatus, Chile und Atherinichthys laticlavia (CO. u. V.), Chile. Naturhistorisches Museum Freiburg, Schweiz: 2 für uns neue Arten aus Java und Tanger. Zoologische Anstalt der Universität Basel (Prof. Dr. F. Zschokke): 90 Arten aus verschiedenen Ländern, von denen 86 für uns neu, der Gattung nach: Cetopsis caecutiens (Licht.), Orinoko, Basler Naturhistorisches Museum. 167 Comephorus baikalensis (Pall.), Baikal-See, Anarrhichas lupus (L.), Drontheim, Hydrocyon forskali Cuv., Nil, Plecostomus commersonni Val., Montevideo, Gonorhynchus Greyi (Rich.), Australien und Carapus fasciatus (Pall.), Guatemala. e) Wirbellose Tiere. Dr. G. Bollinger, Basel: Einheimische Mollusken. Dr. H. Christ, Basel: Achatinen von der englischen Goldküste. Dr. R. La Roche. Hagenthal: Sammlung von Süsswassercrusta- ceen aus Deutsch Ostafrika. Dr. A. Masarey, Basel: Crustaceen, Mollusken, Echinodermen, Würmer etc. von der Westküste Amerikas. Dr. E. P. Merian, St. Gallen: Schweizerische Myriopoden und Landasseln. Dr. P. Revilliod, Basel: Schweizerische Myriopoden und Arach- niden. Dr. F, Sarasin, Basel: 45 Molluskenarten aus dem Tanganika-See. Dr. E. Schenkel, Basel: Helix adspersa Müll. von Basel. Dr. A. Vischer, Urfa: Süsswasserkrebse. F. Zahn-Geigy, Basel: Marine Mollusken von Singapore. Entomologische Abteilung. Dr. E. Baumberger, Basel: Schmetterlinge aus Sumatra. Dr. A. Masarey, Basel: Coleopteren, Orthopteren und Hemi- pteren von Süd-Amerika. 2. Osteologische Sammlung. Bauleitung der Kraftwerke in Augst: Reste von Elephas primigenius Herr und von einem grossen Boviden. J. B. M. Bielawski in Vic-le-Comte: Rhinozerosknochen aus dem Stampien von Pignols (Puy-de-Dôme). C. Geldner: Säugetierreste aus den Pfahlbauten von Auvernier. Direktor Gerster: Haifischzähne aus dem Septarienthon von Laufen. Dr. A. Gutzwiller: Säugetierreste aus der Niederterrasse unserer Umgebung; Ganoidfisch aus dem Keuper von Neuewelt. Dr. Kubli: Fischreste aus dem Septarienthon von Allschwil. Dr. A. Masarey: Skelett und Schädel von Caretta caretta L., Schädel von Citellus annulatus Aud. u. Bachm. und Eutamias townsendi Bachm. Th. Meyer 7: Drei Molaren des Elephas antiquus von Flins (Seine et Oise). 168 Fritz Sarasin. Tit. Freiwilliger Museumsverein: Acht Antilopenschädel (3 Cobus defassa Rüpp., je 1 Cobus thomasi Scl., Cobus maria Gray, Cobus leucotis Licht. u. Pet., Tragelaphus sceriptus bor Hendl., Bubalis jacksoni Thom.). Tit. Thonwarenfabrik Passavant & Cie: Säugetierreste aus dem Löss von Allschwil. Zoologischer Garten, Direktion: Fünf Kadaver, worunter zwei des amerikanischen Bisons. 3. Geologische Sammlung. Petrographische Abteilung. Herren Dr. A. Buxtorf, Dr. H. Preiswerk, Prof. C. Schmidt und Tit. Lötschbergtunnel-Unternehmung: Gesteine aus dem Lötschberg- tunnel und Umgebung. Herr Dr. H. Preiswerk: Gesteine und Erze aus der Dobrutscha, Rumänien (ca. 12 Stück). Prof. Dr. C. Schmidt: Gesteine, Erze, Mmeralien aus Skan- dinavien (22 Schubladen). Herren Prof. Dr. C. Schmidt u. Fr. Müller: Gesteine und Erze von Salanfe, Wallıs. Herr F. Zyndel: Gesteine und Fossilien aus Mittelbünden. „7 Alpın-sedimentäre Abteilung. Herr Cand. geol. W. Bernoulli: Kreide und Tertiärgesteine aus Öster- reich. Schlesien; Liasfossilien aus Mähren; Gesteine aus den Kleinen Karpathen Ungarns. Dr. A. Buxtorf: Aufsammlungen anlässlich der geologischen Aufnahmen im Gebiete des Vierwaldstättersees. Tit. Geologisches Institut, Basel: Gesteine und Fossilien aus den Iberger Klippen. Herren Dr. W. Hotz und Cand. geol. W. Bernoulli: Tertiärgesteine aus Nord-Ungarn. Herr Dr. H. Preiswerk: Pliocän aus den Südostkarpathen. Mesozoisch-jurassische (ausseralpine) Abteilung. Herr Cand. geol. W. Bernoulli: Fossilien und Gesteinsproben aus dem Hauptrogenstein von Deutsch-Lothringen. Dr. A. Buxtorf: Gesteinsproben aus dem Keuper der Umgebung von Basel. Dr. Th. Engelmann: Trias- und Jurafossilien (ohne Fundorts- angabe) aus einer im Brockenhaus gestrandeten Sammlung. Prof. Dr. Ed, Hoffmann-Krayer: Fossilien aus dem Basler Jura. Herr 1 Herr 29 329 11 Herr Basler Naturhistorisches Museum. 169 Dr. L. Rollier, Zürich: Crinoiden aus dem Berner Jura, Fos- siien aus dem Val-de-Travers. Dr. K. Stehlin: Lima tumida aus römischen Säulen von Augusta Rauracorum. Die Säulen stammen aus dem obern Rauracien des Berner Jura. . Mesozoisch-cretacische (ausseralpine) Abteilung. Dr. E. Baumberger: Serie von Barreme-Ammoniten aus Süd- frankreich. Prof. Kilian, Grenoble: Gipsabgüsse französischer Typen. M.Mieg, Mülhausen : Untercretacische Pyrit-Ammoniten aus Tunis. Dr. G. Sayn, Montvendre: Gipsabgüsse französischer Typen. Terhäre und Quartäre (ausseralpine) Abteilung. Cand. geol. W. Bernoulli: Fossilien aus dem Mainzer Becken. Dr. Ch. Falkner, St. Gallen: Ca. 30 Stück durch Druck de- formierte Gerölle aus der subalpınen Nagelfluh. Dr. A. Gutzwiller: Fossilien und Gesteine aus dem Tertiär der Umgebung von Basel. Dr. L. Rollier, Zürich: Helix sylvana und incrassata von Mör- singen, Württemberg. Dr. E. Schaad: Belegstücke der Juranagelfluh des Basler Tafeljura. W. Schweizer-Gossweiler: Ostrea callifera (drei zusammenge- wachsene Exemplare) aus dem Meeressand vom Klein-Blauen. Dr. H. G. Stehlin: Obereocäner Süsswasserkalk mit Limnaeen und Planorben von Diegten, Baselland, Fossilien aus dem Aquitan von Küttigen bei Aarau, sowie aus dem Meeressand von Lör- rach und von verschiedenen französischen Fundstellen. Phytopaläontologische Abteilung. C. Geldner: ca. 70 Stück. fossiler Pflanzen aus dem Karbon von Lüttich. Dr. H. G. Stehlin: Pliocäne Pflanzen von Senèze. 4. Mineralogische Sammlung. * Dr. Th. Engelmann: Mineralien aus Graubünden. J. Jori, Faido: Bergkrystallgruppe mit Chlorit. Dr. S. Schaub: Grosse krystallisierte Glimmer in Granit von Collina bei Brissago, Centovalle. H. Sulger: Eine Stufe mit prächtigen, rotbraunen Schwefel- krystallen von Cianciana, Sizilien. 170 Fritz Sarasin. Verzeichnis der Ankäufe des Naturhistorischen Museums im Jahre 1910. 1. Zoologische Sammlung. a) Säugetiere. Equus chapmannı boehmi (Matsch.) von Britisch Ost-Afrika; Cobus thomasi Sel., leucotis Licht, u. Ptrs., maria Gray, defassa Rüpp., Bubalis jacksoni Thom., Tragelaphus seriptus bor Hendl., alle aus dem Sudan; Ovis musimon Schr. aus Sardinien. b) Vögel. Alcedo ıspida L., Nest mit den Eltern und 3 Jungen von Gränichen, Lophaethyia cristata (L.), Nest mit den Eltern und 4 Jungen vom Zürichsee, Fuligula fuligula (L.) vom Bodensee, Somateria mollissima (L.) von Ermatingen, Glaucidium passerinum (L.) aus dem Domlesche. Casuarius unappendiculatus mitratus Rotsch. von Neu-Guinea, Sphe- niscus mendiculus Sundew. und Creagrus furcatus (Neboux) von den Galapagos-Inseln, diese drei neu für die Sammlung, Creagrus auch der Gattung nach; Aptenodytes patagonica (Forst.) im Jugendkleid von den Falklandinseln; 17 für uns neue Arten von den Salomon-Inseln, Neuguinea, Borneo, For- mosa, Hinterindien und Kaukasus. Der Gattung nach neu sind für unsere Sammlung: Tropicoperdix charltonı Eyton und Al- locotops calvus Sharpe von Borneo, Melanopyrrhus orientalis Schleg. und Aegotheles pulcher Hart. von Neuguinea, Mysta- cornis erossleyi (Grandid.) und Pseudocossyphus Sharpei (Gray) von Madagaskar, endlich Graculipica migricollis (Payk.) aus den Shan-Staaten. c) Reptilien und Amphibien. 3 für uns neue Reptilienarten aus Venezuela, Uganda und Kamerun, 2 für uns neue Amphibien aus West-Afrika. Tausch. Tit. Naturhistorisches Museum Genf: 4 Arten aus Transvaal und Mozambique (davon 3 für uns neu, der Gattung nach Homo- pholis wahlberg1 Sm.). Tit. Naturhistorisches Museum Hamburg: 6 Reptilienarten aus Süd- westaustralien (4 neu für die Sammlung). Tit. Naturhistorisches Museum Washington: 1 Amphibienart von den Philippinen. Basler Naturhistorisches Museum. lat d) Fische. Coregonus suidteri Fatio, aus dem Sempacher See. Entomologische Abteilung. Diverse Serien von Schmetterlingen. 2. Osteologische Sammlung. Jungquartäre Säugetierreste aus der Niederterrasse unserer Um- gebung (Elephas primigenius, Rhinoceros tichorhinus, Equus). Altquartäre aus Val di Chiana und von St. Hippolyte bei Riom (Puy de Döme). Oberpliocäne von Seneze und Couteuges (Haute Loire) und aus Val d’Arno. Untermiocäne aus der Gegend von Orléans. Ohigocäne von Küttigen (Kt. Aargau), von Bolca (Prov. Verona), aus den Phosphoriten des Quercy ete. Eocäne von Buchsweiler (Unterelsass) und einigen anderen Lokalitäten. Tausch. Abgüsse von Skelett und Hinterfuss des Machaerodus neogaeus aus der Pampasformation Argentiniens (Museo nacıonal, Buenos Aires). 3. Geologische Sammlung. - Fossilien von Iberg (Alpin-sedimentäre Abteilung); Sammlung von Tertiärfossilien, 376 Arten und Handstücke aus dem Wiener Becken; Sammlung von Tertiärfossilien aus dem Mainzer Becken, besonders von Waldböckelheim, ca. 100 meist ganz kleine Arten (Tertiäre und Quartäre Abteilung); Sammlung von Keuper- pflanzen, ca. 500 Stück, von Neuewelt (Phytopaläontologische Abteilung). 4. Mineralogische Sammlung. Goldstufe vom Calanda; Mineraliensammlung aus dem Brockenhaus; grüne Flussspatgruppe vom Säntis; Hydromagnesit von Emaras; Calcit nach Coelestin von Cianciana; grüner Flussspat von Wolfach; Steinsalz von Cianciana. Bericht über die Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums für das Jahr 1910. Von Paul Sarasin. In diesem Jahre beklagen wir das Ableben unseres geschätzten Mitgliedes Herrn Walter Baader, welcher einer schweren Krankheit erlegen ist. Das testamentarische Vermächtnis einiger wertvoller, unten (Abschnitt China und Japan) erwähnter Gegenstände ver- danken wir seiner Fürsorge für die ıhm anvertraut gewesene Ab- teilung. Da nun dieselbe verwaist war, hat auf den Vorschlag der Kommission E. E. Regenz zum Nachfolger des Herrn Baader er- wählt: Herrn Pfarrer Samuel Preiswerk-Sarasin, sodass gegenwär- tig die Kommission zur Sammlung für Völkerkunde die folgende Zusammensetzung, mit Nennung der Departemente, hat: Herr Dr. Paul Sarasin, Präsident: Prähistorie. Prof. Dr. Leop. Rütimeyer, Vizepräsident: Polarvölker und Afrika. Prof. Dr. Ed. Hoffmann-Krayer, Aktuar: Europa. „ Alfred Stähelin-Gruner, Quästor. Dr. Th. Engelmann: Ethnographische Pharmakologie. » Dr. M. Curt Forcart: Amerika. Pfarrer S. Preiswerk-Sarasin : China und Japan. Dr. Fritz Sarasin: Asien ohne China und Japan, Australien, Ozeanien und anthropologisches Kabinett. Weiter beklagen wir den Todesfall eines uns sehr wohlwollend gesinnt gewesenen Gönners, nämlich des Herrn Theodor Meyer in Gagny. Da in dem Abschnitt „Prähistorie‘‘ von ihm und seinen Spenden nochmals die Rede sein wird, sei hier nur erwähnt, dass er der ethnographischen Abteilung der Museumsbibliothek mehrere wertvolle Werke testamentarisch vermacht hat. Dem Freiw. Museumsverein verdanken wir Fr. 1000.— für eine prähistorische Sammlung aus dem Wauwiler Moos und Fr. 700.— für eine ethnographische Sammlung des Afrikareisenden Dr. Adam 29 Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 173 David, über welche Erwerbungen in den betreffenden Abschnitten unten die Rede sein wird. Der Gemeinnützigen Gesellschaft sei für ihren jährlichen Zuschuss von Fr. 1000.— gedankt und den Miteliedern des ethnographischen Unterstützungsvereines, des sog. „Fünfliberklubs‘, dafür, dass sie auch dies Jahr ihre willkommene Hilfsquelle nicht versiegen liessen. Unser Mitglied Prof. Rütimeyer hat sich durch drei Führungen durch die Sammlung verdient gemacht. Die einzige Sitzung des Jahres, an welcher die unten folgenden Berichte verlesen wurden, fand am 15. Dezember 1910 statt, worauf ein gemeinsames Nachtessen den anregenden Abend wie gewohnt beschloss. Paul Sarasin, z. 2. Präsident. Prähistorie. a) Lithochronie oder Steinzeit.!) Von unserem dieses Jahr verstorbenen Gönner Herrn Theodore Meyer zum Pfeil erhielt das prähistorische Kabinett eine Sammlung aus der Kulturperiode des C'helleen, welche einen umso grösseren wissenschaftlichen Wert hat, als sie nicht nur aus Fauststeinen, sog. coups de poing besteht, wie dıes meistens der Fall ist, sondern auch die aus Lamellen und Spitzen bestehende Begleitlithoglyphie in sich einschliesst. Die Sammlung setzt sich im ganzen aus nicht weniger als 211 Stücken zusammen und ergänzt unsere bisherige spärliche Reihe von Chelleen- slyptolithen auf’s reichlichste. Von besonderem Interesse erscheint der Umstand, dass eine grössere Anzahl dieser Chelléenartefakte ein Wüstengewand tragen, d.h. dass sie gelbbraun patiniert und vom Sande poliert sind?) Ein sonderlich glänzend poliertes Stück, welches wie mit Firniss überzogen erscheint, lässt noch den wich- tigen Umstand erkennen, dass die Politur nicht allein vom Sand- schliffe abhängt, sondern auch von der Konstitution des Feuer- steines selbst; denn dasselbe Stück zeigt neben firnissglänzenden Stellen der Oberfläche solche, welche matt geblieben sind, trübe Wolken darstellend inmitten der polierten Fläche. Zur Ermöglichung der firnissartigen Politur durch Sandschliff gehört also auch eine be- stimmte Konstitution des Feuersteines, und das ist auch der Grund, warum nur ein gewisser Prozentsatz von Feuersteinen in der Wüste 1) Ueber die Bezeichnungen: Litho-, Chalko- und Siderochronie siehe den vorigen Jahresbericht. 2) Siehe darüber: P. S., über Wüstenbildungen in der Chelleen-Inter- glaciale von Frankreich, Verh. Naturf. Ges. Basel, 20, 1910. 174 Paul Sarasin. und entsprechend im Chelléen Politur aufweist. Dementsprechend findet man als Folge von Sandschliff alle Uebergänge vom Firniss- bis zum Speckelanz und endlich zur trüb gebliebenen Oberfläche. Von der auf das Chelléen folgenden Lithoglyphie des Acheuléen hat sich in der eben erwähnten Sammlung von Herrn Theod. Meyer eine Reihe von Faustkeilen gefunden von zum Teil sehr schöner Zurichtung und Erhaltung. Alle diese Acheuléenglyptolithen, meistens von französischen Plateaux stammend, weisen im Gegen- satz zu den Chelléenartefakten kein braunes und glänzendes Wüsten- gewand auf, sondern sind im allgemeinen weiss patiniert, mit der sogenannten Cacholong-Rinde überzogen; sie entstammen einer spä- teren Periode, als das Chelléen, einer Interglacialzeit, in welcher kein Wüstenklima geherrscht hat. Eine Sammlung von Acheuléenglyptolithen von Redeyef in Tunis wurde käuflich erworben. Sıe liegen daselbst auf der Ober- fläche des Bodens, weshalb sich mit ihnen vermischt auch Glypto- lithen jüngeren Charakters gefunden haben. Sie haben alle eine bleiche Patina, waren also nicht der färbenden und polierenden Tätigkeit der Wüste ausgesetzt, vielmehr lassen Rostflecke, welche an einigen von ihnen nachweisbar sind, erkennen, dass sie auf Acker- boden liegend gefunden worden sind. Auch durch Desquamation entstandene Naturspiele oder Isifakte habe ich unter den ächten Artefakten dieser Sammlung gefunden, Produkte der Sonnenhitze. Mit der oben erwähnten Meyer'schen Sammlung kam uns auch eine reiche Folge von Glyptolithen aus der Station La Quina zu, welche das Moustérien repräsentiert und welche Lithoglyphie wir mit den früheren entsprechenden Erwerbungen im Kabinett ausgiebig ver- treten besitzen. Es befinden sich unter dieser neuen Zuwendung Stücke von besonders sorgfältiger Herrichtung, namentlich Schaber von der von mir so genannten „geflügelten‘“ Sorte und Spitzen von der charakteristischen Art, beide auf den ersten Blick die rätselhaft primitive und rohe Lithoglyphie des Mousterien zu erkennen gebend, „Mousteriolithen‘‘, wie man sie kurz nennen könnte. In der Kulturperiode des Mousterien sehen wir zuerst den Tier- knochen in Gebrauch gezogen, noch aber nicht zum Werkzeug zu- gerichtet, sondern erst als Widerlager zum Schneiden und Hacken dienend; Fragmente von harten Röhrenknochen grosser Jagdtiere dienten offenbar als Hackebrettchen, da sie mit feinsten Schnitten kreuz und quer überdeckt sind. Einige typische Exemplare dieser primitivsten Knochenwerkzeuge verdanken wir der Güte des Herrn Eugene Pittard in Genf; sie stammen aus der Moustérienstation Les Rebières, Dordogne, unfern Périgueux. Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 175 Mit der Meyer schen Sammlung kam uns auch eine Reihe von Magdalenienglyptolithen aus verschiedenen Stationen zu, ganz im Typus dieser Lithoglyphie sich haltend; besondere Erwähnung aber verdienen drei Knochenwerkzeuge: eine Wurflanzenspitze mit Widerhaken, ein Knochenmeissel und eine kurze Wurflanzenspitze mit Widerhaken am Vorderende und mit zungenartiger Verbreiterung des Basalendes, wie solche für die neolithische Uebergangsstufe zwischen dem Paläo- und Neolithikum, das Asylien (auch Cam- pignien. Tourassien, Kjökkenmöddingerzeit genannt) charakteristisch sind. Diese Knochenwerkzeuge stammen aus der Höhle Saint- Michel-d’Arudy, Basses-Pyrénées. Zwei Silexspäne, einen spitzen- und einen schaberartigen Stein, wohl dem Magdalénien zuzurechnen, hat uns Herr cand. med. Adolf Vischer vom Djebel Garian, südlich von Tripolis, mitgebracht. Von seiner Reise nach Algerien hat Herr Professor Dr. Leop. Rütimeyer Steinwerkzeuge und anderes von verschiedenen prä- historischen Stationen der Sammlung zum Geschenk gemacht, welche Gegenstände offenbar verschiedenen Kulturperioden angehören und darum für jemand, der nicht an Ort und Stelle war, nicht leicht zu sichten sind. Einige haben den Charakter des Magdalénien, einige sogar den des noch älteren Aurignacien, wiederum einige dieser Glyptolithen sind sicher neolithisch. Auch sind Tonscherben und gebrauchte Strausseneierschalen mitgekommen und Knochen von Jagdtieren, weiter sogenannte Mikrolithen u.a. m. Der Donator schreibt darüber folgendes: „Die oben genannten Artefakte verteilen sich auf Höhlen- und Oberflächenfunde. Nur erstere sind noch in mehr oder weniger primärer Lagerung, während die letzteren, den sog. Stations de surface angehörend oder oft auch diffus über den Kultur- oder Wüstenboden hin verbreitet, vielfach aus dem Boden herausgewitterte und oft zusammengeschwemmte Objekte sind, deren ursprüngliche Lagerung sich meist nicht mehr sicher nachweisen lässt. Die Höhlenfunde stammen aus den Grottes du Polygone et des Troglodytes bei Eckmühl-Oran, sowie den Höhlen von Mouillah bei Lalla Margna. Bei den obigen sind scharf getrennt zwei Haupt- schichten zu unterscheiden, eine untere paläolithische, nach Ansicht der dortigen Prähistoriker dem Mousterien angehörende Schichte, sowie eine obere dem ältesten Neolithikum, dort Ibéro-Maurétanien genannte Schichte, letztere nach Ansicht der Herren Pallary und Doumergue in Oran etwa dem französischen Tardenoisien ent- sprechend. Sie ist ausgezeichnet durch eine Menge mikrolithischer Silexinstrumente. Von Interesse ist, dass bis jetzt in den zahlreichen 176 Paul Sarasin. Grotten jenes prähistorischen Höhlentales bei Eckmühl aus den paläolithischen Schichten keine menschlichen Knochen gefunden wurden, während in den alten neolithischen, die auch zahlreiche Topfscherben bargen, mehrere Skelette zum Vorschein kamen, die nach Untersuchung von anthropologischer Seite (Broca), als einer negroiden Bevölkerung angehörig angesehen werden. Die letzt- genannte Höhle von Mouillah mit einer Kulturschichte von zirka 11% m Tiefe ist besonders ausgezeichnet durch mikrolithische Silex- instrumente kleinsten Kalibers, von denen eine Anzahl mitgebracht wurden. Wir fanden dort auch in der Kulturschichte einen glatten, länglich ovalen Stein, der, wenn auch ohne Farbspuren, in seiner Form lebhaft an die galets coloriés des französischen Asylien er- innert. Von den Stations de surface sei die bekannte Fundstelle vom Polygone d’Eckmühl genannt, der spätesten neolithischen Periode, dem Berbère recent, angehörig und ausgezeichnet durch ihr Leit- artefakt, eine typische, gestielte, nur auf einer Seite bearbeitete Pfeilspitze. Nach stärkerem Regen findet man hier, trotzdem diese nahe der Landstrasse belegene Fundstelle sehr häufig abgesucht wird, immer wieder so reichliche Objekte aus dem lockeren Boden gespült, dass man hier grössere prähistorische Ateliers anzunehmen hat. Die algerischen Prähistoriker betrachten diese so roh gear- beiteten spätneolithischen berberischen Pfeilspitzen als ein Zeichen der Dekadenz in der Silextechnik, die sich nahe der Küste unter dem Einfluss der eingeführten Metalle bemerkbar machte, während die zentraleren, noch in voller Steinzeit lebenden Stämme in der Sahara noch die ebenfalls in der Kollektion vorliegenden, sehr zierlich gearbeiteten kleinen Pfeilspitzchen verfertigten (Geschenk von Prof. Flamand, Aleier). Eine weitere hier vertretene Oberflächen- station bei Oran ist die dicht am Meere gelegene Batterie espagnole, wohl nur eine Fischerstation der altneolithischen Höhlenbewohner bei Eckmühl und mit den gleichen mikrolithischen Silices und massen- haften Schneckenschalenmuscheln wie jene. Andere Silices der Ober- flächenstationen stammen aus der durch ihre schönen Chalcedon- klingen, die frei auf dem Wüstenboden herumliegen, bekannten Um- gebung von Kreider, ferner weiter südlich aus der Umgebung von Ain Sefra, woher auch Stücke von Strausseneierschalen stammen. Die prähistorischen Saharabewohner benutzten, wie ich mich an einem intakten Exemplar überzeugen konnte, Strausseneier als Wasserge- fässe, wie das heute noch in Südafrika geschieht. Eine kleine Kol- lektion weiterer Silices erhielt ich von einem Offizier in Colomb Bechar, der dieselben in der Region Erg de Timimoun Gourara selbst gesammelt hatte.‘ Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. Ik Die Neuerwerbungen aus der neolithischen Steinzeit anlangend, beginnen wir mit der Erwähnung neolithischer Glyptolithen und Tonscherben aus Japan, von Herrn Dr. Gordon H. Munro in Yoko- hama uns freigebig als Geschenk überwiesen. In erster Linie fallen hier Steinbeile von ausserordentlicher Roheit der Behauung in die Augen, wie sie in der allgemeinen Form denen aus den dänischen Kjökkenmöddingern wohl entsprechen, aber, aus einem schlecht springenden schieferigen Gestein gearbeitet, noch viel roher aus- sehen als jene Feuersteine. Dieselben würden aber das Campignien in Japan repräsentieren, wenn sie nicht, nach der Feststellung des Donators, mit wohl polierten Beilen gemischt gefunden würden. Dieser Umstand, dass das polierte Beil schon im Gebrauch gewesen war, macht die Lösung der Frage nach der Verwendung jener rohen Campigniensteine schwierig. Es hat den Anschein, als wäre von einer in der Kulturperiode des Campignien lebenden japanischen Bevölkerung die Erfindung des polierten Steinbeiles übernommen worden, ohne doch dass die rohe Steinklinge des Campignien ausser Gebrauch gesetzt wurde. Noch rätselhafter wird diese Erscheinung durch den Umstand, dass die gleichfalls mit jenen Steinwerkzeugen gemischt gefundenen Tonscherben ihrer reichen und stilvollen Ver- zierung nach einen sehr hohen Typus der Keramik repräsentieren und zwar schon einen Typus, der als spezifisch japanisch bezeichnet werden muss, entsprechend wie die Funde aus neolithischen Gräbern Aegyptens schon einen spezifisch ägyptischen Typus zur Schau tragen. Der spezifische Kunststil einerseits in Japan, andrerseits in Aegypten, ist also ein uralter, prähistorischer Erwerb. Weiter sind aus der Munro’schen Sammlung zu erwähnen: Geschiebesteine mit seitlichen Einkerbungen, welche Netzbeschwerer darstellen, wie sie in identer Ausbildung auch in lithochronen Pfahl- bauten der Schweiz vorkommen, ferner sehr regelmässig geformte Natursteine oder Protolithen (mihi),?) welche vielleicht zum Formen der Tongeschirre gedient haben. Die besprochene Sammlung bildet eine ausgiebige Bereiche- rung der von unserem verstorbenen Mitgliede Herrn Rudolf Merian-Zäslin uns seiner Zeit überwiesenen Kollektion lithochroner Artefakte aus Japan (siehe Jahresbericht 1908). Aus den schweizerischen lithochronen Pfahlbauten ist uns das folgende zugekommen : In erster Linie ist zu erwähnen eine sehr wertvolle Sammlung von lithochronen Pfahlbautensachen aus dem Wauwilermoos, eine 3) Siehe P. $., über Me Fehlerquellen in der Beurteilung der Eolithen, Verh. Naturf. Ges. Basel, 22, 1911, p. 41. 178 Paul Sarasin. Auswahl aus der letztjährigen Ausbeute des Herrn Johannes Meyer in Schötz (siehe die ‚Jahresberichte 1908 und 1909). Besonders namhaft zu machen sind darunter die folgenden Gegenstände: Ein Meissel mit grüner Jadeitklinge und wohl gerundetem Hirschhorn- heft, so wohl erhalten, als wäre er erst gestern dem Pfahlbauern aus der Hand gefallen, die Steinklinge sitzt noch ganz fest, das Hirschhornheft zeigt noch die Gebrauchspolitur der arbeitenden Hand. Das Stück fand sich zwischen zwei Pfählen eingekeilt und blieb so, vor Rollung durch die Welle geschützt, durch die Jahr- tausende frisch erhalten. Einige Knochenmeissel fallen durch besonders seltsame Form auf, indem ıhr eines, dem meisselförmig verbreiterten entgegen- gesetztes Ende zugespitzt ist, wozu ich eine Analogie nur bei einem Steinbeil aus der Umgegend von Basel finde, weshalb es eventuell auch als knöcherne Beilklinge gedient haben konnte; ferner sind zwei andere vollendet erhaltene Knochenmeissel zu erwähnen und ein messerklingenartiger Knochen, wie jene letzteren Meissel mit Handpolitur, vielleicht zur Weberei gehörig. Von besonderem Interesse sind Feuersteinwerkzeuge, welche vollständig den Charakter von Mousterienschabern und -spitzen haben, also im Schosse des Neolithikums Mousteriolithen darstellen. Eine grosse Reihe gleicher Silexartefakte habe ich unter den neo- lithischen Glyptolithen aus den westschweizerischen Seen gefunden ; ich zweifle nicht, dass sie aus freier Hand gebraucht worden sind, wie zweifellos auch die des Mousterien, sie stellen die Konservierung eines alten Typus in jüngerer Kultur vor, Mousterienrelikten in der neolithischen Lithoglyphie. Ich verweise auf meine diesbezüg- lichen Bemerkungen im letzten Jahresbericht. Weiter enthält die Joh. Meyer’sche Sammlung wertvolle Stücke aus der Weberei oder Hyphantik und zwar Fetzen von Tuch, Fragmente von Körben, das Stück eines Sackes, eine Körnerfrucht enthaltend, Schnüre und Seile; von keramischen Sachen Topf- waren, durch Roheit der Technik auffallend, darum zweifellos nicht durch Handel erworben, sondern von ungeschickter Hand an Ort und Stelle gefertigt, da man anderwärts in der Kunst der Keramik damals schon viel weiter war; es finden sich darunter ein grosses kesselartiges Geschirr, eine sehr wohl erhaltene schüssel- artige Schale mit unpaarem, durchbohrten Henkel zum Aufhängen mittelst einer Schnur, zwei erstaunlich rohe Becherchen, ein frag- mentarischer Schöpflöffel und ein Gefäss mit zungenförmiger wag- rechter Handhabe, das ich für eine Fettlampe ansprechen möchte. Endlich konnten wir noch ein Unikum erwerben, das Herr Joh. Meyer unlängst erst gefunden hat: ein Gehänge aus Holz mit Auf- Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 179 hängeloch, welches in feiner Gravierung das Bild eines Fisches zeigt, in der gedrungenen Gestalt und der Form der Flossen, wie mir scheint, an einen Bitterling erinnernd, offenbar ein Amulett, und diese Zierde der neolithischen Xyloglyphie gibt mir noch An- lass, darauf hinzuweisen, dass man in der Konservierung so wert- voller Holzgegenstände, wie dieser, noch viel sorgfältiger vorgehen sollte, als ich dies im letzten Jahresberichte angeraten habe. Diese Vorsicht hat sich wesentlich auf den Wasserentzug des Holzes durch Alkoho! zu konzentrieren, welcher, wie mich spätere Erfahrungen zu meinem schmerzlichen Schaden belehrt haben, viel langsamer vor sich geht, als ich geglaubt hatte, und so lange Wasser im Holze verbleibt, ist eine Konservierungsmethode mit Paraffin, wie sie dort beschrieben wurde, nutzlos, es tritt unwiderstehliche, die Form verzerrende Schrumpfung ein. Man lasse also am besten frisch dem Torf enthobene Holzgegenstände, bevor man sie weiterer Behand- lung mit Terpentin und Paraffin aussetzt, monatelang in ganz starkem Spiritus liegen, der wiederholt zu wechseln ist, demgemäss auch obiges Fischamulett bis auf weiteres im Spiritus aufbewahrt werden wird. Ich hoffe, es sei durch meinen Misseriff, für die Wasserentziehung nur eine Woche Liegens des durchfeuchteten Holzes im Spiritus anempfohlen zu haben, noch kein Unheil ange- richtet worden ausser dem, das mich selber betroffen hat. Ein neuer Nachschub von Dubletten aus dem Museum Schwab in Biel, welcher besonders für unsere chalkochrone Keramik wichtig war, brachte auch einige gute lithochrone Stücke, auf die hier nicht eingetreten werden kann; nur sei erwähnt, dass ein Stück des Wand- bewurfes einer Pfahlhütte ein so gutes Negativ darstellt, dass das durch Abdruck gewonnene Gipspositiv das Flechtwerk des Pfahl- hauses auf’s deutlichste erkennen lässt, welches aus rechtwinklig sich kreuzenden runden Gerten von ca. 1 em Durchmesser zusammen- gesetzt war. Einige lithochrone Pfahlbautengegenstände, darunter eine Wurflanzenspitze aus Hirschhorn, verdanken wir Herrn K. Geldner- Ammon in Basel. Herr Dr. Gottl. Imhof in Basel verehrte uns lithochrone Pfahlbautensachen aus dem Neuenburgersee, Station Concise, wor- unter ein nadelscharfer Knochenpfriemen mit Gebrauchspolitur und ein seltsames gebogenes Stäbchen aus Hirschhorn mit abge- setztem olivenförmigem Kopfstück besonders auffallen. Einige lithochrone Seltenheiten konnten von Herrn Lehrer Theophil Ischer erhalten werden; ich erwähne darunter ein Sichel- steinchen mit breit gezähnter Schneide und einen Knochenpfriemen, welcher am Basalende eine gewunden kanalartige Durchbohrung 180 Paul Sarasin. zeigt, offenbar zur Befestigung eines Fadens, was den Pfriemen zur Ahle macht. Unser Mitglied Dr. Engelmann bedachte uns mit einem Stein- beilchen aus dem Bielersee und den Fragmenten von zwei Silex- dolchspitzen unsicherer Herkunft. Eine grosse Reihe von Steinbeilen aus Kano in Nigerien machte uns Herr Resident Hanns Vischer zum Geschenk, welcher schon früher für die Bereicherung unseres Kabinettes mit afrikanisch- neolithischen Glyptolithen besorgt gewesen ist (siehe Jahresbericht 1908). Ausser den Steinbeilen von gewohnter Form fallen in der Sammlung solche auf, die ringsum absichtlich gestumpft sind und deshalb vielleicht als beilförmige Keulensteine gedient haben; an anderen sind ausgehöhlte Gruben zu erkennen, offenbar ausge- schabt von den Negern zu abergläubischen Zwecken, wie das auch bei uns zu Lande vorkommt. Ferner fanden sich ein Klopfstein mit körnigen Schlagnarben an den beiden Enden und merkwürdig ge- glättete Steine, welche vermutlich zum Polieren der Tongefässe gedient haben und von denen ganz ähnliche uns aus dem Bielersee zugekommen sind. Aus der westafrikanischen Reiseausbeute des Herrn Dr. Leo Frobenius, soweit sie uns zum Kaufe angeboten war, konnte ich aus der grossen Menge von Steinbeilen eine ansehnliche Reihe solcher herauspflücken, welche aus Roteisenstein oder Hämatit bestehen und infolge ihres metallischen Glanzes den Eindruck eiserner Beile machen. Der Hämatit wurde als Steinart behandelt, die besonders gut für die Anfertigung von Beilen geeignet erschien ; mit der viel späteren Erfindung des Gusseisens hat dies natürlich nichts zu tun. Auch ein mit der Sammlung von Herrn Hanns Vischer aus dem Herzen der Sahara mitgekommenes rotes Stein- beilchen erwies sich als aus Hämatit bestehend.t) Neolithische Feuersteinspäne und ein poliertes Beil von eigen- tümlichem Aussehen von Chilleurs-au-bois, NO von Orléans, sowie rote Silexspäne aus einer Kiesgrube bei Arezzo schenkte uns Herr Dr. H. Stehlin. Eine neue grössere Suite von Steinbeilen aus der Umgegend von Base! wurde zu der grossen Anzahl der schon vorhandenen er- worben. Eine aus dem Leimental gebrachte Steinbeilklinge hat schön - gebogene Form, wie eine früher erhaltene aus Hochwald. Mehrere dieser Steinbeile zeigen sichere Merkmale modernen aber- gläubischen Gebrauchs, entsprechend wie es, wie oben bemerkt, an solchen aus Afrika gefunden wird. 4) Siehe P. $., die ägyptische Prähistorie und das Dreiperiodensystem, Verh. Naturt.-a@es, Basel, 21, 219107p2263: Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 181 Die wenn auch karge, so doch umso wichtigere Ausbeute des neolithischen Massengrabes, welches bei Aesch entdeckt und von uns als stark gestörtes Dolmengrab erkannt worden ıst, wurde nun auch dem prähistorischen Kabinett einverleibt, eine wichtige Be- reicherung unserer Kenntnis von der jüngeren Steinzeit in der Um- gegend von Basel. Da die Gegenstände schon genau beschrieben und abgebildet worden sind, brauchen sie hier nicht namhaft ge- macht zu werden.?) Aus der Chalkochronie oder Bronzezeit wurden aus dem Museum Schwab in Biel einige weitere Gegenstände hinzugewonnen: Beile, Messer, Schmucknadeln, Ringe von bekanntem Typus; wertvoll aber war der Erwerb einer schönen Reihe chalkochroner keramischer Objekte, welche mit den schon vorhandenen der Form nach in vom kleinen zum grossen aufsteigenden Reihen im Kabinett zur Aus- stellung gebracht wurden: gehenkelte und ungehenkelte Töpfe, Flachschalen, Trinkbecher und tassenartige Gefässe, Schüsseln, Krüge, von den Töpfen einige auf die bekannten Hitzringe gestellt; die Formentypen können nun mit einem Blicke, in der Grösse nach aufsteigenden Reihen, erkannt werden. Alle diese keramischen Ob- jekte wurden zuvor mit verdünnter Säure vom anhaftenden Kalk- sinter befreit, was zu dem speziellen Gewinne führte, dass die- jenigen Stellen, welche mit der dicksten Sinterschicht verhüllt gewesen waren, nach Entfernung derselben das schmuckeste Aus- sehen zeigen; denn die Sinterlage hatte als Schutzhülle der Aussen- fläche gedient, welche, wie sich nach ihrer Entfernung ergab, dunkelschwarz gefärbt und spiegelhaft poliert ıst. Auf welche Weise diese Politur zustande gebracht war, bildet eine eigene Frage, und es stellt dieselbe jedenfalls eine eigene Erfindung dar, welche die Keramik einer gewissen Periode charakterisiert, weshalb sie ein wichtiges Hilfsmittel zur chronologischen Analyse keramischer Objekte abgeben kann, der Schwarzspiegel ist Leitartefakt. Es hat den Anschein, als ob alle oder doch weitaus die Mehrzahl des chalko- chronen Tongeschirres aus den westschweizerischen Seen ursprüng- lich das schmucke Aussehen schwarzer, glänzend polierter Keramik bot. Dieser Schwarzspiegel ist noch glänzender als Graphit und färbt nicht ab. Ein artiges, offenbar chalkochrones Töpfehen von Grandson verehrte uns Herr Professor Dr. H. Rupe. Einige schöne Bronzegegenstände von einer Station bei Torda in Siebenbürgen erwarb und schenkte der Unterzeichnete: ein 5) Siehe P. $., ein seltener Grabfund, Sonntagsblatt der Basler Nach- richten 15. Dezember 1907 und F. $., das steinzeitliche Dolmengrab bei Aesch unweit Basel, Verh. Naturf. Ges. Basel, 21, 1910, p. 266. 182 Paul Sarasin. Lappen- und ein Düllenbeil, zwei reich verzierte Streitäxte, die eine dadurch merkwürdig, dass die Schneide in einen Pferdekopf endigt, während sie selbst durch die zugeschärfte Mähne des ge- bogenen Pferdehalses vergegenwärtigt wird, weiter eine Dolchklinge, ein sternförmiger bronzener Keulenkopf und eine spiralige Arm- spange mit Schlangenkopf. Diese Stücke sind eine kleine Repräsen- tation der reichen ungarischen Chalkochronie. Von der Siderochronie oder prähistorischen Eisenzeit kam noch ein kleiner Nachschub aus dem Museum Schwab. in Biel, worunter eine Reihe von La Tene-Fibeln erwähnenswert ist. Ferner machte uns Herr Professor Dr. H. Rupe einige Gegenstände aus der Eisen- zeit zum Geschenk, worunter ein grösserer eiserner Ring und eine Sichel besonders namhaft zu machen sind. Einer nachdrücklichen Erwähnung verdient hier der folgende Umstand: Schon durch die Bemühungen des früheren Präsidenten der ethnographischen Kommission, des Herrn Professor Kollmann, war der Sammlung ein reales Schichtenbild durch den Kulturboden des weit bekannten Abri Schweizersbild bei Schaffhausen zuge- kommen, welches jedoch durch den Bruch der zu schwachen Vorder- scheibe in Unordnung geraten war. Da erbot sich Herr Professor Dr. Jakob Nüesch ın Schaffhausen, der Erforscher von Schweizers- bild, aus freien Stücken, die wertvolle Tafel wieder neu herzustellen. Es wurde darauf genau nach seinen Angaben ein Kasten mit einer starken Spiegelglasscheibe angefertigt, worauf Herr Nüesch sich nach Basel verfügte und in zwei Tage dauernder mühsamer Arbeit das Schichtenprofil eigenhändig neu erstellte, wobei er den Inhalt der einzelnen Schichten mit neuem prähistorischem Material be- reicherte. Dieses Schichtenprofil, vom Originalforscher eigenhändig erstellt, ist jetzt eines der wissenschaftlich wertvollsten Stücke unseres prähistorischen Kabinettes, weshalb Herrn Professor Nüesch unser ergebenster Dank für diese seine unentgeltliche, zeitraubende und gewissenhafte Arbeit ausgesprochen sei. — Leider muss dieser Bericht mit einer für uns besonders schmerz- lichen Todesnachricht abschliessen, indem unser warmer Gönner Herr Theodor Meyer zum Pfeil in Gagny nicht mehr unter den Lebenden weılt, dem wir, wie unsere früheren und auch noch der laufende Jahresbericht kundgeben, eine grosse Reihe wertvoller Geschenke verdanken. Er hat nicht nur durch prähistorische Gegen- stände unsere Sammlung namhaft bereichert, sondern auch eine schöne Serie französischer prähistorischer Zeitschriften in elegantem Einbande uns als „Stiftung Theodor Meyer zum Pfeil‘ über- wiesen. Alle diese Zeitschriften erlöschen nun mit dem laufenden Jahre, was wir als einen Verlust empfinden müssen. Herr Theodor Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 185 Meyer hat aber in unserem Museum durch seine wissenschaftlich wertvollen Zuwendungen ein Andenken hinterlassen, für dessen dauernde Bewahrung wir dankbar besorgt sein werden. Paul Sarasın, Vorsteher der Abteilung Prähistorie. Polarvölker. Der Bericht über die Abteilung für Polarvölker ist dieses Jahr rasch erledigt. Die Zunahme beträgt nur drei Stücke, worunter zwei Geschenke. Eine der Sammlung Rikli angehörige schöne Fell- jacke der Grönländerinnen (Anurek) konnte noch nachträglich er- worben werden. Ein von Grönländern sehr sorgfältig gearbeitetes 115 cm langes Modell eines Frauenbootes (Umiak) schenkte L. Rüti- meyer. Bei der Unwahrscheinlichkeit der Erwerbung des Originales dieser 8-15 m langen Frauenboote, die zum Transportieren des Hausrates beim Nomadisieren der Grönländer dienen, mag das Modell als Gegenstück zum im Original vorliegenden Kajak dienen, welches letzteren sich früher wenigstens der richtige Fangmann aus- schliesslich bediente. Den Griff eines Messers aus Renntiergeweih mit originellen eingeritzten Renntierfiguren und einigen Orna- menten, von Lappländern angefertigt, schenkte uns Herr Prof. E. Hoffmann-Krayer. L. Rütimeyer, Vorsteher der Abteilung für Polarvölker. Afrika. Die afrikanische Abteilung kann für das Berichtsjahr einen noch grösseren Zuwachs verzeichnen als im Vorjahr, nämlich 347 Stücke, worunter sehr erfreulicherweise 220 als Geschenke. Es befinden sich darunter die Objekte von vier Originalsammlungen, während eine fünfte, die ethnographisch wertvollste, mit Hilfe des Museums- vereins erst ganz am Ende des Jahres konnte erworben werden und deshalb im nächsten Jahresbericht figurieren wird. Es ist dies die grosse, mit viel Verständnis zusammengebrachte Originalsammlung, welche Herr Dr. A. David in bester Realisierung einer ihm vom Unterzeichneten mitgegebenen ethnographischen Wunschliste von den Ländern des obern weissen Nil, besonders der Schilluk und Dinka mitgebracht hat. Die andern Originalsammlungen betreffen Ma- terialien (60 Stücke), welche Frobenius als Leiter der Deutschen innerafrikanischen Forschungs-Expedition in den westlichen Sudan in den Jahren 1907—1909 mitgebracht hatte und welche uns durch 184 Paul Sarasin. Tausch und Ankauf aus dem Doublettenmateriale des Hamburger Museums für Völkerkunde zu erwerben ermöglicht wurde durch freundliches Entgegenkommen seitens dieses Vorstandes. Eine zweite Originalsammlung von 190 Nummern schenkte L. Rütimeyer als Ergebnis einer vom Zürcher Polytechnikum unter Leitung der Herren Prof. Schröter und Rikli durchgeführten wissenschaftlichen Reise nach Algerien und dem angrenzenden Marokko, an der er teilgenommen hatte. Einzelne Nummern derselben wurden in freundlichster Weise von andern Mitgliedern der Reisegesellschaft geschenkt, so von den Herren Prof. Siebenmann und O. Linder in Basel, Herrn Dr. E. Frey in Clavadel und Herrn Prof. Rikli in Zürich. Eine dritte Originalsammlung (11 Stücke) erwarben wir von Herrn Missionar Ebding in Mittelkamerun, eine vierte von Missionar Scheibler ın Südkamerun (42 Stücke). Beginnen wir unsern Rundgang durch die Neuerwerbungen in Nordafrika, so erhielt die meist spärlich oder gar nicht bedachte altägyptische Sammlung einen Bronzespiegel geschenkt von Herrn Dr. P. Sarasin; Herr E. Paravicini-Engel verehrte uns neben drei Speeren vom obern Nil einen schön gearbeiteten eisernen Helm mit eingelegter Silberornamentik, wie solche vielfach bei den Reisigen des Mahdi getragen wurden. Das schöne Stück ist zweifellos ur- sprünglich persischer Provenienz. Von Herrn Zahn-Geigy erhielten wir vier farbige Architektur-Modelle aus Stuck, welche in 1/,, natür- licher Grösse, in einer Höhe von 63—73 cm einige der schönsten Architekturteile der Alhambra darstellen. Sie wurden angefertigt von Rafael Contreras, dem Restaurator der Alhambra und wurden als Glanzstücke maurischer Architektur der nordafrikanischen Ab- teilung: einverleibt. Die vom Referenten mitgebrachte Sammlung entstammt, wie erwähnt, einer Reise nach Algier, wobei speziell die grosse Kabylie bis Michelet, die Umgebungen von Algier und Oran, der äusserste Süden von Algerien bis Colomb Bechar, sowie die marokkanische Oase Figuig, endlich der Nordwesten mit Tlemcen, Lalla Margna und das marokkanische Udschda besucht wurden. Hauptgesichts- punkt beim Sammeln war, so gut es möglich war, ein Bild der ge- wöhnlichen Gebrauchsgegenstände jener verschiedenen nordafri- kanıschen Bevölkerungen, der Araber, Beduinen, Kabylen und übrigen Berber zu geben, soweit sie indigener Entstehung sind, wo- bei sich ergab, dass manche dieser einfachen und unscheinbaren Objekte als Relikte aus historisch weit tiefer liegenden, ja aus prähistorischen Kulturschichten sich erhalten haben. Was zunächst den interessanten Stamm der Kabylen anbetrifft, so sei hier, ohne auf die höchst verwickelten diesbezüglichen anthro- Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 185 pologischen Fragen einzutreten, nur erwähnt, dass nicht nur dem Referenten, sondern manchem seiner Reisegefährten das Volk der Kabylen sowie überhaupt reine Berber somatisch einen durchaus europäischen Eindruck machten. Ganz abgesehen von den übrigens nicht allzuhäufigen blauäugigen und blondhaarigen Kabylen reprä- sentierten die Männer in oft geradezu drastischer Weise den Bauern- typus unserer oder deutscher Gegenden. Man hatte, abgesehen von Kleidung und Ausrüstung, oft in keiner Weise den Eindruck, einem exotischen Volksstamme gegenüberzustehen, sondern sah die wohlvertrauten Gesichtszüge der heimischen Landbewohner. Ange- sichts solcher Erscheinungen möchte man unter den vielfachen Hypothesen, die sich um den geheimnisvollen Urspung der reinen Berber ranken, diejenige, die hier einen starken europäischen, ja nordeuropäischen Einschlag durch frühe prähistorische Einwan- derung annimmt, als sehr plausibel annehmen. Das Mobiliar der Kabylenhütten steht in seiner unglaublichen Dürftigkeit in bezug auf Komfort wohl tief unter demjenigen einer Pfahlbauhütte der Stein- oder gar der Bronzezeit. In dem einen Raume, der für Vieh und Menschen dient, wobeı letztere auf einer erhöhten Lagerstelle aus Lehm schlafen, befindet sich von Mobiliar eigentlich nichts als eine Herdstelle und ein riesiger Toneylinder für Getreide. In ziemlichem Formenreichtum sind in den meisten Hütten Töpfe und Tongeschirre aller Art vertreten, welche viel- fach durch die Hausindustrie der Frauen angefertigt werden. Unter den 22 mitgebrachten Stücken befinden sich zwei jener äusserst originellen, ca. 60 cm hohen, durchaus an altgriechische Formen erinnernden, schön gehenkelten Amphoren aus rotem Ton, wie sie die Frauen und Mädchen zum Wassertragen benutzen. Sie sind leider schon etwas seltener geworden, da sie vielfach durch blecherne Petroleumkisten jetzt ersetzt werden. Die eine derselben schenkte uns Herr Dr. E. Frey in Clavadel. Die alte schöne, kunstvolle Töpferei der Kabylen mit originellen schwarzen Ornamenten auf gelbem Grunde ist kaum mehr erhältlich und nur durch ein Stück vertreten, sie ist jetzt ersetzt durch die Hausindustrie der Weiber von Beni Yenni, welche Krüge, Amphoren aller Art im alten Stil in unzulänglicher Weise nachzuahmen suchen. Interessant ist ein einfacher Topf der Riff-Berber dadurch, dass er nach Aussage des bekannten Prähistorikers P. Pallary in Oran, von dem ich ihn erwarb, in Form und Material genau den in den Dolmen gefundenen neolithischen Töpfen entspricht. Von der früher berühmten marokkanischen Töpferei von Fez sind neun Stücke vorhanden, allerdings ausser einer nach kompetentem Urteil ca. 50 Jahre alten Platte alles modernere Stücke; es sind Teller, Schüsseln und Platten, 15 186 Paul Sarasin. die die hohe Schönheit in Farbe und Ornamentik, wie sie die alten kaum mehr erhältlichen Stücke aufweisen, lange nicht erreichen. Eine schöne Platte dieser Gruppe schenkte uns Herr Prof. F. Siebenmann. Sehr originell ist auch der Schmuck der Kabylen und übrigen Berber, der sowohl bei den Stämmen am Fusse des Djurdjura wie auf den Hochflächen des Atlas bei Tlemcen, in Südalgerien und Ostmarokko durchaus eigenartig und übereinstimmend ist. Er be- steht aus den bekannten Gewandfibeln aus Silber oder Weissmetall, aus Ohren-, Stirn-, Hals- und Brustschmuck verschiedenster Art, oft mit einer Art Emaileinlage, aus Bracelets, Unterschenkel- und Knöchelspangen, oft an prähistorische europäische Spangen erinnernd. Originell ist eine kleine silberne Fibel, die von den Frauen in so grosser Anzahl am Kopftuch getragen wird, als dieselbe Knaben hat, Mädchen zählen dabei nicht mit. Auch Colliers aus wohlriechenden . Gewürznelken mit Korallen und Glasperlen, wie sie die Frauen und Mädchen der Kabylen tragen, seien genannt. Die Verfertiger des Metallschmuckes sind, wenigstens in Südalgerien und Ostmarokko, meist Juden. Die Sammlung enthält 34 Stücke dieses Berber- schmuckes, worunter ein Paar kabylischer Unterschenkelspangen, die Herr Prof. Rikli schenkte. Von Amuletten finden sich Schutzamulette für Kinder und Erwachsene, ein solches in Gestalt einer Tierscapula als Zeltschutz und ein interessantes medizinisches Amulett, welches uns Herr Dr. Foley, Militärarzt in Beni-Ounif verehrte und zugleich seine innere Bedeutung erklärte. Das Stück „Zenag‘ besteht aus einer Schnur, an der vier „Katab‘, kleine Ledertäschehen mit passenden Koran- sprüchen, ein Stück Cruciferenwurzel gegen die bösen Geister, ein Stück Hammel-Trachea gegen Husten, ein Säckchen mit Erde vom Grabe eines Heiligen, ein Varanuskopf zum Schutz vor Schlangen und Skorpionen und einige grüne Perlen und Kauri als Ornament aufgehängt sind. Als eine Art von kultischem Werkzeug ist auch eine 4 m lange Peitsche aus Halfagras von Lalla Margna anzuführen, mit der in den Fruchtfeldern tagelang geknallt wird, um Vögel und Dämonen zu verscheuchen, eine Parallele zu den riesigen Peitschen aus Ober- Aegeri unserer Sammlung für Völkerkunde, mit welchen zur Zeit des St. Niklaustages zum gleichen Zwecke geknallt wird. Von Hausgeräten und Kleidungsstücken sind 30 Objekte vor- handen, worunter eine kabylische Wiege von verblüffender Ein- fachheit in Form zweier gekreuzter krummer Aststücke, die unten durch ein Netzwerk aus Schnur verbunden sind, auf die das Kind zu liegen kommt. Das Ganze wird an der Hüttendecke aufgehängt Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 187 und so das Kind geschaukelt. Einige in prächtigen Farben gehaltene Kopfkissenüberzüge in Seidenstickerei konnten von Herrn Pallary erworben werden, der dieselben aus Rabat mitbrachte als Repräsen- tanten der rasch verschwindenden dortigen Hausindustrie der Frauen. Ein goldgestickter roter Gürtel und ein ebensolches Spitz- hütehen gehören zum Kostüm der Maurenfrauen in Tlemcen. Von Hausgeräten sei erwähnt: bemaltes Bauerntischchen, Messingteller, mit Spiegeln versehene Kandelaber und Esslöffel von Dahra, Prov. Oran. Von Lederwaren (9 Stück) schenkte uns Herr O. Linder einen Proviantsack der Tuareg aus farbigem Leder, ferner findet sich ein ebenso gearbeiteter, mit Taschen versehener schöner Kamelsattelschmuck der Tuareg, sowie ein Pferdebrust- schmuck mit Cartouchière mit bunter Lederstickerei aus Fez. Die landwirtschaftlichen Geräte sind repräsentiert durch einen kabylischen Pflug, der in unserer Sammlung die Fortsetzung unserer nordafrikanischen Pflugserie (Aegypten, Tunis) nach Westen mar- kiert, eine gezähnte Sichel von Oran, Heugabel und Wurfschaufel der Kabylen. Speziell hervorgehoben seı hier ein Pistill aus einem basaltischen Gestein, Ophit, welches ich in Figuig erwerben konnte von einem Berber, der es zum Zerstampfen von Dattelkernen ge- brauchte. Nach Pallary, der das Stück untersuchte, dürfte es sich hier wohl zweifellos um ein neolithisches Relikt handeln, wie solche von Gautier®) beschrieben sind. Es sind ähnliche Stücke schon wiederholt in neolithischen Lagerungen der Sahara gefunden wor- den, und unser Stück hätte sich also, wozu es an Analogien nicht fehlt, bis zum heutigen Tage in Gebrauch erhalten. Bei den land- wirtschaftlichen Objekten sei auch das Tor eines kabylischen Ge- höftes erwähnt mit berberischen Ornamenten in Kerbschnitt. Von Waffen (13 Stück) sei neben dem Schwert der Marokkaner, mehreren Dolchen, Pulverhörnern ete. einer der jetzt selten ge- wordene Bogen der Tuareg genannt, ein altes Stück, dessen Bogen- holz wie die Sehne mit spiralig gerollten Lederstreifen überzogen ist. Als Zeugen älterer Kulturschichten dienen wohl einige Schleudern aus Wollstoff, wie sie von den Knaben in Colomb Béchar zum Schiessen von Vögeln verwendet werden, ein Relikt einer früher wohl weit verbreiteten Waffe; dasselbe gilt von den Matraques genannten keulenförmigen Stöcken der Berber in Südalgerien, die heute noch als Wurfkeulen verwendet werden. Es wurde mir mit Bestimmtheit versichert, dass sogar von Reitern im Galopp kleines Wild durch Wurf der Matraque bis auf 20m Distanz mit Sicher- heit getroffen wird. Endlich seien noch einige altmarokkanische 6) E. F. Gautier: Sahara Algérien. . Tome 1, p. 130. Paris 1908. 188 Paul Sarasin. Silbermünzen aus der Zeit der Dynastie der Almohaden (1147 bis 1265) erwähnt, sowie fünf sehr interessante, teilweise perforierte runde und scheibenförmige Perlen aus blaugrünem Glasfluss, die in einer neolithischen Station de Surface, dem sog. Lybique recent bei Uargla gefunden wurden und die von Herrn Pallary erworben wurden. Dieselben sind nach dem kompetenten Urteil von Herrn P. Staudinger ın Berlin, der dieselben zu untersuchen die Güte hatte, verschieden von den echten blauen Agriperlen oder den uns s. Z. von Herrn H. Vischer?) geschenkten blauen Glasperlen, wie sie in Mandara (Nigeria) noch angefertigt werden sollen, ähneln aber sehr in der Form, nıcht der Farbe, gewissen alten Eingebornen- Perlen aus Westafrika. Westafrika. Die oben erwähnte zweite Originalsammlung, der Expedition Frobenius entstammend, betrifft die bei uns noch bisher unvertretenen Gebiete zwischen Senegal und oberstem Lauf des Niger. Die interessantesten Objekte dieser 60 Stücke umfassenden Kollektion sind fünf bisher unbekannte originelle Masken — Suguni- Masken — über deren Bedeutung, soweit mir bekannt, sich Frobenius noch nicht eingehender geäussert hat. Es sind halbkuglige Aufsatz- masken aus Flechtwerk, auf deren Kuppe in meist feiner und sorg- fältiger Schnitzerei mit Kerbschnitt ein mysteriöses Tier sowie ein hornartiger Aufbau aus Holz sich erhebt. Letzterer ist oft mit Federn oder Glasperlen oder auch mit kleinen menschlichen Figuren verziert. Es sind dies wohl Masken von Geheimbünden; ob in den Tierfiguren alte Totembeziehungen angedeutet sind, bleibe vorläufig dahingestellt. Dasselbe gilt von zwei eigentümlichen, kleinen, nur 25 cm langen Masken — Sokote-Masken — die einen Eselskopf (?) darstellen. Von den übrigen Objekten der Sammlung seien erwähnt Holzgefässe einfachster Form, Esslöffel, Tabakdosen, Körbe, Amu- lette, Tierfallen, von denen besonders eine Rebhuhnfalle mit einer Anzahl feinster Schlingen aus Tierhaar genannt sei, Tanzklappern von teilweise ganz neuer origineller Form, Sandalen und Türschlösser aus Holz. Eine Anzahl von Spinnwirteln aus schwarzem und rotem Ton, einige davon ornamentiert mit gelber und schwarzer Streifung, mahnen durchaus an prähistorische Formen unserer Pfahlbauten; endlich vervollständigen einige Stücke Eingeborenen-Stoffe mit ein- gewebten geometrischen Ornamenten und vier Amulette aus Togo, die aus Schnüren, kleinen Holzstäbehen, Kauri und kleinen Kale- bassen zusammengesetzt sind und deren Bedeutung (Schutz vor Ueberfall durch Räuber, Schutz vor Dämonen, Amulett für Lebens- 7) Vide Bericht über die Sammlung für Völkerkunde 1908. Verhand-, lungen der Naturf. Ges. Basel, Bd. XX, p. 88. Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 189 verlängerung und als Heilmittel gegen Vergiftung) angegeben ist, diese Sammlung aus dem westlichen Sudan. Eine dritte kleine Originalsammlung (11 Stücke) erhielten wir von Herrn Ebding, Missionar der Basler Mission, aus dem mittleren Kamerun (Duala- und Mangambagebiet). Dieselbe ist uns be- sonders willkommen, da sie uns in die rasch entschwindende Atmosphäre der ehedem so berühmten und berüchtigten Geheim- bünde Kameruns einführt, deren Dokumente in unserer Sammlung leider nur sehr dürftig vertreten sind. Auch werden wir durch sprachkundige Missionare, wenn sie solche Objekte mit Einsicht sammeln, meist in besonders authentischer Weise über deren Be- deutung aufgeklärt. Von den Stücken dieser kleinen Kollektion seien hervorgehoben ein grosser speerartiger, mit Ziegenhaar ge- schmückter Stab eines Geheimbundes, der zur Schuldeneintreibung diente; ferner der mit einer geschnitzten menschlichen Figur ver- sehene Stab des Elong-Geheimbundes, der sich über das Duala- Wuri-Balonggebiet erstreckte. Die Mitglieder feierten ihre Zere- monien und Tänze nachts, wobei sie bezeichnenderweise von Nicht- Eingeweihten als die mittanzenden Ahnen des Stammes angesehen wurden. Zwei weitere seltene, alte Stücke sind die 58 resp. 70 cm hohen zwei Masken des Koso-Geheimbundes, deren Erwerbung auch Herrn Ebding sehr schwer gelang. Es sind zwei Aufsatzmasken (Bekale ba bito ba Koso) und zeigen zwei weibliche Figuren mit Rasselgürteln in alter, sorgfältiger Schnitzerei. Die Hauptfigur des Koso-Geheimbundes, die Herr Ebding auch einmal zu sehen bekam, ist eine über menschengrosse Figur, die zu Festzeiten in eine Laubhütte gestellt wurde, in der die vor- nehmsten Mitglieder des Bundes sassen, ihre Zauberformeln her- sagten und Medizin bereiteten. Bei den Tänzen wurden die er- wähnten Masken aufgesetzt; hiezu gehört auch eine Maske in Form eines Antilopenkopfes mit einem eisernen Haumesser in der Schnauze (bei unserem Stücke fehlend), mit welchem der Masken- tänzer Störefriede und unaufmerksame Zuschauer zu zeichnen suchte. Die zweite Kameruner Originalsammlung wurde von Herrn Missionar Scheibler zusammengebracht aus dem südlichen Kamerun bei den Basa-Stämmen zwischen den Flüssen Sanaga und Njong, teilweise von Stämmen, die er als erster Europäer besuchte. Masken kommen in diesem Gebiete nach Versicherung des Sammlers nicht vor. Hervorzuheben sind aus der 42 Objekte umfassenden Kol- lektion eine grössere Anzahl von teilweise sehr zierlich geschnitzten Koch- und Esslöffeln aus Holz, wie sie zum Essen der dieken, aus Oel und Pisang bereiteten Suppenbrühe dienen (östliche Basa- Stämme), Amulette in Form von Brettchen, wie sie zum Schutze 190 Paul Sarasin. der Gehöfte aufgehängt oder in den Boden gesteckt werden, um Dämonen oder böse Gäste fernzuhalten, ferner seı erwähnt ein Teil eines Fetisches des Mungi-Geheimbundes in Form einer alten Buschmesserklinge, welche mit einem menschlichen Schädel, Asche menschlicher Knochen, einer kleinen Kalebasse und einer ca. 10cm langen Steinbeilklinge in einer Trommel lagen. Das ganze gehörte als Fetisch dem ehemals so mächtigen Mungi-Geheimbunde an; leider wurden die genannten andern Bestandteile des Fetisches nicht aufbewahrt, immerhin ist durch diesen von Herrn Scheibler selbst erhobenen Befund das Vorkommen von Steinbeilen auch für diesen Teil des südlichen Kamerun belegt. Zum gleichen Mungi-Geheim- bund gehören fünf Losangorasseln und Schellen aus Flechtwerk. Originell ist ferner ein aus Holzpfeifen und Klapper bestehendes Lärminstrument, welches der Zauberer während der Bereitung der Zaubermedizin in Bewegung setzt, um nicht von schädlichen Ein- flüssen gestört zu werden, sowie ein Wahrsageapparat „Ngambi aus markierten Schuppen des Schuppentieres. Von Bikokstamm südlich von Sanaga rühren zwei Armbrüste her, wie sie noch von Knaben zum Schiessen von kleinem Wild verwendet werden, zwei Schwerter der Baja-Stämme, wenigstens 50 Jahre alt, entstammen noch der eingeborenen, jetzt durch Import fast verschwundenen alten Eisenindustrie der südlichen Baja-Stämme. Einige Balipfeifen, Korbwaren und Taschen aus feinem Geflecht entstammen dem Grasland von Kamerun. Aus dem an ethnographischem Material so reichen, in unserer Sammlung immer noch viel zu schwach vertretenen Kamerun stammt auch ein schön geschnitztes altes, 53 cm langes Elfenbeinrufhorn, welches Herr Dr. F. Sarasin schenkte. Aus Zentralafrika brachte uns das Berichtsjahr weit weniger Zuwachs als das letzte, doch fehlen einige sehr gute Stücke keines- wegs, so eine höchst originelle grosse Tanzmaske der Baluba, be- stehend aus einer Grundlage von Stoff und Grasfasergewebe, welche fast völlig bedeckt ist mit Glasperlen und Kauri und von einem 55 cm langen stielförmigen Aufsatz gekrönt ist, der die Maske im Bogen nach vorn überragt. Zwei weitere 48 resp. 74 cm hohe alte Tanzmasken der Bakuba in Holzschnitzerei, der Kassaisammlung von Frobenius entstammend, schenkte L. Rütimeyer, einige gute alte Amulette, in feiner Schnitzerei von Holz und Elfenbein, menschliche Figuren und Köpfe darstellend, vom obern Kongo, sowie einige hübsch ge- schnitzte Balubabecher wurden gekauft. Ein weiter südlich ge- legenes, bei uns bisher nur schwach vertretenes Gebiet ist dann Bailundu in Angola, woher wir aus einer vor 40 Jahren nach Ham- Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums, 191 burg gelangten Privatsammlung einige hübsche Sachen erwerben konnten, so eine Mütze aus Menschenhaar geflochten, schön ge- schnitzte Keulen aus Hartholz, Musikinstrumente, Tabakpfeifen ete. Aus Ostafrika schenkte uns in freundlicher Weise Herr P. Staudinger in Berlin ein schön erhaltenes Massaischwert mit Leder- scheide sowie einen Bogen mit Pfeilen aus Usambara. Hr. Dr. Weiller gab uns zwei neu gefertigte Holzmasken, wie sie in der Umgebung von Bagamojo, aber auch selten, als Kopien der bekannten, jetzt so ziemlich an Ort und Stelle ver- schwundenen Lindi-Masken verfertigt und bei den Negertänzen „Ngomas“ gebraucht werden. Die eine derselben zeigt analog den Lindi- und Makondemasken den Lippenflock in der Oberlippe markiert. Zum Schlusse sei noch wie gewohnt mit herzlichem Dank an die Gönner und Donatoren unserer Abteilung die Geschenkliste aufgeführt. Geschenke an die Afrikanische Abteilung 1910. Herr Dr. Foley, Militärarzt in Beni Ounif (Südalgerien), ein medizinisches Amulett. „ Dr. E. Frey, Clavadel, 1 grosse kabylische Tonamphore, 1 Kalebasse der Kabylen. » ©. Linder, Basel, 1 lederner Proviantsack der Tuareg, 1 kabylische Kalebasse. , E. Paravicini-Engel, Basel, 1 eiserner Helm (persische Arbeit), Sudan, 3 Lanzen vom obern Nil. , Prof. M. Rikli, Zürich, 2 Unterschenkelspangen der Kabylen. „ Prof. Rütimeyer, Basel, 2 Holzmasken der Bakuba, 4 Suguni-Masken (Frobenius-Sammlung), 183 Gegenstände der Kabylen und Berber, Araber und Beduinen aus Algier und Marokko. , Dr. F. Sarasin, Basel, 1 Rufhorn aus Elfenbein, Kamerun. » Dr. P. Sarasin, Basel; 1 altägyptischer Bronzespiegel. „ Prof. Fr. Siebenmann, Basel, 1 Fayenceplatte (Töpferei von Fez), 1 Zucker- hämmerchen aus Messing, Colomb Bechar. » P. Staudinger, Berlin, 1 Schwert mit Scheide, Massai, 1 Bogen mit Pfeilen, Usambara. » Dr. Weiller, Basel, 2 Holzmasken, Bagamojo. „ Zahn-Geigy, 4 Architektur-Modelle der Alhambra. L. Rütimeyer, Vorsteher der Abteilung Afrika, 192 Paul Sarasin. Asien (ohne China und Japan) und Ozeanien. Dem nordindischen Kulturkreise gehören einige alte Waffen- stücke an, Schild, Schwert, Streitaxt und Hendu für Elephanten, welche Herr Paravicini-Engel der Sammlung zum Geschenk ge- macht hat. Es sind ausgezeichnet schöne Metallarbeiten mit reicher, eingelegter Silberornamentik; die Streitaxt zeigt in durchbrochener Arbeit zwei Elepharmten und einen Tiger, das Schwert in Relief ausgeführte Figuren von Göttern, Menschen und Tieren. Aus Ceylon ist ein mächtiger, alter, singhalesischer Jagdspeer mit wuch- tiger Eisenklinge geschenkt worden (P. und F. $.). Von den Inseln des Malayischen Archipels ist namentlich Sumatra durch gute, alte Stücke der Battak vertreten. Angekauft wurden ein Amulett, bestehend aus dem Horn der Wildziege mit einem aus Holz ge- schnitzten Deckel, welcher eine auf einem Büffel reitende unver- hältnismässig grosse menschliche Figur darstellt, auf deren Kopf aufs neue eine Tierfigur aufgesetzt erscheint; weiter eine Reihe alter Bambusdosen, mit Schriftzeichen und Blumenornamenten be- deckt und mehrere Proben der hervorragend hochstehenden alten Webekunst der Battak. Ein sehr schönes Gewebe aus der Gegend des Toba-Sees ist uns von Herrn W. Pfister-Wyss geschenkt worden. Zu erwähnen ist noch ein Brandbrief der Battak, bestehend aus zwei Bambusstäben mit eingeritzter Drohung und eventueller Kriegserklärung, daran festgebunden eine Miniaturlanzenspitze aus Holz, ein aus Holz nachgeahmter Feuerstein und vier beidseitig zugespitzte Bambusstäbchen, wie solche in der Umgebung von Dörfern zum Schutz gegen Feinde in die Erde gesteckt werden. Ein Rotang mit vier Knoten gibt die Anzahl der Nächte an, welche bis zur Ausführung der angedrohten Rachetat verstreichen werden. Aus Zentral-Celebes schickte Herr Alb. C. Kruijt zwei hölzerne Totenmasken, Pemia, einen Mann und eine Frau darstellend. Diese werden bei den Totenfesten der Toradja in der Posso-See-Gegend den Schädeln der aus der Erde ausgegrabenen und in Sarongs ge- hüllten Skelette vorgebunden, bevor diese an ihre endgültige Ruhe- stätte, in Felsklüfte gebracht werden. Die beiden Stücke sind, eben- so wie unsere Masken aus Süd-Celebes, von Herrn Prof. Leop. Rütimeyer in seiner Arbeit über Totenmasken aus Celebes und die Gebräuche bei zweistufiger Bestattung, zur Abbildung gekommen. (Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft in Basel, Bd. 21, 1910.) Die Pemia gehören jetzt schon der Vergangenheit an, da, wie uns mitgeteilt worden ist, die holländische Kolonialregierung die Totenfeste verboten hat. Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 195 Aus Ozeanien ist nur ein einziges, aber dafür um so gewichti- geres Stück erworben worden, ein altes Holzidol von 1,30 m Höhe. Es ist dies eine jener merkwürdigen hermaphroditischen mensch- lichen Figuren, die erst seit wenigen Jahren von der Nordostküste Neu-Mecklenburgs bekannt geworden sind und deren Bedeutung noch dunkel ist. Geschenke an die Sammlung Asien und Ozeanien. Herr Missionar Alb. ©. Kruijt, Celebes: Zwei hölzerne Totenmasken. » W. Pfister-Wyss, Basel: Altes Gewebe der Battak, Sumatra „ Dr. P. u. F. Sarasin, Basel: Singhalesischer Jagdspiess, Ceylon. Fritz Sarasın, Vorsteher der Abteilung Asien (ohne China und Japan), Australien und Ozeanien. China und Japan. In der Abteilung China-Japan hat im Laufe des Jahres ein Wechsel des Vorstehers stattgefunden. Herr Walther Baader, wel- cher mit Eifer und Geschick seit 1907 sich der Sammlung gewidmet hatte, ist der Krankheit erlegen, welche ihn schon voriges Jahr ver- hindert hat, selber über die Abteilung zu berichten. An seine Stelle ist der Unterzeichnete getreten. Der Abteilung ist im Jahre 1910 reicher und wertvoller Zuwachs geworden. Durch Kauf konnte unter freundlicher Vermittlung Herrn Dr. Ritters, unseres früheren Gesandten in Tokio, eine kleine Sammlung von Gegenständen aus dem bisher bei uns nicht vertretenen Volke der Aınu erworben werden, welches einer älteren Bevölkerung angehört als die heutigen Japaner, und dessen Reste auf der Insel Jesso und den Kurilen sich finden. Die Sammlung umfasst 23 Nummern und ist angelegt worden von Herrn Professor Koller in Sapporo. Dieser hat uns überdies aufs bereitwilligste seine Hilfe zugesagt zur Erlangung weiterer Stücke des interessanten Völkerstammes. Wir sind ıhm dafür um so dankbarer, als solche Erwerbungen häufig eine etwas umständliche und schwierige Sache sind. Als Depositum wurden uns von Herrn Karl Zahn-Burckhardt zwei grosse farbige Stein- gutvasen aus Canton übergeben, als Geschenke von Herrn Dr. Ritter eine Mütze der Ainu, von Herrn Antistes von Salis ein Wand- behang aus einem chinesischen Hause. Als Legat des verstorbenen Vorstehers, Herrn Walther Baader, erhielten wir eine grössere Zahl japanischer Gegenstände, darunter Lanzen und Standarten, zum Teil von seltsamer Gestalt, eine Pferdemaske, Bogen, Pfeile, Schwerter, Bronzevasen, im ganzen 40 Stück. Endlich ist noch eine 194 Paul Sarasin. mehr durch ihren Umfang als durch künstlerischen oder materiellen Wert hervorragende Schenkung des neuen Vorstehers zu nennen, nämlich eine Sammlung, welche auf unsere Bitte hin von Herrn Richard Wilhelm, Missionar in Tsingtau, ist zusammengebracht worden. Sie umfasst etwa 160 Nummern und enthält in ziemlicher Vollständigkeit die in der Provinz Schantung bei der Landwirt- schaft allgemein gebräuchlichen Geräte, dazu noch mancherlei, zum Teil recht originelle Werkzeuge, Musikinstrumente, Haus- und Küchengeräte der verschiedensten Art. Darunter sind sehr umfang- reiche Stücke, Pflug, Egge, ein jedenfalls uralter Stosskarren, ein Webstuhl, aber auch ganz kleine Dinge wie ein Feuerstahl oder ein Zopfband. Der Wert dieser Gegenstände liest darin, dass sie un- mittelbar aus den Händen ıhrer Benützer sind erworben worden, und dass manche davon, wenigstens in der Nähe der Küste, gar nicht mehr ohne weiteres zu bekommen sind. Es wird eben manches vielleicht seit Jahrtausenden im Gebrauche befindliche Gerät durch eingeführte fremde Ware verdrängt. Herrn Wilhelm sind wir für seine Sorgfalt und Mühe zu grossem Danke verpflichtet. S. Preiswerk-Sarasın, Vorsteher der Abteilung China-Japan. Amerika. Für unsere Sammlung war dieses Jahr seit langem eines der günstigsten, indem dieselbe um 150 Nummern vermehrt werden konnte. Dieser starke Zuwachs ist hauptsächlich dem Umstand zu verdanken, dass wir Herrn Dr. Masarey, der als Schiffsarzt eine Reise entlang der Westküste Amerikas machte, dazu bewegen konnten, Gegenstände für uns daselbst zu sammeln und käuflich zu erwerben. Sämtliche Objekte, die wir von dieser Reise erhielten, stammen aus Peru und sind Grabbeilagen der Inkas. Der grösste Teil wurde aus der bekannten Sammlung von Dr. Gaffron in Lima erworben, aus welcher früher schon dem Museum Gegenstände zukamen. Daneben aber hatte Dr. Masarey das Glück, bei Huacho auf ein Gräberfeld zu stossen, wo er persönlich einige wertvolle Gegenstände ausgraben konnte. Leider waren ihm nur wenige Stunden dazu vergönnt, aber aus der Menge von guten Stücken, die er mitbrachte, lässt sich vermuten, welche Schätze dieses Gräber- feld noch birgt. Unsere Sammlung von Töpfereien wurde um 20 Gefässe ver- grössert, welche aus Nazca Chimbote und Huacho stammen. Was ‘das Material derselben anbetrifft, so bestehen einige aus rotem, Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 195 andere aus schwarzem Ton. Ihre Form ist äusserst mannigfaltig und oft sehr elegant; teller-, schüssel-, topf- und flaschenähnliche Gefässe werden in den verschiedensten Variationen angetroffen. Besonders hervorzuheben ist ein Affen- oder Hundekopf, ein liegendes Lama und ein hübsches Doppelgefäss, dessen eine Hälfte ein vogelähnliches Tier darstellt. Diese flaschenartigen Gefässe be- sitzen gewöhnlich zwei seitlich entspringende Ausflussröhren, die sich henkelartig in der Mitte zu einer einzigen vereinigen. Auf- fallend ist, dass bei den meisten der Boden gewölbt ist, so dass sie auf einer ebenen Unterlage nicht aufrecht hingestellt werden können. Ob die Gefässe, welche Tiergestalt aufweisen, wirklich, wie Bastian behauptet, so konstruiert sind, dass sie, wenn sie gefüllt werden, den Ton der Stimme des betreffenden Tieres nachahmen, wagte ich bei der porösen und leicht zerbrechlichen Beschaffenheit derselben nicht zu untersuchen. Die meisten dieser Töpfereien weisen eine grelle vielfarbige Bemalung auf, oft nur in Form ein- facher Striche, oft aber sind hübsche Ornamente, auch Darstellun- gen von menschlichen und tierischen Figuren auf ihnen angebracht. Zwei sehr interessante Tonfiguren, einen männlichen und einen weiblichen Götzen darstellend, wurden von Dr. Masarey in Huacho ausgegraben und unserer Sammlung geschenkt. Es sind dies plump seformte Gestalten mit flacher zweizipfliger Kopfbedeckung, die Arme sind durch kurze seitwärts ausgestreckte Stümpfe dargestellt, das Geschlecht durch Andeutung der Genitalien zu erkennen. Die Bekleidung, aus der obenerwähnten Mütze und einem kurzen bis zur Mitte des Leibes reichenden Hemd bestehend, ıst mit dunkel- violetter Farbe aufgetragen. Von Haushaltungsgegenständen ist in erster Linie ein gefülltes Arbeitskörbehen zu erwähnen, ein längliches, viereckiges, aus Schilf geflochtenes Deckelkörbehen, angefüllt mit den der damaligen Haus- frau unentbehrlichen Dingen. Wir finden darin 26 Webernadeln, auf welchen das Garn in der Mitte am dicksten, gegen die Enden abnehmend, regelmässig aufgewickelt ist, ein hackmesserähnlich ge- bogenes Bronzemesserchen, dessen mit Harz befestigter, mit Schilf umwickelter Holzgriff rechteckig nach hinten absteht, ein Doppel- kamm, dessen Zacken zwischen Bambusbrettehen mit Garn be-, festigt sind, ein runder, flacher, glatter Polierstein und fünf Bronzenadeln, die teils zierlich gearbeitete Köpfe aufweisen. Als ziemlich seltene Gegenstände sind zu erwähnen ein kleines, rundes Bronzeschälchen und ein schwarzes, steinernes Farbreib- schälchen aus Cuzco. Seltsame Objekte, vielleicht Ohrpflöcke, sind drei aus Pachacamae stammende Holzgegenstände, welche die Form zweier ungleich grosser 195 Paul Sarasin. Kegel haben, die mit ihren abgestumpften Spitzen aufeinander stehen, und welche mit runden und rechteckigen, teils rot gefärbten Perl- mutter- und Knochenplättchen eingelegt sind; ferner zwei in Huacho gefundene Bambusstäbe, die mit vielfarbigem Garn so umwickelt sind, dass ein Muster zustande kommt. Ein sehr interessantes Stück ist ein Bündel sog. Knotenschrift : eine grosse Menge verschiedenfarbiger, mit verschiedenen Knoten versehener Schnüre, die den Inka-Priestern zur Aufzeichnung ihrer Kalenderfeste gedient haben soll. Ebenfalls aus Huacho stammt ein Fächer mit rosa Federn und einem Handeriff aus geknüpften Schnüren. Ueber den Gebrauch des Fächers bei den Inkas ist man verschiedener Meinung; während einige Autoren schwanken, ob derselbe zum Feueranblasen, oder zum Fächeln verwendet worden sei, stellt ıhn Seler mehr als Rangabzeichen hin. Nur die Könige und der Kriegsadel seien be- rechtigt gewesen, Fächer aus den Schwanzfedern des Quetzals zu tragen, die vornehmen Kaufleute hatten solche aus den Federn des Waldhulines. Einfachere Fächer wurden immer auf Reisen mit- genommen, sie wurden allmählich ein Symbol des Reisens und auf bildlichen Darstellungen wird deshalb den Boten des Königs und den Pfadfindern immer eine Lanze und ein Fächer beigegeben, durch welche Attribute ihre Eigenschaft zu erkennen ist. Zwei rote Quasten aus Huacho, die eine an einer langen, ge- flochtenen Schnur, die andere an einem mit Stoff überzogenen Holzgriff befestigt, sind wahrscheinlich auch als Rangabzeichen aufzufassen, wenigstens sagt J. J. v. Tschudi bei Erwähnung der vielen Menschenopfer der Inkas, wenn ein neuer Inka die „rote Quaste genommen habe, seien 200 Kinder geopfert worden. Durch fünf sehr guterhaltene, aus vielfarbigem Wollgarn ge- flochtene Schleudern ist die gebräuchlichste Schusswaffe repräsen- tiert. Ist doch dieselbe, wenn auch über ganz Amerika verbreitet, hauptsächlich von den Völkern des Inka-Reiches besonders gut und sicher gehandhabt worden. Sie spielt deshalb, wie aus der Arbeit von Friederici zu entnehmen ist, eine Rolle in den Inka-Sagen; sie ist die Waffe des Donnergottes; Chinchi Roca gibt mit einem Schleuderschuss, dessen Geschoss eine Kristallkugel ist, in einer Schlacht das Zeichen zum Angriff; Huayna Capac soll mit einer von seinem Vater, der Sonne, erhaltenen Schleuder, nebst drei Kristallgeschossen in einer Schlacht Wunder verrichtet haben. Die Schleudern für die Militärverwaltung wurden in bestimmten Ge- genden des Reiches geflochten und die eiförmigen, steinernen Ge- schosse fabrikmässig hergestellt. Beides wurde in Arsenalen für den Kriegsfall aufbewahrt. Die Treffsicherheit mit dieser Waffe Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 197 wird von dem Spanier Henriquez de Guzmän gerühmt und von der Durchschlagskraft der Geschosse erzählt, dass sie so gross ge- wesen sel, um Pferde zu töten, und auf 30 Schritte ein Schwert in zwei Teile zu schlagen. Die Schleuder wurde um die Stirne ge- wickelt getragen. Dass die Textilindustrie in hohem Masse entwickelt war, zeigen uns die vielen Gewebemuster aus verschiedenen Gräberfeldern, von welchen uns eine grosse Anzahl, nebst einem prächtigen Feder- mantel aus Huacho von Dr. Masarey geschenkweise überlassen wurde. Wenn man bedenkt, dass teils von Hand, teils mit ganz ein- fachen Hilfsmitteln gewoben wurde, müssen die künstlerischen Muster und die stylisierte Darstellung tierischer und menschlicher Figuren um so mehr bewundert werden, nicht minder auch die kräftigen, jetzt noch gut erhaltenen Farben der Gewebe. Nach der Aussage des Verkäufers, Dr. Gaffron, soll besonders ein Stück von Pachacamac, auf welchem ein Distelornament eingewoben ist, von Bedeutung sein, da die Darstellung von Pflanzen in diesen Gre- weben lange in Abrede gestellt worden ist. Was die Herstellungsart anbetrifft, so ist dieselbe eine verschiedene, oft ist der Zettel von derselben Farbe und das Muster wird durch den, durch die ganze Bahn gehenden Einschlag hervorgebracht, oder umgekehrt; hierbei weist die Rückseite eine andere Farbe auf als die Vorderseite. Bei andern Stücken geht der Einschlag nicht durch die ganze Bahn, sondern die auf derselben Höhe sich befindlichen Farben werden für sich gewoben und die dadurch zwischen ihnen entstandenen Lücken entweder offen gelassen, oder untereinander vernäht, ge- nau wie bei den alten Gobelins; in diesem Fall ist dann das Farben- muster auf Vorder- und Rückseite dasselbe. Die genaue Prüfung und Beschreibung des grossen Materials wäre für einen Fachmann gewiss eine interessante und lohnende Arbeit. Zum Weben wurden schwertförmige Holzleisten gebraucht, von denen wir fünf Stück aus Chancay erhielten, diese Webstöcke wurden einesteils verwendet zum Auseinanderhalten der Zettelfäden, andern- teils zum Anpressen des Einschlags. Von Schädeln sei hier ein schönes Exemplar mit einem Os incae angeführt. Die sehr interessante, aus Holz geschnitzte Totenmaske, eben- falls aus dem Gräberfeld bei Huacho, wurde bereits durch Herrn Prof. Rütimeyer in den Verhandlungen der Naturforschenden Ge- sellschaft (21, 1910) eingehend besprochen, weshalb wir hier nicht näher darauf eingehen wollen. 198 Paul Sarasin. Von Herrn Carl Grüneisen aus Buenos Aires, der sich vorüber- gehend in seiner Vaterstadt aufhielt, wurden wir in freundlichster Weise mit einigen Gegenständen bedacht, die er bei Gelegenheit einer partiellen Erforschung des Paraguay-Urwaldes (Chaco para- guayo) direkt von den Lenguas-Indianern eintauschte. Es sind dies eine originell geformte Geige mit einer Saite, ein Bogen mit sechs Pfeilen, eine Fellschürze, verschiedener Halsschmuck aus Zähnen und Glasperlen angefertigt, drei hölzerne Pfeifenköpfe und ein Gürtel, wie sie von den Indianerweibern aus Caraguatapflanzen- fasern angefertigt werden. Den Herren, die in so freundlicher Weise unsere Sammlung durch manches schöne und interessante Stück bereichert haben, ser an dieser Stelle der herzlichste Dank ausgesprochen, ebenso den unten angeführten Geldspendern, die es uns ermöglichten, trotz des kleinen, uns zur Verfügung -stehenden Kredits, manches seltene Stück, das uns sonst entgangen wäre, für die Sammlung zu er- werben. Geschenke. Von EraunBachotfen-Vischers 2 IE 2 DO „ Herrn Carl Vischer-Vischer N RE) M. K. Forcart, Vorsteher der Abteilung Amerika. Europa. Das Berichtsjahr war für die. Abteilung Europa insofern ein bedeutsames und denkwürdiges, als in ihm zum erstenmal die seit nunmehr sechs Jahren gesammelten Gegenstände durch eine öffent- liche Ausstellung allgemein zugänglich gemacht worden sind. Schon seit längerer Zeit hatte der Abteilungsvorsteher das Bedürfnis emp- funden, die Behörden sowohl, wie die mannigfachen Gönner und Freunde sachlich-volkskundlicher Bestrebungen die Früchte ihres wohlwollenden Interesses sehen zu lassen, ohne dass die schreiende Raumnot es ihm gestattet hätte, diesem Wunsche nachzukommen. Da legte die auf den Frühsommer 1910 nach Basel anberaumte Gene- ralversammlung der ‚Schweizerischen Gesellschaft für Volkskunde“ ıhm den Gedanken nahe, den Wunsch einer temporären Ausstellung in den eben leerstehenden Räumen des grossen Rollerhofes zu wagen. Nachdem die Erlaubnis der Regierung und der Universitätsregenz eingeholt war, wurde zu den ersten Dispositionen über die Ver- teilung der stofflichen Gruppen in die verschiedenen Räume ge- schritten. Der ursprüngliche Plan, nur das Erdgeschoss und den Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 199 1. Stock zu einer kleinen ohne erhebliche Kosten einzurichtenden Ausstellung zu verwenden, musste angesichts der Stoffmasse sowohl, als auch aus ästhetischen Rücksichten fallen gelassen und eine für das weiteste Publikum berechnete Installation ins Auge gefasst wer- den. Die liberale Schenkung sämtlicher Requisiten einer Obwaldner Sennhütte durch Herrn Prof. Dr. John Meier ermöglichte es uns, unter Leitung von Herrn Regierungsrat Jos. Bucher (Kerns) eine bis ins kleinste vollständige Käserei einzurichten, im 1. Stock wurde nach dem Plan von Herrn Architekt Kupper eine Bauernstube er- stellt, für Geschirr, Hausrat, Religiöses usw. Schäfte und Gestelle angefertigt und im Hof ein Schutzdach errichtet. Bei all diesen Anordnungen hatte sich der Abteilungsvorsteher des erfahrenen Rats und der stets bereiten Hilfe von Herrn Franz Baur zu erfreuen. Unsern vereinten Kräften gelang es, den Zweiflern zum Trotz, die Ausstellung auf den angesetzten Termin, den 5. Juni, fertig zu bringen. Die Gegenstände waren folgendermassen disponiert: Im Hof: grössere Objekte aus der Landwirtschaft, der Fischerei, dem Fuhrwesen; im Vorraum an der Treppe: kleineres Fischerei- und Jagdgerät; im Durchgang am Hof: Handwerk, Land- und Vieh- wirtschaft, Milchwirtschaft; anstossend : die Sennhütte; an der Treppenwand zum 1. Stock: volkstümliches Bildwerk; im Korridor des 1. Stockes: Gegenstände aus dem Volksbrauch und Spiel, so- wie religiöses Bilderwerk; in Zimmer Nr. 6: Religion und Volks- glaube; Nr.5: Bauernstube, mit Herdraum als Durchgang zu Nr. 4, welches im Alkoven Küchengerät, im Hauptraum diversen Haus- rat, Beleuchtung, Holzschnitzerei, Tesseln, Zinn (Sammlung Engel- mann) enthielt; Nr. 3: Keramik und Glas (letzteres Sammlung Engelmann); 1m 2. Stock: Korridor: Grössere Möbeln (Schränke und Truhen), Gebäck, bemalte Mehlsäcke; in Zimmer Nr. 8: Hanfbearbeitung, Spinnerei, Strohflechterei, Privatsammlungen Dr. v. Schulthess-Zürich (Appenzeller Volkskunst) und Dr. Etlin- Sarnen (Obwaldner Volkskunst und Türschlösser); Nr. 7: Weberei, Stickerei, Stoffdruckerei ete., Privatsammlung Ikle-St. Gallen (euro- päische Bauernstickereien ). Am 5. Juni wurde die Ausstellung für die Teilnehmer an der Generalversammlung der Gesellschaft für Volkskunde, am 6. für das weitere Publikum geöffnet. Da der Besuch weit hinter den Er- wartungen zurückblieb, musste zu dem etwas massiven Mittel der Reklame in Form von Postkarten, Annoncen, Plakaten und illu- strierten Zeitschriftartikeln gegriffen werden; aber obschon sich daraufhin die Frequenz erheblich besser gestaltete, war sie immer noch nicht hinreichend, um die erheblichen Unkosten auch nur an- nähernd zu decken, und wäre uns nicht die Berichthausdruckerei 200 Paul Sarasin. durch unentgeltliche Verabfolgung von 500 Separatabzügen des Ausstellungsführers, die Plakatgesellschaft durch billigste Berech- nung der Anschlagspesen und der Verkehrsverein durch kostenlose Verteilung von Reklamekarten in Hotels und Restaurants in dankenswertester Weise entgegengekommen, so würde sich das End- ergebnis noch unerfreulicher gestaltet haben, als es in der Tat schon war: bei Fr. 2627.60 Einnahmen und Fr. 6657.55 Ausgaben er- gab sich ein Passivsaldo von Fr. 4029.95. Leider sah sich der Ab- teilungsvorsteher bei seinen sonstigen durch die Ausstellung verur- sachten Unkosten ausserstande, das Defizit aus seinen Privat- mitteln zu decken, und so wandte er sich denn, nicht ohne das Be- wusstsein der persönlichen Verantwortlichkeit, an die h. Regierung, die ihm in liberalster Weise einen Beitrag von Fr. 1000.— bewilligte. Für die noch ungedeckte Summe von Fr. 3029.35 musste private Hilfe in Anspruch genommen werden, und durch die grosse Generosität eines hiesigen Finanzmannes, der einige Freunde und Bekannte für unsere Bestrebungen zu interessieren wusste, ist es gelungen, in kurzer Zeit den Fehlbetrag aufzubringen, bis auf 200 Fr., die von der Gesellschaft für Volkskunde und zwei altbewährten Gönnern der Sammlung gezeichnet wurden. Am 31. August, nach beinahe dreimonatlicher Dauer, wurde die Ausstellung geschlossen. Ausser den genannten Spendern ge- bührt unser Dank der h. Regierung, die uns die schönen und für die ausgestellten Gegenstände so vorzüglich sich eignenden Räume des Rollerhofs während drei Monaten unentgeltlich zur Verfügung gestellt hat; nicht zum mindesten aber auch den Herren Dr. Eingel- mann, Dr. Etlin, Leop. Ikle und Dr. v. Schulthess, sowie der Land- wirtschaftlichen Sammlung des Eidg. Polytechnikums (Leiter: Herr Prof. Moos), die durch leihweise Überlassung ihrer volks- kundlichen Sammlungen so erheblich zum Gelingen des Unter- nehmens beigetragen haben. Dieser „Ausstellung für Volkskunst und Volkskunde“, d. h. dem Umstand, dass das weitere Publikum einmal zu sehen bekam, was in unserer Abteilung gesammelt wird, mag es auch mit zu verdanken sein, dass das Jahr 1910 mit einem Zuwachs von 1038 Nummern an Fruchtbarkeit alle früheren übersteigt. Gehen wir nunmehr zu einer nach Stoffgruppen geordneten Aufzählung der wichtigeren Gegenstände des diesjährigen Zu- wachses über. Wir beginnen am besten mit dem Haus und seiner Einrichtung. Aus der Zeit des Strohdachs stammt eine räfförmige Vorrichtung, die in die Dachlatten eingehakt wird, und dem Dachdecker Halt bietet; dazu gehört ein langer eiserner Haken, offenbar zum Auf- Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 201 heben der Strohbündel; zwei anscheinend sehr alte Firstziegel mit Glasurspuren aus Basel erhielten wir von Herrn @. Stehelin-Keller- mann, eine Anzahl mit Ritz-, Eindruck- und Reliefdekor versehene aus Gelterkinden (G. v. Hrn. P. Amans) und der Urschweiz, wo- her uns nun auch erfreulicherweise einige Tonmodel zum Auf- drucken des Dekors schenkweise durch unsern bewährten Freund Lörch zugegangen sind. Der selbe übermachte uns einen riesigen, aber modern physioplastisch gebildeten Hahn aus Blech, angeblich in Dottenberg als Windfahne verwendet. Zum Innern des Hauses uns wendend, erwähnen wır zunächst als Geschenk v. Hın. Dr. R. LaRoche drei eiserne, teilweise wohl in die gotische Zeit zurück- reichende Schlösser aus Hagental und zwei zierliche Holzschloss- modelle von Hrn. Pfr. Gerster in Kappelen. Der Löwenanteil in quantitativer Hinsicht ist auch dieses Jahr wieder dem eigentlichen Hausrat (grösseres Mobilar und kleinere Haushaltungsrequisiten ) zugefallen. Es wird dies naturgemäss wohl noch in den nächsten Jahren der Fall sein, bis der erste Bedarf an den gewöhnlicheren, verbreiteteren Formen gedeckt ist. Der Grund zu diesem grossen Segen liegt auch in den reichhaltigen Einsichtssendungen des Hrn. Lôrch in Lindencham, die neben Unbedeutendem doch manchmal recht Beachtenswertes enthalten. Von eigentlichen Möbeln sind ein- gegangen: eine innerschweizerische Truhe, dat. 1793, zwei Kinder- stühlchen aus dem Kt. Luzern, davon eines geschenkt v. Hrn. Lörch, und, als Leihgabe von Hrn. Prof. Stückelberg, eine Wiege mit primitiver Kreisornamentik aus dem Tessin. Eine kupferne Bett- pfanne verehrte Hr. Apotheker Dr. J. A. Häfliger. Aus dem zahl- reichen kleineren Hausrat seien erwähnt: ein hölzernes einfach ge- schnitztes Wandkistchen aus Ziefen zum Aufbewahren der Löffel (Gesch. A. Meyer, Sissach), ein zierliches mit bäurischer Blumen- malerei dekoriertes Nähkästchen und zwei Kästchen mit Stroh- mosaik, sämtlich in Davos gekauft und von Hrn. Prof. Meier geschenkt, ein ähnliches von Hrn. Dr. R. La Roche geschenktes ist unbekannter Herkunft, ein kofferartiges in Maserholz aus Basel (Gr. v. Frau Faesch-Schloeth). Daran reihen sich wieder einige ältere Exemplare der jetzt neuerdings in Mode kommenden bemalten Schindelschachteln, deren Herd Berchtesgaden ist, wie mir Hr. Archit. Zell in München, der erste Kenner bayerischer Volkskunst, bei seinem Besuch der Ausstellung mitteilte. Ferner wurde die Tintenfässer- und Ellsteckensammlung um einige gute Stücke ver- mehrt, noch kürzlich wurde eine geschnitzte Basler Elle von 1673 erworben. Ein gläserner Wasserbarometer aus Sissach (Schwarz- wälder Arbeit?) war in der ausgestellten Bauernstube zu sehen, eine von Hrn. Dr. Engelmann geschenkte bemalte Holzflasche im 14 202 Paul Sarasin. Hausratraum. Frau Stückelberg-Brüstlein und Herrn W. Baader $ haben wir je eine Kürbisflasche zu verdanken und Herrn Dr. Alfred La Roche einen in der Form recht altertümlichen aus einem Stück Holz geschnittenen Trinkbecher aus Ungarn. Auch von Essgerät ist manches neue hinzugekommen. Hier seien nur zwei buchsbaum- holzene Messer württembergischer Zigeuner erwähnt, die, wie auch weiter unten zu nennende Zigeunersachen, von einem in Pforzheim sesshaft gewordenen Zigeuner stammen, sowie ein in der Lorze ge- fundenes Bauernmesser mit Bleibeschlägen. In den Bereich der Küche gehört eine primitive, aus rohem Lehm gebildete Back- glocke (test), wie sie die rumänischen Bauern der Umgebung Buka- rests noch vereinzelt zum Ausbacken kleinerer Teigwaren ver- wenden.3) Durch eine Notiz Dr. Emil Fischers 1m „Archiv für Anthropologie“ 1909 auf das Objekt aufmerksam gemacht, wandte ich mich brieflich an den Verfasser, und dieser kam meiner Anfrage in freundlichster Weise durch Schenkung eines Exemplares ent- gegen. Von dem selben erhielten wir eine höchst primitive rumäni- sche Handmühle (risnita), bestehend aus zwei aufeinander gelager- ten Mahlsteinen, von denen der obere auf dem unteren hin und her gedreht wird und so das durch das Loch im Zentrum geschüttete Korn zu Mehl zerreibt, welches aus der Ritze auf eine Unterlage fällt. Von älteren Formen des Küchengeräts mögen hier noch einige Holzschüsseln und -Näpfe (teilweise Gesch. v. Hrn. Lörch), irdene Töpfe aus der Innerschweiz, kupferne und eiserne Pfannen, zwei Pfannenknechte aus Aegeri, eine Anzahl hölzerner und tönerner Model (andere s. u. Holzschnitzerei) und eine Kartoffelpresse Er- wähnunge finden; als Geschenke gingen ein: eine Schnellwage?) (anonym), ein zinnerner Zwiebelkorb aus dem Thurgau (Prof. Meier), ein Waffeleisen und zwei irdene Tüpfi (Dr. R. La Roche), eine Kaffeemühle (anonym), ein zinnerner Schöpflöffel von eigen- artiger Form (Hr. Brüderlin-Ronus), eine schmiedeiserne Pfannen- gabel (Hr. Lörch). In diesem Zusammenhang möge das Gebäck genannt sein, das zufälligerweise ausschliesslich durch Festbrote auf Weihnachten vertreten ist. Drei Bretzeln aus Walkringen wurden von Hrn. Prof. Rütimeyer geschenkt, eine grössere Zahl friesischer Grebildbrote liessen wir aus Wyk auf Föhr und zwei sog. „burdins“ aus Ste- Menehould (Dep. Marne) kommen. 5) Einen bosnischen Backdeckel aus Blech bildet Meringer in „Das deutsche Haus und sein Hausrat‘ (Leipz. 1906) Seite 40 ab. Die rumänische Backglocke s. „Umschau“ 25. Sept. 1909. 9) Die römische Schnellwage behandelt eine eingehende Arbeit von Sökeland in der Zeitschr. f. Ethnologie 42, 499 ff. Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 203 Schon mehr der Holzschnitzerei, als dem einfachen Küchengerät gehören einige aus den Kt. Graubünden und Bern stammende reich geschnitzte Holzmodel an, die wir den HH. Prof. Meier und Rüti- meyer, sowie Hrn. Dr. G. Steiner verdanken; aus dem Tirol schickte Hr. Wohlgemuth einen sog. ‚„Mehlmerker“, d. 1. ein hölzerner Model, der auf der Oberfläche des in Kisten aufbewahrten Mehles abgedrückt wird, um das Entwenden von Mehl zu verhindern. Ferner möchten wir wegen der künstlerischen Arbeit hier, und nicht in den zugehörigen Sachgruppen einreihen: einen Melkstuhl aus Dottenberg, eine mit Inschrift und Küferemblemen en relief ge- schnitzte Fasswand (Gesch. Dr. R. LaRoche), ein mit Trachten- figuren verziertes Tintenfass aus Murg a. Rh., zwei von Zigeunern seschnitzte menschliche Köpfchen; ferner folgende in Davos er- worbene und von Hrn. Prof. Meier geschenkte Objekte graubündne- rıscher Herkunft, die sämtlich im Hausratraum der Ausstellung zu sehen waren: ein Salzfass, ein ganz geschnitzter Kunkelstock, das Fragment eines solchen mit reicher Schnitzerei, ein Ziegen- (?) Halsband mit pagodenartisem Aufsatz, ein Nagelkästchen mit sehr altertümlichem Kerbschnitt und ein reliefgeschnitztes, rot und blau sefärbtes Kästchen, offenbar für Instrumente. Einen überaus stattlichen Zuwachs hat auch dieses Jahr wieder die Keramik erfahren. Freilich ist ein guter Teil desselben auf Rechnung der nahezu 100 Stück umfassenden Kollektion neapoli- tanıscher Fayencen zu setzen, die uns Hr. Dr. Karl Paravicini freundlichst verehrt hat, und die unter bäurisch gearbeiteten Platten, Tellern, Tassen einige interessante Lampen enthält; aber auch sonst wird der Abteilungsleiter immer wieder auf die noch so viele For- schungsprobleme bietende schweizerische Bauernkeramik hingeführt. Eine Frucht des ihr zugewandten Interesses war die endgültige Feststellung des Geschirrs von Matzendorf (Kt. Solothurn), die uns durch Erwerbung einiger datierter Teller, Kammtaschen und Lichtstöcke in Matzendorf selbst gelang. Von ihnen aus liessen sich sodann eine Anzahl bereits vorhandener Stücke bestimmen, und mit annähernder Gewissheit lässt sich jetzt sagen, dass die in der Nordwestschweiz so häufigen weissen Fayenceteller mit buntem Spruch- und Blumendekor zu einem grossen Teil Matzen- dorfer Fabrikat sind. Ausserdem sind wir den Basellandschäftler Keramikern ein gutes Stück näher gerückt, indem sich Reigolds- wiler, Bretzwiler unil Lausener Erzeugnisse, teilweise sogar unter Feststellung des Hafners, erwerben liessen. Ein anderes bisher un- bekanntes Geschirr (freilich neuen Datums) ist das von Sedrun (Graubündner Oberland), von dem Hr. Prof. K. Nef ein Essig- fässchen und einen Krug schenkweise übermachte; ferner sind 204 Paul Sarasin. wiederum die Langnauer und namentlich die späteren Heimberger Keramiken um manche interessante Typen erweitert worden, wäh- rend die von Hrn. Prof. Meier geschenkten, an die Berner Pro- dukte erinnernden Geschirre von Grossensee und Gerstungen in Thüringen über die Grenzen der Schweiz hinausführen. Eine ur- alte Dekor-Technik zeigen die Stücke, die uns Hr. stud. phil. W. Vischer aus Portugal mitgebracht hat. Es sind unglasierte rote Tongefässe, deren einfaches Liniendekor mit der Kante eines flachen Kieselsteins aufpoliert wird; andere wieder weisen die bekannte Applikationstechnik auf, wonach die erhabenen Pflanzenmotive in Model gedrückt und den Gefässen aufgesetzt wurden. Ein fertiges Stück sowohl wie auch einen zugehörigen Model hat Hr. Vischer seiner Schenkung beigefügt. Einen primitiven Wasserkrug aus Messina schenkte Hr. Ed. Klein, einen Ölkrug aus Volkensberg (Elsass) Hr. Dr. R. LaRoche, zwei schöne Exemplare grünglasier- ter Mostkrüge (sog. Verenakrüge) erwarben wir aus der Inner- schweiz; auch die Giessfass- und Sparbüchsenformen wurden um einige gute Stücke vermehrt, letztere durch Schenkung von Frl. Ithen in Oberäger1. Viel spärlicher ist der Zuwachs an Glas. Erworben wurden einige Gläser mit Emailmalerei, Flaschen mit Ätz- und Schliff- dekor, ein Milchglasfläschehen in eingeschnürter Kürbisform; ge- schenkt einige ältere Gläser- und Flaschenformen (Lörch und Stuber). Auch die Beleuchtungsgeräte haben nicht in demselben Masse zugenommen, wie schon in früheren Jahren; immerhin dürften einige neuhinzugekommene Talglampen, Öllampen, Kerzenstöcke, Laternen (darunter zwei von Hrn. Lörch geschenkte) der Erwäh- nung wert sein. Ein Windlicht schenkte Hr. August Meyer in Sissach. Ausserdem wurde ein Kerzengussmodell von der Insel Föhr und ein steinernes Lichthäuschen aus Stein (Kt. Luzern) erworben. Vom Hausrat gehen wir über zur Tracht, unter welcher Rubrik wir nicht nur die Kleidertracht im engern Sinne einschliessen, son- dern auch Haartracht, Fussbekleidung, Stöcke, Schmuck, Brillen, Tascheninhalt, Pfeifen, Feuerzeug und ähnliches. Ganze Trachten systematisch zu sammeln haben wir nach einem Abkommen mit dem Histor. Museum von Anfang an unterlassen; dagegen haben wir unser Augenmerk von jeher auf solche Einzelstücke gerichtet, die ent- weder für unsere einheimische Volkskunst charakteristisch sind oder sich als Überlebsel älterer Kulturstufen erweisen. Zu ersteren ge- hören die (meist silbernen) Haften, an denen die Bäuerinnen des Kt. Baselland. mittelst geflochtener Lederriemen die Klappmesser aufhängten. Wir konnten davon 10 Stück in verschiedener Aus- ni en NC mg Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums 205 führung und ebenso ein zugehöriges Messer mit Riemen bei Hrn. Meyer in Sissach erwerben. Ebendaher stammen zwei Stricknadel- behälter (,Strickhölzchen‘ ), die im Schürzenband getragen wurden. Bedeutungsvoll durch ihre magische Form sind auch die dreieckigen Ohrringe von Gold, wie sie namentlich die Männer in der Urschweiz gegen Gicht oder Augenkrankheiten tragen. Wir erhielten solche, auch blumenförmige, von Frau A. Sarasin-Vonder Mühl! über- wiesen. Primitiver in bezug auf Material und Herstellung sind die Kirschkernketten, wie sie im württembergischen Unterland jetzt von Kindern, ehedem jedenfalls auch von Erwachsenen hergestellt worden sind. Die Kirschkerne werden in flache Rindenstücke zur Hälfte eingepresst und die vorstehenden Hälften auf einem Stein abgeschliffen, hierauf werden die halben Kerne umgedreht und das- selbe Verfahren wiederholt, bis nur noch ein Ring übrig bleibt. Die so gewonnenen Ringe werden gespalten und ineinander ge- hängt. Zur eigentlichen Tracht gehört ein thurgauischer Stroh- zylinder (Gesch. v. Hrn. E. R. Seiler) und eine reichgestickte Haube aus Klein-Russland, die uns mit andern Objekten derselben Gegend (s. u.) von Hrn. Dreyfus-Brodsky verehrt worden ist. Ein Paar Lederschuhe aus Bosnien schenkte Hr. Dr. K. R. Hoffmann, Holzsandalen (sog. Länderschuhe) Hr. Riggenbach-W oringer, Steig- eisen aus der Innerschweiz Hr. Lörch, Pantoffeln, Handschuhe und eine Tasche aus Portugal Hr. stud. W. Vischer. Beachtenswert sind ferner durch ihre altertümliche Form ein Paar galizische Bauernschuhe, die aus einem zusammengerafften und mit einem Riemen am Unterschenkel befestigten Stück Leder bestehen.10) An Geschenken verdanken wir weiterhin Hrn. Lörch einen ledernen Geldsurt und einen Aufsteckkamm, Hrn. Dr. Häfliger einen Rohr- stock, Hrn. Dr. A. La Roche einen ungarischen Tabaksbeutel, aus dem Hodensack eines Ziegenbocks verfertigt, Hrn. A. Meyer in Sissach zwei Feuerstahle. Der Unterzeichnete übergab eine silber- beschlagene Tabakspfeife, die er 1896 in Zürich erworben hatte; gekauft wurde eine aus Wurzelknorren zusammengesetzte Zigeuner- pfeife. Die volkstümlichen Industrien sind durch Geräte zur Hanf- bearbeitung, Spinnerei, Weberei, Wollbearbeitung, Flechterei, Stickerei und Druckerei nebst zugehörigen Erzeugnissen vertreten. Der Hanfbearbeitung gehören an zwei innerschweizerische Holz- kämme zum Abstreifen der Samenkapseln, der Spinnerei vier Spinn- 10) Vgl. den Longinus auf dem Echternacher Evangeliendeckel aus dem X. Jh. bei Otte, Handb. d. kirchl. Kunstarchäologie. 5. A. Tafel zu Bd. I, 8.175. Aehnlich die bei Oberflacht in Schwaben gefundenen Bundschuhe, abgebildet bei Weiss, Kostümkunde. 2. A. Bd. II, S. 322. 206 Paul Sarasin. räder aus Sissach, Klosters, dem Thurgau und dem Kt. Luzern, zwei Haspel und zwei Spulräder aus Binningen und der Urschweiz, der Weberei ein gedrechselter Miniaturwebstuhl, erworben im Brocken- haus, drei bäurische Kissenanzüge, zwei aus Liestal, einer aus Zug, letzterer geschenkt von Frl. /then in Oberägeri. Eine ganz eigen- artige Webetechnik zeigen zwei in Farbe und Dekor gleich merk- würdige Teppiche aus Klein-Russland, die Hr. Dreyfus-Brodsky als Dubletten des Museums in Kieff für uns erwerben konnte und uns in höchst dankenswerter Weise als Geschenk übermacht hat. Zur Wollbearbeitung dient ein luzernerischer Kardenstuhl und an- geblich auch zwei durch Hrn. Wohlgemuth aus dem Tirol gesandte Holzschlägel, deren Anwendung aber noch nicht genügend auf- geklärt ist. Besser vertreten ist die Stroh- und Weidenflechterei, der wir in Zukunft etwas systematischer als bisher auf den Leib rücken wollen. Hierher gehören zunächst sechs von Hrn. Prof. Meier geschenkte Stuhlsitze, angefertigt von Schreiner Röthlin in Kerns (Obwalden) mit jeweilen verschiedenen Flechtmustern, und ein Strohzwirnapparat aus dem Kt. Luzern. Namentlich aber haben die Korbgeflechte eine nicht unwesentliche Bereicherung erfahren. Eine ziemlich alte Technik scheint die Tannwurzelflechterei zu sein, von der wir schon ein besonders zierliches Specimen aus Ob- walden besassen und nun neuerdings wieder einige primitive Formen aus Graubünden durch Hın. Prof. Meier geschenkt erhielten. Die- selbe Technik weist ein radförmiger Flachkorb auf, in dem die Eisacktaler Bäuerinnen an Maria Himmelfahrt ihre Heilkräuter zum Weihen in die Kirche bringen, während zwei von Hrn. À. Meyer geschenkte sog. ,,Somber‘ aus Sissach eher an die Technik der nordamerikanischen Indianer erinnern. Die alte einseitige Marktkorbform mit dem Tragbügel zeigen zwei Exemplare aus Maschwanden und Dottenberg, letzteres geschenkt von Hrn. Lörch ; ebenso ist durch seine Form ein Kirschkorb aus Dottenberg be- merkenswert. Von Stickereien ist im Berichtsjahre nur wenig eingegangen. Schweizerisch sind davon der Brustteil eines Hochzeitshemdes aus Sissach (Gesch. Aug. Meyer) und drei Gürtel aus Evolena (Gesch. H.-K.). Eine reiche Bauernstickerei aus Klein-Russland verehrte uns Hr. Dreyfus-Brodsky. Aus der Klöppelei erwähnen wir ein aus- gerüstetes Klöppelkissen (erw. im Brockenhaus), aus der Stoff- druckerei zwei in Mülhausen hergestellte, von Hın. Jehl daselbst geschenkte bäuerische Baumwolltücher. Die Industrie leitet uns zum Handwerk hinüber. Der Müllerei und Bäckerei gehören an einige Brotschaufeln (‚Schüssel‘), eine mulde und 13 Mehlsäcke mit aufgemalten Namen und Wappen; Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 207 12 davon aus den Kt. Luzern und Zürich, einer von Schloss Kastelen im Aargau, von Hrn. Fr. Haller in Basel geschenkt. Eine sehr willkommene Gabe waren zehn Stück Gerbergeräte, die uns Hr. Raillard-Schmidt ın Basel verehrte, um so mehr als dieses Handwerk bis jetzt in unserer Sammlung gefehlt hat. Die Sattlerei ist vertreten durch eine Lederkluppe, die Küferei durch eine Reif- zange und ein Gesellenbuch (Gesch. v. Hrn. Karle), die Töpferei durch eine Lehmschaufel und die sechs verschiedenen Stadien eines bleiglasierten Bauerntellers (Gesch. v. Hrn. Franz Baur), die Schmiederei durch einiges Gerät aus dem Tirol, während anderes, wie Hobel, Ziehmesser und Klüpfel (Gesch. Lörch), Schindelspalter, Gewindeschneider usw. allgemeinerer Verwendung sind. Ein von Hrn. Lörch geschenktes grosses Hackmesser dürfte wohl der Metzge- rei (?) zuzuweisen sein. In das Gebiet der Metallergasie und Metallurgie schlägt ein Bleizugapparat nebst Zubehör und ein Kupfschweizpfännchen, beide aus der Urschweiz. Auch die Fischerei ist um einige beachtenswerte Stücke ver- mehrt worden. Von unserer bewährten Gönnerin Frl. /then in Oberägeri erhielten wir ein Hechtnetz vom Aegerisee, eine Reuse vom Untersee wurde durch Hrn. stud. Bächtold für uns erworben ; einen Aalstecher und eine jetzt verbotene Form des Schollenstechers erhielten wir nebst zwei Netzstricknadeln und einem Maschenbrett- chen durch Vermittlung von Hrn. Dr. Häberlin in Wyk auf Föhr. In das Kapitel der Jagd sind die Fallen zum Fang von Vögeln, Mäusen, Ratten, kleineren Raubtieren und Schlangen zu rechnen, die uns aus dem Aargau, der Innerschweiz (teilweise als Geschenk von Hrn. Lörch), dem Tirol und Baden zugegangen sind; ebenso ein Lockkäfig aus dem Tirol. Auch zwei Pulverhörner primitiver Form sind erworben worden. Ein ganz neu angeschnittenes Gebiet ist das der Waffen. Kost- bare Waffensammlungen anzulegen, liegt nicht in unserm Programm. Da aber die Waffe zu den ältesten Instrumenten der Menschheit ge- hört, so sollte die Entwicklung derselben in einer ergologischen Samm- lung nicht fehlen. Der Anfang ist freilich bescheiden: es sind zwei Morgensterne (,Trüssel‘“) aus Adligenschwil, wie sie noch bis ins 17. Jahrhundert hinein in der Schweiz von den Bauern angefertigt worden sind; immerhin darf die mit Eisenspitzen versehene Keule als primitive Waffe bezeichnet werden.!!) Und nun die Landwirtschaft. Da seien zuerst die vier Pflüge genannt, um die die an sich schon stattliche Pflugsammlung ver- 11) Eine mit der unsrigen völlig übereinstimmende Form ist bei Demmin, Die Kriegswaffen, S. 790, nach der Theodosiussäule in Konstantinopel (IV. Jh.), abgebildet. 208 Paul Sarasin. mehrt worden ist. Aus Schöz im Kt. Luzern stammt ein von Hrn. Dr. Paul Sarasin geschenkter Pflug mit Vorwagen; derselbe stellt eine besonders schwere Form des sog. Aargauer Pfluges dar, weist aber als Abweichung von dem Normaltypus eine merkwürdig zier- liche Schar und dafür zwei grosse unmittelbar hintereinanderge- stellte Sech auf. Das zweite Stück hat Hr. Dr. Fritz Sarasin uns in Brindisi erworben; es ist ein sehr einfach konstruierter und leicht gehaltener Typus ohne Sech und Streichbrett, die Gabel- deichsel lässt auf ein einziges Zugtier schliessen. Ebenfalls sehr altertümlich ist ein Pflug aus dem französischen Departement Hte- Loire, eine durch Hrn. Dr. Hans Stehlin vermittelte Spende von Hrn. Philis in Seneze. Im Prinzip an den bereits vorhandenen Auvergner Pflug erinnernd, weicht er von diesem doch wieder inso- fern ab, als er an Stelle der eingelassenen Eisenstange eine an dem Fuss befestigte Schar besitzt. Auffallend sind die ohrenartig zu beiden Seiten des Fusses schräg rückwärts verlaufenden Rund- pflöcke, die offenbar dazu dienen, eine Furchenböschung zu strei- chen. Einen ganz andern Aufbau zeigt der durch Hrn. Dr. Emil Fischer in Bukarest geschickte rumänische Pflug. Derselbe enthält ausser der Schar ein deutliches, wenn auch kleines und natürlich noch völlig flaches Streichbrett; besonders charakteristisch an ihm ist jedoch die am vordern Teil des Grendels angebrachte Gleit- kufe, ein Vorläufer des eigentlichen Räderpfluges. Von grösseren Geräten sei: sodann eine grobgerippte Dreschwalze (russ: kotök, d. 1. „Rolle‘“) aus dem südrussischen Gouv. Jekaterinoslav genannt, die von Hrn. stud. Rempel besorgt und uns freundlichst von Hrn. Pfr. S. Preiswerk-Sarasin geschenkt worden ist. Das Stück ist um so beachtenswerter, als diese Dreschart in der sonst so weıtblicken- den Abhandlung ,, Zur Geschichte der Dreschgeräte von Meyer- Lübke (,,Wôürter und Sachen“, Bd.I S.226) nur in Südfrankreich, Spanien und Italien nachgewiesen ist. Im Kt. Aargau wurde eine ältere Form der Kornfege (‚Windmühle‘), ein Heuschroter und zwei Heurupfer erworben; wir erwähnen ferner Sicheln, Sensen, Dengelgeräte, Schossgabeln, Rechen, Trügel, Wald- und Spalt- sägen, Gertel, Wald- und Rebmesser von verschiedener Form und Herkunft, als weniger häufig vorkommende Stücke: einen sorg- fältig geschnitzten Weidenspalter, ein Stickeisen aus Baselland zum Einrammen der Rebstecken und ein von Hrn. Aug. Meyer ge- schenktes Pfropfgerät (,Zwej-Gschirr“). Das primitivste Stück dieser Gruppe ist aber ein Bienenstock aus Inden (Wallis); der- selbe besteht lediglich aus einem ausgehöhlten Nussbaumklotz, der oben mit einem Deckel geschlossen wird und unten mit zwei aus- geschnittenen Fluglöchern versehen ist (Gesch. H.-K.). Zur Bienen- Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 209 wirtschaft gehören auch einige von Hrn. Lörch geschenkte hölzerne Bienentröglein. In der Gruppe Viehwirtschaft möge eine Anzahl Kuhschellen, Rollen, Zäume, Brenneisen (ein österreichisches mit Wappen von Hrn. Brüderlin-Ronus geschenkt) und ein Hufmesser (Gesch. Aug. Meyer) untergebracht sein, unter dem Transportwesen ein Ochsen- geschirr aus Root, ein Joch, ein Ziegengeschirr, zwei Kummete und ein Räf aus der Innerschweiz: als Geschenke wurden uns über- geben: von Hrn. stud. W. Vischer ein mit bunter Wollknüpferei dekoriertes Mauleselgeschirr aus Estremoz (Portugal), von Frau Riggenbach-Iselin das von Deputat Huber angefertigte Modell eines Krahns an der Basler Schifflände. Besonders vielseitig ist die Milchwirtschaft ausgebaut worden, was namentlich der schönen Schenkung von Hrn. Prof. John Meier, bestehend aus einer vollständigen Sennhüttenausrüstung aus Obwalden, zu verdanken ist. Dieses Obwaldner Milchgerät umfasst allein 39 Stück, darunter das riesige Kupferkessi, der Turner, der Schottentrog u.a.m. Ausserdem haben wir Hrn. Prof. Meier noch einen Milchmessstab und eine Volle aus Graubünden zu verdanken. Einen Kesseluntersatz schenkte Hr. Regierungsrat Bucher in Kerns, einen Strohring, Milchmessstab und Vollenhalter Hr. Lörch, ein Stoss- butterfass Frl. /then; erworben wurden einige Aufrahmgefässe, Brenten, Eimer, Kessel und ein Drehbutterfass. Ein sehr weitschichtiges und vielgestaltiges Gebiet ist das des Volksbrauchs, das sich mit dem Spiel und dem Volksglauben nicht nur nahe berührt, sondern vielfach geradezu unentwirrbar verflicht. Zum eigentlichen Volksbrauch rechnen wir die Masken, die ja auch heute noch die verschiedenste Verwendung finden. Vier hölzerne Fastnachtsmasken aus dem Sarganserland, teilweise bekannte Figuren aus dem Volke vorstellend, sind von Hrn. Zindel-Kressig (Schaff- hausen), einige papierene aus Württemberg von Hrn. Wittich (Pforz- heim) geschiekt worden, während vier dämonischer aussehende Tiroler Masken einem St. Niklausspiel entnommen sind. Ihnen reiht sich eine über 6 m lange Niklauspeitsche aus dem Kt. Zug (Gesch. v. Frl. Zthen) und eine badische Dreikönigausrüstung an, wie sie von den am 6. Januar umziehenden Kindern getragen wird. Fastnachts- ruten und zugehörige Scheiben aus der badıschen Nachbarschaft wurden uns von Hrn. Prof. Rütimeyer zugewendet, eine Kar- freitagsklapper aus Rheinfelden von Hrn. Prof. Meier, während vier Palmsonntagszweige aus der Innerschweiz und dem katholi- schen Württemberg käuflich erworben wurden. In das Kapitel der Familienbräuche schlagen ein: zwei von Frl. Ithen geschenkte Hoch- zeitsnastücher aus dem Kt. Zug, eine Schaffhauser Brautkrone 210 Paul Sarasin. älteren Stils (Gesch. v. Hrn. Æ. R. Seiler), mehrere Taufzettel und ein bei Traueranlässen getragener Mantel aus Dottenberg (Gesch. Lörch), in das des kirchlichen Brauchs drei Fronleich- namskronen aus der Urschweiz (wovon eine von Hrn. Lörch ge- schenkt). Von einzelnen Gegenständen zum Volksbrauch sei noch folgendes erwähnt: ein Stock, dessen Griff einen Kalbskopf mit einem Fisch im Maul darstellt, und der im Tirol (Umgebung von Bruneck) beim Aufbieten zu einem Kälberessen herumgetragen wurde: ein neuer Beitrag zu dem alten Rechtsbrauch des Auf- bietestockes. In diesem Zusammenhang mag auch gerade der zier- lich geschnitzte Wallfahrtsstock aus St. Andreae bei Brixen ange- führt sein, der von sog. Betweiblein getragen wurde, die als Stell- vertreter eines Andern die Wallfahrt unternahmen; also auch dies wohl ein ursprünglicher Botenstock.!?) Mehr zur Unsitte als zur Sitte gehört ein Totschläger aus Reigoldswil (Gesch. Aug. Meyer) und ein Schlagring aus derselben Gegend. Die Gruppe Spiel hat im Berichtsjahre keine unwesentliche Bereicherung erfahren, indem namentlich eine Anzahl Kinderspielzeuge, wie eine primitive Arm- brust, ein Pfeilbogen, eine Pfeilschleuder, eine Steinschleuder, zwei Knallbüchsen, ein primitives Holzkanönchen (Gesch. Dr. À. La Roche), ferner hölzerne Soldaten (ebenso) und eine bäuerische Puppenwiege neu hinzugekommen sind. Zwei zierliche Spielarbeiten gingen uns geschenksweise zu: von Hrn. Dr. R. La Roche eine appenzellische Bauernstube mit papierenen Figuren und eine von Hrn. Riggen- bach-Woringer in enghalsiger Flasche zusammengesetzte Kreuzi- gung Christi aus dem Muotatal. Als Musik-oder Lärminstrumente seien zwei im Ober-Elsass gekaufte Pfeifen erwähnt, die uns von Hrn. Dr. Major verehrt worden sind, und von denen namentlich die eine, am 11. Mai bei der Gangolf-Kapelle im Gebweilertale feil- gebotene durch ihre votivkopfähnliche Form Interesse beansprucht; ferner sieben Rindenpfeifen aus Baden, ein Paar (spanische ?) Kastagnetten und ein (süditalienisches ?) Tamburin, letztere beiden Gegenstände geschenkt von Frau Stückelberg-Brüstlein. Als erstes Requisit zu einer Stiergefechtausrüstung verdanken wir Hrn. stud. W. Vischer zwei portugiesische „banderillas“, das sind die von den „banderilleros“ auf den Stier geworfenen bunt aufgeputzten Wurf- haken. Zum Sport endlich gehören ein Paar Schlittschuhe älterer Form aus Basel. In das Gebiet des Rechts, der Verfassung und Verwaltung dürf- ten zu verweisen sein die sog. „Zeugen“, d. h. kleine Tonplättchen, 12) Vol. K. v. Amira, Der Stab in der germ Rechtssymbolik. (Münchner Sitzungsberichte Ph.-H. Kl. XXV). 1909. Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums 211 auf deren Oberfläche ein Pfeil eingepresst ist und die unter die roh- gehauenen Grenzsteine gelegt werden, um die Richtung der Grenz- linie anzuzeigen. Zwei Exemplare aus Stein a. Rh. wurden von Hrn. stud. H. Bächtold geschenkt. In dieser Gruppe sei auch untergebracht ein lederner Feuereimer mit Wappen der Sidler von Hünenberg und endlich einige Masse und Gewichte älterer Zeit. Besondere Aufmerksamkeit haben wir von jeher den Gegen- ständen aus dem Aberglauben und der volkstümlichen Religion gewidmet, da sie nicht selten auf vorchristliche Kulturstufen zu- rückweisen. Da ist vor allem das Amulett zu nennen, das durch einige recht interessante Stücke vertreten ist. Geschenkt wurden von Hrn. Prof. Bellucci in Perugia, dem ersten Kenner auf diesem Gebiet, fünf italienische Amulette: ein neolithisches Steinbeilchen gegen Blitzschlag, ein Stern-Korallenanhänger in Herzform gegen Behexung, eine Edelkorallenkugel für regelmässige Katamenien, eine trübweissliche Achatkugel zur Bewirkung reichlicher und guter Muttermilch und eine durchlochte Papstmünze von 1740 gegen die „Gichter“ der Kinder, von Hrn. Prof. Hartwich in Zürich ein Hahnenknochenamulett aus der Mark Brandenburg gegen Fieber, erworben ein eiförmiges Kinderamulettchen aus Dottenberg und ein Zigeuneramulett, welches in einem roten Wollappen drei mit einem roten Faden umwundene Büschel roter Haare eingenäht enthält und von Schwangeren zum Schutz des Kindes um den Hals getragen wird. Mit diesen berühren sich enge die in einem Täschehen um- gehängten oder im Hause sorgsam aufbewahrten Faltsegen mit Heiligenbildehen, Kräuterschnitzeln, Miniaturstatuettchen u. a. zur Abhaltung von Seuchen (namentlich Pest) und Wetterschlag. Wir haben davon sıeben Stück, namentlich aus der Innerschweiz, er- halten. Es folgen die mehr kirchlichen Skapuliere (Gesch. Lörch und Stückelberg) und Kissenamulette mit Heiligenbildern, die Agathenzettel gegen Feuersbrunst, Haussegen, Wettersegen, Hım- melsbriefe und ähnliche im Volksglauben verwendete Gegenstände. Auch die in Rom hergestellten Agnus-Dei spielen im Volksglauben eine erhebliche Rolle; drei, darunter ein besonders grosses vom Jahre 1775, wurden im Kt. Zug erworben. Reliquien wurden als Umrahmung von Heiligenbildern oder religiösen Symbolen oder in Kreuzform aufgeschmückt an die Wand gehängt (zwei solcher Objekte stammen aus Rheinfelden, andere aus der Urschweiz), oder in Kapseln mitgetragen (drei Stück aus Dottenberg) oder in Schachteln aufbewahrt (drei aus Schwyz). Eine bereits vorchrist- liche Sitte war das Darbringen von Weïhegeschenken, sei es in Form von Bildern, wie eines vom Jahre 1787 aus dem Kanton Luzern, oder von Gegenständen, Figuren, Gliedern usw., wie sie 212 Paul Sarasin. auch dies Jahr wieder, wenn auch viel spärlicher, eingelaufen sind : zwei Holzexvotos, Gesicht und Auge, aus dem Kt. Wallis sind durch ihre Form beachtenswert (Gesch. H.-K.). Ferner seien hier die Weihwassergefässe genannt, von denen wir ein zinnernes aus dem Kt. St. Gallen durch Hrn. Aufseher Mindel, ein irdenes durch Hrn. Lörch geschenkt erhielten, Statuetten eines Stallheiligen und einer alpbeschützenden Muttergottes wurden im Tirol erworben, Tonstatuetten bis zu ganz minimer Grösse in der Urschweiz; ausser- dem Kruzifixe, Grabkreuze, Rosenkränze, Weihwasserwedel, Wall- fahrtsmedaillen teils schweizerischer, teils ausländischer Herkunft. Dem ösraelitischen Kultus gehören an: ein „Mesussah‘ (deutsch ‚Pfosten‘ ) d. 1. eine Blechhülse, welche ein auf Pergament geschriebenes Gebet enthält und am Türpfosten angebracht wird, damit nichts Unreines über die Schwelle komme, und ein ,,Chanuk- kah“ genanntes Lampengestell, das während der Makkabäerfeier verwendet wird. Beide Objekte wurden von Herrn Lithograph Wolf geschenkt, während wir eine bronzene Lampe aus Lengnau Hrn. Dreyfus-Brodsky zu verdanken haben. Noch ganz unklar in bezug auf ihren Gebrauch ist eine uns von Hrn. Dr. À. La Roche überwiesene angebliche ‚‚Wünschelrute‘, die sich seit Generationen in einer Berner Familie befunden haben soll. Sie zeigt zwei ungleich lange vierkantige Fischbeinstäbe, die in zwei Messingeicheln auslaufen und durch ein verschiebbares Messingband verbunden sind. Manches aus der Gruppe Religion wäre natürlich auch im volkstümlichen Bildwerk unterzubringen, da ja das Heiligenbild, wie unser Wort „Helgen“ zeigt, in älterer Zeit einen Hauptbestand- teil der „Imagerie populaire‘ überhaupt bildete. Grosses Interesse hat bei Hrn. Architekten Zell aus München unsere Kollektion von Malereien hinter Glas geweckt, die er grossenteils mitsamt den Rahmen der Oberammergauer Industrie zuweisen konnte, während ein anderer hervorragender Sammler süddeutscher Bauernkunst, Herr Spiegelhalder in Lenzkirch, brieflich mitteilte, dass ein Haupt-Pro- duktionsherd dieser Industrie in Röthenbach im Schwarzwald zu suchen sei, wohin sie ungefähr im Jahre 1720 aus Böhmen ein- geführt worden sei. Ferner wurden Heiligenbilder, Glückwunsch- und Denkzettel, Hochzeitssprüche, Jahrmarktzettel, Rebusbildchen usw. erworben. Als Geschenke verdanken wir: Hrn. E. R. Seiler ein drolliges Silhouettenbild mit der Geschichte Josephs und die Darstellung einer Schröpfszene, Hrn. Ed. Klein eine Kreuzigung Christi (Malerei hinter Glas), Hrn. Prof. Stückelberg einen hollän- dischen Bildverszettel. Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 213 Zum Schlusse erübrigt uns noch, einige Varia aufzuführen, die sich in obige Rubriken nicht leicht einreihen liessen. Es sind einige medizinische Geräte: ein geschnitztes Aderlassetui aus ‘dem Basel- biet, eine hölzerne Beinschiene aus dem Kt. Schwyz und ein Apothekerkästchen aus Graubünden, letzteres als Geschenk von Hrn. Prof. Meier ; ferner seı hier eine uns von Hrn. Prof. Stückel- berg überwiesene Taschensonnenuhr (?) dankend erwähnt, während drei von Frau Dr. Bruppacher ın Zollikon eingeschickte korbsieb- artige Objekte, bis anhin noch nicht bestimmt werden konnten. Auf die einzelnen Gebiete verteilen sich die im Berichtsjahre erworbenen und geschenkten Gegenstände wie folgt: Hausbau und Zubehör 17, Hausrat und Küchengerät (ohne Keramik) 207, Ge- schirr 199, Glas 14, Gebäck 17, Tracht und Zubehör 50, Holz- schnitzerei 19, a 34, volkstümliche Industrien 57, Hand- werk 75, Jagd 11, Waffen 3, Transportwesen 9, Landwirtschaft 47, Viehwirtschaft 13, Milchwirtschaft 52, Volksbrauch nebst Spiel, Sport, Musikinstrumenten 82, Volksglauben und Religion 110, Volksmedizin 4, Bücher 3, Varia und Unbestimmbares 17. Namensverzeichnis der verehrl. Donatoren der Abteilung Europa. a) Gegenstände haben geschenkt: (Die beigefügte Zahl bedeutet die Anzahl der geschenkten Gegenstände.) Herr P. Amans, Basel . Herr Dr. Alfr. LaRoche . » W. Baader T, Basel i » Dr. Rene LaRoche . | HP AChLoId eBASel 2 Je Dönch, IEindenchame 27.213 „ A. Bargheer- Alder, Basel Dr. Major, Basel HpPaur Basele 2.22: Prof. John Meier, Basel . 7 „ Prof. G. Bellucci, Perugia . De ARSlNIenjenmSissachng 2 » R. Brüderlin-Ronus, Basel. „ J. Mindel, Basel Frau Dr. Bruppacher, Zollikon "ar ProwwreoNeraBasel x Herr Reg. Rat Bucher, Kerns ODr KP aravicnvmbaselen0 EH À oO Où O H 0 Hi M HR NAHOhHON RO © NN & um » J. Dreyfus-Brodsky, Basel. 5 » P. Philis, Senèze A „ Dr. Th. Engelmann, Basel . 1 „ S. Preiswerk-Sarasin, Basel Frau Faesch-Schloeth, Basel 2 » A. Raillard-Schmidt, Basel 1 Herr Dr. E. Fischer, Bukarest 1 | Frau Riggenbach-Iselin, Basel . » Dr. JA Häfliger, Basel 7 | Herr Riggenbach-Woringer, Basel Er. Haller, Basel . 1 » Prof. D. Rütimeyer, Basel . „ Prof. Hartwich, Zürich. fl „ Dr. F. Sarasin, Basel „ Dr.K.R. Hoffmann, Basel 1 Dr. P. Sarasin, Basel 2 JP Ike us ne einem A. Sarasin-Vonder Mühll, Basel . : 8 | Basel . re 2 Frl. À. Ithen, Oberägeri 12 | Herr B. Segal, Basel . il Herr Jehl, Mülhausen or 7 2, EHER Seiler, Basel. 4 „ Karle, Basel. 1 | » .@. Seligmann, Basel . 2 „ Ed. Klein, Basel an » @.Stehelin-Kellermann Basel 3 » Ph. Labhardt, Basel 2 „ Dr. @. Steiner, Basel. ( 214 Paul Sarasin. Herr J. Stuber, Basel . . 8 | Herr Weber-Greminger 1 „ Prof. E. A. Stückelberg, Bar 7 | E. Wittich, Pforzheim 1 Frau M. Stückelberg- Brüstlein, | „ A. Wolf, Basel . 2 Basel . "4 | Anonym(wahrendder Asset) 3 Herr stud. W. Vischer, Basel . . 16 b) Geldgeschenke (ausser den Gaben zur Deckung des Ausstellungsdefizits, vgl. oben: S. 198) Herr F. Hoffmann-LaRoche . 500.— | Frau A. Sarasin-VonderMühll . 20 — „ BDr.K&.R. Hojjmann . . 50. Herr A, Vischer- Krayer 2: 220 Frau M. Bachofen-Vischer . . 30.— „ Prof. Dr. Burckhardt- Herr u. Frau R. Forcart-Bachofen 20 — Werthemann . . . 10.— , R. Gemuseus-Passavant . 20.— | „ Prof. Dr. John len . 10.— ne Max Rroyen AE MEN OIL EE » G. Zimmerlin-Boelger. . 10.— » @.Krayer-LaRoche . . 20 — Allen Gebern sei für ihr fortgesetztes Wohlwollen unser wärm- ster Dank ausgesprochen. E. Hoffmann-Krayer, Vorsteher der Abteilung Europa. Ethnographische Pharmakologie. Dem früher geäusserten Wunsche, eine pharmakolog.-ethno- graph. Abteilung in der Sammlung für Völkerkunde einzurichten, ist in bescheidener Weise dieses Jahr nachgekommen worden. Es sind vorläufig aus alten pharmakologischen Beständen zehn interessante Artikel ausgewählt worden, über welche das Mitglied, das die Abteilung übernommen hat, nachfolgende Notizen zu- sammengestellt hat. Bezetta rubra. Roter Schminklappen, Tournesol, Spanischer Flor, Bezetten, Baumwollstoffe, wurden in Cochenilleabkochung ge- färbt: kam früher besonders aus der Türkeı zu uns. Sie wurden als Schminkmittel und dann aber auch als Reagenz an Stelle des spätern roten Lakmuspapieres verwendet. Die blauen Schminklappen Bezetta coerulea. In Südfrankreich wurden die Leinwandlappen mit dem Saft des Lakmuskrautes Grozophora tinctoria getränkt und dann in Gefässe gelegt, worin sich mit Urin befeuchteter Kalk befand, wodurch dann die grüne Farbe durch die ammoniakalische Zersetzung in blaue umgeändert wurde. Die blauen Schminklappen wurden ebenfalls an Stelle des späteren blauen Lakmuspapieres als Reagenz verwendet. Württ. Ap. Pharmacopoe v. 1760 hat: Bezetta rubra, rote Farbflecklein 1 Loth 16 Kr. Bezetta coerulea, blaue Farbflecklein I: Loth 12.Kr. Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 2419 Dentes Apri. Eberzähne, Wilde Schweinszähne. Die gebogenen Hauzähne von Sus Scropha L. Bestehen aus phosphorsaurem und kohlensaurem Kalk. Im Hortus Sanıtatis Augsburg, Schönsperger 1488 nicht er- wähnt, dagegen in J. J. Becher, Parnassus illustratus sind sie er- wähnt. Er sagt: „Die Sau, das wüste Thier, / der rechte Juden Feind, Gibt sieben Stücke die / aus ihr gebräuchlich seind‘“ und dann weiter: „Schweinszähne / die pfleget man / auch an dem Hals zu tragen Man saget die Quartan / die thun sie so verjagen.“ (Quartan — Febris quartana — viertägiges Fieber.) Im Kommentar dazu heisst es: ‚Dass die Schweinsbein an dem Hals getragen / die Quartan vertreiben / möchte mancher glauben / es wäre ein Aberglauben / gleichwohl hat es seine natürliche Ur- sachen / wird desshalben unter die Amuleta gerechnet / von welchen in meinen philosophischen Schriften ein mehreres zu sehen.“ Der Stadt Basel Apotheker Tax v. 1647 hat: Apri dentes, Eberzahn oder Wildschweinzahn 1 Loth: 4 Schilling. Lapis Calaminaris. Gallmey = Galmei Cadmia fossilis. Gelb- liches Mineral oft ın stalaktitischer Form, enthält hauptsächlich kohlensaures Zınk mit Kieselzink, Eisen und Tonerde. Daraus wird durch Schlemmen und Trocknen ın Trochiscenform hergestellt: Lapis Calaminaris präparatus. Wurde hauptsächlich gegen Augenkrankheiten gebraucht. — In Wirsung Newes Artzneybuch Heidelberg 1572: Wird zu Augenrötin empfohlen. „Nimm ein Lot Tutia, mach sie glühend und lesche sie 15 mal in Rosenwasser ab, klein gerieben, dazu thu Galmey 1 Lot. Dieses Augenwasser wird zur Rötin hoch von den Alten gepriesen.“ Ferner war es auch Bestandteil des berühmten schwarzen Stich- und Wundpflasters und auch des alten Falkensteinerspflaster gegen Hau- und Stichwunden, wozu die Vorschriften ebenfalls bei Wirsung. Der Stadt Basel Apotheker Tax von 1647 hat für Lapis Cala- minaris — Gallmey 1 Lot = 8 Pfenning. Lapis Lyncis. Luchsstein, Katzenstein, Donnerstein, Druiden- stein, Alpschoss. — Caraunius, Dactylus idaeus, Belemnites. — Die in der Jura- und Kreideformation vorkommenden Belemniten, die inneren Skeletteile ausgestorbener Tintenfische. Sie bestehen haupt- sächlich aus kohlensaurem Kalk. Im Hortus Sanitatis und Parnassus illustratus nicht erwähnt. Dagegen empfiehlt ihn Wirsung Newes Artzneybuch Heidelberg 216 Paul Sarasin 1572 in verschiedenen Vorschriften als Gries treibendes und Stein brechendes Mittel: u. a. „Nimm bereites Bockblut 1 Loth, Luchs- stein, Krebsstein, Pfersichkern je ein Quintchen Peterling und Eppichsamen je 1 Loth, brauch davon morgens, mittags und abends in Bonenwasser so lang, bis sich der Stein ergibt und kein Gries mehr erscheint.‘ In der Stadt Basel Apotheker Tax von 1647 als Lapis Lyncis, Luchsstein 1 Loth = 1 Schilling. Lapis Spongiarum, Schwammstein. — Findet sich in den Meerschwämmen als knollige Einschlüsse in Form schaliger Con- cretionen, besteht hauptsächlich aus kohlensaurem Kalk mit Meer- salz imprägniert. Wurde früher gepulvert gegen Kropf gebraucht. Wirsung Newes Artzneybuch Heidelberg 1572 erwähnt ihn ausser gegen Kropf noch in verschiedenen Rezepten gegen Gries und Stein. Eines davon lautet: ,,Nachmals mag man zu stärkerem greiffen / also Glasaschen / Hasenköpf und Bachstelzenaschen /be- reites Bocksblut / Schwammstein / Judenstein, aus welchen Stücken man Sirup, Konfekt, Pillen und was man dergleichen will, machen a — Der Stadt Basel Apotheker Tax von 1647 hat für 1 Loth = 1 Schilling. Die Württembergische Pharmakopoe von 1760 1 Loth 8 Kreuzer. Millepedes, Kellerassel, Kelleresel. Millepedae, Caulipedes, Aselli. Die getrockneten Tiere von Armadillo vulgaris, Lah (onis- eus Armadillo L.). Sie wurden als harntreibendes Mittel in Pulver- form, als Latwerg, Sirup und Tinktur gebraucht. Im Hortus Sanitatıs sind sie nicht erwähnt. H. J. Becher in Parnassus illustratus, Ulm 1662, sagt: „Die Keller Eselgen / so man nennt Schäfelein Ihr Pulver treibet stark / und nützet in dem Stein.‘ [4 Im Commentarius dazu heisst es: ,,Eselgen findet man in Kellern, unter dem Stein, an feuchten Orten. Man dörret sie und machet sie zu Pulver. Dosis 1 Scrupel, nımmt solches in aqua aliqua appropriata ein. Der öftere und zu grosse Gebrauch dieser Eselgen bringet nicht geringen Schaden.“ Der Stadt Basel Apotheker Tax von 1647 führt dieselben nicht. Dagegen hat die Strassburger Apotheker Tax von 1722 ein Quint- lein — 1 Schilling 4 Pfennig. Mumia Vera = Mumia aegyptiaca. Ursprünglich Stücke ächter ägyptischer Mumien. Die Mumia vera des Handels wurde schon von alters her bis auf unsere Zeit meist künstlich dargestellt und aus Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 217 einer Mischung von Asphaltpulver, Weihrauch, Aloe und Kolo- phonium mit Knochenstücken zusammengeschmolzen. Im Hortus sanitatis von 1488 heisst es: „Mummia latinae et grece: Dye wirdigen meister sprechend auch dass dieses funden werd in den gräbern darinne die todten liegen die do gebalsamet worden. Wan es ist vor alten zeyten gewesen dass man die todten leichnam mit Balsam und mit Mirra bestecket. Und das geschicht noch heut des tags in dem heydnischen lande bey babylonien, wann gar viel balsams do selben ist. Dy selbigen leut die füllen der todten hyren (Hirn) und den ruckmeissel mit balsam, aloe und mirra und von der kraft und hitze des balsams zeuhet es an sich das geblüthe in das hyren und darin wird es gekochet und darnach trucknet es und ver- dorret und wird verwandelt in eine herrte materien und das heysset denn mummia. Und dieses ist der best mummia der schwarz ist und der do klare ist und der do hat einen starken gerauch. Der meyster Rasis spricht: das mummia gut sey dem hauptwee das sich erhebt von kalter feuchtunge, und benimmet auch die lemde in den gelydern des eingenommen also gross als ein gersten koren wieget mit meyoran wasser...... Zu dem andern für die fallende sucht. Zu dem dritten den dye do bedunket sy haben mucken vor den augen fliegen.“ J..J. Becher in Parnassus illustratus Ulm 1662 sagt: Menschen- fleisch-Mumia. Die Mumi resolviert geronnenes Geblüth Vor Milzesstechen und vor Husten es behüt. Blähung und Wind des Leibs, verhaltne Weiberzeit Zwey Quintlein öffnen die, zum Pulver seynd bereit. Der Stadt Basel Apotheker Tax von 1647 hat für 1 Loth 3 Schilling 4 Pfennig. Stincus marinus. — Meerstinz. Von Scincus officinalis Laup (Lacerta scincus L.). Zu der Gruppe der Eidechsen gehörend, in Aegypten, Griechenland u. s. w. lebend. Das ganze Tier wird nach Entfernung der Eingeweide getrocknet und in aromatische Kräuter, hauptsächlich Lavendelblüten verpackt in den Handel gebracht. Wurde als harntreibendes Mittel und als Aphrodisiacum gebraucht und entweder in Substanz eingenommen oder als Decoct verwendet. Ausserdem war es Bestandteil verschiedener Theriake und Mithridate. Hortus sanitatis von 1488 sagt: ,, Wasser Fidechs. Scineus latine et grece (sie sind daselbst abgebildet). Avicena in seinem andern buch sprichet dass dieses sey ein thierleyn und das findet man in egypten und lombardien. Dieses ist gestalt gleich den heu- schrecken allein das nit flügel hat diese fischlein salzet man und 15 218 Paul Sarasin. darnach so lässt man die dorren. Diese fischleyn gegessen mit Dyamar gatiton oder Diapendion (Latwerg) meret fast sere coitum, das ist fleischliche begehrunge“ und J. J. Becher im Parnassus illustratus Ulm 1662 sagt: „Die Seincen trocknet man / doch thut ihr fett davon Ein Drachma treibt das Gift / erhält darin die Cron.“ Der Stadt Basel Apotheker Tax von 1647 hat: Meerstinz 1 Stück = 12 Schilling, 4 Pfenning. Tutia. Hüttenrauch, — grauer Ofenbruch. Syn. Tutia alexan- drina, Cadmia fornacum. Beim Schmelzen der Zinkerze und beim Messingbrennen legt sich ein Beschlag von grauer und weisser Farbe an den Wänden der Oefen an. Der Beschlag ist etwas zusammen- gesintert und besteht hauptsächlich aus unreinem Zinkoxyd. Hortus sanitatis von Hanns Schönsperger, Augsburg 1488: „Ein stein also genannt Tutia latinae et grece Thucia. Serapio in dem Buch aggretoris in dem Capitel thucia spricht das thucia sey ein stein und komet aus der erden auch komet thucia aus dem ofen. Thucia hat mancherhand farbe, der eyn ist weiss, der ander grün, der dritt citrinfarbe. Der weiss ist der best und der subtilest, seyn tugend ist kelter. Auch sprechend etlich meister das thucia komme aus den mettallen als aus gold, silber und aus bley. Der aus bley komet ist der best nach dem ersten. Thucia soll genützet werden zu den artzneyen der augen. Etlich meister sprechend das diess gemacht werde mit künsten von etlichen kräutern und bleteren, als von den bleteren des fygenbaumes. Item von den bleteren der maulbeeren, diese gedorret in einem ofen und darnach gepulvert. Aber dyss hat nit also grosse krafft als da von yme do selbst wächset an dem erdryche oder an den Metallen. Von thucia lies das buch pandectu das 86 capitel findet du wie dyss gemachet wird oder wo das herkommt.“ J. J. Becher Parnassus ıllustratus Ulm 1662 heisst es Hütten- rauch: „Mein Name heisset Hüttenrauch Ich bin ein böser schlimmer Schmauch Verlassen hab’ ich meinen Leib Nirgend beständig ich verbleib Dieweil ich solches hab gethan Ist niemand der mich zwingen kann Da aber ich verlier das Gift Durch Kunst, wie weiset aus die Schrift Dem Menschen und dem Vieh ich dann In vielen Stücken helfen kann Sammlung für Völkerkunde des Basler Museums. 219 Bereit mich recht und hab gut Acht Dass du mir haltest gute Wacht Sonst bin ich Gift und bleibe Gift Weh dem den’s ungefähr betrifft. In der Basler Apotheker Tax von 1647 1 Loth Tutia = Hüttenrauch — 2 Schilling. Ungulae Alcis — Elen’s oder Elendsklauen. Die Klauen von Cervus Alcis L. Das Pulver wurde früher gegen Epilepsie ange- wendet. Auch wurden Ringe aus den Klauen gedreht und gegen Epilepsie und Krämpfe getragen. Im Hortus sanıtatis nicht erwähnt. Dagegen sagt Christoph Wirsung in seinem Arzneibuch Heidel- berg 1572: „Vom Vergicht der Kinder: Nimm drei junge Alstern / so noch nicht flegen / Ellendsklauen 3 Quentlein / Hirschhorn klein gefeilet 2 Quentlein / distiliers / und brauchs wie oben / Es soll bewährt seyn.“ Ferner Capitel 132: ,,Vergicht oder fallend Sucht der betragten. Ellend Klaw. Es ist ein gemeiner Wahn / ein Ring- lein von Ellendklaw an die Finger gesteckt oder sonst wie man wölle / bey sich getragen / helfe für das Vergicht und fallenden Wehetagen / Ich habs offt versucht / aber keinerley Hülff be- funden.“ J. J. Becher im Parnassus illustratus Ulm 1662: „Das Elend Thier das giebt die Nerven und die Klawen / Man darff um andere Stück nicht viel herumberschauen / Man bindet um das Glied / die Nerven in dem Krampf Ein Serupel Elendsklaw / die frais erlegt im Kampf.“ (Frais — Kindergicht. ) In seinem Commentarius dazu sagt er u. a.: „Das Elend / Thier in der Gestalt wie ein Hirsch / doch grösser / furchtsam / sehr mit dem schweren Leid behafft / welchs grossen Elends halber es auch Elend genannt — und weiter: Ins- gemein ist von den Elendsklauen zu merken / dass sie nicht alle gut seind / dann aus den Weiblein dienen sie nicht / Die Klawe muss von dem lebendigen Tier abgeschnitten werden / von dem hintern rechten Fuss / in festo assumptionis et Nativitatis Mariae / dann um diese Zeit geht das Elend in die Brunst. Wer weiteren Bericht von dem Elend begehrt / der lese Andream Baccium, dann er von dem Elend ein absonderlich Buch geschrieben.“ Der Stadt Basel Apotheker Tax von 1657 hat für Elends- Klawen gross 1 fl., klein 13 Schilling 4 Pfenning. — Die Würt- 220 Paul Sarasin. tembergische Pharmakopoe von 1760 setzt für das Loth Ungulae alcis 10 Kreuzer an. Th. Engelmann, Vorsteher der Abteilung ethnographische Pharmakologie. Anthropologisches Kabinett. Aus den Sammlungen, welche Herr Dr. A. Masarey ın Süd- Amerika angelegt hat, wurden zwei wichtige Schädel erworben, erstlich der eines männlichen Feuerländers aus einem Muschelhaufen der Insel Feuerland und zweitens ein ausserordentlich stark defor- mierter Inkaschädel, den der Genannte selber in einem altperuani- schen Gräberfeld bei Huacho an der peruanischen Küste ausge- graben hat. Als Geschenk wurden der Sammlung überwiesen ein Kabylenschädel von Herrn Prof. L. Rütimeyer, ein ägyptischer Mumienschädel, den seiner Zeit Herr Prof. Alb. Socin in den Ruinenfeldern von Memphis (Sakkara) ausgehoben hat, von Herrn Dr. Christ-Bach, alemannische Schädel- und Skelettreste aus einem Gräberfeld, Neuwyler Strasse 18, Basel, von Herrn Dr. Karl Stehlin und ein Gipsabguss des Neandertalschädels von P. u. F. Sarasin. Fritz Sarasın, Vorsteher des anthropologischen Kabinettes. Zweiunddreissigster Bericht über die Dr. J. M. Ziegler’sche Kartensammlung 1910. I. Geschenke. Carl Beck, Leipzig: Maschek, Touristenkarte, Bl. 11, bearb. von J. Meurer. 1 : 130 000, TSI Staatskanzlei Basel: Bibliographie der Schweizerischen Landeskunde. Faszikel V 5. Bern 1910. 1 Heft. Commission du Centenaire, Buenos Ayres: Martinez. Recueil statistique géographique des ressources de la république. Mit Mapa general de la Repüblica Argentina. 1: 5000000. Buenos Ayres 1910. 1 Bl. Dr. Hermann Christ: Chemin de fer régional Tavannes-Tramelan. 1: 25000. Eidg. topogr. Bureau. 1 Bl. M. Borel et A. Dubois, Carte des gorges de l’Areuse. Éditée par la Société des sentiers des gorges de l’Areuse, 1 : 15 000. Neuchâtel, F. Gendre. 1 Bl. Pianta topografica e veduta generale della città di Firenze. Presso Lorenzo Bardı. 1 Bl. Fr. Jensch, Sestri Levante e suor dintorni. 1:25000. 1 Bl. Carte géologique provisoire des provinces d’Alger et d’Oran publiée par ordre de M. Albert Grevy — et dressée d’après les travaux de Badynski, Nicaise — par Pomel et Pouyanne. 1 : 800000. Alger, Adolphe Jourdan, 1881. 4 Bl. Carte géologique provisoire de la province de Constantine et du cercle de Bou-Saada p. p. ordre de M. Albert Grévy et dressée par Tissot, 1: 800000. Alger, Ad. Jourdan, 1881. 1 Bl. 222 Dr. J. M. Ziegler’sche Kartensammlung. Carte générale des grandes communications télégraphiques du monde dressée par le Bureau international des administrations télégraphiques. Berne, R. Leuzinger, 1881. 1 Bl. Retraite de l’armée française de Rhin et Moselle commandée par le général Moreau du 19 septembre au 26 octobre 1796. Com- posée avec des caractères mobiles, par G. Haas à Basle. 1 BI. A.Jaccard, Carte géologique du Canton de Neuchâtel. 1860 — 1877. Neuchâtel, H. Furrer. 1 Bl. Rektorat des Gymnasiums: Aeltere Wandkarten. Aufgez. 12 Bl. II. Anschaffungen. Moisel, Kamerun. 1 : 1 000 000. Flemmings namentreue (idionomatographische) Länderkarten. Blatt 2, 3. Frankreich, Italien. 1: 1500000. Glogau 1910. 2 BI. R. Kiepert, Karte von Kleinasien. Blatt D IV. Aufl. 2. 1 : 400,000. Berlin, Dietrich Reimer, 1910. Karte des Deutschen Reiches. Blatt 439, 464, 465, 466. 1: 100000. Kgl. preuss. Landesaufnahme 1908 und 1909. Berlin. Tourenbuch der Schweiz und nächsten Umgebung, hg. vom Schweizer. Radfahrerverband. Aufl. 3. 1 Bd. Der Schweiz. Taschenatlas für Radfahrer. Bern. 1 Bd. Chur-Thusis. Ueberdruck aus dem Siegfriedatlas. 1 : 50000. Bern 1905 IeBl: Carte routière du canton des Grisons. 1 : 300000. Bern, H. Küm- merly. LB] Alpine Majestäten und ihr Gefolge. München 1901—1904. Fol. 4 Bde. Den verehrlichen Gebern, die uns im verflossenen Jahre Schenkungen zukommen liessen, sowie den Zeichnern von Jahres- beiträgen sagen wir den verbindlichsten Dank, wir empfehlen ihnen auch fernerhin unsere Sammlung aufs angelegentlichste. Basel, den 31. Januar 1911. Prof. Fr. Burckhardt. Rechnung über 1910. Einnahmen. Aktivsaldo voriger Rechnung Jahresbeiträge . BR: Zinsen Ausgaben. Anschaffungen . Buchbinder . Honorar . Aktivsaldo auf 1911 Status. Angelegte Kapitalien ; Aktivsaldo auf neue Rechnung . Status pro 31. Dezember 1910 Status pro 31. Dezember 1909 Vermögenszunahme 1910 Basel, den 31. Januar 1911. Hr. 1,558. 28 de 155. — . 634. 70 Kr 25347298, Fı 108. 95 = 131. 60 r 300. — Fır 540. 55 " 1,807. 43 F0 527198 Fr. 15,000. — „1,807. 43 Fr. 16,807. 43 „ 16,558. 28 Fı 249. 15 C. Chr. Bernoulli, Quästor. Der Luftwider- standsapparat. (Fig. 1.) Über ein neues aörodynamisches Instrumentarium. Von Hans Zickendraht. In einer ersten Mitteilung!) wurde ein Apparat zur Messung und Demonstration des Luftwiderstandes verschiedenster Körper beschrieben, und einige Resultate über den Widerstand ebener und sekrümmter Flächen mitgeteilt. Seit der ersten Ausführung (Früh- jahr 1910) hat nun das Instrument bedeutende Verbesserungen er- fahren, über die im Zusammenhange mit weiteren Neukonstruk- tionen?) in der Sitzung der Naturforschenden Gesellschaft Basel am 1. März 1911 vorgetragen wurde. Da es einer demnächst erscheinen- den umfangreicheren Publikation vorbehalten bleiben muss, die ein- zelnen Verbesserungen eingehend zu beschreiben, so genüge hier ein Hinweis auf folgende Punkte: a) Der Messbereich des Instrumentes erstreckt sich über das Inter- vall von O0 bis 36 Gramm Druck sowohl für Horizontal- als Vertikalkomponente eines auf den Körper wirkenden Wind- druckes. b) Sämtliche Fäden des ersten Modells sind durch nahezu unver- änderliche feine Kettchen ersetzt. c) Ein wesentlicher Vorzug liegt in der jederzeit möglichen genauen Justierung der beiden Demonstrationsskalen (die ihrerseits be- deutend vergrössert wurden) durch Federklemmen, welche mehr oder weniger Windungen einzuschalten erlauben. d) Der in Cardan spielende Hebel lässt sich arretieren. Als Demonstrationsversuche seien aus der grossen Zahl der aus- führbaren folgende hervorgehoben : 1. Flächengesetz. Der Winddruck wächst bei senkrechtem Auf- treffen nahezu proportional der Oberfläche. (Hierzu werden Platten gleicher Form, aber verschiedener Oberfläche verwendet. ) 1) Diese Zeitschrift. Bd. XXI. p. 42 (1910). 2) Das ganze Instrumentarium wird von der Firma Fr. Klingelfuss & Co. in Basel ausgeführt und kann daselbst bezogen werden. Über ein neues aörodynamisches Instrumentarium. 225 2. Quadratgesetz. Der Winddruck wächst proportional dem Quadrate der Windgeschwindiekeit. 3. Ermittlung des Faktors k für verschiedene Flächen?) (k— spezifischer Luftwiderstand). 4. Untersuchung der Funktion g (a) für eine Platte, d. h. die Akhängigkeit des Druckes vom Neigungswinkel der Platte zum Luft- strome, bei konstanter Geschwindigkeit des letzteren. 5. Untersuchung gekrümmter Flächen, ‚Stromlinien‘ körper, Ballonmodelle ete. (in Verbindung mit dem weiter unten zu beschrei- benden Messgeräte). Zu dem Luftwiderstandsapparate ist nun seit dem Herbst ver- gangenen Jahres ein weiteres Instrument hinzugetreten, welches den ersten Apparat insoweit ergänzt, als es den Raum in der Umgebung des umströmten Körpers, also das ‚aerodynamische Feld‘, auszu- werten gestattet. Es ist dies ein nach Art der Toepler’schen Druck- libelle*) konstruiertes Mikromanometer, welches mit Hilfe einer eigenartigen ,,Sonde‘ den Druck an jeder Stelle des aörodynamischen Feldes um einen Körper herum direkt abzulesen (eventuell einem grossen Auditorium durch Projektion zu demonstrieren) gestattet. Da ein einfaches Einführen eines feinen Röhrchens zur Druckauf- nahme in irgend einem Punkte eines strömenden Gases infolge Rand- wirkung an der Oeffnung zur Druckmessung vollkommen ungeeignet ist) wurde ein ganz speziell ausgebildeter Sondenkopf®) kon- struiert, welcher in jeder Lage zum Luftstrome und bei Geschwindig- keiten zwischen 0 und 9 m/sek. den statischen Druck an der betreffen- den Stelle aufnimmt (im freien Luftstrome also nur einen verschwin- dend kleinen Ueberdruck gegenüber der Umgebung anzeigt). Mittelst eines ,,Coordinatenapparates"", an welchem die mano- metrische Sonde befestigt wird und durch Schlauchverbindung mit dem Manometer kommuniziert, kann nun der statische Druck ın jedem Punkte des aörodynamischen Feldes um einen Körper im Luft- strome unmittelbar abgelesen werden. Die Stauung auf der Vorder-(Luv-)seite einer Platte, der Unter- druck auf der Rück-(Lee-)seite wurde nun systematisch aufge- nommen und in mehreren Tafeln die Kurven gleichen Druckes (Iso- baren) des Feldes gezogen. Dabei zeigte sich in deutlichster Weise das Auftreten von Druckmaximis und-minimis hinter der Platte, deren 3) Vgl. erste Abhandlung p. 44. #) A. Toepler. Wied. Ann. 34, p. 790 (1888) und 56, p. 609 (1895). 5) Vel z B. ©. Krell. Über Messung von dynamischem und statischem Druck bewegter Luft. München u. Berlin. R. Oldenbourg 1904. 6) Die ,manometrische Sonde“ ist der Firma Klingelfuss & Co. in Basel geschützt. (Schweiz. Musterschutz No. 18934. D. R. G. M. No. 451 519.) Die ,,Mano- metrische Sonde‘‘ (Fig. 3.) Das Manometer. (Fig. 2.) Der Coordinaten- apparat. (Fig. 2.) 226 Hans Ziekendraht. Ort sich durch eigentliche Cyklonen und Anticyklonen verrät. Wäh- rend in grösserer Entfernung hinter einer senkrecht getroffenen Platte ein schwaches Druckmaximum liegt, von dem aus ein Abströmen der Luft nach beiden Seiten, mit dem Hauptstrome und gegen denselben (Vorstrom) stattfindet, liegen symmetrisch zur Axe in geringer Ent- fernung hinter der Platte Druckminima, welche sich als Centren von Wirbeln ausweisen, die durch das Einschwenken des Hauptstromes in den „toten Wind‘ hinter der Platte unter Mitwirkung des axialen Vorstromes entstehen. Alle diese verwickelten Verhältnisse, die sich bei Neigung der Platte noch mehr komplizieren, können leicht mit Hilfe des aöro- dynamischen Instrumentariums gemessen und einem grossen Audi- torium vorgeführt werden, welches bloss dem Gange des projizierten Manometermeniscus zu folgen braucht. Man steckt den zu unter- suchenden Körper einfach an den arretierten Arm des Luftwider- standsapparates und tastet mit Sonde und Coordinatenapparat den Raum resp. die Oberfläche des Körpers ab. Löst man die Arretie- rung, so bietet sich das erstgenannte Instrument sofort zur Messung des Gesamtdruckes in 2 Componenten (Rück- und Auftrieb) dar. Interessant ist der Druckverlauf an kleinen Nachbildungen aus- geführter Luftschiffmodelle; an der stumpfen, dem Luftstrome zu- gekehrten Spitze eines Lenkballonmodells herrschte maximaler Druck, während an den Flanken (ungefähr an der Stelle grösster Dicke) etwas Unterdruck auftrat. Brennt man aus der Oeffnung des Manometerrohres bei abge- nommenem Sondenkopfe ein kleines Gasflämmchen, so gibt dieses bei mässiger Windgeschwindigkeit einen empfindlichen Anzeiger für die Richtung des Luftstromes in jedem Punkte ab. So wird z. B. der Nachweis des Vorstromes leicht geführt. Mittelst der Schlierenmethode von Toepler konnten die Wirbel hinter der Platte photographiert werden,?) wobei sich eigenartige Zerreissungsvorgänge abspielen, die später kinematographisch auf- genommen und studiert werden sollen. Aeussere Umstände bewogen den Verfasser in vorliegender Mitteilung die vorläufig gewonnenen Resultate kurz niederzulegen. Basel. Physikalisches Institut der Universität. März 1911. 7) Vel. E. Mach. Akadem. Anzeiger (1893). Marey. Comptes rendus (Paris), 132 p. 1291 (1901) etc. Mathieu Mieg-Kroh Von H. G. Stehlin. In der Neujahrsnacht von 1910 auf 1911 erlag Herr Mathieu Mieg-Kroh in Mülhausen, der seit 1903 unserer Gesellschaft als korrespondierendes Mitglied angehört hat, einer Lungenentzündung. Die mannigfachen Verdienste des Verstorbenen um die geologische und archäologische Erforschung unserer elsässischen und badischen Umgebung, die hochherzige Weise, in der er durch letztwillige Ver- fügung unsere Museumssammlungen bedacht hat, machen es uns zu einer Ehrenpflicht, seiner an dieser Stelle in Dankbarkeit zu ge- denken. Mathieu Mieg war am 14. November 1849 in Mülhausen geboren. Er entstammte einer alten oberrheinischen Familie, die in verschie- denen Zweigen in Basel, in Mülhausen und anderwärts blüht. Der Stammvater des Mülhauser Zweiges, Mathäus Mieg-Birr, war 1661 von Basel aus in Mülhausen eingewandert und hatte daselbst einen Tuchhandel begründet. In dieses selbe Geschäft, das anfangs des achtzehnten Jahrhunderts in eine Tuchfabrik verwandelt worden ist und sich von Generation zu Generation vererbt hat, ist 1872 auch der Verstorbene eingetreten, nachdem er sich in Belgien und England auf den künftigen Beruf vorbereitet hatte. Aber seine geschäftliche Wirksamkeit dauerte nicht lange. Die ökonomischen Veränderungen, welehe die Annexion des Elsasses mit sich brachte, waren der Mül- hauser Tuchindustrie ungünstig und führten nach kurzem die Liqui- dation der alten Firma herbei. Mieg hat sich dann zwar in den fol- senden Jahren noch einmal kurze Zeit an einer industriellen Unter- nehmung beteiligt. Aber Ende der siebziger Jahre zog er sich ins Privatleben zurück, um fortan seine ganze Zeit der Gemeinnützigkeit und seinen wissenschaftlichen Interessen zu widmen. Welch’ reiche Tätigkeit Mieg im Schosse der so vielseitigen Société industrielle entwickelt hat, welch’ lebhaften Anteil er an zahl- reichen Wohltätigkeitsanstalten seiner Vaterstadt genommen hat, ist 228 ERS@Stehlim: bei Anlass seines Todes von berufener Seite geschildert worden.!) Wir beschränken uns hier darauf, in kurzen Zügen an seine Leistungen auf wissenschaftlichem Gebiet zu erinnern. — Mieg hat von jungen Jahren an der Geschichte des heimatlichen Bodens und seiner Bewohner den lebhaftesten Anteil entgegen- gebracht. Die erste Anregung zum Sammeln von Mineralien und Petre- fakten hat er wohl schon als Knabe von dem 1863 verstorbenen Joseph Koechlin-Schlumberger, dem verdienstvollen Begründer der Geologie des Oberelsasses empfangen. Mit Joseph Delbos, der Koechlins Beob- achtungen durch seine eigenen ergänzt und in der, für ihre Zeit vor- trefflichen, von einer Karte im Massstab 1 : 80000 begleiteten „Description géologique et minéralogique du département du Haut- Rhin zusammengefasst hat, war er nahe befreundet. Die grösste Förderung verdankte er aber zweifellos der langjährigen freundschaft- lichen Verbindung mit M.@. Bleicher, der seit Mitte der siebziger Jahre an der Ecole de pharmacie des benachbarten Nancy tätig war. Im Umgang mit diesem erfahrenen Geologen fand er Grelegenheit, manche Lücke in seinen, ganz nur durch Privatstudium erworbenen, Kenntnissen auszufüllen und von ihm wurde er zu eigenen Unter- suchungen angeregt und angeleitet. Durch Bleicher kam er dann hin- wiederum mit dem gleichfalls in Nancy wirkenden P. Fliche in Be- ziehung, bei dem er jederzeit in phytopaläontologischen Fragen sach- kundigen Rat und bereitwilligste Unterstützung fand. Eine ganze Reihe von Publikationen ist aus der Zusammenarbeit Miegs mit Bleicher oder mit Bleicher und Fliche hervorgegangen. Seit 1876 gehörte Mieg der französischen geologischen Gresell- schaft an, an deren Verhandlungen er namentlich anlässlich der Ver- sammlung in Belfort und Pruntrut im Jahre 1898 regen Anteil nahm. 1) Ausser warmen Nachrufen in der Strassburger Post und im Mülhauser Tagblatt sind folgende Gedenkschriften zu meiner Kenntnis gelangt: „Mathieu Mieg-Kroh. Mulhouse 1911“, enthaltend die Grabreden der Herren Théodore Schlumberger im Namen der Société industrielle und Paul Favre-Bourcart im Namen des Comite des Colonies de vacances. „Mathieu Mieg-Kroh par Ernest Meininger. Bulletin du Musee historique, annee 1910. T. XXXIV, Mulhouse 1911“. Ich habe denselben einige biographische Daten entnommen. Wie ich vernehme, werden weitere, von den Herren Wehrlin und G. Schneider verfasste Nekrologe im Bulletin der Societe industrielle zu Mülhausen und im Bulletin der Societe d’histoire naturelle zu Colmar erscheinen. An ersterer Stelle werden insbesondere Miegs Verdienste um das von der Société in- dustrielle unterhaltene naturhistorische Museum in Mülhausen, dem er während langer Jahre vorgestanden hat, hervorgehoben werden. Mathieu Mieg-Kroh. 229 Er hat ihr seine Anhänglichkeit durch ein schönes Vermächtnis be- wiesen. Auch andern wissenschaftlichen Gesellschaften ist er bei- getreten und insbesondre hat er an der in Paris erscheinenden, von einem Mülhauser Freunde gegründeten und geleiteten ,, Feuille des jeunes naturalistes eifrig mitgearbeitet. Mieg hat sich gelegentlich mit den verschiedensten Sedimenten, welche in den Vogesen und im oberrheinischen Becken zutage treten, abgegeben. Eine Zeitlang fesselte ihn z. B. besonders der Carbon der Vogesen. Diverse Notizen, teils von ihm allein abgefasst, teils aus der Kollaboration mit Bleicher hervorgegangen, sind diesem Gegen- stande gewidmet. Andre befassen sich mit dem Lias-Doggerprofi] von Minversheim, mit dem Lias von Obereggenen, mit den Malm- horizonten des Isteiner Klotzes, mit dem Mesozoïkum der Umgebung von Pfirt. Weitaus am intensivsten und am anhaltendsten war aber seine Aufmerksamkeit dem Studium der Tertiärschichten zugewendet. Die stratigraphische Analyse des oberelsässischen Tertiärs stösst. auf grosse Schwierigkeiten, die Delbos am Anfang des zweiten Bandes der „Description géologique" klar hervorgehoben hat. Ein dichter Mantel von Löss, Lehm und Schottern verhüllt die Tertiärschichten weithin. Aufschlüsse, welche ein umfassenderes Profil darbieten, fehlen völlig; die Steinbrüche zeigen meist nur ein einziges oder zwei Glieder der Schichtenserie. Sedimente von analoger Ausbildung kehren in verschiedenen Niveaux wieder, die Fazies einiger Horizonte ist unkonstant. Fossilien, welche zuverlässige Anhaltspunkte zur Parallelisierung mit andern Regionen bieten, finden sich selten. End- lich ist das Gebiet offenbar während und nach der Tertiärzeit von diversen Störungen betroffen worden, deren genauere Feststellung, wiederum in erster Linie der Quartärbedeckung wegen, schwer fällt. Koechlin und Delbos haben sich daher mit einer sehr provisorischen Gliederung des Sundgauer Tertiärs begnügen müssen und auch die wertvolle, ım Jahre 1884 erschienene Arbeit von A. Andreae, welche den neuern Untersuchungen zum Ausgangspunkt gedient hat, musste wichtige Fragen offen lassen. Miee richtete sein Hauptaugenmerk darauf, die Lösung dieser Fragen durch Vermehrung der paläontologischen Daten zu fördern, wobei sich selbstverständlicherweise mit dem stratigraphischen das rein paläontologische Interesse paarte. Er hat in diesem Bestreben vielen Erfolg gehabt und seine Verdienste in dieser Richtung sind allgemein anerkannt worden. Wo etwas zu finden war, knüpfte er Beziehungen an, erst im Sundgau, später auch auf der rechten Rhein- seite, woselbst bei Kleinkembs ein Tertiärprofil aufgeschlossen ist, das die elsässischen an Vollständigkeit weit übertrifft und daher wert- volle Anhaltspunkte zur Deutung derselben bietet. Sobald sich irgend: 230 H. G. Stehlin. wo Aussichten auf eine schöne Fossilienausbeute zeigten, scheute er auch vor bedeutenden finanziellen Opfern nicht zurück und so gelang es ihm durch unermüdliche Beharrlichkeit eine grosse, nicht bloss in stratigraphischer, sondern auch in rein paläontologischer Hinsicht wertvolle und in ihrer Art einzige Sammlung zusammenzubringen. Fünf grosse in seinem Studierzimmer aufgestellte Schränke genügten schliesslich lange nicht mehr, um alle diese Schätze — vermehrt um manche, zu Vergleichungszwecken oder zu sonstiger Belehrung von auswärts bezogene Serien — zu fassen; in den Ecken, unter den Tischen war Kistchen auf Kistchen getürmt und Dutzende von Be- hältern aller Art waren ausserdem in einem Gemach auf dem Dach- boden untergebracht. In den Jahren 1890-1894 — also ungefähr zu gleicher Zeit, da die dem nämlichen Gegenstand gewidmeten Arbeiten B. Foersters erschienen — publizierte er in Gemeinschaft mit Bleicher und Fliche unter dem Titel ,,Contribution à l’etude du terrain tertiaire d'Alsace“ eine Reihe von Artikeln, in welchen die Ergebnisse seiner Studien im oberrheinischen Tertiärgebiet niedergelegt sind. Einige weitere Publi- kationen aus späteren Jahren brachten dann noch verschiedene Er- gänzungen. Es kann nicht meine Aufgabe sein, eine Analyse dieser Arbeiten, die jedem, der sich mit dem Tertiär unserer Gegend beschäftigt, wohl- bekannt und unentbehrlich sind, zu geben. Es sei nur auf einige Punkte hingewiesen, an welchen Mieg besonders erfolgreich ein- gegriffen hat. Der Hügelzug im Süden der Stadt Mülhausen ist aus einem Süsswasserkalk, dem sogenannten Melanienkalk, aufgebaut, der seiner hohen Lage wegen anfangs zum jüngern Tertiär gerechnet worden ist. Delbos hat ihn zuerst ins obere Eocän verwiesen, hauptsächlich auf Grund einer darin gefundenen Paläotherienmandibel. Dank den Bemühungen Miegs kennen wir heute aus diesem Kalke eine ganze Säugetierfaunula, bestehend aus Palaeotherium magnum, Palaeo- therium Mühlbergi, Plagiolophus minor, Anoplotherium Lau- rillardi, Xiphodon gracile, Theridomys siderolithieus, die mit der- jenigen des Pariser Gipses übereinstimmt und den Schluss von Delbos aufs schönste bestätigt. Neben diesen Säugetieren kommt eine Schild- kröte vor, die von Foerster und Becker nach ziemlich unvollständigen Fundstücken als ,,Testudo Laurae‘ beschrieben, später durch von Reinach in das Genus Ptychogaster verwiesen worden ist. Mieg hat ein sehr umfangreiches Belegmaterial dieser Spezies zusammen- gebracht, das noch unbearbeitet ist und gestatten wird, die Kenntnis derselben wesentlich zu vervollständigen. Auch die Mollusken des Melanienkalkes hat er eifrig gesammelt und insbesondre die in grosser Mathieu Mieg-Kroh. 231 Individuenzahl auftretende und auffallend polymorphe Melania Laurae (oder albigensis) in allen ihren Varianten einlässlich studiert. Der diekbankige Melanienkalk wird bei Mülhausen von einem Komplex dünner Kalkschichten überlagert, für den Foerster die Be- zeichnung ,,plattiger Steinmergel“ eingeführt hat. In einem Stein- bruch bei Brunnstatt hat der eben genannte Forscher in diesen Schichten eine Menge von Pflanzen- und Insektenresten gesammelt. Es ist das Verdienst Miegs, auf der rechten Rheinseite, bei Klein- kembs, eine noch ergiebigere Fundstätte desselben Horizontes entdeckt zu haben. So dicht, dass man in kurzer Zeit eine grosse Ausbeute machen könnte, liegen die Fossilien daselbst freilich nicht beisammen. Es bedurfte vielmehr der ganzen Beharrlichkeit und Opferfreudigkeit Miegs, um die breiten Belegserien anzulegen, welche nun eine Hauptzierde unserer Tertiärsammlung bilden. Um ungestört graben und sammeln zu können, hat er sogar ein Stück Terrain angekauft. Das Pflanzenmaterial, das er in Kleinkembs zu- sammengebracht hat, ist umfangreicher und vollständiger als das von Foerster bei Brunnstatt gewonnene. Fliche hat es zum Teil bestimmt und die von ihm aufgestellten Artenlisten sind in den ,,Contri- butions‘ erschienen ; aber die schönen Fossilien sind damit nicht hin- reichend gewürdigt, sie verdienen eine illustrierte Monographie. Die nicht minder zahlreichen, zum Teil wunderbar scharfen Insekten- abdrücke sind noch völlig inedit; ihre genauere Untersuchung wird zweifellos viele Ergänzungen zu Foersters Arbeit über die Brunn- stätter Insekten liefern. Es steht zu hoffen, dass sich unter unsern jüngern Naturforschern bald Bearbeiter für diese Schätze finden. Neben den Pflanzen und Insekten lieferte der plattige Steinmergel bei Kleinkembs auch prachtvoll erhaltene Vogelfedern, denen aber wissenschaftlich kaum viel abzugewinnen sein wird, sowie unzählige Exemplare eines kleinen, durch Sauvage einlässlich studierten Fisch- chens, Paralates Bleicheri. Ein weiteres wichtiges Ergebnis von Miegs Forschungen im Ter- tiärgebiet des Isteiner Klotzes bestand in dem Nachweis der dort bis auf ihn gänzlich unbeachtet gebliebenen mitteloligocänen Fisch- schiefer. Er fand dieselben erst bei Bamlach im Hangenden des da- selbst in früherer Zeit ausgebeuteten Gipslagers, nachher im Dorfe Huttingen, das in dem, den Klotz zwischen zwei parallelen Ver- werfungen quer durchziehenden, sogenannten ‚„Isteinergraben“ liegt. Die Entdeckung der Fischschiefer an letzterer Stelle lehrte, dass das ganze bei Kleinkembs aufgeschlossene Tertiärprofil unter diese ge- hört und gestattete die stratigraphische Rubrizierung der höhern Glieder dieses Profiles, die bisher allgemein zu jung eingeschätzt worden waren, zu berichtigen. 232 H. G. Stehlin. Von Mieg’s Entdeckungen auf der linken Rheinseite sei noch besonders diejenige eines jungoligocänen Süsswasserkalkes mit Helix Ramondi im westlichen Teil des Sundgaus bei Roppenzweiler ner vorgehoben. Ausser in den Aufschlüssen an der Oberfläche hat Mieg die Ter- tiärformation namentlich auch in ihrer unterirdischen Erstreckung studiert, wozu ıhm die Bohrungen, welche in der Umgebung von Mül- hausen schon zu einer Zeit, da die technischen Hilfsmittel noch recht unvollkommen waren, dann aber immer häufiger in den letzten Dezennien vorgenommen wurden, reichliche Gelegenheit boten. Er verfolgte nicht nur alle neuen derartigen Unternehmungen, sondern suchte namentlich auch aus den in Archiv und Museum der Société industrielle aufbewahrten Bohrprotokollen und Bohrproben aus älterer Zeit wissenschaftlichen Gewinn zu ziehen. Viele seiner Publikationen sind der Untersuchung und Kombination von Bohrprofilen gewidmet. Schon seine erste, aus dem Jahre 1877 stammende, Notiz geologischen Inhalts gehört dieser Forschungsrichtung an und eine seiner letzten, aus dem Jahre 1908, befasst sich mit den Bohrungen bei Wittelsheim, welche bekanntlich zu der sensationellen Entdeckung reicher Kali- lager im untern Oligocän geführt hat. Diese Stichproben i in die Tiefe Keen die EL Dane selbstverständlich wesentlich ge- fördert, sie hen insbesondere erst einen Begriff von der bedeutenden Mächtigkeit des oberrheinischen Tertiärs gegeben. Aber sie haben auch gelehrt, dass die Schichtenfolge noch wesentlich komplizierter ist, als man nach den Beobachtungen an der Oberfläche vermuten konnte. Eine in allen Teilen sicher fundierte Stratigraphie unserer Tertiärbildungen ist zur Stunde noch nicht erzielt. Dass ein so eifriger Fossiliensammler wie Mieg auch den Säuge- tierresten des Lösses und der quartären Schotter seine Aufmerksamkeit zuwandte, versteht sich von selbst. Seine Sammlung enthält eine be- trächtliche Zahl von Dokumenten dieser Art. Besonders wichtig sind einige Knochen des Riesenhirsches aus dem Löss von Wallis bei Klein- kembs und von Bellingen, da das einstige Vorkommen dieser Spezies sich für unsere Gegend bis auf diese Funde nicht mit Sicherheit nach- weisen liess; sodann aber namentlich auch eine — leider stark be- schädigte — menschliche Schädelkalotte aus dem Löss des Hasenrains bei Mülhausen, die noch der nähern Untersuchung harrt. Nicht minder eifrig als den Tertiärfossilien ist Mieg den Spuren des prähistorischen und frühhistorischen Menschen nachgegangen, auch auf diesem Gebiete angeregt und gefördert durch den kenntnis- reichen Bleicher. Seine schöne Sammlung neolithischer und bronze- | | Mathieu Mieg-Kroh. 233 zeitlicher Artefakte hat in den ,, Matériaux pour une étude préhisto- rique de l'Alsace“ von Faudel und Bleicher ihre Würdigung ge- funden. Sie ist durch testamentarische Verfügung in den Besitz des historischen Museums der Stadt Mülhausen übergegangen, dessen Cre- schicke Mieg während langer Jahre als Kommissionspräsident ge- leitet hat. Im Jahre 1903 wurde er auf eine Anzahl Nischen und kleine Höhlen im Bereich des Rauraciensteinbruches am Hardberg südlich von Istein aufmerksam, die in dünner Kulturschicht Sılexartefakte und Knochensplitter aus der letzten Phase des Paläolithikums, dem durch die Verdrängung der Renntierfauna durch die rezente Wald- fauna charakterisierten Tourassien oder Azylien, enthielten. Diese Höhlen sind heute grösstenteils verschwunden und wären für die Wissenschaft verloren gewesen, wenn Mieg nicht rechtzeitig zuge- griffen hätte. In der Folge entdeckte er dann weiter nördlich bei Kleinkembs (Wallis, Vollenburg, Kachelflue), sowie bei Kandern und auf der rechten Rheinseite bei Sierenz weitere kleine prähistorische Stationen, welche teils der nämlichen Epoche angehören, teils auf Grund der vorgefundenen Topfscherben und Haustierknochen bereits dem Neolithikum zuzuschreiben sind. Die Ausbeute von diesen Fund- stätten ıst mit der geologischen Sammlung unserm Museum zuge- fallen; sie ist für uns von ganz besonderm Interesse als Parallele zu den sehr ähnlichen Höhlenfunden aus dem Birstal. Wie verschiedene vor der Société industrielle gehaltene Vorträge bezeugen, hat Mieg sich auch die Popularisierung der Prähistorie an- gelegen sein lassen. Unser Ueberblick über die wissenschaftlichen Bestrebungen Miegs wäre unvollständig, wenn wır nicht auch seiner zahlreichen, meist in biographischem Rahmen gehaltenen Beiträge zur Geschichte und Kulturgeschichte seiner Vaterstadt gedächten. Manche derselben sind dem Andenken von Zeitgenossen gewidmet, mit denen er sich durch Verwandtschaft der Interessen verbunden fühlte. Andre be- fassen sich mit verdienten Mitbürgern vergangener Zeit. Seine um- fangreichste Publikation historischen Inhalts sind die 1902 in sorg- fältıger Ausstattung erschienenen ‚„Tableaux généalogiques de la famille Mieg‘“, denen weitläufige archivalische Studien zugrunde liegen. Er ist ferner auch einer der hauptsächlichen Mitarbeiter an dem von der Société industrielle herausgegebenen Monumentalwerk „Histoire documentaire de l’industrie de Mulhouse et de ses environs au 19me siècle gewesen. In einer Notiz über den Lebenslauf seines Urgrossvaters Mathieu Mies-Blech erzählt Mieg, dass dieser 1797 zu den fünfzehn Bürgern 16 234 H. G. Stehlin. gehörte, welche sich dem Anschluss Mülhausens an Frankreich wider- setzten und dass er sich dann erst allmählich in die neue Ordnung der Dinge gefunden hat. Der Urenkel selbst 1st 1870 mit Begeisterung der französischen Fahne gefolgt; er hat in den Bureaux der Militär- verwaltung zu Belfort, denen er zugeteilt war, die hunderttägige Be- schiessung dieser Festung miterlebt. In den Traditionen des fran- zösischen Mülhausens aufgewachsen, hat er unverbrüchlich an den- selben festgehalten, auch als ıhm allmählich jede Hoffnung, die Annexion könnte wieder rückgängig gemacht werden, dahin- schwand. Mit Resignation sah er in die Zukunft. Von der in Aussicht gestellten teilweisen Autonomie der Reichslande versprach er sich wenig. Immerhin konstatierte er mit Genugtuung, dass sich die elsäs- sische Rasse, trotz der starken Einwanderung von jenseits des Rheins, behauptet und dass sich sogar manche reichsdeutsche Elemente zu assimilieren beginnen. Bei aller Anhänglichkeit an Frankreich fühlte er sich eben doch in erster Linie als Elsässer. Darum hat er sich auch, im Gegensatz zu vielen seiner Mitbürger, nicht entschliessen können, der annektierten Vaterstadt den Rücken zu kehren. Wenige Tage nach Miegs Hinschied traf ın Basel die Mitteilung ein, dass er seine geologischen und einen Teil seiner prähistorischen Sammlungen dem hiesigen Museum vermacht habe. Die Nachricht fand uns nicht ganz unvorbereitet, denn Mieg hatte uns wiederholt von seinen freundschaftlichen Absichten gesprochen. Sehr überrascht waren wir dagegen als uns seine Witwe, Frau Sabine Mieg-Kroh, in Betätigung derselben Gesinnung, auch noch seine wertvolle wissen- schaftliche Bibliothek übergab, welche die Museumsbibliothek auf das vorteilhafteste ergänzt. Wer künftighin in unsern Sammlungen Studien über die Geologie oder die Prähistorie des oberrheinischen Beckens obliegt, wer unsere Museumsbibliothek zu Rate zieht, der wird auf Schritt und Tritt dem Namen Mathieu Miegs begegnen. Es ist dafür gesorgt, dass sein Andenken auch hier in Basel nicht so bald erlöschen wird. Wir, die wir Mieg persönlich gekannt haben, werden vor allem auch den liebenswürdigen Kollegen und Freund in dankbarer Erinnerung behalten. Basel, den 6. November 1911. Mathieu Mieg-Kroh. 239 Schriftenverzeichnis. Das folgende Schriftenverzeichnis ist von Herrn Dr. P. Revilliod, dem ich meinen besten Dank für seine Bemühung ausspreche, auf Grund der in Miegs Nachlass vorgefundenen Separatabzüge angelegt und an Hand der Periodika, in welchen Mieg zu publizieren pflegte, ergänzt worden. Ich hoffe, es sei uns nichts Wesentliches entgangen. Kommissionsberichte und ähnliches sind absichtlich weggelassen worden. Abkürzungen. Arch. f. Anthr. Archiv für Anthropologie. B. cl. alp. Bulletin mensuel de la section vosgienne du clup alpin français. Ben h: Bulletin du musée historique de Mulhouse. BEN Bulletin mensuel des séances de la société des sciences de Nancy. B. Soc. b. geol, Bulletin de la société belge de géologie de paléont, et d’hydrologie. E, SGMT Bulletin de la société géologique de France. Be Ss. 1. Bulletin de la societe industrielle de Mulhouse. Gr. Ace. Sc. Comptes rendus des séances de l’acad&emie des sciences Paris. BIN Feuille des jeunes naturalistes. Soc. Colmar. Bulletin de la société d’histoire naturelle de Colmar. 1877. Note sur les derniers puits creusés au nouvel hôpital militaire. (Juillet ei Noutel87o)e Bas. 1a 1 4709.26. Note sur la collection d’empreintes des terrains houillers et d’ossements achetée à Vesoul pour le compte de la soc. industr. de Mulhouse. BEST MD 25; Notice nécrologique sur M° Hartmann-Liebach. B.S.I. T. 47 p. 214. Note sur la grotte de Cravanche. B.S.I. T. 47 p. 367. Ch. Zundel et —, Notice sur quelques sondages aux environs de Mulhouse en Alsace. B.S.L T. 47 p. 651. 1879. Notes sur Ronchamp. B.S.I. T. 49 p. 380. Rapport sur le congrès géologique international de Paris. Sept. 1878. BASANT On 02 Notice biographique sur le chroniqueur mulhousien Mathieu Mies. B. Mus. Mulh. 1879, p. 65. 1880. Notice biographique sur le bourgmestre Jean-Henri Dollfus et ses missions diplomatiques. B. m. h. 1880, p. 85. Matériaux pour une étude préhistorique de l'Alsace par MM. les Drs Bleicher et Faudel. Rapport. B.S. I. T. 50 p. 415. Notes sur Spa... B.S.I. T. 50 p. 127. Note sur le barrage de la Gileppe. B.S.I. T. 50 p. 44. 236 1880. 1881. 1882. 1883. 1884. 1885. 1886. 1888. H. G. Stehlin. Note sur un puits de l'établissement de MM. Schaefer, Lalance et Cie ar Pfastatt NB SYS 50T AN! Rapport d'une notice sur la découverte de squelettes humains dans le lehm de Bollwiller (Haut Rhin) par M'J. Delbos. B.S.I. T. 51 p. 148. Une excursion au tongrien de Rouffach (Alsace). F.J. N. 1881, n° 134. Daniel Meyer, météorologiste mulhousien 1752-1824. Notice biographique. B. Mus. Mulh. 1881, p. 115. Note sur la découverte d’un marteau en pierre perforé dans le Diluvium rhénan à Rixheim, B. m. h. 1882, p. 37. Note sur l’exploitation du bitume en Alsace. B. S. I. 25 X. T. 53 p. 83. Découverte d’un marteau en pierre perforé dans le Diluvium rhenan adRixheim BST IE E2 D le Notice nécrologique sur M. Joseph Delbos. B.S.I. T. 52 p. 557. Bleicher et —, Sur le carbonifère marin de la Haute Alsace. Décou- verte de ses relations avec le culm ou carbonifère à plantes. Cr. Acad. Sc. 26 Juin 1882. Bleicher et —, Note sur le carbonifère marin de la Hf° Alsace et ses relations avec le culm. B.S. G. F. III. Ser, T. X. Bleicher et —, Sur le carbonifère marin de la Haute Alsace; découverte du culm dans la vallée de la Bruche. Cr. Ac. Sc. 2 Janv. 1883. Bleicher et —, Note sur la paléontologie du terrain carbonifère de la Haute Alsace. B.S.G.F. 3° Ser. T. XII p. 107. Notice sur la découverte d’un cimetière de l’époque franque à Rixheim. BEST 54e p 4180! Note sur la découverte de sépultures de l’époque gallo-romaine à Minversheim (Basse Alsace.) B.S.I. T. 54 p. 557. Note sur un gisement de couches à Posidonomya Bronni à Minversheim (Basse Alsace) OBS GR SES ér CIE pe? 17 Bleicher et —, Note complémentaire sur la paléontologie et la strati- sraphie du terrain carbonifere de la Haute Alsace. B.S. G. F. 3° Ser. A Salll, 102 IE" Note sur la découverte de sépultures de l’époque gallo-romaine à Minversheim (Basse Alsace,) B. m. h. 1885 p. 54. Notice nécrologique sur M" Leonard Schwartz. B.S.I. T. 56 p. 277. Rapport sur: Matériaux pour une étude préhistorique de l’Alsace par Faudel et Bleicher. B.S.I. T. 56 p. 363. Nos voisins subalpins. Vosges, Forêt Noire, Kayserstuhl. Conférence faite à Bâle par le D' H. Christ. Rapport. B. cl. alp. Il. 1886. Matériaux pour une étude préhistorique de l'Alsace par MM. les D' Faudel et Bleicher. Rapport présenté à la soc. ind. de Mulhouse. Bmth 4886 p 009); Note complémentaire sur les couches à Posidonomya Bronni de Minversheim (Basse Alsace.) B.S.G.F. 3° Ser. T. XIII p. 550. Quelques observations au sujet de l’origine des eaux minérales de Spa. B. Soc. b. géol. T. II p. 404. 1888. 1589. 1890. 1891. 1892. 1893. 1894. Mathieu Mieg-Kroh. 237 Bleicher et —, Note sur les sepultures anciennes de Tagolsheim (Haute Alsace.) B. Mus. Mulh. 1888, p. 97. Note sur un sondage exécuté à Dornach (pres Mulhouse) en 1869. BASE SET a RVIEP2 256: Notice bibliographique sur le guide du géologue en Lorraine par M" le DEBleicher BAS AC TS SET 1 XV pr 265: Notice necrologique sur M. Ed. Thierry-Mieg. B.S. I. IV. T. 58 p. 249. Notice géologique sur l’âge des dépôts traversés par les forages de Dornach et de Niedermorschwiller. B.S.I. T. 58 p. 653. Note sur le gypse de Zimmersheim (près Mulhouse). B. S. G. F. 3° Serie. T. XVII p. 562. Rapport sur: Les Vosges, Le sol et ses habitants 'par G. Bleicher, BASE 60.p: 32: —, Bleicher et Fliche, Contribution à l’etude du terrain tertiaire d’Alsace et des environs de Mulhouse (I). B. S. G. F. 3° Ser. T. XVIII p. 392. Notice nécrologique sur M. Armand Weiss. B. m. h. 1891, p. 65. Gustave Koenig. Notice nécrologique. B. m h. 1891, p. 74. Une excursion à Kleinkembs-Istein. F.J. N. 1892, No. 265 - 266. Rapport sur l’ouvrage de M' le D* Bleicher «Commerce et Industrie des populations primitives de l’Alsace et de la Lorraine». B.S.I. T.62 p. 324. —, Bleicher et Fliche, Contribution à l'étude du terrain tertiaire d'Alsace (suite) (I). Kleinkembs et le lac sundgovien. B.S.G.F. 3° Ser. 1 JO 79, Alta) — , Bleicher et Fliche, Contribution à l'étude des terrains tertiaires d'Alsace (III). Note complémentaire sur le gisement de Roppentz- willer et le gisement à insectes et à plantes de Kleinkembs. B.S.G.F. DISEr. CN XD 379. Note sur le sondage exécuté dans la propriété de M' André Koechlin au Hasenrain pendant les années 1836 et 1837. B.S.1. T. 63 p. 173. Sur la découverte du carbonifère marin dans la vallée de St Amarin (Haute-Alsace). Cr. Ac. Sc. 24 Avril 1893. Excursions dans la region du carbonifere inferieur de la Haute Alsace. BJ. N. 1893, No. 274. Mulhouse et le Sundgau avant l’Histoire. Conférence faite à la séance de la Société industrielle le 28 Février 1894. B.S.1l. T. 64 p. 133. —, Bleicher et Fliche, Contribution à l'étude du terrain tertiaire d'Alsace (IV). Sur l'horizon saumätre avec bryozoaires d’Istein. Sur les argiles sableuses marines et les grès à plantes de Hagenbach. B.S.G.F. DST I. XXI D 334. Un gisement d’argile oxfordienne à Istein. B.S.G.F. 3° Ser. T. XXII p. LXXX VI. Fliche, Bleicher et —, Note sur les tufs calcaires de Kiffis (Sundgau, Alsace) BAS GAS SEL EC XITO D FAZ Excursions géologiques en Alsace: Roppentzwiller. F. J. N. 1894, No. 279—280, 1895. 1896. 1897. 1899. 1901. 1902. 1903. 1904. 1905. H. G. Stehlin. Notice nécrologique sur Louis Schoenhaupt. B. m. h. 1895, p. 61. Note sur le sondage d’Oberkutzenhausen près Pechelbronn. B. S. I. 18 Go 30/7: Note sur les calcaires coralligenes d’Istein. B.S.G.F. 3° Ser. T. XXIII p. 95. Bleicher et —, Sur un gisement callovien découvert aux environs de Winckel (Massif jurassique de Ferrette). B.S.G.F. 3° Ser. T. XXIV p. 805. Excursions géologiques en Alsace. Grand massif jurassique de Ferrette. E. J. N. 1896, No. 302, 302 Notice nécrologique sur Jean Heilmann. B. m. h. 1896, p. 40. Bleicher et —, Notice sur le remplissage des poches et fissures des calcaires jurassiques du massif de Ferrette par des sables quartzeux. BIST GR DI SELTENE Compte rendu de l’excursion du 3 Septembre aux houilleres de Ronchamp, BES GEHE 32 Ser ROW Ep 003: Notice sur les quatre Mulhousiens qui combattirent au 10 août 1792 dans les rangs des gardes suisses. B. m. h. 1897. Notice nécrologique sur M. F. Th. Jundt. B. S. I. T. 69 p. 59 Excursions géologiques en Alsace: Colline de Sigolsheim. F.J.N. 1899, No. 341. Note sur une station de l’Epoque paléolithique découverte à Istein (Grand-Duché de Bade). B..N..Ser. III. T. 2 p. 17. Note sur le foncage du puits Arthur de Buyer exécuté par la société des Houillères de Ronchamp (H!® Saône). B. S. G. F. 4° Ser. ED MATE Biographie de Marie-Gustave Bleicher. Professeur à l'Ecole sup'° de Pharmacie à Nancy, Membre honoraire de la société d'Histoire naturelle de Colmar 1838—1901. Soc. Colmar. T. VI p. 161. Tableaux archéologiques du DR. Forrer. Rapport. B.S. I T. 72 p. 98. Histoire documentaire de l'industrie de Mulhouse et de ses environs au 19% siècle, publiée par la société industrielle de Mulhouse (en collaboration avec différents auteurs). Tableaux généalogiques de la famille Mieg, Mulhouse. — et H. G. Stehlin. Sur l’âge et la faune de la Station préhistorique d’'Istein (Grand-Duché de Bade). B. N. Ser. IN. T. IV p. 1. Résumé de quelques notes et documents relatifs aux bassins hydro- graphiques de Mulhouse. B.S.I. XII. T. 75 p. 333. «L'industrie cotonniere au pays de Monthéliard et ses origines» par M. Leon Sohler. Rapport. B. S. I. T. 74 p. 311. Emile Gluck (1847—1904). Notice nécrologique. B.S.I. T. 74 p. 425. Emile Gluck (1847—1904). Notice nécrologique. B. m. h. 1904, p. 123. Stations préhistoriques de Kleinkembs (Grand-Duché de Bade). B.N. Ser... 2% VEND IE Excursion à Ober-Eggenen et Kandern. F. J. N. 1905. n° 414. 1906. 1907. 1908. 1909. 1910, 1911. Mathieu Mieg-Kroh. 239 Note sur les schistes a Meletta de Bamlach. (Grand Duché de Bade). REIN. 1906. No: 429. — et D'A, Frey. Notice nécrologique sur M! le D' Eugene Koechlin, ES ME 1771020329: Dessins représentatifs sur os de la Station préhistorique de Sierentz (Haute Alsace). B. N, Ser. IIM.-. T. VII p: 9. Dessins représentatifs sur os de la Station préhistorique de Sierentz (Hte Alsase). Réponse à M. Marcelin Boule, B.N. Ser. II. T. VII p. 215. Zwei neue, in der Umgegend von Kleinkembs (Baden) und Sierentz (Ober-Elsass) entdeckte neolithische Stationen. Arch. f. Anthr. N, F. Bd. V. Note sur les Schistes à Meletta d’Huttingen pres Istein. (Grand-Duché de Bade). F. J. N. 1907, n° 439. Sur l'emploi des Eaux minérales de Sf Moritz (Engadine) aux temps préhistoriques. B. S. IL. T. 77 p. 468. Dessins représentatifs sur os de la Station néolithique du canton Wallis aux environs de Kleinkembs (Bade). B. N. Ser. II. T. VII p. 198. Pierre Schlumberger 1853—1907. B, m. h. 1907, p. 118. Station préhistorique de Kandern (Grand-Duché de Bade). B. N. SET EIER 200 J. Vogt et —, Note sur la decouverte des sels de potasse en Haute- Alsace 18. 8% Ib I 10. Alk — et H. G. Stehlin, La mer helvétienne dans le Bassin du Haut-Rhin. BENEESErA II er Rene: Note sur l’âge et l’industrie paléolithique des grottes d’Istein, (Grand- Duché de Bade). B. N. 1910. La carte de Regelmann. B.S.I. T. 81 p. 55. Note sur les mines de Badenwiller. B.S.I. T. 81 p. 59. Ein tannzapfenartiges Kieselfragment aus der Wüste bei Heluan. Von G. Senn. In Band 20 dieser Verhandlungen (S.256) erwähnt Herr Dr. Paul Sarasin ein Kieselfragment, das er in der Nähe von Heluan ge- funden hat und das in auffallender Weise einem Coniferenzapfen gleicht. Als mir Herr Dr. Sarasin das Objekt zeigte, fiel mir sofort die Aehnlichkeit seiner Oberfläche mit derjenigen eines rezenten C'edernzapfens auf, und da das Stück an seinen Bruchflächen ausser- dem noch eine deutliche Kammerung zeigte, stand ich nicht an, das- selbe als das Fragment eines verkieselten Cedernzapfens zu bestimmen. Als solches figuriert es in der erwähnten Arbeit, in welcher es auch abgebildet ist. Nach Erscheinen dieser Publikation ersuchte Dr. Julius Schuster (München), der gerade mit der Bearbeitung der fossilen Pflanzen Aegyptens beschäftigt war, Herrn Dr. Sarasin um leihweise Ueber- lassung des merkwürdigen Objekts. Auch dieser Botaniker hielt es für einen Coniferenzapfen, wie übrigens noch drei andere bekannte Fach- genossen. Als nun das Fragment dem Geologen Prof. Blankenhorn (Berlin) zu Gesichte kam, sprach er ihm den organischen Ursprung ab und be- zeichnete es als eine schuppige Feuersteinkonkretion. Aehnliche Ge- bilde fänden sich in der ägyptischen Wüste in grosser Zahl; sie ähnelten in auffallender Weise bald einem Schuppenpanzer, bald Krebsen oder Trilobiten. Auch in der Sammlung von Herrn Dr. Sarasın fanden sich einige sehr merkwürdige aus jener Gegend stam- mende Bildungen, die sich aber durch den Mangel einer inneren Struktur von dem tannzapfenartigen Fundstück wesentlich unter- schieden. Dagegen zeigte mir Herr Dr. Buxtorf einen von ihm ebenfalls in Aegypten gefundenen geschichteten Kiesel, an dessen Oberfläche infolge der Winderosion die Schichten ähnlich wie bei unserem tann- Ein tannzapfenartiges Kieselfragment aus der Wüste bei Heluan. 241 zapfenartigen Fragment hervorragten und wenigstens an einzelnen Stellen eine ähnliche schuppige Struktur vortäuschten. Bei der Betrachtung dieses Objekts kamen nun auch mir Be- denken, ob das tannzapfenartige Fragment wirklich organischen Ur- sprungs, oder nur eine geschichtete anorganische Konkretion sei. Ich unterzog es deshalb einer genauen Vergleichung mit der Kieselkon- kretion, wobei im Gegensatz zur ersten Untersuchung auch Dünn- schliffe verwendet werden konnten. Ich möchte nicht versäumen, Herrn Dr. Buxtorf für die Ueber- lassung des wichtigen Vergleichsmaterials und für seinen wertvollen Rat auch an dieser Stelle meinen Dank auszusprechen. 1. Die äussere Gestalt des Fragments. Das Objekt hat ungefähr die Gestalt eines längs- und quer- halbierten Cedernzapfens, an dem die terminale Verjüngung gerade noch erkannt werden kann. Vom Scheitel bis zur flachen Basis misst es 4 em und in der dazu senkrechten Richtung 5 em. Die Dicke beträgt im Maximum 21/, cm. Auf seiner konvexen Oberfläche sind ea.20 Felder zu erkennen, welche den Enden der Tannzapfenschuppen sehr ähnlich sind und wie solche ungefähr parallel zur Breitenausdehnung des Objekts in rechts ansteigender Schraubenlinie verlaufen. Von diesen 20 Feldern sind allerdings nur 7 in ihrer ganzen Ausdehnung intakt erhalten. Diese sowohl als auch die Enden der Zapfenschuppen von (edrus libanotica und C. Deodara wurden nach Länge und Breite gemessen (vergl. nebenstehende Tabelle). Die Vergleichung dieser Messungen ergab, dass beim Kiesel- fragment die Breite des grössten Feldes (48 mm) mehr als 5 mal so gross ist als diejenige des kleinsten (9,5 mm), während bei Cedrus libanotica und Deodara die grösste Schuppe die kleinste in keiner Richtung um das Doppelte übertrifft. Auch die Verhältniszahlen von Breite zu Höhe schwanken beim Kieselfragment stärker als bei den beiden Cedernzapfen. Dort be- trägt die grösste Abweichung vom Mittel 4,7, bei Cedrus libanotica nur 2,1 und bei C. Deodora sogar nur 0,9. Immerhin zeigt die Vergleichung der beiden Ceder-Arten, dass die Grösse der Enden der Zapfenschuppen mehr oder weniger starken Schwankungen unterworfen sein kann; zwischen dem Kieselfragment und den Cedernzapfen besteht somit in dieser Beziehung nur ein gradueller, kein prinzipieller Unterschied. Auf der Basalfläche des Fragments ist nichts als eine fast kreis- runde Hervorragung zu erkennen, die möglicherweise als Andeutung der Achse eines Coniferenzapfens aufgefasst werden kann. 242 G. Senn. Messungen der Felder am Kieselfragment und der freien Zapfen- schuppen-Enden von Cedrus libanotica und C. Deodara. 1. Kieselfragment | Breite | Maximale Hôhe | Verhältnis von | | in mm in mm Breite zu Höhe | | | JE 48,0 6,0 8,0 EA: 28,0 6,9 | 4,3 Là 20,0 4,5 4,4 4. 9,5 2,8 3,8 D. 25,0 6,0 4,2 6. 43,0 6,5 6,6 76: 1 3,) 3,9 Mittel 4,9 Abweichungen vom Mittel +3,1 — 4,7. 2. Freie Enden der Zapfenschuppen von: Cedrus lhibanotica | Cedrus Deodara | Breite | Maxim. Höhe | Verhältnis von | Breite | Maxim. Höhe | Verhältnis von in mm inmm | Breite zu Höhe |in mm in mm | Breite zu Höhe | 44 52) 8,0 39 7 4,7 39 N) 7,8 29 7 4,1 | 89 4, 9,8 39 4 4,7 PET 5 5,7 39 7 4,6 39 5, | 7,8 34 TE 4,5 27 “5 TU 2 7 4,6 37 5,0 7,4 25 % | 3,0 Mittel 7,7 Mittel 4,4 | Abweichung. v. Mittel +2,1 Abweichung. v. Mittel +0,3 | —2,0 — 0,9 Die beiden zur Basalfläche senkrechten und die schuppige Ober- fläche schneidenden Bruchflächen (welche selbst aufeinander senkrecht stehen), lassen eine sehr deutliche Kammerung des Innern erkennen, Ein tannzapfenartiges Kieselfragment aus der Wüste bei Heluan. 243 deren Grenzflächen bogig verlaufen. Die Konkavität dieser Bogen ist mit zwei Ausnahmen der Basis des Fragmentes zugekehrt. An den Kanten, welche beide Bruchflächen mit der gefelderten Seite bilden, gehen die Schichtgrenzen in die Ränder der Felder über. An dem zur Basis des Fragmentes parallelen, etwas gerundeten Scheitel lässt sich eine rasche Grössenabnahme der Felder erkennen, wie sie auch an den Coniferenzapfen, allerdings nicht in demselben Maße. zu beobachten ist. Der zur gefelderten Oberfläche annähernd senkrechte Verlauf der inneren Kammerwände spricht zwar nicht gegen die Zapfennatur des Fragmentes, wohl aber dagegen, dass dieses von einem Cedern- zapfen stammt. Bei letzterem biegen nämlich die Schuppen dicht unter der Oberfläche des Zapfens fast rechtwinklig um, so dass die Felder nicht durch die verdickten Enden, sondern durch einen Teil der freien Oberfläche der Schuppen gebildet werden. 2. Die innere Struktur des Fragments. Die Untersuchung der Dünnschliffe ergibt, dass die das Fragment bildende Gesteinsmasse ein feiner, grauschwarz bis hell ockergelb ge- färbter Kiesel ist, der keinerlei anatomische Struktur erkennen lässt. Diese Tatsache konnte ich natürlich erst durch Untersuchung eines Dünnschliffes, also nach meiner ersten Bestimmung feststellen. Wie an den Bruchflächen, so ist auch an den Dünnschliffen eine deutliche Kammerung zu sehen. Dabei fällt besonders die Verschieden- heit in der Färbung der verschiedenen Kammern auf. An einer Stelle, wo drei Kammern zusammenstossen, ist der Inhalt der einen gelb, der andern grau, der dritten graubraun. Diese Färbungen werden durch die Grenzlinien der Kammern scharf getrennt. Bei starker Ver- srösserung kann man in diesen Grenzlinien zuweilen feine krümelige Massen von kohligem Aussehen erkennen. Das Gestein, aus welchem das Fragment besteht, ist durch feine Poren ausgezeichnet, welche durch perforierte Wände im Innern ge- kammert und nach aussen begrenzt werden. Es sind Schalen von Globigerina bulloides, wie sie in Tiefsee-A blagerungen verbreitet sind. Für den Entscheid über die Natur des Kieselfragments besonders wichtig sind diejenigen Stellen der die Kammerung hervorrufenden Grenzlinien, welche solche Globigerinen-Schalen aufweisen. Diese liegen der dunkler gefärbten, von Anfang an offenbar dichteren und konsistenteren Trennungsschicht nicht einfach auf, sondern sind etwas in sie eingesunken, sodass die diehtere Grenzschicht dem Kontur der Schale in gleichmässiger Dicke folgt. Wäre die Kammerung durch Versteinerung der Schuppen eines Coniferenzapfens zustande ge- Zt G. Senn. kommen, so hätten sich die in der Kieselsäure-Lösung enthaltenen Globigerinen bei ihrem Untersinken den Zapfenschuppen auflagern müssen. Sie lägen deshalb auch jetzt noch, nachdem die organische Substanz verschwunden ist, den Schichtgrenzen auf. Dass sie in diese teilweise eingesunken sind, beweist, dass bei der Versteinerung hier. keine feste Wand, also keine Zapfenschuppe bestanden hat, sondern nur eine halbfeste, wenig konsistente Oberflächenhaut, welche die oberste Schicht der anfangs offenbar gelatinösen Masse begrenzte und von den später sich auflagernden anders gefärbten Schichten trennte. Ausser den Globigerinen, also sicher tierischen Resten, finden sich in einem parallel zur gefelderten Oberfläche geführten Schliffe noch einige wenige goldgelbe, röhrenartige Gebilde, die sich zuweilen gabeln. Sie haben einige Aehnlichkeit mit diekwandigen Tracheiden oder langgestreckten Steinzellen, die vielleicht infolge von Durch- tränkung mit harzigen Substanzen vor der Verkohlung bewahrt ge- blieben sind. Ob es aber wirklich pflanzliche Gebilde sind, und ob sie sich in ihrer ursprünglichen Lage befinden, lässt sich nicht mit Sicherheit feststellen. 3. Vergleichung des tannzapfenartigen Fragments mit einem geschichteten Windschliff. Vergleichen wir nun das tannzapfenartige Fragment mit dem von Dr. Buriorj gesammelten geschichteten Kiesel an Hand der Dünn-- schliffe, so zeigt es sich, dass bei letzterem die Schichtgrenzen lange nicht so scharf sind wie beim tannzapfenartigen Fragment. Sie sind sogar oft so schwach, dass man sie mikroskopisch fast nicht erkennen kann. Die Grenze wird nur durch eine etwas dunkler gefärbte, mit braunen Einschlüssen versehene Lage gebildet, deren Dichtigkeit nach beiden Seiten hin gleichmässig abnimmt. Beim tannzapfenartigen Fragment dagegen nimmt die Dichtigkeit in der Nähe der Schicht- grenze allmählich bis zu einem Maximum zu, an das sich dann un- vermittelt weniger dichtes und meist heller gefärbtes Material an- schliesst. Auch diese hier so auffallende Verschiedenheit in der Färbung benachbarter Schichten fehlt bei dem geschichteten Kiesel vollständig. Da sich in beiden Objekten die gleichen Globigerinen finden, ist anzunehmen, dass beide unter ähnlichen Bedingungen entstanden sınd. Während sich aber beim tannzapfenartigen Fragment die Ablagerung der einzelnen Schichten in scharf getrennten Tan vollzogen haben muss, kanr dies bei dem geschiehteten Kiesel nicht in demselben Maße der Fall gewesen sein. : Ein tannzapfenartiges Kieselfragment aus der Wüste bei Heluan. 245 Mit dieser Verschiedenheit in der Deutlichkeit der Schichtung hängt offenbar auch die Verschiedenheit der Oberflächenstruktur zu- sammen, welche, wie es scheint, durch den sandführenden Wind her- vorgerufen wurde. Während beim tannzapfenartigen Fragment die Schichtgrenzen nur auf der einen Seite allmählich in die Grundmasse übergehen, werden sie auf der andern Seite von dem weniger dichten Gestein durch einen scharfen Absatz getrennt, was gerade die grosse Aehnlichkeit mit den Schuppen eines Tannzapfens erzeugt. An dem geschichteten Kiesel istetwas Aehnliches nur auf der einen Seite der Oberfläche zu sehen, während auf der andern die Schich- tungen beidseitig gleichmässig in die tieferliegende Fläche übergehen. Die Felderung, welche beim Fragment von Heluan die auf- fallende Aehnlichkeit mit einem Coniferenzapfen hervorruft, ist auch bei dem Kiesel an einer kleinen Stelle zu sehen; von der regel- mässig schraubenförmigen Anordnung der Felder, die beim tann- zapfenartigen Fragment so sehr auffällt, fehlt jedoch jede Spur. Zusammenfassung. Stellen wir zum Schlusse die Argumente, welche für und gegen die organische Herkunft des Kieselfragmentes sprechen, noch ein- mal zusammen: 1. Die oberflächliche Schuppung des Kieselfragmentes ist der- jenigen eines Coniferenzapfens sehr ähnlich. Die konstatierte Grössenunterschiede der Schuppen kommen, allerdings in geringerem Maße, auch bei Coniferenzapfen vor. 2. Die bogige Kammerung des Fragmentes hat grosse Aehnlich- keit mit derjenigen eines Coniferenzapfens. 3. Der gerade Verlauf der Kammerwände bis unter die gefelderte Oberfläche spricht gegen die Identifizierung des Fragmentes mit einem Zapfen von Cedrus ; in dieser Beziehung gleicht es eher einem solchen von Pinus oder Araucaria. 4. Das Fehlen einer anatomischen Struktur bei gleichzeitiger Kammerung spricht gegen die Zapfennatur des Fragments, umsomehr, als in den am gleichen Orte vorkommenden verkieselten Hölzern die anatomische Struktur vollständig erhalten ist. D. Die in den Grenzschichten eingesunkenen Globigerinenschalen beweisen, dass bei der Entstehung des Fragmentes an diesen Stellen keine feste Wand, also keine Zapfenschuppen, sondern höchstens eine halbfeste Grenzschicht vorhanden gewesen ist. Aus dieser Gegenüberstellung ergibt sich somit der Schluss, dass keine der makroskopisch erkennbaren Eigenschaften des Kiesel- 246 G. Senn. fragments, welche bei unserer ersten Bestimmung allein zugänglich waren, gegen seine Zapfennatur spricht. Dagegen beweist der mikroskopische Bau einwandfrei, dass das Fragment ein anorganisches Gebilde ist. Als solches haben es auch die mit solchen Bildungen vertrauten Geologen sofort erkannt. Wie aber die regelmässig schalige Struktur zustande gekommen ist, welche unter der Wirkung des sandführenden Wüstenwindes die Herausarbeitung der tannzapfenartigen Oberflächenstruktur ermög- licht hat, das ist vorläufig noch, wie das ganze Kapitel von den Kon- kretionen, in geheimnisvolles Dunkel gehüllt. Eingegangen 4. November 1911. Die neu gefundene Münster-Hoibein’sche Kalendertafel. Von M. Knapp. Vortrag gehalten am 18. Januar 1911 vor der Basler Naturforschenden Gesellschaft 1m botanischen Hörsaal. (Als Manuskript gedruckt.) Zu den Anfängen der astronomischen Wissenschaft im Abend- lande, speziell in unserer Heimatstadt Basel, möchte der folgende Vor- trag zurückführen. Es ist auch von dort Neues zu berichten. In den Hallen unseres Münsterkreuzganges befand sich früher!) ein Epitaph, das also lautete: Germanus Esdras heic Strabog. conditur. Si plura quaeris, audies : Sebast. Munsterus Ingelh. Theolog. et Cosmogr. Inter primos summus. Solennem ascensionis mem. Anno sal. M. D. L. IT. Maior sexag. morte pla Illustrauit. (Esdras — Esra, erste Revision der heiligen Bücher nach dem Exil. | Bei David Kımchi und Elias Levita erwähnt. |) — (Strabo [66a.— 24 p. Chr. | Rerum geographicorum libri XVII.) Es sind mit den zwei einleitenden Namen dieser Grabschrift die beiden merkwürdigen Seiten aus Seb. Münsters Leben und Werk genannt: der Professor des Hebräischen an der hiesigen Universität und der Kosmograph der mittelalterlichen Welt ist mit dem Ver- gleiche Esra und Strabo gewürdigt. Was heute über diesen merkwürdigen, vielseitigen Charakter- kopf der Renaissance Neues zu sagen ist, verdanken wir einem gün- stigen Zusammentreffen. In der Pfingstwoche 1907, am internatio- nalen Geographentag in Nürnberg, wurde im Germanischen Museum eine historisch-geographische Ausstellung veranstaltet, und an dieser zum erstenmal eine Karte Deutschlands von Seb, Münster, die bis 1) Johannis Tonjolae, Basilea sepulta. Basileae. Emanuel König u. Fil. 1661, pg. 16. : 248 M. Knapp. dahin als verschollen gegolten hatte, vorgezeigt. Sie befindet sich im Innern einer Scheibe von Münsters „Snitrument der Sunnen”,?) von dem man zwar die textliche Beschreibung, nicht aber das In- strument selbst kannte. Da die Erklärungsschrift viele Auflagen er- lebt hat, muss die Karte besonders beliebt und verbreitet gewesen sein. Unser Oberbibliothekar, Dr. ©. Chr. Bernoulli, hörte von dem Nürnberger Funde und beeilte sich der übrigen Welt Mitteilung zu geben, dass auch unsere Basler Bibliothek noch ein Exemplar, das besser erhaltene, wie es sich herausstellte, besitzt. Dr. August Wolken- hauer in Göttingen hat im Globus (Bd. XCIV Nr. 1) die Karte dieses Instruments einer eingehenden geographischen Würdigung unter- zogen und dabei als Illustration unser Basler Exemplar verkleinert beigegeben. Da einmal das Interesse in der neuen Richtung orientiert war, überrascht es uns nicht allzusehr, dass im Frühjahr 1910 Herr Dr. C. Chr. Bernoulli wieder einen neuen Fund in gleicher Richtung tat, aus den Schätzen unserer Bibliothek. Es war ein nach ganz anderer Richtung hin interessanter und bedeutungsvoller. Das auch bisher nur aus einer textlichen Erläuterung bekannte „‚‚nitrument beider Lichter?) von Seb. Münster fand sich in einer Mappe, zudem in so vollendeter Ausführung, dass der auf unserer Bibliothek sich schon seit Jahren mit Buchillustration beschäftigende Herr Hans Kögler- Bachofen, dem der Oberbibliothekar den Fund zu zeigen die Güte hatte, sofort als Schöpfer der dem Holzschnitte zu Grunde liegenden Zeich- nung die Hand Hans Holbeins d..J. erkennen konnte. Da die Zeichnung aus der besten Zeit Holbein’schen Schaffens stammt, war der Fund begreiflicherweise für die Kunstgeschichte und den Entwicklungs- gang Holbeins von ganz unschätzbarem Werte. Ausser einer der Sicherung der Priorität der Entdeckung dienenden Notiz der Basler Nachrichten vom 15. Mai 1910 hat Herr Hans Kögler in dem Jahr- buch der Kgl. Preussischen Kunstsammlungen (Bd. 31, Heft 4) eine erste Beschreibung der Tafel gegeben, die auch die Hauptstücke in Reproduktion enthält. Ein zweiter ausführlicherer Teil, genauere Datierung und Einreihung in das ganze Lebenswerk Holbeins steht bevor. Herr Kögler hatte nun die Freundlichkeit, mich um Ueber- nahme der Bearbeitung des astronomischen Teiles der Tafel zu bitten. Mit dieser Arbeit habe ich zwar begonnen, sie führt aber weiter als zuvor geahnt war; so muss ich Sie heute um Entschuldigung bitten, wenn ich nicht mit einer in allen Teilen reifen Frucht vor Sie trete, >, Erflerung des newen Snjitruments der Süunnen von Seb. Miüniter, Gedruckt durch Jacob Kobel, Statfchreiber zu Oppenheym im tar 1528. 5) Canones super novum instrumentum luminarium per Sebast. Munsterum. Basileae, Andr. Cratander. 1534. Die neu gefundene Münster-Holbein’sche Kalendertafel. 249 sondern nur erste Blütenspuren vorweisen kann. Ich glaube und hoffe trotzdem, dass ich Ihnen, dank der Vielseitigkeit des interessanten Materiales, doch einiges Wertvolle werde vermitteln können. Zudem ist der Moment in anderer Richtung einzig günstig. Herrn Hans Kögler gelang es nämlich, bei seinem Suchen durch die Archive nach anderen Geschwistern unserer bisher gefundenen beiden Instrumente, noch eine weitere hieher gehörende Tafel Seb. Münsters auf der Münchner Universität-Bibliothek aufzuspüren. Sie steht ihrer - Entstehung nach zwischen den beiden andern und gehört zu dem bisher auch bekannten Texte über ein Mondinstrument Münsters.*) Wir kennen also jetzt das Sonnen-, das Mond-Instrument und das In- strument beider Lichter Münsters. Vom ersten gibt es zwei Exem- plare, eines hier, eines in Nürnberg, vom zweiten ist bis jetzt nur das Münchener Exemplar bekannt, und vom dritten besitzen wir in Basel zwei Abdrucke, einen frühen, wahrscheinlich Probeabzug zur ersten lateinischen Auflage des Textes (1534), und einen zweiten matteren, aber vollständigeren zur ersten deutschen Auflage (1554) gehörend. Alle Exemplare mit Ausnahme des Nürnberger’s sehen Sie hier für kurze Zeit vereinigt, zum erstenmal wieder seit Jahr- hunderten völliger Vergessenheit. Dieser günstige, nicht leicht zu wiederholende Moment schien mir Berechtigung genug, auch bei nicht ausgereifter Bearbeitung, Ihnen doch die ersten Ansätze derselben vorführen zu dürfen. Da- neben kann ich Ihnen aus dem Schatze unserer Bibliothek auch zu jeder der drei Tafeln die zugehörenden Texte vorlegen. So möchte ich Sie nun, nach einem kurzen Ueberblick über Münsters Leben, mit dem astronomischen Teile dieser Tafeln be- kannt machen, und dann noch einige kritische Angaben über die Daten derselben beifügen. Ein kurzer Ueberblick in die von Wolken- hauer schon gegebene Durcharbeitung der Landkartenfrage wird auch am Platze sein, dagegen muss ich aus begreiflichen Gründen auf eine Besprechung des künstlerischen Wertes verzichten. Vom Leben und Entwicklungsgange Seb. Münsters, den Hantzsch?) 1897 beschrieben hat, sind für uns folgende Daten wichtig: 1489 zu Nieder-Ingelheim in der damaligen Kurpfalz geboren, kommt Münster 1503 als Theologe nach Heidelberg, tritt 1505 ins Heidelberger Minoritenkloster ein, flieht dann 1508 vor einer Seuche nach Rufach ım Elsass, wo er im Minoritenkloster bei Konrad Pellikan Schüler 4) Erfferung des newe Inftruments durch Sebaîtianum Mönfter / über den Mon gemacht /im ar Cbriti 1529. Getrudt zu Wormbs bei Beter Schöffern. 5) Viktor Hantzsch: Sebastian Münsters Leben, Werk, wissenschaftliche Bedeutung. Leipzig 1898. (Abhdlg. d. philol. hist. Kl. d. kgl. sächs. Ges. d. Wiss. Bd. 18. Nr. 3.) 174 250 M. Knapp. ist.6) 1511 geht er mit Pellikan nach ‚„Pfortzen“ (Pforzheim) und kommt von dort 1514 als Lektor nach Tübingen, hört bei Melanchton und mit diesem zusammen bei Stöffler Astronomie und Kosmo- graphie und liest daneben im Franziskanerkloster theologische und mathematische Anfängerkurse. Hier ist der Unterricht Johann Stöfflers für uns bedeutungsvoll, der, nach den schon von Pellikan gelegten Grundlagen nun in Mathematik, Astronomie und Astrologie, Kosmographie, der Lehre von den Sonnenuhren und den Astrolabien seinen Lieblingsschüler Münster ausbildet. Er gibt ıhm auch seine Kollegienhefte und Berechnungen zur Abschrift; also nach da- maligem Gebrauche damit auch zu eigen zu freier Verwendung vor der Oeffentlichkeit. Auf alle Fälle ist es Münster, der uns die Be- rechnungen Stöfflers vermittelt, denn Stöffler selbst hat nur ungern etwas publiziert, und da sein ganzer Nachlass 1534 beim Brande der Sapienz in Tübingen mit Ausnahme eines Bandes, der gerade beim Drucker war, verbrannte, so verdanken wir den Abschriften Münsters wenigstens teilweise die Erhaltung jenes Materiales. Stöffler selbst hatte damals Weltruhm wegen seiner Berechnungen, nament- lich auch in Astrologie und das ganze gebildete Mitteleuropa zitterte 1524 wegen seiner Prophezeiung einer neuen Sündflut; ja einige ganz Geriebene bauten sich auch schon Archen und schafften sie auf höhere Berge. Wann Münster Tübingen verliess, ist fraglich. Sicher ist er 1524 als Professor des Hebräischen, das er hauptsächlich bei Pellikan schon getrieben hatte, in Heidelberg angestellt worden. Ob er nicht schon zwei Jahre vorher dorthin gelangte (aus einer Kartenaufnahme scheint es nach Wolkenhauer hervorzugehen), müssen wir unerörtert lassen. In Heidelberg als Lehrer des Hebräischen und Prediger treibt er doch nebenher kosmographische Studien, in die er auch durch seine hebräischen Schriftsteller, die sowohl solche als namentlich auch kalendergeschichtliche Stoffe behandelt hatten und die Münster nun mit lateinischen Kommentaren neu herausgab, hineingetrieben wurde. 1527 finden wir ihn, von Oekolampad nach Basel berufen, an der hiesigen Hochschule, die damals besser zahlte als die Heidelberger, Hebräisch lesend. Hier beginnt auch seine Produktion in natur- wissenschaftlichen Büchern. Eines der ersten ist sein Kalendarium Hebraicum.‘) Schon im nächsten Jahre entsteht das uns interes- sierende „‚snitrument der Sünnen“®) Münster war jenes Jahr vor- übergehend, wahrscheinlich vor den Wirren der hiesigen Reformation 6) Bernhard Riggenbach: Das Chronikon des Konrad Pellikan. Basel, Bahnmeier’s Verlag (C. Detloff) 1877. ?) Sebastian Münster: Kalendarium hebraicum. Basileae (Jo. Froben) 1527. 8) Vgl. pg. 2, Anm. 2. Die neu gefundene Münster-Holbein’sche Kalendertafel. 251 geflüchtet, in Worms (oder Oppenheim). Dort trat er auch zur „protestierenden Religion über, wie Christoph Iselin?) berichtet. Das ,Snftrument über den Mon gemacht“,!%) dessen „Erflerung“ 1529 zu ,Bormbs bei Beter Schöffern getruct und volendet“ wurde, zeugt von jener kurzen Wormser Fluchtperiode. Aber schon im nächsten Jahre herrschen in Basel so ruhige Verhältnisse, dass der zu Professur und Predigtamt an St. Peter zurückgekehrte Münster seinen Haus- stand mit Anna Sılber, der Witwe des Buchdruckers Adam Petri, gründet. Nun beginnt hier seine fruchtbarste Schaffenszeit. Kein Jahr ausser seinem Rektoratsjahr 1549 ist ohne Publikation; die meisten liefern mehrere Bücher. Für uns kommt in Betracht noch allenfalls 1531, wo im März seine ,,Compositio Horologiorum!!) herauskam, und 1534, wo seine ,,Canones super novum Instrumentum Luminarium erschien.1?) Die deutsche Ausgabe davon vom Jahre 1554 sei der Vollständigkeit halber genannt. (Zu ıhr gehört unser zweites Exem- plar des Instruments beider Lichter laut Ueberschrift. ) Von den weiteren Auflagen der verschiedenen Werke ist hier nicht der Ort zu reden, erwähnt sei nur, dass die Auflagen der Ar- beiten Münsters für die damalige Zeit ganz unerhört rasch sich folgten und sich häuften. Die Kosmographie Münster’s, sein berühmtestes Werk, hat innerhalb eines Jahrhunderts (1544—1650), wo sie immer wieder herausgegeben wurde, in 6 Sprachen zusammen 46 Auflagen erlebt; ähnlich andere Werke. Seine hebräische Bibel alten Testaments war im Jahre des Erscheinens schon vergriffen. Münster erlag 1552 der Pest zu Basel. Oswald Schreckenfuchs hielt ihm eine hebräische Grabrede und Heinrich Pantaleon dichtete einen lateinischen Nachruf. Unsere drei Instrumente nun bilden ein Mittelding dessen, was wir heute Kalender und was wir Ephemeriden nennen. Wohl steckt auch heute noch in jedem Kalender ein Stück Astronomie, das aller- dings meist irgendwo abgeschrieben ist bei einem mit der Astronomie mehr oder weniger direkt verbundenen andern Autor. Sollen in einem Kalender die Sonnenauf- und -untergänge nur einigermassen stimmen mit der Wirklichkeit, so muss eben ein in einfachen astronomischen Rechnungen Gebildeter herangezogen werden. Denn diese Zeiten müssen, als für jeden Beobachtungsort verschieden, immer wieder 9) Christoph Iselin. Lexikon. Basel, Johann Brandmüller, 1726, pg. 591. 10) Vgl. pg. 3, Anm. 4. 1) Sebastian Münster: Compositio horologiorum. Basileae, Henric Petrus, 1531. 72), Vgl. pg.2, Anm. 3. 252 M. Knapp. neu und aus den astronomischen Tafeln auf den Ausgabeort des Kalenders umgerechnet werden. Die sonstigen Angaben über Mond- phasen, Eintritt in die Tierkreiszeichen, Planetenstellungen sind auch nur aus astronomischen Jahrbüchern (Ephemeriden) zu entnehmen und müssen für diese durch besondere Institute gerechnet werden, wie es z. B. in Deutschland durch das Berliner Recheninstitut geschieht, dessen Werk, das Berliner Jahrbuch, alle Jahre als dieker Band (ge- wöhnlich 2 Jahre im voraus) erscheint. Damals im Anfang des 16. Jahrhunderts gab es solche Einrich- tungen noch nicht; der Mensch konnte sich also nicht vom Abreiss- kalender diese Daten beschaffen. Und doch war der damalige Mensch gerade auf diese Auskünfte in viel höherem Masse angewiesen, als wir. Hatte man doch nur in den Städten auf den Kirchtürmen Schlag- uhren, und die ersten Sackuhren (die Nürnberger Eier Peter Hen- leins), waren nur für die Vermöglichsten beschaffbar, ja zu der für uns in Betracht kommenden Zeit wohl noch kaum recht bekannt. (Ihre erste Beschreibung stammt von 1511.) Der Mensch musste also aus der Sonne oder des Nachts aus der Gestirne Stand sich die Zeit selbst verschaffen können. Dies ging nun sehr gut bei festen Bauwerken mit Sonnenuhren, und wır haben bereits erwähnt, dass Münster über deren Konstruktion eine der wertvollsten Anleitungen geschrieben hat, speziell auch zu dem Zwecke, den Handwerkern die nötigen Griffe beizubringen. Darum wurde er auch mit dem Ehren- titel eines Vaters der Gnomonik belegt. Aber des Nachts versagten die Sonnenuhren und man war höchstens auf Sanduhren, auf Stunden- gläser angewiesen. Ging man über Land, so hatten wohl alle Leute besserer Stände ıhre Taschensonnenuhren bei sich, aber sowohl der Kompass, wie die Landkarte waren erst in den allerersten Ent- wicklungsstadien vorhanden. Einzig die Schiffahrt treibenden Völker mögen allgemeinere Kenntnisse von diesen Dingen und auch bessere Apparate besessen haben. So Columbus bei seinen Fahrten. Und doch war man auch in anderer Hinsicht viel mehr noch als wir vom Laufe der Gestirne abhängig. Die veränderlichen Tag- und Nachtlängen hatten in jener Zeit viel einschneidenderen Einfluss auf das bürgerliche Leben. Die Schlaguhren tönten ja schon alle Stunden, oder in seltenen Fällen alle Viertel, aber wenn es finster wurde, so war doch die Tagesarbeit ganz anders gehemmt als heute, denn die Beleuchtungsverhältnisse erlaubten nur Wenigen lange Nacht- arbeit. Da galt es das Sonnenlicht auszukaufen, und deshalb waren die Tag- und Nachtlängen in den Kalendern viel wesentlicher als heute. Aber noch vielmehr schnitten alle die andern Gebräuche und Satzungen ins Gebiet der Astronomie ein, oder besser in das der Astro- Die neu gefundene Münster-Holbein’sche Kalendertafel. 253 logie. Hievon zeugen die Illustrationen Holbeins in den Eckzwickeln des Instruments beider Lichter. Kein Arzneitrank konnte genommen werden, ohne Konsultation der nötigen günstigen Zeit dazu: Das trand jolt ich nit bon genumen &3 wer denn ain befler zaichen fumen. oder: Wer artzny fich gebruchen dar/Und nit der zeychen nymbt war Ih fon jach nit richt dornod/Der [yo ob er jchaden empfoch. oder: Tem ich der zatchenn nit ebenn war, Sp wer ich ouch verderbet gar.!?) Es hing also gar Vieles im täglichen Wohlbefinden und in der kleinsten Häuslichkeit mit den Gestirnen zusammen, wovon wir uns nichts mehr träumen lassen. Schrepffen friftet mir mein leben, Gutter zaichen pflig ich eben.'*) Aber auch der ganze Landbau, alles Säen, Graben, Pflügen, Okulieren, das Kranksein, das Sterben, das Aderlassen und das Ge- borenwerden, alles hing, wenn es nicht unvorsichtig, leichtsinnig in den Tag: hinein bestellt werden sollte, von den Sternen, ihrem Ein- flusse, ihrer Stellung ab. Münster selbst scheint im Gegensatz zu seinem Lehrer Stöffler, auch zu Melanchton, nıcht viel auf die Astro- logie gegeben zu haben: eine Stelle des neugefundenen Kollesien- buches von seiner Hand (bearbeitet von Wolkeñhauer),15) scheint dies auch zu bestätigen: Ego. Sebast. M. Scriptor et Collector huius libri nihil de supersticiosa hac nativitatum indagine ... (credo.) So musste der Kalender eben noch gar vielerlei vermitteln an Weis- heit und Kenntnissen. Alle diese Uebermittlungen dienten damals nebenher doch dazu, den Leuten noch einen Begriff von den Stellungen der Gestirne am Himmel beizubringen, wenn auch verbunden mit üblen Nebenbegriffen. Heute hat selten ein Mensch eine Ahnung von einer Planetenstellung, oder gar von der Art des Laufes der Gestirne. Sogar die primitivsten Begriffe bringt unsere moderne Schulbildung schwächer und schlechter in die Köpfe hinein, als da- 13, Hans Kögler. Einige Basler Kalender des 15. und der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Zürich. Leemann 1910, pg. 16. (Sonderabdruck aus dem Anzeiger für schweiz. Altertumskunde. N.F. XI. Bd. 1909.) 14) Vgl. oben. 15) August Wolkenhauer: Sebastian Münsters handschriftliches Kollegien- buch aus den Jahren 1515 bis 1518 und seine Karten. (Abhdlgen. der kgl. Ges. d. Wiss. zu Göttingen. Philolog. hist. Kl. Neue Folge. Bd. XI. Nr. 3.) 254 M. Knapp. mals die Furcht vor den Folgen. Der damalige Mensch war also bei all seinem Aberglauben doch in dieser Richtung dem heutigen vor, er verlangte mehr von der astronomischen Wissenschaft und zwar direkt von ihr. Diese Kenntnisse alle zu befriedigen, dazu wollen unsere Tafeln dienen. Ich will Ihnen dies an ein paar den Tafeln selbst ent- nommenen Beispielen zeigen. Zur vorherigen Orientierung ist zu merken, dass das Sonneninstrument 5 Scheiben trägt, in der Mitte die Hauptscheibe, oben links die Scheibe mit der Krummlinienfigur, Circkel der zwölff zeichen genannt, unten links die Scheibe Circkel der Jahrzahl, unten rechts die Planetenscheibe, der Circkel der uf- steigenden zeichen, oben rechts die Scheibe mit dem kleinen Bären, das Nocturnal. Den Text zu unserm Beispiele mag Münster selbst geben: „Uff un nidergag der Sun alle tag zu finden: Zum erften lüg im falender inn welche grad die fun ift/und jüh in darnach im Diurnal im cirefel der 12 zeiche/un rüc uff in den fade un das perlin. Zu letjt zeüch den faden mit dem gejtelten perlin uff die frum liny des orients /jo würdt er Dir zeygen inn dem außern civefel die jtund und puncten des auffgangs der funnen. Des gleichen man du den faden uff Die ander jeiten geücheft bip das perlin fallt auff die frumme linien des occident / wirditu haben Die jtund des undergangs der fünnen.“ Da das Instrument für etwa 50 Jahre Gültigkeit hat, sagen wir auf eine Viertelstunde genau, so sehen Sie schon mit diesem ersten Beispiele, welchen Schatz der Besitzer mit dem einen Blatte besass. Unser Sonneninstrument geht, wie der Zirkel der Jahrzahl lehrt, von 1525 bis 1574, gilt also für 50 Jahre. Derselbe Zirkel gibt in den nächst-innern Kreisringen (der äusserste trägt die Jahreszahlen) die zu jedem Jahre gehörenden Ele- mente. Zunächst die „Gulden zal“. Das ist die Stellung des Jahres im sogenannten Methon’schen Zyklus, der 235 Monaten oder 19 Jahren entspricht, nach deren Ablauf die Monate im Jahre wieder gleich zu liegen kommen. Es zeigen also die Zahlen 1 bis 19, welche den Jahreszahlen beigeschrieben sind, die Stellung in diesem Zyklus an. Ausgangspunkt der Zählung ist dabei in unserer christlichen Zeitrechnung (gregorianisch und julianisch, denn dies macht auf die Jahreszahl nichts aus, auf die es hier allein ankommt) das 1. Jahr vor Chr. oder astronomisch das Jahr 0. (Neujahr = Neumond.) Methon, auf den sich der Name des Zyklus bezieht, lebte 433 ante in Griechenland; die goldene Zahl soll von der goldenen Inschrift dieser Ordnungszahlen am Minervatempel zu Athen herstammen: DD PR do 60e do Re don Die neu gefundene Münster-Holbein’sche Kalendertafel. 255 Der nächste Kreis gibt die Anzahl der Wochen, der übernächste die Zahl der Tage von Jahresanfang bis zu Pfaffenfastnacht an. End- lich die beiden letzten den Sonntagsbuchstaben und das Schaltjahr. Sonntagsbuchstabe ist einer der ersten 7 Buchstaben des Alphabets von A bis G und besagt, der wievielte Tag zu Anfang des Jahres ein Sonntag war. (Heuer | 1911 | fing das Jahr mit einem Sonntage an, der Sonntagsbuchstabe ist also A, nächstes Jahr | 1912 | beginnt das Jahr mit Montag, der erste Sonntag ist also am 7. Januar, Sonntags- buchstabe G; da aber nächstes Jahr Schaltjahr ist, springt von dem eingeschobenen Tage im Februar an der Sonntagsbuchstabe noch um eins weiter, wird also F.) Diese Sonntagsbuchstaben finden sich nun auch in dem grossen Hauptkreise vom Jahresanfang aus abgetragen, mit A am ersten Jenner beginnend, durchs Jahr hindurch fortgesetzt. Wenn man also aus dem „&irefel der Sarzal” weiss, welcher Buchstabe in einem ‚Jahre Sonntagsbuchstabe ist, so weiss man vom ganzen Jahre für jedes Datum den Wochentag. Natürlich fehlt in der Anordnung der Schalt- tag, und dies gibt eine Ungenauigkeit für den Sonnenstand ın den Schaltjahren an jener Stelle. Münster ist sich dieses Fehlers selbst bewusst; er weist einmal ausdrücklich darauf hin. Sonst sind ın dem grossen Kreise nur noch die Namen der Kalenderheiligen und die Tierkreisbilder, nebst einer Einteilung von jedem Bild in 30 Grade, gegeben. Mit zwölf Tierkreisbildern zu 30 Grad kommen wir zu den 360 Graden des vollen Kreisumfanges. Diesen, also auch die sämtlichen Tierkreisbilder, durchläuft die Sonne einmal im Jahr (scheinbar). Die Stellung der Tierkreisbilder zu den Tagen des umlaufenden Kalenders ist so gewählt, dass die Stellung der Sonne an dem betreffenden Tage mit der daneben- gesetzten Tierkreisstelle übereinstimmt. Um also, wie vorhin schon ausgeführt, die Stellung der Sonne an einem gegebenen Tage im Tierkreis zu wissen, brauchen wir nur den Faden im Zentrum des grossen Kreises nach dem Datum zu ziehen und den Grad und das Tierkreisbild abzulesen. Derselbe Zirkel der zwölf Tierkreiszeichen findet sich nun auch in der kleinen Scheibe links oben, der Figur mit den krummen Linien, nur nicht zum Kreis gezogen, sondern offen. Wir finden also die unserem Datum entsprechende Tierkreisstelle hier wieder und können über sie den im Zentrum dieser Scheibe befestigten Faden, woran ein Perlelein beweglich ist, ziehen, auch das „Berlin“ auf sie einstellen. Dieses, auf die krummen Linien umgeführt und bis zum Schnitt mit der ersten gebracht, gibt, am gestreckten Faden aussen abgelesen, die Stunde des Aufganges der Sonne einerseits, auf die andere Seite der Krummlinienfigur übergeführt, den Untergang der Sonne. Auf den 256 M. Knapp. Zwischenlinien geben Faden und „Berlin“ die sogenannten ungleichen Stunden an, die auf dieselbe Weise wie bisher abgelesen werden. Die ungleichen Stunden teilen den Tag, während die Sonne scheint, also vom Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang, in zwölf gleiche Tagstunden, die natürlich im Winter, wo die Tage kurz sind, auch nur kurz ausfallen, im Sommer dagegen lang, daher ungleiche Stunden genannt; umgekehrt verhalten sich die ungleichen Nacht- stunden. Mit dem Beginne des Tages, dem Sonnenaufgange, hebt die erste ungleiche Stunde an und ist mit der Vollendung des ersten Sechstels der vormittäglichen Sonnenbahn voll geworden. Steht die Sonne im Mittag, so ist immer auch die sechste ungleiche Tagstunde abgelaufen und bei Sonnenuntergang die zwölfte. Entsprechend bei den Nachtstunden. Erste Nachtstunde hebt an mit Sonnenuntergang, sechste ist voll um Mitternacht, zwölfte mit Sonnenaufgang. Bringen wir also das „Berlin“ zum Schnitt mit der zweiten krummen Linie, so erhalten wir am äusseren regelmässig geteilten Kreise die gewöhn- liche Stunde angegeben, um deren Zeit die erste ungleiche Stunde vollendet ist. Ebenso geschieht es mit den ungleichen Nachtstunden in der Krummlinienfigur unten im Zirkel der Jahrzahl. Die ungleichen Stunden dienten rein astrologischen Zwecken ; sie sind die Stunden, nach denen alle Ereignisse in der Astrologie be- rechnet werden. Doch haben die Bogen der Krummlinienfigur auch für unsere Anschauung ein Interesse, denn wissen wir aus dem ersten Bogen die Sonnenaufgangszeit, so gibt uns das Perlin, über die andern Bogen umgeführt bis zur sechsten ungleichen Stunde, also bis Mittag, den halben Tagbogen der Sonne, oder die Hälfte des wirklichen Tages. Ebenso erhalten wir die Länge der Nacht an der entsprechen- den Figur des Zirkels der Jahrzahl. Genau dieselben Zirkel und Einträge, allerdings über die Jahre von 1530 bis 1579 erstreckt, finden wir nun wieder im Instrument beider Lichter. Dieses ist überhaupt nur als Zusammenschweissung der beiden andern Instrumente, des der Sonne und des „über den Won gemacht“ anzusehen. Es hat dabei einige Verbesserungen noch hinzu- bekommen. Nur hat es auch drehbare Scheiblein, die vermieden zu haben, (sie waren damals Modeartikel), Münster beim Sonneninstru- ment sich ausdrücklich rühmt. Trotzdem bleibt die Art, wıe dort alles auf einem Blatte zusammengearbeitet und vereinigt ist, durch- aus bewundernswert. Dieselben Griffe, die wir bis jetzt am Sonnen- instrument gelernt haben, können wir nun auch an dem Instrument beider Lichter durchführen. Der Zirkel mit Jahreszahl, goldener Zahl, Wochen und Tagen bis Pfaffenfastnacht, Sonntagsbuchstaben und Schaltjahr ist rechts oben. Es ist allerdings noch eine weitere Kolonne mit eingeschoben für den Mond. Tage des Jahres, Kalender- Die neu gefundene Münster-Holbein’sche Kalendertafel. 257 heilige, Buchstaben der Einzeltage, Tierkreiszeichen und deren Grade finden wir wieder im mittleren Hauptstück. Auch die Krummlinien- figur, diesmal Tag und Nacht im selben Kreis beisammen, erkennen wir wieder in der Mitte der Hauptscheibe. Doch zurück zu unserem Sonneninstrument. Es dient noch weiteren Aufgaben. In die Scheibe rechts oben, das Nocturnal, ist das Sternbild des kleinen Bären eingetragen und zwei Hände weisen mit den Zeigefingern auf den Polarstern, hier „mere jtern”, Stern derer auf dem Meere, genannt, und auf den Pol selbst hin, der als Ringlein neben dem Polarstern abgebildet ist. Die Scheibe dient dazu, zur Nacht die Stunde an den Sternen abzulesen. Da die Sonne einmal im Jahre durch alle Zeichen des Hımmels läuft, also einmal rund um, so brauchen wir nur den Winkel zu kennen, den sıe gerade für ein be- liebiges Datum mit irgend einem nicht ganz am Pole stehenden Sterne einnimmt; hier bei Münster ist das rechte Hinterbein des kleinen Bären, der Stern Kochab, genommen. Wissen wir den Winkel, den der Stern gerade am Himmel einnimmt, d. h. kennen wir seine Stellung zum Meridiane, so können wir uns den Winkel zwischen Stern und Sonne, den wir berechnet oder der Tafel entnommen haben, an dem Winkel des Sternes angebracht denken, und haben so die Stel- lung der Sonne am Himmel auch zur Nachtzeit, also auch die Zeit selbst, gerade wie wir am Tage aus dem Stande der Sonne die Stunde des Tages bestimmen können. Hiezu dient das Nocturnal und sein Hilfsinstrument. Das Hilfsinstrument ist ın der Beschreibung nur eine in zweimal zwölf gleiche Teile, deren jedem eine Zacke nach aussen entspricht, abgeteilte kreisrunde Hilfsscheibe. Sie hat einen Handeriff und in der Mitte ein Loch, das so gross sein soll, „Das man unfehrlich ein erbiß Dadurch treiben mög”, (wie es in der „‚jsürmalung“ heisst). „Diß Icheib brauche alfo. Halt fie zu nacht vor dein angeficht fern oder nahe / big bu Durch das loch den meerjtern gejeheft und Darmit den fochab uff eynem an / jo mercit du Ga ob er jtand in der wincel eynem / oder wie vil jtunden er jtand von eyne winfel: dan es thut eyn zan eyn ftund.“ Aus Sonnenstand am Himmel und dem gemessenen Winkel des Kochab lehrt nun der rechte obere Zirkel, das Nocturnal, die Nachtstunde finden mit Hilfe eines gespannten Fädeleins und eines Zirkels. Die untere rechte Scheibe, die Planetenscheibe, „&ireel der uf- fleigenden Zeichen“, dient nur astrologischen Zwecken. ‚Jede Stunde des Tages war einem Planeten zugeteilt und zwar in deren Reihen- _ folge von aussen nach innen, nach das damaligen Vorstellung, die sich noch völlig mit dem Sphärenbild der Alten deckt. Zu äusserst ist der Himmel der Fixsterne, dann kommen die 7 Himmel der 7 Planeten: 258 M. Knapp. Saturn, Jupiter, Mars, Sonne, Venus, Merkur und Mond. Endlich kommt zu den 7 Planetensphären und der einen Fixsternsphäre, um wieder auf eine heilige Zahl zu stossen, noch über der Erde, die zu unterst ist, das Wasser, die Luft und das „‘sewer”, also die 4 Elemente, gibt zusammen 12. In der Scheibe sind die abkürzenden Zeichen statt der Planeten dargestellt; die Sense des Saturn Rh , das Z des Zeus 9}, Schild und Pfeil des Mars d’, der Punktring der Sonne ©, der Handspiegel der Venus ® (oder der umgekehrte Reichsapfel, wie ein Nürnberger Ratsherr deutet: ‚weil sich der Venus Reich über alles Fleisch erstreckt, jedoch unter sich und zum Bösen‘), endlich der Schlangenstab des Merkur 8 und die Mondsichel ©. Teilt man nun die erste Stunde des Samstags dem Saturn zu (Saturday), die zweite dem Jupiter, die dritte dem Mars ete., wie die folgende Ueber- sicht zeigt: in. Saturn oe OO ONE NON GC il: 2 8. 4. 5. 6. Ve 8. 9 TOME AT CHR AC ES ROMEO NEC Cu: 1e le ANNE AG 1 enger De: al © Sonne. etc. 11% so kommt auf die erste Stunde des folgenden Tages die Sonne; es folgt also dem Saturntag = Samstag der Sonntag. Weiter die erste Stunde des nächsten Tages wird dem Mond geheiligt, wir haben Lunae dies, Montag. Es folgen in gleicher Weise: Mars = Ziu, Mardi = Zistig; Merkur = Wuotan, Mercredi = Wednesday; Jupiter, Jovis dies — Jeudi= Donartag; Venus= Freya, Veneris dies = Vendredi — Freyatag. Sie sehen, unsere heutige Wochentagsbenennung stammt noch aus den astrologischen Zeiten, ja ist noch viel älter, sie stammt wie diese astrologischen Spitzfindigkeiten und klugen Beobachtungen alle aus Babylon, der Heimat aller Sternkunde. Man hat nun nur, auf uns schon bekannte Weise, die ungleiche Stunde zu bestimmen für die gesuchte Zeit, ebenso den Wochentag, auf den das gesuchte Datum fällt (diesen mittelst des Sonntagsbuchstaben), so gibt der innere Teil der Planetenscheibe Auskunft über das die Stunde beherrschende Ge- stirn oder Planetenzeichen. Auch das gerade aufgehende Tierkreis- zeichen ist aus den äusseren Ringen zu entnehmen. „Dan wie Die meister Des geftirns jagen / ein ieglich zeichen tt in dem ovtentifchen winfel am aller frefftigjt, darumb fie auch in allen practiclen em uffiehens haben / auff das auffiteigend zeichen.“ Wir wundern uns nicht, dass Münster schon im nächstfolgenden Satze sich für diese und ähnliche Weisheit auf Joh. Stöffler, der „ein berümpter Mathematteus und mein getremer leermeilter vor zeiten gemwejen ijt,“ beruft. Die neu gefundene Münster-Holbein’sche Kalendertafel. 259 Ganz dieselben Angaben finden wir nun wieder, nur anders ein- geteilt, im Instrument beider Lichter. Ueber den Gültigkeitsbereich des Instrumentes drückt sich Münster selbst aus: „wiß das ich DIR Snftrument gerichtet hab / bik auff das tar Ehrijti 1574, wer dDarnad {ebt, der fire es weiter hinaus.“ Einige Zirkel gelten allerdings noch länger, wie er ausdrücklich zufügt. Ferner ist zu wissen, dass das Instrument für die Polhöhe von Heidelberg bestimmt ist, für 49 Grad, welche Zahl ohne Erklärung in der Mitte unten auf dem Instrument steht. Der Zeit nach (d.h. in Länge) ist es gerechnet „auf den Nheinitrom”; er spricht auch davon, dass die Finsternisse, die am Rande angebracht sind, auch an allen andern Instrumenten sollten angebracht sein „für uns Heidelberger und Tübinger“ Geltung haben. Wir kommen darauf noch kurz zurück. Vom Mondinstrument, das ähnlich zu gebrauchen ist, will ich Ihnen nur ganz in Kürze berichten. Seit die Instrumente zu den zu- gehörenden Texten gefunden sind, ist es dem mit Sprache und Materie Vertrauten überaus leicht, den Gedankengängen Münsters zu folgen. Noch Hantzsch hielt 1897 die Texte, weil ihm eben die Figuren dazu fehlten, für verworren. Auch bestand die irrtümliche Ansicht, dass wir unter den Instrumenten Apparate zu Messungszwecken zu ver- stehen hätten. Auch Rudolf Wolf,16) der doch sonst Bahnbrecher in der historischen Astronomie war, wusste nichts mit den Münster’schen Instrumenten anzufangen. Nur der Hilfsapparat zum Nocturnal ist von ihm verstanden und beschrieben worden. Wolkenhauer, der Geograph ist, scheint das © -Instrument glatt verstanden zu haben. Auch mir, der ich zuerst alle 3 Instrumente zur Verfügung habe, waren, ausser der Sprache anfänglich, keine Schwierigkeiten oder nur leichte erwachsen. Was nun das Mondinstrument, das nur 3 Scheiben besitzt, eine Hauptscheibe und darüber rechts und links zwei kleinere, anbetrifft, so herrscht in ıhm die gleiche Anschaulichkeit, wie beim Sonneninstrumente, doch ist die Materie des Mondes ver- wickelter. Der Mond bewegt sich eben nicht in einer annähernd als Kreisbahn aufzufassenden Kurve, wie die Sonne. Man half sich damals mit einer exzentrischen Kreisbahn (übrigens auch für die Sonne, sobald grössere Genauigkeit eingeführt wurde), setzte den Mond aber nicht einfach diesem Kreise auf, sondern dem ersten Kreise auf den Rand einen zweiten, den Epieykel und erst dieser trug wieder den Mond. Diese erwähnte grössere Genauigkeit für die Sonne kennt Münster wohl, wir finden sie im Mondinstrument in „ver Sonne Vergleicher” als kleine Korrektion dargestellt (in der Hauptscheibe). 16) Rudolf Wolf: Handbuch der Astronomie. Zürich, F. Schulthess, 1890. 260 M. Knapp. Sonst gibt das Mondinstrument für jede Jahreszahl das Alter des Mondes zu Anfang des Jahres (die sog. Epakte), ferner die Stellung des Epieykels und die der Mondknoten zur selben Zeit. Dies steht im oberen linken Kreise. Der Hauptkreis gibt die Er- gänzungszahlen für jeden einzelnen Tag dazu; ferner Kalender, Heilige, Tierkreisbilder und Grade, die Phasen des Mondes (sein Alter) in der richtigen Stellung dazu, ferner zu innerst „Des Mondes Vergletcher”, auch wieder eine dem Sonnenvergleicher ähnliche Korrektur, um vom mittleren Mond auf den wahren Mond zu kommen. Aus der Scheibe oben rechts lernen wir, aus der Mondphase und ihrer Stellung am Himmel die Nachtstunde zu bestimmen, wie vor- her aus der Stellung des kleinen Bären. Endlich ist zu unterst ein _gebrochener Kreis, der die Breite des Mondes bei seiner Stellung in den beiden Knoten der Bahn angibt, also erkennen lässt, ob es zu einer Finsternis kommt oder nicht. Die beiden Mondknoten, | Mond lebönah [7325] heissen: der aufsteigende der Drachenkopf [rosch hetëli 5m ws], der absteigende der Drachenschwanz [zanab heteli Sn 231). So sehen wir die Schattenfigur beim Kopfe und Schwanze des ungeheuren Drachens unten und zugleich gibt eine Skala die Möglichkeit, die Tiefe des Eindringens des Mondes in den Erd- schatten, den Grad der Verfinsterung, eben mit der Breite des Mondes zu bestimmen. Alle diese Zirkel sind wieder ins Instrument beider Lichter und seine à Scheiben eingetragen und finden sich hauptsächlich im oberen linken Kreis, dann aber auch in der Hauptscheibe; der Drachenkopf, also die Stellung des Knoten zu Jahresanfang, steht allein unter den Sonnenargumenten rechts oben. Das Nocturnal des Mondes, um aus dem Monde die Nachtstunden zu erkennen, ist mit der Scheibe des kleinen Bären zusammengearbeitet, in der Bärenscheibe. Die Breite des Mondes in den Knoten ist im Bauche des Drachen mit Korrektions- tafeln rechts und links zu erblieken, während die Schattenzirkel dies- mal mit Kopf und Schwanz des Ungeheuers wieder, nur noch inniger als zuvor, vereinigt sind. An diesem Gewaltsvieh muss auch dem gänzlichen Laien in Kunstdingen etwas von der Grösse und Wucht Holbein’scher Zeichnung aufgehen. Sehen wir noch kurz uns auf der Landkarte in Mitte der ersten Tafel, dem Sonneninstrumente, um. „sch hab in mitte Dißes n- jtwuments gejeßt Die Teütjch nation nach tirer gelegenbeit jo vil ich jelb in iv durch mein wandern erfahren hab / wo ich aber nit gewejen bin / hab ich mich bebolffen aus andern Landtaffeln.“ Wolkenhauer weist auf Grund des von Münsters Hand geschriebenen, neuerdings in München aufgefundenen Kollegienbuches,17) das aus Münsters Tü- 17) Vgl’ pg. 7, Anm. 15. Die neu gefundene Münster-Holbein’sche Kalendertafel. 261 binger Studienzeit stammt, nach, dass die sämtlichen Karten jener Handschrift direkt auf Waldseemüller (Carta itineraria), indirekt auf Etzlaub (Romweg 1492) zurückführen und nur als Kopien, aller- dings teilweise von unbekannten Originalen anzusehen sind. So auch die Karte des Sonneninstrumentes. Einzig die Darstellung des Rhein- laufes von Strassburg bis Mainz, zeigt eigene Bearbeitung Münsters und lehnt sich an eine Kartenskizze jenes Manuskriptes direkt an. Es ist die erste richtige Darstellung des Verlaufes des Oberrheins, die übrigen zeitgenössischen zeigen bei Speyer eine Ausbiegung nach Osten. Auch sonst gelingt es Wolkenhauer für die astronomischen Tabellen jenes Manuskriptes die Autorschaft Stöfflers in ver- schiedenen Fällen nachzuweisen. Dies ist bedeutungsvoll. Ob die Art der Aufnahme der Landkarten, die im zweiten Teile des Textes des Sonneninstrumentes gelehrt wird, nämlich mittelst eines Kompasses und der Distanz zweier Punkte einen Weg auf- zunehmen und so eine Karte anzulegen, auf Stöffler zurückgeht, ist noch nicht nachgewiesen. Diese Art der Kompasspeilung entspricht einer ersten Vorstufe der Triangulation und ist als solche von hoher geschichtlicher Bedeutung. Auf alle Fälle ist die im Texte des Sonnen- instruments gegebene Karte von Heidelberg und Umgebung von Münster selbst entworfen und ausgeführt. Als erstes Versuchsstück, was alles von Interesse in diesem Mate- riale noch steckt, möchte ich zunächst eine Kleinigkeit erwähnen. Statt Germersheim steht in der kleinen Tafel von Heidelberg und Um- sebung Germersche; genau so wird heute noch in jener Gegend der Name des Ortes gesprochen. Eine andere scheinbare Kleinigkeit wird uns noch bedeutend weiter führen. Unten auf dem Sonneninstrument befindet sich eine Sonnenuhr skizziert, darin eine Kompassnadel, das Ganze nennt man Sonnenkompass. Es ist eine auf eine horinzontale Fläche kon- struierte Sonnenuhr, an der noch die Tierkreisbogen eingetragen sind. Diese werden vom Schatten der Spitze des schattenwerfenden Stabes durch die Sonne an dem Tage beschrieben, an welchem die Sonne in ein neues Tierkreiszeichen eintritt. Sie stellen also zugleich die Längen der Tagbogen in den einzelnen Monaten dar. Um den Sonnenkompass herum hat Münster nach Süd die Worte angebracht: Mittag, meri- dies, deilov, 23: (negeb); nach West: Undergang, occidens, dvoun; nach Nord: Mitternacht, septentrio, 188 (zaphon); nach Ost: Uff- gang, oriens, dvato/n, zum Zeichen, dass einer der damals so seltenen Trilingui, d. h. ein dreier alter Sprachen Mächtiger, die Tafel ent- worfen hat. Die Magnetnadel dieses Sonnenkompasses zeigt nun ganz deutlich die Missweisung des Kompasses. Da nun die Missweisung 262 M. Knapp. noch Anfangs des 16. Jahrhunderts eine umstrittene Frage war (sie z. B. von Martin Cortés 1546 noch als wirklich vorhanden verteidigt wurde), so ist ihre Beachtung durch Münster bemerkenswert. Sie wird es umsomehr, als die Missweisung deutlich eine östliche ist (heute ist sie westlich). Nun kannte zwar Columbus bei seinen Fahrten die Missweisung auch schon, doch wird er wohl, wie alle damals, sie für einen Fehler der Nadel betrachtet haben, zu dessen Korrektur der Kompassmacher ein Strichlein der Windrose beifügt. Erst Mercator sucht 1546 aus der Verschiedenheit der Missweisung zweier Orte die Lage des magnetischen Poles zu berechnen. Die Erklärung der öst- lichen Missweisung (Deklination) auf der Münster’schen Tafel ist in der säkularen Variation der magnetischen Deklination zu finden. Eine kleine Tafel bekannter Beobachtungen alter Zeit zeigt, dass Münsters Angabe sich ganz hübsch anschliesst. Münster: 1525; ca. — 12°. London Paris 1580 -— 11,05 1580 — 8,00 1622 — 6,00 1622 — 6,30 1634 — 4,06 1634 — 4,16 1657 + 0,00 1666 + 0,00 1692 + 6,00 1680 + 2,45 1723 11a 1710 +10,50 1748 +17,40 1740 + 15,30 1787 +23,19 1770 + 19,50 1818 + 24,38 1814 + 22,34 1850 + 22,29 1848 +20,41 1876 + 19,08 1880 + 16,52 Ob die Angabe original von Münster stammt, oder vom Kompass- macher Etzlaub, auf den die Karten zurückdeuten, hinweist, ent- scheiden wir noch nicht. Etzlaub hat auf seinen Karten auch Kom- passe mit Missweisung eingezeichnet. Noch zwei weitere solche Kleinigkeiten seien beigefügt. Die Beschreibung zu der kleinen Karte von Heidelberg im Texte zum Sonneninstrument berichtet: „Heydelberg 1ft eyn lüjtig jtat des legers halben / dan fie im angang und gleich im vachen der berg und darzit hart am Decker gelegen tft / geziert mit zweyen fchlöffern.“ Orts- Die neu gefundene Münster-Holbein’sche Kalendertafel. 263 kundige von Heidelberg versichern mir, dass ob dem weltberühmten Schlosse, auf der heute Molkenkur genannten Zinne, noch ein kleineres Schlösslein in alter Zeit gestanden habe. Ferner ist in der Karte Teutschlands bei Osnabrück nicht, wie sonst bei den meisten Städten eine Burg oder eine Kirche als Orts- vignette verwendet, sondern eine Stadtmauer mit Baugerüst. Nach Christoph Iselin (Lexikon, Basel 1726, pg. 743) wurde Osnabrück 1525 unter die Botmässigkeit des Bischofs Erich von Braunschweig, dem sie Jahre lang getrotzt hatte, wieder zurückgebracht, mit 6000 Goldgülden bestraft und „zu mehrerer Sicherheit“ mit einer festen Zitadelle, der Petersburg, beglückt. Diese Bautätigkeit scheint Münster in seiner Karte aus demselben Jahre verewigt zu haben. Was mir kritisch zu untersuchen bis jetzt möglich war, bezieht. sich auf die Finsternisangaben Münsters. Wir haben in unsern Tafeln noch auf dem Sonneninstrumente und auf dem zweiten Basler Exem- plar des Instrumentes beider Lichter eine Reihe von Sonnen- und Mondfinsternisbildern erhalten. Beim Sonneninstrument sind es nur Sonnenfinsternisse, über deren Art der Berechnung im Texte nichts gesagt wird. Im Mondinstrument müssen dem Rande nach auch Mondfinsternisse verzeichnet gewesen sein, wie aus der Beschreibung erhellt, ebenso werden sie bei dem Instrument beider Lichter im Texte deutlich genannt. Von diesen letzteren sind uns 21 Mond- und 7 Sonnen- finsternisse, mehrere allerdings nur bruchstückweise, erhalten. Das Sonneninstrument ist von 18 Sonnenfinsternissen eingefasst. Sämt- liche genannte Sonnen- und Mondfinsternisse finden sich, mit Aus- nahme von 7 Stück (6 Mond, 1 Sonne) in der früheren Veröffent- lichung Münsters aus dem Jahre 1527, im Kalendarium hebraicum.18) Dort sind 36 Eclipses Lunae und 18 Eclipses solares beschrieben und bildlich dargestellt. Alle unsere genannten, mit Ausnahme der er- wähnten 7, stehen hier schon, nur besser. Die Zeichnungen dort sind zwar nicht von einem Holbein gemacht, stimmen aber mit dem Texte überein, indem sie den Grad der Verfinsterung einigermassen dar- zustellen sich die Mühe geben. Im Sonneninstrument sind die Figuren des Kalendarium hebraicum getreulich kopiert, von naiver Hand, bis auf zwei, wo Phantasie dazu kam; auch eine einzige Zahl ist dort verschrieben, gegenüber dem Original. Anders bei dem Instrument beider Lichter, der Holbeintafel. Da ist in buntem, völlig regellosem Wirbel Sonne mit Mond verwechselt, auch von dem Begleittext ist vieles verdruckt; von den Figuren stimmen mit dem Texte etwa ein bis zwei Abbildungen, alle andern sind pure Phantasie, oder Ver- wechslung. 13) Vgl. pg.4, Anm. 7. 264 M. Knapp. Vielleicht klagt Münster darum (Canones pg. 45): ,, Figurae eclipsium lunariü debent esse nigrae quätum inträt in umbra. Similiter lunae facies in eclipsibus solaribus denigranda est, id quod sculptoris ignorätia commissum scias; cui defuimus cum tabulam caelaret.‘“ Wer der Sündenbock von Holzschneider war, ein gewandter Mann muss es gleichwohl gewesen sein, wissen wir nicht genau. Sein Zeichen steht unter der Bärenscheibe mit den Initialen V.S. Uns interessiert zunächst die Herkunft dieser Finsternisdaten aus dem Kalendarium hebraicum. (Münster besass aber noch mehr als er dort angab.) Die Zeitgrenzen waren im Kalendarium 1526 bis 1573, im Zweilichter-Instrument war die weitere Grenze 1579, die fehlenden hat Münster wohl aus derselben Quelle noch hinzu- geschrieben, aus der er auch die des Kalendarium hebraicum genommen hat. Dort lesen wir nämlich am Schlusse: ,,Habes nunce aliquas ela- boratas eclypses optime lector, quas huc retulimus, ut supra quoque diximus, ex Johannis Stoeffleri doctissimi mathematici lueubratio- nibus, quibus et alia, in ulteriores annos calculatas libeter adiecisse- mus, nis! angustia temporis, et immensae occupationes, quibus in Hebraismo distinebamur, dum hoc Kalendarıum moliremur, nobis obstaculo fuissent. Fortassis olim plura et uberiora in his dabimus rebus, si dominus uitam concesserit.‘“ Also auch hier ist die Urquelle Stöffler, von dem wir wissen, dass er Finsternisse bis ın’s 19. Jahr- hundert hinein gerechnet hat. Münsters Arbeit daran und sein Ver- dienst ist also ein kleines und doch müssen wir ihm Dank schulden, denn ohne ihn hätten wir den andern nicht oder doch nicht so sicher. Münster hat wohl eine andere direkte Berechnung Stöfflers ge- kannt, die wir nicht mehr besitzen. Die Tabulae astronomicae Stöff- lers kenne ich zwar noch nicht, die hiesige Bibliothek hat sie nicht eigen, aber das Calendarium Romanum Magnum!?) desselben Autors besitzen wir. Ein Vergleich zeigt bis 1573 genaue Identität mit Münster, dann hört das Kalendarium Stöfflers auf. Auch das Kalendarium hebraicum hat dieselbe Zeitgrenze. Münster hat höchstens einmal die Eintrittszeiten der Finsternisse auf einen andern Längengrad um- gerechnet, nur bleibt unbestimmt zunächst auf welchen. Dauer der Verfinsterung und Grad derselben, ist, abgesehen von Druck- oder Schreibfehlern, wesentlich identisch mit Stöffler. Das Stöffler’sche Material erweist sich aber, wie ein Vergleich mit dem modernen Kanon der Finsternisse von T'heodor Oppolzer direkt für die Mondfinsternisse ergibt, als gut und beachtenswert. Die Angaben über Dauer und Grad der Verfinsterung stimmen oft auf die Minute. Stöfflers bis jetzt 19) Joh. Stöffler: Calendarium Romanum Magnum. Oppenheym per Jacobum Köbel, 1518. Die neu gefundene Münster-Holbein’sche Kalendertafel. 265 einzig durch Münster uns übermittelte Finsternisse zeigen eine ähn- liche Uebereinstimmung mit unserm modernen Materiale. Hätten wir zu diesen Berechnungen Stöfflers noch Beobachtungsdaten, so wären sie von grossem Werte. Eine Andeutung einer solchen in dem neu- gefundenen Kollesienbuch Münsters meldet Wolkenhauer. Vielleicht ist auch noch mehr zu finden. Aber auch sonst wird der Wee über Münster zu Stöffler interessant und für unsere Kenntnisse der Ge- schichte der Astronomie förderlich werden können. Noch ein Vergleich der Daten Münsters führt uns auf Stöffler, sogar wieder auf dieselbe Quelle, das Calendarıum Romanum magnum. Sowohl das Kalendarium hebraicum Münsters, wie seine Canones zu dem Zweilichter - Instrument enthalten eine Tafel der Längen und teilweise auch der Breiten einer ganzen Anzahl von Orten Europas. Ebenso ist laut Wolkenhauers Bericht in dem aufgefundenen Kollegienbuch Münsters eine solche enthalten. Ein Vergleich zeigt wieder eine Menge Unstimmigkeiten zwischen den einzelnen Quellen, aber die reichhaltigste derselben, die Tafel in den Canones unseres Instrumentes beider Lichter zeigt sowohl in der Reihenfolge der herangezogenen Orte, wie in den Pol- höhen genaue Uebereinstimmung mit Stöfflers Hauptwerk. Einzig die Längenangaben sind wieder von Münster korrigiert, nur nicht kenntlich nach welchem Längengrad als Ausgang. Stöffler hat für Tübingen die Länge Null (Druck zu Oppenheim), Münster hat für den Druckort Basel eine Länge von — 3 Min. Die Länge Null kommt nicht vor. Die Differenz in Länge zwischen Basel und Tübingen beträgt nun etwa 51/, Min., die zwischen Tübingen und Heidelberg 11/, Min., zwischen Tübingen und Worms fast 3 Min. Die durch eine lange Reihe hindurch konstante Abweichung zwischen Münster und Stöffler beträgt 4 Minuten, steigt allerdings auch einmal aus- nahmsweise zu 9, ete. Der nicht angegebene Referenzort Münsters ist also in Länge zwischen Basel und Tübingen gelegen, doch bis jetzt nicht genau bestimmbar. Zum Schlusse will ich noch einer genialen Einrichtung des Sonneninstruments Erwähnung tun, dessen Landkarte nicht alle die Orte, die Münster wollte, zu fassen vermochte. Da legt er durch das Landschaftsbild hindurch einen Hilfsmassstab und benützt das in der Mitte angebrachte, für die astronomischen Angaben benötigte Fäde- lein, zu einer Hilfsbestimmung in Polarkoordinaten. Die Orte, die nicht in der Karte Platz gefunden haben, sind unten in einer sepa- raten Tafel aufgeführt, daneben stehen zwei Zahlen, eine, die die Distanz vom Kartenmittelpunkt (Koburg) in Teilen jener Hilfs- skala angibt, die andere geht nicht auf den Gürtel mit den geo- graphischen Breiten, der die Karte umläuft, sondern auf die um- 18 266 M. Knapp. gebenden Sternbilder, weil diese in kleinere Intervalle eingeteilt, also genauer sind. Münster weiss sich zu helfen. Und das ist die Freude beim Studium dieses nicht zwar in allem genialen Kopfes, der vielmehr meist nur guter Kompilator und Reproduzent ist, dass er eben doch dabei immer wieder in der Wieder- gabe seines Stoffes eigene Wege sucht und findet und neben aller Reproduktion doch so sehr seine Eigennatur zu behalten weiss, wie es seiner eminenten Gelehrsamkeit entsprach. Nicht möchte ich meine Ausführungen schliessen, ohne noch ein Wort herzlichen Dankes an die beiden Männer ausgesprochen zu haben, die so wesentlich den heutigen Vortrag überhaupt ermöglichten, an unsern Oberbibliothekar Dr. ©. Ohr. Bernoulli, der die seiner Hut anvertrauten Schätze zu wahren, aber auch im richtigen Momente zu heben versteht, um sie dann in uneigennützigster Weise andern zu vermitteln und ebenso an den, in der Stille mit emsigem Fleisse sich in unsere alten Schätze einarbeitenden Herrn Hans Kögler, dessen Blick der Holbein erkannt und dessen Freundlichkeit mich zur Mit- arbeit an dem Studium der Tafeln eingeladen hat. Wenn den Astronomiebeflissenen in Basel oft die auf unserer Bibliothek zur Verfügung stehenden Mittel in seinem Fache zum Verzweifeln bringen wollen und ihm manchen derben Ausdruck abnötigen, wenn so wenig von dem, was heute geht, erhältlich ist, so hat er doch auch mit Vergnügen heute zu bekennen, dass unsere Bibliothek noch Schätze besitzt, ungehoben und kaum geahnt, die ein fruchtbares Arbeiten ermöglichen; Schätze einer Zeit, wo die Astronomie auch in Basel Mittel zu ihrer Betätigung fand; wenn es auch vielleicht da- mals so mag gegangen sein wie Kepler seufzt: „Es ist wohl diese Astrologie ein närrisches Töchterlein, aber du lieber Gott, wo wollt ihr Mutter die hochvernünfftig Astronomia bleiben, wenn sie diese ihre närrische Tochter nıt hätte; ist doch die welt noch viel när- rischer und so närrisch, das deroselben zu ihrem frommen diese alte verständige Mutter durch der Tochter Narrentaidung eingeschwatzt und eingelogen werden muss; und seind der Mathematicorum salarıa so gering, dass die Mutter gewisslich Hunger leiden müsste, wann die Tochter nichts erwürbe.“ Eingegangen November 1911. Verzeichnis der wissenschaftlichen Gesellschaften, mit denen die Naturforschende Gesellschaft in Basel im Tauschverkehr steht. Aachen. Meteorologische Station I. Ordnung. Aarau. Naturforschende Gesellschaft. Abbeville. Société d’emulation. Agram. Hrvatsko naravolowno drustvo. (Societas historico-naturalis Croatica.) Albany. New York State Museum. Altenburg. Naturforschende Gesellschaft des Osterlandes. Amiens. Société Linneenne du Nord de la France. Amsterdam. Koninklijke Academie van Wetenschappen. Angers. Société d’études scientifiques. Annaberg. Annaberg-Buchholzer Verein für Naturkunde. Ann Arbor. University of Michigan. Augsburg. Naturwissenschaftl. Verein für Schwaben und Neuburg. Baltimore. Maryland Geological Survey. Bamberg. Naturforschende Gesellschaft. Batavia. K. Natuurkundige Vereeniging in Nederlandsch Indie. Bautzen. Naturwissenschaftliche Gesellschaft Isıs. Belfast. Belfast Natural History and Philosophical Society. Belfort. Societe Belfortaine d’emulation. Bergen. Bergens Museum. Berkeley. University of California. Berlin. Kgl. preuss. Akademie der Wissenschaften. — Botanischer Verein der Provinz Brandenburg. — Gesellschaft naturforschender Freunde. — Deutsche geologische Gesellschaft. — Kgl. zoologisches Museum. — Kgl. preuss. geologische Landesanstalt. — Kgl. preuss. meteorologisches Institut. — Deutsche physikalische Gesellschaft. — Redaktion des Prometheus. — Redaktion der Zeitschrift für wissenschaftl. Insekten-Biologic. 268 Verzeichnis der Tauschgesellschaften. Bern. Naturforschende Gesellschaft. — Schweizerische entomologische Gesellschaft. — Schweizerische Naturforschende Gesellschaft. — Schweizerische Landesbibliothek. Besançon. Société d’emulation du Doubs. — Institut botanique de l’Université. _ Beziers. Societe d’etude des sciences naturelles. Bonn. Naturhistorischer Verein der preuss. Rheinlande. Bordeaux. Société des sciences physiques et naturelles. — Société Linnéenne de Bordeaux. — Société d’oceanographie du-golfe de Gascogne. Boston. American Academy of Arts and Sciences. — Society of Natural History. Bourg. Société des sciences naturelles et d’archeologie de l’Ain. Braunschweig. Verein für Naturwissenschaften. Bremen. Naturwissenschaftlicher Verein. — Meteorologisches Observatorium. Breslau. Verein für schlesische Insektenkunde zu Breslau. Brisbane. Queensland Museum. Brooklyn. Museum of the Brooklyn Institute of Arts and Sciences. Brünn. Naturforschender Verein. Bruxelles. Academie royale de Belgique. — Bibliothèque de l’Etat Indépendant du Congo. — Observatoire royal de Belgique. — Société royale de botanique de Belgique. — Société entomologique de Belgique. — Société royale zoologique et malacologique de Belgique. Budapest. Ungar. Akademie der Wissenschaften. — K. ungar. geologische -Reichsanstalt. — K. ungar. Reichsanstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus. — K. ungar. Nationalmuseum. — Budapester Kgl. Gesellschaft der Aerzte. — Kgl. ungar. naturwissenschaftl. Gesellschaft. — Ungarische Ornithologische Zentrale. Buenos-Aires. Deutscher wissenschaftlicher Verein. — Museo nacional. Buffalo. Buffalo Society of Natural Sciences. Cagliarı. Istituto di zoologia e anatomia comparata della R. Uni- versita. Calcutta. Asiatie Society of Bengal. — Geological Survey of India. — Indian Museum. Verzeichnis der Tauschgesellschaïten. 269 Calcutta. Imperial Department of Agriculture. Cairo. Institut égyptien. Cambridge. The Cambridge Philosophical Society. — (Mass.) Museum of Comparative Zöology at Harvard College. Cape Town. South African Philosophical nee Cassel. Verein für Naturkunde. Catania. Accademia Gioenia di Scienze naturali. Châlons. Saône. Société des sciences naturelles de Saône-et-Loire. Chambéry. Académie des sciences, belles-lettres et arts de Savoie. — Société d'histoire naturelle de Savoie. Chapel Hill. Elisha Mitchell Scientific Society. Charleville. Société d'histoire naturelle des Ardennes. Charlottenburg. Physikalisch-technische Reichsanstalt. Charlottesville. Leander MeCormick Observatory of the Uni- versity of Virginia. Cherbourg. Société des sciences naturelles et mathématiques. Chicago. Chicago Academy of Sciences. — Field Museum of Natural History. Chur. Naturforschende Gesellschaft Graubündens. Cincinnati. Cincinnati Society of Natural History. — Lloyd Library. — Cincinnati Museum Association. — University of Cincinnati. Colmar. Naturhistorische Gesellschaft. Colombo. Colombo Museuin. Danzig. Naturforschende Gesellschaft. Darmstadt. Verein für Erdkunde. — Grossh. hessische geologische Landesanstalt. Davenport. Davenport Academy of Sciences. Dijon. Academie des sciences, arts et belles-lettres. Dresden. Naturwissenschaftliche Gesellschaft ‚‚Isis“. — Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. — (senossenschaft ,, Flora‘. Gesellschaft für Botanik und Gartenbau. — Verein für Erdkunde zu Dresden. Dublin. R. Irish Academy. — R. Academy of Medicine in Ireland. — Royal Dublin Society. — Trinity College. Dürkheim. Pollichia, naturwissenschaftl. Verein der Rheinpfalz. Edinburgh. Royal College of Physicians. — Royal Physical Society. — Royal Society. Elberfeld. Naturwissenschaftlicher Verein. 270 Verzeichnis der Tauschgesellschaften. Emden. Naturforschende Gesellschaft. Epinal. Société d’emulation du département des Vosges. Erfurt. Kgl. Akademie gemeinnütziger Wissenschaften in Erfurt. Erlangen. Physikalisch-medizinische Societät. Firenze. Accademia economico-agraria dei Georgofili. — Societa botanica italiana. — Societä entomologica italiana. Frankfurt a/M. Physikalischer Verein. — Senckenbergische naturforschende Gesellschaft. Frankfurt a/O. Naturwissenschaftl. Verein des Regierungsbezirks Frankfurt a/O. Frauenfeld. Thurgauische naturforschende Gesellschaft. Freiburg i/Br. Naturforschende Gesellschaft. — Badischer botanischer Verein. Fribourg. Société fribourgeoise des sciences naturelles. Geneve. Institut national genevois. — Société de physique et d’histoire naturelle. Genova. Museo civico di storia naturale. — Societa Ligustica di scienze naturali e geografiche. Giessen. Oberhessische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. Glarus. Naturforschende Gesellschaft des Kantons Glarus. Glasgow. Natural History Society. Görlitz. Naturforschende Gesellschaft. Göteborg. Kongl. Vetenskaps-och Vitterhets-Samhället. Göttingen. Kgl. Gesellschaft der Wissenschaften. Granville. Denison Scientifie Association. Graz. Verein der Aerzte in Steiermark. — Naturwissenschaftlicher Verein für Steiermark. Greifswald. Geographische Gesellschaft. — Naturwissenschaftl. Verein von Neuvorpommern und Rügen. Grenoble. Laboratoire de géologie de l’Université de Grenoble. Gross-Lichterfelde. Redaktion der Naturwissenschaftlichen Wochenschrift. Güstrow. Verein der Freunde der Naturgeschichte in Mecklenburg. Halifax. Nova Scotian Institute of Science. Halle. Verein für Erdkunde. Hamburg. Verein für naturwissenschaftliche Unterhaltung. — Naturwissenschaftlicher Verein in Hamburg. — Deutsche Seewarte. Hanau. Wetterauische Gesellschaft für die gesamte Naturkunde. Hannover. Naturhistorische Gesellschaft. — Deutscher Seefischerei-Verein. Harlem. Hollandsche Maatschappij der Wetenschappen. Verzeichnis der Tauschgesellschaften. 271 Harlem. Fondation de P. Teyler van der Hulst. Heidelberg. Naturhistorisch-medizinischer Verein. Helder. Nederlandsche Dierkundige Vereeniging. Helsingfors. Societas pro fauna et flora Fennica. — Commission geologique de la Finlande. — Geografiska Föreningen ı Finland. Hof. Nordoberfränkischer Verein für Natur-, Geschichts- und Landeskunde. Hermannstadt. Siebenbürg. Verein für Naturwissenschaften. Jekatherinburg. Société Ouralienne d’amateurs des sciences natu- relles. Indianapolis. Indiana Academy of Science. Innsbruck. Naturwissenschaftlich-medizinischer Verein. Irkutsk. Observatoire magnétique et météorologique. Jurjew. Naturforscher-Gesellschaft bei der Universität. Karlsruhe. Naturwissenschaftlicher Verein. — Allg. botanische Zeitschrift. — Centralbureau für Meteorologie und Hydrographie. Kasan. Physik. mathematische Gesellschaft bei der K. Universität. — Gesellschaft der Naturforscher bei der Universität. Kiel. Naturwissenschaftl. Verein für Schleswig-Holstein. Kiew. Societe des Naturalistes. Klagenfurt. Naturhistorisches Landesmuseum von Kärnten. Klausenburg. Siebenbürgischer Museumsverein. Königsberg. Physikalisch-ökonomische Gesellschaft. Kopenhagen. Kgl. Danske Videnskabernes Selskab. — Dansk Geologisk Forenine. — Kgl. Danske Geografiske Selskab. Krakau. K. Akademie der Wissenschaften. Krefeld. Verein für Naturkunde. Kremsmünster. K. K. Sternwarte. Landshut. Naturwissenschaftl. (vormals botanischer) Verein. La Plata. Museo de La Plata. Lausanne. Société vaudoise des sciences naturelles. — Rédaction des tables annuelles physico-chimiques. Lawrence. Kansas University. Leipzig. Gesellschaft für Erdkunde. — K. Sächsische Gesellschaft der Wissenschaften. — Naturforschende Gesellschaft. Liestal. Naturforschende Gesellschaft von Baselland. Lincoln. University of Nebraska (Agricultural Experiment Station). Lindenberg. K. aöronautisches Observatorium. 272 Verzeichnis der Tauschgesellschaften. Linz. Verein für Naturkunde in Oesterreich ob der Enns. Lisboa. Sociedade de Geographia. — Academia real das sciencias. — Aquario Vasco da Gama. — Direcçao dos servicos geologicos de Portugal. — Société portugaise de sciences naturelles. Liverpool. Liverpool Biological Society. — Literary and Philosophical Society of Liverpool. Llinas. Observatorio Belloch. London. Geological Society. — Linnean Society. — Guy’s Hospital. — Royal Institution of Great Britain. — Royal Microscopical Society. — Royal Astronomical Society. — Royal Society. Louvain. Société scientifique de Bruxelles. — Rédaction de ,,La Cellule“. Lübeck. Naturhistorisches Museum. Lüneburg. Naturwissenschaftl. Verein. Lugano. Societa ticinese di scienze naturali. Lund. Universitätsbibliothek. Luxemburg. Société botanique. — Institut grand-ducal, section des sciences naturelles. — ‚Fauna‘, Verein Luxemburger Naturfreunde. Luzern. Naturforschende Gesellschaft. Lyon. Academie des sciences, belles-lettres et arts. — Museum des sciences naturelles. — Société d'agriculture, sciences et industrie. — Société Linnéenne. Madison. Academy of Sciences, Arts and Letters. Madras. Government Museum. Madrid. Real Sociedad Espanola de Historia Natural. Magdeburg. Museum für Natur- und Heimatkunde. Manchester. Literary and Philosophical Society. — The Manchester Museum. Manila. Bureau of Science. Marburg. Gesellschaft zur Beförderung der gesamten Naturwissen- schaften. Marseille. Bibliothèque de la Faculté des Sciences. Meissen. Naturwissenschaftl. Gesellschaft ,, Isis“. Melbourne. Royal Society of Victoria. Verzeichnis der Tauschgesellschaften. 273 Mexico. Observatorio meteorologico central. — Sociedad cientifica: ,, Antonio Alzate‘. — Secretaria de fomento. — Instituto geologico de Mexico. Milano. R. Istituto Lombardo di scienze e lettere. — Società italiana di scienze naturali. Milwaukee. Publie Museum of the City of Milwaukee. Minneapolis. Minnesota Academy of Natural Sciences. — Geological and Natural History Survey of Minnesota. Missoula. University of Montana. Modena. Societa dei Naturalisti e Matematicı. Montbéliard. Société d’emulation. Montevideo. Museo Nacional. Montpellier. Académie des sciences et lettres. Moskau. Gesellschaft für die Beförderung der experimentellen Wissenschaften und deren praktischen Anwendungen des Namens Christoph Ledenzow. — Société impériale des naturalistes. Mount Hamilton. Lick Observatory. Mülhausen 1. E. Industrielle Gesellschaft. München. Kgl. bayr. Akademie der Wissenschaften. — Bayr. botanische Gesellschaft. — Ornithologische Gesellschaft in Bayern. — Gesellschaft für Morphologie und Physiologie. Nancy. Academie de Stanislas. — Société des sciences de Nancy. Nantes. Societe des sciences naturelles de l’ouest de la France, Napoli. Accademia delle scienze fisiche e matematiche. — Annali di nevrologia. Neuchätel. Société des sciences naturelles. — Société neuchäteloise de géographie. New Haven. Connecticut Academy of Arts and Sciences. — Astronomical Observatory of Yale University. NewYork. New York Academy of Sciences. — New York Botanical Garden. — American Museum of Natural History. Niort. Societe de vulgarisation des sciences naturelles. Nowo-Alexandria. Redaktion der Memoiren für Land- und Forstwirtschaft. Nürnberg. Naturhistorische Gesellschaft. Oberlin. Oberlin College Library. Odessa. Observatoire magnétique et météorologique de l'Université imperiale. 274 Verzeichnis der Tauschgesellschaften. Offenbach. Verein für Naturkunde. O-Gyalla. K. ungar. meteorologisches und erdmagnetisches Obser- vatorıum. Osnabrück. Naturwissenschaftlicher Verein. Ottawa. Geological Survey of Canada. Padova. Accademia Scientifica Veneto-Trentino-Istriana. Palermo. Accademia di scienze, lettere e belle artı. — R. Istituto ed Orto botanico. Para Museu Goeldi (Museu Paraense de Historia Natural e Ethno- graphia). Paris. Ecole polytechnique. — Bibliothèque du Muséum d'histoire naturelle. — Société d'anthropologie. — Société philomathique. — Société française de minéralogie. — Société française de physique. — Société mathématique de France. Passau. Naturhistorischer Verein. Pavlovsk. Observatoire magnétique et météorologique Constantin. Perugia. Accademia medico-chirurgica. Philadelphia. Academy of Natural Sciences. — Zoological Society. — The American Philosophical Society. Pisa. Societa Toscana di scienze naturali. Plymouth. Marine Biological Association. Porrentruy. Societe jurassienne d’emulation. Portici. Laboratorio di zoologia generale e agraria, Scuola superiore di agricoltura. Posen. Naturwissenschaftl. Abteilung (Naturwissenschaftl. Verein) der Deutschen Gesellschaft für Kunst und Wissenschaft in Posen. Potsdam. Meteorologisch-magnetisches Observatorium. — Astrophysikalisches Observatorium. Prag. K.K. Sternwarte. — Deutscher naturwissensch.-medizin. Verein für Böhmen ,,Lotos“. — Lese- und Redehalle der deutschen Studenten. Presburg. Verein für Natur- und Heilkunde. Pretoria. Transvaal Museum. Pusa. Agricultural Research Institute. Regensburg. Naturwissenschaftlicher Verein. — Kgl. botanische Gesellschaft. Reichenberg. Verein der Naturfreunde. Reims. Societe d’etude des sciences naturelles. Verzeichnis der Tauschgesellschaften. 275 Riga. Naturforscher-Verein. Rio de Janeiro. Museu nacional. — Observatorio astronomico. Rochester. Academy of Science. Rolla. Bureau of Geology and Mines of the State of Missouri. Roma. R. Accademia dei Lincei. — Società italiana per ıl progresso delle scienze. — R. Corpo delle miniere. — Societa Romana d’Antropologia. — Specola Vaticana. — Societa zoologica italiana. Rouen. Société libre d’&mulation, du commerce et de l’industrie de la Seine-Inferieure. Rovereto. I.R. Accademia degli Agiati. Saint-Dié. Société philomathique vosgienne. Saint Louis. Academy of Sciences. — Missouri Botanical Garden. Salem. Essex Institute. St.Gallen. St. Gallische naturwissenschaftliche Gesellschaft. St. Petersburg. Kais. Akademie der Wissenschaften. — Musée géologique Pierre le Grand. — Physikalisches Central-Observatorium Nicolaus. — Russische geographische Gesellschaft. — Comité géologique. San Francisco. California Academy of Sciences. Santiago. Sociedad cientifica alemana. — Société scientifique du Chili. Säo Paulo. Sociedade Scientifica de Säo Paulo. — Museu Paulista. Sassarı. Redazione degli Studi Sassaresi. Serajevo. Bosnisch-herzegowinisches Landesmuseum. Sevres. Bureau international des poids et mesures. Siena. R. Accademia dei Fisiocritici. Sion. La Murithienne, Société Valaisanne des sciences naturelles. Solothurn. Naturforschende Gesellschaft. Springfield. Museum of Natural History. Stavanger. Stavanger Museum. Stockholm. Kongl. Svenska Vetenskaps-Akademie. — Sveriges geologiska Undersökning. — Entomologiska Föreningen. Stockholm. Statens skogsförsöksanstalt. Strassburg i/E. Centralstelle des meteorologischen Landesdienstes in Elsass-Lothringen. 276 Verzeichnis der Tauschgesellschaften. Strassburg i./E. Direktion der geologischen an zul von Elsass-Lothringen. — Kais. Universitäts- und Landesbibliothek. Stuttgart. Verein für vaterländische Naturkunde in Württemberg. Sydney. Linnean Society of New South Wales. — Australian Museum. — Australasian Association for the Advancement of Science. Tacubaya. Observatorio astronomico nacional. Teschen. Beskidenverein. Thorn. Coppernicusverein für Wissenschaft und Kunst. Tokyo. The Tokyo Zoological Society. — Tokyo Botanical Society. Topeka. Kansas Academy of Science. Torino. R. Accademia delle scienze. — R. Accademia d’agricoltura. — Muse: di zoologia ed anatomia comparata della Universita. Toronto. Canadian Institute. Toulouse. Societe d’histoire naturelle. — Académie des sciences, inscriptions et belles-lettres. Trenesen. Naturwissenschaftl. Verein des Trenesiner Comitates. Triest. Museo civico di storia naturale. — K.K. Maritimes Observatorium (Bosco Pontini). — Associazione medica Triestina. Tufts College. Tufts College. Tromsö. Tromsö Museum. Trondhjem. Kgl. Norske Videnskabers Selskab. Ulm. Verein für Mathematik und Naturwissenschaften. Upsala. Königl. Universitätsbibliothek. Utrecht. Kon. Nederl. Meteorologisch Instituut. Venezia. R. Istituto Veneto di scienze, lettere ed arti. Wageningen. Nederlandsche botanische Vereeniging. Warschau. Redaktion des ‚„Swiatowit‘. Washington. U.S. Department of Agriculture. — Smithsonian Institution. — U. S. Geological Survey. — Bureau of Ethnology. Weimar. Thüringischer botanischer Verein. Wellington. New Zealand Institute. Wernigerode. Naturwissenschaftlicher Verein des Harzes. Wien. K. Akademie der Wissenschaften. — K.K. Geologische Reichsanstalt. — K.K. Centralanstalt für Meteorologie und Geodynamik. Verzeichnis der Tauschgesellschaften. 277 Wien. K.K. Naturhistorisches Hofmuseum. — Verein zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse. — K.K. zoologisch-botanische Gesellschaft. Wiesbaden. Nassauischer Verein für Naturkunde. Winterthur. Naturwissenschaftliche Gesellschaft. Würzburg. Physikalisch-medizinische Gesellschaft. York. Yorkshire Philosophical Society. Zürich. Schweizerische meteorologische Centralanstalt. — Geographisch-ethnographische Gesellschaft. — Naturforschende Gesellschaft. — Physikalische Gesellschaft. — Schweizerische botanische Gesellschaft. — Schweizerische geologische Commission. Zwickau. Verein für Naturkunde. rt »” ’ Ze OUE + Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft in Basel, Band XXII, Heft 1. Tafel I. Lichtdruckanstalt Alfred Ditisheim, Nachf, v. H, Besson, Basel. Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft in Basel, Band XXII, Heft 1. Tafel II. Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft in Basel, Band XXII, Heft 1. Tafel III. Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft in Basel, Band XXII, Heft 1. Tafel IV Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft in Basel, Band XXII, Heft 1. TafelV. Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft in Basel, Band XXII, Heft 1. Tafel VI. Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft in Basel, Band XXII. Tafel VII. Geologische Karte des Aargauer Tafeljura zwischen Aare- und Frick-Tal aufgenommen von E. Brändlin 1908—1909, Legende : 3 er \ LEE Grundgebirge \ | . > Te ; + 1 Bucl GER Rotiiegendes und Buntsandstein EN & A 2) BER Wellengehirge NN © alerte ! BE Anhviritformation N , \ À R S SM Trigonoduscolomit CR Ku Lias E üpalinusschichten EM Murchisonae Biagdeni-Schichten EEE Parkinsonischichten Let ER Variansschichten- Cailovien-Divésien | (el : FE] hirmensdorfar-Effinger-Schichten K * | \HACERNS LEI, EEE] Dilwiun und Alluyium } “nhotz ) / —— Gberschiehuna und Vernertung ; ; \ à — fieu { x I SD6 1 y 2 . % S FEN O Als Banzes verrutschte Masse 9: 2 7 2 EN RN . Arge Keinen Massstab I : 100000. rd Se À L 7 ; 1 10 À 1000 Meter nl, NE IR en Dual av; ÿ a j x N Es 5 Nr < N > he pi LACS run PT ne , AC SE RD HAE Ren 100) r alle Dir BRAD u qe a RI And QUAD Re Ur BL EEE I à a ne NUS TARA RS HE NAT ara ei VERRA OL EN N i Ih ES SAS Tr ngen der Natı »nden Gesell in Basel, Band XXII Tafel VII. TRI . 0 N2ooW. er chmidber. 9 Geologische Profile nn se durch den nördlichen Aargauer Tafeljura sh zwischen Aare-& Frick-Tal. | 200muM Böltenberg RE Masstab: 1: 37500 ET: zn EZ = >. D Nasser Berg ES 250 500 1000 1500 2000m. 200m.ü.M | it — Station Sallamatt Leibstadt Done 200 m ü.M. em Wessenberg 209m. u.M j em Runnifirst Hasenberg 200 mu.M. Beiberg SS ern vom Hottwilerhorn — 200m ü.M Schiltegg Schwaderlocher- Pr: z -laufen = Do == = == Mühlbe Gwiden au > = N°11 200müM Stutz ===, = | Weidhof Engelbrunnen > 7 Sparblig = 3 = pre S S 9 une 7 Um Rüteli Laubberg Ze & 3 Keibengraben Gansingen Unter Büren Weiherhalden 200m.üM. 200m.üM. D Eh Sl N BUN ENT Lu RENTEN VA Peer: EL Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft in Basel, Band XXII. Tafel !X, Sr = ttzelgli Kais N2o>W. Sehlltzebli Nussbaumen Grüntschholz CHER = => =. S20°0 : 3 — = JR ES [017 — Gugl Geissacker = 200muM Hoh Bützig LE TRS Schwargrain Rotacker Q ES N°18 Egghalde Hochrüti Wingert Fronhalde ee 200m.u.M Sulzerberg Breitenacker Sennhof — Rhein 200m ü.M. Laufenburg C N023 200 mü.M. == ‚Rhein — = SS en = er Ten 70 |No?4 200mul. ; : Eichrüti st Luterboden Moos Legende Tuttigraben Lauberten _ = LE [| Schutts Alluvium rer LS = [see Niederterrasse 200m 0 \ [33355] Aeltere Schotter & Schottermoränen kejse) Oberkaisten annhag EE] Moränen a glaciale Lehme Le [231] Fffinger-Birmensdorfer- Schichten 200m ü M. i Nördl. Häuserv. Roti pu Djvesien, Gallovien, Variansschichten Haisten Hundsbühl Fee Jtenthal Ed Parkinsonischichten z SIT [> ©| Blagdeni-Murchisonae- Schichten ES Opalinusschichten F1 Trigonodusdolomit TT] Hauptmuschelkalk Anhydritformation = Wellengebirge ==] Buntsandsteins Rotliegendes 774 Gneiss 7 Verwerfung s Überschiebung ES 19029 Frickberg 200 m.ü.M. Verha Profile der Sedimente des nördlichen Aargauer Tafeljura zwischen Aare-u. Frick-Tal. von E.Brändlin. Legende. EI Mergelu Schiefermergel et ES Kalk 53 Kalkknauern in Nergeln EB 0o/ithischer u.eisencolithisher Kalk der Natur chenden Gesel t in Basel, Band XXII. - Taf I. Fig.1. Übersichtsprohl der Trias iM 1:5000 obere Mergelgruppe ansıngerDdlomıt = "Ynterg Bunte Mergel chillsandstein m Gipskeuper Keuper Vin onodus- FEEB Spatkalk u. Echinodermenbreccie 2 tLingula Dolomit a Hauptmuschelkalk Ha Dolomit Trochitenkalk | 2 Een, Dot Ft F3 Sandstein a B>s]bins == SE yurgelu.sips | Anhydritformation ES Conglomerat NS Gneiss Rotliegendes- : ke Fig. 2. Detailprofile des ob. mittleren Keupers. im 7: 1000. Profil. ‚Profil XIV. ProfilXIl. Profil XI. Ob derTrolte Steinbruch Rotberg dei Jtenthal. Jtenthal. Obersulz. bei Gansingen. ‚Obere Mergelgruppe D Gansinger Dolomit -- = fssilf Sch Gipskeuper en = 22 == Untere dunte Mergel (dunkle Mergel) Schilfsandsteingruppe > Orbicularismergel Spiriferinabank) e Si lwe lenkalk Wellengebirge ESESEE ando mi, ôt j 2222272277 Carneolschichten } Buntsandstein Grundgebirge (Typus Laufenburg) Profile des braunen Jura iM. 1:2000. Ost (Beznau-Mandach) Birmensérs Se Typus Wessenberg TypusBernauf = D -- Fig.3. Liasprofilim 1: 1000. Opalinuslone LS _ Jurensisschichten EX Posidonienschiefer = __Spinatusschichten FT Ahrgaritatusschichlan. ESS Ss Daweischichten Obliguaschichten = Obtusustone ER 77 Arietenschichten hp FE 72 Angulatenschichten ——— _ ...... dnsektenmergel Keuper Fig. 4. West (Fricktal) LI dorfersch, 5 Je? Opnatenschichten Macrocephalusschichten Rs = Variansschichten Spalkalk ( Ferrugineusschichten) Oberer æ Hauptrogenstein. > sù Hauptrogenstein Maeandrinaschichten | "2. == ä Sinvalusschichten I Untere Acuminetaschichten ____ (Subfurcatussch.) Blagdenischichten Humphriesischichten Neutrale Zone Sowerbyischichten Kurchisonae-Concavusschichten. Opalinusschichten (90mächtig) Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft ın Basel. Band XXI. Mit 10 Tafeln, 1 Porträt und 3 Textfiguren. ———egr> 1 à ———— Basel Georg & Co. Verlag 1911. A Verzeichnis der Tafeln. Tafel I, II, II, IV, V und VI zu Paul Sarasin: Ueber die Fehlerquellen in der Beurteilung der Eolithen. Tafel VII, VIII, IX und X zu E. Brändlin: Zur Geologie des nördlichen Aargauer Tafeljura zwischen Aare und Fricktal. Worte der Erinnerung an Eduard Hagenbach-Bischoff. Porträt zu H. Veillon: GEORG & C°, Verlag, Basel, Genf und Ion) Separat-Abdrücke aus den Denkschriften der allgemeinen schweiz. naturforschenden Gesellschaft, Riggenbach, Dr. Alb. Die Niederschlags- verhältnisse von Basel, 1891, 110 S., 2 Tafeln. Fr. 10.— Rikli, M. Dr. Die Arve in der Schweiz- Ein Beitrag zur Waldgeschichte und Waldwirtschaft der Schweizer Alpen, 1909, XXXI und 455 Seiten mit21 Karten u. 9 Taf. Fr. 30.— Rollier, L. Dr. Revision de la Strati- graphie et de la Tectonique de la Molasse au Nord des Alpes en general et de la Molasse subalpine suisse en particulier, 1911, 102 pag. avec 2 planches. Fr. 7.— Rothpletz, A. Das Diluvium um Paris und seine Stellung im Pleistocän, 1881, 132.S. m. 3 Taf. Fr. 8 — Rütimeyer, Dr. L. Die Fauna der Pfahl- bauten der nee 1862, 248 _ Seiten mit 6 Taf. Fr. 12.-—- — Die fossilen Schildkröten von Solo- thurn und der übrigen Jurafor- mation, mit Beiträgen zur Kennt- nis von Bau und Geschichte der Schildkrötenim Allgemeinen, 1873, Wen 1) SM Alzl Aley Fr. 12 — — Eocaene Säugetiere aus dem Ge- biet des Schweizer Jura, 1862, 98 Seiten mit 5 Tafeln. Fr 6. - — Über Anthracotherium magnum und hippoideum, 1857, 32 Seiten mit 2 Tafeln. Fr. 3.— — Über das schweizerische Nummu- litenterrain mit besonderer Berück- sichtigung des Gebirges zwischen dem Thunersee und der Emme, Bern, 1850, 120 Seiten mit 1 Karte und 4 Tafeln Fr. 7.50 — Versuch einer natürlichen Ge- schichte des Rindes in seinen Be- ziehungen zu den Wiederkäuern im Allgemeinen, 1867, 2 Bände, 102 u. 175 S. mit 6 Taf. Fr. 18.— Sacc, F. Analyse des Graines de Pavot Blanc. Variété à yeux ot 1850, 20 pag. ii — Experiences sur les a con- stituantes de la nourriture, qui se fixent dans le corps des ne 1855, 9 pas. —.50 — Expériences sur les He phy- siques et chimiques de US de lin, 1845, 18 pas. 50) — Fonctions de l’acide en, dans le développement des ee 1850, 15 pag. . —.50 — Mémoire sur les ae chi- miques que presentent les poules nourries avec de l’orge, 1849, 54 pag. Fr. 1.50 Schinz, H. R. Bemerkungen über die Arten der wilden Ziegen, besonders mit Beziehung auf den Steinbock der Alpen und den Steinbock der Pyrenäen, 1838, 25 sn uit 4 Tafeln. . 2.50 —- Verzeichnis der in der ne vorkommenden a er 165 Seiten mit 1 Tafel, . 2.— Schiäfli, Dr. Alexander. a einer Climatologie des Tales von Janina (Epirus), 1862, 55 Seiten. Fr. 1.50 — Zurphy sikalischen Geographie von Unter - Mesopotamien, 1863, 125 Seiten. . 2.— Schläfli, Dr. L. + Theorie 1 viel- fachen Kontinuität. Herausgegeben von Dr. J. H. Graf, 1901, TV und 239 Seiten. Ar 10.— Schneider, Gust. Dysopes Cestonii in Basel, eine für die Schweiz neue Blade sms Beitrag zur Kenntnis dieser Art, 1871, 9 Seiten mit 1 Tafel. Fr. 1.— Schönemann, Dr, A. Schläfenbein und Schädelbasis, eine anatom.-otia- trische Studie, 1906, 72 = . Taf. und 5 Fig. im Text. .9.— (Fortsetzung folgt). Inhalt. F. Zschokke. Die Tiefenfauna der mitteleuropäischen Seen Paul Sarasin. Ueber die Fehlerquellen in der Beurteilung der Eolithen H. Veillon. Worte der Erinnerung an Eduard Hagenbach- Bischoff . E. Brändlin. Zur Geologie des nördlichen Aargauer Tafel- jura zwischen Aare und Fricktal Dr. Fritz Sarasin. Bericht über das Naturhistorische Museum für das Jahr 1910 Dr. Paul Sarasin. Bericht über die Sammlung für Völker- kunde des Basler Museums für das Jahr 1910 C. Chr. Bernoulli. Dr. J. M. Ziegler’sche Kartensammlung. Zweiunddreissigster Bericht 1910 Hans Ziekendraht. Ueber ein neues aörodynamisches Instrumentarium . H. G. Stehlin. Mathieu Mieg-Kroh . G. Senn. Ein tannzapfenartiges Kieselfragment aus der Wüste bei Heluan M. Knapp. Die neu gefundene Münster-Holbein’sche Kalendertafel . Verzeichnis der wissenschaftlichen Gesellschaften mit denen die Naturforschende Gesellschaft in Basel im Tausch- verkehr steht . IT